206 81 7MB
German Pages 1343 [1344] Year 2015
Lang/Weidmüller Genossenschaftsgesetz De Gruyter Kommentar
I
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Lang/Weidmüller
Genossenschaftsgesetz
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(Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften) Mit Erläuterungen zum Umwandlungsgesetz und zur Europäischen Genossenschaft (SCE) Bearbeitet von Dirk J. Lehnhoff und Jan Holthaus 38., neu bearbeitete Auflage
III
Sachregister: Christian Klie
ISBN 978-3-11-035060-9 e-ISBN (PDF) 978-3-11-035070-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-038333-1 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
IV
Vorwort
Vorwort zur 38. Auflage
Vorwort Vorwort
Sie halten die 38. Auflage des Lang/Weidmüller in den Händen. Es freut uns besonders, dass wir trotz des deutlich reduzierten Autorenteams den Zeitplan für das Erscheinen im Dezember 2015 einhalten konnten. Nach mehr als 4 Jahren war es erforderlich, das Werk umfangreich zu überarbeiten. Auch wenn die „kleine GenG-Novelle“ (Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Kooperationsgesellschaft und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften) auf sich warten lässt, hat es im Genossenschaftsgesetz bedeutsame Änderungen gegenüber der Vorauflage gegeben. Folgende Neuerungen sind besonders hervorzuheben: Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, Stichwort „Frauenquote“, hatte Änderungen in § 9 des Genossenschaftsgesetzes zur Folge. Der Kommentar beantwortet an dieser Stelle erste Fragen aus der Beratungspraxis. Berücksichtigt sind auch die beiden im Juli 2015 in Kraft getretenen Gesetze: Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz sowie das Einlagensicherungsgesetz; letzteres führte im Bereich der deutschen Genossenschaftsbanken zum Aufbau eines dualen Systems. Neben die bekannte Sicherungseinrichtung des BVR trat eine Einlagensicherungs-GmbH, die den Vorgaben der europäischen Einlagensicherung entsprechen musste. Darüber hinaus wurde im Jahr 2014 die europäische Abschlussprüferregulierung reformiert. Zur nationalen Umsetzung der neuen EU-Vorgaben liegt seit März 2015 ein Referentenentwurf (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG-RefE) eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Abschlussprüferrichtlinie sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben vor. Im Mai 2015 wurde zudem der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Abschlussprüferrichtlinie sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Abschlussprüferverordnung (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG-RegE) veröffentlicht. Der Regierungsentwurf des APAReG enthält Änderungen des Genossenschaftsgesetzes in den §§ 55 ff.; der Referentenentwurf des AReG wird voraussichtlich zu Änderungen in den §§ 38 Abs. 1a, 36 Abs. 4 und 53 ff. GenG führen. Um eine größtmögliche Aktualität zu gewährleisten und weil die Umsetzung der entsprechenden Richtlinie bis Juli 2016 erfolgen muss, haben sich die Verfasser entschieden, die Gesetzesentwürfe bei der Kommentierung zu berücksichtigen, wohlwissend, dass diese noch inhaltliche Änderungen erfahren können. Die Kommentierung der vorgesehenen Änderungen erfolgt bei den jeweiligen Vorschriften; auch ist der neue Gesetzestext auf der Basis des Regierungsbzw. Referentenentwurfs bereits kursiv bei den entsprechenden Vorschriften eingearbeitet worden. Weiterhin enthält diese Auflage eine im Vergleich zur Vorauflage erweiterte Kommentierung der Vorschriften zur Europäische Genossenschaft (SCE) mit Sitz in Deutschland. Zwar ist von der Rechtsform der SCE bisher nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht worden, jedoch hat die Beratungspraxis gezeigt, dass die Umwandlung einer Genossenschaft in eine SCE zukünftig an Bedeutung gewinnen wird und Vorteile haben kann. Praktische Erfahrungen der Verfasser aus der Betreuung von größeren Umwandlungsvorhaben konnten dabei in den neuen Lang/Weidmüller einfließen. Die Erläuterungen zur SCE erfolgen jeweils am Ende der einzelnen §§. Ferner erfolgte eine umfassende Aktualisierung des Kommentars um zwischenzeitlich veröffentlichte (teils auch unveröffentlichte) Rechtsprechung und Literatur (Stand: Juli 2015). Besonderen Wert legen die Verfasser weiterhin auf die Verarbeitung der Entwicklungen und Erfahrungen aus der Unternehmens- und Beratungspraxis. V
Vorwort
Das Autorenteam hat sich ebenfalls verändert: Herr Rechtsanwalt Dr. Hans-Jürgen Schaffland hat die Mitarbeit am Kommentar beendet. Er hat seit der 31. Auflage 1983 am Kommentar mitgeschrieben, der zwischenzeitlich u.a. auch nach ihm benannt wurde. Somit geht mit der Neuauflage eine über 30-jährige Ära zu Ende. Gleichwohl stand HansJürgen Schaffland den Autoren in freundschaftlicher Verbundenheit weiterhin mit Rat und Tat zur Seite. Hierfür ganz herzlichen Dank. Aus dem Autorenkreis sind weiterhin Frau Rechtsanwältin Dr. Daniela Cario sowie die Herren Rechtsanwälte Dr. Günther Schulte und Dr. Otto Korte ausgeschieden. Neu hinzugekommen ist Herr Rechtsanwalt Jan Holthaus. Gemeinsam mit Herrn Rechtsanwalt Dirk J. Lehnhoff bilden diese das neue Autorenteam des Lang/Weidmüller. Wir danken Frau Rechtsanwältin Birgit Buth, Herrn Rechtsanwalt Mathias Fiedler und Herrn Rechtsanwalt Dr. Marc Zgaga für die Mitarbeit in der Einführung. Ein besonderer Dank gilt Frau Rechtsassessorin Dorothé Lehnhoff, Frau Rechtsanwältin Sina Papstein, Frau Ingrid Sommer, Frau Steuerberaterin Annerose Voigt und Herrn Rechtsanwalt Christian Schmitt, ohne deren Unterstützung es nicht möglich gewesen wäre, eine Neukommentierung dieses Umfangs zeitnah fertigzustellen. Bonn, im Oktober 2015
Dirk J. Lehnhoff Jan Holthaus
VI
Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis | XVII Literaturverzeichnis | XXXI
Erläuterungen Einführung | 1
Kommentar I.
Genossenschaftsgesetz | 55 Erster Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft (§§ 1–16) | 55 Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder (§§ 17–23) | 219 Dritter Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft (§§ 24–51) | 279 Vierter Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände (§§ 53–64c) | 703 Fünfter Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft (§§ 65–77a) | 859 Sechster Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft (§§ 78–97) | 941 Siebenter Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder (§§ 98–118) | 981 Achter Abschnitt. Haftsumme (§§ 119–121) | 1023 Neunter Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften (§§ 147–152) | 1029 Zehnter Abschnitt. Schlussvorschriften (§§ 155–169) | 1047
Anhang GenG Verordnung über das Genossenschaftsregister | 1065 Anlage 1 (zu § 25), Inhalt des Genossenschaftsregisters in spaltenweiser Wiedergabe | 1073 Anlage 2 (zu § 25), Inhalt des Genossenschaftsregisters als fortlaufender Text | 1074
II. Umwandlungsgesetz | 1075 Anhang UmwG A. Muster Verschmelzungsvertrag | 1223 B. Muster Verschmelzungsbericht | 1231 C. Kostentabelle zur Verschmelzung/Umwandlung gemäß GNotKG | 1257
Stichwortverzeichnis | 1259
VII
VIII
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis | XVII Literaturverzeichnis | XXXI
EINFÜHRUNG I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII.
Einleitung | 1 Daten und Fakten, die Genossenschaften heute | 13 Genossenschaften und Wettbewerbsordnung | 22 Genossenschaft und kollektives Arbeitsrecht | 37 Die Besteuerung der Genossenschaften | 40 Umwandlungsrecht | 43 Europäische Genossenschaft (SCE) | 44 Mitbestimmung in der Europäischen Genossenschaft (SCE)/ SCE-Beteiligungsgesetz | 51
KOMMENTAR I.
Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz – GenG)
Erster Abschnitt Errichtung der Genossenschaft §1 Wesen der Genossenschaft | 55 §2 Haftung für Verbindlichkeiten | 96 §3 Firma der Genossenschaft | 99 §4 Mindestzahl der Mitglieder | 107 §5 Form der Satzung | 108 §6 Mindestinhalt der Satzung | 112 §7 Weiterer zwingender Satzungsinhalt | 122 § 7a Mehrere Geschäftsanteile; Sacheinlagen | 135 §8 Satzungsvorbehalt für einzelne Bestimmungen | 140 § 8a Mindestkapital | 150 §9 Vorstand; Aufsichtsrat | 154 § 10 Genossenschaftsregister | 163 § 11 Anmeldung der Genossenschaft | 167 § 11a Prüfung durch das Gericht | 173 § 12 Veröffentlichung der Satzung | 177 § 13 Rechtszustand vor der Eintragung | 178 § 14 Errichtung einer Zweigniederlassung | 183 § 15 Beitrittserklärung | 188 § 15a Inhalt der Beitrittserklärung | 197 § 15b Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen | 199 § 16 Änderung der Satzung | 202
IX
Inhaltsverzeichnis
Zweiter Abschnitt Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder § 17 Juristische Person; Formkaufmann | 219 § 18 Rechtsverhältnis zwischen Genossenschaft und Mitgliedern | 222 § 19 Gewinn- und Verlustverteilung | 243 § 20 Ausschluss der Gewinnverteilung | 258 § 21 Verbot der Verzinsung der Geschäftsguthaben | 260 § 21a Ausnahme vom Verbot der Verzinsung | 261 § 22 Herabsetzung des Geschäftsanteils; Verbot der Auszahlung des Geschäftsguthabens | 263 § 22a Nachschusspflicht | 271 § 22b Zerlegung des Geschäftsanteils | 273 § 23 Haftung der Mitglieder | 276 Dritter Abschnitt Verfassung der Genossenschaft § 24 Vorstand | 279 § 25 Vertretung, Zeichnung | 328 § 25a Angaben auf Geschäftsbriefen | 337 § 26 Vertretungsbefugnis des Vorstands | 342 § 27 Beschränkung der Vertretungsbefugnis | 344 § 28 Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis | 359 § 29 Publizität des Genossenschaftsregisters | 364 § 30 Mitgliederliste | 368 § 31 Einsicht in die Mitgliederliste | 370 § 32 Vorlage der Mitgliederliste beim Gericht | 372 Vorbemerkungen Vor § 33 | 373 § 33 Buchführung; Jahresabschluss und Lagebericht | 374 § 34 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | 388 § 35 Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern | 429 § 36 Aufsichtsrat | 433 § 37 Unvereinbarkeit von Ämtern | 477 § 38 Aufgaben des Aufsichtsrats | 486 § 39 Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats | 517 § 40 Vorläufige Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern | 530 § 41 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder | 540 § 42 Prokura; Handlungsvollmacht | 560 § 43 Generalversammlung, Stimmrecht der Mitglieder | 567 § 43a Vertreterversammlung | 614 § 44 Einberufung der Generalversammlung | 641 § 45 Einberufung auf Verlangen einer Minderheit | 645 § 46 Form und Frist der Einberufung | 652 § 47 Niederschrift | 660 § 48 Zuständigkeit der Generalversammlung | 665 § 49 Beschränkungen für Kredite | 677 § 50 Bestimmung der Einzahlungen auf den Geschäftsanteil | 681 § 51 Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung | 683 § 52 (weggefallen) | 702
X
Inhaltsverzeichnis
Vierter Abschnitt Prüfung und Prüfungsverbände § 53 Pflichtprüfung | 703 § 54 Pflichtmitgliedschaft | 730 § 54a Ausscheiden aus einem Prüfungsverband | 746 § 55 Prüfung durch den Verband | 751 § 56 Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes | 766 § 57 Prüfungsverfahren | 771 [§ 57a Prüfungsbegleitende Qualitätssicherung] | 777 § 58 Prüfungsbericht | 779 § 59 Prüfungsbescheinigung; Behandlung des Prüfungsberichts in der Generalversammlung | 788 § 60 Einberufungsrecht des Prüfungsverbandes | 793 § 61 Vergütung des Prüfungsverbandes | 795 § 62 Verantwortlichkeit der Prüfungsorgane | 797 § 63 Zuständigkeit für Verleihung des Prüfungsrechts | 812 § 63a Verleihung des Prüfungsrechts | 813 § 63b Rechtsform, Mitglieder und Zweck des Prüfungsverbandes | 815 § 63c Satzung des Prüfungsverbandes | 823 § 63d Einreichungen bei Gericht | 827 § 63e Qualitätskontrolle für Prüfungsverbände | 828 § 63f Prüfer für Qualitätskontrolle | 834 § 63g Durchführung der Qualitätskontrolle | 837 § 63h Sonderuntersuchungen [Inspektionen] | 843 § 64 Staatsaufsicht | 846 § 64a Entziehung des Prüfungsrechts | 851 § 64b Bestellung eines Prüfungsverbandes | 854 § 64c Prüfung aufgelöster Genossenschaften | 856 Fünfter Abschnitt Beendigung der Mitgliedschaft Vor § 65 Vorbemerkungen | 859 § 65 Kündigung des Mitglieds | 861 § 66 Kündigung durch Gläubiger | 870 § 66a Kündigung im Insolvenzverfahren | 873 § 67 Beendigung der Mitgliedschaft wegen Aufgabe des Wohnsitzes | 874 § 67a Außerordentliches Kündigungsrecht | 875 § 67b Kündigung einzelner Geschäftsanteile | 879 § 67c Kündigungsausschluss bei Wohnungsgenossenschaften | 882 § 68 Ausschluss eines Mitglieds | 885 § 69 Eintragung in die Mitgliederliste | 909 §§ 70–72 (weggefallen) | 910 § 73 Auseinandersetzung mit dem ausgeschiedenen Mitglied | 910 § 74 (weggefallen) | 921 § 75 Fortdauer der Mitgliedschaft bei Auflösung der Genossenschaft | 921 § 76 Übertragung des Geschäftsguthabens | 924 § 77 Tod des Mitglieds | 930 § 77a Auflösung oder Erlöschen einer juristischen Person oder Personengesellschaft | 937
XI
Inhaltsverzeichnis
Sechster Abschnitt Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft § 78 Auflösung durch Beschluss der Generalversammlung | 941 §§ 78a, 78b (weggefallen) | 942 § 79 Auflösung durch Zeitablauf | 943 § 79a Fortsetzung der aufgelösten Genossenschaft | 943 § 80 Auflösung durch das Gericht | 945 § 81 Auflösung auf Antrag der obersten Landesbehörde | 946 § 81a Auflösung bei Insolvenz | 948 § 82 Eintragung der Auflösung | 949 § 83 Bestellung und Abberufung der Liquidatoren | 950 § 84 Anmeldung durch Liquidatoren | 953 § 85 Zeichnung durch Liquidatoren | 954 § 86 Publizität des Genossenschaftsregisters | 955 § 87 Rechtsverhältnisse im Liquidationsstadium | 955 § 87a Zahlungspflichten bei Überschuldung | 958 § 87b Verbot der Erhöhung von Geschäftsanteil oder Haftsumme | 962 § 88 Aufgaben der Liquidatoren | 963 § 88a Abtretbarkeit von Ansprüchen auf rückständige Einzahlungen und anteilige Fehlbeträge | 964 § 89 Rechte und Pflichten der Liquidatoren | 965 § 90 Voraussetzung für Vermögensverteilung | 968 § 91 Verteilung des Vermögens | 969 § 92 Unverteilbares Reinvermögen | 973 § 93 Aufbewahrung von Unterlagen | 973 Vorbemerkungen zu den §§ 94 bis 97 | 975 § 94 Klage auf Nichtigerklärung | 976 § 95 Nichtigkeitsgründe; Heilung von Mängeln | 977 § 96 Verfahren bei Nichtigkeitsklage | 979 § 97 Wirkung der Eintragung der Nichtigkeit | 980 Siebenter Abschnitt Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder § 98 Eröffnung des Insolvenzverfahrens | 981 § 99 Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung | 985 § 100 Antragsrecht der Vorstandsmitglieder | 990 § 101 Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens | 990 § 102 Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens | 992 § 103 Gläubigerausschuss | 993 § 104 Berufung der Generalversammlung | 993 § 105 Nachschusspflicht der Mitglieder | 993 § 106 Vorschussberechnung | 999 § 107 Gerichtliche Erklärung über die Vorschussberechnung | 1000 § 108 Erklärungstermin | 1002 § 108a Abtretbarkeit von Ansprüchen der Genossenschaft | 1003 § 109 Einziehung der Vorschüsse | 1004 § 110 Hinterlegung oder Anlage der Vorschüsse | 1005 § 111 Anfechtungsklage | 1006 § 112 Verfahren bei Anfechtungsklage | 1008 XII
Inhaltsverzeichnis
§ 112a § 113 § 114 § 115 § 115a § 115b § 115c § 115d § 115e § 116 § 117 § 118
Vergleich über Nachschüsse | 1010 Zusatzberechnung | 1010 Nachschussberechnung | 1011 Nachtragsverteilung | 1013 Abschlagsverteilung der Nachschüsse | 1015 Nachschusspflicht ausgeschiedener Mitglieder | 1016 Beitragspflicht ausgeschiedener Mitglieder | 1017 Einziehung und Erstattung von Nachschüssen | 1017 Eigenverwaltung | 1018 Insolvenzplan | 1018 Fortsetzung der Genossenschaft | 1019 Kündigung bei Fortsetzung der Genossenschaft | 1020
Achter Abschnitt Haftsumme § 119 Bestimmung der Haftsumme | 1023 § 120 Herabsetzung der Haftsumme | 1024 § 121 Haftsumme bei mehreren Geschäftsanteilen | 1026 §§ 122–145 (weggefallen) | 1027 Neunter Abschnitt Straf- und Bußgeldvorschriften § 146 (weggefallen) | 1029 § 147 Falsche Angaben und unrichtige Darstellung | 1029 § 148 Pflichtverletzung bei Verlust | 1034 § 149 (weggefallen) | 1036 § 150 Verletzung der Berichtspflicht | 1036 § 151 Verletzung der Geheimhaltungspflicht | 1039 § 152 Bußgeldvorschriften | 1042 § 153 (weggefallen) | 1045 § 154 (weggefallen) | 1045 Zehnter Abschnitt Schlussvorschriften § 155 Altregister im Beitrittsgebiet | 1047 § 156 Bekanntmachung von Eintragungen | 1047 § 157 Anmeldungen zum Genossenschaftsregister | 1052 § 158 Nichterscheinen eines Bekanntmachungsblattes | 1055 § 159 (weggefallen) | 1056 § 160 Zwangsgeldverfahren | 1056 § 161 Verordnungsermächtigung | 1059 § 162 Übergangsvorschrift für Wohnungsunternehmen | 1060 § 163 Übergangsvorschrift für Mehrstimmrechte | 1060 § 164 Übergangsregelung zur Beschränkung der Jahresabschlussprüfung | 1061 § 165 Übergangsvorschriften zum Euro-Bilanzgesetz | 1061 § 166 Übergangsregelung zum Berufsaufsichtsreformgesetz | 1061 § 167 Übergangsvorschrift zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz | 1062 XIII
Inhaltsverzeichnis
§ 168
Übergangsvorschrift zu dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst | 1063 [§ 168 Übergangsvorschrift zum Abschlussprüfungsreformgesetz | 1064]1 Anhang GenG Verordnung über das Genossenschaftsregister (Genossenschaftsregisterverordnung – GenRegV) | 1065
II. Umwandlungsgesetz 1. 2. 3.
Vorbemerkungen | 1075 Gesetzesänderungen seit 2006, die das Umwandlungsrecht betreffen | 1078 Vorbemerkung zur Gründung einer Europäischen Genossenschaft (SCE) durch Umwandlung oder Verschmelzung | 1082
Erstes Buch Möglichkeiten von Umwandlungen §1 Arten der Umwandlung; gesetzliche Beschränkungen | 1084 Zweites Buch Verschmelzung Erster Teil Allgemeine Vorschriften Erster Abschnitt Möglichkeit der Verschmelzung §2 Arten der Verschmelzung | 1088 §3 Verschmelzungsfähige Rechtsträger | 1096 Zweiter Abschnitt Verschmelzung durch Aufnahme §4 Verschmelzungsvertrag | 1099 §5 Inhalt des Verschmelzungsvertrags | 1100 §6 Form des Verschmelzungsvertrags | 1117 §7 Kündigung des Verschmelzungsvertrags | 1121 §8 Verschmelzungsbericht | 1122 §9 Prüfung der Verschmelzung | 1127 § 10 Bestellung der Verschmelzungsprüfer | 1127 § 11 Stellung und Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer | 1129 § 12 Prüfungsbericht | 1129 § 13 Beschlüsse über den Verschmelzungsvertrag | 1130 § 14 Befristung und Ausschluss von Klagen gegen den Verschmelzungsbeschluss | 1133
_____ 1
Wird vorauss. § 169, da red. Versehen im Entwurf.
XIV
Inhaltsverzeichnis
§ 15 § 16 § 17 § 18 § 19 § 20 § 21 § 22 § 23 § 24 § 25 § 26 § 27 § 28 § 29 § 30 § 31 § 32 § 33 § 34 § 35
Verbesserung des Umtauschverhältnisses | 1134 Anmeldung der Verschmelzung | 1135 Anlagen der Anmeldung | 1139 Firma oder Name des übernehmenden Rechtsträgers | 1144 Eintragung und Bekanntmachung der Verschmelzung | 1145 Wirkungen der Eintragung | 1147 Wirkung auf gegenseitige Verträge | 1155 Gläubigerschutz | 1156 Schutz der Inhaber von Sonderrechten | 1158 Wertansätze des übernehmenden Rechtsträgers | 1158 Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger der übertragenden Rechtsträger | 1160 Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs | 1162 Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger des übernehmenden Rechtsträgers | 1163 Unwirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines übertragenden Rechtsträgers | 1164 Abfindungsangebot im Verschmelzungsvertrag | 1165 Inhalt des Anspruchs auf Barabfindung und Prüfung der Barabfindung | 1166 Annahme des Angebots | 1166 Ausschluss von Klagen gegen den Verschmelzungsbeschluss | 1167 Anderweitige Veräußerung | 1167 Gerichtliche Nachprüfung der Abfindung | 1167 Bezeichnung unbekannter Aktionäre; Ruhen des Stimmrechts | 1169
Dritter Abschnitt Verschmelzung durch Neugründung § 36 Anzuwendende Vorschriften | 1169 § 37 Inhalt des Verschmelzungsvertrags | 1171 § 38 Anmeldung der Verschmelzung und des neuen Rechtsträgers | 1172 Zweiter Teil Besondere Vorschriften (Auszug) Dritter Abschnitt Verschmelzung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften Erster Unterabschnitt Verschmelzung durch Aufnahme § 63 Vorbereitung der Hauptversammlung | 1173 Fünfter Abschnitt Verschmelzung unter Beteiligung eingetragener Genossenschaften Erster Unterabschnitt Verschmelzung durch Aufnahme § 79 Möglichkeit der Verschmelzung | 1174 § 80 Inhalt des Verschmelzungsvertrags bei Aufnahme durch eine Genossenschaft | 1175 § 81 Gutachten des Prüfungsverbandes | 1177 § 82 Vorbereitung der Generalversammlung | 1183 XV
Inhaltsverzeichnis
§ 83 § 84 § 85 § 86 § 87 § 88 § 89 § 90 § 91 § 92 § 93 § 94 § 95
Durchführung der Generalversammlung | 1186 Beschluss der Generalversammlung | 1187 Verbesserung des Umtauschverhältnisses | 1188 Anlagen der Anmeldung | 1189 Anteilstausch | 1190 Geschäftsguthaben bei der Aufnahme von Kapitalgesellschaften und rechtsfähigen Vereinen | 1196 Eintragung der Mitglieder in die Mitgliederliste; Benachrichtigung | 1198 Ausschlagung durch einzelne Anteilsinhaber | 1199 Form und Frist der Ausschlagung | 1202 Eintragung der Ausschlagung in die Mitgliederliste | 1204 Auseinandersetzung | 1204 Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens | 1207 Fortdauer der Nachschusspflicht | 1208
Zweiter Unterabschnitt Verschmelzung durch Neugründung § 96 Anzuwendende Vorschriften | 1209 § 97 Pflichten der Vertretungsorgane der übertragenden Rechtsträger | 1210 § 98 Verschmelzungsbeschlüsse | 1211 Fünftes Buch Formwechsel Erster Teil Allgemeine Vorschriften § 190 Allgemeiner Anwendungsbereich | 1212 § 191 Einbezogene Rechtsträger | 1212 Anhang UmwG A. Muster Verschmelzungsvertrag | 1223 B. Muster Verschmelzungsbericht (ausführliche Fassung) | 1231 C. Kostentabelle zur Verschmelzung/Umwandlung gemäß GNotKG | 1257 Stichwortverzeichnis | 1259
XVI
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis a.A. anderer Ansicht; am Anfang a.a.O. am angegebenen Ort ABGB Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen abl. Ablehnend ABl. Amtsblatt der Europäischen Union Abs. Absatz Abschn. Abschnitt abw. abweichend AcP Archiv für die civilistische Praxis a.E. am Ende AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union a.F. alte Fassung AfA Absetzung für Abnutzung AFG Arbeitsförderungsgesetz AG (Die) Aktiengesellschaft; Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AgrarMSG Gesetz zur Weiterentwicklung der Marktstruktur im Agrarbereich AgrarMSV Agrarmarktstrukturverordnung AIF Alternative Investmentfonds AIFM Alternative Investment Fund Manager AktG Aktiengesetz Alt. Alternative a.M. anderer Meinung Amtl. Begr. Amtliche Begründung AnfG Anfechtungsgesetz Anh. Anhang AN Arbeitnehmer Anl. Anlage Anm. Anmerkung AnwBl Anwaltsblatt AO Abgabenordnung a.o. außerordentliche AöR Archiv des öffentlichen Rechts AP Arbeitsrechtliche Praxis APAG Abschlussprüferaufsichtsgesetz APAReG Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz AR Aufsichtsrat Arbeitgeber Der Arbeitgeber ArbG Arbeitsgericht ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz ArchfG Archiv für Genossenschaftswesen AReG Abschlussprüferreformgesetz ARS Arbeitsrechtssammlung ARV Auslandsreisekostenverordnung Art. Artikel ARUG Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie ASiG Arbeitssicherheitsgesetz ASpG Altsparergesetz ATG Altersteilzeitgesetz aufgeh. aufgehoben Aufl. Auflage AuR Arbeit und Recht
XVII
Abkürzungsverzeichnis
ausf. AV AVfg. AVG AVR AWD Az. AZO AZR
ausführlich Ausführungsverordnung Allgemeine Verfügung Angestelltenversicherungsgesetz Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken Außenwirtschaftsdienst Aktenzeichen Arbeitszeitordnung Ausländerzentralregister
BaFin BAG BAGE BAKred BankBilRLG BAnz. BARefG BayBG BayObLG BayObLGZ
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bankbilanzrichtliniengesetz Bundesanzeiger Berufsaufsichtsreformgesetz Bayerisches Beamtengesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht Sammlung der Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Betriebs-Berater Bundesbankgesetz Bundesbaublatt Bundesbeamtengesetz Band Bundesminister der Finanzen Bank deutscher Länder Bundesdatenschutzgesetz Bearbeiter, Bearbeitung Beck’scher Bilanzkommentar begründet Begründung Beilage Bekanntmachung Berliner Kommentar Beschluss Beschwerde bestritten Der Betriebsrat Betriebsverfassungsgesetz Beurkundungsgesetz Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz Bewertungsgesetz Bank für Gemeinwirtschaft Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BankInformation Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
BayVGH BB BBankG BBauBl. BBG Bd. BdF BdL BDSG Bearb. BeckBilkomm begr. Begr. Beil. Bek. BerlKommentar Beschl. Beschw. bestr. BetrR BetrVG BeurkG BewDV BewG BfG BFH BFuP BGB BGBl. BGH BGHSt. BGHZ BI BilMoG
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
BilReG BinnSchG BiRiLiG BKartA BL BlfG BlGrdstBauWR BMF BMJ/BMJV BMWi BNotO BörsG BRAO BSG BSGE bspw. BStBl. BT-Drs. BR-Drs. Buchst. BUrlG BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BVFG BVR BVR-ISG BWahlG bzw. CCACE CGK COGECA
Bilanzrechtsreformgesetz Binnenschiffahrtsgesetz Bilanzrichtlinien-Gesetz Bundeskartellamt Blatt Blätter für Genossenschaftswesen Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Bundesministerium für Finanzen Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesnotarordnung Börsengesetz Bundesrechtsanwaltsordnung Bundessozialgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundessozialgerichts beispielsweise Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Bundesratsdrucksache Buchstabe Bundesurlaubsgesetz Bundesverfassungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. Institutssicherung GmbH Bundeswahlgesetz beziehungsweise Co-ordinating Committee of the European Coopetive business sectors and the national co-operative Apex organisations Corporate Governance Kodex Allgemeiner Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften der Europäischen Union
CRD-IV Umsetzungsgesetz CRR-Institut CuR
Capital Requirements Directive Capital Requirements Regulation- Institut Contracting und Recht
DAB DB DCGK DDR DDR-ZGB DepotG Der Aufsichtsrat ders. DFG DGRV DGWR d.h. d.i.
Deutsches Architektenblatt Der Betrieb Deutscher Corporate Governance Kodex Deutsche Demokratische Republik Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik Depotgesetz Zeitschrift Der Aufsichtsrat derselbe Zeitschrift für Deutsche Freiwillige Gerichtsbarkeit DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht das heißt das ist
XIX
Abkürzungsverzeichnis
dies. DIHK Diss. DJ DJZ D. landw. GenBl. DM DMBG DNotVZ DNotZ D&O-Versicherung DÖV DR DrittelbG DRiZ DRspr. DRV DRZ Drs. DStBl. DStR DStZ DVBl. DVO DVWGG DZ Bank DWiR DZWIR
dieselbe Deutscher Industrie- und Handelskammertag Dissertation Deutsche Justiz Deutsche Juristenzeitung Deutsches landwirtschaftliches Genossenschaftsblatt Deutsche Mark DM-Bilanzgesetz Zeitschrift des Deutschen Notarvereins Deutsche Notarzeitschrift Directors and Officers Versicherung Die öffentliche Verwaltung Deutsches Recht Drittelbeteiligungsgesetz Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtsprechung Deutscher Raiffeisenverband e.V. Deutsche Rechts-Zeitschrift Drucksache Deutsches Steuerblatt Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Deutsche-Zentral-Genossenschaftsbank AG Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht
E Ebd. EBO EDV EEG EG eG EGAktG EGBGB EGSCE
Entscheidung; Entwurf ebenda Eisenbahn-Bau und Betriebsordnung Elektronische Datenverarbeitung Erneuerbare-Energien-Gesetz Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft eingetragene Genossenschaft Einführungsgesetz zum Aktiengesetz Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht eingetragene Genossenschaft ohne Nachschusspflicht Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch
EGGVG EGHGB EGInsO eGmbH eGmuH eGoH EGStGB EhrenamtsstärkungsG/ EhrAmtsStG EHUG EigZulG eingef. Einl. einschl.
Ehrenamtsstärkungsgesetz Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister Eigenheimzulagengesetz eingefügt Einleitung einschließlich
XX
Abkürzungsverzeichnis
EinSiG EK ELG Entsch. Entw. ErfK. Erl. EStG EStR ESUG etc. EU EuGH EuroBilG EuroEG EuZW eV/e.V. EWiR EWIV EZB f. FamFG FamRZ ff. FamFG FASB FGPrax FGG FGO FinDAG FinMin FiW FMStG Fn. FN FNA FormblattVO FuR FR G GBl. DDR GBO GbR GdW GebrMG GEBC Geb.Verz. gem. GemO
XXI
Einlagensicherungsgesetz Eingetragener Kaufmann Einkaufs- und Liefergenossenschaft Entscheidung Entwurf eines Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Erläuterung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Euro-Bilanzgesetz Euro-Einführungsgesetz Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragener Verein Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäische Zentralbank folgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Zeitschrift für das gesamte Familienrecht fortfolgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Financial Accounting Standard Board Praxis der Freiwilligen Gerichtsparkeit Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Finanzministerium Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e.V., Köln Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds Fußnote Fachnachrichten Fachnormenausschuss Formblattverordnung Familie und Recht Finanzrundschau Gesetz Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik Grundbuchordnung Gesellschaft bürgerlichen Rechts Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen Gebrauchsmustergesetz Europäische Vereinigung der Genossenschaftsbanken/Groupement des Bounques Couperatives Gebührenverzeichnis gemäß Gemeindeordnung
Abkürzungsverzeichnis
GenG Gen-HB Gen.m.b.H. GenReG GenRegGer GenRegV/GenRegVO Gerichtsvollz. GewGen. GewO GewSt. GewStDV GewStG GewStR GF GG ggf. ggü. GKG GleichberG GmbH GmbHG GmbHR GNotKG GoS Grds. GrESt GrEStG GrStG GruchBeitr. GRUR GüKG GüKTV GV GVBl. GVG GVO GVR GWB GW GWW Bayern
Genossenschaftsgesetz Genossenschaftshandbuch Genossenschaft mit beschränkter Haftung Genossenschaftsregister Genossenschaftsregistergericht Genossenschaftsregisterverordnung Gerichtsvollzieher Die Gewerbliche Genossenschaft Gewerbeordnung Gewerbesteuer Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuer-Richtlinien Genossenschaftsforum Grundgesetz gegebenenfalls gegenüber Gerichtskostengesetz Gleichberechtigungsgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gerichts- und Notarkostengesetz Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherführung grundsätzlich Grunderwerbsteuer Grunderwerbsteuergesetz Grundsteuergesetz Gruchot's Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Güterkraftverkehrsgesetz Verordnung über die Tarifüberwachung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz Generalversammlung Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gruppenfreistellungverordnung Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gemeinnütziges Wohnungswesen Zeitschrift für das gemeinnützige Wohnungswesen in Bayern
H. h.A. HabesR Habil.-Schrift Halbs. HandwO HansRZ
Heft herrschende Ansicht Handels- und Gesellschaftsrecht Habilitationsschrift Halbsatz Handwerksordnung Hanseatische Rechtszeitschrift für Handel, Schifffahrt und Versicherung, Kolonial- und Auslandsbeziehungen Hausratsverordnung Haushaltsbegleitgesetz Hypothekenbankgesetz Handwörterbuch des Genossenschaftswesens Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung
HausratsVO HBeglG HBG HDG/HdG HdWW HFR
XXII
Abkürzungsverzeichnis
HGB HGrG h.L. h.M. HRBerG HRefG HRegGebV HRegVfg HRR hrsg. Hrsg. HRV HWB
Handelsgesetzbuch Haushaltsgrundsätzegesetz herrschende Lehre herrschende Meinung Handelsrechtliches Bereinigungsgesetz Handelsrechtsreformgesetz Handelsregistergebührenverzeichnis Handelsregisterverfügung Höchstrichterliche Rechtsprechung herausgegeben Herausgeber Handelsregisterverordnung Handwörterbuch der Betriebswirtschaft
IAS IASB i.d.F. i.d.R. IDW IDW PS IDW VO i.e.S. IFRIC IFRS IHK inkl. i.L. insb. InsO InstitutsVergV IPR IRU ISA i.S.d. i.S.v. i.V.m.
International Accounting Standards International Accounting Standards Board in der Fassung in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer IDW Prüfungsstandard IDW Verordnung im engeren Sinn International Financial Reporting Interpretations Committee International Financial Reporting Standards Industrie- und Handelskammer Inklusive in Liquidation insbesondere Insolvenzordnung Institutsvergütungsverordnung für Kreditinstitute Internationales Privatrecht Internationale Raiffeisen-Union International Standard on Auditing im Sinn des im Sinn von in Verbindung mit
JA JAbschl.WuV JB JFG JMBl. JR juris PR-BKR juris PR-HaGesR jurisPR-InsR JuS JW JZ
Juristische Arbeitsblätter Jahresabschluss Wirtschaft und Verwaltung Juristische Blätter Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Grundbuchsachen Justizministerialblatt Juristische Rundschau juris Praxis Report Bank und Kapitalmarktrecht juris Praxis Report Handels- und Gesellschaftsrecht juris Praxis Report Insolvenzrecht Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung
KAGB KAGG KapErhG KapStDV
Kapitalanlagegesetzbuch Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitalerhöhungsgesetz Kapitalertragsteuer-Durchführungsverordnung
XXIII
Abkürzungsverzeichnis
KartG KG KGaA KGJ KG JFG KK KleinsteG/KleinstGen KMU KO KonsR KonTraG KoopEG KoR KostO KSchG KStDV KStG KStR KTS KuT KVStDV KVStG KWG
Kartellgesetz Kammergericht; Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts Kommentar zur Grundbuchordnung und Grundbuchverfügung Kölner Kommentar Kleinstgenossenschaft Kleine und Mittlere Unternehmen Konkursordnung Konsumgenossenschaftliche Rundschau Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kooperationsgesellschaft-Einführungsgesetz Konsumgenossenschaftliche Rundschau Kostenordnung Kündigungsschutzgesetz Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien Zeitschrift für Insolvenzrecht Konkurs- und Treuhandwesen Kapitalverkehrsteuer-Durchführungsverordnung Kapitalverkehrsteuergesetz Kreditwesengesetz
LAG LDSG LG LM LöschG LPG LuftVG LwAnpG LZ LZB
Landesarbeitsgericht Landesdatenschutzgesetz Landgericht Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Löschungsgesetz Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften Luftverkehrsgesetz Landwirtschaftsanpassungsgesetz Leipziger Zeitschrift Landeszentralbank
m. m. abl. Anm. MaBV MarkenG. MaRisk. MarktStrG MDR m. Hinw. MicroBilG MilchFettG MinBl. Mio. MitB MitBestErgG MitbestG m. krit. Anm. MoMiG
mit mit ablehnender Anmerkung Makler- und Bauträgerverordnung Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen Mindestanforderungen an das Risikomanagement Marktstrukturgesetz Monatsschrift für Deutsches Recht mit Hinweisen Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz Milch- und Fettgesetz Ministerialblatt Million Die Mitbestimmung Mitbestimmungsergänzungsgesetz Mitbestimmungsgesetz mit kritischer Anmerkung Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Montanmitbestimmungsgesetz Mustersatzung (spartenübergreifend)
MontanMit-BestG MS
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
MSchG MuSchG Mustersatzung
m.w.N. m. zust. Anm.
Mieterschutzgesetz Mutterschutzgesetz Mustersatzung (spartenübergreifend) für Volksbanken und Raiffeisenbanken, Agrargenossenschaften, gewerbliche- und Dienstleistungsgenossenschaften (ZGV MS) mit weiteren Nachweisen mit zustimmender Anmerkung
NB neugef. n.F. NJ NJW NJW-RR Nr. nrkr. NZA NZG NZM
Neue Betriebswirtschaft neugefasst neue Fassung; neue Folge Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechung Nummer nicht rechtskräftig Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht
o.Ä. OblG. österr. OGAW OGAW-V-UmsG. OGHZ
OWiG
oder Ähnliches Oberstes Landgericht Österreichisch Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere OGAW-V-Umsetzungsgesetz Sammlung der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die britische Besatzungszone in Zivilsachen offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Oberlandesgerichts Entscheidungen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Oberverwaltungsgericht Sammlung der Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Lüneburg und Münster Ordnungswidrigkeitengesetz
PatG PG PGH pr. PSD PSVaG PublG
Patentgesetz Produktivgenossenschaft Produktionsgenossenschaft des Handwerks Preußisch Post-Spar- und Darlehnsverein e.V. Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit Publizitätsgesetz
QM QS
Qualitätsmanagementsystem Qualitätssicherung
RabattG RAG RaiffR RAO RBerG RdA RdErl.
Rabattgesetz Reichsarbeitsgericht Raiffeisen-Rundschau Reichsabgabenordnung Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit Runderlass
OHG/oHG OLG OLGE OLGRSpr./OLGR OLGZ OVG OVGE
XXV
Abkürzungsverzeichnis
RdF RDG/RechtsdienstleistungsG RdL Rdn. RechkredV. Recht RefE RegE RegGer. RegVBG RFH RG RGBl. RGJW RGSt. RGZ RHeimstG Richtl. RJA RJM RLG RNotO ROHG Rpfleger RpflG Rspr. RStBl. RT-Drs. RVO RZG s. S. s.a. SA SCE SCEAG SCEBG, SCE-BG SCE-VO SCE-VV ScheckG SchlHA SchwbG SE SEStGEG SE-AG SE-VO SfQ SGG SignaturG SJZ
Reichsminister der Finanzen Rechtsdienstleistungsgesetz Recht der Landwirtschaft Randnummer Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute Das Recht Referentenentwurf Regierungsentwurf Registergericht Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz Reichsfinanzhof Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgericht in Juristische Wochenschrift Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Reichsheimstättengesetz Richtlinie Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts Reichsjustizministerium Reichsleistungsgesetz Reichsnotarordnung Reichsoberhandelsgericht Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz Rechtsprechung Reichssteuerblatt Reichstagsdrucksache Reichsversicherungsordnung Reichsgericht in Zivilsachen siehe Satz; Seite siehe auch Sociedad Anónima; Société Anonyme (Aktiengesellschaft) Societas Cooperativa Europaea, Europäische Genossenschaft SCE-Ausführungsgesetz SCE-Beteiligungsgesetz Verordnung über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) Europäische Genossenschaft Vertreterversammlung Scheckgesetz Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schwerbehindertengesetz Societas Europaea, Europäische (Aktien-) Gesellschaft Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft Europäische Gesellschaft, Ausführungsgesetz Europäische Gesellschaft, Verordnung Satzung für Qualitätskontrolle Sozialgerichtsgesetz Signaturgesetz Süddeutsche Juristenzeitung
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
SME sog. Sp. SpruchG StB StBauFG StBerG StGB StPO StVG
Small and Middlesized enterprises so genannt Spalte Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren Der Steuerberater Städtebauförderungsgesetz Steuerberatungsgesetz Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Straßenverkehrsgesetz
TransPuG TVG Tz.
Transparenz- und Publizitätsgesetz Tarifvertragsgesetz Textziffer
u. u.a. u.Ä. UFITA UG UGAL UMAG UmwG UmwBerG UmwStG Unterabs. unveröffentl. UrhG UrkStG Urt. UStG UStR usw. u.U. UWG
und und andere; unter anderem und Ähnliches Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Umstellungsgesetz Union des Groupemants de Detaillants Indépedant de l’Europe Getzes zur Unternehmensintegrität und zur Modernisierung des Anfechtungsrechts Umwandlungsgesetz Umwandlungsbereinigungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unterabsatz unveröffentlicht Urheberrechtsgesetz Urkundensteuergesetz Urteil Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer-Rundschau und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
v. v.a. VAG VEB VermBG VermStDV VermStG VermStR VersR vgl. VglO v.H. VO VO EG VO EU Vorl.Amtsenth. Vor./Vorb. VorstAG
von, vom vor allem Versicherungsaufsichtsgesetz Volkseigener Betrieb Vermögensbildungsgesetz Vermögensteuer-Durchführungsverordnung Vermögensteuergesetz Vermögensteuer-Richtlinien Zeitschrift für Versicherungsrecht vergleiche Vergleichsordnung von Hundert Verordnung Einführungsgesetz Europäische Gemeinschaften, Verordnung Europäische Union, Verordnung vorläufige Amtsenthebung Vorbemerkung Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung
XXVII
Abkürzungsverzeichnis
VV VVaG VwGO VwVfG
Vertreterversammlung Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz
WBA WbI WEG WG WGG WGGDV WGGDV Saar WGG-Erl. WGZ-Bank WI WiGBl. WiStG WM WoBauG WoBindG WoG WohnGen WoPG WoPDV WP WPg/WPG WpHG WPK WPO WPOÄG WpPG WPrax WRP WuB WuDeG WuM WuW WuW/E WZG
Weitnauer/Boxberger/Anders Warenbetriebliche Information Wohnungseigentumsgesetz Wohnungswirtschaftliche Gesetzgebung Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes im Saarland Übereinstimmende Erlasse der Länder zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht WGZ BANK AG Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank Wohnungswirtschaftliche Informationen Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wirtschaftsstrafgesetz Wertpapier-Mitteilungen Wohnungsbaugesetz Wohnungsbindungsgesetz Wohnungswirtschaftliche Gesetzgebung Wohngenossenschaft Wohnungsbau-Prämiengesetz Verordnung zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes Der Wirtschaftsprüfer Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wirtschaftsprüferkammer Wirtschaftsprüferordnung Wirtschaftsprüferordnungs-Änderungsgesetz Wertpapierprospektgesetz Wirtschaft und Praxis Wettbewerb in Recht und Praxis Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Waren und Dienstleistungsgenossenschaften Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wirtschaft und Wettbewerb Wirtschaft und Wettbewerb, Entscheidungssammlung Warenzeichengesetz
ZAkDR ZAP z.B. ZBH ZBR ZDK ZfA ZfBR ZfgG ZfhF ZfW ZGB ZGR ZGV
Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zentralblatt für Handelsrecht Zeitschrift für Beamtenrecht Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e.V. Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung Zeitschrift für Wohnungswesen Zivilgesetzbuch Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen
XXVIII
Abkürzungsverzeichnis
ZHR Ziff. ZInsO ZIP ZMR ZPO z.T. ZuschlagsVO zust. ZVG z.Zt.
XXIX
Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für das Gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung zum Teil Zuschlagsverordnung zustimmend Zwangsversteigerungsgesetz zurzeit
Abkürzungsverzeichnis
XXX
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Aschermann Die eingetragene Genossenschaft als Beteiligungsunternehmen, 1992 Bachmann, E. Die Ausschließung des Mitgliedes einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft durch Generalversammlungsbeschluss und die Anfechtung eines solchen Beschlusses im Klagewege, Diss., Erlangen 1912 Bachmann, W. Die innerbetriebliche Leistungsverrechnung im Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft, Hamburg 1991 Baecker Grenzen der Vereinsautonomie im deutschen Sportverbandswesen, Diss., Berlin 1985 Bähre/Schneider KWG-Kommentar, 3. Aufl., München 1986 Barth Die Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, Diss., Freiburg/Schweiz 1964 Batzer/Greipl/Täger Stellung und Entwicklung der Zusammenschlussformen im Einzelhandel, München 1981 Bauer Genossenschafts-Handbuch, Berlin, Loseblattwerk Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch, 36. Aufl., München 2014 Baumbach/Hueck GmbH-Gesetz, 20. Aufl., München 2013 Baumgartl Die Funktion des Förderungsauftrages in § 1 Genossenschaftsgesetz, Diss., Nürnberg 1979 Baums Eintragung und Löschung von Gesellschafterbeschlüssen, Diss., Heidelberg 1981 Beck’scher Bilanz8. Aufl., München 2012 kommentar Beck’sches Handbuch 1. Aufl., München 2009 der Genossenschaft Bereska Minderheitenschutz durch Klage in Genossenschaften, Kooperations- und genossenschaftliche Beiträge, Band 23, Institut für Genossenschaftswesen der Universität Münster, Diss., Münster 1990 Berge/Philipowski Zinsrückvergütungen in Kreditgenossenschaften, Marburger Beiträge zum Genossenschaftswesen, Bd. 11, Marburg 1987 Berliner Kommentar zum 2. Aufl., Hamburg 2010 Genossenschaftsgesetz Beuthien Genossenschaftsgesetz, 15. Aufl., München 2011 ders. Die Vertreterversammlung eingetragener Genossenschaften (Schriften zur Kooperationsforschung B, Bd. 18), Tübingen 1984 ders. u.a. (Hrsg.) Materialien zum Genossenschaftsgesetz, Göttingen 1989 ff. ders./Dierkes/Wehrheim Die Genossenschaft, 1. Aufl., Berlin 2008 BGB-RGRK Das Bürgerliche Gesetzbuch, mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes, 12. Aufl., Berlin/New York 1975 ff. Biener/Berneke Bilanzrichtlinien-Gesetz, Düsseldorf 1986 Birck/Meyer Die Bankbilanz, 3. Aufl., Wiesbaden 1976 ff. Bodien/Nimtz (Hrsg.) Das Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen, Hamburg 1973 Boettcher Wie zeitgemäß ist heute noch Raiffeisen? (Warenwirtschaftliche InformationsTagungen 1981/82 der Rheinischen Waren-Zentrale), Köln 1982 ders. (Hrsg.) Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, Schriften zur Kooperationsforschung B, Bd. 16, Tübingen 1982 ders. (Hrsg.) Der Förderbericht in Kreditgenossenschaften, Schriften zur Kooperationsforschung B, Bd. 15, Tübingen 1982 ders. (Hrsg.) Führungsprobleme in Genossenschaften, Tübingen 1977 Bohnenberg Austritt und Ausschließung des Genossen einer eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft in ihren rechtlichen Voraussetzungen und Wirkungen, Diss., Leipzig 1927 Bokelmann Das Recht der Firmen und Geschäftsbezeichnungen, 5. Aufl., Berlin 1999
XXXI
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Bonner Kommentar zum Grundgesetz Boos/Fischer/ Schulte-Mattler Brodmann
Loseblattwerk, Heidelberg Kreditwesengesetz: KWG 4. Aufl., München 2012
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XXXII
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Literaturverzeichnis
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I. Einleitung | Einf
EINFÜHRUNG Holthaus/Lehnhoff Einführung Einf I. Einleitung I. II.
III.
IV.
Übersicht Einleitung | 1–2 Daten und Fakten, die Genossenschaften heute | 3–7 1. Banken | 3 2. Ländliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften | 4 3. Gewerbliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften | 5 4. Konsumgenossenschaften | 6 5. Wohnungsgenossenschaften | 7 Genossenschaften und Wettbewerbsordnung | 8–33 1. Allgemeines | 8 2. Das Europäische Kartellrecht | 9–13 3. Das deutsche Wettbewerbsrecht | 14 4. Das Gesetz gegen Wettbewerbseinschränkungen und seine Auswirkungen auf Genossenschaften | 15–25 5. Unternehmen, die vom Kartellverbot freigestellt sind | 26–33 Genossenschaft und kollektives Arbeitsrecht | 34–39a
Allgemeines | 34 Betriebsverfassungsgesetz 1972 | 35, 36 3. Betriebsverfassungsgesetz 1952 (§§ 76–87) | 37 4. Drittelbeteiligungsgesetz | 38 5. Mitbestimmungsgesetz 1976 | 39 6. Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen an Führungspositionen 2015 | 39a V. Die Besteuerung der Genossenschaften | 40–42 1. Allgemeines | 40 2. Steuerpflichtige Genossenschaften | 41 3. Sonderregelungen für bestimmte landund forstwirtschaftliche eG | 42 4. Hinweise zu einzelnen Steuerfragen | 42 VI. Umwandlungsrecht | 43 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 44–63 VIII. Mitbestimmung in der Europäischen Genossenschaft (SCE) | 64 1. 2.
I. Einleitung Das deutsche Genossenschaftswesen, dessen Entstehung auf die Bestrebungen von 1 Schulze-Delitzsch und Raiffeisen zurückgeht, wurde durch das preußische Gesetz betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 27. März 1867 gesetzlich geregelt. Auf Antrag Schulze-Delitzschs wurde dieses Gesetz unter Vornahme einiger Änderungen und Ergänzungen am 4. Juli 1868 als Norddeutsches Bundesgesetz verkündet und schließlich 1871 bzw. 1873 durch Einführung in allen deutschen Ländern zu einem im ganzen Reich gültigen Gesetz erhoben. Das „Reichsgesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“ vom 1. Mai 1889, das noch durch die Schrift Schulze-Delitzschs „Material zur Revision des Genossenschaftsgesetzes“ aus dem Jahre 1883 beeinflusst wurde, stellte eine der raschen Entwicklung des deutschen Genossenschaftswesens und den dadurch veränderten Bedürfnissen der genossenschaftlichen Praxis entsprechende Fortbildung des bestehenden Genossenschaftsrechts dar. Durch dieses Gesetz wurde vor allem die beschränkte Haftpflicht zugelassen, Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft von der Eintragung in die gerichtliche Genossenliste abhängig gemacht, die gesetzliche Revision eingeführt, die Bildung von Zentralgenossenschaften ermöglicht und schließlich die Gewährung von Krediten durch Kreditgenossenschaften und die Warenabgabe durch Konsumvereine an Nichtmitglieder verboten. Nach Vornahme einiger Änderungen und Ergänzungen wurde der Text des Gesetzes am 20. Mai 1898 neu bekannt gemacht. In der Folgezeit wurde u.a. durch eine Novelle vom 1. Juli 1922 für größere Genossenschaften die Vertreterversammlung eingeführt und ein vereinfachtes Verfahren für die Verschmelzung von Genossenschaften geschaffen. Das Gesetz vom 18. Mai 1933 ermöglichte es, bei einem länger dauernden Konkurs die 1
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Nachschüsse der Genossen schon im Wege der Abschlagverteilung den Gläubigern zukommen zu lassen. Durch Gesetz vom 26. Mai 1933 wurde die Strafe für besonders schwere Fälle genossenschaftlicher Untreue wesentlich verschärft. Die Verordnung über die Bilanzierung von Genossenschaften vom 30. Mai 1933 regelte die Bilanzierung der eingetragenen Genossenschaften erschöpfend und trug dem Bedürfnis nach einer erhöhten Publizität Rechnung. Das Gesetz vom 20. Dezember 1933 bezweckte namentlich einen verstärkten Rechtsschutz der Mitglieder. Es ließ nur noch zwei genossenschaftliche Haftarten zu, nämlich die beschränkte und die unbeschränkte Haftpflicht. Durch die Beseitigung des Einzelangriffs der Gläubiger gegen die Mitglieder wurden zwar die Genossenschaften mit beschränkter und unbeschränkter Haftpflicht der Sache nach zu Genossenschaften mit beschränkter und unbeschränkter Nachschusspflicht, jedoch wurde ihre bisherige Haftartbezeichnung beibehalten. Das Gesetz führte ferner den Zwangsvergleich im Konkurs der Genossenschaft ein und gestattete den Abschluss von Vergleichen zwischen dem Konkursverwalter und den einzelnen Mitgliedern. Durch das Gesetz vom 30. Oktober 1934 erfuhren die Vorschriften über das genossenschaftliche Prüfungswesen eine grundlegende Umgestaltung. Die Prüfungsfrist wurde für Genossenschaften von einer bestimmten Bilanzsumme ab auf ein Jahr verkürzt und allen Genossenschaften bei Vermeidung der Auflösung die Pflicht zum Anschluss an einen Prüfungsverband auferlegt. Die Pflichtmitgliedschaft wurde eingeführt, weil sich in den wirtschaftlichen Krisenjahren gezeigt hat, dass verbandsangehörige Genossenschaften infolge der Betreuung und Prüfung durch den Verband wesentlich besser die auftretenden Schwierigkeiten überwinden konnten als die verbandsfreien Genossenschaften. Als alleiniger Träger der Prüfung wurde nunmehr der Prüfungsverband bestimmt. Die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des Prüfungsverbands und der Prüfer wurde eingehend geregelt und durch Schaffung des öffentlich bestellten genossenschaftlichen Wirtschaftsprüfers die Frage der persönlichen und sachlichen Qualifikation der Prüfer geklärt. Entsprechend seiner erhöhten Verantwortung gab die Novelle dem Prüfungsverband die Möglichkeit, die Beachtung der Prüfungsergebnisse und die Beseitigung der festgestellten Mängel durchzusetzen. Durch die Verordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse von Kreditinstituten vom 7. Juli 1937 wurde (zunächst nur in begrenztem Umfange) auch für Kreditinstitute in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft die Prüfung des Jahresabschlusses vorgeschrieben und durch die Novelle vom 13. April 1943 in Anlehnung an die Regelung im Aktiengesetz vom 30. Januar 1937 ein neues Verschmelzungsrecht geschaffen, um die Verschmelzung von Genossenschaften zu vereinfachen und zu erleichtern, ohne die Belange der Beteiligten zu beeinträchtigen. Inzwischen war bei der Akademie für Deutsches Recht 1936 ein Ausschuss für Genossenschaftsrecht gebildet worden, dem die Überprüfung des Deutschen Genossenschaftsrechts auf seine Reformbedürftigkeit hin übertragen wurde. Das Ergebnis seiner Untersuchungen wurde 1940 in einer Denkschrift „Das Recht der deutschen Genossenschaften“ veröffentlicht, doch hatte der Krieg die Zurückstellung der Reformpläne zur Folge. Als nach dem Zusammenbruch im Zuge der staatlichen Neugestaltung die Gesetzge2 bungsbefugnis 1950 auf den Deutschen Bundestag übergegangen war, galt es zunächst, auch das Genossenschaftsrecht vor allem durch das handelsrechtliche Bereinigungsgesetz vom 18.4.1950 von den kriegsbedingten Rechtsvorschriften zu befreien. Da die Verordnung über öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen vom 7.7.1936 nach dem Kriege nicht mehr anwendbar war, weil die durch sie geschaffenen Einrichtungen weggefallen waren, erfolgte die erforderliche Neuordnung der RechtsHolthaus/Lehnhoff
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grundlagen für die Stellung der Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen durch das Gesetz über Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen vom 17.7.1952. Die Zerstörung der Einheit und die Teilung Berlins in West- und Ostsektoren machte das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit Sitz in Berlin vom 9.1.19511 erforderlich.
1.
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Änderungen des Genossenschaftsgesetzes seit Ende des Zweiten Weltkrieges: Durch § 1 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und des Rabattgesetzes vom 21.7.1954 wurde § 8 Abs. 4, der den Konsumvereinen den Verkauf von Waren an Nichtmitglieder verbot, aufgehoben, nachdem seine Anwendung schon seit Kriegsende ausgesetzt worden war. Zugleich mit § 8 Abs. 4 mussten folgerichtig auch die im Zusammenhang damit stehenden Vorschriften der §§ 31, 152 und 153 aufgehoben werden. Durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26.7.1957 wurde zwecks Vereinfachung des Kostenrechts eine Reihe kostenrechtlicher Vorschriften geändert und ergänzt. Aus systematischen Gründen ist bei dieser Gelegenheit durch Artikel XI § 4 Abs. 1 Nr. 2 der § 159 des Genossenschaftsgesetzes mit Wirkung vom 1.10.1957 aufgehoben und inhaltlich übereinstimmend als § 83 in die Kostenordnung vom 1.10.1957 übernommen worden. Im Zusammenhang mit der Neuregelung des Beurkundungsrechtes (Beurkundungsgesetz vom 28.8.1969, BGBl. I S. 1513) wurden auch wichtige Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes geändert. Da Beurkundungen und Beglaubigungen aus Gründen der Vereinheitlichung des Beurkundungswesens grundsätzlich nur noch durch den Notar erfolgen sollen, mussten auch alle Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes geändert werden, die z.B. eine unmittelbare Anmeldung zu Protokoll des Gerichtes zuließen. Es handelte sich um die Vorschriften der §§ 11 Abs. 3, 28 Abs. 2, 84 Abs. 3 und 157 Abs. 1 GenG. Allerdings kann gemäß § 63 BeurkG durch Landesgesetz die Zuständigkeit für die öffentliche Beglaubigung anderen Personen oder Stellen übertragen werden. Von dieser Ausnahmemöglichkeit wurde in mehreren Fällen durch die Länder Gebrauch gemacht.2 Schon bei der Erörterung des Problems der Beseitigung des § 8 Abs. 4 hatten mit den Genossenschaften in Wettbewerb stehende Wirtschaftskreise die Frage nach der Stellung der Genossenschaften im heutigen Wirtschaftsleben und insbesondere ihrer wettbewerblichen Stellung gegenüber dem Handel aufgeworfen. Nachdem auch in einer Bundestagsdebatte vom 10.12.1953 über die Aufhebung des Verbots des Nichtmitgliedergeschäfts der Konsumvereine diese grundsätzlichen Fragen zur Sprache gekommen waren, ersuchten Bundestag und Bundesrat die Bundesregierung im Sommer 1954, das geltende Genossenschaftsrecht zu überprüfen und die Vorarbeiten für eine Reform unverzüglich in Angriff zu nehmen. Im Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsminister und den anderen beteiligten Bundesministerien wurde daraufhin beim Bundesjustizministerium ein Sachverständigenausschuss aus Kreisen der Rechtswissenschaft, der Wirtschaftswissenschaft, der Genossenschaften, des Handels und des Handwerks gebildet, um die grundsätzlichen Fragen zu klären, bevor Entscheidungen über eine Änderung des Genossenschaftsgesetzes getroffen werden. Die Beratungen wurden im Juli 1958 abgeschlossen. Die Arbeiten des Sachverständigenausschusses wurden vom Bundesjustizministe-
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Verordnungsblatt für Berlin, Teil I Nr. 10 vom 22.2.1951 S. 249. BeurkG v. 28.8.1969 BGBl. I S. 1513, zuletzt geändert durch Art. 5 G. v. 29.6.2015 BGBl. I S. 1042.
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5.
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rium in 3 Bänden mit dem Titel: Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Referate und Materialien, veröffentlicht. Im Vorwort zum 1. Band stellt der damalige Bundesjustizminister Neumayer fest, dass sich das geltende Genossenschaftsgesetz als Rechtsgrundlage für die Genossenschaften voll bewährt hat. Mit Datum vom 23.2.1962 hatte das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf eines Genossenschaftsgesetzes der Öffentlichkeit vorgelegt und die Spitzenverbände der Wirtschaft, insbesondere die genossenschaftlichen Spitzenverbände, gebeten, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Die genossenschaftlichen Spitzenverbände hatten den Referentenentwurf eingehend geprüft; in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 29.3.1963 lehnten sie ihn ab. In weiten Kreisen der betroffenen Wirtschaft bestand Einigkeit dahin, dass der damalige Referentenentwurf als Grundlage für ein künftiges Genossenschaftsgesetz nicht geeignet war. In der Folgezeit ergaben sich durch die Entwicklung der Wirtschaft und der Wettbewerbsverhältnisse neue Gesichtspunkte, die eine schwerpunktmäßige Modernisierung des Genossenschaftsrechts geboten erscheinen ließen. Dies geschah durch die Novelle vom 9.10.1973,3 die zum 1.1.1974 in Kraft trat. Sie bezweckte in erster Linie die Verbesserung des genossenschaftlichen Eigenkapitals sowie eine Stärkung der Geschäftsführung im genossenschaftlichen Unternehmen. In diesem Zusammenhang sind u.a. folgende Regelungen zu nennen: Die Satzung kann vorsehen, dass die Mitglieder im Konkurs der Genossenschaft Nachschüsse zur Konkursmasse nicht zu leisten haben; die Satzung kann bestimmen, dass die Geschäftsguthaben verzinst werden; die Satzung kann Mitgliedern für den Fall des Ausscheidens einen Anspruch auf Auszahlung eines Anteils an einem zu diesem Zweck zu bildenden Beteiligungsfonds einräumen; die Satzung kann festlegen, dass bei einer Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen eine Erhöhung der Haftsumme nicht eintritt; einzelne Geschäftsanteile können – unter Beibehaltung der Mitgliedschaft – gekündigt werden; der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung; die Vertretung der Genossenschaft kann durch die Satzung weitgehend frei gestaltet werden; den Genossenschaften wird die Möglichkeit gegeben, Prokura und Handlungsvollmacht zu erteilen; das Verbot, Kredite an Nichtmitglieder zu gewähren, ist im Genossenschaftsgesetz nicht mehr enthalten. Die Vierte EG-Richtlinie hatte die Vereinheitlichung verschiedener gesellschaftsrechtlicher Vorschriften, insbesondere des Rechnungswesens zum Ziel. Die Umsetzung der Richtlinie in den deutschen Rechtsbereich erfolgte durch das Bilanzrichtlinie-Gesetz vom 19.12.1985 (BGBl. I S. 2355). Durch dieses Gesetz wurden auch verschiedene Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes geändert, zum Teil erfolgten wesentliche Eingriffe in die bisherige Rechtsstruktur. Dies galt z.B. für die gesetzliche Regelung des Rechnungswesens (§ 33) und das Recht der genossenschaftlichen Pflichtprüfung (§§ 53 ff.). Aus Anlass der Gesetzesänderung wurden auch eine Bereinigung verschiedener überholter Vorschriften und eine Anpassung an die einheitlichen Begriffe des Handelsgesetzbuchs durchgeführt. Das Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz vom 20.12.19934 enthielt die für Genossenschaften bedeutsame Änderung, wonach die „Liste der Genossen“ nicht mehr vom Registergericht geführt wird, sondern in die Verantwortung der Genossenschaft selbst übertragen ist. Das Gesetz war auch Anlass, die schon lange umstrittene Vor-
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BGBl. I S. 1451. BGBl. I S. 2182.
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schrift in § 43a GenG über die Pflicht zur Einführung der Vertreterversammlung zu ersetzen durch eine Regelung, die es jeder Genossenschaft überlässt, bei mehr als 1.500 Mitgliedern die Vertreterversammlung durch Satzungsänderung einzuführen. Dies bedeutet, dass die Genossenschaften mit größeren Mitgliederzahlen durch Änderung der Satzung wieder die Generalversammlung einführen können, um allen Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, unmittelbar an der Gestaltung des Unternehmens mitzuwirken. Durch das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28.10.19945 wurden die §§ 63e bis 63i und 93a bis 93s des Genossenschaftsgesetzes aufgehoben. Diese Änderung hatte zur Folge, dass die bisherigen Vorschriften über die Verschmelzung von Genossenschaften (§§ 93a bis 93s) und der genossenschaftlichen Prüfungsverbände (§§ 63e bis 63i) aus dem GenG inhaltlich in das neue Umwandlungsgesetz (Art. 1 des UmwBerG) übernommen wurden. Aus diesem Anlass entsprach der Gesetzgeber einem Anliegen der Wirtschaft und der Genossenschaften, auch die Möglichkeit der Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Genossenschaften vorzusehen, und darüber hinaus die genossenschaftlichen Unternehmen in die Regelungen betreffend die Spaltung (hier insbesondere die Ausgliederung), Vermögensübertragung und den Formwechsel einzubeziehen. Dieses modernisierte Recht für die genossenschaftlichen Unternehmen hat die rechtlichen Voraussetzungen für eine weiterhin erfolgreiche Arbeit aller Genossenschaften geschaffen. Bei allen Änderungen und Anpassungen sollte aber nicht übersehen werden, dass das Genossenschaftsrecht unverzichtbare Strukturelemente enthält, deren Aufgabe eine Gefährdung genossenschaftlicher Grundwerte bedeuten würde. Praxis, Wissenschaft und nicht zuletzt Gesetzgebung sind aufgerufen, diese genossenschaftlichen Grundwerte zu bewahren und überzeugend darzustellen. Die am 1.1.1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung vom 5.10.19946 in der Fassung vom 31.8.20137 erfasst als juristische Person auch die eG (§§ 11 Abs. 1 InsO), ohne an den besonderen genossenschaftsrechtlichen Insolvenzvorschriften der §§ 98 ff. Wesentliches zu ändern. Der Gesetzgeber hat auch aufgrund der Auswirkungen der weltweiten Finanzmarktkrise einen Anpassungsbedarf der InsO an neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen gesehen, hält dabei aber an dem Grundsatz der möglichst gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung fest. Seit 2012 wird hierzu in drei Stufen eine Insolvenzrechtsreform umgesetzt, die auch das GenG änderte. Die erste Stufe ist seit 1.3.2012 in Kraft und erweitert die Sanierungsinstrumente der InsO (fakultativer, vorläufiger Gläubigerausschuss; Forderungen gegen Erwerb Gesellschaftsanteile im Insolvenzplan; Erweiterung der Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren nach amerikanischem Vorbild).8 Die zweite Stufe, die im Wesentlichen am 1.7.2014 in Kraft trat, galt der Reform des Verbraucherinsolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahrens. Mit dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.20139 wird natürlichen Personen, insbesondere Existenzgründern, ab Juli 2014 schneller als bisher eine zweite Chance eröffnet, wenn sie einen Teil der Schulden und Verfahrenskosten bezahlen. Dieses Artikelgesetz10
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BGBl. I S. 3210. BGBl. I S. 2866, zuletzt geändert durch Art. 6 G. v. 31.8.2013, BGBl. I S. 3533. BGBl. I S. 3533. ESUG, G. zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen v. 7.12.2011, BGBl. I S. 2582. BGBl. I S. 2379 ff. Art. 8 BGBl. I 2013, S. 2385.
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führte auch zu zwei neuen Vorschriften im GenG. § 66a regelt das Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters in der Insolvenz des Mitglieds und § 67c den Kündigungsausschluss bei Wohnungsgenossenschaften.11 In der dritten Stufe soll ein KonzerninsolvenzR geschaffen werden. Das BMJV hat am 16.3.2015 einen RefE zur Insolvenzanfechtung mit einer insbesondere für eG bedeutenden Neujustierung der Vorsatzanfechtung durch Änderung des § 133 InsO, einer Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs (§ 142 InsO) und der Zwangsvollstreckungsbefriedigung (§ 131 InsO) sowie einer Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs (Änderung des § 143 InsO) veröffentlicht.12 Dieser Entwurf ist zu begrüßen, da er die aufgrund der BGH-Rechtsprechung ausgeuferte Anfechtungspraxis der Insolvenzverwalter korrigiert und wieder mehr Rechtssicherheit für mittelständische Unternehmen wie eG herstellt.13 10. Durch das Euro-Bilanzgesetz (EuroBilG) vom 14.12.200114 wurde auch für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände die Verpflichtung eingeführt, sich einer externen Qualitätskontrolle (peer review) zu unterziehen (§§ 63e–g, 165). Die Koordination und Aufsicht über die von Wirtschaftsprüfern, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Prüfungsverbänden durchgeführten Qualitätskontrollen liegt bei einer von der Wirtschaftsprüferkammer eingerichteten Kommission für Qualitätskontrolle. Insoweit wird erstmals die Unabhängigkeit der Prüfungsverbände von der Wirtschaftsprüferkammer aufgehoben. 11. Darüber hinaus haben sich in den vergangenen Jahren weitere Gesetzesänderungen auf das Genossenschaftsrecht ausgewirkt, ohne dass dabei das Genossenschaftsgesetz selbst geändert worden wäre. Zu nennen sind insbesondere für den Bereich der genossenschaftlichen Pflichtprüfung (§§ 53 ff., § 340k HGB) das BankbilanzrichtlinieGesetz (BankBilRLG) vom 30.11.1990,15 das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.4.1998,16 Art. 9 Abs. 1 des Kapitalgesellschaften- und Co Richtlinie-Gesetzes vom 24.2.200017 und das Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (TransPuG) vom 25.7.200218 sowie das Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKG) vom 15.12.2004.19 Demgegenüber hat das Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) vom 4.12.200420 unmittelbare Auswirkungen auf das Genossenschaftsgesetz (§§ 48 Abs. 4, 53 Abs. 2 Satz 2, 147 Abs. 2 Nr. 1, 160 Abs. 1 Satz 2). Von Bedeutung ist die Neufassung des § 340k Abs. 2 Satz 3, der eine Prüfung der Kreditinstitute durch den Prüfungsverband nur dann ausschließt, wenn die Besorgnis der Befangenheit bei einem gesetzlichen Vertreter oder bei einem Angestellten des Prüfungsverbands vorliegt, der das Ergebnis der Prüfung beeinflussen kann.
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11 Weitergehende Kommentierung hierzu siehe §§ 66a und 67c. 12 RefE v. 16.3.2015. http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/RefE_Reform_ Insolvenzanfechtung.pdf?__blob=publicationFile. 13 So auch Hirte RefE zur Insolvenzanfechtung: Ein erster Schritt zur überfälligen Reform, DB 2015, Gastkommentar Nr. 02 v. 17.4.2015, M5. 14 BGBl. I S. 3414. 15 BGBl. I S. 1570. 16 BGBl. I S. 786. 17 BGBl. I S. 161. 18 BGBl. I S. 2681. 19 BGBl. I S. 3408. 20 BGBl. I S. 3166.
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12. Das Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 22.7.199821 hat die Umwandlung von Partnerschaftsgesellschaften u.a. in Genossenschaften eröffnet. 13. Das Gesetz zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz – APAG) vom 27.12.2004 hat die Zuständigkeit der nach § 63 zuständigen Aufsichtsbehörden auch im Qualitätskontrollverfahren nach §§ 57a Abs. 6, 57e Abs. 2 WPO berücksichtigt. Zum RefE des Abschlussprüferaufsichtsreformgesetzes (APAReE) siehe nachfolgende Rdn. 2a. 14. Von grundlegender Bedeutung ist die am 18.8.200622 in Kraft getretene Novellierung des Genossenschaftsgesetzes. Sie ist die umfassendste Überarbeitung seit der Novelle vom 9.10.1973. Es wurden Erleichterungen für Neugründungen und Kleinstgenossenschaften (eG mit nicht mehr als 20 Mitgliedern) geschaffen, u.a. die Mindestzahl auf drei abgesenkt, per Satzung sich auf ein Vorstandsmitglied zu beschränken und auf den Aufsichtsrat ganz zu verzichten. Für Unternehmergenossenschaften, deren Mitglieder mindestens zu 3/4 Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sein müssen, wurde das Mehrstimmrecht dergestalt ausgeweitet, dass ein Mitglied bis zu 10% der in der Generalversammlung anwesenden Stimmen ausüben kann. Wie auch für die Europäische Genossenschaft (SCE) vorgesehen, kann die Satzung ein Mindestkapital vorsehen und die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens z.B. von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig machen; beide Regelungen führen dazu, dass auch bei Bilanzierung nach IAS 32 das Geschäftsguthaben Eigenkapital bleibt. Zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendige Geldleistungen kann die Satzung nunmehr neben den bisherigen Geldleistungspflichten vorsehen. Die Rechte des Aufsichtsrats werden u.a. dadurch gestärkt, dass er nunmehr auch für die fristlose Abberufung und Kündigung des Dienstvertrags zuständig ist und er die Genossenschaft gegenüber dem Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Sowohl in den Vorstand, als auch in den Aufsichtsrat können (gesetzliche und rechtsgeschäftliche) Vertreter von juristischen Personen gewählt werden, die Mitglied der Genossenschaft sind; sie müssen also nicht mehr selbst die Mitgliedschaft erwerben. Im Übrigen kann die Satzung auch die Zulassung investierender Mitglieder vorsehen. Die Prüfung des Jahresabschlusses gilt nicht mehr für Genossenschaften, deren Bilanzsumme € 1 Mio. nicht übersteigt, oder deren Umsatzerlöse unter € 2 Mio. liegen. 15. Das Ende 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG)23 ist, soweit es das Genossenschaftsgesetz betrifft (§§ 36, 38, 53 ff.) berücksichtigt worden. 16. Auch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.200824 ist – soweit für die eG relevant – eingearbeitet worden. 17. Gleiches gilt für das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.200925 und für die Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (InstitutsVergV) vom 16.12.2013, in der Fassung vom 1.4.2015.26
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BGBl. I S. 1878. BGBl. I S. 1911. BGBl. I S. 1102. BGBl. I S. 2026. BGBl. I S. 2509. BGBl. I 2013 S. 4270, geändert durch Art. 2 Abs. 41 G. v. 1.4.2015 (BGBl. I 2015 S. 434).
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18. Das Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21.3.201327 stellt durch den neuen Satz 2 in § 27 Abs. 3 BGB klar, dass ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung unentgeltlich tätig ist (gültig ab 1.1.2015), die Satzung kann abweichendes regeln. Außerdem enthält das Gesetz Haftungserleichterungen (§§ 31a und 31b BGB) für geringfügig entlohne Organmitglieder des Vereins. Auswirkungen auf nebenamtliche Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder ergeben sich nicht, vgl. § 34 Rdn. 6a. 19. Am 6.3.2015 beschloss der Bundestag das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (Frauenquote).28 20. Seit dem 22.7.2013 ist das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)29 durch Umsetzung der AIFM-Richtlinie30 in Kraft. Es beruht auf den Bestrebungen der EU den „grauen Kapitalmarkt“ weitestgehend durch Richtlinienvorgabe europaeinheitlich zu regulieren. Was als sinnvolle Harmonisierung des europäischen Investmentmarktes gedacht war, wurde zunächst zur Investitionsbremse für eG. Der Gründungsboom von Energie-eG erleidet neben der EEG-Novelle und die überbordende Bürokratie einen empfindlichen Rückgang. So sollte schon die bloße Möglichkeit der Beteiligung der eG an anderen Unternehmen (übliche Beteiligungsklausel in fast allen Satzungen von eG) zu einer Genehmigungspflicht durch die BaFin führen, die aber nicht alle eG erhalten konnten. Nach einer Bundesratsinitiative der Deutschen Genossenschaftsorganisation unter dem Dach des DGRV mit dem Ziel einer Gesetzesänderung hat die BaFin im März 2015 überraschend in einem neuen Auslegungsschreiben31 eG vom Anwendungsbereich ausgenommen, da sie i.d.R. keine Anlagestrategie verfolgen, sondern einen Förderauftrag gegenüber den Mitgliedern (Förderzweckstrategie) erfüllen und sei es auch nur indirekt zum Nutzen der Mitglieder operativ tätig sind; siehe dazu die Kommentierungen unter § 1 Rdn 107a f. 21. Das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) vom 6.12.201132 normiert die Prospektpflicht für Anlageformen, die keine Wertpapiere im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) und keine Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagesetzbuchs (KAGB) sind. Durch das Kleinanlegerschutzgesetz33 vom 3.7.2015 wurde das VermAnlG in einigen für eG wichtigen Punkten geändert. Die BaFin hat ein Auslegungsschreiben veröffentlicht, das eine detaillierte Abgrenzung von Vermögensanlagen und Investmentvermögen vornimmt. Prospektpflichtig nach dem VermAnlG sind zum Beispiel öffentliche Angebote operativ tätiger Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, wie etwa Kommanditgesellschaften im Bereich Erneuerbare Energien, oder die Ausgabe von Genussrechten, die in den Anlagebedingungen zwar keine Verlustbeteiligung des Anlegers vorsehen, jedoch zu seinen Lasten mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehen sind. Die Anliegen der Genossenschaftsorgani-
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27 EhrAmtStG vom 21.3.2013, BGBl. I S. 556. 28 Danach gibt es zukünftig eine Fixe Quote von 30% für Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegen; flexible Quoten mit Zielgrößen und Fristen gelten für alle eG, die drittelmitbestimmt sind (über 500 AN), dazu Rdn. 39a bzw. § 9 Rdn. 19a. 29 KAGB vom 4.7.2013, BGBl. I S. 1981, zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 17 d. G. v. 17.7.2015, BGBl. I S. 1245. 30 G zur Umsetzung der RiLi 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMUmsetzungsgesetz – AIFM-UmsG) v. 4.7.2013, BGBl. I S. 1981 ff. 31 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“, Geschäftszeichen Q 31-Wp 2137-2013/0006 vom 14.6.2013, zuletzt geändert am 9.3.2015. 32 BGBl. I S. 2481, zuletzt geändert d. Art. 8 Abs. 10 d. G. v. 17.7.2015, BGBl. I S. 1245. 33 BGBl. I S. 1114.
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sation (mit Ausnahme der Kreditgenossenschaften, die ohnehin den besonders strengen Vorschriften des KWG unterliegen) wurden berücksichtigt: Bei Darlehensfinanzierungen der Mitglieder von eG wird es keine verschärften Transparenz- und Rechnungslegungspflichten geben; es gibt keine umfassende Prospektpflicht für nachrangige Darlehen und partiarische Darlehen. eG müssen jedoch ihre Mitglieder in einem vereinfachten Informationsblatt über das Produkt und die Risiken aufklären und dürfen bei der Werbung für Mitglieder und den „Vertrieb von Anteilen“ keine erfolgsabhängige Vergütung erhalten. 22. Durch Gesetz zur Verringerung der Abhängigkeit von Ratings vom 10.12.201434 wurden die Vorschriften §§ 22 Abs. 2 S. 2 und 120 Abs. 1 S. 1 und Abs. 235 neu geregelt. Es handelt sich um Regelungen zum Verlangen nach Sicherheitsleistung bei Herabsetzung des Geschäftsanteils und der Haftsumme, die bei den neuen Vorschriften des GenG kommentiert sind. 23. Die Richtlinie 2014/49/EU über Einlagensicherungssysteme ist grundlegend neu gefasst worden. Durch das am 3.7.2015 verabschiedete Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) wurde diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt.36 Nach dem EinSiG ist jedes CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Abs. 3d S. 1 KWG, also grundsätzlich alle Volksbanken und Raiffeisenbanken, verpflichtet, seine Einlagen nach Maßgabe des EinSiG durch Zugehörigkeit zu einem gesetzlich anerkannten Einlagensicherungssystem zu sichern. Das EinSiG wurde durch den Aufbau eines sogenannten dualen Systems durch den BVR umgesetzt. Neben der bestehenden (rechtlich unselbständigen) Sicherungseinrichtung als zusätzliches freiwilliges System (ohne amtliche Anerkennung) tritt eine Institutssicherungs-GmbH (BVR-ISG). Ziel des BVR-Umsetzungsprojektes war der Erhalt der größtmöglichen Flexibilität in der bisherigen Form der Sicherungseinrichtung (BVR-SE), die zukünftig als zusätzliches freiwilliges System ohne amtliche Anerkennung fungiert. Daneben ist ein amtlich anerkanntes institutsbezogenes Sicherungssystem in der Rechtsform einer GmbH errichtet worden; Rechte und Pflichten des EinSiG treffen damit vollumfänglich nur die BVR-ISG. Hierzu bedurfte es einer Anerkennung durch die BaFin (§§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EinSiG, 43 Abs. 1). Die BVR-ISG übernimmt zukünftig die Entschädigung der Einleger der dem System angehörigen Volksbanken und Raiffeisenbanken (CRR-Kreditinstitute) nach Maßgabe der §§ 5 bis 16 EinSiG und erfüllt die Voraussetzungen des Art. 113 Abs. 7 der EUVO 575/2013 (CRR) und bietet durch eine angemessene Erstausstattung durch Übertragung der Finanzmittel aus dem bestehenden Sicherungsvermögen eine Gewähr für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben; insbesondere erfüllt sie auch die neuen weitreichenden gesetzlichen Regelungen zu organisatorischen Strukturen und umfangreichen Aufsichts- und Prüfungsrechten; insgesamt also alle Voraussetzungen für Anerkennung durch die BaFin. Beide Systeme (BVR-SE und BVR-ISG) sollen den angehörenden Instituten im Falle von wirtschaftlichen Schwierigkeiten Hilfe leisten können. Durch eine gegenüber der BVR-ISG abzugebende Beitritts- und Verpflichtungserklärung sind die Volksbanken und Raiffeisenbanken dem neuen anerkannten institutsbezogenen Sicherungssystem beigetreten. Eine Besonderheit der BVR-ISG liegt dabei darin, dass die der BVR-ISG angehörenden Institute auch dem BVR und der BVR-SE angeschlossen sein müssen. Umgekehrt müssen CRR-Kreditinstitute im Sinne von § 1 Absatz 3d
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BGBl. I S. 2085 ff. Ebenda S. 2090. EinSiG v. 28.5.2015, BGBl. I S. 786.
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Satz 1 des Kreditwesengesetzes, die Mitglieder des BVR sind und der BVR-SE angeschlossen sind, zugleich der BVR-ISG angehören. Die bekannte Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Beteiligten (BVR, BVR-SE, angeschlossene Institute und Prüfungsverbände) wurde im dualen System in der BVRISG und der BVR-SE – soweit rechtlich zulässig – beibehalten. Nach dem EinSiG-E ist ein anerkanntes institutsbezogenes Sicherungssystem verpflichtet, über angemessene Finanzmittel zu verfügen. Zu diesem Zweck wird ein Mittelbestand von 0,8% der gedeckten Einlagen nach dem EinSiG bis Juli 2024 als Zielausstattung aufgebaut werden. Dieses Ziel soll durch jährliche Beitragszahlungen erreicht werden, deren Höhe auf Grundlage eines regelmäßig fortzuschreibenden Mittelaufbauplans bestimmt wird. Als Anfangsbestand ist ein Betrag von einer Mrd. Euro vorgesehen, der aus dem bestehenden Vermögen der BVR-SE auf die BVR-ISG übertragen wurde. 24. Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) v. 17.7.201537 setzt die RiLi 2013/ 34/EU in deutsches Recht um. Die EU hat den Rechtsrahmen für die Rechnungslegung überarbeitet und will mit der Umsetzung der RiLi die bisher separaten Regelungsrahmen für die Rechnungslegung einzelner Unternehmen und im Konzern harmonisieren; damit soll auch die bürokratische Belastung von KMU verringert werden. Von besonderer Bedeutung für eG sind die bereits für sehr kleine Kapitalgesellschaften mit dem MicroBilG eingeführten Erleichterungen der Rechnungslegungsvorgaben, die damit auch auf Kleinst-eG erstreckt werden sollen. Dies sind insbesondere Änderungen der §§ 336 bis 339 HGB und betreffen Erleichterungen für Kleinst-eG (TEUR 350 Bilanzsumme, TEUR 700 Umsatzerlöse und/oder im Jahresdurchschnitt 10 Mitarbeiter) bzgl. der Rechnungslegung. Kleinst-eG wird mit § 336 Abs. 2 Satz 3 HGB künftig das Recht eingeräumt, die Offenlegungspflichten hinsichtlich des Jahresabschlusses auch durch Hinterlegung der Bilanz beim Betreiber des Bundesanzeigers zu erfüllen (§ 326 Abs. 2 HGB). Diese Änderung hat Auswirkungen auf die Mustersatzung von Kleinstgenossenschaften. Darüber hinaus ist die Relevanz im Ergebnis überschaubar, jedoch ist damit zu rechnen, dass für die Prüfungen nach § 53 Abs. 1 GenG bei diesen eG nicht mehr auf einen gewohnten Jahresabschluss zurückgegriffen werden kann. 2a
Folgende für wichtige Gesetzesvorhaben lagen bei Redaktionsschluss bereits im Entwurfsstadium vor und sollen daher kurz erwähnt werden: 1.
Im Jahr 2014 wurde die europäische Abschlussprüferregulierung reformiert. Zum einen wurde mit der Richtlinie 2014/56/EU vom 16. April 2014 (Abschlussprüferrichtlinie) die 8. EG-Richtlinie neu gefasst. Weiter wurde eine unmittelbar anwendbare Verordnung (EU) Nr. 537/2014 vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferverordnung) erlassen. Abschlussprüferrichtlinie und -verordnung sind am 17. Juni 2014 in Kraft getreten. Die Umsetzung der Abschlussprüferrichtlinie in nationales Recht muss bis spätestens 17. Juni 2016 erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt sind auch die meisten Regelungen der unmittelbar geltenden Abschlussprüferverordnung anzuwenden. Zur nationalen Umsetzung der neuen EU-Abschlussprüferregulierung liegt ein Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Abschlussprüferrichtlinie sowie zur entsprechenden Ausführung der Vorgaben der
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Abschlussprüferverordnung (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG) und ein Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Abschlussprüferrichtlinie sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Abschlussprüferverordnung (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG) vor. Die Verordnung betrifft die Abschlussprüfung von sog. Unternehmen von öffentlichem Interesse, dies sind kapitalmarktorientierte Unternehmen, Banken und Versicherungen. Gem. Art. 2 Abs. 3 der Abschlussprüferverordnung kann ein Mitgliedstaat bestimmen, dass die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse in der Rechtsform der Genossenschaft, die nach einzelstaatlichen Regelungen Mitglied einer Prüfungsorganisation ohne Gewinnerzielungsabsicht sein müssen, vom Geltungsbereich der Abschlussprüferverordnung oder bestimmter Bestimmungen dieser Verordnung ausgenommen ist (Mitgliedstaatenwahlrecht). Dieses Mitgliedstaatenwahlrecht soll insbesondere im Hinblick auf die Besonderheiten der gesetzliche Pflichtprüfung und der Staatsaufsicht ausgeübt werden. Der RegE des APAReg38 vom 1.7.2015 enthält in Art. 5 Änderungen des GenG. Geändert werden sollen §§ 55 Abs. 4 (gestrichen), 56 Abs. 1 (neu gefasst), § 57a (neuer §), 63c Abs. 2, § 63e Abs. 1–4, § 63f Absatz 2 Satz 1 Nr. 3, § 63g Abs. 2–3, § 63h, § 64 Abs. 2 geändert werden. Sonderuntersuchungen, die zukünftig Inspektionen genannt werden, sind auch zukünftig nur für kapitalmarktorientierte eG vorgesehen. Im Übrigen erfolgen Anpassungen auf die geänderte WPO. Die Länderaufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände bleibt ebenfalls erhalten, allerdings muss die Aufsichtsbehörde alle zehn Jahre Untersuchung durchführen, es sei denn, der Verband weist die freiwillige Qualitätskontrolle oder einer anderen geeigneten Organisationsuntersuchung nach. Im Übrigen erfolgt die Kommentierung in den jeweiligen Vorschriften. Der RefE des Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG):39 Das AReG ändert insbesondere Vorschriften des HGB, GenG, AktG, PublG, SCE-AG. So wird § 319a HGB um CRR-Institute, Kredit eG, die der Capital Requirement Regulation (EU-VO) direkt unterliegen, erweitert; ebenso in § 324 HGB: Die Vorschriften zum Prüfungsausschuss gelten für alle CRR-Institute, der Gesamtaufsichtsrat kann aber die Aufgaben des Prüfungsausschusses übernehmen (vgl. dazu die geplanten Änderungen in § 38 Abs. 1a, § 36 Abs. 4; § 340k Abs. 2 HGB (Prüfung von Kredit eG durch den gesetzlichen Prüfungsverband) ist unverändert geblieben. Weitere Änderungen betreffen § 53 Abs. 2 und 3, § 54a Abs. 1, § 55 Abs. 2 u. 2a, § 57 Abs. 5, § 58 Abs. 2 bis 4 und § 63b Abs. 1. Die Kommentierung der vorgesehenen Änderungen erfolgt bei den jeweiligen Vorschriften. BMWi-Untersuchung zur „Kooperationsgesellschaft haftungsbeschränkt“: Das BMWi hat im Zuge der Diskussion um die mögliche Einführung einer prüfungs- und verbandsbefreiten Rechtsform für kleinste eG in das GenG die Studie „Potenziale und Hemmnisse von unternehmerischen Aktivitäten in der Rechtsform der Genos-
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38 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, abrufbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/abschlussprueferaufsichtsreformgesetz-entwurf,property= pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf; s.a. Blöink/Kumm BB 2015, 1067. 39 RefE des BMJV: E. eines G. zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der RiLi 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG), http://www.wpk.de/uploads/Ax_news/BMJV_Referentenentwurf_AReG_pdf).
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senschaft“ an das Seminare für Genossenschaftswesen der Universität Köln und der Kienbaum Management Consultants GmbH in Auftrag gegeben und in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung im Mai 2015 in Berlin erste Ergebnisse präsentiert.40 Danach sind von 2000 bis 2013 2.300 eG gegründet worden, davon 56 gen. Dorfläden. In eine Umfrage wurden 274 Genossenschaftsgründungen einbezogen, und zwar 150 junge eG, 2006–2013; 50 kleine eG, 2000–2006; 22 Dorfläden und 52 gen. Wohnprojekte. Die Ergebnisse sprechen eindeutig für die hilfreiche und fundierte Unterstützung der gen. Prüfungsverbände im Gründungsprozess. 95% der eG-Gründer sind mit der Rechtsform und 87% mit ihrem Prüfungsverband zufrieden und 95% finden die Beratung durch den Genossenschaftsverband hilfreich, 80% sprechen sich gegen die Abschaffung der Pflichtprüfung aus. Ein vergleichbares Ergebnis gibt es bei den Wohnungsgenossenschaften. Insgesamt ist die Einschätzung der Gründer bezüglich der Belastungen der Pflichtmigliedschaft und -prüfung durchweg positiv, sie sprechen sich gegen eine Änderung des Status quo aus. Es kann festgestellt werden, dass sowohl im Hinblick auf die allgemeine Zufriedenheit wie auch die überaus überschaubare Anzahl skeptischer Neugründer (nur 11 Dorfläden fordern die Abschaffung der Pflichtprüfung) keine Hemmnisse bei Neugründungen erkennbar sind, die eine eigenständige gesetzliche Regelung rechtfertigen könnten. Eine Kleinstgenossenschaft oder Kooperationsgesellschaft im GenG ohne Pflichtprüfung und -mitgliedschaft bringt hingegen für Mitglieder und Gläubiger Nachteile mit sich und gefährdet den guten Ruf der Rechtsform der eG und der bewährten erweiterten Prüfung (Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und Prüfungsverfolgung sowie preiswerte Beratungsleistungen des gen. Prüfungsverbandes) sowie die derzeitige Insolvenzquote von unter 0,1%.41 Der RefE des BMF eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordination der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffen bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen (OGAW-V-Umsetzungsgesetz – OGAW-V-UmsG) vom 16.7.2015 sieht in Art. 1 Nr. 3c) vor, dass § 2 Abs. 4b KAGB (Ausnahmebestimmung für Energiegenossenschaften) gestrichen wird. Im Hinblick auf die geänderte Verwaltungspraxis der BaFin (siehe Rdn. 2 Nr. 20, § 1 Rdn. 107a f.) ist diese Änderung konsequent. Die zwingende Ausrichtung auf den Förderzweck schließt eine im Vordergrund stehende, fondstypische reine Gewinnerzielungsabsicht aus. Eine eG verfolgt bei wertender Gesamtschau regelmäßig keine festgelegte Anlagestrategie, so dass kein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB vorliegt.42
Die nun vorliegende 38. Auflage des Kommentars Lang/Weidmüller bringt eine umfassende Aktualisierung des Kommentars um zwischenzeitlich veröffentlichte (teils auch unveröffentlichte) Rechtsprechung und Literatur einschließlich des Gesetzes über das elektronische Handels- und Genossenschaftsregister. Besonderes Gewicht legen die Verfasser auch auf die Verarbeitung der neueren Entwicklungen und Erfahrungen in der Unternehmenspraxis.
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40 Diskussionsveranstaltung am 21.5.2015 in Berlin mit Teilnehmern des BMWi, BMJV sowie Vertretern der Beauftragten Univ. Köln und Kienbaum Consultants; die Studie ist abrufbar unter http://www.bmwi. de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/potenziale-und-hemmnisse-von-unternehmerischen-aktivitaeten-in-derrechtsform-der-genossenschaft-endbericht,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. 41 A.A. Lehmann/Sieker ZfgG 2015, S. 3; Bartke ZRP 2015, 110. 42 Gesetzesbegründung zum OGAW-V-UmsG S. 47.
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II. Daten und Fakten, die Genossenschaften heute | Einf
Diese Auflage enthält eine im Vergleich zur Vorauflage erweiterte Kurzkommentie- 2c rung der Vorschriften für die Europäische Genossenschaft (SCE) mit Sitz in Deutschland, da von dieser Rechtsform bisher nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht worden ist; jedoch konnten erstmals praktische Erfahrung aus der Betreuung von größeren Umwandlungsvorhaben eingearbeitet werden Diese Erläuterungen sind jeweils am Ende der Kommentierung der einzelnen §§ angefügt. II. Daten und Fakten, die Genossenschaften heute II. Daten und Fakten, die Genossenschaften heute 1. Banken. Mit über 30 Millionen Kunden, davon mehr als 18 Millionen zugleich Mit- 3 glieder, ist die genossenschaftliche Bankengruppe ein wichtiger Faktor in der deutschen Kreditwirtschaft. Im Mittelpunkt dieser Bankengruppe stehen die 1.047 vor Ort tätigen, rechtlich und wirtschaftlich selbständigen und damit eigenverantwortlich handelnden Volksbanken und Raiffeisenbanken, Sparda- und PSD-Banken mit ihren rund 13.000 Bankstellen.43 Dieser dezentrale Aufbau sorgt für eine große Nähe zum heimischen Markt und ermöglicht eine flexible Geschäftspolitik und kurze Entscheidungswege. Rund 160.000 Mitarbeiter der Kreditgenossenschaften sind derzeit für die Kunden der genossenschaftlichen Ortsbanken tätig. Ende 2014 erreichten die von diesen vergebenen Kredite ein Gesamtvolumen von rund € 482 Milliarden, ihnen standen Einlagen (einschließlich Inhaberschuldverschreibungen) von mehr als 591 Milliarden gegenüber, davon fast € 200 Milliarden als Spareinlagen (inkl. Sparbriefe). Insgesamt lag die addierte Bilanzsumme dieser Genossenschaftsbanken Ende 2014 bei rund 788 Milliarden Euro. Ihr Auftrag ist es seit über 100 Jahren, den Erwerb und die Wirtschaft ihrer Mitglieder zu fördern. Dieser traditionelle Förderauftrag der Genossenschaftsbanken gilt sowohl für alle Zweige der mittelständischen Wirtschaft wie auch für die große Zahl der Privatkunden. 75% aller Kaufleute, 80% aller Landwirte und 60% aller Handwerksmeister in den alten Bundesländern zählen zu den rund 18 Millionen Mitgliedern der Genossenschaftsbanken. Grundlage einer soliden Geschäftspolitik ist neben einer jederzeit ausreichenden Liquidität eine gute Eigenkapitalausstattung. Den Kreditgenossenschaften ist es in 2014 gelungen, das bilanzielle Eigenkapital mit einem Plus von 4,5 Prozent auf € 44,5 Mrd. zu steigern. Dass es den Genossenschaftsbanken gerade in den letzten Jahren nachhaltig gelungen ist, das Vertrauen der Mitglieder und Kunden in ihr Geschäftsmodell zu stärken, zeigt sich besonders an der Zunahme der Mitglieder von 16,2 Mio. in 2008 auf über 18 Mio. per Ende 2014.44 Um als mittelständische Bank die gesamte Finanzdienstleistungspalette anbieten zu können, arbeiten die Volksbanken und Raiffeisenbanken seit ihrer Gründung partnerschaftlich zusammen und gründeten bereits vor Jahrzehnten Spezialinstitute, mit deren Hilfe sie ihren Kunden einen kompletten Service rund ums Geld – Stichwort Allfinanz – bieten können. Die DZ Bank AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank sowie die WGZ-BANK AG Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank stehen mit ihren Tochtergesellschaften als regionale Partner der Volksbanken und Raiffeisenbanken bereit, um beispielsweise im Aktivgeschäft nicht benötigte Mittel zu verschiedenen Fristen zu platzieren und ihren Refinanzierungsbedarf zu befriedigen. Darüber hinaus bilden sie für ihre Mitgliedsinstitute die unmittelbare Brücke zu den nationalen und internationalen Geld-, Kapital- und Devisenmärkten.
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DGRV Zahlen und Fakten 2014 S. 7 ff.; BVR, Bankinformation 5/2015, S. 8 ff. Quelle: www.bvr.de/Presse/Zahlen_Daten_Fakten.
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Über eine bedarfsgerechte Infrastruktur ermöglichen sie ihren Mitgliedsbanken, ihren Kunden in allen Geschäftssparten kompetent zu beraten und das Wertpapier- und Auslandsgeschäft sowie den inländischen und weltweiten Zahlungsverkehr qualifiziert abzuwickeln. Im Realkreditgeschäft sind die Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank Aktiengesellschaft, die Münchener Hypothekenbank eG und die WL BANK AG Westfälische Landschaft Bodenkreditbank im Verbund tätig. Die Bausparkasse Schwäbisch Hall AG rundet als kundenstärkste deutsche Bausparkasse das Angebot im Bereich Haus- und Wohneigentumsfinanzierung ab. Sie ist zugleich Europas größte Bausparkasse. Die Genossenschaftsbanken decken über die R+V Versicherung AG den kompletten Versicherungsbereich ab und bieten mit den Gesellschaften der Union Investment Gruppe hochinteressante Geldanlagemöglichkeiten. Die Leistungspalette wird komplettiert durch Vermögensverwaltungs-, Leasing- und Factoringgesellschaften. Zusammen mit der DZ Bank, der WGZ-Bank, den genossenschaftlichen Hypothekenbanken und der Bausparkasse Schwäbisch Hall erreicht die genossenschaftliche Bankengruppe eine addierte Bilanzsumme von über 1,2 Billionen Euro. 4
2. Ländliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften. Mit der Idee „Hilfe durch Selbsthilfe“ hat Friedrich Wilhelm Raiffeisen im Hungerwinter 1846/47 den „Verein für Selbstbeschaffung von Brot und Früchten“ gegründet. Mit diesem Verein hat er den Grundstein gelegt für das ländliche Genossenschaftswesen. In der Folge hat er dann mit dem Heddesdorfer Darlehenskassen-Verein im Jahr 1864 die erste ländliche eG aus der Taufe gehoben. Im Laufe der nächsten Jahre entstand eine Vielzahl von eG, die die Landwirtschaft mit den notwendigen Betriebsmitteln, z.B. Saatgut und Vieh sowie Agrartechnik, versorgten und gleichzeitig den Geldverkehr übernahmen. Hierbei handelte es sich um die Kreditgenossenschaften mit Warengeschäft. Daneben gründeten sich zudem Bezugsund Absatzgenossenschaften sowie Verwertungsgenossenschaften, z.B. für die Milchverarbeitung und die Weinbereitung. Heute, mit Stand 31.12.2014, sind 2.316 ländliche eG in Deutschland tätig mit einem jährlichen Umsatz von € 66 Mrd. und 82.000 Beschäftigten. Da der Aufbau der ländlichen eG in den alten Bundesländern mit Primär- und Zentralgenossenschaften teilweise noch zweistufig ist, zählen hierzu auch 5 Hauptgenossenschaften aus dem Warenbereich. Mit den östlichen Bundesländern sind zu den Bezugs- und Absatz- sowie den Verwertungsgenossenschaften 765 Agrargenossenschaften als Produktivgenossenschaften hinzugekommen. Unterteilt nach Branchen sieht dies wie folgt aus: – 125 Kreditgenossenschaften mit Warengeschäft mit einem Umsatz von € 1,8 Mrd. spiegeln immer noch den Ursprung Raiffeisens wieder. – 293 Bezugs- und Absatzgenossenschaften erwirtschafteten einen Umsatz von € 8,1 Mrd. Sie nehmen die Produkte der Landwirte auf, wie z.B. Getreide oder Ölsaaten und sorgen gleichzeitig für die Versorgung mit Betriebsmitteln und betreiben nebenher auch noch Baustoff- oder Raiffeisenmärkte. – 35 Milchverarbeitungsunternehmen sowie 190 sonstige Molkereigenossenschaften mit einem Umsatz von € 14,8 Mrd. sind in der Milchbranche tätig. – 92 Vieh- und Fleisch- und Zuchtgenossenschaften mit einem Umsatz von € 6,6 Mrd. betreuen ihre Mitglieder im Fleischsektor. – 88 Obst-, Gemüse- und Gartenbaugenossenschaften mit einem Umsatz von € 3,3 Mrd. sorgen für die Vermarktung der Mitgliederprodukte. – 169 Winzergenossenschaften mit einem Umsatz von € 0,8 Mrd. stellen hochqualitative deutsche Weine her und vermarkten sie. Holthaus/Lehnhoff
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765 Agrargenossenschaften sind in der Urproduktion tätig und erwirtschaften einen Jahresumsatz von € 2,2 Mrd.45
Hinzu kommen fünf Hauptgenossenschaften, die im klassischen Warensektor tätig sind, aber auch alle Diversifikationssparten, wie z.B. Brennstoffe, Raiffeisenmärkte und Baustoffe abdecken und einen Jahresumsatz von € 27,9 Mrd. erwirtschaften. Seit Jahren sehen sich die Agrarmärkte einem erheblichen Strukturwandel ausgesetzt. Dies hat zur Folge, dass der Konzentrationsprozess immer weiter fortschreitet. Die eG müssen sich zunehmend über die nationalen Grenzen hinaus ausrichten, jedoch gleichzeitig die Versorgung der ländlichen Räume gewährleisten. Gleichzeitig gilt es, eine immer größer werdende Fülle von gesetzlichen Regelungen zu beachten. Diese beginnen bei Marktorganisationen, z.B. im Obst- und Gemüsesektor und reichen bis zu strengen Hygieneanforderungen, gekoppelt mit umfangreichen Vorschriften für den gesamten Lebensmittelund Futtermittelsektor. Der immer stärker werdende Verbraucherschutz fordert von den Unternehmen zusätzlich weitreichende, z.T. stark administrative Maßnahmen. Trotz dieser hohen Anforderungen müssen sie sich auf den Märkten behaupten und sich auch im Hinblick auf die europäische Konkurrenz entsprechend aufstellen. Die Unterstützung ihrer Mitglieder durch Abnahme der Produkte und Versorgung mit Betriebsmitteln bis in alle ländlichen Räume steht dabei immer im Vordergrund. Kerngeschäft der Bezugs- und Absatzgenossenschaften ist der Absatz der Mitgliedsprodukte. Neben dem klassischen Getreidemarkt spielen hier auch Ölsaaten/nachwachsende Rohstoffe eine zentrale Rolle. Die eG forcieren hier seit Jahren den Aufbau eines Non-Food-Marktes. Bereits seit Beginn der 90er Jahre haben viele Raiffeisengenossenschaften kontinuierlich investiert, um den Absatz von Endprodukten aus nachwachsenden Rohstoffen zu steigern. Hierbei liegt der Schwerpunkt im Absatz von Biodiesel bzw. Rapsmethylester. Dieser umweltfreundliche Kraftstoff wird zum heutigen Zeitpunkt bundesweit an rund 850 genossenschaftseigenen Tankstellen angeboten. Auch Kartoffeln spielen beim Absatz eine Rolle. Seit Jahren geht jedoch der Verzehr an Kartoffeln kontinuierlich zurück, so dass neue Vermarktungsideen, gekoppelt an das Angebot bester Qualitäten, dem Trend entgegenwirken sollen. Zweites Standbein der Bezugs- und Absatzgenossenschaften ist der Bezug von Betriebsmitteln. Neben den klassischen Betriebsmitteln, wie Saatgut, Düngemittel und Pflanzenschutzmitteln, zählen hierzu auch der Bereich der Agrartechnik sowie der Mineralöle und Brennstoffe. Aber nicht nur die klassischen Bereiche stehen im Mittelpunkt, sondern auch der Baustoffhandel mit über 700 modernen Bau-Fachmärkten, der aufgrund der konjunkturellen Entwicklung vor große Herausforderungen gestellt ist. Hinzu kommt die eG als Einzelhändler im Bereich der 1.565 modernen Raiffeisenmärkte, die ein großes Sortiment aus dem Garten-, Tierund Hausbereich bis hin zum Endverbraucher anbieten. Die Molkereigenossenschaften unterliegen seit Anfang 2015 keiner Marktordnung mehr, so dass eine steigende Milchproduktion zu einer Anspannung am Markt führt. Insbesondere durch das Verhalten des Lebensmitteleinzelhandels sehen sich die Molkereigenossenschaften zwar in der Regel positiven Verbrauchs- und Ausfuhrentwicklungen gegenüber, sind jedoch vielfach einem anhaltenden Preis- und Kostendruck ausgesetzt. Die auf dem Vieh- und Fleischsektor tätigen eG bedienen zwei Bereiche. Einerseits handeln die Viehverwertungsgenossenschaften Nutz- und Zuchtvieh sowie Schlachttie-
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45 Die Zentralen bei Wein werden vom Deutschen Raiffeisenverband e.V., Berlin, nicht mehr als solche erfasst, sondern gehen mit ihren Umsätzen in den Winzergenossenschaften auf. Gleiches gilt für den Viehund Fleischbetrieb.
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re. Andererseits vermarkten die Schlachtunternehmen unter höchsten Anforderungen an das Veterinär- und Fleischhygienerecht vorwiegend Rind- und Schweinefleisch. Die Obst- und Gemüsegenossenschaften partizipieren als anerkannte Erzeugerorganisation weiterhin von einer Marktordnung. Die Blumen- und Gartenbaugenossenschaften vermarkten die Produkte ihrer Mitglieder anders als die Obst- und Gemüsegenossenschaften häufig noch im Wege der Versteigerung an der Uhr. Den immer stärker steigenden Verbraucherschutz und die hohen Qualitätsanforderungen lösen die Genossenschaften über eigene Qualitätsmanagementsysteme und z.B. im Fleisch- und Obst-/Gemüsesektor über die Einführung eines QS-Prüfzeichens und im Milchsektor über QM-Milch. Unter dem Aspekt Qualitätsmanagement steht auch die Weinproduktion der Deutschen Winzergenossenschaften. Die Vermarktung der geprüften Weine ist geprägt durch den steigenden Marktanteil für Rotweine und den immer noch sinkenden Marktanteil für Weißweine. Die Landwirtschaft in Ostdeutschland wird zu einem großen Teil durch die Agrargenossenschaften abgedeckt. Bei einer durchschnittlichen Betriebsgröße von rd. 1.700 Hektar steht der Bereich der Urproduktion unter dem Zeichen der EU-Agrarreform und der problematischen Preis- und Ertragsentwicklung der letzten Jahre. Die ländlichen Warengenossenschaften werden auf Berliner und Brüsseler Ebene durch ihren Spitzenverband, den Deutschen Raiffeisenverband e.V. (DRV), Berlin, vertreten. Der DRV wiederum ist Mitglied im DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin. 5
3. Gewerbliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften. Die Basis des genossenschaftlichen Ideenguts war der Selbstbehauptungswille kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) gegenüber den in der Mitte des 19. Jahrhunderts erstarkenden Großbetrieben insbesondere in Handwerk und Handel. Rund 1.250 gewerbliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften beweisen täglich, dass die Grundidee damals wie heute aktuell geblieben ist. Neue eG werden in den Bereichen Gesundheit, Energie und Wasser bis hin zu eG, die kommunale Aufgaben übernehmen, gegründet (zu den 822 eG im Bereich der Erneuerbaren Energien mit 150.000 Mitgliedern und zur Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV siehe § 1 Rdn. 88). Die Genossenschaften des Nahrungsmittel-Handels und -Handwerks BÄKO, EDEKA, REWE, ZENTRAG, ZEDACH und SVG bauen sich zweistufig aus Primär- und sieben überwiegend national tätigen Zentralgenossenschaften mit insgesamt 84 Mrd. Zentralumsatz im Jahr 2014 auf; inklusive des Umsatzes der REWE und EDEKA Gruppe. Dies stellt einen Unterschied zu anderen Bereichen des gewerblichen Genossenschaftswesens dar, wo nicht zuletzt aufgrund der Konzentration die Zentralgenossenschaften aufgelöst wurden oder an Bedeutung verloren haben. Am 31.12.2014 bestanden insgesamt 1.262 gewerbliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften in Deutschland, davon 7 Zentralgenossenschaften mit insgesamt € 117 Milliarden Umsatz (Zentral- und Primärstufe). Aufgeschlüsselt nach Branchen waren dies für die Primärgenossenschaften:46 – 53 eG des Nahrungs- und Genussmittelhandels (z.B. EDEKA, REWE, Tabakwarenhandel, Getränkegroßhandel) mit einem Umsatz von 86,1 Mrd. Euro, – 98 eG des Konsumgüterhandels (z.B. Apotheker, Büro, Hausrat, Schuhe, Spielwaren, Textilien) mit 24,2 Mrd. Umsatz,
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83 eG des Nahrungsmittelhandwerks (z.B. Bäcker, Fleischer) mit rund 3,5 Mrd. Umsatz, 95 eG des Nichtnahrungsmittelhandwerks (z.B. Bau- und Ausbaugewerbe) mit € 2,8 Mrd. Umsatz, 362 eG freier Berufe (Ärzte, Architekten, Steuerberater) und sonstiger Berufsgruppen mit 1,2 Mrd. Umsatz, 148 Produktions- und sonstige Wirtschaftsgenossenschaften (z.B. Schlachthäuser) mit € 520 Mio. Umsatz, 119 Verkehrsgenossenschaften (z.B. des Straßenverkehrs und der Binnenschiffer) mit 540 Mio. Umsatz und 151 Produktivgenossenschaften (z.B. Friseur-, Baugenossenschaften usw.) mit 128 Mio. Umsatz. 151 Wassergenossenschaften mit € 4 Mio. Umsatz.
Diskutiert wird die Rechtsform der eG aber auch in weiteren Dienstleistungsbereichen.47 Zweck der gewerblichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften ist es, ihre Mitglieder wirtschaftlich zu fördern, das heißt ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Da die Märkte auf denen sie sich bewegen, von einem zunehmenden Konzentrationsprozess gekennzeichnet sind, ist die wirtschaftliche Aktivität der eG von überragender Bedeutung für ihre Mitglieder wie auch für den Erhalt eines vielfältigen Angebotes an Warenund Dienstleistungen in Deutschland insgesamt. Neben ihrer klassischen Aufgabe, der Warenbeschaffung im Eigen- und Vermittlungsgeschäft, hat die Hilfestellung auf der Absatzseite und die Erbringung sonstige Dienstleistung und Beratung für die Mitglieder mittlerweile gleiche, teilweise höhere Bedeutung. Heute präsentieren sich die gewerblichen eG als hochkomplexe, innovative Verbundgruppen mit vielfach internationalen Aktivitäten. Ihre Leistungen umfassen neben einem Warenangebot das gesamte Spektrum betriebswirtschaftlicher und unternehmenspolitischer Tätigkeiten. Hierzu gehören die weltweite Erschließung von neuen Märkten, die Anwendung neuer Informations- und Kommunikationssysteme, vielfältige Marketingaktivitäten sowie die Durchführung rationeller Logistik. Beratungs- und Weiterbildungsprogramme runden die Dienstleistungspalette ab. Der Wettbewerbsdruck zwingt die Kooperationen ihrerseits wieder zur Kooperation. Häufig ist dies der gemeinsame Einkauf aber auch die gemeinsame Durchführung von Schulungen oder der Aufbau gemeinsamer Warenwirtschaftssysteme. Mitunter folgt der Zusammenarbeit eine Fusion. Bei der Warenbeschaffung gliedert sich das Geschäft der gewerblichen eG in das Eigen- (Lager und Strecke) und das Vermittlungsgeschäft. Beim Lagergeschäft kaufen die eG Waren von der Industrie aber auch auf lokalen Beschaffungsmärkten auf eigene Rechnung, übernehmen sie in ihr Lager und verkaufen sie an ihre Mitglieder weiter. Beim Streckengeschäft bestellen die eG die Ware beim Hersteller, der diese unmittelbar an das Mitglied ausliefert. Im Vermittlungsgeschäft kaufen die Mitglieder im eigenen Namen und Rechnung. Die eG treten als Vermittler auf und handeln in der Regel bessere Einkaufskonditionen für die Mitglieder aus. Häufig werden von der eG neben der Vermittlung weitere Leistungen erbracht, wie zum Beispiel die Übernahme des Delkredere
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47 Für die Nutzung der eG für haushaltsnahe Dienstleistungen hat sich Scholz in Festschrift für Schaffland S. 229 ff. ausgesprochen.
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(Bürgschaft) oder der Zentralregulierung, das heißt, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs bezüglich der Forderungen der Lieferanten gegenüber den Mitgliedern. Vielfältig stellen sich die eG des Handwerks dar. Neben der klassischen Einkaufsgenossenschaft existieren Produktions-, Absatz-, Produktiv- und sonstige Wirtschaftsgenossenschaften. In Produktionsgenossenschaften werden einzelne Produkte der beteiligten Handwerksbetriebe gemeinsam hergestellt, wobei Maschinen, Werkzeuge und Ausrüstung genutzt werden, die ein einzelner Betrieb nicht hinreichend auslasten könnte. Absatzgenossenschaften verwerten die Erzeugnisse ihrer Mitgliedsbetriebe. Unter die sonstigen Wirtschaftsgenossenschaften fallen Nutzungsgenossenschaften, die Betriebsgegenstände zur Nutzung durch die Mitglieder unterhalten wie z.B. Baugerüstoder Baukrangenossenschaften im Bauhandwerk. Das Arbeitsfeld der Produktivgenossenschaften sind die Herstellung und der Vertrieb von Gegenständen sowie gemeinschaftlichen Dienstleistungen. Im Unterschied zu Produktionsgenossenschaften stellen hier die Mitglieder ihre Arbeitskraft der eG zur Verfügung. Sie sind Beschäftigte ihrer eigenen Genossenschaft. Die heute existierenden Handwerker-Genossenschaften dieses Typs gingen aus den Produktivgenossenschaften des Handwerks (PGH) hervor. In der ehemaligen DDR war die genossenschaftliche Rechtsform in einigen wirtschaftlichen Bereichen relativ stark vertreten. In der Form der ELG (Einkauf- und Liefergenossenschaft) konnten zahlreiche Handwerksgenossenschaften das in beschränktem Umfang geduldete selbständige Handwerk unterstützen. 1952 gründeten Berliner Stuckateure die erste PGH, Produktivgenossenschaft des Handwerks. Deren Rechtsbasis wurde per Ministerratsbeschluss vom 18. August 1955 geregelt. Im Zuge der Verstaatlichungswelle wurden 1972 rund 11.000 privat oder halbstaatlich arbeitende Industriebetriebe und ein erheblicher Teil der PGH in sogenannte Volkseigene Betriebe (VEB) umgewandelt. Damit war die Eingliederung des gewerblichen Mittelstandes in sozialistische Eigentums- und Produktionsverhältnisse abgeschlossen. Durch BFH-Urteil vom 14.9.199448 ist klargestellt, dass es sich bei den PGH und den Einkaufs- und Liefergenossenschaft des Handwerks (ELG) um eG sozialistischer Prägung handelte. Mit der Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH-VO) vom 8. März 199049 mussten sich die PGH und ELG bis Ende 1992 durch Mitgliederbeschluss in eine eG oder andere in PGH-VO genannte Rechtsform umwandeln, um eine Zwangsliquidation zu vermeiden; der Rechtsformwechsel in eine eG wurde mit Eintragung in das GenoReg wirksam und in vielen Fällen mit Unterstützung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände durchgeführt. Die gewerblichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften werden als Spitzenverband durch den MITTELSTANDSVERBUND – ZGV, Berlin, vertreten. Dieser ist Mitglied im DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin. 6
4. Konsumgenossenschaften. „Konsumvereine“ werden heute vielfach als Konsumgenossenschaften oder auch Verbrauchergenossenschaften bezeichnet. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sich Endabnehmer (Konsumenten/Verbraucher) zusammenschließen, um gemeinsam das Unternehmen zu betreiben, bei dem sie Waren oder Dienstleistungen beziehen Historisch lag ihr Schwerpunkt bei Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen. Hatten sie in der Weimarer Zeit eine Mitgliederzahl von über 4 Mio. erreicht, so wurden sie in der Nazizeit wegen ihrer Nähe zur Arbeiterbewegung entschieden bekämpft. Durch das
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I R 40/94 BStBl. 1995 II S. 209. GBl. DDR 1990 I S. 16, geändert am 22.3.1991, BGBl. I S. 766.
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Rabattgesetz (1933) und das Verbot der Annahme von Spareinlagen (1935) wurden ihnen die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten abgeschnitten, schließlich erfolgte die vollständige Auflösung der genossenschaftlichen Strukturen im Jahre 1941 und ihre Überführung in das sog. Gemeinschaftswerk der deutschen Arbeitsfront. Nach Kriegsende verlief die Entwicklung in Ost und West völlig unterschiedlich. In der DDR nahmen die Konsumgenossenschaften zahlenmäßig einen großen Aufschwung. Schwerpunktmäßig auf dem Lande tätig, erreichten sie bei der Lebensmittelversorgung einen Anteil von rund 40%, allerdings um den Preis der weitgehenden Einordnung in den staatlich kontrollierten Handel und – abgesehen von der Primärebene – der Verhinderung wirklicher genossenschaftlicher Demokratie. 1968 war ein Viertel der Bevölkerung Konsum-Mitglied. Es gelang dem Konsum, in großem Umfang ehrenamtliche Kräfte zu mobilisieren. Nach der Wende sind viele der ostdeutschen Konsumgenossenschaften in die Insolvenz gegangen, allerdings ist es einer beachtlichen Zahl gelungen, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen und sich im Markt zu behaupten. In Westdeutschland ging es mit den Konsumgenossenschaften zunächst ebenfalls schnell aufwärts, allerdings ließen das 1954 wieder in Kraft gesetzte Rabattgesetz und das fortbestehende Verbot der Annahme von Spareinlagen in wachsendem Maße das Problem spürbar werden, dass es den Genossenschaften an Kapital mangelte, um dem sich verschärfenden Wettbewerb mit den großen Handelsketten standzuhalten. Dies führte schließlich dazu, dass die Rechtsform der eG von vielen Konsumgenossenschaften als Fessel empfunden wurde und sie sich in Verbraucheraktiengesellschaften umwandelten, die sich dann in der coop AG konzentrierten. Es zeigte sich jedoch, dass aus bereits kranken eG keine gesunden Aktiengesellschaften werden konnten. Die coop AG brach 1989 finanziell zusammen und wurde aufgelöst. Nicht alle eG waren dem Weg in die AG gefolgt, so dass von dem traditionellen Konsumgenossenschaftssektor Westdeutschlands heute etliche kleinere eG übrig geblieben sind sowie die weit über ihr Stammland hinaus tätige coop eG, die frühere coop Schleswig-Holstein eG, heute eine der größten deutschen eG. Neu gegründet wurden seit den achtziger Jahren Konsumgenossenschaften mit ökologischem Schwerpunkt, z.B. Stadt-Land-Genossenschaften oder für den Handel mit sauberem Strom, aber auch Dienstleistungsgenossenschaften für Freie Schulen, für die Betreuung von Behinderten oder für Car-sharing oder für die Lieferung von Gas. Eine der bekanntesten neueren eG ist die „Tageszeitung“ (taz) eG in Berlin. Die Konsumgenossenschaften werden vertreten vom Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e.V. (ZDK) in Hamburg, der 310 eG mit deren 400.000 Mitgliedern betreut. Der ZDK ist Mitglied beim genossenschaftlichen Spitzenprüfungsverband, dem DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. in Berlin. 5. Wohnungsgenossenschaften. Am 31.12.2013 bestanden rund 2.000 Wohnungs- 7 genossenschaften (im Folgenden: WohnGen) in Deutschland, davon gut zwei Drittel in den alten Bundesländern.50 Sie verwalten ca. 2,2 Mio. Wohnungen. Am deutschen Miet-
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50 Wohnungsgenossenschaften, Potenziale und Perspektiven, Bericht der Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften; herausg. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, Berlin, 2004 (zitiert: Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften (2004)) S. 124; aktualisiert nach GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen Berlin e.V., Wohnungswirtschaftliche Daten und Trends 2010/2011, S. 107 ff., s.a. Fn. 51.
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hausbestand (circa 22 Mio. Wohnungen) haben die WohnGen einen Anteil von rund 10 Prozent.51 Die WohnGen sind Mitglied in regionalen Prüfungsverbänden, die im GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. in Berlin zusammengeschlossen sind. Neben dem Mietwohnungsbau errichten die WohnGen Wohnungen zum Verkauf an Mitglieder (in den Jahren 1950 bis 1990 wurden 500.000 Eigenheime und Eigentumswohnungen errichtet; 2014: 352). Seit den Anfangsjahren der WohnGen (1862) wurden von den jeweiligen Ländern des Reiches steuerliche Vergünstigungen und Gebührenbefreiungen daran geknüpft, dass die WohnGen in ihrer Satzung gemeinnützige Prinzipien festlegten, das heißt – sich in ihrer Mietpreisgestaltung „nicht am Gewinn, sondern am Kostendeckungsprinzip“ zu orientieren, – die Wohnungen in erster Linie an „breite Schichten der Bevölkerung“, konkret Beamte und Arbeiter, zu vermieten, – auf Dividende ganz zu verzichten bzw. auf 4 oder 5% zu begrenzen, – beim Ausscheiden eines Genossenschaftsmitgliedes und bei der Liquidation der Genossenschaft auf eine Beteiligung an den stillen Reserven zu verzichten.52 Für die WohnGen prägend, hat sich das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom 29.2.1940 erwiesen.53 60 Jahre lang, bis zur Aufhebung des Gesetzes zum 1.1.1990 waren fast alle WohnGen in den alten Ländern durch einen einmaligen Anerkennungsbescheid der Landesbehörde verpflichtet, Wohnungen zu bauen, zu Kosten deckenden Mieten zu vermieten und weitere Auflagen hinsichtlich der Geschäftstätigkeit zu übernehmen. Hierfür erhielten sie die Befreiung von der Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie weitere Vergünstigungen bei der Grunderwerbsteuer sowie den öffentlichen Gebühren. Die Einhaltung der Auflagen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes wurde von den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden geprüft. Für die Überwachung und insbesondere für Ausnahmegenehmigungen bei Abweichungen von dem im Gesetz festgelegten Geschäftskreis waren wohnungspolitisch orientierte oberste Landesbehörden zuständig. So gab es Mietnutzungsverträge nur nach staatlich genehmigten Mustern. Der Mietpreis richtete sich nach der Kostenmietenregelung, die der des sozialen Wohnungsbaus ähnelte. In den alten Ländern kamen die Bindungen aufgrund der Förderung der Woh nungen im sozialen Wohnungsbau hinzu. Ca. 900.000 der insgesamt 1,2 Mio. Wohnungen der WohnGen in den alten Ländern sind in den Aufbaujahren 1950 bis 1980 im sozialen Wohnungsbau gefördert worden, d.h. sie durften nur zu einer Kostenbzw. Bewilligungsmiete und nur an Geringverdienende – in der Regel von den Ämtern für Wohnungswesen Zugewiesene – vergeben werden. Ihre Finanzierung war nur mit Hilfe der staatlichen Fördermittel möglich.54 Inzwischen sind die entsprechenden Bin-
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51 GdW kompakt, GdW Jahresstatistik 2013, ausgewählte Ergebnisse, www.gdw.de; von den rund 2.000 Wohnungsgenossenschaften ist der ganz überwiegende Teil (rund 1.850) direkt oder indirekt Mitglied des GdW. 52 Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften (2004) S. 115; Jenkis Kommentar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, Hamburg 1988, S. LXVII. 53 Hannig/Hanke Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, Hamburg 1982; Jenkis a.a.O., S. 485 ff. 54 Zweites Wohnungsbaugesetz, in Kraft seit 29.9.1957, zuletzt neu gefasst am 19.8.1994 (BGBl. I S. 2137), aufgehoben und ersetzt durch das Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl. I S. 2376); Wohnungsbindungsgesetz vom 24.8.1965 (BGBl. I S. 945, Neufassung ab 1.1.2002 BGBl. I S. 2404); Hannig Das neue Recht des sozialen Wohnungsbaus, NZM 2002, 831; Feßler Die Zersplitterung des geförderten Wohnungsbaus, WuM 2010, 267 ff.
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dungen regulär und durch Rückzahlung der öffentlichen Mittel weitgehend ausgelaufen.55 Eine Parallelentwicklung erfolgte auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Für die WohnGen in den neuen Ländern – im ehemaligen Staatsgebiet der DDR – sorgten 1953–1990 Gesetze, Verordnungen und Musterstatuten für Arbeiterwohnungsgenossenschaften und gemeinnützige eG, dass die Wohnungen beschränkt auf bestimmte Personenkreise (z.B. der Arbeitnehmer einzelner Werke) und nur zu so niedrigen Mieten (höchstens DDR-Mark 1,00/m2 Wohnfläche) vermietet werden konnten, dass eine Instandsetzung und Instandhaltung älterer Bauten nicht möglich war. Dafür wurden die WohnGen im Rahmen der Neubauprogramme (sog. Plattenbauten) bei der Kreditvergabe sowie der Baulandverteilung besonders begünstigt.56 1990 wurden mit der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes57 und der Wiedereinführung des GenG in den neuen Ländern58 die Bindungen hinsichtlich des Geschäftskreises und der Mietpreisgestaltung für die WohnGen aufgehoben. Steuerliche Befreiungen erhalten weiter 77% der WohnGen,59 die so genannten Vermietungsgenossenschaften nach § 5 Nr. 10 KStG. Eine besondere Förderung erhielten die eigentumsorientierten WohnGen durch Förderzulagen an ihre bis zum 1.1.2006 beigetretenen Mitglieder beim Erwerb der Genossenschaftsanteile, wenn in der Satzung ein modifiziertes Erwerbsrecht an der selbst genutzten Wohnung garantiert wurde. Diese Förderung wurde 2008 durch das sog. Wohn-Riester ersetzt. Hiernach kann der Erwerb weiterer Genossenschaftsanteile mittels eines Altersvorsorgevertrages nach dem Eigenheimrentengesetz gefördert werden.60 Mit dem Altschuldenhilfegesetz61 wurden den WohnGen in den neuen Ländern zwar die zu DDR-Zeiten gewährten Kredite bis auf DM 150,00/m2 Wohnfläche erlassen. Sie mussten sich aber zum Verkauf von 15% ihrer Bestände verpflichten, verbunden mit einer prozentualen Kaufpreisabführung. Auch galten besondere Belegungsverpflichtungen durch die Belegungsbindungsgesetze der neuen Länder. Auch wenn diese Verkaufsverpflichtungen ab 1999 durch ein Schlussgesetz aufgehoben wurden,62 so belasten die Restverschuldung und die durch die Verkäufe erfolgte Wertabführung noch heute die WohnGen in den neuen Ländern. Bevölkerungsrückgang und Strukturwandel führen zu erhöhtem Leerstand.
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55 Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften (2004) S. 138. 56 Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften (2004) S. 336 ff.; Beuthien/Brockmeyer/Klose Materialien zum Genossenschaftsgesetz, Göttingen 1997, Kapitel II DDR 1949–1989, Arbeiterwohnungsgenossenschaften und gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften (Gesetze und Verordnungen der DDR). 57 Steuerreformgesetz 1990 (BGBl. 1988 I S. 1093); Jenkis Kommentar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, S. 485 ff. 58 Gesetz über die In-Kraft-Tretung von Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland in der DDR vom 21.6.1990 (GBl. I Nr. 34 S. 357, 360); Verordnung zur Einführung des Genossenschaftsgesetzes vom 15.8.1990, DDR GBl. I Nr. 53 S. 1072. 59 Vgl. auch § 1 Rdn. 64. 60 Eigentumsorientierte Wohnungsgenossenschaften: § 17 Eigenheimzulagengesetz vom 26.3.1997 (BGBl. I S. 734), geändert BGBl. 2005 I S. 3680; Wohn-Riester: Hannig/Kegel, Altersvorsorge, Festschrift für Schaffland 2008; OFD Frankfurt Rundverf. vom 30.7.2009 S2222A-18-ST 218. 61 Altschuldenhilfe-Gesetz vom 23.6.1993 (BGBl. I S. 944), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407). 62 Hilgen Finanzmitteilungen 2000, 257 ff.; GdW Position Stadtumbau erfordert Altschuldenentlastung (März 2009).
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Der im Rahmen der öffentlich geförderten Stadtumbauprogramme erfolgte Abriss leerstehender Wohnungen hat die Wohnungsgenossenschaften allerdings wirtschaftlich gestärkt. III. Genossenschaften und Wettbewerbsordnung III. Genossenschaften und Wettbewerbsordnung 8
1. Allgemeines. Das Genossenschaftsgesetz als „Organisationsgesetz“ bezweckt nicht die Regelung von Wettbewerbsverhältnissen. EG stehen als selbständige Unternehmen und Rechtssubjekte im Wettbewerb; sie sind insoweit den Rechtsnormen, die im Wettbewerb gelten, unterworfen. Das gilt insbesondere für das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vom 27.7.195763 und – auf europäischer Ebene – die Vorschriften der Art. 101 ff. AEUV, 64 die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen (GVO vertikal),65 die dazu veröffentlichten Leitlinien66 sowie die Leitlinien für Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit.67 Entscheidende Bedeutung kommt dem europäischen Kartellrecht durch die Verfahrensrechtsreform68 und dem darin normierten Vorrang des EU-Kartellrechts zu. Ungeachtet der recht unterschiedlichen Wettbewerbsverhältnisse in den einzelnen Sparten dienen eG auf der Grundlage des Förderauftrags dazu, ihren Mitgliedern Zugang als Anbieter oder Nachfrager zum Markt zu gewährleisten, deren Existenz als selbständige Marktteilnehmer zu erhalten und zu sichern und in der Tendenz einer Monopolisierung entgegenzuwirken.69 eG bieten vor diesem Hintergrund eine wichtige Form zur wirtschaftlichen Kooperation selbstständiger Unternehmen und sind daher von großer praktischer Bedeutung. Ihre gesellschaftsrechtliche Struktur, die sich deutlich von der Struktur der Kapitalgesellschaften abhebt, ist durch den in § 1 Abs. 1 normierten Förderauftrag gekennzeichnet. Die Gesellschaftsform dient der kooperativen Selbsthilfe zur Stärkung und Förderung der Erwerbswirtschaften der Mitglieder.70 Wettbewerb bedeutet, dass stets eine Mehrzahl von Marktteilnehmern vorhanden sind, dass bei Angebot oder Nachfrage Alternativen vorliegen. So ist die eG grundsätzlich geeignet, diesen Wettbewerb zu ermöglichen und zu aktivieren.71 Das Ifo-Institut erkennt die positive Wirkung der Handelsgenossenschaften für den Wettbewerb ausdrücklich an.72 Das Bundeskartellamt teilt diese positive wettbewerbspolitische Bewertung z.B. von Einkaufsgenossenschaften selbständiger Handelsunternehmen, weil die meisten an ihnen beteiligten kleinen und mittleren Unternehmen ohne das breite Leistungsspektrum der jeweiligen Kooperationszentrale nicht wettbewerbsfähig gegenüber großen Betrieben und großbe-
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63 In der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), zuletzt geändert durch Art. 3 des G. v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 578). 64 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union nach der Änderung durch den Vertrag von Lissabon, ABl. C 306/1 v. 17.12.2007. 65 Verordnung (Eu) Nr. 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 102/1 ff.). 66 Leitlinien für vertikale Beschränkungen, ABl. 2010 C 130/1 ff. (Leitl. Vertikal). 67 Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl. 2011 C 11/1 (Leitl. Horizontal). 68 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16.12.2002 zur Durchführung der in Art. 81 und 82 EGV niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1. 69 Näheres Mändle in: Geno-Lexikon, 725 ff.; Westermann Rechtsprobleme, S. 77; Dülfer ZfG 1980, 115, 120, 129. 70 Immenga/Mestmäcker § 1 Rdn. 411. 71 Grossfeld/Stümpel S. 17 f. 72 Stellung und Entwicklung der Zusammenschlussformen im Einzelhandel, München 1981, S. 292 ff.
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trieblichen Unternehmensformen wären.73 Die gleichen Überlegungen führten 1990 zur Freistellung der Kooperation vom Kartellverbot des § 1 GWB. 2. Das Europäische Kartellrecht. Die Europäische Kommission hatte 1970 eine 9 Gruppenfreistellungsverordnung für Einkaufskooperationen entworfen, diese aber nicht weiter verfolgt. Vertikale Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen werden heute durch die GVO vertikal vom April 201074 vom Kartellverbot freigestellt. Die GVO vertikal ersetzt damit die alte Gruppenfreistellungsverordnung für Franchisesysteme. Sie stellt in Artikel 2 Abs. 2 fest, dass die Freistellung für vertikale Vereinbarungen zwischen einer Unternehmensvereinigung und ihren Mitgliedern oder zwischen einer solchen Vereinigung und ihren Anbietern gilt, wenn alle Mitglieder der Vereinigung Wareneinzelhändler sind und wenn keines ihrer Mitglieder zusammen mit seinen verbundenen Unternehmen einen jährlichen Gesamtumsatz von mehr als € 50 Mio. erwirtschaftet. Zu beachten ist allerdings, dass die Freistellung in vertikaler Hinsicht die Überprüfung auf horizontale Wettbewerbsbeschränkungen in dieser Gruppe nicht ausschließt. Damit wurde eine lange Diskussion mit der genossenschaftlichen Organisation beendet, in der es galt, klarzustellen, dass auch genossenschaftliche Kooperationen unter die Freistellung fallen können.75 Bis dato vertrat die Kommission die Auffassung, dass Verbundgruppen nicht Unternehmen im Sinne der GVO vertikal sind, sondern allenfalls Unternehmensvereinigungen. Entscheidend ist, dass die GVO vertikal für Verbundgruppen auch die Möglichkeit eröffnet, Höchstverkaufspreise festzusetzen oder Preisempfehlungen auszusprechen, sofern diese nicht wie Fest- oder Mindestverkaufspreise wirken (Artikel 4 Buchstabe a GVO vertikal). In Ergänzung zur Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen hat die Kommission Leitlinien76 veröffentlicht, in denen der Anwendungsbereich umschrieben und insbesondere auf die Bewertung einzelner vertikaler Beschränkungen eingegangen wird. Wichtig sind hier insbesondere die Ausführungen zum Alleinvertrieb und zur Alleinbelieferung, zum selektiven Vertrieb sowie zu möglichen Beschränkungen im Onlinehandel. Um der zunehmenden Bedeutung von legalisierungsfähigen horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen gerecht zu werden, hat die Kommission 2010 auch die Leitlinien zur Anwendung von Artikel 101 AEUV auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit überarbeitet.77 In diesen Leitlinien werden die Grundsätze der Bewertung von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit dargelegt. Eine horizontale Zusammenarbeit liegt vor, wenn auf derselben Marktstufe zwischen Unternehmen eine Vereinbarung geschlossen oder eine Verhaltensweise aufeinander abgestimmt wird. Zu diesen Leitlinien sah sich die Kommission insbesondere deshalb veranlasst, weil sie nicht die Möglichkeit hatte, aufgrund fehlender Ermächtigungsnormen eine Gruppenfreistellungsverordnung für diesen Bereich zu erlassen. Durch die Neuordnung des Kartellverfahrensrechts78 hat die Kommission das bis- 10 lang zentralisierte Anmeldesystem, das einem Genehmigungsmonopol gleichkam, durch ein Regel-Ausnahmesystem ersetzt. Die Verordnung stellt in Artikel 1 Abs. 1 klar, dass Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die gegen Artikel 101 Abs. 1 AEUV verstoßen, von dem Verbot freigestellt sind, wenn sie die Voraus-
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BKartA, Tätigkeitsbericht 1978, S. 8 (Bundesdrucksache 8/2980). Vgl. Fn. 3. Schwarz S. 97 ff. Vgl. Fn. 4. Vgl. Fn. 5. Vgl. Fn. 6.
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setzungen des Artikels 101 Abs. 3 AEUV erfüllen, ohne dass es einer vorherigen Entscheidung der Wettbewerbsbehörden bedarf. Die Verordnung legt weiter fest, dass einzelstaatliches Wettbewerbsrecht freigestellte Kooperationen weder besser-, noch schlechterstellen kann (Artikel 3 Abs. 1 und 2). Voraussetzung für diesen Vorrang des europäischen Rechts ist jedoch, dass durch die praktizierten oder vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen der europäische Binnenmarkt beeinflusst wird, kurz ein Europabezug gegeben ist (Art. 3). Die Änderung des Verfahrensrechts führt zu einer wesentlichen Änderung der Rechtsanwendung und damit auch teilweise zu einer erhöhten Rechtsunsicherheit. Um dieser entgegenzuwirken, hat die Kommission Leitlinien zur Anwendung von Artikel 101 Abs. 3 AEUV entworfen. Diese Leitlinien sollen eine Anleitung zur Anwendung der vier Voraussetzungen der Legalausnahme des Artikels 101 Abs. 3 AEUV über vertikale und horizontale Zusammenarbeit ermöglichen. 11 Entscheidend für die Frage, ob nationales oder europäisches Kartellrecht Anwendung findet, ist ob der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt wird. Auch hier hat die Kommission durch eine Leitlinie versucht, für Rechtssicherheit zu sorgen. In dieser Leitlinie79 wird die Reichweite des Begriffs „Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten“ grundsätzlich geklärt. Das Gemeinschaftsrecht ist demnach anwendbar, wenn sich der Handel zwischen den Mitgliedstaaten aufgrund der Vereinbarung oder Verhaltensweise anders entwickelt als, dies ohne diese Vereinbarung oder Verhaltensweise anzunehmen wäre.80 Europäisches Kartellrecht ist demzufolge auch dann anwendbar, wenn eine eG in keinem anderen Mitgliedstaat über Mitglieder verfügt, sie aber Geschäftsbeziehungen zu in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Lieferanten unterhält. Eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes ist auch dann gegeben, wenn eine Kooperation, deren Anschlusshäuser nur innerhalb eines Mitgliedstaats ansässig sind, eine gewisse Marktstellung erreicht. Daneben gilt die Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, 12 die den Wettbewerb nicht spürbar beschränken und damit nicht unter Artikel 101 Abs. 1 AEUV fallen, die sog. de minimis-Bekanntmachung.81 Vereinbarungen zwischen Unternehmen werden dann als kartellrechtlich unbeachtlich oder irrelevant eingestuft, wenn die beteiligten Unternehmen insgesamt einen Marktanteil von 5% nicht überschreiten. Sofern es sich um eine vertikale Vereinbarung handelt, gilt die Schwelle von 10%, d.h. im Klartext, Wettbewerbsbeschränkungen von Unternehmen mit einem Marktanteil im relevanten Markt von weniger als 5 bzw. 10% sind nach europäischem Kartellrecht unbeachtlich. Diese Bekanntmachung lässt jedoch die Befugnisse der Gerichte der Mitgliedstaaten unberührt, auch nach ihrer Auffassung Artikel 101 Abs. 1 AEUV anzuwenden. Die Gerichte haben jedoch die Überlegung der Kommission zu berücksichtigen. 13 Die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen ist durch die Fusionskontrollverordnung der EU geregelt.82 Für alle Zusammenschlüsse mit gemeinschaftsweiter Bedeutung ist in der Kontrolle ausschließlich die Kommission zuständig, wobei sie eng mit den Mitgliedstaaten kooperiert. Zusammenschlussvorhaben, die unter die Verordnung fallen, müssen grundsätzlich vor ihrem Vollzug angemeldet und von der Kommission geprüft werden. Gemäß Artikel 1 gilt die Verordnung für Zusammenschlüsse von
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79 ABl. Nr. C 101 vom 27.4.2004, S. 81 ff. 80 So schon Urteil vom 15.5.1975, RS 71/74, FRUBO. 81 Mitteilung der Kommission – Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die im Sinne des Artikels 101 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union den Wettbewerb nicht spürbar beschränken (De-minimis-Bekanntmachung), 2014/C 291/01. 82 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“).
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gemeinschaftsweiter Bedeutung. Eine solche gemeinschaftsweite Bedeutung wird angenommen, wenn die beteiligten Unternehmen einen weltweiten Gesamtumsatz von mehr als € 5 Mrd. und einen gemeinschaftsweiten Umsatz von mehr als € 250 Mio. tätigen. Werden diese Schwellenwerte nicht erreicht, ist eine gemeinschaftsweite Bedeutung auch dann anzunehmen, wenn der weltweite Umsatz zusammen mehr als € 2,5 Mrd. beträgt und der Gesamtumsatz aller Unternehmen in mindestens drei Mitgliedstaaten jeweils € 100 Mio. übersteigt, wobei mindestens drei der Unternehmen in den Mitgliedstaaten ein Unternehmen von mehr als € 25 Mio. beträgt und mindestens zwei europäische Unternehmen mehr als € 100 Mio. Umsatzerlöse erzielen. Zusammenschlüsse, die zu einer wesentlichen Behinderung des effektiven Wettbewerbs führen, sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklären, Art. 2 Abs. 3. Durch diese Formulierung hat die Kommission den ökonomischen Ansatz, mit dem sie wettbewerbsrechtliche Fragen beurteilen will, unterstrichen. 3. Das deutsche Wettbewerbsrecht. Das Kartellgesetz soll die Freiheit des Wettbe- 14 werbs sicherstellen und wirtschaftliche Macht da beseitigen, wo sie die Wirksamkeit des Wettbewerbs und die ihm innewohnenden Tendenzen zur Leistungssteigerung beeinträchtigt und die bestmögliche Versorgung der Verbraucher in Frage stellt.83 Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erhielt durch die 7. Kartellrechtsnovelle im Jahr 2005 eine grundlegende Überarbeitung.84 Im Zusammenhang mit der Änderung des europäischen Kartellrechts wurde die bisher bestehende grundsätzliche Anmeldungsund Genehmigungspflicht für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in ein Legalsystem überführt. Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen gelten danach automatisch als freigestellt, wenn sie die Freistellungsvoraussetzungen des § 2 GWB, der Art. 101 Abs. 3 AEUV entspricht, erfüllen. Das Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen des § 1 GWB gilt sowohl für horizontale als auch vertikale Vereinbarungen. Die Auslegung und Anwendung des neuen GWB soll die Grundsätze des europäischen Rechts berücksichtigen, § 23 GWB. Damit soll der Entscheidungspraxis der Kommission insbesondere im Rahmen der Leitlinien besondere Bedeutung beigemessen werden, ohne dass eine unmittelbare normative Bindung entsteht. Das neue Kartellrecht enthält keine Differenzierung mehr zwischen vertikalen und horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen. Die speziellen Freistellungstatbestände, wie z.B. Mittelstands- und Konditionenkartell, werden aufgehoben. In Anbetracht der oft nur regionalen Bedeutung und des insoweit fehlenden Europabezugs, bleibt die Regelung für Rationalisierungskartelle in § 3 GWB erhalten. Ein Empfehlungsverbot existiert – wie im europäischen Recht – grundsätzlich nicht. Im Jahr 2013 folgte die 8. Kartellrechtsnovelle,85 die das deutsche Kartellrecht in weiteren zentralen Punkten änderte, ohne es grundlegend zu reformieren. Mit der 8. GWB-Novelle wurde u.a. eine weitere Angleichung der deutschen an die europäische Fusionskontrollverordnung verfolgt. Die Regelungen zur Missbrauchsaufsicht sollten systematischer und übersichtlicher werden. Heute regeln die §§ 18–21 die Marktbeherrschung sowie sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten: § 18 definiert den Begriff der Marktbeherrschung und stellt in dessen Abs. 4 eine entsprechende Vermutungsregel auf, § 19 verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen, § 20 regelt verbotenes Verhalten von Unterneh-
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83 Begründung 1952, S. 1. 84 Siebtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7.7.2005; BGBl. I S. 1994 ff. 85 Achtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 26.6.2013, BGBl. I S. 1738 ff.
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men mit relativer oder überlegener Marktmacht, insbesondere das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis und § 20 regelt das Boykottverbot sowie das Verbot sonstigen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens. Der Vierte Abschnitt beinhaltet die Wettbewerbsregeln (§§ 24 bis 27 GWB). Wirtschafts- und Berufsvereinigungen können Wettbewerbsregeln aufstellen. Diese müssen dem Zweck dienen, einem den Grundsätzen des lauteren oder der Wirksamkeit eines leistungsgerechten Wettbewerbs zuwiderlaufenden Verhalten entgegenzuwirken (§ 24 Abs. 2 GWB). Diese Regeln können bei der Kartellbehörde zur Eintragung angemeldet werden (§ 24 Abs. 3 GWB). Hinzuweisen ist auf die Sonderregelungen für bestimmte Wirtschaftsbereiche, wie z.B. Landwirtschaft, Energiewirtschaft, Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften sowie Wasserwirtschaft (§ 28 bis § 31 GWB). Im sechsten Abschnitt sind die Sanktionen wie Untersagung Schadensersatz und Mehrerlösabschöpfung enthalten. Die Zusammenschlusskontrolle findet Anwendung, wenn weltweit Umsatzerlöse von mehr als € 500 Mio. und mindestens ein beteiligtes Unternehmen Inlandsumsatzerlöse von mehr als € 50 Mio. erzielt hat. Widerspricht die Kartellbehörde binnen eines Monats nicht der Anmeldung eines Zusammenschlusses, gilt dieser als genehmigt; das Bundeskartellamt kann den Zusammenschluss untersagen (§ 36 GWB); auf Antrag kann das Bundesministerium für Wirtschaft die Erlaubnis zum Zusammenschluss erteilen (sog. Ministererlaubnis, § 42 GWB). Gemäß § 44 GWB ist zur regelmäßigen Begutachtung der Entwicklung der Unternehmenskonzentration eine „Monopolkommission“ zu bilden, die im Zweijahresrhythmus über die Entwicklung der Unternehmenskonzentration ein Hauptgutachten erstellt. Der zweite Teil des GWB regelt im ersten und zweiten Abschnitt die Kartellbehörden, im dritten Abschnitt die Verwaltungsverfahren. Im dritten Teil des Gesetzes wird Verfahrensrecht, das Bußgeldverfahren, Beschwerde zur Kartellbehörde, Rechtsbeschwerde zu den Gerichten (OLG bzw. BGH) sowie die zivilrechtlichen Streitigkeiten angesprochen. 4. Das nationale und europäische Wettbewerbsrecht und seine Auswirkungen auf Genossenschaften 15
a) GWB. EG sind den Vorschriften des GWB uneingeschränkt unterworfen.86 Das GWB kennt keine Sondervorschriften, die Ausnahmen für die Rechtsform der eG vorsehen. Die Freistellungen z.B. für landwirtschaftliche Erzeugerbereiche gemäß § 28 GWB knüpfen nicht an die Rechtsform an, erfassen aber landwirtschaftliche eG als Erzeugervereinigungen im Sinne des Gesetzes. Im Gegensatz hierzu kennt das Österreichische Genossenschaftsgesetz in § 1 die Regelung, dass eG insoweit nicht dem Kartellgesetz unterworfen sind, als sie sich im Rahmen des Förderungsauftrags bewegen. Ausgehend von der bei Entstehung des GWB vorherrschenden „Gegenstandstheorie“,87 wurde die Frage einer Freistellung im Gesetzgebungsverfahren zwar diskutiert, jedoch nicht für notwendig erachtet.88 Andererseits muss die Anwendung des Kartellrechts auf eG deren Besonderheiten – der Zusammenschluss kleiner und mittlerer Unternehmen, um im Wettbewerb bestehen zu können – beachten; insbesondere soll durch § 1 GWB den eG nicht der angemessene Gestaltungsraum genommen werden. „Vielmehr ist den beiden gesetzgeberischen Ziel-
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86 BGH WRP 1986, 550; Stromversorgungsgenossenschaft, BB 1974, 1221; auch BGH ZfgG 1978, 434 m. Anm. Beuthien = DB 1978, 151. 87 Vgl. zum Begriff Immenga/Mestmäcker/Zimmer § 1 Rdn. 240. 88 Bericht 1957, S. 15; E. Günther MA 57, 35 ff.
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setzungen dadurch Rechnung zu tragen, dass genossenschaftliche Wettbewerbsbeschränkungen insoweit von der Anwendung des § 1 GWB ausgenommen werden, wie sie genossenschaftsimmanent sind, insbesondere zur Sicherung des Zwecks und der Funktionsfähigkeit der eG erforderlich sind“.89 Seit Bestehen des GWB gab und gibt es vielfältige Bestrebungen, den für eG, Koope- 16 rationen selbständiger Unternehmen, notwendigen Freiraum zu erhalten. In Zusammenhang mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „gemeinsamer Zweck“ versuchte man u.a. mit Hilfe der Immanenztheorie90 funktionsnotwendige Wettbewerbsbeschränkungen zu sanktionieren. Nach neueren BGH Urteilen ist darauf abzustellen, ob an einer begleitenden Wettbewerbsbeschränkung bei „wertender Betrachtungsweise im Hinblick auf die Freiheit des Wettbewerbs ein anzuerkennendes Interesse“ besteht.91 EG als Einkaufsvereinigungen sind keine „Kartelle per se“.92 EG sind vielmehr selbständige, unternehmerische Einheiten, die nicht reaktiv wie Kartelle, sondern aktiv nach marktstrategischen Gesichtspunkten planen, und zwar sowohl auf der Einkaufs- wie auf der Verkaufsseite.93 Soweit die eG weder in Satzung noch in Einzelverträgen Bezugs- oder Anlieferungsbindungen festschrieben, waren sie der Anwendung des § 1 (alt) GWB durch die Gegenstandstheorie entzogen.94 Die Diskussion über „Gegenstands-“, „Folge-“ und „Zwecktheorie“ führte erneut zur Belebung der Frage der kartellrechtlichen Einordnung der eG unter § 1 (alt) GWB.95 Der BGH hat sich im so genannten „ZVN-Beschluss“96 der „Zwecktheorie“ angenähert. Danach können Vereinbarungen über Wettbewerbsbeschränkungen als Zweck eines Vertrags auch dann kartellrechtlich von Bedeutung sein, wenn sich die Vertragsteilnehmer nicht auch zur Durchführung verpflichten. Es soll vielmehr genügen, dass sich die Beteiligten darüber einig sind, dass der Vertrag den bezweckten Erfolg auch ohne rechtsformale Bindungswirkung herbeiführt. Diese Auffassung des BGH bestätigt aber, dass genossenschaftliche Zusammenschlüsse nicht von vornherein Kartelle sind. Die in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts begonnene Erörterung der Nachfragemacht des Handels hat die Diskussion um die kartellrechtliche Beurteilung der sog. Einkaufskooperationen neu entfacht. Während das Bundeskartellamt in seinem Tätigkeitsbericht 197897 die Kooperationen des Handels grundsätzlich positiv beurteilte und lediglich vertragliche und wirtschaftliche Bezugsbindungen der Mitglieder, wettbewerbsbeschränkende Platzschutzklauseln der Mitglieder untereinander, das Verbot der Direktlieferung an Mitglieder, die Verpflichtung der Lieferanten zur Meistbegünstigung sowie andere Preis- und Konditionenbindungen von Lieferanten beanstandete, im Übrigen aber weitestgehend das Vermittlungsgeschäft der Kooperation absicherte, hatten Mitte der 80er Jahre die vom Bundeskartellamt aufgegriffenen Fälle HFGE und Selex & Tania (S & T) zu Untersagungsbeschlüssen und anschließender Rechtsprechung und
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89 BGH WRP 1986, 550. 90 Steindorff BB 1977, 857, 863. 91 Immenga/Mestmäcker/Zimmer GWB § 1 Rdn. 280 m.w.N. 92 Beuthien Einkaufsgenossenschaften und Kartellverbot, Beilage 5 zu DB 1977; Beuthien/Götz ZfG 1978, 390; Steindorff Sind Handelsgenossenschaften Kartelle, 1978; Meier Aktuelle Probleme der kartellrechtlichen Beurteilung von Handelsgenossenschaften und Einkaufsvereinigungen, DB 1983, 1133. 93 Bauer Genossenschaften und Kartellrecht in Demokratie und Wettbewerb, 1972, S. 518; Fritzsche Die Auslegung des § 1 GWB und die Behandlung von Einkaufsgemeinschaften im Kartellrecht, FIW Hefte 149, 1993. 94 BKartA WuW/E 576, Freiwillige Ketten. 95 Säcker Archiv für öffentliche und freigemeinnützige Unternehmen, Bd. 9, 1971, S. 139; Sandrock Kartellrecht und Genossenschaften, 1976. 96 BGHZ 65, 30 = DB 1975, 1884, „Zement-Verkaufsstelle Niedersachsen“. 97 BT-Drs. 8/2980 S. 8 ff.
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damit zu einer erneuten rechtswissenschaftlichen Diskussion um die grundsätzliche Einordnung der Einkaufsgemeinschaften unter § 1 GWB geführt.98 Abgesehen von der sachverhaltsbezogenen Erörterung, ob und inwieweit Einkaufsgenossenschaften den Nachfragewettbewerb zwischen ihren Mitgliedern tatsächlich beschränken, wurde rechts- und wirtschaftstheoretisch die Frage gestellt, inwieweit eine Kooperation den Nachfragewettbewerb überhaupt beeinflussen könne.99 Lademann und Hermes haben nachgewiesen, dass das Begrenzungskonzept, dass das BKartA mit teilweiser Zustimmung des Kammergerichts zur Erfassung des Nachfragewettbewerbs entworfen hat, aus ökonomischer Sicht erfahrungswissenschaftlich nicht fundiert ist, und dass im Ergebnis auch ein Kontorbeitritt nicht zur Beschränkung des Nachfragewettbewerbs führen müsse.100 Daneben gibt es eine genossenschaftlich bzw. gesellschaftsrechtlich geführte Diskussion, demzufolge eG als Gemeinschaftsunternehmen einer Bereichsausnahme zuzuordnen sind.101 Baumann versucht auf der Basis des Mittelstandsgedankens im Wege einer teleologischen Reduktion die eG aus dem Kartellverbot herauszubringen.102 Ebenroth verneint zwar die Anwendbarkeit des Arbeitsgemeinschaftsgedankens,103 versucht aber die qualitativen Strukturmerkmale der Fusionskontrolle für die Auslegung des § 1 GWB nutzbar zu machen, und befreite so Einkaufskooperationen kleiner und mittlerer Unternehmen vom Kartellverbot.104 Beuthien fordert eine umfassende wettbewerbliche Gesamtbetrachtung.105 Die Rechtsprechung, zuletzt das Kammergericht,106 hat die Grenzen für die Einkaufskooperationen enger gezogen. Das OLG stellte fest, dass auch ohne einen Bezugszwang eine Beschränkung des Nachfragewettbewerbs dadurch erzielt wird, dass die Kooperationsmitglieder nicht selbst mehr als Nachfrager auf den Markt treten, sondern bereits aufgrund des kaufmännisch vernünftigen Verhaltens der Kooperation den zeitlichen Verhandlungsvorsprung einräumen. Nicht zuletzt diese Rechtsprechung vor dem Hintergrund der nach wie vor positiven Beurteilung der Kooperationen kleinerer und mittlerer Handelsunternehmen erkannte der Gesetzgeber 1990 durch Einführung des § 5c GWB die positive Bewertung der Einkaufskooperationen an. Die kleinen und mittleren Unternehmen seien ohne die Teilnahme an einer Einkaufskooperation gegenüber Großbetrieben nicht wettbewerbsfähig, die Vorschrift diene daher dem strukturellen Nachteilsausgleich für kleine Unternehmen und gewährleiste weiterhin einen wirksamen Wettbewerb.107 Die Vorschrift wurde 1999 durch die 6. Kartellrechtsnovelle erweitert. Der Forderung, neben dem gemeinsamen Einkauf auch gemeinsame Vermarktungsstrategien freizustellen, entsprach der Gesetzgeber nicht. Mit der Begründung, es
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98 HFGE, WRP 81, 385; WRP 83, 25 ff. m. Anm. Schulte und S&T, WRP 85, 411; WRP 86, 476 jeweils m. Anm. Schulte. 99 Lademann Machtverteilung zwischen Industrie und Handel, Die Nachfragemacht von Handelsunternehmen 1986; Hermes Die Erfassung von Nachfragewettbewerb im Handel. 100 Vgl. auch Gröner/Köhler Nachfragewettbewerb und Marktbeherrschung im Handel, DB 82, 257 ff. 101 Großfeld/Strümpel Genossenschaften-Kartell zwecks Mittelstandsempfehlung. 102 Baumann Einkaufsgesellschaften und -genossenschaften im Kartellrecht, Der Mittelstandsgedanke und § 1 GWB, ZFgG 85, 229. 103 Vgl. zur Arbeitsgemeinschaft: König/Kühling/Müller Marktfähigkeit, Arbeitsgemeinschaften und das Kartellverbot, WuW 2005, 126 ff. 104 Ebenroth Einkaufskooperationen und Kartellrecht, DB 1985, 1825 f. 105 Beuthien Genossenschaften und Kartellrecht, Das Kartellamt als Orakel, Wien 1987, vgl. weiter Fritzsche Die Auswirkungen des § 1 GWB und die Behandlung von Einkaufsgemeinschaften im Kartellrecht, FIW Heft 149/1983; Immenga Grenzen des Ausgleichs von Strukturnachteilen von Einkaufskooperationen, in: Festschrift für G. Pfeiffer, 1988, S. 659; Beuthien Einkaufsgenossenschaften und Kartellverbot, DB Beilage Nr. 5/77; ders. Genossenschaften und Kartellrecht früher wie heute, WRP 1984, 317. 106 S&T UW/E OLG 178, 3737. 107 BT-Drs. 11/4610, S. 12.
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fehle an Transparenz über Art und Umfang der freigestellten Kartelle,108 führte er ein nicht konstitutives Anmeldeverfahren für Mittelstandskartelle ein, § 9 Abs. 4 (alt) GWB. Die Legalfreistellung des § 4 Abs. 2 (alt) GWB setzte voraus, dass ein Verstoß gegen das Kartellverbot vorliegt. Das BKartA hat vor der 6. Kartellrechtsnovelle bereits festgestellt, dass Eigengeschäfte (Lager und Strecke) pauschalierte Beschaffungsaufträge, Bindungen in Risikoverträgen, die Bildung von Kern- oder Teilsortimenten und die Entwicklung von Betriebstypen nicht unter § 1 GWB fallen bzw. toleriert werden.109 Die Freistellung des § 4 Abs. 2 (alt) GWB bezog sich auf Verträge und Beschlüsse, die 17 den gemeinsamen Einkauf betreffen oder die gemeinsame Beschaffung gewerblicher Leistungen, ohne einen über den Einzelfall hinausgehenden Bezugszwang zu begründen. Durch die Kooperation durfte gemäß § 4 Abs. 1 (alt) GWB der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Die Kooperation musste der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen dienen, ohne den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen. Dies geht von der Geschäftsanbahnung über die Konditionsverhandlung und den Geschäftsabschluss bis zur vollständigen Geschäftsabwicklung bei der Beschaffung.110 Der Gesetzgeber spricht weiter von Festlegen von Konditionen für die Beschaffungsgeschäfte der Anschlussunternehmen, allen Abreden, durch die Konditionsverbesserungen den Anschlussunternehmen zufließen, sowie allen Gestaltungen, die den Warenfluss zum Kooperationsmitglied hin bestimmen. Das heißt, dass letztlich alle in der Handelsbetriebslehre aufgezählten Aktivitäten, die mit der Warenbeschaffung zusammenhängen, legalisierungsfähig sind. Dies gilt insbesondere für das Vermittlungsgeschäft mit zentraler Abrechnung und Delkrederehaftung. Damit ist auch die Verpflichtung der Mitglieder der eG abgedeckt, Bezüge bei den gelisteten Vertragslieferanten nur über die eG abzuwickeln (closed-shop-system).111 Erlaubt sind Rabattgestaltungen zwischen Kooperation und Mitglied, die eine Konzentration der Warenbezüge auf die Vertragslieferanten bewirken, Rabatte im Rahmen von Hausmessen und Hausbörsen sowie sonstige ausgehandelte Sonderkonditionen. Nach Krimphove fallen unter den Begriff des Einkaufs alle Geschäftsvorgänge der Einkaufskooperation, welche die Beschaffung von Ware den Anschlussunternehmen ermöglichen, erleichtern, garantieren sowie preis- und konditionenbezogen beeinflussen.112 b) Art. 101 ff. AEUV. Nachdem es durch die 7.und 8. Kartellrechtsnovelle zwischen eu- 18 ropäischem und deutschem Kartellrecht keinen materiellrechtlichen Unterschied mehr gibt, ist die Frage, ob der zwischenstaatliche Handel durch eine Wettbewerbsbeschränkung berührt wird, zweitrangig, jedoch von Bedeutung für das jeweilige Verfahrensrecht. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts ist dann gegeben, wenn eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels geeignet ist. Die Kommission hat zur Beurteilung des Begriffs „Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels“ ihre Auffassung in Leitlinien festgelegt.113 Danach ist der Begriff des Handels nicht auf den grenzüberschreitenden Austausch von Waren beschränkt. Entscheidend ist, ob sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass die unternehmerische Verhaltensweise den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittel-
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108 BT-Drs. 13/9720, S. 34. 109 Tätigkeitsbericht des BKartA 1995/96 BT-Drs. 13/7900, S. 35–44; Erläuterungen hierzu: Schulte S. 17 ff. 110 Begründung, BT-Drs. 11/4610, 15. 111 BT-Drs. 11/4610, S. 15. 112 Gemeinschaftskommentar, § 5c Nr. 42. 113 ABl. Nr. C 101 vom 27.4.2004, S. 81 ff.
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bar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell beeinflussen kann. Horizontale Kartelle, die sich auf das Gebiet eines Mitgliedstaates erstrecken, können auch aufgrund ihrer Wirkung, die Märkte aufzuteilen, den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen.114 In der Regel ist mit Blick auf die Kooperationen des Handels, Handwerks und der Freiberufler davon auszugehen, dass der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt ist.115 Die Frage, ob die Tätigkeit der eG Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. § 1 GWB berührt, ist nach wie vor streitig. Die Abgrenzung zwischen noch kartellrechtlichem Freiraum und bereits schon vorhandener Legalausnahme ist fließend und in den Leitlinien und Bekanntmachungen des Bundeskartellamtes oft nicht strikt getrennt. Das BKartA wird weiterhin für die Beurteilung auf die bisher veröffentlichten Grundsätze seiner Amtspraxis zurückgreifen.116 Sofern wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen nicht unter die Bagatellausnahme fallen, ist die Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 GWB zu prüfen. Hierzu ist auf die Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV117 und auf die Leitlinien horizontale Wettbewerbsbeschränkungen118 sowie über vertikale Wettbewerbsbeschränkungen119 zurückzugreifen. Art. 101 Abs. 1 AEUV setzt voraus, dass die beteiligten Unternehmen mittels Vereinbarung, abgestimmten Verhaltens oder durch Beschluss die Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Abgestimmtes Verhalten bezeichnet eine Form der Koordinierung, die zwar noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrages gediehen ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt.120 Hierdurch wird die wettbewerbliche Verhandlungsfreiheit eingeengt und die Wahlmöglichkeiten der übrigen Marktbeteiligten verringert. Andererseits kann die horizontale Zusammenarbeit im Zuge der Globalisierung, der zunehmenden Dynamik der Märkte, dem Wachstum der Filialunternehmen einen Weg darstellen, um kleinen und mittleren Unternehmen eine Anpassung an die veränderten Marktbedingungen zu ermöglichen.121 19 Zur Frage, ob Art. 101 Abs. 3 AEUV als Legalausnahme zur Verfügung steht, ist der wirtschaftliche Nutzen der Wettbewerbsbeschränkungen, die angemessene Beteiligung der Verbraucher ebenso wie die Unerlässlichkeit der beschränkenden Maßnahme zu beurteilen. Um die Frage beantworten zu können, ob bestimmte Maßnahmen oder Vereinbarungen der Verbundgruppen, die gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen, gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV unter die Legalausnahme fallen, bedarf es nicht nur einer umfangreichen Sachverhaltsfeststellung, sondern auch einer kartellrechtlichen Wertung. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Neuausrichtung der europäischen Wettbewerbspolitik unter dem Begriff „more economic approach“.122 Diese Ausrichtung, zuerst erarbeitet für die Fusionskontrolle und die Frage des Missbrauchs marktbeherrschender Unternehmen, ersetzt den bisherigen Denkansatz, der von dem Prinzip der Freiheit des Wettbewerbs geprägt war. Bei der Suche nach der Konsumentenwohlfahrt rückt damit die Effizienzorientierung und Auswirkungsanalyse in den Vordergrund. Hieraus folgt
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114 EuGH 19.2.2002, Wouters, Rechtssache C 309/99. 115 Begründung zur 7. Kartellnovelle BT-Drs. 15/3640. 116 BKartA Tätigkeitsbericht 1995/96, BT-Drs. 13/7900, S. 25–42. 117 ABl. Nr. C 101 vom 27.4.2004, S. 97 ff. 118 Vgl. Fn. 67. 119 Vgl. Fn. 66. 120 EUGH, Rs. C-8/08 P, T-Mobile Netherlands. 121 Leitl. Horizontal Rdn. 3. 122 Vgl. statt vieler Budzinski Wettbewerbsfreiheit und more economic approach, Marburger Volkswirtschaftliche Beiträge, Nr. 13-2007.
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zwangsläufig die Abkehr von allgemein gültigen Regelungen hin zur Einzelfallbewertung, was wiederum zu einer Fokussierung auf insbesondere kurzfristige Aussagen über Preis und Mengeneffekte führt. Die ökonomische Wissenschaft versucht durch die Entwicklung von Simulationsmodellen die Auswirkung auf die Konsumentenwohlfahrt und damit die Balance zwischen wettbewerbsbeschränkenden Folgen und Effizienzgewinn für die Volkswirtschaft zu berechnen. Kritik an diesen Methoden ist daran festzumachen, dass mit solchen Simulationsmodellen insbesondere zwar kurzfristige Aussagen gemacht, nicht aber langfristige Entwicklungen festgestellt werden können.123 Insbesondere ein evolutorischer Prozess, wie er in dynamischen Volkswirtschaften entstehen kann, ist nur schwer quantitativ zu ermitteln bzw. zu prognostizieren. Die freiheitssichernde Funktion des Wettbewerbs sieht insoweit Schmidt auch durch die Suche nach kurzfristiger Realisierung und Effizienzverbesserungen in Gefahr.124 Theurl versucht, aufbauend auf der Auflösung der traditionellen Unterscheidung von per se rule und rule of reason, eine regelgeleitete, kooperationswissenschaftlich fundierte, kartellrechtliche Behandlung der Kooperationen zu entwickeln. Die Vielfalt der Unternehmenskooperationen soll mit Hilfe zentraler Unterscheidungskriterien kategorisiert werden, um hieraus eine Aussage auf die erwarteten Wohlfahrtswirkungen treffen zu können.125 Einkaufsvereinbarungen fallen nur dann unter Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn sie weitergehenden Zwecken als der Erzielung von günstigeren Einkaufskonditionen dienen oder wenn eine gewisse Marktmacht entsteht.126 Bei einem Marktanteil von weniger als 15% auf den Einkaufs- und auf den Verkaufsmärkten geht die Kommission nicht von einer Wettbewerbsbeschränkung aus, zumindest ist bis zur Erreichung dieser Schwelle die Legalausnahme des Artikels 101 Abs. 3 AEUV erfüllt.127 Die in Zusammenhang mit dem Rationalisierungskartell (§ 4 Abs. 1 (alt) GWB) erstmals genannten kritischen Marktanteile von 15% auf dem relevanten Markt, sind mit Blick auf die geringe Verbindlichkeit beim gemeinsamen Einkauf zu gering.128 Die Beschränkungsintensität innerhalb der Kooperation sollte nach Auffassung des Gesetzgebers zu niedrigeren oder höheren hinnehmbaren Marktanteilen führen.129 Wird dieser Marktanteil überschritten, ist unter Berücksichtigung von Marktkonzentration und eventueller Gegenmacht zu prüfen, ob wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen vorliegen.130 Es ist anerkannt, dass sich auch Großunternehmen an einer mittelständischen Kooperation beteiligen können, wenn die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen dadurch unterstützt wird oder nur so zu erreichen ist. Sind die Mitglieder (wie üblich) nicht auf den gleichen Verkaufsmärkten tätig, sind wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen unwahrscheinlich.131 Gem. der Beispiele zum gemeinsamen Einkauf sieht die Kommission die Voraussetzung des Artikels 101 Abs. 3 AEUV als erfüllt an, wenn einerseits die Bündelung der Einkaufsvolumina, verbunden mit Bezugsbindung ein höheres Nachfragevolumina als 15% ergibt, andererseits die Herstellerseite hochkonzentriert ist und damit eine überragende Marktstellung hat. Bricht man diese Kriterien auf die Situation der Verbundgruppen des Handels und des Hand-
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123 Budzinski a.a.O., S. 13. 124 Schmidt Ordnungsökonomische Wettbewerbskonzepte in: Vanberg (Hrsg.), S. 17. 125 Theurl/Kolloge Kategorisierung von Unternehmenskooperationen als Grundlage eines „more economic approach“ im europäischen Kartellrecht, IfG Münster, Arbeitspapier Nr. 72-2008. 126 Leitl. Horizontal Rdn. 204. 127 Leitl. Horizontal Rdn. 208. 128 So aber bei hoher Konzentration Lutz a.a.O., S. 54. 129 Begründung, BT-Drs. 11/4610, S. 16. 130 Leitl. Horizontal Rdn. 209. 131 Leitl. Horizontal Rdn. 212.
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werks herunter, dürfte festzustellen sein, dass gemeinsamer Einkauf auch bei Beteiligung von Großunternehmen mit Bezugsbindungen in der Regel zulässig ist. § 22 Abs. 2 (alt) GWB enthielt mit der Mittelstandsempfehlung eine Ausnahme vom 20 Empfehlungsverbot. Die Mittelstandsempfehlung hatte für Kooperationen erhebliche Bedeutung.132 Sie ermöglichte nicht nur Sortiments-, sondern auch Preisempfehlungen, die nur gegenüber den Mitgliedern der eG als unverbindlich bezeichnet werden müssen. Mit Wegfall des kartellrechtlichen Empfehlungsverbots durch die 7. Kartellrechtsnovelle ist die Notwendigkeit für diese Ausnahmeregelung ebenso wie für die unverbindliche Preisempfehlung für Markenwaren (§ 23 [alt] GWB) entfallen. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass Preisempfehlungen nun unzulässig wären. Solange die Empfehlung auf unverbindlicher Basis erfolgt, ist diese im Vertikalverhältnis und damit auch zwischen eG und Mitglied möglich und rechtlich zulässig. Der Gesetzgeber hat in der sechsten Kartellrechtsnovelle klargestellt, dass eine Freistellung für Vermarktungsaktivitäten nicht in Frage kommt.133 Das BKartA hatte vorher festgestellt, durch Vermarktungsaktivitäten würde die Position der Mitglieder gegenüber Wettbewerbern gestärkt.134 Die Vermarktungsaktivitäten müssen dem Nachteilsausgleich dienen. Ob Kooperationen auch Systemkopf von Franchisesystemen sein können, ist seit der Verlautbarung des BKartA für nationales Recht nicht mehr streitig.135 Gemeinsame Vermarktungsvereinbarungen sind nach der Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen (GVO vertikal) und den entsprechenden Leitlinien zu beurteilen. Kooperationen selbständiger, mittelständischer Unternehmer fallen unter die GVO vertikal, Art. 2 Abs. 2. AEUV, sofern es sich um Händler handelt die nicht mehr als € 50 Mio. Jahresumsatz erzielen. Die GVO greift mit diesem Kriterium fälschlicherweise auf Überlegungen zurück, die nur für die Beurteilung horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen relevant sind.136 Die Leitlinien relativieren diese Grenze jedoch wieder, indem Überschreitungen einzelner unschädlich sind, wenn der Marktanteil aller Mitglieder 15% nicht überschreitet.137 Der Anbieter, die eG, darf ihren Abnehmern für dessen Verkaufspreise unverbindliche Empfehlungen geben (Art. 4a GVO vertikal), sofern sich diese Empfehlungen nicht infolge Druckausübung oder Gewährung von Anreizen de facto wie Fest- oder Mindestpreise auswirken.138 Darüber hinaus darf der Anbieter seine Abnehmer gem. Art. 4a 2. Halbs. GVO vertikal auch verpflichten, beim Weiterverkauf einen Höchstpreis nicht zu überschreiten. Strittig ist die Frage der Preisbindung bei gemeinsamen Vermarktungsaktivitäten insbesondere in vertikalen, franchiseähnlichen Systemen. Gemeinsame Werbemaßnahmen mit Preisbindungen sind notwendig, um den Gruppenauftritt der Anschlusshäuser in gemeinsamen Werbeaktivitäten sicherzustellen. Da diese Maßnahme geeignet und erforderlich ist, um im Wettbewerb zu filialisierenden Großunternehmen und in einem von zunehmender Bedeutung des Preiswettbewerbs gekennzeichneten Markt selbstständige Existenzen und damit nachhaltig Wettbewerber auf der Angebotsseite zu erhalten, dürfte auch der Gesichtspunkt der Effizienzsteigerung zu bejahen sein.139 In der Überarbeitung der Leitlinien vertikal hat die Kommission erstmals diesen Gedanken übernommen so, dass Preisbindung, obwohl als Hardcore-Kartell
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132 Rintelmann DB 1973, 1932. 133 BT-Drs. 13/7900, S. 32. 134 Tätigkeitsbericht des BKartA 1995/96, BT-Drs. 13/7900, S. 43. 135 Tätigkeitsbericht des BKartA 1995/96 BT-Drs. 13/7900, S. 44, zur Problematik vgl. Schulte § 5c, Die Freistellung der Kooperationen, WRP 1990. 136 Zur Kritik an dieser Einschränkung: Schulte/Geiger EuZW 2000, 396. 137 Leitl. Vertikal Rdn. 29. 138 Langen/Bunte Art. 81 Rdn. 542. 139 Schulte Preisbindung in Verbundgruppen, WRP 2005, 1500 ff.
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eingestuft, im Einzelfall Effizienzgewinne ermöglichen und so unter die Legalausnahme fallen können. Dies sei bei Produkteinführungen denkbar. Feste Weiterverkaufspreise können auch in einen (franchiseähnlichen) Vertriebssytem z.B. einer Verbundgruppe während befristeter Sonderangebotskampagnen erforderlich sein. Die durch die Preisbindung eventuell gewonnene Marge kann zu Beratungs- und Serviceleistungen durch die Händler eingesetzt werden.140 Daraus resultiert ein Verbrauchernutzen vergleichbar mit den ansonsten von der Kommission angeführten Preisvorteilen. Die Beweislast für den Verbrauchervorteil im Sinne von Art. 101 Abs. 3 obliegt der Verbundgruppe. Informationsaustausch innerhalb einer eG kann eine abgestimmte Verhaltensweise darstellen, wenn er die strategische Ungewissheit auf dem Markt verringert, und die ausgetauschten Daten strategisch relevant sind.141 Der Informationsaustausch kann den Wettbewerb beschränken, wenn er die Transparenz des Marktes erhöht, seine Komplexität reduziert, Instabilitäten auffängt und Asymmetrien ausgleicht.142 Da die Mitglieder einer eG in der Regel auf der Vermarktungsseite nicht im Wettbewerb miteinander stehen, und der Informationsaustausch für die kartellrechtlich zulässigen Tätigkeiten, z.B. den gemeinsamen Einkauf unerlässlich sind, dürfte er in der Regel gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV legitimiert sein.143 Nach Art. 4a GVO vertikal sind Meistbegünstigungsklauseln im Gegensatz zu § 14 21 (alt) GWB zulässig. Der BGH hatte seinerzeit noch auf der Basis der alten nationalen Gesetzgebung leistungsbezogene Meistbegünstigungsklausel der eG für rechtswidrig gehalten, selbst wenn von ihnen nur eine wirtschaftliche Bindung ausgeht.144 Von der grundsätzlichen Diskussion der kartellrechtlichen Einordnung der eG sind 22 nachfolgende Einzelfragen zu unterscheiden: Von besonderer Bedeutung ist die Frage der Entscheidungsfreiheit der eG bei der Aufnahme oder beim Ausschluss von Mitgliedern. Während das Genossenschaftsgesetz für die Entscheidungsfreiheit bei der Aufnahme von Mitgliedern keine Beschränkungen vorsieht (§ 15), kann unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten § 1 GWB berührt sein, wenn die Nichtaufnahme oder der Ausschluss der Beschränkung des Wettbewerbs der Mitglieder dient. Nach § 20 Abs. 1 GWB dürfen marktbeherrschende Unternehmen, soweit von ihnen Anbieter oder Nachfrager nach einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen, andere Unternehmen, die die Aufnahme begehren, nicht unbillig behindern oder ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandeln. Ein schuldhafter Verstoß gegen diese Vorschrift kann gem. § 35 GWB Ansprüche auf Schadensersatz oder Unterlassung zur Folge haben.145 Zulässig ist grundsätzlich eine Satzungsbestimmung, die die Beteiligung eines Mitglieds an einem Konkurrenzunternehmen oder dem Betrieb eines eigenen, zur eG in Wettbewerb stehenden Geschäfts als Ausschließungsgrund festsetzt (Verbot der Doppelmitgliedschaft).146 Selbst wenn eine eG eine marktbeherrschende Stellung innehat, folgt hieraus nicht zwangsnotwendig ein Aufnahmezwang. Es kann durchaus ausreichen, wenn das potenzielle Mitglied die genossenschaftlichen Einrichtungen in Anspruch nehmen kann,
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140 Leitl. Vertikal Rdn. 225. 141 Leitl. Horizontal Rdn. 61. 142 Leitl. Horizontal Rdn. 77. 143 Vgl. Leitl. Horizontal Rdn. 101 ff. 144 BGH WUW 1787. 145 Einzelheiten zur Frage des Aufnahmezwanges bei Beuthien/Götz Gesellschaftliche Aufnahmefreiheit und wettbewerbsrechtliches Diskriminierungsverbot, ZfgG 1978, 375 ff. 146 BGHZ 27, 297, 304.
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um die Diskriminierung auszugleichen.147 Eine besondere Rechtsprechung hat sich hinsichtlich der Mitgliedschaft in Taxi-Genossenschaften ergeben, da Taxi-Genossenschaften sehr oft marktbeherrschend sind oder sogar Monopolstellungen innehaben. Eine relevante Marktmacht wird z.B. dann bejaht, wenn innerhalb des Wirkungskreises einer Taxi-Zentrale nur noch eine weitere Funkvermittlung besteht.148 Auch hier kommt es jedoch nur zu einem Anschlussrecht, nicht zu einem Recht auf Mitgliedschaft. Kartellrechtlich irrelevant ist in der Regel die Erhebung eines Eintrittsgeldes als Aufnahmevoraussetzung, da hierin ein Ausgleich der vorhandenen Investitionen und keine unbillige Behinderung gesehen wird.149 Ein Aufnahmeanspruch kann sich aus § 20 Abs. 5 GWB nur dann ergeben, wenn die eG – ausnahmsweise – den Charakter einer „Wirtschaftsoder Berufsvereinigung“ hat. Dies ist nur dann der Fall, wenn die eG neben den wirtschaftlichen Leistungen als Förderbetrieb für die Mitglieder auch die gemeinsamen Interessen der Mitglieder nach außen wahrnimmt und die Mitglieder entsprechend berät.150 In Anbetracht der großen rechts- und verfassungspolitischen Bedeutung der Aufnahmefreiheit in Vereinigungen sind an die Voraussetzungen für eine Aufnahmepflicht strenge Maßstäbe anzulegen. Entscheidend ist letztlich, ob die Aufnahme in die eG das einzige Mittel ist, die Diskriminierung zu beseitigen. Der Antragsteller muss von sich aus jede andere Möglichkeit ergreifen, um die Wettbewerbsnachteile der Nichtmitgliedschaft auszugleichen. Soweit die Dienste oder Lieferungen einer eG unter zumutbaren Bedingungen auch als Nichtmitglied in Anspruch genommen werden können, scheidet eine Aufnahmepflicht ohnehin aus.151 Die eG hat gemäß § 68 GenG und im Rahmen der jeweiligen Satzung das Recht, Mitglieder aus bestimmten Gründen auszuschließen. Auch dieses Recht der eG findet seine Grenze in den Bestimmungen des GWB. Dabei ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob der im Genossenschaftsgesetz und in der Satzung enthaltenen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsfreiheit oder den kartellrechtlichen Vorschriften Vorrang gebührt.152 Der Ausschluss eines Mitglieds wegen Konkurrenztätigkeit zur eG enthält grundsätzlich keine verbotene Wettbewerbsbeschränkung.153 Der im Gesetz bis zur Novelle 2006 enthaltene Ausschlussgrund einer Doppelmit23 gliedschaft (§ 68 Abs. 1 GenG) dürfte kartellrechtlich kaum relevant geworden sein; die Doppelmitgliedschaft ist im Allgemeinen ein Beweis dafür, dass das betreffende Mitglied nicht auf die Mitgliedschaft gerade bei dieser einen eG angewiesen ist. Doppelmitgliedschaften können allerdings in der Satzung nicht grundsätzlich untersagt werden. Doppelmitgliedschaften in Unternehmen, die im Wesentlichen den gleichen Geschäftsgegenstand verfolgen, sind jedoch verbotsfähig. Das BKartA beanstandet das Verbot der Doppelmitgliedschaft nur, soweit dadurch die Bezugsmöglichkeit bei anderen Lieferanten wesentlich eingeschränkt wird.154 Verstöße gegen das Verbot von Doppelmitgliedschaften in konkurrierenden Unternehmen können mit dem Ausschluss aus der eG sanktioniert werden. Das Verbot der Doppelmitgliedschaft bei einem konkurrierenden Unternehmen kann zwar im Einzelfall eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.v. § 1 GWB darstellen, die
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147 148 149 150 151 152 153 154
So für eine Molkereigenossenschaft BGHZ 33, 259; gleich NJW 61, 172. OLG Frankfurt, DB 1985, 1286, BGH, ZfgG 1978, 433 ff. m. Anm. Beuthien DB 1978, 151. OLG Bamberg DB 1982, 272 m. Anm. Ehlenz. BGH Urt. v. 1.10.1985, Az. KVR 2/84. Immenga/Mestmäker GWB § 26 Rdn. 233 m.w.N. Sandrock S. 60 ff., 76, 77. BGHZ 27, 297, 304. Tätigkeitsbericht des BKartA 1978, BT-Drs. 8/2980, 9.
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Regelung ist aber gerechtfertigt, wenn dadurch z.B. dem Missbrauch des Vermittlungsnetzes einer Taxi-Funk-Zentrale begegnet werden soll.155 Umstritten sind satzungsmäßige Ausschlussgründe, die auf „Platzschutzklauseln“ 24 beruhen. Hintergrund solcher Klauseln ist das Interesse der Genossenschaftsmitglieder, dass in ihrem geschäftlichen Einzugsbereich nicht künftig zusätzliche Wettbewerber durch die eG gefördert werden. Ein solcher Platzschutz kann gegen Vorschriften des GWB verstoßen; ob dies der Fall ist, bedarf jedoch der Prüfung in jedem Einzelfall.156 Das OLG München hat mit einer Entscheidung vom 21.3.1974157 den Ausschluss eines Mitglieds aus einer Einkaufsgenossenschaft für unwirksam erklärt. Der Ausschluss wurde darauf gestützt, dass dieses Mitglied – entgegen der Satzung – ohne Zustimmung der eG im Einzugsbereich anderer Mitglieder eine neue Filiale eröffnet hat. Die Entscheidung stützte sich auf § 20 Abs. 2 Satz 2 GWB, weil dieses Mitglied auf die Belieferung durch die eG angewiesen sei. Nach Meinung dieses Gerichts enthalte eine solche Gebietsschutzklausel eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des GWB.158 Die durch die zweite Kartellrechtsnovelle 1973 eingefügte Vorschrift des Rationali- 25 sierungskartells will für kleine und mittlere Unternehmen Kooperationserleichterungen bringen. Das Kartellverbot nach § 1 GWB gilt danach nicht für Verträge und Beschlüsse, die eine Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge im Rahmen zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit zum Gegenstand haben, wenn dadurch der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt wird und der Vertrag oder der Beschluss dazu dient, die Leistungsfähigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen zu fördern. Wegen der in der Regel nur regionalen Bedeutung zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit ist diese zuletzt als eine Form des Mittelstandskartells in § 4 Abs. 1 (alt) GWB geregelte Ausnahme in der 7. Kartellrechtsnovelle als § 3 GWB beibehalten worden. In Anlehnung an die neue Systematik entfällt die Anmeldeverpflichtung. 5. Unternehmen, die vom Kartellverbot freigestellt sind. Das GWB enthält für ei- 26 nige Wirtschaftsbereiche Freistellungen vom Kartellverbot und anderen Vorschriften des GWB. Diese Freistellungen sind nicht an bestimmte Rechtsformen gebunden, sondern berücksichtigen beispielsweise bei der Landwirtschaft strukturell bedingte Verhältnisse (§ 28 GWB). Die Freistellung gemäß § 28 GWB schließt auch die Tätigkeit bestimmter landwirt- 27 schaftlicher eG ein. Diese Ausnahmeregelung im Interesse der Landwirtschaft ist dadurch begründet, das vorgegebene Abhängigkeiten (Klima, Boden, überkommene Betriebsstrukturen usw.) zu einer Marktunterlegenheit der landwirtschaftlichen Produzenten führen, die nur durch Kooperation und Zusammenschlüsse ausgeglichen werden können. Die Anpassung der Landwirtschaft soll nicht durch das Kartellverbot (§ 1 GWB) behindert werden. Ergänzende Regelungen für die „Erzeugergemeinschaften und Vereinigungen“ enthält das Marktstrukturgesetz. Aufgrund der heutzutage umfassenden europäischen Marktorganisationen hat das Marktstrukturgesetz weitgehend an Bedeutung verloren. Die Freistellung vom Kartellverbot gemäß § 28 GWB gilt für Erzeugerbetriebe, Verei- 28 nigungen von Erzeugerbetrieben und Vereinigungen solcher Erzeugervereinigungen, soweit diese ohne Preisbindung die Erzeugung oder den Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder die Benutzung gemeinschaftlicher Einrichtungen für die Lagerung,
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OLG Frankfurt DB 1983, 219. Homrighausen, S. 79. Neuform-Fall, BB 1974, 807 = ZfgG 1976, 74. Krit. zur Begründung, Sandrock S. 78 ff.
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Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse betreffen. Nur Verträge, die von gem. § 28 Abs. 1 GWB privilegierten Partnern abgeschlossen sind, können in den Bereich dieser Ausnahmebestimmung fallen. Eine in der Satzung eines Molkereiverbands festgelegte Andienungspflicht für Butter unterliegt jedenfalls insoweit § 1 GWB, als es auch für angeschlossene, nicht genossenschaftliche Molkereien, die nicht landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe sind, eine genossenschaftliche Andienungspflicht vorsieht.159 Landwirtschaftliche Erzeugnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Erzeugnisse der Landwirtschaft, des Gemüse-, Obst-, Garten-, und Weinbaues, der Imkerei oder Fischerei und Be- oder Verarbeitungsprodukte hiervon; § 28 GWB verweist auf die Definition in Anhang I des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV).160 „Erzeugerbetriebe“ sind Betriebe, die die genannten landwirtschaftlichen Erzeugnisse herstellen. Privatmolkereien, die nicht von Erzeugern landwirtschaftlicher Produkte getragen werden, sind keine Erzeugerbetriebe im Sinne von § 28 GWB.161 Die Freistellung vom Kartellverbot des § 1 GWB gilt nur unter den Voraussetzungen, 29 dass die zulässige Beschränkung des Wettbewerbs keine Preisbindung beinhaltet und dass der Wettbewerb nicht ganz ausgeschlossen ist (§ 28 Abs. 1 GWB). Hinsichtlich der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte können durch gesellschaftsrechtliche Beschlüsse (Satzung) oder Einzelvereinbarungen rechtlich wirksame Bindungen begründet werden, wie z.B. die Begrenzung der Anbaufläche oder die Begrenzung der Produktion. Die Beschlüsse oder Vereinbarungen können zulässigerweise Absatzbindungen festlegen, wonach die Mitglieder verpflichtet sind, ihre Produkte ganz oder zu bestimmten Teilen der eG anzubieten („Andienungspflicht“). Naturgemäß sind neben rechtlich bindenden Vereinbarungen auch Empfehlungen zugelassen. Die Freistellung vom Kartellverbot bezieht sich schließlich auch auf die durch Satzung oder Vertrag festgelegte Pflicht der Mitglieder, genossenschaftliche Einrichtungen für die Lagerung, Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu benutzen („Benutzungszwang“). Die Begründung liegt in der Notwendigkeit, dass bestimmte gemeinschaftliche Anlagen, wie z.B. Trocknungsanlagen, Mähdrescher usw. nur bei bestimmter Auslastung kostengünstig eingesetzt werden können. Nicht von der Freistellung erfasst ist dagegen der Einkauf landwirtschaftlichen Bedarfs, wie Landmaschinen, Geräte, Saatgut, Düngemittel usw. Die Freistellung bezieht sich nur auf die Absatzförderung vom Erzeuger zum Verbraucher. So können z.B. die Saatguterzeuger innerhalb einer Saatgutgenossenschaft den Absatz ihrer Erzeugnisse gemeinschaftlich regeln; die Mitglieder einer Absatzgenossenschaft können jedoch nicht verpflichtet werden, ihr Saatgut bei der eG zu erwerben. 30 Verträge und Beschlüsse von Vereinigungen von Erzeugervereinigungen (also Zentralen) im Rahmen von § 28 Abs. 1 GWB sind nach In-Kraft-Treten der 7. Kartellrechtsnovelle nicht mehr anzumelden; dies entspricht dem vorrangigen europäischen Verfahrensrecht seit der VO 1/2003. Die Unternehmen müssen damit selbst einschätzen, ob sie die Ausnahme von § 28 GWB erfüllen. § 28 Abs. 2 GWB schloss die Anwendung von § 14 (alt) GWB (Verbot vertikaler 31 Bindungen) aus, soweit Verträge über landwirtschaftliche Erzeugnisse die Sortierung, Kennzeichnung oder Verpackung betreffen. Die Regelungen über vertikale Vereinbarung entfallen durch die 7. Kartellrechtsnovelle, diese Sachverhalte sind mit dem Instrumentarium der §§ 1 und 2 GWB zu lösen bzw. fallen unter die Ausnahme des § 28 GWB, der
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BGH ZfgG 1983, 147 m. Anm. Köhler. ABl. C 306/1 v. 17.12.2007. BGH ZfgG 1983, 146.
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IV. Genossenschaft und kollektives Arbeitsrecht | Einf
wiederum europäischem Kartellrecht entspricht. Das in § 14 GWB enthaltene Verbot der Preisbindung galt im Übrigen auch für den landwirtschaftlichen Bereich. Sofern es unter das Kartellverbot fällt, kann es theoretisch gem. § 2 GWB legalisiert werden. Die Freistellung gem. § 28 Abs. 2 GWB deckt nur vertikale Preisbindungen, die die Sortierung, Kennzeichnung oder Verpackung landwirtschaftlicher Erzeugnisse betreffen. Im Rahmen der Grundsätze des § 28 GWB enthält das Gesetz zur Anpassung der 32 landwirtschaftlichen Erzeugung an die Erfordernisse des Marktes in der Neufassung vom 26.9.1990 – Marktstrukturgesetz162 – besondere Regelungen. Es verfolgt das Ziel, das landwirtschaftliche Angebot zusammenzufassen, landwirtschaftliche Produkte besserer Qualität zu erzeugen und zu einer kontinuierlichen Belieferung des Marktes beizutragen. Dieses Ziel soll erreicht werden durch Errichtung von „Erzeugergemeinschaften“, die der staatlichen Anerkennung bedürfen, sowie durch die Begünstigung der Zusammenarbeit landwirtschaftlicher Erzeuger durch finanzielle Beihilfen (als Startbeihilfen oder Investitionsbeihilfen, §§ 5, 6 MarktStrG) und durch wettbewerbsrechtliche Sonderstellung (§ 11 MarktStrG, als Ergänzung zu § 28 GWB). Gemäß § 11 MarktStrG findet das Kartellverbot von § 1 GWB keine Anwendung auf Beschlüsse einer anerkannten Erzeugergemeinschaft hinsichtlich ihrer Erzeugnisse. Die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen finden nur für einen bestimmten Produktbereich, geregelt in der Anlage zum MarktStrG landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Anwendung; § 1 Abs. 2 MarktStrG ermächtigt den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die Anlage zu ergänzen. Die staatliche Anerkennung ist Voraussetzung für die im Gesetz vorgesehene Förderung von Erzeugergemeinschaften. Anerkennungsvoraussetzungen sind insbesondere (§ 3 MarktStrG): – Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts – Beitragspflicht der Mitglieder – Satzungsregelungen über eine abgegrenzte Tätigkeit der Erzeugergemeinschaft – Beschränkung auf ein Erzeugnis oder eine Gruppe verwandter Erzeugnisse – Verpflichtung der Mitglieder, bestimmte Erzeugungs- und Qualitätsregeln einzuhalten – Qualitätskontrollen – Anlieferungspflichten – Vertragsstrafen – bestimmte zusätzliche Satzungsregelungen für eG und rechtsfähige Vereine (§ 3 Abs. 1 Ziff. 4 MarktStrG). Eine anerkannte Vereinigung von Erzeugergemeinschaften darf ihre Mitglieder bei 33 der Preisbildung beraten und gegenüber ihren Mitgliedern Preisempfehlungen aussprechen (§ 11 Abs. 2 MarktStrG). Im Übrigen bleibt das GWB anwendbar. IV. Genossenschaft und kollektives Arbeitsrecht IV. Genossenschaft und kollektives Arbeitsrecht 1. Allgemeines. Die zutreffende Unterscheidung zwischen dem allgemeinen, über- 34 positiven Genossenschaftsbegriff und der durch das Gesetz geregelten Unternehmensform bedingt eine differenzierende Einordnung des Mitarbeiters in die eG und den ge-
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162 BGBl. I S. 2134 ff.; zuletzt geändert durch Art. 5 Satz 2 G. zur Änd. agrarmarktrechtlicher Bestimmungen vom 20.4.2013 (BGBl. I S. 917).
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nossenschaftlichen Betrieb. Zunächst richtet sich das Verhältnis zwischen Mitarbeiter und eG nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen; andererseits ist der Mitarbeiter ebenfalls an den unternehmerischen Förderzweck gebunden; er ist rechtlich – auf der Grundlage des Dienstvertrags – verpflichtet, zur Erfüllung des Förderzwecks beizutragen. Die Erfüllung des gesetzlichen Grundauftrags wird erleichtert, wenn zwischen den Interessen der Mitarbeiter und des Förderbetriebs möglichst weitgehende Übereinstimmung besteht.163 Als Idealtyp der Interessenübereinstimmung zwischen Mitarbeiter und Förderbetrieb enthielt das GenG bis zur Novelle 2006 in einer Aufzählung der Genossenschaftstypen u.a. auch die „Produktivgenossenschaft“.164 Mit der Novelle 2006 entschloss sich der Gesetzgeber die schon bis dahin nicht vollständige Aufzählung durch eine allgemeine Definition in § 1 Abs. 1 zu ersetzen; diese umfasst auch heute noch die Produktivgenossenschaften.165 Produktivgenossenschaften (auch Arbeitergenossenschaften genannt) sind in Deutschland166 weder heute, noch waren sie es in der Vergangenheit eine Wirtschaftsform mit großer Massenausstrahlung oder wirtschaftlicher Bedeutung; in den neuen Bundesländern allerdings auch heute noch wahrnehmbar.167 Die Frage der Mitgliedschaft von Mitarbeitern in der Genossenschaft ist in den verschiedenen Sparten nicht einheitlich zu beantworten. Grundsätzlich schließt das geltende Recht die Möglichkeit dieser Mitgliedschaft ein; sie dürfte im Allgemeinen ein Mittel sein, die Motivation der Mitarbeiter im Hinblick auf den genossenschaftlichen Grundauftrag zu fördern.168 2. Betriebsverfassungsgesetz 1972. Neben diesen Besonderheiten gilt grundsätzlich auch für die eG das gesetzlich geregelte Recht der Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Diese Arbeitnehmermitbestimmung vollzieht sich zunächst im Betrieb auf der Grund36 lage des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) vom 15.1.1972 i.d.F vom 25.9.2001.169 Nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat das betriebsverfassungsrechtliche Organ, durch welches die Mitarbeiter ihre betrieblichen Mitwirkungsrechte verwirklichen können. Ein Konflikt zwischen dem Förderzweck des genossenschaftlichen Unternehmens und der Zielsetzung und Ausgestaltung des Betriebsverfassungsgesetzes besteht grundsätzlich nicht. Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten berühren nicht die genossenschaftliche Zielverwirklichung des Unternehmens. Das Betriebsverfassungsgesetz ist vielmehr geeignet, im Sinne eines „Kooperationsmodells“170 einen optimalen Betriebserfolg zu gewährleisten. Das Gesetz verpflichtet auch die eG als Arbeitgeber, den Betriebsrat in bestimmten Fragen zu informieren und sich mit ihm zu beraten. In einigen konkreten Fällen hat der Betriebsrat ein 35
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163 Vgl. Henzler Mitbestimmung, S. 186; Müller GenG § 53 Rdn. 7; Metz ZfgG 1976, 345 ff.; für Entwicklungsländer Sonnenhoff ZfgG 1974, 145 ff.; Blomeyer Die Genossenschaft als mitbestimmtes Unternehmen, ZfgG 1976, 33; Niessler Arbeitnehmermitbestimmung und Mitgliederförderung in Genossenschaften, Marburger Schriften zum Genossenschaftswesen, Reihe A Bd. 48. 164 § 1 Abs. 1 Ziff. 4 GenG a.F. entfallen mit der Neufassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006, BGBl. I S. 2230. 165 S. § 1 Rdn. 41 ff. 166 Anders in vielen europäischen Ländern, wie z.B. England, Spanien oder Italien. 167 Vgl. den Überblick bei Kramer, Produktivgenossenschaften – Utopische Idee oder realistische Perspektive, Wismarer Diskussionspapiere, Heft 12/2008, S. 1 ff., insb. Fazit S. 23; vgl. § 1 Rdn. 49, Fn. 87 m.w.N. 168 Vgl. Dülfer ZfgG 1976, 315. 169 BGBl. I S. 2518, zuletzt geändert durch G. v. 20.4.2013, BGBl. I S. 868. 170 Winter Das Betriebsverfassungsgesetz, 13.
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echtes Mitbestimmungsrecht mit der Folge, dass der Arbeitgeber ohne Einigung mit dem Betriebsrat nicht wirksam entscheiden kann. Für die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gelten die Grundsätze von § 74 BetrVG: Bei strittigen Fragen ist mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln; Maßnahmen des Arbeitskampfes sind unzulässig. § 80 BetrVG umschreibt die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats: Er hat über die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze usw. zu wachen, Maßnahmen, die Betrieb und Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen usw. Zu diesem Zweck ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten (§ 80 Abs. 2 BetrVG). Mitbestimmungsrechte sind allgemein in § 87 Abs. 1 BetrVG geregelt: Fragen der Ordnung des Betriebes, der Arbeitszeit, der allgemeinen Urlaubsgrundsätze, der Sozialeinrichtung usw. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle (§ 87 Abs. 2 BetrVG), die gemäß § 76 BetrVG bei Bedarf zu bilden ist. Die §§ 92 ff. BetrVG regeln die Mitwirkung des Betriebsrats bei der Personalplanung, der Beschäftigungssicherung, der innerbetrieblichen Ausschreibung von Stellen und bei der Gestaltung von Personalfragebögen und Auswahlrichtlinien; die §§ 96 ff. BetrVG die Mitwirkung bei Berufsbildungsmaßnahmen. §§ 99 ff. BetrVG regeln die Mitbestimmung und Mitwirkung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen (insbesondere Einstellungen, Eingruppierungen, Versetzungen, Kündigungen). Vor jeder Kündigung ist der Betriebsrat zu hören; er kann der Kündigung widersprechen, so dass bei Klage des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz auf entsprechendes Verlangen des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts weiter besteht (§ 102 Abs. 5 BetrVG). Regelungen über die Unterrichtung und Mitwirkung des Betriebsrats bei Betriebsänderungen enthalten die §§ 111 ff. BetrVG. 3. Betriebsverfassungsgesetz 1952 (§§ 76 bis 87 BetrVG 1952). Das Betriebsver- 37 fassungsgesetzes 1952 wurde größtenteils mit Ablauf des 18.1.1972 durch das aktuelle Betriebsverfassungsgesetz171 außer Kraft gesetzt. Die §§ 76 bis 77a, 81, 85 und 87 BetrVG 1952 galten bis zum 30.6.2004 und wurden durch das DrittelbeteiligungsG172 abgelöst (vgl. die nachfolgende Rdn.) 4. Drittelbeteiligungsgesetz. Seit dem 1.7.2004 hat das DrittelbeteiligungsG die 38 wenigen noch geltenden Vorschriften des BetrVG 1952 abgelöst. Im Wesentlichen ist durch das neue Gesetz keine Rechtsänderung eingetreten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5 DrittelbG). Jedoch sollen nach § 4 Abs. 4 DrittelbeteiligungsG – anders als nach altem Recht – unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer Frauen und Männer entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Unternehmen vertreten sein. Ferner ist die Sitzungsfolge dahingehend geändert worden, dass nunmehr zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr durchgeführt werden müssen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 a.E. DrittelbG); vorher kalendervierteljährliche Einberufung. 5. Mitbestimmungsgesetz 1976. Das Mitbestimmungsgesetz 1976173 gilt u.a. auch 39 für die eG, soweit sie mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Aufsichtsrat dieser
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BGBl. I S. 2518, zuletzt geändert durch G. v. 20.4.2013, BGBl. I. S. 868. BGBl. I S. 974, zuletzt geändert durch G. v. 24.4.2015, BGBl. I S. 642. BGBl. I S. 1153, zuletzt geändert durch G. v. 24.4.2015, BGBl. I S. 642.
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Unternehmen besteht aus der gleichen Zahl von Vertretern der Mitglieder als Anteilseigner und Vertretern der Arbeitnehmer, wobei das Gesetz für bestimmte Größenordnungen eine bestimmte Anzahl von Aufsichtsratsmitgliedern vorschreibt (§ 7 MitbestG). Von den Arbeitnehmervertretern muss einer aus der Gruppe der Arbeiter und mindestens zwei aus der Gruppe der Angestellten (darunter ein leitender Angestellter) sein. Eine bestimmte Zahl von Sitzen entfällt auf Vertreter der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften. Um trotz dieser paritätischen Besetzung des Aufsichtsrats die Entscheidungsfähigkeit zu gewährleisten, gibt das Gesetz dem Vorsitzenden in der Pattsituation im 2. Abstimmungsvorgang ein doppeltes Stimmrecht (§ 29 Abs. 2 MitbestG). § 33 MitbestG schreibt vor, dass dem gesetzlichen Vertretungsorgan (Vorstand) ein „Arbeitsdirektor“ als gleichberechtigtes Mitglied angehören muss. Auf ihn ist bei eG § 9 Abs. 2 GenG nicht anzuwenden, d.h. er muss nicht Mitglied der eG sein (§ 33 Abs. 3 MitbestG). Die Arbeitnehmermitbestimmung in genossenschaftlichen Unternehmen führt zu der grundsätzlichen Frage, ob und inwieweit sich eine solche Mitbestimmung mit dem gesetzlichen Förderauftrag gegenüber den Mitgliedern im Einklang befindet. Grundsätzlich unproblematisch dürfte die betriebsorientierte Mitbestimmung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sein. Der Förderzweck und der genossenschaftliche Grundsatz der Selbstverwaltung sollte es aber ausschließen, dass Außenstehende in unternehmerische Entscheidungsprozesse des genossenschaftlichen Unternehmens eingreifen können. Aus diesem Grunde werden Bedenken dagegen geäußert, dass die gesetzliche Regelung des Mitbestimmungsgesetzes 1976 uneingeschränkt auch auf eG Anwendung finden soll.174 39a
6. Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen an Führungspositionen 2015. Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, auch als Gesetz zur „Frauenquote“ bekannt geworden, ist zum 1.5.2015 in Kraft getreten und gilt u.a. auch für die eG.175 Art. 17 bzw. 18 dieses Gesetzes ändern Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes (§ 9 Abs. 3 und 4, Übergangsvorschrift in § 168 bzw. des SCEAG: § 15 Abs. 2 und 19 Abs. 2). V. Die Besteuerung der Genossenschaften V. Die Besteuerung der Genossenschaften
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1. Allgemeines. Die eG ist Steuersubjekt sowohl der Körperschaftsteuer (KSt) (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG) als auch der Gewerbesteuer (GewSt) (§ 2 Abs. 2 S. 1 GewStG). Da eG und ihre Mitglieder verschiedene Steuersubjekte darstellen, sind z.B. Verluste nicht – wie bei Personenhandelsgesellschaften – unmittelbar den Mitgliedern zurechenbar. Demgegenüber werden Verträge zwischen der eG und ihren Mitgliedern steuerrechtlich anerkannt, während das Einkommensteuerrecht schuldrechtliche Beziehungen zwischen Personenhandelsgesellschaften und ihren Gesellschaftern weitgehend nicht anerkennt. Die Behandlung der eG als eigenes Steuerrechtssubjekt ist zwar gerechtfertigt; die Gleichstellung mit den anderen juristischen Personen, so z.B. mit den Kapitalgesellschaften, darf allerdings nicht uneingeschränkt vorgenommen werden. Die tatsächliche Erscheinungsform einer eG ist derjenigen einer Kapitalgesellschaft nicht schlechthin
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174 Zur Frage „Arbeitnehmermitbestimmung in Genossenschaften“, Beuthien ZfgG 1976, 220 ff.; zu „gesamtwirtschaftlichen Aspekten“ Hamm ZfgG 1976, 337 ff.; aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Dülfer ZfgG 1976, 302 ff.; aus der Sicht der genossenschaftlichen Praxis, Metz ZfgG 1976, 345 ff.; allgemein zur Frage der „Genossenschaft als mitbestimmtes Unternehmen“, Blomeyer ZfgG 1976, 33 ff. 175 BGBl. I S. 642; siehe hierzu die ausführlichen Erläuterungen zu § 9 Rdn. 19a.
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V. Die Besteuerung der Genossenschaften | Einf
vergleichbar. Angesichts der Besonderheiten der eG (so z.B. Festlegung des Unternehmenszwecks auf die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder und Verfolgung dieses Förderungszwecks mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs) hat der Steuergesetzgeber aus Gründen der Steuergerechtigkeit für die eG in einigen Bereichen Sonderbestimmungen getroffen (so z.B. § 22 KStG). Soweit mithin die unterschiedlichen Rechtsformen unterschiedliche wirtschaftliche Wirkungen auslösen, muss das Steuerrecht diesen unterschiedlichen Wirkungen Rechnung tragen; anderenfalls würde es nicht Gleiches, sondern Ungleiches gleich behandeln. 2. Steuerpflichtige Genossenschaften a) Körperschaftsteuer. Steuerpflichtige Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften 41 i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG, die nicht zu den steuerbefreiten Körperschaften i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 10 oder 14 KStG gehören (bzw. die wegen steuerschädlicher Betätigung die Steuerfreiheit verlieren) wie z.B. Einkaufs-, Kredit-, Waren-, Wohnungs- und Verbrauchergenossenschaften sind unbeschränkt steuerpflichtig; die Tarif-Körperschaftsteuer beträgt nach § 23 Abs. 1 KStG 15 v.H. b) Gewerbesteuer. Soweit Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nicht gem. § 3 Nr. 8, 14 oder 15 GewStG steuerbefreit sind, unterliegen sie auch der Gewerbesteuer. Grundlage für die Berechnung der Gewerbesteuer bildet der Gewerbeertrag (§§ 7–10a GewStG). Auf diesen wird eine Steuermesszahl (derzeit 3,5%) angewandt (§ 11 GewStG) und so die Höhe des Steuermessbetrags ermittelt. Das Betriebsstättenfinanzamt erlässt den Gewerbesteuermessbescheid gem. § 184 Abs. 1 AO. Soweit mehrere Betriebsstätten unterhalten werden oder die Verlegung der Betriebsstätten innerhalb des Steuerjahres erfolgt, erstellt das Betriebsstättenfinanzamt Zerlegungsbescheide gemäß § 188 AO. Das Betriebsstättenfinanzamt teilt der Gemeinde die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 Abs. 3 AO mit. Die Gemeinden wenden auf den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag ihren jeweiligen v.H.-Satz (Hebesatz) an, der aufgrund ihres Finanzbedarfs durch die Haushaltssatzung vorher bestimmt worden ist. Über die so erfolgte Steuerfestsetzung erhält der Steuerschuldner (§ 5 GewStG) von der Gemeinde den Gewerbesteuerbescheid als Folgebescheid zum Grundlagenbescheid, dem Gewerbesteuermessbescheid. Daneben gibt die Gemeinde dem Steuerpflichtigen auch den vom Finanzamt erstellten Grundlagenbescheid bekannt. c) Umsatzsteuer. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind im umsatzsteuerrechtlichen Sinne Unternehmer, die eine gewerbliche Tätigkeit selbständig ausüben. Der Umsatzsteuer unterliegen demnach Lieferungen, sonstige Leistungen, der innergemeinschaftliche Erwerb sowie die Einfuhr. 3. Sonderregelungen für bestimmte land- und forstwirtschaftliche Genossen- 42 schaften. Land- und forstwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften, Dienstleistungs- und Beratungsgenossenschaften sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Körperschaftsteuer (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG) und Gewerbesteuer (vgl. § 3 Nr. 8 GewStG sowie § 3 Nr. 14a GewStG betr. landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) befreit. a) Geschäftsarten. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die eG ihren Geschäftsbetrieb auf Zweckgeschäfte ausschließlich mit ihren Mitgliedern beschränkt 41
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und dass sie – von steuerunschädlichen Hilfsgeschäften abgesehen – keine steuerschädlichen Nebengeschäfte betreibt. Nebengeschäfte gehören nicht zu den Aufgaben der eG. Der sich aus Nebengeschäften ergebende Gewinn ist gem. § 22 Abs. 1 Satz 4 KStG bei der Ermittlung der genossenschaftlichen Rückvergütung von dem aus dem Mitgliedergeschäft ermittelten Gewinn abzuziehen.176 Darüber hinaus muss es sich im land- und forstwirtschaftlichen Bereich um Nutzungs-, Absatz-, (Verwertungs-)Dienst- oder Werkvertrags- oder um Beratungsgenossenschaften handeln. b) Nutzungsgenossenschaften. Sie stellen ihren Mitgliedern Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände zur gemeinschaftlichen Benutzung zur Verfügung, z.B. Maschinen- und Trocknungsgenossenschaften. c) Absatzgenossenschaften. Absatz- oder Verwertungsgenossenschaften verkaufen die Erzeugnisse ihrer Mitglieder nach vorheriger Be- oder Verarbeitung, z.B. Molkerei-, Obst- und Gemüsegenossenschaften, Winzergenossenschaften. d) Dienst- oder Werkvertragsgenossenschaften. Diese schließen Dienst- oder Werkverträge ab, um damit die Produktion von Erzeugnissen in den Betrieben der Mitglieder zu fördern, z.B. Betriebs-Hilfsdienste oder Mastgemeinschaften. e) Beratungsgenossenschaften. Diese Genossenschaften beraten ihre Mitglieder in Fragen der Produktion oder der Verwertung ihrer Erzeugnisse, z.B. Erzeugergemeinschaften, Schweinemastringe. Ländliche sowie gewerbliche Bezugsgenossenschaften (Einkaufsgenossenschaften) und Verbrauchergenossenschaften sowie andere Genossenschaftsarten können die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen. Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG und § 3 Nr. 8 GewStG im Einzelnen: Landwirtschaftliche Nutzungsgenossenschaften müssen ihren Geschäftsbetrieb auf die gemeinschaftliche Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände beschränken, dürfen also ihre Einrichtungen Nichtmitgliedern nicht zur Verfügung stellen. Maschinengenossenschaften überlassen ihren Mitgliedslandwirten Landmaschinen entgeltlich zur Benutzung. An die Einhaltung der Beschränkung des Geschäftsbetriebs der eG auf den Mitgliederkreis und auf eine Tätigkeit im Bereich der Land- und Forstwirtschaft werden von der Rechtsprechung und Finanzverwaltung strenge Anforderungen gestellt.177 So muss die steuerfreie eG z.B. eine laufende Mitgliederkontrolle durchführen und gegenüber dem Finanzamt versichern, dass sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt. f) Partielle Steuerpflicht. Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern und Nebengeschäfte führen grundsätzlich zur vollen Steuerpflicht der eG. Mitunter werden steuerfreie eG auch gezwungen, Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern abzuschließen; Trocknungsgenossenschaften müssen z.B. aufgrund behördlicher Anordnung in Jahren ungünstiger Witterung wegen des Feuchtigkeitsgehaltes der Feld-
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Vgl. auch BFH, Urt. v. 9.3.1988, BStBl. 1988 II, 592. Vgl. Abschnitte 20–24 KStR.
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VI. Umwandlungsrecht | Einf
früchte Trocknungsgeschäfte auch mit Nichtmitgliedern abschließen. Auch in diesen und ähnlich gelagerten Fällen geht die Steuerfreiheit nicht verloren, die Gewinne aus diesen Nichtmitgliedergeschäften sind aber partiell zu versteuern. g) Volle Steuerpflicht. Steuerfreie landwirtschaftliche eG dürfen sich nur in beschränktem Umfang an anderen steuerpflichtigen Unternehmen beteiligen. So darf bei einer Beteiligung an einer anderen eG oder an einer Kapitalgesellschaft das Stimmrecht 4% aller Stimmrechte und der Anteil an den Geschäftsguthaben oder am Nennkapital 10% nicht übersteigen. Entsprechendes gilt für die Beteiligung an einem steuerpflichtigen Verein. An anderen steuerpflichtigen Unternehmen, z.B. an einer Personengesellschaft, darf sich die eG auch nicht geringfügig beteiligen. Beteiligungen an einem steuerfreien Unternehmen sind in unbegrenzter Höhe zulässig. Wegen der steuerlichen Folgen beim Übergang von der Steuerfreiheit in die Steuerpflicht sei auf § 13 KStG verwiesen.178
– – – – – –
4. Hinweise zu einzelnen Steuerfragen. Wegen einzelner Steuerfragen vergleiche: § 1 Rdn. 64, 66 Sonderfragen für Wohnungsgenossenschaften, insbesondere Vermietungsgenossenschaften; § 7 Rdn. 22 (Eintrittsgelder), § 19 Rdn. 25 ff. (Abzugsfähigkeit genossenschaftlicher Rückvergütungen), § 43a Rdn. 67 (Frage verdeckter Gewinnausschüttungen bei Aufwendungsersatz an Mitglieder und Vertreter), § 62 Rdn. 9 a.E. (Aussageverweigerungsrecht im Steuerverfahrensrecht), § 91 Rdn. 17 ff. (Grundsätze der Besteuerung bei Liquidation). VI. Umwandlungsrecht VI. Umwandlungsrecht
Das UmwG vom 28.10.1994179 ist zum 1.1.1995 in Kraft getreten. Es ersetzte die bisher 43 so sowohl im GenG als auch in anderen Spezialgesetzen zu jeweils Teilaspekten der Thematik getroffenen Regelungen. Das Zivilrecht bietet für die Rechtsformänderung die Abspaltung von Vermögens-/Betriebsteilen oder für den Zusammenschluss zweier oder mehrerer Unternehmen die Neugründung und/oder Übertragung einzelner Vermögensrechte an. Im GenG war bisher die Fusion von eG und von genossenschaftlichen Prüfungsverbänden geregelt. Ähnliches galt für die anderen Gesellschaftsrechte. Teilaspekte regelte das alte UmwG. Das neue UmwG führte alle Regelungen, die sich mit der Gesamtrechtsnachfolge befassen, und den reziproken Akt, die Abspaltung, in einem Rahmengesetz zusammen. Das UmwG gilt damit für alle Gesellschaftsformen. Es ermöglicht die Umwandlung von allen Gesellschaftsrechtsformen einschließlich des eingetragenen Vereins in alle anderen. Es behandelt neben der reinen Umwandlung, also des Formwechsels, den Zusammenschluss, also die Verschmelzung in Form der Übertragung oder durch Abschmelzung auf ein neu gegründetes Unternehmen, wobei es ebenfalls auf die Rechtsform der beteiligten Unternehmen nicht ankommt, und es regelt die Spaltung. Das UmwG führt nicht nur zu einer Zusammenfassung der bisher in verschiedenen Gesetzen verstreuten und teilweise unsystematischen Regelungen, sondern ermöglicht auch eine Vielzahl von bisher nicht möglichen Gestaltungsvarianten. Wichtig ist, dass jetzt von allen anderen Rechtsformen in die eG umgewandelt werden kann, d.h. nicht nur der Weg aus der eG ist wie bisher möglich, sondern auch der Weg in die eG.
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Vgl. insb. die Kommentierung von Lohmar in: Lademann, Kommentar zum KStG. BGBl. I S. 3210, zul. geändert d. G. v. 22.12.2011, BGBl. I S. 3044.
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Das UmwG beruht auf einem Baukastensystem. Es regelt unter dem Oberbegriff „Umwandlung“ die gegebenen Möglichkeiten, also Verschmelzung; Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung), Vermögensübertragung und den Formwechsel. In diesem Baukastensystem werden die allgemeinen Vorschriften, d.h. die für alle Rechtsformen relevanten Regelungen der Verschmelzungen getroffen und im Weiteren die Rechtsform spezifischen Besonderheiten. Durch das UmwG wurden die genossenschaftsspezifischen bisher im GenG enthaltenen Regelungen, davon insbesondere die Verschmelzung von eG und von genossenschaftlichen Prüfungsverbänden aufgehoben und ins Umwandlungsgesetz übertragen. Im Teil II. der Kommentierung wird das Umwandlungsgesetz insoweit kommentiert, wie es für beteiligte eG relevant werden kann. Die Kommentierung soll einen Überblick über die Materie und die Lösung damit zusammenhängender allgemeiner genossenschaftsspezifischer praktischer Fragen ermöglichen und enthält – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – auch Hinweise zur Umwandlung einer eG in eine SCE nebst einem Muster-Verschmelzungsvertrag und einem Muster-Verschmelzungsbericht. VII. Europäische Genossenschaft (SCE) VII. Europäische Genossenschaft (SCE) 44
Vorbemerkung: Die Europäische Genossenschaft (SCE = Societas Cooperativa Europaea) kann nach Ablauf der Übergangsfrist ab dem 18. August 2006 genutzt werden. Die SCE-Verordnung180 ist unmittelbar geltendes Recht. Die zahlreichen Wahlrechte für den nationalen Gesetzgeber machten jedoch nationale Ausführungsbestimmungen notwendig. In einem Arbeitskreis des BMJ, in dem die damaligen Autoren des Lang/Weidmüller mitgewirkt haben, ist hierzu ein Eckdatenpapier erarbeitet worden, auf dessen Basis Anfang 2006 ein Gesetz zum 18. August 2006 verabschiedet wurde.181 In welchem Umfang diese neue Rechtsform für grenzüberschreitende Kooperationen in Deutschland gewählt würde, war damals bereits zweifelhaft, zumal die rechtliche Möglichkeit besteht und genutzt wird (z.B. Intersport eG), ausländische Mitglieder in die deutsche eG aufzunehmen.182 Im Laufe des Jahres 2011 feierte die SCE-VO bereits ihr fünfjähriges Bestehen. Art 79 der SCE-VO sieht vor, dass spätestens 5 Jahre nach Inkrafttreten der VO die Kommission dem europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung der VO sowie Vorschläge für Änderungen vorlegen musste. Eine externe Studie kam zu dem Ergebnis, dass bis Mai 2010 nur 17 SCE-Gründungen in den Mitgliedsstaaten erfolgt waren. Das Ergebnis einer öffentlichen Konsultation der Kommission in den Mitgliedsstaaten stellte diese im Februar 2012 in einem Bericht vor. Als Hemmnisse wurden die Komplexität (Rückverweisung), unklare Regelungen aber auch die mangelnde Bekanntheit genannt. Letztendlich entschloss man sich nicht zu Änderungen – denn der Kampf um das SCE-Statut hatte gezeigt wie mühselig eine Einigung mit einem Minimalkonsens war; vielmehr sollte verstärkt Werbung für die Rechtsform gemacht werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die SCE auch ohne Änderungen am Statut langsam Fuß zu fassen scheint; so liegen in Deutschland erste praktische Erfahrungen mit der Umwandlung vor, die die Rechtsform in der Öffentlichkeit und bei den Behörden (z.B. GenReg) bekannter machen und das Gründungsverfahren aber auch die Akzeptanz der Societas Cooperativa Europaea sukzessive erleichtern werden.
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180 VO Nr. 1435/2003 des Rates vom 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft. 181 BGBl. I S. 1911. Zum Inhalt siehe im Kommentarteil jeweils am Ende der einzelnen Paragrafen; siehe auch Beck Gen-HB/Korte § 16 sowie Beuthien S. 1255 ff. 182 Die Frage, ob die SCE die geeignete Rechtsform für die internationale Kooperation ist, hat Schmüser in Festschrift für Schaffland S. 219 ff. kritisch beleuchtet.
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VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | Einf
Vor diesem Hintergrund wird in dieser Auflage die Kommentierung der einzelnen Vorschriften der SCE-VO erweitert, insbesondere um die praktischen Erfahrungen bei der Umwandlung in eine deutsche SCE. Der Kommentar beschränkt sich an dieser Stelle auf eine Gesamtdarstellung auf der Basis der Verordnung und der deutschen Ausgestaltung. Bei den Erläuterungen zu den einzelnen Vorschriften sind jeweils am Ende die diesbezüglichen Artikel der SCE-Verordnung bzw. des SCE-Ausführungsgesetzes und des SCE-Beteiligungsgesetzes in Kurzform erläutert.183 Für die Nutzung der Wahlrechte hat sich der Gesetzgeber für folgende Leitlinien entschieden: – Es geht nur um das Ausführungsgesetz zur SCE, nicht aber um eine Reform des deutschen Genossenschaftsgesetzes. Diese Diskussion muss unabhängig vom Ausführungsgesetz erfolgen. – Es ist nicht beabsichtigt, durch Regelungen des Ausführungsgesetzes „Wettbewerbsvorteile“ zugunsten der SCE und zu Lasten der eG zu schaffen. Es soll möglichst kein Anreiz geschaffen werden, dass sich eine eG in eine SCE umwandelt. – Hieraus folgt, dass Regelungen, z.B. Finanzierungsinstrumente, Mindestkapital, die der SCE unentziehbar zur Verfügung stehen, auch für die eG im GenG (zeitgleich) eröffnet werden. – Es soll bei der Nutzung von Optionen im Auge behalten werden, dass Gründungen in anderen Mitgliedstaaten möglich sind und diese SCE sich sodann in Deutschland niederlassen können (EU-Prinzip der Niederlassungsfreiheit). – Das Ausführungsgesetz zur SCE soll die charakteristischen Merkmale der eG beachten. Die SCE hat eine lange Historie. Die ersten Entwürfe aus den Reihen der internatio- 45 nalen Genossenschaftsorganisationen (COGECA, EUROCOOP, UGAL) wurden Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts geschrieben. Zu einem Entwurf der Kommission kam es jedoch nicht. Dieser hatte dem Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) Vorrang eingeräumt. Erst Ende der 80er Jahre legte die Kommission den Entwurf einer Verordnung über das Statut der SE184 vor. Daraufhin drängte der CCACE auf ein paralleles Vorgehen und forderte eine Verordnung für das Statut der SCE. Die deutschen Genossenschaftsverbände leisteten anfänglich Widerstand, weil sie eine nachfolgende Harmonisierung der nationalen Genossenschaftsgesetze befürchteten. Als sie jedoch feststellten, dass auch ohne sie an einem Vorschlag gearbeitet wurde, gaben sie ihren Widerstand auf. Als im CCACE (dem früheren Zusammenschluss europäischer sektorieller Verbände, wie z.B. COGECA für landwirtschaftliche Genossenschaften, GECB für Genossenschaftsbanken und nationaler intersektorieller Verbände, wie z.B. DGRV) noch über Eckdaten diskutiert wurde, erarbeiteten die deutschen Genossenschaftsverbände unter Federführung des DGRV im Jahr 1990 nahezu über Nacht einen vollständigen Entwurf, übersetzten ihn ins Französische und legten ihn dem CCACE vor. Die EU-Kommission erarbeitete sodann einen Entwurf, dem u.a. der Vorschlag des CCACE als Vorlage diente. Die Arbeiten kamen jedoch erst zu einem erfolgreichen Abschluss, als bei dem Statut der SE im Jahr 1998 (Nizza) eine Einigung hinsichtlich der Arbeitnehmermitbestimmung
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183 Zum Sonderfall der Vorgesellschaft zu einer SCE siehe die Diss. von Friebel „Die Vorgesellschaft zu einer SCE“ in Marburger Schriften zur genossenschaftlichen Kooperation, Band 109. 184 ABl. Nr. L 199 vom 31.7.1985.
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erzielt wurde. Am 22.7.2003 nahm der Rat die Verordnung wie auch die Arbeitnehmerrichtlinie 2003/72/EG185 an. Das Gesetzeswerk war nach nahezu einem halben Jahrhundert beendet. Es konnte auch nur deshalb erfolgreich beendet werden, weil den völlig unterschiedlichen genossenschaftsrechtlichen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten dadurch Rechnung getragen wurde, dass zahlreiche Wahlrechte für die Mitgliedstaaten geschaffen wurden, um diesen die Möglichkeit zu verschaffen, eine Ausgestaltung der SCE-Vorschriften zu erreichen, die mit dem nationalen genossenschaftsrechtlichen Selbstverständnis übereinstimmt. Dem entspricht auch die Grundentscheidung der SCE-VO, das Recht für die nationale eG anzuwenden, wenn die SCE-VO keine Regelung getroffen hat. So kann die SCE mit Sitz in Deutschland weitgehend der deutschen eG angenähert werden, während die SCE mit Sitz z.B. in Portugal ein ganz anderes Aussehen haben kann. Im Extremfall könnten mehr als 25 unterschiedlich ausgestaltete SCE existieren – im Hinblick auf die vom EuGH bekräftigte Niederlassungsfreiheit sogar in Deutschland. Die SCE ersetzt nicht die eG, Gründer können juristische und natürliche Personen 46 sein. Die Gründung kann erfolgen durch Neugründung, Verschmelzung oder Umwandlung einer Genossenschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet worden ist und ihren Sitz sowie ihre Hauptverwaltung in der EU hat, wenn sie seit mindestens zwei Jahren eine Niederlassung oder Tochter in einem andern Mitgliedsstaat hat. Sie ist also eine grenzüberschreitende Kooperationsform. Sie setzt zwingend voraus, dass – ihre Mitglieder ihren Sitz (Wohnsitz, Firmensitz) in mindestens zwei EU-Staaten haben und – (wichtiger noch,) die SCE eine echte grenzüberschreitende Tätigkeit ausübt. Diese liegt dann vor, wenn Mitgliedergeschäfte (z.B. Dienstleistungen, Handelsgeschäfte) in mindestens zwei Mitgliedstaaten erbracht werden und zwar in erheblichem Umfang. 47 – –
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Art. 2 SCE-VO regelt die Gründung durch eine der nachfolgenden Alternativen: mindestens 5 natürliche Personen mit Wohnsitz in mindestens zwei Mitgliedsstaaten; 5 Gründer, die entweder natürliche Personen oder juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts (i.S.d. Art. 2 Abs. 1 2. Spiegelstrich SCE-VO) sind und deren Wohnsitz bzw. Sitz in mindestens zwei Mitgliedsstaaten liegt; ohne Mitwirkung natürlicher Personen genügen zwei Gründungsgesellschaften (im EU-Sprachgebrauch steht Gesellschaften als Oberbegriff für juristische Personen (des öffentlichen und privaten Rechts) und Gesellschaften; durch mindestens zwei eG, die miteinander verschmelzen, und dem Recht mindestens zweier verschiedener Mitgliedsstaaten unterliegen, oder durch Umwandlung einer eG in eine SCE, wenn sie mindestens zwei Jahre eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegende Niederlassung oder Tochtergesellschaft hat.
Die SCE muss als Mindestkapital (Art. 3 Abs. 2 SCE-VO) Einzahlungen auf die Geschäftsanteile von mindestens € 30.000 bei der Gründung vorweisen. Zwar spricht Art. 3 Abs. 2 SCE-VO nur von Einzahlungen, gemeint sind jedoch die tatsächlich erbrachten Einzahlungen. Die Satzung kann einen höheren Betrag festsetzen.
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ABl. Nr. L 207, 25 ff.
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Zusätzlich muss in der Satzung ein Betrag festgesetzt werden, den das Grundkapital (Gesamtbetrag der Geschäftsguthaben aller Mitglieder) bei Rückzahlung ausscheidender Mitglieder nicht unterschreiten darf. Dieser Betrag darf nicht geringer sein als das Mindestkapital; er ist nach IAS 32 Eigenkapital. Dieser Mindestbetrag kann ein absoluter oder ein Prozentsatz sein. Erfolgen Kündigungen, die zu einem Unterschreiten des Grundkapitals führen, werden die Auszahlungsansprüche (nur) insoweit ausgesetzt, d.h. sie werden erst nach Ablauf des folgenden Geschäftsjahres berücksichtigt. Die Satzung muss klarstellen, ob im Falle des Unterschreitens alle Ansprüche in Relation gleichermaßen gekürzt werden, oder ob Kündigungen nach ihrem zeitlichen Eingang (Priorität) bedacht werden; der ersten Möglichkeit ist Vorrang einzuräumen, um einen Wettlauf kündigender Mitglieder zu vermeiden. Auf jeden Geschäftsanteil muss bei seiner Zeichnung mindestens ein Betrag von 25% eingezahlt werden. Der Rest ist innerhalb von höchstens 5 Jahren einzuzahlen, die Satzung kann eine kürzere Frist vorsehen (Art. 4 Abs. 4 SCE-VO). Sacheinlagen auf Geschäftsanteile sind zulässig. Sie müssen zum Zeitpunkt der Zeichnung vollständig erbracht sein (Art. 4 Abs. 5 SCE-VO). Arbeits- oder Dienstleistungen dürfen nicht auf Geschäftsanteile verrechnet werden (Art. 4 Abs. 2 S. 2 SCE-VO). Die Satzung kann unterschiedliche Arten „Kategorien“ von Geschäftsanteilen vorsehen (Art. 4 Abs. 1 S. 3 SCE-VO). So kann zwischen nutzenden und nicht nutzenden (Investoren-)Mitgliedern, die in Art. 14 Abs. 2 SCE-VO vorgesehen sind, unterschieden werden, sofern das Recht des Sitzstaates der SCE dies zulässt. Jedes Mitglied muss grundsätzlich einen Geschäftsanteil zeichnen. Freiwillige Zeichnung weiterer Geschäftsanteile ist im Rahmen der Satzungsregelung zulässig. Die Satzung kann auch eine Verpflichtung zur Zeichnung weiterer Geschäftsanteile vorsehen, hierbei auch unterschiedliche Maßstäbe für nutzende und nicht nutzende Mitglieder vorsehen. Mit dem Erwerb weiterer Geschäftsanteile ist keine Erhöhung des Stimmrechts verbunden (hierzu Art. 59 Abs. 1 SCE-VO). Das Kapital (nach der SCE-VO das Grundkapital, d.h. der Gesamtbetrag der Geschäftsguthaben) kann durch vollständige oder teilweise Umwandlung der freien Rücklagen durch satzungsändernden Beschluss der GV erhöht werden. Die neuen Geschäftsanteile stehen den Mitgliedern in Relation ihrer bisherigen Beteiligung zu. Die GV kann nicht autonom beschließen, sondern nur auf Vorschlag des Vorstands – oder beim monistischen System (hierzu Art. 42 bis 44 SCE-VO) des Verwaltungsorgans. Die Satzung (Art. 5 SCE-VO) muss schriftlich erstellt und von den Gründungsmit- 49 gliedern unterzeichnet werden. Sie muss gem. Art. 5 Abs. 4 SCE-VO mindestens folgenden Inhalt haben: – die Firma der Genossenschaft mit dem voran- oder nachgestellten Zusatz „SCE“ sowie ggf. dem Zusatz „mit beschränkter Haftung“, – den Gegenstand der Genossenschaft, – die Namen der natürlichen Personen und die Firma der Gesellschaften, die Gründungsmitglieder der SCE sind, sowie bei letzteren Gesellschaftszweck und Sitz, – den Sitz der SCE, – die Bedingungen und Modalitäten für die Aufnahme, den Ausschluss und den Austritt der Mitglieder, – die Rechte und Pflichten der Mitglieder und ggf. die verschiedenen Gattungen von Mitgliedern sowie die Rechte und Pflichten jeder Gattung von Mitgliedern, – den Nennwert der Geschäftsanteile sowie das Grundkapital und die Angabe, dass dieses veränderlich ist, – die besonderen Vorschriften für den gegebenenfalls in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Betrag der Entnahme aus den Überschüssen, 47
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die Befugnisse und Zuständigkeiten der Mitglieder jedes Organs, die Einzelheiten der Bestellung und der Abberufung der Mitglieder der Organe, die Mehrheit- und Beschlussfähigkeitsregeln, die Dauer des Bestehens der SCE, wenn diese begrenzt ist.
Nach Art. 8 Abs. 1 SCE-VO unterliegt die SCE primär den Bestimmungen der SCE-VO. Hinsichtlich der Gründungsprüfung verweist Art. 5 Abs. 3 der SCE-VO zwingend auf die Regelungen im AktG. Dies ist jedoch kein Systembruch, da hier nur eine allgemeine Regelung aufgestellt ist. Zwar wird der Verweis nicht durch Art. 17 auf das nationale Recht verdrängt, da nach dieser Vorschrift für die Gründung einer SCE das für die eG geltende deutsche Recht Anwendung findet, aber eben nur, sofern die Bestimmung der VO keine Regelung enthält. Jedoch stellt Art. 71 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 die speziellere Norm dar für die Mitgliedsstaaten, in denen eine besondere Prüfung vorgesehen ist. Da diese Vorschrift für eine SCE mit Sitz in Deutschland den Beitritt zu einem genossenschaftlichen Prüfungsverband vorsieht, dessen Rechte nach dem deutschen Genossenschaftsgesetz uneingeschränkt Anwendung finden, ist Sinn und Zweck der Vorschrift auch eine Gründungsprüfung durchzuführen. 50 Der Sitz wird durch die Satzung bestimmt und nicht durch den Ort der Tätigkeit oder die Geschäftsräume. Er muss nicht am Ort der Hauptverwaltung sein, jedoch in demselben Mitgliedstaat liegen. Für eine SCE mit Sitz in Deutschland ist Sitz der Ort der Registereintragung. Von Ausführungen zur Sitzverlegung (siehe hierzu ausführlich Art. 7) wird an dieser Stelle Abstand genommen. Die SCE erwirbt die Rechtspersönlichkeit mit Eintragung (Art. 18 Abs. 1 SCE-VO). 51 Die Eintragung erfolgt im Genossenschaftsregister (nationales Wahlrecht). Zur Gründung durch Verschmelzung siehe Art. 19 bis 34, Gründung durch Umwandlung siehe Art. 35 SCE-VO Die Verschmelzungsvorschriften entsprechend weitgehend denen des Umwandlungsgesetzes, bei Regelungslücken wird dieses als spezielleres Recht entsprechend angewendet, z.B. § 259 UmwG analog i.V.m. Art. 35 Abs. 5 SCE-VO zum Prüfungsgutachten des gesetzlichen Prüfungsverbandes bei Umwandlung einer deutschen eG in eine SCE mit Sitz in Deutschland. Für die gegründete SCE gelten folgende Rechtsgrundlagen (Art. 8): – die Verordnung – sofern die Verordnung Satzungsregelungen erlaubt, diese – sofern die Verordnung Bereiche nicht oder nur teilweise regelt, die nationalen Vorschriften, die speziell für die SCE erlassen sind, also z.B. das SCE-Ausführungsgesetz oder das SCE-Beteiligungsgesetz – das für die eG geltende GenG ggfs. i.V.m. ergänzenden anderen Rechtsquellen bei Regelungslücken – das für die Satzung einer eG geltende Recht. Nach Art. 9 ist die SCE wie eine eG zu behandeln, sofern die SCE-VO nichts anderes vorsieht. Zum Mitgliedschaftserwerb bedarf es der Zustimmung des Vorstands oder – beim 52 monistischen System (Art. 42 SCE-VO) – des Verwaltungsorgans. Wird der Beitritt abgelehnt, kann der Bewerber Einspruch einlegen, über den die nächste GV beschließt (Art. 14 Abs. 1 SCE-VO). Die Satzung kann nicht nutzende (investierende) Mitglieder zulassen. Es ist die Zu53 stimmung des hierfür in der Satzung vorgesehenen Organs erforderlich. Schweigt die Satzung, ist die GV oder das von ihr bestimmte Organ zuständig. Holthaus/Lehnhoff
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Bei entsprechender Satzungsregelung sind Mitglieder zur Einzahlung von mehr als 25% des Anteils bzw. zur Zeichnung weiterer Anteile verpflichtet (Art. 14 Abs. 3 SCE-VO). Die Beendigung (Art. 15 SCE-VO) entspricht dem Recht der eG. Hervorzuheben ist das in Abs. 2 enthaltene, § 67 vergleichbare außerordentliche Kündigungsrecht. Dies besteht u.a., wenn die Kündigungsfrist auf über 5 Jahre, z.B. auf 10 Jahre verlängert wird. Wegen der Gleichstellung der eG mit der SCE sollte diese Möglichkeit auch für die eG eröffnet werden. Im Unterschied zum (Satzungs-)Recht der eG hat im Falle des Ausschlusses das Mitglied das Recht, die GV anzurufen. Die Auseinandersetzung entspricht weitgehend § 73, jedoch mit der Besonderheit, dass die Satzung die Auszahlung bis zu 3 Jahren nach dem Ausscheiden hinausschieben kann Art. 16 Abs. 3 SCE-VO. Als Organe hat die SCE neben der GV entweder einen Vorstand und einen Aufsichtsrat (dualistisches System, Art. 37 bis 40, 45 bis 51 SCE-VO) oder ein Verwaltungsorgan (monistisches System, Art. 42 bis 44, 45 bis 51 SCE-VO). Wegen der gebotenen Gleichstellung mit der eG ist dem dualistischen System Vorrang einzuräumen. Die Vorschriften zum Leitungsorgan (Vorstand) entsprechen weitgehend den §§ 24 ff. Wie seit der Novelle 2006 bei der eG geht die SCE vom Grundsatz der Bestellung und Abberufung durch den Aufsichtsrat aus. Die GV wäre nur zuständig, wenn die Satzung dieses vorsieht. Die Satzung muss die Zahl der Mitglieder festlegen. Im Unterschied zur eG kann der Vorstand auch aus nur einem Mitglied bestehen. Dies wurde für die eG ebenfalls eröffnet, sofern es sich um Kleinstgenossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern handelt, § 24 Abs. 2 S. 3. Auch der Aufsichtsrat der SCE entspricht weitgehend der eG (dort § 36, 38, 39). Vom Wahlrecht nach Art. 39 Abs. 4 S. 2 SCE-VO wird dahin Gebrauch gemacht werden, dass grundsätzlich – wie bei der eG – der Aufsichtsrat aus mindestens drei Mitgliedern besteht. Existieren nicht nutzende (investierende) Mitglieder, dürfen diese höchstens ein Viertel der Mitglieder des Aufsichtsrats stellen. Die in Art. 40 SCE-VO enthaltenen Informationsrechte des Aufsichtsrats und Berichtspflichten des Vorstands entsprechen den üblichen Satzungsregelungen der eG. Beiden Systemen ist gemein, dass die Organmitglieder für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum bestellt werden, der 6 Jahre nicht überschreiten darf (Art. 45 Abs. 1 SCE-VO). Wiederwahl ist zulässig (Art. 45 Abs. 2 SCE-VO). Von der in Art. 46 Abs. 1 SCE-VO enthaltenen Möglichkeit, dass auch juristische Personen und Gesellschaften Organmitglied sein können, kann nicht Gebrauch gemacht werden, da das deutsche GenG dem entgegensteht (Art. 46 Abs. 1 S. 1 letzter Halbsatz SCE-VO). Das Vertretungsrecht entspricht bei beiden Systemen § 25 und hinsichtlich der Satzungsbeschränkung § 27 Abs. 1 Satz 2; die Verschwiegenheitspflicht (Art. 49 SCE-VO) entspricht § 34 Abs. 1 bzw. § 41 i.V.m. § 34 Abs. 1. Gleiches gilt für die Haftung (Art. 51 SCE-VO). Die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung (Art. 50 SCE-V) entsprechen den Regelungen in den Mustersatzungen für eG. Auch die Regelungen zur Generalversammlung entsprechen weitgehend den §§ 43 ff. für die eG. Sie muss innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres stattfinden, Art. 54 Abs. 1 S. 1 SCE-VO. Das Einberufungsrecht ist wie bei der eG ausgestaltet. Die Einberufung erfolgt schriftlich in jeglicher Form, also auch elektronisch. Dies gilt auch für das Minderheitenrecht (10%). Die Satzung kann niedrigere Prozentsätze festsetzen. Stimmvollmachten sind zulässig. Die Satzung ist frei, wie viele Stimmvollmachten ein Bevollmächtigter höchstens ausüben darf. Die Satzung kann auch Abstimmung auf 49
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schriftlichem Wege oder in elektronischer Form vorsehen. Beides setzt voraus, dass eine GV zusammengetreten ist. Art. 58 Abs. 4 SCE-VO ist im Zusammenhang mit Art. 54 Abs. 1 zu sehen. Grundsätzlich hat jedes Mitglied eine Stimme, Art. 59 Abs. 1 SCE-VO. Mehrstimmrechte dürfen eingeräumt werden, jedoch höchstens 5 Stimmen oder 30% der gesamten Stimmrechte – je nachdem, welche Zahl niedriger ist, Art. 59 Abs. 2 S. 2 SCE-VO. Voraussetzung ist ein Anknüpfen an den Umsatz der Beteiligung an der genossenschaftlichen Tätigkeit, nicht hingegen an die Höhe der Beteiligung. Die Höchstzahl der Mehrstimmrechte ist eindeutig, da Art. 59 Abs. 2 SCE-VO nicht von zusätzlichen Stimmen spricht, sondern dass einem Mitglied in Abweichung des Prinzips „ein Mitglied – eine Stimme“ nicht eine zusätzliche, sondern eine bestimmte Anzahl von Stimmen zugeteilt werden dürfen. Für Genossenschaftsbanken sieht Art. 59 Abs. 2 SCE-VO ein nationales Wahlrecht dergestalt vor, dass Mehrstimmrechte zum einen in Relation zu den Geschäftsanteilen zugeteilt werden können, höchstens jedoch 5 Stimmen je Mitglied oder 20% der gesamten Stimmrechte – je nachdem, welche Zahl niedriger ist. Ob nicht nutzende Mitglieder Mehrstimmrechte zugeteilt erhalten, wird dem nationalen Wahlrecht überlassen. Der Gesetzgeber hat hiervon keinen Gebrauch gemacht. Die in Art. 60 SCE-VO enthaltenen Informationsrechte entsprechen denen der Mustersatzungen für die eG. Sieht die Satzung einer SCE vor, dass auch nicht nutzende Mitglieder aufgenommen werden können, oder dass Mehrstimmrechte nach der Kapitalbeteiligung zugeteilt werden, müssen in die Satzung besondere Beschlussfähigkeitsvorschriften aufgenommen werden. Im Ausführungsgesetz sollte für diese Satzungsregelung vorgesehen werden, dass die nicht nutzenden Mitglieder die nutzenden Mitglieder nicht überstimmen dürfen und Beschlüsse, die eine qualifizierte Mehrheit erfordern, durch nicht nutzende Mitglieder nicht verhindert werden können. Hinsichtlich der Mehrstimmrechte in Relation der gezeichneten Geschäftsanteile sollte sich die Satzung darauf beschränken, dass die GV nur beschlussfähig ist, wenn mindestens drei Mitglieder anwesend sind. Art. 62 SCE-VO über die Niederschrift entspricht § 47 GenG für die eG. 58 Eine Besonderheit enthält Art. 63 SCE-VO. Ist die SCE in unterschiedlichen Sektoren oder ist sie in mehr als einer Gebietseinheit tätig oder hat sie mehrere Niederlassungen oder mehr als 500 Mitglieder, kann die Satzung Sektor- oder Sektionsversammlungen vorsehen, wenn das nationale Wahlrecht dieses zulässt, was wünschenswert wäre, um den Sitz einer SCE in Deutschland auch für ausländische Aktivitäten attraktiv zu machen. Diese Versammlungen sind den nach der Wahlordnung für die eG üblichen Bezirksversammlungen vergleichbar. In ihnen werden Vertreter gewählt, die die Vertreterversammlung der SCE bilden. Allerdings vertreten sie im Unterschied zur Vertreterversammlung der eG ihren Sektor bzw. ihre Sektion. In der darauf folgenden Versammlung haben sie über die Ergebnisse der Vertreterversammlung zu berichten. Nach Art. 63 Abs. 2 Satz 3 SCE-VO finden die Vorschriften über die Generalversammlung auf die Sektor- bzw. Sektionsversammlung Anwendung. 59 Die Satzung einer SCE kann die Ausgabe von Wertpapieren (Inhaber-, Order-, oder Namenspapiere) und von Schuldverschreibungen vorsehen. Beide sind keine Geschäftsanteile. Deren Inhaber haben deshalb kein Stimmrecht. Sie können gezeichnet werden von Mitgliedern, aber auch von Dritten. Die Satzung (Art. 64 SCE-VO) kann, um die Attraktivität der Wertpapiere und Schuldverschreibungen zu steigern, besondere Vorteile vorsehen, z.B. eine höhere Verzinsung. Die Inhaber dieser Titel dürfen nach Art. 58 Abs. 2 SCE-VO an der GV mit Rede- und Antragsrecht, aber ohne Stimmrecht teilnehmen. Holthaus/Lehnhoff
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VIII. Mitbestimmung in der eG (SCE)/SCE-Beteiligungsgesetz | Einf
Daneben kann die Satzung der SCE vorsehen, dass die Inhaber der Beteiligungstitel im Rahmen einer Sonderversammlung zusammentreten können. Die Sonderversammlung kann jedoch lediglich eine Stellungnahme abgeben, die vor der Beschlussfassung in der Generalversammlung dieser zur Kenntnis zu geben ist. Ob dieses zweckmäßig ist, wird davon abhängen, in welchem Umfang diese Beteiligungstitel gezeichnet werden. Die Verwendung des Betriebsergebnisses erfolgt ebenfalls ähnlich der nationalen eG. Wenn die Satzung der SCE keine Regeln enthält, gilt § 19 Abs. 1. Zwingend ist, dass die Satzung eine Regelung zur Bildung der gesetzlichen Rücklage enthält. Dieser Rücklage muss, solange der gesetzliche (Art. 3 Abs. 2 SCE-VO) Betrag von € 30.000 nicht erreicht worden ist, mindestens 15% des Überschusses abzüglich etwaiger Verlustvorträge zugeführt werden (Art. 65 Abs. 2 SCE-VO). Ausscheidende Mitglieder haben (ähnlich § 73 Abs. 2 Satz 2) keinen Anspruch auf diese gesetzliche Rücklage, Art. 65 Abs. 3 SCE-VO. Nach Art. 66 SCE-VO kann die Satzung der SCE vorsehen, dass die Mitglieder eine genossenschaftliche Rückvergütung erhalten. Hier gilt nichts anderes, als bei der eG (vgl. Erläuterung zu § 19 GenG). Der Restbetrag des Jahresüberschusses kann (und sollte) so verteilt werden, wie es die einschlägige Satzungsregelung in Anlehnung an die Satzungsregelungen der nationalen eG vorsehen. Die Erstellung des Jahresabschlusses erfolgt nach denselben Regelungen, wie sie für nationale eG durchzuführen ist. Es gelten also grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des HGB und die ergänzenden Vorschriften für eG §§ 336 bis 339 HGB (Art. 68 SCEVO). Für Kredit- oder Finanzinstitute gelten nach Art. 69 SCE-VO die besonderen Vorschriften für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute §§ 340 bis 340o HGB. Nach Art. 70, 71 SCE-VO unterliegt die SCE mit Sitz in Deutschland dem System der Pflichtmitgliedschaft und Pflichtprüfung durch genossenschaftliche Prüfungsverbände, wie nationale eG. Es gelten die §§ 53 ff. GenG. Dies gilt auch für im Ausland gegründete SCE, die ihren Sitz nachträglich nach Deutschland verlegen. Nach Art. 72 SCE-VO gilt für die Auflösung, Zahlungsunfähigkeit, Zahlungseinstellung und ähnlicher Verfahren für die SCE mit Sitz in Deutschland das nationale Recht für die eG, mithin die §§ 78 bis 118 GenG. Die Übertragung des Reinvermögens erfolgt, wenn die Satzung der SCE nichts Abweichendes vorsieht, nach §§ 90, 91 GenG. Die SCE mit Sitz in Deutschland kann die Umwandlung in eine nationale eG beschließen (Art. 76 SCE-VO). Allerdings darf der Umwandlungsbeschluss erst zwei Jahre nach Eintragung der SCE und nach Genehmigung der ersten beiden Jahresabschlüsse gefasst werden, im Einzelnen siehe Art. 76 Abs. 1 bis 6 SCE-VO. VIII. Mitbestimmung in der eG (SCE)/SCE-Beteiligungsgesetz
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VIII. Mitbestimmung in der Europäischen Genossenschaft (SCE)/ SCE-Beteiligungsgesetz Die SCE-VO konnte erst nach jahrzehntelangen Verhandlungen in der Europäischen 64 Union verabschiedet werden, da grundsätzliche Fragen der Mitbestimmung in der SCE nicht geklärt werden konnten. Erst nachdem über das Parallelprojekt der Europäischen Gesellschaft (SE) und deren Mitbestimmung Einigung erzielt worden war, konnte die SCE-VO 2003 verabschiedet werden. Die Mitbestimmung ist in Deutschland im Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einer Europäischen Genossenschaft (SCE-Beteili51
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gungsgesetz – SCEBG) vom 14.8.2006186 geregelt, das die europäische Beteiligungs-RiLi187 in deutsches Recht umsetzt. Die Vielfalt der Mitbestimmungssysteme in Europa Zwang zur Aufgabe der ursprünglichen Idee eines einheitlichen Europäischen Modells der Arbeitnehmerbeteiligung. Die Beteiligungs-RiLi gibt einen europaweiten Rechtsrahmen, der den Mitgliedstaaten eine einheitliche Grundstruktur für die Ausgestaltung der Beteiligung der Arbeitnehmer in der SCE vorgibt. Sie lehnt sich dabei eng an die Richtlinie 201/86/EG über Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft SE an. Die Gründung einer SCE führt grundsätzlich nicht zur Beseitigung oder zur Einschränkung der Arbeitnehmerbeteiligung. Erklärtes Ziel ist der Schutz der erworbenen Rechte der Arbeitnehmer durch das „Vorher-/Nachher“-Prinzip. Der bei den an der Gründung einer (einschließlich Umwandlung in eine) SCE beteiligten, juristischen und natürlichen Personen vorhandene Bestand an Beteiligungsrechten wird beibehalten. Der Arbeitnehmer soll sich grundsätzlich auch in der SCE wiederfinden, ohne dass die SCE den nationalen Vorschriften der Mitbestimmung in der Gesellschaft unterliegt. Die aufgrund ihres grenzüberschreitenden Charakters unterschiedlichen Rechtslagen unterschiedlicher Mitgliedstaaten, in denen die SCE Arbeitnehmer beschäftigt, müssen darüber hinaus berücksichtigt werden; z.B. unterschiedliche Betriebsverfassungsrechte in den EUStaaten in denen die SCE tätig ist. Das Zusammenspiel der SCE-VO und (in Deutschland) des SCEBG bei der Gründung einer SCE mit Sitz in Deutschland ist (ebenso wie in den anderen Ländern) komplex, die Gründung ist aber durchaus praktisch durchführbar. Praxisnahe Verhandlungslösungen über die Beteiligung der Arbeitnehmer (Beteiligungsvereinbarung zwischen Vorstand und besonderem Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer) sind einfacher umzusetzen und sollten Vorrang vor gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen haben. Dies soll einen sinnvollen Ausgleich der in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Rechtslagen, zugleich eine sachgerechte Anpassung an die Bedürfnisse und Strukturen der zukünftigen SCE ermöglichen. Ist die Gründung einer SCE geplant, leitet die Unternehmensseite die erforderlichen Schritte ein, um mit der Arbeitnehmerseite über die Ausgestaltung der Arbeitnehmerbeteiligung in der geplanten SCE zu verhandeln. Hierzu gehört unter anderem die Information oder Identität der an der Gründung beteiligten juristischen und natürlichen Personen und die Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer. Die SCE kann erst Rechtspersönlichkeit durch Eintragung erlangen, wenn ein ordnungsgemäßes Verfahren über die Ausgestaltung der Beteiligung der Arbeitnehmer erfolgt ist (Art. 11 Abs. 2 SCE-VO). Die Verhandlungen werden vom Leitungs- oder Verwaltungsorgan der beteiligten juristischen oder natürlichen Person geführt, z.B. bei der Umwandlung einer deutschen eG in eine SCE durch den Vorstand der eG. Auf Arbeitnehmerseite ist ein besonderes Verhandlungsgremium zu errichten, in dem alle an der Gründung Beteiligten, einschließlich deren Tochtergesellschaften und betroffenen Betriebe repräsentiert sind. Der Inhalt der Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer in den Organen der SCE und die Ausgestaltung des SCE-Betriebsrates kann von den Parteien grundsätzlich frei gestaltet werden; es ist ein europaweites Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren zu gewährleisten (Art. 4 Abs. 2b bis f der BeteiligungsRiLi, in Deutschland umgesetzt in § 21
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186 Gesetzesentwurf zur Einführung Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des GenG v. 23.3.2006 mit Begründung: BT-Drs. 16/1025, 11 ff., 62 ff.; SCE-Beteiligungsgesetz v. 14.8.2006, BGBl. I S. 1911. 187 RiLi 2003/72/EG des Rates vom 22.7.2003 zur Ergänzung des Status der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer, ABl. EU 2003 Nr. L 207 S. 25.
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VIII. Mitbestimmung in der eG (SCE)/SCE-Beteiligungsgesetz | Einf
SCEBG. Der SCE-Betriebsrat ist Vertretungsorgan der Arbeitnehmer in der SCE, und nimmt weitgehend die gleichen Funktionen wie der europäische Betriebsrat wahr. Ob die Parteien neben dem Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren eine Vereinbarung über die Mitbestimmung (Beteiligungsvereinbarung) in der SCE abschließen, ist ihnen freigestellt. In der Ausgestaltung der Mitbestimmungsvereinbarung gibt es keine Vorgaben. Es kann eine auf die Situation der geplanten SCE zugeschnittene Regelung getroffen werden, die neben bewährten Mitbestimmungssystemen ggf. Mischformen oder neue Konzepte und Verfahren zulässt. Um den Grundgedanken des Schutzes erworbener Rechte zu wahren, sind bei der Verringerung bestehender Mitbestimmungsrechte besondere Abstimmungsregelungen und Verhandlungsverfahren vorgesehen; Zwei-Drittel-Mehrheit gilt jedoch nur, wenn der Anteil der Arbeitnehmer im Mitbestimmungsrecht verringert wird. Die Verhandlungen können bis zu sechs Monaten, im Falle eines einvernehmlichen Beschlusses auch bis zu einem Jahr dauern. Erfolgt keine Einigung, sind die Verhandlungen gescheitert und es kommt eine Auffangregelung, die bestimmte Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer enthält, zum Zuge (§§ 22 ff. SCEBG). Das Grundprinzip der Sicherung erworbener Rechte, was sich vor allem in den Vorgaben über Abstimmungspolitik und Schwellenwerte niederschlägt, gilt auch über die Gründungsphase der SCE hinaus. Im Fall struktureller Änderungen in einer bereits gegründeten SCE soll das „Vorher-/Nachher“ Prinzip sowohl für die SCE als auch für die von den strukturellen Änderungen betroffenen Gesellschaften gelten. In der Umsetzung der Richtlinie werden die Grundsätze und Begriffsbestimmungen, aber auch das Prinzip des Vorrangs der Verhandlungslösung des Abstimmungsverfahrens und der Auffangregelungen übernommen. In Bereichen, in denen die Richtlinie den nationalen Gesetzgebern Gestaltungsspielräume eröffnet, wird auf bestehende Arbeitnehmervertretungsstrukturen zurückgegriffen, dies gilt z.B. bei der Bestimmung des Verhandlungsgremiums. Das Wahlgremium für diese Arbeitnehmervertretung besteht aus den Arbeitnehmervertretern der betroffenen Betriebe. Die Größe des Wahlgremiums ist dabei auf 40 Mitglieder begrenzt. Das Grundprinzip der Sicherung erworbener Rechte nach Gründung einer SCE ist unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs von Vereinbarungen gewahrt, um so möglichst einvernehmliche, den Strukturänderungen entsprechende Ergebnisse erzielen zu können. Bei Scheitern der Verhandlungen gilt eine Auffanglösung.
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neue rechte Seite weiter!!!
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Wesen der Genossenschaft | § 1
KOMMENTAR 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
I. Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz – GenG) vom 1. Mai 1889 (RGBl. S. 55) in der Neufassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2230), zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes v. 24.4.2015 (BGBl. I S. 642)
ERSTER ABSCHNITT Errichtung der Genossenschaft §1 Wesen der Genossenschaft § 1 Wesen der Genossenschaft Holthaus/Lehnhoff (1) Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (Genossenschaften), erwerben die Rechte einer „eingetragenen Genossenschaft“ nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Eine Beteiligung an Gesellschaften und sonstigen Personenvereinigungen einschließlich der Körperschaften des öffentlichen Rechts ist zulässig, wenn sie 1. der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft der Mitglieder der Genossenschaft oder deren sozialer oder kultureller Belange oder, 2. ohne den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Genossenschaft zu bilden, gemeinnützigen Bestrebungen der Genossenschaft zu dienen bestimmt ist. Übersicht Vorbemerkung | 1 I. Rechtsnatur der Genossenschaft | 2–15 1. Allgemeines | 2–4 2. Genossenschaftliche Merkmale | 5–15 II. Die einzelnen gesetzlichen Merkmale | 16–40 1. Gesellschaft | 16 2. Nicht geschlossene Mitgliederzahl | 17 3. Gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb | 18–25 4. Förderzweck | 26–40 III. Die Genossenschaftstypen | 41–88e 1. Kreditgenossenschaften | 42–44 2. Einkaufsgenossenschaften | 45 3. Absatzgenossenschaften | 46–48 4. Produktivgenossenschaften | 49–55 5. Konsumgenossenschaften | 56, 57 6. Werk- oder Nutzungsgenossenschaften | 58
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Wohnungsgenossenschaften | 59–87 8. Andere Genossenschaftsarten | 88–88e IV. Entstehung durch Gründung | 89 V. Beteiligung | 90–93 1. Begriff der Beteiligung | 90–91 2. Bedeutung der Beteiligung | 92–93 VI. Zulässigkeit der Beteiligung | 94–98 1. Beteiligung dient der Förderung der Mitglieder | 94–97 2. Beteiligung dient gemeinnützigen Bestrebungen | 98 VII. Beteiligungsmöglichkeiten an der eG | 99–106 VIII. Rechtsfolgen bei unzulässigen Beteiligungen | 107 IX. Kapitalanlagegesetzbuch und eG | 108–109 X. Europäische Genossenschaft (SCE) | 110
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§ 1 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
Vorbemerkung 1
Mit der Einführung der Kurzbezeichnung „Genossenschaftsgesetz“ wird der bereits in einigen Gesetzen verwendeten und in der Praxis üblichen Terminologie entsprochen, zumal die bisherige Formulierung durch Erweiterung des Förderzwecks auf kulturelle und soziale Belange zu eng wurde. Seit Erlass des GenG 1889 wurde der Wortlaut des § 1 aus grundsätzlichen Erwägungen nicht geändert. Erst durch die Novelle 2006 wurde die Formulierung zeitgemäß gefasst, die Möglichkeit der Förderung auf soziale und kulturelle Belange erweitert und der Katalog der Genossenschaftstypen, da teilweise überholt, gestrichen.1 I. Rechtsnatur der Genossenschaft
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1. Allgemeines. Der Begriff der Genossenschaft kann ökonomisch, soziologisch oder rechtlich gesehen werden. Entwicklungsgeschichtlich gesehen, ist der Begriff der eG kein Rechtsbegriff, sondern eine Umschreibung wirtschaftlicher und soziologischer Sachverhalte.2 Die Trennung der eG in eine Vereinsstruktur als Träger des Unternehmens und das Unternehmen selbst hat in Anbetracht der betrieblichen Wirklichkeit nur noch theoretische und geschichtliche Bedeutung. Gleiches gilt für die These, der (ehrenamtliche) Vorstand sei zuständig für die strategischen Entscheidungen, während das operative Geschäft einer Geschäftsführung in Weisungsabhängigkeit vom Vorstand obliege; dies widerspräche der Leitungsstruktur nach geltendem Recht (§ 27). Die eG ist eine zeitlose3 Unternehmensform, die ihren Grundauftrag der Mitgliederförderung unter sehr verschiedenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen erfüllen kann, sofern nur die Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung beachtet werden. Die Idee genossenschaftlicher Arbeit kann in einfachen wirtschaftlichen Strukturen Bedeutung haben, wie auch in hoch entwickelten Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen. Grundlage ist die Verbindung von gesundem Eigennutz (Förderung der eigenen Interessen) mit dem Prinzip der Solidarität (Berücksichtigung der gleichgerichteten Interessen der anderen Mitglieder). Dieser zeitlose und rechtsformunabhängige Genossenschaftsbegriff meint jede Zusammenarbeit aus der Erkenntnis, dass andere gleiche Ziele haben, und dass diese Ziele durch gemeinsames Bemühen leichter und effizienter zu erreichen sind. Die eG gibt somit den organisatorischen Rahmen zur Verwirklichung von Synergie-Effekten für die Beteiligten. Eine solche Zusammenarbeit hat es gegeben, seit es Menschen gibt; sie wird in verschiedensten Formen auch in Zukunft unverzichtbar bleiben.4 Neben den positiv festgelegten gesetzlichen Merkmalen der eG wird ein „überpositiver Genossenschaftsbegriff“ anerkannt. Der gesetzliche Genossenschaftsbegriff stimmt in manchen Merkmalen mit dem überpositiven Begriff überein; dies gilt insbesondere für den Förderzweck. Aus dem überpositiven Genossenschaftsbegriff ergeben sich darüber hinaus aber die Grundsätze der Selbsthilfe, der Selbstverwaltung, der Selbstverantwortung, der grds. Identität von Mitglied und Kunde, von Träger und Nutzer.5 eG im Sinne
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1 Begründung BT-Drs. 16/1025 S. 24, 80. 2 Vgl. Paulick S. 3 ff.; Näheres Winter Genossenschaftswesen; vgl. Faust Geschichte der Genossenschaftsbewegung; v. Gierke Das deutsche Genossenschaftsrecht; Engelhardt Allgemeine Ideengeschichte des Genossenschaftsvereins; Dülfer Die Unternehmenskultur der Genossenschaft. 3 Zur Genossenschaftsidee und wie es weitergehen könnte: Beuthien AG 2012, 867. 4 Vgl. den Überblick bei Cario Vom Sportverein zur Sport-eG, S. 112 ff. m.w.N. 5 Vgl. Winter S. 54 ff.; Patera/Zacherl in: HdG Sp. 744 ff.; Genossenschaftstheorie, Engelhardt in: HdG Sp. 812.
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des GenG können als Genossenschaften im engeren Sinne verstanden werden. Darunter fallen auch noch nicht eingetragene eG, sofern die Eintragung beabsichtigt ist (vgl. Erläuterungen zu § 23). Genossenschaften im weiteren Sinne sind dagegen genossenschaftliche Zusammenschlüsse als soziale oder wirtschaftliche Verbandsbildungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung und der genossenschaftlichen Solidarität. Solche eG können in unterschiedlichen Rechtsformen, wie z.B. als Vereine oder BGB-Gesellschaften bestehen, dies deutet die Formulierung des § 1 an;6 sie können jedoch nur unter den Voraussetzungen des GenG in das Genossenschaftsregister eingetragen werden. Sie dürfen im Rechtsverkehr als „Genossenschaften“ auftreten, nicht aber als „eG“ oder „eingetragene Genossenschaften“. In der Literatur7 wird z.T. die Doppelnatur der eG als Personenvereinigung und Betriebswirtschaft sowie der genossenschaftliche Grundauftrag der Mitgliederförderung betont.8 Wie bei jeder wirtschaftlich tätigen Gesellschaft besteht auch zur eG eine zweifache 3 Beziehung: Als Kapitalgeber und als Kunde („Identitätsprinzip“). Bei der Kapitalgesellschaft sind Kapitalgeber und Kunden grundsätzlich verschiedene Personen mit gegensätzlichen Interessen. Bei der eG besteht dagegen zwischen beiden Positionen grundsätzlich Personenidentität mit dem einheitlichen Interesse der wirtschaftlichen Förderung. Diese Struktur bestimmt die einzelnen Regelungen des GenG; nach ihr sind besondere Fragestellungen zu beurteilen wie z.B. Förderzweck, die personale Struktur, die dogmatische Einordnung des Gewinns, die Ausschüttung einer Kapitaldividende, die Kapitalbeteiligung Dritter an der eG, die Ausgliederung des operativen Geschäftes, Inhalt und Umfang der Rechte und Pflichten der Mitglieder usw. Die Beziehung zum Kunden stellt bei der eG die „Primärbeziehung“ dar. Die Kapitalbeteiligung ist als „Sekundärbeziehung“ nur Mittel zum Zweck der Schaffung von Fördereinrichtungen (s. Rdn. 11). Die Besonderheiten der genossenschaftlichen Rechtsform gebieten es, nur mit gro- 4 ßer Zurückhaltung Analogien zum Recht der Kapitalgesellschaften, vor allem der Aktiengesellschaft, anzuwenden. Zweifelsfragen, die sich aus den Regelungen des GenG ergeben, sind in erster Linie aus der Rechtsnatur der eG, ihrem gesetzlichen Förderauftrag und den anerkannten genossenschaftlichen Grundsätzen zu klären; nur ausnahmsweise und ergänzend dazu kann eine entsprechende Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften in Betracht kommen. 2. Genossenschaftliche Merkmale. Der Grundsatz der Selbsthilfe9 findet seinen 5 Ausdruck in der Erwartung, dass die Beteiligung an der eG und die Zusammenarbeit mit ihr oder in ihr zur Befriedigung eigener (wirtschaftlicher) Bedürfnisse, insbesondere zum Nachteilsausgleich im Wettbewerb, beitragen wird. Genossenschaftliche Selbsthilfe bedeutet im Einzelnen – freiwilliger Zusammenschluss der Mitglieder, – Aufbringung der erforderlichen finanziellen Mittel durch die Mitglieder, – Bereitschaft, füreinander einzustehen („Einer für alle, alle für einen“).
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6 Beuthien GenG § 1 Rdn. 1. 7 Henzler Die Genossenschaft, S. 22. 8 Wegen der Doppelnatur vgl. Draheim Die Genossenschaft als Unternehmenstyp. Zur betriebswirtschaftlichen Einordnung vgl. Dülfer Betriebswirtschaftslehre der Kooperative; Eschenburg Ökonomische Theorie der genossenschaftlichen Zusammenarbeit; Dülfer ZfgG 1981, 93 ff., der insbesondere Grundlagen der „Systemtheorie“ sowie Erkenntnisse der Verhaltens- und Motivationsforschung einbezieht. Wegen Fragen genossenschaftlicher „Zielsysteme“ vgl. Übersicht bei Dülfer in: HdG Spalte 1857. 9 Zu den genossenschaftlichen Grundsätzen vgl. Beuthien GenG § 1 Rdn. 37 ff.
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Der genossenschaftliche Grundsatz der Selbstverwaltung folgt aus dem Grundsatz der Selbsthilfe. Er findet seine positive Ausgestaltung vor allem in § 43 Abs. 1 GenG: Die Mitglieder üben ihre Rechte im Hinblick auf die Gestaltung der eG in der GV aus. Die Selbstverwaltung der eG schließt es aus, dass die eG Weisungen Dritter unterworfen ist. Dies gilt z.B. auch im Verhältnis zum genossenschaftlichen Prüfungsverband, der beratend und betreuend tätig wird und auch im Prüfungsbereich lediglich Beanstandungen erheben kann mit entsprechenden Informationen und Mahnungen an die Genossenschaftsorgane.10 Das genossenschaftliche Prinzip der Selbstverantwortung folgt aus dem Grundsatz der Selbstverwaltung. Im Mittelpunkt der Selbstverantwortung steht die Verpflichtung der Mitglieder, ggf. durch Leistung von Nachschüssen für die Verbindlichkeiten der eG einzustehen. Diese Verpflichtung wird in der Insolvenz der eG oder beim Ausscheiden einzelner Mitglieder im Falle der Überschuldung der eG aktuell (§ 73 Abs. 2). Auch die Regelung des § 87a ist Ausdruck der Selbstverantwortung der Mitglieder: Unter bestimmten Voraussetzungen haben die Mitglieder Nachzahlungen zu leisten, durch die die Insolvenz abgewendet werden soll. Diese zusätzlichen Zahlungen der Mitglieder werden im Fall der Insolvenz auf die Nachschusspflicht nicht angerechnet. Der genossenschaftliche Grundsatz der Identität von Mitglied und Kunde ist unmittelbare Folge des Auftrags zur Förderung von Erwerb oder Wirtschaft. Dadurch kommt der dienende Charakter der eG zum Ausdruck. Die „genossenschaftliche Betriebswirtschaft“11 ist nicht Selbstzweck, sondern auf die Mitgliederwirtschaften ausgerichtet. Die Identität setzt voraus, dass die Mitglieder grundsätzlich in der Lage und bereit sind, die Einrichtung der eG in Anspruch zu nehmen. Nicht erforderlich ist, dass diese Kundenbeziehung tatsächlich zu jeder Zeit auch besteht. Von ihrer körperschaftlichen Struktur her ist die eG dem Verein (§§ 21 ff. BGB) verwandt, Beuthien spricht vom Förderwirtschaftsverein, der gem. besonderem Recht dem subsidiär geltenden Vereinsrecht Rechtspersönlichkeit nicht durch Verleihung sondern durch Eintragung ins Genossenschaftsregister erlangt. 12 Soweit nicht das Genossenschaftsrecht besondere Regelungen enthält oder sich rechtliche Interpretationen nicht aus der Rechtsnatur der eG ableiten lassen, können ergänzend die Vorschriften des Vereinsrechts herangezogen werden, soweit dies sachlich angemessen ist.13 Die eG ist eine Vereinigung mit besonderem Zweck. Diese Vereinigung kann nur dann eG im Sinne des Gesetzes sein, wenn ihre Satzung, ihre Struktur und Handlungsweise daraufhin ausgerichtet ist, die Mitglieder zu fördern. Dieser Zweck ist im Gesetz zwingend festgelegt; andere Hauptzwecke kann die eG nicht verfolgen (s. auch § 81). Aufgrund des Förderzwecks ist die eG auf ihre Mitglieder und vorwiegend personalistisch ausgerichtet (vgl. Rdn 16). So orientiert sich z.B. das Stimmrecht in der GV nicht an der Höhe der Kapitalbeteiligung, sondern grundsätzlich an der persönlichen Mitgliedschaft.14 Durch Beschlüsse in der GV entscheiden die Mitglieder in allen grundlegenden Fragen der eG (vgl. Erl. zu § 43). Die eG hat kein festes Kapital; die Kapitalbeteiligung ist Mittel zum Zweck der wirtschaftlichen Mitgliederförderung. Entscheidend ist die
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10 Vgl. hierzu: Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, mit Beiträgen von Metz, Bungenstock, Niclas und Homann. 11 Vgl. Fn. 6. 12 Beuthien GenG § 1 Rdn. 1. 13 Weber eG als Sonderverein S. 27 ff.; vgl. Müller GenG § 1. 14 Vgl. Beuthien GenG § 1 Rdn. 41; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 1 Rdn. 3.
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Beziehung des Mitglieds als Kunde der eG und nicht die kapitalmäßige Beteiligung (s. Rdn. 3). Die Struktur der eG entspricht demokratischen Grundsätzen. Dies gilt für jede Form der Entscheidungsfindung in der eG sowie für die „Gewaltenteilung“ zwischen Vorstand (§ 27), Aufsichtsrat (§ 38) und GV (§ 43). Zwischen Mitglied und eG besteht ein besonderes Treueverhältnis (vgl. § 18 Rdn. 37 f.). Es ist Grundlage für die Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen. Für die Behandlung der Mitglieder durch die eG gilt der „Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder“ (vgl. Erl. zu § 18). Die eG kann eine Mitgliedschaft nicht durch Kündigung beenden, sondern nur durch „Ausschluss“, wenn konkrete gesetzliche oder satzungsmäßige Ausschlusstatbestände erfüllt sind. Die eG besitzt Rechtsfähigkeit; sie ist „Kaufmann“ im Sinne des HGB (§ 17). Vor der Eintragung ist die gegründete eG eine „nicht eingetragene“ und damit nicht rechtsfähige eG. Auf diese „Vorgenossenschaft“ findet das Genossenschaftsrecht Anwendung, soweit dies nicht Rechtsfähigkeit und damit Eintragung voraussetzt (vgl. Erl. zu § 13). Der Gesetzgeber hat in verschiedenen Bereichen die Besonderheiten der genossenschaftlichen Unternehmensform anerkannt. Im Interesse der Mitglieder bestehen für eG Ausnahmeregelungen, wie z.B. im in § 7 Abs. 1 Nr. 2 RechtsdienstleistungsG. Wenn eG (oder ihre Verbände) im Rahmen ihres durch die Satzung festgelegten Aufgabenbereichs ihre Mitglieder rechtlich beraten und betreuen, bedürfen sie dafür nicht der behördlichen Erlaubnis. Dieses „Genossenschaftsprivileg“ hat Bedeutung z.B. beim Forderungsinkasso, dem Dienstleistungsspektrum von gewerblichen eG oder auch bei den vielfältigen Rechtsfragen, die in Zusammenhang mit der Kredit- und Anlageberatung durch Genossenschaftsbanken entstehen können (s. zur Beratung durch Syndikusanwälte § 63b Rdn. 8).
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II. Die einzelnen gesetzlichen Merkmale 1. Gesellschaft. Die eG wird in § 1 als Gesellschaft bezeichnet im Sinne eines Zu- 16 sammenschlusses von Rechtsträgern als natürliche Personen, juristische Personen oder Personengesellschaften. Sie ist aber nicht Gesellschaft im Sinne der §§ 705 ff. BGB, sondern hat – wie auch die Kapitalgesellschaft – eine körperschaftliche Verfassung entsprechend dem Verein, losgelöst von der unmittelbaren Abhängigkeit von bestimmten Personen, die für eine Personengesellschaft kennzeichnend ist. Von der Kapitalgesellschaft unterscheidet sich die eG durch ihre personalistische Struktur. Bei ihr steht das Mitglied und dessen Förderung im Mittelpunkt.15 Diese personalistische Struktur hat demgemäß ihre Grundlage in dem auf die Person des Mitglieds ausgerichteten wirtschaftlichen Förderauftrag; die Kapitalbeteiligung ist nur Mittel zu diesem Zweck (s. Rdn. 11 und 3). Die eG ist damit ein durch Gesetz geschaffener besonderer Typus eines wirtschaftlichen Vereins, auf den analog Vereinsrecht angewandt werden kann.16 2. Nicht geschlossene Mitgliederzahl. Das Merkmal der nicht geschlossenen 17 Mitgliederzahl hat zum Inhalt, dass die eG in ihrem Bestehen vom Eintritt und Ausscheiden der Mitglieder grundsätzlich unabhängig ist, im Gegensatz z.B. zu oHG und
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15 RGZ 87, 408; 122, 253; 143, 296; 147, 257; Beuthien GenG § 1 Rdn. 3. 16 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 2 u. 3; Beuthien GenG § 1 Rdn. 2; vgl. auch Röhrich Württemb. Genossenschaftsblatt 7/2006, S. 40 ff.
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KG.17 Ein Wechsel im Mitgliederbestand kann auch nicht durch die Satzung ausgeschlossen werden. Die Satzung kann aber die Mitgliederzahl nach oben oder unten beschränken (wg. § 4 aber nicht unter drei). Ein Verstoß gegen diese satzungsmäßigen Grenzen berührt weder den Bestand der eG noch die rechtliche Wirksamkeit der Mitgliedschaften; es handelt sich aber um eine Pflichtwidrigkeit mit entsprechenden Folgen für die Frage der Verantwortung und Haftung der zuständigen Organmitglieder. Eine Unterschreitung der satzungsmäßigen Mindestzahl führt nur dann zur Auflösung, wenn dieser Zustand nicht alsbald durch Aufnahme neuer Mitglieder beseitigt wird. § 80 ist analog anzuwenden.18 Die Satzung kann die Aufnahme von bestimmten persönlichen und sachlichen Voraussetzungen abhängig machen (Näheres § 15).19 Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf die Aufnahme in die eG. Ein solcher Anspruch kann ausnahmsweise aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarungen begründet sein (Näheres § 15 und § 54 Rdn. 8 ff. für den Verband). 3. Gemeinschaftlicher Geschäftsbetrieb. Die eG ist weiter gekennzeichnet durch einen „gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb“ – eine auf Dauer angelegte Zusammenfassung sachlicher, personeller oder organisatorischer Mittel zur Erreichung des Unternehmenszwecks. Die Bedeutung des Merkmals „gemeinschaftlicher“ Geschäftsbetrieb ist umstritten.20 Nach der Entstehungsgeschichte soll es sich nur um eine Formulierungsfrage gehandelt haben gegenüber der zunächst vorgesehenen Fassung „genossenschaftlicher Geschäftsbetrieb“.21 Auch diese Bedeutung schließt aber nicht aus, dass die noch heute gültige Fassung ursprünglich auf eine unmittelbare Beteiligung der Mitglieder am gemeinschaftlichen genossenschaftlichen Betrieb hinweisen sollte.22 Im Laufe der Zeit haben sich die Genossenschaftsbetriebe gegenüber den Mitgliederbetrieben verselbstständigt. Unmittelbarer Träger des Betriebes ist die eG. Es kommt aber weiterhin zum Ausdruck, dass in diesem Betrieb gemeinschaftliche Förderinteressen der Mitglieder zu verwirklichen sind, dass die eG auch als selbstständiges Unternehmen betriebliche Hilfsund Ergänzungsfunktionen für die Mitglieder hat.23 Der Betrieb muss den Mitgliedern die Möglichkeit geben, seine Leistungen in Anspruch zu nehmen.24 Es gibt keine organisatorischen Mindestvoraussetzungen wie ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb oder einen bestimmten Geschäftsumfang.25 Zu Recht weist daher die Begründung zur Novelle 2006 auf die Notwendigkeit dieses Merkmals hin, wenn die eG soziale oder kulturelle Zwecke verfolgt.26 19 Die Vermittlung verbilligter Einkaufsmöglichkeiten genügt grundsätzlich der gesetzlichen Bestimmung über den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb, auch wenn die Lieferungen nicht über die eG erfolgen.27 Es genügt, wenn die wirtschaftlichen Vorteile des Genossenschaftsbetriebs in einer Senkung der innerbetrieblichen Kosten der Mitgliedsunternehmen bestehen.28
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So auch Müller GenG § 1 Rdn. 4. Zu eng Müller GenG § 1 Rdn. 7. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 3. Vgl. Müller GenG § 1 Rdn. 39. Parisius/Crüger/Citron Einleitung S. 13. Vgl. Winter S. 62. Vgl. Henzler Die Genossenschaft, S. 25. Vgl. LG Aachen ZfgG 1972, 71 mit Anm. Schnorr von Carolsfeld; Parisius/Crüger/Citron § 1 Anm. 18. Beuthien GenG § 1 Rdn. 28. BT-Drs. 16/1025 S. 80. Vgl. OLG Naumburg BlfG 1905, 314; Parisius/Crüger/Citron § 1 Anm. 18. LG Aachen ZfgG 1972, 71.
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Auch das Halten von Beteiligungen (hierzu ausführlicher Rdn. 94–98) kann das 20 Merkmal des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllen; dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen.29 Eine zu enge und formalistische Betrachtung ist mit Rücksicht auf veränderte Unternehmens- und Betriebsformen abzulehnen.30 Das Gesetz geht von einem eigenen Geschäftsbetrieb der eG als Begriffsmerkmal aus. Nach herkömmlicher Betrachtung ergaben sich dabei Bedenken gegen die Ausgliederung wesentlicher Betriebsteile und noch mehr gegen die Verpachtung des gesamten Geschäftsbetriebs der eG allein zu dem Zweck, die Pachtzinsen als Unternehmensertrag an die Mitglieder zu verteilen; dies sei auch keine Förderleistung im Sinne von § 1 Abs. 1.31 Es wäre aber nicht sachgerecht und würde der Zielrichtung des Gesetzes widersprechen, wenn hier – aus rechtsformalen Gründen – Entwicklungen in der Wirtschaft unberücksichtigt blieben. Die Ausgliederung wesentlicher Betriebsteile, vor allem auch des gesamten operativen Geschäftes bedarf aber als Ausnahme stets einer besonderen Rechtfertigung. Maßstab für die Zulässigkeit bleiben die Förderinteressen der Mitglieder. Soweit eine Ausgliederung oder Betriebsverpachtung geeignet erscheint, den wirtschaftlichen Förderinteressen der Mitglieder zu dienen, muss diesen Mitgliedern in der GV die Entscheidung vorbehalten bleiben, dies auch im Rahmen einer eG zu tun (vgl. a. Erl. zu § 16 und § 27). So kann z.B. die Ausgliederung des Betriebes einer Agrargenossenschaft zum Zwecke der Verpachtung durchaus den Förderinteressen der Mitglieder als Grundstückseigentümer entsprechen, wenn eine Fortführung in eigener Regie nicht möglich oder nicht wirtschaftlich ist. Die eG kann dann als „Verpächtergenossenschaft“ weiter bestehen; ihr Geschäftsbetrieb beschränkt sich auf Betreuung und Verwaltung der vielfältigen Interessen der Mitglieder untereinander und im Verhältnis zum Pächter. Im Übrigen ist die Zulässigkeit der Ausgliederung von Betriebsteilen an dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand zu messen und daran, ob diese geänderte Betriebsstruktur die Förderinteressen der Mitglieder nicht beeinträchtigt. 32 Insoweit gelten vergleichbare Maßstäbe wie bei einer Beteiligung der eG (vgl. Rdn. 90 ff.). Bei Ausgliederung des gesamten operativen Geschäftsbetriebs kann die eG nur bestehen bleiben, wenn sie noch in der Lage ist, ihren gesetzlichen Zweck, nämlich die Förderung der Mitglieder, weiterhin zu erfüllen. Dies ist z.B. dann gewährleistet, wenn bestimmte Anlieferungspflichten der Mitglieder gegenüber der eG weiterbestehen und wenn zwischen eG und Betriebsgesellschaft eine Vereinbarung getroffen wird, nach der die Betriebsgesellschaft verpflichtet wird, die Anlieferungen der Genossenschaftsmitglieder anzunehmen.33 In Anbetracht der geänderten Strukturverhältnisse ist es grundsätzlich unbedenk- 21 lich, wenn z.B. mehrere eG, die sowohl das Bank- als auch das Warengeschäft betreiben, im Interesse ihrer Mitglieder das Warengeschäft ausgliedern und es auf eine gemeinschaftlich betriebene eG übertragen. Es handelt sich hierbei um einen „weitergeleiteten Förderauftrag“; die Förderung der Mitglieder kann betriebswirtschaftlich mit dieser
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29 Vgl. BayObLG BB 1985, 426 = DB 1985, 749 = Rpfleger 1985, 117. 30 Vgl. hierzu OLG Hamm Urt. v. 1.3.1972, Az. 8 U 245/71. Näher hierzu Beuthien Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, auch – mit engerer Auffassung Gaßner Rpfleger 1980, 409 ff.; Götz Verbundbildung bei den Einkaufsgenossenschaften des Lebensmittelhandels und einzelgenossenschaftlicher Förderauftrag. 31 So noch Pauli Typenbeschränkung, S. 90; Müller GenG § 1 Rdn. 37a; Gaßner Rpfleger 1980, 47 ff.; zutreffend abwägend dagegen Beuthien GenG § 1 Rdn. 34 zu „Pachtgenossenschaften“ und § 1 Rdn. 93 zu „Haltegenossenschaften“. 32 So im Ergebnis auch Linnemann in Festschrift für Schaffland, S. 277 ff. 33 OLG Hamm Urt. v. 1.3.1972, Az. 8 U 245/71.
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Konstruktion u.U. besser erreicht werden als durch Fortführung des Warengeschäfts im Betrieb der einzelnen eG. Es muss sich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handeln; dies gilt auch, wenn kulturelle oder soziale Ziele verfolgt werden.34 Zulässig war schon bisher die eG als Träger z.B. einer Schuleinrichtung; die wirtschaftliche Förderung besteht u.a. darin, dass durch die eG die wirtschaftlichen Voraussetzungen geschaffen werden, ein bestimmtes Bildungsziel zu erreichen.35 Der Genossenschaftsbetrieb kann grundsätzlich jede (wirtschaftliche) Tätigkeit zum Gegenstand haben. Eine reine Vermögensverwaltungsgenossenschaft und erst recht eine Dividendengenossenschaft36 sind unzulässig, da keine aktive Mitgliederförderung betrieben wird. Daneben bestehen gesetzliche Ausnahmeregelungen, wonach bestimmte Tätigkeiten nicht in der Rechtsform der eG durchgeführt werden können, z.B. der Betrieb einer Bausparkasse (§ 2 Abs. 1 Gesetz über Bausparkassen) und eines Versicherungsunternehmens (§ 7 Abs. 1 VAG). Der Geschäftsbetrieb der eG muss nicht den Charakter eines „Gewerbes“ haben; auch freiberuflich Tätige (z.B. Architekten) können sich zu einer eG zusammenschließen.37 Die eG haben das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) zu beachten. Ihnen sind nach § 2 RDG Rechtsdienstleistungen, einschl. der Inkassotätigkeit erlaubt (auch im Rahmen einer Tochtergesellschaft), soweit sie nicht von einer den normalen Aufgabenbereich übergeordneter Tätigkeit sind (Rdn. 43). Dann bedarf es allerdings einer juristisch qualifizierten Person (§ 7 RDG). Nach § 5 Abs. 1 RDG sind Rechtsberatungen erlaubt als Ergänzung zur Haupttätigkeit (Beispiel: Beratung bei Förderkrediten, generell Kreditberatung oder Beratung des Bankkunden in Sachen Vertrag zugunsten eines Dritten auf den Todesfall; Haus- und Wohnungsverwaltung). Die Übernahme von Testamentsvollstreckungen ist weniger Rechtsberatung als hauptsächlich Vermögensverwaltung, also wirtschaftliche Tätigkeit.38 Gemeinschaftlich muss der Geschäftsbetrieb in dem Sinne sein, dass die eG ein eigenes Unternehmen betreibt, dessen Träger die Mitglieder in ihrer Verkörperung durch die eG sein müssen.39 Aus dem Merkmal des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs ist auch zu folgern, dass sich die Tätigkeit der eG grundsätzlich auf den Kreis der Mitglieder zu beschränken hat.40 Auch die Erfüllung eines sozialen oder kulturellen Förderzwecks dürfte in der Regel durch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfolgen, zumal durch die Bejahung dieses Merkmals kein Urteil über die erwerbssteuerliche Behandlung abgegeben wird. Durch die Erweiterung des § 1 Abs. 1 auf soziale oder kulturelle Belange kommt dieser Frage aber keine gesonderte Bedeutung zu (vgl. Rdn. 34). Die Einstellung des Fördergeschäftsbetriebs berührt dann nicht notwendig die Existenz der eG als Förderunternehmen, wenn und solange die Wiederaufnahme des ursprünglichen oder eines neuen Förderbetriebs möglich ist.41
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34 LG Tübingen, Beschl. v. 11.6.1980, Az. II HGR 1/79; KGJ 14, 43; Paulick S. 55. 35 Beispiel: Waldorfschule, LG Konstanz ZfgG 1975, 305 f. m. Anm. von Blomeyer a.a.O., S. 310 ff. Auch eine Sport-eG hat letztlich einen wirtschaftlichen Zweck, da es sich bei dem Sport um ein Wirtschaftsgut handelt, vgl. die Ausf. bei Cario Vom Sportverein zur Sport-eG, S. 162 ff. 36 BGH WM 2009, 1229 = ZIP 2009, 1318; NJW-RR 2009, 1262 = DB 2009, 1457. 37 LG Aachen, ZfgG 1975, 306; Beuthien GenG § 1 Rdn. 28. 38 BGH NJW 2005, 969 = WM 2005, 412; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 40. 39 LG Aachen ZfgG 1972, 71; ähnlich Müller GenG § 1 Rdn. 44 mit der Begründung aus der Entstehungsgeschichte des § 1 Abs. 1. 40 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 6; wegen Nichtmitgliedergeschäft vgl. Erl. zu § 8. 41 Bay ObLG, a.a.O.; Beuthien Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund S. 42 ff.
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4. Förderzweck.42 Die eG kann nur einen zulässigen Zweck haben: Die Förderung 26 der Mitglieder (genossenschaftlicher Grundauftrag, Förderauftrag).43 Seit der Novelle 2006 ist wie in der SCE (Art. 1 Abs. 3 SCE VO) neben der Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft auch die Förderung sozialer und kultureller Belange ausreichend (vgl. Erl. Rdn. 34). Unmittelbar aus dem Gesetz ergeben sich die Komponenten: Wirtschaftliche Förderung – Förderung der Mitglieder – Förderung durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Der Förderauftrag bezieht sich ausschließlich auf die Mitglieder der eG; Nichtmitglieder haben insoweit keinerlei Rechte. Der Förderzweck kann in besonderen Fällen z.B. bei Wohnungsgenossenschaften auch die Familie des Mitglieds einbeziehen.44 Unter Förderung von „Erwerb“ wird die Förderung von „Gewerbe“ bzw. – moderner 27 ausgedrückt – der beruflichen Lebenssphäre der Mitglieder, unter Förderung der „Wirtschaft“ die Förderung der privaten Hauswirtschaften der Mitglieder (privater Lebensbereich) verstanden.45 „Gewerbe“ ist nicht im engen Sinn von § 1 Abs. 2 HGB zu verstehen, zumal sich die Begriffe „Erwerb“ und „Wirtschaft“ überschneiden;46 gemeint ist vielmehr jede nachhaltige berufliche oder gewerbliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, wie § 2 UStG definiert.47 Als zu eng abzulehnen KG,48 wo übersehen wird, dass eine gemeinsame Kegelhalle für die Mitglieder wirtschaftliche Ersparnisse erreichen soll.49 Förderung im Sinne von § 1 verlangt nicht, dass die eG Leistungen an ihre Mitglieder entgeltlich weitergibt.50 Zweck der eG ist es, im weitesten Sinne für die Mitglieder ökonomische Leistungen zu erbringen. Für die Erwirtschaftung dieser Leistungen gelten bei eG keine Besonderheiten. Die eG erfüllt ihren Zweck (Förderauftrag), wenn sie – eine Leistung erwirtschaftet, – diese an die Mitglieder weitergibt, – den eigenen Betrieb absichert, um langfristig förderfähig zu bleiben.51
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42 Literaturhinweise: Henzler Der genossenschaftliche Grundauftrag, Förderung der Mitglieder, Veröffentlichung der Deutschen Genossenschaftskasse Bd. 8, Frankfurt/M. 1970; Seuster in: HdG mit ausführlicher Literaturangabe; Jahn Wesen, Inhalt und Bedeutung des genossenschaftlichen Förderungsprinzips, Erlangen 1969; Westermann Zur Reform, Bd. 1 S. 86 ff.; Wagner ZfgG 1980, 295 ff.; zur aktuellen Problematik: Metz Rheinisches Genossenschaftsblatt 1980, S. 29 ff. und 71 ff.; zur Frage der „Operationalisierung“ (Berechenbarkeit und Nachweisbarkeit der Erfüllung) des Förderauftrags, zu „Förderplan“ und „Förderbericht“, insbesondere Boettcher ZfgG 1979, 198 ff.; Boettcher Der Förderbericht in Kreditgenossenschaften, 1982; Dülfer Der Förderungsauftrag als Gegenstand von Geschäftsbericht und Pflichtprüfungen; Patera ZfgG 1981, 212; Jäger ZfgG 1981, 241; Blümle Genossenschaftspolitik u. Förderauftrag, ZfgG 1981, 234; Engelhardt ZfgG 1981, 238; Zacherl ZfgG 1981, 227; Kuhn Gedanken zur Konzeption einer genossenschaftsadäquaten Geschäftspolitik der Kreditgenossenschaften, ZfgG 1986, 5 ff. Auch Luger Erfolgsentwicklung der eG; zu betriebswirtschaftlichen Aspekten: Dülfer Betriebswirtschaftslehre der Kooperative; Michel Die Fördergeschäftsbeziehung zwischen Genossenschaft und Mitglied, Marburger Schriften zum Genossenschaftswesen, Bd. 63, 1987; WM 1988, 1466 und ZfgG 1990, 221 m. zust. Anm. Hadding; Baumgartl Förderungsauftrag. 43 Ringle, Der genossenschaftliche Förderauftrag: Missverständnisse und Präzisierungsversuche ZfgG 2010, 176 ff. 44 OLG Karlsruhe ZfgG 1985, 198 ff. = NJW 1984, 2584. 45 Näheres Blomeyer ZfgG 1975, 310; Paulick S. 52, vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 7. 46 Blomeyer ZfgG 1975, 310. 47 Für Architektengenossenschaft LG Aachen, ZfgG 1975, 306; für Waldorfschule LG Konstanz, ZfgG 1975, 305 f. 48 Urt. des KG JW 1929, 1151. 49 Vgl. Blomeyer ZfgG 1975, 310. 50 BayObLG ZfgG 1987, 102 mit Anm. Hadding. 51 Vgl. Metz Förderauftrag, Rheinisches Genossenschaftsblatt 1980, S. 29 ff. u. 71 ff.; so auch BayObLG BB 1985, 426 = BB 1985, 749 = Rpfleger 1985, 117.
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Der Markterfolg des Unternehmens eG bedeutet noch keine Erfüllung des Förderauftrags. Die eG muss ihre Geschäfte vielmehr so anlegen und ihre Gewinne so verwenden, dass die Mitglieder hiervon den größtmöglichen Nutzen haben.52 Daraus folgt auch die Einordnung des Gewinnes im genossenschaftlichen Unternehmen; er ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck der Erfüllung des Förderauftrags.53 Die Diskussion der Frage, ob die eG überhaupt Gewinne machen darf, geht zum Teil am Problem vorbei: Die eG muss ihren Geschäftsbetrieb soweit auf Gewinnerzielung ausrichten, als dies zur dauerhaften Sicherung des Förderunternehmens im Wettbewerb erforderlich ist. Grundsätzlich bedeutet dies, dass Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern zur Stärkung des Eigenkapitals thesauriert werden oder im Rahmen der genossenschaftlichen Rückvergütung erst gar nicht entstehen sollten – unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit der Ausschüttung an die Mitglieder (vgl. Erl. zu § 19). Bei Genossenschaftsbanken gebieten die Regelungen des KWG eine in bestimmtem Umfang auf Gewinn ausgerichtete Geschäftspolitik, damit überhaupt das erforderliche Eigenkapital erwirtschaftet werden kann. Aber auch diese Politik hat sich letztlich am genossenschaftlichen Förderauftrag zu orientieren; der Gewinn darf auch hier nicht Selbstzweck werden, sondern muss Mittel zur Stärkung der eG bleiben. Die umfassende Interpretation des Förderauftrags schließt ein, dass die Förderung auch „mittelbar“ erfolgen kann, sofern dadurch den Mitgliedern wirtschaftliche Vorteile zukommen.54 Förderung wird erreicht durch Vermehrung der Einnahmen oder Verminderung 29 der Ausgaben der Mitglieder;55 z.B. durch Schaffung oder Verbesserung von Arbeits- oder Absatzmöglichkeiten. Ausgaben werden vermindert z.B. durch (vorteilhafte) Beschaffung von Rohstoffen, Krediten, Dienstleistungen oder Produktionsmitteln. Es ist nicht erforderlich, dass die Förderung konkret allen Mitgliedern zugutekommt; sie muss lediglich allen Mitgliedern angeboten sein (Grundsatz der Gleichbehandlung, Erl. zu §§ 16 Rdn. 5, 18 Rdn. 16). Das einzelne Mitglied entscheidet selbst, welche Förderleistung es in Anspruch nehmen will. So hat auch das Registergericht nicht zu prüfen, ob der Zweck tatsächlich im Einzelfall erreicht wird.56 Der gesetzlich vorgegebene Zweck der eG setzt aber andererseits voraus, dass jedes Mitglied eine Förderbeziehung durch Teilnahme am Geschäftsbetrieb der eG ermöglicht. Ohne eine solche Kundenbeziehung verliert die Mitgliedschaft ihren Sinn, es sei denn, es handelt sich um eine investierende Mitgliedschaft i.S.d. § 8 Abs. 2. Dies muss vor allem dann gelten, wenn die Mitgliedschaft und die Einzahlung von Geschäftsguthaben im Hinblick auf die Dividende als Geldanlage missverstanden werden. Ein solcher Missbrauch der Mitgliedschaft muss der eG grundsätzlich das Recht geben, die Mitgliedschaft durch Ausschluss zu beenden (vgl. Erl. zu § 68). Aus dem Förderauftrag folgt das unentziehbare Recht jedes Mitglieds, die Einrich30 tungen der eG zu nutzen.57 Diese grundsätzliche Rechtsposition bedeutet jedoch kei-
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52 Boettcher Wie zeitgemäß ist heute noch Raiffeisen?: Niederschrift der Vorträge von Erik Boettcher ... gehalten auf den Warenwirtschaftlichen Informations-Tagungen 81/82 der Rheinische-Waren-Zentrale eG. am 1., 2., 3., 9., 10.12.1981, S. 24. 53 KG RJA 9, 241; KGJ 18, 27; Henzler Die Genossenschaft, S. 92, 94; Westermann Zur Reform, Bd. 2 S. 7 ff.; Diederichs Zur Reform, Bd. 2 S. 21 ff.; Grosse Zur Reform, Bd. 2 S. 47 ff.; Westermann Rückvergütung, S. 7. 54 Begrifflich zu eng: Baumgartl – Die Funktion des Förderungsauftrags –, der mittelbare Förderung darin sieht, dass Gewinne erwirtschaftet und verteilt werden; zutreffend Henzler Die Genossenschaft, S. 210; Westermann Zur Reform, Bd. 1 S. 89. 55 So auch BayObLG BB 1985, 426 = DB 1985, 749 = Rpfleger 1985, 117. 56 OLG 19, 339; KG BlfG 31, 809. 57 Paulick S. 190; Müller GenG § 18 Rdn. 29; vgl. § 11 Mustersatzung für Kreditgenossenschaften: „Jedes Mitglied hat das Recht, nach Maßgabe des Genossenschaftsgesetzes und der Satzung die Leistungen der eG in Anspruch zu nehmen.“
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nen Kontrahierungszwang; inwieweit die eG bestimmte Leistungen für die Mitglieder zur Verfügung hält, muss unter Berücksichtigung vor allem betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte – unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes – vom Vorstand entschieden und verantwortet werden (§§ 27, 34). Aus dem Förderauftrag folgt aber, dass die eG grundsätzlich verpflichtet ist, sich im Sinne der Mitgliederinteressen leistungsbereit zu halten. Eine Kreditgenossenschaft muss z.B. dafür Sorge tragen, dass sie stets in der Lage ist, den berechtigten Kreditwünschen der Mitglieder gerecht zu werden; eine Warengenossenschaft muss die entsprechenden Waren- und Dienstleistungen für die Mitglieder bereithalten, soweit dies betriebswirtschaftlich vertretbar ist. Falls die Satzung z.B. einer gemischtwirtschaftlichen Kreditgenossenschaft vorsieht, dass auch das Warengeschäft betrieben wird, so bleibt der Anspruch der Mitglieder auf Leistungen im Warenbereich dem Grunde nach bestehen, solange die Satzung nicht geändert wird. Verzicht auf das Warengeschäft bedarf der Satzungsänderung. Dies gilt als Grundsatz entsprechend stets dann, wenn durch eine Änderung der Tätigkeit der eG deren „Kernbereich“ berührt wird (hierzu Rdn. 97, § 16 Rdn. 3, § 27 Rdn. 19, 20, § 43 Rdn. 10). Die Aufgabe einzelner, nur beispielsweise in der Satzung genannter Unternehmensgegenstände liegt dagegen in der Entscheidung des Vorstands als Leitungsorgan.58 Der Fördergeschäftsbetrieb im Sinne von § 1 verlangt nicht, dass die eG Leistungen an ihre Mitglieder entgeltlich weitergibt.59 Bei der Ausübung des Rechts z.B. der Genossenschaftsbanken, im Rahmen der AGB die Geschäftsverbindung zu beenden, sind die Verpflichtungen aus dem Förderauftrag sowie die genossenschaftliche Treuepflicht (s. § 18) zu beachten. Dies gilt auch bei der Kündigung aus „wichtigem Grund“ für die Bewertung der Unzumutbarkeit. Eine Mitgliedschaft ohne Förderbeziehung ist auf Dauer ohne Sinn und rechtlich problematisch,60 es sei denn, es handelt sich um investierende Mitglieder (§ 8 Abs. 2). Die eG kann die Mitgliedschaft inaktiver (oder besser: nicht mehr nutzender) Mitglieder nicht kündigen. Denkbar ist jedoch, in der Satzung die Aufgabe der Förderbeziehung z.B. durch Geschäftsaufgabe oder Kündigung aller Konten als Beendigungsgrund wegen Wegfall der Mitgliedschaftsvoraussetzung festzulegen.61 Im gleichen Sinn kann ein Ausschlussgrund für Inaktive normiert werden. Für Angehörige des Vorstands und des Aufsichtsrats liegt die Rechtfertigung für eine Mitgliedschaft grundsätzlich in der Regelung des § 9 Abs. 2. Die Art der Förderung orientiert sich am Unternehmensgegenstand und an den Bedürfnissen der Mitglieder.62 Gegenstand des Unternehmens kann daher ein Betrieb zur Förderung gewerblicher, freiberuflicher,63 abhängiger oder sonstiger Tätigkeiten zur Deckung des Bedarfs der Mitglieder sein.64 Im Rahmen des gesetzlichen und satzungsmäßigen Förderauftrags ist die eG z.B. befugt, gemäß § 13 UWG für ihre Mitglieder Unterlassungsklagen durchzuführen. Die eG gilt als „Verband“ im Sinne dieser Regelung. Durch die Novelle 2006 wurden als Förderzweck auch die sozialen65 und kulturellen Belange der Mitglieder eingeführt. Voraussetzung ist auch hier, dass dies durch ei-
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58 Wegen der Ausgliederung eines ganzen Betriebsteils bei der Aktiengesellschaft vgl. BGH DB 1982, 795. 59 BayObLG DB 1985, 749 = BB 1985, 426 = Rpfleger 1985, 117. 60 Vgl. Jahn S. 96 ff. 61 Vgl. Vor § 65 Rdn. 3. 62 BGH DB 1978, 151 = ZfgG 1978, 434; Gedanken dazu auch bei Lürig Unternehmenspolitik von Genossenschaftsbanken; zum Grundsätzlichen: Lipfert Mitgliederförderndes Kooperations- und Konkurrenzmanagement in genossenschaftlichen Systemen. 63 LG Aachen ZfgG 1975, 306 mit Anm. Blomeyer. 64 Müller GenG § 1 Rdn. 20. 65 Sozialgenossenschaften, siehe Fehl ZfgG 2003, 237 f. und Seniorengenossenschaften, siehe Köstler ZfgG 2007, 257 ff.
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nen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb erfolgt (Rdn. 18). Ob dies als Hinwendung zur Tradition der in romanischen Ländern gepflegten „économie sociale“ gewertet werden kann,66 erscheint zweifelhaft. Wie die Beispiele belegen, die der Gesetzgeber für diese eG nennt: Schul-, Sport-, Medien- und Theater- und Museumsgenossenschaft, verbleibt es bei der Förderung der Mitglieder. Ob die genannten Zwecke in einem weit verstandenen Sinn bereits unter den Begriff der Förderung der privaten Wirtschaft der Mitglieder subsumiert werden können, ist nach dem Text des neuen Abs. 1 irrelevant. Die Begriffe „sozial“ und „kulturell“ sind weit auszulegen und dürften den gesamten ideellen Bereich der Mitgliederbelange abdecken.67 Beuthien stellt klar, dass die gesamte private, der materiellen und ideellen Daseinsvorsorge dienende Lebenswirtschaft, Förderobjekt ist.68 Durch die Erweiterung wird klargestellt, dass diese eG auch Mitglieder aufnehmen kann, die nur diese Belange unterstützen wollen, ohne die betriebenen Einrichtungen selbst zu nutzen; daraus wird geschlossen, dass diese eG gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. AO sein können.69 Damit wird deutlich, dass die eG hinsichtlich des Förderzwecks keine Unterschiede zur SCE aufweist (vgl. Art. 1 Abs. 3 SCE-VO). Voraussetzung bleibt aber der gemeinschaftliche Geschäftsbetrieb. Aufgrund des scheinbar grenzenlosen Begriffs „sozialer Belange“ kann die Förderleistung einer eG auch allein darin liegen, dass sie den Mitgliedern durch die Beteiligung an der Genossenschaft die Förderung regenerativer Energien ermöglicht. Ein Leistungsaustausch zwischen der eG und dem Mitglied im Sinn einer wirtschaftlichen Leistungsbeziehung verlangt § 1 Abs. 1 nicht (zur Abgrenzung von zulässigen und unzulässigen Konstruktionen bei Energiegenossenschaften vgl. Rdn. 88a ff.). Die Förderung gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Gruppierungen, z.B. der Ver35 braucher oder des Mittelstands, kann nicht Zweck der eG sein, soweit es sich nicht um Mitglieder handelt. Eine allgemeine Ausrichtung auf die Belange dieser Gruppen z.B. aus strukturpolitischen Gründen ist genossenschaftsrechtlich nicht relevant, aber zulässig. Nach bisher herrschender Meinung kann nach deutschem Genossenschaftsrecht 36 eine eG grundsätzlich nicht gemeinwirtschaftlich tätig sein.70 Das Mitglied der eG ist aktives Subjekt der Förderung; die Mitglieder bestimmen selbst durch die Satzung Art und Weise ihrer eigenen Förderung. Bei gemeinwirtschaftlichen Unternehmen sind die zu Fördernden passive Objekte der Förderung. Der Träger bestimmt allein über die Fördergruppe. Gemeinwirtschaftliche Nebenzwecke sind für die eG zulässig. Von der Gemeinwirtschaft zu unterscheiden ist allerdings der Begriff der Gemein37 nützigkeit im steuerrechtlichen Sinne. Auch eine eG kann „überwiegend gemeinnützige (drittnützige)“ Zwecke i.S.d. §§ 52, 55 AO verfolgen.71 Bezweifelt wird dies vereinzelt wegen der mitgliedernützigen Ausgestaltung der eG und wegen § 1 Abs. 2 Nr. 2: Wenn schon eine Beteiligung nicht gemeinnützigen Zwecken zu dienen bestimmt sein dürfe, müsse dies erst recht für die eG selbst gelten. Der Begriff der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit ist jedoch nicht mit dem Gemeinnützigkeitsbegriff des § 1 Abs. 2 Nr. 2 gleichzusetzen. Gemeinnützigkeit im steuerrechtlichen Sinne bedeutet gem. § 52 AO die selbstlose Förderung der Allgemeinheit. Demgegenüber bedeutet „gemeinnützig“ i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 lediglich drittnützig im Sinne von nicht mitgliedernützig. Eine Anerkennung von eG als gemeinnützig ist bei Vorliegen der
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So Keßler BB 2006, 561, 562. Beuthien GenG § 1 Rdn. 15; ablehnend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 8. Beuthien NZG 2008, 210, 213. Helios/Strieder DB 2005, 2795. So auch Beuthien GenG Einleitung Rdn. 2, § 1 Rdn. 9. A.A. Beuthien GenG § 1 Rdn. 9.
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Voraussetzungen der §§ 52, 55 AO möglich, da die Mitgliedernützigkeit und die Förderung der Allgemeinheit sich nicht ausschließen. Eine eG kann der Allgemeinheit dadurch dienen, dass sie Einzelnen eine bestimmte Leistung anbietet. Bsp.: Assistenzgenossenschaften für Alte/Behinderte, Krankenhäuser, Schulen, Sportvereine, Umweltschutz.72 Hier üben eG Tätigkeiten aus, die im Interesse der Allgemeinheit liegen und die bspw. bei e.V. zur Anerkennung als gemeinnützig führen, wobei sich auch deren Tätigkeit auf einen abgegrenzten Personenkreis bzw. eine begrenzte Personenzahl bezieht. Auch eine „selbstlose“ Förderung der Allgemeinheit durch die eG ist jedenfalls dann gegeben, wenn die eG ihre Gewinne vollständig den gesetzlichen und freien Rücklagen zuführt. Die von eG erzielten Gewinne dienen ohnehin dazu, den Förderauftrag gegenüber den Mitgliedern effektiv und kostengünstig zu erfüllen. Schließlich kann auch die nach AO geforderte „Ausschließlichkeit“ gegeben sein, wenn in der Satzung festgelegt ist, dass nur die als gemeinnützig anerkannten Zwecke verfolgt werden dürfen. Helios/Strieder weisen darauf hin, dass das Nebenzweckprivileg übersehen wurde;73 auch werde verkannt, dass die §§ 51 ff. AO wirtschaftliche Aktivitäten nicht verbieten und auch die Mitglieder der eG Teil der Allgemeinheit seien, der neue Abs. 1 sei insoweit als Klarstellung zu verstehen.74 Der Inhalt des Förderauftrags der eG kann durch die Satzung eingegrenzt werden, 38 z.B. durch eine sog. „Mittelstandsklausel“ (Beispiel: Mitglied einer Taxigenossenschaft kann nur sein, wer nicht mehr als 3 Taxen betreibt). Dies folgt aus dem Grundsatz der Vereins- und Satzungsfreiheit. Für die Mitgliedschaft können in diesem Zusammenhang bestimmte Voraussetzungen aufgestellt werden.75 Die Zulässigkeit von Nichtmitgliedergeschäften durch die Satzung (§ 8 Abs. 1 Nr. 5) 39 bestimmt sich nach den Förderinteressen der Mitglieder. Dies gilt sowohl für die Frage der Zulassung durch die Satzung als auch für die Durchführung einzelner Geschäfte mit Nichtmitgliedern, wenn die Satzung dies erlaubt.76 Das Geschäft mit Nichtmitgliedern kann zugelassen sein zur Auslastung freier Kapazitäten, zur Verbesserung der Position der eG am Markt, zu dem Zweck, neue Mitglieder zu gewinnen usw. Hauptzweck muss das Mitgliedergeschäft bleiben, nur wenn Drittkunden nicht als Mitglieder zu gewinnen sind, darf das Nichtmitgliedergeschäft ausnahmsweise überwiegen.77 Anspruch auf Mitgliedschaft in einer Elektrizitätsgenossenschaft besteht nicht, wenn die Belieferung auch an Nichtmitglieder erfolgt.78 Dem Vorrang der Mitgliederförderung entspricht es, dass Drittkunden nur dann gleich günstige Konditionen gewährt werden dürfen, wenn dies die Marktverhältnisse zwingend gebieten.79 Die eG darf keine anderen Zwecke als den Förderzweck verfolgen. Auch die Sat- 40 zung kann keinen anderen Unternehmenszweck festlegen. Eine Verletzung dieses Verbots kann die Auflösung gemäß § 81 zur Folge haben. Entscheidend ist aber nicht, ob der Förderzweck tatsächlich erreicht wird; es genügt, dass der genossenschaftliche Betrieb in seiner Struktur und Handlungsweise auf den gesetzlichen Grundauftrag ausgerichtet
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72 Zur Umwandlung eines Golf-Clubs in eine eG vgl. Eisen Dialog 2003, 36, sowie – allgemeiner angelegt – Cario Vom Sportverein zur Sport-eG. 73 Helios/Strieder DB 2005, 2795. 74 Vgl. Fischer/Helios Vereinsbesteuerung, 5. Aufl., 25 ff. 75 Vgl. Beuthien ZfgG 1978, 438; wegen Kartellrechtsfragen vgl. GenG § 1 Rdn. 143 ff. 76 Westermann Zur Reform, Bd. 1 S. 95. 77 Beuthien Festschrift für Schaffland, S. 73 ff. 78 OLG Köln vom 22.5.1984, 9 U 262/83. 79 Beuthien Festschrift für Schaffland a.a.O.
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ist. Unerheblich ist es, ob die eG ein „Förderplus“ erwirtschaftet.80 Einzelne Geschäfte, die nicht der Förderung dienen, sind voll rechtswirksam. III. Die Genossenschaftstypen 41
Die bis 2006 in § 1 Nr. 1 bis 7 enthaltene Aufzählung typischer Genossenschaftsarten war beispielhaft und nicht erschöpfend; die Begriffe gingen zurück auf die Zeit der Entstehung des Genossenschaftswesens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es fehlten dagegen Genossenschaftstypen, die in der heutigen Wirtschaft von Bedeutung sind (z.B. Verkehrsgenossenschaften, sonstige eG zur Vermittlung von Dienstleistungs- oder Produktionsaufträgen, genossenschaftliche Teilzahlungsbanken, Ärztegenossenschaften etc.) und die jetzt durch Erweiterung des Förderzweck genannten Schul-, Sport-, Theaterund Museumsgenossenschaften. Hinzu kommen auch eG, die kommunale Aufgaben wie Energie- und Wasserversorgung oder den Betrieb eines Schwimmbades bezwecken.81 Der Gesetzgeber entschloss sich, diese Aufzählung wegen ihrer nicht mehr vorhandenen Bedeutung im Gesetzestext zu streichen.82 Auf die Erläuterung zu den „klassischen Typen“ der eG soll gleichwohl nicht verzichtet werden:
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1. Kreditgenossenschaften. „Vorschuss- und Kreditvereine“ werden heute allgemein als „Kreditgenossenschaften“ oder „Genossenschaftsbanken“ bezeichnet.83 Sie firmieren als Volksbanken, Raiffeisenbanken, Beamtenbanken, Sparda-Banken.84 Auch die Post-, Spar- und Darlehensvereine, die früher in der Rechtsform des Wirtschaftsvereins bestanden, wurden nach der Änderung des Umwandlungsrechts in die angemessene Rechtsform der eG umgewandelt und firmieren nun als PSD Banken. Die Kreditgenossenschaften sind Universalbanken, die ihre Tätigkeit auf die Bedürfnisse der Mitglieder ausrichten.85 Gegenstand des Unternehmens ist – nach näherer Bestimmung durch die Satzung – die Ausübung aller Bankgeschäfte im Sinne von § 1 KWG sowie darüber hinaus aller banküblichen Geschäfte, z.B. – die Gewährung von Krediten aller Art einschließlich des Ankaufs von Wechseln sowie der Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere, – die Pflege des Spargedankens, vor allem durch Annahme von Spareinlagen und die Annahme sonstiger Einlagen, den An- und Verkauf sowie die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren, – die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs, – den An- und Verkauf von Devisen und fremden Geldsorten, das Außenhandelsgeschäft, – die Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen, – die Vermittlung von Immobilien, – das Factoringgeschäft (Ankauf von Kundenforderungen aus Warenlieferungen gegen Barzahlung und Einziehung der Forderung bei Fälligkeit auf eigene Rechnung, also Übernahme des Kreditrisikos und Debitorenbuchhaltung als Dienstleistung),
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80 Beuthien Festschrift für Schaffland a.a.O.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 7. 81 Wegen Mischformen im Unternehmensgegenstand: Westermann Zur Reform, Bd. 1 S. 93. 82 BT-Drs. 16/1025, 80. 83 Näheres dazu: Lürig in: HdG, Kreditgenossenschaften, Sp. 1050 ff.; Baumann Die Volksbanken; Dieckhöner Genossenschafts-Lexikon S. 390. 84 Hierzu: Hahn Die Position der Sparda-Banken, ZfgG 1988, 176 ff. 85 Kuhn ZfgG 1986, 5 ff.
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das Leasinggeschäft (mietweise Zurverfügungstellung von Anlagen, Einrichtungen oder Grundstücken, wobei sich der Miet- oder Pachtpreis an Abnutzungs- und Finanzierungskosten orientiert), das Warengeschäft bei „Kreditgenossenschaften mit Warengeschäft“, insbesondere im ländlichen Raum.
Soweit eine Kreditgenossenschaft im Rahmen ihrer Satzung z.B. eine Abteilung zum 43 Forderungsinkasso für die Mitglieder unterhält, verstößt dies nicht gegen das RechtsdienstleistungsG, weil diese Förderleistung im Rahmen des Aufgabenbereichs der eG liegt (vgl. Erl. Rdn. 23). Eine Erlaubnis hierzu ist nicht erforderlich.86 Unter den Begriff „Kreditgenossenschaft“ fallen auch Spezialinstitute, wie Bürgschafts-, Haftungs- und Garantiegenossenschaften, bei denen Gegenstand des Unternehmens die Gewährung von Krediten durch Übernahme von Bürgschaften, Haftungen oder Garantien zugunsten der Mitglieder ist, nicht dagegen Wohnungsbaugenossenschaften mit Spareinrichtung (vgl. Erl. Rdn. 67). Auf die Kreditgenossenschaften findet das Gesetz über das Kreditwesen (KWG) 44 uneingeschränkt Anwendung.87 Grundsätzlich handelt es sich im Verhältnis zum GenG nicht um konkurrierende Regelungen; das GenG bestimmt die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, während das KWG das Ziel verfolgt, die Ordnungsmäßigkeit der Bankgeschäfte einschließlich der staatlichen Aufsicht88 (BaFin) sicherzustellen. Insbesondere sind die Vorschriften zur Sicherung von Liquidität und Rentabilität der Bank nicht geeignet, den genossenschaftlichen Förderauftrag außer Kraft zu setzen. Wenn das Bankgeschäft in der Rechtsform der eG geführt wird, bleibt dieses Unternehmen an den Förderauftrag gebunden.89 2. Einkaufsgenossenschaften. „Rohstoffvereine“ bestehen heute als Einkaufsge- 45 nossenschaften mit Schwergewicht im gewerblichen Sektor (Handel und Handwerk). Gegenstand des Unternehmens ist der Einkauf von Rohstoffen, insbesondere von Handelswaren auf der Großhandelsstufe für die Mitglieder. Im Bereich landwirtschaftlicher eG ist die Einkaufsfunktion regelmäßig verbunden mit Absatz und Vermarktung der Erzeugnisse der Mitglieder. Die Entwicklung der modernen eG und die vielfältigen Bedürfnisse der Mitglieder in der Wettbewerbswirtschaft bringen es mit sich, dass reine Einkaufs- oder Absatzgenossenschaften nur selten bestehen; diese Haupttätigkeit ist zumindest mit Dienstleistungen wie Beratungen usw. verbunden, bis hin zur so genannten „Full-Service-Genossenschaft“,90 die das gesamte Spektrum der den Mitgliedern dienlichen Hilfestellungen erbringt. Diese existieren im Gesundheitswesen, dort im Bereich der Apotheker, Ärzte und Krankenhäuser. Die Mitglieder der Einkaufsgenossenschaften treten der eG im Geschäftsverkehr als Marktpartner gegenüber; sie sind grundsätzlich nicht verpflichtet, bei der eG zu kaufen. Aus dem gegenseitigen genossenschaftlichen Treueverhältnis kann jedoch für das Mitglied u.U. die grundsätzliche Verpflichtung folgen, auch das Angebot der eG zu prüfen. Erfüllung des genossenschaftlichen Förderauftrags bedeutet, den Mitgliedern langfristig und im Ganzen gesehen Angebote zu machen, die zumindest den Konditionen der Wettbewerber entsprechen. Im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Aufgaben führen die Einkaufsgenossenschaften auch das Strecken- und Vermittlungsge-
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§ 7 Abs 1 Nr. 2 RDG; BGH WM 1969, 1277 und BlfG 1969, 457. Müller GenG Anh. zu § 1 Rdn. 2. Hierzu ausf. Beuthien GenG § 1 Rdn. 50. Zur Anwendung des KWG auf Kreditgenossenschaften: Müller GenG Anhang zu § 1 Rdn. 3 ff. Vgl. Olesch (Hrsg.) Kooperation im Wandel; Paulick S. 52; Westermann Zur Reform, S. 93.
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schäft für die Mitglieder durch. Beim Streckengeschäft wird die Ware über die eG beim Lieferanten bestellt, jedoch unmittelbar an das Mitglied geliefert. Beim Vermittlungsgeschäft tritt die eG lediglich als Vermittler auf, wobei die eG zum Teil zusätzliche Leistungen erbringt, wie die Übernahme des Delcredere (Bürgschaft) oder der Zentralregulierung. Mit der Zentralregulierung übernimmt die eG die Zahlungsabwicklung der Forderungen des Vertragslieferanten gegen die Mitglieder (zu den kartellrechtlichen Fragen siehe Einf. Rdn. 8–33 Kapitel III Genossenschaften und Wettbewerbsordnung). 3. Absatzgenossenschaften. Absatzgenossenschaften sind insbesondere die landwirtschaftlichen Warengenossenschaften, die zum Teil nach Verarbeitung (Verwertungsgenossenschaften, Produktionsgenossenschaften) landwirtschaftliche Erzeugnisse ihrer Mitglieder an den Handel oder die Verbraucher verkaufen (z.B. Molkereigenossenschaften, Winzergenossenschaften, Viehverwertungs- und Eierverwertungsgenossenschaften usw.). Damit verbunden ist regelmäßig der Bezug landwirtschaftlicher Bedarfsartikel durch die Mitglieder, wie Düngemittel, Futtermittel, Saatgut, Schädlingsbekämpfungsmittel, Landmaschinen usw. Diese Genossenschaften firmieren daher als „Bezugs- und Absatzgenossenschaften“. Zu den „Verwertungsgenossenschaften“ zählen genossenschaftliche Unterneh47 men, die Erzeugnisse ihrer Mitgliederbetriebe verarbeitet oder unverarbeitet auf gemeinschaftliche Rechnung verwerten, wie z.B. Molkereigenossenschaften, Vieh- und Fleischverwertungsgenossenschaften, Obst- und Gemüseverwertungsgenossenschaften, Fischerei- und Fischverwertungsgenossenschaften, Winzergenossenschaften, Brennereigenossenschaften usw.91 (hierzu Petersen, Landwirtschaft im Zeichen der Marktwirtschaft einstweilen frei 48 46
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4. Produktivgenossenschaften.92 Die Produktivgenossenschaft (PG), insbesondere die frühere in der ehemaligen DDR existierende Rechtsform der Landwirtschaftlichen Produktivgenossenschaft (LPG) ist eine besondere Form der eG (hierzu Rdn. 51, 52). Das „Identitätsprinzip“ besteht in der Weise, dass die Mitglieder gleichzeitig Unternehmer
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91 hierzu Petersen Landwirtschaft im Zeichen der Marktwirtschaft – Herausforderungen und Chancen für die Genossenschaften, ZfgG 2011, 35. 92 Literaturhinweise: Andreae/Niehues Produktivgenossenschaften als alternative Unternehmensform, dargestellt am Beispiel der Gerätewerk Matrei Gen. m.b.H., Tirol Österreich, ZfgG 1990, 166; Bakoniy Probleme der Leistungsmotivation in landwirtschaftlichen Produktivgenossenschaften, ZfgG 1988, 77; Beckmann Zur ökonomischen Theorie der Transformation von Produktivgenossenschaften, ZfgG 1993, 217; Bergemann/Steding Genossenschaftsregister – Gründung, Umwandlung und Auflösung von Genossenschaften, ZAP, Ausgabe Das Recht der neuen Bundesländer, 1992, 417; Betsch Kreditgenossenschaft als Mitarbeiterunternehmung, ZfgG 1974, 307; Beywl Produktivgenossenschaften in den neuen Bundesländern, ZfgG 1991, 37; Diederichs Zur Reform, Bd. 3 S. 369; Dülfer in Betriebswirtschaftslehre der Kooperative, Göttingen 1984; Hahn Die Entwicklung der Genossenschaftsorganisationen in den neuen Bundesländern, ZfgG 1991, 27; Henzler S. 189; Metz Die Produktivgenossenschaft in der Marktwirtschaft, DWiR 19 1991, 52; ders. Die Agrargenossenschaft, eine Rechtsform in der Landwirtschaft, Neue Landwirtschaft, Briefe zum Agrarrecht, 1995, 74; Münkner Review of Interational Cooperation, Vol. 72 Nr. 31979; Pelzl Traditionelle und moderne Produktivgenossenschaften, finanzielle Existenzbedingungen und Möglichkeiten des Überlebens, ZfgG 1989, 260; Rönnebeck Genossenschaftslexikon, Wiesbaden 1992; ders. Zu Problemen der strukturellen Anpassung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften in Ostdeutschland, ZfgG 1991, 111; ders. Tendenzen der Entwicklung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften in den neuen Bundesländern, ZfgG 1991, 207; Schmitt Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften in Theorie und Praxis, ZfgG 1991, 279; Steding Die Produktivgenossenschaften im deutschen Genossenschaftsrecht.
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und Mitarbeiter – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – sind.93 Dieses Merkmal wird allgemein anerkannt. Der frühere Gesetzestext „Herstellung von Gegenständen zum Verkauf auf gemeinsame Rechnung“ meint gemeinsame Produktion in der Weise, dass die Mitglieder – alle Mitglieder – als unselbstständige Arbeitnehmer im Betrieb der eG beschäftigt sind. Die Förderleistung besteht in der Schaffung und Erhaltung des Arbeitsplatzes, der Vergütung für die geleistete Arbeit sowie der Teilnahme am Gewinn. Unter diesem Gesichtspunkt bestehen keine Bedenken, die Produktivgenossenschaft in den Begriff von § 1 einzuordnen – zumal die Teilnahme am Gewinn nicht die primäre Fördererwartung darstellt. Es handelt sich insoweit um eine „typische Produktivgenossenschaft“. Die PG ist geprägt durch die zweifache Bindung der Mitglieder als Gesellschafter und als Arbeitnehmer, es besteht eine gesellschaftsrechtliche und eine arbeitsrechtliche Beziehung. Die arbeitsrechtliche Beziehung hat ihre Grundlage in der Mitgliedschaft, sie ist Voraussetzung dafür, dass die PG Förderleistungen im Sinne ihres Unternehmensgegenstands erbringen kann.94 Ohne ein Arbeitsverhältnis verliert die Mitgliedschaft ihren Sinn. Die Arbeit in der PG steht im Mittelpunkt der Pflichten der Mitglieder. Bewährte Mitarbeiter sollten als Mitglieder gewonnen werden.95 Die Schwierigkeiten, die sich in der Praxis aus dem Widerspruch zwischen der gesellschaftsrechtlichen Gleichstellung und der arbeitsrechtlichen Ein- und Unterordnung in die Betriebshierarchie ergeben,96 machen es erforderlich, das Verhältnis der beiden Rechtsbereiche differenziert zu sehen: Genossenschaftsrechtliche Grundsätze, wie z.B. die Gleichbehandlung, können im Bereich des Arbeitsrechts keine Anwendung finden; bspw. ist eine unterschiedliche Vergütung – je nach Leistung – geboten. Anderseits erscheint es in Teilbereichen erforderlich, anzuerkennen, dass arbeitsrechtliche Sachverhalte nicht ohne Einfluss auf die Mitgliedschaft bleiben können: Die Mitgliedschaft in der PG hat ihre Rechtfertigung in dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Es erscheint daher gerechtfertigt, dass die Satzung das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung der Mitgliedschaft festlegt, und folgerichtig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Ausschlussgrund definiert (Ausschluss, „wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme weggefallen sind“). Im Falle der PG ist unter dem Gesichtspunkt der genossenschaftlichen Treuepflicht das möglicherweise existentielle Interesse der Betroffenen an der Mitgliedschaft zu beachten. Dies muss grundsätzlich auch schon bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses gelten, besonders dann, wenn die Satzung das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses als Bedingung für den Fortbestand der Mitgliedschaft definiert. Eine betriebsbedingte Kündigung muss im Interesse der Arbeitsfähigkeit der PG und damit ihrer Mitglieder grundsätzlich möglich sein.97 Beim Ausschluss sind in diesen Fällen alle schutzwürdigen Belange des Mitglieds zu beachten, wie die Dauer der Zugehörigkeit zur PG, die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Arbeitsleistung sowie die Möglichkeit, anderweitig eine Beschäftigung zu finden. An die Erforderlichkeit der Kündigung sind besonders strenge Maßstäbe anzulegen. Unangemessen und unzulässig wären Kündigung und Ausschluss grundsätzlich dann, wenn z.B. Mitglieder im Interesse einer Rücklagen-
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93 Näher hierzu Dülfer HdG, Sp. 1356. 94 Wegen der Rechtsstellung der Mitarbeiter in der früheren LPG und nach der Wiedervereinigung durch das Landwirtschaftsanpassungsgesetz: BAG DB 1995, 1519. 95 Wegen der Rechtsstellung der Mitarbeiter in der früheren LPG und nach der Wiedervereinigung durch das Landwirtschaftsanpassungsgesetz: BAG DB 1995, 1519. 96 Vgl. Dülfer HdG, Sp. 1368. 97 A.A. LG Berlin Urt. v. 17.10.1995, AZ. 35 O 26/95; es will die betriebsbedingte Kündigung bei PG ausschließen, dies offenbar in dem Bemühen, Ungerechtigkeiten beim Übergang früherer Produktionsgenossenschaften der DDR in die Marktwirtschaft und in das Rechtssystem der Bundesrepublik zu vermeiden – insoweit ein Sonderfall.
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bildung der PG auf mögliche Lohnanteile verzichtet haben. Die Einrichtung eines Beteiligungsfonds im Sinne von § 73 Abs. 3 könnte in diesen Fällen geeignet sein, ausscheidenden Mitgliedern einen gerechten Vermögensausgleich zu gewähren, vgl. auch Erl. zu § 65 und § 1 Rdn. 90. Für die genossenschaftliche Rückvergütung bei Produktivgenossenschaften gelten die allgemeinen Grundsätze:98 – Der aus den Erträgen der Mitglieder-Arbeitnehmer erwirtschaftete Überschuss kann im Wege der genossenschaftlichen Rückvergütung auf diese verteilt werden. – Der durch Nichtmitglieder-Arbeitnehmer erwirtschaftete Überschuss kann nicht als genossenschaftliche Rückvergütung ausgezahlt werden (vgl. Erl. zu § 19 Rdn. 23). Nach verbreiteter Auffassung hat die PG strukturelle Schwächen, die zu entscheidenden Nachteilen im Wettbewerb führen und längerfristig die Leistungsfähigkeit und Existenz dieser Unternehmen gefährden.99 Im theoretischen Ansatz – selbstbestimmte, eigenverantwortliche Arbeit – bleibt die PG zeitlos aktuell; die Probleme liegen in der praktischen Umsetzung. Es bestehen Schwierigkeiten bei der Willensbildung, bei unternehmerischen Entscheidungen, der Zuordnung von Risiko und Gewinn und vor allem wegen der Spannung zwischen arbeitsrechtlicher Einordnung als Mitarbeiter und gesellschaftsrechtlicher Gleichstellung als Mitglieder.100 Gerade der Grundsatz der genossenschaftlichen Gleichbehandlung kann in der Praxis zu Motivationsproblemen führen, da die rechtlich abgesicherte Stellung als Mitglied ein Hindernis bei der Durchsetzung arbeitsrechtlicher Sanktionen sein kann. Soweit die Leistungsmotivation der Mitarbeiter und eine optimale Organisation von Betrieb und Unternehmen der Produktivgenossenschaft gelingen, besteht die nahe liegende Gefahr der Abschottung gegen neue Bewerber um die Mitgliedschaft; die erforderlichen Arbeitskräfte werden als Arbeitnehmer ohne gesellschaftsrechtliche Beteiligung angestellt. In diesen Fällen hat sich die genossenschaftliche Unternehmensform durchaus als erfolgreich erwiesen im Sinne einer wirtschaftlichen Förderung der Mitglieder. Ob sie als PG weiter bestehen kann, hängt dann u.a. von den rechtlichen und betrieblichen Rahmenbedingungen ab. Vor dem Hintergrund der Suche nach alternativen Wirtschaftsformen hat Mitte 51 der 80er Jahre die Produktivgenossenschaft besondere Aktualität erhalten.101 Die Frage nach der Leistungsfähigkeit und der Überlebensfähigkeit der PG hat durch die politische und wirtschaftliche Situation nach dem Untergang der früheren DDR besondere Aktualität gewonnen. Die Wirtschaft der DDR war weitgehend „genossenschaftlich“ organisiert. So erbrachten z.B. 3.850 „Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften“ (LPG) mit 850.000 Mitgliedern 92% der landwirtschaftlichen Produktion; 2.700 „Produktionsgenossenschaften des Handwerks“ (PGH) mit 160.000 Mitgliedern hatten einen Anteil von 40% der gesamten Handwerksleistungen. Obwohl das Genossenschaftsgesetz in der DDR formal nicht aufgehoben war, wurde es verdrängt von Spezialgesetzen und verbindlichen „Musterstatuten“. In der Zielsetzung und rechtlichen Struktur hatten diese sozialistischen Betriebsformen kaum mehr Ähnlichkeit mit den eG nach dem GenG. Unternehmenszweck war nicht mehr die wirtschaftliche Förderung der Mitglieder, sondern
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98 BFH BB 2007, 1660; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 63. 99 Vgl. Dülfer HdG, Sp. 1356 ff.; Metz Die Produktivgenossenschaft in der Marktwirtschaft, DWiR 1991, 52 und Neue Landwirtschaft, Briefe zum Agrarrecht, 1995, 74. 100 Vgl. Dülfer HdG, Sp. 1368. 101 Näher hierzu Hahn Ideen, Wünsche und Versuche einer neuen Genossenschaftsbewegung, ZfgG 1986, 112 ff.; Kück Partizipationsprobleme in selbstverwalteten Betrieben, ZfgG 1987, 23 ff.; Rheinberg Zur Frage der Gründungsprüfungen bei Produktivgenossenschaften, ZfgG 1987, 38 ff.; Wiemeyer Produktivgenossenschaften und selbstverwaltete Unternehmen – Instrumente der Arbeitsbeschaffung.
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ausdrücklich eine „sozialistische Großproduktion“ zu Erfüllung der im „Volkswirtschaftsplan übertragenen Aufgaben zur Versorgung der Bevölkerung“.102 Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) vom 29.6.1990 sah die Möglichkeit vor, durch „Teilung“ neue eG, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften zur landwirtschaftlichen Produktion zu bilden.103 Eine LPG konnte auch durch Formwechsel in eine eG umgewandelt werden.104 Es ist zu bedauern, dass weder das LwAnpG noch der Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 6.9.1990 die Möglichkeit vorgesehen haben, die bestehenden PG nach den Regeln des GenG umzustrukturieren und fortzuführen – vorbehaltlich der Möglichkeit einer Auflösung oder Umwandlung in andere Rechtsformen. Die Erfahrung zeigt, dass oft unter Zeitdruck neue Strukturen geschaffen worden sind, die den Interessen der Beteiligten nur schwer gerecht werden konnten. Im Verlauf der Geschichte der PG haben sich typische „Wandlungserscheinungen“ ergeben; seit Oppenheimer wird hierfür der Begriff eines „Transformationsgesetzes“ verwendet. Diese These geht von einer zwangsläufigen Entwicklung der PG zu einer gewinn- und kapitalorientierten Gesellschaftsform aus. Die vorhandenen Mitglieder haben kein Interesse daran, neue Mitglieder aufzunehmen. Die Förderung der Mitglieder verlagert sich in diesen Fällen mehr und mehr auf die Teilhabe am Unternehmensgewinn, der Weg in die Kapitalgesellschaft scheint vorgezeichnet. Tatsächlich ist eine Tendenz zur „Transformation“ jedenfalls bisher nicht festzustellen. Die Mitglieder sind durchweg bereit, sich durch Übernahme weiterer Geschäftsanteile in größerem Umfang am Kapital der eG zu beteiligen.105 Letztlich wird allein der Erfolg am Markt über die Zukunft dieser Unternehmen entscheiden; es wird sich die Rechtsform durchsetzen, die den Interessen der Mitglieder am besten entspricht. Allein durch die Anstellung lohnabhängiger Arbeitnehmer ohne Mitgliedschaft wird eine PG noch nicht zur Kapitalgesellschaft. Sie bleibt eG, allerdings mit einem neuen Schwerpunkt der Förderleistungen. Da das Gesetz nicht vorschreibt, in welcher Weise die Mitglieder zu fördern sind, bestehen grundsätzlich keine Bedenken dagegen, dass die erarbeiteten Erträge auch in Form der Gewinnverteilung den Mitgliedern zugutekommen, wenn andere Förderleistungen nicht möglich sind106 – sofern im Übrigen die genossenschaftlichen Strukturmerkmale erhalten bleiben. Dies ist der Fall, solange der gemeinschaftliche Betrieb die wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder fördert, und dies kann auch in gemischter Form geschehen durch Arbeitsvergütung und Teilhabe an der Überschussverteilung. Von den PG sind die „Produktionsgenossenschaften“ zu unterscheiden. Hier sind die Mitglieder nicht Arbeitnehmer im genossenschaftlichen Betrieb. Dieser stellt vielmehr für die Mitglieder Produkte her, z.B. aus Anlieferungen der Mitglieder. Aktuelle Formen: Molkereigenossenschaften, Winzergenossenschaften usw. Denkbar ist auch die Ausgliederung bestimmter Teile des Mitgliederbetriebs auf die eG (Ziegeleien, Brauereien, Stein-
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102 Vgl. Gesetz über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften v. 2.7.1982, GBl. I Nr. 25 S. 443, Einleitung und § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Satz 1; Musterstatute LPG Pflanzenproduktion, LPG Tierproduktion, vom Ministerrat bestätigt am 28.7.1977, jeweils unter I.3.; näher dazu LPG-Recht, Lehrbuch, Staatsverlag der DDR, Berlin 1976. 103 §§ 44 ff. LwAnpG. 104 §§ 27 ff. LwAnpG. 105 Ausführlich dazu: Steding Die Produktivgenossenschaften, S. 68 ff.; auch Fricke Die landwirtschaftliche Produktivgenossenschaft; er hält die Rechtsform der eG für besonders geeignet zur Organisation landwirtschaftlicher Betriebsgemeinschaften. 106 Wegen Gewinn als Förderleistung vgl. Baumgartl Förderungsauftrag.
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brüche usw.). Die sog. Produktionsgenossenschaften der früheren DDR hatten dagegen Merkmale der PG. 56
5. Konsumgenossenschaften. Die „Konsumvereine“ sind heute als Konsum- oder Verbrauchergenossenschaften tätig. Geschäftsgegenstand dieser Zusammenschlüsse von Endverbrauchern ist die Versorgung der Mitglieder mit Waren und Dienstleistungen aller Art; ihr Schwerpunkt liegt im Lebensmitteleinzelhandel. Die Konsumgenossenschaften haben stark unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gelitten. Zunächst wurde ihnen durch das „Gesetz über die Verbrauchergenossenschaften“ vom 21.5.1935 die Betreibung des Spareinlagengeschäftes untersagt; zahlreiche eG wurden auf staatlichen Druck hin aufgelöst. Durch Verordnung vom 18.2.1941 wurden alle Konsumgenossenschaften liquidiert und ihr Vermögen in die Deutsche Arbeitsfront überführt. Nach 1945 sind die neu gegründeten Konsumgenossenschaften unter veränderten Wettbewerbsverhältnissen vom geschlossenen Mitgliedergeschäft zu offenen Ladengeschäften übergegangen. Die Konsumgenossenschaften unterliegen den allgemein für den Einzelhandel geltenden Vorschriften, und zwar auch dann, wenn sie ausschließlich Geschäfte mit ihren Mitgliedern tätigen. Das gilt nach herrschender Meinung für das Ladenschlussgesetz107 und für lebensmittelrechtliche Vorschriften.108 57 In den 70er Jahren sind zahlreiche Konsumgenossenschaften in Aktiengesellschaften umgewandelt worden, wobei die Erfahrungen mit der AG nicht positiv waren. Außerdem wurden durch Verschmelzungen einige Großgenossenschaften mit zum Teil mehr als 100.000 Mitgliedern geschaffen, so dass die Zahl der Konsumgenossenschaften stark zurückgegangen ist. Nach der Wende haben sich in der ehemaligen DDR einige Konsumgenossenschaften unter den neuen Wettbewerbsbedingungen behaupten können.109 In jüngerer Zeit sind neben traditionellen Konsumgenossenschaften neue Verbrauchergenossenschaften entstanden, die „alternative“ Produkte und Dienstleistungen anbieten (z.B. die sog. Dorfgenossenschaften, Rdn. 88). Daneben sind auch Mischformen, sog. „Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften“ entstanden, bei denen es sich je nach dem Schwergewicht ihrer Ausrichtung um Absatz- oder Verbrauchergenossenschaften handelt.
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6. Werk- oder Nutzungsgenossenschaften. Die so genannten „Werk- oder Nutzungsgenossenschaften“ sind Unternehmen insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich, die Betriebsgegenstände zur Benutzung durch die Mitglieder anschaffen und unterhalten. Beispiele: Maschinengenossenschaften für Mähdrescher, Traktoren, Getreidetrocknungsanlagen, außerdem Kalthausgenossenschaften, Elektrizitätsgenossenschaften u.a. Im gewerblichen Bereich können solche eG ihren Mitgliedern aufwändige Maschinen und Geräte zur Benutzung überlassen, wie z.B. Baugerüste, Baukräne usw.
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7. Wohnungsgenossenschaften. Vor der Neufassung des § 1 GenG durch die Novelle 2006 waren die WohnGen namentlich in § 1 Abs. 1 Nr. 7 (a.F.) als „Vereine zur Herstellung von Wohnungen“ bezeichnet. Diese Bezeichnung knüpfte an die Anfänge der Bauvereinsbewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts an. Die Bezeichnung war historisch bedingt und bedeutete keine abschließende rechtliche Definition. Die Rechtslage
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107 A.A. Lecheler ZfgG 35, 296, der die Einbeziehung genossenschaftlicher Verteilungsstellen für verfassungswidrig hält. 108 OLG Düsseldorf ZfgG 35, 291. 109 Bösche ZfgG 2004, 3 ff.
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hat sich also durch die Aufhebung der namentlichen Bezeichnung im Gesetz nicht geändert. Eine „Wohnungsbaugenossenschaft“ muss hiernach nicht notwendig bauen; es genügt beispielsweise, dass die Wohnung beschafft wird. Die WohnGen fördern ihre Mitglieder unter der Firmenbezeichnung „Bauverein“, „Baugenossenschaft“, „Wohnungsgenossenschaft“ oder „Wohnungsbaugenossenschaft“ in erster Linie durch Überlassung von Wohnungen mittels eines Nutzungsvertrages, der dem Mietrecht (§§ 535 ff. BGB) entsprechen muss.110 In der neueren Literatur und Rechtsprechung hat sich die Bezeichnung Wohnungsgenossenschaft (WohnGen) durchgesetzt.111 a) Förderzweck. Der Geschäftskreis WohnGen – und damit ihr Förderzweck – war 60 bis 1990 in der alten BRD aufgrund des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts und in der DDR nach den entsprechenden Verordnungen in vorgeschriebenen Mustersatzungen zwingend festgelegt.112 Seit 1990 sind die WohnGen in Ost und West in der Gestaltung ihrer Satzung frei. Die überwiegende Zahl der WohnGen legt ihrer Satzung die Mustersatzung des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin, als des für WohnGen maßgeblichen Spitzenverbands zugrunde. Hiernach lauten Zweck und Gegenstand einer Wohnungsgenossenschaft: „Zweck der Genossenschaft ist die Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung. Die Genossenschaft kann Bauten in allen Rechts- und Nutzungsformen bewirtschaften, errichten, erwerben, vermitteln (Erlaubnis nach § 34 GewO erforderlich), veräußern und betreuen. Sie kann alle im Bereich der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, des Städtebaus und der Infrastruktur anfallenden Aufgaben übernehmen. Hierzu gehören Gemeinschaftsanlagen und Folgeeinrichtungen, Läden und Räume für Gewerbebetriebe, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Einrichtungen und Dienstleistungen. Die Genossenschaft kann Inhaberschuldverschreibungen an ihre Mitglieder ausgeben. Sie kann ihren Mitgliedern Genussrechte, die keinen unbedingten Rückzahlungsanspruch beinhalten, gewähren. Beteiligungen sind zulässig. Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs auf Nichtmitglieder ist nicht zugelassen/ ist zugelassen; Vorstand und Aufsichtsrat beschließen gemäß § 28 der Satzung die Voraussetzungen.“ Die Wohnungsversorgung der Mitglieder erfolgt in erster Linie durch Nutzungsverträge. Es kommen inzwischen auch dingliche Dauerwohnrechte nach § 31 Wohnungseigentumsgesetz hinzu.
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110 BGH NZM 2004, 25 ff.; zur Geschichte der Wohnungsgenossenschaften, Eigentumsorientierten WohnG, Wohn-Riester siehe Einführung Rdn. 7 S. 20. 111 Beuthien GenG § 1 Rdn. 63; BerlKom/Keßler GenG § 1 Rdn. 24; Bericht Expertenkommission, Einführung S. 53. 112 Hannig/Hanke Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht 1982 Hamburg; Jenkis Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht; Beuthien/Brockmeyer/Klose Materialien zum Genossenschaftsgesetz, Göttingen 1992, Kapitel II (Gesetze der DDR 1949–1989).
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Die Errichtung, Veräußerung und Betreuung von Eigentumswohnungen und Eigenheime sind weiter ein wichtiger Geschäftszweig.113 Nicht zuletzt um die Einhaltung der Steuerbefreiung als Vermietungsgenossenschaft (siehe Rdn. 64) zu sichern, gehen die WohnGen Beteiligungen an Tochtergesellschaften im Rahmen von § 1 Abs. 2 GenG ein, z.B. für den Bau und die Veräußerung von Eigentumswohnungen oder die Vermietung gewerblicher Flächen. Die WohnGen fördern hierdurch mittelbar ihre Mitglieder. Die durch die Novelle 2006 in § 1 eingefügte Klarstellung, dass durch die eG auch „soziale und kulturelle Belange“ wahrgenommen werden können, ist für WohnGen eine Bestätigung traditioneller Förderzwecke neben dem Hauptzweck der Wohnungsversorgung. Die WohnGen übernehmen Altenbetreuung, betreiben Kindertagesstätten und Jugendtreffs. Die WohnGen beteiligen sich aktiv am Stadtumbau und der Quartiersentwicklung. 61
b) Umfang des Nutzungsanspruches (Mitgliedergeschäft). Soweit das Nichtmitgliedergeschäft nicht in der Satzung ausdrücklich zugelassen ist, können die Einrichtungen der WohnGen nur durch das Mitglied persönlich genutzt werden. Im Übrigen bestimmen die entsprechenden Nutzungsverträge, die Satzungen und das für diese Verträge entscheidende Mietrecht (z.B. beim Untermieter siehe unten Rdn. 82), wie auch das Recht der Vermietungsgenossenschaft (unten Rdn. 64), welche weiteren Personen die Einrichtungen nutzen können. Dies sind in erster Linie die Familie, die Verwandten und Lebensgefährten des Mitglieds.
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c) Nachwirkungen der Wohnungsgemeinnützigkeit (1940–1990). Unter Geltung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes114 waren die Satzungen festgeschrieben. Obwohl es in den neunziger Jahren eine Reihe von Anlässen gab, die Satzung zu ändern (u.a. Umwandlungsbereinigungsgesetz von 1994, Euro-Einführungsgesetz von 1998), existieren weiterhin Satzungen, die wesentlich vom – bis 1990 zwingenden – Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht bestimmt sind. Auch wenn der Zwang zur Übernahme dieser Satzungsbestimmungen entfallen ist, gelten die in der Satzung verankerten gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen nach Satzungsrecht weiter. Dies gilt insbesondere, soweit in den Satzungen die alte Bestimmung des § 13 aus WGGDV übernommen worden war, wonach der Preis für die Überlassung des Gebrauchs von Wohnungen „nur“ angemessen ist, „wenn er den Betrag nicht überschreitet, der zur Deckung der laufenden Aufwendungen nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung im Jahre der Bezugsfertigkeit notwendig ist“. Der Nutzer einer Genossenschaftswohnung kann, gestützt auf eine entsprechende Satzungsbestimmung, den entsprechenden Nachweis der Kostenmiete fordern.115 Weitere Nachwirkungen kann die lange Zeit der Wohnungsgemeinnützigkeit (1940– 1990) für die WohnGen in den alten Ländern haben, wenn sie weiterhin in ihrer Firma das Wort „gemeinnützig“ gebrauchen. Diese Firmenbezeichnung kann unter gewissen Umständen weiter beibehalten werden (vgl. Rdn. 11 zu § 3).
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113 So auch Beuthien GenG § 1 Rdn. 63. 114 § 19 der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGGDV) (BGBl. 1969 I S. 2141). 115 LG München Az. 14 S. 3214/97, zitiert bei Roth Die Wohnungsgenossenschaft, ZdWBay 2003, 223.
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d) Wohnungsgenossenschaften in den neuen Ländern. Die aus den Arbeiter- 63 wohnungsgenossenschaften und den sog. umgebildeten gemeinnützigen WohnGen der DDR hervorgegangenen WohnGen (2003 waren es 708) sind inzwischen rechtlich als WohnGen des GenG anerkannt. Bestehende Belegungsbindungen aus den Überleitungsgesetzen sind ausgelaufen oder angesichts von Leerständen ohne Bedeutung. Die Rückzahlung alter Kredite aus DDR-Zeiten ist ebenso weitgehend abgeschlossen wie die Zahlungs-, Veräußerungs-, Privatisierungsverpflichtungen des Altschuldenhilfegesetzes. Die Neuordnung der Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden konnte ebenso überwiegend durchgeführt werden.116 e) Vermietungsgenossenschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG). Der Gegenstand des 64 Unternehmens einer WohnGen kann faktisch weiterhin eingeschränkt sein, wenn die WohnGen eine so genannte Vermietungsgenossenschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG ist. Diese WohnGen sind in der Gestaltung ihrer Satzung frei. Sie müssen aber faktisch den im Steuerrecht festgelegten Geschäftskreis – in erster Linie Vermietung – einhalten. Diese WohnGen sind partiell steuerbefreit. Es handelt sich um ca. 40% der WohnGen in den alten Ländern. In den neuen Ländern sind es 50%.117 Die Bezeichnung „Vermietungsgenossenschaft“ findet sich nicht im Gesetz. Der Begriff wird in den Einführungsschreiben des BdF118 verwendet und erläutert. Die Steuerfreiheit knüpft an den in § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG festgelegten Geschäftskreis an: – Herstellung oder Erwerb von Wohnungen oder Räumen in Wohnheimen, – die Überlassung der Wohnungen an Mitglieder (oder Ehegatten der Mitglieder) aufgrund eines Mietvertrages oder eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrages, – Herstellung, Erwerb oder das Betreiben von Gemeinschaftsanlagen und Folgeeinrichtungen im Zusammenhang mit den genannten Tätigkeiten, wenn sie überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und der Betrieb durch die eG notwendig ist. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen der eG aus danach nicht begünstigten Tätigkeiten 10% der gesamten Einnahmen übersteigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 Abs. 2 KStG). Die WohnGen sind dann insgesamt steuerpflichtig. Wenn die Einnahmen aus begünstigten Tätigkeiten 90% oder mehr jährlich ausmachen, ist die eG insoweit steuerbefreit, hinsichtlich der Resteinnahmen steuerpflichtig. Es bietet sich deshalb die Ausgliederung der für die Steuerbefreiung schädlichen Geschäftsbereiche in Tochtergesellschaften an. Deren Erträge sind allerdings den steuerpflichtigen Einnahmen zu zurechnen.119 Die gesetzliche Steuerbefreiung als Vermietungsgenossenschaft gilt für jede WohnGen, die die Voraussetzungen erfüllt, unabhängig davon, ob die eG vor 1990 als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen steuerbefreit war,120 sowie für eine neu gegründete eG. Sie besteht auch für eG in den neuen Ländern.121 Die eG, die die Voraussetzung der Steuerbefreiung als Vermietungsgenossenschaft erfüllt (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG), ist kraft Gesetzes steuerbefreit. Dies wird jährlich von den Finanzbehörden überprüft. Auch steuerbefreite Vermietungsgenossenschaften können genossenschaftliche
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116 vgl. auch Einf Rdn. 7 S. 19. 117 Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften (2004) S. 198. 118 BdF v. 22.11.1991 – IV B7 – S. 270 – 24/91 (BStBl. I, 1014) und vom 6.5.1991 – IV B7 – S. 2730 – 9/91 (BStBl. I S. 507). 119 Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften (2004), S. 198. 120 BdF Einführungsschreiben v. 22.11.1991, BStBl. I, 1991, 1014, Rdn. 15. 121 Dazu BdF-Schreiben v. 1.10.1993 – IV B27 – S. 2730 – 12/93, DB 1993, 2210.
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Rückvergütungen als Betriebsausgaben bei den zu versteuernden Einkünften abziehen (siehe § 19 Rdn. 37). 65
f) „Genossenschaftliches Eigentum der Mitglieder“. Seit die Förderung von Eigentumswohnungen und Eigenheimen in der Wohnungspolitik (zuletzt Wohn-Riester – Einf. Rdn.7) eine herausragende Rolle spielt, wird aus Sicht der WohnGen geltend gemacht, dass die Nutzung einer Genossenschaftswohnung durch ein Mitglied als ein zwischen Wohnungseigentum und Mietwohnung bestehender „dritter Weg“ einer besondere „Eigentumsförderung“ verdiene. Kern- und Ausgangspunkt der Auseinandersetzung ist die Eigenart der eG als rechtlich selbstständige Selbsthilfevereinigung ihrer Mitglieder (§§ 13, 17), die „Gewaltenteilung“ zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und GV, letztlich das Verhältnis der Mitglieder in ihrer Gesamtheit als Träger des genossenschaftlichen Unternehmens und der daraus fließenden eigenständigen Teilhabe des einzelnen Mitglieds an der Willensbildung und Einflussnahme auf die Geschäftsführung (§ 27 Abs. 2 S. 2) sowie am Ergebnis des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs und an dem förderwirtschaftlich gebundenen Vermögen der eG. Eigentumsrechtlich bleibt festzuhalten, dass Eigentümer des Grundstücks und der 66 darauf errichteten – vom Genossenschaftsmitglied benutzten – Wohnung allein die WohnGen bzw. bei verwalteten Wohnungen der jeweilige Hauseigentümer ist. Das Mitglied der Wohnungsgenossenschaft, das aufgrund eines Nutzungsvertrags eine Wohnung der eG bewohnt, kann sich allerdings in zweifacher Hinsicht auf die Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG berufen: – Als Inhaber eines Geschäftsguthabens an der eG ist das Mitglied insoweit gegen Beeinträchtigungen, Veränderungen oder Verlusten des Geschäftsanteils durch die Eigentumsgarantie geschützt. – Hinsichtlich des Besitzes an der konkreten Wohnung kann sich das Mitglied wie ein Mieter ebenfalls auf die Eigentumsgarantie des Artikel 14 Abs. 1 GG122 berufen. Durch diese „Doppelstellung“ ist das Mitglied stärker als der Mieter verfassungsrechtlich geschützt. Dies zeigt sich beispielsweise beim Verkauf einer vom Mitglied genutzten Wohnung an Dritte. Es wird der Verlust der genossenschaftlichen Bindung der Wohnung als ein Sonderopfer gewertet, das Schadensersatzansprüche gegenüber der eG auslöst.123 67
g) Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung. Die Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung gehen auf die Tradition der Spar- und Bauvereine im Ausgang des 19. Jahrhunderts zurück. 2009 bestehen bei 46 WohnGen Spareinrichtungen. Die jeweilige WohnGen betreibt eine Spareinrichtung, um „Spargelder“ oder „Einlagen gegen Namensschuldverschreibung“ der Mitglieder und ihrer Angehörigen entgegenzunehmen.124 Sie unterliegt der Genehmigung und ständigen Aufsicht nach KWG durch die BAFin. Um Namensschuldverschreibungen entgegennehmen zu können, bedarf es darüber hinaus einer gesonderten Erlaubnis der BaFin. Grundsätzlich ist den Spareinrichtungen der WohnGen nur das so genannte „Passivgeschäft“ (Einlagen) erlaubt, während ihnen alle Formen des bankenrechtlichen „Aktivgeschäfts“ (Ausleihungen) untersagt sind. Die Spareinrichtungen unterscheiden sich damit – auch aufsichtsrechtlich – von
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122 BVerfG WuM 1993, 377; WuM 2004, S. 80 ff.; im Einzelnen Schmidt/Futterer Mietrecht, § 573 Rdn. 42. 123 LG Hannover Urt. v. 17.10.2003, Az. 9 O 5509/01; KG Berlin Mietrechtliche Mitteilungen 1999, S. 31 (207). 124 Schaefers ZfgG 2004, 113 ff.
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den Vollbanken, die sämtliche Bankgeschäfte inklusive der Kredit- und Darlehensvergabe in den verschiedenen Formen durchführen dürfen (siehe hierzu auch die Sonderregelungen in § 1 Abs. 29 und §§ 51a–51c KWG). Für WohnGen mit Spareinrichtung gelten die besonderen Anforderungen für Vorstandsmitglieder unter Berücksichtigung der Beschränkung der WohnGen auf bestimmte Arten von Bankgeschäften. Es ist ein angemessenes Eigenkapital nachzuweisen, ausreichende Liquidität muss gegeben sein. Sie müssen ein Anfangskapital von mindestens € 5.000.000 haben. Sie müssen nicht die Liquiditätsanforderungen für Banken erfüllen; es gelten Sondervorschriften gemäß § 51b KWG i.V.m. mit einer VO des BMF bzw. der BaFin, z.B. werden in den nächsten 12 Monaten fällig werdende Mietzahlungen als Kapitalzuflüsse berücksichtigt. Die WohnGen mit Spareinrichtung müssen dem seit 1974 beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen e.V., Berlin, bestehenden Selbsthilfefonds zur Sicherung von Spareinlagen angehören.125 h) Förderverhältnis der Wohnungsgenossenschaft zum Mitglied (Nutzungsver- 68 trag). Der Förderungsauftrag einer WohnGen richtet sich grundsätzlich auf die Nutzung einer Genossenschaftswohnung. Diesen Auftrag kann die eG durch Überlassung einer neu gebauten Wohnung oder einer Wohnung aus dem Bestand an eigenen oder ihr zur Verfügung stehenden Wohnungen erfüllen. In der GdW-Mustersatzung für WohnGen, Ausgabe 2009, § 14 lautet der Text wie folgt: „Wohnliche Versorgung der Mitglieder: (1) Die Nutzung einer Genossenschaftswohnung sowie der Erwerb eines Eigenheimes oder einer Wohnung in der Rechtsform des Wohnungseigentums bzw. Dauerwohnrechts nach Wohnungseigentumsgesetz stehen ebenso wie die Inanspruchnahme von Betreuungs-/Dienstleistungen ausschließlich in erster Linie Mitgliedern der Genossenschaft zu. (2) Ein Anspruch des einzelnen Mitglieds kann aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden.“ Die WohnGen schließen einen gesonderten Nutzungs- oder Dauernutzungsvertrag bzw. Kaufvertrag ab. Das Mitglied steht dann in einer „Doppelstellung“ zur Wohnungsgenossenschaft.126 Es gilt der abgeschlossene Nutzungsvertrag bzw. Kaufvertrag. Diese ist unter Berücksichtigung der beiderseitigen körperschaftsrechtlichen Treuepflichten aus der Mitgliedschaft auszulegen.127 i) Grundstückerwerb durch Zuweisung. Spätestens seit Anfang der 1970er Jahre 69 ist es auch bei WohnGen Praxis, die auf die Übertragung von Grundeigentum – z.B. Eigenheime, Eigentumswohnung – gerichteten Verträge notariell beurkunden zulassen (§ 311b BGB). Erst mit der Beurkundung entsteht der entsprechende Anspruch des Mitgliedes. Die notarielle Beurkundung ist Praxis, obwohl auch der mitgliedschaftliche Zuweisungsbeschluss als genossenschaftlicher Anspruch ohne Beurkundung rechtswirksam ist, wenn die Satzung eine allgemeine Überlassungspflicht vorsieht und der nach Satzung zulässige Zuweisungsbeschluss konkret die Bedingungen festlegt.128 In der Pra-
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Schaefers ZfgG 2004, 113 ff. BerlKom/Keßler GenG § 1 Rdn. 25. So für das Mietrecht BGH NZM 2004, 25. BGHZ 15, 177, 182; Beuthien GenG § 1 Rdn. 63 ff.
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xis hat sich dennoch eine notarielle Beurkundung durchgesetzt, weil Erwerber, Banken und Behörden und Notare dies zur Rechtssicherheit fordern. 70
k) Das genossenschaftliche Nutzungsverhältnis. Angesichts der Tatsache, dass über 10% des gesamten Mietwohnungsbestandes der Bundesrepublik Deutschland von Genossenschaftsmitgliedern genutzt wird, kommt der rechtlichen Bedeutung des genossenschaftlichen Nutzungsverhältnisses große Bedeutung zu. In der genossenschaftlichen Literatur wird die Rechtsnatur des genossenschaftlichen Nutzungsverhältnisses an einer Wohnung unterschiedlich beurteilt: a) es wird die körperschaftliche Natur betont, b) es sei ein Nutzungs-(Miet-)vertrag besonderer Art,129 c) das Nutzungsverhältnis sei dem Mietrecht zu unterstellen.130
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Nach Beuthien131 hat die eG ein Wahlrecht. Zu a) Gestützt auf die ihr als Körperschaft zustehende Vereinigungsfreiheit kann sie das Nutzungsverhältnis in der Satzung und damit körperschaftsrechtlich regeln. Allerdings räumt auch Beuthien ein, dass selbst bei einer körperschaftlichen Regelung des Nutzungsverhältnisses in der Satzung die zwingenden Regeln des Mietrechts zumindest entsprechend anwendbar sind. Aus der Praxis sind solche körperschaftsrechtlichen Regelungen nicht bekannt. Zu c) Die WohnGen kann das Nutzungsverhältnis aber auch schuldrechtlich regeln, dann ist es ein Mietvertrag, in den die Mitgliedschaft nur in einzelnen Bereichen (siehe unten Beispiele Rdn. 71) einwirkt. In der Praxis werden von den WohnGen Nutzungsverträge nach vom GdW empfohlenen Mustern132 abgeschlossen. Auch die Mustersatzung des GdW sieht den Abschluss solcher Verträge vor (MS 2009 § 15 Abs. 2).
Letztlich ist bei der Beurteilung dieser Nutzungsverträge der ständigen Rechtsprechung des BGH133 zu folgen: – Das genossenschaftliche Nutzungsverhältnis ist „der Sache nach ein Mietvertrag“ und es gelten dementsprechend alle Bestimmungen des Mietrechts in den §§ 535 ff. BGB einschließlich des nunmehr auch im BGB integrierten Mietpreisrechts. Die vom GdW herausgegebenen Miet- und Nutzungsvertragsmuster, die von den Wohnungsgenossenschaften in der Regel verwandt werden, sind daher auch bei aller abweichenden Formulierung (Nutzer = Mieter) in erster Linie „der Sache nach“ Mietverträge. – Aber: Wenn auch der Ausgangspunkt einer Bewertung des genossenschaftlichen Nutzungsverhältnisses das Mietrecht sein muss, so darf doch die weitere Auslegung „den besonderen Charakter des genossenschaftlichen Mietverhältnisses nicht unberücksichtigt“ lassen. Das genossenschaftliche Mietverhältnis „wird geprägt durch die körperschaftliche Bindung zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern, den gemeinsam durch das Statut festgelegten wirtschaftlichen Zweck des
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129 BGH NZM 2004, 25 = MDR 2003, 1347 = NJW-RR 2004, 12 f. = WuM 2003, 691. 130 BGH NZM 2004, 25. 131 Beuthien GenG § 1 Rdn. 66. 132 Der GdW empfiehlt die Verträge, aber natürlich sind die WohnGen in der Gestaltung nach Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts 1990 frei. 133 Zuletzt BGH NZM 2004, 25 f., so auch für solche Verträge Beuthien GenG § 1 Rdn. 67; zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Nutzungsverhältnis: BGH NJW RR 2010, 226 ff.; MDR 2010, 76.
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Zusammenschlusses (vgl. § 1, insbesondere dessen Abs. 1 Nr. 7) sowie die sich daraus ergebenden beiderseitigen Treuepflichten. Dementsprechend ist die Mitgliedschaft in einer WohnGen in erster Linie auf die Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum gerichtet; sie verleiht dem Mitglied eine im Verhältnis zu außenstehenden Dritten bevorrechtigte Aussicht auf den Abschluss eines Mietvertrages (Dauernutzungsvertrages) zu günstigen Bedingungen.“134 Das Gericht weist weiter darauf hin, dass eine Interessenabwägung erfolgen müsse: Die „Interessen der eG am bestimmungsgemäßen Einsatz ihres Wohnungsbestandes (Art. 14 GG) und das Interesse eines wohnungssuchenden Mitgliedes an der Erlangung einer preiswerten Genossenschaftswohnung“ seien „mit den Belangen des Nichtmitgliedes an der Beibehaltung seines vertrauten Wohnumfeldes“ abzuwägen. Durch die Einführung der sog. laufenden Aufwendungen mit der Neufassung des § 16 Abs. 3 S. 2 u. 3 GenG durch die Novelle 2006 ist es nicht etwa möglich geworden, Nutzungsentgelte (oder Teile davon) per Satzung auf die Mitglieder umzulegen. Das Instrument der „laufenden Aufwendungen“ ist nur im Mitgliedsverhältnis einsetzbar (z.B. als Umlage für den Bau einer Geschäftsstelle). Nur wenn das Nutzungsverhältnis insgesamt in der Satzung als Mitgliederbeziehung festgelegt würde, könnten auch die Nutzungsentgelte als laufende Aufwendungen gelten. Aber auch in diesem Fall sind die zwingenden Regelungen des Mietrechts zu beachten. l) Beispiele
Kündigung des Nutzungsverhältnisses durch die Wohnungsgenossenschaft bei Verlust der Mitgliedschaft Nach der BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2003 ist ein „berechtigtes Interesse“ der 71 WohnGen an der Kündigung einer Wohnung, also des Nutzungsvertrages gemäß § 573 BGB, dann gegeben, wenn das Genossenschaftsmitglied rechtswirksam aus der eG, insbesondere aus wichtigem Grund, ausgeschlossen worden ist. Allerdings setze die Kündigung der Wohnung rechtlich voraus, dass auch ein akuter Wohnungsbedarf für Mitglieder bei der WohnGen bestehe.135 Das Urteil erging in einem Fall der Ausschließung des Mitglieds. Der BGH äußert sich zusätzlich – obwohl im Fall nicht zu entscheiden – auch zum Fall einer freiwilligen Kündigung der Mitgliedschaft. Auch dann sei grundsätzlich ein berechtigtes Interesse der eG an einer Kündigung der Wohnung gegeben. Aber es werden „besonders bestehende Bedenken“ geltend gemacht, allein den Verlust der Mitgliedschaft als Kündigungsgrund gelten zu lassen. Offensichtlich soll auch hier der akute Wohnungsbedarf der Mitglieder zusätzlich erforderlich sein. Dies erscheint zumindest dann entbehrlich, wenn das Mitglied willkürlich handelt. In diesem Fall sollte das besondere Interesse der WohnGen, die Wohnungen nur an Mitglieder zu vergeben, grundsätzlich dem Interesse des Nutzers, der zum reinen Mieter geworden ist, vorgehen. Die WohnGen sollte also zur Kündigung berechtigt sein.136 Keine Kündigung aus berechtigtem Interesse nach § 573 BGB wird anerkannt, wenn die WohnGen ein Gebäude erwirbt und bestehende Mietverträge übernimmt. Für die bisherigen Mieter überwiegt das Interesse am Behalten der Wohnung das Verfügungsinteresse der WohnGen. Der Mieter ist nicht zur Mitgliedschaft verpflichtet, weil er bei Abschluss seines Vertrages von der Notwendigkeit einer genossenschaftlichen Mitglied-
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So BGH NZM 2004, 25 f. BGH NZM 2004, 25 f. Roth NZM 2004, 129.
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schaft nichts ahnen konnte. Ihm kann nicht im Hinblick auf die fehlende Mitgliedschaft gekündigt werden. Kündigung eines Nichtmitgliedes aus wichtigem Grund nach Beendigung der Mitgliedschaft bei Tod Nach dem Tod eines Wohnungsnutzers besteht ein besonderes Eintrittsrecht für 72 Haushaltsangehörige gemäß § 563 BGB in das Nutzungsverhältnis, obwohl die Mitgliedschaft des „Toten“ durch Erbrecht nicht unbedingt auf dieselbe Person übertragen wird. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage, inwieweit dem eintrittsberechtigten Nichtmitglied aus wichtigem Grund gemäß § 563 Abs. 4 BGB gekündigt werden kann, wenn er es ablehnt, die Mitgliedschaft zu erwerben. Immerhin hat sein Vorgänger die Wohnung nur zusammen mit der Mitgliedschaft und den hiermit verbundenen Rechten und Verpflichtungen genutzt.137 Nach den Grundsätzen des BGH-Urteils aus dem Jahre 2003 kann auch hier die fehlende Mitgliedschaft nur dann ein wichtiger Grund zur Kündigung sein, wenn ein besonderer Wohnungsbedarf der Mitglieder besteht.138 Es sollte aber dann auf den Nachweis des akuten Wohnbedarfs verzichtet werden können, wenn der Eintrittsberechtigte keine sachlichen Gründe geltend machen kann, also willkürlich die Mitgliedschaft ablehnt.
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Ausnahme von der Gläubigerkündigung gemäß § 66 Unter den Voraussetzungen des § 67c ist die Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Gläubiger des Mitglieds bzw. durch den Insolvenzverwalters des Mitglieds nach § 66a ausgeschlossen. Zu den Voraussetzungen siehe die Erl. zu § 67c. Die Wohnung kann von der eG gekündigt werden, wenn ein dringender Wohnbedarf anderer Mitglieder gerade an dieser Wohnung besteht und der Nutzer nicht bereit ist eine neue Mitgliedschaft einzugehen.139 Kündigung der Mitgliedschaft wegen Unterbelegung der Wohnung Nach dem OLG Stuttgart kann eine WohnGen ein berechtigtes Interesse gemäß § 573 BGB an der Kündigung des Nutzungsvertrages mit einem Mitglied haben, wenn sie eine (auch nachträglich) erheblich unterbelegte Genossenschaftswohnung in der Absicht kündigt, sie an eine größere Familie mit entsprechendem Wohnbedarf zu vermieten.140 Entscheidend ist dabei, dass die Unterbelegung wirklich „erheblich“ ist und ein Fortsetzungsanspruch nach § 574a BGB nicht besteht. Auch hier ist allerdings immer eine Einzelfallabwägung erforderlich. Diese lässt i.d.R. eine Kündigung zu, wenn dem Betroffenen eine Ersatzwohnung zu vergleichbaren Bedingungen angeboten wird. Das OLG Karlsruhe allerdings hat im Fall eines Eigenheims, das im Wege der Erbfolge auf den neuen Nutzer gekommen ist, bei Auslegung des wichtigen Grundes gemäß § 563 Abs. 4 BGB dem Nutzungsinteresse des Mitgliedes den Vorrang vor dem Vergabeinteresse der eG an mehrköpfige Familien gegeben.141 Die Kündigung wegen Unterbelegung wurde nicht zugelassen.
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137 Hierfür sprechen sich aus Lützenkirchen WuM 1994, 6 ff.; OLG Karlsruhe NJW 1984, 2584; BerlKom/ Keßler GenG § 1, Rdn. 34. 138 BGH NZM 2004, 25. 139 LG Hamburg WuM 1988, 430. 140 OLG Stuttgart WuM 1991, 379. 141 OLG Karlsruhe WuM 1984, 43.
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Kauf bricht nicht Miete Der Grundsatz des § 566 BGB: „Kauf bricht nicht Miete“ gilt bei Verkauf eines Genos- 75 senschaftsgrundstücks entsprechend für das Nutzungsverhältnis; der Erwerber tritt uneingeschränkt in die Rechte und Pflichten der eG ein.142 Das OLG Karlsruhe hat aber dennoch in einem Einzelfall einem privaten Eigentümer die Kündigung aus Eigenbedarf nach § 573 BGB zugestanden, obwohl die WohnGen – also der alte Eigentümer – dieses Recht nicht gehabt hätte.143 Das individuelle Kündigungsinteresse des neuen Eigentümers setzt sich hier also durch. Verkauf von Genossenschaftswohnungen an Dritte Beim Verkauf einer von einem Mitglied genutzten Wohnung an Dritte (z.B. an Inves- 76 toren zur Modernisierung der Wohnung) entsteht ein Anspruch des betroffenen Mitglieds gegen die verkaufende WohnGen. Zwar bleibt das Nutzungsverhältnis mit dem neuen Eigentümer bestehen („Kauf bricht nicht Miete!“) ebenso wie das Mitglied nicht die Mitgliedschaft bei der eG verliert, dennoch bedeutet der Verlust der besonderen Doppelstellung des Mitglieds als Nutzer und Mitglied eine erhebliche Rechtseinbuße, wie das Urteil des OLG Karlsruhe (Rdn. 75) zeigt. Dem solchermaßen betroffenen Genossenschaftsmitglied steht ein Ausgleich zu: Ihm ist eine gleichwertige Genossenschaftswohnung zu verschaffen und es sind ihm Umzugskosten zu erstatten. Steht eine Ausgleichswohnung nicht zur Verfügung, ist der Wohnkostenmehraufwand auszugleichen.144 Gesondert zu prüfen ist die Zulässigkeit der Veräußerung größerer Wohnungsbestände durch die eG an Dritte ohne Zustimmung der GV. Sie ist unzulässig, wenn hierin eine Grundlagenentscheidung zu sehen ist.145 Kündigung der Genossenschaftswohnung bei geplantem Abriss des Gebäudes Einem Genossenschaftsmitglied kann aus „berechtigtem Interesse“ gemäß § 573 BGB 77 gekündigt werden, wenn der ersatzlose Abriss des Gebäudes beabsichtigt wird. Eine solche Abrisskündigung ist jedenfalls dann zulässig, wenn der Erhaltungsaufwand 10mal höher als die Einnahmen ist. Im Übrigen kann hierin keine Verwertungskündigung gesehen werden.146 m) Ehewohnung bei Scheidung (Hausratsverordnung, seit 1.9.2009 § 1568a 78 und b BGB). Seit dem 1.9.2009 ist die Behandlung der Ehewohnung nach der Scheidung nicht mehr in der zum 1.9.2009 aufgehobenen Hausratsverordnung,147 sondern in §§ 1568a und b BGB geregelt, die verfahrensrechtlichen Regelungen sind nunmehr in §§ 200 ff. FamFG enthalten. Anstelle des früheren gerichtlichen Zuweisungsverfahrens tritt eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage.148 Da sich die Regelungen nicht grundlegend unterscheiden, sollte die bisherige Rechtsprechung zur HausratsVO weiter zutreffen. § 1568a BGB ist also auch zwingend für die Genossenschaftswohnung. Der Umstand, dass nur einer der geschiedenen Eheleute Mitglied der eG ist, ist im Rahmen der Billigkeitsgründe
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142 Z.B. OLG Karlsruhe ZfgG 1988, 52. 143 OLG Karlsruhe WuM 1984, 43. 144 LG Hannover Urt. v. 17.10.2003, Az. 9 O 5509/01; KG Berlin Mietrechtliche Mitteilungen 1999, S. 31 (207). 145 Entsprechend der Holzmüllerentscheidung BGH 83, 122; Gelatine-Urteile BGHZ 159, 30 ff.; WM 2004, 1085 ff.: Cario Zuständigkeiten der GV in Festschrift für Schaffland, S. 111 ff. 146 BGH Urt. v. 24.4.2004, Az. VIII ZR 188/03. 147 Hausratsverordnung aufgehoben durch Art. 2, § 1568a BGB neu durch Art. 1 Nr. 12 des G. vom 6.7.2009, BGBl. I 1696. 148 Blank WuM 2009, 555 ff.
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der neuen Bestimmung zu berücksichtigen. Auch der Ehegatte hat einen Anspruch nach § 1568a BGB.149 Ist der Berechtigte nicht bereit, der WohnGen beizutreten, so kann die eG die Wohnung zum nächst zulässigen Termin kündigen, jedenfalls dann, wenn die Mitgliedschaft willkürlich abgelehnt wird.150 Allerdings bedarf es auch in diesen Fällen des dringenden akuten Wohnungsbedarfs anderer Genossenschaftsmitglieder. 79
n) Mietpreis. Das Mitglied kann keine Änderung des Nutzungsentgeltes bei bestehendem Nutzungsvertrag aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen, wenn die Nutzungsgebühr bei späteren Neuabschlüssen mit anderen Genossenschaftsmitgliedern niedriger ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn geänderte Marktverhältnisse den Neuabschlüssen zugrunde gelegt werden müssen; also die Mietfestsetzung nicht willkürlich, sondern sachlich gerechtfertigt ist.151 Im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz kann eine Veränderung des Nutzungsentgelts verlangt werden, wenn die einzelnen Mitglieder ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt wurden. Nach der Rechtsprechung des BGH kann „die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch den Anspruch begründen, die benachteiligten Genossen so zu stellen, wie die bevorzugten Mitglieder gestellt worden sind oder einen bestimmten Genossen gewährten Vorteil unter diesen und den benachteiligten Genossen aufzuteilen“.152 Allerdings muss das Mietrecht dies auch zulassen – wie im Fall des zitierten BGH-Urteils das Recht des sozialen Wohnungsbaus gegeben ist. Die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB (keine Mieterhöhung über 20%), kann 80 auch zugunsten einer WohnGen nicht überschritten werden; es handelt sich um zwingendes Mietrecht, das keiner Auslegung fähig ist. Beuthien will hier eine Ausnahme in dem Extremfall konstruieren: „Einzelne Mitglieder einer WohnGen seien nur bei angesichts gleicher Wohnwerte grober Mietverzerrung verpflichtet, einer die Kappungsgrenze maßvoll übersteigenden genossenschaftsinternen Mietangleichung zuzustimmen. Das gelte aber nur, wenn sich die überwältigende Mehrheit der durch die Kappungsgrenze begünstigten Mitglieder mit einer solchen Mieterhöhung einverstanden erklären“.153 Abgesehen davon, dass dieser Fall sehr selten praktisch wird, verkennt diese Ansicht den zwingenden Charakter des Mietrechts, der eine Umgehung nicht zulässt. Aus diesen Gründen ist auch eine aus dem Mietrecht begründete Mietminderung (§ 536 BGB) nicht unter Berufung auf die genossenschaftliche Treuepflicht ausgeschlossen. Dem Nutzer droht allerdings u.U. eine Mieterhöhung nach § 558 BGB (Rdn. 81). 81
o) Modernisierung und Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Verzicht auf die Geltendmachung von Verfahrens- oder Berechnungsfehlern ist bei zwingendem Mietrecht (z.B. Modernisierung § 559 BGB) nicht aus den Besonderheiten des genossenschaftlichen Treueverhältnisses (z.B. genossenschaftliche Duldungspflicht) zu rechtfertigen.154 Umgekehrt kann sich das Mitglied nicht auf die genossenschaftliche Fürsorgepflicht der WohnGen berufen, wenn es einer nach Mietrecht berechtigten Erhöhung des Nutzungsentgelts wegen Modernisierung widersprechen will.
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149 BGH WuM 2010, 431; LG Heidelberg WuM 2014, 37; OLG Hamm ZfgG 1968, 219; BVerfG Beschl. v. 9.10.1991 NJW 1992, 106. 150 Drasdo NZM 2012, 594; Götz NZM 2010 385; Blank FPR 2010, 547. 151 AG Dresden ZMR 2001, 714 für den gleichgelagerten Fall der Festlegung unterschiedlicher Pflichtanteile wegen veränderter Marktlage. 152 BGH ZfgG 1960, 351 = NJW 1960, 2191. 153 Beuthien Wohnungsgenossenschaften zwischen Tradition und Zukunft, S. 35. 154 So auch Beuthien Wohnungsgenossenschaften zwischen Tradition und Zukunft, S. 48 f.
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Ein Nutzer, der als einziges Mitglied der WohnGen die Miete wegen der durch Modernisierungsarbeiten verursachten Beeinträchtigungen gemindert hat, hat keinen Anspruch aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes darauf, dass die WohnGen ihm gegenüber auf das nach – § 558 BGB berechtigte – Mieterhöhungsverlangen ebenso verzichtet wie gegenüber den anderen Nutzern, die ebenfalls zur Mietminderung berechtigt waren, darauf aber verzichtet haben.155 Gleiches soll gelten, wenn sich ein Nutzer als Einziger auf eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel beruft und deshalb eine entsprechende Nutzungsentgelterhöhung bekommt. p) Nichtmitglied als Untermieter. Als Zweckentfremdung ist es anzusehen, wenn 82 das Mitglied seine Wohnung als Ganzes an ein Nichtmitglied untervermietet.156 Im Übrigen richtet sich die Untervermietung nach dem Nutzungsvertrag und dem Mietrecht (§§ 535 ff. BGB). Sie ist in der Regel auch deshalb zulässig, weil hier das Förderinteresse des Mitglieds den Vorrang vor den Interessen der WohnGen verdient.157 q) Hundehaltungsverbot. Der Gleichbehandlungsgrundsatz rechtfertigt nicht ein 83 striktes Hundehaltungsverbot, wenn besondere Umstände beim Mitglied (Krankheit, kleiner Hund) für eine Hundehaltung sprechen.158 r) Sonderregelung – Wohnungsbauprämienrecht. Aufgrund des Wohnungsbau- 84 Prämiengesetzes159 sind begünstigt: – Aufwendungen für den ersten Erwerb von Anteilen an Bau- und Wohnungsgenossenschaften. Das sind alle eG, deren Zweck auf den Bau und die Finanzierung sowie die Verwaltung oder die Veräußerung von Wohnungen oder auf die wohnungswirtschaftliche Betreuung gerichtet ist. Als Wohnungsbau gelten auch bauliche Maßnahmen des Mitgliedes (Mieters) zur Modernisierung seiner Wohnung, – Beiträge aufgrund von Verträgen u.a. mit einer Wohnungsbaugenossenschaft nach Art von Wohnbau-Sparverträgen mit festgelegten Sparraten. Die Prämie beträgt 8,8 vom Hundert der Aufwendungen bis zu € 512 pro Jahr, bei Ehegatten € 1.014 pro Jahr. Die Einkommensgrenze beträgt € 25.600 bzw. € 51.200 pro Jahr für Ehepaare, Stand 2015. 85 s) Vermögensbildung der Arbeitnehmer.160 Vermögenswirksame Leistungen a) des Arbeitgebers können u.a. zur Begründung oder zum Erwerb eines Geschäftsguthabens bei einer Bau- oder Wohnungsgenossenschaft angelegt werden. Ist die eG nicht der Arbeitgeber, so ist die Anlage beschränkt auf eine eG, die – seit mindestens 3 Jahren im Genossenschaftsregister eingetragen und nicht aufgelöst ist oder
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155 BGH NJW RR 2010, 226 ff.; MDR 2010, 76; LG Duisburg GW 1978, 600; Schönheitsreparaturklausel: AG Schöneberg Grundeigentum 2009, 1195. 156 OLG Stuttgart NJW 1963, 497. 157 Auch für Vermietungsgenossenschaften ist die Untervermietung an Nichtmitglieder steuerunschädlich. 158 AG Hamburg WuM 2003, 558. 159 Wohnungsbau-Prämiengesetz neugefasst BGBl. I 1997, S. 2678; zuletzt geändert durch Art. 9 d. G. v. 18.7.2014 (BGBl. I S. 1042). 160 5. VermBG vom 4.3.1994 (BGBl. I, 406), zuletzt geändert durch Art. 5 d. G. v. 18.12.2013 (BGBl. I S. 4318).
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Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Ländern hat und am 1.7.1990 als Arbeiterwohnungsgenossenschaft gem. Wohnungsbaugenossenschaft oder sonstige Wohnungsbaugenossenschaft, bestanden hat oder einen nicht unwesentlichen Teil von Wohnungen aus dem Bestand einer solchen eG erworben hat. b) Aufwendungen des Arbeitnehmers für den ersten Erwerb von Anteilen an Bau- und Wohnungsgenossenschaften, eines Beteiligungs-Vertrages bzw. eines Beteiligungs-Kaufvertrages.
Die entsprechende Sparzulage beträgt 20% der Leistungen, höchstens € 400. Die Einkommensgrenze liegt bei € 40.000 für Ehepaare. 86
t) Gebührenbegünstigungen. Nach der Aufhebung des Gesetzes über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau mit Steuerreformgesetz 1990 sind Geschäfte der WohnGen nicht mehr von den Notargebühren befreit.
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u) Bauträger- und Betreuungsgeschäft. Die eG bedürfen für das Bauträgergeschäft sowie für die Betreuung von Bauvorhaben der Erlaubnis gem. § 34c GewO. Sie unterliegen den Vorschriften der MaBV.161 Die Zulassung der WohnGen für die Betreuung von Bauherren im Sozialen Wohnungsbau gem. § 37 II. WoBauG ist mit dem Wohnungsbauförderungsgesetz vom 1.1.2002 entfallen.
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8. Andere Genossenschaftsarten. Neben den in § 1 Abs. 1 genannten Typen haben sich verschiedene andere Genossenschaftsarten im Rahmen des Genossenschaftsrechts entwickelt. Der Begriff „Unternehmergenossenschaft“ ist durch die Novelle 2006 aktuell geworden. Eine Unternehmergenossenschaft ist eine eG, die ganz oder zu mindestens 95% Unternehmer i.S.d. § 14 BGB als Mitglieder hat. Die Frage, ob eine eG eine Unternehmergenossenschaft ist, ist im Falle des § 43 Abs. 3 für die Einräumung von Mehrstimmrechten sowie für die Verlängerung des Kündigungsrechts über fünf Jahre hinaus in § 67a entscheidend. § 14 BGB definiert Unternehmer als natürliche oder juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften, die bei Abschluss der Rechtsgeschäfte in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln. Unternehmer sind daher natürliche oder juristische Personen, die am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbieten.162 Auch Freiberufler, berufsmäßige Betreuer,163 Handwerker und Landwirte sind Unternehmer, ebenso Kleingewerbetreibende, die nicht im Handelsregister eingetragen sind. Auf die Absicht einer Gewinnerzielung kommt es nicht an. Unternehmer sind auch Vermögensverwalter, Nachlass- und Testamentsvollstrecker, die ein Unternehmen verwalten, gemeinnützige Vereine und Einrichtungen des öffentlichen Rechts (gemeindliche Eigenbetriebe, Schwimmbäder usw.), die gegen ein Entgelt Leistungen für den Bürger erbringen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Leistungsbeziehung ausschließlich öffentlich-rechtlich organisiert ist. Nebenberufliche unternehmerische Tätigkeit fällt ebenso unter § 14 BGB, nicht jedoch die Ver-
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161 Makler- und BauträgerVO vom 7.11.1990 (BGBl. I S. 2479) zuletzt geändert durch Art. 2 d. VO vom 2.5.2012 BGBl. I S. 1006. 162 BGH NJW 2006, 2250. 163 BFH NJW 2005, 1006; BGH NJW 2006, 2252.
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waltung und Anlage eines Vermögens, auch in Mietobjekte oder insbesondere die Tätigkeit natürlicher Personen als Verbraucher.164 Der Begriff Unternehmergenossenschaft wurde gebildet, um einen Typ von eG zu beschreiben, der anders ist als Verbrauchergenossenschaften oder genossenschaftliche Banken und Wohnungsgenossenschaften, die überwiegend von Privaten getragen werden und für die daher die Zulassung von Mehrstimmrechten und längeren Kündigungsfristen nicht erforderlich oder angemessen sind. Kleinstgenossenschaften sind eG mit nicht mehr als 20 Mitgliedern; für diese enthält das Gesetz Erleichterungen. So kann per Satzung auf einen Aufsichtsrat ganz verzichtet werden und kann als Vorstand ein Mitglied genügen. Wird auf den Aufsichtsrat verzichtet, sieht das Gesetz dort, wo dem Aufsichtsrat bestimmte Rechte und Pflichten zugeschrieben sind vor, dass diese durch einen von der GV zu wählenden Bevollmächtigten wahrgenommen werden. Verkehrsgenossenschaften sind eine Mischform aus Einkaufs- und Dienstleistungsbetrieben. Sie vermitteln Transportaufträge, übernehmen die Laderaumverteilung sowie die Frachtenabrechnung. Sie beliefern ihre Mitglieder mit Waren und Ausrüstungen, wie sie in den Transportbetrieben benötigt werden; die eG unterhalten Tankstellen oder Autohöfe. Die Verkehrsgenossenschaften sind als Frachtenprüfstelle gemäß § 59 GüKG zugelassen. Das Mitglied kann die eG mit der Vorlage der Frachtunterlagen bei der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr beauftragen. Auch der Tarifausgleich gemäß § 23 GüKG kann von der eG durchgeführt werden. Die Verkehrsgenossenschaften bestehen in den Bereichen des Güterverkehrs auf der Straße, für die Binnenschifffahrt, für Taxiunternehmen usw. Architektengenossenschaften sind überwiegend Dienstleistungsbetriebe, in denen sich Architekten insbesondere für größere Aufträge auf Dauer zusammenschließen. Seit der Novelle 2006 sind in Deutschland rund 1.500 neue Genossenschaften gegründet worden. Die dezentrale Verbreitung erneuerbarer Energien, Qualitätssicherung in der Grundversorgung, die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit für Selbständige und Freiberufler, aber auch Aufgaben wie selbstbestimmtes Wohnen im Alter, energetisches Sanieren von Wohnungsbeständen, kommunale Daseinsvorsorge oder ländliche Nahversorgung werden in der Rechtsform der eG wahrgenommen. Diese neuen Genossenschaften165 entstehen v.a. in den Bereichen – EDV (z.B. Denic eG, die Internetdomains vergibt), sowie eG, die gemeinsam als „software house“ Dienstleistungen erbringen, – Gesundheit (z.B. gemeinsamer Einkauf für Krankenhäuser, Arztpraxen, Dienstleistungen von Abrechnungen bis hin zu standespolitischen Aufgaben), – Übertragung von staatlichen Aufgaben auf Private (z.B. Wasserversorgung, Betrieb eines Schwimmbades)166 und – Unternehmensnachfolge (sog. EBO, employee buy out, wenn Mitarbeiter mit Hilfe der Rechtsform einer eG die Unternehmensnachfolge antreten),167 – Bauhandwerker, die in verschiedenen Gewerken tätig sind, leisten durch ihre eG gemeinsam den gesamten Hausbau, – Dorfläden, die die Nahversorgung verbessern und den Schwerpunkt auf regionale Produkte legen; Betreiber und Mitglieder sind Bürger und die Kommune; als Nebeneffekt schaffen sie einen kommunikativen Treffpunkt für die Bürger.
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164 Palandt/Ellenberger § 14 Rdn. 2. 165 Vgl. Ott ZfgG 2010, 289; w. Literaturhinweise Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 94 a.E. 166 Vgl. Eisen BI 2004, 72 ff.; Scholz in Festschrift für Schaffland S. 229 ff. spricht sich für die Nutzung der eG bei haushaltsnahen Dienstleistungen aus. 167 Hierzu Eisen BI 2003, 36 f.
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Besondere Bedeutung haben die neuen eG im Bereich der erneuerbaren Energien durch die sog. „Energiewende“ erlangt. Privatpersonen und Unternehmen betreiben gemeinsam dezentrale Kraftwerke, mit denen aus erneuerbaren Energieressourcen Strom und Wärme erzeugt werden; Investitionsrisiko und Betreiber-Know-how werden mittels der eG gebündelt.168 Die Umsetzung der Energiewende hat zu einer Gründungswelle geführt. Auch wenn die Gründungswelle durch die Umgestaltung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2014) eingedämmt worden ist, stellt sich weiterhin die Frage, welche Konstruktionen mit dem Genossenschaftsgesetz, insbesondere mit § 1 vereinbar sind. Durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sind zusätzliche rechtliche Unsicherheiten entstanden (vgl. Erl. zu Rdn. 107a ff.). Besteht zwischen der Energie eG und dem Mitglied eine wirtschaftliche Leistungsbeziehung, erfolgt eine Förderung der Wirtschaft der Mitglieder. Dieser unproblematische Fall liegt vor, wenn z.Β. zwischen der eG und dem Mitglied ein Energielieferungsvertrag besteht und/oder dem Mitglied Vorteile vermittelt werden, z.B. durch die Weitergabe von Konditionen und/oder die eG ihre Mitglieder in Fragen der Energieversorgung berät. Aber auch allein die Beteiligung der Mitglieder an der eG kann eine Förderung der sozialen Belange der Mitglieder darstellen, denn die eG fördert ihre Mitglieder bei deren Unterstützung von regenerativen Energien. Einen Leistungsaustausch fordert das Gesetz nicht. Auch diese eG müssen die übrigen geschriebenen und ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale des § 1 erfüllen. Eine zulässige Energie eG liegt jedenfalls dann vor, wenn ihre Satzung, ihre Struktur und Handlungsweise auf eine Förderung der Mitglieder (dienender Charakter) ausgerichtet ist. Diese Voraussetzung wird aus dem genossenschaftlichen Grundsatz der Identität von Mitglied und Kunde abgeleitet, vgl. Erl. zu Rdn. 8. Auch im Fall der Förderung von kulturellen und sozialen Belangen müssen die Mitglieder objektiv in der Lage und subjektiv bereit sein, durch die Genossenschaft gefördert zu werden. Da sich subjektive Tatbestandsmerkmale schwerlich nachweisen lassen, erst recht bei der Gründungsprüfung, müssen diese anhand von objektiven Merkmalen ermittelt werden.169 Ein objektives Merkmal zur Beurteilung, ob Mitglieder einer eG „förderbereit“ sind, ist die Mitgliederbezogenheit der eG, die sich auch im genossenschaftlichen Grundsatz der Selbstverwaltung widerspiegelt. Einer eG, bei der die Mitglieder keinen oder so gut wie keinen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb haben, fehlt es am notwendigen Mitgliedereinfluss und damit an der Mitgliederbezogenheit. Dann ist kein dienender Charakter der eG gegeben, denn in diesem Fall dienen nur die Mitglieder der eG (als Kapitalgeber). Folglich muss der Mitgliedereinfluss ausreichend sein.170 Soweit eine Energie eG selbst Anlagen betreibt, z.B. in ihrem Eigentum stehende Anlagen verpachtet oder über einen Dienstleistungsvertrag einen Dritten mit dem Betrieb der Anlagen beauftragt, ist ausreichender Mitgliedereinfluss gegeben. Beteiligt sich eine eG (Haltegenossenschaft)171 an einer anderen eG, müssen sich die Unternehmensgegenstände entsprechen, sofern der Förderzweck der Haltegenossenschaft allein darin liegt, ihren Mitgliedern die Förderung regenerativer Energien zu ermöglichen, vgl. auch Erl. zu Rdn. 92 u. 96. Durch die entsprechenden Unternehmensgegenstände, an die die Vorstände gebunden sind, wird der notwendige Mitgliedereinfluss sichergestellt. Beteiligt sich die eG an Unternehmen anderer Rechtsform, muss die Beteiligung einem weitergeleiteten Förderauftrag entsprechen, z.B. indem in der Satzung der
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Althanns ZfBR-Beil. 2012 S. 36; Volz ZfgG 2011, 289; Glenk NWB 2014, S. 1874. Zum Versuch eines empirischen Nachweises Volz ZfgG 2011, 289. Vgl. zum Einfluss einer Halte-eG in der Beteiligungsgesellschaft Beuthien GenG § 1 Rdn. 95. Zum Begriff Rdn. 96 a.E.
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Beteiligungsgesellschaft eine Bindung an den Förderzweck der Haltegenossenschaft enthalten ist.172 Auch eine Bindung der Beteiligungsgesellschaft an den Förderzweck der Haltegenossenschaft durch schuldrechtlichen Vertag wäre denkbar. In diesen Konstellationen wird die Haltegenossenschaft zudem herrschenden Einfluss (51% und mehr der Stimmen) haben. Minderheitenbeteiligungen (49% und weniger der Stimmen) sichern nicht ohne weiteres den erforderlichen Einfluss. In diesen Fällen ist es erforderlich, dass die Mitglieder über ihre Organe ihren Einfluss in der Beteiligungsgesellschaft ausüben können.173 Denkbar sind z.B. statuarische Entsendungsrechte in die Geschäftsführung oder das Leitungsorgan bzw. den Aufsichtsrat der Beteiligungsgesellschaft. IV. Entstehung durch Gründung Die eG entsteht durch den Gründungsvorgang, also durch den Gründungsvertrag 89 mit Unterzeichnung der Satzung durch mindestens 3 Gründungsmitglieder. Eine solche eG ist jedoch nicht rechtsfähig. Rechtsfähigkeit erlangt sie erst mit Eintragung in das Genossenschaftsregister (§§ 13, 17). Es besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, die Rechtsfähigkeit durch Eintragung zu erwerben. Die Eintragung im Register ist nur erforderlich, wenn ein Gewerbebetrieb vorliegt.174 Zur Frage der Haftung bei einer Gründungsgenossenschaft s. § 13 Rdn. 8. Ohne Eintragung ist die eG eine „nicht rechtsfähige Genossenschaft“. Es gilt Genossenschaftsrecht, soweit die einzelnen Vorschriften nicht Rechtsfähigkeit oder Eintragung voraussetzen;175 Näheres zur Gründung s. Erl. zu § 13. V. Beteiligung, Begriff und Bedeutung 1. Begriff der Beteiligung. Der Begriff der Beteiligung ist in § 271 Abs. 1 HGB defi- 90 niert. Danach sind Beteiligungen Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen. Dabei ist es unerheblich, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft sind oder nicht. Als Beteiligung gelten im Zweifel Anteile an einer Kapitalgesellschaft, deren Nennbeträge insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft überschreiten; auf die Berechnung ist § 16 Abs. 2 u. 4 des AktG entsprechend anzuwenden. Die Bestimmung im letzten Satz von § 271 Abs. 1 HGB, dass die Mitgliedschaft in ei- 91 ner eG nicht als Beteiligung im Sinne des HGB gilt, will eine wettbewerbsneutrale Regelung insbesondere für Kreditgenossenschaften erreichen. Nur so kann vermieden werden, dass entsprechend der 4. EU-Richtlinie Kapitalgesellschaften ihre Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Genossenschaftsbanken, bei denen sie Mitglied sind, gesondert ausweisen müssen. Die Ausnahme gilt also lediglich für den Bereich des im HGB geregelten Rechnungswesens; es handelt sich um eine Fiktion, da im Übrigen die Mitgliedschaft in einer eG nach der gesetzlichen Definition von § 271 Abs. 1 S. 1 HGB eine Beteiligung darstellt. Wegen des Begriffs „verbundene Unternehmen“ vgl. § 271 Abs. 2 HGB.
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172 Beuthien GenG § 1 Rdn. 95. 173 Beuthien GenG § 1 Rdn. 95 lässt eine Minderheitsbeteiligung ausreichen, wenn sie sich als förderzweckdienlich erweist, aber gerade dies kann der Prüfer bei der Gründung einer „Energie-Halte-eG“ nicht beurteilen. 174 KGJ 21, 75. 175 BGHZ 20, 285; Müller GenG § 1 Rdn. 54; vgl. Erl. zu § 13.
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2. Bedeutung der Beteiligung. Beteiligung an anderen Gesellschaften kann für die eG ein wichtiges Mittel zur Erfüllung ihrer Förderaufgabe sein.176 Aus Abs. 2 folgt einerseits, dass sich die eG an anderen Gesellschaften, Personenvereinigungen und Körperschaften beteiligen darf, dass andererseits für diese Beteiligungen jedoch Grenzen gesetzt sind, die sich aus dem genossenschaftlichen Förderauftrag des Abs. 1 ergeben. Die Beteiligung ist nur zugelassen, wenn der Förderzweck der eG sie rechtfertigt. Diese Rechtfertigung sieht das Gesetz nur unter den in Abs. 2 alternativ genannten Voraussetzungen. Das Gesetz enthält eine rechtlich ungenaue, aber umfassende Beschreibung der Rechtsformen, an denen eine Beteiligung zugelassen sein kann. Die eG kann unter den gesetzlichen Voraussetzungen Gesellschafter einer OHG, Komplementärin oder Kommanditistin einer KG sein, auch Komplementären einer KGaA,177 sie kann Aktien oder GmbH-Anteile erwerben, sie kann Mitglied anderer eG sein oder auch Mitglied eines Idealvereins.178 Die in der Praxis bedeutendsten Fälle der Beteiligung sind die Mitgliedschaften 93 der Primärgenossenschaften bei den Zentralgenossenschaften (s. Rdn. 95 ff.), die zum Teil auch als Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehen. Ohne diese Beteiligung und die darauf beruhende Zusammenarbeit könnten z.B. Genossenschaftsbanken ihren Förderauftrag nicht erfüllen. Diese Zentralen ergänzen die Primärgenossenschaften vor allem in Bereichen, die wegen der Struktur und Größenordnung der eG von dieser nicht – oder nicht kostengünstig – bewältigt werden können (z.B. genossenschaftliche Zentralbanken für Liquiditätsausgleich, Außenhandel, Wertpapiergeschäfte usw., im Bereich der Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften bestehen Zentralen als Hauptgenossenschaften, Molkereizentralen, Einkaufszentralen usw.). VI. Zulässigkeit der Beteiligung 1. Beteiligung dient der Förderung der Mitglieder. Eine Beteiligung ist zunächst zugelassen, wenn sie der Förderung des Erwerbs, der Wirtschaft oder der sozialen oder kulturellen Belange der Genossenschaftsmitglieder zu dienen bestimmt ist in Bereichen, die mit dem Unternehmensgegenstand der eG sachlich verwandt sind.179 Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn durch die Beteiligung eine unmittelbare Förderung der Mitglieder der eG erreicht werden soll, wie z.B. die Beteiligung an einem Betrieb zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, um den Mitgliedern Absatzmöglichkeiten zu sichern. Es genügt aber u.U. auch eine mittelbare Förderung der Mitglieder, wenn die Beteiligung dem genossenschaftlichen Unternehmen selbst Vorteile bringt, die sich in verbesserten Fördermöglichkeiten auswirken können.180 Die Beteiligung der eG an genossenschaftlichen Zentralen ist grundsätzlich ge95 eignet, den wirtschaftlichen Förderinteressen der Mitglieder zu dienen. Von Anfang an war es ein wichtiges Strukturelement des genossenschaftlichen Verbundes, dass Teilaufgaben von der Primärgenossenschaft auf eine nachgelagerte zweite Stufe übertragen werden, wenn diese Aufgaben dort wirkungsvoller im Sinne der Mitgliederinteressen
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176 Welling Die Beteiligung der eingetragenen Genossenschaft nach geltendem und künftigem Recht, S. 7. 177 BGH NJW 1997, 1923 = ZIP 1997, 1027 = WM 1997, 1098 m. zust. Anm. Strieder/Habel; Strieder wies bereits vorher schon (DB 1996, 2065) und mit Habel (in BB 1995, 18) auf die Zulässigkeit hin. 178 So auch Müller GenG § 1 Rdn. 63. 179 Vgl. Paulick „Zulässigkeit und Grenzen der Beteiligung eingetragener Genossenschaften an anderen Unternehmen in genossenschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht“, in: Festschrift für Westermann 1977, S. 443. 180 Welling Fn. 176.
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erfüllt werden können.181 Das Gesetz enthält keine Definition des Begriffs „Zentralgenossenschaft“. Es bestand in der Vergangenheit lediglich das Bedürfnis, einige Sachverhalte besonders zu regeln, wenn die Mitglieder einer eG „ganz oder überwiegend aus eingetragenen Genossenschaften“ bestehen. Dies gilt für die in § 43 Abs. 3 Nr. 3 enthaltenen Regelungen. Vereinfachend wird in diesen Fällen von „Zentralgenossenschaften“ gesprochen. Es handelt sich bei den genossenschaftlichen Zentralen (unabhängig von ihrer Rechtsform) um Unternehmen im genossenschaftlichen Verbund auf der regionalen oder Bundesebene, die von Primärgenossenschaften gegründet und von diesen getragen werden, um im überörtlichen Bereich die wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder zu bündeln und wahrzunehmen (s. Erl. zu § 43 Rdn. 77 ff.). Zentralgenossenschaften bestehen für die einzelnen Sparten, z.B. für die Kreditgenossenschaften als genossenschaftliche Zentralbanken, für den gewerblichen und landwirtschaftlichen Warenbereich als Einkaufszentralen, Hauptgenossenschaften, Molkereizentralen, Vieh- und Fleischzentralen, Zentralkellereien, Rechenzentralen usw.182 Die Beteiligung ist zulässig, wenn sie die Eigenwirtschaft der Mitglieder zu fördern 96 bestimmt ist oder deren soziale oder kulturelle Belange.183 Die Beteiligung muss nur nach Art und Umfang mit dem Zweck der Mitgliederförderung vereinbar sein.184 Es kann daher z.B. einer Kreditgenossenschaft nicht versagt werden, eine gesunde Streuung des Anlagevermögens durch Übernahme von Beteiligungen anzustreben, um auch in schwierigen Zeiten ihre Aufgabe erfüllen zu können.185 Die Übernahme von Anteilen in erster Linie zum Zweck der rentablen Kapitalanlage ist nur ausnahmsweise eine (zulässige) Beteiligung.186 Für die Frage der Zulässigkeit sind in diesem Fall die Einzelumstände entscheidend.187 Eine Beteiligung wird sich im Allgemeinen auf solche Bereiche beziehen, die mit dem Unternehmensgegenstand der eG in sachlichem Zusammenhang stehen.188 Zulässig ist darüber hinaus eine Beteiligung einer Kreditgenossenschaft an einer Warengenossenschaft, weil dies durchaus den Förderinteressen der Mitglieder dienen kann. Dies hat sich insbesondere bei Ausgliederung des Warengeschäfts aus einer gemischtwirtschaftlichen Kreditgenossenschaft bewährt. Zulässig ist auch z.B. die Beteiligung einer eG an einem Verein als Träger genossenschaftlicher Schulungseinrichtungen. Die Beteiligung einer Kreditgenossenschaft an einem Gastronomiebetrieb müsste dagegen durch besondere Interessen der Mitglieder gerechtfertigt sein. Für die Grenzziehung zwischen zulässiger und unzulässiger Beteiligung in diesen Fällen muss die „Richtung“ des Förderinteresses der Mitglieder ausschlaggebend bleiben. Wenn die Mitglieder eine Förderleistung wünschen, die aus bestimmten Gründen von der eG nicht oder nicht optimal erbracht werden kann, kann zur Befriedigung dieser Bedürfnisse eine Beteiligung eingegangen werden. Dies kann z.B. für die Beteiligung an einer Kfz-Leasing-Gesellschaft gelten. Im Vorfeld von Fusionen haben gewerbliche eG ihren Geschäftsbetrieb einem Gemeinschafts-
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181 Vgl. Winter Genossenschaftslexikon, 750. 182 Zur geschichtlichen Entwicklung und zu genossenschaftlichen Zentralbanken: Ottnad HdG, Sp. 1830 ff.; auch Heine Genossenschaftslexikon, 748; Götz Verbundbildung; zum Wesen und zur Rolle der Zentralgenossenschaften: Draheim Genossenschaftliche Zusammenschlüsse, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 1, 191 ff.; Reinhardt Zur Reform, Bd. 1, 241 ff. 183 Westermann Zur Reform, Bd. 1, 89. 184 Reinhardt Zur Reform, Bd. 1, 276. 185 Die Grenze folgt ausschließlich aus § 1 GenG; zweifelnd Paulick in: Festschrift für Westermann, S. 448. 186 Kritisch hierzu Beuthien GenG § 1 Rdn. 91. 187 Paulick S. 81, hält eine solche Beteiligung stets für unzulässig; ders. in: Festschrift Westermann, S. 448; Müller GenG § 1 Rdn. 60 hält sie für stets zulässig. 188 Vgl. Beuthien Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund, Schriften zur Kooperationsforschung Bd. 10; Müller GenG § 1 Rdn. 60.
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unternehmen übertragen und ihren Förderauftrag nur noch durch die Beteiligung an diesem Unternehmen erfüllt189 (so genannten „Haltegenossenschaften“ und „Pachtgenossenschaften“). Die Zulässigkeit einer Haltegenossenschaft ist auf die Frage zu reduzieren, ob die Beteiligung an der Geschäftsführungsgesellschaft der Erfüllung des Förderzwecks dient, sie ist nicht vom Umfang des Geschäftsbetriebs der eG abhängig.190 Über Beteiligungen entscheidet grundsätzlich der Vorstand im Rahmen seiner Lei97 tungskompetenz, soweit nicht die Satzung im Rahmen von § 27 Abs. 1 S. 2 andere Organe dafür vorsieht, oder die Beteiligung von so erheblicher Bedeutung ist, dass sie den „Kernbereich“ (vgl. § 1 Rdn. 31; § 43 Rdn. 10) der eG berührt und damit der Zustimmung der GV bedarf. 98
2. Beteiligung dient gemeinnützigen Bestrebungen. Die zweite Alternative einer zulässigen Beteiligung ist dann gegeben, wenn diese gemeinnützigen Bestrebungen der eG zu dienen bestimmt ist. Der Begriff der Gemeinnützigkeit ist hier im weiteren Sinne zu verstehen. Gemeint sind vor allem Nebenzwecke des allgemeinen Interesses, soweit sie mit der hauptsächlichen Fördertätigkeit der eG in Beziehung stehen. Der steuerliche Begriff des § 52 AO gibt brauchbare Abgrenzungsmerkmale. § 52 AO lautet: „(1) Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt. (2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen [insbesondere]: 1. die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, der Religion, der Völkerverständigung, der Entwicklungshilfe, des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes, des Heimatgedankens, 2. die Förderung der Jugendhilfe, der Altenhilfe, des öffentlichen Gesundheitswesens, des Wohlfahrtswesens und des Sports.“ In derartigen Fällen ist es nicht erforderlich, dass die Beteiligung der Förderung der Mitglieder zu dienen bestimmt ist.191 Allerdings darf dann diese Beteiligung nicht alleiniger oder überwiegender Zweck der eG sein (vgl. jedoch zur Frage, ob die eG selbst als gemeinnützig i.S.d. §§ 52, 55 AO anerkannt werden kann oben, Rdn. 37). VII. Beteiligungsmöglichkeiten an der eG Eine Beteiligung an einer eG anders als durch den Erwerb der Mitgliedschaft war lange als unmöglich und genossenschaftsfremd angesehen worden. Unter dem Druck des Marktes und in Anbetracht der insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
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189 Beuthien Der Geschäftsbetrieb von Genossenschaften im Verbund; ders. AG 1996, 349; ders. § 1 Rdn. 71. 190 Beuthien GenG § 1 Rdn. 93; Linnemann in Festschrift für Schaffland S. 277 ff. 191 Welling Fn. 176 S. 13.
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auftretenden Probleme, ausreichend Kapital von den Mitgliedern zu erhalten, wandelte sich die Rechtsauffassung. Inwieweit durch die Einführung der investierenden Mitglieder (§ 8 Abs. 2) die zwischenzeitlich für zulässig erachteten Beteiligungsarten noch Bedeutung erlangen und welche Rolle investierende Mitglieder haben werden, bleibt abzuwarten. Eine Beteiligung als stiller Gesellschafter an der eG erscheint wegen der Regelung 99 über die Gewinnverwendung in § 19 i.V.m. § 18 S. 2 problematisch. Die früher strenge Auffassung, wonach damit eine Gewinnverteilung an Nichtmitglieder ausgeschlossen sei, wird aber zunehmend in Frage gestellt: Der Wortlaut des § 19 Abs. 1 S. 1 enthält eine zwingende Regelung nur für die Verwendung des sich aus dem Jahresabschluss ergebenden Gewinnes oder Verlustes. Wenn der Gewinnanspruch eines stillen Gesellschafters bei der eG als Schuldposten anerkannt wird, handelt es sich nicht um „Bilanzgewinn“ im Sinne des Gesetzes, sondern gerade um eine Position, die vom Bilanzgewinn abzuziehen ist. Folgerichtig sind stille Beteiligungen auch unter dem Gesichtspunkt der Körperschaftssteuer wie Fremdkapital zu werten mit der Folge, dass die Gewinnanteile bei der eG als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. § 232 Abs. 1 HGB steht dem nicht entgegen. Ein weiterer Gesichtspunkt ist hier von Bedeutung: Die im Genossenschaftsrecht letztlich maßgebende Leitlinie ist der gesetzliche Auftrag der Mitgliederförderung. Danach ist auch die Frage der Zulässigkeit stiller Beteiligungen zu beurteilen: Da die stille Beteiligung zu einer Gewinnminderung zu Lasten der Mitglieder führt, muss zumindest die Erwartung begründet sein, dass dies durch verbesserte Förderleistungen ausgeglichen werde. Eine Stärkung der Kapitalbasis der eG infolge der Beteiligung dürfte grundsätzlich diese Voraussetzung erfüllen. Keine Bedenken bestehen gegen die stille Beteiligung einer eG an der Zentrale, wenn damit die Verbundleistungen gefördert werden sollen, zumal hier eine Gewinnerzielung nicht Zweck der Beteiligung ist. Entsprechendes könnte auch für eine betriebsorientierte Mitarbeiterbeteiligung gelten, jedenfalls in den Fällen, in denen eine Mitgliedschaft z.B. wegen fehlender Fördermöglichkeit nicht sinnvoll wäre. Die Zulässigkeit einer stillen Beteiligung wird auch aus § 48 Abs. 1 Satz 2 hergeleitet, wonach die GV/VV über die Verwendung des Jahresüberschusses zu beschließen habe.192 Diese Begründung kann nicht überzeugen, da auch die GV/VV an zwingende gesetzliche Vorschriften gebunden bleibt.193 Bei Würdigung der vorstehenden Überlegungen erscheinen die grundsätzlichen Bedenken gegen stille Beteiligungen an der eG ausgeräumt. Da stille Beteiligungen unmittelbare Auswirkungen auf die Gewinnerwartung der Mitglieder haben, muss die Grundsatzentscheidung über die Zulässigkeit solcher Beteiligungen vom Willen der Mitglieder getragen werden. Es ist ein Beschluss der GV/VV erforderlich, der den Vorstand ermächtigt, Beteiligungsverträge mit Dritten abzuschließen.194 Gemäß dem Grundgedanken von § 18 sollte besser eine entsprechende Regelung in die Satzung aufgenommen werden. Gegen eine „atypische“ stille Beteiligung (Vermögensbeteiligung bzw. interne 100 Rechte zur Geschäftsführung) bleiben die Bedenken bestehen: Es widerspräche unverzichtbaren Grundsätzen des Genossenschaftsrechts, wenn außenstehenden Personen unternehmerische Mitentscheidungsrechte eingeräumt würden.
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Vgl. Hadding ZIP 1984, 1302. § 19 i.V.m. § 18 S. 2. Vgl. Aschermann Die eingetragene Genossenschaft als Beteiligungsunternehmen, S. 54 ff., 75.
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Unter gleichen Gesichtspunkten ist ein partiarisches Darlehen an die eG zu beurteilen.195 Mitgliederdarlehen an die eG sind rechtlich nicht unproblematisch, da es sich um das Betreiben eines unerlaubten Bankgeschäfts (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG) handeln kann.196 Auch die Ausgabe von Genussrechten durch eG wurde in Hinblick auf die Regelung in §§ 19, 20 als problematisch angesehen, vgl. Ausführungen zu § 19 Rdn. 8a. einstweilen frei Der Zweck der eG schließt grundsätzlich aus, dass die eG im Rahmen eines Konzerns (tatsächlich ausgeübte einheitliche Leitung, § 18 AktG) einer Gesellschaft anderer Rechtsform untergeordnet ist, jedenfalls, wenn die herrschende Gesellschaft nicht an den gleichen Förderauftrag gebunden ist. Vom Konzernbegriff ist der Begriff des „abhängigen Unternehmens“ zu unterscheiden, bei dem die Möglichkeit der Einflussnahme ausreichend ist (§ 17 AktG). Die eG kann wegen ihrer gesetzlichen Auftragsbindung (§ 1) herrschendes, nicht aber abhängiges Unternehmen sein.197 Wegen der gesetzlichen Regelung des Stimmrechts bei der eG, wonach grundsätzlich jedes Mitglied unabhängig von der Beteiligung eine Stimme hat und in der Unternehmer eG ein Mitglied höchstens 10% der Stimmen auf sich vereinigen darf (§ 43 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2), sowie wegen der Personenbezogenheit der eG erscheint die analoge Anwendung der §§ 16, 17 Abs. 2 AktG problematisch.198 Dem Sinn der Regelung entspräche es, Abhängigkeit nur dann zu vermuten, wenn sowohl eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital als auch im Hinblick auf die Stimmrechte besteht (z.B. wenn von sieben Mitgliedern drei Mitglieder mit drei Stimmen ausgestattet sind).199 Nur unter dieser Voraussetzung dürfte die (widerlegbare) Vermutung der Abhängigkeit gemäß § 17 Abs. 2 AktG gerechtfertigt sein. Die Mehrheitsbeteiligung einer Aktiengesellschaft an einer eG dürfte z.B. im Genossenschaftsverbund zulässig sein, wenn die Aktiengesellschaft nach Satzung und Tätigkeit genossenschaftlich strukturiert und orientiert ist, jedenfalls, soweit dadurch die Erfüllung des Förderauftrags der eG nicht beeinträchtigt wird.200 Bei der Frage, ob und inwieweit die eG einem Gleichordnungskonzern angehören kann, muss differenziert werden: Eine solche Bindung erscheint (nur) dann zulässig, wenn dadurch der Unternehmenszweck der eG, die Mitglieder zu fördern, sowie die Entscheidungsfreiheit der GV nicht beeinträchtigt werden. VIII. Rechtsfolgen bei unzulässigen Beteiligungen
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Eine Beteiligung, die die Beschränkungen von § 1 Abs. 2 nicht beachtet, ist deswegen nicht rechtsunwirksam. Es besteht die schuldrechtliche Verpflichtung der eG, d.h. der zuständigen Organmitglieder (grundsätzlich der Mitglieder des Vorstands, § 27 Abs. 1), die Beteiligung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten rückgängig zu machen oder zu
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195 Unterscheidung partiarisches Darlehen und stille Beteiligung: BGH WM 1965, 1052; BGH v. 10.10.1994, II ZR 32/94 – wenn gemeinsamer Zweck, dann stille Beteiligung, wenn jede Partei nur eigene Interessen verfolgt, dann partiarisches Darlehen. 196 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 297 ff.; sowie BaFin Merkblatt vom 11.3.2014 „Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts“. 197 Beuthien Konzernbildung und Konzernleitung kraft Satzung, ZIP 1993, 1589; Holtkamp Die Genossenschaft als herrschendes Unternehmen. 198 Vgl. Schmidt Prüfung von Genossenschaften, S. 54. 199 Vgl. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 1 Rdn. 58. 200 Zu diesen Fragen: Merle Die eingetragene Genossenschaft als abhängiges Unternehmen, AG 1979, 265 ff.; Großfeld Genossenschaft und Eigentum, S. 33 ff.; Westermann Rechtsprobleme der Genossenschaften, 1969, 172 ff.
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beenden. Führt eine unzulässige Beteiligung zu einem Schaden für die eG, kann dies Haftungsfolgen für Mitglieder des Vorstands (§ 34) oder des Aufsichtsrats (§ 41) haben. IX. Kapitalanlagegesetzbuch und eG Die Regulierung systemisch relevanter Finanzinstitute wurde auf europäischer Ebene 108 im Hinblick auf die Regulierung von Verwaltern alternativer Investmentfonds (AIFM) durch die Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds (ABl. L 174 vom 1.7.2011) (AIFMRichtlinie) umgesetzt. Durch die Richtlinie sind gemeinsame Anforderungen für die Zulassung von und die Aufsicht über Manager alternativer Investmentfonds festgelegt worden, um gemeinsame Standards im Umgang mit den damit verbundenen Risiken für Anleger und Märkte in der europäischen Union zu gewährleisten.201 Die AIFM-Richtlinie ist am 21. Juli 2011 in Kraft getreten und war bis zum 22. Juli 2013 in nationales Recht umzusetzen. Durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist die AIFM-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt worden. Das KAGB wurde erstmals mit Wirkung zum 19. Juli 2014 durch das Finanzmarktanpassungsgesetz geändert und zuletzt durch Art. 3 des Gesetzes zur Abhängigkeit von Ratings (BGBl. I S. 2085) vom 10.12.2014. Das KAGB trifft Regelungen für die Verwalter von AIF, die keine Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW) im Sinne der OGAW-Richtlinie sind, § 1 Abs. 3 KAGB. Vor dem Hintergrund der verwaltungs- und strafrechtlichen Folgen müssen sich auch Genossenschaften mit der Frage auseinandersetzen, ob sie dem rechtsformneutral ausgestaltetem KAGB unterfallen. Die BaFin war zunächst der Auffassung, dass der Anwendungsbereich des KAGB 109 auch für eG nach ihrer „Art“ und Ausgestaltung im Einzelfall eröffnet sein kann.202 Von dieser Auffassung ist die BaFin in der aktuellsten Version ihres Merkblatts vom 9. März 2015 abgerückt.203 Es heißt dort unter Ziffer II.3: „Genossenschaften i.S.d. GenG (eG) sind Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Diese zwingende, im Genossenschaftsgesetz verankerte Ausrichtung auf einen besonderen Förderzweck, schließt eine im Vordergrund stehende, fondstypische reine Gewinnerzielungsabsicht aus. Regelungen in der Satzung einer Genossenschaft, die dieser Beteiligungen an anderen Unternehmen erlauben, sind daher in diesem Zusammenhang unbedenklich, da von solchen Satzungsbestimmungen nur im Rahmen der Vorgaben des Genossenschaftsgesetzes zum Förderzweck Gebrauch gemacht werden darf. Bei wertender Gesamtschau verfolgt demnach eine Genossenschaft nach § 1 Abs. 1 GenG regelmäßig keine festgelegte Anlagestrategie, sodass kein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB vorliegt. Die Einhaltung der besonderen Anforderungen des Genossenschaftsgesetzes, insbesondere des genossenschaftlichen Förderzwecks, unterliegt der regelmäßigen umfassenden Prüfung der Prüfungsverbände (§§ 53 bis 64c GenG).“
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201 WBA, KAGB Einleitung. 202 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“, Geschäftszeichen Q 31-Wp 2137-2013/0006 vom 14.6.2013, in der Fassung vom 10.12.2014, Ziffer II.3 Satz 2. 203 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“, Geschäftszeichen Q 31-Wp 2137-2013/0006 vom 14.6.2013, in der Fassung vom 9.3.2015, Ziffer II.3 Sätze 2 und 3.
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Darüber hinaus hat die BaFin im o. g. Auslegungsschreiben für sog. Bürgerenergieprojekte oder andere Unternehmen, die in Anlagen zur Herstellung von Energie investieren, klargestellt, dass diese dann nicht als Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB einzuordnen sind, wenn „keine festgelegte Anlagestrategie verfolgt wird, sodass bereits aus diesem Grund kein Investmentvermögen vorliegt“.204 Damit spricht viel dafür, dass eG aufgrund ihres zwingenden Förderauftrags generell nicht die Anforderungen an einen AIFM i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b) AIFM-Richtlinie erfüllen.205 Vor diesem Hintergrund kommt der (dauernden) Prüfung des genossenschaftlichen Förderzwecks als ausgleichendem Korrektiv umso mehr Bedeutung zu, vgl. Erl. zu Rdn. 88a ff. bzw. zu § 53 Rdn. 17. VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) 110
Art. 1 Abs. 2 SCE-VO legt fest, dass die Mitgliederzahl und das Grundkapital der SCE veränderlich sind. Art. 1 Abs. 3 SCE-VO definiert als Hauptzweck die Deckung des Bedarfs der Mitglieder und/oder die Förderung der wirtschaftlichen und/oder sozialen Tätigkeit. Ebenso wird in Art. 1 Abs. 3 SCE-VO festgelegt, dass der Zweck der SCE auch in der Beteiligung einer anderen SCE oder einer nationalen eG liegen kann und dass die SCE ihre Tätigkeiten über Tochtergesellschaften ausüben darf.
§2 Haftung für Verbindlichkeiten § 2 Haftung für Verbindlichkeiten Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haftet den Gläubigern nur das Vermögen der Genossenschaft.
I.
II.
Übersicht Rechtsgeschichtliche Entwicklung der Haftungs- und Nachschussverpflichtungen | 1–5 Keine unmittelbare Haftung der Mitglieder für Schulden der eG | 6–8
III. IV. V.
Regelungen der Nachschusspflicht durch die Satzung | 9 „Haftendes Eigenkapital“ nach KWG | 10 Europäische Genossenschaft (SCE) | 11
I. Rechtsgeschichtliche Entwicklung der Haftungs- und Nachschussverpflichtungen 1
Die Haftpflicht der Mitglieder war als „Ergänzung“ des Eigenkapitals verstanden worden. Sie erhöhte vor allem in der Zeit der Entstehung der eG trotz relativ geringer
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204 BaFin, Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens“, Geschäftszeichen Q 31-Wp 2137-2013/0006 vom 14.6.2013, in der Fassung vom 9.3.2015, Ziffer II.7. 205 Diese Ansicht findet sich nun auch in der Gesetzesbegründung des RefE eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/91/EU zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordination der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen (OGAW-V-Umsetzungsgesetz – OGAW-V-UmsG) vom 16.7.2015 S. 47 ausdrücklich wieder, vgl. Einf Rdn. 2a Nr. 5.
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Eigenkapitalausstattung die Kreditfähigkeit. Bis zum Gesetz vom 20.12.1933 bestanden drei Haftungstypen: die eG mit beschränkter Haftpflicht: Es bestand eine Zahlungspflicht der Mitglieder gegenüber der eG im Insolvenzfall bis zur Höhe eines in der Satzung festgelegten Betrages; daneben bestand eine Haftung bis zur Höhe des satzungsmäßigen Haftungsbetrags auch unmittelbar gegenüber dem Gläubiger der eG; die eG mit unbeschränkter Haftpflicht: Die Mitglieder waren unbeschränkt zur Leistung von Nachschüssen in der Insolvenz verpflichtet; daneben bestand aber auch eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gläubigern der eG; die eG mit unbeschränkter Nachschusspflicht: Die Mitglieder waren zur Zahlung der Beträge an die eG unbeschränkt und anteilig verpflichtet, soweit das zur Befriedigung der Gläubiger in der Insolvenz erforderlich war; eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gläubigern der eG bestand nicht. Das Gesetz vom 20.12.1933 hat auf die unmittelbare Haftung der Mitglieder gegenüber den Gläubigern der eG verzichtet. Eine beschränkte oder unbeschränkte „Haftpflicht“ gibt es von diesem Zeitpunkt an nicht mehr. An diesen Grundsätzen hat die Gesetzesnovelle 1973 nichts geändert. Der Wortlaut des § 2 bringt insoweit nur eine Klarstellung. In Verbindung mit § 6 Nr. 3 hat der Gesetzgeber den Wandel der Haftungsgrundsätze der eG zum Ausdruck gebracht. Die eG baut nicht mehr auf der persönlichen Eintrittspflicht der Mitglieder auf.1
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II. Keine unmittelbare Haftung der Mitglieder für Schulden der Genossenschaft Durch die Bestimmung des § 2, dass für die Verbindlichkeiten der eG den Gläubigern 6 nur das Vermögen der eG haftet, kommt eindeutig zum Ausdruck, dass eine Zahlungspflicht der Mitglieder gegenüber den Gläubigern der eG nicht besteht. Dieser Grundsatz gilt für alle im Gesetz vorgesehenen „Haftungsarten“; die „Haftung“ der Mitglieder besteht lediglich in einer Nachschusspflicht gegenüber der eG, sofern die Satzung dies nicht ausschließt (§ 6 Nr. 3). Diese Zahlungspflicht der Mitglieder entsteht gegenüber der eG, wenn und soweit deren Vermögen in der Insolvenz zur Befriedigung der Gläubigerforderungen nicht ausreicht. Der Satzung legt fest, ob diese Nachschusspflicht unbeschränkt, beschränkt oder ausgeschlossen ist, vgl. Rdn. 9. Eine entsprechende Zahlungspflicht als Nachschussleistung besteht auch außerhalb der Insolvenz beim Ausscheiden einzelner Mitglieder im Fall der Überschuldung der eG unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 2. Im weitesten Sinne besteht das „Beteiligungsrisiko“ der Mitglieder aus folgenden 7 Komponenten: – Verlust des Geschäftsguthabens durch Abschreibung zum Zwecke der Deckung von Verlusten, – Verlust des Anteils am Beteiligungsfonds, wenn nach § 73 Abs. 3 qua Satzung dieser gebildet und bedient worden ist, – Zahlungspflicht in Höhe rückständiger und fälliger Pflichteinzahlungen, – weitere Zahlungspflichten unter den Voraussetzungen des § 87a im Liquidationsstadium zur Abwendung der Insolvenz (bis zur Volleinzahlung des Geschäftsanteils – Abs. 1 bzw. zusätzlich bis zur Höhe des Gesamtbetrages der Geschäftsanteile des Mitgliedes – Abs. 2),
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Blomeyer ZfgG 1989, 102 ff.
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Zahlung von Nachschüssen im Rahmen der satzungsmäßigen Verpflichtung beim Ausscheiden einzelner Mitglieder unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 2; vgl. auch §§ 75, 76 Abs. 4, Zahlung von Nachschüssen im Falle der Insolvenz der eG nach Maßgabe der Satzung gemäß den besonderen Vorschriften des GenG (§§ 105 ff.) und der Insolvenzordnung.
Daneben können sich Inanspruchnahmen aus rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen ergeben, z.B. aus Bürgschaft, Schuldübernahme, Schuldbeitritt, Garantie o.ä. 8 Die Haftung des Genossenschaftsvermögens besteht für alle Verbindlichkeiten, unabhängig vom Rechtsgrund des Entstehens. In Betracht kommen Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder aus ungerechtfertigter Bereicherung oder sonstige Leistungspflichten beliebiger Art, soweit diese als Zahlungsansprüche bestehen oder in solche übergegangen sind. Die Haftung des Vermögens der eG besteht zu jeder Zeit; außerhalb der Insolvenz wird sie verwirklicht durch Zwangsvollstreckung, in der Insolvenz nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung. Zum Vermögen sind alle verwertbaren Gegenstände zu rechnen, die sich im Eigentum der eG befinden oder an denen die eG verwertbare schuldrechtliche Ansprüche hat. Gläubiger der eG ist jede natürliche Person, juristische Person, sowie Personengesellschaft des Handels- und bürgerlichen Rechts, die aus irgendeinen Rechtsgrund einen Zahlungsanspruch gegen die eG hat. Die Haftung eines Mitglieds aus besonderem Verpflichtungsgrund (z.B. Bürgschaft, Schuldbeitritt) wird durch § 2 nicht ausgeschlossen. Das Prinzip der Durchgriffshaftung kann zwar theoretisch zu einer Inanspruchnahme der Mitglieder und/oder von Vorstand und Aufsichtsrat führen, wird in seiner Bedeutung aufgrund der hohen Voraussetzungen, die die Rechtsprechung für die Durchbrechung des „Regel-Ausnahme“ Prinzips entwickelt hat, oft überschätzt.2 Unabhängig von dem dogmatischen Streit zwischen Missbrauch-3 und Normanwendungstheorie4 unterscheidet die Rechtsprechung zwischen vier Fragenkreisen: Unterkapitalisierung, Vermögensvermischung, Konzernverhältnisse und Haftung aufgrund besonderem Verpflichtungsgrund.5 Unterkapitalisierung als Haftungsgrund hat vor allem Bedeutung bei der GmbH, wie im Übrigen alle andere Fallgruppen auch. Unterkapitalisierung liegt vor, wenn eine eG von vornherein mit derart unzureichendem Eigenkapital ausgestattet ist, dass sie nach Art und Umfang die Geschäftstätigkeit offensichtlich nicht ausüben können wird. Vor dem Hintergrund einer funktionierenden Gründungsprüfung dürfte dieser Fall bei eG nicht zum Tragen kommen. Eine Vermögensvermischung scheitert an den eindeutigen Regeln des GenG; Gleiches gilt für Abhängigkeit und Konzernverhältnisse, die zwischen Organen und/oder Mitglieder und eG nicht denkbar sind; auch die letzte Fallgruppe, die voraussetzt, dass die gesetzliche Trennung zwischen Organ und Mitglied einerseits und eG anderseits nicht durchhaltbar ist, scheidet sachverhaltsmäßig in der eG aus. In der Regel ist somit die Durchgriffshaftung in einer eG kaum denkbar. Hiervon zu trennen ist die Haftung der Organe6 und Haftungsfragen in Stadium der Gründung.7
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Vgl. Hüffer AktG § 1 Rdn. 15 ff. Serick Rechtsform und Realität, 203 f. Müller-Freienfels AcP 156, 522 ff. Hüffer AktG § 1 Rdn. 19. Vgl. Anm. zu § 34. Vgl. § 13 Rdn. 2 ff.
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Firma der Genossenschaft | § 3
III. Regelungen der Nachschusspflicht durch die Satzung Die Art der Nachschussverpflichtung wird gemäß § 6 Nr. 3 durch die Satzung be- 9 stimmt. Es bestehen nach geltendem Recht drei Möglichkeiten einer Satzungsregelung: – Bei der unbeschränkten Nachschusspflicht sind die Mitglieder zur Zahlung anteiliger Nachschussbeträge ohne Beschränkung verpflichtet. – Bei beschränkter Nachschusspflicht sind die Mitglieder zur anteiligen Zahlung von Nachschüssen bis zur Höhe der in der Satzung festgelegten Haftsumme verpflichtet. – Bei der eG ohne Nachschusspflicht (zugelassen seit der Novelle 1973) entfällt jede Verpflichtung der Mitglieder zur Zahlung von Nachschüssen. IV. „Haftendes Eigenkapital“ nach KWG Die Zuschlagsverordnung (BGBl. III, Gliederungsnummer 7610-2-6) wurde mit Wir- 10 kung zum 1.1.2014 aufgehoben. Allerdings sind ihre Regelungen bis zum 31.12.2021 weiter anzuwenden (§ 64r Abs. 17 KWG). V. Europäische Genossenschaft (SCE) Gem. Art. 1 Abs. 5 SCE-VO ist die SCE eine juristische Person, für deren Verbindlich- 11 keiten haftet daher nur das Gesellschaftsvermögen. Sofern in der Satzung der SCE (insoweit Satzungsautonomie) bei der Gründung (entgegen dem Wortlaut auch durch spätere Satzungsänderung möglich) nichts anderes vorgesehen ist, haftet ein Mitglied der SCE nur bis zur Höhe seines eingezahlten Geschäftsanteils (Art. 1 Abs. 2 S. 3 SCE-VO). Der Firma ist dann der Zusatz „SCE…m.b.H.“ oder „SCE…mit beschränkter Haftung“ hinzuzufügen. Es besteht also nach dem gesetzlichen Regelfall keine Nachschusspflicht der Mitglieder, diese haften nach dem Gesetzeswortlaut zwar nur mit dem „eingezahlten“ Geschäftsanteil. Entscheidend ist jedoch der einzuzahlende Geschäftsanteil, insoweit ist die deutsche Übersetzung ungenau.8 Die Summe der Geschäftsanteile bildet das veränderliche Grundkapital (vgl. Art. 4 Abs. 1 S. 1 SCE-VO).
§3 Firma der Genossenschaft § 3 Firma der Genossenschaft Die Firma der Genossenschaft muss, auch wenn sie nach § 22 des Handelsgesetzbuches oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften fortgeführt wird, die Bezeichnung „eingetragene Genossenschaft“ oder die Abkürzung „eG“ enthalten. § 30 des Handelsgesetzbuches gilt entsprechend.
I. II. III.
Übersicht Allgemeine Grundsätze des Firmenrechts | 1–7 Personen-, Sach-, Phantasiefirma | 8 Beispiele | 9–12 1. Genossenschaftsbanken | 9
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2. 3. 4.
Teilzahlungsbanken | 10 Wohnungsbaugenossenschaften | 11 Gewerbliche Genossenschaften | 12
So auch Beuthien GenG Art. 1 SCE Rdn. 6.
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§ 3 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
IV. V. VI. VII.
Bezeichnung „eingetragene Genossenschaft“ oder „eG“ | 13 Hinweis auf Haftungsverhältnisse | 14 Firma einer Zweigniederlassung | 15–16 Änderung der Firma | 17–18
VIII. IX. X. XI.
Schutz der Firma | 19 Unzulässige Firma | 20 Registerrecht | 21–22 Europäische Genossenschaft (SCE) | 23
I. Allgemeine Grundsätze des Firmenrechts 1
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Durch das Handelsreformgesetz1 wurden die bisher strengen Anforderungen an die Firmenbildung liberalisiert, durch die größere Wahlfreiheit erfolgte eine Angleichung an das Recht der EU.2 § 3 wurde neu gefasst und damit auch die Sach- und Phantasiefirma ebenso wie die Aufnahme von Personennamen auch von Mitgliedern in die Firma zugelassen. Durch Novelle 2006 wurde Abs. 2 gestrichen (vgl. Rdn. 14). Gemäß § 17 Abs. 2 gelten eG grundsätzlich als „Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches“. Somit finden insbesondere auch die handelsrechtlichen Vorschriften über die Handelsfirma Anwendung (§§ 17 ff. HGB). Die Firma ist der Name der eG, unter dem sie ihre Geschäfte betreibt, mit dem sie rechtsverbindlich unterzeichnet, unter dem sie klagen kann oder verklagt wird (§ 17 HGB).3 Die Firma hat mithin die Bedeutung, dieses Unternehmen als Träger von Rechten und Pflichten zu bezeichnen. Für die Firma gelten die handelsrechtlichen Grundsätze der Firmeneinheit, Firmenöffentlichkeit, Firmenwahrheit, Firmenunterscheidbarkeit. Der Grundsatz der Firmeneinheit bedeutet, dass für ein und dasselbe Unternehmen nur eine Firma geführt werden darf.4 Dies ergibt sich auch aus § 23 HGB: Die Firma kann nicht ohne das Handelsgeschäft, für welche sie geführt wird, veräußert werden. Ausnahmen vom Grundsatz der Firmeneinheit sind zugelassen für die Firma einer Zweigniederlassung (Rdn. 9, 15, 16; § 14 Rdn. 15 ff.). Der Grundsatz der Firmenöffentlichkeit findet seinen Ausdruck insbesondere in § 15 HGB bzw. § 29 in Verbindung mit § 6 Nr. 1: Die Firma ist in das Genossenschaftsregister einzutragen, das jeder einsehen kann. Außerdem ist die eG, sofern sie eine „offene Geschäftsstelle“ unterhält, nach § 15a GewO verpflichtet, an der Außenseite oder am Eingang der offenen Geschäftsstelle ihre Firma anzubringen.5 Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn eine eG, die eine Verkaufsstelle betreibt, ihre Tätigkeit auf den Kreis der Mitglieder beschränkt und nur der Deckung von deren Eigenbedarf dient.6 Nach dem Grundsatz der Firmenwahrheit (§ 18 Abs. 2 HGB) sind Firmenzusätze verboten, die geeignet sind, eine Täuschung über die Art oder den Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeizuführen. Entscheidend ist die Sicht eines durchschnittlichen Angehörigen des betroffenen Personenkreises bei verständiger Würdigung.7 Andere Zusätze, z.B. solche, die der Unterscheidung dienen, sind erlaubt. Rechtlich nicht zu beanstanden ist es, wenn z.B. auf den Briefbogen der zutreffenden Firmenbezeichnungen die Adressen von Zweigstellen beigefügt werden (Beispiel: „Volks-
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1 Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- u. Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und firmenrechtlicher Vorschriften v. 22.6.1998, BGBl. I 1474. 2 Begründung RegE BR-Drs. 340/97 S. 35 ff. 3 Zum Firmenrecht im Allgemeinen vgl. ausführlich Schlegelberger/Hildebrandt Kommentar zum HGB §§ 17 ff.; Baumbach/Hopt HGB §§ 17 ff.; Bokelmann Das Recht der Firmen- und Geschäftsbezeichnungen. 4 Bokelmann Das Recht der Firmen- und Geschäftsbezeichnungen, Rdn. 241; vgl. hierzu RGZ 85, 397; 113, 216; George BB 1963, 1451; Esch BB 1968, 235. 5 OLG Darmstadt BlfG 1935, 57. 6 OLG Düsseldorf DB 1983, 1651. 7 EuGH WRP 93, 233, 234, Nissan und WRP 95, 677, 678, Mars.
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bank A-Stadt eG“ und darunter die Anschriften verschiedener Zweigstellen an unterschiedlichen Orten ohne nähere Bezeichnung von Zweigstellen). Nach BGH ist es irreführend und damit unzulässig, geographische Firmenbestandteile zu benutzen, die auf eine örtliche oder regionale Bedeutung hinweisen, die dem Unternehmen tatsächlich nicht zukommt. Geografische Firmenbestandteile sind allgemein zur Irreführung geeignet, wenn sie auf eine größere Bedeutung oder eine Sonderstellung des Unternehmens in dem angegebenen Gebiet schließen lassen, die in Wirklichkeit nicht besteht. Ein Kleinbetrieb in einer Stadt mittlerer Größe darf einen Firmenzusatz führen, der auf den Ort der Niederlassung hinweist, wenn er der einzige Betrieb dieser Branche in dem betreffenden Ort ist.8 (Eine Firmenbezeichnung „Hamburger Volksbank eG“ setzt voraus, dass dieses Bankunternehmen in (ganz) Hamburg)9 und eine Firma „Bayerische Bank“10 in Bayern eine hervorgehobene Marktbedeutung hat. Ist eine solche Firma irreführend und damit unzulässig, so kann gemäß § 8 UWG auf Unterlassung geklagt werden. Ähnliches gilt für die Verwendung von Begriffen wie deutsch, europäisch, international oder Institut, Zentrale, Treuhand und Bank.11 Aus dem Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit folgt, dass die Firma geeignet 6 sein muss, das Unternehmen von bereits bestehenden und eingetragenen Firmen deutlich zu unterscheiden. Nach § 30 Abs. 1 HGB gilt diese Unterscheidungsfähigkeit grundsätzlich aber nur für Firmen an demselben Ort oder in derselben Gemeinde; die Unterscheidbarkeit gleicher Firmen in unterschiedlichen Gemeinden ergibt sich ausreichend aus dem Hinweis auf den Sitz des Unternehmens, z.B. Volksbank Bonn eG (vgl. hierzu Rdn. 9). Bei der Frage der deutlichen Unterscheidbarkeit kommt es nicht nur auf den Vergleich der formalen Firmenbezeichnung an; von Bedeutung ist auch eine Wortähnlichkeit oder ein ähnliches Klangbild, was im Geschäftsverkehr Verwechslungen nahe legen können.12 Der Grundsatz ausreichender Unterscheidbarkeit ist beachtet, wenn in einer Gemeinde eine Genossenschaftsbank mit der Firma „Volksbank X von 1897 eG“ besteht und eine andere Genossenschaftsbank am gleichen Ort umfirmiert in „Y Volksbank eG“.13 Zur Frage ausreichender Unterscheidbarkeit hat der BGH14 entschieden, dass die 7 Firma „Volksbank eG“ lediglich ein Gattungsbegriff sei; die Bezeichnung weise keine namensmäßige Unterscheidungskraft auf. Für eine mögliche regionale Verkehrsgeltung seien im konkreten Fall keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen. Das firmenrechtliche „Freihaltebedürfnis“ schließe es aus, mit einem Gattungsbegriff den Geschäftsbereich für Mitbewerber zu sperren, die Geschäfte in gleicher Art betreiben wollen. Diese Rechtsprechung muss letztlich überzeugen. Sie kann aber nicht ausschließen, dass neue Sachverhalte zu einer anderen Beurteilung führen, wenn z.B. in einer ganzen Region nur eine „Volksbank eG“ oder „Raiffeisenbank eG“ tätig ist und im Geschäftsverkehr auch tatsächlich kein Zweifel aufkommt, um welches Institut es sich handelt. Gleiches gilt für „Vereinigte Volksbanken-Raiffeisenbanken eG“. Es ist rechtlich unbedenklich, in der Werbung z.B. nur den Begriff „Volksbank“ zu verwenden.
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8 OLG Düsseldorf DB 1981, 85. 9 BGH GRUR 1968, 702. 10 BGH GRUR 1973, 486. 11 Vgl. Müller GenG § 3 Rdn. 29–48 f. 12 Vgl. Schlegelberger HGB § 30 HGB Anm. 6. 13 LG Krefeld ZfgG 1982, 303 mit Anm. Großfeld/Neumann = JZ 1981, 401. 14 WM 1992, 1643 = WuB II D. § 3 GenG 1.93 m. Anm. Schaffland = ZfgG 1995, 137 mit Anm. Roth.
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II. Personen-, Sach-, Phantasiefirma 8
Seit der Neufassung des § 3 können eG wie alle anderen Unternehmen Personen oder Phantasiefirmen führen und sind nicht mehr auf eine Sachfirma, d.h. die Entlehnung der Firma aus dem Unternehmensgegenstand beschränkt. Alle Buchstabenkombinationen und Ziffernfolgen15 sowie Kombinationen hieraus sind zulässig, soweit sie gem. § 18 HGB zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet ist und Unterscheidungskraft besitzen.16 Die erforderliche Kennzeichnungsfunktion wird jedoch nur bei lateinischen Buchstaben und arabischen und römischen Ziffern bejaht.17 Diese Liberalisierung entspricht bisherigem Handelsbrauch und steht im Einklang mit der europäischen Rechtslage. III. Beispiele
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1. Genossenschaftsbanken. Die Bezeichnung „Bank“ oder eine Bezeichnung, in der das Wort „Bank“ enthalten ist, dürfen gemäß § 39 Abs. 1 KWG nur Kreditinstitute führen, die eine Geschäftserlaubnis gemäß § 32 KWG besitzen. Die Bezeichnung „Volksbank“18 oder eine Bezeichnung, in der das Wort „Volksbank“ enthalten ist, dürfen neu nur Kreditgenossenschaften führen, die einem Prüfungsverband angeschlossen sind.19 Bestand eine Kreditgenossenschaft bereits am 1.1.1962 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen KWG vom 10.7.1961 – und besaß sie bereits eine Geschäftserlaubnis, so gilt gemäß § 61 KWG die Erlaubnis als auch nach dem neuen Gesetz erteilt. Eine solche Kreditgenossenschaft kann deshalb ohne weiteres die Bezeichnung „Bank“ oder „Volksbank“ weiterführen oder nach dem 1.1.1962 neu aufnehmen. Die Bezeichnung „Bank“ ohne konkretisierenden Zusatz ist firmenrechtlich nicht ausreichend.20 Die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 16.12.1988,21 wonach wegen Verwechslungsgefahr die Zweigniederlassung einer „Raiffeisenbank X eG“ nicht als „Volks- und Raiffeisenbank Y, Zweigniederlassung der Raiffeisenbank X eG“ firmieren könne, kann nicht überzeugen; sie ist zumindest durch den Zusammenschluss der beiden Bankgruppen überholt. Eintragungen in öffentliche Register – Genossenschaftsregister, Handelsregister – dürfen gemäß § 43 KWG für Unternehmungen, die erlaubnispflichtige Bankgeschäfte betreiben, von den Gerichten nur vorgenommen werden, wenn das Vorliegen der Erlaubnis nachgewiesen ist. Speziell für die Eintragung einer Firma, die Bezeichnung „Bank“ oder „Volksbank“ enthält, muss darüber hinaus dem Registerrecht der Nachweis geführt werden, dass die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 bzw. § 39 Abs. 2 KWG vorliegen.22
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2. Teilzahlungsbanken. Die Firmenbezeichnung „Kundenkredit“ ist eine schutzunfähige Typenbezeichnung und kann deshalb von allen als Teilzahlungskredit gewährenden Gesellschaften in Anspruch genommen werden.23
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15 16 17 18 19 20 21 22 23
A.A. Kögel Neues Firmenrecht und alte Zöpfe, BB 98, 1645, 1646. RegE BR-Drs. 340/97, S. 36. Beuthien GenG § 3 Rdn. 4. Zur Schutzfähigkeit des Begriffs „Volksbank“ vgl. OLG Hamm, ZfgG 1986, 36 ff. § 39 Abs. 2 KWG; LG Krefeld, JZ 1981, 401 = ZfgG 1982, 303. Wegen Firma „Volksbank eG“ s. Rdn. 7. WuB 7.89, 895 m. krit. Anm. Aepfelbach. Gem. Runderlass des Bundesministers der Justiz vom 6.2.1963 (7200-2-34 130062). LG Frankental BlfG 1951, 226.
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3. Wohnungsgenossenschaften. Das Recht der WohnGen, ihrer Firma die Bezeich- 11 nung gemeinnützig beizufügen, war den WohnGen durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht von 1930 bis 1990 zugesichert.24 Die Fortführung dieser Bezeichnung gemeinnützig ist den ehemals gemeinnützigen WohnGen weiter zuzugestehen. Aus folgenden Gründen: In der Begründung zum SteuerreformG 1990 heißt es: „Auch nach Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts sind die bisherigen gemeinnützigen Wohnungsunternehmen nach Auffassung der Bundesregierung berechtigt, ihren bei Inkrafttreten dieses Gesetzes zulässigerweise geführten Firmennamen ohne Änderung fortzuführen. Dies dürfte auch dem namensrechtlichen Bestandsschutz, der sich in § 17 HGB widerspiegelt, folgen. Zum anderen reicht die Tradition und damit die Namensgebung vieler gemeinnütziger Wohnungsunternehmen weit in das letzte Jahrhundert zurück, als die Unternehmen sich in ihren Firmennamen bereits als gemeinnützig bezeichnet haben, ohne dass es ein Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht mit staatlichem Anerkennungsakt gab.“25 Leisner26 hat im Einzelnen nachgewiesen, dass dies insbesondere dann gelten muss, wenn die Wohnungsgenossenschaft die traditionellen Merkmale der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen weiterhin in der Satzung verankere; das sind das Kostendeckungsprinzip bei der Mietpreisgestaltung, Dividendenverzicht und Wohnungsversorgung breiter Schichten der Bevölkerung. Diese Argumentation ist weiterhin schlüssig. Das ergibt sich auch aus einer Entscheidung des BGH27 aus dem Jahre 2003. Hiernach liegt irreführende Werbung gemäß § 3 UWG vor, wenn sich ein Wohnungsunternehmen als gemeinnützig bezeichne, das diese Bezeichnung nur kurzfristig zu Recht geführt habe (es handelte sich um eine GmbH aus den neuen Bundesländern) und sich im Geschäftsgebaren und aufgrund seiner Satzung nicht besonders gemeinnützig verhalte. Im Umkehrschluss sind WohnGen, die sich auf eine lange gemeinnützige Tradition berufen können und die gemeinnützige Prinzipien in der Satzung festgelegt haben, weiterhin berechtigt, die Bezeichnung gemeinnützig im Namen zu führen. 4. Gewerbliche Genossenschaften. Die bisherige Rechtsprechung befasst sich über- 12 wiegend mit dem Problem der Sachfirma und geographischen Bestandteilen, sie kann nach dem Wegfall des zwingenden Bezugs zum Gegenstand des Unternehmen nur zu Fragen der Irreführung herangezogen werden. Eine Molkereigenossenschaft kann nicht mit einem Ortsnamen firmieren, wenn sie dort weder Firmensitz noch Niederlassung hat.28 Eine Konsumgenossenschaft kann nicht als „Kaufhaus Franken“ firmieren, wenn sie nur über kleine Filialen verfügt, die den Vergleich mit Warenhäusern nicht rechtfertigen.29 Die Bezeichnung „Großhandel“ ist zulässig, auch wenn der Betrieb nicht auf den Verkauf an Gewerbetreibende beschränkt ist.30 Eine „Beamtengenossenschaft“ muss von Beamten gegründet sein oder sich ausschließlich oder überwiegend an Beamte wenden.31
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24 §§ 22 WGG, 22 WGGDV, Jenkis Kommentar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, Hamburg 1988. 25 BT-Drs. 11/2157 S. 211; BR-Drs. 100/88 S. 453. 26 Leisner Gemeinnützige Wohnungsunternehmen-Firmenname und Wettbewerb, GdW-Schriften Nr. 31, 1989. 27 BGH Urt. v. 27.2.2003, Az. I ZR 25/01; GRUR 2003, 448–450. 28 KG RJA 5, 246. 29 BayObLG BB 1960, 996, ZfgG 1962, 145 mit Anm. Reinhardt. 30 OLG Hamm NJW 1963, 863; OLG Karlsruhe BB 1964, 573 f. 31 BayObLG OLGZ 72, 391, ZfgG 1974, 352.
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IV. Bezeichnung „eingetragene Genossenschaft“ oder „eG“ 13
Im Gegensatz zu früherem Recht führt jede eG – unabhängig von der Regelung der Nachschusspflicht – die Firmenbezeichnung „eingetragene Genossenschaft“; die Abkürzung „eG“ ist nunmehr ausdrücklich erlaubt, andere Abkürzungen für die Rechtsform sind verboten. Die Anpassung der Bezeichnung an das neue Recht nach 1973 bedarf keiner Satzungsänderung. Ein solcher Beschluss – mit entsprechender Anmeldung – ist jedoch erforderlich, wenn die Abkürzung „eG“ im Register eingetragen werden soll. Die Firmenbezeichnung steht üblicherweise (nicht zwingend) am Ende der Firma, sie muss aber gesondert stehen und darf nicht nur Bestandteil eines (Firmen-)Wortes sein, unzulässig also „eingetragene Malereinkaufsgenossenschaft“.32 Keine Bedenken bestehen, wenn im Schriftverkehr, z.B. auf Geschäftsbriefen, auch im Verkehr mit dem Registerrecht, die abgekürzte Bezeichnung „eG“ oder „e.G.“ gebraucht wird, obwohl im Register der Zusatz „eingetragene Genossenschaft“ vermerkt ist.33 V. Hinweis auf Haftungsverhältnisse
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Der bisherige Abs. 2, der durch Novelle 2006 aufgehoben wurde, verbot Firmenzusätze, die auf die Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen hinwiesen. Dadurch sollte vermieden werden, dass allein schon aus der Firma ungerechtfertigte Schlüsse auf die Vermögenslage der eG gezogen werden. Der Gesetzgeber sieht unter diesem Gesichtspunkt heute keine Rechtfertigung, einen Hinweis auf die Nachschusspflicht generell zu verbieten und verweist auf die vereinsrechtliche Betätigungsfreiheit, die es gilt, nicht zu begrenzen.34 Es könne der Entscheidung der einzelnen eG überlassen werden, ob und in welcher Weise sie den Geschäftsverkehr über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Nachschusspflicht unterrichtet; die eG hat hierbei allerdings den Anforderungen zu entsprechen, die sich aus dem Firmen- und Wettbewerbsrecht ergeben.35 VI. Firma einer Zweigniederlassung
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Die eG kann – wie jede juristische Person – grundsätzlich nur eine Firma haben. Es ist jedoch anerkannt, dass eine selbständige Zweigniederlassung (wegen des Begriffs der Zweigniederlassung vgl. § 14) der eG eine eigene Firma führen kann, die mit der Firma der eG nicht identisch sein muss (vgl. § 50 Abs. 3 HGB). Es muss aber erkennbar sein, dass es sich um die Firma einer Zweigniederlassung handelt. Diese Firma muss im Übrigen auch einen Hinweis auf die Firma der eG enthalten. Es ist üblich und zweckmäßig, dass in der Firma der Zweigniederlassung der geschäftliche Einzugsbereich im Verhältnis zur Hauptstelle zum Ausdruck kommt, z.B. Volksbank Bad Godesberg, Zweigniederlassung der Volksbank Bonn eG. Für die Firma der Zweigniederlassung gelten die allgemeinen firmenrechtlichen Grundsätze. Über die abweichende Firma einer Zweigniederlassung muss die GV/VV beschließen; 16 es bedarf einer Regelung in der Satzung.36 Das Gesetz spricht in § 3 und § 6 Nr. 1 zwar nur von der Firma der eG, auch handelt es sich bei der Errichtung einer Zweigniederlassung
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32 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 3 Rdn. 3; Beuthien GenG § 3 Rdn. 6. 33 So für das Aktienrecht KG KGJ 36, A 127; OLG Hamburg KGJ 39, A 302. 34 So schon Beuthien GenG § 3 Rdn. 15; ders. Müssen Gen. über die Nachschusspflicht ihrer Mitglieder schweigen? ZRP 1999, 233 ff. 35 BT-Drs. 16/1025 S. 81. 36 BayObLG BB 1990, 1364 = ObLGZ 1990, 151.
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um einen Geschäftsführungsvorgang, für den im Rahmen des § 27 der Vorstand zuständig ist. 37 Die Zweigniederlassung ist nicht rechtsfähig, ihre Firmenbezeichnung ist eine (Teil)Firma der eG, ihre Festlegung obliegt daher ausschließlich der GV/VV im Rahmen des Satzungszwangs des § 6 Nr. 1.38 Ob sich bei einer Unterlassung Rechtsfolgen ergeben, z.B. aus § 34, ist eine Frage des Verschuldens und des etwaigen Schadens im Einzelfall. VII. Änderung der Firma Für die Änderung der Firma gelten die aus dem HGB abgeleiteten firmenrechtlichen 17 Grundsätze. Voraussetzung ist stets ein satzungsändernder Beschluss (§ 6 Nr. 1). Nach der Änderung des § 3 zwingt die Änderung oder Erweiterung des Gegenstands des Unternehmens nicht zu einer Änderung der Firma, es sei denn, die Firmierung ist jetzt irreführend geworden. Bei Sitzverlegung kann das Registergericht die Eintragung nicht deshalb ablehnen, weil es Bedenken gegen den aus dem bisherigen Sitz entlehnten Ortszusatz im Firmennamen hat. Solche Bedenken kann es nur nach der Eintragung im Verfahren nach § 395 FamFG geltend machen.39 Im Fall der Zusammenlegung zweier Gemeinden, in denen eG mit gleicher Firma be- 18 stehen (z.B. „Raiffeisenbank eG“), entsteht grundsätzlich kein Anspruch auf Änderung der Firma. Auf die Dauer dürfte aber eine Bereinigung im Sinne einer eindeutigen Unterscheidbarkeit unumgänglich sein (z.B. Aufnahme eines Ortsteils in die Firma). Nach der Auflösung erhält die Firma den in § 85 Abs. 3 vorgeschriebenen Zusatz „in Liquidation“ oder „i.L.“. VIII. Schutz der Firma Die Firma als Name der eG ist nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen geschützt. 19 Gemäß § 12 BGB kann die eG Beseitigung einer Namensbeeinträchtigung verlangen und ggf. auf Unterlassung klagen. § 37 Abs. 1 HGB sieht Ordnungsgeld vor, Abs. 2 gewährt Anspruch auf Unterlassung. Reine Buchstabenfolgen, wie z.B. „RLG“, genießen nicht Namensschutz,40 es sei denn, dass diese Verkehrsgeltung haben, wie z.B. „DAB“, oder wenn sie einen eigenen Begriffsinhalt haben, z.B. „ABC-Fibel, Verlag eG“.41 Das Namensrecht wird als absolutes Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB verstanden.42 Eine Verletzung dieses Rechts kann zu einem Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB führen. Die gleiche Folge kann auch eine Beeinträchtigung des Namensrechts der eG als Eingriff in den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ haben. Schließlich kann die eG bei Verletzung des Namensrechts gemäß § 8 Abs. 1 UWG Unterlassung verlangen, wenn jemand im geschäftlichen Verkehr zu Namensverwechslungen Anlass gibt. Dieser Unterlassungsanspruch besteht unter Umständen auch bei befugter Firmenführung durch einen anderen.43 Wegen des Schutzes von Marken und geschäftlichen Bezeichnungen vgl. insb. §§ 14, 15 MarkenG (Recht zum ausschließlichen Gebrauch der Marke bzw. des Inhabers einer geschäftlichen Bezeichnung, Anspruch auf Unterlassung, Schadenersatz) und § 143 MarkenG (bei vorsätzlicher Verletzung – Freiheitsstrafe oder Geldstrafe).
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Beuthien GenG § 14 Rdn. 6; a.A. Müller GenG § 14 Rdn. 11. So auch KGJ 60, 64, 66 zur GmbH. OLG Oldenburg BB 1977, 12, die Entscheidung erging zur Vorgängernorm § 142 FGG, Palandt/Ellenberger § 12 Anm. 11.1b. Müller GenG § 3 Rdn. 21. BGH LM Nr. 30 zu § 12 BGB. Müller GenG § 3 Rdn. 86 m.w.N.
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§ 3 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
IX. Unzulässige Firma 20
Eine Firma ist unzulässig, wenn sie gegen die firmenrechtlichen Grundsätze, gegen § 3 oder andere Rechtsnormen verstößt. Unzulässig ist z.B. die Firma „Bank“ als Gattungsbegriff; es bedarf eines individualisierenden Zusatzes.44 Die Bezeichnung „Raiffeisenbank eG“ oder „Volksbank eG“ ohne Hinweis z.B. auf den Sitz wäre nur dann unzulässig, wenn Verwechslungsgefahr mit Instituten im gleichen oder sich berührenden Geschäftsbereich besteht.45 Maßstab ist: „Wer eine Firma nennt oder hört, soll sich darunter nur dieses und kein anderes Unternehmen vorstellen“.46 Der Gebrauch einer Firma ist nach § 3 UWG unzulässig, wenn die Firma irreführend ist. Gem. § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB darf die Firma nicht über die geschäftlichen Verhältnisse täuschen, wobei aufgrund des unterschiedlichen Schutzniveaus in UWG und HGB eine divergierende Betrachtung in Kauf genommen wird.47 Dabei kommt der Verwendung geografischer Begriffe nicht unerhebliche Bedeutung zu.48 Der Vorstand der eG ist dafür verantwortlich, dass bei Beschlüssen über die Firma der eG das geltende Recht beachtet wird. Daneben hat vor der Eintragung der Firma das Genossenschaftsregister zu prüfen, ob es sich formal um eine zulässige Firma handelt und ob die allgemeinen Grundsätze des Firmenrechts beachtet sind. Ist die Eintragung einer unzulässigen Firma erfolgt, so ist diese Eintragung von Amts wegen zu löschen, §§ 395 FamFG. Die Löschung der Firma wegen firmenrechtlicher Unzulässigkeit muss nicht in jedem Fall zur Löschung der eG von Amts wegen führen.49 Löschung der eG mit Liquidation erscheint nur geboten, wenn nicht unverzüglich die Voraussetzungen für die Eintragung einer zulässigen Firma geschaffen werden. X. Registerrecht
Die Zuständigkeit zur Registerführung, die Einrichtung und Führung des Registers regelt das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Das Verfahren für die Eintragung der Firma richtet sich nach der Verordnung über das Genossenschaftsregister in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2268), die zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 10.12.2014 (BGBl. I S. 2091) geändert worden ist (GenRegV); in § 1 dieser Verordnung wird ergänzend auf die Handelsregisterverfügungen verwiesen. Danach gilt insbesondere Folgendes: Zur Vermeidung unzulässiger Eintragungen bei Eintragung neuer Firmen und von 22 Firmenänderungen werden die Handelsregister durch die zuständigen Industrie- und Handelskammern unterstützt § 23 HRV i.V.m. § 380 FamFG. Die Eintragungen im Genossenschaftsregister sind der Industrie- und Handelskammer mitzuteilen (§ 37 HRV), also die Ersteintragung der Firma unter Angabe der Geschäftsanschrift, jede Änderung der Firma, des Sitzes, der Zusammensetzung des Vorstands, die Auflösung sowie die Liquidatoren, die Löschung, die Verschmelzung und die Umwandlung. 21
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KGJ 37, 172. Vgl. OLG Hamm, BB 1961, 1026; s. Rdn. 17; aber BGH WM 1992, 1643. OLG Hamm Urt. v. 14.9.1977, Az. 15 W 259/77. Kögel Entwurf eines HRefG BB 1997, 793. BGH BB 1964, 240. Zu weitgehend Müller GenG § 3 Rdn. 77.
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Mindestzahl der Mitglieder | § 4
X. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 5 Abs. 4, erster Spiegelstrich SCE-VO, definiert als notwendigen Inhalt der Sat- 23 zung der SCE die Angabe der Firma mit dem voran- oder nachgestellten Zusatz „SCE“ sowie dem Zusatz „mit beschränkter Haftung“ für den Fall, dass die Mitglieder nur bis zur Höhe des eingezahlten Geschäftsanteils haften (Art. 1 Abs. 2 Satz 4 SCE-VO). Gleiches regelt Art. 10 Abs. 1 SCE-VO für die Firmierung und die Angabe in Geschäftsdokumenten der SCE.
§4 Mindestzahl der Mitglieder § 4 Mindestzahl der Mitglieder Die Zahl der Mitglieder muss mindestens 3 betragen. Durch Novelle 2006 wurde einheitlich der Begriff des „Genossen“ durch „Mitglied“ 1 ersetzt. Während überwiegend diese bereits weitgehend gebräuchliche Bezeichnung wegen ihrer Ideologiefreiheit und der Abkehr von überholten Traditionen begrüßt wird, bedauert Beuthien dies als farblos.1 Die bis zur Novelle 2006 geltende Mindestzahl von 7 Mitgliedern, die nach § 56 BGB auch für den eingetragenen Verein gilt, erwies sich in der Praxis zunehmend als Gründungshemmnis für die genossenschaftliche Rechtsform, ohne dass es für diese Zahl einen sachlichen Grund gab. Bei der Gründung von landwirtschaftlichen, gewerblichen und Produktivgenossenschaften bestand ein Bedürfnis, die Mitgliederzahl zu senken. Um die eG attraktiv für eine Vielfalt von Unternehmensgegenständen zu machen und um zu vermeiden, dass zur Erreichung der Mindestgründerzahl Personen hinzugezogen werden müssen, die an der eG tatsächlich nicht interessiert sind, wurde durch die Novelle 2006 die Mindestzahl für die Gründung gleich wie für das Bestehen der eG (§ 80) auf drei Mitglieder festgelegt.2 Die Mindestzahl ist Voraussetzung für die Gründung einer bis zur Eintragung noch nicht rechtsfähigen eG als auch für die Eintragung im Genossenschaftsregister. Eine gegründete Vorgenossenschaft (vgl. § 13 Rdn. 4 ff.) wie auch die bereits eingetragene eG bestehen jedoch rechtswirksam, auch wenn die Mindestzahl nicht erreicht wurde.3 Bei der Vorgenossenschaft können bis zur Eintragung weitere Mitglieder durch Unterzeichnung der Gründungssatzung beitreten (vgl. § 11 Rdn. 8). Falls jedoch die gesetzliche Mindestzahl nicht unverzüglich erreicht wird, ist die eG gemäß § 80 aufzulösen.4 Die Mindestzahl von 3 Mitgliedern gilt unverändert nach Gründung bzw. Eintra- 2 gung fort. Eine nur vorübergehende Unterschreitung dieser Zahl ist unschädlich; sie löst nicht das Verfahren nach § 80 aus.5 Die in § 80 Abs. 1 genannte Frist von 6 Monaten für die Auflösung von Amts wegen gibt der eG Zeit, den Mangel zu beseitigen.
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1 Beuthien GenG § 4 Rdn. 1. 2 BT-Drs. 16/1025, 81. 3 A.A. AG Moers, 6 C 161/84. 4 Beuthien GenG § 4 Rdn. 1; Müller GenG § 4 Rdn. 3. 5 Zu eng Müller GenG § 4 Rdn. 4; soweit bis 1990 für die WohnGen nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht eine andere Mindestzahl von den Anerkennungsbehörden festgelegt war, ist diese mit der Aufhebung des WGG entfallen, es sei denn, die andere Mindestzahl ist weiter im Statut verankert und noch nicht geändert. (siehe auch oben § 1 Rdn. 60, 62).
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§ 5 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
3
Entsteht die eG aus einem Formwechsel oder als Neugründung im Rahmen einer Verschmelzung, gilt § 4 nicht (§ 197, § 36 Abs. 2 UmwG).6 Die Satzung kann eine Höchstzahl und eine höhere Mindestzahl für die Mitglieder festsetzen.7 Europäische Genossenschaft (SCE)
4
Gemäß Art. 2 Abs. 1, erster Spiegelstrich SCE-VO, kann eine SCE von mindestens fünf natürlichen Personen aus mindestens zwei Mitgliedstaaten ggf. zuzüglich juristischer Personen gegründet werden. Allerdings kann eine SCE auch durch Umwandlung einer eG eines Mitgliedstaats oder durch Verschmelzung zweier eG oder von zwei anderen Gesellschaften gegründet werden. Entscheidend ist, dass diese Unternehmen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansässig sind.
§5 Form der Satzung § 5 Form der Satzung Die Satzung der Genossenschaft bedarf der schriftlichen Form.
I. II. III. IV.
Übersicht Rechtsnatur der Satzung | 1–3 Schriftform | 4–6 Rechtswirksamkeit | 7–8 Grundsätze für die Auslegung der Satzung | 9–10
V.
Anfechtbarkeit/Nichtigkeit der Satzung | 11–14 VI. Änderung der Satzung | 15 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 16
I. Rechtsnatur der Satzung Die Satzung1 ist ein wesentlicher Teil des Gründungsvorgangs2 einer eG. Sie bringt den übereinstimmenden Willen der Gründungsmitglieder zum Ausdruck und legt fest, welche Tätigkeit die eG ausübt und welche Struktur sie haben soll. Ihrer Rechtsnatur nach ist die Satzung ein Vertrag mit dem Ziel der Errichtung der eG und der Festlegung der Normen für ihre körperschaftliche Verfassung.3 Auf die Satzung sind daher zunächst die allgemeinen Regeln des Vertragsrechts anzuwenden. Nach Errichtung der eG hat die körperschaftliche Natur der Satzung, die sich nun von den Gründern gelöst hat und ein selbständiges rechtliches Eigenleben führt, zur Folge, dass das Vertragsrecht nur noch sekundär zur Anwendung kommen kann.4 Auf solche gesellschaftlichen „Verträge“ findet keine Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. 2 BGB Anwendung.5 Dies gilt auch für Satzungsregelungen, die das Kunden- und Benut1
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Beuthien WM 2003, 969. Beuthien GenG § 1 Rdn. 6.
1 Der veraltete Begriff des Statuts wurde durch Novelle 2006 durchgängig wie bei den übrigen Gesellschaftsarten durch den Begriff „Satzung“ ersetzt, BT-Drs. 16/1025, 25. 2 Die wesentlichen Informationen zur Gründung einer eG können auf der gemeinsamen Internetseite der regionalen Prüfungsverbände und des DGRV unter www.genossenschaften.de unter der Rubrik „Gründung“ abgerufen werden. 3 Vgl. BGHZ 13, 11; 21, 374; Müller GenG § 5 Rdn. 1 m.w.N. 4 BGHZ 21, 370, 373. 5 BGH DB 1988, 1265 = BB 1988, 1273 = NJW 1988, 1729; OLG Frankfurt DB 1977, 2181 = verkürzt – BB 1978, 926.
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Form der Satzung | § 5
zungsverhältnis betreffen und als solche außerhalb der Satzung der Inhaltskontrolle unterlägen.6 § 242 BGB gilt auch für Satzungen; der Inhalt der Satzung hat sich an Grundsätzen von Treu und Glauben zu orientieren.7 Im Übrigen sind Satzungsbestimmungen nichtig, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen.8 Das Gesetz enthält nunmehr einen ausdrücklichen Anspruch der Mitglieder auf 3 Aushändigung der Satzung, § 15 Abs. 1 S. 2. Auch aus der mitgliedschaftsrechtlichen Beziehung ergibt sich bereits ein solcher Anspruch, da die Satzung Vertragscharakter hat, kann jeder Vertragspartner Aushändigung der vereinbarten Texte verlangen. II. Schriftform Die Schriftform bestimmt sich nach den Vorschriften des BGB (§ 126 BGB). Unklar ist, 4 ob auch die elektronische Form (§ 126a BGB) ausreicht. § 126 Abs. 3 BGB ermöglicht diese Form, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Hinweis in § 5 auf die Schriftform und damit auf § 126 BGB kann nicht als Ausschluss der Möglichkeit des § 126a BGB gewertet werden, da diese Regelung jüngeres Recht ist und kein Grund ersichtlich ist, die elektronische Form zu untersagen. Die Verwendung eines Faksimilestempels genügt nicht der Schriftform des § 126 BGB.9 Die Satzung muss von allen an der Gründung beteiligten und den bis zur Einreichung zum Genossenschaftsregister beitretenden Mitgliedern unterzeichnet werden (§ 11 Abs. 2 Nr. 1). Für diese Willenserklärungen gelten die allgemeinen Vorschriften z.B. hinsichtlich der Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, des Vertretungsrechts usw. Das elektronische Dokument (§ 126a BGB) muss eine elektronische Signatur nach dem SignaturG10 aufweisen. Ist die Satzung dem Gründungsprotokoll als Anlage beigefügt, so genügt die Unter- 5 zeichnung des Gründungsprotokolls.11 Als Unterzeichnung ist auch ausreichend, wenn die Zustimmungserklärungen schriftlich auf besonderem Blatt gesammelt und mit der Unterschrift der Satzung zu einer Urkunde verbunden werden.12 Die Unterzeichnung kann auch schon vor Fertigstellung des Satzungstextes als Blankounterschrift geleistet werden.13 Wer in der Absicht, einen noch zu formulierenden Text anzuerkennen, seine Unterschrift leistet, erklärt sich mit diesem Text einverstanden. Wegen der Außenwirkung einer Satzung ist es dabei grundsätzlich unerheblich, wenn der Text dann vom Willen des Unterzeichners abweicht. In Betracht kommt lediglich eine Anfechtung wegen Irrtums oder Täuschung, sofern diese Tatbestände erfüllt sind. Sollen zwischen dem Zeitpunkt der Gründung und der Einreichung der Satzung 6 beim Registergericht Änderungen vorgenommen werden, so gilt hierfür die gleiche Schriftform.14 Während für die Errichtung der Satzung die einfache Mehrheit genügt, ist für Änderungen der Gründungssatzung die in dieser Satzung vorgesehene Mehrheit,
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6 Vgl. BGH WM 88, 707, 708; ZfgG 89 136 m. Anm. Junker. 7 Vgl. BGH NJW 1988, 1729; unklar LG Frankfurt DB 1977, 2181; wie hier Bauer GenossenschaftsHandbuch § 5 Rdn. 4. 8 KG RPfleger 2012, 212; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 5 Rdn. 4. 9 Palandt/Ellenberger § 126 Rdn. 8. 10 SignaturG, BGBl. I 876, SignaturVO, BGBl. I 3074. 11 RGZ 125; vgl. BlfG 29, 24 und 533. 12 OLG Dresden JW 1934, 1737. 13 BGHZ 40, 68; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 5 Rdn. 10; Beuthien GenG § 5 Rdn. 2. 14 KGJ 25, 263.
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§ 5 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
mindestens die gesetzliche Mehrheit (§ 16) erforderlich. Redaktionelle Änderungen, die den Regelungsinhalt nur klarstellen, nicht aber verändern, können vom Vorstand vorgenommen werden, wenn er hierzu in der Gründungsversammlung ermächtigt wurde, andernfalls ist ein satzungsändernder Beschluss erforderlich. III. Rechtswirksamkeit Mit der Unterzeichnung der Gründungssatzung in der Gründungsversammlung durch mindestens drei Gründungsmitglieder entsteht eine „nicht eingetragene Genossenschaft“ (Näheres Erl. zu § 13 Rdn. 4). Diese Satzungsurkunde ist gleichzeitig Grundlage für die Eintragung in das Genossenschaftsregister und damit eine der Voraussetzungen für die Erlangung der Rechtsfähigkeit. Das Entstehen der eG kann aber – bis zur Eintragung – in der Urkunde selbst davon abhängig gemacht werden, dass noch weitere Personen die Satzung bis zur Eintragung unterzeichnen. Die Unterzeichner der Gründungssatzung sind – bis zur Eintragung – Mitglieder der 8 nicht eingetragenen Genossenschaft.15 Bis zur Anmeldung der Satzung zur Eintragung im Register kann die Mitgliedschaft nur durch Unterzeichnung der Satzung begründet werden. Ein solcher nachträglicher Beitritt zur Gründungsgenossenschaft bedarf im Zweifel der Zustimmung der übrigen Gründungsmitglieder. Dies folgt aus der Rechtsnatur des Gründungsvorgangs als „Gesamtakt“. Vom Zeitpunkt der Anmeldung an gilt für den Beitritt § 15. 7
IV. Grundsätze für die Auslegung der Satzung 9
Aus der Rechtsnatur der Satzung folgt, dass für die Auslegung die §§ 133, 157 BGB nur hilfsweise herangezogen werden können.16 Die Auslegung nach Vertragsrecht findet dort ihre Grenze, wo die Satzung als körperschaftliche Verfassung die Anwendung von Vertragsregeln im Einzelfall ausschließt. Dies gilt stets dann, wenn die Satzung Rechtswirkungen hat, die über den Kreis der mitwirkenden Personen hinausgehen; insoweit gelten für die Auslegung die Grundsätze der Interpretation objektiver Rechtsnormen.17 Die Satzung ist mit Rücksicht auf ihren objektiven Regelungsinhalt und im Interesse später Beitretender in erster Linie aus ihrem Wortlaut zu interpretieren.18 Die Entstehungsgeschichte und die subjektiven Vorstellungen der Gründer können berücksichtigt werden, soweit sie für die Beteiligten objektiv feststellbar sind.19 Die Auslegung einer Satzung unterliegt auch der Nachprüfung durch ein Revisions10 gericht im Rahmen des § 549 ZPO, sofern der Geltungsbereich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinausgeht.20 Das Revisionsgericht kann Satzungsregelungen („Bestimmungen körperschaftlichen Inhalts“) frei nachprüfen,21 soweit sie nicht einen auf einen OLG-Bezirk beschränkten, nicht rechtsfähigen Verein betreffen. Es ist hier nicht nur an die Fälle zu denken, in denen Mitglieder der eG im Bereich mehrerer Berufungsgerichte ihren Sitz haben, sondern auch an übereinstimmende Formulierungen in Satzungen, die
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BGHZ 20, 285. Vgl. zum Meinungsstand Beuthien GenG § 5 Rdn. 5. BGHZ 47, 172, 180. Im Ergebnis so auch Müller GenG § 5 Rdn. 25. RG HRR 1932, 1287. BGHZ 21, 370, 374. BGH Urt. v. 22.9.1987, ZfgG 1991, 64.
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Form der Satzung | § 5
zum Beispiel auf einer einheitlichen Mustersatzung beruhen, die im gesamten Bundesgebiet gilt. V. Anfechtbarkeit/Nichtigkeit der Satzung Für die Anfechtung gelten die allgemeinen Regeln des BGB. Nach herrschender Meinung sind verschiedene Zeiträume zu beachten: a) Wenn die eG im Geschäftsverkehr noch nicht tätig geworden und auch noch nicht im Genossenschaftsregister eingetragen ist, können die Gründungsmitglieder ihre Willenserklärung nach den §§ 119 ff. BGB anfechten oder die gesetzlichen Nichtigkeitsgründe geltend machen. Der Gründer kann insoweit verlangen, dass die Eintragung unterbleibt, wenn ohne ihn die Zahl der Gründer unter 3 sinkt. Im Übrigen berührt die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Erklärung eines Gründers nicht die übrigen Erklärungen und den Bestand der eG. Die Zahl von drei wirksamen Gründungserklärungen bleibt aber Voraussetzung für den Bestand der eG und für die Eintragung. b) Im Zeitraum zwischen Aufnahme der Geschäftstätigkeit und der Eintragung gelten nach herrschender Meinung für die Nichtigkeit und die Anfechtbarkeit die Regeln über die „faktische Gesellschaft“: Anfechtbarkeit und Nichtigkeit können jetzt nur noch als „Kündigung“ mit Wirkung für die Zukunft geltend gemacht werden.22 Dies gilt auch, wenn die Anfechtung vor der Aufnahme der Geschäfte erklärt worden ist. Für die Willenserklärung eines Minderjährigen als Gründer einer eG gelten aber auch in diesem Stadium die Schutzbestimmungen des BGB uneingeschränkt.23 Entsprechendes gilt auch im Falle der Fälschung einer Gründungserklärung sowie beim Fehlen jeder Vertretungsmacht. c) Mit der Eintragung entsteht die eG. Mängel im Gründungsvorgang können hierbei im Allgemeinen nicht mehr geltend gemacht werden. Dies gebietet das allgemeine Interesse und das Vertrauen in das öffentliche Register. Es ist grundsätzlich nur noch die Nichtigkeitsklage aus den Gründen der §§ 94 ff. zugelassen. Das Nichtigkeitsurteil führt aber nur zur Abwicklung nach den Vorschriften über die Auflösung der eG (§ 97). Bei besonders schwerwiegenden und eindeutigen Mängeln kann die Nichtigkeit der Willenserklärung bei der Gründung einer eG auch noch nach der Eintragung geltend gemacht werden. Dies gilt bei Willenserklärungen von Geschäftsunfähigen, von beschränkt Geschäftsfähigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, bei gefälschten Unterschriften und dann, wenn überhaupt keine Erklärung abgegeben worden ist oder wenn eine Vertretungsberechtigung überhaupt nicht vorlag.24 Auch in diesen Fällen berührt die Nichtigkeit der Willenserklärung aber nicht den Bestand der eG; verbleiben aber für die Gründung weniger als sieben rechtswirksame Gründungserklärungen, so ist die eG gemäß § 80 aufzulösen.
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VI. Änderung der Satzung Für Satzungsänderungen, die nach der Eintragung durchgeführt werden, gilt die 15 Form des § 5 nicht; eine Unterzeichnung der Satzungsänderung durch alle Mitglieder ist nicht erforderlich. Näheres hierzu regelt § 16: Zuständig ist ausschließlich die GV, die Anmeldung zur Eintragung obliegt dem Vorstand § 16 Abs. 5 i.V.m. § 11 Abs. 1.
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BGHZ 13, 324; 26, 335; 44, 236; 55, 7; Müller GenG § 5 Rdn. 34. BGHZ 17, 167. Vgl. Müller GenG § 5 Rdn. 41.
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§ 6 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
VII. Europäische Genossenschaft (SCE) 16
Die Schriftform der Satzung der SCE folgt aus Art. 5 Abs. 1 SCE-VO, die entweder als Gründungsurkunde oder in gesonderter Urkunde zu erstellen ist. Darüber hinaus ist die Schriftform in Art. 5 Abs. 2 SCE-VO festgelegt.
§6 Mindestinhalt der Satzung § 6 Mindestinhalt der Satzung 1. 2. 3.
4.
5.
I.
II.
Die Satzung muss enthalten: die Firma und den Sitz der Genossenschaft; den Gegenstand des Unternehmens; Bestimmungen darüber, ob die Mitglieder für den Fall, dass die Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Genossenschaft nicht befriedigt werden, Nachschüsse zur Insolvenzmasse unbeschränkt, beschränkt auf eine bestimmte Summe (Haftsumme) oder überhaupt nicht zu leisten haben; Bestimmungen über die Form für die Einberufung der Generalversammlung der Mitglieder sowie für die Beurkundung ihrer Beschlüsse und über den Vorsitz in der Versammlung; die Einberufung der Generalversammlung muss durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder oder durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt erfolgen; das Gericht kann hiervon Ausnahmen zulassen; die Bekanntmachung im Bundesanzeiger genügt nicht; Bestimmungen über die Form der Bekanntmachungen der Genossenschaft sowie Bestimmungen der öffentlichen Blätter für Bekanntmachungen, deren Veröffentlichung in öffentlichen Blättern durch Gesetz oder Satzung vorgeschrieben ist. Übersicht Allgemeines | 1–5 1. Bedeutung | 1–4 2. Mustersatzungen | 5 Der Inhalt der Satzung | 6–27 1. Firma und Sitz | 6–10 2. Gegenstand des Unternehmen | 11–14 3. Regelung der Nachschusspflicht | 15–19
4.
III. IV.
Form der Berufung der Generalversammlung, Niederschrift, Versammlungsleitung, Ort | 20–25 5. Form der Bekanntmachungen | 26–27 Folgen bei unvollständiger Satzung | 28 Europäische Genossenschaft (SCE) | 29
I. Allgemeines 1
1. Bedeutung. Die Satzung ist die wichtigste Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Mitglied und eG. Die Satzung ist wie das Vereinsstatut die „Verfassung“ der eG. Sie legt Zweck, Struktur, innere Organisation und die körperschaftlichen Rechtsverhältnisse zu den Mitgliedern fest. Über den Kreis der Mitglieder hinaus dient sie auch dem Schutz der Gläubiger der eG sowie der Allgemeinheit. Wesentliche Regelungen müssen daher in der Satzung und nicht in Nebenbestimmungen enthalten sein.1 Im Interesse der
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BGH ZfgG 1991, 91, 247, 251 m. Anm. Beuthien/Kießler.
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Mindestinhalt der Satzung | § 6
Mitglieder muss die Satzung eindeutig und verständlich formuliert sein;2 sonst kann die Eintragung verweigert werden. Das Gesetz verlangt insb. in den §§ 6 und 7 nur, dass in die Satzung eine Regelung 2 aufgenommen wird; der konkrete Inhalt der Regelung bleibt dabei weitgehend der Satzung und damit der Beschlussfassung der GV überlassen. Dabei ist § 18 S. 2 zu beachten, wonach der Satzungsinhalt von den Bestimmungen des Gesetzes nur dann abweichen darf, wenn das Gesetz dies ausdrücklich für zulässig erklärt. Die Novellen 1973 und 2006 haben insoweit eine bedeutende Fortentwicklung gebracht, indem der Satzungsfreiheit ein größerer Spielraum eingeräumt wurde, z.B. 1973 bei der Regelung über die Nachschusspflicht in § 6 Nr. 3 und § 121 oder für die Vertretung durch den Vorstand in § 25 und 2006 durch die Optionen, investierende Mitglieder, Mindestkapital und Mehrstimmrechte einzuführen. Aus der Formulierung „Die Satzung muss enthalten“ folgt, dass eine Satzung we- 3 sentliche Mängel hat, wenn eine der in den §§ 6 oder 7 genannten Regelungsinhalte fehlt. Bezüglich Nichtigkeitsklage wegen wesentlicher Satzungsmängel vgl. § 94; wegen Heilung des Mangels durch nachträgliche Satzungsänderung vgl. § 95. Neben dem Pflichtinhalt, §§ 6 und 7, befassen sich die §§ 8 und 8a mit weiteren, nicht zwingenden Bestimmungen, dem sog. Freiinhalt. Neben den Bestimmungen des GenG über den Inhalt der Satzung bestehen noch an- 4 dere gesetzliche Vorschriften, die für den Satzungsinhalt von eG entscheidend sind, so z.B. für Banken das KWG,3 für Erzeugergemeinschaften das Agrarmarktstrukturgesetz4 i.V.m. der Agrarmarktstrukturverordnung sowie das Bundeswaldgesetz.5 Als Sonderregelungen sind diese Gesetze auch gegenüber dem GenG zu beachten. Der Vorrang dieser Sonderregelungen findet allerdings dort seine Grenze, wo in Grundstrukturen der eG eingegriffen würde.6 Andere zusätzliche Regelungen können in die Satzung aufgenommen werden, soweit sie nach dem GenG und nach allgemeinem Recht zulässig sind. 2. Mustersatzungen. Die von den Genossenschaftsverbänden ausgearbeiteten Mus- 5 tersatzungen sind in der Praxis unverzichtbar, weil die Erfahrungen über lange Zeiträume zum Wohl der einzelnen eG ausgewertet werden. Die Satzungshoheit der GV/VV wird davon nicht berührt.7 Mustersatzungen sind als Empfehlung kartellrechtlich irrelevant. Sie dienen der Rechtssicherheit und der Rechtseinheitlichkeit, wo dies im Interesse aller Beteiligten zweckmäßig erscheint. II. Der Inhalt der Satzung 1. Firma und Sitz. Die Satzung muss den genauen Wortlaut der Firma der eG 6 bestimmen. Regelungsbedürftiger Bestandteil der Firma ist auch der Zusatz „eingetragene Genossenschaft“ oder „eG“. Enthält die Satzung eine Regelung über eine unzulässige Firma, fehlt ein notwendiger Bestandteil der Satzung. Änderungen der Firma sind Satzungsänderungen.
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2 OLG Stuttgart DB 1977, 1938. 3 BGBl. I S. 2776. 4 BGBl. I S. 3998. 5 BGBl. I S. 1073. 6 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 1, der undifferenziert den Vorrang der Gesetze im Bereich ihrer Anwendbarkeit sieht. 7 Zur Mustersatzung für WohnGen nach der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts s. § 1 Rdn. 59, 62; § 3 Rdn. 11.
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§ 6 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
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Sitz der eG kann nur eine in der Bundesrepublik Deutschland gelegene Gemeinde sein. Wenn eine durch kommunale Neuordnung eingegliederte frühere Gemeinde nur noch unselbständiger Gemeindeteil ist, kann auch dieser Teil als Sitz eingetragen und beibehalten werden unter Bezeichnung der politischen Gemeinde, dem der Gemeindeteil zugehört.8 Der Sitz wird durch die Satzung bestimmt, nicht durch Lage der Geschäftsräume oder den Ort der Tätigkeit.9 Im Gegensatz zur früheren Auffassung wird es für erforderlich gehalten, dass die eG zu dem Ort des Sitzes eine konkrete juristische oder betriebliche Beziehung hat.10 Die in § 5 Abs. 2 AktG bzw. § 4a Abs. 2 GmbHG geregelten Bezugskriterien als allgemeiner Rechtsgedanke sind zwar entfallen, jedoch gebietet die Selbstverwaltung die Anknüpfung des Satzungssitzes an reale Gegebenheiten: Sitz ist der Ort, an dem sich ein Betrieb der Gesellschaft, die Geschäftsleitung oder die Verwaltung befindet.11 Rein fiktiver Sitz macht Satzung nichtig; Auflösung nach § 395 FamFG. Jedoch keine Amtsauflösung bei nachträglichem Auseinanderfallen von satzungsmäßigem und tatsächlichem Sitz eines Unternehmens.12 In der Novelle 2006 hat der Gesetzgeber den Gedanken nicht weiter verfolgt, ähnlich wie zu § 10 SCEAG an das Auseinanderfallen von satzungsgemäßem Sitz und tatsächlichem Ort der Hauptverwaltung ein Amtslöschungsverfahren anzuknüpfen; damit wurde die hier vertretene Auffassung bestätigt. Die eG kann grundsätzlich nur einen Sitz haben.13 Die Zulassung eines mehrfachen Sitzes würde unvertretbare Verwirrung in Hinblick auf registerrechtliche und prozessuale Zuständigkeiten zur Folge haben. Gefahren würden sich für die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit ergeben, vor allem in Hinblick auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit konstitutiver Eintragungen, z.B. bei Satzungsänderungen gemäß § 16 Abs. 6. Auch die Verschmelzung von eG rechtfertigt nicht die Beibehaltung eines Doppelsitzes.14 Die Verlegung des Sitzes bedarf einer Satzungsänderung. Die Verlegung der Ver8 waltung oder des Betriebs allein bedeutet noch keine Sitzverlegung. Maßgeblich ist vielmehr die Bestimmung der Satzung; diese bedarf ggf. der Anpassung.15 Eine Sitzverlegung ist auch gegeben, wenn der Bezirk eines Registergerichts nicht verlassen wird, da der Begriff „Sitz“ sich nicht auf den Registergerichtsbezirk, sondern auf die politische Gemeinde bezieht. Die Satzungsänderung über die Sitzverlegung und damit die Sitzverlegung selbst wird erst mit Eintragung in das Register des bisherigen Sitzes wirksam; schließlich ist dieses Gericht zum Zeitpunkt der Eintragung noch allein zuständig. Mit der Eintragung erlischt seine Zuständigkeit, und die Zuständigkeit des Gerichts des neuen Sitzes wird begründet. Die Übernahme der Registerführung durch das neue Gericht ist dafür ohne Bedeutung. Eine förmliche Anmeldung zum Registergericht des neuen Sitzes i.S.v. § 11 ist nicht erforderlich; es genügen eine formlose Mitteilung und ein Antrag des Vorstands, die Registerführung zu übernehmen. Die Eintragungsunterlagen erhält das neue Registergericht vom bisherigen Gericht.16 Die materielle Prüfung der Voraussetzungen für die Eintragung, z.B. auch die firmenrechtlichen, hat das neue Registergericht zu
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8 Vgl. BayObLG, Rpfleger 1976, 179. 9 Für GmbH BayObLG, DB 1981, 1128 = Rpfleger 1981, 308. 10 BayObLG a.a.O.; Beuthien GenG § 5 Rdn. 6; Müller GenG mit überzeugender Begründung zu § 6 Rdn. 7; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 5 mit Hinweis auf § 24 BGB. 11 Vgl. auch Scholz GmbHG, § 3 Rdn. 4. 12 BayObLG BB 1982, 576 = DB 1982, 894. 13 Beuthien GenG § 6 Rdn. 5. 14 BayObLG ZIP 1985, 929 = DB 1985, 128; a.A. BayOBLG NJW-RR 2001, 28 für Sparkassen u. LG Essen ZIP 01, 1632 zur AG. 15 BayObLG DB 1981, 1128; OLG Köln BB 1984, 1066. 16 KGJ 21, 265, 266.
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Mindestinhalt der Satzung | § 6
prüfen. Eine Sitzverlegung ist auch möglich nach Auflösung der eG.17 Die Übernahme der Registerführung durch das neue Gericht ist dafür ohne Bedeutung. Kreditgenossenschaften haben gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 5 KWG eine Sitzverlegung der BaFin und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen. Eine Verlegung des Sitzes ins Ausland kann nicht in das Genossenschaftsregister 9 eingetragen werden.18 Der Sitzverlegungsbeschluss ist rechtlich ein Auflösungsbeschluss gemäß § 78 und hat die Auflösung der inländischen eG zur Folge,19 es sei denn, dass dort für die Erlangung der Rechtsfähigkeit der eG im Wesentlichen das gleiche Recht gilt oder dass die dortigen Voraussetzungen für die Erlangung der Rechtsfähigkeit erfüllt werden.20 Ausländische eG, die eine Zweigniederlassung mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland begründen, sind in das Handelsregister einzutragen. Der Sitz der eG begründet die Zuständigkeit des Registergerichts, § 10. Gemäß § 17 10 ZPO bestimmt der Sitz den allgemeinen Gerichtsstand der eG. Gemäß § 22 ZPO ist dieser allgemeine Gerichtsstand der eG auch maßgeblich für Klagen der Mitglieder gegen die eG, der eG gegen ihre Mitglieder sowie der Mitglieder gegeneinander,21 soweit es um Fragen der mitgliedschaftsrechtlichen Beziehungen geht, z.B. Klagen auf Einzahlung rückständiger Pflichteinzahlungen; nicht z.B. für Klagen gegen Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats aus unerlaubter Handlung.22 Maßgeblichkeit des Sitzes aber auch für Regressklagen gegen Organmitglieder gemäß §§ 34 und 41, weil diese Ansprüche auf der gesellschaftlichen Beziehung beruhen. 2. Gegenstand des Unternehmens. Der Unternehmensgegenstand ist nicht iden- 11 tisch mit dem „Zweck“ der eG, der für alle eG durch § 1 in gleicher Weise als „Förderzweck“ bestimmt ist. Der Förderzweck bedarf keiner Aufnahme in die Satzung;23 er ist bereits über den Firmenzusatz „eG“ Satzungsinhalt. Gegenstand des Unternehmens sind vielmehr alle Tätigkeiten, mit denen im Einzelfall der Förderzweck erreicht werden soll. Zur Klarstellung enthalten die Mustersatzungen in Wiederholung des § 1 den Förderzweck. Der Unternehmensgegenstand muss so bezeichnet werden, dass die Tätigkeit der eG in gemeinverständlicher Weise beschrieben ist.24 Die Umschreibung muss einerseits ausreichend konkret sein, darf andererseits aber nicht zu eng interpretiert werden. Für die Auslegung und Abgrenzung ist maßgebend, welche Tätigkeiten die Mitglieder von ihrer eG zur Erzielung der Förderleistungen erwarten.25 Falls staatliche Genehmigung erforderlich, muss diese dem Registergericht vor Eintragung nachgewiesen werden,26 so bei Bankgeschäften gem. § 43 Abs. 1 KWG. Bei Prüfung durch die Genehmigungsbehörde ist die konkret und erkennbar gewollte Tätigkeit maßgebend und nicht das auf Grund des Satzungstextes programmatisch Mögliche. In der Praxis wird ein Unternehmensgegenstand üblicherweise allgemein umschrieben und durch Beispiele ergänzt, die aber keinen abschließenden Charakter haben. Der Unternehmensgegenstand muss stets mit dem Förderauftrag im Einklang stehen. Einkaufsgenossenschaften können als Unterneh-
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17 Vgl. Erl. zu § 87; zutreffend Müller GenG § 6 Rdn. 11. 18 OLG München ZIP 2007, 2124; OLG Brandenburg ZIP 2005, 289; BayObLG BB 2004, 570; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 10. 19 RGZ 7, 68; 88, 53; 107, 94 – für die AG. 20 KG JFG 4, 184; vgl. hierzu auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 10. 21 Auch ausgeschiedene Mitglieder, BfG 33, 715. 22 LG Berlin Raiffeisen-Rundschau 53, 150. 23 A.A. Müller GenG § 6 Rdn. 16. 24 KGJ 14, 47; 34, 151, 162; RGZ 62, 98. 25 BGH BB 1981, 450. 26 OLG Celle NJW 1964, 1964.
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mensgegenstand z.B. den „Betrieb eines Großhandelsunternehmens“ nennen. Eine allgemeine Bezeichnung wie „Betrieb von Handelsgeschäften aller Art“ reicht nicht.27 Geschäfte, die die eG außerhalb ihres Unternehmensgegenstands durchführt, sind wirksam. Der Vorstand haftet ggf. nach § 34. Satzungsmäßiger Gegenstand des genossenschaftlichen Unternehmens kann auch 12 die – erlaubnisfreie – Rechtsberatung der Mitglieder sein, soweit dies „im Rahmen des Aufgabenbereichs“ der eG liegt (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 RDG). Der Aufgabenbereich wird durch die Satzung als Gegenstand des Unternehmens bestimmt. So kann z.B. die Satzung einer Kreditgenossenschaft oder einer Handwerksgenossenschaft das Forderungsinkasso für die Mitglieder vorsehen. Dies bedarf keiner Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz. Bei Kreditgenossenschaften ergeben sich die Anhaltspunkte für den Unternehmensgegenstand aus den Bestimmungen des KWG, insb. aus § 1. Es ist aber zulässig und üblich, darüber hinaus den Geschäftsbereich auszudehnen auf „bankübliche Geschäfte“ (s. Mustersatzungen der Kreditgenossenschaften). Wohnungsgenossenschaften können den Gegenstand des Unternehmens frei 13 bestimmen. Mit der Aufhebung des WGG (1990) ist die Verpflichtung einer ehemals gemeinnützigen eG entfallen, weiterhin gemeinnützigkeitsrechtliche Vorschriften in der Satzung zu verankern (s. dazu § 1 Rdn. 60, 62). Das gilt auch für eine Vermietungsgenossenschaft. § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG greift nicht in die Satzungsfreiheit ein (s. dazu § 1 Rdn. 64). Für jeden Veranlagungsfreiraum ist gesondert zu prüfen, ob die Einnahmen aus nach dieser Vorschrift nicht begünstigten Tätigkeiten die 10%-Grenze überschreiten.28 Eine sog. eigentumsorientierte WohnGen, die den Mitgliedern eine steuerliche Begünstigung der Geschäftsanteile nach § 17 EigZulG ermöglichen will, muss in der Satzung eine besondere Erwerbsberechtigung für die selbst genutzte Wohnung einräumen. Besonderheiten ergeben sich für eine ehemals gemeinnützige WohnGen, die ihre bisherige Firma mit der Bezeichnung „gemeinnützig“ fortführt, s. dazu § 3 Rdn. 11. Wohnungsbaugenossenschaften unterliegen ab 1.1.1995 in vollem Umfang den Bestimmungen des KWG. Sie bedürfen sowohl für den Betrieb einer Spareinrichtung als auch für die Vornahme von Bankgeschäften, die bislang als zu den einem Wohnungsunternehmen „eigentümlichen Geschäften“ gehörend, erlaubnisfrei waren, der Erlaubnis nach § 32 KWG (s. dazu § 1 Rdn. 67). Erst wenn diese Erlaubnis vorliegt, kann die Satzung diesen Geschäftskreis regeln. Die Änderung des Unternehmensgegenstands bzw. die Aufnahme neuer Ge14 schäftszweige bedingt nur dann eine Satzungsänderung, wenn sie von der bisherigen Formulierung nicht umfasst ist. Sie bedarf dann der 3/4-Mehrheit (§ 16 Abs. 2 Nr. 1); bei wesentlichen Änderungen gewährt § 67a ein außerordentliches Kündigungsrecht. Die Ausgliederung wesentlicher Betriebsteile bedarf – auch ohne Satzungsänderung – der Zustimmung der GV/VV.29 Beuthien fordert zu Unrecht bei der Ausgliederung eines wesentlichen Betriebsteils, wenn hierdurch der Charakter der eG maßgeblich verändert wird, eine Satzungsänderung, zumindest aber eine 3/4-Mehrheit für den GV Beschluss.30 Ausgliederungen von einzelnen Betriebsteilen sind, sofern es sich nicht um wesentliche Teile handelt, nach allg. Meinung Leitungsaufgaben des Vorstands31 i.S.v. § 27 Abs. 1, ohne dass es eines GV/VV-Beschlusses, erst recht keiner Satzungsänderung bedarf. Die Bezeichnung des Unternehmensgegenstands hat grundsätzlich nur satzungsrechtliche
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 12. Jost in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 5 Rdn. 89. Für die AG BGHZ 83, 122; BGH DB 1982, 795. Beuthien GenG § 6 Rdn. 8. Beuthien GenG § 27 Rdn. 7.
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Bedeutung. Es kann daraus z.B. nicht auf Umfang oder Grenzen der Vertretungsmacht des Vorstands geschlossen werden. Es entstehen daraus auch nicht ohne weiteres klagbare Ansprüche der Mitglieder. 3. Regelung der Nachschusspflicht. Ziffer 3 wurde eingefügt durch Novelle 1973. Die Satzung der eG hat die Wahl zwischen der unbeschränkten Nachschusspflicht, der auf eine Haftsumme beschränkten Nachschusspflicht und dem Ausschluss jeglicher Nachschusspflicht. Der Gesetzgeber wollte die Regelung der Haftung der freien Entscheidung der Mitglieder überlassen. Die Nachschusspflicht sei für die eG nicht wesentlich und für Geschäftsbeziehungen der eG mit Dritten ohne wirtschaftliche Bedeutung.32 Den Mitgliedern sollte stattdessen ein Anreiz gegeben werden, verstärkt Eigenkapital einzubringen.33 Die Nachschusspflicht bei Kreditgenossenschaften hat den wirtschaftlichen Sinn aufgrund des Wegfalls als bankaufsichtliches Eigenkapital verloren, vgl. Erl. zu § 22 Rdn. 5a. Im gewerblichen Bereich, insbesondere bei Handwerkergenossenschaften, wird die Nachschusspflicht als Nachteil der eG und Akquisitionshindernis für neue Mitglieder empfunden. Einen Nachteil für die genossenschaftlichen Gläubiger stellt der vollständige Ausschluss der Nachschusspflicht nicht dar, denn Sicherheit für die Gläubiger wird durch die Betreuungsprüfung gewährleistet.34 Bei Änderung der Haftform unter Verzicht auf Nachschüsse ist § 22a Abs. 1 zu beachten: Gemäß § 22 Abs. 1 bis 3 ist der Beschluss der GV bei der Bekanntmachung durch das Gericht anzugeben; den Gläubigern ist Befriedigung oder Sicherheit zu gewähren. Im Übrigen besteht eine Weiterhaftung der Mitglieder gemäß § 22 Abs. 3. Dies gilt nicht, wenn gleichzeitig das Eigenkapital der eG durch Änderung der Genossenschaftsanteile mindestens in Höhe der wegfallenden Nachschusspflicht erhöht wird, da infolge des gleichbleibenden Haftungsvolumens der eG eine Beeinträchtigung der Gläubiger entfällt. Die Einschränkung der Nachschusspflicht hat bei Kreditgenossenschaften besondere Bedeutung: Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 KWG i.V.m. § 1 ZuschlagsVO wird Genossenschaftsbanken 25% der Haftsummen dem haftenden Eigenkapital hinzugerechnet (vgl. § 2 Rdn. 10). Die Zuschlagsverordnung erlischt mit Ablauf ihrer Auslauffrist zum 31.12.2021 (§ 64r Abs. 17 KWG). Die unbeschränkte Nachschusspflicht besteht nur noch in besonderen Fällen; in Anbetracht der Entwicklung der Vermögensverhältnisse der eG ist eine so weitgehende Verpflichtung der Mitglieder im Allgemeinen nicht erforderlich und auch nicht zuzumuten. Die beschränkte Nachschusspflicht hat sich bei bestehenden eG weitgehend durchgesetzt und bewährt, bei Kreditgenossenschaften ist sie noch die Regel, bei gewerblichen eG wird sie bei Neugründungen i.d.R. nicht mehr festgelegt. Es ist Gründungsmitgliedern in diesem Bereich nicht vermittelbar, welcher Sinn darin besteht, im Falle der Insolvenz die Masse zu erhöhen, ohne eine Sanierungschance für die eG zu erhalten, zumal die Mitglieder als Gewerbetreibende in ihrem Unternehmen überwiegend die Haftung auf das gezeichnete Eigenkapital beschränkt haben. Die Höhe der Haftsumme hängt ab von der Struktur und den Bedürfnissen der einzelnen eG, wegen der Mindesthöhe vgl. §§ 119, 121. Der Verzicht auf jede Nachschusspflicht empfiehlt sich dort, wo die eG aus betriebswirtschaftlichen Gründen über ein möglichst hohes Eigenkapital verfügen muss. Hier könnte die Nachschusspflicht die Mitglieder davon abhalten, zusätzliche (freiwillige) Geschäftsanteile zu übernehmen und einzuzahlen. Für diese Fälle bietet sich aber
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BT-Drs. 7/97 S. 17. Blomeyer Das Haftungskonzept des GenG, ZfgG 89, 102, 111. Beuthien GenG § 6 Rdn. 9.
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die Sonderform des § 121 letzter Satz an: Die Satzung kann bestimmen, dass durch die Beteiligten mit weiteren Geschäftsanteilen eine Erhöhung der Haftsumme nicht eintritt. Bei der Satzungsregelung über die Nachschusspflicht ist es nicht erforderlich, sich an den genauen Wortlaut des § 6 Nr. 3 zu halten, zumal dieser Gesetzeswortlaut die Nachschusspflicht im Falle des § 73 Abs. 2 außer Acht lässt. In der Praxis weitgehend üblich und nicht zu beanstanden ist, z.B. für den Fall der beschränkten Nachschusspflicht, folgende Formulierung: „Die Nachschusspflicht der Mitglieder ist auf die Haftsumme beschränkt. Die Haftsumme für jeden Geschäftsanteil beträgt … Euro“.35 Enthält die Satzung keine gesetzlich vorgeschriebene Regelung zur Nachschuss19 pflicht, ist die Haftsumme nicht klar festgelegt oder niedriger als der Geschäftsanteil, ist fraglich, ob eine unbegrenzte Nachschusspflicht besteht.36 Dafür spricht der Schutz des Gläubigerinteresses. Diese Rechtsfolge scheint aber zu weitgehend und vernachlässigt den Schutz der Mitglieder, die auf ihr Wahlrecht hinsichtlich ihrer Haftung vertrauten. Unterstützt wird dieser Gedanke durch die gesetzliche Haftungsregelung des § 2, auch wenn dieser nur die Außenhaftung ausschließt. Hinzu kommt, dass keine andere Rechtsform die Verpflichtung kennt, im Insolvenzfall zur Masse nachzuschießen. Die Nachschusspflicht der GmbH setzt einen Gesellschafterbeschluss voraus und kann von den Gläubigern der GmbH nicht eingefordert werden (§§ 26–28 GmbHG). 4. Form der Berufung der Generalversammlung, Niederschrift, Versammlungsleitung, Ort. Wegen der Bedeutung der GV/VV als Forum für die Willensbildung der Mitglieder kommt der für die Berufung der Versammlung vorgesehenen Form und ihrer Bekanntmachung besondere Bedeutung zu. Aus diesem Grund ist zwingend vorgeschrieben, dass die Satzung diese Einberufungsform regelt. Die Berufung der GV/VV kann durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder (soweit erreichbar auch unter der E-Mail-Adresse des Mitglieds)37 oder durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt erfolgen. Die Bekanntmachung im Bundesanzeiger genügt nicht für die Einberufung der GV/VV. Wenn das Veröffentlichungsblatt nicht mehr erscheint, hat die Veröffentlichung in Anlehnung an § 158 Abs. 1 zu erfolgen, vgl. Erl. zu § 158.38 Da die Satzungen heute regelmäßig alternativ eine Veröffentlichung oder die unmittelbare Benachrichtigung vorsehen, dürfte dieser Frage kaum mehr Bedeutung zukommen. Soweit die Satzung kumulativ vorsieht, dass sowohl durch unmittelbare Benachrichtigung aller Mitglieder als auch durch Presseveröffentlichung zur GV/VV eingeladen wird, kann sich ein Mitglied nicht darauf berufen, die Pressemitteilung sei verspätet veröffentlicht, wenn die unmittelbare Einladung rechtzeitig zugegangen ist. Sollten Veröffentlichungen in zwei Tageszeitungen vorgesehen sein, so ist die verspätete Veröffentlichung in einer Tageszeitung unschädlich, sofern von der eG nachgewiesen wird, dass das Mitglied bereits rechtzeitig Kenntnis von der Einladung hatte. Das Veröffentlichungsblatt ist namentlich zu bezeichnen. Es genügt die Veröffent21 lichung in einer Bilanzanzeigen-Beilage, wenn diese Teil des in der Satzung genannten Blattes ist. Es können auch mehrere Blätter für die Bekanntmachung vorgesehen werden;39 eine Bezeichnung mehrerer Blätter für die wahlweise Bekanntmachung ist jedoch
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35 Vgl. hierzu LG Darmstadt Beschl. v. 21.1.1975, 12 T 1/75. 36 So Beuthien GenG § 6 Rdn. 9, § 119 Rdn. 3; Müller GenG § 2 Rdn. 20; a.A. Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 6 Rdn. 9. 37 Beuthien GenG § 6 Rdn. 10. 38 Beuthien GenG § 6 Rdn. 10; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 6 Rdn. 11. 39 Hornung Rpfleger 1978, 46, 48.
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unzulässig.40 Unzulässig ist ebenfalls eine Regelung, dass die Bekanntmachung „in ortsüblicher Weise“ zu erfolgen habe, weil dann dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügt ist.41 Unbedenklich dagegen ist eine Regelung mit alternativer Einladung durch unmittelbare Benachrichtigung oder Veröffentlichung im Bekanntmachungsorgan (vgl. § 46 Rdn. 3). Dies entspricht praktischen Bedürfnissen und einer bewährten Handhabung in der Praxis.42 Das heißt nicht, dass einzelne Mitglieder unmittelbar, andere durch Veröffentlichung geladen werden können.43 Die eG könnte auch nur ein Bekanntmachungsorgan vorsehen. Es ist jedem Mitglied zuzumuten, das Bekanntmachungsorgan zu abonnieren, wenn es seine Kenntnis der Einladung sicherstellen will. Die unmittelbare Benachrichtigung ist dann ein zusätzlicher Weg. Eine Bekanntmachung im Internet scheidet aufgrund des klaren Wortlauts „Veröffentlichungsblatt“ aus.44 Auch wenn der Bundesanzeiger aufgrund des technischen Fortschritts nur noch in elektronischer Form herausgegeben wird, begegnet es Bedenken, wenn die Bekanntmachung auf der Internetseite der eG mit der Veröffentlichung in einem öffentlichen Blatt gleichgesetzt wird.45 Wünschenswert wäre eine gesetzliche Klarstellung entsprechend § 124a AktG. Die Satzung muss Bestimmungen über die „Beurkundung“ der Beschlüsse der GV/ 22 VV enthalten. Dies ist nach wie vor geltendes Recht, obwohl § 47 seit der Novelle 1973 eine ausführliche Sonderregelung für die Ergebnisniederschrift enthält. Es ist ausreichend, aber als Mindestinhalt der Satzung auch erforderlich, wenn wegen der Ergebnisniederschrift auf § 47 verwiesen oder eine vergleichbare Regelung getroffen wird.46 „Beurkundung“ der Beschlüsse ist nicht als öffentliche Beurkundung i.S.d. Beurkundungsgesetzes zu verstehen; gemeint ist eine einfache Niederschrift. § 47 sieht u.a. vor, dass Art und Ergebnis der Abstimmung zu protokollieren sind. Nicht erforderlich ist dagegen, z.B. die Zahl der erschienenen Mitglieder festzuhalten, soweit die Beschlussfähigkeit der GV/VV davon unabhängig ist. Auch die Aufstellung einer Anwesenheitsliste ist nicht erforderlich, doch kann die Satzung dies vorsehen. Die freiwillige Führung einer Anwesenheitsliste dient internen statistischen Zwecken der eG und gewährt den Mitgliedern kein Recht auf Einsicht. Die Herstellung der Ergebnisniederschrift muss nicht in der GV/VV erfolgen, falls die Satzung dies nicht ausdrücklich bestimmt, eine Verlesung ist nur erforderlich, wenn und soweit die Satzung dies vorschreibt. § 47 ist grundsätzlich nur als Ordnungsvorschrift zu verstehen, deren Verletzung die 23 Gültigkeit der Beschlüsse nicht berührt.47 Bei dieser Rechtslage sind keine Gründe erkennbar, warum eine Verletzung der in der Satzung enthaltenen Formvorschriften für die Ergebnisniederschrift zur Rechtsunwirksamkeit führen soll. Allerdings wird der Registerrichter auf die Einhaltung der satzungsmäßigen Formvorschriften zu achten haben. Die ordnungsgemäße Beurkundung kann aber zu einer erneuten Einreichung nachgeholt werden. Es bedarf nicht eines erneuten Beschlusses, falls dieser im Übrigen wirksam ist. Fehlt in der Satzung eine Regelung über die Beurkundung, ist die eG nicht einzutragen, Amtslöschung und Nichtigkeitsklage ist nicht zulässig (§ 95). Die Satzung muss weiterhin eine Regelung über den Vorsitz in der GV/VV enthalten 24 (Versammlungsleitung). Das Gesetz verzichtet darauf, inhaltliche Bestimmungen für den
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40 OLG Stuttgart MDR 1978, 57. 41 Vgl. OLG Zweibrücken Rpfleger 1985, 31 – für e.V. 42 Zur Zulässigkeit KG JFG 18, 358; BlfG 1939, 32; a.A. Müller GenG § 6 Rdn. 26, dessen Begründung gegenüber der Entscheidung des KG aber nicht überzeugen kann. 43 Beuthien GenG § 6 Rdn. 10. 44 Beuthien GenG § 6 Rdn. 10. 45 So Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 23 für den elektr. Bundesanzeiger als öffentliches Blatt. 46 So auch Müller GenG § 6 Rdn. 32. 47 A.A. Beuthien GenG § 6 Rdn. 11 und Müller GenG § 6 Rdn. 31.
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Vorsitz festzulegen, so dass die inhaltliche Gestaltung der freien Satzungsregelung überlassen bleibt. Die meisten Satzungen sehen vor, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats oder seine Stellvertreter die GV/VV leitet. Sofern die GV durch den Vorstand einberufen wird – das Recht steht ihm nach § 44 Abs. 1 stets zu – führt ein Mitglied des Vorstands den Vorsitz; wird die GV/VV vom Prüfungsverband einberufen, so führt gemäß § 60 Abs. 2 eine vom Verband bestimmte Person den Vorsitz. Soweit die Satzung dies nicht ausschließt, kann die GV/VV eine beliebige Person als Versammlungsleiter wählen. Dieser Vorsitzende muss nicht Mitglied der eG sein.48 Die andere Auffassung49 unter Hinweis auf den Grundsatz der Selbstverwaltung kann nicht überzeugen. Das Gesetz überlässt es gerade der Satzungsautonomie, den Vorsitz in der Versammlung zu bestimmen oder dies der GV/VV zu übertragen. In Verwirklichung der genossenschaftlichen Selbstverwaltung sollen die Mitglieder durch die Satzung weitgehend frei die Regelungen über den Vorsitz in ihrer Versammlung gestalten können; diese entspricht der Systematik des Gesetzes – § 18. Auch im Fall des § 60 Abs. 2 schreibt das Gesetz nicht vor, dass der Vorsitz nur einem Mitglied der eG übertragen werden kann. Gerade bei einer schwierigen Tagesordnung oder einem problematischen Verlauf der Versammlung kann es sinnvoll oder erforderlich sein, eine in Fragen der Versammlungsleitung besonders erfahrene Person zum Vorsitzenden zu wählen, z.B. einen Vertreter des Prüfungsverbands, auch wenn dieser nicht Mitglied der eG ist. Ein solches Verfahren entspricht ständiger Praxis. Eine Ausdehnung des Grundsatzes der Selbstorganschaft über die vom GenG genannten Fälle (§ 9 Abs. 2) entspricht nicht dem heutigen kritischem Verständnis. 25 Da die GV/VV grundsätzlich am Sitz der eG abgehalten werden muss,50 empfiehlt es sich, durch entsprechende Regelung in der Satzung auch einen anderen Ort der GV/VV zuzulassen. Andernfalls fehlt es an einer ordnungsgemäßen Einberufung der GV/VV, mit der Folge, dass alle Beschlüsse anfechtbar sind.51 26
5. Form der Bekanntmachungen. Die Satzung muss auch Bestimmungen über die Form der Bekanntmachungen der eG enthalten sowie über die öffentlichen Blätter, in denen die Bekanntmachungen aufzunehmen sind. Bekanntmachungen i.S.v. § 6 Nr. 4 und 5 sind alle Mitteilungen der eG an die Mitglieder oder an die Öffentlichkeit, die den gesellschaftsrechtlichen Bereich betreffen und für die eine Veröffentlichung durch Gesetz oder Satzung vorgesehen ist,52 z.B. Berufung der GV/VV gem. § 6 Nr. 4; Veröffentlichung des Jahresabschlusses gem. § 339 HGB. Sieht das Gesetz keine Veröffentlichung in den öffentlichen Blättern zwingend vor, ist die eG frei, in der Satzung die Form der Bekanntmachung festzulegen;53 ausreichend ist in diesen Fällen eine schriftliche Mitteilung z.B. auch in der Mitgliederzeitschrift, per E-Mail oder auf der Internetseite der eG. Mitteilungen, die sich auf den Kundenbereich beziehen, wie z.B. Geschäftsbedingungen, Konditionen, Werbemitteilungen sind keine Bekanntmachungen. Ebenso wenig Meldungen an das Registergericht oder Veröffentlichungen durch das Gericht. Für die Form der Bekanntmachung genügt z.B. folgende Satzungsregelung: „Die Bekanntmachungen der eG werden unter ihrer Firma in … veröffentlicht.“ Die gesetzliche Verpflichtung „Bekanntmachungen“ in einem „öffentlichen Blatt“ mitzuteilen, schließt z.B. aus, dass die
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48 Vgl. Gräser/Metz/Werhahn S. 34; für Vereinsrecht RG JW 1909, 411. 49 Beuthien GenG § 6 Rdn. 12, Müller GenG § 6 Rdn. 36; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 6 Rdn. 13, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 20. 50 RGZ 44, 9. 51 BayObLG NJW 1959, 485. 52 Insoweit klargestellt durch Novelle 2006, vgl. BT-Drs. 16/1025 S. 81. 53 BT-Drs. 16/1025 S. 81.
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Kandidatenliste zur Vertreterwahl als unmittelbare Benachrichtigung allen Mitgliedern zugeht, sofern die Wahlordnung eine „Bekanntmachung“ vorsieht. Öffentliche Blätter und damit als Bekanntmachungsorgane der eG geeignet sind 27 alle regelmäßig erscheinenden Blätter, die vor allem den Mitgliedern zugänglich sind. Dem Interesse der Öffentlichkeit ist Genüge getan, wenn sonstige interessierte Personen die rechtliche und faktische Möglichkeit haben, das Blatt zu erwerben oder an für sie oder öffentlich zugänglichen Orten einzusehen. Auch Verbandszeitschriften oder eigene Blätter der eG kommen als „öffentliche Blätter“ in Betracht, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Es muss keine für den Geschäftsbereich oder die Gemeinde bestimmte Tageszeitung sein. Die Veröffentlichung hat grundsätzlich in deutscher Sprache zu geschehen. Allerdings dürften im Zuge der Vereinheitlichung des europäischen Wirtschaftsraumes auch Bekanntmachungen in anderen Sprachen zulässig sein, sofern dies sachlich geboten und den Mitgliedern zumutbar ist. Nicht zulässig wäre es, für die Veröffentlichungen wahlweise mehrere öffentliche Blätter zu nennen, um dem Vorstand jeweils die konkrete Auswahl zu überlassen. Dem Mitglied wäre es nicht zumutbar, mehrere Blätter ständig auf Bekanntmachungen der eG zu überprüfen (vgl. Rdn. 26).54 Zur Veröffentlichung im Internet unter der Adresse der eG (vgl. Rdn. 21). III. Folgen bei unvollständiger Satzung Wenn die Satzung einer eG die in den §§ 6, 7 oder 36 Abs. 1 S. 2 festgelegten Inhalte 28 nicht hat, hindert dieser Mangel die Eintragung. Das Registergericht hat insoweit die Vollständigkeit der Satzung zu prüfen. Wenn dennoch Eintragung erfolgt, ist die eG als juristische Person rechtswirksam entstanden Eine mit einem solchen wesentlichen Mangel behaftete eG kann jedoch gemäß §§ 397, 395 FamFG von Amts wegen „als nichtig“ gelöscht werden unter den Voraussetzungen, unter denen nach den §§ 94 und 95 durch ein Mitglied, Vorstand oder Aufsichtsrat Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Diese Regelung erscheint zwar nicht folgerichtig, sie ergibt sich jedoch eindeutig aus dem geltenden Recht. De lege ferenda wäre es durchaus ausreichend, wenn das Registergericht die eG zur Behebung des Mangels anzuhalten hätte und wenn Löschung von Amts wegen erst dann zugelassen würde, wenn der Mangel innerhalb einer zu bestimmenden Frist nicht behoben würde. Das auf Nichtigkeit der eG lautende Urteil darf im Übrigen nur ergehen, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Mangel der Satzung nicht geheilt ist. Wird der Mangel nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung geheilt, kann immer noch Berufung eingelegt werden. Die Klage wäre dann in der Berufungsinstanz abzuweisen. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) Die Mindestangaben der SCE-Satzung sind in Art. 5 Abs. 4 der SCE-VO enthalten. 29 Dies sind: – die Firma der eG mit dem Zusatz SCE und der eventuellen Haftungsbeschränkung, – der Gegenstand der eG, – die Namen der natürlichen Personen bzw. Firma der Gesellschaften, die Gründungsmitglieder der SCE sind, – den Sitz der SCE,
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OLG Stuttgart ZfgG 1978, 449 = DB 1977, 1938 = Rpfleger 1978, 57 mit Bespr. Hartung.
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§ 7 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
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die Bedingungen und Modalitäten für die Aufnahme, den Ausschluss und den Auszug der Mitglieder, die Rechte und Pflichten der Mitglieder und ggf. die verschiedenen Gattungen von Mitgliedern sowie die Rechte und Pflichten jeder Gattung von Mitgliedern, den Nennwert der Geschäftsanteile sowie das Grundkapital und die Angabe, dass dieses veränderlich ist, die besonderen Vorschriften für den ebenfalls in die gesetzliche Rücklage einzustellenden Betrag der Entnahme aus dem Überschuss, die Befugnisse und Zuständigkeiten der Mitglieder jedes Organs, die Einzelheiten der Bestellung und der Abberufung der Mitglieder dieser Organe, die Mehrheits- und Beschlussfähigkeitsregelungen, die Dauer des Bestehens der SCE, wenn diese begrenzt ist.
Gemäß Art. 6 SCE-VO muss der Sitz der SCE innerhalb der EU liegen und zwar in dem Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung der SCE befindet. Die Verlegung des Sitzes innerhalb der EU führt gemäß Art. 7 Abs. 1 SCE-VO weder zur Auflösung der SCE noch zur Gründung einer neuen juristischen Person. An die Verlegung des Sitzes sind in Art. 7 Abs. 2 SCE-VO jedoch umfangreiche Voraussetzungen (Verlegungsplan), Eintragungs- und Informationspflichten geknüpft. § 10 SCEAG legt fest, dass bei Auseinanderfallen zwischen Sitz und Verwaltung ein Amtslöschungsverfahren gemäß § 397 Satz 2 FamFG durchgeführt werden muss (vgl. Art. 73 Abs. 3 und 4 SCE-VO). Wird innerhalb einer bestimmten Frist der Aufforderung nicht genügt, den vorschriftswidrigen Zustand zu beenden, hat das Gericht die SCE nach den § 395 i.V.m. § 393 Abs. 3 und 4 FamFG als nichtig zu löschen. Nähere Regelungen zum Gläubigerschutz bei Sitzverlegung enthält § 11 SCEAG in Anlehnung an § 22 UmwG.
§7 Weiterer zwingender Satzungsinhalt § 7 Weiterer zwingender Satzungsinhalt 1.
2.
I. II.
Die Satzung muss ferner bestimmen: den Betrag, bis zu welchem sich die einzelnen Mitglieder mit Einlagen beteiligen können (Geschäftsanteil), sowie die Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, zu welchen jedes Mitglied verpflichtet ist; diese müssen bis zu einem Gesamtbetrage von mindestens einem Zehntel des Geschäftsanteils nach Betrag und Zeit bestimmt sein; die Bildung einer gesetzlichen Rücklage, welche zur Deckung eines aus der Bilanz sich ergebenden Verlustes zu dienen hat, sowie die Art dieser Bildung, insbesondere den Teil des Jahresüberschusses, welcher in diese Rücklage einzustellen ist, und den Mindestbetrag der letzteren, bis zu dessen Erreichung die Einstellung zu erfolgen hat. Übersicht Allgemeines | 1 Geschäftsanteil, Einzahlungen | 2–26 1. Geschäftsanteil | 2–4 2. Geschäftsguthaben | 5–8 3. Einzahlungspflichten auf Geschäftsanteile | 9–18a 4. Sonstige Leistungspflichten | 19–26
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III. IV.
V.
Regelungen über Buchführung und Jahresabschluss | 27–28 Die Bildung von Rücklagen | 29–35 1. Das Eigenkapital der Genossenschaft | 29 2. Gesetzliche Rücklage | 30–34 3. Andere Rücklagen | 35 Europäische Genossenschaft SCE | 36
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Weiterer zwingender Satzungsinhalt | § 7
I. Allgemeines Wie § 6 enthält auch § 7 Bestimmungen, die in jeder Satzung1 einer eG der Regelung 1 bedürfen. In gleicher Weise handelt es sich auch hier um zwingende Vorschriften, wegen der Folgen unvollständiger oder fehlerhafter Satzungsregelungen (vgl. Erl. zu § 6 Rdn. 28 ff.). Eine weitere zwingende Vorschrift über den Inhalt der Satzung befindet sich in § 36 Abs. 1 S. 2 (Regelung der Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats). § 7 Nr. 2 der früheren Fassung – Grundsätze für die Aufstellung und Prüfung der Bilanz – wurde durch das Bilanzrichtlinie-Gesetz 1985 aufgehoben; Nr. 2 wurde neu gefasst: der Begriff „Reservefonds“ wurde ersetzt durch die Bezeichnung „gesetzliche Rücklage“. Der in die gesetzliche Rücklage einzustellende Betrag bemisst sich seitdem nach einem Teil des „Jahresüberschusses“, nach der alten Fassung nach einem Teil des „jährlichen Reingewinns“. Das Agrarmarktstrukturgesetz verpflichtet Erzeugergemeinschaften, in der Satzung weitere Bestimmungen zu treffen, vgl. § 6 Rdn. 4. II. Geschäftsanteil, Einzahlungen 1. Geschäftsanteil. Der Geschäftsanteil ist lediglich eine in der Satzung festzule- 2 gende abstrakte Beteiligungsgröße, die den Höchstbetrag einer Einlage bezeichnet – unabhängig von der Möglichkeit, mehrere Geschäftsanteile zu übernehmen. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass der Begriff des Geschäftsguthabens nicht in das System des Gesellschaftsrechts passt,2 erst recht nicht mit dem Geschäftsanteil der GmbH. Er gibt auch nicht die tatsächliche Höhe der Kapitalbeteiligung eines Mitgliedes an und ist daher nicht zu bilanzieren. Die Formulierung des § 7 Nr. 1 ist missverständlich, da die Satzung nur die betragsmäßige Höhe eines Anteils festlegt. Die Höhe der Beteiligung eines Mitglieds ergibt sich dagegen aus der Summe der übernommenen Anteile. Dass § 7 weiterhin zwischen Anteil und Guthaben differenziert, erschwert das Verständnis weiter. Die Satzung muss den Betrag des Geschäftsanteils in Euro festlegen; er muss für alle 3 Mitglieder gleich sein.3 Sie können jedoch durch Festlegung einer Staffelbeteiligung zur Zeichnung weiterer Anteile in Abhängigkeit objektiver Kriterien, wie z.B. der Höhe des mit der eG getätigten Umsatzes, verpflichtet werden. Auch für die Notwendigkeit angestellter Manager, als Vorstände oder „externe“ Aufsichtsräte gem. § 9 Abs. 2 die Mitgliedschaft zu erwerben und Anteile zu zeichnen, bietet für eine differenzierende Beteiligungsverpflichtung eine praktikable Lösung. Ein Mindest- oder Höchstbetrag ist im Gesetz nicht bestimmt; der Geschäftsanteil sollte jedoch auf volle Euro lauten und mindestens € 1,– betragen. Die Verpflichtung, wie bis 2001 gem. § 64 Abs. 2 DMBG den Anteil auf volle DM festzusetzen ist durch Art. 3 § 7 EuroEG entfallen. Eine Verpflichtung, durch Satzungsänderung auf Euro umzustellen, besteht nicht; es gilt insoweit der amtliche Umrechnungskurs. Mit der Aufhebung des WGG ist bei WohnGen die Rechtsgrundlage für die Festlegung des Geschäftsanteils auf einen Mindestbetrag und seiner Einzahlung innerhalb von 3 Jahren nach Erwerb der Mitgliedschaft entfallen. Soweit die Anerkennungsbehörde einen höheren Betrag oder eine andere Einzahlungsfrist festgesetzt hatte, kann durch Satzungsänderung etwas anderes bestimmt werden. Die Satzung kann die Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen zulassen oder 4 eine solche Beteiligung zur Pflicht machen (§ 7a). Die Zerlegung des Geschäftsanteils bedarf gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 8 der qualifizierten Mehrheit von drei Viertel der abgegebe-
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Die Begriffe Statut und Genosse wurden durch Novelle 2006 in Satzung und Mitglied umgeändert. Beuthien GenG § 7 Rdn. 1. RGZ 64, 193.
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§ 7 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
nen Stimmen; Näheres regelt § 22b. Die Zusammenlegung von Geschäftsanteilen ist im Gesetz nicht geregelt. Es besteht dafür in Zusammenhang mit der Erhöhung des Geschäftsanteils ein praktisches Bedürfnis. Rechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht. § 67b, eingeführt durch Novelle 1973, lässt die Kündigung einzelner Geschäftsanteile zu. 5
2. Geschäftsguthaben. Das Geschäftsguthaben stellt den variablen Betrag dar, der tatsächlich auf den oder die Geschäftsanteile eingezahlt ist. Es kann sich dabei um unmittelbare Einzahlungen der Mitglieder handeln oder um Gutschriften aus Gewinnanteilen oder Rückvergütungen, ggf. vermindert um Verlustzuweisungen. Das Geschäftsguthaben ist Bestandteil des Eigenkapitals (hinsichtlich der Bilanzierung des Eigenkapitals und IAS/IFRS vgl. 8a Rdn. 3 ff.) der eG. Auf Grund der Verordnung (EU) Nr. 575/213 vom 26.6.20134 zählen Geschäftsguthaben nur dann zum harten Eigenkapital, wenn sie nicht auszahlbar sind, z.B. die Satzung einen Mindestbetrag enthält (EK aber dann auch nur insoweit) oder die Auszahlung von einer Entscheidung der eG abhängig gemacht wird. In der Praxis sehen die Satzungen der Kreditgenossenschaften vor, dass es zur Auszahlung nach einer Kündigung eines Beschlusses von Vorstand und Aufsichtsrat bedarf. Das Geschäftsguthaben vermindert sich, soweit es zur Deckung von Bilanzverlusten abgeschrieben wird. Das Geschäftsguthaben eines Mitglieds kann nicht höher sein als der Gesamtbetrag der von ihm gezeichneten Geschäftsanteile. Darüber hinausgehende Zuweisungen sind nicht Geschäftsguthaben und damit nicht Eigenkapital, sondern begründen eine Forderung des Mitglieds gegen die eG. Ein Aufpreis (Agio) über den Betrag der Geschäftsanteile hinaus wird nicht Ge6 schäftsguthaben. Solche Zahlungen haben rechtlich den Charakter von Eintrittsgeld. Sie sind der Kapitalrücklage zuzuführen. Gewährt die eG bei der Übernahme von Geschäftsanteilen einen Nachlass (Disagio), so wäre die Differenz aus dem Vermögen der eG zu leisten. Diese Beträge würden somit aus dem stabilen Eigenkapital umgewandelt in fluktuierendes Eigenkapital (siehe aber § 22 Abs. 4). Für eine z.B. steuerliche Bewertung der Geschäftsguthaben ist kein Raum. Die Beteiligung an einer eG hat personalen Charakter; der „innere Wert“ des Unternehmens kommt auch bei der Auseinandersetzung nicht zum Ausdruck. Aus der Sicht der eG und der Mitglieder sind Geschäftsguthaben jeweils zum Nominalbetrag anzusetzen. Bei Verwendung von Geschäftsguthaben zur Beseitigung von Verlusten vermindert sich entsprechend der Nominalbetrag der Geschäftsguthaben, nicht der Geschäftsanteile. Als wesentlicher Bestandteil des Eigenkapitals unterliegt das Geschäftsguthaben den 7 allgemeinen Grundsätzen der Kapitalerhaltung. Wegen Verpfändung, Abtretung und Pfändung des Geschäftsguthabens bzw. Auseinandersetzungsguthabens siehe § 22 Abs. 4. Das Geschäftsguthaben – nicht die Mitgliedschaft – kann gemäß § 76 übertragen werden. Eine Auszahlung des Geschäftsguthabens ist nicht zugelassen. Bei Herabsetzung des Geschäftsanteils, unter Beachtung des Gläubigerschutzes gemäß § 22 Abs. 2, ebenfalls bei einer Fusion, handelt es sich hinsichtlich der frei werdenden Beträge nicht um die Auszahlung von Geschäftsguthaben. Genossenschaftsrechtliche Gestaltungsformen gestatten keine hiervon abweichende Handhabung.5 Die Satzung kann nicht auf Dauer das Recht der Mitglieder ausschließen, den Geschäftsanteil voll einzuzahlen; sie kann jedoch bestimmen, dass festgesetzte Raten einzuhalten sind. Während einzelne Geschäftsanteile gekündigt werden können (§ 67b), ist eine Kündigung eines Teils der Geschäftsgut-
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ABl. L 176 vom 27.6.2013 S. 1 ff. BVerwG GW 1985, 424 f.
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haben nicht möglich. Das Geschäftsguthaben kann einheitlich oder als Ganzes übertragen werden (§ 76). Diese rechtliche Gestaltung der Mitgliederbeteiligung führt bei eG, die förderaktiv 8 sind und keine oder nur geringe Dividende zahlen, zu der Schwierigkeit, ausreichend Eigenkapital von den Mitgliedern zu erhalten. Verstärkt wird dieses Problem durch den de lege lata nur zu Lasten der eG zu befriedigenden Wunsch nach einer Beteiligung der Mitglieder am inneren Wert der eG. Der Beteiligungsfonds des § 73 Abs. 3 führt im Falle des Ausscheidens zu einem Kapitalabfluss der eG. Eine Lösung kann in der Übertragung des Geschäftsbetriebs auf eine Kapitalgesellschaft, die auch für dritte Investoren interessant ist, z.B. eine AG, und deren Hauptgesellschafter mit verbleibender Leitungsmacht die eG ist.6 Die optionale Zulassung investierender Mitglieder ist ein Schritt in diese Richtung, jedoch weder ausreichend noch ausgewogen und mit vielen Ungereimtheiten, wie z.B. die Frage der Stimmrechtsbeschränkung, behaftet. 3. Einzahlungspflichten auf Geschäftsanteile. Die Satzung muss bestimmen, wel- 9 che Einzahlungspflichten für die Mitglieder in Bezug auf die Geschäftsanteile bestehen. Als gesetzliche Mindestvoraussetzung ist nur erforderlich, dass hinsichtlich eines Zehntels des Geschäftsanteils festgelegt wird, welche Beträge zu welchen Zeitpunkten einzuzahlen sind. Über die Differenz von 9/10 zum gesamten Geschäftsanteil muss die Satzung keine Regelung enthalten. Insoweit besteht dann keine weitere Einzahlungspflicht, diese Zahlungspflichten sind dann von der GV durch Beschluss festzulegen (§§ 50, 87a). Grundsätzlich entsteht die Einzahlungspflicht mit Eintragung der Satzung, aus der sich die Regelung ergibt. Bei Gründung der eG kann die Verpflichtung jedoch bereits vor Eintragung der Satzung durch Satzungsvereinbarung entstehen.7 Diese Einzahlungen werden nach der Eintragung als Geschäftsguthaben auf die Einzahlungspflicht der Mitglieder angerechnet. Im Falle der Erhöhung des Geschäftsanteils gilt Entsprechendes; die zusätzliche Einzahlungspflicht kann sich unter steuerlichen Gesichtspunkten vor Eintragung der Satzungsänderung bereits aus dem satzungsändernden Beschluss ergeben.8 Es ist folgerichtig, diese Grundsätze auch auf Satzungsbeschlüsse zur Übernahme von Pflichtbeteiligungen anzuwenden. Bei der Übernahme mehrerer Geschäftsanteile im Rahmen einer Pflichtbeteiligung 10 gilt die Regelungspflicht in Höhe von 1/10 für jeden einzelnen Geschäftsanteil. Das Gesetz spricht grundsätzlich vom „Geschäftsanteil“, auch wenn mehrere Geschäftsanteile gemeint sind. Die Regelung in § 7 Nr. 1 letzter Halbsatz soll sicherstellen, dass ein sich aus der Satzung ergebender Mindestbetrag an Geschäftsguthaben der eG auch tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Während für den Geschäftsanteil in der Satzung ein Betrag in Euro anzugeben ist, ge- 11 nügt für die Regelung der Einzahlungspflicht die Bezugnahme auf diesen Betrag, z.B. durch Angabe eines Prozentsatzes des Geschäftsanteils. Leistungen auf Geschäftsanteile mussten Bareinzahlungen sein. Mit der Novelle 2006 wurden Sacheinlagen für zulässig erklärt (vgl. § 7a Abs. 3). Hierzu ist eine Regelung in der Satzung erforderlich. Zulässig ist die Anweisung des Mitglieds an die eG, eine gegen die eG zustehende Geldforderung dem Geschäftsguthaben gutzuschreiben. Es handelt sich dabei nicht um eine verbotene Aufrechnung (vgl. § 22 Abs. 5). Im Rahmen des 1/10-Betrages kann die Satzung nicht bestimmen, dass die genossenschaftliche Rückvergütung auf den Geschäftsanteil einzuzahlen ist; soweit es sich um eine Einzahlung handelt, die über den 1/10-Betrag hinausgeht, ist
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Strieder Eigenkapitalbeschaffung bei genossenschaftlichen Unternehmen, ZfgG 2000, 201 ff. BGHZ 15, 66. BFH 76, 808 = BStBl. III 1963, 294.
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aber eine solche Satzungsregelung möglich. Es dürfte sich auch nicht um einen Verstoß bei der Zumessung der Rückvergütung handeln – relative Gleichbehandlung genügt. Während der Geschäftsanteil für alle Mitglieder gleich hoch sein muss (absolute 12 Gleichbehandlung), kann die Einzahlungspflicht gestaffelt sein, wenn dafür eine sachliche Begründung besteht (relative Gleichbehandlung). Es können unterschiedlich hohe Einzahlungspflichten für die einzelnen Mitglieder festgelegt werden, wenn die Differenzierung sachlich begründet ist (z.B. Umfang der Inanspruchnahme der eG), z.B. auch durch die Verpflichtung zur Gutschrift unterschiedlich hoher Rückvergütungsbeträge. Inzwischen hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass auch eine nachträgliche Differenzierung durch Satzungsänderung möglich ist.9 Ein solches Verfahren dürfte unproblematisch sein, wenn es dafür sachliche Gründe gibt, denen nicht durch unterschiedliche Pflichtbeteiligung (§ 7a) entsprochen werden kann. Eine gestaffelte Einzahlungspflicht kann z.B. unterscheiden zwischen aktiven Mitgliedern und solchen, die gemäß § 9 Mitglied sein müssen.10 Die Vorschrift gilt grundsätzlich für jeden Geschäftsanteil, bei freiwillig übernommenen Geschäftsanteilen vgl. aber § 15b. Sind mehrere Geschäftsanteile übernommen und wird nachträglich der Geschäftsanteil erhöht, so gilt die satzungsgemäße Einzahlungspflicht für jeden Geschäftsanteil entsprechend den erhöhten Beträgen. Die Satzung kann unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bestimmen, dass für die verschiedenen Geschäftsanteile eines Mitglieds unterschiedliche Einzahlungspflichten gelten. Im gesetzlich vorgegebenen Rahmen kann die Satzung eine Einzahlungsregelung 13 enthalten, die den Bedürfnissen der jeweiligen eG entspricht. So ist auch die Einräumung von Ratenzahlung durch den Vorstand möglich, z.B. mit folgender Satzungsformulierung: „Der Geschäftsanteil ist sofort in voller Höhe einzuzahlen. Der Vorstand kann auf Antrag die Einzahlung in Raten zulassen. In diesem Fall sind auf den Geschäftsanteil sofort nach Eintragung im Genossenschaftsregister € … einzuzahlen. Vom Beginn des folgenden Monats/Quartals ab sind monatlich/vierteljährlich weitere € … einzuzahlen, bis der Geschäftsanteil erreicht ist“, so z.B. Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken.11 Solche Regelungen, wie z.B. die Einräumung von Ratenzahlungen, müssen stets eine Grundlage in der Satzung haben.12 Die Festlegung von Fälligkeit und Höhe der einzelnen Rate kann z.B. nicht dem Vorstand überlassen bleiben (vgl. auch § 50). Der Vorstand ist ohne Regelung in der Satzung nicht berechtigt, fällige Einzahlungen zu stunden. Nur ausnahmsweise kann unter Berücksichtigung der Interessen der eG und des jeweiligen Mitglieds eine solche Stundung gerechtfertigt sein, wenn die Durchsetzung der Einzahlungspflicht gegenüber dem Mitglied gegen die genossenschaftliche Treuepflicht verstoßen würde (vgl. Erl. zu §§ 18 Rdn. 37 ff.; 22 Rdn. 15). Dem Vorstand ist es nicht überlassen, die Höhe des Betrags zu bestimmen, die von Rückvergütungen oder vom Mitglied als Einzahlung einzubehalten sind. Dem gesetzlichen Erfordernis, in Höhe von 1/10 des Geschäftsanteils eine Einzahlungspflicht nach Höhe und Zeit zu regeln, ist aber nicht dadurch entsprochen, dass die Satzung lediglich vorsieht, dass die Einzahlungen allein durch Gutschrift der jeweiligen Rückvergütung erfolgen sollen. Ebenfalls nicht ausreichend wäre es, wenn zwar die Einzahlung von einem Zehntel des Geschäftsanteils nach Betrag und Zeit festgelegt ist, die Einzahlung des Restbetrags von neun Zehnteln aber von einer „Anforderung durch den Vorstand“ abhängig sein soll. Die Einzahlungsverpflichtung verjährt nach drei Jahren (§ 195 BGB). Versäumt der Vorstand
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9 Beuthien GenG § 7 Rdn. 8, a.A. Müller GenG § 7 Rdn. 11 unter Verweis auf KG JFG 5, 279 = JW 1928, 1604. 10 Grds. zust. Beuthien GenG § 7 Rdn. 8; Müller GenG § 7 Rdn. 11. 11 Vgl. auch Schulte/Zgaga Erläuterungen zur Satzung der gewerblichen eG, § 37. 12 BGH DB 2009, 1457.
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geeignete Maßnahmen zur Beitreibung offener Zahlungen, macht er sich schadensersatzpflichtig. Die Satzung kann im Rahmen von § 7 bestimmen, dass auch bei Pflichtbeteiligungen (entgegen § 15b Abs. 2) alle Geschäftsanteile voll eingezahlt sein müssen, bevor neue Beteiligungen zugelassen werden. Es ist zulässig und üblich, entsprechend § 19 Abs. 1 durch die Satzung zu bestimmen, dass bis zur vollen Einzahlung des Geschäftsanteils Gewinnanteile oder Rückvergütungen ganz oder teilweise dem Geschäftsguthabenkonto gutgeschrieben werden. Eine Gewinnauszahlung ist gesetzlich ausgeschlossen, bis ein durch Verlust abgeschriebenes Geschäftsguthaben wieder aufgefüllt ist (§ 19 Abs. 2). Einzahlungen auf den ersten Erwerb von Geschäftsanteilen sind bei WohnGen wohnungsbauprämienbegünstigt; darunter fallen auch Einzahlungen auf den durch Verlustabschreibung geminderten oder durch Beschluss der GV/VV erhöhten Geschäftsanteil sowie Eintrittsgelder (eingehend Abschn. 5 WoPR 2002). Im Wege der Auslegung des geltenden Rechts ist eine Verwendung von Bausparmitteln zum Erwerb von Anteilen an Wohnungsbaugenossenschaften als prämien- und steuerunschädlich anzusehen, vorausgesetzt, dass die Bausparverträge bereits zugeteilt sind: BdF, Schr. v. 4.7.1995 – IV B 6 – S 1961 – 63/95. Bei Bau- und WohnGen i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 WoPG, § 3 WoPDV ist das Eintrittsgeld prämienbegünstigt. Wird eine eG gegründet z.B. im Zusammenhang mit der Übertragung des Vermögens eines Vereins, so können allerdings die Geschäftsguthaben der Mitglieder aus dem übernommenen Vermögen des Vereins als eingezahlt gutgeschrieben werden. § 22 Abs. 5 verbietet dem Mitglied die Aufrechnung von Forderungen gegen die eG mit Einzahlungsansprüchen auf Geschäftsanteile. Eine Aufrechnung durch die eG ist zulässig, soweit dies tatsächlich zu einer entsprechenden Gutschrift auf dem Geschäftsguthabenkonto führt.13 Es handelt sich nicht um eine verbotene Aufrechnung, wenn das Mitglied die eG anweist, Geldforderungen gegen die eG dem Geschäftsguthabenkonto gutzuschreiben und diese Gutschrift tatsächlich erfolgt. Es wäre nicht sinnvoll, Barauszahlungen an das Mitglied zu verlangen, um diese Beträge dann wieder auf das Geschäftsguthabenkonto einzuzahlen. Werden Einzahlungen des Mitglieds entgegen der Satzung nicht Geschäftsanteilen gutgeschrieben, sondern z.B. als Eintrittsgelder verbucht, so hat das Mitglied tatsächlich kein Geschäftsguthaben und beim Ausscheiden keinen Auseinandersetzungsanspruch, unter Umständen aber Bereicherungs- oder Schadenersatzansprüche gegen die eG (über § 31 BGB). Einzahlungsansprüche gegen die Mitglieder, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, sind Masseforderungen, auch wenn sie erst nach Verfahrenseröffnung fällig geworden sind.14 In der Insolvenz des Mitglieds können Einzahlungsforderungen von der eG aber nicht mehr geltend gemacht werden, die erst nach Verfahrenseröffnung z.B. durch Erhöhung der Einzahlungspflichten begründet worden sind (§ 38 InsO). In der Insolvenz der eG endet grundsätzlich die Verpflichtung zur Leistung von Einzahlungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig werden (wegen der Einzelheiten vgl. Erl. zu § 101). Einzahlungspflichten auf Geschäftsanteile enden mit der Beendigung der Mitgliedschaft, auch wenn zu diesem Zeitpunkt Ansprüche der eG aus rückständigen Pflichteinzahlungen bestanden haben. Rückständige Pflichteinzahlungen müssen aber von ausscheidenden Mitgliedern gezahlt werden, wenn die Geschäftsguthaben der Mitglieder zur Deckung von Bilanzverlusten herangezogen werden und die vorhandenen Guthaben der ausgeschiedenen Mitglieder dafür nicht ausreichen. Wegen
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Vgl. BGHZ 15, 52 zur GmbH. Citron BlfG 1929, 387.
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wieder auflebender Zahlungspflichten bei Auflösung der eG, vgl. § 75. Die Kündigung der Mitgliedschaft als solche berührt jedoch nicht fällige Einzahlungspflichten. Entsprechendes gilt für den Ausschluss. Allerdings kann die eG nach § 242 BGB verpflichtet sein, auf die Durchsetzung von Einzahlungsansprüchen in diesen Fällen zu verzichten. Entscheidend ist hier jedoch die Frage, ob Gläubigerinteressen verletzt werden. Abschreibung des Geschäftsguthabens zur Deckung von Bilanzverlusten bedeutet 18 nicht Herabsetzung des Geschäftsanteils. Grundsätzlich ist neben den Reserven nur das vorhandene Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung heranzuziehen (vgl. § 19). Reichen die Geschäftsguthaben nicht aus, bleibt nur Verlustvortrag oder Erhöhung der Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, ggf. Erhöhung des Geschäftsanteils selbst. Ist das Geschäftsguthaben infolge Abschreibungen ganz oder z.T. verloren, begründet dies für die Mitglieder keine neuen Einzahlungspflichten, soweit das Geschäftsguthaben durch Einzahlungen gebildet worden ist, vgl. auch Erl. zu § 19 Rdn. 22.15 Einzahlungen aus Rückvergütungen gelten wegen der Rechtsnatur der Rückvergütung als Einzahlung durch die Mitglieder; also grds. keine Auffüllungspflicht bei Abschreibung zur Verlustdeckung. Eine Verpflichtung zur Wiederauffüllung abgeschriebener Geschäftsguthaben besteht jedoch, soweit die Geschäftsguthaben aus Gewinnzuschreibungen entstanden sind.16 Wird das Geschäftsguthaben nach § 76 übertragen, so erlöschen die Einzahlungspflichten des Veräußerers. Der Erwerber erfüllt seine eigene Einzahlungspflicht in Höhe des übernommenen Geschäftsguthabens. Soweit Geschäftsguthaben für einen oder mehrere Geschäftsanteile wegen Verlustdeckung nicht mehr vorhanden sind, bleiben die Geschäftsanteile nominell bestehen; dies kann Bedeutung haben für die mit jedem Geschäftsanteil verbundene Nachschusspflicht. Soweit Mitglieder über ihre Zahlungspflichten hinaus Einzahlungen auf Geschäftsanteile geleistet haben, stehen auch diese unbeschränkt zur Verlustdeckung zur Verfügung. Die Einzahlungsansprüche verjähren in 10 Jahren (§ 22 Abs. 6). Von satzungsmäßi18a gen Einzahlungspflichten kann nicht durch Einzelvereinbarung zwischen eG (Vorstand) und Mitglied abgewichen werden. Der Anspruch kann auch nicht durch die eG verwirkt werden, da die eG eine geschuldete Einzahlung nicht erlassen darf (§ 22 Abs. 4). 19
4. Sonstige Leistungspflichten. Die Mitglieder können durch Satzung noch zu weiteren Leistungen verpflichtet werden; diese können in Geldleistungen, Sach- oder Dienstleistungen oder in sonstigen Leistungspflichten, wie z.B. Verpflichtungen zur Inanspruchnahme von Einrichtungen der eG bestehen. Das geltende Recht enthält dafür aber klare Beschränkungen unter Beachtung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass die Pflichten aus einer Mitgliedschaft nicht gegen den Willen des einzelnen Mitglieds beliebig erweitert werden können. Kartellrechtliche Schranken z.B. bei Bezugs-, Abnahme-, und Andienungspflichten sind zu beachten (vgl. Einleitung Rdn. 17 ff.). Sachleistungen, Dienstleistungen sowie Verpflichtungen zur Inanspruchnahme von Einrichtungen der eG können gemäß § 16 Abs. 3 mit qualifizierter Mehrheit von 1/10 der abgegebenen Stimmen durch Satzungsänderung eingeführt werden. Zahlungspflichten gegenüber der eG aufgrund Satzungsbestimmungen sind in fol20 genden Fällen möglich: – Einzahlungen auf Geschäftsanteile, – Zahlung des Fehlbetrags beim Ausscheiden gemäß der Nachschusspflicht (§ 73 Abs. 2),
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7 Rdn. 13 u. § 19 Rdn. 49. RGZ 106, 403, 405; RGZ 68, 93.
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Nachschusspflicht (§ 105), Weitere Einzahlungen zur Abwendung des Insolvenz (§ 87a), Eintrittsgeld, Konventionalstrafen, periodische (z.B. monatliche) Beiträge für die Bereitstellung von Leistungen, § 16 Abs. 3 Satz 2.
Eintrittsgeld kann als Bedingung des Eintritts in der Satzung festgelegt werden.17 21 Die Verpflichtung zur Zahlung muss nicht schon im Augenblick des Beitritts bestehen, sondern kann auch an künftige ungewisse Ereignisse geknüpft werden, z.B. Aufnahme der Milchlieferung. Eintrittsgelder können schon vor Beginn der Mitgliedschaft erhoben werden, wenn dafür eine Anspruchsgrundlage, Vertrag oder Satzung, besteht. Entsteht die Mitgliedschaft nicht, so entfällt die Geschäftsgrundlage für das Eintrittsgeld. Sieht die Satzung im Zusammenhang mit dem Beitritt zur eG z.B. „verlorene Baukostenzuschüsse“ vor, so haben diese den Charakter von Eintrittsgeldern. Werden solche Zuschüsse später verlangt, so kann dies nur auf der Grundlage einer Individualvereinbarung geschehen. Die Einführung eines Eintrittsgeldes durch Satzungsänderung bedarf der ¾-Mehrheit, es sei denn die Satzung sieht andere Mehrheiten vor (§ 16 Abs. 4). Es kann vorgesehen werden, dass Eintrittsgelder nach Ausscheiden des Mitglieds zurückzuzahlen sind. Dies bedarf grundsätzlich einer Regelung in der Satzung. Falls Mitglieder durch Kündigung ausscheiden und dann wieder neu beitreten, wird das in der Satzung vorgesehene Eintrittsgeld erneut fällig. Das Eintrittsgeld kann unterschiedlich hoch sein, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist, z.B. bei Molkereigenossenschaften je nach Anzahl der Kühe. Der Grundsatz der relativen Gleichbehandlung wird dadurch nicht verletzt. Neben diesem satzungsmäßigen Eintrittsgeld kann im Rahmen des Zulassungsverfahrens mit dem Bewerber vereinbart werden, dass die Aufnahme in die eG nur gegen Zahlung eines „Eintrittsgeldes“ erfolgt.18 Dies folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, zumal ein Anspruch, ohne Vorbedingungen in eine eG aufgenommen zu werden, nicht besteht,19 es sei denn, er ergibt sich aus dem Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 GWB. Hat die Verpflichtung zur Zahlung eines Eintrittsgeldes ihre Grundlage in der Sat- 22 zung, muss zumindest eine Höchstgrenze festgelegt werden.20 Es empfiehlt sich, einen festen Betrag oder eine Staffel festzuschreiben. In diesem Rahmen kann dann die Frage, zu welchem Zeitpunkt welcher Teilbetrag zu leisten ist, der Beschlussfassung der GV/VV vorbehalten bleiben. Dies berücksichtigt den Grundsatz, dass Mitglieder und Beitrittswillige erkennen können, welche Höchstbelastungen auf sie zukommen können. Hat die eG eine relative oder überlegene Marktmacht (§ 20 Abs. 1 GWB) oder eine marktbeherrschende Stellung (§ 18 GWB), darf sie das Eintrittsgeld nicht so hoch festsetzen, dass es Interessenten vom Beitritt abhält, es wäre aus kartellrechtlichen Gründen nichtig.21 Das von den Mitgliedern gezahlte einmalige Eintrittsgeld kann als Mitgliederbeitrag nach § 8 Abs. 5 KStG für die eG steuerfrei sein. Voraussetzung hierfür ist, dass es auf-
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17 RGZ 62, 303; 135, 55; OLG Bamberg Urt. v. 3.12.1980, Az. 3 U 113/80; Müller GenG § 7 Rdn. 24; Paulick S. 197; Beuthien GenG § 7 Rdn. 14; Parisius/Crüger/Citron § 6 Anm. 4. 18 A.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 22, der eine Satzungsgrundlage fordert; Müller GenG § 7 Rdn. 24. 19 OLG Bamberg BB 1982, 272 mit Anm. Ehlenz; Anm. Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1982, 233. 20 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7 Rdn. 29, der nur die Festlegung dem Grunde nach für erforderlich hält. 21 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7 Rdn. 30.
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grund der Satzung erhoben wird, es die mitgliedschaftliche Sphäre betrifft und nicht Entgelt für eine konkrete Gegenleistung der Personenvereinigung ist.22 Das Eintrittsgeld wird in die Kapitalrücklage als freie Rücklage eingestellt (§ 272 Abs. 2 HGB). Darüber hinausgehende Zahlungspflichten können ihre Grundlage nur in Einzelver23 einbarungen haben. Dies gilt auch für die Verpflichtung, die Dividende dem Geschäftsguthabenkonto gutzuschreiben.23 Sie sind grundsätzlich nur als Entgelt für konkrete Leistungen der eG zulässig. Allgemeine Betriebskosten24 und entstehende Verluste können nicht aufgrund von Satzungsbestimmungen auf die Mitglieder verteilt werden.25 Insoweit ist es auch nicht zulässig, allgemeine Betriebskosten z.B. als später zu erhebende Eintrittsgelder zu deklarieren. Gleichmäßige wiederkehrende Zahlungspflichten sind möglich, wenn die Art der Leistung der eG dies rechtfertigt; z.B. Beiträge für Funkdienst einer Taxigenossenschaft ohne Rücksicht auf Inanspruchnahme.26 Diese Beiträge können gestaffelt sein, z.B. nach der Anzahl der betriebenen Taxen. Der Grundsatz der Zumutbarkeit ist zu beachten.27 Ein solcher pauschalierter Kostenbeitrag gehört zum Bereich der Kundenbeziehung, Rechtsgrundlage kann daher nicht die Satzung sein; enthält die Satzung z.B. die Regelung, dass Vorstand und Aufsichtsrat über die Höhe einer Kostenumlage beschließen, so ist dies lediglich eine interne Regelung der Zuständigkeit. Die Vereinbarung kommt durch Einzelzustimmung zustande, auch durch Unterwerfung unter eine Rahmenvereinbarung, in der künftige Änderungen bereits vorgesehen sind, z.B. Allgemeine Geschäftsbedingungen. Nur ausnahmsweise kann ein Beitrag zu solchen Betriebskosten seine Grundlage in der Satzung haben und zwar dann, wenn die Eigenart der genossenschaftlichen Leistung dies bedingt und die Existenz der eG anders nicht gesichert werden kann, weil dadurch auch die mitgliedschaftsrechtliche Beziehung jedes Einzelnen zur eG berührt wird (vgl. auch § 16 Abs. 2 Satz 2 zu sonstigen Beiträgen). 24 In der Satzung können grundsätzlich Konventionalstrafen vorgesehen werden.28 Es ist hier zwischen Vertragsstrafen i.S.v. §§ 339 ff. BGB und Vereinsstrafen zu unterscheiden. Vertragsstrafe gemäß § 339 BGB ist das Versprechen eines Schuldners gegenüber dem Gläubiger, für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, eine bestimmte Geldsumme als Strafe zu zahlen. Die Grenzziehung zwischen Vertragsstrafen und Vereinsstrafen ist nicht eindeutig möglich; die Aufnahme in die Satzung wird in aller Regel ein Indiz dafür sein, dass es sich um eine Vereinsstrafe handelt.29 Es ist aber auch denkbar, dass Vertragsstrafen in der Satzung geregelt werden, dann aber nur den Rechtscharakter von Einzelvereinbarungen, ggf. von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, haben. Vereinsstrafen verfolgen demgegenüber den Zweck, die Einhaltung mitgliedschaftlicher Pflichten zu sichern; sie beruhen nicht auf Vertrag, sondern auf der genossenschaftlichen Autonomie und der Unterwerfung der Mitglieder unter die Satzung.30 Die Vereinsstrafe muss unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes an konkrete Tatbestände gebunden sein. Sie ist keine Ermessensentscheidung, z.B. des Vorstands. Das Strafverfahren bedarf einer Regelung in der Satzung. Ein Verschulden ist nicht notwendig;31 auch rein objektive Gesichtspunkte können eine Vereins-
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BFH BStBl. 1964 III, 277 = BlfG 1965, 153. Zum Ausschüttungs-Rückholverfahren, siehe Erl. zu § 18. RGZ 62, 314. KG JFG 9, 146; OLG Rspr. 6, 193; 16, 108; OLG Braunschweig JW 1936, 1387. LG Nürnberg Urteil v. 7.10.1980, Az.5 O 6606/77. BGH BB 1981, 140 – „rote Liste“. RGZ 38, 15; 47, 151; 68, 93; BGHZ 21, 370; 36, 114; OLG Schleswig ZfgG 1969, 87. So LG Hanau in WuB 1986, 1405 m. Anm. Aepfelbach. BGHZ 21, 373. BGHZ 29, 359.
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strafe rechtfertigen.32 Zulässig ist die Festlegung einer Strafe z.B. für den Fall, dass ein Mitglied seine satzungsmäßige Pflicht verletzt, bei Verpachtung den Pächter zu verpflichten, an die eG zu liefern oder bei ihr Mitglied zu werden. Eine in einer Milchlieferordnung enthaltene Vertragsstrafe ist wirksam, wenn sie hinreichend konkret hinsichtlich Verfahren und Höhe ist.33 Vor der Festlegung der Vereinsstrafe ist dem Betroffenen grundsätzlich Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren (rechtliches Gehör). Dies folgt aus der Pflicht des Vereins zur ordnungsgemäßen Untersuchung eines Satzungsverstoßes und aus der Treuepflicht gegenüber den Mitgliedern.34 Die Gelegenheit zur Stellungnahme, die nach der Verhängung der Vereinsstrafe gewährt wird, ersetzt die fehlende vorherige Anhörung nicht. Die eG muss vor der Verhängung einer Vereinsstrafe darauf hinweisen, dass beabsichtigt ist, über eine solche Strafe zu beschließen. Hierbei sind die Strafmaßnahme und der die Strafe auslösende Sachverhalt zu benennen.35 Ob in besonderen Ausnahmefällen auf das rechtliche Gehör verzichtet werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls; so z.B. wenn eine vorherige Anhörung reine Formsache wäre. Die eG hat gegen das Mitglied keinen Anspruch auf Auskunft zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Vereinsstrafe.36 Auch nach Beendigung der Mitgliedschaft kann eine Vereinsstrafe noch beigetrieben werden, ansonsten könnte sich ein Mitglied einer rechtskräftig festgestellten Strafe durch Ausscheiden aus der eG entziehen. Da die gesellschaftsrechtliche Ordnungsmacht grundsätzlich mit dem Ausscheiden aus der eG endet, soll damit auch das Recht der eG, Vereinsstrafen zu verhängen, erlöschen.37 Es kann aber nicht im Belieben des Betroffenen liegen, sich durch Kündigung der Strafe zu entziehen. Gegen die Festsetzung von Konventionalstrafen ist der ordentliche Rechtsweg mög- 25 lich, sofern der genossenschaftsinterne Instanzenweg ausgeschöpft ist.38 Das Gericht kann sowohl die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens39 als auch den Inhalt der Entscheidung daraufhin überprüfen, ob er mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen übereinstimmt oder offenbar unbillig ist.40 Auch eine gerichtliche Nachprüfung von Tatsachenfeststellungen wird durch die Literatur und die Rspr. unter bestimmten Voraussetzungen für gerechtfertigt angesehen unter dem Gesichtspunkt, dass auch im Vereinsrecht niemand für Handlungen bestraft werden kann, die er gar nicht begangen hat.41 Das Gericht kann nur die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Vereinsstrafen feststellen, sie aber nicht abändern.42 Eine Nachprüfung durch ordentliche Gerichte kann in der Satzung nur dadurch beschränkt werden, dass eine Schiedsgerichtsklausel festgelegt wird. Sonstige Leistungspflichten der Mitglieder gegenüber der eG in Form von „Neben- 26 leistungen“ bedürfen grundsätzlich einer ausdrücklichen Satzungsregelung. 43 Solche Pflichten können in Anlieferungspflichten, Abnahmepflichten, Pflichten zur Vornahmen bestimmter Handlungen usw. bestehen. Es genügt, wenn die Nebenleistungspflichten
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32 BGH NJW 1972, 1893. 33 BGH, Urt. v. 25.7.2013. Az. II ZR 116/11. 34 Vgl. BGHZ 29, 355; 55, 381; OLG Karlsruhe Az.: 15 U 159/84; Soergel/Hadding BGB § 25 Rdn. 46; Reinicke NJW 1975, 2049. 35 LG Heilbronn Beschl. v. 19.10.1981, Az. 5 S 181/81; LG Ravensburg Urt. v. 22.1.1981, Az. 3 O 1475/80. 36 BGH ZIP 2003, 343; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 267. 37 LG Oldenburg Urt. v. 6.4.1990, Az. 2 S 44/90 nicht veröffentl. 38 Vgl. BGHZ 13, 16. 39 BGHZ 29, 354. 40 BGHZ 13, 11; 21, 370; BGHZ 21, 373; OLG Oldenburg ZfgG 1989, 272. 41 BGH DB 1983, 2300; Beuthien Die richterliche Kontrolle von Vereinsstrafen und Vertragsstrafen, BB 1968, Beilage Nr. 12. 42 BGHZ 13, 14; OLG Karlsruhe a.a.O. 43 Müller GenG § 7 Rdn. 29 ff.
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ihre Grundlage in der Satzung haben, die nähere Ausgestaltung kann z.B. dem Vorstand zur Regelung in den Geschäfts- und Lieferbedingungen überlassen bleiben, sofern die Satzung dies vorsieht. Da die satzungsmäßige Festlegung von weiteren Zahlungspflichten zulässig ist, kann in der Satzung der Erwerb eines Geschäftsanteils an die Zurverfügungstellung eines Nachrangdarlehns geknüpft werden (zur Auseinandersetzung § 73 Rdn. 25).44 Nebenleistungspflichten wie auch die Verpflichtungen im Rahmen des § 16 Abs. 3 müssen die Vorschriften des GWB beachten. Nebenleistungspflichten können ausnahmsweise gegen § 1 GWB verstoßen, wenn sie geeignet sind, eine Beschränkung des Wettbewerbs herbeizuführen. III. Regelungen über Buchführung und Jahresabschluss 27
Die frühere Fassung von § 7 Nr. 2, wonach die Satzung Grundsätze für die Aufstellung und Prüfung der Bilanz enthalten musste, ist durch Bilanzrichtlinie-Gesetz 198545 weggefallen. Das Gesetz enthält nunmehr in § 33 grundsätzliche Regelungen zur Buchführung, zum Jahresabschluss und Lagebericht. Ergänzend gelten für die eG die Regelungen des 3. Abschnitts des HGB (§§ 336–339) über die Pflicht zur Aufstellung von Jahresabschluss und Lagebericht (§ 336 HGB), zur Bilanz (§ 337 HGB), zum Anhang (§ 338 HGB) und zur Offenlegung (§ 339 HGB). Es empfiehlt sich, auch ohne gesetzlichen Zwang, Regelungen über die Prüfung des 28 Jahresabschlusses in die Satzung aufzunehmen. Üblich sind Bestimmungen, die Aufgaben des Aufsichtsrats, wie Mitwirkung bei der Inventur in gewerblichen und ländlichen eG, Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts, sowie Berichts- und Informationspflichten des Vorstands an den Aufsichtsrat betreffen. IV. Die Bildung von Rücklagen 29
1. Das Eigenkapital der eG. Das Eigenkapital der eG setzt sich zusammen aus den Geschäftsguthaben der Mitglieder und den Rücklagen. Es hat grundsätzlich mit diesen beiden Komponenten Finanzierungs- und Haftungsfunktion. Die Geschäftsguthaben dienen der Mittelausstattung und der Sicherung der Gläubiger. Die Nachschusspflicht hat für genossenschaftliche Banken aufgrund der teilweisen Zurechnung zum haftenden Eigenkapital (§ 10 Abs. 2a KWG) eine besondere jedoch bis zum 31.12.2021 auslaufende Bedeutung (§ 2 Rdn. 10), für gewerbliche eG spielt sie nur eine untergeordnete Rolle. Das Eigenkapital der eG ist variabel, jeder Beitritt neuer Mitglieder bringt zusätzlich Geschäftsguthaben; andererseits wird durch das Ausscheiden von Mitgliedern oder durch Kündigung einzelner Geschäftsanteile (§ 67b) das Eigenkapital vermindert. Zur Eigenkapital-Problematik aus IFRS (IAS) vgl. § 8a, siehe auch § 2 Rdn. 10; § 7 Rdn. 5.
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2. Gesetzliche Rücklage. Die Satzung muss Bestimmungen enthalten über die Bildung einer gesetzlichen Rücklage, die der Deckung von Bilanzverlusten zu dienen hat. Der Begriff der „gesetzlichen Rücklage“ ist im Gesetz allein durch die Zweckbindung (Deckung von Bilanzverlusten) und dadurch gekennzeichnet, dass die Satzung solche Rücklagen zwingend vorsehen muss. In Gesetzgebung und Satzungen haben sich die Begriffe für zwei unterschiedliche Arten von Rücklagen durchgesetzt: Die „gesetzliche Rücklage“ und „die anderen Rücklagen“. Begriffe wie „Spezialreservefonds“, „Betriebs-
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RGZ 47, 148, OLG Frankfurt DB 1977, 2181. BGBl. I S. 2355.
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Weiterer zwingender Satzungsinhalt | § 7
rücklagen“, „Kapitalrücklagen“ oder „Freie Rücklagen“ sind Unterfälle der „anderen Rücklagen“, ebenso der „Beteiligungsfonds“ gemäß § 73 Abs. 3. Während die gesetzliche Rücklage zur Deckung des Bilanzverlusts dient, worüber die GV zu bestimmen hat, stehen die anderen Rücklagen satzungsgemäß zur Verwendung durch Vorstand und Aufsichtsrat zur Verfügung. Das GenG enthält keine abschließende Regelung, wie die gesetzliche Rücklage zu bilden ist. Unter Anwendung der Begriffe in §§ 272 Abs. 2 und 3, 337 Abs. 2 HGB bestehen folgende Möglichkeiten: 1. Die gesetzliche Rücklage und die anderen Ergebnisrücklagen werden allein aus den Ergebnissen der Geschäftsjahre gebildet; daneben besteht ggf. eine „Kapitalrücklage“ gemäß § 272 Abs. 2 HGB als andere Rücklage, oder 2. eine bestehende „Kapitalrücklage“ wird durch die Satzung der Bindung als „gesetzliche Rücklage“ gemäß § 7 Nr. 2 unterworfen. In diesem Fall kann die gesetzliche Rücklage bestehen aus einer Ergebnisrücklage und einer Kapitalrücklage, die jeweils getrennt auszuweisen sind. Die Kapitalrücklage erlangt jeweils durch Widmung den Charakter einer gesetzlichen oder anderen Rücklage i.S.d. GenG. Die Satzung muss festlegen, welcher Teil des Jahresüberschusses in diese Rücklage 31 einzustellen ist, sowie den Betrag, der als Mindestgröße zu erreichen ist, bevor Zuführungen aus dem Jahresüberschuss unterbleiben können. Ein gesetzlicher Mindestbetrag für die Zuweisung ist nicht vorgeschrieben; eine solche Vorschrift erscheint in Anbetracht der genossenschaftlichen Pflichtprüfung auch entbehrlich. Die Satzung muss nicht einen festen Geldbetrag nennen; im Hinblick auf die sich laufend verändernden Größenverhältnisse der Unternehmen hat es sich vielmehr bewährt, als Mindestbetrag einen bestimmten Prozentsatz des Jahresüberschusses, bei genossenschaftlichen Banken der Bilanzsumme, zu nennen.46 Die Rspr hat solche Bezugsgrößen anerkannt.47 Auf die Festsetzung eines Mindestbetrages kann naturgemäß verzichtet werden, wenn die Satzung Zuweisung aller Überschüsse zur gesetzlichen Rücklage vorsieht oder die laufende Zuweisung eines Teils des Überschusses ohne Rücksicht auf die Höhe der Rücklage.48 Das Gesetz schreibt zwingend vor, dass sich die gesetzliche Rücklage ausschließlich 32 aus dem Ergebnis speist, § 272 Abs. 3 HGB. Vorschriften über die Bildung der Rücklage können z.B. nicht zum Inhalt haben, dass lediglich Eintrittsgelder in die gesetzliche Rücklage einzustellen sind,49 diese sind in die anderen (freien) Rücklagen, z.B. in die Kapitalrücklage einzustellen. Im Übrigen liegt es in der Verantwortung der zuständigen Organe, für eine ausreichende Dotierung der Reserven Sorge zu tragen. Es kann Aufgabe des Vorstands im Rahmen seiner Verantwortung, §§ 27, 34, sein, in der GV/VV darauf hinzuweisen, dass eine ausreichende Rücklagendotierung im Interesse der eG und damit langfristig im Interesse der Mitglieder unverzichtbar ist. Merkmal der gesetzlichen Rücklage ist ihre strenge Zweckbindung. Sie darf nur zur 33 Deckung von Bilanzverlusten verwendet werden. Es können damit keine Wertberichtigungen oder Verluste ausgeglichen werden, die sich nicht aus dem Jahresabschluss ergeben. Die Satzung kann darüber hinaus bestimmen, unter welchen Voraussetzungen diese Rücklagen zur Verlustdeckung herangezogen werden; sie kann bestimmen, dass Teile des Verlustes bis zu einer bestimmten Höhe zunächst von den Geschäftsguthaben abzuschreiben oder auf neue Rechnung vorzutragen sind. Enthält die Satzung keine Regelung, kann die GV/VV über die Art der Beseitigung des Verlustes beschließen. Gewinn
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46 Z.B. „die gesetzliche Rücklage wird gebildet durch eine jährliche Zuweisung von mindestens 10% des Jahresüberschusses, solange die Rücklage 10% der Bilanzsumme nicht erreicht“, so § 39 der Mustersatzung für gewerbliche eG. 47 KGJ 15, 52. 48 KGJ 17, 21; Müller GenG § 7 Rdn. 69. 49 A.A. Müller GenG § 7 Rdn. 70 ohne Begründung.
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und Verlust sind voll auszuweisen, vgl. Erl. zu § 19 Rdn. 5 ff. Die Deckung von Bilanzverlusten fällt grundsätzlich in die ausschließliche Zuständigkeit der GV/VV, auch wenn § 48 im Wortlaut nicht ganz eindeutig ist.50 Die Zuständigkeit der GV/VV für die Beschlussfassung über den Jahresabschluss beinhaltet auch die Zuständigkeitsregelung für die Deckung von Bilanzverlusten insgesamt. Die Satzung kann aber z.B. Vorstand und Aufsichtsrat das Recht einräumen, Verluste durch Verwendung anderer Rücklagen zu beseitigen; die Genehmigung durch die GV/VV folgt aus der Zustimmung zum Jahresabschluss. Wenn die gesetzliche Rücklage unter den satzungsmäßig festgelegten Betrag sinkt, 34 weil die Mittel zur Verlustdeckung verbraucht wurden, ist die gesetzliche Rücklage im Rahmen der Satzung wieder aufzufüllen. Die Ansicht, dass vorher keine Gewinne ausgezahlt werden dürfen, wird aufgegeben, denn es kann keinen Unterschied machen, ob die gesetzliche Rücklage noch nicht erreicht worden ist oder erreicht war und erneut aufgefüllt werden muss.51 Im Übrigen enthält § 19 Abs. 2 S. 2 eine Regelung für abgeschriebene Geschäftsguthaben und nicht für die gesetzliche Rücklage. Der in der Satzung enthaltene Mindestbetrag für die gesetzliche Rücklage kann durch Satzungsänderung vermindert oder heraufgesetzt werden. Es ist unerheblich, ob eine Herabsetzung zu einer faktischen Verminderung des Eigenkapitals führen kann.52 Werden der gesetzlichen Rücklage über die satzungsmäßigen Mindestbeträge hinaus Mittel zugeführt, so unterliegen auch diese uneingeschränkt der gesetzlichen Bindung hinsichtlich ihrer Verwendung. 35
3. Andere Rücklagen. Sie haben ihre Grundlage nicht im Gesetz, sondern in der Satzung. Hinsichtlich Bildung und Verwendung der anderen Rücklagen ist die Satzung grundsätzlich frei. Es ist üblich, auch für die Bildung dieser Rücklagen Regelungen vorzusehen, wie sie sich bei der gesetzlichen Rücklage bewährt haben. Falls die Satzung die Entscheidung über die Verwendung der anderen Rücklagen z.B. Vorstand und Aufsichtsrat überträgt, muss kein Jahresfehlbetrag ausgewiesen werden, wenn von der Option des § 268 Abs. 1 HGB Gebrauch gemacht wird; dies ändert nichts an der notwendigen in der Genehmigung des Jahresabschlusses liegenden Beschlussfassung über die Deckung des Fehlbetrags in der GV. Neben den Ergebnisrücklagen können auch „andere“, also nicht zweckgebundene „Kapitalrücklagen“ i.S.v. § 272 Abs. 2 HGB gebildet werden. Diesen Kapitalrücklagen können bei eG insbesondere Zahlungen zugewiesen werden, die Mitglieder (über die Geschäftsguthaben hinaus) in das Eigenkapital leisten. Zu denken ist hier z.B. an Eintrittsgelder, Vereinsstrafen usw. V. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Zur SCE vgl. die abschließende Aufzählung in Art. 5 SCE-VO § 6 Rdn. 29.
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50 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7 Rdn. 23 u. § 48 Rdn. 42 und wohl auch Müller GenG § 7 Rdn. 71; Näheres siehe Erl. zu §§ 19, 48. 51 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7 Rdn. 21. 52 So Beuthien GenG § 7 Rdn. 18; Müller GenG § 7 Rdn. 73.
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§ 7a Mehrere Geschäftsanteile; Sacheinlagen § 7a Mehrere Geschäftsanteile; Sacheinlagen (1) Die Satzung kann bestimmen, dass sich ein Mitglied mit mehr als einem Geschäftsanteil beteiligen darf. Die Satzung kann eine Höchstzahl festsetzen und weitere Voraussetzungen aufstellen. (2) Die Satzung kann auch bestimmen, dass die Mitglieder sich mit mehreren Geschäftsanteilen zu beteiligen haben (Pflichtbeteiligung). Die Pflichtbeteiligung muss für alle Mitglieder gleich sein oder sich nach dem Umfang der Inanspruchnahme von Einrichtungen oder anderen Leistungen der Genossenschaft durch die Mitglieder oder nach bestimmten wirtschaftlichen Merkmalen der Betriebe der Mitglieder richten. (3) Die Satzung kann Sacheinlagen als Einzahlung auf den Geschäftsanteil zulassen.
I. II. III.
Übersicht Allgemeines | 1 Freiwillige Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen, Abs. 2 | 2–7 Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen | 8–14
IV. V. VI.
Zusammenlegung von Geschäftsanteilen | 15 Zulässigkeit von Sacheinlagen, Abs. 3 | 16 Europäische Genossenschaft (SCE) | 17
I. Allgemeines § 7a wurde durch die Novelle 1973 eingeführt.1 Er soll die Kapitalbeschaffung erleich- 1 tern. Absatz 1 ersetzt die Bestimmung des früheren § 134, der nur für eG mit beschränkter Haftpflicht galt und dehnt den Geltungsbereich nunmehr auf alle eG aus. Abs. 2 regelt die bisher durch die Rechtsprechung2 und Literatur unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erachtete Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen. § 7a verbessert die Möglichkeit der eG, Eigenkapital zu beschaffen, und kommt einem Bedürfnis vieler Mitglieder, „ihrer“ eG Kapital zur Verfügung zu stellen, entgegen. Die Verpflichtung der Mitglieder zu weiterer Beteiligung lässt den Wunsch nach unterschiedlichen Stimmrechten entstehen, dem der Gesetzgeber mit der Zulassung von begrenzten Mehrstimmrechten entsprochen hat. Durch Novelle 2006 wurden Sacheinlagen als Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zugelassen (Abs. 3). II. Freiwillige Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen (Abs. 1) Die freiwillige Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen (Abs. 1) ist nur zulässig, 2 wenn die Satzung dies vorsieht. Die Satzung kann eine Höchstzahl festsetzen; sie muss es jedoch nicht. Sie kann auch weitere Voraussetzungen aufstellen. Die Höchstzahl muss für alle Mitglieder einheitlich sein. Es gilt der Grundsatz der absoluten Gleichbehandlung. Ist keine Höchstzahl in der Satzung enthalten, ist grundsätzlich die Übernahme weiterer Geschäftsanteile zahlenmäßig unbeschränkt möglich, soweit die Satzung überhaupt eine Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen zulässt. Die Satzung kann weitere Voraussetzungen aufstellen, z.B. bestimmte Betriebsgröße oder Umsätze mit der eG,
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Die Begriffe Statut und Genosse wurden durch Novelle 2006 in Satzung und Mitglied umgeändert. BGHZ 56, 106.
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das Vorhandensein bestimmter Anbauflächen oder bzw. eines bestimmten Viehbestands.3 Wegen der sonstigen Voraussetzungen für die freiwillige Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen vgl. die Ausführungen zu § 15b. Über die Zulassung entscheidet grundsätzlich der Vorstand mit demselben Ermessensspielraum wie beim Beitritt zur eG, dies folgt aus § 15b Abs. 3. Stellt die Satzung Voraussetzungen für den Erwerb weiterer Geschäftsanteile auf, hat das Mitglied, das diese Voraussetzungen erfüllt, gleichwohl noch nicht einen Rechtsanspruch auf Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen. Lässt jedoch der Vorstand ganz allgemein die Übernahme von weiteren Geschäftsanteilen zu, haben die Mitglieder, die sich nunmehr mit weiteren Geschäftsanteilen beteiligen möchten, hierauf einen Rechtsanspruch. Ein Anspruch auf Zulassung kann dem Zeichnungswilligen durch Vertrag eingeräumt werden.4 Durch die weiteren Geschäftsanteile werden keine weiteren Mitgliedschaften erworben,5 auch hat das Mitglied grundsätzlich nur eine Stimme. Freiwillige Geschäftsanteile können grundsätzlich gekündigt werden, ohne die Mitgliedschaft kündigen zu müssen (§ 67b). Einer Kündigung der Mitgliedschaft oder des größten Teils der Geschäftsanteile zur Unzeit kann u.U. die genossenschaftliche Treuepflicht entgegenstehen.6 Außerdem kann die Satzung vorsehen, dass auch bei Übernahme weiterer Geschäftsanteile bei eG mit beschränkter Nachschusspflicht keine Erhöhung der Haftsumme eintritt, § 121 S. 3. Nachträglich kann durch Satzungsänderung die Zulässigkeit der Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen ausgeweitet oder eingeschränkt, insbesondere kann die Höchstzahl verändert werden. Wird nachträglich die Höchstzahl herabgesetzt, bleiben die die Höchstzahl nunmehr überschreitenden Geschäftsanteile weiterhin wirksam übernommen; die entsprechenden Geschäftsguthaben bleiben Eigenkapital. Es besteht jedoch die schuldrechtliche Verpflichtung, diese Geschäftsanteile zu kündigen; die Gegenmeinung verkennt im Vergleich zur Herabsetzung des Betrages eines Geschäftsanteils den grundlegenden Unterschied zwischen Geschäftsanteil und Geschäftsguthaben.7 Die Erfüllung dieser Verpflichtung kann von der eG ggf. eingeklagt und nach § 894 ZPO vollstreckt werden. Eine Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen ist rechtlich wirksam, auch wenn die Satzung eine solche Beteiligung nicht zulässt. Dies folgt aus dem Wortlaut von § 7a Abs. 1 S. 1 GenG, „darf“ und nicht „kann“, und ist im Interesse des Gläubigerschutzes geboten. Hinsichtlich der Geschäftsanteile sind die Mitglieder grds. gleich zu behandeln. Bei der Gewinn- und Verlustverteilung können die verschiedenen Geschäftsanteile eines Mitglieds jedoch unterschiedlich berücksichtigt werden. III. Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen (Abs. 2)
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Die Novelle 1973 räumte in Abs. 2 der Satzung ausdrücklich das Recht ein, eine gleichmäßige oder gestaffelte Pflichtbeteiligung vorzusehen. Diese Pflichtbeteiligung kann nachträglich durch Satzungsänderung eingeführt werden. Dies gilt bei allen eG, unabhängig davon, ob eine Nachschusspflicht vorgesehen ist oder nicht. Eine Pflichtbeteiligung kann auch aufgrund einer Einzelvereinbarung mit Mitgliedern begründet werden. Maßstab und Bezugsgröße für die Pflichtbeteiligung überlässt das Gesetz weitge-
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7a Rdn. 7; Beuthien GenG § 7a Rdn. 2. Beuthien GenG § 7a Rdn. 2. BGH BB 1978, 1134 = DB 1978, 1777 = ZfgG 1978, 442 mit zust. Anm. Hadding = WM 1978, 1005. Vgl. zur gen. Treuepflicht § 18 Rdn. 37 ff. Müller GenG § 7a Rdn. 17.
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Mehrere Geschäftsanteile; Sacheinlagen | § 7a
hend der Satzung. Soll eine gleichmäßige Pflichtbeteiligung eingeführt werden, muss die genaue Anzahl der zu zeichnenden Geschäftsanteile in die Satzung aufgenommen werden. Es kann auch eine sogenannte gestaffelte Pflichtbeteiligung eingeführt werden, die unter Beachtung des relativen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Pflichtbeteiligung an den Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtungen oder Leistungen der eG durch die Mitglieder oder an bestimmte wirtschaftliche Merkmale der Betriebe der Mitglieder anknüpfen kann. Die Staffel kann linear, aber auch degressiv oder progressiv ausgestaltet sein, je nachdem, was den praktischen Bedürfnissen der eG am ehesten entspricht. Die Pflichtstaffel kann an die gesamte Inanspruchnahme oder die von Teilbereichen anknüpfen. Für den Maßstab der „Inanspruchnahme der Einrichtungen oder Leistungen“ ist es unerheblich, ob sie freiwillig erfolgt oder auf Satzungsregelungen beruht. Als wirtschaftliche Merkmale können aufgegriffen werden der Gesamtumsatz des Mitglieds, der Umsatz mit der eG bzw. der Zentralgenossenschaft, die Anlieferungs- oder Absatzmenge, die landwirtschaftliche Nutzungsfläche, die Viehzahl, die Zahl der Mitarbeiter, die Quadratmeterzahl gewerblich genutzter Räume usw. Voraussetzung ist, dass diese Merkmale genossenschaftlichen Bezug haben. Es können auch verschiedene wirtschaftliche Merkmale für verschiedene Mitgliedsgruppen gewählt werden, sofern der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt ist. Genossenschaftsfremde, nicht-förderwirtschaftliche Kriterien scheiden aus. Einkommenshöhe kann ausnahmsweise als wirtschaftliches Merkmal angesehen werden, und zwar, wenn das Mitglied keinen Betrieb, sondern nur eine private Haushaltung hat, wie dies z.B. bei Konsumgenossenschaften der Fall ist. Der Maßstab und die Bezugsgröße der Staffel müssen so konkret in die Satzung aufgenommen werden, dass anhand der Satzungsregelung jedes Mitglied ersehen kann, zu welcher Beteiligung es verpflichtet ist. Für die Einführung oder Erweiterung genügt nach § 16 Abs. 2 Ziff. 3 3/4-Mehrheit 9 der abgegebenen Stimmen, soweit die Satzung keine strengeren Voraussetzungen aufstellt. Für Mitglieder, die diesem Beschluss widersprechen, ist gemäß § 67a i.V.m. § 16 Abs. 2 Ziff. 3 ein außerordentliches Kündigungsrecht vorgesehen. Nicht gefolgt werden kann Müller und Bauer, die8 mit dem Treuegebot die Begründung neuer Pflichten nur insoweit als vereinbar ansehen, als sie für das Mitglied bei dem Erwerb der Mitgliedschaft voraussehbar und zumutbar sind. Jedes Mitglied muss mit nachträglichen Satzungsänderungen rechnen. Durch das Mindesterfordernis der 3/4-Mehrheit (§ 16 Abs. 2 Ziff. 2) und durch das außerordentliche Kündigungsrecht des § 67a ist ausreichender Minderheitenschutz sichergestellt. In keinem Fall tritt der Erwerb der weiteren Geschäftsanteile mit Wirksamwerden der Satzungsänderung von selbst ein.9 Die nachträgliche Einführung einer Pflichtbeteiligung kann so vorgenommen werden, dass zusätzlich zu den bisher übernommenen freiwilligen Anteilen oder Pflichtanteilen eine bestimmte Anzahl entsprechend der Staffel von Geschäftsanteilen übernommen werden muss. Andererseits können auch die bereits freiwillig übernommenen Geschäftsanteile angerechnet werden.10 Sagen Satzung oder GV/VV nichts Gegenteiliges, ist hiervon auszugehen. Sieht die Satzung vor, dass beim Mitgliedschaftserwerb eine Beteiligung mit mehr 10 als einem Geschäftsanteil erfolgen muss, beinhaltet die Beitrittserklärung die Übernahme der nach der Satzung erforderlichen Geschäftsanteile, da mit Anerkennung der Satzung durch den Beitretenden schlüssig erklärt wird, auch die erforderlichen Geschäftsanteile
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8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7a Rdn. 9; Müller GenG § 7a Rdn. 31 unter Berufung auf RGZ 119, 345; AG Hamburg MDR 1951, 169. 9 BGH BB 1978, 1134 = ZfgG 1978, 442 m. zust. Anm. Hadding = DB 1978, 1777 = WM 1978, 1005. 10 LG Freiburg ZfgG 1953, 329; LG Stuttgart ZfgG 1968, 501; Paulick S. 176; Müller GenG § 7a Rdn. 32; Beuthien GenG § 7a Rdn. 6; a.A. OLG Kiel DJ 1935, 1499.
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zu übernehmen. Werden mit der Beitrittserklärung ausdrücklich weniger Geschäftsanteile übernommen, als von der Satzung gefordert wird, liegt insoweit eine wirksame, wenn auch nicht satzungsmäßige Beitrittserklärung vor.11 Müssen nach Erwerb der Mitgliedschaft Pflichtanteile übernommen werden, muss das Mitglied eine gesonderte Beteiligungserklärung nach § 15b abgeben. Eine Volleinzahlung dieser Geschäftsanteile bis auf den zuletzt neu übernommenen ist nicht erforderlich (§ 15b Abs. 2); hinsichtlich der Einzahlungspflicht gilt die allgemeine Satzungsregelung, die Satzung kann auch vorsehen, dass der Vorstand die Beteiligung nur zulassen darf, wenn alle Pflichtanteile voll eingezahlt sind. Die Kündigung einzelner Geschäftsanteile nach § 67b ist bei Pflichtanteilen nicht möglich. Ist eine gleichmäßige oder gestaffelte Pflichtbeteiligung bereits in der Gründungssatzung vorgesehen oder durch ordnungsmäßig zustande gekommenen satzungsändernden GV/VV-Beschluss festgelegt und durch Eintragung ins Genossenschaftsregister rechtswirksam geworden, kann gegen Mitglieder, die sich weigern, die satzungsmäßige Verpflichtung zu erfüllen, Klage nicht auf Zahlung, sondern nur auf Abgabe der nach § 15b erforderlichen Beteiligungserklärung erhoben werden; die Erklärung gilt dann nach § 894 ZPO mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben.12 Erst mit Eintragung entsteht die Beteiligung und damit der Einzahlungsanspruch. Die Erhöhung einer mit dem Erwerb von Geschäftsanteilen ggf. verbundenen Nachschussverpflichtung tritt ebenfalls erst zu diesem Zeitpunkt ein.13 Die durch die Zulassung vollzogene Übernahme der Geschäftsanteile ist auch dann wirksam, wenn die zugrunde liegende Satzungsregelung über die Pflichtbeteiligung unwirksam ist,14 dies ist dann eine freiwillige Beteiligung mit der Folge, dass das Mitglied seine Rechte nach § 67b geltend machen kann. Gleiches gilt, wenn nach dem Berechnungsmaßstab nachträglich Pflichtanteile zu freiwilligen Geschäftsanteilen werden z.B. durch Rückgang des Umsatzes. Hinsichtlich dieser nunmehr freiwilligen Geschäftsanteile wird jedoch keine Volleinzahlungspflicht ausgelöst; § 15b findet keine Anwendung, auch nicht analog. Hat ein Mitglied gekündigt, kann das Verlangen der eG auf Zeichnung der weiteren Pflichtanteile gegen Treu und Glauben verstoßen.15 Dies dürfte jedoch der Ausnahmefall und nicht der Regelfall sein,16 denn grundsätzlich hat das Mitglied bis zur Beendigung der Mitgliedschaft alle Rechte und Pflichten und damit auch die Pflicht zu erfüllen, die satzungsmäßig erforderlichen Geschäftsanteile zu zeichnen. Dies gilt insbesondere, wenn die eG die darauf zu leistenden Einzahlungen zur Stärkung oder Erhaltung ihrer Förderkraft benötigt. Nach Auflösung der eG ist die Eintragung weiterer Geschäftsanteile nicht zulässig.17 Es tritt auch keine Schadensersatzpflicht, etwa wegen Verzugs, an die Stelle der erloschenen Pflichten zur Übernahme weiterer Anteile.18 Bei zusätzlichen Zahlungen zur Abwendung der Insolvenz im Liquidationsstadium werden hingegen die pflichtwidrig nicht übernommenen Anteile berücksichtigt (vgl. § 87a Abs. 2 S. 5).
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11 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 7a Rdn. 8; Müller GenG § 7a Rdn. 33. 12 RGZ 125, 202; OLG Hamm BB 1977, 812. 13 BGH BB 1978, 1136 = ZfgG 1978, 447 m. zust. Anm. Hadding = DB 1978, 1777. 14 RGZ 128, 38. 15 LG Altona JW 1935, 723. 16 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 7a Rdn. 8; Beuthien GenG § 7a Rdn. 6; a.A. Müller GenG § 7a Rdn. 36. 17 BGH BB 1978, 1134 = DB 1978, 1777 m. krit. Anm. Schaffland Genossenschaftsforum 10/78, 32 = ZfgG 1978, 442 m. Anm. Hadding sowie Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 7a Rdn. 8; vgl. auch § 87 Rdn. 7 ff. sowie § 119 Rdn. 6. 18 RGZ 117, 116; 125, 262; a.A. Müller GenG § 7a Rdn. 37.
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Mehrere Geschäftsanteile; Sacheinlagen | § 7a
IV. Zusammenlegung von Geschäftsanteilen Die Zusammenlegung von Geschäftsanteilen ist im Gesetz nicht geregelt. Sie wird 15 aber allgemein als zulässig erachtet.19 Zur Zerlegung von Geschäftsanteilen vgl. § 22b. Eine Zusammenlegung von Geschäftsanteilen kann z.B. vorgenommen werden, um bei einer beabsichtigten Erhöhung der Geschäftsanteile diejenigen Mitglieder nicht zu sehr zu belasten, die bereits freiwillig mehrere Geschäftsanteile übernommen hatten. Das Zusammenlegungsverhältnis kann beliebig gewählt werden. Sinnvoll erscheint ein Maßstab, der dem Verhältnis der Höhe des früheren Geschäftsanteils zu der Höhe des neuen Geschäftsanteils entspricht. Restbeträge, die sich bei der Zusammenlegung ergeben, sind auf volle Geschäftsanteile aufzurunden. Die fehlenden Beträge sind nach Maßgabe der Satzung einzuzahlen. Wenn dadurch unterschiedliche Zahlungspflichten der einzelnen Mitglieder entstehen, liegt darin kein Verstoß gegen den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.20 Die Zusammenlegung hat unter den Voraussetzungen des § 22 erfolgen, wenn sie mit einer Herabsetzung des Geschäftsanteils und damit mit einer Herabsetzung der Gesamtbeteiligung und Gesamthaftung des einzelnen Mitglieds verbunden ist. Eine Zusammenlegung von Geschäftsanteilen, die mit einer Erhöhung des Geschäftsanteils verbunden ist, ist folglich ohne Beachtung des § 22 zulässig, sofern die Beteiligung und Haftung des einzelnen Mitglieds nicht gemindert wird.21 V. Zulässigkeit von Sacheinlagen, Abs. 3 In dem durch die Novelle 2006 eingeführten Abs. 3 wird klargestellt, dass die Mit- 16 glieder Zahlungen auf die Geschäftsanteile auch in Form von Sacheinlagen leisten können, sofern die Satzung dies zulässt. Die Satzung muss nur die Sacheinlage zulassen, weitere Regelung zu deren Erbringung sind anders als bei der AG (§ 27 AktG) und der GmbH (§§ 4 und 5 GmbH) nicht erforderlich.22 Deshalb kann auf die Bestimmungen des AktG und des GmbHG nur bedingt zurückgegriffen werden.23 Eine Sacheinlage kann auch an Stelle der Pflichtbeteiligung geleistet werden, das Gesetz differenziert nicht zwischen freiwilliger und Pflichtbeteiligung. Als Sacheinlagen sollen nach der Gesetzbegründung nur Vermögensgegenstände zulässig sein, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar und vom Prüfungsverband bei der Gründung in der gutachtlichen Äußerung nach § 11 Abs. 1 Nr. 3, bei nachträglich geleisteten Sacheinlagen im Rahmen der Pflichtprüfung nach § 53 Abs. 1 begutachtet werden kann. Ein Sachgründungsbericht entsprechend § 5 Abs. 4 S. 2 GmbHG bzw. § 32 Abs. 2 AktG ist nicht erforderlich. Einlagefähige Vermögenswerte können insbesondere sein:24 Mobilien und Immobilien, beschränkt dingliche Rechte (insbesondere Grundpfandrechte, Nießbrauchrechte), beschränkt persönliche Dienstbarkeiten, obligatorische Nutzungsrechte, Forderungen des Einlegers gegen Dritte, aber auch gegen die eG, übertragbare Gesellschaftsbeteiligungen, Urheberrechte, Patentrechte, Lizenzrechte etc., übertragbare Gesellschaftsanteile, ein Kundenstamm, Konzessionen. Der Text des Abs. 3 lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob Dienstleistungen auch als Sacheinlagen zulässig sind; der Gesetzgeber begründet dies mit der Unmöglichkeit der
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Vgl. RGZ 119, 345; 121, 251; OLG Hamm ZfgG 1955, 239; LG Stuttgart BlfG 1964, 76 = BB 1964, 190. LG Stuttgart BlfG 1964, 76 = BB 1964, 190; Beuthien GenG § 22 Rdn. 5. RGZ 121, 251; KG JFG 2, 278; BayObLG JFG 2, 271; OLG Hamm ZfgG 1955, 239. Brämswig in Festschrift für Schaffland S. 33 ff. A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7a Rdn. 16. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 7a Rdn. 20.
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§ 8 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
Prüfung.25 Allein die Tatsache, dass Dienstleistungen leichter zu Bewertungsproblemen als einlagefähige Gegenstände führen, reicht als Begründung nicht aus. § 27 Abs. 2 AktG definiert Sacheinlagen als Vermögensgegenstände, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Für die AG schließt § 27 Abs. 2 2. Halbsatz AktG die Verpflichtung zu Dienstleistungen als Sacheinlage aus. Dies ist nicht auf die eG zu übertragen, da bei der eG kein Mindestkapital gefordert ist und eine Gläubigerbenachteiligung nicht ersichtlich ist.26 Der BGH stellt für die AktG klar, dass dies dann gelte, wenn nicht die Dienstleistung als solche, sondern der stehengelassene Vergütungsanspruch als Eigenkapital verstanden wird.27 Beuthien hält Dienstleistungen zum objektiven Verkehrswert für zulässig und verweist auf § 706 Abs. 3 BGB.28 Im Interesse einer ausreichenden Eigenkapitalausstattung der eG im Gründungsstadium sowie des Gläubigerschutzes ist daher der herrschenden Meinung der Vorzug zu geben.29 Strittig ist jedoch die Behandlung von übertragbaren Dienstleistungsansprüchen gegenüber Dritten. Diese werden im Aktienrecht für einlagenunfähig gehalten.30 Tatsächlich dürften Streitigkeiten über die Bewertung dieser Dienstleistungen unvermeidlich sein. VI. Europäische Genossenschaft (SCE) 17
Gemäß Art. 4 Abs. 7 S. 1 SCE-VO ist in der Satzung die Mindestanzahl von Geschäftsanteilen, die zum Erwerb der Mitgliedschaft erforderlich sind, festzulegen. Die Satzung kann die Mitglieder zur Übernahme mehrerer Geschäftsanteile verpflichten. Grundsätzlich muss jedes Mitglied jedoch nur einen Geschäftsanteil übernehmen, Art. 4 Abs. 7 Satz 2 SCE-VO. Die Geschäftsanteile können auch ohne Übertragung der Mitgliedschaft an andere Mitglieder übertragen werden. Der wirtschaftliche Wert der Einlage muss feststellbar sein, Sacheinlagen müssen zum Zeitpunkt der Beteiligung vollständig erbracht sein (Art. 4 Abs. 5). Dienstleistungseinlagen sind nicht zulässig (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 SCE-VO). Die Bewertung des Einlagewertes erfolgt gem. Art. 4 Abs. 6 SCE-VO nach § 27 AktG.
§8 Satzungsvorbehalt für einzelne Bestimmungen § 8 Satzungsvorbehalt für einzelne Bestimmungen 1. 2. 3.
4.
(1) Der Aufnahme in die Satzung bedürfen Bestimmungen, nach welchen: die Genossenschaft auf eine bestimmte Zeit beschränkt wird; Erwerb und Fortdauer der Mitgliedschaft an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirks geknüpft wird; das Geschäftsjahr, insbesondere das erste, auf ein mit dem Kalenderjahr nicht zusammenfallendes Jahr oder auf eine kürzere Dauer als auf ein Jahr bemessen wird; die Generalversammlung über bestimmte Gegenstände nicht mit einfacher, sondern mit einer größeren Mehrheit oder nach weiteren Erfordernissen beschließen kann;
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BT-Drs. 16/1025, S. 81. Beuthien GenG § 7 Rdn. 6. BGH Urt. v. 1.2.2009, Az. II ZR 173/08. Beuthien GenG § 7 Rdn. 6. Brämswig in Festschrift für Schaffland S. 33 ff. Hüffer AktG § 27 Rdn. 30.
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5.
die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs auf Personen, welche nicht Mitglieder der Genossenschaft sind, zugelassen wird. (2) Die Satzung kann bestimmen, dass Personen, die für die Nutzung oder Produktion der Güter und die Nutzung oder Erbringung der Dienste der Genossenschaft nicht in Frage kommen, als investierende Mitglieder zugelassen werden können. Sie muss durch geeignete Regelungen sicherstellen, dass investierende Mitglieder die anderen Mitglieder in keinem Fall überstimmen können und dass Beschlüsse der Generalversammlung, für die nach Gesetz oder Satzung eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vorgeschrieben ist, durch investierende Mitglieder nicht verhindert werden können. Die Zulassung eines investierenden Mitglieds bedarf der Zustimmung der Generalversammlung; abweichend hiervon kann die Satzung die Zustimmung des Aufsichtsrats vorschreiben. Die Zahl der investierenden Mitglieder im Aufsichtsrat darf ein Viertel der Aufsichtsratsmitglieder nicht überschreiten.
I. II.
Übersicht Bedeutung | 1 Die einzelnen Fälle, die rechtswirksam nur in der Satzung geregelt werden können | 2–12 1. Genossenschaft auf Zeit | 2 2. Mitgliedschaft abhängig vom Wohnsitz | 3–4
Das Geschäftsjahr | 5 Qualifizierte Mehrheiten in der Generalversammlung | 6–7 5. Das Nichtmitgliedergeschäft | 8–12 Investierende Mitglieder | 13–17 Europäische Genossenschaft (SCE) | 18 3. 4.
III. IV.
I. Bedeutung Während die §§ 6 und 7 den zwingend notwendigen Satzungsinhalt festlegen, be- 1 fasst sich § 8 mit dem fakultativen Regelungsinhalt. Nach Auffassung des Gesetzgebers haben die in Abs. 1 und 2 genannten Fälle für die Mitglieder eine solche Bedeutung, dass eine verbindliche Regelung nur durch die Satzung möglich ist. Die Aufzählung ist nicht erschöpfend. Weitere mögliche Regelungsinhalte, die verbindlich nur durch Aufnahme in die Satzung normiert werden können, nennt das Gesetz an anderer Stelle: § 8a Mindestkapital, § 19 Abs. 2 Maßstab der Gewinnverteilung, § 20 gesetzliche Rücklage, § 21a Verzinsung, § 25 Vertretungsbefugnis des Vorstands, § 27 Abs. 1 Satz 2 Beschränkungen der Leitungsmacht des Vorstands, § 36 Abs. 1 Anzahl und Beschlussfähigkeit der Aufsichtsratsmitglieder, § 38 Abs. 3 weitere Obliegenheiten des Aufsichtsrats, § 43 Abs. 3 Satz 2 Mehrstimmrechte, § 43 Abs. 5 Satz 4 Voraussetzungen für Bevollmächtigte, § 43a Abs. 1 Einführung der VV, § 65 Abs. 2 Kündigungsfrist, § 68 Abs. 2 sonstige Ausschlussgründe, § 73 Abs. 4 Auszahlungsmodalitäten, § 76 Übertragung des Geschäftsguthabens, § 77 Fortsetzung der Mitgliedschaft durch Erben, § 78 Erfordernisse für Auflösung, § 87a Mehrheitserfordernisse für Einzahlungen auf Geschäftsguthaben, § 91 Abs. 3 Vermögensverteilung, § 121 Haftsummenausschluss. Die Satzungsautonomie (§ 18) erlaubt, weitere sinnvolle Regelungen in die Satzung aufzunehmen, soweit nicht gegen zwingendes Recht verstoßen wird. Die spartenbezogenen Mustersatzungen enthalten viele dieser empfehlenswerten Regelungen. Andererseits kann in der Satzung auch festgelegt werden, dass bestimmte Sachverhalte, wenn sie geregelt werden sollen, einer Satzungsbestimmung bedürfen. Die Satzung sollte aber nicht überfrachtet werden, so bieten sich für Fragen der Kundenbeziehung AGB an. Abs. 2 wurde durch Novelle 2006 eingeführt, um der eG die gleichen Optionen wie der SCE zu ermöglichen und ihr neue Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung zu eröffnen. 141
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II. Die einzelnen Fälle, die rechtswirksam nur in der Satzung geregelt werden können 2
1. Genossenschaft auf Zeit. Für die eG auf Zeit dürfte es kaum ein Bedürfnis geben. Soll die eG nur auf eine bestimmte Dauer angelegt sein, muss der Endtermin bestimmt, zumindest bestimmbar in der Satzung festgelegt werden. Dies kann ein Datum oder ein bestimmtes Ereignis1 sein; „Erreichen des Förderzwecks“ ist jedoch zu unbestimmt.2 Nach Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit ist die eG aufgelöst, § 79; der Vorstand hat dies dem Genossenschaftsregister unverzüglich zur Eintragung anzumelden, § 78 Abs. 2. Es folgt dann die Liquidation. Fortsetzung ist möglich, wenn die GV/VV dies beschließt, bevor mit der Vermögensverteilung begonnen worden ist, § 79a.
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2. Mitgliedschaft, abhängig vom Wohnsitz. Auch die Bindung der Mitgliedschaft an einen bestimmten Wohnsitz hat kaum mehr praktische Bedeutung. Der örtliche Bezirk braucht nicht konkret z.B. durch einen Gemeindenamen bezeichnet zu sein; es genügt jede klare Abgrenzung, die Schwierigkeiten bei der Anwendung des § 67 ausschließt. Eine satzungsmäßige Bindung der Mitgliedschaft an einen bestimmten Wohnsitz hat nicht die Unwirksamkeit des Beitritts solcher Personen zur Folge, die nicht in dem Bezirk wohnen. Sie führt auch nicht automatisch zum Verlust der Mitgliedschaft, wenn der Wohnsitz aufgegeben wird. Die in § 67 Abs. 1 genannte Kündigung des Mitglieds bewirkt das Ausscheiden zum Ende des Geschäftsjahres, ohne dass es der Einhaltung einer Kündigungsfrist bedarf. Wenn eine Mitgliedschaft entgegen einer Satzungsbestimmung über den Wohnsitz begründet wird und diese Tatsache bei Abgabe der Beitrittserklärung bekannt war, würde eine Berufung auf § 67 grundsätzlich gegen Treu und Glauben verstoßen.3 Mit der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitgesetzes im Jahre 1990 (s. Einf. 4 Rdn. 7) ist die Beschränkung des Geschäftsbetriebs für WohnGen auf einen bestimmten Bezirk entfallen. Will eine ehemals gemeinnützige WohnGen den Bereich, in dem sie ihre Tätigkeit ausübt, erweitern oder einschränken, bedarf es einer Satzungsänderung (§ 16). Gemeinnützigkeitsrechtliche Vorschriften, nach denen die Mitglieder nicht überwiegend „Angehörige des Baugewerbes“ seien und diese keinen bestimmenden Einfluss auf die Führung der Geschäfte ausüben dürfen, sind ebenfalls aufgehoben. Satzungsmäßige Verankerungen bleiben bis zu ihrer Änderung im Innenverhältnis wirksam (s. § 1 Rdn. 62). 5
3. Das Geschäftsjahr. Das Geschäftsjahr hat Bedeutung für die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung und den Jahresabschluss, § 336 HGB. Ein Jahresabschluss zu einem Zeitpunkt, der nicht dem Geschäftsjahr entspricht, ist nicht möglich. Erforderlichenfalls bedarf es einer Satzungsregelung i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 3. Aus dem Gesetzeswortlaut ist im Gegenschluss zu folgern, dass es einer Regelung in der Satzung nicht bedarf, wenn das Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr zusammenfällt. Das erste Geschäftsjahr beginnt mit der Eintragung und endet, wenn nichts anderes geregelt wurde, mit dem Ende des Kalenderjahres. Eine Regelung durch die Satzung ist dann notwendig, wenn das Geschäftsjahr, insbesondere das erste, eine kürzere Dauer als 1 Jahr haben soll. Damit wird erreicht, dass für die künftigen Geschäftsjahre Beginn und Ende insbesondere unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten festgelegt werden können. Das Geschäftsjahr kann kürzer als 12 Monate, jedoch nicht länger als 12 Monate sein (§ 240
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Parisius/Crüger/Citron § 8 Anm. 2. Beuthien GenG § 8 Rdn. 2. So auch Müller GenG § 8 Rdn. 5.
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Abs. 2 S. 2 HGB). Nachträglich kann das Geschäftsjahr durch Satzungsänderung verkürzt, verlängert oder in einen anderen Zeitraum gelegt werden. Die Satzungsänderung hat aber keine rückwirkende Kraft und daher auch keinen Einfluss auf das laufende Geschäftsjahr; sie ist nur möglich für künftige Geschäftsjahre.4 4. Qualifizierte Mehrheit in der Generalversammlung. Bei Beschlussfassungen 6 in der GV/VV gilt zunächst der Grundsatz des § 43 Abs. 2, wonach eine „Mehrheit der abgegebenen Stimmen“, also einfache Stimmenmehrheit erforderlich ist. „Einfache Stimmenmehrheit“ bedeutet eine Stimmenzahl, die die Hälfte der gültig abgegebenen Stimmen übersteigt; bei der Beschlussfassung über nur einen Antrag ist dies identisch mit „absoluter Stimmenmehrheit“. „Relative“ Mehrheit ist demgemäß nur bei zwei oder mehr Anträgen oder Vorschlägen denkbar, z.B.: Die erste Abstimmungsalternative hat mehr Stimmen erhalten als jede der beiden anderen. Daneben schreibt das Gesetz für Einzelfälle größere, qualifizierte Mehrheiten vor, z.B. in § 16 Abs. 2 für bestimmte Satzungsänderungen eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen. § 8 Abs. 1 Nr. 4 meint daher nur die Fälle, in denen das Gesetz nicht zwingend eine qualifizierte Mehrheit vorschreibt. Die vom Gesetz vorgeschriebene qualifizierte Mehrheit kann von der Satzung nur im Rahmen von § 18 S. 2 durch noch weitere Anforderungen abweichen, soweit dies jeweils ausdrücklich zugelassen ist (z.B. in § 16 Abs. 2 letzter Satz). Eine Beschlussfassung durch geringere als „einfache Mehrheit“ ist in der GV/VV 7 grundsätzlich ausgeschlossen (§ 43 Abs. 2). Soweit die Satzung aber geringere Mehrheiten zum Schutz von Minderheiten oder zur Sicherung einer demokratischen Meinungsbildung vorsieht, bestehen keine Bedenken; Beispiel: Eine Satzung sieht vor, dass die GV/VV mit 1/10 der abgegebenen Stimmen geheime Abstimmung verlangen kann. Es ist unzulässig, den Stimmen einzelner Mitglieder, z.B. der Stimme des Vorsitzenden, mehr Gewicht im Verhältnis zu den Stimmen anderer Mitglieder einzuräumen. Die Einräumung von Mehrstimmrechten, § 43 Abs. 3, bedeutet keinen Verstoß gegen diese Regelung. Im Übrigen kann die Satzung unbeschränkt höhere Qualifikationen oder sonstige Voraussetzungen für die Beschlussfassung enthalten, wie z.B. absolute Mehrheit, Einstimmigkeit in der Versammlung, Zustimmung aller Mitglieder, Anwesenheit einer Mindestzahl von Mitgliedern bei der Beschlussfassung, mehrmalige Abstimmung zum gleichen Beschlussgegenstand, evtl. mit unterschiedlichen Mehrheitsvoraussetzungen (Abs. 4). Als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz wäre es unzulässig, die Wirksamkeit eines Beschlusses abhängig zu machen z.B. von der Mehrheit in einer bestimmten Mitgliedergruppe.5 Zu den Besonderheiten bzgl. der investierenden Mitglieder vgl. Rdn. 13 ff. 5. Das Nichtmitgliedergeschäft. Die besondere Bedeutung dieser Frage folgt aus 8 dem Förderauftrag der eG. Da die eG den Zweck hat, ihre Mitglieder zu fördern, können „Zweckgeschäfte“ mit Nichtmitgliedern ohne diese zulassende Satzungsregelung nur gerechtfertigt sein, wenn sie der Mitgliederförderung dienen oder zumindest diese nicht behindern.6 Unter diesen Gesichtspunkten kann das (ergänzende) Nichtmitgliedergeschäft gerechtfertigt sein zur Auslastung freier Kapazitäten, zur Verbesserung der Stellung der eG am Markt, zum Zweck, neue Mitglieder zu gewinnen, zum Ausgleich kurz-
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4 KG JFG 23, 183; KG DR 42, 735. 5 So auch Müller GenG § 8 Rdn. 12. 6 Paulick S. 208; Westermann Rückvergütung, S. 7 u. ders. Zur Reform, Bd. 1, S. 95 ff.; zu „Das Nichtmitgliedergeschäft der Kreditgenossenschaften“ ausführlich auf der Grundlage empirischer Untersuchungen Kuhn Das Nichtmitgliedergeschäft bei Kreditgenossenschaften, Diss. 1984.
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fristiger Umsatzschwankungen.7 Durch Novelle 1973 wurde das Verbot von Nichtmitgliederkrediten bei Kreditgenossenschaften aufgehoben. Die Mitglieder sollen selbst entscheiden, ob sie eine Ausdehnung des Geschäfts auf 9 Nichtmitglieder für zweckdienlich ansehen. Die Zulassung von Zweckgeschäften mit Nichtmitgliedern kann daher nur durch die Satzung erfolgen; Einschränkungen dieser allgemeinen Zulassung können in der Satzung z.B. einer Geschäftsordnung vorbehalten werden. Nicht rechtmäßig wäre es, wenn die Satzung Nichtmitgliedergeschäfte nicht vorsieht, Ausnahmen aber einer Geschäftsordnung vorbehalten will. Nach OLG Düsseldorf8 stellt die Zulassung der Geschäfte mit Nichtmitgliedern durch Satzungsänderung eine wesentliche Änderung des Unternehmensgegenstands i.S.v. § 67a dar, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern ohne satzungsmäßige Zulassung sind rechtswirksam; die Leitung der eG verstößt jedoch gegen zwingende Regelungen und kann sich schadensersatzpflichtig machen. Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs auf Nichtmitglieder ist von der eG u.a. unter Gesichtspunkten der Mitgliederstruktur, Kapazitätsauslastung und der Eigenkapitalausstattung fortlaufend zu prüfen. Eine unbeschränkte Einbeziehung von Nichtmitgliedern in die Zweckgeschäfte kann dazu führen, dass ein Bedürfnis für den Beitritt zur eG nicht mehr zu erkennen ist, so dass der eG nicht mehr das erforderliche Eigenkapital (hier in Form von Geschäftsguthaben) zur Verfügung gestellt wird. Gegengeschäfte, Hilfsgeschäfte, Notgeschäfte und grundsätzlich auch Ergänzungs10 geschäfte werden von § 8 Abs. 1 Ziff. 5 nicht berührt; sie sind auch ohne Satzungsregelung zulässig.9 „Gegengeschäft“, z.B. der Verkauf von Getreide an eine Mühle (Nichtmitglied) durch eine landwirtschaftliche Absatzgenossenschaft; „Hilfsgeschäft“ – z.B. der Kauf des Betriebsgrundstücks, die Aufnahme von Darlehen usw.; „Notgeschäft“ – z.B. Verkauf verderblicher Ware an Nichtmitglieder. 10 Ergänzungsgeschäfte können ohne satzungsmäßige Zulassung gerechtfertigt sein z.B. zur Auslastung ungenutzter Kapazitäten. Problematisch wäre jedoch die bewusste Schaffung solcher Kapazitäten zur Ausnutzung durch Nichtmitglieder; dies bedürfte einer Regelung in der Satzung gemäß § 8 Ziff. 5. Zu weit geht die Zulassung von Nichtmitgliedergeschäften, um so günstigere Einkaufspreise zu erzielen.11 Auch wenn dies der Erfüllung des Förderauftrags dient, bedarf es zur Lösung dieses langfristigen, grundsätzlichen Problems eines Votums der Mitglieder durch Satzungsänderung. Vermietungsgenossenschaften (s.o. § 1 Rdn. 64) müssen bei der Entscheidung 11 über die Zulassung des ergänzenden Nichtmitgliedergeschäftes die Auswirkungen abwägen, die sich daraus für die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 2 KStG ergeben. Die Überlassung von Wohn- oder Gewerberaum sowie die Veräußerung von bebauten oder unbebauten Grundstücken oder von Wohnungs-/Teileigentum i.S.d. Wohnungseigentumsgesetzes gehört nicht zu den begünstigten Geschäften. Die Einnahmen hieraus fallen in den steuerpflichtigen Bereich. Überschreiten sie insgesamt die 10%-Grenze, ist die eG voll steuerpflichtig, § 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 2 KStG. Bei dem Umfang der nichtbegünstigten Geschäfte sollte umgekehrt geprüft werden, ob Tätigkeiten, die vorwiegend mit Nichtmitgliedern abgewickelt werden, nicht aus dem Geschäftskreis ausgelagert werden sollten, etwa auf eine – zu gründende – Tochtergesellschaft. Die Zulassung der Unterver-
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7 Vgl. Jahn S. 119 ff. 8 OLG Düsseldorf Urt. v. 21.6.1991, Az. 17 U 38/91. 9 Westermann Zur Reform, Bd. 1 S. 96. 10 Näheres zu den Begriffen: Weinerth HdG, Spalte 1289; zum Nichtmitgliedergeschäft: Westermann Zur Reform, Bd. 1, S. 95 ff.; Weippert Zur Reform, Bd. 1, S. 109 ff. 11 So Müller GenG § 8 Rdn. 15.
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mietung an Nichtmitglieder oder der Abschluss des Nutzungsvertrags mit dem Ehepartner des Mitgliedes gehört zum Mitgliedergeschäft (s. § 1 Rdn. 64, 82). Der bisherige Abs. 3, der sich auf Abs. 1 Nr. 5 bezog, wurde durch Novelle 2006 auf- 12 gehoben; die Vorschrift ging ins Leere, da für den Erwerb der Mitgliedschaft die Zulassung durch die eG genügt.12 III. Investierende Mitglieder (Abs. 2) Der durch Novelle 2006 eingeführte Absatz 2 eröffnet den eG die Option, nach dem 13 Vorbild der SCE-VO (Art. 14 Abs. 1) sog. investierende (nicht nutzende) Mitglieder zuzulassen; diese Regelung ist weder Schizophrenie noch Widersinn,13 zu Recht weist Beuthien darauf hin, dass der Förderauftrag weder durch die investierenden Mitglieder aufgehoben, noch durch sie in Frage gestellt wird.14 Damit werden nationale eG der SCE gleichgestellt, für die § 4 SCEAG die Zulassung solcher investierender Mitglieder durch die Satzung einer deutschen SCE ermöglicht. Die Zulassung investierender Mitglieder sei eine Alternative, Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich aus dem Grundsatz der Selbstorganschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 1 bei der Besetzung des Vorstands und des Aufsichtsrats mit geeigneten Personen ergeben können.15 Die Praxis hat dieses Problem in der Regel durch entsprechende Satzungsregelungen gelöst, die die Mitgliedschaft „Externer“ ermöglicht, sobald sie in den Aufsichtsrat oder Vorstand gewählt werden, vgl. § 9 Rdn. 13. Die Regelung soll die Möglichkeit der eG erweitern, neben Genussrechten, stillen Beteiligungen und nachrangigen Verbindlichkeiten außerhalb der Mitgliedschaft Eigenkapital zu generieren.16 Zwar wurde ohne größere Diskussion das Institut des investierenden Mitglieds in 14 das Statut der SCE aufgenommen, dessen Übernahme in das deutsche GenG hat jedoch zu erheblicher Kritik geführt.17 Die eG ist die einzige Rechtsform, die nur zu dem gesetzlich zugelassenen Zweck der Förderung der Mitglieder errichtet werden darf. Kennzeichnend ist die Identität zwischen Mitglied und Kunden. Verfolgt die eG andere als förderungswirtschaftliche Ziele, kann sie aufgelöst werden (§ 81 Abs. 1 Satz 2). Die herrschende Meinung hält daher die reine Dividendengenossenschaft für unzulässig. 18 Beuthien verweist zu Recht darauf, dass die eG dem Prinzip der Selbsthilfe verpflichtet ist und ohne staatliche Einflüsse als privatwirtschaftliches Gemeinschaftsunternehmen den Mitgliedern und nicht Dritten dienen soll.19 Die Kritik an den nicht nutzenden Mitgliedern weist er aber überzeugend mit dem Argument zurück, dass auch nicht mehr aktive Mitglieder, die demzufolge nicht mehr von der eG gefördert werden können, bei Wegfall der Beitrittsvoraussetzungen in der Regel nicht aus der eG ausgeschlossen werden oder die Satzung die Beendigung der Mitgliedschaft vorsieht.20 Saenger/Merkelbach meinen, der Zweck der naturalen Mitgliederförderung müsse hinter dem Ziel der Gewinnerwirtschaftung und Dividendenausschüttung zurücktreten. Verfolge man dieses Ziel, erhiel-
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12 BT-Drs. 16/1025 S. 82. 13 Blomeyer S. 63; Cario ZfgG 2005, 151. 14 Beuthien GenG § 8 Rdn. 15. 15 BT-Drs. 16/1025 S. 81. 16 Keßler BB 2006, 561 ff. 17 Beuthien AG 2006, 57 ff.; Cario ZfgG 2005, 151 ff.; Ringle ZfgG 2003, 165 f.; Saenger/Merkelbach BB 2005, 566 ff. 18 Parisius/Crüger/Citron § 1 Anmerkung 10; Paulick Die eingetragenen Genossenschaften 1956, § 5 II 1, S. 51. 19 Beuthien GenG § 1 Rdn. 38; ders. AG 2006 S. 54. 20 Beuthien AG 2006, S. 57.
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ten die nicht förderfähigen Mitglieder ausschließlich Dividende, und damit entginge ihnen der Gegenwert der naturalen Förderleistung.21 Diese Ansicht, in der Forderung nach schuldrechtlicher Lösung des Verteilungsproblems gipfelnd, verkennt, dass investierende Mitglieder nicht mehr als eine angemessene Kapitalrendite erwarten und unter diesen erkennbaren Bedingungen die investierende Mitgliedschaft erwerben. Die Definition des Begriffs der investierenden Mitglieder stimmt mit Artikel 14 Abs. 1 15 Unterabs. 2 SCE-VO überein. Entscheidendes Merkmal ist danach, dass diese Personen für die Nutzung oder Produktion der Güter bzw. die Nutzung oder Erbringung der Dienste der eG nicht in Frage kommen. Dies sei nicht der Fall, wenn ein Mitglied z.B. nach Beendigung seiner Berufstätigkeit, die durch den Beitritt zur eG gefördert werden sollte, oder nach Aufgabe seiner Wohnung bei einer WohnGen seine Mitgliedschaft fortsetzt; es bleibt dann weiterhin ordentliches Mitglied, da eine lediglich potentielle Förderbeziehung ausreicht.22 Diese Auffassung ist dogmatisch unsauber und entspricht nicht der Logik des Gesetzes. Differenziert das Gesetz zwischen förderfähigen und nicht förderfähigen Mitgliedern, ist es unerheblich, ob die Förderfähigkeit von Anfang an besteht oder während der Mitgliedschaft eintritt. In Anbetracht der Schwierigkeit, die Förderfähigkeit festzustellen und zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit über den Status des Mitglieds ist der Auffassung des Gesetzgebers aus pragmatischen Gründen zuzustimmen.23 Hinzu kommt, dass anderenfalls Kreditgenossenschaften und WohnGen keine investierenden Mitglieder aufnehmen könnten, da von diesen eG alle gefördert werden können; damit würde diesen eG der Zugang zu diesen Kapitalmitteln verwehrt.24 Richtig ist, dass ein investierendes Mitglied, das später die Förderfähigkeit erlangt, investierendes Mitglied bleibt, da es nicht gegen seinen Willen, den es bei Eintritt erklärt hat, zum Förderobjekt gemacht werden kann.25 Nicht praxisgerecht ist die Auffassung, es komme auf die objektive Unmöglichkeit der Förderfähigkeit und nicht auf den subjektiven Willen des Beitretenden an.26 Dies würde bedeuten, dass z.B. Berufsfremde als investierende Mitglieder beitreten können, objektiv Förderfähige könnten nur ordentliche Mitglieder werden, müssen die Förderleistungen aber nicht in Anspruch nehmen. Die Praxis wird ideologiefrei davon ausgehen, dass es zwei Gruppen von Mitgliedern gibt, für deren Einordnung die Aussage des Beitretenden entscheidend ist, zumal es weder eine Kontrolle noch eine Sanktion gibt, wenn ein förderfähiges Mitglied als investierendes beitritt. Die entscheidende Frage ist, kann und will der Beitretende die eG nutzen. Abwegig ist die Auffassung, nur natürliche Personen dürften investierende Mitglieder werden,27 eine derartige Differenzierung sieht das GenG an keiner Stelle vor. Die hier vertretende Auffassung entspricht dem Ziel, das mit der Einführung des investierenden Mitgliedes in der SCE und in der eG verfolgt wurde, die Erweiterung der Möglichkeiten, Eigenkapital zu beschaffen. Ein Mitglied kann zugleich investierendes und ordentliches Mitglied sein,28 hieraus ergeben sich zwei Mitgliedschaften der gleichen Person,29 ohne dass weitere Stimmrechte entstehen. Es ist dann in der Mitgliederliste sowohl als ordentliches als auch als investierendes zu führen. Beide Mitgliedschaften führen zu getrennten Geschäftsanteilen mit entsprechenden Guthaben. Dem steht die personalistische Ausgestaltung der eG nicht
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Saenger/Merkelbach BB 2005, 568. BT-Drs. 16/1025, 81. Zustimmend Beuthien in Festschrift für Schaffland S. 73 ff. Beuthien GenG § 8 Rdn. 12. Vgl. Beuthien in Festschrift für Schaffland S. 73 ff. Kober ZfgG 2010, 40. Schulze/Wiese fordern daher Klarstellung, ZfgG 2006, Fn. 87. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 8 Rdn. 19. Unklar insoweit Bauer a.a.O.
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entgegen.30 Diese besagt nur, dass die gesellschaftsrechtliche Beteiligung in der eG über die Mitgliedschaft getragen wird. Eine doppelte Mitgliedschaft kann z.B. auch durch Erbfall entstehen.31 Folgt man der Auffassung, dass die Einordnung als investierendes Mitglied von dem in der Erklärung abgegebenen Willen des Beitretenden und nicht von objektiven Kriterien abhängt,32 dann kann auch dem Erklärungswillen des Mitgliedes, als Unternehmer ordentliches und aus Privatinteressen investierendes Mitglied zu werden, entsprochen werden. Ebenso wie ein fliegender Wechsel zwischen ordentlicher und investierender Mitgliedschaft nicht möglich ist,33 kann durch die Satzung nicht geregelt werden, dass sich z.B. bei Wegfall der objektiven Förderfähigkeit die Mitgliedschaft automatisch umwandelt. Es bedarf einer satzungsgemäßen Beendigung der alten und Erwerb einer neuen unter den jeweils in Gesetz und Satzung festgelegten Voraussetzungen.34 Zwar geht die Gesetzesbegründung ohne weiteres davon aus, dass investierende 16 Mitglieder grundsätzlich die gleiche Rechtsposition wie ordentliche Mitglieder haben,35 die Literatur wiederholt unkommentiert diese Aussage;36 dies sagt jedoch nichts über den Umfang der notwendigen Differenzierung bzw. Beschränkung. Die Zulassung investierender Mitglieder bedeutet eine weitgehende Einschränkung des charakteristischen Merkmals der eG, deren ausschließlicher Zweck die Förderung ihrer Mitglieder ist. Hieraus müssen Konsequenzen für die Ausgestaltung der Rechte der investierenden Mitglieder gezogen werden. Um den Förderzweck nicht in Frage zu stellen, muss sichergestellt werden, dass die Entscheidungsbefugnis der GV/VV den zu fördernden Mitgliedern vorbehalten bleibt.37 Dem dient die mit § 30 Abs. 2 SCEAG übereinstimmende Vorschrift des Satzes 2, wonach die Satzung sicherzustellen hat, dass die zu fördernden Mitglieder nicht überstimmt und Beschlüsse, die nach Gesetz oder Satzung einer qualifizierten Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen bedürfen, von den investierenden Mitgliedern nicht verhindert werden können (vgl. auch § 43 Rdn. 80d). Die Beschränkung des Stimmrechts soll dagegen nicht in den Fällen bestehen, in denen die erforderliche Mehrheit für das Zustandekommen eines Beschlusses mit auf dem Votum der investierenden Mitglieder beruht.38 Dies ist ein Widerspruch, auch damit kann eine Entscheidung verhindert werden, nämlich die Ablehnung eines Beschlusses, der ansonsten durch die Sperrminorität von 25% der förderfähigen (ordentlichen) Mitglieder getragen würde. Auf eine zusätzliche Aufnahme der durch die SCE-Verordnung vorgeschriebenen 25%-Grenze für die Stimmrechte der investierenden Mitglieder (Artikel 59 Abs. 3 SCE-VO) wurde verzichtet, da bereits mit der Regelung in Abs. 2 Satz 3 eine ausreichende Begrenzung des Stimmgewichts der investierenden Mitglieder erreicht wird.39 Die Umsetzung dieser Regelung in der Satzung ist schwierig, insbesondere, wenn man den Einfluss der investierenden Mitglieder so wenig wie möglich und damit differenziert in Abhängigkeit von den jeweiligen Mehrheitserfordernissen einschränken möchte. Der völlige Stimmrechtsauschluss stellt dagegen die praktikablere Lösung dar. Auch wenn die Gesetzesbegründung
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30 So aber Beuthien GenG § 8 Rdn. 12; Kober ZfgG 2010, 44. 31 Vgl. § 77 Rdn. 12; Schaffland Die Vererbung, S. 27 ff. 32 Beuthien GenG § 8 Rdn. 12. 33 Kober ZfgG 2010 S. 45. 34 Beuthien GenG § 8 Rdn. 12 fordert nur eine Beitrittserklärung, keine vorherige Beendigung der ordentlichen Mitgliedschaft. 35 BT-Drs. 16/1025, 82. 36 Vgl. Saenger/Merkelbach DB 2005, 567. 37 BT-Drs. 16/1025, 81. 38 BT-Drs. 16/1025, 82. 39 BT-Drs. 16/1025, 82.
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Anderes suggeriert,40 ist ein völliger Ausschluss der Stimmrechte der investierenden Mitglieder durch die Satzung zulässig und nicht durch § 18 ausgeschlossen (vgl. § 18 Rdn. 3). Zwar spricht die Gesetzesbegründung davon, dass die investierenden Mitglieder insbesondere Stimm- und Kündigungsrechte haben,41 das schließt jedoch nicht aus, dass ihnen das Stimmrecht durch die Satzung genommen werden kann. Die bisher meist deskriptive Literatur zur SCE-VO und Novelle 2006 wiederholt die Gesetzesbegründung.42 Das Stimmrecht wird in Art. 59 SCE-VO bereits eingeschränkt, mit dem Ziel, den zu fördernden Mitgliedern die alleinige Entscheidung zu überlassen. Zwar dürfen die investierenden Mitglieder eine Entscheidung mittragen, nicht aber herbeiführen oder verhindern. Ausgehend von dem nach SCE-VO, SCEAG und GenG vorgesehenen maximalen Quorum von 75%, hat die SCE-VO das Stimmrecht der investierenden Mitglieder auf 25% beschränkt. Die Satzungen der eG sehen aber in bestimmten Fällen, z.B. Fusionen (in Einklang mit der Ermächtigung zu höheren Mehrheitserfordernissen als 3/4 in § 84 UmwG), eine Zustimmung von 9/10 aller anwesenden Stimmen vor. Um in den Satzungen die Dominanz der investierenden Mitglieder im vom Gesetzgeber verlangten Umfang sicherzustellen, müssen für Beschlüsse, die mit 9/10-Mehrheit zu fassen sind, die Stimmrechte aller investierenden Mitglieder auf 10% beschränkt werden; dem folgen die Mustersatzungen. Bedenkt man weiterhin, dass das Mehrstimmrecht eines (Unternehmer-)Mitglieds auf 10% beschränkt ist (§ 43 Abs. 4), mithin ein Mehrstimmrechtsinhaber alle investierenden Mitglieder abstimmungsmäßig ausschalten kann, ist kein Grund ersichtlich, ihnen das Stimmrecht nicht vollständig zu entziehen. Dies dient sowohl der Vereinfachung der Abstimmungsverfahren als auch einer umfassenden, offenen Aufklärung der investierenden Mitglieder über ihre Einflussmöglichkeiten in der GV/VV. Das alleinige Investitionsinteresse berechtigt diese Mitglieder nicht, die Geschäftspolitik und damit förderungsrelevante Entscheidungen mitzubestimmen. Die optionale Einführung investierender Mitglieder ist bereits die Durchbrechung des genossenschaftlichen Prinzips, der satzungsgemäße Entzug des Stimmrechts nur dessen logische Folge. Letztlich handelt es sich bei der investierenden Mitgliedschaft ausschließlich um eine auf Kapitalinteressen gestützte Beteiligung; die Bezeichnung Mitgliedschaft wurde schon in der SCE nur gewählt, weil eine andere Beteiligungsmöglichkeit in einer personalistischen Gesellschaft nicht gesehen wurde. Dies zwingt aber dazu, diese Beteiligungsart auf das Wesentliche und allein Gewollte zurückzuführen. Die bisher allein zulässige Alternative war die stille Beteiligung oder der Genussschein/das Genussrecht, die ebenfalls nicht mit weitergehenden Mitgliedschaftsrechten ausgestaltet sind. Soweit Beuthien darauf verweist, auch investierende Mitglieder seien an den Förderzweck gebunden, schließt dies die Dominanz des Kapital-/Renditeinteresse nicht aus, zumal diese Bindung an den Förderzweck letztlich nur ggfs. zur Verpflichtung zur Uneigennützigkeit führt.43 Der Verweis auf §§ 43 Abs. 3 S. 1 und 18 S. 244 überzeugt ebenfalls nicht; die zwingende Stimmrechtsbeschränkung des Abs. 2 S. 2 hebt den gesetzlichen und durch Satzungsregelung nicht zu durchbrechenden Grundsatz, dass jedes Mitglied ein Stimmrecht hat, bereits auf. Nicht nachvollziehbar ist die Auffassung, ein Stimmrechtsauschluss hätte ausschließlich in § 43 und nicht in § 8 geregelt werden müssen.45 Die Wirksamkeit und Auslegungsfähigkeit einer gesetzlichen Regelung hängt nicht von der Stelle ab, an der es der Gesetzgeber ge-
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BT-Drs. 16/1025, 82. BT-Drs. 16/1025, 82. Großfeld ZfgG 2006, 102; Saenger/Merkelbach BB 2005, 568. Beuthien GenG § 8 Rdn. 15. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 8 Rdn. 13. Kober ZfgG 2010, 49.
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Satzungsvorbehalt für einzelne Bestimmungen | § 8
regelt hat, selbst wenn es systematisch bessere Varianten gibt. Der Ausschluss des Stimmrechts ist eine „geeignete Regelung“ i.S.v. § 8 Abs. 2 S. 2 und setzt den Gleichbehandlungsgrundsatz außer Kraft, auf den Bauer die Ablehnung des völligen Stimmrechtsauschlusses stützt.46 Auch die Tatsache, dass nicht mehr aktive, die eG daher nicht mehr nutzende Mitglieder nicht automatisch ihren Status wechseln, sondern alle Mitgliedschaftsrechte behalten sollen, spricht für die hier vertretene Auffassung; verbindet doch ein inaktiv gewordenes Mitglied mehr mit „seiner“ eG als nur das Interesse an einer Kapitalrendite. Bösche weist zutreffend darauf hin, dass mit der Novelle 2006 die Satzungsautonomie gestärkt werden sollte und das Stimmrecht im allgemeinen Gesellschaftsrecht durch Satzungsregelung entziehbar ist.47 Es bietet sich eine differenzierte (längere) Kündigungsfrist für investierende Mitglieder ebenso wie eine Mindestverzinsung oder verbesserte Dividendenregelung für diese Mitgliedergruppe an. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann hierin nicht gesehen werden, dies findet seine Rechtfertigung in dem besonderen Typus der investierenden Mitglieder. Die zusätzlichen Regelungen in Satz 3 über die jeweilige Zulassung des investieren- 17 den Mitglieds und in Satz 4 über die Zahl investierender Mitglieder im Aufsichtsrat wurden im Interesse einer im Wesentlichen einheitlichen Regelung für nationale eG und SCE aus Artikel 14 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 und Artikel 39 Abs. 3 SCE-VO übernommen. Es dürfte zulässig sein, durch Satzungsregelung den investierenden Mitgliedern das passive Wahlrecht zu nehmen. Die für die Zulassung investierender Mitglieder notwendige Satzungsänderung bedarf nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses der GV. Anders als in § 15, der nur von der Zulassung des Mitglieds spricht und es der Satzung überlässt, abweichend vom Grundprinzip der Leitung durch den Vorstand der GV/VV oder dem Aufsichtsrat die Zulassung zu übertragen, ist gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 die Zulassung jedes einzelnen Mitglieds durch den Vorstand an die Zustimmung der GV oder durch Satzungsregelung an deren Stelle des Aufsichtsrats erforderlich. Die Regelung ist unverständlich. Die entscheidende Frage für eine eG ist die Aufnahme eines aktiven förderfähigen Mitglieds; hiermit können für die eG und die bestehenden Mitgliedschaften weitreichende Konsequenzen abhängen; z.B. bei Aufnahme eines Wettbewerbers in eine gewerbliche eG. Dagegen geht der Aufnahme eines investierenden Mitglieds der grundsätzliche Zulassungsbeschluss durch Satzungsänderung oder bei Neugründung durch entsprechende Satzungsregelung voraus. Die Aufnahme eines einzelnen Mitglieds, das, da nur investierend, im Geschäftsablauf und in der Gestaltung der eG keine eigenständige Bedeutung hat bzw. haben will, hätte daher an keine weitergehende Zustimmung geknüpft werden müssen. Empfehlenswert erscheint es, in der Satzung bereits festzulegen, ob die investierenden Mitglieder eine bestimmte Anzahl oder ihre Geschäftsguthaben einen bestimmten Kapitalanteil nicht überschreiten dürfen und ob sie Stimmrecht und passives Wahlrecht haben. Daran anknüpfend kann durch Grundsatzbeschluss des Aufsichtsrats der Einzelzulassung durch den Vorstand pauschal zugestimmt werden. Investierende Mitglieder dürfen nur maximal ein Viertel der Mitglieder des Aufsichtsrats stellen. In einem mitbestimmten Aufsichtsrat ist dies bereits ein sehr weitgehender Einfluss. Da § 8 Abs. 2 letzter Satz eine Maximalregelung darstellt, ist das passive Wahlrecht von investierenden Mitgliedern in den Aufsichtsrat nicht zwingendes Recht im Sinne von § 18 (vgl. § 18 Rdn. 8).
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46 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 8 Rdn. 26. 47 Bösche in Festschrift für Schaffland, S. 87 ff.; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 8 Rdn. 26; diff. Beuthien GenG § 8 Rdn. 14.
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§ 8a | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
Wegen der Besonderheiten, die für die investierenden Mitglieder vor allem hinsichtlich ihres Stimmrechts gelten, ist es notwendig, diese Mitglieder in der Mitgliederliste als investierende Mitglieder zu kennzeichnen.48 Eine gesetzliche Regelung ist hierfür nicht erforderlich, da der Angabenkatalog in § 30 Abs. 1 nicht abschließend ist. Die Beitrittserklärung sollte ebenfalls einen entsprechenden Hinweis auf den Status des Mitglieds als „investierendes“ enthalten. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) 18
Gemäß Art. 61 Abs. 3 SCE-VO kann das Statut größere Mehrheiten oder andere Erfordernisse für Beschlüsse verlangen. Gemäß § 4 SCEAG wurde von der Möglichkeit, investierende Mitglieder zuzulassen, Art. 14 Abs. 1 Unterabsatz 2 SCE-VO, Gebrauch gemacht. Die SCE kann durch entsprechende Satzungsregelung investierende Mitglieder zulassen. § 14 Abs. 2 SCE-VO definiert die investierenden Mitglieder als Personen, die für die Nutzung oder Produktion der Güter und die Nutzung oder Erbringung der Dienste der SCE nicht in Frage kommen. Der Erwerb der Mitgliedschaft bedarf der Zustimmung der GV oder der Zustimmung des Organs, dem von der GV durch die Satzung entsprechende Entscheidungsbefugnis übertragen wurde, Art. 14 Abs. 1 2. Unterabschnitt. Juristische Personen sind nutzende Mitglieder, wenn deren Mitglieder als natürliche Personen nutzende Mitglieder sind. Gemäß Art. 59 Abs. 3 SCE-VO sind die Stimmrechte investierender Mitglieder entsprechend dem Recht des Sitzstaats ausgestaltet. Allerdings dürfen nicht nutzenden Mitgliedern nicht mehr als 25% der gesamten Stimmrechte zustehen. § 30 SCEAG legt fest, dass jedes investierende Mitglied eine Stimme hat. Die Satzung der SCE muss durch geeignete Regelungen sicherstellen, dass investierende Mitglieder die anderen Mitglieder in keinem Fall überstimmen können und dass Beschlüsse der GV, für die nach Gesetz oder Satzung eine Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen vorgeschrieben ist, durch investierende Mitglieder nicht verhindert werden können.
§ 8a Mindestkapital § 8a Mindestkapital (1) In der Satzung kann ein Mindestkapital der Genossenschaft bestimmt werden, das durch die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens von Mitgliedern, die ausgeschieden sind oder einzelne Geschäftsanteile gekündigt haben, nicht unterschritten werden darf. (2) Bestimmt die Satzung ein Mindestkapital, ist die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ausgesetzt, solange durch die Auszahlung das Mindestkapital unterschritten würde. Das Nähere regelt die Satzung. 1
§ 8a wurde durch die Novelle 2006 eingeführt. Damit wurde sowohl der Gleichklang mit Art. 3 der SCE-VO hergestellt als auch eine Möglichkeit geschaffen, das Problem, das durch die Vorschrift von IFRS, IAS 32 entstanden war (kündbare Geschäftsguthaben werden nicht als Eigenkapital im Sinne des IAS 32.18 (b) angesehen, vgl. Rdn. 3), zu lösen.
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BT-Drs. 16/1025, S. 82.
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Mindestkapital | § 8a
Im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften ist für eG nach geltendem Recht kein ge- 2 setzliches Mindestkapital vorgeschrieben, da wegen der erheblichen Unterschiede der Unternehmensgrößen bei eG ein einheitliches Mindestkapital nicht sachgerecht bestimmt werden könnte.1 Die personalistische Ausrichtung, der leichte Ein- und Austritt, d.h. die wechselnde Mitgliedschaften passen ebenfalls nicht zu einem festen Mindestkapital.2 Mit dem neuen § 8a soll jedoch in Anlehnung an die Regelung in Art. 3 der SCE-VO den eG die Möglichkeit gegeben werden, in der Satzung ein Mindestkapital festzusetzen, das nicht unterschritten werden darf. Wird in der Satzung ein Mindestkapital festgesetzt, folgt daraus keine entsprechende Einzahlungsverpflichtung, sondern nur ein Auszahlungsverbot bei Unterschreitung.3 Rechtliche Bedenken bestehen gegenüber § 8a nicht, zumal bei Neueinführung des Mindestkapitals den Mitgliedern ein Kündigungsrecht zusteht (§ 67a).4 Eine eG kann durch die Einführung eines solchen Mindesteigenkapitals ihre Kreditfähigkeit unter Umständen maßgeblich verbessern. Nach Abs. 1 bleibt es der Satzung überlassen, die Höhe des Mindestkapitals und die Art seiner Berechnung festzusetzen.5 Zwingendes Merkmal des Mindestkapitals ist nur, dass im Fall des Ausscheidens von Mitgliedern oder bei Kündigung einzelner Geschäftsanteile nach § 67b das Geschäftsguthaben nicht zurückgezahlt werden darf, solange dadurch das Mindestkapital unterschritten würde. Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben ist danach aufschiebend bedingt, gleichwohl endet die Mitgliedschaft mit allen Rechten und Pflichten entsprechend den Fristen der Satzung.6 Für nicht kapitalmarktorientierte eG dürfte auch in Anbetracht der zahlreichen mit dieser Vorschrift verbundenen Fragen7 eine freiwillige Einführung eines Mindestkapitals ebenso wie eine Regelung nach § 73 Abs. 4 nicht zu empfehlen sein. Ab Januar 2005 gilt aufgrund der sog. IAS-Verordnung8 für kapitalmarktorientierte 3 Konzerne die Verpflichtung, die IFRS (Internationale Financial Reporting Standards)9 anzuwenden. Ergänzend zu den IFRS sind die IFRIC als verbindliche Interpretation heranzuziehen. Entscheidend für die Frage der Bilanzierung des Eigenkapitals der Genossenschaften ist IAS 32, der die Aufnahme von Kapital aus Sicht des bilanzierenden Unternehmens als Emission von Finanzinstrumenten interpretiert. IAS 32 definiert ein Finanzinstrument, das den Inhaber zur Rückgabe an Emittenten gegen flüssige Mittel oder andere finanzielle Vermögenswerte berechtigt (kündbare Finanzinstrumente), als Verbindlichkeit. Dies ist dann der Fall, wenn der Inhaber aufgrund der rechtlichen Gestaltung bei Kündigung Rückzahlung verlangen kann. Da die eG dem ausgeschiedenen Mitglied das Geschäftsguthaben im Wege des Auseinandersetzungsanspruchs zurückzuzahlen hat, ist nach IAS/IFRS 32 das Geschäftsguthaben eine Verbindlichkeit und kein Eigenkapital.10 Nicht anerkannt als ausreichendes Kriterium wurde, dass das Geschäftsguthaben für laufende Verluste im Rahmen der Liquidation der eG haftet;11 anders ausgedrückt: Gemäß § 2 haftet für die Verbindlichkeit der Genossenschaft das Vermögen, das sich, abgesehen von Rücklagen und Reserven, aus den Geschäftsguthaben zusam-
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BT-Drs. 16/1025. Vgl. Beuthien GenG § 8a Rdn. 3. Schulze/Wiese ZfgG 2006, 108, 123. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 8a Rdn. 18. BT-Drs. 16/1025, 82; s. hierzu Korte/Schaffland S. 23. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 8a Rdn. 23. Bonow in Festschrift für Schaffland, S. 25. § 315a Abs. 2 i.V.m. EU-VO 1606/2002 vom 16.6.2002; EU-VO 1725/2003, der EU-VO 2237/2004. EU VO 1073/2005 vom 7.7.2005 ABl. L 175. Kritisch hierzu Leuschner/Weller Wpg 2005, 266 ff. Leuschner/Weller Wpg 2005, 261 ff.
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§ 8a | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
mensetzt. Die Auslegungsgrundsätze zu IFRS legen in IFRIC 2.7 fest, dass Geschäftsguthaben Eigenkapital sind, wenn der eG das unabdingbare Recht zusteht, die Rückzahlung der Guthaben zu verweigern; ob die Auszahlung tatsächlich unterbleibt, ist hingegen unerheblich.12 Diesem Prinzip entspricht § 73 Abs. 4. Gem. IFRIC 2.8 stellt das Geschäftsguthaben Eigenkapital dar, wenn eine gesetzliche oder statutarische Regelung durch Festlegung eines Mindestkapitals die Auszahlung bei dessen Unterschreitung verbietet. Der darüber hinausgehende Betrag der Geschäftsguthaben ist Fremdkapital (IFRIC 2.9). Im Vorgriff auf diese Entwicklung wurde in der Novelle 2006 in § 8a die Möglichkeit geschaffen, ein Mindestkapital festzulegen. Da in § 8a Abs. 2 die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthaben solange ausgesetzt wird, wie durch die Auszahlung das Mindestkapital unterschritten würde, entfällt die Einstufung des Geschäftsguthabens als Verbindlichkeit zugunsten der Bilanzierung als Eigenkapital.13 Gleiches gilt, sofern von der Option des § 73 Abs. 4 Gebrauch gemacht wird. 2009 hat das nicht-staatliche IASBoard die IFRS für SME veröffentlicht. Dieses Regelungswerk wird ganz überwiegend abgelehnt, da es nur ungenügend auf die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen eingeht. Neben der Kritik an der Legitimation des IAS-Boards, der mangelnden Einbindung von Experten aus dem Kreis der KMU und der Ungeeignetheit der full IFRS als Ausgangsbasis für Rechnungslegung der KMU wird ein Bedürfnis an IFRS für SME bezweifelt.14 Es deutet sich an, dass die EU im Rahmen der Überarbeitung der einschlägigen Richtlinien die nationale (optionale)Anwendung von IFRS tolerieren wird. Eine alternative Bilanzierung neben dem HGB ist für Deutschland jedoch nicht zu erwarten. Hinsichtlich des Eigenkapitalausweises verbleibt es bei der Problematik der IAS 32. 2008 hat das IAS Board die Diskussion über eine Neufassung eröffnet, in 2010 jedoch wegen der Unvereinbarkeit der divergierenden Ansätze die gemeinsame Suche mit dem FASB bis auf Weiteres abgebrochen.15 Die Satzung kann als Mindestkapital eine bestimmte Summe nennen oder nur die 4 Art der Berechnung des Mindestkapitals regeln. Pragmatisch dürfte die Festsetzung eines Prozentsatzes nach dem Betrag der gezeichneten Geschäftsanteile oder des eingezahlten Geschäftsguthabens sein.16 Ein fester Betrag muss entweder angepasst werden, wenn sich die Mitgliederzahl erhöht oder die Möglichkeit, neu hinzukommende Geschäftsguthaben auch unter den Voraussetzungen der IFRS als Eigenkapital zu bilanzieren, wird vergeben; bei – saldiert – höherer Austrittsrate wird eine Herabsetzung notwendig, um die Auseinandersetzungsansprüche bedienen zu können. Die Anknüpfung an einen Prozentsatz des Gesamtbetrags aller Geschäftsguthaben zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres führt ohne jeweilige Satzungsänderung zu einem der Mitgliederentwicklung angepassten Mindestkapital. Es empfiehlt sich, die bisherige Mitgliederentwicklung, z.B. ein bisheriges Abschmelzen von jährlich bis zu 3% der Geschäftsguthaben, dadurch zu berücksichtigen, dass das Mindestkapital auf 97% der Summe der Geschäftsguthaben festgelegt wird. Das Mindestkapital ist dadurch keineswegs nur bestimmbar, sondern ergibt sich eindeutig – wie bisher – aus der Bilanz; der Gläubigerschutz bleibt unverändert. Bleibt die Mitgliederentwicklung in diesem Rahmen, können alle Auseinandersetzungsansprüche befriedigt werden, ohne dass das Mindestkapital unterschritten würde; zugleich ist eine optimal hohe Summe als Mindestkapital bilanzierungsfähig.
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12 EU VO 1073/2005 ABl. L 175/3 vom 8.7.2005. 13 Vgl. Helios/Strieder DB 2005, 2797. 14 Vgl. Fülbier/Gassen/Ott IFRS for European Small and Medium-Sized Entities? A Theoretical and Empirical Analysis, DB 2010, 1357. 15 Grundsätzlich zur IFRS Thematik Peemöller/Schmalz ZfgG 2007, 204 ff. 16 BT-Drs. 16/1025, 82.
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Mindestkapital | § 8a
Bei – saldiert – wachsender Mitgliederzahl wächst das Mindestkapital entsprechend, ohne dass es einer Satzungsänderung bedarf. Für eG mit einem hohen zu finanzierenden Anlagevermögen (z.B. WohnGen oder Energie-eG) bietet es sich an, die Berechnung an mit diesem Finanzbedarf korrespondierende Bilanzposten zu knüpfen. Beuthien fordert entgegen der Gesetzesbegründung einen betragsmäßig in der Satzung festgelegten Betrag und begründet dies mit dem Gläubigerschutz; dabei wird nicht berücksichtigt, dass sich auch in diesen Fällen das Mindestkapital aus der ebenso leicht wie die Satzung für den Gläubiger zugänglichen Bilanz ergibt, § 337 Abs. 1 HGB.17 Der Begriff „Mindestkapital“ ist nicht definiert. Gem. § 337 Abs. 1 Satz 6 HGB ist ein Mindestkapital gesondert anzugeben. Das Mindestkapital kann sich folglich nur auf den Passivposten „Eigenkapital“ beziehen. In § 272 HGB ist der Bilanzposten Eigenkapital das gezeichnete Kapital (Geschäftsguthaben) und die Kapital- und Ergebnisrücklagen sowie Vortrag aus Bilanzgewinn. Da Motiv und Anlass für diese Regelung der Erhalt der Geschäftsguthaben als personifiziertes Eigenkapital ist und unter Hinweis auf § 7 AktG und 5 Abs. 1 GmbHG, in denen der Mindestnennbetrag des Grundkapitals oder das Mindeststammkapital gemeint ist, meint § 8a die Geschäftsguthaben, wenn das Gesetz von Mindestkapital spricht.18 Nur diese Auslegung passt zur Rechtsfolge des Auszahlungsverbots beim Unterschreiten des Mindestkapitals. Die Aussetzung der Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nach § 73 Abs. 2 5 Satz 3 ist in Abs. 2 Satz 1 zwingend festgelegt. Der Satzung bleibt es nach Abs. 2 Satz 2 überlassen, die Modalitäten der Auszahlung, insbesondere wenn mehrere Mitglieder von der Aussetzung betroffen sind, zu regeln. Nicht empfehlenswert ist ein „Windhundverfahren“, d.h. die Auseinandersetzungsansprüche werden in der Reihenfolge des Kündigungseingangs erfüllt. Dies birgt zudem die Gefahr von Vorratskündigungen. Dem Gleichbehandlungsgrundsatz gerecht wird die Regelung, die Auseinandersetzungsansprüche prozentual im Verhältnis des gekündigten zum auszahlungsfreien Betrag des Kapitals zu bedienen. Schweigt die Satzung, sind die Auseinandersetzungsguthaben nach der Reihenfolge des Kündigungseingangs zu bedienen. Beuthien knüpft an den Zeitpunkt des Ausscheidens an. Entsprechend dem Gleichbehandlungsgrundsatz sind gleichberechtigte Ausscheidende anteilig zu bedienen.19 Bonow schlägt mit guten Gründen vor, das wegen Unterschreitens des Mindestkapitals von der Auszahlung ausgeschlossene Kapital in einen Unterposten zum Geschäftsguthaben als „Nach § 8a GenG ausgesetztes Auseinandersetzungsguthaben“ zu bilanzieren.20 Der Auszahlungsanspruch ist bis zum dem Zeitpunkt, zu dem das Mindestkapital wieder erreicht wird, lediglich ausgesetzt, aber verpfänd- und abtretbar.21 Mangels Mitgliedschaft ist der Anspruch weder verzinsbar noch mit einer Dividende zu bedienen. Beuthien hält daher § 160 Abs. 1 HGB für analog anwendbar mit der Folge, dass nach fünf Jahren der Auseinandersetzungsanspruch zwingend auszuzahlen ist.22
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17 A.A. Beuthien GenG § 8a Rdn. 3, der übersieht, dass das Mindestkapital nur optional und nicht zur Stärkung des Gläubigerschutzes eingeführt wurde; eher ablehnend auch Gschwandtner/Müller ZfgG, 2008, 125. 18 So im Ergebnis auch Bonow in Festschrift für Schaffland, S. 19 ff. Demzufolge ist in Umsetzung des § 8a für die Mustersatzungen folgender Text vorgeschlagen: Das Mindestkapital beträgt …% des Gesamtbetrages der Geschäftsguthaben zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres. 19 Beuthien GenG § 8a Rdn. 4. 20 Bonow in Festschrift für Schaffland S. 25. 21 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 8a Rdn. 22. 22 Beuthien GenG § 8a Rdn. 4.
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§ 9 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
Europäische Genossenschaft (SCE) 6
Gemäß Art. 3 Abs. 1 SCE-VO ist von der Europäischen Genossenschaft (SCE) ein Mindestkapital festzulegen. Das Mindestkapital muss mindestens € 30.000,00 betragen. Der in der Satzung festgelegte Betrag i.S. eines Mindestkapitals kann bei Rückzahlung der Geschäftsguthaben durch Ausscheiden der Mitglieder nicht unterschritten werden. Der Anspruch aus der SCE ausscheidender Mitglieder auf Rückzahlung ihrer Geschäftsguthaben ist so lange ausgesetzt (Art. 16 SCE-VO), solange diese Rückzahlung ein Absinken des Grundkapitals unter den vorgeschriebenen Mindestbetrag zur Folge hätte.
§9 Vorstand; Aufsichtsrat § 9 Vorstand; Aufsichtsrat (1) Die Genossenschaft muss einen Vorstand und einen Aufsichtsrat haben. Bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern kann durch Bestimmung in der Satzung auf einen Aufsichtsrat verzichtet werden. In diesem Fall nimmt die Generalversammlung die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats wahr, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats müssen Mitglieder der Genossenschaft und natürliche Personen sein. Gehören der Genossenschaft eingetragene Genossenschaften als Mitglieder an, können deren Mitglieder, sofern sie natürliche Personen sind, in den Vorstand oder Aufsichtsrat berufen werden; gehören der Genossenschaft andere juristische Personen oder Personengesellschaften an, gilt dies für deren zur Vertretung befugte Personen. (3) Der Vorstand einer Genossenschaft, die der Mitbestimmung unterliegt, legt für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands Zielgrößen fest. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. (4) Ist bei einer Genossenschaft, die der Mitbestimmung unterliegt, ein Aufsichtsrat bestellt, legt dieser für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.
I.
II.
Übersicht Die Organe der Genossenschaft | 1–11 1. Die notwendigen Organe der Genossenschaft (Abs. 1) | 1–7 2. Verzicht auf Aufsichtsrat | 8 3. Notbestellung (§ 29 BGB) | 9 4. Weitere Organe | 10–11 Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat müssen Mitglieder der Genossenschaft sein (Abs. 2) | 12–17 1. Bedeutung | 12–13
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Wahl von Nichtmitgliedern | 14–16 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat | 17 Ausnahmen vom Prinzip der Selbstorganschaft | 18–19 Zielgrößen für den Frauenanteil in Vorstand, Aufsichtsrat und Führungsebenen (Abs. 3 u. 4) | 19a Europäische Genossenschaft (SCE) | 20 2. 3.
III. IV.
V.
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Vorstand; Aufsichtsrat | § 9
I. Die Organe der Genossenschaft 1. Die notwendigen Organe der Genossenschaft (Abs. 1). Jede eG muss drei Orga- 1 ne haben: einen Vorstand, dem die Geschäftsführung und gesetzliche Vertretung obliegt, „Leitung“ §§ 24–35, einen Aufsichtsrat als Überwachungsorgan, §§ 36–41 und die Generalversammlung (GV) als oberstes Willensorgan §§ 43 ff. Durch die Novelle zum GenG 1973 wurden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Organe klar i.S. einer „Gewaltenteilung“ gegeneinander abgegrenzt. Ursprünglich waren für die eG nur zwei Organe zwingend vorgeschrieben, nämlich Vorstand und GV. Der durch die Novelle 2006 eingeführte Abs. 1 Satz 2 ermöglicht es eG mit sehr kleiner Mitgliederzahl, durch Bestimmung in der Satzung auf die Bildung eines Aufsichtsrats zu verzichten (Näheres Rdn. 8). Dies ist auch im Hinblick auf die Änderung des § 4 notwendig, nach dem eG mit nur drei Mitgliedern zugelassen werden. Die Absätze 3 und 4 sind durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst1 ergänzt worden. Der Aufsichtsrat wurde aufgrund des Bedürfnisses der Praxis als notwendiges Organ erst durch Gesetz von 1889 eingeführt. Anders als bei der SCE können Vorstand und Aufsichtsrat nicht zum Board zusammengefasst werden; als solches können auch die in den Mustersatzungen vorgesehenen gemeinsamen Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat nicht verstanden werden. Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat müssen natürliche Personen sein; juristische Personen sind zwar rechtsfähig, nicht jedoch handlungsfähig. Es bedarf der Bestellung natürlicher Personen als handelnde Organe.2 An die Stelle der GV tritt unter den Voraussetzungen des § 43a die Vertreterversammlung (VV). Die GV bedurfte keiner Regelung in § 9, da sie sich als Versammlung der Mitglieder aus der Struktur der eG von selbst versteht. Für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern bei Kreditgenossenschaften und 2 WohnGen mit Spareinrichtung (vgl. Einf. Rdn. 7) sind die besonderen Vorschriften des KWG zu beachten, insbesondere der Begriff des Geschäftsleiters (§ 1 Abs. 2 KWG) sowie die Voraussetzungen der Versagung der erforderlichen Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften (§ 33 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4, 4a, 4b sowie Abs. 2 KWG). Die Bestellung eines Geschäftsleiters ist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG der BaFin zu melden, zusammen mit den Tatsachen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung wesentlich sind. Gemäß § 1 Abs. 2 KWG sind Geschäftsleiter natürliche Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung berufen sind. Geschäftsleiter i.S.v. § 1 Abs. 2 KWG sind alle Vorstandsmitglieder, auch wenn sie nur ehrenamtlich tätig sind, allerdings müssen sie die gleichen Anforderungen erfüllen, wie die hauptamtlichen Vorstandsmitglieder.3 Entsprechendes gilt auch für stellvertretende Vorstandsmitglieder (Erl. zu § 35); dies ist folgerichtig im Hinblick auf § 27 und § 35 GenG. Der Begriff des Ehrenamts im Vorstand (vgl. § 24 Rdn. 31) hat seine Grundlage in der 3 Regelung von § 24 Abs. 3 S. 1, wonach Vorstandsmitglieder „besoldet oder unbesoldet“ sein können. Über die Kompetenz und Verantwortung im Leitungsorgan Vorstand sagt dies nichts. Die Diskussion um das Ehrenamt im Vorstand geht daher nicht um die Besoldung, sondern um die Frage, ob nicht ständig im Vorstand tätige und möglicherweise fachlich weniger qualifizierte Personen in der Leitungsverantwortung des genossen-
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Art. 17 d. G. v. 24.4.2015, BGBl. I S. 642. Vgl. zur organschaftlichen Vertretung Beuthien NJW 2005, 857. Reischauer/Kleinhans KWG § 1 Anm. 277; § 64.
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§ 9 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
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schaftlichen Unternehmens stehen können. Dies hat Bedeutung vor allem in Hinblick auf § 27 Abs. 1 S. 1 und § 34 Abs. 1 und 2. Kreditinstituten kann gem. § 33 Abs. 1 Nr. 5 KWG die Erlaubnis zum Betreiben des Bankgeschäftes versagt oder aufgehoben werden, wenn nicht mindestens zwei Geschäftsleiter nicht nur ehrenamtlich für das Kreditinstitut tätig sind, „Vier-Augen-Prinzip“. Um ehrenamtliche Vorstandsmitglieder handelt es sich nach Auffassung der BaFin dann, wenn zur Kreditgenossenschaft keine dienstvertragliche Beziehung besteht, wenn keine Vergütung gezahlt wird und wenn keine tatsächliche Einbindung in die Leitung besteht. Er also dem Vorstand der Kreditgenossenschaft nur nominell angehört. Anderenfalls handelt es sich um neben- oder hauptamtliche Vorstandsmitglieder, die von der BaFin nur dann als Geschäftsleiter anerkannt werden, wenn die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen i.S.v. § 33 Abs. 1 Nr. 4b KWG gegeben sind. Nach der bisherigen Auffassung der BaFin war das „Vier-Augen-Prinzip“ nicht erfüllt, wenn nicht mindestens zwei in der Leitung tätige Vorstandsmitglieder über die fachliche Qualifikation gem. § 33 Abs. 1 Nr. 3 (jetzt Nr. 4) KWG verfügen.4 Das BVerwG5 stellte fest, dass die Frage des Vier-Augen-Prinzips und der fachlichen und persönlichen Eignung getrennt zu sehen sind. Mängel in der fachlichen Eignung rechtfertigen nicht die Anwendung von § 33 Abs. 1 Nr. 4 (jetzt Nr. 5) KWG. Diese Vorschrift schließe den nur ehrenamtlich tätigen, nicht aber den fachlich oder persönlich ungeeigneten Geschäftsleiter aus. Für das VierAugen-Prinzip des KWG sei auch nicht entscheidend, ob die Person besoldet oder unbesoldet arbeitet; es komme lediglich darauf an, ob das Vorstandsmitglied tatsächlich und rechtlich in die Leitungstätigkeit und Leitungsverantwortung eingebunden sei, damit der Zweck des Gesetzes der gegenseitigen Kontrolle und Vertretung erreicht werde. Nach Zurückverweisung durch das BVerwG hat das OVG Berlin6 entschieden, dass die Tätigkeit eines nicht hauptamtlichen Vorstandsmitglieds von täglich 1,5 bis 2 Stunden im vorliegenden Fall (eine sehr kleine Raiffeisenbank) genüge, um die Kriterien des VierAugen-Prinzips nach KWG zu erfüllen. Von der Entscheidung unberührt bleibt die Frage der Versagung oder der Aufhebung der Erlaubnis wegen fehlender fachlicher oder persönlicher Eignung. Bei der Erörterung der Fragen wird oft nicht genügend beachtet, dass genossenschaftsrechtlich jedes Vorstandsmitglied in die Leitungsverantwortung eingebunden ist. Dies folgt zwingend aus § 27 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1, die keinen Unterschied zwischen hauptamtlichen und nichthauptamtlichen Vorstandsmitgliedern machen. Es bleibt also stets die Frage, ob ehrenamtliche oder nebenamtliche Mitglieder des Leitungsorgans Vorstand in der Lage sind, den Anforderungen und ihrer Verantwortung zu entsprechen (§ 33 Abs. 1 Nr. 4 KWG) und ob sie bereit sind, die verschärfte Haftung zu tragen. Hat die eG mehr als 500 Arbeitnehmer, besteht der Aufsichtsrat gem. § 1 Nr. 5 DrittelbG zu einem Drittel aus Arbeitnehmern (vgl. Einf. Rdn. 37–39), bei mehr als 2.000 Arbeitnehmern gem. §§ 1 Abs. 1, 6 MitbestG zur Hälfte. einstweilen frei 2. Verzicht auf Aufsichtsrat. Abs. 1 Satz erlaubt es eG mit nur bis zu 20 Mitgliedern, auf den Aufsichtsrat als Organ zu verzichten. Durch die Änderung des § 4, demzufolge schon 3 Mitglieder für die Gründung einer eG ausreichen, ist es sachgerecht, bei Kleinstgenossenschaften mit bis zu 20 Mitgliedern auf den Aufsichtsrat als zwingendes Kont-
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4 Vgl. Reischauer/Kleinhans KWG, § 33 Anm. 75. 5 ZfgG 1988, 232 m. Anm. Blomeyer ZfgG 1988, 164, hierzu Blomeyer Das Ehrenamt in der eG und im gen. Verbund, ZfgG 1988, 174. 6 ZfgG 1991, 149.
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Vorstand; Aufsichtsrat | § 9
rollorgan zu verzichten.7 Korrespondierend hierzu, ist es diesen eG auch zugebilligt, den Vorstand mit nur einer Person zu besetzen. Die Funktion des Aufsichtsrats kann in einer kleinen eG von der GV tatsächlich ohne weiteres ausgeübt werden, zumal in diesen Fällen von einer eher engeren Beziehung zwischen Mitglied und eG ausgegangen werden kann. Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, korrekt formuliert, die Befugnisse eines Aufsichtsrats,8 nimmt bei Wahrnehmung der Option des § 9 Abs. 1 Satz 2 die GV wahr, sofern das Gesetz nicht etwas anderes vorschreibt, wie in folgenden Fällen: – die Pflicht zur Einberufung einer GV geht auf den Vorstand über, § 38 Abs. 2 i.V.m. § 44. – Nach § 39 Abs. 1 ist für die Vertretung der eG gegenüber dem Vorstand, – nach § 51 Abs. 3 ist zur Ausübung des Anfechtungsrecht, – nach § 57 Abs. 5 ist für die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten anlässlich der Prüfung, – nach § 58 Abs. 3 ist zur Vorlage des Prüfungsberichtes ein Bevollmächtigter von der GV zu bestellen, der nicht Mitglied der eG sein muss.9 Wird das 21. Mitglied aufgenommen und hat die eG keinen Aufsichtsrat, fehlt ein zwingend vorgeschriebenes Organ. Auch ohne Satzungsänderung ist die eG verpflichtet, unverzüglich eine GV/VV zur Wahl des Aufsichtsrats (und zweckmäßigerweise Änderung der Satzung, möglichst Annahme der einschlägigen Mustersatzung) einzuberufen. Das Gesetz sieht keine Übergangsregelung vor, etwa dass die GV/VV und der im Amt Bevollmächtigte solange bleiben, bis die nächste GV/VV einen Aufsichtsrat wählt. Von diesen in diesem Zeitraum vorgenommene Handlungen und abgegebene Erklärungen sind unwirksam, da die gesetzliche Legitimation fehlt. Im Fall der Verletzung einer Sorgfaltspflicht bei Wahrnehmung einer üblicherweise dem Aufsichtsrat obliegenden Aufgabe durch ein Mitglied der eG kommt eine Haftung dieses Mitglieds gem. § 41 i.V.m. § 34 in Betracht.10 Die Haftung folgt jedoch nur aus ausdrücklich im Gesetz genannten Aufgaben des Aufsichtsrats, z.B. Teilnahme an der Prüfung, nicht jedoch aus generellen Obliegenheiten, wie Überwachung des Vorstands (§ 38). Obliegen die Aufgaben des Aufsichtsrats der GV/VV, haftet das Mitglied nur für Vorsatz und groben Fahrlässigkeit aufgrund von Fehlverhalten in der GV/VV; insoweit wird das Mitglied nicht zum Organ.11 Ein Bevollmächtigter, der nicht Mitglied der eG ist, haftet bei Sorgfaltspflichtverletzungen nach den Vorschriften des BGB. Liegen die Voraussetzungen des MitbestG vor, gehen die spezielleren Normen des MitbestG vor und ein Verzicht auf den AR ist unzulässig, vgl. § 6 Abs. 1 MitbestG. 3. Notbestellung (§ 29 BGB). § 9 Abs. 1 verpflichtet die eG, im Rahmen der Zustän- 9 digkeiten dafür Sorge zu tragen, dass sie durch einen Vorstand und Aufsichtsrat handlungsfähig ist. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung führt nicht zur Nichtigkeit der eG; dieser Fall ist nicht als Auflösungsgrund vorgesehen. Wenn die erforderlichen Organe nicht vorhanden oder nicht funktionsfähig besetzt sind, kann das Registergericht auf Antrag in dringenden Fällen bis zur Behebung des Mangels Personen als Mitglieder des Vorstands bestellen. § 29 BGB findet für die gerichtliche Bestellung von Vorstandsmit-
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7 BT-Drs. 16/1025, 82; Korte/Schaffland GenG S. 27. 8 So von Beuthien GenG § 9 Rdn. 5 zu Recht gefordert. 9 BT-Drs. 16/1025, 85. 10 BT-Drs. 16/1025, 82. 11 Vgl. Fiedler in Festschrift für Schaffland, S. 133 ff.
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gliedern sinngemäß Anwendung;12 für die Notbestellung von Mitgliedern des Aufsichtsrats erscheint entsprechende Anwendung von § 29 BGB nur gerechtfertigt, wenn es sich ausnahmsweise um eine Bestellung zu Vertretungshandlungen handelt.13 Im Übrigen wäre für die Notbestellung von Mitgliedern des Aufsichtsrats § 104 AktG entsprechend anzuwenden. Eine solche Notbestellung dürfte nicht in Frage kommen, wenn nur die in der Satzung vorgesehene Zahl von Organmitgliedern fehlt. Auch vorübergehende Verhinderung rechtfertigt eine Notbestellung nur dann, wenn das Organ nicht handlungsfähig ist und eine Handlung erforderlich wird, um von der eG oder Dritten drohende Schäden abzuwenden.14 Antragsberechtigt ist jeder, dem durch den Mangel ein Nachteil droht. Sofern Schäden für die eG zu befürchten sind, ist jedes Mitglied antragsberechtigt.15 Personen, die entsprechend § 29 BGB oder § 104 AktG in den Vorstand oder Aufsichtsrat berufen werden, müssen – als Ausnahme von § 9 Abs. 2 – nicht Mitglieder der eG sein. 4. Weitere Organe. Neben Vorstand, Aufsichtsrat und GV/VV kann die Satzung für die eG weitere Organe vorsehen, etwa einen Beirat, Genossenschaftsrat, besondere Ausschüsse oder einen besonderen Vertreter gemäß § 30 BGB. Dies folgt aus § 27 Abs. 2 S. 2. Diesen durch die Satzung eingesetzten Organen können aber keine Befugnisse übertragen werden, die den gesetzlichen Organen unentziehbar zustehen.16 Der rechtliche Rahmen und die Struktur der eG durch die im Gesetz vorgesehenen notwendigen Organe Vorstand, Aufsichtsrat und GV/VV haben sich bewährt. Zudem zeigen die Erfahrungen der Praxis, dass die Bildung zusätzlicher Organe nur unter besonderen Voraussetzungen zu empfehlen ist. Solche Organe müssen unter Gesichtspunkten der Effizienz und der oft nicht unbeträchtlichen zusätzlichen Kosten geboten sein. Es besteht tendenziell die Gefahr, dass Einwirkungen in den Kompetenzbereich vor allem der Unternehmensleitung und der allen Mitgliedern in der GV/VV vorbehaltenen Rechte geschehen, ohne dass damit eine klare Verantwortung begründet wird. Abzulehnen sind Versuche, außenstehenden Personen Einwirkungsmöglichkeiten auf die eG, insbesondere auf die Entscheidungen ihrer Organe einzuräumen.17 Solches wäre mit dem Grundsatz der genossenschaftlichen Selbstverwaltung nicht zu vereinbaren. Dem berechtigten Anliegen, für die eG auch den Sachverstand und die Erfahrung außenstehender Fachleute zu erschließen, kann durch Zuziehung von Beratern und nur beratenden Gremien entsprochen werden. Im Übrigen besteht bei Bedarf die Möglichkeit, dass diese Personen die Mitgliedschaft erwerben und dann z.B. in den Aufsichtsrat gewählt werden. Dem Vorstand kann die gesetzliche Vertretung der eG nicht durch Übertragung auf 11 ein satzungsmäßiges Organ entzogen werden (§ 24 Abs. 1); die dem Aufsichtsrat obliegenden Pflichten zur Überwachung der Geschäftsführung können nicht auf ein anderes Organ übertragen werden (§ 38 Abs. 4), sieht die Satzung den Verzicht auf einen Aufsichtsrat vor (§ 9 Abs. 1 Satz 2), ist von der GV ein Bevollmächtigter zu wählen, der die eG gegenüber dem Vorstand vertritt, ohne Organ der eG zu sein. Die GV darf als oberstes Willensbildungsorgan der eG nicht eingeschränkt werden, sie ist stets zuständig für Satzungsänderungen (§§ 16, 22 Abs. 1, 87a), Amtsenthebung des Vorstands in den Fällen der
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12 BGHZ 18, 337; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 9 Rdn. 17; auch für den Aufsichtsrat Müller GenG § 9 Rdn. 2. 13 KG RJA 15, 125. 14 OLG Hamburg HansRZ 1927, Bl. 264; Müller GenG § 9 Rdn. 2. 15 KG Recht 1907, Nr. 1278. 16 RGZ 73, 406; RG, JW 1910, 626. 17 S. z.B. Beuthien/Gätsch Vereinsautonomie und Satzungsrechte Dritter, ZHR 1992, 459, 478.
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§§ 24 Abs. 3, 40, des Aufsichtsrats (§ 36 Abs. 3), für den Jahresabschluss, für die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 48 Abs. 1), für die Festsetzung von Einzahlungspflichten (§ 50), für die Bestimmung der Beschränkungen für Kredite (§ 49), für die Auflösung (§ 78), für die Bestellung von Liquidatoren (§ 83), für die Fortsetzung der aufgelösten Genossenschaft (§ 79a), für Maßnahmen nach dem UmwG. II. Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat müssen Mitglieder der Genossenschaft sein (Abs. 2 Satz 1) 1. Bedeutung. An dem Erfordernis des Abs. 2 Satz 1, dass nur Mitglieder der eG in 12 den Vorstand und den Aufsichtsrat berufen werden dürfen (Selbstorganschaft), wurde durch Novelle 2006 festgehalten. Es handelt sich um ein strukturprägendes Element der eG, auf das nicht ohne zwingenden Grund verzichtet werden sollte. Die teilweise sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten für die Berufung geeigneter Personen in Vorstand oder Aufsichtsrat stellen in der Praxis kein gravierendes Hindernis dar; durch entsprechende Satzungsregelung kann in gewerblichen eG diesen Personen die Mitgliedschaft ermöglicht werden, auch wenn sie ansonsten nicht die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllen. Die Zulassung investierender Mitglieder (§ 8 Abs. 2), stellt eine weitere Möglichkeit dar, dieses Problem zu lösen. Ausdrücklich klargestellt ist, dass wie bei der AG und GmbH nur natürliche Personen in den Vorstand oder Aufsichtsrat berufen werden können; dies gilt auch für die in Satz 2 geregelten Fälle.18 Der neu gefasste Satz 2 stimmt inhaltlich im Halbsatz 1 mit dem bisherigen Satz 2 überein. Er erfasst die Fälle, in denen einzelne oder sämtliche Mitglieder einer eG ihrerseits eG sind. Absatz 2 erweitert diese Regelung im Hinblick auf Mitglieder, bei denen es sich um eine andere juristische Person oder eine Personengesellschaft handelt. Ursprünglich sollten die Personen im Vorstand und Aufsichtsrat durch ihre Mitglied- 13 schaft in die unbeschränkte oder beschränkte Haftung für die eG eingebunden werden.19 Seit Verzicht auf die Haftung und Reduzierung auf eine in der Praxis stets beschränkte oder ausgeschlossene Nachschusspflicht ist dieser Gedanke in den Hintergrund getreten. Die Vorschrift hat aber nach wie vor ihre Rechtfertigung aus der besonderen Natur der eG als Vereinigung zur Förderung der Mitglieder. Die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sollten die Möglichkeit der typischen Förderbeziehung zur eG haben; sie verkörpern die genossenschaftliche „Basiserfahrung“ in den Organen der eG. Dies erscheint unverzichtbar für die Mitglieder des Vorstands als Leitungsorgan im Hinblick auf die Verfolgung des genossenschaftlichen Unternehmenszwecks. Zu Recht stellt Beuthien diesen Grundsatz in Frage und fordert dann mehr Satzungsautonomie, wenn andernfalls die professionelle Leitung der eG nicht mehr gewährleistet ist.20 Ratsam aber nicht zwingend geboten21 kann es sein, diesen „externen“ Vorstand durch ein ehren- oder nebenamtliches Förder-Mitglied zu ergänzen, um den mit der Selbstorganschaft angestrebten Zweck zu erreichen. Je weiter sich die eG von den Unternehmen der Mitglieder verselbständigt, desto notwendiger wird eine Vorstandsqualifikation, die sich von der Ausbildung und den Kenntnissen der Mitglieder unterscheidet. Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben die Aufgabe, die Mitgliederinteressen in ihrer Überwachungstätigkeit gegenüber dem Vorstand zu vertreten. Die Regelung ist auch bedeutsam in Anbetracht der Zugehörigkeit zum genossenschaftlichen Haftungsverband. Es ist insoweit unschädlich, wenn in be-
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BT-Drs. 16/1025, S. 82. Vgl. Neumann S. 20. Beuthien GenG § 9 Rdn. 13. So aber Beuthien GenG § 9 Rdn. 13.
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stimmten Fällen – z.B. bei hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern von großen Handelsgenossenschaften – eine unmittelbare Förder- und Kundenbeziehung dieser Vorstandsmitglieder konkret nicht besteht.22 Wichtigstes Kriterium für die Bestellung zum Vorstand ist nicht die Mitgliedschaft, sondern die Qualifikation.23 Die eG wird durch das Prinzip der Selbstorganschaft nicht gehindert, sich externen Sachverstands in Vorstand und Aufsichtsrat zu bedienen; diese müssen nur die Mitgliedschaft erwerben, und dies muss satzungsmäßig möglich sein. § 9 Abs. 2 ist auf die Mitglieder weiterer Organe, die in der Satzung ihre Grundlage haben, entsprechend anzuwenden, jedenfalls, soweit es sich um entscheidungskompetente Gremien handelt. Die Begründung liegt in der vom Gesetzgeber gewollten Förderbeziehung. Gremien mit lediglich beratender Funktion unterliegen nicht der Bindung des § 9 Abs. 2.24 2. Wahl von Nichtmitgliedern. Keine Bedenken bestehen gegen eine „Vorratswahl“ in dem Sinne, dass Personen in die Organe gewählt werden, die zum Zeitpunkt der Wahl noch nicht Mitglieder sind.25 Dies widerspricht nicht dem Sinn der Regelung in § 9 Abs. 2, sofern die Tätigkeit im Organ erst nach Beginn der Mitgliedschaft aufgenommen wird.26 Durch Wegfall der gerichtlichen Mitgliederliste und Begründung der Mitgliedschaft allein durch Beitritts- und Annahmeerklärung hat die Frage in der Praxis an Bedeutung verloren. Die Annahme der Wahl wird regelmäßig als Beitrittsversprechen zur eG zu verstehen sein, das im Klageweg erzwungen werden kann.27 In der Wahl zum Organmitglied liegt grundsätzlich die Zulassung als Mitglied gem. § 15 Abs. 1. Die eG kann dem Gewählten eine angemessene Beitrittsfrist setzen; Ablauf der Frist ohne Beitrittserklärung bedeutet grundsätzlich Widerruf der Zulassung zur eG (§ 15 Abs. 2) und Verlust der Anwartschaft auf die Organstellung.28 Organhandlungen eines Gewählten vor Erwerb der Mitgliedschaft sind fehlerhaft; 15 Beschlüsse im Vorstand oder Aufsichtsrat sind unwirksam, soweit nicht feststeht, dass der Beschluss auch unabhängig von der Mitwirkung des Nichtmitglieds zustande gekommen ist.29 Bei Vertretungshandlungen liegt in diesen Fällen Vertretung ohne Vertretungsmacht vor (zu faktischen Vorstandsmitgliedern siehe § 24 Rdn. 66). Die Handlungen wirken unter dem Gesichtspunkt der Duldungsvollmacht oder Anscheinsvollmacht für oder gegen die eG, wenn der Außenstehende nicht die fehlende Mitgliedschaft kennt. Die Eintragung von Vorstandsmitgliedern im Genossenschaftsregister verstärkt noch diesen Rechtsschein. Handeln Nichtmitglieder als gewählte Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder, so haften sie wie ordnungsgemäß bestellte Organmitglieder nach § 34 bzw. § 41.30 Auf sie finden die Gesichtspunkte der Entlastung Anwendung, sowie die 5-jährige Verjährungsfrist nach §§ 34 Abs. 5 und 41. Scheidet ein Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats aus der eG aus, so endet da16 mit auch die Amtsstellung, nicht der Dienstvertrag, ohne dass es einer Abberufung oder Amtsniederlegung bedarf.31 Die Vorschrift, dass Mitglieder der Organe auch Mitglieder
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Kritisch Großfeld Das Ehrenamt in der eG und im gen. Verbund, ZfgG 1988, S. 263, 266. So auch Beuthien GenG § 9 Rdn. 13. So auch Müller GenG § 9 Rdn. 18. RGZ 144, 384. KG OLGRspr. 43, 323; BGH, RaiffR 1962, 17. RGZ 40, 46. Müller GenG § 9 Rdn. 10; Crüger BlfG 31, 331; RGZ 144, 384 = JW 1934, 2132. BGHZ 12, 327; Müller GenG § 9 Rdn. 11. RGZ 144, 394; 152, 273. BGH WM 1973, 782; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 9 Rdn. 11; Müller GenG § 9 Rdn. 13.
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der eG sein müssen, gilt nicht für die Fälle von Notbestellungen auch,32 auch nicht für Arbeitsdirektoren nach § 30 Abs. 3 MitbestG und für Liquidatoren (§ 83). 3. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. § 9 Abs. 2 gilt nicht für Aufsichtsrats- 17 mitglieder, die nach dem DrittelbG von den Arbeitnehmern gewählt werden. Gemäß § 1 Nr. 5 DrittelbG besteht der Aufsichtsrat einer eG zu 1/3 aus Vertretern der Arbeitnehmer, wenn die eG mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Satzung kann nur eine durch 3 teilbare Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern festsetzen. Der Aufsichtsrat muss mindestens einmal im Kalendervierteljahr einberufen werden. Darüber hinaus gilt auch für die eG das MitbestG, soweit die eG mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen. In diesen Fällen besteht der Aufsichtsrat aus einer gleichen Zahl von Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer. III. Ausnahmen vom Prinzip der Selbstorganschaft, Abs. 2 Satz 2 Wenn die eG eingetragene Genossenschaften zu Mitgliedern hat, können Mitglieder 18 der Mitgliedsgenossenschaften, sofern sie nat. Personen sind, in den Vorstand oder Aufsichtsrat berufen werden, ohne dass sie persönlich die Mitgliedschaft erwerben müssen (§ 9 Abs. 2 S. 2). Dies gilt auch, wenn der eG im Übrigen natürliche Personen angehören. Ist das gewählte Organmitglied noch nicht Mitglied einer anderen Mitgliedsgenossenschaft, besteht lediglich ein Anwartschaftsrecht. Nach dem Wortlaut („… so können Mitglieder … in den Vorstand und Aufsichtsrat berufen werden“) bestehen keine Bedenken, wenn das Mandat für die laufende Amtsperiode bestehen bleibt, obwohl die Mitgliedschaft in der Mitgliedsgenossenschaft erloschen ist.33 Das Auslaufen der Amtszeit muss jedoch abzusehen sein; es besteht die Verpflichtung aller Beteiligten, für eine Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften des § 9 Abs. 2 unverzüglich Sorge zu tragen. § 9 Abs. 2 S. 2 gilt nicht für genossenschaftlich strukturierte Zentralen in anderen Rechtsformen. Durch die Novelle 2006 wurde die Regelung für eG auf die Fälle erweitert, in denen 19 gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter von juristischen Personen (z.B. AG, GmbH, eV) oder Personengesellschaften, die bereits Mitglied der eG sind, in den Vorstand oder Aufsichtsrat gewählt werden. Da das Gesetz nur von juristischen Personen spricht, gilt Abs. 2 auch für solche des öffentlichen Rechts, wie Gemeinden, Kirchen, öffentliche Körperschaften etc. Um auch diesen Personen eine Berufung in die Organe der eG zu ermöglichen, und damit auch eventuelle Schwierigkeiten der eG für die Besetzung ihrer Organe zu vermeiden, sollen die – gesetzlich oder rechtsgeschäftlich34 – zur Vertretung dieser Mitglieder befugten Personen als Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder der eG berufen werden können, ohne dass sie ihrerseits die Mitgliedschaft erwerben müssen. Bauer beschränkt – entgegen dem Wortlaut des Gesetzes – den Kreis der rechtsgeschäftlich bevollmächtigten Personen auf Prokuristen, Handlungs- und Generalbevollmächtigte.35 Eine rechtsgeschäftliche Vollmacht sollte nicht nur allgemein zur Vertretung der juristischen Person, z.B. in der GV bevollmächtigen, sondern ausdrücklich zur Übernahme und Ausübung der Organfunktion. Für eine Erweiterung auf alle Mitglieder der juristischen Person bzw. auf alle Gesellschafter besteht dagegen kein Bedürfnis. Diese Organ-
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32 Vgl. BGHZ 18, 334, 337. 33 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 9 Rdn. 16; Müller GenG § 9 Rdn. 15. 34 Kritisch hierzu: Beuthien GenG § 9 Rdn. 16, unter Verweis darauf, dass gesetzliche Vertretungsberechtigung für VV-Mitglieder notwendig ist, § 43 Abs. 2. 35 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 9 Rdn. 15.
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mitglieder verlieren ihre Vertretungsberechtigung für die Mitgliedsgesellschaft nicht (vgl. Rdn. 8).36 IV. Zielgrößen für den Frauenanteil in Vorstand, Aufsichtsrat und Führungsebenen (Abs. 3 u. 4) 19a
Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öfffentlichen Dienst, auch als Gesetz zur „Frauenquote“ bekannt geworden, ist zum 1.5.2015 in Kraft getreten. Mit dem Gesetz ist für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, eine starre Geschlechterquote von 30% eingeführt worden. Die starre Quotenregelung greift damit bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmern sowie bei Europäischen Aktiengesellschaften (SE), bei denen sich das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan aus derselben Zahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt.37 Bei Nichterfüllung der Mindestquote ist die Wahl diesbezüglich als „quotenwidrig“ nichtig; die auf das unterrepräsentierte Geschlecht fallenden, nicht besetzten Plätze bleiben rechtlich „frei“, hier gilt also die Sanktion des „unbesetzten Postens“. Bei o.g. börsennotierten Unternehmen bleibt die „Aktionärsstruktur“ bezüglich der Geschlechter im Rahmen der 30%-Quote immer unberücksichtigt. Neben der starren Quote sieht das Gesetz eine Verpflichtung zur Festsetzung von Zielgrößen auch für die eG vor.38 Art. 17 bzw. 18 dieses Gesetzes ändern Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes (§ 9 Abs. 3 und 4, Übergangsvorschrift in § 168 bzw. des SCEAG: § 15 Abs. 2 und 19 Abs. 2). Der Vorstand einer eG, die der Mitbestimmung unterliegt (mehr als 500 Arbeitnehmer, § 1 Abs. 1 DrittelbG), muss nach Abs. 3 für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands Zielgrößen festlegen. Eine Definition des Begriffs „beide Führungsebenen des Vorstands“ enthält das Gesetz nicht. Die Regierungsbegründung stellt auf die tatsächlich im Unternehmen eingerichteten Hierarchieebenen (organisatorische Einheiten, die zueinander gleichberechtigt, aber einer gemeinsamen Führung untergeordnet sind) unterhalb des Vorstands ab.39 Der Regelungszweck spricht dafür, dass die Zielgrößen für jede der beiden Führungsebenen gesondert festzulegen sind. Ist bei einer eG, die der Mitbestimmung unterliegt, ein Aufsichtsrat bestellt (bei der eG dieser Größenordnung praktisch immer der Fall), muss dieser (Gesamtaufsichtsrat) für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen festlegen, § 9 Abs. 4. Der eindeutige Wortlaut des Gesetzes („… ein Aufsichtsrat, legt dieser …“) spricht dafür, dass eine Aufteilung der Quote in Anteilseignerseite und Arbeitnehmerseite nicht gewollt ist. Auf fakultative Organe, wie z.B. einen Beirat, ist § 9 Abs. 4 nicht entsprechend anzuwenden, da es sich um eine abschließende Regelung handelt. In allen Fällen gilt: Liegt der Frauenanteil bei der Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Da das Gesetz keine Vorgaben enthält, dass die Zielgrößen überschritten werden müssen, ist es zulässig die Zielgrößen auf dem bereits vorhandenen Niveau festzusetzen, so dass bei einem Frauen-
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36 Korte/Schaffland GenG S. 29. 37 Vgl. für die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Gesellschaften Herb DB 2015, 964; Schulz/ Ruf BB 2015, 1155; Fromholzer/Simons AG 2015, 457. 38 BGBl. I S. 642. 39 BT-Drs. 18/3784 S. 119.
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anteil von 0% eine Zielgröße von 0% zulässig ist.40 Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. § 168 schreibt vor, dass die Festsetzung der Zielgröße spätestens bis zum 30.9.2015 erfolgen muss. Die Frist zur erstmaligen Erreichung der festgesetzten Zielgröße darf nicht länger als bis zum 20.6.2017 sein. Direkte Sanktionen bei Unterschreitung der festgesetzten Zielgrößen sieht § 9 Abs. 3 bzw. Abs. 4 nicht vor, jedoch ist im Lagebericht41 der eG, der im Bundesanzeiger zu veröffentlichen ist, erstmals zum Ende des Geschäftsjahres, das nach dem 30.9.2015 beginnt, also i.d.R. erstmals im Lagebericht zum 31.12.2016 – zu den Zielgrößen und Fristen und in den Folgejahren zum Stand der Umsetzung und der Erreichung der festgesetzten Zielgrößen – seitens des Vorstands der eG Stellung zu nehmen.42 Hat eine Aufsichtsratswahl die Nichterreichung der Zielgröße zur Folge, kann der Aufsichtsrat gleichwohl wirksam besetzt werden. Allerdings muss über die Gründe für das Nichterreichen transparent berichtet werden. Es findet also eine Kontrolle oder indirekte Sanktion über die Öffentlichkeit bei fehlender oder unzureichender Umsetzung der Frauenquote und deren Erreichung statt. Die Regelung für die Zielgröße (Quote) ist nicht geschlechterneutral formuliert und verlangt nur die Festlegung einer Frauenquote; ein Verstoß gegen Art. 3 GG dürfte daher vorliegen. Wegen des Prinzips der Selbstorganschaft (§ 9 Abs. 2) spiegelt sich die Geschlechterverteilung in der Mitgliederstruktur der eG in Praxis auch in der Besetzung der Organe mit Frauen und Männern wieder. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass Positionen gar nicht mit Mitgliedern besetzt werden können. Die wesentlichen Gründe, die zur Festlegung der Geschlechterquote geführt haben, sollte der Vorstand der eG in die Erläuterungen im Lagebericht aufnehmen. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß Art. 36 Buchstabe b SCE-VO hat die SCE entweder ein Aufsichts- und ein Lei- 20 tungsorgan – dualistisches System, Näheres Art. 37 ff. SCE-VO – oder ein Verwaltungsorgan – monistisches System, Näheres Art. 42 ff. SCE-VO. Die Funktionen der Organe im dualistischen System entsprechen im Wesentlichen der Leitungs- und Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands und der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats in der eG, vgl. §§ 12 ff. SCEAG. Im monistischen System wird zwischen Geschäftsführung und Geschäftsführungskontrolle nicht unterschieden (Art. 42 SCE-VO; §§ 17 ff. SCEAG). Eine mit der Selbstorganschaft (§ 9 Abs. 2) vergleichbare Regelung findet sich in der SCE nicht.
§ 10 Genossenschaftsregister § 10 Genossenschaftsregister (1) Die Satzung sowie die Mitglieder des Vorstands sind in das Genossenschaftsregister bei dem Gericht einzutragen, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat. (2) Andere Datensammlungen dürfen nicht unter Verwendung oder Beifügung der Bezeichnung „Genossenschaftsregister“ in den Verkehr gebracht werden.
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40 Herb DB 2015, 969. 41 § 336 Abs. 2 S. 1 HGB i.V.m. § 289 u. § 289a HGB i.d.F. vom 1.4.2015 BGBl. I 434. 42 Die Verpflichtung zur erstmaligen Berichterstattung im Lagebericht ergibt sich für eG aus Art. 73 EGHGB, eingefügt durch G. v. 1.4.2015 BGBl. I 434.
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§ 10 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1–2 Eintragung in das Register | 3–7 1. Satzung | 3 2. Vorstandsmitglieder | 4 3. Gründungsmitglieder | 5 4. Prokuristen | 6 5. Sonstige eintragungspflichtige Tatsachen | 7
Verfahren | 8–9 Wirkung der Eintragung | 10–13 Das zuständige Gericht | 14–15 Kosten | 16 Namensschutz „Genossenschaftsregister“ | 17 VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 18
III. IV. V. VI. VII.
I. Allgemeines 1
Das Genossenschaftsregister ist eine besondere Form des Handelsregisters für die eG. Die Eintragungen dienen der Rechtsklarheit in wichtigen Fragen der Struktur der eG und der Information für Mitglieder, Geschäftspartner und der Allgemeinheit. Ergänzend finden die Vorschriften über das Handelsregister, §§ 8 ff. HGB Anwendung. Das Genossenschaftsregister tritt für eG grundsätzlich an die Stelle des Handelsregisters. Für Antrag auf Verweisung eines Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen gilt daher § 98 GVG sinngemäß; Vorstandsmitglieder und Prokuristen einer eG können gem. § 109 Abs. 1 Nr. 3 GVG zu Handelsrichtern bestellt werden. Wegen des öffentlichen Glaubens des Genossenschaftsregisters vgl. Erl. zu § 29. 2 Eintragungen in das Genossenschaftsregister sind seit Oktober 2004 nicht mehr kostenfrei,1 vgl. Erl. zu § 156. II. Eintragung in das Register2 3
1. Satzung. Die Eintragung der Satzung erfolgt durch Aufnahme eines Auszugs, der gem. § 15 Abs. 2 u. 3. GenRegV die in § 12 Abs. 2 genannte Angaben enthält. Die Urschrift der Satzung selbst ist zu den Registerakten zu nehmen, § 15 Abs. 5 GenRegV. Die Eintragung von Satzungsänderungen hat rechtsbegründenden Charakter, § 16 Abs. 6. Nicht eingetragene bzw. nicht in öffentlich beglaubigter Form eingereichte Satzungsänderungen (§ 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 u. 2 GenRegV) sind nicht rechtswirksam, vgl. auch Erl. zu § 157. Bei Textunterschieden ist der Inhalt des Registers maßgeblich.3 Die eingereichte Satzung wird gem. § 12 nur auszugsweise vom Gericht veröffentlicht.4
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2. Vorstandsmitglieder. Die Vorstandsmitglieder (§ 24) sowie stellvertretende Vorstandsmitglieder (§ 35) sind unter Angabe von Vor- und Zunamen, Beruf, Wohnort und Vertretungsbefugnis in das Genossenschaftsregister einzutragen (§ 18 GenRegV). Einzutragen ist weiter die Art der Vertretungsbefugnis, die Änderung der Vertretungsbefugnis sowie die Beendigung der Organstellung. Eine eintragungspflichtige Beendigung der Vertretungsbefugnis liegt auch vor im Fall der vorläufigen Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern durch den Aufsichtsrat im Rahmen von § 40 GenG (§ 18 Abs. 1 GenRegV). Die Eintragung wirkt nur deklaratorisch; das Amt entsteht mit der Bestellung und endet mit den entsprechenden Beschlüssen bzw. Erklärungen (vgl. § 24 Rdn. 41, 68; Erl. zu § 29).
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1 § 1 i.V.m. Anlage Gebührenverzeichnis HRegGebV vom 30.9.2004, BGBl. I, 2562, zuletzt durch Artikel 20 d. G v. 24.4.2015 (BGBl. I S. 642) geändert. 2 Die wesentlichen Informationen zur Gründung einer eG können auf der gemeinsamen Internetseite der regionalen Prüfungsverbände und des DGRV unter www.genossenschaften.de unter der Rubrik „Genossenschaftsgründung“ abgerufen werden. 3 Müller GenG § 10 Rdn. 4. 4 Über die Heilbarkeit rechtlich mangelhafter Registeranmeldungen vgl. Richert NJW 1958, 894.
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3. Gründungsmitglieder. Mitglieder der Gründungsgenossenschaft (s. § 13 Rdn. 2ff.) 5 sind nach Eintragung der eG in die gem. § 30 zu führende Mitgliederliste einzutragen. 4. Prokuristen. Auch Prokuristen sind in das Genossenschaftsregister einzutragen 6 (§ 42 i.V.m. § 53 HGB und § 18 Abs. 2 GenRegV). Einzutragen sind Vorname, Familienname und Wohnort des Prokuristen. 5. Sonstige eintragungsfähige Tatsachen. Nur die im GenG genannten Tatsachen 7 können und müssen eingetragen werden: Gründung (§ 11); Zweigniederlassung (§ 14); Satzungsänderung (§ 16); Bestellung, Abberufung, Änderung bzw. Beendigung der Vertretungsbefugnis des Vorstands (§ 28); vorläufige Amtsenthebung des Vorstand durch den Aufsichtsrat (§ 40); Erteilung, Änderung und Erlöschen der Prokura (§ 42 Abs. 1 S. 2); Bestellung und Abberufung von Liquidatoren sowie Änderung und Beendigung ihrer Vertretungsbefugnis (§ 84); Regelung der Vertretung und Unterzeichnung durch die Liquidatoren (§ 85); Auflösung der Gen (§§ 78 ff.); Fortsetzung der aufgelösten Gen (§ 79a); Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 102); Verschmelzung (§§ 19 f. UmwG); Spaltung (§§ 130, 137 UmwG); Rechtsformwechsel (§ 198). Weitere Eintragungen sind nicht zulässig; Aufsichtsratsmitglieder können nicht eingetragen werden, vgl. Erl. zu § 157 Rdn. 10–11.5 III. Verfahren Die Registereintragung setzt einen Antrag des Vorstands oder eine formale An- 8 meldung i.S.v. § 157 voraus (vgl. §§ 6, 7 GenRegV). Eine nach Meinung des Registergerichts unrichtige Anmeldung darf nicht vom Gericht korrigiert werden; das Gericht muss den Eintragungsantrag vielmehr ablehnen. Handelt es sich um einen behebbaren Mangel, kommt eine Zwischenverfügung in Betracht. Das Registergericht ist nicht befugt, unklare oder missverständliche Satzungsformulierungen zu beanstanden, wenn diese nur gesellschaftsinterne Bedeutung haben. Eine bloße Zweckmäßigkeitskontrolle der Bestimmungen der Satzung findet nicht statt.6 Vor Eintragung der Satzung hat das Registergericht gem. § 11a zu prüfen, ob die eG ordnungsmäßig errichtet und angemeldet ist. Nähere Vorschriften über diese Prüfung enthält auch § 15 GenRegV. Danach ist zu prüfen, ob die Satzung den Vorschriften des Gesetzes genügt, ob der in der Satzung bezeichnete Zweck der eG dem § 1 entspricht und ob nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen keine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger zu besorgen ist (Näheres zu § 11a). Soweit die Errichtung der eG von besonderen behördlichen Genehmigungen ab- 9 hängig ist, darf die Eintragung im Genossenschaftsregister erst nach Nachweis der Genehmigung erfolgen (vgl. z.B. § 43 KWG). Wird ohne die erforderliche Genehmigung eingetragen, berührt dies nicht das rechtswirksame Bestehen der eG. Die Löschung unzulässiger Eintragungen bestimmt sich nach den §§ 388 ff. (dort § 395) FamFG. IV. Wirkung der Eintragung Durch die Eintragung der Satzung entsteht die eG als „eingetragene Genossenschaft“ 10 (§ 13); sie erlangt damit die Rechtsfähigkeit und gilt als Kaufmann i.S.d. HGB (§ 17). Die Eintragung der Vorstandsmitglieder (§ 18 Abs. 1 GenRegV) und der Prokuristen (§ 18 Abs. 2 GenRegV) hat dagegen nur rechtsbekundende (deklaratorische) Wirkung. Glei-
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KG 44, 154, 155. BayObLG DB 1985, 964; OLG Köln WM 1981, 1263; vgl. auch § 16 Rdn. 57 ff.
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ches gilt für die Eintragung der Mitglieder in die Liste gemäß § 30. Mängel der Eintragung sind für den rechtlichen Bestand der eG grundsätzlich nicht, nur in besonders schwerwiegenden Fällen von Bedeutung. 11 Die eG als juristische Person besteht nicht, wenn eine hinreichende Individualisierung aus der Registereintragung nicht möglich ist. Fehlen Angaben z.B. über die Firma, den Sitz oder den Unternehmensgegenstand, so hindert dies allein noch nicht den rechtlichen Bestand der eG.7 Fehlen Angaben zu § 15 Abs. 3 Ziffern 1, 2, 3 und 5 GenRegV, so berühren diese Mängel grundsätzlich nicht den Bestand der eG. Offensichtliche Unrichtigkeiten der Eintragung können auf Antrag oder auch von 12 Amts wegen berichtigt werden, so z.B. Schreibfehler, § 24 GenRegV. Eine von der Urschrift der Satzung abweichende, unrichtige Eintragung kann ebenfalls auf Antrag oder von Amts wegen berichtigt werden. Gegen die Ablehnung eines Berichtigungsantrags ist Erinnerung nach § 11 RPflG gegeben, wenn es sich um eine Entscheidung des Rechtspflegers handelt; gegen die Entscheidung des Registerrichters ist die Beschwerde § 383 FamFG zulässig. Die eG kann gem. §§ 397, 398 FamFG nur gelöscht werden, wenn ein Nichtigkeits13 grund nach §§ 94, 95 vorliegt. Löschung führt nicht zum Ende der Rechtsfähigkeit der eG, sondern zur Abwicklung nach Liquidationsgrundsätzen.8 V. Das zuständige Gericht Für die Führung des Genossenschaftsregisters ist das Gericht zuständig, bei dem das Handelsregister geführt wird; es ist im Allgemeinen das örtlich zuständige Amtsgericht (§ 377 FamFG). Nach § 376 Abs. 2 FamFG kann die Führung des Registers jedoch einem Amtsgericht für mehrere Amtsgerichtsbezirke übertragen werden. Das Register wird elektronisch (§ 8 EHUG) geführt. Das Registergericht ist insbesondere für folgende Tätigkeiten zuständig: 15 – Eintragungen in das Genossenschaftsregister, nämlich Satzung (§ 10), Satzungsänderung (§ 16), Vorstandsmitglieder (§§ 10, 28), Prokura (§ 42), Zweigniederlassung (§ 14), Auflösung (§§ 78 ff.), Liquidation (§§ 84, 85), Verfahren nach dem UmwG, Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 102), – Veröffentlichungen (§ 156), – Erteilung von Abschriften (§§ 156, 26 GenRegV; § 9 Abs. 2 HGB), – Gewährung von Einsicht (§§ 156, 9 Abs. 1 HGB), – Zwangsgeld (§ 160).
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VI. Kosten 16
Durch VO vom 30.9.20049 wurden Eintragungen im Genossenschaftsregister kostenpflichtig. Der Gesetzgeber sah aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit der eG keine Veranlassung mehr, die nicht mehr zeitgemäße Kostenfreiheit beizubehalten.10 Die Ersteintragung führt zu Gebühren in Höhe von € 210, aufgrund einer Umwandlung (keine Ersteintragung) in Höhe von € 360 (€ 300).11 Damit sind auch die Eintragung der Sat-
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7 Zu weitgehend Müller GenG § 10 Rdn. 10. Beispiel: Eine eG ändert durch Satzungsänderung ihre Firma, die Änderung wird auch eingetragen; in dem anschließenden Rechtsstreit wird die neue Firma für unzulässig erklärt. Diese eG besteht rechtlich weiter; sie muss aber unverzüglich eine zulässige Firma einführen. 8 RGZ 148, 228. 9 HRegGebV vom 30.9.2004, BGBl. I, 2562 f., zuletzt geändert durch Art. 20 G. v. 24.4.2015 I 642. 10 BR-Drs. 580/04. 11 HRegGebV vom 30.9.2004, Anlage Geb. Verz. Nr. 3100 (3101), 3400 und 3401.
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Anmeldung der Genossenschaft | § 11
zung, der Vorstandsmitglieder und deren Vertretungsbefugnis abgegolten. Zusätzliche Gebühren fallen nur für die Eintragung einer Zweigniederlassung und für die Eintragung einer Prokura an. Die Einsicht in das Genossenschaftsregister ist gebührenfrei. VII. Namenschutz „Genossenschaftsregister“ Durch das EHUG12 wurde mit Wirkung vom 1.1.2007 der Begriff „Genossenschaftsre- 17 gister“ in Abs. 2 i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG (wie auch die Bezeichnung „Handelsregister“) geschützt, um eine klare Unterscheidbarkeit zu anderen Datensammlungen zu erreichen. Diese Abgrenzung ist aufgrund des vermuteten Angebots privater aus Sekundärquellen erstellter Firmenverzeichnissen mit Blick auf den Gutglaubensschutz der amtlichen Register notwendig. Neben dem bereits ohne die Regelung gegebenen Schutz aus § 5 UWG führt die Regelung des Abs. 2 als marktverhaltensregelnde Vorschrift i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG zu einer weiteren, ohne dass über die Frage einer Irreführung im Einzelfall gestritten werden kann.13 Eine Zuwiderhandlung verstößt zugleich gegen § 3 UWG. VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) § 3 SCEAG regelt, dass die SCE entsprechend den für Aktiengesellschaften geltenden 18 Vorschriften in das Genossenschaftsregister einzutragen ist. Gemäß § 17 SCEAG sind im Falle eines monistischen Systems alle geschäftsführenden Direktoren zum Genossenschaftsregister anzumelden, § 18 GenRegV. Auf Anmeldungen zum Genossenschaftsregister, welche die SCE betreffen, sind die Absätze 1 bis 3 des § 6 GenRegV unter Berücksichtigung der §§ 3, 17, 22 Abs. 1 und des § 26 des SCE-Ausführungsgesetzes entsprechend anzuwenden, § 6 Abs. 4 GenRegV. Vgl. im Übrigen die Ausführungen bei § 28 Rdn. 18.
§ 11 Anmeldung der Genossenschaft § 11 Anmeldung der Genossenschaft (1) Der Vorstand hat die Genossenschaft bei dem Gericht zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. (2) Der Anmeldung sind beizufügen: 1. die Satzung, die von den Mitgliedern unterzeichnet sein muss; 2. eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats; 3. die Bescheinigung eines Prüfungsverbandes, dass die Genossenschaft zum Beitritt zugelassen ist, sowie eine gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbands, ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der Genossenschaft, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist. (3) In der Anmeldung ist ferner anzugeben, welche Vertretungsbefugnis die Vorstandsmitglieder haben. (4) Für die Einreichung von Unterlagen nach diesem Gesetz gilt § 12 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend. (5) (entfallen)
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BGBl. I S. 2553. BT-Drs. 16/960, 38.
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I. II. III.
Übersicht Allgemeines | 1–4 Der Anmeldung beizufügende Urkunden (Abs. 2) | 5–17 Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder (Abs. 3) | 18
IV. V.
Elektronische Form der Einreichung, § 12 Abs. 2 HGB (Abs. 1) | 19 Europäische Genossenschaft (SCE) | 20
I. Allgemeines
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Es empfiehlt sich, bereits zu Beginn, wenn ernsthaft an die Gründung einer eG gedacht wird, den regionalen Prüfungs- oder Fachprüfungsverband zu kontaktieren. Der dortige Gründungsberater begleitet das Gründungsverfahren.1 Das Genossenschaftsrecht unterscheidet zwischen „Anmeldungen“ und „sonstigen Anzeigen und Erklärungen“ (im Einzelnen s. §§ 6, 7 GenRegV). § 11 regelt nur die Anmeldung der neugegründeten eG zum Zwecke der Eintragung im Genossenschaftsregister, um Rechtsfähigkeit zu erlangen. Die Vorschrift wurde durch die Novelle 2006 sprachlich neu gefasst. Die Anmeldungen im eigentlichen Sinn sind in § 6 der GenRegV abschließend aufgezählt. Gem. § 157 sind Anmeldungen stets durch Mitglieder des Vorstands in vertretungsberechtigter Zahl in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Eine zu Unrecht vorgenommene Eintragung ist aber rechtswirksam. Es ist unschädlich, wenn z.B. entgegen einer Satzungsbestimmung kein Vorstandsvorsitzender gewählt worden ist.2 Mangel der vorgeschriebenen Form führt zur Unwirksamkeit der Anmeldung. Dies kann für den Bilanzstichtag bei Verschmelzungen maßgeblich sein. Die Mitwirkung eines Notars bei der Gründung ist nicht erforderlich (aber Abs. 4: Beglaubigung der Unterschrift der Vorstandsmitglieder). Anmeldungen können nicht durch Bevollmächtigte vorgenommen werden. Der mitwirkende Notar ist im Rahmen des § 378 FamFG ermächtigt, den Eintragungsantrag zu stellen. Wegen Anmeldungen im Zusammenhang mit Zweigniederlassungen s. § 14. Die Rücknahme von Anmeldungen kann formlos bis zur erfolgten Eintragung erfolgen. Hinsichtlich der Gründungskosten ist § 26 Abs. 2 AktG (Satzungspublizität) nicht anwendbar, da keine Regelungslücke besteht. Den Interessen der Mitglieder und Gläubiger wird durch die gutachterliche Äußerung des Prüfungsverbands nach Abs. 2 Ziff. 3 Rechnung getragen. Die bestellten Vorstandsmitglieder sind gegenüber den Gründern zur Anmeldung verpflichtet, wenn nichts Anderes beschlossen wurde. Anmeldung kann erforderlichenfalls durch Klage erzwungen werden; unterlassene Anmeldung kann zu Ersatzansprüchen führen. Das Registergericht selbst kann Vorstandsmitglieder nicht zur Anmeldung zwingen. Bedarf der Unternehmensgegenstand einer eG behördlicher Genehmigung, kann das Registergericht die Eintragung von der Vorlage der Genehmigungsurkunde entgegen der bisherigen Rechtslage nicht mehr abhängig machen.3 Für Kreditgenossenschaften ist nach wie vor der Nachweis der Erlaubnis gem. § 32 KWG erforderlich (§ 43 KWG).
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1 Auf der gemeinsamen Internetseite des DGRV und der regionalen Prüfungsverbände unter www.genossenschaften.de ist eine Rubrik „Genossenschaftsgründung“ eingerichtet. Hier finden sich viele nützliche Hinweise und Gründungshilfen. 2 LG Stuttgart Urt. v. 24.10.1978, Az. 4 Kf H T 13/78. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 11a Rdn. 14; die bisherige Rechtlage stütze sich auf eine Analogie zu § 8 Nr. 6 (alt) GmbHG, der durch das MoMiG gestrichen wurde.
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II. Der Anmeldung beizufügende Urkunden (Abs. 2) 1. Die Gründungssatzung bedarf gem. § 5 der Schriftform und muss von allen Grün- 5 dungsmitgliedern unterzeichnet sein. Die Verpflichtung eine Abschrift beizufügen entfällt gem. EHUG mit Wirkung ab 1.1.2007; „Abschrift“ ist im weiteren Sinn zu verstehen, so z.B. auch als Durchschrift, Fotokopie usw.; sie bedarf keiner Beglaubigung (vgl. § 8 GenRegV). Die Vorschrift des § 11 Abs. 5 (Rückgabe der beglaubigten Abschrift der Satzung) ist durch Art. 3 Nr. 3 Buchstb. c EHUG überflüssig geworden und somit entfallen. Bis zur Anmeldung der Satzung zum Genossenschaftsregister (§ 15 Abs. 1), kann die 6 Mitgliedschaft in der (Gründungs-)eG nur durch Unterzeichnung der Satzung, nicht aber bereits durch Beitrittserklärung erworben werden.4 Die Satzung kann auch von Mitgliedern unterzeichnet werden, die nicht unmittelbar an der Gründungsversammlung teilgenommen haben.5 Als Unterzeichnung der Gründungssatzung ist auch ausreichend, wenn die Unterschrift auf einem gesonderten Blatt in der Absicht erteilt wird, der Gründungsgenossenschaft beizutreten, und dieses Blatt als Anlage zur Satzung eingereicht wird.6 Falls im Gründungsstadium bereits Beitrittserklärungen in der vorgeschriebenen schriftlichen Form (§§ 15, 15a) abgegeben werden, können diese nach Anmeldung der eG in die nach § 30 zu führende Mitgliederliste eingetragen werden. Die Mitgliedschaft bei der eG entsteht mit Eintragung der eG. 2. Eine Mitgliederliste (§ 30) ist nicht mehr einzureichen, seitdem sie nicht mehr vom 7 Registergericht geführt wird. Bereits mit Unterzeichnung der Satzung erwerben die Gründungsmitglieder die Mitgliedschaft in der Vorgenossenschaft (vgl. § 13 Rdn. 2 ff.). Wird jemand ohne Beitrittserklärung in die Mitgliederliste eingetragen, bewirkt diese fehlerhafte Eintragung keine rechtswirksame Mitgliedschaft. Die falsche Eintragung begründet lediglich dann eine widerlegbare Vermutung für die Richtigkeit der Eintragung wenn diese nicht offensichtlich unrichtig ist; hierzu § 15. 3. Über die Bestellung des ersten Vorstands und Aufsichtsrats enthält das Gesetz 8 keine Regelung. Grundsätzlich finden jedoch auf die Gründungsgenossenschaft die Vorschriften des Genossenschaftsrechts und die Satzungsregelungen Anwendung, also auch die Vorschriften für die Bestellung der Organe (Einzelheiten vgl. Erl. zu § 13). Die Gründungsversammlung ist die erste GV. Für durchzuführende Wahlen gelten die dafür in der Gründungssatzung vorgesehenen Regelungen. Vorzulegen ist eine unbeglaubigte Abschrift des Protokolls über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder, i.d.R. das Sitzungsprotokoll der Gründungsversammlung und die Bestellung der Mitglieder des Vorstands, i.d.R. das Protokoll der ersten Aufsichtsratssitzung, sofern der Vorstand, wie üblicherweise in der Satzung geregelt, vom Aufsichtsrat bestellt wird. Die satzungsmäßigen Bestimmungen über Wahl, Bestellung und Protokollierung sind zu beachten. Falls nach der Gründungsversammlung und vor der Anmeldung Änderungen im Vorstand oder Aufsichtsrat durchgeführt werden, müssen diese die beschlossene Gründungssatzung beachten; die Urkunden (Protokolle) sind der Anmeldung beizufügen. Die Einreichung unrichtiger Abschriften unterliegt der Strafvorschrift des § 147 GenG. 4. Die Bescheinigung des Prüfungsverbands über die Zulassung der eG wurde einge- 9 fügt durch Gesetz vom 30.10.1934; die Gründungsprüfung beruht auf der Gesetzesno-
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LG Berlin ZfgG 1963, 253. OLG Hamburg OLGE 32, 123; Reinhardt ZfgG 1963, 257; vgl. Erl. zu § 5 Rdn. 8. Vgl. OLG Dresden JW 1934, 1737; Reinhardt a.a.O.
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velle 1973.7 Die Erklärungen des Prüfungsverbands sind grundsätzlich Voraussetzung für die Eintragung im Genossenschaftsregister; fehlende Mitgliedschaft beim Prüfungsverband führt zur Auflösung der eG (vgl. § 54). Die Zulassung zum Prüfungsverband wird regelmäßig auch vom Ergebnis der Gründungsprüfung abhängen. Beurteilungsmaßstab für die Gründungsprüfung und das Gutachten dürfen aber nicht die Interessen des Verbands sein; nach dem Gesetzeswortlaut ist allein darauf abzustellen, ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der eG, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der eG zu besorgen ist. Gefährdung der Mitgliederbelange, z.B., wenn die Erlaubnis der BaFin nicht erteilt wird, weil die Gründungsgenossenschaft keiner Einlagensicherung angehört oder weil qualifizierte Geschäftsleiter fehlen. Die gutachterliche Äußerung des Prüfungsverbands dürfte im Allgemeinen Grundlage der Prüfung durch das Gericht gem. § 11a sein. Eine Bedürfnisprüfung scheidet aus.8 Eine Vorgenossenschaft kann allein schon wegen fehlender Rechtsfähigkeit nicht Mitglied des Prüfungsverbands sein; auch die Bestellung eines Verbands durch das Gericht gem. § 64b kommt nicht in Betracht: Um die nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 erforderliche Verbandsbescheinigung zu erhalten, kann die Vorgenossenschaft bei der Aufsichtsbehörde um eine Auflage gem. § 64 Abs. 2 nachsuchen; bei Verbänden mit Monopolcharakter kann sich ein Anspruch aus dem Diskriminierungsverbot des GWB, § 20 Abs. 5 ergeben: Besteht bei monopolartiger Stellung des Verbands ein schwerwiegendes Aufnahmeinteresse seitens der eG, so kann darauf eine Aufnahmeklage gestützt werden.9 5. Der Begriff „gutachterliche Äußerung“ beinhaltet die Darstellung und das Abwägen der Gründe, die zu der Auffassung des Verbands geführt haben. An das Gründungsgutachten des Prüfungsverbands können keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Entscheidend sind die dem Verband zum Zeitpunkt der Prüfung bekannten oder ohne weiteres zugänglichen Tatsachen, so z.B. auch die allgemeine Wirtschaftslage oder erkennbare Tendenzen der wirtschaftlichen Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die in der Gründung befindliche eG. Eine Fehleinschätzung künftiger Entwicklungen kann dem Verband daher grundsätzlich nicht angelastet werden. 11 Das Gesetz enthält keine Angaben über die Gegenstände der Gründungsprüfung. Aus der Umschreibung des Prüfungsauftrags folgt jedoch, dass grundsätzlich alle persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Prüfungsgegenstand gehören, die die Belange der Mitglieder und der Gläubiger gefährden könnten.10 Prüfungsgegenstand sind daher sowohl die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse hinsichtlich der zu gründenden eG, als auch die Verhältnisse bei den Genossenschaftsmitgliedern, soweit sich daraus negative Folgen für die Gründung ergeben könnten. Dies gilt z.B., wenn die Mitglieder offensichtlich nicht in der Lage sind, die erforderlichen Geschäftsguthaben einzuzahlen oder ihrer Nachschusspflicht, sofern in der Satzung festgelegt, nachzukommen. Entsprechendes gilt, wenn die Mitglieder strukturell nicht in der Lage sind, eine Förderbeziehung mit der eG zu begründen. Eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger wird z.B. dann zu 12 besorgen sein, wenn die eG nicht mit dem erforderlichen Eigenkapital ausgestattet ist, oder wenn die für die Leitung der eG vorgesehenen Personen offensichtlich nicht die fachlichen oder charakterlichen Qualitäten für diese Leitungsaufgabe haben. Entsprechendes
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7 Dazu krit. Rittner in: Festschrift für Westermann, S. 497; Korte/Schaffland GenG S. 33. 8 Vgl. Bömcke ZfgG 1956, 233 unter b; Näheres zur Gründungsprüfung Selchert ZfgG 1980, 93. 9 BayObLG DB 1990, 2157; vgl. BGHZ 93, 151. 10 Selchert ZfgG 1980, 95.
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gilt, wenn die eG nicht aus eigenen Mitteln existenzfähig ist, sondern sich hauptsächlich aus öffentlichen Beihilfen, Zuschüssen oder sonstigen Mitteln tragen kann. Die Notwendigkeit nur vorübergehender Unterstützung durch Dritte hindert dagegen nicht das Entstehen einer eG. Auch bei der Beurteilung der persönlichen Verhältnisse sind dem Verband enge Grenzen gezogen. Im Allgemeinen wird er nur objektiv feststellbare Tatsachen bewerten können, wie z.B. das Fehlen jeder Ausbildung oder Erfahrung im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit. Formale Gesichtspunkte der „ordnungsmäßigen Errichtung“ der eG sind zwar le- 13 diglich für die gerichtliche Prüfung in § 11 Abs. 1 vorgesehen; aber auch der Prüfungsverband wird seine Gründungsprüfung auf die wesentlichen gesetzlichen Merkmale zu erstrecken haben, insbesondere auf den vorgesehenen Unternehmenszweck im Hinblick auf § 1 sowie auf die zwingenden Vorschriften des Gesetzes über die Errichtung der eG, insbesondere §§ 2–9 und die Zulässigkeit der Firma.11 Das Gründungsgutachten des Prüfungsverbands soll u.a. anstelle einer Vorschrift 14 über die Mindestkapitalausstattung die Interessen von Mitgliedern und Gläubigern schützen.12 Die Schlussfolgerungen des Gründungsgutachtens sollen auf festgestellten Tatsachen beruhen. Die Beurteilung ist zu begründen.13 Dies muss umso mehr für negative Schlussfolgerungen gelten, da Gründungsmitglieder grundsätzlich – falls die Voraussetzungen erfüllt sind – Anspruch auf Zulassung und Eintragung haben. Inhalt der Aussage hat nicht die Prognose einer positiven Entwicklung zu sein, sondern nach dem Gesetzeswortlaut ausschließlich die Sorge um eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger. Die materielle Gründungsprüfung stellt ein präventives Schutzsystem für die Beteiligten dar.14 Ein negatives Gutachten kann auch ohne, dass der Eintritt der Gefährdung mit Sicherheit zu erwarten ist, gerechtfertigt sein. Für die Gründungsgenossenschaft besteht insbesondere die Verpflichtung, über alle relativen Tatsachen und Absichten dem Verband lückenlose und detaillierte Information zu geben.15 6. Unabhängig von der Erstattung des Gutachtens ist der Verband verpflichtet, jeden 15 Aufnahmeantrag einer Gründungsgenossenschaft ordnungsgemäß zu prüfen. Das Ergebnis des Gutachtens ist für die Frage der Zulassung zum Verband nicht bindend. Es besteht keine Aufnahmepflicht in Fällen, in denen andere Gründe den Verband veranlassen können, die Aufnahme einer eG abzulehnen. Ein negatives Gutachten hindert den Verband aber auch nicht zwingend an der Zulassung der Gründungsgenossenschaft.16 In Anbetracht der Pflichtmitgliedschaft ist der Verband bei der Entscheidung über 16 die Aufnahme einer eG nicht frei, sondern muss nach pflichtgemäßem Ermessen prüfen, ob die Aufnahme sachlich gerechtfertigt und zumutbar ist.17 In Hinblick auf die Verbandsautonomie ist die Auffassung abzulehnen, dass der Verband unter allen Umständen zur Aufnahme der Gründungsgenossenschaft verpflichtet sei.18 Da die Zulassung
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11 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 11 Rdn. 9. 12 Vgl. Bömcke ZfgG 1956, 237; Selchert ZfgG 1980, 98. 13 Tsibanoulis S. 335. 14 Tsibanoulis S. 354. 15 Einzelheiten der Gründungsprüfung: Aschermann Genossenschaftliche Gründungsprüfung und Aufnahme in den Prüfungsvorstand, ZfgG 1987, 297; Tsibanoulis Die genossenschaftliche Gründungsprüfung; Rheinberg Zur Frage der Gründungsprüfungen bei Produktivgenossenschaften, ZfgG 1987, 38 ff. 16 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 11 Rdn. 12. 17 BGH NJW 1962, 1508; wegen Aufnahmeanspruch bei Verein mit Monopolstellung BGH MDR 1960, 109 = DB 1959, 1396 = BB 1959, 1272. 18 So aber Tsibanoulis S. 358 ff.
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zum Verband aber Eintragungsvoraussetzung ist, sind an eine Ablehnung der Mitgliedschaft im Rahmen der Ermessensentscheidung strenge Anforderungen zu stellen.19 Sachliche Gründe für die Ablehnung können sein – Gefährdung der Mitglieder oder Gläubiger (entsprechend § 11 Abs. 2 Ziff. 3), – Gefährdung wesentlicher Verbandsinteressen,20 – wenn die Satzung des Verbands der Aufnahme entgegensteht (z.B. fachlich gehört die eG einer anderen Gruppe an, oder sie hat ihren Sitz außerhalb des Verbandsgebiets), – wenn die Genossenschaft bereits rechtswirksam aus dem Verband ausgeschlossen worden ist. 17
Lehnt der Verband die Aufnahme ab, so fehlt eine Voraussetzung für die Eintragung der eG.21 Die eG kann im ordentlichen Rechtsweg vor den Zivilgerichten auf Zulassung klagen.22 Mit der Rechtskraft des Urteils, in dem der Zulassungsanspruch anerkannt wird, gilt die Zulassungserklärung als abgegeben.23 Die Aufsichtsbehörde kann gemäß § 64 Abs. 2 dem Prüfungsverband die Auflage erteilen, die eG als Mitglied zuzulassen. Kommt der Prüfungsverband der Auflage nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde die Entziehung des Prüfungsrechts androhen und bei andauernder Weigerung des Verbands auch durchsetzen (§ 64a). Gegen Verfügungen der Aufsichtsbehörde ist der Verwaltungsgerichtsweg zugelassen. Für eine Vorgenossenschaft kann das Registergericht keinen Prüfungsverband nach § 64b bestellen, da die gesetzliche Regelung nur für eG gilt.24 Nach Aufhebung des WGG (s. Einf. Rdn. 7) gelten für die Verbandszugehörigkeit von WohnGen die allgemeinen Bestimmungen (§§ 53 ff.). III. Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder (Abs. 3)
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Die Mitteilung über die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder wurde eingeführt mit Novelle 1973. § 25 lässt seit dieser Zeit unterschiedliche Regelungen für die gesetzliche Vertretung der eG zu. Im Allgemeinen enthält die Satzung der eG klare Bestimmungen über die gesetzliche Vertretung; insoweit dürfte es § 11 Abs. 3 entsprechen, bei der Anmeldung auf die konkrete Vertretungsregelung in der Satzung Bezug zu nehmen. Anzugeben ist nicht der Umfang der Vertretungsmacht, sondern die Art der Vertretung, Gesamt- oder Einzelvertretung.25 Während § 11 Abs. 3 die Anmeldung der Vertretungsbefugnis bei der Gründung regelt, ist die Änderung der gesetzlichen Vertretung gem. § 28 Abs. 1 beim Gericht anzumelden und vom Gericht bekannt zu machen. Die Folgen hinsichtlich des öffentlichen Glaubens der Eintragungen regelt § 29.
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19 Zur Frage der Aufnahmepflicht: Bömcke GWW 1954, S. 265; von Caemmerer/Riebandt-Korfmacher Pflichtmitgliedschaft bei Prüfungsverbänden; Rechtsbehelfe gegen die Verweigerung der Aufnahme in einem Prüfungsverband, Referate und Materialien zur Reform des Genossenschaftsrechts, 3. Bd. 7, 23; Näheres Erl. zu § 54 Rdn. 9 ff. 20 BGH BB 1970, 224. 21 Beuthien GenG § 11 Rdn. 6; a.A. Tsibanoulis S. 358 ff. 22 BGH NJW 1962, 1508. 23 § 894 ZPO; vgl. OLG Hamburg WuW 1955, 394. 24 BayObLG DB 1990, 2157 mit ausf. Begr. 25 Vgl. BGH MDR 75, 209.
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Prüfung durch das Gericht | § 11a
IV. Elektronische Form der Einreichung, § 12 Abs. 2 HGB (Abs. 1) Gem. § 12 Abs. 2 HGB sind Dokumente zum Register elektronisch einzureichen. Ist 19 eine Urschrift oder eine einfache Abschrift einzureichen oder ist für das Dokument die Schriftform bestimmt, genügt die Übermittlung einer elektronischen Aufzeichnung; ist ein notariell beurkundetes Dokument oder eine öffentlich beglaubigte Abschrift einzureichen, so ist ein mit einem einfachen elektronischen Zeugnis (§ 39a des Beurkundungsgesetzes) versehenes Dokument zu übermitteln. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß § 3 SCEAG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 SCE-VO sind zur Eintragung in das Genossen- 20 schaftsregister die §§ 36–39 AktG sowie der §§ 16–19, 36, 38, 198 und 199 UmwG anzuwenden. Zusätzlich ist bei der Anmeldung die Bescheinigung eines Prüfungsverbands i.S.d. § 54, das die SCE zum Beitritt zugelassen ist, beizufügen. Darüber hinaus ist nach Art. 11 Abs. 2 SCE-VO Voraussetzung für die Eintragung, dass eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer gemäß Art. 4 der Richtlinie 2003/72/EG geschlossen oder ein Beschluss nach Art. 3 Abs. 6 der genannten Richtlinie gefasst worden ist oder die Verhandlungsfrist abgelaufen ist, ohne dass eine Vereinbarung zustande gekommen ist (vgl. Einführung Rdn. 64). Die Eintragung einer SCE erfolgt bei dem Gericht, in dessen Bezirk die SCE ihren Sitz hat, § 3 SCEAG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 SCE-VO i.V.m. § 36 AktG, i.V.m. §§ 376, 377 FamFG. Vgl. im Übrigen die Ausführungen bei § 28 Rdn. 18.
§ 11a Prüfung durch das Gericht § 11a Prüfung durch das Gericht (1) Das Gericht hat zu prüfen, ob die Genossenschaft ordnungsmäßig errichtet und angemeldet ist. Ist dies nicht der Fall, so hat es die Eintragung abzulehnen. (2) Das Gericht hat die Eintragung auch abzulehnen, wenn offenkundig oder aufgrund der gutachterlichen Äußerung des Prüfungsverbandes eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist. Gleiches gilt, wenn der Prüfungsverband erklärt, dass Sacheinlagen überbewertet worden sind. (3) Wegen einer mangelhaften, fehlenden oder nichtigen Bestimmung der Satzung darf das Gericht die Eintragung nach Absatz 1 nur ablehnen, soweit diese Bestimmung, ihr Fehlen oder ihre Nichtigkeit 1. Tatsachen oder Rechtsverhältnisse betrifft, die nach den §§ 6 und 7 oder auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften in der Satzung bestimmt sein müssen oder die in das Genossenschaftsregister einzutragen oder von dem Gericht bekannt zu machen sind, 2. Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Genossenschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind, oder 3. die Nichtigkeit der Satzung zur Folge hat.
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§ 11a | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
I. II. III.
Übersicht Allgemeines | 1 Prüfung der formalen Ordnungsmäßigkeit von Errichtung und Anmeldung | 2–3 Prüfung der Verhältnisse bei der eG | 4
IV. V.
Die Entscheidung des Gerichts/ Rechtsmittel | 5 Europäische Genossenschaft (SCE) | 6
I. Allgemeines 1
Die durch die Novelle 1973 eingeführte und durch die Novelle 2006 neu gefasste Regelung schafft eine umfassende Prüfung der neu gegründeten eG durch das Registergericht. Wie Abs. 2 konkretisiert, dient dies vornehmlich dem Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG. § 11a dient der Konkretisierung der gerichtlichen Prüfungspflicht bei der Ersteintragung einer eG. Er bestimmt, unter welchen Voraussetzungen das Registergericht die Eintragung in das Genossenschaftsregister ablehnen darf oder muss. Der durch Art. 10 des Handelsrechtsreformgesetz 1 1998 eingeführte Abs. 3 dient der Beschleunigung des Eintragungsverfahren. Bis dahin führte jeder Verstoß auch nur einer Satzungsregelung gegen GenG oder eine andere Vorschrift zur Ablehnung der Eintragung.2 Diese Regelung entspricht § 38 Abs. 4 AktG und § 9c Abs. 2 GmbHG. Auf spätere Satzungsänderungen ist § 11a nicht anzuwenden. II. Prüfung der formalen Ordnungsmäßigkeit von Errichtung und Anmeldung
2
Die Prüfung des Gerichts erstreckt sich auf alle wesentlichen rechtsformalen Voraussetzungen bei der Errichtung der Genossenschaft; die Eintragung darf jedoch nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 3 abgelehnt werden. Mit Blick auf Abs. 3 ergeben sich folgende Prüfungspunkte: Gem. Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 ist der Mindestinhalt der Satzung, §§ 6 und 7 aber auch 36 Abs. 1 Satz 2, zu überprüfen. Als einzutragende Tatsachen sind gem. Abs. 3 Nr. 1 2. Alternative die Bestellung des Vorstands (§ 10), ihrer Stellvertreter, die Vertretungsbefugnis (§ 11 Abs. 3), die Erteilung der Prokura (§ 42 Abs. 2 S. 2) und die Errichtung einer Zweigniederlassung (§ 14), die richtige Firmierung (§ 3) zu überprüfen. Der Katalog der bekannt zu machenden Tatsachen (Abs. 3 Nr. 1 3. Alternative) ergibt sich aus § 156 Abs. 2 S. 2. Gem. Abs. 3 Nr. 2 ist die Eintragung zu verweigern, wenn die Satzung Regelungen enthält, die gegen Gläubiger- oder öffentliches Interesse schützende Vorschriften verstoßen, z.B. wenn der Zweck der eG nicht mit § 1 übereinstimmt. Abs. 3 Nr. 3 zwingt zur Untersuchung, ob Satzungsregelungen zur Nichtigkeit der gesamten Satzung führen (§ 139 BGB). Eine Prüfung des materiellen Inhalts der Satzung, insbesondere hinsichtlich der Zweckmäßigkeit durch das Gericht ist nicht zulässig.3 Eine Beanstandung durch das Gericht scheidet auch bei unklaren Formulierungen zumindest dann aus, wenn sich im Zusammenhang mit den übrigen Satzungsbestimmungen oder aus dem Gesetz eine klare Aussage ergibt.4 Fehlen notwendige Voraussetzungen oder stellt das Gericht Verfahrensmängel fest, ist die Eintragung abzulehnen ohne Rücksicht
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BGBl. I 1998 S. 1473. Hornung Rpfleger 1978, 46. So für GmbH mit überzeugender Begründung OLG Köln BB 1981, 1596. OLG Köln, a.a.O.
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Prüfung durch das Gericht | § 11a
darauf, ob eine Eintragung zur Heilung der Mängel führen würde.5 Allerdings ist zu überprüfen, ob die Satzung ordnungsgemäß zustande gekommen ist,6 z.B. ob die Gründungsmitglieder ordnungsgemäß vertreten waren, dies gilt insbesondere für juristische Personen. Grundlage für die Prüfung der ordnungsgemäßen Anmeldung ist im wesentlichen 3 § 11; zu prüfen ist die Einhaltung der Formvorschrift (§ 157), d.h. Unterzeichnung durch alle Vorstandsmitglieder in öffentlich beglaubigter Form, die Vollständigkeit der Urkunden (§ 11 Abs. 2), insbesondere Vorlage des Gründungsgutachtens, die Identität der Anmeldenden, die ordnungsgemäße Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat.7 Das Gericht hat nicht mehr zu prüfen (vgl. § 11 Rdn. 4), ob für den Betrieb der eG eine staatliche Genehmigung erforderlich ist (außer bei Bankgeschäften gem. § 43 Abs. 1 KWG);8 bei Fehlen der erforderlichen Genehmigung ist die Eintragung abzulehnen. Bestehen Zweifel, muss das Gericht von Amts wegen die Rechtslage klären. An die Rechtsauffassung der Genehmigungsbehörde ist das Gericht grundsätzlich nicht gebunden, wird ihr im Zweifel aber folgen.9 III. Prüfung der Verhältnisse bei der Genossenschaft Die Eintragung ist gemäß Abs. 2 auch von der Prüfung der Lebensfähigkeit der eG 4 abhängig. In der registergerichtlichen Praxis sind gelegentlich Probleme hinsichtlich der in § 11a Abs. 2 vorgesehenen Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der eG zu beobachten. Diese Vorschrift durchbricht den im Gesellschaftsrecht allgemein gültigen Grundsatz, dass das Registergericht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft (mit Ausnahme der Aufbringung des Haftkapitals bei den Kapitalgesellschaften) nicht zu prüfen hat. Die Durchbrechung wird dadurch gerechtfertigt, dass das Gesetz für die eG kein Mindesteigenkapital vorschreibt und zudem die Mitglieder nicht unmittelbar für Verbindlichkeiten der eG haften, was ein erhöhtes Gefährdungspotential für den Rechtsverkehr bedeutet. Berücksichtigt man, dass das Mindestkapital – GmbH € 25.000, bzw. gemäß § 5a GmbHG € 1 pro Gesellschafter bei der UG haftungsbeschränkt, AktG € 50.000 – nur zur Hälfte eingezahlt sein muss und Sachgründungen zulässig sind, überzeugt die Feststellung, dass hiermit ein erhöhtes Gefährdungspotential für den Rechtsverkehr zu verhindern ist, nicht mehr.10 Da das Registergericht nicht an der Entstehung einer juristischen Person mitwirken darf, die mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit Rechtsgüter oder sonstige schützenswerte Interessen Dritter verletzen wird, hat es eine entsprechende eigene Prüfungskompetenz. Die Prüfung hat jedoch an der gutachterlichen Äußerung des Prüfungsverbands gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 anzusetzen, da die vorausgegangene Prüfung des Prüfungsverbands eine ausreichende Gewähr für Gewissenhaftigkeit und Objektivität bietet; das Registergericht ist aber an die Beurteilung des Prüfungsverbands nicht gebunden. Um hier eine praxisorientierte Regelung zu schaffen, wurde die Formulierung des § 11a Abs. 2 durch Novelle 2006 dem § 38 Abs. 2 AktG angeglichen. Dieser bestimmt den Gründungs- und Prüfungsbericht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats bzw. des Gründungsprüfers als Ausgangspunkt für verschiedene Aspekte der materiellen Gründungsprüfung einer Aktiengesellschaft und
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So auch Müller GenG § 11a Rdn. 2. BT-Drs. 13/8444, S. 81, 77. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 11a Rdn. 15. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 11a Rdn. 14. Teilw. abl. Müller GenG § 11a Rdn. 3. So aber zur alten Rechtslage Selchert ZfgG 1980, 93, 98 f.
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§ 11a | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
konkretisiert damit den gerichtlichen Prüfungsumfang.11 Das Gericht kann sich bei seiner Entscheidung auf Erkenntnisse berufen, die ohne eigene Prüfung zuverlässig verwertbar sind. Hier kommt in erster Linie das Gutachten des Prüfungsverbands gem. § 11 Abs. 2 Nr. 3 in Betracht. Mit einer eigenen Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Genossenschaft sowie deren Vermögenslage dürfte das Gericht regelmäßig überfordert sein. Eine Ablehnung der Eintragung gem. Abs. 2 ist daher nur zulässig, wenn konkrete Sachverhalte die Erwartung rechtfertigen, dass die eG wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse zu einer Gefährdung der Interessen der Mitglieder und der Gläubiger führen würde. An das Gründungsgutachten des Verbands ist das Gericht zwar nicht gebunden; dieses Gründungsgutachten dient dem Gericht aber als Unterlage für eine eigene Meinungsbildung. Eigene Nachprüfungen – über das Gutachten des Prüfungsverbands hinaus – wird das Gericht nur anstellen, wenn das Gründungsgutachten des Verbands nicht zu einer endgültigen Meinungsbildung ausreicht. Der neue Satz 2 berücksichtigt, dass künftig nach § 7a Abs. 2 auch Sacheinlagen als Einzahlungen auf die Geschäftsanteile geleistet werden dürfen. Da die Sacheinlagen im Rahmen der Prüfung durch den Verband zu begutachten sind, erübrigen sich zusätzliche gesetzliche Regelungen insbesondere über die Bewertung. IV. Die Entscheidung des Gerichts/Rechtsmittel 5
Wird dem Antrag der eG auf Eintragung entsprochen, so ist die Satzung auszugsweise zu veröffentlichen (§ 12); die eG erlangt als „eingetragene Genossenschaft“ Rechtsfähigkeit (§ 13). Erkennt das Gericht behebbare Mängel, wird es durch eine Zwischenverfügung der eG Gelegenheit geben, die Mängel zu beheben. Wird die Eintragung abgelehnt, so hat der Vorstand der (nicht rechtsfähigen) eG das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde (§§ 58 ff. FamFG). Mangelnde Rechtsfähigkeit steht dem nicht entgegen.12 Die gegenteilige Meinung, nur die Vorstände nicht aber die Vorgesellschaft sei beschwerdebefugt,13 ist abzulehnen, da nicht die anmeldenden Vorstände sondern ausschließlich die Vorgenossenschaft beschwert ist. Mängel der Errichtung oder der Satzung können nur in einer neu einzuberufenden Versammlung der Gründungsmitglieder behoben werden, sofern der Vorstand nicht durch die Gründungsversammlung ermächtigt ist, redaktionelle Mängel der Satzung zu beheben. Löschung unzulässiger Eintragungen erfolgt von Amts wegen (§ 395 FamFG). V. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Art. 17 Abs. 1 verweist hinsichtlich der Gründung auf das für die eG geltende Recht des Sitzstaates, insoweit gelten für die Prüfung der deutschen SCE §§ 11 u. 11a.
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11 BT-Drs. 16/1025 S. 86. 12 BGH NJW 1992, 1824; NJW 1989, 295 = BGHZ 105, 324. 13 BayObLG DB 1974, 963 = ZfgG 1974, 343 mit ablehnender Anmerkung Schnorr von Carolsfeld; BayObLG ZfgG 1986, 68.
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Veröffentlichung der Satzung | § 12
§ 12 Veröffentlichung der Satzung § 12 Veröffentlichung der Satzung
1. 2. 3. 4. 5.
I. II.
(1) Die eingetragene Satzung ist von dem Gericht im Auszug zu veröffentlichen. (2) Die Veröffentlichung muss enthalten: das Datum der Satzung, die Firma und den Sitz der Genossenschaft, den Gegenstand des Unternehmens, die Mitglieder des Vorstands sowie deren Vertretungsbefugnis, die Zeitdauer der Genossenschaft, falls diese auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist. Übersicht Allgemeines | 1 Veröffentlichung | 2
III. IV.
Inhalt der Veröffentlichung | 3 Europäische Genossenschaft (SCE) | 4
I. Allgemeines Die eG erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung (§ 13), die Veröffentlichung dient 1 allein dem Zwecke, der interessierten Öffentlichkeit die wesentlichen Daten der Neugründung mitzuteilen. Die Pflicht zur Veröffentlichung obliegt allein dem Registergericht. Grundsätzlich besteht keine Ersatzpflicht für die vom Gericht zu Unrecht bewirkte Veröffentlichung.1 In den meisten Ländern bestehen Verwaltungserlasse, die die Gerichte verpflichten, bei Veröffentlichungen unnötige Kosten zu vermeiden. II. Veröffentlichung Gem. § 156 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 10 HGB erfolgen Veröffentlichungen in dem von der 2 Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem und zwar in der zeitlichen Folge ihrer Eintragung und nach Tagen geordnet. § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 geltend entsprechend (Möglichkeit einer gemeinsamen Internetplattform der Länder für Handelsregisterbekanntmachungen, vgl. www.handelsregisterbe kanntmachungen.de). Die gerichtlich bekannt zu machenden Eintragungen sind in § 156 abschließend aufgezählt, vgl. die Erl. dort. III. Inhalt der Veröffentlichung Das Gericht ist nicht berechtigt, bei der Veröffentlichung weiterzugehen, als in Abs. 2 3 vorgesehen;2 die Beschränkung auf den kurzen Auszug dient der Kosteneinsparung.3 Zu veröffentlichen ist: – das Datum der Satzung (Abs. 2 Nr. 1), es entspricht dem Datum der eingereichten Urschrift; es dürfte im Allgemeinen der Tag der Gründungsversammlung sein, – die Firma und der Sitz der eG (Abs. 2 Nr. 2), – der Gegenstand des Unternehmens (Abs. 2 Nr. 3) ist vom Zweck (Förderzweck) zu unterscheiden. Unternehmensgegenstand sind vielmehr die geschäftlichen Maßnahmen und Einrichtungen, mit denen der Zweck erfüllt werden soll, wie z.B. „Durch-
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KGJ 46, 292. Müller GenG § 12 Rdn. 3. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 12 Rdn. 1.
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§ 13 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
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führung von Bankgeschäften“, „Absatz der landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Mitglieder“, „Großhandel mit allen für den Betrieb der Mitglieder erforderlichen Waren“ usw., die Mitglieder des Vorstands sowie deren Vertretungsbefugnis (Abs. 2 Nr. 4). Zu veröffentlichen sind die Namen sämtlicher Vorstandsmitglieder, auch der stellvertretenden sowie deren in der Satzung geregelte Vertretungsbefugnis. Der Veröffentlichung des Vertretungsrechts kommt wegen des erweiterten § 25 Abs. 1 besondere Bedeutung zu, die Zeitdauer der eG, falls diese auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist (Abs. 2 Nr. 5). Eine derartige Befristung ist äußerst unüblich.
Dabei sind die zu veröffentlichenden Satzungsbestimmungen wörtlich und nicht in abgekürzter Form zu bringen.4 Nr. 4 wurde eingefügt durch Novelle 1973. Fehlerhafte Veröffentlichungen sind unter Beachtung von § 12 zu berichtigen. Die Veröffentlichung hat von Amts wegen zu erfolgen. Die eG ist grundsätzlich nicht Schuldner der Berichtigungskosten,5 es sei denn, sie hat die unrichtige Veröffentlichung selbst verursacht. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) 4
Die Eintragung (Art. 17 Abs. 2) und die Löschung einer SCE wird gem. Art. 12 SCE-VO entsprechend dem für die eG geltenden Recht des Sitzstaates veröffentlicht. Somit gilt § 12.
§ 13 Rechtszustand vor der Eintragung § 13 Rechtszustand vor der Eintragung Vor der Eintragung in das Genossenschaftsregister ihres Sitzes hat die Genossenschaft die Rechte einer eingetragenen Genossenschaft nicht.
I. II. III.
Übersicht Vorbemerkungen | 1 Die Gesellschaft zur Gründung einer Genossenschaft | 2–3 Die Vorgenossenschaft (nicht rechtsfähige Genossenschaft) | 4–8
IV.
V.
Verhältnis zwischen BGB-Gesellschaft – Vorgenossenschaft – eingetragene Genossenschaft | 9 Europäische Genossenschaft (SCE) | 10
I. Vorbemerkungen 1
§ 13 stellt nur fest, dass die gegründete eG vor der Eintragung nicht die Rechte einer eingetragenen Gesellschaft hat, sie ist nicht rechtsfähig, keine juristische Person und nicht Formkaufmann (§ 17 Abs. 2). Rechtsfähigkeit wird erst durch Eintragung erlangt (§ 17), der Rechtzustand bis zur Eintragung ist im GenG nicht geregelt, es gelten die allgemeinen Grundsätze. Insgesamt sind drei mögliche Stadien zu unterscheiden: – Zusammenschluss zur Gründung einer eG, – die Gründung der Genossenschaft durch Annahme einer Satzung, Vorgenossenschaft, – die Eintragung der gegründeten eG.
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So auch Müller GenG § 12 Rdn. 2. KGJ 46, 292.
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Rechtszustand vor der Eintragung | § 13
II. Die Gesellschaft zur Gründung einer Genossenschaft Zweck eines Zusammenschlusses von Personen kann es sein, eine eG zu gründen, al- 2 lein hiervon gehen noch keine gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten aus. Diese Vereinigung wird erst dann die Rechtsform einer BGB-Gesellschaft annehmen, wenn die Beteiligten den erklärten Willen haben, rechtsverbindlich an der Gründung einer eG mitzuwirken.1 Auf diese Gesellschaft, deren Zweck die Gründung einer eG ist, finden die §§ 705 ff. BGB Anwendung. Grundsätzlich können nur alle Gesellschafter gemeinsam für die Gesellschaft rechtsgeschäftlich tätig werden, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag z.B. Einzelvertretung einräumt. Durch Vertretungshandlungen wird der Zusammenschluss als BGB-Gesellschaft berechtigt und verpflichtet,2 die spätere eG nur, wenn ein Geschäft zu Gunsten Dritter abgeschlossen wurde.3 Auch eine Vertretung der eG durch die Vorgesellschaft als Vertreter ohne Vertretungsmacht ist denkbar; das Geschäft bedarf dann der Genehmigung durch die später entstandene eG;4 wird diese verweigert gilt § 179 BGB.5 Die Gesellschafter haften grundsätzlich unbeschränkt, es sei denn, sie treten ausdrücklich als GbR mit beschränkter Haftung auf. Auch der Hinweis auf eine Gründungsgenossenschaft verhindert nicht die Haftung der Vorgesellschaft.6 Betreibt diese Gründungsgesellschaft ein Handelsgewerbe wird sie zur OHG.7 Mit Erreichen des Gesellschaftszwecks – Gründung der eG – ist die BGB-Gesellschaft aufgelöst. Zu der Vorgenossenschaft (Rdn. 4 ff.) besteht keine Gesamtrechtsnachfolge; Vermögensgegenstände bedürfen der Übertragung.8 Ob für die Verpflichtung zur Gründung einer eG Schriftform erforderlich ist, ist 3 nach den Grundsätzen des Vorvertrags zu beurteilen. Danach ist Schriftform nur erforderlich, wenn die Formvorschrift für den endgültigen Vertrag den Zweck hat, vor einer übereilten Bindung zu warnen.9 Der Beitritt zur gegründeten und angemeldeten (§ 15 Abs. 1) eG bedarf gem. § 15 einer schriftlichen Erklärung. Diese Formvorschrift dürfte sowohl dem Schutz vor Übereilung als auch der Beweissicherung und damit der Rechtssicherheit dienen. Im Zweifel wird daher Schriftform für die Verpflichtung der Gründungsgesellschafter erforderlich sein.10 III. Die Vorgenossenschaft (nicht rechtsfähige Genossenschaft) Für das Entstehen der nicht eingetragenen eG ist der Gründungswille entschei- 4 dend.11 Mit Errichtung der Satzung in schriftlicher Form12 und durch Beschluss in der Gründungsversammlung bringen die Beteiligten ihren Willen zum Ausdruck, der Vereinigung die körperschaftliche Verfassung einer eG zu geben. Es finden auf diese Vorgenossenschaft die Vorschriften des GenG Anwendung mit Ausnahme der Bestimmungen, die entweder durch spezielle Gründungsvorschriften ersetzt, mit dem Zweck der Vorge-
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1 OLG Hamm BB 1992, 1081; Müller GenG § 13 Rdn. 3; Reinhardt ZfgG 1962, 255; OLG Hamm BB 1992, 1081. 2 BGHZ 91, 148, 151; GmbHR 98, 613 ff. mit zust. Anm. K. Schmidt. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 13 Rdn. 5. 4 Beuthien GenG § 13 Rdn. 3. 5 Siehe auch BGHZ 105, 283, 286. 6 Beuthien ZIP 1996, S. 305, 317. 7 BGHZ 91, S. 148, 151 zur GmbH. 8 OLG Hamm BB 1992, 1081; BGH 1984, 2164. 9 BGHZ 61, 48; Beuthien GenG § 12 Rdn. 2. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 13 Rdn. 3; so auch Müller GenG § 13 Rdn. 4, allerdings mit anderer Begründung. 11 BGHZ 20, 285. 12 BGHZ 91, S. 148, 150 f.
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nossenschaft nicht vereinbar sind oder Rechtsfähigkeit voraussetzen. Genossenschaftsrecht gilt bei der Vorgenossenschaft sowohl im Innen- als im Außenverhältnis. Nur ergänzend – wenn sich aus dem Genossenschaftsrecht keine Lösung ableiten lässt – findet Vereins- und Gesellschaftsrecht Anwendung.13 Die Zuständigkeit der Organe richtet sich nach dem GenG; Entsprechendes gilt für 5 die besonderen Haftungsvorschriften (§§ 34, 41). Ob Einzahlungen auf Geschäftsanteile schon bei der Vorgenossenschaft zu leisten sind, hängt von dem erklärten Willen der Gründungsmitglieder ab, soweit nicht die Gründungssatzung Näheres regelt. Wenn Zahlungen auf Geschäftsanteile vor der Eintragung vorgesehen sind und solche Zahlungen geleistet werden, wird der Leistende gegenüber der späteren eG frei. Die Einzahlungspflicht lebt nicht dadurch wieder auf, dass die Einzahlungen nach dem Willen der Gründer schon vor der Eintragung zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs verwendet werden.14 Die Vorschriften der §§ 53 ff. GenG über die Pflichtprüfung finden grundsätzlich erst nach Eintragung als eG Anwendung; dies folgt aus dem Sinnzusammenhang des § 11 Abs. 2 Nr. 3. Im Außenverhältnis richtet sich die Vertretungsberechtigung des Vorstands be6 reits nach dem GenG. Inwieweit Vorstandsmitglieder schon Rechtsgeschäfte abschließen können, die über den Gründungszweck hinausgehen, richtet sich nach den in Zusammenhang mit der Gründung getroffenen Vereinbarungen.15 Die Vertretungsmacht des Vorstands der noch nicht eingetragenen eG soll sich auf Handlungen beschränken, die der Eintragung im Register dienen und darüber hinaus dem rechtlichen und faktischen Entstehen der eG sowie der für die Vorbereitung des Geschäftsbetriebs notwendigen Geschäfte.16 Nach Auffassung von Beuthien, der zuzustimmen ist, führt dies zu Rechtsunsicherheit; aus der unbeschränkten Vertretungsmacht des Vorstands der eG schließt er auf eine fehlende Beschränkung bereits in der Vorgenossenschaft.17 Sofern die Verwaltung die Anmeldung des Gewerbes der Vorgenossenschaft ablehnt, setzt sie zu Unrecht eigene Verwaltungsmaßstäbe an die Stelle der zivilrechtlichen Vertretungsmacht.18 Bei der Vorgenossenschaft handelt es sich um eine nicht eingetragene, grundsätz7 lich nicht rechtsfähige eG. Allerdings wird einer solchen „werdenden juristischen Person“ von der Rechtsprechung eine partielle, auf bestimmte Bereiche beschränkte Fähigkeit zuerkannt, nach außen als Träger von Rechten und Pflichten aufzutreten. Dies gilt dann, wenn im Gesetz vorgesehen ist, dass schon im Gründungsstadium bestimmte Rechte geltend gemacht werden.19 Beispiele: In bestimmten Fällen als Käufer,20 als Versicherungsnehmer21 oder als Kostenschuldner im Verfahrensrecht. Im Grundbuchverfahrensrecht kann die Gründungsgenossenschaft Beteiligte sein, ebenso im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit,22 sie ist konto- und parteifähig im Zivilprozess;23 eine Auflassungsvormerkung kann nicht eingetragen werden.24
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13 Dazu BGHZ 17, 385; 20, 281 = ZfgG 1956, 150 = NJW 1956, 946; LG Berlin ZfgG 1963, 253; vgl. auch BayObLG DB 1990, 2157. 14 Vgl. BGHZ 15, 66 = ZfgG 1955, 237 = NJW 1954, 1844. 15 Etwas enger: BGHZ 17, 385; andererseits will Müller GenG § 13 Rdn. 12a, unbeschränkt genossenschaftsrechtliches Vertretungsrecht anwenden. 16 BGHZ 80, S. 129, 139. 17 Beuthien GenG § 13 Rdn. 6 f.; ders. ZfgG 1996, 179 f. 18 BVerwG NJW 1993, 1346 f. 19 BayObLG DB 1990, 2158. 20 BGH DB 1987, 929. 21 BGH DB 1990, 273. 22 BGHZ 117, 323. 23 BGH Betr 1998, 302, 303. 24 Ausführlich BayObLG DB 1990, 2157; auch BGHZ 20, 281; 17, 385, 389; 80, 212, 214; vgl. auch Schnorr v. Carolsfeld Genossenschaften ohne Rechtsfähigkeit, ZfgG 1984, 45 ff.
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Für die Haftung im Zeitraum zwischen Gründung und Eintragung ist Genossen- 8 schaftsrecht maßgeblich.25 Beim Abschluss von Rechtsgeschäften im Namen einer Vorgenossenschaft kommt grundsätzlich der Wille zum Ausdruck, nur im Umfang der von den Gründern übernommenen Einlage-, Beitrags- und gegebenenfalls Nachschusspflichten haften zu wollen; entsprechend ist die Vertretungsmacht der Handelnden beschränkt.26 Die Gläubiger sind so zu stellen, als ob sie ein Rechtsgeschäft mit einer bereits eingetragenen, rechtsfähigen eG abgeschlossen hätten – aber auch nicht besser. Damit sind ihre schutzwürdigen Interessen ausreichend berücksichtigt. 27 Eine unmittelbare Haftung der Mitglieder gegenüber den Gläubigern der Vorgenossenschaft besteht mithin nicht.28 Dagegen verweist Beuthien darauf, dass § 2 GenG nur für die eingetragene eG die Haftung auf das Vermögen der eG beschränke, dies könne daher nicht zugleich für die Vorgenossenschaft gelten.29 Die Vorgenossenschaft selbst haftet ihren Gläubigern entsprechend § 2 mit ihrem Vermögen. Es kann dabei dahin stehen, ob sich eine solche Haftung der noch nicht rechtsfähigen eG aus einer gesamthänderischen Bindung der Gründungsmitglieder ergibt oder aus der Annahme einer „rechtlich organisierten Gruppe“. Zum Vermögen gehören auch die Zahlungsansprüche gegen die Gründungsmitglieder insbesondere Zahlungspflichten aus übernommenen Geschäftsanteilen sowie sich aus der Gründungssatzung ergebende Nachschussverpflichtungen. Darauf muss sich dann die Haftung der Vorgenossen beschränken. Die weitergehende Auffassung,30 die grundsätzlich zu einer persönlichen und unbeschränkten Haftung der Gründungsmitglieder für Schulden der Vorgenossenschaft führt, kann in dieser Allgemeinheit weder in der Begründung noch im Ergebnis überzeugen. Die rechtliche Beurteilung bedarf vielmehr einer weiteren Differenzierung vom Sachverhalt her. Eine persönliche unbeschränkte Haftung der Gründungsmitglieder wird sich nach den vereins- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (§ 54 Satz 1 BGB, §§ 714, 421 ff. BGB) dann ergeben, wenn ein Rechtsgeschäft erkennbar und gewollt mit den Gründern als Personengruppe – z.B. vertreten durch den Gründungsvorstand – abgeschlossen ist. Wenn dagegen ein Geschäftspartner eine Lieferbeziehung zu einer in Gründung befindlichen eG aufnimmt, so geht er von der rechtlichen Haftungslage einer eG entsprechend § 2 aus. Es sind keine Gründe erkennbar, die ihn besserstellen sollten, nur weil die eG noch nicht eingetragen wurde. Der Sachverhalt ist nicht mit der Gründungslage bei der GmbH zu vergleichen. Besteht ein weitergehendes Sicherungsbedürfnis, so kann durch Rechtsgeschäft (Bürgschaft oder Schuldübernahme) eine persönliche Verpflichtung der Gründer erreicht werden. Die Annahme einer unbeschränkten persönlichen Haftung der Gründer für Schulden der Vorgenossenschaft würde zu unzumutbaren und u.U. untragbaren Belastungen der Gründer führen und in der Praxis die Gründung einer eG unnötig erschweren; ein so weitgehender Gläubigerschutz ist nicht begründbar.31 Zusätzlich entstünden Probleme im Vertretungsrecht, die zu weiteren Unsicherheiten führen müssten. Die Mitglieder der Vorgenossenschaft haften dieser gegenüber bis zu Eintragung für den eingetretenen Verlust.32 Dieser Verlustdeckungsanspruch entsteht, wenn die Vor-
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25 So auch Beuthien GenG § 13 Rdn. 4. 26 BGHZ 65, 378, 382; 72, 45, 50; Beuthien ebd. 27 Vgl. BGHZ 53, 210, 217. 28 BGH NJW 2002, 824 = BB 2002, 321 zu Vorgenossenschaft; BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507 = BB 1997, 905 zur GmbH. 29 Beuthien GenG § 13 Rdn. 6. 30 Beuthien/Klose Haftung der Vorgenossenschaft, ZfgG 1996, 179 ff. 31 Dies erkennen im Grunde auch Beuthien/Klose a.a.O., S. 191. 32 Hierzu ausführlich Beuthien GenG § 13 Rdn. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 13 Rdn. 15 ff.
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genossenschaft nicht zur Eintragung kommt,33 unter der Voraussetzung, dass alle Mitglieder mit der Aufnahme der Geschäfte einverstanden waren; der BGH geht in Analogie zur GmbH von einer unbeschränkten Haftung aus.34 Nach Eintragung trifft sie eine Gründungsunterbilanzhaftung, d.h., sie müssen Zahlungen zum Ausgleich einer negativen Gründungsbilanz leisten.35 Ob daneben noch eine Haftung der Handelnden i.S.v. § 54 BGB und § 11 GmbHG nach § 179 BGB in Betracht kommt, ist nicht mehr umstritten.36 Gegen eine solche Haftung bestehen grundsätzliche, auch rechtspolitische Bedenken: Damit wären die Gläubiger einer Gründungsgenossenschaft erheblich besser gestellt, als die Gläubiger einer bereits eingetragenen, rechtsfähigen eG; das macht keinen Sinn. Diesem Gedanken ist der BGH37 gefolgt. Im Übrigen wäre die Haftung der Handelnden nach nun herrschender Auffassung auf eine „Differenzhaftung“ beschränkt.38 Der Begriff der „Handelnden“ ist eng zu fassen. Sie müssen zwar nicht dem Vorstand angehören, eine allgemeine Zustimmung zur Eröffnung des Geschäftsbetriebs begründet noch keine Haftung, auch nicht eine nachträgliche Genehmigung, weil die Ursächlichkeit zur Handlung fehlt. Zweck der Regelung als Schutzvorschrift: Dem Dritten überhaupt einen Schuldner zu geben und die Gründer zur Vorsicht zu mahnen.39 IV. Verhältnis zwischen BGB-Gesellschaft – Vorgenossenschaft – eingetragene Genossenschaft 9
Die Gründungsgesellschaft ist als BGB-Gesellschaft nicht identisch mit der später zu gründenden und einzutragenden Genossenschaft. Die verschiedenen Stadien unterscheiden sich schon wesentlich im Zweck. Eine unmittelbare Berechtigung der späteren eG kann jedoch von der Gründungsgesellschaft durch Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) begründet werden. Rechte und Pflichten der Gründungsgesellschaft gehen nur durch Rechtsgeschäft auf die Vorgenossenschaft über.40 Im Verhältnis der nicht eingetragenen Vorgenossenschaft und der darauf folgenden eingetragenen eG findet Gesamtrechtsnachfolge statt.41 Übergang der Verbindlichkeit wird von der h.M. jedoch nur angenommen, soweit diese für die Eintragung und Einrichtung des Genossenschaftsbetriebs geboten waren.42 In allen anderen Fällen bedarf der Haftungsübergang der Genehmigung durch die eG.43 Mit dem Übergang der Schulden auf die eG oder mit der Übernahme werden die Gründer aus ihrer Haftung entlassen.44
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33 BGH NJW 1997, 1507; Wiegand BB 1998, 1065. 34 BGH NJW 2002, 824, = BB 2002, 321 = DB 2001, 422 = DStR 2002, 556 mit Anm. Goette; BGHZ 80, 129. 35 BGHZ 105, 300 = BB 1989, 169 zur GmbH. 36 Keine Haftung, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 13 Rdn. 4 m.w.N. zur Rspr. 37 BGH ZIP 2004, 1909; NJW 2002, 824. 38 BGHZ 80, 129, 182. 39 BGHZ 47, 25. 40 BGH NJW 1998, 1645, GmbHR 1998, 1081, mit Anm. Schmidt. 41 BGHZ 105, 300, 303 ff. zur GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 13 Rdn. 25; a.A. Beuthien GenG § 13 Rdn. 4. 42 BGHZ 17, 385, 391 = ZfgG 1955, 391 = NJW 1955, 1229; BGHZ 80, 129 = NJW 1981, 1373. 43 BGH ZfgG 1960, 334 mit Anm. von Pohle; Fromm NJW 1962, 1656; Paulick S. 101; a.A. mit beachtlichen Gründen Müller GenG § 13 Rdn. 15. 44 BGHZ 20, 281; BGH ZIP 1981, 516.
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Errichtung einer Zweigniederlassung | § 14
V. Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß Art. 18 erwirbt die SCE ihre Rechtspersönlichkeit an dem Tag, an dem sie im 10 Sitzstaat das von diesem Staat nach Art. 11 Abs. 1 bezeichnete Register, in Deutschland das Genossenschaftsregister, eingetragen wird. Gemäß Art. 18 Abs. 2 haften die Mitglieder unbegrenzt und gesamtschuldnerisch für Rechtshandlungen, die vor dieser Eintragung von der Vor-SCE vorgenommen wurden, sofern die SCE diese Verpflichtungen nicht übernimmt. Die Vor-SCE ist nicht rechtsfähig.45
§ 14 Errichtung einer Zweigniederlassung § 14 Errichtung einer Zweigniederlassung (1) Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist vom Vorstand beim Gericht des Sitzes der Genossenschaft unter Angabe des Ortes der Zweigniederlassung und eines Zusatzes, falls der Firma der Zweigniederlassung ein solcher beigefügt wird, zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. In gleicher Weise sind spätere Änderungen der die Zweigniederlassung betreffenden einzutragenden Tatsachen anzumelden. (2) Das zuständige Gericht trägt die Zweigniederlassung auf dem Registerblatt des Sitzes unter Angabe des Ortes der Zweigniederlassung und des Zusatzes, falls der Firma der Zweigniederlassung ein solcher beigefügt ist, ein, es sei denn, die Zweigniederlassung ist offensichtlich nicht errichtet worden. (3) Die vorstehenden Vorschriften gelten sinngemäß für die Aufhebung einer Zweigniederlassung.
I. II. III. IV.
Übersicht Allgemeines | 1 Begriff der Zweigniederlassung, Errichtung, Vertretung | 2–6 Firma der Zweigniederlassung | 7 Der Inhalt der gesetzlichen Regelung | 8–13 1. Anmeldung einer Zweigniederlassung (Abs. 1) | 8
2. 3. 4. 5.
Prüfung durch das Gericht (Abs. 2) | 9–10 Aufhebung einer Zweigniederlassung (Abs. 3) | 11 Rechtsmittel | 12 Kosten | 13
I. Allgemeines Die Änderung des § 14 geht auf das am 28.9.2006 verabschiedete Gesetz über elekt- 1 ronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), zurück. Im Zuge der Neuordnung des Zweigniederlassungsrechts wurde § 13 HGB angepasst. Nach altem Recht war eine Zweigniederlassung bei dem Gericht der Hauptniederlassung anzumelden, das daraufhin das Gericht der Zweigniederlassung unterrichtet (der aufgehobene § 14a enthielt hierzu Vorgaben), damit dort auch die eigentliche Eintragung erfolgen konnte. Das Recht der Zweigniederlassungen wurde dahingehend vereinfacht, dass die Eintragung ausschließlich beim Gericht des Sitzes zu erfolgen hat. Für alle Daten, die über Haupt- und Zweigniederlassung ohnehin zentral abgerufen werden kön-
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Vgl. Friebel die Vorgesellschaft zu einer SCE, Marburger Schriften Bd. 109.
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nen, sind disparate Registerführungen vermeidbar, zumal sie eher zu Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Gerichten führen. Zur vollständigen Realisierung des elektronischen Registers werden alle Eintragungen und Dokumente bei der Hauptniederlassung online ohne weiteres zugänglich sein (§ 9 HGB). Es ist daher sinnvoll, dass die Eintragung ausschließlich im Register des Sitzes erfolgt. Auf diese Weise werden Fehlerquellen vermieden und das Verfahren insgesamt beschleunigt und vereinfacht. Gleiches gilt gemäß Abs. 1 Satz 2 in Bezug auf die Anmeldung von Änderungen bzgl. bereits eingetragener Zweigniederlassungen und zwar hinsichtlich des Orts der Zweigniederlassung oder des Zusatzes. Das Gericht des Sitzes prüft nur noch, ob die Zweigniederlassung errichtet ist. Eine firmenrechtliche Prüfung nach § 30 HGB ist nicht mehr vorgeschrieben. Stellt das zuständige Gericht fest, dass die Zweigniederlassung errichtet worden ist, trägt es die Zweigniederlassung in Spalte 2b des Registerblattes des Sitzes ein (§ 26 Nr. 2 GenRegV). Eine Bekanntmachung der Eintragung erfolgt nicht, da die Eintragung nicht zu den bekanntmachungspflichtigen Umständen nach § 156 Abs. 1 gehört. Die Zweigniederlassung einer ausländischen eG kann in das Genossenschaftsregister eingetragen werden, auch wenn die §§ 13d ff. HGB nicht in das GenG übernommen worden sind, andernfalls läge eine Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) vor.1 Insoweit wird die Auffassung der Vorauflage aufgegeben. II. Begriff der Zweigniederlassung, Errichtung, Vertretung 2
Die Zweigniederlassung ist ein gesetzlich geregelter Sonderfall gegenüber dem allgemeinen Begriff der „Zweigstelle“.2 Der Begriff ist nicht gesetzlich definiert. Die Zweigniederlassung ist rechtlich ein Teil der eG; sie ist als solche nicht rechtsfähig;3 sie kann gegenüber der eG keine eigenen Rechte und Pflichten haben.4 Für bestimmte Rechtsverhältnisse kann sich jedoch eine Zuständigkeit der Zweigniederlassung für die Durchführung und Abwicklung ergeben. Erfüllungsort ist in diesen Fällen der Sitz der Zweigniederlassung. Die Zweigniederlassung ist als solche grundsätzlich nicht partei- und prozessfähig.5 Gemäß § 21 ZPO können aber Klagen gegen die eG beim Gericht des Orts der Zweigniederlassung erhoben werden. Nach herrschender Meinung kann im Rahmen von § 15 Abs. 1 Buchst. b der Grundbuchverfügung ein Recht im Grundbuch für die Zweigniederlassung eingetragen werden;6 das Recht erwirbt jedoch die eG als juristische Person; es genügt der Antrag, Firma und Ort der Zweigniederlassung einzutragen.7 Eine eG kann nicht Zweigniederlassung einer Zentralgenossenschaft sein.8 Die Zweigniederlassung einer AG kann aber z.B. die Mitgliedschaft bei einer eG – für die AG – erwerben. Der Betrieb der Zweigniederlassung muss räumlich vom Betrieb der Hauptniederlassung getrennt sein.9 Der Sitz der Zweigniederlassung kann sich jedoch in derselben politi-
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1 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 14 Rdn. 1b; Beuthien GenG § 14 Rdn. 9. 2 Zu den verschiedenen Begriffen vgl. Knieper/Jahrmarkt Zweigniederlassung, Zweigbüro, Filiale, Nebenbetrieb, Berlin 1972. 3 BGHZ 10, 322. 4 Baumbach/Hopt HGB § 13 Rdn. 4. 5 Vgl. BGHZ 4, 62 = NJW 1952, 182. 6 M.w.N. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 14 Rdn. 3. 7 Näheres Woite NJW 1970, 548. 8 BlfG 15, 527. 9 Baumbach/Hopt HGB § 13 Rdn. 3.
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schen Gemeinde befinden wie die Hauptniederlassung;10 unter ausdrücklicher Aufgabe früherer Rechtsprechung des KG.11 Die Zweigniederlassung muss gegenüber der Hauptstelle eine organisatorische 3 Selbständigkeit besitzen, so dass bei Wegfall der Hauptniederlassung die Zweigniederlassung betrieblich fortbestehen könnte. Ein intern gesondertes Vermögen ist nicht Voraussetzung, wenn gemeinsames Vermögen aus organisatorischen Gründen geboten erscheint.12 Die Zweigniederlassung muss eine eigene Leitung haben mit wenigstens teilweise selbständiger Entscheidungskompetenz im Verhältnis zur Leitung der Hauptniederlassung.13 Es ist dabei unschädlich, wenn die Leitung der Zweigniederlassung im Innenverhältnis den Weisungen des Vorstands der eG unterliegt.14 Die Zweigniederlassung bleibt jedoch ein Teil des Unternehmens der eG; sie ist dieser nicht gleich-, sondern nachgeordnet. Der Unternehmensgegenstand der Zweigniederlassung muss im Wesentlichen mit 4 dem Gegenstand des Betriebes der Hauptniederlassung gleich sein.15 Die Zweigniederlassung muss zwar nicht alle Geschäftsarten der Hauptniederlassung betreiben; die Durchführung allein von Hilfsgeschäften oder Abwicklungsgeschäften der Hauptniederlassung wäre jedoch nicht ausreichend.16 Ob eine eigene Buchführung unverzichtbares Merkmal der erforderlichen Selbständigkeit einer Zweigniederlassung ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt. Das LG Mainz17 hält eigene Buchführung nicht für erforderlich, da die Entwicklung zur Innenzentralisierung, insbesondere durch die elektronischen Datenverarbeitung, die früheren Gesichtspunkte überholt habe. Demgegenüber vertritt das BayObLG18 unter Hinweis auf die damalige in Rechtsprechung und Literatur wohl herrschende Meinung die Auffassung, eine eigene Buch-, Kassen- und Kontenführung sei unverzichtbares Merkmal der Selbständigkeit einer Zweigniederlassung. Unter Berücksichtigung der Entwicklungen erscheint diese Auffassung nicht mehr zeitgemäß; es besteht eine sehr große Anzahl eingetragener Zweigniederlassungen, die z.B. aus betriebswirtschaftlichen Gründen keine verselbständige Buchführung haben. Dies dürfte unbedenklich sein, soweit sonstige ausreichende Merkmale für die erforderliche Selbständigkeit sprechen. Der Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung muss auf Dauer angelegt sein. Eine nur vorübergehende Einrichtung erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Zweigniederlassung.19 Die Errichtung einer Zweigniederlassung fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit 5 des Vorstands, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, z.B. Mitwirkung des Aufsichtsrats; Entsprechendes gilt für die Auflösung. Es bedarf weder eines Beschlusses der GV/VV noch einer entsprechenden Satzungsregelung. Die Pflichtprüfung hat den Betrieb der Zweigniederlassung einzubeziehen. Für die Errichtung von Zweigniederlassungen, Depositenkassen, Agenturen, Annahme- und Zahlstellen jeder Art (Zweigstellen) bedürfen die dem KWG unterliegenden eG keiner besonderen Erlaubnis mehr; gemäß § 24
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10 KG JW 1929, 671. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 14 Rdn. 2; Beuthien GenG § 14 Rdn. 2; Müller GenG § 14 Rdn. 3. 12 Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1960, 69. 13 Beuthien GenG § 14 Rdn. 2; Müller GenG § 14 Rdn. 4. 14 Baumbach/Hopt HGB § 13 Rdn. 3. 15 A.A. ohne überzeugende Gründe Müller GenG § 14 Rdn. 6. 16 Baumbach/Hopt HGB § 13 Rdn. 3. 17 LG Mainz ZfgG 1969, 265 = Rpfleger 1969, 20 = MDR 1969, 148; so auch Baumbach/Hopt HGB § 30 Rdn. 4. 18 BB 1980, 335 = WM 1979, 1270. 19 Baumbach/Hopt HGB § 13 Rdn. 3; Müller GenG § 14 Rdn. 5.
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Abs. 1a Nr. 4 KWG genügt unverzügliche Anzeige an das BaFin und die Deutsche Bundesbank. Die gesetzliche Vertretung der Zweigniederlassung obliegt dem Vorstand als Ver6 tretungsorgan der eG. Die Erteilung einer Vollmacht ausschließlich für die Zweigniederlassung ist möglich; Entsprechendes gilt gemäß § 50 Abs. 3 HGB für die Prokura, soweit die Firma der Zweigniederlassung als solche zu erkennen ist. Der Leiter der Zweigniederlassung gilt im Rahmen von § 54 HGB als bevollmächtigt, alle Vertretungshandlungen vorzunehmen, die zum normalen Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung gehören. III. Firma der Zweigniederlassung 7
Die Zweigniederlassung als solche ist mit ihrer Firma im Register des Sitzes der Genossenschaft einzutragen. Die Zweigniederlassung kann die einheitliche Firma der eG führen, sie kann jedoch auch eine eigene Firma haben. Diese Firma muss aber zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine Zweigniederlassung handelt, und es muss erkennbar sein, welcher eG die Niederlassung zugeordnet ist.20 Für die Firma der Zweigniederlassung gelten im Übrigen die allgemeinen firmenrechtlichen Grundsätze, insbesondere auch § 3 GenG. Die eigene Firma der Zweigniederlassung muss eine Grundlage in der Satzung haben.21 § 6 Nr. 1 bestimmt, dass die Firma der „Genossenschaft“ in der Satzung geregelt sein muss; da es sich bei der Zweigniederlassung nicht um eine selbständige Genossenschaft handelt, verbleibt es bei dem Satzungszwang der eG.22 Die Firma der Zweigniederlassung ist nur dann gesondert in deren Register einzutragen, wenn sie nicht mit der Firma der eG (Hauptniederlassung) identisch ist; andernfalls trägt sie die einheitliche Firma der eG. Eine selbständige Zweigniederlassung als solche ist stets einzutragen. Eine unselbständige Zweigstelle ohne eigenes Firmenrecht kann unter der (abweichenden) Firma einer eingetragenen Zweigniederlassung auftreten, wenn sie dieser organisatorisch zugeordnet ist. Es wäre irreführend, wenn im Geschäftsbereich der Zweigniederlassung mit eigener Firma der hier möglicherweise unbekannte Name der Hauptstelle auftreten würde. IV. Der Inhalt der gesetzlichen Regelung
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1. Anmeldung einer Zweigniederlassung (Abs. 1). Die Anmeldung der Zweigniederlassung erfolgt zum Register des Sitzes der Genossenschaft (§ 10 Abs. 1 GenG i.V.m. §§ 376, 377 FamFG). Es handelt sich um eine Anmeldung i.S.v. § 157; die Anmeldung hat durch Vorstandsmitglieder in nach der Satzung vertretungsberechtigter Zahl (in der Regel 2) in öffentlich beglaubigter Form und unverzüglich elektronisch zu erfolgen. Erforderlichenfalls kann das Gericht Zwangsgeld gemäß § 160 Abs. 1 festsetzen. Der Anmeldung muss keine beglaubigte Abschrift der Satzung mehr beigefügt werden, weil die Anmeldung beim Sitzgericht erfolgt und diese dort ohnehin vorhanden ist. Daraus ergeben sich für die Eintragung Firma und Sitz der eG. Bei der Anmeldung ist der Ort der Zweigniederlassung und eines Zusatzes, falls der Firma der Zweigniederlassung ein solcher beigefügt wird, anzugeben. Unterschriften der Vorstandsmitglieder, Liquidatoren und Prokuristen müssen nicht mehr eingereicht werden. Mangels Eintragung beim Ge-
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20 BayObLG DB 1992, 1080. 21 Bejahend BayObLG DB 1992, 1080 mit zahlr. Hinweisen; auch Rpfleger 1992, 163. 22 Beuthien GenG § 14 Rdn. 5; Müller GenG § 14 Rdn. 5, a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 14 Rdn. 4a mit Verweis auf eine fehlende Rechtsgrundlage.
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richt der Zweigniederlassung hat das Gericht der Hauptniederlassung das Gericht der Zweigniederlassung nicht mehr zu informieren. 2. Prüfung durch das Gericht (Abs. 2). Prüfungen im Zusammenhang mit der Er- 9 reichung einer Zweigniederlassung obliegen nur noch dem Gericht der Hauptniederlassung, des Sitzes der eG (§ 10 i.V.m. §§ 376, 377 FamFG). Die formalen Gesichtspunkte der Anmeldung sind vom Gericht der Hauptniederlassung zu prüfen, ggf. durch Einlobung gutachterlicher Äußerungen, z.B. der örtlichen IHK. Die Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob die Zweigniederlassung tatsächlich errichtet ist. An diese Tatsachenfeststellung dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; glaubhafte Angaben bei der Anmeldung dürften im Allgemeinen genügen. Ergibt diese Prüfung keine Beanstandungen, so ist die Zweigniederlassung einzutragen. Auf die Prüfung der firmenrechtlichen Gesichtspunkte des § 30 HGB wurde im Rahmen der Änderungen durch das EHUG23 sowohl in § 14 als auch in § 13 HGB verzichtet, da diese Prüfung keine besondere Bedeutung habe.24 Auch könne, wenn am Ort der Zweigniederlassung bereits eine gleichnamige Firma existiere, zwar die Eintragung verwehrt werden, die Eröffnung eines „Büros“ unter der Firma der Hauptniederlassung könne jedoch nicht verhindert werden. Bei Verstößen gegen § 30 HGB, bleibt die Möglichkeit der Unterlassungsklage. Die Eintragung hat nur deklaratorische Bedeutung; die Zweigniederlassung ent- 10 steht, sobald der Geschäftsbetrieb dort eingerichtet ist und seine Tätigkeit aufgenommen hat. Formale Mängel der Anmeldung werden durch die Eintragung geheilt. 3. Aufhebung einer Zweigniederlassung (Abs. 3). Die sinngemäße Anwendung 11 der Absätze 1–2 für den Fall der Aufhebung einer Zweigniederlassung bedeutet, dass die Einstellung des Geschäftsbetriebs durch den Vorstand beim Registergericht der Hauptniederlassung anzumelden ist, das die Anmeldung auf formale Mängel zu überprüfen hat. Auch die Löschung einer Zweigniederlassung im Register hat nur deklaratorische Bedeutung. Entscheidend ist die Weiterführung oder Einstellung des Geschäftsbetriebs der Zweigniederlassung. Das Registergericht kann die Anmeldung der Aufhebung durch Zwangsgeld erzwingen (§ 160), ggf. auch die Löschung von Amts wegen vornehmen (§ 393 FamFG). 4. Rechtsmittel. Gegen Maßnahmen des Rechtspflegers kann Beschwerde (§§ 58 ff. 12 FamFG) eingelegt werden. 5. Kosten. Durch VO vom 30. September 200425 wurden Eintragungen im Genossen- 13 schaftsregister kostenpflichtig. Der Gesetzgeber sah aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit der eG keine Veranlassung mehr die nicht mehr zeitgemäße Kostenfreiheit beizubehalten.26 Die Eintragung beim Gericht, in dessen Bezirk die Zweigniederlassung errichtet oder verlegt worden ist, führt zu Gebühren in Höhe von € 60 (Anlage 1 Nr. 3200 HRegGebV), spätere Änderungen und die Aufhebung einer Zweigniederlassung kosten € 110 (Anlage 1 Nr. 3500 HRegGebV), Eintragungen ohne wirtschaftliche Bedeutung € 30 (Anlage 1 Nr. 3501 HRegGebV).
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So noch der Regierungsentwurf v. 15.3.2006 in Art. 3 Nr. 4 Buchtsb. a, BT-Drs. 16/960. Vgl. BT-Drs. 16/781, S. 80; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 14 Rdn. 7. HRegGebV vom 30.9.2004, BGBl. I, 2562 f. BR-Drs. 580/04.
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§ 15 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
§ 15 Beitrittserklärung § 15 Beitrittserklärung (1) Nach der Anmeldung der Satzung zum Genossenschaftsregister wird die Mitgliedschaft durch eine schriftliche, unbedingte Beitrittserklärung und die Zulassung des Beitritts durch die Genossenschaft erworben. Dem Antragsteller ist vor Abgabe seiner Beitrittserklärung eine Abschrift der Satzung in der jeweils geltenden Fassung zur Verfügung zu stellen. (2) Das Mitglied ist unverzüglich in die Mitgliederliste einzutragen und hiervon unverzüglich zu benachrichtigen. Lehnt die Genossenschaft die Zulassung ab, hat sie dies dem Antragsteller unverzüglich unter Rückgabe seiner Beitrittserklärung mitzuteilen.
I. II. III. IV.
Übersicht Personenkreis, der der Genossenschaft beitreten kann | 1–4 Personenkreis, der der eG nicht beitreten kann | 5 Informationspflicht der eG | 6 Gesetzliche Voraussetzungen für den Beitritt | 7–21
V.
VI.
1. Die Beitrittserklärung | 7–10 2. Die Zulassung des Beitritts | 11–17 3. Mitgliederliste | 18–21 Satzungsmäßige Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft durch Beitritt | 22–23 Europäische Genossenschaft (SCE) | 24
I. Personenkreis, der der Genossenschaft beitreten kann Natürliche Personen können, unabhängig von ihrer Nationalität, der eG beitreten. Auch Geschäftsunfähige (§ 104 BGB) und beschränkt Geschäftsfähige (§ 106 BGB), vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter, können die Mitgliedschaft bei der eG durch Beitritt erwerben. Der Testamentsvollstrecker und der Nachlasspfleger können nicht für den Nachlass der eG beitreten,1 denn es lässt sich nicht mit Bestimmtheit erkennen, dass Vermögen oder bestimmte Haftpflichtige vorhanden sind.2 Juristische Personen können der eG beitreten. Dies gilt einmal für juristische Per2 sonen des Privatrechts, z.B. eingetragene Vereine, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften usw. Dies gilt weiterhin für juristische Personen des öffentlichen Rechts, z.B. Gemeinden, Verbandsgemeinden, Kreise, Kammern, Innungen usw. Im Zusammenhang mit dem Beitritt einer Gemeinde zu einer eG sind die einschlägigen Vorschriften der jeweiligen Gemeindeordnungen der Länder zu beachten. Grundsätzlich ist der Beitritt einer Gemeinde zu einer eG mit unbeschränkter Nachschusspflicht ausgeschlossen (vgl. z.B. Art. 92 Abs. 1 Nr. 3 BayGO; § 122 Abs. 1 Nr. 2 HGO; § 108 Abs. 1 Nr. 3 GO NRW). Der Beitritt einer Gemeinde zu einer eG mit beschränkter Nachschusspflicht oder ohne Nachschusspflicht ist dagegen grundsätzlich möglich (zu beachten sind jedoch die näheren Regelungen in den Gemeindeordnungen der Länder, z.B. in Art. 87 Abs. 3 BayGO, in § 122 HGO, in § 108 GO NRW). In Art. 87 Abs. 4 S. 3 BayGO und in § 108 Abs. 7 GO NRW ist im Übrigen ausdrücklich festgelegt, dass eine Gemeinde einen einzelnen Geschäftsanteil an einer Kreditgenossenschaft erwerben kann.3 1
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Vgl. KG OLGRspr. 40, 200; Paulick S. 133; a.A. Müller GenG § 15 Rdn. 6. KGJ 52, 101; Beuthien GenG § 15 Rdn. 5. Vgl. hierzu LG Marburg ZfgG 1968, 232.
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Beitrittserklärung | § 15
Die oHG4 und die KG5 können – als Träger von Rechten (§ 124 HGB) – einer eG bei- 3 treten.6 Gleiches gilt für Partnerschaftsgesellschaften und Limited (nach engl. Recht). Gesellschaften mit Zweigniederlassungen können auch unter der Firma der Zweigniederlassung eingetragen werden. Mitglied wird gleichwohl die Gesellschaft, da die Zweigniederlassung selbst nicht rechtsfähig ist, vgl. Ausführungen zu § 14 Rdn. 2. Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann grundsätzlich Mitglied einer eG 4 werden. 7 Voraussetzung ist, dass es sich um eine BGB-Außengesellschaft handelt. 8 Gründen Mitglieder der eG eine GbR, die ebenfalls die Mitgliedschaft erwirbt, endet die Mitgliedschaft der Einzelpersonen nicht automatisch. Die Grundsätze des Zusammenschlusses können auch bei Gewerbetreibenden nicht angewandt werden. Mitgliedschaftsfähig sind auch der nicht-rechtsfähige Verein und die nicht-eingetragene Genossenschaft, da auch diese im Rechtsverkehr als selbständige Träger von Rechten und Pflichten – und das mit höherem Organisationsgrad – auftreten, auch spricht § 30 Abs. 2 Nr. 1 von anderen Personenvereinigungen.9 Eine Erbengemeinschaft kann in der Regel nur beitreten, wenn sie (ausnahmsweise) auf Dauer angelegt ist.10 Eine stille Gesellschaft kann als bloße Innengesellschaft nicht beitreten.11 Allerdings kann mit einer eG eine stille Gesellschaft begründet werden.12 II. Personenkreis, der der eG nicht beitreten kann Der Insolvenzverwalter kann einer eG nicht mit Wirkung für den Gemeinschuldner 5 beitreten.13 Eine aufgelöste juristische Person, oHG oder KG, kann einer eG nicht beitreten.14 Zwar ändert sich durch die Auflösung nicht die Rechtsnatur der betroffenen juristischen Person oder Personengesellschaft. Die juristische Person oder Personengesellschaft verfolgt nach ihrer Auflösung vielmehr nur einen anderen Zweck, nämlich den Liquidationszweck. Dies bedeutet, dass die aufgelöste juristische Person oder Personengesellschaft durchaus noch – mit dem geänderten Zweck zusammenhängende – Rechtsgeschäfte vornehmen kann. Sie kann jedoch nicht mehr durch Rechtsgeschäft, d.h. durch Beitritt, die Mitgliedschaft bei einer eG erwerben. Das kann aus § 77a S. 1 hergeleitet werden. Darin ist festgelegt, dass eine aufgelöste juristische Person, oHG oder KG, als Mitglied aus der eG ausscheidet. Der gesetzlichen Regelung würde es widersprechen, wenn eine aufgelöste juristische Person oder Personengesellschaft einer eG wieder beitreten könnte (vgl. hierzu auch § 77a).
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4 BlfG 1935, 176. 5 RGZ 87, 408. 6 Vgl. auch Müller GenG § 15 Rdn. 12. 7 BGH, NJW 1992, 499 = DB 1992, 468; ZfgG 1992, 179; so bereits BayObLG ZfgG 1992, 171, m. Anm. Hadding; LG Regensburg ZfgG 1991, 63 m. zust. Anm. Hadding = m. Anm. Schaffland in: BI 1992, 68; OLG Brandenburg, WM 2006, 2360; Müller GenG § 15 Rdn. 14; Schulte ZfgG 1987, 290 ff.; der Gesetzgeber setzt z.B. mit §§ 191, 202 UmwG nunmehr auch die Rechtsfähigkeit voraus; s.a. Timm NJW 1995, 3209 ff. 8 Zur Außengesellschaft vgl. Palandt/Sprau BGB § 705 Rdn. 33; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 5 listet die praktischen Fälle auf. 9 Müller GenG § 15 Rdn. 15. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 12; Müller GenG § 15 Rdn. 15; a.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 11. 11 Beuthien/Ernst ZHR 1992, 227 ff. 12 Beuthien GenG § 15 Rdn. 12. 13 Vgl. Müller GenG § 15 Rdn. 6; Paulick S. 133; s. im Übrigen Rdn. 2. 14 Vgl. in diesem Zusammenhang: OLG Dresden, JFG 2, 270; Beuthien GenG § 15 Rdn. 6; Paulick S. 134; a.A. Müller GenG § 15 Rdn. 12.
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§ 15 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
III. Informationspflicht der eG 6
Mit dem durch Novelle 2006 eingeführten Satz 2 in Abs. 1 wird die eG verpflichtet, einem Antragsteller die Satzung in der geltenden Fassung auszuhändigen oder zu übersenden, bevor dieser seine Beitrittserklärung gegenüber der eG abgibt. Damit soll sichergestellt werden, dass sich ein Bewerber um die Mitgliedschaft in einer eG vor seiner verbindlichen Entscheidung im Einzelnen darüber informieren kann, welche Rechte und insbesondere welche Pflichten sich für ihn nach der Satzung aus der Mitgliedschaft ergeben können. Dieses Informationsbedürfnis des Antragstellers sah der Gesetzgeber dadurch verstärkt, dass durch die 2006 eingeführten Regelungen in § 8a über das Mindestkapital und § 73 Abs. 4, durch den die Möglichkeit eröffnet wurde, durch die Satzung den Anspruch des ausscheidenden Mitglieds auf das Auseinandersetzungsguthaben von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen.15 Wird gegen diese Verpflichtung seitens der eG verstoßen, ist die Beitrittserklärung anfechtbar.16 Nachträgliche Aushändigung heilt den Mangel, wenn nicht bereits unverzüglich angefochten wurde.17 „Zur Verfügung stellen“ bedeutet sowohl Aushändigung als auch Aushang in den Geschäftsräumen oder Veröffentlichung im Internet. Dem potentiellen Mitglied ist es zumutbar, die Geschäftsräume aufzusuchen oder die Information im Internet einzuholen (vgl. auch § 46 Abs. 1 Satz 2). Es empfiehlt sich, die vorherige Übergabe der Satzung in der Beitrittserklärung bestätigen zu lassen. Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht führt zum Schadensersatzanspruch gegen die eG (§ 31 BGB)18 oder auch gegen den Vorstand, sofern ihn eine Verletzung seiner Sorgfaltspflichten zu vertreten hat. Der Schaden ist nur zu ersetzen, wenn er bis zur nächst möglichen Kündigung eingetreten ist. Auf mit der Mitgliedschaft verbundene Lasten, wie z.B. Eintrittsgelder, Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, Nachschüsse, können Schadensersatzansprüche nur gerichtet sein,19 sofern keine Rückgewähransprüche (§ 73 Abs. 2 Satz 2) bestehen oder durch überwiegendes Mitverschulden ausgeschlossen sind (anderweitige Kenntnis von den Lasten, z.B. durch die Beitrittserklärung). Bei einer WohnGen führt die unterlassene Aufklärung über das Genossenschaftsmodell zum Schadensersatz nach § 249 Abs. 1 BGB mit der Folge der Kündigung und Verfahren nach § 73, hingegen nicht zur Anfechtung (Rdn. 10 a.E.).20 IV. Gesetzliche Voraussetzungen für den Beitritt
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1. Die Beitrittserklärung. Der Rechtsnatur nach ist die Beitrittserklärung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung.21 Der Inhalt der Beitrittserklärung richtet sich zunächst nach § 15a (vgl. die dortigen Erl.). Im Übrigen muss die eG, bei der die Mitgliedschaft erworben werden soll, bezeichnet werden.22 Sie muss alle Angaben enthalten, die zur Führung der Mitgliederliste erforderlich sind: Vor- und Familienname des Beitretenden, ggfs. Firma müssen sich aus ihr ergeben; die Namen sind auszuschreiben. Die Angabe des Geburtsnamens einer Ehefrau oder eines Ehemannes (vgl. § 1355 BGB) ist
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15 BT-Drs. 16/1025 S. 90; Korte/Schaffland GenG S. 43. 16 A.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 16; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 15a. 17 A.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 16. 18 Beuthien GenG § 15 Rdn. 16; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 15a, da dies einer Rückabwicklung gleichkäme. 19 A.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 16, der Ansprüche erst nach der Beendigung der Mitgliedschaft zulässt. 20 OLG Celle Urt. v. 4.6.2012, Az. 20 U 23/11. 21 RGZ 147, 257; Müller GenG § 15 Rdn. 16; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 16; Beuthien GenG § 15 Rdn. 14. 22 KG JFG 13, 101; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 16.
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Beitrittserklärung | § 15
nicht erforderlich.23 Ein Einzelkaufmann darf nicht seinen Firmennamen angeben (wegen der Rechtsfolgen eines Verstoßes vgl. Rdn. 29); auch er muss seinen Vor- und Familiennamen einsetzen. Die Berufsangabe ist nicht erforderlich und der Wohnort des Beitretenden ist anzugeben.24 Bei einer Handelsgesellschaft sind die Firma und der Sitz aufzunehmen.25 Eine Ortsangabe und ein Datum braucht die Beitrittserklärung nicht zu tragen.26 Der Inhalt der Beitrittserklärung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit in deutscher Sprache abgefasst sein.27 Rechtsgeschäftliche Vertretung bei der Abgabe der Beitrittserklärung ist möglich. 8 Die Vollmacht bedarf nicht der Schriftform. Handelt der Vertreter bei der Abgabe der Beitrittserklärung ohne Vertretungsmacht, kann der Vertretene nachträglich zustimmen.28 Auch diese Zustimmung bedarf nicht der Schriftform.29 Gesetzliche Vertretung bei der Abgabe der Beitrittserklärung findet u.a. bei Geschäftsunfähigen und beschränkt Geschäftsfähigen statt. Beschränkt Geschäftsfähige können die Beitrittserklärung auch selbst abgeben. In diesem Falle ist jedoch die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich; diese bedarf nicht der Schriftform. Eine vormundschaftliche Genehmigung ist für den Beitritt eines Geschäftsunfähigen bzw. beschränkt Geschäftsfähigen nicht erforderlich. Ein beschränkt geschäftsfähiges bzw. geschäftsunfähiges Mitglied übernimmt nämlich mit einer Nachschusspflicht (vgl. § 6 Nr. 3) keine fremde Verbindlichkeit i.S.d. § 1822 Nr. 10 BGB, sondern eine eigene Verbindlichkeit.30 Dies gilt auch im Falle des Beitritts zu einer eG, deren Satzung die unbeschränkte Nachschusspflicht festlegt.31 Schriftform nach § 126 BGB (auch in elektronischer Form nach § 126a BGB, vgl. § 126 9 Abs. 3 BGB) ist für die Beitrittserklärung vorgeschrieben (aus Gründen der Beweissicherung) und um dem Beitretenden die Bedeutung seiner Erklärung zu verdeutlichen. Grundsätzlich ist die eG verpflichtet, dem Beitretenden die wirtschaftliche Lage der eG in groben Umrissen zu erläutern, es sei denn, es ist sichergestellt, dass kein Schaden auf das Mitglied zukommen kann. Der Beitritt ist wirksam, auch wenn die Information unterlassen wird. Schriftform bedeutet, dass die Beitrittserklärung in einer – auch die in § 15 festgelegten Erklärungen enthaltenden – Urkunde niedergelegt sein muss, die mit der Erklärung räumlich abschließt.32 Bei Beitrittserklärungen in Form von Durchschreibesätzen genügt auch eine original gezeichnete Durchschrift, da es auf die Unterschrift ankommt. Der Einzelkaufmann darf nur mit seinem bürgerlichen Namen, nicht mit seiner Firma unterschreiben.33 Für die Unterschrift genügt im Zweifel der ausgeschriebene Familienname.34 Die Unterschrift kann auch von einem Vertreter des Beitretenden geleistet werden. Der Vertreter kann mit seinem eigenen Namen aber auch mit dem Namen des Vertretenen unterschreiben.35
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23 KGJ 41, 147. 24 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 16. 25 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 16. 26 KGJ 18, 35; KG JW 1935, 3642; LG Göttingen ZfgG 1952, 72; Müller GenG § 15 Rdn. 22. 27 Vgl. KGJ 39, 135; Müller GenG § 15 Rdn. 22; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 17; a.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 20. 28 Vgl. Müller GenG § 15 Rdn. 17; Philipowski BlfG 1964, 229. 29 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 18. 30 BGHZ 41, 71 = NJW 1964, 766; Müller GenG § 15 Rdn. 4 m.w.N.; Palandt/Götz § 1822 Rdn. 22; Paulick FamRZ 1964, 205; Rehbinder NJW 1964, 1132. 31 OLG Hamm NJW 1966, 1971; Müller GenG § 15 Rdn. 4. 32 Vgl. Müller GenG § 15 Rdn. 18; Palandt/Heinrichs BGB § 126 Rdn. 5. 33 Vgl. KGJ 13, 51; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 16; a.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 20; Müller GenG § 15 Rdn. 18. 34 Beuthien GenG § 15 Rdn. 20; MüllerGenG § 15 Rdn. 18. 35 Müller GenG § 15 Rdn. 19; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 17.
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§ 15 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
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Eine Bedingung darf der Beitrittserklärung nicht hinzugefügt werden. Geschieht dies dennoch, so ist die Beitrittserklärung unwirksam.36 Lässt der Vorstand die Mitgliedschaft zu, so entsteht mit der hierauf folgenden Eintragung in die Mitgliederliste eine wirksame Mitgliedschaft. Eine vertragliche Verpflichtung zur Abgabe einer Beitrittserklärung bedarf derselben Form wie die Beitrittserklärung, d.h. sie muss alle Erfordernisse des § 15a erfüllen. Es kann hieraus auf Abgabe der Beitrittserklärung geklagt werden (vgl. zur Klagemöglichkeit § 7a Rdn. 12). Andererseits entsteht ein Rechtsanspruch auf Beitritt. Die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit einer Beitrittserklärung kann bis zur Zulassung des Beitritts nach den allgemeinen Vorschriften des BGB geltend gemacht werden.37 So kann z.B. ein beschränkt Geschäftsfähiger darauf hinweisen, dass er die Beitrittserklärung ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters abgegeben habe; so kann weiterhin die Beitrittserklärung z.B. wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung angefochten werden. Der Beitritt zu einer eG stellt keinen Abschluss eines Vertrages über entgeltliche Leistungen im Sinne des § 312 Abs. 1 BGB dar, denn es handelt sich um ein organisationsrechtliches, auf die Begründung der Mitgliedschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.38 Hieraus folgt, dass die Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere das Widerrufsrecht, grundsätzlich nicht zur Anwendung gelangen. Etwas anderes gilt ausnahmsweise in den Fällen, in denen der Beitritt vorrangig der Anlage von Kapital und/oder Steuerzwecken dient39 oder es sich um Umgehungsgeschäfte handelt.40 Der Widerruf des Darlehens führt in diesen Fällen zweifelhafter Förderzweckbeziehung zur Beendigung der Mitgliedschaft für die Zukunft, also Anspruch auf Auseinandersetzung (hierzu Erl. zu § 73). Nichtigkeit des Beitritts liegt z.B. vor, wenn die Beitrittserklärung eine Ratenzahlung vorsieht ohne dass diese gem. § 7 Nr. 1 in der Satzung geregelt war.41 Ist die Nichtigkeit weder durch Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) noch wegen Sittenwidrigkeit begründet (§ 138 BGB), ist die Mitgliedschaft nach den Grundsätzen des fehlerhaften Beitritts ex nunc durch außerordentliche Kündigung nach § 73 abzuwickeln.42
2. Die Zulassung des Beitritts. Das zuständige Organ für die Zulassung kann durch die Satzung bestimmt werden.43 Die Satzung bestimmt regelmäßig die Zuständigkeit des Vorstands. Die Zuständigkeit kann jedoch auch z.B. dem Aufsichtsrat oder der GV übertragen werden. Legt die Satzung die Zuständigkeit nicht fest, ist der Vorstand zuständig; dies folgt aus § 27 Abs. 1 S. 1. Er kann die Zuständigkeit auch delegieren, z.B. auf den Zweigstellenleiter bei eG mit großer Mitgliederzahl, oder auf ein Vorstandsmitglied.44 Eine Form ist für die Zulassung nicht vorgeschrieben. Deshalb kann die Zulassung 12 auch durch stillschweigendes Verhalten erfolgen. Erforderlich ist jedoch stets eine über die Tatsache der Beschlussfassung hinausgehende, nach außen gerichtete Willenserklärung der eG. Eine stillschweigende Zulassung liegt darin, dass der für die Zulassung zuständige Vorstand durch Entgegennahme der Beitrittserklärung bzw. – bei postalischem Zugang der Beitrittserklärung – durch Einzug von Einzahlungsraten bzw. eines etwaigen 11
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36 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 19; Paulick S. 137. 37 Vgl. RGZ 147, 270; Müller GenG § 15 Rdn. 24. 38 BGH NJW 2011, 2198. 39 BGH WM 2008, 1026; BGH WM 2004, 2491; BGH, WM 2001, 1464; zu § 358 Abs. 3 BGH, NJW 2011, 2198. 40 OLG Celle ZIP 1996, 1874. 41 BGHZ 153, 214/221; ZIP 2008, 1018. 42 Vgl. hierzu Beuthien GenG § 15 Rdn. 23. 43 Vgl. Müller GenG § 15 Rdn. 34; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 20; Paulick S. 139. 44 Schaffland NJW 1994, 503.
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Beitrittserklärung | § 15
Eintrittsgeldes seinen Zulassungswillen bekundet.45 Schlüssiges Verhalten ist in der Eintragung in die Mitgliederliste, in der Benachrichtigung des Mitgliedes über die Eintragung, in der Entgegennahme von Zahlungen und der Wahrnehmung von Mitgliederrechten und Pflichten zu sehen.46 Die Zulassung bezieht sich nicht auf eine konkrete Beitrittserklärung im Sinne ihrer rechtlichen Prüfung, sondern auf die Person des Beitretenden. Der Beitritt bedarf der Zulassung, nicht die Beitrittserklärung.47 Wird die Zulassung verweigert, kann der Vorstand erneut über die Zulassung beschließen, sofern der Ablehnungsbeschluss noch keine Außenwirkung erworben hat. Die einmal erklärte Zulassung genügt auch, wenn eine vorher nichtige Beitrittserklärung nach der Zulassung (durch Neuvornahme) geheilt wird. Ein Anspruch auf Zulassung des Beitritts ist regelmäßig nicht gegeben,48 es sei 13 denn, die Satzung enthält eine entsprechende eindeutige Bestimmung.49 Für die Aufnahmefähigkeit von Personen enthält das Gesetz keine ausdrücklichen Regelungen; dennoch müssen gesetzesimmanente Grundsätze Beachtung finden: Die Aufnahme ist nur gerechtfertigt, wenn u.a. eine dem Unternehmensgegenstand entsprechende Förderbeziehung möglich und gewollt ist. Die Satzung kann hierfür nähere Kriterien aufstellen. Letztlich ist der Vorstand bei seiner Entscheidung an das Wohl der eG gebunden.50 Die Entscheidung über die Zulassung erfolgt deshalb nach pflichtgemäßem Ermessen; das Interesse der eG an der Mitgliedschaft ist maßgebend. Ggfs. sind die Interessen der eG auf Mitgliedschaft des Antragstellers abzuwägen gegenüber den (berechtigten) Interessen einzelner Mitglieder, dass der Antragsteller nicht Mitglied wird. Dies gilt auch dann, wenn die Satzung den Beitritt von der Erfüllung persönlicher oder sachlicher Voraussetzungen abhängig macht; die Voraussetzungen haben regelmäßig nur die Bedeutung, dass keine anderen Personen zum Beitritt zugelassen werden können, nicht jedoch die Bedeutung, dass diejenigen, die die Voraussetzungen erfüllen, einen Anspruch auf Zulassung des Beitritts haben.51 Sind mit dem Beitritt Nachteile für die eG zu befürchten oder ist anzunehmen, dass der Beitretende seinen wirtschaftlichen Pflichten nicht nachkommt, ist die Zulassung zu verweigern. Die Zulassung kann von der Erhebung eines Eintrittsgeldes abhängig gemacht werden, ohne dass dies in der Satzung vorgesehen sein muss.52 Aus dem Gesetz kann sich ein Anspruch auf Zulassung des Beitritts ergeben. Das ist 14 etwa der Fall, wenn sich die Nichtzulassung als eine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB oder unbillige Benachteiligung darstellen würde oder aus anderen Gründen rechtsmissbräuchlich oder ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der §§ 20 ff. GWB wäre bzw. gegen den Kontrahierungszwang verstoßen würde.53 Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn die eG eine Monopolstellung hinsichtlich solcher wirtschaftlicher Güter oder Leistungen innehat, auf die der Beitretende im Rahmen seiner wirtschaftlichen Existenz angewiesen ist oder wenn sie marktbeherrschend oder machtstark
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45 Vgl. auch OLG Köln Urt. v. 30.4.1993, Az. 4 U 29/92 – unveröffentl., zum alten Recht konkludente Zulassung durch Einreichung der Beitrittserklärung. 46 OLG Schleswig Holstein Urt. v. 11.2.2005, Az. 1 U 113/04, ZfgG 2006, 297. 47 OLG Köln Urt. v. 30.4.1993, Az. 4 U 29/92 – unveröffentl. 48 BGH BB 1961, 10; OLG Köln GWW 1965, 384 = ZfgG 1966, 314 m. Anm. Schulz ZfgG 1967, 121; vgl. Müller GenG § 1 Rdn. 11; § 15 Rdn. 35; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 21; Paulick S. 140. 49 RGZ 47, 79; Müller GenG § 15 Rdn. 38; Beuthien GenG § 15 Rdn. 30. 50 RGZ 119, 106. 51 Vgl. BGHZ 33, 259; Müller GenG § 15 Rdn. 36; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 22. 52 OLG Bamberg BB 1982, 272 m. zust. Anm. Ehlenz; a.A. Beuthien GenG § 15 Rdn. 27. 53 OLG Köln Urt. v. 22.5.1984, Az. 9 U 262/83; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 24 ff.; Müller GenG § 1 Rdn. 15, § 15 Rdn. 39.
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ist und die Aufnahme das einzige Mittel ist, um die Diskriminierung zu beseitigen.54 Aus dem Diskriminierungsverbot lässt sich ein Aufnahmeanspruch nur rechtfertigen, wenn nicht durch geringere Eingriffe in die grundsätzliche Koalitionsfreiheit die Diskriminierung beseitigt werden kann, z.B. durch die Bedienung oder Belieferung von Nichtmitgliedern,55 oder durch den Erwerb der Mitgliedschaft in einer vergleichbarer eG.56 Voraussetzung für den auf das Diskriminierungsverbot begründeten Aufnahmeanspruch ist die marktbeherrschende oder marktstarke Stellung der eG. Bejaht wurde dies bei einer Molkereigenossenschaft, die nach § 1 Abs. 1 Milch- und Fettgesetz für einen Bezirk ausschließlich zuständig ist57 und bei einer eG, die für einen Bezirk die einzige Einrichtung für die Besamung von Rindern betreibt.58 Ein Aufnahmeanspruch ist jedoch grds. nur gegeben, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann.59 Keine Diskriminierung liegt vor, wenn Mitglieder und Nichtmitglieder zu denselben Bedingungen und Tarifen versorgt werden. In der Ablehnung der Zulassung des Beitritts liegt jedoch nur dann eine unbillige Behinderung des Beitrittswilligen oder eine – gegenüber gleichartigen Unternehmen – unterschiedliche Behandlung des Beitrittswilligen i.S.d. § 20 GWB, wenn der Beitrittswillige durch die Mitgliedschaft wirtschaftliche Vorteile erlangen würde.60 Durch den Beitritt werden wirtschaftliche Vorteile nicht erlangt, wenn eine eG Mitgliedern und Nichtmitgliedern das gleiche Entgelt abverlangt.61 Dies soll selbst dann gelten, wenn der Kunde mangels Aufnahme in die eG keine genossenschaftliche Rückvergütung erhält.62 Dem kann nicht zugestimmt werden. Im entschiedenen Fall hat das OLG Köln einen Aufnahmeanspruch abgelehnt, weil der Kläger allein aus wirtschaftlichen Erwägungen die Mitgliedschaft begehrte, die genossenschaftliche Rückvergütung aber gerade kein Rabatt oder Preisnachlass ist, vgl. Erl. zu § 19 Rdn. 27. Ob das OLG Köln bei einer anderen Argumentation des Klägers ähnlich entschieden hätte, ist fraglich. Rückvergütung bedeutet Rückgewähr des zu viel Geleisteten. Die Nichtzulassung des Beitritts ist auch dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen, 15 wenn dem Interesse der eG an der Verweigerung der Zulassung übergeordnete allgemeine Interessen entgegenstehen.63 Eine Rechtspflicht zur Aufnahme kann durch den Gleichbehandlungsgrundsatz – mit Hinblick auf das ausscheidende Mitglied – gegeben sein, so z.B. Zustimmungspflicht zur Übertragung des Geschäftsguthabens, wenn im gleichen Zeitraum Neubeitritte zugelassen werden.64 Auch hat u.U. ein Mitglied einen Anspruch darauf, dass ein Dritter zusätzlich aufgenommen wird. Andererseits kann sich in Ausnahmefällen ein Anspruch des Mitglieds auf Nichtzulassung ergeben, wenn die Zulassung rechtsmissbräuchlich wäre (Beispiel: eine eG mit wenigen Mitgliedern und hohem Eigenkapital hat 17 Jahre kein Mitglied aufgenommen, die Zulassung weiterer würde im Falle der Auflösung den Verteilungsanspruch erheblich mindern).65
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54 BGHZ 33, 263; 42, 323; OLG Köln Urt. v. 22.5.1984, Az. 9 – U 262/83; vgl. die Erl. zu § 1 Rdn. 187; Müller GenG § 1 Rdn. 15, § 15 Rdn. 39; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 1 Rdn. 24; Paulick S. 141. 55 BGH ZIP 1995, 64; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 24 ff.; auch § 1 Rdn. 187, 188. 56 BGH WM 1977, 1257 = ZfgG 1978, 434 mit Anm. Beuthien; Beuthien/Götz ZfgG 1978, 375 ff. 57 Vgl. BGHZ 33, 261; BGHZ 41, 277. 58 Vgl. BGHZ 42, 318. 59 Beuthien GenG § 15 Rdn. 30; Beuthien/Götz ZfgG 1978, 375 ff.; OLG Köln Urt. v. 22.5.1984 – 9 U 262/83. 60 BGHZ 33, 264; Müller GenG § 1 Rdn. 15, 39. 61 BGHZ 33, 264; Müller GenG § 1 Rdn. 15, 39. 62 So OLG Köln ZfgG 39, S. 216 mit zust. Anm. Blomeyer; Bauer Genossenschaft-Handbuch § 15 Rdn. 25. 63 Vgl. Müller GenG § 15 Rdn. 40; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1960, 67. 64 LG Lüneburg Urt. v. 13.2.1981, Az. 8 O 524/80; Baecker/Hinz/Müller/Schaffland BI 1989, 208. 65 LG Potsdam, Az. 52 021/13, unveröffentl.
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Wird über die Beitrittserklärung nicht entschieden, berechtigt dies den Beitretenden 16 nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums zum Widerruf seiner Beitrittserklärung. Wie lang dieser Zeitraum sein muss, hängt von dem wirtschaftlichen Gewicht der Mitgliedschaft für den Beitretenden ab. Dies wird z.B. bei einer Wohnungsbaugenossenschaft ein kürzerer Zeitraum (z.B. 2 Monate) sein als bei einer Kreditgenossenschaft. Zwischen der eG und dem Beitrittswilligen kann ein Anspruch auf Zulassung des Bei- 17 tritts durch Vertrag begründet werden.66 Auch aus einem Vertrag, der zwischen der eG und einem Dritten abgeschlossen ist, kann sich ein Anspruch des Beitrittswilligen auf Zulassung seines Beitritts ergeben67 oder aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes z.B. für die Erben oder den überlebenden Ehegatten des verstorbenen Mitglieds.68 Dies ist namentlich im Zusammenhang mit Nutzungsverträgen der eG der Fall,69 in denen dem Erben eines Mitglieds oder seinen im Haushalt lebenden Abkömmlingen im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) ein Anspruch auf Zulassung des Beitritts eingeräumt wird. Nur schwerwiegende Gründe können dann die Verweigerung der Aufnahme rechtfertigen.70 Klage auf Aufnahme in die eG ist erst zulässig, wenn zuvor ein in der Satzung der eG vorgesehenes genossenschaftsinternes Beschwerdeverfahren durchlaufen wurde.71 3. Mitgliederliste. Vor der Eintragung ist zu prüfen, ob die Beitrittserklärung die 18 vorgeschriebene Verpflichtungserklärung (§ 15a) enthält, die Unterschrift des Beitretenden oder seines Vertreters trägt und unbedingt ist. Die Eintragung darf nicht unter der Firma eines Einzelkaufmanns erfolgen.72 Erfolgt die Zulassung unter der Firma des Einzelkaufmanns, so wird derjenige Mitglied der eG, der bei Abgabe der Beitrittserklärung Inhaber der Einzelfirma war.73 Die Zulassung darf nicht mehr erfolgen, wenn der zum Beitritt Zugelassene stirbt,74 oder wenn die eG aufgelöst ist.75 Unerheblich ist es, ob die Beitrittserklärung bereits vor der Auflösung der eG bei der eG eingereicht war.76 Erfolgt die Zulassung gleichwohl, so wird eine Mitgliedschaft nicht erworben.77 Durch die Zulassung wird die Mitgliedschaft bei der eG erworben und zwar vom Tage der Zulassung an. Da die Eintragung nur noch deklaratorische Wirkung hat, kann diese auch noch nachträglich erfolgen. Nach der Zulassung kann das Mitglied die Nichtigkeit der Beitrittserklärung ins- 19 besondere wegen Scheinabgabe (§ 117 BGB), Nichternstlichkeit (§ 118 BGB), Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) sowie die Anfechtbarkeit der Beitrittserklärung wegen Irrtums (§ 119 BGB), arglistiger Täuschung (§ 123 BGB), Drohung (§ 123 BGB) grundsätzlich nicht mehr geltend machen, sofern das Mitglied der eG überhaupt beitreten wollte und dies in der gesetzlich vorgeschriebenen Form getan hat.78 Es gelten die Grundsätze der Rechtspre-
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66 RGZ 47, 82; OLG Bamberg BB 1982, 272; OLG Köln Urt. v. 30.4.1993, Az. 4 U 29/92, unveröffentl. 67 OLG Köln GW 1965, 384; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 23. 68 BGH GW 1964, 257; OLG Celle ZfgG 1965, 49 m. Anm. Schulz. 69 Beuthien GenG § 15 Rdn. 30; Müller GenG § 1 Rdn. 14, § 15 Rdn. 41 m.w.N. 70 LG Frankfurt ZfgG 1969, 174. 71 Müller GenG § 15 Rdn. 43. 72 KGJ 13, 51; Beuthien GenG § 15 Rdn. 4; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 16; a.A. Müller GenG § 15 Rdn. 18. 73 BlfG 1928, 836; DNotV 1930, 218. 74 Paulick S. 143. 75 BGH DB 1978, S1777 = BB 1978, 1134 m. krit. Anm. Schaffland Genossenschaftsforum 10/1978, 32 = ZfgG 1978, 442 m. Anm. Hadding; RGZ 50, 130; OLG Hamburg NJW 1957, 225. 76 OLG Hamburg NJW 1957, 225. 77 Vgl. für den Fall des Versterbens: Paulick S. 143; vgl. für den Fall der Auflösung: RGZ 50, 130; Paulick S. 143; a.A. Müller GenG § 15 Rdn. 54. 78 BGH WM 1976, 475 f. zur Anfechtbarkeit m. zust. Anm. Paulick ZfgG 1978, 69 ff.; Paulick S. 137/138.
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§ 15 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
chung zum fehlerhaften Beitritt. Nach diesen Grundsätzen ist ein fehlerhafter Beitritt ggf. gleichwohl wirksam – und zwar auch ohne Eintragung in die Mitgliederliste. Die Wirkungen des fehlerhaften Beitritts können nur mit Wirkung ex nunc beseitigt werden. Hierbei müssen jedoch genossenschaftliche Besonderheiten berücksichtigt werden – also Kündigungserklärung unter Einhaltung der satzungsmäßigen Kündigungsfrist. Auch kann es sich nicht auf den Einwand der Arglist berufen, s. auch Rdn. 6.79 20 Trotz der Zulassung wird die Mitgliedschaft namentlich nicht erworben, wenn eine Beitrittserklärung des Zugelassenen – z.B. bei fehlendem Erklärungsbewusstsein oder Fälschung seiner Unterschrift – überhaupt nicht vorliegt, wenn die Beitrittserklärung von einem Geschäftsunfähigen oder von einem beschränkt Geschäftsfähigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abgegeben wurde,80 wenn die Beitrittserklärung den Inhaltsvorschriften z.B. in § 15a nicht entspricht,81 wenn die Beitrittserklärung bedingt war,82 wenn die Beitrittserklärung vor der Zulassung wirksam angefochten wurde. Den Nichterwerb der Mitgliedschaft trotz Zulassung muss derjenige beweisen, der sich darauf beruft. 21 Nach Zulassung des Beitritts hat der Vorstand (oder eine von ihm beauftragte Person) das neue Mitglied in die Mitgliederliste einzutragen (§ 30 Abs. 2). Die Eintragung wirkt nicht konstitutiv, sondern hat nur deklaratorische Bedeutung. Das Mitglied ist über die erfolgte Eintragung unverzüglich zu benachrichtigen. Sofern die Satzung keine bestimmte Form der Benachrichtigung vorsieht, hat der Vorstand alle technischen Möglichkeiten zur Wahl. In der seitens des Mitglieds nicht verzichtbaren Benachrichtigung sind alle eingetragenen Daten aufzuführen.83 Ist ein Mitglied fälschlicherweise in der Rubrik der investierenden Mitglieder aufgenommen worden oder umgekehrt, hat es einen Berichtigungsanspruch, sofern die eG nicht von sich aus korrigiert. Die „Qualität“ der Mitgliedschaft und deren Konsequenzen, z.B. für die Stimmrechte, hängen nicht von der Eintragung ab (nur deklaratorische Wirkung). V. Satzungsmäßige Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft durch Beitritt 22
Die Satzung kann persönliche oder sachliche Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft aufstellen. Hier kommen namentlich die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Beruf oder die Ausübung eines bestimmten Gewerbes, die Leistung eines Beitrittsgeldes oder etwa die Zustimmung des Aufsichtsrats in Betracht. Zum Teil werden die satzungsmäßigen Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft in der Satzung als Voraussetzungen formuliert, unter denen das zuständige Organ – regelmäßig der Vorstand – den Beitritt zulassen darf. Eine Verletzung satzungsmäßiger Voraussetzungen für den Erwerb der Mitglied23 schaft hat nach erfolgter Zulassung keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Beitritts. Die Mitgliedschaft erlischt nicht, wenn die satzungsmäßigen Voraussetzungen bei dem Mitglied nachträglich fortfallen. Die Satzung kann jedoch den Mangel oder den Fortfall der satzungsmäßigen Voraussetzungen als Ausschließungsgrund nach § 68 festsetzen.
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79 80 81 82 83
RGZ 68, 349; 88, 190; BGHZ 63, 347; BGH WM 1976, 475; Beuthien GenG § 15 Rdn. 26. Müller GenG § 15 Rdn. 29, Paulick S. 138. RGZ 97, 307; RGZ 137, 73; Beuthien GenG § 15 Rdn. 24. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15 Rdn. 19. BT-Drs. 12/5553 S. 110.
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Inhalt der Beitrittserklärung | § 15a
VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Der Erwerb der Mitgliedschaft ist nach Art. 14 SCE-VO geregelt. Er bedarf der Zu- 24 stimmung des Leitungs- oder Verwaltungsorgans. Gegen eine Ablehnung kann in der GV Einspruch eingelegt werden. Gemäß Art. 14 Abs. 4 SCE-VO ist eine Mitgliederliste zu führen, in der alle Vorgänge, die die Mitgliedschaft betreffen, einzutragen sind.
§ 15a Inhalt der Beitrittserklärung § 15a Inhalt der Beitrittserklärung Die Beitrittserklärung muss die ausdrückliche Verpflichtung des Mitglieds enthalten, die nach Gesetz und Satzung geschuldeten Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zu leisten. Bestimmt die Satzung, dass die Mitglieder unbeschränkt oder beschränkt auf eine Haftsumme Nachschüsse zu leisten haben, so muss die Beitrittserklärung ferner die ausdrückliche Verpflichtung enthalten, die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Nachschüsse unbeschränkt oder bis zu der im Statut bestimmten Haftsumme zu zahlen.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Verpflichtungserklärungen | 2–4
III.
Verstoß gegen § 15a | 5–8
I. Allgemeines Die Vorschrift, die durch die Novelle 1973 eingefügt und 2006 sprachlich angepasst 1 wurde, ersetzt die früheren §§ 120, 131a und trägt § 6 Nr. 3 Rechnung, nach der die Satzung der eG vorsehen kann, dass die Mitglieder Nachschüsse zur Insolvenzmasse nicht zu leisten haben.1 II. Verpflichtungserklärungen Die ausdrückliche Verpflichtung des Beitretenden, die nach Gesetz und Satzung ge- 2 schuldeten Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zu leisten, muss in der Beitrittserklärung enthalten, also in ihren Text aufgenommen sein. Die „nach Gesetz“ geschuldeten Einzahlungen können sich z.B. nach § 87a in Verbindung mit dem erforderlichen Beschluss der GV/VV ergeben. Ist gem. Satzung eine Sacheinlage möglich, bedarf es keiner Konkretisierung der Sacheinlage in der Beitrittserklärung. Über die Einbringung der Sacheinlage sollte eine gesonderte Vereinbarung abgeschlossen werden. Die ausdrückliche Verpflichtung des Beitretenden, die zur Befriedigung der Gläubi- 3 ger erforderlichen Nachschüsse unbeschränkt oder bis zu der in der Satzung bestimmten Haftsumme zu zahlen, muss in der Beitrittserklärung enthalten, also in ihren Text aufgenommen sein, wenn die Satzung eine unbeschränkte oder eine – auf die Haftsumme – beschränkte Nachschusspflicht vorsieht. Die vorgenannten Verpflichtungserklärungen müssen der gesetzlichen Vorschrift 4 inhaltlich genügen, brauchen aber nicht unbedingt dem Wortlaut des Gesetzes zu ent-
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Zum Verhältnis des § 15a zu den bisherigen §§ 120, 131a vgl. Müller GenG § 15a Rdn. 1.
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§ 15a | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
sprechen.2 Es reicht nicht aus, wenn die Verpflichtungserklärung nur dahin geht, „gegebenenfalls Nachschüsse nach Maßgabe des Gesetzes zu leisten“.3 Nicht erforderlich ist es, dass die Verpflichtungserklärungen die Beträge der Einzahlungs- bzw. Nachschusspflicht angeben.4 Eine derartige Notwendigkeit kann dem § 15a nicht entnommen werden; es genügt, dass das Mitglied die Satzung anerkannt hat, in der die Beiträge enthalten sind; im Übrigen ist es grundsätzlich nicht möglich, z.B. die sich unter Umständen einmal nach § 87a Abs. 1 ergebende Zahlungsverpflichtung schon jetzt in der Verpflichtungserklärung betragsmäßig zu nennen. III. Verstoß gegen § 15a Sind die erforderlichen Verpflichtungserklärungen in der Beitrittserklärung nicht enthalten oder genügen die Verpflichtungserklärungen inhaltlich nicht der gesetzlichen Vorschrift, so ist die Beitrittserklärung unwirksam.5 Die eG muss – wenn die Beitrittserklärung dem § 15a nicht entspricht und mithin unwirksam ist – die Zulassung des Beitritts und die Eintragung in die Mitgliederliste ablehnen. Erfolgt die Zulassung, obwohl die Beitrittserklärung dem § 15a nicht entspricht, also 6 unwirksam ist, so entsteht keine wirksame Mitgliedschaft. Die Zulassung und die Eintragung begründet jedoch eine Vermutung, dass der Beitretende Mitglied ist; er hat daher die Beweislast dafür, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für den Mitgliedschaftserwerb gefehlt haben.6 Die Unwirksamkeit der – dem § 15a nicht entsprechenden – Beitrittserklärung und die Unwirksamkeit der gleichwohl in die Mitgliederliste eingetragenen Mitgliedschaft werden nicht dadurch geheilt, dass der Eingetragene sich – unter Umständen über einen langen Zeitraum – wie ein Mitglied verhält. 7 Die Berufung auf die Unwirksamkeit der – dem § 15a nicht entsprechenden – Beitrittserklärung und auf die Unwirksamkeit der gleichwohl zugelassenen Mitgliedschaft verstößt nicht gegen Treu und Glauben. Es verstößt folglich auch nicht gegen Treu und Glauben, sich auf das Fehlen einer Verpflichtung zu Zahlungen (z.B. auf einen Geschäftsanteil) zu berufen. Es besteht keine Verpflichtung, eine neue und dem § 15a entsprechende Beitrittser8 klärung abzugeben, wenn die zunächst abgegebene Beitrittserklärung wegen eines Verstoßes gegen § 15a unwirksam ist.7 Ausnahmsweise kann sich aus Vertrag oder unter dem Gesichtspunkt der genossenschaftlichen Treuepflicht eine derartige Verpflichtung ergeben, z.B. wenn eine Vielzahl von Beitrittserklärungen unwirksam sind und dadurch der Bestand der eG gefährdet ist oder wesentliche Nachteile für die übrigen Genossenschaftsmitglieder zu befürchten sind; nicht unberücksichtigt bleiben darf die Tatsache, dass die Mitglieder seinerzeit ordnungsgemäße Erklärungen unterzeichnet hätten, wenn sie die Fehlerhaftigkeit ihrer Erklärungen gekannt hätten. Zwar bestand rechtlich keine Mitgliedschaft, aber faktisch; dies rechtfertigt diese Ausdehnung der aus der Mitgliedschaft abgeleiteten Treuepflicht auch auf diese faktischen Mitglieder.8 5
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2 KG JW 1935, 2067, 2068. 3 KG JW 1935, 2067. 4 Beuthien GenG § 15a Rdn. 2; OLG Hamburg DB 2008, 1738; OLG Schleswig Holstein Urt. v. 11.2.2005, ZfgG 2006, 296; a.A. Müller GenG § 15a Rdn. 3. 5 RGZ 97, 307; 137, 73; KG JW 1935, 2067. 6 BayObLG NJW 1958, 672 = ZfgG 1961, 446 m. Anm. Schnorr von Carolsfeld. 7 RGZ 97, 307; 137, 73. 8 A.A. mit beachtlichen Gründen Beuthien GenG § 15a Rdn. 3.
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Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen | § 15b
§ 15b Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen § 15b Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen (1) Zur Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen bedarf es einer schriftlichen und unbedingten Beitrittserklärung. Für deren Inhalt gilt § 15a entsprechend. (2) Die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen darf, außer bei einer Pflichtbeteiligung, nicht zugelassen werden, bevor alle Geschäftsanteile des Mitglieds, bis auf den zuletzt neu übernommenen, voll eingezahlt sind. (3) Die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen wird mit der Beitrittserklärung nach Absatz 1 und der Zulassung durch die Genossenschaft wirksam. § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Beteiligungserklärungen | 2–6
III.
Zulassung der weiteren Beteiligung | 7–13
I. Allgemeines Die Vorschrift, die durch die Novelle 1973 eingefügt wurde, ersetzt die früheren 1 §§ 136, 137. Sie enthält die einzelnen Voraussetzungen der Übernahme eines weiteren Geschäftsanteils für den Fall, dass die Satzung der eG die Möglichkeit und/oder die Verpflichtung zu einer Mehrfachbeteiligung (vgl. die Erl. zu § 7a) vorsieht. Aus der Vorschrift ergibt sich, dass sich die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen nach denselben Grundsätzen vollzieht, die auch für den Beitritt zur eG maßgeblich sind. Es kann deshalb zunächst einmal grundsätzlich auf die Erl. zu § 15 und zu § 15a verwiesen werden. II. Beteiligungserklärung Nach § 15b Abs. 1 bedarf es zur Übernahme eines weiteren Geschäftsanteils einer 2 „Beitrittserklärung“. Dies bedeutet nicht, dass die Erklärung auf den Erwerb einer weiteren Mitgliedschaft gerichtet ist.1 Die Erklärung geht vielmehr dahin, eine weitere vermögensmäßige Beteiligung an der eG zu erhalten.2 Deshalb ist es zulässig, entgegen dem Wortlaut des Gesetzes von „Beteiligungserklärung“ zu sprechen, denn entscheidend ist, was erklärt wird und nicht, wie die Erklärung bezeichnet wird. Die Beteiligungserklärung kann für einen weiteren Geschäftsanteil oder gleichzeitig 3 für mehrere weitere Geschäftsanteile abgegeben werden.3 Die Erklärung der Übernahme eines weiteren Geschäftsanteils oder mehrerer weiterer Geschäftsanteile kann mit der Beitrittserklärung verbunden werden.4 Sie kann auch durch einen Bevollmächtigten abgegeben werden. Auch eine umfassende Vollmacht, „weitere Beteiligungserklärungen abzugeben“ ist denkbar und bei eG mit einer gestaffelten Pflichtbeteiligung zweckmäßig. Auch die eG kann bevollmächtigt werden; sie sollte hierbei vom Verbot des In-Sich-Geschäfts (§ 181 BGB) befreit werden. Die Beteiligungserklärung muss den Vorschriften des § 15a entsprechen. Dies bedeu- 4 tet, dass in ihr die Verpflichtung erklärt werden muss, die – durch die Übernahme des weiteren Geschäftsanteils oder der weiteren Geschäftsanteile – zusätzlich geschuldeten
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BGH BB 1978, 1134 = DB 1978, 1777 = WM 1978, 1005 = ZfgG 1978, 442. Müller GenG § 15b Rdn. 2. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15b Rdn. 2; Müller GenG § 15b Rdn. 3. KG BlfG 1927, 784 gegen KGJ, 121.
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§ 15b | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
Einzahlungen und Nachschüsse zu erbringen. Die Verpflichtungserklärung zur Leistung von Nachschüssen ist natürlich nicht abzugeben, wenn in der Satzung der betreffenden eG die Nachschusspflicht ausgeschlossen ist oder wenn die Satzung der eG nach § 121 bestimmt, dass durch die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen eine Erhöhung der Haftsumme nicht eintritt. Sind die nach § 15a erforderlichen Verpflichtungserklärungen in der Beteiligungser5 klärung nicht enthalten oder genügen die Verpflichtungserklärungen inhaltlich nicht der gesetzlichen Vorschrift, so ist die Beteiligungserklärung unwirksam (vgl. unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beteiligungserklärung rechtlich wie die Beitrittserklärung zu behandeln ist).5 Ist jedoch die Beteiligungserklärung unwirksam, so kann eine wirksame Übernahme eines weiteren Geschäftsanteils oder mehrerer weiterer Geschäftsanteile auch dann nicht eintreten, wenn die weitere Beteiligung zugelassen wird.6 Grundsätzlich besteht keine Verpflichtung, neue fehlerfreie Beteiligungserklärun6 gen abzugeben. Diese Verpflichtung kann sich ausnahmsweise aus Vertrag oder aus der genossenschaftlichen Treuepflicht ergeben. Dies gilt umso mehr bei einer Person, die nicht erstmals der eG beitritt, sondern auf der Grundlage ihrer bestehenden Mitgliedschaft(-spflichten) ihre Beteiligung ausweitet. Jemand, der bereits Mitglied ist, muss seine Rechte und Pflichten kennen, insbesondere wenn er jahrelang in der eG mitgewirkt hat. III. Zulassung der weiteren Beteiligung Das zuständige Organ für die Zulassung der weiteren Beteiligung kann durch die Satzung bestimmt werden. Die Satzung bestimmt regelmäßig – wie auch bei der Zulassung des Beitritts – die Zuständigkeit des Vorstands. Über die Zulassung der weiteren Beteiligung entscheidet das zuständige Organ – unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Mitglieder durch die eG – grundsätzlich nach freiem Ermessen. Die Zulassung kann also auf einen Teil der beantragten Geschäftsanteile oder nur auf den mit dem Beitritt verbundenen ersten Geschäftsanteil beschränkt werden.7 Ein Anspruch auf Zulassung der weiteren Beteiligung ist regelmäßig nicht gege8 ben. Die Satzung kann allerdings einen derartigen Anspruch ausdrücklich einräumen. Wenn die Satzung bestimmte persönliche oder sachliche Voraussetzungen für den Erwerb weiterer Geschäftsanteile aufstellt, ist damit einem Mitglied regelmäßig noch kein Anspruch auf Zulassung der weiteren Beteiligung bei Vorliegen der satzungsmäßigen Voraussetzungen zuerkannt. Diese satzungsmäßigen Voraussetzungen sind im Allgemeinen dahin zu verstehen, dass eine Zulassung bei ihrem Fehlen nicht erfolgen darf, ohne dass bei ihrem Vorliegen die Zulassung erfolgen muss. Voraussetzung für die Zulassung einer freiwilligen weiteren Beteiligung ist, dass 9 alle freiwilligen Geschäftsanteile des Mitglieds, bis auf den zuletzt neu übernommenen, voll eingezahlt sind. Erfolgt trotzdem die Zulassung, ist die Beteiligung wirksam. Der Sinn dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass Gläubiger der eG über deren finanzielle Grundlage getäuscht werden.8 Der zuletzt neu übernommene Geschäftsanteil ist derjenige, auf den sich die Beteiligungserklärung bezieht. Dies bedeutet, dass alle bereits vorhandenen freiwillig übernommenen Geschäftsanteile des Mitgliedes voll eingezahlt sein müssen. Übernimmt ein Mitglied gleichzeitig mehrere weitere Geschäftsanteile, müssen 7
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Paulick S. 175; RGZ 97, 307; 137, 73; Müller GenG § 15a Rdn. 3 f., § 15 Rdn. 28. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 15a Rdn. 5, § 15b Rdn. 2; Paulick S. 187. A.A. Müller GenG § 7a Rdn. 9. Vgl. RGZ 115, 148.
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Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen | § 15b
die bereits vorhandenen und die neu übernommenen Geschäftsanteile bis auf einen – nämlich den letzten der neuen – voll eingezahlt sein. Hat z.B. ein Mitglied 2 Geschäftsanteile erworben und übernimmt es nunmehr gleichzeitig 3 weitere Geschäftsanteile, müssen 4 Geschäftsanteile eingezahlt sein; der 5. Geschäftsanteil kann – im Rahmen der Satzung – z.B. in Raten eingezahlt werden.9 Ein Anwendungsfall des § 15b Abs. 2 ist nicht gegeben, wenn ein Mitglied mehrere Geschäftsanteile freiwillig übernommen hat und dann – durch entsprechende Satzungsänderung – der Geschäftsanteil erhöht wird, was zunächst einmal zu Folge hat, das nunmehr alle übernommenen Geschäftsanteile nicht voll eingezahlt sind. Denn im Zeitpunkt der Erhöhung des Geschäftsanteils sind die weiteren Geschäftsanteile bereits übernommen, und § 15b Abs. 2 regelt nur den Fall, dass weitere Geschäftsanteile erst noch übernommen werden. Wird neben dem Geschäftsanteil zusätzlich die Pflichteinzahlung erhöht, so gilt dieses für alle übernommenen Geschäftsanteile. Die Volleinzahlungspflicht für vorangehende Geschäftsanteile besteht nicht für Pflichtanteile. Diese kann aufgrund einer entsprechenden Satzungsregelung oder aufgrund einer Einzelvereinbarung bestehen. In diesem Fall ist die Gleichbehandlung zu beachten. Wenn eine Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen besteht und nunmehr ein weiterer Geschäftsanteil oder mehrere weitere Geschäftsanteile freiwillig übernommen werden, so ist die Volleinzahlung der vorhergehenden Pflichtanteile der ratio legis dieser Vorschrift entsprechend Voraussetzung für die Zulassung der weiteren freiwilligen Beteiligung. Sieht die Satzung einer eG eine Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen vor, so braucht die Zulassung mit weiteren Pflichtanteilen nicht davon abhängig gemacht zu werden, dass alle vorhergehenden Pflichtanteile voll eingezahlt sind. Es bleibt der Satzung der eG überlassen, die Modalitäten für die Einzahlungen auf diese Geschäftsanteile zu regeln. Es ist z.B. möglich, Ratenzahlung für alle Pflichtanteile vorzusehen. Die weiteren Geschäftsanteile werden nach Maßgabe des § 30 in die Mitgliederliste eingetragen. Der erste Geschäftsanteil wird also nicht in die Mitgliederliste eingetragen. Mit der Zulassung wird die weitere Beteiligung wirksam. Dies gilt nach den Grundsätzen des fehlerhaften Beitritts auch dann, wenn die Vorschrift, dass alle Geschäftsanteile des Mitglieds, bis auf den zuletzt übernommenen, voll eingezahlt sein müssen (§ 15b Abs. 2), nicht erfüllt ist. Die nicht erbrachten Einzahlungen sind fällige, rückständige Pflichteinzahlungen. In der Insolvenz besteht gegen die säumigen Mitglieder ein Einzahlungsanspruch. Die Zulassung der weiteren Beteiligung darf nicht mehr erfolgen, wenn die eG aufgelöst ist.10 Erfolgt die Zulassung gleichwohl, so wird eine weitere Beteiligung nicht erworben.11 Trotz der Zulassung wird die weitere Beteiligung nicht wirksam, wenn die Beteiligungserklärung unwirksam ist. Die Beteiligungserklärung ist z.B. unwirksam, wenn sie von einem Geschäftsunfähigen oder von einem beschränkt Geschäftsfähigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abgegeben wurde, wenn sie den Vorschriften des § 15a nicht entspricht, wenn sie bedingt war oder vor der Zulassung wirksam angefochten wurde. Das Nichtwirksamwerden der weiteren Beteiligung trotz Zulassung muss beweisen, wer sich darauf beruft.
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9 A.A. Müller GenG § 15b Rdn. 6. 10 Vgl. zum alten Recht, abgestellt auf die Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung RGZ 117, 118; BGH BB 1978, 1134 = DB 1978, 1777 = WM 1978, 1005 = ZfgG 1978, 442. 11 RGZ 117, 116.
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§ 16 Änderung der Satzung § 16 Änderung der Satzung (1) Eine Änderung der Satzung oder die Fortsetzung einer auf bestimmte Zeit beschränkten Genossenschaft kann nur durch die Generalversammlung beschlossen werden. (2) Für folgende Änderungen der Satzung bedarf es einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst: 1. Änderung des Gegenstandes des Unternehmens, 2. Erhöhung des Geschäftsanteils, 3. Einführung oder Erweiterung einer Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen, 4. Einführung oder Erweiterung der Verpflichtung der Mitglieder zur Leistung von Nachschüssen, 5. Verlängerung der Kündigungsfrist auf eine längere Frist als zwei Jahre, 6. Einführung oder Erweiterung der Beteiligung ausscheidender Mitglieder an der Ergebnisrücklage nach § 73 Abs. 3, 7. Einführung oder Erweiterung von Mehrstimmrechten, 8. Zerlegung von Geschäftsanteilen, 9. Einführung oder Erhöhung eines Mindestkapitals, 10. Einschränkung des Anspruchs des Mitglieds nach § 73 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens, 11. Einführung der Möglichkeit nach § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2, investierende Mitglieder zuzulassen. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. (3) Zu einer Änderung der Satzung, durch die eine Verpflichtung der Mitglieder zur Inanspruchnahme von Einrichtungen oder anderen Leistungen der Genossenschaft oder zur Leistung von Sachen oder Diensten eingeführt oder erweitert wird, bedarf es einer Mehrheit, die mindestens neun Zehntel der abgegebenen Stimmen umfasst. Zu einer Änderung der Satzung, durch die eine Verpflichtung der Mitglieder zur Zahlung laufender Beiträge für Leistungen, welche die Genossenschaft den Mitgliedern erbringt oder zur Verfügung stellt, eingeführt oder erweitert wird, bedarf es einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. (4) Zu sonstigen Änderungen der Satzung bedarf es einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst, sofern nicht die Satzung andere Erfordernisse aufstellt. (5) Auf die Anmeldung und Eintragung des Beschlusses finden die Vorschriften des § 11 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass der Anmeldung der Beschluss nur in Abschrift beizufügen ist. Der Anmeldung ist der vollständige Wortlaut der Satzung beizufügen; er muss mit der Erklärung des Vorstands versehen sein, dass die geänderten Bestimmungen der Satzung mit dem Beschluss über die Satzungsänderung und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Register eingereichten vollständigen Wortlaut der Satzung übereinstimmen. Ist bei Satzungsänderungen der vollständige Wortlaut der Satzung bisher nicht eingereicht worden, so hat der Vorstand zu erklären, dass der eingereichte Wortlaut der Satzung mit dem zuletzt zum Register eingereichten vollständigen Wortlaut der Satzung und allen seither beschlossenen Änderungen übereinstimmt. Die Veröffentlichung des Beschlusses findet nur insoweit statt, als derselbe eine der in § 12 Abs. 2 bezeichneten Bestimmung zum Gegenstand hat. Holthaus/Lehnhoff
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Änderung der Satzung | § 16
(6) Der Beschluss hat keine rechtliche Wirkung, bevor er in das Genossenschaftsregister des Sitzes der Genossenschaft eingetragen ist. Übersicht Bedeutung der Vorschrift | 1–7 1. Zuständigkeit der Generalversammlung | 1 2. Satzungsänderungen, Inhalt und Grenzen | 2–6 3. Fortsetzung einer auf bestimmte Zeit beschränkten Genossenschaft | 7 Für Satzungsänderungen erforderliche Mehrheiten | 8–24 1. Mehrheitsverhältnisse | 8–11 2. Die einzelnen Fälle von § 16 Abs. 2 | 12–23 3. Weitere Erfordernisse | 24
I.
II.
9/ -Mehrheit 10
in besonderen Fällen (§ 16 Abs. 3) | 25–27 IV. Sonstige Satzungsänderungen, einfache satzungsändernde Mehrheit (§ 16 Abs. 4) | 28–30 V. Eintragung im Genossenschaftsregister | 31–43 1. Das Verfahren (§ 16 Abs. 5) | 31–37 2. Wirkung der Eintragung (§ 16 Abs. 6) | 38–42 3. Kosten | 43 VI. Fehlerhafte Satzungsänderungen | 44–46 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 47 III.
I. Bedeutung der Vorschrift 1. Zuständigkeit der Generalversammlung. Die Satzung ist die „Verfassung“ der 1 eG. Sie ist – neben dem GenG – die wichtigste Rechtsgrundlage (§ 18). Der Vorstand kann die eG nicht rechtswirksam verpflichten in Bereichen, die der Entscheidung der GV/VV vorbehalten sind. Dies gilt z.B. für Zusagen, die Satzung werde in bestimmter Weise geändert (§ 16 Abs. 1), bestimmte Personen würden in den Aufsichtsrat gewählt (§ 36 Abs. 1) oder für einen Verzicht auf Regressansprüche gegen Organmitglieder (§ 39 Abs. 1). Die Beschlussfassung über die Satzung ist daher der GV/VV als dem „Parlament der eG“ vorbehalten. Dies ist zwingendes Recht und kann weder durch die Satzung selbst noch dadurch geändert werden, dass die GV/VV z.B. ihre Zuständigkeit delegiert.1 Beschlüsse über den Satzungsinhalt können auch nicht von der Zustimmung z.B. des Vorstands oder Aufsichtsrats oder des Prüfungsverbands abhängig gemacht werden.2 Als Grundlage der körperschaftlichen Verfassung ist die Satzung nach objektiven Gesichtspunkten des Wortlautes auszulegen; Umstände außerhalb des Textes wie Entstehungsgeschichte usw. scheiden grundsätzlich aus.3 Dies kann aber nicht bedeuten, dass bei objektiver Unklarheit nicht auch sonstige Umstände der Interpretation dienen können; es müssen vielmehr die Grundsätze gelten, wie sie für die Nutzung von Gesetzesmaterialien anerkannt sind. 2. Satzungsänderungen, Inhalt und Grenzen. § 16 meint alle Fälle der Satzungs- 2 änderung im weiteren Sinne, also auch die Ergänzung oder Aufhebung der bisherigen Satzungsbestimmungen. Auch rein sprachliche Änderungen sind Satzungsänderungen, sofern es sich nicht lediglich z.B. um Korrekturen von offensichtlichen Schreibfehlern handelt, die für den Satzungsinhalt keine Bedeutung haben.4 Gleiches gilt für die Berichtigung grammatikalischer Fehler und Fehlern der Zeichensetzung, diese kann der Vorstand korrigieren.5 Der Vorstand ist hingegen nicht berechtigt, Unklarheiten durch eine
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KGJ 15, 19; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 1; Beuthien GenG § 16 Rdn. 6. KG OLG Rspr. 44, 237. BGH WM 1983, 334; OLG Düsseldorf Urt. v. 21.6.1991, Az. 17 U 38/91. BayObLG Urt. v. 5.10.1978, Az. 1 Z 104/78. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 4.
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§ 16 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
bessere Fassung zu korrigieren.6 Der Satzungstext muss klar und verständlich formuliert sein, sonst kann die Eintragung abgelehnt werden. Auch für die Einführung einer insgesamt neuen Satzung gilt § 16. Solche Änderungen werden in der Praxis oft im Zusammenhang mit der Neufassung von Mustersatzungen durchgeführt. Regelungen der Satzung dürfen nicht willkürlich sein und nicht auf sachfremden 3 Erwägungen beruhen. Dies gilt vor allem dann, wenn Mitgliederrechte, z.B. Einsichtsrechte, eingeschränkt werden sollen, vgl. § 43 Rdn. 45.7 Ein Verstoß hiergegen macht den Beschluss in der Regel nur anfechtbar.8 Eine Satzungsänderung findet ihre Grenze stets an zwingenden gesetzlichen Vorschriften, insbesondere am Förderzweck des § 1. Insoweit ist eine Änderung des Förderzwecks der eG durch die Satzung nicht möglich, denn dieser ist nach § 1 zwingend durch das Gesetz vorgegeben.9 Möglich ist aber eine Änderung z.B. des gesamten Unternehmensgegenstands, nämlich der unternehmerischen und betrieblichen Mittel zur Erreichung des Förderzwecks. Durch Satzungsänderung kann beispielsweise festgelegt werden, dass eine bisherige gemischtwirtschaftliche eG das Warengeschäft aufgibt.10 Die Zustimmung aller Mitglieder zur Änderung des Gegenstands in Anwendung von § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB ist auch bei weitest gehender Änderung nicht erforderlich. Zweckänderung eines eV ist die Änderung der Leitidee.11 Leitidee der eG ist der in § 1 festgelegte Förderzweck, der durch die Satzung nicht verändert werden kann. Im Übrigen verbieten die Regelungen des § 16 einen Rückgriff auf § 33 BGB. Das Schutzinteresse der Mitglieder wird durch das außerordentliche Kündigungsrecht, § 67a Abs. 1, gewahrt. Die Ausgliederung wesentlicher Betriebsteile bedarf – auch ohne Satzungsänderung – der Zustimmung der GV/VV (§ 1 Rdn. 97, § 43 Rdn. 10).12 Dies gilt für alle grundlegenden Entscheidungen, die durch die Außenvertretungsmacht des Vorstands so tief in die Mitgliederrechte eingreifen, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen (§ 1 Rdn. 31, 97; § 16 Rdn. 3; § 27 Rdn. 19, 20; § 43 Rdn. 10).13 Wird z.B. das Warengeschäft aufgegeben, so muss die Satzung entsprechend geändert werden; andernfalls bliebe der Förderanspruch aus Warenlieferungen der Mitglieder dem Grund nach bestehen. Wird das Warengeschäft neu aufgenommen, bedarf dies ebenfalls einer Grundlage in der Satzung. Nach Auflösung der eG ist eine Satzungsänderung noch möglich, sofern diese nicht 4 dem Zweck der Liquidation widerspricht14 (vgl. § 87a wegen zusätzlicher Zahlungspflichten nach Auflösung und § 87b, wonach Geschäftsanteile und Haftsumme nicht mehr erhöht werden können). Ob nach Auflösung noch der Sitz verlegt werden kann, hängt davon ab, ob dies der Liquidation dient.15 Bei der Vorgenossenschaft (Erl. zu § 13) gilt § 16 nicht, eine Satzungsänderung bedarf der Zustimmung aller Gründungsmitglieder, die auch von allen unterzeichnet werden muss.16
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OLG Stuttgart DB 1977, 1938. BGHZ 65, 15, 18. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 13. Missverständlich Müller GenG § 16 Rdn. 1 meint eher den Unternehmensgegenstand. Vgl. KGJ 44, 347. Palandt/Ellenberger § 33 Rdn. 3. Vgl. für AG: BGH DB 1982, 795. BGH DB 1982, 796. RGZ 121, 253. BlfG 1934, 712; a.A. KGJ 15, 35. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 6.
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Änderung der Satzung | § 16
Bei jeder Satzungsänderung ist der Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder 5 zu beachten17 (zum Gleichbehandlungsgrundsatz Erl. zu § 18 Rdn. 16 ff.). Der Gleichbehandlungsgrundsatz hat zum Inhalt, dass jedes Mitglied bei gleichen Voraussetzungen die gleichen Rechte und Pflichten haben muss.18 Es ist zu unterscheiden zwischen Fällen, in denen die Mitglieder absolut gleich zu behandeln sind, wie z.B. Höhe des Geschäftsanteils, der Haftsumme, der grundsätzlichen Einzahlungspflichten – soweit nicht im Rahmen der Satzung Ratenzahlung gewährt wird – bei der Kündigung usw., und Sachverhalten, bei denen die Gleichbehandlung nur relativ sein kann. Hier müssen unterschiedliche Voraussetzungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Zu denken wäre z.B. an die Einführung einer gestaffelten Pflichtbeteiligung (§ 7a Abs. 2); nicht aber eine Staffelung, die die Höhe der Pflichtbeteiligung für bestimmte Gruppen von Mitgliedern nicht nach dem Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen (§ 7a Abs. 2) bestimmt. Erhöhung des Geschäftsanteils mit gleichzeitiger Zusammenlegung von 2 Geschäftsanteilen verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, auch wenn die Auswirkungen für diejenigen Mitglieder unterschiedlich sind, die nur einen Geschäftsanteil haben.19 Satzungsbestimmungen über unterschiedliche Aufnahmebedingungen sind zulässig, der Gleichbehandlungsgrundsatz hat nur für Mitglieder nicht aber gegenüber Bewerbern Gültigkeit, zumal grundsätzlich kein Anspruch auf Aufnahme in die eG besteht. Eine unterschiedliche Regelung der Gewinnbeteiligung ist, soweit sachlich begründet zulässig, z.B. Beschränkung der Dividende auf den ersten Geschäftsanteil oder freiwillig übernommene weitere Geschäftsanteile.20 Eine ungleiche Behandlung der Mitglieder ist durch Regelungen in der Gründungssatzung zulässig; sie bindet Mitglieder, die einer eG beitreten, deren Satzung eine Ungleichbehandlung rechtswirksam vorsieht. Im Übrigen ist sie wirksam, wenn alle betroffenen Mitglieder zustimmen. In diesem Fall wird eine Individualvereinbarung zum bindenden Inhalt der Satzung. Satzungsänderungen haben die Grenzen der genossenschaftlichen Duldungs- 6 pflicht zu beachten. Im Rahmen dieser Grenzen können zusätzliche Pflichten für die Mitglieder begründet und vorhandene Rechte beschränkt werden. Das Mitglied hat solche Belastungen nur dann zu dulden, wenn es bei seinem Eintritt in die eG damit rechnen musste, und die Verpflichtung zu keiner unzumutbaren Belastung führt.21 Für Änderungen über die Duldungspflicht hinaus bedarf dies der Zustimmung aller betroffenen Mitglieder.22 Sonderfälle als Beispiele: Wird durch Satzungsänderung die Höchstzahl für die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen herabgesetzt, bleiben zu viel übernommene Geschäftsanteile bestehen, die entsprechenden Geschäftsguthaben bleiben Eigenkapital; es besteht aber eine Verpflichtung zur Verminderung der Zahl durch Kündigung (vgl. § 7a Rdn. 5). Wird durch Satzungsänderung die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder herabgesetzt, bleiben wirksam bestellte Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich im Amt bis zum Ablauf ihrer Wahlperiode, es sei denn, dass die Satzungsänderung gleichzeitig den Willen der GV/VV erkennen lässt, bestimmte Aufsichtsratsmitglieder abzuberufen (vgl. § 36 Rdn. 46). Im Übrigen gilt die Satzungsänderung nur für die Neubestellung von Aufsichtsratsmitgliedern.
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LG Stuttgart ZfgG 1964, 501 mit Anm. Schnorr von Carolsfeld; Müller GenG § 16 Rdn. 32. RGZ 135, 58. LG Stuttgart ZfgG 1964, 501 m. Anm. Schnorr von Carolsfeld. A.A. Paulick S. 153; Müller GenG § 16 Rdn. 32. RGZ 119, 339. RGZ 124; 188; 140, 247.
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§ 16 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
Ist im Dienstvertrag mit einem hauptamtlichen Vorstandsmitglied vorgesehen, dass nach Ablauf der hauptamtlichen Tätigkeit eine Bestellung zum ehrenamtlichen Vorstandsmitglied erfolgen soll, lässt die Satzung aber ehrenamtliche Vorstandsmitglieder nicht zu, wird eine Bestellung unwirksam. Ansprüche aus dem Dienstvertrag reduzieren sich auf Schadensersatzgesichtspunkte. 7
3. Fortsetzung einer auf bestimmte Zeit beschränkten Genossenschaft. Durch Satzung kann festgelegt sein, dass die eG nur für eine bestimmte Zeit bestehen soll (§ 8 Abs. 1 Nr. 1). Der Ablauf dieser bestimmten Zeit hat automatisch die Auflösung der eG zur Folge ohne Beschlussfassung durch die GV/VV (§ 79). Die Fortsetzung einer solchen eG bedarf dagegen stets eines Beschlusses der GV/VV. Sie ist denkbar durch satzungsändernden Beschluss vor Ablauf der Zeit, also vor Auflösung der eG und auch nach Eintritt des Zeitablaufs, also im Stadium der Liquidation (§ 79a). Auch in diesem Fall wird es erforderlich sein, die zeitliche Begrenzung in der Satzung anzupassen oder darauf zu verzichten. Die Beschlussfassung über die Fortsetzung einer auf bestimmte Zeit bestehenden eG bedarf zwingend der Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen (§ 79a Abs. 1). II. Für Satzungsänderungen erforderliche Mehrheiten
1. Mehrheitsverhältnisse. Im Vereins- und Gesellschaftsrecht ist eine möglichst übereinstimmende Willensbildung erforderlich. Andererseits können wichtige Entscheidungen nicht immer davon abhängig gemacht werden, dass alle Mitglieder zustimmen. Die genossenschaftliche Duldungspflicht unterwirft daher grundsätzlich auch die bei der Abstimmung unterlegene Minderheit den rechtswirksam gefassten Beschlüssen. Im Normalfall genügt zur Meinungsbildung in der GV/VV die einfache Mehrheit (§ 43 Abs. 2). Bei Beschlüssen, die sich für Mitglieder besonders belastend auswirken können oder für die eG von besonderer Tragweite sind, schreibt das Gesetz qualifizierte Mehrheiten vor. Maßgeblich für die Berechnung ist die Zahl der abgegebenen Stimmen. Stimment9 haltungen und ungültige Stimmen werden nicht berücksichtigt. Diese Auslegung wird allein dem Zweck der gesetzlichen Regelung, wonach die Entscheidungen von bestimmten Mehrheiten der Mitglieder getragen sein sollen, und dieser Wille erkennbar festgestellt werden muss, gerecht. Wer sich der Stimme enthält, will weder mit Ja und ebenso wenig mit Nein stimmen. Diese Berechnung dient deshalb auch der Sicherheit bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses; es sollte vor jedem einzelnen Abstimmungsvorgang die Anzahl der anwesenden, stimmberechtigten Mitglieder festgestellt werden. Die Frage der Beschlussfähigkeit ist im Gesetz nicht geregelt. Nach allgemeinen 10 Grundsätzen müssen jedoch in der GV/VV mindestens 3 Mitglieder zur Beschlussfassung körperlich (nicht vertreten) anwesend sein.23 Diese Mitglieder können auch dem Vorstand oder Aufsichtsrat angehören.24 Die Satzung kann jedoch die Beschlussfähigkeit von weiteren Voraussetzungen abhängig machen (z.B. für den Fall der Umwandlung oder Auflösung der eG). Über das Verfahren bei der Beschlussfassung in der GV/VV enthält das Gesetz 11 keine Bestimmungen; es bleibt somit weitgehend der Satzung überlassen, vorzusehen, inwieweit Abstimmungen und Wahlen geheim oder offen durchgeführt werden.25 Die 8
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 14. Gräser/Metz/Werhahn S. 36. Näheres Gräser/Metz/Werhahn S. 50.
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Satzung kann z.B. regeln, dass Vorstand, Aufsichtsrat oder eine Minderheit von 10% der Stimmen verlangen können, dass Abstimmungen oder Wahlen geheim durchgeführt werden. Im Übrigen hat der Versammlungsleiter ausreichende Befugnisse, um die Abstimmung ordnungsgemäß durchzuführen und zu klaren Ergebnissen zu gelangen (Näheres Erl. zu § 43 Rdn. 87 ff.). Grundsätzlich kann über den gesamten Satzungsentwurf einheitlich Beschluss gefasst werden; auf Antrag auch einzelner Mitglieder muss über einzelne Vorschläge jedoch gesondert beraten und Beschluss gefasst werden. 2. Die einzelnen Fälle von § 16 Abs. 2. Die Aufzählung in Abs. 2 ist nicht abschlie- 12 ßend. Auch in den Fällen der §§ 36 Abs. 3, 78 Abs. 1 und 79a Abs. 1, bedürfen die Beschlüsse einer Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen; zusätzlich auch die Beschlüsse nach dem Umwandlungsgesetz für Verschmelzung (§ 84 UmwG), Spaltung (§ 147 i.V.m. § 125, 84) und Formwechsel (§ 262 UmwG). Der Katalog von Satzungsänderungen, die nach Absatz 2 Satz 1 einer qualifizierten Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedürfen, wird in den Nummern 9 bis 11 um die Beschlüsse nach § 8a zur Einführung eines Mindestkapitals oder dessen Erhöhung, die Einschränkung des Rückzahlungsanspruchs, der dem Mitglied nach seinem Ausscheiden oder nach Kündigung einzelner Geschäftsanteile (§ 67b) nach § 73 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 zusteht, sowie die Einführung der Möglichkeit nach § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2, investierende Mitglieder zuzulassen, erweitert. Wegen der erheblichen Bedeutung dieser Beschlüsse für die Mitglieder wird auch insoweit eine qualifizierte Mehrheit gesetzlich vorgeschrieben; weitere Erfordernisse kann die Satzung aufstellen (Satz 2). Die übrigen Änderungen des Absatzes 2 betreffen sprachliche Anpassungen. Mit der Neufassung des Satzes 2 wird klargestellt, dass die Satzung auch größere Mehrheitserfordernisse bestimmen kann. Die folgenden in Abs. 2 genannten satzungsändernden Beschlüsse bedürfen zur Wirksamkeit einer Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen, soweit die Satzung nicht noch strengere Voraussetzungen vorsieht: Nr. 1. Änderung des Gegenstands des Unternehmens. Der „Gegenstand des Un- 13 ternehmens“ umschreibt in der Satzung die Mittel, mit denen der Förderzweck erfüllt werden soll Durch Satzungsänderung kann jeder beliebige Unternehmensgegenstand neu eingeführt oder der bisherige abgeändert werden. Dadurch kann in zulässigem Rahmen auch der Charakter der eG völlig verändert werden. Die Grenze ist der gesetzlich gegebene Förderzweck.26 § 33 Abs. 1 S. 2 BGB – Zweckänderung – findet keine Anwendung. Durch Satzungsänderung kann der Unternehmensgegenstand neu formuliert werden, ohne dass damit notwendigerweise eine Änderung des tatsächlichen Geschäftsbetriebs verbunden ist. Grundsätzlich können die Mitglieder von der eG aber erwarten, dass die in der Satzung festgelegten Leistungen auch tatsächlich erbracht werden. Neubezeichnung des Unternehmensgegenstands ohne Änderung des materiellen Inhalts bedarf nur der Mehrheit gemäß Abs. 4, d.h., die Satzung kann für solche Änderungen geringere Mehrheiten als 3/4 der abgegebenen Stimmen vorsehen.27 Änderung der Firma ist nicht Änderung des Unternehmensgegenstands; auch hier genügt satzungsändernde Mehrheit gemäß Abs. 4. Nr. 2. Die Erhöhung des Geschäftsanteils bedarf ebenfalls mindestens der 3/4-Mehr- 14 heit, nicht aber die Erhöhung der Einzahlungspflichten auf den Geschäftsanteil oder die Verkürzung von Einzahlungsfristen; hier genügt die Mehrheit nach Abs. 4. Auch für den erhöhten Geschäftsanteil muss ein bestimmter Betrag festgesetzt werden; er muss für
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26 KGJ 44, 347. 27 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 19; Beuthien GenG § 16 Rdn. 8; Müller GenG § 16 Rdn. 18; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 16 Rdn. 9.
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alle Mitglieder gleich sein. Der Beschluss kann den Zeitpunkt beliebig festsetzen, in dem die Erhöhung eintreten soll; es kann auch eine zeitliche Staffelung in der Weise vorgenommen werden, dass z.B. mit Beginn eines jeden Geschäftsjahres sich der Geschäftsanteil um einen bestimmten Betrag erhöht. Wegen des außerordentlichen Kündigungsrechts vgl. § 67a. Nr. 3. Die Einführung oder Erweiterung einer Pflichtbeteiligung mit mehreren 15 Geschäftsanteilen kann seit der Novelle 1973 mit satzungsänderndem Beschluss und 3/4Mehrheit durchgeführt werden. Dies gilt sowohl für die gleichmäßige wie auch für die gestaffelte Pflichtbeteiligung. Das Gesetz gibt insoweit einen Rahmen für die genossenschaftliche Duldungspflicht; als Korrektiv ist ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 67a vorgesehen. Zusätzlich findet die Pflichtbeteiligung ihre Grenze dort, wo die Größenordnung schlechthin wirtschaftlich nicht vertretbar und für die Mitglieder unzumutbar wäre.28 Trifft das nicht zu, ist der Beschluss auch nicht treuwidrig, zumal wenn er den ausdrücklichen Hinweis enthält, dass in wirtschaftlichen Härtefällen den Mitgliedern Ratenzahlung gewährt wird. Die eG ist verpflichtet, für eine ausreichende Ausstattung mit Eigenkapital zu sorgen.29 Nach Auflösung der eG entfällt die Verpflichtung zur Übernahme von Geschäftsanteilen, auch wenn die Satzung dies vorsieht.30 Eine bisherige „Sollbestimmung“ für die Übernahme weiterer Geschäftsanteile bedeutet grundsätzlich eine Rechtspflicht; eine Neufassung als „Mussvorschrift“ bedeutet daher keine Einführung oder Erweiterung der Pflichtbeteiligung.31 Entsprechendes gilt bei einer Änderung der Bezugsgröße, ohne dass dadurch die Beteiligungspflichten tatsächlich geändert werden. Für eine Änderung der Pflichtbeteiligung, die zu geringeren Beteiligungspflichten führt, wie auch für die Aufhebung genügt die satzungsändernde Mehrheit von § 16 Abs. 4. Dies ist keine Verminderung des Eigenkapitals; ein besonderer Gläubigerschutz ist nicht erforderlich. Nr. 4. Einführung oder Erweiterung der Verpflichtung zur Leistung von Nach16 schüssen. Abs. 2 Nr. 4 fasst die vor der Novelle 1973 bestehende Regelung zusammen und ergänzt sie, so dass die Einführung einer Nachschusspflicht, die Erhöhung der Haftsumme und die Umwandlung in eine strengere Haftnorm mindestens der 3/4-Mehrheit bedürfen. Auch hier wird den überstimmten Mitgliedern ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 67a eingeräumt. Jede dieser Arten der Erweiterung der Nachschusspflicht kann nur bis zum Zeitpunkt der Auflösung der eG beschlossen werden (vgl. dazu Sonderregelung in § 87a zur Abwendung der Insolvenz im Liquidationsstadium). Auch die Erweiterung der Nachschusspflicht findet ihre Grenze an vertretbaren wirtschaftlichen Erwägungen und der Zumutbarkeit.32 Wird der Geschäftsanteil über den in der Satzung festgelegten Betrag der Haftsumme erhöht, erhöht sich damit gemäß § 119 auch die Haftsumme entsprechend. Der Beschluss muss dahin interpretiert werden, dass diese mit der Erhöhung notwendig verbundenen Änderungen gewollt sind. Die erforderliche 3/ -Mehrheit folgt aus Abs. 2 Nr. 2. Die Herabsetzung der Nachschusspflicht muss die 4 Grenze von § 119 berücksichtigen; die Herabsetzung sowie der Verzicht auf jede Nachschusspflicht sind mit satzungsändernder Mehrheit (Abs. 4) unter Beachtung von § 22 Abs. 1 bis 3 möglich.
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28 BGH BB 1978, 1134 = ZfgG 1978, 442 m. Anm. Hadding; auch Müller GenG § 16 Rdn. 20; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 30; Beuthien GenG § 16 Rdn. 13; vgl. auch BGHZ 56, 106. 29 AG Mannheim Urt. v. 11.4.1995, Az. 6 C 348/95. 30 BGH ZfgG 1978, 442. 31 LG Göttingen ZfgG 1971, 396 m. Anm. Nitschke/Ebenroth. 32 RG JW 1910, 40; Müller GenG § 16 Rdn. 21.
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Nr. 5. Verlängerung der Kündigungsfrist über 2 Jahre. Die Kündigungsfrist für 17 die Mitgliedschaft beträgt gemäß § 65 Abs. 2 mindestens 3 Monate, höchstens 10 Jahre. Wird die Frist durch Satzungsänderung auf über 2 Jahre verlängert, bedarf dies der 3/4Mehrheit. Nach dem Sinn der Schutzvorschrift muss dies auch dann gelten, wenn die Frist bereits länger als 2 Jahre betragen hat, durch satzungsändernden Beschluss aber weiter verlängert wird.33 Bei längerer als zweijähriger Kündigungsfrist haben die Mitglieder außerdem stets die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens (§ 65 Abs. 2); anlässlich der Satzungsänderung gewährt § 67a ein außerordentliches Kündigungsrecht. Die neu in § 65 Abs. 2 Satz 3 aufgenommene Möglichkeit, durch Satzungsänderung eine Kündigungsfrist von mehr als fünf Jahren bis zu einer Höchstfrist von zehn Jahren zu bestimmen, braucht in dem Katalog des Absatzes 2 nicht zusätzlich berücksichtigt zu werden, da dieser Fall bereits von der Nummer 5 des Katalogs erfasst wird. Diese Vorschrift kommt immer dann zur Anwendung, wenn die Satzungsänderung eine Verlängerung der Kündigungsfrist beinhaltet, und die nach der Änderung maßgebliche Kündigungsfrist mehr als zwei Jahre beträgt. Es ist ohne Bedeutung, ob bereits vor der Satzungsänderung die Kündigungsfrist den Zeitraum von zwei Jahren überstieg. Nr. 6. Einführung eines Beteiligungsfonds. Die Möglichkeit der Beteiligung aus- 18 scheidender Mitglieder an den Rücklagen der eG wurde mit Novelle 1973 im Rahmen des § 73 Abs. 3 eingeführt. Eine solche Beteiligung ist nach dem klaren Wortlaut von § 73 Abs. 3 nur möglich, „an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage“; eine Beteiligung an gesetzlichen oder anderen freiwilligen Rücklagen der eG ist ausgeschlossen, sie kann auch nicht durch die Satzung eingeräumt werden. Durch Bilanzrichtlinie-Gesetz wurden in § 73 Abs. 3 die Worte „an einem zu diesem Zweck zu bildenden anderen Reservefonds“ ersetzt durch „an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden anderen Ergebnisrücklage“. Damit ist auch klargestellt, dass der Beteiligungsfonds nur aus dem Jahresergebnis, nicht aber aus dem Vermögen der eG gebildet werden kann. Auch ehemals gemeinnützige WohnGen können die Beteiligung ausscheidender Mitglieder gem. § 73 Abs. 3 vorsehen. Das dürfte jedoch nicht gelten für eine eG, die in ihrer Firma die Bezeichnung als „gemeinnützig“ fortführt. 3 /4-Mehrheit ist auch erforderlich, wenn bei einem bereits eingeführten Beteiligungsfonds die Beteiligung „erweitert“ werden soll. Dies kann z.B. durch höhere Zuweisungen durch Satzungsänderung zum Fonds und damit erhöhten Ansprüchen ausscheidender Mitglieder erfolgen. Für die Herabsetzung der Beteiligung oder für einen Verzicht genügt dagegen die satzungsändernde Mehrheit nach Abs. 4. Die Zustimmung aller Mitglieder, denen Beteiligungsansprüche eingeräumt waren, ist nicht erforderlich. Sobald Ansprüche durch Ausscheiden fällig geworden sind, können sie allerdings nicht mehr durch Mehrheitsbeschluss entzogen werden, sondern nur durch Zustimmung der Betroffenen. Nr. 7. Einführung von Mehrstimmrechten. Als Ausnahme vom genossenschaftli- 19 chen Grundsatz „eine Person, eine Stimme“ kann die Satzung im Rahmen von § 43 Abs. 3 Mehrstimmrechte gewähren (s. Erl. zu § 43). Wie durch Novelle 1973 eingeführt können einem Mitglied bis zu drei Stimmen eingeräumt werden; seit Novelle 2006 können eG, deren Mitglieder zu mehr als 3/4 Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sind, unbegrenzt Mehrstimmrechte einräumen. Die Mehrstimmrechte können jedoch vom einzelnen Mitglied nur bis zu einem Zehntel der anwesenden Stimmen ausgeübt werden. Die Einzelheiten, wie Staffelung der Mehrstimmen und Stimmausübung regelt die Satzung. Jede Einführung oder Erweiterung dieser Mehrstimmrechte bedarf der 3/4-Mehrheit; für die Einschränkung oder die Abschaffung von Mehrstimmrechten ist eine Satzungsänderung
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mit den Mehrheiten von Abs. 4 ausreichend. § 43 Abs. 3 letzter Satz stellt klar, dass bei einer solchen Entziehung bestehender Mehrstimmrechte die Zustimmung der betroffenen Mitglieder nicht erforderlich ist. 20 Nr. 8. Zerlegung der Geschäftsanteile. Die Novelle 1973 hat ein vereinfachtes Verfahren für die Zerlegung der Geschäftsanteile eingeführt (wegen des Begriffs der Zerlegung vgl. Erl. zu § 22b); nach früherem Recht war u.a. ein Gutachten des Prüfungsverbands erforderlich. Nunmehr genügt für die Satzungsänderung 3/4-Mehrheit. Es können nur alle Geschäftsanteile zerlegt werden. Mit der Zerlegung der Geschäftsanteile muss nicht ein satzungsändernder Beschluss über die Zerlegung der Haftsumme verbunden sein. Bestimmt die Satzung z.B., dass mit jedem Geschäftsanteil eine bestimmte Haftsumme verbunden war, so würde nunmehr für jeden einzelnen zerlegten und verminderten Geschäftsanteil die bisherige Haftsumme weiter bestehen bleiben. Es kann auch beschlossen werden, dass die gesamte Haftsumme dem ersten Geschäftsanteil gemäß § 121 zugeordnet wird. Für die Verteilung des Geschäftsguthabens bei Zerlegung enthält das Gesetz ebenfalls keine Regelung. Es dürfte daher im Rahmen der Satzungsfreiheit (§ 18) zulässig sein, wenn die Satzung die Verteilung des Guthabens regelt.34 Fehlt diese Regelung, ist das Geschäftsguthaben in der Reihenfolge auf die ersten Geschäftsanteile voll anzurechnen; nur so kann dem Gedanken von § 15b Abs. 2 entsprochen werden (Näheres § 22 Rdn. 13).35 Falls eine in der Satzung vorgesehene Höchstzahl von Geschäftsanteilen (§ 7a Abs. 1) nach der Zerlegung nicht ausreicht, ist die Satzung gleichzeitig entsprechend anzupassen. Geschieht dies nicht, sind die Geschäftsanteile dennoch wirksam übernommen. Dies erscheint aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten. Soweit mehrere Geschäftsanteile nach der Zerlegung nicht voll eingezahlt sind, ist dies unschädlich. Es gelten die satzungsmäßigen Einzahlungsverpflichtungen. Eine Versicherung des Vorstands über die Einzahlung gemäß § 15b Abs. 3 ist nicht Voraussetzung für die Eintragung der Zerlegung (§ 22b Abs. 2). Nr. 9. Einführung und Veränderung des Mindestkapitals. Der durch Novelle 21 2006 eingeführte § 8a ermöglicht die Festlegung eines Mindestkapitals, um dadurch auch nach IAS bzw. IFRS bilanzierenden eG die Möglichkeit das Geschäftsguthaben oder wesentliche Teile davon als Eigenkapital zu bilanzieren. Das Mindestkapital kann in einer bestimmten Summe oder als Prozentsatz des Geschäftsguthabens festgelegt werden. Letzteres ermöglicht, ein der Mitgliederentwicklung flexibles sich anpassendes Mindestkapital, ohne dass es einer öfteren ggf. sogar jährlichen Anpassung durch erneute Satzungsänderung bedarf (vgl. Erläuterung zu § 8a). Nr. 10. Einschränkung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinanderset22 zungsguthabens. Wird ein Mindestkapital eingeführt, ist die Auszahlung des Auseinandersetzungsanspruchs zwingend solange ausgeschlossen, wie hierdurch das Mindestkapital unterschritten würde, § 8a; die Satzung kann hierzu jedoch die Modalitäten regeln. Denkbar sind Anknüpfung der Auszahlung an die Reihenfolge der Kündigungen oder eine prozentuale Auszahlung, soweit möglich zur Befriedigung der Ansprüche eines Jahres, d.h. eines Fälligkeitstermins. Daneben eröffnet § 73 Abs. 2 Satz 2 auch ohne Einführung eines Mindestkapitals, Modalitäten zur Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens zu treffen. Bereits hierdurch kann sowohl die Kreditfähigkeit der eG gesteigert oder den Bilanzierungsanforderungen nach IFRS (IAS 32) Rechnung getragen werden.36 Im Liquidationsstadium kann diese Änderung nicht mehr beschlossen werden.
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34 So auch Müller GenG § 16 Rdn. 25. 35 A.A. Müller GenG § 16 Rdn. 25, der in diesem Fall nur gleichmäßige Verteilung zulassen will; Paulick S. 178. 36 Vgl. zur Problematik IAS 32, IFRS § 8a Rdn. 3.
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Nr. 11. Zulassung investierender Mitglieder. Durch Novelle 2006 wurde die Mög- 23 lichkeit, investierende Mitglieder aufzunehmen, § 8 Abs. 2, in Anlehnung an die SCE geschaffen, Art. 14 Abs. 1 SCE-VO, § 4 SCEAG (vgl. § 8 Rdn. 13–17). Diese Option muss durch entsprechende Satzungsregelung umgesetzt werden. Hierbei können weitere Anforderungen an investierende Mitglieder festgelegt werden. Denkbar ist auch, die Anzahl der investierenden Mitglieder oder das von ihnen gehaltene Kapital zu beschränken, um bereits auf diese Weise den Einfluss dieser Mitgliedergruppe einzugrenzen. Zu denken ist auch an andere Kündigungsfristen und Dividendenregelungen für diese Mitgliedergruppe. In jedem Fall ist durch entsprechende Satzungsregelungen das Stimmrecht der investierenden Mitglieder so zu regeln, dass die Entscheidungen der förderfähigen Mitglieder nicht dominiert werden, vgl. § 8 Abs. 2. 3. Weitere Erfordernisse. Mit dem Wort „weitere“ wird in § 16 Abs. 2 letzter Satz 24 klargestellt, dass die für die besonderen Fälle dieses Absatzes vorgesehene 3/4-Mehrheit durch die Satzung noch verschärft werden kann. So kann die Satzung auch für diese Fälle z.B. 9/10-Mehrheit vorsehen oder wiederholte Beschlussfassung in verschiedenen GV oder festlegen, dass eine bestimmte Mitgliederzahl oder Bruchteile der Zahl der Gesamtmitglieder bei der Abstimmung anwesend sein muss. Falls Einstimmigkeit vorgesehen wird, sollte klargestellt werden, ob sich dies auf die abgegebenen Stimmen, die anwesenden Mitglieder oder auf alle Mitglieder bezieht. Für die Einführung besonderer Qualifikationen (Mehrheitsverhältnisse) für Satzungsänderungen genügt satzungsändernde Mehrheit. Die Klausel, dass bestimmte Regelungen der Satzung überhaupt nicht geändert werden können, bedarf der Zustimmung aller Mitglieder; neu beitretende Mitglieder sind dieser Klausel unterworfen.37 Für die Aufhebung einer zusätzlichen Qualifikation genügt auch grundsätzlich satzungsändernde Mehrheit, soweit die Satzung nicht ausdrücklich etwas anderes dafür bestimmt. Die Satzung kann z.B. aber bestimmen, dass die Änderung der besonderen Qualifikation auch nur wieder unter diesen gleichen Voraussetzungen (mit gleichen Mehrheiten) möglich ist. Bei eingeführter VV ist diese grundsätzlich für alle Beschlüsse zuständig; die Qualifikation „Zustimmung aller Mitglieder“ bedeutet dann „Zustimmung aller Vertreter“. Diese Rechtslage ist unbefriedigend, zumal wenn die Satzung z.B. die Auflösung einer eG an die Zustimmung aller Mitglieder binden wollte. Es erscheint richtig, der Gesamtheit der Mitglieder elementare Rechte, wie z.B. die Wiedereinführung der GV anstelle der VV (hierzu § 43a Rdn. 81 ff.), einzuräumen. III. 9/10-Mehrheit in besonderen Fällen (§ 16 Abs. 3) Durch Novelle 1973 wurde zugelassen, durch Satzung eine Verpflichtung zur Inan- 25 spruchnahme der Einrichtungen oder anderer Leistungen der eG oder die Leistung von Sachen oder Diensten an die eG zu regeln. Um die „Einführung“ oder „Erweiterung“ von Nebenleistungspflichten handelt es sich dann, wenn die Neuregelung in der Satzung zusätzliche Verpflichtungen oder Belastungen für die Mitglieder bedeutet. Entscheidend dabei ist allerdings nicht, dass sich auch der wirtschaftliche Wert der Leistungen erhöht. Vom Sinn der Regelung her ist Abs. 3 auch auf die Einführung sonstiger Nebenpflichten anzuwenden, soweit diese für die Mitglieder von vergleichbarer Bedeutung sind wie die Pflicht zur Inanspruchnahme der eG oder zur Leistung von Sachen und Diensten.38
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Umstr. wie hier Müller GenG § 16 Rdn. 9; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 5 m.w.N. Ebenso Müller GenG § 16 Rdn. 28.
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Abs. 3 regelt nur das Verfahren; ob ein derartiger Beschluss materiell zulässig ist, setzt sachliche Zweckmäßigkeit und wirtschaftliche Zumutbarkeit voraus, sonst ist der Beschluss anfechtbar (zur Duldungspflicht § 18 Rdn. 49 ff.; zur Treuepflicht § 18 Rdn. 37– 48).39 Wegen der Bedeutung solcher Bestimmungen für die einzelnen Mitglieder ist die besonders qualifizierte Mehrheit von 9/10 erforderlich; bis zur Einführung dieser Vorschrift wurde von der Rspr. die Zustimmung aller Mitglieder gefordert.40 Auch hierfür kann die Satzung zusätzliche Erschwerungen vorsehen, wie z.B. Einstimmigkeit. Mitglieder, die dem Beschluss widersprechen, werden durch ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 67a geschützt. Die bisherige Rechtsprechung zur Einführung solcher Nebenleistungspflichten41 ist durch die gesetzliche Regelung überholt. Grundlage der in Abs. 3 vorgesehenen Pflichten ist die gegenseitige gesellschaftliche 26 Treuepflicht; das Mitglied kann nicht nur Vorteile in Anspruch nehmen, ohne auch die Interessen des genossenschaftlichen Unternehmens zu beachten. Ein Mitglied kann sich zum Beispiel seiner Ablieferungspflicht nicht dadurch entziehen, dass es seinen Betrieb verpachtet. Dies wäre ein Verstoß gegen die Ablieferungspflicht; das Mitglied muss dafür Sorge tragen, dass der Pächter die Mitgliedschaft erwirbt und der Ablieferungspflicht nachkommt; andernfalls bleibt die Erfüllungspflicht des Mitglieds als Verpächter bestehen; gegebenenfalls Umwandlung in Schadensersatzansprüche. Diese können auch pauschaliert als Vereins- oder Vertragsstrafe gegeben sein, siehe auch § 7 Rdn. 24. In Absatz 3 wird mit dem Satz 2 einem berechtigten Anliegen der genossenschaftli27 chen Praxis entsprochen. Die finanziellen Verpflichtungen der Mitglieder, die ihre Grundlage im Mitgliedschaftsverhältnis haben, sind im GenG abschließend geregelt. Es handelt sich in erster Linie um die Pflicht zur Leistung von Einzahlungen auf den Geschäftsanteil und zur Übernahme einer Pflichtbeteiligung (§ 7 Nr. 1, § 7a Abs. 2). Durch die Satzung können zusätzliche Verpflichtungen nur begründet werden, soweit das Gesetz eine entsprechende Ermächtigung enthält (§ 18 Satz 2). In Rechtsprechung und Schrifttum war unter Rückgriff auf das allgemeine Vereinsrecht lediglich anerkannt, dass trotz bis 2006 fehlender gesetzlicher Regelung die Satzung die Zahlung von Eintrittsgeldern und von Vertragsstrafen vorsehen kann (§ 7 Rdn. 21 ff.). In der genossenschaftlichen Praxis hat sich seit längerem das Bedürfnis ergeben, der eG zu ermöglichen, besondere Einrichtungen oder andere Leistungen, die sie ihren Mitgliedern im Fördergeschäftsverkehr zur Verfügung stellt, nicht nur durch eine höhere Kapitalausstattung durch Einzahlungen auf die Geschäftsanteile, sondern auch durch laufende Beiträge ihrer Mitglieder zu finanzieren. Beispielhaft ist die Finanzierung einer Geschäftsstelle, einer Telefonzentrale bei einer Taxigenossenschaft sowie von Vorhaltekosten bei einer Krankenhausgenossenschaft zu nennen. Mit dem Absatz 3 Satz 2 wird den eG eine entsprechende Satzungsautonomie eingeräumt und gleichzeitig klargestellt, dass für die Erhebung von Beiträgen bei den Mitgliedern eine Ermächtigung in der Satzung erforderlich ist. Voraussetzung für deren Zulässigkeit ist, dass die zu vergütende Leistung der Fördergeschäftsbeziehung zwischen der eG und ihren Mitgliedern dient und allen Mitgliedern zugutekommt; dabei kann bereits die Bereitstellung einer Einrichtung eine Leistung der eG darstellen, die jedem Mitglied zufließt. Diese Beiträge dürfen nicht zur Deckung eines Verlustes eingefordert werden. Die Formulierung stellt klar, dass keine Gegenleistung der eG erforderlich ist, sondern auch die Mitglieder, die die Leistungen der eG nicht in Anspruch nehmen, zur Zahlung
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OLG München Urt. v. 10.10.2012, Az. 20 U 1063/12, nicht veröffentl. BGH NJW 1960, 1858, 1859 m.w.N. Z.B. BGH NJW 1960, 1858.
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der durch Satzung eingeführten laufenden Beträge verpflichtet sind.42 Hieraus folgt, dass diesen Leistungen kein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne zugrunde liegt, mithin keine Mehrwertsteuer anfällt. Da eine solche Beitragspflicht ein Weniger gegenüber den Verpflichtungen nach Satz 1 zum Abschluss von Förderrechtsgeschäften darstellt und sachlich eher den Zahlungsverpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 entspricht, erscheint das Erfordernis einer 3/4-Mehrheit für die Satzungsänderung ausreichend. Die jeweilige Höhe der zu zahlenden Beträge muss nicht in der Satzung festgelegt werden. Das Gesetz spricht nur davon, dass die Satzung die Zahlungsverpflichtung festlegen muss, d.h. der Anspruch ist dem Grunde, nicht aber der Höhe nach festzulegen.43 So kann die Satzung festlegen, dass und in welchem Rahmen Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats die konkrete Höhe des jeweiligen Beitrags bestimmen kann. Unbenommen bleibt das Recht des Vorstandes, bei entsprechender Geschäftslage auf den Abruf festgelegter Beiträge zu verzichten. Auch kann die Satzung die Beitragspflicht auf die Mitglieder beschränken, die die Leistungen der eG in Anspruch nehmen. Der bisherige Satz 2, wonach die Satzung weitere Erfordernisse aufstellen kann, gilt sowohl für Satz 1 als auch für den neuen Satz 2; wie in Absatz 2 Satz 2 wird klargestellt, dass auch größere Mehrheitserfordernisse bestimmt werden können. IV. Sonstige Satzungsänderungen, einfache satzungsändernde Mehrheit (§ 16 Abs. 4) Aus Abs. 4 folgt, dass grundsätzlich für Satzungsänderungen 3/4-Mehrheit erforder- 28 lich ist, dass aber die Satzung auch strengere oder weniger strenge Anforderungen stellen kann (Ausnahmen aber z.B. Abs. 2 und 3). Enthält die Satzung keine Regelung der Mehrheitsverhältnisse für Satzungsänderungen, ist die 3/4-Mehrheit erforderlich. Eine geringere als die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (z.B. Stimmengleichheit soll genügen) kann für Satzungsänderungen aber nicht vorgesehen werden. Dies folgt schon daraus, dass gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 und § 43 Abs. 2 für Beschlüsse der GV/VV stets mindestens einfache Mehrheit erforderlich ist. Die Satzung kann auch für einfache Satzungsänderungen grundsätzlich jede beliebige zusätzliche Verschärfung vorsehen, wie z.B. Einstimmigkeit, Teilnahme einer Mindestzahl von Mitgliedern usw. einstweilen frei 29 Im Gesellschaftsrecht gilt der Grundsatz, dass satzungsmäßige Erschwerungen für 30 Satzungsänderungen nur in der erschwerten Form beseitigt werden können.44 Sonderrechte unterliegen grundsätzlich nicht der Beschlussfassung durch die GV/VV (Näheres Erl. zu § 18).45 V. Eintragung ins Genossenschaftsregister 1. Das Verfahren (§ 16 Abs. 5). Die Anmeldung der Satzungsänderung erfolgt 31 durch den Vorstand (so viele Mitglieder des Vorstands wie durch Satzung zur gesetzlichen Vertretung bestimmt) elektronisch in öffentlich beglaubigter Form (§ 157). Die ge-
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42 BT-Drs. 16/1025 S. 84. 43 OLG München Urt. v. 10.10.2012, Az. 20 U 1063, 12, nicht veröffentl.; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 16 Rdn. 61; Beuthien GenG § 16 Rdn. 24; a.A. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 16 Rdn. 20. 44 A.A. LG Stuttgart ZfgG 1972, 297, wonach dieser Grundsatz nicht für eG gelten soll. Diese Begründung kann nicht überzeugen; s. krit. Anm. Kraft ZfgG 1972, 300; offen gelassen von BGH WM 2013, 37. 45 RGZ 140, 247.
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mäß Abs. 5 beizufügende Abschrift bedarf keiner Beglaubigung, § 8 GenRegV. Wird eine Neufassung der ganzen Satzung eingereicht, so braucht der Eintragungsantrag die Änderungen nicht einzeln zu bezeichnen.46 Soweit sich die Änderung auf Firma, und Sitz der eG, Unternehmensgegenstand, Mitglieder des Vorstands und deren Vertretungsbefugnis sowie Dauer der eG bezieht, muss (auch bei Neufassung der ganzen Satzung) zumindest eine schlagwortartige Angabe der Änderungen erfolgen, bei sonstigen Änderungen genügt ein Hinweis auf die beigefügte Versammlungsniederschrift.47 Durch BilMoG48 wurde Abs. 5 Satz 2 eingefügt, demgemäß jeweils die gesamte Satzung einzureichen ist. Mit dieser Ergänzung soll sichergestellt werden, dass stets der vollständige Wortlaut der Satzung in konsolidierter Fassung beim Genossenschaftsregister vorliegt und dort elektronisch abrufbar ist. Da das GenG eine § 54 Abs. 2 GmbH-Gesetz entsprechende Vorschrift nicht enthält, ist es gegenwärtig nicht immer möglich, den vollständigen Wortlaut der Satzung durch Abruf eines einzigen Dokuments zu erhalten. Da eine Änderung der Satzung bei eG nicht der notariellen Beurkundung bedarf, hat der Vorstand anstelle des Notars die Vollständigkeit und Richtigkeit des Wortlauts bei der Anmeldung zu bescheinigen. Die Bescheinigung hat sich, sofern eine komplette Neufassung der Satzung nicht beschlossen worden ist, übergangsweise auch auf die Übereinstimmung mit früheren Satzungsänderungen zu beziehen, bei denen eine Neufassung der gesamten Satzung nicht eingereicht worden ist. Die Vorlage des Protokollbuchs oder anderer Originalprotokolle kann regelmäßig nicht verlangt werden.49 Anmeldung der Satzungsänderung zum Gericht der Zweigniederlassung ist nicht mehr erforderlich (§ 14). Bei Satzungsänderungen – gleich welchen Umfangs – ist die Beifügung eines Verzeichnisses nach § 47 Abs. 3 nur dann erforderlich, wenn eine der dort genannten Änderungen beschlossen worden ist. 32 Im Beschluss kann für die Anmeldung zum Genossenschaftsregister auch ein späterer Termin bestimmt, die Anmeldung kann auch von einer Bedingung abhängig gemacht werden oder der Zeitpunkt in das Ermessen von Vorstand und Aufsichtsrat gestellt werden. Der Vorstand ist zur unverzüglichen Anmeldung verpflichtet, wenn die GV/VV nichts anderes beschließt oder wenn ausnahmsweise sonstige wichtige Gründe die Verzögerung der Anmeldung oder die Nichtanmeldung rechtfertigen (z.B. Wirksamkeitsmängel). Eine bedingte Satzungsänderung selbst ist nicht eintragungsfähig;50 es kann jedoch die Bestimmung eingetragen werden, dass die Satzungsänderung erst von einem bestimmten Zeitpunkt an wirksam sein soll.51 33 Kommt der Vorstand nach der Beschlussfassung der GV/VV zu der Überzeugung, dass die Satzungsänderung aus Rechtsgründen nicht eingetragen werden kann (z.B. wegen Verstoßes gegen geltendes Recht), kann die Verpflichtung zur Anmeldung entfallen; ggf. ist die GV erneut einzuberufen, um den Mangel zu beseitigen. Anfechtbarkeit allein berührt grundsätzlich nicht die Verpflichtung zur Anmeldung. Eine begründete und sicher zu erwartende Anfechtung kann aber unter Umständen eine Zurückstellung der Anmeldung rechtfertigen. Vor der Eintragung hat das Registergericht zu prüfen, ob die Anmeldung in der vor34 geschriebenen Form erfolgt und ob der Beschluss mit dem Gesetz und der Satzung ver-
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GWW 1980, S. 41 ff. OLG Nürnberg, NJW 2012, 1183; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 76 m.w.N. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) v. 25.5.2009, BGBl. I S. 1102. OLG Dresden BlfG 1936, 188. BayObLG JW 1933, 125; LG Frankenthal BlfG 1934, 27. BGHZ 20, 144, 147; Beuthien GenG § 16 Rdn. 32.
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einbar ist.52 Dagegen hat es nicht von sich aus zu prüfen, ob die Vorschriften über die Berufung und die Beschlussfassung beobachtet worden sind,53 und ob die erforderliche Mehrheit zustande gekommen ist.54 Das Kammergericht55 bejaht allerdings die Pflicht zur Prüfung der Beschlussfähigkeit.56 Es kann nicht Sache des Registergerichts sein, die Verletzung von Ordnungsvorschriften zu rügen; dafür räumt § 51 ein Anfechtungsrecht der Mitglieder ein. Falls die Satzung Zustimmung aller Mitglieder für Änderungen verlangt, muss diese aber auf Verlangen des Registergerichts nachgewiesen werden.57 Das Gericht darf unklare oder missverständliche Satzungsregelungen, die nur gesellschaftsinterne Bedeutung haben, nicht beanstanden; eine Zweckmäßigkeitskontrolle findet nicht statt.58 Erkennt das Gericht einen Mangel, der zur Nichtigkeit führt, muss es die Eintragung ablehnen.59 Im Zusammenhang mit der Eintragung einer Satzungsänderung kann das Registergericht den gesamten Satzungsinhalt prüfen; es können dabei auch früher eingetragene Regelungen beanstandet werden.60 Nach Ablauf der Anfechtungsfrist muss ein anfechtbarer Beschluss eingetragen 35 werden, wenn Anfechtungsklage nicht erhoben ist.61 Innerhalb der Anfechtungsfrist wird es von den Umständen des Einzelfalls abhängen, ob der Registerrichter dem Eintragungsantrag stattzugeben hat oder nicht. Die Anfechtbarkeit von Beschlüssen hat auf die Eintragung keine Wirkung, insbesondere hat sie keinen Suspensiveffekt. Gegen eine Zurückweisung des Eintragungsantrags soll dem Vorstand – nicht der 36 eG! – ein Beschwerderecht zustehen. Dies wird damit begründet, dass die Verpflichtung zur Anmeldung ausdrücklich dem Vorstand auferlegt ist – § 16 Abs. 5 i.V.m. § 11 Abs. 1 (näher hierzu § 157 Rdn. 3).62 Bei Satzungsänderungen wirkt die Eintragung konstitutiv, in diesem Fall meldet die eG an.63 Die dem KWG unterliegenden eG (Kreditgenossenschaften) haben gemäß § 24 KWG 37 Satzungsänderungen wie die Änderung der Firma, Kapitalveränderungen, die in öffentliche Register eingetragen werden müssen, Sitzverlegung, Errichtung, Verlegung oder Schließung einer Zweigstelle, Aufnahme oder Einstellung des Betreibens von Geschäften, die nicht Bankgeschäfte sind, der BaFin und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen Diese Fälle werden bei eG im Wesentlichen durch die Satzung geregelt. Kapitalveränderungen, die durch Beitritt oder Ausscheiden von Mitgliedern entstehen, sind aber nicht anzeigepflichtig; WohnGen mit Spareinrichtung (oben § 1 Rdn. 67) unterliegen seit dem 1.1.1995 dem KWG. Ein Verstoß gegen diese Anmeldepflichten, die dem Vorstand obliegen, berührt nicht die Rechtswirksamkeit eingetragener Satzungsänderungen.64
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52 RGZ 140, 180. 53 KGJ 14, 43; 41, 153. 54 LG Torgau BlfG 1931, 580. 55 JW 1935, 715. 56 Zu weitgehend auch Müller GenG § 16 Rdn. 38. 57 RGZ 76, 170; OLG Rspr. 32, 129. 58 BayObLG DB 1985, 964 = WM 1986, 672; OLG Köln Rpfleger 1981, 405 = WM 1981, 1263. 59 RGZ 140, 180 f.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 81; Beuthien GenG § 16 Rdn. 34. 60 BayObLG WM 1979, 115; GWW 1980, 41; vgl. BayObLGZ 1975, 435, 438; OLG Düsseldorf Rpfleger 1978, 253 = DNotZ 1978, 564; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 83; einschränkend Beuthien GenG § 16 Rdn. 34. 61 KG BlfG 1917, 8. 62 BayObLG Beschl. v. 3.7.1986, ZfgG 1990, 68 mit Anm. Brehm. 63 BGHZ 105, 327 f. = NJW 1989, 295 – GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 Rdn. 91. 64 Ebenso Müller GenG § 16 Rdn. 35.
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2. Wirkung der Eintragung (§ 16 Abs. 6). Gemäß § 16 Abs. 6 erlangt eine Satzungsänderung erst mit der Eintragung ins Genossenschaftsregister rechtliche Wirkung. Voraussetzung ist, dass ein gültiger Beschluss der GV/VV vorliegt. Mängel des Beschlusses werden durch die Eintragung allein nicht geheilt.65 Dennoch können Eintragungen ohne gültige Beschlüsse bestimmte Wirkungen haben, wie z.B. Haftung der Mitglieder nach Eintragung der Anteilserhöhung,66 jedoch nicht, wenn überhaupt kein Beschluss vorliegt;67 in diesem Fall hat Löschung schon nach § 398 FamFG zu erfolgen.68 Sonst Löschung nach § 23 GenRegV; nach § 398 FamFG nur, wenn der Inhalt des Beschlusses zwingende Normen verletzt und gerade seine Beseitigung durch das öffentliche Interesse geboten ist. Eine Satzungsänderung dahin, dass die eG Bankgeschäfte aufnehmen will, ist erst eintragungsfähig, wenn die erforderliche Genehmigung der Bankaufsichtsbehörde nachgewiesen ist.69 Sonstige Regelungen, die als Bestandteil der Satzung deklariert werden (z.B. eine „Milchlieferungsordnung“) bedürfen der Eintragung im Genossenschaftsregister.70 Vor der Eintragung im Register hat der Beschluss auch im Innenverhältnis zwi39 schen Mitgliedern und eG keine rechtliche Wirkung.71 Dies gilt auch für Satzungsänderungen, deren Inhalt auch außerhalb der Satzung durch einfachen Beschluss der GV/VV hätte festgelegt werden können.72 Satzungsänderungen haben keine rückwirkende Kraft, da sie erst mit der Eintragung im Register rechtswirksam sind; dies gilt auch für die Beziehungen zwischen der eG und ihren Mitgliedern.73 Auch die GV/VV kann dem Beschluss keine rückwirkende Kraft verleihen; es sei denn die Satzungsregelung hat keine Außenwirkung, beeinträchtigt insbesondere nicht die Gläubigerrechte.74 Die Verlängerung der Kündigungsfrist betrifft nicht mehr solche Mitglieder, die vor Eintragung des Beschlusses in das Register gekündigt haben.75 Wird der Wahlmodus für Vorstandsmitglieder geändert, so bedarf es keiner Neuwahl 40 für die im Amt befindlichen Vorstandsmitglieder; das geänderte Verfahren kann erst mit Eintragung angewendet werden. Werden Satzungsbestimmungen über die zeitliche Dauer eines Organamts geändert, so gilt die Neuregelung von der Eintragung der Satzungsänderung an, und zwar auch für Organmitglieder, bei denen zuvor andere Regelungen gegolten haben. Organmitglieder haben grundsätzlich keinen Anspruch darauf, eine bestimmte Zeit im Amt zu bleiben. Für den Vorstand folgt dies aus § 24 Abs. 3 Satz 2, für den Aufsichtsrat aus § 36 Abs. 3. Das Amt erlischt, wenn vorher keine ordnungsmäßige Beendigung auf andere Weise herbeigeführt wird, nach Ablauf der in der Satzung bestimmten Frist von selbst.76 Eine Satzungsänderung findet ihre Wirksamkeitsgrenze aber dort, wo bereits schutzwürdige persönliche Rechtspositionen gegeben sind, z.B. vertragliche Gehaltsansprüche. Für diese – wie z.B. für dienstvertragliche Vereinbarungen – gelten die allgemeinen gesetzlichen Regelungen, z.B. der Beendigung durch Kündigung. Ein die Haftsumme herabsetzender Beschluss hat vor der Eintragung keine Wirkung.77 Durch
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65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77
RG JW 1931, 2982; RGZ 140, 178. RGZ 85, 314; 120, 37. RGZ 125, 150 = BlfG 1929, 710. KG DJZ 1929, 108 = BlfG 1929, 25. OLG München JFG 17, 53 = BlfG 1938, 295. LG Essen ZfgG 1955, 239. BGHZ 20, 144; OLG Nürnberg ZfgG 1960, 350. LG Essen RdL 1950, 113; Müller GenG § 16 Rdn. 46. BGHZ 20, 144. Beuthien GenG § 16 Rdn. 38. Paulick S. 184. LG Berlin GWW 1956, 431. OLG Düsseldorf NJW 1950, 826.
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Satzungsänderung neu eingeführte oder geänderte Ausschlussgründe sind nur anwendbar, wenn der Tatbestand nach der Eintragung erfüllt wurde.78 Durch Satzungsänderung können – im Rahmen der Duldungspflicht (s. § 18 Rdn. 45) – 41 neue Pflichten für die Mitglieder mit Wirkung für die Zukunft eingeführt werden. Eine andere Auffassung hätte zur Folge, dass die Entwicklung der eG blockiert wäre. Es können auch neue Ausschließungstatbestände definiert werden, die mit Eintragung der Satzungsänderung verbindlich sind. Diese können auch zum Inhalt haben, dass bei Fehlen neu festgelegter Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft ein Ausschließungsgrund gegeben ist. Hierbei ist aber auf die berechtigten Interessen der betroffenen Mitglieder die gebotene Rücksicht zu nehmen; die Gründe müssen sachlich gerechtfertigt und dürfen nicht willkürlich sein.79 Zu veröffentlichen ist nicht jede Satzungsänderung, sondern nur, soweit sie die in 42 § 12 Abs. 2 genannten Punkte betrifft (s. Erl. zu § 12 Rdn. 3 ff.). Gem. § 156 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 10 HGB erfolgen Veröffentlichungen in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem (vgl. Erl. zu § 12 Rdn. 2). 3. Kosten. Durch VO vom 30. September 200480 wurden Eintragungen im Genossen- 43 schaftsregister kostenpflichtig. Der Gesetzgeber sah aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit der eG keine Veranlassung mehr, die nicht mehr zeitgemäße Kostenfreiheit beizubehalten.81 Die Eintragung führt zu Gebühren in Höhe von 110 Euro.82 VI. Fehlerhafte Satzungsänderungen Die Frage der Rechtswirksamkeit der Satzung sowie deren Auslegung ist nach den 44 für Willenserklärungen und Verträge bestehenden Vorschriften zu beurteilen (s. Erl. zu § 5). Für die Anfechtbarkeit der satzungsändernden Beschlüsse gilt die Sonderregelung von § 51 (s. Erl. dort). Für die Nichtigkeit von Beschlüssen enthält das GenG keine Regelungen; die §§ 241 ff. AktG sind nach herrschender Meinung entsprechend anzuwenden.83 Soweit sich aus diesen Gründen keine Nichtigkeitsfolge ergibt, führen Mängel bei der Satzungsänderung nur zur Anfechtbarkeit (Näheres Erl. zu § 51). Wenn das Registergericht im Rahmen seiner Prüfung feststellt, dass Beschlüsse über 45 die Satzungsänderungen unwirksam sind, ist die Eintragung abzulehnen. Ist der Mangel heilbar, hat das Gericht durch Zwischenverfügung eine Frist zur Beseitigung des Mangels zu setzen. Stellt das Registergericht Anfechtbarkeit fest, so ist jedenfalls die Eintragung vorzunehmen, wenn die Anfechtungsfrist abgelaufen ist, ohne dass Klage erhoben wurde.84 Nach § 11 Abs. 1 RpflG i.V.m. §§ 58 ff. FamFG ist gegen die Eintragung bzw. die Ablehnung der Rechtsbehelf der Beschwerde gegeben. Wenn der Rechtspfleger ihr nicht abhilft, legt er sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor (§ 68 Abs. 1 FamFG). Zuständig für die Entscheidung ist das Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG). Unwirksame Satzungsänderungen können gemäß § 398 FamFG von Amts wegen 46 gelöscht werden, wenn der Inhalt gegen zwingende Gesetzesvorschriften verstößt und
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78 Müller GenG § 16 Rdn. 46. 79 Korte/Schaffland GenG S. 49. 80 Handelsregistergebührenverordnung-HregGebV vom 30.9.2004, BGBl. I, 2562 f. 81 BR-Drs. 580/04. 82 Handelsregistergebührenverordnung-HregGebV vom 6.10.2004, BGBl. I, Geb. Verz. Nr. 3500. 83 BGH BB 1978, 629 = DB 1978, 978 m. zust. Anm. Schaffland DB 1978, 1266 = WM 1978, 423. 84 LG Wuppertal ZfgG 1965, 297 m. Anm. Pleyer; einschränkend KG BlfG 1917, 7; Müller GenG § 16 Rdn. 41.
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§ 16 | 1. Abschnitt. Errichtung der Genossenschaft
die Löschung im öffentlichen Interesse liegt. Das Interesse der Gläubiger der eG oder auch der Genossenschaftsmitglieder dürfte stets das öffentliche Interesse begründen.85 Löschung von Amts wegen auch, wenn die Satzungsänderung gem. § 138 BGB gegen die guten Sitten verstößt.86 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) 47
Gemäß Art. 61 Abs. 4 SCE-VO ist eine GV, die über eine Satzungsänderung beschließen soll, nur dann beschlussfähig, wenn die anwesenden bzw. vertretenen Mitglieder bei der ersten Einberufung mindestens die Hälfte der Gesamtzahl der zum Zeitpunkt der Einberufung eingetragenen Mitglieder ausmachen. Bei der zweiten Einberufung mit derselben Tagesordnung ist keine Beschlussfähigkeitsvoraussetzung zu beachten. Der Beschluss selbst ist mit einer Mehrheit von 2/3 der gültig abgegebenen Stimmen zu fassen. Hinsichtlich der Mehrstimmrechte und der Stimmrechte investierender Mitglieder gelten der eG vergleichbare Regelungen, §§ 29, 30 SCEAG.
neue rechte Seite!!!!
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Vgl. RG JW 1935, 921; RGZ 119, 97. RGZ 131, 141.
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Juristische Person; Formkaufmann | § 17
ZWEITER ABSCHNITT Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
§ 17 Juristische Person; Formkaufmann § 17 Juristische Person; Formkaufmann Holthaus/Lehnhoff (1) Die eingetragene Genossenschaft als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. (2) Genossenschaften gelten als Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches.
I. II. III.
Übersicht Rechtsfähigkeit der Genossenschaft | 1 Haftung der eG für Organe und andere Personen | 2–4 Strafrechtliche Verantwortlichkeit der eG | 5
IV. V. VI. VII.
Parteifähigkeit der eG | 6 Kaufmannseigenschaft der eG | 7 Kammer für Handelssachen | 7a Europäische Genossenschaft (SCE) | 8
I. Rechtsfähigkeit der Genossenschaft Die eG ist eine juristische Person. Sie ist rechtsfähig ab Eintragung im Genossen- 1 schaftsregister; damit kann sie Trägerin eigener Rechte und Pflichten sein, soweit diese nicht nur natürlichen Personen zustehen können. Sie kann z.B. Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken und beweglichen Sachen erwerben; sie ist parteifähig i.S.d. § 50 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu unten Rdn. 6), aktiv und passiv wechselfähig; sie ist aktiv scheckfähig, passiv scheckfähig jedoch nur dann, wenn sie Kreditinstitut i.S.d. § 1 Abs. 1 KWG ist (vgl. Art. 3, 54 ScheckG); sie kann als Testamentsvollstreckerin eingesetzt und zur Nachlassverwalterin sowie zur Nachlasspflegerin bestellt werden;1 sie kann Erbe sein; sie kann Liquidator, nicht jedoch Insolvenzverwalter und nicht Prozessbevollmächtigter nach § 79 ZPO2 sein, auch nicht Vormund (§§ 1773 ff. BGB) oder Betreuer (§§ 1869 ff. BGB); sie kann Mitglied einer anderen eG und Gesellschafterin einer oHG oder KG sein; sie kann sich an einer AG oder GmbH beteiligen. Sie kann, da sie keine natürliche Person ist, nicht Urheberin im Sinne des UrhG sein und auch nicht Erfinderin i.S.d. PatG, jedoch Rechtsinhaberin gewerblicher Schutzrechte (Patent-, Marken-, Gebrauchs-, Geschmacksmusterrechte). Sie ist im Rahmen des Art. 19 Abs. 3 GG Grundrechtsträgerin; es gelten insb. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1, 10, 12 Abs. 1, 13, 14 Abs. 1, 17, 19 Abs. 4 GG. Im Rahmen des Förderauftrags hat sie das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Insoweit verfügt sie auch über eine zivil- und strafrechtlich geschützte Ehre. Es gelten §§ 823 Abs. 2 BGB, 185 ff. StGB.3 Die Rechtsfähigkeit erlischt nicht mit der Auflösung sondern erst mit Beendigung der Liquidation (sog. Vollbeendigung; Erl. zu § 87 u. § 93 Rdn. 1), im Fall der Vermögenslosigkeit mit Löschung der eG im Genossenschaftsregister (Erl. zu § 81a).
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Vgl. Müller GenG § 17 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 17 Rdn. 5 ff. Zöller/Vollkommer ZPO § 79 Rdn. 6–9; a.A. Beuthien GenG § 17 Rdn. 2. Beuthien GenG § 17 Rdn. 1.
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§ 17 | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
II. Haftung der eG für Organe und andere Personen Nach § 31 BGB – der auch für eG gilt4 – haftet die eG für den Schaden, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer durch das GenG (z.B. § 24 Abs. 1 S. 2, § 39 u. § 89) oder die Satzung berufener Vertreter (ein besonderer Vertreter nach § 30 BGB) durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.5 § 31 BGB ist keine haftungsbegründende, sondern eine haftungsverweisende Vorschrift.6 Begeht das Vorstandsmitglied der eG bei rechtsgeschäftlicher Betätigung innerhalb 3 des allgemeinen Rahmens seines Wirkungskreises eine unerlaubte Handlung, so wird die Verantwortlichkeit der eG nicht dadurch ausgeschlossen, dass für sie eine Gesamtvertretung besteht. Der Schutzzweck der Gesamtvertretung wird durch eine deliktische Einstandspflicht der eG auch dann nicht vereitelt, wenn die unerlaubte Handlung in der Vortäuschung rechtlicher Verbindlichkeit einer von dem Vorstandsmitglied allein abgegebenen Willenserklärung besteht.7 Allerdings eröffnet ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten ggf. eine Schadensteilung (§ 254 BGB). Haftet das Vorstandsmitglied bloß als Vertreter ohne Vertretungsmacht dem Dritten allein nach § 179 BGB, führt dies nicht entsprechend § 31 BGB auch zu einer Haftung der eG. Gleiches gilt bei Pflichtverletzungen bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo), wenn die Pflichtverletzung allein im Handeln ohne (oder insoweit ohne) Vertretungsmacht steht.8 Keine Haftung nach § 31 BGB für Zweigstellenleiter.9 4 Für Handlungen von Prokuristen, Bevollmächtigten, Angestellten, Gehilfen die nicht zu dem in § 31 BGB umschriebenen Personenkreis gehören, haftet die eG nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 278, 831 BGB.10 Haftungsbeschränkungen sind also möglich. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist ein Haftungsausschluss jedoch nur für normale Fahrlässigkeit zulässig, nicht für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz, vgl. gesetzliche Wertung in § 309 Nr. 7 BGB.11 2
III. Strafrechtliche Verantwortlichkeit der eG 5
Strafrechtlich ist die eG grundsätzlich mangels Schuldfähigkeit nicht verantwortlich,12 sondern nur die handelnden Personen. Jedoch können gegen die eG über die Zurechnungsnormen nach §§ 30, 130 OWiG Geldbußen verhängt werden wegen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten ihrer Vorstandsmitglieder, die diese dadurch begangen ha-
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4 BGH BB 1959, 57. 5 BGHZ 1998, 148; BGH NJW 1959, 379; BGH ZfgG 1960, 50 m. krit. Anm. Schnorr von Carolsfeld; BGH GW 1960, 23; OLG Köln GW 1964, 395; Paulick S. 227. 6 BGH NJW 1987, 1193. 7 BGHZ 98, 148 = WM 1986, 1104 m. Anm. Aepfelbach WuB II D. § 25 GenG 1.87 = NJW 1986, 941 = DB 1986, 2275 = BB 1986, 1944 = ZIP 1986, 1179 = ZfgG 1988, 287 m. Anm. Hadding. 8 Hadding ZfgG 1988, 294. 9 A.A. OLG Nürnberg WuB II D § 30 BGB 1.88 m. Anm. Aepfelbach, das einen Zweigstellenleiter wegen seiner Vertretungsbefugnisse nach außen einem verfassungsmäßig berufenen besonderen Vertreter im Sinne der §§ 30, 31 BGB gleichsetzte; würde diese Entscheidung konsequent fortgeführt, müsste sie für alle Mitarbeiter der Bank mit Vertretungsbefugnis gelten, was nicht im Einklang mit dem in §§ 30, 31 BGB angesprochenen Personenkreis stehen würde. 10 Vgl. Müller GenG § 17 Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 17 Rdn. 16; Paulick S. 227. 11 Gilt auch im Verkehr zwischen Unternehmern, vgl. Palandt/Grüneberg § 309 Rdn. 55. 12 Vgl. Tröndle/Fischer StGB, Vor § 1 Rdn. 34 sowie Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen zu einem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen Verbänden mit Anmerkungen Holthaus in PerspektivePraxis des DGRV 4/2014 S. 4.
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Juristische Person; Formkaufmann | § 17
ben, dass sie Pflichten, die die eG treffen, verletzt haben, oder durch die die eG bereichert worden ist oder bereichert werden sollte. Für Kreditgenossenschaften gilt dies nach § 59 KWG auch dann, wenn die Straftat oder Ordnungswidrigkeit durch einen Geschäftsleiter begangen wurde, der nicht Vorstandsmitglied ist. Im Übrigen können Geldbußen im Rahmen des GWB und des WiStG gegen die eG festgesetzt werden. IV. Parteifähigkeit der eG Die eG ist grundsätzlich in jedem Verfahren parteifähig. Sie kann also vor Gericht 6 klagen und verklagt werden.13 In einem Verfahren wird die eG grundsätzlich gem. § 24 Abs. 1 durch den Vorstand vertreten; im Liquidationsstadium durch den/die Liquidator/en. Eine Ersatzzustellung an den Aufsichtsrat im Geschäftslokal der eG ist nicht zulässig.14 Hat die eG keinen Vorstand (Führungslosigkeit) wird sie für den Fall, dass ihr ggü. Willenserklärungen abzugeben sind, durch den Aufsichtsrat vertreten (§ 24 Abs. 1 S. 2). Bei Rechtsstreitigkeiten zwischen der eG und Vorstandsmitgliedern ist gem. § 39 Abs. 1 der Aufsichtsrat ermächtigt, die eG zu vertreten. In Prozessen gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wird die eG gem. § 39 Abs. 3 durch Bevollmächtigte vertreten, welche in der GV gewählt werden. V. Kaufmannseigenschaft der eG Die eG ist gem. § 17 Abs. 2 Formkaufmann. Auf sie finden die Regelungen des 7 HGB über Kaufleute auch dann Anwendung, wenn sie kein Handelsgewerbe betreibt.15 Insbesondere gelten: – die Vorschriften der §§ 17 ff. HGB über die Firma, soweit nicht in § 3 eine besondere Regelung getroffen ist, – die Vorschriften der §§ 48 ff. HGB über die Prokura und die Handlungsvollmacht, soweit nicht § 42 Abweichendes regelt, – die Vorschriften der §§ 238 ff. HGB über die Führung von Handelsbüchern unter Berücksichtigung des § 33 GenG, – die allgemeinen Vorschriften und Auslegungsregeln der §§ 343 bis 372 HGB, die Vorschriften über das Kontokorrentverhältnis der §§ 355 ff. HGB, – die Vorschriften über den Handelskauf der §§ 373 bis 381 HGB, – die Vorschrift des § 350 HGB über die Formfreiheit einer Bürgschaft, eines Schuldversprechens und eines Schuldanerkenntnisses, – die Vorschriften des §§ 352 f. HGB über kaufmännische Zinsen, – die Vorschrift des § 362 HGB über die Folgen des Schweigens eines Kaufmanns auf Anträge, – die Vorschrift des kaufmännischen Pfandrechts nach § 368 HGB, – die Vorschriften der §§ 366 f. HGB über den gutgläubigen Erwerb von beweglichen Sachen und gewisser Wertpapiere. Für Kaufleute geltende Vorschriften anderer Gesetze als des HGB werden durch § 17 Abs. 2 auf die eG nur anwendbar, wenn sich die betreffenden Vorschriften gerade auf den Kaufmann i.S.d. HGB beziehen. Die Unternehmereigenschaft einer WohnGen bei Abschluss eines Gasversorgungsvertrages, folgt bereits aus ihrer Rechtsform als eG (§ 17
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Beuthien GenG § 17 Rdn. 2 m.w.N. OLG Nürnberg DB 1982, 166. Vgl. BGH CuR 2014, S. 135.
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§ 18 | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
Abs. 2) mit der Folge, dass die dass die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB greift. Dass diese Gaslieferungen für ihre Genossenschaftswohnungen bezieht und die Kosten „1 : 1“ an die Wohnungsmieter weitergibt, ist dabei unerheblich.16 Ob und wann auch die (noch) nicht eingetragene eG Kaufmann ist, beurteilt sich nach § 1 HGB.17 VI. Kammer für Handelssachen 7a
Gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 GVG ist eine Klage, die bei der Zivilkammer des Landgerichts anhängig ist, auf Antrag des Beklagten an die Kammer für Handelssachen zu verweisen, wenn eine Handelssache i.S.d. § 95 GVG vorliegt, vgl. auch § 24 Rdn. 13. VI. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Art. 1 Abs. 5 SCE-VO regelt die Rechtsfähigkeit der SCE; als juristische Person kann sie – ebenso wie die eG – Träger von Rechten und Pflichten sein. Eine SCE mit Sitz in Deutschland führt eine Firma und ist Formkaufmann, die obigen Ausführungen zur eG gelten entsprechend. Zur Firma: vgl. § 5 Abs. 4 SCE-VO und oben § 3 Rdn. 23.
§ 18 Rechtsverhältnis zwischen Genossenschaft und Mitgliedern § 18 Rechtsverhältnis zwischen Genossenschaft und Mitgliedern Das Rechtsverhältnis der Genossenschaft und ihrer Mitglieder richtet sich zunächst nach der Satzung. Diese darf von den Bestimmungen dieses Gesetzes nur insoweit abweichen, als dies ausdrücklich für zulässig erklärt ist.
I. II.
III.
Übersicht Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen der eG und den Mitgliedern | 1–5 Rechte der Mitglieder | 6–39 1. Organschaftsrechte | 6–10 2. Vermögensrechte | 11–15 3. Recht auf Gleichbehandlung | 16–25 4. Sonderrechte | 26–29 Pflichten der Mitglieder | 30–53 1. Leistungs-, Bezugs- und sonstige Pflichten | 30–34a
Geldleistungspflichten | 35–36 Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht | 37 4. Besonderheiten der genossenschaftlichen Treuepflicht | 38–48 5. Genossenschaftliche Duldungspflicht | 49–53 Europäische Genossenschaft (SCE) | 54 2. 3.
IV.
I. Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen der eG und den Mitgliedern 1
Die Mitgliedschaft in einer eG ist ein personenrechtliches1 Rechtsverhältnis und als solches Grundlage der Rechte und Pflichten zwischen dem einzelnen Mitglied und der eG. Sie begründet keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern. Die Mitgliedschaft ist kein subjektives Recht, sie kann somit nicht unter dem Gesichtspunkt von § 242 BGB verwirkt werden.2 Der Verwirkung können nur die aus der
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BGH CuR 2014, S. 135. Beuthien GenG § 17 Rdn. 4. Kritisch Beuthien AG 2002, 266, 272. BGH NJW 1995, 33; vgl. auch Beuthien GenG § 18 Rdn. 7; s. auch Vor § 65 Rdn. 4.
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Mitgliedschaft folgenden Rechte unterliegen. Die Mitgliedschaft als solche kann nicht übertragen und nicht gepfändet oder verpfändet werden. Übertragbar sind nur einzelne aus der Mitgliedschaft folgende Vermögensrechte, wie z.B. der Anspruch auf Gewinn oder auf das Auseinandersetzungsguthaben (§ 73) und kraft besonderer Regelung in § 76 das Geschäftsguthaben. Auch für den Übergang der Mitgliedschaft im Todesfall enthält das Gesetz in § 77 eine Sonderregelung. Die Mitgliedschaftsrechte sind grundsätzlich persönlich auszuüben, soweit nicht das Gesetz eine Vertretung gestattet, wie z.B. bei der Stimmabgabe in § 43 Abs. 4 und 5. Die Satzung ist das Grundgesetz der eG. Ihre Regelungen binden auch die GV/VV. 2 Die Wirkung der Satzung geht somit weiter, als die Bindungswirkung von einfachen Beschlüssen der GV/VV, die grundsätzlich durch neue Beschlüsse aufgehoben werden können. Auch ein qualifizierter Beschluss, der z.B. mit einer satzungsändernden Mehrheit gefasst wird, kann die Satzung nicht außer Kraft setzten, solange nicht die Satzung selbst geändert und durch Eintragung im Genossenschaftsregister wirksam geworden ist (vgl. § 16 Abs. 6). Das Rechtsverhältnis zwischen der eG und den Mitgliedern richtet sich zunächst 3 nach der Satzung (Grundsatz der Satzungsautonomie). Gleichwohl kommt der Satzung nur eine subsidiäre Bedeutung zu. Sie kann das Rechtsverhältnis zwischen der eG und ihren Mitgliedern nur insoweit regeln (z.B. Eintrittsgelder, Vertragsstrafen usw.), als das GenG selbst keine zwingende Regelung enthält oder eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelung ausdrücklich zulässt (Vorrang des Gesetzes, § 18 S. 2 GenG).3 Das GenG ist somit weitgehend „zwingendes Recht“. Rechtspolitisch begründet wird dies mit dem besonderen Schutzinteresse der Mitglieder: Während der Gesetzgeber ursprünglich davon ausging, dass die Mitglieder der eG wegen fehlender Erfahrungen in unternehmerischen und rechtlichen Fragen eines besonderen Schutzes bedürfen, haben sich die eG heute durchweg zu größeren Unternehmenseinheiten mit hohen Mitgliederzahlen entwickelt, die es dem einzelnen Mitglied kaum mehr möglich machen, die Vorgänge im Unternehmen zu durchschauen und zu beurteilen. Das Gesetz legt daher zwingend den rechtlichen Rahmen fest, um die Interessen der Mitglieder abzusichern; das Gesetz enthält die erforderlichen Bestimmungen zum Schutz der Förderinteressen der Gesamtheit der Mitglieder gegenüber Außenstehenden, gegenüber Einzelinteressen anderer Mitglieder, einflussreichen Gruppeninteressen und schließlich auch gegenüber der Unternehmensleitung. Die Satzungsautonomie, d.h. die Freiheit der Mitglieder, die Organisation der eG selbst zu bestimmen, ist weitgehend dem Vorrang des Gesetzes gewichen. Diese Satzungsstrenge steht wiederum im Konflikt mit dem Grundsatz der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 I GG). Der Gesetzgeber hat sowohl eine Typenvielfalt von Vereinigungsformen zur Verfügung zu stellen, als auch bei deren Ausgestaltung die Selbstbestimmung der Gesellschafter weitestgehend zu wahren. 4 Soweit der Gesetzesrahmen zwingend ist, muss er geeignet, erforderlich und angemessen sein,5 notfalls ist durch teleologische Reduktion ein Widerspruch zu lösen.6 Auf dieser Basis wird die Praxis jedoch nicht in der Lage sein, notwendige, aber an der Grenze des Gesetzesvorbehalts des § 18 S. 2 stehende weitergehende Satzungsregelungen zu treffen, dafür fehlt die notwendige Rechtssicherheit als Entscheidungsbasis. Der enge Rahmen, den § 18 S. 2 den eG lässt, sollte de lege ferenda überdacht werden, um die Attraktivität der Rechtform durch eine flexible An-
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3 Vgl. Beuthien GenG § 18 Rdn. 1; Müller GenG § 18 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 1; Paulick S. 104. 4 BerfGE 50, 290 ff., NJW 2001, 2617. 5 Beuthien GenG § 18 Rdn. 4. 6 BVerfG NJW 1973, 1226.
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passung der Satzungsregeln an technische und wirtschaftliche Entwicklungen zu ermöglichen. Der Freiraum für Satzungsregelungen ist darüber hinaus in allen Fällen begrenzt durch die anerkannten genossenschaftsrechtlichen und genossenschaftlichen Grundsätze, wie Selbstverwaltung und Gleichbehandlung der Mitglieder. So wäre es z.B. ungeachtet § 24 Abs. 2 Satz 2 problematisch, durch Satzungsbestimmung die Bestellung von Vorstandsmitgliedern einem Dritten zu überlassen; es sei denn, zu diesem Dritten bestünden besondere Beziehungen. Dies wäre dann kein intolerabler Eingriff in den Grundsatz der genossenschaftlichen Selbstverwaltung, wenn z.B. die Mitglieder zugleich Mitglieder des „Dritten“ wären, der das Bestimmungsrecht hält. Die Satzung kann auch nicht bestimmen, dass nur bestimmte Mitglieder Förderansprüche haben (Verbot der „Selektion“). Zwar ist im Grundsatz davon auszugehen, dass die eG als körperschaftlich strukturierte Rechtsform weitgehend durch zwingendes Recht geprägt ist. Dies schließt nicht aus, dass im Einzelfall der Regelungsbereich der Normen des GenG zu prüfen ist. Im GenG nicht ausdrücklich vorgesehene Regelungen können daher zulässig sein, wenn sie der besonderen Interessenlage des konkreten Falles gerecht werden, wie dies z.B. der BGH für die Einführung einer Beitragspflicht in der Satzung festgestellt hat.7 Überzeugend ist insoweit auch nicht die Ansicht, dass die abschließende Regelung der Kündigungsgründe in §§ 65 ff. zugleich weitere Beendigungsgründe der Mitgliedschaft (neben dem Ausschluss § 68) ausschließt (vgl. Vor § 65 Rdn. 2). Die abschließende Regelung des GenG bezieht sich nur auf die Kündigung und den Ausschluss, das Gesetz schweigt aber zu anderen die Mitgliedschaft beendenden Satzungsregelungen.8 Ebenso schließt die Bezeichnung „investierendes Mitglied“ nicht aus, dass diesem Mitglied aufgrund der besonderen Art der Mitgliedschaft das Stimmrecht durch Satzungsregelung genommen werden kann (vgl. § 8 Rdn. 16). Auch können Regelungen ohne gesetzliche oder satzungsmäßige Ermächtigung getroffen werden, wenn es sich um regelfreie Räume handelt oder dies vom Selbstorganisationsrecht eines jeden Organs gedeckt ist, z.B. die Einsetzung von Ausschüssen durch den Aufsichtsrat (§ 38 Rdn. 41, s. auch § 24 Rdn. 48). 4 Satzungsmäßige Abweichungen von den Vorschriften des GenG lässt das Gesetz ausdrücklich zu in: – § 16 Abs. 2 bis 4 (größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bei satzungsändernden Beschlüssen), – § 19 Abs. 2 (Verteilung von Gewinn und Verlust), – § 20 (Ausschluss der Gewinnverteilung, Einstellung in Rücklagen), – § 21a Abs. 1 (Verzinsung der Geschäftsguthaben, Ausnahme von § 21), – § 24 Abs. 2 (Zahl und Art der Bestellung der Vorstandsmitglieder), – § 25 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 (Ausgestaltung der gesetzlichen Vertretung), – § 27 Abs. 1 (Beschränkungen der Leitungsbefugnis des Vorstands), – § 36 Abs. 1 S. 1 (Zahl der Aufsichtsratsmitglieder), – § 38 Abs. 3 (weitere Aufgaben des Aufsichtsrats), – § 39 Abs. 1 S. 3 (Prozessführung gegenüber Vorstand), – § 39 Abs. 2 S. 1 (Regelungen hinsichtlich der Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder), – § 43 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 und 5 (Mehrheitserfordernisse bei Beschlussfassungen der GV, Gewährung von Mehrstimmrechten, Regelungen hinsichtlich der Stimmvollmacht), – § 43a Abs. 1 S. 1 (VV bei mehr als 1.500 Mitgliedern) – § 43a Abs. 1 S. 2 (Zuweisung Beschlüsse an GV bei bestehender VV)
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BGHZ 103, 219 ff. Schulte in Festschrift für Schaffland, S. 103 ff.; so ab 15. Aufl. Beuthien GenG § 65 Rdn. 1.
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§ 44 Abs. 1 (Einberufung der GV), § 45 Abs. 1 und 2 (Rechte der Minderheit), § 46 Abs. 1 und 2 (Form der Einberufung der GV), § 65 Abs. 2 (Festsetzung der Kündigungsfrist), § 68 Abs. 1 S. 1 (Festsetzung von Ausschließungsgründen), § 73 Abs. 2 und 3 (Beteiligung ausgeschiedener Mitglieder am Verlust und an den Ergebnisrücklagen), § 73 Abs. 4 (Voraussetzungen, Modalitäten und Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens), § 76 Abs. 1 Satz 2 (Ausschluss oder Erschwerung der Übertragung des Geschäftsguthabens), § 77 Abs. 2 (Fortsetzung der Mitgliedschaft durch den/die Erben), § 78 Abs. 1 S. 2 (Mehrheitserfordernisse für die Auflösung der eG), § 79a Abs. 1 (Mehrheitserfordernisse für die Fortsetzung der aufgelösten eG), § 83 Abs. 1 (Bestimmung der Liquidatoren), § 85 Abs. 1 (Ausgestaltung der Vertretungsbefugnis der Liquidatoren), § 87a Abs. 2 und 3 (Einzahlungen auf die Geschäftsanteile bei Überschuldung im Liquidationsstadium und Erfordernisse an Beschlüsse), § 91 Abs. 3 (Vermögensverteilung nach Auflösung der eG), § 92 (Verwendung des unverteilbaren Vermögens), § 93 (Verwahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten eG), § 84 S. 2 UmwG (Mehrheitserfordernisse für den Verschmelzungsbeschluss), § 105 Abs. 1 und 2 (Nachschusspflicht der Mitglieder in der Insolvenz der eG), § 119 (Bestimmung der Haftsumme), § 121 (Bestimmung der Haftsumme bei mehreren Geschäftsanteilen).
Für das Rechtsverhältnis zwischen der eG und ihren Mitgliedern sind – neben den 5 Bestimmungen in der Satzung und den Vorschriften im GenG – noch die folgenden – von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten – Grundsätze als spezielle Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) maßgebend: – der Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder durch die eG, – der Grundsatz der genossenschaftlichen Treuepflicht der Mitglieder gegenüber der eG und der eG gegenüber den Mitgliedern, – der Grundsatz der genossenschaftlichen Duldungspflicht der Mitglieder. Eine ehemals gemeinnützige WohnGen bleibt im Innenverhältnis bis zur Änderung ihrer Satzung (§ 16) an die dort verankerten gemeinnützigkeitsrechtlichen Beschränkungen gebunden. Die Aufgabe der gemeinnützigen Zweckbindung ändert nicht den Gegenstand des Unternehmens. Entscheidet sich die eG nach Aufhebung des WGG, ihren Förderauftrag nach den traditionellen Grundsätzen gem. Verhaltens im Wohnungswesen zu verwirklichen, so bleibt es ihr überlassen, die näheren Bestimmungen darüber in der Satzung zu treffen. Die Satzung einer Vermietungsgenossenschaft braucht nicht auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG begünstigten Geschäfte beschränkt zu werden (siehe oben § 1 Rdn. 64). Zur Problematik der Anforderungen an die Satzung einer „eigentumsorientierten eG“ (siehe oben § 1 Rdn. 66). II. Rechte der Mitglieder 1. Organschaftsrechte. Die Mitglieder haben das Recht, an der Gestaltung der GV 6 mitzuwirken. Dieses Recht beinhaltet das Recht auf Teilnahme an der GV, das Recht zur 225
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Stellung von Anträgen zur Tagesordnung oder zur Geschäftsordnung, das Recht auf Abgabe von Meinungsäußerungen zu den Punkten der Tagesordnung, das Recht auf Teilnahme an den Abstimmungen und Wahlen der GV (vgl. Erl. zu § 43). Das Recht auf Mitwirkung an der Gestaltung der GV entfällt grundsätzlich nur dann, wenn der Vorstand den Ausschlussbeschluss an das Mitglied abgesandt hat (vgl. § 68 Abs. 2 S. 2) oder wenn die VV an die Stelle der GV getreten ist.9 Wenn die VV an die Stelle der GV tritt, haben die Mitglieder statt des bisherigen Rechts auf Mitwirkung an der Gestaltung der GV nunmehr das Recht, an der Wahl zur VV teilzunehmen, § 43a Abs. 3. Die Mitglieder, die natürliche Personen und unbeschränkt geschäftsfähig sind, haben nach dem Genossenschaftsrecht grundsätzlich auch das passive Wahlrecht für alle Organe (Vorstand, Aufsichtsrat, VV) der eG. Damit ist klargestellt, dass die Mitglieder, die juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften sind, dieses passive Wahlrecht nicht haben. Das passive Wahlrecht für den Vorstand und für den Aufsichtsrat kann weiterhin durch die Satzung eingeschränkt werden.10 So kann die Satzung z.B. bestimmen, dass nur derjenige in den Vorstand oder in den Aufsichtsrat gewählt werden kann, der ein bestimmtes Mindestalter erreicht hat oder während einer bestimmten Dauer Mitglied der eG ist11 oder eine bestimmte berufliche Ausbildung hat. Das passive Wahlrecht für die VV kann durch eine Satzungsbestimmung außer für investierende Mitglieder – nicht eingeschränkt werden, weil die Wählbarkeit zum Vertreter zwingend in § 43a festgelegt ist.12 Die Mitglieder haben das Recht, nach Maßgabe des § 45 die Einberufung der GV sowie die Ankündigung bestimmter Gegenstände zur Beschlussfassung in der GV zu verlangen (vgl. Erl. zu § 45). Die Rechte der Mitglieder nach Maßgabe des § 45 bleiben auch dann erhalten, wenn an die Stelle der GV die VV tritt. Die Mitglieder haben weiterhin das Recht, einen Beschluss der GV nach Maßgabe des § 51 anzufechten (vgl. Erl. zu § 51). Sie haben ferner das Recht, nach Maßgabe von § 83 Abs. 3, 4 die Ernennung oder Abberufung von Liquidatoren durch das Registergericht zu verlangen (vgl. Erl. zu § 83). Die Mitglieder haben grundsätzlich das Recht, sich umfassend über die Angelegenheiten der eG zu informieren. § 46 Abs. 1 S. 3 verpflichtet die eG die Tagesordnung der VV durch Veröffentlichung in den bestimmten Blättern bekanntzumachen oder im Internet zu veröffentlichen bzw. den Mitgliedern zuzusenden. In § 47 Abs. 4 wird ihnen ausdrücklich das Recht auf Einsichtnahme in die Niederschrift der GV und VV (vgl. Erl. zu § 47), in § 48 Abs. 2 auf Einsichtnahme in den Jahresabschluss eingeräumt (vgl. Erl. zu § 48). Gem. § 59 Abs. 1 S. 2 haben sie das Recht auf Einsichtnahme in das zusammengefasste Prüfungsergebnis. § 31 Abs. 1 gibt den Mitgliedern das Recht, die bei der eG geführte Mitgliederliste beliebig einzusehen; Dritte müssen dazu ein berechtigtes Interesse darlegen. Die Mitglieder haben auch das Recht, von der eG eine Abschrift/Ablichtung der sie betreffenden Eintragungen aus der Liste der Mitglieder (§ 30) und gegebenenfalls der Liste der Vertreter (§ 43a) gegen Erstattung der notwendigerweise entstehenden Kosten zu verlangen, wenn die Mitglieder einen ihr Verlangen rechtfertigenden Anlass haben
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9 Vgl. auch die Erl. zu §§ 43, 43a und im Zusammenhang mit den gesamten vorstehenden Ausführungen: Müller GenG § 18 Rdn. 25, der im Übrigen unzutreffend der Meinung ist, dass das Recht auf Mitwirkung an der Gestaltung der GV nur durch die Einführung der VV entzogen werden kann; er übersieht also den Fall des § 68 Abs. 2 (früher geregelt in § 68 Abs. 4). 10 Vgl. hinsichtlich des Vorstands: Beuthien GenG § 24 Rdn. 7; Müller GenG § 18 Rdn. 26; und hinsichtlich des Aufsichtsrats: Müller GenG § 18 Rdn. 26. 11 Vgl. die näheren Erl. zu § 24 (Vorstand) und zu § 36 (Aufsichtsrat); Beuthien GenG § 24 Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 6, die dies ausdrücklich jedoch nur hinsichtlich der Wählbarkeit zum Vorstandsmitglied sagen. 12 Wie hier jetzt auch Müller GenG § 18 Rdn. 26 a.E.
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(z.B. die Absicht, ein Recht nach Maßgabe des § 45 auszuüben, oder die Absicht, an die Vertreter Anregungen heranzutragen) und es der eG bei zumutbarem Aufwand möglich ist, die jeweils erbetene Liste zu erstellen. Ob und inwieweit den Mitgliedern ein allgemeines Auskunftsrecht über die Angelegenheiten der eG zusteht, ist im GenG selbst nicht geregelt. Angesichts der personalistischen Struktur der eG und unter Berücksichtigung der Bedeutung, die der Person des Mitglieds zukommt, ist jedoch ein Auskunftsrecht der Mitglieder jedenfalls in dem Umfang anzuerkennen, in dem nach § 131 AktG die Aktionäre ein Auskunftsrecht haben.13 Danach kann jedenfalls ein Mitglied in der GV Auskunft über die Angelegenheit der eG verlangen, in jedem Fall dann, wenn und soweit diese zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist. Der Vorstand darf die Auskunft jedoch z.B. verweigern, soweit ihre Erteilung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der eG einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen (§ 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG). Unter diesem Gesichtspunkt hat z.B. der Vorstand einer Kreditgenossenschaft ein Auskunftsverweigerungsrecht hinsichtlich der Bildung und insbesondere der Auflösung stiller Reserven.14 Der Vorstand darf die Auskunft weiterhin z.B. verweigern, wenn er sich durch die Erteilung der Auskunft strafbar machen (§ 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AktG) oder soweit er eine gesetzliche (z.B. BDSG), satzungsmäßige oder vertragliche Geheimhaltungspflicht (z.B. das Bankgeheimnis) verletzen würde, wenn die Verlesung von Schriftstücken nach Meinung der Teilnehmer zu einer unzumutbaren Verlängerung der GV führen würde,15 soweit das Auskunftsverlangen die geschäftlichen Verhältnisse eines Mitglieds oder dessen Einkommen betrifft.16 Wegen weitergehender Fragen zum Auskunftsrecht der Mitglieder vgl. die Erl. zu § 43. 2. Vermögensrechte. Die Mitglieder haben das Recht, die Einrichtungen und den 11 Geschäftsbetrieb der eG in Anspruch zu nehmen.17 Korrespondierend hierzu können die Mitglieder durch die Satzung verpflichtet werden, die finanziellen Beiträge für die Aufrechterhaltung des Förderbetriebs sicherzustellen (vgl. Rdn. 35). Da der Zweck der eG, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder zu fördern, nur durch Benutzung der genossenschaftlichen Einrichtungen verwirklicht werden kann, kann deren Inanspruchnahme durch die Satzung der eG nicht ausgeschlossen werden. Die Satzung kann nur Art und Umfang der Benutzung der genossenschaftlichen Einrichtungen regeln.18 In den Rechtsbeziehungen zwischen der eG und den Mitgliedern ist zwischen dem 12 gesellschaftsrechtlichen Bereich und dem Kundenbereich zu unterscheiden. Während der gesellschaftsrechtliche Bereich vor allem seine Grundlage in der Satzung hat, gelten für den Kundenbereich die Leistungs- und Lieferverträge, regelmäßig zusammengefasst in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Letztlich kann aber nicht entscheidend sein, wo die Regelungen enthalten sind; maßgeblich muss vielmehr bleiben, ob es sich inhaltlich um den gesellschaftlichen oder um den Kundenbereich – z.B. eine Lieferbeziehung – handelt. Sowenig es zulässig sein kann, der Satzung zugehörende Teile verbindlich z.B. in Geschäftsbedingungen zu regeln, und sie somit der GV/VV zu entziehen, genauso wenig können Vereinbarungen aus dem Kundenbereich Satzungscharakter allein dadurch erhalten, dass sie in die Satzung aufgenommen werden. Daher nicht überzeugend
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13 Vgl. in diesem Zusammenhang: Beuthien GenG § 43 Rdn. 18; Paulick S. 190, 244; zum Umfang Gräser/ Metz/Werhahn S. 68 ff. 14 Vgl. im Einzelnen: OLG Frankfurt DB 1981, 1036 ff. 15 Vgl. OLG Hamburg BB 1968, 1096. 16 Vgl. im Zusammenhang mit den vorstehenden Möglichkeiten der Auskunftsverweigerung auch: Gräser/Metz/Werhahn S. 69 f. 17 Vgl. Erl. zu § 1; Müller GenG § 18 Rdn. 29; Paulick S. 190 f.; einschränkend Beuthien GenG § 18 Rdn. 10. 18 Vgl. Paulick S. 190.
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OLG Karlsruhe,19 wonach in der Satzung enthaltene Zahlungspflichten (aus dem Kundenbereich) nur durch Satzungsänderung erweitert werden können.20 Die Gestaltungsbeschränkungen der AGB gelten für die Regelungen der Kundenbeziehung, finden im gesellschaftsrechtlichen Rahmen aber keine Anwendung (§ 305 BGB). Auch Rechtsverhältnisse, die besondere Leistungs- und Benutzungspflichten der Mitglieder zum Gegenstand haben, unterliegen dann nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB, wenn sie unmittelbar auf der Satzung beruhen, mitgliedschaftsrechtlicher Natur und der Verwirklichung des Förderzwecks der eG zu dienen bestimmt sind.21 Die Mitglieder haben das Recht, sich bis zur Höhe der übernommenen Geschäftsan13 teile finanziell an der eG zu beteiligen.22 Dies bedeutet, dass die Mitglieder das Recht haben, übernommene Geschäftsanteile einzuzahlen; auch die Satzung kann nichts anderes bestimmen. Dies folgt aus dem Wesen der Beteiligung und auch daraus, dass ansonsten ein Recht der Mitglieder gemäß § 73 Abs. 3 verhindert werden könnte. Aus § 19 Abs. 1 ergibt sich das grundsätzliche Recht der Mitglieder auf Beteiligung 14 am Gewinn der eG. Die Satzung kann jedoch bestimmen, dass der Gewinn nicht verteilt, sondern den Rücklagen zugeschrieben wird (vgl. § 20). Im Übrigen erhalten die Mitglieder aber erst dann ein einklagbares Recht auf Zuteilung des auf sie entfallenden Anteils am Gewinn der eG, wenn die GV/VV den Gewinnverteilungsbeschluss nach § 48 Abs. 1 gefasst hat.23 Die Mitglieder haben das Recht, nach ihrem Ausscheiden aus der eG die Auszah15 lung des Auseinandersetzungsguthabens nach Maßgabe des § 73 zu verlangen (vgl. dazu und wegen etwaiger Rechte der Mitglieder nach § 73 Abs. 3 die Erl. zu § 73). Dies gilt entsprechend auch im Fall der Kündigung eines Geschäftsanteils gemäß § 67b.24 Bei Auflösung der eG haben die Mitglieder das Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös nach Maßgabe des § 91. Dieses Recht kann jedoch durch die Satzung ausgeschlossen oder abweichend vom Gesetz, das eine Verteilung nach Köpfen vorsieht (§ 91 Abs. 2), geregelt werden (§ 91 Abs. 3). 16
3. Recht auf Gleichbehandlung. Das Recht der Mitglieder auf Gleichbehandlung durch die eG bedeutet zunächst einmal, dass alle Mitglieder von der eG die Gewährung gleicher Rechte und die Auferlegung lediglich gleicher Pflichten verlangen können.25 Der genossenschaftliche Gleichbehandlungsgrundsatz hat seine Grundlage im Wesen der eG als Fördergemeinschaft der Mitglieder und in der gegenseitigen Treuepflicht.26 Nichtmitglieder haben keinen Anspruch auf Gleichbehandlung, grundsätzlich auch nicht unter Gesichtspunkten des GWB.27 Eine Elektrizitätsgenossenschaft ist z.B. nicht verpflichtet, aus Gründen der Gleichbehandlung eine Rückvergütung auch an Nichtmitglieder zu
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19 ZfgG 1996, 222. 20 Kritische Anm. dazu Hadding ZfgG 1996, 223 ff. 21 BGH DB 1988, 1265 = BB 1988, 1273 = NJW 1988, 1728 = ZfgG 1989, 136 m. Anm. Junker. 22 Beuthien GenG § 18 Rdn. 10; Müller GenG § 18 Rdn. 30; Geist S. 14. 23 Beuthien GenG § 18 Rdn. 10 § 19 Anm. 1; Müller GenG § 18 Rdn. 32, § 19 Rdn. 9; Paulick S. 192; vgl. im Übrigen die Erl. zu den §§ 19, 48. 24 Vgl. Geist S. 15. 25 Großfeld/Aldejohann Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Genossenschaftsrecht, BB 1987, 2377; Müller GenG § 18 Rdn. 34; Paulick ZfgG 1962, 70; Beuthien Wohnungsgenossenschaften zwischen Tradition und Zukunft, S. 6, 16, 19–22, 26. 26 Feuerborn Die statuarische Mitgliederbindung aus genossenschaftsrechtlicher Sicht; Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht; Hampel Der Gleichbehandlungsgrundsatz im deutschen Genossenschaftsrecht. 27 LG Köln Urt. v. 28.9.1983, Az. 4 O 27/83.
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gewähren.28 Das Gebot der Gleichbehandlung schützt jedoch die Hinterbliebenen des verstorbenen Mitglieds einer WohnGen, die gem. § 563a BGB in das Nutzungsverhältnis einer dem Verstorbenen überlassenen Genossenschaftswohnung eintreten und die Zulassung des Beitritts zur eG beantragen. Auch der Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes unterliegt Anpassungszwängen. Während im ursprünglichen System der „Einheitspreise“ die leistungsstarken Mitglieder durch zusätzliche Umsätze und damit geringere Kosten die leistungsschwachen gefördert haben, muss im Wettbewerb die Gleichbehandlung neu interpretiert werden im Sinne eines Systems der „Leistungspreise“; unterschiedliche Umsätze und damit Stückkosten müssen berücksichtigt werden.29 Das Recht der Mitglieder auf Gleichbehandlung durch die eG besteht absolut hin- 17 sichtlich der Höhe des Geschäftsanteils (§ 7), einer satzungsmäßig festgelegten Höchstzahl der freiwillig übernehmbaren Geschäftsanteile (§ 7a), der Höhe der Haftsumme (§ 6), des Rechtes zur Kündigung der Mitgliedschaft gemäß § 65 Abs. 1, des Rechtes zur Kündigung freiwillig übernommener Geschäftsanteile (§ 67b), der Frist für die Kündigung der Mitgliedschaft und der Frist für die Kündigung freiwillig übernommener Geschäftsanteile.30 Müller31 nimmt im Übrigen an, dass das Recht der Mitglieder auf Gleichbehandlung durch die eG auch nach der Novelle 1973 noch absolut beim Stimmrecht in der GV/VV gegeben sei. Diese Auffassung trifft angesichts der nunmehr bestehenden Möglichkeit, durch eine entsprechende Satzungsbestimmung Mehrstimmrechte zu gewähren (§ 43 Abs. 3), nicht mehr zu.32 Das Recht der Mitglieder auf Gleichbehandlung durch die eG besteht im Übrigen nur 18 im Sinne eines Rechts auf relative Gleichbehandlung. Dies bedeutet, dass jedes Mitglied bei gleichen Voraussetzungen das Recht auf Gewährung gleicher Rechte und auf Auferlegung lediglich gleicher Pflichten hat, und dass bei ungleichen Voraussetzungen eine sachlich angemessene Differenzierung der Rechte und Pflichten der Mitglieder gerechtfertigt ist; Ungleiches wird nach seiner Eigenart behandelt.33 Das Gleichbehandlungsgebot erfordert keine exakte mathematische Gleichbehandlung aller Mitglieder, es räumt vielmehr einen Ermessensspielraum ein, der seine Schranken im Ermessensmissbrauch findet.34 Das Recht der Mitglieder auf relative Gleichbehandlung durch die eG besteht einmal hinsichtlich der Beziehungen, die sich zwischen der eG und den Mitgliedern aus der Mitgliedschaft ergeben, und weiterhin auch hinsichtlich der Rechte und Pflichten, die sich für die einzelnen Mitglieder aus der Inanspruchnahme der genossenschaftlichen Einrichtungen, also im Kundenverhältnis, ergeben.35 Lässt etwa der Vorstand die freiwillige Übernahme von z.B. 10 Geschäftsanteilen ganz allgemein zu, hat ein Mitglied, das sich nunmehr entsprechend beteiligen möchte, das Recht, mit dieser weite-
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28 OLG Köln Urtl. v. 22.5.1984, Az. 9 U 262/83, ZfgG 1989, 217. 29 Jäger Der Genossenschaftsbegriff in Politik und Wirtschaft, ZfgG 1991, 2 ff., 15; Münkner Strukturfragen der deutschen Genossenschaften, Teil II, Veröffentlichungen der DG-Bank, Bd. 17. 30 Zum gen. Gleichbehandlungsgebot vgl. Beuthien GenG § 18 Rdn. 60 f.; Paulick S. 193; Liebhart S. 112/113; Paulick ZfgG 1962, 70. 31 Müller GenG § 18 Rdn. 34. 32 Vgl. auch die Anm. v. Riebandt-Korfmacher und Höffken zu dem Urteil des LG Hamburg v. 27.6.1980 in GWW 1980, 547, 548. 33 BGH Lindenmaier/Möhring BGB, § 39 Nr. 2; RGZ 135, 58; BGH NJW 1960, 2142; OLG Hamburg WuW 1977, 647; Müller GenG § 18 Rdn. 34; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 4; Paulick S. 193; ders. ZfgG 1962, 69 f., in Anm. zu BGH NJW 1960, 2142; LG Hamburg GWW 1980, 547 m. zust. Anm. RiebandtKorfmacher/Höffken; Siegel ZfgG 1969, 129; Anm. Westermann zu BGH ZfgG 1971, 299 f. 34 LG Kassel Urt. v. 12.7.1973, GW Bay. 1974, 119 = ZfgG 1975, 1156. 35 BGH NJW 1960, 2142 f.; BGH ZMR 1966, 372 f.; BGH ZfgG 1971, 297, 299 m. Anm. Westermann; Paulick ZfgG 1962, 69, 71; Siegel ZfgG 1969, 128 f.; BGH ZfgG 1971, 299 f.
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ren Beteiligung gleichermaßen zugelassen zu werden, soweit nicht neue Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen. Besonderheiten, die unterschiedliche Voraussetzungen bedeuten, sind auch hierbei 19 unter dem Gesichtspunkt der relativen Gleichbehandlung zu berücksichtigen, so z.B. bei der Übernahme von Geschäftsanteilen im Rahmen des 4. und 5. Vermögensbildungsgesetzes.36 Der Vorstand der eG ist jedoch nicht daran gehindert, in Zukunft allgemein z.B. eine niedrigere Anzahl von Geschäftsanteilen zuzulassen. Dagegen verstößt bei WohnGen eine unterschiedliche Pflichtbeteiligung/Staffelbeteiligung für Alt- und Neumitglieder nach dem Zeitpunkt des Beitritts oder der Zuteilung von Wohn- oder Gewerberaum gegen die gebotene Gleichbehandlung. Ein Mitglied hat weiterhin das Recht, in der eG zu verbleiben, also nicht gem. § 68 aus der eG ausgeschlossen zu werden, wenn andere Mitglieder bei gleichen oder vergleichbaren Handlungen oder Unterlassungen nicht ausgeschlossen wurden.37 Eine unterschiedliche Behandlung im Sinne der „relativen Gleichbehandlung“ 20 darf aber nicht willkürlich, sie muss – auch bei der Gestaltung der Konditionen – stets sachlich gerechtfertigt sein.38 Die genossenschaftliche Rückvergütung (vgl. Erl. zu § 19) progressiv zu staffeln, ist zulässig, wenn sie sich nach der Höhe der Warenbezüge richtet.39 In der Satzung kann auch festgelegt werden, dass die noch im Erwerbsleben stehenden Mitglieder eine genossenschaftliche Rückvergütung und die nicht mehr im Erwerbsleben stehenden Mitglieder, die mit der eG Umsätze nicht mehr tätigen, eine Dividende erhalten. Unterschiedliche Dividende ist möglich; die Satzung kann z.B. bestimmen, dass nur Gründungsmitglieder eine Dividende erhalten; dies kann im Hinblick auf die Kapitalaufbringung und das besondere Gründungsrisiko gerechtfertigt sein. Auch in der Kundenbeziehung ist die eG an den Grundsatz der – relativen – Gleich21 behandlung gebunden. Es ist zulässig, dass den Mitgliedern je nach der Menge der abgelieferten oder gekauften Waren unterschiedliche Preise gewährt oder berechnet werden; dies ist gerechtfertigt, weil der eG beim Umsatz der kleineren Warenmengen relativ höhere Betriebskosten erwachsen als bei der Annahme oder Lieferung größerer Partien. Unterschiedliche Kreditkonditionen sind z.B. je nach der Qualität der Kreditsicherheiten oder je nach der Bonität der jeweiligen Kreditschuldner zulässig. Sonderkonditionen an Mitarbeiter der eG, die gleichzeitig Mitglieder der eG sind, sind zulässig, weil Anknüpfungspunkt für solche Sonderkonditionen nicht das Mitgliedschaftsverhältnis ist, sondern das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebende Fürsorgestellung des Arbeitgebers.40 Demgegenüber hält es der BGH für unzulässig, Mitgliedern, die ihre Mitgliedschaft gekündigt haben, ungünstigere Lieferkonditionen zu geben.41 Prämien, die an zurückliegende Umsätze mit dem Mitglied anknüpfen, jedoch auf Fortsetzung der Lieferbeziehung in der Zukunft bezogen sind, sind keine Rückvergütungen, sondern Förderprämien, von
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36 5. VermBG neugefasst durch Bek. v. 4.3.1994, BGBl. I 406, zuletzt geändert durch Art. 5 G. v. 18.12.2013 I 4318. 37 BGH BB 1970, 1153 = NJW 1970, 1917 = WM 1970, 1026 = ZfgG, 1971, 297 m. Anm. Westermann. 38 LG Stuttgart, BB 1964, 190. 39 Müller GenG § 18 Rdn. 34; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 32, die jedoch zutreffend darauf hinweisen, dass einer derartigen Staffelung steuerliche Gründe entgegenstehen, weil Voraussetzung für die steuerliche Abzugsfähigkeit der genossenschaftlichen Rückvergütung die Zugrundelegung eines einheitlichen Prozentsatzes für alle Mitglieder ist; Paulick S. 193. 40 Zu unterschiedlichen Bedingungen für die Überlassung einer Genossenschaftswohnung LG Hamburg GWW 1980, 547; oben § 1 Rdn. 79 ff. 41 BGH ZfgG 1984, 156 m. zu Recht krit. Anm. Schultz S. 157.
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deren Bezug die eG ausgeschiedene Mitglieder ausschließen kann, ohne gegen die Gleichbehandlung zu verstoßen.42 Das Recht der Mitglieder auf Gleichbehandlung durch die eG bindet alle Organe (Vor- 22 stand, Aufsichtsrat, GV/VV der eG.43 Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt als genossenschaftliches Prinzip auch für Regelungen in der Satzung. Entgegen der bisher wohl herrschenden Meinung 44 muss unter Anerkennung unverzichtbarer genossenschaftlicher Grundsätze auch für die Gründungssatzung Gleichbehandlung der Mitglieder gefordert werden.45 Eine Verletzung des Rechts der Mitglieder auf relative Gleichbehandlung durch die eG ist z.B. gegeben, wenn die eG Mitgliedern, die Organmitglieder (Vorstandsmitglieder, Aufsichtsratsmitglieder, Vertreter) sind, allein wegen ihrer Organstellung Sonderkonditionen etwa beim Einkauf oder bei Kreditgewährungen einräumt. Eine Verletzung des Rechts der Mitglieder auf relative Gleichbehandlung durch die eG liegt dagegen z.B. nicht vor, wenn der Geschäftsanteil und die Haftsumme erhöht, gleichzeitig jeweils zwei Geschäftsanteile zu einem Geschäftsanteil zusammengelegt werden und die Mitglieder, die in diesem Zeitpunkt eine ungerade Anzahl von Geschäftsanteilen haben, Nachzahlungen leisten müssen, um auf volle Geschäftsanteile zu kommen.46 Denn die hier gegebene ungleiche finanzielle Belastung der einzelnen Mitglieder ergibt sich aus der im hier interessierenden Zeitpunkt bestehenden unterschiedlichen Beteiligung der Mitglieder an der eG. Die unterschiedliche Auswirkung der Erhöhung und Zusammenlegung beruht also auf einem sachlichen Kriterium. Nach § 51 ist ein Beschluss der GV/VV anfechtbar, der das Recht der Mitglieder auf 23 relative Gleichbehandlung durch die eG verletzt.47 Vor der – aufgrund einer solchen Anfechtung erfolgenden – Nichtigkeitserklärung des Beschlusses kann die in ihm enthaltene Verletzung des Rechtes der Mitglieder auf relative Gleichbehandlung durch die eG von niemandem geltend gemacht werden. Wird der Beschluss mit Erfolg angefochten, so ist er auch für diejenigen nicht verbindlich, die ihm zugestimmt haben.48 Bei einem Beschluss oder sonstigen Rechtsakt des Vorstands oder des Aufsichtsrats, der das Recht der Mitglieder auf relative Gleichbehandlung durch die eG verletzt, kommt einmal die Unwirksamkeit der jeweiligen Maßnahme,49 zum anderen aber auch in Betracht, die benachteiligten Mitglieder so zu stellen, wie die bevorzugten Mitglieder gestellt worden sind. Die Verletzung des Rechts der Mitglieder auf relative Gleichbehandlung durch die 24 eG berechtigt die eG grundsätzlich, den bevorzugten Mitgliedern die eingeräumten Vorteile wieder zu entziehen. Ist es allerdings unbillig oder z.B. im Hinblick auf die §§ 814, 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, den bevorzugten Mitgliedern den gegenwärtigen Vorteil wieder zu nehmen, so können die benachteiligten Mitglieder einen Anspruch darauf haben, dieselben Vorteile wie die bevorzugten Mitglieder zu erhalten.50 Auf diese Weise
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42 LG Augsburg ZfgG 1982, 62 m. Anm. Schultz. 43 Müller GenG § 18 Rdn. 35; Paulick ZfgG 1962, 69, 72; Siegel ZfgG 1969, 130, 134; BGH GWW 1982, 532 betr. gespaltenen Dividendensatz bei einer AG. 44 RGZ 62, 303; Paulick § 18 I 2e. 45 Beuthien GenG § 18 Rdn. 60. 46 LG Stuttgart ZfgG 1964, 501 m. im Ergebnis zust. Anm. Schnorr von Carolsfeld. 47 RGZ 118, 67; BGH NJW 1960, 2142, 2143; Anm. Paulick ZfgG 1962, 69, 72; krit. Bauer GenossenschaftsHandbuch § 18 Rdn. 6. 48 RGZ 90, 403; Paulick zu dem Urt. d. BGH v. 11.7.1960, ZfgG 1962, 69, 72. 49 BGH NJW 1960, 2142, 2143; LG Weiden und AG Tirschenreuth ZfgG 1968, 103 m. Anm. Schnorr von Carolsfeld; Anm. Westermann zu dem Urteil des BGH v. 6./7.7.1970, ZfgG 1971, 299, 300. 50 BGH NJW 1991, 550; vgl. BGH NJW 1960, 2142, 2143; BGH WM 1972, 931 im Zusammenhang mit den Gesellschaftern einer GmbH.
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kann die eG unter Umständen in die Lage kommen, die Ungleichbehandlung aus ihren eigenen Mitteln neutralisieren zu müssen. Dies kann sich wegen der wirtschaftlichen Lage der eG oder auch deshalb verbieten, weil sonst wieder andere Mitglieder benachteiligt werden müssten. In diesem Falle51 kann es geboten sein, den nur einzelnen Mitgliedern gewährten Vorteil unter diesen und den benachteiligten Mitgliedern aufzuteilen. Eine derartige Aufteilung ist aber jedenfalls dann nicht möglich, wenn der Vorteil den bevorzugten Mitgliedern aus Billigkeitsgründen oder z.B. im Hinblick auf die §§ 814, 818 Abs. 3 BGB auch nicht teilweise wieder entzogen werden kann.52 Es kann vielmehr nur aufgrund der im Einzelfall vorgenommenen Interessenwertung und unter Berücksichtigung der gegenseitigen Treuepflicht entschieden werden, ob es den benachteiligten Mitgliedern zugemutet werden kann, die Folgen der Ungleichbehandlung ganz oder teilweise hinzunehmen. 25 Von dem Recht der Mitglieder auf absolute Gleichbehandlung durch die eG kann auch mit Zustimmung der betroffenen Mitglieder nicht abgewichen werden.53 Verzicht auf relative Gleichbehandlung durch das betroffene Mitglied ist möglich, soweit nicht das Gesetz zwingend Gleichbehandlung verlangt.54 Ob Unterzeichnung der Gründungssatzung Zustimmung zur Ungleichbehandlung bedeutet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Entsprechendes gilt für die Frage, ob Mitglieder durch ihren Beitritt einer in der Satzung festgelegten Ungleichbehandlung zustimmen. Soweit Ungleichbehandlung durch die Satzung überhaupt erlaubt ist, muss im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass die Beitrittserklärung Zustimmung zur gültigen Satzung bedeutet.55 Ungleiche Behandlung kann schließlich auch durch eine nachträgliche Satzungsänderung festgelegt werden, wenn alle davon betroffenen Mitglieder zustimmen. Ein solcher Verzicht gilt dann – soweit zulässig – auch für die Mitglieder, die der eG nach der die Ungleichbehandlung enthaltenden Satzungsänderung beigetreten sind. 4. Sonderrechte. Im GenG findet sich der Begriff „Sonderrechte“ nicht. Der Begriff „Sonderrechte“ wird jedoch in § 35 BGB angesprochen. Die Vorschrift findet auch Anwendung auf eG.56 Sonderrechte sind durch die Satzung gewährte, aus der Mitgliedschaft abgeleitete und grundsätzlich ohne Zustimmung der betroffenen Mitglieder unentziehbare Vorzugsrechte, durch die einzelne Mitglieder oder einzelne Gruppen von Mitgliedern in zulässiger Ausnahme von dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder vor den anderen Mitgliedern bevorrechtigt sind (hierzu auch Rdn. 45).57 Als Sonderrecht kann z.B. in Frage kommen: die Zuerkennung der Mitgliedschaft im Vorstand für eine bestimmte Dauer oder auf Lebenszeit58 oder das Recht, Vorstandsmitglieder zu bestellen.59 27 Keine Sonderrechte sind z.B. die folgenden – weil allen Mitgliedern gleichermaßen zustehenden – Rechte: das Mitgliedschaftsrecht selbst, das Recht auf Gleichbehandlung; gem. § 43 Abs. 3 eingeräumte Mehrstimmrechte sind ebenfalls keine Sonderrechte, weil
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51 BGH NJW 1960, 2142, 2143. 52 Anm. Paulick zu dem Urt. d. BGH v. 11.7.1960, ZfgG 1962, 69, 73. 53 Müller GenG § 18 Rdn. 38; Paulick S. 193. 54 Beuthien GenG § 18 Rdn. 60; Müller GenG § 18 Rdn. 37. 55 RGZ 62, 308; Beuthien GenG § 18 Rdn. 60; Müller GenG § 18 Rdn. 37. 56 Beuthien GenG § 18 Rdn. 28; Müller GenG § 18 Rdn. 40; Paulick S. 192. 57 BGH NJW 1969, 131; BGH MDR 1970, 913; BGHZ 63, 14/19; Anm. Müller zu dem Urteil des KG v. 11.7.1980, ZfgG 1981, 336, 340, 341. 58 Vgl. in diesem Zusammenhang auch: BGH, WM 1981, 438 zum Recht eines GmbH-Gesellschafters auf Geschäftsführung. 59 Soergel/Schultze-v. Lassaulx § 35 Rdn. 13.
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Mehrstimmrechte ohne Zustimmung der betroffenen Mitglieder durch eine Satzungsänderung wieder aufgehoben werden können (vgl. § 43 Abs. 3 S. 7), während es für ein Sonderrecht bezeichnend ist, dass es grundsätzlich ohne Zustimmung des Berechtigten nicht entzogen werden kann. So sind eingeräumte „entziehbare“ Sonderrechte zwar möglich,60 aber keine Rechte nach § 35 BGB.61 Keine Sonderrechte sind diejenigen schuldrechtlichen Ansprüche, die sich aus dem Mitgliedschaftsrecht entwickelt haben und nunmehr von der Mitgliedschaft lösbar bzw. losgelöst sind. Hierher gehören z.B. der Anspruch des Mitglieds auf Auszahlung der Dividenden, die die GV gem. § 48 Abs. 1 beschlossen hat, und der Anspruch des ausgeschiedenen Mitglieds auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens nach Maßgabe des § 73. Sonderrechte können nur durch die Satzung begründet werden.62 Sie können in der 28 Gründungssatzung enthalten sein. Ist dies nicht der Fall, so bedarf es – zur wirksamen Einräumung eines Sonderrechtes an ein Mitglied oder an eine Mitgliedergruppe – einer Satzungsänderung, die der Zustimmung auch aller zurückgesetzten Mitglieder bedarf.63 Die Beeinträchtigung eines Sonderrechts durch ein Organ der eG ist wirksam grund- 29 sätzlich nur mit Zustimmung der betroffenen Mitglieder. Ist die Zustimmung der betroffenen Mitglieder nicht erteilt, so ist die jeweilige beeinträchtigende Rechtsmaßnahme zunächst schwebend unwirksam und wird erst dann endgültig unwirksam, wenn die betroffenen Mitglieder endgültig ihre nachträgliche Zustimmung verweigern.64 Soweit durch eine – ohne Zustimmung der betroffenen Mitglieder vorgenommene – schuldhafte Beeinträchtigung eines Sonderrechts den Inhabern dieses Rechts ein Schaden entstanden ist, können diese gegenüber der eG einen Schadenersatzanspruch geltend machen. III. Pflichten der Mitglieder 1. Leistungs-, Bezugs- und sonstige Pflichten. Die Mitglieder sind – wenn die Sat- 30 zung dies festlegt – verpflichtet, der eG bestimmte Leistungen zu erbringen oder bestimmte Leistungen von der eG zu beziehen. Hierunter fallen vor allem die im Bereich des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens anzutreffenden Lieferungs- und Bezugspflichten, nach denen die Mitglieder gehalten sind, ihre Erzeugnisse oder einen Teil ihrer Erzeugnisse der eG zur Verfügung zu stellen bzw. z.B. ihren Bedarf an Düngemitteln, Saatgut usw. bei der eG zu decken. Die Verpflichtung der Mitglieder, der eG bestimmte Leistungen zu erbringen oder bestimmte Leistungen von der eG zu beziehen, kann in der ursprünglichen Satzung festgelegt sein oder durch Satzungsänderung begründet werden. Die Satzungsänderung kann nur mit der in § 16 Abs. 3 bestimmten Beschlussmehrheit herbeigeführt werden (vgl. im Einzelnen die Erl. zu § 16). Die Satzung muss nur dem Grunde nach die Verpflichtung der Mitglieder enthalten, 31 der eG bestimmte Leistungen zu erbringen oder bestimmte Leistungen von der eG zu beziehen.65 Die nähere Ausgestaltung der Verpflichtung der Mitglieder kann z.B. in Lieferungs- und Bezugsordnungen erfolgen, für deren Erlass in der Satzung die Zuständigkeit des Vorstands, des Aufsichtsrats oder der GV begründet werden kann. Darüber hinaus kann die nähere Ausgestaltung der Leistungs- und Bezugspflicht auch durch ver-
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60 Müller GenG § 18 Rdn. 47a; Hackenberg GmbHG § 5 Rdn. 65. 61 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 154. 62 BGH MDR 1970, 913; BGHZ 63, 14/19; Müller GenG § 18 Rdn. 41. 63 Beuthien GenG § 18 Rdn. 28. 64 Beuthien GenG § 18 Rdn. 29; Müller GenG § 18 Rdn. 43 ff.; KG ZfgG 1981, 336 mit Anm. Müller. 65 RGZ 47, 146, 154; Krakenberger § 7 Rdn. 2d; Beuthien GenG § 18 Rdn. 10 ff.; Müller GenG § 7 Rdn. 30, § 18 Rdn. 13; Paulick S. 196.
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tragliche Abmachungen erfolgen. Geschieht dieses mit vorformulierten Bestimmungen, sind die Gestaltungsbeschränkungen der §§ 307 ff. BGB zu beachten. Für die Abwicklung einer satzungsmäßig festgelegten Leistungs- und Bezugspflicht der Mitglieder gelten auch dann schuldrechtliche Bestimmungen entsprechend, wenn die nähere Ausgestaltung einer solchen Pflicht durch die zuständigen Organe der eG in einer Lieferungs- oder Bezugsordnung erfolgt ist. So gelten entsprechend die §§ 241 bis 304 BGB, soweit sich aus dem körperschaftsrechtlichen Gehalt der Verpflichtung der Mitglieder keine Abweichungen ergeben. Die Satzung kann nicht nur Leistungs- und Bezugspflichten, sondern auch sonstige Pflichten der Mitglieder festlegen. So können die Mitglieder z.B. verpflichtet werden zur Übernahme bestimmter Tätigkeiten im genossenschaftlichen Betrieb, zur Ausführung oder Unterlassung bestimmter Handlungen, zur Teilnahme an der GV und zu periodischen Zahlungen verpflichtet werden. Die Verletzung einer in der Satzung festgelegten Leistungs-, Bezugs- oder sonstigen Pflicht der Mitglieder kann zur Schadensersatzpflicht des Mitglieds führen. Die Verletzung einer solchen Verpflichtung kann auch zum Ausschluss des Mitglieds führen, wenn die Pflichtverletzung in der Satzung als Ausschlussgrund vorgesehen ist. Dies ist in den Satzungen auch regelmäßig der Fall. Darin ist z.B. festgelegt, dass ein Mitglied aus der eG ausgeschlossen werden kann, wenn es trotz zweimaliger schriftlicher Aufforderung den satzungsmäßigen oder sonstigen der eG gegenüber bestehenden Verpflichtungen nicht nachkommt. Die in der Satzung festgelegten Leistungs-, Bezugs- und sonstigen Pflichten der Mitglieder beginnen bzw. enden mit dem Beginn bzw. der Beendigung der Mitgliedschaft in der eG. Waren im Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft – sich aus den vorgenannten Pflichten ergebende – einzelne Leistungspflichten bereits fällig, so bleiben diese grundsätzlich bestehen.66 Pflichten der Mitglieder, z.B. Lieferungspflichten, können auch individualrechtlich begründet werden. Die derart begründeten Pflichten der Mitglieder bestehen dann jedoch außerhalb des Mitgliedschaftsverhältnisses und richten sich in ihrer Abwicklung nach rein bürgerlich-rechtlichen Regeln.67 Diese Pflichten erlöschen weder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds noch über das Vermögen der eG noch durch Auflösung der eG.68 Das Mitglied muss also liefern, sein Gegenanspruch auf Vergütung ist ein Anspruch gegen die Masse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Diese sind gem. § 53 InsO wie die Kosten des Insolvenzverfahrens vorweg zu befriedigen. 2. Geldleistungspflichten. Die Geldleistungspflichten der Mitglieder, die ihre Grundlage im Gesellschaftsrecht haben, sind im GenG nach h.M. abschließend geregelt.69 Sie bestehen in der Pflicht zur Leistung von Einzahlungen auf den Geschäftsanteil (§ 7 Ziff. 1), die Pflicht zur Deckung eines Fehlbetrags beim Ausscheiden aus der eG (§ 73 Abs. 2), die Pflicht zur Leistung weiterer Zahlungen (§ 87a Abs. 2), die Pflicht zur Leistung von Nachschüssen im Fall der Insolvenz der eG (§ 105), die Pflicht zur Entrichtung satzungsmäßig vorgesehener Eintrittsgelder70 und Vertragsstrafen. Durch die Genossenschaftsnovelle 2006 wurde klargestellt, dass die Mitglieder zur Zahlung von (z.B. monat-
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66 Müller GenG § 7 Rdn. 51. 67 BGH NJW 1960, 1858 f. mit Anm. Paulick ZfgG 1961, 80 f. 68 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 292–294. 69 Beuthien GenG § 18 Rdn. 35. 70 Vgl. zur Zulässigkeit der Erhebung eines Eintrittsgeldes durch den Vorstand bei fehlender Regelung in der Satzung OLG Bamberg BB 1982, 272 m. zust. Anm. Ehlenz.
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lichen) Leistungen durch die Satzung verpflichtet werden können (§ 16 Abs. 3 S. 2). Voraussetzung für diese Beiträge ist,71 dass sie zur Finanzierung der Fördergeschäftsbeziehung zwischen der eG und den Mitgliedern dienen und allen Mitgliedern zugute kommen (Näheres § 16 Rdn. 26 u. 27). Unabhängig von den vorgenannten Geldleistungspflichten sind die Mitglieder 36 selbstverständlich verpflichtet, der eG, die im Geschäftsverkehr mit den Mitgliedern Leistungen erbringt, ein Entgelt zu zahlen. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistungen der eG auf der Grundlage des kooperationsrechtlichen Verhältnisses oder im Rahmen eines individualrechtlichen Vertrags abgewickelt werden. Ebenso ist es zulässig, dass aufgrund von besonderen Vereinbarungen zwischen der eG und Mitgliedern von diesen die Verpflichtung zur Gewährung z.B. eines Darlehens oder zur Zeichnung weiterer Geschäftsanteile übernommen wird,72 z.B. für Baukostenzuschüsse. Diese können zur Stärkung der Leistungsfähigkeit des genossenschaftlichen Förderbetriebs durchaus sinnvoll sein. Rechtsgrundlage bleibt in jedem Fall eine Individualvereinbarung; satzungsändernde Mehrheitsbeschlüsse sind für Mitglieder, die nicht zugestimmt haben, unverbindlich. Aufnahme in die Satzung kann insoweit nur deklaratorische Bedeutung haben. Umlagen zur Deckung von Verlusten sind unzulässig, eine solche Satzungsregelung wäre unwirksam, weil die Regelungen zur Nachschusspflicht insoweit eine abschließende Regelung darstellen. 3. Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Die Zugehörigkeit zu 37 einer Gesellschaft begründet eine gegenseitige gesellschaftsrechtliche Treuepflicht. Sie ist eine Folge der mitgliedschaftlichen Rechtsbeziehung und Ausdruck einer allgemeinen Loyalitätspflicht auf der Grundlage von § 242 BGB.73 Im Gesellschaftsrecht verdichtet sich die Treuepflicht zu konkreten Verhaltensnormen, zur Verpflichtung, die Interessen der Gemeinschaft zu beachten und zu fördern und alles zu unterlassen, was für die Gesellschaft schädlich ist – soweit nicht ausnahmsweise übergeordnete allgemeine oder persönliche Interessen entgegenstehen.74 Die Treuepflicht gebietet, die Belange der Gesellschaft zu beachten und verbietet, die Gesellschaft durch rücksichtslose Verfolgung eigener Interessen zu schädigen.75 Die Treuepflicht hat auch Wirkungen im Verhältnis der Gesellschafter zueinander. Sie gebietet der Mehrheit, bei formal zulässigen Einflussnahmen auf die Interessen aller Mitglieder Rücksicht zu nehmen.76 Inhalt und Umfang der Treuepflicht bestimmt sich nach der jeweiligen Art und Aufgabe der Vereinigung. Je personalistischer eine Gesellschaft ausgerichtet ist, umso stärker sind die Wirkungen der Treuepflicht ausgeprägt.77 Treuewidriges Verhalten ist rechtswidrig und kann unmittelbare Rechtsfolgen auslösen: – Anspruch auf Unterlassung, – Verpflichtung zu positivem Verhalten, – Verpflichtung zum Schadensersatz,
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71 GesetzE v. 23.3.2006, BT-Drs. 16/1025 S. 84; beispielhaft werden in der Gesetzesbegründung die Finanzierung einer Geschäftsstelle, einer Telefonzentrale bei einer Taxi-eG sowie Vorhaltekosten bei einer Krankenhaus-eG genannt. 72 LG Hamburg GW 1980, 557. 73 K. Schmidt Gesellschaftsrecht 481 ff. 74 BGHZ 65, 15; K. Schmidt Gesellschaftsrecht 482. 75 BGH WM 1978, 1205; BGH WM 1986, 1348. 76 BGHZ 65, 15 = BB 1975, 1450; K. Schmidt Gesellschaftsrecht 483; a.A. Beuthien GenG § 18 Rdn. 36. 77 BGH WM 1978, 1205; K. Schmidt Gesellschaftsrecht S. 485.
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Ausschluss aus der Gesellschaft, Anfechtungsklage bei Beschlüssen.
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4. Besonderheiten der genossenschaftlichen Treuepflicht. Auszugehen ist von der in Rechtsprechung und Literatur einheitlichen Auffassung, dass die Treuepflicht bei personalistisch orientierten Gesellschaften besonders ausgeprägt ist. Die Rechts- und Unternehmensform der eG ist gekennzeichnet durch ihre auf die Person der Mitglieder und ihre wirtschaftlichen Interessen ausgerichtete Struktur.78 Der gesetzlich zwingend vorgeschriebene Unternehmenszweck der Mitgliederförderung (§ 1 Abs. 1) stellt die wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder in den Mittelpunkt der Tätigkeit und ist Maßstab für die Unternehmenspolitik. Diese Zielrichtung gibt auch den Pflichten der Mitglieder im gemeinsamen Unternehmen einen besonderen Inhalt. Aus der Treuepflicht folgt das Gebot für die Mitglieder einer eG, ihr Verhalten – soweit zumutbar – an den wirtschaftlichen Förderinteressen der Gesamtheit aller Mitglieder zu orientieren und alles zu unterlassen, was diesen Interessen schaden könnte. Insofern haben sie gegenüber dem allgemeinen Geschäftsverhalten ein größeres Maß an Sorgfalt aufzuwenden.79 Hierzu zählt insbesondere die Verschwiegenheitspflicht über Angelegenheiten der eG. Die Ausübung aller Mitgliedschaftsrechte steht unter dem genossenschaftlichen 39 Treuegebot. Dies muss nicht zuletzt auch für die Mitwirkungsrechte gelten, z.B. bei der Ausübung des Stimmrechts, bei der Bestimmung eines Stimmrechtsbevollmächtigten, bei Wahrnehmung des Auskunftsrechts und bei Teilnahme an Wahlen. Die Treuepflicht führt nicht dazu, dass die Mitglieder an der GV teilnehmen müssen, anders vom Grundsatz her für die Vertreter bei der VV.80 Die Umsetzung der genossenschaftlichen Grundsätze bedingt gegenseitiges Vertrauen. Selbstverwaltung und Selbstverantwortung finden ihren Ausdruck u.a. in dem Recht, die Mitglieder des Aufsichtsrats zu wählen. Dieses vom Vertrauen der Mitglieder getragene Kontrollorgan bestellt regelmäßig den Vorstand, das Organ, dem gemäß § 27 Abs. 1 alle Maßnahmen der Unternehmensleitung anvertraut sind. Entscheidender Inhalt der genossenschaftlichen Treuepflicht ist es, alles zu tun, das geeignet ist, das gegenseitige Vertrauen zu stärken und alles zu unterlassen, was das Vertrauen beschädigen könnte. 40 Das Treugebot bestimmt damit auch die Leitlinien für die Rechtfertigung von Kritik gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat: Kritik z.B. an der Geschäftspolitik oder Geschäftsführung ist gerechtfertigt, wenn sie in den zuständigen Gremien vorgetragen wird, in der Form ausgewogen und nach sorgfältiger Prüfung inhaltlich durch Tatsachen zu belegen ist. Kritik ist nicht rechtmäßig, wenn eigennützige Motive zu unsachlichen Urteilen führen, die geeignet sind, das Vertrauen zu den Organmitgliedern zu stören. Dies muss vor allem dann gelten, wenn durch gezielte und umfassende Maßnahmen außerhalb der zuständigen Gremien versucht wird, Einfluss auf die Mehrheitsbildung in der eG zu gewinnen. Bei Beachtung dieser Grundsätze müssen Bedenken bestehen, wenn sich Mitglieder der eG in einer eigenen Gruppe organisieren, um eine „Gegenmacht“ zum Vorstand aufzubauen mit dem erklärten Ziel, unmittelbar auf die Entscheidungen der Leitungs- und Kontrollgremien einzuwirken und in deren Verantwortungsbereiche einzugreifen (hierzu auch Rdn. 42). 41 Unter Berücksichtigung der Treuepflicht können sich Pflichten der Mitglieder zur aktiven Tätigkeit in der eG oder für die eG ergeben. So sind die Mitglieder verpflichtet,
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78 Beuthien GenG § 18 Rdn. 43 f.; Müller GenG § 18 Rdn. 7; Paulick S. 199. 79 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 87; vgl. auch Beuthien GenG § 18 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 18 Rdn. 5a. 80 Zur Teilnahmepflicht an der VV s. § 43a Rdn. 64, so auch Beuthien GenG § 43a Rdn. 5, Müller GenG § 43a Rdn. 42 f.
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eine entgegen Gesetz und Satzung erhaltene Dividende zurückzuzahlen. Dies gilt auch für eine (wegen Falschberechnung) unberechtigt erhaltene Rückvergütung. Aus der Treuepflicht ergibt sich auch die Verpflichtung der Mitglieder zur Inanspruchnahme der genossenschaftlichen Einrichtungen und zur Teilnahme am genossenschaftlichen Geschäftsverkehr. Diese Verpflichtung ist – da sie keine ausdrückliche Grundlage in der Satzung hat und sich allein aus der Treuepflicht der Mitglieder ergibt – in dem Sinne zu verstehen, dass die Mitglieder zu einer Zusammenarbeit mit der eG im Rahmen der Zumutbarkeit (diese kann z.B. bei nicht mehr aktiv tätigen Mitgliedern eine Rolle spielen) verpflichtet sind. So sollten z.B. die Mitglieder einer Einkaufsgenossenschaft die von ihnen benötigten Waren und Güter weitestgehend bei der eG einkaufen, ein Mitglied einer Bezugsgenossenschaft verhält sich insbesondere unsolidarisch, wenn es ohne Grund die benötigten Waren beim Wettbewerber kauft, obwohl es diese zu vergleichbaren Konditionen bei der eG kaufen könnte.81 Es wird dem Mitglied auch zugemutet werden können, nicht immer zu günstigsten Konditionen einkaufen zu können, wenn die Vorteile der Mitgliedschaft in einer Gesamtabwägung überwiegen. Darüber hinaus sollten zu hohe Verkaufspreise über die genossenschaftliche Rückvergütung ausgeglichen werden. Die Verpflichtung, Bezüge bei Vertragslieferanten im Rahmen der Zentralregulierung ausschließlich über die eG abzurechnen, ist nicht nur genossenschaftsrechtlich geboten, sondern kartellrechtlich zulässig.82 Der Ausschluss wegen nur sporadischer Nutzung der Genossenschaftswohnung kann angemessen sein. Die Treuepflicht ist auch die Grundlage für die Feststellung des BGH, wonach Mitgliedern die grundsätzliche Verpflichtung obliegt, die Leistungen der eG in Anspruch zu nehmen und Bindungen einzugehen, die nicht den Beschränkungen der §§ 305 ff. BGB unterliegen.83 Aus der Ablieferungspflicht der Trauben folgt nach OLG Zweibrücken auch die Schadensersatzpflicht und Vertragsstrafe bei Verkauf aller Anbauflächen an ein Nichtmitglied der Winzergenossenschaft, ohne allerdings auf kartellrechtliche Fragen einzugehen.84 Kein Verstoß gegen die Treuepflicht liegt vor, wenn Mitglieder „streiken“ z.B. ihren 41a Anlieferpflichten (Milch, Weintrauben) nicht nachkommen. Erforderlich ist eine Mehrheit, die zu einer diesbezüglichen Satzungsänderung notwendig wäre. Zweckmäßig wäre eine a.o. GV/VV oder – unter Verzicht auf Frist- und Formvorschriften – eine Zusammenkunft der Mitglieder zwecks Meinungsbildung herbeizuführen. Aus der Treuepflicht folgt die Verpflichtung der Mitglieder, der eG Umstände mitzu- 42 teilen, durch die der eG Schaden droht.85 Hat ein Mitglied z.B. Kenntnis davon erhalten, dass etwa ein Angestellter der eG diese bestiehlt oder Unterschlagungen (z.B. durch „private“ Warenverkäufe der eG) begeht, so hat das Mitglied die eG darüber zu benachrichtigen.86 Aufgrund der Treuepflicht sind die Mitglieder gehalten, eine den Geschäftsbetrieb der eG schädigende Konkurrenz zu unterlassen.87 So kann sich z.B. ein Mitglied einer landwirtschaftlichen Absatzgenossenschaft nicht an einer Wettbewerbsaktion beteiligen, die sich gegen die eG richtet. Problematisch sind Boykottaktionen der Mitglieder gegenüber der eG (z.B. Verweigerung der Milchanlieferung). Ein Mitglied einer Einkaufsgenossenschaft kann nicht zugleich Mitglied einer gleichartigen Kooperation sein.88 Die
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81 Beuthien GenG § 18 Rdn. 46, Müller GenG § 18 Rdn. 17. 82 Schulte Kartellrechtliche Fragen der Verbundgruppen, S. 37 f. 83 BGH DB 1988, 1265. 84 OLG Zweibrücken Urt. v. 28.6.2002, Az. 4 U 69/00. 85 Müller GenG § 18 Rdn. 15; Paulick S. 199. 86 OLG Frankfurt ZfgG 1963, 156 m. Anm. Welling. 87 Müller GenG § 18 Rdn. 18; Paulick S. 199. 88 Schulte Kartellrechtliche Fragen der Verbundgruppen, S. 39; differenzierend Beuthien GenG § 18 Rdn. 48 unter Verweis auf § 16 Abs. 3 S. 1, s. § 16 Rdn. 25 ff.
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Treuepflicht hat zur Folge, dass die Mitglieder grundsätzlich Handlungen unterlassen müssen, die der eG vermeidbare Kosten verursachen (z.B. Rundschreiben an die Mitglieder).89 Die Bildung von Gruppen und Zusammenschlüssen innerhalb der eG ist grundsätzlich zulässig,90 sie ist jedoch unzulässig, wenn dadurch Druck auf den Vorstand ausgeübt werden soll, um bessere Konditionen zu erzwingen oder das Aushandeln solcher Konditionen mit den Lieferanten an der eG vorbei bezweckt wird (hierzu auch Rdn. 40). 43 Aufgrund der Treuepflicht hält es die ältere Rechtsprechung unter Berücksichtigung der beachtenswerten Interessen der eG für unzulässig, dass ein Mitglied Rechtsbefugnisse ausübt, die ihm formal zustehen. Dies soll z.B. gelten für die Erhebung einer Anfechtungsklage91 nach § 51 oder die Geltendmachung von Verwirkung bzw. Verjährung gegenüber einer Forderung der eG sowie für die Kündigung einzelner Geschäftsanteile.92 In besonderen Fällen müssen die Mitglieder mit Rücksicht auf die Solidargemeinschaft darauf verzichten, an sich begründete Ansprüche (z.B. Stundung) gegen die eG geltend zu machen, wenn dadurch die Existenz der eG (z.B. wegen Zahlungsunfähigkeit) gefährdet wäre.93 Auch soll es einem Mitglied unter Umständen verwehrt sein, seinen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens geltend zu machen jedenfalls wenn es durch eigene Kündigung ausgeschieden ist.94 Die Treuepflicht soll es einem Mitglied einer WohnGen verbieten, sich auf Verwirkung wegen verspäteter Geltendmachung von Heizkosten zu berufen95 und andererseits gebieten, einer Vollumlage und Abrechnung der Betriebskosten zuzustimmen, wenn ihm keine wesentlichen Nachteile erwachsen. Die Treuepflicht schließt das Recht des Mitglieds einer WohnGen nicht aus, im Falle von Mängeln der Mietsache eine Mietminderung vorzunehmen.96 Bedenklich ist die weitergehende Meinung,97 nach der sich die Unzulässigkeit der Ausübung formaler Rechtsbefugnisse im Regelfall aus der Treuepflicht ergibt. In der Rechtsbeziehung zwischen der eG und ihren Mitgliedern kann die Ausübung der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Rechtsbefugnisse nicht regelmäßig sondern nur unter besonderen Umständen unzulässig sein.98 Dies gilt z.B. für die rechtsmissbräuchliche Wahrnehmung der Minderheitenrechte des § 45 (vgl. § 45 Rdn. 3). Die Treuepflicht kann u.U. der Entscheidungsfreiheit der Mitglieder bei Stimmabgabe in der GV/VV Grenzen setzen (sonst ggf. rechtsmissbräuchliches Verhalten): So gebietet die Treuepflicht nach Auffassung des BGH, der Abberufung eines Geschäftsführers zuzustimmen, wenn wegen wichtiger Gründe die Beibehaltung in der Organstellung nicht mehr zumutbar ist.99 In der Praxis wird dies jedoch selten in Betracht kommen, bei geheimer Abstimmung auch gar nicht feststellbar.100 Auch kann die Pflicht entstehen, einer dringend notwendigen Satzungsänderung zuzustimmen, wenn dies dem Mitglied unter Berücksichtigung seiner
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89 AG Nürnberg Urt. v. 29.5.1992, Az. 15 C 8711/91. 90 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 87; Beuthien GenG § 18 Rdn. 50. 91 RGZ 147, 257, 270, JW 1934, S. 1870; a.A. Beuthien GenG § 18 Rdn. 50. 92 LG Berlin GW 1977, 336. 93 OLG Koblenz Urt. v. 3.2.1984, Az. 8 U 258/83. 94 AG Gegenbach BlfG 1937, 207; krit. zu dieser Entscheidung: Beuthien GenG § 18 Rdn. 50; Müller GenG § 18 Rdn. 19. 95 AG Starnberg ZfgG 1982, 139 m. Anm. Hadding. A.A. oben § 1 Rdn. 81. 96 LG Dresden WuM 1998, 216; AG Köln WuM 1995, 312; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 87. 97 Müller GenG § 18 Rdn. 19 f. m.w.N. 98 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 87; Paulick S. 200 f.; AG Köln Urt. v. 20.5.1994, Az. 214 C 92/94, WuM 1995, 312 betr. das Recht auf Minderung der Nutzungsgebühr; a.A. Lützenkirchen WuM 1995, 423, die Treuepflicht könne höhere Anforderungen an die Erheblichkeit eines Mangels § 537 BGB gebieten. 99 BGH ZIP 1991, 23; BGH GmbHR 1993, 581. 100 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 91; Timm WM 1991, 485 f.
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eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist.101 Nicht hingegen besteht die Pflicht, ein Ehrenamt in der eG zu übernehmen.102 Die Verletzung der genossenschaftlichen Treuepflicht kann zur Schadensersatz- 44 pflicht des Mitglieds führen;103 sie kann auch zum Ausschluss des Mitglieds führen, wenn die Pflichtverletzung in der Satzung konkret oder allgemein als Ausschlussgrund vorgesehen ist. Die genossenschaftliche Treuepflicht ist wechselseitig, obliegt also auch der eG ge- 45 genüber ihren Mitgliedern.104 Diese Treuepflicht ist z.B. bei WohnGen bedeutsam im Zusammenhang mit der Entscheidung über das Eintrittsrecht von Familienangehörigen eines verstorbenen Mitglieds in das Nutzungsverhältnis und ihre Aufnahme in die eG.105 Eine WohnGen, die ihren Mitgliedern anbietet, von einer Mieterhöhung für eine bestimmte Dauer abzusehen, sofern Modernisierungsmaßnahmen ohne Ausübung des Mietminderungsrechts geduldet werden, kann gegenüber einem die Miete mindernden Mitglied gleichwohl eine Mieterhöhung geltend machen.106 Sie verpflichtet die eG, dem ausgeschlossenen Mitglied im innergenossenschaftlichen Verfahren sowohl erster Instanz als auch einer höheren Instanz ausreichendes rechtliches Gehör zu gewähren. Die Unterlassung eines Hinweises auf Rechtsbehelfe und Fristen kann die eG hindern, sich auf Fristablauf zu berufen.107 Irrtümlich fehlerhafte Angaben bei Abschluss eines Nutzungsvertrags über Nichtbestehen der Preisbindung kann die eG zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichten.108 Aus der genossenschaftlichen Förderbeziehung (§ 1) folgt eine besondere genossenschaftliche Treuepflicht der eG gegenüber ihren Mitgliedern. Diese Treuepflicht ist inhaltlich und in den Folgen nicht gleichzusetzen mit der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht.109 Schließlich können sich aus der Tätigkeit und personalen Beziehungen einer eG für die Mitglieder Abhängigkeiten ergeben, die für die Mitglieder existentielle Bedeutung haben – z.B. bei WohnGen, Liefergenossenschaften oder auch Produktivgenossenschaften mit der zusätzlichen arbeitsrechtlichen Bindung. Faktoren wie die Dauer der Mitgliedschaft, die Intensität der Förderbeziehung haben Auswirkungen auf die Treuepflicht.110 Hat ein Mitglied ältere oder bessere Rechte, hat die eG diese zu erfüllen (Rdn. 26). Die Treuepflicht hat die Verpflichtung der eG zum Inhalt, bei allen Maßnahmen auf die Belange der Mitglieder Rücksicht zu nehmen, soweit dies im Rahmen der Aufgabe des genossenschaftlichen Unternehmens zumutbar ist. Die Treuepflicht begründet bestimmte Verhaltenspflichten, kann aber auch zur Entstehung von Ansprüchen führen. So kann z.B. bei WohnGen die langjährige Nutzung einer Wohnung einen Anspruch auf Erwerb begründen, wenn die Satzung dies als Möglichkeit vorsieht.111 Die eG ist verpflichtet, nicht zu Vertretern gewählte Mitglieder über wesentliche Entscheidungen der VV zu unterrichten (§ 43a Rdn. 75).
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101 BGH ZIP 1987, 914; BGH WM 1986, 1349 = ZIP 1986, 1383 – jeweils zur GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 87. 102 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 87; a.A. Beuthien GenG § 18 Rdn. 57. 103 OLG Frankfurt ZfgG 1963, 156 m. Anm. Welling. 104 BGHZ 27, 297, 305 = NJW 1958, 1633; Westermann ZfgG 1971, 301. 105 OLG Karlsruhe RE v. 23.12.1983, NJW 1994, 2584 = GW 1985, 571; LG Köln WM 1994, 23; AG Bielefeld WM 1994, 22. 106 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 87. 107 BGH NJW 1960, 2143. 108 AG Osnabrück WM 1995, 309. 109 Dies verkennt der BGH in: DB 1996, 1273, wo er ohne jede Begründung aus dem Aktien- und GmbHRecht herleitet, dass die Treuepflicht auch bei der eG nicht zu den „tragenden Strukturprinzipien“ gehöre. 110 BGHZ 27, 297, 305 = NJW 1958, 1633; BGHZ 31, 37, 42. 111 BGHZ 31, 37.
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Aus dem Treuegebot ist die eG verpflichtet, auszuschließenden Mitgliedern rechtliches Gehör zu gewähren.112 Die Treuepflicht gebietet die alsbaldige Geltendmachung von Ausschlussrechten.113 Eine Einkaufsgenossenschaft kann treuewidrig handeln, wenn sie gegen den Willen und die Interessen der Mitglieder z.B. durch „Regiebetriebe“ auf derselben Handelsstufe schädliche Konkurrenz betreibt.114 Entscheidend kommt es hierbei aber auf die Gesamtschau der Wettbewerbssituation an. Zu berücksichtigen ist die Stärkung der Gruppe und damit die Verbesserung, zumindest der Erhalt, der Fördermöglichkeit. Ist das konkurrierende Geschäft in der Satzung zugelassen, ist keine Kollision mit der Treuepflicht gegeben.115 46 Die Treuepflicht besteht nur gegenüber Mitgliedern; unter besonderen Voraussetzungen kann sie jedoch Wirkung zugunsten Dritter haben. So kann der Aufnahmeanspruch eines Dritten116 gegeben sein, wenn dieser das Unternehmen des Mitglieds übernimmt, und in seiner Person keine satzungsgemäßen Hinderungsgründe liegen. Beispiel: Vater ist Mitglied und verpachtet seinen Betrieb an den Sohn; u.U. Anspruch des Vaters auf Aufnahme des Sohnes in die eG; oder: Mitglieder schließen sich mit einem Dritten zusammen, um konkurrenzfähig zu sein; sie können unter Umständen Aufnahme des Dritten als Mitglied verlangen. Umstritten ist, ob und unter welchen Umständen die eG Treueprämien an die Mit47 glieder gewähren darf.117 Die Entscheidungen können nicht überzeugen. Treueprämien könnten nur dann bedenklich sein, wenn sie in extremen Fällen im Ergebnis die Kündigungsrechte der Mitglieder beschränken. Nicht überzeugen kann es, wenn der BGH einem Unternehmen vorschreiben will, wie es seine Preise zu berechnen habe, um zu untersagen, dass Liefertreue auch als Wert einer Leistung beurteilt wird. Dafür ist eine rechtliche Grundlage nicht erkennbar. Die Gewährung einer Treueprämie unterliegt durchaus dem Gebot der genossenschaftlichen Gleichbehandlung. Eine in den Regelungen über die Treueprämie enthaltene Differenzierung ist aber gerechtfertigt, wenn sie die unterschiedlichen Sachverhalte im Sinne einer „relativen Gleichbehandlung“. Kartellrechtlich bedenklich können derartige Treueprämien nur sein, wenn sie einer wirtschaftlichen Bezugsbindung gleichkommen 118 und eine Bezugsbindung nicht durch Art. 81 Abs. 3 bzw. § 3 GWB gedeckt ist. Eine Treuepflicht der Mitglieder untereinander wird z.B. unter dem Gesichtspunkt 48 der Solidargemeinschaft geltend gemacht zur Begründung: – eines berechtigten Interesses der eG an der Beendigung des Nutzungsverhältnisses zwecks gerechterer Verteilung des Wohnungsbestandes (vgl. auch die Beispiele in § 1 Rdn. 74 ff.),119 – einer Zustimmungspflicht des Mitglieds zur strukturellen Änderung der Nutzungsgebühr,120
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112 BGH DB 1996, 1273. 113 BGHZ 27, 297; Beuthien GenG § 18 Rdn. 31. 114 Götz Verbundbildung, S. 189. 115 Beuthien GenG § 18 Rdn. 59. 116 Zu eng Beuthien GenG § 18 Rdn. 59, der nur einen Anspruch des Mitglieds zugunsten des Aufzunehmenden bejaht. 117 Grundsätzlich ablehnend dazu BGH ZfgG 1984, 156; BGH BB 1991, 644 = DStR 1991, 289 mit Anm. Beuthien; EWiR § 18 GenG 1/91 – Beuthien ZfgG 1992, 159. 118 BKartA, BT-Drs. 13/7900, S. 35 ff.; Schulte Kartellrechtliche Fragen der Verbundgruppen, S. 51 f. 119 OLG Stuttgart WM 1991, 379 = ZfgG 1993, 248 m. krit. Anm. Riebandt-Korfmacher; LG München ZfW Bay. 1987, 388. 120 Schulz ZdW Bay. 1995, 63.
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eines Verzichts auf die Einhaltung mietrechtlicher Schutzvorschriften als Ausnahmefall,121 Duldung einer den Zusammenbruch der eG verhindernden Sanierungsmaßnahme, Mitgliedern, denen ein Schaden durch treuwidriges Verhalten anderer entsteht, haben gegen diese einen Schadensersatzanspruch nach §§ 280 ff. BGB.122
5. Genossenschaftliche Duldungspflicht. Die genossenschaftliche Duldungspflicht bedeutet einmal, dass ein Mitglied die Rechtsakte hinnehmen muss, die im gesellschaftsrechtlichen Bereich mit dem Willen der Mehrheit der Mitglieder gesetzt worden sind und durch die insbesondere Geldleistungspflichten, aber auch sonstige Pflichten und Rechtsverhältnisse verändert werden. Sie bedeutet weiterhin, dass ein Mitglied die Rechtsakte hinnehmen muss, die auf der Grundlage einer gesetzlichen Vorschrift oder einer Satzungsbestimmung durch ein Organ der eG erlassen werden. Die Duldungspflicht besteht nur im gesellschaftsrechtlichen Bereich, nicht in der Kundenbeziehung. Die auf Grund von § 16 Abs. 2 und 3 gefassten Beschlüsse (s. nachfolgende Beispiele) müssen mit der Duldungspflicht vereinbar sein.123 Beispiele für die genossenschaftliche Duldungspflicht sind: die Erhöhung des Geschäftsanteils (§ 16 Abs. 2 Ziff. 2), die Erhöhung der Haftsumme (§ 16 Abs. 2 Ziff. 4), die Einführung oder Erweiterung einer Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen (§ 16 Abs. 2 Ziff. 3), die Einführung oder Erweiterung einer Verpflichtung der Mitglieder zur Inanspruchnahme von Einrichtungen oder anderen Leistungen der eG oder zur Leistung von Sachen oder Diensten (§ 16 Abs. 3), die Aufstellung eines von der gesetzlichen Grundregelung abweichenden Maßstabes für die Gewinn- und Verlustverteilung (§ 19 Abs. 2), die Ausschließung der Gewinnverteilung durch die Satzung (§ 20), die satzungsmäßige Festsetzung einer längeren als der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 65 Abs. 2 Satz 2), die Aufstellung einer Lieferungs- oder Bezugsordnung durch den Vorstand oder den Aufsichtsrat aufgrund einer entsprechenden satzungsmäßigen Ermächtigung, bei WohnGen die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen.124 Der Schutzgedanke, insbesondere der Minderheitsschutz erfordert eine Begrenzung der Duldungspflicht. Die Grenze ergibt sich zunächst dadurch, dass ein Mitglied einen Eingriff nur dann hinnehmen muss, wenn das GenG diesen Eingriff überhaupt zulässt (z.B. eine Mehrheitsentscheidung in der GV/VV). Einen Eingriff lässt das GenG z.B. nicht zu bei den Mitgliedschaftsrechten in der GV (§§ 43, 48), den Minderheitsrechten (§ 45), dem Recht auf Einsicht in das Protokoll (§ 47 Abs. 4), dem Anfechtungsrecht (§ 51), dem Kündigungsrecht (§ 65) usw. Satzungsänderungen haben dort eine Grenze, wo ein Mitglied beim Eintritt in die eG – auch unter Berücksichtigung langfristig zu erwartender oder möglicher Veränderungen – mit solchen Regelungen nicht zu rechnen brauchte. Eine Anpassung der Satzung und der Struktur der eG an sich ändernde Verhältnisse muss ein Mitglied hinnehmen. Der unentziehbare Schutz liegt letztlich in der Möglichkeit, die eG zu verlassen. Bei Geldleistungspflichten ergibt sich dadurch eine Grenze der Duldungspflicht, dass die Mitglieder nur zu solchen Geldleistungen verpflichtet werden können, die in den beschränkten Katalog der nach dem GenG zulässigen finanziellen Leistungspflichten fallen. Weitere Geldleistungspflichten der Mitglieder können weder durch die ur-
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Beuthien ZfgG 1992; bedenklich s. § 1 Rdn. 79. BGH ZIP 1995, 827 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 93. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 18 Rdn. 112; Müller GenG § 18 Rdn. 60. LG Duisburg GW 1978, 600; s. aber § 1 Rdn. 71 ff.
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sprüngliche Satzung begründet noch durch eine Satzungsänderung auferlegt werden.125 So kann satzungsmäßig nicht festgelegt werden, dass die Mitglieder zur Deckung von Verlusten im Wege einer Umlage herangezogen werden;126 das schließt die Berücksichtigung bei der Kalkulation des Entgelts für Leistungen der eG nicht aus.127 Eine allgemeine Kostenbeteiligung durch die Satzung ist zulässig, wenn die Eigenart der genossenschaftlichen Leistung nur so sinnvoll zu vergüten ist und ohne eine solche Kostenbeteiligung der Mitglieder die Existenz der eG gefährdet erscheint. Dies kann z.B. für die Kostenbeteiligung zur Aufrechterhaltung einer Funkzentrale bei einer Taxigenossenschaft gelten. Es muss aber eine bestimmte Beziehung zu einem Leistungsverhältnis gewahrt bleiben.128 muss. Diese Problematik wurde durch die GenG-Novelle 2006 in § 16 Abs. 3 S. 2 klargestellt (vgl. § 16 Rdn. 27). Eine Grenze der Duldungspflicht ist auch gegeben, wenn die Begründung neuer 53 oder die Ausweitung bestehender Lieferungs-, Bezugs- und sonstiger Pflichten sowie von Geldleistungspflichten namentlich auch im Hinblick auf den Förderungszweck der eG unzumutbar ist.129 So kann z.B. das Ausmaß der Erhöhung des Geschäftsanteils oder der Haftsumme derart sein, dass eine Deckung durch die Duldungspflicht nicht mehr gegeben ist.130 Unzulässig ist es, die Zahlung von Prämien davon abhängig zu machen, dass die Mitglieder sich verpflichten, die ausschließliche Lieferung über die Beendigung der Mitgliedschaft hinaus fortzusetzen.131 Eine Grenze der Duldungspflicht ist auch bei einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegeben.132 Eine solche Verletzung brauchen die betroffenen Mitglieder nicht hinzunehmen. Beschlüsse, welche die Duldungspflicht der Mitglieder überschreiten, haben gegenüber den Betroffenen keine Bindungswirkung. Im Zweifel sind sie nur anfechtbar und nicht nichtig. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) 54
Auch das Rechtsverhältnis der SCE und ihrer Mitglieder richtet sich nach der Satzung (zum Mindestinhalt vgl. Art. 5 Abs. 4 SCE-VO). Die SCE-VO (auch „Statut“ oder „europäisches Genossenschaftsstatut“ genannt) gilt gemäß Art. 249 Abs. 2 EG-Vertrag unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der EU (vgl. auch Art. 1 Abs. 1 SCE-VO). Die SCE unterliegt immer den besonderen Bestimmungen der SCE-VO (Art. 8 Abs. 1 Ziff. a) SCEVO). Dieser schreibt eine Art Gesetzespyramide vor. Zunächst ist zu prüfen, ob spezielle Vorschriften der SCE-VO eine abschließende Regelung treffen; Sieht die SCE-VO eine Öffnungsklausel, also SCE-Satzungsautonomie gem. Art. 8 Abs. 1 Ziff. b) SCE-VO vor, kann eine danach zulässige SCE-Satzungsregelung (zwingendes) nationales Recht verdrängen.133 Europäisches Recht verdrängt also zunächst einzelstaatliches Recht, wobei Ziff. b) die Satzungsautonomie vergleichbar § 18 Satz 2 GenG stark einschränkt (Prinzip der Satzungsstrenge). Nur soweit das SCE-Statut (oder eine darauf basierende SCE-Satzungsregelung) keine Regelung trifft, gilt in nachfolgender Reihenfolge: zunächst einzelstaatliches SCE-Recht
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RGZ 62, 303; Müller GenG § 18 Rdn. 8, 57; Paulick S. 197. Müller GenG § 7 Rdn. 58, § 18 Rdn. 8; Paulick S. 97. S. Schultz in der Besprechung des BGH-Urteils ZfgG 1980, 191. LG Bonn Urt. v. 21.10.1986, Az. 17 O 248/86. Müller GenG § 18 Rdn. 60, 61. AG Hamburg MDR 1951, 169; Paulick S. 204. BGH NJW-RR 1991, 550. Paulick S. 204. Beuthien GenG Art. 8 Rdn. 1.
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(Art. 8 Abs. 1 Ziff. c) Fall i)), dann GenR (Fall ii), bei Regelungslücken ggfs. i.V.m ergänzenden anderen nationalen Vorschriften) und sodann einzelstaatliches Satzungsrecht (Fall iii)).134 Art. 8 Abs. 2 SCE-VO stellt nur klar, dass besondere einzelstaatliche Vorschriften, wie z.B. das KWG für eine deutsche Kredit-SCE, durch die Regelung der SCEVO unberührt bleiben. Für eine SCE mit Sitz in Deutschland gilt das SCE-AG vom 14.8.2006 (BGBl. I S. 1911) sowie hinsichtlich der Arbeitnehmerbeteiligung das SCE-BG vom 18.8.2006 (BGBl. I S. 1911, 1917).
§ 19 Gewinn- und Verlustverteilung § 19 Gewinn- und Verlustverteilung (1) Der bei Feststellung des Jahresabschlusses für die Mitglieder sich ergebende Gewinn oder Verlust des Geschäftsjahres ist auf diese zu verteilen. Die Verteilung geschieht für das erste Geschäftsjahr nach dem Verhältnis ihrer auf den Geschäftsanteil geleisteten Einzahlungen, für jedes folgende nach dem Verhältnis ihrer durch die Zuschreibung von Gewinn oder die Abschreibung von Verlust zum Schluss des vorhergegangenen Geschäftsjahres ermittelten Geschäftsguthaben. Die Zuschreibung des Gewinns erfolgt so lange, als nicht der Geschäftsanteil erreicht ist. (2) Die Satzung kann einen anderen Maßstab für die Verteilung von Gewinn und Verlust aufstellen und bestimmen, inwieweit der Gewinn vor Erreichung des Geschäftsanteils an die Mitglieder auszuzahlen ist. Bis zur Wiederergänzung eines durch Verlust verminderten Guthabens findet eine Auszahlung des Gewinns nicht statt. Übersicht Allgemeines | 1–5 Gewinnverteilung | 6–18 1. Adressatenkreis | 6–10 2. Generalversammlungsbeschluss | 11 3. Verteilungsmaßstab | 12–17 4. Verdeckte Gewinnausschüttungen | 18 5. Kreditgenossenschaften | 18a Verlustverteilung | 18b–22 1. Allgemeines | 18b
I. II.
III.
IV.
V.
2. Adressatenkreis | 19 3. Verteilungsmaßstab | 20–21 4. Wiederauffüllung | 22 Rückvergütungen | 23–38 1. Preisnachlässe (Skonti, Rabatte, Boni etc.) | 24 2. Genossenschaftliche Rückvergütung | 25–38 Europäische Genossenschaft (SCE) | 39
I. Allgemeines Der Irrtum, eine eG dürfe als förderungswirtschaftliches Unternehmen keinen Ge- 1 winn erzielen, sollte aufgeklärt sein. Die eG darf zwar nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sein. Erforderlich ist die Gewinnerzielung jedoch zur dauerhaften wirtschaftlichen Sicherung der eG, Finanzierung notwendiger Investitionen, Deckung der Rücklagen und angemessener Beteiligung der Mitglieder am Unternehmenswachstum sowie als Entgelt für deren eingesetztes Kapital.1
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Greda in Dellinger, SCE Rdn. 7.
Beuthien GenG § 19 Rdn. 4.
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§ 19 gilt für die Gewinn- und Verlustverteilung während des Bestehens der eG. Nach ihrer Auflösung ist § 91 maßgebend: eine Verteilung des Vermögens unter den einzelnen Mitgliedern ist vor der Vollbeendigung ausgeschlossen. Nach § 48 Abs. 1 beschließt die GV/VV über die Verteilung des gesamten Jahresüberschusses insbesondere wie viel von dem in der Bilanz ausgewiesenen Gewinn oder Verlust auf die Mitglieder zu verteilen ist (vgl. die Erl. zu § 48). Dies ist zwingendes Recht. Solange die Satzung im Rahmen des § 19 Abs. 2 keine Regelung über die Gewinn- und Verlustverteilung enthält, gilt Abs. 1. Die GV/VV kann eine andere Verteilung nur bei entsprechender Satzungsbestimmung vornehmen. Es genügt, wenn die Satzung den allgemeinen Maßstab festsetzt. Die konkrete Höhe – in der Regel ein Prozentsatz des jeweiligen Geschäftsguthabens – wird sodann durch die GV/VV festgesetzt. Die Satzung kann aber auch bestimmen, dass der Gewinn nicht verteilt, sondern den gesetzlichen oder anderen Rücklagen zugeschrieben wird (§ 20). Nach alledem kann die GV/VV den Gewinn (Jahresüberschuss) ganz oder jeweils teilweise – auf neue Rechnung vortragen, – in die gesetzliche Rücklage einstellen, – in andere Ergebnisrücklagen (§ 337 Abs. 2 Nr. 2 HGB) einstellen, – entsprechend den Satzungsvorschriften als Dividende den Geschäftsguthaben zuweisen oder an die Mitglieder verteilen.
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Jahresüberschuss ist der Überschuss der Erträge über die Aufwendungen in der Jahresbilanz (vgl. § 266 Abs. 3 A. Eigenkapital V. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag HGB, § 275 Abs. 2 Ziff. 19 HGB); bei der Beschlussfassung über den Jahresüberschuss werden auch Gewinn- und Verlustvorträge berücksichtigt, da in dem Beschluss, Gewinn oder Verlust auf neue Rechnung vorzutragen, der konkludente Vorbehalt liegt, über die Verwendung insoweit im kommenden Jahr zu beschließen – und zwar unter Berücksichtigung der einschlägigen Satzungsregelungen. Jahresfehlbetrag ist der Überschuss der Aufwendungen über die Erträge in der Jah4 resbilanz; hinsichtlich eines bestehenden Gewinn- oder Verlustvortrags gilt das vorstehend zum Jahresüberschuss Gesagte. Der Gewinn, der auf die Mitglieder verteilt werden kann (Bilanzgewinn), ist der Jah5 resüberschuss – zuzüglich eines evtl. bestehenden Gewinnvortrags aus dem Vorjahr, – abzüglich eines evtl. bestehenden Verlustvortrags aus dem Vorjahr, – abzüglich von Rücklagenzuführungen aufgrund von Satzungsregelungen,2 – zuzüglich evtl. Rücklagenauflösungen. Dieser Bilanzgewinn kann nach § 48 Abs. 1 ebenfalls den Rücklagen zugeführt werden; er kann aber auch an die Mitglieder verteilt bzw. auf neue Rechnung vorgetragen werden (vgl. § 43 der Mustersatzungen). Der Verlust, der auf die Mitglieder verteilt werden kann (Bilanzverlust), ist der Jahresfehlbetrag – zuzüglich eines evtl. bestehenden Verlustvortrags aus dem Vorjahr, – abzüglich eines evtl. bestehenden Gewinnvortrags aus dem Vorjahr, – abzüglich evtl. Rücklagenauflösungen (Rücklagenzuführungen aufgrund Satzungsregelungen setzen begrifflich einen Jahresüberschuss ggf., soweit dieses die Satzung vorsieht, unter Berücksichtigung von Gewinn- bzw. Verlustvorträgen aus dem Vorjahr voraus).
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2 Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Vorstand ohne Satzungsermächtigung nicht zur Einstellung in die sonstigen Rücklagen bei Aufstellung des Jahresabschlusses ermächtigt ist.
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Dieser Verlust kann nach § 48 Abs. 1 ebenfalls durch Rücklagenauflösungen gedeckt, er kann aber auch auf neue Rechnung vorgetragen oder an die Mitglieder verteilt werden (vgl. § 44 der Mustersatzungen). II. Gewinnverteilung 1. Adressatenkreis. Bis zur Erreichung des satzungsmäßigen Mindestbestands der gesetzlichen Rücklage (§ 7 Nr. 2) ist die GV/VV insoweit in ihrer Entscheidung gebunden, als zunächst der in der Satzung vorgesehene Teil des Gewinns der gesetzlichen Rücklage zugeschrieben werden muss. Ist nach der Satzung ein weiterer Teil des Gewinns einer anderen (freiwilligen) Ergebnisrücklage (vgl. § 39 der Mustersatzungen) zuzuführen, so ist die GV/VV auch insoweit in der Gewinnverteilung beschränkt. Den restlichen Gewinn kann die GV/VV, soweit die Satzung dies zulässt, nach ihrem Ermessen verwenden, ihn auf die Mitglieder verteilen, ebenfalls der gesetzlichen bzw. einer anderen Rücklage zuschreiben oder auf neue Rechnung vortragen, wenn sie z.B. zur Deckung für einen bereits abzusehenden Verlust Vorsorge treffen will. Bei Verteilung auf die Mitglieder sind alle zu berücksichtigen, die bis zum Ablauf des Geschäftsjahres, für das der Gewinn verteilt wird, Mitglied der eG waren;3 es ist unbeachtlich, ob ein Mitglied zu diesem Zeitpunkt aus der eG infolge einer Kündigung oder eines Ausschlusses ausscheidet. Sieht die Satzung keine abweichende Regelung vor, erhalten jedoch die im abgelaufenen Geschäftsjahr beigetretenen Mitglieder keine Dividende, da nach § 19 Abs. 1 S. 2 2. Halbs. das Geschäftsguthaben am Schluss des dem abgelaufenen Geschäftsjahr vorhergegangenen Geschäftsjahres der Berechnungsmaßstab ist (zum Sonderfall der Geschäftsguthabenübertragung siehe § 76 Rdn. 17). Eine Differenzierung gegenüber investierenden Mitgliedern ist zulässig und sinnvoll; sie sollte in der Satzung festgelegt werden z.B. in Form einer Mindestdividende, vgl. Rdn. 16. Die zulässige Gewinnverwendung zur Rückerstattung abgeschriebener Geschäftsguthaben ist weder ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick auf die Mitglieder, die erst nach der Verlustdeckung der eG beitraten, noch bezüglich der Mitglieder, die zwischenzeitlich ausgeschieden sind.4 Eine Gewinnzuweisung an Dritte (z.B. im Rahmen eines Gewinnpoolungsvertrags) ist unzulässig, sie widerspricht zwar nicht dem genossenschaftlichen Förderauftrag, §§ 19, 20 (und § 91 für den Fall der Liquidation) regeln jedoch die Gewinn- und Verlustverteilung abschließend.5 Ob die Vereinbarkeit der Ausgabe von Genussrechten oder Genussscheinen (verbriefte Form des Genussrechts) mit genossenschaftlichen Grundsätzen, insbesondere mit § 19 Abs. 1 vereinbar ist, ist in der Literatur umstritten.6 Eine Ausgabe wird aufgrund der zwingenden Regelung der Gewinn- und Verlustverteilung in § 19 Abs. 1 S. 2 (der Gewinn ist unter den Mitgliedern zu verteilen) als unzulässig angesehen. Dem wird zu Recht entgegengehalten, dass Genussrechte nicht aus dem gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 zu verteilenden Gewinn bedient werden. Der vorgeschriebenen Gewinnverteilung der GV/VV an die Mitglieder unterliegt nur der im Jahresabschluss ausgewiesene Gewinn. Der Gedanke der
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3 Vgl. in diesem Zusammenhang Parisius/Crüger/Citron § 76 Anm. 18. 4 Weidmüller BlfG 1937, 755. 5 Müller GenG § 19 Rdn. 2a; a.A. Schudt „Der Genussschein als genossenschaftliches Finanzierungsinstrument“, Reinhardt in: Festschrift für Westermann 1974, 473. 6 Für die Zulässigkeit Bauer, Genossenschafts-Handbuch § 7 Rdn. 35 u. § 19 Rdn. 9 m.w.N.; Beuthien GenG § 19 Rn. 28; a.A. Müller GenG § 19 Rdn. 2a; Pöhlmann in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 19 Rn. 3.
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Vorwegzuweisung wird für vermögenswirksame Leistungen durch § 2 Abs. 5 5. VermBG zum Ausdruck gebracht. Zudem wird die Ausgabe von Genussrechten für Kredit eG im KWG ausdrücklich als haftendes Eigenkapital zugelassen. Hieraus ergibt sich, dass zumindest bei fester Verzinsung unabhängig vom Betriebsergebnis, die Ausgabe von Genussrechten zulässig sein muss. Handelsrechtlich wird das Genussrechtskapital als bilanzielles Eigenkapital anerkannt, wenn es nachrangig ist, erfolgsabhängig ausgestaltet ist, am Verlust bis zur vollen Höhe teilnimmt und die Kapitalüberlassung für einen längeren Zeitraum (z.B. mindestens 5 Jahre und zwei Jahre Mindestkündigungsfrist) erfolgt.7 Gleiches gilt für die stille Beteiligung. 9 „Dividenden“ an Ausgeschiedene für den Zeitraum des Ausscheidens bis zur GV/VV sind keine Gewinnverteilung, da diese nicht mehr Mitglieder sind. Es handelt sich um Vergütungen für die Zurverfügungstellung des Auseinandersetzungsguthabens, die aus den Erträgen der eG des laufenden Geschäftsjahres gezahlt werden. Für die Entscheidung, ob (aus Imagegründen) und in welcher Höhe derartige Leistungen erbracht werden, ist der Vorstand zuständig. Zulässig sind Vereinbarungen im Rahmen von Anstellungsverträgen, die eine Gewinnbeteiligung vorsehen. Die Auszahlungen sind gewinnmindernde Betriebsausgaben.8 Gleiches gilt für Vereinbarungen mit Dritten, den Gewinn aus einem gemeinsamen Geschäft zu teilen. Die eG verteilt nicht einen Teil ihres Bilanzgewinns, sondern jeder Vertragspartner erhält einen Anteil am Überschuss aus einem Geschäft.9 Die Satzung einer ehemals gemeinnützigen eG (insbesondere WohnGen) kann frei 10 bestimmen, in welcher Weise der Gewinn zu verwenden und zu verteilen ist (§ 20 i.V.m. § 7 Nr. 2). In der Praxis wird der auszuschüttende Gewinnanteil so bemessen, dass die eG ihre Aufgaben im Rahmen ihrer Zweckbestimmung dauerhaft erfüllen und ausreichende Rücklagen bilden kann. 11
2. Generalversammlungsbeschluss. Voraussetzung für die Verteilung ist gemäß § 48 Abs. 1 ein Beschluss der GV/VV über den Jahresabschluss und die Gewinnverteilung (Verwendung des Jahresüberschusses, § 48 Abs. 1 S. 2). Der Anspruch auf Feststellung des auf die Mitglieder entfallenden Gewinns, also des zur Verteilung kommenden Betrags ist kein einklagbares Sonderrecht (vgl. Erl. zu § 18 Rdn. 14) des einzelnen Mitglieds. Ein Rechtsanspruch auf die Dividende entsteht erst durch den Gewinnverteilungsbeschluss der GV/VV (§ 48),10 er verjährt sodann in 3 Jahren, § 195 BGB. Auch bei diesem Anspruch handelt es sich, da er frei übertragbar ist, um kein Sonderrecht, sondern um ein von der Mitgliedschaft lösbares Gläubigerrecht.11 War die Bilanz unrichtig, so dass tatsächlich kein auf die Mitglieder zu verteilender Gewinn vorlag, können die Dividendenzahlungen nach § 812 BGB12 und aufgrund der mitgliedschaftsrechtlichen Pflichten (Treuepflicht) zurückverlangt werden. Abschlagsdividenden vor Feststellung der Bilanz sind (mit Unterschied zur gewinnorientierten GmbH) wegen § 1 unzulässig.13 Auch die GV/VV kann diese nicht beschließen.14
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7 Vgl. Verlautbarungen IDW Hauptfachausschuss (HFA) 1/1994: Zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften (Ergänzung 1998) Abschnitt 2.2.1. 8 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 19 Rdn. 3. 9 Müller GenG § 19 Rdn. 2a. 10 Vgl. zur GmbH RG JW 1916, 409 m. krit. Anm. Hachenburg. 11 RGZ 87, 387. 12 Insoweit a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 23; Beuthien GenG § 19 Rdn. 8. 13 RG DJZ 36, Sp. 1309; KGJ 36, 142; BGH NJW 1960, 1859; Beuthien GenG § 19 Rdn. 5. 14 Müller GenG § 19 Rdn. 9 f.
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3. Verteilungsmaßstab. Die Vorschriften über die Maßgeblichkeit der Höhe der Ge- 12 schäftsguthaben am Schluss des vorhergegangenen Geschäftsjahres beruht auf der Erwägung, dass die im abgelaufenen Geschäftsjahr geleisteten Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zur Erzielung des durch die Geschäftsführung des ganzen Jahres entstandenen Gewinns in der Regel nicht beigetragen haben und bezweckt zu verhüten, dass bei günstigem Geschäftsergebnis das einzelne Mitglied noch unmittelbar vor dem Schluss des Geschäftsjahres seine Einzahlungen nur zu dem Zweck erhöht, um hierdurch seinen Anteil am Gewinn zu vermehren. Die im abgelaufenen Geschäftsjahr geleisteten Einzahlungen bleiben also bei der Gewinnverteilung unberücksichtigt. Die in diesem Geschäftsjahr beigetretenen Mitglieder nehmen deshalb an der Gewinnverteilung nicht teil. Das Gleiche gilt grundsätzlich auch für die Verlustverteilung. Nach dem in § 19 Abs. 1 vorgesehenen Maßstab, d.h. nach der Höhe der Geschäftsguthaben (Kapitaldividende), verteilen insbesondere die Kreditgenossenschaften ihren Gewinn, soweit er nicht den Rücklagen zugeführt wird. Bei mehreren Geschäftsanteilen erfolgt die Verteilung nicht auf die einzelnen Geschäftsanteile. Das Gesetz geht von der grundsätzlichen Einheit des Geschäftsguthabens aus, wie dies im Wortlaut des § 76 zum Ausdruck kommt. Es ist nach § 19 Abs. 2 der Satzung überlassen, die Verteilung nach dem Verhältnis 13 der zum Schluss des abgelaufenen Geschäftsjahres oder zu einem anderen Zeitpunkt ermittelten Geschäftsguthaben vorzusehen. Die Satzung kann nicht die GV/VV oder ein anderes Organ ermächtigen, die Gewinnverteilung zu regeln, weil dies eine Umgehung des § 19 Abs. 1 bedeutet. Insbesondere erfüllt eine generelle Ermächtigung von Jahr zu Jahr von der GV/VV über die Verteilung zu entscheiden nicht den „anderen Maßstab“ des § 19 Abs. 2.15 Etwas anderes gilt, wenn die Satzung alternative bzw. kumulative Verteilungsmaßstäbe vorsieht, z.B. die Verteilung nach dem Verhältnis der Geschäftsguthaben oder nach dem Verhältnis des Umsatzes. Dabei muss die satzungsmäßige Bestimmung immer am Wesen der eG und am genossenschaftlichen Förderzweck gemessen werden. Hierdurch wird der GV/VV die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen der Satzungsvorgaben (Maßstab) über die Verteilung zu entscheiden. Eine unzulässige generelle Ermächtigung liegt in diesem Fall nicht vor.16 Maßstab der Gewinnverteilung in Abs. 1 ist „das Geschäftsguthaben zum Schluss des vorhergegangenen Geschäftsjahres“. Ein hiervon abweichender Zeitpunkt ist stets ein „anderer Maßstab“ im Sinne dieser Vorschrift. Dies entspricht der ratio legis, denjenigen zu belohnen, der für einen bestimmten Zeitraum der eG Eigenkapital zur Verfügung gestellt hat.17 In der Praxis kommt oft eine Satzungsregelung vor, der zufolge bei der Gewinnverteilung die im abgelaufenen Geschäftsjahr auf den Geschäftsanteil geleisteten Einzahlungen vom ersten Tag des auf die Einzahlung folgenden Kalendervierteljahres oder vom Tag der Einzahlung an zu berücksichtigen sind. Erfolgt die Einzahlung noch vor Ende eines Geschäftsjahres, die Zulassung des Beitritts oder der Beteiligung aber erst im nächsten Geschäftsjahr, so ist das Guthaben dividendenberechtigt nach Maßgabe der Satzungsregelung, wenn zum Zeitpunkt des Generalversammlungsbeschlusses die Beteiligung wirksam geworden ist. Dies folgt aus Abs. 1 Satz 1. Der Gewinn wird in diesem Fall auf die Mitglieder verteilt, die bei der Feststellung des Jahresabschlusses Mitglieder sind. Lediglich der Verteilungsmaßstab orientiert sich an einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt. Bei Verschmelzungen ist das Geschäftsguthaben bei der übertragenden eG mit zu berücksichtigen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Es empfiehlt sich, in den Verschmelzungsvertrag aufzunehmen, dass die Mitglieder der übertra-
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OLG Köln Urt. v. 30.4.1993, Az. 4 U 39/92 – unveröffentlicht; Beuthien GenG § 19 Rdn. 8. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 16. BayObLG ZfgG 1990, 151 m. Anm. Roth; a.A. LG Augsburg Beschl. v. 24.2.1986, Az. 2 HK T 3682/85.
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genden eG ab dem 1.1. eines Geschäftsjahres (bei abweichendem Geschäftsjahr entsprechend anderer Zeitpunkt), in dem die Verschmelzung wirksam wird, einen Anspruch auf Dividende haben, sofern die GV der übernehmenden eG eine Dividendenzahlung beschließt.18 Eine Auszahlung des Gewinns an das Mitglied vor Volleinzahlung des Geschäftsan14 teils bzw. der Geschäftsanteile bedarf nach Abs. 2 S. 1 einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung. Keine Auszahlung erfolgt, wenn die Satzung lediglich regelt, dass auf den Geschäftsanteil nur ein bestimmter Prozentsatz einzuzahlen ist (also keine Volleinzahlungspflicht vorgesehen ist) und das Mitglied diese Einzahlungspflicht erfüllt hat. 15 Der in § 19 Abs. 2 zugelassene satzungsmäßige andere Maßstab für die Gewinnverteilung kann der Umfang der Inanspruchnahme der eG durch die Mitglieder sein, z.B. der Umfang des Einkaufs der Mitglieder bei der Einkaufsgenossenschaft, des Verkaufs der Mitglieder an die Absatzgenossenschaft, der Lohnzahlung der Produktivgenossenschaft an die Mitglieder.19 Jedes Mitglied erhält dann einen in Prozenten seines Umsatzes mit der eG bemessenen Gewinnanteil. Diese Art der Gewinnverteilung, die in der Praxis selten ist, weil vielfach an deren Stelle die genossenschaftliche Rückvergütung tritt, wird Umsatz- oder Leistungsdividende genannt. Da es sich bei der Umsatz- oder Leistungsdividende ebenso wie bei der Kapitaldividende um einen Gewinnanteil handelt, beschließt die GV/VV nach § 48 Abs. 1 aufgrund des Jahresergebnisses über dessen Höhe. Ein Rechtsanspruch der Mitglieder auf diesen Gewinnanteil entsteht deshalb erst aufgrund des Gewinnverteilungsbeschlusses der GV/VV. Hingegen stellt die Heranziehung der steuerlichen Merkmale der einzelnen Mitglieder keinen sachlichen Grund für eine entsprechende unterschiedliche Behandlung der Mitglieder dar.20 Grundsätzlich ist der Gewinn auf alle Mitglieder zu verteilen. Eine Satzungsrege16 lung, dass der zu verteilende Gewinn nur auf bestimmte Mitgliedergruppen verteilt wird, ist grundsätzlich unzulässig. Es kann allenfalls als zulässig angesehen werden, in der Satzung festzulegen, dass die nicht mehr im Erwerbsleben stehenden Mitglieder Dividende und die noch im Erwerbsleben stehenden Mitglieder genossenschaftliche Rückvergütung erhalten. Eine solche Regelung kann durchaus sachgerecht sein und verstößt dann nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder.21 Fraglich ist, ob investierende Mitglieder den inaktiven gleichgestellt werden müssen, denn sie verbindet ebenso nur noch Kapitalinteressen und keine Förderbeziehung zur eG. Bei der Dividende könnte durch die Satzung, soweit es sachgerecht ist, auch zwischen den einzelnen Umsätzen unterschieden werden, z.B. für den Einkaufsumsatz eine andere Dividende als für den Verkaufsumsatz gelten. Auch kann es zulässig sein, verschiedenen Mitgliedergruppen eine unterschiedliche Dividende zu gewähren. Denkbar ist eine höhere Dividende oder eine (Mindest-)Verzinsung für investierende Mitglieder. Die Geschäftsguthaben investierender Mitglieder können mit freiwilligen Geschäftsanteilen nicht gleichgestellt werden, da freiwillige Anteile auch aufgrund der Förderbeziehung gehalten werden. Nicht zulässig ist es hingegen, verbleibenden Mitgliedern eine höhere Dividende als ausscheidenden Mitgliedern zu zahlen. Sind die Geschäftsguthaben der Mitglieder zur Verlustdeckung abgeschrieben worden unter Beibehaltung der Höhe der Geschäftsanteile, so kann die Satzung bestimmen, dass Dividende nur an bisherige Mitglieder zur Auffüllung der abgeschriebenen Geschäftsguthaben gezahlt wird, nicht aber an neu beitretende Mitglieder. Dies rechtfertigt
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Vgl. Anh. zum UmwG, § 6 des Muster-Verschmelzungsvertrages. KGJ 36, 142; RGZ 140, 331; JFG 21, 141. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 15. So im Ergebnis auch Müller GenG § 19 Rdn. 6.
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sich entsprechend den Gesichtspunkten zum Eintrittsgeld: Die Mitglieder, die zur Sanierung der eG beigetragen haben, können aus künftigen Gewinnen Vorteile vor den anderen Mitgliedern haben, die in eine sanierte eG eingetreten sind.22 Denkbar ist es auch, dass die Dividende nach der Höhe der Geschäftsguthaben progressiv gestaffelt wird bzw. dass eine Dividende nur für Geschäftsguthaben auf weitere Geschäftsanteile gewährt wird (um einen Anreiz für die Einzahlung weiterer Beträge zu geben), sofern dies sachgerecht und mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist. Unter denselben Voraussetzungen ist auch eine degressive Staffel zulässig, z.B. um einem zu starken Zufluss von Geschäftsguthaben entgegenzuwirken. Es ist allerdings stets eine entsprechende Satzungsregelung erforderlich. Bei Ausgliederung des Geschäftsbetriebs auf eine Tochtergesellschaft kann die eG für die Verteilung ihres Gewinns auf die Mitglieder deren Umsatz mit der Tochtergesellschaft in der Satzung vorsehen. Gleiches gilt bei Auslagerung des Geschäftsbetriebs mehrerer eG auf eine gemeinsame Gesellschaft.23 Eine Zuschreibung des Gewinns über den Betrag des Geschäftsanteils bzw. des Ge- 17 samtbetrages der Geschäftsanteile hinaus ist ausgeschlossen, weil der Geschäftsanteil den satzungsmäßigen Höchstbetrag der statthaften Mitgliedereinlagen darstellt (§ 7). Das Geschäftsguthaben kann nicht höher sein als die Summe der übernommenen Geschäftsanteile. Allerdings kann der überschießende Betrag der eG z.B. als Mitgliederdarlehen überlassen werden, sofern die besonderen Voraussetzungen erfüllt sind und insb. kein unzulässiges Einlagengeschäft vorliegt. Soweit nach § 19 Abs. 1 S. 3 die Dividende dem Geschäftsguthaben zugeschrieben werden muss, ist sie nur mit dem Geschäftsguthaben pfändbar und nach § 76 abtretbar.24 Besteht ein Auszahlungsanspruch auf die Dividende, ist dieser selbständig abtretbar, pfändbar und verpfändbar.25 4. Verdeckte Gewinnausschüttungen. Sitzungsgelder für die Teilnahme an der VV 18 sind keine verdeckten Gewinnausschüttungen. Die VV dient einerseits den Interessen der Mitglieder; andererseits dient sie auch entscheidend den Interessen der eG selbst, weil der Geschäftsablauf durch die Tätigkeiten der VV wesentlich gefördert wird. Wägt man diese Vorteile gegeneinander ab, so überwiegt das Interesse der eG.26 Die eG zahlt daher den Auslagenersatz nicht in erster Linie im Interesse der Mitglieder, sondern in ihrem eigenen Interesse und wendet durch die Erfüllung des Auslagenersatzanspruchs den Vertretern keinen Vorteil zu. Aufwendungen der eG in ihrem spezifischen Interessenbereich an die Mitglieder im Rahmen des Geschäftsablaufs sind generell Betriebsausgaben und keine verdeckte Gewinnausschüttung, wenn das Eigeninteresse der eG und nicht das Förderinteresse der Mitglieder diese Aufwendungen verursacht. Entscheidend ist also, ob Leistungen an die Mitglieder aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Mitgliedschaftsverhältnis gewährt werden. Aufwendungen für eine Mitgliederzeitschrift, die nicht nur allen Mitgliedern, sondern jedem Interessenten zugänglich gemacht werden, sind Betriebsausgaben, da sie überwiegend der Akquisition und der Vorbereitung von Geschäftsabschlüssen dienen. Vermittelt die eG Vertragsabschlüsse ihrer Mitglieder mit Dritten und verzichtet sie hierbei auf die Abschlussprovision, so kann dies eine verdeckte Gewinnausschüttung sein. Verzichtet die eG jedoch auch bei anderen
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22 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 15 mit dem Hinweis, die neuen Mitglieder hätten mit ihrem Geschäftsguthaben ebenfalls zur Gewinnerzielung beigetragen; er verkennt, dass Gewinne nicht aus Geschäftsguthaben, sondern aus Geschäften erzielt werden, deren Wurzeln ggf. vor dem Beitritt liegen. 23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 17. 24 Müller GenG § 19 Rdn. 9. 25 RGZ 87, 386; zur Frage, wem die Dividende im Falle der Übertragung des Geschäftsguthabens zusteht, vgl. ausführlicher § 76 Rdn. 17. 26 BFH BStBl. 1984 II, 273.
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Kunden auf die Abschlussprovision, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vor. Die Aushändigung eines Mitgliederausweises ist bereits wegen des geringen Betrags keine messbare Vorteilszuwendung. Bei Informationsveranstaltungen für Mitglieder überwiegt die betriebliche Sphäre. Kosten für die Unterrichtung der Mitglieder bzw. für das Werben neuer Mitglieder sind Betriebsausgaben. Im Rahmen der Zentralregulierung weitergeleitete Lieferantenboni sind keine verdeckten Gewinne, wenn sie zivilrechtlich als durchlaufende Posten ausgestaltet sind. 18a
5. Kreditgenossenschaften. Hat eine Kreditgenossenschaft kein den gesetzlichen Anforderungen genügendes Eigenkapital oder erfüllt die Anlage nicht die Anforderungen des § 11 KWG, kann die BaFin die Gewinnausschüttung untersagen oder einschränken (§ 45 Abs. 1 S. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KWG), es sei denn, der Mangel wird innerhalb einer von der BaFin zu bestimmenden Frist behoben. Zuwiderlaufende Beschlüsse der GV/VV wären nichtig. War vor der Anordnung der Beschluss wirksam gefasst, führt die Anordnung zu einem Ausschüttungsverbot. Eine Ausschüttung vor der Anordnung bleibt wirksam.27 III. Verlustverteilung
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1. Allgemeines. Die §§ 19 und 20 sind im Zusammenspiel mit § 48 Abs. 1 zu sehen.28 Eine Verlustdeckung durch Heranziehung von Geschäftsguthaben wird in der Praxis nur die ultima ratio sein, da sie dem Image der eG schadet und Mitglieder zur sofortigen Kündigung bewegen kann. Solange noch Rücklagen vorhanden sind, wird der Vorstand bei der Aufstellung des Jahresabschlusses schon aus geschäftspolitischen Erwägungen diese (soweit möglich und in Absprache mit dem genossenschaftlichen Prüfungsverband) vorrangig zur Verlustdeckung heranziehen.29 Verlust nach § 19 ist nämlich nicht der gesamte Jahres(bilanz)fehlbetrag, sondern nur der Teil dieses Betrages, der laut dem Gewinnverwendungsbeschluss der GV/VV (nach Entnahme aus den Rücklagen und Verrechnung eines evtl. Gewinnvortrages) durch Abschreibung der Geschäftsguthaben der Mitglieder gedeckt werden soll.30
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2. Adressatenkreis. Ein aus der Bilanz sich ergebender Verlust kann mittels GV/VVBeschluss beseitigt oder auf neue Rechnung vorgetragen werden.31 Hinsichtlich der Verlustdeckung hat die GV/VV das unentziehbare Recht, die Geschäftsguthaben (§ 19) oder die gesetzliche Rücklage (§ 7 Nr. 2) heranzuziehen. Hinsichtlich der anderen Ergebnisrücklagen (vgl. § 337 Abs. 2 Nr. 2 HGB i.V.m. § 266 Abs. 3 Abschnitt A. III. Ziff. 4 HGB) enthält das Gesetz keine Regelung; es gilt dann nach § 18 Gestaltungsfreiheit für die Satzung. Sofern die Satzung nichts bestimmt entscheidet über deren Verwendung der Vorstand.32 In der Praxis findet man im Allgemeinen Satzungsregelungen, der zufolge die GV/VV zur Deckung von Verlusten auch die anderen Rücklagen heranziehen darf (vgl. § 44 der Mustersatzungen, der § 39 der Mustersatzungen vorgeht). Die GV/VV ist frei in
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27 Zum Vorstehenden Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 28, 29. 28 Beuthien GenG § 19 Rdn. 2. 29 Beachte jedoch die strengen Eigenkapitalvorschriften für Finanzdienstleistungsunternehmen, also auch eG durch die Regelungen infolge Art. 25 bis 380 ff. Verordnung (EU) Nr. 575/2013 bzw. § 10 Abs. 3 und 4 KWG. Bei Kreditgenossenschaften wird dies regelmäßig mit einer Sanierung über die Sicherungseinrichtung des BVR bzw. der EinsiG-GmbH verbunden sein. 30 Beuthien GenG § 19 Rdn. 10. 31 Hinsichtlich der verschiedenen Möglichkeiten vgl. ausführlich § 48 Rdn. 14, 15. 32 Beuthien GenG § 7a Rdn. 19.
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ihrer Entscheidung, welchen Weg sie wählt. Sie kann jedoch keine „Umlage“ auf die Mitglieder (also Zahlung durch diese) beschließen. Die Gründe für die eingetretenen Verluste sind ohne Bedeutung.33 Stets ist für die Behandlung von Verlusten ein GV/VVBeschluss erforderlich, vgl. ausführlicher § 48 Rdn. 12, 14. 3. Verteilungsmaßstab. Grundsätzlich erfolgt die Verlustverteilung nach dem 20 Verhältnis der Geschäftsguthaben am Schluss des dem abgelaufenen Geschäftsjahr vorhergegangenen Geschäftsjahres (Abs. 1). Die im abgelaufenen Geschäftsjahr beigetretenen Mitglieder nehmen deshalb an der Verlustverteilung grundsätzlich nicht teil. Die Satzung kann einen anderen Verteilungsmaßstab – auch abweichend vom Gewinnverteilungsmaßstab – vorsehen. Stets ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten; auch muss der Beschluss mit dem Wesen der eG vereinbar sein.34 Reichen aber unter Berücksichtigung dieses Verteilungsmaßstabs die Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung nicht aus, so können auch noch nach demselben Verteilungsmaßstab die Geschäftsguthaben des abgelaufenen Geschäftsjahres herangezogen werden.35 Für die Abschreibung von Geschäftsguthaben empfiehlt es sich, in der Satzung eine Regelung aufzunehmen, nach der dies nach dem Verhältnis der Haftsummen bzw. Geschäftsanteile bei Beginn des Geschäftsjahres, in dem der Verlust entstanden ist, zu geschehen hat. So wird eine Gleichbehandlung mit den Ausgeschiedenen erreicht, bei denen ein Verlustvortrag ebenfalls das Auseinandersetzungsguthaben im entsprechenden Umfang mindert. Die Beteiligung eines Mitglieds am Verlust kann nur in der Weise erfolgen, dass der 21 Verlustanteil von einem tatsächlich vorhandenen Geschäftsguthaben abgeschrieben wird, wobei ein Negativsaldo nicht entstehen kann.36 Die Abtretung des Auseinandersetzungsanspruchs mindert nicht die Heranziehung des Geschäftsguthabens zur Verlustdeckung. Ist in der Satzung eine einheitliche Bezugsgröße für die Heranziehung der Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung vorgesehen (z.B. Haftsumme, Geschäftsanteil) und hat ein Mitglied lediglich ein Geschäftsguthaben, das nicht ausreicht, um den entsprechend der Satzung zu übernehmenden Verlustanteil zu decken, so können sich hierauf die übrigen Mitglieder nicht berufen, um nur den entsprechend geringeren Verlustanteil zu übernehmen (analoge Anwendung des § 105 Abs. 3). Aus Sinn und Zweck dieser Vorschrift folgt, dass nicht nur das tatsächlich vorhandene Geschäftsguthaben herangezogen werden kann, sondern auch die rückständigen, fälligen Pflichteinzahlungen eingefordert werden müssen. Hierdurch wird das bei der Verteilung des Verlustes nach dem Verhältnis der Geschäftsguthaben drohende Ergebnis, dass die mit den Einzahlungen säumigen Mitglieder nur mit ihren geringeren Geschäftsguthaben herangezogen werden können, wenigstens teilweise vermieden.37 Gleiches gilt hinsichtlich nicht übernommener Pflichtanteile. Die Satzung kann rechtlich bedenkenfrei vorsehen, dass im Falle eines nicht ausreichenden Geschäftsguthabens einzelner Mitglieder dieser nicht gedeckte Teil des Verlustes von den übrigen Mitgliedern zu übernehmen ist. Diese Forderungen gehören zum Vermögen der eG; sie vermeiden ggf. den Tatbestand der Überschuldung. Die Belastung mit der rückständigen Pflichteinzahlung erfolgt auf einem anderen Konto des Mitglieds und nicht auf dem Geschäftsguthabenkonto (kein Negativsaldo). Hat ein Mit-
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33 LG Braunschweig Urt. v. 9.3.1978, Az. 7 S. 285/77. 34 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 42; Beuthien GenG § 19 Rdn. 11; Müller GenG § 19 Rdn. 17. 35 KG BlfG 1933, 792. 36 LG Braunschweig Urt. v. 9.3.1978, Az. 7 S. 285/77; Beuthien GenG § 19 Rdn. 13; Müller GenG § 19 Rdn. 18; Paulick S. 291. 37 Allg.M. OLG Jena BlfG 1930, 64; KG BlfG 1930, 80 und 272; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 47; Beuthien GenG § 19 Rdn. 13; Müller GenG § 19 Rdn. 16; Paulick S. 291.
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glied nur ein Geschäftsguthabenkonto, so ist ein Sonderkonto einzurichten. Spätere Einzahlungen werden diesem anderen Konto und nicht dem Geschäftsguthabenkonto gutgeschrieben; sie bleiben auch bei der Auseinandersetzung nach § 73 außer Betracht. Gegebenenfalls sind auch die Folgen der §§ 33 Abs. 3, 98 zu beachten. 22
4. Wiederauffüllung. Im Falle der Verlustabschreibung besteht grundsätzlich keine Verpflichtung – auch nicht durch entsprechende Satzungsregelung – zur Wiederauffüllung des Geschäftsguthabens durch erneute Einzahlung. Möglich ist aber im Wege der Änderung der Satzung eine Erhöhung des Geschäftsanteils und Einführung oder Erweiterung einer Pflichtbeteiligung oder durch einfachen Beschluss der GV/VV die Soforteinzahlung ausstehender, noch nicht fälliger Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zu beschließen.38 Jedoch muss nunmehr der Gewinnanteil dem Geschäftsanteil bis zur Volleinzahlung wieder gutgeschrieben werden, nicht hingegen eine genossenschaftliche Rückvergütung. Ist die Abschreibung auf ein aus der Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen entstandenes Geschäftsguthaben erfolgt, so muss die Zuschreibung des Gewinns erfolgen, bis das gesamte Geschäftsguthaben wieder erreicht ist; die Satzung kann nichts Abweichendes regeln. Die Einzahlungspflicht lebt jedoch auf, soweit Geschäftsguthabenanteile zur Verlustdeckung herangezogen worden sind, die aus der Gutschrift von Gewinnanteilen resultieren,39 da die Gewinngutschrift im Hinblick auf die Pflichteinzahlung keine Leistung an Erfüllung statt ist, anders jedoch, soweit es sich um die Gutschrift genossenschaftlicher Rückvergütungen handelt. Wurden die Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung voll herangezogen und hat die eG in den Folgejahren Gewinn, würde die Gewinnverteilung nachdem gesetzlichen Maßstab zu dem nicht sachgerechten Ergebnis führen, dass neu eingetretene Mitglieder mit demzufolge vorhandenem Geschäftsguthaben Dividenden erhielten. Es empfiehlt sich im Fall des Abschreibens der Geschäftsguthaben den Verteilungsmaßstab für zukünftige Gewinne so zu regeln, dass sie zuerst zum Auffüllen der abgeschriebenen Geschäftsguthaben genutzt werden. IV. Rückvergütungen
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Von der Gewinnverteilung durch Beschluss der GV nach §§ 19, 48 ist die genossenschaftliche Rückvergütung, oftmals auch als Warenrückvergütung bezeichnet, als besondere Form der Überschussverteilung zu unterscheiden. Diese ist wiederum von Preisnachlässen ist (Skonti, Rabatte, Boni, etc.) abzugrenzen.
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1. Preisnachlässe (Skonti, Rabatte, Boni etc). Kennzeichen der Preisnachlässe ist, dass sie allen Abnehmern (Kunden) der eG gewährt werden, ohne Rücksicht darauf, ob sie Mitglieder oder Nichtmitglieder der eG sind. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass der Preisnachlass bereits vor Abschluss des Rechtsgeschäfts vereinbart wird, während die genossenschaftliche Rückvergütung erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres beschlossen wird.40 Umsatzsteuerlich handelt es sich bei den Preisnachlässen um eine Minderung des steuerlichen Entgelts (§ 17 Abs. 1 UStG). Entgeltminderungen liegen vor, wenn der Leistungsempfänger (Kunde) bei der Zahlung Beträge in Abzug bringt (z.B. Skonti, Rabatte, Boni etc.) oder wenn dem Leistungsempfänger (Kunden) bereits gezahlte Beträge zurückgezahlt werden, ohne dass dafür eine gesonderte Leistung erbracht wird (z.B. Jahresbonusabrechnung). Ertragsteuerlich sind diese gewährten Preisnachläs-
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 51. So im Ergebnis RGZ 68, 93; 106, 403; Müller GenG § 19 Rdn. 7, 8; Beuthien GenG § 19 Rdn. 9. Vgl. R 70 Abs. 2 S. 3 KStR.
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se Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG); sie wirken sich gewinnmindernd aus und verringern sowohl die Körperschaft- und Gewerbesteuer. 2. Genossenschaftliche Rückvergütung. Die genossenschaftliche Rückvergütung 25 stellt eine Form der Überschussverteilung an die Genossenschaftsmitglieder dar und ist nicht als Gewinnverteilung im Sinne von § 19 Abs. 1 GenG anzusehen. § 22 Abs. 2 KStG regelt die genossenschaftliche Rückvergütung nicht konstitutiv, sondern setzt die genossenschaftsrechtliche Zulässigkeit voraus.41 In vollem Umfang steuerpflichtige eG können bei der Ermittlung ihres steuerpflichtigen Einkommens unter bestimmten Voraussetzungen genossenschaftliche Rückvergütungen als Betriebsausgaben abziehen (§ 22 KStG). Hierfür gelten folgende Grundsätze: Bei der genossenschaftlichen Rückvergütung handelt es sich um eine dem Wesen der eG eigentümliche Art der Verteilung desjenigen Überschusses, der im Geschäftsverkehr (keine Rückvergütung ohne Mitgliederumsatz!) mit den Mitgliedern der eG erzielt wurde. Dem Wesen der eG entspricht es, nicht gewinnorientiert zu kalkulieren, sondern entsprechend dem Förderauftrag aktive Konditionenpolitik zu betreiben. Die genossenschaftliche Rückvergütung ist nur dann als abziehbare Betriebsausgabe zu behandeln, wenn sie nach der Höhe des Umsatzes bemessen und allen Mitgliedern in gleichen Hundertsätzen des Umsatzes gewährt wird. Eine Abstufung nach der Art der umgesetzten Waren (Warengruppen) oder nach der Höhe des Umsatzes mit den einzelnen Mitgliedern (Umsatzgruppen) ist nicht zulässig. Eine Unterscheidung nach einzelnen Geschäftssparten (Betriebsabteilungen z.B. Bezugsgeschäft, Absatzgeschäft, Kreditgeschäft, Produktion mit gewisser Bedeutung im Verhältnis zum Gesamtunternehmen) nach unterschiedlichen Hundertsätzen des Umsatzes ist zulässig. Dabei ist zunächst in der Weise zu verfahren, dass der im Gesamtbetrieb erzielte Überschuss gemäß § 22 Abs. 1 KStG im Verhältnis der Mitgliederumsätze zu den Nichtmitgliederumsätzen aufgeteilt wird. Bei der Ermittlung dieses Verhältnisses scheiden Neben-, Hilfs- und Gegengeschäfte aus.42 Die genossenschaftliche Rückvergütung ist weder in § 19 geregelt, noch wird sie 26 von dieser Vorschrift erfasst; sie ist auch sonst im GenG nicht definiert. Sie hat sich vielmehr schon sehr früh in der Praxis entwickelt und dürfte erstmalig in der Entscheidung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts v. 14.10.189743 behandelt worden sein. Durch BFH-Urt. v. 10.12.197544 wurde die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung (§ 35 KStDV a.F.) zur genossenschaftlichen Rückvergütung bejaht. Prämien, die zwar an zurückliegende Umsatzgeschäfte zwischen eG und Mitglied anknüpfen, jedoch auf deren Fortsetzung im folgenden Geschäftsjahr bezogen sind, sind im Hinblick auf die angestrebte weitere Bindung keine Rück- bzw. Nachvergütungen, sondern Förderungsprämien, von deren Bezug die eG ausgeschiedene Mitglieder daher ausschließen kann, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder zu verstoßen.45 Die genossenschaftliche Rückvergütung steht in keiner Verbindung mit dem für eine 27 einzelne Ware gezahlten Preis; infolgedessen ist sie preisrechtlich keine Preisrückgewähr. Die Gewährung einer genossenschaftlichen Rückvergütung enthielt weder einen Verstoß gegen das inzwischen aufgehobene Rabattgesetz noch gegen eine etwa vorhandene Preisbindung. Die Gewährung einer genossenschaftlichen Rückvergütung folgt aus dem Förderauftrag der eG. Aus dem Förderauftrag folgt u.a. das Ziel, den Mitgliedern die
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Vgl. BStBl. II 1976, 351, Tz. 12; Beuthien GenG § 19 Rdn. 14. Zur Definition und Abgrenzung siehe R 20 Abs, 6 Ziffer 1–4 KStR. Entscheidungen in Staatssteuersachen Bd. 6, 385. BStBl. II 1976, 351. LG Augsburg m. Anm. Schultz ZfgG 1982, 62.
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Waren zum höchstmöglichen Preis abzukaufen bzw. zum geringstmöglichen Preis zu verkaufen, soweit betriebswirtschaftlich vertretbar. Dem Erreichen dieses Ziels dient die genossenschaftliche Rückvergütung. Sie bedeutet eine pauschale, nachträgliche Anpassung der zwischen eG und Mitgliedern vereinbarten Preise. Auf diese Förderung haben die Mitglieder einen Rechtsanspruch, zu dessen Erscheinungsformen der Anspruch auf Gewährung von Rückvergütung gehört. Der Anspruch auf Rückvergütung ist damit gesellschaftsrechtlicher Natur.46 Die eG kann statt einer Rückvergütung Nachzahlungen für Lieferungen oder Leistungen und Rückzahlungen von Unkostenbeiträgen gewähren. Diese Zahlungen sind körperschaftssteuerlich (Rdn. 34) der Rückvergütung gleichgestellt (§ 22 Abs. 2 S. 2 KStG); umsatzsteuerlich (Rdn. 35) handelt es sich um eine nachträgliche Erhöhung des steuerlichen Entgelts (§ 17 Abs. 1 UStG). 28 Die Höhe der auf das einzelne Mitglied entfallenden genossenschaftlichen Rückvergütung richtet sich nicht nach der Zahl der von diesem Mitglied gezeichneten Geschäftsanteile oder nach der Höhe seiner Einzahlungen auf den Geschäftsanteil bzw. die Geschäftsanteile, sondern ausschließlich nach der Höhe des von ihm mit der eG getätigten Umsatzes. Ausnahmsweise dürfen für bestimmte Geschäftssparten z.B. Bezugs-, Absatzoder Leistungsgeschäfte unterschiedliche Prozentsätze angewendet werden, wobei allerdings sichergestellt sein muss, dass alle Mitglieder, die Umsätze mit der eG getätigt haben, eine Rückvergütung erhalten. Innerhalb der Geschäftssparte muss stets derselbe Rückvergütungssatz angewendet werden; wobei zwischen Lager- und Streckengeschäft differenziert werden kann, da hierdurch jeweils unterschiedliche Renditen erwirtschaftet werden können. Für Rückvergütungen im Kreditgeschäft darf diese nicht auf einzelne Kreditarten beschränkt werden. Der insgesamt ermittelte Höchstbetrag des rückvergütungsfähigen Überschusses muss in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Geschäftssparten, in denen verschieden hohe Rückvergütungen gewährt werden, verteilt werden. Es ist grundsätzlich nicht zulässig, für jede einzelne Geschäftssparte den rückvergütungsfähigen Überschuss zu ermitteln. Mitglieder mit geringen Umsätzen (Bagatellfälle) von der Rückvergütung auszuschließen, würde den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen; dies auch deshalb, weil im Sparverkehr und bei Kontoüberziehungen ebenfalls Kleinstbeträge gutgeschrieben werden.47 Bei Bezugsgenossenschaften, Einkaufsgenossenschaften und Verbrauchergenos29 senschaften (Konsumgenossenschaften) muss zur Feststellung des im Mitgliedergeschäft erwirtschafteten Betrages der Überschuss im Verhältnis des Mitgliederumsatzes zum Nichtmitgliederumsatz (jeweils Zweckgeschäfte) aufgeteilt werden.48 Bei Nutzungs- und Dienstleistungsgenossenschaften gilt dies entsprechend für die zweckgeschäftlichen Umsätze (Nutzungs- oder Leistungsentgelte). Bei Absatz- und Verwertungsgenossenschaften muss der Überschuss im Verhältnis des Wareneinkaufs bei den Mitgliedern zum Wareneinkauf bei den Nichtmitgliedern (auch hier jeweils Zweckgeschäfte) aufgeteilt werden. Zur Abgrenzung von Milchgeldnachzahlung und Rückvergütung bei Molkereigenossenschaften hat der BFH klarstellend entschieden.49 Bei Bezugs- und Absatzgenossenschaften ist der Überschuss im Verhältnis der Summe aus dem Bezugsgeschäftsum-
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46 Zum Vorstehenden siehe BGH BlfG 1964, 21 = NJW 1964, 352 m. zust. Anm. Schubert; Trescher BB 1959, 100; Schopp 74 ff.; Schubert BB 1959, 225; Menzel DB 1959, 509; zur genossenschaftlichen Rückvergütung im Spannungsfeld von Wettbewerb und vertikaler Preisbindung Michalski BB-Beilage 2/1983; vgl. hierzu auch BGH NJW 1979, 1411 = LM § 17 GWB Nr. 7 m. Anm. Michalski ZfgG 1982, 291. 47 Philipowski in: Berge/Philipowski S. 36. 48 A.A. Müller GenG § 19 Rdn. 21b, der die Umsätze aus dem Nichtmitgliedergeschäft für auf die Mitglieder verteilungsfähig ansieht. 49 BFH BStBl. 1964, III S. 211.
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Gewinn- und Verlustverteilung | § 19
satz mit den Mitgliedern und dem Wareneinkauf bei Mitgliedern im Absatzgeschäft zur Summe aus dem Bezugsgeschäftsumsatz mit den Nichtmitgliedern und dem Wareneinkauf bei Nichtmitgliedern im Absatzgeschäft aufzuteilen. Die Umsätze bzw. Einkäufe aus Hilfsgeschäften und aus Nebengeschäften dürfen bei der Ermittlung des Höchstbetrages, bis zu dem der Überschuss rückvergütungsfähig (aus dem Mitgliedergeschäft erwirtschaftet) ist, nicht mitberücksichtigt werden. Der so prozentual nach dem Verhältnis lediglich der Zweckgeschäftsumsätze mit Mitgliedern zu den Zweckgeschäftsumsätzen mit Nichtmitgliedern ermittelte Teil des Überschusses ist der Höchstbetrag, bis zu dem die eG Rückvergütungen als steuerlich abziehbare Betriebsausgaben an ihre Mitglieder ausschütten darf. Überschüsse aus dem Geldgeschäft dürfen grundsätzlich nicht als Rückvergütung auf den Warenumsatz verwendet werden. Eine genossenschaftliche Rückvergütung gibt es nicht nur bei Warengenossenschaften, Absatzgenossenschaften, Produktionsgenossenschaften und Dienstleistungsgenossenschaften, sondern es kann sie auch bei Kreditgenossenschaften geben (z.B. Zinsrückvergütungen auf Sollzinsen an Mitglieder). Sie sind in der Praxis nicht üblich. Das Zweckgeschäft einer Produktivgenossenschaft und damit die Mitgliederförderung besteht in der Zahlung eines möglichst günstigen Lohnes aus den Erträgen des gemeinschaftlichen Unternehmens. Ist deshalb bei vorsichtiger Kalkulation das Leistungsentgelt für die Beschäftigten so bemessen, dass sich nach dem Jahresabschluss ein Überschuss nach Bildung angemessener betrieblicher Rücklagen ergibt, sind auch hier die Voraussetzungen einer genossenschaftlichen Rückvergütung gegeben. Die eG hat geradezu die Verpflichtung, nicht benötigte, im Mitgliedergeschäft erwirtschaftete Überschüsse den Mitgliedern zugutekommen zu lassen. einstweilen frei Die Vorschrift des § 48, wonach die Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Gewinnverwendung zur ausschließlichen Zuständigkeit der GV gehört, bezieht sich nicht auf die genossenschaftliche Rückvergütung. Zuständig für die Beschlussfassung ist der Vorstand, wenn die Satzung nicht Abweichendes, z.B. Zustimmung des Aufsichtsrats vorsieht. Hingegen handelt es sich bei Überschüssen aus dem Nichtmitgliedergeschäft um Gewinne, auf die §§ 19, 48 anzuwenden sind. Die Satzung kann bestimmen, dass der Überschuss aus dem Mitgliedergeschäft oder ein bestimmter bzw. bestimmbarer Teil dieses Überschusses als Rückvergütung an die Mitglieder ausgeschüttet werden muss. In diesem Fall ist ein Rechtsanspruch der einzelnen Mitglieder gegen die eG auf Rückvergütung bereits dem Grunde nach mit Ablauf der Rechnungsperiode, für die der Überschuss aus dem Mitgliedergeschäft zu ermitteln ist, also in der Regel mit Ablauf des Geschäftsjahres entstanden. In der Praxis haben die eG in ihren Satzungen festgelegt, dass der Beschluss über die Ausschüttung (also auch über den Anspruch dem Grunde nach) und die Höhe einer genossenschaftlichen Rückvergütung in die Zuständigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat fällt. Dies ist genossenschaftsrechtlich nicht zu beanstanden. Bislang ungeklärt ist, ob es neben der genossenschaftlichen Rückvergütung, die zum Betriebsausgabenabzug nach § 22 KStG berechtigt, auch eine genossenschaftliche Rückvergütung gibt, bei der ein Betriebsausgabenabzug versagt wird, es sich aber trotzdem um eine gesellschaftsrechtlich zulässige Form der genossenschaftlichen Rückvergütung handelt, die folglich dem Regelungsbereich des § 19 entzogen ist. Da § 22 KStG keine abschließende Regelung darstellt, ist ein Auseinanderfallen grundsätzlich denkbar.50 Wenn Handelsbilanz und Steuerbilanz auseinanderfallen, kann ein Ergebnis aus
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Vgl. Abschnitt 70 Abs. 13 KStR; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 19 Rdn. 71.
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§ 19 | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
Mitgliedergeschäften zur Verfügung stehen, dass die nach § 22 KStG abzugsfähigen Betriebsausgaben übersteigt. Sofern dieses Ergebnis verteilt werden soll, stellt sich die Frage, wer zuständig ist (Vorstand (mit Aufsichtsrat) oder GV/VV). Gegen das Auseinanderfallen spricht, dass aus der historischen Entwicklung heraus, die genossenschaftliche Rückvergütung sich nicht isoliert von der Regelung in § 22 KStG entwickelt hat, denn der Betriebsausgabenabzug ist gerade das Charakteristikum dieses Instruments. Hieraus folgt, dass eine Abgrenzung zwischen den ungeschriebenen gesellschaftsrechtlichen/genossenschaftsrechtlichen Merkmalen und den gesetzlich kodifizierten in § 22 KStG nur schwer möglich ist. Sofern keine eindeutige Abgrenzung möglich ist, muss § 19 Abs. 2 Satz 1 Anwendung finden, denn es handelt sich dann um eine sonstige Art der Überschussverteilung mit der Folge, dass auch die GV/VV für die Verteilung zuständig ist. 33 Die Mitglieder haben keinen Rechtsanspruch darauf, dass eine Rückvergütung beschlossen wird. Ein Rechtsanspruch entsteht jedoch dann, wenn Vorstand und Aufsichtsrat die Höhe der genossenschaftlichen Rückvergütung vor dem Bewertungsstichtag festgesetzt und den Mitgliedern noch vor diesem Zeitpunkt bekannt gegeben haben. Es genügt die Festsetzung und Bekanntgabe eines bestimmten Prozentsatzes des Umsatzes. Es ist unschädlich, wenn die GV erst nach dem Bewertungsstichtag die konkrete Höhe beschließt.51 Dadurch ist der Rechtsanspruch der Mitglieder gegen die eG aus § 1 der Höhe nach konkretisiert worden. In diesem Beschluss kann auch ausdrücklich der Zeitpunkt der Fälligkeit geregelt werden (nächste GV, sofortige Fälligkeit o.Ä.). Wenn nichts zur Fälligkeit gesagt ist, gilt § 271 Abs. 1 BGB. Im Zweifel ist die Leistung sofort fällig. Sofortige Fälligkeit tritt dann nicht ein, wenn sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Wenn eine eG, ohne etwas ausdrücklich zur Fälligkeit zu sagen, jahrelang die Rückvergütung erst nach Beendigung der GV des nächsten Jahres ausgezahlt hat, ergibt sich aus diesen Umständen, dass die Fälligkeit erst zu diesem Zeitpunkt eintreten soll. Gleichwohl empfiehlt sich aus Gründen der Rechtsklarheit, dass der Beschluss des Vorstands (sowie des Aufsichtsrats) auch ausdrücklich etwas zum Zeitpunkt der Fälligkeit sagen sollte. Daraus folgt vermögenssteuerlich, dass die Mitglieder, wenn der Anspruch auf Rückvergütung zu ihrem Betriebsvermögen gehört, diesen Anspruch bei der Ermittlung ihres Betriebsvermögens erklären müssen. Dementsprechend kann die eG die beschlossene und bekannt gegebene Rückvergütung bei der Abgabe ihrer Vermögenserklärung als Schuldposten ansetzen. 34 Ertragsteuerlich wird die genossenschaftliche Rückvergütung als abzugsfähige Betriebsausgabe anerkannt, wenn die Voraussetzungen des § 22 KStG und des Abschnitts 70 Abs. 4 ff. KStR vorliegen, d.h. dass die Rückvergütungen bezahlt sind. Hierzu bedarf es des Abflusses des geschuldeten Betrags bei der eG und des Zuflusses beim Mitglied. Dies ist nach Abschnitt 70 Abs. 4 KStR bei Gutschriften dann als erfüllt anzusehen, wenn das Mitglied über den gutgeschriebenen Betrag jederzeit nach eigenem Ermessen verfügen kann, was z.B. bei einer Aufrechnung mit Ansprüchen der eG durch das Mitglied oder bei jeweils gesondert abgeschlossenen Darlehensverträgen mit den Mitgliedern angenommen werden kann; bei Gutschriften auf nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile gilt dies nur dann, wenn das Mitglied dadurch von einer sonst bestehenden Verpflichtung zur Einzahlung befreit wird. Es genügt, wenn diese Einzahlungsverpflichtung dem Grunde nach besteht, nicht erforderlich ist, dass die Einzahlungspflicht bereits fällig ist. Eine Verpflichtung zur Volleinzahlung des Geschäftsanteils besteht bereits dem Grunde nach, wenn die Satzung vorsieht: „Auf den Geschäftsanteil sind mindestens 10% einzu-
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BFM BStBl. II 1989, 186 = BB 1989, 416; Erlass des Nds. FinMin, BB 1990, 909.
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Gewinn- und Verlustverteilung | § 19
zahlen, über weitere Einzahlungen entscheidet die GV gem. § 50 GenG.“ Gleiches gilt bei folgender Satzungsregelung: „Auf den Geschäftsanteil sind mindestens 10% einzuzahlen. Bis zur Volleinzahlung werden die dem Mitglied von der eG gewährten Rückvergütungen, Kapitaldividenden und sonstigen Vergütungen auf das Geschäftsguthabenkonto gutgeschrieben.“ Hinsichtlich der satzungsmäßigen Einzahlungsverpflichtungen vgl. ausführlicher die Erl. zu § 7, 50. Die Rückvergütung muss grundsätzlich innerhalb von 12 Monaten nach dem Ende des Wirtschaftsjahres an die Mitglieder ausgezahlt oder ihnen, wie vorstehend dargelegt, gutgeschrieben worden sein. Umsatzsteuerlich ist die genossenschaftliche Rückvergütung als Entgeltsminderung i.S.v. § 17 Abs. 1 UStG zu qualifizieren. Das Mitgliedschaftsverhältnis ist mehrschichtig und in seinen für die gen. Rückvergütung maßgebenden Beziehungen auch ein umsatzsteuerliches Leistungsaustauschverhältnis. Umsatzsteuerrechtlich ist die Gegenleistung das Entgelt, das durch die Leistung als gewollt, erwartet oder erwartbar ausgelöst wird, so dass die rechtzeitig erbrachten Leistungen innerlich verknüpft sind.52 einstweilen frei Die Rückvergütung kann ein Anreiz sein, der eG beizutreten und den Umsatz mit ihr zu steigern. Die eG darf deshalb von ihr nur in einer Weise Gebrauch machen, die im Einklang mit § 3 UWG steht; der Grundsatz der Gleichheit der wettbewerblichen Bedingungen ist zu beachten.53 Zur Frage der genossenschaftlichen Rückvergütung bei WohnGen z.B. auf die Jahresmiete der den Mitgliedern überlassenen Wohnungen vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 2 KStG.54 Wurde aufgrund einer unrichtigen Bilanz eine Rückvergütung gezahlt, obwohl tatsächlich kein Überschuss vorhanden war, sind die Empfänger zur Rückzahlung nach § 812 BGB und aufgrund ihrer Mitgliedschaftspflichten verpflichtet. Ergeben sich nachträglich, z.B. aufgrund einer Betriebsprüfung, Mehrüberschüsse, können diese als Rückvergütung bezogen auf das Jahr der Überschusserzielung und die damaligen Umsätze ausgeschüttet werden.55 Allerdings sind hierbei die Obergrenzen für die genossenschaftliche Rückvergütung zu beachten, zur Begründung vgl. Rdn. 32a.
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V. Europäische Genossenschaft (SCE) Das Kapitel V. der SCE-VO regelt in den Art. 65 bis 67 die „Verwendung des Betriebs- 39 ergebnisses der SCE. Die SCE-Satzung regelt gemäß Art. 65 SCE-VO – vorbehaltlich zwingender Vorschriften des Mitgliedstaats – die Verwendung des Jahresüberschusses (SCESatzungsautonomie). Sie muss hierbei die Bildung einer gesetzlichen Rücklage vorsehen (Art. 65 Abs. 2 SCE-VO), der – solange sie nicht den Betrag des eingezahlten Mindestkapitals gemäß Art. 3 Abs. 2 SCE-VO erreicht hat – mindestens 15% des Jahresüberschusses (abzüglich etwaiger Verlustvorträge) zugewiesen werden müssen. Ausscheidende Mitglieder haben gemäß Art. 65 Abs. 3 SCE-VO keinen Anspruch auf diese Rücklage; diese Regelung entspricht also § 73 Abs. 2 S. 3. Anders als in § 73 Abs. 3 kann die SCE-Satzung keine abweichende Regelung, also Teilhabe an den stillen Reserven beim Ausscheiden, vorsehen. Langfristige Stärkung und damit Unterstützung des Förderauftrags wie auch Gläubigerschutzaspekte sind damit bei der SCE besonders stark ausgeprägt.
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BFH Urt. v. 7.5.1981, BStBl. 1981 II, 495 sowie Urt. v. 25.11.1986, BStBl. 1987 II, 228. BGH NJW 1964, 352. Vgl. KStR R 70 Abs. 9; OFD Hannover v. 7.5.1991, DStR 46/91, 1528. FG München WPg 1965, 293.
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§ 20 | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
Die Rückvergütung regelt Art. 66 der SCE-Verordnung, die SCE-Satzung kann vorsehen, dass die Mitglieder eine Rückvergütung entsprechend dem Umfang der von der SCE mit ihnen getätigten Geschäfte erhalten. Gemäß Art. 67 SCE-VO kann nach Auszahlung einer genossenschaftlichen Rückvergütung gem. Art. 66 das verfügbare Ergebnis zu einem weiteren Gewinnvortrag mit der Einstellung in eine gesetzliche und satzungsgemäße Rücklage oder für die Verzinsung der Geschäftsguthaben verwendet werden. Gemäß Art. 67 Abs. 3 SCE-VO kann die Satzung die Verteilung dieses Gewinns auch ganz ausschließen. Im Übrigen gelten die obigen Ausführungen insbesondere zu den steuerlichen Voraussetzung einer abzugsfähigen Rückvergütung einer in Deutschland ansässigen SCE entsprechend; Art. 8 Abs. 2 SCE-VO lässt besondere Vorschriften bzw. Beschränkungen für die von der SCE ausgeübte Geschäftstätigkeit unberührt.
§ 20 Ausschluss der Gewinnverteilung § 20 Ausschluss der Gewinnverteilung Die Satzung kann bestimmen, dass der Gewinn nicht verteilt, sondern der gesetzlichen Rücklage und anderen Ergebnisrücklagen zugeschrieben wird. Die Satzung kann ferner bestimmen, dass der Vorstand einen Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte, in die Ergebnisrücklagen einstellen kann.
I. II. III. IV.
Übersicht Allgemeines | 1 Vollständiger Ausschluss | 2 Teilausschluss | 3 Ermächtigung des Vorstands zur Rücklagendotierung | 4
V. VI.
Sonderfragen | 5 Europäische Genossenschaft (SCE) | 6
I. Allgemeines 1
Während § 19 die Gewinn- (und Verlust-)verteilung auf die Mitglieder regelt, kann die Satzung nach § 20 vorsehen, dass der Gewinn nicht verteilt wird. Dies kann insbesondere der Eigenkapitalbildung förderlich sein. Durch § 20 wird deutlich, dass die Gewinnausschüttung nicht der Zweck des genossenschaftlichen Unternehmens ist. Durch BilMoG1 wurde Satz 2 eingefügt, der die Streichung des § 253 Abs. 4 HGB, der die Bildung versteuerter Wertberichtigungen und damit stiller Reserven ermöglichte, kompensieren soll.2 Bestehende versteuerte Wertberichtigungen können – sofern keine Zweckänderung erfolgt – noch beibehalten werden, wurden sie jedoch (teilweise) aufgelöst, können sie insoweit nicht mehr neu gebildet werden, vgl. Art 67 Abs. 4 Einführungsgesetzbuch zum Handelsgesetzbuch (EGHGB). II. Vollständiger Ausschluss
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Der Ausschluss der Gewinnverteilung kann auch im Wege der Satzungsänderung (§ 16 Abs. 4) eingeführt und wieder aufgehoben werden; der Grundsatz der Gleichheit aller Mitglieder (§ 18) ist zu beachten. Bei vollständigem Ausschluss der Gewinnvertei-
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Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts, BGBl. I 1102. BT-Drs. 16/12407 S. 203.
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Ausschluss der Gewinnverteilung | § 20
lung und Zuschreibung zur gesetzlichen Rücklage ist die Festsetzung des Mindestbetrags der gesetzlichen Rücklage (§ 7 Nr. 2) nicht notwendig.3 Wird der Ausschluss der Gewinnverteilung nachträglich wieder aufgehoben, muss gleichzeitig nach § 7 Nr. 2 in der Satzung der Mindestbetrag und die Mindestdotierung der gesetzlichen Rücklage festgesetzt werden. III. Teilausschluss Wenn es möglich ist, die Gewinnverteilung in der Satzung vollständig auszuschlie- 3 ßen und den Gewinn der gesetzlichen Rücklage zuzuschreiben, ist auch eine nicht so weitgehende Satzungsregelung zulässig; durch § 20 ist nicht die Zuweisung eines Teils des Jahresüberschusses an die anderen Ergebnisrücklagen ausgeschlossen.4 Aus § 20 ergibt sich auch, dass die Satzung einen Höchstsatz – auch einen Prozentsatz – für die Gewinnverteilung vorschreiben kann.5 IV. Ermächtigung des Vorstands zur Rücklagendotierung Die Bilanzierungsregelungen zu den Wertansätzen in § 253 Absatz 4 (alt) HGB boten 4 die Möglichkeit, versteuerte stille Reserven zu bilden. Diese Regelung diente der Bilanzglättung und war ein probates Mittel, Rücklagen für zukünftige Investitionen anzusparen. Diese „Rücklagenbildung“ ging nicht durch die Generalversammlung, da es sich nicht um eine Gewinnverwendung handelte. Das BilMoG hat diese Möglichkeit der Bildung stiller Reserven aufgehoben, mit Satz 2 einen Teil dieser Gestaltungsfähigkeit wieder in die Hand des Vorstandes der Genossenschaften gelegt. Damit sollte zugleich durch eine Angleichung an die Gestaltungsmöglichkeiten des AktG die Attraktivität der Rechtsform der eG verbessert werden. Wenn in der Satzung diese Ermächtigung genutzt wird, kann in der Folgezeit der Vorstand bei Aufstellung des Jahresabschlusses bis zur Hälfte den Jahresüberschuss direkt in die Ergebnisrücklagen einstellen. Er handelt damit in seiner alleinigen durch die Satzung eingeräumten Kompetenz, eines weiteren Umsetzungsbeschlusses bedarf es nicht. Sofern die Satzung nichts dazu sagt, kann der Vorstand entscheiden, ob die gesetzlichen oder die anderen Ergebnisrücklagen bedient werden. Auch die Höhe der Zuweisung bleibt in der Entscheidung des Vorstandes, jedoch nur bis zur Hälfte des Jahresüberschusses. Im Rahmen der Satzungsautonomie dürfte es durch § 27 Abs. 1 gedeckt sein, die Zustimmung des AR in der Satzung festzuschreiben. Diese Rücklage ist als satzungsgemäße Gewinnverwendung der Beschlussfassung durch die Generalversammlung entzogen. Nach wie vor muss die Generalversammlung zwar den gesamten Jahresabschluss genehmigen. Sie kann den Jahresabschluss hinsichtlich der Vorabzuweisung des Gewinns nicht verändern; ein solcher Beschluss widerspräche Satzungsrecht und wäre nichtig.6 In dem Fall, in dem der Vorstand einen Teil des Jahresüberschusses in die Rücklagen einstellt, sollte von der Möglichkeit des § 268 HGB Gebrauch gemacht werden, bei der Aufstellung der Bilanz bereits diesen Teil der Gewinnverwendung als Ergebnisrücklage zu bilanzieren. Nur der sich dann noch ergebende Bilanzgewinn steht zur Disposition der Generalversammlung. Hierzu haben Vorstand und Aufsichtsrat die Möglichkeit, sowohl Ausschüttung an die Mitglieder (Dividende) als auch gänzlich oder zu einem ge-
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KGJ 17, 16; Parisius/Crüger/Citron Anm. zu § 20; Beuthien GenG § 20 Rdn. 2. KG OLG 32, 130. LG Halle Urt. v. 25.11.2014, Az. 8 O 48/14; OLG Dresden Urt. v. 26.2.2001, Az. 2 U 2766/00. Beuthien GenG § 20 Rdn. 1.
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§ 21 | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
wissen Teil Einstellung in die Ergebnisrücklagen vorzuschlagen. Die Satzung regelt wie bisher die Frage, wer über die Verwendung der Rücklage (Vorstand oder Vorstand und Aufsichtsrat) beschließen kann. V. Sonderfragen 5
Bei einer Satzungsbestimmung nach § 20 S. 1 kann trotzdem eine genossenschaftliche Rückvergütung beschlossen werden,7 da es sich bei der Rückvergütung nicht um die Verteilung des Gewinns handelt. Rücklagen können in Geschäftsguthaben umgewandelt werden. Nach § 2 Abs. 5 des 5. VermBG steht der Ausschluss der Gewinnverteilung der Anlage vermögensbildender Leistungen bei eG im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1f, i–l, Abs. 2 S. 1, 4 und 5 sowie Abs. 4 VermBG nicht entgegen, da der Ausschluss der Gewinnverteilung im Interesse der Anleger liegt. VI. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Gemäß § 67 Abs. 2 SCE-VO kann die Verteilung des Restbetrages des verfügbaren Ergebnisses nach Einstellung in die gesetzliche Rücklage und nach Anrechnung rückvergüteter Beträge (Art. 66 SCE-VO) und entsprechender Berücksichtigung von Gewinnoder Verlustvorträgen durch die Generalversammlung erfolgen. Die Satzung kann gem. Art. 67 Abs. 3 SCE-VO die Verteilung auch ganz ausschließen. Dieser weitgehende Eingriff in die Mitgliederrechte ist nur mit Zustimmung der Mitglieder in der Gründungsbzw. Umwandlungsurkunde möglich, später nur noch mit Zustimmung aller Mitglieder.8
§ 21 Verbot der Verzinsung der Geschäftsguthaben § 21 Verbot der Verzinsung der Geschäftsguthaben (1) Für das Geschäftsguthaben werden vorbehaltlich des § 21a Zinsen von bestimmter Höhe nicht vergütet, auch wenn das Mitglied Einzahlungen in höheren als den geschuldeten Beträgen geleistet hat. (2) Auch können Mitglieder, welche mehr als die geschuldeten Einzahlungen geleistet haben, im Falle eines Verlustes andere Mitglieder nicht aus dem Grunde in Anspruch nehmen, dass von letzteren nur diese Einzahlungen geleistet sind.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Zinsverbot | 2
III.
Rückgriffsverbot | 3
I. Allgemeines 1
Zu unterscheiden sind Dividenden und Zinsen. Dividenden werden aus den erzielten Gewinnen gezahlt (vgl. Erl. zu § 19); sie setzten einen GV-Beschluss nach § 48 voraus. Zinsen sind unabhängig vom Betriebsergebnis und ohne dass es eines GV-Beschlusses bedarf zu zahlen.
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 21 Rdn. 8; Müller GenG § 20 Rdn. 3. Ähnlich auch Beuthien GenG Art. 67 SCE-VO Rdn. 7.
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Ausnahme vom Verbot der Verzinsung | § 21a
II. Zinsverbot Nach § 21 Abs. 1 ist es grundsätzlich unzulässig, Zinsen auf das Geschäftsguthaben 2 zu gewähren. Es ist jedoch statthaft, die Geschäftsguthaben nach dem durch die Novelle 1973 eingefügten Paragraphen 21a zu verzinsen (vgl. die dortigen Erl.) bzw. den Jahresüberschuss als Kapitaldividende nach dem Verhältnis der Geschäftsguthaben oder einem anderen statutarischen Verteilungsmaßstab1 zu verteilen. Unter Einzahlungen sind hier nur Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zu verstehen. Sonstige Zahlungen (z.B. Einlagen, Darlehen, Vorauszahlungen) können verzinst werden. Es ist auch unzulässig, für die Einzahlungen einen Bonus aus den Ersparnissen zu zahlen, die die eG dadurch hat, dass sie keine Zinsen für Kredite aufbringen muss.2 Das Zinsverbot ist unabhängig davon, ob das Geschäftsguthaben aus Pflicht- oder freiwilligen Anteilen besteht. Auf die konkrete Bezeichnung der Verzinsung kommt es nicht an, verboten ist jede Vergütung für das eingezahlte Kapital. Unter das Verbot fallen alle Leistungen der eG, die als Entgelt für das Geschäftsguthaben gedacht sind. III. Rückgriffsverbot Das Verbot des § 21 Abs. 2 ist zwingend. Die Zulassung des Rückgriffs hätte zur Fol- 3 ge, dass die in Anspruch genommenen Mitglieder schon während bestehender eG aufgrund der freiwilligen Leistungen anderer Mitglieder zu höheren Leistungen gezwungen würden als ihnen die Satzung auferlegt.
§ 21a Ausnahme vom Verbot der Verzinsung § 21a Ausnahme vom Verbot der Verzinsung (1) Die Satzung kann bestimmen, dass die Geschäftsguthaben verzinst werden. Bestimmt die Satzung keinen festen Zinssatz, muss sie einen Mindestsatz festsetzen. Die Zinsen berechnen sich nach dem Stand der Geschäftsguthaben am Schluss des vorhergegangenen Geschäftsjahres. Sie sind spätestens sechs Monate nach Schluss des Geschäftsjahres auszuzahlen, für das sie gewährt wurden. (2) Ist in der Bilanz der Genossenschaft für ein Geschäftsjahr ein Jahresfehlbetrag oder ein Verlustvortrag ausgewiesen, der ganz oder teilweise durch die Ergebnisrücklagen, einen Jahresüberschuss und einen Gewinnvortrag nicht gedeckt ist, so dürfen in Höhe des nicht gedeckten Betrages Zinsen für dieses Geschäftsjahr nicht gezahlt werden.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Satzungsmäßiger Zinsanspruch | 2–7
III.
Wegfall des Zinsanspruchs | 8–11
I. Allgemeines § 21a wurde durch die Novelle 1973 eingefügt, sie sollte den Erwerb der Mitglied- 1 schaft in einer eG attraktiver machen und zwar unabhängig von einer durch die GV erst
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 21 Rdn. 4. Müller GenG § 21 Rdn. 1.
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§ 21a | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
zu beschließenden Dividende. Die Vorschrift lässt es – in Abweichung von § 21 – zu, dass die Geschäftsguthaben verzinst werden, allerdings nur, wenn durch die zu zahlenden Zinsen das Gesellschaftskapital nicht angegriffen wird. Diese Verzinsung ist im übrigen Gesellschaftsrecht unbekannt. Von dieser „Verzinsung“ ist die Zahlung einer Dividende zu unterscheiden; die Dividende wird nur aus den erzielten Gewinnen gezahlt. II. Satzungsmäßiger Zinsanspruch 2
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Die Geschäftsguthaben werden nicht kraft Gesetzes verzinst. Eine Verzinsung des Geschäftsguthabens setzt vielmehr voraus, dass die Satzung dies vorsieht. Dabei dürfte es z.B. zulässig sein, in der Satzung festzulegen, dass die nicht mehr im Erwerbsleben stehenden Mitglieder eine Verzinsung und die noch im Erwerbsleben stehenden Mitglieder eine genossenschaftliche Rückvergütung erhalten. Dies ist kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (siehe hierzu Erl. zu § 18 Rdn. 16 ff.). Wenn und soweit die Satzung eine Verzinsung der Geschäftsguthaben vorsieht, muss sie gleichzeitig den Zinssatz festlegen. Dies kann ein fester Zinssatz oder ein Mindestzinssatz sein. Der Zinssatz kann wie folgt ausgestaltet werden: Als fester Zinssatz kommt beispielsweise 4% p.a. in Betracht oder auch ein „gleitender Zinssatz“, z.B. 2% p.a. über oder unter dem Basissatz. Auch eine satzungsmäßige Staffelung des Zinssatzes ist unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zulässig. Falls die Satzung einen Mindestzinssatz enthält, kann sie im Übrigen die Bestimmung des Zinssatzes dem Vorstand überlassen.1 Auch kann die Satzung für die Verzinsung besondere sachliche Voraussetzungen aufstellen, z.B. dass ein entsprechender Gewinn erzielt wird. Dies folgt daraus, dass die eG sogar ganz von der Verzinsung Abstand nehmen kann. Die Verzinsung hätte dann den Charakter einer Dividendengarantie. Die Einführung, Änderung und Aufhebung einer Verzinsungsregelung sind Satzungsänderungen (§ 16 Abs. 4, 6). Für sie gelten die entsprechenden satzungsmäßigen Mehrheiten. Die Zustimmung aller Mitglieder ist nicht erforderlich, da es sich um keine Sonderrechte, sondern um satzungsgemäß begründete allgemeine Mitgliedschaftsrechte handelt. Für die Berechnung der Zinsen ist – entsprechend § 19 Abs. 1 S. 2 a.E. – der Stand der Geschäftsguthaben am Schluss des Geschäftsjahres maßgebend, das dem Jahr vorhergeht, für das die Zinsen gezahlt werden. Diese Bemessungsgrundlage ist zwingend. Die Satzung kann weder einen anderen Zeitpunkt noch einen höheren oder einen niedrigeren Stand der Geschäftsguthaben vorsehen.2 Zinsen werden nicht mit dem Schluss des Geschäftsjahres fällig, für das sie gewährt werden. Sie werden vielmehr erst mit Genehmigung des Jahresabschlusses (§ 48) für das betreffende Geschäftsjahr fällig. Denn erst im Zeitpunkt der Genehmigung des Jahresabschlusses steht fest, ob und inwieweit Zinsen zu zahlen sind.3 Dies folgt aus § 21a Abs. 2. Danach entfällt nämlich die Zahlung von Zinsen, soweit sie wegen in der Jahresbilanz ausgewiesener Verluste nur zu Lasten bestimmter Teile des Eigenkapitals der eG möglich wäre. Von in der Jahresbilanz ausgewiesenen Verlusten kann jedoch erst gesprochen werden, wenn die Jahresbilanz genehmigt worden ist. Wird diese Bilanz erst nach Ablauf von 6 Monaten seit dem Schluss des Geschäftsjahres genehmigt, so muss die eG – in entsprechender Anwendung der §§ 284 ff. BGB – „Verzugszinsen“ auf die Zinsen entrichten, und zwar für die Zeit seit Ablauf der 6 Monate
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Vgl. BT-Drs. 7/97 S. 21. A.A. für den niedrigeren Stand Müller GenG § 21a Rdn. 4. Beuthien GenG § 21a Rdn. 4; Müller GenG § 21a Rdn. 4.
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Herabsetzung des Geschäftsanteils; Verbot der Auszahlung | § 22
bis zur Auszahlung der Zinsen. Einer unmittelbaren Anwendung der §§ 284 ff. BGB steht entgegen, dass die Zinsen erst mit Genehmigung des Jahresabschlusses fällig werden. Andererseits soll eine verspätete Genehmigung des Jahresabschlusses nicht zu Lasten der Mitglieder gehen. Deshalb bestimmt § 21a Abs. 1 S. 4, dass die Zinsen spätestens 6 Monate nach Schluss des Geschäftsjahres auszuzahlen sind, für das sie gewährt werden. Der Verpflichtung zur Zahlung von „Verzugszinsen“ zu diesem Zinsanspruch steht das Zinseszinsverbot des § 289 BGB nicht entgegen. III. Wegfall des Zinsanspruchs Nach § 21a Abs. 2 dürfen Zinsen auf die Geschäftsguthaben nicht gezahlt werden, soweit das wegen eingetretener Verluste zu Lasten der nach § 7 Nr. 2 zu bildenden gesetzlichen Rücklage oder der Geschäftsguthaben möglich wäre.4 Diese Regelung dient dem Schutz der Gläubiger. Dagegen müssen die anderen Ergebnisrücklagen nach § 73 Abs. 3 erforderlichenfalls in Anspruch genommen werden, um eine in der Satzung vorgesehene Verpflichtung zur Verzinsung der Geschäftsguthaben zu erfüllen. Ob Abs. 2 einer Zinszahlung – ganz oder teilweise – entgegensteht, ergibt sich aus der Jahresbilanz. Da das Mitglied – im Unterschied zur Dividende – bereits zum Schluss des Geschäftsjahres aufgrund der Satzungsregelung einen Anspruch auf die Verzinsung des Geschäftsguthabens hat, handelt es sich um Verbindlichkeiten der eG. Diese sind unter den sonstigen Verbindlichkeiten auszuweisen. In der Gewinn- und Verlustrechnung müssten sie als zinsähnliche Aufwendungen ausgewiesen werden. Besteht ein nach Abs. 2 ungedeckter Verlust, wird insoweit der Zinsanspruch bei Mitgliedern gekürzt und gilt als erloschen. Die Zinszahlung kann auch nicht bei späterer Gelegenheit nachgeholt werden. Aus dem Sinn der Regelung des § 21a Abs. 2 ergibt sich, dass die Zinsen – obwohl sie im Gesetz als solche bezeichnet werden – ihrem Charakter nach Gewinnausschüttung in Höhe der Verzinsung der Geschäftsguthaben sind. Dementsprechend handelt es sich bei der Verzinsung von Geschäftsguthaben sowohl handels- als auch steuerrechtlich um eine Gewinnverwendung. Bei WohnGen, die sich nach Aufhebung des WGG in der Firma weiterhin als „gemeinnützig“ bezeichnen, dürfen etwaige Zinsen zusammen mit sämtlichen anderen Ausschüttungen den Betrag von 4% des Geschäftsguthabens nicht übersteigen. Die rechtlich gegebene Möglichkeit der Verzinsung der Geschäftsguthaben führt zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Ergebnissen, wenn sie neben der Dividende (bzw. neben der genossenschaftlichen Rückvergütung) und einer angemessenen Rücklagenpolitik gewährt wird.
§ 22 Herabsetzung des Geschäftsanteils; Verbot der Auszahlung des Geschäftsguthabens § 22 Herabsetzung des Geschäftsanteils; Verbot der Auszahlung (1) Werden der Geschäftsanteil oder die auf ihn zu leistenden Einzahlungen herabgesetzt oder die für die Einzahlung festgesetzten Fristen verlängert, so ist der wesentliche Inhalt des Beschlusses der Generalversammlung durch das Ge-
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BT-Drs. 7/77 S. 21.
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richt bei der Bekanntmachung der Eintragung in das Genossenschaftsregister anzugeben. (2) Den Gläubigern der Genossenschaft ist, wenn sie sich binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung bei der Genossenschaft zu diesem Zweck melden, Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen. Das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, steht Gläubigern nicht zu, die im Fall der Insolvenz ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Deckungsmasse haben, die nach gesetzlicher Vorschrift zu ihrem Schutz errichtet und staatlich überwacht wird. (3) Mitglieder, die zur Zeit der Eintragung des Beschlusses der Genossenschaft angehörten, können sich auf die Änderung erst berufen, wenn die Bekanntmachung erfolgt ist und die Gläubiger, die sich rechtzeitig gemeldet haben, wegen der erhobenen Ansprüche befriedigt oder sichergestellt sind. (4) Das Geschäftsguthaben eines Mitglieds darf, solange es nicht ausgeschieden ist, von der Genossenschaft nicht ausgezahlt oder im geschäftlichen Betriebe zum Pfand genommen, eine geschuldete Einzahlung darf nicht erlassen werden. Die Genossenschaft darf den Mitgliedern keinen Kredit zum Zweck der Leistung von Einzahlungen auf den Geschäftsanteil gewähren. (5) Gegen eine geschuldete Einzahlung kann das Mitglied nicht aufrechnen. (6) Der Anspruch der Genossenschaft auf Leistung von Einzahlungen auf den Geschäftsanteil verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Genossenschaft eröffnet, so tritt die Verjährung nicht vor Ablauf von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Eröffnung ein.
I. II. III. IV. V.
Übersicht Allgemeines | 1 Inhalt des Abs. 1 | 2–3 Sicherheitsleistung (Abs. 2) | 4–5a Wirkung gegenüber den Mitgliedern (Abs. 3) | 6 Die Regelung des Abs. 4 | 7–17 1. Auszahlungsverbot | 7–9
2. Verpfändungsverbot | 10–14 3. Erlassverbot | 15 4. Kreditgewährungsverbot | 16–17 VI. Aufrechnungsverbot (Abs. 5) | 18 VII. Verjährung | 19 VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 20
I. Allgemeines 1
Die vorliegende Fassung des § 22 beruht auf Art. 1 der aufgrund von § 6 des handelsrechtlichen Bereinigungsgesetzes vom 18.4.1950 in Kraft gebliebenen Dritten Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet des Genossenschaftsrechts vom 13.4.19431 und auf der Novelle 1973; sie dient der Erhaltung des Kapitals in der eG und dem Gläubigerschutz. Abs. 6 wurde durch Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften eingefügt.2 Abs. 2 Satz 3 ist im Rahmen des Gesetzes zur Verringerung der Abhängigkeit von Ratings vom 10.12.2014 geändert worden.3
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RGBl. I S. 251. BGBl. I S. 3214. G. vom 10.12.2014, BGBl. I S. 2085.
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II. Inhalt des Abs. 1 Die Herabsetzung des Geschäftsanteils oder der auf ihn zu leistenden Einzahlungen 2 oder die Verlängerung der für die Einzahlungen in der Satzung festgesetzten Fristen (§ 22 Abs. 1) sind Satzungsänderungen (§ 16 Abs. 4 u. 6), für die die entsprechenden satzungsmäßigen Mehrheitserfordernisse gelten. Die Herabsetzung ist keine Zerlegung von Geschäftsanteilen (vgl. § 22b). Die Änderung bzw. Aufhebung einer Pflichtbeteiligung (§ 7a Abs. 2) führt nicht zur Anwendung der Gläubigerschutzvorschriften des § 22. Der wesentliche Inhalt der satzungsändernden Beschlüsse nach § 22 Abs. 1 ist durch das Registergericht – bei der Bekanntmachung der Eintragungen in das Genossenschaftsregister (§ 156 Abs. 1 S. 2) – anzugeben. In dieser Bekanntmachung hat das Registergericht auch den Gläubigeraufruf nach § 22 Abs. 2 vorzunehmen. 3 einstweilen frei III. Sicherheitsleistung (Abs. 2) Den Gläubigern, die sich innerhalb von 6 Monaten nach der Bekanntmachung mel- 4 den, ist Sicherheit zu leisten. Abs. 2 ist eine selbständige, einklagbare Anspruchsgrundlage. Die Sicherheitsleistung selbst richtet sich nach §§ 232 ff. BGB. Üblicherweise wird ein Pfandrecht bestellt oder ein Bürge gestellt. Wegen Sicherheitsleistung im Zusammenhang mit Verschmelzungen vgl. § 87 Abs. 2 UmwG. Die eG kann anstelle der Sicherheitsleistung einen noch nicht fälligen Anspruch ausnahmsweise dann erfüllen, wenn dies aus besonderen Gründen gerechtfertigt ist (z.B. hoher Kostenaufwand durch Sicherheitsleistung, kurz bevorstehende Fälligkeit). Grundsätzlich kann jedoch der Gläubiger die Annahme der Leistung vor dem Zeitpunkt der Erfüllbarkeit ablehnen.4 Gläubiger ist nur derjenige, dessen Forderung zum Zeitpunkt der Eintragung der 5 Satzungsänderung bereits begründet war. Unbeachtlich ist es, ob die Forderung bedingt, befristet oder von einer Gegenleistung abhängig ist. Es kommen Forderungen jeglicher Art in Betracht – vertragliche und außervertragliche Geldleistungs-, Sachleistungs- und Unterlassungsansprüche. Die Forderung darf allerdings nicht fällig sein, da sonst der Gläubiger bereits Erfüllung verlangen kann und keiner Sicherheit bedarf. Das Recht auf Sicherheitsleistung wird durch den neuen Satz 3 in Abs. 2 einge- 5a schränkt. Das Recht besteht nicht mehr, wenn Gläubiger der eG im Fall der Insolvenz der eG ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Deckungsmasse haben, die nach gesetzlicher Vorschrift zu ihrem Schutz errichtet und staatlich überwacht ist. Die Vorschrift dient vornehmlich den genossenschaftlichen Kreditinstituten.5 Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) wurde die Anerkennung von Haftsummenzuschlägen als Ergänzungskapital beim bankenaufsichtlichen Eigenkapital von Kreditgenossenschaften zeitlich befristet. Um den Kreditgenossenschaften die Herabsetzung der Haftsumme zu erleichtern, ist Satz 3 zur Klarstellung ergänzt worden. Auch vor der Klarstellung bestand nach ganz überwiegender Auffassung dann kein Anspruch auf Sicherheitsleistung, wenn der Gläubiger bereits vorher anderweitig ausreichend abgesichert ist.6 Denn in diesem Fall setzt sich der Gläubiger dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung
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Müller GenG § 22 Rdn. 20. Zu den weiteren möglichen Deckungsmassen vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 19a. Vgl. m.w.N. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 20.
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(§ 242 BGB) aus. Vor diesem Hintergrund ist die Ergänzung in Anlehnung an die Regelung in § 225 Abs. 1 Satz 3 AktG und § 22 Abs. 2 UmwG formuliert worden. Eine Schlechterstellung der Gläubiger geht aus oben genannten Gründen mit der Ergänzung nicht einher.7 IV. Wirkung gegenüber den Mitgliedern (Abs. 3) 6
Mitglieder, die im Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses, z.B. über die Herabsetzung des Geschäftsanteils, der eG angehörten, können sich auf die Änderung erst berufen, wenn der Gläubigeraufruf erfolgt ist und die Gläubiger, die sich rechtzeitig gemeldet haben, wegen der erhobenen Ansprüche befriedigt oder sichergestellt sind (§ 22 Abs. 3). Für sie gilt als Zeitpunkt der Wirksamkeit also nicht die Eintragung im Genossenschaftsregister, sondern im Allgemeinen der Ablauf der 6-Monats-Frist nach Bekanntmachung der erfolgten Satzungsänderung. Durch diese Regelung wird den Belangen der Gläubiger, die im Hinblick auf die Änderung eine Beeinträchtigung ihrer Rechte befürchten, ausreichend Rechnung getragen. Bis zur Bekanntmachung und Befriedigung bzw. Sicherstellung der Gläubiger muss die eG (der Vorstand) auf Einzahlung bis zur Höhe des bisherigen Betrages im Interesse der Gläubiger bestehen:8 Eine Zurückzahlung des über die Einzahlungspflicht vorhandenen Geschäftsguthabens ist – auch nach Bekanntmachung und Befriedigung der Gläubiger – gemäß § 22 Abs. 4 S. 1 ausgeschlossen. Bei vorzeitiger Rückzahlung haften die Mitglieder nach Bereicherungsgrundsätzen, aber auch gesellschaftsrechtlich (und damit ohne die Möglichkeit des Wegfalls der Bereicherung), da es sich hier um Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft handelt; die Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder haften (der eG) nach §§ 34, 41, den Gläubigern hingegen nicht, da § 22 Abs. 2, 3 kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist.9 Die kapitalherabsetzenden Beschlüsse werden mit Eintragung dieser Satzungsänderungen in das Genossenschaftsregister wirksam. Für neue Mitglieder, deren Beitrittserklärung nach diesem Zeitpunkt zugelassen werden, gelten die neuen Einzahlungspflichten, da die Satzungsänderung grundsätzlich mit der Eintragung ins Register wirksam wird. V. Die Regelung des Abs. 4
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1. Auszahlungsverbot. Nach § 22 Abs. 4 darf das Geschäftsguthaben (zum Begriff vgl. die Erl. zu § 7) nicht ausgezahlt werden, solange das Mitglied noch nicht ausgeschieden ist. Diese Vorschrift ist lex specialis gegenüber den allgemeinen Regeln des BGB. Sie dient der Kapitalerhaltung. Nach dem Ausscheiden hat das Mitglied einen Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben (vgl. im Einzelnen die Erl. zu § 73). Unter dieses Verbot fallen auch verdeckte Auszahlungen, z.B. wenn ein Mitglied für seine Leistungen Entgelte erhält, die den Wert seiner Leistungen erheblich übersteigen.10 Da nach Herabsetzung des Geschäftsanteils unter den Voraussetzungen der Absätze 1 – 3 ein höherer Guthabenbetrag kein „Geschäftsguthaben“ mehr ist, steht § 22 Abs. 4 S. 1 der Auszahlung dieses überschießenden Betrages jedoch nicht entgegen.11 Dieser Anspruch des Gläubigers ist selbständig abtretbar, pfändbar und verpfändbar. Auszahlung jedoch nur,
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7 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 19a. 8 Vgl. RGZ 140, 197; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 30. 9 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 31. 10 BGH WM 1996, 116; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 38; Müller GenG § 22 Rdn. 34 ff. 11 RGZ 140, 197; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 8; Müller GenG § 22 Rdn. 26; BGH WM 1996, 116; Müller GenG § 22 Rdn. 34 ff.
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wenn das Geschäftsguthaben höher ist als der Gesamtbetrag der übernommenen Geschäftsanteile. Es kann aber die Satzung dahin geändert werden, dass ein weiterer Geschäftsanteil zu diesem Zweck übernommen werden muss; § 16 Abs. 2 wäre dann zu beachten. Auch können die Beträge der eG als Darlehen verbleiben. Kein Verstoß gegen das Auszahlungsverbot, wenn andere Ergebnisrücklagen auf- 8 gelöst und an die Mitglieder verteilt werden, z.B. im Wege einer Rückvergütung oder Dividendenzahlung.12 Gleiches gilt erst recht bei Auflösung anderer Rücklagen zur Einzahlung auf Geschäftsguthaben bzw. wenn aus dem sonstigen Vermögen der eG Geschäftsanteile aufgefüllt werden. Entscheidend ist, dass der eG das Vermögen erhalten bleibt, das der Summe aller Geschäftsguthaben entspricht. Hierbei kommt es auf die bilanzmäßige Gegenüberstellung der Aktiva und Passiva an. Verboten sind mithin Auszahlungen im Falle der Unterdeckung, wenn das Aktivvermögen das Fremdkapital (zuzüglich Rückstellungen) und die Summe der Geschäftsguthaben nicht mehr deckt.13 Der Auszahlung steht die Aufrechnung mit dem Geschäftsguthaben gleich. Auch die Aufrechnung darf deshalb erst nach dem Ausscheiden des Mitglieds und der nach § 73 vorgenommenen Auseinandersetzung erfolgen.14 Auch kann durch Einzelvereinbarung oder durch Satzungsregelung die Aufrechnung ausgeschlossen werden.15 Werden Pflichteinzahlungen herabgesetzt, dürfen die bereits geleisteten (höheren) 9 „Pflichteinzahlungen“ nicht zurückgezahlt werden wegen Abs. 4: das Geschäftsguthaben generell darf nicht ausbezahlt werden. Auszahlungen entgegen Abs. 4 haben das Wiederaufleben des Einzahlungsanspruchs zur Folge, unabhängig davon, ob es sich um Einzahlungsansprüche aufgrund der Satzung oder des Vertrags handelt; die ausgezahlten Beträge müssen als rückständige, fällige Pflichteinzahlungen bilanziert werden; bei freiwilligen Einzahlungen besteht hingegen nur ein Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB) mit der Möglichkeit des Wegfalls der Bereicherung.16 Die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder haften nach § 34 Abs. 3 bzw. § 41. Die Vorschriften für Kapitalgesellschaften § 31 Abs. 2 GmbHG, § 62 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 AktG gelten nicht analog für Abs. 4,17 da im Unterschied zur GmbH und AG die eG kein festes Stammkapital hat. Dies gilt unverändert, auch wenn für die eG gem. § 8a ein Mindestkapital in der Satzung festgelegt wurde. 2. Verpfändungsverbot. Die Bestimmung, dass das Geschäftsguthaben vor dem 10 Ausscheiden des Mitglieds von der eG nicht zum Pfand genommen werden darf, ist gegen die sogenannte Guthabenbeleihung gerichtet. Verboten ist die vertragsmäßige Verpfändung an die eG in ihrem geschäftlichen Betriebe, da hierin aus der Sicht der Gläubiger u.U. nichts anderes als eine versteckte Rückzahlung des Geschäftsguthabens liegen kann.18 Die Formulierung „im geschäftlichen Betrieb“ wurde gewählt, um sicherzustellen, dass der eG die Möglichkeit verbleibt, das Guthaben im außergeschäftlichen Betrieb sich verpfänden19 oder gerichtlich pfänden zu lassen. Zum Geschäftsbetrieb gehören im Zweifel (§ 343 HGB) alle Geschäfte, die sich, wenn auch nur mittelbar, auf ihre geschäft-
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12 Beuthien GenG § 22 Rdn. 8; Müller GenG § 22 Rdn. 33. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 37, 14 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 43; so bereits Weidmüller BlfG 1930, 128. 15 BlfG 1916, 576. 16 § 818 Abs. 3 BGB; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 45; Müller GenG § 22 Rdn. 40; Beuthien GenG § 22 Rdn. 8, die auch insoweit einen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sich ergebenden Rückforderungsanspruch annehmen. 17 A.A. Beuthien GenG § 22 Rdn. 11; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 45. 18 Parisius/Crüger/Citron § 22 Anm. 9. 19 A.A. Müller GenG § 22 Rdn. 43.
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liche Betätigung beziehen oder damit in einem auch nur entfernten weiteren Zusammenhang stehen. Es genügt, wenn sie dem Interesse des Betriebes, seinem Zweck, die Substanz zu erhalten und mit ihm Gewinne zu machen, dienen sollen.20 Der Verpfändung ist die Sicherungsübertragung gleichzustellen.21 Die verbotswidrige Pfändung bzw. Sicherungsabtretung des Geschäftsguthabens an die eG ist unwirksam.22 Dies gilt sowohl hinsichtlich der Sicherungsabtretung als auch der Abtretung als Verfügungsgeschäft.23 11 Das Verpfändungsverbot gilt nur für Geschäftsguthaben, nicht für Auseinandersetzungsguthaben. Eine Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens an die eG – auch durch AGB der eG24 – ist also möglich,25 und zwar auch bereits während bestehender Mitgliedschaft, da schon mit dem Beitritt zur eG der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben als ein künftiger, aufschiebend bedingter Anspruch entstanden ist (hierzu und zum Streitstand § 73 Rdn. 2) und derartige Ansprüche verpfändet werden können (§§ 1273, 1204 Abs. 2 BGB). Deshalb gehen AGB-Pfandrechte der genossenschaftlichen Kreditinstitute (z.B. Nr. 14 AGB der Banken), die bereits mit Abschluss des Bankvertrags entstehen, anderen Pfändungen grundsätzlich vor. Gesichtspunkte des Gläubigerschutzes stehen dem nicht entgegen, die Regelungen des GenG dienen nicht dem Schutz der Gläubiger des Mitglieds.26 Auch führt die Verpfändung bzw. die Sicherungsabtretung nicht zu einer Minderung des Eigenkapitals, dieses bleibt den Gläubigern als Haftungsobjekt erhalten.27 Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben kann auch abgetreten werden.28 Vgl. in diesem Zusammenhang auch § 10 der Mustersatzungen. Diese Regelung ist als Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens anzusehen. 29 Dies hindert jedoch nicht, das Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung nach § 19 heranzuziehen.30 Eine Pfändung des Auseinandersetzungsguthabens durch die eG nach § 66 (lex specialis) ist ebenfalls kein Verstoß gegen § 22 Abs. 4. Die Verpfändung bzw. Abtretung des Auseinandersetzungsanspruchs ist in der Insolvenz des Mitglieds nicht insolvenzfest, wenn die Entstehung des Anspruchs von rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Beteiligten abhängt, z.B. Ausscheiden aufgrund eines Ausschließungsbeschlusses des Vorstands oder durch Kündigung seitens des Insolvenzverwalters.31 Auch ist die Verpfändung des Geschäftsguthabens seitens des Mitglieds an einen 12 Dritten (die Übertragung ist in § 76 geregelt) unzulässig. Dies folgt aus dem Sinn von § 22 Abs. 4 i.V.m. § 66: Auch Dritten steht für eine Verpfändung nur das Auseinandersetzungsguthaben zur Verfügung. Jedoch kann eine „Verpfändung des Geschäftsguthabens“ in eine Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens umgedeutet werden;
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20 BGH NJW 1960, 1852; Riebandt-Korfmacher ZfgG 1992, 55 ff. 21 Paulick S. 182. 22 Paulick S. 182; a.A. OLG Hamm JW 1935, 1581; vgl. auch BlfG 1935, 245. 23 OLG Hamburg ZfgG 1992, 55 ff. m. Anm. Riebandt-Korfmacher. 24 OLGZ 6, 193. 25 OLG Braunschweig WM 1997, 487; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 63, Lehnhoff in Festschrift für Schaffland S. 49; a.A. Müller GenG § 22 Rdn. 43b, § 73 Rdn. 23 unter Berufung auf § 22 Abs. 4, der offensichtlich nicht zwischen Geschäftsguthaben und Auseinandersetzungsguthaben unterscheidet. 26 Lehnhoff in Festschrift für Schaffland, S. 55 f. 27 Bauer Genossenschaft-Handbuch § 22 Rdn. 63; Lehnhoff in Festschrift für Schaffland S. 49, 58. 28 LG Köln ZfgG 1971, 304; LG Kassel ZfgG 1981, 68 m. zust. Anm. Kuchinke; Müller GenG § 73 Rdn. 14 ff.; a.A. offensichtlich Baur in seiner Anm. zu LG Köln ZfgG 1971, 304, 308 ff. 29 BGH ZIP 2009, 380 = WM 2009, 416 = DB 2009, 389; Bauer Genossenschaft-Handbuch § 22 Rdn. 64. 30 OLG Brandenburg ZIP 2003, 1498 = WM 2003, 1472. 31 BGH ZIP 2009, 380 = WM 2009, 416 = DB 2009, 389; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22 Rdn. 64a.
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Verwertung also erst nach Beendigung der Mitgliedschaft. Wird eine Abtretung oder Verpfändung des Geschäftsanteils vereinbart, so kann dies, wenn es dem Parteiwillen entspricht (§§ 133, 157 BGB), in eine Abtretung bzw. Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens umgedeutet werden. Kollidiert eine Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens an einen Dritten 13 mit einer Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens z.B. aufgrund von AGB, so entscheidet auch hier die Priorität der Verpfändung. Aufgrund dieser Überlegungen dürfte der Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens an Dritte kaum eine praktische Bedeutung zukommen, zumal eine Vereinbarung zwischen dem Mitglied und der eG, dass das Auseinandersetzungsguthaben nicht abgetreten werden kann, zulässig ist32 und ein satzungsmäßiges Abtretungsverbot – wie in der Praxis üblich – als vertragliches Verbot i.S.v. § 399 BGB zu verstehen ist.33 Wegen der Pfändung des Auseinandersetzungsanspruchs durch die eG oder einen Dritten vgl. § 66. Soweit Genussrechtskapital Eigenkapitalcharakter hat, ist dieses ebenfalls nicht verpfändbar (Abs. 4 analog). Allerdings ist die Verpfändung des Rückzahlungsanspruchs analog der Verpfändung des Auseinandersetzungsguthabens zulässig. Der Anspruch der eG auf Einzahlungen ist weder verpfändbar, noch unterliegt er der 14 Pfändung, er ist auch nicht abtretbar.34 Hinsichtlich der Pfändbarkeit übersieht Müller,35 dass § 22 Abs. 4 dem gemeinsamen Interesse aller Gläubiger dient – gleichmäßige Befriedigung – und nicht den einzelnen Gläubiger schützen soll, der als erster zugreift. Das Reichsgericht36 hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Einzahlungspflicht im denkbar weitesten Umfang der genossenschaftlichen Selbstverwaltung überlassen ist. Wie eng die Einzahlungspflicht nicht nur hinsichtlich ihres Entstehens, sondern auch wegen ihres Fortbestandes mit dem Mitgliedschaftsverhältnis verknüpft ist, zeigt sich auch darin, dass sie bezüglich der noch nicht fälligen Raten mit der Insolvenzeröffnung gegen die eG schlechthin erlischt.37 Bei der von Müller vertretenen Auffassung könnte der Gläubiger dann ggf. Einzahlungsansprüche pfänden, obwohl die eG noch andere Vermögenswerte hat. Unbilligkeiten, die bei der hier vertretenen Auffassung etwa daraus resultieren könnten, dass der Vorstand die geschuldeten Einzahlungsbeträge nicht einzieht,38 könnte in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung zum § 69 a.F. GenG durch einen Schadensersatzanspruch gegen die Vorstandsmitglieder begegnet werden. 3. Erlassverbot. Das Erlassverbot gilt nicht nur im Zusammenhang mit einer Herab- 15 setzung des Geschäftsanteils, sondern für alle Einzahlungen. Es dient in erster Linie der Kapitalbildung. Ein ausdrücklicher oder stillschweigender Erlass (§ 397 BGB) einer geschuldeten Einzahlung ist im Interesse des Gläubigerschutzes ebenfalls nicht zulässig. Zulässig ist aber ein Nachlass im Vergleichswege (§ 779 BGB) zur Abwendung eines drohenden Verlustes39 sowie die Zustimmung zu einem Zwangsvergleich im Insolvenzverfahren eines Mitglieds. Ein Stundungsverbot enthält das GenG nicht.40 Dieses ergibt sich jedoch regelmäßig aus der Satzung. Der Vorstand darf Ratenzahlungen und Stundungen
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32 LG Freiburg BlfG 1937, 476. 33 LG Köln ZfgG 1971, 68 m. teils zust., teils krit. Anm. Baur. 34 RGZ 135, 55; Beuthien GenG § 22 Rdn. 7. 35 Müller GenG § 22 Rdn. 62. 36 RGZ 135, 55. 37 RGZ 135, 55 unter Berufung auf RGZ 73, 410. 38 So Müllers Begründung, a.a.O. 39 RGZ 79, 271 für GmbH; Parisius/Crüger/Citron § 22 Anm. 7; Beuthien GenG § 22 Rdn. 8; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 22 Rdn.11; Müller GenG § 22 Rdn. 45: nur bei zweifelhafter Rechtslage. 40 RGZ 135, 55; KG BlfG 1933, 36; vgl. auch JW 1933, 2109.
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nur in dem Rahmen gewähren, den die Satzung zulässt. Sieht die Satzung die Möglichkeit vor, auf Antrag Ratenzahlungen zu gewähren, kann dieser Antrag auch noch nach der wirksamen Beteiligung und damit nach bereits eingetretener Fälligkeit der Einzahlungsverpflichtung gestellt werden; in diesem Fall ist die Gewährung der Ratenzahlung eine Stundung. Darüber hinaus dürfen Stundungen grundsätzlich nicht gewährt werden, es sei denn, dass die Durchsetzung fälliger Ansprüche gegenüber dem Mitglied ausnahmsweise gegen die genossenschaftliche Treuepflicht verstoßen würde.41 Eine satzungsmäßige Regelung oder Vereinbarung, dass die eG einen bestimmten Prozentsatz der zu leistenden Einzahlungen aus ihren Mitteln erbringt, ist ebenfalls kein Erlass, da die Einzahlungspflicht des Mitglieds (wenn auch durch einen Dritten, die eG, und zwar zu Lasten ihrer Erträge) erfüllt wird. Für eine über den insoweit klaren Wortlaut von § 22 Abs. 4 hinausgehende wirtschaftliche Betrachtung ist kein Raum.42 Mithin ist das Anzahlungsverfahren bei der Beteiligung nach dem 5. VermBG kein Verstoß gegen das Erlassverbot. 16
4. Kreditgewährungsverbot. Der durch Novelle 1973 in § 22 Abs. 4 eingefügte Satz 2 untersagt es der eG, Mitgliedern Kredit zum Zweck der Leistung von Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zu gewähren. Zu dieser Vorschrift wird in der Amtlichen Begründung43 u.a. ausgeführt „Mit dieser Kreditgewährung zur Erfüllung der Einzahlungspflicht bringt die eG das Eigenkapital, das der Sicherung nicht immer risikofreier Geschäfte der eG dienen soll, wenigstens vorschussweise aus ihren eigenen Mitteln auf. Da eine solche Kreditgewährung dem Sinn und Zweck der genossenschaftlichen Beitragspflicht widerspricht, soll sie künftig untersagt sein.“ Der Kreditvertrag ist, soweit Abs. 4 S. 2 einschlägig ist, nach § 134 BGB nichtig; § 139 17 BGB gilt. Vorstandsmitglieder, die gegen Abs. 4 Satz 2 verstoßen, machen sich schadensersatzpflichtig (§ 34 Abs. 3 Ziff. 5). Auch hat der Prüfungsverband diese Verstöße zu beanstanden. Das Interesse des Gläubigerschutzes gebietet es, die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen und die entgegen § 22 Abs. 4 Satz 2 erfolgte Einzahlung auf die Geschäftsanteile als wirksam anzusehen.44 Abs. 4 Satz 2 gilt, der ratio legis folgend, auch bei Kreditierung der Übertragung nach § 76. Auch eine Leistung an Erfüllung statt, z.B. eine Sachleistung, ist nicht möglich, da auch in diesem Fall die Einzahlungspflicht erlöschen würde, ohne dass die geschuldete Geldleistung erbracht worden wäre. VI. Aufrechnungsverbot (Abs. 5)
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Das Aufrechnungsverbot in § 22 Abs. 5 gilt auch im Liquidationsverfahren bzw. im Insolvenzverfahren. Verboten ist aber immer nur die einseitige Aufrechnung durch das Mitglied.45 Es ist hierbei unbeachtlich, auf welchem Rechtsgrund die Forderung des Mitglieds beruht. Auch eine Pfändung des Einzahlungsanspruchs der eG durch das schul-
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41 Vgl. Pleyer ZfgG 1983, 277; Müller GenG § 22 Rdn. 51; Beuthien GenG § 22 Rdn. 8. 42 A.A. Müller GenG § 22 Rdn. 45, der verkennt, dass in dem genannten Fall tatsächlich Mittel dem Eigenkapital der eG zufließen. 43 BT-Drs. 7/97 v. 5.2.1973. 44 Vgl. zum Vorrang des Gläubigerschutzes RGZ 115, 148; Schultze-von Lassaulx ZfgG 1966, 332, 341; so im Ergebnis auch Müller GenG § 22 Rdn. 47; so jetzt ausdrücklich BGH, ZIP 1983, 282 = NJW 1983, 1420 = ZfgG 1983, 274 m. zust. Anm. Pleyer, der der eG in diesem Fall aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz der vorschussweise geleisteten Zahlung auf die Geschäftsanteile einräumt; widersprüchlich Müller GenG § 22 Rdn. 47. 45 LG Aachen ZfgG 1972, 766 ff.
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Nachschusspflicht | § 22a
dende Mitglied ist wegen desselben wirtschaftlichen Ergebnisses unzulässig.46 Gleiches gilt für die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts.47 Auch ein u.U. (§ 19 Abs. 2) bestehender Dividendenauszahlungsanspruch kann nicht zur Aufrechnung gestellt werden. Einseitige Aufrechnung seitens der eG ist dagegen grundsätzlich zulässig, ebenso wie die vertragsmäßige Aufrechnung, sofern die Forderung des Mitglieds fällig und vollwertig ist,48 mithin die eG den vollen wirtschaftlichen Wert der Einzahlung erlangt.49 Es ist keine unzulässige Aufrechnung, wenn das Mitglied die eG anweist, eine fällige Forderung gegen die eG dem Geschäftsguthabenkonto gutzuschreiben, und wenn diese Gutschrift sodann erfolgt. VII. Verjährung des Einzahlungsanspruchs Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde die Regelverjährungsfrist von 19 30 Jahren auf drei Jahre verkürzt. Für die Kapitalaufbringung im Genossenschaftsrecht passt diese Frist ebenso wenig wie im Aktien- und GmbH-Recht. Nach dem Vorbild der §§ 54 Abs. 4 AktG, 19 Abs. 6 GmbHG verjährt gemäß § 22 Abs. 6, eingeführt durch das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts,50 der Anspruch der Genossenschaft in zehn Jahren ab Fälligkeit; mit dem Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts tritt eine Ablaufhemmung von sechs Monaten ein. Damit ist im GenG geregelt, dass der Anspruch der eG auf Zahlungen auf den Geschäftsanteil erst in zehn Jahren von seiner Entstehung an verjährt. Es gehört zu den Sorgfaltspflichten des Vorstands, auf die Verjährungsfristen zu achten; unterlässt er entsprechende Beitreibungsmaßnahmen, kann er sich gegenüber der eG haftbar machen. VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) Der Nennwert der Geschäftsanteile kann gemäß Art. 4 Abs. 10 SCE-VO durch Zerle- 20 gung der bestehenden Anteile herabgesetzt werden. Damit kann das Grundkapital, das grundsätzlich variabel ist (vgl. Art. 3 Abs. 5 SCE-VO), durch satzungsändernden Beschluss herabgesetzt werden. Dabei darf das Mindestkapital i.S.d. Art. 3 Abs. 2 SCE-VO (€ 30.000) nicht unterschritten werden. Anders als gemäß § 22 Abs. 4 darf eine kreditgenossenschaftliche SCE Geschäftsanteile ihrer Mitglieder im laufenden Fördergeschäftsverkehr zum Pfand nehmen, vgl. Art. 4 Abs. 12 zweiter Unterabsatz. Die Art und Weise der Pfandverwertung richtet sich nach dem einzelstaatlichen Recht (Art. 8 Abs. 1 Buchstabe c) SCE-VO, also nach §§ 1273 ff. BGB).
§ 22a Nachschusspflicht § 22a Nachschusspflicht (1) Wird die Verpflichtung der Mitglieder, Nachschüsse zur Insolvenzmasse zu leisten, auf eine Haftsumme beschränkt oder aufgehoben, so gilt § 22 Abs. 1 bis 3 sinngemäß.
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KG JW 1930, 3779. RGZ 83, 268; Müller GenG § 22 Rdn. 53. RG JW 1930, 2686; OLG Stettin JW 1932, 3189; RGZ 148, 225 = JW 1935, 2719. Beuthien GenG § 22 Rdn. 14. BGBl. I S. 3214.
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§ 22a | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
(2) Die Einführung oder Erweiterung der Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen wirkt nicht gegenüber Mitgliedern, die bei Wirksamwerden der Änderung der Satzung bereits aus der Genossenschaft ausgeschieden waren.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Beschränkung oder Aufhebung der Nachschusspflicht | 2–3
III.
Einführung oder Erweiterung der Nachschusspflicht | 4–5
I. Allgemeines 1
§ 22a wurde durch Novelle 1973 eingefügt. Die Vorschrift knüpft an die §§ 143, 145 an, die durch Novelle 1973 aufgehoben wurden. Sie regelt den Schutz der Gläubiger und bereits ausgeschiedener Mitglieder bei Änderung der Bestimmungen der Satzung über die Nachschusspflicht. Erfasst wird von dieser Vorschrift jede Beschränkung oder vollständige Aufhebung der Nachschusspflicht – auch die „Umwandlung“ einer eingetragenen eG mit unbeschränkter Nachschusspflicht in eine eG ohne Nachschusspflicht – mit Ausnahme der nachträglichen Herabsetzung der Haftsumme; für diese gilt § 120. II. Beschränkung oder Aufhebung der Nachschusspflicht
2
Zur nachträglichen Beschränkung oder Aufhebung der Nachschusspflicht ist eine entsprechende Satzungsänderung erforderlich (§§ 6 Nr. 3, 16 Abs. 4). Wird die Satzung einer eG dahin geändert, dass die bisher unbeschränkte Nachschusspflicht auf eine Haftsumme beschränkt wird, so ist weiterhin eine Satzungsänderung notwendig, durch die die Haftsumme festgesetzt wird (§§ 6 Nr. 3, 119, 16 Abs. 5). Nach Auflösung der eG ist – da mit dem Wesen der Liquidation nicht vereinbar – eine Beschränkung oder Aufhebung der Nachschusspflicht unzulässig.1 Wird die Nachschusspflicht durch eine Änderung der Satzung auf eine Haftsumme 3 beschränkt oder ganz aufgehoben, werden die Gläubigerschutzvorschriften des § 22 Abs. 1 bis 3 sinngemäß angewendet.2 Das bedeutet u.a.: für Mitglieder, die nach Eintragung des Beschlusses in das Register, aber noch vor Ablauf der 6-Monats-Frist nach der Bekanntmachung des wesentlichen Inhalts des Beschlusses aus der eG ausscheiden, gelten im Interesse der Gläubiger weiterhin die alten Nachschussregelungen; nach § 73 Abs. 2 S. 3 haben sie ggf. Nachschüsse unbeschränkt oder bis zur Höhe der alten Haftsumme zu leisten. Wird nach dem Ausscheiden des Mitglieds die Nachschusspflicht herabgesetzt oder aufgehoben, gilt ebenfalls § 73 Abs. 2 S. 3. Es sind ggf. Nachschüsse im bisherigen Umfang zu leisten.3 Die Gläubigereigenschaft muss vor Bekanntmachung der Eintragung der Satzungsänderung bestanden haben (Gutglaubensschutz an die Richtigkeit des Registers), es sei denn, der Erwerb der Forderung erfolgt nach Eintragung in Kenntnis der Satzungsänderung.4
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Beuthien GenG § 22a Rdn. 3; Müller GenG § 22a Rdn. 2. Müller GenG § 22a Rdn. 2. Müller GenG § 22a Rdn. 12. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22a Rdn. 9.
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Zerlegung des Geschäftsanteils | § 22b
III. Einführung oder Erweiterung der Nachschusspflicht Zur Einführung oder Erweiterung der Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen 4 (Abs. 2) ist ebenfalls eine entsprechende Satzungsänderung erforderlich (§§ 6 Nr. 3, 16 Abs. 2 Nr. 4). Es kann u.U. das außerordentliche Kündigungsrecht des § 67a ausgeübt werden. Unzulässig ist es, einzelne Mitgliedergruppen satzungsmäßig von der Nachschusspflicht freizustellen und andere nicht. Dies würde ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sein und praktisch für diese Gruppen zu einer eG ohne Nachschusspflicht führen, während es im Übrigen bei einer eG mit beschränkter Nachschusspflicht verbleiben würde. Wer bei Eintragung einer Änderung der Satzung, die die Einführung oder Erweite- 5 rung der Nachschusspflicht vorsieht, bereits aus der eG ausgeschieden war, kann nicht in Anwendung der §§ 75, 76 Abs. 4 (und § 115b in der Insolvenz der eG) zu den erhöhten Leistungen herangezogen werden, die sich aus der Satzungsänderung ergeben. Vielmehr bleibt das Mitglied in Anwendung der genannten Vorschriften nur zu den Leistungen verpflichtet, die vor der Satzungsänderung und vor seinem Ausscheiden nach den damals geltenden Satzungsregelungen von ihm hätten gefordert werden können. Wer gekündigt hat, aber noch nicht ausgeschieden war, muss die Änderung gegen sich gelten lassen. Er kann jedoch wegen der weitergehenden Wirkung zusätzlich noch unter den Voraussetzungen des § 67a außerordentlich kündigen. Dies ist eine vertretbare Besserstellung des kündigenden Mitglieds gegenüber dem ausgeschlossenen Mitglied, das nach § 68 Abs. 4 nicht an der GV teilnehmen kann.5
§ 22b Zerlegung des Geschäftsanteils § 22b Zerlegung des Geschäftsanteils (1) Der Geschäftsanteil kann in mehrere Geschäftsanteile zerlegt werden. Die Zerlegung und eine ihr entsprechende Herabsetzung der Einzahlungen gelten nicht als Herabsetzung des Geschäftsanteils oder der Einzahlungen. (2) Mit der Eintragung des Beschlusses über die Zerlegung des Geschäftsanteils sind die Mitglieder mit der Zahl von Geschäftsanteilen beteiligt, die sich aus der Zerlegung ergibt. § 15b Abs. 3 ist nicht anzuwenden. Die Mitgliederliste ist unverzüglich zu berichtigen.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Verfahren | 2–6
III.
Geschäftsguthaben | 7
I. Allgemeines § 22b wurde durch Novelle 1973 eingefügt und vereinfacht den bisherigen § 133a, der 1 durch Novelle 1973 aufgehoben wurde. Zerlegung ist die Umwandlung eines Geschäftsanteils in mehrere selbständige Geschäftsanteile, die in ihrem Gesamtbetrag die Höhe des bisherigen Geschäftsanteils erreichen. § 22b lässt die Zerlegung bei jeder eG zu. Die Zerlegung ist besonders für solche eG von Bedeutung, die ihren Geschäftsanteil so sehr erhöht haben, z.B. aus Sanierungsgründen, dass die Gewinnung neuer Mitglieder er-
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Beuthien GenG § 22a Rdn. 4.
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§ 22b | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
schwert wurde. Es ist unerheblich, ob in der Satzung eine unbeschränkte, eine beschränkte oder keine Nachschusspflicht der Mitglieder vorgesehen ist. Nach dem früheren § 133a war die Zerlegung des Geschäftsanteils nur bei der eG mit beschränkter Haftung möglich. Im Liquidationsstadium ist die Zerlegung wegen ihres Motivs, neue Mitglieder zu gewinnen, ausgeschlossen, da in diesem Stadium der Beitritt und der Erwerb von Geschäftsanteilen ausgeschlossen ist (§ 87 Rdn. 11). II. Verfahren Die Zerlegung des Geschäftsanteils ist eine Satzungsänderung, über die die GV/VV mit der in § 16 Abs. 2 vorgesehenen Mehrheit entscheidet. Nach § 16 Abs. 2 bedarf der Zerlegungsbeschluss einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst; die Satzung kann noch weitere Erfordernisse, d.h. noch weitere Erschwernisse, vorsehen. Die Zerlegung kann mit der Erhöhung oder Herabsetzung des Geschäftsanteils verbunden werden. Dies ist dann erforderlich, wenn die neu geschaffenen Geschäftsanteile einen Betrag erhalten sollen, der nicht durch Teilung des Betrags des bisherigen Geschäftsanteils erreicht werden kann. Die Erhöhung kann sowohl vor als auch nach der Zerlegung erfolgen. Satzungsbestimmungen, die sich auf die Beschlussfassung über die Herabsetzung des Geschäftsanteils und die Herabsetzung der Einzahlungspflicht auf den Geschäftsanteil beziehen, finden im Zusammenhang mit der Zerlegung des Geschäftsanteils und einer entsprechenden Herabsetzung der Einzahlungspflicht keine Anwendung; denn nach § 22b Abs. 1 S. 2 gelten die Zerlegung des Geschäftsanteils und eine entsprechende Herabsetzung der Einzahlungspflicht nicht als Herabsetzung des Geschäftsanteils und der Einzahlungspflicht. Ein besonderer Schutz der Gläubiger – wie in § 22 – ist mithin nicht erforderlich. In der Satzung kann vorgesehen werden, dass ein Gutachten des zuständigen Prü3 fungsverbands einzuholen ist, ob die Zerlegung mit den Interessen der Mitglieder vereinbar ist. Geschäftsanteil und Haftsumme (§ 6 Nr. 3) müssen nicht gleichzeitig und im gleichen Verhältnis zerlegt werden. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass die Zerlegung des Geschäftsanteils auch bei der eG mit unbeschränkter Nachschusspflicht und bei der eG ohne Nachschusspflicht möglich ist. Diese beiden Genossenschaftstypen kennen jedoch keine Haftsumme. Bei Zerlegung des Geschäftsanteils ist gleichwohl auf die Haftsumme zu achten, und zwar dann, wenn die Haftsumme – wie früher gesetzlich vorgeschrieben und heute in der Satzung weiterhin üblich – an die Geschäftsanteile gekoppelt ist. („Die Haftsumme für jeden Geschäftsanteil beträgt € …“). Hier würde eine Zerlegung des Geschäftsanteils zu einer Vervielfachung der Haftsumme führen. Aus diesem Grunde empfiehlt sich, bei einer Koppelung auch für die Berechnung der Haftsumme einen entsprechend niedrigeren Betrag einzusetzen. Dies ist keine Herabsetzung der Haftsumme mit der Folge des § 120, sondern nur eine Herabsetzung des Maßstabs für die Berechnung der konkreten Haftsumme.1 Eine Gläubigerbenachteiligung tritt nicht ein. Mit der Eintragung des Beschlusses über die Zerlegung des Geschäftsanteils in das 4 Genossenschaftsregister (§§ 16 Abs. 5, 156; §§ 6, 16 GenRegV) sind die Mitglieder mit der Anzahl von Geschäftsanteilen beteiligt, die sich aus der Zerlegung ergibt. Die Vorschriften über die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen finden also keine Anwendung (vgl. §§ 22b Abs. 2 S. 2, 15b Abs. 3, 15 Abs. 2 bis 4). Für eine Beteiligungserklärung nach 2
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22b Rdn. 25; Müller GenG § 22b Rdn. 5.
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Zerlegung des Geschäftsanteils | § 22b
§ 15b, für eine Zulassung nach § 15 Abs. 2 sowie für eine Benachrichtigung durch den Vorstand ist demnach kein Raum. Wenn die Zerlegung des Geschäftsanteils dazu führt, dass ein Mitglied die in der 5 Satzung vorgesehene Höchstzahl der Geschäftsanteile überschreitet, so ist mit der Zerlegung eine Satzungsänderung nach § 16 Abs. 4 zu verbinden, durch die die Höchstzahl der übernehmbaren Geschäftsanteile entsprechend erhöht wird.2 Unterbleibt versehentlich eine Erhöhung oder ein Verzicht auf die Höchstzahl, so ist eine Beteiligung unter Überschreiten der statutarischen Höchstzahl im Interesse des Gläubigerschutzes trotzdem wirksam.3 Nach §§ 16 Abs. 4, 7a Abs. 1 S. 2 ist auch eine Satzungsänderung dahin möglich, dass eine Festsetzung der Höchstzahl der übernehmbaren Geschäftsanteile entfällt und nur noch bestimmt wird, dass ein Mitglied sich mit mehr als einem Geschäftsanteil beteiligen darf. Legt die Satzung eine Mindestbeteiligung fest, werden durch die Zerlegung die über die Pflichtanteile hinausgehenden Anteile zu freiwilligen Anteilen. Diese können gekündigt werden, ohne dass dies als Kapitalherabsetzung zu werten ist. Das Festhalten an der Zahl der Pflichtanteile ist insoweit durch § 22b gedeckt. Auch eine entsprechend dem zerlegten Geschäftsanteil herabgesetzte Einzahlungs- 6 pflicht gilt nicht als eine Herabsetzung i.S.d. § 22. Erfolgt diese nicht, gelten die bisherigen Einzahlungspflichten weiter. Wird im Zusammenhang mit der Zerlegung zusätzlich eine Erhöhung, Herabsetzung oder Zusammenlegung von Geschäftsanteilen beschlossen, hat eine Nichtigkeit des letztgenannten Beschlusses wegen des engen Sachzusammenhangs gemäß § 139 BGB die Nichtigkeit des Zerlegungsbeschlusses zur Folge, da kein Beschluss ohne den anderen gefasst worden wäre.4 III. Geschäftsguthaben Das Gesetz regelt nicht die Verteilung des vorhandenen Geschäftsguthabens auf die 7 mehreren durch die Zerlegung erworbenen Geschäftsanteile. Es empfiehlt sich eine Regelung durch den Zerlegungsbeschluss oder einen gesonderten GV/VV-Beschluss, wobei gleichmäßige Anrechnung möglich ist oder auch Anrechnung des Guthabens auf die ersten Geschäftsanteile.5 Paulick hält die gleichmäßige Verteilung des Geschäftsguthabens auf die neuen Geschäftsanteile für allein zulässig.6 Diese Auslegung findet jedoch im Gesetz keine Stütze und ist unter Berücksichtigung zum Teil abweichender Interessen der Praxis abzulehnen. Für den Fall, dass der GV/VV-Beschluss zur Anrechnung des Geschäftsguthabens nichts aussagt, muss entsprechend dem Grundgedanken des § 15b Abs. 2 zunächst eine Verteilung auf alle Geschäftsanteile, soweit Pflichteinzahlungen abzudecken sind, und sodann eine Anrechnung auf die ersten freiwilligen Geschäftsanteile erfolgen, um so möglichst alle Einzahlungspflichten zu erfassen.7 Abzulehnen ist die gleichmäßige Verteilung auf die neuen Geschäftsanteile. Reicht das Geschäftsguthaben nicht aus, um die Pflichteinzahlungen abzudecken, scheitert daran die Zerlegung der Geschäftsanteile und die Verteilung des Geschäftsguthabens nicht. Da die Zerlegung zu einer Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen führt, ohne dass eine Beteiligungserklärung abgegeben wurde, ist insoweit eine gesetzliche Pflicht zur Volleinzahlung der Geschäftsanteile (bis auf einen) nicht entstanden. Die weiteren Geschäftsanteile sind
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BlfG 1934, 324; LG Kempten JW 1934, 2873; BayObLG HRR 1935 Ziff. 248. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22b Rdn. 12; Müller GenG § 22b Rdn. 7. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 22b Rdn. 7; Müller GenG § 22b Rdn. 9. BlfG 1934, 324; Müller GenG § 22b Rdn. 5. Paulick S. 178. Beuthien GenG § 22b Rdn. 6; a.A. Paulick S. 178; Müller GenG § 16 Rdn. 25.
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§ 23 | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
insoweit wie Pflichtanteile zu bewerten (§ 15b Abs. 2 analog); für sie gelten die Einzahlungspflichten der Satzung. Nicht notwendig ist es, dass die Verteilung nur zulässig ist, wenn zumindest die Pflichtanteile abgedeckt sind.8 Nicht zulässig ist es, unter Berücksichtigung dieses Rechtsgedankens und des Grundsatzes der Rechtsklarheit festzulegen, dass das einzelne Mitglied selbst die Verteilung des Geschäftsguthabens auf die einzelnen Geschäftsanteile bestimmt.9 Auch können mit dem Zerlegungsbeschluss weitere Einzahlungen nach § 50 beschlossen werden, wenn die Satzung weitere Einzahlungen in die Entscheidung der GV/VV gestellt hat. Auf eine nachfolgende Übertragung des Geschäftsguthabens hat die Zerlegung des Geschäftsanteils keinen Einfluss, da nicht die Geschäftsanteile übertragen werden, sondern das Geschäftsguthaben.
§ 23 Haftung der Mitglieder § 23 Haftung der Mitglieder (1) Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften die Mitglieder nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Wer in die Genossenschaft eintritt, haftet auch für die vor seinem Eintritt eingegangenen Verbindlichkeiten. (3) Vereinbarungen, die gegen die vorstehenden Absätze verstoßen, sind unwirksam.
I. II.
Übersicht Haftung der Mitglieder als „Nachschusspflicht“ | 1 Haftung für schon bestehende Verbindlichkeiten | 2
III.
Nichtigkeit von Verträgen, die die Haftung beschränken | 3–5
I. Haftung der Mitglieder als „Nachschusspflicht“ 1
Abs. 1 enthält lediglich einen Verweis auf die sonstigen Haftungsregelungen des GenG, insbesondere auf § 2. Dies bedeutet, dass den Gläubigern der eG nur deren Vermögen unmittelbar haftet; die Mitglieder sind gemäß den §§ 105 ff. lediglich zur Leistung von Nachschüssen der eG gegenüber verpflichtet, soweit nicht die Satzung jegliche Nachschusspflicht ausschließt. Diese Nachschusspflicht besteht in der Insolvenz und beim Ausscheiden einzelner Mitglieder unter der Voraussetzung des § 73 Abs. 2. Der Sonderfall von § 87a berührt nicht die gesetzliche „Haftung“ der Mitglieder; diese Zahlungspflichten beruhen vielmehr auf besonderen Beschlüssen der GV im Liquidationsstadium. II. Haftung für schon bestehende Verbindlichkeiten
2
Aus den Vorschriften der §§ 105 ff. folgt bereits, dass es für die Nachschusspflicht der Mitglieder allein darauf ankommt, wie die Vermögenslage der eG zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist. Wer zu diesem Zeitpunkt Mitglied der eG ist, wird in die Nachschussberechnung einbezogen. Es ist dabei unerheblich, ob die Verbindlichkei-
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8 Unzutreffend insoweit Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 22b Rdn. 5, die wohl Pflichtanteile mit Pflichteinzahlungen verwechseln. 9 So aber Müller GenG § 22b Rdn. 5.
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Haftung der Mitglieder | § 23
ten der eG vor dem Eintritt dieses Mitglieds entstanden sind oder erst danach, damit wird ein Streit mit den Gläubigern über den Zeitpunkt, zu dem einzelne Verbindlichkeiten entstanden sind, vermieden. Entsprechendes gilt für die Fälle gem. § 73 Abs. 2. Die Haftung ausgeschiedener Mitglieder besteht jedoch gemäß den §§ 115b ff. weiter für Mitglieder, die innerhalb der letzten 18 Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeschieden sind. III. Nichtigkeit von Verträgen, die die Haftung beschränken Abs. 3 wurde durch die Novelle 2006 sprachlich neu gefasst. Die Nachschusspflicht 3 der Mitglieder dient der Sicherung der Gläubiger der eG; sie muss daher der Disposition vor allem der Mitglieder als Haftende entzogen sein. Dies gilt zunächst für Vereinbarungen zwischen Mitgliedern und eG, nach denen die Mitglieder von der Haftung im Innenverhältnis freigestellt werden sollen. Ein Gläubiger kann nicht rechtswirksam auf die Nachschussverpflichtung von Mit- 4 gliedern verzichten. Dies folgt schon daraus, dass es sich um Ansprüche der eG gegen das Mitglied handelt und nicht um eigene Ansprüche des Gläubigers. Keine Bedenken bestehen allerdings, wenn ein Gläubiger der eG auf seine Forderung gegen diese insoweit verzichtet, als Nachschüsse zur Befriedigung in Anspruch genommen werden müssten. Der sog. „Haftsummenverzicht“ der Gläubiger im Liquidationsvergleich der eG ist zulässig, da es sich dabei rechtlich nicht um einen Verzicht auf die Haftsumme, sondern um eine Ermäßigung der Forderungen der Vergleichsgläubiger handelt, die auch für den Insolvenzausfall Gültigkeit haben soll.10 Vergleiche über Nachschüsse sind mit Zustimmung des Gläubigerausschusses jetzt ausdrücklich zugelassen (§ 112a). Verpflichtet sich ein Mitglied der eG gegenüber einem anderen Mitglied, diesem die 5 Aufwendungen wegen einer Inanspruchnahme aus Haftpflicht zu ersetzen, berührt dies nicht die gesellschaftsrechtliche Ebene und ist daher zulässig.11 Daneben ist auch ein Schuldbeitritt oder eine befreiende Schuldübernahme nur mit Zustimmung aller begünstigten Gläubiger möglich.12
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10 LG Hamburg KuT 1933, 12; BlfG 1933, 81. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 23 Rdn. 10; Beuthien GenG § 23 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 23 Rdn. 7 ohne überzeugende Begründung; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 23 Rdn. 3. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 23 Rdn. 9; Beuthien GenG § 23 Rdn. 4; a.A. wiederum Müller GenG § 23 Rdn. 7.
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§ 23 | 2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder
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Vorstand | § 24
DRITTER ABSCHNITT Verfassung der Genossenschaft 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft Holthaus/Lehnhoff
§ 24 Vorstand § 24 Vorstand (1) Die Genossenschaft wird durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Genossenschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit), wird die Genossenschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch den Aufsichtsrat vertreten. (2) Der Vorstand besteht aus zwei Personen und wird von der Generalversammlung gewählt und abberufen. Die Satzung kann eine höhere Personenzahl sowie eine andere Art der Bestellung und Abberufung bestimmen. Bei Genossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern kann die Satzung bestimmen, dass der Vorstand aus einer Person besteht. (3) Die Mitglieder des Vorstands können besoldet oder unbesoldet sein. Ihre Bestellung ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen.
I. II.
III. IV.
V. VI.
Übersicht Der Vorstand als gesetzliches Vertretungsorgan | 1–13 Zusammensetzung | 14–36 1. Zahl | 14–15 2. Persönliche Voraussetzungen | 16–27 3. Art der Tätigkeit im Vorstand | 28–36 Begründung der Organstellung | 37–42a Das Anstellungsverhältnis | 43–65 1. Abgrenzung Bestellung – Anstellung | 44–46 2. Auftrag | 47 3. Dienstvertrag | 48–65 a) Zuständigkeit für den Abschluss; Frist | 48–49 b) Anzuwendende Vorschriften | 50–58 c) Versicherungsrechtliche Behandlung | 59–62 d) Rechte und Pflichten | 63–65 Faktisches Vorstandsmitglied | 66 Beendigung des Vorstandsamts | 67–105a 1. Ablauf der Amtsdauer | 68
2. Tod | 69–74 3a. Widerruf der Bestellung (im Zusammenhang mit der Kündigung) | 69–70 3b. Widerruf durch fristgemäße Kündigung | 71–72 3c. fristloser Widerruf ohne a.o. Kündigung | 73–74 3d. Fristloser Widerruf mit außerordentlicher Kündigung | 75–91 4. Amtsniederlegung | 92–99 5. Ausscheiden aus der eG aufgrund Kündigung | 100 6. Ausschluss aus der eG | 101 7. Fusion | 101a 8. Auflösung der Genossenschaft | 102 9. Insolvenz der Genossenschaft | 103 10. Rechte der BaFin | 104–105 11. Einköpfiger Vorstand | 105a VII. Pensionszusagen | 106–114 VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 115–119
I. Der Vorstand als gesetzliches Vertretungsorgan Der Vorstand ist der gesetzliche Vertreter der eG. Zur Art der Vertretung vgl. § 25, 1 zu ihrer Wirkung und zur Vertretungsbefugnis des Vorstands vgl. § 26, zum Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung (Geschäftsführung und Vertretung), der begrifflich 279
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§ 24 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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und gesetzessystematisch zu Beginn der Regelungen über den Vorstand einzuordnen wäre vgl. § 27. Änderungen erfolgten durch die Novelle 2006.1 Die eG wird gerichtlich2 und außergerichtlich durch die jeweils vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder vertreten; er ist das geschäftsführende Organ der eG (vgl. Erl. zu § 25).3 Die dabei für die eG abgegebenen und entgegengenommenen Willenserklärungen wirken unmittelbar für und gegen die eG (§ 164 BGB). Dies können Willenserklärungen jeder Art sein. Das Gleiche gilt für Realakte, Wissenserklärungen, Zustellungen, Ladungen etc. Die eG haftet für zum Schadensersatz verpflichtende Handlungen der Vorstandsmitglieder, die diese in Ausführung ihrer Tätigkeit für die eG begangen haben.4 Dies gilt auch dann, wenn ein gesamtvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied allein gehandelt hat.5 Nur bei der Anmeldung einer neu gegründeten eG zum Genossenschaftsregister müssen sämtliche Vorstandsmitglieder (auch die stellvertretenden, § 35) mitwirken (§ 157); hierzu zählen auch bereits bestellte, aber noch nicht eingetragene Vorstandsmitglieder, sofern sich diese bereits im Amt befinden (vgl. Rdn. 41); das Vorstandsamt beginnt mit dem bei der Wahl bestimmten Zeitpunkt, die Eintragung selbst hat nur deklaratorische Bedeutung. Für alle sonstigen Anmeldungen genügt die Mitwirkung so vieler Vorstandsmitglieder, wie satzungsgemäß zur gesetzlichen Vertretung notwendig sind, i.d.R. also zwei. In Prozessen ist die eG selbst Partei, nicht der Vorstand. Er hat jedoch die Befugnisse und Pflichten einer Partei.6 Vorstandsmitglieder in der nach der Satzung vertretungsberechtigten Zahl (§ 25) sind namentlich in die Klageschrift (§§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO) sowie ins Urteil (§ 313 ZPO) aufzunehmen. Der Sollvorschrift des § 130 Nr. 1 ZPO wird bei gesetzlicher Vertretung der eG durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen7 genügt, wenn in der Klageschrift zum Ausdruck gebracht wird, dass die eG durch das Vorstandsmitglied V. und den Prokuristen P. vertreten wird. In einem Rechtsstreit, in dem ein Vorstandsmitglied nach Widerruf seiner Bestellung und fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages die Unwirksamkeit der Kündigung sowie Rechte aus dem Anstellungsvertrag geltend macht, wird die eG durch den Aufsichtsrat und nicht durch den Vorstand vertreten.8 Andernfalls – so nach altem Recht – könnte eine unbefangene Vertretung der eG in Frage gestellt sein, wenn Vorstandsmitglieder mit einem bisherigen Vorstandskollegen prozessieren müssten, mit dem sie bei Unwirksamkeit des Widerrufs oder der Kündigung wieder zusammenarbeiten sollen (hierzu Erl. zu § 39 Rdn. 9 ff.).9 einstweilen frei Bei Klagen von Mitgliedern, die nicht dem Vorstand angehören, gegen die eG auf Feststellung, dass bestimmte Mitglieder dem Vorstand weiter angehören, vertritt der Vor-
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1 BGBl. I S. 1911; zu den Änderungen Beuthien NZG 2008, 210 ff.; Schaffland/Korte NZG 2006, 253; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 1. 2 Auch bei Klagen von Mitgliedern wegen der Organzugehörigkeit, BGH DB 1997, 153. 3 Gegenüber dem Vorstand wird die eG gerichtlich und außergerichtlich – z.B. beim Abschluss von Verträgen mit dem Vorstand – durch den Aufsichtsrat vertreten (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1). 4 BGH NJW 1986, 2941 = ZIP 1986, 1179 = WM 1986, 1104 = ZfgG 1988, 287 m. Anm. Hadding; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 8. 5 BGH a.a.O.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 8; Beuthien GenG § 26 Rdn. 5. 6 Thomas/Putzo ZPO, § 51 Anm. III, 4a. 7 Satzungsregelung erforderlich, § 25 Abs. 2. 8 BGH DB 2004, 245 zur GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat; BGH DB 1997, 1916 – Sparkasse. 9 BGH WM 1996, 2235 m.w.N.; BGH DB 1997, 1455.
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Vorstand | § 24
stand die eG,10 da die Vertretung der eG grds. ausschließlich dem Vorstand obliegt,11 keine Prozessführung ggü. anderen Vorstandsmitgliedern vorliegt und die Gefahr der Interessenkollision nicht gegeben ist. Die an die eG zu bewirkenden Zustellungen erfolgen an den Vorstand (§ 170 Abs. 1 8 ZPO); eine Zustellung an die eG selbst ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 S. 2 ZPO), da sie nicht prozessfähig ist. Bei einem mehrgliedrigen Vorstand und Gesamtvertretung genügt die Zustellung an ein Vorstandsmitglied (§ 170 Abs. 2 u. 3 ZPO). Wird die eG im Einzelfall durch 2 Organe vertreten12 müssen Zustellungen und Erklärungen jeweils an ein Mitglied beider Organe erfolgen.13 Hat die eG keinen Vorstand (Führungslosigkeit), erfolgt nach Abs. 1 S. 2 die Abgabe von Willenserklärungen und die Zustellung von Schriftstücken an den Aufsichtsrat, der Zugang bei einem Aufsichtsratsmitglied genügt.14 Hat eine eG mit nicht mehr als 20 Mitglieder und in der Satzung auf einen Aufsichtsrat verzichtet (§ 9 Abs. 1 S. 2), tritt an dessen Stelle die GV (§ 9 Abs. 1 S. 3), der Zugang muss in der GV, also nach Eröffnung und vor Schließung der GV, erfolgen, ansonsten kommt im Falle der Klage gegen die eG nur die Bestellung eines Prozesspflegers in Betracht.15 Die Vorstandsmitglieder können in Prozessen der eG nicht Zeugen sein.16 Sie kön- 9 nen nur im Wege des Beweises durch Parteivernehmung vernommen werden.17 Dies gilt auch für (stellvertretende) Vorstandsmitglieder, die den Prozess nicht als Vertreter der eG führen. Aus dem Vorstand ausgeschiedene Mitglieder können als Zeugen über Angelegenheiten vernommen werden, die in ihre Amtszeit fallen.18 Sie haben jedoch auf Grund ihrer Verschwiegenheitspflicht (§ 34 Abs. 1 Satz 2) ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.19 Sie können von der Verschwiegenheitspflicht befreit werden (§ 385 Abs. 2 ZPO). Obliegt dem Vorstand nicht die Prozessvertretung,20 können die Vorstandsmitglieder 10 als Zeugen vernommen werden.21 Gleiches gilt bei Vertretung der eG durch den Insolvenzverwalter, die Verfügungsbefugnis geht gem. § 80 Abs. 1 InsO auf ihn über.22 Ein Prokurist kann als Zeuge vernommen werden, selbst wenn in der Satzung festgelegt ist, dass ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit ihm die eG gesetzlich vertreten kann, weil der Prokurist auch dann nicht gesetzlicher Vertreter der eG ist. Recht auf Zeugnisverweigerung im Zivilprozess nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO,23 insb. zur Wahrung des Bankgeheimnisses. 24 Die eG kann das Vorstandsmitglied gem. § 385 Abs. 2 ZPO von der Schweigepflicht entbinden.
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10 BGH DB 1997, 153. 11 Beuthien GenG § 39 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 1. 12 Z.B. Vorstand und Aufsichtsrat im Falle der Anfechtungsklage, § 51 Abs. 3 S. 1. 13 BGH NJW 1960, 1007. 14 § 24 Abs. 1 S. 2 eingeführt durch MoMiG v. 23.10.2008, BGBl. I S. 2026 (Sinn und Zweck: keine Zugangsvereitelung durch Rücktritt/Abberufung aller Vorstandsmitglieder). 15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 7: Außerhalb GV/VV nur Prozesspfleger gem. § 57 ZPO möglich; Zustellung an einzelnes Mitglied lässt § 25 Abs. 1 S. 3 nicht zu; ebenso keine öffentliche Zustellung möglich, vgl. Zöller/Stöber ZPO § 185 Rdn. 2. 16 RGZ 46, 318. 17 § 455 Abs. 1 ZPO; RGZ 46, 318. 18 OLG Koblenz DB 1987, 1036 = ZIP 1987, 637 zur GmbH und AG; Beuthien GenG § 24 Rdn. 5. 19 OLG Koblenz ebd.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 11. 20 So z.B. u.U. bei § 39 Abs. 1 und 3. 21 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 10; Müller GenG § 25 Rdn. 35. 22 RG LZ 14, 776; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 10; Beuthien GenG § 24 Rdn. 5. 23 OLG Koblenz DB 1987, 1036 = ZIP 1987, 637 zur GmbH und AG. 24 Vgl. § 30a Abgabenordnung; Ehlers BB 1979, 1602; Söhn NJW 1980, 1430; Sichtermann S. 33 f.
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Eidesstattliche Versicherungen der eG25 haben alle Vorstandsmitglieder26 abzugeben, die im Zeitpunkt der Versicherung dem Vorstand angehören. Bei Wechselprotesten genügt in der Regel Protest bei dem Angestellten, der mit 12 dem Kassenverkehr beauftragt ist.27 Mitglieder des Vorstands einer eG können nach § 109 Abs. 1 Ziff. 3 GVG zu Handels13 richtern bestellt werden.28 11
II. Zusammensetzung 1. Zahl. Der Vorstand muss aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen, eine höhere Mitgliederzahl kann durch die Satzung festgesetzt werden (§ 24 Abs. 2 S. 1). Ständige stellvertretende Vorstandsmitglieder i.S.d. § 35 zählen mit.29 Die Satzung kann die Zahl der Vorstandsmitglieder auch durch Höchst- und Mindestzahlen30 oder durch eine Höchstzahl31 oder durch eine Mindestzahl32 festsetzen.33 Das für die Bestellung zuständige Organ (§ 24 Abs. 2 S. 1 GV, sofern nicht qua Satzung der Aufsichtsrat, § 24 Abs. 2 S. 2) legt dann die konkrete Zahl fest. Existiert nur noch ein Vorstandsmitglied, ist der Vorstand nicht mehr funktionsfähig,34 auch nicht, wenn es (z.B. für den Abschluss bestimmter Geschäfte) Einzelvertretungsmacht hat, auch nicht, wenn ein Prokurist existiert, der gemeinsam mit einem (diesem) Vorstandsmitglied vertretungsberechtigt ist (vgl. generell § 42 Rdn. 5), seine Willenserklärungen bedürfen nach § 177 BGB der Zustimmung des (später) bestellten Vorstandsmitglieds, der Aufsichtsrat kann ggf. nach § 37 Abs. 1 Satz 2 vorgehen. Prokuren und Handlungsvollmachten bleiben weiterhin wirksam. Bei einer eG mit nicht mehr als 20 Mitgliedern kann die Satzung vorsehen, dass der Vorstand nur aus einer Person besteht. Hat die eG später mehr als 20 Mitglieder, muss ein weiteres Vorstandsmitglied bestellt werden, das Gesetz geht nun der Satzung vor, diese muss geändert werden.35 Der „Einzelvorstand“ ist dann kein Organvorstand mehr, seine Vertretungsmacht erlischt; Dritte werden nach § 29 geschützt (s. die dortigen Erl.) Das weitere Vorstandsmitglied kann schon vorher „auf Vorrat“ oder mit sofortiger Wirkung gewählt werden.36 In den Fällen, in denen gesetzlich eine bestimmte Zahl von Geschäftsleitern vorgesehen ist (z.B. § 33 Abs. 1 Nr. 5 KWG) oder auf Grund mitbestimmungsrechtlicher Regelungen ein Arbeitsdirektor zu bestellen ist (§ 33 Abs. 1 MitbestG), muss der Vorstand mindestens zwei Mitglieder haben.37 Wird die durch die Satzung vorgeschriebene Zahl von Vorstandsmitgliedern unter15 schritten, kann der Restvorstand weiterhin Willenserklärungen abgeben, wenn noch so viele Vorstandsmitglieder vorhanden sind, wie zur satzungsgemäßen Vertretung erfor-
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25 Z.B. nach § 294 ZPO (Glaubhaftmachung einer Parteibehauptung), § 284 Abs. 3 AO. 26 Auch die stellvertretenden, § 35. 27 Vgl. RGZ 24, 86 sowie RGZ 53, 227. 28 Schmidt MDR 1975, 636. 29 A.A. Beuthien GenG § 24 Rdn. 6; vgl. hierzu unten § 35 Rdn. 2. 30 Z.B. „2 bis 4“. 31 Z.B. „höchstens 4“. 32 „mindestens 2“. 33 KGJ 34, 175; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 27. 34 BGH BB 2002, 165 = ZIP 2002, 172; BGH ZIP 2002, 216 jeweils zur AG; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 24 Rdn. 16; vgl. auch § 25 Rdn. 3; a.A. Müller GenG § 24 Rdn. 23. 35 BGHZ 149, 158 = NJW 2002, 1128; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 14, 14a und 14b. 36 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 14, 14a und 14b. 37 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 28.
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derlich sind.38 Auch kann der Restvorstand Rechtsakte vornehmen, die zwingend dem Gesamtvorstand obliegen, z.B. die Erstanmeldung einer gegründeten eG zum Genossenschaftsregister, was allerdings der Ausnahmefall sein dürfte. Zur zeitnahen Ergänzung ist das für die Bestellung zuständige Organ verpflichtet. Wird die durch die Satzung vorgeschriebene Zahl überschritten, ist bei Bestellung durch die GV/VV die Wahl anfechtbar. Für das Überschreiten ist die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Wahl des Vorstandsmitglieds entscheidend, bei einer gleichzeitigen en bloc-Wahl mehrerer Vorstandsmitglieder ist die Wahl aller so gewählten Vorstandsmitglieder anfechtbar.39 Ist der Aufsichtsrat für die Bestellung zuständig und wird die Zahl überschritten ist die Wahl wirksam, der Aufsichtsrat ist aber zum Widerruf verpflichtet.40 2. Persönliche Voraussetzungen. Die Mitglieder des Vorstands müssen natürliche Personen sein. Dies folgt aus der Natur des Vorstandsamts; juristische Personen sind nicht handlungsfähig; sie bedürfen zum Handeln natürlicher Personen.41 Die natürlichen Personen müssen voll geschäftsfähig sein (vgl. für das Amt des Vertreters § 43a Rdn. 21), diese muss nicht bereits bei der Wahl, sondern beim Amtsantritt gegeben sein, Wahl zu diesem künftigen Zeitpunkt ist wirksam (relevant bei Schülergenossenschaften). Außerdem müssen die Mitglieder des Vorstands Mitglieder der eG sein (Prinzip der Selbstorganschaft, § 9 Abs. 2 S. 1). Dies muss nicht bereits bei der Wahl/Bestellung gegeben sein. Es genügt, wenn die Vorstandsmitglieder während ihrer Amtsführung Mitglieder der eG sind.42 Wenn der eG einzelne eG als Mitglieder angehören, können Mitglieder dieser Mitgliedsgenossenschaft43 Vorstandsmitglieder werden, ohne persönlich die Mitgliedschaft bei ihr erwerben zu müssen (Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 2 „… können deren Mitglieder …“). Diese bleiben – auch wenn sie nicht mehr Mitglied der Mitglieds-eG sind – bis zum (zeitnahen) Ablauf der Amtsperiode im Amt (vgl. dazu § 9 Rdn. 18), weil der Wortlaut des § 9 Abs. 2 auf den Zeitpunkt der Bestellung abstellt; nach Sinn und Zweck der Vorschrift endet ihr Mandat in der eG automatisch bei nicht zeitnahem Auslaufen der Amtsperiode44 Gehören der eG andere juristische Personen oder Personengesellschaften an, können deren gesetzliche und rechtsgeschäftliche Vertreter Vorstandsmitglieder werden, bei einer Gemeinde also der für die Belange zuständige Abteilungsleiter, bei einem Unternehmen der Prokurist, der für die Geschäftsbeziehung mit der eG zuständig ist. Für den Wegfall des Amts während der Mandatsperiode gilt das zuvor gesagt (s. auch § 43a Rdn. 21).45 einstweilen frei Notvorstände nach § 29 BGB,46 der Arbeitsdirektor nach § 30 Abs. 3 MitbestG47 brauchen ebenfalls nicht die Mitgliedschaft in der eG zu erwerben. Gleiches gilt für Li-
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38 BGHZ 149, 161 = NJW 2002, 1128 f. – AG; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 27; Müller GenG § 24 Rdn. 23; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG, § 24 Rdn. 6; Beuthien GenG § 24 Rdn. 6. 39 Zum Vorstehenden Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 24. 40 Bauer ebd. Rdn. 25 (aber Verpflichtung zum Widerruf der Organstellung); Beuthien GenG § 24 Rdn. 6; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 24 Rdn. 6. 41 Vgl. die Besonderheit gemäß Art. 46 Abs. 1 der SCE-VO: Satzung der SCE kann in bestimmten Mitgliedsstaaten vorsehen, dass auch eine juristische Person oder Gesellschaft Organmitglied sein kann – gilt für SCE mit Sitz in Deutschland nicht, siehe dazu unten § 24 Rdn. 115 f.) hierzu auch Schulze/Wiese NZG 2006, 108 ff. (119). 42 RGZ 144, 384; vgl. auch Erl. zu § 9, Beuthien GenG § 9 Rdn. 8 mit zutreffender Begründung. 43 Nicht nur deren Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder; hierzu auch Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 39. 44 A.A. Beuthien GenG § 9 Rdn. 16, wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 9 Rdn. 6. 45 S. auch a.A. Korte/Schaffland GenG S. 29; Beuthien GenG § 9 Rdn. 16. 46 Zur Bestellungspflicht BGHZ 18, 337 = NJW 1955, 1917. 47 Bei eG mit mehr als 2.000 Mitarbeitern.
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quidatoren (§ 83).48 Notvorstände müssen jedoch die in der Satzung für Vorstandsmitglieder etwa vorgeschriebenen Qualifikationen haben.49 Vorstandsmitglieder dürfen nicht zugleich Mitglieder des Aufsichtsrats sein (§ 37). Aufsichtsratsmitglieder dürfen nur für einen im Voraus begrenzten Zeitraum zu Stellvertretern von behinderten Vorstandsmitgliedern bestellt werden (§ 37 Abs. 1 S. 2; vgl. die dortigen Erl.). Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern beschränken zwar die Wählbarkeit nicht,50 jedoch stellt sich immer die Frage, ob eine unabhängige und unbefangene Amtsausübung möglich ist. Das AGG ist zu beachten, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit und den beruflichen Aufstieg betrifft, § 6 Abs. 2 AGG.51 Auch Bundesbeamte bedürfen grundsätzlich für jede Nebentätigkeit, also auch für die als Mitglied des Vorstands einer eG der Genehmigung ihrer Dienstaufsichtsbehörde, falls es sich nicht um eine unentgeltliche Tätigkeit handelt. Ähnliche Vorschriften enthalten auch die Beamtengesetze der Länder. Wird ein Beamter unter Verletzung dieser Vorschriften in ein Vorstandsamt berufen, so ist die Bestellung selbst wirksam; allenfalls Disziplinarmaßnahmen könnten die Folge sein.52 Besonderheiten gelten für Notare. Diese müssen die Genehmigung ihrer Aufsichtsbehörde einholen, wenn sie in den Vorstand gewählt werden (§ 8 Abs. 3 S. 1 Nr. BNotO). Nach § 16 Abs. 1 BNotO i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BeurkG53 ist der Notar als Mitglied des Vorstands einer eG von der Urkundstätigkeit ausgeschlossen, wenn die eG an dem zu beurkundenden Vorgang beteiligt ist. Ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter kann grds. nicht Mitglied des Vorstands einer eG sein. Die dem Vorstand obliegende verantwortliche Leitung eines gewerblichen Betriebs stellt eine gewerbliche Tätigkeit dar, die mit dem Beruf des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten nicht vereinbar ist (§ 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG). Gleiches gilt für einen Wirtschaftsprüfer nach § 43a Abs. 3 Nr. 1 WPO. Erfolgt die Bestellung gleichwohl, ist sie wirksam, die berufliche Zulassung würde zurückgenommen. Anderes gilt für einen Rechtsanwalt. Die Tätigkeit im Vorstand einer eG ist seit der Neufassung des § 7 Nr. 8 BRAO mit dem Status eines Rechtsanwalts vereinbar. Ein Grundsatz, dass anwaltliche und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit sich ausschließen, kommt in der BRAO nicht zum Ausdruck.54 Die Berufsausübungsregeln des § 46 BRAO sind aber zu beachten und vorrangig anwendbar.55 Auch die Tätigkeit als ehrenamtliches Vorstandsmitglied richtet sich nach § 46 BRAO. § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 AktG, die die Wählbarkeit in den Vorstand einer AG einschränken bei Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung, einer Straftat nach §§ 283–283d StGB usw. (Nr. 3) bzw. wegen Untersagung der Ausübung eines Berufs, Berufszweigs, Gewerbe oder Gewerbezweigs (Nr. 2) für eine bestimmte Zeit einschränken, können nicht analog auf die eG angewandt werden, da diese Vorschriften speziell für
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48 Wegen § 87 Abs. 1 gilt 1. Abschnitt und damit § 9 nicht; s. dazu § 83 Rdn. 1. 49 BayObLG NJW 1981, 995 = DB 1980, 2435; Müller GenG § 24 Rdn. 31. 50 Es sei denn, die Satzung sieht dieses vor. 51 BGBl. I 2006, 1897; für den GF einer GmbH vgl. BGH Urt. v. 23.4.2012, Az. II ZR 163/10; ErfK/Schlachter § 6 AGG Rdn. 5. 52 Parisius/Crüger/Citron § 24 Anm. 5. 53 Beurkundungsgesetz v. 28.8.1969, BGBl. I S. 1513, zuletzt geändert durch Art. 1 G. v. 15.7.2013, BGBl. I S. 2378. 54 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 67. 55 BVerfG NJW 1993, 317 = BVerfGE 87, 287, vgl. auch BVerfG AnwBl 2002, 182; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 24 Rdn. 67.
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Kapitalgesellschaften erlassen wurden, wegen der durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit verbietet sich daher eine analoge Anwendung.56 Bei WohnGen sind die Vorschriften des WGG mit dessen Aufhebung zum 1.1.1990 24 über die Unabhängigkeit vom Baugewerbe und damit über die Zusammensetzung des Vorstands entfallen. Ein Verstoß gegen die Beschränkungen der Satzung berührt weder die Gültigkeit der Wahl noch die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, verletzt aber die Sorgfaltspflicht (§§ 34, 41).57 Erfüllt eine Person nicht die gesetzlich vorgeschriebenen oder die vorstehenden 25 persönlichen Voraussetzungen,58 ist die Wahl bzw. die Bestellung gemäß § 134 BGB nichtig.59 Entfällt später ein gesetzliches oder eine der vorstehenden persönlichen Wahlvoraussetzungen, endet grundsätzlich das Vorstandsamt.60 Wird Nichtigkeitsklage erhoben, wird die eG durch diejenigen vertreten, die im Falle des Obsiegens der eG als deren Vorstandsmitglieder anzusehen sind. Das gilt auch, wenn bis zur Bestellung der umstrittenen Vorstandsmitglieder Notvorstandsmitglieder im Amt gewesen sind.61 Erfüllen Vorstandsmitglieder z.B. nicht (mehr) die Anforderungen der §§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG (persönliche Zuverlässigkeit), des § 33 Abs. 1 Nr. 4 KWG (fachliche Eignung eines Geschäftsleiters),62 des § 33 Abs. 1 Nr. 4a KWG (ausreichende Zeit für die Tätigkeit) oder des § 33 Abs. 1 Nr. 4b i.V.m. § 25c Abs. 2 KWG (Begrenzung der Leitungs- und Aufsichtsmandate)63 so kann die BaFin statt der Aufhebung der Erlaubnis die Abberufung des verantwortlichen Geschäftsleiters/Vorstands der eG durch das zuständige Organ verlangen (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 2 Nr. 3 u. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 8 bzw. Abs. 2 Nr. 1 bis 3 KWG).64 Kommt die eG dem Abberufungsverlangen nicht nach, kann die BaFin dem Aufsichtsrat zur Durchsetzung ein Zwangsgeld androhen und im Falle der Nichtbeachtung auch festsetzen und vollstrecken.65 Für die Wählbarkeit können bestimmte statutarische Voraussetzungen aufgestellt 26 werden. Diese müssen im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Grundsatz der Wahlfreiheit sachgerecht und für alle Mitglieder gleich sein, z.B. ein bestimmtes Lebensalter, eine bestimmte Mitgliedschaftsdauer, das Vorhandensein bestimmter fachlicher Qualifikationen.66 Ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) liegt hierin nicht.67 § 10 S. 3 Nr. 5 AGG erlaubt eine Vereinbarung, die Beendigung des Anstellungsvertrags und damit auch der Organstellung an das Erreichen des gesetzlichen Rentenein-
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56 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 31 m.w.N. 57 Siehe dazu oben § 1 Rdn. 59 ff.; dazu auch BGH GW 1955, 27; BVerwG GW 1959, 27 zum bisherigen Recht. 58 Abgesehen von den beamtenrechtlichen Regelungen. 59 BayObLG BB 1982, 1508 = DB 1982, 2129 – GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 44 ff. 60 BGH NJW 1991, 2566; BayObLG BB 1982, 1509 = DB 1982, 2129 jeweils zur GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 49; Müller GenG § 24 Rdn. 33. 61 BGH NJW 1981, 1041. 62 Hierzu Berberich in Festschrift für Schaffland S. 169; Reischauer/Kleinhans KWG § 33 Rdn. 5c. 63 Vgl. die Beschränkungen gem. § 25c Abs. 2 KWG; weitere Einschränkungen insbesondere bei CRRInstituten erheblicher Bedeutung: Bilanzsumme der letzten drei Geschäftsjahre über € 15 Mrd., systemrelevant oder der Aufsicht der EZB unterliegenden Institute. 64 Näheres vgl. Rdn. 104, siehe auch § 36 Rdn. 79a. 65 § 17 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) v. 22.4.2002 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert d. Art. 5 d. G. v. 28.5.2015 (BGBl. I S. 786); Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 329–331, vgl. dazu unten Rdn. 104. 66 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 6. 67 BGH ZIP 2012, 1291 = WM 2012, 1300 = DB 2012, 1499 = BB 2012, 2078 = NZA 2012, 797; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 35.
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trittsalter zu knüpfen.68 Das AGG gilt nicht für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, da ihre Tätigkeit keine Erwerbstätigkeit ist (Aufwandsentschädigungen und geringfügige Vergütungen (hierzu Rdn. 31) sind keine Einkünfte aus Erwerbstätigkeit). Denkbar ist z.B. eine Bestimmung, dass Vorstandsmitglieder, die nicht hauptamtlich tätig sind, aktiv tätige selbstständige Gewerbetreibende bzw. aktiv tätige Landwirte sein sollen. Eine Beschränkung der Wählbarkeit auf deutsche Staatsangehörige bzw. auf ethnische oder religiöse Voraussetzungen würde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot und auch gegen das AGG verstoßen.69 Unabhängig davon bleibt es dem Aufsichtsrat bzw. der GV70 unbenommen, die Vorstandsmitglieder nur aus einem bestimmten, eng umgrenzten Personenkreis auszuwählen. Eine derartige Empfehlung könnte auch in die Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat aufgenommen werden. Eine zulässige Satzungsbestimmung wäre, dass ein ausgeschiedenes Aufsichtsratsmitglied nur nach Ablauf einer bestimmten „Wartefrist“ in den Vorstand gewählt werden kann, dass bei einer WohnGen nur in den Vorstand gewählt werden kann, wer Nutzer des Wohnungsbestands der eG ist, dass Vorstandsmitglieder nicht Angehörige der Bauund Immobilienbranche oder eines Baufinanzierungsinstituts sein dürfen.71 Die Nichtbeachtung einer satzungsmäßigen Voraussetzung macht die Bestellung 27 zum Vorstandsmitglied nicht nichtig.72 Andererseits wird dann jedoch in der Regel ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds vorliegen und wohl auch für die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags (zur Unterscheidung s. u. Rdn. 44–46: Abgrenzung Bestellung – Anstellung) Darüber hinaus dürfte mit Müller73 in diesen Fällen eine Pflicht zum Widerruf zu bejahen sein, darüber hinaus mit Bauer74 auch eine Pflicht des Vorstandsmitglieds auf Grund seiner Treuepflicht gegenüber der eG, sein Amt niederzulegen. Ob die Organstellung jedoch auch dann widerrufen werden muss, wenn der spätere Wegfall von satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzungen ausnahmsweise nicht zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses berechtigt, dürfte jedoch zweifelhaft sein. 28
3. Art der Tätigkeit im Vorstand. Zu unterscheiden sind: – hauptamtliche, – nebenamtliche, – ehrenamtliche, Vorstandsmitglieder (wegen des Begriffes vgl. auch § 9 Rdn. 4).
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Außerdem gibt es stellvertretende Vorstandsmitglieder (vgl. die Erl. zu § 35). Hauptamtliche Vorstandsmitglieder sind ausschließlich oder nahezu ausschließlich für die eG und grundsätzlich gegen Entgelt tätig. Dies kann in einem festen Gehalt und in einem Anteil am Jahresgewinn (Tantieme) bestehen. Die Höhe der Vergütung sollte in Anlehnung an § 87 AktG festgelegt werden;75 das VorstAG gilt für die eG nicht (Rdn. 48), der Aufsichtsrat hat bei der Bemessung im Dienstvertrag ohnehin die Sorgfalt eines ordent-
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68 BGH ZIP 2012, 1291 = WM 2012, 1300 = DB 2012, 1499 = BB 2012, 2078 = NZA 2012, 797. 69 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 41; a.A. Müller GenG § 24 Rdn. 31. 70 Zur Zuständigkeit für die Wahl/Bestellung vgl. Rdn. 37 ff. 71 BerlKomm/Keßler § 24 Rdn. 10. 72 § 84 Rdn. 19; vgl. auch Müller GenG § 24 Rdn. 32. 73 § 24 Rdn. 32, 33. 74 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 52. 75 Vgl. ausführlich Müller GenG § 24 Rdn. 44 ff; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 73; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 24 Rdn. 7; Mentz in Festschrift für Schaffland S. 196.
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lichen und gewissenhaften Aufsichtsorgans zu beachten. Bei der Frage der Angemessenheit kommt den Vergleichs- und Erfahrungswerten der genossenschaftlichen Prüfungsverbände große Bedeutung zu. Dass die Vergütung nicht unangemessen hoch sein darf, folgt bereits aus der Vermögensbetreuungspflicht des Aufsichtsrats76 (Näheres vgl. Rdn. 48 ff.). Nebenamtliche Vorstandsmitglieder üben einen anderen Hauptberuf aus und ar- 30 beiten nur zeitweise für die eG, allerdings regelmäßig ebenfalls gegen Entgelt. Insoweit sind sie wie hauptamtliche Vorstandsmitglieder zu behandeln. Bei dem KWG unterliegenden eG gilt das Vier-Augen-Prinzip, dort kann eine nebenamtliche Tätigkeit nur ausnahmsweise ausreichend sein, wenn der Geschäftsleiter (hierzu Rdn. 35) faktisch in der Lage ist, eigenverantwortlich tätig zu sein, bestimmenden Einfluss auf die laufenden Bankgeschäfte zu nehmen und den anderen Geschäftsleiter hinreichend zu kontrollieren, vertreten und entlasten.77 § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 4a KWG hebt nunmehr besonders hervor, dass keine Tatsachen vorliegen dürfen, aus denen sich ergibt, dass ein nebenamtliches Vorstandsmitglied nicht über die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben ausreichende Zeit verfügt, andernfalls kann keine Bestellung erfolgen bzw. eine erfolgte Bestellung ist zu widerrufen (§ 36 Abs. 1 KWG). Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder erhalten dagegen grundsätzlich kein Entgelt, 31 sondern in der Regel eine Aufwandsentschädigung (§ 670 BGB). Diese kann auch in Form einer Pauschale gezahlt werden. Sie umfasst im Zweifel nur den Ersatz der besonderen Ausgaben, die die Vorstandstätigkeit mit sich bringt. Hierzu zählen z.B. Fahrtkosten, Repräsentationskosten etc. Nicht hierzu zählen die Entschädigung für geleistete Arbeit und entgangenen Arbeitsverdienst.78 Die ehrenamtliche Tätigkeit im Vorstand – und in jedem Fall im Aufsichtsrat – bedeutet ein unverzichtbares Wesensmerkmal der eG als Ausdruck „mitgliedschaftlicher Basiserfahrung“; dieses Wesensmerkmal hat auch in § 9 Abs. 2 seinen Niederschlag gefunden. Für die Erstattung von Auslagenersatz an ehrenamtliche Vorstandsmitglieder ist der Vorstand zuständig. Bei der Festsetzung einer pauschalen Aufwandsentschädigung durch den Vorstand ist aus Gründen der Interessenkollision bzw. Unabhängigkeit Zurückhaltung geboten, jedoch dürfte die Festsetzung maßvoller Pauschalen durch den Vorstand zulässig sein; im Zweifel ist ein Beschluss des Aufsichtsrats als Rechtsgrundlage herbeizuführen. Für die Festsetzung eines Entgelts und damit für den Abschluss eines Dienstvertrags siehe Rdn. 48, immer Zuständigkeit des Aufsichtsrats (vgl. auch Erl. zu § 39). Im Innenverhältnis sind die entsprechenden Satzungsregelungen zu beachten. Sehen diese vor, dass entgeltliche Dienstverträge nur mit den hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern abgeschlossen werden, ist eine Entgeltzahlung an nicht hauptamtliche Vorstandsmitglieder unzulässig. Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder einer Kreditgenossenschaft sind auch Geschäftsleiter der eG i.S.d. § 1 Abs. 2 KWG, müssen aber dann nicht die strengen Anforderungen wie hauptamtliche Leiter an die fachliche Eignung erfüllen, wenn zwei voll qualifizierte hauptamtliche Geschäftsleiter vorhanden sind; so fordert es § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KWG, denn auch ihnen obliegt die Geschäftsführung und sonstige Vertretung der eG.79 Sie unterliegen aber ebenfalls den Anforderungen an die Zuverlässigkeit (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG). Die Berufung ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder hat sich daran zu orientieren, ob 32 die vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen ausreichen, der eigenverantwortlichen
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 142a. BVerwG WM 1988, 695 = NJW-RR 1988, 816 = ZIP 1988, 493. RG BlfG 1936, 682. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 61 m.w.N.
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Leitung der eG (§ 27) und den Sorgfaltspflichten eines Vorstandsmitglieds (§ 34) gerecht zu werden.80 Soll ein Mitarbeiter unter Aufrechterhaltung seines Arbeitsverhältnisses ehrenamtliches Vorstandsmitglied werden, muss er wegen seiner Arbeitstätigkeit die Vorstandseignung nach dem KWG erfüllen, da eine Trennung der Angestelltentätigkeit von der Vorstandstätigkeit nicht möglich ist.81 Ehrenmitglieder sind keine Vorstandsmitglieder.82 Sie müssen nicht in der Satzung 33 vorgesehen sein. Sie werden durch das Organ ernannt, das nach der Satzung für die Bestellung der ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder – wenn keine vorgesehen sind – der hauptamtlichen zuständig ist.83 Bei der Ernennung (keine Wahl) muss klargestellt werden, dass es sich lediglich um einen Titel84 handelt, der keinerlei Rechte (Pflichten aber insb. im Hinblick auf die besondere Verschwiegenheit) begründet. Eine Vertretungshandlung für die eG – außer im Falle der Vollmacht – scheidet aus. Bei Vorstandssitzungen haben sie kein Stimmrecht; allenfalls ein Teilnahmerecht als jederzeit ausschließbarer Gast.85 Werden sie gleichwohl tätig, finden ggf. die Grundsätze für das faktische Vorstandsmitglied Anwendung (Rdn. 66). 34 Der Vorstandsvorsitzende oder Vorstandssprecher86 wird vom Vorstand selbst bestimmt,87 es sei denn, die Satzung regelt Abweichendes.88 Er ist primus inter pares, hat also keine umfassendere Kompetenz, als die anderen Vorstandsmitglieder. Er beruft die Vorstandssitzungen ein, bereitet sie vor und leitet sie. Er repräsentiert die eG nach außen und nach innen. Bzgl. Vorsitz im Aufsichtsrat vgl. § 36 Rdn. 49 ff. Zu unterscheiden ist des Weiteren zwischen Geschäftsleitern und Geschäftsfüh35 rern – insbesondere im Hinblick auf das KWG. Geschäftsleiter i.S.d. KWG sind bei einer eG natürliche Personen, die nach Gesetz oder Satzung zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts in der Rechtsform einer eG berufen sind (vgl. § 1 Abs. 2 KWG und die vorstehenden Erl.), dies sind bei Kreditgenossenschaften grundsätzlich mindestens zwei hauptamtliche Vorstandsmitglieder89 mit Bankleiterqualifikation. Geschäftsführer gehören nicht dem Vorstand an. Geschäftsleiter ist der Geschäftsführer aber dann, wenn kein hauptamtliches Vorstandsmitglied bestellt ist.90 Geschäftsführer (Rendanten) von Kreditgenossenschaften91 sind jedenfalls dann Geschäftsleiter i.S.v. § 1 Abs. 2 S. 1 KWG, wenn ihnen für den Geschäftsbetrieb und die Vertretung der eG eine umfassende Vollmacht erteilt worden ist; ihre Geschäftsleitereigenschaft hängt nicht von einer Regelung in der Satzung ab.92
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80 Zum genossenschaftlichen Ehrenamt vgl. BVerwG, ZfgG 1988, 164 m. zust. Anm. Blomeyer; Großfeld ZfgG 1979, 222; ders. ZfgG 1988, 263; Mändle Bayr. Raiffeisenblatt 1986, 410 ff., wegen Haftung der Ehrenamtlichen vgl. § 34 Rdn. 6 ff.; Reischauer/Kleinhans KWG § 33 Rdn. 24. 81 Reischauer/Kleinhans KWG § 33 Rdn. 64. 82 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 79; Beuthien GenG § 24 Rdn. 16; Lenenbach ZfgG 2002, 24, 29 f. 83 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 74. 84 Z.B. Ehrenmitglied des Vorstands, teilweise werden auch Ehrenvorstandsvorsitzende benannt, für die nichts anderes gilt. 85 Zur rechtlichen Bedeutung der Ernennung zum Ehrenmitglied vgl. Braunbehrens BB 1981, 2100; generell zu Ehrenämtern im Aktien- und GmbH-Recht vgl. Lutter ZIP 1984, 645 ff. 86 Im Gesetz nicht vorgesehen, in der Praxis jedoch vorkommend. 87 Also keine Analogie zu § 84 Abs. 2 AktG. 88 § 18 Abs. 2 der Mustersatzung: Bestimmung durch den Aufsichtsrat. 89 Reischauer/Kleinhans KWG § 1 Rdn. 277 u. 278. 90 Wegen des Begriffs Geschäftsleiter vgl. Reischauer/Kleinhans KWG, § 1 Anm. 73 ff. 91 Hier: ein Prokurist i.S.v. § 42 GenG. 92 BVerwGE 36, 282.
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Vorstand | § 24
Bei Produktivgenossenschaften kann die Einordnung der Vorstandsmitglieder als 36 haupt-, neben- oder ehrenamtlich Schwierigkeiten bereiten. Es empfiehlt sich, bei der Bestellung unmissverständlich zu regeln, ob ein Vorstandsmitglied aufgrund eines Dienstvertrags hauptamtlich oder als Angestellter (Arbeitsvertrag) im Vorstand nur ehren- oder nebenamtlich tätig ist. III. Begründung der Organstellung Oberbegriff ist die Bestellung. Das GenG geht von der Wahl durch die GV/VV aus.93 Für die Wahl genügt, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, eine einfache Stimmenmehrheit. Der zu Wählende kann mitstimmen.94 Die Wahl gilt als auf unbestimmte Zeit erfolgt, wenn die Satzung oder die GV nicht etwas Anderes bestimmen. Wiederwahl nach Ablauf der Amtsperiode ist zulässig, wenn sie nicht durch die Satzung ausgeschlossen ist. Die Amtszeit kann für die einzelnen Organmitglieder95 unterschiedlich bemessen werden. Die Satzung kann eine andere Art der Bestellung der Mitglieder des Vorstands festsetzen, z.B. Wahl durch den Aufsichtsrat oder Ernennung durch einen Dritten.96 Zulässig ist sie (wegen § 24 Abs. 2 Satz 2) unter rein formeller Betrachtung der Satzungsbestimmung, wonach der Vorstand selbst bestellt97 oder Bestellung durch einen Dritten vorsieht.98 Letzteres ist nach heutigem Genossenschaftsverständnis unter Beachtung des Grundsatzes der Selbstverwaltung bedenklich. In der genossenschaftlichen Praxis ist die Bestellung der hauptamtlichen Mitglieder des Vorstands durch den Aufsichtsrat, der nicht hauptamtlichen durch die GV/VV üblich. Als von der GV/VV zur Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands gewähltes Organ (§ 36 Abs. 1) ist der Aufsichtsrat das Vertrauensgremium der GV/VV und auch aus diesem Grunde zur Wahl des Vorstands besonders geeignet. Der Vorstand hat im Übrigen keinen Anspruch darauf, dass die Bestellung neuer oder weiterer Mitglieder seiner Zustimmung bedarf. Gleichwohl dürfte eine vorherige Abstimmung sinnvoll und – bei Bestellung durch den Aufsichtsrat – Ausprägung der Sorgfaltspflichten nach § 41 sein. Vertraglich gegebene Zusagen an vorhandene Vorstandsmitglieder sind zu beachten. Aufgrund vertraglicher Vereinbarungen kann ein Anspruch begründet werden, zum Vorstandsmitglied bestellt zu werden. Auf Seiten der eG kann diese Verpflichtung nur durch den Aufsichtsrat begründet werden, wenn dieser nach der Satzung für die Bestellung zuständig ist (vgl. auch Rdn. 53). Die Bestellung bedarf der Annahme des Gewählten, da mit der Organstellung nicht nur Rechte, sondern gleichermaßen Pflichten verbunden sind.99 Das Amt beginnt mit dem in den Beschluss100 aufgenommenen Zeitpunkt. Dies kann auch ein in der Zukunft liegender Zeitpunkt sein, zum Beispiel der Zeitpunkt der vollständigen Entlastung für die Vorstandstätigkeit bei einer Fusion wegen § 37 Abs. 2, da erst in der (nächsten ordentlichen) GV/VV die Entlastung eines Vorstands bis zur Eintra-
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93 Bei eG, die dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, ist nach § 31 Abs. 2 MitbestG für die Bestellung des Vorstands allein der Aufsichtsrat zuständig. 94 RG JW 1936, 2311 = BlfG 1936, 526. 95 Z.B. ehrenamtliche und hauptamtliche. 96 Hierzu Voormann ZfgG 1984, 248. 97 Kooptation; Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 24 Rdn. 86; Beuthien GenG § 24 Rdn. 10; Müller GenG § 24 Rdn. 27. 98 Zulässig: Beuthien GenG § 24 Rdn. 10; Beuthien/Gätsch ZHR 1993, 507; a.A. Bauer GenossenschaftsHandbuch Rdn. 88. 99 H.M. vgl. Müller GenG § 24 Rdn. 29 m.w.N. 100 Ggf. mit dem in den Anstellungsvertrag.
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gung der Verschmelzung erfolgen soll (vgl. dazu § 37 Rdn. 24); der Gewählte ist dann noch nicht Vorstandsmitglied; § 157 gilt für ihn nicht. Der Vorstand kann nur für die eG im Ganzen, nicht für einzelne Zweigniederlassun42 gen bestellt werden. Es gibt also keine sogenannten Filialvorstände.101 Notvorstände (siehe auch Rdn. 18) werden vom Amtsgericht bestellt. Im Bestellungs42a verfahren sind die Mitglieder des Aufsichtsrats sowie etwaige andere Vorstandsmitglieder zu hören. Die gerichtliche Bestellung kommt in der Regel nicht in Betracht, wenn Streit über die Wirksamkeit der satzungsmäßigen Bestellung besteht.102 Dem KWG unterliegende eG haben umfangreiche Anzeigepflichten gem. § 24 KWG. So ist z.B. unverzüglich die Absicht der Bestellung eines Geschäftsleiters und die Absicht der Ermächtigung einer Person zur Einzelvertretung des Instituts in dessen gesamtem Geschäftsbereich, der BaFin und der zuständigen Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank anzuzeigen und zwar jeweils unter Angabe der Tatsachen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit, der fachlichen Eignung und der ausreichenden zeitlichen Verfügbarkeit für die Wahrnehmung der jeweiligen Aufgaben wesentlich sind. Ebenso ist später deren Vollzug der Bestellung sowie auch die Aufgabe oder die Änderung einer solchen Absicht anzeigepflichtig (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG); zu den weiteren unverzüglichen Anzeigepflichten des § 24 Abs. 1 S. 1 (19 Einzelpositionen) vgl. dort Ziff. 1. bis 17. IV. Das Anstellungsverhältnis 43
Zur Begründung des Anstellungsverhältnisses, den Rechten und Pflichten der Organmitglieder, der Haftung, der Beendigung des Anstellungsverhältnisses hat Fleck103 ausführlich Stellung genommen. Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern ist gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden: von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl (§ 157 Halbs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 u. 2 S. 4 GenRegV) und elektronisch in öffentlich beglaubigter Form. Die Eintragung hat lediglich deklaratorische Bedeutung, deshalb kann das neue Vorstandsmitglied mitwirken.
1. Abgrenzung Bestellung – Anstellung. Es ist rechtlich zu trennen zwischen der Organstellung und dem Anstellungsverhältnis.104 Die Bestellung zum Vorstandsmitglied ist der einseitige körperschaftliche nach außen gerichtete Rechtsakt, durch den einer Person die Organstellung als Vorstandsmitglied sowohl im Verhältnis nach außen gegenüber Dritten als auch im Verhältnis nach innen gegenüber der Gesellschaft verliehen wird.105 Demgegenüber ist der Anstellungsvertrag ein zweiseitiger schuldrechtlicher Ver45 trag. Er regelt die Beziehungen zwischen dem Vorstandsmitglied und der eG wie z.B. Gehalt, konkrete Dienstobliegenheiten etc., also die Rechte und Pflichten des Vorstandsmitglieds, die sich nicht bereits aus seiner Organstellung ergeben. Dieses Anstellungsverhältnis kann ein Dienstvertrag oder Auftrag sein, je nachdem, ob das Vorstandsmitglied besoldet oder unbesoldet tätig ist.106
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101 RGZ 22, 707. 102 Hierzu OLG Frankfurt/Main AG 2008, 419. 103 Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer in der Rechtsprechung des BGH WM-Sonderbeilage Nr. 3 zu WM-Nr. 41/1981 und WM 1985, 677; zur Kündigung siehe Rdn. 70 ff. 104 BGH WM 2002, 2508 = NJW 2003, 351 = ZIP 2003, 28 – zur GmbH. 105 BGHZ 3, 92. 106 BGH ZIP 2010, 1288 = BB 2010, 2571 = DB 2010, 1518 – zur GmbH; RG JW 1936, 2312 = BlfG 1936, 717; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 50; Beuthien GenG § 24 Rdn. 17.
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Vorstand | § 24
Wenn auch Bestellung und Anstellung verschiedene, voneinander unabhängige 46 Rechtsverhältnisse sind,107 bestehen zwischen ihnen gleichwohl gewisse Zusammenhänge, die zu tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen aufeinander führen können.108 Das Anstellungsverhältnis wird nur wegen der organschaftlichen Bestellung geschlossen. Dieser ist nachrangig, d.h. der Anstellungsvertrag darf nicht die Kraft Gesetz und Satzung ausgestaltete Organstellung verändern.109 2. Auftrag. Wird das Vorstandsmitglied nicht entgeltlich tätig (ehrenamtlich), fin- 47 den die Vorschriften des BGB für den Auftrag (§§ 662 ff. BGB) Anwendung. Der Auftrag kann vom Auftraggeber jederzeit widerrufen, vom Beauftragten ohne wichtigen Grund nur so gekündigt werden, dass der Auftraggeber für die Geschäftsbesorgung anderweitig Sorge treffen kann.110 Der Auftrag kann befristet oder unbefristet ausgestaltet sein. 3. Dienstvertrag a) Zuständigkeit für den Abschluss; Frist. Zum Abschluss des Dienstvertrags, 48 also zur Vertretung der eG im Außenverhältnis, ist nach § 39 Abs. 1 der Aufsichtsrat ermächtigt. Ist nach der Satzung bei KleinsteG (§ 9 Abs. 1 Satz 2) kein Aufsichtsrat zu bilden, wird die eG durch einen von der GV gewählten Bevollmächtigten vertreten (§ 39 Abs. 1 S. 2).111 Ausschließliche Zuständigkeit ist der Aufsichtsrat, um Interessenkollisionen zu vermeiden; dies entspricht dem gesetzgeberischen Anliegen, das § 39 wie § 112 AktG zugrunde liegt, auch dann, wenn die Besorgung einer Interessenkollision in concreto tatsächlich nicht feststellbar ist.112 Wegen des Zusammenhangs zwischen Bestellung und Anstellung (Rdn. 46) liegt jedoch die Entscheidung im Innenverhältnis, ob ein Vertrag mit einem Vorstandsmitglied geschlossen wird, d.h. eine Anstellung erfolgt bei der GV (§ 24 Abs. 2 S. 1) bzw. bei dem nach der Satzung zuständigen Organ (in vielen Fällen der Aufsichtsrat, Rdn. 53). Ist jedoch durch die Satzung die Bestellung und Anstellung dem Aufsichtsrat übertragen, besteht die Befugnis der GV/VV nicht mehr (§ 27 Abs. 1 S. 2). Hat der Aufsichtsrat einem aus seiner Mitte gebildeten Ausschuss – der mindestens drei Mitglieder haben muss, da nur so eine sachgerechte kollegiale Meinungsbildung gewährleistet ist113 – die Regelung des Anstellungsverhältnisses der Vorstandsmitglieder übertragen, so darf dieser Ausschuss nicht durch einen verfrühten Abschluss eines Dienstvertrags einer Entscheidung des übergeordneten Gesamtorgans über den organschaftlichen Akt, die Bestellung, vorgreifen.114 Zu beachten ist jedoch stets auch die einschlägige Satzungsvorschrift. Soweit die Satzung vorsieht, dass namens der eG der Aufsichtsrat, vertreten durch seinen Vorsitzenden, bei der Umsetzung des Aufsichtsratsbeschlusses Dienstverträge mit hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern abschließt, kann einem Ausschuss nicht mehr der Ab-
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107 BGH LM Nr. 5 zu § 75 AktG; Nr. 3 zu § 46 GmbHG; BGHZ 79, 41 = WM 1981, 30 = BB 1981, 197 = DB 1981, 308; Müller GenG § 24 Rdn. 35; Schaffland GF 4/1978, 40; Neumann S. 72 m.w.N. 108 BGH DB 1973, 1010; BGHZ 79, 41 = WM 1981, 30 = DB 1981, 308 = BB 1981, 197; Neumann S. 90. 109 BGH ZIP 2010, 1288 = BB 2010, 2571 = DB 2010, 1518 – zur GmbH. 110 Zur Beendigung s. § 671 BGB (Widerruf; Kündigung), vgl. auch Rdn. 86. 111 Beck Gen-HB § 5 Rdn. 51. 112 So die neuere Rspr., BGH ZIP 1995; s.a. Rdn. 75, 92; Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 24 Rdn. 118; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 39 Rdn. 1; Beuthien GenG § 39 Rdn. 1: Es genügt die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision. 113 BGHZ 65, 190 = NJW 1976, 145 = WM 1975, 1237; vgl. auch § 38 Rdn. 48. 114 BGHZ 79, 41 = WM 1981, 30 = DB 1981, 308 = BB 1981, 197.
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§ 24 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
schluss eines Dienstvertrags, sondern nur dessen Vorbereitung übertragen werden. Gleiches gilt, wenn die Satzung schweigt. Eine Delegierung auf einen Ausschuss115 ist also nur möglich, wenn die Satzung eine diesbezügliche Ermächtigung enthält.116 Sieht mithin die Satzung (zusätzlich zur vorzitierten Regelung) vor, dass der Aufsichtsrat zur Erfüllung seiner Pflichten Ausschüsse bilden kann,117 kann die Anstellung delegiert werden. Nicht hingegen die Organbestellung, da dieser Beschluss seinem Wesen nach nur vom Gesamtaufsichtsrat gefasst werden kann. Die Delegierung sowohl des Vertragsabschlusses als auch der Gehaltsbemessung (hierzu Rdn. 51) ist auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) weiterhin zulässig, da § 87 Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG ausschließlich für börsennotierte Gesellschaften und damit nicht, auch nicht analog, für die eG gilt.118 Es handelt sich hier um keine der Analogie zugängliche planwidrige Regelungslücke. Hierfür spricht auch der Wortlaut des § 39 Abs. 1: die Vertretung der eG gegenüber den Vorstandsmitgliedern obliegt dem Aufsichtsrat. Hierfür spricht des Weiteren das Selbstorganisationsrecht eines jeden Organs, hier des Aufsichtsrats, Ausschüsse nach pflichtgemäßem Ermessen einzusetzen. § 18 Satz 2 steht dem nicht entgegen. Im GenG nicht ausdrücklich vorgesehene Regelungen können auch ohne gesetzliche Ermächtigung in der Satzung oder ohne Satzungsermächtigung im Rahmen des Selbstorganisationsrechts getroffen werden. Zudem sah der Gesetzgeber Handlungsbedarf (nur) bei börsennotierten AGs, da die Jahresabschlussprüfung die Angemessenheit der Vorstandsbezüge bei diesen AGs nicht einbezieht. Dieses ist jedoch bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung der Fall: im Rahmen der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und der Prüfung der Tätigkeit des Aufsichtsrats (hierzu § 53 Rdn. 15) und, daraus abgeleitet, die Prüfung der Angemessenheit der Vorstandsvergütung. Hierfür spricht des Weiteren die Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) vom 16. Dezember 2013 i.d.F. v. 1.4.2015 für Kreditinstitute,119 es hätte ihrer nicht bedurft, wenn es sich hinsichtlich der Zuständigkeit um einen ungeschriebenen Rechtsgrundsatz handeln würde, der in § 87 Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG lediglich seinen positivrechtlichen Niederschlag gefunden hätte (hierzu auch § 38 Rdn. 41). In keinem Fall ist eine Delegierung auf ein Aufsichtsratsmitglied, z.B. den Vorsitzenden, zulässig.120 Auch die Satzung kann nicht vorsehen, dass der Aufsichtsrat ein Mitglied, z.B. den Vorsitzenden, beauftragen kann, den Inhalt des Dienstvertrags mit einem Vorstandsmitglied im Innenverhältnis verbindlich festzulegen, dies würde dem VierAugen-Prinzip widersprechen.121 49 Der Dienstvertrag kann unter Vereinbarung bestimmter Kündigungsfristen unbefristet ausgestaltet sein (hierzu Rdn. 71). Er kann auch befristet sein, z.B. jeweils auf fünf Jahre. Es kann vereinbart sein, dass der befristete Vertrag sich um eine bestimmte
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115 Nicht jedoch auf ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied, OLG Stuttgart BB 1992, 1669. 116 So wohl auch BGHZ 79, 41 = DB 1981, 308 = WM 1981, 30 = BB 1981, 197; a.A. Fleck WM-Beilage Nr. 3/81 zu WM-Nr. 41/1981, 4, der es unter Berufung auf BGH WM 1973, 639 allenfalls für zulässig erachtet, wenn der Aufsichtsrat nach Beschlussfassung zur Ausführung den Vorsitzenden oder ein anderes Mitglied ermächtigt. 117 § 22 Abs. 2 der Mustersatzungen für gewerbliche und ländliche eG. 118 BT-Drs. 16/13433 S. 16; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 142b und § 36 Rdn. 218; Holthaus Perspektive, Praxis des DGRV 2/2010; Scholderer NZG 2011, 529 ff.; a.A. mit nicht überzeugender Begründung Beuthien NZA 2010, 333; Beuthien GenG § 39 Rdn. 2. 119 Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (InstitutsVergV) vom 16.12.2013 (erlassen auf Grund des § 25a Abs. 6 KWG, G vom 28.8.2013, BGBl. I S. 3395), BGBl. I S. 4270, geändert durch Art. 2 Abs. 41 des G. v. 1.4.2015 (BGBl. I. S. 434); hierzu auch Heuchemer/Kloft WM 2010, 2241. 120 OLG Stuttgart BB 1992, 1669; vgl. in diesem Zusammenhang § 38 Rdn. 39. 121 OLG Stuttgart BB 1992, 1669; vgl. zum Außenverhältnis auch § 39 Rdn. 6.
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Zeit verlängert, wenn er nicht bis zu einem bestimmten Termin gekündigt wird. Bei versehentlicher nicht rechtzeitiger Kündigung (zur Kündigung s. Rdn. 70 ff.) ist eine (u.U. nicht gewünschte) Verlängerung des Dienstvertrags die Folge. Diese Folge wird vermieden bei einer Regelung, dass der Dienstvertrag nach Ablauf der vereinbarten Frist endet, wenn er nicht bis zu diesem Termin einvernehmlich verlängert worden ist. Denkbar ist auch eine Vereinbarung, dass eine Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich ist; hiervon sollte jedoch nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden.122 b) Anzuwendende Vorschriften. Wird das Mitglied entgeltlich tätig (haupt- oder 50 nebenamtlich), gelten die Vorschriften über den Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB). Der Dienstvertrag ist ein zweiseitiger schuldrechtlicher Vertrag. Er regelt die Beziehungen zwischen dem Vorstandsmitglied und der eG, insb. die Rechte und Pflichten, soweit sie sich nicht bereits aus der Organstellung ergeben, wie z.B. konkrete Dienstobliegenheiten, Urlaub, Gehalt. Die Laufzeit des Dienstvertrags sollte nicht länger sein als der Bestellungszeitraum zum Vorstandsmitglied. 123 Die laut § 197 DDR-ZGB begründeten Dienstverhältnisse bestehen seit 3.10.1990 als freie Dienstverhältnisse nach § 611 BGB fort;124 das Rechtsverhältnis als Arbeitnehmer wurde in ein der Organstellung zugrunde liegendes Dienstverhältnis mit Arbeitgeberfunktionen umgewandelt. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis gilt nicht, es wurde beendet. Gehalt ist eine nach Zeitabschnitten125 bemessene Vergütung für aufgrund vertragli- 51 cher Vereinbarung erbrachte Dienste. Hierzu können auch Spesen, Tantiemen und Naturalvergütungen zählen, nicht jedoch Gratifikationen. Die Höhe des Gehalts sowie der Einmalzahlungen126 sollte in Anlehnung an § 87 AktG festgelegt werden.127 Für Kreditgenossenschaften sind zudem die aufsichtsrechtlichen Anforderungen der BaFin zu beachten.128 Dies bedeutet insbesondere, dass die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds, zu seinen Leistungen129 und zur Lage der eG stehen müssen. § 1 GenG ist zu beachten. Dies ergibt sich auch aus der Vermögensbetreuungspflicht des Aufsichtsrats und der Treuepflicht des Vorstandsmitglieds. Tantiemen sollten gegenüber dem Jahresgehalt den geringeren Teil ausmachen und sie dürfen keine Risikoanreize enthalten. Eine unangemessen hohe Vergütung kann (trotz Entlastung) zur Rückzahlung verpflichten.130 Steht in der Satzung, dass das Bestellungsorgan (z.B. der Aufsichtsrat) eine angemessene Vergütung festzusetzen hat, liegt die Gewährung einer unangemessen hohen Vergütung außerhalb der Kompetenz. Ist sie ohne Rechtsgrund gezahlt, ist sie zurückzuzahlen, ihre Entgegennahme ist eine Verletzung
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122 Z.B. bei mindestens 15 Jahren Dienstzeit bei dieser eG und einem Lebensalter von 50 Jahren, vgl. auch § 41 Rdn. 27. 123 Zu weitgehend BerlKomm/Keßler § 24 Rdn. 24 und ihm folgend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 139: „darf nicht“. 124 BAG NZA 1995, 571. 125 Üblicherweise nach Monaten. 126 BGH NJW 2006, 522 = WM 2006, 276 = ZIO 2006, 323 = DB 2006, 323 – „Mannesmann-Urteil“. 127 Vgl. zur entsprechenden Anwendung des § 87 Abs. 2 AktG auf die GmbH BGH WM 1992, 1407; OLG Köln ZIP 2009, 36 und NZG 2008, 637; OLG Naumburg GmbHR 2004, 423; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 24 Rdn. 143b; ausführlich Müller GenG § 24 Rdn. 44 ff.; zur Angemessenheit des Gehalts unter strafrechtlichen Gesichtspunkten des früheren § 146 GenG RGSt 62, 358; RG JW 1933, 2954 und JW 1934, 1288 = Recht 1934, 402. 128 RS der BaFin vom 21.12.2009 – BA 54-FR 2444-2009/0001. 129 Dies bringt § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG, neu gefasst durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.2009 (BGBl. I S. 2509), klarstellend zum Ausdruck. 130 BGH ZIP 1988, 706 – eV; a.A. Beck Gen-HB § 5 Rdn. 53.
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von Vorstandspflichten.131 Auch kann die Vergütung wegen des aus der Mitgliedschaft resultierenden Treuegebots und in analoger Anwendung des § 87 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 AktG gemindert werden, wenn eine wesentliche Verschlechterung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der eG eingetreten ist.132 Gleiches gilt vor allem in der Insolvenz der eG. Aufsichtsratsmitglieder haften ggf. nach §§ 41, 34 für den entstandenen Schaden, Strafbarkeit ggf. nach § 266 StGB.133 Die Angabe der Gesamtbezüge kann nach § 286 Abs. 4 HGB unterbleiben, wenn sich daraus Rückschlüsse auf die Bezüge einzelner Vorstandsmitglieder ziehen lassen würden.134 Ein genauer Rückschluss ist nicht nötig, es genügt ein Rückschluss auf die Größenordnung. Soweit es um Bezüge ausgeschiedener Vorstandsmitglieder geht,135 ist für deren Änderung grds. das für den Dienstvertrag nach Gesetz oder Satzung zuständige Organ, in der Praxis regelmäßig der Aufsichtsrat zuständig (zum Grundsatz Rdn. 92). Aufwendungen sind alle Vermögensopfer mit Ausnahme der eigenen Arbeitszeit 52 und Arbeitskraft.136 Sie sind grds. zu ersetzen. Angemessene Repräsentationskosten können bereits durch das Gehalt mit abgegolten sein, es sollte eine vertragliche Regelung erfolgen,137 ebenso bei Aufwendungsersatz in Form einer Pauschale.138 Ersetzt die eG dem Vorstandsmitglied z.B. den Beitrag für die Mitgliedschaft in einem Golfclub, fließt ihm ein (lohnsteuerpflichtiger) geldwerter Vorteil aus dem Dienstvertrag zu.139 Fahrtkosten sind als Aufwendungen nach § 670 BGB zu ersetzen;140 sie werden im Allgemeinen kraft dienstvertraglicher Regelung gesondert erstattet. Die Erstattung von Schmier- oder Bestechungsgeldern kann selbst dann nicht verlangt werden, wenn durch sie ein Vermögensvorteil für die eG herbeigeführt wurde.141 Beiträge zur D&O-Versicherung (vgl. § 34 Rdn. 164) für Vorstandsmitglieder stellen 52a keine steuerpflichtigen Einkünfte dar, – wenn es sich bei der D&O-Versicherung um eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung handelt, die in erster Linie der Absicherung der eG gegen Schadenersatzforderungen Dritter gegenüber der eG dient, die ihren Grund in dem Tätigwerden oder Untätig bleiben des Vorstands haben; – der Vorstand als Ganzes versichert ist und nicht einzelne Personen; – Basis der Prämienkalkulation nicht individuelle Merkmale der Vorstandsmitglieder sind, sondern Betriebsdaten der eG und dabei die Versicherungssummen deutlich höher sind als typischerweise Privatvermögen; – der Versicherungsanspruch der eG und nicht einer einzelnen Person zusteht.
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131 BGH ZIP 1988, 706. 132 Vgl. Koch WM 2010, 49 ff. 133 BGH NJW 2006, 522 = WM 2006, 276 = ZIP 2006, 323 = DB 2006, 323 – „Mannesmann-Urteil“. 134 Datenschutzrechtliches Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit Verfassungsrang; Schaffland/Wiltfang BDSG, § 1 Rdn. 1 ff. 135 Z.B. Pensionsansprüche. 136 BGH ZIP 1988, 707. 137 BAG NJW 1963, 1221. 138 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 153: steuerlich gehört Pauschale zu den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. 139 FG Niedersachsen Urt. v. 25.5.2009 Az. 11 K 72/08. 140 BGH ZIP 1988, 707; a.A. Müller GenG § 24 Rdn. 57. 141 BGH NJW 1965, 294; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 162; Müller GenG § 24 Rdn. 57.
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Sind diese Merkmale erfüllt, ist von einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der eG auszugehen, so dass beim versicherten Vorstandsmitglied ein Zufluss von Einkommen nicht vorliegt.142 Das Vorstandsmitglied kann gemäß § 675 i.V.m. § 670 BGB auch Erstattung von Schäden verlangen, die es in Ausübung seiner Vorstandstätigkeit erlitten hat. So kann es etwa den durch einen unverschuldeten Unfall während der Ausübung seiner Vorstandstätigkeit erlittenen Schaden ersetzt verlangen, soweit es nicht von einem Dritten, z.B. einer Versicherung oder dem Schädiger, Ersatz verlangen kann. Soweit dem Vorstandsmitglied an der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden trifft, kann ihm dies die eG entsprechend § 254 BGB entgegenhalten. Im Übrigen gelten die §§ 844, 845 BGB entsprechend.143 Erfolgt die Bestellung durch den Aufsichtsrat, stellt der Abschluss des Dienstvertrags oftmals auch die Bestellung zum Vorstandsmitglied dar. Andererseits kann in der vorbehaltlosen Tätigkeitsaufnahme des Bestellten der stillschweigende Abschluss eines Dienstvertrags mit angemessener Vergütung liegen. Auch kann schon in der Bestellung und deren Annahme der Abschluss eines Dienstvertrags liegen,144 wobei eine angemessene Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Dienstleistungen des Vorstandsmitglieds den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind (§ 612 Abs. 1 BGB); erforderlich ist jedoch ein diesbezüglicher Wille der GV/VV oder des Aufsichtsrats. Diese Frage könnte aktuell werden z.B. im Zusammenhang mit der Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand nach § 37. Im Übrigen erlangt das Vorstandsmitglied durch den Bestellungsakt einen Anspruch auf den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit angemessenen Bedingungen, vgl. hierzu auch Rdn. 39.145 Die Heranziehung der in öffentlichen Betrieben gezahlten Beträge als Maßstab für die Angemessenheit bei WohnGen ist mit der Aufhebung des WGG entfallen. Sie hat sich als wenig geeignet erwiesen.146 Sie kann auch bei einer eG, die die Firmenbezeichnung „gemeinnützig“ fortführt, nicht als Wesensmerkmal angesehen werden. Grenzen setzen die Grundsätze ordnungsmäßiger Geschäftsführung sowie der besondere Sorgfaltsmaßstab für die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats.147 Vorstandsmitglieder sind ungeachtet des Dienstvertrags grundsätzlich keine Arbeitnehmer, weil die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber fehlt (§ 27 Abs. 1 Satz 1 – eigenverantwortliche Leitung).148 Es gelten aber arbeitsrechtliche Grundsätze (s. Rdn. 57). Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften sind nicht anwendbar, so z.B. das Kündigungsschutzgesetz (§ 14 Abs. 1 Ziff. 1 KSchG), das Arbeitszeitgesetz (§ 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 ArbZG), für Schwerbehinderte das Sozialgesetzbuch (SGB) IX,149 das Drittelbeteiligungsgesetz sowie das Arbeitsgerichtsgesetz (§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG), da es sich um Ansprüche aus einem weisungsunabhängigen Dienstverhältnis handelt.150 Mit Aufhebung
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142 Erlass betr. lohn- u. einkommensteuerrechtliche Behandlung der Beiträge zu Directors & OfficersVersicherungen (D&O-Versicherung) v. 25.12002 (DStR S. 678) (FinMin Niedersachsen S. 2332-161-35, S. 2245-21-31 2); Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 156. 143 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 158 m.w.N. 144 Wie hier Beuthien GenG § 24 Rdn. 14; a.A. Müller GenG § 24 Rdn. 37. 145 Müller GenG § 24 Rdn. 38; Beuthien GenG § 24 Rdn. 14. 146 S. Pohl in: Jenkis, WGG § 12 Rdn. 19. 147 §§ 34, 41 dazu auch BGH = LM 1955, Bl. 523, Nr. 1 zu § 39 GenG = DB 1954, 496. 148 BAG ZIP 2006, 821 und 1692; BAG ZIP 1988, 91; BGH ZIP 1986, 797; BGH WM 1978, 319. 149 Gem. § 75 Abs. 3 SGB IX wird ein schwerbehinderter Vorstand einer eG auf einen Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen angerechnet. 150 LG Amberg Urt. v. 19.4.1984, Az.1 O 1144/83; sowie OLG Frankfurt Urt. v. 26.5.1977, Az. 9 U 59/76.
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des AngestelltenkündigungsfristenG 1993151 sind die Fristen des § 622 Abs. 1 u. 2 BGB entsprechend anzuwenden;152 zur Kündigung generell Rdn. 70 ff.153 Von den arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften ist das sozialrechtliche Normengefüge zu trennen, wobei sich die arbeitsrechtlichen und arbeitsvertraglichen Bestimmungen auf der einen und die sozialrechtlichen Vorschriften auf der anderen Seite ergänzen und miteinander verzahnt sind.154 Vorstandsmitglieder sind grds. versicherungspflichtige Angestellte in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Ziff. 1 SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs. 1 SGB III), in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Ziff. 1 SGB V) und Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Ziff. 1 SGB XI).155 Beurteilungsmaßstab für die Anwendbarkeit der (Sozial-)Versicherungspflicht ist das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung, § 7 Abs. 1 SGB IV. Hiernach ist die Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die Vorschrift gilt einheitlich für alle Bereiche der Sozialversicherung und hat keine Auswirkungen auf das Arbeitsrecht.156 Die Vertragspartner können aber vereinbaren, dass arbeitsrechtliche Regeln gelten sollen,157 z.B. die materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Geltung des Bundesurlaubsgesetzes, Geltung eines Tarifvertrags.158 Diese Vereinbarungen dürfen die nach Gesetz und Satzung ausgestaltete Organstellung nicht verändern (Rdn. 46). Fehlt eine Kündigungsfrist, gilt § 622 entsprechend; auch gilt die an die Dauer der Beschäftigung gekoppelte verlängerte Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 BGB.159 Hierbei ist es unerheblich, ob die eG mehr als 10 Mitarbeiter hat, wenn im Vertrag zum Ausdruck kommt, dass der Kündigungsschutz „wie bei Arbeitnehmern“ gelten soll.160 Für ihre Ansprüche aus dem Dienstverhältnis sind nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht die Arbeitsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig,161 und zwar auch dann, wenn die Klage nach Beendigung des Vorstandsamts erhoben wird.162 § 25a KWG ergänzt das Risikomanagement für Kreditinstitute um Anforderungen an 55a ein angemessenes, transparentes und auf eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens ausgerichtetes Vergütungssystem für Geschäftsleiter und Mitarbeiter. Die Einzelheiten sind in der Institutsvergütungsverordnung- InstitutsVergVO geregelt und ab 1.1.2014 in Kraft getreten.163 Nach § 5 Abs. 1 InstitutsVergV ist ein Vergütungssystem angemessen ausgestaltet, wenn 1. Anreize, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen, vermieden werden und 2. die Vergütungssysteme nicht der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten zuwiderlaufen. Für die Ausgestaltung bez. des Vorstands ist der Auf-
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151 Art. 7 des KFristenG v. 7.10.1993, BGBl. I 1668. 152 Palandt/Weidenhoff § 622 Rdn. 4; ErfK/Müller-Glöge § 622 BGB Rdn. 7 m.w.N. 153 Vgl. BAG DB 1986, 2132; Müller GenG § 24 Rdn. 40; vgl. auch Rdn. 59; zur Kündigung generell Rdn. 70 ff. 154 Preis/Rolfs Der Arbeitsvertrag I D Rdn. 1. 155 Vgl. Sächsisches Landessozialgericht Urt. v. 28.5.2015, Az. L 1 KR 16/10. 156 Preis/Rolfs Der Arbeitsvertrag I D Rdn. 6 f. 157 BGH ZIP 2010, 1288 oder BB 2010, 2571 = DB 2010, 1518 – GmbH. 158 BGH a.a.O. 159 BAG DB 1986, 2132; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 135 m.w.N. 160 BGH 10.5.2010, Az. II ZR 70/09. 161 BAG ZIP 2006, 1692. 162 BAG ZIP 1988, 91; OLG Frankfurt JW 1928, 2163; BAG v. 21.2.1974, Az. 2 AZR 289/73; vgl. aber BAG ZIP 88, 91. 163 Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (InstitutsVergV) v. 16.12.2013 (erlassen auf Grund des § 25a Abs. 6 KWG, G. v. 28.8.2013, BGBl. I S. 3395), BGBl. I S. 4270, geändert durch Art. 2 Abs. 41 des G. v. 1.4.2015 (BGBl. I. S. 434).
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sichtsrat, bez. der Mitarbeiter ist der Vorstand zuständig. Das Ermessen des Aufsichtsrats wird für Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 1b KWG weiter eingeschränkt, der Aufsichtsrat muss bei der Festsetzung der Vergütung Folgendes berücksichtigen: – Die Gesamtvergütung muss in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie – zur Lage der eG stehen und darf – die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen (vgl. § 10 Abs. 1 InstitutsVergV); – variable Vergütungen sollen eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben; – für außerordentliche Entwicklungen soll eine Begrenzungsmöglichkeit vereinbart werden (vgl. § 10 Abs. 2 InstitutsVergV) und – die fixe und die variable Vergütung sollen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. § 6 Abs. 1 InstitutsVergV). Darüber hinaus ist auf § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 6 KWG zu verweisen. Danach beinhaltet ein angemessenes und umfassendes Risikomanagementsystem u.a. auch angemessene, transparente und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts ausgerichtete Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter. Auf die so genannte Verbundinterpretation zur InstitutsVergV durch den Arbeitgeberverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken164 ist hinzuweisen. Die Vergütung muss abschließend im schriftlichen Anstellungsvertrag enthalten sein, spätere Änderungen ebenfalls (§ 10 Abs. 4 InstitutsVergV); dies gilt entsprechend auch für geldwerte Vorteile. Bestehende Verträge sind anzupassen (§ 14 InstitutsVergV). Sonderabsprachen außerhalb des Vertrags sind nicht zulässig; auf deren Basis gewährte Vorteile müssen zurückgezahlt werden, ggf. können auch Schadensersatzansprüche gegen die Aufsichtsratsmitglieder bestehen, z.B. wenn die Rückforderung nicht erfolgen kann. Es ist zulässig, dass ein Mitglied des Vorstands neben seiner Anstellung als solches 56 noch in einem besonderen Angestelltenverhältnis zur eG steht, da ein Verbot in dieser Richtung nur für Aufsichtsratsmitglieder besteht (§ 37 Abs. 1 S. 1). Insoweit würden die arbeitsrechtlichen Vorschriften wiederum gelten. Es wird aber davon auszugehen sein, dass grundsätzlich jede Tätigkeit, die ein Mitglied des Vorstands für die eG ausübt, unter das Vorstandsamt fällt, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung165 oder aus besonderen Umständen etwas anderes ergibt. Insbesondere bei kleineren eG kann Folgendes von Bedeutung werden: wird ein Arbeitnehmer ohne schriftliche Vereinbarung zum Vorstandsmitglied bestellt, wird das ursprüngliche Arbeitsverhältnis nicht wirksam aufgehoben oder durch ein „Vorstands-Arbeitsverhältnis“ abgelöst. Nach einer Abberufung kann bei Streitigkeiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Arbeitsgericht geklagt werden, da diese Rechtsstreitigkeit ein von der Organstellung klar zu trennendes weiteres Rechtsverhältnis betrifft. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, nach der Mitglieder des Vertretungsorgans einer juristischen Person keine Arbeitnehmer sind, greift in diesem Fall nicht.166 Arbeitsrechtliche Grundsätze können in gewissem Umfang auch für Vorstands- 57 mitglieder entsprechend gelten, obwohl deren Dienstverhältnis kein Arbeitsverhältnis
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164 Rundschreiben des Arbeitgeberverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken AVR vom 21.5.2014 und Ergänzung durch AVR-Rundschreiben vom 27.3.2015. 165 Z.B. bei Produktivgenossenschaften. 166 Zum Vorstehenden LAG Berlin-Brandenburg Urt. v. 20.1.2010, Az. 7 Ta 2656/09.
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ist, weil die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber fehlt.167 Hierzu zählen die Treue- und Fürsorgepflichten des Dienstherrn, wie sie gegenüber Arbeitnehmern gelten. Anwendbar sind auch die Regelungen, die für die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers gelten. Ein Anspruch auf Altersversorgung (zum Widerruf Rdn. 106 bis Rdn. 114) besteht nur bei entsprechender Zusage, zuständig ist der Aufsichtsrat, wenn er diese nicht einem Ausschuss übertragen hat. Insoweit gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.168 In ganz seltenen Ausnahmefällen kann sich ein Anspruch auch ohne ausdrückliche Zusage ergeben.169 Dabei kann von Bedeutung sein, dass anderen Vorstandsmitgliedern derselben eG eine Altersversorgung zugestanden wurde.170 Nach dem 5. Vermögensbildungsgesetz in der Fassung der Neubekanntmachung vom 4.3.1994171 haben Vorstandsmitglieder von eG nicht die Möglichkeit, die Vergünstigungen des Vermögensbildungsgesetzes in Anspruch zu nehmen. Dies gilt nicht für einen Angestellten der eG, der zeitweilig zugleich ehrenamtliches Vorstandsmitglied ist, soweit ein klar abgrenzbares und von der Organstellung unabhängiges Arbeitsverhältnis zur eG bestehen bleibt.172 Die Gehaltsansprüche aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind keine bevorrechtigten, sondern einfache Insolvenzforderungen im Sinne der §§ 38, 108 Abs. 3 InsO. Die Gehaltsansprüche unterliegen wie Arbeitseinkommen dem Pfändungsschutz nach §§ 850 ff. ZPO.173 Die Tätigkeit als Vorstandsmitglied ist keine selbständige unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, Umsatzsteuer fällt mithin nicht an. c) Sozialversicherungsrechtliche Behandlung. Vorstandsmitglieder sind rentenversicherungspflichtig, wenn sie einer laufenden Beschäftigung im Betrieb nachgehen und hierfür eine Vergütung erhalten, vgl. Rdn. 55.174 Diese Voraussetzung ist bei hauptamtlichen wie bei nebenamtlichen Vorstandsmitgliedern gegeben. Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder sind als solche nicht rentenversicherungspflichtig, auch wenn sie eine Aufwandsentschädigung erhalten.175 Allerdings darf die Aufwandsentschädigung den in § 3 Nr. 26a EStG genanten Höchstbetrag (derzeit € 720 pro Jahr) nicht übersteigen, da ansonsten Lohnsteuer und Sozialversicherungspflicht eintritt.
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167 BAG ZIP 2006, 821 und 1692. 168 Vgl. die Definition des persönl. Geltungsbereichs in § 17 BetrAVG. 169 Vgl. Müller GenG § 24 Rdn. 41. 170 So bereits RGZ 169, 303. 171 BGBl. I, 409, zuletzt geändert durch Art. 5 G v. 18.12.2013, BGBl. I S. 4318. 172 Vgl. Erlass des Niedersächsischen Finanzministers vom 2.7.1979, BB 1979, 1131. 173 BGH NJW 1978, 756 = WM 1978, 113 f. – zur AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 145. 174 BSG NJW 1974, 207 ff. und BB 1973, 802; sowie zum Begriff des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der Sozialversicherung BSG BB 1962, 923; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 24 Rdn. 164; Müller GenG § 24 Rdn. 42; a.A. Bösche NZS 2004, 466. 175 Nur dann keine RV-Pflicht, wenn reine Organtätigkeit ausgeübt wird, ohne Eingliederung in den Organisationsablauf der eG und dabei keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Eine selbstständige Tätigkeit ist durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen, vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.9.2011, Az. B 12 R 17/09 R m.w.N.; Sächsisches Landessozialgericht Urt. v. 28.5.2015, Az. L 1 KR 16/10; Landessozialgericht Baden-Württemberg Urt. v. 18.5.2015, Az. L 11 R 2602/14, juris; Müller GenG § 24 Rdn. 42.
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Krankenversicherungspflicht besteht bei hauptamtlichen und nebenamtlichen Vorstandsmitgliedern. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt bundesweit bei einem Jahresgehalt von € 49.500 (im Jahr 2015). Die Bemessungsgrenze in der Rentenversicherung teilt sich noch in alte und neue Bundesländer: alte – € 72.600, neue – € 62.400 (im Jahr 2015). Haupt- und nebenamtliche Vorstandsmitglieder sind gem. § 20 Abs. 1 SGB XI in der Pflegeversicherung versicherungspflichtig, wenn sie krankenversicherungspflichtig sind. Es gilt die bundeseinheitliche Versicherungspflichtgrenze i.H.v. € 54.900 p. a., ab der eine Befreiung möglich ist und eine Beitragsbemessungsgrenze i.H.v. € 49.500 (vgl. Rdn. 60). Bei einer privaten Krankenversicherung ist nach § 23 Abs. 1 und 2 SGB XI zusätzlich der Abschluss und die Beibehaltung eines Versicherungsvertrags zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vorgeschrieben. Vorstandsmitglieder von eG sind arbeitslosenversicherungspflichtig (es gelten die Bemessungsgrenzen zur Rentenversicherung), sofern sie „funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Betriebes teilhaben und für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhalten“.176 Dies gilt stets für hauptamtliche und in der Regel für nebenamtliche Vorstandsmitglieder, es sei denn, die letztgenannten sind wegen der Geringfügigkeit ihrer Beschäftigung nicht krankenversicherungspflichtig. Wenn die Vergütung an den nebenamtlichen Vorstand innerhalb der Grenze für geringfügig Beschäftigte (ab 1.1.2013: € 450 monatlich, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) liegt, kann die eG von der Pauschalierungsmöglichkeit Gebrauch machen. Die Pauschalierung erfolgt in Höhe von 30% der Vergütung und ist an die Knappschaft Bahn See abzuführen. Sie entfällt mit 15% auf die Rentenversicherung, mit 13% auf die Krankenversicherung und mit 2% auf die pauschale Steuer. Die pauschalen Krankenversicherungsbeiträge fallen allerdings nicht an, wenn das Vorstandsmitglied privat krankenversichert ist. Soweit das geringfügige Beschäftigungsverhältnis ab dem 1.1.2013 neu begründet wird oder eine Anhebung der Vergütung aus vor dem 1.1.2013 bestehenden geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen auf über € 400 bis max. € 450 erfolgt, besteht künftig die gesetzliche Rentenversicherungspflicht. Der eherenamtliche Vorstand kann jedoch auf die Rentenversicherungspflicht verzichten. Der Verzicht ist schriftlich gegenüber der eG zu erklären und kann formularlos erfolgen. Die Verzichtserklärung ist mit dem Eingangsdatum zu versehen und zu den Lohnunterlagen zu nehmen, vgl. § 6 Abs. 1b Satz 1 SGB VI. Soweit er dies nicht vornimmt, führt die eG wie bisher die 15% Rentenversicherungsbeitrag ab und der Vorstand muss die Differenz von derzeit 3,7% (Stand 2015 Beitragssatz gesetzliche Rentenversicherung 18,7%) an die Versicherung abführen. Der Vorstand muss diese pauschal versteuerten Bezüge nicht in seiner privaten Einkommensteuererklärung angeben, da mit der pauschal erhobenen Steuer alles abgegolten ist. Wenn die monatliche Vergütung den Betrag von 450 € übersteigt, tritt ab dem Tag des Überschreitens an volle Lohnsteuer- und Sozialversiherungspflicht ein, siehe zuvor. Der Versicherungsschutz aus der gesetzlichen Unfallversicherung besteht für Vorstandsmitglieder von eG unabhängig davon, ob es sich um hauptamtlich, nebenamtlich oder ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder handelt.177
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176 Vgl. Runderlass der Bundesanstalt für Arbeit 56/58 4.6. v. 24.1.1968; Sozialgericht Darmstadt ZfgG 1988, 124 m. Anm. Behr; BSG DB 1991, 1736; a.A. für Vorstandsmitglieder einer AG: BSG BB 1985, 402; s.a. § 168 Abs. 6 AFG. 177 BSGE 16, 73 = ZfgG 1963, 84; Beuthien GenG § 24 Rdn. 17; Scheibner DZWIR 2002, 244; zweifelnd hinsichtlich der Ehrenamtlichen Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 208; a.A. Bösche NZS 2004, 466; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1963, 85.
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d) Rechte und Pflichten. Es ist zu unterscheiden zwischen den Rechten und Pflichten aus der Organstellung und denen aus dem Anstellungsverhältnis. Bzgl. der Rechte und Pflichten aus der Organstellung vgl. die Erl. zu §§ 27, 34. 64 Zu den Rechten, die sich aus dem Anstellungsvertrag und den evtl. zusätzlich getroffenen Vereinbarungen ergeben, zählt in erster Linie der Anspruch auf das Gehalt und sonstige vermögenswerten Leistungen (Rdn. 50–58). Daneben steht dem Vorstandsmitglied ein Urlaubsanspruch zu. Außerdem hat ein hauptamtliches Vorstandsmitglied nach Beendigung seiner Tätigkeit einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses gemäß § 630 BGB.178 Für die Erteilung eines Zeugnisses ist jeweils das Organ verantwortlich, das für den Abschluss des Anstellungsvertrags zuständig ist. Des Weiteren hat das Vorstandsmitglied einen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Neben den Pflichten aus der Organstellung179 können zusätzliche Pflichten aus dem 65 Anstellungsverhältnis erwachsen. Nach §§ 675, 666 BGB ist jedes Vorstandsmitglied gegenüber der eG verpflichtet, alle erforderlichen Auskünfte zu geben. Nach § 667 BGB besteht die Pflicht, der eG alles herauszugeben, was es in Ausführung der Geschäftsführung erlangt hat, z.B. Briefe, Urkunden und sonstige Akten, die sich auf die eG beziehen.180 Hierzu zählen auch Schmiergelder und181 Akten, die sich das Vorstandsmitglied aus Abschriften bzw. Briefen und Urkunden der eG zusammengestellt hat.182 Nicht hierzu zählen Privatbriefe, die das Vorstandsmitglied über eine Angelegenheit der eG mit Dritten gewechselt hat.183 Daneben können besondere Pflichten im Rahmen des Anstellungsvertrags vereinbart werden.184 Aus der Treuepflicht ist abzuleiten, dass das Vorstandsmitglied in allen die eG berührenden Angelegenheiten deren Wohl und das der Mitglieder und nicht den eigenen Nutzen im Auge haben darf.185 Es darf und muss daher Erwerbschancen, wie ein Provisionsangebot, nicht für sich, sondern nur für die eG nutzen und hat ihr, wenn es hiergegen verstößt, einen dadurch entgangenen Vorteil zu ersetzen.186 Aus der Treuepflicht folgt, dass das Vorstandsmitglied für die Dauer des Bestehens des Dienstverhältnisses der eG in deren Geschäftsgebiet keinen Wettbewerb machen darf, weder direkt noch indirekt.187 Ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot für ein ausgeschiedenes Mitglied ist in den Grenzen von § 138 BGB i.V.m. Art. 2 und 12 GG zulässig.188 Eine Nebentätigkeit kann von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig gemacht werden. Wird die ordnungsgemäße Ausübung der Vorstandstätigkeit durch die Nebentätigkeit nicht erheblich beeinträchtigt, ist die Zustimmung durch den Aufsichtsrat zu erteilen.
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178 BGHZ 49, 30. 179 Geschäftsführungs-, ggf. Organisations- und Überwachungspflichten, vgl. Erl. zu §§ 27, 34. 180 BGH WM 1963, 161 zur GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 174. Vgl. hierzu Müller GenG § 24 Rdn. 60–62. 181 BGH JZ 1963, 509; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 174 m.w.N.; Müller GenG § 24 Rdn. 61. 182 RGZ 105, 395. 183 RG Recht 1914 Nr. 193. 184 Z.B. die Verpflichtung, keine Börsen- oder Spekulationsgeschäfte durchzuführen, Nebenbeschäftigungen nur mit Zustimmung der eG auszuüben. 185 BGH WM 1967, 679; 1977, 361. 186 BGH WM 1983, 498; Fleck WM 1985, 678; Müller GenG § 24 Rdn. 59. 187 Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 24 Rdn. 176. 188 OLG Nürnberg, 25.11.2009, Az. 12 U 681/09, BGH DB 1984, 1717; OLG Hamm GmbHR 1988, 344; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 177 und 178.
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V. Faktisches Vorstandsmitglied Für nicht wirksam bestellte oder nach Ablauf der Amtszeit weiterhin tätige Vor- 66 standsmitglieder gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie für ordnungsgemäß bestellte Mitglieder. Willenserklärungen faktischer Vorstandsmitglieder sind im Außenverhältnis wirksam (§ 29); wirksam sind jedoch auch die Erklärungen im Innenverhältnis (insb. Vorstandsbeschlüsse). Diese Personen unterliegen aufgrund der tatsächlich ausgeübten Organstellung den gesetzlichen Pflichten eines ordentlichen Vorstandsmitglieds.189 Hat das Vorstandsmitglied seine Tätigkeit aber auf der Grundlage des nichtigen Anstellungsvertrags aufgenommen und geschah dies mit Wissen des für den Vertragsabschluss zuständigen Organs oder auch nur eines Organmitglieds, ist diese Vereinbarung so zu behandeln, als wäre sie mit allen gegenseitigen Rechten und Pflichten wirksam.190 Ihm stehen für die Dauer seiner Beschäftigung Bezüge in der versprochenen und nicht bloß in angemessener Höhe zu.191 Diese Grundsätze gelten insb. für die Sorgfalts-, Verschwiegenheits- und Haftungspflichten des § 34. Das faktische Vorstandsmitglied trifft außerdem die steuerrechtliche Haftung192 sowie die insolvenzstrafrechtliche Organhaftung.193 Auch § 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB und § 9 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 OWiG finden auf faktische Vorstandsmitglieder Anwendung. Wird mit der Nichtigkeitsklage die Nichtigkeit ihrer Bestellung geltend gemacht, vertreten nicht sie die eG, sondern diejenigen, die im Falle des Obsiegens der eG als deren Vorstandsmitglieder anzusehen sind.194 Wegen fehlender rechtlicher Zugehörigkeit zum Vorstand sind diese Beschlüsse bei Mitwirkung des faktischen Vorstandsmitglieds jedoch anfechtbar, allerdings nur, wenn seine Stimme oder seine Argumente für das Ergebnis auschlaggebend waren.195 Die Mitglieder des Aufsichtsrats haften bei Duldung einer faktischen Vorstandsmitgliedschaft nach § 41 i.V.m. § 34.196 Ob jemand faktisch wie ein Vorstandsmitglied handelt, richtet sich nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens. Entscheidend ist, dass er die Geschicke der eG – über die interne Einwirkung auf den Vorstand hinaus – durch eigenes Handeln im Außenverhältnis maßgeblich in die Hand genommen hat.197 Die Stellung als faktisches Vorstandsmitglied kann jederzeit durch Amtsniederlegung oder seitens der eG vom Aufsichtsrat (§ 39) widerrufen werden.198
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189 BGHZ 41, 287; 47, 343; BGH BB 2005, 1867 zur GmbH. 190 Faktisches Dienstverhältnis: BGH WM 2005, 1706 = ZIP 2005, 1550 – zur GmbH; BGH WM 2005, 1606 = ZIP 2005, 1414 – zur GmbH; BGH WM 1995, 614 = WuB II F. § 114 HGB 1.95 m. Anm. Butzke; vgl. BGHZ 41, 282, 287 f. = WM 1964, 610, 65, 190, 194 = WM 1975, 1237; WM 1973, 506; so bereits auch BAG DB 1958, 1275; auch LG Amberg Urt. v. 19.4.1984, Az. 10 1144/83. 191 BGH WM 1995, 614 = WuB II F. § 114 HGB 1.95; BGHZ 41, 282, 289 f. = WM 1964, 610; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 104. 192 BGHZ 41, 287 zu §§ 103, 109 AO a.F. = § 69 i.V.m. § 34 AO; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 102. 193 BGH WM 2005, 1706 = ZIP 2005, 1550; BGH WM 2005, 1606 = ZIP 2005, 1414 und BGH WM 2005, 2394 jeweils zur GmbH; BGHSt. 3, 35; 21, 104; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 102. 194 BGH NJW 1981, 1041. 195 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 101. 196 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 103. 197 BGH BB 2005, 1869 = ZIP 2005, 1550; BGH BB 2005, 1867 jeweils zur GmbH; BGHZ 150, 69 f.; BGHZ 104, 48. 198 BGHZ 47, 431, 343; Müller GenG § 24 Rdn. 30.
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§ 24 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
VI. Beendigung des Vorstandsamts 67
Die Beendigung der Vorstandseigenschaft kann erfolgen durch – Ablauf der Amtsdauer, – Tod, – Widerruf der Bestellung, – Amtsniederlegung, – Ausscheiden aus der eG aufgrund Kündigung, – Ausschluss aus der eG, – Auflösung der eG, – im Zusammenhang mit der Insolvenz der eG (zu den Rechten der BaFin bei Kreditgenossenschaften siehe Rdn. 104, 105).
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1. Ablauf der Amtsdauer. Erfolgt die Bestellung für eine bestimmte Zeit, z.B. 5 Jahre oder das Ausscheiden mit Ablauf des Kalenderjahres oder des Monats, in dem das gesetzliche Regelrenteneintrittsalter gemäß Altersgrenzenanpassungsgesetz199 erreicht wird, was kein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG (Alter) wäre,200 siehe auch Rdn. 26, endet mit Ablauf der Amtsdauer nicht nur die Vorstandseigenschaft, sondern in aller Regel auch das Anstellungsverhältnis. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Beendigung der Organstellung mit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses gekoppelt ist. Ausnahmen sind jedoch denkbar. So kann in der Satzung z.B. vorgesehen werden, dass ausscheidende Mitglieder im Amt bleiben, bis die Beendigung ihrer Vertretungsbefugnis oder die Neuwahl eines Nachfolgers ins Genossenschaftsregister eingetragen ist, ohne dass der Dienstvertrag verlängert wird.201 Umgekehrt ist auch eine Vereinbarung zulässig, aus dem Amt auszuscheiden, aber den Anstellungsvertrag weiterlaufen zu lassen, z.B. um den Nachfolger einzuarbeiten.202 Enthält die Satzung eine Regelung zur Amtsdauer,203 und wird diese verlängert, gilt die neue Regelung grundsätzlich auch für die im Amt befindlichen Vorstandsmitglieder.204 Wird eine unbefristete Amtsdauer durch die Satzung z.B. auf 3 Jahre befristet, bleiben die gegenwärtig im Amt befindlichen Vorstandsmitglieder nur noch 3 Jahre im Amt.205 Wird ein in der Satzung enthaltenes Höchstalter herabgesetzt, liegt hierin gleichzeitig der Widerruf der Organstellung der Vorstandsmitglieder, deren Alter über der neuen Grenze liegt, wenn der GV/VV-Beschluss eindeutig auch von diesem Willen getragen wurde.206 2. Tod. Mit dem Tod enden sowohl Vorstandsamt als auch das Anstellungsverhält-
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3a. Widerruf der Bestellung (im Zusammenhang mit der Kündigung). Die Satzung kann nicht den Widerruf vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig ma-
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199 BGBl. 2007 Teil I, S. 554 zul. geändert durch Art. 20 HBeglG 2011 v. 9.12.2010, BGBl. I, S. 1885. 200 EuGH Urt. v. 12.10.2010, Az. C-45/09 (Rosenbladt – Oellerking für eine tarifvertragliche Regelung). 201 Missverständlich Müller GenG § 24 Rdn. 64. 202 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 216. 203 So üblicherweise für nicht hauptamtliche Vorstandsmitglieder. 204 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 100. 205 Argument aus § 24 Abs. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 100; a.A. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 24 Rdn. 20; a.A. Müller GenG § 24 Rdn. 64. 206 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 100; a.A. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 24 Rdn. 20.
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chen. Die Satzung kann aber vorsehen, dass bei Vorliegen bestimmter sachlicher Voraussetzungen das zuständige Organ eine Abberufung vorzunehmen hat. Dies folgt im Umkehrschluss daraus, dass die Satzung auch sachliche Voraussetzungen für die Wählbarkeit aufstellen kann.207 In der Kündigung des Dienstverhältnisses liegt grundsätzlich der Widerruf der Be- 70 stellung. Hinsichtlich des Widerrufs der Bestellung ist deshalb in den Satzungen in der Regel vorgesehen, dass die Beendigung des Anstellungsverhältnisses die Aufhebung der Organstellung zur Folge hat.208 Ausnahmen sind jedoch denkbar. So endet der Dienstvertrag, aber nicht die Organstellung, wenn ein hauptamtliches Vorstandsmitglied zum ehrenamtlichen wird. Andererseits endet die Organstellung mit der fristlosen Abberufung, der Dienstvertrag jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 626 BGB. Das ordentliche Kündigungsrecht kann bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze vertraglich ausgeschlossen werden, was zu einem Dienstvertrag bis zum Ende der Lebenszeit führt; dies ist vom Grundsatz her nicht empfehlenswert, allenfalls zur Aufrundung von Amtsperioden bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze.209 Zu unterscheiden sind zwei Fälle: der Widerruf, der durch fristgemäße Kündigung im Rahmen des Dienstvertrags erfolgt (Rdn. 71) und der fristlose Widerruf nach § 24 Abs. 3 (Rdn. 73). 3b. Widerruf durch fristgemäße Kündigung. Die fristgemäße Kündigung kann 71 nach der Satzung z.B. dem Aufsichtsrat übertragen werden.210 Nach der Neufassung des § 39 wirkt dieses nur noch deklaratorisch.211 Dies ist im Zweifel anzunehmen, wenn die Satzung den Aufsichtsrat für den Abschluss von Verträgen mit dem Vorstand für zuständig erklärt.212 Es gilt die im Vertrag vereinbarte Kündigungsfrist (hierzu Rdn. 49). Diese darf in entsprechender Anwendung des § 622 Abs. 5 BGB vier Wochen nicht unterschreiten. Fehlt eine in den Grenzen von § 622 Abs. 4 bis 6 grundsätzlich mögliche Individualvereinbarung, gilt § 622 BGB entsprechend, somit auch die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB.213 Die fristgemäße Kündigung beendet – wenn die Organstellung auf dem Dienstvertrag beruht – sowohl das Dienstverhältnis als auch die Organstellung.214 Gleiches gilt für die Abberufung aus dem Amt, wenn sie erkennbar der Ausdruck eines Vertrauensverlustes ist, der die Rechtsbeziehungen zu dem Entlassenen in ihrer Gesamtheit belastet.215 Beruht die Organstellung nicht auf dem Dienstvertrag, so braucht der Ablauf dieses Vertrags in Verbindung mit der Erklärung, ihn nicht verlängern zu wollen, nicht ohne weiteres auch die Beendigung der Organstellung herbeizuführen.216 Der Aufsichtsrat darf jedoch nicht durch eine solche Kündigung in das Abberu-
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207 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 223. 208 Kritisch hierzu Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 57. 209 Bei einer Vertragslaufzeit über 5 Jahre oder auf Lebenszeit, kann es von dem Dienstverpflichteten (nicht der eG) nach Ablauf von 5 Jahren mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden, § 624 BGB. 210 RAG JW 1933, 2721; OLG Stuttgart DB 2003, 932 – die Revision wurde vom BGH mit Beschluss vom 21.3.2005 Az. II ZR 96/03 zurückgewiesen; KG Berlin ZfgG 1997, 140 m. Anm. Schiemann; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 233. 211 Vgl. Beck Gen-HB § 5 Rdn. 57. 212 BGH BB 1974, 14 = MDR 1974, 24 = LM § 24 GenG Nr. 4; ebenso im Ergebnis Bauer GenossenschaftsHandbuch § 40 Rdn. 2; Müller GenG § 24 Rdn. 75; Neumann S. 77. 213 BGH NJW 1999, 23; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 135 m.w.N. 214 RGZ 115, 351; 144, 384; BGH BB 1961, 803 = DB 1961, 978; BGHZ 79, 41 = DB 1981, 308 = WM 1981, 30 = BB 1981, 197 ff.; BGH NJW 1987, 254 = WM 1986, 1411 = AG 1987, 19; OLG Stuttgart DB 2003, 932; Lutter/ Krieger/Verse Rdn. 1272. 215 BGH NJW 1973, 1122 ff. = DB 1973, 1010 ff. 216 BGH DB 1981, 2375.
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fungsrecht der GV/VV, falls diese im konkreten Fall für die Bestellung und Abberufung zuständig ist, eingreifen, indem er einer noch laufenden Bestellung den Boden entzieht.217 Hat der Aufsichtsrat einem aus seiner Mitte gebildeten Ausschuss die Regelung des Anstellungsverhältnisses der Vorstandsmitglieder übertragen (vgl. Rdn. 48), darf dieser Ausschuss nicht durch die vorzeitige Kündigung des Anstellungsvertrags einer Entscheidung des übergeordneten Gesamtorgans über den Widerruf vorgreifen.218 Ebenso wenig kann er wirksam durch einen Vertrag mit einem Vorstandsmitglied einverständlich die Beendigung des Vorstandsamts herbeiführen, auch nicht in Verbindung mit einer Bereinigung des Anstellungsverhältnisses.219 Sieht die Satzung vor, dass für die Kündigung der Aufsichtsrat, vertreten durch seinen Vorsitzenden zuständig ist, kann der Aufsichtsrat diese Befugnis nur delegieren, wenn in der Satzung eine entsprechende Ermächtigung enthalten ist, z.B. dass der Aufsichtsrat zur Erfüllung seiner Satzungsaufgaben aus seiner Mitte Ausschüsse (mit Entscheidungsbefugnis) bilden kann.220 Bei fristgemäßer Kündigung endet das Amt grundsätzlich zum Zeitpunkt der Been72 digung des Dienstvertrags. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Vorstandsmitglied berechtigt und verpflichtet, die Dienstobliegenheiten wahrzunehmen (vgl. aber auch Rdn. 92 ff.). Der Aufsichtsrat kann trotz erklärter Kündigung nach § 40 (vorläufige Amtsenthebung) vorgehen, auch wenn die GV/VV für die Abberufung zuständig ist. Ist der Aufsichtsrat nach der Satzung für die Abberufung generell zuständig, kann er vorzeitig das Amt beenden. Nach dem Gesetz ist für die Abberufung grds. die GV/VV zuständig (§ 24 Abs. 2 S. 1). Es kann aber auch ein anderes Organ durch die Satzung für zuständig erklärt werden (§ 24 Abs. 2 S. 2). In der Praxis ist, wenn nicht die GV zuständig sein soll, von der Zuständigkeit des Aufsichtsrats auszugehen. Deshalb wird in den folgenden Erläuterungen nur der Aufsichtsrat als Alternative genannt. 73
3c. Fristloser Widerruf ohne außerordentliche Kündigung. Der fristlose Widerruf der Organstellung nach § 24 Abs. 3 S. 2 ist jederzeit ohne vorherige Anhörung des betroffenen Vorstandsmitglieds und ohne Angabe von Gründen zulässig.221 Die Begründung folgt aus der weitgehend uneingeschränkten Leitungsmacht des Vorstands gem. § 27: Diese setzt uneingeschränktes Vertrauen der Mitglieder der eG voraus. Schon Zweifel an der zweckentsprechenden Ausübung der Leitungsmacht müssen der GV/VV und dem Aufsichtsrat, wenn dieser nach der Satzung für die Abberufung zuständig ist, die Möglichkeit geben, das Amt zu beenden – ohne konkretes Fehlverhalten beweisen zu müssen. Die persönlichen Belange der Vorstandsmitglieder sind durch § 24 Abs. 3 S. 2 zweiter Halbsatz ausreichend geschützt („[…] unbeschadet der Entschädigungsansprüche […]“); Ansprüche aus dem Dienstvertrag werden also durch den Widerruf der Organstellung aus oben genannten Gründen nicht berührt (zur Mehrheit Rdn. 87). Bei dieser Entscheidung der eG handelt es sich nicht um eine vereinsrechtliche Entscheidung, sondern um eine einseitige Willensentschließung, die auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes nach dem Ermessen der eG erfolgen kann, weil ein Vorstandsmitglied kein
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217 BGH WM 1973, 1320. 218 BGHZ 79, 41 = NJW 1981, 757; BGHZ 89, 48 = WM 1983, 1378 = WM 1981, 30 = BB 1981, 197 = DB 1981, 308. 219 BGHZ 79, 41 = NJW 1981, 757 = WM 1981, 30 = BB 1981, 197 ff. = DB 1981, 308. 220 Vgl. auch Rdn. 48; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 235, m. Rechtsprechungsnachweisen; a.A. Beuthien GenG § 39 Rdn. 2. 221 Fleck WM 1985, 680.
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Recht auf Fortbestand seiner Organstellung besitzt.222 Auch der Einwand des treuwidrigen Verhaltens der eG soll ausgeschlossen sein.223 § 24 Abs. 3 überlagert hier vertragliche Ansprüche; problematisch ist die Rspr., da Anhörung nach Treu und Glauben geboten ist, wenn es um die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses geht (vgl. hierzu Rdn. 77), jedenfalls besteht kein Anspruch auf rechtliches Gehör bei fristlosem Widerruf ohne außerordentliche Kündigung. Ein Beschluss über den Widerruf der Bestellung als Vorstandsmitglied setzt eine ord- 74 nungsgemäße Ankündigung in der Tagesordnung der GV/VV voraus (näher dazu § 46), bzw. in der Einladung zur Aufsichtsratssitzung, falls diese qua Satzung für die Abberufung zuständig ist, was sich vor allem für größere eG anbietet, da der Aufsichtsrat schneller als eine erst einzuberufende GV/VV handeln kann.224 3d. Fristloser Widerruf mit außerordentlicher Kündigung. Von dem fristlosen 75 Widerruf der Organstellung nach § 24 Abs. 3 ist die außerordentliche Kündigung des Dienstvertrags nach § 626 BGB zu unterscheiden. Für sie ist wegen des regelmäßig vorliegenden engen Zusammenhangs mit dem Widerruf der Organstellung stets die GV/VV zuständig,225 es sei denn, der Aufsichtsrat ist nach der Satzung für die Abberufung generell zuständig; mit der Novelle 2006 hat der Gesetzesgeber auch für die Zuständigkeit der außerordentlichen Kündigung durch § 24 Abs. 2 S. 2 Satzungsfreiheit geschaffen.226 Ein solcher Zusammenhang fehlt nicht bereits deshalb, da die Kündigung dem Erlöschen der Organstellung227 nachfolgt.228 Der Zusammenhang besteht auch dann, wenn nach Beendigung der Organstellung zunächst der Dienstvertrag fortbesteht; auch in diesem Fall ist nach der abstrakten Befangenheitstheorie des BGH (Rdn. 92) eine Kündigung nicht durch den (restlichen) Vorstand auszusprechen.229 Die fristlose Kündigung durch die GV/VV kann auch nicht von der Zustimmung eines Dritten (etwa des Genossenschaftsverbands) abhängig gemacht werden.230 Er kann jedoch vor oder nach Widerruf durch die GV/VV, wenn diese nach der Satzung oder bei deren Schweigen zuständig ist, ordentlich kündigen. Es handelt sich bei der Abberufung und der Kündigung grundsätzlich um zwei unterschiedliche Erklärungen; dies muss bei der Tagesordnung und Beschlussfassung der GV/VV bzw. des Aufsichtsrats berücksichtigt werden. Im Widerrufsbeschluss der GV bzw. des Aufsichtsrats, falls dieser nach der Satzung zuständig ist, liegt – entsprechend dem Grundsatz des § 133 BGB – im Zweifel auch die a.o. Kündigung. Eine Kündigung durch die eG setzt deshalb eine sorgfältige Abwägung gemäß § 626 76 Abs. 1 BGB voraus,231 in der namentlich die Schwere von Verfehlungen, deren Folgen für
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222 Vgl. BGH ZIP 2004, 461 = GmbHR 2004, 57 – GmbH; BGH NJW 1960, 1861 = DB 1960, 915; OLG Bamberg Urt. v. 14.12.1983, Az. 3 U 43/85; Beuthien GenG § 24 Rdn. 24 und § 40 Rdn. 4; Müller GenG § 24 Rdn. 74; vgl. auch Schaffland DB 1978, 1773. 223 BGH ZIP 2004, 461 = GmbHR 2004, 57; missverständlich Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 24 GenG Rdn. 42: „[…] bedarf es hierfür keines besonderen Grundes […]“. 224 Amtl. Begr. BT-Drs. 16/1005 S. 85. 225 BAG NJW 1978, 723 = WM 1978, 766 = BB 1978, 499 mit Anm. Schaffland; BGH DB 1974, 37 = BB 1974, 14 = NJW 1974, 278 = AG 1974, 79 = ZfgG 1974, 170; OLG Köln DB 1994, 471; Müller GenG § 24 Rdn. 68a; zur Mehrheit vgl. Rdn. 87. 226 BT-Drs. 26/1025, S. 85; Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 24 Rdn. 246a. 227 Z.B. fristlose Kündigung als Antwort auf eine unberechtigte Amtsniederlegung; hierzu Rdn. 97; vgl. auch Rdn. 92. 228 BGH WM 1978, 319. 229 Schmitz AG 1994, 152. 230 BGHZ 32, 122 = WM 1960, 428; BGHZ 60, 333 = WM 1973, 639. 231 BGH WM 1984, 1120; BGH WM 1968, 1325; BAG NJW 1979, 239.
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die eG und der durch sie bewirkte Vertrauensverlust, Größe des Verschuldens und Grad einer Wiederholungsgefahr, andererseits Länge der Dienstzeit, etwaige Verdienste um das Unternehmen, soziale Folgen für das Vorstandsmitglied – wie insbesondere der etwaige Verlust einer Pension – Lebensalter und Möglichkeit einer anderweitigen Existenz zu berücksichtigen sind.232 In Ausnahmefällen kann es der eG deshalb trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes zuzumuten sein, das Dienstverhältnis noch kurze Zeit, z.B. bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist, fortzusetzen.233 Gleiches gilt, wenn ein Vorstandsmitglied sich lange Zeit bewährt hat und die Amtszeit sich ohnehin ihrem Ende nähert.234 Besonders strenge Anforderungen sind an den Kündigungsgrund zu stellen, wenn eine Kündigung für das Vorstandsmitglied diffamierenden Charakter hat.235 Im Allgemeinen sollte das Vorstandsmitglied angehört werden, es sei denn, es wur77 de im Zusammenhang mit der vorläufigen Amtsenthebung bereits gehört. Die Rechtsprechung236 hält auch bei der fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses des Vorstandsmitglieds einer eG einen Anspruch auf rechtliches Gehör grundsätzlich nicht für erforderlich. Nach überwiegender Meinung ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Anhörung des Betroffenen vor der fristlosen Kündigung in der Regel aber geboten und auch schon aus prozesstaktischen Gründen empfehlenswert (Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Arbeitsrecht).237 Insbesondere da die erforderliche Abwägung der Interessen in aller Regel nur dann sorgfältig erfolgen kann, wenn das Vorstandsmitglied sich zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung hat äußern können. Auch muss jedenfalls bei Verdacht einer strafbaren Handlung dem Vorstandsmitglied die Möglichkeit gegeben werden, einen Rechtsanwalt – als Gast – zur Sitzung mitzubringen; diesem ist in angemessenem Umfang ein Recht zur Stellungnahme einzuräumen.238 Hat das Vorstandsmitglied sich vor der Sitzung bereits schriftlich geäußert, besteht sein Teilnahmerecht neben dem Recht, einen Rechtsanwalt mitzubringen trotzdem fort. Unterlassenes rechtliches Gehör ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung und führt auch nicht zur Anfechtbarkeit der Kündigung, sondern allenfalls zu Schadensersatzansprüchen.239 Anders ist dies nach ständiger Rechtsprechung bei der Verdachtskündigung.240 Auch und gerade bei einem Vorstandsmitglied kann der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung (bei Vorsatztaten eher als bei Fahrlässigkeitsdelikten oder Ordnungswidrigkeiten) eine Kündigung begründen, wenn dieser der Schwere nach ausreichend ist, das Vertrauen in die Redlichkeit des Vorstandsmitglieds nachhaltig zu beeinträchtigen.241 Die im Arbeitsrecht geltenden Grundsätze, wann eine Abmahnung vor Ausspruch 78 einer außerordentlichen Kündigung erforderlich ist, gelten auch für Vorstandsmitglieder; demnach i.d.R. nicht erforderlich bei (gravierenden) Pflichtverletzungen im Ver-
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232 BGH WM 1966, 968; 1968, 1347 u. 1352; 1969, 158; 1970, 1397; 1975, 761; 1976, 77 sowie Fleck WMSonderbeilage Nr. 3 zu WM Nr. 41/1981 S. 12. 233 Vgl. BGH WM 1975, 761. 234 Vgl. hierzu BGH WM 1976, 79; BGH WM 19775, 161; BGHZ 20, 249; BGH WM 1962, 811; 1968, 1347. 235 BGH WM 1962, 811. 236 BGH NJW 1960, 1861 = DB 1960, 915; DB 1973, 1010 = NJW 1973, 1122; NJW 1984, 2689 = WM 1984, 1120 = DB 1984, 182 = ZfgG 1987, 94; offen gelassen vom OLG Bamberg Urt. v. 14.12.1985, Az. 3 U 43/85. 237 Beuthien GenG § 24 Rdn. 34; Müller GenG § 24 Rdn. 74; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 293; Schaffland DB 1978, 1773. 238 LG Magdeburg Urt. v. 7.12.2001, Az. 5 O 3255/01. 239 BGH NJW 1973, 1122 = DB 1973, 1010; Müller GenG § 24 Rdn. 74; Schaffland DB 1978, 1773; Schwerdtner in MüKo BGB § 626 Rdn. 35–37 m.Hinw. zur Rechtsprechung des BAG; a.A. Beuthien GenG § 24 Rdn. 34: Anfechtbarkeit. 240 Anhörung erforderlich, Beuthien GenG § 24 Rdn. 35; zum Grundsatz BAG Urt. v. 23.6.2009, Az. 2 AZR 474/07, übertragbar auf Vorstand einer eG. 241 Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 24 Rdn. 281.
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trauensbereich, da ein einmal geschwundenes Vertrauen auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann,242 aber erforderlich z.B. bei Mängeln oder Pflichtverstößen im Leistungsbereich.243 Eine Abmahnung ist demnach nicht in jedem Falle eine zwingende Voraussetzung für eine Kündigung.244 Eine Abmahnung kann nur vom gesamten Aufsichtsrat bzw. aufgrund eines wirksamen Beschlusses dieses Gremiums ausgesprochen werden. Wird ein Verhalten gerügt, ohne dass Rechtsfolgen für die Zukunft angedroht werden, sofern das Verhalten nicht geändert wird, liegt hierin keine Abmahnung, aber eine Ermahnung. Wird (z.B. bei gravierenden Pflichtverletzungen im Vertrauensbereich) keine fristlose Kündigung, sondern lediglich eine Abmahnung oder Ermahnung (milderes Mittel im Verhältnis zur Abmahnung) ausgesprochen, dann erlischt dadurch das Kündigungsrecht, bezogen auf diesen Sachverhalt, nicht jedoch wenn später weitere belastende Tatsachen bekannt werden.245 § 314 Abs. 2 Satz 1 BGB gilt wegen Abs. 2 Satz 2 i. V. mit § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht, da die Arbeitgeberfunktion eines Vorstandsmitglieds ein besonderer Umstand im Sinne dieser Vorschrift ist246 und § 626 BGB gegenüber § 314 BGB lex specialis ist.247 Sie ist in jedem Fall entbehrlich, wenn das Vorstandsmitglied wegen der Verstöße bereits mehrmals vom Aufsichtsrat ermahnt oder sogar bereits abgemahnt worden ist; Voraussetzung ist jedoch, dass Ermahnung und/oder Abmahnung aus den gleichen Pflichtenkreis stammen.248 Nach § 626 BGB ist eine fristlose Kündigung nur aus wichtigem Grund zulässig;249 79 zu den Einzelfällen vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 254 ff.250 Schon eine einmalige, verhältnismäßig geringfügige Verfehlung kann je nach Schwere des Vorwurfs genügen.251 Eine Abmahnung ist bei erheblichem Vertrauensbruch entbehrlich,252 da ein einmal geschwundenes Vertrauen auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann;253 insbesondere der Verdacht einer strafbaren oder pflichtwidrigen Handlung kann genügen.254 Der Verdacht muss sich jedoch auf Tatsa-
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242 OLG Köln Urt. v. 26.11.1993, Az. 19 U 93/93, DB 1994, 471 f. m.w.N. 243 OLG Köln DB 1994, 471; a.A. Beuthien GenG § 24 Rdn. 29. 244 BGH WM 2007, 1613 = ZIP 2007, 1566; BGH WM 2001, 2118 = ZIP 2001, 1957; BGH NJW 2000, 1638 = DB 2000, 964 = BB 2000, 844; BGH DB 2001, 2438, jeweils zur GmbH. 245 OLG Köln ZfgG 1996, 141 m. Anm. Ferneding. 246 BGH Beschl. v. 2.7.2007, Az. II ZR 71/06, WM 2007, 1613 = ZIP 2007, 1566. 247 So auch Beuthien GenG § 24 Rdn. 29; BT-Drs. 14/6040, S. 177. 248 BGH AG 1998, 519. 249 Z.B. Täuschung bei den Anstellungsverhandlungen, Arbeitsverweigerung, vorsätzliche Schlechterfüllung, Treuepflichtverletzungen, eigenmächtige Überziehung des Jahresurlaubs um 10 Tage, schwerwiegende Verstöße gegen Satzung, Geschäftsordnung und GV-Beschlüsse, Ausschließung aus der eG, strafbare Handlungen, die in der Regel unstreitig oder nachweisbar sein müssen; vgl. auch Beuthien GenG § 24 Rdn. 25, der zwischen schwerwiegenden Verfehlungen im Leistungsbereich (Arbeitsverweigerung, vorsätzliche oder wiederholte grob fahrlässige Schlechterfüllung), Vertrauensbereich (Verdacht strafbarer Handlungen etc.), Betriebsbereich (insbes. innerhalb der eGOrgane) und Unternehmensbereich (z.B. wirtschaftlicher Niedergang) unterscheidet; vgl. auch Paschen in Festschrift für Schaffland S. 203 ff. insbesondere S. 209. 250 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 wichtiger Grund: Rdn. 254–275c u. kein wichtiger Grund: Rdn. 276–280a. 251 OLG Köln DB 1994, 471, zur eigenmächtigen Verbuchung von Spesenvorschüssen als Darlehen; OLG Celle 27.1.2010 zur Erstattung von € 205 für den Kauf eines Bürosessels, obwohl der tatsächliche Kaufpreis nur € 30 betragen hatte. 252 BGH NJW-RR 2002, 173 zur GmbH; OLG Saarbrücken WM 2006, 2364; OLG Köln ebd.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 291. 253 OLG Köln ebd., Palandt/Weidenkaff § 626 Rdn. 18; Schaub Arbeitsrechtshandbuch, § 132 Rdn. 25–27; a.A. Schumacher-Mohr DB 2002, 1607 f.; offengelassen von Korte in Anm. z. OLG Saarbrücken WuB IV A., § 626 BGB 1.07. 254 BGH LM Nr. 8 zu § 626 BGB; BAG BB 1955, 543; RG JW 1937, 1146, Nr. 5.
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chen gründen und so schwer wiegen, dass ein vernünftiger Dienstherr durchaus Misstrauen gegen die Zuverlässigkeit des Dienstpflichtigen schöpfen muss. Ist infolge eines begründeten Verdachts das Vertrauensverhältnis zerstört, ist dem Dienstherrn in der Regel die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nach Treu und Glauben nicht zumutbar;255 die Beweislast liegt bei der eG. Allerdings muss die eG vorher alles zur Aufklärung des Verdachts Zumutbare getan haben – hierzu gehört auch die Anhörung des zu Kündigenden.256 Auch hier besteht die Pflicht zur sorgfältigen Interessenabwägung.257 Rechtfertigungsgründe für das gerügte (und im Prozess bewiesene) Verhalten hat das gekündigte Vorstandsmitglied substantiiert darzulegen, die eG muss die Gründe widerlegen.258 Wichtige Gründe können Verfehlungen im Zusammenhang mit einer geplanten Fusion, illoyales Verhalten, Mängel in der Geschäftsführung, Organisations- und Informationspflichtverletzungen sein.259 Ein wichtiger Grund ist bei Sicherheiten das Verschweigen ihrer nicht vorliegenden Werthaltigkeit sowie die sich negativ entwickelte Beziehung zur Hausbank der eG.260 Gleiches gilt, bei Weigerung, ein den Vorstand bindenden Beschluss der GV/VV umzusetzen261 bzw. bei unberechtigter Niederlegung des Vorstandsamts262 sowie bei mehrfacher erheblicher Kompetenzüberschreitung.263 Bei Bankleitern sollte bereits eine einmalige erhebliche Überschreitung genügen. Die Nichteinführung eines „Risikomanagementverfahrens“ kann ebenfalls ein wichtiger Grund sein.264 Die unbefugte Inanspruchnahme von Betriebsmitteln und Personal der eG und nur ausnahmsweise die dauernde Arbeitsunfähigkeit, wenn eine vertragliche Beendigungsmöglichkeit in zumutbarer Zeit nicht gegeben ist und die finanzielle Belastung für die eG unzumutbar wird,265 sind genauso wichtige Gründe. Droht oder weigert sich ein Vorstandsmitglied – z.B. im Rahmen von Trennungsverhandlungen mit dem Aufsichtsrat – an Beschlüssen oder Unterschriften, die der Gesamtheit des Vorstands bedürfen, mitzuwirken, so kann dies je nach Sachverhaltsgestaltung und Interessenabwägung ebenfalls ein entscheidender Grund sein.266 Bei Verdacht, dass ein Vorstandsmitglied einer Bank Vermögensdelikte – im außerdienstlichen Bereich – begangen hat, sind die Interessen der Bank eher vorrangig sein.267 Ein Vorstandsmitglied, das den begründeten Verdacht unkorrekter und die Bank schädigender Handlungen aufkommen lässt, ist für eine Bank, die in hohem Maße auf das Vertrauen der Mitglieder und Kunden angewiesen ist, untragbar; dies gilt umso mehr, wenn die Verdachtsmomente in der örtlichen Presse wiedergegeben werden.268 Sollte sich in der Folgezeit der Verdacht als unbegründet herausstellen, ist das Vorstandsmitglied – wenn
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255 BGH NJW 2003, 432; BGH LM Nr. 8 zu § 626 BGB. 256 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 281; Beuthien GenG § 24 Rdn. 26; zur Anhörung im Übrigen vgl. Rdn. 77. 257 BGH NJW 1960, 1861. 258 BGH NJW 2003, 432; BGH NJW-RR 1995, 670 f.; BAG NJW 1988, 438; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 24 Rdn. 253. 259 OLG Saarbrücken WM 2006, 2364 = WuB IV A, § 626, BGB 1.07 m. Anm. Korte. 260 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 257; vgl. auch OLG Celle AG 2008, 711. 261 OLG Celle ZIP 2004, 1266 – GmbH. 262 OLG Celle a.a.O. 263 BGH WM 2001, 2119 – GmbH. 264 OLG Celle AG 2008, 711, das jedoch im zu entscheidenden Fall den wichtigen Grund verneinte, da dem Vorstand alle ermittelbaren Informationen bekannt waren und er zur alleinigen Entscheidung über den Vertragsabschluss befugt war. 265 Müller GenG § 24 Rdn. 72. 266 So überzeugend Paschen in Festschrift für Schaffland S. 209. 267 BGH WM 1956, 865; vgl. auch Moritz NJW 1978, 402. 268 LG Flensburg Urt. v. 16.1.1987, Az. 3 O 348/86.
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keine Neubestellung erfolgt (hierzu Rdn. 88, 97) – in die Rechte einzusetzen, die ihm im Falle einer ordentlichen Kündigung zugestanden hätten. Auch Täuschungen des Aufsichtsrats, des Kreditausschusses und anderer Vorstandsmitglieder sind Verfehlungen, die eine Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigen.269 Bei Vorstandsmitgliedern genügt in der Regel auch unverschuldete Schlechtleistung von erheblichem Umfang. Bei fachlichem Versagen ist zu prüfen, ob der eG die Weiterbeschäftigung des Vorstandsmitglieds (hierzu auch Rdn. 88) mit eingeschränkten Leitungsaufgaben zuzumuten ist. Dies hängt davon ab, inwieweit die Fehlleistungen die Vertrauensbasis zwischen den Parteien zerrüttet haben. Gegen die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung mit eingeschränktem Aufgabenbereich kann die auf die Dauer dadurch erwachsende Kostenbelastung sprechen.270 Auch der Vertrauensverlust insbesondere gegenüber der Mehrheit der Mitglieder ist als solcher ein wichtiger Grund.271 Ein Verstoß gegen den Förderauftrag kann ebenfalls ein elementarer Grund sein.272 Insb. darf der Vorstand keine unangemessenen Risiken – vor allem nicht im Kreditgeschäft – eingehen. Riskante Kreditgeschäfte mit der Folge eines erheblichen Wertberichtigungsbedarfs können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Ein wichtiger Grund ist auch ein Abberufungsverlangen der BaFin, wenn mit der Schließung der Bank gerechnet werden muss (hierzu auch Rdn. 104).273 Ebenso die Erklärung des Vorstands, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung zu stellen, wenn diese nicht gegeben ist; die eG hat im Prozess über die Wirksamkeit der Kündigung zu beweisen, dass sie nicht überschuldet ist.274 Zu den wichtigen Gründen vgl. auch § 40 Rdn. 16. Wichtige Gründe, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, können vertraglich vereinbart werden.275 Im Anstellungsvertrag kann z.B. festgehalten werden, dass alle die Beendigung der Organstellung rechtfertigenden Gründe zugleich wichtige i.S.d. § 626 BGB sein sollen; eine außerordentliche Kündigung ist dann unter Wahrung der nicht abdingbaren Mindestfrist des § 626 Abs. 1 S. 2 BGB zulässig und wirksam.276 Hingegen ist es nicht möglich, vertraglich vorzusehen, dass nur verschuldete wichtige Gründe genügen; denn § 626 BGB ist nicht zu Lasten des Kündigungsberechtigten einschränkbar.277 Das Nachschieben von Kündigungsgründen (vgl. auch Rdn. 81) ist grundsätzlich nur zulässig, wenn die GV/VV – bzw. der Aufsichtsrat im Falle seiner satzungsmäßigen Zuständigkeit – auch in Kenntnis dieser Gründe den Beschluss gefasst und entschieden hat, die Kündigung auch hierauf zu stützen.278 In jedem Fall muss die GV/VV bzw. der Aufsichtsrat den konkreten Kündigungsgrund beraten und in Form eines eigenständigen Beschlusses billigen;279 dies gilt insb. bei von der GV gewählten Vorstandsmitgliedern hinsichtlich einer vorangegangenen vorläufigen Amtsenthebung nach § 40: Die GV/VV muss in dem Bewusstsein beschließen, auch gegen die Suspendierung durch den Aufsichtsrat entscheiden zu können.
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269 Vgl. OLG Düsseldorf DB 1983, 1036. 270 BGH NJW 1984, 2689 = WM 1984, 1120 = DB 1984, 1820 = ZfgG 1987, 94 m. Anm. Hadding. 271 RG BlfG 1933, 194. 272 Vgl. zur Sorgfaltspflicht von Vorstandsmitgliedern im Aktienrecht Mertens in Kölner Kommentar zum AktG § 84 Rdn. 60. 273 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 275. 274 BGH DB 2007, 794. 275 BGH ZIP 1988, 1389. 276 BGH ZIP 1981, 858 = NJW 1981, 2748. 277 BGH WM 1975, 761; Henssler in MüKo BGB § 626 Rdn. 53 ff. m.w.N. 278 BGHZ 60, 633 = WM 1973, 639; WM 1982, 797; 1984, 29 und 1120; Fleck WM 1985, 681 m.w.N.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 289. 279 BGH DB 1973, 1010.
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Auf verfristete Gründe (Ablauf der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB) kann eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht mehr gestützt werden (hingegen jedoch eine ordentliche Kündigung). Diese Gründe können aber bei der Gesamtabwägung unterstützend für eine außerordentliche Kündigung herangezogen werden, wenn sie mit einem später bekannt gewordenen nicht verfristeten Tatbestand in einem inneren Zusammenhang stehen.280 80 Bei der Beurteilung, ob ein außerordentliches Kündigungsrecht gegeben ist, oder ob die eG auf die ordentliche Kündigung zu verweisen ist, muss ggf. zugunsten der eG berücksichtigt werden, dass – bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung des Pensionsvertrags – die eG unzumutbare Versorgungsleistungen zu erbringen hat, wenn sie ordentlich kündigt (hierzu Rdn. 84). Dies kann zu ggf. unerträglichen Belastungen für die eG führen, was für eine a.o. Kündigung sprechen könnte. Die Vereinbarung einer Abfindungszahlung oder eines Übergangsgeldes auch für den Fall einer fristlosen Kündigung ist nach §§ 134, 626 Abs. 1 BGB – bei Fortbestand des Dienstvertrags im Übrigen – nichtig, da sie das Recht zur fristlosen Kündigung unzumutbar einschränkt.281 Etwas anderes kann bei geringfügigen Abfindungsbeträgen gelten. Für die fristlose Kündigung können nur solche Gründe maßgeblich sein, die der GV/ 81 VV bzw. dem Aufsichtsrat, falls er nach der Satzung auch für die fristlose Kündigung zuständig ist, bei der Beschlussfassung bekannt und somit für die Entscheidungsfindung maßgeblich waren.282 Eine außerordentliche Kündigung kann nicht mit Tatbeständen begründet werden, für die dem Vorstand Entlastung erteilt wurde (§ 48 Rdn. 27, 32, siehe auch Rdn. 79 a.E.). Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniser82 langung von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erklärt werden (instruktiv die Fristen z.B. im Urteil des OLG Köln v. 26.11.1993)283 und dem zu Kündigenden zugehen.284 Eine Zugangsvereitlung durch das Vorstandsmitglied mit der Folge einer Zugangsfiktion liegt vor, wenn ihm das Kündigungsschreiben von einem Boten übergeben wird, er es überfliegt und sodann die Annahme verweigert.285 Für den Fristbeginn ist positive und sichere Kenntnis der Tatsachen nötig, die den wichtigen Grund ausmachen.286 Sofern noch Nachforschungen erforderlich sind, um diese Kenntnis zu erlangen, beginnt die Frist noch nicht.287 Hierbei ist grds. abzustellen auf die Kenntniserlangung durch die GV/VV288 – bzw. im Falle seiner satzungsmäßigen Zuständigkeit durch den Aufsichtsrat – und dort auf die Behandlung des konkreten Tagesordnungspunkts, was insb. bei Unterbrechungen von Bedeutung sein kann.289 Zur GV/VV bzw. zur Aufsichtsratssitzung, in der über die fristlose Kündigung beschlossen werden soll, kann nicht wirksam mit der Mitteilung des Tagesordnungspunkts „Vorstandsangelegenheiten“ eingeladen werden;
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280 BGH WM 2001, 2119 f. – GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 290. 281 BGH Urt. v. 17.3.2008, Az. II ZR 239/06; s. auch Rdn. 91. 282 BGH NJW 1973, 1122. 283 OLG Köln Urt. v. 26.11.1993, Az. 19 U 93/93, DB 1994, 471: Kenntnis des ARV u. Prüfungsverbandes am 28.2.1992, vorl. Amtsenth. 28.2.1992, GV 23.3.1992, Kündigung mit Schreiben v. 23.3.1992, Übergabe durch Boten am 23.3.1992, Zustellung durch Gerichtsvollz. am 26.3.1992. 284 BAG DB 1978, 1405. 285 Instruktiv der Sachverhalt im Urteil des OLG Köln v. 26.11.1993, Az. 19 U 93/93, s.o. 286 BAG ZfgG 1979, 172. 287 Zum Beginn der Ausschlussfrist bei Dauertatbeständen vgl. Gerauer BB 1988, 2032. 288 BGH DB 2007, 794; BAG DB 1978, 353 = BB 1978, 499 = NJW 1978, 723 = WM 1978, 766 = GF 4/1978 S. 40 m. zust. Anm. Schaffland = ZfgG 1979, 168 m. insoweit zust. Anm. Schnorr von Carolsfeld; OLG Köln DB 1994, 471. 289 Wiesner BB 1981, 1540; Schaffland BB 1978, 501.
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ein so gefasster Beschluss ist nichtig.290 Kenntnis erhält die GV/VV bzw. der Aufsichtsrat erst in der Versammlung bzw. Sitzung, von da an beginnt die Zwei-Wochen-Frist.291 Auch die Kenntnis aller Genossenschaftsmitglieder genügt nicht, da nur die GV/VV bzw. der Aufsichtsrat beschließen kann und diese die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen – bei einem Aufsichtsrat ggf. die in seiner Geschäftsordnung enthaltenen – Einladungsfristen beachten müssen.292 Auf die Kenntnisse einer Minderheit der Mitglieder, die die Einberufung der GV/VV verlangen könnte, kommt es für den Fristbeginn ebenfalls nicht an.293 Gleiches gilt für die Kenntnis einzelner Aufsichtsratsmitglieder, falls der Aufsichtsrat für die Abberufung generell zuständig sein sollte. Die eG muss sich jedoch so behandeln lassen, als ob die GV/VV – wenn diese für die 83 fristlose Kündigung zuständig ist – bereits informiert wäre, sofern der Aufsichtsrat diese nicht in angemessen kurzer Zeit einberuft, nachdem er selbst jene Kenntnis erlangt hat.294 Gleiches gilt, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende Kenntnis erhält und er den Aufsichtsrat nicht in angemessen kurzer Zeit einberuft.295 Der Aufsichtsrat verzögert jedoch die Einberufung der GV/VV dann nicht unangemessen, wenn er zunächst den Versuch macht, in angemessen kurzer Zeit eine einvernehmliche Trennung (hierzu Rdn. 93 ff.) der eG von dem zu kündigenden Vorstandsmitglied zu erreichen.296 Der Aufsichtsrat dürfte je nach Fallgestaltung demnach noch eine Verhandlungsfrist von einigen Wochen haben.297 In der Praxis geht man von ca. 6 Wochen aus.298 Die Unterlassung der Einberufung der GV/VV setzt sodann die 2-Wochen-Frist in Gang, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem bei ordnungsgemäßem Verhalten die GV/VV stattgefunden hätte. Ist der Aufsichtsrat für die fristlose Kündigung zuständig, kommt es demgegenüber nicht auf die Kenntnis eines Aufsichtsratsmitglieds an, da dieses kein Organ ist. Hingegen genügt die Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden.299 Die Einhaltung der in der Praxis (zu) kurzen 2-Wochen-Frist des § 626 BGB zwischen 84 Beschlussfassung und Zugang der Kündigungserklärung hat oft eine große wirtschaftliche Bedeutung, da die Nichtbeachtung zu erheblichen finanziellen Belastungen (Zahlungen bis zum Vertragsende ggfs. ohne gewünschte Gegenleistung) für die eG führen kann; formale Aspekte (vertragliche Schriftformvereinbarung, ggfs. Nachweis der Vollmacht) werden von Rechtsberatern akribisch geprüft und müssen unbedingte eingehalten werden. Zu unterscheiden ist, ob das betroffene Vorstandsmitglied beim Beschluss anwesend ist oder nicht, welche Formvorschriften der Dienstvertrag enthält, ob nach der Satzung der Aufsichtsrat (gesetzl. Regelfall) oder die GV/VV zuständig ist und wie und ob der Aufsichtsratsvorsitzende, der i.d.R. die Kündigungszustellung veranlasst, ermächtigt ist.
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290 BGH DB 2000, 1959. 291 BGH DB 2007, 794 = WM 2007, 693 = ZIP 2007, 674 f. = NZG 2007, 396 ff.; OLG Saarbrücken WuB IV A. § 626 BGB 1.07 m. Anm. Korte; Beck Gen-HB § 5 Rdn. 56. 292 Vgl. auch OLG Düsseldorf DB 1983, 1036. 293 BGH DB 2007, 794; BGH NJW 1984, 2689 = WM 1984, 1120 = ZIP 1984, 949 = DB 1984, 1820 = ZfgG 1987, 94 m. Anm. Hadding; vgl. auch § 40 Rdn. 17. 294 § 40 Rdn. 18; BGH DB 2007, 794; BGHZ 139, 92 – GmbH; BGH NJW 1984, 2689 = WM 1984, 1120 = ZIP 1984, 949 = DB 1984, 1820; Grumann/Gillmann DB 2003, 770; a.A. Müller GenG § 24 Rdn. 73a. 295 BGH ZIP 1998, 1269 – GmbH. 296 BGH NJW 1984, 2689 = WM 1984, 1120 = DB 1984, 1820 LM Nr. 28 zu § 626 BGB = ZfgG 1987, 94 m. Anm. Hadding; BAGE 29, 164 ff.; vgl. auch § 40 Rdn. 17. 297 So auch OLG Köln DB 1994, 471 – im konkreten Fall 2 Wochen. 298 Carspecken in Festschrift für Schaffland S. 130. 299 BGHZ 139, 92 f. = ZIP 1998, 1270; OLG Köln, DB 1994, 471 f.: OLG München ZIP 2005, 1781; OLG Karlsruhe ZIP 2004, 2377; OLG Jena NZG 1999, 1069 – jeweils zur AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 288a.
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84b
Bei Anwesenheit des betroffenen Vorstandsmitglieds gilt: Die Kündigung des Dienstvertrages wird grds. mit Verkündung des Beschlusses (im Aufsichtsrat bzw. in der GV/VV) sofort wirksam,300 ohne dass es noch einer zusätzlichen Erklärung bedarf. Dies gilt naturgemäß nur dann, wenn sich aus der Verkündung des Beschlusses für den Betroffenen eindeutig erkennbar die Tragweite für die Beendigung der Amtsstellung und des Dienstvertrags ergibt. Allein aus Beweisgründen empfiehlt sich die Übergabe bzw. Zustellung einer schriftlichen Kündigung.301 § 623 BGB ordnet zwingend die Schriftform für die Kündigung von Arbeitsverträgen an; dieser gilt aber nicht, da es sich nicht um einen Arbeitsvertrag handelt302 (zum Sonderfall eines Angestellten der eG, der zum Vorstandsmitglied bestellt wird, Rdn. 85). Oft enthält der Dienstvertrag die Schriftformklausel für die Kündigung durch die eG oder beide Vertragspartner, diese muss dann beachtet werden.303 Die Kündigungserklärung kann auch in der Sitzung formgerecht erstellt und übergeben werden. Bei Zuständigkeit des Aufsichtsrats hat es sich in der Praxis bewährt, die Kündigung von allen beschlussfassenden Aufsichtsratsmitgliedern unterzeichnen und sich die Aushändigung einer Zweitschrift vom Vorstandsmitglied bestätigen zu lassen bzw. die Übergabe mit Ort und Zeitpunkt zu dokumentieren. Bei Zuständigkeit der GV/VV gilt das Vorstehende sinngemäß; auch hier sollte in dem Kündigungsschreiben auf die Anwesenheit des Vorstandsmitglieds, Ort und Zeitpunkt der Versammlung sowie das Beschlussergebnis zu den Tagesordnungspunkten „Fristlose Kündigung des …“ (ggfs.: sowie „Sofortige Beendigung der Organstellung des …“) verwiesen werden. Hier wird i.d.R. der Aufsichtsratsvorsitzende die Kündigung unterzeichnen und auch darauf vermerken, dass die GV/VV ihn ermächtigt hat, die Kündigung (z.B. zwecks Einhaltung der Formvorschriften) zuzustellen (ins Beschlussprotokoll aufnehmen). Bei Abwesenheit des Kündigungsempfängers gilt: 84c Die beschlossene Kündigung ist – wie der Widerruf der Bestellung –, um wirksam zu werden, gem. § 39 Abs. 1 S. 1 vom Aufsichtsrat (laut Alternative B § 18 der Mustersatzungen für Volksbanken und Raiffeisenbanken vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, s.u.) unverzüglich mitzuteilen,304 ohne dass dem Aufsichtsrat – im Falle der Beschlussfassung durch die GV/VV – ein Ermessensspielraum bezüglich des Zeitpunkts oder der inhaltlichen Ausgestaltung verbleibt.305 Nach LG Flensburg306 ist nur erforderlich, dass das Vorstandsmitglied von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wird, was durch ein einfaches Schreiben, unterzeichnet vom Aufsichtsratsvorsitzenden, geschehen kann. Damit ist die Kündigungserklärung als Rechtsgestaltungsakt bereits mit dem Beschluss wirksam; zusätzlich muss eine Mitteilung über die Kündigung noch innerhalb der 2-Wochen-Frist gem. § 130 BGB dem zu Kündigenden zugehen.307 Der Zugang kann gem. § 132 Abs. 1 BGB durch formgerechte Zustellung durch den Gerichtsvollzieher ersetzt werden. Der Zugang ist nicht nur an den Adressaten, sondern auch an eine empfangsbereite Person möglich. Denkbar ist auch eine Ersatzzustellung durch z.B. in der Wohnung an-
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300 OLG Köln ZfgG 1996, 146 m. Anm. Ferneding; Schaffland BB 1978, 501. 301 BGH BB 2003 1579 – GmbH; BGH DB 1961, 803. 302 Palandt/Weidenkaff § 623 Rdn. 1; Richardi/Annuß NJW 2000, 1231; ErfK/Müller-Glöge § 623 BGB Rdn. 2: differenzierend beim GmbH-Geschäftsführer, anwendbar „wenn im ArbV stehend“. 303 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 297a; Schockenhoff/Topf DB 2005, 539. 304 BGH DB 1973, 1010; Schaffland BB 1978, 1774. 305 BGH ZfgG 1961, 467. 306 Urt. v. 16.1.1987, Az.3 O 348/86. 307 BAG NJW 1978, 2168; Palandt/Weidenkaff § 626 Rdn. 32; § 626 Abs. 2 S. 3.
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getroffene Bewohner (§ 178 Abs. 1 ZPO) oder durch Einlegen in den Briefkasten (§ 180 ZPO), hilfsweise durch Niederlegung gem. § 181 ZPO möglich; dann ist jedoch eine ordnungsgemäße Beurkundung erforderlich, dass weder der Empfänger noch eine empfangsbereite Person angetroffen wurden und auch keine Zustellung nach § 180 ZPO möglich war.308 Für die Wirksamkeit der Kündigung bedarf es an sich nicht der Beifügung des Beschlusses bzw. des Auszugs aus der Sitzungsniederschrift der GV/VV bzw. ggf. des Aufsichtsrats, jedoch kann der zu Kündigende in diesem Fall, sofern man eine entsprechende Anwendung des § 174 BGB (bei Erklärungen durch den Aufsichtsratsvorsitzenden) annimmt,309 die Kündigung unverzüglich zurückweisen. § 174 BGB ist auf gesetzliche Vertreter nicht anwendbar,310 auch nicht auf organschaftliche Vertreter.311 Handelt also der Aufsichtsrat (als Organ) und vollzieht die Entscheidung gemeinschaftlich, gilt § 174 BGB nicht. In der Praxis wird aber häufig der Aufsichtsratsvorsitzende für den Aufsichtsrat tätig und es wird teilweise eine analoge Anwendung von § 174 BGB bejaht.312 Die Vorschrift steht im 5. Titel (Vertretung u. Vollmacht) und ist eine Sondervorschrift für die rechtsgeschäftliche Stellvertretung. Im Gegensatz zum Aufsichtsratsvorsitzenden formuliert der Stellvertreter eine eigene Erklärung im Namen des Vertretenen (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB), während der Aufsichtsratsvorsitzende die Entscheidung des zuständigen Organs übermittelt. Es ist seine typische Aufgabe, derartige Beschlüsse weiterzugeben, er ist daher erklärungsvertretungsberechtigt qua Amt.313 Zumindest für den Fall der Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Kündigung und einer entsprechenden Regelung in der Satzung (so § 18 Abs. 2 S. 3 Alternative B der Mustersatzungen für Volksbanken und Raiffeisenbanken) oder dem zu Kündigenden bekannten Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat, dass die Erklärungen des Aufsichtsrats durch dessen Vorsitzenden bzw. Stellvertreter abgegeben werden, ist für eine analoge Anwendung von § 174 S. 1 kein Raum, oder die Zurückweisung ist wegen Kenntnis des Kündigungsempfängers (bei Geschäftsordnung ggfs. zu beweisen) gem. § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen.314 Fehlt hingegen eine entsprechende Satzungsbestimmung oder dem Kündigungsempfänger bekannte Bestimmung in der Geschäftsordnung, muss der Aufsichtsratsvorsitzende sich bis zur abschließenden Klärung der Rechtsfrage vorsorglich ermächtigen lassen oder eine Ausfertigung des Aufsichtsratsbeschlusses (= unterzeichnetes Teilprotokoll – Original!) beifügen. Im Falle der Zuständigkeit der GV/VV für die außerordentliche Kündigung (sog. Alternative A der Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken) wird der Aufsichtsratsvorsitzende ebenfalls aus Gründen der Vorsicht einen im Original unterzeichneten Protokollauszug beifügen, aus dem sich zusätzlich seine Ermächtigung zur Übermittlung ergeben sollte.315
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308 OLG Hamm Urt. v. 4.12.1991, Az. 8 U 262/89, ZfgG 1994, 284. 309 So OLG Düsseldorf Urt. v. 17.11.2003, Az. 15 U 225/02 zur AktG und einer Kündigung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, der laut Satzung nicht ermächtigt war (= DB 2004, 920); so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 297c. 310 Palandt/Ellenberger § 174 Rdn. 4; m.w.N. BAG NZA 2008, 471 Tz. 26. 311 Palandt/Ellenberger § 174 Rdn. 4; m.w.N. BGH NJW 2002, 1194. 312 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 296–297c. 313 Bednarz NZG 2005, 418 – 425, Ablehnung einer entsprechenden Anwendung u.a. unter Verweis auf BGH Urt. v. 6.4.1964, Az. II ZR 75/62, BGHZ 41, 282. 314 So auch OLG Düsseldorf Urt. v. 17.11.2003, Az. 15 U 225/02. 315 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 297 i.V.m. 297c.
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Der Gehaltsanspruch endet (bei fristloser Kündigung ohne Auslauffrist) mit Zugang der Mitteilung.316 Wird nur die Organstellung widerrufen, bleibt der Anstellungsvertrag bestehen (§ 24 Abs. 3 S. 2), er wandelt sich nicht in einen Arbeitsvertrag um.317 Unerheblich ist, ob die Mitteilung die Kündigungsgründe enthält; die Gründe sind allerdings auf Verlangen mitzuteilen.318 Kommt der Wille, das Anstellungsverhältnis auf jeden Fall zu lösen, in der Kündigung selbst zum Ausdruck, ist die Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche zulässig.319 Gegen den Willen zur ordentlichen Kündigung kann jedoch sprechen, dass die dadurch ausgelösten Gehalts-, Abfindungs- und Pensionsansprüche die eG schwerer belasten würden als bei Kündigung aus wichtigem Grund.320 Es ist auch denkbar, vorsorglich neben der außerordentlichen eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Zur außerordentlichen Entlassung von Vorstandsmitgliedern gibt es eine ausführliche Übersicht über die Rechtsprechung des BGH von Fleck.321 Ein etwaiger Rechtsstreit gehört in die Zuständigkeit der Zivilgerichte und nicht der Arbeitsgerichte.322 Dies gilt grundsätzlich auch bei Kündigung nach vorläufiger Amtsenthebung. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte wurde vom BAG323 bejaht, wenn zwischen vorläufiger Amtsenthebung und fristloser Kündigung 4 Monate liegen. Wird ein Arbeitnehmer einer eG in leitender Position zum Vorstandsmitglied be85 stellt, ist bei nicht klaren und eindeutigen vertraglichen Vereinbarungen – jedenfalls bis zum Inkrafttreten des § 623 BGB, der zwingend für die Kündigung von Arbeitsverträgen (nicht Dienstverträgen, vgl. dazu Rdn. 84b) die Schriftform vorsieht – von der Vermutung auszugehen, dass mit Abschluss des Dienstvertrags das ursprüngliche Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer konkludent aufgehoben wurde und grundsätzlich sein Ende gefunden hat.324 Einem Arbeitnehmer in einer leitenden Position muss regelmäßig klar sein, dass – wenn nichts anderes ausdrücklich vereinbart ist – er mit dem Abschluss eines Vorstandsvertrags seinen sozialen Besitzstand aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis aufgibt.325 Auch bei einer nur geringen Anhebung der Bezüge gegenüber dem früheren Gehalt ist davon auszugehen, dass neben dem Vorstandsvertrag nicht noch der alte Anstellungsvertrag ruhend fortbestehen soll.326 Wird hingegen ein Angestellter einer eG zum Vorstandsmitglied bestellt, ohne dass sich an den Vertragsbedingungen im Übrigen etwas ändert, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das bisherige Arbeitsverhältnis suspendiert und nicht endgültig beendet ist.327 Wird der Angestellte bei einer derartigen Vertragsgestaltung als Vorstandsmitglied abberufen, wird das Arbeitsverhältnis hierdurch wieder auf seinen ursprünglichen Inhalt zurückgeführt. Wird ihm erst nach der Abberu-
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316 OLG Köln ZfgG 1996, 146 m. Anm. Ferneding. 317 BGH WM 2003, 1779 = ZIP 2003, 1662; BGH NJW 2000, 1685. 318 Palandt/Weidenkaff § 626 Rdn. 32; § 626 Abs. 2 S. 3. 319 BGHZ 20, 249 = WM 1956, 633; WM 1985, 567; vgl. auch OLG Frankfurt Urt. v. 26.5.1977, Az. 9 U 59/76; weitergehend Müller GenG § 24 Rdn. 68a, der regelmäßig eine Umdeutung vornimmt. 320 BGH Urt. v. 10.5.1982, Az. II ZR 258/81; WM 1956, 1182; Fleck WM 1985, 680; vgl. auch Rdn. 80. 321 WM-Sonderbeilage Nr. 3 zu WM Nr. 41/1981, 9 ff.; WM 1985, 677 sowie Schaffland DB 1978, 1773, zu den zu beachtenden Fristen BAG DB 1978, 353 = BB 1978, 499 mit zust. Anm. Schaffland; sowie Wiesner BB 1981, 1533. 322 BAG ZIP 1988, 91; LAG Hamm Beschl. v. 25.11.1992, Az. 9 Ta 174/92. 323 AP Nr. 11 zu § 626 = DB 1978, 353 = BB 1978, 499 = NJW 1978, 723 = WM 1978, 766 = Genossenschaftsforum 4/1978, 40 m. Anm. Schaffland. 324 BAG NJW 2003, 918; BAG NJW 2000, 3732. 325 BAG NJW 2003, 918. 326 BAG NJW 2000, 3732. 327 BAG ZIP 2007, 1917 = DB 2007, 2093; BAG ZIP 2006, 821 und 1692; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 183 anders jedoch bei Umwandlung eines Arbeitsverhältnisses nach § 197 DDR-ZGB in ein freies Dienstverhältnis, Rdn. 50.
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fung gekündigt, ist für die Entscheidung über seine hiergegen erhobene Klage das Gericht für Arbeitssachen zuständig.328 Diese Entscheidungen sind zu weitgehend. Ihnen kann nur gefolgt werden, wenn die Kündigung nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der Abberufung stand, sich also an das Vorstands-Dienstverhältnis noch ein weiteres in einer untergeordneten Funktion anschloss.329 Zu Recht wird daher in der Literatur in Frage gestellt, ob die Vorschrift des § 623 BGB nach dem Schutzzweck der Norm überhaupt gelten müssen,330 wenn ein Arbeitnehmer zum Vorstand bestellt wird, oder ob nicht eine teleologische Reduktion zumindest in den Fällen erfolgen muss, dass sich die Stellung des Angestellten aufgrund des Abschlusses des Dienstvertrags verbessert hat; sehr streitig.331 Die GV/VV ist für die Abberufung (und Wahl) ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder zuständig (§ 24 Abs. 2 S. 1). Sie ist nur dann nicht zuständig, wenn die Satzung hierfür die Zuständigkeit des Aufsichtsrats vorsieht. In der Sitzung genügt – wenn die Satzung nichts anderes bestimmt – die einfache Mehrheit für die Abberufung. In der Annahme eines Misstrauensvotums gegen den Vorstand kann bereits ein Widerruf der Bestellung liegen.332 Stets ist jedoch erforderlich, dass der Tagesordnungspunkt ordnungsgemäß angekündigt ist. Ein Verstoß hiergegen führt zur Anfechtbarkeit nach § 51. Ein wichtiger Grund braucht für den Widerruf der Bestellung – anders jedoch bei der fristlosen Kündigung des Dienstvertrags (§ 626 BGB) – nicht vorzuliegen. Die Organstellung ist beendet, wenn auch in diesem Fall der Dienstvertrag weiterbesteht. Klagt der Abberufene erfolgreich gegen die fristlose Kündigung, hat er kein Recht auf Wiedereinstellung als Vorstandsmitglied.333 Der Abberufene kann jedoch gehalten sein, sich mit dem Angebot einer angemessenen anderen Beschäftigung zufrieden zu geben, wenn er eine sofortige Kündigung auch des Dienstvertrags vermeiden will.334 Der Widerruf der Bestellung lässt den Gehaltsanspruch335 grundsätzlich unberührt, es sei denn, es liegt zugleich eine wirksame Kündigung des Dienstvertrags vor, die den Gehaltsanspruch sofort zum Erlöschen bringt. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nicht.336 Der Widerruf der Bestellung gibt dem Vorstandsmitglied das Recht zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrags mit der Folge, dass er seine Vergütungsansprüche verliert.337 Für die Frage, ob im Falle einer fristlosen Kündigung ein Versorgungsanspruch entfällt (vgl. hierzu ausführlich Rdn. 106 ff.), sind zunächst die vertraglichen Vereinbarungen zu berücksichtigen, ferner die Bestimmungen des Gesetzes über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz 1974 – BetrAVG).338 Für den Fall, dass unverfallbare Anwartschaften entstanden sind, entfallen diese nur aus-
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328 So BAG ZIP 1988, 91; ZIP 1986, 797 = DB 1986, 1474 zur GmbH im Anschluss an BAGE 24, 383 = AP Nr. 4 zu § 626 BGB. 329 Vgl. auch Rdn. 92. 330 So aber BAG ZIP 2007, 1927 = DB 2007, 2093. 331 So Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 186 m.w.N. zum Streitstand. 332 OLG Köln BlfG 1934, 241. 333 BGHZ 8, 843 = NJW 1953, 740; vgl. den Wortlaut des § 24 Abs. 3; vgl. auch § 40 Rdn. 24. 334 BGH WM 1966, 968; WM 1978, 319. 335 Der Ausdruck des Gesetzes „Entschädigungsansprüche“ ist ungenau, denn es handelt sich um Ansprüche aus bestehenden Verträgen. 336 BGH NJW 2003, 351 = WM 2002, 2508 = ZIP 2003, 28 = BB 2002, 2629 – GmbH. 337 BGH a.a.O. 338 Betriebsrentengesetz v. 19.12.1974 (BGBl. I S. 3610), das durch Art. 2 Abs. 17 d. G. v. 1.4.2015 (BGBl. I S. 434) geändert worden ist.
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nahmsweise nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und bei Erreichen der Altersgrenze.339 Pflichtverletzungen können den Versorgungsanspruch nur noch dann ausschließen, wenn sie besonders schwer wiegen, insb. wenn sie einen auf andere Weise nicht wiedergutzumachenden Schaden angerichtet haben,340 mithin sich die vom Berechtigten erbrachte Betriebstreue im Rückblick als wertlos darstellt.341 Der Versorgungsanspruch einer noch nicht unverfallbaren Ruhegeldzusage ist nach § 242 BGB widerrufbar, wenn der Begünstigte sich über Jahre hinweg pflichtwidrig verhalten und dem Dienstherrn einen schweren, die Existenz bedrohenden Schaden zugefügt hat.342 Scheidet ein Vorstandsmitglied vor Erreichen des Pensionsalters aus, und ist noch keine gesetzliche Unverfallbarkeit eingetreten und hierzu auch vertraglich nichts vereinbart, fällt für die Versorgungszusage die Geschäftsgrundlage weg.343 Ein noch nicht unverfallbarer Ruhegeldanspruch kann auch widerrufen werden, wenn die BaFin ein Tätigkeitsverbot ausspricht (Rdn. 105).344 Zum Versorgungsrecht gibt Fleck eine ausführliche Übersicht über die Rechtsprechung.345 Mit einem Mitglied des Vorstands kann nicht vereinbart werden, dass ihm nach 91 seiner fristlosen Entlassung das volle Gehalt weitergezahlt werden soll. Jedoch ist eine Vereinbarung zulässig, dass ein Versorgungsanspruch in gewissen Fällen fristloser Entlassung entstehen soll. Es wäre eine unzulässige Einschränkung des a.o. Kündigungsrechts im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB, wenn eine Abfindung für den Fall der Kündigung aus wichtigem Grund vereinbart wird mit der Folge der Nichtigkeit nach § 134 BGB.346 Eine solche Vereinbarung darf aber nicht den Anreiz zu ungetreuem oder vorsätzlich schädigendem Verhalten bieten und kann daher nicht für den Fall der Kündigung aus derartigen Gründen getroffen werden.347 Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit kann u.U. einem fristlos entlassenen Mitglied des Vorstands ein Versorgungsanspruch zugebilligt werden. 92
4. Amtsniederlegung. Das Vorstandsmitglied kann sein Amt niederlegen (z.B. im Rahmen einer Freistellung durch den Aufsichtsrat, um letzte Unsicherheit an einer Haftung zu beheben)348 und/oder seinen Dienstvertrag aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen. Es kann seine Organstellung in Verbindung mit einer ordentlichen Kündigung seines Dienstvertrags aufgeben oder sein Amt – ggf. auch unter Aufrechterhaltung seines Dienstverhältnisses349 – aus wichtigem Grund sofort niederlegen. Dies würde bedeuten, dass eine Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund unwirksam wäre, was unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich erscheint. Nach BGH350 ist deshalb auch eine ohne wichtigen Grund erklärte Amtsniederlegung wirksam (vgl. auch Rdn. 97). Das Gehalt kann dann ggf. herabgesetzt werden,351 soweit bestimmte Ge-
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339 Vgl. im Einzelnen die Vorschriften des BetrAVG. 340 BGH DB 1981, 1971. 341 BAG Urt. v. 8.5.1990, Az. 3 AZR 152/88; LG Traunstein Urt. v. 12.7.1991, Az. 60579/88. 342 BGH DStR 1993, 1189. 343 BGH BB 1993, 679 vgl. ausführlich Rdn. 106 ff. 344 OLG München Urt. v. 13.5.1992, Az. 3 U 5234/91 (= DStR 1993, 1189). 345 WM-Sonderbeilage 3 zu WM Nr. 41/1981, 14 ff. und WM 1985, 681; s.a. Rdn. 106 ff. 346 BGH WM 2008, 1021 – eG; BGH WM 2000, 1698 = ZIP 2000, 1442 – GmbH; s. auch Rdn. 80. 347 BGHZ 8, 348 [367] = NJW 1953, 740. 348 Paschen in Festschrift für Schaffland S. 208. 349 BGH NJW 1978, 1435 – WM 1978, 319 GmbH; DB 1978, 878; BGH BGHZ 78, 82 – GmbH = NJW 1980, 2415 = WM 1980, 1117; BGH WM 1984, 533; zur rechtsmissbräuchlichen oder zur Unzeit erklärten Amtsniederlegung Khatib-Sahick/Bögner BB 1997, 1161. 350 BGHZ 121, 258 = NJW 1993, 1198 = BB 1993, 675 = DB 1993, 830; Grobys BB 2002, 2292. 351 OLG Nürnberg Urt. v. 17.5.1988, Az. 1 U 4030/87.
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haltsanteile eindeutig wegen der Bestellung zum Vorstandsmitglied gezahlt worden sind. Es handelt sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Satzung kann vorsehen, dass die Amtsniederlegung erst wirksam werden soll mit Löschung im Genossenschaftsregister. Als wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB kommen z.B. in Betracht: – Nichtzahlung oder wiederholter Zahlungsverzug der Vergütung, – dauernde Arbeitsunfähigkeit, – Gefährdung der Gesundheit- Pflegebedürftigkeit einer nahestehenden Person, – Verfeindung mit anderen Vorstandsmitgliedern, – unzulässige Eingriffe des Aufsichtsrats in die Leitung der eG, – Widerruf der Bestellung zum Vorstand nach § 24 Abs. 3 S. 2 GenG, – bei von der GV/VV gewählten Vorstandsmitgliedern: Vertrauensentzug durch den Aufsichtsrat, der insb. darin zu sehen ist, dass er eine Suspendierung nach § 40 beabsichtigt, – Erhebung schwerer Vorwürfe durch die GV oder den Aufsichtsrat, die dem Vorstandsmitglied die Fortsetzung des Dienstvertrages unzumutbar macht,352 – Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der eG, – bei Verschmelzung: Nichtbestellung des Vorstandsmitglieds der übertragenden eG durch die übernehmende eG.353 Auch kann ein Vorstandsmitglied sein Amt im Einvernehmen mit der eG niederlegen. Rechtsdogmatisch handelt es sich um einen Aufhebungsvertrag, der sowohl die Organstellung als auch das Dienstverhältnis beendet;354 dieser wird auf Seiten der eG von dem nach der Satzung zur Bestellung befugten Organ geschlossen (hierzu auch Rdn. 93), vgl. im Übrigen § 39 Rdn. 11 ff. Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder können jederzeit ihr Amt niederlegen, es sei denn, dies erfolgt zur Unzeit.355 Nach den im Jahr 2006 zuletzt grundlegend aktualisierten Mustersatzungen ist der Aufsichtsrat für den Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen zuständig.356 Die meisten eG werden auf Empfehlung ihres Prüfungsverbandes mittlerweile die Satzungen an die Änderungen durch die letzte Novelle 2006 angepasst haben; s. Rdn. 93a. Auch schon vorher galt aber der Grundsatz,357 dass die Zuständigkeit für einen au- 93 ßerprozessualen Aufhebungsvertrag stets bei dem Organ liegt, das laut Satzung für die Bestellung und Anstellung zuständig ist.358 Dies verkannte die ältere Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Novelle 2006, wenn sie unter Berufung auf BGHZ 79, 41 = DB 1981, 308 = WM 1981, 30 = BB 1981, 197 = NJW 1981, 757 die Auffassung vertrat, die GV müsse auch bei einem vergleichsweisen Ausscheiden das letzte Wort haben.359
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352 BGH GmbHR 1992, 301; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 307. 353 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 309. 354 A.A. Müller GenG § 24 Rdn. 75a, der einen Aufhebungsvertrag nur hinsichtlich des Dienstverhältnisses für zulässig ansieht. 355 Zur Kündigung des Auftragsverhältnisses vgl. Rdn. 99. 356 Vgl. z.B. MS 12/2006 für Volksbanken und Raiffeisenbanken, Alternative A § 18 Abs. 4 S. 2: Der Aufsichtsrat, vertreten durch den ARV und Alternative B. § 18 Abs. 2 S. 2: ebenso. 357 Vgl. Rdn. 93 der Vorauflage. 358 Müller GenG § 24 Rdn. 84; Hadding ZfgG 1987, 102; Aepfelbach BI 1/86 50; Carspecken in Festschrift für Schaffland S. 123 ff.; Paschen in Festschrift für Schaffland S. 203 ff. 359 BGH NJW 1984, 2689 = DB 1984, 1820 = WM 1984, 1120 = ZfgG 1987, 94; OLG Hamm NZG 1998, 588; OLG Hamm Urt. v. 18.4.1986, Az. 8 U 11/86; LG Detmold Urt. v. 19.11.1985, Az. 90 367/85.
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Dieser Meinungsstreit ist durch die durch Novelle vom 18.8.2006 erfolgte Klarstellung des § 24 Abs. 2 Satz 2, dass die Satzung auch eine andere Art der Abberufung vorsehen kann, also der Aufsichtsrat für die fristlose Kündigung des Dienstvertrags und die sofortige und endgültige Abberufung zuständig sein kann, beendet worden.360 Je größer eine eG und je professioneller ihr Aufsichtsrat ist, umso eher ist es sachgerecht, diesem diese umfassende Zuständigkeit einzuräumen (mit Ausnahme der zwingend der GV/VV zugeschriebenen Entlastung und des damit verbundenen Verzichts auf Schadensersatzansprüche (§ 48 Rdn. 27). Bei eG mit engem regionalem Bezug wird die alte Rechtslage den praktischen Gegebenheiten eher gerecht.361 Würde die GV/VV – im Falle ihrer Zuständigkeit – die Aufhebungsvereinbarung nicht genehmigen, könnte sie immer noch unter Beachtung der 2-Wochen-Frist des § 626 BGB außerordentlich kündigen. Stellt der Aufsichtsrat dem ausscheidungswilligen Vorstandsmitglied „eine dem Selbstverständnis des Hauses entsprechend faire Aufhebung des Vertragsverhältnisses mit glänzendem Zeugnis“ in Aussicht, so liegt darin nicht die verschlüsselte Zusage einer finanziellen Aufhebungsregelung im abzuschließenden Aufhebungsvertrag, wenn er derjenige ist, der vorzeitig aus dem Anstellungsvertrag drängt und die eG eigentlich am Verbleiben des Vorstandsmitglieds interessiert ist. Vereinbart der Aufsichtsrat eine unangemessen hohe Abfindung, wobei ihm jedoch ein weiter Ermessensspielraum zusteht,362 da es sich um eine unternehmerische Gestaltungsaufgabe handelt, liegt darin eine treuwidrige Schädigung der eG mit der Folge des § 41 und einer eventuellen Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB.363 Das mündliche Angebot des Vorstandsmitglieds zur Vertragsaufhebung an ein einzelnes anwesendes Mitglied eines mehrköpfigen Aufsichtsrats ist kein Angebot unter Anwesenden i.S.d. § 147 Abs. 1 BGB, das nur sofort angenommen werden könnte. Eine mit einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied vereinbarte Aufhebung des Vertrags ist schwebend unwirksam und kann gem. § 177 Abs. 1 BGB durch Genehmigung des Gesamtaufsichtsrats Gültigkeit erlangen. Beschließt der Aufsichtsrat im Hinblick auf das zwischen einem seiner Mitglieder und dem Vorstandsmitglied vereinbarte Ausscheiden die Abberufung, so liegt darin die durch Auslegung des Beschlusses zu ermittelnde Genehmigung des schwebend unwirksamen Aufhebungsvertrags. Bestreitet das Vorstandsmitglied vor der Beschlussfassung des Aufsichtsrats, dass es zu einer Aufhebungsabsprache gekommen sei, so liegt darin nicht der Widerruf des schwebend unwirksamen Aufhebungsvertrags nach § 178 BGB, da die Erklärung nicht erkennen lässt, dass der Vertrag wegen Vertretungsmangel nicht gelten soll.364 Für schuldhaft verursachten Schaden ist ein Vorstandsmitglied ersatzpflichtig (hier94 zu § 34 Rdn. 108 ff.). Für einen Regressverzicht im Zusammenhang mit dem Aufhebungsvertrag ist hingegen nicht der Aufsichtsrat, sondern stets die GV/VV zuständig.365 Um der Gefahr der gesamten Vertragsaufhebung nach § 139 BGB (Teilnichtigkeit führt im
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360 Hierzu ausführlich Carspecken in Festschrift für Schaffland S. 123 ff.; vgl. auch Paschen in Festschrift für Schaffland S. 206. 361 Carspecken in Festschrift für Schaffland S. 132. 362 Zur Angemessenheit vgl. Liebers/Hoefs ZIP 2004, 100 f.; zur grundsätzlichen Problematik der Freistellung von Vorstandsmitgliedern Paschen in Festschrift für Schaffland S. 203 ff. 363 BGH WM 2006, 276 = NJW 2006, 522 = DB 2006, 323 = ZIP 2006, 323 – „Mannesmann-Urteil“. 364 OLG Frankfurt BB 1995, 2440. 365 § 48 Rdn. 19; OLG Hamm Urt. v. 18.4.1986, Az. 8 U 11/86; LG Detmold Urt. v. 19.11.1985, Az. 9 O 367/ 85; LG Düsseldorf DB 1994, 828.
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Zweifel zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts) zu entgehen, sollte in einen Aufhebungsvertrag deshalb stets eine salvatorische Klausel eingebaut werden. Auch möglich ist eine vorläufige einvernehmliche Suspendierung von der Amtsführungspflicht.366 Damit wird das Vorstandsamt noch nicht beendet, die Amtsführungspflichten werden jedoch vorläufig aufgehoben. Es besteht dann zwar – wegen der Einvernehmlichkeit der Maßnahme – keine Pflicht zur unverzüglichen Einberufung einer a.o. GV/VV,367 falls diese für die Abberufung zuständig ist. Es handelt sich aber gleichwohl um eine eintragungspflichtige Tatsache. Dies folgt aus dem Motiv des § 18 Abs. 1 S. 2 GenRegV,368 dass aus dem Genossenschaftsregister stets ersichtlich sein soll, wer zur Vertretung der eG befugt ist. Bei einem aus zwei Personen bestehenden Vorstand einer Kreditgenossenschaft löst die Suspendierung die Anzeigepflicht an die BaFin aus, da das Vier-Augen-Prinzip nicht mehr erfüllt ist. Es muss ein weiterer Geschäftsleiter – ggf. nach § 37 – bestellt werden. Auch zulässig ist eine vorläufige einvernehmliche Suspendierung von der Dienstleistungspflicht – unter Beibehaltung der Organstellung.369 Da aus dem fortbestehenden Anstellungsvertrag Dienstleistungspflichten und -rechte fortbestehen, dürfte dies außerhalb des Verfahrens nach § 40 jedoch nur im Ausnahmefall zulässig sein. Da die Organstellung nicht berührt wird, ist eine Eintragung in das Genossenschaftsregister nicht erforderlich. Die aus wichtigem Grund erklärte Amtsniederlegung ist auch dann sofort wirksam, wenn über die objektive Berechtigung dieser Gründe gestritten wird,370 also das Nichtvorliegen nicht offensichtlich war, unbeschadet einer etwaigen Haftung wegen Verletzung des Anstellungsvertrags.371 Wird die Amtsniederlegung für unrechtmäßig erklärt, lebt die Organstellung nicht wieder auf. Die eG kann das Vorstandsmitglied förmlich wiederbestellen, wenn sie auf seine Organstellung noch Wert legt.372 Zuständig für die Wiederbestellung ist das nach der Satzung zuständige Organ. Die eG kann jedoch auch ihrerseits nunmehr kündigen; zuständig hierfür ist der Vorstand, da mit der wirksamen, wenn auch unrechtmäßigen Amtsniederlegung, die Zugehörigkeit zum Vorstand erloschen war. Etwas anderes gilt, wenn die Kündigung als fristlose in engem Zusammenhang mit der (unrechtmäßigen) Amtsniederlegung erfolgt (Rdn. 75). Bei Anstellungsverträgen auf unbestimmte Dauer kann das hauptamtliche Vorstandsmitglied unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Frist kündigen (§ 621 BGB). Die Kündigung enthält auch die Amtsniederlegung zu dem Zeitpunkt, zu dem das Anstellungsverhältnis endet. Ein Vorstandsmitglied, das definitiv die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags erklärt und seine Tätigkeit für die eG eingestellt hat, kann sich später nicht mehr darauf berufen, dass sein Anstellungsvertrag mangels Wirksamkeit der Kün-
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366 Im Unterschied zur einseitigen Suspendierung nach § 40. 367 Im Unterschied zur Suspendierung nach § 40. 368 § 18 Abs. 1 S. 2 GenRegV, Genossenschaftsregisterverordnung in der Fassung der Bekanntmachung v. 16.10.2006 (BGBl. I S. 2268), zuletzt geänd. d. Art. 8 d. G v. 10.12.2014 (BGBl. I S. 2091): „Als Ende der Vertretungsbefugnis gilt auch eine vorläufige Enthebung durch den Aufsichtsrat.“. 369 LG Frankfurt/Main Urt. v. 10.12.2002, Az. 2/10 O 363/02; Frankfurt Urt. v. 19.3.2004, Az. 6 O 115/04; LG Augsburg Urt. v. 25.3.2004, Az. 2 O 883/04; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 24 Rdn. 28. 370 BGH WM 1984, 533; Fleck WM-Sonderbeilage 3/1981, 10. 371 Wegen der Abwägung der Interessen des Vorstandsmitglieds mit den Belangen der eG, die durch den unvermittelten Rücktritt eines Vorstandsmitglieds beeinträchtigt sein können, vgl. ausführlich BGHZ 78, 82 – GmbH NJW 1980, 2415 = WM 1980, 1117. 372 BGHZ 78, 82 – GmbH NJW 1980, 2417 = WM 1980, 1117.
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digung fortbesteht.373 Dies liegt im berechtigten Interesse der eG, die auf die Einstellung eines Nachfolgers angewiesen ist und deshalb Vertrauensschutz gegenüber einem nachträglichen Sinneswandel des faktisch Ausgeschiedenen für sich in Anspruch nehmen darf.374 Liegt ein Auftragsverhältnis mit einem ehrenamtlichen Vorstandsmitglied vor, 99 kann die Kündigung jederzeit erfolgen, begründet aber, wenn sie zur Unzeit ohne wichtigen Grund erfolgt, ggf. eine Schadensersatzpflicht gegenüber der eG nach § 671 BGB.375 Als wichtige Gründe kommen in Betracht Krankheit, Wegzug aus dem Geschäftsgebiet der eG, berufliche Überlastung, Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Vorstands oder mit dem Aufsichtsrat. An den wichtigen Grund sind bei ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern keine hohen Anforderungen zu stellen. 100
5. Ausscheiden aus der Genossenschaft aufgrund Kündigung. Die Beendigung der Mitgliedschaft in der eG führt zum Erlöschen der Organstellung. Die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Mitgliedsgenossenschaft bzw. die Beendigung der Rechtsstellung eines gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreters einer juristischen Person oder Personengesellschaft führt wegen § 9 Abs. 2, der auf den Zeitpunkt der Berufung abstellt, nicht zur Beendigung der Organstellung (vgl. § 9 Rdn. 18).
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6. Ausschluss aus der Genossenschaft. Wird ein Vorstandsmitglied aus der eG ausgeschlossen, ist das Vorstandsamt bereits von der Absendung des Ausschließungsbeschlusses an erloschen (§ 68 Abs. 2 S. 2). Nach der Mustersatzung für WohnGen kann ein Vorstandsmitglied erst ausgeschlossen werden, wenn die GV den Widerruf der Bestellung beschlossen hat.376 Ein aus der eG ausgeschlossenes Mitglied des Vorstands hat nach Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschlusses unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Wiedereinstellung als Vorstandsmitglied.377 Seine Wiedereinstellung in dieser Eigenschaft setzt seine Wiederwahl voraus.378 Mit der Ausschließung aus einer Mitgliedsgenossenschaft oder der Beendigung der Rechtsstellung eines gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreters einer juristischen Person oder Personengesellschaft erlischt das Vorstandsamt bei der anderen eG allerdings noch nicht (Rdn. 100).
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7. Fusion. Das Amt der Vorstandsmitglieder der übertragenden eG endet mit Wirksamwerden der Fusion. Der Dienstvertrag der Vorstandsmitglieder bleibt bestehen. Er wandelt sich nicht ohne weiteres mit dem Verlust der Organstellung infolge einer Fusion in ein Arbeitsverhältnis um.379 Bleibt der Dienstvertrag mit seinem bisherigen Inhalt als freies Dienstverhältnis bei Weiterbeschäftigung als stellvertretendes Vorstandsmitglied bestehen, sind hierauf im Fall fristloser Kündigung weder die Kündigungsschutzvorschriften über die Einhaltung einer Klagefrist, noch die Vorschriften des Drittelbeteiligungsgesetzes über die Mitwirkung des Betriebsrats erforderlich.380 Die übernehmende eG kann aber vereinbaren, dass das (ehemalige) Vorstandsmitglied als Arbeitnehmer
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BGH BB 2000, 8. BGH a.a.O. Siehe die bei Neumann S. 98 gegebenen zahlreichen Literaturhinweise. Mustersatzung §§ 11 Abs. 6, 35 Buchst. h). Neumann m. zahlreichen Nachw. auf Rspr. und Literatur, S. 98. BGHZ § 8, 843 = NJW 1953, 740. BGH DB 2000, 813 = WM 2000, 573 Sparkasse. BGH DB 2000, 813.
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(Prokurist, Bereichsleiter, Zweigstellenleiter) beschäftigt wird, mit der Folge, dass das freie Dienstverhältnis sich in ein Arbeitsverhältnis umwandelt.381 8. Auflösung der Genossenschaft. Durch die Auflösung der eG wird die Vorstands- 102 stellung beendet. Die Liquidation erfolgt durch die bisherigen Vorstandsmitglieder als Liquidatoren, soweit nicht durch die Satzung, durch GV-Beschluss oder durch das Gericht andere Personen zu Liquidatoren bestellt werden. Der Dienstvertrag bleibt hiervon grundsätzlich unberührt, die Rechte und Pflichten richten sich vorrangig nach den §§ 78–97, insb. § 89, vgl. den dortigen Verweis auf den Dritten (Verfassung der eG) und Vierten Abschnitt (Prüfung und Prüfungsverbände). Die Liquidatoren haben damit grundsätzlich die Rechte und Pflichten eines Vorstands und Gesetz, Satzung sowie Geschäftsordnung zu beachten. 9. Insolvenz der Genossenschaft. In der Insolvenz der eG endet das Vorstandsamt 103 nicht; gemäß § 101 wird die eG durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Allerdings ist nur der Insolvenzverwalter zur Vertretung der eG und zur Verwaltung der Insolvenzmasse befugt (§ 80 Abs. 1 InsO). Der Dienstvertrag kann durch den Insolvenzverwalter unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (drei Monate zum Monatsende), soweit der Dienstvertrag keine kürzere Frist vorsieht, gekündigt werden. Dann hat das Vorstandsmitglied das Recht zur Amtsniederlegung aus wichtigem Grund. Der Insolvenzverwalter kann auch die Vergütung herabsetzen.382 Er kann die Vorstandsmitglieder aber nicht aus dem Amt abberufen; dieses Recht verbleibt der GV/VV bzw. dem Aufsichtsrat, wenn er qua Satzung das Abberufungsrecht hat. 10. Rechte der BaFin. Gemäß § 36 KWG hat die BaFin in den dort genannten Fäl- 104 len)383 das Recht, die Abberufung von Geschäftsleitern zu verlangen, wenn Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts gegenüber seinen Gläubigern besteht und die Gefahr nicht durch andere Maßnahmen abgewendet werden kann384 oder wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich die Unzuverlässigkeit des Geschäftsleiters oder die fehlende fachliche Leistung ergibt, die zur Leitung eines Kreditinstituts erforderlich ist.385 Adressat ist der Vorstand (vgl. auch § 36 Rdn. 79a), der Aufsichtsrat, wenn er für die Abberufung zuständig ist. Die BaFin kann die Abberufung eines Geschäftsleiters auch verlangen, wenn dieser vorsätzlich oder leichtfertig gegen das KWG, gegen Durchführungsverordnungen zum KWG oder gegen Anordnungen der BaFin verstößt und trotz Verwarnung durch die BaFin dieses Verhalten fortsetzt.386 Dieses Abberufungsverlangen führt nicht zur Beendigung der Vorstandsstellung, sondern verpflichtet nur die eG, die erforderlichen Schritte zum Widerruf der Bestellung vorzunehmen. Allerdings ist die eG zur fristlosen Kündigung mit der Folge des Erlöschens der Organstellung berechtigt und zwar sofort und nicht erst ab Bestandskraft des Abberufungsverlangens, da Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 49 KWG keine aufschiebende Wirkung haben. Das Abberufungsverlangen ist jedoch nicht stets ein Grund zur fristlosen Kündi-
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381 BAG AP Nr. 19 zu § 5 ArbGG 1953. 382 § 101 Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 349. 383 Verweis auf § 35 Abs. 2 Nr. 3 (Tatsachen, die Versagung der Erlaubnis nach § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 8 oder Abs. 2 Nr. 1 bis 3 rechtfertigen), Nr. 4 (Gefahr für Erfüllung der Verpflichtungen ggü. Gläubigern, insb. für Sicherheit der anvertrauten Vermögenswerte) und Nr. 6 (nachhaltiger Verstoß gegen Bestimmungen des KWG, GwG, WpHG). 384 § 35 Abs. 2 Nr. 5 KWG. 385 Hierzu vgl. Berberich in Festschrift für Schaffland S. 169. 386 § 36 Abs. 2 KWG.
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gung nach § 626 BGB, vielmehr hat das Kreditinstitut insbesondere zu prüfen, ob das Abberufungsverlangen gerechtfertigt ist. Eine fristlose Kündigung kann grundsätzlich nicht allein mit dem durch die BaFin ausgesprochenen Vertrauensverlust begründet werden.387 Durch das Abberufungsverlangen wird klargestellt, dass der Betreffende für die Dauer der Untersagung auch im Außenverhältnis nicht mehr vertretungsbefugt ist und folglich auch keine Geschäftsleiterfunktionen wahrnehmen kann. Dies hat zur Folge, dass diese Aufhebung der Vertretungsbefugnis durch die verbleibenden Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden ist. Wenn von einer Tätigkeitsuntersagung sämtliche Geschäftsleiter einer eG betroffen sein sollten, ist der analog § 29 BGB in besonderen Fällen zu bestellende Notvorstand388 für die Wahrnehmung dieser Pflichten verantwortlich, nicht aber die BaFin. Bei Kreditgenossenschaften mit Warengeschäft berührt die Untersagung der Geschäftsführung und Vertretung auch das Warengeschäft.389 Dies hat seine Ursachen darin, dass die Vertretungsmacht des Vorstands in ihrer Außenwirkung nicht beschränkbar ist. Es ist auch nicht auszuschließen, dass im Einzelfall gerade das Geschäftsgebaren im Warengeschäft erhebliche Risiken für die eG mit sich bringt; es können dort sogar die Gründe für die Untersagung liegen.390 Daneben kann die BaFin nach § 36 Abs. 1 KWG Geschäftsleitern u.U. die Ausübung 105 ihrer Tätigkeit untersagen. Zwar wird durch diese Untersagung das Vorstandsamt nicht beendet, für die Dauer der Untersagung ist jedoch der Geschäftsleiter von der Geschäftsführung und Vertretung des Kreditinstituts ausgeschlossen. Die Untersagung wirkt auch gesellschaftsrechtlich. Die Untersagung ist grundsätzlich ein Grund zur fristlosen Kündigung, vgl. zur eigenständigen Prüfung der eG zuvor beim Abberufungsverlangen. Für ehrenamtliche Vorstände oben Rdn. 31.391 105a
11. Einköpfiger Vorstand. Bei Kleinstgenossenschaften (mit nicht mehr als 20 Mitgliedern) kann die Satzung bestimmen, dass der Vorstand aus einer Person besteht.392 In diesem Fall wird in der Praxis zusätzlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine Satzungsregelung auf den Aufsichtsrat zu verzichten (§ 9 Abs. 1 Satz 2 und 3). Es gelten dann die vorstehenden zur GV/VV gemachten Ausführungen (z.B. bez. der 2-Wochen-Frist zur fristlosen Kündigung, insb. Rdn. 82). Bei Kreditgenossenschaft ist ein einköpfiger Vorstand wegen § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KWG nicht denkbar (mind. zwei Geschäftsleiter mit entsprechender Qualifikation erforderlich),393 siehe dazu oben Rdn. 41.394
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387 OLG Frankfurt Urt. v. 26.5.1977, Az. 9 U 59/76, mit der Begründung, bei den Verfügungen der BaFin handele es sich allein um Präventivmaßnahmen, nicht aber um eine umfassende Würdigung der Interessen auch des Betroffenen, wie sie nach § 626 BGB vorgeschrieben sei; es seien durchaus Fälle denkbar, in denen ein Abberufungsverlangen der BaFin nur eine ordentliche Kündigung rechtfertigen könne; OLG Brandenburg Urt. v. 23.8.2005, Az. 6 U 132/04; m.w.N. Reischauer/Kleinhans KWG, § 36 Rdn. 50. 388 Zu den engen Voraussetzungen s. Palandt/Ellenberger § 29 Rdn. 3, nur wenn der Aufsichtsrat nicht rechtzeitig einen Ersatzvorstand bestellen kann. 389 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 331. 390 Näheres vgl. Reischauer/Kleinhans KWG, Erl. zu § 46. 391 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 61. 392 Vgl. Begründung zu § 46 KWG in BT-Drs. VIII/4631 Nr. 17; Korte/Schaffland GenG S. 63. 393 Vgl. Reischauer-Kleinhans KWG § 33 Anm. 72. 394 Vgl. Reischauer-Kleinhans KWG § 36 Rdn. 52 a.E.
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VII. Betriebliche Altersversorgung, insb. Pensionszusagen Unter betrieblicher Altersversorgung versteht man alle Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die einem Vorstandsmitglied aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt werden (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 Betriebsrentengesetz – BetrAVG).395 Die Vorschriften des Betriebsrentengesetzes gelten grundsätzlich auch für Vorstandsmitglieder von eG (Arbeitnehmer i.S.d. BetrAVG, vgl. § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG);396 dies gilt für alle fünf im Betriebsrentengesetz genannten Durchführungswege. Allerdings kann bei Vorständen einzelvertraglich bei Tarifdispositivität von den Regelungen des Betriebsrentenrechts abgewichen werden, vgl. § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG.397 Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann entweder unmittelbar über die eG (Pensionszusage – mit und ohne Rückdeckungsversicherung; Unterstützungskasse) oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 BetrAVG genannten Versorgungsträger erfolgen (§ 1 Abs. 1 S. 2 BetrAVG); sog. fünf Durchführungswege. Die eG als Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihr zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über sie erfolgt. Alle Durchführungswege sind im Falle der Insolvenz über den Pensionssicherungsverein geschützt (§ 7 BetrAVG); zur Begrenzung der Höhe vgl. § 7 Abs. 3 BetrAVG. Die Besteuerung der Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung erfolgt für alle fünf Wege durch sog. nachgelagerte Besteuerung, also bei Auszahlung der Versorgungsleistungen. Leistungen aus einer Pensionszusage oder Unterstützungskasse an ein Vorstandsmitglied bzw. dessen Hinterbliebene unterliegen als Versorgungsbezüge dem Lohnsteuerabzug. Die Besteuerung von Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen der externen Durchführungswege (Pensionsfonds, Pensionskasse und Direktversicherung) erfolgt dagegen als sonstige Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuer des Begünstigten; zur Besteuerung von Leistungen aus Pensionszusagen (u. von Unterstützungskassen) vgl. die zusammengefasste Regelung in § 19 Abs. 2 EStG.398 Pensionszusagen (= Direktzusagen) an Vorstandsmitglieder einer eG sind eine auf einem Rechtsgrund bestehende Verpflichtung der eG, aus eigenen Mitteln dem Arbeitnehmer oder dessen Hinterbliebenen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen einmalige oder laufende Versorgungsleistungen (sog. Betriebsrenten: Altersrente, Berufsunfähigkeit, Tod) direkt an das ehemalige Vorstandsmitglied zu zahlen. Hierzu erteilt die eG dem Vorstandsmitglied eine vertragliche Zusage auf Leistungen, für die sie selbst einzustehen hat; dafür sind entsprechende Pensionsrückstellungen aufgrund versicherungsmathematischer Berechnungen zu passivieren. Eine von der eG ggfs. zur Rückdeckung abgeschlossene Rückdeckungsversicherung kann nach den gleichen Grundsätzen aktiviert werden. Die Unverfallbarkeit (erhalt des Teilanspruchs auf die Altersversorgung beim vorzeitigen Ausscheiden) kann individualvertraglich geregelt werden; aber keine Schlechterstellung gegenüber den (zwingenden) Vorschriften des BetrAVG; bei fehlender vertraglicher Regelung finden die dortigen Regeln Anwendung. Die Vorschriften gelten für alle fünf Durchführungswege, also auch Pensionszusagen.
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395 Betriebsrentengesetz vom 19.12.1974 (BGBl. I S. 3610), das durch Art. 2 Abs. 17 des Gesetzes vom 1.4.2015 (BGBl. I S. 434) zul. geändert wurde. 396 ErfK/Steinmeyer § 17 BetrAVG Rdn. 9. 397 Vgl. m.w.N. ErfK/Steinmeyer § 17 BetrAVG Rdn. 19. 398 BMF, Schreiben v. 24.7.2013, IV C 3 – S 2015/11/10002/IV C 5 – S 2333/09/0005, BStBl. 2013 I S. 1022, Rz. 369–390) mit ergänzenden Hinweisen zur steuerlichen Erfassung im BMF Schreiben v. 19.8.2013, IV C 3 – S 2221/12/10010:004, IV C 5 – S 2345/08/0001, BStBl. 2013 I S. 1087, zuletzt geändert durch BMF, Schreiben v. 10.1.2014, IV C 3 – S 2221/12/10010:003, BStBl. 2014 I S. 70.
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Nach früher geltendem Recht waren Pensionszusagen (Anwartschaften) – unabhängig davon, ob das berechtigte Vorstandsmitglied bis zum Pensionsalter in der eG tätig war – unverfallbar, wenn er beim Ausscheiden das 35. Lebensjahr vollendet hatte und entweder die Zusage bereits 10 Jahre oder die Zusage erst 3 Jahre, das Arbeitsverhältnis aber 12 Jahre bestanden hatte. Diese Fristen wurden später verkürzt und waren nur noch relevant, wenn die Pensionszusage vor dem 1.1.2001 erteilt und das Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2005 beendet wurde; dazu gibt es Übergangsregelungen. Bei Zusagen, die ab dem 1.1.2001, aber vor dem 1.1.2009 erteilt wurden, hatte das Vorstandsmitglied eine unverfallbare Anwartschaft, wenn die Zusage beim Ausscheiden aus der eG 5 Jahre bestanden und er das 30. Lebensjahr vollendet hat – zu den Übergangsregelung vgl. § 30f BetrAVG. Erfolgte die Pensionszusage nach dem 31.12.2008, erwirbt das Vorstandsmitglied eine unverfallbare Anwartschaft, wenn die Zusage bei Ausscheiden bereits 5 Jahre bestanden und es bei Ausscheiden das 25. Lebensjahr vollendet hat (§ 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG). Bei betrieblicher Altersversorgung durch Entgeltumwandlung ist immer sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit gegeben (§ 1b Abs. 5 BetrAVG), diese ist in allen fünf Durchführungswegen denkbar, also auch Pensionsentgeltumwandlung. Die betroffenen Arbeitnehmer werden also nur durch das abgesenkte Mindestalter begünstigt, wenn die Zusage auch ab dem 1. Januar 2009 noch 5 Jahre besteht. Ein Widerruf unverfallbarer Anwartschaften oder laufende Leistungen kommt nur unter äußerst eingeschränkten Bedingungen in Frage, da das Versorgungsversprechen Teil des von der eG geschuldeten Entgelts ist, mit dem auch die langjährige Betriebstreue honoriert wird.399 Auch eine fristlose Kündigung des Dienstvertrags rechtfertigt nur in besonderen Ausnahmefällen den Widerruf der Versorgungszusage.400 § 4a BetrAVG regelt den Auskunftsanspruch des Berechtigten bei berechtigtem Interesse, z.B. beim Ausscheiden auch schon vor Eintritt in den Ruhestand (Arbeitgeberwechsel). Hat die eG eine Versorgungszusage gegeben, die unverfallbar ist und scheidet das Vorstandsmitglied aus der eG aus, muss auf Verlangen beim Ausscheiden und beim Eintritt in den Ruhestand eine Berechnung nach § 2 BetrAVG erfolgen; die Dauer der Zugehörigkeit zur eG (bei derartiger vertraglicher Regelung) bzw. des Bestehens der Zusage (mangels vertraglicher Regelung – auszulegen) muss in Relation zur Restlebensarbeitszeit gesetzt werden (pro rata temporis). Die Abfindung unverfallbarer Pensionsanwartschaften im Falle der (vorzeitigen) Beendigung des Dienstvertrages und laufende Leistungen regelt § 3 BetrAVG; zwingende Vorschrift. § 3 BetrAVG findet nach § 30g Abs. 2 BetrAVG keine Anwendung auf laufende Leistungen, die vor dem 1.1.2005 erstmals gezahlt worden sind. Eine Abfindung ist nur unter den sehr eingeschränkten Voraussetzungen des § 3 Abs. 2–6 BetrAVG möglich.401 Eine Abfindung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist nur bei Kleinstbeträgen gem. § 3 Abs. 2 BetrAVG möglich. Etwaige vertragliche Regelungen (auch Altverträge), die das Vorstandsmitglied der eG schlechter stellen sind unwirksam.
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399 BGH, NJW 2000, 1197 (1198); Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 151 ff. 400 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 151 m.w.N.; BAG ZIP 1990, 1612. 401 Vgl. hierzu die Ausführungen in Erfk/Steinmeyer § 3 BetrAVG Rdn. 6 ff. Die Abfindung von KleinAnwartschaften und Klein-Renten nach § 3 Abs. 2 S. 1 BetrAVG darf bei monatlicher Versorgungsleistung 1% der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (€ 28,35 alte und € 24,15 neue Bundesländer in 2015), bei Kapitalleistungen zwölf Zehntel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (€ 3.402 alte und € 2.898 neue Bundesländer in 2015) nicht überschreiten.
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Nach dem Wortlaut gilt das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG nur für Vorstandsmitglieder, die anlässlich des Ausscheidens abgefunden werden sollen (besondere Drucksituation); verbleibt das Vorstandsmitglied in der eG (gegebenenfalls auf anderer Ebene, z.B. nach einer Verschmelzung) ist eine Abfindung wie folgt möglich: Vereinbarungen die während des bestehenden Dienstverhältnisses und ohne Rücksicht auf die Beendigung getroffen werden, erfasst § 3 Abs. 1 BetrAVG nicht.402 Auch ist ein entschädigungsloser Erlass zulässig.403 Ebenfalls fallen Abfindungsvereinbarungen im Zusammenhang mit einem geplanten Betriebsübergang im Grundsatz nicht unter das Verbot gem. § 3 Abs. 1 BetrAVG, da von einer Weiterbeschäftigung auszugehen ist.404 Diese Möglichkeiten bestehen jedoch nicht bei sogenannten Aufhebungsverträgen mit Auslauffrist, wo ein erkennbarer Zusammenhang der Abfindungsvereinbarung bzw. des Erlasses mit dem Ausscheiden aus dem Betrieb besteht, was nur anhand des Einzelfalls (z.B. längere Betriebszugehörigkeit) entschieden werden kann.405 a) Das Vorstandsmitglied wechselt den Arbeitgeber: Der unverfallbare Teil sei- 113a ner Zusage kann vom neuen Arbeitgeber übernommen werden. b) Der unverfallbare Teil wird aa) aufgestockt, bb) ergänzt um eine andere Versorgungszusage.
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Es gelten die allgemeinen Auslegungsregelungen. Es kommt nicht auf die formale 113c Ausgestaltung an, sondern ob im wirtschaftlichen Ergebnis eine unverfallbare Anwartschaft abgefunden wird.406 Im Falle aa) ist auch der aufgestockte Betrag sofort unverfallbar. Im Falle bb) ist diese weitere Versorgungszusage ein aliud, das als gesonderter Vertrag zu werten ist, für den neue Fristen zu laufen beginnen. Eine bloße Änderung liegt vor, wenn zwischen beiden Zusagen ein sachlicher Zusammenhang besteht. Der fehlende Zusammenhang könnte durch eine Weitergeltungsklausel bezüglich der alten Zusage zum Ausdruck gebracht werden. c) Verzicht durch das Vorstandsmitglied. Ist das Vorstandsmitglied bereits aus- 113d geschieden, und erhält es Pensionszahlungen, ist ein Verzicht durch das Vorstandsmitglied gleichwohl aufgrund des klaren Wortlauts in § 3 Abs. 1 („[…] und laufende Leistungen“) nicht möglich. d) Dem Vorstandsmitglied kann der Einwand der Treuepflichtverletzung entgegen- 113e gehalten werden. Die Rechtsprechung des BAG407 ermöglicht der eG bei schweren Verfehlungen, die Gewährung des Ruhegehalts zu verweigern bzw. die Ruhegeldzusage zu widerrufen, indem der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) geltend gemacht werden kann.408
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402 Vgl. BAG Urt. 14.8.1990, Az. 3 AZR 301/89, NZA 1991, 174; Urt. v. 21.1.2003, Az. 3 AZR 30/02, NZA 2004, 331; ErfK/Steinmeyer § 3 BetrAVG Rdn. 8. 403 Vgl. BAG Urt. v. 14.8.1990, Az. 3 AZR 301/89, NZA 1991, 174. 404 Vgl. BAG Urt. v. 15.6.2010, Az. 3 AZR 334/06, NZA-RR 2011, 260; Diller NZA 2011, 1021. 405 Wie hier Bauer Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rdn. 548. 406 BAG Urt. v. 20.11.2001, Az. 3 AZR 28/01, AP BetrAVG § 3 Nr. 12. 407 Vgl. BAG Urt. v. 18.10.1979, Az. 3 AZR 550/78, NJW 1980, 1127; Urt. v. 19.6.1980, Az. 3 AZR 137/79, NJW 1981, 181; Urt. v. 3.4.1990, Az. 3 AZR 152/88, NZA 1990, 808. 408 ErfK/Steinmeyer Vorbem. BetrAVG Rdn. 26.
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Aufgrund der Entgeltlichkeit des Ruhegehalts ist dies nur unter engen und einschränkenden Voraussetzungen zulässig. Das BAG unterscheidet nachträglich entdeckte Verfehlungen während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei Verfehlungen während des Arbeitsverhältnisses soll der Einwand des Rechtsmissbrauchs dann gerechtfertigt sein, wenn die Unverfallbarkeit der Anwartschaften durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen wurden oder durch grobes Fehlverhalten ein nicht behebbarer, insbesondere nicht durch Ersatzleistungen wieder gutzumachender, schwerer (existenzgefährdender) Schaden eingetreten ist.409 Ob im Fall nach Beendigung des Arbeits-/Dienstverhältnisses es heute noch ausreichend ist, dass durch ruinösen Wettbewerb des Ausgeschiedenen die wirtschaftliche Grundlage gefährdet wird,410 ist fraglich.411 In der Praxis dürften entsprechende Fälle kaum relevant werden. 114
e) Das Vorstandsmitglied ist überschuldet, als es verstirbt. Die Erben schlagen die Erbschaft aus. Die Ausschlagung der Erbschaft hat zur Folge, dass die Schadensersatzansprüche nicht gegen die Erben geltend gemacht werden können. Andererseits bleiben die Ansprüche der Witwe und Waisen, wenn eine Witwen- und Waisenrente zugesagt ist, ggf. bestehen, da diese Ansprüche nicht Teil der Erbmasse sind, sondern in der Person der Drittbegünstigten originär entstanden sind. VIII. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Welches Recht für eine SCE Anwendung findet, regelt Art. 8 SCE-VO (Verordnung (EG) NR. 1435/2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft – SCE-VO)412 generell für alle Mitgliedsstaaten. Die SCE mit Sitz in Deutschland unterliegt danach in erster Linie gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a SCE-VO den Vorschriften der SCE-VO und – sofern die SCE-VO dies ausdrücklich zulässt – den Bestimmungen der Satzung der SCE (SCE-Satzungsöffnungsklausel) (Art. 8 Abs. 1 Buchst. b). Enthält die SCE-VO keine Regelungen, gelten die Rechtsvorschriften, die der nationale Gesetzgeber erlassen hat, in Deutschland ist dies das SCE-Ausführungsgesetz (SCEAG).413 Enthält das deutsche SCEAG keine Sonderregelungen, wird auf das GenG (Art. 8 Abs. 1 Buchst. c lit. ii) zurückgegriffen. In diesem Fall kann dann ggfs. auch auf die gemäß GenG-Ermächtigung (GenG-Öffnungsklausel) erlassenen Satzungsregelungen der eG zurückgegriffen werden. Der Aufbau der SCE ist in den Art. 36 ff. der SCE-VO geregelt. Gem. Art. 36 hat eine 116 SCE eine Generalversammlung und (Alt. 1: Dualistisches System, da zwei „separate“ Organe) ein Aufsichtsorgan sowie ein Leitungsorgan oder (Alt. 2: Monistisches System, da nur ein Geschäftsführungsorgan) ein Verwaltungsorgan entsprechend der in der Satzung gewählten Form. Die SCE mit Sitz in Deutschland kann daher zwischen einem dualistischen System (Vorstand und Aufsichtsrat) und einem monistischen System (ein Verwaltungsorgan) wählen. Die Ausgestaltung des dualistischen Systems (Art. 37–41 und Art. 45–51 SCE-VO) ist ausgerichtet an den Vorschriften, die im Genossenschaftsgesetz für den Vorstand und den Aufsichtsrat gelten. Der Aufbau der SCE ist in §§ 12–16 SCEAG geregelt. § 14 SCEAG regelt die Zahl der Mitglieder des Leitungsorgans. Der Vorstand
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409 BAG Urt. v. 13.11.2012, Az. 3 AZR 444/10, BB 2013, 819. 410 BAG Urt. v. 18.10.1979, Az. 3 AZR 550/78, NJW 1980, 1127; BGH Urt. v. 7.1.1971, Az. II ZR 23/70, NJW 1971, 1127. 411 Vgl. ErfK/Steinmeyer Vorbem. BetrAVG Rdn. 29. 412 Amtsblatt der Europäischen Union v. 18.8.2003 L 207/1. 413 BGBl. I S. 1911, das durch Art. 18 d. G v. 24.4.2015 (BGBl. I S. 642) zuletzt geändert worden ist.
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Vorstand | § 24
muss aus mindestens zwei Personen bestehen; die Satzung kann eine höhere Zahl vorsehen (§ 14 SCEAG). Beim monistischen System (Art. 42–44 und Art. 45–51 SCE-VO, §§ 17–27 SCEAG) ist 117 ein Verwaltungsrat zu wählen, der aus mindestens 5 Personen, bei einer SCE, die nicht mehr als 20 Mitglieder hat, aus mindestens 3 Personen besteht (§ 19 Abs. 1 S. 1 SCEAG). Die konkrete Anzahl von Verwaltungsratsmitgliedern (z.B. „mind. 5, höchstens 9“, oder „9“ oder „mind. 5“) bestimmt die SCE-Satzung (SCE-Satzungsautonomie: Art. 42 Abs. 1 S. 1 SCE-VO). Der Verwaltungsrat bestellt einen oder mehrere geschäftsführende Direktoren (§ 22 Abs. 1 S. 1 SCEAG); zu diesen können auch Mitglieder des Verwaltungsrats (auch der Verwaltungsratsvorsitzende)414 bestellt werden (§ 22 Abs. 1 S. 2 SECAG), sofern die Mehrheit des Verwaltungsrats weiterhin aus nicht geschäftsführenden Mitgliedern besteht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SCEAG), mithin die aufsichtführenden Verwaltungsratsmitglieder die Mehrheit im Verwaltungsrat innehaben. Geschäftsführende Direktoren können jederzeit durch Beschluss des Verwaltungsrats mit einfacher Mehrheit abberufen werden, sofern die Satzung nichts anderes regelt. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften (§ 22 Abs. 4 SCEAG); sie haben dem Verwaltungsrat jederzeit auf dessen Verlangen über die Angelegenheiten der SCE zu berichten (Abs. 5). Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der geschäftsführenden Direktoren gilt § 34 des GenG entsprechend (Abs. 6). Liegen die Voraussetzung des Drittelbeteiligungsgesetzes oder des Mitbestimmungsgesetzes vor, gelten diese Gesetze für den Verwaltungsrat. Beim dualistischen System gelten Art. 37–41 und Art. 45–51 SCE-VO sowie ergän- 118 zend die §§ 12–16 SCEAG zum Vorstand (§§ 12–14) und Aufsichtsrat (§§ 15–16). Nach Art. 37 Abs. 2 SCE-VO werden die Mitglieder des Leitungsorgans vom Aufsichtsrat bestellt und abberufen. Die Satzung kann jedoch festlegen, dass die Mitglieder des Leitungsorgans von der GV/VV gewählt und abberufen werden (§ 12 SCEAG). Nach Art. 38 Abs. 1 SCE-VO wählt das Leitungsorgan aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, näheres regelt die Satzung der SCE, z.B. wie das Leitungsorgan aus seiner Mitte einen Vorsitzenden wählt. Dieser beruft das Leitungsorgan nach Maßgabe der Satzung oder auf Antrag eines Mitglieds ein (Art. 38 Abs. 2 SCE-VO). Der Antrag muss die Gründe für die Einberufung enthalten. Wird dem Antrag nicht innerhalb von 15 Tagen entsprochen, kann das Leitungsorgan vom Antragsteller einberufen werden. Entsprechend der Rechtslage in einigen EU-Mitgliedstaaten sieht Art. 46 Abs. 1 der 119 SCE-VO vor, dass die Satzung der SCE bestimmen kann, dass auch eine juristische Person oder Gesellschaft Organmitglied sein kann; zur Ausübung der Organtätigkeit im Leitungsorgan (Vorstand) ist dann eine natürliche Person als Vertreter zu bestellen (Art. 46 Abs. 1 S. 2 SCE-VO); für diese gelten die Rechte und Pflichten als wenn sie persönlich Mitglied dieses Organs wären.415 Art. 46 Abs. 1 SCE-VO findet bei einer eG mit Sitz in Deutschland wegen § 24 Abs. 2 S. 1 keine Anwendung, da nach dem insoweit eindeutigen Verordnungstext das Recht des Mitgliedsstaates für eG maßgeblich ist (s. oben § 24 Rdn. 16).
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414 Was zu einer starken Position mit weitreichenden Machtbefugnissen führen würde, so Schulze/Wiese ZfgG 2006, 108, 120. 415 Hierzu auch Schulze/Wiese NZG 2006, 108, 119.
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§ 25 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
§ 25 Vertretung, Zeichnung § 25 Vertretung, Zeichnung (1) Die Mitglieder des Vorstands sind nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Genossenschaft befugt. Die Satzung kann Abweichendes bestimmen. Ist eine Willenserklärung gegenüber der Genossenschaft abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied oder im Fall des § 24 Abs. 1 Satz 2 gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied. (2) Die Satzung kann auch bestimmen, dass einzelne Vorstandsmitglieder allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Genossenschaft befugt sind. Absatz 1 Satz 3 gilt in diesen Fällen sinngemäß. (3) Zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder können einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Dies gilt sinngemäß, falls ein einzelnes Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Genossenschaft befugt ist.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Gesetzliche Vertretung (Abs. 1 u. 2) | 2–12 1. Aktivvertretung | 2–10 a) Echte Gesamtvertretung (Abs. 1 S. 1) | 2–4 b) Unechte Gesamtvertretung (Abs. 1 S. 2) | 5–7 c) Gemischte Gesamtvertretung (Abs. 2) | 8–9
d) Einzelvertretung (Abs. 2) | 10 2. Passivvertretung (Abs. 1 S. 3) | 11 3. Haftung | 12 III. Ermächtigung (Abs. 3) | 13–16a IV. Kenntnis; Willensmängel | 17–19 V. Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) | 20–22 VI. Zeichnung (Abs. 4 – aufgehoben) | 23 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 24
I. Allgemeines 1
§ 25 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst und zuletzt geändert durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008.1 Die Neufassung modernisiert die Vorschriften über die Vertretungsmacht der Vorstandsmitglieder2 und die Form der Zeichnung durch den Vorstand.3 Zur Beschränkung der Leitungsbefugnis s. § 27 Rdn. 12 ff., insb. Rdn. 19; zu den Grenzen der Vertretungsmacht § 43 Rdn. 3. II. Gesetzliche Vertretung (Abs. 1 u. 2) 1. Aktivvertretung
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a) Echte Gesamtvertretung (Abs. 1 S. 1). Die Mitglieder des Vorstands sind nur gemeinsam zur Vertretung der eG befugt,4 sofern die Satzung nichts anderes bestimmt. Nach diesem Grundsatz ist es also erforderlich, dass sämtliche Vorstandsmitglieder5 gemeinsam handeln, um eine für die eG verbindliche Willenserklärung abzugeben. Es ist allerdings
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1 BGBl. I 2008, 2026, ab 1.11.2008 in Kraft. 2 Also das Außenverhältnis; zur Beschlussfassung – im Innenverhältnis vgl. die Erl. zu § 27; dort insb. Rdn. 5 und 28 ff. 3 Vgl. im Übrigen § 42 zur rechtsgeschäftlichen Vertretung. 4 Echte Gesamtvertretung; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 16. 5 Auch die stellvertretenden, § 35 und die dortigen Erl.
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Vertretung, Zeichnung | § 25
nicht notwendig, dass sich jedes Vorstandsmitglied unmittelbar an der Abgabe einer Willenserklärung beteiligt. So genügt es etwa, wenn ein Gesamtvertreter verhandelt, die anderen zuhören und nicht widersprechen. Es ist auch nicht notwendig, dass die Gesamtvertreter gleichzeitig handeln. Es genügt, wenn die anderen Vorstandsmitglieder dem von einem einzelnen Vorstandsmitglied vorgenommenen Rechtsgeschäft zustimmen, d.h. einwilligen oder genehmigen.6 Einwilligung (vorherige Zustimmung) und Genehmigung (nachträgliche Zustimmung) können ausdrücklich oder stillschweigend, 7 auch durch schlüssiges Verhalten, erklärt werden.8 Der Zustimmende muss nicht alle Einzelheiten des Geschäfts kennen. 9 Die Zustimmung kann sowohl gegenüber dem handelnden Vorstandsmitglied10 als auch nachträglich gegenüber dem Vertragspartner als Genehmigung nach § 177 S. 1 BGB erklärt werden.11 Bis zur Genehmigung ist der Vertrag schwebend unwirksam.12 Bei interner Zustimmung genügt es, dass der in Gesamtvertretung Handelnde nur einmal unterschreibt, wenn sein Wille, auch für den anderen zustimmenden Gesamtvertreter zu handeln, erkennbar, z.B. durch den Zusatz „i.V.“, hervortritt.13 Die Genehmigung setzt voraus, dass der einzelne Gesamtvertreter, der gehandelt hat, mit dem von ihm abgeschlossenen Geschäft zur Zeit der Genehmigung selbst noch einverstanden ist.14 Eine Genehmigung von Vorstandsmitgliedern liegt u.a. vor, wenn der Vertragspartner eine Willenserklärung der eG, die ihm gegenüber nur von einem Vorstandsmitglied abgegeben wurde, bestätigt und die anderen Vorstandsmitglieder es unterlassen, dieser Bestätigung zu widersprechen oder sie überhaupt zu beantworten.15 Weiß der Geschäftspartner, dass das handelnde Vorstandsmitglied keine Einzelvertretungsbefugnis hat,16 kann er aus dem Schweigen der eG nichts herleiten.17 Schließt der Vorstand mit Dritten Verträge, obwohl zur Vertretung der eG nach § 39 oder der Satzung der Aufsichtsrat berufen war, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB, sondern zur Anwendbarkeit der §§ 177 ff. BGB.18 Ist bei echter Gesamtvertretung ein Vorstandsmitglied z.B. wegen Krankheit oder Ur- 3 laub vorübergehend verhindert, kann in dieser Zeit eine gesetzliche Vertretung nicht stattfinden. Eine diesbezügliche Satzungsregelung wäre unzulässig.19 Es besteht nur die Möglichkeit der Erteilung einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht (Rdn. 13 ff.). Eine automatische Erweiterung der Vertretungsbefugnis tritt nicht ein,20 auch eine diesbezügliche Satzungsregelung wäre unzulässig.21 Existiert – z.B. bei einem aus zwei Personen bestehenden Vorstand (vgl. hierzu auch Rdn. 13 und § 27 Rdn. 32) – nur noch ein Vorstandsmitglied, behält dieses zwar seine Organstellung. Der Vorstand ist jedoch nicht mehr
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6 Beuthien GenG § 25 Rdn. 3. 7 Vgl. BGH WM 1959, 881. 8 BGH ZIP 1988, 370. 9 BGH WM 1959, 881; Beuthien GenG § 25 Rdn. 3. 10 Interne Mitwirkung als vorherige Zustimmung nach Abs. 3 (vgl. unten). 11 Externe Mitwirkung; vgl. RGZ 101, 341; 112, 221; RG BlfG 1933, 404; RG HRR 1942, 424; Müller GenG § 25 Rdn. 12. 12 Palandt/Heinrichs § 178 Rdn. 5. 13 BGH Urt. v. 4.11.2009, Az. XII ZR 86/07 – AG; Mertens in Kölner Kommentar zum AktG, § 78 Rdn. 18 m.w.N. 14 RG DR 1942, 1159. 15 Wirkung des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, vgl. BGHZ 7, 190; NJW 1964, 1951. 16 § 29 gilt. 17 BGH NJW 1965, 965. 18 OLG Celle AG 2003, 433 – nachträgliche Zustimmung. 19 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 25 Rdn. 4; Müller GenG § 25 Rdn. 5, 8. 20 RGZ 103, 417; BGHZ 34, 29; Müller GenG § 25 Rdn. 5. 21 Müller GenG § 25 Rdn. 5, 8; a.A. RGZ 103, 418, vgl. im Übrigen Rdn. 13–16.
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§ 25 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
funktionsfähig. Einzelvertretungsbefugnis setzt die Existenz von mindestens zwei Vorstandsmitgliedern voraus (§ 24 Abs. 2). Der Vorstand müsste ggf. nach § 37 Abs. 1 durch den Aufsichtsrat oder nach § 29 BGB durch das Gericht22 ergänzt werden. Die eG kann zu ihrem Schutz die Notwendigkeit der Gesamtvertretung geltend ma4 chen,23 vorausgesetzt, dass nicht durch vorangegangenes Handeln (wie Anscheinsvollmacht) oder Dulden der übrigen Vorstandsmitglieder (wie Duldungsvollmacht)24 der Rechtsschein einer dauernden Alleinvertretung durch ein Vorstandsmitglied25 verursacht worden ist; dann Rechtsscheinhaftung. Dieser Rechtsschein ist nur unter engen Voraussetzungen gegeben:26 (a) Es muss durch das Verhalten vertretungsberechtigter Vorstandsmitglieder – das Verhalten des ermächtigungslos Handelnden genügt also nicht27 – bei dem Geschäftspartner der irrige Eindruck entstanden sein, das alleinhandelnde Vorstandsmitglied sei ermächtigt, die eG als Einzelvertreter zu vertreten; der Geschäftspartner durfte sich nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte darauf verlassen, dass sein Eindruck richtig war. (b) Das oder die übergangene(n) Vorstandsmitglied(er) muss/müssen bei pflichtgemäßer Sorgfalt in der Lage gewesen sein, das eigenmächtige Verhalten des alleinhandelnden Gesamtvertreters zu erkennen und zu verhindern. (c) Der hervorgerufene Rechtsschein muss für ein bestimmtes Handeln des Geschäftspartners ursächlich gewesen sein. Die eG verstößt nicht gegen die guten Sitten, wenn sie sich auf den Grundsatz der Gesamtvertretung beruft, um die Rechtsgültigkeit eines ihr ungünstigen Geschäfts zu bestreiten.28 Allerdings haftet die eG nach § 31 BGB analog für das deliktische Handeln von Vorstandsmitgliedern, die unter Nichtbeachtung der Gesamtvertretungsregelungen tätig werden; die eG kann sich insoweit nicht auf die Notwendigkeit der Gesamtvertretung berufen, da es sich hier um unterschiedliche Regelungsbereiche handelt.29 Eine Haftung der eG aus §§ 179, 31 BGB für ein ohne Vertretungsmacht handelndes Vorstandsmitglied scheidet aus, da dies den besonderen Schutzzweck der Regelungen zur Gesamtvertretung unterliefe.30 5
b) Unechte Gesamtvertretung (Abs. 1 S. 2). Abweichungen von der Gesamtvertretung kann die Satzung vorsehen. Zulässig ist z.B. eine Satzungsbestimmung, nach der nicht alle Vorstandsmitglieder, sondern jeweils zwei Vorstandsmitglieder zur Vertretung der eG erforderlich sind. Diese sogenannte unechte Gesamtvertretung31 hat sich in der Praxis zum Regelfall entwickelt. Unzulässig wäre allerdings eine Satzungsregelung,
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22 BGHZ 18, 334. 23 NJW 1986, 2951 = BGH WM 1986, 1104 = DB 1986, 2275 = BB 1986, 1944 = WuB II D. § 25 GenG 1.87 m. Anm. Aepfelbach = ZfgG 1988, 287 m. zust. Anm. Hadding. 24 Bauer Genossenschafts-Handbuch; so differenzierend § 25 Rdn. 77–83: Anscheinsvollmacht, Rdn. 87: Duldungsvollmacht. 25 Vgl. ausführlich OLG Schleswig-Holstein ZfgG 1977, 271; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 77 ff. 26 Vgl. BGH BB 1976, 902 sowie OLG Schleswig-Holstein ZfgG 1977, 271; wie hier Bauer GenossenschaftsHandbuch, § 25 Rdn. 79–82. 27 LG Hamburg ZfgG 1956, 151. 28 OLG Königsberg BlfG 1935, 88; Rdn. 2 a.E. 29 BGHZ 98, 148 = NJW 1986, 2951 = WM 1986, 1104 = ZIP 1986, 1179 = DB 1986, 2275 = BB 1986, 1944 = WuB II D. § 25 GenG, 1.87 m. Anm. Aepfelbach. 30 BGH Urt. v. 8.7.1986, VI ZR 47/85 Rdn. 17 zur eG, NJW 1986, 2941; Beuthien GenG § 26 Rdn. 5. 31 Nach Beuthien GenG § 25 Rdn. 5 „statutarisch abweichend geregelte Gesamtvertretung“.
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Vertretung, Zeichnung | § 25
nach der ein Vorstandsmitglied von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen ist.32 Damit würde ihm nämlich die Stellung eines verantwortlichen Vorstandsmitglieds genommen. Es ist ebenfalls unzulässig, nur für bestimmte Fälle die unechte Gesamtvertretung vorzusehen.33 Die Satzung kann ferner bestimmen, dass jeweils bestimmte Vorstandsmitglieder 6 gemeinsam die eG vertreten können, z.B. A nur zusammen mit B und C nur zusammen mit D. oder jedes Vorstandsmitglied zusammen mit dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter. Es ist auch möglich, dass bestimmte Vorstandsmitglieder gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied, andere dagegen nur gemeinsam mit zwei oder noch mehr Vorstandsmitgliedern die eG vertreten können. Es kann also bestimmt werden, dass die eG entweder durch A und B oder durch C, D und E gemeinsam vertreten wird oder auch abstrakter: B jeweils mit einem weiteren, C, D und E jeweils mit zwei weiteren Vorstandsmitgliedern.34 Verstößt ein Vorstandsmitglied gegen die Gesamtvertretungsregelungen, kann sich 7 die eG grds. im rechtsgeschäftlichen Bereich hierauf berufen, nicht jedoch im deliktischen Bereich (vgl. ausführlich Rdn. 4). c) Gemischte Gesamtvertretung (Abs. 2). In der Satzung kann festgelegt werden, 8 dass einzelne Vorstandsmitglieder nur gemeinsam mit einem Prokuristen zur gesetzlichen Vertretung35 befugt sind. Die Möglichkeit der gemeinsamen Vertretung der eG durch ein Vorstandsmitglied und einen Prokuristen darf nicht dazu führen, dass eine gesetzliche Vertretung der eG ohne Mitwirkung eines Prokuristen unmöglich wird. Es kann also nicht bestimmt werden, dass bei Vorhandensein mehrerer Vorstandsmitglieder die eG ausschließlich durch jeweils ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen gesetzlich vertreten wird. Es muss mithin (daneben) immer die Möglichkeit bestehen, dass der Vorstand ohne den Prokuristen tätig wird. Wenn ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen die Vertretungsmacht ausübt, liegt eine an die Mitwirkung eines Prokuristen gebundene Ausübung der gesetzlichen Vertretungsmacht des Vorstandsmitglieds vor. Nur das Vorstandsmitglied, nicht der Prokurist, der gemeinsam mit jenem die gesetzliche Vertretung ausübt, ist gesetzlicher Vertreter.36 Allerdings weitet sich die übliche aus § 49 HGB sich ergebende Vertretungsmacht des Prokuristen auf die des Vorstands aus. Verpflichtet das Gesetz oder die Satzung den Vorstand als solchen zu einer Handlung nach außen, z.B. Einladung der GV, Erteilung von Prokura, so genügt es bei dieser Satzungsausgestaltung, wenn ein Vorstandsmitglied zusammen mit dem Prokuristen tätig wird.37 Dies gilt jedoch nicht für Erklärungen, die ausschließlich allen Vorstandsmitgliedern gemeinsam vorbehalten sind, z.B. Anmeldungen einer neuen eG zum Genossenschaftsregister, vgl. § 157. Unterzeichnung des Jahresabschlusses oder Stellung eines Insolvenzantrags.38 Eine derartige Ausgestaltung verwässert die Verantwortungsbereiche: Nach § 27 leitet der Vorstand die eG unter eigener
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32 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 19; Beuthien GenG § 25 Rdn. 5; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 25 Rdn. 5. 33 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 28; Müller GenG § 25 Rdn. 7, 9; Beuthien GenG § 25 Rdn. 5. 34 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 23. 35 Gemischte Gesamtvertretung; nach Müller GenG § 25 Rdn. 10 und Beuthien GenG § 25 Rdn. 7, vgl. dort aber auch Rdn. 8 „unechte“ Gesamtvertretung. 36 § 42 Rdn. 3, 11; BGHZ 13, 61, 64; vgl. 62, 170; BayObLG DB 1973, 1340. 37 Differenzierend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 34; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 25 Rdn. 7. 38 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 34.
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§ 25 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
Verantwortung; an dieser gesetzlichen Leitungsverantwortung39 nimmt der Prokurist nicht teil.40 Die Haftung des Prokuristen richtet sich nach §§ 611 ff. BGB bzw. seinem Dienstvertrag, nicht nach § 34. Von dieser Art der gesetzlichen Gesamtvertretung ist die rechtsgeschäftliche Ge9 samtvertretung durch einen Prokuristen in Gemeinschaft mit einem Vorstandsmitglied zu unterscheiden, deren Umfang sich ausschließlich nach § 42 GenG i.V.m. §§ 48 ff. HGB richtet (vgl. im Einzelnen Erl. zu § 42). Sieht die Satzung die in Rdn. 8 behandelte Ausgestaltung der gesetzlichen Vertretung vor, hat jede Prokuraerteilung, die an die Mitwirkung eines Vorstandsmitglieds gebunden ist, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit den Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht. Sieht die Satzung diese Ausgestaltung nicht vor – was in der Praxis die Regel ist –, hat jede derartige Prokuraerteilung den handelsrechtlichen Umfang.41 10
d) Einzelvertretung (Abs. 2). In der Satzung kann weiterhin bestimmt werden, dass alle Vorstandsmitglieder oder einzelne von ihnen Einzelvertretungsbefugnis haben. In der Praxis wird jedoch hiervon kaum Gebrauch gemacht. Bei Kleinstgenossenschaften (eG mit nicht mehr als 20 Mitgliedern) kann die Satzung bestimmen, dass der Vorstand aus einer Person besteht.42 Von dieser sachgerechten Erleichterung sollte die Satzung Gebrauch machen. Sie steigert die Attraktivität der genossenschaftlichen Rechtsform für Unternehmensgründungen. Nicht möglich ist es, die gesetzliche Einzelvertretung auf bestimmte Fälle zu beschränken. Der Vorsitzende des Vorstands ist nicht kraft Amtes zur Einzelvertretung ermächtigt. Es bedürfte stets einer entsprechenden Satzungsregelung, bzw. hinsichtlich einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsbefugnis einer entsprechenden Vollmacht (Rdn. 14).
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2. Passivvertretung (Abs. 1 S. 3). Wenn eine Willenserklärung gegenüber der eG abgegeben wird, genügt die Abgabe gegenüber einem Vorstandsmitglied.43 Das ist z.B. der Fall bei der Abgabe von Kündigungserklärungen, Mängelrügen usw. gegenüber der eG. Wenn die eG durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen gesetzlich vertreten wird, genügt auch die Abgabe einer Willenserklärung gegenüber dem Prokuristen.44 Die Satzung kann nicht von dieser Regelung abweichen und z.B. bestimmen, dass die Abgabe von Willenserklärungen immer gegenüber einer vertretungsberechtigten Anzahl von Mitgliedern des Vorstands der eG erklärt werden muss. Wird die eG gegebenenfalls durch zwei Organe vertreten,45 muss eine Erklärung oder Zustellung je einem Mitglied beider Organe zugehen.46 Hat die eG keinen Vorstand (Führungslosigkeit, § 24 Abs. 1 Satz 1), genügt die Abgabe gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied, also nicht gegenüber dem Gesamtaufsichtsrat (Abs. 1 Satz 3 2. Alternative, eingefügt durch das MoMiG vom 23.10.2008 – BGBl. I S. 2026).
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Mit den Folgen des § 34. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 31. LG Frankenthal Rpfleger 1975, 137. Korte/Schaffland GenG S. 63. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 16. § 25 Abs. 2 S. 2. Vgl. z.B. § 51. BGH NJW 1960, 1007.
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Vertretung, Zeichnung | § 25
3. Haftung. Die Haftung der eG richtet sich nach § 31 BGB;47 keine Haftung für 12 Zweigstellenleiter nach § 31 BGB.48 III. Ermächtigung (Abs. 3) Es ist nach § 25 Abs. 3 S. 1 zulässig, dass zur Gesamtvertretung befugte Vorstands- 13 mitglieder einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften „ermächtigen“;49 dies gilt entsprechend bei gemischter Gesamtvertretung (§ 25 Abs. 3 S. 2).50 Die Erteilung einer Generalvollmacht ist allerdings nach dem Wortlaut des Abs. 3 mithin nicht möglich.51 Sie liefe letztlich auf eine Einzelvertretung hinaus, deren Einführung nach Abs. 2 der Satzung vorbehalten ist. Eine Ermächtigung zur Vornahme sämtlicher Geschäfte eines bestimmten Geschäftsbereichs oder bis zu einer bestimmten Wertgrenze wäre ebenfalls unwirksam.52 Besteht der Vorstand aus zwei Personen und ist ein Vorstandsmitglied verhindert, so ist eine rechtsgeschäftliche Vertretung unter Mitwirkung des verbleibenden Vorstandsmitglieds – abgesehen von den Fällen, in denen eine gesetzliche Vertretung erforderlich ist – auch dadurch möglich, dass das verbleibende Vorstandsmitglied mit einem Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten die eG vertritt. Im Übrigen kann u.U. für diesen Zeitraum der Vorstand nach § 37 ergänzt werden. Bei der Erteilung der Ermächtigung kann das zu bevollmächtigende Vorstandsmitglied selbst mitwirken.53 Die Befugnis zur Erteilung der Ermächtigung besteht auch in dem Fall, dass ein einzelnes Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der eG befugt ist. Es kann also das einzelne Vorstandsmitglied oder der Prokurist zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigt werden.54 Die Ermächtigung bedarf keiner besonderen Form. Sie kann ausdrücklich oder still- 14 schweigend erklärt werden. Sie kann in der Geschäftsordnung vorgesehen sein. Eine von der eG erteilte Vollmacht an ein Vorstandsmitglied ist in eine Einzelermächtigung durch die die Vollmacht unterzeichnenden Vorstandsmitglieder umzudeuten. Denkbar ist auch eine Duldungsvollmacht,55 z.B. dass ein Vorstandsmitglied einen Kredit zusagt, während der andere in Kenntnis der Zusage schweigt. Dem zusagenden Vorstandsmitglied wird die Ermächtigung wie folgt erteilt: das zusagende Vorstandsmitglied durch positives Tun, das schweigende Vorstandsmitglied durch Duldung. Die Ermächtigung ist jederzeit widerruflich, auch gegen den Willen des Ermächtigten. Sie kann auch von Vorstandsmitgliedern widerrufen werden, die nicht an der Ermächtigung mitgewirkt haben,56 da andernfalls nach dem Ausscheiden der Ermächtigenden aus dem Vorstand ein
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47 Rdn. 4 und Erl. zu § 17. 48 A.A. OLG Nürnberg WuB II D § 30 BGB m. Anm. Aepfelbach, das einen Zweigstellenleiter wegen seiner Vertretungsbefugnis einem besonderen Vertreter nach §§ 30, 31 BGB gleichsetzte; in Konsequenz müsste dies dann für alle Bevollmächtigten gelten. 49 Gesetzliche Vertretung, BGHZ 64, 72 = NJW 1975, 1118 = BB 1975, 535 m. abl. Anm. Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1986, 82; Beuthien GenG § 25 Rdn. 11; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 8 m.w.N.; a.A. Müller GenG § 25 Rdn. 16 m. ausführlicher Darstellung des Meinungsstreits. 50 Zur dogmatischen Einordnung vgl. Beuthien GenG § 25 Rdn. 11: haftungsrechtlich uninteressant; Bauer Genossenschaft-Handbuch § 25 Rdn. 41 ff. 51 BGHZ 34, 30. 52 Beuthien GenG § 25 Rdn. 14. 53 RGZ 80, 180; Müller GenG § 25 Rdn. 17; a.A. Beuthien GenG § 25 Rdn. 11. 54 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 4; a.A. Beuthien GenG § 25 Rdn. 12. 55 Vgl. BGH ZIP 1988, 370 = NJW 1988, 1200 – GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 87; Müller GenG § 25 Rdn. 21. 56 Müller GenG § 25 Rdn. 20; a.A. Beuthien GenG § 25 Rdn. 12.
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Widerruf nicht mehr möglich wäre.57 Die Ermächtigung erlischt nicht, wenn der Ermächtigende aus dem Vorstandsamt ausscheidet. Obwohl die Ermächtigung Teil der gesetzlichen Vertretung ist, sind die für Vollmachten geltenden Grundsätze anwendbar (§ 42 Rdn. 4 ff.); vgl. z.B. nachfolgend Rdn. 16a. Auch gelten die Grundsätze zur Anscheinsvollmacht, wenn der Rechtsschein der 15 Einzelvertretungsmacht von einer zur Gesamtvertretung genügenden Anzahl von Vorstandsmitgliedern ausgelöst wurde, wobei der aufgrund des Rechtsscheins allein Handelnde mitgerechnet wird (s. auch Rdn. 4).58 Die eG haftet für das ermächtigte Vorstandsmitglied trotzdem weiterhin nach § 31 16 BGB.59 Daneben können im Rahmen der handelsrechtlichen Vorschriften60 auch Vollmachten an Dritte erteilt werden.61 Die Ermächtigung ist zwar keine Vollmacht, steht dieser aber so nahe, dass die An16a wendbarkeit der §§ 182 ff. BGB und des § 174 BGB gerechtfertigt ist.62 Bei Ausspruch einer Kündigung durch einen Gesamtvertreter kann daher der Kündigungsempfänger die Erklärung unverzüglich zurückweisen, wenn der Ermächtigte der Kündigung keinen Original-Nachweis der Ermächtigung – ähnlich einer Original-Vollmachtsurkunde – beigefügt hat (s. auch § 42 Rdn. 8 für den Prokuristen mit weiteren Beispielen).63 IV. Kenntnis; Kennen müssen; Willensmängel 17
Die eG muss sich auch die Kenntnis rechtserheblicher Tatsachen zurechnen lassen, wenn eine zur Gesamtvertretung berechtigte Person diese Kenntnis hat,64 z.B. unbeantwortet gebliebenes Bestätigungsschreiben, das ein Vorstandsmitglied zur Kenntnis genommen hat. Das gilt auch, wenn das Vorstandsmitglied nicht an dem Abschluss des Rechtsgeschäfts mitgewirkt hat; eine Zurechnung erfolgt auch dann noch, wenn das Vorstandsmitglied aus dem Organ ausgeschieden ist.65 Andernfalls könnte sich eine eG bzw. juristische Person, anders als natürliche Personen, durch Wechsel der Organträger von der Haftung befreien. Ist das Vorstandsmitglied aber bereits vor dem Zeitpunkt, auf den das Gesetz bzgl. der Kenntnis abstellt, ausgeschieden, ist die Kenntnis der eG nicht zuzurechnen.66 Ebenso hindert die Kenntnis eines Vorstandsmitglieds einen gutgläubigen Erwerb der eG.67 Dies gilt selbst dann, wenn dieses „bösgläubige“ Vorstandsmitglied am Geschäftsabschluss selbst nicht beteiligt war. Gleiches gilt, wo „Kennen müssen“
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57 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 65. 58 Vgl. BGH NJW 1988, 1200 = ZIP 1988, 370 – GmbH; BGH WM 1976, 503; RGZ 123, 288; LG Hamburg ZfgG 1956, 151; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 68; Beuthien GenG § 25 Rdn. 16; a.A. Müller GenG § 25 Rdn. 22, der einen durch ein Vorstandsmitglied verursachten Rechtsschein genügen lässt. 59 Vgl. Müller GenG § 25 Rdn. 23 mit ausführlicher Begründung. 60 Insb. § 54 HGB. 61 Hierzu § 42 Rdn. 18 ff. 62 Palandt/Heinrichs § 167 BGB Rdn. 13. 63 BAG Urt. v. 18.12.1980, Az. 2 AZR 980/78, NJW 1981, 2374: analoge Anwendung des § 174 BGB; LAG Köln Urt. v. 4.5.2002, Az. 4 Sa 1285/01: ja bei wechsels. Bevollmächtigung von zwei GmbH-GF; Beuthien GenG § 25 Rdn. 13; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 45 a.E. 64 BGHZ 109, 327, 331 = NJW 1990, 975; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 74; Beck Gen-HB/ Gätsch § 5 Rdn. 26. 65 BGH Urt. v. 8.12.1989, Az. V ZR 246/87 = NJW 1990, 975 unter Verweis auf BGH Urt. v. 23.10.1958, Az. II ZR 127/57: genereller Grundsatz für alle jur. Personen, gilt auch für bereits ausgeschiedene Organmitglieder; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 74. 66 BGH NJW 1990, 975; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 74; Beuthien GenG § 25 Rdn. 20; Müller GenG § 25 Rdn. 32. 67 BGHZ 20, 149.
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Vertretung, Zeichnung | § 25
schadet.68 Der eG gegenüber kann bereits angefochten werden, wenn ein Gesamtvertreter arglistig getäuscht hat. Die Strafantragsfrist nach § 77b StGB beginnt allerdings erst zu laufen, wenn die für die Vertretung erforderliche Zahl von Vorstandsmitgliedern Kenntnis von der Straftat hat.69 Bei (echter und unechter, wie auch gemischter) Gesamtvertretung ist seitens der eG 18 eine Anfechtung bereits möglich, wenn in der Person eines Gesamtvertreters, der an der Abgabe der Willenserklärung beteiligt war, ein Willensmangel im Sinne der §§ 119, 123 BGB vorliegt.70 Die Anfechtung wird vom Vorstand entsprechend der satzungsmäßigen Ausgestaltung der gesetzlichen Vertretung erklärt; aber auch das irrende Vorstandsmitglied kann allein anfechten,71 auch Abs. 3 gilt. Aus Rechtssicherheitsgründen sollte neben dem irrenden Vorstandsmitglied der Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl anfechten. Haben zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder dem Handeln eines anderen Vorstandsmitglieds zugestimmt, können sie bei Vorliegen eines Anfechtungstatbestands nach §§ 119, 123 BGB anfechten mit der Folge, dass das mit dem Vertragspartner geschlossene Rechtsgeschäft nichtig wird. Besteht der Willensmangel in der Geschäftsunfähigkeit eines Vorstandsmitglieds, 19 so ist die Willenserklärung der eG zuerst einmal nichtig. Die Erklärung des Geschäftsunfähigen kann jedoch (bei unechter, gemischter bzw. Einzelvertretung) von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl „genehmigt“, d.h. als eigene übernommen werden. Ein Vertrag kann in diesem Falle auch durch Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben zustande kommen (vgl. oben Rdn. 2). Voraussetzung ist jedoch, dass die Geschäftsunfähigkeit den „genehmigenden“ Vorstandsmitgliedern erkennbar war.72 V. Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) Das Verbot des Insichgeschäfts (Selbstkontrahieren) nach § 181 BGB gilt auch für 20 Vorstandsmitglieder. Ein Vorstandsmitglied kann im Namen der eG nur dann mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten73 ein Rechtsgeschäft abschließen, wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht oder wenn es dem Vorstandsmitglied gestattet ist. Die Gestattung kann in der Satzung erfolgen.74 Auch kann die GV der eG dies gestatten.75 Der Aufsichtsrat kann nicht nur die Gestattung für ein einzelnes Rechtsgeschäft erklären,76 sondern kann die generelle Gestattung erteilen, wenn er nach der Satzung für die Bestellung sowie für die Ausgestaltung und den Ab-
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68 Vgl. z.B. § 932 Abs. 2 BGB. 69 RGSt 47, 339; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 74. 70 Müller GenG § 25 Rdn. 33 m.w.N.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 74; Beuthien GenG § 25 Rdn. 20. 71 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 75; Müller GenG § 25 Rdn. 33. 72 § 78 Rdn. 24; zu weitgehend OLG Hamm NJW 1967, 1041 m. krit. Anm. Prost, der rechtsgeschäftliche Erklärungen der eG auch dann für verbindlich hält, wenn einer von mehreren Unterzeichnern der Erklärung unerkennbar geschäftsunfähig ist. 73 Z.B. als Geschäftsführer einer GmbH-Tochter der eG. 74 Kock-Schwarz in Festschrift für Schaffland S. 189 ff.; die Satzungsregelung könnte lauten: „Der Aufsichtsrat kann einzelne oder alle Vorstandsmitglieder von den Beschränkungen des § 181 Alternative 2 BGB befreien, ihnen also die Befugnis erteilen, bei allen Rechtshandlungen, welche die Genossenschaft mit oder gegenüber Dritten vornimmt, zugleich als Vertreter Dritter zu handeln.“; hierzu auch Beck GenHB/Gätsch § 5 Rdn.18, der diese Formulierung missdeutet. 75 BGH NJW 1976, 1539 zur GmbH nach altem Recht; Kock-Schwarz in Festschrift für Schaffland S. 189 ff. 76 So aber Müller unter Berufung auf § 39 GenG in § 26 Rdn. 18.
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schluss des Anstellungsvertrags zuständig ist.77 Die Entscheidung des BGH78 steht dem nicht entgegen: Bei der GmbH ist ein Aufsichtsrat nicht zwingend vorgesehen; andererseits sind nach § 46 Ziff. 5 GmbHG die Gesellschafter zwingend für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig, während bei der eG die Satzung die Zuständigkeit des Aufsichtsrats vorsehen kann, wie dies auch in der Praxis üblich ist. Im Übrigen können das nach § 181 BGB an der Vertretung gehinderte Vorstandsmit21 glied und ein anderes gesamtvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied dies zur Alleinvertretung ermächtigen, sofern die Satzung dem nicht entgegensteht.79 Gegen das Verbot des Selbstkontrahierens abgeschlossene Rechtsgeschäfte können 22 durch Genehmigung seitens der eG, die durch die GV/VV80 oder nach der hier vertretenen Auffassung unter den genannten Voraussetzungen durch den Aufsichtsrat zu erteilen ist, nachträglich wirksam werden (§ 177 BGB). VI. Zeichnung (Abs. 4) – aufgehoben 23
§ 25 Abs. 4 a.F. schrieb vor, wie die Mitglieder des Vorstands für die eG zeichnen. Sie zeichnen, indem sie der (gedruckten, gestempelten oder maschinengeschriebenen) Firma der eG oder der Benennung des Vorstands ihre Namensunterschrift beifügen. Zur Benennung des Vorstands genügt es, wenn das im Einzelfall verwandte Schriftstück die Bezeichnung „Der Vorstand“ enthält. § 25 Abs. 4 a.F. hatte nur die Bedeutung einer Ordnungsvorschrift, die den Nachweis erleichtern soll, dass der Vorstand die Erklärung der eG abgegeben hat;81 ihre Nichtbeachtung hatte deshalb nicht die Ungültigkeit der Erklärung zur Folge.82 Diese Vorschrift ist mit Inkrafttreten des MoMiG vom 23.10.200883 aufgehoben worden. Die Kommentierung zu § 25 Abs. 4 a.F. gilt dem Grundsatz nach weiter: Es ergibt sich bereits aus § 264 BGB, dass ein Handeln in fremdem Namen erkennbar gemacht werden muss, andernfalls kommt das Geschäft zwischen dem Handelnden und dem Dritten zustande. Es ist jede (schriftliche) Erklärung gültig, die den Willen, für die eG zu zeichnen, deutlich ergibt.84 Dies kann durch Unterzeichnung mit Namen, aber ohne Firma oder durch Unterzeichnung mit der Firma, aber ohne Namen geschehen.85 Auch genügend ein mündlicher Hinweis oder ein aufgedruckter Hinweis, „Dieses Schreiben wird nicht unterschrieben“.86 Es genügt bei formfreien Erklärungen sowie bei Inhaberschuldverschreibungen87 und Mieterhöhungserklärungen bei sozialem Wohnraum88 auch eine mechanisch hergestellte oder faksimilierte Unterschrift der Vorstandsmitglieder.89 Die Schriftform kann durch die elektronische Form (Namen hinzufügen und elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen) ersetzt werden, es sei denn das Gesetz schreibt etwas anderes vor (§§ 126 Abs. 3, 126a BGB). Ist
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77 A.A. ohne Begründung Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 25 Rdn. 14. 78 NJW 1976, 1539. 79 BGHZ 64, 72 = NJW 1975, 1117 = BB 1975, 535; OLG Celle SJZ 1948, 13; a.A. Müller GenG § 26 Rdn. 14 m.w.N. 80 So RGZ 89, 375. 81 RGZ 83, 124; 119, 115; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 89; Beuthien GenG § 25 Rdn. 18. 82 KGJ 21, 105; 33, 156. 83 Art. 19 Nr. 3 des MoMiG vom 23.10.2008 (BGBl. I S 2026). 84 RG HRR 1928 Nr. 338. 85 RGZ 81, 1; Palandt/Heinrichs § 126 Rdn. 9. 86 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 25 Rdn. 15. 87 § 793 Abs. 2 S. 2 BGB. 88 § 10 Abs. 1 S. 5 WoBindG. 89 Wie hier Müller GenG § 25 Rdn. 40; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 89.
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Angaben auf Geschäftsbriefen | § 25a
Textform vorgeschrieben, ist nach § 126b BGB ausreichend, wenn das Ende der Willenserklärung erkennbar gemacht wird durch Nachbildung der Namenszeichnung oder durch einen Hinweis, dass diese Erklärung elektronisch erstellt und nicht unterschrieben wurde. Bei Wechseln und Schecks sowie in allen Fällen, in denen durch Gesetz Schriftform vorgeschrieben90 oder ohne nähere Bestimmung (sog. gewillkürte Schriftform) vereinbart91 worden ist, ist eigenhändige Unterschrift erforderlich; faksimilierte Unterschrift genügt nicht.92 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) Die Vertretungsregelung der SCE ist der des GenG nachgebildet. Die Vertretungsbe- 24 fugnis und Haftung der SCE ist für das monistische und dualistische System vom Grundsatz her in Art. 47 SCE-VO geregelt. Sowohl im monistischen System (Verweis in Art. 47 auf Art. 42 SCE-VO) wie auch im dualistischen System mit Vorstand und Aufsichtsorgan (Verweis in Art. 47 auf Art. 37 SCE-VO) gilt grundsätzlich echte Gesamtvertretung. Bei einer SCE mit Sitz in Deutschland sieht das SCEAG vor, dass die SCE bei einer SCE mit dualistischem System mindestens zwei Vorstände haben muss (§ 14 SCEAG), die die SCE gesetzlich vertreten. Beim monistischen System (§§ 17 ff. SCEAG) vertreten die geschäftsführenden Direktoren, die der Verwaltungsrat bestellt, die SCE (§23 Abs. 1 S. 1 SCEAG). Für das Leitungsorgan beim dualistischen System gilt demzufolge § 25. Beim monistischen System gilt bei mehreren geschäftsführenden Direktoren echte Gesamtvertretung; die Satzung kann Abweichendes bestimmen (§ 23 Abs. 2 Satz 1 SCEAG: „wenn die Satzung nichts Abweichendes bestimmt“). Die Satzung kann auch bestimmen, dass einzelne geschäftsführende Direktoren allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der SCE befugt sind (§ 23 Abs. 3 Satz 1 SCEAG). Auch besteht wie in § 25 Abs. 3 die Möglichkeit der Einzelermächtigung von zur Gesamtvertretung befugten geschäftsführenden Direktoren (§ 23 Abs. 4 SCEAG). Bei Abgabe einer Willenserklärung gegenüber der SCE genügt die Abgabe gegenüber einem geschäftsführenden Direktor (§ 23 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 SCEAG). Die geschäftsführenden Direktoren zeichnen wie bei der eG.
§ 25a Angaben auf Geschäftsbriefen § 25a Angaben auf Geschäftsbriefen (1) Auf allen Geschäftsbriefen gleichviel welcher Form, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Genossenschaft, das Registergericht des Sitzes der Genossenschaft und die Nummer, unter der die Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmitglieder und, sofern der Aufsichtsrat einen Vorsitzenden hat, dieser mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. (2) Der Angaben nach Absatz 1 bedarf es nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die übli-
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§ 126 BGB. § 127 S. 1 BGB. BGH NJW 1970, 1080; Beuthien GenG § 25 Rdn. 18; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 95.
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§ 25a | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
cherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen. (3) Bestellscheine gelten als Geschäftsbriefe im Sinne des Absatzes 1. Absatz 2 ist auf sie nicht anzuwenden.
I. II. III. IV. V.
Übersicht Allgemeines | 1 Die erforderlichen Angaben | 2–6 Geschäftsbriefe | 7–7a Keine Angaben erforderlich | 8–10 Bestellscheine | 11
VI. VII. VIII. IX.
Zweigniederlassungen | 12 Zwangsgeld | 13 Zivilrecht | 13a Europäische Genossenschaft (SCE) | 14
I. Allgemeines 1
§ 25a wurde durch Novelle 1973 eingefügt. Die Vorschrift ist an § 80 AktG und § 35a GmbHG angelehnt. Die dort enthaltenen Angabepflichten werden auf die eG ausgedehnt, weil diese ebenso wie Unternehmen anderer Rechtsform am Geschäftsverkehr teilnimmt und daher bei ihr das gleiche Bedürfnis für die Angaben auf den Geschäftsbriefen vorliegt, um den Geschäftsverkehr mit der eG zu erleichtern.1 II. Die erforderlichen Angaben
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Auf allen Geschäftsbriefen, die an einem bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen angegeben werden: – die Rechtsform der eG, im Falle der Liquidation (§ 85 Abs. 3) oder der Insolvenz2 einen hierauf hinweisenden Zusatz, – der Sitz der eG (§ 6 Nr. 1), da sich nach ihm der allgemeine Gerichtsstand richtet, die Angabe also die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen gegen die eG erleichtert, – das Registergericht des Sitzes der eG (§ 156 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 9 HGB), – die Nummer, unter der die eG in das Genossenschaftsregister eingetragen ist (§ 156 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 9 HGB), – alle Vorstandsmitglieder und der Aufsichtsratsvorsitzende mit mindestens einem ausgeschriebenen, die Identität klarstellenden Vornamen und dem Familiennamen; im Falle der Liquidation gilt dies für alle Liquidatoren, im Falle der Insolvenz ist neben den Vorstandsmitgliedern der Insolvenzverwalter entsprechend anzugeben.
3
Diese Angaben müssen auf allen Geschäftsbriefen einheitlich und übereinstimmend sein. Dies gilt insb. für gesonderte Geschäftsbriefe von Filialen, wobei filialbezogene Zusätze zulässig sind. 4 Zu den Vorstandsmitgliedern gehören auch ihre Stellvertreter.3 Um Missverständnissen vorzubeugen, ist es ratsam, sie als solche zu bezeichnen. Zusätzliche Angaben, wie z.B. Sprecher, Vorsitzender des Vorstands, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, können aufgenommen werden, müssen jedoch nicht. Gleiches gilt für Telefon-Nr.,
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1 LG Heidelberg GmbHR 1997, 446; LG Berlin DB 1991, 1510 = WM 1991, 1615 – jeweils zur GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 2. 2 Baumbach/Hueck GmbHG § 35a Rdn. 6 zur GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 4. 3 § 35 und die dortigen Erl.
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Angaben auf Geschäftsbriefen | § 25a
Telefax-Nr., E-Mail-Adresse, Hinweis auf Internetauftritt, Bankverbindung, Geschäftsführer, wenn er nicht dem Vorstand angehört. § 25a enthält keine Regelung, aus der sich ergibt, dass die Angaben in einer be- 5 stimmten Anordnung auf den Vordrucken enthalten sein müssen. Es besteht also völlige Gestaltungsfreiheit, wie die Angaben auf den Geschäftsbriefen verteilt werden. Bei der Erfüllung der Angabenpflichten macht es keinen Unterschied, ob diese – wie es in der Regel der Fall sein wird – auf den Schriftstücken vorgedruckt sind oder ob sie maschinell oder handschriftlich niedergeschrieben oder durch Stempelaufdruck eingefügt werden;4 sie müssen nur eindeutig erkennbar sein. § 25a verbietet nicht, weitere Angaben auf den Geschäftsbrief aufzunehmen; denk- 6 bar wäre z.B. der Name eines Ehrenvorsitzenden des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats unter Hinzufügung dieser Bezeichnung. III. Geschäftsbriefe Der Begriff des Geschäftsbriefs ist nicht ganz eindeutig. Bei engster Auslegung 7 könnte auf den Ausdruck „Brief“ das Schwergewicht gelegt und die Vorschrift nur auf „Geschäftsbriefbogen“ bezogen werden. Eine solche Auslegung wäre unrichtig. Der Begriff ist weit auszulegen, wie sich nun aus der seit dem Gesetz über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) in der vom 10.11.2006 5 geltenden Fassung „gleich in welcher Form“ ergibt.6 Dem Sinn und Zweck der Vorschrift, im schriftlichen Geschäftsverkehr dem Adressaten alle notwendigen Basisinformationen über den Absender zu geben, entspricht es, unter einem Geschäftsbrief jede geschäftliche Mitteilung zu verstehen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet ist. Hierzu zählen auch Übermittlungen per Telefax, Postkarten, nicht hingegen Rechnungen, Quittungen, Lieferscheine, Versandanzeigen, 7 wenn diese im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung (Ausnahme nach § 25a Abs. 2) versandt werden (Rdn. 8–10). Da die Angaben in den Geschäftsbriefen enthalten sein müssen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet sind, brauchen Werbeschriften, Geschäftsrundschreiben, Anzeigen, Preislisten usw. die Angaben nicht zu enthalten, es sei denn, dass sie persönlich adressiert sind, z.B. die Preisliste selbst die Anrede des Empfängers enthält.8 Auch E-Mails sind Geschäftsbriefe im Sinne dieser Vorschrift.9 Die E-Mail, beim Empfänger ausgedruckt, ist das Original, in diesem Zusammenhang ist auf die „Textform“ in § 126b BGB hinzuweisen; diese Form erfüllt die einfache E-Mail (ohne qualifizierte elektronische Signatur). Damit hat der Gesetzgeber anerkannt, dass E-Mails eine dauerhafte schriftliche Funktion zukommt. Demgegenüber sind Telegramme und Fernschreiben keine Geschäftsbriefe, weil der Empfänger kein Original bzw. keine Ablichtung des Originals erhält.10 Briefe rein persönlichen Inhalts, z.B. Glückwunsch- oder Kondolenzschreiben, sind keine Geschäftsbriefe.11
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4 Schaffland Raiffeisen-Rundschau 1973, 481 ff.; Schaffland BB 1980, 1501; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 25a Rdn. 20; Beuthien GenG § 25a Rdn. 2. 5 BGBl. I 2553. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 12. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 12; Beuthien GenG § 25a Rdn. 3; Müller GenG § 25a Rdn. 6. 8 Schaffland BB 1980, 1501 ff.; Kreplin BB 1969, 1112 ff. 9 Schmittmann/Ahrens DB 2002, 1038 mit überzeugender Begründung. 10 Beuthien GenG § 25a Rdn. 3; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 13. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 12a.
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§ 25a | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
7a
Schreiben an einen nicht individuell adressierten Empfängerkreis, z.B. „An alle Haushalte der PLZ 5398“ sind nicht an einen „bestimmten Empfänger“ gerichtet. Gleiches gilt für internen Schriftverkehr der eG, z.B. zwischen einzelnen Mitarbeitern, einzelnen Abteilungen, einzelnen Filialen sowie mit Tochtergesellschaften, zwischen den Organen bzw. den Organmitgliedern, der eG und den Mitarbeitern bezüglich des Arbeitsverhältnisses und nicht des Kundenverhältnisses; Gleiches gilt bezüglich der eG und ihren Mitgliedern.12 IV. Keine Angaben erforderlich
Abs. 2 befreit von der Angabenpflicht nach Abs. 1 alle Mitteilungen oder Berichte, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden. Eine Geschäftsverbindung zwischen zwei Personen besteht nicht erst dann, wenn zwischen ihnen bereits ein Geschäft geschlossen und abgewickelt ist und nun ein neues eingegangen wird. Das Bestehen einer Geschäftsverbindung setzt auch nicht voraus, dass schon ein Vertrag zwischen ihnen zustande gekommen ist, um dessen Abwicklung es sich nunmehr handelt. Es ist nur notwendig, dass in der Korrespondenz mit einem Geschäftspartner die Angaben einmal gemacht worden sind.13 Praktisch bedeutet das, dass die formularmäßigen Mitteilungen ohne die Angaben nach Abs. 1 in allen Fällen verwendet werden dürfen, in denen nicht gerade die eG mit dieser Mitteilung ihrerseits erstmalig an den Empfänger herantritt. Für ein solches erstes Herantreten sind auch Formblätter meist nicht üblich. Gleiches gilt für den internen Schriftverkehr.14 9 Wann die Verwendung eines Vordrucks „üblich“ ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Abzustellen ist auf die einschlägigen Handelsbräuche und die Verkehrssitte.15 Es kommt jeweils auf den Einzelfall, die Branche, den Inhalt und den Zweck des Vordrucks an. Der textliche Vordruck des Formblatts muss bis auf wenige Angaben vollständig sein. Die hand- oder maschinenschriftlichen Einfügungen in den Vordruck müssen sich daher auf die sich auf den einzelnen Geschäftsvorfall beziehenden besonderen Angaben beschränken. Derartige besondere Angaben sind z.B. die Art der Leistung, die Warengattung, die Stückzahl, der Preis oder Gegenwert und die Lieferzeit. Auch elektronische Formblätter, die z.B. in Form einer elektronischen Maske bloß ausgefüllt werden müssen, können die Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 erfüllen, denn auch sie erfüllen mittlerweile zunehmend den Zweck, die Abwicklung des Geschäftsverkehrs durch die Verwendung von Formularen zu vereinfachen. 10 Danach brauchen u.a. folgende Vordrucke die nach § 25a erforderlichen Angaben nicht zu enthalten: Angebote, Auftragsbestätigungen, Versandankündigungen, Lieferscheine, Empfangsscheine, Rechnungen, Kontoauszüge, Gutschriftsaufgaben, Belastungsaufgaben; weiterhin gehören in den Kreis der üblichen Vordrucke: Mahnungen auf Abnahme, Mitteilungen über Wechselrückruf sowie alle üblichen Formblätter im Bank8
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12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 15; Beuthien GenG § 25a Rdn. 3. 13 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 18; Beuthien GenG § 25a Rdn. 4; Müller GenG § 25 Rdn. 7; Einmahl AG 1969, 136; Kreplin BB 1969, 1112 ff.; im Ergebnis wohl ebenso Schaffland BB 1980, 1501 ff. 14 Müller GenG § 25a Rdn. 8. 15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 16; Beuthien GenG § 25a Rdn. 4.
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Angaben auf Geschäftsbriefen | § 25a
verkehr.16 Ferner besteht die Angabenpflicht nicht bei regelmäßigen Berichten an Behörden und andere Stellen,17 soweit die Vordrucke bis auf die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben ausformuliert sind. V. Bestellscheine Nach § 25a Abs. 3 gelten Bestellscheine als Geschäftsbriefe i.S.d. Abs. 1. Sie müssen 11 also die in Abs. 1 genannten Angaben enthalten. Abs. 2 ist auf sie nicht anzuwenden. Diese Vorschrift war erforderlich, weil das Gesetz offensichtlich davon ausgeht, dass Bestellscheine formularmäßig verwendet werden und hier das Informationsinteresse der Lieferanten an einer reibungslosen Vertragsabwicklung besonders ausgeprägt ist.18 VI. Zweigniederlassungen Zweigniederlassungen brauchen keine weiteren Angaben zu machen, als sie für 12 die eG als solche gefordert werden. Im Übrigen bleibt es ihnen unbenommen, weitere freiwillige Angaben, z.B. die jeweilige Zweigniederlassung betreffend, zu machen. VII. Zwangsgeld Gemäß § 160 ist die Erfüllung der Gebote des § 25a mittels Androhung und Fest- 13 setzung von Zwangsgeld durch das RegGer. erzwingbar; die Mitglieder des Vorstands sind vom RegGer. zur Einhaltung der in § 160 genannten Vorschriften (u.a. § 25a) anzuhalten. VIII. Zivilrecht § 25a ist eine bloße Ordnungsvorschrift und keine Formvorschrift im Sinne der 13a §§ 125, 126 BGB, eine Nichtbeachtung hat mithin nicht die Nichtigkeit der Willenserklärung zur Folge. Allerdings können die Grundsätze der Rechtsscheinhaftung greifen,19 z.B. bei unrichtiger Angabe der Vorstandsmitglieder; auch kann die eG gegebenenfalls aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) haften sowie auch aus § 823 Abs. 2 BGB, da § 25a ein Schutzgesetz im Sinne dieser Vorschrift ist.20 Die Verletzung von Angabenpflichten führt grundsätzlich nicht zu einem Verstoß gegen § 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), da § 25a bloße Ordnungsvorschrift ist.21 IX. Europäische Genossenschaft (SCE) § 25 SCEAG regelt die „Angabe auf Geschäftsbriefen“ für eine SCE mit Sitz in 14 Deutschland und entspricht § 25a. Die Vorschrift steht im Unterabschnitt für die SCE mit monistischem System, eine entsprechende Vorschrift für die SCE mit Vorstand und Aufsichtsrat (dualistisches System) fehlt. Jedoch gilt § 25a entsprechend auch für diese SCE
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16 Vgl. ausführlich Schaffland BB 1980, 1503. 17 Z.B. an den zuständigen Prüfungsverband. 18 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 19; Beuthien GenG § 25a Rdn. 4. 19 LG Heidelberg GmbHR 1997, 446. 20 Unbestritten, LG Detmold WM 1990, 1872 = GmbHR 1991, 23; in der Literatur statt vieler: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 24, 26. 21 Vgl. m.w.N. zur GmbH: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25a Rdn. 27.
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§ 26 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
über Art. 8 Abs. 1 Ziff. c) ii). Nach § 25 Abs. 2 SCEAG (bzw. gem. Art. 8 Abs. 1 Ziff. c) ii) gilt § 25a Abs. 2 und 3 entsprechend.
§ 26 Vertretungsbefugnis des Vorstands § 26 Vertretungsbefugnis des Vorstands (1) Die Genossenschaft wird durch die von dem Vorstand in ihrem Namen geschlossenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet; es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Genossenschaft geschlossen worden ist, oder ob die Umstände ergeben, dass es nach dem Willen der Vertragschließenden für die Genossenschaft geschlossen werden sollte. (2) Zur Legitimation des Vorstands Behörden gegenüber genügt eine Bescheinigung des Registergerichts, dass die darin zu bezeichnenden Personen als Mitglieder des Vorstands in das Genossenschaftsregister eingetragen sind.
I. II.
Übersicht Rechtswirkungen der Vorstandshandlungen (Abs. 1) | 1–7 Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) | 8–9
III. IV.
Legitimation gegenüber Behörden (Abs. 2) | 10–14 Europäische Genossenschaft (SCE) | 15
I. Rechtswirkungen der Vorstandshandlungen (Abs. 1) 1
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Die Regelung des Abs. 1 ist inhaltlich identisch mit § 164 BGB. Der Vorstand ist der gesetzliche Vertreter der eG. Daraus ergibt sich, dass ein vom Vorstand im Namen der eG abgeschlossenes Rechtsgeschäft für und gegen die eG wirkt. Die Vorstandsmitglieder werden jedoch persönlich berechtigt und verpflichtet, wenn ihr Wille, im Namen der eG zu handeln, nicht erkennbar ist (§ 164 Abs. 2 BGB). Für und gegen die eG wirkt das gesamte Verhalten des Vorstands, das im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Rechtsgeschäfts steht. Die eG muss sich die Kenntnis rechtserheblicher Tatsachen einzelner Vorstandsmitglieder zurechnen lassen. Ihr gegenüber kann bereits angefochten werden, wenn eines von mehreren Vorstandsmitgliedern den Vertragspartner arglistig getäuscht oder arglistig einen Mangel i.S.d. § 463 BGB verschwiegen hat (vgl. auch § 25 Rdn. 11). Umstritten ist, wer anfechten muss; aus Rechtssicherheitsgründen sollten das irrende Vorstandsmitglied und der Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl anfechten. Neben den rechtsgeschäftlichen Erklärungen wirken auch Rechtshandlungen mit rechtsgeschäftsähnlichem Charakter für und gegen die eG, z.B. Mahnungen, Fristsetzungen, Mitteilungen und Anzeigen, Angaben in Steuerangelegenheiten, insb. Steuererklärungen, sowie Anträge, Inanspruchnahme gebührenpflichtiger Leistungen für die eG. Gleiches gilt bei Realakten, z.B. Übergabe des unmittelbaren Besitzes (tatsächliche Sachherrschaft). Die Rechtsgültigkeit der Vorstandshandlungen wird nicht durch Eintragung des Vorstandsmitglieds im Genossenschaftsregister bedingt;1 die Eintragung hat nur deklaratorische Bedeutung (vgl. im Übrigen die Ausführungen zu § 29). Andererseits kann die eG Rechtshandlungen eingetragener Vorstandsmitglieder nicht aus dem Grunde an-
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RGZ 9, 90.
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Vertretungsbefugnis des Vorstands | § 26
fechten, weil die Wahl nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Auch ist es nicht möglich, dass die eG sich darauf beruft, Vorstandsmitglieder seien nicht mehr im Amt gewesen, sofern sie noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind und der Vertragspartner die Beendigung der Vertretungsbefugnis nicht kannte (vgl. im Einzelnen die Ausführungen zu § 29 Abs. 1). Der Wille, im Namen der eG zu handeln, kann ausdrücklich erklärt werden oder sich 6 aus den Umständen ergeben. Er muss jedenfalls für den Vertragspartner erkennbar zum Ausdruck gekommen sein.2 War für den Vertragspartner ein Vertretungswille erkennbar, ist der nicht in Erscheinung getretene wahre Wille des Vorstandsmitglieds, für sich selbst zu handeln, ohne rechtliche Bedeutung.3 War der Vertretungswille nicht erkennbar, werden die Vorstandsmitglieder persönlich berechtigt und verpflichtet4 (bei gemischter Gesamtvertretung – hierzu § 25 Rdn. 8 – gilt dies auch für einen Prokuristen, es sei denn, es liegt ein „Geschäft für den, den es angeht“ vor).5 Hierzu zählen die unternehmensbezogenen Rechtsgeschäfte, bei denen der Wille der Vertragspartner dahin geht, dass der Inhaber, die eG, Vertragspartner werden soll.6 Für ein Verschulden im vertraglichen wie im deliktischen Bereich in Ausübung der 7 Vorstandstätigkeit haftet die eG demgemäß nach § 31 BGB.7 Für ein Verschulden, das nicht in Ausübung und Erfüllung der Vorstandsbefugnisse eintritt, sondern der persönlichen, privaten Sphäre des Vorstandsmitglieds zugerechnet werden muss, haftet dieses Vorstandsmitglied persönlich (vgl. Erl. zu § 17 und § 25 Rdn. 12). II. Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) Das Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB gilt auch für die Vorstandsmitglieder 8 einer eG. Grundsätzlich kann ein Vorstandsmitglied nicht im Namen der eG mit sich im eigenen Namen oder mit sich als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft abschließen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ihm der Vertretene (die eG) dies gestattet oder wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Nach § 25 Abs. 3 können zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einzelne 9 von ihnen zur Vornahme eines Geschäfts mit dem betreffenden Vorstandsmitglied als Privatperson wirksam ermächtigen; § 181 BGB steht dem nicht entgegen.8 III. Legitimation gegenüber Behörden (Abs. 2) Die Bescheinigung nach Abs. 2 muss vom Registergericht (§ 10 Abs. 1) ausgestellt 10 sein; zu den Behörden i.S.d. Abs. 2 gehören auch Gerichte, Rdn. 12. Auf die Ausstellung einer Bescheinigung besteht ein Rechtsanspruch.9
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2 BGH NJW 1995, 44; Palandt/Heinrichs § 164 Rdn. 2. 3 BGH NJW 1961, 2253; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 26 Rdn. 8. 4 Beuthien GenG § 26 Rdn. 1. 5 Zur Wirkung von Vertretungsverhandlungen des Vorstands für und gegen die eG, zum (fehlenden) Vertretungswillen vgl. ausführlich die Kommentarliteratur zu § 164 BGB bei Palandt/Heinrichs § 164 Rdn. 1 ff. 6 BGH NJW 1998, 2897; BGH NJW 1996, 1054; BGH NJW 1995, 43. 7 BGH NJW 1986, 2941 = ZIP 1986, 1179 = WM 1986, 1104 = BB 1986, 1944 = DB 1986, 2275 = ZfgG 1988, 287 m. Anm. Hadding; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 8; Beuthien GenG § 26 Rdn. 5. 8 BGHZ 64, 72 = NJW 1975, 1117 = BB 1975, 535; zum Verbot bzw. zur Zulässigkeit des Selbstkontrahierens vgl. im Übrigen ausführlicher § 25 Rdn. 20 ff.; Kock-Schwarz in Festschrift für Schaffland S. 189 ff., sowie die Kommentarliteratur zu § 181 BGB. 9 § 156 GenG i.V.m. § 9 Abs. 3 HGB; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 26 Rdn. 12.
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§ 27 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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Die Bescheinigung hat nur deklaratorische, nicht jedoch konstitutive Wirkung hinsichtlich der Vertretungsbefugnis der in ihr aufgeführten Personen.10 Soweit Personen aufgeführt sind, die nicht (mehr) Vorstandsmitglied sind, richtet sich die Wirkung ihrer Vertretungshandlungen nach § 29 analog (vgl. die dortigen Ausführungen). Die eG muss mithin nachweisen, dass der Behörde der unrichtige Inhalt der Bescheinigung bekannt war; Bestreiten der Richtigkeit genügt.11 12 Eine Bescheinigung nach Abs. 2 genügt gegenüber allen mit staatlichen Hoheitsaufgaben betrauten öffentlichen Stellen, einschließlich der Gerichte. Die Bescheinigung braucht nicht neuesten Datums zu sein.12 Andererseits sollte 13 auch keine Bescheinigung verwendet werden, die bereits einige Jahre alt ist. Im Allgemeinen bedarf es in der Praxis einer derartigen Bescheinigung nicht. Erst, 14 wenn eine öffentliche Stelle eine Bescheinigung nach Abs. 2 verlangt, werden die vorstehenden Ausführungen von Bedeutung sein. Die Behörde kann ein Vorstandsmitglied als gesetzlichen Vertreter zurückweisen, wenn keine Bescheinigung vorgelegt wird;13 dies entspricht dem Sinn und Zweck des Abs. 2. Die Bescheinigung wirkt nur zu Gunsten der Vorstandsmitglieder, nicht hingegen zu ihren Lasten, was von Bedeutung sein kann, wenn sie ihre Vorstandseigenschaft bestreiten. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) 15
Beim dualistischen System einer SCE mit Sitz in Deutschland hat diese einen Vorstand und Aufsichtsrat, beim monistischen System (ein Leitungsorgan mit geschäftsführenden Direktoren) vertreten die geschäftsführenden Direktoren die SCE gerichtlich und außergerichtlich (§ 23 Abs. 1 SCEAG). Für beide Organisationstypen einer SCE findet § 26 über § 23 Abs. 1 SCEAG bzw. Art. 8 Abs. 1 Ziff. 1 c) ii) SCE-VO Anwendung.
§ 27 Beschränkung der Vertretungsbefugnis § 27 Beschränkung der Vertretungsbefugnis (1) Der Vorstand hat die Genossenschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Er hat dabei die Beschränkungen zu beachten, die durch die Satzung festgesetzt worden sind. (2) Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugnis des Vorstands, die Genossenschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Vertretung sich nur auf bestimmte Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder nur unter bestimmten Umständen oder für eine bestimmte Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll oder dass die Zustimmung der Generalversammlung, des Aufsichtsrats oder eines anderen Organs der Genossenschaft für einzelne Geschäfte erforderlich ist.
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10 § 172 BGB gilt nicht. 11 Müller GenG § 26 Rdn. 35. 12 KG JW 1938, 1834; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 26 Rdn. 13; Beuthien GenG § 26 Rdn. 7. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 26 Rdn. 12; a.A. Müller GenG § 26 Rdn. 35; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 26 Rdn. 4.
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Beschränkung der Vertretungsbefugnis | § 27
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1–3 Leitungsverantwortung | 4–34 1. Inhalt | 4–11 2. Beschränkungen | 12–22 3. Geschäftsverteilung, Delegierung | 23–26 4. Ehrenamtliche Mitglieder im Vorstand | 27
Willensbildung | 28–33a Verstöße gegen Beschränkungen | 34 Unwirksamkeit von Beschränkungen im Außenverhältnis (Abs. 2) | 35–39 Weitere Organe | 40–41 Europäische Genossenschaft (SCE) | 42 5. 6.
III. IV. V.
I. Allgemeines § 27 Abs. 1 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst und durch Novelle 2006 ergänzt; 1 die Leitungsmacht des Vorstands er stärkt; bisher war die GV auch in Geschäftsführungsangelegenheiten oberstes Organ, da der Vorstand die durch Satzung oder Beschluss festgelegten Beschränkungen zu beachten hatte. Die Vorschrift übernimmt den Grundsatz des § 76 Abs. 1 AktG. Sie legt fest, dass der Vorstand die eG zu leiten hat und für die Leitung die alleinige Verantwortung trägt. Bei Kleinstgenossenschaften, die nach ihrer Satzung nur ein Vorstandsmitglied bestellt haben, besteht der Vorstand aus dieser Person. Sie bestimmt weiterhin, welche Beschränkungen der Vorstand bei dieser eigenverantwortlichen Leitung zu beachten hat. Im Übrigen ist diese Vorschrift stets im Zusammenhang mit § 34 zu sehen (vgl. die dortigen Erl.). § 27 gilt für hauptamtliche wie für neben- und ehrenamtliche Vorstandsmitglie- 2 der; sie sind grundsätzlich in gleicher Weise in die Leitungsverantwortung (strategische und operative Entscheidungen) eingebunden. Unzulässig ist, Personen nicht zur Geschäftsführung, sondern nur als eine Art „Vertrauensmänner“ in den Vorstand zu berufen.1 Eine intern unterschiedliche Ausgestaltung der Leitungsbefugnis der Vorstandsmitglieder kann sich aus einem Geschäftsverteilungsplan ergeben (Rdn. 23–26).2 Auf den Geschäftsführer, der nicht dem Vorstand angehört, ist § 27 grds. nicht anwendbar. Er hat die Politik des Leitungsorgans Vorstand und die täglichen Geschäfte durchzuführen; ihn trifft nicht die Haftung nach § 34 (§ 34 Rdn. 9). Die Leitungsverantwortung besteht grds. während der gesamten Amtszeit; für das 3 faktische Vorstandsmitglied vgl. § 24 Rdn. 66. Sie besteht nicht mehr nach Suspendierung (hierzu Erl. zu § 40) bzw. einvernehmlicher Aufhebung (hierzu § 24 Rdn. 92 ff.). Hinsichtlich der Unterzeichnung des Jahresabschlusses vgl. § 33 Rdn. 25. II. Leitungsverantwortung 1. Inhalt. Unter Leitung der eG ist die begriffliche Zusammenfassung dessen zu ver- 4 stehen, was man allgemein im Gesellschaftsrecht unter Geschäftsführung einerseits und gesetzlicher Vertretung andererseits versteht. Geschäftsführung ist jede Handlung, die das Innenverhältnis betrifft; Vertretung bedeutet Handlung für die eG im Außenverhältnis gegenüber Dritten (vgl. auch § 34 Rdn. 12).3 Zur Geschäftsführung zählen alle (selbst einfachste)4 Rechtshandlungen und tat- 5 sächlichen Handlungen, die der Verwirklichung des Unternehmensgegenstands und der
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Abzulehnen Müller GenG § 34 Rdn. 25. Wegen der dann bestehenden Sorgfaltspflichten vgl. Erl. zu § 34. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 8, 9. Müller GenG § 24 Rdn. 10.
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§ 27 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
Erfüllung des Förderauftrags (§ 1 Abs. 1) dienen.5 Dies gilt sowohl für die Kundenbeziehung zu den Mitgliedern und Dritten6 als auch für die Mitgliedsbeziehung.7 Zur Geschäftsführung gehören nicht – die Gestaltung der Verfassung (Satzung) und der Organisation (Bestellung und Abberufung der Organe) der eG; es handelt sich hier um Voraussetzungen der Geschäftsführung, die dieser also vorausgehen,8 – die Geschäftsführungskontrolle durch den Aufsichtsrat; diese folgt begrifflich der Geschäftsführung nach. 6
Grundsätzlich steht die Geschäftsführung dem Organ als Ganzem zu (Gesamtgeschäftsführung), also Mitwirkung aller und Einstimmigkeit.9 Satzung und/oder Geschäftsordnung des Vorstands können andere Mehrheiten vorsehen (meist einfache Mehrheit). Der Vorstand kann auch eine Geschäftsverteilung vornehmen (Selbstorganisationsrecht eines jeden Organs, vgl. hierzu Rdn. 23 ff.). Hinsichtlich der Vertretung gilt Gesamtvertretung, Abweichungen sind nach § 25 möglich, zweckmäßig und üblich. Die Vertretung ist die Umsetzung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen von innen nach außen in Willenserklärungen oder sonstigen rechtserheblichen Willensäußerungen im Rechtsverkehr mit Mitgliedern und Dritten. Die Beschlussfassung z.B. über den Einkauf von Rohstoffen, die Aufnahme oder Gewährung eines Kredits, die Ausarbeitung von langfristigen Planungen auf dem Gebiete der Produktion, der Finanzierung, der Organisation sind Akte der Geschäftsführung. Die Vertragsabschlüsse mit Dritten in solchen Fällen sind Vertretungsverhandlungen im Außenverhältnis. Zur Leitungsaufgabe im betriebswirtschaftlichen Sinne gehören insb. Formulie7 rung der Unternehmensziele, Planung, Entscheidung, Durchführung der Entscheidungen, Kontrollen, Auswahl und Ausbildung der Mitarbeiter, Information der Mitarbeiter und Mitglieder, sowie insb. die Einführung und Durchführung eines unternehmensgerechten Führungssystems, wobei von Delegierungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht werden sollte (vgl. hierzu Rdn. 23–26 und ausführlich Erl. zu § 34). Hierzu zählt auch, für ein angemessenes Risikomanagement (hierzu auch § 24 Rdn. 55a) und Risikocontrolling zu sorgen und deren Befolgung zu prüfen (Frühwarnsystem); siehe die spezielle bankenaufsichtsrechtliche Regelung der MaRisk und die Verlautbarungen der BaFin für Kreditgenossenschaften.10 8 Um die Leitungsaufgabe erfüllen zu können, hat der Vorstand die Pflicht, sich mit dem Inhalt des GenG, der Satzung und der Geschäftsordnungen für Vorstand und Aufsichtsrat sowie seines Dienstvertrages vertraut zu machen und die darin für ihn enthaltenen Aufgaben zu erfüllen. Hierzu zählen u.a.: auf die pünktliche Einzahlung der Geschäftsanteile zu achten,11 die Kredithöchstgrenzen (§ 49) einzuhalten,12 sich im Rahmen
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5 Cario in Festschrift für Schaffland S. 117; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 6. 6 Z.B. Entscheidungen über Vertragsabschlüsse und -durchführungen. 7 Zulassung von Beitritts-, Beteiligungserklärungen, Vorbereitung der GV, Durchführung von Ausschlussverfahren etc. 8 Beuthien GenG § 24 Rdn. 2; Müller GenG § 24 Rdn. 10. 9 Müller GenG §24 Rdn. 15; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 12; Fleischer ZIP 2003, 2; Großfeld/Schulte ZfgG 1985, 188. 10 Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk, Rundschreiben 10/2012 der BaFin vom 14.12.2012. 11 RGZ 163, 200 = BlfG 1940, 127. 12 RG BlfG 1939, 281; BGH DB 2004, 534.
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Beschränkung der Vertretungsbefugnis | § 27
des durch die Satzung gezogenen Aufgabenkreises zu halten13 sowie die Aufgaben zu erfüllen, die das Gesetz zwingend dem Vorstand zur Ausführung zuweist;14 generell die Aufgaben zu erfüllen, die in §§ 16, 17 der Mustersatzungen enthalten sind.15 Die Leitungsverantwortung des Vorstands umfasst die Leitung der eG und die 9 Leitung des durch die eG betriebenen Unternehmens.16 Zu diesem Zweck ist die Geschäftsführungsbefugnis grundsätzlich unbeschränkt, vgl. Rdn. 4 zuvor. Grenzen sind der Förderzweck, der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand, satzungsmäßige Beschränkungen nach § 27 Abs. 1 S. 2 sowie satzungsähnliche Grundlagengeschäfte.17 Dies bedeutet, dass der Vorstand in diesem Rahmen unter Berücksichtigung des Sorgfaltsmaßstabs des § 34 Abs. 1 S. 1 die Geschäfte der eG eigenverantwortlich führen darf und muss. Indem das GenG dem Vorstand die eigenverantwortliche Leitung der eG überträgt, 10 gibt es ihm selbstständige Entscheidungsbefugnis.18 Diese selbständige Entscheidungsbefugnis ist vom Grundsatz her unentziehbar. Sie kann weder ganz noch teilweise einem anderen Organ, z.B. einem Genossenschaftsrat, übertragen werden.19 Sie bestimmt das Verhältnis des Vorstands zum Aufsichtsrat und zur GV/VV. Der Vorstand hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, die eG eigenver- 11 antwortlich zu leiten. Deshalb muss der Vorstand alle wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen selbst treffen und darf sie nicht Angestellten der eG oder einem anderen Organ20 oder gar Dritten übertragen. So trifft z.B. die aus § 34 abzuleitende Verpflichtung, der GV/VV zu den einzelnen Tagesordnungspunkten Vorschläge zur Beschlussfassung zu unterbreiten, den Gesamtvorstand als Leitungsaufgabe.21 Allerdings kann der Vorstand im Einzelfall sich dahingehend selbst binden, dass er seine Entscheidung von der Zustimmung eines anderen Organs abhängig macht.22 Dies geschieht z.B. hinsichtlich der Kreditgewährung durch § 10 der Mustergeschäftsordnung des Vorstands23 für Kreditgenossenschaften. Unzulässig wäre es jedoch, wenn er generell sein Handeln von der Zustimmung eines anderen Organs bzw. eines Dritten abhängig machen würde, da es dann an einer eigenverantwortlichen Leitung fehlen würde.24 Gleiches gilt, wenn der Vorstand dem Aufsichtsrat ein generelles Teilnahmerecht an allen Vorstandssitzungen
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13 RG JW 1938, 2019 = BlfG 1938, 470. 14 Vgl. §§ 33, 44 Abs. 1, 59 Abs. 1, 99 Abs. 1 sowie die Anmeldungen – § 157 – gemäß §§ 14 Abs. 1 S. 1, 78 Abs. 2, 79a Abs. 5; bei Kreditgenossenschaften zählen hierzu auch Entscheidungen gemäß §§ 13, 15 KWG. 15 Zur Aufgabe der kurz-, mittel- und langfristigen Unternehmensplanung; s. Seuster Genossenschaftsforum 1984, 544 ff.; zur Unternehmenspolitik von Genossenschaftsbanken, Lürig Hamburger Schriften zum Genossenschaftswesen, Heft 4; s. Lipfert Mitgliedförderndes Kooperations- und Konkurrenzmanagment in genossenschaftlichen Systemen, passim. 16 Beuthien GenG § 27 Rdn. 3. 17 Beuthien GenG § 27 Rdn. 5 ff. 18 Vgl. auch Geßler in Festschrift für Reinhardt 1972, 242. 19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 6; Beuthien GenG § 27 Rdn. 7; Westermann in Festschrift für Reinhard 1972, 359, 362; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1973, 16; vgl. jedoch auch Rdn. 13. 20 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 10; Beuthien GenG § 27 Rdn. 3, 7. 21 Vgl. BGH NJW 2002, 1122 zur positiv-rechtlichen Regelung des § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG. 22 Z.B. des Aufsichtsrats; a.A. Beuthien GenG § 27 Rdn. 7, was im Ergebnis jedoch keine praktische Bedeutung hat, da der Vorstand gebunden oder freiwillig die Meinung des Aufsichtsrats übernehmen wird, alles andere wäre eine Desavouierung des Aufsichtsrats. 23 Geschäftsordnung für den Vorstand von Volksbanken und Raiffeisenbanken, herausgegeben vom DG VERLAG. 24 Müller GenG § 27 Rdn. 6, 20; Beuthien ZfgG 1975, 184; Merle AG 1979, 265 ff.
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einräumen würde (hierzu auch § 38 Rdn. 4). Dieses Verhalten wäre im Übrigen auch unter dem Gesichtspunkt des § 34 zu würdigen.25 Die GV/VV und der Aufsichtsrat können auch von sich aus dem Vorstand Vorschläge zu Geschäftsführungsmaßnahmen unterbreiten bzw. sich gegen geplante Maßnahmen aussprechen, diese bleiben unverbindlich, wenn sie nicht im Rahmen einer satzungsmäßigen Beschränkung erfolgen (Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung). Ein Nichtbeachten hat auch keine Haftungsfolgen, Haftung nur, wenn der Tatbestand des § 34 Abs. 2 Satz 1 erfüllt ist.26 Der Vorstand darf aber bestimmte Tätigkeiten auslagern, sofern er die Oberhoheit und das Rückholrecht behält.27 12
2. Beschränkungen. Der Vorstand hat bei der eigenverantwortlichen Leitung der eG die Beschränkungen zu beachten, die durch die Satzung festgesetzt worden sind.28 Da nach der hier vertretenen Auffassung unter Leitung der eG eine zusammenfassende begriffliche Bestimmung dessen verstanden wird, was man im Gesellschaftsrecht unter Geschäftsführung einerseits und Vertretung andererseits versteht, bedeutet § 27 Abs. 1 S. 2, dass der Vorstand die satzungsmäßigen Beschränkungen bei seiner Geschäftsführung und bei der Vertretung der eG beachten muss. Die besonderen Fälle der Beschränkungen müssen im Einzelnen ausdrücklich und konkret in der Satzung aufgeführt werden (hierzu auch Rdn. 16);29 nicht zulässig ist es z.B., dass die Satzung generell bestimmt, der Vorstand sei an Einzelanweisungen des Aufsichtsrats oder der GV/VV gebunden;30auch nicht eine Satzungsermächtigung, nach der der Aufsichtsrat die zustimmungspflichten Geschäfte generell in einer Geschäftsordnung festlegen kann.31 Zu unbestimmt wäre eine Regelung, dass „zu allen Geschäften von besonderer Bedeutung“ die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich sein soll.32 Unzulässig wäre eine Satzungsbeschränkung dahin, dass der Vorstand die Milchanlieferungsordnung, die Traubenanlieferungsordnung o.Ä. zu beachten hat, da diese durch einfachen Beschluss der GV/ VV geändert werden können und auch keine Eintragung ins Genossenschaftsregister erfolgt.33 Bestimmt genug hingegen wäre eine Regelung, dass zur Feststellung der Richtlinien der allgemeinen Geschäftspolitik (z.B. Grundsätze über Abschreibungs- und Finanzierungspolitik, Preispolitik, Lagerhaltung, Warensortiment) die Zustimmung des Aufsichtsrats oder der GV/VV vorliegen muss.34 Beschränkungen sind stets negativer
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25 Vgl. die dortigen Erl., insb. die dort gegebenen Rechtsprechungshinweise u.a. zum Verstoß gegen die Leitungspflicht. 26 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 8. 27 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 10; s. auch § 25b KWG. 28 Zur Gesamtproblematik vgl. ausführlich Beuthien ZfgG 1975, 180 ff.; Beuthien/Gätsch ZHR 1993, 510 f. 29 Cario in Festschrift für Schaffland S. 117. 30 H. M.; vgl. Begründung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages – BT-Drs. 7/659, S. 4; Geßler in Festschrift für Reinhardt, 1972, 237 ff.; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1973, 7, 15 ff.; Schulz NJW 1974, 163; Hornung Rpfleger 1974, 45; Hofmann Der langfristige Kredit, 1976, 771 ff.; Schaffland GenG mit einführender Erläuterung, S. 24 sowie Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 11, 20 und Beuthien ZfgG 1975, 185 sowie Beuthien GenG § 27 Rdn. 9 jeweils mit überzeugender Begründung; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 27 Rdn. 7; a.A. Müller GenG § 24 Rdn. 2, § 27 Rdn. 1, 6; Westermann in Festschrift für Reinhardt, 1972, 363 und ZfgG 1973, 339 f., s.a. die ausführlichen Literaturhinweise bei Neumann S. 145 Fn. 72, 73. 31 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 20; BerlKomm/Keßler § 27 Abs. 1 Rdn. 11. 32 So auch Lutter/Krieger/Verse Rdn. 118. 33 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 28: zweifelhaft; Geßler in Festschrift für Reinhardt S. 244. 34 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 20; Beuthien GenG § 27 Rdn. 11.
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Beschränkung der Vertretungsbefugnis | § 27
Natur; die Satzung kann dem Vorstand keine Verhaltensweise positiv vorschreiben.35 Erst recht kann nicht der Aufsichtsrat einen Zustimmungskatalog beschließen, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG findet auf die eG keine Anwendung.36 Die Beschränkungen wirken nur im Innenverhältnis, Vertretungshandlungen unter Missachtung der Beschränkungen sind wirksam (Rdn. 35 ff.), könnten aber zur Abberufung aus dem Amt führen; Schadensersatz nur, wenn die Voraussetzungen des § 34 gegeben sind (Rdn. 34).37 Diese ausdrücklichen Beschränkungen dürfen jedoch nicht so weit gehen, dass da- 13 durch der Grundsatz der Leitung der eG in eigener Verantwortung ausgehöhlt wird.38 Sie müssen die für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb erforderliche Geschäftsführungsbefugnis unberührt lassen.39 Es dürfte sich empfehlen, für besonders wichtige Geschäfte40 in der Satzung vorzusehen, dass eine gemeinsame Beratung von Vorstand und Aufsichtsrat sowie eine getrennte Beschlussfassung in beiden Organen erforderlich sind.41 Der Aufsichtsrat übt insoweit keine vorweggenommene Überwachung aus, sondern nimmt an der Leitung der eG teil, nicht anders, als wenn die Satzung42 die Zustimmung eines Beirats vorsieht.43 Ein Beirat, dem über die Satzung Zustimmungsbefugnisse eingeräumt wird, soll nicht zwingend mit Genossenschaftsmitgliedern besetzt sein dürfen,44 dies ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der genossenschaftlichen Selbstverwaltung bei einem Beirat mit beschließender und nicht nur beratender Funktion45 nicht unbedenklich. Allerdings kann der Beirat nicht allein – unter Entzug der Zuständigkeit des Vorstands insoweit – zuständig sein.46 Vorstand und Aufsichtsrat dürfen bei der Meinungsbildung nicht zu einem Organ zusammengezogen werden;47 in den gemeinschaftlichen Sitzungen darf nicht gemeinschaftlich abgestimmt werden, weil sonst der Aufsichtsrat wegen seiner größeren Mitgliederzahl den Vorstand überstimmen könnte;48 bei gemeinsamer offener Abstimmung kann auch eine Beeinflussung nicht ausgeschlossen werden, z.B. wenn der Aufsichtsrat bereits einstimmig votiert und der Vorstand bei der Abstimmung noch zögert. Ein Verstoß führt zur Unwirksamkeit gemeinsam gefasster Beschlüs-
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35 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 22; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 11; BerlKomm/Keßler § 27 Abs. 1 Rdn. 3. 36 Beuthien GenG § 27 Rdn. 11: „… die Satzung oder der Aufsichtsrat …“; keine Anwendung der zweiten Fallgruppe auf eG; Cario in Festschrift für Schaffland S. 118. 37 Hierzu RGZ 85, 140; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 26; Beuthien ZfgG 1975, 194. 38 § 38 Rdn. 31; Müller GenG § 27 Rdn. 6; Schaffland GenG mit einführender Erläuterung S. 24; offen gelassen durch Beuthien/Gätsch ZHR 1993, 511, die sich jedoch gegen unbegrenzte Satzungsbeschränkungen aussprechen; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 27 Rdn. 7; wie hier auch Cario in Festschrift für Schaffland S. 117. 39 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 21. 40 Z.B. Errichtung und Schließung von Zweigniederlassungen, Erwerb, Bebauung, Belastung und Veräußerung von Grundstücken, Erwerb und Aufgabe von dauernden Beteiligungen; vgl. auch Beuthien GenG § 27 Rdn. 11. 41 Vgl. bei Wohnungsgenossenschaften: MS 2005, § 28. 42 Beschließender Beirat nur mit Satzungsgrundlage: so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 24 Rdn. 7. 43 Vgl. Neumann S. 175; dies übersieht Höhn Das Nein des Aufsichtsrats, S. 72 ff. 44 Beuthien/Gätsch ZHR 1993, 507, 510. 45 Anders beim Beirat mit nur beratender Funktion. So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 6 ff. (insb. Rdn. 7). 46 Müller GenG § 27 Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 11; Voormann ZfgG 1984, 235, 259; a.A. Beuthien/Gätsch ZHR 1993, 511; zu den Möglichkeiten und Grenzen der Kompetenzverlagerung s.a. Thümmel DB 1995, 2461. 47 Anders jedoch bei einer SCE, die das monistische (Board-)System in ihrer Satzung vorgesehen hat. 48 RGZ 73, 402.
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se,49 es sei denn, sie wurden einstimmig gefasst50 und eine Beeinflussung kann ausgeschlossen werden. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2b) Agrarmarktstrukturgesetz – AgrarMSG i.V.m. § 3 Nr. 4b) cc) Agrarmarktstrukturverordnung – AgrarMSV51 muss die Satzung für Erzeugergemeinschaften in der Rechtsform der eG u.a. Regelungen zur sachgerechten Ausübung der Aufgaben bestimmen. Die Grenze der zulässigen Einschränkungen für die Leitungskompetenz des Vorstands ist dort zu ziehen, wo die eigenverantwortliche Leitung berührt würde, wo also die Beschränkung eine Weisungsgebundenheit zur Folge hätte. Hinsichtlich der Prozessführung gegenüber Vorstandsmitgliedern geht § 39 Abs. 1 S. 1 nunmehr davon aus, dass diese grundsätzlich beim Aufsichtsrat liegt, wenn die Satzung nicht vorsieht, dass über die Führung von Prozessen die GV/VV beschließen muss, § 39 Abs. 1 S. 3. So kann die Satzung z.B. bestimmen, dass eine Beschlussfassung der GV/VV z.B. erforderlich ist – bei Prozessen gegen amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder, – bei Prozessen nur gegen amtierende Vorstandsmitglieder (Beschlussfassung/Zuständigkeit des Aufsichtsrats nur bei ehemaligen Vorstandsmitgliedern), – oder differenzierend nach Art der Streitigkeit: z.B. Prozesse wegen der Organstellung oder aus der Mitglieder-/Kundenbeziehung bei Prozessen gegen amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder, – auch bei Passivprozessen52 von amtierende und/oder ehemaligen Vorstandsmitgliedern gegen die eG.53 In der Praxis sind Geschäftsordnungen üblich.54 Sie sind keine Beschränkungen i.S.d. Abs. 1 S. 2. Sie ergänzen das GenG und die Satzung. Sie regeln insb. die Art und Weise, wie Entscheidungen zustande kommen sollen. Sie enthalten u.a. Bestimmungen über die Einberufung der Sitzungen, Sitzungsleitung sowie Regelungen hinsichtlich der Planung und Organisation, des Rechnungswesens der eG. Die Geschäftsordnung gibt sich grundsätzlich der Vorstand selbst (Selbstorganisationsrecht). 55 Wegen der im Grundsatz gleichberechtigten eigenverantwortlichen Tätigkeit aller Vorstandsmitglieder ist hierfür Einstimmigkeit erforderlich, da Mehrheitsentscheidungen einem Weisungsrecht gegenüber anderen Vorstandsmitgliedern gleichkämen. Insoweit enthält § 77 Abs. 2 S. 3 AktG einen allgemeinen Rechtsgedanken. Auch die Satzung kann nichts Anderes regeln (vgl. im Übrigen Rdn. 29). Sie bleibt in Kraft, wenn ein neues Vorstandsmitglied bestellt wird, nur spätere Änderungen oder Aufhebungen bedürfen auch seiner Zustimmung. Ihm verbleibt nur die Möglichkeit der Amtsniederlegung, in der Regel stimmt er jedoch ausdrücklich oder stillschweigend zu. Auch die Satzung kann nicht festlegen, dass die Geschäftsordnung für den Vorstand 15 der Beschlussfassung durch die GV/VV bedarf. Denn nach dem Grundsatz des § 27 Abs. 1
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49 OLG Schleswig ZfgG 1969, 87. 50 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 25; a.A. OLG Schleswig a.a.O. 51 Gesetz zur Weiterentwicklung der Marktstruktur im Agrarbereich (Agrarmarktstrukturgesetz – AgrarMSG) v. 20.4.2013 (BGBl. I S. 917) sowie Verordnung zur Weiterentwicklung der Marktstruktur im Agrarbereich (Agrarmarktstrukturverordnung – AgrarMSV) v. 15.11.2013 (BGBl. I S. 3998), geändert d. Art. 6 d. Verordnung v. 18.6.2014 (BGBl. I S. 798). 52 Wortlaut des § 39 Abs. 1 S. 3 „gegen“ ist wegen gleicher Interessenlage auf Passivprozesse (Vorstandsmitglied gegen eG) auszuweiten; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 33; a.A. Beuthien GenG § 39 Rdn. 8. 53 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 33. 54 So z.B. die Mustergeschäftsordnung DG VERLAG für den Vorstand von Volksbanken und Raiffeisenbanken. 55 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 39; BerlKomm/Keßler § 27 Abs. 1 Rdn. 21; a.A. Beuthien GenG § 27 Rdn. 17 – GV/VV.
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S. 1 ist der Vorstand berechtigt und verpflichtet, die eG in eigener Verantwortung zu leiten, und in diesen Zuständigkeitsbereich kann – wie sich aus den §§ 27, 38, 43 ergibt – ein anderes Organ grundsätzlich nicht eingreifen, es sei denn, die Beschränkungen sind in der Satzung unmittelbar enthalten.56 Da die Aufstellung einer Geschäftsordnung für den Vorstand zur eigenverantwortlichen Leitung der eG gehört, kann die GV/VV dafür jedoch nicht zuständig sein. Auch einen Geschäftsverteilungsplan kann weder die GV/VV noch der Aufsichtsrat beschließen. Der Aufsichtsrat kann jedoch über die Ausgestaltung des Dienstvertrags Einfluss nehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 27 Abs. 1 S. 2. Darin ist festgelegt, dass der 16 Vorstand die Beschränkungen zu beachten hat, die in der Satzung enthalten sind. Unzulässig wäre eine Blankoermächtigung in der Satzung, die die GV/VV oder den Aufsichtsrat ermächtigt, für den Vorstand eine Geschäftsordnung zu erlassen, in der sodann einzelne Beschränkungen der eigenverantwortlichen Leitung enthalten wären. Dies wäre allenfalls zulässig, wenn die Beschränkungen in ihren Grundzügen in der Satzung enthalten wären und in der Geschäftsordnung nur die Konkretisierung erfolgen würde, denn die Beschränkungen müssen unmittelbar in der Satzung enthalten sein. Je allgemeiner der Satzungswortlaut ist, desto weniger ist der Vorstand auf die Vorstellungen festgeschrieben, welche die Mitglieder bei der Aufstellung der Satzung hatten. Es gehört zur Leitungsverantwortung, sich zur Erfüllung des Förderauftrags auf die sich verändernden Marktverhältnisse einstellen zu können. So darf der Vorstand einer Viehverwertungsgenossenschaft neben der Schlachtung auch die Fleischverarbeitung aufnehmen, ohne dass es einer Satzungsänderung bedarf;57 Eine Änderung des Unternehmensgegenstandes wäre jedoch unzulässig (s. Rdn. 19). Das Inkrafttreten der vom Vorstand aufgestellten Geschäftsordnung kann jedoch – 17 durch eine entsprechende Satzungsbestimmung58 – an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden werden.59 Dies ergibt sich nicht aus § 27 Abs. 1, 2, sondern aus § 38, der § 27 Abs. 1 S. 1 überlagert. Denn nach § 38 ist der Aufsichtsrat berechtigt und verpflichtet, den Vorstand ordnungsgemäß zu überwachen. Eine ordnungsgemäße Überwachung kann aber vielfach nur dadurch sinnvoll erfolgen, dass sie nicht erst nachträglich, sondern vor bzw. bei der Erledigung einer Geschäftsführungsangelegenheit vorgenommen wird. So wird häufig für bestimmte Fälle im Kreditgeschäft die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats als Maßnahme der Aufsicht vorgesehen. Eine solche vorgezogene Überwachung ist auch im Zusammenhang mit der Aufstellung einer Geschäftsordnung
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56 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 20; Schaffland GenG mit einführender Erläuterung, S. 24; so wohl auch Geßler in Festschrift f. Reinhardt, 1972, 245; a.A. Müller GenG § 27 Rdn. 8, 10, der es für zulässig erachtet, dass aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung in der Satzung der Aufsichtsrat vorschreiben kann, dass bestimmte Geschäftsführungshandlungen den Weisungen der GV unterliegen, auch könne die GV eine Geschäftsverteilung beschließen; vermittelnd Beuthien ZfgG 1975, 180 ff., der die Geschäftsordnung als Organisationsmaßnahme wertet, die in die Zuständigkeit der GV falle und hiervon die Geschäftsanweisung als Akt der Geschäftsführung unterscheidet, die er nur dann als wirksam erachtet, wenn sie mit satzungsändernder Mehrheit von der GV beschlossen und in das Genossenschaftsregister eingetragen worden ist, also „ein lediglich drucktechnisch ausgegliederter Teil des Statuts“; so im Ergebnis auch Neumann S. 129 ff., 153 mit ausführlicher Darstellung des Streitstands in der Literatur; vgl. hierzu auch Weber S. 152 ff. sowie Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 27 Rdn. 7, 8; a.A. Beuthien GenG § 27 Rdn. 17 und Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 33. 57 Beuthien GenG § 27 Rdn. 6. 58 § 16 Abs. 2 Buchst. b) der Mustersatzungen: „Einvernehmen“ i.S.v. Zustimmung; Entsprechend die Eingangsformel der Geschäftsordnung für den Vorstand von Volksbanken und Raiffeisenbanken, herausgegeben vom DG VERLAG: „Gem. § 16 Abs. 2 Buchst. B der Satzung gibt sich der Vorstand im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat diese Geschäftsordnung.“ 59 Beuthien GenG § 27 Rdn. 17.
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für den Vorstand – also einer der Grundlagen für das vom Aufsichtsrat zu überwachende Handeln des Vorstands – sachgerecht. Bedarf die Aufstellung der Geschäftsordnung der Zustimmung, gilt dies auch für deren Aufhebung oder Änderung.60 Verweigert der Aufsichtsrat seine in der Satzung vorgesehene Zustimmung, ist keine Geschäftsordnung wirksam zustande gekommen. Der Vorstand hat sich dann anhand der ggf. unbestrittenen Geschäftsordnungsregelungen, letztlich an dem Grundsatz des § 34 Abs. 1 S. 1 zu orientieren. Sind die vom Vorstand vorgeschlagenen Regelungen sachgerecht, ist die Geschäftsführung ordnungsgemäß; und dann muss der Aufsichtsrat in Wahrnehmung seiner Sorgfaltspflichten zustimmen, vgl. § 34 Rdn. 141 ff. und § 41 Rdn. 5 ff. Wegen gesetzlicher Beschränkungen der Leitungsbefugnis des Vorstands vgl. z.B. §§ 39, 49; s.a. Rdn. 3 u. 9. Im Übrigen ergeben sich Beschränkungen für den Vorstand aus dem Förderauftrag und dem (satzungsmäßigen) Unternehmensgegenstand. 61 Aus dem Grundsatz der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung der Mitglieder folgt, dass bei allen Entscheidungen, die die Existenz der eG nachhaltig beeinflussen können, eine Entscheidung der GV/VV herbeizuführen ist, dies gilt insb. dann, wenn eine Entscheidung den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit berührt, den wesentlichen Betriebszweig – es genügt auch der Kern wesentlicher Teilbereiche – betrifft und die Unternehmensstruktur von Grund auf ändert.62 Das gilt bei einer WohnGen entspr. dem Rechtsgedanken aus §§ 179a, 293 AktG; 16 Abs. 2 GenG; §§ 82, 13, 84 UmwG für die Veräußerung eines wesentlichen Teils des die Grundlage des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs bildenden Wohnungsbestands. Ein solches, in den Kernbereich der eG eingreifendes, Grundlagengeschäft fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der GV/VV. Es liegt außerhalb der Leitungs- und Vertretungsbefugnis des Vorstands; Verpflichtungs- wie Erfüllungsgeschäft sind gleichwohl wirksam (s.a. Rdn. 35; § 43 Rdn. 9, 10, 11).63 Der Vorstand kann die eG rechtswirksam verpflichten in Bereichen, die der freien Entscheidung der GV/VV vorbehalten sind. Dies gilt z.B. für die Ausgliederung wesentlicher Bereiche des Geschäftsbetriebs, „Kernbereich“ (§ 43 Rdn. 10; § 16 Rdn. 3). Entsprechendes gilt für Zusagen, die Satzung werde in bestimmter Weise geändert (§ 16 Abs. 1), bestimmte Personen würden in den Aufsichtsrat gewählt (§ 36 Abs. 1) oder für einen Verzicht auf Regressansprüche gegen Organmitglieder (§ 39 Abs. 1). Auch in den einzelnen Anstellungsverträgen können Beschränkungen enthalten sein. Dies ist ebenfalls kein Verstoß gegen § 27 Abs. 1 S. 2, da diese Vorschrift sich an den Gesamtvorstand wendet, dessen allumfassende Zuständigkeit durch Einzelverträge mit den einzelnen Vorstandsmitgliedern nicht beschränkt wird. Unechte Gesamtvertretung (zum Begriff § 25 Rdn. 5, 6) stellt sich nicht als eine Beschränkung des Umfangs der gesetzlichen Vertretungsmacht des Vorstands dar. Die Möglichkeit, unechte Gesamtvertretung oder gar Einzelvertretung vorzusehen, ergibt sich aus § 25. Eine derartige Ausgestaltung ist insb. keine Beschränkung i.S.d. § 27 Abs. 1 S. 2. Sie wirkt, da aus dem Genossenschaftsregister ersichtlich, gegen Dritte.64
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60 Bauer Genossenschaft-Handbuch § 27 Rdn. 41. 61 Vgl. RGZ 115, 249; Beuthien GenG § 27 Rdn. 5; Fritz S. 118 ff.; Neumann S. 113 ff. sowie Beuthien in DGRV-Vorstandsveranstaltung 1981 für gehobene Kräfte aus dem Prüfungsdienst, S. 25 f. 62 Vgl. Erl. zu § 43 Rdn. 9 ff.; BGH NJW 1982, 1703 = DB 1982, 795; OLG Karlsruhe AG 2003, 388; LG Duisburg AG 2003, 390 – jeweils zur AG; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 27 Rdn. 6; Beuthien GenG § 27 Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 16 m.w.N. 63 Str. ebenso Beuthien Gutachten v. 27.6.1994 für den GdW; einschränkend BGHZ 83, 122 = DB 1982, 795; s.a. Rdn. 35, § 43 Rdn. 9, 10, 11. 64 RGZ 85, 140 f.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 30; Beuthien GenG § 27 Rdn. 21; Müller GenG § 27 Rdn. 11.
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Unproblematisch ist es hingegen, wenn der Vorstand einen Vertrag vorbehaltlich der Zustimmung des AR (oder der GV/VV) schließt, da es sich um eine echte aufschiebende Bedingung handelt (§ 158 BGB).65 3. Geschäftsverteilung, Delegierung. Von der Beschränkung i.S.d. § 27 Abs. 1 S. 2 23 ist die zulässige Geschäftsverteilung durch den Vorstand auf einzelne Vorstandsmitglieder zu unterscheiden. Hierfür spricht insb. bei Vorständen mit mehr als einem hauptamtlichen Vorstandsmitglied ein praktisches Bedürfnis. Auch können über die Verteilung der Geschäfte ehrenamtliche Vorstandsmitglieder in angemessener Weise bei der Aufgabenzuweisung berücksichtigt werden. Die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Vorstands in seiner Gesamtheit bleibt davon unberührt.66 Er kann jederzeit eine neue Verteilung vornehmen oder sich die Geschäftsführung in diesem Bereich insgesamt vorbehalten, auch jederzeit einzelne Aufgaben oder Geschäftsbereiche wieder an sich ziehen (vgl. im Übrigen Rdn. 26 u. 28). Auch bei einer Ressortteilung hat kein Vorstandsmitglied ein Weisungsrecht gegenüber anderen; deshalb kann auch keinem Vorstandsmitglied eine Richtlinienkompetenz eingeräumt werden, da die Beachtung festgelegter Richtlinien einem Weisungsrecht gleichkäme. Auch kann kein Vorstandsmitglied von der Richtlinienkompetenz ausgeschlossen werden. Denkbar ist allenfalls, dass die stellvertretenden Vorstandsmitglieder (Erl. zu § 35) die von den ordentlichen Vorstandsmitgliedern festgelegten Richtlinien zu beachten haben.67 Auch ist möglich, Funktionen auf einen Ausschuss, bestehend aus Vorstandsmitgliedern, zu delegieren. Ein gemeinsamer Ausschuss von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern kann jedoch wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung nur beratende Funktion haben. Unterliegt das Unternehmen dem Mitbestimmungsgesetz und existiert ein Arbeits- 24 direktor, so muss diesem wegen des engen Zusammenhangs zwischen Datenschutz68 und der Personenverwaltung, insb. dem Verwalten von Personaldaten und Personalakten, auch im Bereich des Datenschutzes eine eigenverantwortliche Zuständigkeit zugestanden werden; dies auch deshalb, weil der Bereich der Personalverwaltung nach h.M. zumindest zum Ressort des Arbeitsdirektors gehört. Eine Beschränkung des Arbeitsdirektors in der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung auf bloße Mitwirkungsbefugnisse im Bereich des Datenschutzes wäre eine unzulässige Einschränkung des Mindestressorts des Arbeitsdirektors.69 Neben der Möglichkeit, die Geschäfte im Rahmen eines Geschäftsverteilungsplans 25 einzelnen Vorstandsmitgliedern vorrangig zu übertragen, kann der Vorstand zur Durchführung der Geschäfte dritte Personen hinzuziehen.70 Geschieht dies in Form von allgemeinen Führungsrichtlinien, die die Verantwortung und Pflichten der Mitarbeiter regeln und die äußere Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Mitarbeiter betreffen, so sind diese gleichwohl nicht mitbestimmungspflichtig i.S. des Drittelbeteiligungsgesetzes.71 Die Möglichkeit der Delegierung findet jedoch dort ihre Grenze, wo es sich um Entscheidungen über Fragen der allgemeinen Geschäftspolitik und über Fragen grundsätz-
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65 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 29. 66 Neumann S. 121. 67 Zur Geschäftsverteilung im Vorstand vgl. Meyer S. 152 ff.; zur Ausgestaltung von Geschäftsverteilungsplänen vgl. Lindauer Bank-Information 9/80, S. 22 ff.; vgl. auch Höhn Vorstand, S. 42. 68 Hierzu insgesamt Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG, insbesondere Erl. zu § 32 BDSG. 69 Zu unzulässigen Einschränkungen des gesetzlichen Mindestressorts des Arbeitsdirektors durch Geschäftsverteilungsplan und Geschäftsordnung vgl. LG Frankfurt DB 1984, 1388; zur Zuordnung des Datenschutzbeauftragten zur Unternehmensleitung vgl. Schaffland/Wiltfang BDSG §§ 4 f. Rdn. 46. 70 Delegierung, s. hierzu a. § 34 Rdn. 30 ff.; Müller GenG § 24 Rdn. 12. 71 BAG Beschl. v. 23.10.1984, Az. 1 ABR 2/83.
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licher Art, wie z.B. auf dem Gebiet der Produktion, der Finanzierung, der Organisation handelt (Leitungsverantwortung).72 Generell werden alle grundsätzlichen Geschäfte vom Vorstand selbst beschlossen werden müssen. Eine Delegierung dieser Entscheidungen z.B. auf Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte dürfte mit § 27 Abs. 1 nicht im Einklang stehen.73 Im Falle der Geschäftsverteilung bzw. der Delegierung bestimmter Aufgabenberei26 che übernimmt zwar der Einzelne die Sachverantwortung (Handlungsverantwortung); die Leitungsverantwortung verbleibt jedoch stets beim Gesamtvorstand (vgl. im Einzelnen § 34 Rdn. 26 ff.). Ihn trifft insoweit eine Überwachungspflicht (zum Outsourcing s. Rdn. 11 a.E.).74 Der Vorstand hat die Überwachung selbst durchzuführen unter Zuhilfenahme geeigneter Personen (z.B. Innenrevisoren). Zur Kontrolle durch den Aufsichtsrat vgl. Erl. zu § 38, zur Einschaltung der internen Revision insoweit vgl. § 38 Rdn. 10, siehe auch die Dienstanweisungen für die interne Revision von Kreditgenossenschaften bzw. von Warengenossenschaften. Zur Überwachung gehört auch, dass sich der Vorstand in Vorstandssitzungen regelmäßig über alle Vorkommnisse in den Bereichen informiert, für die einzelne Vorstandsmitglieder zuständig sind.75 Diesem Informationsrecht entspricht auf Seiten des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds eine Pflicht zur Information des Gesamtvorstands über Geschäftsvorfälle, die von besonderer Bedeutung sind bzw. die nach dem erklärten oder zu vermutenden Willen auch nur eines Vorstandskollegen mitgeteilt werden sollen.76 Unzulässig ist es, ein Vorstandsmitglied (z.B. als Ressortleiter) durch Geschäftsordnungsregelung oder Vorstandsbeschluss einem anderen Vorstandsmitglied (z.B. dem Vorsitzenden) weisungsgebunden unterzuordnen. 27
4. Ehrenamtliche Mitglieder im Vorstand. § 24 Abs. 3 S. 1 stellt lediglich fest, dass die Mitglieder des Vorstands besoldet oder unbesoldet sein können (wegen der Begriffe siehe § 24 Rdn. 28 ff.). Die Beteiligung hauptamtlicher Vorstandsmitglieder kann gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben77 oder wegen des Umfangs oder Gegenstandes des Geschäftsbetriebs die einzig angemessene Organisation des Vertretungs- und Geschäftsführungsorgans sein; ist diese Notwendigkeit nicht gegeben, z.B. bei kleineren eG, darf der Vorstand auch rein ehrenamtlich besetzt sein.78 Diese Unterscheidung berührt grundsätzlich nicht die Leitungsverantwortung aller Mitglieder des Vorstands im Rahmen von § 27 Abs. 1 und auch nicht die Verantwortung für Sorgfaltspflichtverletzungen im Rahmen von § 34. Dies bedeutet, dass auch nicht besoldete, also ehrenamtliche Mitglieder des Vorstands allen gesetzlichen Vorschriften über die Pflichten und Rechte, über die Verantwortung sowie die Haftung der Vorstandsmitglieder unterworfen sind.79 Ehrenamtlich tätig ist auch, wer zwar nominell zur Leitung der eG berufen ist, aber von der Wahrnehmung der Leitungsfunktion durch besondere Rechtsvorschriften, Geschäfts-
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72 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 15; BerlKomm/Keßler § 27 Abs. 1 Rdn. 2, 20; Großfeld/ Schulte ZfgG 1985, 189 f. 73 Zur Delegierung im Allgemeinen vgl. Höhn Vorstand, S. 26 ff.; zu den Grenzen der Geschäftsverteilung Neumann S. 122 ff. 74 Hierzu auch Müller GenG § 24 Rdn. 14. 75 Vgl. im Übrigen ausführlich § 34 und die dortigen Erl., sowie Höhn Vorstand, S. 133 ff.; Großfeld/ Schulte ZfgG 1985, 187 ff. 76 Neumann S. 122. 77 Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG müssen Kredit eG mindestens zwei hauptamtliche Vorstandsmitglieder („Geschäftsleiter, die nicht nur ehrenamtlich tätig sind“) haben. 78 Mentz in Festschrift für Schaffland S. 197. 79 Mentz in Festschrift für Schaffland S. 199; wegen der Begriffe vgl. § 24 Rdn. 28 ff.
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ordnung oder Einzelvereinbarung ausgeschlossen ist.80 Auch ehrenamtliche oder nebenamtliche Vorstandsmitglieder tragen zusammen mit den hauptamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern die Leitungsverantwortung.81 Ihre Tätigkeit kann daher nicht gleichgesetzt werden mit der Aufsichtsfunktion von Mitgliedern des Aufsichtsrats. Sie erfüllen wichtige Aufgaben für die eG, die weder hauptamtliche Vorstandsmitglieder noch der Aufsichtsrat generell ebenso effizient wahrnehmen können.82 Sie haben – im Rahmen bestehender Geschäftsverteilungspläne oder Geschäftsordnungen – mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Leiters einer eG (§ 34 Abs. 1) die Gesamtverantwortung mitzutragen.83 Sie haben das Recht und ggf. die Pflicht, sich über alle wesentlichen Geschäftsvorfälle in der eG zu informieren und an allen wesentlichen Entscheidungen beteiligt zu sein. Die Tatsache, dass sie im Allgemeinen von der konkreten Geschäftsführungstätigkeit und damit von der Zuweisung bestimmter Leitungsbereiche befreit sind, bedeutet eine Verlagerung der Primärverantwortung in diesen Bereichen auf die Geschäftsführer bzw. geschäftsführenden Ressortleiter (s.a. Erl. zu § 34). In diesen Fällen dürfen und müssen die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder die Geschäftsführung anders und intensiver überwachen als der Aufsichtsrat.84 Die Mitunterzeichnung einer Erklärung der eG nach außen (z.B. eines Kreditvertrags) bedeutet grds. auch die Mitverantwortung für den Inhalt der Erklärung. Mit zunehmenden zu beachtenden gesetzlichen Pflichten kommt der ausreichenden und regelmäßigen Schulung der ehrenamtlichen Vorstände (und Aufsichtsräte, dazu unten) gesteigerte Bedeutung zu. So sehen bspw. einige Mustergeschäftsordnungen eine Verpflichtung zur Schulung für neu eintretende und eine turnusmäßige Nachschulung für im Amt befindliche Mitglieder vor.85 5. Willensbildung und Beschlussmängel. Der Vorstand fasst seine Beschlüsse 28 grds. in Vorstandssitzungen.86 Eine Beschlussfassung ist jedoch einvernehmlich im schriftlichen Umlaufverfahren per E-Mail oder auch telefonisch möglich, da das Gesetz keine Form vorschreibt.87 Es sind alle bestellten und nicht wirksam ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder zu laden, soweit kein ausdrücklicher Ladungsverzicht vorliegt. Beschlüsse sind entweder wirksam oder gültig (so auch § 36 Rdn. 70 beim Aufsichtsrat), eine entsprechende Anwendung von § 51 scheidet aus,88 es gelten die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze; schwere Verfahrensmängel (fehlende Beschlussfähigkeit, keine Zuständigkeit, keine erforderliche Mehrheit, Verstoß gegen zwingende gesetzliche oder statutarische Vorschriften) führen daher zur Nichtigkeit.89 Mängel bei der Ladung führen nur dann zur Unwirksamkeit, wenn sie das Ergebnis hätten beeinflussen können, z.B. nicht bei Nichteinladung eines Vorstandsmitglieds, wenn die fehlende Abstimmung für das Ergebnis nicht ursächlich war.90 Die Satzung oder Geschäfts-
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80 BVerwG ZfgG 1988, 232. 81 Mentz in Festschrift für Schaffland S. 197. 82 Mentz in Festschrift für Schaffland S. 202. 83 Fritz S. 132, 133, der darauf hinweist, dass sie eben nicht nur eine Überwacherfunktion ausüben. 84 Mentz in Festschrift für Schaffland S. 200. 85 Muster-GO für den Vorstand und Aufsichtsrat des DGRV, Geschäftsbereich BÄKO (Stand 8/2010 bzw. 9/2010), § 16 (VS) und § 11 (AR). 86 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 30; bei Kleinstgenossenschaften mit nur einem Vorstandsmitglied entfällt dies naturgemäß. 87 BGH WM 1960, 1249; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 45. 88 So noch die Vorauflage mit dem Hinweis zum ähnlich gelagerten Problem bei der GV § 51 Rdn. 50, 63, 73; unklar Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 30. 89 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 60 u. § 36 Rdn. 167, Einzelfälle, Rdn. 169 ff. m.w.N. 90 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 60 viertes Beispiel.
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ordnung kann eine Beschlussfähigkeitsregel vorsehen, in der Regel ist dies die Mitwirkung von mehr als der Hälfte der Vorstandsmitglieder (vgl. die Mustersatzungen). Der Aufsichtsrat hat nur ein Recht, an den Vorstandssitzungen teilzunehmen, soweit die Satzung ihm dieses einräumt. Unwirksame Vorstandsbeschlüsse sind im Außenverhältnis wirksam, wenn der Vorstand ordnungsgemäß vertreten ist.91 Abstimmungen haben grundsätzlich im Hinblick auf die persönliche Verantwortung der Vorstandsmitglieder (§ 34 Abs. 2) offen zu erfolgen.92 Stimmenthaltungen sind nur in Ausnahmefällen denkbar; dies ergibt sich aus § 34 Abs. 1 Satz 1. Vorstandsmitglieder haben kein Stimmrecht (vgl. entsprechend § 43 Abs. 6 und § 34 BGB), wenn es um eigene Interessen geht;93 sie haben auch kein Recht auf Teilnahme an der Beratung, wenn der Vorstand unbefangen beraten muss, jedoch sollten sie angehört werden, wenn die Satzung dies nicht ohnehin vorschreibt.94 In diesen Fällen entscheidet der Sitzungsleiter, auf Antrag eines – auch des befangenen Vorstandsmitglieds – der Gesamtvorstand.95 Beschlüsse bedürfen grundsätzlich der Einstimmigkeit (Grundsatz der gemeinsamen 29 Geschäftsführung). Abweichende Regelungen in der Satzung oder Geschäftsordnung für den Vorstand sind zulässig,96 so z.B. Vollmachterteilung an ein anderes Mitglied oder schriftliche Stimmabgabe eines in der Sitzung nicht oder nicht mehr anwesenden Mitglieds. Praktischen Bedürfnissen entsprechend wird in den Satzungen in der Regel eine einfache Mehrheit für ausreichend gehalten. Bei Stimmengleichheit ist ein Beschluss nicht zustande gekommen. Um eine solche Patt-Situation zu verhindern, wäre es denkbar, dass in der Satzung oder in der Geschäftsordnung vorgesehen wird, dass die Stimme eines bestimmten Organmitglieds, z.B. des Vorstandsvorsitzenden, den Ausschlag gibt,97 wenn auch im Allgemeinen in der Praxis hierfür kein Bedürfnis bestehen dürfte.98 Dieser Stichentscheid ist jedoch dort unzulässig, wo ein Vorstand nur aus zwei Vorstandsmitgliedern besteht, da er hier auf ein Alleinentscheidungsrecht eines Vorstandsmitglieds hinauslaufen würde.99 Unzulässig ist es, in der Satzung oder Geschäftsordnung vorzusehen, dass bestimm30 ten Vorstandsmitgliedern, z.B. dem Vorstandsvorsitzenden, ein Alleinentscheidungsrecht auch gegen die Stimmen der übrigen Vorstandsmitglieder eingeräumt wird,100 da dies gegen das Gebot der Verantwortlichkeit aller Vorstandsmitglieder verstoßen würde. Andererseits könnte durch die Satzung oder die Geschäftsordnung bestimmten Vor31 standsmitgliedern ein Vetorecht gegen Entscheidungen der Mehrheit eingeräumt wer-
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91 Zu eng OLG Schleswig NJW 1960, 1862, das die Auffassung vertritt, die Mitgliederversammlung eines Vereins könne keine gültigen Beschlüsse fassen, wenn der Vorstand, der die Einberufung beschlossen habe, nicht ordnungsgemäß geladen sei; vgl. auch § 44 Rdn. 11. 92 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 51. 93 Vgl. zu dem ähnlich gelagerten Problem bei der Beschlussfassung in der GV § 43 Rdn. 96 ff. (Orig. S. 378). 94 Vgl. § 19 Abs. 3 S. 2 bzw. 4 S. 2 der Mustersatzungen; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 49. 95 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 49, 50. 96 So für die AG ausdrücklich § 77 Abs. 1 S. 2 AktG; so für die eG Beuthien GenG § 27 Rdn. 4 a.E.; Müller GenG § 24 Rdn. 16; Neumann S. 119. 97 So BGHZ 89, 59 = NJW 1984, 733 – GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 53; Parisius/ Crüger/Citron § 25 Anm. 3; Neumann S. 120. 98 Im Übrigen nicht unbedenklich im Hinblick auf das aus § 24 Abs. 1 sich ergebende Kollegialsystem und die im Grundsatz gleiche Verantwortung und Haftung der Vorstandsmitglieder. 99 OLG Karlsruhe AG 2001, 94 – AG; OLG Hamburg AG 1985, 251 – AG; Neumann S. 120. 100 H. M.; Paulick in Festschrift für Draheim S. 223; Neumann S. 119.
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Beschränkung der Vertretungsbefugnis | § 27
den.101 Für eine derartige Regelung besteht jedoch im genossenschaftlichen Bereich kein praktisches Bedürfnis, sie wäre im Hinblick auf die im Grundsatz gleiche Verantwortung und Haftung der Vorstandsmitglieder auch bedenklich. In einer der Mitbestimmung unterliegenden eG ist es mit Rücksicht auf die Rechtsstellung des Arbeitsdirektors unzulässig, dem Vorstandsvorsitzenden ein allgemeines Vetorecht einzuräumen.102 Ist bei einem Vorstand, der aus zwei Personen besteht, ein Vorstandsmitglied ver- 32 hindert – z.B. infolge Krankheit oder Urlaub –, ist eine Beschlussfähigkeit des Vorstands nicht mehr gegeben. Das verbleibende Mitglied könnte allerdings die täglich zu treffenden Entscheidungen grundsätzlich ohne vorherige Beschlussfassung fällen und ausführen. Das verhinderte Vorstandsmitglied könnte später genehmigen oder nach § 25 Abs. 3 das verbleibende Mitglied zur Vornahme bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen, nicht jedoch – wegen § 25 Abs. 3 S. 1 – Generalvollmacht erteilen (hierzu auch § 25 Rdn. 3). Wegen der Verantwortlichkeit und Haftung verhinderter Vorstandsmitglieder vgl. Erl. zu § 34. Es verbleibt die Möglichkeit, den Vorstand für diesen Zeitraum nach § 37 Abs. 1 S. 1 zu ergänzen. Existiert ein Geschäftsverteilungsplan, ist das einzelne Vorstandsmitglied berech- 33 tigt und verpflichtet, die gewöhnlichen Entscheidungen seines Ressorts allein zu treffen und auszuführen. Es besteht jedoch eine regelmäßige Berichtspflicht gegenüber dem Gesamtvorstand in Vorstandssitzungen, da die Gesamtverantwortung des Vorstands als Kontrollverantwortung bestehen bleibt (vgl. Rdn. 23, 26 sowie § 34 Rdn. 26 ff.).103 Dem entspricht ein Informationsanspruch der übrigen Vorstandsmitglieder. Der Beschluss ist erst wirksam, wenn das Beschlussergebnis festgestellt worden ist, 33a eine Verkündung ist nicht notwendig, die Protokollierung entspricht dem Grundsatz einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung,104 eine Unterlassung nimmt dem Beschluss nicht seine Wirksamkeit.105 6. Verstöße gegen Beschränkungen. Ein Verstoß gegen Satzungsregelungen 34 (insb. Satzungsbeschränkungen) kann als Verstoß gegen Sorgfaltspflichten Schadensersatzansprüche der eG nach § 34 zur Folge haben.106 Dies gilt auch bei Verstößen gegen Regelungen der Geschäftsordnung. Andererseits kann in Ausnahmefällen die Leitungsverantwortung gebieten, bei Wahrnehmung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer eG, im Interesse der eG ein Geschäft durchzuführen, für das die satzungsmäßig erforderliche Mitwirkung des Aufsichtsrats nicht vorliegt.107 Für Beschlussmängel enthält das Gesetz keine dem § 51 vergleichbare Vorschrift, Anfechtbarkeit gibt es nicht. Es gelten die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze. Verstöße gegen zwingende gesetzliche oder satzungsmäßige Bestimmungen führen zur Nichtigkeit, auf die sich jeder berufen kann.108
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101 H. M.; OLG Karlsruhe AG 2001, 94 – AG; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 54; sowie Müller GenG § 24 Rdn. 16; Neumann S. 119. 102 BGH NJW 1984, 733 – GmbH. 103 Müller GenG § 24 Rdn. 19; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 27 Rdn. 9. 104 Vgl. Mustersatzungen § 19 Abs. 2 bzw. 3. 105 Zum Vorstehenden Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 56, 57. 106 BGH WM 1962, 101. 107 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 27 Rdn. 12; weitergehend Höhn Das Nein des Aufsichtsrats, S. 85, der stets dem Vorstand dieses Recht einräumt. 108 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 58, 59.
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§ 27 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
III. Unwirksamkeit von Beschränkungen im Außenverhältnis (Abs. 2) Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugnis des Vorstands, die eG zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Die Vertretungsbefugnis des Vorstands ist also gegenüber Dritten unbeschränkbar. Die vom Vorstand geschlossenen Rechtsgeschäfte sind auch bei Missachtung von Beschränkungen grundsätzlich wirksam (vgl. Rdn. 31). Auch die Satzung der eG kann Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands – mit Wirkung gegenüber Dritten – nicht einführen. Allerdings unterliegt die Vertretungsmacht des Vorstands – auch mit Wirkung gegenüber Dritten – gesetzlichen Beschränkungen. So bedarf z.B. bei einer Verschmelzung durch Übernahme der Verschmelzungsvertrag der Genehmigung durch die GV/VV beider eG; er wird erst mit dieser Genehmigung rechtsverbindlich (§§ 13, 84 UmwG), vgl. § 13 UmwG Rdn. 1. Gleiches gilt für den Abschluss von Unternehmensverträgen (§§ 291 ff. AktG).109 Auch kann der Vorstand einen Vertrag „vorbehaltlich der Zustimmung des Aufsichtsrats“ abschließen, dies ist eine zulässige aufschiebende Bedingung nach § 158 BGB, siehe dazu bereits oben Rdn. 22.110 Weil die Vertretungsbefugnis des Vorstands – mit Wirkung gegenüber Dritten – un36 beschränkbar ist, ist die Kenntnis eines Dritten von internen Beschränkungen grundsätzlich ohne Bedeutung. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nach § 242 BGB, wenn sich Vorstandsmitglieder bewusst zum Nachteil der eG über Beschränkungen hinwegsetzen und der Geschäftspartner dieses erkannte oder unschwer hätte erkennen müssen, weil sich dem Dritten der Missbrauch sofort ohne weitere Nachforschungen hätte aufdrängen müssen.111 Das Gleiche gilt, wenn ein Dritter in sittenwidriger Weise mit dem Vorstand zum Nachteil der eG zusammengewirkt hat.112 Derartige Vertretungshandlungen sind schwebend unwirksam, Vorstandsmitglieder in nach der Satzung vertretungsberechtigter Zahl können genehmigen, bei Versagung der Genehmigung wird das Geschäft nichtig. Keine Eigenhaftung der handelnden Vorstandsmitglieder, da der Dritte den Missbrauch der Vollmacht erkennen konnte.113 Mitglieder stehen im Rahmen ihres Mitgliedschaftsverhältnisses oder auch ihres 37 Organverhältnisses der eG nicht als Dritte gegenüber; sie können sich insoweit nicht auf Abs. 2 berufen. Dies gilt z.B. hinsichtlich der Gewährung einer über den Auslagenersatz hinausgehenden Aufsichtsratsvergütung, ohne dass die in der Satzung vorgesehene Beschlussfassung der GV/VV114 vorliegt. Dies gilt generell hinsichtlich der Bestellung und des Anstellungsverhältnisses von Organmitgliedern. Schließen Genossenschaftsmitglieder jedoch im Geschäftsbetrieb der eG mit ihr Rechtsgeschäfte ab, gelten sie als Dritte, weil solche Rechtsgeschäfte keine internen Angelegenheiten der eG sind.115 Dies gilt auch, wenn mit einem Mitglied ein Dienstvertrag geschlossen oder ihm Prokura erteilt wird. Dritter ist dementsprechend auch der Angestellte der eG bezüglich des mit ihm abgeschlossenen Dienstvertrags;116 er bleibt es auch hinsichtlich 35
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109 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 31. 110 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 25 Rdn. 29. 111 Unbestritten: BGH WM 1997, 1570; BGH WM 1996, 116; BGH NJW 1995, 251 m.w.N.; BGH WM 66, 491; BGHZ 50, 114; Müller GenG § 27 Rdn. 15 f. m.w.N.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 34. 112 Vgl. BGH WM 1988, 1381; BGH NJW 1966, 1911; so bereits RGZ 57, 388; 58, 536; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 33. 113 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 34; BerlKomm/Keßler §§ 25, 26, 27 Rdn. 10. 114 § 22 Abs. 7 S. 2 der Mustersatzungen der ländlichen und gewerblichen eG. 115 RGZ 4, 72. 116 RAG JW 1935, 1357 = BlfG 1935, 338.
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Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis | § 28
dieses früher abgeschlossenen Vertrags, wenn er später Mitglied des Vorstands der eG wird.117 einstweilen frei 38/39 IV. Weitere Organe Aus dem Wortlaut in § 27 Abs. 2 S. 2 „oder eines anderen Organs“ ergibt sich, dass 40 die eG außer Vorstand, Aufsichtsrat und GV/VV noch andere Organe haben kann, z.B. einen Beirat, einen Genossenschaftsrat oder einen besonderen Vertreter nach § 30 BGB. Erforderlich ist jedoch stets eine entsprechende Satzungsregelung. Auch bei fehlender Satzungsbestimmung ist eine eG, die einen besonderen Vertreter hätte ausweisen müssen, so zu behandeln, als habe sie diesen nach § 30 BGB bestellt.118 Diesen weiteren Organen können jedoch nur in engen Grenzen Teile der den gesetzlichen Organen zustehenden Aufgaben zugewiesen werden, 119 vgl. Rdn. 13 zum Beirat. Für die Zahlung von Aufwandsentschädigungen und ggf. die Festsetzung einer ent- 41 sprechenden Pauschale (z.B. Sitzungsgeld) ist der Vorstand zuständig. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Für die SCE mit Sitz in Deutschland mit dualistischem System (Vorstand und Auf- 42 sichtsrat) gilt § 27 GenG über Art. 8 Abs. 1 C) II) SCE-VO. Beim monistischen System einer SCE in Deutschland leitet der (nach dem Drittelbeteiligungsgesetz bzw. dem Mitbestimmungsgesetz mit Arbeitnehmern zu einem Drittel bzw. zur Hälfte mitbestimmte) Verwaltungsrat die SCE und bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung, § 18 Abs. 1 SCEAG. Nach § 22 Abs. 2 SCEAG führen die geschäftsführenden Direktoren die Geschäfte der SCE gemeinschaftlich (und vertreten diese gerichtlich und außergerichtlich, § 23 Abs. 1 SCEAG, s. o. § 26 zur SCE. Über die Satzung oder eine vom Verwaltungsrat erlassene Geschäftsordnung kann abweichend von der Gesamtgeschäftsführung eine Geschäftsverteilung/Delegierung geregelt werden (§ 22 Abs. 2 Satz 2 SCEAG). Allerdings können gesetzlich dem Verwaltungsrat zugewiesene Aufgaben nicht auf die geschäftsführenden Direktoren übertragen werden (§ 22 Abs. 2 Satz 3 SCEAG).
§ 28 Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis § 28 Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis Jede Änderung des Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds hat der Vorstand zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. Der Anmeldung sind die Urkunden über die Änderung in Urschrift oder Abschrift beizufügen. Die Eintragung ist vom Gericht bekannt zu machen. I. II. III.
Übersicht Allgemeines | 1–2 Änderung des Vorstands | 3–7 Änderung der Vertretungsbefugnis | 8–9
IV. V.
Verfahren | 10–17 Europäische Genossenschaft (SCE) | 18
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117 BAG NJW 1955, 1574 = ZfgG 1955, 392 Nr. 92. 118 BGH DB 1977, 2135. 119 Vgl. Voormann ZfgG 1984, 237 ff.; zu den Möglichkeiten und Grenzen der Kompetenzverlagerung Thümmel DB 1995, 2461.
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§ 28 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
I. Allgemeines § 28 Abs. 1 ist durch Novelle 73 neu gefasst worden. Die Neufassung lehnt sich an § 81 Abs. 1 und 2 AktG an.1 Das Genossenschaftsregister soll im Interesse Dritter, die mit der eG in Verbindung 2 treten, jederzeit über die Vorstandsmitglieder und ihre Vertretungsbefugnis Auskunft geben, damit ergänzt die Vorschrift die §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 3. Das liegt zugleich im Interesse der eG. § 28 sieht vor, dass jede Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds aus dem Genossenschaftsregister ersichtlich wird, indem es den Vorstand zu den entsprechenden Anmeldungen verpflichtet. Eine Nichtbeachtung dieser Pflicht kann zu Verhängung eines Zwangsgeldes führen (Rdn. 15). 1
II. Änderung des Vorstands In erster Linie ist unter Änderung des Vorstands eine Änderung in der Zusammensetzung des Vorstands zu verstehen.2 Die Wiederwahl eines Vorstandsmitglieds oder die Verlängerung seiner Amtszeit bedarf deshalb nicht der Anmeldung, es sei denn die Amtszeit ist im Register eingetragen. Wird jemand nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Vorstandsmitglied bestellt, so hindert das nicht die Anmeldung und Eintragung (zum Zeitpunkt der Anmeldung Rdn. 10). Es ist aber der Zeitpunkt des künftigen Amtsantritts zu vermerken.3 Voraussetzung ist, dass es sich um einen überschaubaren Zeitraum handelt.4 Ist das Ausscheiden aus dem Vorstandsamt bereits zeitlich fixiert, kann dies bereits zu einem früheren Zeitpunkt unter Angabe des genauen Beendigungstermins eingetragen werden.5 4 War ein Vorstandsmitglied bisher als stellvertretendes Vorstandsmitglied im Genossenschaftsregister eingetragen und wird dieses nunmehr zum ordentlichen Vorstandsmitglied, ändert sich nicht die Zusammensetzung des Vorstands an sich; dem Willen des § 28 entspricht es jedoch, diese Änderung der Wertigkeit des Vorstandsmitglieds als Änderung des Vorstands anzumelden.6 Neueintragungen von Stellvertretern sollten nicht mehr erfolgen, weil Missverständnisse über das tatsächliche Bestehen einer Vertretungsbefugnis hervorgerufen werden könnten;7 teilweise wird vertreten,8 der Stellvertreterzusatz sei nicht eintragungsfähig, da die Vertretungsmacht im Aussenverhältnis nicht beschränkt werden könne. Dem ist nicht zu folgen, da mit der Einschränkung „stellvertretendes Vorstandsmitglied“ keine Beschränkung erfolgt, vielmehr regelt das Gesetz die Stellung des stellvertretenden Vorstandsmitglieds eindeutig in § 35 mit Verweis auf die Vorschriften für die Vorstandsmitglieder, der Rechtsverkehr wird also durch diese Eintragung nur über eine gesetzlich mögliche Regelung informiert. 3
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1 Vgl. deshalb auch die Kommentarliteratur zu § 81 AktG; Beuthien GenG § 28 Rdn. 1. 2 KGJ 29, 214. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 5; Müller GenG § 28 Rdn. 9; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 28 Rdn. 5. 4 Nach Frels AG 1967, 229 höchstens ein Jahr. 5 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 6; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 28 Rdn. 5. 6 Müller GenG § 28 Rdn. 2; Parisius/Crüger/Citron § 28 Anm. 1; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 16 und Beuthien GenG § 28 Rdn. 2 – jeweils unter Berufung auf BGH NJW 1998, 1071. 7 BGH NJW 1998, 1071 zur GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 16; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 28 Rdn. 2. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 16 unter Verweis auf BGH Urt. v. 10.11.1997, Az. II ZB 6/97 = NJW 1998, 1071; a.A. OLG Düsseldorf Urt. v. 28.2.1969, Az. 3 W 39/69, NJW 1969, 1259 und OLG Stuttgart Urt. v. 15.7.1960, Az. 8 W 143/60, NJW 1960, 2150 zum stellv. Geschäftsführer einer GmbH.
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Änderung des Vorstands und der Vertretungsbefugnis | § 28
Auch die vorläufige Suspendierung durch den Aufsichtsrat nach § 40 ist anmelde- 5 pflichtig,9 jedoch nur die Tatsache selbst, nicht ihre Gründe; zur einvernehmlichen vorläufigen Suspendierung vgl. § 24 Rdn. 95 und 96. Die Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand nach § 37 Abs. 1 S. 2 sowie die Beendigung der Amtszeit eines nach § 37 Abs. 1 S. 2 in den Vorstand entsandten Aufsichtsratsmitglieds sind ebenfalls anzumelden.10 Obwohl ein späterer Wechsel in den persönlichen Verhältnissen des einzelnen 6 Vorstandsmitglieds keine Änderung des Vorstands ist, muss die Anmeldung nach § 18 Abs. 1 GenRegV den Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort enthalten. Spätere Änderungen des Wohnorts sind zwar nicht eintragungspflichtig, aber eintragungsfähig; stellt die eG einen Antrag, muss das Registergericht diese Änderung eintragen.11 Unter Änderung des Vorstands ist nicht ein späterer Wechsel in den persönlichen 7 Verhältnissen (z.B. Beruf, Wohnort) des einzelnen Vorstandsmitglieds zu verstehen. Hierunter fällt jedoch eine (aufgrund einer Adoption oder Heirat) eingetretene Namensänderung eines Vorstandsmitglieds, da sich mit der Namensänderung die Unterschriftenzeichnung, die dem Registergericht eingereicht werden muss, ändert.12 Nicht anmeldepflichtig ist eine Änderung der Ressortverteilung im Vorstand, da dies die Geschäftsverteilung und nicht die Vertretungsmacht betrifft. Gleiches gilt für die Ernennung und Abberufung eines Vorsitzenden oder Sprechers, es sei denn mit dieser Funktion ist eine besondere Vertretungsbefugnis verbunden (siehe auch Rdn. 9).13 III. Änderung der Vertretungsbefugnis Unter Änderung der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds ist die Ände- 8 rung der Art der Ausübung der Vertretung zu verstehen, also Einzel- oder Gesamtvertretung und die möglichen Abwandlungen (vgl. im Einzelnen die Ausführungen zu § 25). Die Vertretungsbefugnis muss auch dann angemeldet werden, wenn die gesetzliche Regelung eingreift, d.h. wenn echte Gesamtvertretung besteht, das Genossenschaftsregister soll unmittelbar Auskunft geben, ohne das Gesetz oder die Satzung heranziehen zu müssen.14 Einzutragen ist grundsätzlich die generelle (abstrakte) Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder: echte Gesamtvertretung, unechte Gesamtvertretung, gemischte Gesamtvertretung, Einzelvertretung.15 Wenn allerdings diese Angaben im Einzelfall nicht genügen, weil einzelne Vorstandsmitglieder eine von der allgemein angegebenen Vertretungsbefugnis abweichende konkrete Befugnis haben (vgl. die Beispiele in den Ausführungen zu § 25), so ist diese abweichende Befugnis personenbezogen anzumelden.16 Anmeldepflichtig ist nicht, wenn zur Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder 9 einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Darin liegt keine Änderung der Vertretungsbefugnis im Sinne
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9 § 18 Abs. 1 GenRegV; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 9. 10 Unbestritten; statt vieler Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 8 m.w.N. 11 KG Urt. v. 9.2.1905, Az. 1. Y. 7/05; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 10, 12. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 10; Beuthien GenG § 28 Rdn. 2; Müller GenG § 28 Rdn. 3. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 14, 15. 14 OLG Naumburg ZfgG 1996, 61 m. Anm. Reichold; OLG Köln BB 1970, 594 m. Anm. Gustavus. 15 BGH WM 2007, 1372 = ZIP 2007, 1367; OLG Dresden GmbHR 2005, 1310; OLG Hamm NJW 1972, 1763 = DB 1972, 914; OLG Frankfurt BB 1970, 370 m. Anm. Gustavus; OLG Köln BB 1970, 594 mit Anm. Gustavus; Geßler DB 1970, 627; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 20. 16 OLG Hamm DB 1972, 914 = NJW 1972, 1763; Groß Rpfleger 1970, 156; Geßler DB 1970, 627; Hornung Rpfleger 1974, 50, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 20; Beuthien GenG § 28 Rdn. 4.
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§ 28 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
dieser Vorschrift. Änderungen in der Verteilung der Geschäfte mit Änderung der Bezeichnung (z.B. erstes Vorstandsmitglied, Vorstandsvorsitzender etc.) erfordern keine Anmeldung.17 IV. Verfahren 10
Die Anmeldung hat durch den Vorstand zu erfolgen, nur im Fall des § 11 Abs. 1 (Anmeldung der neu gegründeten eG) müssen alle Vorstandsmitglieder (einschließlich Stellvertreter) anmelden, sonst reicht vertretungsberechtigte Anzahl; vgl. § 157, dort auch zur Form der Anmeldung: Die Anmeldung muss elektronisch in öffentlich beglaubigter Form eingereicht werden, versehen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz. Anmeldung nur beim Registergericht der Hauptniederlassung, nicht bei den Gerichten von Zweigniederlassungen. Eine Zeichnung der Unterschrift ist seit Einführung des elektronischen Genossenschaftsregisters nicht mehr notwendig; sie wäre sogar schädlich, da sie für jedermann verfügbar wäre, vgl. auch § 6 Abs. 2 Nr. 4 GenRegV. Existiert nur ein Vorstandsmitglied, kann dieses allein nicht die Anmeldung vornehmen, da das Gesetz einen Vorstand, bestehend aus zwei Personen, vorsieht,18 es sei denn, es handelt sich um eine Kleinst-eG (§ 24 Abs. 2 Satz 3). Neu bestellte Vorstandsmitglieder können mitwirken, da sie bereits im Amt sind und die Eintragung nur deklaratorisch wirkt (Rdn. 17). Ausgeschiedene Vorstandsmitglieder wirken, da sie nicht mehr im Amt sind, bei der Anmeldung ihres Ausscheidens nicht mit.19 Sie können allerdings beim Registergericht anregen, dass die Vorstandsmitglieder, nicht die eG, durch Festsetzung von Zwangsgeld nach § 160 angehalten werden, das Ausscheiden anzumelden. Daneben steht ihnen ein Klageanspruch gegen die eG auf Anmeldung ihres Ausscheidens zu; mit Rechtskraft des obsiegenden Urteils gelten die zur Anmeldung erforderlichen Erklärungen nach § 894 ZPO als abgegeben. Das Ausscheiden wird eingetragen, wenn das mit dem Rechtskraftvermerk versehene Urteil formlos beim Registergericht eingereicht worden ist. Auch neu bestellter Vorstandsmitgliedern bzw. wenn sich die Vertretungsbefugnis von Vorstandsmitgliedern ändert steht dieser Klageanspruch zu.20 11 Die Anmeldung eines neuen Vorstandsmitglieds sollte zeitnah mit seinem Amtsbeginn erfolgen, beim Ausscheiden eine unverzügliche Anmeldung. Der Anmeldung sind die Urkunden über die Änderung in Urschrift oder Abschrift beizufügen. Urkunden über die Änderung sind im Allgemeinen Auszüge aus den betreffenden Protokollen. Urkunden über Vorstandswahlen durch die GV/VV brauchen nur das Wahlergebnis, nicht auch die Art der Wahl und der Einberufung der Versammlung zu enthalten.21 Im Übrigen genügt eine einfache/unbeglaubigte Abschrift des Protokolls, vgl. § 8 GenRegV.22 Bei Tod ist eine Abschrift der Sterbeurkunde beizufügen, bei Beendigung der Organstellung durch Beendigung des Anstellungsvertrags die entsprechende Kündigung (und den Anstellungsvertrag, um die Einhaltung der Kündigungsfrist prüfen zu können) oder die Aufhebungsvereinbarung. Erfolgt die Bestellung des Vorstands durch den Aufsichtsrat, hat das Registergericht nicht zu prüfen, ob die in der Bestellungsurkunde als Aufsichtsratsmitglieder be-
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17 18 19 20 21 22
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 21. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 24. OLG Zweibrücken GmbHR 1999, 479; OLG Hamm OLGZ 1988, 411 = GmbHR 1989, 35. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 29. KGJ 34, 200. KGJ 35 A 157.
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zeichneten Personen wirklich dem Aufsichtsrat angehören.23 Die Urkunde (Protokoll über die Aufsichtsratssitzung) muss die an der Bestellung beteiligten Aufsichtsratsmitglieder sowie den Ablauf und das Ergebnis des Bestellungsakts eindeutig angeben. Gleiches gilt bei Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand nach § 37 Abs. 1.24 Die Annahme der Wahl ist nicht zu prüfen, sie liegt in der Anmeldung. Bei der Anmeldung des Ausscheidens sind ebenfalls die entsprechenden Urkunden beizufügen.25 Bei Ausscheiden infolge Beendigung der Mitgliedschaft sind ebenfalls Urkunden beizufügen, da die Mitgliederliste von der eG geführt wird. Das Gericht hat die angemeldeten Tatsachen grds. nicht nachzuprüfen. Hegt hingegen das Gericht begründete Zweifel an der Wirksamkeit der angemeldeten Änderung, hat es Ermittlungen von Amts wegen anzustellen. Das Registergericht der Hauptniederlassung hat die angemeldeten Tatsachen einzutragen. Eine Weitergabe an die Gerichte der Zweigniederlassungen erfolgt nicht, § 14a ist durch das EHUG vom 10.11.200626 weggefallen. Die Eintragung ist vom Gericht bekanntzumachen. Die Bekanntmachung erfolgt in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem (www.unternehmensregister.de), soweit die öffentliche Bekanntmachung einer Eintragung in das Genossenschaftsregister vorgeschrieben ist, ist sie zu veranlassen, sobald die Eintragung bewirkt ist und ohne dass eine andere Eintragung abgewartet werden darf (§ 4 GenRegV).27 Jede Eintragung oder Ablehnung einer Eintragung in das Genossenschaftsregister ist dem Vorstand, bei einer Europäischen Genossenschaft dem Leitungsorgan oder den geschäftsführenden Direktoren, oder den Liquidatoren bekannt zu geben, dies kann durch Benachrichtigung durch einfache Postsendung erfolgen (§ 3 GenRegV). Werden die Anmeldungen nicht innerhalb des in § 18 Abs. 1 GenRegV festgelegten Zeitraums („unverzüglich“) vorgenommen, kann der Vorstand nach § 160 GenG vom Registergericht durch die Festsetzung von Zwangsgeld angehalten werden, seinen Anmeldepflichten zu genügen, die Vorschrift gilt für Prokuristen entsprechend (§ 18 Abs. 2 GenRegV). Die dem KWG unterliegenden eG haben u.a. nach § 24 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 KWG die Absicht der Bestellung, den Vollzug, die Aufgabe oder die Änderung einer solchen Absicht und das Ausscheiden von Geschäftsleitern sowie die Entziehung der Befugnis zur Einzelvertretung der Kredit eG,28 der BaFin und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen. Gleiches gilt für kommissarische Geschäftsleiter und Liquidatoren, z.B. nach § 37 Abs. 1 S. 2 in den Vorstand delegierte Personen.29 Bei Neubestellung sind in allen o.g. Fällen die vorgesehenen Angaben über die fachliche Eignung und die Zuverlässigkeit zu machen, vgl. § 24 Abs. 1 Ziff. 1 KWG. Die Eintragung hat keine konstitutive, nur deklaratorische Wirkung. Die Vertretungsmacht entsteht mit Berufung (Einigung mit dem Aufsichtsrat bzw. ggf. Annahme der Wahl) und erlischt mit der Abberufung. Die Eintragung entwickelt mithin lediglich
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23 KGJ 18, 36. 24 BayObLG ZIP 2003, 2361 = Rpfleger 2004, 51. 25 Bei Ausscheiden durch Tod eine Abschrift der Sterbeurkunde; bei Abberufung bzw. Suspendierung eine Abschrift des Protokolls über die entsprechende Beschlussfassung. 26 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v. 10.11.2006 BGBl. I, S. 2553. 27 Vgl. § 156 Abs. 1 GenG i.V.m. § 4 GenRegV. 28 Zum Begriff vgl. Reischauer/Kleinhans KWG § 1 Rdn. 73 ff. 29 Reischauer/Kleinhans KWG § 24 Rdn. 5c.
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Publizitätswirkung.30 Eine Änderung der Vertretungsmacht im Wege der Satzungsänderung wirkt jedoch – wegen der Sondervorschrift des § 16 Abs. 6 – konstitutiv, da der Beschluss in diesem Fall erst Wirkung mit der Eintragung im GenR entfaltet. V. Europäische Genossenschaft (SCE) 18
Beim dualistischen System gilt § 28 für die SCE mit Sitz in Deutschland über Art. 8 Abs. 1 S. 1 c) iii) SCE-VO beim monistischen System ist die in § 28 enthaltene Regelung für die geschäftsführenden Direktoren in §§ 26 und 17 Abs. 2 SCEAG übernommen worden, dieses Gesetz gilt gem. Art. 8 Abs. 1 S. 1 c) i) SCO-VO als dem nationalen GenR vorrangige nationale Ausführungsvorschriften für die SCE mit Sitz in Deutschland. In der Anmeldung haben die geschäftsführenden Direktoren zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach der SCE-VO entgegenstehen und dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Entsprechend diesen Vorschriften regelt § 18 GenRegV für die SCE in Deutschland, dass die Bestellung von Mitgliedern des Leitungsorgans (Vorstand) oder geschäftsführenden Direktoren und deren Stellvertretern, ihre Vertretungsbefugnis sowie die Beendigung oder Änderung der Vertretungsbefugnis (§§ 17 Abs. 1 bis 3, 23 Abs. 1 bis 3 und 26 SCEAG) unverzüglich zum GenR anzumelden ist. Gleiches gilt für eine vorläufige Amtsenthebung durch den Aufsichtsrat (§ 40). Die Vorstandsmitglieder bzw. geschäftsführenden Direktoren und ihre Stellvertreter sind mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort einzutragen. Jede Eintragung oder Ablehnung einer Eintragung in das Genossenschaftsregister ist bei einer SCE mit Sitz in Deutschland dem Leitungsorgan, dem SCE-Vorstand beim dualistischen System oder den geschäftsführenden Direktoren beim monistischen System bekannt zu geben, dies kann durch Benachrichtigung durch einfache Postsendung erfolgen (§ 3 GenRegV). Die Erstanmeldung einer SCE richtet sich nach § 17 Abs. 2 GenRegV. Diese hat durch alle Gründer, Mitglieder des Vorstands bzw. Mitglieder des Verwaltungsrats und alle geschäftsführenden Direktoren zu erfolgen. Auf den Geschäftsbriefen der SCE sind bei der SCE mit monistischem System alle geschäftsführenden Direktoren sowie der Vorsitzende des Verwaltungsrats anzugeben (§ 25 SCEAG).
§ 29 Publizität des Genossenschaftsregisters § 29 Publizität des Genossenschaftsregisters (1) Solange eine Änderung des Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen und bekannt gemacht ist, kann sie von der Genossenschaft einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass sie diesem bekannt war. (2) Ist die Änderung eingetragen und bekannt gemacht worden, so muss ein Dritter sie gegen sich gelten lassen. Dies gilt nicht bei Rechtshandlungen, die innerhalb von fünfzehn Tagen nach der Bekanntmachung vorgenommen werden, sofern der Dritte beweist, dass er die Änderung weder kannte noch kennen musste.
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Vgl. auch § 15 HGB, öffentlicher Rechtsschein bez. Richtigkeit der Eintragung.
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Publizität des Genossenschaftsregisters | § 29
(3) Ist die Änderung unrichtig bekannt gemacht, so kann sich ein Dritter auf die Bekanntmachung der Änderung berufen, es sei denn, dass er die Unrichtigkeit kannte.
I. II. III. IV.
Übersicht Allgemeines | 1–4 Negative Publizität (Abs. 1) | 5–8 Positive Publizität (Abs. 2) | 9–11 Unrichtige Bekanntmachung (Abs. 3) | 12
V. VI.
Zweigniederlassung (Abs. 4 – weggefallen) | 13 Europäische Genossenschaft (SCE) | 14
I. Allgemeines Die Vorschrift dient der Erleichterung des Rechtsverkehrs zusammen mit § 28. § 29 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. Die Neufassung lehnt sich an § 15 HGB an, der durch das Gesetz zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 15.8.19691 geändert und ergänzt wurde. Der Geltungsbereich erfasst nicht wie § 15 HGB alle einzutragenden Tatsachen, sondern nur die einzutragenden Änderungen des Vorstands und der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds (vgl. jedoch Rdn. 2). Hierzu zählen nicht nur Änderungen aufgrund von Satzungsänderungen, sondern auch aufgrund gesetzlicher Neuregelungen.2 Hinsichtlich der anderen Eintragungen in das Genossenschaftsregister gelten die Grundsätze des § 15 HGB entsprechend.3 In jedem Fall kann eine unrichtige Eintragung zu einer Haftung nach den Grundsätzen des Rechtsscheins führen.4 § 29 gilt gem. Verweis in § 86 auch für die Bestellung und Abberufung von Liquidatoren sowie für die Ausgestaltung und Änderung ihrer Vertretungsmacht; die Vorschrift gilt analog für die Bestellung zum Prokuristen, für den Widerruf der Prokura und die Änderung seiner Vertretungsbefugnis. Dritter i.S. dieser Vorschrift ist jeder, der im Geschäftsverkehr nicht unmittelbar von der Eintragung betroffen ist. Unmittelbar betroffen ist das Vorstandsmitglied selbst. Nicht unmittelbar betroffen sind die übrigen Mitglieder der eG sowie die Geschäftspartner der eG; dies ist für die geschäftliche Beziehung zwischen Mitglied/Drittem und eG von Bedeutung. Über den Geschäftsverkehr hinaus gilt § 29 aber auch hinsichtlich des Prozessverkehrs,5 sowie für Bereicherungs- und deliktische Ansprüche, die mit dem Geschäftsverkehr in Zusammenhang stehen, denn auch hier kann das Verhalten des Dritten durch die Eintragungen im Genossenschaftsregister beeinflusst werden.6
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1 BGBl. I, 1146. 2 OLG Naumburg ZfgG 1996, 61 m. Anm. Reichold. 3 Wie hier RGZ 125, 150; so auch im Ergebnis Müller GenG § 30 Rdn. 34; a.A. Bauer GenossenschaftsHandbuch § 29 Rdn. 6 und Beuthien GenG § 29 Rdn. 3, die darauf hinweisen, dass bei einer analogen Anwendung der Grundsätze des § 15 HGB die Regelungen des § 42 Abs. 1 S. 3 überflüssig gewesen wäre, der zu Folge § 29 für die Eintragung des Prokuristen ausdrücklich für analog anwendbar erklärt wurde. Dies war jedoch deshalb erforderlich, weil § 29 sich im Abschnitt Vorstand befindet; a.A. auch Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 29 Rdn. 1; offen gelassen von BGHZ 132, 353 = ZIP 1996, 1146 = WM 1996, 1221 = ZfgG 1998, 162. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 7, 28 ff.; Beuthien GenG, § 29 Rdn. 3, 29. 5 Vgl. BGH NJW 1979, 42. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 9; Beuthien GenG § 29 Rdn. 12; Müller GenG § 29 Rdn. 7.
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§ 29 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
II. Negative Publizität (Abs. 1) Abs. 1 regelt die Folgen der Nichtbekanntmachung. Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass sich die eG – gegenüber Dritten – erst dann auf eine Änderung des Vorstands7 berufen kann, wenn zusätzlich die Offenlegung der Änderung – d.h. die Eintragung in das Genossenschaftsregister und die Bekanntmachung durch das Registergericht – erfolgt ist. Deshalb muss die eG etwa einen Vertrag, den ausgeschiedene Vorstandsmitglieder mit einem Dritten abgeschlossen haben, gegen sich gelten lassen, wenn das Ausscheiden – im Zeitpunkt des Vertragsschlusses – noch nicht eingetragen oder zwar eingetragen, aber noch nicht bekannt gemacht worden ist (vgl. jedoch Rdn. 7). Der Rechtsverkehr soll sich auf das Schweigen des Genossenschaftsregisters verlassen können. Abs. 1 gilt auch, wenn die Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen wird, ohne dass es überhaupt zur Eintragung der Bestellung kam, vgl. dazu das Beispiel bei Bauer.8 Abs. 1 verlangt nicht, dass der Dritte in das Genossenschaftsregister Einsicht ge6 nommen hat; er kann sich unabhängig davon auf die Nichtbekanntmachung berufen.9 Auch ist unerheblich, ob das Unterbleiben der Eintragung und der Bekanntmachung der eG zurechenbar ist; der Rechtsschein ist allein maßgebend.10 Die eG kann sich – gegenüber einem Dritten – jedoch dann auf eine nicht eingetra7 gene und bekannt gemachte Änderung des Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds berufen, wenn sie beweist, dass der Dritte die Änderung – im Zeitpunkt z.B. des Vertragsschlusses – positiv kannte, z.B. durch Rundschreiben der eG, durch persönliche, telefonische oder schriftliche Mitteilung; Kennen müssen reicht nicht, auch wenn die Unkenntnis auf Fahrlässigkeit beruht. Hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts ist darauf abzustellen, ob der rechtsge8 schäftliche Tatbestand11 vor oder nach der Bekanntmachung der eingetragenen Änderung liegt.12 Es kommt also entgegen dem Wortlaut des Abs. 1 nicht auf den Zeitpunkt des „Entgegensetzens“ des Einwands an.13 Der Dritte hat ein Wahlrecht: er kann sich auf die Nichteintragung berufen, aber auch die wahre Rechtslage nutzen.14 5
III. Positive Publizität (Abs. 2) Abs. 2 regelt die Folgen einer richtigen Bekanntmachung. Abs. 2 S. 1 enthält lediglich die selbstverständliche Klarstellung, dass sich die eG – gegenüber Dritten – auf eine Änderung des Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds berufen kann, wenn zusätzlich die Bekanntmachung der Änderung erfolgt ist. Aus Abs. 2 S. 2 ergibt sich, dass sich die eG – gegenüber Dritten – selbst auf eine ein10 getragene und bekannt gemachte Änderung nicht berufen kann, wenn eine Rechtshandlung – z.B. ein Vertragsschluss – innerhalb von 15 Tagen nach Bekanntmachung der Än9
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7 Vgl. § 28. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 16 (Beispiel); BGHZ 116, 44 = NJW 1992, 507; BGH NJW 1983, 2258 = ZIP 1983, 822; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 15 m.w.N.; Beuthien GenG § 29 Rdn. 6; Müller GenG § 29 Rdn. 10. 9 OLG Naumburg ZfgG 1996, 61 m. Anm. Reichold; OLG Frankfurt BB 1972, 333; Müller GenG § 29 Rdn. 6; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 11; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 29 Rdn. 3. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 14; Beuthien GenG § 29 Rdn. 7; Baumbach/Hopt HGB § 15 Rdn. 6. 11 Z.B. der Abschluss eines Vertrags. 12 Müller GenG § 29 Rdn. 8. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 13. 14 BGH WM 1990, 638 m.w.N.
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Publizität des Genossenschaftsregisters | § 29
derung vorgenommen wird und der Dritte nachweist, dass er dabei die Änderung – trotz der erfolgten Bekanntmachung – nicht kannte und auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht kennen konnte. Dieser Nachweis dürfte selten zu führen sein. Es besteht für jeden, der mit einer eG in geschäftlichen Beziehungen steht, eine weitgehende Erkundigungspflicht.15 Grundsätzlich kann von einem Teilnehmer am kaufmännischen Geschäftsverkehr verlangt werden, dass er diesbezügliche Bekanntmachungen liest. Dies gilt uneingeschränkt für Kaufleute. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Berufung auf Abs. 2 rechtsmissbräuchlich sein, z.B. wenn die eG auf Grund der AGB des Geschäftspartners die Pflicht hat, diesem eine Änderung der Vertragsverhältnisse mitzuteilen. Für den Beginn der Frist gilt § 187 BGB; der Tag der Bekanntmachung ist nicht mit- 11 zurechnen. Die Frist endet nach § 188 BGB mit Ablauf des 15. Tages. IV. Unrichtige Bekanntmachung (Abs. 3) Abs. 3 regelt die Folgen einer unrichtigen Bekanntmachung. Ist eine Änderung des 12 Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds unrichtig bekanntgemacht worden, dann kann sich ein Dritter auf die unrichtige Bekanntmachung der Änderung berufen. So kann sich z.B. ein Dritter – gegenüber der eG – auf eine Bekanntmachung berufen, nach der X und Y neue Vorstandsmitglieder der eG sind, obwohl X und Y in Wirklichkeit aus dem Vorstand der eG ausgeschieden sind. Deshalb muss die eG einen Vertrag, den die in Wirklichkeit ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder mit dem Dritten abgeschlossen haben, gegen sich gelten lassen. Unerheblich ist, auf wessen Verhalten die Abweichung der Bekanntmachung von der tatsächlichen vorgenommenen Änderung zurückzuführen ist. Ein Dritter kann sich – gegenüber der eG – jedoch dann auf eine unrichtige Bekanntmachung nicht berufen, wenn die eG beweist, dass der Dritte die Unrichtigkeit der Bekanntmachung positiv kannte. Ansonsten hat auch hier der Dritte ein Wahlrecht, er kann sich auch hier auf die für ihn günstigere Rechtslage berufen.16 V. Zweigniederlassung (Abs. 4 – weggefallen) Aus Abs. 4 a.F. ergab sich, dass es für den Geschäftsverkehr mit einer in das Genos- 13 senschaftsregister eingetragenen Zweigniederlassung (Abs. 3) auf die Eintragungen im Genossenschaftsregister der Zweigniederlassung ankam. Diese Vorschrift ist weggefallen durch das EHUG vom 10.11.2006.17 VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Da die SCE mit Sitz in Deutschland in das Genossenschaftsregister eingetragen wird, 14 gilt § 29 auch für sie. Die Leitungsorgane haben nämlich nach §§ 27, 17 Abs. 2 SCEAG alle eintragungspflichtigen Tatsachen unverzüglich zum GenR anzumelden (vgl. § 28 Rdn. 18).
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15 Müller GenG § 29 Rdn. 18. 16 BGH WM 1990, 638; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 29 Rdn. 26. 17 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister – EHUG vom 10.11.2006, BGBl. I, S. 2553.
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§ 30 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
§ 30 Mitgliederliste § 30 Mitgliederliste (1) Der Vorstand ist verpflichtet, die Mitgliederliste zu führen. (2) In die Mitgliederliste ist jedes Mitglied der Genossenschaft mit folgenden Angaben einzutragen: 1. Familienname, Vornamen und Anschrift, bei juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften Firma und Anschrift, bei anderen Personenvereinigungen Bezeichnung und Anschrift der Vereinigung oder Familiennamen, Vornamen und Anschriften ihrer Mitglieder, 2. Zahl der von ihm übernommenen weiteren Geschäftsanteile, 3. Ausscheiden aus der Genossenschaft. Der Zeitpunkt, zu dem die eingetragene Angabe wirksam wird oder geworden ist, sowie die die Eintragung begründenden Tatsachen sind anzugeben. (3) Die Unterlagen, aufgrund deren die Eintragung in die Mitgliederliste erfolgt, sind drei Jahre aufzubewahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschieden ist.
I. II. III.
Übersicht Allgemeines | 1–4 Angaben (Abs. 2) | 5–10a Aufbewahrungspflichten (Abs. 3) | 11
IV. V.
Zwangsgeld | 12–13 Öffentlicher Glaube | 14
I. Allgemeines Die Vorschrift wurde durch das Registerverfahrensbeschleunigungs-Gesetz RegVBG vom 20.12.19931 mit einem neuen Inhalt versehen.2 Während in der Vergangenheit der Vorstand ein Verzeichnis der Mitglieder zu führen und dieses in Übereinstimmung mit der registergerichtlich geführten Liste zu halten hatte, ist die letztgenannte nunmehr weggefallen. Es verbleibt bei der von der eG zu führenden Liste. Dies soll zur Entlastung der Registergerichte beitragen. Nach Auffassung des Gesetzgebers3 stand der mit der Führung der Liste verbundene Aufwand in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen. Allerdings hat die Eintragung keine materielle Wirkung mehr, sondern es wird – wie 2 im Vereinsrecht – lediglich auf die erforderliche Erklärung des Mitglieds und der Annahme durch die eG abgestellt.4 Gleichwohl ist § 30 ein Schutzgesetz zu Gunsten der Mitglieder – nicht aber der Gläubiger der eG bzw. der Gläubiger eines Mitglieds – im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.5 3 Es steht der eG frei, die Mitgliederliste mittels EDV oder in herkömmlicher Weise auf Papier zu führen,6 ggf. auch elektronisch zu archivieren (Rdn. 11). Zwar verpflichtet Abs. 1 den Vorstand, die Mitgliederliste zu führen. Da Normadres4 sat die eG, vertreten durch den Vorstand, ist, entspricht es dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung (§ 27 Abs. 1 und die dortigen Erl.), dass der Vorstand die Erfüllung 1
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1 Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung registerrechtlicher und anderer Verfahren – RegVBG – v. 20.12.1993 BGBl. I 2182. 2 Hierzu ausführlich Schaffland NJW 1994, 503. 3 Amtl. Begr. BT-Drs. 12/5553 dort zu Abschn. VII. 4 § 15 Rdn. 18; Amtl. Begr. BT-Drs. Abschn. III 3. 5 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 30 Rdn. 6; Beuthien GenG § 30 Rdn. 2. 6 Amtl. Begr. VII 6.
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Mitgliederliste | § 30
dieser Verpflichtung auf Mitarbeiter, aber auch auf Dritte delegieren kann (Outsourcing). Er hat dann aber Überwachungspflichten (hierzu § 27 Rdn. 25 u. 26) und beim Outsourcing ein Weisungs-7 und Rückholrecht.8 Die Benachrichtigungen über die Eintragungen in der Mitgliederliste müssen in diesem Fall im Namen der eG abgegeben werden. Die Mitgliederliste muss am Sitz der eG vorhanden sein, da sie „bei der eG“ eingesehen werden kann (§ 31 Abs. 1 S. 1). II. Angaben (Abs. 2) Die einzutragenden Angaben stimmen weitgehend überein mit den bisherigen Angaben der registergerichtlich geführten Liste. Zusätzlich ist jedoch die Anschrift aufzunehmen. Gleiches gilt für juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften und Personenvereinigungen.9 Die eG muss deshalb Vorsorge treffen, dass Anschriftenänderungen erfasst werden. Nach § 12c) der Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken sind die Mitglieder verpflichtet, Anschriftenänderungen mitzuteilen. Nicht mehr vorgesehen ist die Angabe des Berufs und der bisherigen laufenden Nummer, unter der das Mitglied eingetragen wurde. Es bleibt der eG unbenommen, diese Angaben zusätzlich aufzunehmen, da es sich bei den Angaben in Abs. 2 um Mindestangaben handelt. Zusätzlich ist der Zeitpunkt, zu dem die Eintragung wirksam wird,10 einzutragen, ebenso die die Eintragung begründenden Tatsachen.11 Auch kann der Tag der Eintragung vermerkt werden. Zwingend ist dies jedoch nicht, Kostengründe könnten dagegen sprechen. Bei Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen werden nur diese weiteren Geschäftsanteile, nicht der erste, der mit dem Mitgliedschaftserwerb verbunden ist, eingetragen. Aus Kostengründen dürfte es vertretbar sein, beendete Mitgliedschaften bzw. gekündigte Geschäftsanteile nach Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten nicht nur zu röten, sondern körperlich zu löschen. Gleiches dürfte hinsichtlich der Dokumentation gelten, wann weitere Geschäftsanteile übernommen wurden. Einzutragen sind auch die Mitglieder der Vorgenossenschaft.12 In einer gesonderten Rubrik werden die investierenden Mitglieder eingetragen, um ihre Stimmrechte und sonstigen Rechte gesondert zuordnen zu können.
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III. Aufbewahrungspflichten (Abs. 3) Die der Eintragung zugrunde liegenden Unterlagen13 sind drei Jahre aufzubewahren. 11 Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Mitglied aus der eG
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7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 30 Rdn. 5; Beuthien GenG § 30 Rdn. 2. 8 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 30 Rdn. 1. 9 BGB-Gesellschaften und nicht eingetragene Vereine, auch nicht eingetragene eG und Erbengemeinschaften, aber nur bei Erwerb der Mitgliedschaft im Wege der Erbfolge nach § 77; hierzu § 15 Rdn. 6. 10 Z.B. Tag der Zulassung, Tag des Ausscheidens, bei Vererbung der Mitgliedschaft der Todestag des verstorbenen Mitglieds, bei Verschmelzung der Tag der Eintragung in das Genossenschaftsregister der übernehmenden eG, § 86 UmwG. 11 Z.B. Beitrittserklärung, Beteiligungserklärung, Kündigung, Ausschluss. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 30 Rdn. 3; a.A. Beuthien GenG § 30 Rdn. 2. 13 Beitrittserklärungen, Kündigungen, Geschäftsguthabenübertragungen, Ausschließungsbeschlüsse, Verschmelzungsbeschlüsse.
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§ 31 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
ausgeschieden ist. Damit müssen diese Unterlagen ggf. über die gesetzliche Verjährungsfrist hinaus aufbewahrt werden, da die Frist während bestehender Mitgliedschaft nicht zu laufen beginnt; eine unpraktikable Regelung, die de lege ferenda behoben werden sollte. Entsprechend dem Grundgedanken des § 8a Abs. 2 HGB (Ermächtigung zur elektronischen Führung des Handelsregisters) bestehen keine Bedenken gegen eine elektronische Archivierung. Wegen dieser automatisierten Datenverarbeitung gilt das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), insbesondere gelten die technischen und organisatorischen Datensicherungsmaßnahmen des § 9 BDSG und der Anlage zu § 9 Satz 1, durch die u.a. die Einsichtnahme durch Unbefugte verhindert werden soll. Die Originalunterlagen können dann vernichtet werden. IV. Zwangsgeld Das Registergericht kann die Vorstandsmitglieder14 durch Festsetzung von Zwangsgeld zum ordnungsgemäßen Führen der Mitgliederliste anhalten (§ 160), wenn das Gericht z.B. über § 32 entsprechenden Handlungsbedarf sieht. Im Übrigen sind falsche Eintragungen in die Mitgliederliste nach § 147 Abs. 2 Nr. 1 strafbar. Die ordnungsgemäße Führung der Mitgliederliste ist durch den Prüfungsverband zu 13 prüfen.15 Die Prüfung der Mitgliederliste ist ein Teil der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung.
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V. Öffentlicher Glaube 14
Die Mitgliederliste genießt nicht den öffentlichen Glauben wie öffentliche Register.16 Es wird also nicht vermutet, dass die Eintragungen auch der tatsächlichen Lage entsprechen. Da nach § 31 Mitglieder und Dritte Einsicht nehmen können, der Prüfungsverband die ordnungsgemäße Führung der Mitgliederliste prüft und das Registergericht ggf. Zwangsgelder festsetzen kann, ist sie jedoch mit einem Quasi-Rechtsschein ausgestattet (s. zum fehlerhaften Beitritt § 15 Rdn. 19).
§ 31 Einsicht in die Mitgliederliste § 31 Einsicht in die Mitgliederliste (1) Die Mitgliederliste kann von jedem Mitglied sowie von einem Dritten, der ein berechtigtes Interesse darlegt, bei der Genossenschaft eingesehen werden. Abschriften aus der Mitgliederliste sind dem Mitglied hinsichtlich der ihn betreffenden Eintragungen auf Verlangen zu erteilen. (2) Der Dritte darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verarbeiten und nutzen, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt werden; eine Verarbeitung und Nutzung für andere Zwecke ist nur zulässig, soweit die Daten auch dafür hätten übermittelt werden dürfen. Ist der Empfänger eine nichtöffentliche Stelle, hat die Genossenschaft ihn darauf hinzuweisen; eine Verarbeitung und Nutzung für andere Zwecke bedarf in diesem Fall der Zustimmung der Genossenschaft.
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Nicht den Vorstand! Siehe den klarstellenden Wortlaut des § 53. Z.B. § 29 GenG, § 15 HGB.
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Einsicht in die Mitgliederliste | § 31
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1 Einsichtnahme durch Mitglieder | 2
III.
Einsichtnahme durch Dritte | 3–6
I. Allgemeines Diese Vorschrift ist durch das Registerverfahrensbeschleunigungs-Gesetz (RegVBG) 1 vom 20.12.19931 neu eingeführt worden. In der Vergangenheit konnte die registergerichtlich geführte Liste von jedem eingesehen werden, ohne dass ein berechtigtes Interesse bestand. Dies wurde zuletzt als Nachteil gegenüber Mitbewerbern in anderen Rechtsformen angesehen, deren Gesellschafterbestand nicht jedem zugänglich war. II. Einsichtnahme durch Mitglieder Mitglieder haben ein uneingeschränktes Einsichtsrecht, damit diese sich über den 2 Mitgliederbestand der eG umfassend informieren können.2 Datenschutzrechtliche Belange stehen dem nicht entgegen, da das BDSG ein Auffanggesetz ist und hinter Sonderrechten zurückzutreten hat.3 Auch kann ein Mitglied ohne Begründung Abschriften hinsichtlich der ihn betreffenden Eintragungen auf seine Kosten4 verlangen, eine Abschrift der Anschriften aller Mitglieder jedoch nur, wenn hierfür ein berechtigter (nicht auch rechtlicher) Grund dargelegt wird, z.B. eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen oder eine eigene Liste für die Wahl zur VV aufzustellen.5 Diese Voraussetzung ergibt sich aus Satz 1, an den Satz 2 anschließt. Zwar spricht die Amtl. Begr.6 davon, dass in diesen Fällen eine Abschrift der gesamten Mitgliederliste verlangt werden könnte. Hinsichtlich der weiteren Anteile oder der die Eintragung begründenden Tatsachen würde es jedoch stets an einem rechtfertigenden Grund fehlen.7 Bei begründetem Verdacht eines Datenmissbrauchs ist Herausgabe an einen Treuhänder geboten. Die eG kann nur die der Auskunft direkt zurechenbaren Kosten verlangen, also in erster Linie die Kosten des mit der Auskunft verbundenen Zeitaufwands eines Mitarbeiters (Gehaltsteil einschließlich Sozialabgaben); eine Pauschale bietet sich aus Zweckmäßigkeitsgründen an, wenn die eG nicht aus Kulanz auf Kostenerstattung ganz verzichtet, was sich aus heutiger Sicht (zumeist elektronisch geführte Mitgliederliste) empfiehlt. III. Einsichtnahme durch Dritte Dritte haben nur ein Einsichtsrecht, kein Recht auf Abschrift.8 Dritte müssen ein be- 3 rechtigtes Interesse darlegen.9 Ein reines Informationsinteresse genügt nicht, es muss
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1 BGBl. I S. 2182. 2 Amtl. Begr. BT-Drs. VII 7. 3 Schaffland NJW 1994, 503; zur Einordnung des BDSG als Auffanggesetz siehe auch Schaffland/Wiltfang BDSG, § 1 Rdn. 44; BSG Urt. v. 18.11.2014, Az. B 1 KR 35/13 R; § 1 Abs. 3 BDSG. 4 Amtl. Begr. a.a.O.; a.A. Beuthien GenG § 31 Rdn. 4: kostenlos. 5 BGH, WM 2010, 2361 – eV; BGH ZIP 2010, 37 – GbR; KG NZG 2005, 93, LG Frankfurt NZG 2009, 986 – jeweils zur Publikums-KG; Schaffland NJW 1994, 504; vgl. auch § 45 Rdn. 5; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 31 Rdn. 1; siehe auch BGH Urt. v. 23.4.2013, A. II ZR 161/11, mit welchem der PSVaG zur Herausgabe seiner Mitgliederliste verurteilt worden ist (auf der Basis vereinsrechtlicher Grundsätze). 6 BT-Drs. 16/1025 S. 85 und 16/1524 S. 9. 7 Unzutreffend Beuthien GenG § 31 Rdn. 4, der eine vollständige Listenabschrift gegen Erstattung der Mehrkosten zubilligt. 8 BT-Drs. 12/5553 S. 112. 9 Ähnlich der Einsichtnahme in das Grundbuch; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 31 Rdn. 2.
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§ 32 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
durch sachliche Gründe gedeckt sein.10 Kein sachlicher Grund kann daraus hergeleitet werden, dass eine am Ende des Sterbegeschäftsjahrs ausgeschiedene Erbin vorträgt, es bestünden Anhaltspunkte in der Mitgliederliste für ein Recht auf Aufnahme in die eG. Die Erbin hat auch kein Recht, die ordnungsgemäße Führung der Liste zu überprüfen.11 Der Umfang der Einsichtnahme ist vom dargelegten Interesse, insb. vom vorgetra4 genen sachlichen Grund abhängig. Es müssen Gründe vorgetragen werden, die über ein allgemeines Informationsinteresse hinausgehen und die Verfolgung schutzunwürdiger oder gar unzulässiger Zwecke ausgeschlossen erscheinen lassen.12 In aller Regel dürfte das Einsichtsrecht auf die einzelne Eintragung eines Mitglieds beschränkt sein. Die Einsichtnahme kann sich auch lediglich auf bestimmte eingetragene Tatsachen hinsichtlich der Mitgliedschaft eines bestimmten Mitglieds erstrecken.13 Hat der Dritte ein Einsichtsrecht, erstreckt sich dieses auch auf die der Eintragung zugrunde liegenden Unterlagen. Der Dritte darf die übermittelten Daten14 – auch in die Datei eingesehen zu haben, 5 genügt – nur für den Zweck speichern oder weitergeben,15 zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt wurden bzw. ihm die Einsichtnahme gestattet wurde (enge Zweckverbindung). Eine Speicherung und Übermittlung bzw. Nutzung für andere Zwecke ist nur zulässig, soweit die Daten auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen. Hierbei ist nicht abzustellen auf § 28 Abs. 2 Ziff. 2 a) BDSG,16 sondern es muss das in Abs. 1 angesprochene berechtigte Interesse – dies ist ein gesteigertes gegenüber § 28 BDSG – vorliegen. Auf diese Zweckbindung hat ihn die eG, wenn der Dritte keine öffentliche Stelle ist, 6 hinzuweisen.17 Sonstige Verarbeitung und Nutzung bedarf der Zustimmung der eG. Eine Zuwiderhandlung ist nach § 43 Abs. 2 Ziff. 1 BDSG ordnungswidrig18 und unter den Voraussetzungen des § 44 BDSG strafbar.19 Auf diese Straffolge sollte die eG bei der Weitergabe (oder Einsichtnahme) den Dritten hinweisen. Der Hinweis ist formfrei, er kann schriftlich oder mündlich gegeben werden. Wird eine Abschrift erteilt, sollte der Hinweis dort oder im Begleitschreiben als Baustein vorgesehen werden.
§ 32 Vorlage der Mitgliederliste beim Gericht § 32 Vorlage der Mitgliederliste beim Gericht Der Vorstand hat dem Registergericht auf dessen Verlangen eine Abschrift der Mitgliederliste unverzüglich einzureichen.
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10 Z.B. der Gläubiger eines Mitglieds, der nach § 66 die Mitgliedschaft kündigen will; so amtl. Begr. BTDrs. VII 7. 11 LG Heilbronn Urt. v. 28.1.2002, Az. 5 S. 159/01 m. Anm. Förstner-Reichstein; Beuthien GenG § 31 Rdn. 3 unter Hinweis auf AG Schwäbisch Hall NZG 2001, 813, der Vorinstanz zu LG Heilbronn. 12 AG Schwäbisch Hall NZG 2001, 813. 13 Amtl. Begr. a.a.O. 14 So die Definition der Übermittlung in § 3 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b BDSG; Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG, § 3 Rdn. 40. 15 Zum Begriff der Verarbeitung siehe § 3 Abs. 4 BDSG und die Erläuterungen bei Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG, § 3 Rdn. 21–73. 16 Datenweitergabe zur Wahrung berechtigter Interessen des Empfängers (hierzu Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG, § 28 Rdn. 109–127). 17 Z.B. durch entsprechendes Formular oder durch einen Aufdruck bei schriftlicher Übermittlung der Daten, so auch § 16 Abs. 4 BDSG; Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG, § 16 Rdn. 32. 18 Hierzu Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG, Erl. zu § 43. 19 Hierzu Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG, Erl. zu § 44.
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Vorbemerkungen | Vor § 33
Diese Vorschrift wurde ebenfalls eingefügt durch das Registerverfahrensbeschleunigungs-Gesetz (RegVBG) vom 20.12.1993.1 Die Abschrift kann auch als EDV-Ausdruck zur Verfügung gestellt bzw. per E-Mail2 dem Registergericht zugesandt werden. Die Unterlagen, auf Grund derer die Eintragung erfolgte, sind nur dann dem Registergericht zuzuleiten, wenn dieses es verlangt. Das Gericht benötigt die Mitgliederliste insbesondere für die Prüfung, ob der Vorstand seiner Verpflichtung nach § 30 nachkommt, ob die Mindestmitgliederzahl unterschritten, eine VV eingeführt werden durfte,3 ob einer Minderheit die Ermächtigung nach § 45 Abs. 3 (s. die dortigen Erläuterungen), eine GV/VV einzuberufen bzw. Tagesordnungspunkte anzukündigen, zu erteilen ist. Die Vorschrift entspricht § 72 BGB. Der Prüfungsverband hat die ordnungsgemäße Führung der Liste zu prüfen (§ 53 Abs. 1 Satz 1). Wird die Abschrift nicht unverzüglich erteilt, kann das Registergericht nach § 160 ein Zwangsgeld festsetzen. In diese dem Registergericht ausgehändigte Mitgliederliste haben weder Mitglieder noch Dritte ein Einsichtsrecht. Für diese stellt § 31 – Anspruch gegen die eG – eine abschließende Regelung dar.4
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Vorbemerkungen Vor § 33 Vor § 33 Vorbemerkungen § 33 Abs. 1 enthält nur noch den Grundsatz, dass der Vorstand Träger der Buchfüh- 1 rungspflicht ist. Abs. 2 enthält die frühere Regelung des § 33h, Abs. 3 die des § 33i. Die früher in §§ 33a–33g enthaltenen Rechnungslegungsvorschriften sind durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz vom 19.12.19851 in das HGB übernommen worden (§§ 264–289, 330, 336–339 HGB). Von einer Kommentierung dieser handelsrechtlichen Vorschriften wird Abstand 2 genommen, da die für eG geltenden Rechnungslegungsvorschriften umfassend in der handelsrechtlichen Kommentarliteratur behandelt werden. Auch wird der Informationsbedarf der eG hinreichend durch die Loseblattwerke des DGRV „Jahresabschluss der Kreditgenossenschaft“ und „Jahresabschluss der Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften“ gedeckt; für WohnGen gelten die Erläuterungen des GdW zur Rechnungslegung der Kapitalgesellschaften und eG. Für eG gelten zuerst einmal die für alle Kaufleute und damit auch für eG aufgestellten allgemeinen Vorschriften der §§ 238–263 HGB. Ergänzend gelten die Sondervorschriften der §§ 336–339 HGB. Durch die Verweisung in § 336 Abs. 2 HGB werden jedoch auch die §§ 264 Abs. 1 3 Satz 4 Halbsatz 1, Abs. 2 HGB, §§ 265–289 HGB mit Ausnahme der §§ 277 Abs. 3 S. 1 (gesonderter Ausweis außerplanmäßiger Abschreibungen), 285 Nr. 6 HGB (steuerliche Auswirkungen) und 17 HGB (Angabe des Honorars für den Abschlussprüfer) einbezogen. Zusätzlich gelten für Kreditinstitute und damit auch für Kreditgenossenschaften und WohnGen mit Spareinrichtungen §§ 340 bis 340o HGB.
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Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz – RegVBG – v. 20.12.1993 BGBl. I 2182. Entsprechende Vertraulichkeit bei der Übermittlung ist selbstredend zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit der Prüfung ordnungsgemäß gefasster Satzungsänderungsbeschlüsse. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 32 Rdn. 1.
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Bilanzrichtlinien-Gesetz v. 19.12.1985 BGBl. I 2355.
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§ 33 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
§ 336 Abs. 3 HGB regelt, dass § 330 Abs. 1 HGB (Erlass von Rechtsverordnungen) für eG entsprechend anwendbar ist. Davon wurde bei WohnGen2 und KreditG3 Gebrauch gemacht.
§ 33 Buchführung; Jahresabschluss und Lagebericht § 33 Buchführung; Jahresabschluss und Lagebericht (1) Der Vorstand hat dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Bücher der Genossenschaft ordnungsgemäß geführt werden. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind unverzüglich nach ihrer Aufstellung dem Aufsichtsrat und mit dessen Bemerkungen der Generalversammlung vorzulegen. (2) Mit einer Verletzung der Vorschriften über die Gliederung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sowie mit einer Nichtbeachtung von Formblättern kann, wenn hierdurch die Klarheit des Jahresabschlusses nur unwesentlich beeinträchtigt wird, eine Anfechtung nicht begründet werden. (3) Ergibt sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz oder ist bei pflichtgemäßem Ermessen anzunehmen, dass ein Verlust besteht, der durch die Hälfte des Gesamtbetrags der Geschäftsguthaben und die Rücklagen nicht gedeckt ist, so hat der Vorstand unverzüglich die Generalversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen.
I. II.
III. IV.
Übersicht Allgemeines | 1 Buchführung | 2–15 1. Zuständigkeit | 2–5 2. Grundsätze | 6–14 3. Sonderfälle | 15–16 Aufbewahrungspflichten | 17–22 Jahresabschluss, Lagebericht | 23–42h 1. Allgemeines | 23–28 2. Jahresabschluss | 29–42h a) Bilanz | 30–39 b) Gewinn und Verlustrechnung | 40
3. Anhang | 41 4. Lagebericht | 42–42h V. Beschränkung der Bilanzanfechtung (Abs. 2) | 43–45 VI. Einberufung der GV/VV bei Verlust | 46–57 1. Allgemeines | 46 2. Verlustfeststellung | 47–52 3. Rechtsfolgen | 53–57 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 58
I. Allgemeines 1
§ 33 enthält nur noch den Grundsatz der Buchführungspflicht. Die Rechnungslegungsvorschriften ergeben sich in erster Linie aus dem HGB (vgl. Vorbemerkungen vor § 33). II. Buchführung
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1. Zuständigkeit. Zur Buchführung verpflichtet ist nach Abs. 1 der Vorstand als Organ. Jedes Vorstandsmitglied, auch die stellvertretenden und ehrenamtlichen, muss da-
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2 Verordnung über Formblätter für die Gliederung des Jahresabschlusses von Wohnungsunternehmen (JAbschlWUV) v. 29.5.2009, BGBl. I, S. 1102. 3 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung – RechKredV), v. 28.8.2013, BGBl. I, S. 3395.
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für sorgen, dass die erforderlichen Bücher geführt werden. Von dieser Pflicht können weder Satzung noch ein Beschluss der GV/VV oder des Aufsichtsrats noch der Anstellungsvertrag entbinden. Erforderlich sind die Bücher, die notwendig sind, um die im Geschäftsbetrieb der eG getätigten Geschäfte sowie die Vermögenslage der eG nachvollziehbar festzuhalten (hierzu Rdn. 6 ff.). Der Vorstand muss dafür Sorge tragen, dass ordnungsgemäß Buch geführt wird, d.h. 3 unter Beachtung der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (hierzu Rdn. 6 ff.). In den Büchern sind die Handelsgeschäfte der eG (sowie die Vermögenslage) nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen (§ 238 Abs. 1 S. 1 HGB). Der Vorstand braucht die Bücher jedoch nicht selbst zu führen, sondern kann diese Aufgaben delegieren.1 Er hat dann eine ständige Aufsichtspflicht. Allerdings braucht er auch diese nicht persönlich durchzuführen.2 Jedoch besteht für jedes Vorstandsmitglied die Pflicht, stichprobenartig zu überprüfen, ob die persönlichen und sachlichen Einrichtungen für die Durchführung und Überwachung der ordnungsmäßigen Buchführung vorhanden sind.3 Unterlässt ein Vorstandsmitglied dieses über eine längere Zeit, verletzt es fahrlässig seine sich aus § 33 Abs. 1 ergebenden Pflichten4 und macht sich der eG ggü. gem. § 34 Abs. 2 schadenersatzpflichtig (vgl. Rdn. 5). Hat jedoch der Vorstand einem Vorstandsmitglied diese Aufgaben zugewiesen, können die übrigen Vorstandsmitglieder davon ausgehen, dass das zuständige Vorstandsmitglied seinen Pflichten nachkommt; liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass das zuständige Vorstandsmitglied seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt, hat wiederum jedes Vorstandsmitglied auf die Erfüllung dieser Pflichten hinzuwirken bzw. sie ggf. vorzunehmen.5 Strafbarkeit der Vorstandsmitglieder besteht bei Verletzung der Buchführungs- 4 pflichten nach § 283b StGB; Strafverschärfung nach § 283 Abs. 1 Nr. 5, 6 und 7 StGB im Falle der Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit. Schadensersatzpflicht gegenüber der eG nach § 34. § 33 Abs. 1 ist für die Mitglieder 5 und Gläubiger der eG kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Nach § 34 Abs. 4 S. 1 entfällt die Schadensersatzpflicht ggü. der eG, wenn das Verhalten des Vorstands auf einem gesetzmäßigen Beschluss der GV beruht. Der Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Jahresüberschusses/Deckung eines Jahresfehlbetrags (§ 48 Abs. 1) ist jedoch nicht gesetzmäßig, wenn beim Aufstellen des Jahresabschlusses gegen zwingende Bilanzierungsvorschriften verstoßen worden ist. 2. Grundsätze. Inhalt der Buchführungspflicht (§ 238 HGB) ist, sämtliche durch die 6 Geschäftstätigkeit ausgelösten Geld- und Güterbewegungen einzeln, und zwar vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet (§ 239 Abs. 2 HGB) so aufzuzeichnen, dass ihr Inhalt erkennbar wird und dass über ihre Auswirkung auf die Vermögenslage und den finanziellen Betriebserfolg Rechenschaft gegeben werden kann;6 die Zusammenhänge der einzelnen Buchführungsvorgänge sind klar darzustellen.7 Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass jeder sachverständige Dritte – also nicht ein Privatmann, aber ande-
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1 BGH NJW 1986, 55; Beuthien GenG § 33 Rdn. 9. 2 Mertens in Kölner Kommentar zum AktG § 91 Rdn. 1. 3 Beuthien GenG § 33 Rdn. 9; vgl. hierzu auch Müller GenG § 33 Rdn. 3. 4 BGH NJW 1986, 54. 5 Zur Geschäftsverteilung bzw. Delegierung vgl. § 27 Rdn. 23–26, dazu auch Beuthien GenG § 33 Rdn. 9; zur Haftung bei Arbeitsteilung vgl. § 34 Rdn. 26 ff. 6 Müller GenG § 33 Rdn. 4; vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 2. 7 Müller GenG § 33 Rdn. 4.
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rerseits auch nicht nur Wirtschaftsprüfer8 – in die Lage versetzt wird, innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage der eG zu erhalten (§ 238 Abs. 1 S. 2 HGB). Um diese ordnungsmäßige Buchführung sicherzustellen, sind die erforderlichen Bücher zu führen. Art und Anzahl der zu führenden Bücher sind nicht vorgeschrieben, sie hängen von der Gegebenheit im Einzelfall ab unter Berücksichtigung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung.9 Lediglich zur äußeren Form der Bücher hat der Gesetzgeber einige Regelungen erlassen. Zu den kaufmännischen Buchführungssystemen gehören in jedem Fall Grund-, Haupt- und Nebenbücher (Hilfsbücher). Handelsbuch ist auch das Verwahrungsbuch nach § 14 DepotG, nicht hingegen das Tagebuch des Handelsmaklers nach § 100 HGB, das Tagebuch des Kursmaklers nach § 33 BörsG, das Aktienregister nach § 67 AktG. Lose Zettel bilden jedoch niemals ein Handelsbuch.10 Die Anforderungen an die Buchführung ergeben sich aus § 238 und § 239 HGB. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen (§ 238 Abs. 1 S. 3 HGB). Der Vorstand hat sich einer lebenden Sprache zu bedienen (§ 239 Abs. 1 S. 1 HGB); bei Abkürzungen, Symbolen etc. muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen (§ 239 Abs. 1 S. 2 HGB). Die Eintragungen dürfen später nicht derart verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist;11 Veränderungen müssen erkennen lassen, ob sie ursprünglich oder später erfolgt sind, dies ist insbesondere bei der EDV-mäßigen Buchführung wichtig (§ 239 Abs. 3 S. 2 HGB). Ein bestimmtes Buchführungssystem ist nicht vorgeschrieben, soweit nur die Vollständigkeit gewährleistet ist. Nach § 239 Abs. 4 HGB sind als Arten der Buchführung auch die Loseblatt-Buchführung und andere Buchführungsformen (z.B. auf Datenträgern) zulässig, soweit diese den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. einstweilen frei Von größter praktischer Bedeutung ist die Buchführung mittels automatisierter (elektronischer) Datenverarbeitung (EDV). Generell gilt, dass die gespeicherten Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind, jederzeit in angemessener Frist lesbar gemacht werden können und mit den Originalunterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden.12 Die maßgebenden handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind im Laufe des fortschreitenden elektronischen Einzugs in die Buchhaltung zunächst durch die Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherbuchführung (Goss) geregelt worden; 1995 durch die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und 2015 durch die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD);13 die GoBD treten seit dem 1.1.2015 an die Stelle der bisherigen BMF-Schreiben.14 Dies sind als Erlasse des BMF steuerliche Regelungen zur Buchführung.
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8 Baumbach/Hopt HGB, § 238 Rdn. 14. 9 Niehus/Scholz in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus GmbHG, §§ 41, 42 Rdn. 68. 10 RGStR 50, 131. 11 § 239 Abs. 3 HGB; BeckBilkomm/Winkeljohann/Klein Erl. zu §§ 238, 239 HGB. 12 Vgl. z.B. § 239 Abs. 4 HGB, § 147 Abs. 2 AO sowie Abschn. 29 Abs. 5 EStR. 13 GoS: BMF v. 5.7.1978, BStBl. I, S. 250; GoBS: BMF v. 7.11.1995, BStBl. I, S. 738; GoBD: BMF v. 14.11.2014, BStBl. I, S. 1450. 14 GoBD: BMF v. 14.11.2014, S. 1450 ff., Tz. 183: Dieses BMF-Schreiben gilt für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.2014 beginnen. Es tritt an die Stelle der BMF-Schreiben v. 7.11.1995 (BStBl. 1995 I, S. 738) und v. 16.7.2001 (BStBl. 2001 I S. 415, das durch BMF-Schreiben v. 14.9.2012 (BStBl. 2012 I S. 930) geändert wurde.
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Neben den handelsrechtlichen Vorschriften sind die Grundsätze ordnungsmäßiger 13 Buchführung (GoB) zu berücksichtigen,15 die im weiteren Sinne auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung umfassen. Ihrer Rechtsnatur nach sind sie ergänzende, vom Gesetz erwähnte,16 wandelbare Richtlinien, die zwar nicht ausformuliert existieren, die jedoch Gesetzeskraft besitzen. Sie gelten dort, wo Gesetzesvorschriften keine oder keine abschließende Regelung treffen, wie z.B. hinsichtlich des Zeitpunkts der Bilanzierung, der Bilanzierung schwebender Geschäfte, sowie überall dort, wo ein Beurteilungsspielraum besteht, z.B. bei den im Rahmen der Bewertung erforderlichen Schätzungen.17 Im Einzelfall müssen sie aus dem Sinn und Zweck der Rechnungslegung ermittelt werden. Auch die Internationalen Rechnungslegungsgrundsätze (International Financial Reporting Standards – IFRS) können Anhaltspunkte bei der Ermittlung der GoB und bei der Auslegung des Gesetzes bieten. Der EuGH vertritt die Auffassung, dass die dem deutschen Handelsbilanzrecht zu Grunde liegenden EG-Richtlinien auch unter Berücksichtigung der IFRS auszulegen sind.18 Die GoB konkretisieren sich u.a. in steuerrechtlichen Vorschriften, weil Bilanzsteu- 14 errecht in gleicher Weise wie das Handelsrecht an die GoB gebunden ist; die GoB gelten stets einheitlich für Handelsrecht und Steuerrecht. Eine ordnungsmäßige Buchführung ist u.a. notwendig zur Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. §§ 7 ff. KStG). Insoweit sei insb. auf Abschn. R 5.2. der Einkommensteuer-Richtlinien verwiesen. Aber auch die §§ 140–148 AO; §§ 4 ff. EStG; § 22 UStG; §§ 63–68 UStDV enthalten Vorschriften über die Buchführungspflichten. 3. Sonderfälle. Im Rahmen des Depot-Geschäfts haben Kreditgenossenschaften 15 nach § 14 DepotG das in dieser Vorschrift vorgeschriebene Verwahrungsbuch zu führen. Die Richtlinien für die Depot-Prüfung enthalten nähere Bestimmungen über die Depotbuchprüfung. Die „Richtlinien für das Rechnungswesen“ der WohnGen beinhalten Anforderun- 16 gen und Empfehlungen an Aufbau und Organisation des wohnungswirtschaftlichen Rechnungswesens, den „Kontenrahmen der Wohnungswirtschaft“ mit Kontenplan. Gegenstand der „Erläuterungen zum Jahresabschluss“ (Teil C) ist die Erstellung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit unter Einbeziehung von Gliederungs- und Bewertungsfragen im Zusammenhang mit den Besonderheiten, die sich u.a. ergeben aus der FormblattVO v. 6.3.1987, BStBl. I, 770, den Vorschriften des HGB (§§ 238, 336 ff.), des EGHGB sowie den Bilanzierungsvorschriften anderer Gesetze. III. Aufbewahrungspflichten Aufzubewahren sind zehn Jahre Handelsbücher, Eröffnungsbilanzen, Jahresab- 17 schlüsse, Konzernabschlüsse, Inventare, Bilanzen, Lageberichte, Konzernlageberichte, Buchungsbelege sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen (§ 257 Abs. 1 Nr. 1 und 4 i.V.m. Abs. 4 HGB).
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15 Hierzu WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt E, Rdn. 6 ff. 16 Z.B. in § 243 Abs. 1 HGB und in § 264 Abs. 2 HGB i.V.m. § 336 Abs. 2 HGB. 17 WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt E, Rdn. 6 ff. 18 EuGH DB 2003, 181, einschränkend wohl BFH DB 2005, 311 = WPg 2005, 236; zur Rechnungslegung nach IFRS im Einzelnen WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt N.
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Aufzubewahren sind sechs Jahre die empfangenen Handelsbriefe, Kopien oder sonstige Wiedergaben (z.B. Scan-Kopien) der abgesandten Handelsbriefe (§ 257 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 i.V.m. Abs. 4 HGB). Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluss (ggfs. einschließlich Konzernabschluss) festgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt oder der Buchungsbeleg entstanden ist (§ 257 Abs. 5 HGB). Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen, Jahres- und Konzernabschlüsse, die im Original zu verwahren sind, können alle Unterlagen als Wiedergabe auf Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den GoB entspricht und die Vollständigkeit sichergestellt ist. Die Wiedergaben oder die Daten müssen mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen wegen der Beweisfunktion bildlich übereinstimmen. Andere Unterlagen müssen inhaltlich vollständig wiedergegeben werden, wenn sie – in angemessener Frist (§ 257 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB) – lesbar gemacht werden.19 Allerdings kann u.U. die Erstellung eines graphologischen Gutachtens Schwierigkeiten bereiten. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, über Vorgänge von besonderer Bedeutung die Originalunterlagen aufzubewahren, wenn ein Beweis mittels Originalurkunde notwendig ist. Optische Speicherverfahren sind der EDV zuzuordnen und nach den Grundsätzen der Speicherbuchführung und der GoBD zu beurteilen (Rdn. 12, 20). Die gleichen Fristen und Grundsätze gelten auch hinsichtlich der steuerlichen Aufbewahrungspflichten (§ 147 Abs. 1 u. 3 AO), wobei hier auch sämtliche sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung relevant sind, erfasst werden, welche ebenfalls 6 Jahre aufzubewahren sind. IV. Jahresabschluss, Lagebericht
1. Allgemeines. Jede eG hat beim Beginn ihrer Tätigkeit eine Eröffnungsbilanz nach Maßgabe des § 242 Abs. 1 HGB sowie ein Eröffnungsinventar (§ 240 Abs. 1 HGB) aufzustellen. Für jedes Geschäftsjahr (also nicht Kalenderjahr) ist danach ein Jahresabschluss (vgl. hierzu Rdn. 29), der um einen Anhang (§ 242 i.V.m. § 336 Abs. 1 HGB) zu ergänzen ist, sowie einen Lagebericht (§ 336 Abs. 1 HGB) und ein Inventar (§ 240 Abs. 3 HGB) im Interesse des Mitglieder- und Gläubigerschutzes zu erstellen. Zuständig ist der Vorstand als Organ. Der Vorstand kann sich nicht nur der Mithilfe Dritter insb. von Mitarbeitern bei der technischen Erstellung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts bedienen, sondern kann die Erstellung auch einzelnen Vorstandsmitgliedern übertragen.20 Im letztgenannten Fall müssen jedoch Jahresabschluss und Lagebericht vom Gesamtvorstand gebilligt werden, da es auch um die Festlegung der Bewertungs- und Abschreibungsmethoden, um außerplanmäßige Wertberichtigungen etc. geht.21 Hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse bei der Beschlussfassung vgl. im Einzelnen § 27 Rdn. 27–31. Gleiches gilt für den Lagebericht. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind binnen einer Frist von fünf Monaten 24 nach Ablauf eines Geschäftsjahrs für dieses aufzustellen (§ 336 Abs. 1 S. 2 HGB). Nach ihrer Aufstellung – sie haben den Charakter von Entwürfen – sind sie unverzüglich, d.h. 23
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19 Vgl. im Einzelnen auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherbuchführung (GoS) in BStBl. 1978 I, S. 250 sowie die GoBD, BMF 14.11.2014, BStBl. I, S. 1450. 20 Müller GenG § 33 Rdn. 50. 21 Vgl. Müller GenG § 33 Rdn. 50.
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ohne schuldhaftes Zögern dem Aufsichtsrat und mit dessen (schriftlichen) Bemerkungen (Rdn. 28) der GV vorzulegen (§ 33 Abs. 1 S. 2). Das Registergericht kann den Vorstand hierzu durch Zwangsgeld anhalten (§ 160 Abs. 1 S. 2; vgl. die Komm. bei § 160). Kein schuldhaftes Zögern liegt vor, wenn die unverzügliche Vorlage an den Aufsichtsrat und sodann an die GV zwar nicht unmittelbar nach Aufstellung, aber noch vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahrs erfolgt; dies ergibt sich aus § 48 Abs. 1 S. 3. Nach § 245 S. 1 HGB ist der von der GV/VV festgestellte (Rdn. 28) Jahresabschluss auf dem Original von allen, vgl. § 245 S. 2 HGB, (auch den stellvertretenden u. ehrenamtlichen) Vorstandsmitgliedern, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung im Amt sind, eigenhändig unter Abgabe des Datums zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung muss den gesamten Jahresabschluss erfassen, also Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie den Anhang. Die Unterzeichnung des Lageberichts (§ 289 HGB) ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, dürfte sich jedoch empfehlen. Gleiches gilt für das Inventar, für das § 240 HGB ebenfalls keine Unterzeichnung verlangt.22 Vorstandsmitglieder, die gegen den Jahresabschluss gestimmt haben, haben ihn gleichwohl zu unterzeichnen,23 sonst begehen sie eine Ordnungswidrigkeit nach § 334 Abs. 1 Nr. 1a HGB.24 Gleiches gilt für verhinderte Vorstandsmitglieder, es sei denn, dass diese durch höhere Gewalt (z.B. Krankheit) nicht in der Lage sind, an der Aufstellung des Jahresabschlusses mitzuwirken.25 Suspendierte und nicht mehr im Amt befindliche Vorstandsmitglieder haben kein Recht auf Mitwirkung bei der Aufstellung und Unterzeichnung des Jahresabschlusses.26 Wollen Vorstandsmitglieder den Jahresabschluss nicht billigen, bleibt ihnen nur die Möglichkeit des Rücktritts aus dem Amt. Hinsichtlich der verhinderten Vorstandsmitglieder ist es jedoch vertretbar, dass bei der Veröffentlichung ihr Name aufgenommen wird. Eine unterlassene Unterzeichnung des Jahresabschlusses ist für die Wirksamkeit der Feststellung des Jahresabschlusses nach § 48 ohne Bedeutung, da er bereits mit der Feststellung durch die GV/VV wirksam geworden ist.27 Sind Jahresabschluss und Lagebericht erstellt, ist folgendes Verfahren zu beachten: Sie sind dem Aufsichtsrat unverzüglich zur Überprüfung und Stellungnahme zuzuleiten (§ 38 Abs. 1 S. 3). Die Bemerkungen des Aufsichtsrats brauchen nicht von sämtlichen Mitgliedern des Aufsichtsrats unterzeichnet zu werden, vielmehr genügt in der Regel Unterzeichnung durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrats.28 Sodann ist der Jahresabschluss zusammen mit der Stellungnahme des Aufsichtsrats der GV/VV zwecks Beschlussfassung vorzulegen, die Beschlussfassung ist die endgültige Feststellung. Hinsichtlich des Verfahrens bei der Beschlussfassung durch die GV/VV vgl. § 48 und die dortigen Erläuterungen.
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2. Jahresabschluss. Der Jahresabschluss (§ 336 Abs. 1 i.V.m. § 242 Abs. 3 HGB; für 29 Kreditgenossenschaften gilt § 340a i.V.m. § 264 Abs. 1 HGB) besteht aus
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22 Vgl. auch Biener DB 1977, 533. 23 Müller GenG § 33 Rdn. 55. 24 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 10. 25 Anders (vertretungsberechtigte Anzahl) bei Anmeldungen zum Genossenschaftsregister, vgl. § 157 Rdn. 3. 26 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 10. 27 Vgl. dazu auch OLG Karlsruhe WM 1987, 536; OLG Frankfurt BB 1989, 395; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 33 Rdn. 10; Müller GenG § 33 Rdn. 60. 28 Eisinger JW 1973, 725 m. zust. Anm. Schröder; vgl. auch AG Karlsruhe BlfG 1937, 416.
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der Jahresbilanz (§§ 266 ff. HGB) der Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 275 ff. HGB) dem Anhang (§ 336 Abs. 1 S. 1 HGB, § 264 Abs. 1 HGB, §§ 284 ff. HGB und § 242 HGB).
Der Jahresabschluss muss in deutscher Sprache und in Euro aufgestellt werden (§ 244 HGB). Der Anhang bildet mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit (§ 336 Abs. 1 HGB). Der Jahresabschluss wird ergänzt durch den Lagebericht (§ 336 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 289 HGB; zur Ausnahme s. Rdn. 42). 30
a) Bilanz. Für die Durchführung der Inventur sind folgende Verfahren zulässig, vgl. auch Ausführungen bei § 38 Rdn. 18a: – Stichtagsinventur (§ 240 Abs. 2 HGB), vor- oder nachverlagert (§ 241 Abs. 3 HGB), – permanente Inventur (§ 241 Abs. 2 HGB), – Festwertverfahren (§ 240 Abs. 3 HGB), – Gruppenbewertung (§ 240 Abs. 4 HGB) und – Stichprobeninventur (§ 241 Abs. 1 HGB).
Für vertretbare WG des Vorratsvermögens kann die Durchschnittsbewertung angewandt werden, wenn die Anschaffungskosten wegen Schwankungen der Einkaufspreise im Laufe des Wirtschaftsjahres und wegen Vermischung dieser Wirtschaftsgüter bei der Lagerhaltung im Einzelnen nicht mehr einwandfrei festgestellt werden können und deshalb ein Mittelwert errechnet werden muss (R 6.8 Abs. 3 EStR). Statt der jährlichen körperlichen Bestandsaufnahme zum Bilanzstichtag (Stichtags31 inventur) kann fortlaufende Festhaltung der Zu- und Abgänge im Laufe des Jahres anhand von Lagerbüchern (Lagerkarteien) erfolgen (permanente Inventur, § 241 Abs. 2 HGB); auch in diesem Fall muss in jedem Jahr mindestens einmal eine körperliche Bestandsaufnahme erfolgen, die nicht für alle Bestände zum gleichen Zeitpunkt stattzufinden braucht. Auch kann der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert mit Hilfe anerkannt mathematisch-statistischer Methoden aufgrund von Stichproben ermittelt werden (§ 241 Abs. 1). Eine vor- oder nachverlagerte Inventur mit wertmäßigem Fort- oder Rückrechnen ist ebenfalls möglich.29 Die Gruppenbewertung30 (§ 240 Abs. 4 HGB) ist ein zur Ermittlung der Anschaffungs- und Herstellungskosten in der Praxis verbreitetes Vereinfachungsverfahren. Sie erfolgt, indem gleichartige (nicht gleiche) Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere bewegliche Vermögensgegenstände zusammengefasst als Gruppe mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden. Gleichartig sind artgleiche Gegenstände (nach h.M. Güter gleicher Warengattung) oder funktionsgleiche Gegenstände (Güter mit gleichem Verwendungszweck). Steuerrechtlich ist die Gruppenbewertung neben dem Vorratsvermögen (R 6.8 Abs. 4 EStR) auch auf Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens anzuwenden (R 5.4 Abs. 2 Satz 3 EStR). Die Bilanz ist eine Zusammenstellung des aus dem Inventar sich ergebenden Stands 32 der Aktiven und Passiven mit Feststellung des aus ihrem Vergleich sich ergebenden Resultats (Vermögensübersicht). In der Bilanz findet die Gesamtheit aller im Unternehmen eingesetzten Werte in zweifacher Weise ihren rechnerischen Ausdruck – als Vermö-
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29 Vgl. im Einzelnen WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt E, Rdn. 20 ff.; zur Durchführung der Inventur vgl. ausführlich Jahresabschluss der WuDeG, Abschn. A IV. 30 WP Handbuch Band I, 2012, Abschnitt E, Rdn. 15.
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gen bzw. als Kapital.31 Das Vermögen stellt als Gesamtheit aller im Unternehmen eingesetzten Wirtschaftsgüter und Geldmittel die Aktiven dar. Das Kapital bildet als Summe aller von der eG und ihren Mitgliedern (Eigenkapital) und von Dritten (Fremdkapital) der eG überlassenen Mittel die Passiven. Zum Inhalt der Bilanz vgl. § 336 Abs. 1 i.V.m. §§ 264–274 sowie § 337 HGB. Die Jahresbilanz der eG ist Vermögensbilanz, gleichzeitig aber auch Gewinnermittlungs-(Gewinnverteilungs-)Bilanz. Reine Vermögensbilanzen dienen der Feststellung der tatsächlichen Vermögenswerte am Stichtag ohne Rücksicht auf etwaige frühere Bilanzen; hierher gehören die Eröffnungsbilanz, die bei Eintragung der eG aufzustellen ist (Rdn. 39) und die Liquidationseröffnungsbilanz (§ 89 und die dortigen Erl.). Aus der Handelsbilanz wird die Steuerbilanz abgeleitet (Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz, § 5 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. EStG). In ihr wird das Vermögen angesetzt, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG), es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt. Jede ordnungsgemäße Einzelbewertung in der Handelsbilanz ist grundsätzlich auch für die Steuerbilanz maßgebend, allerdings nur, soweit sie mit den steuerrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften (z.B. § 5 Abs. 2–6 i.V.m. §§ 6, 7 EStG) in Einklang steht.32 Voraussetzung für die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz ist, dass deren Ansätze richtig und nicht fehlerhaft sind.33 Die Bedeutung des Grundsatzes der Maßgeblichkeit liegt vor allem darin, dass in der Steuerbilanz der Ansatz der Handelsbilanz bei den Aktiven nicht unterschritten und bei den Passiven nicht überschritten werden darf. Außerdem sind die handelsrechtlichen Aktivierungs- und Passivierungsverbote auch steuerlich zu beachten; Aktivierungs- und Passivierungswahlrechte sind hingegen steuerlich unbeachtlich: Ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht erstarkt zu einem steuerlichen Aktivierungsgebot, ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht bedeutet steuerlich Passivierungsverbot, wenn dem nicht konkrete steuerliche Regelungen entgegenstehen34 einstweilen frei Bei den Vermögensgegenständen und Schulden sind stets die allgemeinen Bewertungsgrundsätze des § 252 HGB und die Wertansätze des § 253 HGB zu beachten. Bei Kreditgenossenschaften ist der Bestätigungsvermerk des Prüfungsverbands vor der Vorlage des Jahresabschlusses an die GV/VV einzuholen (§ 340k HGB, vgl. auch § 26 KWG und § 58 Abs. 2), nicht aber bei anderen großen eG i.S.d. § 267 HGB. Zwar ist auf die Prüfung von eG, die die Größenmerkmale des § 267 Abs. 3 HGB erfüllen, § 322 HGB über den Bestätigungsvermerk entsprechend anzuwenden (vgl. § 58 Abs. 2). Aus dem Umkehrschluss des § 48 Abs. 2 S. 235 folgt jedoch, dass unabhängig vom Ende der Jahresabschlussprüfung die Feststellung des Jahresabschlusses von eG jeder Größe zulässig ist,36 in der Praxis wird die große eG jedoch regelmäßig keinen Jahresabschluss ohne erteilten Bestätigungsvermerk feststellen. Kreditgenossenschaften müssen nach § 26 KWG für die Aufstellung eine Drei-Monats-Frist und nach § 340k HGB für die Prüfung eine FünfMonats-Frist einhalten.
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31 Wöhe S. 29. 32 Vgl. auch ausführlich BeckBilKomm/Förschle/Usinger § 243 Rdn. 111 ff. 33 BFH Beschl. des Großen Senats, BStBl. 1969 II, 291. 34 BFH Beschl. des Großen Senats, BStBl. 1969 II, 291. 35 § 48 Abs. 2 S. 2: … Wird der Jahresabschluss bei der Feststellung geändert und ist die Prüfung bereits abgeschlossen …. 36 BeckBilKomm/Förschle Vor § 339 Rdn. 2 u. 52.
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Für die Wertansätze in der Bilanz gelten für alle eG die Bewertungsvorschriften der §§ 252 ff. HGB.37 Kreditgenossenschaften haben darüber hinaus §§ 340a, 340e–340g und die RechKredV (zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.8.2013) zu beachten, WohnGen die Formblätter für die Gliederung des Jahresabschlusses von Wohnungsunternehmen (zuletzt geändert durch BilMoG vom 25.5.2009). Bei der Gründung der eG sind zum Zeitpunkt der Eintragung der eG eine Eröff39 nungsbilanz und ein Eröffnungsinventar aufzustellen. Gleiches gilt bei Fortsetzung einer aufgelösten eG gem. § 79a.
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b) Gewinn- und Verlustrechnung. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist die Gegenüberstellung der im Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen und Erträge, aus der die Entstehung des in der Bilanz ausgewiesenen Gewinns oder Verlustes erkennbar wird.38 Hinsichtlich der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung vgl. § 275 HGB. Kreditgenossenschaften haben zudem § 340e HGB und §§ 28 ff. RechKredV zu beachten. Für WohnGen gilt die Verordnung über Formblätter für die Gliederung des Jahresabschlusses. Im Verhältnis zur Bilanz gilt die Regel, dass die Gewinn- und Verlustrechnung den Inhalt der Bilanz zu bestimmen hat und nicht umgekehrt.39
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3. Anhang. Der mit dem Jahresabschluss zu verbindende Anhang (§ 264 Abs. 1 S. 1, § 336 Abs. 1 S. 1 HGB) soll die Bilanz (§ 242 Abs. 1 S. 1 HGB) sowie die Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 2 HGB) erläutern. Darüber hinaus enthält er zusätzliche Angaben, z.B. zur Finanzlage. In den Anhang sind die gemäß §§ 284, 285 HGB geforderten Angaben aufzunehmen.
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4. Lagebericht. Gem. § 336 Abs. 1 S. 1 HGB ist die Erstellung eines Lageberichts vorgeschrieben. Der Lagebericht (§ 289 HGB) hat Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und Lage der eG so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird.40 Der Lagebericht ist ein Instrument der Rechenschaftslegung des Vorstands und vermittelt zusammen mit dem Jahresabschluss die von den Adressaten der Rechnungslegung benötigten Informationen. Er hat die Funktion, im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss die gesamte wirtschaftliche Lage der eG darzulegen, für die neben betriebswirtschaftlichen Aspekten auch technische, rechtliche, politische und volkswirtschaftliche Gesichtspunkte bedeutsam sein können. Gegenüber dem Jahresabschluss ist der Lagebericht umfassender, weil er nicht durch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, insbesondere das Stichtagsprinzip, eingeschränkt wird und somit in stärkerem Umfang als der Jahresabschluss zukunftsorientierte Sachverhalte berücksichtigen muss. Er hat auch auf die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung einzugehen (§ 289 Abs. 1 S. 4 HGB); der Prüfungsverband als Abschlussprüfer hat zu prüfen, ob die Chancen und Risiken zutreffend dargestellt sind (§ 53 Abs. 2 Satz 2 GenG i.V.m. § 317 Abs. 2 Satz 2 HGB).
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37 Vgl. hierzu BeckBilKomm/Kozikowski/Roscher/Andrejewski § 253; Rdn. 108 ff. bzw. Rdn. 154 ff. zu HGB §§ 238–335. 38 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 9. 39 Wöhe S. 229. 40 WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt F, Rdn. 1080 ff.; zum Lagebericht der Kreditgenossenschaft Spanier BI 2000 S. 53 ff.; zum Lagebericht bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften – insbesondere seine Unterzeichnung Strieder DB 1998, 1677.
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Buchführung; Jahresabschluss und Lagebericht | § 33
Kleine eG im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB brauchen keinen Lagebericht aufzustellen (§ 336 Abs. 2 S. 1 HGB i.V.m. § 264 Abs. 1 S. 4 Halbs. 1 HGB); sie werden insoweit kleinen Kapitalgesellschaften gleichgestellt; die Pflicht gilt aber für mittelgroße und große eG im Sinne des § 267 HGB (§ 336 Abs. 1 HGB). War in der Satzung einer kleinen eG eine Aufstellung und Veröffentlichung eines Lageberichts vorgesehen, wirkt diese nach der Aufhebung der gesetzlichen Pflicht durch das Kapitalgesellschaften und Co-Richtlinie-Gesetz vom 24.2.2000 (BGBl. I S. 154) nunmehr konstitutiv; es bedarf einer Satzungsänderung, wenn eine kleine eG diese Pflicht aufheben will. Kreditgenossenschaften müssen gemäß §§ 340a Abs. 1 HGB i.V.m. 289 HGB immer einen Lagebericht aufstellen. Zum Geschäftsverlauf ist z.B. zu berichten über die Entwicklung der Umsätze, Dienstleistungen, Mitglieder- und Nichtmitgliedergeschäfte im abgelaufenen Geschäftsjahr, ferner über Investitionen, den Abschluss wichtiger Verträge sowie die Aufnahme neuer wichtiger Produkte. Es sind Angaben zu machen über die Marktverhältnisse beim Einkauf und beim Absatz sowie über die Entwicklung von Kosten und Erlösen, über Rentabilität, Liquidität und Finanzierung. Außerdem sind alle bedeutenden Geschäftsvorgänge (vgl. § 289 Abs. 1 S. 1 HGB für Vorfälle bis zum Schluss des Geschäftsjahres), auch soweit diese nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten sind (vgl. § 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB), zu erwähnen. Dies können z.B. Grundsatzentscheidungen über die Zulassung von investierenden Mitgliedern, größere Prozesse, die Errichtung und Schließung von Zweigniederlassungen, Verschmelzung mit anderen eG etc. sein. Nach § 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB sind Prognosen über die voraussichtliche Entwicklung sowie Chancen und Risiken der eG, z.B. in den Bereichen Umsätze, Produktion, Dienstleistungen, Personal, geplante Investitionsvorhaben, zu geben. Diese Prognosen müssen jedoch dort ihre Grenzen haben, wo es um geheim zu haltende unternehmerische Planungen geht. Auch soweit es um Erklärungen zu dem Bereich Forschung und Entwicklung geht, haben im Zweifel unternehmerische Geheimhaltungsinteressen Vorrang. Der Lagebericht kann weitere Informationen enthalten. Im Hinblick auf den zwingend vorgeschriebenen Unternehmenszweck der eG – Förderung der Mitglieder – ist es naheliegend, dass der Lagebericht Ausführungen darüber enthält, ob und wie sich die eG bemüht hat, dem gesetzlichen und satzungsmäßigen Auftrag gerecht zu werden. Die Mitglieder haben auf eine solche Unterrichtung einen grundsätzlichen Anspruch.41 Hierbei sollte z.B. dargestellt werden, was die eG unternommen hat, die Förderinteressen der Mitglieder zu erkunden und ihnen in der Unternehmenspolitik und in den Entscheidungen gerecht zu werden. Dadurch könnte zum Ausdruck gebracht werden, wie sich eine eG durch ihre Ausrichtung auf die Mitgliederinteressen von Unternehmen in anderer Rechtsform unterscheidet.42 Eine große eG i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB ist nach § 289 Abs. 3 HGB verpflichtet, in die Analyse nach § 289 Abs. 1 S. 2 HGB die für die Geschäftstätigkeit bedeutsamen nichtfinanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen und unter Bezugnahme auf die im Jahresabschluss ausgewiesenen Beträge und Angaben zu erläutern, soweit sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs einschließlich Geschäftsergebnisses oder der Lage von Bedeutung sind (sog. Sozialbericht).43 In diesem Sozialbericht könnten neben den sozia-
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41 Vgl. hierzu Pauli ZfgG 1980, 307; Patera ZfgG 1981, 212; Zacherl ZfgG 1981, 227. 42 Wegen Bedeutung und Inhalt von „Förderplan“ und „Förderbericht“ insb. Boettcher ZfgG 1979, 198 ff. 43 Vgl. BeckBilKomm/Ellrott § 289 Rdn. 100; ggf. als Teil des Lageberichts, so Müller GenG § 33a Rdn. 4; WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt F, Rdn. 1145.
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len Verhältnissen die Leistungen des Betriebes, z.B. für ein betriebliches Gesundheitsmanagement, erörtert werden, da diese in dem Posten Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung in der Gewinn- und Verlustrechnung nur teilweise ausgewiesen sind. Zu denken wäre an Angaben über Zahl und Alterszusammensetzung der Betriebsangehörigen, Tarifverträge, Veränderungen der Entlohnung und Arbeitszeit, Rationalisierung der Arbeit, Aus- und Fortbildung, Lohnverhältnisse der Betriebsangehörigen, Betriebsunfälle und Unfallschutz, Gratifikationen, Zuweisungen an Pensions-, Wohlfahrts- und Unterstützungskassen.44 Auch wäre denkbar, diesen Bericht als Sozialbilanz aufzustellen und neben den 42g oben gemachten Angaben auch die Beziehungen zur weiteren gesellschaftlichen und physischen Umwelt (z.B. zu Abnehmern, Lieferanten, Gemeinde und Staat), auch Umweltbelange, ggf. in Form eines Umweltberichts darzustellen.45 42h Der Bericht des Aufsichtsrats über das Ergebnis seiner Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Vorschlags zur Verwendung des Jahresüberschusses bzw. zur Deckung des Jahresfehlbetrags (§ 33 Abs. 1 Satz 2) ist zwar ein eigenständiger Bericht, er kann jedoch dem Lagebericht angefügt werden. V. Beschränkung der Bilanzanfechtung (Abs. 2) § 33 Abs. 2 schränkt die in § 51 allgemein geregelte Anfechtung von Beschlüssen der GV/VV ein.46 Der Beschluss der GV/VV über den Jahresabschluss (§ 48 Rdn. 3 bis 8) ist nach dieser Vorschrift nur dann nicht anfechtbar, wenn durch die Verletzung der Vorschriften über die Gliederung der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung oder durch die Nichtbeachtung von Formblättern die Klarheit des Jahresabschlusses nur unwesentlich beeinträchtigt worden ist. Die Bilanzklarheit ist dann nicht mehr unwesentlich beeinträchtigt, wenn durch die Verletzung der vorgenannten Bestimmungen für einen kundigen Bilanzleser falsche Vorstellungen über wesentliche Punkte der Geschäftsverhältnisse der eG erweckt werden.47 Gleiches dürfte gelten, wenn gegen die Grundsätze der Bilanzwahrheit nur unwe44 sentlich verstoßen wird,48 da es dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift entspricht, generell nicht ins Gewicht fallende Verstöße von der Anfechtung auszunehmen. Gleiches gilt auch für die Verletzung der Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung.49 Bei besonders schwerwiegenden Mängeln, z.B. bei erheblicher Überbewertung auf 45 der Aktivseite und nicht vollständiger Erfassung von Verbindlichkeiten kann andererseits die Bilanzierung nicht nur anfechtbar, sondern nichtig sein. Im Übrigen kann sich Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit nach den allgemeinen Grundsätzen ergeben.50 Zu den zwingenden gesetzlichen Vorschriften, die zur Nichtigkeit führen können, zählen auch zwingende Regeln der §§ 238 ff. HGB. 43
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44 Vgl. WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt F, Rdn. 1145; Kropff ebd., § 160 a.F. Rdn. 21, der an dieser Stelle jedoch den Sozialbericht als Teil des Lageberichts behandelt. 45 Vgl. WP-Handbuch Band I 2012, Abschnitt F, Rdn. 1146. 46 Beuthien GenG § 33 Rdn. 38; Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 33 Rdn. 13 „Ergänzungsvorschrift“. 47 Vgl. hierzu Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 13; Müller GenG § 33 Rdn. 68 ff., der §§ 256, 257 AktG analog anwendet. 48 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 14; a.A. Müller GenG § 33 Rdn. 74. 49 A.A. wiederum Müller GenG § 33 Rdn. 74. 50 Vgl. ausführlich die Erl. zu § 51.
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VI. Einberufung der GV/VV bei Verlust (Abs. 3) 1. Allgemeines. Die Zielsetzung dieser Vorschrift ist, sicherzustellen, dass die Mit- 46 glieder über Vermögensverluste, für die sie unter Umständen im Falle der Insolvenz der eG einstehen müssen, rechtzeitig unterrichtet werden. Die Vorschrift wurde eingeführt durch Novelle 1973 als § 33i und durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz nach § 33 übernommen; vorher bestand eine Verpflichtung des Vorstands zur Einberufung der GV/VV nur im Falle der Überschuldung und bei eG mit unbeschränkter Nachschusspflicht (§ 121 a.F.). § 33 Abs. 3 gilt für alle eG unabhängig davon, ob eine Nachschusspflicht besteht oder nicht, sie lehnt sich an § 92 Abs. 1 AktG an. Die Einberufung der GV/VV ist nunmehr schon vorgeschrieben, wenn ein Verlust besteht, der durch die Hälfte des (bilanzmäßigen) Gesamtbetrags der Geschäftsguthaben und der Gesamtheit aller Rücklagen nicht gedeckt ist. Die Satzung kann diese Einberufungspflicht nicht aufheben oder an weitere Anforderungen knüpfen; allerdings kann sie eine frühzeitigere Einberufung vorschreiben, z.B. wenn ein Viertel des Gesamtbetrags aller Geschäftsguthaben oder wenn nur die Rücklagen aufgebraucht sind. Zu den Geschäftsguthaben zählen auch die Geschäftsguthaben der zum Abschlussstichtag ausscheidenden Mitglieder und die auf gekündigte Geschäftsanteile (§ 67b) entfallenden Geschäftsguthaben, da sie nach § 73 Abs. 2 für den Bilanzverlust mithaften. Außer Betracht bleiben jedoch die rückständigen Pflichteinzahlungen auf Geschäftsanteile, die gem. § 337 Abs. 1 S. 3 HGB auszuweisen sind. In die Rücklagen ist auch ein bestehender Beteiligungsfonds gemäß § 73 Abs. 3 (vgl. § 73 Rdn. 29 ff.) einzubeziehen. 2. Verlustfeststellung. § 33 Abs. 3 ist zwingend i.S.d. § 18 S. 2 und unterscheidet 47 zwei Fälle: – Der Verlust besteht bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz. – Es ist bei pflichtgemäßem Ermessen anzunehmen, dass ein Verlust in entsprechender Höhe besteht. Entscheidend ist insb. aufgrund des zweiten Falls der Zeitpunkt, in dem der Verlust erkannt wird, nicht hingegen der Anlass, aus dem sich der Verlust ergibt. Das Gesetz verlangt, dass der Vorstand ständig über den Vermögensstand der eG wacht und somit auch darüber, ob ein Verlust in der vom Gesetz genannten Höhe entstanden ist.51 Der Prüfer hat den Vorstand zu informieren, wenn er der Auffassung ist, dass ein entsprechender Verlust droht oder bereits eingetreten ist; auch hat er nach § 57 Abs. 3 den Aufsichtsratsvorsitzenden zu informieren. Für die Frage, ob ein Verlust in der unter Rdn. 46 genannten Höhe besteht oder zu 48 erwarten ist, gelten die allgemeinen Bewertungsgrundsätze. Die Vorschriften der §§ 252 ff. HGB sind zu beachten. Der Vorstand hat z.B. Forderungen im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht (§ 34) zu bewerten. Ob das Prinzip des going-concern (Bewertung nach Buchwerten bzw. nach Liquidationswerten, § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) anzuwenden ist, hängt nach h.M. davon ab, on eine postive Fortführungsprognose besteht.52 Auch Pensionsverpflichtungen sind zu berücksichtigen.53 Es sind alle Möglichkeiten zu berücksichtigen, die für die Frage der Einbringlichkeit der Forderung von Bedeutung sein kön-
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51 Frankenberger GF 4/1975, 38. 52 Vgl Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 24; Beuthien GenG § 33 Rdn. 43; zur AG: Hüffer AktG § 92 Rdn. 4 m.w.N. 53 Frankenberger GF 4/1975, 40.
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nen. Die Bürgschaft z.B. eines organisationseigenen Garantiefonds macht die Forderung voll bewertbar, so dass insoweit ein Verlust nicht besteht. In jedem Fall muss der Verlust in der in Rdn. 46 genannten Höhe nachhaltig vorliegen; ein nur vorübergehender Verlust in dieser Höhe führt nicht zu den Folgen des § 33 Abs. 3. Stille Reserven können nur in engen Grenzen Berücksichtigung finden,54 so dass 49 durch deren Auflösung der Verlust vermindert oder vermieden werden kann.55 Hierbei ist zu unterscheiden: Freiwillige stille Reserven, d.h. Bewertungsreserven in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Buchwert und dem nach dem GenG bzw. den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung höchstens zulässigen Wertansatz können stets berücksichtigt werden; zwangsläufig entstandene stille Reserven, d.h. die, durch die über die Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinaus gestiegenen Preise entstanden sind – z.B. Wertzuwächse bei Grundstücken und Gebäuden, Kursreserven in Wertpapieren und Beteiligungen –, dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie sofort oder kurzfristig realisiert werden können.56 Handelt es sich hierbei um unversteuerte stille Reserven, muss auch eine eventuelle Steuerbelastung berücksichtigt werden.57 Die Grundsätze der kaufmännischen Vorsicht sind dabei stets zu beachten. Kommt der Vorstand bei seiner Überprüfung (Rdn. 47 2. Fall) zu keinem klaren Er50 gebnis, hat er eine Zwischenbilanz aufzustellen. Stets ist nicht der sich ergebende Jahresfehlbetrag des bilanzierten Zeitraums, sondern der Gesamtverlust unter Einbeziehung eines evtl. Verlustvortrags aus den Vorjahren maßgeblich. Der Vorstand wird vor Einberufung der GV/VV Möglichkeiten berücksichtigen dür51 fen, den Verlust nachhaltig zu beseitigen, sofern dies sofort geschehen kann;58 es liegt nicht zuletzt im Interesse der eG, der Mitglieder und der Gläubiger, wenn durch sofortige Sanierungsmaßnahmen, z.B. durch eine Sanierungszusage organisationseigener Garantiefonds, Verluste erst gar nicht wirksam werden.59 Unter anderem aus diesem Grund empfiehlt es sich, den zuständigen Prüfungsverband zum frühestmöglichen Zeitpunkt einzuschalten. Ebenso kann zum Zwecke der Sanierung eine Garantie oder eine Bürgschaft von einer Zentralbank oder auch von Garantiefonds gegeben werden.60 Der Verzicht auf die Einberufung der GV/VV ist aber nur gerechtfertigt, wenn kurzfristig über die vorliegenden Sanierungsanträge entschieden wird und die Sanierungsmaßnahmen zur umgehenden Beseitigung des Verlusts führen;61 andernfalls besteht Einberufungspflicht ohne schuldhaftes Zögern. Die Einberufungspflicht entfällt auch, wenn z.B. durch Sanierungsmaßnahmen der Verlust unter die in Rdn. 46 genannte Grenze sinkt.
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54 Stille Reserven folgen der Behandlung für den Jahresabschluss. Sie dürfen nur aufgelöst werden, soweit sie auch im Jahresabschluss aufgelöst werden dürften, vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 23; Beuthien GenG § 33 Rdn. 43; Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 33 Rdn. 24; Hüffer AktG § 92 Rdn. 4. 55 BGH BB 1958, 1181 = WM 1958, 1416. 56 Stille Reserven in betriebsnotwendigen Grundstücken scheiden mithin in der Regel aus. 57 Zum Vorstehenden wie auch zum Meinungsstreit, ob bei der Verlustfeststellung von den Bewertungsgrundsätzen auszugehen ist (§ 252 Abs. 1 HGB), die für die Jahresbilanz gelten, oder ob Liquidationswerte anzusetzen sind, vgl. ausführlich Frankenberger GF 4/1975, 38 bis 40. 58 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 31; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 33 Rdn. 27. 59 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 31; Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 33 Rdn. 24; a.A. stets Einberufungspflicht: Beuthien GenG § 33 Rdn. 45; BeckBilKomm/Förschle Vor § 339 Rdn. 64. 60 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 31; Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 33 Rdn. 27. 61 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 31; Frankenberger GF, 4/1975, 38; a.A. BeckBilKomm/Förschle Vor § 339 Rdn. 64; Beuthien GenG § 33 Rdn. 45.
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Es besteht keine erneute Einberufungspflicht, wenn der Verlust weiterhin besteht und das Eigenkapital weiterhin gemindert wird; die Pflicht zur erneuten Einberufung entsteht jedoch wieder, wenn der Verlust unter die Grenze des Abs. 3 gesunken und später wieder über die Grenze steigt. Eine WohnGen, die im steuerbegünstigten Wohnungsbau mit Aufwendungsdarle- 52 hen geförderte Wohnungen bis 1.1.2002 errichtet hat, braucht dieses nicht zu passivieren, sondern kann sie zur Bilanz vermerken (§ 88 Abs. 3 II. S. 2 WoBauG).62 Das gilt nicht für eine Vermögensübersicht zur Feststellung der Überschuldung. Im Übrigen führen die Darlehen nicht zur Überschuldung im handels- und insolvenzrechtlichen Sinn, wenn der Darlehensgläubiger mit der eG vereinbart, mit seiner Forderung hinter die Forderung aller anderen Gläubiger in der Weise zurückzutreten, dass sie nur aus künftigen Gewinnen oder aus ihrem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen bedient zu werden braucht. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann der Vorstand von der Einberufung der GV/VV absehen; es sei denn, dass ein Verlust i.S.v. § 33 Abs. 3 auch dann besteht, wenn die Aufwendungsdarlehen nicht berücksichtigt werden. 3. Rechtsfolgen. Ist unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen die GV/VV einzuberufen, so hat dies unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) zu geschehen. Zur Einberufung ist nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 3 der Vorstand verpflichtet, jedes Vorstandsmitglied hat auf den Gesamtvorstand entsprechend einzuwirken; eine Pflicht des Aufsichtsrats kann sich aufgrund der §§ 38 Abs. 2 S. 1, 41 im Einzelfall ergeben.63 Bei der Einberufung ist der Zweck der GV/VV anzugeben; die Tagesordnung muss klar erkennen lassen, dass der GV/VV eine Anzeige nach § 33 Abs. 3 erstattet werden soll:64 Eine nicht unproblematische Regelung, da eine übereilte Publizierung wirtschaftlicher Schwierigkeiten bei Mitgliedern und Gläubigern zu Reaktionen führen kann, die eine erhebliche Verschärfung der aufgetretenen wirtschaftlichen Belastungen zur Folge haben.65 Die Tagesordnung kann weitere Punkte enthalten, die anlässlich dieser a.o. GV/ VV behandelt werden sollen. In der GV/VV sollten nicht nur die Mitglieder unterrichtet werden, sondern es sollten zugleich Maßnahmen zur (teilweisen) Verlustdeckung vorgeschlagen werden, z.B. weitere Einzahlungen bzw. eine Erhöhung des Geschäftsanteils mit sofortiger Einzahlungspflicht.66 Neben der Beschlussfassung der GV/VV über die (teilweise) Verlustbeseitigung kann auch der Vorstand weitere Möglichkeiten der Sanierung planen und durchführen. Ist eine Sanierung nicht möglich, muss das Liquidationsverfahren bzw. bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 98 i.V.m. 17 bzw. 19 InsO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt werden (§ 15a InsO). Bei Pflichtverletzungen machen sich Vorstandsmitglieder nach § 34 der eG gegenüber schadensersatzpflichtig. Es wird nur der Schaden geschuldet, der vermieden worden wäre, wenn die GV/VV rechtzeitig schadensabwendende oder -mindernde Maßnahmen hätte treffen können. § 33 Abs. 3 ist jedoch kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, mithin kein Schadensersatzanspruch der Gläubiger der eG.67 Abs. 3 dient
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62 § 88 Abs. 3 II. WoBauG, gilt auch weiter nach Aufhebung des 2. Wohnungsbaugesetzes gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1d) Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl. I S. 2376). 63 Frankenberger GF 4/1975, 41; a.A. Müller GenG § 33 Rdn. 82. 64 Müller GenG § 33 Rdn. 87. 65 Hierauf weist Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 19 mit Recht hin. 66 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 33 Rdn. 28. 67 BGH BB 1979, 1929 für AG.
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jedoch auch dem Schutz der Mitglieder, diese können Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB geltend machen;68 Strafbarkeit – auch bei Fahrlässigkeit – ergibt sich aus § 148 Abs. 1. Die Einberufung kann hingegen nicht durch Festsetzung von Zwangsgeld erzwungen werden. Als Straftatbestände kommen §§ 283, 283a StGB (Bankrott), 283b StGB (Verletzung der Buchführungspflicht), aber als Folge u.U. auch § 283c StGB (Gläubigerbegünstigung) in Betracht. VII. Europäische Genossenschaft (SCE) 58
Bei einer SCE mit Sitz in Deutschland gilt Folgendes: Beim dualistischen System gilt § 33 Abs. 3 unmittelbar. Beim monistischen System stellt nach § 18 Abs. 3 Satz 1 SCEAG der Verwaltungsrat sicher, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden. Wie in § 33 Abs. 3 hat nach § 18 Abs. 4 Satz 1 SCEAG der Verwaltungsrat bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen (Verlust, der durch die Hälfte des Gesamtbetrags der Geschäftsguthaben und Rücklagen nicht gedeckt ist) unverzüglich die GV/VV einzuberufen. Die geschäftsführenden Direktoren haben den Vorsitzenden des Verwaltungsrats unverzüglich zu unterrichten, wenn die in § 18 Abs. 4 S. 1 SCEAG genannten Voraussetzungen vorliegen, vgl. § 22 Abs. 3 S. 1 SCEAG. Nach § 27 Abs. 1 SCEAG haben beim monistischen System die geschäftsführenden Direktoren den Jahresabschluss und den Lagebericht aufzustellen und danach unverzüglich dem Verwaltungsrat zur Prüfung vorzulegen. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats legt den Jahresabschluss und den Lagebericht unverzüglich der GV/VV zum Zweck der Feststellung vor. Nach § 32 SCEAG gelten für die Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts die §§ 336–338 HGB entsprechend; handelt es sich um ein Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut, gelten die §§ 340–340j HGB entsprechend. Für die Offenlegung gilt § 339 HGB, bei einem Kreditinstitut gilt § 340l HGB entsprechend (§ 33 SCEAG); ebenso die Straf- und Bußgeldvorschriften für Kreditgenossenschaften in §§ 340m, 340n und 340o HGB. Der Verweis in § 33 SCEAG lediglich auf §§ 340l und 340o HGB ist ein redaktionelles Versehen; die Straf- und Bußgeldvorschriften gelten für alle deutschen Kreditgenossenschaften, also auch SCE, einheitlich.
§ 34 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder § 34 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder (1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft anzuwenden. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Genossenschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch die Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren. (2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzten, sind der Genossenschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft angewandt haben, tragen sie die Beweislast. (3) Die Mitglieder des Vorstands sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz oder der Satzung
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68 So BGH NJW 1979, 1829 = BB 1979, 1929 zur AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 33 Rdn. 25; Beuthien GenG § 33 Rdn. 47; Müller GenG § 33 Rdn. 91.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
1. 2. 3. 4.
Geschäftsguthaben ausgezahlt werden, den Mitgliedern Zinsen oder Gewinnanteile gewährt werden, Genossenschaftsvermögen verteilt wird, Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Genossenschaft eingetreten ist oder sich eine Überschuldung ergeben hat, die für die Genossenschaft nach § 98 Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist. 5. Kredit gewährt wird. (4) Der Genossenschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Generalversammlung beruht. Dadurch, dass der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. (5) In den Fällen des Absatzes 3 kann der Ersatzanspruch auch von den Gläubigern der Genossenschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Genossenschaft noch dadurch aufgehoben, dass die Handlung auf einem Beschluss der Generalversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Genossenschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus. (6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.
I. II.
III.
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Übersicht Allgemeines | 1–2 Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder (Abs. 1) | 3–106 1. Anwendungsbereich | 3–12 a) Vorstandsmitglieder | 3–11 b) Der Bereich der Geschäftsführung (Leitung) | 12 2. Inhalt der Sorgfaltspflicht | 13–95c a) Begriff der Sorgfalt in BGB und HGB | 13–15 b) Sorgfalt des Geschäftsleiters einer eG | 16–25 c) Verantwortungsschwerpunkte | 26–46 d) Rechtsprechung | 47–95a e) Compliance | 95b f) Business Judgement Rule (Geschäftsleiterermessen/ Geschäfts-Beurteilungs-Regel – GBR) | 95c 3. Verschwiegenheitspflicht (Abs. 1 S. 2) | 96–106 Pflicht zum Schadensersatz nach § 34 | 107–130
Voraussetzungen | 107–111 Gesamtschuldnerische Haftung | 112–115 3. Sonderfälle des Abs. 3 | 116–123 4. Haftung gegenüber der eG (Abs. 2) | 124 5. Haftung gegenüber Gläubigern der eG (Abs. 5) | 125–130 IV. Ausschluss der Ersatzpflicht (Abs. 4) | 131–144 V. Verfahren | 145–153 1. Beschluss des Aufsichtsrats bzw. der GV/VV | 145–148 2. Vertretung der eG | 149 3. Beweislast (Abs. 2 S. 2) | 150–152 4. Verfahrenskosten | 153 VI. Verjährung | 154–156 VII. Sonstige Anspruchsgrundlagen | 157–160 VIII. Haftung der eG | 161 IX. Europäische Genossenschaft (SCE) | 162 X. Haftung bei eG ohne Aufsichtsrat | 163 XI. D&O-Versicherung | 164 1. 2.
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§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
I. Allgemeines § 34 wurde neu gefasst durch Novelle 1973; er ist weitgehend angepasst an § 93 AktG, trägt aber den Besonderheiten der eG Rechnung. Dies gilt in erster Linie für den Sorgfaltsmaßstab: „Geschäftsleiter einer eG“, wodurch die besondere Aufgabenstellung der eG als Förderunternehmen und die daraus folgende besondere Verantwortung des Vorstands zur Mitgliederförderung – und im Gegensatz zur Aktiengesellschaft nicht Gewinnmaximierung – zum Ausdruck kommt.1 § 34 Abs. 1 regelt im Gegensatz zu § 93 Abs. 3 AktG eine Ersatzpflicht auch bei Verstößen gegen die Satzung. Eine entsprechende Vorschrift des § 93 Abs. 3 AktG, der 2005 durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts eingefügt wurde,2 erfolgte im GenG nicht. Der in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG geregelte Grundsatz, dass eine Pflichtverletzung bzw. ein Verschulden des Vorstands nicht vorliegt, wenn es vernünftigerweise annehmen durfte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, gilt aber nach der Rspr. des BGH zur Haftung bei unternehmerischen Entscheidungen entsprechend.3 2 Die Regelung des § 34 beschränkt sich auf die Umschreibung der Sorgfaltspflicht und der daraus folgenden Haftung im Hinblick auf die Organstellung; andere Anspruchsgrundlagen können daneben bestehen (vgl. Rdn. 157 ff.).4 § 34 kann nicht mit Wirkung gegenüber Dritten abbedungen werden.5 1
II. Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder (Abs. 1) 1. Anwendungsbereich 3
a) Vorstandsmitglieder. § 34 gilt grundsätzlich nur für Mitglieder des Vorstands. Voraussetzung ist jedoch weder der Abschluss eines Dienstvertrags noch die rechtswirksame Bestellung zum Vorstandsmitglied (vgl. § 9 Rdn. 27; § 24 Rdn. 66), erst recht nicht die Eintragung in das Genossenschaftsregister. Entscheidend für die Anwendung der Vorschrift ist vielmehr, dass tatsächlich die Tätigkeit als Vorstandsmitglied ausgeübt wird (faktisches Vorstandsmitglied – hierzu § 24 Rdn. 66).6 Auch wenn überhaupt kein Bestellungsakt vorliegt, treten beim Tätigwerden als Vorstandsmitglied die Folgen nach § 34 ein.7 Voraussetzung ist allerdings, dass die Tätigkeit mit Willen der eG, d.h. mit Willen des für die Bestellung zuständigen Organs ausgeübt wird8 und das Vorstandsmitglied unbeschränkt geschäftsfähig ist.9 Andererseits setzt die Verantwortlichkeit und Haftung voraus, dass die Bestellung zumindest faktisch angenommen worden ist (s.a. Rdn. 57a); gewolltes und erkennbares Handeln als Vorstandsmitglied bedeutet jedoch stets An-
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1 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 1; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 5. 2 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts – UMAG – v. 22.9.2005 – BGBl. I 2005, 2802. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 34 Rdn. 1 m.w.N. 4 Vgl. Erl. Rdn. 157 ff.; Müller GenG § 34 Rdn. 2. 5 Vgl. BGH DB 1998, 2107 zur Verletzung von Kardinalpflichten unter Berufung auf § 9 Abs. 2 Nr. 2 des damaligen AGBG. 6 RG Seuff Arch 93, 310; BGHZ 41, 282; so für den Aufsichtsrat RGZ 152, 273; Müller GenG § 34 Rdn. 10. 7 Vgl. BGH WM 1995, 800; BGHZ 47, 343; BGHZ 41, 287 = NJW 1964, 1367; BGH DB 1966, 1349 für Fragen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit; s.a. Beuthien GenG § 34 Rdn. 9. 8 BGH DB 1966, 1349 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 3; Beuthien GenG § 34 Rdn. 4. 9 Beuthien GenG § 34 Rdn. 4; RGZ 144, 384, 394 u. 152, 273, 277.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
nahme des Amtes.10 Aus dem Anstellungsvertrag kann sich jedoch bereits die Verpflichtung ergeben, als Vorstand tätig zu werden. Soll die Aufnahme der Tätigkeit als Vorstandsmitglied erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen, entsteht auch dann erst die Sorgfaltspflicht. Die Rechtsfähigkeit der eG ist nicht Voraussetzung, auch Pflichtverletzungen vor Eintragung der eG in das Genossenschaftsregister führen zur Anwendung des § 34.11 Für stellvertretende Vorstandsmitglieder gilt § 34 uneingeschränkt (s. Erl. zu 4 § 35). Das Gesetz macht hinsichtlich der Verantwortlichkeit und Haftung grundsätzlich keinen Unterschied, welche „Position“ ein Vorstandsmitglied im Gesamtgremium hat. Ein stellvertretendes Vorstandsmitglied handelt in gleicher Weise eigenverantwortlich und kann nicht an Weisungen (z.B. des Vorstandsvorsitzenden) gebunden sein. Die Zuteilung besonderer – vielleicht eingeschränkter – Verantwortungsbereiche kann bei der Schuldfeststellung und der Verteilung von Haftungsquoten beim Gesamtschuldnerausgleich (§ 421 ff. BGB)12 von Bedeutung sein, s. hierzu Rdn. 112–115.13 Mitglieder des Aufsichtsrats, die gemäß § 37 Abs. 1 vorübergehend in den Vorstand 5 delegiert worden sind, sind zwar nicht „stellvertretende Vorstandsmitglieder“ im Sinne von § 35; für die Zeit ihrer Vorstandstätigkeit unterliegen sie jedoch den Bestimmungen des § 34 zur Verantwortung und Haftung (§ 35 Rdn. 1 ff. und § 37 Rdn. 15). Unterschreitet die Zahl der Vorstandsmitglieder die gesetzliche (§ 24 Abs. 2 S. 1) oder satzungsmäßige Grenze (§ 24 Abs. 2 S. 2) oder ist der Vorstand aus sonstigen Gründen, z.B. krankheitsbedingt, funktionsunfähig, entbindet dies die verbliebenen Vorstandsmitglieder nicht von ihren Pflichten; sie haben alles ihnen Zumutbare zu tun, um Schaden von der eG abzuwenden.14 Die verbleibenden Vorstandsmitglieder haben dafür Sorge zu tragen, dass unverzüglich eine Nachwahl für das (dauernd) verhinderte bzw. fehlende Vorstandsmitglied erfolgt bzw. in Ausnahmefällen (besondere Dringlichkeit erforderlich) vom Amtsgericht ein Notvorstand bestellt wird, § 29 BGB. § 34 gilt auch für gerichtlich bestellte Notvorstände.15 § 34 findet auch Anwendung auf nebenamtliche und ehrenamtliche Vorstands- 6 mitglieder.16 Solche nicht hauptamtlichen Vorstandsmitglieder haben nach dem Wortlaut des § 27, der nicht zwischen hauptamtlichen und anderen Vorstandsmitgliedern unterscheidet, ebenfalls in eigener Verantwortung die eG zu leiten;17 ihre Tätigkeit kann sich damit nicht auf eine Art Aufsichtsführung beschränken.18 Sie tragen daher grundsätzlich auch die Leitungsverantwortung gemäß § 34. Die Tatsache, dass sie nicht hauptamtlich im Vorstand der eG tätig sind, kann und muss allerdings bei der Zuordnung einzelner Verantwortungsbereiche und bei der Feststellung der Schuld und dem internen
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10 Vgl. RGZ 144, 356; Müller GenG § 34 Rdn. 10. 11 BGH GmbHR1986, 303; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 10 m.w.N.; Beuthien GenG § 34 Rdn. 4. 12 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 93 ff., insb. 98. 13 Vgl. Metz Bankpraxis 1977, 200. 14 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 3 mit Verweis auf Mertens/Kahn in Kölner Kommentar zum AktG § 93 Rdn. 16. 15 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 33 Rdn. 3. 16 BGH WM 2004, 488; so grundsätzlich Blomeyer/Meyer ZfgG 1985, 255; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 34 Rdn. 4; Müller GenG § 34 Rdn. 10a; wegen der Begriffe vgl. § 24 Rdn. 28 bis 31; zur Haftung ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder gegenüber der eG ausführlich Bode in Festschrift für Schaffland S. 175 ff. 17 So zutreffend Meyer Die Verantwortlichkeit des Vorstands, S. 45; Beuthien GenG § 34 Rdn. 14. 18 Insoweit als im Widerspruch zum Wortlaut von § 27 abzulehnen, wenn Beuthien GenG in § 34 Rdn. 12 von Vorstandsmitgliedern lediglich als „Vertrauensmännern“ spricht; ähnlich Meyer Die Verantwortlichkeit des Vorstands, S. 46; nicht eindeutig zum Begriff „Aufsicht“ Paulick S. 224.
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§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
Schadensausgleich (Rdn. 115) Berücksichtigung finden.19 Zu denkbaren Haftungsmilderungen unabhängig von der Verweisung auf den internen Haftungsausgleich (hierzu Rdn. 112 ff.) hat Bode20 Stellung genommen. Die Gesichtspunkte der „Ressortverantwortung“ sind entsprechend anzuwenden. Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder sind so zu behandeln, wie nicht ressortverantwortliche Vorstandsmitglieder im Verhältnis zu den ressortverantwortlichen Vorstandsmitgliedern (Rdn. 39, 40).21 Im Rahmen der konkret vorhandenen Möglichkeiten müssen sie dafür Sorge tragen, dass das Vertrauensverhältnis zu den hauptamtlichen Vorstandskollegen jederzeit gerechtfertigt bleibt. Durch laufende gegenseitige Information und ggf. aktive Nachfragen muss eine Unterrichtung über alle wesentlichen Vorgänge gewährleistet sein. Wenn Umstände Anlass zu weiteren Nachforschungen geben können, muss das ehrenamtliche Vorstandsmitglied wie auch das nicht für dieses Ressort zuständige Vorstandsmitglied konkret tätig werden, z.B. durch Rückfragen, Einsichtnahme in bestimmte Unterlagen oder sonstige Kontrollhandlungen.22 Bei Feststellung von Pflichtverletzungen, die sich aus Berichterstattung im Vorstand, aus dem Bericht der internen Revision oder aus Erkenntnissen des Prüfungsverbands ergeben können, ist jedes Vorstandsmitglied ggf. verpflichtet, den Aufsichtsrat, den Prüfungsverband, die GV/VV zu informieren (vgl. Rdn. 40).23 Es wäre – jedenfalls für manche Genossenschaftsbereiche – zu bedauern, wenn die 6a strengen Haftungsvorschriften auch für ehrenamtliche Organmitglieder abschreckend auf die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Mitarbeit wirken würden.24 Langfristig wäre an eine Anpassung des Gesetzes zu denken, gegebenenfalls in Anlehnung an das mittlerweile verabschiedete Ehrenamtsstärkungsgesetz25 vom 21.3.2013. Dieses enthält Haftungserleichterungen (§§ 31a und 31b BGB) für geringfügig entlohnte Organmitglieder des Vereins und Vereinsmitglieder und einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Verein, wenn sie von Dritten in Anspruch genommen werden (§§ 31a und 31b Abs. 2 BGB). Der Freistellungsanspruch gegenüber dem Verein besteht nicht bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln. Auswirkungen auf nebenamtliche Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder der eG ergeben sich daraus nicht; eine Änderung des § 34 ist mit dem EhrenamtsstärkungsG nicht erfolgt. Hätte der Gesetzgeber auch das GenG ändern wollen, hätte er die Sondervorschrift des § 34 entsprechend anpassen müssen. Das BMJV hat im März 2013 einen RefE zur Einführung der Kooperationsgesellschaft 6b und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften vorgelegt (Kooperationsgesellschafts-EinführungsG – KoopEG).26 Dieser sieht in Art. 1 Nr. 8b) folgende Änderung des § 34 Abs. 2 vor: „Die Tatsache, dass ein Vorstandsmitglied unentgeltlich tätig ist oder für seine Tätigkeit nur eine Vergütung erhält, die € 720 jährlich nicht übersteigt, wirkt sich bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs zugunsten dieses Vorstandsmitglieds
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19 Hierzu Beuthien Vortragsveranstaltung 1981 des DGRV, Bad Kreuznach, S. 38; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 66; Beuthien GenG § 34 Rdn. 14; Großfeld ZfgG 1979, 217; Grossfeld/Schulte ZfgG 1985, 194; die mehr rechtspolitischen Erwägungen über einen besonderen Fahrlässigkeitsmaßstab der ehrenamtlichen Organmitglieder finden aber im Gesetz kaum eine Stütze; Metz Bankpraxis 1977, 200 ff.; zu weitgehend BGH II ZR 216/01, der nur auf den internen Schadensausgleich abstellt, worauf Bode in Festschrift für Schaffland S. 176, 177 zu Recht hinweist. 20 In Festschrift für Schaffland S. 187. 21 Bode in Festschrift für Schaffland S. 178 und 184. 22 OLG Köln NZG 2001, 135 zur AG; VG Frankfurt/Main WM 2004, 2157; s. auch Rdn. 40. 23 BGH NJW-RR 2004, 900 = DStR 2004, 513; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 34 Rdn. 10. 24 So überzeugend auch Bode in Festschrift für Schaffland S. 175, 176. 25 EhrAmtStG vom 21.3.2013, BGBl. I S. 556. 26 www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/RefE_Gesetz.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
aus“. In der Begründung zur Änderung des § 34 Abs. 2 wird ausgeführt, dass eine vollständige Übertragung des § 31a Abs. 1 S. 1 BGB, d.h. eine Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, im Genossenschaftsbereich nicht angemessen ist, da es sich bei eG um Formkaufleute handelt (§ 17 Abs. 2). Zudem sei der Unterschied der Vergütung von rein ehrenamtlichen und nebenamtlichen Vorständen mit geringer Vergütung oft nur marginal. Statt einer starren Ausnahmeregelung soll eine flexible Regelung beim Sorgfaltsmaßstab ansetzen. Die geplante Änderung des § 34 Abs. 2 ist abzulehnen. Grundsätzlich ist der Ansatz, (leicht fahrlässige) Haftungsrisiken für die Übernahme von ehren-(unentgeltlich) bzw. nebenamtlichen Vorständen und Aufsichtsräten durch eine flexiblere Ausgestaltung des Haftungssystems zu reduzieren, zu begrüßen. Ob Haftungsrisiken in der Praxis tatsächlich aber immer ein Hindernis für die Übernahme ehrenoder nebenamtlicher Tätigkeit bei der eG sind, ist fraglich, da eine Inanspruchnahme (bei leichter Fahrlässigkeit) nur in ganz wenigen Ausnahmefällen erfolgt, beispielsweise in der Insolvenz27 durch den Insolvenzverwalter. Auch wenn der Aufsichtsrat grundsätzlich zur Verfolgung von Regressansprüchen verpflichtet ist, besteht über die GV/VV (§ 34 Abs. 4) immer die Möglichkeit, von einer Verfolgung abzusehen. Bei Sorgfaltspflichtverletzungen, die auf die ehren-/nebenamtliche Ausgestaltung zurückzuführen sind, wird die GV/VV bei leichter Fahrlässigkeit in der Regel hierzu bereit sein; bei grob fahrlässigen Sorgfaltspflichtverletzungen müssen auch ehren- bzw. nebenamtlich tätige Organvertreter einer eG i.d.R. nicht privilegiert werden. Die derzeitige Ausgestaltung (§ 34 Abs. 1 S. 1) sieht einen objektivierten Sorgfalts- 6c maßstab vor, der im Vergleich zu Personengesellschaften nicht an die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten anknüpft, sondern sich an den Kapitalgesellschaftsformen AG und GmbH orientiert. Vor dem Hintergrund, dass eG – wie andere Kapitalgesellschaftsformen auch – am Markt tätig sind und mit diesen im Wettbewerb stehen, ist es richtig und konsequent, dass die Innenhaftung der Organe grundsätzlich vergleichbar ausgestaltet ist. Vor diesem Hintergrund wird zunehmend eine Professionalisierung des Ehren- bzw. Nebenamtes durch verstärkte Schulungen (z.B. selbstauferlegte Verpflichtungen in GO für VS u. AR) angestrebt. Die im RefE vorgeschlagene Änderung würde diesen Prozess bremsen. Zutreffend ist, dass sich die Besonderheit der Rechtsform eG auch im Haftungssys- 6d tem wiederfinden muss. Die Rekrutierung von ehren- bzw. nebenamtlichen Organmitgliedern ist durch das Prinzip der Selbstorganschaft der eG beschränkt. Es wird daher zu Recht darauf verwiesen, dass die Sorgfaltspflicht eines Vorstandsmitglieds einer eG unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Selbstorganschaft anders zu definieren ist, als dies im sonstigen kaufmännischen Bereich bei Kapitalgesellschaften vorgesehen ist.28 Über eine Definition einer individuellen Sorgfaltspflicht für ehren- bzw. nebenamtlich tätige Organmitglieder in eG besteht die Möglichkeit, die beschränkte Auswahlpflicht zu berücksichtigen. Bei der Definition kann zusätzlich auf die konkrete Tätigkeit der eG und ihr vergleichbare Unternehmen oder Sozial- und Kultureinrichtungen abgestellt werden.29 Insoweit wird dem Gedanken des angedachten Satz 3 des Entwurfs „… wirkt sich bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs … aus“ Rechnung getragen. Abzulehnen ist jedoch, den individuellen Sorgfaltsmaßstab an eine starre und zu niedrige Grenze in Höhe
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Hier ist auf die geringe Insolvenzquote von eG (lt. Statistischem Bundesamt 0,1%) zu verweisen. Bode in Festschrift für Schaffland S. 182. Vgl. ebenda S. 183 f.
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§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
von € 720 p.a. zu knüpfen. Eine feste Grenze führt zu einer Zweiklassengesellschaft im Ehren-/Nebenamt und zu einer faktischen Haftungsverschärfung für diejenigen nebenamtlichen Organmitglieder, die nicht unter den Schwellenwert fallen; diese werden indirekt zu hauptamtlichen Organmitgliedern gemacht. Ein Zweiklassensystem wäre kontraproduktiv, da zur Professionalisierung des (nebenamtlichen) Vorstands bzw. Aufsichtsrats in größeren eG mit zunehmender Verantwortung und Regulatorik gerade auch eine maßvolle Vergütung angebracht ist, die in der Praxis immer nur einen kleinen Bruchteil der Vergütung des hauptamtlichen Vorstandsmitglieds ausmachen wird. Eine sinnvolle Regelung in § 34 Abs. 2 n.F. könnte z.B. lauten: „Die Tatsache, dass ein Vorstandsmitglied ehrenamtlich (unentgeltlich) oder nebenamtlich tätig ist, kann sich bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs zugunsten dieses Vorstandsmitglieds auswirken.“ Diese Formulierung ermöglicht eine flexible Anpassung der Sorgfaltspflicht unabhängig von der Höhe der Vergütung. Als Kann-Vorschrift besteht zudem ein Ermessensspielraum; dies ermöglicht eine flexible Handhabung und wird damit allen Erscheinungsformen von eG gerecht. 6e Die Reform der Organhaftung wurde ausführlich auf dem Deutschen Juristentag 2014 behandelt.30 Teilweise wurden und werden weitergehende oder andere Haftungserleichterungen gefordert wie z.B. Haftungserleichterungen durch Satzungsregelungen (wie sie z.B. bei der GmbH nach h.M. zulässig sind)31 oder z.B. der Wegfall der Beweislastumkehrregelung bei ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern.32 Diese Ansätze sind abzulehnen, da sie zu weitgehend sind und entsprechende Begehrlichkeiten wecken; sie sind damit weder mit den Belangen der Mitglieder einer eG noch den Gläubigern vereinbar. Es überzeugt auch nicht das Argument, dass ein ausgeschiedenes Vorstandsmitglied durch sein Ausscheiden die „der Beweislastumkehr zugrundeliegende (unterstellte) Beweisnähe“33 verliert. Die Rechtsprechung hat dieses Problem bereits dadurch gelöst, dass sie dem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied im Falle einer Inanspruchnahme auf Schadenersatz durch die eG ein Einsichtnahmerecht einräumt, soweit dies zur sachgerechten Verteidigung notwendig ist.34 Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens soll ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied immer entlasten.35 Etwas anderes soll bei einer AktG nach h.M. dann gelten, wenn Verstöße gegen Kompetenz-, Organisations- und Verfahrensregeln vorliegen.36 Diese einschränkte Auffassung ist dogmatisch fragwürdig und wird auch nicht der besonderen Interessenlage bei eG gerecht, insbesondere nicht der ohnehin sehr strengen Haftungssystematik des § 34 (Sorgfältiger Geschäftsleiter, Umkehr der Beweislast etc.).37 Es würde der zivilrechtlichen Haftungsdogmatik widersprechen, bei § 93 AktG
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30 70. Deutscher Juristentag 2014 (Hannover); Abtl. Wirtschaftsrecht: Reform der Organhaftung? Materielles Haftungsrecht und seine Durchsetzung in privaten und öffentl. Unternehmen: 8 Beschlüsse zur Innenhaftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder und 8 zur Durchsetzung der Haftung: http:// www.djt.de/fileadmin/downloads/70/140919_djt_70_beschluesse_web_rz.pdf; Cobe/Kling NZG 2015, 48, 50. 31 So Habersack AG 2014, S. 553; Zum Meinungs- und Diskussionsstand vgl. Haarman/Weiß BB 2014, 2115, 2116 m.w.N Fn. 7; für die eG Cobe/Kling NZG 2015, 48, 50. 32 Vgl. zum Meinungsstand insgesamt Haarman/Weiß in BB 2014 S. 2115–2125; zum Wegfall der Beweislastumkehr vgl. ebenda, S. 2119. 33 Haarman/Weiß BB 2014, 2115, 2119. 34 BGH Urt. 4.11.2002, Az. II ZR 224/00, BB 2003, 273 = WM 2002, 2509, 2511, wonach die geltende Beweislastverteilung bei ausgeschiedenen Organmitgliedern nicht überspannt werden darf. 35 Vgl. Hamann/Weiß BB 2014, 2115, 2117 m.w.N. Fn. 17. 36 Vgl. Hamann/Weiß BB 2014, 2115, 2117 m.w.N. 37 So auch für AktG: Hamann/Weiß BB 2014, 2115, 2117.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
zwischen verschiedenen Arten von Pflichtverletzungen des Vorstands- (oder Aufsichtsrats-)mitglieds zu differenzieren.38 Mit dem Ausscheiden aus dem Vorstand endet die Verantwortlichkeit gemäß § 34. Entscheidend ist jedoch auch hier, dass die Tätigkeit als Vorstandsmitglied auch tatsächlich beendet wird.39 Für Haftungstatbestände, die vor dem Ausscheiden begründet worden sind, bleibt naturgemäß die Haftung bestehen. Pflichten und Haftung bestehen grundsätzlich auch bei „faktischen Vorstandsmitgliedern“, die also als Vorstand tätig sind, ohne wirksam bestellt zu sein.40 Die Pflicht, als Vorstandsmitglied tätig zu werden, endet grundsätzlich mit dem rechtswirksamen Ausscheiden aus dem Vorstandsamt. In Ausnahmefällen kann jedoch noch die Verpflichtung bestehen, bestimmte Handlungen abzuschließen oder vorzunehmen, um die eG vor Schaden zu bewahren. Die Verschwiegenheitspflicht besteht über das Ausscheiden aus dem Amt hinaus fort; dies gilt auch für Haftungsfälle aus einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht.41 Vorstandsmitglieder, die im Rahmen von § 40 suspendiert sind (§ 24 Rdn. 92) oder deren Rechte und Pflichten als Vorstandsmitglieder durch übereinstimmende Vereinbarungen aufgehoben sind, unterliegen grundsätzlich nicht mehr der Verantwortung und Haftung gemäß § 34, jedoch der Verschwiegenheitspflicht (hierzu Rdn. 96 ff.). Haftung allerdings möglich, wenn die tatsächliche Vorstandstätigkeit nicht beendet ist oder Pflichten als Nachwirkungen aus früherer Vorstandstätigkeit bestehen. Ist ein Vorstandsmitglied z.B. wegen Krankheit daran gehindert, seine Aufgaben wahrzunehmen, so trifft ihn wegen Fehlverhaltens im Vorstand grundsätzlich keine Verantwortung und keine Haftung. Auch hier ist aber Maßstab die Verpflichtung, das objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare zu tun, um Schaden zu verhindern. Für Geschäftsführer, die nicht dem Vorstand angehören, findet § 34 keine Anwendung. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein ausschließlich ehrenamtlicher Vorstand besteht und die gesamte Leitung auf den Geschäftsführer delegiert worden ist.42 Der Geschäftsführer ist jedoch nicht von seiner Haftung nach allgemeinen Vorschriften dadurch befreit, dass Vorstandsmitglieder bei den Entscheidungen oder Handlungen mitgewirkt haben.43 Gleiches gilt für den Besonderen Vertreter, da dieser nicht Vorstandsmitglied ist.44 Für die Haftung gemäß § 34 gelten die allgemeinen Vorschriften des BGB zur Geschäftsfähigkeit. Grundsätzlich können nur vollgeschäftsfähige Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt werden; hinsichtlich der Haftung aus § 34 finden bei Nichtvollgeschäftsfähigen die Regeln des § 34 keine Anwendung; fällt also die Geschäftsfähigkeit nachträglich weg (§ 104 Nr. 2 BGB), entfällt auch die Verantwortlichkeit, der Schutz des Geschäftsverkehrs hat Vorrang.45 Eine beschränkt geschäftsfähige Person (u.U. bei sogenannten Schülergenossenschaften) kann nur dann wirksam den Pflichten und Haftungen als Vorstandsmitglied unterworfen sein, wenn der gesetzliche Vertreter der „Bestel-
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38 Vgl. ebenda Hamann/Weiß BB 2014, 2115, 2117, mit überzeugenden weiteren Argumenten. 39 Vgl. RG Seuff Arch 93, 310: ein ausgeschiedenes Vorstandsmitglied haftet, wenn es aus Gefälligkeit noch bei einem Verschmelzungsvertrag „als Vorstand“ mitwirkt; Müller GenG § 34 Rdn. 12, Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 34 Rdn. 11 ff. 40 BGH BGHZ 47, 341; Rdn. 58a. 41 Vgl. hierzu Beuthien GenG § 34 Rdn. 3; Müller GenG § 34 Rdn. 12, 20; zur Schweigepflicht vgl. Rdn. 97 ff. 42 Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 34 Rdn. 6. 43 RG – KonsR 18, 329. 44 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 6; Beuthien GenG § 34 Rdn. 26. 45 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 5.
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lung“ zugestimmt hat.46 Ergänzend sind für die Frage der „Deliktsfähigkeit“ die Vorschriften der §§ 827 ff. BGB heranzuziehen. § 34 gilt auch für Liquidatoren (§ 89) und für Vorstandsmitglieder einer nach § 94 nichtigen eG; entscheidend ist die tatsächliche Übernahme der Funktion (es gilt das in Rdn. 3 Ausgeführte).47 Für die „Geschäftsleiter“ einer Kreditgenossenschaft gelten ergänzend die be11 sonderen Vorschriften des KWG, insb. § 17 KWG; zum Begriff des Geschäftsleiters siehe § 9 Rdn. 2. 12
b) Der Bereich der Geschäftsführung. Der Begriff „Geschäftsführung“ im engeren Sinne umfasst nur die Tätigkeit der Vorstandsmitglieder im Innenbereich der eG; dazu kommen die Vertretungshandlungen im Außenverhältnis. Beide Bereiche werden in § 27 unter dem Begriff „Leitung“ zusammengefasst. Die Sorgfaltspflicht des § 34 Abs. 1 erstreckt sich naturgemäß sowohl auf die Geschäftsführung als auch auf Vertretungshandlungen im Außenverhältnis, also auf alle Vorstandshandlungen bei der Leitung der eG, bei Kreditgenossenschaften auch auf die Beachtung der besonderen Vorschriften des KWG. 2. Inhalt der Sorgfaltspflicht
a) Begriff der Sorgfalt in BGB und HGB. Zur Verantwortlichkeit des Schuldners bestimmt § 276 Abs. 1 BGB allgemein, dass für Vorsatz und Fahrlässigkeit einzutreten ist. Diese Begriffe gelten im Wesentlichen für das gesamte Haftungsrecht, das Leistungsstörungsrecht und auch für das Deliktsrecht (Recht der unerlaubten Handlungen, §§ 823 ff. BGB). Vorsatz ist danach Wissen und Wollen der Handlung und des rechtswidrigen Er14 folgs.48 Die Haftung für Vorsatz kann dem Schuldner nicht im Voraus, auch nicht durch eine Individualabrede, erlassen werden, § 276 Abs. 3 BGB. Fahrlässigkeit bedeutet Außerachtlassen der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ (§ 276 Abs. 2 BGB). „Erforderlich“ bringt zum Ausdruck, dass es sich im Zivilrecht um einen objektivierten Sorgfaltsmaßstab handelt, grundsätzlich ohne Berücksichtigung subjektiver Gesichtspunkte.49 Maßstab dieser Fahrlässigkeit ist also das, was nach allgemeiner Erfahrung von einer bestimmten Personengruppe beachtet werden muss, um Schädigung anderer zu vermeiden. Demgegenüber enthält das Handelsrecht bereits einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab 15 als „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ z.B. in § 347 Abs. 1 HGB für Handelsgeschäfte. Ein ordentlicher Kaufmann unterliegt in diesen Bereichen einem Sorgfaltsmaßstab, der über die allgemein im Verkehr erforderliche Sorgfalt hinausgeht.50 13
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b) Sorgfalt des Geschäftsleiters einer eG. § 34 Abs. 1 definiert für die Mitglieder des Vorstands einer eG einen besonderen Sorgfaltsmaßstab. Es handelt sich gegenüber § 276 Abs. 2 BGB um eine Modifizierung und Konkretisierung des Fahrlässigkeits-
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Ähnlich Müller GenG § 34 Rdn. 11; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 5. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 3, 7. Vgl. Palandt/Grüneberg § 276 Rdn. 16 ff. Palandt/Grüneberg § 276 Rdn. 17 stellt auf die betroffenen Verkehrskreise ab. Vgl. Kust WM 1980, 759.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
maßstabs,51 zugleich aber auch um eine Verschärfung.52 Danach haben sich diese Personen so zu verhalten, wie dies ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer eG tut. Gegenüber der früheren Bezeichnung „Geschäftsmann“ kommt damit zunächst zum Ausdruck, dass die Maßstäbe gelten, wie sie von einem Unternehmensleiter zu fordern sind. Es handelt sich also um einen im Vergleich höheren Maßstab der Sorgfalt, der auch eine allgemeine Treuepflicht beinhaltet.53 Die Formulierung in § 34 Abs. 1 „Sorgfalt eines „… Geschäftsleiters einer eG“ berück- 17 sichtigt den unverzichtbaren gesetzlichen Förderzweck dieser Unternehmensform.54 Die Vorstandsmitglieder müssen ihre Handlungen und Entscheidungen stets danach ausrichten, dass dieser Zweck erreicht und langfristig gesichert wird, sie haben sich dabei an den Interessen der Mitglieder zu orientieren (wegen Begriff und Inhalt Siehe § 1 Rdn. 33 ff.). Diese Regelung des GenG bedingt einen eigenen und konkretisierten Sorgfalts- 18 maßstab gegenüber dem allgemeinen Begriff der Sorgfalt eines Geschäftsleiters. Jener wird seinen Verpflichtungen grundsätzlich dann gerecht, wenn er Erträge erwirtschaftet, um Gewinne an die Gesellschafter auszuschütten und den Bestand des Unternehmens zu sichern. Der Geschäftsleiter einer eG hat darüber hinaus,55 die Sorgfaltspflicht, darauf zu achten, dass die unternehmerische Tätigkeit als Verwalter fremden Vermögens letztlich stets den Mitgliedern in ihrer Kundenbeziehung zur eG zugutekommt, d.h. auch der Vorstand der eG muss zuerst einmal den unternehmerischen Erfolg anstreben.56 Es kann von ihm erwartet werden, dass er jederzeit den Vorteil der eG wahrt und Nachteile von ihr abwendet.57 Auch in § 34 Abs. 1 ist die Sorgfaltspflicht objektiviert; abgestellt wird auf den Ty- 19 pus des Geschäftsleiters, der seinen Pflichten ordentlich und gewissenhaft nachkommt.58 Hierbei muss dem Vorstand für die Leitung der eG ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den unternehmerisches Handeln nicht denkbar ist.59 In § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG ist diese für alle Gesellschaftsformen geltende Rechtsprechung – also keine analoge Anwendung des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG – durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.11.200560 eingearbeitet worden, ohne dass dies zu einer materiellen Änderung geführt hätte, vgl. zum Nachfolgenden Rdn. 95c. Unternehmerisches Ermessen ist immer mit der Gefahr von Fehleinschätzungen insbesondere künftiger Entwicklungen, z.B. des Markts, verbunden. Das Eingehen geschäftlicher Risiken ist zum Teil unerlässlich, um sich im Markt zu be-
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51 Zutreffend Meyer S. 17. 52 Vgl. KG Urt. v. 13.2.1997, Az. 2 U 3326/96; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 14; a.A. Beuthien GenG § 34 Rdn. 9 mit der Begründung, dass durch diese Formulierung die besondere Pflicht eines Vorstandsmitglieds einer eG zu beachten ist – im Ergebnis also kein Unterschied. 53 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 5; so auch Kust WM 1980, 759; vgl. Schlegelberger/Quassowski HGB § 84 Anm. 4; Gessler JW 1937, 501. 54 So auch Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn.60; Beuthien GenG § 34 Rdn. 9; Müller GenG § 34 Rdn. 15, 37. 55 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 60. 56 Ähnlich Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 2 u. 14; Westermann Freundesgabe für Vits, 266 ff.; Westermann in Festschrift für Reinhardt, S. 361 ff. 57 KG ZfgG 2000, 160. 58 So Blomeyer/Meyer ZfgG 1985, 254; Kust WM 1980, 760; ähnlich Müller GenG § 34 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 16. 59 BGH WM 2005, 933 = ZIP 2005, 981 = NZG 2005, 562; BGH WM 2002, 231 = BB 2002, 220 m. Anm. Graef = DB 2002, 473 = ZIP 2002, 213; BGHZ 135, 253 = NJW 1997, 1926 = BB 1997, 1169 = DB 1997, 1068 = WuB II A, § 111 AktG, 1.97 m. Anm. Raiser = NJW 1997, 1926; BGH NZG 2002, 1295 = DStR 2002, 597; KG 2005, 1571; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 1; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 61. 60 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22.9.2005, BGBl. I S. 2802.
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haupten und zu wachsen. Entwickeln sich die Verhältnisse anders als erhofft, kann dies nicht ohne weiteres zu einer Haftung des Vorstandsmitglieds führen. Dieser Handlungsspielraum kann auch im Ansatz das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken und Gefahr von Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen umfassen, dem jedes Vorstandsmitglied ausgesetzt ist, mag es auch noch so verantwortungsbewusst handeln. Der unternehmerische Handlungsspielraum ist jedoch überschritten, wenn gegen die anerkannten betriebswirtschaftlichen Grundsätze oder die anerkannten Erfahrungssätze in der Branche verstoßen werden oder wenn die eingegangenen Risiken mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden führen und deshalb keine vernünftigen Gründe dafür bestehen, das Risiko dennoch einzugehen .61 Voraussetzung für die Haftungsprivilegierung ist jedoch, dass das unternehmerische Handeln auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruht.62 Dies erfordert, dass das Vorstandsmitglied in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft und auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsmöglichkeiten sorgfältig abschätzt.63 20 Jedes Vorstandsmitglied hat sich über seine Pflichten zu informieren; es muss den Inhalt der wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes, der Satzung, der Geschäftsordnungen für Vorstand und Aufsichtsrat, seines Anstellungsvertrags kennen.64 Besondere Bedeutung kommt der Berichtspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat zu (hierzu § 41 Rdn. 16). Vorstandsmitglieder können sich nicht damit entschuldigen, dass sie keine Kenntnis der zu beachtenden Rechtsvorschriften hatten oder mangels Ausbildung oder Erfahrung ihrem Amt nicht gewachsen seien; ihr Verschulden liegt dann in der Annahme oder Beibehaltung des Amtes.65 Missachtung der Beschränkungen nach § 49 stellt regelmäßig einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten dar.66 21 Andererseits ist nicht jeder Verstoß gegen Gesetzes- oder Satzungsbestimmungen eine Pflichtverletzung mit Haftungsfolge.67 Entscheidend ist, ob das Vorstandsmitglied im konkreten Fall auf der Grundlage des erhöhten Sorgfaltsmaßstabes seiner Verantwortung gerecht geworden ist, um Schädigungen zu vermeiden; vgl. zur wünschenswerten Möglichkeit der Einschränkung des Sorgfaltsmaßstabes bei ehren- und nebenamtlichen Mitgliedern des Vorstands und Aufsichtsrats und zur aktuellen Diskussion oben Rdn. 6a ff.68 Dies muss grundsätzlich z.B. auch bei Überschreitungen der Grenzen nach § 49 gelten; sie könnten allerdings unter ganz besonderen Ausnahmeumständen zu rechtfertigen sein. Andererseits kann ein Vorstandsmitglied grundsätzlich der Richtigkeit von Auskünften durch den Prüfungsverband vertrauen.69 Missachtung wesentlicher Bestimmungen des Kreditwesengesetzes ist grundsätzlich ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten. einstweilen frei 22
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61 BGH WM 2005, 934 = NZG 2005, 562; BGH WM 2002, 231. 62 BGH WM 2009, 1930 = ZIP 2009, 1854; BGH WM 2009, 26 = ZIP 2009, 223; BGH NJW 2008, 3361 = ZIP 2008, 1675. 63 BGH NJW 2008, 3361. 64 BGH WM 2004, 486 = ZIP 2004, 407 = DB 2004, 534; Müller GenG § 34 Rdn. 15. 65 RG JW 1914, 476; BlfG 1934, 539; RG BlfG 1937, 794; LG Bonn BlfG 1933, 129; RGZ 163, 200 = BlfG 1940, 127; BGH DB 1963, 480; BGH NZG 2002, 1295 = DStR 2002, 597; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 3. 66 RG BlfG 1939, 281. 67 Zu weitgehend Müller GenG § 34 Rdn. 15; wie hier Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 9. 68 Differenzierte Anforderungen an die Sorgfaltspflichten nach Art, Größe u. Branche der eG: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 17. 69 Vgl. BGH NJW-RR 2004, 900 = DStR 2004, 513; OLG Düsseldorf DB 1983, 1651.
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Maßstab für die Bewertung der Sorgfaltspflicht und der Haftungsfolge im Einzelfall 23 kann nach alldem der Grundsatz sein, dass Vorstandsmitglieder das – einem ordentlichen und gewissenhaften Vorstandsmitglied – objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare tun müssen, um die eG, deren Mitglieder und Gläubiger vor Schaden zu bewahren.70 Grundsätzlich haften Vorstandsmitglieder nicht für den Erfolg, sondern für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten;71 Haftung, wenn „naheliegende Möglichkeit einer Schädigung bestand“.72 Vorstandsmitglieder können – bei „normalen Vorstandspflichten“ – grundsätzlich 24 nicht dadurch von ihrer Haftung frei werden, dass sie sich auf den arbeitsrechtlichen Grundsatz der „gefahrgeneigten Arbeit“ berufen.73 Besondere Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen – diese hat ein Vorstandsmitglied einzubringen – sind bei der Beurteilung der Sorgfaltspflicht zu berücksichtigen.74 Die fachlichen Voraussetzungen für die Tätigkeit als Geschäftsleiter können sehr 25 unterschiedlich sein, je nach Art und Größe des Geschäftsbetriebs der eG. Während der Leiter einer Kreditgenossenschaft vor allem die besondere Qualifikation des KWG zu erfüllen hat,75 liegen die Schwerpunkte beim Vorstandsmitglied eines genossenschaftlichen Handelsunternehmens im allgemeinen kaufmännischen Bereich und – je nach Ressortverantwortung – im Bereich der Warenkunde. Es gibt keinen einheitlichen Geschäftsleitertyp. Jedes Vorstandsmitglied hat seine besonderen Kenntnisse (z.B. als Architekt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt) kostenlos einzubringen.76 Die Sorgfalt des Vorstands einer Kreditgenossenschaft gebietet, das besondere Augenmerk auf die Gesamtbanksteuerung, Treasury, Risikomanagement und Risikocontrolling zu legen (hierzu auch Rdn. 31),77 bei der Finanzierung eines neuen Produkts, dass Marktanalysen, Verkaufsstrategien und Wirtschaftlichkeitsberechnungen eingeholt werden; sollen z.B. Edelsteine oder Schmuckstücke als Sicherheiten bewertet werden, bedarf es der Begutachtung durch anerkannte Sachverständige. c) Verantwortungsschwerpunkte. Der Gesetzgeber hält es für erforderlich, zur 26 Verwirklichung der genossenschaftlichen Unternehmensziele den Vorstand mit umfassender Kompetenz auszustatten (§ 27). Demgemäß sind die Vorstandsmitglieder verpflichtet, die Unternehmensziele als Bündel der Einzelziele zu erforschen, zu definieren, den Betrieb in sachlicher und personeller Hinsicht danach zu organisieren und alle Maßnahmen durchzuführen, die erforderlich sind, um das Unternehmensziel der Mitgliederförderung optimal zu erreichen. Dem Vorstand obliegt vor allem die Auswahl, Anstellung und Ausbildung der Mit- 27 arbeiter; er hat dafür zu sorgen, dass die notwendigen Qualifikationen gegeben sind.
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70 Vgl. Metz Bankpraxis 1977, 197. 71 Vgl. Kust WM 1980, 760. 72 BGH VersR 1975, 812. 73 So für das Kreditgeschäft BGH WM 1975, 469 = VersR 1975, 612; zum Begriff BAG Urt. v. 7.7.1970, Az. 1 AZR 507/69, DB 1970, 1886. 74 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 17. 75 BGH DB 2007, 389 ff. zu den Sorgfaltspflichten eines Geschäftsleiters einer Genossenschaftsbank bei der Kreditbewilligung und der nachfolgenden Kreditvergabe; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 63; allgemein zur Haftung des Vorstands einer Genossenschaftsbank Großfeld/Noelle AG 1986, 275 ff.; vgl. auch Fischer DStR 2007, 1083 ff. 76 OLG Hamm NStZ 1986, 119; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 17 m.w.N. 77 Vgl. Berberich in Festschrift für Schaffland S. 173.
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Hinsichtlich der Pflichten der Vorstandsmitglieder und der daraus folgenden Verantwortung ist zwischen der „Leitungsverantwortung“ und der „Sachverantwortung (= Handlungsverantwortung)“ zu unterscheiden.78 Je nach Art und Größe des genossenschaftlichen Betriebs ist es selbstverständlich, dass Vorstandsmitglieder nicht nur alle wesentlichen Aufgaben nicht selbst erledigen, sondern auch die unmittelbare Handlungsverantwortung nicht tragen können. Der Betrieb kann seinen Zweck vielmehr nur erfüllen, wenn die verschiedenen Aufgaben und Verantwortungen sachgerecht delegiert werden. Die Delegierung als betriebliche Organisationsform und als Rechtsbegriff wurde von der Praxis entwickelt; die Rechtsnatur ist nicht eindeutig festgelegt.79 Im Gegensatz zur Weisung handelt es sich um Übertragung von Aufgaben und Befugnissen (= Kompetenzen) zur eigenverantwortlichen Durchführung.80 Die Kompetenz muss stets der Aufgabe entsprechen, damit diese verantwortlich erledigt werden kann.81 Das Prinzip der Delegierung hat zur Folge, dass der Delegierte dem Vorgesetzten nicht für seine einzelnen Entscheidungen und Handlungen, sondern nur für das Ergebnis dieser Handlungen Rechenschaft schuldet.82 Die Aufgabe des Delegierenden und seine Verantwortung beschränkt sich auf die Auswahl der Personen, die Definition von Handlungszielen und auf Stichprobenkontrollen mit Schwerpunkt Handlungserfolg.83 Nicht delegierbar ist die Leitungsverantwortung, also insbesondere die Aufgabe der Zielsetzung, Planung, Entscheidung, Steuerung, Information, Durchführung und Kontrolle (darüber hinaus s. Rdn. 34). Auch in diesen Bereichen muss nicht der Vorstand jede Entscheidung treffen und jede Maßnahme selbst durchführen; er trägt jedoch stets unmittelbar die Verantwortung für die Erfüllung dieser Aufgaben. Es bleibt im Verantwortungsbereich eines jeden Vorstandsmitglieds, für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zu sorgen, z.B. ordnungsgemäße Abführung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Bei mehrgliedriger Geschäftsführung kann dies weder durch Delegierung noch durch Zuständigkeitsvereinbarung geändert werden.84 Delegierung von Aufgaben und Verantwortung bedeutet nicht in jedem Fall Delegierung einer Entscheidung; auch können die Beratungen oder sonstige Dienstleistungen eigenverantwortlich delegiert oder die Fachkunde Dritter mit einbezogen werden, z.B. Unternehmensberater, IT-Berater, Rechtsanwälte, Steuerberater, auch Berater des Prüfungsverbands (vgl. auch § 38 Rdn. 53). Sie sind nicht Erfüllungsgehilfen des Vorstands, da dieser kein selbständiger Rechtsträger ist, sondern Erfüllungsgehilfen der eG. In der Regel kann sich dann der Vorstand mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auf die erteilten Auskünfte verlassen, dabei trifft ihn die Verantwortung für die sorgfältige Auswahl und Kontrolle.85 Auch eine Dauerberatung in besonders schwierigen Materien wäre sachgerecht, wenn der Vorstand sich nicht blind auf die Ratschläge verlässt, sondern stets
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78 Näheres hierzu Höhn Vorstand insb. S. 29; Blomeyer/Meyer ZfgG 1985, 260; Möhring in Führungsprobleme in Genossenschaften, S. 158 ff. und Jahn Genossenschaftliches Förderungsprinzip, S. 100 ff.; Kust WM 1980, 760; Schilling Großkomm. AktG § 93 Anm. 14. 79 Vgl. zur Vermeidung von Haftung und Straftaten Schulze NJW 2014, 3484; sowie allgemein Gericke DB 1960, 1499 ff. m. umfassenden Nachw.; Höhn Führungsbrevier der Wirtschaft, S. 9 f. 80 Gericke a.a.O., III. 81 Vgl. hierzu van der Meer Der gut geleitete Betrieb, 1957, S. 16. 82 Baeuerle DB 1959, 1145; Gericke a.a.O., V.; vgl. Höhn Führungsbrevier S. 10, 28, 36, 168. 83 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 10. 84 BGH Urt. v. 15.10.1996, Az. VI ZR 319/95, NJW 1997, 130; s. auch Rdn. 40. 85 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 9; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 31.
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eine Plausibilitätskontrolle (mit im Laufe der Zeit wachsendem Sachverstand) vornimmt und sodann entscheidet.86 Neben der Auswahl der Mitarbeiter – fehlerhafte Auswahl oder Überwachung von Mitarbeitern ist ein Verschulden87 – ist der Vorstand verantwortlich für die Einführung und konsequente Durchführung eines unternehmensgerechten Führungssystems. Kooperative Führungssysteme, nach denen auch Planungen und Entscheidungen gemeinsam vorbereitet werden, haben sich in modernen Unternehmen durchgesetzt.88 Der Vorstand hat in einer eG die alles überlagernde Pflicht, die Voraussetzungen für einen optimalen Unternehmenserfolg zu organisieren. Bei dieser „Suche nach Spitzenleistungen“89 obliegt es dem Vorstand, durch Motivation der Mitarbeiter gerade genossenschaftsspezifische Möglichkeiten zu nutzen.90 Im Rahmen der Sorgfalt der Organmitglieder ist es eine konkrete Rechtspflicht, diese genossenschaftsspezifischen Erfolgsquellen zu erkunden und zu nutzen, um den genossenschaftlichen Grundauftrag gerade auch in der Wettbewerbswirtschaft zu erfüllen. Es gibt allerdings konkrete Aufgaben, die das Gesetz zwingend dem Vorstand zur Ausführung zuweist.91 Hierzu zählt insbesondere die Unterzeichnung des Jahresabschlusses sowie – bei Kreditgenossenschaften – die Entscheidung über Großkredite, einstimmiger Beschluss sämtlicher Geschäftsleiter (§ 13 Abs. 2 KWG), ebenso bei Organkrediten (§ 15 Abs. 1 S. 1 KWG). Soweit Entscheidungen oder konkrete Maßnahmen nach der Satzung oder allgemeinen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen dem Vorstand obliegen, bedeutet dies lediglich eine unübertragbare Gesamtverantwortung; Vorbereitungs-, Beratungs- und Ausführungshandlungen können grundsätzlich delegiert werden.92 Kontrolle bedeutet nicht Totalkontrolle aller Handlungen, sondern Stichprobenkontrolle, die nicht zuletzt aus Gründen der Beweisbarkeit systematisiert sein sollte.93 Bei dieser Stichprobe ist der Vorgang vollständig durchzuprüfen, also einschließlich Aufbau, Ablauf und Zielerreichung. Die Verantwortung für den Zustand der Betriebsfahrzeuge z.B. kann auf einen Angestellten übertragen werden, wenn diesem auch eigenverantwortlich Weisungsrechte hinsichtlich Einsatz und Reparaturen zustehen.94 Soweit der Vorstand die Zuständigkeit und Verantwortung für bestimmte Aufgaben delegiert, verbleibt ihm in letzter Konsequenz nur die Verantwortung für die Auswahl und Kontrolle.95 Gleiches gilt, wenn Teilbereiche auf andere Unternehmen ausgelagert werden (Outsourcing). Da die Leitungsverantwortung unentziehbar und undelegierbar beim Vorstand verbleibt, hat er durch geeignete vertragliche Vereinbarungen sicherzustellen, dass er Herr des Geschehens bleibt, dass streng nach seinen Weisungen zu verfahren ist.96 Kreditgenossenschaften haben hierbei die Grenzen des KWG und der MaRisk
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86 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 31. 87 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 66. 88 Vgl. Höhn Vorstand, S. 27. 89 Höhn Vorstand, S. 27 ff. 90 Einzelheiten dazu: Lipfert Mitgliederförderndes Kooperations- und Konkurrenzmanagement in genossenschaftlichen Systemen, insb. S. 45 ff.; Dülfer Unternehmenskultur der Genossenschaft. 91 Vgl. §§ 33 Abs. 1, Abs. 2, 44 Abs. 1, 59 Abs. 1, 99 Abs. 1 sowie die Anmeldung einer gegründeten eG – § 157. 92 Zu eng Müller GenG § 34 Rdn. 29. 93 Z.B. durch Kontrollplan und Kontrollprotokoll. 94 So für das Strafrecht OLG Schleswig Az. 1 Ss Owi 520/79. 95 Müller GenG § 34 Rdn. 29 ff.; Höhn Vorstand, S. 133 ff. 96 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 32.
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zu beachten. Leitungsaufgaben der Geschäftsleitung dürfen die Institute nach den MaRisk (AT 9 Tz. 4, Erläuterungen) nicht auslagern. Hierzu zählen die Unternehmensplanung, -koordination, -kontrolle und die Besetzung der Führungspositionen. Außerdem gehören dazu Aufgaben, die der Geschäftsleitung durch Gesetze oder sonstige Regelungen explizit zugewiesen sind, beispielsweise die Entscheidung über Großkredite nach §§ 13, 13a und 13b KWG und das Festlegen der Strategien. Die BaFin hat die Auslagerungsaktivitäten von Kreditinstituten zuletzt 2013 umfassender analysiert und verstärkten Überwachungsbedarf bei Auslaglerungskonzentrationen festgestellt.97 Die übliche und zumindest bei größeren eG notwendige Arbeitsteilung im Vor39 stand (Ressortleitung) schließt die Gesamtverantwortung aller Organmitglieder grundsätzlich nicht aus, sie setzt jedoch Verantwortungsschwerpunkte, die im Rahmen der Schuldzumessung zu beachten sind.98 Zu Fragen der Zulässigkeit der Geschäftsverteilung und der Rechtsgrundlagen nehmen Grossfeld/Schulte Stellung,99 zur Frage der Haftung bei Ressortverteilung auf der Grundlage einer Geschäftsordnung des Vorstands das OLG Frankfurt.100 Vorstandsmitglieder als Ressortleiter sind verpflichtet, in ihrem Aufgabenbereich selbständig zu entscheiden und zu handeln. Sie unterliegen hier lediglich der Kontrolle durch den Gesamtvorstand.101 Hier ist es auch naheliegend, dass die Vorstandsmitglieder über unterschiedliche Qualifikationen in Bezug auf die verschiedenen Sachbereiche verfügen.102 Die Verantwortung der übrigen Vorstandsmitglieder tritt solange hinter der des Ressortleiters zurück, wie gemäß der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters kein Anlass zur Besorgnis besteht. Voraussetzung ist, dass unter den Vorstandsmitgliedern ein Vertrauensverhältnis besteht, so dass die Vermutung für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gerechtfertigt ist.103 Die Vermutung besteht allerdings nicht mehr, wenn das Verhalten eines Ressortleiters im Vorstand einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter Anlass zu Misstrauen gibt.104 Die Berichtspflicht des ressortzuständigen Vorstandsmitglieds in den Vorstandssitzungen korrespondiert mit der Kontrollpflicht der übrigen Vorstandsmitglieder. Hieraus ist abzuleiten, dass grds. eine Teilnahmepflicht an Vorstandssitzungen besteht, deren Nichtbeachtung eine Pflichtwidrigkeit ist. Mit Rücksicht auf die in § 27 normierte Leitungsverantwortung aller Vorstandsmitglieder ist es nicht zulässig, Personen nicht zur Geschäftsführung, sondern nur als eine Art „Vertrauensmänner“ in den Vorstand zu berufen.105 Auch ehren- oder nebenamtliche Vorstandsmitglieder bleiben grundsätzlich in der Leitungsverantwortung (vgl. oben Rdn. 6). Auch im Falle einer Arbeitsteilung im Vorstand hat das einzelne Vorstandsmitglied 40 nur für sein eigenes Verschulden einzustehen.106 Ein Verschulden anderer Vorstands-
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97 BaFin 1. August 2013: BaFin vergleicht Auslagerung bei Instituten; siehe dort Fazit a.E., http://www. bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2013/fa_bj_2013_08_outsourcing_institute. html?nn=3803924#doc4123006bodyText8. 98 Bode in Festschrift für Schaffland S. 185; Arnold in MüKo BGB § 27 Rdn. 18. 99 ZfgG 1985, 187. 100 Urt. vom 20.2.2006, AZ. 23 U 150/05, OLGR Frankfurt 2006, 918; hierzu auch Bode in Festschrift für Schaffland S. 185. 101 BGH Urt. v. 26.6.1995, Az. II ZR 109/94 – GmbH Geschäftsführer = NJW 1995, 2850; insgesamt überzeugend für die Frage der pflichtgemäßen Abführung von Steuern BFH ZfgG 1985, 209. 102 Vgl. RG HRR 1941, Nr. 132; Müller GenG § 34 Rdn. 25; Höhn Vorstand, S. 135 ff.; Kust WM 1980, 760. 103 BGH, WuB, II C.; § 64 GmbHG 2.94 m. zust. Bespr. Jedzig. 104 Vgl. BFH BStBl. 1984 II, 776 ff. = ZfgG 1985, 209; Großfeld/Schulte ZfgG 1985, 191; vgl. Rdn. 96. 105 Abzulehnen Müller GenG § 34 Rdn. 25. 106 Beuthien Vortragsveranstaltung 1981 des DGRV, S. 39 ff.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 11.
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mitglieder kann ihm nicht angelastet werden. Eigenes Verschulden kann jedoch vorliegen, wenn man an einer Geschäftsverteilung mitgewirkt hat und erkennbar war, dass ein Vorstandsmitglied für das ihm zugeteilte Aufgabengebiet nicht die erforderliche Fähigkeit besitzt107 oder wenn später festgestellt wird, dass es den Anforderungen nicht gewachsen ist.108 Dieses liegt dann möglicherweise darin, dass Informationsaustausch, Zusammenarbeit und Kontrolle im Vorstand mangelhaft waren.109 Das ressortmäßig nicht zuständige Vorstandsmitglied ist von der Sachverantwortung grundsätzlich entlastet, da es ihm verwehrt ist, in den einem anderen zugewiesenen Geschäftsbereich einzugreifen. Grundsätzlich darf ein Vorstandsmitglied darauf vertrauen, dass alle Vorstandsmitglieder ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen.110 Eine weitergehende gegenseitige Überwachung und Überprüfung ist aber dann geboten, wenn sich konkrete Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung im Vorstand ergeben.111 Eine nur faktische Aufgabenteilung führt nicht zur Entlastung der anderen Vorstandsmitglieder. Soweit nicht durch Satzung, Geschäftsordnung, Vertrag oder Vorstandsbeschluss die Verantwortungsbereiche aufgeteilt worden sind, bleibt die volle Leitungsverantwortung bei allen Vorstandsmitgliedern.112 Der BGH hat die dargestellten Grundsätze im Wesentlichen bestätigt.113 Arbeitsteilung in der Leitungsebene befreit nicht von der Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte. Ein Mitgeschäftsführer ist zumindest zu stichprobenartigen Kontrollen der Tätigkeit und des Geschäftsbereichs des Kollegen verpflichtet. Bei Fehlverhalten des ressortzuständigen Kollegen wird deshalb das Kontrollverschulden vermutet. Auch soweit bei mehrgliedriger Geschäftsführung die Leitungsverantwortung nicht delegiert werden kann (z.B. ordnungsgemäße Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen), kann eine Zuständigkeitsvereinbarung doch die deliktische Verantwortlichkeit einzelner Geschäftsführer beschränken. Es bleiben aber Überwachungspflichten bestehen, die erforderlichenfalls – besonders in finanziellen Krisensituationen – zum Eingreifen verpflichten.114 Mehrheitsbeschlüsse befreien das einzelne Vorstandsmitglied grundsätzlich nicht 41 von seiner Verantwortung. Es genügt nicht, dass ein Vorstandsmitglied seine abweichende Minderheitsauffassung zu Protokoll gibt. Auch hier gebietet die persönliche Verantwortung, dass alles objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare getan wird, um den Schaden zu vermeiden.115 Zu denken wäre z.B. an Gegenvorstellungen bei den Vorstandskollegen, eine Unterrichtung des Aufsichtsrats als nächste Stufe, der GV/VV oder des genossenschaftlichen Prüfungsverbands. Gesichtspunkte der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Vorstand müssen dabei beachtet werden.116 Ein Vorstandsmitglied darf nicht an der Ausführung fehlerhafter Beschlüsse mitwirken.117 Ob und inwieweit eine Erörterung im Vorstand, eine Unterrichtung des Aufsichtsrats, eine Einschaltung des Prüfungsverbandes oder sonstige Maßnahmen erforderlich und zumutbar sind, hängt von den Umständen des
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107 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 11. 108 Müller GenG § 34 Rdn. 32 ff. 109 RGZ 98, 98; ausführlich hierzu Meyer Die Verantwortlichkeit des Vorstands, S. 142 ff. 110 Vgl. RGZ 91, 77. 111 Vgl. hierzu Müller GenG § 34 Rdn. 32 bis 36; Kust WM 1980, 761. 112 Beuthien GenG § 25 Rdn. 2. 113 BGH Urt. v. 1.3.1993, Az. II ZR 61/92 m. Bespr. Limmer Wprax 11/94, 8. 114 BGH Urt. v. 15.10.1996, Az. VI ZR 319/95, NJW 1997, 130. 115 Vgl.OLG Hamm AG 1995, 514; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 64; Meyer Die Verantwortlichkeit des Vorstands, S. 152; Hoffmann Der Aufsichtsrat, 1979, Rdn. 424; Ulmer NJW 1980, 1605; Fleischer BB 2004, 2645. 116 Vgl. hierzu Schilling AktG § 93 Anm. 22; Fleischer BB 2004, 2645. 117 Fleischer BB 2005, 2025 ff.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 10.
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Einzelfalls ab. Ein Vorstandsmitglied ist nicht verpflichtet, sein Amt niederzulegen, um Haftungsfolgen zu vermeiden.118 Andererseits kann auch die verspätete oder Nichtausführung rechtmäßiger Beschlüsse der GV/VV eine Pflichtverletzung sein.119 Auch im Falle der Verhinderung eines Vorstandsmitglieds, z.B. bei der Beschlussfassung im Vorstand durch Krankheit oder Urlaub ist für die persönliche Schuldfrage stets zu prüfen, ob das objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare getan wurde, um den Schaden zu verhindern. Dies kann z.B. bedeuten, dass ein Vorstandsmitglied für die Zeit seiner Abwesenheit im Voraus an organisatorischen Maßnahmen für die weitere ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Geschäfte mitwirkt, oder dass es sich nach seiner Rückkehr sich über wesentliche Vorgänge unterrichtet, um gegebenenfalls noch zur Verhinderung einer Schädigung eingreifen zu können. Die besondere Verantwortung der Vorstandsmitglieder einer eG gebietet es, genossenschaftliche Grundsätze, wie z.B. die Gleichbehandlung (s. Erl. zu § 18), zu beachten. Sonderkonditionen allein wegen der Zugehörigkeit zum Vorstand oder Aufsichtsrat sind unzulässig und können Ersatzansprüche gem. § 34 begründen. Der Schaden besteht z.B. im Zinsausfall.120 Mögliche Haftung der Vorstandsmitglieder z.B. bei Zulassung mit Geschäftsanteilen, wenn die Geschäftsguthaben entgegen § 22 Abs. 4 von der eG bevorschusst werden, ohne dass der eG echtes Eigenkapital zufließt (Näheres s. Erl. zu § 22 Abs. 4). Der Vorstand ist verpflichtet, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die Mitglieder ihre Pflichten gegenüber der eG erfüllen, so z.B. die Pflicht zur Zeichnung weiterer Geschäftsanteile oder zur Einzahlung auf Geschäftsanteile. Zur Sorgfalt im Rahmen der Leitungsverantwortung des Vorstands gehört auch „verbundgerechtes Verhalten“. Dies bedeutet, dass die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit im genossenschaftlichen Verbund auf allen Ebenen im Interesse einer optimalen Mitgliederförderung zu nutzen sind. Unangemessene Ausweitung von Nichtmitgliedergeschäften ist mit der Sorgfaltspflicht nicht zu vereinbaren. Gleiches gilt für Kredite ohne die im Einzelfall erforderliche Absicherung. Die Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, jeweils eine ordnungsgemäße Bewertung der Sicherheiten durchzuführen; die in den Verbänden anerkannten „Beleihungsrichtlinien“ sind als Maßstab der Sorgfalt zu beachten. Zu den Sorgfaltspflichten gehören grundsätzlich die als notwendig anerkannten Maßnahmen, wie z.B. bei Kreditgenossenschaften Saldenbestätigungen.
d) Rechtsprechung.121 Die Entscheidungen beziehen sich im Wesentlichen auf die Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder, teilweise aber auch auf den Bereich des Aufsichtsrats. Der Vorstand hat bei der Leitung einen weiten Handlungsspielraums, ohne den unternehmerisches Handeln nicht denkbar ist (hierzu ausführlich Rdn. 19).122 48 – Das geschäftsführende Vorstandsmitglied muss schon für leichte Fahrlässigkeit einstehen.123 47
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118 Fleischer BB 2004, 2645; wegen grundsätzlicher Verpflichtung zur Unterrichtung des AR: KG v. 13.2.1997, Az. 2 U 3326/96. 119 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 34 mit weiteren Einzelfällen. 120 Wegen der Problematik von Ersatzansprüchen gegen den Vorstand bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes: Grossfeld/Aldejohann BB 1987, 2377, 2383. 121 Zur Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern bei Pflichtverletzungen nach dem Aktiengesetz siehe Kau/Kukat BB 2000, 1045. 122 BGH BB 1997, 1169 = DB 1997, 1068 = WuB II A, § 111 AktG 1.97 m. Anm. Reiser; NJW 1997, 1926; BGH NZG 2002, 1295 = DStR 2002, 597. 123 BGH WM 1975, 467 = VersR 1975, 612; RGZ 163, 207; LG Amberg Urt. v. 17.6.1993, Az. 14 0 989/92.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
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Herabsetzung der Kreditwürdigkeit. Bei „normalen Vorstandspflichten“ keine Berufung auf „gefahrgeneigte Arbeit“.124 Verantwortlichkeit von Vorstand und Aufsichtsrat für mangelhafte Überwachung einer nicht ordnungsmäßigen Geschäftsführung des Rendanten.125 Organmitglieder dürfen den Bereich der Rechtsgeschäfte nicht unkontrolliert einem Prokuristen überlassen.126 Bei Arbeitsteilung in der Geschäftsführung besteht die Pflicht zur gegenseitigen Kontrolle.127 Arbeitsteilung entbindet nicht von der Pflicht, für einen rechtzeitigen Insolvenzantrag und für die Massesicherung zu sorgen.128 Arbeitsteilung entbindet nicht von der Pflicht, Stichproben bei Vorstandskollegen durchzuführen.129 Pflichtverletzung, wenn bei Gewährung von Sanierungskrediten die Sanierungsaussichten nicht sorgfältig geprüft werden.130 Verzicht auf Einholung von Auskünften über Kreditnehmer.131 Pflicht der Organmitglieder, sich über Grundsätze und Richtlinien bei Kreditgewährung zu unterrichten.132 Nichtbeachtung kreditrechtlicher Vorschriften bei Überschreitung der BlankoKreditgrenze.133 Der Vorstandsvorsitzende einer Genossenschaftsbank ist nicht berechtigt, ohne Beschlussfassung im Vorstand Blankokredit zu gewähren; er muss vielmehr die intern bestehenden Beschränkungen beachten.134 Auch wer nur tatsächlich als Vorstand tätig wird, haftet nach § 34.135 Nichthereinnahme gebotener Sicherheiten bei Kreditgewährung.136 Unkenntnis des geltenden Rechts entschuldigt grundsätzlich nicht; nur dann, wenn die Regelung mehrfache Deutungen zulässt. Ggfs. kann Einholung von Rechtsrat geboten sein.137 Vertrauen auf eingeholten Rechtsrat ist nur dann Entschuldigung, wenn die Unrichtigkeit der Auskunft nicht auch dem sorgfältigen Geschäftsleiter hätte auffallen müssen.138 Unterrichtungspflicht bei Spezialgesetzen.139
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124 BGH WM 1975, 467. 125 RGZ 156, 291. 126 BGHZ 13, 61. 127 RGZ 98, 98; RG HRR 1941 Nr. 132; OLG Köln NZG 2001, 135; VG Frankfurt/Main WM 2004, 2157. 128 BGH WM 1994, 1030 = WuB B. IIc.; § 64 GmbHG, 2.94 m. Anm. Jedzig. 129 OLG Frankfurt/Main Urt. v. 20.2.2006, Az. 23 U 150/05; OLG Köln NZG 2001, 135; VG Frankfurt WM 2004, 2157. 130 BGH JZ 1953, 664. 131 RG JW 1936, 2313. 132 BGH WM 1956, 1208. 133 BGH Sparkasse 1960, 393. 134 RGZ 144, 277; vgl. auch OLG München 1997, 575. 135 Vgl. OLG München AG 1997, 575. 136 BGH Sparkasse 1960, 393; BGH NJW 1980, 1629; BGH DB 1966, 498; BGH NZG 2005, 562 = DStR 2005, 933. 137 Vgl. RGZ 39, 94; BGH NZG 2002, 1295 = DStR 2002, 597. 138 Vgl. RGZ 159, 211; BGH NJW-RR 2004, 900 = DStR 2004, 513. 139 RGZ 148, 359.
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48a 49 50 51 52 52a 52b 53 54 55 56 57
57a 58 59
60
61
§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
61a –
62 – 62a – 63 – 64 – 65 – 66 – 67 – 68 68a 69 70
– – – – –
71 – 72 – 73 – 74 –
75 –
Mangelnde Offenlegung nach § 18 KWG.140 Die wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers ist während der gesamten Laufzeit des Kredits zu beobachten und zu analysieren. Grenzen des Vertrauens bei Arbeitsteilung in der Geschäftsführung.141 Im Bedarfsfall Aufsichtsrat, Prüfungsverband und/oder GV/VV informieren.142 Haftung eines Aufsichtsratsmitglieds (hier Vorsitzender), wenn Vorstand zu pflichtwidrigem Verhalten veranlasst wird.143 Vertrauen in Handeln des Vorstands befreit Aufsichtsrat nicht von eigener Kontrollpflicht.144 Beschluss des Aufsichtsgremiums ist keine Entschuldigung des Geschäftsleiters bei mangelhaft gesichertem Kredit.145 Arbeitsüberlastung im Allgemeinen kein Entschuldigungsgrund.146 Mangelndes Durchsetzungsvermögen gegenüber Aufsichtsratsgremium kein Entschuldigungsgrund.147 Verschulden wegen finanziell nicht gesicherter Bauaufträge.148 Haftung wegen mangelnder Prüfung eines Klinikerwerbs.149 Pflichtwidrige Übernahme junger Aktien ohne entsprechende Gegenleistung.150 Verstoß gegen Sorgfaltspflicht wegen Nichteinholung der durch die Satzung vorgeschriebenen Genehmigung des Aufsichtsrats,151 aber erhebliche Minderung des Schuldvorwurfs bei laufender Unterrichtung einzelner Aufsichtsratsmitglieder.152 Verzögerung des Insolvenzantrags.153 Pflicht zur Wahrung der Interessen der eG vom Standpunkt eines pflichtbewussten Geschäftsleiters unter Beachtung der Gesetze und der Satzung.154 Zur Haftung bei Risikogeschäften.155 nach altem Recht: Pflicht zur Einhaltung der aus der Anerkennung einer eG als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen folgenden und in der Satzung verankerten Pflichten, deren Träger die eG ist.156 Der Vorstand einer WohnGen ist nicht zur Veräußerung des gesamten Grundbesitzes befugt. Dies berührt den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit und ist daher durch die Mitgliederversammlung zu entscheiden.157
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140 BGH WM 2009, 1930 = ZIP 209, 1854;BGH NJW 2002, 1211; OLG Dresden EWiR § 34 GenG 1/08 S. 131 m. Anm. Lieder. 141 Vgl. RGZ 91, 72; OLG Köln NZG 2001, 135; VG Frankfurt/Main WM 2004, 2157. 142 BGH DStR 2004, 513. 143 BGH WM 1980, 162. 144 RGZ 148, 359. 145 BGH Sparkasse 1960, 393. 146 BGH WM 1956, 1208. 147 BGH Sparkasse 1960, 393. 148 BGHZ 13, 61. 149 OLG Oldenburg Urt. v. 22.6.2006, Az. 1 U 34/03. 150 RGZ 115, 290. 151 OLG Dresden WM 2007, 1029; OLG München NZG 2000, 741 – jeweils zur AG, KG ZfgG 2000, 158 – eG, vgl. auch Blomeyer/Förstner-Reichstein ZfgG 1999, 236 f. 152 BGH WM 1962, 101; KG Urt. v. 13.7.1997, Az. 2 U 3326/96; KG NZG 1998, 189. 153 RGZ 159, 232. 154 Vgl. RG JW 1938, 2019. 155 BGHZ 69, 207. 156 BVerwG GWW 1079, 441, 442; BGH GWW 1982, 532, 534; OVG NRW 1982, 443, 446. 157 LG Kassel Urt. v. 3.3.1994, Az. 801644/91.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
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Die eingelegte Revision ist dahin verglichen worden, dass der geschlossene Kaufvertrag sowie die in diesem Vertrag enthaltene Auflassung unwirksam sind. Verkauf eines der eG gehörenden Grundstücks, bei der die eG vorzuleisten hat, ohne dass die Kaufpreisforderung abgesichert wurde.158 Blindes Vertrauen auf pflichtgemäßes Verhalten „bewährter Mitarbeiter“ kann im Allgemeinen nicht entschuldigen.159 Organmitglieder haben für ausreichende Sachkenntnis einzustehen.160 Zustimmung der übrigen Organmitglieder zu rechtswidrigen Handlungen kann grundsätzlich nicht entschuldigen.161 Kein Verzicht der eG auf Ersatzansprüche durch den Vorstand;162 dies gilt auch bei Verzicht durch Vorstand gegenüber Mitarbeitern, wenn Vorstand dessen Verhalten kannte; Verzicht wäre sittenwidrig.163 Erforderliche Mitwirkung des Aufsichtsrats ist nicht deswegen entbehrlich, weil sich dieser noch nicht konstituiert hat.164 Kreditgewährung ohne die nach Gesetz, Satzung oder Geschäftsordnung notwendige Zustimmung des Aufsichtsrats.165 Täuschung des Kreditausschusses des Aufsichtsrats, um eine Zustimmung zur Kreditvergabe zu erhalten.166 Gleiches gilt bei Täuschung des Aufsichtsrats. Überschreitung der Grenzen gem. § 49 GenG ist regelmäßig Verstoß gegen Sorgfaltspflichten.167 Mangelhafte Bonitätsprüfung.168 fehlende oder ungenügende Einführung eines Überwachungssystems, um den Fortbestand der eG gefährdende Entwicklungen frühzeitig erkennen zu können.169 Schaffung unvertretbarer Risiken durch einseitige Finanzierung krisenanfälliger Branchen.170 Zur nachträglichen Erschwerung der Wirtschaftslage bei Kreditgewährung.171 Nicht ausreichendes Sanierungskonzept.172 Kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, wenn bei der Verwertung einer Grundschuld ein Kaufangebot, zu dem keine Finanzierungsbestätigung einer Bank vorgelegt wird, nicht weiter verfolgt wird und stattdessen zu einem niedrigeren Kaufpreis an einen Dritten verkauft wird.173 Verstoß hingegen, wenn ein der eG gehörendes Grundstück bei Vorleistungspflicht der eG ohne Absicherung der Kaufpreisforderung veräußert wird.174
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158 BGH BB 1966, 877 = ZfgG 1967, 113. 159 Vgl. RG v. 8.2.1939, BlfG 1939, 247. 160 RG BlfG 1937, 794; RG HRR 1941 Nr. 132. 161 RGZ 144, 280; BlfG 1937, 794; KG Urt. v. 13.7.1997, Az. 2 U 3326/96. 162 BGH BB 1956, 1085. 163 BAG BB 1956, 1085. 164 RGZ 161, 129. 165 OLG Dresden WM 2007, 1029. 166 Vgl. BGH ZIP 2007, 322. 167 RG BlfG 1935, 837; RG BlfG 1939, 281; LG Amberg Urt. v. 17.6.1993, Az. 14 O 989/92. 168 BGH WM 2009, 1930 = ZIP 2009, 1854; BGH WM 2002, 231; BGH NZG 2002, 1295 = DStR 2002, 597; siehe auch KG WM 2005, 1570. 169 VG Frankfurt WM 2004, 2160 f. 170 BGH DStR 1993, 1189. 171 RG BlfG 1939, 281; RG JW 1937, 2981. 172 BGH JZ 1953, 664; OLG Brandenburg ZIP 2002, 1902. 173 OLG Rostock WM 2003, 1525 m. Anm. Drescher in EWiR § 34 GenG 1/03 S. 633. 174 BGH BB 1966, 877 = ZfgG 1967, 133.
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75a 76 77 78 79
80 80a 80b 81 81a 81b 81c 82 82a 82b
82c
§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
83 – 83a – 83b –
83c – 84 –
85 –
86 – 87 –
88 – 89 – 89a – 89b – 90 –
Kein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, wenn die GV/VV unter bestimmten Voraussetzungen einer Überschreitung der Grenzen des § 49 zugestimmt hat.175 Nichteinziehung fälliger Pflichteinzahlungen bzw. keine Einforderung der Zeichnung weiterer Geschäftsanteile im Rahmen einer Pflichtbeteiligung.176 Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen; auch im Falle der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der eG muss der Vorstand trotz des Zahlungsverbots des § 99 zur Vermeidung strafrechtlicher Verfolgung (§ 266a StGB) fällige Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialkassen zahlen.177 Es stellt sich die Frage, welcher Schaden durch die Nichtabführung der eG entstehen kann. Dagegen ist die Zahlung von Arbeitgeberbeiträgen eine Pflichtwidrigkeit, da § 266a StGB nur das Vorenthalten der Arbeitnehmerbeiträge unter Strafe stellt;178 der Schaden liegt in den gezahlten Beiträgen. Nichtabführung fälliger Steuern; dies gilt auch im Fall der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der eG trotz des Zahlungsverbots des § 99.179 Entlastung durch die GV/VV ist nur dann Verzicht auf Ersatzansprüche, wenn die Pflichtverletzung bekannt war oder bei sorgfältiger Prüfung hätte bekannt sein müssen.180 Keine Berufung auf frühere Entlastung, da diese nicht für die folgenden Jahre gilt, und z.B. keinen Freibrief zum Überschreiten der Höchstkreditgrenzen für die Zukunft gibt.181 Beschluss der GV/VV kann den Vorstand dann nicht entlasten, wenn er es versäumt hat, auf die sachlichen Bedenken hinzuweisen.182 Stellt ein Vorstandsmitglied nachträglich eine pflichtwidrige Handlung des Vorstands fest, wie z.B. eine Überschreitung der Grenzen des § 49, so muss es auf Kündigung und Rückzahlung drängen.183 Verschulden der Prüfer bei der gesetzlichen Prüfung kann Vorstandsmitglieder in keinem Fall entlasten.184 Entgegennahme unangemessen hoher Vergütung.185 Das Vorstandsmitglied wirkt darauf hin, sich eine ihm nach dem Anstellungsvertrag nicht zustehende Vergütung von der eG anweisen zu lassen.186 Verfolgung eigener Interessen oder Vorteile Dritter auf Kosten und zum Nachteil der eG.187 Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit,188
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175 RGZ 46, 64. 176 BGH WM 2004, 486 = ZIP 2004, 407 = DB 2004, 534; s.a. BGH NJW-RR 2004,900 = DStR 2004, 513. 177 BGH WM 2009,1514 = ZIP 2009, 1468 = DB 2009, 1697; BGH WM 2008, 1403 = ZIP 2008, 1275; BGH WM 2007, 1274 = ZIP 2007, 1265. 178 BGH DB 2009, 1697. 179 BGH ZIP 2009, 122. 180 St. Rspr. BGH WM 1968, 1351; WM 1988, 534; LG Amberg Urt. v. 17.6.1993, Az. 14 O 989/92; KG Urt. v. 13.2.1997, Az. 2 U 3326/96. 181 BGH WM 1974, 133; LG Amberg Urt. v. 17.6.1993, Az. 14 O 989/92. 182 BGHZ 15, 78. 183 RGZ 12, 77. 184 LG Münster Urt. v. 18.9.1986, Az. 11 O 37/86. 185 BGH ZIP 1988, 706 – eV; KG JW 1934, 1288 und RG JW 1933, 2954 – eG. 186 BGH ZIP 2008, 117 = WM 2008, 71 – GmbH. 187 BGH WM 1983, 498 – GmbH. 188 BGH Sparkasse 1960, 147.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
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in Zusammenhang mit Strafbarkeit wegen Untreue.189 Erkennt der Leiter einer Bank die jeweilige gegenwärtige Benachteiligung der Bank als mögliche Folge seines Handelns und nimmt er sie dennoch hin in der Hoffnung, dass die ganze Angelegenheit später einmal doch noch gut ausgehen werde, so handelt er vorsätzlich. Privat veranlasste Sponsoringmaßnahmen als Untreue.190 Eigennütziges Verhalten von Vorstandsmitgliedern bei der Kredithingabe.191 Arbeitsteilung in der Geschäftsführung allein befreit nicht von der strafrechtlichen Verantwortung. Strafrechtlich verantwortlich können auch Personen sein, die zwar das Gesetz nicht unmittelbar verletzen, die Verletzung aber wegen schuldhafter Verletzung von Kontrollpflichten ermöglicht haben.192 Verstöße gegen das Kartellrecht sowie das Wettbewerbsrecht; insb. Rückgriff der eG wegen verhängter Bußgelder.193 Vorstandshaftung bei fehlgeschlagener Anlage in strukturierte Finanzprodukte.194
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Rechtsprechung zu strafrechtlichen Gesichtspunkten des früheren § 146: Auszahlung von Dividenden ohne entsprechenden Gewinn.195 Überlassung von Waren zum Selbstkostenpreis.196 unverhältnismäßig hohes Vorstandsgehalt.197
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90a 90b 90c
90d 90e
91 92 93
Ein Vorstandsmitglied darf grundsätzlich auf die Richtigkeit der vom Genossen- 94 schaftsverband in organisatorischen Fragen erteilten Auskunft (z.B. einzuhaltende Öffnungszeiten von Verkaufsstellen) vertrauen.198 Bei Zahlungsschwierigkeiten haften die Geschäftsführer für eine angemessene Til- 95 gung der Umsatzsteuerforderungen im Rahmen der möglichen Befriedigung aller Gläubiger; eine Geschäftsverteilung kann diese Haftung für einzelne Geschäftsführer begrenzen, aber nicht ganz aufheben (vgl. auch Rdn. 39).199 Haben Vorstand und Aufsichtsrat vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldhaft 95a pflichtwidrig versäumt, die nach der Satzung vorgeschriebene Zeichnung weiterer Geschäftsanteile durchzusetzen, haften sie für den daraus entstehenden Beitragsausfall.200 e) Compliance. Aus der Legalitätspflicht folgt, dass der Vorstand dafür sorgen muss, 95b dass Gesetze und eigene Vorgaben eingehalten werden, sich die eG „compliant“ verhält.201 Das deutsche Recht enthält keine allgemeingültige Definition des Begriffs „Compliance“ (engl.: Einhaltung/Befolgung; in compliance with the regulations = in Beachtung der Vorschriften). Man versteht darunter die Gesamtheit aller unternehmerischer Maßnahmen,
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189 BGH NJW 1979, 1512. 190 BGH NJW 2002, 1585 = WM 2002, 564 = DB 2002, 626 = BGHSt 47, 187. 191 BGH NJW 2000, 2365. 192 BGH Urt. v. 6.7.1990, Az. 2 StR 549/89 „Lederspray-Urteil“. 193 Fleischer BB 2008, 1070 ff.; Säcker BB 2009, 282 ff. (Grenzen für Spenden u. Sponsoringmaßnahmen in der Kapitalgesellschaft). 194 LG Düsseldorf Urt. 25.4.2014, Az. 39 O 36/11 U und Anmerkung v. Arndt jurisPR-BKR 12/2014 Anm. 4. 195 RGSt 49, 364 für AktG. 196 RGSt 38, 1. 197 RG Recht 1934, 402, Nr. 4266 = JW 1934, 1288; RG JW 1933, 2954. 198 OLG Düsseldorf DB 1983, 1651. 199 BGH ZfgG 1985, 209; vgl. auch Rdn. 39. 200 BGH WM 2004, 486 = ZIP 2004, 407 = DB 2004, 534. 201 Vgl. LG München I Urt. v. 10.12.2013, Az. 5 HKO 1387/10, ZIP 2014, 570; Anmerkung hierzu von Seibt/Cziupka DB 2014, S. 1598; Gärtner BB 2014, 2627; Meyer DB 2014, 1063; Werner NWB 2014, 1952: Lutter/Krieger/Verse Rdn. 75; Kark Der Aufsichtsrat, 54; Fissenewert Kapitel 1, Rdn. 4.
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§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
die das rechtmäßige Verhalten der eG, von Vorstand und Aufsichtsrat aber auch Mitarbeiter im Hinblick auf alle gesetzlichen, satzungsgemäßen und sonstigen Gebote und Verbote der eG gewährleisten sollen.202 Die Compliance kann somit als Bestandteil des Risikomanagements aufgefasst werden, und zwar beschränkt auf die Risiken, die sich aus der Verletzung von Regelungen ergeben. In dem Siemens/Neubürger-Urteil vom 10.12.2013 (Schwarzkassensystem und Scheinberatungsverträge zur Verschleierung von Schmiergeldzahlungen)203 hat sich das LG München I in großer Detailliertheit mit den Organisationspflichten des Vorstands einer AktG auseinandergesetzt. Obwohl bei Siemens ein institutionalisiertes Compliance-Management-System (CMS) bestand, wurde dem Kläger gegen ein Vorstandsmitglied Schadenersatz in erheblichem Umfang zugesprochen, weil dieses CMS vom LG München I als nicht ausreichend eingestuft wurde. Daraus eine allgemeine Pflicht zur Vornahme von Compliance-Maßnahmen in jeder eG abzuleiten wäre jedoch zu weitgehend. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Einrichtung einer institutionalisierten Compliance-Organisation besteht nicht.204 Allerdings hat der Vorstand sein insoweit vorliegendes Ermessen pflichtgemäß auszuüben. Bei mittleren und großen eG kann es sich – in Abhängigkeit von der Risikostruktur – empfehlen, diese Aufgabe strukturiert anzugehen, indem ein CMS eingerichtet wird. Das „Ob“ und – wenn dies bejaht wird – der Umfang des CMS hängt von den individuellen Gegebenheiten bei der einzelnen eG ab.205 So werden sog. „Compliance-Risken“ bei eG mit Auslandsgeschäft206 risikoreicher sein als bei eG, die sich auf regionale Märkte beschränken. Für den Mittelstand sind vor allem die Bereiche Wirtschaftsstraftaten, Korruption, Betrug, Untreue und Kartellverfahren207 relevant. Im Übrigen hat der Vorstand dem Aufsichtsrat regelmäßig über dessen „Compliance-Maßnahmen“ zu berichten; zu den Überwachungsaufgaben des Aufsichtsrats vgl. § 38 Rdn. 1b. 95c
f) Business Judgement Rule (Geschäftsleiterermessen/Geschäfts-BeurteilungsRegel – GBR).208 Die Geschäfts-Beurteilungs-Regel, GBR (engl. Business Judgement Rule/ Geschäftsleiterermessen) ist eine Konkretisierung des Sorgfaltsmaßstabs bei unternehmerischen Ermessensentscheidungen. Aus ihr lässt sich ein Prüfschema (Entscheidungsbaum), dessen Befolgung ein Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrat entlastet, ableiten. Die GBR wurde als Maßstab für die Abgrenzung einer (unzulässigen) Sorgfaltspflichtverletzung von einer (zulässigen) unternehmerischen Ermessensentscheidung entwickelt. Die Fähigkeit, Chancen zu erkennen und Risiken zu beherrschen und diese bei Entscheidungen der Geschäftsleitung der eG mit unternehmerischer Weitsicht zu berücksichtigen, gehört zu den Kernkompetenzen eines sorgfältigen Geschäftsleiters einer eG, da von diesen strategischen Entscheidungen der Geschäftsleitung wesentlich der langfristige Erfolg der eG abhängt. Sie ist damit Teil einer guten Unternehmensleitung (Corporates Governance). Die GBR beruht in den USA auf den „Principles of Corporate Governance“ und ist eine zentrale Leitlinie, deren Beachtung über die zivil- und strafrechtliche Haftung von Vorständen (auch eG) und Geschäftsführern entscheidet. Sie hat
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202 Hauschka Corporate Compliance, 2. Aufl. 2010, § 1 Rdn. 2 m.w.N. 203 Vgl. LG München I Urt. v. 10.12.2013, Az. 5 HKO 1387/10, ZIP 2014, 570. 204 Vgl. Werner NWB 2014, 1952, 1959; zu Unrecht wird von vereinzelt für AktG in der Literatur unabhängig von der Größe eine minimale Compliance-Organisation gefordert; vertiefend: Bicker Corporate Compliance, Pflicht und Ermessen ZWH 2013 S. 473. 205 Vgl. LG München I Urt. v. 10.12.2013, Az. 5 HKO 1387/10, ZIP 2014, 570. 206 Vgl. zum Auslandsbezug Cichy/Cziupka BB 2014, 1482. 207 Vgl. Fissenewert Kapitel 2, Rdn. 39 ff. 208 Zur business judgment rule im Genossenschaftsrecht umfassend Cobe/Kling NZG 2015, 48.
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auch Einzug in die Rspr. des BGH209 erfahren, ist 2005 als allgemeiner Rechtsgedanke210 AktG in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifiziert worden und enthält übertragen auf die eG fünf Elemente:211 – Es liegt eine (strategische/bedeutende operative) Geschäftsentscheidung mit Ermessensspielraum vor (z.B. Nichteinhaltung von Compliance-Vorschriften, da kein Ermessensspielraum). – Diese Entscheidung muss zum Wohle der eG erfolgen. – Der VS (ggfs. mit Zustimmung des AR) geht keine unverhältnismäßig hohen Risiken ein. – Die Entscheidung erfolgt auf der Basis ausreichender Informationen. – Für kein an der Entscheidung mitwirkendes Organmitglied besteht ein Interessenkonflikt, andernfalls hat er sich der Stimme zu enthalten.212 Handelt es sich also um eine unternehmerische Entscheidung und durfte das Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied vernünftigerweise annehmen, auf der Grundlage ausreichender Informationen zu handeln oder handelt es in gutem Glauben zum Wohle der eG, findet die Regel Anwendung. Die Folge ist, dass das Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglied dann nicht pflichtwidrig handelt; auch dann nicht, wenn sich die Entscheidung später als nachteilig für die eG erweist.213 Dabei ist besonders auf eine angemessene Protokollierung in den relevanten Sitzungen zu achten. Dies gilt auch für alle Ausschüsse, die strategische Entscheidungen vorbereiten (z.B. Risiko- und Kreditausschuss, Prüfungsausschuss). Unternehmerische Entscheidungen erfordern fundierte Vorbereitung. Dies erfordert ein Abwägen erwarteter Erträge und der damit verbundenen Risiken. Das Risikomanagement214 unterstützt diesen Prozess mit einer umfassenden Risikoanalyse und Risikoaggregation als notwendige Voraussetzung für eine Optimierung der Risikobewältigung und in der Bereitstellung adäquater Informationen für risikogerechte Entscheidungen der Unternehmensführung.215 Sehr komplexe strategische Unternehmensentscheidungen der eG sollten zusätzlich durch ein unabhängiges Drittgutachten (Rechtsgutachten oder Vorteilhaftigkeitsanalyse) unterlegt werden. Soweit Entscheidungen des Vorstandes der eG der Zustimmungspflicht (§ 23 Mustersatzungen) bedürfen, aber auch bezüglich der Überwachung der nicht der Zustimmung unterliegenden strategischen Entscheidungen, ist die GBR auch durch jedes Mitglied des Aufsichtsrats der eG zu beachten. Auch der Aufsichtsrat muss für eine angemessene Dokumentation der Entscheidungen in den Protokollen sorgen, wobei bei kontroversen
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209 ARAG/Garmenbeck-Urteil des BGH Urt. v. 21.4.1997, Az. II ZR 175/95: Zur Frage, ob dem AR hinsichtlich der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder ein Ermessen zusteht; BGHZ 135, 244–257; DB 1997, 1068–1071. 210 Vgl. BT-Drs. 15/5092; nach RefE BMJ, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Kooperationsgesellschaft und zum weiteren Bürokratieabbau bei Genossenschaften, soll § 34 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich um die business judgment rule ergänzt werden, abrufbar unter http://www.bmjv.de/ SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/RefE_Gesetz_zur_Einfuehrung_der_Kooperationsgesellschaft_ und_zum_weiteren_Buerokratieabbau_bei_Genossenschaften.pdf?__blob=publicationFile. 211 Vgl. hierzu Löbbe/Fischbach Die Aktiengesellschaft 2014, 717 ff.; Hartmann/Romeike Kreditwesen 5/2015, 227 ff. 212 Zum detaillierten Inhalt/Definition der fünf Elemente (für AktG) vgl. Hartmann/Romeike Kreditwesen 5/2015, 228. 213 Entscheidungsbaum ebenda S. 229; vgl. auch LG Düsseldorf WM 2014, 1293, 214 Zum Begriff: Kark Compliance Risikomanagement § 3 Rdn. 174 ff. 215 Romeike Der Aufsichtsrat 2014, 70.
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Diskussionen eher ein Wortprotokoll und bei klaren einstimmigen Entscheidungen i.d.R. ein Ergebnisprotokoll ausreichend sein dürfte (vgl. § 41 Rdn. 50b). 96
3. Verschwiegenheitspflicht (Abs. 1 S. 2). Die gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit (Schweigepflicht) ist zwingendes Recht. Sie bezieht sich auf vertrauliche Angaben und Geheimnisse der eG, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind nicht offenkundige nur einem begrenzten Personenkreis bekannte Tatsachen, an deren Geheimhaltung die eG ein berechtigtes schutzwürdiges Interesse und den Willen hat, diese Tatsachen geheim zu halten.216 Beispiele: Geschäftspolitische Ziele der eG, Vertriebsstrategien, Preiskalkulationen, Kundenlisten, Lieferantenlisten, Einkaufsboni, Computerprogramme, Herstellungsverfahren, Buchungsunterlagen, Jahresabschlüsse, die noch nicht veröffentlicht sind.217 Hierzu zählen auch Kennzahlen und -daten der eG zur Kontrolle der eigenen Leistung.218 Zu den Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der eG zählen auch Unterlagen und Informationen, die sich z.B. auf die Geschäftsbeziehung der eG zu Kunden beziehen, oder Dritte betreffen, soweit im Übrigen die Voraussetzungen einer Geheimhaltungspflicht erfüllt sind. Hinzu tritt das Datengeheimnis nach dem Bundesdatenschutzgesetz; es gilt für automatisiert verarbeitete Daten von natürlichen Personen.219 Dem Schweigegebot unterliegen alle Tatsachen und Umstände, die zur Erhaltung 97 und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens vertraulicher Behandlung bedürfen. Von Dritten in der erkennbaren Erwartung der Vertraulichkeit gemachte Mitteilungen unterliegen grundsätzlich der Schweigepflicht.220 Stillschweigen ist auch zu bewahren über eigenes und fremdes Abstimmungsverhal98 ten z.B. im Vorstand oder Aufsichtsrat. Die Begründung liegt in der Gesamtverantwortung für gefasste Beschlüsse und ist Folge der besonderen „organschaftlichen Treuepflicht“; ein Organmitglied kann sich nicht dadurch der Verantwortung entziehen, dass es z.B. Betroffenen gegenüber erklärt, es habe gegen die Entscheidung gestimmt. Schweigepflicht besteht auch grundsätzlich gegenüber Gewerkschaften für deren 99 Vertreter im Aufsichtsrat oder gegenüber Kirchenbehörden für Mitarbeiter des Bistums über ihre Tätigkeit in kirchlichen eG.221 Die Schweigepflicht gegenüber Mitgliedern der eG muss differenziert beurteilt werden: Sie besteht grundsätzlich gegenüber einzelnen Mitgliedern ohne Einschränkung. Soweit jedoch die Mitglieder in der GV (unter Berücksichtigung der entsprechenden Satzungsregelung) ein Auskunftsrecht haben, wird die Schweigepflicht aufgehoben. Die Verschwiegenheitspflicht findet ihre Grenze bei berechtigten Auskunftsverlangen der Mitglieder in der GV/VV; allerdings darf der Vorstand entsprechend der Regelung in § 34 Abs. 2 der Mustersatzungen (bzw. in entsprechender Anwendung von § 131 Abs. 3 AktG) die Auskunft bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen verweigern (z.B. Auskunft ist geeignet, der eG einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen; Frage betrifft steuerliche Wertansätze oder Höhe einzelner Steuern; Erteilung der Auskunft wäre strafbar oder verstößt gegen eine gesetzliche Geheimhaltungspflicht; Auskunftsverlangen betrifft die persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Dritten
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216 BGH ZIP 1996, 1342; BGHSt 41, 140 = NJW 1995, 2301; OLG Stuttgart AG 2007, 219; OLG Hamm GmbHR 1988, 218; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 40; Veith NJW 1966, 527; Spieker NJW 1965, 1939. 217 BGH NJW 2000, 1330. 218 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 270. 219 Hierzu Schaffland/Wiltfang BDSG, § 1 Rdn. 2 ff. 220 So auch Spieker NJW 1965, 1940. 221 Vgl. BGHZ 64, 325.
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usw.).222 In Konfliktsituationen muss der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen abwägen und entscheiden. Beispiel: Beschlussgegenstand in der GV/VV einer Kreditgenossenschaft ist die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds wegen Vermögensverfalls. Die Mitglieder müssen alle Tatsachen erfahren, die sie zu einer verantwortlichen Entscheidung befähigen. Der Betroffene kann schließlich selbst entscheiden, ob er nicht durch Amtsniederlegung die Erörterung in der GV/VV vermeiden will. Ähnliche Erwägungen müssen gelten bei der Beschlussfassung gem. § 39 über die Durchsetzung von Regressansprüchen gegen Organmitglieder.223 Die Schweigepflicht ist in angemessenem Umfang aufgehoben im Rahmen von Fusionsverhandlungen gegenüber dem potentiellen Fusionspartner, hier ist es sinnvoll, vor dem Austausch besonders vertraulicher Unterlagen (z.B. in einer Kooperationsvereinbarung mit Fusionsabsichtserklärung) eine gegenseitige Verschwiegenheitserklärung über den Inhalt erhaltener Informationen wie z.B. Prüfungsberichte, zu unterzeichnen, in der besonders auf die Rechtsfolgen bei Verstoß hingewiesen wird. Gleiches gilt bei einer Due Diligence-Prüfung, wenn der gesamte oder wesentliche Teil des Geschäftsbetriebs veräußert werden sollen.224 Der Sinn der Regelung macht es erforderlich, die Geheimhaltungspflicht – entgegen 100 dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 S. 2 – nicht nur auf Tatsachen zu beschränken, die „durch die Tätigkeit im Vorstand“ zur Kenntnis gelangt sind. Der Schweigepflicht müssen – als Auswirkung der allgemeinen Treuepflicht – vielmehr auch alle im Interesse der eG geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen unterliegen.225 Im Übrigen ist eine Minderung (Entbindung von) der Schweigepflicht durch die Satzung nicht möglich (§ 18), wohl aber eine Verschärfung in gewissen Grenzen durch Vereinbarung, z.B. im Anstellungsvertrag. Darüber hinaus kann der Gesamtvorstand mit einfacher Mehrheit beschließen, welche Angaben und Tatsachen vertraulich zu behandeln sind; dieser Beschluss entfaltet, sofern er über Gesetz und Satzung hinaus Verschwiegenheitspflichten begründet, Bindungswirkung für die Zukunft226 Die Schweigepflicht besteht nicht, wenn sie einem Vorstandsmitglied nicht zumut- 101 bar ist.227 Gerechtfertigte eigene Interessen (z.B. in einem Rechtsstreit oder Strafverfahren) oder Rechtsvorschriften setzen der Schweigepflicht Grenzen. Gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern (Näheres regelt die Geschäftsordnung), dem Aufsichtsrat (siehe auch hier die Geschäftsordnung) und im Verhältnis zur gesetzlichen Prüfung und zur BaFin besteht grundsätzlich Informationspflicht, so dass die Schweigepflicht entfällt. Nur so können diese die ihnen obliegenden gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen. Auch im Verhältnis zu Mitarbeitern der eG gilt das Schweigegebot dann nicht, wenn die Aufgabenstellung und die erforderliche Zusammenarbeit eine Information voraussetzen. Das gesetzliche Schweigegebot der Vorstandsmitglieder wird in diesen Fällen ergänzt durch die dienstvertragliche Schweigepflicht der Mitarbeiter. Die Rechtsprechung228 hat folgende Grundsätze bestätigt: 102 – der Maßstab für die Grenzen der Schweigepflicht ist in Zweifelsfällen das Interesse der eG, – die Grenzen der Schweigepflicht muss jedes Organmitglied eigenverantwortlich bestimmen,
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222 Beuthien GenG § 34 Rdn. 18 a.E.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 51. 223 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 51; Beuthien GenG § 34 Rdn. 18. 224 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 59 „Information im Interesse der eG“; Hemeling ZHR 2005, 274 ff.; Müller NJW 2000, 3452 ff. 225 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 46. 226 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 38; a.A. Müller GenG § 34 Rdn. 20a. 227 Vgl. BGHZ 64, 325; Müller GenG § 34 Rdn. 18. 228 BGHZ 64, 325 für den Aufsichtsrat.
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u.U. kann eine Pflicht zur Mitteilung bestehen, wenn das Unternehmensinteresse dies gebietet; z.B. Mitteilung von Sachverhalten als Grundlage einer einzuholenden Beratung.
Die Verschwiegenheitspflicht besteht weiter, wenn das Vorstandsmitglied aus dem Amt ausgeschieden ist. Eine Verletzung mit Schadensfolge führt zur Haftung aus § 34: dies gilt auch für unberechtigte Mitteilungen nach dem Ausscheiden. Von dieser Schweigepflicht betreffend Geheimnisse der eG ist die Wahrung sonsti104 ger Geheimnisse zu unterscheiden. Hier ist z.B. an das im Interesse der Mitglieder und Kunden bestehende Bankgeheimnis229 sowie an das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse Dritter zu denken, ebenfalls an den Datenschutz (Recht des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung),230 soweit sich die Daten auf natürliche Personen beziehen und automatisiert verarbeitet sind. Der Schweigepflicht unterliegende Vorstandsmitglieder können in einem Prozess 105 der eG nicht als Zeugen, nur als Partei vernommen werden. Soweit sie ansonsten als Zeugen vernommen werden, haben sie im Zivilprozess nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich der Tatsachen, die der Schweigepflicht unterliegen,231 im Strafprozess besteht hingegen ein Zeugnisverweigerungsrecht nur aus persönlichen Gründen (§ 52 StPO), aus beruflichen Gründen (§§ 53, 53a StPO) oder nach § 55 StPO (Gefahr der eigenen Strafverfolgung oder der von Angehörigen). Aus §§ 34 Abs. 1 S. 2 kann kein Zeugnisverweigerungsrecht hergeleitet werden; die Aussagepflicht geht daher im Strafprozess der Geheimhaltungspflicht vor.232 Auch ausgeschiedene Vorstandsmitglieder haben insoweit ein Zeugnisverweigerungsrecht.233 Die unbefugte Offenbarung von Geheimnissen ist Straftatbestand nach § 151 (Ver106 letzung der Geheimhaltungspflicht, s. Erl. dort). Bei Kreditgenossenschaften tritt § 340m i.V.m. § 333 HGB und § 55b KWG (unbefugte Offenbarung von Angaben über Millionenkredite) hinzu. Auch kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.234 103
III. Pflicht zum Schadensersatz nach § 34 1. Voraussetzungen. Für die Frage nach Art, Inhalt und Umfang der Schadensersatzleistung finden die Vorschriften der §§ 249 bis 254 BGB Anwendung.235 § 34 enthält in Abs. 2 Satz 1 eine eigenständige Anspruchsgrundlage auf Scha108 densersatzleistung. Voraussetzung des Anspruchs ist ein eingetretener Schaden, die Rechtswidrigkeit der Handlung oder Unterlassung, die Ursächlichkeit der Handlung (Unterlassung) für den eingetretenen Schaden (Kausalzusammenhang) sowie Verschulden der in Anspruch genommenen Personen als Verstoß gegen die besondere Sorgfaltspflicht des § 34 Abs. 1. Verschulden liegt jedenfalls dann vor, wenn z.B. entgegen der kaufmännischen Sorgfaltspflicht einer Gruppe von Schuldnern Kredit in unverantwortli107
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229 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 43 unterscheidet insoweit nicht. 230 Hierzu Schaffland/Wiltfang BDSG, Erl. zu § 1. 231 OLG Koblenz WM 1987, 481 = DB 1987, 1036. 232 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 57. 233 BGH WM 2008, 2019 = ZIP 2008, 1821; OLG Koblenz a.a.O.; OLG München NJW-RR 1998, 1496; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 57, 60. 234 OLG Stuttgart AG 2007, 218; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 61. 235 Näheres dort; Palandt/Grüneberg Vorbemerkung Vor § 249 Rdn. 1 ff.; im Interesse der Vorstandsmitglieder und der eG kann sich der Abschluss einer D&O Versicherung anbieten; hierzu § 24 Rdn. 52a; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 63 ff.
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chem Umfang gewährt wird, jede Sorgfalt bei der Bewertung der Bonität unterbleibt und wiederholte Hinweise, Mahnungen und Rügen des Prüfungsverbands und der BaFin unbeachtet bleiben.236 Ein schuldhafter zum Schadensersatz verpflichtender Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten dürfte regelmäßig auch die Voraussehbarkeit des Schadens einschließen.237 Schaden ist grundsätzlich jeder Vermögensnachteil.238 Schaden ist z.B. bereits eingetreten, wenn Kredit an einen von vornherein zahlungsunfähigen Schuldner gegeben wird oder bei fehlender Bonität des Schuldners ohne entsprechende Sicherheiten; dies folgt bereits daraus, dass Schaden die Differenz zwischen der tatsächlichen Vermögenslage und der Vermögenslage ist, die bei rechtmäßigem Verhalten des Vorstandsmitglieds bestehen würde (§§ 249 ff. BGB).239 Für die Klage auf Schadensersatz muss nicht der endgültige Kreditausfall, z.B. in der Insolvenz, abgewartet werden; es genügen die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage.240 Die Darlegungs- und Beweislast einer Gesellschaft für Fälle sog. „wertneutraler Verhaltensweisen“ sind durch eine Entscheidung des OLG Nürnberg241 konkretisiert worden: Bei Verhaltensweisen, die zwar dem dienstlichen Pflichtenkreis des Organs entsprechen, gleichfalls aber wertneutral sind, hat die Gesellschaft ein „Mindestmaß positiver Anhaltspunkte“ darzulegen und ggf. nachzuweisen, die einen Anschein dahin begründen, dass das jeweilige Organ pflichtwidrig gehandelt hat.242 Der Schaden der eG kann z.B. darin bestehen, dass die eG, die sich das Verhalten 109 des Vorstandsmitglieds nach § 31 BGB zurechnen lassen muss, von Gläubigern in Anspruch genommen wurde243 oder dass Ansprüche der eG ausfallen oder gemindert werden. Ein Regressanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die eG sich auch an einen Dritten halten könnte. Sie ist grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, wen sie in Anspruch nimmt. Allerdings kann sie aus ihrer Treuepflicht gegenüber dem (ausgeschiedenen) Vorstandsmitglied gehalten sein, zuerst den Dritten in Anspruch zu nehmen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Dritte den Anspruch bestreitet und seine Durchsetzbarkeit zweifelhaft ist; die eG muss dann dem in Anspruch genommenen Vorstandsmitglied ihren Anspruch gegen den Dritten abtreten.244 Gegenüber einem Regressanspruch ist der Einwand bedeutsam, dass z.B. die eG 110 ohne Not auf Ansprüche gegenüber Kreditschuldnern verzichtet oder den Rechtsstreit gegen sie nicht mit Sorgfalt geführt hat. Dies folgt aus der Schadensminderungspflicht und aus der Fürsorgepflicht auch gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern.245 Die eG muss sich mit dem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied in Verbindung setzen, um ihm Gelegenheit zu geben, seinen Standpunkt darzulegen.246 Die Ersatzpflicht ist grundsätzlich nicht beschränkt. Ist z.B. vereinbart, dass ein 111 Teil des Gehalts eines Vorstandsmitglieds (im Streitfall 10%) auch ohne Vorliegen einer Sorgfaltspflichtverletzung i.S.d. § 34 zur Abdeckung eines Schadens der eG einbehalten wird, so endet diese Vereinbarung mit der Beendigung des Anstellungsvertrags, die wei-
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BGH BStR 1993, 1189. Ebenso Saage DB 1973, 119; zu weitgehend Müller GenG § 34 Rdn. 21. Einzelheiten dazu KG v. 13.2.1997 – 2 U 3326/96. Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 34 Rdn. 92 u. 76 ff. BGH BB 66, 877 = ZfgG 67, 113, 114. OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.10.2014, Az. 12 U 567/13. Lenz jurisPR-HaGesR 5/2015 Anm. 3. BGH WM 1975, 467. BGH WM 1975, 467 (470); Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 79. OLG Koblenz Beschl. v. 5.6.1984, 3 U 1237/83. BGH WM 1975, 467.
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tergehende unbeschränkte Haftung aus § 34 bleibt jedoch unberührt, sofern eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt.247 Das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied kann den Einwand des rechtmä111a ßigen Alternativverhaltens im Hinblick auf die Kausalität seines Verhaltens erheben, ist aber in vollem Umfang dafür beweispflichtig (s. u.). Ein Schadensersatzanspruch ist danach ausgeschlossen, wenn der gleiche Schaden auch bei Beachtung aller Sorgfalt eingetreten wäre, es fehlt dann an der Kausalität der Sorgfaltspflichtverletzung für den Schadenseintritt.248 Dieser Einwand ist auch in der Rechtsprechung zu § 93 AktG anerkannt,249 wird dort aber zu Unrecht eingeschränkt mit Verweis auf den Schutzzweck bei Verstößen gegen Kompetenz-, Organisations- und Verfahrensregeln.250 Diese Auffassung ist schon für die AktG fragwürdig und gilt für eG erst Recht nicht; denn es widerspricht grundsätzlich zivilrechtlichen Haftungsgrundsätzen, zwischen verschiedenen Arten von Pflichtverletzungen eines Vorstandsmitglieds zu unterscheiden. Die Beurteilung der Frage, ob der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens, also fehlende Kausalität einer Sorgfaltspflichtverletzung, erhoben werden kann, obliegt nicht der Literaturmeinung oder der Rechtsprechung, sondern ist Sache des Gesetzgebers.251 Auch in diesen Sonderfällen trifft das Vorstandsmitglied der eG die volle Darlegungs- und Beweislast; die bloße Möglichkeit der Schadensentstehung bei rechtmäßigem Verhalten reicht für die Beweisführung hingegen nicht aus.252 Vor dem Hintergrund der Reformdebatte zu Erleichterungen bei der Haftung von Organmitgliedern in AktG und auch eG wäre eine andere Betrachtungsweise kontraproduktiv. Entsprechendes gilt für die Mitglieder des Aufsichtsrats (§ 41 i.V.m. § 34); dazu oben § 41 Rdn. 50a. 2. Gesamtschuldnerische Haftung. Die Ersatzpflicht gem. § 34 Abs. 2 trifft nicht den Vorstand als Organ, sondern nur die einzelnen Vorstandsmitglieder, und zwar diejenigen, die ihre Pflichten verletzen.253 Haben mehrere Vorstandsmitglieder gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen und zu einem Schaden beigetragen, so haften sie als Gesamtschuldner. Hier wird erneut deutlich, dass das GenG grundsätzlich von einer Gesamtverantwortung des Vorstands ausgeht.254 Die §§ 421 ff. BGB finden Anwendung: Die eG (oder der Gläubiger im Falle des Abs. 5) kann von jedem haftenden Vorstandsmitglied Schadensersatz bis zur vollen Höhe verlangen; im Innenverhältnis der haftenden Vorstandsmitglieder findet gem. § 426 BGB im Zweifel ein Gesamtschuldnerausgleich statt (s. Rdn. 115). Hierbei sind Gesichtspunkte des Mitverschuldens im Rahmen von § 254 BGB zu beachten, insb. auch die Regelung von Verantwortungsschwerpunkten im Rahmen einer Geschäftsverteilung (vgl. Rdn. 39).255 Haften neben Mitgliedern des Vorstands für denselben Schaden auch andere Per113 sonen, wie z.B. Mitglieder des Aufsichtsrats nach § 41, finden auch zwischen Vorstands112
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247 BGH Urt. v. 3.12.1973, Az. II ZR 85/70, Rdn. 64; DB 1974, 279; NJW 1974, 564–565. 248 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 77. 249 Vgl. Haarmann/Weiß BB 2014, 2115, 2117 m.w.N. in Fn. 17. 250 So Mertens/Cahn in Kölner Kommentar zum AktG § 93 Rdn. 54; Hefermehl/Spindler in MüKo AktG § 93 Rdn. 175. 251 Wie hier Hamann/Weiß BB 2014, 2115, 2117. 252 Hamann/Weiß BB 2014, 2115, 2117. 253 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 93 ff.; Beuthien GenG § 34 Rdn. 19; vgl. Lammel ZfgG 1986, 125 f.; Fleischer BB 2004, 2645 zur AG. 254 Lammel ebd., 127. 255 Vgl. Rdn. 39; für die Gesellschafter der GmbH BGH ZfgG 1985, 209.
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mitgliedern und den anderen haftenden Personen die Vorschriften über Gesamtschuldverhältnisse Anwendung.256 In solchen gesamtschuldnerischen Verhältnissen kann grundsätzlich ein mitwir- 114 kendes Verschulden anderer Organe über § 254 BGB nicht zu einer Minderung der Ersatzpflicht gegenüber der eG führen257 oder gar zu ihrem vollständigen Wegfall.258 Im Innenverhältnis unter mehreren Personen, die als Gesamtschuldner haften, fin- 115 det der Ausgleich nach § 426 BGB – im Zweifel zu gleichen Teilen – statt. Die entsprechende Anwendung von § 254 BGB kann dazu führen, dass verschieden hohe Schadensbeträge zu tragen sind. Die Leitungsverantwortung der Vorstandsmitglieder wird dabei im Verhältnis zur Aufsichtsverantwortung der Mitglieder des Aufsichtsrats größeres Gewicht haben, ohne dass damit die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich ausgeschlossen wäre;259 unter Umständen aber gleichwertige Verantwortlichkeit denkbar, wenn die Aufsichtsratsmitglieder – wie bei den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten i.S.d. § 23 der Mustersatzungen– aktiv in den Entscheidungsprozess in der Leitungsebene eingebunden sind (s. dazu § 41 Rdn. 15).260 Beim internen Schadensausgleich sind die Verantwortungsschwerpunkte bei „Ressorteilung“ und im Verhältnis zum Ehrenamt zu berücksichtigen. Dies kann – aber nur im Innenverhältnis – zu einer unterschiedlichen Zuteilung des Schadens führen, weil die Sachverantwortung primär die Ressortleiter trifft, während bei den übrigen Vorstandsmitgliedern im Wesentlichen nur die Leitungsverantwortung insgesamt und für Einzelentscheidungen eine Kontrollverantwortung verbleibt (s. Rdn. 6 und 39). 3. Sonderfälle des Abs. 3. Diese Vorschrift ist keine eigenständige Anspruchsgrund- 116 lage, sondern präzisiert die Anspruchsgrundlage des § 34 Abs. 2 Satz 1.261 Sie fasst einige typische schädigende Handlungen zusammen, nämlich unerlaubte Auszahlungen von Geschäftsguthaben (1.), Zinsen oder Gewinnanteilen (2.) an Mitglieder, unerlaubte Verteilung von Genossenschaftsvermögen (3.) oder die unzulässige Gewährung von Kredit (5.) bzw. Leistung von Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die für die eG nach § 98 Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist, also Zahlungen entgegen dem Verbot des § 99 (4.). Die Höhe dieser Zahlungen begründet eine Vermutung für die Höhe des der eG entstandenen Schadens (hierzu auch Rdn. 150, 152).262 Auch hier ist jedoch ebenfalls Verschulden und Ursachenzusammenhang Voraus- 117 setzung eines Schadensersatzanspruchs.263 Eine unerlaubte, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung i.S.v. Abs. 3 liegt nur 118 vor, wenn die Maßnahme gegen Bestimmungen des GenG oder der Satzung verstößt (Wortlaut des § 34 Abs. 3 S. 1 1. Halbs.: „… entgegen diesem Gesetz oder Satzung …“); Verstöße gegen andere Gesetze, wie z.B. das KWG, begründen keinen Schadensersatzanspruch nach Abs. 3, möglicherweise aber nach Abs. 2.
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256 Müller GenG § 34 Rdn. 47; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 99. 257 BGH WM 1983, 726 und WM 1981, 440 – GmbH; KG ZfgG 2000, 158 – eG; RG JW 1920, 1033; RGZ 123, 222; LG Frankfurt GW 1953, 330; Müller GenG § 34 Rdn. 47; a.A. Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1967, 119 zur insoweit nicht eindeutigen Auffassung BGH ZfgG 1967, 115. 258 BGH WM 1982, 488; 1975, 470; 1979, 893; Beuthien GenG § 34 Rdn. 19. 259 Vgl. BGH WM 1980, 162 – AG; RGZ 148, 359 – eG; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 98, 99; zu weitgehend Müller GenG § 34 Rdn. 48, der meint, die Mitglieder des Aufsichtsrats seien im Innenverhältnis freizustellen. 260 Ähnlich Bauer Genossenschafts-Handbuch. § 34 Rdn. 99. 261 OLG Frankfurt AG 2005, 94; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 65; Beuthien GenG § 34 Rdn. 18. 262 Müller GenG § 34 Rdn. 56. 263 Müller GenG § 34 Rdn. 11.
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Die Verteilung der gesetzlichen Reserven an die Mitglieder macht grundsätzlich ersatzpflichtig. Unter Abs. 3 fallen insb. die Auszahlung von Geschäftsguthaben entgegen §§ 22 Abs. 4, 73 Abs. 2, die Gewährung von Gewinnanteilen entgegen §§ 19, 20, die Zahlung von Zinsen entgegen §§ 21, 21a, die Verteilung des Genossenschaftsvermögens im Widerspruch zu §§ 7 Nr. 2, 90 ff. Der unzulässigen Auszahlung von Gewinnanteilen ist die Auszahlung einer genossenschaftlichen Rückvergütung gleichzusetzen, wenn diese gegen die in den Erl. zu § 19 dargestellten Grundsätze verstößt. Kreditgewährungen unter Missachtung der nach § 49 festgesetzten Höchstgrenzen fallen grundsätzlich unter die Haftungsbestimmungen. Dies folgt bereits aus § 34 Abs. 3 Nr. 5, da dann entgegen dem Gesetz (§ 49) Kredit gewährt wird; daher müssen Kreditüberschreitungen (soweit nicht Altfälle) regelmäßig auch im zusammengefassten Prüfungsergebnis des gesetzlichen Prüfungsverbandes in allgemeiner Form dargestellt werden und berühren grundsätzlich auch die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Die Missachtung indiziert grundsätzlich das Verschulden und führt bei einem Schaden zu Ersatzansprüchen (s. auch § 49 Rdn. 11); alle Vorstandsmitglieder – auch Aufsichtsratsmitglieder – sind verpflichtet, alles zu unternehmen, um schnellstmöglich eine Rückführung des Kredits in den Rahmen der vorgegebenen Kreditbeschränkungen zu erreichen. Grundsätzlicher Haftungstatbestand ist auch die Kreditgewährung an Nichtmitglieder, soweit die Satzung diese nicht vorsieht, sowie Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder ohne Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 39 Abs. 2). Die Verteilung „anderer Reserven“ an die Mitglieder ist durch das Gesetz nicht verboten; § 73 Abs. 2 S. 3 schließt lediglich einen Anspruch aus. Regelungen der Satzung sind jedoch zu beachten; ggf. Haftung nach § 34 Abs. 2. Das Zahlungsverbot nach § 34 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 99 S. 1 findet sich in ähnlicher Form in den §§ 130a HGB, 64 S. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 1, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, vergleiche die Ausführungen bei § 99 Rdn. 15 ff. Das Vorstandsmitglied kann sich nicht darauf berufen, der eG sei deshalb kein Schaden entstanden, weil sie bei einer unzulässigen Kreditvergabe einen Rückzahlungsanspruch gegen den Kreditnehmer habe; sie muss diesen aber bei Inanspruchnahme des Vorstandsmitglieds nach § 255 BGB an ihn abtreten.264
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4. Haftung gegenüber der eG (Abs. 2). § 34 Abs. 2 legt die Pflichten der Vorstandsmitglieder ausschließlich im Verhältnis zur eG fest („Vorstandsmitglieder die ihre Pflichten verletzen, sind der Genossenschaft … verpflichtet.“); Ansprüche aus Verletzung dieser Pflichten stehen daher grundsätzlich (zum in Abs. 5 geregelten Sonderfall vgl. Rdn. 125) der eG zu und nicht den einzelnen Genossenschaftsmitgliedern. Diese und sonstige Dritte können Ersatzansprüche nur aufgrund allgemeiner Anspruchsgrundlagen geltend machen.
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5. Haftung gegenüber Gläubigern der eG (Abs. 5). Die Gläubiger der eG sind grundsätzlich darauf angewiesen, ihre Ansprüche gegenüber der eG durchzusetzen. Gegen einzelne Vorstandsmitglieder können Ansprüche nur aufgrund sonstiger Anspruchstatbestände durchgesetzt werden (Rdn. 157–160). Allerdings ist § 34 – der nur die Vermögensinteressen der eG schützt – kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB, so dass auf
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264 OLG Dresden WM 2007, 1029 (1032); Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 66 a.E.; Müller GenG § 34 Rdn. 58.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
dieser verschärften Haftungsgrundlage auch keine Ansprüche Dritter unmittelbar gegen Vorstandsmitglieder entstehen können.265 Hat ein Gläubiger gegen die eG einen vollstreckbaren Titel, so kann er daraus in die 126 Ersatzansprüche der eG gegen Vorstandsmitglieder pfänden und sich diese Ansprüche zur Einziehung überweisen lassen. Die Pfändung kann sich über die Ansprüche des § 34 Abs. 3 hinaus auch auf sonstige Ansprüche nach Abs. 2 erstrecken. Das Vorstandsmitglied kann aber alle ihm zustehenden Einwendungen entgegenhalten, wie z.B. Einwand des rechtmäßigen Alternativverhalten (Rdn. 111a), rechtmäßiger Beschluss der GV/VV gem. Abs. 4. Nur in den Fällen von § 34 Abs. 3 gewährt das Gesetz in Abs. 5 den Genossen- 127 schaftsgläubigern unmittelbare Ansprüche auf Schadensersatz gegen Vorstandsmitglieder, soweit sie wegen dieser Ansprüche keine Befriedigung von der eG erlangen können. Es handelt sich dabei um die Geltendmachung des der eG zustehenden Ersatzanspruchs im eigenen Namen.266 Der klagende Gläubiger muss beweisen, dass er von der eG keine Befriedigung erlangen kann. Versuchte Zwangsvollstreckung oder auch nur Klageerhebung ist nicht erforderlich. Die Forderung des Gläubigers gegen die eG, wegen der er Befriedigung nicht erlangen kann, muss in keinem Zusammenhang mit dem Schaden stehen, der durch das pflichtwidrige Verhalten des Vorstandsmitglieds gegenüber der eG verursacht worden ist. Die Forderung des Gläubigers kann vor oder nach dem haftungsbegründenden Verhalten des Vorstandsmitglieds entstanden, sie muss aber fällig sein. Ein Vollstreckungstitel über die Forderung muss nicht vorliegen. Das Einziehungsrecht steht dem Gläubiger nur in Höhe seiner Forderung gegen die eG nebst Zinsen und Prozesskosten zu.267 Im Prozess gegen das Vorstandsmitglied muss der Gläubiger nur seine Forderungen gegen die eG und den Haftungstatbestand gem. § 34 Abs. 1 3 beweisen, nicht jedoch das Verschulden (s. Rdn. 151 ff.). Klageerhebung durch den Gläubiger berührt nicht das Klagerecht der eG gegen das 128 Vorstandsmitglied oder Verfügung über die Ersatzansprüche, da sie selbst Inhaber des Schadensersatzanspruches bleibt.268 Sie kann mit Wirkung gegenüber den Genossenschaftsgläubigern aufrechnen mit der Folge des Erlöschens des Gläubigeranspruchs in Höhe des aufgerechneten Betrags. Aufrechnung ist auch noch möglich, nachdem der Gläubiger einen Vollstreckungstitel erwirkt hat, das Vorstandsmitglied kann sich mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) wehren.269 Keine Einrede der Rechtshängigkeit. Leistung des Vorstandsmitglieds an einen der Gläubiger bewirkt, dass alle anhängigen Klagen in der Hauptsache erledigt sind. Gegen vollstreckbare Titel ist in diesem Fall Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO gegeben.270 Klageerhebung durch die eG berührt nicht das Recht des Gläubigers, Klage zu erheben, auch hier keine Einrede der Rechtshängigkeit.271
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265 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 101; Beuthien GenG § 34 Rdn. 7; Müller GenG § 34 Rdn. 4, 7; vgl. für § 93 Abs. 1, 2 AktG BGH BB 1979, 1629; RGZ 63, 324; 73, 392. 266 Beuthien GenG § 34 Rdn. 24 (gesetzliche Einziehungsbefugnis und Prozessstandschaft); Müller GenG § 34 Rdn. 59a; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 23; a.A. BerlKomm/Keßler GenG § 34 Rdn. 35, der einen eigenen Anspruch annimmt; die Streitfrage ist ohne praktische Bedeutung, da in beiden Fällen der Gläubiger Zahlung an sich verlangen kann, worauf Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 104 zu Recht hinweist. 267 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 106; Beuthien GenG § 34 Rdn. 24; Müller GenG § 34 Rdn. 65. 268 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 114; Beuthien GenG § 34 Rdn. 25; Müller GenG § 34 Rdn. 67 m.w.N. 269 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 114. 270 Müller GenG § 34 Rdn. 67. 271 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 113.
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§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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Befindet sich die eG selbst in der Insolvenz, werden die Klagerechte der Gläubiger gegen Vorstandsmitglieder nach Abs. 5 durch den Insolvenzverwalter ausgeübt. Einer Klage eines Gläubigers gegen ein Vorstandsmitglied nach Insolvenzeröffnung würde die Aktivlegitimation fehlen.272 Die Rechtskraft eines vom Insolvenzverwalter erstrittenen Urteils wirkt gegen die eG und die Genossenschaftsgläubiger. Ersatzansprüche, die von Gläubigern unmittelbar geltend gemacht werden, können 130 nicht durch Verzicht (§ 397 BGB) oder Vergleich (§ 779 BGB) der eG oder durch Beschlüsse der GV/VV ohne Zustimmung der Gläubiger beeinträchtigt werden.273 IV. Ausschluss der Ersatzpflicht (Abs. 4) Die Sorgfalts- und Haftungsregelung des § 34 ist zwingend. Die Haftung der Vorstandsmitglieder kann weder durch Satzung274 noch durch Anstellungsvertrag abgemildert werden; eine Verschärfung und Konkretisierung durch Satzung oder Vertrag ist zulässig.275 132 Eine Haftung der Vorstandsmitglieder gegenüber der eG besteht nicht, wenn die schädigende Handlung oder Unterlassung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der GV/ VV beruht. Unter dieser Voraussetzung fehlt es an der Rechtswidrigkeit.276 „Gesetzmäßig“ ist der Beschluss der GV, wenn er nicht gegen geltendes Recht, insbesondere Gesetz oder Satzung verstößt,277 gemeint ist also „Rechtmäßigkeit“. Nichtige oder anfechtbare Beschlüsse, z.B. wegen fehlender ordnungsgemäßer Ankündigung (hierzu Erl. zu § 46), sind nicht rechtmäßige Beschlüsse,278 es sei denn, es tritt Heilung der Nichtigkeit oder Unanfechtbarkeit ein. Dann werden sie mit Rückwirkung zu rechtmäßigen Beschlüssen.279 Lässt der Vorstand einen Beschluss unanfechtbar werden, obwohl er ihn hätte anfechten müssen, kann er sich jedoch nicht auf die Unanfechtbarkeit berufen.280 Gesetzmäßig ist ein Beschluss der GV/VV nur, wenn diese im Rahmen ihrer Zustän133 digkeit entscheidet. Im Hinblick auf die grundsätzlich ausschließliche Zuständigkeit des Vorstands für die Leitung der eG werden diese Fälle in der Praxis kaum relevant. Denkbar wäre aber, dass durch Satzung im Rahmen von § 27 Abs. 1 S. 2 geregelt wird, dass die GV/VV z.B. über den Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken zu beschließen habe. In diesem Fall wäre der Vorstand nicht für die Entscheidung verantwortlich, sondern nur für die Ausführung des Beschlusses. Haben die Vorstandsmitglieder einen Beschluss der GV/VV unter Missachtung ihrer 134 Sorgfaltspflichten herbeigeführt, indem sie z.B. unrichtige oder unvollständige Informationen gegeben haben, entlastet ein solcher Beschluss nicht von der eigenen Haftung.281 Grundlage der Regelung des Abs. 4 ist nämlich der Gedanke des § 242 BGB: Verbot des venire contra factum proprium. 131
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272 RGZ 74, 428 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 120; Müller GenG § 34 Rdn. 70. 273 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 111. 274 Nach Grunewald AG 2013, 813 m.w.N. zur AG soll eine Haftungsvereinbarung (Haftungshöchstsumme) zwischen Vorstand und einer AG nicht gegen § 93 Abs. 4 AktG (vergleichbare Regelung zu § 34 Abs. 4) verstoßen, wenn sie an § 138 Abs. 1 BGB gemessen wird. Aufgrund der weitergehenden Befugnisse des Vorstands der eG gegenüber dem Vorstand einer AG erscheint eine Beschränkung auf eine Haftungshöchstsumme in der Satzung als nicht interessengerecht. 275 Für Satzung vgl. RG JW 1936, 2313; auch Kust WM 1980, 762. 276 W.F. Meyer S. 14. 277 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 147 ff. 278 Beuthien GenG § 34 Rdn. 23; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 27. 279 Müller GenG § 34 Rdn. 41, 42. 280 Müller GenG § 34 Rdn. 42. 281 Vgl. BGHZ 15, 78, RGZ 46, 63.
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Die Handlung oder Unterlassung „beruht“ dann auf einem Beschluss der GV/VV, 135 wenn sie durch diesen Beschluss veranlasst wurde.282 Eine ausdrückliche Anweisung der GV/VV ist nicht erforderlich; Voraussetzung aber ist, dass überhaupt rechtlich die Möglichkeit einer Bindungswirkung gegenüber dem Vorstand besteht (siehe hierzu Erl. zu § 27 Abs. 1). Es ist auch nicht erforderlich, dass der Beschluss als besonderer Tagesordnungspunkt vorgesehen war; es genügt vielmehr, wenn sich im Zusammenhang mit einer formalen Willensbildung der GV/VV ergibt, dass der Vorstand in einem bestimmten Sinne handeln soll283 und dieser Wille für die Handlung ursächlich war. Nichtige Beschlüsse der GV/VV können den Vorstand nur entlasten, wenn er die Nichtigkeit ohne Verschulden nicht kennt; Entsprechendes gilt für die Anfechtbarkeit. Genehmigt die GV/VV nachträglich das Verhalten des Vorstands, so schließt dies 136 die Haftung der Vorstandsmitglieder jedenfalls nicht gem. § 34 Abs. 4 aus, weil diese Handlung des Vorstands nicht auf dem Beschluss der GV/VV „beruht“.284 Eine solche Genehmigung kann jedoch als Verzicht auf Schadensersatzansprüche zu verstehen sein, soweit dies eindeutig zum Ausdruck kommt.285 Auch eine Verwirkung (§ 242 BGB) kommt hierbei in Betracht. Ein nicht gesetzmäßiger Beschluss der GV/VV kann den Vorstand grundsätzlich 137 nicht entlasten. Wird dem Vorstand bei der Ausführung eines Beschlusses der GV/VV bewusst, dass dies aller Voraussicht nach zu einem Schaden für die eG führen wird, so muss unterschieden werden: – war die GV/VV bei der Beschlussfassung gründlich, insb. auch über zu erwartende Folgen, unterrichtet und haben sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert, muss der Vorstand grundsätzlich den Beschluss ausführen und ist von der Verantwortung frei; – war dagegen die GV/VV nicht ausreichend unterrichtet oder haben sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit wesentlich geändert, so darf der Vorstand diesen (rechtmäßigen) Beschluss nicht durchführen. Bei Ausführung eines solchen Beschlusses bleibt der Vorstand in der Verantwortung.286 Es wäre an die Einberufung einer a.o. GV/VV zu denken; ggf. muss mit der Ausführung des Beschlusses bis zur nächsten GV/VV gewartet werden. Überlegungen zum Aktienrecht, wonach der Vorstand stets und auch bei zu erwar- 138 tendem Schaden zur Ausführung rechtmäßiger GV/VV-Beschlüsse verpflichtet sei, gelten jedenfalls nicht für das Genossenschaftsrecht: Die besondere genossenschaftliche Treuepflicht der Vorstandsmitglieder und die Bindung an den Förderauftrag verpflichten stets dazu, die eG und ihre Mitglieder vor Schaden zu bewahren. Hat der Vorstand einen Beschluss der GV/VV ausgeführt, obgleich ein Schaden er- 139 kennbar war, so kann er dies der GV/VV zur Genehmigung vortragen. Ein zustimmender Beschluss der GV z.B. im Rahmen der Entlastung wird dann regelmäßig als Verzicht auf Schadensersatzforderungen zu werten sein. Die Haftungsbefreiung nach Abs. 4 gilt nur im Verhältnis zur eG und nicht im Ver- 140 hältnis zu Genossenschaftsgläubigern (Abs. 5).
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282 Vgl. Baumbach/Hueck AktG § 93 Rdn. 12. 283 Vgl. Müller GenG § 34 Rdn. 39. 284 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 155; Beuthien GenG § 34 Rdn. 23; Müller GenG § 34 Rdn. 40; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 27. 285 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 155; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 27; Müller GenG § 34 Rdn. 40. 286 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 27.
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Die Zustimmung des Aufsichtsrats oder anderer Organe befreit Vorstandsmitglieder nicht von ihrer Haftung gegenüber der eG.287 Dies gilt auch dann, wenn die Satzung z.B. Zustimmung des Aufsichtsrats für bestimmte Geschäfte vorsieht,288 denn der Vorstand entscheidet in eigener Verantwortung, ob er ein zustimmungsbedürftiges Geschäft vornehmen will.289 In Ausnahmefällen kann die Leitungsverantwortung der Vorstandsmitglieder gebieten, in Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflichten im Interesse der eG eine Handlung vorzunehmen, obwohl die nach der Satzung im Rahmen von § 27 Abs. 1 S. 2 erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats fehlt (vgl. Erl. zu § 27 Rdn. 33). Auch mitwirkendes Verschulden des Aufsichtsrats befreit Vorstandsmitglieder nicht von ihrer Haftung.290 Ein Gesellschaftsorgan kann sich der Gesellschaft gegenüber nicht darauf berufen, ein anderes Gesellschaftsorgan sei für den Schaden mitverantwortlich291 bzw. die gesetzliche Prüfung habe das Verhalten nicht beanstandet. Die eG kann nachträglich auf Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder 142 aus § 34 verzichten.292 Dieser Verzicht kann nur von der GV/VV beschlossen werden.293 Dies folgt aus der ausschließlichen und zwingenden Zuständigkeit der GV/VV für die Entlastung der Vorstandsmitglieder gem. § 48 Abs. 1; würde z.B. der Aufsichtsrat auf Regressansprüche rechtswirksam verzichten können, so würde damit die zwingende Regelung des § 48 Abs. 1 unterlaufen. Dies ist zum Beispiel bei einvernehmlicher Vertragsauflösung ausschließlich unter Mitwirkung von Vorstand und Aufsichtsrat zu beachten; in einem solchen Vertrag kann nicht für die eG bindend erklärt werden, dass keine Regressansprüche geltend gemacht werden. Wenn auch die Satzung regeln kann, dass ein Beschluss der GV/VV gem. § 39 nur bei „im Amt befindlichen Vorstandsmitgliedern“ erforderlich ist (vgl. § 39 Rdn. 4), so muss die Entscheidung über den Verzicht auf Regressansprüche wegen seiner Bedeutung stets der GV/VV vorbehalten bleiben, auch bei Verzicht gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern. Nachträgliche Entlastung von Vorstandsmitgliedern bedeutet grundsätzlich Verzicht auf Ersatzansprüche, naturgemäß nur soweit, als der GV/VV dabei die maßgeblichen Tatsachen bekannt werden (hierzu § 48 Rdn. 17 ff.). Stellt die eG ein Vorstandsmitglied von der Haftung frei, so liegt darin ein Verzicht auf Regressansprüche; zur Wirksamkeit ist immer ein Beschluss der GV/VV erforderlich. Beispiel: Ein hauptamtliches Vorstandsmitglied wird von der eG aus § 34 in Anspruch genommen und geht im Innenverhältnis gegen ein ehrenamtliches Vorstandsmitglied aus gesamtschuldnerischer Haftung (§ 426 BGB) vor. Dem ehrenamtlichen Vorstand gegenüber besteht die Vereinbarung mit dem Aufsichtsrat, die eG werde ihn von der Haftung freistellen. Auch diese Zusage bleibt rechtsunwirksam, wenn nicht die GV/VV zustimmt.294 Eine Zustimmung der GV/VV ist auch erforderlich bei Abschluss eines Vergleichs über Ersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder, sofern darin ein Verzicht enthalten ist.
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287 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 64. 288 Vgl. KG v. 13.2.1997 – 2 U 3326/96; RG BlfG 1938, 472; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 157; Beuthien GenG § 34 Rdn. 23; Müller GenG § 34 Rdn. 46; BerlKomm/Keßler § 34 Rdn. 42. 289 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 157. 290 Vgl. LG Frankfurt GW 1953, 330. 291 Vgl. BGH DB 1983, 1537 für den Einwand eines GmbH-Geschäftsführers, er sei schlecht ausgewählt oder nachlässig überwacht worden. 292 Vgl. RG JW 1905, 698. 293 Im Ergebnis so OLG Hamm Urt. v. 16.4.1986, Az. 8 U 11/86; Müller GenG § 34 Rdn. 54; zweifelnd im Hinblick auf die Neufassung des § 39 durch Novelle 2006 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 71, der jedoch § 48 übersieht; Gleiches gilt für die Übernahme von Geldsanktionen gegen Vorstandsmitglieder, vgl. zu AG/ GmbH: Werner NWB 2015, 110. 294 Vgl. LG Amberg Urt. v. 17.6.1993, Az. 14 O 989/92.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
Ein rechtswirksamer Verzicht bedarf eines GV/VV-Beschlusses auch im Verhältnis zu ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern; anderenfalls könnte zu leicht die Absicht von § 34 Abs. 4 S. 2 umgangen werden. Im GenG gibt es keine ausdrückliche Regelung wie in § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG, wo- 143 nach die Entlastung keinen Verzicht auf Ersatzansprüche enthält. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls und insbesondere auf den in der Beschlussfassung über die Entlastung zum Ausdruck gebrachten Willen an. Kein Verzicht liegt vor, wenn und soweit die GV/VV auf Grund der ihr erteilten (lückenhaften) Informationen das Bestehen von Ansprüchen nicht zu überblicken vermochte.295 Auch die Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG, wonach die AG erst 3 Jahre nach Entstehung des Anspruchs unter Berücksichtigung des dortigen Minderheitenschutzes verzichten kann, ist eine Sonderregelung, die nicht für die eG gilt.296 Allein aus der Tatsache, dass die eG einem Vorstandsmitglied Entlastung erteilt hat, 144 folgt noch nicht, sie habe eine pflichtwidrige Geschäftspraxis, wie z.B. Überschreitung von Kreditlinien, auch für die Zukunft gebilligt und auf Forderungen daraus verzichtet.297 Näheres zur Beschlussfassung der GV/VV über die Entlastung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern und zum Verzicht auf Ersatzansprüche vgl. § 48 Rdn. 25 ff. V. Verfahren 1. Beschluss des Aufsichtsrats bzw. der GV/VV. Aus § 39 Abs. 1 folgt, dass Rechtsstreitigkeiten gegen Vorstandsmitglieder nur aufgrund eines Beschlusses des Aufsichtsrats (im Falle einer entsprechenden Satzungsregelung: der GV/VV) geführt werden können. Dieser Beschluss ist sachliche Klagevoraussetzung.298 In der Insolvenz der eG bedarf der Insolvenzverwalter zur Erhebung der Klage keines Beschlusses des Aufsichtsrats/der GV/VV.299 Für die Klage aus § 34 ist – je nach Streitwert – das Amts- bzw. Landgericht zuständig. Auch wenn die Beklagten nicht mehr dem Vorstand angehören, wird dadurch nicht die Zuständigkeit des ArbG begründet, da es sich um Ansprüche aus der Organschaft handelt. Es ist Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat – soweit Vorstandsmitglieder betroffen sind, in erster Linie des Aufsichtsrats, – pflichtgemäß zu prüfen, ob Regressansprüche bestehen und ob und in welchem Umfang sie geltend zu machen sind. Ggf. ist die GV/VV unverzüglich zu unterrichten, damit die nach § 39 und § 40 ggf. erforderlichen Beschlüsse rechtzeitig gefasst werden können. Die Schweigepflicht ist in diesen Fällen eingeschränkt (vgl. Rdn. 101). Falls Regressansprüche bestehen, ist der Vorstand zur Unterrichtung des Aufsichtsrats bzw. im Falle einer entsprechenden Satzungsregelung der GV/VV verpflichtet, wenn nach der Satzung ihr die Entscheidung zugewiesen ist – es sei denn, dass ausnahmsweise zwingende und übergeordnete Interessen der eG einer Information der GV/VV, z.B. wegen der Öffentlichkeitswirkung, entgegenstehen. Allein der Hinweis auf drohende „Imageverluste“ ist i.d.R. zu schwach. Für außergerichtliche Vereinbarungen über Ersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder sieht das Gesetz keine ausdrückliche Regelung vor. Es ist zulässig und es kann
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BGH NZG 2005, 562 ff.; BGH WM 2002, 220 ff.; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 71. Vgl. BGH NJW 1959, 192; a.A. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 71. BGH WM 1974, 131. Vgl. BGH NJW 1960, 1667. Vgl. BGH ZfgG 1963, 154; RGZ 76, 244.
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zweckmäßig sein, dass der Aufsichtsrat mit dem ersatzpflichtigen Vorstandsmitglied Verhandlungen führt mit dem Ziel, einen außergerichtlichen Schadensausgleich zu erreichen; eine etwaige Vereinbarung muss aber immer unter dem Vorbehalt der Zustimmung des zuständigen Organs geschlossen werden; da i.d.R. in der Praxis auch ein Regressverzicht gefordert wird, entsteht schon dadurch die Zuständigkeit der GV/VV. Es ist auch nicht unproblematisch, wenn durch bereits abgeschlossene Verhandlungen faktisch die grundsätzliche Zuständigkeit der GV/VV unterlaufen wird, sofern die Satzung dieses vorsieht, jedenfalls ist die letzte Entscheidung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder grundsätzlich der GV/VV vorbehalten. Schweigt die Satzung, ist nach § 39 n.F. der Aufsichtsrat zuständig, nicht hingegen für einen Regressverzicht, da dieser untrennbar mit der Entscheidung über die Entlastung nach § 48 Abs. 1 der GV/VV vorbehalten ist (Rdn. 142). 149
2. Vertretung der eG. In Prozessen gegen Vorstandsmitglieder vertritt der Aufsichtsrat die eG (§ 39 Abs. 1), es sei denn, die Satzung sieht die Zuständigkeit der GV/VV vor (§ 39 Abs. 1 S. 3; näher zur Problematik § 39 Rdn. 21 ff.).
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3. Beweislast (Abs. 2 S. 2). Ist in einem Prozess streitig, ob das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied seine Sorgfaltspflichten beachtet hat, so ist dieses Vorstandsmitglied dafür beweispflichtig. Die Regelung beruht auf der in der Rechtsprechung entwickelten Erkenntnis, dass diese Sachverhalte und Zusammenhänge allein von dem Vorstandsmitglied dargelegt werden können.300 Weist die eG nach, dass das Verhalten eines ihrer Vorstandsmitglieder für einen Schaden ursächlich war, so wird vermutet, dass dieses Vorstandsmitglied seine Sorgfaltspflichten missachtet hat. Auch wird ein Schaden in Höhe der gesetzes- oder satzungswidrigen Zahlungen vermutet (hierzu – Sondertatbestand des § 34 Abs. 3 – siehe Rdn. 152).301 Dem Vorstandsmitglied obliegt die volle Beweislast dafür, dass es die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer eG beachtet hat.302 Das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied wird z.B. bei einem Kreditausfall darzulegen und zu beweisen haben, ob und wie im Einzelfall die Kreditwürdigkeit und Absicherung des Kredits geprüft, festgestellt und dokumentiert wurde. Auszugehen ist grundsätzlich von dem möglichen Kenntnisstand zur Zeit der Entscheidung. Für die weitere Entwicklung des Kredits, wie z.B. Krediterhöhungen, Kündigungen, Verstärkung und Verwertung von Sicherheiten, Vermögensverfall usw. ist das Verhalten während der gesamten Laufzeit relevant. Soweit ein Vorstandsmitglied Tatsachen vorträgt, die sich z.B. gegen die Ursächlichkeit des Verhaltens für den Schaden richten, obliegt ihm nach allgemeiner Beweislastregel auch für diese Tatsachen die Beweislast. Das Organmitglied muss folglich Tatsachen vortragen und beweisen, die den Richter zu der Überzeugung bringen, es habe alles ihm objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare getan, um den Schaden zu verhindern, bzw. dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre (vgl. dazu oben Rdn. 111a).303 Dies schließt ggf. den Nachweis seines grundsätzlich weiten unternehmerischen Ermessensspielraum ein; zur Business Judgement Rule als Exculpa-
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300 Vgl. BGH NJW 1963, 46; zur Beweislast RGZ 159, 232; RGZ 91, 72; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 83. 301 OLG Dresden WM 2007, 1032; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 66; Beuthien GenG § 34 Rdn. 18; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 22. 302 BGH DB 2007, 389 ff. 303 BGH WM 2008, 696; BGH ZIP 2007, 325; BGH NJW 2003, 358.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
tionsmöglichkeit bei Unternehmens(ermessens)entscheidungen für Vorstandsmitglieder s. Rdn. 95c, für Aufsichtsratsmitglieder s. § 41 Rdn. 50b.304 Die (beweisbare) Behauptung, die Mehrheit im Vorstand hätte ohnehin den Kreditbeschluss gefasst, genügt nicht den Anforderungen eines Entlastungsbeweises, auch nicht der Hinweis, die gesetzliche Prüfung habe das Verhalten nicht beanstandet. Der eG als Klägerin verbleibt der Beweis für alle Tatsachen, die die Rechtswidrigkeit, die Ursächlichkeit des Verhaltens des Beklagten und den Schaden begründen.305 Hierbei gelten zu ihren Gunsten die Erleichterungen des § 287 ZPO.306 Sie muss also substantiiert vortragen und beweisen, dass die vorgenommene Schadensschätzung wahrscheinlich ist (zum Sonderfall des Abs. 3 s. Rdn. 152).307 Die umgekehrte Beweislast gem. Abs. 2 gilt auch für Prozesse der Gläubiger gem. 151 Abs. 5. Werden Ersatzansprüche aus § 34 z.B. gegen Erben als Rechtsnachfolger von Vorstandsmitgliedern geltend gemacht, so findet der Grundsatz der Beweislastumkehr für das Verschulden keine Anwendung, da dieser Rechtsnachfolger im Zweifel nicht den Vorteil der genauen Kenntnis der Zusammenhänge hat.308 Die eG muss einem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied Auskunft erteilen und Einsicht in die Unterlagen gewähren, soweit dies für seine Beweisführung erforderlich ist.309 In den Fällen von § 34 Abs. 3 wird darüber hinaus vermutet, dass die dort genann- 152 ten Handlungen zu einem entsprechenden Schaden der eG geführt haben; dem in Anspruch genommenen Vorstandsmitglied obliegt der Beweis, dass ein Schaden nicht eingetreten ist (hierzu auch Rdn. 150).310 Für das Vorliegen eines höheren Schadens ist hingegen die eG beweispflichtig,311 für nachträglichen Wegfall des Schadens hingegen das Vorstandsmitglied.312 4. Verfahrenskosten. Ist ein Organmitglied im Regressprozess oder Strafverfahren 153 verurteilt, die Verfahrenskosten zu tragen, so schuldet er diese aus seinem Privatvermögen. Falls ausnahmsweise die eG die Kosten eines Vorstandsmitglieds übernehmen soll, muss der Aufsichtsrat entscheiden, bei Mitgliedern des Aufsichtsrats die GV/VV. Nur so können Interessenkonflikte und eine mögliche Strafbarkeit wegen Untreue vermieden werden.
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304 BGH NJW 2003, 359; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 86. 305 BGH WM 2008, 696 – GmbH; BGH ZIP 2007, 325 – eG; BGH NJW 2003, 358 = ZIP 2002, 2315 f. – GmbH; BGH NJW 1963, 46 – eG; OLG Rostock WM 2003, 1529 – w; OLG Stuttgart NZG 2000, 841 – eG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 84, 85; Beuthien GenG § 34 Rdn. 19; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 20. 306 BGH ZIP 2007, 325; BGH NJW 2003, 358; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 85; Beck GenHB/Gätsch § 5 Rdn. 68. 307 Vgl. BGH NJW 2003, 358; BGH NJW 2000, 509; BGH NJW-RR 2000, 1340. 308 RG HRR 1941, Nr. 132; Müller GenG § 34 Rdn. 49. 309 BGH WM 2008, 2019 = ZIP 2008, 1821; BGH NJW 2003, 359 = WM 2002, 2509; OLG Stuttgart NZG 2000, 841; RG LZ 1908, 448; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 89; Beuthien GenG § 34 Rdn. 19; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 20. 310 OLG Dresden WM 2007, 1032; LG Amberg Urt. v. 17.6.1993, Az. 14 O 989/92; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 34 Rdn. 66; Beuthien GenG § 34 Rdn. 20. 311 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 66; Beuthien GenG § 34 Rdn. 20; Müller GenG § 34 Rdn. 56. 312 RGZ 159, 220; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 66; Beuthien GenG § 34 Rdn. 20; Müller GenG § 34 Rdn. 57.
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§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
VI. Verjährung Die Verjährungsfrist von 5 Jahren meint nur die auf § 34 gestützten Ansprüche. Für Regressansprüche gegen Vorstandsmitglieder eines Kreditinstituts ist, ausgelöst durch die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise, durch das Restrukturierungsgesetz vom 9. Dezember 2010313 die Frist auf 10 Jahre verlängert worden (§ 52a Abs. 1 KWG); sie gilt auch für vor dem 15. Dezember 2010 entstandene und noch nicht verjährte Ansprüche (§ 52a Abs. 2 KWG). Diese Fristen können nicht durch Vereinbarung geändert werden.314 § 202 BGB ist nicht anwendbar. Bestehen gegen das Vorstandsmitglied Ersatzansprüche aufgrund anderer Vorschriften, wie z.B. der §§ 667, 675 BGB (Herausgabeansprüche), 812 ff. BGB (ungerechtfertigte Bereicherung), 823 ff. BGB (unerlaubte Handlung), so gilt dafür die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren.315 Die fünfjährige Verjährungsfrist gilt nicht für Schadensersatzansprüche gegen sonstige Organe der eG, z.B. Beiräte, Genossenschaftsräte, da diese nicht dem Beirat einer Publikums-KG entsprechen, der wiederum eher vergleichbar einem qua Satzung bestellten Aufsichtsrat einer GmbH ist, also Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 i.V.m. § 280 BGB.316 Für den besonderen Vertreter nach § 30 BGB gilt die Frist von 5 Jahren, da er quasi Vorstandseigenschaft hat.317 Für den Beginn der Verjährungsfrist ist § 200 BGB maßgebend: Entstehung des 155 Anspruchs, d.h. wenn er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann;318 Kenntnis vom Eintritt des Schadens ist nicht erforderlich.319 Er muss nicht im Einzelnen beziffert werden, die Möglichkeit einer Feststellungsklage genügt, um die Frist in Lauf zu setzen.320 Auf die Kenntnis des Aufsichtsrats bzw. GV/VV kommt es nicht an.321 Die Frist beginnt auch zu laufen, wenn das Vorstandsmitglied die Pflichtwidrigkeit verheimlicht.322 Entscheidend ist, dass der Schaden feststellbar ist und wenigstens im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden kann.323 Es müssen alle Tatbestandsmerkmale des § 34 erfüllt und der Schaden dem Grunde nach eingetreten sein.324 Vermögensverschlechterung genügt grundsätzlich.325 Ohne Bedeutung ist es, wenn weitere Schäden entstehen; diese setzen keine neue Verjährungsfrist in Gang. Tritt hingegen ein weiterer, auf einem selbständigen Tatbestand beruhender Schaden ein, löst dieser eine neue Frist aus.326
154
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313 BGBl. 2010 I, S. 1900. 314 Vgl. BGH WM 2005, 935; OLG Karlsruhe VersR 1961, 410; Müller GenG § 34 Rdn. 50. 315 A.A. noch die 36. Auflage; wie hier BGHZ 100, 200 ff. – GmbH; BGHZ 100, 231 = NJW 1987, 1887 = WM 1987, 648 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 134; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 72; Beuthien GenG § 34 Rdn. 27; Müller GenG § 34 Rdn. 50. 316 Insoweit überzeugend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 135 hält dies für zu weitgehend und spricht sich für die allgemeine Frist von drei Jahren aus; BGH DB 1983, 1249 passt nicht auf die eG. 317 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 34 Rdn. 135, der diese Unterscheidung zu den Beiräten nicht trifft. 318 BGH ZIP 2012, 1855 = WM 2012, 1777 = DB 2012, 2160; BGH ZIP 2005, 852 = DStR 2005, 659; BGH NJW 1987, 1887 = WM 19887, 648 = BGHZ 100, 231 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 137. 319 So aber wohl BGH WM 1987, 648. 320 BGH ZIP 2005, 852 = DStR 2005, 659; BGH NJW 1987, 1887 = WM 1987, 648 = BGHZ 100, 231 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 137. 321 BGH ZIP 2005, 851 = DStR 2005, 659; BGH NJW 1987, 1887 = WM 1987, 648 = BGHZ 100, 231; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 138; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 29. 322 BGH DStR 2005, 659 = ZIP 2005, 852. 323 RGZ 83, 354; RGZ 152, 273; 153, 101; BGH ZfgG 1967, 114; Palandt/Heinrichs BGB § 199 Rdn. 2. 324 BGH ZfgG 1967, 114. 325 Näheres zum Beginn der Verjährung: BGH AG 1987, 245 = NJW 1987, 1887 = MDR 1987, 644. 326 BGH, NJW 1987, S. 1887 m.w.N.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder | § 34
Bei Kreditgewährung an Zahlungsunfähige beginnt Verjährung schon mit der Auszahlung. Entsprechendes gilt, soweit Kredit trotz fehlender Bonität des Kreditnehmers ohne entsprechende Sicherheit ausgezahlt wird. Kenntnis der anspruchsberechtigten eG von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen ist nicht erforderlich,327 selbst wenn das Vorstandsmitglied die Pflichtwidrigkeit bewusst verheimlicht.328 Bei Ansprüchen aus §§ 823 ff. BGB beginnt die Verjährung demgegenüber erst mit Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen.329 Die Verjährungsfrist beginnt schon bei Hingabe eines gefährdeten Kredits, nicht be- 156 reits bei Abschluss des Darlehensvertrags, da der Tatbestand der Gefährdung zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt.330 Gleiches gilt bei einem Grundstücksverkauf ab Auflassung.331 VII. Sonstige Anspruchsgrundlagen Unabhängig von § 34 können sich Haftungsansprüche der eG, einzelner Genossen- 157 schaftsmitglieder oder Dritter aus vertraglichen Vereinbarungen mit Vorstandsmitgliedern ergeben. Denkbar wäre z.B., dass ein Vorstandsmitglied durch Vereinbarung besondere Beratungspflichten gegenüber einem Mitglied übernommen hat. Anspruchsgrundlage für Ersatzansprüche können auch der Dienstvertrag oder die 158 Vorschriften über unerlaubte Handlungen sein. In Betracht kommen z.B. die §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 und 826 BGB. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB kann bei Verstoß gegen § 266 StGB (Untreue) gegeben sein332 oder es kann auch § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 147 ff. als Schutzgesetz in Betracht kommen (vgl. § 147 Rdn. 13). § 49 ist nicht Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB; vgl. § 49 Rdn. 3. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB kann auch nicht damit begründet werden, ein Vorstandsmitglied habe seine Sorgfaltspflichten gem. § 34 Abs. 1 verletzt; diese Vorschrift ist nicht Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.333 Auch § 43 Abs. 2 Ziff. 1 und § 44 BDSG sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.334 Die Ansprüche außerhalb von § 34 unterliegen grds. der Regelverjährung des § 195 159 BGB ggf. unter Berücksichtigung der Höchstfristen des § 199 BGB. Für Regressansprüche aus positiver Vertragsverletzung des Dienstvertrags gilt die Frist des § 34 Abs. 6 (fünf Jahre), für Vorstandsmitglieder eines Kreditinstituts zehn Jahre (Rdn. 154). Für Deliktsansprüche gilt die 3-jährige Verjährungsfrist;335 für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist ist Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen maßgeblich,
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327 RGZ 39, 52; 83, 356; 87, 311; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 138; Beuthien GenG § 34 Rdn. 27. 328 BGH ZIP 2005, 852 = DStR 2005, 639; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 139; Beuthien GenG § 34 Rdn. 27. 329 § 199 BGB; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 144. 330 RGZ 83, 354; 87, 306; BlfG 1939, 281; KG WM 2005, 1570; Beuthien GenG § 34 Rdn. 27; Müller GenG § 34 Rdn. 52, a.A., d.h. Vertragsabschluss Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 142; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 29. 331 BGH ZfgG 1967, 114 Beuthien GenG § 34 Rdn. 227; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 34 Rdn. 29; a.A., d.h. Kaufvertragsabschluss Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 143; ebenso Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1967, 120 f. 332 Zur Frage strafrechtlicher Untreue im Großkreditgeschäft Nack NJW 1980, 1599; bei unternehmerischer (Fehl-)Entscheidung Altenburg BB 2015, 323; zur Frage der Anforderungen an den Nachweis des Untreuevorsatzes im Falle der Eingehung von Risikogeschäften durch einen Bankvorstand BGH Urt. v. 28.5.2013, Az. 5 StR 551/11, AG 2013, S. 640. 333 BGH BB 1979, 1629 zu AktG. 334 Hierzu Schaffland/Wiltfang Kommentar zum BDSG § 43 Rdn. 3. 335 Palandt/Ellenberger § 195 Rdn. 4.
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§ 34 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
vgl. § 199 Abs. 1 BGB.336 Der strafrechtliche Begriff der fortgesetzten Handlung ist für die Beurteilung der zivilrechtlichen Frage des Beginns der Verjährung grundsätzlich nicht maßgeblich.337 Wegen strafrechtlicher Fragen s. Erl. zu §§ 147 ff. 160 VIII. Haftung der eG 161
Unabhängig von der Haftung der Organmitglieder kann auch eine Haftung der eG gegenüber Dritten begründet sein, insb. aus § 31 BGB i.V.m. den §§ 823 ff. BGB. Danach haftet die eG für den Schaden, den ein Vorstandsmitglied „durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadenersatz verpflichtende Handlung“ einem Dritten zufügt. „Dritte“ sind auch die Mitglieder der eG.338 Die persönliche Haftung des Vorstandsmitglieds nach § 823 Abs. 2 BGB schließt die deliktsrechtliche Haftung der eG gem. § 31 BGB nicht aus, wenn das Vorstandsmitglied den Schaden auch persönlich durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt hat.339 Wenn auch § 34 kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ist, so können doch Satzungsverstöße des Vorstands, die sich schädigend auf die Mitglieder auswirken, Ersatzansprüche der Mitglieder gegen Vorstandsmitglieder und über § 31 BGB gegen die eG auslösen.340 Es ist für die Haftung der eG unerheblich, ob das handelnde Vorstandsmitglied vertretungsberechtigt war. Die unerlaubte Handlung kann in der Vortäuschung rechtlicher Verbindlichkeit einer von dem Vorstandsmitglied für die eG abgegebenen Willenserklärung bestehen, es liegt aber ein Mitverschulden i.S.d. § 254 BGB vor, wenn z.B. eine Gesamtvertretung im GenReg eingetragen war und das Vorstandsmitglied alleine gehandelt hat.341 Keine Haftung der eG, wenn ein Vorstandsmitglied nur Vorbereitungen für eine unerlaubte Handlung trifft, diese aber erst nach Ausscheiden aus dem Vorstand ausführt.342 IX. Europäische Genossenschaft (SCE)
162
Beim dualistischen System gilt § 34 bei einer SCE mit Sitz in Deutschland unmittelbar, beim monistischen System gilt § 34 für die Verwaltungsratsmitglieder und für die geschäftsführenden Direktoren entsprechend (§ 21, § 22 Abs. 6 SCEAG). Zur Beschränkung der Mitwirkungspflicht ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder an Leitungsentscheidungen in Anlehnung an Regelungen des monistischen Verwaltungsorgans im angelsächsischen Recht hat Bode343 in einem obiter dictum Stellung genommen. X. Haftung bei eG ohne Aufsichtsrat
163
Nach § 9 Satz 2 werden die Rechte und Pflichten von der GV/VV wahrgenommen. Die Mitglieder haften jedoch nur für Fehlverhalten in der GV/VV (Näheres hierzu § 9 Rdn. 8 und § 41 Rdn. 59a).344
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336 Palandt/Ellenberger § 199 Rdn. 16. 337 BGH NJW 1970, 262; 1981, 573. 338 OLG Koblenz Urt. v. 3.2.1984, Az. 8 U 258/83. 339 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 165. 340 OLG Koblenz ebd. 341 BGH WM 1986, 1004 = ZfgG 1988, 287 m. Anm. Hadding; wegen Mitverschulden des Geschädigten. 342 BGH BB 1987, 638. 343 Bode in Festschrift für Schaffland S. 188 Fn. 18. 344 Ausführlich hierzu Fiedler „Haftungsfalle bei kleinen Genossenschaften ohne Aufsichtsrat“ in Festschrift für Schaffland S. 133 ff.
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Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern | § 35
XI. D&O-Versicherung Die Directors and Officers = D&O-Versicherung bietet Versicherungsschutz für Vor- 164 stände und Aufsichtsräte, wenn diese im Rahmen ihrer Organtätigkeit eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung begehen und aufgrund ihrer persönlichen Haftung von der eG oder Dritten hierfür in Anspruch genommen werden. Die Obliegenheiten und Ausschlusstatbestände sind je nach Versicherung unterschiedlich; in vielen Fällen wird ein Verstoß gegen gesetzliche oder zwingende statuarische Vorschriften (z.B. Kreditvergabe unter Überschreitung der von der GV/VV festgesetzten Höchstgrenze gem. § 49) zu einem Haftungsausschluss führen; in allgemeiner Form kann man sagen; dass immer dann, wenn die Obliegenheits- bzw. Sorgfaltspflichtverletzung in besonderes grober Weise i.S. einer „besonders“ groben Fahrlässigkeit erfolgt, oft kein Versicherungsschutz besteht.345 Dies muss sorgfältig geprüft werden, denn je größer die Sorgfaltspflichtverletzungen ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme. Zudem sollten sich gerade ehren- oder nebenamtlich tätige Vorstandsmitglieder nicht in einer vermeintlichen Sicherheit wiegen. Organträger haben daher ein Interesse daran, vom geschäftsführenden Vorstand ggfs. auf der Grundlage eines in versicherungsrechtlichen Fragen versierten Rechtsanwalts eine Analyse zu den Haftungsausschlusstatbeständen zu erhalten. Nach überwiegender Meinung stellt der Abschluss der D&O-Versicherung keine Vergütung für Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder dar, da er überwiegend im Interesse der eG erfolgt.346 Aber kein Anspruch des Vorstandsmitglieds gegen die eG aus Fürsorgepflicht auf Abschluss einer D&O-Versicherung.347 Der durch das VorstAG348 vom 31.7.2009 eingeführte § 93 Abs. 2 S. 3 AktG findet mangels planwidriger Regelungslücke auf eG keine Anwendung, da der Gesetzgeber den dort vorgesehenen Selbstbehalt i.H.v. mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der jährlichen Festvergütung nur für die AktG normieren wollte.349 Die entsprechende Vorschrift des GenG (§ 34 Abs. 2) wurde bei Einführung aber gerade nicht geändert. Vorstehende Grundsätze gelten sinngemäß für Aufsichtsratsmitglieder.
§ 35 Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern § 35 Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern Die für Mitglieder des Vorstands gegebenen Vorschriften gelten auch für Stellvertreter von Mitgliedern.
I. II.
Übersicht Begriff | 1–4 Rechtsstellung | 5–14 1. Bestellung und Anstellung | 5–9 2. Leitungsverantwortung | 10–13
III.
3. Haftung | 14 4. Besonderer Vertreter | 15 Europäische Genossenschaft (SCE) | 16
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345 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rn. 187 (Ausschlusstatbestände). 346 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 189 m.w.N.; a.A. Kästner AG 2000, 113, 115 ff., dies. DStR 2001, 195 ff. 347 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 34 Rdn. 191. 348 Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31.7.2009 BGBl. I. S. 2509 ff. 349 Vgl. Holthaus PerspektivePraxis 2/10, S. 3; Olbrich/Kassing, BB 2009, S. 1659; Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 34 Rdn. 192.
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§ 35 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
I. Begriff
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Durch die Bestellung stellvertretender Vorstandsmitglieder soll eine gewisse organinterne hierarchische Abstufung erreicht werden.1 Der Gesetzestext lässt grundsätzlich zwei Arten der Stellvertretung zu: Den ständigen Stellvertreter und den Ersatzmann, der nur dann tätig wird, wenn ein ordentliches Vorstandsmitglied verhindert ist oder ausfällt.2 Das Gesetz bringt in § 35 den Grundsatz zum Ausdruck, dass alle Vorstandsmitglieder die gleiche Leitungskompetenz haben und die entsprechende Verantwortung tragen. Der Inhalt der gesetzlichen Regelung geht erkennbar davon aus, dass ein stellvertretendes Vorstandsmitglied grundsätzlich an der Willensbildung und Leitung mitwirkt. Von möglichen Ausnahmefällen abgesehen, wird es sich daher in solchen Fällen um ständige Stellvertreter handeln. Diese können z.B. nicht von einer Beschlussfassung ausgeschlossen werden,3 solche stellvertretenden Vorstandsmitglieder zählen bei der gesetzlichen Mindestzahl und der satzungsmäßigen Höchstzahl mit.4 Die eG muss jedoch mindestens ein ordentliches Vorstandsmitglied haben (z.B. im Fall des § 24 Abs. 2 S. 3), da ein Stellvertreter begrifflich ein ordentliches Vorstandsmitglied voraussetzt.5 Für die ständigen Stellvertreter gelten insb. auch die Sorgfalts- und Haftungsvorschriften des § 34. Die Bestellung eines „Ersatzmanns“ dürfte nur unter besonderen Umständen vertretbar sein. Problematisch bleibt grundsätzlich die Einbindung in die Gesamtverantwortung des Leitungsorgans, wenn die Vorstandstätigkeit nur zeitweise, nämlich im Ersatzfall, ausgeübt wird. Bei der Anmeldung und Eintragung zum Genossenschaftsregister sollte die Funktion als Ersatzmann vermerkt werden. Haftung gem. § 34 jedenfalls dann, wenn die Vorstandstätigkeit ausgeübt wird, außerhalb dieser Zeit können besondere Pflichten bestehen. Es scheint sinnvoll, Einzelheiten vertraglich festzulegen. Vom „stellvertretenden Vorstandsmitglied“ ist ein Vorstandsmitglied zu unterscheiden, das als rechtsgeschäftlicher Vertreter nach § 25 Abs. 3 tätig wird (Ermächtigung; vgl. Erl. dort). Auch der in den Vorstand delegierte „Stellvertreter“ gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 ist nicht stellvertretendes Vorstandsmitglied i.S.v. § 35. II. Rechtsstellung
1. Bestellung und Anstellung. Stellvertretende Vorstandsmitglieder werden grundsätzlich in gleicher Weise wie ordentliche Vorstandsmitglieder bestellt, angestellt und abberufen. Sie müssen auch satzungsmäßige persönliche Voraussetzungen für die ordentlichen Vorstandsmitglieder erfüllen.6 Gem. § 24 Abs. 2 S. 2 ist es allerdings zulässig, für die Bestellung von Stellvertretern in der Satzung ein anderes Verfahren vorzusehen als für nicht ordentliche Mitglieder. Die Bestellung selbst bedarf keiner Grundlage in der Satzung.7 Besonderheiten der Rechtsstellung als stellvertretendes Vorstandsmitglied wer6 den üblicherweise im Anstellungsvertrag oder in der Geschäftsordnung geregelt. Hier können bestimmte Beschränkungen vereinbart werden, wie z.B., dass für Entscheidun5
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1 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 35 Rdn. 1. 2 Vgl. Metz BlfG 1963, 205; Beuthien GenG § 35 Rdn. 2. 3 Metz ebd.; a.A. Beuthien GenG § 24 Rdn. 6. 4 Wie hier Müller GenG § 24 Rdn. 21; a.A. Beuthien GenG § 24 Rdn. 6. 5 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 35 Rdn. 1; Müller GenG § 35 Rdn. 2. 6 Beuthien GenG § 35 Rdn. 3. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch§ 35 Rdn. 2; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 58; vgl. auch Beuthien GenG § 35 Rdn. 3; Hüffer AktG § 94 Rdn. 2.
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Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern | § 35
gen und sonstige Maßnahmen die Mitwirkung eines ordentlichen Vorstandsmitglieds erforderlich ist. Diese gelten aber nur für das Innenverhältnis, also den Bereich der Geschäftsführung, der beschränkt werden kann.8 Grundsätzlich haben stellvertretende Vorstandsmitglieder im Hinblick auf ihre Leitungsverantwortung (s. unten Rdn. 10 ff.) und ihre Haftung das Recht, an allen Entscheidungen mitzuwirken: sie haben ein Anwesenheits-, Antrags-, Rede- und Stimmrecht.9 Für Ersatzleute gilt dies für die Dauer der tatsächlichen Tätigkeit im Vorstand. Zu unterscheiden vom stellvertretenden Vorstandsmitglied ist das sogen. Ersatzmitglied für den Vorstand. Hier handelt es sich um den Fall, dass aufschiebend bedingt ein Vorstandsmitglied für den Fall bestellt werden soll, dass ein anderes Vorstandsmitglied verhindert ist oder wegfällt. Eine derartige Bestellung wäre nicht zulässig, da dies für den Rechtsverkehr mit zu großer Unsicherheit verbunden wäre, da ein Außenstehender schwerlich überprüfen kann, ob der Vertretungsfall eingetreten ist. Es muss also im Falle der eingetretenen Verhinderung ein stellvertretendes Vorstandsmitglied bestellt werden.10 Stellvertretende Vorstandsmitglieder können von der Geschäftsführung und der ge- 7 setzlichen Vertretung auch nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden; dies gilt insbesondere, wenn das Gesetz die Mitwirkung sämtlicher Vorstandsmitglieder vorsieht; sie unterliegen nicht den Weisungen anderer Vorstandsmitglieder oder anderer Organe. Sie sind in die Zahl der Vorstandsmitglieder einzubeziehen. Der Vorstand einer eG ist nach dem Gesetz also ordnungsgemäß besetzt, wenn z.B. ein ordentliches und ein stellvertretendes Vorstandsmitglied bestellt sind; der Vorstand darf jedoch nicht nur aus stellvertretenden Vorstandsmitgliedern bestehen, der Begriff des Stellvertreters setzt ein ordentliches Vorstandsmitglied voraus. Bei der Anmeldung und Eintragung stellvertretender Vorstandsmitglieder zum Ge- 8 nossenschaftsregister muss nicht die Stellvertretereigenschaft angegeben werden,11 aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten sollte dies jedoch getan werden.12 Auf Geschäftsbriefen sind auch die Namen13 der stellvertretenden Vorstandsmit- 9 glieder anzugeben (§ 25a). Ein Hinweis auf die Stellvertretereigenschaft ist zulässig und zweckmäßig, aber nicht erforderlich (§ 25a Rdn. 4). 2. Leitungsverantwortung. Stellvertretende Vorstandsmitglieder sind Teil des ge- 10 setzlichen Vertretungsorgans Vorstand.14 Für stellvertretende Vorstandsmitglieder gilt uneingeschränkt § 27; für Ersatzleute während der Zeit ihrer tatsächlichen Tätigkeit im Vorstand. Sie haben im Vorstand die eG unter eigener Verantwortung zu leiten (s. Erl. zu § 27). Stellvertreter sind berechtigt und verpflichtet, bei allen Entscheidungen im Rahmen der Vereinbarungen (Dienstvertrag, Geschäftsordnung etc.) mitzuwirken. Die Vereinbarungen müssen die Regelungen der §§ 27, 34 und 35 beachten. Das gilt auch für ein
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8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 35 Rdn. 10. 9 Beuthien GenG § 35 Rdn. 2. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 35 Rdn. 13; Beuthien GenG § 35 Rdn. 6 hält sie hingegen für zulässig und wendet auf sie nicht § 35, sondern §§ 24 ff. an, was allerdings nur gilt ab dem Zeitpunkt des Amtsbeginns. 11 BGH NJW 1998, 1071 = ZIP 1998, 152; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 35 Rdn. 1. 12 A.A. BGH NJW 1998, 1071 = ZIP 1998 (stellv. GF einer GmbH nicht zulässig, da als betriebsinterne Hierarchie angesehen), 152; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 35 Rdn. 3; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 58; Beuthien GenG § 35 Rdn. 3 – jeweils die Eintragungsfähigkeit verneinend. 13 Familienname und Vorname. 14 BayObLG NJW-RR 1997, 674 = GmbHR 1997, 410.
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§ 35 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
stellvertretendes Vorstandsmitglied, das der Aufsichtsrat nach vorläufiger Amtsenthebung eines Vorstandsmitglieds zur einstweiligen Fortführung der Geschäfte bestellt.15 Im Rahmen der Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder sind Stellvertreter 11 auch berechtigt und verpflichtet, sich über die Tätigkeit anderer Vorstandsmitglieder zu unterrichten und ggf. für die Beseitigung von Mängeln in deren Bereichen Sorge zu tragen.16 Die Einsicht in Vorstandsprotokolle kann ihnen grundsätzlich nicht verwehrt werden. Dies folgt bereits daraus, dass sie wie ordentliche Vorstandsmitglieder den strengen Haftungsregelungen des § 34 Abs. 2 unterliegen (s. Rdn. 14). Bei der Anmeldung einer gegründeten eG zum Genossenschaftsregister, die von 12 sämtlichen Vorstandsmitgliedern in öffentlich beglaubigter Form vorzunehmen ist, müssen auch Stellvertreter mitwirken (§ 157 1. Halbs.),17 für sonstige Anmeldungen genügen so viele Vorstandsmitglieder, wie nach der Satzung zur gesetzlichen Vertretung befugt sind (§ 157 2. Halbs.). Die Vertretungsberechtigung steht den Stellvertretern grundsätzlich in gleicher 13 Weise zu wie ordentlichen Vorstandsmitgliedern (s. § 25), sie kann im Außenverhältnis nicht beschränkt werden.18 Im Rahmen von § 25 Abs. 2 ist es jedoch zulässig, z.B. ordentlichen Vorstandsmitgliedern das Alleinvertretungsrecht einzuräumen, während der Stellvertreter nur berechtigt sein soll, zusammen mit einem ordentlichen Vorstandsmitglied für die eG zu handeln.19 14
3. Haftung. Stellvertretende Vorstandsmitglieder unterliegen den gleichen Sorgfalts- und Haftungsmaßstäben wie ordentliche Vorstandsmitglieder. Sie müssen im Rahmen ihrer Zuständigkeit und unter Beachtung der Gesamtverantwortung für die Leitung der eG alles objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare tun, um Schäden zu vermeiden. Sie haben in gleicher Weise wie ordentliche Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer eG anzuwenden. Für Schäden haften sie der eG persönlich und unbeschränkt als Gesamtschuldner. § 34 findet in allen Teilen Anwendung (vgl. Erl. dort). Nur im Rahmen der Schuldzuweisung können die Besonderheiten der Rechtsstellung als Stellvertreter Berücksichtigung finden,20 nach ähnlichen Maßstäben wie im Falle einer „Ressortleitung“ (s. § 34 Rdn. 39 ff.). Für Ersatzleute beschränkt sich die Haftung grundsätzlich auf die Zeit ihrer Tätigkeit im Vorstand. Dennoch können sich aus der Stellung eines Ersatzmanns besondere Sorgfaltspflichten auch über die Zeit der Tätigkeit hinaus ergeben; auch hierzu könnte Näheres in Verträgen festgelegt werden.
15
4. Besonderer Vertreter. Die Satzung kann für dort bezeichnete Aufgabengebiete die Bestellung besonderer Vertreter i.S.v. § 30 BGB vorsehen und regeln, wer für deren Bestellung zuständig sein soll.21 Der besondere Vertreter hat beschränkte organschaftliche Vertretungsmacht; ihm ist ein örtlicher oder sachlicher Zuständigkeitsbereich zugeordnet, für den er nach außen allein selbständig handeln kann. Er ist weder gesetzlicher Vertreter noch Bevollmächtigter.22
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15 16 17 18 19 20 21 22
LG Kassel Urt. v. 3.3.1994, Az. 8 O 1644/93. Beuthien GenG § 35 Rdn. 4, 5. Vgl. KG BlfG 1941, 150 = HRR 1941, 705. BGH NJW 1998, 1071 = ZIP 1998, 152; BayObLG NJW-RR 1997, 674 = GmbHR 1997, 410. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 35 Rdn. 8. So auch Müller GenG § 35 Rdn. 5. Näheres Palandt/Ellenberger Erl. zu § 30. Zum besonderen Vertreter ausführlich Reichert Rdn. 2636 ff.
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Aufsichtsrat | § 36
III. Europäische Genossenschaft (SCE) Bei der SCE mit Sitz in Deutschland gilt § 35 beim dualistischen Leitungssystem un- 16 mittelbar. Beim monistischen System gilt § 35 für die Verwaltungsratsmitglieder und für die geschäftsführenden Direktoren entsprechend (§§ 21, 22 Abs. 6 SCEAG). 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft Holthaus/Lehnhoff
§ 36 Aufsichtsrat § 36 Aufsichtsrat (1) Der Aufsichtsrat besteht, sofern nicht die Satzung eine höhere Zahl festsetzt, aus drei von der Generalversammlung zu wählenden Personen. Die zu einer Beschlussfassung erforderliche Zahl ist durch die Satzung zu bestimmen. (2) Die Mitglieder des Aufsichtsrats dürfen keine nach dem Geschäftsergebnis bemessene Vergütung beziehen. (3) Die Bestellung zum Mitglied des Aufsichtsrats kann auch vor Ablauf des Zeitraums, für welchen es gewählt ist, durch die Generalversammlung widerrufen werden. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. (4) Bei einer Genossenschaft, die kapitalmarktorientiert im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuchs ist, muss mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand in Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. [(4) Bei einer Genossenschaft, die kapitalmarktorientiert im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuchs oder CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute, ist, müssen die Mitglieder des Aufsichtsrats mit der Branche, in der die Genossenschaft tätig ist, vertraut sein; mindestens ein Mitglied muss über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen.]1
I. II. III.
IV.
V.
Übersicht Allgemeines | 1–8 Zahl der Aufsichtsratsmitglieder | 9–10 Stellvertretende Aufsichtsratsmitglieder, Ersatzmitglieder, Ehrenmitglieder | 11–14 Persönliche Voraussetzungen für die Wahl zum Aufsichtsratsmitglied | 15–19 Wahl der Aufsichtsratsmitglieder | 20–27a 1. Wahlzuständigkeit | 20–21 2. Wahlvorschläge | 22–24 3. Wahlverfahren | 25 4. Wahlakt und Mehrheitsverhältnisse | 26–27
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5.
Anzeigepflichten der Kreditgenosseschaft nach dem KWG | 27a VI. Annahme der Wahl zum Aufsichtsratsmitglied | 28–31 VII. Anstellungsverhältnis des Aufsichtsratsmitglieds | 32–41a 1. Rechtsnatur und Begründung des Anstellungsverhältnisses | 32–33 2. Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit | 34–39 3. Erstattung von Auslagen | 40–41a VIII. Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder | 42–48 IX. Aufsichtsratsvorsitzender | 49–59
1 Voraussichtliche Änderung des Abs. 4 durch Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG), RefE Art. 9 Nr. 2, S. 14; vgl. dazu die Kommentierung unter § 36 Rdn. 93b.
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§ 36 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
Rechtsgrundlage | 49 Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden | 50–52 3. Amtszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden | 53 4. Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden | 54–56 5. Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden | 57–58 6. Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden oder eines Stellvertreters | 59 Beschlussfassung im Aufsichtsrat | 60–77a 1. Beschlussfassung in Sitzungen | 60–62 2. Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats | 63 3. Beschlussmehrheit im Aufsichtsrat | 64–67 1. 2.
X.
Beschlussmängel | 68–70 Protokollierung der Beschlüsse | 71–77a XI. Ende des Aufsichtsratsamts | 78–87a 1. Ablauf der Amtszeit | 78 2. Widerruf der Bestellung | 79–79a 3. Amtsniederlegung | 80–84 4. Ausscheiden aus der eG | 85–86 5. Keine gerichtliche Abberufung | 86a 6. Wiederwahl von Aufsichtsratsmitgliedern | 87 7. Herausgabepflichten | 87a XII. Der Aufsichtsrat unter Berücksichtigung des Drittelbeteiligungsgesetzes bzw. des Mitbestimmungsgesetzes | 88–93a XIII. Voraussichtliche Änderungen durch das AReG | 93b XIV. Europäische Genossenschaft (SCE) | 94–95 4. 5.
I. Allgemeines Jede eG muss einen Aufsichtsrat haben mit Ausnahme der Kleinstgenossenschaft, die nicht mehr als 20 Mitglieder hat (§ 9 Abs. 1 Satz 2); dort nimmt bei einer entsprechenden Satzungsausgestaltung (vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 „kann“) grds. die GV (zusätzlich) die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats wahr (§ 9 Abs. 1 Satz 3), soweit im GenG nichts anderes bestimmt ist.2 Dem Aufsichtsrat sind die Aufgaben zugewiesen, die sich aus den §§ 38 bis 40 ergeben, § 41 regelt die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder. Durch die Satzung können ihm weitere Obliegenheiten übertragen werden (s. die Erl. zu § 38). 2 Bereits an dieser Stelle sei auf die Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften (Stand 2015) bzw. die Arbeitsmappe für Waren-, Dienstleistungsund Agrargenossenschaften (ebenfalls Stand 2015) hingewiesen (vgl. dazu Rdn. 15a, § 41 Rdn. 14, 42).3 Über die Wirksamkeit der Kontrolle durch den Aufsichtsrat und die optimale Organisation der Unternehmensleitung hat sich eine lebhafte Diskussion entwickelt.4 Auslöser dazu war vor allem das Versagen der Kontrolle in einigen spektakulären Fällen, die für die Allgemeinheit von besonderem Interesse waren. Sie führten zu verschiedenen Gesetzen (s. Einführung Rdn. 2 insb. Ziff. 9 bis 23 sowie die geplanten Gesetzesvorhaben und Rdn. 2a) und zu einem Corporate Governance Kodex für börsennotierte Aktiengesellschaften (zum vergleichbaren Kodex des DGRV für eG, Stand 20. November 2013 s. 1
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2 Zu Haftungsfragen in diesem Zusammenhang siehe Fiedler in Festschrift für Schaffland S. 133 ff.; vgl. auch Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 86 u. 131. 3 Die aktuelle Fassung der Arbeitsmappen des DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin und des Deutscher Genossenschafts-Verlag eG, Wiesbaden, ist über den DGVerlag zu beziehen. 4 Vgl. für viele: Lutter/Krieger/Verse Rdn. 46 ff.; Lutter Professionalisierung des Aufsichtsrats DB 2009, 775; „Grundsätze ordnungsmäßiger Aufsichtsratstätigkeit“ – ein Diskussionspapier, Arbeitskreis externe und interne Überwachung der Unternehmung, Schmalenbach Gesellschaft/Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., DB 1995, 1 ff.; s. auch „Rechte und Pflichten von Aufsichts- und Beiräten“, Sonderausgabe 01/2008 von Der Aufsichtsrat; Aepfelbacher/Metzner AG 2013, 773; Brandi/Gieseler NZG 2012, 1321; Rieder/Holzmann AG 2010, 570.
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Aufsichtsrat | § 36
§ 38 Rdn. 55). Zu begrüßen ist, dass mit Absatz 4, der Artikel 41 der Abschlussprüferrichtlinie umsetzt, bei einer kapitalmarktorientierten eG mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats unabhängig und sachverständig in Fragen der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung sein muss. Nach Ziffer 5.4.2 S. 2 des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 5. Mai 2015 bzw. des Kodex des DGRV ist ein Aufsichtsratsmitglied als unabhängig anzusehen, wenn es in keiner geschäftlichen oder persönlichen Beziehung zu der Gesellschaft oder deren Vorstand steht, die einen Interessenkonflikt begründet (hierzu Rn. 15). Sachverstand in Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung ist nicht nur bei Angehörigen der steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Berufe oder einer speziellen beruflichen Ausbildung der Fall, sondern kann beispielsweise auch angenommen werden für Finanzvorstände, fachkundige Angestellte aus den Bereichen Rechnungswesen und Controlling, Analysten sowie langjährige Mitglieder in Prüfungsausschüssen oder Betriebsräte, die sich diese Fähigkeit im Zuge ihrer Tätigkeit durch Weiterbildung angeeignet haben. Nach Maßgabe der Abschlussprüferrichtlinie ist es ausreichend, wenn das Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand in Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung verfügt. Diese Formulierung erlaubt es, den Gesetzestext auf „oder“ zu beschränken (hierzu § 38 Rdn. 41a a.E.). Die Erörterungen haben gerade in Hinblick auf die Rechtsangleichung in der EU nicht an Aktualität verloren. Es geht vor allem um den Effektivitätsvergleich des deutschen (dualen) Systems der „Gewaltenteilung“ mit dem englischen (monistischen) Board-System (hierzu die Ausführungen zur SCE in Rdn. 94, 95 und in Erl. zu § 24 und § 37 Rdn. 1). Zunächst wurde der Aufsichtsrat für das Aktienrecht aus der Leitungsverantwortung herausgenommen, um ihm die unabhängige Kontrolle zu übertragen. Diese Lösung muss nicht deswegen schlecht sein, weil sie im Jahre 1937 eingeführt worden ist. Schließlich wurde dieses System 1973 aus einem dringend gewordenen Bedürfnis der Praxis in das Genossenschaftsrecht übernommen. Zu bedauern ist, dass diese Trennung bei der SCE wieder verwässert worden ist. Die grundsätzliche Aufteilung in „Leitung“ und „Kontrolle“ hat nicht zu einer Verwässerung der Verantwortung geführt; das Gesetz weist dem Vorstand als „Exekutive“ eine eindeutige und strenge Leitungsverantwortung zu (§§ 27, 34), während dem Aufsichtsrat als unabhängiger „Judikative“ die Kontrolle übertragen ist mit allen Folgerungen für die persönliche Verantwortung und Haftung (§§ 38, 41). Die Kritik an diesem System kann weitgehend nicht überzeugen: Wenn den Personen im Aufsichtsrat vorgeworfen wird, sie seien nicht in der Lage, die Tätigkeit der Geschäftsführung zu verstehen, was Voraussetzung einer wirksamen Kontrolle sei, so wäre es sicher keine Lösung, diese Personen in ein Board-System mit unmittelbarer Leitungskompetenz zu übernehmen. Nach allen Erfahrungen nicht nur bei genossenschaftlichen Unternehmen erscheint es unverzichtbar, dem Leitungsgremium eine unabhängige Kontrollinstanz zuzuordnen. Im Übrigen gibt das Genossenschaftsrecht – im Gegensatz zu § 111 Abs. 4 AktG – durchaus die Möglichkeit, den Aufsichtsrat auch in Entscheidungen der Geschäftsleitung verantwortlich einzubinden.5Allerdings hat der Aufsichtsrat nur die Möglichkeit, dem Beschluss des Vorstands zuzustimmen oder ihn abzulehnen, nicht hingegen kann er ihn überstimmen.6 Davon machen die Mustersatzungen (§ 23) für konkrete Schwerpunkte der Leitungsentscheidungen Gebrauch.
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§ 27 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 38 Abs. 3; s. § 27 Rdn. 13; § 38 Rdn. 32 ff. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 1.
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Die zum Teil berechtigte Kritik an mangelhafter Aufsichtsführung kann sich daher nicht auf die rechtliche Ausgestaltung des genossenschaftlichen Aufsichtsrats beziehen. Die Probleme in der Praxis der Unternehmen entstehen durch verfehlte Auswahl der Mitglieder von Aufsichtsräten, mangelnde persönliche und fachliche Eignung, fehlendes Wissen um Aufgabe und Verantwortung sowie konkretes Fehlverhalten bei Durchführung der Kontrolle. 8 Die Kontrolle der Unternehmensleitung durch den Aufsichtsrat hat sich stets als wirkungsvoll erwiesen, wenn die Voraussetzungen erfüllt werden: – persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Mitglieder des Aufsichtsrats, – Gleichgewichtigkeit gegenüber den Personen im Vorstand, – ein unverzichtbares Maß an fachlichem Wissen, – die Fähigkeit, sich über die Maßnahmen der Geschäftsführung ein eigenes Urteil zu bilden und – kritisches Vertrauen als Grundlage der Zusammenarbeit. II. Zahl der Aufsichtsratsmitglieder 9
Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern, sofern nicht die Satzung eine höhere Zahl festlegt. Die Satzung kann – unter Berücksichtigung der vorstehenden Mindestzahl der Aufsichtsratsmitglieder – im Unterschied zum AktG (§ 95 Satz 2 AktG „bestimmte höhere Zahl“) auch lediglich eine Mindestzahl (z.B. mindestens 4) oder eine Höchstzahl (z.B. höchstens 6) oder eine Mindestzahl und eine Höchstzahl (z.B. mindestens 4 und höchstens 6) bestimmen.7 Im Rahmen der Mindest- oder Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder liegt es in der Entscheidung der GV/VV (und nicht in der Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat), die jeweils konkrete Zahl der Aufsichtsratsmitglieder zu bestimmen; die GV/VV hat gem. § 36 Abs. 1 S. 1 das Wahlmonopol.8 Denkbar auch, dass die Satzung die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nach dem Mitgliederbestand, z.B. zum Ende des der Wahl vorhergegangenen Geschäftsjahres, abstuft.9 Die in der Satzung zulässigerweise festgelegte Mindest- und Höchstzahl von Aufsichtsratsmitgliedern ist zwingend. Zuwahlen außerhalb dieses Rahmens sind nichtig.10 Wird die gesetzliche Mindestzahl unterschritten, so wäre der Aufsichtsrat insgesamt handlungs- und beschlussunfähig; Beschlüsse wären nichtig.11 Bei Unterschreitung der satzungsmäßigen Mindestzahl ist immer noch Beschlussfähigkeit gegeben, wenn die dafür in der Satzung festgelegte Zahl – gemessen an der satzungsmäßigen Zahl der Aufsichtsratsmitglieder – in der Sitzung vorhanden ist.12 Das Problem wird in der Praxis gegenstandslos durch eine Regelung in der Satzung, wonach die Zahl der verbleibenden Aufsichtsratsmitglieder bis zur gesetzlichen Mindestzahl von drei ausreichend bleibt. Bestimmt eine Satzung13 eine Mindest- und eine Höchstzahl und legt die Satzung gleichzeitig fest, dass die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder durch drei teilbar sein soll, so bedeutet dies zwar eindeutig eine Rechtspflicht, an die auch die GV/VV gebunden ist; ein Verstoß dagegen (im Rahmen der satzungsgemäßen Höchst- und Mindestzahl) führt jedoch nicht zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit einer Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern oder von Beschlüssen.14 Eine „Soll-Vorschrift“ bedeutet eine rechtlich bindende Verpflichtung; nur
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7 Vgl. KGJ 34, 175; Beuthien GenG § 36 Rdn. 1; Müller GenG § 36 Rdn. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 3. 8 Vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 3. 9 Beuthien GenG § 36 Rdn. 1; Müller GenG § 36 Rdn. 3. 10 Soweit nicht die Satzung rechtzeitig geändert wird und Heilung eintritt – vgl. Rdn. 43 –; a.A. Beuthien GenG § 36 Rdn. 1: wird die statuarische Höchstzahl überschritten, ist die Wahl nur anfechtbar. 11 Beuthien GenG § 36 Rdn. 1; hierzu auch Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 96. 12 BGHZ 4, 224, 228 = NJW 1952, 343; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 7; a.A. Beuthien GenG § 36 Rdn. 1. 13 Z.B. entsprechend den Mustersatzungen für Volksbanken und Raiffeisenbanken; Beck Gen-HB/ Gätsch § 5 Rdn. 88. 14 So zutreffend OLG Köln ZfgG 1992, 344 m. Anm. Becker = NJW-RR 1990, 1182; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 36 Rdn. 9; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1253.
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für eine vorübergehende Zeit und aus gewichtigen Gründen darf davon abgewichen werden;15 die Verletzung einer „Muss-Vorschrift“ hätte dagegen Auswirkungen auf die Gültigkeit, wohingegen eine „KannVorschrift“ das Verhalten in das freie Ermessen der eG stellt.
Aufsichtsratsmitglieder bleiben im Amt, auch wenn die gesetzliche oder satzungsmäßige Mindestzahl unterschritten ist. Die verbleibenden Mitglieder behalten ihr Amt und die damit verbundenen Pflichten; sie unterliegen weiter der Haftung gem. § 41.16 Hat die eG investierende Mitglieder i.S.d. § 8 Abs. 2, darf die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder aus ihren Reihen ein Viertel nicht überschreiten (§ 8 Abs. 2 letzter Satz); die Satzung kann eine geringere Zahl vorsehen, die Beteiligung auch ganz ausschließen (hierzu § 8 Rdn. 17). Wegen der Besetzung des Aufsichtsrats bei eG, die die Regelung des Drittelbeteiligungsgesetzes bzw. des Mitbestimmungsgesetzes beachten müssen, vgl. Rdn. 88 ff. Bei Satzungsänderung über die Amtsdauer der Aufsichtsratsmitglieder kann die 10 Satzung bestimmen, ob dies auch für die im Amt befindlichen Aufsichtsratsmitglieder gelten soll. Mangels einer Regelung gilt die Änderung im Zweifel nur für künftige Wahlperioden, wenn nicht die GV/VV zugleich – u.U. konkludent – die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern beschließt, die bereits drei Jahre im Amt sind. Entsprechend ist eine Satzungsänderung zu beurteilen, durch die die Zahl der Aufsichtsratsmandate verkleinert wird. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat verlieren ihr Amt nicht durch Satzungsänderung; ihre Position ist der Einflussnahme der eG entzogen.17 III. Stellvertretende Aufsichtsratsmitglieder, Ersatzmitglieder, Ehrenmitglieder Die Stellvertretung von Aufsichtsratsmitgliedern ist – anders als die Stellvertre- 11 tung von Vorstandsmitgliedern (vgl. § 35) – im GenG nicht geregelt. Es sind keine Gründe erkennbar, die gegen die rechtliche Zulässigkeit stellvertretender Aufsichtsratsmitglieder sprechen.18 Für den Vorstand regelt § 35 nicht die Zulässigkeit von Vertretern, sondern setzt sie voraus. Eine derartige Satzungsregelung würde nicht vom Gesetz abweichen, sondern § 36 ergänzen. Eine Notwendigkeit für die Bestellung von stellvertretenden Aufsichtsratsmitgliedern dürfte aber kaum bestehen. Wegen unklarer Verhältnisse hinsichtlich Aufsichtsverantwortung und Haftung sollte von stellvertretenden Aufsichtsratsmitgliedern abgesehen werden, zumindest sollte die Verantwortung und Haftung bei der Bestellung eindeutig geregelt werden. Immerhin verbietet § 101 Abs. 3 AktG für die AG die Bestellung von stellvertretenden Aufsichtsratsmitgliedern – im Gegensatz zu Ersatzmitgliedern, die erst bei Wegfall von Aufsichtsratsmitgliedern dem Aufsichtsorgan zugehören. Falls die Bestellung von stellvertretenden Aufsichtsratsmitgliedern vorgenommen wird, setzt dies eine entsprechende Satzungsbestimmung voraus, die auch eine eindeutige Regelung zur entsprechenden Anwendung des § 41 vorsieht.19 Einer solchen satzungsmäßigen Regelung steht § 18 nicht entgegen, weil das GenG über die Stellvertretung von Aufsichtsratsmitgliedern nichts aussagt.20 Stellvertretende Aufsichtsratsmit-
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15 OLG Köln a.a.O. 16 So zur GmbH, BGH DB 1983, 1864. 17 BAG AG 1990, 361; s. Rdn. 90. 18 Beuthien GenG § 36 Rdn. 3 und Müller GenG § 36 Rdn. 4 bejahend; verneinend Bauer GenossenschaftsHandbuch § 36 Rdn. 13 unter Hinweis auf § 101 Abs. 3 S. 2 AktG. 19 Vgl. Krakenberger § 36 Anm. 3; Müller GenG § 36 Rdn. 4. 20 Vgl. auch Krakenberger § 36 Anm. 3.
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glieder werden – wie die ordentlichen Aufsichtsratsmitglieder – durch die GV bestellt und abberufen.21 Es ist zulässig, Ersatzmitglieder für den Aufsichtsrat zu bestellen,22 die Bestellung 12 von Ersatzmitgliedern setzt eine entsprechende satzungsmäßige Grundlage nicht voraus;23 sie kann auch nicht durch die Satzung verboten werden;24 sie werden – wie die ordentlichen Aufsichtsratsmitglieder – durch die GV/VV gewählt und abberufen.25 Es kann für ein bestimmtes Aufsichtsratsmitglied ein Ersatzmitglied gewählt werden, es kann aber auch ein Ersatzmitglied für mehrere Aufsichtsratsmitglieder gewählt werden.26 Ein Ersatzmitglied ist unter der aufschiebenden Bedingung27 des endgültigen Wegfalls eines amtierenden Aufsichtsratsmitglieds für dessen restliche Amtsperiode zum Aufsichtsratsmitglied bestellt. Das Ersatzmitglied erlangt demnach die Organstellung eines Aufsichtsratsmitglieds erst mit dem endgültigen Ausfall des amtierenden Aufsichtsratsmitglieds (z.B. Tod, Amtsniederlegung, Abberufung, Ausscheiden aus der eG).28 Da das Ersatzmitglied seine Organstellung erst mit dem endgültigen Wegfall des Aufsichtsratsglieds erwirbt, an dessen Stelle es treten soll, muss das Ersatzmitglied zu diesem Zeitpunkt Mitglied der eG (vgl. § 9) sein und auch die sonstigen gesetzlichen und satzungsmäßigen Wählbarkeitsvoraussetzungen erfüllen.29 Keine Bedenken bestehen, wenn Ersatzmitglieder ohne persönliche Zuordnung allgemein für den Fall gewählt werden, dass Aufsichtsratsmitglieder wegfallen.30 Hier bedarf es einer Regelung vor allem der Reihenfolge, sowie der Frage, für welche Zeitdauer die Ersatzposition gedacht ist; sie endet im Zweifel mit Ablauf der Wahlperiode des Aufsichtsrats. Eine Bestellung für mehrere Aufsichtsratsmitglieder und damit die mehrfache Möglichkeit des (einmaligen) Nachrückens ist möglich.31 Das Ersatzmitglied rückt nur für die restliche Amtsdauer des Ausgeschiedenen nach; dies ergibt sich aus der Natur der Angelegenheit und nicht aus § 102 Abs. 2 AktG analog.32 Die Satzung kann vorsehen, dass das Amt bereits mit einer durchgeführten Nachwahl endet;33 andernfalls müsste mit der Nachwahl (konkludent) die Abberufung des Ersatzmitglieds beschlossen werden.34 Die Wahl zum Ersatzmitglied kann auch in der Weise geschehen, dass das Amt erst 13 zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt angetreten werden soll, z.B. ab dem (nahen) Beginn des nächsten Geschäftsjahres, um Prüfung und Entlastung für das Rumpfgeschäftsjahr zu vermeiden. Nicht zulässig wäre es aber, z.B. alternativ mehrere Personen
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21 Vgl. LG Stuttgart BB 1965, 369 zu Aufsichtsratsstellvertretern bei einer AG; auch Kohler NJW 1955, 205; a.A. wohl Müller GenG § 36 Rdn. 4. 22 Beuthien GenG § 36 Rdn. 4. 23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 14; Beuthien GenG § 36 Rdn. 4; Müller GenG § 36 Rdn. 6. 24 Beuthien GenG § 36 Rdn. 4. 25 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 5 bis 7. 26 Einzelheiten zur Bestellung von Ersatzmitgliedern BGH DB 1987, 475 = ZIP 1987, 366; Lehmann DB 1983, 485 ff. zur Wahl von Ersatzmitgliedern zum Aufsichtsrat einer AG. 27 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 16; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 16; Beuthien GenG § 36 Rdn. 4. 28 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 5 m.w.N. 29 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 16; Müller GenG § 36 Rdn. 7; vgl. auch Rdn. 89. 30 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 15; Beuthien GenG § 36 Rdn. 4. 31 BGH NJW 1987, 904 = ZIP 1987, 366 = WM 1987, 206 = DB 1987, 475; BGH ZIP 1987, 1176 = WM 1987, 1070; BGHZ 4, 224, 228 = NJW 1952, 343; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 15. 32 Für eine analoge Anwendung des § 102 Abs. 2 AktG aber BGH ZIP 1987, 1176 = WM 1987, 1070 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 14; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 16; Müller GenG § 36 Rdn. 5d. 33 BGH s. Rdn. 298; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 14. 34 BGH NJW 1988, 261 – AG; BGH ZIP 1987, 1176 = WM 1987, 1070 – AG; BGH ZIP 1987, 366 = NJW 1987, 904 = WM 1987, 206 = DB 1987, 475.
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zu wählen, um es dann einem Dritten zu überlassen, das in Frage kommende Ersatzmitglied zu bestimmen. Dieses Verfahren wäre mit dem unverzichtbaren Wahlrecht der GV/VV nicht vereinbar. Zulässig ist auch die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft im Aufsichtsrat. Ehren- 14 mitgliedschaft im Aufsichtsrat bedeutet lediglich einen Titel; das Ehrenmitglied erhält keine Organstellung; es hat nur das (jederzeit widerrufbare) Recht, an den Sitzungen des Aufsichtsrats als Gast teilzunehmen und in den Beratungen das Wort zu ergreifen,35 d.h., es kann auch von der Teilnahme an einer Sitzung des Aufsichtsrats ausgeschlossen werden. Stimmberechtigt ist es nicht.36 Für Ehrenmitglieder gilt die Verschwiegenheitspflicht (§ 41 i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 2 analog). Die Ernennung zum Ehrenmitglied des Aufsichtsrats kann nur durch einen Beschluss der GV/VV, sofern nicht durch Satzungsermächtigung auf ein anderes Organ übertragen, erfolgen, weil der Vorstand (mangels Geschäftsführungsmaßnahme) hierfür nicht zuständig ist.37 Mit dem Beschluss sind die vorstehenden Rechte immanent verliehen.38 Es ist nicht erforderlich, dass der Beschluss der GV/VV eine Grundlage in der Satzung hat.39 Es ist nicht einzusehen, dass die GV/VV nur dann einen Titel verleihen kann, wenn sie sich zuvor eine entsprechende Satzungsbestimmung gegeben hat. Den Ehrenmitgliedern können Barauslagen und sonstige tätigkeitsbedingte Aufwendungen (vgl. hierzu Rdn. 40), für deren Beurteilung und Erstattung (vorbehaltlich der Satzung) der Vorstand zuständig ist, gem. § 670 BGB ersetzt werden. Hierunter fallen insbesondere Fahrt- u. Übernachtungs-, Telefon u. Portokosten, Verdienstausfall. Dem tatsächlichen Aufwand entsprechend kann eine angemessene Pauschale (Sitzungsgeld) gezahlt werden, die den Ersatz nachgewiesenen höheren Aufwands nicht ausschließt. Ein Betrag von € 100–150 pro Sitzung wird zwar noch als vertretbare Obergrenze angesehen.40 Fahrtkosten werden i.d.R. zusätzlich erstattet. Ob es sich aber noch um pauschalierten Aufwendungsersatz (oder schon Vergütung) handelt, hängt letztendlich immer vom Einzelfall ab. Sofern eine Aufwendungspauschale auch den Ehrenmitgliedern gewährt wird, kommt es nicht auf die Organstellung als Aufsichtsratsmitglied an, weil das Sitzungsgeld keine Vergütung darstellt. Mit dem Beschluss der GV/VV, Ehrenaufsichtsratsmitglieder zu bestellen, ist auch der Auslagenersatz abgedeckt. Ob darüber hinaus eine Vergütung gewährt werden kann, hängt davon ab, ob die Satzung oder der Beschluss der GV dies vorsehen und ob die Ehrenmitgliedschaft auf die „Ehre“ beschränkt ist oder aber ob z.B. nützliche Erfahrungen in den Aufsichtsrat eingebracht werden. Vorstehende Ausführungen gelten entsprechend für den Ehrenvorsitzenden, auch die Verleihung dieses Ehrentitels ist zulässig;41 dieser ist aber allenfalls „primus inter pares“ unter mehreren Ehrenmitgliedern, hat aber im Verhältnis zur eG keine weitergehenden Rechte, vgl. Rdn. 49 a.E.
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35 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 17; Beuthien GenG § 36 Rdn. 5; Hennerkes/Schiffer Ehrenvorsitzender oder Ehrenmitglied eines Aufsichtsrats, DB 1992, 875; auch Müller GenG § 36 Rdn. 9. 36 Vgl. zur Ehrenmitgliedschaft im Aufsichtsrat einer AG Braunbehren BB 1981, 2100. 37 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 14; Beuthien GenG § 36 Rdn. 17; a.A. Lenenbach ZfgG 2002, S. 24. 38 Vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 17; Beuthien GenG § 36 Rdn. 5; Müller GenG § 36 Rdn. 9. 39 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 17; Beuthien GenG § 36 Rdn. 5; a.A. Müller GenG § 36 Rdn. 9. 40 Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 165. 41 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 17.
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IV. Persönliche Voraussetzungen für die Wahl zum Aufsichtsratsmitglied 15
Nur eine natürliche Person, die unbeschränkt geschäftsfähig ist, kann Aufsichtsratsmitglied werden.42 Diese Voraussetzung muss noch nicht bei der Wahl, sondern erst bei Amtsantritt gegeben sein. Dies ist zwar im GenG – im Gegensatz zum AktG43 – nicht ausdrücklich festgelegt; es ergibt sich jedoch aus der Natur des Aufsichtsratsamts.44 Weiterhin muss ein Aufsichtsratsmitglied grundsätzlich und spätestens im Zeitpunkt der Aufnahme seiner Aufsichtsratstätigkeit Mitglied der eG sein (zur Ausnahme bei den Arbeitnehmervertretern s. Rdn. 88 ff.). Allerdings können gem. § 9 Abs. 2 Satz 2 natürliche Personen von Mitgliedsgenossenschaften und gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter von juristischen Personen und Personengesellschaften, die Mitglieder der eG sind, seit Novelle 2006 ebenfalls in den Aufsichtsrat gewählt werden.45 Ein Aufsichtsratsmitglied darf grundsätzlich nicht zugleich ordentliches oder stellvertretendes Mitglied des Vorstands der eG oder eines von der eG abhängigen Unternehmens46 sein und auch nicht eine leitende Stellung bei der eG einnehmen (vgl. im Einzelnen die Erl. zu § 37; zu den besonderen Voraussetzungen für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern von Kreditgenossenschaften s. Rdn. 16a). Wegen der besonderen Verantwortung der Aufsichtsratsmitglieder sind an deren persönliche Integrität und geordnete Vermögensverhältnisse hohe Anforderungen zu stellen. Ordnungsgemäße Wahrnehmung der Kontrollfunktion erfordert Unabhängigkeit auch des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds, insb. gegenüber dem Vorstand der eG. Unabhängigkeit setzt voraus, dass das Aufsichtsratsmitglied frei von jedweden ins Auge springenden Interessenkonflikten ist;47 es sollte also nicht in einer geschäftlichen, familiären oder sonstigen Beziehung zur eG oder einem ihrer Vorstandsmitglieder stehen, die einen Interessenkonflikt begründet, der sein Urteilsvermögen beeinflussen kann (Rdn. 2; vgl. auch § 38 Rdn. 41).48 Es ist schwer vorstellbar, wie ein Aufsichtsratsmitglied diesen Erfordernissen genügen soll, wenn der Vorstand gezwungen sein kann, Maßnahmen zur Sicherung oder Rückführung eines notleidenden Kredits gegen dieses Aufsichtsratsmitglied erforderlichenfalls zwangsweise durchzuführen. Aufsichtsratsmitglieder haben von ihrer Persönlichkeit und ihrem beruflichen Verhalten her eine Vorbildfunktion für die anderen Mitglieder. Dies bedingt, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Aufsichtsratsmitglieds geordnet und seine Kreditverpflichtungen gegenüber der eigenen eG grundsätzlich unproblematisch sind. Zu den besonderen Aufgaben des Aufsichtsrats bei einer Kreditgenossenschaft gehört vor allem die Überwachung des Kreditgeschäfts (vgl. § 22 der Mustersatzung; § 3 der Mustergeschäftsordnung für den Aufsichtsrat). Es wäre lebensfremd zu erwarten, dass ein Aufsichtsratsmitglied die Bonität von Krediten objektiv und sorgfältig beurteilt, wenn seine Verpflichtungen gegenüber der eG dubios oder ausfallgefährdet sind. Unvertretbar als
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42 Vgl. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn.101; Krakenberger § 36 Anm. 3; Müller GenG § 36 Rdn. 22. 43 Vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 AktG. 44 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 22; zur Besonderheit bei der SCE § 24 Fn. 39. 45 Vgl. im Einzelnen die Erl. zu § 9; vgl. entsprechend zum Vorstand § 24 Rdn. 16; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 20; Beuthien GenG § 36 Rdn. 1. 46 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 23. 47 Vgl. im Einzelnen von Werder/Wieczoreck DB 2007, 299 ff. 48 Erwägungsgrund Nr. 13.1 der Empfehlung der EU-Kommission vom 15.2.2005, auf die Erwägungsgrund 24 der EU-Abschlussprüferrichtlinie verweist; vgl. auch Ziffer 5.4.2 Satz 2 des Deutschen Governance Kodex für börsennotierte Aktiengesellschaften: Reese/Ronge AG 2014, 417 – zur AG; zwingend gesetzlich vorgegeben ist dies jedoch nicht.
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Aufsichtsratsmitglieder sind vor allem Personen, die „fremdbestimmt“ sich nicht mehr an den Interessen der eG orientieren (§ 38 Rdn. 53, § 41 Rdn. 10). Auf diese persönlichen Voraussetzungen muss bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern geachtet werden. Unter Umständen kann es später erforderlich sein, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern den Rücktritt vom Amt nahe legt, wenn eine derartige Beeinträchtigung erst dann bekannt wird oder eintritt. Falls dieser Empfehlung nicht Folge geleistet wird, hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob eine Abberufung vom Amt durch die GV erforderlich erscheint. Auch die genossenschaftliche Pflichtprüfung wird hierzu Feststellungen zu treffen und je nach ihrer Bedeutung für die eG zu werten haben. Falls festgestellte Tatsachen Anlass zu der Annahme geben, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats nicht gesichert ist, dürfte es erforderlich sein, diese besonderen Feststellungen zusammen mit einer Empfehlung im Prüfungsbericht festzuhalten. Dies kann z.B. durch einen Hinweis geschehen, dass die Eignung von einzelnen Personen zur Wahrnehmung des Aufsichtsratsmandats zweifelhaft erscheint. Wegen Wählbarkeit von Mitarbeitern in den Aufsichtsrat vgl. § 37 Rdn. 2 und § 36 Rdn. 88 ff. Für Kreditinstitute verlangt § 25d Abs. 2 S. 1 KWG zusätzlich in Anlehnung an Zif- 15a fer 5.4.1 des Deutschen Corporate Governance Kodex, dass der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen haben muss, die zur Wahrnehmung der Kontrollfunktion und zur Beurteilung und Überwachung des Vorstands der eG/der Geschäftsleitung notwendig sind. In der Regierungsbegründung zum CRD IV-Umsetzungsgesetz wird dazu ausgeführt, dass im Gegensatz zu der von einem Geschäftsleiter geforderten Eignung bei den Aufsichtsratsmitgliedern finanztechnisches Fachwissen (Sachkunde) nur in einem Ausmaß vorhanden sein muss, das die Person zur Mitwirkung an der Entscheidung des Aufsichtsrats befähigt. Das bedeutet, dass nicht sämtliche Mitglieder über alle notwendigen Spezialkenntnisse verfügen müssen. Es kommt also auf eine Gesamtschau der Kenntnisse aller Mitglieder des Aufsichtsrats an.49 Dies ist sachgerechter als die frühere Forderung, dass jedes Mitglied die umfassende Sachkunde haben muss. Des Weiteren sollte wegen der Kontinuität und wegen des Wechsels/Ausscheidens im Aufsichtsrat auf eine sinnvolle Altersstruktur geachtet werden. Liegen diese Voraussetzungen vor, können weitere Erwägungsgründe hinzutreten (z.B. Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, wichtiger Kunde). Gesichtspunkte einer spiegelbildlichen Repräsentanz der Mitgliederstruktur/Regionalität müssen hier (im Unterschied zur Zusammensetzung der VV) zurücktreten. Zuverlässigkeit ist eine Selbstverständlichkeit; die angemessenere Herangehensweise ist, niemanden zu bestellen, der unzuverlässig im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit ist, z.B. Suchtprobleme hat, zu riskanten Geschäften neigt, kein ausreichendes Durchsetzungsvermögen besitzt oder nicht die Bereitschaft aufbringen wird, sich der Aufsichtsratstätigkeit mit dem notwendigen Engagement und Zeitaufwand zu widmen. Die Sachkunde erfordert, dass das Mitglied mit Hilfe der anderen Aufsichtsratsmitglieder in der Lage ist, die Alltagsgeschäfte dieser eG regelmäßig ohne fremde Hilfe zu verstehen und sachgerecht beurteilen zu können50 und, falls notwendig, Änderungen in der Geschäftsführung durchzusetzen.51 Da das Aufsichtsratsmitglied grds. ehrenamtlich
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49 Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaft, 2. Aufl. 2015, A. Überblick über die Tätigkeit des Aufsichtsrats, I. Grundlagen, 2. Allgemeine Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder Rdn. E 10. 50 BGHZ 85, 295 = NJW 1983, 991 = BB 1983, 101 = DB 1983, 165. 51 BT-Drs. 16/12783, 16.
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tätig wird, dürfen diese Anforderungen jedoch nicht überzogen werden. Die Kenntnisse und Erfahrungen eines Bankkaufmanns (bei einer Kreditgenossenschaft) müssen nicht vorliegen, auch nicht die eines Unternehmers. Allerdings ist eine gewisse Erfahrung im Umgang mit wirtschaftlichen Problemen sowie die persönliche Erfahrung und Befähigung (in anderen vergleichbaren Wirtschaftsbereichen) zur Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion erforderlich.52 Verfügt das Aufsichtsratsmitglied bei der Wahl noch nicht über die erforderliche Sachkunde, hat es sich diese (bei Kreditgenossenschaften unter Hinzuziehung des BaFin-Merkblatts vom 3.12.2012)53 unverzüglich anzueignen (sonst ggf. Regressfolge § 41 Rdn. 10),54 hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Aufsichtsratsamt in der Regel ein Nebenamt ist.55 Besondere Bedeutung kommt den vom DGRV herausgegebenen Arbeitsmappen für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften bzw. von Waren-Dienstleistungsund Agrargenossenschaften zu (§ 41 Rdn. 14, 42). Welches Maß an Fortbildung notwendig ist und welcher Zeitaufwand als ausreichend angesehen werden kann, hängt vom Einzelfall, insbesondere von der Vorbildung und dem Erfahrungsschatz des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds ab. In Zweifelsfällen sollte der zuständige Verband gefragt werden. Das Merkblatt der BaFin zu § 36 Abs. 3 KWG vom 3.12.2012 und § 6 des Statuts der Sicherungseinrichtungen des BVR sind zu beachten.56 15b Bereits mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht vom 29.7.200957 ist für Aufsichtsratsmitglieder eines Kreditinstituts (also auch Kreditgenossenschaften) eine Begrenzung der Zahl der Mandate eingeführt worden (§ 36 Abs. 3 S. 6 KWG a.F.). Dies wurde durch das CRD-IV-Umsetzungsgesetz vom 28.8.201358 mit Wirkung zum 1.1.2014 nochmals verschärft (§ 25d Abs. 3 S. 1 Nr. 3 und 4 KWG a.F.). Mit dem Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15.7.201459 – in Kraft getreten am 19.7.2014 – wurde § 25d KWG erneut hinsichtlich der Begrenzung der Anzahl von Aufsichtsratsmandaten novelliert, zuletzt erfolgten im Jahr 2014 nochmals Anpassungen durch Gesetz vom 10.12.2014 in § 25d Abs. 3 Satz 5 (z.B. Bundesanstalt durch Aufsichtsbehörde ersetzt).60 Diese genannten Änderungen zu den Mandatsbeschränkungen für Aufsichtsräte von Instituten enthielten redaktionelle Fehler. § 25d Abs. 3a KWG a.F. sah vor, dass Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans eines Instituts, das weder CRR-Institut (dies sind praktisch alle Kreditgenossenschaften) noch Institut von erheblicher Bedeutung ist, viele Institute nach dem reinen Wortlaut des Gesetzes nicht von Absatz 3a erfasst wurden. Diese Vorschrift wurde daher von der BaFin im Auslegungsschreiben vom 30.12.2014 zu Recht so ausgelegt, dass sie für alle Institute zur Anwendung kommt, die keine Institute von erheblicher Bedeutung sind, da dies der eigentliche Wille des Gesetzgebers war, der sich auch aus der Gesetzesbegründung ableiten lässt.61
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52 BT-Drs. a.a.O. 53 Merkblatt zur Kontrolle der Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG, Geschäftszeichen BA 53-FR 1903-2012/0003, Bonn/Frankfurt a.M., 3.12.2012, einzusehen über die Homepage der BaFin. 54 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 116. 55 BGHZ 85, 295 f. = NJW 1983, 991 f. 56 Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Auflage 2015, Rdn. E 64. 57 BGBl. I S. 2305. 58 BGBl. 2013 I S. 3395. 59 BGBl. 2014 I S. 934. 60 BGBl. 2014 I S. 2091; vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 36 Rdn. 25a. 61 Auslegungsschreiben der BaFin v. 30.12.2014 zu redaktionellen Fehlern bezüglich der Regelung zu den Verwaltungs- und Aufsichtsorganen zu 1. § 25d Abs. 3a KWG (Mandatsbeschränkungen), 2. Umsetzung
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Eine weitere bedeutende Änderung erfolgte in 2015 insbesondere durch das am 3.7.2015 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/49/EU über Einlagensicherungssysteme – DGSD-Umsetzungsgesetz62 v. 28.52015. Neben der Einführung des EinSiG in Art. 1 erfolgten mit diesem Gesetz auch Änderungen des KWG und es wurde der von der BaFin monierte redaktionelle Fehler in Abs. 3a korrigiert. Die umfangreiche Begrenzung des § 25d Abs. 3 KWG gilt nur für CRR-Institute von erheblicher Bedeutung: Mitglied des Aufsichtsrats einer Kreditgenossenschaft, welches nicht CRR-Institut von erheblicher Bedeutung (zu den Kriterien siehe Rdn. 15c) ist – dies sind fast alle Kreditgenossenschaften –, kann gemäß § 25d Abs. 3a KWG nicht sein, – wer in der betreffenden Kreditgenossenschaft Geschäftsleiter war, wenn bereits zwei ehemalige Geschäftsleiter der Kreditgenossenschaft Mitglied des Aufsichtsrats sind, (wegen des sonst zu befürchtenden zu großen Einflusses ehemaliger Vorstandsmitglieder; § 37 Rdn. 24), oder (in der Praxis bei eG eher unwahrscheinlich) – wer in mehr als fünf Unternehmen, die unter der Aufsicht der BaFin stehen, Mitglied des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans ist, es sei denn, diese Unternehmen gehören demselben institutsbezogenen Sicherungssystem an. Von erheblicher Bedeutung ist nach § 25d Abs. 3 S. 1 KWG i.V.m. § 25d Abs. 3 S. 8 15c KWG (der Verweis in Abs. 3 S. 1 auf S. 7 ist ein weiteres redaktionelles Versehen) eine eG, wenn deren Bilanzsumme im Durchschnitt der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre € 15 Milliarden erreicht hat (jeweils zum Stichtag); dies sind in Deutschland nur einige wenige Kreditgenossenschaften. Mitglied eines Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans eines CRR-Instituts, das von 15d erheblicher Bedeutung (vgl. Rdn. 15c) ist, kann nach § 25d Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KWG nicht sein, wer in demselben Unternehmen Geschäftsleiter ist. Diese Einschränkung enthält § 25d Abs. 3a KWG für die anderen Institute (fast alle Kreditgenossenschaften) nicht, obwohl diese Inkompatibilität eigentlich unter dem Gesichtspunkt einer guten Unternehmensführung naheliegend ist. Hierzu hatte die BaFin mit Schreiben vom 30.12.2014 klargestellt, dass nach deren Auffassung bei allen Instituten nicht Mitglied des Aufsichtsrats sein darf, wer in demselben Unternehmen Geschäftsleiter ist, wie dies bisher in § 25d Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KWG geregelt war. Der neue Absatz 3a KWG enthält diese Beschränkung nicht, obwohl Art. 88 Abs. 1e) der EU-Richtlinie nicht auf Institute von erheblicher Bedeutung beschränkt ist. Die BaFin sieht (auch) darin ein redaktionelles Versehen. Durch die Änderung des KWG sollte nicht die Änderung der Umsetzung von Art. 88 der RiLi 2013/36/EU erfolgen. Dem ist zuzustimmen, auch wenn die letzte Gesetzesänderung des KWG mit dem DGSD-Umsetzungsgesetz vom 28.5.2015 nach dem Rundschreiben der BaFin vom 30.12.2014 erfolgte. Hier hat sich der Gesetzgeber offenbar im eigenen „Gesetzgebungsdschungel“ verstrickt – wie auch bei dem erneuten redaktionellen Versehen in § 25d Abs. 3 S. 1 KWG, den Verweis auf Satz 7 (CRR-Institut von erhebl. Bedeutung) durch – was zutreffend gewesen wäre – Satz 8 zu ersetzen,
_____ von Art. 88 Abs. 1e der RiLi 2013/36/EU (Geschäftsleiter kann nicht Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan sein) u. 3. § 25d Abs. 7–12 KWG (Ausschüsse: Anwendung für alle Institute). 62 Gesetz zur Umsetzung der RiLi 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 über Einlagensicherungssystem v. 28.5.2015, BGBl. I, 786 ff.; Art. 1 S. 786–803 (Einlagensicherungsgesetz – EinSiG), Art. 2 Änderungen des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und Art. 3 Änderungen des KWG (S. 809 ff.).
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weil Satz 6 eingefügt wurde („Mandate als Vertreter des Bundes … werden nicht berücksichtigt.“). Erfolgt die Wahl eines ehemaligen Geschäftsleiters entgegen § 25d Abs. 3a Nr. 1 15e KWG, obwohl in der Kreditgenossenschaft bereits zwei ehemalige Geschäftsleiter des Unternehmens Mitglied im Aufsichtsrat sind, ist sie wirksam, auch nicht anfechtbar, da sie lediglich eine aufsichtsrechtliche Bestimmung ist. Die BaFin kann dann als aufsichtsrechtliche Maßnahme die Reduzierung der ehemaligen Geschäftsleiter (durch die GV/ VV) verlangen, nicht aber die Abberufung des letztgewählten Geschäftsleiters. Im ungewöhnlichen Fall, dass die Wahl eines Geschäftsleiters zum Aufsichtsratsmitglied entgegen § 25d Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KWG, der auf alle CRR-Institute entsprechend anzuwenden ist (s.o. Rdn. 15d), erfolgt, ist diese wegen Inkompatibilität unwirksam. Niemand kann sich als Geschäftsleiter selbst beaufsichtigen. Da Geschäftsleiter im Regelfall gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KWG i.d.R. ein Vorstandsmitglied ist, folgt dies bereits aus § 37 Abs. 1 S. 1, im Übrigen aus dem Gedanken des § 37 Abs. 1 S. 1. Fraglich ist, ob die § 25d Abs. 7–12 KWG dahingehend ausgelegt werden kann, dass 15f die Vorschriften von allen Instituten anzuwenden sind, mit der Folge, dass alle Kreditgenossenschaften (nicht nur CRR-Institute von erheblicher Bedeutung) die dort vorgeschriebenen Ausschüsse – wenn auch abhängig von der Größe, der internen Organisation und der Art, des Umfangs, der Komplexität und dem Risikogehalt der Geschäfte der eG – zwingend gebildet werden müssen.63 Dies ist abzulehnen, da der Gesetzgeber offensichtlich bei der Korrektur des KWG durch das DGSD-Umsetzungsgesetz (vgl. Rdn. 15b) gerade keine generelle Ausdehnung auf alle Institute vorgenommen hat, wie er es unstreitig mit der Änderung der Mehrfachmandatsklausel in § 25d Abs. 3a KWG durch dieses Gesetz getan hat. Hätte der Gesetzgeber der starren Haltung der BaFin im Rundschreiben vom 30.12.2014 folgen wollen, hätte er in § 25d Abs. 7 S. 1 KWG den Verweis auf Abs. 3 S. 1 um einen Verweis auf Abs. 3a erweitert. Es wurde also gerade nicht – wie die BaFin im Rundschreiben anführte – versehentlich unterlassen, den Anwendungsbereich auszuweiten. Es versteht sich von selbst, dass die BaFin als oberste Bundesbehörde keine Gesetzgebungskompetenz hat und auch nicht durch Verwaltungsauslegungsschreiben Gesetze modifizieren kann. Allerdings werden Kreditgenossenschaften sorgfältig im Rahmen einer Risikoanalyse prüfen müssen, ob und welche der in § 25d Abs. 7–12 KWG aufgeführten Ausschüsse gebildet werden müssen. Dabei wird die in § 25d Abs. 7 KWG verankerte Proportionalitätsklausel bei entsprechender Anwendung im Rahmen der Risikoanalyse dazu führen, dass kleine und mittlere Kreditgenossenschaften mit einfachem und risikoarmem Geschäftsmodell von der Bildung von Ausschüssen befreit sind. Das Vorliegen eines einfachen und risikoarmen Geschäftsmodells liegt regelmäßig dann vor, wenn die Geschäftstätigkeit der Kreditgenossenschaft geografisch ihren Schwerpunkt in Deutschland und inhaltlich im Einlagen- und Kreditgeschäft (und nicht im Handelsgeschäft) hat. Auf die einschlägigen Rundschreiben der genossenschaftlichen Prüfungsverbände ist hinzuweisen. Mit zunehmender Größe (Bilanzsumme geht in Richtung des Schwellenwertes von 15 Mrd. gem. § 25d Abs. 3 S. 8 KWG) der eG und bei anderen Geschäftsaktivitäten kann diese Betrachtung anders ausfallen, hier bedarf es eines zu dokumentierenden Prozesses einer umfassenden Risikoanalyse; vgl. hierzu insb. die Arbeitsmappe für Aufsichtsrats-
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63 So BaFin im Auslegungsschreiben vom 30.12.2014 BA 53-FR 2105-2014/0014 „Gesetz über das Kreditwesen – redaktionelle Fehler bezüglich der Regelungen zu den Verwaltungs- und Aufsichtsorganen, dort 3. § 25d Abs. 7 bis 12 KWG – Ausschüsse.
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mitglieder von Kreditgenossenschaft unter Pkt. 7 „Obligatorische und fakultative Ausschüsse“.64 Für Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer gibt es keine standesrecht- 16 lichen Vorbehalte für die Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat. Die Sorgfaltspflicht kann gebieten, dass sich solche Berufsangehörigen bei der Beratung und Beschlussfassung zurückhalten, wenn Interessenkollisionen zu befürchten sind. Beispiel: Beschluss über die Beauftragung eines Anwaltsbüros für die Durchführung eines Rechtsstreits oder die Vergabe eines steuerlichen Beratungsauftrags usw. (vgl. im Einzelnen die Erl. zu § 38, dort insb. Rdn. 53). Eine Nebentätigkeit eines Notars im Aufsichtsrat, die gem. § 8 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BNotO ohnehin der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf, darf nicht versagt werden, auch wenn in der Satzung Immobiliengeschäfte als Teil des Unternehmensgegenstands vorgesehen sind. Eine Versagung wäre eine unverhältnismäßige Beschränkung der Berufsfreiheit, sie wäre ein unangemessenes Mittel zur Sicherung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.65 Die Aufsichtsbehörde kann von dem Notar verlangen, über die Anzahl und das Gebührenaufkommen seiner Urkundentätigkeit in Angelegenheiten der eG zu berichten und ein entsprechendes Verzeichnis zu führen.66 Es kann auch verlangt werden, eine umfangreiche Tätigkeit für die eG einzuschränken.67 Bundesbeamte bedürfen gem. § 99 Abs. 1 Nr. 3 BBG für eine unentgeltliche (Neben-) Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrats einer eG keiner Genehmigung ihrer Dienstaufsichtsbehörde, anders bei entgeltlicher Tätigkeit im Aufsichtsrat;68 die Gewährung von Auslagenersatz ist unschädlich. Ähnliche Vorschriften enthalten auch die Beamtengesetze der Länder. Kommunale Wahlbeamte, z.B. Bürgermeister, bedürfen der Genehmigung ihrer Gemeinde/Stadt, also Beschluss des Gemeinderats/Stadtrats.69 Die Satzung kann weitere Erfordernisse für die Wahl zum Aufsichtsratsmitglied 17 aufstellen.70 Die in der Satzung festgelegten Erfordernisse müssen – insb. unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Erfüllung der Aufgaben des Aufsichtsrats – sachlich gerechtfertigt sein;71 anderenfalls stellen sie eine unzulässige Beschränkung der Wahlfreiheit dar.72 Dies wäre z.B. gegeben, wenn ein bestimmter vorgegebener Bildungsgrad den Kreis der Wählbaren auf einen kleinen Mitgliederkreis beschränken würde.73 Auch müssen sie den Grundsatz der Gleichbehandlung beachten74 sowie ggfs. auch die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG i.V.m. § 6 Abs. 3), sofern ausnahmsweise eine Erwerbstätigkeit vorliegen sollte, s. Rdn. 17a.75 Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kann die Satzung die Wählbarkeit zum Aufsichtsratsmitglied z.B. von einem bestimmten Mindest- oder Höchstalter abhängig ma-
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64 Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaft, 2. Aufl. 2015, A. Überblick über die Tätigkeit des Aufsichtsrats, I. Grundlagen, 7. Obligatorische und fakultative Ausschüsse, Rdn. E 31–39. 65 BVerfG NJW 2003, 419; OLG Schleswig Beschluss vom 31.10.2003 Az. VA (Not) 5103; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 51; Beuthien GenG § 36 Rdn. 2. 66 BGH ZIP 2004, 1741 = MDR 2004, 1327 mit Anm. Volmer EWiR Art. 12 GG 1/04, 1127; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 51. 67 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 51. 68 Vgl. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BBG; Beuthien GenG § 36 Rdn. 2. 69 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 49. 70 Vgl. Krakenberger § 36 Anm. 3; Müller GenG § 36 Rdn. 23. 71 Vgl. auch Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 23. 72 Vgl. RGZ 133, 94 – AG; Müller GenG § 36 Rdn. 23. 73 RGZ 133, 94 AG; Beuthien GenG § 36 Rdn. 2. 74 Vgl. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn.102; Müller GenG § 36 Rdn. 23. 75 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14.8.2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Artikel 8 des G v. 3.4.2013 BGBl. I S. 610.
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chen;76 sie kann auch eine bestimmte Dauer der Mitgliedschaft festlegen77 oder eine bestimmte Ausbildung oder Berufserfahrung fordern;78 die Satzung kann auch bestimmen, dass die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats nicht in einem gewissen Grade miteinander verwandt sein dürfen79 bzw. unabhängig i.S.d. Deutschen Corporate Governance Kodex sein müssen; die Satzung kann nicht mehr die deutsche Staatsangehörigkeit (Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz) oder den Wohnsitz im Bundesgebiet fordern.80 Die Satzung kann auch vorsehen – dies wird manchmal bei der Verschmelzung von eG festgelegt –, dass jeweils eine bestimmte Anzahl von Aufsichtsratsmitgliedern aus dem Bereich der übertragenden eG und aus dem Bereich der übernehmenden eG zu wählen ist. Die sachliche Rechtfertigung für eine solche Satzungsbestimmung kann darin gesehen werden, dass die Mitglieder der übertragenden eG und die Mitglieder der übernehmenden eG die jeweiligen genossenschaftlichen Belange am besten kennen und diese Kenntnis der Aufsichtsratstätigkeit zugutekommen kann. Der Grundsatz der Gleichbehandlung wird durch die vorstehende Satzungsbestimmung insofern beachtet, als der gesamte Bereich der (verschmolzenen) eG nach gleichen Gesichtspunkten berücksichtigt wird. Die Satzung kann z.B. nicht bestimmen, dass nur bestimmte Personen oder von bestimmten Personen Vorgeschlagene gewählt werden können.81 Zulässig ist eine Satzungsbestimmung, dass ein ausgeschiedenes Vorstandsmitglied erst nach Ablauf einer Wartefrist (oder gar nicht, was allerdings nicht zweckmäßig sein dürfte) in den Aufsichtsrat gewählt werden kann. Hierdurch würde – auch als Ausdruck einer Corporate Governance – sichergestellt, dass innerer Abstand gewonnen würde, bevor die Aufsichtsratstätigkeit ausgeübt wird. Zur Sicherung der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats einer WohnGen, die die Firmenbezeichnung „gemeinnützig“ fortführt, sollen Angehörige des Bau- und Maklergewerbes und der Baufinanzierungsinstitute nicht die Mehrheit im Aufsichtsrat bilden, vgl. zur Fortführung der Firma § 3 Rdn. 11. Zur Vermeidung von Interessenkollisionen dürfen nach der MS für WohnGen allgemein Mitglieder des Aufsichtsrats in Angelegenheiten der eG eine für sie gewinnbringende Tätigkeit nur ausüben, wenn Vorstand und Aufsichtsrat dies beschließen. Mit Mitgliedern des Aufsichtsrats dürfen Rechtsgeschäfte im Geschäftsbereich der eG nur nach vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrats abgeschlossen werden. Die Betroffenen haben hierbei kein Stimmrecht.82 Für eine Frauenquote in der Satzung, was zulässig wäre, besteht keine sachliche 17a Notwendigkeit, vgl. z. Frauenquote § 9 Rdn. 19a. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)83 ist hier regelmäßig nicht einschlägig. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG sieht zwar vor, dass auch Benachteiligungen im Hinblick auf den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit unabhängig vom Tätigkeitsfeld unzulässig ist. Nach der spezielleren Regelung in § 6 Abs. 3 AGG für Organe gilt das Gesetz aber nur, soweit die Bedingungen für die Erwerbstätigkeit und den beruflichen Aufstieg betroffen sind. Die Tätigkeit im Aufsichtsrat, für die lediglich angemessene Sitzungsgelder und allenfalls geringfügige Vergütungen gezahlt werden, ist aber regelmäßig keine die Lebensgrund-
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76 Vgl. Krakenberger § 36 Anm. 4; Müller GenG § 36 Rdn. 24. 77 Vgl. Krakenberger § 36 Anm. 4; Müller GenG § 36 Rdn. 24. 78 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 24. 79 Vgl. Krakenberger § 36 Anm. 4. 80 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 38; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 7; a.A. Müller GenG § 36 Rdn. 24. 81 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 23. 82 § 30 der Mustersatzung 2009. 83 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14.8.2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Artikel 8 des G v. 3.4.2013 BGBl. I S. 610.
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lage gestaltende und erhaltene Erwerbstätigkeit.84 Die eG wird geeignete Frauen bereits aus Imagegründen in den Aufsichtsrat wählen; der Aufsichtsrat sollte hierauf sein Augenmerk richten.85 Durch das am 1.5.2015 in Kraft getretenen Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Frauenquote) vom 6.3.201586 müssen (auch) alle eG, die der Drittelmitbestimmung unterliegen (Beschäftigung von in der Regel über 500 Arbeitnehmer), eine flexible Frauenquote mit Zielgrößen und Fristen definieren; vgl. dazu ausführlich § 9 Rdn. 19a. Insoweit erfolgten auch Änderungen des GenG in § 9 Abs. 3 und 4 durch Art. 17 bzw. 18 dieses Gesetzes. Die Wahl von juristischen Personen oder Personenhandelsgesellschaften in den 18 Aufsichtsrat ist unwirksam. Nun können aber deren zur Vertretung berechtigten natürlichen Personen in den Aufsichtsrat gewählt werden, z.B. der Vertreter einer Kommune bei einer Energiegenossenschaft (§ 9 Abs. 2 S. 2). Ist der in den Aufsichtsrat Gewählte nicht voll geschäftsfähig, ist die Wahl zunächst gültig. Sie wird unwirksam, wenn der Gewählte bei Beginn seiner Amtstätigkeit die volle Geschäftsfähigkeit noch nicht hat.87 Ist der in den Aufsichtsrat Gewählte Mitglied des Vorstands der eG oder nimmt er eine leitende Stellung in der eG ein, ist seine Wahl unwirksam. Dies folgt aus § 37 Abs. 1 S. 1. Das gilt nicht, wenn die Wahl in den Aufsichtsrat für den Zeitraum nach der Entlastung für die vollständige Vorstandstätigkeit – bei Verschmelzungen auch für Rumpfgeschäftsjahre bis zur Eintragung – (vgl. § 37 Abs. 2 und die dortigen Erl.) bzw. nach dem Ausscheiden aus der leitenden Stellung erfolgt. Verliert ein Aufsichtsratsmitglied nach Beginn seiner Amtszeit seine unbeschränkte Geschäftsfähigkeit, so erlischt das Aufsichtsratsamt.88 Erfüllt ein zum Aufsichtsratsmitglied Gewählter bereits bei der Wahl nicht die sat- 19 zungsmäßigen Erfordernisse, so kann dies unterschiedliche Folgen haben. Maßgeblich ist zunächst die in der Satzung enthaltene Regelung entsprechend ihrem erkennbaren Sinn. Bestimmt die Satzung z.B. ausdrücklich, dass eine Person, „nicht in den Aufsichtsrat gewählt werden kann“, wenn bestimmte Voraussetzungen nicht vorliegen, so kann eine dennoch durchgeführte Wahl nicht rechtswirksam sein, sie ist nichtig.89 Es handelt sich hier um eine zwingende Satzungsvorschrift. Anders, wenn die Satzung lediglich eine rechtliche Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Voraussetzungen festgelegt hat (Sollvorschrift). In einem solchen Fall kann die Wahl gültig sein, jedoch nach § 51 angefochten werden.90 Dies gilt auch, wenn die Wählbarkeit zwischen Wahl und Beginn des Amts entfällt. Muss der Gewählte die satzungsmäßigen Erfordernisse erst im Zeitpunkt der Aufnahme der Aufsichtsratstätigkeit erfüllen, so kann die Wahl nicht angefochten werden. Auch entfällt die Anfechtbarkeit, wenn in der Tagesordnung die Aufhebung einer in der Satzung enthaltenen persönlichen Voraussetzung angekündigt wird und die Wahl mit satzungsändernder Mehrheit erfolgt. Der nachträgliche Wegfall gesetzlicher Qualifikationsmerkmale führt zur automatischen Beendigung des Amtes, 91 hingegen
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84 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 57a ff., insb. Rdn. 57d. 85 RGZ 133, 94 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 26; Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 6; Müller GenG § 36 Rdn. 23. 86 BGBl. 2015 I S. 642; vgl. die ausführlichen Erläuterungen zu § 9 Rdn. 19a. 87 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 25. 88 Rdn. 15; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 18 und 46; vgl. auch Beuthien GenG § 36 Rdn. 21; Müller GenG § 36 Rdn. 25. 89 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 47; stets nur anfechtbar. 90 Vgl. hierzu BGH Urt. v. 19.2.2013, Az. II ZR 56/12, ZIP 2013, 720. 91 Beuthien GenG § 36 Rdn. 21; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 41 ff.
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nicht der Wegfall von Qualifikationsmerkmalen, die die Satzung für das Aufsichtsratsmitglied vorschreibt.92 Die Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied kann aber nach § 36 Abs. 3 widerrufen werden. Die Satzung kann die GV/VV zum Widerruf verpflichten, allerdings besteht diese Pflicht auch ohne Satzungsregelung, da die GV/VV die in der Satzung enthaltenen Regelungen zu beachten hat.93 Dann muss unverzüglich eine a.o. GV/VV einberufen werden, ein Zuwarten bis zur nächsten o. GV/VV ist nur dann vertretbar, wenn diese in Kürze stattfindet.94 Im Übrigen ist das Aufsichtsratsmitglied zur Amtsniederlegung verpflichtet (Argument aus seiner Treuepflicht zur eG).95 Ist bei einer eG, die kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB ist, die Vorschrift des § 36 Abs. 4 nicht erfüllt, bleibt der Aufsichtsrat weiterhin beschlussfähig.96 Nach § 167 Abs. 1 gilt § 36 Abs. 4 nicht, wenn alle Mitglieder des Aufsichtsrats und des Prüfungsausschusses vor dem 29.5.2009, dem Tag des Inkrafttretens des BilMoG, der § 36 Abs. 4 einführte, bestellt worden sind. V. Wahl der Aufsichtsratsmitglieder 1. Wahlzuständigkeit. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden von der GV/VV gewählt. Dies ist zwingendes Recht. Deshalb kann die Satzung die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder durch ein anderes Organ der eG oder durch einen Dritten nicht wirksam vorsehen.97 Einwirkung Außenstehender ist damit ausgeschlossen, soweit sie die freie und verbindliche Entscheidung der GV/VV einschränken würde.98 Unwirksam ist auch eine Satzungsbestimmung, nach der der Vorstand einer juristischen Person ohne weiteres die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der eG haben soll.99 Die Satzung kann auch nicht bestimmen, dass der Aufsichtsrat sich selbst durch Wahl ergänzt (Kooptation) – auch nicht, wenn die Selbstergänzung in der Satzung von der Zustimmung der GV/VV abhängig gemacht ist oder Mitglieder des Aufsichtsrats fehlen.100 Die (von der GV/VV) zu wählenden Personen können am Wahlgang teilnehmen und ihre Stimme auch zu ihrer eigenen Wahl abgeben.101 Aufsichtsratsmitglieder können in entsprechender Anwendung des § 29 BGB und 21 des § 104 AktG durch das Gericht bestellt werden.102 Voraussetzung ist, dass die für die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats erforderliche Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern für mehr als drei Monate (vgl. § 104 Abs. 2 AktG) fehlt. Die Bestellung erfolgt, sobald ein dringendes Bedürfnis dafür vorhanden ist. Dies ist anzunehmen, sobald die ordnungsgemäße Abwicklung der Rechtsangelegenheiten der eG gefährdet ist und dadurch der
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92 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 25i und 48; Müller GenG § 36 Rdn. 26. 93 Beuthien GenG § 36 Rdn. 21. 94 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 25i; Jaspers AG 2009, 614. 95 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 48. 96 Widmann BB 2009, 2603 f. 97 Vgl. BayObLG JW 1921, 580; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 58 Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 10. 98 Nicht überzeugend: Beuthien ZHR 1993, 509. 99 Vgl. RGZ 152, 273; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 58; Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 10. 100 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 58. 101 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 76; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 36 Rdn. 13. 102 Vgl. auch BGHZ 18, 337 und AG Kreuznach, Beschl. v. 8.7.1987, Az. GnR 367, Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 108.
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Eintritt erheblicher Rechtsnachteile droht.103 In der Regel haben der Vorstand und der Rumpfaufsichtsrat aber unverzüglich eine a.o. GV/VV einzuberufen, um eine Nachwahl vorzunehmen.104 Ist dies schnell möglich und liegt keine besondere Dringlichkeit für den Zeitraum bis zur Einberufung vor, dürfte es auch an der Dringlichkeit für eine Notbestellung fehlen. Die Notbestellung erfolgt auf Antrag eines Beteiligten; dabei ist jeder antragsberechtigt, dem durch den Ausfall des Organs ein Nachteil droht,105 d.h. die Mitglieder und Gläubiger sowie die von der eG Verklagten106 und in analoger Anwendung des § 104 Abs. 1 S. 3 AktG die Repräsentanten der Interessen der Arbeitnehmer.107 Das Notamt endet mit der jederzeit möglichen Ergänzungswahl.108 Eine Notabberufung gibt es nicht.109 2. Wahlvorschläge. Das Recht, Wahlvorschläge zu machen, steht grundsätzlich 22 jedem Mitglied der eG zu.110 Die Satzung kann jedoch besondere Voraussetzungen für die Einreichung von Wahlvorschlägen aufstellen.111 So kann etwa satzungsmäßig festgelegt werden, dass Wahlvorschläge nur gemeinsam durch eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern der eG gemacht werden können.112 Die Satzung kann weiterhin z.B. Fristen für die Einreichung der Wahlvorschläge bestimmen.113 Dies kann zweckmäßig sein, um sich Gewissheit über die Sachkunde zu verschaffen (Rdn. 15a), was bei einem Vorschlag in der GV/VV im Einzelfall nicht möglich wäre. Sieht die Satzung nichts anderes vor, so können die Mitglieder der eG ihre Wahlvorschläge außerhalb der GV114 (an den Vorstand) oder auch in der GV (an den Versammlungsleiter) machen.115 Besteht bei der eG eine VV, so ändert dies zwar nichts daran, dass grundsätzlich jedem Mitglied der eG das Recht zusteht, Wahlvorschläge zu machen.116 Jedoch können in diesem Falle die nicht zu Vertretern gewählten Mitglieder der eG ihre Wahlvorschläge nur dann in der VV machen, wenn sie als Gäste zugelassen sind.117 Das Recht, Wahlvorschläge zu machen, steht auch dem Aufsichtsrat zu.118 Er ist 23 verpflichtet, an seiner eigenen und möglichst optimalen Zusammensetzung mitzuwirken (Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds, § 41 i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1).119 Es kann satzungsmäßig bestimmt werden, dass die Wahlvorschläge des
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103 Vgl. Beuthien GenG § 36 Rdn. 1; Müller GenG § 36 Rdn. 88 ff.; vgl. auch Krakenberger § 36 Anm. 4; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 5; Paulick S. 229. 104 Beuthien GenG § 36 Rdn. 1. 105 BayObLG 71, 180; vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 90; Palandt/Ellenberger § 29 Rdn. 4. 106 BayObLG 71, 180. 107 Müller GenG § 36 Rdn. 90. 108 Beuthien GenG § 36 Rdn. 6. 109 Beuthien GenG § 36 Rdn. 21; a.A. Müller GenG § 36 Rdn. 45a. 110 Vgl. Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 12; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 18; Gräser/Metz/Werhahn S. 57; § 43 Rdn. 30. 111 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 12; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 18. 112 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 12. 113 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 12. 114 Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 70. 115 Vgl. Gräser/Metz/Werhahn S. 57, 58. 116 Vgl. Gräser/Metz/Werhahn S. 57; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 18. 117 Vgl. in diesem Zusammenhang: § 43a Rdn. 71 ff.; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 18; Paulick S. 256; § 43 Rdn. 101; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 61 mit der Begründung, ein einfaches Mitglied hat kein Recht auf Teilnahme an der VV; hingegen lässt Beuthien GenG § 36 Rdn. 2 ein Vorschlagsrecht auch außerhalb der GV/VV zu, da es nur die Vorstufe des der GV/VV zu stehenden Wahlrechts sei und nicht an das Teilnahmerecht geknüpft sei. 118 OLG Hamm ZIP 1985, 741; vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 13; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 18. 119 Lutter ZIP 2003, 417; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 62; Wittmann Sonderausgabe 1/2008 S. 7 zu AG.
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Aufsichtsrats so rechtzeitig eingereicht werden müssen, dass sie mit der Tagesordnung für die General- bzw. Vertreterversammlung bekannt gemacht werden können.120 Sieht die Satzung nichts anderes vor, so kann der Aufsichtsrat seine Wahlvorschläge vor der GV oder auch in der GV machen. Dies gilt auch, wenn bei der eG eine VV besteht. Auch in diesem Falle hat der Aufsichtsrat das Recht, an der VV teilzunehmen, Anträge zu stellen usw.;121 die Aufsichtsratsmitglieder haben jedoch kein Stimmrecht, weil sie nicht Vertreter sein können (vgl. § 43a Abs. 2). Der Vorstand als Organ hat kein Recht, Vorschläge zur Wahl des Aufsichtsrats zu 24 machen,122 auch einzelne Vorstandsmitglieder nicht. Das OLG Hamm123 hat mit überzeugenden Gründen dargelegt, dass hier das mitgliedschaftliche Vorschlagsrecht zurückstehen muss gegenüber dem Gebot der Unabhängigkeit des Aufsichtsrats als Kontrollorgan. Wegen des Gewichts, das Vorschlägen und Meinungen des Vorstands in der GV/VV erfahrungsgemäß zukommt, müssen die Vorstandsmitglieder auch schon den Anschein der Befangenheit vermeiden, als wollten sie durch Vorschläge Einfluss nehmen auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Wahlvorschläge aus dem Vorstand begründen daher stets die Vermutung, dass sie kausal für das Wahlergebnis sein können. Dies gilt auch für Vorschläge, die ein einzelnes Vorstandsmitglied in seiner Eigenschaft als Mitglied der eG macht.124 Aufsichtsratswahlen, die auf Vorschlägen des Vorstands oder von Vorstandsmitgliedern beruhen, sind fehlerhaft und unterliegen der Anfechtung im Rahmen von § 51; siehe die dortigen Erläuterungen, insb. muss noch vor Schließung der GV Widerspruch zu Protokoll erklärt werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass sich Vorschlagsberechtigte den Vorschlag des Vorstands zu Eigen machen und ihn als den ihren einbringen. Konsequenterweise muss den Vorstandsmitgliedern – zumindest bei offener Abstimmung – das Stimmrecht versagt werden.125 Ein Stimmrecht ist jedoch gegeben, wenn das Vorstandsmitglied als Bevollmächtigter abstimmt und eine Stimmbindung nachweisen kann (sogenannter Stimmbote), da dann die Befangenheit nicht durchgreift.126 Das am 18.8.2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hat keine Auswirkungen, da die Organisationsautonomie der eG Vorrang hat.127 25
3. Wahlverfahren. Das Gesetz schreibt die Art des Wahlverfahrens (Handaufheben, Abstimmung mit Stimmzetteln usw.) nicht vor. Die Satzung kann deshalb insoweit Bestimmungen enthalten. So wird in der Satzung üblicherweise festgelegt, dass Wahlen offen (durch Handaufheben) oder geheim (mit Stimmzetteln) durchgeführt werden können und dass sie geheim (mit Stimmzetteln) durchgeführt werden müssen, wenn der Vorstand oder der Aufsichtsrat dies verlangt oder wenn – auf Antrag eines stimmberechtigten Mitglieds der eG, wobei die entsprechende Satzungsregelung ausschlaggebend ist, z.B. „ein Viertel“ – von der GV/VV ein entsprechender Beschluss gefasst wird. Soweit die Satzung keine Bestimmungen enthält, ist es dem Versammlungsleiter überlassen, die Art des Wahlverfahrens zu bestimmen.128
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120 Vgl. in diesem Zusammenhang: Müller GenG § 36 Rdn. 13. 121 Vgl. § 43a Rdn. 72; Paulick S. 257. 122 Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 15. 123 ZIP 1985, 741 = ZfgG 1986, 154 m. zust. Bespr. Blomeyer. 124 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 64 a.E. 125 So auch Gräser/Metz/Wehrhahn S. 57; vgl. auch Holthaus NZG 2012, 293. 126 Holthaus NZG 2012, 294. 127 Offen gelassen von Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 105. 128 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 19; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 71–74 zum Wahlverfahren vgl. auch § 43 Rdn. 87 und Gräser/Metz/Wehrhahn S. 59 ff.
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4. Wahlakt und Mehrheitsverhältnisse. Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder 26 kann einzeln erfolgen. Sie kann jedoch auch für mehrere Aufsichtsratsmitglieder gleichzeitig vorgenommen werden. Sind mehrere Aufsichtsratsposten zu besetzen, muss jedes anwesende Mitglied die Chance haben, für oder gegen jeden einzelnen Kandidaten für den jeweiligen Posten zu stimmen. Daraus folgt, dass in der Regel – bei offener Wahl – eine Einzelabstimmung über jeden Posten durchzuführen ist. Eine offene Blockabstimmung ist in diesen Fällen kaum denkbar. Aus Gründen der Praktikabilität und Zeitökonomie kann es sich anbieten – soweit die Satzung dies zulässt –, die Wahl derart durchzuführen, dass die Wähler auf einem Stimmzettel gleichzeitig so viele Personen benennen bzw. ankreuzen, wie Aufsichtsratsmitglieder zu wählen sind.129 Es ist daher zweckmäßig, Stimmzettel mit Auflistung der bereits bekannten Kandidaten vorzubereiten und ggfs. weitere Vorschläge aus der Versammlung heraus hinzuzufügen. Die Mitglieder können dann, wenn z.B. 3 Mandate zu besetzen sind und z.B. 5 Mitglieder kandidieren, durch Ankreuzen von bis zu höchstens 3 Mitgliedern auswählen. Stimmzettel mit mehr als 3 Mitgliedern wären im Beispielsfall unwirksam. Dagegen ist es nicht zulässig, eine Liste in der Weise zur Wahl zu stellen, dass sie nur insgesamt angenommen oder abgelehnt werden kann.130 Es muss gewährleistet sein, dass jeder Wähler die Möglichkeit hat, für oder gegen den einzelnen Kandidaten zu stimmen. Etwas Anderes gilt, wenn die Satzung En-bloc-Wahlen (auch in offener Abstimmung) vorsieht, nicht mehr Kandidaten antreten, als Posten neu zu besetzen sind und niemand in der GV/VV einer offenen Wahl widerspricht.131 Für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder – Mehrstimmrechte können eingesetzt wer- 27 den – genügt die einfache Stimmenmehrheit (§ 43 Abs. 2 S. 1), sofern die Satzung nicht eine größere Mehrheit bestimmt oder (vgl. § 43 Abs. 2 S. 2) eine abweichende Regelung trifft. Deshalb kann die Satzung z.B. eine Dreiviertel-Mehrheit vorsehen oder auch festlegen, dass eine relative Mehrheit genügt.132 Die Satzung kann auch z.B. für den ersten Wahlgang die absolute Mehrheit verlangen und für den zweiten Wahlgang die relative Mehrheit genügen lassen.133 Die Satzung kann auch festlegen, dass bei Stimmengleichheit das Los bestimmt, wem das Aufsichtsratsmandat zufällt.134 Da § 43 Abs. 2 nur Mehrheitsverhältnisse regelt, kann aufgrund des § 43 Abs. 2 S. 2 in der Satzung nicht festgelegt werden, dass die Besetzung eines Aufsichtsratssitzes von der Entscheidung eines Dritten abhängig sein soll.135 Auch im Aufsichtsratsrat gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung. Eine Regelung in der Satzung, die dazu führt, dass z.B. für die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern unterschiedliche Mehrheiten gelten, ist unwirksam.136 5. Anzeigepflichten der Kreditgenossenschaft nach KWG. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 15 27a und 15a KWG muss jede Kreditgenossenschaft der BaFin und der Deutschen Bundes-
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129 Vgl. Gräser/Metz/Werhahn S. 61; Müller GenG § 36 Rdn. 19. 130 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 19; Geßler in Geßler u.a., AktG § 101 Rdn. 31; a.A. Obermüller/Werner/ Winden S. 254; S. Obermüller DB 1969, 2035. 131 BGH NJW 2003, 3412 = WM 2003, 1896 = AG 2003, 625 ff. = ZIP 2003, 1788 = DB 2003, 2031; LG München I WM 2004, 880 = ZIP 2004, 853 = BB 2004, 958 m. Anm. Linnerz in BB 2004, 963 und Segna in DB 2004, 1135; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 74; vgl. auch Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Gräser/ Metz/Wehrhahn S. 61; offen gelassen von Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 106. 132 Begriffe Gräser/Metz/Wehrhahn S. 53; vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 21. 133 Wegen der Mehrheitsverhältnisse im Allgemeinen vgl. § 43 Rdn. 88 ff. 134 Vgl. Gräser/Metz/Wehrhahn S. 60; Müller GenG § 36 Rdn. 21. 135 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 21. 136 Für AG BGH AG, 1988, 139.
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bank unverzüglich die Bestellung bzw. das Ausscheiden eines Mitglieds bzw. stellvertretenden Mitglieds des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans anzeigen. Bei der Bestellung sind zusätzlich die Tatsachen anzugeben, die zur Beurteilung der Zuverlässigkeit, Sachkunde und der ausreichenden Verfügbarkeit für die Wahrnehmung des Aufsichtsmandats notwendig sind. Beizufügen sind insbesondere ein ausführlicher Lebenslauf, ein ausgefülltes Formular „Angaben zur Zuverlässigkeit der Mitglieder von Verwaltungsund Aufsichtsorganen“ sowie ein (erweitertes) Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde.137 VI. Annahme der Wahl zum Aufsichtsratsmitglied Die organschaftliche Stellung als Aufsichtsratsmitglied wird erst durch die Annahme der Wahl begründet.138 Die Annahme kann durch Erklärung in der GV/VV oder auch außerhalb der GV/VV, sie kann auch bereits vorsorglich für den Fall der Wahl139 (z.B. bei entschuldigter Abwesenheit des Kandidaten in der GV/VV) erfolgen,140 bei Arbeitnehmervertretern naturgemäß regelmäßig außerhalb der GV/VV, auch wenn diese als Gäste anwesend sind. Erfolgt die Annahme außerhalb der GV/VV, so kann sie gegenüber dem Vorstand, gegenüber dem Aufsichtsrat oder auch gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden erklärt werden.141 Sie kann auch mit der Maßgabe erklärt werden, dass das Amt zuerst einmal ruht, z.B. wegen vorübergehender Interessenkollisionen. Die Annahme kann durch ausdrückliche Erklärung oder auch durch schlüssiges 29 Verhalten erklärt werden. Unter letzterem ist ein solches Verhalten zu verstehen, aus dem für die eG der Wille erkennbar wird, das Amt zu übernehmen. Ein solches Verhalten ist z.B. anzunehmen, wenn die Aufsichtsratstätigkeit ausgeübt wird.142 30 Im GenG ist eine Frist für die Annahme der Wahl nicht festgelegt. Jedoch kann in der Satzung eine solche Frist bestimmt werden. Fehlt es an einer satzungsmäßigen Fristbestimmung, so wird davon auszugehen sein, dass die Annahme innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnisnahme der Wahl zu erklären ist. Im Zweifel entscheidet der Aufsichtsrat über die Angemessenheit der Frist.143 Die Aufsichtsratsmitglieder werden nicht in das Genossenschaftsregister einge31 tragen und sind deshalb auch nicht anzumelden. 28
VII. Anstellungsverhältnis des Aufsichtsratsmitglieds 32
1. Rechtsnatur und Begründung des Anstellungsverhältnisses. Wie beim Vorstandsmitglied ist zwischen der Organstellung (s. oben Rdn. 28, erfolgt mit Annahme der Wahl) und Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Grundlage für die Aufsichtsratstätigkeit als Organ ist ein zwischen dem Aufsichtsratsmitglied und der eG bestehendes Anstellungsverhältnis. Dieses Anstellungsverhältnis ist bei Unentgeltlichkeit ein Auf-
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137 Detaillierte Hinweise bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 80a–f. 138 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 78; vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 28. 139 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 78; Beuthien GenG § 36 Rdn. 2: Annahme der Wahl auch vor der GV möglich. 140 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 29. 141 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 29; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 24, der der Auffassung ist, dass die Annahme nicht gegenüber dem Aufsichtsrat bzw. dem Aufsichtsratsvorsitzenden wirksam erklärt werden könne; – dieser Meinungsstreit kann dahinstehen, wenn das Mitglied seine Tätigkeit aufgenommen hat. 142 Vgl. RGZ 157, 277. 143 Vgl. Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 31.
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tragsverhältnis und bei Gewährung eines Entgelts ein Dienstvertrag.144 Nach diesen Vorschriften regelt sich auch das Recht des Aufsichtsratsmitglieds, das Anstellungsverhältnis zu kündigen (hierzu § 24 Rdn. 98, 99). Das Anstellungsverhältnis kommt konkludent auf der Grundlage der Wahl zum Auf- 33 sichtsratsmitglied und der Annahme dieser Wahl zustande, bei Arbeitnehmern mit Annahme der Bestellung.145 2. Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit. Eine Vergütung für die Aufsichtsrats- 34 tätigkeit kann in der Satzung oder in dem Bestellungsbeschluss der GV/VV vorgesehen werden.146 Gesondert vergütungsfähige Beratungsverträge können nur solche Beratungstätigkeiten betreffen, die außerhalb der organschaftlichen Beratungspflichten liegen, andernfalls sind sie nichtig (vgl. § 38 Rdn. 53).147 Beim Abschluss ist Zurückhaltung zu wahren, teilweise wird gefordert, diese prinzipiell für unzulässig zu halten, weil sie die Funktionsteilung zwischen GV, Vorstand und AR stören und die Kontrollaufgabe des Aufsichtsratsmitglieds gefährden. 148 Die Zulässigkeit von Beraterverträgen außerhalb organschaftlicher Beratungspflichtgen ist aber durch die aktuelle Rechtsprechung des BGH in 2012 zur AG bzw. SE bestätigt worden.149 Zu den Voraussetzungen siehe § 38 Rdn. 53. Sie bedürfen in analoger Anwendung des § 114 AktG der Zustimmung des Aufsichtsrats, ansonsten sind sie gem. § 133 Akt analog nichtig (§§ 113, 114 AktG analog).150 Unwirksam ist deshalb auch ein Beratungsvertrag mit der Sozietät eines Aufsichtsratsmitglieds (§ 38 Rdn. 53).151 Wenn die besonderen Verhältnisse der eG einen über den normalen Rahmen hinausgehenden Einsatz erfordern, hat das Aufsichtsratsmitglied diesen zu leisten, ohne dafür eine Sondervergütung beanspruchen zu können (§ 38 Rdn. 53).152 Die Satzung und auch die GV/VV können den Aufsichtsratsmitgliedern auch nachträglich, d.h. nach ihrer Bestellung, eine Vergütung bewilligen.153 Der Vorstand kann selbst dann keine Vergütung mit den Aufsichtsratsmitgliedern vereinbaren, wenn ihn die Satzung hierzu ermächtigt; auch dann nicht, wenn die Satzung dabei auch die Höhe der Vergütung festsetzt.154 Die Entscheidung über das „Ob“ läge beim Vorstand, was zu einer Abhängigkeit des Aufsichtsrats vom Vorstand führen könnte.155 Enthält die Satzung keine Regelung einer Aufsichtsratsvergütung und liegt ein entsprechender Beschluss der GV/VV nicht vor, so besteht kein Vergütungsanspruch.156 Die vom Vorstand im Rahmen des vorausschauenden Risikomanagements namens der eG (ohne Zustimmung der GV/VV) abschließbare D&O-Versicherung zugunsten der Aufsichtsratsmitglieder ist keine Vergü-
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144 Vgl. RGZ 123, 354; 146, 152; Krakenberger § 36 Anm. 3; Müller GenG § 36 Rdn. 63; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 87. 145 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 64; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 88. 146 Vgl. Krakenberger § 36 Anm. 6; Müller GenG § 36 Rdn. 67; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 165. 147 Müller GenG § 36 Rdn. 75a; zur AG Deckert AG 1997, 109. 148 Beuthien GenG § 36 Rdn. 11. 149 BGH zur Fresenius SE, BGH Urt. v. 10.7.2012, Az. II ZR 48/11 NJW 2012, 3235 ff.; § 38 Rdn. 53 m.w.N. 150 BGH AG 1997, 42; Müller GenG § 36 Rdn. 75a, 75b. 151 LG Stuttgart BB 1998, 1549 ff.; vgl. auch zur AG Wissmann/Ost BB 1988, 1957. 152 BGH AG 1997, 42; BGH NJW 1991, 1831. 153 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 67; Geßler in Geßler u.a., AktG § 113 Rdn. 6. 154 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 110; Müller GenG § 36 Rdn. 67. 155 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 110. 156 Beuthien GenG § 36 Rdn. 7.
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tung;157 sie sind keine steuerpflichtigen Einkünfte.158 Bei KleinsteG ohne Aufsichtsrat werden dessen Funktionen von der GV/VV wahrgenommen. Grundsätzlich kann jede Art der Vergütung (Geld- oder Sachleistungen) vorgesehen werden. Nach § 36 Abs. 2 darf die Vergütung jedoch nicht nach dem Geschäftsergebnis bemessen werden. Ausgeschlossen ist jedoch nicht, dass eine etwaige feste Besoldung der Aufsichtsratsmitglieder nach Maßgabe des erzielten Geschäftsgewinns nachträglich erhöht oder dass am Schluss des Geschäftsjahrs denselben mit Rücksicht auf den erzielten Gewinn eine (zusätzliche) Vergütung durch die GV/VV zugebilligt wird. Die für die Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung oder an einer Sitzung eines seiner Ausschüsse gezahlten sogenannten Sitzungsgelder sind pauschale Erstattungen von Auslagen (zu diesen vgl. Rdn. 40 ff.), wenn mit ihnen nur die tatsächlichen Aufwendungen abgegolten werden sollen und sie sich – wenn auch pauschaliert – der Höhe nach in diesem Rahmen halten.159 Soweit die Sitzungsgelder über diesen Rahmen hinausgehen, stellen sie eine Vergütung dar.160 Entsprechendes gilt auch für sogenannte Aufwandsentschädigungen. Entscheidend für ihre Einordnung als Erstattung von Barauslagen oder als Vergütung ist, ob mit ihnen nur tatsächlicher Aufwand entschädigt wird oder ob die Entschädigung darüber hinausgeht, z.B. weil sie für die Wahrnehmung bestimmter Aufgabengebiete, z.B. Repräsentationsaufgaben, Betreuung der Mitglieder gezahlt wird. Es bedarf hierzu einer Satzungsregelung.161 Im GenG ist keine Vorschrift enthalten, die sich mit der Angemessenheit der Höhe einer Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit befasst. Es ist jedoch naheliegend, den Gedanken des § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG entsprechend anzuwenden.162 Danach soll die Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der eG stehen. Zu berücksichtigen ist also auch die wirtschaftliche Situation der eG, insbesondere die Ertragslage, bei Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften gegebenenfalls auch der Umsatz. Im Zusammenhang mit der Vergütung an die Aufsichtsratsmitglieder gilt das Gleichbehandlungsgebot. Danach dürfen Differenzierungen bei der Vergütung an die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder nur nach sachlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden.163 Als sachlicher Gesichtspunkt für eine Differenzierung der Vergütung kann die besondere Funktion eines Aufsichtsratsmitglieds – z.B. als Vorsitzender – in Betracht kommen; als sachliche Gesichtspunkte können auch z.B. Qualifikation, wenn sie eingesetzt wird, oder Arbeitsbelastung in Frage kommen (dies ist keine Sondervergütung, die unzulässig wäre, Rdn. 34); ebenso kann die Vergütung für die Mitglieder bestimmter Aufsichtsratsausschüsse, die im Vergleich zu dem Gesamtaufsichtsrat verhältnismäßig oft tagen oder Fragen von besonderer Verantwortung und Tragweite behandeln, höher bemessen werden.164 Unzulässig wäre eine Differenzierung nach Amtsdauer oder persönlichen Qualifikationen, die lediglich bestehen, aber nicht im Interesse der eG eingesetzt werden, da alle Aufsichtsratsmitglieder gleiche Rechte und Pflichten haben.165
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157 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 114a, 121; Beuthien GenG § 36 Rdn. 10; Beck GenHB/Gätsch § 5 Rdn. 78. 158 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 121; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 78. 159 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 104. 160 Vgl. Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 165; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 104. 161 Vgl. § 30e der Alternativen zur Mustersatzung für nicht nur hauptamtliche Vorstandsmitglieder – Bestell-Nr.: 101050, DG Verlag. 162 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 69; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 115; Wartenberg S. 63. 163 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 70; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 117. 164 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 70. 165 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 117.
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Es ist zulässig, für den Aufsichtsrat eine Gesamtvergütung festzusetzen.166 Dabei 39 kann bereits eine Quotelung für die Verteilung der Gesamtvergütung unter die Aufsichtsratsmitglieder bestimmt werden.167 Die Verteilung unter die Mitglieder kann aber auch dem Aufsichtsrat selbst überlassen werden.168 Dabei darf der Aufsichtsrat Differenzierungen bei der Verteilung nur machen, soweit sie sachlich gerechtfertigt sind. 3. Erstattung von Auslagen. Unter Vergütung fällt nicht die Erstattung von Aus- 40 lagen, die die Aufsichtsratsmitglieder durch ihre Tätigkeit gehabt haben. Hierzu gehören z.B. Reise-, Übernachtungs- und Aufenthaltskosten, Telefonauslagen und Briefporti;169 auch sog. Sitzungsgelder sind Auslagenerstattung, die in vertretbarem Rahmen auch pauschaliert sein können; überhöhte Pauschale stellt versteckte Vergütung dar mit entsprechenden steuerlichen Folgen (Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit).170 Sie sind dem Aufsichtsratsmitglied als Aufwendungen im Rahmen seines Amts zu erstatten, wenn es sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§§ 670, 675 BGB). Es muss jedoch geprüft werden, ob diese bereits mit der Vergütung abgegolten werden sollten. Ein klarstellender Vorstandsbeschluss ist empfehlenswert. Auch Unfallschäden während einer Dienstfahrt sind Auslagen (§§ 670, 844, 845 BGB entsprechend).171 Ein Anspruch für Zeitaufwand besteht nicht. Verdienstausfall, der konkret nachzuweisen ist,172 kann erstattungsfähig sein, z.B. wenn ein Apotheker für die Sitzungszeit einen Vertreter bezahlen muss. Die besonderen Umstände können es im Einzelfall erforderlich machen, dass ein Aufsichtsratsmitglied sich vor Aufwendungen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden abstimmt, generell ist hier eher Zurückhaltung geboten. Eine solche vorherige Abstimmung ist z.B. dann notwendig, wenn ein Aufsichtsratsmitglied – in Unterbrechung seines Urlaubs – von seinem ausländischen Urlaubsort aus an einer Aufsichtsratssitzung teilnehmen möchte und zu diesem Zwecke ein Hin- und Rückflugticket kauft. Das Aufsichtsratsmitglied kann nicht die Kosten eines Straf- oder Ordnungswidrig- 40a keitsverfahrens, das im Zusammenhang mit der Aufsichtsratstätigkeit steht, im Falle der Rechtskraft ersetzt verlangen, anders hingegen bei Freispruch oder Verfahrenseinstellung, sofern die Kosten nicht von der Staatskasse übernommen werden; nicht jedoch bei Einstellung wegen geringer Schuld nach § 153a StPO.173 Kosten eines Zivilprozesses in Wahrnehmung des Aufsichtsratsamts (z.B. Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses oder Anfechtungsklage nach § 51 Abs. 2 letzter Satz) sind ebenfalls erstattungsfähige Auslagen.174 Für die Erstattung von Auslagen ist der Vorstand als Leitungsorgan der eG zustän- 41 dig. Einer satzungsmäßigen Festsetzung oder eines Beschlusses der GV/VV bedarf es nicht. Dies gilt auch dann, wenn die tatsächlichen Aufwendungen in pauschalierter Form erstattet werden. In der Satzung kann festgelegt werden, dass die Pauschalerstattung dieser Auslagen eine gemeinsame Zuständigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat ist.
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 119; Müller GenG § 36 Rdn. 74. Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 74. Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 74; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 119. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 92; Beuthien GenG § 36 Rdn. 10. Beuthien GenG § 36 Rdn. 10. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 93; Beuthien GenG § 36 Rdn. 10. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 92; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 28. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 95, 96. Müller GenG § 36 Rdn. 77a.
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Vergütung und Erstattung von Auslagen unterliegen der Umsatzsteuer,175 es sei denn, es handelt sich um einen Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG. Bei der eG sind sie Betriebsausgaben. Beim Aufsichtsratsmitglied ist die Erstattung von Auslagen steuerneutral, da dem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in gleicher Höhe Aufwendungen als Betriebsausgaben gegenüberstehen. VIII. Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder
Anders als § 102 Abs. 1 AktG, der nicht entsprechend angewendet werden kann,176 enthält das GenG keine Bestimmungen über die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder. Ist die Amtszeit nicht durch die Satzung bestimmt, muss sie durch die GV/VV bei der Wahl festgelegt werden.177 Satzung oder GV/VV müssen eine konkrete Amtsdauer vorsehen; unzulässig wäre z.B. eine Regelung, wonach Aufsichtsratsmitglieder „bis auf weiteres“ oder „bis zur Beendigung des Berufslebens“,178 also für eine unbestimmte Zeit, oder bis zu einem Abberufungsbeschluss der GV/VV oder „bis ein Nachfolger gewählt worden ist“, gewählt werden. Für die Amtsdauer kann die Satzung im Übrigen zahlreiche Modalitäten enthalten, sofern folgende Voraussetzungen gewährleistet sind: Freie Wahl durch die GV/VV, Möglichkeit jederzeitiger Abberufung durch die GV/VV und Beachtung der (relativen) Gleichbehandlung. Unzulässig ist also eine Satzungsregelung, wonach bestimmte Personen, z.B. Gründungsmitglieder, dem Aufsichtsrat im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten auf Dauer angehören. Wird die Wahl eines Aufsichtsratsmitgliedes auf der Grundlage einer beschlosse43 nen, aber mangels Eintragung ins Genossenschaftsregister noch nicht wirksamen Satzungsänderung vorgenommen, so beginnt die Amtszeit des Gewählten frühestens, sobald die betreffende Satzungsbestimmung durch Eintragung ins Genossenschaftsregister wirksam geworden ist.179 Ein solcher Fall ist z.B. gegeben, wenn in der GV/VV eine Satzungsänderung beschlossen wird, dass die bisherige Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder erhöht wird, und in der gleichen GV/VV dann Aufsichtsratsmitglieder entsprechend der beschlossenen neuen Höchstzahl gewählt werden. Bei sog. Vorratswahlen sollte der Beschluss, insbesondere wenn es einen noch amtierenden Geschäftsleiter/Vorstand betrifft, klarstellen, wann das Amt beginnt. Die Satzung kann – und in der Praxis geschieht dies regelmäßig – ein turnusmäßi44 ges Ausscheiden der Aufsichtsratsmitglieder vorsehen.180 Die Satzung kann auch vorsehen, dass eine Amtsniederlegung nur wirksam ist, wenn sie schriftlich dem Aufsichtsratsvorsitzenden gegenüber erklärt wird. Eine Erklärung gegenüber einem anderen Aufsichtsratsmitglied ist nicht ausreichend, auch dann nicht, wenn Übersendung einer Kopie per Fax an den Aufsichtsratsvorsitzenden erfolgt.181 Scheiden Aufsichtsratsmitglieder vorzeitig aus, erfolgen Ersatzwahlen grundsätzlich für die Restlaufzeit. Die GV/ 42
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175 BFH DB 2009, 2190; kritisch hierzu mit überzeugenden Argumenten Bauer GenossenschaftsHandbuch § 36 Rdn. 100. 176 Vgl. BGHZ 4, 224 = NJW 1952, 343 = GW 1952, 258 m. Anm.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 81; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 111; a.A. Müller GenG § 36 Rdn. 34; Paulick, S. 231. 177 Vgl. Beuthien GenG § 36 Rdn. 21; Müller GenG § 36 Rdn. 34; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 81. 178 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 81 und 83. 179 RGZ 24, 54; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 85; Beuthien GenG § 36 Rdn. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 35a. 180 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 35. 181 LG Flensburg DB 2004, 1253.
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VV kann Abweichendes beschließen. Erfolgt eine Ersatzwahl gleichzeitig mit turnusmäßigen Wahlen, muss bei der Wahl bereits erkennbar sein, wer als Ersatz-Aufsichtsratsmitglied gewählt werden soll. Die Satzung kann bestimmen, dass Kandidaten nur bis zu einem bestimmten Alter in den Aufsichtsrat gewählt werden können oder dass Aufsichtsratsmitglieder aus dem Aufsichtsrat ausscheiden, wenn sie dieses Alter erreicht haben. Über die Zweckmäßigkeit einer solchen Regelung bestehen naturgemäß unterschiedliche Auffassungen. Für die Regelung spricht, dass so leichter eine Überalterung des Aufsichtsrats vermieden werden kann, dagegen, dass in vielen Fällen auf sehr wertvolle Kenntnisse und Erfahrungen verzichtet werden muss. Zweckmäßig wäre eine Satzungsregelung, dass Wahlvorschläge schriftlich spätestens eine Woche vor dem Tag der GV/VV einzureichen sind, die eG kann sich dann vergewissern, ob das vorgeschlagene Mitglied die notwendige Fachkunde besitzt (wichtig bei Kreditgenossenschaften). Werden Mitglieder des Aufsichtsrats entgegen einer in der Satzung festgelegten Altersgrenze in den Aufsichtsrat gewählt oder verbleiben sie in dem Aufsichtsrat trotz Überschreitung der Grenze, so hat dies auf die Gültigkeit von Beschlüssen nur Auswirkungen, wenn die Wahl nichtig war oder wirksam angefochten wurde und der Beschluss ohne die Mitwirkung dieses Aufsichtsratsmitglieds nicht zustande gekommen wäre (Erl. zu § 51). Wird die durch die Satzung oder durch die GV/VV festgesetzte Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder geändert, so wirkt sich dies vom Zeitpunkt der Eintragung an im Zweifel auf vorhandene Aufsichtsratsmitglieder aus; bei einer Verkürzung bzw. Verlängerung liegt in dem Beschluss zugleich die Verkürzung bzw. Verlängerung der Amtszeit der amtierenden Mitglieder, wenn die GV/VV den entsprechenden Willen hatte, hierauf sollte der Versammlungsleiter hinwirken. Die Satzung kann anderes bestimmen (s. § 16 Rdn. 37 und § 24 Rdn. 68), ebenfalls der GV/VV-Beschluss.182 Faktische Aufsichtsratsmitglieder üben die Organtätigkeit tatsächlich aus, ohne rechtswirksam bestellt zu sein. Soweit die Bestellung rechtsunwirksam ist, können solche Mitglieder in die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht eingerechnet werden; für ihre Tätigkeit, Verantwortung und Haftung gelten aber die Grundsätze wie für ordnungsgemäß bestellte Aufsichtsratsmitglieder, vgl. hierzu § 24 Rdn. 66. Bei einem Formwechsel i.S.d. §§ 190 ff. UmwG bleiben die Mitglieder des Aufsichtsrats bis zum Ende der Wahlperiode im Amt – § 203 UmwG. Bei einer Verschmelzung (§§ 2 ff. UmwG) endet dagegen das Amt der Aufsichtsratsmitglieder der übertragenden Gesellschaft, da diese ihre rechtliche Existenz verliert.
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IX. Aufsichtsratsvorsitzender 1. Rechtsgrundlage. Das GenG schreibt zwar nicht vor, dass der Aufsichtsrat einen 49 Vorsitzenden haben muss, wie sich aus § 25a Abs. 1 indirekt ergibt,183 es geht aber davon aus, dass ein solcher bestellt ist (vgl. § 57 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4). Ist kein Vorsitzender bestellt, so entfällt die entsprechende Angabe auf den Geschäftsbriefen (§ 25a Abs. 1); der Beginn der Prüfung ist in diesem Fall allen Aufsichtsratsmitgliedern mitzuteilen (§ 57
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182 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 86 hinsichtlich der Verkürzung, missverständlich hinsichtlich der Verlängerung, wenn er hierfür einen ausdrücklichen Beschluss der GV/VV für notwendig erachtet; missverständlich insoweit auch Beuthien GenG § 36 Rdn. 21; BerlKomm/ Keßler §§ 36, 37 Rdn. 25. 183 Im Gegensatz zu § 107 AktG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 182; Beuthien GenG § 36 Rdn. 26.
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Abs. 2) und der Prüfungsbericht allen Mitgliedern des Aufsichtsrats zu übersenden (§ 58 Abs. 3), im Falle von Kleinstgenossenschaften (mit nicht mehr als 20 Mitgliedern) erfolgen Mitteilung und Übersendung an den von der GV/VV gewählten Bevollmächtigten (§ 57 Abs. 5; § 58 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2). Fehlt ein Aufsichtsratsvorsitzender und ein stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, ist der Vorstand zur Einberufung einer Aufsichtsratssitzung berechtigt;184 in den Sitzungen ist jeweils zu Beginn ein Sitzungsleiter zu wählen,185 bis dahin hat das dienstälteste Aufsichtsratsmitglied die Sitzungsleitung. Gerade in der Krise der eG ist der Aufsichtsratsvorsitzende gefragt, da er in ständigen Dialog zum Vorstand steht und den Gesamtaufsichtsrat auf dem Laufenden halten muss.186 Falls sich aus Größe und Struktur der eG die Notwendigkeit eines Aufsichtsratsvorsitzenden ergibt, so ist der Aufsichtsrat verpflichtet, einen solchen zu wählen; andernfalls kommt Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten in Betracht mit Schadensersatzfolgen gem. § 41.187 „Ehrenvorsitzender“ des Aufsichtsrats ist nur ein Ehrentitel, er ist nicht Mitglied des Aufsichtsrats und hat kein Stimmrecht;188 eine besondere Funktion kommt dem Ehrenvorsitzenden nicht zu. Zuständig ist für seine Ernennung die GV/VV, eine Satzungsregelung ist nicht erforderlich, sie kann aber die Zuständigkeit des Aufsichtsrats begründen.189 Fraglich ist, ob ihm ein unentziehbares Teilnahmerecht an den Sitzungen des AR eingeräumt werden kann;190 jedenfalls nur dann Teilnahmerecht, wenn ihm dies durch die GV/VV ausdrücklich eingeräumt wurde.191 Vgl. im Übrigen zur Ehrenmitgliedschaft Rdn. 14. 50
2. Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden. Der Aufsichtsratsvorsitzende wird durch den Aufsichtsrat aus dessen Mitte gewählt, einer Satzungsregelung bedarf es nicht. Die Bestimmung des Vorsitzenden durch die GV/VV, eines anderen Organs oder durch Außenstehende ist nicht zulässig.192 Falls eine Einigung im Aufsichtsrat nicht zustande kommt, besteht der Aufsichtsrat ohne Vorsitzenden, auch in diesen Fällen ist keine Wahl durch die GV/VV zulässig.193 Soweit kein Stellvertreter vorhanden ist, muss jeweils ein Sitzungsleiter gewählt werden. Die GV/VV kann den Aufsichtsratsvorsitzenden nicht wählen. Falls dennoch eine solche Wahl durchgeführt wird und der Aufsichtsrat dies stillschweigend hinnimmt, liegt darin eine Zustimmung des Aufsichtsrats durch schlüssiges Verhalten. Gleiches gilt, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende als (bloßes) Aufsichtsratsmitglied wiedergewählt wird und der Aufsichtsrat ihn stillschweigend als seinen Vorsitzenden akzeptiert. Eine spätere „offizielle Wahl“ wirkt dann lediglich deklaratorisch und dient der Dokumentation.
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184 BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 48. 185 Beuthien GenG § 36 Rdn. 26. 186 Vgl. Ziffer 5.2. des Deutschen Corporate Governance Kodex bzw. des Corporate Governance Kodex für Genossenschaften des DGRV sowie v. Schenk Der Aufsichtsrat 2009, 111; Hasselbach/Jakobs BB 2013, 643. 187 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 184. 188 Allg. Ansicht: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 215 m.w.N. 189 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 214; Müller GenG § 36 Rdn. 133. 190 So Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 215, offen gelassen ob unentziehbar. 191 Zum Meinungsstand vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 214–215. 192 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 185; Beuthien GenG § 36 Rdn. 26; Müller GenG § 36 Rdn. 121 f. 193 Streitig, vgl. zum Streitstand Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 36 Rdn. 185.
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Wählbar zum Aufsichtsratsvorsitzenden ist jedes Mitglied des Aufsichtsrats.194 51 Die Satzung kann die Wählbarkeit zum Vorsitzenden oder Stellvertreter regeln; sie kann z.B. bestimmen, dass diese Personen bestimmten Berufsgruppen angehören195 oder besondere Qualifikationen haben müssen.196 Dadurch darf dem Aufsichtsrat aber nicht die Entscheidung genommen werden, die am besten geeigneten Personen zu bestimmen. Für die Wahl ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Die Satzung 52 kann jedoch andere Mehrheiten – z.B. eine qualifizierte Mehrheit – vorsehen. 197 Bei Stimmengleichheit kann die Satzung Entscheidung durch Los vorsehen.198 3. Amtszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden. Über die Amtsdauer des Aufsichts- 53 ratsvorsitzenden enthält das GenG keine Bestimmungen. Die Amtsdauer kann durch die Satzung oder auch durch die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats festgelegt werden. Soweit eine solche Festlegung nicht gegeben ist, kann der Aufsichtsrat die Amtszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden bei der Wahl bestimmen. Er kann auch einen Vorsitzenden für eine bestimmte Zeit und gleichzeitig einen Vorsitzenden für die nachfolgende Zeit wählen (nach den Grundsätzen der auflösenden und aufschiebenden Bedingung). Wenn es in der Satzung heißt, dass der Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden wählt, dann bedeutet dies, dass es nicht erforderlich ist, im Anschluss an jede Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern den Aufsichtsratsvorsitzenden zu wählen. Dies ist jedoch dann notwendig, wenn in der Satzung festgelegt ist, dass der Aufsichtsrat im Anschluss an jede Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern in einer konstituierenden Sitzung den Aufsichtsratsvorsitzenden (sowie den Stellvertreter und Schriftführer etc.) wählt. Das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden endet auf jeden Fall mit dem Amt als Aufsichtsratsmitglied, denn der Aufsichtsratsvorsitzende muss – da er aus der Mitte des Aufsichtsrats zu wählen ist – Aufsichtsratsmitglied sein.199 Wird die betreffende Person wieder in den Aufsichtsrat gewählt, so erhält sie damit nicht gleichzeitig auch wieder den Vorsitz im Aufsichtsrat. Sie wird nur dann wieder Aufsichtsratsvorsitzender, wenn der Aufsichtsrat sie dazu wieder wählt (Rdn. 50). Zum Ende der Amtszeit s. Rdn. 78 ff. 4. Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden. Der Aufsichtsratsvorsitzende steht 54 den Aufsichtsratsmitgliedern gleich, er ist nicht deren Vorgesetzter. Er ist Sprecher und damit Repräsentant des Aufsichtsrats, also primus inter pares. Das GenG enthält über die Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden keine allgemeine und umfassende Vorschrift. Im GenG sind Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden nur in den §§ 57 und 58 besonders erwähnt. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat im Übrigen all das zu tun, was dem Vorsitzenden eines Kollegiums üblicherweise obliegt.200 Er nimmt die an den Aufsichtsrat gerichteten Erklärungen entgegen und leitet sie (üblicherweise in Aufsichtsratssitzungen) an die Aufsichtsratsmitglieder weiter. Er hat die Aufsichtsratssitzungen vorzubereiten, einzuberufen und zu leiten.201 Der Aufsichtsratsvorsitzende hat für die Anfertigung eines Sitzungsprotokolls und dessen Verwahrung zu sorgen.202 Die Beauf-
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194 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 185; Müller GenG § 36 Rdn. 123. 195 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 186 mit der Begründung, dies verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz; a.A. auch Beuthien GenG § 36 Rdn. 26; Müller GenG § 36 Rdn. 122 f. 196 Müller GenG § 36 Rdn. 123; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 186. 197 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 187; Müller GenG § 36 Rdn. 121 f. 198 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 187; Müller GenG § 36 Rdn. 121. 199 Vgl. RGZ 73, 237; Müller GenG § 36 Rdn. 125. 200 Vgl. KGJ 40 A 87; Beuthien GenG § 36 Rdn. 26. 201 Vgl. Beuthien GenG § 36 Rdn. 26; Müller GenG § 36 Rdn. 127; Höhn Brevier S. 79. 202 Vgl. Beuthien GenG § 36 Rdn. 26; Müller GenG § 36 Rdn. 127; Höhn Brevier S. 80.
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tragung eines Vorstandsmitglieds würde gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen, nicht jedoch wenn das Protokoll durch einen Mitarbeiter der eG als „Werkzeug“ gefertigt wird. Er leitet die Beschlüsse des Aufsichtsrats an die zuständigen Adressaten weiterleitet.203 Er hält im Namen des Aufsichtsrats ständigen Kontakt zwecks Information und Meinungsaustausch zum Vorstand, dort insbesondere zum Vorstandsvorsitzenden. Beraten werden sollten dabei (in Anlehnung an den Corporate Governance Kodex, hierzu § 38 Rdn. 55) insbesondere die Strategie, die Geschäftsentwicklung und das Risikomanagement der eG. Auch die gesundheitliche Situation der Belegschaft und ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) könnten, aktuellen Entwicklungen folgend, einbezogen werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist nicht Stellvertreter des Aufsichtsrats, sondern er bedarf jeweils einer Ermächtigung, soweit sich nicht aus den Beschlüssen des Aufsichtsrats oder aus anderen Gründen eine Vertretungsberechtigung ergibt.204 Wenn dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats auch Vertretungsvollmacht erteilt werden kann, so ist die Delegierung von Entscheidungsbefugnissen des Aufsichtsrats auf ihn grundsätzlich ausgeschlossen. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat kein Weisungsrecht gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern, auch kein Recht, für den Aufsichtsrat zu entscheiden; sein Handeln bedarf grundsätzlich einer Ermächtigung durch den Aufsichtsrat.205 Es muss auf einem Beschluss des Aufsichtsrats beruhen oder eines beschlussfähigen Ausschusses. Der Vorsitzende führt dann lediglich die Beschlüsse aus. Die Satzung kann dem Aufsichtsratsvorsitzenden z.B. nicht das Recht einräumen, über Vorstandsverträge zu entscheiden. Auch eine Delegierung dieser Entscheidung auf einzelne Personen durch den Aufsichtsrat ist nicht möglich, lediglich auf einen Ausschuss (zu Ausschüssen siehe § 38 Rdn. 41– 52). Der Aufsichtsratsvorsitzende hat kein Vetorecht, bei Stimmengleichheit keine Zweitstimme, es sei denn, die Satzung räumt ihm diese ein.206 In der Satzung kann geregelt werden, dass bei Stimmengleichheit das Los entscheidet.207 Nach der MaRisk-Governance ist es unvertretbar, dass der Vorsitzende gleichzeitig auch Risikoausschussvorsitzender ist (der Risikoausschuss ist in der Praxis meist identisch mit dem Prüfungsausschuss). Liegen Aufsichtsratsvorsitz und Risikoausschussvorsitz in einer Hand, besteht die Gefahr, dass die Risikoaufsicht im Aufsichtsrat nicht unabhängig und hinreichend transparent ist. Diese Gefahr verstärkt sich, wenn ein Vorstandsmitglied in den Aufsichtsrat wechselt und dort den Vorsitz übernimmt. Da Risiken sich üblicherweise erst mit Zeitverzögerung zeigen, müsste er ggf. sein eigenes Versagen als Vorstandsmitglied nunmehr transparent machen. Deshalb ist es in dieser Fallgestaltung wichtig, diese Funktionen zu trennen.208 Der Prüfungsverband hat dem Aufsichtsratsvorsitzenden den Beginn einer Prüfung 55 rechtzeitig anzuzeigen, vgl. § 57 Abs. 2 S. 1, bei Kleinstgenossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern gem. § 57 Abs. 5 gegenüber dem Bevollmächtigten. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats von dem Beginn der Prüfung unverzüglich zu unterrichten und sie auf ihr Verlangen oder auf Verlangen des Prüfers zu der Prüfung hinzuzuziehen, vgl. § 57 Abs. 2 S. 2. Er ist der Ansprechpartner des Prü-
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Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 127; Höhn Brevier S. 80. Beuthien GenG § 36 Rdn. 26. Beuthien GenG § 36 Rdn. 26. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 194; Beuthien GenG § 36 Rdn. 26. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 194. Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 26.
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fers, wenn dieser zu der Auffassung kommt, dass aufgrund seiner Feststellungen sofortige Maßnahmen des Aufsichtsrats erforderlich erscheinen. Der Prüfer hat dann den Aufsichtsratsvorsitzenden unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen, vgl. § 57 Abs. 3. Der Prüfungsverband hat den Aufsichtsratsvorsitzenden über die Vorlage des Prüfungsberichts an den Vorstand zu unterrichten und ihm ebenfalls den Prüfungsbericht vorzulegen, vgl. § 58 Abs. 3 S. 1. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens jeweils den Gesamtaufsichtsrat zu unterrichten und ggf. dessen Beschlüsse herbeizuführen. Erfährt z.B. der Vorsitzende vom Prüfungsverband, dass erhebliche Kreditrisiken bestehen, so hat er davon den Aufsichtsrat zu unterrichten. Dies gilt z.B. bei akuten Risiken, die die stillen Reserven verbrauchen würden. Unterrichtung eines Kreditausschusses genügt grundsätzlich nicht, da nur der Gesamtaufsichtsrat erforderliche Maßnahmen gegenüber dem Vorstand beschließen kann. Die Satzung kann über Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden nähere Bestimmun- 56 gen treffen209 und weitere Aufgaben übertragen.210 In der Satzung kann z.B. festgelegt werden, dass es Aufgabe des Aufsichtsratsvorsitzenden ist, die Beschlüsse des Aufsichtsrats durchzuführen, in den gemeinsamen Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat den Vorsitz zu führen, die GV/VV zu leiten usw.211 5. Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden. Der Aufsichtsrat kann einen oder 57 mehrere Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden bestellen. Er muss dies, wenn eine solche Bestellung in der Satzung vorgesehen ist. Bei der Wahl mehrerer Stellvertreter muss festgelegt werden, in welcher Reihenfolge212 oder in welchen Bereichen sie tätig werden, wenn der Vorsitzende verhindert ist. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende kann nur tätig werden, wenn der Auf- 58 sichtsratsvorsitzende verhindert ist. Verhindert ist der Aufsichtsratsvorsitzende, wenn er aus irgendeinem Grunde – z.B. Krankheit, Ortsabwesenheit, andere Termine, Abwesenheit bei einem Punkt der Tagesordnung oder vorübergehender Interessenkollision – die Sitzung des Aufsichtsrats oder die von ihm sonst als Aufsichtsratsvorsitzenden vorzunehmende Aufgabe nicht wahrnehmen kann. Eine Verhinderung ist auch dann anzunehmen, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende sein Amt aus einem bestimmten Grund – unter Beachtung seiner Sorgfaltspflicht nach § 41 – nicht ausüben, sondern dessen Ausübung dem Stellvertreter überlassen will. Sind sowohl der Vorsitzende als auch sein Stellvertreter an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gehindert, so kann ein anderes Mitglied des Aufsichtsrats durch Wahl beauftragt werden. Es ist dagegen grundsätzlich nicht zulässig, mit der Leitung des Aufsichtsrats eine Person zu beauftragen, die nicht dem Aufsichtsrat angehört. 6. Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden oder seines Stellvertreters. Der 59 Aufsichtsrat kann (mit einfacher Mehrheit) den Aufsichtsratsvorsitzenden oder seinen Stellvertreter jederzeit abberufen.213 Die Satzung kann die Abberufung regeln. Sie kann z.B. vorsehen, dass der Abberufungsbeschluss nur mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden kann. Wegen der Ankündigung vgl. Rdn. 61.
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Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 128. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 207. Weitere Aufgaben siehe die Aufzählung bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 195–206. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 209; Müller GenG § 36 Rdn. 132. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 208 u. 193; Müller GenG § 36 Rdn. 126.
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X. Beschlussfassung im Aufsichtsrat 60
1. Beschlussfassung in Sitzungen. Beschlüsse des Aufsichtsrats müssen grundsätzlich in einer Sitzung gefasst werden.214 Die Sitzungen finden grds. am Sitz der eG statt, hierfür sprechen Kostengesichtspunkte und die Sicherstellung eines möglichst kurzen Informationsflusses vom Vorstand zum Aufsichtsrat und (über den Vorstand) die Einbeziehung von Mitarbeiterinformationen. Unter Beachtung des § 41 kann die Sitzung ausnahmsweise an einem anderen Ort stattfinden.215 Keine Bedenken bestehen, die Regelung des § 108 Abs. 3 S. 1 AktG entsprechend anzuwenden: Danach können Aufsichtsratsmitglieder an der Beschlussfassung auch dadurch teilnehmen, dass sie schriftliche Stimmabgaben überreichen lassen,216 bzw. elektronisch abstimmen. Erst recht bestehen keine Bedenken, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist.217 Dies gilt umso mehr, seitdem auch bei einer GV/VV schriftlich oder elektronisch abgestimmt werden kann. Auch unbedenklich, wenn die schriftliche Stimmabgabe mit der Post oder per Fax dem Aufsichtsrat rechtzeitig zugesandt wird. Aber Nachteil insoweit, als dadurch eine abwägende Teilnahme am Für und Wider der Diskussion nicht möglich ist. Aus diesem Grund ist dieses Verfahren nur zulässig, wenn kein Mitglied des Aufsichtsrats widerspricht (so die Mustersatzungen). Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass Stimmvollmachten nicht zulässig sind,218 Stimmbotschaften hingegen ja, da sie nur eine besondere Art der Stimmabgabe sind. Die Satzung kann die Beschlussfassung außerhalb einer Sitzung vorsehen.219 So kann z.B. in der Satzung festgelegt werden, dass eine Beschlussfassung in dringenden Fällen auch ohne Einberufung einer Sitzung im Wege schriftlicher, telegraphischer, fernmündlicher oder per E-Mail-Abstimmung (insbesondere beim Einsatz unternehmenseigener Hardware, Rdn. 61) zulässig ist, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende oder sein Stellvertreter eine solche Beschlussfassung veranlasst und kein Mitglied des Aufsichtsrats diesem Verfahren widerspricht.220 Jedes Aufsichtsratsmitglied kann geheime Abstimmung verlangen. Beschlüsse können auch im Wege einer Videokonferenz221 oder Telefonkonferenz gefasst werden,222 wenn kein Aufsichtsratsmitglied dem widerspricht. Die Satzung darf derartige Verfahren nicht, allenfalls näher regeln.223 Bei der Abstimmung ist jedes Aufsichtsratsmitglied gleichberechtigt und nicht weisungsgebunden (insbesondere beim Einsatz unternehmenseigener Hardware, Rdn. 61). Es hat unter Berücksichtigung der Interessen der eG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden; der besondere Sorgfaltsmaßstab ergibt sich aus § 41 i.V.m. § 34 Abs. 1, vgl. § 41 Rdn. 5 ff. Nach OLG Hamburg224 kann die Stimmabgabe unwirksam sein, wenn sie nicht pflichtgemäßem Ermessen entspricht. Diese Entscheidung traf jedoch einen Sonderfall (im Verhältnis zu Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat) und kann nicht verall-
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214 Vgl. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 94; Müller GenG § 36 Rdn. 92. 215 So auch Bösche ZdK; vgl. hierzu Habersack in MüKo AktG § 107 Rdn. 53: der Aufsichtsratsvorsitzende kann einen anderen Ort nach pflichtgemäßem Ermessen festsetzen. 216 BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 47; Müller GenG § 36 Rdn. 92; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 94; Beuthien GenG § 36 Rdn 17; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 133 unter Darstellung des Streitstandes sowie Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 29. 217 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 133. 218 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 133. 219 Vgl. KG JW 1938, 1824; Müller GenG § 36 Rdn. 92. 220 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 94; vgl. MS GdW 2009 § 27 Abs. 5 – WohnGen. 221 BT-Drs. 14/4051 S. 12. 222 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 134. 223 Beuthien GenG § 36 Rdn. 17. 224 DB 1984, 1567.
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gemeinert werden, sie würde bis zu einer gerichtlichen Nachprüfung der Rechtsunsicherheit Tür und Tor öffnen. Das Beschlussverfahren wird beendet durch Verkündung des Ergebnisses; diese hat konstitutive Wirkung wie bei den Beschlüssen in der GV/VV.225 Die Einberufung des Aufsichtsrats erfolgt durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, 61 vgl. Rdn. 49 ff. Ist der Aufsichtsratsvorsitzende verhindert, wird der Aufsichtsrat durch den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden einberufen. Die Satzung kann bestimmen, dass die Aufsichtsratssitzungen durch das an Lebensjahren oder (besser) Dienstjahren älteste Aufsichtsratsmitglied einberufen werden, solange ein Aufsichtsratsvorsitzender und ein Stellvertreter nicht gewählt sind. In der Satzung kann festgelegt werden, dass der Aufsichtsratsvorsitzende den Aufsichtsrat einzuberufen hat, wenn ein bestimmter Teil seiner Mitglieder, z.B. ein Drittel, dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt. Andernfalls hat jedes Aufsichtsratsmitglied die Einberufung zu verlangen.226 Das Recht, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Einberufung des Aufsichtsrats durch den Aufsichtsratsvorsitzenden zu verlangen, steht auch dem Vorstand jedenfalls dann zu, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist. Kommt der Vorsitzende dem Einberufungsverlangen des Vorstandsmitglieds oder eines Aufsichtsratsmitglieds nicht nach, kann der Antragsteller unmittelbar einberufen.227 Die Form der Einberufung kann die Satzung oder die Geschäftsordnung regeln. Die Einberufung ist auch per E-Mail zulässig, insbesondere wenn die Aufsichtsratsmitglieder über (unternehmenseigene) Hardware, wie z.B. Tablets verfügen (s.u.). Enthalten Satzung und/oder Geschäftsordnung keine Angaben, gilt Formfreiheit (mündliche Einladung ist möglich, jedoch aus Beweissicherungsgründen nicht zweckmäßig).228 Beschlussgegenstände für Aufsichtsratssitzungen müssen grundsätzlich vorher angekündigt sein.229 Nur so sind die Aufsichtsratsmitglieder in der Lage, ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßen Sitzungsvorbereitung nachzukommen. Fehlerhafte Ankündigung ist unschädlich, wenn kein Aufsichtsratsmitglied widerspricht; im Übrigen Anfechtbarkeit, jedoch Nichtigkeit nur bei besonderen Umständen.230 Gleiches gilt bei nicht ordnungsgemäßer Ankündigung. Diese liegt dann vor, wenn z.B. Vorstandsangelegenheiten angekündigt werden, sich dahinter aber eine beabsichtigte Kündigung des Dienstvertrags und Beendigung der Organstellung verbirgt.231 Diese Grundsätze müssen auch für Bestellung und Abberufung des Aufsichtsratsvorsitzenden gelten. Abberufung ist in besonderen Fällen jedoch ohne Ankündigung möglich, wenn sich dafür in der Sitzung zwingende Gründe ergeben. Ob bestimmte Beschlussunterlagen, z.B. Kreditunterlagen, den Aufsichtsratsmitgliedern vor der Sitzung auszuhändigen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Aushändigung erscheint dann gerechtfertigt und geboten, wenn bei komplizierten Zusammenhängen besondere Vorbereitung auf die Sitzung erforderlich und Vertraulichkeit gewährleistet ist.232 Die Aufsichtsratsmitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Denkbar deshalb auch, die Mitglieder mit unternehmenseigener Hardware (z.B. Tablets) auszurüsten; eine umfassende Verhaltensrichtlinie ist im Hinblick auf den Da-
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225 OLG Hamburg DB 1992, 774; § 43 Rdn. 82. 226 Müller GenG § 36 Rdn. 93a. 227 BGH WM 1985, 568; Müller GenG § 36 Rdn. 93b. 228 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 139. 229 Beuthien GenG § 36 Rdn. 13 ; Müller GenG § 36 Rdn. 93. 230 Vgl. Rdn. 68–70; Beuthien GenG § 36 Rdn. 13. 231 OLG Stuttgart DB 2003, 932. 232 Beispiel: Aushändigung der Kreditunterlagen an den Aufsichtsratsvorsitzenden in dessen Anwaltsbüro.
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tenschutz und bei Kreditgenossenschaften wegen Beachtung des Bankgeheimnisses unerlässlich. Gesetzliche Fristen für die Einladung gibt es nicht, Satzung oder Geschäftsordnung können solche vorsehen, fehlen sie, muss in angemessener Frist eingeladen werden, Angemessenheit hängt von den zu behandelnden Themen ab, in der Regel sollte mindestens eine einwöchige Frist eingehalten werden, um eine ordnungsgemäße Vorbereitung zu ermöglichen. Um zeitlich disponieren zu können, sollte der Termin der nächsten Sitzung in der letzten Sitzung festgelegt werden. Im Gegensatz zum Aktienrecht (vgl. § 110 Abs. 3 AktG) ist im GenG nicht geregelt, in 62 welchen zeitlichen Abständen der Aufsichtsrat einzuberufen ist. Damit ist die Möglichkeit einer Regelung in der Satzung eröffnet. In der Satzung kann z.B. festgelegt werden, dass die Sitzungen des Aufsichtsrats mindestens vierteljährlich stattfinden sollen.233 Im Übrigen ist eine Sitzung des Aufsichtsrats immer dann einzuberufen, wenn dies im Interesse der eG erforderlich erscheint. Im Aufsichtsrat kann offen, geheim (siehe hierzu nachstehend), namentlich abgestimmt werden. Enthalten weder die Satzung noch die Geschäftsführung des Aufsichtsrats eine entsprechende Regelung, so kann der Aufsichtsratsvorsitzende die Abstimmungsart im Aufsichtsrat bestimmen. Widerspricht ein Aufsichtsratsmitglied, hat der Aufsichtsratsvorsitzende die Entscheidung des Aufsichtsrats herbeizuführen. Der Aufsichtsrat entscheidet mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Stimmenthaltungen sind wegen § 41 i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 nur in Ausnahmefällen (z.B. wegen persönlichen Interessenkonflikts) denkbar (s. auch Rdn. 66). Gleiches gilt mit derselben Begründung für geheime Abstimmungen. Wer ein Mandat übernimmt, hat (offen) Stellung zu beziehen.234 Gegen das Prinzip der offenen Abstimmung gefasste Beschlüsse sind gleichwohl wirksam, solange dies im allseitigen Einverständnis geschieht.235 63
2. Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats. Nach § 36 Abs. 1 S. 2 muss die Satzung die zu einer Beschlussfassung erforderliche Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern bestimmen. Dabei kann die Satzung eine Quote oder eine feste Zahl festlegen. Jedoch muss die Satzung mindestens die Mitwirkung von zwei Aufsichtsratsmitgliedern verlangen.236 Für analoge Anwendung von § 108 Abs. 2 S. 3 AktG gibt es keine Gründe; auch die Überlegungen des BGH237 erscheinen für die eG nicht zwingend. Bei Anwendung einer Satzungsbestimmung, nach der zur Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats eine bestimmte Quote der Aufsichtsratsmitglieder anwesend sein muss, ist von derjenigen Zahl der Aufsichtsratsmitglieder auszugehen, die satzungsgemäß oder nach dem letzten GV/VVBeschluss den Aufsichtsrat bilden, und nicht von der unter Umständen geringeren Zahl der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung tatsächlich vorhandenen Aufsichtsratsmitglieder.238 Üblicherweise sehen die Mustersatzungen vor, dass mehr als die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder anwesend sein muss. Für den paritätisch mitbestimmten Aufsichts-
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233 Beck Gen-HB/Gätsch empfiehlt (mindestens) eine Sitzung im Kalenderhalbjahr. 234 So mit überzeugenden Gründen Steinle in Festschrift für Schaffland S. 153 ff., insbesondere S. 166. 235 Mertens in Kölner Kommentar zum AktG § 108 Rdn. 38, 77 und ihm folgend, Steinle in Festschrift für Schaffland S. 166 Fn. 41. 236 Vgl. OHG ZfgG 1951, 75 = GW 1950, 164; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 146; Paulick S. 232; a.A. KG KGJ 42, 164, das ein Aufsichtsratsmitglied als genügend ansieht, und Müller GenG § 36 Rdn. 97, der analog § 108 Abs. 2 S. 3 AktG die Mitwirkung von mindestens drei Aufsichtsratsmitgliedern verlangt; Beuthien GenG § 36 Rdn. 13 mit Hinweis zu § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG; für die Beschlussfähigkeit der GV ist die Mitwirkung von drei Mitgliedern erforderlich, vgl. § 43 Rdn. 77. 237 In BGHZ 65, 190 ff. 238 Vgl. BGHZ 4, 224 = NJW 1952, 343 = GW 1952, 258; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 147.
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rat verlangt § 28 MitbestG die Anwesenheit von (mindestens) der Hälfte der Mitglieder, aus denen er insgesamt zu bestehen hat. Wer in der Sitzung anwesend ist, sich aber der Stimmabgabe enthält, muss mitgezählt werden, da es jedem grundsätzlich unbenommen bleibt, ob und wie er abstimmt.239 Wenn in der Satzung der eG festgelegt ist, dass der Aufsichtsrat, wenn Aufsichtsratsmitglieder im Laufe ihrer Amtszeit ausscheiden, bis zur nächsten ordentlichen GV/VV nur aus den verbleibenden Mitgliedern besteht, so muss für die Feststellung der Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats von dieser Satzungsbestimmung – also reduzierter Mandatsträger – ausgegangen werden, wenn tatsächlich Aufsichtsratsmitglieder im Laufe ihrer Amtszeit ausscheiden. Besteht der Aufsichtsrat nur aus drei Mitgliedern und ist ein Aufsichtsratsmitglied (wegen Befangenheit) nicht stimmberechtigt, führt dies nicht zur Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrats, sondern das Aufsichtsratsmitglied muss sich der Stimmabgabe enthalten.240 Die Satzung kann für die Beschlussfähigkeit weitere Voraussetzungen aufstellen, wobei der Grundsatz, dass alle Aufsichtsratsmitglieder gleiche Rechte und Pflichten haben, beachtet werden muss. So kann z.B. nicht vorgesehen werden, dass der Aufsichtsratsvorsitzende anwesend sein muss, oder sein Stellvertreter; dies würde faktisch zu einem unzulässigen Vetorecht führen.241 Wegen der Beschlussfähigkeit bei eG mit mehr als 500 Arbeitnehmern, deren Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer besteht, siehe Rdn. 89. 3. Beschlussmehrheit im Aufsichtsrat. Im Aufsichtsrat hat jedes Mitglied das glei- 64 che Stimmrecht. Die Satzung kann ein mehrfaches Stimmrecht auch nicht für den Aufsichtsratsvorsitzenden einführen.242 Die Satzung kann weiterhin keinem Aufsichtsratsmitglied, also auch nicht dem Aufsichtsratsvorsitzenden, ein Vetorecht bei Beschlüssen des Aufsichtsrats zuweisen.243 Die Satzung kann jedoch das Recht einräumen, dass bei Stimmengleichheit die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden entscheidet.244 Nimmt der Aufsichtsrat von der Satzung eingeräumte Kompetenzen wahr, kann die Satzung ausnahmsweise die Wirksamkeit eines solchen Beschlusses von der Zustimmung eines bestimmten Aufsichtsratsmitglieds oder auch eines Dritten abhängig machen.245 In den Fällen des § 43 Abs. 6 ist das Stimmrecht eines Mitglieds in der GV/VV aus- 65 geschlossen. Diese Vorschrift gilt entsprechend auch für den Aufsichtsrat (vgl. § 43 Rdn. 105). Von diesen Kollisionstatbeständen, die das Stimmrecht ausschließen, sind auf der Grundlage des § 41 sonstige Fälle von Interessenkollisionen zu unterscheiden, die es in Wahrnehmung der Sorgfaltspflichten geboten erscheinen lassen, dass der Betroffene an der Abstimmung (und ggf. Beratung!) nicht teilnimmt. Beispiele: die Beschlussfas-
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239 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 148; Beuthien GenG § 36 Rdn. 13; Müller GenG § 36 Rdn. 98. 240 BGH WM 2007, 1025 ff. = ZIP 2007, 1056 ff.; a.A. OLG Frankfurt NZG 2006, 30 zum Abschluss eines Beratervertrags; BayObLG NZG 2003, 691 ff. zur Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds aus wichtigem Grund; wie hier Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 114. 241 Vgl. BGHZ 83, 154 = NJW 1982, 150 – AG; BerlKomm/Keßler § 36, 37 Rdn. 51; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 36 Rdn. 149; Beuthien GenG § 36 Rdn. 13; Müller GenG § 36 Rdn. 97b; a.A. HansOLG DB 1984, 1616 = BB 1984, 1763 und Feldmann DB 1986, 29. 242 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 157; Müller GenG § 36 Rdn. 128; Höhn Brevier S. 77 f. 243 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 128; Höhn Brevier S. 77 f.; Geßler in Geßler u.a., ebd., Rdn. 21. 244 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 128; Höhn Brevier S. 78; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 98; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 159; a.A. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 36 Rdn. 29. 245 Beuthien GenG § 36 Rdn. 14; Beuthien/Gätsch ZHR 157, 506 ff.
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sung betrifft die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der eG;246 Beschlussfassung über Kredit an einen Kunden, wenn ein Aufsichtsratsmitglied dessen Steuerberatung übernommen hat. Der Aufsichtsrat fasst seine Beschlüsse mit Mehrheit der gültig abgegebenen 66 Stimmen. Die Satzung kann für die Beschlussfassung im Allgemeinen oder für bestimmte Beschlussgegenstände das Erfordernis qualifizierter Mehrheiten aufstellen;247 dies gilt nicht, wenn für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats das Drittelbeteiligungsgesetz maßgeblich ist, da sonst die gesetzliche Zielsetzung einer Drittelmitbestimmung unterlaufen werden könnte.248 Gleiches gilt für eG, die dem MitbestG unterliegen. Für den Fall der Stimmengleichheit kann die Satzung festlegen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende den Ausschlag gibt (vgl. Rdn. 64). Die Satzung kann auch festlegen, dass bei Stimmengleichheit im Zusammenhang mit Wahlen das Los entscheidet.249 Sieht die Satzung einer WohnGen (vgl. § 1 Rdn. 62; § 3 Rdn. 11) vor, dass die Unabhängigkeit von Angehörigen des Bau- und Maklergewerbes und der Baufinanzierungsinstitute dadurch gewahrt werden soll, dass diese in den Organen nicht die Mehrheit der Mitglieder bilden, so gilt das auch für die Abstimmungen. Es ist daher darauf zu achten, dass diese nicht über die Mehrheit der Stimmen verfügen. Davon hängt u.U. die Beschlussfähigkeit ab, z.B. wenn die Satzung hierfür fordert, dass mehr als die Hälfte der von der GV/VV gewählten Mitglieder des Aufsichtsrats an der Sitzung teilnehmen und Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Der Sitzungsleiter hat das Ergebnis der Abstimmung zu verkünden, konstitutive Wir66a kung für den Beschluss. Der Beschluss wird so wirksam, wie er verkündet worden ist.250 An die Beschlüsse des Aufsichtsrats sind alle Aufsichtsratsmitglieder gebunden, 67 auch wenn sie gegen den Beschluss gestimmt haben. Dies folgt aus der organschaftlichen Treuepflicht und der Treuepflicht gegenüber der eG. Der Beschluss ist von allen Organmitgliedern auch im Außenverhältnis mitzutragen. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn die Beschlussdurchführung offensichtlich zu einem Schaden für die eG führen würde, kann das Recht und die Pflicht bestehen, dem Beschluss auch nach außen entgegenzutreten, durch Information ggf. des Vorstands oder des Prüfungsverbands. In jedem Fall hat das betreffende Aufsichtsratsmitglied sich zu bemühen, die anderen Aufsichtsratsmitglieder zu einer Rücknahme des Beschlusses zu bewegen und dafür ggf. eine a.o. Sitzung zu verlangen (Rdn. 61). Ist ein Aufsichtsratsmitglied der Überzeugung, dass es einen Mehrheitsbeschluss unter keinen Umständen mittragen kann, so muss es ggf. sein Amt niederlegen. Auch in diesem Fall besteht Schweigepflicht (vgl. § 34 Rdn. 97 ff.), soweit die Gründe sich auf Geheimnisse im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 2 beziehen und nicht ganz ausnahmsweise übergeordnete Interessen eine Offenbarung rechtfertigen. 68
4. Beschlussmängel. Ein Beschluss des Aufsichtsrats ist insb. dann unwirksam, wenn der Aufsichtsrat für die Beschlussfassung nicht zuständig war, wenn der Aufsichtsrat nicht beschlussfähig war, wenn der Beschluss nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde, wenn der Inhalt des Beschlusses gegen zwingende gesetzliche oder satzungsmäßige Vorschriften verstößt, wenn eine Beschlussfassung ohne Einberufung einer Sitzung im Wege schriftlicher, fernmündlicher, mittels E-Mail oder telegraphischer
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BGH WM 2007, 1025 ff. = ZIP 2007, 1056 ff. – AG; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 97. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 156; Müller GenG § 36 Rdn. 99. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 156; Müller GenG § 36 Rdn. 99. Vgl. zum Losentscheid im Übrigen Müller GenG § 36 Rdn. 99; Gräser/Metz/Werhahn S. 60. Vgl. OLG Hamburg DB 1992, 774; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 160.
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Abstimmung stattgefunden hat, obwohl ein Mitglied des Aufsichtsrats diesem Verfahren widersprochen hat.251 Hat ein Unbefugter die Sitzung einberufen, entfällt die Unwirksamkeit nur, wenn alle Mitglieder erschienen sind und niemand widerspricht. Hat jemand an der Beschlussfassung im Aufsichtsrat teilgenommen, obwohl er nicht 69 Aufsichtsratsmitglied war oder als Aufsichtsratsmitglied wegen Interessenkonflikts von der Beschlussfassung ausgeschlossen war, so ist dies für die Wirksamkeit des Beschlusses ohne Bedeutung, wenn sich ergibt, dass das auf das Ergebnis der Beschlussfassung keinen Einfluss gehabt hat.252 Die gleiche Regelung gilt, wenn die Stimmabgabe eines Aufsichtsratsmitgliedes nichtig oder wirksam angefochten ist. Auch hier wird die Gültigkeit des Beschlusses nur berührt, wenn sich das Beschlussergebnis ohne die nichtige Stimme verändern würde.253 Gleiches gilt, wenn ein Aufsichtsratsmitglied zu Unrecht wegen Interessenkollision von der Stimmrechtsausübung ausgeschlossen wurde oder nicht sämtliche Mitglieder eingeladen wurden.254 Die Beschlüsse sind entweder wirksam oder unwirksam, nicht hingegen anfecht- 70 bar.255 5. Protokollierung der Beschlüsse. Das GenG enthält im Gegensatz zum AktG256 71 keine Regelung, die die Protokollierung der Beschlüsse des Aufsichtsrats betrifft. Die Satzungen sehen jedoch regelmäßig vor, dass die Beschlüsse des Aufsichtsrats ordnungsgemäß zu protokollieren sind. Selbst wenn jedoch eine solche satzungsmäßige Protokollierungsbestimmung nicht vorhanden ist, muss davon ausgegangen werden, dass sich die Protokollierungspflicht aus der Sorgfaltspflicht des Aufsichtsrats (§§ 41, 34) ergibt. Eine Unterlassung der Protokollierung hat – da diese nur Beweiszwecken dient – keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Beschlüsse des Aufsichtsrats; ebenfalls aus der Sorgfaltspflicht folgt jedoch, dass diese unverzüglich nachzuholen ist; darauf haben insbesondere der Aufsichtsratsvorsitzende und der Schriftführer hinzuwirken. Das Protokoll soll den Ort und den Tag der Aufsichtsratssitzung, die Namen der 72 Teilnehmer, die Punkte der Tagesordnung, den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen, die Gegenstände der Beschlüsse, die Art der jeweiligen Beschlussfassung sowie das Ergebnis der jeweiligen Abstimmung enthalten.257 Es ist nicht erforderlich, dass der Aufsichtsratsvorsitzende selbst das Protokoll an- 73 fertigt. Er kann die Anfertigung einem Dritten überlassen, der nicht Mitglied des Aufsichtsrats ist, nur in Ausnahmefällen jedoch einem Vorstandsmitglied,258 schon aus Gründen der Funktionsteilung und wegen des Anscheins der Befangenheit sollte dieser nicht beauftragt werden (§ 41 i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1). Jedes Aufsichtsratsmitglied kann der Hinzuziehung eines Dritten als Protokollführer widersprechen.259 Der Aufsichtsratsvorsitzende trägt grundsätzlich die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Protokollierung der Beschlüsse des Aufsichtsrats.
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251 Vgl. in diesem Zusammenhang: Müller GenG § 36 Rdn. 110, 112. 252 Vgl. BGHZ 47, 341/346; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 100 Fn. 186; Müller GenG § 36 Rdn. 111. 253 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 111; zur Wirksamkeit von Beschlüssen bei nicht ordnungsgemäßer Einberufung des Aufsichtsrats vgl. Rdn. 45, 61. 254 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 172; Beuthien GenG § 36 Rdn. 20a. 255 Wie hier die h.M.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 167 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur. 256 Vgl. § 107 Abs. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 161. 257 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 162. 258 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 104. 259 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 104.
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Das Protokoll braucht nicht verlesen und nicht von den Anwesenden genehmigt zu werden, falls die Satzung nicht etwas anderes bestimmt; üblich ist aber, dass es mindestens vom Aufsichtsratsvorsitzenden und dem Schriftführer unterzeichnet wird. Das Protokoll muss von den Personen unterzeichnet werden, die in der Satzung dafür benannt sind. Vielfach werden jedoch in den Satzungen diese Personen nicht genannt; sie ergeben sich vielmehr aus einer Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat, auf die die Satzung aber Bezug nimmt. Fehlt eine satzungsmäßige oder geschäftsordnungsmäßige Bestimmung, so muss das Protokoll vom Aufsichtsratsvorsitzenden bzw. vom Sitzungsleiter unterzeichnet werden, gem. § 107 Abs. 2 AktG der Vorsitzende. Das Fehlen der Unterschrift bzw. der Unterschriften ist für die Gültigkeit der Beschlüsse des Aufsichtsrats ohne Bedeutung, da die Unterschrift nicht als Wirksamkeitserfordernis vorgeschrieben ist. Nicht nur über die in einer Sitzung gefassten Beschlüsse des Aufsichtsrats ist ein Protokoll anzufertigen, sondern auch über die Beschlüsse des Aufsichtsrats, die schriftlich, telegraphisch, per E-Mail oder fernmündlich gefasst wurden. Die Protokolle – auch je ein Exemplar über die gemeinsamen Sitzungen mit dem Vorstand – werden vom Aufsichtsratsvorsitzenden in den Geschäftsräumen der eG verwahrt. Jedes Mitglied des Aufsichtsrats hat – zwecks ordnungsgemäßer Ausübung der Aufsichtsratstätigkeit – das Recht auf Einsichtnahme in das Protokoll und auf die Aushändigung einer Abschrift.260 Das Recht auf Aushändigung des Protokolls bedeutet, dass das Aufsichtsratsmitglied das Protokoll auch mit nach Hause nehmen darf. Man wird allerdings annehmen können, dass ein Aufsichtsratsmitglied das Recht auf Aushändigung des Protokolls verwirken kann. Dies dürfte insb. der Fall sein, wenn aufgrund vorangegangener Erfahrungen auch weiterhin der dringende Verdacht besteht, dass das betroffene Aufsichtsratsmitglied seine Geheimhaltungspflicht (§§ 41, 34) hinsichtlich des Inhaltes des Protokolls verletzt oder sonst wie das Protokoll zum Nachteil der eG verwendet;261 in diesen Fällen dürfte aber das Vertrauen in die Verschwiegenheitspflicht und Amtstreue bereits so stark erschüttert sein, dass eine Amtsfortsetzung nur schwer denkbar ist. Die eG muss ggf. beweisen, dass sie die Aushändigung des Protokolls zu Recht verweigert. Es ist dann Angelegenheit des betroffenen Aufsichtsratsmitgliedes, den Gegenbeweis dafür zu führen, dass sein Recht auf Aushändigung des Protokolls weiterhin besteht bzw. von nun ab wieder gegeben ist. Scheidet ein Aufsichtsratsmitglied aus seinem Amt aus, so muss es die Protokolle, die ihm ausgehändigt wurden, der eG zurückgeben. Die Protokolle sind ihm nur im Zusammenhang mit der Ausübung seiner Aufsichtsratstätigkeit ausgehändigt worden. Soweit ein Aufsichtsratsmitglied von der Beschlussfassung über einen Gegenstand wegen Interessenkonflikts ausgeschlossen ist, hat es dennoch ein Recht auf Aushändigung des Protokolls. Denn die Aushändigung nach Beschlussfassung eröffnet nicht mehr die Möglichkeit, auf den Beschluss Einfluss zu nehmen.262 Ist nach der Satzung kein Aufsichtsrat zu bestellen, hat der von der GV gewählte Bevollmächtigte seine Aktivitäten zu protokollieren (z.B. in den Fällen des § 57 Abs. 5, § 58 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2).
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260 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 166; Müller GenG § 36 Rdn. 106; Scholderer NZG 2011, 531; vgl. auch § 107 Abs. 2 S. 4 AktG. 261 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 166; Scholderer NZG 2011, 531. 262 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 166; Scholderer NZG 2011, 531; a.A. Müller GenG § 36 Rdn. 106.
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XI. Ende des Aufsichtsratsamts 1. Ablauf der Amtszeit. Das GenG enthält keine Angaben zur Dauer des Aufsichts- 78 ratsamts. Die Höchstdauer von 4 Jahren nach § 102 Abs. 1 AktG findet keine Anwendung,263 allerdings ist eine Wahl auf unbestimmte Zeit oder auf Dauer unzulässig.264 Das Aufsichtsratsamt endet durch Ablauf der Zeit, für die das Mitglied bestellt ist. Dies gilt auch dann, wenn ein neues Aufsichtsratsmitglied noch nicht bestellt ist.265 Soll nach Beendigung des Amts das Mitglied weiter dem Aufsichtsrat angehören, so ist Neuwahl erforderlich. Sieht die Satzung – wie z.B. viele Mustersatzungen – vor, dass jährlich ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder ausscheidet, so endet für die betroffenen Personen automatisch das Amt. Steht aufgrund der Satzungsregelung nicht eindeutig fest, welche Person ausscheidet, setzen alle Aufsichtsratsmitglieder ihre Amtszeit fort, bis eindeutige Regelungen eingreifen. Ist für die Beendigung des Amts Losentscheid vorgesehen und wird diese Entscheidung nicht herbeigeführt, so setzen auch hier naturgemäß Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt fort. Der Vorsitzende ist jedoch für die Einhaltung der Satzungsregelungen verantwortlich. Für die Amtszeit hat sich die Drittel-Regelung in der Satzung bewährt: Es ist ein vernünftiger Kompromiss zwischen dem Bedürfnis nach Kontinuität (Erfahrung in der Aufsichtsratstätigkeit) und dem wünschenswerten und notwendigen Wechsel (neue Personen, neue Gedanken). Die Satzung kann auch vorsehen, dass bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses (z.B. Erreichen einer Altersgrenze) das Amt automatisch endet.266 2. Widerruf der Bestellung. Die Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied, bei Kleinst- 79 genossenschaften (§ 9 Abs. 1 Satz 2) die Wahl eines Bevollmächtigten (§ 57 Abs. 5 und § 58 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2), kann auch vor Ablauf des Zeitraums, für welchen dasselbe gewählt ist, durch die GV/VV widerrufen werden, vgl. § 36 Abs. 3 S. 1. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst, vgl. § 36 Abs. 3 S. 2. Falls die Satzung größere Mehrheiten vorsieht, müssen diese für alle Aufsichtsratsmitglieder gleich sein.267 Der Widerruf ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Er ist jederzeit zulässig und bedarf keiner besonderen Begründung.268 Rechtliches Gehör ist nicht erforderlich, da die Abberufung nicht in schutzwürdige Interessen eingreift.269 Selbst der Einwand der Willkür kann nicht erhoben werden. Bei der Abstimmung über den Widerruf haben die betroffenen Organmitglieder grundsätzlich Stimmrecht; § 43 Abs. 6 ist nur beschränkt analogiefähig.270 Ein Widerruf der Bestellung kann erforderlich sein, wenn Umstände eintreten, die das Aufsichtsratsmitglied in seinem Amt ungeeignet erscheinen lassen. Dies insb. z.B. dann, wenn wegen der finanziellen Situation des Aufsichtsratsmitglieds die Unabhängigkeit gegenüber dem Vorstand nicht mehr gewährleistet ist, vgl. auch Rdn. 84.
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263 BGHZ 4, 224, 227; Beuthien GenG § 36 Rdn. 21; a.A. Müller GenG § 36 Rdn. 34; Ausnahme bei mitbestimmten eG über § 6 Abs. 2 MitbestG. 264 Beuthien GenG § 36 Rdn. 21. 265 Vgl. BGH NJW 1952, 343 = GW 1952, 258. 266 Beuthien GenG § 36 Rdn. 21. 267 BGH DB 1987, 475. 268 Beuthien GenG § 36 Rdn. 23. 269 Vgl. BGH WM 60, 860; Beuthien GenG § 36 Rdn. 23; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 244. 270 H.M.: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 242; BerlKomm/Keßler §§ 36, 37 Rdn. 32; Näheres § 43 Rdn. 133 ff.; a.A. Beuthien GenG § 43 Rdn. 43 wegen Befangenheit insb. bei verhaltensbedingter Abberufung.
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Die Zusammenarbeit im Aufsichtsrat setzt Vertrauen voraus. Wenn die Abberufung auch keiner Begründung bedarf, so erscheint sie jedenfalls geboten, wenn ein Mitglied durch unaufrichtiges Verhalten, durch Verletzung der Schweigepflicht oder durch Abhängigkeit von Außenstehenden das Vertrauen beschädigt hat.271 Wie bei der Wahl des Aufsichtsrats (s. Rdn. 20) müssen auch bei der Abberufung Einwirkungen von außen ausgeschlossen bleiben. Das Recht der GV/VV zur Abberufung ist unentziehbar, die Satzung kann nichts Abweichendes regeln, auch nicht die Abberufung vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig machen, allenfalls die GV/VV verpflichten, bei Vorliegen sachlich gerechtfertigter Gründe den Widerruf vorzunehmen. Der Widerruf ist bedingungsfeindlich, da sonst Rechtsunsicherheit entstehen würde, anders hingegen beim befristeten Widerruf, dieser ist zulässig. Der Widerruf wird mit Zugang beim Aufsichtsratsmitglied wirksam, ist er in der GV/ VV anwesend, mit Verkündung des Beschlusses, erscheint er nach Verkündung, mit mündlicher Mitteilung durch den Sitzungsleiter,272 später mündlich (besser schriftlich) durch den Aufsichtsratsvorsitzenden oder den Vorstand.273 Bei Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat ist Widerruf durch die GV/VV nicht möglich (Rdn. 90). Wegen Auswirkung von Satzungsänderung auf die Amtszeit vgl. Rdn. 9. Ist die BaFin aufgrund von Tatsachen der Auffassung, ein Aufsichtsratsmitglied sei 79a nicht (mehr) zuverlässig oder ihm fehle die notwendige Sachkunde, kann sie von der GV/VV (s.a. Rdn. 15a ff.) die Abberufung oder zumindest die Untersagung der Tätigkeit verlangen (bei Arbeitnehmervertretern tritt an die Stelle der GV/VV die Belegschaft). Adressat ist stets der Vorstand als gesetzlicher Vertreter der eG. Die Amtsniederlegung macht ein derartiges Verlangen entbehrlich. Die BaFin kann auch selbst die Tätigkeitsausübung untersagen oder das Aufsichtsratsmitglied abberufen (§ 36 KWG: Abberufung von Geschäftsleitern und Mitgliedern des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans), Rechtsgrundlage ist § 36 Abs. 3 i.V.m. § 25d Abs. 3 bzw. 3a KWG, die in § 36 Abs. 3 KWG genannten Voraussetzungen (z.B. Unzuverlässigkeit, fehlende Sachkunde, keine ausreichende Zeit, wesentliche Verstoße verborgen geblieben etc.). 80
3. Amtsniederlegung. Das Aufsichtsratsamt endet auch durch eine wirksame Amtsniederlegung seitens des Aufsichtsratsmitglieds. Eine ordnungsgemäß erklärte Amtsniederlegung ist sofort wirksam. Bereits verdiente Vergütungen bleiben erhalten, künftige fallen fort.274 Umstritten ist, wann eine wirksame Amtsniederlegung vorliegt (hierzu auch Rdn. 32). Ist das Aufsichtsratsmitglied auf der Grundlage eines Auftragsverhältnisses tätig, so ergibt sich aus § 671 BGB, dass der Auftrag jederzeit gekündigt werden kann. Erfolgt die Kündigung zur Unzeit, so wird die Wirksamkeit der Kündigung davon nicht berührt; das kündigende Aufsichtsratsmitglied ist jedoch nach § 671 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig. Die Haftung entfällt, wenn das Bestellorgan die Niederlegung billigt.275 Ist das Aufsichtsratsmitglied auf der Grundlage eines Dienstverhältnisses tätig, so ist nach § 626 BGB eine fristlose Kündigung nur dann möglich, wenn ein wichtiger Grund – z.B. berufliche Überlastung, schwere Krankheit, ernste Vertrauenskrise – vorliegt. Gleichzeitig ist auch die Organstellung, ggfs. analog § 626 BGB, aufzukündigen, da
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Vgl. LG Frankfurt NJW 1987, 505. BGH BB 2003, 1579 – GmbH. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 246. von Bechtolsheim/Gantenberg Sonderausgabe 01/2008 S. 17 zu Der Aufsichtsrat. von Bechtolsheim/Gantenberg Sonderausgabe 01/2008 S. 17 zu Der Aufsichtsrat.
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es sich – wie beim Vorstand – um eine „Doppelkündigung“ handelt, die im Zweifel konkludent erklärt ist, § 133 BGB, aber verschiedene Wirksamkeitsvoraussetzungen haben kann.276 Amtsniederlegung zur Unzeit insb. ohne wichtigen Grund ist eine Amtspflichtverletzung, die gem. §§ 41, 34 zum Schadenersatz verpflichten kann. Umstritten ist, ob eine vorzeitige Amtsniederlegung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgen kann.277 Das Wesen und die Bedeutung des Aufsichtsratsamts fordern es, dass eine vorzeitige Amtsniederlegung in allen Fällen – also auch bei Bestehen eines Dienstverhältnisses – nur aus wichtigem Grunde zugelassen werden darf. Dem ist zuzustimmen. Gleiches gilt für den von der GV gewählten Bevollmächtigten, z.B. im Fall des § 57 Abs. 5 und des § 58 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2. Die Satzung kann Bestimmungen über die Amtsniederlegung treffen.278 Die Satzung kann die Amtsniederlegung erleichtern oder auch erschweren. Die Satzung kann die Amtsniederlegung aus wichtigem Grund aber nicht ausschließen.279 Ist die Amtsniederlegung unberechtigt, so ist sie unwirksam. Die unwirksame Amtsniederlegung kann jedoch durch Genehmigung der GV/VV wirksam werden. Die Amtsniederlegung kann gegenüber dem Vorstand als dem gesetzlichen Vertreter der eG, gegenüber der GV/VV oder gegenüber dem AR bzw. dessen Vorsitzenden erklärt werden, nicht aber gegenüber einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern.280 Aus der Sorgfaltspflicht und Verantwortung des Aufsichtsratsmitgliedes kann eine Verpflichtung zur Amtsniederlegung folgen. Dies z.B. dann, wenn sich die finanziellen Verhältnisse des Aufsichtsratsmitglieds in einer Weise verschlechtern oder erhebliche Gefährdungen seiner Zahlungspflichten gegenüber der eG eintreten, die seine Unabhängigkeit gegenüber dem Vorstand in Frage stellen. Bereits Zweifel an dieser Unabhängigkeit sollten Anlass zum freiwilligen Rücktritt sein. Gleiches gilt für den Bevollmächtigten bei Kleinstgenossenschaften (Rdn. 79, 80).
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4. Ausscheiden aus der eG. Das Aufsichtsratsamt – auch das des Bevollmächtigten 85 (s. Rdn. 79, 80, 84) – endet auch mit dem Ausscheiden des Aufsichtsratsmitglieds aus der eG.281 Gleichgültig ist es, aus welchem Grunde das Aufsichtsratsmitglied aus der eG ausgeschieden ist, z.B. im Wege des § 76. Sind gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter von juristischen Personen und Gesellschaften, die Mitglied der eG sind, in den Aufsichtsrat berufen und endet deren Vertreterbestellung, bleiben sie nicht im Amt; ihr Mandat in der eG endet automatisch (§ 24 Rdn. 17).282 Wegfall satzungsmäßiger Wählbarkeitsvoraussetzungen lässt das Amt nicht erlöschen, berechtigt jedoch die GV/VV zum Widerruf. Nach der MS für WohnGen kann ein Mitglied des Aufsichtsrats erst ausgeschlossen werden, wenn die GV/VV die Abberufung beschlossen hat.283 Bei Ausschließung aus der eG endet das Aufsichtsratsamt – auch das des Bevoll- 86 mächtigten (Rdn. 79, 80, 84, 85) – gemäß § 68 Abs. 2 bereits mit der Absendung des eingeschriebenen Briefs, durch den der Ausschließungsbeschluss mitgeteilt wird. Die Absendung des Ausschließungsbeschlusses führt zur Beendigung des Aufsichtsratsamts
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276 Beuthien GenG § 36 Rdn. 22. 277 So Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 254; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 36 Rdn. 17; vgl. zur h.M. bei der AG Hüffer AktG § 104 Rdn. 17 m.w.N. zur AG; a.A. wie hier Beuthien GenG § 36 Rdn. 22; Müller GenG § 36 Rdn. 47. 278 Müller GenG § 36 Rdn. 48. 279 Vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 48. 280 LG Flensburg DB 2004, 1253 – AG; Beuthien GenG § 36 Rdn. 22; Müller GenG § 36 Rdn. 50. 281 Vgl. Beuthien GenG § 36 Rdn. 21; Müller GenG § 36 Rdn. 51; Paulick S. 231. 282 Korte/Schaffland GenG S. 29. 283 MS § 11 Abs. 6.
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auch dann, wenn der Ausschluss mit Erfolg angefochten wird, da die Beendigung des Aufsichtsratsamts nicht rückgängig gemacht werden kann.284 86a
5. Keine gerichtliche Abberufung. Eine gerichtliche Abberufung, insbesondere auf Antrag des Aufsichtsrats oder eines Beschlusses der GV/VV mit einfacher Mehrheit, gibt es nicht. § 103 Abs. 3 Satz 1 AktG ist nicht entsprechend anwendbar.285
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6. Wiederwahl von Aufsichtsratsmitgliedern. Die Wiederwahl von Aufsichtsratsmitgliedern ist zulässig – auch nach Amtsniederlegung.286 Die Satzung kann nähere Bestimmungen treffen. Bei Kleinstgenossenschaften gibt es für die Wahl von Bevollmächtigten keine zeitliche Beschränkung, aber möglich. Wiederwahl ist mithin nicht nötig.
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7. Herausgabepflichten. Das ausgeschiedene Mitglied ist verpflichtet, alle in seiner Eigenschaft als Organmitglied erhaltene Unterlagen herauszugeben; ein Zurückbehaltungsrecht hat es nicht.287 XII. Der Aufsichtsrat unter Berücksichtigung des Drittelbeteiligungsgesetzes bzw. des Mitbestimmungsgesetzes
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Das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) – in Kraft seit dem 1.7.2004 – bestimmt, dass bei eG, die regelmäßig mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder aus dem Kreis der Arbeitnehmer bestellt werden muss, soweit nicht das MitbestG Anwendung findet (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 DrittelbG) oder ein Tendenzbetrieb (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 DrittelbG) vorliegt. Unterliegt eine eG dem MitbestG (hat sie also mehr als 2.000 Arbeitnehmer), muss nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MitbestG der Aufsichtsrat aus mindestens 12 Mitgliedern bestehen, von den jeweils die Hälfte die GV/VV bzw. die Arbeitnehmer wählen. Zu den Arbeitnehmern zählen alle Arbeiter und Angestellten (gem. § 3 Abs. 1 DrittelbG nicht leitende Angestellte). Anders aber im Fall der mitbestimmten eG (gem. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MitbestG, hier zählen die leitenden Angestellten zu den Arbeitnehmern). Vorstandsmitglieder, Leiharbeitnehmer288 und Arbeitnehmer von Tochtergesellschaften mit Ausnahme von beherrschten Gesellschaften im Konzern unterfallen ebenfalls nicht unter den Arbeitnehmerbegriff i.S.d. DrittelbG bzw. MitbestG.289 Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat werden nicht von der GV/VV gewählt, sondern von den Arbeitnehmern des Betriebs (§ 5 Abs. 2 DrittelbG bzw. §§ 18, 10 MitbestG). Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat müssen nicht Mitglieder der eG sein (vgl. § 6 Abs. 3 S. 2 MitbestG).290 Die in § 37 Abs. 1 S. 1 genannten Personen (vgl. dort Rdn. 2) können nicht als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat einer nach DrittelbG besetzten eG gewählt werden; § 37 gilt weiter, wie sich aus einem Vergleich mit der GmbH ergibt: da dort eine § 37 vergleichbare Vorschrift fehlt, hat der Gesetzgeber für die GmbH auf § 105 AktG verwiesen; wegen § 37 brauchte er für die eG in § 1 Abs. 1 Nr. 5 DrittelbG keine Verweisung.
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284 Vgl. BGHZ 31, 195; Müller GenG § 36 Rdn. 52. 285 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 248. 286 von Bechtolsheim/Gantenberg Sonderausgabe 01/2008 S. 17 zu Der Aufsichtsrat. 287 So im Allgemeinen die Geschäftsordnungen; bejahend OLG Düsseldorf Urt. vom 22.3.2007, Az. I-6U 119/06. 288 OLG Hamburg, Beschl. v. 31.1.2014, Az. 11 W 89/13, NZG 2014, 787. 289 Vgl. hierzu § 2 Abs. 2 DrittelbG bzw. die weitergehende Vorschrift des § 5 Abs. 1 MitbestG; ErfK/ Oetker § 2 DrittelbG Rdn. 14. 290 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 89.
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§ 37 gilt jedoch nicht für eG, die dem MitbestG unterliegen, da dies lex specialis ist.291 § 6 Abs. 2 MitbestG verweist auf § 105 AktG und wird in § 6 Abs. 3 MitbestG nicht wieder ausgenommen. Danach kann ein Prokurist nicht Aufsichtsratsmitglied sein, wenn er unmittelbar dem Vorstand unterstellt ist und zur Ausübung des gesamten Geschäftsbetriebs (Gesamtprokura genügt) ermächtigt ist. Gleiches gilt unter diesen Voraussetzungen für einen Generalhandlungsbevollmächtigten (§ 54 HGB), erst recht für einen Generalbevollmächtigten (§ 164 BGB).292 Die Vertreter der Arbeitnehmer werden in allgemeiner, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl von allen Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für die Zeit gewählt, die in der Satzung der eG für die von der GV/VV zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder bestimmt ist. Eine Bestimmung der Satzung, die turnusmäßiges Ausscheiden (in der Regel ein Drittel) der Mitglieder des Aufsichtsrats vorsieht, sollte nicht für Arbeitnehmervertreter, die nach dem DrittelbG gewählt werden, gelten,293 da praktische Erwägungen (wegen häufiger Nachwahlen) gegen eine Anwendung sprechen.294 Bei Genossenschaften, die dem MitbestG unterliegen, gilt dies über § 6 Abs. 2 MitbestG entsprechend, jedoch ist § 102 AktG (Höchstdauer 4 Jahre) zu beachten. Es empfiehlt sich daher eine klare Satzungsregelung. Die Zahl der zu wählenden Arbeitnehmer nach dem DrittelbG bestimmt sich nach der Zahl der in der Satzung vorgesehenen Aufsichtsratsstellen, die stets durch drei teilbar sein muss.295 Sind hiernach zwei oder mehr Arbeitnehmer als Vertreter zu wählen, so müssen sich unter ihnen mindestens zwei Arbeitnehmer aus den Betrieben des Unternehmens befinden. Werden mehr als zwei Vertreter gewählt, so können die über zwei hinausgehenden Vertreter auch aus dem Kreis von Personen gewählt werden, die dem Unternehmen nicht angehören.296 Nach § 4 Abs. 4 DrittelbG soll sich unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer das Verhältnis zwischen Frauen und Männern im Unternehmen widerspiegeln. Auch ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu beachten. Sieht die Satzung einer eG eine nicht durch drei teilbare Zahl von Aufsichtsratsmit- 89 gliedern vor, so muss diese Zahl im Wege der Satzungsänderung auf eine durch drei teilbare Zahl festgelegt werden. Auch die Zahl der tatsächlich bestellten Aufsichtsratsmitglieder muss bei mitbestimmtem Aufsichtsrat durch drei teilbar sein. Bleibt dies unbeachtet, so hat dies aber – in Analogie zu § 108 Abs. 2 Satz 4 AktG – nicht die Unwirksamkeit von Beschlüssen zur Folge. Insoweit sind frühere Auffassungen297 überholt. Der Vorstand ist nach § 104 Abs. 2 u. 3 AktG analog berechtigt (und nach § 34 GenG verpflichtet), eine gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats zu beantragen, um die Drittelmitwirkung als Leitmotiv so schnell wie möglich wiederherzustellen, wenn nicht eine GV/ Betriebsversammlung zeitnah durchgeführt wird bzw. der Vorstand eine a.o. GV/der Betriebsrat eine a.o. Betriebsversammlung einberuft. Es empfiehlt sich dennoch, vorsorglich Ersatzleute für vorzeitig ausscheidende Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen. Bei eG mit mehr als 500 Arbeitnehmern hat der Vorstand der eG dem Betriebsrat bzw. den Arbeitnehmern mitzuteilen, dass Arbeitnehmervertreter zu wählen sind. Gleiches gilt, wenn Arbeitnehmer nachzuwählen sind. Entscheidet sich die GV/VV für eine geringere Gesamtzahl, so fällt derjenige Arbeitnehmervertreter weg, der die relativ geringste Stim-
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291 Wegen der weniger strengen Regelung des § 6 Abs. 2 MitbestG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 330. 292 Hüffer AktG § 105 Rdn. 4. 293 Entgegen der 37. Aufl. zu Recht für die Anwendung Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 306; ErfK/Oetker § 5 DrittelbG; a.A. Dietz/Richardi BetrVG 1952, § 76 Anm. 27. 294 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 306. 295 Zur gerichtlichen Bestellung von Arbeitnehmervertretern BayObLG DB 1997, 2599. 296 Z.B. Angestellte von Gewerkschaften. 297 Z.B. BayObLG NJW 1954, 1001.
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menzahl hatte. Entscheidet sich die GV/VV für eine gegenüber dem Vorschlag höhere Zahl, so muss die Arbeitnehmerseite eine Nachwahl durchführen. Sind in den Betrieben des Unternehmens mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer Frauen, so soll mindestens eine von ihnen Arbeitnehmervertreterin im Aufsichtsrat sein. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat können nicht gem. § 36 Abs. 3 durch die 90 GV/VV ihres Amtes enthoben werden. Sie können vor Ablauf der Wahlzeit nur auf Antrag der Betriebsräte oder von mindestens einem Fünftel der wahlberechtigten Arbeitnehmer der Betriebe des Unternehmens durch Beschluss der wahlberechtigten Arbeitnehmer mit 3/4-Mehrheit abberufen werden (§§ 12 Abs. 1 S 1 DrittelbG, 23 Abs. 1, 2 MitbestG);298 Bei Kreditgenossenschaften kann die BaFin von der eG die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern verlangen (vgl. Rdn. 79a), dies gilt auch für die Arbeitnehmervertreter beim mitbestimmten Aufsichtsrat. Die GV/VV hat also keinen Einfluss auf die Bestellung und Abberufung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Wenn in solchen Fällen die weitere Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat für die eG nicht mehr zumutbar ist, z.B. weil der Arbeitnehmervertreter der eG durch sein Verhalten Schaden zufügt,299 so kann das Unternehmen nicht schutzlos bleiben; hier muss das gerichtliche Abberufungsverfahren entsprechend § 103 Abs. 3 AktG zulässig sein.300 Das Amt eines Arbeitnehmervertreters endet nicht durch Kündigung von Seiten der eG, grundsätzlich auch nicht bei fristloser Kündigung aus wichtigem Grund. Es muss gewährleistet bleiben, dass von Seiten des Arbeitgebers kein Einfluss auf die Dauer der Zugehörigkeit eines Arbeitnehmervertreters zum Aufsichtsrat genommen werden kann. Andererseits endet aber das Aufsichtsratsamt, wenn ein Arbeitnehmervertreter aufgrund eigener Kündigung oder Aufhebungsvereinbarung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Eine Satzungsbestimmung, die die Wählbarkeit von Personen in den Aufsichtsrat beschränkt, gilt nicht für Arbeitnehmervertreter.301 Sinkt die Zahl der Mitarbeiter unter 500, ist der Vorstand verpflichtet, das Verfahren nach § 97 AktG einzuleiten; die GV/VV kann also nicht einfach den Aufsichtsrat entsprechend der Satzung – ohne Arbeitnehmervertreter – besetzen.302 Entsprechendes muss gelten, wenn die Zahl der Mitarbeiter die Grenze von 500 übersteigt. Bis dahin verbleibt es bei der Anwendung der zuletzt angewandten gesetzlichen Vorschriften, und zwar auch dann, wenn sich alle Beteiligten einig sein sollten, andere Vorschriften anzuwenden.303 Erst wenn durch die Bekanntmachung des Vorstands (§ 97 AktG) oder im Wege eines Statusverfahrens durch gerichtliche Entscheidung (§ 98 AktG) entschieden ist, welche gesetzlichen Vorschriften künftig anzuwenden sind, wird die Satzung entsprechend angepasst und der Aufsichtsrat entsprechend zusammengesetzt. Die alten Vorschriften treten außer Kraft mit Beendigung der GV/VV, die nach Ablauf der Anrufungsfrist einberufen wird (und neue Satzungsregelungen beschlossen und die in ihrer Zuständigkeit stehenden Aufsichtsratsmitglieder gewählt hat), spätestens sechs Monate nach Ablauf dieser Frist, aber nur insoweit, als sie den nunmehr geltenden Vorschriften widersprechen. Zum selben Zeitpunkt erlischt das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder.304 Die Rechtsstellung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat ist die gleiche wie 91 die der Aufsichtsratsmitglieder, die von der GV/VV bestellt werden. Für ihre Rechte und
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Beuthien GenG § 36 Rdn. 23 a.E. Weitergabe von Betriebsgeheimnissen. Vgl. OLG Zweibrücken DB 1990, 1401. BGH DB 1963, 417. Vgl. BayObLG Urt. v. 23.4.1954 – Az. 2 Z 31/54; OLG Frankfurt Urt. v. 9.9.1954, Az. 6 W 287/54. BAG GmbHR 2008, 1039 ff.; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 91. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 91.
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Aufsichtsrat | § 36
Pflichten gelten deshalb die §§ 38 bis 41 und § 57 Abs. 2 (Unterrichtung über Beginn der Prüfung, Hinzuziehung zur Prüfung auf Verlangen). Sie sind also berechtigt, an den Sitzungen des Aufsichtsrats teilzunehmen und ihre Stimme abzugeben. Bei Bildung von Ausschüssen des Aufsichtsrats sind Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat grundsätzlich zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf Beteiligung an Ausschüssen besteht jedoch nicht. Vom Sinn her ist insb. Beteiligung in solchen Ausschüssen geboten, die sich mit sozialpolitischen oder auch mit personellen Fragen der Mitarbeiter befassen. In Abweichung vom GenG, das keine Vorschrift darüber enthält, wann und wie oft der 92 Aufsichtsrat einberufen werden muss, haben Sitzungen des Aufsichtsrats gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 S. 4 DrittelbG mindestens zweimal im Kalenderhalbjahr stattzufinden. Dabei erstreckt sich die Mitwirkung der Arbeitnehmervertreter nicht etwa nur auf sozialpolitische Fragen, sondern auf alle Angelegenheiten, die dem Aufsichtsrat als solchem durch Gesetz und Satzung zugewiesen sind. Auch hinsichtlich der Gewährung einer Vergütung sind die Arbeitnehmervertreter den anderen Aufsichtsratsmitgliedern gleichgestellt. Ihnen darf durch die Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichtsrats kein Lohnausfall entstehen. Unterschiedliche – auch pauschalierte – Sitzungsgelder können sachlich gerechtfertigt sein. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben auch die gleichen Pflichten wie die 93 übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats und haften für Pflichtverletzungen der eG gegenüber gem. § 41 persönlich und solidarisch für den dadurch entstandenen Schaden. Darüber hinaus haben sie insb. eine auch nach dem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat weitergeltende Schweigepflicht hinsichtlich aller vertraulichen Angaben, die im Hinblick auf ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat gemacht worden sind.305 Dies gilt auch gegenüber den Betriebsratsmitgliedern. Als Mitglieder des Aufsichtsrats haben die Arbeitnehmervertreter die Interessen des Unternehmens, nicht fremde Interessen zu vertreten, wobei jedoch die Interessen der Belegschaft in der Regel zugleich die Interessen der eG sein werden. Soweit Vorschriften des GenG dem DrittelbG widersprechen, ist das DrittelbG vorrangig, § 1 Abs. 3 DrittelbG. Genossenschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern müssen seit dem 30.9.2015 ver- 93a bindliche Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorstand, Aufsichtsrat und den beiden obersten Managementebenen unterhalb des Vorstands und Fristen zu deren Erreichung festlegen, vgl. hierzu § 9 Rdn. 19a. XIII. Voraussichtliche Änderungen durch das AReG Die in eckigen Klammern im Gesetzestext bereits aufgeführten geplanten Änderungen 93b beruhen auf dem RefE zum AReG. Dieses Gesetzes dient der Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie der Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, sog. Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG. Bis spätestens zum 17.6.2016 muss eine Umsetzung erfolgen, dann treten auch die unmittelbar geltenden Vorschriften der VO (EU) Nr. 537/2014 in Kraft. Deutschland hat weitestgehend von dem den Mitgliedsstaaten eingeräumten Wahlrecht nach Art. 2 der vorgenannten Verordnung Gebrauch gemacht. Damit können die Besonderheiten der Rechtsform der eG berücksichtigt werden, gleichwohl werden eG grundsätzlich den gleichen Regelungen unterworfen, allerdings unter Berücksichtigung der Rechtsformbeson-
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305 Vgl. in diesem Zusammenhang auch: BGHZ 54, 325 = BB 1975, 894 = DB 1975, 1308, m. Anm. Wessing/Hölters DB 1976, 1671 für den Aufsichtsrat einer AG.
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§ 36 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
derheiten, insbesondere der besonderen Regelung der Prüfung durch genossenschaftliche Prüfungsverbände. Der Hinweis in § 38 Abs. 4 n.F. des AReG-RefE auf die in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute dürfte ein redaktionelles Versehen sein, da weder die BaFin noch die Deutsche Bundesbank eine eG sind. Dieser Einschub wird daher voraussichtlich noch ersatzlos gestrichen werden. Die Ausweitung des Anwendungsbereiches des § 36 Absatz 4 GenG n.F. dient der Umsetzung des Art. 39 Abs. 1 Unterabs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 13 der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie. Nach Art. 2 Nr. 13 Buchstabe c der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie ist zwar grundsätzlich auch von Versicherungsunternehmen die Einsetzung eines Prüfungsausschusses zu verlangen. Allerdings können Versicherungsunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland nicht in der Rechtsform der eG betrieben werden (§§ 7 Absatz 1, 120 Absatz 1 Satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes); es sind daher keine auf Versicherungsunternehmen bezogenen Regelungen im GenG erforderlich. Darüber hinaus erscheint eine Verweisung auf die Vorgaben des § 124 Absatz 3 Satz 2 AktG zur Wahl des Abschlussprüfers entbehrlich. Artikel 39 Abs. 6 Buchstabe f der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie bedarf keiner Umsetzung im GenG, da die Entscheidung für einen Abschlussprüfer dem Grunde nach bereits mit der Mitgliedschaft in einem bestimmten Prüfungsverband getroffen ist. Die vom Prüfungsausschuss auszusprechende Empfehlung zur Bestellung des Abschlussprüfers entsprechend dem Verfahren nach Art. 16 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 greift im Übrigen bereits infolge der Ausübung des Mitgliedstaatenwahlrechts aus Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 537/ 2014 nicht.306 XIV. Europäische Genossenschaft (SCE) 94
Beim dualistischen System besteht der Aufsichtsrat einer SCE mit Sitz in Deutschland aus mindestens 3 Personen, sofern nicht die Satzung eine höhere Zahl festsetzt (§ 15 Abs. 1 S. 1 SCEAG). Die Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SCE-Beteiligungsgesetz bleibt unberührt (§ 15 Abs. 1 S. 2 SCEAG). Auf die Zusammensetzung des Aufsichtsorgans sind § 96 Abs. 2 sowie die §§ 97–99 und 104 des AktG entsprechend anzuwenden, wobei auch der SCE-Betriebsrat antragsberechtigt ist (§ 15 Abs. 2 SCEAG). 95 Beim monistischen System besteht der Verwaltungsrat aus mindestens 5 Personen bei einer SCE, die nicht mehr als 20 Mitglieder hat, aus mindestens 3 Personen (§ 19 Abs. 1 S. 1 SCEAG). Die Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SCE-Beteiligungsgesetz bleibt unberührt (§ 19 Abs. 1 S. 2 SCEAG). Auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrats sind ebenfalls die vorgenannten Vorschriften des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, wobei die dem Vorstand zugewiesenen Rechte und Pflichten vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats wahrzunehmen sind (§ 19 Abs. 2 SCEAG). Verwaltungsratsmitglieder, die von der GV ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählt worden sind, können von ihr vor Ablauf der Amtszeit mit 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen abberufen werden (§ 20 SCEAG). Bei einer kapitalmarktorientierten SCE mit Sitz in Deutschland muss mindestens ein unabhängiges Mitglied des Verwaltungsrats über Sachverstand in Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen, § 19 Abs. 1 S. 3 SCEAG. Diese Regelung entspricht § 36 Abs. 4.
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So die Gesetzesbegründung zum AReG-RefE zu Nummer 2 (§ 36 GenG), S. 40.
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Unvereinbarkeit von Ämtern | § 37
Die Mitglieder des Vorstands und des Verwaltungsrats wie auch die geschäftsführenden Direktoren (vgl. § 22 SCEAG) müssen Mitglied der SCE sein (Prinzip der Selbstorganschaft). Mangels Regelung in der SCE-VO oder dem SCEAG gilt § 9 Abs. 2 S. 1 über Art. 8 Abs. 1 lit. c Fall ii; Einzelheiten hierzu s. § 9 Rdn. 20.
§ 37 Unvereinbarkeit von Ämtern § 37 Unvereinbarkeit von Ämtern (1) Die Mitglieder des Aufsichtsrats dürfen nicht zugleich Vorstandsmitglieder, dauernde Stellvertreter der Vorstandsmitglieder, Prokuristen oder zum Betrieb des gesamten Geschäfts ermächtigte Handlungsbevollmächtigte der Genossenschaft sein. Der Aufsichtsrat kann einzelne seiner Mitglieder für einen im Voraus begrenzten Zeitraum zu Stellvertretern verhinderter Vorstandsmitglieder bestellen; während dieses Zeitraums und bis zur Erteilung der Entlastung als stellvertretendes Vorstandsmitglied darf dieses Mitglied seine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied nicht ausüben. (2) Scheiden aus dem Vorstand Mitglieder aus, so dürfen dieselben nicht vor erteilter Entlastung in den Aufsichtsrat gewählt werden.
I. II. III.
Übersicht Unvereinbarkeit des Aufsichtsratsamts mit dem Vorstandsamt | 1 Unvereinbarkeit des Aufsichtsratsamts mit einer Geschäftsführungsposition | 2–6 Zeitweilige Stellvertretung für fehlende oder verhinderte Vorstandsmitglieder | 7–23 1. Voraussetzungen | 7–8 2. Person des Stellvertreters | 9 3. Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat | 10–14 4. Rechtsstellung des Stellvertreters | 15–16
5.
Anmeldung und Eintragung im Genossenschaftsregister | 17–20 6. Anzeigepflichten nach KWG | 21 7. Auswirkungen der Vertreterbestellung auf das Aufsichtsratsmandat | 22–23 IV. Wahl ausgeschiedener Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat | 24–24a V. Wahl ausgeschiedener Aufsichtsratsmitglieder in den Vorstand | 25 VI. Rechtsnatur des § 37 | 26 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 27
I. Unvereinbarkeit des Aufsichtsratsamts mit dem Vorstandsamt Die Vorschrift wurde durch die Novelle 2006 geändert und stellt eine eigenständige 1 Regelung für eG dar.1 Sie gilt gemäß § 87 Abs. 1 auch für Liquidatoren der eG. Nach § 37 Abs. 1 S. 1 dürfen Aufsichtsratsmitglieder nicht zugleich ordentliche oder stellvertretende Vorstandsmitglieder sein. Die Vorschrift spiegelt den Grundsatz des GenG wider, dass Leitung und Aufsicht durch die beiden Organe Vorstand und Aufsichtsrat grundsätzlich streng getrennt sind (= Duales System), im Unterschied zum monistischen (Board-)System) 2 (= ein Gesamtorgan mit zwei Untergruppen für Geschäftsführung und Vertretung einerseits und Kontrolle andererseits). Die Mustersatzungen sehen für eG das in Deutschland verbreitete Duale System vor, allerdings durchbrochen in § 23 der Mustersatzungen. Hier wird der Aufsichtsrat – gemeinsam mit dem
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1 BGBl. I S. 1911; § 105 AktG enger: Beuthien GenG § 37 Rdn. 1; hierzu Schaffland/Korte NZG 2006, 253; dies. GenG S. 83. 2 Die SCE-VO sieht in Art. 36 ausdrücklich ein Wahlrecht zwischen beiden (gleichberechtigten) Systemen vor).
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§ 37 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
Vorstand – als Leitungsorgan tätig: in den dort genannten Fällen ist eine gemeinsame Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat in getrennter Abstimmung erforderlich. Aus dem Trennungsprinzip folgt, dass es insbesondere keinen Vorrang des Aufsichtsratsamts gegenüber dem Vorstandsamt gibt (näheres dazu Erl. zu § 36 Rdn. 2 ff.). Aufsichtsratsmitglieder dürfen nicht in Bereichen tätig werden, die sie zu überwachen haben.3 Geschäftsführung und Aufsicht sind streng zu trennen, da sich niemand selbst überwachen kann.4 Soweit ein Aufsichtsratsmitglied zum ordentlichen oder stellvertretenden Vorstandsmitglied bestellt wird, ist die Bestellung nur unwirksam, wenn nicht spätestens im Zeitpunkt des vorgesehenen Amtsantritts das Aufsichtsratsamt beendet ist, z.B. durch konkludierte Amtsniederlegung, denn erst dann kann der Interessenkonflikt bedeutsam werden.5 Allerdings kommt es auf die Entlastung für seine Aufsichtsratstätigkeit nicht an, dies folgt im Umkehrschluss aus § 37 Abs. 2, s. auch Rdn. 25.6 Trotz Unwirksamkeit der Bestellung zum Vorstandsmitglied muss die eG sein Handeln grundsätzlich gegen sich gelten lassen, wenn der Dritte die Unwirksamkeit der Bestellung nicht kannte.7 Ein gesetzlicher Vertreter einer Gesellschaft (z.B. eG, AG, GmbH) kann entsprechend dem Gedanken des § 100 Abs. 2 Nr. 3 AktG nicht Mitglied des Aufsichtsrats einer eG sein, wenn dem Aufsichtsrat der Kapitalgesellschaft ein Vorstandsmitglied dieser eG angehört.8 Hierzu bedarf es keiner analogen Anwendung des § 100 Abs. 2 Nr. 3 AktG; Schutzzweck des § 37 Abs. 1 ist es, Aufsicht und Leitung streng voneinander zu trennen, auch bei sog. Überkreuzverflechtungen,9 sodass sich dieses Verbot für die eG bereits aus § 37 selbst ergibt. II. Unvereinbarkeit des Aufsichtsratsamts mit einer Geschäftsführungsposition 2
Gemäß § 1 Abs. 3 DrittelbG finden die Vorschriften des GenG über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie über die Wahl und die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern keine Anwendung, soweit sie dem DrittelbG widersprechen.10 Die sachgerechte Auslegung von § 37, insbesondere des § 4 Abs. 2 DrittelbG, führt danach zu dem Ergebnis, dass § 37 Abs. 1 leitende Angestellte mit wesentlichen Aufgaben im Bereich der Geschäftsleitung, wie die dort ausdrücklich aufgeführten Prokuristen und die zum Betrieb des gesamten Geschäfts ermächtigten Handlungsbevollmächtigten, von der Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat ausschließt.11 Die Gesetzesänderung vom 18. August 2006 mit dem neuen Wortlaut des § 37 Abs. 1 erfolgte in Kenntnis des DrittelbG von 2004, dort sind
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3 Vgl. OLG Hamm ZIP 1985, 741; Beuthien GenG § 37 Rdn. 2. 4 OLG Hamm ZIP 1985, 743; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 3. 5 So auch Beuthien GenG § 37 Rdn. 2; vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 5; Müller GenG § 37 Rdn. 1 f. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 37 Rdn. 13, Beuthien GenG § 37 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 37 Rdn. 36; zum Streitstand m.w.N. s. Rdn. 25. 7 Vgl. Beuthien GenG § 37 Rdn. 2 ; Müller GenG § 37 Rdn. 1. 8 So die genossenschaftsrechtl. Literatur: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 4; Beuthien GenG § 37 Rdn. 2; a.A. teilweise die aktienrechtliche Literatur mit der (nicht überzeugenden) Begründung, die eG sei keine Kapitalgesellschaft: Henssler/Strohn § 100 AktG Rdn. 5; Hüffer AktG § 100 Rdn. 14. 9 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 3, Beuthien GenG § 37 Rdn. 2. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 20; Zur Problematik des § 37 im Mitbestimmungsrecht: Köstler Das passive Wahlrecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einer Genossenschaft unter dem Betriebsverfassungsgesetz 1952. Zum Verhältnis von § 37 GenG zu §§ 76 ff. BetrVG 1952, ZfgG 1988, 201 ff. 11 So im Grundsatz auch Köstler ZfgG 1988, 201 mit informativen Hinw. auf die Entstehungsgeschichte.
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in § 4 Abs. 2 die leitenden Angestellten nicht generell von der Wählbarkeit ausgenommen. Damit können sonstige leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG gewählt werden. Unerheblich ist, um welche Form der Prokura es sich handelt (Einzel-, Gesamt-, Filial-, Titularprokura – hierzu § 42 Rdn. 4; zur Generalhandlungsvollmacht § 42 Rdn. 18).12 Auch eine Generalvollmacht (§ 42 Rdn. 2, 19) ist unvereinbar, da sie weit über die Generalhandlungsvollmacht hinausgeht. Die Beschränkung der Unvereinbarkeit generell auf Prokuristen und Generalhandlungsbevollmächtigte unabhängig von deren tatsächlicher Möglichkeit der Einflussnahme kann in Einklang mit den Vorauflagen weiterhin nicht überzeugen. Die Vertretungsberechtigung im Außenverhältnis enthält keine Aussage, ob diese Personen überhaupt im Bereich der Geschäftsführung (Innenverhältnis) Entscheidungskompetenz haben. Und dieses ist nach dem Sinn der Kollisionsvorschriften allein entscheidend. Aus Zweckmäßigkeitserwägungen sollten allerdings Mitarbeiter der eG nicht in den Aufsichtsrat gewählt werden, die außerhalb des Vorstands Aufgaben wahrnehmen, die mit der gleichzeitigen Überwachung der Geschäftsführertätigkeit nicht vereinbar sind (z.B. für Aufgaben in der Innenrevision, der Buchführung, der Lagerkontrolle). Wird ein vom Normzweck erfasster Angestellter zum Aufsichtsratsmitglied ge- 3 wählt, ist die Bestellung nur wirksam, wenn das Dienstverhältnis spätestens im Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit beendet ist und er die Mitgliedschaft in der eG erwirbt (§ 9 Abs. 2) bzw. bereits Mitglied ist (z.B. bei Produktivgenossenschaften). Das Dienstverhältnis wird regelmäßig durch einvernehmliche Aufhebung des Dienstvertrags beendet werden,13 sofern es nicht rechtzeitig kündbar ist, denn spätestens mit dem vorgesehenen Zeitpunkt des Amtsantritts beginnen seine Organpflichten, auch wenn er sie noch nicht ausübt; Nichttätigkeit kann zu Schadensersatzpflichten führen.14 Wird ein Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter trotz des gesetzlichen Verbots in § 37 Abs. 1 gewählt, ist die Wahl nichtig (§ 134 BGB). Schließt ein Aufsichtsratsmitglied mit der eG einen Dienstvertrag ab, mit dem es in 4 den Verbotsbereich des § 37 S. 1 kommt, erlangt dieser Vertrag lediglich aufschiebende Wirksamkeit bis zur Beendigung des Aufsichtsratsamts.15 Die Amtsniederlegung hat jedoch unverzüglich zu erfolgen (Pflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds). Als Arbeitnehmervertreter können Mitarbeiter nach dem DrittelbG in den Aufsichtsrat gewählt werden; 16 § 37 Abs. 1 ist jedoch auch hier zu beachten (§ 36 Rdn. 88). Die Regelung in § 37 Abs. 1 S. 1 steht dem Abschluss eines Vertrags nicht entgegen, 5 aufgrund dessen ein Aufsichtsratsmitglied eine Tätigkeit ohne Abhängigkeit von Weisungen der eG ausübt.17 So kann zwischen einem Aufsichtsratsmitglied und der eG unter Berücksichtigung besonderer Voraussetzungen (dazu § 38 Rdn. 53) ein Vertrag geschlossen werden, durch den sich das Aufsichtsratsmitglied – etwa als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsberater – zu einer fortdauernden selbständigen Beratungstätigkeit für die eG verpflichtet.18
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12 Beuthien GenG § 37 Rdn. 2. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 16 m.w.N. 14 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 371 Rdn 16; Beuthien GenG § 37 Rdn. 2; Müller GenG § 37 Rdn. 6; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 37 Rdn. 4. 15 Vgl. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 37 Rdn. 4; Müller GenG § 37 Rdn. 5. 16 Vgl. hierzu § 36 Rdn. 88 ff. 17 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 7. 18 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 18; Müller GenG § 37 Rdn. 7; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 37 Rdn. 4.
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Nicht gesetzlich geregelt ist der Fall, dass Aufsichtsratsmitglieder auf Dauer in den Vorstand übernommen werden sollen. Erforderlich ist gleichwohl, dass diese vor Aufnahme der Vorstandstätigkeit aus dem Aufsichtsrat ausscheiden, falls erforderlich durch Amtsniederlegung. Eine vorangehende Entlastung für die Aufsichtsratstätigkeit ist für diese Fälle nicht vorgeschrieben und auch nicht erforderlich; § 37 Abs. 2 gilt nicht entsprechend, s. Rdn. 25. Entlastung für die gesamte Vorstandstätigkeit ist aber gem. § 37 Abs. 2 zwingend erforderlich, wenn nach der Tätigkeit im Vorstand wieder die Kontrolltätigkeit im Aufsichtsrat übernommen werden soll. III. Zeitweilige Stellvertretung für fehlende oder verhinderte Vorstandsmitglieder
1. Voraussetzungen. Eine zeitweilige Stellvertretung für ein Vorstandsmitglied kann erfolgen, wenn ein Vorstandsmitglied fehlt.19 Ein Fehlen ist z.B. gegeben, wenn ein Vorstandsmitglied sein Amt niederlegt, nach § 40 vorläufig aus seinem Amt abberufen wird oder stirbt.20 Ein Fehlen liegt auch dann vor, wenn die im Gesetz oder in der Satzung bestimmte Mindestzahl nicht erreicht wird. Eine zeitweilige Stellvertretung für ein Vorstandsmitglied kann auch erfolgen, wenn 8 ein Vorstandsmitglied „verhindert“ ist und keine Austragung im GenReg erfolgt. Die Verhinderung eines Vorstandsmitglieds ist gegeben, wenn dieses für eine nicht unerhebliche Zeitdauer an der Ausübung seiner Amtstätigkeit ganz oder in einem erheblichen Umfang gehindert ist.21 Dies kann z.B. bei einer langen Krankheit oder einer längeren Abwesenheit angenommen werden.22 Eine zeitweilige Stellvertretung ist auch dann möglich, wenn die im Gesetz oder der Satzung vorgesehene Mindestzahl – ohne Berücksichtigung der „verhinderten“ Vorstandsmitglieder – nicht erreicht wird, im letzteren Fall auch, wenn die verbleibenden Vorstandsmitglieder zur Geschäftsführung und Vertretung der eG ausreichen.23 7
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2. Person des Stellvertreters. Aufgrund der Regelung in § 37 Abs. 1 S. 2 kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von fehlenden oder verhinderten Vorstandsmitgliedern bestellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Aufsichtsrat bei der Bestellung eines Stellvertreters auf seine Mitglieder beschränkt ist.24
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3. Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat. Die Bestellung erfolgt durch den Aufsichtsrat, auch wenn er satzungsgemäß nicht für die Bestellung der Vorstandsmitglieder zuständig ist. Diese Kompetenz folgt unmittelbar aus § 37 Abs. 1 S. 2.25 Für den Aufsichtsrat gelten dabei die allgemeinen Regeln für Beschlussfähigkeit und Beschlussmehrheit.26 Die Bestellung kann (im Unterschied zu einem etwaig abzuschließenden
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19 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 9 f. 20 Vgl. in diesem Zusammenhang Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 25; Beuthien GenG § 37 Rdn. 3; Müller GenG § 37 Rdn. 10. 21 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 11. 22 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 26; Müller GenG § 37 Rdn. 11. 23 Wie hier Hüffer AktG, § 105 Rdn. 7; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 25: Ausnutzung der Höchstzahl nicht zwingend. 24 OGHZ 1, 370 = ZfgG 55, 241 Nr. 27 = GW 1950, 164; nahezu einhellige Meinung in der Literatur mit Ausnahme Müller GenG § 37 Rdn. 15a: nur Aufsichtsratsmitglieder. 25 „Der Aufsichtsrat kann einzelne seiner Mitglieder … zu Stellvertretern verhinderter Vorstandsmitglieder bestellen.“ 26 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 16.
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Dienstvertrag) nicht auf einen Ausschuss des Aufsichtsrats übertragen werden, da hier eine Organstellung begründet wird, die zu beschließen dem Gesamtaufsichtsrat vorbehalten ist.27 Die Bestellung zum zeitweiligen Stellvertreter ist nur im konkreten Fehlens- oder Verhinderungsfall (vgl. Rdn. 7 und 8) zulässig. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Fehlen oder die Verhinderung des Vorstandsmitglieds bereits im Zeitpunkt der Bestellung eines Stellvertreters eingetreten sein muss. Es genügt vielmehr, dass der Eintritt des Fehlens oder der Verhinderung des Vorstandsmitglieds mit Sicherheit zu erwarten ist und dass die Bestellung des Stellvertreters für diesen Zeitpunkt wirksam werden soll.28 Unzulässig ist es also, einen „Vorrats-Stellvertreter“ für künftige mögliche Fehlens- oder Verhinderungsfälle zu bestellen.29 Die Bestellung darf nur für einen im Voraus begrenzten Zeitraum erfolgen. Dies bedeutet, dass eine kalendermäßig bestimmte oder wenigstens bestimmbare Amtsdauer30 vorgesehen werden muss, z.B. „für 6 Monate“ oder „bis zum 31.12.“ oder „bis zum Ende des Geschäftsjahres“.31 Eine Bestellung „für die Dauer des Fehlens“ oder „für die Dauer der Verhinderung“ stellt keine Bestellung für einen im Voraus begrenzten Zeitraum dar; der Zeitraum, für den die Bestellung erfolgt ist, wäre erst am Ende abzusehen.32 Bei einer Fortdauer des Fehlens oder der Verhinderung des Vorstandsmitglieds im Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit des Stellvertreters kann eine kalendermäßig bestimmte oder wenigstens bestimmbare weitere Amtsdauer vorgesehen werden.33 Eine Delegierung in den Vorstand „bis zur nächsten GV/VV“ ist dann zulässig, wenn der Termin der GV/VV bereits festliegt. Die Bestellfrist sollte ein Jahr nicht überschreiten (strenger § 105 Abs. 2 S. 2 AktG).34 Die Bestellung kann auch erfolgen, wenn dadurch der Aufsichtsrat beschlussunfähig wird.35 Die ungestörte Geschäftsführung und die notwendige gesetzliche Vertretung der eG sind wichtiger als die Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrats, der nicht jederzeit tätig zu sein braucht.36 Bei einer Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrats kann in entsprechender Anwendung des § 29 BGB die gerichtliche Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds für die Dauer der Abordnung in den Vorstand in Frage kommen.37 In der Praxis wird hier die Bestellung eines Dritten vorzuziehen sein. Die Bestellung ist unwirksam, wenn das Fehlen oder die Verhinderung eines Vorstandsmitglieds nicht vorgelegen hat oder wenn ein begrenzter Zeitraum der Bestellung in den Vorstand nicht festgelegt wurde.38 Nur dies entspricht der ratio legis eines eng zu interpretierenden Sondertatbestands.
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4. Rechtsstellung des Stellvertreters. Der Stellvertreter erlangt die Rechtsstel- 15 lung des Vorstandsmitglieds, zu dessen Vertretung er bestellt wurde. Seine Geschäfts-
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27 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 337. 28 Vgl. Beuthien GenG § 37 Rdn. 3; Müller GenG § 37 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 28. 29 Vgl. KWJ 15, 30; KWJ 20, 165; Beuthien ebd.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 28. 30 Z.B. „bis zum 30. Juni“; oder „auf die Dauer von drei Monaten“. 31 Vgl. in diesem Zusammenhang: Müller GenG § 37 Rdn. 19; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 29. 32 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 19. 33 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 19. 34 Beuthien GenG § 37 Rdn. 3. 35 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 15 m.w.N. 36 Vgl. RG JW 1930, 1413. 37 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 15. 38 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 16.
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führungs- und Vertretungsbefugnis richtet sich im Zweifel also nach der des vertretenen Vorstandsmitglieds, es sei denn, es wird etwas anderes festgelegt.39 Das Amt des Stellvertreters endet auf jeden Fall mit dem Ablauf der Zeit, für die 16 die Bestellung erfolgte. Das Amt des Stellvertreters endet weiterhin mit Ablauf des Zeitraums, für den das (bisher) fehlende Vorstandsmitglied bestellt ist oder wenn die Verhinderung des (vertretenen) Vorstandsmitglieds wegfällt. Es endet auch, wenn das Amt des Aufsichtsrats während der Dauer der Bestellung zum Stellvertreter endet. 40 Die Amtsdauer des Aufsichtsratsmandats verlängert sich nicht um den Zeitraum, für den der Stellvertreter bestellt wurde. Im Übrigen ist die Bestellung jederzeit durch den Aufsichtsrat widerruflich (vgl. Rdn. 10).41 Sie kann auch für einen weiteren im Voraus begrenzten Zeitraum (Rdn. 12) verlängert werden. Als Stellvertreter nimmt er in seiner Vorstandseigenschaft an den Aufsichtsratssitzungen teil, ein Recht auf Sitzungsgeld steht ihm nicht mehr zu, auch nicht eine etwaig vereinbarte Vergütung als Aufsichtsratsmitglied, da er die zugrunde liegende Leistung nicht mehr erbringt.42 An dessen Stelle muss ggf. eine Vergütungsvereinbarung des Aufsichtsrats (oder seines Personalausschusses) mit dem stellvertretenden Vorstandsmitglied für die Dauer der Vertretungstätigkeit treten; nach Beendigung der Vertretungstätigkeit und dem Wiederaufleben der Aufsichtsratsfunktion leben die Aufsichtsratsvergütungen wieder auf. 5. Anmeldung und Eintragung im Genossenschaftsregister. Die Bestellung zum Stellvertreter eines Vorstandsmitglieds ist zum Genossenschaftsregister anzumelden (§ 28 Satz 1). Nach § 157 GenG i.V.m. § 6 GenRegV ist die Anmeldung elektronisch in öffentlich beglaubigter Form vorzunehmen. Der Anmeldung ist das entsprechende Aufsichtsratsprotokoll in Urschrift oder einfacher Abschrift beizufügen.43 Die Anmeldung hat durch in der nach der Satzung zur gesetzlichen Vertretung erforderlichen Zahl der Vorstandsmitglieder, die im Zeitpunkt der Anmeldung im Amt sind, zu erfolgen. Auch kann der Vorstandsstellvertreter bei der Anmeldung bereits mitwirken. Das Registergericht hat zu prüfen, ob die Anmeldung der Bestellung zum Vorstands18 stellvertreter durch vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder erfolgt ist.44 Das Registergericht hat weiterhin zu prüfen, ob ein ordnungsgemäßer Beschluss des Aufsichtsrats über die zeitlich im Voraus begrenzte Bestellung des Vorstandsstellvertreters vorliegt.45 Das Registergericht braucht nicht zu untersuchen, ob das Vorstandsmitglied, das vertreten werden soll, wirklich fehlt oder verhindert ist; hat das Registergericht jedoch Zweifel an dem Fehlen oder der Verhinderung, so kann es den jeweiligen Nachweis verlangen.46 Der Zeitraum der Bestellung zum Vorstandsstellvertreter ist nach Wortlaut und Sinn 19 der Vorschrift aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit im Genossenschaftsregister einzutragen.47 17
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39 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 33; Müller GenG § 37 Rdn. 21; vgl. Heidbüchel WM 2004, 1320 f. 40 Heidbüchel WM 2004, 1320. 41 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 35. 42 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 38. 43 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 28 Rdn. 39. 44 KGJ 40, 78; Müller GenG § 37 Rdn. 27. 45 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 27. 46 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 40; Heidbüchel WM 2004, 1320; Müller GenG § 37 Rdn. 27. 47 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 24; a.A. Beuthien GenG § 37 Rdn. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 41.
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Soweit die Bestellung des Vorstandsstellvertreters im Genossenschaftsregister einge- 20 tragen ist, kommt der Schutz des gutgläubigen Rechtsverkehrs nach Maßgabe des § 29 zum Zuge. 6. Anzeigepflichten nach KWG. Die Regelungen des § 24 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 KWG 21 gelten auch für die vom Aufsichtsrat bestellten stellvertretenden Vorstandsmitglieder. So haben Kreditgenossenschaften und WohnGen mit Spareinrichtung die vom Aufsichtsrat vorgenommene Bestellung und Abberufung eines hauptamtlichen Vorstandsstellvertreters ihrem genossenschaftlichen Prüfungsverband in dreifacher Ausfertigung anzuzeigen (§ 1 Abs. 2 AnzV). Der Prüfungsverband leitet je eine Ausfertigung der Anzeige nebst Unterlagen an die BaFin und eine Ausfertigung an die zuständige Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank mit seiner Stellungnahme weiter. In der Anzeige über die Bestellung sind sämtliche Tatsachen mitzuteilen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung des Vorstandsstellvertreters als Geschäftsleiter der Bank wesentlich sind.48 Bei ehrenamtlichen und nebenberuflichen Geschäftsleitern gelten grundsätzlich die gleichen Bestimmungen, insbesondere wenn diese an die Stelle eines hauptamtlichen Vorstandsmitglieds zur Erfüllung des Vier-Augen-Prinzips treten sollen. Lediglich hinsichtlich der Weiterleitung der Anzeigen nebst Unterlagen sind in besonderen Fällen in der Praxis Erleichterungen seitens der BaFin durch das BAK-Schreiben vom 1. September 1976, Az. I 3 – 271 – 3/7049 gestattet worden, die auch in der heutigen Verwaltungspraxis noch gültig sind.50 Danach sind Anzeigen von den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden nur für solche Geschäftsleiter an die BaFin weiterzuleiten: 1. … (gegenstandslos) 2. die bei einem hauptamtlich geleiteten Kreditinstitut neben den hauptamtlichen Geschäftsleitern tätigen sonstigen Geschäftsleitern im Vorstand sind und a) ihre Eignung aus sonstigen Gründen zweifelhaft erscheint51 oder b) … 3. die Geschäftsleiter ihre Vorstandsfunktion zwar ehrenamtlich ausführen, daneben aber auf Grund eines Anstellungsvertrages oder in sonstiger Weise für das Kreditinstitut tätig sind. Diese den Verwaltungsaufwand entlastende Regelung entbindet den zuständigen genossenschaftlichen Prüfungsverband nicht von seiner eigenen Prüfung der ihm eingereichten Unterlagen, die ggf. Anlass zu weiteren Schritten des Prüfungsverbands52 geben können.53 7. Auswirkungen der Vertreterbestellung auf das Aufsichtsratsmandat. Der 22 Vorstandsstellvertreter bleibt während dieser Tätigkeit Mitglied des Aufsichtsrats.54 Er darf jedoch keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ausüben.55 Sein Aufsichtsratsamt ruht (aber keine Verlängerung der Amtsdauer als Aufsichtsrat für den Ruhenszeitraum,
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48 Vgl. § 5 Anzeigenverordnung v. 19.12.2006 (BGBl. I S. 3245), zuletzt d. Art. 2 Abs. 40 des G. v. 1.4.2015 (BGBl. I S. 434) geändert. 49 Abgedruckt bei Reischauer/Kleinhans § 24 Rdn. 21. 50 Vgl. Reischauer/Kleinhans § 24 Rdn. 21. 51 Hier ist insb. an das Fehlen der Voraussetzungen gem. § 33 Abs. 1 Nr. 2 KWG gedacht. 52 Z.B. Kontaktaufnahme mit der BaFin. 53 Vgl. i.E. Reischauer/Kleinhans § 24 Rdn. 21; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 47. 54 Vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 30; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 3. 55 Vgl. § 37 Abs. 1 S. 2 2. Halbsatz.
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s. Rdn. 16), soweit er Handlungen in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied vornimmt, sind diese rechtlich unwirksam.56 Das Verbot, während der Vorstandsstellvertretung Aufsichtsratstätigkeit auszu23 üben, beginnt spätestens mit dem vorgesehenen Zeitpunkt des Amtsantritts.57 Das Verbot endet, wenn die GV/VV den Vorstandsstellvertreter für die gesamte Dauer seiner stellvertretenden Tätigkeit im Vorstand entlastet hat. Dies bedeutet, dass sich die Entlastung ggf. auch auf das Rumpfgeschäftsjahr bis zu GV/VV beziehen muss. Für die Entlastung hinsichtlich des Rumpfgeschäftsjahrs braucht nicht notwendigerweise eine Zwischenbilanz aufgestellt zu werden.58 Es genügt, wenn der GV/VV ausreichend über die Tätigkeiten während des Entlastungszeitraums berichtet wird, ggf. ergänzt durch die Erklärung seitens der Organe der eG oder des Prüfungsverbands, dass nichts bekannt geworden sei, was der Entlastung entgegenstehen könne (s. auch Rdn. 24). Soweit eine Entlastung nicht oder noch nicht erfolgt ist und gleichwohl Aufsichtsratstätigkeit ausgeübt wird, so ist diese Tätigkeit rechtlich unwirksam. Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 1 S. 2 2. Halbsatz; darin ist – sprachlich unklar – festgelegt, dass bis zur erteilten Entlastung Aufsichtsratstätigkeit nicht ausgeübt werden darf. IV. Wahl ausgeschiedener Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsrat 24
Nach § 37 Abs. 2 dürfen keine im Amt befindlichen, nur ausgeschiedene Vorstandsmitglieder und diese nur nach ihrer Entlastung durch die GV/VV in den Aufsichtsrat gewählt werden. Die Gesetzesformulierung „dürfen“ ist ungenau; eine Wahl in den Aufsichtsrat entgegen dieser Vorschrift wäre nichtig.59 Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Ausgeschieden bedeutet, dass das Vorstandsamt beendet sein muss spätestens im Zeitpunkt der Annahme der Wahl, nicht zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied; Letzteres wäre zu ungenau und damit nicht rechtssicher – auch im Hinblick auf eine etwaige Nichtigkeitsklage. Bei ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern, die in der Regel durch die GV/ VV gewählt werden, liegt in der Annahme der Wahl die konkludent erklärte Amtsniederlegung. Bei hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern, die in der Praxis meist vom Aufsichtsrat bestellt werden, wird regelmäßig vorher eine Aufhebungsvereinbarung auf den Zeitpunkt der Annahme der Wahl getroffen worden sein; eine einseitige Erklärung der (hierfür nicht zuständigen) GV/VV oder eine außerordentliche Kündigung des Vorstandsmitglieds (wegen Fehlens eines wichtigen Grundes) genügt nicht.60 Entlastung nach der Wahl führt nicht zu deren Wirksamkeit.61 Eine Ausnahme besteht, wenn in derselben GV/VV zuerst gewählt und angenommen und danach entlastet wird, alles andere wäre ein übertriebener Rechtsformalismus.62 Es empfiehlt sich aus
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56 BGH NJW 1974, 278; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 36; vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 30. 57 A.A. Müller GenG § 37 Rdn. 31, der der Auffassung ist, das Tätigkeitsverbot im Aufsichtsrat beginne, nachdem der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsstellvertreter beschlossen und der Vorstandsstellvertreter die Bestellung angenommen habe. 58 Beuthien GenG § 37 Rdn. 3. 59 Zutreffend Beuthien GenG § 37 Rdn. 4; ders. Ausführlicher in ZfgG 1979, 158 ff.; so im Ergebnis auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 5, der bei seinem Hinweis auf die unzutreffende Auffassung von uns in Rdn. 3 übersieht, dass diese sich auf die Wahl von Angestellten der eG bezieht. 60 Zum Vorstehenden vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 5; ohne Differenzierung zwischen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern Müller GenG § 37 Rdn. 2. 61 Beuthien GenG § 37 Rdn. 4; ders. ZfgG 1979, 158; a.A. Müller GenG § 37 Rdn. 36, der Entlastung zwischen Wahl und Wahlannahme als ausreichend ansieht. 62 So zutreffend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 9.
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Rechtssicherheitsgründen, die Tagesordnung so zu fassen, dass die Entlastung zuerst beschlossen wird. Die Entlastung muss sich auch auf das Rumpfgeschäftsjahr bis zur Entlastung erteilenden GV/VV beziehen. Für das Rumpfgeschäftsjahr braucht nicht notwendigerweise eine Zwischenbilanz aufgestellt zu werden.63 Voraussetzung einer Entlastung ist angemessene Unterrichtung der GV/VV über den Entlastungszeitraum. Dies kann z.B. durch mündliche Erklärung des Aufsichtsratsvorsitzenden und durch entsprechende Hinweise des Prüfungsverbands, z.B. aufgrund einer Zwischenprüfung, geschehen. Es kann u.U. der Hinweis genügen, dass keine Umstände bekannt geworden seien, die einer Entlastung entgegenstehen.64 Eine nachträgliche Entlastung heilt die Nichtigkeit der Wahl nicht.65 Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Ausübung der Aufsichtsratsfunktion an, sondern auch hier auf den Zeitpunkt der Annahme der Wahl.66 Wird das ehemalige Vorstandsmitglied ohne Entlastung im Aufsichtsrat tätig, sind dessen Rechtshandlungen unwirksam, Beschlüsse aber nur dann, wenn die Stimme dieses Mitglieds den Ausschlag gegeben hat. Soll im Zusammenhang mit einer Fusion ein bisheriges Vorstandsmitglied in den 24a Aufsichtsrat der übernehmenden eG gewählt werden, ist auch hier eine Entlastung für den gesamten Zeitraum der Vorstandstätigkeit erforderlich. Dies dürfte in aller Regel der Zeitpunkt bis zum Wirksamwerden der Fusion durch Eintragung im Register der übertragenden eG sein. Zuständig für die Entlastung ist dann insoweit die GV/VV der übernehmenden eG.67 Denkbar ist in diesen Fällen, dass die Wahl in den Aufsichtsrat der übernehmenden eG mit der Maßgabe erfolgt, dass eine vollständige Entlastung für die Vorstandstätigkeit bei der übertragenden eG erfolgt ist, dies ist dann regelmäßig die nächste ordentliche GV/VV der übernehmenden eG. Mit der Entlastung des Vorstandes in dieser GV/VV ist dann konkludent auch die Entlastung der Vorstandsmitglieder für die Zeit bis zur Eintragung der Verschmelzung verbunden. In vielen Fällen wird zwar eine Entlastung bis zur über die Verschmelzung beschließenden GV/VV möglich sein, da jedoch der Zeitpunkt der Eintragung in der Zukunft liegt, kann jedenfalls für diesen Zeitraum keine Entlastung erteilt werden. Der Gewählte ist dann noch nicht Vorstandsmitglied, er nimmt als Gast teil, vgl. dazu auch § 24 Rdn. 41. V. Wahl ausgeschiedener Aufsichtsratsmitglieder in den Vorstand Soll ein ausgeschiedenes Aufsichtsratsmitglied in den Vorstand gewählt wer- 25 den, so findet die Regelung des § 37 Abs. 2 keine – auch keine entsprechende – Anwendung.68 Dies ergibt sich daraus, dass § 37 Abs. 2 ausdrücklich nur die Wahl eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat regelt, obwohl der Gesetzgeber – wie sich aus § 37 Abs. 1 S. 2 ergibt – auch den umgekehrten Fall, nämlich die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand, gesehen hat. Ein etwaiger Interessenkonflikt ist vernachlässigbar, das nunmehrige Vorstandsmitglied kann zwar seine bisherige Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beurteilen,69 dies geschähe jedoch nur zum Wohle der eG. Es empfiehlt sich jedoch – aus Gründen der klaren Funktionstrennung –, vorher eine umfassende Entlas-
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63 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 8; Beuthien GenG § 37 Rdn. 4. 64 Vgl. auch OLG Kiel BlfG 38, 458; Beuthien ZfgG 1979, 156; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 8. 65 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 10; Beuthien ZfgG 1979, 157, 158. 66 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 6; Beuthien GenG § 37 Rdn. 3; ders. ZfgG 1979, 157. 67 A.A. mit nicht überzeugenden Gründen OLG München DB 2001, 524. 68 Beuthien GenG § 36 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 37 Rdn. 36. 69 A.A. Beuthien GenG § 37 Rdn. 4.
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tung vorzunehmen, so die Mustersatzungen. Im Übrigen liegt in der Annahme der Wahl die konkludent erklärte Niederlegung des Aufsichtsratsamts.70 VI. Rechtsnatur des § 37 26
Die Regelung in § 37 ist zwingendes Recht.71 Die Regelung in § 37 Abs. 1 S. 2 ist insoweit nicht zwingendes Recht, als satzungsmäßig die Befugnis des Aufsichtsrats zur Entsendung eines Vorstandsstellvertreters beschränkt oder auch ausgeschlossen werden kann.72 Die Satzung kann jedoch die Befugnisse des Aufsichtsrats nicht erweitern, indem sie diesem auch ohne Vorliegen des Fehlens oder der Verhinderung eines Vorstandsmitglieds ein Entsendungsrecht einräumt.73 VII. Europäische Genossenschaft (SCE)
27
Beim dualistischen System (Art. 37–41 u. Art. 45–51 SCE-VO) gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Art. 37 Abs. 3 S. 1 SCE-VO regelt wie § 37 Abs. 1 S. 1 die Inkompatibilität: niemand darf zugleich Mitglied des Leitungsorgans (Vorstand) und Mitglied des Aufsichtsorgans der SCE (Aufsichtsrat) sein; Schutzzweck ist auch hier, dass der Aufsichtsrat nicht in dem Bereich tätig sein darf, den er beaufsichtigen soll. Für eine SCE mit Sitz in Deutschland regelt § 13 SCEAG, dass die Wahrnehmung der Aufgaben eines Mitglieds des Leitungsorgans nach Art. 37 Abs. 3 S. 2 SCE-VO nur für einen im Voraus begrenzten Zeitraum zulässig ist, damit wird § 37 Abs. 1 Satz 2 inhaltlich übernommen. Bei einer SCE mit Sitz in Deutschland dürfen Vorstandsmitglieder erst nach vollständiger Entlastung für deren Tätigkeit in den Aufsichtsrat gewählt werden, § 37 Abs. 2 gilt ergänzend über Art. 8 SCE-VO (vgl. dazu Einf. Rdn. 41), der mangels besonderer Reglungen auf das für eG geltende Recht verweist. Beim monistischen System passt § 37 naturgemäß nicht.
§ 38 Aufgaben des Aufsichtsrats § 38 Aufgaben des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat hat den Vorstand bei dessen Geschäftsführung zu überwachen. Er kann zu diesem Zweck von dem Vorstand jederzeit Auskünfte über alle Angelegenheiten der Genossenschaft verlangen und die Bücher und Schriften der Genossenschaft sowie den Bestand der Genossenschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren einsehen und prüfen. Er kann einzelne seiner Mitglieder beauftragen, die Einsichtnahme und Prüfung durchzuführen. Auch ein einzelnes Mitglied des Aufsichtsrats kann Auskünfte, jedoch nur an den Aufsichtsrat, verlangen. Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Vorschlag für die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung des Jahresfehlbetrags zu prüfen; über das Ergebnis der Prüfung hat er der Generalversammlung vor der Feststellung des Jahresabschlusses zu berichten.
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70 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rn. 11; Beuthien GenG § 37 Rdn. 4; Müller GenG § 37 Rdn. 1. 71 RG JW 1931, 2985; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 2; Beuthien GenG § 37 Rdn. 1; vgl. Müller GenG § 37 Rdn. 8. 72 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 37 Rdn. 2; Müller GenG § 37 Rdn. 17. 73 Bauer ebd.; Müller ebd.
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(1a) Der Aufsichtsrat kann einen Prüfungsausschuss bestellen, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses sowie der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems befasst. [Der Aufsichtsrat kann einen Prüfungsausschuss bestellen, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses sowie der Gewährleistung von dessen ordnungsgemäßem Ablauf, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung befasst.]1 Richtet der Aufsichtsrat einer Genossenschaft, die kapitalmarktorientiert im Sinne des § 267d des Handelsgesetzbuchs ist, einen Prüfungsausschuss ein, so muss diesem mindestens ein Mitglied angehören, welches die Voraussetzungen des § 36 Abs. 4 erfüllt. [Richtet der Aufsichtsrat einer Genossenschaft, die kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d des Handelsgesetzbuchs oder die CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute, ist, einen Prüfungsausschuss ein, so muss dieser die Voraussetzungen des § 36 Absatz 4 erfüllen. Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 77) findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die Erklärung bezogen auf die gesetzlichen Vertreter des Verbandes und die vom Verband beschäftigten Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können, abzugeben ist.]2 (2) Der Aufsichtsrat hat eine Generalversammlung einzuberufen, wenn dies im Interesse der Genossenschaft erforderlich ist. Ist nach der Satzung kein Aufsichtsrat zu bilden, gilt § 44. (3) Weitere Aufgaben des Aufsichtsrats werden durch die Satzung bestimmt. (4) Die Mitglieder des Aufsichtsrats können ihre Aufgaben nicht durch andere Personen wahrnehmen lassen.
I.
Übersicht Überwachungspflicht des Aufsichtsrats | 1–27 1. Umfang der Überwachung | 1–1a 2. Verfahren der Überwachung | 2 3. Mittel der Überwachung | 3–27 a) Überwachung durch Würdigung der Berichterstattung des Vorstands | 3–10 b) Überwachung durch Einsichtnahme in die Unterlagen der eG | 11–15 c) Überwachung durch Untersuchung der Betriebsgegenstände | 16–18
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d)
II.
Hinweise zur praktischen Durchführung der Inventur | 18a–19 aa) Allgemeine Hinweise | 18a bb) Besonderheiten der permanenten Inventur | 18b e) Überwachung durch Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichtes und der Vorschläge des Vorstands über die Gewinnund Verlustverteilung | 20–27 Einberufung der GV/VV durch den Aufsichtsrat | 28–29
1 Voraussichtliche Neufassung von Abs. 1a S. 1 durch Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG), RefE Art. 9 Nr. 3, S. 14; vgl. dazu die Kommentierung unter § 38 IX. Voraussichtliche Änderungen durch das AReG Rdn. 55a. 2 Siehe ebenda AReG-RefE Art. 9 Nr. 3. S. 14 u. 15.; vgl. dazu die Kommentierung unter § 38 IX. Voraussichtliche Änderungen durch das AReG Rdn. 55b.
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§ 38 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
III. IV. V.
Zuweisung von Aufgaben durch das Gesetz | 29a Zuweisung von Aufgaben durch die Satzung | 30–37 Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats | 38–52a 1. Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats durch den Aufsichtsrat als Organ | 38 2. Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder | 39–40 3. Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats durch AufsichtsratsAusschüsse | 41–52
4. Gruppenvorbesprechungen | 52a Wahrnehmung von Aufgaben des Aufsichtsrats durch Dritte; Beratungsverträge | 53 VII. Verletzung der Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats | 54 VIII. Corporate Governance Kodex für eG | 55 IX. Voraussichtliche Änderungen durch das AReG | 55a–55b X. Europäische Genossenschaft (SCE) | 56–58 VI.
I. Überwachungspflicht des Aufsichtsrats 1
1. Umfang der Überwachung. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 hat der Aufsichtsrat den Vorstand bei seiner Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung, obwohl diese Wörter durch Novelle 2006 gestrichen worden sind, zu überwachen und sich zu dem Zweck über alle Angelegenheiten der eG zu unterrichten.3 Die Überwachung ist der Ausgleich für die eigenverantwortliche Leitung der eG durch den Vorstand. Der Aufsichtsrat nimmt sie als Kollegialorgan eigenverantwortlich wahr (zu Ausschüssen siehe Rdn. 41 bis 52a, zur Unterstützung durch Dritte und Beraterverträgen siehe Rdn. 53). Er ist nicht an Weisungen der GV/VV gebunden.4 Andererseits ist er auch nicht gegenüber dem Vorstand weisungsbefugt (siehe § 27 Abs. 1).5 Die Überwachung erfasst den gesamten Bereich der Geschäftsführung (Geschäftsführungsaufsicht).6 Dies bedeutet, dass sich die Überwachung erstreckt auf:7 – die Erfüllung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben, insb. die Erfüllung des Förderauftrags,8 – die Einhaltung der Geschäftsordnung,9 – die Organisation der eG,10 insbesondere ob der Vorstand – auch über geeignete Regelungen zur Steuerung, Überwachung und Kontrolle der Risiken unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sowie über angemessene Regelungen verfügt, anhand deren sich die finanzielle Lage des Unternehmens mit
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3 Beuthien GenG § 38 Rdn. 3; Cario in Festschrift für Schaffland S. 117; zu grundsätzlichen Fragen der Unternehmenskontrolle durch den Aufsichtsrat s. Erl. zu § 36 Rdn. 1 ff. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 12. 5 Cario in Festschrift für Schaffland S. 117. 6 Vgl. Beuthien GenG § 38 Rdn. 2 ff. Potthoff/Trescher S. 89 ff.; Paulsen S. 33. 7 Siehe hierzu § 2 Abs. 2 der Mustergeschäftsordnung des Aufsichtsrats und Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Aufl. 2015, Hrsg. vom DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin, und vom Deutschen Genossenschafts-Verlag eG, Wiesbaden, dort insb. A. Überblick über die Tätigkeit des Aufsichtsrats, insb. II. Praktische Fragen, 1. Gegenstände der Überwachung Rdn. E 40 ff. 8 BGHZ 114, 127 = NJW 1991, 1830; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 18; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; Höhn Brevier S. 88; vgl. auch Lutter/Krieger/Verse Rdn. 72. 9 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 72. 10 Vgl. Höhn Brevier S. 88 und 91 ff.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 20; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5.
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hinreichender Genauigkeit bestimmen lässt. Bei Kreditgenossenschaften11 hat der Aufsichtsrat die MaRisk, die Mindestanforderungen an das Risikomanagement,12 als Grundlage für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben zu beachten.13 Ein angemessenes und wirksames Risikomanagement umfasst unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit insbesondere die Festlegung von Strategien sowie die Einrichtung interner Kontrollverfahren. Das interne Kontrollsystem umfasst insbesondere Regelungen zur Aufbau- und Ablauforganisation und Prozesse zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung sowie Kommunikation der Risiken (Risikosteuerungs- und -controllingprozesse). Das Risikomanagement schafft eine Grundlage für die sachgerechte Wahrnehmung der Überwachungsfunktionen des Aufsichtsrats, folgerichtig muss der Aufsichtsrat angemessen eingebunden werden (hierzu Rdn. 10). Nach § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 KWG muss bei Kreditgenossenschaften das interne Kontrollsystem insbesondere aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen mit klarer Abgrenzung der Verantwortungsbereiche, Prozesse zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung sowie Überwachung und Kommunikation der Risiken entsprechend den in Titel VII Kapitel 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt II der Richtlinie 2013/36/EU niedergelegten Kriterien und eine Risikocontrolling-Funktion und eine Compliance-Funktion umfassen; die grundsätzlichen unternehmerischen Entscheidungen,14 insbesondere die allgemeine Geschäftspolitik, kurz-, mittel- und langfristige Unternehmensplanung (Unternehmensstrategie), 15 Finanzpolitik, Rechnungswesen 16 Investitionspolitik (Bauten, technische Ausstattung), Personalplanung- und Sozialpolitik einschl. Weiterbildung der Mitarbeiter,17 Einführung neuer bzw. Aufgabe bisheriger Geschäftszweige, Errichtung neuer bzw. Aufgabe bestehender Niederlassungen,18 die Finanz- Ertrags- und Vermögenslage, auch Sicherung der Liquidität,19 die Risikostruktur der Genossenschaft, die laufende Geschäftsführung,20 Wahrnehmung der Führungsaufgaben und die unternehmerische Leistung,21
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11 Übersicht der Aufgaben eines Aufsichtsrat in einer Kreditgenossenschaft bei Hölscher/Dähne BI 03/15, 68 ff. 12 Vgl. für Kreditgenossenschaften § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWG sowie die Verlautbarung der BaFin „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MaRisk) in der Fassung vom 14.12.2012. 13 Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Aufl. 2015, Hrsg. vom DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin, und vom Deutschen Genossenschafts-Verlag eG, Wiesbaden, dort insb. A. Überblick über die Tätigkeit des Aufsichtsrats, insb. II. Praktische Fragen, 1. Gegenstände der Überwachung. Rdn. E 40 ff.; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5. 14 Z.B. allgemeine Geschäftspolitik, Investitionspolitik, Personalpolitik, Einführung neuer bzw. Aufgabe bisheriger Geschäftszweige, Errichtung und Schließung von Zweigniederlassungen usw. (vgl. Höhn Brevier, S. 88 und 99 ff.; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5). 15 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 81. 16 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 81 ff. 17 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 84. 18 BGHZ 114, 127, 130 = BGH NJW 1991, 1830; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 22; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; Müller GenG § 38 Rdn. 5, 8; Höhn S. 88, 99 ff. 19 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 89. 20 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 23; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; Frankenberger/Gschrey/ Bauer S. 47; Höhn Brevier, S. 88 und 103 f. 21 Z.B. Förderung der Mitarbeiter, Festlegung von Einzelzielen für die Leiter der einzelnen Ressorts, Kontrolle über die Leiter der einzelnen Ressorts usw. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 24 und 27; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 47; Höhn Brevier, S. 88 und 109 ff.
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bei Kreditgenossenschaften das Kreditgeschäft, die Kreditsicherungen und die Beachtung des KWG (§ 25d Abs. 6 KWG) sowie die Einhaltung der Bestimmungen der Sicherungseinrichtungen des BVR (§ 22 Abs. 1 der Mustersatzung). Mit Inkrafttreten des Einlagensicherungsgesetzes (EinSiG) am 1. Juli 2015 trat neben die Sicherungseinrichtung eine BVR Institutssicherung GmbH (BVR-ISG), die die gesetzlichen Pflichten des EinSiG erfüllt (sog. Duales System); sie wurde von der BaFin als Einlagensicherungssystem i.S.d. § 43 EinSiG anerkannt.22 Alle Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats erstrecken sich seitdem auf beide Sicherungssysteme. die beabsichtigte Geschäftspolitik und grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung,23 die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der eG zu Tochtergesellschaften sowie der Geschäftsvorfälle, die die wirtschaftliche Lage der eG erheblich beeinflussen können. Der Aufsichtsrat hat jedoch nur dann einen Anspruch auf Berichterstattung und Einsicht in die Unterlagen, wenn der Gesellschaftsvertrag/die Satzung der Tochtergesellschaft dieses vorsieht.24
Befindet sich die eG in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, besteht für den Aufsichtsrat eine erhöhte, intensivere Überwachungspflicht.25 Zu den gesetzlichen Aufgaben des Aufsichtsrats gehört nach § 39 die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der eG gegenüber Vorstandsmitgliedern. Aufgabe des Aufsichtsrats ist es nicht, das Personal generell oder die Führungsebenen zu überwachen. Dies ist Sache des Vorstands. Der Aufsichtsrat prüft, ob der Vorstand sachgerecht delegiert (siehe aber Rdn. 10 und zur mitwirkenden und beratenden Tätigkeit Rdn. 32).26 Der Vorstand hat – dies folgt aus der Legalitätspflicht – dafür Sorge zu tragen, dass Gesetze und eigene Vorgaben eingehalten werden, sich die eG „compliant“ verhält.27 Wie und in welchem Umfang der Vorstand dieser Aufgabe nachkommt, liegt grundsätzlich in seinem Ermessen. Bei mittleren und großen eG kann es sich empfehlen, diese Aufgabe
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22 Bescheid der BaFin v. 30.6.2015 an die BVR Institutssicherung GmbH: damit sind die der BVR-ISG beigetretenen Kreditgenossenschaften gem. § 24 Abs. 5 EinSiG von der Zuordnung zu einer gesetzlichen Entschädigungseinrichtung befreit. 23 BGHZ 114, 127 = NJW 1991, 1830; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 16; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5. 24 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 28; wegen der besonderen Sorgfaltspflicht vgl. Erl. zu § 41, insb. Rdn. 27. Einzelheiten zum Inhalt der Überwachung durch den Aufsichtsrat § 41 Rdn. 14 ff., 19; Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder der Kreditgenossenschaften bzw. Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften; Seuster Genossenschaftsforum 1985, 446; Wartenberg S. 115; Die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats; Frankenberger/Gschrey/Bauer Der Aufsichtsrat der Genossenschaften, sowie ergänzend Boujong Rechtliche Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Vorstandskontrolle und -beratung, AG 1995, 203; Brandi Ermittlungspflicht des Aufsichtsrats über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens „am Vorstand vorbei“? ZIP 2000, 173; Kropff Die Unternehmensplanung im Aufsichtsrat, NZG 1998, 613; Dülfer/Brixner Zur Wirksamkeit der Aufsichtsratskontrolle bei eG, Marburger Beiträge zum Genossenschaftswesen, Heft 28, 1994; Henze Prüfungs- und Kontrollaufgaben des Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft, NJW 1998, 3309; Wiese Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats – Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Corporate Governance, DB 2000, 1901. 25 OLG Stuttgart ZIP 2006, 756 – AG; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 72, 92 ff. 26 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 29; Beuthien GenG § 38 Rdn. 4. 27 Vgl. LG München I Urt. v. 10.12.2013, Az. 5 HKO 1387/10, ZIP 2014, 570; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 75 ff.; Kark Der Aufsichtsrat, 54; Fissenewert, Kapitel 1, Rdn. 4; zur eigenen Compliancepflicht im Rahmen der Auszahlung von Sitzungsgeldern: OLG Braunschweig Beschl. v. 14.6.2012, Az. Ws 44/12, Ws 45/12.
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strukturiert anzugehen, indem ein sog. Compliance-Management-System (CMS) eingerichtet wird. Der Umfang hängt von den individuellen Gegebenheiten bei der einzelnen eG ab.28 So werden sog. „Compliance-Risken“ bei Genossenschaften mit Auslandsgeschäft risikoreicher sein als bei Genossenschaften, die sich auf regionale Märkte beschränken. Für den Mittelstand sind vor allem die Bereiche Wirtschaftsstraftaten, Korruption, Betrug, Untreue und Kartellverfahren29 relevant.30 Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe, Maßnahmen des Vorstands hinsichtlich der Prävention der Konzeption, der Angemessenheit und der Wirksamkeit zu überwachen.31 Dieser Aufgabe kann er nachkommen, indem er sich von der Plausibilität überzeugt, sich regelmäßig vom Vorstand über dessen „ComplianceMaßnahmen“ und das Feedback berichten lässt.32 2. Verfahren der Überwachung. Es ist nicht erforderlich, dass der Aufsichtsrat jede 2 einzelne Geschäftsführungsmaßnahme überwacht; die Überwachung vollzieht sich also nicht in Form einer Totalkontrolle.33 Um die Leitungsmacht des Vorstands nicht zu beeinträchtigen, darf der Aufsichtsrat nicht als dessen „ständiger Schatten“ fungieren (§ 41 Rdn. 23).34 Er muss vielmehr nur die Überwachungsmaßnahmen durchführen, die für ihn bei sachgerechter Würdigung der Gesamtumstände die Überzeugung rechtfertigen, dass die Geschäfte der eG ordnungsgemäß in Übereinstimmung mit den gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen sowie nach anerkannten betriebswirtschaftlichen und branchenspezifischen Regeln geführt werden; es findet also regelmäßig nur eine Stichprobenkontrolle statt. 35 Welche Überwachungsmaßnahmen jeweils notwendig sind, kann nur für den Einzelfall festgelegt werden. Der erste Schritt wird sein, die bedeutsamen Schwerpunkte der Vorstandstätigkeit festzustellen und die Kontrolle hierauf zu konzentrieren.36 In einem zweiten Schritt wird der Aufsichtsrat (unter Hinzuziehung des Vorstands) festlegen, wie die Vorstandsberichte inhaltlich zu gestalten sind; Vorschläge hierzu enthalten die Arbeitsmappen für Aufsichtsratsmitglieder (zur Bezugsquelle vgl. Rdn. 1 und § 41 Rdn. 14). Die Prüfung sollte sodann spiegelbildlich erfolgen, falls und soweit Prüfungshandlungen erforderlich erscheinen. Im Normalfall kann sich das Mitglied des Aufsichtsrats darauf beschränken, Berichte und sonstige Informationen auf Plausibilität, Vollständigkeit und daraufhin zu prüfen, ob Widersprüche oder Lücken erkennbar sind. Dies gilt insbesondere, wenn die Geschäftsführung sachgerecht organisiert ist und in der Vergangenheit zuverlässig gearbeitet hat, die Geschäfte der eG übersichtlich sind und die interne Revision effizient ist.37 Entscheidend ist, dass ein Aufsichtsratsmitglied in der Lage ist, sich eine eigene Meinung zu bilden. Es darf sich nicht ohne weiteres auf Ansichten oder Mitteilungen des
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28 Vgl. LG München I Urt. v. 10.12.2013, Az. 5 HKO 1387/10, ZIP 2014, 570. 29 Kartellrecht als Thema für den Aufsichtsrat s. Lotze Der Aufsichtsrat 2014, 125. 30 Vgl. Fissenewert, Kapitel 2, Rdn. 39 ff. 31 Vgl. Remberg Der Aufsichtsrat 2014, 40; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 75 ff. 32 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 75 ff.; eine Hilfestellung geben der IDW-Prüfungsstandard „Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Compliance-Management-Systemen“, der Standard für ComplianceManagement-Systeme des TÜV Rheinland sowie der ISO Standard 19600 für Compliance-ManagementSysteme; vgl. Habersack AG 2014, 1. 33 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 31; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; vgl. auch BGHZ 69, 207; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.6.2012, Az. 20 W 1/12, DB 2012, 2332 zur AG; Müller GenG § 38 Rdn. 7; Höhn Brevier, S. 86; Paulsen S. 33. 34 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 65. 35 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 7; Höhn Brevier, S. 86 ff.; Paulsen S. 33/34. 36 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 65 ff. 37 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 30.
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§ 38 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
Vorstands oder anderer Aufsichtsratsmitglieder verlassen,38 auch nicht auf die Feststellungen des Prüfungsverbands, da dieser in der Regel nur einmal im Jahr prüft. Ergeben sich Anhaltspunkte für Bedenken oder Zweifel, so ist eine vertiefte Prüfung geboten.39 Dabei ist jedes Aufsichtsratsmitglied verpflichtet, sich alle Informationen zu verschaffen, bis die Zweifel ausgeräumt sind. Bleiben Zweifel bestehen, so hat der Aufsichtsrat zu prüfen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um Schaden abzuwenden. Vertiefte Prüfung ist grundsätzlich notwendig bei besonderen Risikogeschäften, größeren Beteiligungen, Großkrediten oder sonstigen für die eG ungewöhnlichen Geschäften, auch in Fällen, in denen sich bereits eine Unzuverlässigkeit des Vorstands gezeigt hat.40 In diesen Fällen ist der Aufsichtsrat zu einer unterstützenden Überwachung mit häufigeren Sitzungen verpflichtet.41 In der Krise der eG gebietet die Sorgfaltspflicht ein Höchstmaß an Kontrolldichte und Kontrollintensität, wobei die Grenze dort zu ziehen ist, wo der Aufsichtsrat in eine Beschäftigung mit Tagesfragen abzugleiten droht.42 Die Überwachungsaufgabe ist eine permanente Aufgabe. Schon deshalb kann sich der Aufsichtsrat nicht damit begnügen, dass der Prüfungsverband (jedes Jahr oder jedes zweites Jahr) die Geschäftsführung des Vorstands prüft. Sie obliegt grds. dem Gremium des Aufsichtsrats als Organ. Auch einzelne Aufsichtsratsmitglieder können seit Novelle 2006 nach § 38 Abs. 1 Satz 4 Auskünfte verlangen, jedoch nur an den Aufsichtsrat. Die Aufsicht im Wege von Fragen, Bedenkensäußerungen und ggf. Beanstandungen richtet sich zuerst an den Gesamtvorstand, an das ressortzuständige Vorstandsmitglied erst dann, wenn keine Abhilfe geschaffen wurde bzw. die erbetenen Informationen nicht gegeben wurden.43 Eine unmittelbare Ansprache der Mitarbeiter ist nur in Ausnahmefällen zulässig (Rdn. 10; § 41 Rdn. 24, 25). 3. Mittel der Überwachung a) Überwachung durch Würdigung der Berichterstattung des Vorstands.44 Nach § 38 Abs. 1 S. 2 kann der Aufsichtsrat vom Vorstand jederzeit Berichterstattung über die Angelegenheiten der eG verlangen. Verlangt der Aufsichtsrat eine solche Berichterstattung, so ist der Vorstand dazu unverzüglich verpflichtet. Der Aufsichtsrat kann hiermit einen Ausschuss beauftragen. Dieser, wie auch der Aufsichtsrat, kann ein einzelnes seiner Mitglieder beauftragen, den Bericht einzuholen. Hierzu ist nach Abs. 1 Satz 4 auch das einzelne Aufsichtsratsmitglied berechtigt, dann jedoch nur an den Gesamtaufsichtsrat. In der Satzung kann in Ergänzung des § 38 Abs. 1 S. 2 – und in der Praxis geschieht 4 dies regelmäßig (§ 17 der Mustersatzungen) – die Verpflichtung des Vorstands festgelegt werden, dem Aufsichtsrat über die geschäftliche Entwicklung der eG und über die Unternehmensplanung in bestimmten zeitlichen Abständen zu berichten. Die Berichterstattung erfolgt grundsätzlich in Aufsichtsratssitzungen, bei mitwirkungsbedürftigen Angelegenheiten in gemeinsamen Sitzungen (Rdn. 32). Auf Einladung 3
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38 OLG Düsseldorf AG, 1984, 275. 39 Vgl. Lutter/Krieger/Verse Rdn. 72 und ausführlich Rdn. 87 ff.; Habersack in MüKo AktG § 111 Rdn. 208 ff.; Potthoff/Trescher S. 97. 40 Vgl. BGHZ 69, 207, 213; OLG Düsseldorf AG 1984, 275; LG Hannover AG 1977, 200; Horlitz 1989, S. 23; Potthoff/Trescher ebd. 41 LG Nürnberg-Fürth EWiR § 145 AktG 1/07 m. Anm. Wilsing/Siebmann; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 85. 42 So zu Recht Lutter/Krieger/Verse Rdn. 96 und dort Fn. 4. 43 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 69. 44 Siehe ausführlich, Arbeitsmappen für Aufsichtsratsmitglieder der Kreditgenossenschaften bzw. der Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften.
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des Vorstands kann der Aufsichtsrat, in seinem Auftrag auch ein Ausschuss oder ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied, an einer Vorstandssitzung teilnehmen, ein eigenständiges Teilnahmerecht hat er nicht. Teilnahme an Betriebsratssitzungen nur auf Einladung und nach Abstimmung mit dem Vorstand. Die Teilnahme an Betriebsversammlungen (ebenfalls nur auf deren Einladung) kann nützlich sein, lassen sich in ihnen Erkenntnisse über das Betriebsklima gewinnen. Stand früher die Besprechung der Einzelkredite im Mittelpunkt der Informationen an den Aufsichtsrat, konzentriert sich heute die Diskussion auf die Analyse der Gesamtbankstrukturen. Die – auf der Satzung beruhende (vgl. Rdn. 4) – periodische Berichterstattung des 5 Vorstands über die geschäftliche Entwicklung sollte z.B. bei Kreditgenossenschaften insb. umfassen: die Geschäfts- und Risikostrategie, ggf. deren erforderliche Anpassungen sowie die Ursachenanalyse bei Zielabweichungen, Darlegung eines mehrjährigen Kapitalanpassungsprozesses, Erläuterung des Jahresabschlusses und des Lageberichts, Ergebnis Überwachung der Übereinstimmung der Konditionen im Kundengeschäft mit dem Geschäftsmodell und Risikostruktur der eG, die Risikosituation einschließlich ihrer Beurteilung, die Ausgestaltung der Vergütungssysteme der eG, die von der internen Revision festgestellten schwerwiegenden Mängel sowie über noch nicht behobene wesentliche Mängel, den Bericht des Geldwäschebeauftragten, den Bericht des ComplianceBeauftragten, die Risikosituation bei ausgelagerten Aktivitäten und Prozessen. Mindestens vierteljährlich hat der Vorstand über die Vermögens-, Bestands- und Ergebnisentwicklung, wesentliche Risiken, Risikotragfähigkeit und Limit-Auslastung zu berichten, ebenso die interne Revision an den Vorstand und den Aufsichtsrat. Anlassbezogen hat der Vorstand unter Risikogesichtspunkten wesentliche Informationen unverzüglich zu geben (Ad hoc-Berichterstattung). Schwerwiegende Feststellungen der internen Revision gegen Vorstandsmitglieder sind dem Vorstand unverzüglich zu berichten; dieser hat unverzüglich den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, die BaFin und die Deutsche Bundesbank zu unterrichten. Des Weiteren sind dem Aufsichtsrat Änderungen der Geschäftsordnung des Vorstands und seines Geschäftsverteilungsplans vorzulegen. Über einen Wechsel in der Leitung der Internen Revision und der Risikocontrolling-Funktion ist er zu informieren. Bei Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften sollte anstelle des Einlagen- und Kreditgeschäfts die Entwicklung der Produktions-, Absatz- und Umsatzzahlen bzw. der Dienstleistungsumsätze im Mittelpunkt der periodischen Berichterstattung stehen.45 Die – auf der Satzung beruhende (vgl. Rdn. 4) – periodische Berichterstattung des 6 Vorstands über die Unternehmensplanung (Unternehmensstrategie) sollte z.B. umfassen: die Errichtung oder Schließung von Zweigniederlassungen, die Aufnahme oder die Aufgabe eines Geschäftszweigs, wichtige Veränderungen im Personalbereich,46 größere aus dem üblichen Rahmen fallende Aufwendungen,47 die beabsichtigte Führung von Prozessen und deren Fortgang, vorgesehene größere Werbemaßnahmen usw.48 Auf Verlangen ist der Bericht schriftlich, unter Beachtung von vorgegebenen Sicherheitsstan-
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45 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 40; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 56; vgl. auch Höhn Brevier, S. 142 ff. 46 Anstellung und Entlassung von leitenden Mitarbeitern bzw. Änderungen in deren Aufgabenbereich, Änderungen bei den Sozialleistungen für die Mitarbeiter usw. 47 Reparaturen usw. 48 Vgl. auch Höhn Brevier, S. 142 ff.
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dards49 auch elektronisch abzugeben; der Vorstand ist dann zur mündlichen Ergänzung verpflichtet.50 Jede Berichterstattung des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat muss inhaltlich 7 richtig und vollständig sein; sie muss so erfolgen, dass dem Aufsichtsrat eine eigene Beurteilung ermöglicht wird.51 Im Einzelnen hat der Vorstand eigenverantwortlich zu entscheiden, ob ein Sachverhalt von seiner Bedeutung her dem Aufsichtsrat vorzutragen ist. Die Einschaltung eines Sachverständigen52 vor der Unterrichtung des Aufsichtsrats kann gerechtfertigt sein. Die Unterrichtung der Aufsichtsbehörde unter Umgehung des Aufsichtsrats bedeutet dagegen grundsätzlich einen Vertrauensbruch.53 Der Vorstand ist nicht berechtigt, eine vom Aufsichtsrat verlangte Auskunft unter 8 Hinweis darauf zu verweigern, dass dies im Interesse der eG notwendig sei.54 Der Vorstand kann die Auskunft jedoch verweigern, wenn das Auskunftsverlangen nicht mehr als sachgerechte Ausübung der Überwachungsaufgabe angesehen werden kann, sondern eindeutig als missbräuchlich gewertet werden muss.55 Dies kann z.B. der Fall sein, wenn eine Information nachweislich persönlichen Bedürfnissen eines Aufsichtsratsmitglieds oder mehrerer Aufsichtsratsmitglieder dient56 oder der begründete Verdacht besteht, dass die Auskunft an einen Mitbewerber weitergegeben werden soll.57 Wenn der Vorstand einen vom Aufsichtsrat verlangten Bericht (vgl. Abs. 1 S. 2) oder 9 einen Bericht, zu dessen Abgabe er verpflichtet ist (vgl. Rdn. 4) oder Auskünfte an den Aufsichtsrat aufgrund eines diesbezüglichen Verlangens eines Aufsichtsratsmitglieds (Abs. 1 S. 4), nicht, nicht rechtzeitig, unrichtig, unvollständig oder in einer unzureichenden Form erstattet, so kann als Folge – jedenfalls, nachdem der Aufsichtsrat den Vorstand deswegen vergeblich zur Rede gestellt bzw. abgemahnt hat, – ein Vorgehen des Aufsichtsrats nach § 40 (vorläufige Amtsenthebung) oder auch ein Widerruf der Bestellung nach § 24 Abs. 3 S. 2 durch die GV bzw. im Falle einer entsprechenden Satzungsregelung durch den Aufsichtsrat, in Betracht kommen; ein unterlassener, falscher bzw. irreführender Bericht kann als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses i.S.d. § 626 BGB angesehen werden.58 Auch kann der Aufsichtsrat auf Abgabe des Berichts klagen.59
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49 Hierzu ausführlich: Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Aufl. 2015, Hrsg. vom DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin, und vom Deutschen Genossenschafts-Verlag eG, Wiesbaden, dort insb. Praktische Aufgaben des Aufsichtsrats, I. Berichterstattung durch den Vorstand, 3. Kommunikationswege und Berichtsmedien Rdn. P 4f, insbesondere Tabelle bei P10. 50 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 38. 51 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 37; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; Frankenberger/Geschrey/ Bauer S. 45; Paulsen S. 35; Elsing/Schmidt BB 2002, 1705; Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Aufl. 2015, Hrsg. vom DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin, und vom Deutschen Genossenschafts-Verlag eG, Wiesbaden, dort insb. B. Praktische Aufgaben des Aufsichtsrats, I. Berichterstattung durch den Vorstand, 2. Grundsätze ordnungsgemäßer Berichterstattung Rdn. P 3. 52 Z.B. Rechtsanwalts oder Wirtschaftsprüfers. 53 Vgl. BGH WM 1966, 968. 54 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 4 und 44; Müller GenG § 38 Rdn. 11; Höhn Brevier, S. 136; zur Einsicht in Unterlagen s. Rdn. 14. 55 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 13; Höhn Brevier, S. 136. 56 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn.4 und 44; Müller GenG § 38 Rdn. 11a. 57 OLG Karlsruhe OLGZ 1984, 44; OLG Stuttgart OLGZ 1983, 178 f. – GmbH. 58 Näher dazu Erl. zu § 40; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 48; vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 19 f.; Höhn Brevier, S. 132/133. 59 Umstritten, so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 46 unter Wiedergabe der streitigen Literatur; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5.
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Grundsätzlich ist allein der Vorstand und sind nicht die Angestellten Ansprech- 10 partner des Aufsichtsrats (§ 41 Rdn. 25). Der Aufsichtsrat darf daher grundsätzlich keine unmittelbaren Auskünfte von Angestellten einholen, eine Ausnahme (Auskunftsanspruch gegenüber dem Leiter der Internen Revision und des Risikocontrollings) hiervon sieht § 25d Abs. 8 Satz 7/Abs. 9 Satz 4 KWG für den Vorsitzenden des Riskoausschusses/ Prüfungausschusses bzw. wenn kein Risiko-/Prüfungsausschuss eingerichtet wurde, für den Aufsichtsratsvorsitzenden vor.60 Der Aufsichtsrat muss sich vielmehr jeweils an den Vorstand, d.h. an die Gesamtheit seiner Mitglieder,61 wenden. Führt dieses zu keinem Ergebnis, insbesondere zu keiner Beseitigung gerügter Mängel, dann (aber auch erst dann) muss er sich an das ressortzuständige Vorstandsmitglied wenden.62 Eine vom Aufsichtsrat erbetene mündliche Auskunft durch einen Angestellten hat der Vorstand zu vermitteln; dieser hat das Recht, bei der Erteilung der Auskunft durch den Angestellten anwesend zu sein. 63 Eine Einschaltung des Vorstands kann jedoch ausnahmsweise unterbleiben, wenn durch eine solche Einschaltung die Effizienz der Überwachung gefährdet würde. Dies kann z.B. angenommen werden, wenn ein begründeter Anlass besteht, nach Beweisen für schwerwiegende Pflichtverletzungen des Vorstands zu suchen.64 Im Übrigen darf umgekehrt ein Angestellter, z.B. der Leiter der internen Revision, ausnahmsweise unmittelbar an den Aufsichtsrat herantreten, wenn ihm eine andere Möglichkeit zur Abwendung eines Schadens von der eG nicht gegeben ist (§ 41 Rdn. 26). In keinem Fall besteht eine Berichtspflicht der Angestellten gegenüber dem Aufsichtsrat, es sei denn, der Vorstand weist an. Stellt der Aufsichtsrat Mängel fest, hat er dies dem Vorstand mitzuteilen (zur mitwirkenden und beratenden Tätigkeit des Aufsichtsrats Rdn. 32). Feststellungen der internen Revision sind dem Aufsichtsrat grundsätzlich über den Vorstand zugänglich, Ausnahme § 25d Abs. 8 Satz 7 u. Abs. 9 Satz 4 KWG. Es gehört zu den Pflichten des Aufsichtsrats, sich periodisch oder aus besonderen Anlässen über Organisation und Feststellungen der internen Revision berichten zu lassen. Der Aufsichtsrat kann auch die interne Revision – aber grundsätzlich nur über den Vorstand – mit bestimmten Prüfungen beauftragen. Besonderes Augenmerk hat der Aufsichtsrat bei Kreditgenossenschaften der Einhaltung der MaRisk der BaFin zu widmen (Rdn. 1). Nach den MaRisk ist sicherzustellen, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats unter Einbeziehung der Geschäftsleitung direkt bei dem Leiter der internen Revision Auskünfte einholen kann. Nach § 25d Abs. 8 Satz 7 u. Abs. 9 Satz 4 KWG kann der Vorsitzende des Kreditausschusses (Risikoausschusses) oder des Prüfungsausschusses oder, falls kein Risikoausschuss oder Prüfungsausschuss eingerichtet wurde, der Aufsichtsratsvorsitzende unmittelbar beim Leiter der internen Revision und beim Leiter des Risikocontrollings Auskünfte einholen kann. b) Überwachung durch Einsichtnahme in die Unterlagen der eG. Nach § 38 11 Abs. 1 S. 2 hat der Aufsichtsrat das Recht, die Geschäftsunterlagen der eG einzusehen. Der Vorstand hat hierbei ein Anwesenheitsrecht.65 Zu den Geschäftsunterlagen gehören alle fortlaufenden Aufzeichnungen, die von der eG im Rahmen des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs geführt werden,66 sowie alle auf den Geschäftsbetrieb der eG bezoge-
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 34; Elsing/Schmidt BB 2002, 1705. Lutter/Krieger/Verse Rdn. 69. Lutter/Krieger/Verse Rdn. 69. Vgl. Höhn Brevier, S. 135; vgl. auch Müller GenG § 38 Rdn. 16. Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 16; Höhn Brevier, S. 135. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 54. Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 21; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 57.
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nen Schriftstücke, die sich in deren Besitz befinden.67 Beispielhaft seien genannt: Kontounterlagen, Kreditunterlagen, Verträge, EDV-Auswertungen, Organisationspläne, Baupläne, Prüfungsberichte, Protokolle usw. Bei elektronischer Datenverarbeitung umfasst die Kontrolle durch den Aufsichtsrat insbesondere das dokumentierte Kompetenzsystem sowie die Sicherung gegen Missbrauch von Masterkarten und Bedienerkarten. Der Vorstand muss dem Aufsichtsrat das System und seine Kontrolle plausibel darstellen. Gerade aus den – zu den Geschäftsunterlagen der eG zählenden (vgl. Rdn. 11) – Prüfungsberichten der internen Revision, des Geldwäschebeauftragten, des ComplianceBeauftragten und des Prüfungsverbands ergeben sich Erkenntnisse für die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats (Näheres zum Bericht des Prüfungsverbands, § 41 Rdn. 21). In ihnen wird nicht nur über die Situation und Entwicklung der eG berichtet; es werden vielmehr auch die bei der Prüfung festgestellten Mängel aufgezeigt. Jedes Mitglied des Aufsichtsrats ist grundsätzlich verpflichtet, sich über alle wesentlichen Feststellungen im Prüfungsbericht zu unterrichten. Dafür muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen.68 Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, zu überwachen, dass die festgestellten Mängel bereinigt werden und Beanstandungen im Prüfungsbericht, die die Erfüllung seiner Aufgaben betreffen, nachzukommen.69 Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied hat die Pflicht, den Inhalt des Prüfungsberichts zur Kenntnis zu nehmen. Da zu den Geschäftsunterlagen ebenfalls die Protokolle zählen (vgl. Rdn. 11), hat der Aufsichtsrat auch das Recht, die Vorstandsprotokolle einzusehen und – soweit dies zur Ausübung der Überwachung erforderlich ist – deren Aushändigung zu verlangen. Dies gilt selbstverständlich auch für Protokolle über gemeinsame Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat. In diesem letzteren Fall haben im Übrigen auch die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder das Recht auf Einsichtnahme und Aushändigung. Der Vorstand ist nicht berechtigt, die Einsichtnahme des Aufsichtsrats in Geschäftsunterlagen der eG zu verweigern.70 Nur in Ausnahmefällen kann die Geltendmachung des Einsichtsrechts gerechtfertigt sein. Dies ist B. der Fall, wenn dem Einsichtsverlangen nachweislich persönliche Zwecke eines Aufsichtsratsmitglieds zugrunde liegen.71 Die Folgen, die sich für den Vorstand aus einer ungerechtfertigten Verweigerung der Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen der eG ergeben können, sind die gleichen wie bei einer unterlassenen, unrichtigen Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat (vgl. Rdn. 11).
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c) Überwachung durch Untersuchung der Betriebsgegenstände. Nach § 38 Abs. 1 S. 2 ist der Aufsichtsrat befugt, den Bestand der Genossenschaftskasse sowie die Bestände an Wertpapieren und Waren zu untersuchen. Dem in § 38 Abs. 1 S. 2 zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz, eine effiziente Überwachung zu gewährleisten, entspricht es, die Untersuchungsbefugnis auch auf die übrigen Betriebsgegenstände zu erstrecken.72 17 Die Überwachung durch Untersuchung der Betriebsgegenstände hatte zu der Zeit, als es sich bei den eG regelmäßig noch um kleine Unternehmen handelte, eine andere praktische Bedeutung als heute. Angesichts wachsender Betriebsgrößen, verbesserter
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67 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 21. 68 Zutreffend Potthoff/Trescher S. 131. 69 Vgl. Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 59. 70 Rdn. 39, 40; OLG Stuttgart AG 2007, 873. 71 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 25 bis 27. 72 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 56; Müller GenG § 38 Rdn. 29; Frankenberger/Gschrey/ Bauer S. 76; Paulsen S. 35.
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Betriebsorganisation und einer funktionierenden Innenrevision verlieren periodische Bestandsprüfungen des Aufsichtsrats immer mehr an Bedeutung. Periodische Bestandsprüfungen des Aufsichtsrats dürften bei kleinen eG noch sinnvoll durchgeführt werden können. Bei eG mit interner Revision kann der Aufsichtsrat diese – im Einvernehmen mit dem Vorstand – beauftragen, für ihn bestimmte Bestandsprüfungen vorzunehmen.73 In Geschäftsordnungen des Aufsichtsrats ist vielfach festgelegt, dass der Aufsichts- 18 rat bei der Aufnahme und Prüfung der Bestände zum Bilanzstichtag mitwirken und die hierüber erstellte Inventur prüfen soll. Durch die Mitwirkung an der Inventur soll sich der Aufsichtsrat von der Ordnungsmäßigkeit der Bestandsaufnahme zum Bilanzstichtag überzeugen und prüfen, ob die Bestandsnachweise74 zutreffend erstellt sind.75 Bei der „Mitwirkung“ an der Inventur durch den Aufsichtsrat handelt es sich, wie im Übrigen auch bei anderen Prüfungshandlungen, nicht um eine zwingende gesetzliche bzw. satzungsrechtliche Verpflichtung. Der Begriff „Mitwirkung“ will den Aufsichtsrat nicht ausdrücklich verpflichten, selbst z.B. die Bestände aufzunehmen. Die Mitwirkung des Aufsichtsrats ist nicht zwingend, jedoch für den Regelfall („Soll-Vorschrift“ in den Mustergeschäftsordnungen) vorgesehen, von der nur mit besonderer Begründung abgewichen werden kann. Er ist gehalten, im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens die Aufnahme der Bestände zu überwachen. Ausreichend kann z.B. sein, wenn das System der Bestandsaufnahme geprüft und die Durchführung in Stichproben kontrolliert wird; Berichterstattung durch die interne Revision kann ausreichen.76 Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Inventars (Aufnahme und Prüfung aller Bestände zum Bilanzstichtag: Grundstücke, Forderungen, Schulden, Bargeld, sonstige Vermögensgegenstände) der Genossenschaft ergibt sich aus §§ 240 Abs. 1 HGB, die Inventurverfahren regelt § 241 HGB. Durch die Mitwirkung an der Inventur soll sich der Aufsichtsrat von der Ordnungsmäßigkeit der körperlichen Bestandsaufnahme zum Bilanzstichtag (Ziel der Prüfungshandlung) überzeugen und prüfen, ob die Bestandsnachweise (Inventare, Inventurprotokolle) zutreffend erstellt werden. Zugleich stellt die Mitwirkung an der Inventur eine Prüfungshandlung zur Überprüfung des Jahresabschlusses dar, zu den einzelnen Inventurverfahren siehe § 33 Rdn. 30.77 d) Hinweise zur praktischen Durchführung der Inventur aa) Allgemeine Hinweise. Es ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Mitglieder 18a des Aufsichtsrats an der Inventur beteiligen. Auch eine Mitwirkung in sämtlichen Niederlassungen kann nicht verlangt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Mitwirkung von betriebsfremden Personen, hier Mitglieder des Aufsichtsrats, zu einer höheren Sorgfalt bei der Vorbereitung und Durchführung führen wird. Für einzelne Niederlassungen sollten daher mindestens zwei bis drei Aufsichtsratsmitglieder eingeteilt sein. Die betriebsinternen Inventurrichtlinien und die dazugehörige zeitliche und personelle Planung sollte im Vorfeld der Inventur Gegenstand einer Aufsichtsratssitzung sein. Der Aufsichtsrat hat sich in dieser Sitzung mit den Inventurrichtlinien zu befassen und zu überprüfen, ob sie eine einheitliche, lückenlose und richtige Erfassung und Aufzeich-
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73 Vgl. Beuthien GenG § 38 Rdn. 10; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 77; vgl. zur Einschaltung Dritter auch Rdn. 53. 74 Inventare, Inventurprotokolle. 75 Vgl. Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 78. 76 Vgl. § 22 Mustersatzung. 77 Vgl. BeckBilKomm/Winkeljohann/Philipps § 241 Rdn. 5 ff.
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nung der Vorräte gewährleisten. Beispielsweise sollten in den Inventurrichtlinien Regelungen zu zeitlichen oder sachlichen Abgrenzungen enthalten sein. Während der Inventur sollten die eingeteilten Aufsichtsratsmitglieder darauf achten, dass die Aufzeichnungen über die aufgenommenen Vorräte von den Beteiligten unterzeichnet werden. Nach Durchführung der Inventur sollten die Ergebnisse als Tagesordnungspunkt einer Aufsichtsratssitzung besprochen werden, auch um sicherstellen, dass sämtliche Aufsichtsratsmitglieder informiert werden. 18b
bb) Besonderheiten der permanenten Inventur. Bei der permanenten Inventur werden die Bestände nach Art und Menge buchmäßig fortgeschrieben, vgl. § 241 Abs. 2 HGB. Die Aufzeichnungen hierüber werden durch körperliche Aufnahmen kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert. Der Vorteil gegenüber der sog. Stichtagsinventur besteht darin, dass die körperlichen Aufnahmen nicht zum Bilanzstichtag und nicht für alle Bestände zum gleichen Stichtag durchgeführt werden müssen, sondern über das gesamte Geschäftsjahr verteilt permanent vorgenommen werden können. Der Nachteil eines derartigen Verfahrens begründet sich darin, dass eventuelle Fehlbestände z.B. durch Schwund, nicht im Geschäftsjahr oder nur zeitverzögert entdeckt werden. Sofern solche Abgänge nicht durch hinreichend zuverlässige Erfahrungswerte berücksichtigt werden, eignet sich hierfür die permanente Inventur nicht. Gleiches gilt für besonders wertvolle Bestände. Der Aufsichtsrat sollte bei der permanenten Inventur zusätzlich auf Folgendes achten: Prüfungshandlung durch den Aufsichtsrat
Vorgabe für die permanente Inventur –
Erfassung der Bestände und Bewegun- – gen (Zu- und Abgänge) nach Tag, Art und Menge
Fragen an den Vorstand im Anschluss an die Darstellung des Vorstands der Inventurdurchführung (in der vorbereiteten Aufsichtsratssitzung, vgl. II. a. 2. Punkt) und Überprüfung durch einmalige jährliche Einsichtnahme in die Belege (Stichprobenkontrolle)
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Belegmäßiger Nachweis der einzelnen Bewegungen
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Überprüfung durch einmalige jährliche Einsichtnahme in die Belege (Stichprobenkontrolle)
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Regelmäßige Kontrollen der Aufzeich- – nungen durch körperliche Bestandsaufnahme (jedes Vermögensgut muss mindestens einmal im Geschäftsjahr erfasst werden); Analyse festgestellter Abweichungen und Angleichung der Aufzeichnungen an die körperlichen Aufnahmen
Überprüfung durch einmalige jährliche eigenständige körperliche Bestandsaufnahme möglichst zum Ende des Geschäftsjahres bzw. Einsichtnahme der Aufzeichnungen (Stichprobenkontrolle)
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Dokumentation der Aufzeichnungen und Aufnahmen sowie Aufbewahrung (mind. 10 Jahre)
Überprüfung durch einmalige jährliche Einsichtnahme in die Aufzeichnungen (Stichprobenkontrolle)
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Die Folgen, die sich für den Vorstand aus einer ungerechtfertigten Verweigerung 19 der Untersuchung der Betriebsgegenstände ergeben können, sind die gleichen wie bei einer unterlassenen, unrichtigen Berichterstattung des Vorstands an den Aufsichtsrat (vgl. Rdn. 9). e) Überwachung durch Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und 20 der Vorschläge des Vorstands über die Gewinn- und Verlustverteilung. Der Text von § 38 Abs. 1 S. 5 wurde durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz geändert. Im Wesentlichen wurden die Begriffe klargestellt und an die Terminologie des HGB angepasst. (Näheres s. Erl. zu § 33.) Der Gesamtaufsichtsrat78 hat den Jahresabschluss zu prüfen. Der Aufsichtsrat hat 21 aber die Möglichkeit, einen Ausschuss oder einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder falls erforderlich auch sachverständige Dritte mit der Durchführung einzelner Prüfungsmaßnahmen zu beauftragen, vgl. auch Abs. 1a. Diese haben jedoch dem Gesamtaufsichtsrat über das Ergebnis ihrer Prüfung zu berichten. Ein beschließender Ausschuss ist bei dieser gesetzlichen Aufgabe unzulässig (zu den satzungsmäßigen Aufgaben Rdn. 41 ff.).79 Der Aufsichtsrat hat sich dann selbst ein Urteil zu bilden und den Prüfungsbericht förmlich zu beschließen, dies ist zwingend, außerdem ist er zumindest vom Vorsitzenden eigenhändig zu unterzeichnen.80 Der Jahresabschluss besteht gem. §§ 336 Abs. 1, 242 Abs. 3 HGB aus der Bilanz81 sowie der Gewinn- und Verlustrechnung. Der Jahresabschluss ist gem. § 336 Abs. 1 HGB um einen Anhang zu erweitern, der mit dem Jahresabschluss eine Einheit bildet. § 338 HGB bestimmt, dass im Anhang Angaben zu machen sind über die Zahl der im Laufe des Geschäftsjahres eingetretenen oder ausgeschiedenen sowie die Zahl der am Schluss des Geschäftsjahres vorhandenen Mitglieder. Anzugeben sind auch der Gesamtbetrag der Änderungen bei Geschäftsguthaben oder Haftsummen im Geschäftsjahr sowie der Betrag der Haftsummen zum Zeitpunkt des Jahresabschlusses. Im Anhang sind weiter anzugeben Name und Anschrift des Prüfungsverbands, die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Forderungen gegen Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats. Für den Jahresabschluss gelten die Vorschriften der §§ 242 ff. HGB, soweit nicht die §§ 336 ff. HGB Sonderbestimmungen für eG enthalten. Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss auf seine rechnerische Richtigkeit hin zu prüfen;82 er hat weiterhin zu prüfen, ob der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften und den satzungsmäßigen Bestimmungen sowie den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Bilanzierung entspricht.83 Bei der Prüfung der Gewinn- und Verlustrechnung sollten auch geprüft werden: Zinsüberschuss und -spanne, Provisionsüberschuss und -spanne, Personalaufwand und andere Verwaltungsaufwendungen.84 Die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats erfasst auch den Lagebericht, der durch das 22 Bilanzrichtlinien-Gesetz an die Stelle des früheren Geschäftsberichts getreten ist. Die Vorschriften des § 289 HGB sind gem. § 336 Abs. 2 HGB auf eG entsprechend anzuwen-
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78 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 59; Müller GenG § 38 Rdn. 33; Scholderer NZG 2011, 532. 79 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 59; Müller GenG § 38 Rdn. 33, S. 41. 80 BGH, Urteil v. 21.6.2010, Az. II ZR 24/09. 81 Zur Bilanzanalyse als Instrument der Unternehmensüberwachung: Zwirner/Busch Der Aufsichtsrat 12/2014, 175. 82 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 61; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 38 Rdn. 7; Müller GenG § 38 Rdn. 35. 83 Vgl. Beuthien GenG § 38 Rdn. 5; Müller GenG § 38 Rdn. 37; Höhn Brevier, S. 151. 84 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 64.
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den. Danach hat der Lagebericht ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der eG zu vermitteln. Er soll auch eingehen auf Vorgänge von besonderer Bedeutung nach Schluss des Geschäftsjahres, die voraussichtliche Entwicklung der eG sowie den Bereich von Forschung und Entwicklung.85 Der Aufsichtsrat hat den Lagebericht daraufhin zu überprüfen, ob er den nach Gesetz und Satzung erforderlichen Inhalt hat, ob er inhaltlich zutreffend und so umfassend ist, dass er die notwendigen Anhaltspunkte zur Beurteilung der unternehmerischen Qualifikation des Vorstands gibt. Der Aufsichtsrat wird darauf zu achten haben, dass der Lagebericht vor allem auch die Aussagen enthält, die die GV von der Leitung der eG erwarten kann. Dies gilt insb. für Aussagen zu Maßnahmen, die die Erfüllung des genossenschaftlichen Unternehmenszwecks sicherstellen sollen. Der Lagebericht ist so zu formulieren, dass er der GV/VV in verständlicher Form die tatsächlichen Verhältnisse der eG vermittelt.86 Bei der Prüfung der Vorschläge des Vorstands über die Verwendung des Jahres23 überschusses oder die Deckung eines Jahresfehlbetrags hat der Aufsichtsrat zu beachten, ob diese Vorschläge den gesetzlichen Vorschriften und den satzungsmäßigen Bestimmungen entsprechen. Er muss weiterhin prüfen, ob diese Vorschläge zweckmäßig und angemessen sind.87 In vielen Fällen prüft der Aufsichtsrat einen Jahresabschluss, Lagebericht und Ge24 winnvorschlag, der bereits vom Prüfungsverband auf seine Gesetz- und Ordnungsmäßigkeit hin geprüft worden ist. Bei Kreditgenossenschaften und Wohnungen mit Spareinrichtung ist dieser Jahresabschluss mit einem Bestätigungsvermerk zu versehen. Bei seinen eigenen Prüfungshandlungen kann in diesen Fällen der Aufsichtsrat – sofern sich aus den Ausführungen des Prüfungsverbands nichts Gegenteiliges ergibt – davon ausgehen, dass die Prüfungsgegenstände keine weitergehenden Untersuchungen erforderlich machen. Der Aufsichtsrat wird sich in diesem Fall weitgehend auf eine kritische Würdigung beschränken können.88 Bei den Posten der Gewinn- und Verlustrechnung sollte sich das Augenmerk des 25 Aufsichtsrats vor allem auf die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr und deren Ursachen sowie auf wesentliche außerordentliche betriebs- oder periodenfremde Erfolgsgrößen richten. Bei Kreditgenossenschaften wird der Erfolg im operativen Geschäft durch das Betriebsergebnis vor Bewertung ausgedrückt, das vor allem durch die Entwicklung des Zins- und Provisionsüberschusses sowie der Allgemeinen Verwaltungsaufwendungen, die sich aus Personal- und anderen Verwaltungsaufwendungen zusammensetzen, geprägt wird. Daneben ist die Analyse der Zusammensetzung des Bewertungsergebnisses von großer Bedeutung. Das Bewertungsergebnis umfasst die Posten Nr. 13 bis 16 der Gewinn- und Verlustrechnung in Staffelform gemäß RechKredV. Inhaltlich sind hier sehr unterschiedliche Sachverhalte erfasst wie z.B. Abschreibungen auf Kundenforderungen und Wertpapiere, Abgangsgewinne- und Verluste aus Wertpapieren sowie die Bildungund Auflösung von Wertberichtigungen einschließlich stiller Reserven gemäß § 340f HGB. Problematisch ist, dass bei diesen Posten – abweichend vom sonst üblichen Bruttoprinzip – weitgehende Saldierungsmöglichkeiten bestehen. Das hat zur Folge, dass die dort verrechneten unterschiedlichen Sachverhalte aus dem Postenausweis allein nicht hervorgehen. Eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Interpretation der Zahlen setzt deshalb voraus, dass ergänzend Anhangangaben und Erläuterungen aus dem Bericht über
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85 § 289 Abs. 2 HGB. 86 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 37; Höhn Brevier, S. 151. 87 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 38; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 67: Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 38 Rdn. 7; Müller GenG § 38 Rdn. 38; Höhn Brevier, S. 152. 88 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 60; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 59.
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die Jahresabschlussprüfung herangezogen werden. Der Aufsichtsrat sollte die Erläuterungen des Vorstands und die Feststellungen des Prüfungsverbands aber auch mit den Kenntnissen und Ergebnissen seiner eigenen laufenden Überwachung der Geschäftsführung vergleichen und abstimmen.89 Der Aufsichtsrat muss der GV/VV – vor Genehmigung des Jahresabschlusses – über 26 seine Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts des Vorstands und der Vorschläge des Vorstands über die Gewinn- und Verlustverteilung berichten.90 Er hat über die Zahl seiner Sitzungen, über die Häufigkeit, Art, Gegenstand und Methoden der Prüfung zu berichten.91 Bei seinem Bericht sollte der Aufsichtsrat im Allgemeinen auch seine wesentlichen und gegebenenfalls kritischen Überlegungen darstellen.92 Je wegweisender und risikoträchtiger die Vorstandsentscheidungen, je größer die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der eG sind, desto umfassender muss er wertend berichten.93 Regelmäßig kann sich der Aufsichtsrat mit einem formelhaften Kurzbericht begnügen, wenn keine wesentlichen Feststellungen getroffen wurden. Dieser Kurzbericht könnte – wenn der Jahresabschluss, der Lagebericht des Vorstands und die Vorschläge des Vorstands über die Gewinn- und Verlustverteilung nach der Auffassung des Aufsichtsrats tatsächlich in Ordnung sind – etwa wie folgt lauten: „Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluss und den Lagebericht geprüft und in Ordnung befunden. Er befürwortet den Vorschlag des Vorstands über die Gewinnverwendung/Verlustdeckung. Der Vorschlag entspricht den Vorschriften von Gesetz und Satzung.“ Entscheidend ist, dass der Aufsichtsrat seine eigene Meinung kundtut und sie erforderlichenfalls kurz begründet. Der Bericht des Aufsichtsrats muss im Hinblick auf § 48 Abs. 3 schriftlich abgefasst 27 werden.94 Er ist zusammen mit dem Jahresabschluss und ggf. dem Lagebericht eine Woche vor der GV/VV zur Einsichtnahme durch die Mitglieder auszulegen oder in anderer Form zur Kenntnis zu bringen (vgl. Erl. zu § 48 Rdn. 39 f.). II. Einberufung der GV/VV durch den Aufsichtsrat Nach § 38 Abs. 2 hat der Aufsichtsrat eine GV/VV einzuberufen, wenn dies im Inte- 28 resse der eG erforderlich ist, z.B. um grundlegende Fragen der Geschäftspolitik oder grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat zu erörtern oder wenn ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied abberufen werden soll, hinsichtlich des Interesses der eG hat er einen weiten Beurteilungsspielraum.95 Es muss sich jedoch um über das Alltagsgeschäft weit hinausgehende Maßnahmen handeln, z.B. um grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Aufsichtsrat,96 um strategische Fragen der Unternehmensplanung, um Schaffung eines Meinungsbildes bei Fusionsverhandlungen. Diese Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Einberufung der GV/ VV besteht selbständig neben derjenigen des Vorstands.97 Bei aufsichtsratslosen Kleinstgenossenschaften hat nach Abs. 2 Satz 2 der Vorstand einzuberufen (§ 38 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 44 Abs. 1).
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89 Vgl. zum Zusammenwirken von Prüfungsverband und Aufsichtsrat, Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 60. 90 Zum Verfahren im Zusammenhang mit der Beschlussfassung der GV/VV vgl. § 48 Rdn. 3. 91 LG München I ZIP 2005, 1031; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5. 92 Vgl. in diesem Zusammenhang Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 127 f. 93 OLG Stuttgart ZIP 2006, 756; Beuthien GenG § 38 Rdn. 5. 94 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 39; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 69. 95 Beuthien GenG § 38 Rdn. 8. 96 Beuthien GenG § 38 Rdn. 8. 97 Vgl. § 44; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 72; Müller GenG § 38 Rdn. 42.
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Die Satzung kann die Einberufungszuständigkeit des Aufsichtsrats nach § 38 Abs. 2 nicht beschränken.98 Die Satzung kann jedoch festlegen, dass der Aufsichtsrat die GV/VV auch ohne Vorliegen der in § 38 Abs. 2 genannten Voraussetzungen einberufen kann.99 Auch kann die Satzung einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied – insb. dem Aufsichtsratsvorsitzenden – die Befugnis zur Einberufung der GV/VV geben.100 Ob die Satzung das Recht auch Dritten, z.B. dem Prüfungsverband, einräumen kann, erscheint fraglich (Ausnahme § 60 Abs. 1).101 Unbedenklich wäre aber eine Satzungsregelung, wonach der Verband berechtigt ist, Einberufung einer Versammlung vom Aufsichtsrat zu verlangen. Daraus kann für den Aufsichtsrat im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens die Verpflichtung entstehen, die GV/VV einzuberufen. Unterlässt der Aufsichtsrat in diesem Fall die Einberufung, können sich die Aufsichtsratsmitglieder nach § 41 schadensersatzpflichtig machen.102 Der Aufsichtsrat hat an der GV/VV teilzunehmen, die Notwendigkeit der Einberufung zu begründen und ggf. die notwendigen Anträge zu stellen.103 III. Zuweisungen von Aufgaben durch das Gesetz
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Das Genossenschaftsgesetz weist dem Aufsichtsrat weitere Aufgaben zu. Dem Aufsichtsrat obliegen – die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der eG gegenüber Vorstandsmitgliedern (§ 39 Abs. 1 S. 1), – die Vertretung der eG bei Prozessen gegen Mitglieder des Vorstands, soweit nicht GV/VV nach der Satzung die Führung eines Prozesses beschließt (§ 39 Abs. 1 S. 1), – die Genehmigung der Gewährung eines Kredits an ein Mitglied des Vorstands (§ 39 Abs. 2 S. 1) sowie die Genehmigung der Annahme eines Vorstandsmitglieds als Bürgen für eine Kreditgewährung an einen Dritten (§ 39 Abs. 2 S. 2), – die vorläufige Amtsenthebung von der GV/VV gewählten Vorstandsmitgliedern gemäß § 40, – das Einschreiten gegen unrechtmäßige Auszahlung von Gewinnen und Geschäftsguthaben (§ 41 i.V.m. § 34 Abs. 3), – die Anfechtung von Beschlüssen der GV/VV (§ 51 Abs. 1) unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 2, – die Vertretung der eG bei Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsklagen entsprechend § 249 Abs. 1 i.V.m. § 246 Abs. 2 AktG (für Nichtigkeitsklage) sowie gemäß § 51 Abs. 3 S. 2 (für Anfechtungsklage), – die Teilnahme an der Prüfungsschlusssitzung gemäß § 57 Abs. 4; insoweit ist eine gemeinsame Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat erforderlich, – die Beratung über das Ergebnis der Prüfung in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Vorstand (§ 58 Abs. 4), – die Berichterstattung in der GV/VV über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen der Prüfung (§ 59 Abs. 2), – die Beantragung der Bestellung von Liquidatoren durch das Registergericht (§ 83 Abs. 3),
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98 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 79. 99 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 80. 100 Vgl. § 44 Rdn. 17; Müller GenG § 38 Rdn. 45; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 79. 101 Dagegen Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 81. 102 Beuthien GenG § 38 Rdn. 8; zur Einberufung einer a.o. GV im Rahmen der Prüfungsverfolgung durch den Prüfungsverband s. § 60 Rdn. 1–9. 103 Beuthien GenG § 38 Rdn. 8.
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nach KWG bedarf die Gewährung von Organkrediten der Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 15 KWG).
Ist nach der Satzung kein Aufsichtsrat zu bilden, vertritt ein von der GV aus seiner Mitte gewählter Bevollmächtigter die eG gegenüber den Vorstandsmitgliedern (§ 39 Abs. 1 S. 2) bzw. nimmt die Rechte z.B. nach § 57 Abs. 2 bis 4, § 58 Abs. 3 S. 1 wahr (vgl. § 57 Abs. 5 bzw. § 58 Abs. 3 S. 1 2. Halbs.). IV. Zuweisung von Aufgaben durch die Satzung Nach § 38 Abs. 3 können dem Aufsichtsrat durch die Satzung weitere Aufgaben 30 übertragen werden. Diese Vorschrift korrespondiert mit § 27 Abs. 1 S. 2, wonach die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands (betrifft das Innenverhältnis, nicht die Vertretung im Außenverhältnis!) durch die Satzung eingeschränkt werden kann. In den Satzungen ist folgerichtig die Einschaltung des Aufsichtsrats bei den Entscheidungen über wichtige Geschäfte vorgesehen (s. Rdn. 32). Nicht hingegen kann die Satzung auf eine von der GV/VV zu beschließenden Dienstanweisung verweisen, auch nicht vorsehen, dass der Vorstand generell an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden wird bzw. dem Aufsichtsrat generell ein Einspruchsrecht zusteht.104 In den Satzungen wird z.B. regelmäßig bestimmt, dass die Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat bestellt werden und in Verbindung mit einer ordentlichen, auch außerordentlichen Kündigung abberufen werden können.105 In der Praxis liegt hier ein Schwerpunkt der Verantwortung des Aufsichtsrats. Bei der sorgfältigen Auswahl geht es um Fragen der persönlichen und fachlichen Qualifikation, der Vertragsbedingungen, insb. die Dauer des Vertrags, Zusagen bestimmter Positionen, wie z.B. Vorsitz.106 Auch die Bewertung der Leistungen im Vorstand z.B. in Zeugnissen ist Aufgabe des Aufsichtsrats, wie auch die Prüfung und Verfolgung von Regressansprüchen gem. §§ 34, 39. Die Geschäftsordnung regelt die innere Ordnung des Aufsichtsrats. Sie hat nicht 31 Satzungscharakter und kann vor allem nicht weitere Aufgaben an den Aufsichtsrat zur Entscheidung übertragen. Der Aufsichtsrat gibt sich diese Geschäftsordnung selbst und bedarf dafür nicht der Zustimmung der GV/VV. Die Geschäftsordnung muss auch nicht eine Grundlage in der Satzung haben. Sinnvoll erscheint es, zum Inhalt der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats den Vorstand anzuhören. Der früher übliche Begriff „Geschäftsanweisung“ widerspräche der Weisungsunabhängigkeit des Aufsichtsrats. Die Leitungsstruktur der eG schließt bindende Weisungen an den Vorstand und an den Aufsichtsrat aus. Soweit in einer Geschäftsordnung des Aufsichtsrats die Mitwirkung des Aufsichtsrats z.B. bei der Kreditgewährung vorgesehen ist (vgl. § 3 Muster Geschäftsordnung für Volksbanken und Raiffeisenbanken), handelt es sich nicht um eine „weitere Aufgabe“ i.S.v. § 38 Abs. 3, sondern nur um eine Konkretisierung einer zustimmungspflichtigen Angelegenheit i.S.d. des § 27 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 23 Abs. 2 der Mustersatzungen (vgl. § 27 Rdn. 13 ff.), die dem Aufsichtsrat in besonderen Fällen eine Befugnis zur aktiven Mitgeschäftsführung einräumt.107 Daher kann die Satzung (bei der AG: „hat“ – § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) festlegen, dass 32 bei bestimmten wichtigen Geschäften die Mitwirkung des Aufsichtsrats erforderlich
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104 § 27 Rdn. 12; Beuthien GenG § 38 Rdn. 9. 105 Vgl. Erl. zu § 24; vgl. BGH ZIP 1988, S. 367. 106 Wenn die Satzung dem Aufsichtsrat dieses Recht einräumt – sonst Wahl durch den Vorstand. 107 Vgl. Beuthien GenG § 38 Rdn. 9; a.A. Müller GenG § 38 Rdn. 48, der § 111 Abs. 4 S. 3 AktG entsprechend anwenden will.
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ist.108 Damit wird gleichzeitig i.S.v. § 27 Abs. 1 S. 2 die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands eingeschränkt. Im Unterschied zum Aktienrecht (§ 111 Abs. 4 AktG) können im Genossenschaftsrecht durch die Satzung einzelne Geschäftsführungsbefugnisse an die Mitwirkung des Aufsichtsrats gebunden werden (§ 27 Rdn. 13 ff.).109 Auf der Grundlage einer gemeinsamen Beratung haben Vorstand und Aufsichtsrat getrennt zu beschließen (auf getrennte Protokollierung achten!).110 Damit soll erreicht werden, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats in einer „mündlichen Verhandlung“ zumindest die Möglichkeit haben, sich den erforderlichen Wissensstand anzueignen und damit den natürlichen Informationsvorsprung des Vorstands auszugleichen. Wesentlich ist dabei auch die Gelegenheit, die eigenen Argumente unmittelbar in die Meinungsbildung des Vorstands einzubringen. Eine reine „Zustimmung“ kann diese Gewähr nicht geben, zumal sie sich in vielen Fällen der Unternehmenspraxis darauf beschränkt, dass der Vorstand diese Zustimmung einfach „einholt“. Selbstverständnis und Sorgfaltspflichten der Aufsichtsratsmitglieder bei den Mitwirkungs- und Beratungstätigkeiten entwickeln sich weiter.111 Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, dass sich der Aufsichtsrat angesichts des immer komplexer werdenden operativen Geschäfts bereits bei der Entscheidungsbildung (vom Vorstand informiert oder auf eigene Nachfrage) einbringt. Den Berichten des Vorstands kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Je besser die Vorstandsberichte112 sind (Fokussierung auf das Wesentliche, Kontinuität der Berichtsformate, Arbeiten mit Wiedererkennungswerten, z.B. Ampeln), desto besser und zielgerichteter kann der Aufsichtsrat seiner Überwachungsaufgabe nachkommen. Die Komplexität der Vorstandsberichte muss adressatengerecht sein.113 Aber auch der Aufsichtsrat selbst muss an seiner Qualifizierung arbeiten, um die Effizienz zu steigern. Konkrete Anforderungsprofile für jede Position im Aufsichtsrat und ein Abgleich des Soll-Ist-Zustands und daran ausgerichtete Qualifikation von Aufsichtsräten, führen zu einer Steigerung der Effizienz. Die Mitwirkungsrechte des Aufsichtsrats dürfen nicht so weit ausgedehnt werden, 33 dass die Geschäftsleitung im Ergebnis beim Aufsichtsrat liegt; die Stellung des Vorstands als eigenverantwortliches Leitungsorgan darf nicht ausgehöhlt werden.114 Darüber hinaus ergeben sich aus dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes115 keine weiteren konkreten Beschränkungen für die Mitwirkung des Aufsichtsrats: Sie muss nicht auf Geschäfte von besonderer Bedeutung beschränkt sein,116 allerdings wird es sinnvoll sein, die Mitwirkung des Aufsichtsrats auf solche Fälle zu beschränken. Hinweise auf das Aktienrecht gehen fehl, weil dort andere Regelungen bestehen (§ 111 Abs. 4 AktG). Keinesfalls kann die Satzung ein Weisungsrecht des Aufsichtsrats begründen, auch nicht ein Entscheidungsrecht bei Meinungsverschiedenheiten im Vorstand.117 Die Satzung kann den Aufsichtsrat auch nicht über § 39 Abs. 1 hinaus zur Vertretung der eG ermächtigen, z.B. einen Kreditvertrag im Namen der eG abschließen, auch nicht den Vorstand zwingen,
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108 Hierzu ausführlich Lutter/Krieger/Verse Rdn. 112 ff. 109 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1263. 110 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1263. 111 Vgl. Schorr GENOGRAPH 4/2015, 10. 112 Vgl. v. Preen/Pacher Der Aufsichtsrat 2014, 66; Mahlert Der Aufsichtsrat 2014, 106. 113 Vgl. Interview mit Rolf Barreuther in GENOGRAPH 4/2015, S. 15. 114 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 49; Beuthien GenG § 38 Rdn. 3 und 9; s.a. § 27 Rdn. 13. 115 § 27 Abs. 1 S. 2 und § 38 Abs. 3. 116 Wie hier Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1263; a.A. Müller GenG § 38 Rdn. 49; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 38 Rdn. 16; Höhn Brevier, S. 32 und frühere Auflagen. 117 Beuthien GenG § 38 Rdn. 9.
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einen Kreditvertrag für die eG abzuschließen, es verbleibt letztlich nur bei der Möglichkeit der Abberufung des Vorstands.118 Im Übrigen gilt: wo der Aufsichtsrat nicht kontrollieren (z.B. außerhalb des Bereichs überwachungsbedürftigen Vorstandshandelns) und auch nicht mitwirken muss (z.B. gemäß § 23 Abs. 2 der Mustersatzungen), muss er auch keinen Rat erteilen.119 Wenn in der Satzung des Aufsichtsrats (vgl. Rdn. 30) die Zustimmung des Aufsichtsrats zu bestimmten Geschäften des Vorstands festgelegt ist, ist diese Zustimmung vom Vorstand vor der Vornahme des Geschäfts (also als Einwilligung) einzuholen.120 Wenn der Vorstand in begründeten Ausnahmefällen ein Geschäft ohne die erforderliche vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats vornimmt, kann der Aufsichtsrat dem Geschäft noch nachträglich zustimmen.121 Der Aufsichtsrat darf die nachträgliche Zustimmung nicht allein deshalb verweigern, weil sie nicht vor der Vornahme des Geschäfts vom Vorstand eingeholt wurde und er sich (zu Recht) desinformiert fühlt.122 Er darf auch nicht zustimmen, bloß weil der Vorstand bereits entschieden hat. Der Aufsichtsrat hat die Frage der nachträglichen Zustimmung vielmehr unter dem Gesichtspunkt zu entscheiden, ob die Vornahme des Geschäftes mit den Sorgfaltspflichten des Vorstands (§ 34), d.h. mit den Interessen der eG, zu vereinbaren ist.123 Wenn der Vorstand ein zustimmungspflichtiges Geschäft ohne Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen hat, ist das Geschäft im Außenverhältnis gleichwohl wirksam.124 Dies folgt daraus, dass es sich bei in der Satzung enthaltenen Mitwirkungsrechten des Aufsichtsrats um Beschränkungen i.S.d. § 27 Abs. 1 S. 2 handelt, die Dritten gegenüber keine rechtliche Wirkung zeigen (§ 27 Abs. 2). Eine Ausnahme – von der allerdings nicht alle eG, sondern nur Kreditgenossenschaften und Wohnungen mit Spareinrichtung betroffen sein können –, gilt für Organkreditgewährungen gemäß § 15 KWG. Wenn bei einem Organkredit der einstimmige Beschluss sämtlicher Geschäftsleiter oder die ausdrückliche Zustimmung des Aufsichtsrats fehlt und nicht unverzüglich beigebracht wird, muss der Organkredit ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen sofort zurückgezahlt werden.
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V. Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats 1. Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats durch den Aufsichtsrat als 38 Organ. Die dem Aufsichtsrat durch das Gesetz oder durch die Satzung übertragenen Aufgaben stehen dem Aufsichtsrat als Organ zu.125 Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschlussfassung, welche Kontrollen er durchführen will.126 Näheres § 36 Rdn. 60 ff. Teilnahmerecht des Vorstands ist gegeben, schon wegen der Berichterstattung und etwaiger Nachfragen. Der Aufsichtsrat kann (mit Ausnahme der Beratung mitwir-
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118 Beuthien GenG § 38 Rdn. 9. 119 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 108. 120 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 53; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 89; Höhn Brevier, S. 31. 121 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 113; Müller GenG § 38 Rdn. 54; Frankenberger/ Gschrey/Bauer S. 89 f.; Höhn Brevier, S. 38. 122 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 113. 123 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 113; Müller GenG § 38 Rdn. 54; Frankenberger/ Gschrey/Bauer S. 90; Höhn Brevier, S. 38. 124 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 55; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 90. 125 OLG Köln ZfgG 1996, 141; Beuthien GenG § 38 Rdn. 7; Müller GenG § 38 Rdn. 14, 22, 33; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 3. 126 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1265.
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kungsbedürftiger Geschäfte – gemeinsame Beratung und getrennte Beschlussfassung, Rdn. 30) beschließen, ohne den Vorstand zu fragen. Einzelne Personen, z.B. Sachverständige, können in keinem Fall an Stelle des Aufsichtsrats Entscheidungen treffen. Auch soweit der Aufsichtsratsvorsitzende für den Aufsichtsrat handelt, kann dies nur den Charakter von Vertretungshandlungen im Außenverhältnis haben. Im Innenverhältnis muss die Vertretung auf einer ordnungsgemäßen Meinungsbildung im Gesamtgremium oder in Ausschüssen beruhen. 2. Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder. Der Aufsichtsrat kann einzelne Aufsichtsratsmitglieder mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Aufsichtsrats beauftragen. 127 Eine solche Beauftragung entbindet den Aufsichtsrat nicht von seiner Gesamtverantwortung. Er muss sich in geeigneter Weise davon überzeugen, dass die in seinem Auftrag durchzuführenden Aufgaben sachgemäß erfüllt werden.128 Übertragung von Aufgaben auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder ist grundsätzlich nur möglich zur Vorbereitung oder Durchführung von Beschlüssen.129 Die Entscheidung selbst kann nicht auf einzelne Personen, auch nicht auf den Aufsichtsratsvorsitzenden, übertragen werden.130 Die Überwachungs- und Mitwirkungsmaßnahmen finden grundsätzlich in den Geschäftsräumen der eG statt, wenn nicht ausnahmsweise, z.B. aufgrund besonderer Aufträge des Aufsichtsrats, eine Arbeit sinnvollerweise außerhalb der Geschäftsräume erledigt werden soll. So wird z.B. ein dem Aufsichtsrat angehöriger Rechtsanwalt die rechtliche Beurteilung bestimmter Überwachungs- und Mitwirkungstatbestände durchaus in seiner Kanzlei durchführen können, ein dem Bauausschuss angehörender Architekt wird Entwürfe selbstverständlich in seinem eigenen Büro anfertigen. Auch bestehen keine Bedenken, wenn z.B. der Vorsitzende des Kreditausschusses schwierige Fälle in der Weise erarbeitet, dass er die Unterlagen zur gründlichen Durcharbeitung mit nach Hause nimmt. Ein Anspruch auf Mitnahme der Unterlagen nach Hause besteht jedoch nicht. In diesen Fällen muss naturgemäß die Schweigepflicht und die Verpflichtung zur Wahrung von Betriebs- und Kundengeheimnissen besonders sorgfältig beachtet werden.131 Einzelne Aufsichtsratsmitglieder sind nicht befugt, im Wege der Klage gegen Maßnahmen der Geschäftsführung vorzugehen. Dem einzelnen Mitglied des Aufsichtsrats stehen aber alle Rechte zu, die es zur 40 Wahrnehmung seiner Pflichten im Aufsichtsrat benötigt: Teilnahmerecht an den Sitzungen des Aufsichtsrats, Wahrnehmung aller Teilnehmerrechte in diesen Sitzungen wie Fragerecht, Antragsrecht, Rederecht, Vorschlagsrecht, Stimmrecht, das Recht, Protokollierung seiner Beiträge zu verlangen. Der Vorsitzende hat über das Verlangen unverzüglich die Aufsichtsratsmitglieder zu informieren. Außerhalb der Sitzungen kann sich jedes Aufsichtsratsmitglied an den Vorsitzenden wenden, um Anregungen, Hinweise und Fragen vorzubringen. Das Recht, eine Sitzung zu verlangen, ergibt sich nicht aus dem Gesetz; es empfiehlt sich eine Regelung in der Satzung oder der Geschäftsordnung. Jedes Mitglied des Aufsichtsrats hat das Recht, alle Unterlagen des Aufsichtsrats einzu39
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127 Vgl. Beuthien GenG § 38 Rdn. 7; Müller GenG § 38 Rdn. 14, 22, 33; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 3; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 32. 128 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 10. 129 OLG Stuttgart BB 1992, 1669. 130 OLG Stuttgart BB 1992, 1669; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 9; wegen Übertragung auf Ausschüsse siehe Rdn. 41 ff. 131 Wegen Aushändigung von Prüfungsberichten vgl. § 41 Rdn. 21.
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sehen und über den Aufsichtsrat Zugang zu allen erforderlichen Informationen zu verlangen.132 Seit der Novelle 2006 hat das einzelne Aufsichtsratsmitglied zusätzlich das Recht, vom Vorstand Auskünfte, jedoch nur an den Aufsichtsrat, zu verlangen (§ 38 Abs. 1 Satz 4). Dadurch soll die Aufsichtsfunktion gestärkt werden133 und ein gleicher Informationsstand aller Mitglieder sichergestellt werden.134 Das einzelne Aufsichtsratsmitglied, insbesondere der Auskunftbegehrende, hat sich wegen der auf seine Initiative vom Vorstand gegebenen Auskünfte an den Aufsichtsrat zu wenden.135 Er hat jedoch kein Recht auf Einsichtnahme in Unterlagen der eG; dies hat nur der Gesamtaufsichtsrat mit der Möglichkeit, einzelne seiner Mitglieder zu beauftragen (Abs. 1 Satz 2).136 Die Geschäftsordnung kann vorsehen, dass Auskünfte des Vorstands an den Aufsichtsrat nur in Aufsichtsratssitzungen oder schriftlich gegeben werden. Die Zuordnung besonderer Rechte an einzelne Aufsichtsratsmitglieder wie z.B. in 110 Abs. 2 AktG ist im Genossenschaftsrecht entbehrlich. Bei Bedarf können solche Regelungen in die Satzung oder die Geschäftsordnung aufgenommen werden.137 3. Wahrnehmung der Aufgaben des Aufsichtsrats durch Aufsichtsrats-Aus- 41 schüsse. Wenn auch im GenG keine Vorschrift über die Bildung von Ausschüssen enthalten war, so wurde die Bildung solcher Ausschüsse allgemein als zulässig angesehen.138 Die Begründung ergibt sich daraus, dass das GenG hierzu nichts regelt, also das Selbstorganisationsrecht eines jeden Organs gilt,139 Seit 2009 (Einführung durch BilMoG) erwähnt das Gesetz aber ausdrücklich den Prüfungsausschuss in Abs. 1a, siehe dazu Rdn. 41 a.E. Der Aufsichtsrat einer Kreditgenossenschaft muss abhängig von der Größe, der internen Organisation und der Art, des Umfangs, der Komplexität und des Risikogehalts der Geschäfte entscheiden, ob die Bildung von Ausschüssen im Sinne des § 25d Abs. 7 bis 12 KWG für erforderlich gehalten wird.140 Ziel der Selbsteinschätzung ist, einen objektiven Nachweis über ein nachhaltig ausgerichtetes, einfaches und risikoarmes Geschäftsmodell zu führen. Bei Vorliegen eines einfachen und risikoarmen Geschäftsmodells (Beschluss des Aufsichtsrats) kann auf die Bildung von Ausschüssen verzichtet werden.141 Ein derartiges Geschäftsmodell liegt regelmäßig vor, wenn die Geschäftstätigkeit geografisch ihren Schwerpunkt in der Bundesrepublik hat und zudem sich weitestgehend auf das Einlagen- und Kreditgeschäft beschränkt, also nicht schwerpunktmäßig das Investmentgeschäft einbezieht.142 Die BaFin hat mit Schreiben vom 30.12.2014143 geäußert, dass § 25d Abs. 7 bis 12 KWG weiterhin von allen Kreditgenossenschaften anzu-
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132 Dazu auch Potthoff/Trescher S. 53 ff. 133 Beuthien GenG § 38 Rdn. 1. 134 Beuthien GenG § 38 Rdn. 5. 135 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 4. 136 OLG Stuttgart AG 2007, 873; siehe auch Rdn. 39; Beuthien GenG § 38 Rdn. 7. 137 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 38 Rdn. 14. 138 Potthoff/Trescher S. 77 ff.; Semler AG 1988, 60; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 24; Beuthien GenG § 38 Rdn. 6; Müller GenG § 36 Rdn. 108; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 11 und § 36 Rdn. 217 ff.; Höhn Brevier, S. 55; Lutter/Krieger Rdn. 1271; Scholderer NZG 2011, 529. 139 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 761. 140 Zur Selbsteinschätzung des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans Lohs Bank Praktiker 2015, 211. 141 Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Aufl. 2015, Rdn. E 34; Lohs Bank Praktiker 2015, 210. 142 Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Aufl. 2015, a.a.O. 143 Vgl. Schreiben der BaFin an die Deutsche Kreditwirtschaft, hier den BVR vom 30.12.2015, GZ: BA 53-FR 2105-2014/0014, 2014/f1739454.
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wenden sind, also obliegen in diesem Fall die Aufgaben dem Gesamtorgan, wenn sie nicht durch Ausschüsse wahrgenommen werden, siehe dazu § 36 Rdn. 15 f. Neu ist die durch das BilMoG erfolgte Klarstellung, dass der Aufsichtsrat jeder eG einen Prüfungsausschuss (Audit Committee) einrichten kann, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses sowie der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems144 befasst. Der Prüfungsausschuss kann die Prüfung des Jahresabschlusses, den Lagebericht und den Vorschlag für die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung des Jahresfehlbetrags prüfen, aber nicht abschließend darüber entscheiden, vgl. Rdn. 21. Die Einsetzung eines Prüfungsausschusses ist aus Zweckmäßigkeitsgründen empfehlenswert. Ob ein solcher eingesetzt wird, liegt in der Eigenverantwortung des Aufsichtsrats. Auch die Satzung kann ihn nicht dem Aufsichtsrat vorschreiben.145 Insbesondere bei größeren eG kann die Sorgfaltspflicht (§ 41) es jedoch gebieten, einen Prüfungsausschuss einzurichten, wenn so schneller, konzentrierter und professioneller diese besonders gewichtigen Aufgaben erledigt werden können. Der Prüfungsausschuss dient damit der Steigerung der Effizienz des Aufsichtsrats und erhöht die Qualität der Aufsichtsarbeit.146 Insoweit entfällt die Handlungsverantwortung der übrigen Aufsichtsratsmitglieder, nicht jedoch im Rahmen der Gesamtverantwortung deren Auswahl- und Kontrollverantwortung bezüglich des Ausschusses und seiner Mitglieder (Rdn. 50). Dem Prüfungsausschuss können nur Aufsichtsratsmitglieder angehören.147 Dritte können als Sachverständige hinzugezogen werden (Rdn. 41a). 41a Die Überwachung der Abschlussprüfung, insbesondere der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und der von dem Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen bei eG soll abweichend von Artikel 41 Abs. 2 Buchstabe d der Abschlussprüferrichtlinie nicht dem Prüfungsausschuss obliegen. Das liegt an den Besonderheiten der genossenschaftlichen Abschlussprüfung. Die eG werden durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband geprüft. Die zu prüfende eG ist Mitglied des Prüfungsverbands. Nach dem zugrunde liegenden Regelungskonzept wacht der Prüfungsverband selbst über die Unabhängigkeit des genossenschaftlichen Abschlussprüfers und setzt erforderlichenfalls einen externen Prüfer ein (§ 55 Abs. 3). Eine besondere Vorbildung ist für seine Mitglieder nicht vorgeschrieben. Richtet der Aufsichtsrat einer kapitalmarktorientierten eG einen Prüfungsausschuss ein, muss jedoch mindestens ein Mitglied des Prüfungsausschusses die Voraussetzungen des § 36 Abs. 4 erfüllen. Richtet der Aufsichtsrat einer kapitalmarktorientierten Genossenschaft keinen Prüfungsausschuss ein, hat er dessen Aufgaben selbst wahrzunehmen. In diesem Fall gewährleistet und fordert § 36 Abs. 4, dass mindestens ein unabhängiges und sachkundiges Mitglied dem Aufsichtsrat angehört. Der Prüfungsausschuss – ist er nicht eingerichtet, der Aufsichtsrat, der dann auch 41b uneingeschränkt für Verschulden haftet, während bei Einsetzung eines Prüfungsausschusses die Haftung sich auf das Auswahlverschulden beschränkt – hat insbesondere mit der Zielrichtung zu überprüfen, ob Erweiterungen, Ergänzungen oder Verbesserungen erforderlich sind. Ihm müssen die in Abs. 1a enthaltenen Pflichten ausdrücklich zugeschrieben werden, die bloße Zuordnung der Bezeichnung „Prüfungsausschuss“ genügt nicht. Die Intensität der Überwachung hängt von der Risikolage der eG ab. Bei festgestellten Mängeln hat er sich auch davon zu überzeugen, ob sie zeitnah abgestellt
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Zur Prüfung der Wirksamkeit des internen Revisionssystems: Meuwsen Der Aufsichtsrat 2014, 172. Lanfermann/Röhricht BB 2009, 887. BT-Drs. 16/10067 S. 102. Beuthien GenG § 38 Rdn. 6.
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werden. Alle Aufsichtsratsmitglieder sind über Vorgänge von wesentlicher Bedeutung und in einem Mindestmaß auch über laufende Vorgänge zu informieren. Gegebenenfalls sollte sich der Ausschuss sicherheitshalber der Fachkunde Dritter bedienen (Rdn. 53). Es kann sich für den Prüfungsausschuss bzw. den Aufsichtsrat anbieten, im Falle der „Überforderung“ den Prüfungsverband (im Rahmen der gesetzlichen Prüfung oder auch außerhalb) zu beauftragen, diese Aufgaben für den Prüfungsausschuss – ist er nicht eingerichtet, für den Aufsichtsrat – zu überprüfen und dem Ausschuss bzw. dem Aufsichtsrat zu berichten, der nach Vorlage der Ergebnisse entscheidet, ob und welche Maßnahmen ergriffen werden. Auch kann ein Kreditausschuss (Risikoausschuss) gebildet werden. Der Prüfungsausschuss kann dessen Funktionen mit übernehmen.148 Die Einsetzung eines Ausschusses folgt aus dem Organisationsrecht der eG und 42 steht im pflichtgemäßen Ermessen des Aufsichtsrats; die Satzung kann Ausschüsse weder vorschreiben, noch verbieten.149 Dies kann auch abgeleitet werden aus § 107 Abs. 3 AktG, der sie nicht mittelbar zulässt, sondern nicht allgemein verbietet.150 Dementsprechend bestimmt grundsätzlich der Aufsichtsrat darüber, ob überhaupt Ausschüsse eingesetzt werden sollen, mit welchen Aufgaben die Ausschüsse betraut werden sollen, ob die Ausschüsse beratende oder entscheidende/beschließende Funktion haben sollen.151 Grundsätzlich können Ausschüsse des Aufsichtsrats Entscheidungsbefugnisse haben oder auch nur eine die Entscheidungen des Aufsichtsrats vorbereitende und damit beratende Tätigkeit ausüben.152 Der Aufsichtsrat ist nach § 39 Abs. 1 generell zuständig für die Vertretung der eG gegenüber den Vorstandsmitgliedern, hinsichtlich der Bestellung zum Vorstandsmitglied vgl. Rdn. 47 und § 24 Rdn. 48. Diese Zuständigkeit kann er einem Personalausschuss übertragen, der sich auch mit der Angemessenheit der Vorstandsvergütung beschäftigen muss, eine Übertragung wird daher in vielen Fällen zweckmäßig sein.153 Im Übrigen wird die Vorstandsvergütung154 auch im Rahmen der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung im Rahmen der Prüfung kontrolliert. Auf unangemessen hohe Vorstandsgehälter muss der Prüfungsverband im Prüfungsbericht hinweisen, notfalls auch in der GV/VV. Viele Satzungen sehen daher in Konkretisierung des Grundsatzes des Selbstorganisationsrechts vor, dass der Aufsichtsrat zur Erfüllung seiner Aufgaben Ausschüsse bilden darf.155 Das VorstAG steht dem nicht entgegen, da das AktG hier nicht analog gilt (hierzu ausführlich § 24 Rdn. 48).156 Der Aufsichtsrat kann einem Ausschuss zugewiesene Aufgaben jederzeit wieder an sich ziehen.157
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148 Zur Problematik der Personalunion von Prüfungs- und Risikoausschuss § 36 Rdn. 54 sowie Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 26 und S. 36. 149 Beuthien GenG § 36 Rdn. 27; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 761. 150 Beuthien NZG 2010, 334. 151 S. Rdn. 44; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rdn. 218; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 32; Höhn Brevier, S. 55. 152 Vgl. BGHZ 65, 190 für AG; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 24; Höhn Brevier, S. 55; Scholderer NZG 2011, 529; a.A. Müller GenG § 36 Rdn. 108, der in unzulässiger Analogie zu § 107 Abs. 3 AktG der Auffassung ist, dass ein genossenschaftlicher Aufsichtsrat nur beratende Ausschüsse einsetzen könne; a.A. auch Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1272, sich selbst als Mindermeinung bezeichnend. 153 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 36 Rn. 217; Scholderer NZG 2011, 528; Heutz NZG 2013, 611; a.A. Beuthien NZG 2014, 1292, der dies als Vorbehaltsaufgabe des Gesamtaufsichtsrats ansieht. 154 Zur aktuellen Entwicklung der Aufsichtsratsvergütung: Evers Der Aufsichtsrat 2015, 86. 155 Vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH BB 1981, 197. 156 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn 142b; Holthaus PerspektivePraxis des DGRV 2/2010 S. 4; a.A. Beuthien NZG 2010, 334, li. Spalte; Beuthien GenG § 39 Rdn. 2. 157 Beuthien GenG § 36 Rdn. 28 .
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Zu Mitgliedern eines Ausschusses dürfen nur Aufsichtsratsmitglieder bestellt werden. Dies ergibt sich daraus, dass ein Ausschuss mit Aufgaben des Aufsichtsrats betraut wird und dass der Aufsichtsrat nach § 38 Abs. 4 die Ausübung seiner Aufgaben nicht anderen Personen übertragen kann. In den Satzungen wird dies regelmäßig noch einmal klarstellend festgelegt. Auch kann ein Ausschuss mit Aufsichtsratsmitgliedern einer bestimmten Mitgliedergruppe besetzt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen geboten ist.158 Arbeitnehmervertreter sind in angemessener Weise an dem Entscheidungsprozess im Personalausschuss zu beteiligen.159 Es bestehen Bedenken, wenn zu den Sitzungen der Ausschüsse oder des Aufsichtsrats regelmäßig Fachleute160 zugezogen werden (Rdn. 53). Ein gemeinsamer mit Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern besetzter Ausschuss kann hingegen nur beratende Funktion haben (§ 27 Abs. 1 Satz 1), wie z.B. ein gemeinsamer Bauausschuss. Der Aufsichtsrat kann Zuständigkeiten, die ihm die Satzung übertragen hat, einem Ausschuss mit entscheidender Funktion zuweisen.161 So kann z.B. die – in den Geschäftsordnungen des Aufsichtsrats von Kreditgenossenschaften regelmäßig festgelegte – vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats zu Krediten einem Ausschuss mit entscheidender Funktion übertragen werden. Die Überweisung einer satzungsmäßigen Aufgabe an einen Ausschuss mit entscheidender Funktion ist aber dann unzulässig, wenn die Satzung erkennen lässt, dass diese Aufgabe durch den Gesamtaufsichtsrat ausgeübt werden soll. Unterliegt eine eG dem Mitbestimmungsgesetz von 1976, so ist nur der Aufsichtsrat für den Abschluss, die Änderung und Aufhebung der Anstellungsverträge mit Vorstandsmitgliedern und die dazu notwendigen Entscheidungen zuständig,162 mit der Möglichkeit, diese Zuständigkeit auf einen Ausschuss zu delegieren, vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MitbestG, der auf das GenG verweist. Angelegenheiten, die die innere Organisation des Aufsichtsrats betreffen, können einem Ausschuss mit entscheidender Funktion nicht übertragen werden.163 Dies gilt z.B. für die Wahl des Vorsitzenden des Aufsichtsrats und seines Stellvertreters, für den Erlass einer Geschäftsordnung des Aufsichtsrats, für die Einsetzung oder Auflösung von Ausschüssen usw. Die Bestellung, Abberufung und Suspendierung von Vorstandsmitgliedern aus dem Amt kann nicht von einem Ausschuss des Aufsichtsrats vorgenommen werden;164 diese Entscheidung bleibt vielmehr beim Gesamtaufsichtsrat. Entsprechendes gilt für die Einberufung der GV/VV (§ 38 Abs. 2) sowie die gesamte Aufgabe der Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands.165 Übertragbar auf entscheidende Ausschüsse sind dagegen der Abschluss des Dienstvertrags, Änderungen dieses Vertrags, nicht jedoch die Kündigung, jedenfalls immer dann nicht, wenn die Organstellung betroffen ist. Dies ist in vielen Dienstverträgen durch die Koppelung – Kündigung hat die Beendigung der Organstellung zur Folge – der Fall.166
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158 OLG Hamburg DB 1984, 1567. 159 OLG Hamburg ebd. 160 Z.B. Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 120; Beuthien GenG § 38 Rdn. 10. 161 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 118. 162 Vgl. BGH NJW 1984, 733 zur GmbH. 163 Vgl. Höhn Brevier, S. 57. 164 So für Suspendierung bei der AG Kammergericht DB 1983, 2026. 165 Vgl. Höhn Brevier, S. 56. 166 Zur Zuständigkeit eines Personalausschusses vgl. Scholderer NZG 2011, 529; Holthaus PerspektivePraxis des DGRV 2/2010 S. 4.
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Im GenG ist nicht geregelt, aus wie vielen Mitgliedern ein Ausschuss des Aufsichtsrats mindestens bestehen muss. Die Satzung kann jedoch eine entsprechende Bestimmung enthalten. Die Mindestzahl, aus denen ein Ausschuss bestehen muss, ist umstritten. Grundsätzlich dürfte es vom Begriff des „Ausschusses“ und der Aufgabenstellung her ausreichend sein, wenn dem Ausschuss mindestens zwei Mitglieder angehören. Zum Teil wird aber die Auffassung vertreten, ein Ausschuss müsse aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, weil nur so eine sachgerechte, kollegiale Meinungsbildung gewährleistet ist. 167 Bei der Einsetzung eines Kreditausschusses mit entscheidender Funktion ist die Stellungnahme des BAK (heute BaFin) vom 20.8.1976 zu beachten.168 Danach muss ein Kreditausschuss, der die Zustimmungsfunktion nach § 15 KWG (Zustimmung zu Organkrediten) wahrnehmen soll, aus mindestens drei Mitgliedern des Aufsichtsorgans bestehen. Für seine Beschlussfähigkeit darf keine geringere Anzahl als 3 Mitglieder vorgesehen sein. Die Auffassung, dass einem Ausschuss mindestens drei Mitglieder angehören müssen, ist im Übrigen für das Genossenschaftsrecht nicht zu begründen. Analogien zu § 108 Abs. 2 AktG sind nicht zulässig; dort sprechen u.a. Gesichtspunkte der Mitbestimmung für eine Mindestzahl von 3 Mitgliedern für die Beschlussfähigkeit und für die Zusammensetzung von Ausschüssen. Nach § 36 Abs. 1 S. 2 ist die zu einer Beschlussfassung des Aufsichtsrats erforderliche Zahl durch die Satzung zu bestimmen (vgl. § 36 Rdn. 63). Daraus folgt, dass die Satzung auch für beschließende Ausschüsse die Beschlussfähigkeit regeln muss. Da ein Beschluss stets die Mitwirkung von mindestens zwei Personen voraussetzt, kann auch ein Ausschuss nur beschlussfähig sein, wenn mindestens zwei Personen bei der Beschlussfassung anwesend sind. Eine andere Frage ist die der Praktikabilität. Ein Ausschuss, der aus zwei Mitgliedern besteht, muss praktisch immer einstimmig entscheiden, denn es dürfte nicht zulässig sein, einem Mitglied bei einer Pattsituation ein ausschlaggebendes Stimmrecht einzuräumen, da alle Aufsichtsratsmitglieder die gleichen Stimmrechte haben und dies (bei einem zweiköpfigen Ausschuss) auf ein Alleinentscheidungsrecht des Begünstigten hinauslaufen würde. Die Wahrnehmung von Aufgaben des Aufsichtsrats durch Ausschüsse des Aufsichtsrats befreit die übrigen Aufsichtsratsmitglieder nicht von ihrer Gesamtverantwortung.169 Soweit es sich um beschließende Ausschüsse handelt, verbleibt dem Gesamtaufsichtsrat die Verantwortung für die Auswahl der Ausschussmitglieder und die erforderliche Kontrolle. Dies bedingt ein entsprechendes Kontrollrecht des Gesamtaufsichtsrats und eine Berichtspflicht des Ausschusses gegenüber dem Aufsichtsrat (vgl. § 41 Rdn. 43). Wahlen zum Aufsichtsrat und Neukonstituierung des Aufsichtsrats haben grundsätzlich auf Zusammensetzung und Fortbestehen von Ausschüssen keinen Einfluss. Naturgemäß scheiden Personen, die nicht mehr dem Aufsichtsrat angehören, automatisch auch aus Ausschüssen des Aufsichtsrats aus. Die Satzung kann allerdings vorsehen, dass nach jeder durchgeführten Neuwahl zum Aufsichtsrat auch die Ausschüsse neu zu konstituieren sind. Der Aufsichtsrat hat gegenüber einem Ausschuss ein uneingeschränktes Informationsrecht, dies folgt bereits aus der Gesamtverantwortung. Einzelne Aufsichtsratsmitglieder können nur über den Aufsichtsrat diese Unterrichtung verlangen im Unterschied zum Informationsrecht gegenüber dem Vorstand nach § 38 Abs. 1 S. 4. Ein Teilnahmerecht von Aufsichtsratsmitgliedern, die nicht dem Ausschuss angehören, gib es grds.
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167 BGHZ 65, 190 = WM 1975, 1237 = NJW 1976, 145. 168 Vgl. Schreiben des BAK vom 20.8.1976, Az. I 3-233-6/75 an die Spitzenverbände des Kreditgewerbes, abgedruckt in Reischauer/Kleinhans § 15 Anm. 17. 169 Vgl. Höhn Brevier, S. 59/60; Scholderer NZG 2011, 532.
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nicht. Ein Ausschuss hat auch den Zweck, in möglichst kleiner Mitgliederzahl vertrauliche Dinge zu beraten (Personalausschuss). Ein generelles Teilnahmeverwehrungsrecht des Vorsitzenden ist nicht gegeben; er muss im Einzelfall prüfen, ob die Teilnahme verwehrt werden kann, z.B. unter Gesichtspunkten des Personen- und Datenschutzes.170 Der Aufsichtsrat kann einen Ausschuss jederzeit auflösen. 52a
4. Gruppenvorbesprechungen.171 Gruppenvorbesprechungen der Anteilseignervertreter und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind zulässig, da weder das GenG noch das MitbestG bzw. DrittelbG Vorgaben zur Vorbereitung von Aufsichtsratssitzungen enthalten.172 Darüber hinaus gestatten Ziffer 3.6 Abs. 1 DCGK bzw. CGK für Genossenschaften des DGRV (siehe Rdn. 55) Gruppenvorbesprechungen. Hieraus folgt, dass die für eine Beschlussfassung notwendige Sachverhaltsdarstellung und die Abwägung der unterschiedlichen Vor- und Nachteile auch in einer Gruppenvorbesprechung durchgeführt werden können und im Gesamtaufsichtsrat eine Zusammenfassung dieser Ergebnisse genügt.173 Kosten, die im Zusammenhang mit Gruppenvorbesprechungen entstehen, sind grundsätzlich erstattungsfähig. Eine Ausnahme gilt für die einseitige Hinzuziehung von Sachverständigen, da Dritte nur für den Gesamtaufsichtsrat tätig werden. VI. Wahrnehmung von Aufgaben des Aufsichtsrats durch Dritte; Beratungsverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern
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Nach § 38 Abs. 4 können die Mitglieder des Aufsichtsrats die Ausübung ihrer Obliegenheiten nicht auf andere Personen übertragen. Der Aufsichtsrat kann jedoch zur Erfüllung seiner gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben sich der Hilfe Dritter bedienen (vgl. § 34 Rdn. 32). So kann er sich insb. durch Sachverständige, soweit dies im Rahmen einer ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratstätigkeit liegt,174 beraten lassen.175 Darüber hinausgehende Beratungsverträge könnten ggf. Regressfolgen nach § 41 i.V.m. § 34 haben. Der Aufsichtsrat ist ermächtigt, Beratungsverträge im Namen der eG abzuschließen; der Vergütungsanspruch richtet sich gegen die eG.176 Auch das einzelne Aufsichtsratsmitglied kann sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben der Hilfe Dritter bedienen.177 So kann er sich namentlich durch Sachverständige – grds. auf eigene Kosten – beraten lassen. Weder der Aufsichtsrat noch das einzelne Aufsichtsratsmitglied dürfen jedoch generell und laufend einen Sachverständigen einschalten. Auch darf der Aufsichtsrat keinen Dritten als „ständigen Gast“ an den Sitzungen teilnehmen lassen. Dritte dürfen nur zur Beratung über einzelne Gegenstände hinzugezogen werden. Auch kann die Satzung zulassen, dass Dritte anstelle von verhinderten Mitgliedern teilnehmen; eine in Textform (§ 126b BGB) erteilte Ermächtigung ist notwendig.178 Soll ein Sachverständiger ständig teilnehmen, muss er von der GV in den Aufsichtsrat gewählt werden. Denn dadurch könnte auf die Dauer nicht nur die Vertraulichkeit leiden (näher
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170 LG München WM 2007, 1975; zum Geltungsbereich des BDSG Schaffland/Wiltfang BDSG Erl. zu § 1. 171 Vgl. für die AG Zulässigkeit, Zweckmäßigkeit und Praxisfragen Wittgens/Vollertsen AG 2015, 261; zu Ad-hoc-Ausschüssen Hasselbach/Seibel, AG 2012, 114. 172 Vgl. m.w.N. zur AG Wittgens/Vollertsen AG 2015, 261. 173 Vgl. LG Essen Urt. v. 9.9.2013, Az. 44 O 164/10, BeckRS 2014, 22313; zustimmend Wittgens/Vollertsen AG 2015, 261. 174 Z.B. Rechtsanwälte, Vertreter des Verbands usw. 175 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 61, 62; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 120. 176 Beuthien GenG § 38 Rdn. 10. 177 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 121; Müller GenG § 38 Rdn. 63. 178 Weber/Polte in: Sonderausgabe 01/2008 S. 14 zur Die Aktiengesellschaft.
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dazu: § 41 Rdn. 38); es bestände vor allem auch die Gefahr, dass die vom Aufsichtsrat und seinen Mitgliedern in eigener Verantwortung zu treffenden Entscheidungen zu stark nach außen verlagert werden.179 Entscheidungen, die in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fallen, können grundsätzlich nicht auf andere Personen, z.B. Sachverständige oder einen Beirat, übertragen werden (s. Rdn. 39). Soweit der Aufsichtsrat zur Vertretung berufen ist, darf er grundsätzlich nicht andere Personen damit beauftragen. Der Aufsichtsrat kann auch den Vorstand nicht im Einzelfall vom Vertretungsverbot befreien.180 Unvertretbar als Aufsichtsratsmitglieder sind vor allem Personen, die sich „fremdbestimmt“ (durch Dritte) nicht mehr an den Interessen der eG orientieren181 oder eigene Interessen – wie z.B. den Verkauf von Beratungsdienstleistungen – verfolgen. Aus der umfassenden Überwachungspflicht des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder folgt, dass der Abschluss von besonderen Beratungsverträgen zwischen der eG (vertreten durch den Vorstand) und einem Aufsichtsratsmitglied grundsätzlich verboten und nach § 134 BGB nichtig ist wegen Verstoßes gegen § 113 AktG analog, sofern sie die Aufsichtstätigkeit betreffen,182 da hierzu die Aufsichtsratsmitglieder aufgrund ihrer Organstellung verpflichtet sind (vgl. § 36 Rdn. 34). Mit dem Abschluss derartiger Verträge würde die ausschließliche Zuständigkeit der GV/VV zur Festsetzung einer Vergütung für die Aufsichtsratstätigkeit umgangen.183 Nicht entscheidend ist, ob die übernommene Beratungstätigkeit das Maß überschreitet, in dem ein Aufsichtsratsmitglied üblicherweise tätig zu werden hat. Maßgebend ist also nicht der Umfang der Beratung, sondern allein ihr Gegenstand. Erfordern die besonderen Verhältnisse der Genossenschaft einen über den normalen Rahmen hinausgehenden Einsatz, muss das Aufsichtsratsmitglied unter schuldrechtlichen, aber auch strafrechtlichen Gesichtspunkten gleichwohl leisten. Beratungsverträge „höherer Art außerhalb dieser Tätigkeit“184 – z.B. für besondere Fachgebiete – sind möglich, können aber problematisch sein, sofern sie die Unabhängigkeit und Objektivität des Beraters als Aufsichtsratsmitglied gefährden.185 Ein vor der Wahl zum Aufsichtsratsmitglied geschlossener Beratungsvertrag ruht für die Dauer der Amtszeit.186 Zulässig sind Verträge über Dienstleistungen, die nicht in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fallen.187 Dies sind z.B. Beratungen in IT-Angelegenheiten, zu Steuerfragen, in Rechtsangelegenheiten, insbesondere die Beauftragung in Prozessen. Zuständig für den Abschluss ist der Vorstand. Analog § 114 AktG ist die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich, sonst ist der Vertrag schwebend unwirksam. Eine Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB beseitigt nur den Rückgewähranspruch nach § 114 Abs. 2 S. 1 AktG, nicht jedoch die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Vorstands hinsichtlich der Zahlung ohne Zustimmung.188 Der BGH führt weiter aus, dass dagegen nicht eingewandt werden kann, dass das Erfordernis der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats angesichts seiner
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179 Vgl. in diesem Zusammenhang: BGH BB 1983, 101 = DB 1983, 165. 180 Für die AG BGH DB 1986, 1381. 181 Vgl. LG Frankfurt NJW 1987, 505. 182 BGHZ 114, 127 = NJW 1991, 1830 = WM 1991, 1075 = BB 1991, 1068; BGH WM 1994, 1473; BGH ZIP 2007, 1056 = BB 2007, 1185; BGHZ 170, 60 = ZIP 2007, 22 = NJW 2007, 298; OLG Köln ZIP 2013, 516 = BB 213, 592 – jeweils zur AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 123. 183 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 123. 184 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 114; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 173. 185 Ausführlich Deckert AG 1997, 109. 186 BGH NJW 1991, 1830; BGH WM 1994, 1473; BGH/KG AG 1997, 42; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 126. 187 BGH a.a.O. 188 BGH NJW 2012, 3235; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 128; Fischer BB 2015, 1411.
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geringen Sitzungsfrequenz unpraktikabl sei und dazu führe, dass keine Beratungsverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern oder deren Sozietäten geschlossen werden würden. Zum einen soll der Aufsichtsrat die Zuständigkeit für Entscheidungen nach § 114 AktG auf einen Ausschuss übertragen können, wie ein Umkehrschluss aus § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG ergäbe. Zum anderen verbiete § 114 AktG nicht, einen Beratungsvertrag ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats zu schließen und seitens des Aufsichtsratsmitglieds zu erfüllen. Dadurch entstehe noch keine Verflechtung zwischen Vorstand und Aufsichtsratsmitglied, wie sie von § 114 AktG verhindert werden soll. Dazu kann es erst kommen, wenn der Vorstand auch die Vergütung vor der Entscheidung des Aufsichtsrats zahlt. Die sich aus der Anwendung des § 114 AktG gegebenenfalls ergebende zeitliche Verzögerung der Honorarzahlung ist der Preis, den ein Aufsichtsratsmitglied zahlen muss, wenn es von der Gesellschaft Aufträge bekommen will. Rechtsfolge dieser Rechtsprechung ist, dass eine erfolgte Entlastung des Vorstands gemäß § 51 anfechtbar ist, da in der Regel eine nicht ordnungsgemäße Vorstandstätigkeit vorliegt (anders im Entscheidungsfall „Fresenius“,189 da die Rechtsprechung zu diesem Zeitpunkt noch nicht eindeutig war). Ein pauschaler Vorratsbeschluss des Aufsichtsrats ist zulässig.190 Der Aufsichtsrat hat zu überprüfen, dass der Vertrag keine verdeckten Sonderzuwendungen an das betreffende Aufsichtsratsmitglied enthält. Aus diesem Grund muss der Vertrag eindeutige abgrenzen, ob die zu erbringende Leistung außerhalb oder innerhalb der organschaftlichen Pflichten liegt. Die speziellen Einzelfragen, in denen das Aufsichtsratsmitglied den Vorstand beraten soll, sowie das für diese Leistung von der eG zu entrichtende Entgelt muss so konkret bezeichnet werden, dass sich der Aufsichtsrat ein eigenständiges Urteil über die Art der Leistung, ihren Umfang sowie die Höhe der Angemessenheit der Vergütung bilden kann. Verträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen, insbesondere weil sie als Beratungsgegenstand nur generell bezeichnete Einzelfragen auf Gebieten angeben, die grundsätzlich auch zur Organtätigkeit gehören oder gehören können, sind unzulässige, nicht genehmigungsfähige und damit nichtige Verträge anzusehen.191 Sogenannte Pauschalverträge sind wegen fehlender klarer Abgrenzungen zu den Pflichten eines Aufsichtsratsmitglieds nichtig, z.B. Beratung in betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten,192 Beratung in wirtschaftlichen und strategischen Angelegenheiten,193 anwaltlich Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der eG.194 Wird ein Beratungsvertrag, der nicht in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fällt, vor der Bestellung des Dienstverpflichteten zum Aufsichtsratsmitglied geschlossen, bedarf der Vertrag nach der Bestellung zum Aufsichtsratsmitglied der nachträglichen Zustimmung des Aufsichtsrats der eG.195 Wird die Zustimmung nicht erteilt, ist der Vertrag nichtig, die erhaltene Vergütung ist zurück zu gewähren, nicht nach Bereicherungsgrundsätzen, sondern auf Grund eines eigenständigen gesellschaftsrechtlichen Erstattungsanspruchs.196 Die vorstehenden Regelungen gelten entsprechend § 115 AktG auch für Beratungsverträge der eG mit juristischen Personen, deren gesetzlicher Vertreter oder Gesellschaf-
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189 Siehe BGH NJW 2012, 3235 („Fresenius-Fall“). 190 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 128. 191 BGH WM 1994, 1473; OLG Frankfurt ZIP 2006, 2322; OLG Naumburg OLGR 2002, 29; LG Stuttgart, ZIP 1998, 1275. 192 BGH ZIP 2006, 1529. 193 BGH ZIP 2007, 22. 194 vgl. BGH ZIP 2007, 1056; OLG Köln ZIP 2013, 516; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 129a. 195 BGH WM 1994, 1473. 196 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 114; Fischer BB 2015, 1411.
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ter mit nicht nur marginaler Beteiligung ein Aufsichtsratsmitglied der eG ist.197 Im Übrigen gilt § 114 AktG entsprechend, wenn der Beratervertrag zwischen der eG und einer Gesellschaft geschlossen wird, an der ein Aufsichtsratsmitglied einen beherrschenden Einfluss hat. Im Übrigen gilt das Zustimmungserfordernis auch für Beratungsverträge mit dem Aufsichtsratsmitglied nahestehenden natürlichen Personen.198 In diesen Fällen haften der eG das Aufsichtsratsmitglied und der Dritte als Gesamtschuldner.199 VII. Verletzung der Sorgfaltspflicht des Aufsichtsrats Wegen der Verletzung der Sorgfaltspflichten des Aufsichtsrats und der sich da- 54 bei ergebenden Folgen unter schuldrechtlichen, aber auch strafrechtlichen Gesichtspunkten vgl. die Erl. zu § 41 sowie ergänzend die Erl. zu § 34. VIII. Corporate Governance Kodex für eG Für börsennotierte Aktiengesellschaften hat die Regierungskommission „Corporate 55 Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts einen Kodex erarbeitet.200 Der Inhalt dieses Kodex ist zum weitaus größten Teil bei eG seit langem eingeführt, wenn auch über das GenG, die Satzungen, Geschäftsordnungen für den Vorstand und den Aufsichtsrat sowie über die Arbeitsmappen für ARMitglieder der Kreditgenossenschaften bzw. der Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften verteilt. Die Corporate Governance ist ein Thema, das für die eG, vor allem für mitgliederstarke eG, auch ohne gesetzliche Vorschriften zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dies hatte der DGRV zum Anlass genommen, um in Anlehnung an den Kodex für börsennotierte Aktiengesellschaften die bereits existierenden Regelungen zu einem Corporate Governance Kodex für Genossenschaften zusammenzufassen.201 Von einem Abdruck wird an dieser Stelle Abstand genommen. Er kann bei Bedarf beim DGRV angefordert werden. IX. Voraussichtliche Änderungen durch das AReG Die Erweiterung des dem Prüfungsausschuss in § 38 Absatz 1a Satz 1 zugeschriebe- 55a nen Aufgabenbereichs geht auf Art. 39 Abs. 6 Buchstabe b, d, e und f der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie zurück; sie findet ihre Parallele in § 107 Abs. S. 2 AktG. Das AktG sieht dort vor, dass der Aufsichtsrat (insbesondere) einen Prüfungsausschuss einrichten kann, der sich zu befassen hat mit – der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, – der Wirksamkeit des IKS, – des Risikomanagementsystems und
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197 BGH NZG 2007, 103 f.; BGH WM 2007, 1025 ff. = ZIP 2007, 1056 ff.; LG Köln ZIP 2002, 1296; LG Stuttgart ZIP 1998, 1275; Beuthien GenG § 36 Rdn. 8. 198 Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 174; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 131; Kort ZIP 2008, 722. 199 Lutter/Kremer ZGR 1992, 87; Krüger/Thonfeld EwiR § 114 AktG 1/06; zu weitgehend OLG Frankfurt ZIP 2005, 2322 zur AG; Bellermeyer ZGR 1993, 77, 86 f., 89; Wissmann/Ost BB 1998, 1957, 1960; Müller NZG 2002, 797, 798: wenn Aufsichtsratsmitglied nicht nur marginal beteiligt ist; hierzu auch BGH ZIP 2007, 22; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 131a; Vetter ZIP 2008, 10; Benecke WM 2007, 717. 200 Zur Akzeptanz vgl. die jährlichen Berichte von Werder/Talaulicar für 2007 in DB 2008, 825 ff. und für 2006 in DB 2007, 869 ff.; zum Inhalt Lutter/Krieger/Verse Rdn. 55 f.; Hüffer AktG § 161 Rdn. 9. 201 Hierzu ausführlich Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 42 ff., insbesondere S. 44.
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der internen Revision sowie der Abschlussprüfung, hier speziell mit der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und den vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen.
Ob die eG einen Prüfungsausschuss (Audit Committee) einrichten muss, hängt von der Größe der eG und Komplexität der Aufgaben ab. Die allgemeine Sorgfaltspflicht kann bei größeren eG eine Einrichtung erforderlich machen, vgl. dazu § 38 Rdn. 41. Zukünftig wird auch bei den eG, die einen Prüfungsausschuss einrichten müssen (nach dem zukünftigen Gesetzeswortlaut auch bei den eG, die diesen freiwillig eingerichtet haben) zu den Aufgaben des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats explizit auch der Bereich der Abschlussprüfung zählen. Die Befassung des Prüfungsausschusses mit diesem Thema macht Art. 39 der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie zwingend erforderlich. Die Aufgabenzuweisung stellt keinen Widerspruch zu den Besonderheiten der genossenschaftlichen Abschlussprüfung dar. Denn eine Befassung des Prüfungsausschusses kann etwa auch in Zusammenhang mit Fragen der Unabhängigkeit der einzelnen Prüfer, denen sich der Verband bedient, im Sinne des § 55 Absatz 2 GenG sinnvoll sein.202 Die Änderung in § 38 Abs. 1a S. 2 folgt § 36 Abs. 4 sowie § 107 Absatz 4 AktG. Der 55b neue § 38 Absatz 1a Satz 3 greift die Systematik des § 55 Absatz 2 Satz 1 auf und passt so den Inhalt des Artikels 6 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 an die Besonderheiten des genossenschaftlichen Prüfungswesens an;203 Artikel 6 regelt dort, dass die Prüfungsgesellschaft jährlich gegenüber dem Prüfungsausschuss schriftlich erklären muss, dass die Prüfer und die Prüfungsgesellschaft einschließlich der Prüfungsdienstleitung unabhängig von der geprüften eG (bzw. genossenschaftsnahen Gesellschaft i.S.d. Art. 25 EGHGB) sind. X. Europäische Genossenschaft (SCE) 56
Beim dualistischen System einer SCE mit Sitz in Deutschland kann nach § 16 SCEAG (unter Hinweis auf Art. 40 Abs. 3 Satz 1, Art. 39 Abs. 1 SCE-VO), jedes Mitglied des Aufsichtsrats vom Leitungsorgan „jegliche“ Informationen „jedoch nur an das Aufsichtsorgan“, also den Aufsichtsrat, verlangen. Beim monistischen System enthält § 18 Abs. 3 Satz 2 SCEAG (Er kann jederzeit … die 57 Bücher und Schriften der SCE … einsehen und prüfen.) eine nahezu wortidentische Regelung wie das Einsichtsrecht in § 38 Abs. 1 Satz 2. Das in § 16 SCEAG für das einzelne Aufsichtsratsmitglied enthaltene Auskunfts- bzw. Informationsrecht (jedoch nur an den Aufsichtsrat) ist im monistischen System nicht ausdrücklich vorgesehen, insofern folgt dieses Recht aber bereits aus Art. 40 Abs. 3 SCE-VO (Das Aufsichtsorgan kann vom Leitungsorgan jegliche Information verlangen, die für die Kontrolle erforderlich ist) bzw. aus Art. 8 SCE-VO i.V.m. § 38 Abs. 1 S. 2. 58 Ein nach § 38 Abs. 2 entsprechende Einberufungspflicht besteht für den Verwaltungsrat im monistischen System nach § 18 Abs. 2 SCEAG. Für das dualistische System folgt dies aus Art. 8 SCE-VO i.V.m. § 38 Abs. 2. § 38 Abs. 3 und 4 gelten ebenfalls entsprechen (im monistischen System s. § 18 Abs. 5 SCEAG, im Übrigen über Art. 8 SCE-VO i.V.m. § 38 Abs. 3 u. 4). Nach § 22 Abs. 5 SCEAG haben geschäftsführende Direktoren dem Verwaltungsrat jederzeit auf dessen Verlangen über die Angelegenheiten der SCE zu berichten.
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So die Gesetzesbegründung zum AReG-RefE zu Nummer 3 (§ 38 GenG), S. 41. Vgl. ebenda, S. 41.
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§ 39 Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats § 39 Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat vertritt die Genossenschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich. Ist nach der Satzung kein Aufsichtsrat zu bilden, wird die Genossenschaft durch einen von der Generalversammlung gewählten Bevollmächtigten vertreten. Die Satzung kann bestimmen, dass über die Führung von Prozessen gegen Vorstandsmitglieder die Generalversammlung entscheidet. (2) Der Genehmigung des Aufsichtsrats bedarf jede Gewährung von Kredit an ein Mitglied des Vorstands, soweit die Gewährung des Kredits nicht durch die Satzung an noch andere Erfordernisse geknüpft oder ausgeschlossen ist. Das Gleiche gilt von der Annahme eines Vorstandsmitglieds als Bürgen für eine Kreditgewährung. (3) In Prozessen gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wird die Genossenschaft durch Bevollmächtigte vertreten, welche von der Generalversammlung gewählt werden.
I. II.
Übersicht Inhalt von § 39 | 1–2 Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats | 3–34 1. Vertretungsbefugnis (Ermächtigung) gegenüber Vorstandsmitgliedern | 3–33 a) Vertretung bei Rechtsgeschäften | 3–20 b) Prozessuale Vertretung | 21–25 c) Beschluss der GV/VV | 26–33
2.
III.
IV. V. VI.
Sonstige Vertretungsbefugnisse des Aufsichtsrats | 34 Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder/Vorstandsmitglieder als Bürgen | 35–41 Prozesse gegen Mitglieder des Aufsichtsrats | 42–50 Schiedsgerichtsvereinbarung | 51 Europäische Genossenschaft (SCE) | 52
I. Inhalt von § 39 Die Vorschrift erfuhr durch Novelle 2006 wesentliche Änderungen bezüglich der Zu- 1 ständigkeiten des Aufsichtsrats.1 Grundsätzlich ist der Vorstand das Vertretungsorgan der eG. § 39 durchbricht diesen Grundsatz. Die Vorschrift ergänzt die in § 38 geregelte allgemeine Zuständigkeit des Aufsichtsrats als Kontrollorgan. Es geht dabei um einzelne Sachverhalte, für die darüber hinaus ein besonderes Regelungsbedürfnis besteht: – Vertretung der eG gegenüber Vorstandsmitgliedern, – Prozessführung gegen Vorstandsmitglieder, – Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder, – Kreditbürgschaften von Vorstandsmitgliedern und – Vertretung der eG bei Prozessen gegenüber Mitgliedern des Aufsichtsrats. Zusätzlich bestimmt § 39 Abs. 1 Satz 3, dass Prozesse gegen Vorstandsmitglieder 2 einer Beschlussfassung der GV/VV bedürfen, wenn die Satzung dieses vorsieht.
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Hierzu Schaffland/Korte NZG 2006, 253.
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II. Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats 1. Vertretungsbefugnis gegenüber Vorstandsmitgliedern 3
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a) Vertretung bei Rechtsgeschäften. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 vertritt der Aufsichtsrat die eG bei Vornahme von Rechtsgeschäften mit Vorstandsmitgliedern aktiv und passiv, gerichtlich und außergerichtlich.2 Existiert bei Kleinstgenossenschaften (§ 9 Abs. 1 Satz 3) kein Aufsichtsrat, wird die eG durch einen von der GV zu wählenden Bevollmächtigten vertreten. Dieser Bevollmächtigte kann auch ein Nichtmitglied sein.3 Auch eine juristische Person kann – wie im Falle des Abs. 3 (Rdn. 49) – Bevollmächtigter sein.4 Natürliche Personen müssen voll geschäftsfähig sein. Der Bevollmächtigte hat die Rechtsstellung eines Aufsichtsrats. Er ist nicht von Weisungen der GV abhängig.5 Die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis nach § 39 steht dem Aufsichtsrat als Organ zu. Handelt dennoch der Vorsitzende oder ein Aufsichtsratsmitglied, so bedarf der von diesem geschlossene schwebend unwirksame Vertrag eines zustimmenden Beschlusses des Aufsichtsrats.6 Soweit die Beschlusskompetenz einem Ausschuss des Aufsichtsrats übertragen ist, kann dieser auch in den Fällen des § 39 für den Aufsichtsrat entscheiden und die Vertretung wahrnehmen;7 durch Bevollmächtigung kann die Vertretung – nicht die Entscheidung – auch einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied übertragen werden.8 Zu den Rechtsgeschäften gehören nicht nur Dienst- und Pensionsverträge, Gehaltsund Tantiemenregelungen sondern auch andere Verträge mit Vorstandsmitgliedern, wie z.B. (bei einer WohnGen) Mietverträge über eine Genossenschaftswohnung,9 Aufhebungsvereinbarungen10 (s.a. Rdn. 13 bis 16). Dies gilt auch für jede Vertragsanpassung bzw. -änderung, sofern diese nicht bereits beim Vertragsabschluss fest vereinbart wurde (s.a. Rdn. 6). Bei der Bemessung der Vergütung sind die Vorschriften der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) zu beachten.11 Danach ist der Aufsichtsrat für die Ausgestaltung des Vergütungssystems für den Vorstand verantwortlich, § 3 Abs. 2 InstitutsVergV. Nach § 5 Abs. 1 InstitutsVergV ist das Vergütungssystem angemessen ausgestaltet, wenn Anreize, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen, vermieden werden und das System nicht der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten, wie z.B. der internen Revision, zuwiderläuft.12 Die Kompetenz des Aufsichtsrats zur Entscheidung und Vertretung besteht über den Abschluss von Verträgen (Dienstverträgen, Pensions-, Altersteilzeit-, Vorruhestandsver-
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2 BGH WM 2013, 467 = ZIP 2013, 483; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 2. 3 BT-Drs. 16/1025 S. 85. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 61a. 5 Zu seinen Aufgaben siehe auch Fiedler in Festschrift für Schaffland S. 138. 6 BGH Urt. v. 17.3.2008, Az. II ZR 239/06, DB 2008, 1314. 7 Für AG: Hüffer AktG § 112 Rdn. 8. 8 BGH ZIP 2013, 483 = WM 2013, 467; BGH WM 2008, 1021 = ZIP 2008, 1114 = NJW-RR 2008, 1488; BGH ZIP 2009, 717, Rdn. 7 = WM 2009, 702. 9 Vgl. BGH NJW 1984, 735; Müller GenG § 39 Rdn. 1. 10 OLG Oldenburg DB 1992, 1179 m. Anm. Carspecken. 11 Institutsvergütungsverordnung vom 16.12.2013 (BGBl. I S. 4270), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 41 des Gesetzes vom 1.4.2015 (BGBl. I S. 434). 12 Im Einzelnen Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften Rdn. E 52; zur Verbundinterpretation zur InstitutsVergV siehe RS des Arbeitgeberverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – AVR vom 21.5.2014 und 27.3.2015.
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trägen13) hinaus auch für die Änderung oder Aufhebung von Verträgen mit Vorstandsmitgliedern, wie auch für die Willenserklärung bei einseitigen Rechtsgeschäften z.B. im Fall der Kündigung von Dienstverträgen.14 Entsprechendes gilt für die Mitteilung eines Beschlusses der GV/VV bei fristloser Kündigung im Rahmen von § 40 (dort Rdn. 21). Ist allerdings die Bestellung zum Vorstandsmitglied unstreitig nicht erfolgt, vertritt der Vorstand die eG, wenn aus den Verhandlungen Ansprüche gegen die eG geltend gemacht werden.15 Die Befugnis des Aufsichtsrats besteht auch im Zusammenhang mit der Bestellung und Anstellung von Vorstandsmitgliedern, also auch gegenüber Personen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht dem Vorstand angehören.16 Der Aufsichtsrat ist also berechtigt, über den Inhalt von Dienstverträgen zu entscheiden und die entsprechenden Willenserklärungen mit Bindungswirkung für die eG abzugeben, gegenüber Personen, die zu Vorstandsmitgliedern bestellt werden sollen. Die Erstellung eines Geschäftsverteilungsplans für den Vorstand ist zunächst Angelegenheit des Vorstands selbst; es handelt sich um eine Aufgabe des Leitungsorgans Vorstand zur Regelung der internen Ordnung. Andererseits muss aber auch der Aufsichtsrat in Anbetracht seiner Gesamtverantwortung aus § 38 die Möglichkeit haben, Einfluss auf die innere Organisation des Vorstands zu nehmen. Für die Praxis empfiehlt es sich, beim Abschluss von Dienstverträgen mit neuen Vorstandsmitgliedern nähere Vereinbarungen über die Tätigkeit im Vorstand zu treffen. Zu der Frage, ob die Ermächtigung des Aufsichtsrats gegenüber früheren Vorstandsmitgliedern gilt, also gegenüber Personen, die nicht mehr dem Vorstand angehören, besteht keine übereinstimmende Auffassung. einstweilen frei Der BGH hat sich am Aktienrecht orientiert: § 112 AktG enthalte einen allgemein gültigen Gedanken des Gesellschaftsrechts, wonach jede Vertretung gegenüber Vorstandsmitgliedern beim Aufsichtsrat liege. Damit solle gewährleistet bleiben, dass bei allen Geschäften mit Vorstandsmitgliedern die Interessen der Gesellschaft objektiv berücksichtigt werden.17 Dies gelte uneingeschränkt auch gegenüber früheren, inzwischen ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern.18 Der BGH hat diese Auffassung in weiteren Entscheidungen wiederholt und jüngst erneut bestätigt.19 Der Wortlaut des § 112 AktG und die dahinter stehenden auch für die eG geltenden Überlegungen beruhen auf der Besorgnis, dass der Vorstand als gesetzliches Vertretungsorgan wegen möglicher Interessenkollisionen und Rücksichtnahme bei Vertragsabschlüssen mit gegenwärtigen und ehemaligen Vorstandsmitgliedern nicht die erforderliche Unabhängigkeit zur sachgerechten Vertretung besitzt. Es geht nicht um die tatsächlich vorliegende Befangenheit. Ausreichend ist in solchen Fällen, dass auf Grund einer gebotenen und typisierenden Betrachtung in derartigen Fällen regelmäßig die abstrakte Gefahr einer nicht unbefan-
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13 OLG Jena ZIP 2003, 1039 = NZG 2003, 232. 14 Zu eng zum alten Recht OLG Stuttgart DB 2003, 932, das eine entsprechende Satzungsregelung voraussetzt. 15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 4. 16 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 4; Müller GenG § 39 Rdn. 2; Wartenberg S. 203; BGHZ 26, 236 für AG = NJW 1958, 419. 17 Vgl. Hüffer AktG § 112 Rdn. 1 ff. 18 So auch für die AG schon BGH DB 1986, 2592. 19 BGH WM 2013, 467 = ZIP 2013, 483; BGH ZIP 2005, 900 = WM 2005, 888; BGH WM 1995, 1716 = NJW 1995, 2559 = BB 1995, 1868 = DB 1995, 1759 = ZIP 1995, 1331; BGH NZG 2005, 560 mit Anm. von Korte/Friebel NZG 2005, 621; BGH NZG 2005, 562 = WuB II D § 34 GenG 1.05 m. Anm. Schöpflin; BGH s. Fn. 11; siehe auch KG NZG 2007, 314; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 5.
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genen Vertretung der eG besteht. Dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der Angleichung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Rechnung getragen. Von der Vertretung ausgeschlossen wäre im Übrigen nicht nur das befangene Mitglied, sondern der gesamte Vorstand, selbst wenn dieser mit dem Rest seiner unbefangenen Mitglieder handlungsfähig wäre.20 Bei allen Bedenken in Hinblick auf den abweichenden Wortlaut nach § 39 kann der 12 Auffassung des BGH grundsätzlich – mit Einschränkungen – zugestimmt werden. Für Vertretungshandlungen gegenüber im Amt befindlichen oder ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern wäre danach allein der Aufsichtsrat zuständig; daraus folgt, dass ihm (oder einem beschließenden Ausschuss) auch die interne Entscheidung dieser Fragen obliegt. Bei dieser Auslegung kann auch die Satzung keine andere Regelung verbindlich vorsehen. Im Fall der Verschmelzung liegt die Zuständigkeit beim Aufsichtsrat der übernehmenden eG für Rechtsgeschäfte mit ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern, aber nur, soweit sie sich auf die frühere Organstellung und den damit verbundenen Dienstvertrag beziehen (zur prozessualen Verfolgung Rdn. 21).21 Soll das frühere Vorstandsmitglied als Angestellter übernommen werden, ist hingegen der Vorstand der übernehmenden eG für den Abschluss des Dienstvertrags und daraus resultierenden weiteren Rechtsgeschäften zuständig.22 Der Aufsichtsrat ist im vorstehenden Umfang konsequenterweise auch zuständig für Rechtsgeschäfte mit Erben (zur prozessualen Verfolgung, siehe Rdn. 21, 29) eines verstorbenen Vorstandsmitglieds und bezüglich der Entscheidung über eine Witwenund Waisenrente.23 Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte mit einem Vertragspartner, der mit dem Vorstand wirtschaftlich identisch ist. Beispiel: Gesellschaft (Ein-Mann-GmbH, Ich-AG), deren Gesellschafter ein Vorstandsmitglied der eG ist.24 Für das Aktienrecht will die in Rechtsprechung und Literatur h.M. die ausschließli13 che Zuständigkeit des Aufsichtsrats auf alle Rechtsgeschäfte mit Vorstandsmitgliedern anwenden.25 Gleicher Meinung ist Schwarz26 für die eG. Wenn auch diese Auffassung, gestützt auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, in 14 der Rechtspraxis Beachtung verdient,27 so bedarf es für die künftige Rechtsentwicklung doch einer weiteren Differenzierung: Die Entscheidung des BGH lässt wesentliche Unterschiede der Rechtsstruktur der eG gegenüber der AG unberücksichtigt. Das genossenschaftliche Identitätsprinzip (Mitglied = Kunde) hat zur Folge, dass auch Vorstandsmitglieder als Mitglieder der eG (§ 9 Abs. 2 S. 1) und damit als deren Kunden (als nebenamtliche Vorstände) in laufender Geschäftsbeziehung zur eG stehen. Wenn es also z.B. um die üblichen Warenlieferungen an ein Vorstandsmitglied einer Warengenossenschaft als Landwirt geht oder um einfache Verfügungen des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaftsbank über sein bei der eG geführtes Konto, kann auch eine nur abstrakte Gefährdung der Interessen der eG kaum bestehen; es wäre praxisfremd und ohne innere Rechtfertigung, für solche Geschäfte die Entscheidung und Vertretung durch den Aufsichtsrat zu verlangen.28 Die Intention des Gesetzes und damit auch des § 39 Abs. 1 liegt nicht darin,
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Beuthien GenG § 39 Rdn. 2. BGH ZIP 2005, 900 = WM 2005, 888 = DB 2005, 1102. Graef BB 2002, 695; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 6. BGH WM 2006, 2308 = ZIP 2006, 2213 = DB 2006, 2805 = NJW-RR 20067, 98. OLG Saarbrücken ZIP 2012, 2205; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 7b. Hüffer AktG § 112 Rdn. 5 m.w.N. – aber kritischer Einschränkung bei „neutralen Geschäften“. Schwarz ZfgG 2001, 277 und ZfgG 2002, 61. Hierzu Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 3 ff. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 15.
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das tägliche Mitgliedergeschäft von einer Mitwirkung des Aufsichtsrats als Vertreter der eG abhängig zu machen.29 Dies muss umso mehr gegenüber ausgeschiedenen, früheren Vorstandsmitgliedern gelten; die unkritische Übernahme aktienrechtlicher Vorschriften müsste hier dazu führen, dass für alle Liefergeschäfte gegenüber diesen Personen lebenslänglich nur noch der Aufsichtsrat zuständig wäre. Die unterschiedlichen Regelungen beruhen oft nicht auf altertümlichen, überholten Vorschriften des GenG,30 sie werden manchmal in ihrer Bedeutung nur nicht mehr richtig erkannt.31 Deshalb kann die rechtliche Würdigung nur lauten, dass von der Vertretung nur das befangene Vorstandsmitglied ausgeschlossen ist, nicht jedoch der Restvorstand. Die vorhandenen Sicherungsmechanismen des § 34 (Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer eG), der internen Revision, des Aufsichtsrats und der Pflichtprüfung genügen. Bedenken gegen die generelle Übernahme der aktienrechtlichen Gesichtspunkte er- 15 geben sich auch aus § 39 Abs. 2,32 wonach lediglich die Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder und die Annahme von Vorstandsmitgliedern als Kreditbürgen der Mitwirkung des Aufsichtsrats bedürfen; andere Rechtsgeschäfte bleiben somit grundsätzlich in der Leitungskompetenz (Entscheidung und Vertretung) des Vorstands. Das Vertretungsrecht des Aufsichtsrats muss daher – vorbehaltlich § 39 Abs. 2 – be- 16 schränkt bleiben auf Bereiche, die mit der (früheren) Vorstandstätigkeit in Zusammenhang stehen, nicht jedoch auf Verträge mit Vorstandsmitgliedern als Kunden der eG;33 hier ist der Vorstand, ggf. auch das beteiligte Vorstandsmitglied, falls es vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit ist (hierzu § 25 Rdn. 20 und § 26 Rdn. 8 ff.), befugt, Willenserklärungen abzugeben. Die Zuständigkeit des Aufsichtsrats ist z.B. für die Änderung des Pensionsvertrages eines Vorstandsmitglieds oder vergleichbare Vorgänge gegeben, wie z.B. für die Zurverfügungstellung von Dienstwagen und Dienstwohnungen, Zulassung von Nebentätigkeiten (z.B. Beratervertrag mit einer Gesellschaft bei der das Vorstandsmitglied geschäftsführender Gesellschafter ist)34 sowie aller anderen Nebenfragen zum Anstellungsverhältnis.35 Fragen, die das Ruhegehalt ausgeschiedener Vorstandsmitglieder betreffen, fallen – allein schon wegen der abstrakten Möglichkeit der Befangenheit des Vorstands – in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Aufhebungsvereinbarungen ebenso, zumindest wenn eine entsprechende Satzungsregelung vorliegt, wie in § 18 der Mustersatzungen.36 Das Vertretungsrecht des Aufsichtsrats erfasst hingegen nicht Rechtsgeschäfte mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern, die keinen Bezug mehr zu früheren Vorstandsmitgliedern haben.37 Der Wortlaut des § 39 Abs. 1 enthält keine Aussage dazu, ob und in welchem Umfang 17 die Zuständigkeit des Aufsichtsrats die grundsätzliche Leitungskompetenz gemäß § 27 Abs. 1 und die Vertretungsbefugnis des Vorstands gemäß § 24 Abs. 1 beschränkt. Die h.M. ging bis zur grundsätzlichen Entscheidung des BGH (vgl. Rdn. 11) folgerichtig davon aus, dass neben der Ermächtigung des Aufsichtsrats die Vertretungskompetenz des Vorstands bestehen bleibt.38 Der Wortlaut von § 39 Abs. 2 spricht eindeutig für diese Auffas-
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29 So überzeugend Kock-Schwarz in Festschrift für Schaffland S. 190. 30 Wie Bayer meint – EWiR 1995, 879. 31 So zutreffend Korte/Friebel NZG 2005, 621. 32 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 15. 33 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 39 Rdn. 3; Kock-Schwarz in Festschrift für Schaffland S. 191. 34 Vgl. für AG BGH Urt. v. 28.4.2015, Az. II ZR 63/14, DB 2015, 1459. 35 Kock-Schwarz in Festschrift für Schaffland S. 192. 36 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 12. 37 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 16; Müller GenG § 39 Rdn. 3; Bayer DStR 1999, 1818. 38 So frühere Auflagen.
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sung, da lediglich die „Genehmigung“ des Aufsichtsrats für Kredit- und Bürgschaftsgeschäfte mit Vorstandsmitgliedern gefordert wird, somit also eine Regelung über die Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Vorstands (§ 24 Abs. 1) fehlt. 18 Für die Rechtspraxis muss aber beachtet werden, dass der BGH nun – ohne Rücksicht auf den Wortlaut von § 39 – die Regelung in § 112 AktG als allgemeinen Grundsatz des Gesellschaftsrechts auch für die eG anwendet. Danach besteht in den Fällen der Vertretungsermächtigung des Aufsichtsrats kein Vertretungsrecht des Vorstands; Vertretungshandlungen des Vorstands unter Missachtung des in § 112 AktG enthaltenen Grundsatzes führen nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB, sondern zur Anwendbarkeit der Regel zum Vertreter ohne Vertretungsmacht, §§ 177 ff. BGB.39 Künftige Entscheidungen sollten sich aber mit den oben (Rdn. 13, 14) dargelegten Argumenten auseinandersetzen, um zu einer differenzierten und sachgerechten Abgrenzung der Geschäfte zu kommen, die der Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats unterliegen. In den Fällen, in denen eine Vertretung der eG durch den Vorstand ausgeschlossen 19 ist, kommt auch eine Vertretung durch Bevollmächtigte, auch Prokuristen, nicht in Betracht, da diese gegenüber dem Vorstand weisungsabhängig sind.40 Die Vertretungsbefugnisse nach § 39 Abs. 1 können nicht mit Außenwirkung durch 20 die Satzung beschränkt werden.41 Jedoch kann im Innenverhältnis die Geschäftsführungsbefugnis des Aufsichtsrats Beschränkungen unterworfen werden.42 Soweit die Satzung eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Aufsichtsrats vorsieht, kann sich ein Vorstandsmitglied, mit dem der Aufsichtsrat ein Geschäft unter Missachtung der ihm auferlegten gesetzlichen Beschränkungen abschließt, grundsätzlich nicht auf die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht berufen, wenn er die Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis gekannt hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn die eG in Kenntnis der Sachlage den Vertrag längere Zeit als wirksam behandelt hat.43 21
b) Prozessuale Vertretung. Nach § 39 Abs. 1 ist der Aufsichtsrat auch zuständig, die eG in Prozessen gegen Vorstandsmitglieder zu vertreten. Diese Zuständigkeit (des Aufsichtsrats der übernehmenden eG gegenüber Vorstandsmitgliedern der übertragenden eG) gilt auch im Falle der Verschmelzung.44 Diese Zuständigkeit gilt auch in Prozessen mit Erben eines Vorstandsmitglieds über Ansprüche aus Vorstandsvertragsbeziehungen (Rdn. 29).45 Im Falle der Insolvenz der eG ist allein der Insolvenzverwalter aktivlegitimiert, er benötigt keinen GV/VV-Beschluss. Gleiches gilt in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 916 ff. ZPO), die Begründung ergibt sich aus der Eilbedürftigkeit des Verfahrens, zudem geht es nur um die Sicherung und nicht um die Durchsetzung von Ansprüchen.46 Will die eG im Prozess der eG gegen einen Dritten einem (ehemaligen) Vorstandsmitglied den Streit verkünden, ist hierfür der Vorstand zuständig, da er den Prozess führt.47
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39 OLG Celle AG 2003, 433 = FN-IDW 2003, 455. 40 Beuthien GenG § 39 Rdn. 6; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 18. 41 Vgl. Beuthien GenG § 39 Rdn. 4; Müller GenG § 39 Rdn. 8. 42 Vgl. BGH ZfgG 1955, 387; Müller GenG § 39 Rdn. 8. 43 Vgl. BGHZ ZfgG 1955, 387 m. Anm. Westermann der – mit anderer Begründung – zum gleichen Ergebnis kommt wie der BGH; Beuthien GenG § 39 Rdn. 4; Müller GenG § 39 Rdn. 8. 44 BGH ZIP 2005, 900 = WM 2005, 888; BGH NJW 1998, 1646 = WM 1998, 557 = ZIP 1998, 508 = BB 1998, 707 = DB 1998, 570; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 27; Beuthien GenG § 39 Rdn. 6. 45 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 28; Beuthien GenG § 39 Rdn. 6. 46 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 38; Beuthien GenG § 39 Rdn. 9. 47 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 38a.
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Die Satzung kann nach Abs. 1 Satz 3 bestimmen, dass es eines vorherigen Beschlusses der GV/VV bedarf. Ist bei Kleinstgenossenschaften (§ 9 Abs. 1 Satz 2) nach der Satzung kein Aufsichtsrat zu bilden, wird die eG durch einen von der GV gewählten Bevollmächtigten vertreten. In Prozessen gegen im Amt befindliche Vorstandsmitglieder kann die eG somit nur 22 durch den Aufsichtsrat bzw. bei Kleinstgenossenschaften durch den Bevollmächtigten vertreten werden. Dies gilt nach BGH gemäß Analogie zu § 112 AktG auch bei Klagen eines (früheren) Vorstandsmitglieds gegen die eG, siehe Rdn. 11 ff.48 Wird eine solche Klage gegen die eG, vertreten durch den Vorstand, gerichtet, so ist sie als unzulässig zurückzuweisen. In diesen Fällen kann aber nachträglich eine Heilung des Mangels durch Eintritt des Aufsichtsrats in den Rechtsstreit erfolgen.49 § 39 Abs. 1 erfasst nach BGH für das prozessuale Vertretungsrecht des Aufsichtsrats nur die Fälle, in denen auf der einen Seite die eG, auf der anderen Seite ein gegenwärtiges oder ehemaliges Vorstandsmitglied steht. Bei Klagen von Mitgliedern, die nicht dem Vorstand angehören, gegen die eG wegen Feststellung der Zusammensetzung des Vorstands wird die eG daher durch den Vorstand vertreten.50 Bei den Prozessen handelt es sich nicht nur um Rechtsstreitigkeiten über Regressan- 23 sprüche z.B. aus § 34, sondern grundsätzlich um Prozesse jeder Art der eG gegen Vorstandsmitglieder und auch Prozesse von Vorstandsmitgliedern gegen die eG.51 Damit soll gewährleistet bleiben, dass die Interessen der eG unbeeinflusst von möglichen Interessenkollisionen aus der Sicht des Vorstands Beachtung finden. Aber auch hier kann eine schematische Anwendung der vom BGH bestätigten gesellschaftsrechtlichen Grundsätze zu Ergebnissen führen, die sich in der Praxis als wenig sachgerecht erweisen müssten. Es sollte gerechtfertigt sein, in den Fällen eine Vertretung durch den Vorstand zuzulassen, in denen der Streit in keinem Zusammenhang mit der Vorstandstätigkeit steht, z.B. wenn ein ehrenamtliches Vorstandsmitglied mit Zahlungen aus seiner Lieferbeziehung zur eG in Rückstand ist (vgl. oben Rdn. 14). Seit der Entscheidung des BGH52 muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, 24 dass die Prozessvertretung ausschließlich durch den Aufsichtsrat auch im Rechtsstreit mit ausgeschiedenen früheren Vorstandsmitgliedern besteht.53 Dies kann überzeugen für Prozesse, die Streitigkeiten in Zusammenhang mit der früheren Vorstandstätigkeit zum Gegenstand haben. Es wäre aber nicht sachgerecht, diesen Grundsatz – zeitlich unbeschränkt – auf alle Prozesse mit früheren Vorstandsmitgliedern z.B. aus einer normalen Kundenbeziehung anzuwenden. Auch hier bedarf es einer differenzierten Beurteilung gegenüber § 112 AktG.54 Macht die eG Schadensersatzansprüche aus § 34 Abs. 2 geltend und trifft den Aufsichtsrat insofern ein Aufsichtsverschulden, ist dieser befangen; § 39 Abs. 3 ist anzu-
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48 BGH NJW 1995, 2559 = ZIP 1995, 1331 = DB 1995, 1759; OLG Dresden DB 1998, 2053. 49 BGH NJW 1987, 254 = DB 1987, 887; BGH NJW 1989, 2055; OLG Dresden DB 1998, 2053; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 30; Beuthien GenG § 39 Rdn. 6; Hüffer AktG § 112 Rdn. 13 m.w.N.; Bayer ebd. 50 BGH NJW 1997, 318 = ZIP 1996, 2071 = DB 1997, 153; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 29; Beuthien GenG § 39 Rdn. 6. 51 BGH ZIP 1995, 1331 = NJW 1995, 2559 = DB 1995, 1759 = JZ 1996, 413 m. Anm. Beuthien/Klose = WuB II D Rdn. 22; Müller GenG § 39 Rdn. 5. 52 BGH ZIP 1995, 1331 = NJW 1995, 2559 = DB 1995, 1759 = JZ 1996, 413 m. Anm. Beuthien/Klose = WuB II D § 39 GenG, 195 m. Anm. Schaffland – weitere Fundstellen s. Fn. 14. 53 BGH Fn. 15; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 25; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 39 Rdn. 10; Müller GenG § 39 Rdn. 3. 54 S. oben Rdn. 14; zum AktG: Hüffer AktG § 112 Rdn. 5.
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wenden, wenn nicht ohnehin die GV/VV auf Grund der Satzung (§ 39 Abs. 1 S. 3) zuständig ist.55 Bei prozessualer Vertretung der eG durch den Aufsichtsrat können Aufsichtsrats25 mitglieder nicht als Zeugen (§§ 373 ff. ZPO), sondern nur als Partei (§§ 445 ff. ZPO) vernommen werden.56 Vorstandsmitglieder, die in diesen Fällen persönlich aktiv oder passiv als Partei beteiligt sind, können nicht als Zeugen in Betracht kommen. Vorstandsmitglieder, die – bei Vertretung durch den Aufsichtsrat – nicht Partei sind, können Zeugen sein, da sie in diesem Prozess nicht als gesetzliche Vertreter der eG auftreten. Dies gilt z.B. in den Fällen, in denen ein Vorstandsmitglied gegen die eG, vertreten durch den Aufsichtsrat, Klage erhebt. c) Beschluss der GV/VV. Die Klage gegen Vorstandsmitglieder, nach BGH grundsätzlich auch gegen frühere Vorstandsmitglieder, bedarf der Beschlussfassung der GV/ VV (mit einfacher Mehrheit), aber nur, wenn die Satzung dies vorsieht (Abs. 1 Satz 3).57 Hat vor einer Fusion die GV/VV der übertragenden eG den Aufsichtsrat ermächtigt, muss nach der Fusion die GV/VV der übernehmenden eG erneut beschließen, da die Ermächtigung (Vollmacht) erloschen ist. Ohne diesen Beschluss fehlt es an einer sachlichen Klagevoraussetzung, so dass die Klage als unbegründet abzuweisen ist.58 Die Entscheidung ist aufgrund der Satzungsregelung (Abs. 1 Satz 3) der GV/VV als oberstem Organ vorbehalten, weil gerade die Mitglieder Vor- und Nachteile des durchzuführenden Verfahrens abwägen sollen, insb. die Wirkung nach außen, wenn das Fehlverhalten bekannt wird.59 Unabhängig von der satzungsmäßigen Entscheidungskompetenz der GV/VV ist der 27 Aufsichtsrat als Kontrollorgan verpflichtet, die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Begründung für die prozessuale Durchsetzung von Ansprüchen gegen Organmitglieder zu prüfen (siehe auch § 34 Rdn. 19, 48; § 41 Rdn. 31).60 Für den Vorstand folgt eine entsprechende Prüfungspflicht aus seiner umfassenden Leitungsverantwortung. Bei Ansprüchen gegen Mitglieder des Aufsichtsrats wird der Vorstand weitestgehend in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat und im Auftrag des Aufsichtsrats tätig werden. Die Entscheidung ist im Rahmen der Sorgfalt ordentlicher und gewissenhafter Organmitglieder zu treffen (§§ 34 Abs. 1, 41). Maßstab bleiben die Interessen der eG. Ist nach der Satzung die GV/VV für die Entscheidung zuständig, ob gegen Organ28 mitglieder Klage erhoben wird, folgt daraus eine grundsätzliche Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, die GV/VV umfassend zu unterrichten,61 wenn Regressansprüche in Frage kommen. Gleiches gilt für den Vorstand, wenn der Aufsichtsrat für die Prozessführung zuständig ist. Sinn dieser Vorschrift ist, dass die GV/VV als oberstes Organ der eG die u.U. gebotene Schonung des Vorstandsmitglieds sowie eine dem Ansehen der eG abträgliche Wirkung eines öffentlichen Prozesses abwägen kann.62 Hierbei ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche Wirkungen ein solches Verfahren langfristig haben wird. Allein die Sorge, die eG werde „Imageverluste“ in der Öffentlichkeit erleiden, rechtfertigt nicht, auf die Unterrichtung der Versammlung zu verzichten. Auch das Maß des Verschuldens und die Höhe des Schadens werden abzuwägen 26
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Beuthien GenG § 39 Rdn. 7. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 41; Beuthien GenG § 39 Rdn. 11. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 32, 33. BGH NJW 1960, 1667; BGH ZfgG 1963, 154; Beuthien GenG § 39 Rdn. 8; Müller GenG § 39 Rdn. 5. BGH NJW 1960, 1667; s.a. Rdn. 28. BGH BB 1997, 1169 = DB 1997, 1068 = WuB II A, 111 AktG, 1.97 m. Anm. Raiser. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 43; Beuthien GenG § 39 Rdn. 7. Beuthien Rdn. 8.
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sein. Nur wenn bei Durchführung eines Prozesses sehr schwerwiegende Schädigungen der eG konkret zu erwarten sind und es keine sonstigen Gründe für die Klageerhebung gibt, kann auf die Unterrichtung der GV/VV zur Beschlussfassung nach § 39 verzichtet werden. Wegen der möglichen Folgen werden sich die Organmitglieder hierbei ihrer besonderen Sorgfaltspflicht und Verantwortung gem. §§ 34, 41 bewusst sein müssen. Der Prüfungsverband hat das „Für“ und „Wider“ eines Prozesses zu prüfen (§ 53 Abs. 1 S. 1), ggf. im Prüfungsbericht Stellung zu nehmen und u.U. im Rahmen der Prüfungsverfolgung auf sachgerechte Maßnahmen hinzuwirken.63 Grundsätzlich haben die Mitglieder in der GV/VV, die Vertreter in der VV ein Auskunftsrecht wegen der Entlastungskompetenz der GV/VV.64 Im Zweifel bedarf auch ein Rechtsstreit gegen Erben eines Vorstandsmitglieds eines Beschlusses der GV/VV, wenn nach der Satzung diese für die Beschlussfassung zuständig ist, sofern der Streit seine Grundlage in der früheren Vorstandstätigkeit hat.65 Für Passivprozesse von Vorstandsmitgliedern gegen die eG bedarf es in keinem Fall einer Mitwirkung der GV/VV. Ein Beschluss der GV/VV ist, wenn die Satzung für die Führung von Prozessen die Zuständigkeit der GV/VV vorsieht, nur für die Einleitung von Prozessen gegen Vorstandsmitglieder erforderlich; die Verfolgung von Ansprüchen auf andere Weise, wie z.B. durch Aufrechnung von Gegenforderungen, bedarf nicht eines Beschlusses der GV/VV,66 die Satzung kann jedoch solche weiteren Voraussetzungen festlegen. Der Beschluss muss als materielle Klagevoraussetzung eindeutig erkennen lassen, dass ein Anspruch geltend gemacht wird, und den betreffenden Anspruch in seinem wesentlichen Kern hinreichend konkret umreißen, so dass beurteilt werden kann, ob die Klage durch ihn gedeckt ist.67 Um es zu wiederholen: sieht die Satzung keine Zuständigkeit der GV/VV vor, liegt die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung beim Aufsichtsrat.68 Für die Abtretung einer Forderung, z.B. einer Schadensersatzforderung nach § 34 gegen ein (ehemaliges) Vorstandsmitglied, ist der Aufsichtsrat,69 nicht der Restvorstand70 zuständig, da für die Geltendmachung der Forderung ausschließlich der Aufsichtsrat zuständig ist. § 399 BGB steht dem nicht entgegen. Auch ist kein Beschluss der GV/VV notwendig, selbst wenn diese nach der Satzung über die Führung von Prozessen gegen Vorstandsmitglieder entscheidet. § 39 Abs. 1 gilt nicht für vorprozessuale Abtretungen. Der Erwerber ist zur außergerichtlichen Geltendmachung befugt, nicht hingegen zur prozessualen. Hierfür ist ein GV/VV-Beschluss erforderlich, wenn die Satzung vorsieht, dass die GV/VV über die Führung von Prozessen gegen Vorstandsmitglieder entscheidet. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 39 Abs. 1 Satz 3 sowie aus § 404 BGB (Verbot der Verschlechterung durch Abtretung).71 Auf Regressansprüche gegen Vorstandsmitglieder – auch gegen ausgeschiedene – kann nur die GV/VV wirksam verzichten (§ 34 Abs. 4). Ein Verzicht durch den Aufsichtsrat z.B. im Zusammenhang mit einer Vereinbarung über die einvernehmliche Trennung
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63 Beuthien GenG § 39 Rdn. 7. 64 Beuthien GenG § 39 Rdn. 7. 65 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 28, 36; Müller GenG § 39 Rdn. 4; vgl. auch BGH NJW 1960, 1667. 66 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 44. 67 BGH DStR 2003, 1307 = DB 2003, 821. 68 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 31; Beuthien GenG § 39 Rdn. 7. 69 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 45. 70 So aber KG Urt. v. 12.6.2003, Az. 22 U 88/02; Beuthien GenG § 39 Rdn. 10. 71 Zum Vorstehenden überzeugend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 45; a.A. Beuthien GenG § 39 Rdn. 10.
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würde die zwingende Entscheidungskompetenz der GV/VV gemäß § 34 Abs. 4 und ihre Entlastungskompetenz des § 48 Abs. 1 unterlaufen und wäre für die eG unwirksam.72 Falls Verhandlungen mit dem Vorstandsmitglied geführt werden und diese auch schon eine Konkretisierung durch einen Aufhebungsvertrag oder Entwurf erfahren haben, ist unbedingt eine Bedingung aufzunehmen, dass der Abschluss vorbehaltlich der Zustimmung der GV/VV erfolgt. Gleiches gilt für die Übernahme einer gegenüber einem Vorstandsmitglied verhängten Geldbuße durch die eG.73 Die Abtretung an einen Dritten kann durch den Aufsichtsrat vorgenommen werden. Zur gerichtlichen Geltendmachung (durch den Dritten) bedarf es seit Novelle 2006 nur eines Aufsichtsratsbeschlusses, da § 39 Abs. 1 eine Einrede im Sinne des § 404 BGB ist. Für Streitigkeiten in Gehaltsangelegenheiten von Vorstandsmitgliedern sind nicht 33 die Arbeitsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig, da es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis, sondern um ein weisungsunabhängiges Dienstverhältnis handelt.74 Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Vorstand, soweit es sich um Ansprüche aus der Vorstandstätigkeit handelt.75 Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Verfahren gegen Vorstandsmitglieder kann nicht durch Schiedsvertrag ausgeschlossen werden. Dies wäre eine Umgehung des Gedankens des § 39 Abs. 1. 34
2. Sonstige Vertretungsbefugnisse des Aufsichtsrats. Neben der in § 39 Abs. 1 festgelegten Vertretungsbefugnis hat der Aufsichtsrat weiterhin die Befugnis, die eG bei der Vornahme der Rechtsgeschäfte zu vertreten, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ihm zugewiesenen gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben erforderlich sind.76 So kann z.B. der Aufsichtsrat die eG bei Abschluss eines Vertrags mit einem Sachverständigen vertreten, der den Aufsichtsrat bei seiner Prüfungstätigkeit berät.77 III. Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder/Vorstandsmitglieder als Bürgen
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Der Gesetzeswortlaut lässt die Auffassung zu, dass die eG auch bei Kredit- und Bürgschaftsverträgen mit Vorstandsmitgliedern vom Vorstand vertreten wird.78 Kredit ist als wirtschaftlicher Begriff unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu verstehen.79 Darunter fallen grundsätzlich alle Rechtsgeschäfte, in deren Rahmen wirtschaftliche Mittel einem Vorstandsmitglied auf Zeit zur Verfügung gestellt oder belassen werden.80 Hierher gehören z.B. Kreditvorverträge, Kontokorrentkredite, Abzahlungskredite, Wechselkredite, Warenkredite, die Übernahme einer Bürgschaft durch die eG für ein Vorstandsmitglied, die Stundung der Forderungen der eG gegen das Vorstandsmitglied, soweit sie das im Geschäftsverkehr übliche Entgegenkommen bei der Abwicklung von Forderungen überschreitet. Die Leistung eines Vorschusses, z.B. für Reisekosten, stellt
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72 Vgl. OLG Oldenburg DB 1992, 1179; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 44; Althanns ZfgG 1994, 290; a.A. Beuthien GenG § 39 Rdn. 10. 73 Vgl. zur AG BGH Urt. v. 8.7.2014, Az. II ZR 174/13, DStR 2014, 2518. 74 BGHZ 10, 191. 75 BGH AP 14 zu § 5 ArbGG. 76 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 46; Beuthien GenG § 39 Rdn. 5; ders. ZfgG 1972, 83 ff.; Müller GenG § 39 Rdn. 7. 77 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 46; Beuthien GenG § 39 Rdn. 5; Müller GenG § 39 Rdn. 7. 78 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 55; Beuthien GenG § 39 Rdn. 12. 79 Vgl. Parisius/Crüger/Citron § 39 Anm. 15; Müller GenG § 39 Rdn. 9. 80 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 50; Müller GenG § 39 Rdn. 9; Höhn Brevier, S. 46; Meyer-Landrut Großkomm. AktG § 89 Anm. 7.
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im Regelfall keine Kreditgewährung dar, da lediglich die „Genehmigung“ des Aufsichtsrats erforderlich ist. Bei Anwendung der vom BGH dargelegten Gründe muss aber in diesen Fällen analog § 112 AktG angenommen werden, dass die eG gem. § 39 Abs. 1 ausschließlich vom Aufsichtsrat vertreten wird (s. oben Rdn. 10), die Kredit- oder Bürgschaftsverträge also unmittelbar durch Willenserklärung des Aufsichtsrats für die eG abgeschlossen werden. Nach dem Zweck dieser Regelung – Vermeidung möglicher Interessenkollisionen – ist es dann nur folgerichtig, dass auch die Entscheidung über diese Verträge in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fällt (entsprechend § 89 Abs. 1 AktG).81 Nach Schwarz82 hat der Aufsichtsrat zwar eine Geschäftsführungsbefugnis, aber keine Vertretungsmacht. Dies erscheint nicht konsequent.83 Der Aufsichtsrat kann die Entscheidung über Kredite an Vorstandsmitglieder auch an einen Ausschuss übertragen (zum „Ausschuss“ § 38 Rdn. 41 ff.). Übertragung an einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats ist nicht möglich, auch nicht an den Vorsitzenden.84 Der Kreditgewährung an ein Vorstandsmitglied ist – in der Genehmigungsbedürftigkeit durch den Aufsichtsrat – gleichgestellt die Übernahme einer Bürgschaft (Ausfallbürgschaft, Nachbürgschaft, Rückbürgschaft usw.) durch ein Vorstandsmitglied für einen Kredit, damit die Vorschrift nicht durch Vorschieben eines Dritten, für den das Vorstandsmitglied bürgt, umgangen werden kann.85 Die Meinungsunterschiede zur Frage, ob „Genehmigung“ i.S.v. § 184 Abs. 1 BGB vorherige Zustimmung bedeutet,86 kann bei Annahme der ausschließlichen Zuständigkeit des Aufsichtsrats für die Entscheidung und Vertretung dahinstehen. Für eine Einwilligung im Sinne einer vorherigen Zustimmung spräche allerdings, dass es in der Praxis wenig sinnvoll wäre, vorherige Entscheidungen des Vorstands erst durch nachträgliche Willenserklärung des Aufsichtsrats wirksam werden zu lassen.87 Bei Annahme einer Zuständigkeit des Vorstands und Einwilligungserfordernis des Aufsichtsrats wäre bei fehlender Einwilligung der Vertrag schwebend unwirksam.88 Letztlich kann der Meinungsstreit dahinstehen, denn ohne den Aufsichtsrat läuft nichts. Wenn die Zuständigkeit des Vorstands für Kredit- und Bürgschaftsverträge mit Vorstandsmitgliedern fehlt, der Vorstand insbesondere keine Vertretungsmacht hat, wären die vom Vorstand abgeschlossenen Verträge nicht wirksam (s. Rdn. 16). Schon aus diesem Grund wären die als Kredite gewährten Beträge sofort zur Rückzahlung fällig.89 Kreditgenossenschaften haben zudem §§ 15 bis 17 KWG zu beachten. Die Satzung kann die Zustimmungsbedürftigkeit für eine Kreditgewährung an ein Vorstandsmitglied/für die Übernahme einer Bürgschaft durch ein Vorstandsmitglied nicht ändern; sie kann jedoch weitere Erfordernisse erschwerender Art aufstellen, z.B. für eine Kreditgewährung qualifizierte Mehrheitserfordernisse oder eine Höchstgrenze vorsehen oder die Kreditgewährung/Bürgschaftsübernahme ganz ausschließen.
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81 In Anlehnung an BGH ZIP 1995, 1331 zu § 112 AktG; wie hier Müller GenG § 39 Rdn. 8g; BerlKomm/ Keßler § 39 Rdn. 11; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 55; Beuthien GenG § 39 Rdn. 12. 82 ZfgG 2001, 277 und 2002, 61. 83 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 54. 84 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 54; BerlKomm/Keßler § 39 Rdn. 11. 85 Zum Kreditbegriff vgl. auch § 49 Rdn. 4 ff. 86 So z.B. Beuthien GenG § 39 Rdn. 12. 87 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 56; Beuthien GenG § 39 Rdn. 12; Müller GenG § 39 Rdn. 15. 88 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 58; weitergehend Beuthien GenG § 39 Rdn. 12; BerlKomm/Keßler § 39 Rdn. 11: nichtig. 89 Entsprechend § 89 Abs. 5 AktG.
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§ 39 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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Das Kreditwesengesetz enthält für Kreditinstitute in § 15 besondere Vorschriften für sog. Organkredite. Kredite an Geschäftsleiter eines Kreditinstituts, d.h. Vorstandsmitglieder (auch stellvertretende und ehrenamtliche), an Aufsichtsratsmitglieder eines Kreditinstituts und an eine Reihe weiterer Personen bedürfen eines einstimmigen Beschlusses sämtlicher Geschäftsleiter und der ausdrücklichen Zustimmung des Aufsichtsrats. Nach Abs. 5 dieser Vorschrift sind Kredite ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen sofort zurückzuzahlen, wenn nicht alle Vorstandsmitglieder sowie der Aufsichtsrat nachträglich zustimmen. In § 17 KWG wird die Haftung der Geschäftsleiter und des Aufsichtsrats bei Zuwiderhandlungen geregelt. Will ein Vorstandsmitglied der eG einen Kredit geben, ist auf Seiten der eG der Aufsichtsrat zuständig.90 IV. Prozesse gegen Mitglieder des Aufsichtsrats
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Auch zur Auslegung von Abs. 3 bestehen keine einheitlichen Auffassungen. Es ist zunächst vom Wortlaut des Gesetzes auszugehen mit Ergänzung durch den erkennbaren Sinn der Vorschrift. Aus dem Wortlaut folgt, dass zur Vertretung der eG in Prozessen gegen Mitglieder des Aufsichtsrats weder der Vorstand als Organ, noch der Aufsichtsrat befugt sind. Die Vertretung liegt vielmehr ausschließlich bei Personen, die von der GV gewählt und damit vom besonderen Vertrauen der Mitglieder getragen werden.91 Damit soll in einer gerichtlichen Auseinandersetzung jede sich aus der Leitungsstruktur der eG ergebende mögliche Abhängigkeit vermieden werden. Die GV/VV kann sich nicht selbst einberufen; sie ist (trotz evtl. Befangenheit) vom Vorstand (§ 34 i.V.m. § 44 Abs. 2) oder vom Aufsichtsrat (§ 41 i.V.m. § 38 Abs. 2) einzuberufen. Wortlaut und Sinn der Vorschrift geben keine Anhaltspunkte dafür, die Regelung auch auf Personen auszudehnen, die zwar dem Aufsichtsrat angehört haben, die zum Zeitpunkt der Klage aber nicht mehr Mitglied des Aufsichtsrats sind.92 Dies muss auch gelten, wenn es im gerichtlichen Streit gegen ein früheres Aufsichtsratsmitglied wegen der Tätigkeit im Aufsichtsrat geht. Es widerspricht nicht dem Gebot, dass der Vorstand keinen Einfluss auf das Kontrollorgan haben darf, wenn er die eG in Prozessen gegen Personen vertritt, die nicht mehr dem Aufsichtsrat angehören. Dies gilt also auch für Prozesse gegen ausgeschiedene Mitglieder, es sei denn, diese stehen in keinem Zusammenhang mit der Aufsichtstätigkeit.93 Aus der Zuständigkeit der GV/VV zu Wahl der Prozessvertretung folgt auch die Kompetenz der GV/VV, über die Aufnahme und Durchführung des Prozesses gegen Aufsichtsratsmitglieder zu entscheiden.94 Die gewählten Vertreter bleiben grundsätzlich weisungsabhängig gegenüber der GV/VV.95 Umstritten ist, welche Prozesse von der Regelung des § 39 Abs. 3 erfasst werden. Der Gesetzeswortlaut enthält keine Einschränkung, so dass bei rein formaler Betrachtung anzunehmen sei, für alle gerichtlichen Streitigkeiten mit Aufsichtsratsmitgliedern bedürfe es der Wahl besonderer Vertreter.96 Es wird aber auch die Meinung vertreten, die Rege-
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90 Beuthien GenG § 39 Rdn. 13. 91 Beuthien GenG § 39 Rdn. 14. 92 Differenzierend Beuthien GenG § 39 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 64; Müller GenG § 39 Rdn. 23. 93 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 64. 94 Beuthien GenG § 39 Rdn. 14. 95 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 66. 96 So Müller GenG § 39 Rdn. 2 f., unter Hinweis auf eine mögliche Befangenheit des Vorstands.
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Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats | § 39
lung gem. § 39 Abs. 3 gelte nicht für Prozesse, die Streitigkeiten aus Zweckgeschäften betreffen.97 Unter Berücksichtigung des Zwecks der gesetzlichen Regelung, stets die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats gegenüber dem Leitungsorgan zu sichern, ist der weiten Auslegung der Vorzug zu geben. Anders als bei Vertretung in den üblichen Rechtsgeschäften dürfte es sich bei der Durchführung von Prozessen um besondere Umstände handeln, die grundsätzlich das Verfahren nach Abs. 3 rechtfertigen und zumutbar erscheinen lassen.98 Das Gesetz enthält die Sonderregelung nur für die Vertretung in Prozessen gegen Mitglieder des Aufsichtsrats; für Prozesse von Aufsichtsratsmitgliedern gegen die eG gilt somit das normale Vertretungsmacht gem. § 24 Abs. 1.99 Es ist abzuwarten, ob sich auch hierzu die Auffassung durchsetzen wird, nach dem allgemeinen Gedanken des § 112 AktG könne auch hier eine Vertretung durch den Vorstand nicht in Betracht kommen. Der Wortlaut des Gesetzes gibt für eine solche Meinung jedenfalls keinen Raum (näher hierzu oben Rdn. 11 ff.). Zu Prozessvertretern kann jede natürliche, geschäftsfähige Person gewählt werden. Keine Bedenken bestehen gegen die Wahl von Mitgliedern des Vorstands, des Aufsichtsrats oder von Nichtmitgliedern; die GV/VV spricht den jeweils gewählten Personen für die Vertretung der eG ihr besonderes Vertrauen aus.100 Auch juristische Personen und handlungsfähige Gesellschaften können bevollmächtigt werden.101 Die Satzung kann die Zuständigkeit der GV/VV nach § 39 Abs. 3 nicht beschränken oder eine andere Vertretungsregelung vorsehen.102
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V. Schiedsgerichtsvereinbarung Eine Vereinbarung, dass über Regressansprüche gegen Organmitglieder ein Schieds- 51 gericht zu entscheiden habe, ist zulässig.103 Sie kann z.B. in Zusammenhang mit Dienstverträgen von Vorstandsmitgliedern abgeschlossen werden. Für das Verfahren gelten die in § 39 festgelegten Regelungen sinngemäß. So wird die eG auch in einem Schiedsgerichtsverfahren gegen Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat vertreten und die Einleitung des Verfahrens bedarf eines Beschlusses der GV/VV (Abs. 1); bei Verfahren gegen Mitglieder des Aufsichtsrats sind von der GV/VV Bevollmächtigte zur Vertretung der eG zu wählen (Abs. 3). Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist bindend auch gegenüber der GV/VV; sie hat gem. § 1055 ZPO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Beim dualistischen System gilt für eine SCE mit Sitz in Deutschland § 39 Abs. 1 S. 4 52 SCE-VO, der § 39 entspricht. Danach vertritt der Aufsichtsrat die SCE gegenüber dem Mitglied des Leitungsorgans (Vorstandsmitglied) oder dem gesamten Leitungsorgan
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97 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 63. 98 Beuthien GenG § 39 Rdn. 14. 99 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 69; BerlKomm/Keßler § 39 Rdn. 10; Beuthien GenG § 39 Rdn. 14 a.E. 100 Beuthien GenG § 39 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 65. 101 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 65; Beuthien GenG § 39 Rdn. 14. 102 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 68; Müller GenG § 39 Rdn. 30; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 39 Rdn. 15. 103 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 39 Rdn. 40.
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§ 40 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
(Vorstand) bei Rechtsstreitigkeiten oder beim Abschluss von Verträgen. Beim monistischen System vertritt nach § 23 Abs. 5 SCEAG der Verwaltungsrat die SCE gegenüber den geschäftsführenden Direktoren gerichtlich und außergerichtlich. Interessenkonflikte bei Personenidentität von geschäftsführenden Direktoren und Verwaltungsratsmitgliedern sind über die Satzung bzw. § 181 BGB zu lösen (§ 25 Rdn. 20–22, § 26 Rdn. 8, 9); hilfsweise erfolgt die Vertretung durch Bevollmächtigte gem. § 39 Abs. 3. Denn die SCE-VO regelt nicht, wie die Vertretung gegenüber dem Verwaltungsrat erfolgt, z.B. bei Streitigkeiten über die Abberufung eines Mitglieds des Verwaltungsrats. Hier ist gem. Art. 8 (Verweisung auf das nationale Recht) § 39 Abs. 3 entsprechend anzuwenden, d.h. die GV/VV wählt besondere Bevollmächtigte für die Vertretung gegenüber dem Verwaltungsratsmitglied; es gelten also obige Kommentierungen zur eG entsprechend.
§ 40 Vorläufige Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern § 40 Vorläufige Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern Der Aufsichtsrat ist befugt, nach seinem Ermessen von der Generalversammlung abzuberufende Mitglieder des Vorstands vorläufig, bis zur Entscheidung der unverzüglich einzuberufenden Generalversammlung, von ihren Geschäften zu entheben und wegen einstweiliger Fortführung derselben das Erforderliche zu veranlassen.
I. II.
Übersicht Fristlose Abberufung und vorläufige Amtsenthebung | 1– 8 Maßnahmen zur einstweiligen Fortführung der Geschäfte | 9
III.
IV.
Entscheidung der GV/VV über die Amtsenthebung und die Kündigung des Dienstvertrags | 10–27 Europäische Genossenschaft (SCE) | 28
I. Fristlose Abberufung und vorläufige Amtsenthebung 1
Diese Vorschrift wurde durch Novelle 2006 aktualisiert; da die Einberufung der GV/VV in der Praxis zeitliche Probleme mit sich bringen kann, soll der Aufsichtsrat unaufschiebbare Eilmaßnahmen treffen können, und zwar die sofortige Abberufung einzelner oder mehrerer Vorstandsmitglieder und die (vorübergehende) Neuregelung der Geschäftsführung und Vertretung der eG. In der Praxis werden Probleme mit dem Vorstand allerdings oft durch einen Aufhebungsvertrag einvernehmlich gelöst. Hierbei stärkte jedoch die Pflicht zur unverzüglichen Einberufung einer a.o. GV/VV die Verhandlungsposition des Vorstands, da in der Regel der Weg in die GV/VV und damit in die Öffentlichkeit vom Aufsichtsrat gescheut wurde. Dem trägt die Neufassung durch Novelle 2006 Rechnung. Das Recht, die Bestellung zum Vorstandsmitglied aus wichtigem Grund ohne Einhaltung von Kündigungsfristen endgültig zu widerrufen, liegt nach § 24 Abs. 2 Satz 1 vom Grundsatz her bei der GV/VV.1 Die Satzung kann aber dem Aufsichtsrat nach § 24 Abs. 2 Satz 2 das Recht einräumen, die Vorstandsmitglieder abzuberufen (und den Dienstvertrag ordentlich oder außerordentlich, d.h. fristlos zu kündigen). Gleich-
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1 S. a. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 217; BGHZ 32, 114 = WM 1960, 428; BGHZ 60, 333 = ZfgG 1974, 70 = WM 1973, 632; BGH ZfgG 1974, 170 = DB 1974, 37; BGHZ 89, 48 = WM 1984, 532 = DB 184, 104; BAG NJW 1978, 723 = BB 1978, 499 m. Anm. Schaffland = DB 1978, 353; OLG Köln ZfgG 1996, 141 m. Anm. Ferneding; OLG Köln DB 1994, 471; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 246; Müller GenG § 40 Rdn. 10; Beuthien GenG § 40 Rdn. 1.
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Vorläufige Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern | § 40
wohl ist für die vorläufige Amtsenthebung Raum,2 da Situationen denkbar sind, die einerseits schnelles Handeln erfordern, andererseits weitere Nachforschungen notwendig sind, bevor endgültige Fakten geschaffen werden (vgl. auch Rdn. 2). Die Satzung kann auch vorsehen, dass die hauptamtlichen Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat, die nicht-hauptamtlichen von der GV/VV bestellt und abberufen werden. In diesem Fall bezieht sich § 40 nur auf die nicht-hauptamtlichen; der Aufsichtsrat kann diese Vorstandsmitglieder vorläufig ihres Amtes entheben. Ob die Abberufung vom Amt gemäß § 24 Abs. 3 S. 2 zugleich eine fristgemäße Kündigung bedeutet, hängt von den Umständen ab (§ 24 Rdn. 73). Grundsätzlich bedeutet Kündigung auch Abberufung vom Amt zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung; in der Praxis enthalten die Arbeitsverträge oft eine Koppelung von fristloser Kündigung und Beendigung der Organstellung (vgl. Rdn. 1a).3 Bei der Maßnahme des Aufsichtsrats im Rahmen von § 40 handelt es sich um Fälle, in denen sofortiges Einschreiten geboten ist; die Maßnahme ist daher vorläufig, während die endgültige Entscheidung der GV/VV vorbehalten ist. Der Aufsichtsrat kann seine Befugnis zur vorläufigen Abberufung nicht auf einen Ausschuss übertragen; die Entscheidung obliegt vielmehr dem Gesamtaufsichtsrat, dies gilt auch für die (fristlose) Kündigung zumindest dann, wenn wie in der Praxis üblich –, diese gemäß Dienstvertrag zugleich die Amtsenthebung bedeutet sowie umgekehrt.4 Die Befugnis zur vorläufigen Amtsenthebung kann dem Aufsichtsrat durch die Satzung weder entzogen5 noch beschränkt werden.6 Der Aufsichtsrat kann ein Vorstandsmitglied nach seinem pflichtgemäßen Ermessen 2 vorläufig des Amts entheben.7 Dies bedeutet einerseits, dass wegen möglicher Eilbedürftigkeit schon nicht beweisbare Feststellungen die Suspendierung rechtfertigen müssen, wie z.B. erwartete Schäden, dass andererseits aber auch nicht subjektive Willkür eine Amtsenthebung rechtfertigen kann. Eine vorläufige Amtsenthebung wird stets erhebliche Auswirkungen nicht nur für das betroffene Vorstandsmitglied, sondern auch für die eG haben; sie ist immer Ausdruck eines tiefen Mißtrauens und i.d.R. ist damit auch der (konkludente) Vorwurf verbunden, dass Gründe für eine fristlose Kündigung vorliegen. Schon aus diesem Grund wird der Aufsichtsrat sorgfältig alle Schritte abzuwägen haben, auch wenn diese nur vorläufig sind. Insoweit kann es nicht überzeugen, wenn ein Teil der Literatur sie ohne jegliche Begründung und Konsequenzen zulassen will.8 Erfolgt die Suspendierung willkürlich, haftet die eG dem Suspendierten wegen Treuepflichtverletzung (§ 280 i.V.m. § 31 BGB), die Aufsichtsratsmitglieder haften der eG nach § 41.9 Das Gesetz gibt dem Aufsichtsrat lediglich die „Befugnis“, vorläufige Maßnahmen 3 bis zur endgültigen Entscheidung der GV/VV zu veranlassen. Er wird dies nur tun, wenn ohne solche Maßnahmen bis zur Entscheidung der GV/VV die Interessen der eG gefährdet erscheinen. Vorläufige Amtsenthebung ist also nicht Voraussetzung für eine Beschlussfassung der GV/VV im Rahmen von § 40 (s. aber Rdn. 8).
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2 A.A. noch die Vorauflage; wie hier Beuthien GenG § 40 Rdn. 1; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 1, 3, allerdings widersprüchlich zu Rdn. 4 a.E.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 40 Rdn. 1; a.A. auch BT-Drs. 16/1025 S. 86. 3 Beuthien GenG § 24, Rdn. 22; vgl. BGH DB 1974, 37 = ZfgG 1974, 170; auch Hadding Bl. 1986, Heft 12, 11. 4 KG DB 1983, 2026; Beuthien GenG § 40 Rdn. 1; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 40 Rdn. 2. 5 Vgl. Müller GenG § 40 Rdn. 10. 6 Vgl. Müller GenG § 40 Rdn. 10. 7 Zu den Sorgfaltspflichten vgl. Erl. zu § 41. 8 So Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 11 und Beuthien GenG § 40 Rdn. 4; vgl. auch Müller GenG § 40 Rdn. 1; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 40 Rdn. 4. 9 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 13; Beuthien GenG § 40 Rdn. 4.
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Die Sorgfaltspflicht des Aufsichtsrats wird grundsätzlich gebieten, das betroffene Vorstandsmitglied schon vor der Suspendierung anzuhören, es sei denn, die Eilbedürftigkeit zum Handeln steht dem zwingend entgegen.10 Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein aus Art. 103 Abs. 1 GG abzuleitender allgemeiner Verfassungsgrundsatz; er entspricht dem Gebot von Treu und Glauben.11 Eine Suspendierung ohne Anhörung ist gleichwohl wirksam.12 Der Aufsichtsrat kann auch eine einvernehmliche Enthebung von der Amts- und Dienstleistungspflicht herbeiführen.13 Durch die vorläufige Amtsenthebung wird dem betroffenen Vorstandsmitglied die 5 Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis vorläufig genommen.14 Durch die vorläufige Amtsenthebung wird das Dienstverhältnis insoweit berührt, als die vereinbarte Vorstandstätigkeit vorläufig nicht ausgeübt werden kann. Der Gehaltsanspruch des betroffenen Vorstandsmitglieds besteht jedoch trotz der vorläufigen Amtsenthebung fort.15 Er endet erst, wenn das Dienstverhältnis z.B. infolge einer Kündigung beendet ist (vgl. Rdn. 22, 23). Mit der Suspendierung endet grundsätzlich die Vorstandsverantwortung für künftige Maßnahmen der eG;16 dies gilt naturgemäß nicht, wenn aus vorangegangenem Handeln des suspendierten Vorstandsmitglieds noch Pflichten zum Tätigwerden bestehen, z.B. wenn die Entwicklung eines gewährten Kredits Maßnahmen erforderlich macht und nur das suspendierte Vorstandsmitglied über die erforderlichen Informationen verfügt. Hier bleibt die Haftung insb. aus § 34 grundsätzlich bestehen. Demgegenüber bleibt die Amtstreuepflicht, insbesondere die Verschwiegenheitspflicht, bestehen;17 dies gilt auch für die Zeit nach endgültigem Widerruf. Die vorläufige Amtsenthebung ist nach § 28 GenG, § 18 Abs. 1 S. 2 GenRegV, § 157 6 GenG, § 6 Abs. 2 Nr. 4 GenRegV von Vorstandsmitgliedern in vertretungsberechtigter Zahl zum Genossenschaftsregister anzumelden. Die Eintragung in das Genossenschaftsregister hat nur deklaratorische Bedeutung.18 Vor der Eintragung in das Genossenschaftsregister kann sich der Rechtsverkehr auf § 29 berufen; daher ist im Falle einer vorläufigen Amtsenthebung die unverzügliche Anmeldung und Eintragung geboten. Die vorläufige Amtsenthebung kann, z.B. aufgrund neuer Tatsachenfeststellungen, 7 durch Entscheidung des Aufsichtsrats vor Beschlussfassung der GV/VV nachträglich geändert oder aufgehoben werden. Es entfällt dann die Verpflichtung zur Einberufung einer GV/VV. Ist diese bereits einberufen, kann sie ohne Rücksicht auf die zurückgenommene Suspendierung über diese entscheiden.19 Andererseits ist eine vorläufige Amtsenthebung durch den Aufsichtsrat nicht Voraussetzung für die Beschlussfassung der GV/VV im Rahmen von § 40 („… nach seinem Ermessen …“).
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10 Insoweit zustimmend Beuthien GenG § 40 Rdn. 4; Müller GenG § 40 Rdn. 1; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 12. 11 A.A., aber ohne überzeugende Begründung BGH NJW 1960, 1861 = WM 1960, 860. 12 BGH NJW 1984, 2689 = WM 1984, 1120 = ZIP 1984, 947; Beuthien GenG § 40 Rdn. 4. 13 Hierzu § 24 Rdn. 95, 96; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 14; Beuthien GenG § 40 Rdn. 3. 14 Vgl. Beuthien GenG § 40 Rdn. 2; Müller GenG § 40 Rdn. 2. 15 Vgl. BGH NJW 1960, 1008; Beuthien GenG § 40 Rdn. 3; Müller GenG § 40 Rdn. 2; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 40 Rdn. 17; Paulick S. 219; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 40 Rdn. 6. 16 Beuthien GenG § 40 Rdn. 2. 17 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 16; Beuthien GenG § 40 Rdn. 2. 18 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 15; Beuthien GenG § 40 Rdn. 2. 19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 20.
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Vorläufige Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern | § 40
Suspendierung ist grundsätzlich nur im Zusammenhang mit dem Verfahren gem. 8 § 40 vorgesehen; Vorstandsmitglieder haben im Übrigen nach ihrem Dienstvertrag das Recht, die Leitungsfunktion auch auszuüben. Eine Beurlaubung bedarf daher stets einer Rechtfertigung, die in einem vorwerfbaren Verhalten des Betroffenen liegt und Anlass gibt für eine Abberufung und außerordentliche Kündigung (s. § 24 Rdn. 75 ff.). II. Maßnahmen zur einstweiligen Fortführung der Geschäfte Der Aufsichtsrat ist gehalten, mit der vorläufigen Amtsenthebung eines Vorstands- 9 mitglieds die Maßnahmen vorzunehmen, die zur einstweiligen Fortführung der Geschäfte erforderlich sind: Solche Maßnahmen sind erforderlich, wenn der verbleibende Vorstand Willenserklärungen für die eG nicht mehr rechtswirksam abgeben kann oder wenn die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der eG durch den Wegfall des vorläufig amtsenthobenen Vorstandsmitglieds gefährdet ist. Das Letztere kann z.B. der Fall sein, wenn der Geschäftsanfall für den Vorstand so groß ist, dass die Arbeitskraft des vorläufig amtsenthobenen Vorstandsmitglieds nicht ersatzlos entfallen kann.20 Solche Maßnahmen können z.B. sein die Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand gem. § 37 Abs. 1 S. 2 oder die Bestellung eines stellvertretenden Vorstandsmitglieds i.S.d. § 35, wenn dem Aufsichtsrat das Recht zur Bestellung von Vorstandsmitgliedern nach der Satzung zusteht.21 Das fehlende Vorstandsmitglied kann erforderlichenfalls bei Vorliegen der besonderen Eilbedürftigkeit auch nach § 29 BGB durch das Amtsgericht bestellt werden.22 III. Entscheidung der GV/VV über die Amtsenthebung und die Kündigung des Dienstvertrags Sobald der Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied vorläufig seines Amts enthoben hat, 10 muss ohne Verzug, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die GV/VV einberufen werden. Im Verfahren nach § 40 ist es zunächst Aufgabe des Aufsichtsrats, die GV/VV einzuberufen; daneben und unabhängig davon trifft die Einberufungspflicht auch den Vorstand gemäß seiner umfassenden Leitungsverantwortung aus § 27.23 Dabei sind die gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften über die Einberufung der GV/VV, insb. die Frist, zu beachten. Hieraus kann sich ergeben, dass auch eine ohnehin geplante ordentliche GV/VV zur Abberufung genutzt wird. Wird pflichtwidrig keine GV/VV einberufen, bleibt es bei der Suspendierung; der Suspendierte kann (nicht muss)24 sich entsprechend § 45 Abs. 3 gerichtlich ermächtigen lassen, eine a.o. GV/VV auf Kosten der eG einzuberufen. Legt ein Vorstandsmitglied sein Amt unberechtigt nieder, liegt ein Grund für eine 11 a.o. Kündigung vor.25 Legt ein Vorstandsmitglied sein Amt aus berechtigten Gründen nieder, so wandelt sich der Dienstvertrag (sofort) um in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis das (ehemalige) Vorstandsmitglied wird als Angestellter in der eG weiterbeschäftigt; für die spätere Kündigung des dann bestehenden Arbeitsverhältnisses der Vorstand zuständig.26
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20 Vgl. Müller GenG § 40 Rdn. 11. 21 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 18; Beuthien GenG § 40 Rdn. 6; Müller GenG § 40 Rdn. 11. 22 Vgl. BGHZ 18, 334; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 ebd.; Beuthien ebd.; Müller GenG § 40 Rdn. 11; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 40 Rdn. 10. 23 Vgl. Müller GenG § 40 Rdn. 6; Beuthien GenG § 40 Rdn. 5. 24 So aber Beuthien GenG § 40 Rdn. 5. 25 BGH Urt. v. 14.7.1980, Az. II ZR 161/79, NJW 1980, 2415. 26 BGH WM 1984, 534; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 327.
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Für die fristlose Abberufung vom Vorstandsamt wie auch für die fristlose Kündigung des Dienstvertrags aus wichtigem Grund ist stets die GV/VV zuständig, es sei denn, der Aufsichtsrat ist qua Satzung zuständig. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Vorstandsmitglied zwar formell ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird, dieser aber inhaltlich einer fristlosen Kündigung gleichkommt (näher dazu § 24 Rdn. 92). Die GV/VV entscheidet nach eigenem Ermessen. 13 Lehnt es die GV/VV ab, die Bestellung zum Vorstandsmitglied zu widerrufen, so wird die vorläufige Amtsenthebung vom Zeitpunkt dieser Beschlussfassung an wirkungslos. Dies bedeutet, dass das betroffene Vorstandsmitglied von nun ab wieder die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis hat. Der Wegfall der vorläufigen Amtsenthebung muss wiederum zum Genossenschaftsregister zur (nur deklaratorisch wirkenden) Eintragung angemeldet werden. Die Anmeldung hat durch Vorstandsmitglieder in nach der Satzung vertretungsberechtigter Zahl zu erfolgen; das betroffene Vorstandsmitglied kann mitwirken.27 Bei Kreditgenossenschaften ist unverzüglich Anzeige nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG zu erstatten. 14 Wenn die GV/VV (nach der entsprechenden Satzungsregelung meist mit einfacher Mehrheit, da wegen des in der Praxis häufig gegebenen Vertrauensvorschusses des Vorstands in der GV/VV eine qualifizierte Mehrheit nicht erreicht werden könnte und die Ablehnung der Suspendierung zu einem Gesichtsverlust des Aufsichtsrats führen würde) die vorläufige Amtsenthebung durch einen Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied bestätigt, handelt es sich hierbei um einen Widerruf gem. § 24 Abs. 3 S. 2;28 § 40 gibt der GV/VV kein – neben das Widerrufsrecht nach § 24 Abs. 3 S. 2 tretendes – zusätzliches Recht mit anderem Inhalt. Der Widerruf der Bestellung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Er wird sofort wirksam, wenn das Vorstandsmitglied bei der Beschlussfassung in der GV/VV anwesend ist; andernfalls bedarf der Beschluss für seine Wirksamkeit des Zugangs an das Vorstandsmitglied.29 Die Übermittlung des Beschlusses sollte grds. durch den verbleibenden Vorstand ausreichend sein, da dieser die Beschlüsse der GV zu vollziehen hat. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann es empfehlenswert sein, auch den Aufsichtsrat in die Übermittlung einzubinden.30 Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied und fristlose Kündigung sind 15 rechtlich zwei getrennte Vorgänge im Hinblick auf die Entscheidung und die Erklärung gegenüber dem Betroffenen.31 Dies sollte bei der Ankündigung der Tagesordnung und insbesondere bei der Beschlussfassung beachtet werden. Die Ankündigung „Vorstandsangelegenheiten“ wäre zu unbestimmt, ein wirksamer Beschluss würde dann nur vorliegen, wenn alle Mitglieder anwesend (was praktisch nie gegeben ist) und mit der Beschlussfassung einverstanden wären.32 In dem Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied kann aber auch zugleich die fristlose Kündigung des Dienstvertrags liegen. Dies ist der Fall, wenn der Widerruf erkennbar der Ausdruck eines Vertrauensverlustes ist, der die Rechtsbeziehungen zu dem Entlassenen in ihrer Gesamtheit belastet bzw. auch immer dann, wenn im Dienstvertrag die in der Praxis verbreitete Koppelung „Widerruf Organstellung ist zugleich fristlose Kündigung“ vorgesehen ist (vgl. auch die Erl. zu
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27 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 30. 28 Vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 22. 29 Vgl. Müller GenG § 24 Rdn. 67. 30 Vgl. in diesem Zusammenhang auch Müller GenG § 24 Rdn. 67, der die Auffassung vertritt, dass die Zustellung des Beschlusses durch die verbleibenden Vorstandsmitglieder oder durch den Aufsichtsrat zu erfolgen habe. 31 Ausführlich § 24 Rdn. 70 ff. 32 OLG Stuttgart DB 2003, 932; BGH NJW-RR 2000, 1278 – Sparkasse; Beuthien GenG § 40 Rdn. 5.
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§ 24).33 Aus Gründen der Rechtsklarheit ist es jedoch auf jeden Fall zweckmäßig, die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses des betroffenen Vorstandsmitglieds auch noch ausdrücklich in die Tagesordnung der GV/VV aufzunehmen. Die Satzung kann für die Abberufung vom Vorstandsamt und für die fristlose Kündigung unterschiedliche Mehrheiten vorsehen.34 Zur Anhörung siehe Rdn. 4. Entscheidend ist für das Vorliegen eines wichtigen Grundes (vgl. ausführlich § 24 16 Rdn. 79), dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten für die eG nicht mehr zumutbar ist, auch nicht bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist. Zur Frage, wann ein wichtiger Grund vorliegt, wird auch das Landgericht, das für die Kündigung und Amtsenthebung zuständig ist, auf die nachfolgende Grundsätze der BAG-Rechtsprechung abstellen, aber dabei stets zu berücksichtigen haben, dass die Organstellung und Tätigkeit als Vorstandsmitglied eine besondere Vertrauensposition darstellt; s. dazu Rdn. 16a. Nach der vom BAG entwickelten Systematisierung können insbesondere Störungen in folgenden Bereichen des Dienstverhältnisses eine fristlose Kündigung rechtfertigen, nämlich – in Zusammenhang mit der Begründung des Arbeitsverhältnisses, – im Leistungsbereich, – im Bereich der betrieblichen Verbundenheit der Mitarbeiter, – im persönlichen Vertrauensbereich der Vertragspartner (z.B. Verdacht strafbarer Handlungen), – aus der Person des Arbeitnehmers, – im Unternehmensbereich, z.B. Druckkündigungen. Eine fristlose Kündigung ist nach Auffassung des BAG nur dann gerechtfertigt, wenn die Interessen des Kündigenden gegenüber denen der anderen Partei überwiegen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. In einer Gesamtwürdigung ist das Interesse der eG an der sofortigen Beendigung des Dienstverhältnisses gegen das Interesse des Vorstands an dessen Fortbestand abzuwägen.35 Die Interessenabwägung erfordert immer eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Die a.o. Kündigung ist nur wirksam, wenn es für die eG keinen angemessenen Weg gibt, das Dienstverhältnis fortzusetzen, weil sämtliche milderen Mittel unzumutbar sind.36 So kann es z.B. für eine Genossenschaftsbank ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung eines Vorstandsmitglieds sein, wenn die BaFin diesem die Ausübung der Geschäftsleitertätigkeit verbietet oder die Abberufung des Vorstandsmitglieds verlangt.37 Auch dieser Tatbestand ist aber im Rahmen von § 626 BGB unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten abzuwägen; das Abberufungsverlangen ist nur dann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung, wenn die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder auch nur die Fortzahlung des Gehalts bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Die Abgrenzung des wichtigen Grundes kann letztlich nur fallbezo-
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33 Vgl. BGH DB 1973, 1010 = BGH NJW 1973, 1122; Müller GenG § 40 Rdn. 7; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 40 Rdn. 23; Paulick S. 219; Schaffland GF 1978, Heft 4, 40. 34 BGH ZIP 1996, 2071, 2073. 35 BAG Urt. v. 27.1.2011, Az. 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798; Urt. v. 27.9.2012, Az. 2 AZR 955/11, NZA 2013, 425. 36 BAG Urt. v. 17.5.1984, Az. 2 AZR 3/83, NJW 1985, 284–285. 37 So schlechthin Beuthien GenG § 24 Rdn. 20; Bähre/Schneider KWG § 36 Rdn. 2.
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gen vorgenommen werden. So hat das LG Flensburg38 entschieden, dass es bei einem Vorstandsmitglied zur fristlosen Kündigung genüge, wenn dieses einen begründeten Verdacht habe aufkommen lassen, es habe sich in unkorrekter und für die eG schädlicher Weise verhalten. Gerade bei Vorstandsmitgliedern ist bei der Frage der Zumutbarkeit das hohe Maß an Verantwortung und Leitungsmacht (§§ 27, 34) zu beachten, das unbeschädigtes Vertrauen voraussetzt, Näheres in Erl. § 24 Rdn. 63 ff. Die Weigerung, an Kollegen in der Geschäftsleitung die erforderlichen Informationen zu geben, kann wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung sein.39 Bei Störungen im Leistungsbereich ist grundsätzlich Abmahnung erforderlich.40 Abmahnung ist Beanstandung von Leistungsmängeln mit Androhung der Folgen bei Wiederholung. Im „Vertrauensbereich“ kann eine Abmahnung entbehrlich sein. Fristlose Kündigung ist stets ultima ratio.41 Nachschieben außerordentlicher Kündigungsgründe ist möglich, wenn diese erst nachträglich bekannt werden.42 Bei der fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses ist § 626 Abs. 2 BGB zu beach17 ten. Danach kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Eine fristlose Kündigung durch den Aufsichtsrat ist bei grds. Zuständigkeit der GV/VV auch dann möglich, wenn der frühere Dienstvertrag eines Vorstandsmitgliede nach dessen Ausscheiden aus dem Amt in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt worden ist. Wenn kündigungsberechtigt i.S.d. § 626 Abs. 2 BGB die GV/VV ist, kommt es für die 18 Wahrung der Zwei-Wochen-Frist auf deren Kenntnis vom Kündigungsgrund an, nicht auf die Kenntnis des Aufsichtsrats oder einzelner seiner Mitglieder.43 Die entscheidenden Aussagen des BGH in dem Grundsatzurteil v. 18.6.198444 lassen sich in folgenden Leitsätzen zusammenzufassen: 1. Bei einer eG beginnt die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB für die Kündigung eines Vorstandsmitglieds grundsätzlich erst, wenn die GV/VV Kenntnis von den Kündigungstatsachen erhält. 2. Die eG muss sich jedoch so behandeln lassen, als ob die GV/VV bereits informiert wäre, sofern der Aufsichtsrat diese nicht in angemessen kurzer Zeit einberuft, nachdem er selbst jene Kenntnis erlangt hat. 3. Der Aufsichtsrat verzögert die Einberufung der GV/VV regelmäßig nicht unangemessen, wenn er zunächst den Versuch macht, eine einvernehmliche Trennung der eG von dem zu kündigenden Vorstandsmitglied zu erreichen. 4. Auf eine Kenntnis der Minderheit der Mitglieder, die die Einberufung der GV/VV verlangen könnte, kommt es für den Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht an.45
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38 16.1.1987, Az. 3 O 348/86. 39 BGH Urt. v. 26.6.1995, Az. II ZR 109/94, NJW 1995, 2850. 40 BAG Urt. v. 17.2.1994, Az. 2 AZR 616/93, NZA 1994, 656. 41 Wegen der Zumutbarkeitsprüfung Einzelheiten: ErfK/Müller-Glöge § 626 BGB Rdn. 25 f. 42 BAG Urt. v. 5.5.1977, Az. 2 AZR 297/76, NJW 1978, 723. 43 Vgl. BGH v. 18.6.1984, NJW 1984, 2689 = WM 1984, 532 = DB 1984, 1820 = ZfgG 1987, 94, m. Anm. Hadding; BAG NJW 1978, 723 = BAG DB 1978, 353; BGH v. 12.2.2007, II ZR 308/05, WM 2007, 693 = ZIP 2007, 674 = NJW-RR 2007, 690; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 282 m.w.N.; Schaffland BB 1978, 500 und DB 1978, 1773; vgl. auch Wiesner BB 1981, 1533 ff.; vgl. in diesem Zusammenhang auch OLG Düsseldorf DB 1983, 1036 f. 44 BGH Urt. v. 18.6.1984, Az. II ZR 221/83, NJW 1984, 2689. 45 Vgl. ebenda; s. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 284.
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Erlangt der Aufsichtsrat Kenntnis von den Kündigungsgründen, so ist er allerdings verpflichtet, unverzüglich die GV/VV – wenn diese das Vorstandsmitglied berufen hat – zur Beschlussfassung einzuberufen. Verzögert der Aufsichtsrat die Einberufung, so muss nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) für den Beginn der Ausschlussfrist auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem die GV/VV informiert worden wäre, wenn der Aufsichtsrat seiner Einberufungspflicht nachgekommen wäre (s. § 24 Rdn. 83). Der Aufsichtsrat ist gehalten, in „angemessen kurzer Zeit“ die GV/VV einzuberufen und zu unterrichten. Dabei muss dem Aufsichtsrat jedoch ausreichend Zeit zur Prüfung des Sachverhalts und der Rechtslage und ggf. zu Verhandlungen über eine einvernehmliche Regelung mit dem Vorstandsmitglied bleiben.46 Das Arbeitsgericht Mainz47 hält z.B. eine Frist von 6 Wochen zwischen Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden und GV/VV für eine „noch angemessen kurze Zeit“. Unabhängig von einer evtl. Verwirkung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund bleibt die Suspendierung unbefristet wirksam.48 Umfassende Kenntnis des maßgeblichen Sachverhalts ist notwendig. Ist die Einberufung einer zweiten GV/VV notwendig, weil die erste GV/VV festgestellt hat, dass noch weitere Ermittlungen erforderlich sind, beginnt die Zweiwochenfrist erst mit der zweiten GV/VV zu laufen.49 Für eine vertragliche Regelung über das Ausscheiden des Vorstandsmitglieds im 19 beiderseitigen Einvernehmen ist der Aufsichtsrat zuständig, wenn die Satzung ihn ermächtigt oder ihm generell die Zuständigkeit für die Abberufung und Kündigung zuschreibt.50 Für eine Beendigung des Dienstvertrags ist stets der Aufsichtsrat zuständig. Dies folgt aus der umfassenden Zuständigkeitsregelung von § 39 Abs. 1, wonach der Aufsichtsrat stets „bei Abschließung von Verträgen mit dem Vorstand“ die eG zu vertreten hat, vgl. § 39 Rdn. 6, 13 bis 16; § 24 Rdn. 92.51 Falls jedoch das einvernehmliche Ausscheiden auch Regelung von Regressansprüchen, insbesondere Verzicht auf solche Ansprüche bedeutet, bleibt insoweit ausschließlich die GV/VV zuständig (§ 39 Abs. 1; § 34 Abs. 4). Für den Fristbeginn ist positive und sichere Kenntnis der Tatsachen nötig, die den wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung ausmachen. Sofern die GV/VV noch Nachforschungen für erforderlich hält, um diese sichere Kenntnis zu erlangen, beginnt die Frist also nicht zu laufen.52 Wurde die fristlose Kündigung durch ein nicht zuständiges Organ erklärt, ist die Genehmigung durch die GV/VV nur in der Ausschlussfrist von § 626 Abs. 2 S. 1 BGB möglich.53 Eine rückwirkende Genehmigung der vom Aufsichtsrat ausgesprochenen fristlosen 20 Kündigung kommt nicht in Betracht; der Aufsichtsrat kann mangels Zuständigkeit eine solche Kündigungserklärung auch nicht unter der Bedingung der Genehmigung abgeben.54 Beschließt die GV/VV die fristlose Kündigung, ohne ausdrücklich auch das Amt als Vorstandsmitglied zu widerrufen, so kommt mit dem Beschluss regelmäßig auch der Wille zum Ausdruck, das Amt mit sofortiger Wirkung durch Widerruf zu beenden (s. § 24 Rdn. 71).
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46 So mit überzeugenden Gründen BGH NJW 1984, 2689 = WM 1984, 1120 = DB 1984, 1820 = ZfgG 1987, 94 m. Anm. Hadding; auch OLG Bamberg 3 U 233/85. 47 Urt. v. 28.8.1989, Az. 1 Ca 2088/87; s. auch § 51 Rdn. 27. 48 LG Kassel ZfgG 1997, 300 m. Anm. Hadding. 49 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 283; Schaffland BB 1978, 500 und DB 1978, 1773. 50 Rdn. 16, Grundgedanke des § 24 Abs. 2; OLG Stuttgart DB 2003, 932. 51 So auch Hadding BI 1986, Heft 12, 14; a.A., aber ohne überzeugende Begründung BGHZ 79, 38. 52 Vgl. Schaffland BB 1978, 500 und DB 1978, 1773. 53 BAG NJW 1987, 1038. 54 BGH NJW 1960, 1006/1008; OLG Frankfurt v. 26.5.1977 – Az. 9 U 59/76; Müller GenG § 40 Rdn. 2.
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Erweist sich die fristlose Kündigung in einem Prozess mangels ausreichender „wichtiger Gründe“ im Sinne von § 626 BGB als unwirksam, bleibt der im Übrigen ordnungsgemäße Widerruf der Organstellung davon grundsätzlich unberührt und wirksam. Dieser Widerruf unterliegt der freien Entscheidung der GV/VV und bedarf grundsätzlich keiner Begründung (s. aber oben Rdn. 2, u. auch § 24 Rdn. 73). Der Beschluss der GV/VV kann aber die Beendigung des Amts auch an die wirksame Beendigung des Dienstvertrags knüpfen. Ist das betroffene Vorstandsmitglied in der – die fristlose Kündigung aussprechen21 den – GV/VV anwesend, so wird die fristlose Kündigung sofort wirksam. Ist das betroffene Vorstandsmitglied in dieser GV/VV nicht anwesend, wird die fristlose Kündigung erst wirksam, sobald sie dem betroffenen Vorstandsmitglied zugegangen ist. Die Zusendung der Kündigungserklärung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit durch den verbleibenden Vorstand und den Aufsichtsrat erfolgen. Das Vorstandsmitglied kann verlangen, dass ihm der Kündigungsgrund unverzüg22 lich schriftlich mitgeteilt wird (§ 626 Abs. 2 S. 3 BGB); der Beschluss der GV/VV muss aber nicht schriftlich begründet sein.55 Unterzeichnung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden für den Aufsichtsrat genügt (vgl. § 24 Rdn. 84). Mit Zugang der fristlosen Kündigung durch die GV/VV wird das Arbeitsverhältnis ex nunc beendet;56 der Gehaltsanspruch während der Suspendierung besteht grundsätzlich unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs weiter;57 er entfällt erst, wenn (nach Widerruf der Bestellung durch die GV/VV) der Aufsichtsrat wirksam gekündigt hat,58 also Widerruf und Kündigung möglichst taggleich. Mit der Frage der Weiterbeschäftigung eines abberufenen Vorstandsmitglieds, dessen Dienstvertrag wegen Fristablauf nicht wirksam aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte, hat sich ausführlich das OLG Nürnberg befasst.59 Überzeugend wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis nach der Abberufung nicht unverändert fortbestehen kann. Die vom Vorstandsmitglied zu erbringende Leistung ist aus von ihm zu vertretenden Umständen dauernd unmöglich geworden. §§ 323 ff. BGB bleiben anwendbar, auch wenn das Rücktrittsrecht in § 325 BGB durch die Spezialregelung des § 626 BGB ersetzt wird.60 Das suspendierte Vorstandsmitglied muss sich, sofern es auf die Fortsetzung der Gehaltszahlung Wert legt, mit einer anderen der bisherigen Tätigkeit zwar nicht gleichrangigen, aber gleichwohl leitenden Tätigkeit begnügen (Rdn. 24).61 Die eG kann ggf. die Bezüge unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung angemessen kürzen. Ein Abberufungsverlangen der BaFin löst grundsätzlich die Folge dauernder Unmöglichkeit aus. Mit Beendigung der Organstellung im Vorstand und abhängiger Weiterbeschäftigung besteht für diese Beschäftigung Kündigungsschutz gem. KSchG. Ein Vorstandsmitglied kann aus einem von der eG zu vertretenden wichtigen Grund sein Amt niederlegen, ohne zugleich das Anstellungsverhältnis fristlos kündigen zu müssen. Dies z.B. dann, wenn es für das Mitglied unzumutbar ist, das erhebliche Haftungsrisiko aus dem Amt weiter zu tragen. In diesem Fall wäre das Vorstandsmitglied
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55 BGH WM 1984, 1120 = NJW 1984, 2689 = DB 1984, 1820 = ZfgG 1987, 94 = Bl, Heft 1/86, 48. 56 Beuthien GenG § 40 Rdn. 3. 57 OLG Frankfurt Urt. v. 26.5.1977, Az. 9 U 59/76; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 17. 58 Vgl. RGZ 144, 385; BGH NJW 1960, 1006; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 40 Rdn. 17; Beuthien GenG § 40 Rdn. 3; Müller GenG § 40 Rdn. 2. 59 Urt. v. 17.5.1988. 60 BGHZ 10, 187; WM 88, 298 m.w.N. 61 BGH WM 1966, 969; Beuthien GenG § 40 Rdn. 3.
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nicht gleichzeitig verpflichtet, auf seine Rechte aus dem Anstellungsvertrag zu verzichten.62 Inwieweit auch ein Anspruch auf Ruhegeld entfällt, hängt von den Vereinbarungen im Einzelfall und den sonstigen Umständen des Sachverhalts ab. An den Wegfall von Ruhegehaltsansprüchen im Falle der fristlosen Kündigung sind noch strengere Anforderungen zu stellen, da es sich grundsätzlich um Sanktionen für vergangenes Fehlverhalten und nicht um vorbeugende Maßnahmen handelt.63 Es sind die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung64 zu beachten; danach sind Anwartschaften auf das Ruhegehalt grundsätzlich unverfallbar. Für eine Kündigung des Ruhegehaltsvertrags bzw. Verwirkung gelten die allgemeinen Grundsätze, vgl. § 24 Rdn. 106 ff.65 Für die ordentliche Kündigung des Dienstvertrags, d.h. die Kündigung unter Einhaltung der jeweils maßgeblichen Kündigungsfrist, kann nach der Satzung der Aufsichtsrat zuständig sein, vgl. ausführlich § 24 Rdn. 71.66 Der Aufsichtsrat ist nach der Satzung für die ordentliche Kündigung des Dienstvertrags zuständig, wenn diese eine entsprechende ausdrückliche Bestimmung enthält oder wenn sie bestimmt, dass der Aufsichtsrat das Anstellungsorgan für die Vorstandsmitglieder ist, ohne darüber hinaus auch noch einmal ausdrücklich festzulegen, dass der Aufsichtsrat Dienstverträge ordentlich kündigen kann.67 Die Satzung kann seit Novelle 2006 auch vorsehen, dass der Aufsichtsrat auch für die außerordentliche Kündigung zuständig ist. Fehlt eine Satzungsregelung generell, so kann auch die ordentliche Kündigung des Dienstvertrags eines Vorstandsmitglieds nur durch die GV/VV erfolgen. Mit dem Ablauf der jeweils maßgeblichen Kündigungsfrist endet der Dienstvertrag des betroffenen Vorstandsmitglieds, und mit der Beendigung seines Dienstvertrags endet dann auch endgültig seine Organstellung als Vorstandsmitglied.68 Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern ist jederzeit widerrufbar, auch durch Suspendierung gemäß § 40. Besteht aber der Dienstvertrag weiter, weil rechtskräftig die Gründe zur fristlosen Kündigung des Dienstvertrags verneint worden sind, so besteht kein Anspruch auf erneute Wahl in den Vorstand (§ 24 Rdn. 88, 97). Insoweit steht Mitgliedern eines Leitungsorgans kein „Recht auf Arbeit“ zu, die eG ist grundsätzlich frei, Personen ihres Vertrauens in die Organstellung zu berufen. Ggf. muss das Gehalt weitergezahlt werden gegen (zumutbare) Beschäftigung auf einer Ebene unterhalb des Vorstands (Rdn. 22). Ein im Dienstvertrag enthaltener Anspruch auf Bestellung zum Vorstand wird durch rechtmäßige Abberufung vom Amt gegenstandslos. Unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten kann die Erklärung einer ordentlichen Kündigung die an sich gerechtfertigte fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ausschließen. Dies dient dem Schutz des Arbeitnehmers, der in solchen Fällen davon ausgehen darf, dass sich der Arbeitgeber endgültig für die Form der ordentlichen Kündigung mit ihren Schutzfristen entschieden hat. Wissen des Aufsichtsrats um das Fehlverhalten eines Vorstandsmitglieds bzw. Mitverantwortung des Aufsichtsrats kann die eG grundsätzlich nicht an der fristlosen
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62 Für die GmbH BGH WM 1978, 319. 63 Vgl. BGH NJW 1971, 1127; OLG Frankfurt Urt. v. 26.5.1977, Az. 9 U 59/76. 64 Betriebsrentengesetz, BGBl. 1974 I S. 3610 zuletzt geändert d. Art. 2 Abs. 17 d. G. v. 1.4.2015 (BGBl. I S. 434). 65 Vgl. OLG Frankfurt ebd. 66 Vgl. Müller GenG § 40 Rdn. 10; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 233. 67 Vgl. Parisius/Crüger/Citron § 40 Anm. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 24 Rdn. 233. 68 Vgl. RGZ 115, 351; RGZ 144, 384.
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Kündigung hindern oder das Vorstandsmitglied entsprechend entlasten; insoweit ist der Aufsichtsrat nicht gleichzusetzen mit der eG und ihren berechtigten Interessen.69 Kenntnis der GV/VV, vor allem im Zusammenhang mit erteilter Entlastung, kann demgegenüber Verzicht auf fristlose Kündigung bedeuten; dies folgt aus der zwingenden Zuständigkeit der GV/VV für die fristlose Kündigung. Neben der Suspendierung im Rahmen des § 40 ist eine vorläufige Beendigung des 27 Amts auch durch Vereinbarung möglich (§ 24 Rdn. 95). Einzelheiten für die Wirkung im Innen- und Außenverhältnis können festgelegt werden. Denkbar, dass die gleichen Wirkungen eintreten sollen wie bei einer Suspendierung. In diesem Fall ist Eintragung im Genossenschaftsregister erforderlich; anders, wenn nur Aufhebung der Leistungspflicht aus dem Dienstvertrag. Dann auch entsprechende Änderung auf den Geschäftsbriefen (vgl. § 25a Rdn. 4). Die vorläufige Beendigung des Amts schließt die Haftung gem. § 34 aus, wenn Rechte und Pflichten hinsichtlich der Leitungsverantwortung nicht mehr bestehen. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) 28
Beim dualistischen System einer eG mit Sitz in Deutschland gilt § 40 über Art. 8 SCEVO unmittelbar; beim monistischen System nach § 18 Abs. 5 SCEAG entsprechend: Rechtsvorschriften außerhalb des SCEAG, die dem Aufsichtsrat Rechte (oder Pflichten) zuweisen, gelten für den Verwaltungsrat der SCE entsprechend.
§ 41 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder § 41 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt § 34 über die Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß.
I. II. III. IV. V. VI.
Übersicht Bedeutung der Vorschrift | 1–3a Die Aufgaben des Aufsichtsrats | 4 Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder | 5–40 Persönliche und fachliche Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder | 41–42 Ausschüsse des Aufsichtsrats | 43–45 Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Mängel | 46–49
VII.
Schadensersatz, Straftatbestände | 50–54 VIII. Ausschluss der Ersatzpflicht | 55–56 IX. Verfahren | 57–58 X. Verjährung | 59 XI. Kleinstgenossenschaften | 59a XII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 60
I. Bedeutung der Vorschrift 1
§ 41 wurde durch die Novelle 19731 neu gefasst. Danach gelten die gesamten Vorschriften des § 34 über die Sorgfaltspflichten der Vorstandsmitglieder, über die Verschwiegenheitspflicht, über die Verpflichtung zum Schadenersatz und die Verjährung dieser Ansprüche sinngemäß auch für Mitglieder des Aufsichtsrats.
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Nicht überzeugend OLG Frankfurt Urt. v. 26.5.1977, Az. 9 U 59/76. In Anlehnung an § 116 AktG.
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Auch Aufsichtsratsmitglieder haften persönlich und gesamtschuldnerisch gegenüber der eG,2 wenn sie durch rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten die eG schädigen. Der Verweis auf die Haftungsvorschrift für Vorstandsmitglieder rechtfertigt auch die entsprechende Anwendung der in den Erl. zu § 34 dargestellten Grundsätze. Während Vorstandsmitglieder die Leitungsverantwortung tragen, obliegt den Aufsichtsratsmitgliedern die Aufsichts- oder Kontroll-verantwortung. Ihre Sorgfaltspflicht und Haftung ist an dieser besonderen Verantwortung zu messen. Haftung aus § 41 greift auch ein, wenn eine ordnungsgemäße Wahl des Aufsichtsrats 2 nicht vorliegt, aber die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied tatsächlich ausgeübt wird (Grundsätze des faktischen Aufsichtsratsmitglieds, zum faktischen Vorstandsmitglied siehe § 24 Rdn. 66 und § 34 Rdn. 3).3 Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat unterliegen der gleichen Sorgfaltspflicht, 3 Schweigepflicht (der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat insbesondere gegenüber dem Betriebsrat und der Gewerkschaft – vgl. insoweit auch § 34 Rdn. 99 zu Arbeitnehmern nach dem MitbestG im Vorstand) und Verantwortlichkeit wie die übrigen Aufsichtsratsmitglieder; sie unterliegen im gleichen Umfang der persönlichen, gesamtschuldnerischen Haftung.4 Gleiches gilt für analog § 29 BGB bestellte Notaufsichtsratsmitglieder und für Aufsichtsratsmitglieder einer nach § 94 nichtigen eG. Unterschreitet der Aufsichtsrat die gesetzliche oder satzungsmäßige Mindestgrenze oder ist der Aufsichtsrat aus sonstigen Gründen, z.B. in Folge von Krankheit, nicht funktionsfähig, hat dieses keine Auswirkung auf die weiterhin bestehenden Sorgfaltspflichten der verbleibenden Aufsichtsratsmitglieder; im Gegenteil sind sie nun erst recht gefordert, Schaden von der eG abzuwenden, z.B. sich für die Bestellung von Notaufsichtsratsmitgliedern einzusetzen. Hat die Kleinstgenossenschaft auf Grund ihrer Satzung keinen Aufsichtsrat (§ 9 3a Abs. 1 Satz 2), ist für bestimmte Fälle (§§ 39 Abs. 1 Satz 2, 51 Abs. 3 Satz 2, 57 Abs. 5, 58 Abs. 3 Satz 1) von der GV/VV ein Bevollmächtigter zu wählen; für diesen gilt § 41 ebenfalls uneingeschränkt.5 II. Die Aufgaben des Aufsichtsrats Sie beginnen mit der Annahme der Wahl, es sei denn, die Wahl soll ihre Wirkung 4 erst zu einem späteren Zeitpunkt entfalten. Dies gilt auch bei einer noch nicht eingetragenen eG.6 Sie endet mit Beendigung der Tätigkeit, also auch ggf. erst nach Beendigung der Amtsstellung, aus der Treuepflicht können sich weitergeltende Sorgfaltspflichten ergeben (siehe auch Rdn. 37). Die Aufgaben ergeben sich aus dem Wort „Aufsichtsrat“: Aufsicht führen und Rat geben bis hin zu zustimmungsbedürftigen Geschäften (hierzu Rdn. 15). Diese Aufgaben bestehen für alle Aufsichtsratsmitglieder gleichermaßen. 7 Die Aufgabe der Überwachung der Unternehmensleitung obliegt gemäß § 38 dem Aufsichtsrat als Organ. Diese Regelung bedeutet, dass die Aufsichtsratsmitglieder ihre Aufgaben und Pflichten nur im Rahmen des Gesamtgremiums erfüllen können. Dies gilt auch im Falle des § 38 Abs. 1 S. 4, der durch Novelle 2006 angefügt wurde. Die Haftung wegen Pflichtverletzungen
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2 Und ausnahmsweise gegenüber den Gläubigern der eG. 3 RGZ 152, 273. 4 Vgl. hierzu BGHZ 85, 295 f. = NJW 1983, 991 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 5 und 13; Beuthien GenG § 41 Rdn. 2 und 19; Edenfeld/Nufang AG 1999, 49. 5 Vgl. im Einzelnen Fiedler in Festschrift für Schaffland S. 133 ff., insbesondere S. 144. 6 RGZ 144, 348; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 8. 7 BGHZ 83, 112 f.; BGHZ 83, 147; BGHZ 83, 154 – jeweils zur AG, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 13.
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trifft jedoch die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder.8 Diese können ihre Aufgaben nicht ständig auf Sachverständige oder andere Berater übertragen. Im Rahmen des zum Vorstand (in § 34 Rdn. 32) Gesagten ist eine Delegierung zulässig. Die Aufgaben des Aufsichtsrats umfassen die Überwachung sowohl der Rechtmäßigkeit als auch der Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung.9 Das Verhältnis zwischen den Organen Aufsichtsrat und Vorstand bedarf sowohl hinsichtlich der Persönlichkeiten als auch der jeweiligen Sachkompetenz eines „Gleichgewichts“. Weder grundsätzliches Misstrauen noch blindes Vertrauen können der jeweiligen Aufgabe und der im Interesse der eG notwendigen Kooperation gerecht werden. Grundlage dieser Kooperation muss vielmehr von Seiten des Aufsichtsrats ein „kritisches Vertrauen“ gegenüber dem Vorstand sein.10 III. Sorgfaltspflichten der Aufsichtsratsmitglieder 5
Bei den Aufgaben und der Verantwortung im Zusammenhang mit der Aufsichtsführung sind zwei Bereiche zu unterscheiden: – die Aufgaben des Aufsichtsrats als Organ, – die Pflichten und die Verantwortung der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder im Rahmen des Gesamtaufsichtsrats.
Im Außenverhältnis wird nur der Gesamtaufsichtsrat als Organ tätig, ggf. vertreten durch den Vorsitzenden oder eine andere bevollmächtigte Person. Die Pflichten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder bestehen insb. als interne Mitwirkungspflichten mit persönlicher Verantwortung. 7 Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben bei ihrer Tätigkeit die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds einer eG zu beachten.11 Mit der Verweisung in § 41 auf § 34 kommt zum Ausdruck, dass es sich um den gleichen Sorgfaltsmaßstab handelt wie bei Vorstandsmitgliedern, nur mit anderem Inhalt: Aufsichtsratsmitglieder haben nicht die Leitungs-, sondern die Kontrollverantwortung (Einzelheiten wegen der „besonderen Sorgfalt“ siehe § 34 Rdn. 16 ff.; zur Rechtsprechung bei Pflichtverletzungen von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern siehe § 34 Rdn. 48 bis 96, soweit einschlägig, wegen der Inhalte zur Kontrollverantwortung siehe Erl. zu § 38), außer bei den zustimmungsbedürftigen Geschäften gem. § 23 der Mustersatzungen.12 8 Das einzelne Aufsichtsratsmitglied muss seinen Beitrag dazu leisten, dass der Aufsichtsrat als Organ seine Aufgabe erfüllen kann. Untätigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern bei Handlungen des Vorstands, die zu einem Schaden für die eG führen können, kann eine Ersatzpflicht begründen.13 Jedes Aufsichtsratsmitglied hat – über den Aufsichtsrat – alle zumutbaren Möglichkeiten zu nutzen, um derartige Handlungen zu verhindern. Es ist insbesondere verpflichtet, an den Sitzungen des Aufsichtsrats teilzunehmen. Grundsätzlich haben private Termine zurückzustehen (auch Urlaube, in der 6
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8 §§ 41, 34; vgl. Lippert ZfgG 1978, 181. 9 H.M. Semmler BFuP 1977, 531; Biener BFuP 1977, 491; Einzelheiten zur Vorgehensweise bei der Überwachung s. Arbeitsmappen für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften bzw. Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften, 2. Auflage 2015. 10 Hierzu, insbesondere zu den Auswahlpflichten Wittmann Sonderausgabe 01/2008 S. 7 zu Die Aktiengesellschaft. 11 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 41 Rdn. 2. 12 Wegen Strafbarkeit vgl. Wolf Die Strafbestimmungen für Amtsträger im Genossenschaftswesen; und Erl. zu §§ 147, 151. 13 S. BGH Urt. v. 21.4.1997, Az. II ZR 175/95, NJW 1997, 1926.
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Regel nicht Kuraufenthalte). Begründete Fälle der Verhinderung sind nach pflichtgemäßem Ermessen eigenverantwortlich zu beurteilen; eine Entschuldigung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden erscheint in jedem Fall angebracht. Wiederholte Nichtteilnahme an Aufsichtsratssitzungen ist eine Pflichtverletzung, die zur Verweigerung der Entlastung führen kann und u.U. Regressfolgen nach sich ziehen kann, wenn die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind (Rdn. 50 und § 34 Rdn. 48 bis 95, soweit einschlägig). Sind mit der Teilnahme an der Sitzung ungewöhnliche Kosten verbunden,14 dürfte eine vorherige Abstimmung mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden geboten sein. Im Übrigen obliegt die Erstattung der Kosten dem Vorstand als Leitungsorgan nach pflichtgemäßem Ermessen. Auf die Sitzungen hat sich das Aufsichtsratsmitglied sorgfältig vorzubereiten. In den 9 Sitzungen hat das Aufsichtsratsmitglied an der sachgerechten Meinungsbildung und Entscheidungsfindung mitzuwirken und sich persönlich ein Urteil zu bilden. 15 Dies schließt bei Abstimmungen im Allgemeinen eine Stimmenthaltung aus, soweit diese nicht im Hinblick auf mögliche Interessenkollisionen geboten erscheint. Auch krankheitsbedingte, unterlassene Vorbereitung auf Aufsichtsrats- und Ausschusssitzungen berechtigt in der Regel nicht zur Stimmenthaltung, das Mitglied hat sich in der Sitzung schlau zu machen und unter dem Eindruck der Beratung zu votieren, allenfalls Berücksichtigung einer Stimmenthaltung beim Schuldmaß (siehe auch Rdn. 35). Im Rahmen des Gesamtgremiums hat sich das Aufsichtsratsmitglied über die Angelegenheiten der eG und insb. der zu überwachenden Geschäftsführung zu unterrichten. Ein Interessenkonflikt als Mitglied des Aufsichtsrats führt grundsätzlich nicht zur Amtsunfähigkeit. Das GenG kennt, außer in § 37, keine weiteren Regelungen zur Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat. Auch die Mustersatzungen und Mustergeschäftsordnungen des Aufsichtsrats enthalten dementsprechend keine ausdrücklichen Regelungen. Die gleiche Frage stellt sich auch für Aufsichtsratsmitglieder einer AG oder GmbH. Auch das AktG enthält, über die in § 100 AktG geregelten Fälle, keine weitergehenden Regelungen zur Unvereinbarkeit. Hieraus kann gefolgert werden, dass es keinen generellen Ausschluss vom Amt des Aufsichtsrats (Amtsunfähigkeit als persönliche Voraussetzung) gibt.16 Die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision ist nicht ausreichend. Im Übrigen bringt die Selbstorganschaft bei der eG eine bereits gesetzlich normierte Interessenkollision mit sich, da die Interessen der Mitglieder und die der eG nicht immer deckungsgleich sind. Es ist jedoch schwerlich möglich, das Wohl zweier im Wettbewerb stehender Unternehmen in gleicher Weise zu fördern.17 Der Interessenkonflikt wird wie folgt gelöst: Als Ausprägung der Sorgfaltspflicht nach § 41 ergibt sich aus der „organschaftlichen Treuepflicht“ eines jeden Aufsichtsratsmitglieds die Pflicht, im Aufsichtsrat alles Zumutbare zu tun, um die eG vor Schaden zu bewahren. So darf ein Aufsichtsratsmitglied sein Mandat nicht zur Verfolgung genossenschaftsfremder Interessen ausnutzen, insbesondere nicht, um an Informationen zu gelangen, die es zu seinem persönlichen Vorteil und zum Nachteil der zu überwachenden eG einsetzt.18
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14 Z.B. Anreise vom Urlaubsort. 15 OLG Düsseldorf WM 1984, 1084 = BB 1984, 997 – Publikums-KG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 15; Vetter DB 2004, 2624. 16 A.A. für die AG Lutter/Krieger/Verse Rdn. 22 ff. 17 Vgl. OLG Hamburg Urt. v. 23.1.1990, Az. 11 W 92/89, DB 1990, S. 415. 18 Vgl. Müller GenG § 41 Rdn. 18; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 15, 42; Beuthien GenG § 41 Rdn. 8.
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Sowohl der deutsche Corporate Governance Kodex (Stand: 24.6.2014) als auch der Corporate Governance Kodex für Genossenschaften des DGRV (Stand: 20.11.2013) sehen jeweils in Ziffer 5.5.1 eine entsprechende Interessenskonfliktklausel vor. Aufsichtsratsmitglieder haben folglich die Pflicht, Interessenkollisionen dem gesamten Aufsichtsrat offenzulegen und in diesem Fall an der Beratung und Abstimmung nicht teilzunehmen.19 Soweit im Rahmen der allgemeinen Überwachung Geschäftsgeheimnisse, z.B. Kennzahlen, mitgeteilt werden, führt dies nicht zu einem generellen Beratungsverbot im Aufsichtsrat. Solange nichts Gegenteiliges bekannt ist, gilt die Unschuldsvermutung, dass Geschäftsgeheimnisse gewahrt und nur die Interessen der zu überwachenden eG wahrgenommen wurden. Eine andere Wertung würde auf eine generelle Unvereinbarkeit der Ämter hinauslaufen. Im Übrigen ist die zu überwachende eG nicht schutzlos, da die Verfolgung von fremden Interessen zu Schadensersatzansprüchen (vgl. Rdn. 37) führen kann und ein Verstoß gegen die Verschwiegenheit nach §§ 41, 34, 151 Abs. 1 Nr. 1 mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe strafbewehrt ist. Im Übrigen steht nach § 36 Abs. 3 Satz 1 der Generalversammlung ein jederzeitiges Abberufungsrecht ohne Begründung zu, vgl. § 36 Rdn. 79.20 Soweit ein ungutes Gefühl bleibt, ist dies aufgrund der gesetzlichen Wertung hinzunehmen. Erst wenn der Interessenkonflikt zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Aufsichtsratsarbeit führt und damit die Effizienz des Gesamtorgans merklich eingeschränkt wird, muss das betroffene Aufsichtsratsmitglied über eine Amtsniederlegung nachdenken. 10 Im Rahmen der persönlichen Qualifikation ist jedes Aufsichtsratsmitglied verpflichtet, besondere (Prüfungs-)Aufträge des Aufsichtsrats zu übernehmen, erforderlichenfalls gegen besondere Vergütung, wenn es sich um weitergehende Tätigkeiten handelt, die nicht ohnehin durch die Aufsichtsratstätigkeit geschuldet sind, z.B. die Verfolgung von Rechtsansprüchen durch ein Aufsichtsratsmitglied, das Rechtsanwalt ist oder die Erstellung von Baustatik-Gutachten durch ein Aufsichtsratsmitglied, das Statiker ist (§ 36 Rdn. 34; § 38 Rdn. 53).21 Die Aufsichtsratsmitglieder sind verpflichtet, ihre besonderen Kenntnisse, Erfahrungen oder auch tatsächliches Wissen im Aufsichtsrat zur Verfügung zu stellen, wenn dies für das Gremium relevant ist (zur Schweigepflicht Rdn. 36 ff.). Unterlassene Mitteilungen von Tatsachen, z.B. über die schlechte Situation eines Schuldners der eG, können eine Schadensersatzpflicht begründen.22 Das Aufsichtsratsmitglied muss persönlich und wirtschaftlich unabhängig und willens sein, die für das Mandat notwendige Zeit aufzubringen.23 Unvertretbar als Aufsichtsratsmitglieder sind vor allem Personen, die „fremdbestimmt“ sich nicht mehr an den Interessen der eG orientieren (§ 36 Rdn. 16, § 38 Rdn. 53). Zu fordern ist grundsätzlich, dass ein Aufsichtsratsmitglied über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die zur Überwachung der Vorstandstätigkeit i.S.v. § 38 notwendig sind.24 Soweit diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist ein Aufsichtsratsmitglied gegen Kostenerstattung durch die eG verpflichtet, sich z.B. durch Fachliteratur oder in Seminaren zu informieren, insbesondere sich mit dem Inhalt der Aufsichtsratsmappen (Rdn. 14) vertraut zu machen, wenn es eine eG ist, die zum Betreuungsbereich
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19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 42; Müller GenG 2. Aufl. § 41 Rdn. 19; Ziffer 5.5.2 deutsche Corporate Governance Kodex bzw. Corporate Governance Kodex für Genossenschaften des DGRV. 20 So auch Beuthien GenG § 36 Rdn. 21. 21 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 38 Rdn. 123 ff. 22 Vgl. LG Hamburg ZIP 1981, 194 – AG. 23 Wittmann Sonderausgabe 01/2008 S. 7 zu AG. 24 Wittmann Sonderausgabe 01/2008 S. 7 zu AG.
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des DGRV gehört. Das Aufsichtsratsmitglied einer jeden eG soll über Grundkenntnisse im Genossenschaftsrecht verfügen und sich mit Satzung und Geschäftsordnung eingehend vertraut machen; Mitglieder von Ausschüssen können darüber hinaus verpflichtet sein, sich weitergehend zu informieren; so muss z.B. von Mitgliedern eines Kreditausschusses erwartet werden, dass sie Kenntnisse über die hauptsächlichen Kreditarten, die Risiken und wesentlichen organisatorischen Abläufe des Kreditgeschäfts haben. Das Wissen muss ausreichen, um im Rahmen einer Kreditprüfung zu beurteilen, ob z.B. die Bonitätsvoraussetzungen nach allgemeiner Lebenserfahrung gegeben sind und ob der mündliche Vortrag des Vorstands mit den Kreditunterlagen übereinstimmt. Entsprechendes ist für Mitglieder eines Prüfungsausschusses zu fordern. Mangelnde Kenntnisse und Erfahrungen schließen eine Haftung nicht aus.25 Dies ergibt sich aus der Gleichstellung der Sorgfaltspflichten in § 34 und § 41 (Rdn. 7 und 41). Auch hier gilt, dass niemand verpflichtet ist, ein Aufsichtsratsamt zu übernehmen; tut er es aber, so hat er es ordentlich und sorgfältig auszuüben; er kann sich weder auf Zeitmangel noch auf Unerfahrenheit berufen.26 Der Aufsichtsratsvorsitzende hat darüber hinaus vor allem die Pflicht, Sitzungen und sonstige Tätigkeiten des Aufsichtsrats so zu organisieren, dass eine optimale Erfüllung der Aufgaben gewährleistet ist. Das Gesetz bestimmt als Pflicht des Gesamtaufsichtsrats die Überwachung des Vorstands bei seiner Geschäftsführung und legt fest, dass sich der Aufsichtsrat zu diesem Zweck über die Angelegenheiten der eG zu unterrichten hat. Der Gesamtaufsichtsrat, aber auch einzelne seiner Mitglieder an den Aufsichtsrat (Abs. 1 Satz 4), kann jederzeit Berichterstattung vom Vorstand verlangen und eigene Prüfungshandlungen vornehmen. Der Aufsichtsrat hat die gesetzliche Pflicht, die Jahresrechnung, die Bilanzen und die Vorschläge zur Verteilung von Gewinn oder Verlust zu prüfen und darüber der GV/VV vor der Genehmigung des Jahresabschlusses Bericht zu erstatten (§ 38). Dies setzt Grundkenntnisse der Bilanzierung voraus. Die Aufsichtsratsmitglieder haben auf eine funktionsgerechte Organisation, ggf. auf die Bildung von Ausschüssen, hinzuwirken. Die Aufsichtsratsmitglieder sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Aufgabenteilung insbesondere zum Leitungsorgan Vorstand beachtet wird (§ 37). Einzelheiten über die Art der Ausübung wie über den Inhalt der Überwachungspflicht werden üblicherweise in Satzungen und Geschäftsordnungen geregelt. Besondere Bedeutung kommt den Arbeitsmappen für Aufsichtsratsmitglieder27 von Kreditgenossenschaften bzw. von Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften (jeweils Stand 2015) zu. Der Vorstand hat danach in bestimmten Zeitabständen oder auf Verlangen des Aufsichtsrats eine Übersicht über die geschäftliche Entwicklung der eG anhand von Zwischenabschlüssen vorzulegen und über die Unternehmensplanung zu berichten. Diese Berichterstattung hat alle Schwerpunkte der geschäftlichen Tätigkeit zu erfassen, bei Kreditgenossenschaften vor allem das Kreditgeschäft, bei Warengenossenschaften die Umsatzdaten. In der Betriebswirtschaftslehre entwickelte Grundsätze ordnungsgemäßer Aufsichtsratstätigkeit28 können unter Berücksichtigung genossenschaftlicher Besonderheiten als Leitfaden für die Aufsichtsratstätigkeit dienen.29
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25 BGH NJW-RR 2004, 900 = DStR 2004, 513; BGH NZG 2002, 195 = DStR 2002, 597 zu Vorstandsmitgliedern der eG; RGJW 1937, 2981; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 41 Rdn. 3. 26 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1279. 27 Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften; Hrsg. DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin – Deutscher Genossenschafts-Verlag eG, Wiesbaden, 2. Auflage 2015, Bestell-Nr. 952 310 und Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften, 2. Auflage 2015, Bestell-Nr. 952 400. 28 Vgl. Arbeitskreis „Externe und interne Überwachung des Unternehmens“ in DB 1995, 1 ff. 29 Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 119.
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Die Satzungen sehen in der Regel (vgl. § 23 Abs. 2 der Mustersatzungen) vor, dass bestimmte Maßnahmen, z.B. der längerfristigen Unternehmensplanung, der Zustimmung des Aufsichtsrats30 bedürfen, so z.B. Erwerb, Bebauung und Veräußerung von Grundstücken, Errichtung von Zweigstellen, dauernde Beteiligungen, Verträge von besonderer Bedeutung usw. Es handelt sich hierbei um Beschränkungen der Leitungsfunktion des Vorstands i.S.v. § 27 Abs. 1 S. 2 und zusätzliche Obliegenheiten des Aufsichtsrats gem. § 38 Abs. 3 (s. Erl. dort Rdn. 30 ff.). Auch hierbei unterliegen die Aufsichtsratsmitglieder der Haftung; wird dabei die (gemeinsame) Leitungsaufgabe der Vorstands und Aufsichtsratsmitglieder pflichtwidrig ausgeübt, scheidet eine Haftungserleichterung im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs (vgl. § 34 Rdn. 115) – alleine abgeleitet aus der Stellung als Aufsichtsrat – aus. Aus der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats folgt, dass der Vorstand unaufgefor16 dert Bericht über wichtige Vorgänge, z.B. im Personalbereich, bei Investitionen, über gerichtliche Auseinandersetzungen usw. geben muss.31 So ist der Vorstand zwar nicht nach dem Gesetz,32 aber gem. § 17 der Mustersatzung verpflichtet, dem Aufsichtsrat mindestens vierteljährlich, auf Verlangen auch in kürzeren Zeitabständen, über die geschäftliche Entwicklung der eG und über die Unternehmensplanung zu berichten. Wichtig dabei ist, dass die Berichte in regelmäßigen Abständen und gleicher Ordnung so erfolgen, dass der Aufsichtsrat unschwer zum Periodenvergleich in der Lage ist; für die Überwachung des allgemeinen Geschäftsbetriebs, für den Überblick über Ertrag und Liquidität der eG sind diese regelmäßigen und gleichförmigen Berichte das entscheidende Instrument.33 Der Bericht muss wahrheitsgemäß, vollständig und so abgefasst sein, dass er eine Grundlage für die eigene Beurteilung durch den Aufsichtsrat gibt. Der Vorstand hat den Aufsichtsrat stets voll zu unterrichten, grundsätzlich auch dann, wenn aus der Sicht des Vorstands die Verschwiegenheitspflicht nicht gewährleistet erscheint, vgl Ausführungen zu Rdn. 9a.34 Es gibt keinen Bereich der Verschwiegenheit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat.35 Erforderlichenfalls muss der Aufsichtsratsvorsitzende Maßnahmen zur Beachtung der Geheimhaltungspflicht ergreifen. Problematisch erscheint die Auffassung, dass der Aufsichtsratsvorsitzende einzelne Organmitglieder von bestimmten Informationen ausschließen kann;36 alle Organmitglieder tragen schließlich die Aufsichtsverantwortung. § 38 Abs. 1 Satz 4 hilft nur bedingt, da das Auskunftsrecht des einzelnen Mitglieds gegenüber dem Vorstand sich auf Auskunft an den Gesamtaufsichtsrat bezieht. Hat das von Informationen ausgeschlossene Aufsichtsratsmitglied vergeblich alles ihm Zumutbare versucht, um die Informationen zu erhalten, entfällt sein Verschulden. Neben der Ausübung der Aufsicht auf der Grundlage der Vorstandsberichte kann 17 der Aufsichtsrat in eigenem Ermessen eigene Prüfungshandlungen vornehmen (aktive Überwachung). Hierzu kann er einzelne seiner Mitglieder beauftragen. Auch kann nunmehr ein Aufsichtsratsmitglied von sich aus Auskünfte vom Vorstand (und nur von die-
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30 Als getrennte Beschlussfassung nach Beratung in gemeinsamer Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat. 31 Vgl. Müller GenG § 38 Rdn. 10; Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 54; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1269; Potthoff/Trescher Rdn. 710. 32 Auch nicht bei eG, die dem DrittelbG oder dem MitBestG unterliegen, § 90 AktG kann nicht analog angewendet werden, da keine Regelungslücke vorliegt; so auch Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1260 Fn. 1; a.A. Müller GenG § 38 Rdn. 14. 33 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1261. 34 Mit Recht Lutter S. 3, 39. 35 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1270. 36 So Lutter ebd.
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sem!) verlangen, jedoch nicht an sich unmittelbar, sondern an den Aufsichtsrat (§ 38 Abs. 1 Satz 4). In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass insbesondere bei Zu- 18 sammenbrüchen von Unternehmen (unabhängig von der Rechtsform) immer wieder geäußert wurde, der Aufsichtsrat als das entscheidende interne Aufsichtsgremium habe versagt. Soweit erkennbar, sind die Ursachen hierfür noch nicht zusammenhängend und abschließend untersucht worden.37 Es spricht vieles dafür, dass die Gründe für das Versagen hauptsächlich darin liegen, dass sich der Aufsichtsrat im Wesentlichen auch für seine Meinungsbildung auf Informationen beschränkt hat und faktisch beschränken musste, die er vom Vorstand als Leitungsorgan erhalten hat, weil ihm weitere erforderliche Informationen nicht zugänglich gemacht worden sind und er aktive Überwachungshandlungen unterlassen hat. Er sollte sich künftig verstärkt u.a. auf die Erkenntnisse der internen Revision (über den Vorstand) und der gesetzlichen Prüfung konzentrieren. Unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung des Aufsichtsrats kommt einer „Gleichgewichtigkeit“ zwischen dem Leitungsorgan Vorstand und dem Aufsichtsorgan Aufsichtsrat besondere Bedeutung zu. Diese Gleichgewichtigkeit ist erfahrungsgemäß überwiegend eine Frage der Persönlichkeiten, aber auch der fachlichen Kompetenz. Darauf sollte schon bei der Besetzung der Organe besonders geachtet werden. Der Aufsichtsrat muss sich mittels „Stichprobenkontrolle“ aktiv über die wichtigs- 19 ten Vorgänge bei der eG informieren und sich ein Urteil darüber bilden, ob der Vorstand insbesondere seine Führungsaufgaben ordnungsgemäß wahrnimmt.38 Der Aufsichtsrat hat im Rahmen seiner Verantwortung Überwachungsschwerpunkte zu setzen; es kann nicht seine Aufgabe sein, alle Handlungen des Vorstands zu kontrollieren. Der Aufsichtsrat wird sich vielmehr auf den wesentlichen Ablauf der wichtigsten Geschäftsvorgänge, auf eine Kontrolle des Systems, seine Zielsetzung und Zielerreichung und auf besondere Schwerpunkte konzentrieren.39 Bei einer Kreditgenossenschaft ist die Kreditprüfung ein Schwerpunkt der Überwachung. Reine Bestandsaufnahme dürfte in diesen Fällen, zumal bei einer funktionierenden internen Revision, lediglich ein Nebenbereich sein. Einzelheiten über den Umfang der Aufsichtsmaßnahmen sind unter Berücksichtigung aller Umstände der jeweiligen eG festzulegen. Bei einer kleinen Kreditgenossenschaft erfordert z.B. die fehlende Erfahrung des Vorstands im Auslands- oder Börsengeschäft besondere Aufmerksamkeit des Aufsichtsrats.40 Falls erforderlich, müssen Sachverständige zugezogen werden (hierzu § 38 Rdn. 53). Der Aufsichtsrat hat die Pflicht, bei der Inventur zum Jahresabschluss mitzuwirken, wobei eine Mitwirkung einzelner Beauftragter des Aufsichtsrats als Stichprobenkontrolle im Allgemeinen ausreichend sein dürfte, vgl. eingehend § 38 Rdn. 18a.41 Im Kreditbereich muss sich die Überwachung vor allem auf das Vertragswesen, die 20 Sicherheiten, die Einhaltung der Beschränkungen usw. konzentrieren. Die Mitwirkung des Aufsichtsrats bei Kreditbeschlüssen42 schließt eine nachträgliche Überprüfung nicht aus. Holt der Vorstand die nach der Satzung erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats nicht ein, wäre es pflichtwidrig, wenn der Aufsichtsrat dieses einfach hinnimmt, Gleiches gilt bei sonstigen Kompetenzüberschreitungen des Vorstands (siehe ergänzend Rdn. 51).43
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37 Hierzu Kau/Kukat Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern bei Pflichtverletzungen nach dem Aktiengesetz, BB 2000, 1045. 38 Höhn Aufsichtsrat, S. 266 ff. 39 Vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 6.11.2014, Az. I-6 U 16/14, AG 2015, S. 434 – AG. 40 OLG Koblenz Beschl. v. 5.6.1984, Az. 3 U 1237/83. 41 Vgl. Frankenberger/Gschrey/Bauer S. 76–78. 42 Im Sinne einer vorgezogenen Kontrolle. 43 BGH ZIP 2007, 225 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 31.
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Pflichtwidrig wäre auch, wenn der Aufsichtsrat bei zustimmungsbedürftigen Geschäften ohne die notwendige Information und daraus abgeleiteter Chancen- und Risikoabschätzung seine Zustimmung zu nachteiligen Geschäften erteilt, die er bei pflichtgemäßem Handeln hätte verweigern müssen.44 Aufsichtsratsmitglieder haben das Recht und grundsätzlich die Pflicht (§ 58 Abs. 3 21 S. 2), den Prüfungsbericht in allen Teilen zu lesen; ihnen gegenüber besteht insoweit keine Geheimhaltungsverpflichtung (vgl. § 38 Rdn. 12). Es kann ihnen nicht verwehrt werden, den Prüfungsbericht außerhalb der Geschäftsräume der eG durchzusehen, jedenfalls, wenn sonst die erforderliche Durcharbeitung nicht möglich wäre. Grundsätzlich haben sie jedoch ihre Überwachungstätigkeit in den Geschäftsräumen der eG auszuüben (§ 38 Rdn. 39). Insoweit enthält § 170 Abs. 3 AktG einen allgemeinen Grundsatz des Gesellschaftsrechts: Jedes Aufsichtsratsmitglied kann die Aushändigung aufsichtsrelevanter Unterlagen, insb. des Prüfungsberichts verlangen. Einzelheiten können grundsätzlich durch Beschlüsse des Aufsichtsrats (nicht des Vorstands) festgelegt werden. Solche Beschlüsse dürfen jedoch nicht einzelne Aufsichtsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Aufsichtsratstätigkeit unzumutbar behindern.45 Gewähr gegen Missbrauch muss die besondere Schweigepflicht der Aufsichtsratsmitglieder bieten (vgl. Erl. unten Rdn. 36 ff. und zu § 58 Rdn. 16, sowie wegen der Strafbarkeit Erl. zu § 151). Die Kontrollen des Aufsichtsrats sollten in Wahrnehmung der Gesamtverantwortung 22 systematisch durchgeführt werden. Als bewährtes Kontrollmodell kommt in Betracht: – Feststellung des Sachverhalts, – Soll-Ist-Vergleich, – Anhörung, – Folgerungen. 23
Eine Totalkontrolle ist weder sinnvoll noch in der Praxis der Aufsichtsführung realisierbar; der Aufsichtsrat soll und kann nicht „Schatten“ des Vorstands sein (§ 38 Rdn. 2). Der Aufsichtsrat genügt seiner Aufsichtspflicht, wenn systematische Stichprobenkontrollen durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass beliebig herausgegriffene Vorgänge im Leitungsbereich vollständig, also einschließlich Aufbau, Ablauf und Zielerreichung festgestellt und bewertet werden. Denkbar ist z.B. ein Kontrollplan, in dem die zu kontrollierende Aufgabe genau umschrieben, die Art der Stichprobenkontrolle festgelegt und der Zeitraum der durchzuführenden Kontrollen bestimmt ist.46 Zu Kontrollmaßnahmen ist der Aufsichtsrat grundsätzlich nur gegenüber dem 24 Vorstand berechtigt (§ 38 Rdn. 10).47 In begründeten Ausnahmefällen müssen Aufsichtshandlungen auch gegenüber einzelnen Vorstandsmitgliedern zugelassen werden, wenn dies zur Wirksamkeit der Maßnahme erforderlich ist. 25 Aufsichtshandlungen gegenüber Mitarbeitern der eG sind grundsätzlich ausgeschlossen. Sie zu leiten und zu beaufsichtigen ist Sache des Vorstands; der Aufsichtsrat kontrolliert, ob der Vorstand dies tut. Er kontrolliert, ob die Zuweisung von Aufgaben und Kompetenzen an Mitarbeiter (der zweiten und dritten) Ebene zweckmäßig organi-
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44 BGH WM 2007, 259 = ZIP 2007, 224 = BB 2007, 283 m. Anm. Weiss BB 2007, 396 – GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 31; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 119. 45 Wegen der Zuziehung von Sachverständigen für die Bewertung des Prüfungsberichts, die nur im Einzelfall zulässig ist, vgl. BGH DB 1983, 165 = NJW 1983, 991. 46 Höhn Aufsichtsrat, S. 159 ff. 47 So auch Höhn Aufsichtsrat, S. 226.
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siert ist, diese Personen hinreichend geeignet und geschult sind und sie vom Vorstand ausreichend überwacht werden. Hierauf beschränkt sich die Kontrolle des Aufsichtsrats auch bei Geschäftsbereichsleitern, diese werden also nicht vom Aufsichtsrat wie der Vorstand geprüft, da sonst die klare Ordnung der Zuständigkeiten und Verantwortung verloren gehen könnte; kontrolliert der Aufsichtsrat „unten“, fühlt sich ggf. der Vorstand „oben“ entpflichtet und entlastet.48 Sie müssen aber in besonders begründeten Ausnahmefällen dann zugelassen werden, wenn andere Möglichkeiten der Aufsichtsführung schlechthin ausgeschlossen sind (zu den Mitwirkungsaufgaben des Aufsichtsrats insoweit § 38 Rdn. 10).49 Der Aufsichtsrat ist im Normalfall auch nicht befugt, unmittelbare Beschwerden 26 der Mitarbeiter der eG entgegenzunehmen. Solche Beschwerden haben grundsätzlich an den Vorstand als dem arbeitsrechtlichen Vorgesetzten zu gehen. Bei Beschwerden unmittelbar über Vorstandsmitglieder müssen in Extremfällen Ausnahmen zugelassen werden, wenn nur die unmittelbare Einschaltung des Aufsichtsrats Abhilfe schaffen kann (§ 38 Rdn. 10).50 Soweit die Satzung die Bestellung und Anstellung von Vorstandsmitgliedern dem 27 Aufsichtsrat überträgt, ist der Aufsichtsrat dafür verantwortlich, dass die erforderlichen fachlichen und persönlichen Qualifikationen vorhanden sind. Der Aufsichtsrat entscheidet hierüber in eigener Verantwortung nach pflichtgemäßem Ermessen und unterliegt keiner Weisung. Es erscheint aber unverzichtbar, dass wegen der Bestellung neuer Vorstandsmitglieder rechtzeitig mit dem Vorstand Kontakt aufgenommen wird, da nur so eine optimale Zusammenarbeit im Vorstandsteam zu erreichen sein dürfte. Auch eine rechtzeitige Information des Prüfungsverbands erscheint geboten, zumal der Verband möglicherweise über relevante Informationen hinsichtlich der Bewerber und über besondere Erfahrungen wegen der Ausgestaltung der Verträge verfügt. Beim Abschluss von Verträgen mit Vorstandsmitgliedern sind die gegenseitigen Interessen ausgewogen zu berücksichtigen. Es hat sich bewährt, dass Dienstverträge mit Vorstandsmitgliedern befristet auf 5 Jahre abgeschlossen werden. Die Beschränkung auf eine Kündigung „aus wichtigem Grund“ i.S.v. § 626 BGB ist nur unter besonderen Voraussetzungen gerechtfertigt. So zum Beispiel nach längerer Tätigkeit als Geschäftsleiter der eG und Vollendung des 50. Lebensjahres.51 Unter diesen Voraussetzungen dürfte der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht in der Lage sein, zu beurteilen, dass bestimmte Vorstandsmitglieder ihre Arbeit auch künftig ordnungsgemäß durchführen werden, so dass eine Beendigung des Dienstvertrags nur noch aus wichtigem Grund zulässig sein soll (vgl. auch § 24 Rdn. 49). Der Aufsichtsrat darf den Vorstandsmitgliedern keine überzogenen Vorstandsgehälter zusagen und auch keine Einmalzahlungen ohne einen Vorteil für die eG.52 Bei einer möglichen Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern gem. § 40 hat sich 28 der Aufsichtsrat besonders sorgfältig – erforderlichenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigen – über den Sachverhalt und die Rechtslage sowie die für die Beteiligten möglichen Folgen zu unterrichten. Gleiches gilt, wenn er uneingeschränkt für die Abberufung zuständig ist.
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48 Hierauf weisen Lutter/Krieger/Verse Rdn. 68, 69 zu Recht hin. 49 Wegen Pflicht zur Kontrolle „Leitender Angestellter“ Saage DB 1973, 117; für Überwachungspflicht auch gegenüber anderen „Delegationsebenen“ Biener BfuP 1977, 491; vgl. auch § 38 Rdn. 10. 50 Höhn Aufsichtsrat, S. 227 ff. 51 Vgl. Frankenberger/Bauer/Gschrey S. 105. 52 BGH NJW 2006, 522 = ZIP 2006, 72 – „Mannesmann“.
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Falls Mitglieder des Aufsichtsrats Tatsachen erfahren, die eine fristlose Kündigung von Vorstandsmitgliedern rechtfertigen, haben sie unverzüglich den Aufsichtsratsvorsitzenden zu unterrichten. Bei Vorliegen schwerwiegender Gründe hat der Aufsichtsrat bei von der GV/VV abzuberufenden Vorstandsmitgliedern unverzüglich nach § 40 vorzugehen. Ist er für die Abberufung zuständig, ist unverzüglich eine Aufsichtsratssitzung einzuberufen. Falls trotz Kenntnis der Abberufungstatbestände keine Maßnahmen von Seiten des Aufsichtsrats erfolgen, so berührt dies nicht das Recht der GV/VV nach § 24 Abs. 3 S. 2. Im Rahmen der Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder kann eine Verzögerung von Maßnahmen zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern jedoch Schadenersatzansprüche gegen einzelne Aufsichtsratsmitglieder begründen, zumal ggf. das Recht zur fristlosen Kündigung wegen Fristablaufs erlischt (hierzu siehe § 24 Rdn. 82, 83). Insofern besteht hier ggf. eine Handlungspflicht auch für einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats.53 Wenn der Aufsichtsrat die Suspendierung im Rahmen von § 40 beschließt, aber es unterlässt, die GV/VV unverzüglich einzuberufen, können sich die Mitglieder des Aufsichtsrats ebenfalls schadensersatzpflichtig machen. Die Unterlassung der Einberufung der GV/VV berührt jedoch grundsätzlich nicht den Beginn der Frist gem. § 626 BGB; für den Beginn der Frist ist vielmehr Kenntnis der GV/VV erforderlich (vgl. Erl. zu § 40 Rdn. 17 ff.). Der Aufsichtsrat trägt die Verantwortung für die ordnungsgemäße Feststellung, Abwicklung und Durchsetzung möglicher Schadensersatzansprüche der eG gegen Vorstandsmitglieder. Kein unternehmerisches Ermessen in diesem Fall.54 Wenn es sich um Ansprüche gegen ausgeschiedene Vorstandsmitglieder handelt, ist auch der Vorstand (§ 34 Abs. 1) verpflichtet, mögliche Ersatzansprüche zu prüfen, für deren Durchsetzung jedoch der Aufsichtsrat zuständig ist.55 Von einer Verfolgung festgestellter Schadensersatzansprüche darf der Aufsichtsrat nur absehen, wenn gewichtige Gründe des Unternehmenswohls dagegen sprechen und diese Gründe dem Verfolgungsinteresse zumindest gleichwertig sind.56 Die einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrats haben die Sorgfalt ordentlicher und gewissenhafter Überwacher anzuwenden. Die Haftung trifft auch nur das einzelne Aufsichtsratsmitglied für die Verletzung seiner Sorgfaltspflicht. Entsprechend § 34 Abs. 1 enthält § 41 einen besonderen Sorgfaltsmaßstab für die Mitglieder des Aufsichtsrats (vgl. Erl. § 34 Rdn. 18 ff.). Die Aufsicht darf den besonderen Förderzweck des genossenschaftlichen Unternehmens nicht außer Acht lassen,57 bei einer Vermietungsgenossenschaft die Beachtung der den steuerlichen Status der eG bestimmenden Tätigkeiten und damit zugleich die wirtschaftliche Grundlage für die die Fortführung des Förderauftrags sichernden Pflichten. Jedes Aufsichtsratsmitglied muss sich so verhalten, wie dies von einem ordentlichen und gewissenhaft handelnden Mitglied der eG, das die Aufgabe der Kontrolle übernommen hat, zu erwarten ist,58 andernfalls hat es nicht die im Verkehr übliche Sorgfaltspflicht eines Aufsichtsrats einer eG beachtet und sich fahrlässig verhalten mit evtl. Regressfolge. Die Anforderungen an das
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53 Unterrichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden, Mitwirkung an Beschlussfassungen im Aufsichtsrat, Unterrichtung des Prüfungsverbands, Unterrichtung der GV usw. 54 BGH NJW 1997, 1926 = WM 1997, 970 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 24; Lutter ZIP 1995, 441 f. 55 BGH BB 1997 = DB 1997, 1068 = WuB II A, § 111 AktG 1.97 m. Anm. Raiser; s.a. § 34 Rdn. 19 u. 48; § 39 Rdn. 27. 56 BGH a.a.O. 57 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1259. 58 Müller GenG § 41 Rdn. 23.
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Verhalten sind naturgemäß je nach Art der eG unterschiedlich.59 Fehlende oder nicht hinreichende Mitarbeit im Aufsichtsrat, insbesondere die unentschuldbare Nichtteilnahme an Aufsichtsratssitzungen kann Haftungsfolgen auslösen, wenn diese Pflichtverletzungen ursächlich für einen Schaden der eG sind. Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn ein Aufsichtsratsmitglied sich nicht hinreichend selbst informiert, dieses auch nicht einfordert oder ihm gegebene Informationen nicht sorgfältig auswertet (siehe ergänzend Rdn. 51).60 Die Aufsichtsratsmitglieder werden nicht von ihren Pflichten dadurch befreit, dass der Prüfungsverband das Fehlverhalten des Vorstands im Rahmen der gesetzlichen Prüfung nicht bemerkt hat. Wegen der entsprechenden Anwendung des § 34 auf die Aufsichtsratsmitglieder ha- 33a ben diese ebenfalls einen weiten Ermessensspielraum bei unternehmerischen Entscheidungen (hierzu § 34 Rdn. 19). Dies gilt insbesondere bei der Mitwirkung an Beschlussfassungen über besonders wichtige Geschäfte (§ 23 der Mustersatzungen). Eine Pflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn der unternehmerische Ermessensspielraum überschritten wird61 (zur GBR oder Business Judgement Rule s. § 34 Rdn. 95c). Dies gilt auch bei der Zustimmung zu Groß- und Organkrediten, bei zukunftsbezogener Tätigkeit,62 z.B. bei der Mitwirkung an der zukünftigen Geschäftsstrategie,63 bei allen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Prüfung des Jahresabschlusses bis hin zur Berichterstattung in der GV/VV, bei der Entscheidung in Personalangelegenheiten, z.B. über die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern (Rdn. 27),64 einschließlich der Ausgestaltung der Dienst- und Altersversorgungsverträge.65 Kein unternehmerischer Ermessensspielraum besteht bei der Überwachungstätigkeit, da diese vergangenheitsorientiert ist,66 bei der Entscheidung, ob Vorstandsmitglieder in Regress genommen werden sollen (Rdn. 31),67 bei der Entscheidung über die Suspendierung oder Abberufung bzw. über die Einberufung einer a.o. GV/VV, falls diese zuständig sein sollte (Rdn. 29, 30).68 Auch den Mitgliedern des Aufsichtsrats obliegt eine besondere Treuepflicht (s. 34 Rdn. 9). Sie dürfen ihr Mandat nicht zur Verfolgung genossenschaftsfremder Interessen ausnutzen oder sich Sondervorteile verschaffen. Persönliche Interessen rechtfertigen nicht die Empfehlung an den Vorstand zum Abschluss eines für die eG schädlichen Rechtsgeschäfts.69 Die Treuepflicht gilt auch für Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, wenn auch mit der Einschränkung, dass sie die Interessen der Belegschaft im Aufsichtsrat einbringen sollen.70 Bei der Behandlung von Aufsichtsratsmitgliedern ist im Verhältnis zu anderen Mitgliedern der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (Näheres § 18 Rdn. 16 ff.); sie dürfen z.B. keine Sonderkonditionen nur wegen der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat erhalten.
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59 Näheres Höhn Aufsichtsrat, S. 212 ff. 60 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 31; Weiss BB 2007, 396. 61 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 22; BerlKomm/Keßler § 41 Rdn. 7; Kiethe WM 2005, 2125 f. 62 BGH NJW 1997, 1926; Thümmel AG 2004, 86 f., 89; Ihrig WM 2004, 2106. 63 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 25; Thümmel AG 2004, 87, 89. 64 BGH DB 2006, 323; BGH NJW 1997, 1997; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 25; Schäfer ZIP 2005, 1258. 65 BGH DB 2006, 323; Fleischer DB 2006, 543. 66 BGHZ 135, 255 = NJW 1997, 1926 = WM 1997, 970 – AG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 23. 67 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 24. 68 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 25. 69 BGH WM 1983, 957 und WM 1980, 162 = NJW 1980, 1629 – jeweils zur AG; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 41 Rdn. 31. 70 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 40.
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Kennt ein Aufsichtsratsmitglied z.B. als Rechtsanwalt oder Steuerberater für die eG wichtige Vermögensvorgänge eines Kreditnehmers, so wird im Zweifel der berufsständischen Schweigepflicht der Vorrang zu geben sein. Bei der Entscheidung selbst wird das interne Wissen des Aufsichtsratsmitglieds für seine persönliche Stimmabgabe aber ausschlaggebend sein müssen, ggf. Stimmenthaltung wegen Befangenheit (s.a. Rdn. 40). Beschlussfassungen erfolgen grds. mit Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen (so die Mustersatzungen). Wegen Abstimmungen in Sitzungen oder sonstigen Mitwirkens an den Abstimmungen ist auf die jeweilige Satzung abzustellen. Bei pflichtwidrigen Beschlüssen haften nur die zustimmenden Mitglieder. Die überstimmten Mitglieder (Stimmenthaltungen sind grds. nicht denkbar, Rdn. 9)71 haben die Pflicht, alles ihnen Zumutbare zu versuchen, um den aus dem pflichtwidrigen Beschluss drohenden Schaden von der eG abzuwenden.72 Die Protokollierung der Gegenstimme genügt nicht. Das Mitglied hat zunächst zu versuchen, die für den Beschluss gestimmten Mitglieder von der Pflichtwidrigkeit zu überzeugen und eine Rücknahme bzw. die Nichtausführung des Beschlusses zu erreichen,73 ggf. den Vorstand zu bewegen, entsprechend auf den Aufsichtsrat einzuwirken. Drohen gewichtige Nachteile für die eG, haben sie die Pflicht, den Prüfungsverband und als ultima ratio die GV/VV zu informieren. Sie sind nicht verpflichtet, im Wege der Klage die Rechtswidrigkeit des Beschlusses feststellen zu lassen. Auch sind sie nicht verpflichtet, ihr Amt niederzulegen; im Gegenteil: drohen weitere pflichtwidrige Beschlüsse, haben sie nur in den Sitzungen die Möglichkeit, diese zu verhindern. Gleiches gilt für verhinderte Aufsichtsratsmitglieder. 35 Bei der Beschlussfassung im Aufsichtsrat ist die Regelung des § 43 Abs. 6 entsprechend anzuwenden: Aufsichtsratsmitglieder haben kein Stimmrecht, wenn es um die eigene Entlastung, um die Befreiung von einer Verbindlichkeit, die Geltendmachung eines Anspruchs der eG gegen ein Aufsichtsratsmitglied oder um die Zulassung bestimmter durch die Satzung beschränkter Tätigkeiten oder Rechtsgeschäfte geht.74 Im Übrigen hat jedes Aufsichtsratsmitglied nach dem besonderen Sorgfaltsmaßstab entsprechend § 34 Abs. 1 stets die Interessen der eG zu beachten. Arbeitnehmervertreter müssen ebenfalls die Interessen der eG beachten, auf Grund ihrer speziellen Funktion dürfen sie daneben in gewissem Umfang auch die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen.75 36 Mitglieder des Aufsichtsrats unterliegen grundsätzlich der gleichen Schweigepflicht wie Vorstandsmitglieder (§ 34 Abs. 1 S. 2).76 Die Schweigepflicht erfasst grundsätzlich nur Geheimnisse, also geheime Tatsachen, sowie vertrauliche Mitteilungen; sie gilt auch für Inhalt, Verlauf und Ergebnisse von Aufsichtsratssitzungen.77 Dies gilt uneingeschränkt auch für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat entsprechend § 25 Abs. 1 Nr. 3 MitbestG i.V.m. §§ 41, 34 bzw. § 4 Abs. 3 MontanMitbestG i.V.m. § 5 Abs. 4 MitbestErgG,78 naturgemäß auch gegenüber dem Betriebsrat, der Betriebsversammlung und der Gewerkschaft.79 Die Verschwiegenheitspflicht findet auch hier ihre Grenzen, wo übergeordnete Interessen der eG eine Offenbarung z.B. gegenüber der GV/VV verlangen oder
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71 Vetter DB 2004, 2625; Edenfeld/Neufang AG 1999, 50; vgl. auch BGH NJW 2006, 527 f. = ZIP 2006, 72. 72 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 27. 73 Kiethe WM 2005, 2127; Vetter DB 2004, 2623 ff. 74 Mustersatzungen § 20 ab 3 u. 4; s. § 36 Rdn. 17 Abs. 2. 75 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 17. 76 Spieker NJW 1965, 1937 ff.; wegen Strafbarkeit vgl. § 151. 77 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 34 m.w.N.; Beuthien GenG § 41 Rdn. 16. 78 BGHZ 64, 325 = NJW 1975, 1412; BGH DB 1983, 165 = NJW 1983, 991; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 33; Notthoff Verschwiegenheitspflichten der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einer AG, WiPra 1996, 165; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 255 ff. 79 Nicht unumstritten, w.N. bei Lutter/Krieger/Verse Rdn. 256.
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eigene Interessen vorrangig sind.80 Im Verhältnis Aufsichtsrat zum Vorstand und umgekehrt besteht im Allgemeinen keine Verpflichtung zur Verschwiegenheit, wenn nicht ausnahmsweise z.B. gerade die Wahrnehmung der Kontrollaufgaben ein Schweigen gebietet. Der Vorstand hingegen ist verpflichtet, im geschäftlichen Bereich – dem Kernbereich der Aufsichtstätigkeit – den Aufsichtsrat uneingeschränkt zu informieren. Im Übrigen gehen die Überwachungspflichten grundsätzlich der Verschwiegenheitspflicht vor.81 Wenn der Prüfungsverband oder die GV/VV unterrichtet werden muss, tritt die Verschwiegenheitspflicht zurück.82 Die anderen Mitglieder der eG sind insofern „Dritte“, ihnen gegenüber sind die Aufsichtsratsmitglieder wie Außenstehenden gegenüber zur Geheimhaltung und Wahrung der Vertraulichkeit verpflichtet.83 Über die Grenzen der Schweigepflicht im Einzelfall entscheidet das einzelne Auf- 37 sichtsratsmitglied in eigener Verantwortung.84 Sie besteht auch nach Beendigung der Organstellung fort, andererseits ist ein Aufsichtsratsmitglied auch nach Beendigung seiner Organtätigkeit weiterhin der eG rechenschaftspflichtig.85 Eine Verpflichtung nach § 5 BDSG auf Einhaltung des Datengeheimnisses kann zweckmäßig sein.86 In Anbetracht des genossenschaftlichen Identitätsprinzips87 kommt der Schweigepflicht besondere und erhöhte Bedeutung bei. Aufsichtsratsmitglieder müssen sorgfältig darauf achten, dass sie Informationen, die sie durch ihre Aufsichtstätigkeit erhalten haben, insb. nicht im Verhältnis zu Wettbewerbern, die ebenfalls Mitglieder der eG sind, ungerechtfertigt ausnutzen. Ein solches Verhalten könnte leicht zu einer erheblichen Schädigung der eG durch allgemeinen Vertrauensverlust führen. In solchen Fällen haften die Aufsichtsratsmitglieder unbeschränkt mit ihrem ganzen Vermögen gemäß § 41 i.V.m. § 34 Abs. 2 für den verursachten Schaden.88 Eine Verschärfung oder Minderung der Schweigepflicht durch Satzung ist nicht zulässig (§ 18), wohl aber eine Verschärfung in gewissen Grenzen durch Vereinbarung, was zwangsläufig bei Nichtbeachtung zu einer Verschärfung der Haftung führt.89 Werden Sachverständige oder sonstige Dritte vom Aufsichtsrat beauftragt, ist dafür 38 zu sorgen, dass auch diese Personen, z.B. durch besondere Vereinbarung, der Verschwiegenheitspflicht unterworfen werden, sofern sie nicht einer beruflichen Schweigepflicht unterliegen.90 Im Übrigen besteht die Pflicht zur sorgfältigen Auswahl, deren Nichtbeachtung zur Haftung führen kann (siehe ergänzend Rdn. 51). Die Sorgfaltspflicht gebietet es, dass ein Aufsichtsratsmitglied seine persönlichen Aufgaben nicht auf ständige Berater oder fortlaufend zu beauftragende Sachverständige überträgt.91 Auf die Beratung können die Aufsichtsratsmitglieder vertrauen, wenn die Auswahl des Beraters fehlerfrei ist (ausgewie-
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80 Z.B. in einem Rechtsstreit des Aufsichtsratsmitglieds gegenüber der eG. 81 Müller GenG § 41 Rdn. 20; Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1270. 82 Beuthien GenG § 41 Rdn. 16. 83 Lutter/Krieger/Verse Rdn. 1270. 84 BGHZ 64, 325. 85 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 43. 86 Näheres zur datenschutzrechtlichen Verpflichtung Schaffland/Wiltfang BDSG Erl. zu § 5. 87 Mitglieder des Aufsichtsrats sind gleichzeitig Kunden der eG und damit in vielen Fällen Konkurrenten anderer Mitglieder. 88 Zur Schweigepflicht im Aufsichtsrat ausführlich: Lutter Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 1979. 89 Für Verschärfung der Haftung Müller GenG § 41 Rdn. 5a, 5b; gegen deren Verschärfung Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 76; BerlKomm/Keßler § 41 Rdn. 4. 90 Eine datenschutzrechtliche Verpflichtung kann auch hier zweckmäßig sein, vgl. Fn. zuvor. 91 BGH DB 1983, 165 = NJW 1983, 991.
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sener Experte auf diesem Gebiet), der Berater unabhängig ist (nicht im Lager z.B. des Vorstands steht; bei eigener Rechtsabteilung umstritten)92 und der Aufsichtsrat die Beratungsergebnisse einer eigenen Schlüssigkeitsprüfung unterzogen hat.93 Ausnahmsweise kann gerade das Interesse der eG eine Offenbarung der Beratung 39 gebieten. Falls öffentliches oder allgemeines Interesse Ausnahmen rechtfertigen sollten, sind strenge Maßstäbe anzulegen. Grundsätzlich haben in diesen Ausnahmefällen die Mitteilungen durch den Vorstand als Vertretungsorgan zu erfolgen. Einzelne Aufsichtsratsmitglieder haben u.U. nur die Möglichkeit, auf einen Beschluss des Aufsichtsrats hinzuwirken, um den Vorstand zu verpflichten.94 Die eigenverantwortliche Güter- und Pflichtenabwägung gilt grundsätzlich auch für 40 Personen im Aufsichtsrat, die einer besonderen beruflichen Schweigepflicht unterliegen, so z.B. Rechtsanwälte,95 Notare,96 Steuerberater, Ärzte, Geistliche usw. Zunächst gilt auch hier die Pflicht als Aufsichtsratsmitglied, persönliches Wissen und Erfahrungen im Aufsichtsrat zur Verfügung zu stellen, um Schaden von der eG abzuwenden (s. Rdn. 10). Die Grenze ist jedoch dort zu ziehen, wo den beruflichen Schweigepflichten ein höherer Rang zukommt. Dies wird für die Angehörigen der genannten Berufsgruppen grundsätzlich gelten. Pflichtenkollisionen können oft in der Weise aufgelöst werden, dass Sachverhalte so abstrakt mitgeteilt werden, dass jede Schlussfolgerung auf die betroffenen Personen ausgeschlossen ist. IV. Persönliche und fachliche Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder 41
Den Aufgaben und der Verantwortung der Aufsichtsratsmitglieder müssen die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen entsprechen (vgl. auch § 36 Rdn. 15 ff.). Sie haben dafür einzustehen, dass sie über die Voraussetzungen zur Erfüllung ihrer Pflichten verfügen.97 Eine Berufung auf Rechtsunkenntnis ist ausgeschlossen. Ist ein Aufsichtsratsmitglied seinen Aufgaben nicht gewachsen, befreit ihn das nicht von seiner Verantwortlichkeit. Sein Verschulden liegt schon in der Annahme der Wahl, sofern ihm seine Unzulänglichkeit bekannt war, bei späterer Kenntniserlangung liegt sein Verschulden in der Beibehaltung des Aufsichtsratsamtes.98 Es kann auch nicht einwenden, die GV/VV treffe ein Auswahlverschulden, das seine Haftung nach § 254 BGB mindere.99 Sie müssen über diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten verfügen, die sie brauchen, um alle im Normalfall anfallenden Geschäftsvorgänge verstehen und sachgerecht beurteilen zu können (vgl. Rdn. 10).100 Gesunder Menschenverstand allein genügt nicht für Aufsichtsräte. Eine besondere unternehmerische Erfahrung muss das Aufsichtsratsmitglied nicht haben. Erforderlich
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92 Vgl. m.w.N. Hüffer AktG § 93 Rdn. 45; Ihrig/Schäfer Rdn. 1532. 93 Vgl. für den Vorstand BGH Urt. v. 20.9.2011, Az. II ZR 234/09, AG 2011, 876; BGH Urt. v. 14.5.2007, Az. II ZR 48/06, NJW 2007, 2118; BGH Urt. v. 11.12.2006, Az. II ZR 243/05, WM 2007, 259 = BB 2007, 283 m. Anm. Weiss BB 2007, 396; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 30; Witte/Indenhuck BB 2014, 2563; Selter AG 2012, 11. 94 So zutreffend Veith NJW 1966, 528, 529. 95 § 43a Abs. 2 BRAO. 96 § 18 Abs. 1 BNotO. 97 BGH DB 1983, 165 = NJW 1983, 991 = WM 1983, 9; Nowak Versicherungswirtschaft 1978, 1154; Mertens Kölner Kommentar, AktG § 111 Anm. 24. 98 Beuthien GenG § 41 Rdn. 12; BerlKomm/Keßler § 41 Rdn. 2. 99 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 18. 100 BGH NJW 1983, 991 = WM 1983, 9 = DB 1983, 165 – AG.
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ist die Befähigung, sich auf der Grundlage eigener Prüfungsfeststellungen, der Berichte des Vorstands und der Feststellungen der gesetzlichen Prüfung ein fundiertes Bild von der Lage der eG zu machen. Kenntnis der wichtigsten Regelungen von Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung ist notwendig (vgl. Rdn. 10).101 Bei einer kapitalmarktorientierten eG im Sinn des § 264d HGB ist § 36 Abs. 4 zu erfüllen. Die Erfüllung der Pflichten des Aufsichtsrats setzt voraus, dass seine Mitglieder auch 42 die Aufgaben des Leitungsgremiums Vorstand in den Grundzügen kennen. Die Aufsichtsratsmitglieder müssen sich daher über die wichtigsten Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit des Vorstands und über betriebswirtschaftliche Grundsätze, z.B. über den Aufbau einer optimalen Betriebsorganisation, unterrichten (s. § 27 Rdn. 7, 8 und § 34 Rdn. 26 ff.). Entscheidend ist ein methodisches Grundwissen für die Wahrnehmung der Kontrollaufgaben. Da die Kontrollentscheidungen dem Gesamtaufsichtsrat obliegen und der Aufsichtsrat arbeitsteilig vorgehen und einzelne seiner Mitglieder mit Kontrollmaßnahmen beauftragen kann, muss auch nicht jedes Mitglied das aufaddierte Wissen der im Aufsichtsrat vereinten Mitglieder haben.102 Für die Durchführung einzelner Kontrollmaßnahmen können Sachverständige zugezogen werden; hierbei besteht die Haftung für das Auswahlverschulden (vgl. Rdn. 38). Wenn auch mangelnde Sachkenntnis nicht von der Haftung befreit,103 so können an ehrenamtlich oder nebenamtlich tätige Aufsichtsratsmitglieder doch keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt umso mehr, als das Aufsichtsgremium gerade bei eG auch Spiegelbild der Mitgliederstruktur sein soll, ohne dass in erster Linie auf besondere Fachkenntnisse abgestellt werden kann.104 Bei erstmaliger Übernahme des Amts dürfte es geboten sein, sich über die wesentlichen Inhalte der Aufsichtspflichten besonders zu unterrichten. Sehr hilfreich ist hierbei die Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften (Stand 2015) bzw. die Arbeitsmappe für Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften (ebenfalls Stand 2015). Diese sollte jedes Aufsichtsratsmitglied mit dem aktuellen Stand besitzen und durcharbeiten (vgl. zur Bezugsquelle etc. § 36 Rdn. 2 und 15a und oben Rdn. 14). Die hierdurch anfallenden Kosten trägt die eG. Ort, Inhalt und Kosten der Weiterbildungsmaßnahmen müssen sachgerecht sein. V. Ausschüsse des Aufsichtsrats Das GenG enthält hierzu keine Regelung mit Ausnahme des § 38 Abs. 1a; wegen der 43 Einzelheiten siehe § 38 Rdn. 41 ff. Bei der Verantwortlichkeit und Haftung ist zu unterscheiden, ob es sich um bera- 44 tende oder beschließende Ausschüsse handelt: Bei beratenden Ausschüssen haben die Ausschussmitglieder die ihnen übertragenen Vorbereitungs- und Beratungsaufgaben mit der Sorgfalt entsprechend § 34 Abs. 1 wahrzunehmen; für die Entscheidung bleibt im Übrigen die volle Verantwortung beim Gesamtaufsichtsrat. Handelt es sich um einen beschließenden Ausschuss, liegt auch die endgültige 45 Sachverantwortung grundsätzlich bei den Ausschussmitgliedern; die übrigen Aufsichtsratsmitglieder haben lediglich für ein Verschulden bei Auswahl und Kontrolle der Ausschussmitglieder einzustehen.105 Dies bedingt ein Kontrollrecht des Gesamtaufsichtsrats
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101 vgl. Beuthien GenG § 41 Rdn. 10. 102 Siehe Fn. 94; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 18; Beuthien GenG § 41 Rdn. 11; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 41 Rdn. 4. 103 RG JW 1937, 2981. 104 So mit Recht auch Müller GenG § 41 Rdn. 23. 105 Vgl. RGZ 93, 338; Hüffer AktG § 107 Rdn. 18 ff.
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sowie eine grundsätzliche Berichtspflicht des Ausschusses gegenüber dem Aufsichtsrat. Über ein Auskunftsverlangen eines Mitglieds entscheidet der Gesamtaufsichtsrat. Der Gesamtaufsichtsrat kann die Aufgaben des Ausschusses jederzeit und ohne Begründung wieder an sich ziehen. VI. Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Mängel Hat der Aufsichtsrat Anlass, das Verhalten des Vorstands zu beanstanden, ist diesem zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Vorwürfe müssen möglichst konkret und klar formuliert sein, um Missverständnisse auszuschließen. Da der Aufsichtsrat nicht der Vorgesetzte des Vorstands ist, kann er ihm keine verbindliche Anweisung zur Beseitigung der Beanstandung geben.106 Es ist zunächst zu versuchen, in offenen Gesprächen möglichst eine übereinstimmende Auffassung zu erreichen. Muss der Aufsichtsrat seine Beanstandung aufrechterhalten, könnte es angemessen sein, erforderlichenfalls die Vorstandsmitglieder auf ihre persönliche Haftung und mögliche andere Konsequenzen hinzuweisen. Auch hat der Aufsichtsrat die Möglichkeit der Einberufung einer GV/VV gem. § 38 47 Abs. 2; eine Unterrichtung der GV/VV kann notfalls Grundlage weiterer Maßnahmen gegenüber dem Vorstand sein. Schließlich kommt ein Beschluss der GV/VV zur Geltendmachung von Schadenser48 satzansprüchen (§ 39) in Betracht sowie die Abberufung und Kündigung, wenn der Aufsichtsrat nach der Satzung hierfür zuständig ist, sonst die Suspendierung und Entlassung der Vorstandsmitglieder gem. § 40. Bei Beanstandung von Maßnahmen des Vorstands kann es auch geboten sein, den 49 Prüfungsverband zu unterrichten, um dessen Rat einzuholen. Insoweit besteht keine Schweigepflicht des Aufsichtsrats.107 46
VII. Schadensersatz; rechtmäßiges Alternativverhalten, Business-JudgementRule und Straftatbestände 50
Der Verweis auf § 34 bedeutet auch, dass Aufsichtsratsmitglieder, die ihre Aufsichtspflichten verletzen, der eG als Gesamtschuldner zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sind. Dies gilt uneingeschränkt auch für Arbeitnehmer;108 für die Schadensersatzleistung durch Aufsichtsratsmitglieder gelten die Regelungen für Vorstandsmitglieder entsprechend. Dies gilt für die allgemeinen Voraussetzungen des Schadensersatzes, für die gesamtschuldnerische Haftung der Aufsichtsratsmitglieder untereinander sowie im Verhältnis zu Mitgliedern des Vorstands für die in § 34 Abs. 3 genannten Sonderfälle und für Fragen der Haftung gegenüber der eG bzw. den Genossenschaftsgläubigern.109 Dabei ist zu beachten, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht die Leitungsverantwortung haben, sondern die Verantwortung für die Kontrolle des Vorstands. Die Ersatzpflicht gegenüber der eG oder in den Ausnahmefällen gegenüber den Genossenschaftsgläubigern tritt also nur ein, wenn der Schaden durch schuldhaft rechtswidriges Verhalten von Aufsichtsratsmitgliedern verursacht worden ist.
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106 Vgl. Höhn Aufsichtsrat, S. 17 ff., S. 245. 107 Zu weiteren Einzelheiten vgl. Höhn Aufsichtsrat, S. 241 ff. 108 Edenfeld/Neufang AG 1999, S. 49. 109 Einzelheiten s. Erl. zu § 34 Rdn. 108 ff.; sowie insbesondere die Hinweise auf die Rechtsprechung in § 34 Rdn. 47 ff., die sich teilweise auch auf den Bereich des Aufsichtsrats beziehen.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder | § 41
Auch das in Anspruch genommene Aufsichtsratsmitglied kann den Einwand des 50a rechtmäßigen Alternativverhaltens im Hinblick auf die Kausalität seines Verhaltens erheben, ist aber in vollem Umfang dafür beweispflichtig (s.u.). Ein Schadensersatzanspruch ist danach ausgeschlossen, wenn der gleiche Schaden auch bei Beachtung aller Sorgfalt eingetreten wäre, es fehlt dann an der Kausalität der Sorgfaltspflichtverletzung für den Schadenseintritt. Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt sowohl beim Aufsichtsverschulden wie auch in den Fällen des § 23 Mustersatzung, in denen der Aufsichtsrat in den Entscheidungsprozess gleichwertig neben das Leitungsorgan tritt (vgl. § 34 Rdn. 111a). Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um Haftungserleichterungen für ehren- bzw. nebenamtlich tätige Organmitglieder muss an diesem Grundsatz festgehalten werden.110 Die Geschäfts-Beurteilungs-Regel (GBR) oder Unternehmensleiteregel (engl. Bu- 50b siness Judgement Rule) ist ein Prüfschema (Entscheidungsbaum), bei Befolgung kann sie auch ein Mitglied des Aufsichtsrats entlasten. Die GBR wurde als Maßstab für die Abgrenzung einer (unzulässigen) Sorgfaltspflichtverletzung oder (zulässigen) unternehmerischen Ermessensentscheidung entwickelt; siehe zu den Einzelheiten § 34 Rdn. 95c. Sie enthält die nachfolgenden fünf Elemente, deren Befolgung bei jedem Aufsichtsratsmitglied isoliert zu prüfen sind:111 – Liegt eine (strategische/bedeutende operative) Geschäftsentscheidung mit Ermessensspielraum vor (z.B. nicht Einhaltung von Compliance-Vorschriften, da kein Ermessensspielraum)? – Erfolgt diese Entscheidung zum Wohle der eG? – Geht der Vorstand, bei zustimmungsbedürftigen Angelegenheiten auch der AR, kein unverhältnismäßig hohes Risiko ein? – Erfolgt die Entscheidung auf der Basis ausreichender Informationen? – Besteht für das an der Entscheidung mitwirkende Organmitglied ein Interessenkonflikt? Andernfalls hat es sich der Stimme zu enthalten.112 Die Folge ist, dass das Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglied dann nicht pflichtwidrig handelt; auch dann nicht, wenn sich die Entscheidung später als nachteilig für die eG erweist.113 Soweit Entscheidungen des Vorstandes der eG der Zustimmungspflicht (§ 23 Mustersatzung) bedürfen, ist die GBR auch durch jedes Mitglied des Aufsichtsrats der eG zu beachten. Auch der Aufsichtsrat muss für eine angemessene Dokumentation der Entscheidungen in den Protokollen sorgen, wobei bei kontroversen Diskussionen eher ein Wortprotokoll und bei klaren, einstimmigen Entscheidungen i.d.R. ein Ergebnisprotokoll ausreichend sein dürfte. Verpflichtung zum Schadensersatz besteht (siehe ergänzend auch Rdn. 20, 30, 33) 51 z.B. bei nicht gerechtfertigter Gewinnausschüttung;114 bei Zustimmung zur verlustreichen Beteiligung;115 bei Einflussnahme zur Eingehung einer unvertretbaren Wechselverpflichtung;116 bei Hinnahme einer ungewöhnlichen Verzögerung des Jahresabschlus-
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110 A.A. mit nicht nachvollziehbarer Begründung die Literaturmeinung zur Haftung von Vorstandsmitgliedern einer AktG, vgl. die Nachweise bei Haarmann/Weiß BB 2014, 2115, 2117. 111 Vgl. hierzu Löbbe/Fischbach Die Aktiengesellschaft 2014, 717 ff.; Hartmann/Romeike Kreditwesen 5/2015, 227 ff. 112 Zum detaillierten Inhalt/Definition der fünf Elemente (für AktG) vgl. Hartmann/Romeike ebenda S. 228. 113 Entscheidungsbaum ebenda S. 229. 114 BGHZ 64, 238 = NJW 1975, 1318; BGH GW 1982, 534. 115 BGHZ 69, 207 = NJW 1977, 2311. 116 BGH NJW 1980, 1629.
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§ 41 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
ses.117 Sie besteht auch bei unzureichender Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Vorschlags zu Gewinnverwendung. Sie besteht auch, wenn ein Aufsichtsratsmitglied vor Zustimmung zu einer Grundstücksveräußerung seiner Pflicht zur Überprüfung ihrer Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht nachkommt.118 Eine Haftung kommt auch in Betracht, wenn ein Aufsichtsratsmitglied Hinweise auf existenzgefährdende Geschäfte nicht unverzüglich überprüft und sodann nicht unverzüglich den Aufsichtsrat informiert.119 Verletzung der Berichtspflicht gegenüber der GV/VV, Nichteinberufung einer im Interesse der eG erforderlichen GV/VV, pflichtwidriges Unterlassen des Aufsichtsrats, den Vorstand zur Einforderung von Pflichtanteilen anzuhalten,120 pflichtwidrige Nichtverfolgung von Regressansprüchen gegen (ausgeschiedene) Vorstandsmitglieder, Vereinbarung einer unangemessenen Vorstandsvergütung,121 die Bewilligung einer nicht vorgesehenen Sonderzahlung, die der eG keinen zukunftsbezogenen Nutzen bringen kann.122 Versäumung der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB bei fristloser Kündigung des Anstellungsvertrags eines Vorstandsmitglieds, Annahme von dem Aufsichtsratsmitglied nicht zustehenden Sondervorteilen, unterlassene Offenlegung von Interessenkonflikten, Duldung der Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch den Vorstand sowie der Zahlungen entgegen des Zahlungsverbots des § 99123 können ebenfalls Haftungsfolgen nach sich ziehen.124 Unterlässt der Aufsichtsratsvorsitzende bei einer Schieflage der eG die Einberufung einer Aufsichtsratssitzung, kann dies Haftungsfolgen auslösen, wenn in der Sitzung schadensabwendende Maßnahmen beschlossen und sodann umgesetzt worden wären, insbesondere wenn der Vorstand oder ein Aufsichtsratsmitglied die Einberufung verlangt hat.125 Für das Verhalten anderer Aufsichtsratsmitglieder oder beauftragter Sachverständi52 ger tritt die Ersatzpflicht nur ein, wenn ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorliegt, vgl. Ausführungen zu Rdn. 38 a.E.126 Ein Aufsichtsratsmitglied darf im Allgemeinen darauf vertrauen, dass die von Spezialisten im Aufsichtsrat oder außerhalb des Aufsichtsrats vertretenen Auffassungen zutreffend und deren Handlungen ordnungsgemäß sind127 (wegen Beweislast s. Rdn. 58). Neben einer Schadensersatzpflicht auf der Grundlage von § 41 können sich Ersatz53 pflichten auch für Mitglieder des Aufsichtsrats aus den allgemeinen Vorschriften ergeben, insb. aus vertraglicher Haftung oder unerlaubten Handlungen.128 Auch im Verhältnis zu Vorstandsmitgliedern, die für denselben Schaden haften, gel54 ten die Grundsätze gesamtschuldnerischer Haftung.129 Unter strafrechtlichen Gesichtspunkten kommt insbesondere § 266 StGB (Untreue) in Betracht.130
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117 BGH NJW 1978, 425; siehe auch die Rechtsprechung in § 24 Rdn. 48 bis 96. 118 LG Stuttgart DB 1999, 2462. 119 LG Bielefeld WM 1999 2457 = BB 1999, 2630 m. Anm. Thümmel – AG. 120 BGH WM 2004, 486 = NJW-RR 2004, 900. 121 BGH ZIP 1988, 706 – e.V. 122 BGH NJW 2006, 522 = ZIP 2006, 72 – „Mannesmann“. 123 Zu den beiden letztgenannten Fällen BGH BB 2009, 1207 – AG. 124 Zum Vorstehenden Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 31. 125 LG München I ZIP 2007, 2270 = NZI 2007, 609 – AG. 126 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 52; Müller GenG § 41 Rdn. 25 ff. 127 Vgl. RGZ 91, 77; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 52; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 41 Rdn. 5. 128 Vgl. Erl. § 34 Rdn. 158 ff.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 41 Rdn. 12. 129 Näheres § 34 Rdn. 113 ff.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 41 Rdn. 15. 130 Zu den strafrechtlichen Tatbeständen Schlitt in Sonderausgabe 01/2008 S. 10 zu Die Aktiengesellschaft; Mehle/Bärlein Der Aufsichstrat 2015, 8; Glenk/Hofmann Kreditwesen 2014, 1022.
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Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder | § 41
VIII. Ausschluss der Ersatzpflicht Der Verweis auf § 34 hat u.a. zur Folge, dass Handlungen oder Unterlassungen des 55 Aufsichtsrats, die zu einer Schädigung der eG führen, dann nicht rechtswidrig sind und keine Schadensersatzpflicht begründen, wenn sie auf einem gesetzmäßigen Beschluss der GV/VV beruhen; dann auch keine Strafbarkeit. Ein solcher Beschluss der GV/VV hindert grundsätzlich die Mitglieder des Aufsichtsrats, im Rahmen einer Überwachung Maßnahmen gegen die Durchführung des Beschlusses zu ergreifen. In besonderen Ausnahmefällen kann die Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder jedoch gebieten, auf eine Aufhebung des Beschlusses hinzuwirken oder sogar dafür einzutreten, dass der Beschluss nicht durchgeführt wird, u.U. auch Anfechtungsklage (§ 51) zu erheben.131 Im Übrigen gelten auch für Mitglieder des Aufsichtsrats die allgemeinen Grundsätze 56 für Geschäftsfähigkeit und Deliktsfähigkeit. Ein Geschäftsunfähiger kann durch Übernahme des Amts eines Aufsichtsratsmitglieds keine Haftung begründen; bei beschränkt Geschäftsfähigen bedarf die Übernahme des Aufsichtsratsamts der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.132 Allein die faktische Ausübung der Aufsichtstätigkeit kann in diesen Fällen eine persönliche Haftung nicht begründen; der Schutz von nicht vollgeschäftsfähigen Personen hat Vorrang. Bei unerlaubten Handlungen finden die besonderen Vorschriften der §§ 827 ff. BGB Anwendung, so dass u.U. eine Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen eingreift. IX. Verfahren Gemäß § 39 Abs. 3 wird in Prozessen gegen Mitglieder des Aufsichtsrats die eG durch 57 Bevollmächtigte vertreten, die von der GV/VV zu wählen sind. Der Sinnzusammenhang der gesetzlichen Regelung deutet darauf hin, dass auch die Einleitung eines Prozesses einer Beschlussfassung der GV/VV bedarf.133 Eine Vertretung der eG durch den Vorstand ist in diesen Fällen ausgeschlossen. Bei Schadensersatzprozessen gegen Aufsichtsratsmitglieder gilt die Umkehr der 58 Beweislast wie bei Prozessen gegen Mitglieder des Vorstands: Ist streitig, ob das in Anspruch genommene Aufsichtsratsmitglied seine Sorgfaltspflichten bei der Überwachung beachtet hat, so ist dieses Aufsichtsratsmitglied dafür beweispflichtig; die eG muss lediglich die rechtswidrige Handlung, den Schaden und die Ursächlichkeit dartun und ggf. beweisen. In den Fällen von § 34 Abs. 3 gilt die Umkehr der Beweislast entsprechend auch für den behaupteten Schaden, wobei das Verschulden der Mitglieder des Aufsichtsrats aber nur in mangelhafter Aufsichtsführung gesehen werden kann. X. Verjährung Auch Ersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder von Waren-, Dienstleistungs-, 59 und Agrargenossenschaften verjähren in 5 Jahren (§ 41 i.V.m. § 34 Abs. 6). Bei Kreditgenossenschaften beträgt die Frist 10 Jahre (§ 52a Abs. 1 KWG), eingeführt als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise durch das Restrukturierungsgesetz vom 9.12.2010.134
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131 Vgl. Erl. zu § 34 Rdn. 132 ff.; Müller GenG § 41 Rdn. 33 ff. 132 Müller GenG § 41 Rdn. 7; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 41 Rdn. 4. 133 Erl. zu § 39 Abs. 3. 134 BGBl. 2010 I S. 1900; wegen der Einzelheiten z.B. über die Frage des Verjährungsbeginns vgl. Erl. zu § 34 Rdn. 155 ff.
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§ 42 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
XI. Kleinstgenossenschaften 59a
Hat die Kleinstgenossenschaft (nicht mehr als 20 Mitglieder) in der Satzung auf einen Aufsichtsrat verzichtet, gehen zwar die Rechte und Pflichten auf die GV über, diese wird aber nicht zu einem Ersatz-Aufsichtsrat, § 41 gilt grundsätzlich nicht.135 Nehmen einzelne Mitglieder Aufsichtsratsfunktionen wahr, z.B. die des Bevollmächtigten, aber auch einzelne Kontrollmaßnahmen im Auftrag der GV oder im Rahmen einer Revisionskommission, gelten für sie die Sorgfaltspflichten des § 41.136 Gegenüber der GV besteht keine Verschwiegenheitspflicht, da sie die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats (zusätzlich) wahrnimmt. XII. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Beim dualistischen System gilt § 41 über Art. 8 SCE-VO unmittelbar; beim monistischen System gilt aufgrund § 21 SCEAG für die Verwaltungsratsmitglieder und nach § 22 Abs. 6 SCEAG für die geschäftsführenden Direktoren § 34 entsprechend.
§ 42 Prokura; Handlungsvollmacht § 42 Prokura; Handlungsvollmacht (1) Die Genossenschaft kann Prokura nach Maßgabe der §§ 48 bis 53 des Handelsgesetzbuchs erteilen. An die Stelle der Eintragung in das Handelsregister tritt die Eintragung in das Genossenschaftsregister. § 28 Satz 3 und § 29 gelten entsprechend. (2) Die Genossenschaft kann auch Handlungsvollmacht erteilen. § 54 des Handelsgesetzbuchs ist anzuwenden.
I. II.
Übersicht Allgemeines | 1–3 Prokura | 4–17 1. Arten | 4–7 2. Umfang | 8–10 3. Verfahren | 11–17 a) Erteilung | 11–12 b) Eintragung | 13–14 c) Zeichnung | 15 d) Widerruf | 16–17
III.
IV. V.
Handlungsvollmacht | 18–24 1. Arten | 18–19 2. Umfang | 20 3. Verfahren | 21–24 a) Erteilung | 21–22 b) Zeichnung | 23 c) Widerruf | 24 Generalvollmacht | 24a Haftung | 25
I. Allgemeines 1
§ 42 wurde durch Novelle 1973 und Novelle 2006 neu gefasst. Die Vorschrift ermöglicht es der eG, die gesamten handelsrechtlichen Möglichkeiten der Bevollmächtigung der §§ 48 bis 54 HGB zu nutzen. Sie schafft damit Chancengleichheit mit den anderen Rechtsformen. Nach altem Recht war die Erteilung einer Prokura sowie einer Generalhandlungsvollmacht nicht zulässig.
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A.A., aber undifferenziert Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 125. So ausgewogen Fiedler in Festschrift für Schaffland S. 144.
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Prokura; Handlungsvollmacht | § 42
Es könnte auch Generalvollmacht erteilt werden (Rdn. 24a).1 Die bis zur Novelle 2 1973 geltenden Beschränkungen bezogen sich nur auf die handelsrechtlichen Vollmachten; für die Vollmacht nach BGB bestand schon immer Gestaltungsfreiheit. Die Rechtsgrundlage für die Erteilung der Prokura ergibt sich unmittelbar aus § 42.2 3 Es bedarf keiner zusätzlichen Rechtsgrundlage in der Satzung; es ist also nicht erforderlich, zunächst in der Satzung festzulegen, dass Prokura erteilt werden kann. Eine Regelung in der Satzung ist nur dann notwendig, wenn gem. § 25 Abs. 2 ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen gesetzlicher Vertreter der eG sein soll.3 Allerdings kann durch die Satzung die Erteilung der Prokura ausgeschlossen oder weiteren Voraussetzungen unterworfen werden, z.B. an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden werden, wie dies auch in der Praxis üblich ist (Rdn. 11).4 II. Prokura 1. Arten. Prokurist kann nur eine natürliche Person sein.5 Die Prokura kann einer 4 einzelnen Person (Einzelprokura), aber auch mehreren Personen gemeinschaftlich erteilt werden (Gesamtprokura). Diese müssen nicht Mitglieder der eG sein.6 Das Wesen der Gesamtprokura liegt darin, dass die Prokuristen nur gemeinschaftlich handeln können; sie haben zusammen nur eine Vertretungsmacht, nicht jeder von ihnen hat eine selbständige Voll- oder Teilvertretungsmacht. In der Regel wird eine Gesamtprokura in der Weise erteilt, dass zwei Prokuristen nur gemeinsam handeln können.7 Gesamtprokura kann auch dergestalt erteilt werden, dass ein Prokurist gemeinschaftlich mit dem Hauptbevollmächtigten der deutschen Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens zur Vertretung berechtigt ist, so genannte halbseitig gemischte Gesamtprokura.8 Für das gemeinsame Handeln genügt, wenn der eine handelt und der andere später zustimmt. Es gelten insoweit die Ausführungen zur Gesamtvertretung (vgl. § 25 Rdn. 2). Auch kann die Prokura dergestalt erteilt werden, dass der Einzelprokurist an die Mit- 5 wirkung eines Vorstandsmitglieds gebunden wird.9 Sie darf allerdings nicht als „Gesamtprokura“ eingetragen werden.10 Sie ist wie folgt einzutragen: „Der Prokurist ist berech-
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1 Rechtsgrundlage: § 164 BGB, nicht zu verwechseln mit der Generalhandlungsvollmacht des § 54 HGB. 2 Unbestritten: BGH NJW 1987, 841 = WM 1987, 106 = ZIP 1987, 371 = RPfleger 1987, 113; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 5; Müller GenG § 42 Rdn. 1. 3 Ausweitung der rechtsgeschäftlichen auf den Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht, vgl. Rdn. 11 sowie § 25 Rdn. 8; BGH NJW 1987, 841 = WM 1987, 106 = ZIP 1987, 371 = Rpfleger 1987, 113; LG Stuttgart ZfgG 1976, 161; LG Heilbronn Beschl. v. 2.12.1974, Az. 1 KfH T 1/74; LG Frankenthal Rpfleger 1975, 137; LG Regensburg Rpfleger 1977, 315; LG Lüneburg Beschl. v. 14.9.1977, Az. 7 T 8/77 sowie LG Bonn Beschl. v. 28.1.1980, Az. 11 T 22/79; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 5; Beuthien GenG § 42 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 42 Rdn. 1; a.A. Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1976, 193. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 14; Müller GenG § 42 Rdn.1, 2; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 42 Rdn. 1. 5 KG Berlin BB 2002, 478 = NotBZ 2002, 105 mit ablehnender Anm. Lösler; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 42 Rdn. 9; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 42 Rdn. 2; Baumbach/Hopt HGB § 48 Anm. I B; a.A. Beuthien GenG § 42 Rdn. 2: auch eine juristische Person, etwa einer anderen eG. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 9; Beuthien GenG § 42 Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 42 Rdn. 1. 7 Vgl. Schlegelberger HGB, Anm. 17 zu § 48. 8 OLG Stuttgart BB 1998, 2546. 9 Sog. unechte Gesamtprokura vgl. für GmbH BGH NJW 1974, 1194 = BGHZ 62, 166 jeweils mit Hinweis auf RGZ 40, 17; vgl. auch OLG Hamm DNotZ 1968, 455 = OLGZ 1967, 366; OLG Stuttgart GmbH-Rdsch. 1969, 235 = OLGZ 1969, 73 = Rpfleger 1969, 245. 10 OLG Hamm BB 1971, 492 = NJW 1971, 1369; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 6.
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tigt, die eG in Gemeinschaft mit einem Vorstandsmitglied zu vertreten.“ Diese unechte Gesamtprokura ändert an der gesetzlichen Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder nichts, so dass lediglich die Prokura, nicht aber eine Änderung der Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder einzutragen ist.11 Wegen der Teilnahme des Prokuristen an der gesetzlichen Vertretung vgl. Rdn. 3, vgl. auch Rdn. 11. Nicht erforderlich ist, dass das Vorstandsmitglied, an dessen Mitwirkung der Prokurist gebunden wird, Einzelvertretungsbefugnis hat.12 Dies folgt daraus, dass ein Prokurist nach § 25 Abs. 2 an der gesetzlichen Vertretung mitwirken kann, selbst wenn kein Vorstandsmitglied Einzelvertretungsmacht hat (vgl. § 25 Rdn. 8, 9). Im Übrigen lässt § 25 Abs. 3 die Delegierung von Aufgaben auf ein einzelnes Vorstandsmitglied hinsichtlich bestimmter Arten von Geschäften zu. Zur Gesamtvertretung berechtigte Vorstandsmitglieder können demnach jeden einzelnen von ihnen ermächtigen, bei den Willenserklärungen des Prokuristen mitzuwirken. Der Nachweis, dass das mithandelnde Vorstandsmitglied, das im Rahmen der ge6 setzlichen Vertretung nur mit einem anderen Vorstandsmitglied tätig werden darf, auch berechtigt ist, die eG – im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht – mit einem Prokuristen zu vertreten, kann durch die Vorlage des protokollierten ProkuraErteilungsbeschlusses und durch die Anmeldung der Prokura-Erteilung zur Eintragung in das Genossenschaftsregister nach § 157 (Vorstandsmitglieder in nach der Satzung vertretungsberechtigter Zahl in öffentlich beglaubigter Form) erbracht werden. Die Prokura kann auch als Niederlassungsprokura erteilt werden (§ 50 Abs. 3 7 HGB). Dabei handelt es sich um eine Prokura, die auf den Betrieb einer oder einzelner von mehreren Zweigniederlassungen der eG beschränkt ist. Diese Beschränkung ist nicht mehr im Register des Gerichts der betroffenen Zweigniederlassung zu vermerken,13 da § 14a mit Inkrafttreten des EHUG zum 1.1.2007 weggefallen ist. Eine derartige Prokura setzt voraus, dass die Zweigniederlassungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden. Es muss also zwischen den einzelnen Zweigniederlassungen Firmenverschiedenheit bestehen, wobei nach § 50 Abs. 3 S. 2 HGB Firmenverschiedenheit auch dann gegeben ist, wenn für eine der unter gleicher Firma geführten Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt wird, der sie als Zweigniederlassung bezeichnet. Der Gesamtprokurist wie auch der Niederlassungsprokurist hat im Übrigen uneingeschränkte Vertretungsmacht (vgl. §§ 49, 50 HGB). 8
2. Umfang. Der Umfang der Prokura ist gesetzlich festgelegt (§ 49 HGB). Die Prokura berechtigt zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Dies gilt auch, wenn die Rechtshandlungen über den gewöhnlichen Rahmen der Geschäfte der eG hinausgehen. Der Prokurist kann z.B. Verträge abschließen, Wechsel- und Scheckverbindlichkeiten eingehen, Darlehen aufnehmen, Bürgschaften geben, Schulden eines Dritten übernehmen. Die Niederlassungsprokura ermächtigt jedoch nur zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb einer Zweigniederlassung eines Kaufmanns mit sich bringt.
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11 LG Regensburg Rpfleger 1977, 315. 12 BGH BB 1987, 216 = DB 1987, 426 = ZIP 1987, 371 = WM 1987, 106 = NJW 1987, 841 = Rpfleger 1987, 113 unter ausdrücklicher Ablehnung der Ansicht des OLG Hamm BB 1983, 1303 = Rpfleger 1983, 355 DB 1983, 1700; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 4; vgl. auch Aepfelbach BI 12/87, 50 ff. 13 Zum alten Recht OLG Köln Rpfleger 1977, 179 = DB 1977, 955; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 7.
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Prokura; Handlungsvollmacht | § 42
Bei der Vornahme einseitiger Rechtsgeschäfte oder einseitiger Rechtshandlungen sowie bei Abgabe bestimmter Willenserklärungen, die nur ein Teil eines aus mehreren Willenserklärungen bestehenden Rechtsgeschäfts sind, wie z.B. Kündigung, Mahnung, Mieterhöhungserklärung oder Annahme eines Vertragsangebots ist § 174 BGB auch auf den Prokuristen anwendbar. Legt der Prokurist keinen Nachweis über die Prokuraerteilung vor und weist der andere Teil aus diesem Grunde das Geschäft unverzüglich zurück, ist dieses unwirksam.14 Der Prokurist kann nicht Prokura erteilen (Rdn. 11) und die Bilanz unterzeichnen. 9 Der Prokurist kann weiterhin nicht, und dies ergibt sich aus § 49 Abs. 2 HGB, Grundstücke veräußern und belasten, es sei denn ihm ist diese Befugnis besonders erteilt worden. Er kann auch nicht Eigentümergrundschulden abtreten und dadurch Fremdgrundpfandrechte entstehen lassen.15 Um dem Prokuristen auch bei der Veräußerung und Belastung von Grundstücken Vertretungsmacht zu verschaffen, bedarf es einer Erweiterung des gesetzlichen Umfangs der Prokura. Dabei handelt es sich um eine Erweiterung der Vertretungsmacht aus der Prokura, nicht um die Erteilung einer zusätzlichen Vollmacht.16 Beschränkungen des gesetzlichen Umfangs der Prokura sind – Dritten gegenüber – 10 unwirksam (§ 50 Abs. 1 HGB). Vertraglich können dem Prokuristen allerdings Beschränkungen jeglicher Art auferlegt werden, z.B. bei gemischtwirtschaftlichen eG Prokura für das Bank- oder für das Warengeschäft, Kreditvergabekompetenzen nur bis zu einem bestimmten Betrag oder auch eine jegliche Außenwirkung genommene Prokura (Titularprokura) für den Leiter der internen Revision oder den Datenschutzbeauftragten. Diese haben dann für das Innenverhältnis zwischen der eG und dem Prokuristen Bedeutung. Die Überschreitung der dem Prokuristen erteilten Anweisungen macht diesen u.U. schadensersatzpflichtig. Dritten gegenüber sind solche Beschränkungen jedoch grundsätzlich ohne Wirkung. Anders im Falle der Kollusion, d.h., wenn der Prokurist im Einverständnis mit dem Dritten durch eine Überschreitung seiner nach außen hin unbeschränkten Vertretungsmacht absichtlich zum Nachteil der eG handelt. Dann steht der eG die Einrede der Arglist zu und sie braucht das Geschäft nicht gegen sich gelten zu lassen. Gleiches gilt, wenn der Prokurist bewusst zum Nachteil der eG handelt und der Dritte dieses problemlos hätte erkennen können.17 3. Verfahren a) Erteilung. Die Prokura kann nur von dem gesetzlichen Vertreter erteilt werden. 11 Der gesetzliche Vertreter ist der Vorstand (vgl. i. e. § 25), dieser handelt in der nach der Satzung vertretungsberechtigten Zahl, i.d.R. also zwei Vorstandsmitglieder. Eine Einschränkung dieses Rechts im Innenverhältnis, etwa dass die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich sein soll, bedarf einer Satzungsregelung. Ist in der Satzung einer eG festgelegt, dass ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur gesetzlichen Vertretung befugt ist, so können diese auch Prokura erteilen,18 da der Prokurist, ohne selbst gesetzlicher Vertreter zu werden, an der gesetzlichen Vertretung teilnimmt, vgl. ausführlich § 25 Rdn. 8.19 Rechtsgeschäftliche Vertreter – also auch ein Prokurist –
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14 vgl. da weder gesetzlich noch organschaftliche Vertretung Palandt/Ellenberger § 174 Rdn. 4; OLG Hamm Beschl. v. 28.5.1982, Az. 4 R Miet 11/81; Müller/Oske Rechtsentscheide im Mietrecht, Bd. 1, 656 ff. 15 Baumbach/Hopt § 49 Rdn. 4. 16 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 17. 17 St. Rspr. BGHZ 50, 113 u. h.L. Baumbach/Hopt § 50 Rdn. 5. 18 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 12. 19 BGHZ 13, 64; 62, 170; BayObLG DB 1973, 1340; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 12.
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§ 42 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
können keine Prokura erteilen.20 Eine „Prokura“, die von einem rechtsgeschäftlichen Vertreter der eG erteilt werden sollte, gibt dem Bevollmächtigten nicht die Rechtsstellung eines Prokuristen i.S.d. §§ 48 ff. HGB, kann aber als Vollmacht nach §§ 164 ff. BGB wirksam sein. Prokura kann nur „mittels ausdrücklicher Erklärung“ erteilt werden. Eine aus12 drückliche Erklärung ist nur dann anzunehmen, wenn der gesetzliche Vertreter in der abgegebenen Erklärung eindeutig zum Ausdruck bringt, dass hiermit Prokura i.S.d. §§ 48 ff. HGB erteilt werde.21 Der gesetzliche Vertreter bringt dies eindeutig zum Ausdruck, wenn er z.B. den P. „zum Prokuristen bestellt“ oder dem P. „die Vollmacht, per Prokura die Firma zu zeichnen“ erteilt. Die ausdrückliche Erklärung wird regelmäßig gegenüber dem zukünftigen Prokuristen abgegeben (§ 167 Abs. 1 BGB). Das Gesetz schreibt nicht vor, dass die Erklärung schriftlich abgegeben werden muss. In der Regel wird jedoch die Prokura durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem zukünftigen Prokuristen erteilt. Die Prokuraerteilung bedarf nicht der Annahme, da es sich rechtlich um eine Vollmacht handelt und mit dieser noch keine Pflichten verbunden sind (im Unterschied zur Vorstandsbestellung, vgl. § 24 Rdn. 40).22 b) Eintragung. Die Erteilung der Prokura ist zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden;23 das gilt auch für eine Erweiterung gem. § 49 Abs. 2 HGB.24 Die Niederschrift oder eine Abschrift des Beschlusses über die Erteilung der Prokura braucht der Anmeldung nicht beigefügt zu werden, da § 28 S. 2 keine Anwendung findet. Die Anmeldung ist von so vielen Vorstandsmitgliedern zu unterzeichnen, wie nach der Satzung zur gesetzlichen Vertretung erforderlich sind.25 Die Anmeldung und die daraufhin erfolgende Eintragung wirken nicht rechts14 begründend; eine erteilte Prokura ist als solche wirksam, auch wenn sie nicht zum Genossenschaftsregister angemeldet und deshalb auch nicht eingetragen wird. Die Eintragung ist vom Registergericht bekannt zu machen (§ 42 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 3). § 29 über den Schutz des guten Glaubens an die Eintragungen im Genossenschaftsregister gilt entsprechend (§ 42 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 29). 13
15
c) Zeichnung. Der Prokurist hat in der Weise zu zeichnen, dass er der Firma der eG seinen Namen mit einem die Prokura verdeutlichenden Zusatz versieht, z.B. „ppa“. Stempel oder Faksimile reichen nicht aus. Das Erfordernis, seine Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Registergericht zu „zeichnen“, ist durch das EHUG zum 1.1.2007 aufgehoben worden. Die elektronische Führung des Registers könnte auch eingescannte Unterschriften aufnehmen, dieses würde jedoch einem Missbrauch Tür und Tor öffnen, da das Register von jedermann eingesehen werden kann und eine Echtheitsprüfung nicht mehr mit hinreichender Sicherheit vorgenommen werden könnte. Für eine hinreichende Echtheitsprüfung sind der zweidimensionale Schriftzug und der Druckpunkt wesentlich.26 Die Firma braucht nicht handschriftlich gezeichnet zu werden.27
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20 21 22 23 24 25 26 27
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 12. Vgl. Schlegelberger HGB, Anm. 13 zu § 48. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 13. § 42 Abs. 1 S. 1 u. 2 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 HGB. Baumbach/Hopt § 53, Rdn. 3. § 157 GenG, § 6 GenRegV. BT-Drs. 16/960 S. 48. LG Frankfurt WM 1973, 190; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 18 und 28.
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Prokura; Handlungsvollmacht | § 42
d) Widerruf; Erlöschen. Der gesetzliche Vertreter der eG kann die Prokura jederzeit 16 formlos widerrufen, daneben den Dienstvertrag kündigen, wenn auf die Dienste ganz verzichtet werden soll (§ 42 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 HGB). Für den Fall der nach § 49 Abs. 2 HGB erweiterten Prokura, die den Prokuristen auch zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ermächtigt, kann sich der Widerruf auf die Erweiterung beschränken. In einem solchen Fall bleibt die Prokura in ihrem gesetzlichen Umfang nach § 49 Abs. 1 HGB bestehen. Ist eine Einzelprokura erteilt, so kann diese Prokura mit der Maßgabe widerrufen werden, dass der bisherige Einzelprokurist zum Gesamtprokuristen gemacht wird. Die Prokura erlischt im Zweifel bei Tod des Prokuristen, bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit, mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, mit der Bestellung zum Vorstandsmitglied oder Liquidator der eG.28 Sie erlischt nicht, wenn sich die Zusammensetzung des Vorstands oder der die Prokura erteilenden Personen ändert. Sie erlischt jedoch infolge einer Verschmelzung oder nach abgeschlossener Liquidation, bzw. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 117 Abs. 1 InsO), hier ist das Erlöschen nicht im Genossenschaftsregister einzutragen.29 Der Prokurist kann nicht widerrufen. Er kann nur den Vorstand zum Widerruf veranlassen oder den Dienstvertrag kündigen.30 Das Erlöschen der Prokura ist in gleicher Weise wie die Erteilung zur Eintragung in 17 das Genossenschaftsregister anzumelden.31 Nach § 42 Abs. 1 S. 3 gilt § 29 entsprechend (vgl. die dortigen Erl.). III. Handlungsvollmacht 1. Arten. Nach § 42 Abs. 2 kann auch Handlungsvollmacht nach § 54 HGB erteilt 18 werden. Handlungsvollmacht ist jede im Rahmen eines Handelsgewerbes erteilte Vollmacht, die nicht Prokura ist. Die Handlungsvollmacht kann als Spezialhandlungsvollmacht (zur Vornahme einzelner Geschäfte), als Arthandlungsvollmacht (zur Vornahme bestimmter Arten von Geschäften) oder als Generalhandlungsvollmacht (zur Vornahme aller üblicherweise in diesem Geschäftsbetrieb vorkommenden Geschäfte) erteilt werden. Im Unterschied zur Prokura ermächtigt die Handlungsvollmacht nur zu den Geschäften, die der Betrieb dieses Handelsgeschäfts gewöhnlich mit sich bringt. Denkbar sind auch hier Gesamthandlungsvollmachten oder Einzelhandlungsvoll- 19 macht, die an die Mitwirkung eines Vorstandsmitglieds oder eines Prokuristen gebunden ist;32 sie kann auch an die Mitwirkung eines anderen Bevollmächtigten gebunden werden.33 Für die Erteilung von Generalvollmachten (im Unterschied zur Generalhandlungsvollmacht, Rdn. 2) ist wegen ihres nahezu unbeschränkten Umfangs, der den Generalbevollmächtigten in die Nähe des Vorstands rückt, der Aufsichtsrat zuständig. 2. Umfang. Beschränkungen der Vertretungsmacht des Handlungsbevollmächtig- 20 ten ergeben sich zunächst aus der Unterschiedlichkeit der verschiedenen Vollmachten,
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28 §§ 675, 672, 181 BGB; OLG Düsseldorf NJW-RR 2012, 1124 – zur GmbH; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 42 Rdn. 23. 29 LG Leipzig ZIP 2007, 1381; LG Halle Rpfleger 2005, 93. 30 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 22. 31 § 42 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 53 Abs. 3 HGB. 32 BGH WM 1964, 151; BGH WM 1961, 321 = BB 1961, 352; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 37. 33 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 37.
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§ 42 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
die nach § 54 Abs. 1 HGB erteilt werden können. Beschränkungen der Vertretungsmacht des Handlungsbevollmächtigten ergeben sich weiterhin aus § 54 Abs. 2 HGB. Danach ist ein Handlungsbevollmächtigter nicht befugt, Grundstücke der eG zu veräußern und zu belasten, Wechselverbindlichkeiten für die eG einzugehen, Darlehen für die eG aufzunehmen, Prozesse zu führen. Zu diesen Handlungen ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist, es besteht also kein Schutz des guten Glaubens Dritter. Handlungsbevollmächtigte können nach § 54 Abs. 3 HGB auch sonstigen Beschränkungen unterliegen. Als sonstige Beschränkungen i.S.d. § 54 Abs. 3 HGB kommen in Betracht insb. Weisungen, die die eG bei der Erteilung der Vollmacht dem Handlungsbevollmächtigten erteilt hat. Dritte brauchen diese sonstigen Beschränkungen nach § 54 Abs. 3 HGB nur gegen sich gelten zu lassen, wenn sie sie kannten oder kennen mussten. 3. Verfahren 21
a) Erteilung. Handlungsvollmachten können von dem gesetzlichen Vertreter der eG, auch von rechtsgeschäftlich bestellten Vertretern der eG – also auch von einem Prokuristen – erteilt werden, bei unechter Gesamtvertretung auch gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied. Sieht die Satzung z.B. die Zustimmung des Aufsichtsrats vor, wirkt dieses nur im Innenverhältnis, im Außenverhältnis ist die ohne Zustimmung erteilte Prokura wirksam. Handlungsvollmachten können – nach den §§ 164 ff. BGB – durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder durch Erklärung gegenüber dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll, erteilt werden. Handlungsvollmacht kann auch durch öffentliche Bekanntmachung erteilt werden. Handlungsvollmachten brauchen – anders als die Prokura nach § 48 HGB – nicht ausdrücklich erteilt zu werden. Erteilung durch schlüssiges Handeln reicht aus. Handlungsvollmachten sind nicht zum Genossenschaftsregister anzumelden 22 und werden daher auch nicht durch das Registergericht bekannt gemacht. Dies gilt sowohl für die Erteilung wie für den Widerruf und das Erlöschen der Handlungsvollmacht. 23
b) Zeichnung. Der Handlungsbevollmächtigte hat seinen Namen mit einem die Handlungsvollmacht andeutenden Zusatz beizufügen. Gebräuchlich ist „i.V. (plus Name des Handlungsbevollmächtigten)“.
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c) Widerruf. Eine Handlungsvollmacht ist jederzeit widerruflich, sofern sich nicht aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis etwas anderes ergibt.34 Sie erlischt nicht, wenn eines der bevollmächtigten Vorstandsmitglieder aus seinem Amt oder ein die Vollmacht erteilender Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter ausscheidet (§ 25 Rdn. 15).35 IV. Generalvollmacht
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Die eG kann Generalvollmacht erteilen (Rdn. 2). Sie wird nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen, weil eine entsprechende Rechtsgrundlage fehlt. Der Vorstand kann nur eine widerrufliche Generalvollmacht erteilen, die zur Vornahme aller
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34 § 168 S. 2 BGB; vgl. i.E. Schlegelberger HGB, Anm. 8 ff. zu § 54 sowie AG Ludwigshafen Urt. v. 21.10.1975, Az. 5 Ca 1569, 75 m. ausführl. Begr. 35 Müller GenG § 25 Rdn. 19 zum Vorstandsmitglied.
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Generalversammlung, Stimmrecht der Mitglieder | § 43
Rechtsgeschäfte ermächtigt, bei denen eine Vertretung zulässig ist.36 Der Vorstand kann jedoch nicht unwiderruflich eine Generalvollmacht, auch nicht seine Vertretungsmacht im Ganzen auf einen Generalbevollmächtigten übertragen, was sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 und § 34 ergibt.37 Eine so erteilte Generalvollmacht kann jedoch in eine widerrufliche umgedeutet werden, wenn der entsprechende Wille der Vollmachtgeber bestand.38 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft Holthaus/Lehnhoff V. Haftung Das Verschulden ihrer Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten muss sich die 25 eG gem. § 278 S. 1 Fall 2 und § 831 BGB zurechnen lassen. Die eG kann im Innenverhältnis Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag haben (§§ 611 ff. BGB), nicht hingegen aus § 34, da der Bevollmächtigte kein Organ ist. Die eG muss sich einen von ihr hervorgerufenen Rechtsschein der Einzelvollmacht39 zurechnen lassen. Es genügt nicht, wenn der Rechtsschein vom ermächtigungslos Handelnden ausgelöst wird.40
§ 43 Generalversammlung, Stimmrecht der Mitglieder § 43 Generalversammlung, Stimmrecht der Mitglieder (1) Die Mitglieder üben ihre Rechte in den Angelegenheiten der Genossenschaft in der Generalversammlung aus, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. (2) Die Generalversammlung beschließt mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (einfache Stimmenmehrheit), soweit nicht Gesetz oder Satzung eine größere Mehrheit oder weitere Erfordernisse bestimmen. Für Wahlen kann die Satzung eine abweichende Regelung treffen. (3) Jedes Mitglied hat eine Stimme. Die Satzung kann die Gewährung von Mehrstimmrechten vorsehen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Mehrstimmrechten müssen in der Satzung mit folgender Maßgabe bestimmt werden: 1. Mehrstimmrechte sollen nur Mitgliedern gewährt werden, die den Geschäftsbetrieb besonders fördern. Keinem Mitglied können mehr als drei Stimmen gewährt werden. Bei Beschlüssen, die nach dem Gesetz zwingend einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen oder einer größeren Mehrheit bedürfen, sowie bei Beschlüssen über die Aufhebung oder Einschränkung der Bestimmungen der Satzung über Mehrstimmrechte hat ein Mitglied, auch wenn ihm ein Mehrstimmrecht gewährt ist, nur eine Stimme. 2. Auf Genossenschaften, bei denen mehr als drei Viertel der Mitglieder als Unternehmer im Sinn des § 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Mitglied sind, ist Nummer 1 nicht anzuwenden. Bei diesen Genossenschaften können Mehrstimmrechte vom einzelnen Mitglied höchstens bis zu einem Zehntel der in der Generalversammlung anwesenden Stimmen ausgeübt werden; das Nähere hat die Satzung zu regeln. 3. Auf Genossenschaften, deren Mitglieder ausschließlich oder überwiegend eingetragene Genossenschaften sind, sind die Nummern 1 und 2 nicht anzuwen-
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BGHZ 36, 295; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 43. BGH NJW-RR 2002, 1326; BGH NJW 1977, 1990; WM 1976, 1246; BGH WM 1975, 378. Spindler in Münchener Kommentar zum AktG § 78 Rdn. 104. Ermächtigung im Außenverhältnis; hierzu § 25 Rdn. 13. LG Hamburg ZfgG 1956, 151; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 42 Rdn. 46.
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§ 43 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
den. Die Satzung dieser Genossenschaften kann das Stimmrecht der Mitglieder nach der Höhe ihrer Geschäftsguthaben oder einem anderen Maßstab abstufen. Zur Aufhebung oder Änderung der Bestimmungen der Satzung über Mehrstimmrechte bedarf es nicht der Zustimmung der betroffenen Mitglieder. (4) Das Mitglied soll sein Stimmrecht persönlich ausüben. Das Stimmrecht geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter natürlicher Personen sowie das Stimmrecht von juristischen Personen wird durch ihre gesetzlichen Vertreter, das Stimmrecht von Personengesellschaften durch zur Vertretung ermächtigte Gesellschafter ausgeübt. (5) Das Mitglied oder sein gesetzlicher Vertreter können Stimmvollmacht erteilen. Für die Vollmacht ist die schriftliche Form erforderlich. Ein Bevollmächtigter kann nicht mehr als zwei Mitglieder vertreten. Die Satzung kann persönliche Voaussetzungen für Bevollmächtigte aufstellen, insbesondere die Bevollmächtigung von Personen ausschließen, die sich geschäftsmäßig zur Ausübung des Stimmrechts erbieten. (6) Niemand kann für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er oder das vertretene Mitglied zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist oder ob die Genossenschaft gegen ihn oder das vertretene Mitglied einen Anspruch geltend machen soll. (7) Die Satzung kann zulassen, dass Beschlüsse der Mitglieder schriftlich oder in elektronischer Form gefasst werden; das Nähere hat die Satzung zu regeln. Ferner kann die Satzung vorsehen, dass in bestimmten Fällen Mitglieder des Aufsichtsrats im Wege der Bild- und Tonübertragung an der Generalversammlung teilnehmen können und dass die Generalversammlung in Bild und Ton übertragen werden darf.
I.
II.
III.
IV.
Systematische Übersicht Die GV/VV – Organ genossenschaftlicher Selbstverwaltung (Abs. 1) | 1–14 1. Rechtliche Einordnung der GV/VV | 1–8 2. Aufgaben der GV/VV | 9–12 3. Verhältnis zu anderen Organen | 13–14 Rechtsstellung der Mitglieder in der GV bzw. der Vertreter in der VV | 15–49 1. Recht auf Teilnahme | 15–23 2. Recht, Anträge zu stellen, Vorschlagsrecht | 24–28 3. Rederecht | 29–30 4. Auskunftsrecht | 31–41 5. Stimmrecht | 42–49 Die Willensbildung durch Beschlussfassung (Abs. 2) | 51–66 1. Beschlussfassung | 50–59 2. Wahlen | 60 3. Mehrheitsverhältnisse | 61–66 Stimmrechte (Abs. 3) | 67–86 1. Ein Mitglied, eine Stimme | 67–68 2. Mehrstimmrechte (GV) | 69–85
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a)
V.
Mehrstimmrechte bei eG, die keine Unternehmergenossenschaften sind und deren Mitglieder keine eG sind (Abs. 3 Satz 3 Nr. 1) | 71 b) Mehrstimmrechte bei Unternehmergenossenschaften (Abs. 3 Satz 3 Nr. 2) | 77 c) Mehrstimmrechte bei eG, deren Mitglieder ausschließlich oder überwiegend eG sind (Abs. 3 Satz 3 Nr. 3) | 78 d) Ausführungen zu allen drei Arten der Mehrstimmrechte | 81 3. Stimmrechte investierender Mitglieder | 86 Vertretung bei der Stimmabgabe (Abs. 4 und 5) (GV) | 87–103 1. Grundsatz der persönlichen Stimmabgabe | 87 2. Gesetzliche Vertretung (Abs. 4 S. 2) (GV) | 88–90 3. Stimmvollmacht (Abs. 5) (GV) | 91–103
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Generalversammlung, Stimmrecht der Mitglieder | § 43
VI.
Kein Stimmrecht bei Interessenkollision (Abs. 6) | 104–113 VII. Schriftliche oder elektronische Beschlussfassung (Abs. 7) | 114–115 VIII. Ablauf der GV | 116–137 1. Einberufung, Tagungsort, Tagesordnung, Zeitpunkt | 116–121 2. Versammlungsleitung | 122–136
IX.
3. Fehlerhafte Beschlüsse | 137 Europäische Genossenschaft (SCE) | 138–142 1. Aufgaben der GV der SCE | 138 2. Rechte der Mitglieder in der GV | 139–140 3. Beschlussfassung und Ablauf der GV | 141–142
I. Die GV/VV – Organ genossenschaftlicher Selbstverwaltung (Abs. 1) 1. Rechtliche Einordnung der GV/VV. § 43 wurde geändert durch Novelle 1973, Bi- 1 lanzrichtlinienG 1985 und Novelle 2006. Die Novelle 1973 brachte insbesondere eine ausdrückliche Regelung der Mindestvoraussetzungen für Beschlüsse in Abs. 2 (einfache Mehrheit) die Zulassung des Mehrstimmrechts in Abs. 3, die Möglichkeit der Stimmvollmacht in Abs. 5 und den Ausschluss von der Abstimmung bei Interessenkollisionen in Abs. 6. Durch BilanzrichtlinienG 19851 wurde Abs. 1 geändert. Damit sollte dem neuen Inhalt von § 27 (gemäß Novelle 1973) entsprechend klargestellt werden, dass die Geschäftsführung grundsätzlich in die eigenverantwortliche Tätigkeit des Vorstands fällt; dementsprechend werden Rechte der Mitglieder „in Bezug auf die Führung der Geschäfte“ nicht mehr erwähnt. Die Verstärkung der rechtlichen Position des Vorstands durch die Novelle 1973 (§ 27 Abs. 1 S. 1) und der damit verbundene Ausschluss der GV/VV aus Fragen der Geschäftsleitung bedeutet nicht eine Verminderung der Rechte der Mitglieder. Das Gesetz will vielmehr die Rechte der Mitglieder und die Zuständigkeit der GV/VV auf Bereiche ausrichten, in denen die Mitglieder tatsächlich auch entscheiden können und in der Lage sind, dafür die Verantwortung zu tragen. Die Änderung des Abs. 1 durch BilanzrichtlinienG 1985 hat nur redaktionelle Bedeutung. Anders die wesentlichen inhaltlichen Änderungen im Rahmen der Novelle 20062 durch die Neufassung der Abs. 3 (u.a. Ausweitung der Mehrstimmrechte bei Unternehmergenossenschaften) und 4 (Abschaffung der Möglichkeit zum Ausschluss der Bevollmächtigung) sowie die Anfügung des neuen Abs. 7 (elektronische Beschlussfassung). Die GV/VV ist das Organ der eG, in dem sich die gemeinsame Willensbildung der 2 Mitglieder in Angelegenheiten der eG vollzieht.3 Abs. 1 schließt grds. aus, dass Beschlüsse außerhalb der GV/VV durch schriftliche Zustimmung der Mitglieder/Vertreter gefasst werden, es sei denn, die Satzung erlaubt die Beschlussfassung der GV/VV in schriftlicher oder elektronischer Form. Soweit ohne eine solche Satzungsregelung die Mitglieder/Vertreter ihre Zustimmung außerhalb der GV/VV erteilen, kann es sich grundsätzlich nur um einzelvertragliche Vereinbarungen handeln. Dies schließt nicht aus, dass in der Mitgliedschaft begründete Einzelrechte auch außerhalb der GV/VV ausgeübt werden, wie z.B. Vorschlagsrechte zu Wahlen, Anfechtungsrechte (§ 51), Stimmabgabe bei Wahlen, Erteilung von Auskünften oder Anfragen usw. Sind der GV/VV Tatsachen oder Willenserklärungen zur Kenntnis zu bringen, dürfte der Zugang beim Versammlungsleiter nicht genügen. Vielmehr dürfte das Verlesen vor den in der GV/VV anwesenden Mitgliedern/ Vertretern notwendig, aber auch ausreichend sein.
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1 BGBl. 1985, I S. 2355. 2 BGBl. 2006, I S. 1911, hierzu Korte/Schaffland S. 91. 3 Näheres: Neumann Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder zur Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, passim; Metz Die Wahrnehmung der Mitgliederinteressen in der Generalversammlung/Vertreterversammlung, passim.
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§ 43 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
3
Die GV/VV ist im Sinne der „Gewaltenteilung“ einem Parlament der eG vergleichbar; sie hat unentziehbar und ausschließlich das „Gesetzgebungsrecht“ hinsichtlich der Satzung (vgl. Erl. zu § 16). Im Hinblick auf die gesetzlich gegebene Zuständigkeit kann die GV/VV als „oberstes Willensbildungs- und Entscheidungsorgan“ der eG bezeichnet werden.4 Hier findet der genossenschaftliche Grundsatz der Selbstverwaltung seinen Ausdruck. Wenngleich die allumfassende Zuständigkeit der GV/VV, in die Geschäftsführung der eG einzugreifen, aufgrund der gestärkten Leitungsmacht des Vorstands (§ 27 Abs. 2) nicht mehr gegeben ist,5 ist sie in Angelegenheiten, die den Bestand und die wirtschaftlichen Grundlagen der eG betreffen, zuständig;6 zur Leitungsverantwortung des Vorstands vgl. § 27 Rdn. 4 ff. Hat die eG mehr als 1.500 Mitglieder, kann die GV anstelle der GV die VV einführen (§ 43a). Streitig war, ob in der Satzung festgelegt werden kann, dass bestimmte Grundsatzfragen, z.B. Verschmelzung, immer von der GV entschieden werden.7 Dies ist nunmehr mit dem durch Novelle 2006 eingeführten § 43a Abs. 1 Satz 2 möglich.8 Im Rahmen dieser Mitgliederselbstverwaltung sind die gesetzlichen Zuständig4 keitsregelungen der anderen Genossenschaftsorgane zu beachten. Die Zuständigkeit der GV/VV findet so z.B. ihre Grenzen in der Regelung des § 27 Abs. 1, wonach die Leitungsbefugnis ausschließlich beim Vorstand liegt, soweit Gesetz oder Satzung (§ 27 Abs. 1 S. 2) nicht einschränkende Regelungen enthalten; entsprechend ist die Aufsicht über die Geschäftsführung gemäß § 38 dem Aufsichtsrat unentziehbar übertragen. Ob und inwieweit die Satzung den Mitgliedern in der GV/VV tatsächlich noch Rechte hinsichtlich der Geschäftsführung einräumen sollte, hängt in erster Linie von der Art und Größe des genossenschaftlichen Unternehmens und davon ab, inwieweit die Unternehmensleitung nur durch hauptamtlich tätige Fachleute ausgeübt werden kann (vgl. Erl. zu § 27). Wegen Beschlüssen der GV/VV im Zusammenhang mit der Beseitigung von durch die Prüfung festgestellten Mängeln vgl. Erl. zu § 60 Rdn. 7 u. 8. Die Frage der Leitungskompetenz und insbesondere der Vertretungsbefugnis des 5 Vorstands in Bereichen, die der Entscheidung der GV/VV vorbehalten sind, ist differenziert zu beurteilen: – Bei Strukturfragen der eG, die z.B. den Inhalt der Satzung, die Besetzung des Aufsichtsrats oder Regressansprüche gegen Organmitglieder (§ 34 Rdn. 143) betreffen, folgt aus der Unzuständigkeit des Vorstands für die Entscheidung auch, dass der Vorstand die eG nicht durch Erklärungen nach außen rechtswirksam binden kann. – Handelt es sich dagegen um Fragen der betrieblichen Organisation, wie z.B. die Ausgliederung von „Kernbereichen“ (s. Rdn. 10 f.), so fehlt dem Vorstand zwar die Entscheidungskompetenz (Innenverhältnis), Vertretungshandlungen (Außenverhältnis) können jedoch wirksam vorgenommen werden (s. Rdn. 11 und § 27 Rdn. 35).
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4 Paulick S. 240; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 2; Beuthien GenG § 43 Rdn. 2. 5 BT-Drs. 7/97 S. 22: „Eine allumfassende Zuständigkeit der GV, von Fall zu Fall über konkrete Fragen der Geschäftsführung zu entscheiden, ist nicht mehr gegeben.“ 6 OLG Frankfurt DB 1990, 220. 7 Die h.M. lehnte dies nach alter Rechtslage ab, obwohl sie die Möglichkeit entsprechender Satzungsregelungen für wünschenswert hielt, vgl. u.a. Beuthien GenG (14. Aufl.) § 43a Rdn. 3. Für eine automatische Zuständigkeit der GV bei Entscheidungen, die den Kernbereich der eG betreffen, Dietrich Die Restzuständigkeit der Mitglieder bei den eG mit VV, ZfgG 2001, 271. 8 Korte/Schaffland GenG S. 95.
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Generalversammlung, Stimmrecht der Mitglieder | § 43
Die Willensbildung in der GV/VV erfolgt nach anerkannten demokratischen Grund- 6 sätzen.9 Dies kommt u.a. zum Ausdruck in den Regelungen von Abs. 2 und 3 über die Mehrheitsverhältnisse und die Ausübung des Stimmrechts.10 Bei der Diskussion und Abstimmung in der GV dürfen die Mitglieder grundsätzlich 7 auch ihre persönlichen Interessen berücksichtigen. Sie haben insoweit kein „Amt“ wie die Vertreter in der VV oder die Mitglieder des Aufsichtsrats, die in erster Linie die Interessen der eG und der Gesamtheit der Mitglieder zu beachten haben. Die Wahrnehmung eigener Interessen in der GV findet allerdings ihre Grenze am genossenschaftlichen Treuegrundsatz (vgl. hierzu § 18 Rdn. 37 ff.). Die Mitglieder nehmen im eigenen Interesse an der GV teil. Es besteht daher grundsätzlich kein Anspruch auf Ersatz der Fahrtkosten zur GV durch die eG. Ausnahmen können unter besonderen Umständen, z.B. besonders langen Anfahrtswegen, gerechtfertigt sein. Ersatz der Kosten wäre nach Auffassung des Bundesministers der Finanzen verdeckte Gewinnausschüttung.11 Ersatz dieser Kosten für Vertreter in der VV sind dagegen abziehbare Betriebsausgaben12 (vgl. § 43a Rdn. 9). Bewirtungskosten je Mitglied in der GV werden bis zum Betrag von € 12,78, für Vertreter in der VV in angemessener Höhe als abziehbare Betriebsausgaben anerkannt.13 Die GV/VV soll am Sitz der eG abgehalten werden, soweit die Satzung nichts anderes 8 vorsieht.14 Damit soll allen Mitgliedern in gleicher Weise die Möglichkeit zur Teilnahme gegeben werden.15 Verstöße dagegen führen zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse gem. § 51.16 Die Versammlungszeit muss verkehrs- und ortsüblich sein.17 Die GV/VV muss einheitlich durchgeführt werden. Eine räumliche Trennung nach mehreren Abschnitten ist unzulässig.18 Unbedenklich ist es, mehrere GV/VV durchzuführen, auch um die sog. Regularien zu behandeln. Jede dieser Versammlungen ist „GV/VV“, zu der alle Mitglieder/Vertreter einzuladen sind. 2. Aufgaben der GV/VV. Das Gesetz weist der GV/VV zwingend und ausschließlich 9 bestimmte Aufgaben zu: – alle Satzungsänderungen (§§ 16 Abs. 1, 22 Abs. 1, 87a Abs. 2), – Fortsetzung einer auf bestimmte Zeit beschränkten eG (§ 16 Abs. 1), – Wahl der Vorstandsmitglieder (§ 24 Abs. 2 S. 1), soweit nicht die Satzung, wie bei hauptamtlichen Vorständen üblich, die Bestellung dem Aufsichtsrat überträgt (§ 24 Abs. 2 S. 2), – Amtsenthebung von Mitgliedern des Vorstands in den Fällen des § 24 Abs. 3 S. 2 und die vorläufige Amtsenthebung des § 40, soweit die Abberufung nicht dem Aufsichtsrat übertragen ist, – Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats (§ 36 Abs. 1 S. 1) usw., – Amtsenthebung von Mitgliedern des Aufsichtsrats (§ 36 Abs. 3 S. 1),
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9 Vgl. Paulick S. 240; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 2. 10 Zur Frage der Teilnahme der Mitglieder an der Willensbildung allgemein: Neumann Rechtliche Möglichkeiten der Mitglieder, Teilnahme an der Willensbildung in der eingetragenen Genossenschaft, insbesondere S. 130 ff. 11 Vgl. BMF-Schreiben v. 26.11.1984, BStBl. I S. 591, DB 1984, 2595. 12 BFH Urt. v. 24.8.1983, BStBl. II 1984, S. 273 = DB 1984, 804. 13 BFH und BMF a.a.O. 14 RGZ 44, 8. 15 Beuthien GenG § 43 Rdn. 51. 16 BayObLG NJW 1959, 485 = ZfgG 60, 265; Beuthien GenG § 43 Rdn. 51. 17 Beuthien a.a.O. 18 Beuthien a.a.O.
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Beschränkung des Vorstands in seiner Leitungsbefugnis (§ 27 Abs. 1 S. 2) in Form von Satzungsregelungen, Beschlussfassung über die Führung von Prozessen gegen Vorstandsmitglieder, Wahl der Prozessvertreter, wenn nach der Satzung hierfür die GV zuständig ist (§ 39 Abs. 1 S. 2), Beschlussfassung über die Führung von Prozessen gegen Aufsichtsratsmitglieder, Wahl der Prozessvertreter (§ 39 Abs. 3), Beschlussfassung über die Wahlordnung für die VV (§ 43a Abs. 4 S. 8), s.a. Erl. § 43a Rdn. 41, Feststellung des Jahresabschlusses (§ 48 Abs. 1 S. 1), Beschlussfassung über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung eines Jahresfehlbetrags (§§ 19, 48 Abs. 1 S. 2) Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 48 Abs. 1 S. 2), Festsetzung der Kreditbeschränkungen bei Gewährung von Kredit an denselben Schuldner (§ 49), Festsetzung der Einzahlungen auf den Geschäftsanteil nach Betrag und Zeit (§ 50), soweit keine Satzungsregelung besteht, Beschlussfassung über die Verlesung des Prüfungsberichts (§ 59 Abs. 3), Beschlussfassung über die Beseitigung im Prüfungsbericht festgestellter Mängel (§ 60 Abs. 1), Ausschluss von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern (vgl. Erl. zu § 68), Auflösung der eG (§ 78 Abs. 1 S. 1), Fortsetzung der aufgelösten eG (§ 79a Abs. 1 S. 1), Abberufung der Liquidatoren (§ 83 Abs. 4 S. 2), Maßnahmen zur Abwendung der Insolvenz (§ 87a Abs. 1 S. 1), Beschlussfassung über Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten eG (§ 93 S. 2), Heilung von Satzungsmängeln (§ 95 Abs. 2), Herabsetzung der Haftsumme (§§ 120, 22 Abs. 1), Umwandlung der eG nach dem UmwG (Verschmelzung §§ 82 Abs. 1 i.V.m. 13 UmwG, Rechtsformwechsel § 193 Abs. 1 S. 2 UmwG, Abspaltung § 125 UmwG).
Wird bei Kleinstgenossenschaften auf den Aufsichtsrat verzichtet, nimmt die GV gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 auch die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates wahr, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.19 Bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte und Interessen der Mitglieder, 10 wie z.B. – die Änderung der unternehmerischen Zielsetzung, – die Ausgliederung eines bedeutenden Produktionszweigs oder eines (Teil-)Betriebs, der wesentliche Teile der Leistung oder des Vermögens der eG darstellt, – der Erwerb eines anderen Unternehmens, wenn dieser eine wesentliche Änderung der Unternehmensstruktur zur Folge hat,20 – der Beteiligung der eG an einem anderen Unternehmen, wenn dies faktisch zur Übertragung des Vertriebs führt,21
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S. Erl. § 9 Rdn. 8. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 9. Ebenda; LG München II Urt. v. 9.5.2007, Az. 4 HKO 1670/07.
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wird der Vorstand regelmäßig verpflichtet sein, die Zustimmung der GV einzuholen („Holzmüller“),22 bzw. bei Bestehen einer VV diese.23 Diese Verpflichtung folgt aus anerkannten genossenschaftlichen Grundsätzen, insbesondere dem Grundsatz der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung der Mitglieder; sie muss grundsätzlich bei allen Entscheidungen gelten, die die Existenz des genossenschaftlichen Unternehmens nachhaltig beeinflussen können oder in anderer Weise den „Kernbereich“ des genossenschaftlichen Förderunternehmens berühren.24 Entsprechend zweier Anschlussentscheidungen des BGH zur AG („Gelatine I und II“) ist auch für die eG zu betonen, dass eine ungeschriebene Zuständigkeit der GV/VV wegen der gesetzlichen, wohl erwogenen Kompetenzverteilung unter den Organen Vorstand, Aufsichtsrat und GV/VV nur ausnahmsweise in Betracht kommt,25 – wenn die wesentliche Beeinträchtigung der Rechte der Mitglieder in etwa die Ausmaße des „Holzmüller“-Falles erreicht (dort ging es um die Ausgliederung eines Teilbetriebs, der 80% des Gesellschaftsvermögens ausmachte) und – wenn eine von dem Vorstand in Aussicht genommene Umstrukturierung der eG an die Kernkompetenz der GV/VV, über die Satzung der eG zu bestimmen, rührt, weil sie Veränderungen nach sich zieht, die allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden könnten.26 Einer besonderen Regelung in der Satzung bedarf es, da in diesen Ausnahmefällen eine ungeschriebene Zuständigkeit der GV/VV begründet ist, nicht (vgl. § 16 Rdn. 4). Hat der Vorstand die Entscheidung der GV/VV nicht vor dem Vollzug des Geschäfts eingeholt, so besteht noch die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung durch die GV/VV.27 In den beiden „Gelatine“-Urteilen hat der BGH auch entschieden, dass der Beschluss der GV/VV einer Dreiviertelmehrheit bedarf.28 Ein Beschluss der GV/VV oder eine Satzungsregelung, die den Vorstand pauschal zu solchen Entscheidungen ermächtigen würde, wäre nichtig (und nicht nur anfechtbar). Eine solche Ermächtigung würde die Grundstrukturen der eG verletzen und dazu führen, dass die Mitglieder bei wesentlichen Entscheidungen ausgeschaltet wären.29 Darüber hinaus kann die GV/VV in allen Fragen der eG verbindlich entscheiden, die nicht durch Gesetz oder Satzung anderen Organen zwingend zugewiesen sind.30 In der Regel weist die Satzung der eG die Zuständigkeit für den Beschluss über den Austritt aus dem Prüfungsverband der GV/VV zu. Diese Regelung kann nicht dahin gehend abgeändert werden, dass bspw. Vorstand und Aufsichtsrat über den Austritt zu entscheiden haben, da durch die Mitgliedschaft im Prüfungsverband auch der zuständige Abschlussprüfer bestimmt wird. § 318 Abs. 1 Satz 1 HGB, der insoweit als allgemein gültiger Rechtsgrundsatz zur Wahrung der Objektivität der Prüfung anzusehen ist, weist die-
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22 Für die AG BGH DB 1982, 795 = BB 1982, 827 = NJW 1982, 1703 („Holzmüller“, BGHZ 83, 122); krit. zu dieser Entscheidung: Sommer BB 1983, 1566. 23 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 16; a.A. Dietrich Die Restzuständigkeit der Mitglieder bei den Genossenschaften mit Vertreterversammlung, ZfgG 2001, 271. 24 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 9; Beuthien GenG § 43 Rdn. 2; vgl. Erl. § 27 Rdn. 19. 25 BGH v. 26.4.2004, NZG 2004, 575 („Gelatine I“), und BGH v. 26.4.2004, NJW 2004, 1860 = BB 2004, 1182 („Gelatine II“). Zur Reichweite der Holzmüller/Gelatine-Doktrin s. OLG Hamm AG 2008, 421. 26 BGH v. 26.4.2004, NZG 2004, 575 („Gelatine I“), und BGH v. 26.4.2004, NJW 2004, 1860 = BB 2004, 1182 („Gelatine II“); befürwortend Pentz BB 2005, 1397 ff. 27 BGH DB 1982, 797. 28 BGH Urt. v. 26.4.2004, NZG 2004, 575 („Gelatine I“), und BGH Urt. v. 26.4.2004, NJW 2004, 1860 = BB 2004, 1182 („Gelatine II“); befürwortend Pentz BB 2005, 1397 ff. 29 So überzeugend LG Stuttgart, DB 1991, 2533. 30 Paulick S. 240.
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ses Recht den Gesellschaftern zu. Die Unabhängigkeit der Prüfung wäre nicht gewahrt, wenn die Organe, deren Arbeit maßgeblicher Prüfungsgegenstand ist, den Prüfer bestimmen könnten. Für die AG bestimmt § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG ausdrücklich, dass der Abschlussprüfer auf Vorschlag des Aufsichtsrats von der Hauptversammlung gewählt wird. Die Zuständigkeit der GV/VV für den Austritt aus dem Prüfungsverband ist damit zwingend. 11 Vorstandsbeschlüsse, die ohne die erforderliche Zustimmung der GV/VV gefasst werden, sind (im Innenverhältnis) nichtig.31 Im Außenverhältnis gegenüber Dritten sind die auf der Grundlage solcher Vorstandsbeschlüsse abgeschlossenen schuldrechtlichen und dinglichen Rechtsgeschäfte jedoch wirksam.32 Dies folgt aus § 27 Abs. 2 (s. Erl. § 27 Rdn. 20). Ggf. hat das einzelne Mitglied einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Geschäfts, der klageweise gegen die eG geltend gemacht werden kann.33 Ist für Dritte eindeutig erkennbar, dass der Vorstand seine Kompetenzen überschreitet, kann das an sich wirksame Rechtsgeschäft trotz Vertretungsmacht des Vorstands nach Treu und Glauben unwirksam sein; der objektive Missbrauch muss aber für den Dritten evident sein, z.B. wenn der Vorstand ohne Zustimmung der GV/VV einen wesentlichen Teil des Vermögens der eG veräußert.34 Soweit die GV/VV nicht in eigener Zuständigkeit entscheiden kann, ist sie berech12 tigt, die anstehenden Fragen zu beraten und Empfehlungen, z.B. für die Geschäftsführung, auszusprechen. Dies gilt z.B. für allgemeine Grundsätze und Leitlinien der Geschäftspolitik. Der Vorstand hat dann allerdings eigenverantwortlich zu entscheiden, ob und inwieweit er diese Empfehlungen in der Geschäftsführung umsetzen kann. 13
3. Verhältnis zu anderen Organen. Die GV/VV ist dem Vorstand und dem Aufsichtsrat im Sinne einer „Gewaltenteilung“ gleichgeordnet. Das Gesetz gibt ihr nicht die Möglichkeit, für die Führung der Geschäfte oder die Kontrolle Einzelweisungen zu geben. Wenn die Satzung von § 27 Abs. 1 S. 2 Gebrauch macht, darf hierbei der Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung der eG durch den Vorstand nicht ausgehöhlt werden. Falls die Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats auf Dauer nicht dem Willen der Mitglieder entsprechen, bleibt nur die Abberufung der Organmitglieder durch den Aufsichtsrat (§ 24 Abs. 2 Satz 2) bzw. die GV/VV (§§ 24 Abs. 2 S. 1, 40). Wird die Leitungsbefugnis des Vorstands gem. § 27 Abs. 1 S. 2 durch die Satzung eingeschränkt, steht der GV/VV insoweit eine Art „Richtlinien-Kompetenz“ zu. In diesen Fällen hat der Beschluss unmittelbar rechtliche Bindungswirkung. Im Übrigen handelt es sich bei entsprechenden Beschlüssen der GV/VV nur um Empfehlungen oder Wünsche gegenüber dem Vorstand oder Aufsichtsrat; eine unmittelbare Bindungswirkung ist nicht gegeben. An der Qualität eines solchen GV/VV-Beschlusses als unverbindliche Empfehlung ändert sich auch dann nichts, wenn der Vorstand von sich aus bei risikoreichen Geschäftsführungsmaßnahmen diese der GV/VV zur Abstimmung vorlegt. § 119 Abs. 2 AktG ist nicht analog anzuwenden.35 Ein solchermaßen gefasster Beschluss schließt somit auch nicht einen Regress nach
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31 S. Erl. § 51 Rdn. 21: z.B. Vorstand beschließt den Jahresabschluss ohne Feststellung durch die GV/VV. 32 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 27 Rdn. 17, gilt aber nicht für Rechtsgeschäfte mit dem Vorstand, da insoweit keine Vertretungsmacht besteht; Beuthien GenG § 27 Rdn. 21. Würde man die Wirksamkeit verneinen, liefe dies auf eine – abzulehnende – Begrenzung der Rechtsfähigkeit der eG im Sinne der anglo-amerikanischen ultra-vires-Doktrin hinaus, die dem deutschen Gesellschaftsrecht fremd ist, vgl. K. Schmidt Gesellschaftsrecht, S. 221. 33 Vgl. BGH a.a.O. 34 BGH DB 1982, 795 = BB 1982, 827 = NJW 1982, 1703 („Holzmüller“), BGHZ 83, 122; Beuthien GenG § 27 Rdn. 23. 35 Beuthien GenG § 43 Rdn. 4.
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§ 34 aus (vgl. in diesem Zusammenhang § 27 Rdn. 10 ff. § 34 Rdn. 133 u. 136).36 Lediglich im Rahmen der Entlastung oder im Zusammenhang mit möglichen Sanktionen kann die GV Einfluss auf das Verhalten der anderen Organmitglieder nehmen. Befugnisse, die unentziehbar anderen Organen zustehen (§ 27 Abs. 1 und § 43), kön- 14 nen der GV/VV nicht zugewiesen werden (§ 18 S. 2).37 Die GV/VV kann nicht in den Bereich anderer Organe eingreifen, wenn dieses Organ (zeitweise) nicht handlungsfähig ist.38 Der Mangel ist dann unverzüglich entsprechend den Regelungen der Satzung oder des Gesetzes zu heilen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Mitglied oder Klagen des Mitglieds gegen die eG kann die GV/VV nicht streitentscheidend eingreifen.39 Gegen entsprechende nichtige Beschlüsse kann Feststellungsklage erhoben werden.40 Davon zu trennen ist die Möglichkeit, durch Satzung z.B. die Schlussentscheidung über einen vom Vorstand beschlossenen Ausschluss (§ 68) der GV/VV als „Berufungsinstanz“ zu übertragen.41 II. Rechtsstellung der Mitglieder in der GV bzw. der Vertreter in der VV 1. Recht auf Teilnahme. Jedes Mitglied bzw. jeder Vertreter hat grundsätzlich das 15 Recht, an der GV/VV persönlich teilzunehmen. Das Statut kann zur Teilnahme verpflichten.42 In der GV kann das Mitglied sich durch einen Vertreter (gesetzlicher oder bevollmächtigter Vertreter) vertreten lassen.43 Durch Satzung kann das Vertretungsrecht außer für den gesetzlichen Vertreter an besondere Voraussetzungen geknüpft werden. Das Teilnahmerecht steht auch Mitgliedern zu, die z.B. wegen Interessenkollision kein Stimmrecht haben.44 Es besteht nicht mehr, wenn im Zusammenhang mit der Ausschließung eines Mitglieds aus der eG der eingeschriebene Brief gemäß § 68 Abs. 2 S. 2 an das Mitglied bzw. den Vertreter abgesandt ist. Wegen Folgen bei Nichteinladung von Mitgliedern vgl. § 51 Rdn. 12. Bei Minderjährigen steht das Anwesenheitsrecht auch der gesetzlichen Vertretung zu, grundsätzlich also beiden Elternteilen. Entsprechendes gilt für Personengesellschaften und juristische Personen: Soweit Gesamtvertretung besteht, haben alle zu dieser Vertretung gehörende Personen ein Anwesenheitsrecht; Stimmabgabe erfolgt nach Absprache durch einen Bevollmächtigten. Sind dagegen einzelne Organmitglieder allein zur gesetzlichen Vertretung berechtigt, so haben nur diese Personen ein Anwesenheitsrecht.45 Das Teilnahmerecht eines Mitglieds/Vertreters an der GV/VV besteht nicht, wenn 16 eine erhebliche und auf andere Weise nicht zu beseitigende Störung, wie z.B. ständige Zurufe, Pfiffe oder fortlaufende beleidigende Äußerungen, die Ausschließung des Betreffenden aus der GV/VV rechtfertigt.46 Ein Verschulden des Mitglieds ist nicht erforderlich; Voraussetzung für den Saalverweis ist jedoch eine aktuelle Störung. Wenn aber
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36 Haftungsausschließender Beschluss nach § 34 Abs. 4 setzt Zuständigkeit der GV/VV voraus, nachträgliche Genehmigung durch GV/VV kann aber Verzicht auf Schadenersatzansprüche beinhalten. 37 Beuthien GenG § 43 Rdn. 4. 38 Beuthien GenG § 43 Rdn. 5. 39 RGZ 55, 326; OGHZ, 2, 197 = ZfgG 1951, 76. 40 BGH NJW 1955, 178. 41 Beuthien GenG § 68 Rdn. 20. 42 KG RJA 14, 287. 43 In der VV ist dies den Vertretern nicht möglich, s. § 43a Abs. 3 Satz 2. 44 Vgl. BGH WM 1985, 567; Interessenkollision Rdn. 104 ff. 45 So im Ergebnis, wenn auch mit unzutreffender Begründung: LG Nürnberg Urt. v. 29.6.1988, Az. 11 S 2196/88. 46 Vgl. BGHZ 44, 245 (251); v. Falkenhausen BB 1966, 343; Martens WM 1981, 1012; Müller GenG § 43 Rdn. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 47.
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ganz offensichtlich eine Störung zu erwarten ist, kann ausnahmsweise einem Mitglied schon der Zugang zur GV verwehrt werden.47 Der Saalverweis fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit des Versammlungsleiters;48 ihm stehen aufgrund seines Ordnungsrechts hierfür die erforderlichen Maßnahmen zur Verfügung, Herausführen durch Saalordner notfalls mit polizeilicher Hilfe (s. Rdn. 125 ff.). Der Ausschluss eines Mitglieds aus der GV/VV muss das äußerste Mittel bleiben; er ist nur zulässig, wenn andere Ordnungsmaßnahmen nicht ausreichen. Nur auf Antrag des Versammlungsleiters kann die GV/VV über den Saalverweis entscheiden.49 Eine Beschlussfassung der GV/VV gegen die Entscheidung des Versammlungsleiters erscheint problematisch, weil damit die ordnungsgemäße Leitung der GV/VV behindert werden könnte. Auch dem Betroffenen kann daher nicht das Recht zustehen, gegen den Ausschluss aus der GV/VV die Entscheidung der GV/VV herbeizuführen.50 Das Recht der Mitglieder auf Teilnahme an der GV ist grundsätzlich persönlich auszuüben. Für nicht vollgeschäftsfähige Personen besteht gem. § 43 Abs. 4 ein Teilnahmerecht des gesetzlichen Vertreters; entsprechendes gilt für die Vertretung juristischer Personen oder Personengesellschaften. Hat ein Mitglied Stimmvollmacht erteilt, so ist dadurch seine persönliche Teilnahme nicht ausgeschlossen.51 Grundsätzlich bestehen keine Bedenken, wenn sowohl das Mitglied als auch der Bevollmächtigte an der Diskussion teilnehmen; das Stimmrecht steht naturgemäß nur einmal zu. Nichtmitglieder haben kein Recht, an der GV/VV teilzunehmen; sie können als Gäste zugelassen werden. Über ihre Zulassung entscheidet der Versammlungsleiter.52 Sonstige Personen, wie z.B. Berater eines Mitglieds, haben grundsätzlich den Status von Gästen. Soweit die Satzung keine bestimmten Regeln hierzu enthält, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Versammlungsleiters zu entscheiden, ob er solche Gäste zulassen oder auch nach Beginn der GV/VV wieder ausschließen will. Er wird nicht ohne vernünftige Gründe die Teilnahme solcher Gäste verweigern.53 Strittig ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen Berater, z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, neben dem Mitglied ausnahmsweise einen Anspruch auf Zugang (zum Rederecht s. Rdn. 21 a.E.) zur GV haben. Entgegen der hier in der Vorauflage vertreten Ansicht ist nicht jede denkbare Konfliktsituation oder schwierige Entscheidungsfrage54 hierfür ausreichend. Grundsätzlich ist es dem Mitglied zumutbar, sich außerhalb der GV/VV selbst vorzubereiten. Aus Gründen der Sitzungseffizienz und Waffengleichheit muss die (zusätzliche) Teilnahme von Beratern auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben, z.B. wenn es um die vorläufige oder endgültige Amtsenthebung eines Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieds oder die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen ein Mitglied geht.55 Nur in diesen besonderen Fällen darf eine
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47 Beuthien GenG § 43 Rdn. 15; zu eng Müller GenG § 43 Rdn. 8. 48 Für AG BGHZ 44, 245 (251); Martens WM 1981, 1014; Gräser/Metz/Werhahn S. 36 u. 42 f. 49 Die GV kann diese Entscheidung nicht von sich aus an sich ziehen, Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 201; Martens WM 1981, 1012; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 9. 50 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 47, a.A. Beuthien GenG § 43 Rdn. 15; Müller GenG § 43 Rdn. 9, 91. 51 Vgl. Rdn. 97; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 7. 52 Vgl. BGHZ 44, 248; Gräser/Metz/Werhahn S. 11 f., 42, 77f.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 61. 53 Vgl. hierzu Müller GenG § 43 Rdn. 7. 54 So Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 51 und hier in der Vorauflage unter Berufung auf OLG Düsseldorf BB 1993, 524 zur GmbH = GmbHR 1992, 610 ff.; Müller GenG § 43 Rdn. 7. 55 Wie hier Beuthien GenG § 43 Rdn. 47.
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solche Unterstützung dem betroffenen Mitglied vom Versammlungsleiter nicht verweigert werden. Aber auch in diesen Fällen folgt aus der Zulassung zur Teilnahme kein Rederecht. § 59 Abs. 3 räumt dem Prüfungsverband das Recht ein, an jeder GV/VV, die sich mit 22 dem Prüfungsbericht befasst, beratend teilzunehmen. Der Prüfungsverband ist daher zu den GV/VV einzuladen. Unter den Voraussetzungen des § 60 hat der Prüfungsverband das Recht, eine GV/VV selbst einzuberufen und die Tagesordnung festzulegen. Aus dem Teilnahmerecht des Verbands folgt grundsätzlich auch ein Rederecht des Verbandsvertreters. Darüber hinaus entspricht es der Praxis, dass die Satzung der eG dem Vertreter des gesetzlichen Prüfungsverbands Teilnahme- und Rederecht für jede GV/VV einräumt. Ein Stimmrecht ist ausgeschlossen. Bei Kreditgenossenschaften gewährt § 44 Abs. 4 Satz 1 KWG dem von der BaFin entsandten Vertreter ein Teilnahme- und Rederecht. Nach § 44 Abs. Abs. 5 Satz 2 KWG hat die BaFin ein Recht zur Einberufung einer GV/VV (ebenfalls Einberufungsrecht für Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen) und dort ebenfalls ein Teilnahme- und Rederecht. Für die Teilnahme eines Mitglieds an der GV kann u.U. Unfallversicherungsschutz 23 aus der Sozialversicherung bestehen. Dies gilt nach Auffassung des LSG Celle v. 14.6.1956 z.B. dann, wenn ein Landwirt an einer GV teilnimmt, in der Themen erörtert werden, die für seinen Betrieb von unmittelbarer Bedeutung sind. Der Unfallversicherungsschutz erstreckt sich in diesem Fall grundsätzlich auf die Anfahrt wie auch auf den Heimweg. 2. Recht, Anträge zu stellen, Vorschlagsrecht. Begrifflich ist zwischen Anträgen 24 und Anregungen zu unterscheiden. Anregungen sind ohne weiteres und in jeder Form im Rahmen des allgemeinen Rederechts zugelassen. Bei Anträgen handelt es sich demgegenüber um das formale Ersuchen, eine Entscheidung herbeizuführen, entweder zu Tagesordnungspunkten im Rahmen der Aussprache (s. Erl. zu § 46 Rdn. 24) oder zum Ablauf der Versammlung („zur Geschäftsordnung“). Das Antragsrecht folgt aus dem Mitgliedschaftsrecht. Nichtmitgliedern steht es nicht zu. Der Prüfungsverband hat im Rahmen von § 59 Abs. 3 oder § 60 ein besonderes Antragsrecht. Dem Antragsrecht entspricht grundsätzlich ein Vorschlagsrecht z.B. für Wahlen zum 25 Aufsichtsrat. Auch dieses Vorschlagsrecht folgt aus der Mitgliedschaft und ist grundsätzlich unentziehbar. Der Vorstand als Organ hat kein Recht, Vorschläge zur Wahl des Aufsichtsrats zu machen; anders für den Aufsichtsrat bei Vorschlägen an die GV/VV (vgl. § 36 Rdn. 23). Auch einzelne Mitglieder des Vorstands haben kein Vorschlagsrecht bei Aufsichtsratswahlen. Der Vorstand muss nämlich auch schon den Anschein jeglicher Befangenheit vermeiden; näheres § 36 Rdn. 24. In den gesetzlich vorgesehenen Fällen kann die Satzung auch das Antragsrecht bindend regeln. Beispiel: Da gem. § 24 Abs. 2 S. 2 die Bestellung der Mitglieder des Vorstands durch die Satzung auf den Aufsichtsrat übertragen werden kann, muss auch eine Regelung zulässig sein, die allein dem Aufsichtsrat ein Vorschlagsrecht gibt z.B.: „Die Mitglieder des Vorstands werden von der GV/VV auf Vorschlag des Aufsichtsrats gewählt.“ Eine solche Regelung kann zweckmäßig sein, wenn ein Konsens zwischen den Organen Aufsichtsrat und GV/VV in dieser wichtigen Frage unverzichtbar erscheint. Es ist zulässig, in der Satzung konkrete Ausschlussfristen für die Einreichung von Wahlvorschlägen festzulegen. Fraglich ist, ob die Satzung auch vorsehen kann, dass weitere Erfordernisse, wie z.B. eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern, für die Einreichung von Wahlvorschlägen notwendig sind. Durch solche Regelungen darf das Recht, Wahlvorschläge zu machen, nicht in unzumutbarer Weise beschränkt werden.56 Unter diesem Gesichtspunkt ist es
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bedenklich, das Vorschlagsrecht in der GV/VV schlechthin auszuschließen, denn jedes Mitglied hat ein grundsätzlich nicht entziehbares Wahlvorschlagsrecht in der GV/VV.57 Haben Mitglieder/Vertreter Wahlvorschläge rechtzeitig eingereicht, so müssen sie daher unter Beachtung des Gebots der Chancengleichheit der GV/VV vorgetragen werden. In eine evtl. vorgesehene schriftliche Vorschlagsliste (Wahlschein) sind sie tunlichst aufzunehmen. Wegen Vorschlagsrecht der Mitglieder, die keine Vertreter sind, bei VV s. § 43a Rdn. 71. Die verfahrenstechnische Behandlung von Anträgen obliegt grundsätzlich dem Ver26 sammlungsleiter. Soweit es sich um reine Geschäftsordnungsfragen handelt, entscheidet er über den Antrag in eigener Zuständigkeit. Er entscheidet insoweit auch über die Zulässigkeit von Anträgen. Zulässig sind grundsätzlich nur solche Sachanträge, die sich auf den zur Erörterung und Beschlussfassung anstehenden Tagesordnungspunkt beziehen.58 Die Unzulässigkeit von Anträgen kann sich daraus ergeben, dass Form oder Inhalt des Antrags gegen Gesetz oder die guten Sitten verstoßen oder den ordnungsgemäßen Ablauf der GV/VV wesentlich behindern würden. Der Versammlungsleiter kann die Entscheidung über die Behandlung von Anträgen auf die GV/VV delegieren; er wird dies tun, wenn er sich z.B. wegen der Bedeutung des Antrags der Zustimmung der Mitglieder versichern will. Die GV/VV hat aber nicht das Recht, diese Entscheidung an sich zu ziehen.59 Der Versammlungsleiter kann einen zuvor abgelehnten Antrag wegen neuer Sachlage oder neuer Erkenntnis erneut zulassen.60 Für die Reihenfolge bei mehreren Anträgen gilt Folgendes: Es ist zwischen Haupt27 anträgen (dem zur Beratung stehenden eigentlichen Tagesordnungspunkt), Änderungsanträgen (Einschränkungen des Hauptantrags) und Zusatzanträgen (Erweiterungen des Hauptantrags) zu unterscheiden. Liegen derartige Anträge vor, so wird nach parlamentarischem Brauch zuerst über den Änderungsantrag und dann über den Zusatzantrag abgestimmt. Erhält keiner dieser Anträge die erforderliche Mehrheit, so kommt der Hauptantrag zur Abstimmung. Liegen mehrere konkurrierende Anträge zum gleichen Tagesordnungspunkt vor, so entspricht es jedenfalls parlamentarischen Gepflogenheiten, über den weitestgehenden zuerst abzustimmen. Beispiel: Zu dem Tagesordnungspunkt „Erhöhung des Geschäftsanteils“ liegen folgende Anträge vor: a) Erhöhung des Geschäftsanteils von € 100 auf € 500; b) Erhöhung des Geschäftsanteils von € 100 auf € 200. Der Antrag zu a) geht weiter; falls die GV diesem Antrag zustimmt, ist der Antrag zu b) damit erledigt.61 Es ist in der Praxis nicht immer leicht festzustellen, welcher Antrag weitergeht. Im Allgemeinen ist dies jener Antrag, mit dessen Annahme die anderen Anträge automatisch erledigt sind. Im Zweifel entscheidet der Versammlungsleiter; auf seinen Antrag kann auch die GV Beschluss fassen. 28 Anträge zur Geschäftsordnung betreffen den formalen Ablauf der GV/VV. Sie sind jederzeit – ggf. also auch während der Rede eines Versammlungsteilnehmers – zulässig und unverzüglich (Erweiterungen des Hauptantrags) zu behandeln, nachdem dem An-
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57 Beuthien GenG § 43 Rdn. 11; Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 39. 58 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 74; Beuthien GenG § 43 Rdn. 20, § 43 Rdn. 39; Martens WM 1981, 1015. 59 Vgl. BGHZ 44, 245; Martens WM 1981, 1012 ff.; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 43. 60 Vgl. zur Frage wiederholter Beschlussfassung Erl. unten Rdn. 57; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 37; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 42. 61 Vgl. hierzu Gräser/Metz/Werhahn S. 51 f. (S. 52: zwei Beispiele); Martens WM 1981, 1015.
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tragsteller zur Begründung des Antrags das Wort erteilt worden ist.62 Anträge zur Geschäftsordnung sind z.B. Umstellung oder Vertagung eines Punktes der Tagesordnung, Vertagung der GV/VV, Verzicht auf weitere Aussprache, Schließung der Rednerliste (es sprechen nur noch die Versammlungsteilnehmer, die bereits um das Wort gebeten haben), Schluss der Debatte (es soll unabhängig von noch vorliegenden Wortmeldungen niemand mehr das Wort erhalten), Begrenzung bzw. Festsetzung der Redezeit (es soll unabhängig von noch vorliegenden Wortmeldungen niemand mehr das Wort erhalten). Die Zuständigkeit für die sachliche Entscheidung der Anträge richtet sich nach allgemeinen Gesichtspunkten und parlamentarischen Gepflogenheiten (siehe Erl. unten Rdn. 50 ff.). 3. Rederecht. Das Rederecht hat den Zweck, die Meinungsbildung in der GV/VV zu 29 fördern. Es steht in der GV naturgemäß nur Mitgliedern, deren Bevollmächtigten (nicht aber ausnahmsweise zugelassenen Beratern, vgl. Rdn. 21) oder gesetzlichen Vertretern und Vertretern des Prüfungsverbands in den Fällen der §§ 59 und 60 zu. Bei einer VV haben grds. nur die Vertreter Rederecht, die anderen Mitglieder nur in den in § 45 genannten Ausnahmefällen (s. Erl. dort). Über die Worterteilung an Gäste entscheidet der Versammlungsleiter. Das Rederecht kann einem Mitglied von Vorstand bzw. Aufsichtsrat nicht durch Beschlussfassung der GV/VV entzogen werden. Das Rederecht bezieht sich jeweils auf den zur Verhandlung und Entscheidung an- 30 stehenden Tagesordnungspunkt bzw. außerhalb der Tagesordnungspunkte auf Anträge zur Geschäftsordnung. Es ist Angelegenheit des Versammlungsleiters, Missbräuche des Rederechts zu verhindern. Erforderlichenfalls kann er im Rahmen seiner Leitungskompetenz das Wort entziehen, z.B. wenn die festgelegte Redezeit überschritten ist, wenn Ausführungen gemacht werden, die nicht zum Beratungsgegenstand gehören oder wenn der Redner ausfällige oder beleidigende Bemerkungen macht.63 Vor der Wortentziehung muss das Mitglied grundsätzlich abgemahnt werden. Die GV/VV selbst hat hier keine Entscheidungskompetenz, es sei denn, der Versammlungsleiter erbittet diese Entscheidung.64 Umstritten ist, ob die generelle Beschränkung der Redezeit vom Versammlungsleiter angeordnet werden kann.65 Nach der hier vertretenen Ansicht ist dies als zu weit gehend zu verneinen, da die Beschränkung der Redezeit zugleich eine Einschränkung des Auskunftsrechts beinhalten kann. Die Redezeit kann daher grds. nur durch Beschluss der GV/VV in für alle Mitglieder gleicher Weise beschränkt werden. Keine Bedenken bestehen aber, wenn der Versammlungsleiter eine generelle Redezeitbeschränkung verkündet und die GV/VV dem nicht widerspricht (Annahme per stillschweigende Akklamation). Widerspricht ein Teilnehmer, ist ein GV/VV-Beschluss herbeizuführen. Der Versammlungsleiter kann aber jedenfalls die Redezeit für einzelne Teilnehmer beschränken, wenn dies zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Tagesordnung erforderlich erscheint.66 Diese Maßnahme bietet sich z.B. an, wenn sich der Teilnehmer ständig wiederholt und keine neuen Ausführungen zu erwarten sind.67 Bei Gästen bedarf die Wortentziehung keiner besonderen Begründung.68 Nach einer Wortentziehung verbleibt dem Teilnehmer grundsätzlich noch das Recht, Fragen zu stellen; darauf muss nicht aus-
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62 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 75. 63 Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 67. 64 H.M.; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 12. 65 Bejaht von Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 64; BerlKomm/Keßler § 43 Rdn. 65; Müller GenG § 43 Rdn. 13; für die AG h.M., vgl. Hüffer AktG § 129 Rdn. 20; LG Köln DB 2005, 2067. 66 Hüffer AktG § 129 Rdn. 24. 67 Vgl. BGHZ 44, 247; Müller GenG § 43 Rdn. 14; siehe Erl. unter Rdn. 127. 68 Vgl. Gräser/Metz/Werhahn S. 77 f.
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drücklich hingewiesen werden.69 Bei Kreditgenossenschaften räumt § 44 Abs. 4 Satz 2 bzw. Abs. 5 Satz 3 KWG Vertretern der BaFin ein Rederecht ein. 4. Auskunftsrecht.70 Die Mitglieder/Vertreter haben in der GV/VV ein Auskunftsrecht über Angelegenheiten der eG, soweit die Auskunft zur Meinungsbildung oder zur ordnungsgemäßen Erledigung von Tagesordnungspunkten erforderlich ist.71 Grundlage dieses Anspruchs ist das gesellschaftsrechtliche Verhältnis zwischen eG und Mitglied, wobei Besonderheiten der genossenschaftsrechtlichen Struktur auch für Inhalt und Umfang des Auskunftsrechts bestimmend sind.72 Dies gilt im Hinblick auf den Förderzweck des Unternehmens und die insbesondere in § 43 zum Ausdruck gekommene Rechtsstellung der Mitglieder.73 Das Auskunftsrecht ist nicht abhängig von einem Beschluss der GV; es ist insoweit nicht durch Mehrheitsentscheidung entziehbar.74 Das Motiv für ein Auskunftsverlangen ist schwer nachprüfbar und daher nicht entscheidend. Das Auskunftsverlangen muss grundsätzlich nicht begründet werden.75 Unklare Fragen müssen aufgeklärt werden.76 Auskunft kann für die eigene Meinungsbildung wesentlich sein oder auch dafür, die gesamte Versammlung zu überzeugen.77 Anspruch auf Auskunft hat jedes Mitglied/jeder Vertreter; die Auskunft ist grund32 sätzlich in der GV/VV zu erteilen.78 Ein Anspruch auf Auskunftserteilung außerhalb der GV wäre jedoch in Ausnahmefällen denkbar (vgl. unten Rdn. 36 f.); dies gilt immer dann, wenn ohne diese Auskunft wichtige Mitgliedschaftsrechte nicht ausgeübt werden könnten.79 Ob noch Auskunft zu erteilen ist, wenn der Anfragende die GV/VV bereits verlassen hat, wird nicht einheitlich beurteilt. Sinnvoll erscheint eine Differenzierung: Die Fragen müssen in diesem Fall nur dann beantwortet werden, wenn der Fragesteller weiter durch einen anwesenden Bevollmächtigten vertreten wird oder wenn ein anderes anwesendes Mitglied sich die gestellten Fragen zu Eigen macht.80 Werden einem Mitglied/Vertreter in der GV/VV Auskünfte vorenthalten, die aus der Sicht eines objektiv urteilenden Mitglieds in der Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung des Beschlussgegenstands erforderlich sind, rechtfertigt dies die Anfechtung des Beschlusses.81 Dabei kommt es nicht darauf an, ob der tatsächliche Inhalt der verweigerten Auskunft das Mitglied von seiner Zustimmung zu dem zu fassenden Beschluss abgehalten hätte.82 33 Das Auskunftsrecht bezieht sich regelmäßig auf zur Verhandlung oder Entscheidung anstehende Tagesordnungspunkte. Fragen im Zusammenhang mit der Entlastung von 31
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69 LG Stuttgart WuB II A. § 119 AktG 1.95. 70 Allgemein zum Auskunftsrecht: Martens WM 1981, 1018 ff.; wegen Strafbarkeit falscher Auskünfte vgl. § 147 Abs. 2; Hanke Zum Auskunftsrecht des Mitglieds in der Mitgliederversammlung unter Berücksichtigung der Mustersatzung für Wohnungsbaugenossenschaften; Gräser/Metz/Werhahn S. 68 ff.; Aepfelbach Bankinformation Heft 8 1984, S. 7 ff.; Reuter Das Auskunftsrecht des Aktionärs – neuere Rechtsprechung zu § 131 AktG, DB 1988, 2615; OLG Düsseldorf BB 1990, 1998. 71 Für GmbH OLG Stuttgart ZIP 1983, 306. 72 Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 79 (zum Inhalt), Rdn. 87 (zum Umfang). 73 Vgl. Paulick S. 244. 74 Zutreffend LG Darmstadt Urt. v. 1.12.1961, Az. 1 O 203/61; Beuthien GenG § 43 Rdn. 17. 75 Beuthien GenG § 43 Rdn. 17. 76 LG München AG 1987, 159, 162. 77 So für die AG OLG Düsseldorf AG 1987, 23. 78 Müller GenG § 43 Rdn. 16. 79 Zu eng Müller GenG § 43 Rdn. 16; vgl. Erl. zu § 18 Rdn. 10. 80 So auch Simon AG 1996, 540. 81 BGH Urt. v. 18.10.2004, Az. II ZR 250/02, NJW 2005, 828 = BB 2005, 65 (zur AG); nähere Erl. in § 51 Rdn. 24, Einzelfälle Rdn. 27. 82 BGH Urt. v. 18.10.2004, Az. II ZR 250/02, NJW 2005, 828 = BB 2005, 65 (zur AG): Entscheidend ist die „Relevanz“; Näheres unter § 51 Rdn. 27.
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Generalversammlung, Stimmrecht der Mitglieder | § 43
Vorstand oder Aufsichtsrat können für den Zeitraum des alten und laufenden Geschäftsjahres gestellt werden,83 nicht aber für ein einen Zeitraum, für den bereits Entlastung erteilt wurde.84 Die Grenze ist weit zu ziehen; der Sachzusammenhang wird im Zweifel vermutet.85 Unter Beachtung des genossenschaftlichen Grundsatzes der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung muss den Mitgliedern ein weitgehendes Auskunftsrecht eingeräumt werden. Soweit ein gerechtfertigtes Bedürfnis besteht, außerhalb der Tagesordnung über wichtige Vorgänge im Bereich der eG unterrichtet zu werden, besteht gleichfalls ein Auskunftsrecht.86 Gegenstand des Auskunftsrechts können die tatsächlichen oder rechtlichen Ver- 34 hältnisse der eG, die Tätigkeit von Vorstand oder Aufsichtsrat sein oder auch persönliche Angelegenheiten von Organträgern, soweit die Auskunft für eine Meinungsbildung im Rahmen der Zuständigkeit der GV/VV erforderlich ist,87 dabei sind großzügige Maßstäbe anzulegen.88 Dieses Recht kann nicht darauf beschränkt werden, ob die Auskunft für die Beschlussfassung über einen konkreten Tagesordnungspunkt erheblich ist.89 Die Auskunft hat im Allgemeinen der Vorstand zu erteilen. Es kann aber durchaus 35 gerechtfertigt sein, dass z.B. der Aufsichtsratsvorsitzende im Namen des Aufsichtsrats stellung bezieht zu Fragen, für die der Aufsichtsrat zuständig ist.90 Sachgerecht dürfte die Auffassung sein, wonach der Vertreter des Organs auskunftspflichtig ist, dessen Aufgabenbereich von der Frage betroffen ist. Soweit es um besondere Fachfragen geht, kann z.B. der Versammlungsleiter einen Vertreter des Prüfungsverbandes oder einen sonstigen sachverständigen Dritten um Auskunft bitten. Wenn der Vorstand für die eG mit dieser Auskunft nicht einverstanden ist, hat er stets das Recht und ggf. auch die Pflicht, seine eigene Auffassung vorzutragen. Eine formelle Beschlussfassung, z.B. im Vorstand auf ein Auskunftsersuchen in der GV/VV, dürfte nur schwer realisierbar und im Allgemeinen auch nicht erforderlich sein.91 Die Auskunft ist in der GV/VV grundsätzlich mündlich zu erteilen. Kann eine 36 Auskunft schneller und zuverlässiger durch Auslegung entsprechender schriftlicher Informationen erfolgen, ist der Verweis hierauf zulässig und ausreichend.92 In besonderen Ausnahmefällen kann das anfragende Mitglied ein berechtigtes Interesse daran haben, dass ihm schriftlich Auskunft erteilt wird, z.B. aus Gründen der Beweissicherung. Grundsätzlich besteht keine Verpflichtung, die erteilte Auskunft z.B. durch Urkundeneinsicht zu belegen;93 in Einzelfällen kann dies jedoch geboten sein.94 Regelungen in der Satzung über das Einsichtsrecht können als sachgerecht zulässig sein,
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83 BGHZ 32, 159, 164. 84 LG Dortmund AG 1987, 190, 191. 85 Vgl. RGZ 167, 165; LG Darmstadt Urt. v. 1.12.1961, Az. 1 O 203/61. 86 Gräser/Metz/Werhahn S. 69: kein Anspruch aber in Ausnahmefälen konfliktlösend und damit interessengerecht; formale Gesichtspunkte des Aktienrechts sind nicht ohne weiteres übertragbar; daher zu eng Müller GenG § 43 Rdn. 117. 87 Vgl. für AG OLG Düsseldorf AG 1987, 21; Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 86; Müller GenG § 43 Rdn. 18 ff. 88 Beuthien GenG § 43 Rdn. 17. 89 A.A. Müller GenG § 43 Rdn. 17. 90 Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 89; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 24 und, wegen des Wortlauts des § 131 ganz h.M. im Aktienrecht, vgl. Hüffer AktG § 131 Anm. 6. 91 Zu eng Müller GenG § 43 Rdn. 25. 92 BGH Urt. v. 9.2.1978, Az. II ZR 119/86, DB 1987, 2033, 2035. 93 Beuthien GenG § 43 Rdn. 18; BGH DB 1987 2033 (2035) zur AG. 94 Zu eng Barz BB 1957, 1254; Müller GenG § 43 Rdn. 27.
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wenn eine schrankenlose Ausübung des Einsichtsrechts zu einer Störung des Geschäftsbetriebs führen würde.95 Bedarf eine Frage umfassender Vorbereitung des Vorstands, ist sie rechtzeitig vor der GV/VV zu stellen,96 anderenfalls kann der Vorstand auf eine spätere (ggf. schriftliche) Beantwortung verweisen. Inhaltlich muss die Auskunft den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen 37 Rechenschaft entsprechen (vgl. § 131 Abs. 2 AktG). Sie muss inhaltlich richtig, vollständig und so klar formuliert sein, dass sie die Mitglieder richtig verstehen können. Ggf. ist der Vorstand bzw. der Auskunftserteilende verpflichtet, zur Ergänzung seiner Kenntnisse Nachforschungen anzustellen. Soweit dies in der GV/VV nicht möglich ist, könnte die Auskunft unter diesem Vorbehalt erteilt werden mit dem Angebot, die Mitglieder z.B. durch Rundschreiben nachträglich zu unterrichten. Wegen Strafbarkeit falscher Auskünfte vgl. § 147. Bei der Frage des Rechts zur Auskunftsverweigerung ist das besondere Treue38 verhältnis zwischen der eG und ihren Mitgliedern zu beachten. Es ist grundsätzlich Auskunft zu erteilen, es sei denn, dass übergeordnete Interessen oder gesetzliche Regelungen dem entgegenstehen.97 Auch der Inhaber des Fragerechts ist diesem Treuegebot unterworfen;98 eine Frage wäre unzulässig, wenn sie z.B. im Sinne einer Schikane allein den Zweck verfolgen sollte, bestimmte Personen bloßzustellen. Das Recht auf Auskunft unterliegt allgemein dem Verbot missbräuchlicher Ausübung (§ 242 BGB).99 Ist eine Auskunftserteilung für die übrigen Mitglieder nicht von Interesse und aufgrund ihrer Umfänglichkeit unzumutbar, kann sie verweigert werden.100 Es dürfte nicht sachgerecht sein, die in § 131 Abs. 3 AktG aufgeführten Gründe, aus denen die Auskunft verweigert werden kann, analog auf die eG anzuwenden;101 dieses Verfahren würde den besonderen Charakter der Beziehung zwischen eG und Mitglied verkennen. Dennoch enthält auch § 131 Abs. 3 AktG solche Fälle, die allgemeinen Grundsätzen des Gesellschaftsrechts entsprechen. Die Auskunft kann – und muss – verweigert werden, wenn ihre Erteilung zu einer nicht unerheblichen Schädigung der eG führen könnte. Entscheidend sind zunächst die Interessen der Mitglieder, erst dann die der Öffentlichkeit. Rechtsprechung zum Aktienrecht ist nur eingeschränkt übertragbar.102 Die Verweigerung ist nicht gerechtfertigt, wenn „bestimmte Tatsachen objektiv den hinreichenden Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzungen der Verwaltung begründen und die Auskunft dazu geeignet sein kann, den Verdacht zu erhärten“; in diesem Fall kann sich der Vorstand nicht auf übergeordnete Interessen der eG berufen.103 Im Einzelfall ist das Interesse des Auskunftsberechtigten und der eG als Unternehmen aller Mitglieder abzuwägen. Die Auskunft ist zu verweigern, wenn sich der Auskunft Gebende mit Erteilung der Auskunft strafbar machen oder gegen sonstige gesetzliche Bestimmungen verstoßen würde. In diesem Zusammenhang kommt z.B. dem Bankgeheimnis oder sonstigen Betriebsgeheimnissen, auch ohne Datenschutz, besondere Bedeutung zu. Auch der Gedanke des Persönlichkeitsschutzes kann für das Auskunftsrecht eine Grenze setzen. Inwieweit
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95 BGHZ 65, 15, 18; s. § 16 Rdn. 3. Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 96; a.A. Beuthien GenG § 43 Rdn. 18. 96 BGHZ 32, 159, 166. 97 Vgl. Müller GenG § 43 Rdn. 29; Martens WM 1981, 1021; für GmbH OLG Stuttgart ZIP 1983, 306. 98 Hüffer AktG § 131 Rdn. 33 ff. 99 BayObLG Beschl. v. 27.10.1988, Az. 3 Z 100/88, DB 1988, 2504 (2505) für GmbH. 100 OLG Frankfurt Beschl. v. 22.7.1983 20, Az. W 843/82, DB 1983, 2184; LG München AG 1987, 185, 189. 101 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 95. 102 Vgl. BGH AG 1987, 344. 103 Für die AG BGH Urt. v. 29.11.1982, Az. II ZR 88/81, DB 1983, 273.
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vor der GV/VV Auskunft über die persönlichen Verhältnisse von Organmitgliedern gegeben werden muss, ist eine Frage des Einzelfalles. Fragen, z.B. nach Vorstrafen, Gesundheitszustand und sonstigen persönlichen Umständen sind nur zulässig, wenn die Auskunft für eine anstehende Entscheidung notwendig ist und nicht in unzumutbarer Weise in persönliche Belange eingreift.104 Die Frage nach den Bezügen der einzelnen Organmitglieder ist grundsätzlich nicht zulässig.105 Da es hier um persönliche Bereiche geht, dürfte das Auskunftsverlangen nur gerechtfertigt sein, wenn gerade diese Auskunft zur Entscheidungsfindung unverzichtbar erforderlich ist; denkbar z.B. bei Entlastung. Auch die Angaben über die Gesamtbezüge des Vorstands oder des Aufsichtsrats (§ 285 Nr. 9 HGB) können – und müssen – unterbleiben, wenn sich daraus das Einkommen einzelner Personen in den Organen feststellen lässt (§ 286 Abs. 4 HGB; verfassungsrechtlicher Grundsatz als Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“).106 Es muss dabei nicht der genaue Betrag zu ermitteln sein; für die Verweigerung der Auskunft genügt es, wenn sich konkrete Schlüsse auf das Einkommen einzelner Personen ziehen lassen. Beispiele: Gesamtbezüge des Aufsichtsrats, wenn bekannt ist, dass jedes Aufsichtsratsmitglied die gleiche Vergütung erhält; Gesamtbezüge des Vorstands, wenn neben ehrenamtlichen nur ein hauptamtliches Vorstandsmitglied vorhanden ist. Es sind für die eG im Allgemeinen keine Gründe erkennbar, warum (analog § 131 39 Abs. 3 Nr. 2 AktG) die Auskunft über steuerliche Wertansätze gegenüber den Mitgliedern schlechthin verweigert werden sollte. Hierbei ist zu beachten, dass die GV/VV (anders als im Aktienrecht, wo Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluss feststellen, §§ 148, 172 AktG) den gesamten Jahresabschluss eigenverantwortlich zu beschließen hat. Auch die Rechtsprechung hat klargestellt, dass es zur sachgemäßen Beurteilung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts erforderlich sei, Auskunft über die Höhe der Erträge aus der Auflösung von Abschreibungen und Wertberichtigungen, sowie über die Höhe der Aufwendungen für deren Bildung und über die Höhe der Rückstellungen im Kreditgeschäft zu erhalten.107 Mit Recht wird jedoch darauf hingewiesen, dass z.B. bei Kreditinstituten, also auch bei Genossenschaftsbanken, dem Vertrauensschutz im Verhältnis zur Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zukomme.108 Bei einer Anfrage zu solchen Wertansätzen hat der Vorstand einer eG besonders sorgfältig die schutzwürdigen Interessen des Unternehmens abzuwägen gegenüber dem Auskunftsinteresse der Mitglieder. Er darf dabei nicht übersehen, dass die Mitglieder als Träger des Unternehmens grundsätzlich auch identisch mit den Kunden sind (Identitätsprinzip). Ggf. muss möglichst dafür Sorge getragen werden, dass erforderliche Informationen auf den Kreis der Mitglieder beschränkt bleiben. Oft können und dürfen konkrete Zahlen nicht genannt werden. Die Benennung von Relativzahlen kann sinnvoll sein, z.B. Wertberichtigungsbedarf unter 1% der Ausleihungen. Im Übrigen kann die Satzung der eG Einzelheiten über das Auskunftsrecht und die 40 Möglichkeit der Auskunftsverweigerung bestimmen.109 § 18 steht dem nicht entgegen, da das Gesetz keine Regelung enthält. Auch eine Regelung in der Satzung unterliegt dem
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104 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 88a. 105 Vgl. Müller GenG § 43 Rdn. 18. 106 BVerfG Urt. v. 25.12.1983, Az. 1 BvR 209/83 „Volkszählungsgesetz“ BVerGE 65, 1 = NJW 1984, 419 m. Anm. Simitis NJW 1984, 398; Schaffland/Wiltfang BDSG, § 1 Rdn. 2 ff. 107 OLG Frankfurt Beschl. v. 18.2.1981, Az. 20 W 201/80, BB 1981, 712. 108 Wegen Auskunftspflicht und Auskunftsverweigerungsrecht für die Aktienbank vgl. OLG Frankfurt Urt. v. 15.4.1986, Az. 5 U 191/84, ZIP 1986, 1244; Reischauer/Kleinhans KWG § 26a Rdn. 15; wegen Bewertungsfragen im Aktienrecht BGH BB 1983, 169. 109 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 96; a.A. Beuthien GenG § 43 Rdn. 18 und für AG wegen § 23 Abs. 5 AktG Hüffer AktG § 131 Rdn. 1, 2a.
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Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB); die Satzung kann keine Beschränkungen enthalten, die das Auskunftsrecht „in seinem Kern verkürzen würde“.110 Gründe für eine Auskunftsverweigerung gemäß Mustersatzung sind gegeben 40a – wenn die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der eG einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen; – wenn die Fragen steuerliche Wertansätze oder die Höhe einzelner Steuern betreffen; – wenn die Erteilung der Auskunft strafbar wäre oder eine gesetzliche, satzungsmäßige oder vertragliche Geheimhaltungspflicht verletzt würde; – wenn das Auskunftsverlangen die persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Dritten betrifft; – wenn es sich um arbeitsvertragliche Vereinbarungen mit Vorstandsmitgliedern oder Mitarbeitern der eG handelt; – wenn die Verlesung von Schriftstücken zu einer unzumutbaren Verlängerung der GV/VV führen würde. 41
Erforderlichenfalls kann die Auskunft durch Klage erzwungen werden.111 Entsprechend § 132 Abs. 2 AktG setzt die Leistungsklage Widerspruch zu Protokoll voraus. Das Urteil wäre nach § 888 ZPO zu vollstrecken. Die Vollstreckung ist jedoch ausgeschlossen, wenn zu diesem Zeitpunkt die Mitgliedschaft nicht mehr besteht. Dieser Tatbestand kann im Wege der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend gemacht werden. Die unberechtigte Verweigerung der Auskunft macht die Beschlüsse unter den Voraussetzungen von § 51 anfechtbar.112 Der Vorstand kann schadensersatzpflichtig sein.113
5. Stimmrecht. Gem. § 43 Abs. 1 erfolgt die Willensbildung im gesellschaftsrechtlichen Bereich durch Beschlussfassung in der GV/VV. Jedes Mitglied soll sein Stimmrecht persönlich ausüben (§ 43 Abs. 4 S. 1). Eine Meinungsbildung der Mitglieder außerhalb der GV/VV ist genossenschaftsrechtlich ohne Bedeutung. Das Stimmrecht ist das jedem Mitglied in gleicher Weise zustehende gesellschaftsrechtliche Grundrecht; es ist unentziehbar und nicht einzuschränken, soweit nicht Sachverhalte von § 43 Abs. 6 oder § 68 Abs. 2 S. 2 vorliegen. 43 Jedes Mitglied hat grundsätzlich eine Stimme, unabhängig von der Anzahl der übernommenen Geschäftsanteile oder der Höhe des Geschäftsguthabens (wegen Mehrstimmrechten vgl. unten Rdn. 69 ff.). Das Stimmrecht nicht voll geschäftsfähiger, natürlicher Personen und juristischer Personen wird durch ihre gesetzlichen Vertreter ausgeübt, das Stimmrecht von Personengesellschaften durch vertretungsberechtigte Gesellschafter (vgl. Rdn. 15 ff.). Bei Gesamthandsgemeinschaften, wie z.B. bei der Erbengemeinschaft, steht das Stimmrecht allen gemeinschaftlich zu; es kann nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausgeübt werden (§ 77 Abs. 1 S. 3). Erstreckt sich eine Testamentsvollstreckung auf den Anteil an der eG, so übt der Testamentsvollstrecker das Stimmrecht aus.114 Bei Nachlassverwaltung übt der Nachlassverwalter das Stimmrecht aus. 42
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110 Vgl. BayObLG DB 1988, 2504. 111 Vgl. BGH Urt. v. 29.11.1982, Az. II ZR 88/81, DB 1983, 273; Müller GenG § 43 Rdn. 35; Beck Gen-HB/ Gätsch § 5 Rdn. 165. 112 BGHZ 36, 121, 139; OLG Celle WM 1972, 1005, 1014; LG Darmstadt Urt. v. 1.12.1961, Az. 1 O 03/61. 113 Beuthien GenG § 43 Rdn. 19. 114 Vgl. BGH Urt. v. 10.6.1959, Az. V ZR 25/58, NJW 1959, 1820–1822 (= DB 1959, 911–12); OLG Hamm BB 1956, 511.
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In der Insolvenz eines Mitglieds wird das Stimmrecht durch den Insolvenzverwal- 44 ter ausgeübt (§ 80 Abs. 1 InsO).115 Bei juristischen Personen und Personengesellschaften bedeutet die Neufassung des § 77a, dass das Stimmrecht mit Ablauf des Geschäftsjahrs erlischt, in dem die Auflösung oder das Erlöschen wirksam geworden sind. Die Ausübung des Stimmrechts durch die Mitglieder unterliegt dem eigenen pflicht- 45 gemäßen Ermessen unter Beachtung der genossenschaftlichen Treuepflicht.116 Die Berücksichtigung eigener Interessen unter Abwägung der Interessen der eG muss noch nicht einen Verstoß gegen die Treuepflicht darstellen; das Mitglied muss sich nicht ausschließlich am Wohl der eG orientieren.117 Eine Stimmabgabe allein zu dem Zweck, die eG zu schädigen oder dem Vorstand Schwierigkeiten zu bereiten, ist mit der Treuepflicht grundsätzlich nicht vereinbar.118 Nach BGH119 kann die Treuepflicht die Zustimmung zur Abberufung eines Geschäftsführers gebieten, wenn in der Person liegende wichtige Gründe dessen Verbleiben in der Organstellung unzumutbar machen; eine Stimmabgabe entgegen dieser Bindung kann nichtig sein.120 Im Übrigen wird ein Verstoß gegen die Treuepflicht nicht zur Nichtigkeit der Stimmabgabe, sondern allenfalls zu Ersatzansprüchen führen. Stimmbindungsverträge im Gesellschaftsrecht können zum Inhalt haben, das 46 Stimmrecht nach Weisung eines Dritten auszuüben oder sich bei Abstimmungen und Wahlen in vorher bestimmter Weise zu verhalten.121 Stimmbindungsverträge bei eG werden in der Literatur – wenn auch in engen Grenzen – für zulässig gehalten.122 Dagegen bestehen Bedenken: Ohne ausreichende Differenzierung werden die zum Aktienrecht entwickelten Grundsätze auf das Genossenschaftsrecht übertragen. Gerade im Bereich des Stimmrechts als der bedeutsamen Auswirkung der personalen und förderwirtschaftlichen Beziehung zwischen Mitglied und eG (s. § 1 Rdn. 3, 4) verbietet sich hier eine Analogie zum Aktienrecht oder anderen Formen des Gesellschaftsrechts. Unmittelbar aus dem Gesetz ergibt sich: Das GenG sieht als Grundsatz in § 43 Abs. 4 S. 1 ausdrücklich vor, dass die Mitglieder ihr Stimmrecht persönlich ausüben sollen; sie sollen dabei frei von Bindungen an fremde Interessen nach eigener Überzeugung entscheiden. Im Gegensatz dazu geht das Aktienrecht grundsätzlich von der Möglichkeit der Übertragung des Stimmrechts aus (§ 134 Abs. 3 S. 1 AktG). Die Mitglieder einer eG unterliegen darüber hinaus einer besonderen genossenschaftlichen Treuepflicht (s. § 18 Rdn. 38 ff.) und das Postulat einer gemeinschaftlichen Entscheidung in der GV/VV hat im GenG einen besonderen Rang.123 Dies dürfte einer Vereinbarung entgegenstehen, sich bei Beschlüssen und Wahlen den Weisungen anderer Personen zu unterwerfen oder sich für die Zukunft gemäß einer Absprache zu verhalten – unabhängig davon, ob sich dies mit den Interessen der eG in der jeweils konkreten Entscheidungslage vereinbaren lässt.124 Diese Erwä-
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115 A.A. noch die Vorauflage, wie hier OLG München DB 2010, 2217 zur GmbH; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 43 Rdn. 155; Beuthien GenG § 43 Rdn. 32 beide mit Verweis auf den vermögensrechtlichen Gehalt der Mitgliedschaft. 116 S. dazu BGH GW 1982, S. 532, 543 betr. die Zustimmung zu einer Satzungsänderung, wenn dies mit keinem wirtschaftlichen Nachteil für das Mitglied verbunden ist, aber erforderlich ist, um die eG vor der ihre Existenz gefährdenden Entziehung der Gemeinnützigkeit zu bewahren. 117 Vgl. BGHZ 14, 38. 118 Vgl. Müller GenG § 43 Rdn. 61; näher: Neumann zitiert unter Fn. 3. 119 BGH, Urt. v. 19.11.1990, Az. II ZR 88/89, DB 1881, 486–487 (= ZIP 1991, 23–24). 120 Vgl. auch BGHZ 64, 253, 257; BGHZ 68, 81, 82; wegen Treuepflicht § 18 Rdn. 43. 121 Zluhan AcP 128, 62 ff. 122 Vgl. frühere Auflagen; Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 185 ff.; Beuthien GenG § 43 Rdn. 22; Müller GenG § 43 Rdn. 80. 123 Müller GenG § 43 Rdn. 82. 124 Im Ergebnis so auch zutreffend Müller GenG § 43 Rdn. 82.
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gungen sprechen generell gegen die Zulassung von Stimmrechtsbindungen bei eG. Im Gegensatz zur AG sind auch kaum Sachverhalte denkbar, in denen eine Stimmbindung – abgesehen von dem Sonderfall der Bevollmächtigung – erforderlich und gerechtfertigt erscheint. Gegenüber Nichtmitgliedern ist eine vertragliche Stimmbindung in jedem Fall ausgeschlossen. 125 Diese Personen unterliegen nicht der genossenschaftlichen Treuepflicht; die Bindung wäre auch ein Widerspruch zum Grundsatz der genossenschaftlichen Selbstverwaltung. Unzulässig ist auch eine Stimmbindung zwischen einem Mitglied und der eG oder mit Organmitgliedern zu dem Zweck, im Sinne der Organe abzustimmen.126 Unzulässig und nichtig nach § 134 BGB sind Stimmbindungen, die den Straftatbestand des § 152 (Stimmenkauf) erfüllen, also in Zusammenhang mit einer verbotenen Vorteilsgewährung stehen.127 Stimmbindungsverträge, die gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen, sind nichtig,128 so z.B. bei Machtmissbrauch ohne Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen der eG oder anderer Mitglieder. Unzulässig und im Widerspruch zum Gebot der guten Sitten und dem Gebot der genossenschaftlichen Solidarität wäre die Bildung von Mehrheitsblöcken, um dadurch jeweils den eigenen Willen durchzusetzen.129 Die Zulässigkeit von Wahlabsprachen ist differenziert zu beurteilen. Sie müssen 47 bedenklich sein, wenn dadurch die freie Willensentscheidung der Mitglieder beeinträchtigt wird. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn eine vorherige Festlegung auf bestimmte Personen oder Programme verhindert, dass auf der Grundlage neuer Informationen und nach Austausch der Argumente in der GV/VV eine eigenverantwortliche Entscheidung getroffen werden kann. Hier ergäbe sich ein Widerspruch zu § 43 Abs. 1, wonach die Mitglieder ihre Rechte, also die Stimm- und Wahlrechte, in der GV/VV ausüben; vorherige Festlegungen außerhalb der GV/VV würden jede Information und Aussprache in der GV sinnlos machen.130 Wahlbündnisse aus eigennützigem Interesse, die nicht das Wohl der eG zum Ziele haben, verstoßen gegen das Treuegebot; dies z.B. dann, wenn damit das Ziel verfolgt wird, ungeachtet der erforderlichen Qualifikation in ein Organ der eG gewählt zu werden. Entsprechendes muss gelten, wenn ohne sachliche Rechtfertigung Absprachen getroffen werden, die den Vorstand zu Maßnahmen zwingen sollen, die unternehmerisch nicht vertretbar sind. 48 Verpflichtungen aus rechtswirksamen Stimmbindungsverträgen sind grundsätzlich einklagbar und vollstreckbar.131 Die Satzung kann Stimmbindungsverträge untersagen. 49 III. Die Willensbildung durch Beschlussfassung (Abs. 2) 50
1. Beschlussfassung. Der Beschluss ist ein förmliches Verfahren zur Feststellung der Meinung der GV/VV. Da das Gesetz hierzu keine Vorschriften enthält, kann die Satzung unter Beachtung demokratischer Grundsätze Einzelheiten regeln. Es handelt sich rechtlich um einen „Gesamtakt“, also eine Anzahl gleichgerichteter Willenserklärungen.
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125 Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 187; a.A. Beuthien GenG § 43 Rdn. 22; ders. in: Mestmäcker/ Behrens Das GesR der Konzerne im int. Vergleich, S. 158; Müller GenG § 43 Rdn. 80. 126 Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 186. 127 Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 189; Beuthien GenG § 43 Rdn. 22. 128 Beuthien GenG § 43 Rdn. 22. 129 Müller GenG § 43 Rdn. 82; Zluhan AcP 128, 264; nicht stets sittenwidrig: Beuthien GenG § 43 Rdn. 22, Blockbildung für alle GV Beschlüsse aber bedenklich. 130 Im Ergebnis auch Müller GenG § 43 Rdn. 82. 131 Vgl. BGHZ 48, 163; Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 193 (Leistungsklage); BerlKomm/Keßler § 43 Rdn. 93; Müller GenG § 43 Rdn. 86.
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Für Auslegungsfragen kommen daher die Grundsätze rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen zur Anwendung. Es ist Aufgabe des Versammlungsleiters darauf hinzuwirken, dass der Beschlussinhalt möglichst eindeutig ist. Für die Beschlussfähigkeit der GV/VV enthält das Gesetz keine Vorschriften. Die 51 Satzung kann im Rahmen von § 8 Abs. 1 Nr. 4 Voraussetzungen für die Beschlussfähigkeit aufstellen. Wenn die Beschlussfähigkeit in der Satzung nicht geregelt ist, besteht bei der GV stets Beschlussfähigkeit. (Hins. der Beschlussfähigkeit der VV s. Erl. § 43a Rdn. 50.) Auch wenn die Satzung hins. der GV keine Regelung enthält, ist davon auszugehen, dass für eine „Versammlung“ mindestens 3 Mitglieder anwesend sein müssen (anders beim Aufsichtsrat, vgl. § 36 Rdn. 63); diese können auch Vorstand oder Aufsichtsrat angehören.132 Unter dieser Voraussetzung der Beschlussfähigkeit können Beschlüsse aber auch mit einer gültigen Stimme wirksam gefasst werden (z.B. eine Ja- oder NeinStimme bei Enthaltung aller anderen anwesenden Mitglieder). Fehlende Beschlussfähigkeit ist ein Anfechtungsgrund, wenn gleichwohl der Beschluss gefasst wurde (s. Erl. § 51 Rdn. 27 „Einzelfälle“). Die Beschlussfassung kann offen (durch Handzeichen, Erheben der Stimmkarte, Zu- 52 ruf) oder auch geheim (durch Stimmzettel) durchgeführt werden. Soweit die Satzung hierzu keine Regelungen enthält, bestimmt der Versammlungsleiter das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen. Grundsätzlich ist auf Antrag der Mitglieder darüber abzustimmen, ob geheime Wahl oder Abstimmung durchzuführen ist. Bei Wahlen kann geheime Stimmabgabe ratsam erscheinen, um ein unbeeinflusstes Wahlverhalten zu gewährleisten.133 Es gibt jedoch keinen Rechtsgrundsatz, dass Wahlen immer geheim zu erfolgen haben.134 Insbesondere ist der Grundsatz der freien und geheimen Wahl der Art. 28 und 38 GG nicht auf Wahlen in Vereinen oder Gesellschaften übertragbar. Bei staatlichen Wahlen geht es um den Ausschluss hoheitlichen Einflusses, im Gesellschaftsrecht allenfalls um die Sorge vor unsachlicher Beeinflussung. Es ist nicht ernstlich vertretbar, dass Mitglieder in ihrer Wahlmöglichkeit beeinträchtigt sind, wenn ihre Entscheidung von den anderen Mitgliedern erkennbar ist. Diese Überlegung müsste ansonsten für alle Abstimmungen, zumindest personenbezogene wie die Entlastung, gelten. Stehen keine alternativen Kandidaten zur Wahl oder geht es nur um Bestätigung im Amt, ist der mit geheimer Wahl verbundene Aufwand in Anbetracht der Vorhersehbarkeit der Entscheidung nicht vertretbar. Aus den gleichen Gründen ist Blockwahl (Wahl mehrerer Kandidaten in einem Abstimmungsvorgang) zulässig, zumindest wenn nur so viel Kandidaten antreten, wie gewählt werden können.135 Satzungsänderungen können „en bloc“ beschlossen werden mit der Maßgabe, dass jede einzelne Änderung für sich allein gelten soll.136 Der Versammlungsleiter hat hierauf vor der Abstimmung hinzuweisen. Dieses Verfahren ist zweckmäßig, falls sich einzelne Änderungen als unwirksam herausstellen sollten. Bei geheimer Abstimmung muss Gewähr gegeben sein, dass der Stimmberechtigte 53 jeweils nicht feststellbar ist. Falls z.B. bei Mehrstimmrechten aus der Zahl der Stimmen auf den Stimmberechtigten geschlossen werden kann, kann die Geheimhaltung sicher-
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132 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 14; differenzierend Beuthien GenG § 43 Rdn. 8. A.A. (ein Mitglied reicht) Beck Gen-HB/Gätsch, § 5 Rdn. 187: wenn Satzung keine höhere Mindestanzahl vorschreibt, reicht ein Mitglied/Bevollmächtigter. 133 S. BGH Beschl. v. 15.9.1969, Az. AnwZ (B) 6/69, NJW 1970, 46, allerdings für die Wahl des Vorstands einer Anwaltskammer; vgl. auch Reichert (11. Auflage) Rdn. 1667. 134 Gräser/Metz/Werhahn S. 61, zu den möglichen Nachteilen einer offenen Wahl s. dort S. 60. 135 Vgl. LG München Urt. v. 15.4.2004, Az. 5HK O 10813/03, DStR 2004, 1138 mit Anm. Gerber/Wernicke; s. auch Rdn. 60. 136 Letzteres sinnvoll, da dann eine einzelne (evtl.) unzulässige Regelung nicht zur Gesamtnichtigkeit führt.
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gestellt werden durch Ausgabe von so vielen einzelnen Stimmzetteln, wie dem jeweiligen Mitglied Stimmen zustehen. Antrag auf geheime Abstimmung kann jederzeit während der GV/VV gestellt werden. Ein grundsätzlicher Beschluss, in der GV/VV nur offen abzustimmen, ist insoweit nicht bindend. Für die Reihenfolge der Abstimmung bei mehreren Anträgen gilt der Grundsatz, dass über den weitergehenden Antrag zuerst abzustimmen ist; bei dessen Annahme wäre der nächste Antrag erledigt.137 Beispiel: Antrag 1: Entlastung, Antrag 2: Teilentlastung. Wird in der GV klar erkennbar, dass ein bestimmter Antrag die Mehrheit finden wird, kann der Versammlungsleiter im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens über diesen Antrag zuerst abstimmen lassen, sofern dies in Übereinstimmung mit den Teilnehmern zu einer Vereinfachung des Verfahrens führen kann; damit wären alle anderen Anträge erledigt. Die Beschlussfassung bezieht sich auf den Beschlussgegenstand, der möglichst eindeutig formuliert werden soll. Der Abstimmung soll regelmäßig eine Aussprache der GV/ VV zur Meinungsbildung vorangehen; ggf. kann eine Probeabstimmung durchgeführt werden. Nach Beendigung der Diskussion stellt der Versammlungsleiter den Tagesordnungspunkt zum Beschluss, zählt die abgegebenen Ja-Stimmen und Nein-Stimmen (wegen Stimmenthaltungen vgl. unten Rdn. 62) und verkündet das Abstimmungsergebnis. Der Beschluss ist so zu protokollieren und wird grundsätzlich so wirksam, wie er verkündet worden ist, unbeschadet des Rechts der Anfechtung gemäß § 51. Bei offensichtlichem Irrtum ist der Versammlungsleiter gehalten, unmittelbar eine Korrektur vorzunehmen. Das Beschlussverfahren wird erst mit der Verkündung des Ergebnisses ordnungsgemäß abgeschlossen (s. Rdn. 131). Nach zutreffender Auffassung des BGH138 muss gerade im Hinblick auf die mögliche Anfechtungsklage im Gesellschaftsrecht im Gegensatz zum Vereinsrecht der endgültigen Feststellung des Beschlussergebnisses oder Wahlergebnisses durch Verkündung konstitutive Wirkung zuerkannt werden. Die Verkündung muss durch den Versammlungsleiter erfolgen und die Feststellung enthalten, dass ein Beschluss bestimmten Inhalts mit der dafür notwendigen Mehrheit formal wirksam gefasst worden ist.139 Erst mit dieser Verkündung des Ergebnisses wird der Beschluss wirksam.140 Lässt sich das Ergebnis der Beschlussfassung durch den Versammlungsleiter nicht eindeutig feststellen (z.B. wegen mangelhafter Stimmenauszählung), hat der Versammlungsleiter darauf hinzuweisen und die Abstimmung, gründlicher vorbereitet, zu wiederholen.141 Von dem Fall des unklaren Abstimmungsergebnisses ist der Sachverhalt zu unterscheiden, dass nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses Zweifel an der Zweckmäßigkeit eines Beschlusses aufkommen und eine erneute Abstimmung wünschenswert erscheint (so kann z.B. bei Verschmelzungen die notwendige qualifizierte Mehrheit zunächst nicht vorhanden sein, später aber ein Stimmungsumschwung eintreten). Grundsätzlich soll zwar über jeden Antrag nur einmal abgestimmt werden; dennoch wird auch unter rechtlichen Gesichtspunkten die erneute Abstimmung über einen angekündigten Verhandlungsgegenstand in derselben GV/VV, ggf. nach nochmaliger Aussprache, für zulässig anzusehen sein. Die Entscheidung liegt beim Versammlungsleiter. Ist die GV/VV damit nicht einverstanden, so kann sie ihn lediglich abberufen. Eine Wiederholung der Abstimmung scheidet aber z.B. dann aus, wenn sich die GV/VV bereits weitgehend auf-
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137 Näheres dazu Rdn. 27 ff.; Gräser/Metz/Werhahn S. 51 f. (mit zwei Beispielen S. 52). 138 BGHZ 44, 249; BB 1975, 1276; NJW 1975, 2101. 139 KG OLGZ 1990, 316. 140 BGH ZIP 1996, 2071, 2074; Müller GenG § 43 Rdn. 113; Hüffer AktG § 130 Rdn. 22; Zöllner S. 393; S. 393; a.A. noch RGZ 125, 149. 141 A.A. Beuthien GenG § 43 Rdn. 12: Nach Verkündung des Ergebnisses nur, wenn GV/VV dies beschließt.
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gelöst hat, so dass ein wesentlicher Teil der an der ersten Abstimmung beteiligten Mitglieder nicht mehr anwesend ist.142 Wiederholung der Beschlussfassung in einer neuen GV/VV ist unbedenklich möglich, so z.B., wenn zunächst Entlastung verweigert, in einer weiteren GV/VV aber die Entlastung beschlossen wird (vgl. Erl. § 48 Rdn. 37). Individualrechte143 unterliegen nicht der Beschlussfassung durch die GV/VV. Es 58 handelt sich im Wesentlichen um einen gesetzlichen Schutz einzelner Mitglieder oder bestimmter Minderheiten. Solche Fälle sind § 45 (Einberufung der GV), § 47 Abs. 4 (Einsicht in das Protokollbuch), § 48 Abs. 3 S. 2 (Abschrift des Jahresabschlusses), § 83 Abs. 3 (Ernennung von Liquidatoren), § 67a (außerordentliches Kündigungsrecht in bestimmten Fällen). Individualrechte sind auch der Einwirkung durch den Versammlungsleiter entzogen; Beispiel: Jedes Mitglied kann verlangen, dass über die Entlastung einzelner Organmitglieder gesondert abgestimmt wird. Der Antrag unterliegt nicht der Entscheidung des Versammlungsleiters, aber der Beschlussfassung der Versammlung. Auch Sonderrechte (zum Begriff s. § 18 Rdn. 26) können grundsätzlich nicht durch 59 Beschlüsse der GV beeinträchtigt werden.144 So ist es z.B. nicht möglich, durch Mehrheitsbeschluss der GV ein Bankeinzugsverfahren verbindlich für alle Mitglieder vorzuschreiben; das Bankeinzugsverfahren ist dem Kundenverhältnis zuzuordnen und damit der Beschlussfassung durch die GV/VV entzogen. 2. Wahlen. Während die Beschlussfassung das Ziel hat, eine Meinung in Sachfragen 60 herbeizuführen, geht es bei Wahlen um die Bestimmung von Personen als Mitglieder eines Gremiums oder für die Durchführung bestimmter Aufgaben (z.B. Vorsitz im Aufsichtsrat). Während das Gesetz für Beschlüsse mindestens einfache Stimmenmehrheit vorschreibt (§ 43 Abs. 2 S. 1), kann die Satzung bei Wahlen auch „andere“ Mehrheitsverhältnisse vorsehen, wie z.B. relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen, Losentscheid bei Stimmengleichheit oder in diesem Fall auch Entscheidung des Vorsitzenden (§ 43 Abs. 2 S. 2). Im Übrigen finden auf Wahlen die Grundsätze der Beschlussfassung Anwendung. Da bei Wahlen Personen und nicht Organe zur Wahl stehen, muss der Wähler die Möglichkeit haben, sich für oder gegen eine bestimmte Person zu entscheiden. Dies gilt z.B. für den Aufsichtsrat, wo gebundene Listen nicht zulässig sind.145 Allerdings ist „Blockwahl“ nach entsprechendem GV/VV-Beschluss zulässig. 146 Weder das Mehrheitsprinzip noch der Gleichbehandlungsgrundsatz widerspricht diesem Verfahren; schließlich hat der Gesetzgeber für die Entlastung des Aufsichtsrats einer AG in § 120 AktG die Gesamtentlastung des Aufsichtsrats ausdrücklich zugelassen. Zumindest, wenn nicht mehr Kandidaten zur Wahl stehen, als Mandate zu besetzen sind, sind keine Bedenken gegen die Blockwahl denkbar (vgl. Rdn. 52). Ist die Blockwahl als solche angekündigt, bedarf es keiner besonderen Abstimmung über diese Verfahrensart.147 Listenverfahren ist bei der Wahl zur VV zulässig (vgl. § 43a Rdn. 33, 43). Für die Wahlen schreibt das Gesetz nicht vor, ob sie geheim oder offen stattzufinden haben (vgl. Erl. Rdn. 52) – im Gegensatz zur Wahl der Vertreter, die gem. § 43a Abs. 4 geheim sein muss. Im Zweifelsfall kann der Versammlungsleiter über den Wahlmodus entscheiden oder hierüber Beschluss fassen lassen.148
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Vgl. Gräser/Metz/Werhahn S. 66, siehe auch das Beispiel auf S. 54. Vgl. RGZ 68, 211; RG JW 1908, 350. RGZ 68, 265; 87, 386; 104, 256, BGHZ 15, 177. Vgl. Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken § 24 Abs. 2; Müller GenG § 36 Rdn. 19. Jäger § 24 Rdn. 9; LG München DStR 2004, 1138, mit Anm. Gerber/Wernicke. Gerber/Wernicke DStR 2004, 1139 m.w.N. Zutreffend Müller GenG § 36 Rdn. 19.
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3. Mehrheitsverhältnisse. Das Gesetz unterscheidet hinsichtlich der erforderlichen Mehrheiten in Abs. 2 zwischen „Beschlüssen“ und „Wahlen“ (zu den Begriffen s. Rdn. 50 „Beschlüsse“ und Rdn. 60 („Wahlen“). Nach § 43 Abs. 2 S. 2 beschließt die GV/VV mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, also mit einfacher Stimmenmehrheit, soweit nicht Gesetz oder Satzung größere Mehrheiten oder weitere Erfordernisse bestimmen. Soweit eine Beschlussfassung nur eine Alternative zulässt, wie z.B. mit Ja oder mit Nein zu stimmen, entspricht die einfache Mehrheit auch der absoluten Mehrheit. Relative Mehrheit kommt insbesondere bei Wahlen in Betracht, wo ein Kandidat zwar nicht die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen haben muss, aber mehr Stimmen, als auf andere Mitbewerber entfallen (s. Rdn. 66). „Mehrheit der abgegebenen Stimmen“ bedeutet, dass Stimmenthaltungen nicht 62 mitgezählt werden, also auch nicht den Nein-Stimmen zuzurechnen sind.149 Entscheidend ist allein das Verhältnis der Ja-Stimmen zu den Nein-Stimmen, wobei mindestens eine Ja-Stimme mehr abgegeben sein muss als Nein-Stimmen, damit der Beschluss mit einfacher Mehrheit zustande kommt. Die Feststellung der Stimmenthaltungen sollte grundsätzlich unterbleiben, da sie oft Anlass zu Missverständnissen gibt. Sie ist grundsätzlich unnötig und ist nur sinnvoll, wenn die Zahl der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder bekannt ist und damit das ausgezählte Ergebnis exakt kontrolliert werden kann. Bei Stimmengleichheit ist ein Beschluss nicht zustande gekommen; Stichentscheid, z.B. durch den Versammlungsleiter, ist ausgeschlossen. Ungültige Stimmen können weder den Ja- noch den Nein-Stimmen zugerechnet werden, sie bleiben, wie auch Stimmenthaltungen, unberücksichtigt. Sonst hätten sie dieselbe Wirkung wie eine Nein-Stimme; ihnen würde so ein bestimmter, ausdrücklicher Erklärungsinhalt beigelegt, der ihr aber gerade nicht zukommt.150 Ungültig sind abgegebene Stimmen dann, wenn sie einen wesentlichen Mangel haben, insb. wenn eine dem Beschlussantrag entsprechende Aussage nicht eindeutig erkennbar ist. Das Gesetz sieht in mehreren Fällen qualifizierte Mehrheiten für die Beschlussfas63 sung vor, so z.B. bei Satzungsänderungen gem. § 16 Abs. 2, bei Maßnahmen zur Abwendung der Insolvenz (§ 87a Abs. 3 S. 1) oder in den Fällen des UmwG (§ 84 S. 1). Das Gesetz gestattet in § 43 Abs. 2 ausdrücklich, dass die Satzung beliebige größere Mehrheiten oder weitere Erfordernisse für das Zustandekommen von Beschlüssen festlegt. Denkbar ist z.B. die Festlegung weiterer qualifizierter Mehrheiten, wie 9/10 der abgegebenen Stimmen oder Einstimmigkeit oder eine bestimmte Mehrheit aller Mitglieder der eG. Eine nach der Satzung qualifizierte Mehrheit kann auch an weitere Voraussetzungen gebunden werden, wie z.B. an den Umstand, dass der Vorstand Widerspruch anmeldet.151 Die Satzung kann schließlich auch vorsehen, dass vor der Beschlussfassung gutachtliche Stellungnahmen z.B. des Prüfungsverbands eingeholt werden oder dass – z.B. wegen der Bedeutung des Beschlussgegenstands – mehrfache Abstimmung erforderlich sein soll. Sog. satzungsdurchbrechende Beschlüsse, also solche Beschlüsse, die ausnahmsweise entgegen den Vorgaben der Satzung gefasst werden, sind nach ordnungsgemäßer Ankündigung in der Tagesordnung zulässig, wenn sie mit satzungsändernder Mehrheit gefasst werden. 64 Hinsichtlich der Stimmen investierender Mitglieder ist § 8 Abs. 2 Satz 2 zu beachten: Entsprechend der einzuführenden Satzungsregelung können investierende Mitglieder die anderen Mitglieder nicht überstimmen. Zudem dürfen durch ihre Stimmen Be-
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BGH NJW 1970, 46; BGH DB 1982, 1051 = NJW 1982, 1585; Arnold in MüKo, § 32 Rdn. 42. Wie hier Beuthien GenG § 43 Rdn. 9. Müller GenG § 43 Rdn. 107.
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schlüsse, die nach Gesetz oder Satzung einer Mehrheit von Dreiviertel der Stimmen bedürfen, nicht verhindert werden. (Näheres Rdn. 86 und Erl. zu § 8 Abs. 2. Rdn. 13 ff.). Es ist nicht zulässig, die Wirksamkeit eines Beschlusses an die Zustimmung eines 65 anderen Organs der eG oder eines Dritten zu binden.152 Eine solche Regelung würde gegen den Grundsatz der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung der Mitglieder verstoßen. Für Wahlen kann die Satzung grundsätzlich beliebige Mehrheiten vorsehen, soweit 66 solche Regelungen nicht willkürlich gegen anerkannte demokratische Grundsätze verstoßen. Zulässig wäre z.B. bei Stimmengleichheit Losentscheid oder Entscheidung des Vorsitzenden der GV/VV;153 unzulässig wäre eine Durchbrechung des Prinzips der Mehrheitsentscheidung, indem z.B. die Wahl von der Zustimmung bestimmter Personen abhängig gemacht würde.154 Bei Wahlen, z.B. zum Aufsichtsrat, hat sich das Verfahren der „Verhältniswahl“ bewährt.155 Entscheidend ist dabei die „relative Mehrheit“; gewählt sind diejenigen Kandidaten, die im Verhältnis zu den anderen die meisten Stimmen erhalten haben. Die Gegenmeinung156 verkennt, dass gerade die Verhältniswahl geeignet sein kann, zu einer demokratischen Willensbildung beizutragen.157 Wenn die Satzung bei geheimer, schriftlicher Wahl relative Mehrheit ausreichend sein lässt, so gilt dies stets dann, wenn mehrere Stellen zu besetzen sind – auch bei gleicher Zahl von Bewerbern. Wenn allerdings nur eine Stelle zu besetzen ist, für die sich nur ein Kandidat bewirbt, so ist für dessen Wahl aus Gründen der Logik des Wahlverfahrens absolute Mehrheit erforderlich.158 Allerdings kann eine undifferenzierte Anwendung der Verhältniswahl zu nicht mehr vertretbaren Ergebnissen führen, dies vor allem dann, wenn nicht mehr Kandidaten zur Wahl stehen, als Stellen zu besetzen sind. Hier könnten mit relativer Mehrheit z.B. Personen in den Aufsichtsrat gewählt werden, die nur verschwindend wenige Stimmen erhalten haben, die also eindeutig nicht vom Vertrauen der Mehrheit getragen werden; Wahl mit einer einzigen Stimme wäre möglich. Ein solches Ergebnis kann vermieden werden, wenn auch bei geheimer Wahl durch Stimmzettel über jeden Kandidaten in einem getrennten Wahlgang entschieden wird, so dass der Wähler jeweils mit „ja“ oder „nein“ stimmen kann. Gewählt wären dann nur die Bewerber, die mindestens die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht haben. Es kann auch sinnvoll sein, in der Satzung eine Regelung vorzusehen, wonach auch im Falle der Verhältniswahl weitere Mindestvoraussetzungen erfüllt sein müssen, wie z.B. mindestens 1/4 der abgegebenen Stimmen oder auch die einfache Mehrheit.159 Andererseits ist aber zu bedenken, dass auch eine geringe Minderheit der Mitglieder ein berechtigtes Interesse daran haben kann, dass ihre besonderen Förderinteressen bei der Wahrnehmung der Geschäftsführungskontrolle Beachtung finden. So wäre z.B. denkbar, dass einige wenige Mitglieder sich durch Struktur und Ausrichtung ihrer Betriebe wesentlich von den anderen Mitgliedern unterscheiden. Es könnte gerechtfertigt sein, dass das Wahlverfahren mit der Verhältniswahl dieser kleinen Minderheit zumindest die Möglichkeit gibt, mit „relativer“
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152 Müller GenG § 43 Rdn. 110. 153 Wie hier Beuthien GenG § 43 Rdn. 11; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 41; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 111; Zum Streitstand der Zulässigkeit des Stichentscheids bei der AG vgl. Hüffer AktG § 133 Rdn. 32, dort keine Entscheidung durch den HV-Vorsitzenden bei Stimmengleichheit. 154 Vgl. Hüffer AktG § 133 Rdn. 32; Müller GenG § 43 Rdn. 111. 155 Heute auch h.M. im Aktienrecht, vgl. Hüffer AktG § 133 Rdn. 33. 156 Z.B. Müller GenG § 36 Rdn. 21. 157 Vgl. BGH NJW 1982, 2558 = DB 1982, 1317 mit überzeugender Begründung; zur Verhältniswahl bei VV s. § 43a Rdn. 34. 158 Wegen der Begriffe s. Gräser/Metz/Werhahn S. 53. 159 Für Quorum auch Gräser/Metz/Werhahn S. 60 f.
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Mehrheit einen Kandidaten für den Aufsichtsrat zu wählen, der nie die „einfache“ Mehrheit der Mitglieder erreichen könnte. Auf ähnlichen Überlegungen beruht die Entscheidung des BGH160 zur Vertreterwahl. IV. Stimmrechte (Abs. 3) 67
1. Ein Mitglied, eine Stimme. Die Personenbezogenheit der eG kommt insbesondere durch die Regelung in Abs. 3 Satz 1 zum Ausdruck, dass jedes Mitglied grundsätzlich eine Stimme hat – unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung an der eG oder anderen Bezugsgrößen. Dieses Prinzip wurde stets als einer der tragenden Grundsätze des Genossenschaftswesens angesehen und auch in den Novellen 1973 und 2006 beibehalten. Ohne von diesem Grundsatz abzuweichen, wurde im gewerblichen und im ländlichen Bereich die Notwendigkeit gesehen, über das bisher zulässige Maß hinaus durch Satzungsregelung Mehrstimmrechte zu gewähren,161 was durch die Novelle 2006 geschehen ist. 68 Das Stimmrecht ist an die Mitgliedschaft gebunden und unentziehbar. Es beginnt und endet mit der Mitgliedschaft; ein Mitglied, das seine Mitgliedschaft zum Schluss des Geschäftsjahrs gekündigt hat, kann z.B. in einer vor diesem Zeitpunkt stattfindenden GV noch mitbestimmen. Andererseits stimmt ein zu Beginn des Jahres beigetretenes Mitglied über die Feststellung des Jahresabschluss, Gewinnverwendung/Verlustdeckung und Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für die Tätigkeit im vorangegangenen Geschäftsjahr mit ab. Ein aus der eG ausgeschlossenes Mitglied hat jedoch vom Zeitpunkt der Absendung des eingeschriebenen Briefes kein Stimmrecht mehr (§ 68 Abs. 2 S. 2). § 43 Abs. 6 enthält eine abschließende Aufzählung der Fälle, in denen ein Mitglied der eG kein Stimmrecht hat (vgl. unten Rdn. 104 ff. zur Interessenkollision). Eine Ausweitung dieser Vorschriften oder eine analoge Anwendung auf andere Sachverhalte ist grundsätzlich ausgeschlossen. So hat z.B. ein Vorstandsmitglied als Mitglied der eG (§ 9) auch ein Stimmrecht bei der Wahl zum Aufsichtsrat. Ein Ausschluss dieses Stimmrechts z.B. aus dem Gesichtspunkt analoger Anwendung von § 124 Abs. 3 S. 1 AktG kommt nicht in Betracht, zumal es dort um Rechte des Vorstands als Organ geht und nicht um Rechte einzelner Vorstandsmitglieder in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter.162 69
2. Mehrstimmrechte (GV). Bereits durch Novelle 1973 wurde unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung von Mehrstimmrechten bis zu drei Stimmen durch die Satzung zugelassen (§ 43 Abs. 3 S. 2 ff. a.F.). Die Zulassung des Mehrstimmrechts war damals umstritten.163 In der Praxis wurde sie kaum umgesetzt, da letztlich dem Mitglied einer mitgliederstarken eG kein nennenswert größerer Einfluss gewährt wird.164 Mit der Novelle 2006 hat sich der Gesetzgeber unter Beibehaltung der alten Mehrstimmrechtsregelung dafür entschieden, der Unterschiedlichkeit der Mitglieder bei bestimmten eG Rechnung zu tragen und ihnen durch Mehrstimmrechte unterschiedlichen Einfluss zu
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160 NJW 1982, 2558. 161 Korte/Schaffland GenG S. 91; ausführlich hierzu: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 122: insbesondere Bedeutung für die Primärstufe bei landwirtschaftlichen Absatz- und VerwertungseG und bei gewerblichen BezugseG. 162 Dies verkennt offenbar Müller bei der Behandlung des Vorschlagsrechts des „Vorstands“; vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 15; vgl. auch Erl. oben Rdn. 25 und Erl. zu § 36 Rdn. 24. 163 Näheres zum Mehrstimmrecht: Baudenbacher Anm. zum Mehrstimmrecht im deutschen Genossenschaftsrecht, AG 1985, 269 ff. 164 Schaffland ZfgG 2001, 208 ff.
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gewähren. Gem. Abs. 3 Satz 2 kann grds. jede eG mit GV165 durch Satzungsregelung Mehrstimmrechte gewähren.166 Nach Abs. 3 Satz 3 ist bei der Ausgestaltung der satzungsmäßigen Stimmrechtsregelung danach zu differenzieren, ob es sich um – Unternehmergenossenschaften (Nr. 2), – eG, die ausschließlich oder überwiegend aus eG bestehen (Nr. 3) oder um – eG, die keine der vorgenannten Merkmale (Nr. 1) erfüllen, handelt. a) Mehrstimmrechte bei eG, die keine Unternehmergenossenschaften sind und 70 deren Mitglieder keine eG sind (Abs. 3 Satz 3 Nr. 1). Für diese eG bleibt es bei der bisherigen Regelung: Mehrstimmrechte können bis maximal drei Stimmen pro Mitglied gewährt werden. Sie sollen nur solchen Mitgliedern eingeräumt werden, die den Geschäftsbetrieb besonders fördern. Um diese Förderung zu konkretisieren, müssen die Maßstäbe für die Gewährung des Mehrstimmrechts in der Satzung festgelegt werden. Es sind objektive Kriterien erforderlich, z.B. Dauer der Mitgliedschaft,167 Umsatz mit der eG in einem bestimmten Zeitraum, gestaffelte Pflichtbeteiligung, soweit diese an den Umsatz mit der eG gebunden ist. Das Gesetz überlässt es im Übrigen weitgehend der Satzung, die Maßstäbe für das Mehrstimmrecht zu bestimmen.168 Eine besondere Förderung kann auch dadurch erreicht werden, dass ein Mitglied durch Zeichnung mehrerer Geschäftsanteile der eG Eigenkapital zur Verfügung stellt. Letztlich muss hier auf die besonderen Umstände des Einzelfalles abgestellt werden.169 Die Zuerkennung von Mehrstimmrechten durch die Satzung muss den genossen- 71 schaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Unzulässig ist die Zuerkennung von Mehrstimmrechten nur für bestimmte Personen, soweit nicht sachliche Gesichtspunkte in Bezug auf die Förderung der eG eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Bezugsgröße muss stets ein objektiv feststellbarer und vergleichbarer Sachverhalt sein. Die Satzungsregelung muss bestimmbar sein in dem Sinn, dass sich unmittelbar aus der Satzung errechnen lässt, wie viele Stimmen ein bestimmtes Mitglied hat. Bei Zentralgenossenschaften kann das Mehrstimmrecht an die Rechtsform der Mitglieder gebunden werden; Mitgliedsgenossenschaften kann ein Mehrstimmrecht eingeräumt werden, ohne dass dieses auch z.B. natürlichen Personen zusteht (zur Frage der Mehrstimmrechte bei Zentralgenossenschaften vgl. unten Rdn. 77 ff.). Die Grundlage muss sich unmittelbar aus der Satzung ergeben; die Einräumung von Mehrstimmrechten kann auch nicht durch die Satzung einem Organ der eG zugewiesen werden.170 In Anbetracht der zwingenden und abschließenden Regelung des Gesetzes ist es nicht zulässig, ein Mehrstimmrecht nur für bestimmte Beschlussgegenstände einzuführen.171 Soweit die Satzung darauf abstellt, dass ein bestimmter Teil der Mitglieder (z.B. 1/10) bestimmte Rechte ausüben kann (wie z.B. die Aufstellung einer eigenen Kandidatenliste für die VV), kommen Mehrstimmrechte nicht zum Zuge, weil es sich hierbei nicht um die Berechnung in der GV abgegebener Stimmen handelt, sondern lediglich um eine bestimmte Zahl von Mitgliedern. Entsprechendes gilt für die gesetzlichen Regelungen, wie z.B. § 45 für die Einberufung einer GV.
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Kein Mehrstimmrecht für Vertreter in der VV, vgl. § 43a Abs. 3 S. 3. Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 125. So auch Beuthien GenG § 43 Rdn. 24; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 131. Vgl. Beuthien GenG § 43 Rdn. 24. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 130 ff. Vgl. Begründung des Rechtsausschusses BT-Drs. VII/659, 6 ff. A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 128; Beuthien GenG § 43 Rdn. 24.
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Die Möglichkeit der Einräumung von Mehrstimmrechten bei eG, die keine Unternehmergenossenschaften sind oder nicht aus eG bestehen, ist im Gesetz als „Sollvorschrift“ daran gebunden, dass die Mitglieder mit Mehrstimmrecht die eG besonders fördern (Nr. 1 Satz 1). Dies bedeutet, dass ein gewährtes Mehrstimmrecht auch dann besteht, wenn die Mitglieder den Geschäftsbetrieb der eG nicht besonders fördern; Organmitglieder, die solche Regelungen schuldhaft veranlasst haben, können jedoch unter den Voraussetzungen der §§ 34, 41 schadensersatzpflichtig werden. Voraussetzung ist jedoch stets, dass Mehrstimmrechte nur solchen Mitgliedern eingeräumt werden sollen, die zur eG insgesamt eine positive Einstellung haben und dies durch ihre Zusammenarbeit beweisen. Einem Mitglied können nach Nr. 1 Satz 2 höchstens drei Stimmen gewährt werden. 73 Damit soll sichergestellt werden, dass Mitglieder mit Mehrstimmrechten kein zu großes Übergewicht über die anderen Mitglieder erhalten. Dies wäre mit der Personenbezogenheit der eG nicht zu vereinbaren. Es ist denkbar, dass die Satzung – nach objektiven Maßstäben unter Beachtung der Gleichbehandlung – einzelnen Mitgliedern zwei Stimmen und anderen drei Stimmen einräumt. Nr. 1 Satz 3 enthält ein weiteres Regulativ im Interesse der Mitglieder ohne Mehr74 stimmrecht: Bei Beschlüssen, die nach dem Gesetz zwingend einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen oder einer größeren Mehrheit bedürfen, sowie bei Beschlüssen über die Aufhebung oder Einschränkung der Bestimmungen der Satzung über Mehrstimmrechte hat jedes Mitglied nur eine Stimme, auch wenn ihm Mehrstimmrechte eingeräumt sind. Im Übrigen kann durch Satzungsänderung das Mehrstimmrecht aufgehoben, eingeschränkt oder an neue Tatbestände geknüpft werden. Jede Erweiterung von Mehrstimmrechten, auch durch Einführung neuer Bezugsgrößen, bedarf gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 7 einer Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen. In all diesen Fällen haben alle Mitglieder jeweils nur eine Stimme. Abs. 3 Satz 4 gilt für alle drei Mehrstimmrechtsgruppen nach Nr. 1. bis 3 und stellt 75 klar, dass gewährte Mehrstimmrechte keine Sonderrechte i.S.v. § 35 BGB sind. Eine Satzungsänderung, die die Aufhebung oder Einschränkung gewährter Mehrstimmrechte zum Gegenstand hat, bedarf nicht der Zustimmung der betroffenen Mitglieder. Diese können allerdings bei der Beschlussfassung mitwirken; sie haben auch hier nur eine Stimme. Soweit die Satzung nicht qualifizierte Mehrheit vorschreibt, genügt für die Einschränkung der Mehrstimmrechte einfache Mehrheit. 76
b) Mehrstimmrechte bei Unternehmergenossenschaften (Abs. 3 Satz 3 Nr. 2). Die Beschränkungen der Nr. 1 (maximal drei Stimmen, besondere Förderung des Geschäftsbetriebs) gelten nicht für sogenannte Unternehmergenossenschaften. Dies sind eG, bei denen mindestens 75% der Mitglieder die Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB erfüllen, d.h. in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln (s. § 1 Rdn. 88), also z.B. Freiberufler, Landwirte, Handwerker, auch Kleingewerbetreibende. Die Mitgliedschaft muss in der Unternehmereigenschaft begründet sein,172 ein Arzt muss in seiner Eigenschaft als Arzt die Mitgliedschaft in der eG erworben haben und die Förderleistungen der eG in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit für seine Praxis beziehen. Ein nicht mehr aktiver Unternehmer ist kein Unternehmer mehr i.S.d. § 14 BGB. Dies ist bei der Feststellung, ob die 75% erreicht sind, zu berücksichtigen. Geben Mitglieder ihre Unternehmertätigkeit i.S.d. § 14 BGB auf, und sinkt die Gesamtzahl der Unternehmer in der eG dadurch unter 75% ab, können die so gewährten Mehrstimmrech-
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Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 86.
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te nicht wahrgenommen werden, bis die Anzahl der Unternehmer wieder 75% oder mehr der Mitglieder beträgt;173 d.h. alle Mitglieder haben jeweils nur eine Stimme. Bei der Beurteilung, ob eine eG zu mindestens 75% aus Unternehmern besteht, sind die investierenden Mitglieder nicht mitzuzählen, da sie einen Sonderstatus haben. Hinsichtlich der zulässigen Ausübung der Mehrstimmrechte enthält Nr. 2 Satz 2 die Einschränkung, dass diese nur so weit ausgeübt werden können, als sie jeweils, d.h. pro Mitglied, nicht mehr als ein Zehntel der in der GV anwesenden Stimmen betragen. Entsprechende Satzungsregelungen sind von der eG zu treffen. Gemäß Abs. 3 Satz 3 (Nr. 2) S. 2 letzt. Halbs. muss auch bei einer Unternehmergenossenschaft die Satzung im Einzelnen festlegen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Mehrstimmrechte gewährt werden. Die Satzungsbestimmung muss den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten, eine Majorisierung der Mitglieder durch eine Minderheit vermeiden und an sachlichen Bezugskriterien orientiert sein.174 In der Mitgliederliste ist notwendigerweise die Zusammensetzung der Mitglieder durch die Angabe der jeweiligen Berufsbezeichnung klarzustellen, damit im Einzelfall nachprüfbar ist, ob es sich tatsächlich um eine Unternehmergenossenschaft i. d. S. handelt. c) Mehrstimmrechte bei eG, deren Mitglieder ausschließlich oder überwiegend 77 eG sind (Abs. 3 Satz 3 Nr. 3). Für eG, deren Mitglieder „ausschließlich oder überwiegend eingetragene Genossenschaften sind“, enthält Nr. 3 die früher in Abs. 3 Satz 7 niedergelegte Sonderregelung ohne inhaltliche Änderung. Vereinfachend wird in diesen Fällen von „Zentralgenossenschaften“ gesprochen (s. § 1 Rdn. 93, 95). Inhalt dieser Sonderregelung: Mehrstimmrechte können eingeräumt werden, ohne dass ein Mitglied die Zentralgenossenschaft besonders fördert; die Satzung einer solchen eG kann das Stimmrecht der Mitglieder z.B. auch nach der Höhe der Geschäftsguthaben oder einem beliebigen anderen Maßstab (z.B. Umsatz der PrimäreG mit deren Mitgliedern) abstufen. Die Zahl der Mehrstimmen ist bei Mitgliedern von Zentralgenossenschaften nicht auf drei beschränkt. Mitglieder der Zentralgenossenschaft können ihr Mehrstimmrecht auch in den Fällen ausüben, in denen bei Primärgenossenschaften nur eine Stimme gegeben wäre. Auch bei Zentralgenossenschaften muss aber die Einräumung von Mehrstimmrechten den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten und an sachlichen Bezugsgrößen orientiert sein. Da das Gesetz für die Stimmrechte bei Zentralen keine Beschränkungen vorsieht, kann ein Mitglied grundsätzlich auch mehr als die Hälfte der Stimmen haben, zumal das strenge Personalprinzip bei Zentralgenossenschaften durch die besondere Ausgestaltung des Mehrstimmrechts ohnehin durchbrochen ist.175 Sobald aber z.B. bei einer Warenzentrale die Zahl der natürlichen Personen die Zahl 78 der Mitglieder in der Rechtsform der eG erreicht (nicht mehr überwiegend i.S.d. Nr. 3 S. 1), gelten grds. die Beschränkungen der Nr. 1. In diesem Falle erlöschen alle gewährten Mehrstimmrechte; solche Rechte können durch die Satzung nur unter Beachtung der für Primärgenossenschaften geltenden Beschränkungen wieder gewährt werden. Die Zentralgenossenschaft muss dadurch aber nicht ihren Charakter als Zentrale im genossenschaftlichen Verbund verlieren. Die gesetzliche Umschreibung genossenschaftlicher Zentralen allein nach der Zu- 79 sammensetzung ihrer Mitglieder kann der Struktur, wie sie zum Teil in den neuen Bundesländern besteht, nicht in allen Fällen gerecht werden (zum Begriff s. § 1 Rdn. 93, 95).
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 137i; BT-Drs. 16/1025, S. 86. Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 86; Korte/Schaffland GenG S. 91. A.A. Müller GenG § 43 Rdn. 77; Korte/Schaffland GenG S. 91.
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Wo z.B. die Produktion nicht durch private Einzelbetriebe durchgeführt wird, sondern durch genossenschaftliche Unternehmen („Produktivgenossenschaften“ in Landwirtschaft und Gewerbe), können diese eG Mitglieder in einer Absatz-, Einkaufs- oder Produktionsgenossenschaft sein. So können z.B. bei einer Molkereigenossenschaft „Agrargenossenschaften“ als Milchlieferanten die überwiegende Zahl der Mitglieder darstellen, ohne dass die Molkerei dadurch zur Zentralgenossenschaft wird. In diesen Fällen macht es zumindest auch keinen Sinn, die formale Ausnahmeregelung für Zentralen in Nr. 3 auf diese eG anzuwenden. Für diese eG gelten dann die Regelungen der Nr. 2. 80
d) Ausführungen zu allen drei Arten der Mehrstimmrechte. Bei allen drei Arten des Mehrstimmrechts erscheint die Frage, ob ein Mitglied, das über Mehrstimmrechte verfügt, diese nur einheitlich abgeben kann, noch nicht abschließend geklärt (zur Frage der Vollmacht s. unten Rdn. 95). Im Aktienrecht wird eine uneinheitliche Stimmabgabe überwiegend für zulässig gehalten, wenn hierfür vernünftige und schutzwürdige Interessen vorliegen.176 Nach der hier vertretenen Auffassung sind die Gesichtspunkte des Aktienrechts nicht auf das Genossenschaftsrecht übertragbar, da das Genossenschaftsrecht nach wie vor von dem Grundsatz geprägt wird, dass jedes Mitglied als Person eine Stimme hat; das Mehrstimmrecht ist davon lediglich eine Ausnahme. Ist der Inhaber des Mehrstimmrechts eine natürliche Person, so ist eine nichteinheitliche Stimmabgabe kaum als sinnvoll und gerechtfertigt vorstellbar. Hier muss von der einheitlichen Stimmabgabe ausgegangen werden.177 Eine andere Betrachtung wäre in Ausnahmefällen denkbar, wenn es sich z.B. bei dem Mitglied um eine juristische Person handelt. Falls in solchen Ausnahmefällen Mehrstimmrechte unterschiedlich ausgeübt werden, wird dies ohnehin nur geschehen, wenn es dazu vernünftigerweise Gründe gibt. Unter dieser Voraussetzung ist die uneinheitliche Stimmabgabe genossenschaftsrechtlich unbedenklich. Insoweit bestehen auch keine Bedenken, wenn ein Teil der Stimmrechte ausgeübt und im Übrigen Stimmenthaltung geübt wird.178 Gerade bei den so genannten „Vorschaltgenossenschaften“ als Mitglieder einer Zentralgenossenschaft könnte es sinnvoll und erlaubt sein, durch unterschiedliche Stimmabgabe in der Zentralgenossenschaft der Meinungsvielfalt in der Vorschaltgenossenschaft zu entsprechen (vgl. unten Rdn. 101 f.). Die Nichtberücksichtigung von Mehrstimmrechten bei der Beschlussfassung 81 macht den Beschluss anfechtbar (§ 51), soweit dadurch das Beschlussergebnis beeinflusst worden ist. Anfechtungsberechtigt ist nicht nur das unmittelbar betroffene Mitglied, sondern jedes weitere Mitglied unter den Voraussetzungen des § 51. Soweit die in der Satzung festgelegte Voraussetzung für die Gewährung von Mehr82 stimmrechten (§ 43 Abs. 3 S. 4) nicht mehr gegeben sind, entfällt das Mehrstimmrecht, ohne dass dies einer besonderen Maßnahme bedarf. Wegen dieser Folge erscheint es erforderlich, die Voraussetzungen für das Mehrstimmrecht besonders sorgfältig zu definieren. Es wäre dann Sache des Vorstands bzw. des Versammlungsleiters, in Vorbereitung der GV das Vorhandensein von Mehrstimmrechten zu prüfen; ggf. muss das Mitglied vor der Abstimmung über die Rechtslage unterrichtet werden.
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176 Vgl. RGZ 137, 313; einschränkend Scholtz GmbHG, § 47 Rdn. 9; Hachenburg GmbH-Gesetz, 6. Aufl., § 47 Rdn. 6a; Hüffer AktG § 133 Rdn. 20 m.w.N. differenzierend: mehrere Stimmen aus einer Aktie nur einheitlich, Stimmabgabe aus mehreren Aktien zulässig. 177 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 141; Beuthien GenG § 43 Rdn. 25. 178 A.A. allerdings ohne Begründung, Müller GenG § 43 Rdn. 76; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 141; Beuthien GenG § 43 Rdn. 25.
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Wenn die Satzung die Gewährung von Mehrstimmrechten vorsieht, muss gem. § 47 83 Abs. 3 S. 1 dem Protokoll ein Verzeichnis der erschienenen oder vertretenen Mitglieder und der (bevollmächtigten) Vertreter beigefügt werden. Aus Kontrollgründen ist bei jedem Mitglied dessen Stimmzahl zu vermerken, § 47 Abs. 3 S. 2 (vgl. Erl. § 47 Rdn. 13). Gem. Abs. 3 Satz 4 ist die Aufhebung oder Änderung der Satzungsbestimmungen 84 über Mehrstimmrechte jederzeit möglich. Sie bedarf nicht der Zustimmung der betroffenen Mitglieder. Vertretern in der VV können nach wie vor gem. § 43 a Abs. 3 Satz 3 keine Mehr- 85 stimmrechte gewährt werden. 3. Stimmrechte investierender Mitglieder. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2179 muss die 86 Satzung durch geeignete Regelungen sicherstellen, dass investierende Mitglieder die anderen in keinem Fall überstimmen können und dass Beschlüsse der GV, für die nach Gesetz oder Satzung eine Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen vorgeschrieben ist, durch investierende Mitglieder nicht verhindert werden können. Eine „geeignete Satzungsregelung“ in dem Sinne enthält § 26 Abs. 2 der Mustersatzungen. Diese lautet: „Die Stimmen investierender Mitglieder dürfen nicht mehr als 10% der gültig abgegebenen Stimmen der förderfähigen Mitglieder ausmachen.“ Zur Frage, ob die Satzung das Stimmrecht investierender Mitglieder ausschließen kann, s. Erl. § 8 Rdn. 16. Wie diese satzungsmäßigen Vorgaben in der Praxis erfüllt werden können, soll das folgende Beispiel für eine Berechnung der Stimmen investierender Mitglieder verdeutlichen: Die eG hat 100 förderfähige und 60 investierende Mitglieder, die alle in der GV ihre Stimme (ja/nein) abgeben. Mit „ja“ stimmen 53 förderfähige und 15 investierende Mitglieder. Mit „nein“ stimmen 47 förderfähige und 45 investierende Mitglieder. 10% der 100 gültig abgegebenen Stimmen der förderfähigen Mitglieder sind 10 Stimmen. Diese 10 Stimmen der investierenden Mitglieder sind bei der Abstimmung zu berücksichtigen, und zwar in dem Verhältnis der Ja-/Nein-Stimmen, wie die investierenden Mitglieder abgestimmt hatten. Von den 60 investierenden Mitgliedern hatten 15 (= 25%) mit „ja“ und 45 (= 75%) mit „nein“ gestimmt. 25% von 10 Stimmen sind 2,5 Stimmen, 75% von 10 Stimmen sind 7,5 Stimmen. Die so errechneten 2,5 Ja-Stimmen der investierenden Mitglieder sind zu den 53 Ja-Stimmen der förderfähigen Mitglieder hinzuzurechnen. Die so berechneten 7,5 Nein-Stimmen der investierenden Mitglieder sind zu den 47 Nein-Stimmen der förderfähigen Mitglieder zu zählen. Das Abstimmungsergebnis lautet somit 55,5 Ja-Stimmen zu 54,5 Nein-Stimmen. Der Beschluss ist zustande gekommen. Vor jeder Beschlussfassung sollte die Zahl der anwesenden Stimmen förderfähiger und investierender Mitglieder festgestellt werden, um klare Abstimmungsergebnisse zu erzielen. V. Vertretung bei der Stimmabgabe (Abs. 4 und 5) (GV) 1. Grundsatz der persönlichen Stimmabgabe. Das Gesetz sieht in Abs. 4 S. 1 vor, 87 dass die Mitglieder ihr Stimmrecht persönlich ausüben sollen.180 Die rechtliche Bedeutung dieser Vorschrift ist nicht eindeutig, da in Abs. 5 seit der Novelle 1973 ausdrücklich Stimmvollmacht zugelassen ist. Die Regelung dürfte somit lediglich zum Ausdruck brin-
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S. Erl. § 8 Rdn. 13 ff., sowie Korte/Schaffland S. 1911. Für die VV ist gem. § 43a Abs. 3 Satz 2 eine Stellvertretung nicht möglich.
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gen, dass auch die Möglichkeit der Ausübung des Stimmrechts durch einen Vertreter den Grundsatz der persönlichen Bindung von Mitglied und eG nicht berühren soll. 88
2. Gesetzliche Vertretung (Abs. 4 S. 2). Das Gesetz bestimmt in Abs. 4, dass das Stimmrecht geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter natürlicher Personen durch ihre gesetzlichen Vertreter ausgeübt wird. Geschäftsunfähig sind natürliche Personen, wenn sie das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sowie Geisteskranke (§ 104 BGB). In der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind natürliche Personen vom 7. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (§ 106 BGB). Der gesetzliche Vertreter kann Personen, die in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, nach § 107 BGB die Einwilligung erteilen, das Stimmrecht selbst auszuüben; betreibt der beschränkt Geschäftsfähige selbstständig ein Erwerbsgeschäft (§ 112 BGB), bedarf es keiner Einwilligung mehr.181 Bei Geschäftsunfähigen besteht diese Möglichkeit lediglich im Botenverhältnis. Das Stimmrecht von juristischen Personen wird durch deren gesetzliche Vertreter ausgeübt, also bei eG, AG und e.V. durch den Vorstand, bei einer GmbH durch deren Geschäftsführer; für Personengesellschaften182 wird das Stimmrecht durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter ausgeübt. Steht die gesetzliche Vertretung mehreren Personen gemeinsam zu, wie z.B. im 89 Falle der Vertretung Minderjähriger durch beide Eltern, so können die gesetzlichen Vertreter das Stimmrecht nur gemeinschaftlich ausüben. Es ist jedoch zulässig, dass z.B. der eine Elternteil den anderen „ermächtigt“ (Auftrag und Vollmacht), allein als gesetzlicher Vertreter aufzutreten. Die Stimmabgabe in solchen Fällen beruht aber nicht auf Vollmacht, sondern auf gesetzlicher Vertretung.183 Eine solche Ermächtigung entspricht im Übrigen praktischen Bedürfnissen, da die gemeinsame Stimmabgabe mehrerer Personen zumindest auf technische Schwierigkeiten stößt. Diese Ausführungen gelten auch für die gesetzliche Vertretung bei juristischen Personen und bei Personengesellschaften. Die Zahl der Stimmen, die ein gesetzlicher Vertreter auch im Falle der Ermächti90 gung im Sinne von Abs. 4 abgeben kann, ist grundsätzlich nicht beschränkt; sie hängt von der Anzahl der vertretenen Mitglieder ab. Dies gilt in gleicher Weise für die gesetzlichen Vertreter natürlicher oder juristischer Personen und für die Vertretung von Personengesellschaften (OHG, KG, Partnerschaftsgesellschaften, auch BGB-Gesellschaften) durch ihre zur Vertretung berechtigten Gesellschafter. 91
3. Stimmvollmacht (Abs. 5). In Abs. 5 sieht das Gesetz eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, dass Mitglieder ihr Stimmrecht persönlich ausüben sollen.184 Die Mitglieder oder ihre gesetzlichen Vertreter können Stimmvollmacht erteilen (Abs. 5 S. 1). Stimmvollmacht überträgt dem Vertreter grundsätzlich alle Rechte des Mitglieds in der GV, insbesondere also das Anwesenheits-, Rede-, Auskunfts- und Antragsrecht.185 Bevollmächtigte einer juristischen Person kann nur eine natürliche Person sein, die voll geschäftsfähig ist. Für die Vollmacht ist die Schriftform (eigenhändige Unterschrift, § 126 Abs. 1 BGB) erforderlich und genügend; die elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz186 ist ausreichend (§ 126 Abs. 3 i.V.m. § 126a
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BGHZ 83, 76, 80. Auch GbR, BGH DWiR 199, 111 ff. Vgl. BGH NJW 1975, 1117; Palandt/Ellenberger § 185 Rdn. 7; s. auch Erl. zu § 25 Rdn. 13. Für Vertreter gilt dies nicht, § 43a Abs. 3 Satz 2. Beuthien GenG § 43 Rdn. 40; s.a. Rdn. 21, 113. Signaturgesetz – SigG v. 16.5.2001 BGBl. I S. 876, zul. geänd. d. G. v. 7.8.2013 BGBl. I S. 3154.
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BGB).187 Die eG muss allerdings damit einverstanden sein, entweder z.B. durch Mitteilung in einem Mitgliederrundschreiben oder konkludent durch Annahme der elektronisch übermittelten Vollmacht.188 Es handelt sich um eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht i.S.v. § 166 Abs. 2 BGB. Die Satzung kann auf die Schriftform nicht verzichten; sie kann jedoch weitere Formerfordernisse aufstellen, wie z.B. notarielle Beurkundung oder Beglaubigung der Unterschrift.189 Inhaltlich genügt es, wenn aus dem Text der schriftlichen Urkunde eindeutig hervorgeht, dass auch das Stimmrecht in der GV für den Vollmachtgeber ausgeübt werden kann. Eine Formulierung „Vollmacht zur Verwaltung meines Vermögens“ dürfte nicht ausreichen, da die Mitwirkung in der GV nicht in erster Linie vermögensrechtlicher, sondern mitgliedschaftsrechtlicher Art ist.190 Die Prokura erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Befugnis, das Stimmrecht in der GV auszuüben, soweit die Mitgliedschaft zum Geschäftsbetrieb in Beziehung steht. Entsprechendes dürfte für eine Generalvollmacht gelten.191 Im Falle der Prokura wird die Vorlage eines Handelsregisterauszuges ausreichend sein.192 Blankovollmachten sind zulässig. Dies bedeutet, dass der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten noch offen lassen kann; in diesem Fall muss er allerdings bestimmen, wer berechtigt sein soll, die Vollmacht auszufüllen. Der Vollmachtgeber kann grundsätzlich Weisungen für den Bevollmächtigten erteilen. An diese Weisungen ist der Bevollmächtigte gebunden. Falls z.B. bei geheimer Abstimmung nicht mehr feststellbar ist, ob die Weisungen beachtet worden sind, so bleibt dies unschädlich. Gleiches gilt bei offener Stimmabgabe. Entscheidend ist allein die Stimmabgabe des Bevollmächtigten bei der Abstimmung. Zur Möglichkeit der Anfechtung von Beschlüssen bei weisungsgemäßer Zustimmung vgl. § 51 Rdn. 33. Die Urkunde über die Bevollmächtigung ist der eG einzureichen. Eine Stimmabgabe aufgrund schriftlicher Bevollmächtigung ist jedoch wirksam, auch wenn die Urkunde erst später eingereicht wird.193 Eine nachträgliche Genehmigung einer vollmachtlosen Stimmausübung, der keine schriftliche Vollmacht zugrunde liegt, ist nicht möglich, weil ein Verstoß gegen die Formvorschriften gem. § 125 BGB zur Nichtigkeit führt und nicht zur schwebenden Unwirksamkeit. Nichtige Rechtsgeschäfte sind grundsätzlich nicht genehmigungsfähig.194 Die Vollmachtsurkunde bleibt in Verwahrung der eG. Sie bleibt gültig, bis sie nach den für die rechtsgeschäftliche Vertretung geltenden Regeln erlischt, insbesondere durch Rückgabe der Vollmachtsurkunde oder durch Kraftloserklärung (§ 172 Abs. 2 BGB). Ein Bevollmächtigter kann nicht mehr als zwei Mitglieder vertreten (§ 43 Abs. 5 S. 3). Diese Beschränkung gilt nicht für gesetzliche Vertreter. In Zweifelsfällen ist festzustellen, ob die Stimme als gesetzlicher Vertreter oder als Bevollmächtigter abgegeben werden soll. Besteht die gesetzliche Vertretung aus mehreren Personen, so kann naturgemäß nur eine Person die Stimme abgeben; es handelt sich dennoch um gesetzliche Vertretung und nicht um Vollmacht. Bsp.: Ein Mitglied (natürliche Person) hat zwei Stimmrechtsvollmachten und ist gleichzeitig gesetzlicher Vertreter eines eingetragenen Vereins, der ebenfalls Mitglied ist und dem zwei weitere Stimmrechtsvollmachten erteilt
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187 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 159. 188 Beuthien GenG § 43 Rdn. 33. 189 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 159; BerlKomm/Keßler § 43 Rdn. 89; a.A. Beuthien GenG § 43 Rdn. 33: Satzung darf kostenträchtige strenge Vollmachtsform nicht verlangen; Müller GenG § 43 Rdn. 57. 190 A.A. Müller GenG § 43 Rdn. 57. 191 Vgl. Hüffer AktG § 134 Rdn. 22 für AG. 192 Vgl. Hüffer AktG § 134 Rdn. 24 für AG. 193 Müller GenG § 43 Rdn. 57. 194 Müller GenG § 43 Rdn. 57.
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sind. Diese Person hat insgesamt sechs Stimmen, und zwar eine eigene, zwei in der Eigenschaft als bevollmächtigte natürliche Person, eine als gesetzlicher Vertreter des e.V. und zwei in der Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter des e.V., dem zwei Stimmvollmachten übertragen sind. Zweck der gesetzlichen Beschränkung ist schließlich nur Verhinderung willkürlicher Stimmenhäufung. Auch Mehrstimmrechte können durch Vollmacht übertragen werden; auch hier können die Stimmrechte für zwei Vollmachtgeber ausgeübt werden. Bsp.: Hat jeder Vollmachtgeber drei Stimmen, so kann der Bevollmächtigte sechs Stimmen abgeben, bzw. sieben, wenn er selbst auch Mitglied ist. Ist der Bevollmächtigte im Besitz einer größeren Anzahl wirksam erteilter Vollmachten, so kann er nur von zwei Vollmachten bei der Stimmabgabe Gebrauch machen. Er kann sich entscheiden, welche Stimmen er abgeben will. Macht er von mehr als zwei Vollmachten Gebrauch, so sind diese Stimmen unwirksam („… kann nicht …“). Im Zweifel dürften alle von ihm als Bevollmächtigten abgegebenen Stimmen unwirksam sein, da sich kaum zulässige und unzulässige Stimmen unterscheiden lassen werden.195 Sowohl der gesetzliche Vertreter als auch der Bevollmächtigte können neben der Ausübung des Stimmrechts im engeren Sinne auch die übrigen Rechte des Vertretenen in der GV ausüben, wie z.B. Anträge stellen, sich an der Aussprache beteiligen, Widerspruch zu Protokoll erklären (§ 51) usw. Die Vollmacht kann diese Rechte beschränken. Zur Beschränkung des Anfechtungsrechts bei Weisungen vgl. § 51 Rdn. 33. Die Erteilung einer Vollmacht nimmt dem Mitglied als Vollmachtgeber nicht das Recht, auch selbst an der GV teilzunehmen. Es kann durchaus sachliche Gründe geben, dass sich ein Mitglied, z.B. in der Diskussion und Abstimmung zu bestimmten Sachfragen, durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt, sich aber vorbehalten will, auch eine eigene Stellungnahme abzugeben. Der Vollmachtgeber kann die Vollmacht auf bestimmte Beschlussgegenstände beschränken. Er kann die Vollmacht auch in der GV einschränken oder entziehen (§ 168 i.V.m. § 167 BGB). Falls die Teilnahme sowohl des Mitglieds als auch seines Bevollmächtigten an der Debatte den Versammlungsablauf stört, kann der Versammlungsleiter das Wort entziehen. Die Erteilung von Untervollmacht ist möglich, wenn der Vollmachtgeber dies vorher schriftlich zugelassen hat.196 Die Untervollmacht selbst muss wieder schriftlich erteilt werden. Bevollmächtigte müssen nicht Mitglied sein. Die Satzung kann persönliche Voraussetzungen für Bevollmächtigte aufstellen (§ 43 Abs. 5 S. 4), z.B., dass diese Mitglieder der eG sein müssen,197 dass diese Mitgliedschaft eine bestimmte Dauer haben muss usw. Das Gesetz nennt besonders den Fall, dass durch die Satzung Personen als Bevollmächtigte ausgeschlossen werden können, die sich geschäftsmäßig zur Ausübung des Stimmrechts erbieten. Es soll damit keine bestimmte Berufsgruppe erfasst werden; die Formulierung bezieht sich vielmehr auf Personen, die sich zur Ausübung des Stimmrechts anbieten, sofern sie dabei die Absicht haben, dies wiederholt, also geschäftsmäßig zu tun. Entgeltlichkeit ist unerheblich. Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer usw. fallen nur dann unter ein satzungsmäßiges Verbot, wenn sie sich im Sinne der Vorschrift „geschäftsmäßig“ zur Ausübung des Stimmrechts erbieten.198 Dies ist aber
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195 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 86. 196 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 162; Hüffer AktG § 134 Rdn. 21 ff. insb. Rdn. 22 u. 25; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 59. 197 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 170 f.; Beuthien GenG § 43 Rdn. 39. 198 Beuthien GenG § 43 Rdn. 39; zu weitgehend Müller GenG § 43 Rdn. 52; a.A. Bauer GenossenschaftsHandbuch § 43 Rdn. 172: Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erfüllen regelmäßig das Merkmal der Geschäfsmäßigkeit.
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nur dann der Fall wenn die Absicht, dies wiederholt zu tun, gegenüber einem unbestimmten Personenkreis erklärt wird.199 Umstritten200 ist, ob ein ausgeschlossenes Mitglied Bevollmächtigter für die Stimmabgabe sein kann. Das Gesetz enthält ein solches Verbot nicht;201 die Satzung kann aber eine Regelung dafür treffen, insbesondere vorsehen, dass ausgeschlossene frühere Mitglieder nicht Bevollmächtigte sein können. Ein Stimmrechtsvertreter (gesetzlicher Vertreter oder Bevollmächtigter) muss die 101 Stimmrechte nicht einheitlich ausüben. Soweit zulässige Weisungen vorliegen oder sonstige sachliche Gesichtspunkte dies rechtfertigen, kann er von den verschiedenen Stimmrechten unterschiedlich Gebrauch machen.202 Bei der Abgabe mehrerer Stimmen durch einen Stimmrechtsvertreter kann wie folgt 102 verfahren werden: Soweit die Mehrheitsverhältnisse ohnehin eindeutig sind, genügt z.B. ein Handzeichen. Falls jedoch die Anzahl der vom Vertreter abzugebenden Stimmen für das Beschlussergebnis ausschlaggebend sein kann, ist bei Abgabe des Handzeichens auf die Anzahl der damit verbundenen Stimmen (Anzahl der aufgezeigten Stimmkarten) ausdrücklich hinzuweisen. Ggf. ist ein entsprechender Nachweis zu führen. Im Falle schriftlicher Stimmabgabe ist an den Stimmrechtsvertreter eine entsprechende Anzahl von Stimmzetteln auszuhändigen. Mit Novelle 2006 wurde Satz 4 des Abs. 5 insoweit neu gefasst, als die Möglichkeit 103 des Ausschlusses der Bevollmächtigung aufgehoben wurde. Die Satzung kann die Bevollmächtigung nun nicht mehr gänzlich ausschließen.203 Die alte Regelung war hinsichtlich des Kündigungsrechts in § 67a bedenklich, da dieses gem. § 67a Abs. 1 Nr. 1 nur ausgeübt werden kann, wenn das Mitglied oder ein Bevollmächtigter in der GV Widerspruch zur Niederschrift einlegt. Konnte ein Mitglied bspw. wegen Krankheit nicht an der GV teilnehmen und war ihm aufgrund der Satzung die Bevollmächtigung verwehrt, hatte dies auf das Kündigungsrecht nach § 67a keinen Einfluss, da dessen Voraussetzungen dort abschließend geregelt sind.204 VI. Kein Stimmrecht bei Interessenkollision (Abs. 6) Abs. 6, eingeführt durch Novelle 1973, berücksichtigt die frühere Rechtsprechung: 104 Niemand kann für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er oder das vertretene Mitglied zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist, oder ob die eG gegen ihn oder gegen das vertretene Mitglied einen Anspruch geltend machen soll. Es handelt sich hierbei um Gesichtspunkte der Interessenkollision, in der das einzelne Mitglied nicht im Gesamtinteresse der eG, sondern in den kasuistisch aufgeführten besonders gravierenden Fällen im Eigeninteresse handelt. Das Gesetz enthält insoweit eine abschließende und zwingende Aufzählung, die nicht der Satzungsautonomie gem. § 18 S. 2 unterliegt;205 eine analoge Anwendung ist daher nicht möglich.206 Aus dem Gesetzeswortlaut folgt, dass in der GV auch ein Bevollmächtigter oder ein gesetzlicher Vertreter kein Stimmrecht hat, wenn in seiner
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199 Beuthien GenG § 43 Rdn. 39. 200 Für die Zulässigkeit OLG Stuttgart Urt. v. 20.3.2012, Az. 1 U 145/11. 201 Beuthien GenG § 43 Rdn. 36. 202 Vgl. RGZ 137, 305; 157, 57; für das Vereinsrecht: Reichert (11. Auflage) Rdn. 1433 f.; Arnold in MüKo § 32 Rdn. 36. 203 Beuthien GenG § 43 Rdn. 39. 204 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 86. 205 Beuthien GenG § 43 Rdn. 42; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 183. 206 A.A.: Müller GenG § 43 Rdn. 65: beschränkte Analogie zulässig; wie Müller hier noch in der Vorauflage.
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Person die Interessenkollision besteht. Die Ausübung des Stimmrechts „für einen anderen“ lässt offen, ob dies aufgrund Vollmacht oder gesetzlicher Vertretung geschieht; in beiden Fällen besteht das Verbot. Beispiel: Wenn ein Aufsichtsratsmitglied Stimmvollmacht eines anderen Mitglieds hat, kann es für den Vollmachtgeber keine Stimme abgeben bei der Beschlussfassung über die eigene Entlastung. Hat dieses Aufsichtsratsmitglied seine eigene Stimme auf einen Bevollmächtigten übertragen, so hat dieser Bevollmächtigte kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Vollmachtgebers. Die Rechtfertigung dieser Regelung ergibt sich daraus, dass der Bevollmächtigte grundsätzlich der Weisung des Vollmachtgebers unterliegt. Entsprechendes gilt, wenn das Aufsichtsratsmitglied gesetzlicher Vertreter einer Mitgliedsgesellschaft ist. In Fällen von Interessengegensätzen, die von dem klaren Wortlaut des § 43 Abs. 6 nicht erfasst sind, bleibt das Stimmrecht grundsätzlich erhalten. Dies gilt z.B. für das Wahlrecht hinsichtlich der eigenen Person, wie auch bei Abstimmungen über den Ausschluss aus der eG oder die Abberufung aus dem Amt. Aus der Regelung in Abs. 6 i.V.m. § 18 S. 2 folgt, dass die Satzung keine weiteren Fälle für einen Ausschluss von Stimmrecht festlegen kann; sie kann – im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften – lediglich die Fälle konkretisieren.207 „Entlastung“ ist hier nicht im engen technischen Sinne, wie z.B. bei § 48 Abs. 1, zu 105 verstehen. Gemeint sind vielmehr Beschlüsse, mit denen die Tätigkeit eines Organmitglieds der eG oder eines sonstigen Beauftragten inhaltlich gebilligt werden soll.208 Wenn über die Entlastung des Vorstands oder Aufsichtsrats als Organ abgestimmt wird, ist jedes Organmitglied von der Abstimmung ausgeschlossen. Mitglieder des Vorstands haben aber auch grundsätzlich kein Stimmrecht, wenn es um die Entlastung des Aufsichtsrats geht und umgekehrt (vgl. Erl. § 48 Rdn. 35).209 Dies muss eine Folge der Tatsache sein, dass Entscheidungen zum Teil auf gemeinsamen Beratungen und getrennten Beschlussfassungen beider Organe in gemeinsamer Sitzung beruhen, so insb. in Fällen, in denen nach der Satzung im Rahmen von § 27 Abs. 1 S. 2 der Aufsichtsrat zulässigerweise an Geschäftsführungsaufgaben mitwirkt. Dazu kommt, dass Aufsichtsratsmitglieder bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands in Interessenkonflikte geraten können, weil sie u.U. mit einer Verweigerung der Entlastung auch die eigene Aufsichtsführung in der zurückliegenden Zeit beanstanden müssten. Eine Mitwirkung von Vorstandsmitgliedern bei der Entlastung des Aufsichtsrats widerspräche dem gesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung. Teilweise wird in Anlehnung an die wohl h.M. zur AG210 vertreten,211 dass dann, wenn nur einzelne Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats entlastet werden sollen, den übrigen Organmitgliedern das Stimmrecht zustehen soll, wenn sie die Handlung oder Entscheidung nicht mit zu verantworten haben.212 Da Vorstand und Aufsichtsrat grundsätzlich als Kollektivorgan handeln und gemeinschaftlich verantwortlich sind, dürfte die Feststellung der fehlenden „Mitverantwortung“ bzw. „Mitentscheidung“ in vielen Fällen schwierig sein. Entscheidend ist, dass der Aufsichtsrat (auch das einzelne Mitglied), der den Vorstand nicht entlastet, sein Misstrauen zum Ausdruck bringt und damit auch eventuelle Aufsichtsmängel dokumentiert würden. Umgekehrt sind alle Mitglieder des Vorstands bei der Entlastung des Aufsichts-
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207 A.A. Müller GenG § 43 Rdn. 65, dazu Rdn. 104 oben. 208 Vgl. Hüffer AktG § 120 Rdn. 2 m.w.N.: Billigung und Vertrauenskundgabe, aber keine Präklusionswirkung (Verzicht auf Schadenersatzansprüche) bei AG. 209 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 176 ff.; a.A. Müller GenG § 43 Rdn. 62. 210 Hüffer AktG § 136 Rdn. 21 m.w.N. 211 Müller GenG § 43 Rdn. 62; so auch hier in der Vorauflage. 212 Vgl. Baumbach/Hueck AktG § 136 Rdn. 4; Zöllner S. 204; Müller GenG § 43 Rdn. 62.
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rats nicht unbefangen, da sie insgesamt von dessen Wohlwollen abhängen.213 Sind nur Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats in einer GV anwesend, kann keine Entlastung erfolgen.214 Bei Feststellung des Jahresabschlusses haben Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder volles Stimmrecht.215 Personen, die sich für ein Amt in der eG bewerben, sind bei der Wahl stimmberechtigt.216 Abs. 6 schließt nicht in jedem Fall aus, dass z.B. ein betroffenes Vorstandsmitglied bei der Frage seiner Abberufung bzw. Kündigung stimmberechtigt ist.217 Auch bei Beschlüssen über die Befreiung von einer Verbindlichkeit hat der Betroffene oder sein Vertreter kein Stimmrecht. Art und Rechtsnatur der Verbindlichkeit sind ohne Bedeutung. Bei dem Beschluss kann es sich um einen Verzicht, einen Erlassvertrag oder ein negatives Schuldanerkenntnis handeln. Wenn eine Verpflichtung durch Satzungsänderung aufgehoben wird, muss das Stimmrechtsverbot ebenfalls Anwendung finden; allerdings nicht, soweit es sich um die Aufhebung oder Verminderung einer generellen Leistungspflicht für alle Mitglieder handelt. Hat der Beschluss in den gesetzlich geregelten Fällen des Ausschlusses vom Stimmrecht auch nur mittelbare rechtliche Auswirkungen auf das Mitglied, so besteht ebenfalls kein Stimmrecht; so kann ein Bürge nicht abstimmen, wenn es um einen Erlass der Hauptverbindlichkeit geht. Bei einem Beschluss, der die Geltendmachung eines Anspruchs gegen ein Mitglied zum Gegenstand hat, ist das Stimmrecht ebenfalls ausgeschlossen. Es kann sich dabei um Prozess vorbereitende Maßnahmen wie Tatsachenfeststellungen handeln, um ein gerichtliches Mahnverfahren, um außergerichtliche Vergleichsverhandlungen oder unmittelbar die Erhebung der Klage. Auch ein Beschluss über Maßnahmen der Zwangsvollstreckung fällt unter das Stimmrechtsverbot.218 Beschlussfassung über den Ausschluss eines Mitglieds fällt nicht unter die in Abs. 6 genannten Fälle des Stimmrechtsverbots, so dass ein betroffenes Mitglied stimmberechtigt bleibt.219 Das Stimmrechtsverbot in Abs. 6 ist zwingendes Recht; die Satzung kann es nicht einschränken oder beseitigen und auch nicht erweitern. Das Stimmrecht eines Mitglieds ist dem Grunde nach unentziehbar und kann daher nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen eingeschränkt sein. § 43 Abs. 6 enthält eine Sonderregelung gegenüber § 34 BGB für eG: Ein Mitglied der eG ist vom Stimmrecht also nicht ausgeschlossen, wenn es um die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm geht (so aber § 34 BGB für das Vereinsrecht).220 Aus dem Wortlaut von Abs. 6 folgt eindeutig, dass das Stimmrecht eines Mitglieds nicht berührt wird, wenn der Beschluss nahe Angehörige betrifft, wie z.B. Ehegatten oder Kinder. Im Übrigen kommt aber in Abs. 6 ein allgemeiner Gesichtspunkt des Genossenschaftsrechts insofern zum Ausdruck, als das Stimmrechtsverbot entsprechende Geltung auch für Beschlussfassungen in den Organen hat. Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats haben in diesen Organen kein Stimmrecht, wenn es um ihre Entlastung, um die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder die Geltendmachung eines An-
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213 So auch Beuthien GenG § 43 Rdn. 43; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 176–178; Gräser/Metz/Werhahn S. 76. 214 Beuthien GenG § 43 Rdn. 24; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 179. 215 RGZ 49, 126. 216 RGZ 60, 172; RG JW 1936, 2311 = BlfG 1936, 526. 217 Vgl. dazu differenzierend Beuthien GenG § 43 Rdn. 43; nach früherem Recht RGZ 74, 276. 218 Vgl. Müller GenG § 43 Rdn. 64. 219 So zu Recht OLG Köln NJW 1968, 992; Paulick S. 247; RGZ 81, 37. 220 Vgl. auch Ulmer NJW 1982, 1977; Wilhelm NJW 1983, 912.
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spruchs gegen sie geht (vgl. ergänzend § 25 Abs. 6 der Mustersatzung für Kreditgenossenschaften; für Vorstand § 27 Rdn. 28; für Aufsichtsrat § 36 Rdn. 65). Abs. 6 hat zur Folge, dass ein Stimmrecht gar nicht besteht; Stimmenthaltung 111 kommt daher nicht in Betracht. Eine Stimmabgabe entgegen Abs. 6 ist unwirksam. Eine Anfechtbarkeit des Be112 schlusses nach § 51 ist allerdings nur dann begründet, wenn die ungültige Stimme mitgezählt ist und für das Ergebnis der Abstimmung ursächliche Bedeutung hat.221 Abs. 6 schließt lediglich das Recht aus, am Beschluss durch Stimmabgabe mitzuwir113 ken. Die übrigen Mitgliedschaftsrechte in der Versammlung bleiben unberührt, so z.B. das Anwesenheitsrecht, das Rederecht und das Antragsrecht.222 VII. Schriftliche oder elektronische Beschlussfassung (Abs. 7) 114
Der durch Novelle 2006 angefügte Abs. 7 regelt grundlegend verschiedene Sachverhalte. Zunächst greift Abs. 7 Satz 1 die Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO auf. Danach können Beschlüsse der GV/VV auch schriftlich oder elektronisch gefasst werden, wenn die Satzung dies vorsieht. Abs. 7 Satz 2 hingegen übernimmt die Regelungen des § 118 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG in das GenG. Nunmehr kann die Satzung der eG es zulassen, dass sich Aufsichtsratsmitglieder im Wege der Bild- und Ton-Übertragung zur GV/VV zuschalten und dass die GV/VV in Bild und Ton übertragen wird. Abs. 7 Satz 1 bedeutet zunächst einen Bruch mit dem in Abs. 1 niedergelegten Grundsatz, dass die Mitglieder der eG ihre Rechte in der GV/VV ausüben, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Erstmals ist somit bei der eG – wie bei anderen Gesellschaften auch – eine Abstimmung im schriftlichen oder elektronischen Verfahren möglich. Damit müssen die Mitglieder nicht mehr an der Präsenz-GV/VV teilnehmen, sondern können entweder schriftlich (Umlaufbeschlüsse bei sehr kleinen eG) oder in elektronischer Form abstimmen.223 Die Schriftform erfordert eine eigenhändige Unterschrift (§ 126 BGB), Telefax nicht ausreichend,224 die elektronische Stimmabgabe kann nach den Anforderungen des § 126a BGB per E-Mail erfolgen. Die Satzung muss dies entsprechend regeln. Sie muss auch Bestimmungen hinsichtlich des Verfahrens treffen, z.B. an wen und bis wann die Stimmabgabe zu erfolgen hat.225 Zu bedenken ist seitens der Mitglieder, dass sie, wenn sie in der GV/VV nicht präsent sind, nicht Widerspruch zu Protokoll und damit keine Anfechtungsklage erheben können.226 Mit der Beschlussfassung in elektronischer Form ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch eine virtuelle GV/VV denkbar (und zulässig), an der niemand mehr körperlich, sondern nur noch auf elektronischem Wege teilnimmt.227 Dem steht auch nicht entgegen, dass das GenG an anderen Stellen (§ 47 Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1, 3, 4, 5) noch davon ausgeht, dass die GV/VV körperlich an einem bestimmten Ort und in einem bestimmten Raum stattfindet. Abs. 7 ist jüngeren Datums und lex specialis. Fraglich ist, ob „Ort“ in dem Sinn auch ein Ort im Internet sein kann, von wo aus die Mitglieder/
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221 Zutreffend Müller GenG § 43 Rdn. 69. 222 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 174; Müller GenG § 43 Rdn. 68. 223 Beck Gen-HG/Gätsch § 5 Rdn. 190. 224 Palandt/Ellenberger § 126 Rdn. 12: Telefax reicht auch nicht, wenn formgültige Erklärung nachfolgt, anders für bestimmte Schriftsätze nach Prozessrecht; Beuthien GenG § 43 Rdn. 53; Bauer GenossenschaftsHandbuch Rdn. 206 unter Verweis auf BGH v. 28.1.1993, Az. IX ZR 259/91, NJW 1993, 1126 zur Bürgschaft. 225 Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 207. 226 S. Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 208. 227 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 86 sowie Korte/Schaffland GenG S. 95; so auch Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 197.
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Vertreter Zugang zur virtuellen GV/VV erhalten.228 Auch keine Bedenken ergeben sich daraus, dass § 118 Abs. 3 AktG eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung der AG nicht zulässt.229 Die Empfehlung der Regierungskommission „Corporate Governance“, die virtuelle Hauptversammlung statuarisch zu gestatten, wurde durch das TransPuG230 nicht in das AktG umgesetzt, auf das GenG hat dies keinen Einfluss. Die Online-Vorinformationen und Vorversammlungen, die in ihrer Funktion die GV/VV nicht ersetzen wollen, dürften in jedem Fall zulässig sein.231 Voraussetzung einer virtuellen GV/VV ist allerdings eine entsprechende Satzungsregelung. Diese muss sicherstellen, dass die Rechte aller Mitglieder/Vertreter gewahrt bleiben und die Ordnungsmäßigkeit der Stimmabgabe gewährleistet ist. Alle Mitglieder/Vertreter müssen also über einen elektronischen Zugang zur virtuellen GV/VV verfügen232 und es muss sichergestellt sein, dass nur das Mitglied/der Vertreter selbst während der virtuellen GV/VV Zugriff auf den Rechner hat. In tatsächlicher Hinsicht muss Gewähr dafür geboten werden, dass die Technik mit Sicherheit Fehlschaltungen und Manipulationen ausschaltet.233 Die tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten einer virtuellen GV/VV sind noch zu klären. Letztlich wird man davon ausgehen müssen, dass diese Möglichkeit auf absehbare Zeit ohnehin für nur sehr wenige eG ernsthaft in Betracht kommt. Während also Abs. 7 Satz 1 u.U. eine Präsenz-GV/VV ersetzen kann, geht Abs. 7 115 Satz 2 davon aus, dass es noch eine Präsenz-GV/VV gibt. Wenn die Satzung dies vorsieht, brauchen Mitglieder des Aufsichtsrats aber nicht persönlich zu erscheinen, sondern können im Wege der Bild- und Ton-Übertragung an der Versammlung teilnehmen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Satzung „bestimmte Fälle“ regelt, in denen dies möglich sein soll, etwa die dienstlich bedingte Verhinderung eines Aufsichtsratsmitglieds;234 nicht zulässig daher eine generelle Befreiung. Zudem kann die Satzung gem. Satz 2 auch die Bild- und Ton-Übertragung der GV/VV gestatten. Bisher werden diese neuen Möglichkeiten in der Praxis nur sehr zurückhaltend genutzt; die GV ist in vielen Fällen die einzige Veranstaltung im Jahr, an der die Mitglieder sich persönlich austauschen können und die eG sich mit ihrem Leistungsspektrum präsentieren kann, sie dient daher in besonderem Maße der Identifikation mit der eG. VIII. Ablauf der GV 1. Einberufung, Tagungsort, Tagesordnung, Zeitpunkt. Die Einberufung der 116 GV/VV ist in den §§ 44, 45 geregelt. Zuständig für die Einberufung ist der Vorstand (§ 44 Abs. 1), auch wenn nach dem Gesetz (§§ 45, 60) oder nach der Satzung auch andere Personen zur Einberufung befugt sind (Näheres s. Erl. zu den §§ 44, 45 und 60). Über den Tagungsort der GV/VV enthält das Gesetz – im Gegensatz zu § 121 Abs. 5 117 AktG „… soll … am Sitz der Gesellschaft stattfinden …“ – keine Regelung. Rechtliche Einzelheiten zur Frage des Tagungsorts sind umstritten. Nach den in § 18 geregelten Grundsätzen des Verhältnisses von Gesetz und Satzung muss hier von der Satzungsfreiheit ausgegangen werden, soweit die Regelung nicht missbräuchlich erscheint. Soweit
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228 So Beuthien GenG § 43 Rdn. 53. 229 So aber Beuthien GenG § 43 Rdn. 53. 230 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität – TransPuG, vom 19. Juli 2002, BGBl. I 2681. 231 Geschwandtner/Wieg S. 40. 232 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 210. 233 Korte/Schaffland GenG S. 95. 234 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 213.
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die Satzung keine Bestimmung über den Ort der GV/VV enthält, erscheint die Abhaltung am Sitz der eG geboten;235 in Betracht kommt auch eine Niederlassung, die z.B. bei größerem Geschäftsgebiet alternierend mit dem Sitz genutzt wird. Die Satzung kann einen anderen Ort für die Durchführung der GV/VV vorsehen; sie ist dabei grundsätzlich frei, sofern alle Teilnehmer diesen Ort ohne unzumutbaren Aufwand erreichen können. Die Satzung kann auch mehrere Orte wahlweise vorsehen oder dem Einberufenden die Auswahl überlassen. Es ist zulässig, dass die Satzung die Festlegung des Versammlungsorts in die Entscheidung bestimmter Organe der eG legt; in der Praxis ist es weitgehend üblich, dass der Tagungsort von Vorstand und Aufsichtsrat festgelegt wird.236 Die Bestimmung des Versammlungsorts hat in diesen Fällen naturgemäß nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Interessen der eG und der Mitglieder zu erfolgen (vgl. § 46 Rdn. 2). Bei der Festlegung des Orts können persönliche Belange von Mitgliedern aus deren persönlicher Sphäre unberücksichtigt bleiben (z.B. Lokalverbot für einzelne Mitglieder hindert nicht die Durchführung der GV in diesem Lokal). Bei unsachgemäßer Entscheidung käme eine persönliche Haftung der Organmitglieder nach §§ 34, 41 in Betracht. Es ist nicht ersichtlich, warum die GV/VV nicht im Ausland durchgeführt werden darf, z.B. wenn das Geschäftsgebiet direkt an das Ausland grenzt und die eG auch Mitglieder aus dem benachbarten EU-Ausland hat; entscheidend kann nur die Erreichbarkeit und auch unter Kostengesichtspunkten Zumutbarkeit des Tagungsorts sein.237 Diese Gegenmeinung erscheint zweifelhaft; gerade im Hinblick auf die zunehmenden internationalen Verflechtungen auch von eG, insb. im EU-Raum, dürften keine Bedenken bestehen, wenn sachliche Gründe dafür sprechen, die GV/VV im Ausland durchzuführen,238 zumal nach Abs. 7 nun auch die „Online-GV/VV“ zulässig ist.239 Das Versammlungslokal wird von demjenigen bestimmt, der die Einberufung durch118 führt. Im Rahmen der Möglichkeiten ist dafür Sorge zu tragen, dass alle Teilnehmer im Versammlungsraum unter zumutbaren Bedingungen Platz finden.240 Abhaltung der GV/ VV in zeitlich oder örtlich getrennten Abteilungen ist grds. nicht zulässig. Eine GV/VV, die z.B. wegen der räumlichen Verhältnisse nur einem Teil der interessierten Mitglieder die Teilnahme ermöglicht, ist nicht mit den Grundsätzen des Genossenschaftsrechts vereinbar. Solche Mängel berechtigen u.U. zur Anfechtung gem. § 51. Wenn kein ausreichend großes Lokal zur Verfügung steht, müssen notfalls auch Kompromisslösungen gerechtfertigt sein. Unter dieser Voraussetzung wäre es Mitgliedern/Vertretern ausnahmsweise zumutbar, z.B. in Nebenräumen an der GV/VV teilzunehmen, soweit gewährleistet ist, dass sie die Verhandlungen verfolgen können und dass sie ordnungsgemäß Gelegenheit haben, an der Diskussion und Beschlussfassung mitzuwirken. Unter Umständen muss die GV/VV an einem anderen, zumutbaren Ort durchgeführt werden. 119 Unter Beachtung der Zumutbarkeit – nicht vor 8.00 Uhr und in den Abendstunden zu einem angemessenen Zeitpunkt beendet –, ist die Tageszeit vor Beginn festzulegen und mit der Einladung mitzuteilen.241 Eine zu erwartende Beendigung nach Mitternacht
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235 Vgl. RGZ 44, 9; BayObLG ZfgG 1960, 265; Müller GenG § 44 Rdn. 16. 236 Vgl. Hüffer AktG § 121 Rdn. 13 für AG: Satzung muss sachgerechte Vorgabe für Ausübung des Ermessen des Vorstands oder Aufsichtsrats machen; a.A. BayObLG NJW 1959, 485; Müller GenG § 44 Rdn. 16. 237 Vgl. Müller GenG § 44 Rdn. 16 m.w.N., der eine entsprechende Satzungsvorschrift für unwirksam hält. 238 Vgl. Bokelmann NJW 1972, 1729; Kleinmann NJW 1972, 373. 239 Korte/Schaffland GenG S. 95. 240 Müller GenG § 44 Rdn. 17; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 44 Rdn. 23; Beuthien GenG § 44 Rdn. 5. 241 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 3.
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ist nicht hinnehmbar.242 Inwieweit eine GV/VV an Sonn- oder Feiertagen durchgeführt werden kann, hat sich nach den Interessen der Mitglieder zu bestimmen.243 Die Mitteilung der Tagesordnung hat gem. § 46 mit der Einberufung der GV/VV zu 120 erfolgen (§ 46 Abs. 1 S. 2), seit Novelle 2006 muss jedoch mindestens eine Woche zwischen der Mitteilung der Tagesordnung und der GV/VV liegen (§ 46 Abs. 2 S. 1), andernfalls kann über diese Gegenstände, deren Verhandlung in der GV/VV angekündigt ist, kein Beschluss gefasst werden. Die Satzungen sehen vielfach vor, dass die Tagesordnung von dem Organ festgesetzt wird, das die GV/VV einberuft, dies ist gem. § 44 Abs. 1 der Vorstand. Die Satzung kann ihm dieses Recht nicht entziehen, sondern lediglich die (zusätzliche) primäre Zuständigkeit z.B. des Aufsichtsrats oder Aufsichtsratsvorsitzenden vorsehen,244 dazu § 44 Rdn. 17. Maßgeblich ist die den Mitgliedern/Vertretern zugegangene Tagesordnung. Diese kann nur noch durch das für die Festsetzung der Tagesordnung zuständige Organ, und zwar unter Einhaltung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Mindestfrist (vgl. Erl. § 46 Rdn. 20). Ein angekündigter Tagesordnungspunkt kann nur noch von der GV/VV selbst (vgl. § 43 Rdn. 132 u. § 46 Rdn. 20) geändert werden. Das Gesetz bestimmt in § 48 Abs. 1 S. 3, dass die GV/VV in den ersten 6 Monaten 121 des Geschäftsjahres stattzufinden hat. Für die Einhaltung des Termins ist gemäß seinem primären Einberufungsrecht (§ 44 Abs. 1) zunächst der Vorstand verantwortlich. Verzögert er die Einhaltung, obliegt die Einberufungspflicht gem. § 38 Abs. 2 dem Aufsichtsrat. Versäumung der Frist führt nicht zur Unwirksamkeit der Beschlüsse; entsteht durch die Verzögerung ein Schaden, so kommt Haftung gem. §§ 34, 41 oder nach den allgemeinen Haftungsvorschriften in Betracht. § 336 Abs. 1 S. 2 HGB bestimmt darüber hinaus für die eG, dass Jahresabschluss und Lagebericht in den ersten 5 Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr „aufzustellen“ sind. Für die rechtzeitige Aufstellung ist der Vorstand verantwortlich (§ 33 Abs. 1 S. 2). Nach der Aufstellung sind Jahresabschluss und Lagebericht unverzüglich dem Aufsichtsrat und mit dessen Bemerkungen der GV/VV vorzulegen (§ 33 Abs. 1 S. 2). 2. Versammlungsleitung. Gem. § 6 Nr. 4 muss die Satzung Bestimmungen über den 122 Vorsitz in der GV/VV enthalten (Versammlungsleitung). Es ist üblich, dass die Satzung den Vorsitzenden des Aufsichtsrats zum Versammlungsleiter bestimmt. Es ist rechtlich zulässig und zweckmäßig, dass die Satzung eine Regelung vorsieht, wonach durch Beschluss der GV/VV der Vorsitz einem anderen Mitglied der eG oder einem Vertreter des gesetzlichen Prüfungsverbands übertragen werden kann. Es sind im Übrigen keine zwingenden Gründe erkennbar, warum der Versammlungsleiter Mitglied der eG sein muss (s. Erl. § 6 Rdn. 24);245 die Erfahrung zeigt, dass es durchaus zweckmäßig sein kann, in besonderen Situationen fachlich versierte Personen wie bspw. Rechtsanwälte als neutrale Personen zum Versammlungsleiter zu wählen. Ausreichend und hinreichend bestimmt i.S.d. § 6 Nr. 4 dürfte sein, wenn die Satzung das Verfahren zur Bestimmung des Versammlungsleiters vorsieht, z.B. regelt, dass unter
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242 Hüffer AktG § 121 Rdn. 17. 243 Zu eng Müller GenG § 44 Rdn. 18. 244 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 44 Rdn. 1. 245 So aber Müller GenG § 43 Rdn. 90 und Beuthien GenG § 43 Rdn. 50 u. § 6 Rdn. 12; wie hier Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 6 Rdn. 13; wie hier auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 196 aber in Widerspruch zu § 6 Rdn. 20. Differenzierend Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 182, der von dem Grundsatz der Selbstverwaltung ausgehend die Frage, ob ein Genossenschaftsfremder die GV leiten kann, verneint, wenn die Satzung dem Aufsichtsratsvorsitzenden die Leitung überträgt.
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Leitung des Alterspräsidenten (ältestes Mitglied) aus dem Kreis der in der GV/VV Anwesenden der Versammlungsleiter gewählt wird.246 Wird eine Person zum Versammlungsleiter gewählt, die nach der Satzung dafür nicht vorgesehen ist, handelt es sich grundsätzlich nur um einen Verstoß gegen Ordnungsvorschriften; auf die Wirksamkeit von Beschlüssen kann dies nur dann Auswirkungen haben, wenn gerade dieser Mangel ursächlich war für das Zustandekommen eines bestimmten Beschlusses.247 Der Leiter der GV/VV hat diese unter eigener Verantwortung zu leiten mit dem Ziel, die Tagesordnungspunkte zügig und ordnungsgemäß zu erledigen und auf der Grundlage demokratischer Verfahrensregeln innerhalb angemessener Zeit zu einer eindeutigen Meinungsbildung der GV/VV zu gelangen.248 Er hat dafür Sorge zu tragen, dass die Mitglieder alle erforderlichen Informationen erhalten, um bei Abstimmungen und Wahlen im Interesse der eG sachgerechte und optimale Entscheidungen treffen zu können. Erforderlichenfalls muss hier zwischen Geheimhaltungsinteressen und gerechtfertigten Bedürfnissen nach weiteren Informationen abgewogen werden (vgl. „Auskunftsrecht“, Rdn. 31 ff.). Der Versammlungsleiter hat das Recht, alle Maßnahmen durchzuführen, die erforderlich sind, um einen störungsfreien Ablauf der GV zu gewährleisten.249 Der Versammlungsleiter hat insb. jede Störung zu unterbinden, notfalls mit Ordnungsmaßnahmen bis hin zum Saalverweis als letztes Mittel.250 Wegen der Reihenfolge der Abstimmung über verschiedene Anträge vgl. Rdn. 27 f. Das dem Versammlungsleiter zustehende und ihn auch verpflichtende Ordnungsrecht hat seine Grundlage nicht in einem Hausrecht; nach heute h.M. wird das Ordnungsrecht zutreffend aus der ihm gesetzlichen zugewiesenen Funktion abgeleitet.251 Die dem Versammlungsleiter obliegende Verpflichtung, die GV ordnungsgemäß abzuwickeln (Rdn. 124), bestimmt Inhalt und Umfang seiner Ordnungsbefugnisse (wegen der Grenzen s. Rdn. 126).252 Er hat die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten.253 Der Versammlungsleiter muss sich bei allen Maßnahmen an dem Zweck der GV orientieren. Seine Entscheidungen dürfen nicht willkürlich sein oder sich nach rein persönlichen Interessen richten.254 Wenn der Versammlungsleiter z.B. die GV/VV abbrechen würde, um die Wahl unerwünschter Aufsichtsratsmitglieder zu verhindern, wäre diese Maßnahme nicht sachgerecht und damit unzulässig (s. auch Rdn. 126). Die dem Versammlungsleiter zur Verfügung stehenden Ordnungsmaßnahmen reichen von einer Abmahnung über den Entzug des Rederechts bis zum Ausschluss aus der GV/VV. In all diesen Fällen ist der Versammlungsleiter in eigener Verantwortung entscheidungsberechtigt; es bedarf keines Beschlusses der GV (vgl. oben Rdn. 17). Der Versammlungsleiter kann nicht in Individualrechte (vgl. Rdn. 58) eingreifen. Der Saalver-
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246 Müller GenG § 43 Rdn. 90; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 195; so auch Gräser/Metz/Werhahn S. 34 für den Fall der Verhinderung des Aufsichtsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreters gem. § 29 S. 1 Mustersatzung. 247 So zutreffend LG Münster Urt. v. 15.12.1982, Az. 16 O 581/82. 248 LG Frankfurt, WM 1984, 502; Gräser/Metz/Werhahn S. 33. 249 Vgl. BGHZ 44, 251; Martens WM 1981, 1010; Müller GenG § 43 Rdn. 91; ausführlich: Max Die Leitung der Hauptversammlung, AG 3/1991, 77; Gräser/Metz/Werhahn S. 33 ff. 250 Gräser/Metz/Werhahn S. 42 mit Beispielen für nachhaltige Störungen: z.B. rechtswidrige Angriffe auf Versammlungsleiter oder Vorstand, Lärmen, Trunkenheit, übermäßige Zwischenrufe, grobes Missachten festgesetzter Redezeiten. 251 BGHZ 44, 251; Martens WM 1981, 1011. 252 BGH a.a.O. 253 LG Stuttgart WuB II A. § 119 AktG. 254 KG OLG 40, 202; KG OLGZ 1990, 316.
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weis von Mitgliedern/Vertretern muss naturgemäß das äußerste Mittel bleiben, und seine Zulässigkeit unterliegt strengen Anforderungen. Vor dem Saalverweis ist der Störer grundsätzlich – wie auch im Falle der Wortentziehung – zu ermahnen und auf die Möglichkeit des Ausschlusses aus der GV/VV hinzuweisen.255 Der Saalverweis kann für die gesamte Dauer der GV/VV angeordnet werden oder auch nur für bestimmte Teile der GV/VV, für die weitere Störungen zu erwarten sind. Das ausgeschlossene Mitglied kann Vollmacht erteilen und so weiter seine Stimme abgeben. Zur Durchsetzung rechtmäßiger Anordnungen kann der Versammlungsleiter erforderlichenfalls Gewalt anwenden. Geeignete Mittel können die Einsetzung von Saalordnern sein und äußerstenfalls auch die Zuziehung der Polizei, da der Störer, wenn er einer mehrfachen Aufforderung zum Verlassen des Saales nicht nachkommt, den Tatbestand des Hausfriedensbruches erfüllt (§ 123 StGB).256 In die Entscheidungskompetenz des Versammlungsleiters fallen grundsätzlich 127 folgende Maßnahmen: Zulassung oder Ausschluss von Gästen nach freiem Ermessen; Beschränkung der Redezeit für einzelne Mitglieder/Vertreter; Wortentziehung in Einzelfällen; Saalverweis; Festlegung der Verhandlungs- und Abstimmungsmodalitäten im Rahmen von Gesetz und Satzung, z.B. Entscheidung der Frage, ob geheim oder offen abzustimmen ist, soweit Gesetz oder Satzung dies nicht festlegen (vgl. Rdn. 52);257 Eröffnung der GV/VV; Aufruf von Tagesordnungspunkten; Verkündung des Abstimmungsergebnisses; Unterbrechung der GV/VV; Beendigung (Schließung) der GV/VV.258 Umstritten ist, ob der Versammlungsleiter auch die Redezeit allgemein begrenzen kann (so die inzwischen h.M., vgl. Rdn. 30 und 132). Keine Bedenken bestehen, wenn der Versammlungsleiter zur allgemeinen Begrenzung der Redezeit einen Beschluss der GV/VV veranlasst259 (wegen Abbruch und Vertagung der GV s. Rdn. 135). Der Versammlungsleiter muss darauf achten, dass die Abstimmungen nicht in un- 128 zulässiger Weise beeinflusst werden. Keine derartige Beeinflussung liegt z.B. vor, wenn die Versammlungsleiter oder die Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats mit zulässigen Mitteln auf eine Beschlussfassung hinwirken, die ihrer persönlichen Überzeugung entspricht. Eine unrechtmäßige Beeinflussung würde z.B. voraussetzen, dass ein Mitglied durch unrichtige Angaben zu Erklärungen veranlasst wurde, deren Inhalt nicht seinem Willen entsprach und dass keine Möglichkeit bestand, der Beeinflussung entgegenzutreten. Keine rechtlichen Bedenken bestehen, wenn die Versammlungsleitung bei einer Person bleibt, die selbst zur Wahl steht oder über deren Entlastung beschlossen wird; der Versammlungsleiter wird sich in solchen Fällen mit jeder Art von Einflussnahme besonders zurückhalten. Bestehen dennoch Interessengegensätze zwischen Versammlungsleitung und Beschlussgegenstand, so sollte ein anderer Versammlungsleiter gewählt werden; in vielen Fällen wird die Sitzung, insbesondere wenn die Wiederwahl des Versammlungsleiters z.B. als Aufsichtsratsmitglied ansteht, schon nach parlamentarischen Gepflogenheiten und um jeglichen Anschein einer Befangenheit zu vermeiden, von einem anderen Mitglied durchgeführt werden, dem die Versammlungsleitung zu diesem Tagesordnungspunkt zeitweise übertragen wird.
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255 Vgl. Martens WM 1981, 1011; Gräser/Metz/Wehrhahn S. 42 f. 256 LG Frankfurt WM 1984, 502; Martens WM 1981, 1011; Müller GenG § 43 Rdn. 92; Gräser/Metz/ Werhahn S. 43. 257 Martens WM 1981, 1014; Müller GenG § 36 Rdn. 19; Jakobs BB 1958, 726. 258 Im Einzelnen vgl. BGHZ 44, 248; Martens WM 1981, 1013 ff.; Gräser/Metz/Werhahn S. 35; Müller GenG § 43 Rdn. 94 ff.; Hüffer AktG § 129 Rdn. 22 ff. 259 RGZ 36, 24, 26; BGHZ 44, 245, 248; Gräser/Metz/Werhahn S. 35.
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Es ist nicht erforderlich, dass der Versammlungsleiter bei der Eröffnung der GV die anwesenden stimmberechtigten Mitglieder feststellt;260 eine solche Feststellung könnte nur statistische Gründe haben, da es nach dem GenG bei der Beschlussfassung allein auf die Anzahl der gültig abgegebenen Stimmen ankommt (vgl. Rdn. 62). Die Feststellung der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder könnte erfahrungsgemäß nur zur Verwirrung beitragen, sofern bei der jeweiligen Beschlussfassung einige Mitglieder den Saal verlassen haben oder neue Mitglieder hinzugekommen sind. Etwas Anderes gilt, wenn investierende Mitglieder oder Mehrstimmrechte zugelassen sind (vgl. § 47 Abs. 3 S. 1: Aufnahme der erschienenen oder vertretenen Mitglieder mit Stimmenzahl in die Versammlungsniederschrift). Bei der Behandlung der einzelnen Tagesordnungspunkte muss der Versammlungs130 leiter dafür Sorge tragen, dass jedes Mitglied Gelegenheit hat, seine Auffassung darzulegen und zur Meinungsbildung der GV/VV beizutragen. Ein Rederecht steht in der GV allerdings nur Mitgliedern sowie ihren gesetzlichen Vertretern oder Bevollmächtigten zu, ebenfalls Vertretern der Verbände im Falle von § 60 sowie bei entsprechender Satzungsregelung; bei der VV haben grundsätzlich nur die Vertreter Rederecht. Die Worterteilung an Gäste liegt im freien Ermessen des Versammlungsleiters (Näheres zum Rederecht oben Rdn. 29 ff.). Der Versammlungsleiter hat nach Beendigung der Aussprache zum Beschlussgegen131 stand die Abstimmung durchzuführen; er hat ausdrücklich danach zu fragen, wer für den Antrag ist und wer gegen den Antrag ist; die Feststellung der Stimmenthaltungen ist rechtlich bedeutungslos und kann erfahrungsgemäß zu Rechtsunsicherheiten führen. Der Versammlungsleiter hat sodann das Ergebnis der Abstimmung formell festzustellen und zu verkünden (s. Rdn. 56). Der Beschluss wird erst mit der Verkündung des Ergebnisses wirksam.261 Ein Beschluss wird gültig mit dem Inhalt, wie er verkündet ist. Formelle oder materielle Mängel, die eine Anfechtbarkeit begründen, können nur durch Anfechtungsklage geltend gemacht werden.262 Fehlt die eindeutige Verkündung des Abstimmungsergebnisses, so liegt kein rechtswirksamer Beschluss vor. In § 130 Abs. 2 AktG, der die Feststellung des Beschlussergebnisses ausdrücklich vorsieht, kommt ein allgemein gültiger Grundsatz des Gesellschaftsrechts zum Ausdruck. Das festgestellte Ergebnis ist zu protokollieren und zunächst verbindlich.263 Unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses begründet keine Nichtigkeit, sondern nur Anfechtbarkeit. Nur eine offensichtlich und zweifelsfrei willkürliche Feststellung des Ergebnisses führt zur Nichtigkeit.264 Wiederholte Beschlussfassung über einzelne Tagesordnungspunkte ist zulässig, wenn durch neue Erkenntnisse während der Versammlung Zweifel an der Zweckmäßigkeit eines Beschlusses aufkommen. Voraussetzung ist allerdings, dass die GV/VV faktisch noch nicht beendet wurde (vgl. oben Rdn. 56 und unten Rdn. 136).265 Ungeachtet der Rechte und Pflichten des Versammlungsleiters verbleiben einige 132 grundlegende Verfahrensentscheidungen bei der GV/VV, so z.B. die Vertagung und der Abbruch der GV/VV (s. Rdn. 134), die Vertagung und Absetzung einzelner Punkte der Tagesordnung, ein Beschluss über die generelle Beschränkung der Redezeit (s. aber
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260 A.A. Müller GenG § 43 Rdn. 96; wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 199. 261 BGH BB 1975, 1276; BGH ZIP 1996, 2071, 2074 = DB 1997, 153; Müller GenG § 43 Rdn. 113; Martens WM 1981, 1012. 262 BGH AG 1988, 233. 263 BayObLG BB 1992, 226. 264 BayObLG DB 1991, 2329. 265 Zutreffend LG Würzburg v. 22.12.1983 – 1 O 2052/83; Gräser/Metz/Werhahn S. 65 f. (66); Müller GenG § 43 Rdn. 114; für Vereinsrecht: Reichert (11. Auflage) Rdn. 1705 ff.
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Rdn. 30), Beendigung der Rednerliste, eine Umstellung der Tagesordnung.266 Die GV/VV kann verlangen, dass die angekündigte Tagesordnung behandelt wird. Nur bis zum Ablauf der Mindestfrist für die Tagesordnung (vgl. § 46 Abs. 2: eine Woche vor der GV/VV) kann der Einladende die Tagesordnung nachträglich ändern (vgl. Erl. § 46 Rdn. 20). Die Absetzung einzelner Tagesordnungspunkte bedarf danach eines GV/VV-Beschlusses. Wenn allerdings der Versammlungsleiter z.B. auf Bitte des einladenden Vorstands vor Eintritt in die Tagesordnung bekannt gibt, dass ein bestimmter Tagesordnungspunkt abgesetzt werden soll und die Mitglieder dies ohne Widerspruch zur Kenntnis nehmen, kann dies als Zustimmung gewertet werden. Beantragen Mitglieder jedoch, dass eine Abstimmung über den angekündigten Tagesordnungspunkt erfolgt, muss über die Absetzung abgestimmt werden (vgl. Erl. § 46 Rdn. 20). Individualrechte einzelner Mitglieder sind der Beschlussfassung der GV/VV entzogen (vgl. Rdn. 58). Der Einsatz von Aufnahmegeräten (Tonbandgeräte, Videokameras usw.) auf An- 133 ordnung des Versammlungsleiters kann zweckmäßig sein, um die Reden und Diskussionsbeiträge der GV/VV im Wortlaut festzuhalten. Der Versammlungsleiter hat die GV/ VV von der Benutzung der Geräte zu unterrichten.267 Auf eine stenographische Aufzeichnung der GV/VV muss nicht hingewiesen werden; ein Teilnehmer kann nicht verlangen, dass die stenographische Aufzeichnung seines Redebeitrages unterbleibt. Aufnahmegeräte sind auszuschalten, wenn ein Versammlungsteilnehmer dies für seinen Redebeitrag verlangt. Etwas anderes gilt in den Fällen des Abs. 7, wenn die Satzung die „Online-GV/ VV“ oder die Übertragung der GV/VV in Bild und Ton erlaubt. Dann kann ein Versammlungsteilnehmer nicht verlangen, dass die Aufnahmegeräte abgeschaltet werden. Die Benutzung privater Aufnahmegeräte durch einzelne Versammlungsteilnehmer bedarf der vorherigen Zustimmung aller Versammlungsteilnehmer.268 Es handelt sich dabei nicht um einen Beschluss der GV/VV, sondern um eine privatrechtliche Einwilligung. Wird die Zustimmung auch nur von einem Teilnehmer verweigert, so muss der Versammlungsleiter die Benutzung von privaten Aufnahmegeräten während der Rede dieses Teilnehmers mit allen zulässigen Ordnungsmaßnahmen verhindern. Der Leiter kann auch von sich aus die Aufnahme der GV/VV durch private Aufnahmegeräte untersagen. Eine – auch stenographische – Mitschrift durch Versammlungsteilnehmer kann der Leiter nicht untersagen.269 Anspruch auf Erteilung von Abschriften oder auf Abspielen der Aufnahmen besteht nicht. Der jeweilige Redner kann dies jedoch für seinen eigenen Beitrag sowie die vom Vorstand oder sonstigen befugten Personen darauf erteilten Antworten verlangen; die Kosten hat der Teilnehmer zu tragen. Um Unterbrechung der GV/VV handelt es sich, wenn die Erörterungen auf kurze 134 Zeit ausgesetzt, um in derselben GV/VV wieder fortgeführt zu werden. Abbrechen der GV/VV bedeutet, dass diese vorzeitig, also vor Erledigung der Tagesordnung, beendet und in einer neuen GV fortgesetzt wird. Zur neuen GV/VV ist erneut form- und fristgerecht einzuladen; wegen der Tagesordnung genügt der Hinweis auf die noch nicht erledigten Punkte. Keine Bedenken, wenn zusätzliche Punkte aufgenommen werden; dies kann aber nur unter Beachtung der nach Gesetz (§ 46) und Satzung festgelegten Voraussetzungen geschehen. Vertagung liegt dann vor, wenn die GV/VV vor Abwicklung der Tagesordnung nicht nur für eine kurze Zeit unterbrochen, sondern als dieselbe GV/VV
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Vgl. hierzu Martens WM 1981, 1013 m.w.N.; Gräser/Metz/Werhahn S. 35. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 203. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 203; Müller GenG § 43 Rdn. 102. Zu diesen Fragen übereinstimmend BGH WuB, II A. § 130 AktG 1.95 m. Anm. Dilger.
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erst zu einem späteren Termin wieder fortgesetzt wird. Schließung der GV bedeutet deren formale Beendigung nach Erledigung der Tagesordnung.270 Im Gegensatz zu den in Rdn. 127 genannten Maßnahmen, die in die Zuständigkeit 135 des Versammlungsleiters fallen, ist der Abbruch und die Vertagung der GV/VV der Dispositionsgewalt des Versammlungsleiters entzogen und der Entscheidung der GV/VV vorbehalten.271 Es geht hier nicht mehr um Ordnungsmaßnahmen der Versammlungsleitung, und nur solche bestimmen den Rahmen für die dem Versammlungsleiter zustehenden Befugnisse.272 Bei Abbruch und Vertagung handelt es sich in der Regel um Eingriffe in die Dispositionen der Mitglieder/Vertreter und der Geschäftsleitung, die auch Wirkungen über den Bereich der eG hinaus haben können (z.B. Prüfungszeiträume, Fristen für die Feststellung des Jahresabschlusses, Haftungsfragen usw.). Der Versammlungsleiter hat die Ordnungsmacht in der GV/VV, aber nicht über die Versammlung. 136 Hat der Versammlungsleiter die GV/VV geschlossen, so können grundsätzlich keine weiteren Beschlüsse gefasst werden. Die Teilnehmer müssen darauf vertrauen können, dass keine Beschlüsse gefasst werden, wenn sie sich nach der Schließung entfernen. Eine Fortsetzung ist hingegen möglich, wenn die GV/VV – ungeachtet der Erklärung über die Beendigung – als solche noch besteht, noch alle Teilnehmer anwesend sind, allen Teilnehmern die Fortsetzung oder die Möglichkeit der Fortsetzung bewusst ist und die GV/VV die Fortsetzung beschließt;273 nur dann sind die Belange der Mitglieder nicht beeinträchtigt.274 Die Erklärung des Versammlungsleiters über die Schließung der GV/VV darf nicht willkürlich sein und dem Zweck der GV/VV entgegenstehen; sie darf sich nicht an rein persönlichen Interessen orientieren.275 137
3. Fehlerhafte Beschlüsse. Beschlüsse der GV/VV können nichtig oder anfechtbar sein. Für die Nichtigkeit gilt § 241 AktG entsprechend.276 Wegen der Einzelheiten vgl. Erl. zu § 51. IX. Europäische Genossenschaft (SCE)
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1. Aufgaben der GV der SCE. Gem. Art. 36a) SCE-VO277 verfügt auch die SCE über eine GV. Diese ist, wie die GV der eG, das oberste Willensbildungs- und Entscheidungsorgan; sie ist im Detail im 4. Abschnitt geregelt, bestehend aus den Art. 52–63. Ergänzend können die übrigen Art. der SCE-VO der GV zur alleinigen Zuständigkeit übertragen werden (Art. 52 Abs. 1). Die GV ist gemäß Art. 52 SCE-VO zuständig für alle Angelegenheiten der SCE, die beim dualistischen System nicht dem Leitungsorgan oder dem Aufsichtsorgan bzw. beim monistischen System nicht dem Verwaltungsorgan zugewiesen sind. Die Generalversammlung der SCE hat gem. Art. 52 SCE-VO in etwa die gleichen Zuständigkeiten wie die GV der eG. Sie bestellt u.a. das Aufsichtsorgan (Art. 39 Abs. 2 SCE-VO) und, falls die Satzung dies vorsieht, auch das Leitungsorgan (Art. 37 Abs. 2
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270 Das verkennt das KG in: OLGZ 1990, 316, das für Schließung der GV die Zuständigkeit des Versammlungsleiters annimmt, während es sich tatsächlich um einen Abbruch der GV handelt. 271 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 199; Beuthien GenG § 43 Rdn. 50. 272 BGHZ 44, 248. 273 KG OLGZ 1990, 316; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43 Rdn. 199 a.E. 274 KG Urt. v. 8.6.1989, Az. 16 U 765/89; OLGZ 1990, 316 (318 f.); Müller GenG § 43 Rdn. 103. 275 KG OLGZ 1990, 316 ff. 276 BGHZ 70, 387; BGH Urt. v. 22.3.1982, Az. II ZR 219/81. 277 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22.7.2003, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union L 207/01 v. 18.8.2003.
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Satz 2 SCE-VO, § 12 SCEAG)278 bzw. das Verwaltungsorgan beim monistischen System (Art. 42 Abs. 3 SCE-VO). Dementsprechend ist die GV auch zuständig für die Abberufung der von ihr gewählten Mitglieder des Aufsichts- und des Leitungsorgans (§ 12 SCEAG für Mitglieder des Leitungsorgans, Art. 39 Abs. 2 S. 1 für Mitglieder des Aufsichtsorgans)279 bzw. des Verwaltungsorgans;280 vgl. beim monistischen System Art. 42 Abs. 1 S. 1 für die Bestellung und § 20 SCEAG für die Abberufung. Die GV ist insb. zuständig für Satzungsänderungen, sie ist der Kern der Organstruktur der SCE.281 Art. 48 SCE-VO trifft zudem die Regelung, dass in der Satzung der SCE die Arten von Geschäften aufzuführen sind, für die im dualistischen System das Leitungsorgan einer Ermächtigung durch das Aufsichtsorgan oder der GV bedarf bzw. die im monistischen System eines Beschlusses des Verwaltungsorgans oder einer Ermächtigung durch die GV bedürfen. Weitere Zuständigkeiten ergeben sich aus den nicht von der SCE-VO geregelten oder nur teilweise geregelten Bereiche, in denen gem. Art. 8 Abs. 1 Buchst. c) Satzungsregelungen erlaubt sind. Dies sind insbesondere Vorschriften zur Haftung der Mitglieder (Art. 1 Abs. 2 Unterabschnitt 3), Mindestkapitalgrenze beim Ausscheiden von Mitgliedern (Art. 3 Abs. 4), Pflichtanteile (Art. 4 Abs. 7), nichtnutzende/investierende Mitglieder (Art. 14 Abs. 1 Unterabschnitt 2 S. 1) usw.282 Für die GV sind dies insb. die Vorschriften zur Zuständigkeit (Art. 52 S. 2), Einberufung der GV durch Minderheit (Art. 55 S. 2), Form und Frist der Einberufung (Art. 56 Abs. 1 S. 1), Aufnahme neuer Tagesordnungspunkte (Art. 57 S. 2), Recht zur Teilnahme an der GV (Art. 58 Abs. 2), Vertretung in der GV (Art. 58 Abs. 3), schriftliche oder elektronische Stimmabgabe (Art. 58 Abs. 4), Mehrstimmrechte (Art. 59 Abs. 2 und 3), Beschlussund Mehrheitsvorschriften für die GV (Art. 61 Abs. 3), Verwendung des Jahresüberschusses (Art. 65 Abs. 1, 67 Abs. 2), gesetzliche Rücklage (Art. 65 Abs. 2), Rückvergütung (Art. 66), Ausschluss der Verteilung des verfügbaren Ergebnisses (Art. 67 Abs. 3).283 2. Rechte der Mitglieder in der GV. Jedes Mitglied hat gem. Art. 58 das Recht, per- 139 sönlich an der GV teilzunehmen oder sich von einem Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Nach Art. 58 Abs. 1 hat jedes Mitglied zudem ein Rederecht und das Recht, an Abstimmungen teilzunehmen. Art. 60 gewährt den Mitgliedern ein umfassendes Auskunftsrecht. Das Stimmrecht ist in Art. 59 SCE-VO geregelt. Nach Art. 59 Abs. 2 SCE-VO haben 140 Organmitglieder (die keine Mitglieder der SCE sein müssen, vgl. Erl. zu § 9 Abs. 2) und Inhaber von Wertpapieren (§ 64 SCE-VO) das Recht, an der GV teilzunehmen, sie haben aber kein Stimmrecht. Stimmberechtigte Mitglieder können sich in der GV von einem Bevollmächtigten vertreten lassen, Art. 58 Abs. 3 Satz 1 SCE-VO. Dabei bleibt es nach Art. 58 Abs. 3 Satz 2 der Satzung überlassen zu bestimmen, wie viele Stimmrechtsvollmachten ein Bevollmächtigter höchstens ausüben darf. Im Unterschied zur eG ist also eine unbegrenzte Ausübung von Stimmvollmachten möglich.284 Die Satzung kann auch festlegen, dass bei bestimmten Beschlüssen eine Höchstgrenze für Stimmvollmachten gilt oder eine Bevollmächtigung ganz ausgeschlossen ist.285
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SCEAG, BT-Drs. 16/1025, S. 7. Vgl. Erl. zu § 36 Abs. 3, § 24 Abs. 2 Satz 2, § 40. § 20 SCEAG: Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von Dreiviertel der Stimmen. Vgl. Schulze/Wiese SCE, ZfgG 2006, 101, 117. Vgl. Übersicht bei Beuthien GenG Art. 8 SCE Rdn. 2. Vgl. Ebenda. Vgl. Schulze/Wiese SCE, ZfgG 2006, 101, 117; Beuthien GenG Art. 58 SCE Rdn. 3. So auch Beuthien GenG Art. 58 SCE Rdn. 3.
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§ 43a | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
Gemäß Art. 59 Abs. 1 hat jedes Mitglied (wie bei der eG unabhängig von der Anzahl der Anteile) grds. eine Stimme. Mehrstimmrechte können gemäß Art. 59 Abs. 2 SCE-VO i.V.m. § 29 SCEAG unter Beachtung von § 43 Abs. 3 Satz 2 GenG vergeben werden. Für die Aufhebung oder Änderung von Mehrstimmrechten gilt gem. Art. 8 Abs. 1c) ii) § 43 Abs. 3 Satz 4 GenG, da die SCE-VO hierzu keine Regelung enthält. Investierende Mitglieder haben gemäß Art. 59 Abs. 3 SCE-VO i.V.m. § 30 Abs. 1 SCEAG eine Stimme, ihnen dürfen aber höchstens 25% der gesamten Stimmrechte zustehen (Art. 59 Abs. 3 S. 2); ihr Stimmrechtsgewicht soll also in Erfüllung des Förderauftrags deutlich beschränkt bleiben. Gem. § 30 Abs. 2 SCEAG hat die Satzung der SCE sicherzustellen, dass investierende Mitglieder die anderen Mitglieder nicht überstimmen können und dass Beschlüsse der GV, die einer Mehrheit von Dreiviertel der abgegebenen Stimmen bedürfen, durch investierende Mitglieder nicht verhindert werden können. § 30 Abs. 2 SCEAG entspricht der Regelung in § 8 Abs. 2 GenG (s. Erl. dort). 3. Beschlussfassung und Ablauf. Die Beschlussfassung erfolgt durch Mehrheitsentscheidung (Art. 61 Abs. 2 SCE-VO), wobei die Satzung gemäß Art. 61 Abs. 3 SCE-VO die Beschlussfähigkeits- und Mehrheitserfordernisse festzulegen hat. Bei Satzungsänderungen ist die GV gem. Abs. 4 bei der ersten Einberufung nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Gesamtzahl der Mitglieder anwesend oder vertreten ist. Lässt die Satzung die Aufnahme investierender Mitglieder zu, muss sie gem. Art. 61 Abs. 3 Satz 2 SCE-VO besondere Beschlussfähigkeitsvorschriften in Bezug auf die anderen Mitglieder enthalten. Gem. Art. 58 Abs. 4 SCE-VO kann die Satzung die Möglichkeit vorsehen, Abstimmungen schriftlich oder elektronisch durchzuführen („Online-GV“). Einzelheiten muss ggf. die Satzung bestimmen. 142 Der Ablauf der GV der SCE richtet sich kraft Verweis in Art. 53 SCE-VO bei einer SCE mit Sitz in Deutschland nach dem GenG bzw. den ergänzenden deutschen Vorschriften. 141
§ 43a Vertreterversammlung § 43a Vertreterversammlung (1) Bei Genossenschaften mit mehr als 1.500 Mitgliedern kann die Satzung bestimmen, dass die Generalversammlung aus Vertretern der Mitglieder (Vertreterversammlung) besteht. Die Satzung kann auch bestimmen, dass bestimmte Beschlüsse der Generalversammlung vorbehalten bleiben. Der für die Feststellung der Mitgliederzahl maßgebliche Zeitpunkt ist für jedes Geschäftsjahr jeweils das Ende des vorausgegangenen Geschäftsjahres. (2) Als Vertreter kann jede natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person, die Mitglied der Genossenschaft ist und nicht dem Vorstand oder Aufsichtsrat angehört, gewählt werden. Ist ein Mitglied der Genossenschaft eine juristische Person oder eine Personengesellschaft, können natürliche Personen, die zu deren gesetzlicher Vertretung befugt sind, als Vertreter gewählt werden. (3) Die Vertreterversammlung besteht aus mindestens fünfzig Vertretern, die von den Mitgliedern der Genossenschaft gewählt werden. Die Vertreter können nicht durch Bevollmächtigte vertreten werden. Mehrstimmrechte können ihnen nicht eingeräumt werden. (4) Die Vertreter werden in allgemeiner, unmittelbarer, gleicher und geheimer Wahl gewählt; Mehrstimmrechte bleiben unberührt. Für die Vertretung von Mitgliedern bei der Wahl gilt § 43 Abs. 4 und 5 entsprechend. Kein Vertreter kann für längere Zeit als bis zur Beendigung der Vertreterversammlung gewählt werden, Holthaus/Lehnhoff
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Vertreterversammlung | § 43a
die über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mit gerechnet. Die Satzung muss bestimmen, 1. auf wie viele Mitglieder ein Vertreter entfällt; 2. die Amtszeit der Vertreter. Eine Zahl von 150 Mitgliedern ist in jedem Fall ausreichend, um einen Wahlvorschlag einreichen zu können. Nähere Bestimmungen über das Wahlverfahren einschließlich der Feststellung des Wahlergebnisses können in einer Wahlordnung getroffen werden, die vom Vorstand und Aufsichtsrat auf Grund übereinstimmender Beschlüsse erlassen wird. Sie bedarf der Zustimmung der Generalversammlung. (5) Fällt ein Vertreter vor Ablauf der Amtszeit weg, muss ein Ersatzvertreter an seine Stelle treten. Seine Amtszeit erlischt spätestens mit Ablauf der Amtszeit des weggefallenen Vertreters. Auf die Wahl des Ersatzvertreters sind die für den Vertreter geltenden Vorschriften anzuwenden. (6) Eine Liste mit den Namen und Anschriften der gewählten Vertreter und Ersatzvertreter ist mindestens zwei Wochen lang in den Geschäftsräumen der Genossenschaft und ihren Niederlassungen zur Einsichtnahme für die Mitglieder auszulegen. Die Auslegung ist in einem öffentlichen Blatt bekannt zu machen. Die Auslegungsfrist beginnt mit der Bekanntmachung. Jedes Mitglied kann jederzeit eine Abschrift der Liste der Vertreter und Ersatzvertreter verlangen; hierauf ist in der Bekanntmachung nach Satz 2 hinzuweisen. (7) Die Generalversammlung ist zur Beschlussfassung über die Abschaffung der Vertreterversammlung unverzüglich einzuberufen, wenn dies von mindestens einem Zehntel der Mitglieder oder dem in der Satzung hierfür bestimmten geringeren Teil in Textform beantragt wird. § 45 Abs. 3 gilt entsprechend.
I.
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III. IV. V.
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Systematische Übersicht Rechtsentwicklung | 1–5 1. Einführung der VV im Jahr 1922 | 1 2. Novelle 1973 | 2–3 3. Änderung im Jahr 1993 | 4 4. Novelle 2006 | 5 VV als besondere Form der GV | 6–8 1. Zuständigkeit der VV | 6 2. Zuständigkeit der GV bei Bestehen einer VV | 7–8 Natur des Vertreteramts und Haftung der Vertreter | 9–10 Einführung der VV | 11–17 Verfahren bei Einführung der VV | 18–53 1. Satzungsänderung | 18–20 2. Wahl der Vertreter | 21–53 a) Passives Wahlrecht (Abs. 2) | 21–26 b) Aktives Wahlrecht (Abs. 3, 4) | 27 c) Grundsätze der Wahl (Abs. 3, 4) | 28–39 d) Wahlordnung (Abs. 4) | 40–49
Zahl der Vertreter (Abs. 3, 4) | 50 Dauer des Vertreteramts (Abs. 4) | 51–53 VI. Ersatzvertreter (Abs. 5) | 54–59 VII. Rechte und Pflichten (Abs. 3) | 60–77 1. Rechte und Pflichten der gewählten Vertreter | 60–69 2. Rechte und Pflichten der gewählten Ersatzvertreter | 70 3. Rechte und Pflichten der sonstigen Mitglieder der eG | 71–77 VIII. Auslegung der Listen (Abs. 6) | 78–80 IX. Vollständige oder teilweise Abschaffung der VV (Abs. 7) | 81–83 1. Vollständige Abschaffung der VV | 81a 2. Teilweise Abschaffung der VV | 82 3. Erforderliches Quorum | 83 X. Auswirkungen der Verfahren nach dem UmwG auf die VV | 84–90 1. Verschmelzung, §§ 79–98 UmwG | 85–87 3. 4.
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§ 43a | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
2. 3.
Spaltung, §§ 147–148 UmwG | 88 Vermögensübertragung, §§ 174–189 UmwG | 89
4.
XI.
Formwechsel, §§ 190–304 UmwG | 90 Europäische Genossenschaft (SCE) | 91–97
I. Rechtsentwicklung 1
1. Einführung der VV im Jahr 1922. Das GenG ging ursprünglich davon aus, dass alle Mitglieder der eG in der GV zur gemeinsamen Willensbildung und Mitverantwortung in der Lage sind. Mit zunehmender Größe der genossenschaftlichen Unternehmen hat sich jedoch im Laufe der Zeit gezeigt, dass – insb. auch aus technischen Gründen – die Versammlung aller Mitglieder teilweise nicht mehr in der Lage war, eine ordnungsgemäße Beschlussfassung herbeizuführen. Damit konnte dem Recht des einzelnen Mitglieds auf eine angemessene Mitwirkungsmöglichkeit bei der Willensbildung nicht mehr entsprochen werden. Zum Teil fehlten Versammlungsräume der erforderlichen Größe; zum anderen war es bei einer zu großen Teilnehmerzahl nicht mehr möglich, eine sinnvolle Verständigung als Grundlage einer Meinungsbildung zu erreichen. Aus diesen Erwägungen wurde durch Gesetz vom 1.7.19221 die VV eingeführt; sie trat verpflichtend an die Stelle der GV bei eG mit mehr als 10.000 Mitgliedern, bei eG mit mehr als 3.000 Mitgliedern konnte die Satzung eine Regelung zur Einführung der VV vorsehen. Die Absicht war, im Sinne einer „funktionierenden Demokratie“ auf die „unmittelbare Demokratie“ zugunsten einer „mittelbaren Demokratie“ zu verzichten.2
2. Novelle 1973.3 Die grundlegend neue Fassung von § 43 a geht auf die Novelle 1973 zurück. Sie berücksichtigt die zuvor ergangene Rechtsprechung und bringt für die Praxis in vielen zuvor umstrittenen Fällen eindeutige Regelungen. Einige Bestimmungen wurden aber als unnötig formalistisch und wenig praxisorientiert kritisch beurteilt, vor allem der Zwang zur Einführung der VV bei über 3.000 Mitgliedern (Abs. 1 a.F.) und die persönliche Zuordnung eines Ersatzvertreters (Abs. 5 a.F.). Die zwingende Einführung der VV konnte zuletzt nicht mehr überzeugen. In 3 Wissenschaft und Praxis wurde zunehmend darauf hingewiesen, dass durch die Einführung der VV wesentliche Grundelemente der eG, insb. die personale Beziehung zu allen Mitgliedern und das Verständnis von genossenschaftlicher Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung, zurückgedrängt würden; die Mitgliederrechte reduzierten sich letztlich auf das Recht zur Teilnahme an der Wahl zur VV.4 Hinzu kommt, dass inzwischen die technischen Mittel der Kommunikation es ermöglichten, auch in Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern eine offene Aussprache mit klarer Meinungsbildung zu gewährleisten. Es wurde auf die Hauptversammlung der großen Publikumsgesellschaften verwiesen, bei denen jeder Aktionär ein Teilnahmerecht hat. Es war naheliegend, der Satzung der eG einen größeren Spielraum zu lassen und insb. auf die Verpflichtung zur Einführung der VV bei mehr als 3.000 Mitgliedern zu verzichten. 2
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1 RGBl. I Nr. 51, 567 f. (567). 2 Vgl. BGH NJW 1982, 2558 = BB 1982, 1075 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding. 3 Zur genossenschafts- und rechtspolitischen Problematik der VV vgl. Schmitz-Herscheidt Die Vertreterversammlung der Genossenschaft als rechtliches und organisatorisches Problem, Münster 1981; Weidmüller BlfG 1938, 28; Reinhardt ZfgG 1955, 30; Schumacher ZfgG 1955, 16. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 3.
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3. Änderung im Jahr 1993. Dieser Kritik hat der Gesetzgeber weitgehend Rechnung 4 getragen: So wurde durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.12.19935 auf die frühere persönliche Zuordnung eines Ersatzvertreters zu jedem Vertreter, die sich als kaum praktikabel erwiesen hatte, verzichtet. Es genügt seither, dass eine ausreichende Zahl von Ersatzvertretern gewählt wird für den Fall, dass Vertreter wegfallen. Weiterhin ist es seither der freien Entscheidung der eG überlassen, die VV einzuführen, wenn die Mitgliederzahl 1.500 übersteigt. Weitere Kritikpunkte in der genossenschaftlichen Literatur waren jedoch, dass die gesetzliche Regelung es nicht zuließ, bestimmte bedeutende Beschlüsse wie z.B. Verschmelzung, Rechtsformwechsel oder Auflösung, qua Satzungsbestimmung bei der GV zu belassen (sog. Restzuständigkeit der Generalversammlung), da jegliche Funktion der GV mit Einführung der VV entfiel. GV und VV konnten also nicht nebeneinander bestehen. Weiterer Kritikpunkt war, dass eine einmal installierte VV sich nur selbst wieder abschaffen konnte. Mit guten Gründen sprach sich Beuthien6 für die Möglichkeit aus, neben der VV der GV im Sinne einer Arbeitsteilung bei bestimmten Grundsatzentscheidungen im Interesse der genossenschaftlichen Demokratie die Entscheidungskompetenz einzuräumen 4. Novelle 2006. Der Gesetzgeber hat auf diese Kritik reagiert. Im Rahmen der No- 5 velle 2006 hat er u.a. zum einen durch die Anfügung des Satzes 2 in Abs. 1 klargestellt, dass aufgrund einer Satzungsregelung bestimmte Beschlüsse auch bei Bestehen einer VV der GV vorbehalten bleiben können. Zum anderen wurde durch Anfügung des Abs. 7 geregelt, dass die GV zur Beschlussfassung über die Abschaffung der VV berufen ist, wenn dies ein Zehntel der Mitglieder oder ein in der Satzung bestimmter geringerer Teil in Textform beantragt.7 II. VV als besondere Form der GV 1. Zuständigkeit der VV. Die VV ist eine besondere Form der GV; sie unterliegt der- 6 selben rechtlichen Einordnung wie die GV (s. Erl. § 43 Rdn. 1 ff.)8 und steht in demselben rechtlichen Verhältnis zu den anderen Organen wie die GV (s. § 43 Rdn. 13 ff.). Daraus folgt, dass die VV die gleiche gesetzliche Zuständigkeit hat wie die GV (s. hierzu § 43 Rdn. 9 ff.). Die VV ist – wie die GV – insb. auch zuständig für Satzungsänderungen, für die Verschmelzung und nach geltendem Recht auch für die Auflösung der eG. Für eine „Restzuständigkeit“ der GV ist daher kein Raum,9 soweit nicht die Satzung vorschreibt, dass bestimmte Beschlüsse der GV vorbehalten sind (§ 43a Abs. 1 S. 2). Beschließt eine GV entgegen der Zuständigkeit der VV, ist der Beschluss nichtig.10 Die Rechtsstellung der Vertreter in der VV ist weitgehend identisch mit der der Mitglieder in der GV (s. Erl. Rdn. 60 und § 43 Rdn. 15 ff.). So haben die Vertreter in der VV das Teilnahmerecht (Stellvertretung ist aber gem. § 43a Abs. 3 Satz 2 nicht zulässig); sie haben das Recht, Anträge zu stellen, das Rederecht, das Auskunftsrecht und das Stimmrecht, wobei Mehrstimmrechte gem. § 43a Abs. 3 Satz 3 nicht gewährt werden können. Für das Verfahren der
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5 BGBl. I S. 2182, in Kraft m.W.z. 25.12.1993. 6 Beuthien Die eingetragene Genossenschaft im Strukturwandel, S. 50. 7 Korte/Schaffland GenG S. 95. 8 Vgl. BGH NJW 1982, 2558 = DB 1982, 1317 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding = BB 1982, 1075 = WM 1982, 582; Müller GenG § 43a Rdn. 71. 9 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 14 ff. 10 Beuthien GenG § 43a Rdn. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 14 m.w.N.
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Meinungsbildung und Beschlussfassung in der VV und den Ablauf gelten in etwa die gleichen Regeln wie für die Generalversammlung; insoweit kann auf die Erläuterungen zu § 43 verwiesen werden. Besonderheiten gibt es bei der Beschlussfähigkeit der VV (s. Erl. Rdn. 50). Auch die entsprechenden Vorschriften der Satzung finden unmittelbar Anwendung, so z.B. die Bestimmungen über die erforderlichen Mehrheiten bei der Beschlussfassung. Die Meinungsbildung der gewählten Vertreter ersetzt die Meinungsbildung aller Mitglieder in der GV. Auch für Fragen der Einberufung der VV, des Ortes der VV, des Vorsitzenden etc. gelten die gleichen Gesichtspunkte wie bei der GV. 7
2. Zuständigkeit der GV bei Bestehen einer VV. Immer dann, wenn eine VV nicht oder nicht mehr vorhanden ist und für die Einführung der VV Satzungsbeschlüsse erforderlich werden, ist insoweit die GV zuständig unabhängig von der Zahl der Mitglieder der eG. Die GV ist (neben der VV, die sich auch selbst auflösen kann) auch zuständig für die Abschaffung der VV (s. Rdn. 81 ff.). Durch Novelle 200611 wurde mit der Anfügung des Abs. 1 Satz 2 klargestellt, dass 8 die Satzung bestimmte Beschlüsse der GV vorbehalten kann. Zu denken ist hier an Beschlüsse, die für die Mitglieder von grundlegender Bedeutung sind, wie bspw. die Auflösung oder Umwandlung der eG oder die Erhöhung der Geschäftsanteile. Eine solche Satzungsregelung kann bei Einführung der VV oder später beschlossen werden, wobei auch für die nachträgliche Beschränkung die GV zuständig ist (vgl. Rdn. 82).12 Dieser Beschluss bedarf der qualifizierten Mehrheit von Dreiviertel der abgegebenen Stimmen, da es sich um eine Satzungsänderung handelt. GV und VV bestehen – wegen der Restzuständigkeit der GV nach § 43a Abs. 7 auch ohne Satzungsregelung gem. Abs. 1 S. 2 – nebeneinander. Die GV ist jedoch nicht automatisch immer für die grundlegenden Beschlüsse zuständig, die den Kernbereich betreffen, dazu bedarf es einer entsprechenden Satzungsgrundlage;13 hingegen bedarf es naturgemäß keiner Rechtsgrundlage in der Satzung für die Anwendung der gesetzlichen Regelung in § 43a Abs. 7.14 III. Natur des Vertreteramts und Haftung der Vertreter 9
Das Vertreteramt ist seiner Natur nach ein Ehrenamt, sodass grundsätzlich kein Anspruch auf Vergütung (aber Auslagenersatz) besteht, dazu unten Rdn. 66.15 Die Wahrnehmung der Rechte und Interessen der Mitglieder wird zusammengefasst und den Vertretern übertragen. Im Innenverhältnis zwischen Vertreter und eG liegt regelmäßig ein Auftrag i.S.v. §§ 662 ff. BGB vor; das Reichsgericht sprach von einem „auftragsähnlichen Verhältnis“ und wendete für Widerruf u. Kündigung z.B. § 671 BGB an.16 Die Vertreter haben ein allgemeines Mandat aller Mitglieder; sie sind an Weisungen einzelner Mitglieder nicht gebunden. Dies folgt aus dem Grundsatz der „allgemeinen Wahl“ in Abs. 4 und aus der Regelung in Abs. 1, dass die VV eine „Generalversammlung“ ist, die aus Vertretern aller Mitglieder besteht. Ein „imperatives Mandat“ würde den Erörterungen in der VV, den dort insb. vom Vorstand geschuldeten näheren Informationen, die erst eine Abwägung der Argumente ermöglichen, ihren Sinn nehmen. Die an Aufträge gebundenen Vertreter wären nicht mehr in der Lage, zu einer an den Interessen der eG orientierten
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BGBl. I S. 1911, sowie Korte/Schaffland GenG S. 97. Korte/Schaffland GenG S. 97; Beuthien GenG § 43a Rdn. 2. Beuthien GenG § 43a Rdn. 2 a.E. Ebenda Rdn. 3. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 89. RGZ 135, 19; Näheres hierzu Rdn. 83 ff.
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Meinungsbildung in der VV beizutragen. Nach pflichtgemäßem Ermessen haben die Vertreter das Interesse der eG zu vertreten. In gewissem Gegensatz zum Mitglied in der GV darf der Vertreter nicht eigene Interessen zum Maßstab seiner Entscheidungen machen (vgl. § 43 Rdn. 45). Folgerichtig wird nun auch die Erstattung von Fahrtkosten für Vertreter als abziehbare Betriebsausgabe anerkannt.17 Angemessene Sitzungsgelder für die Vertreter sind ebenfalls abziehbare Betriebsausgaben.18 (Nähere Erl. Rdn. 60 ff.) Die Vertreter haften nach den allgemeinen Regeln für Schäden, die der eG aus ei- 10 ner schuldhaften Pflichtverletzung entstehen. Maß der anzuwendenden Sorgfalt dürfte (sinngemäß wie bei Vorstand oder Aufsichtsrat) die Sorgfalt eines „ordentlichen und gewissenhaften Vertreters einer eG“ sein (Näher dazu Rdn. 60 ff., insb. 64).19 IV. Einführung der VV Das Gesetz überlässt es in Abs. 1 Satz 1 der einzelnen eG, durch Satzungsänderung die GV durch eine VV zu ersetzen – wobei eine solche Satzungsänderung erst zugelassen ist, wenn die Mitgliederzahl 1.500 übersteigt. Die Einführung der VV geschieht durch Satzungsänderung und das förmliche Verfahren vor allem durch die Wahl von Vertretern. Bis zur Eintragung der Satzungsänderung über die Einführung der VV bleibt die GV generell zuständig (§ 16 Abs. 6). Beschlüsse einer VV, die vor Eintragung der Satzungsänderung gefasst werden, sind nichtig.20 Mit wirksamer Einführung der VV verliert die GV ihre Zuständigkeit. Falls die GV danach noch irgendwelche Beschlüsse fassen würde, z.B. über die Feststellung des Jahresabschlusses, wären diese Beschlüsse nichtig.21 Der für die Feststellung der Mitgliederzahl maßgebliche Zeitpunkt ist gem. Abs. 1 Satz 3 in allen Fällen für das jeweils laufende Geschäftsjahr das Ende des vorangegangenen Geschäftsjahrs. Es kommt z.B. nicht darauf an, über welchen Jahresabschluss die GV zu beschließen hat. Unerheblich ist auch, durch welchen Vorgang sich die Mitgliederzahl verändert hat; für die Erhöhung der Mitgliederzahl bei der übernehmenden eG im Falle einer Verschmelzung gelten die gleichen Regelungen und derselbe maßgebliche Zeitpunkt. Es ist somit auch ohne rechtliche Bedeutung, ob die Mitgliederzahl im laufenden Geschäftsjahr bei eingeführter VV wieder unter die Grenze von 1.501 (nicht 1.500, da im Gesetz „mehr als 1.500“ steht) absinkt. Wenn die Mitgliederzahl unter die gesetzliche Mindestzahl von mehr als 1.500 sinkt (maßgeblich ist auch hier der Zeitpunkt „Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres“), tritt automatisch an die Stelle der VV wieder die GV.22 Die hier erforderliche Satzungsanpassung hat in diesem Fall nur deklaratorische Wirkung. Zulässig ist auch eine Satzungsregelung, wonach ab einer bestimmten Mitgliederzahl (über 1.500 zum Ende des letzten Geschäftsjahres) die GV als VV besteht. Zur Einführung der VV bedarf es dann keiner erneuten Satzungsänderung, sondern lediglich der technischen Maßnahmen zur Verwirklichung der Satzungsbestimmung (Beschlussfassung über eine Wahlordnung, Vorbereitung und Durchführung der Wahl der Vertre-
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17 BFH v. 24.8.1983, BStBl. II 1984, 273 = DB 1984, 804; BMF-Schreiben v. 26.11.1984, DB 1984, 2595. 18 BFH ebd. 19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 87; vgl. Paulick S. 259. 20 Beuthien GenG § 43a Rdn. 3. 21 Vgl. die frühere Rechtsprechung zu § 43a, insb. BGHZ 32, 325 = ZfgG 1961, 140 = NJW 1960, 1447; diese Rechtsprechung ist z.T. durch die Neufassung von § 43a Abs. 1 überholt. 22 Paulick S. 252; Beuthien GenG § 43a Rdn. 3 a.E.; s. hierzu Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 231, der sich in diesem Zusammenhang für eine (derzeit nicht bestehend) Pflicht des Vorstands ausspricht, die Mitgliederzahlen zum Endes des Geschäftsjahres zu veröffentlichen.
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ter, Unterrichtung der Mitglieder usw.).23 Mangels einer erneuten Satzungsänderung ist eine Mitteilung an das Registergericht zwar nicht vorgeschrieben, es dürfte sich aber eine formlose Nachricht an das Registergericht über die Umsetzung der Satzungsregelung empfehlen. Für diesen Fall ist es nur folgerichtig, dass mit Eintritt der in der Satzung konkret definierten Voraussetzung die GV ihre Zuständigkeit verliert. Der Sachverhalt ist vergleichbar mit der früheren gesetzlichen Regelung, dass ab 3.000 Mitgliedern die GV als VV „besteht“, eine GV also ohne weiteres nicht mehr vorhanden ist. Der eG würde ein notwendiges, funktionsfähiges Organ fehlen. Der Vorstand ist dafür verantwortlich, dass die für die Umsetzung der Satzung erforderlichen Maßnahmen rechtzeitig durchgeführt werden. Falls unter den genannten Voraussetzungen zum Ende des Geschäftsjahrs die Mitgliederzahl wieder unter die satzungsmäßige Grenze sinkt, besteht wieder – ohne Satzungsänderung – die GV.24 Für diese GV gelten dann die für die VV festgelegten Satzungsbestimmungen weiter, soweit deren Anwendung möglich und sinnvoll erscheint (z.B. Regelungen über Beschlussverfahren, Mehrheitserfordernisse usw.). Wenn durch Satzungsänderung die VV eingeführt wird, obwohl zum maßgeblichen 16 Zeitpunkt (Ende des vorangegangenen Geschäftsjahrs) weniger als 1.501 Mitglieder vorhanden waren, so besteht die GV weiter; Beschlüsse der VV wären nichtig. Steigt dann zum Ende eines nachfolgenden Geschäftsjahrs die Mitgliederzahl über 17 1.500, so bedarf die Einführung der VV eines erneuten Beschlusses, es sei denn, dass die Satzung für diesen Fall eine automatische Einführung der VV vorsieht (s. Rdn. 15). V. Verfahren bei Einführung der VV 1. Satzungsänderung. Die VV muss stets eine Grundlage in der Satzung haben. Die Satzung hat konstitutive Wirkung, d.h., vor wirksamer Beschlussfassung über die Satzungsänderung und Eintragung im Genossenschaftsregister kann die neu eingeführte VV keine wirksamen Beschlüsse fassen. Auch eine nachträgliche Heilung der Beschlüsse durch Eintragung ist nicht möglich.25 Der Vorstand ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die satzungsändernden Beschlüsse unverzüglich vorbereitet und durchgeführt werden. Die Satzungsänderung zur Einführung der VV bedarf gem. § 16 Abs. 4 einer Mehr19 heit von Dreivierteln der abgegebenen Stimmen, soweit nicht die Satzung geringere oder erschwerte Bedingungen aufstellt (§ 16 Abs. 4), mindestens ist jedoch die einfache Mehrheit erforderlich (§ 43 Abs. 2). Danach ist also eine (mit Dreiviertelmehrheit beschlossene) Satzungsermächtigung zur Einführung einer VV mit einfacher Mehrheit möglich, dürfte in der Praxis aber eher der Ausnahmefall sein.26 Die Ermächtigung kann nicht nur in der Gründungssatzung sondern auch durch spätere Satzungsänderung erfolgen.27 Ist die VV mit Eintragung der Satzungsänderung wirksam geworden, so können an20 stehende Beschlüsse von der GV nicht mehr gefasst werden. Falls dies zu einer Schädigung der eG führt, kommt eine Haftung der Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats in Betracht (§§ 34, 41). 18
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23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 8. 24 Müller GenG § 43a Rdn. 101; Paulick S. 252. 25 BGH BB 1960, 684. 26 Wie hier auch Beuthien GenG § 43a Rdn. 2, vgl. auch § 16 Rdn. 27; ähnlich auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 5: nur durch Ermächtigung in der Gründungssatzung. 27 So ausdrücklich BT-Drs. 16/1025 S. 87.
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2. Wahl der Vertreter a) Passives Wahlrecht (Abs. 2). Als Vertreter können nur natürliche Personen, 21 die unbeschränkt geschäftsfähig sind und nicht dem Vorstand oder Aufsichtsrat angehören, gewählt werden. Juristische Personen, Personenhandelsgesellschaften oder sonstige Personengemeinschaften sind von der Wählbarkeit ausgeschlossen. Die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit muss bereits zum Zeitpunkt der Wahl gegeben sein,28 andernfalls ist die Wahl unwirksam. Dies folgt aus der Fassung des Gesetzes „Als Vertreter … kann gewählt werden“ unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der §§ 106 ff. BGB. Die Ausnahmefälle der §§ 112, 113 BGB erfüllen nicht die persönlichen Voraussetzungen für die Wählbarkeit zur VV.29 Voraussetzung für die Wählbarkeit ist weiter die Mitgliedschaft in der eG. Diesbezüglich ist der Wortlaut von § 43a Abs. 2 unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks missverständlich. Nach dem erkennbaren Sinn der Vorschrift will das Gesetz sicherstellen, dass keine Nichtmitglieder das Vertreteramt ausüben30 (Prinzip der Selbstverwaltung). Dafür genügt es jedoch, wenn die Vertreter die Mitgliedschaft erworben haben, wenn sie ihr Vertreteramt ausüben, also die Amtsperiode beginnt.31 Die Erwägungen der Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2, wonach Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder Mitglieder der eG sein müssen,32 sind entsprechend anzuwenden. Fällt die Mitgliedschaft später weg, erlischt automatisch das Vertreteramt. Wählbar sind seit Novelle 2006 nach dem neuen § 43a Abs. 2 Satz 2 auch die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und von Personengesellschaften. Die gesetzlichen Vertreter dieser Mitgliedsgesellschaften müssen nicht persönlich Mitglied der eG sein. Rechtsgeschäftliche Vertreter juristischer Personen können jedoch nicht als Vertreter in die Vertreterversammlung gewählt werden, ohne selbst Mitglied der eG zu sein.33 Der Gesetzgeber hielt dies für ausreichend, um das Ziel des § 43a Abs. 2 S. 2, die Zahl der Bewerber für das Vertreteramt zu vergrößern, zu erreichen.34 Ebenso sind die Gesellschafter/Mitglieder von juristischen Personen und Personengesellschaften nicht wählbar.35 Entscheidend für die Wählbarkeit gesetzlicher Vertreter ist nach dem Wortlaut des Abs. 2 Satz 2 „können … gewählt werden“ der Zeitpunkt des Beginns des Vertreteramtes.36 Ihr Vertreteramt endet automatisch mit dem Ende der Stellung als gesetzlicher Vertreter der juristischen Person bzw. als vertretungsberechtigter Gesellschafter der Personengesellschaft.37 Es erlischt somit, wenn der Status als gesetzlicher Vertreter beendet ist. Ergänzungswahlen zur VV können in Hinblick auf eine unmittelbar vorgesehene 22 Verschmelzung von eG mit VV als „Vorratswahlen“ schon vor Wirksamwerden der Ver-
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28 So Müller GenG § 43a Rdn. 16; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 43a Rdn. 11; BerlKomm/Keßler GenG § 43a Rdn. 6; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 24 und Beuthien GenG § 43a Rdn. 8. 29 Müller GenG § 43a Rdn. 16. 30 Vgl. Amtliche Begründung zum Referentenentwurf 1962 zum § 95 Abs. 2. 31 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 25 m.w.N.; a.A. Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 43a Rdn. 11. 32 RGZ 144, 384; vgl. Erl. § 9 Rdn. 14, § 24 Rdn. 16 und § 36 Rdn. 15. 33 Hingegen können nach § 9 Abs. 2 Satz 2 rechtsgeschäftliche Vertreter von Mitgliedsgesellschaften in den Vorstand oder Aufsichtsrat der eG gewählt werden, ohne selbst Mitglied der eG zu sein, vgl. Erl. § 9 Rdn. 19 und Erl. § 24 Rdn. 17. 34 BT-Drs. 16/1025, S. 87. Kritisch zu dieser Beschränkung auf die gesetzlichen Vertreter: Beuthien GenG § 43a Rdn. 4. 35 S. BT-Drs. 16/1025, S. 25 und 82 f. 36 Vgl. Erl. § 9 Rdn. 18, § 24 Rdn. 16; Korte/Schaffland GenG S. 97. 37 S.a. Erl. § 24 Rdn. 17.
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schmelzung rechtswirksam durchgeführt werden, ggf. ist eine vorherige Satzungsänderung (Einführung der VV) und eine Anpassung der Wahlordnung notwendig. Das Vertreteramt können die so gewählten Vertreter aber erst nach der Verschmelzung (Eintragung) ausüben.38 Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats können nicht zu Vertretern oder Ersatzvertretern gewählt werden. Hiermit kommt das Prinzip der Gewaltenteilung in der eG zum Ausdruck. Entscheidend ist auch hier die Zugehörigkeit zu den genannten Organen zum Zeitpunkt der Wahl.39 Maßgeblich ist der genossenschaftsrechtliche Bestellungsakt zum Organmitglied; Eintragung von Vorstandsmitgliedern im Genossenschaftsregister ist ohne Bedeutung, da nur von deklaratorischer Wirkung. Übernimmt ein gewählter Vertreter eine Organfunktion in Vorstand oder Aufsichtsrat, so erlischt automatisch das Vertreteramt. Der Ersatzvertreter übernimmt das Vertreteramt.40 Endet die Organstellung wieder, wird das ausgeschiedene Organmitglied nicht erneut Vertreter. Nach der abschließenden Regelung des passiven Wahlrechts durch die Novelle 1973 ist grundsätzlich ausgeschlossen, dass die Satzung die Wählbarkeit erweitert oder beschränkt (§ 18; s. aber Rdn. 26 zur Wahl v. Mitgliedern, die gekündigt haben).41 Es ist z.B. nicht zulässig, durch Satzungsregelung zu bestimmen, dass Mitarbeiter der eG nicht zu Vertretern gewählt werden können oder dass für die Wählbarkeit eine Altersgrenze oder Mindestdauer der Mitgliedschaft bestimmt wird.42 Die Satzung/Wahlordnung kann aber bestimmen, dass als Voraussetzung für einen Wahlvorschlag ein bestimmtes Mitgliederquorum erforderlich ist, 150 Mitglieder sind aber gem. § 43a Abs. 4 S. 6 in jedem Fall ausreichend. Über die unmittelbar in § 43a Abs. 2 enthaltenen Beschränkungen für die Wählbarkeit hinaus gelten Beschränkungen, die sich aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aus einer sinngerechten Auslegung des Gesetzes ergeben (s. Rdn. 26). Entsprechend § 68 Abs. 2 Satz 2 können Mitglieder, an die der Brief über den Ausschluss aus der eG abgesandt ist, nicht mehr zu Vertretern gewählt werden.43 Bei gewählten Vertretern ruht ab dem Zeitpunkt der Absendung des Briefes über den Ausschluss das Vertreteramt.44 Es lebt wieder auf, wenn sich herausstellt, dass der Ausschluss unwirksam war.45 Das Vertreteramt erlischt nicht, da es sonst der Vorstand, der für den Ausschluss zuständig ist, in der Hand hätte, missliebige Vertreter auf einfache Art und Weise aus der VV zu entfernen und so die VV zu kontrollieren.46 Solange das Vertreteramt ruht, tritt ein Ersatzvertreter an die Stelle des ausgeschlossenen Vertreters. Sollte der Ersatzvertreter ausgeschlossen werden, gelten die dargestellten Grundsätze auch für ihn. Das Gesetz enthält keine Aussage zu der Frage, ob Mitglieder zu Vertretern gewählt werden können, die ihre Mitgliedschaft gekündigt haben. Der erkennbare Sinn des Gesetzes geht jedoch dahin, sicherzustellen, dass die Mitgliedschaft möglichst während der Dauer des Vertreteramtes besteht. Es wäre entgegen diesem Sinn, Personen zu Vertretern zu wählen, die bereits durch Kündigung zum Ausdruck gebracht haben, dass sie die Mitgliedschaft beenden wollen. Unter diesem Gesichtspunkt muss eine Satzungsre-
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38 Vgl. zur Vorratswahl für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder Erl. § 9 Rdn. 14. 39 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 28, Beuthien GenG § 43a Rdn. 8. 40 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 28. 41 Müller GenG § 43a Rdn. 15. 42 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 30. 43 BGH NJW 2002, 64 = WM 2001, 2299 = ZIP 2001, 2177. S.a. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 27. 44 S. Erl. § 68 Rdn. 29 f. 45 BGH NJW 2002, 64 = WM 2001, 2299 = ZIP 2001, 2177. 46 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 60 Ziff. g).
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gelung zulässig sein, die Personen von der Wahl als Vertreter ausschließt, wenn sie ihre Mitgliedschaft gekündigt haben.47 Die Wahl zum Vertreter entgegen dieser Satzungsbestimmung wäre unwirksam (mit der Folge, dass ein Ersatzvertreter nachrückt). Unzulässig wäre aber eine Satzungsregelung, wonach das Vertreteramt endet, wenn der Vertreter seine Mitgliedschaft kündigt.48 Sieht die Wahlordnung eine Listenwahl vor, ist das Mitglied gehalten, eine eigene Liste aufzustellen, wenn es sein passives Wahlrecht wahrnehmen möchte.49 b) Aktives Wahlrecht (Abs. 3, 4). Das aktive Wahlrecht steht jedem Mitglied der 27 eG zu; es kann durch die Satzung weder entzogen noch eingeschränkt werden. Das Wahlrecht kann auch nicht von besonderen Voraussetzungen wie z.B. der Geschäftsfähigkeit, der Dauer der Mitgliedschaft oder der Leistung von Pflichteinzahlungen abhängig gemacht werden.50 Bei nicht vollgeschäftsfähigen Mitgliedern wird das Wahlrecht durch gesetzliche Vertreter ausgeübt (s. Rdn. 38). Entscheidend für die Mitgliedschaft ist der Zeitpunkt der Wahl. Nach dem Tod eines Mitglieds geht das Wahlrecht zur VV im Rahmen von § 77 auf die Erben über. Erforderlichenfalls ist ein Bevollmächtigter zu bestellen (vgl. § 77 Rdn. 8 ff.). c) Grundsätze der Wahl (Abs. 3, 4). Abs. 4 enthält die allgemeinen Grundsätze für 28 die Durchführung demokratischer Wahlen: die Vertreter müssen in allgemeiner, unmittelbarer, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. Der Grundsatz der „Allgemeinheit“ besagt, dass kein Mitglied von der Ausübung des Wahlrechts ausgeschlossen werden darf.51 Die Vertreterwahl wird grundsätzlich in einem Wahlgang durchzuführen sein. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass jedes Mitglied über jeden aufgestellten Kandidaten abstimmen kann, das Gesetz schließt Wahlen in Bezirken nicht aus, sofern diese Wahlen in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang in Versammlungen an verschiedenen Orten durchgeführt werden.52 Wohnungsgenossenschaften können bestimmte Gruppen von Wohngebäuden zusammenfassen und z.B. Großsiedlungen oder Wohnblöcke nach Hausnummern in verschiedene Wahlbezirke gliedern. Die Erfahrung zeigt, dass gerade dieses „Bezirkswahlsystem“ am besten zu einer verantwortlichen Beteiligung der Mitglieder und einer demokratischen Wahlentscheidung beitragen kann (s. unten Rdn. 45 „Bezirkswahl“). Es ist daher zulässig, dass die dem Wahlbezirk zugeordneten Mitglieder ausschließ- 29 lich die für diesen Wahlbezirk nominierten Vertreter wählen.53 Dem steht nicht entgegen, dass die Vertreter Repräsentanten aller Mitglieder und an Aufträge einzelner Mitglieder nicht gebunden sind. Art. 38 GG enthält vergleichbare Regelungen: Für die Wahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages gelten in gleicher Weise die Grundsätze allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl. Auch die Vertreter des ganzen Volkes sind nicht an Aufträge und Weisungen gebunden (Art. 38 Abs. 1 GG). Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage sieht das Bundeswahlgesetz vor, dass Wahlkreise zu bilden sind (§ 2), dass jeder Wähler eine Stimme für den Wahlkreiskandidaten
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47 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 26; Beuthien GenG § 43a Rdn. 8. 48 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 26. 49 OLG Schleswig-Holstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08. Nähere Erl. zur Aufstellung eigener Listen s. Rdn. 33. 50 Zutreffend Müller GenG § 43a Rdn. 13. 51 OLG Nürnberg BB 1978, 1380 = ZfgG 1979, 258 m. Anm. Hadding 264; vgl. auch Beuthien GenG § 43a Rdn. 9; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 32. 52 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 32; a.A. Müller GenG § 43a Rdn. 20, 28. 53 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 32.
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hat (§ 4) und dass für jeden Wahlkreis ein Abgeordneter zu wählen ist (§ 5). Der Entscheidung des BGH54 lag das System der Bezirkswahl zugrunde, ohne dass der BGH dies beanstandet hätte. In besonderen Ausnahmefällen kann der Sinn demokratischer Wahlen gerade dadurch gesichert werden, dass Teilwahlen für Ortsbereiche durchgeführt werden. Allerdings ist dabei zu beachten, dass eine Vermischung von „Wahlsystemen“, z.B. von sog. Listen- und Bezirkswahlen, im Detail zu erheblichen Problemen führen kann. Aus diesem Grund sollte auf Musterwahlordnungen55 zurückgegriffen werden. Rechtlich unbedenklich und u.U. sinnvoll, wenn z.B. in Zusammenhang mit einer Verschmelzung die Mitglieder der übertragenden eG noch vor der formalen Wirksamkeit der Verschmelzung für ihren Bereich entsprechend der Satzung der übernehmenden eG eine Ergänzungswahl zur VV durchführen.56 Es handelt sich um eine „Vorratswahl“. Das Vertreteramt kann in diesem Fall aber erst mit Wirksamkeit der Verschmelzung durch Eintragung im Register entstehen. Werden Wahllisten nach Wahlbezirken aufgestellt, so muss gewährleistet sein, dass die Anzahl der auf den jeweiligen Bezirk entfallenden Vertreter in etwa im Verhältnis zum Anteil der Mitglieder in dem jeweiligen Wahlbezirk entspricht, es darf also nicht z.B. auf die räumliche Größe des Bezirks abgestellt werden.57 Die Grundsätze aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 BWahlG bieten sich als Vergleichsmaßstab an.58 Unzulässig wäre es dagegen, wenn z.B. bei einer dreijährigen Amtszeit der Vertreter in drei Wahlbezirken dergestalt gewählt werden soll, dass jedes Jahr nur in einem Bezirk die auf diesen entfallenden Vertreter gewählt werden. „Unmittelbarkeit“ der Wahl bedeutet, dass jeder Wähler mit seiner Stimme die Zusammensetzung der VV bestimmen kann. Eine Zwischenschaltung von Wahlmännern wäre unzulässig, ebenfalls eine von der VV selbst durchgeführte Neuwahl.59 Unmittelbare Wahl wäre auch nicht gegeben, wenn die Satzung oder Wahlordnung lediglich die Möglichkeit einräumen würde, gegen eine vorgelegte Liste Einspruch zu erheben.60 Beachtung des „Gleichheitsgrundsatzes“ bei der Wahl bedeutet, dass annähernd jede Stimme den gleichen Zählwert und die gleiche Wirkungsmöglichkeit haben muss.61 Das Gleichheitsgebot muss für alle Maßnahmen gelten, die auf das Wahlergebnis Auswirkung haben, so insbesondere auch für das Verfahren der Kandidatenaufstellung per Wahlvorschlag. Es wäre unzulässig, wenn z.B. lediglich Vorstand und Aufsichtsrat berechtigt sein sollten, Kandidaten zu benennen. Vorstand und Aufsichtsrat als Organ haben kein Vorschlagsrecht; ihre Mitglieder können allenfalls als Mitglieder der eG Wahlvorschläge bzw. als Mitglied des Wahlausschusses machen, wenn dieser aus Mitgliedern der Genossenschaft besteht und diese mehrheitlich von der GV/VV gewählt werden und
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54 BB 1982, 1075; dies ist durch die erneute BGH-Entscheidung v. 15.1.2013, Az. II ZR 83/11, WM 2013, S. 561 bestätigt worden, vgl. auch zuvor KG Berlin, Urt. v. 17.2.2011, Az. 19 U 79/10. 55 Z.B. die des DG VERLAG: Wahlordnung zur Vertreterversammlung (Listenwahl) und Wahlordnung zur Vertreterversammlung als rechtliches und organisatorisches Problem (Bezirkswahl). 56 Vgl. auch § 12 Abs. 1 Wahlordnung zur Vertreterversammlung (Listenwahl) (Stand 4.14) bzw. § 13 Abs. 1 Wahlordnung zur Vertreterversammlung (Bezirkswahl) (Stand 4.13). 57 BGH Urt. v. 15.1.2013, Az. II ZR 83/11, WM 2013, 561; KG Berlin, Urt. v. 17.2.2011, Az. 19 U 79/10; Beuthien GenG § 43a Rdn. 13. 58 KG Berlin a.a.O. 59 Vgl. Schmitz-Herscheidt Die Vertreterversammlung der Genossenschaft als rechtliches und organisatorisches Problem, Münster 1981, S. 8. 60 Vgl. Schmitz-Herscheidt ebd.; auch BVerfGE 3, 50. 61 Vgl. BVerfGE 1, 244; Müller GenG § 43a Rdn. 22.
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es auch anderen Mitgliedern möglich ist, Wahlvorschläge zu unterbreiten.62 Zulässig ist es, aus Gründen der praktischen Durchführbarkeit der Wahl die Aufstellung besonderer Kandidatenlisten davon abhängig zu machen, dass eine bestimmte Zahl von Genossenschaftsmitgliedern sich für einheitliche Vorschläge zusammenschließt.63 In diesen Fällen darf die Aufstellung eigener Listen durch die Mitglieder aber nicht in unzumutbarer Weise erschwert oder unmöglich gemacht werden.64 Mit der Novelle 2006 hat daher der Gesetzgeber in Abs. 4 Satz 6 klargestellt, dass 150 Mitglieder (= 10 Prozent der Mindestzahl von 1.500 Mitgliedern) in jedem Fall ausreichend sind, um einen Wahlvorschlag einreichen (sog. Stützunterschriften) zu können.65 Handelt es sich nach der Wahlordnung um eine Listenwahl, sind die Wahlvorschläge einer Minderheit auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nicht Teil einer vollständigen Alternativliste sind.66 Eine doppelte Hürde – vollständige Alternativliste und Stützunterschriften – dürfte unzumutbar sein.67 Benötigt das Mitglied zur Aufstellung einer eigenen Liste ein Mitgliederverzeichnis, so ist ihm dieses von der eG gegen Erstattung von „Verwaltungskosten“ zur Verfügung zu stellen.68 Kommen innerhalb einer eG besondere Gruppeninteressen durch jeweils eigene 34 Wahllisten zum Ausdruck (z.B. Zugehörigkeit zu konkurrierenden Berufsgruppen oder Gewerkschaften), so hält der BGH eine Listenwahl in Form der einfachen Mehrheitswahl, demzufolge dann nur die Kandidaten einer Liste zum Zuge kommen, nicht für zulässig.69 Unter dem Gesichtspunkt einer „gleichen Wahl“ müsse vielmehr gewährleistet werden, dass sich in der VV als verkleinerter GV die vielfältigen Mitgliederinteressen und -gruppierungen der eG möglichst gut widerspiegeln. Auch eine Gruppenminderheit müsse Vertreter in die VV entsenden können, da sonst ihre spezifischen Interessen schlechthin nicht mehr berücksichtigt würden. Eine Wahlordnung, die diese Grundsätze nicht beachte, sei mit dem Wesen der auf gemeinschaftliche Selbsthilfe und Selbstverwaltung angelegten eG nicht zu vereinbaren. Eine Listenwahl ist nach Auffassung des BGH durchaus zulässig; sie müsse jedoch als Verhältniswahl ausgestaltet sein („d’Hondt’sches System“), wie dies z.B. gem. § 14 Abs. 3 BetrVG eingeführt sei (s. Rdn. 34). Diese Auffassung des BGH überzeugt. Es wird regelmäßig auch dem Gleichheitsgrundsatz der Wahl genügen, wenn bei der Aufstellung einer gemeinsamen Wahlliste durch den Wahlausschuss vorhandene Gruppierungen oder unterschiedliche Interessen ausreichend berücksichtigt werden. Hier entscheidet dann die Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen. Werden dann allerdings von Mitgliedern weitere Listen eingereicht, so müssen die Wahlergebnisse hinsichtlich der einzelnen Listen nach dem Verhältniswahlsystem gewertet werden.
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62 H.M., vgl. BGH Urt. 15.1.2012, Az. II ZR 83/11, WM 2013, 561; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 55. 63 Vgl. OLG Nürnberg BB 1978, 1381 m. Anm. Schaffland; Müller GenG § 43a Rdn. 22; krit. SchmitzHerscheidt Die Vertreterversammlung als rechtliches und organisatorisches Problem, S. 13 ff. 64 Im Grundsatz zutreffend Schmitz-Herscheidt ebd. 65 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 67, 369) hatte bereits mit Entscheidung v. 16.10.1984 die Auffassung vertreten, ein Quorum von 10% der Wahlberechtigten sei zu hoch und unzulässig. 66 LG Berlin Urt. v. 3.4.2012, Az. 14 O 205/11; § 3 Abs. 1 Wahlordnung zur Vertreterversammlung (Listenwahl). 67 Vgl. LG Berlin Urt. v. 3.4.2012, Az. 14 O 205/11. 68 OLG Schleswig-Holstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08. In dem Fall wurde eine Gebühr von € 150,00 für angemessen erachtet. Die Geltendmachung einer solchen Kostenerstattung ist keine unzumutbare Erschwernis. Kein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BDSG, vgl. Erl. § 31 Rdn. 2. 69 BGH DB 1982, 1317 = NJW 1982, 2558 = BB 1982, 1075 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding = WM 1982, 582; der Streitfall betraf eine Spar- und Darlehenskasse und zwei konkurrierende Wahllisten von konkurrierenden Eisenbahnergewerkschaften.
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Beispiel für die Errechnung der Wahlergebnisse: Die Feststellung der Sitzverteilung nach dem „d’Hondt’schen Verfahren“ erfolgt aufgrund von sogenannten „Höchstzahlen“, die durch Teilung der auf die einzelnen Vorschlagslisten entfallenden Stimmen ermittelt werden: Die Listen und die zugehörigen Stimmenergebnisse werden nebeneinander geschrieben. Die jeweilige Stimmenzahl wird sodann bei jeder Liste durch 1, dann durch 2, 3, 4 usw. geteilt. Die Teilung erfolgt insgesamt so oft, bis die zu wählenden Vertreter ermittelt sind und feststeht, wie viele auf die einzelnen Listen entfallen. Die durch die Teilung erhaltenen Ergebnisse („Teilzahlen“ = Quotient) werden unter der jeweiligen Liste in einer Reihe untereinander geschrieben. Die Zuteilung der nach der Verhältniswahl gewählten Vertreter erfolgt in der Weise, dass die sich ergebenden Teilzahlen aller Listen fortlaufend nach ihrer Größe nummeriert werden. Die größte Teilzahl (Höchstzahl) erhält somit die Nr. 1 (im nachfolgenden Beispiel: 310), die zweitgrößte Teilzahl (im nachfolgenden Beispiel: 220) Nr. 2 usw., bis die Zahl der zu wählenden Vertreter durch diese Nummern erreicht ist. Beispiel: Zu wählen sind 9 Vertreter (lediglich als Rechenbeispiel gedacht). Eingereicht werden zwei Listen. Auf Liste I entfallen 310, auf Liste II 220 Stimmen. Liste I 310: 1 = Teilzahl 310 Nr. 1 = 1 Vertreter 310: 2 = Teilzahl 155 Nr. 3 = 1 Vertreter 310: 3 = Teilzahl 103,3 Nr. 5 = 1 Vertreter 310: 4 = Teilzahl 77,5 Nr. 6 = 1 Vertreter 310: 5 = Teilzahl 62 Nr. 8 = 1 Vertreter 310: 6 = Teilzahl 51,7 5 Vertreter Liste II 220: 1 = Teilzahl 220 220: 2 = Teilzahl 110 220: 3 = Teilzahl 73,3 220: 4 = Teilzahl 55 220: 5 = Teilzahl 44 220: 6 = Teilzahl 36,7 4 Vertreter
Nr. 2 = 1 Vertreter Nr. 4 = 1 Vertreter Nr. 7 = 1 Vertreter Nr. 9 = 1 Vertreter
Es entfallen also auf Liste I 5 und auf Liste II 4 Vertreter. 36
„Geheime Wahl“ bedeutet, dass nicht feststellbar sein darf, für wen die einzelnen Mitglieder gestimmt haben. Dem wird genügt, wenn bei einer Bank die Stimmenabgabe in den mit Sichtschutz abgegrenzten allgemeinen Diskretionszonen des Bankbetriebes erfolgt.70 Grundsätzlich ist eine Wahl durch Stimmzettel erforderlich und offene Abstimmung ausgeschlossen. Die Stimmzettel müssen so gestaltet sein, dass sie nicht bestimmten Mitgliedern als Wählern zugeordnet werden könnten. Es bleibt aber unschädlich, wenn einzelne Mitglieder auf das Recht der geheimen Wahl verzichten und bewusst zu erkennen geben wollen, wen sie wählen. Wesentlich ist nur, dass das Wahlverfahren jedem Mitglied ohne weiteres Recht auf geheime Wahl gewährleistet.71
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OLG Schleswig-Holstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 38.
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Unter rechtlichen Gesichtspunkten dürfte es nicht zu beanstanden sein, wenn z.B. 37 Vorstand oder Aufsichtsrat für bestimmte Kandidaten werben;72 allerdings dürfte sich hierbei für die Organe der eG weitgehend Zurückhaltung empfehlen. Bei der Wahl der VV können Mehrstimmrechte ausgeübt werden (§ 43a Abs. 4 S. 1). 38 Es ist dabei ohne Bedeutung, ob die Wahl in einer Mitgliederversammlung oder außerhalb durchgeführt wird. Die Satzung kann wegen des eindeutigen gesetzlichen Wortlauts nicht festlegen, dass bei der Wahl zur VV keine Mehrstimmrechte bestehen (§ 18).73 Auch bei der Wahl der VV „sollen“ die Mitglieder ihr Stimmrecht persönlich ausüben; Vertretung durch gesetzliche Vertreter oder Bevollmächtigte ist unter den Voraussetzungen des § 43 Abs. 4 und 5 möglich (s. Erl. § 43 Rdn. 88 ff.). Für die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Wahl zur VV gelten die Grundsätze, 39 wie sie für Beschlüsse der GV maßgeblich sind; § 51 gilt entsprechend.74 Zur Klage befugt ist jedes Mitglied der eG, nicht nur die gewählten Vertreter.75 Gegenstand der Anfechtung kann sowohl die gesamte Wahl sein als auch die Wahl einzelner Vertreter. Die Vorschriften in Abs. 4 über die Grundsätze eines demokratischen Wahlverfahrens sind zwingendes Recht. Verstöße müssen daher grundsätzlich Unwirksamkeit des Wahlvorgangs zur Folge haben. Bezieht sich der Gesetzesverstoß nur auf die Wahl einzelner Personen, so sind diese nicht rechtswirksam zu Vertretern gewählt; Ersatzvertreter rücken nach. Die Wirksamkeit der Wahl insgesamt wird davon nicht berührt. d) Wahlordnung (Abs. 4). Das Gesetz sieht vor, dass nähere Bestimmungen über 40 das Wahlverfahren einschließlich der Feststellung des Wahlergebnisses in einer Wahlordnung76 getroffen werden können. Die Wahlordnung bedarf übereinstimmender Beschlüsse in Vorstand und Aufsichtsrat. Da die Wahlordnung eine unmittelbare gesetzliche Grundlage hat, bedarf sie keiner Regelung in der Satzung. Die erste Wahlordnung bedarf der Zustimmung der GV, so dass begrifflich eine vorherige Einwilligung oder nachträgliche Genehmigung in Betracht kommt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist davon auszugehen, dass bei der Einführung einer Wahlordnung alle drei gesetzlichen Organe mitzuwirken haben. Dies gilt allerdings nur für die Einführung einer Wahlordnung außerhalb der Satzung. Für eine Regelung des Wahlverfahrens in der Satzung – ggf. auch als Änderung der Wahlordnung – bleibt die GV/VV ausschließlich zuständig. Es gelten dann die Regeln für satzungsändernde Beschlüsse (vgl. Erl. zu § 16).77 Ist die Einführung der VV vorgesehen und wird zur Vorbereitung eine Wahlordnung erstellt, so bedarf diese der Zustimmung der noch bestehenden GV; damit wird erst die Grundlage für die Wahl der VV geschaffen. Umstritten78 ist, ob nach Einführung der VV diese oder eine Versammlung aller Mit- 41 glieder über die Wahlordnung zu entscheiden hat. Im Hinblick auf die umfassende Zuständigkeit der VV dürfte ihr auch die Beschlussfassung über die Wahlordnung obliegen.79 Gem. Abs. 1 Satz 2 kann die Satzung bestimmen, dass über die Wahlordnung wei-
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72 Zu eng Müller GenG § 43a Rdn. 22. 73 A.A. Müller GenG § 43a Rdn. 13. 74 BGH DB 1982, 1317 = NJW 1982, 2558 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding = BB 1982, 1075 = WM 1982, 582; Müller GenG § 43a Rdn. 33. 75 BGH ebd. 76 Musterwahlordnungen zur Vertreterversammlung (Listen- und Bezirkswahl; Art. Nr. 101 500 und Art. Nr. 101 520) können z.B. über den DG VERLAG bezogen werden. 77 So wohl auch Müller GenG § 43a Rdn. 26. 78 Vgl. Beuthien NZG 2013, 895. 79 OLG Schleswig-Holstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08; ebenso Beuthien GenG § 43a Rdn. 12. A.A. Müller GenG § 43a Rdn. 26.
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ter die GV entscheidet.80 Alle Mitglieder haben Anspruch auf Einsicht in die Wahlordnung, vgl. z.B. § 11 der Musterwahlordnung (Listenwahl). Mit Wiedereinführung der GV wird die Wahlordnung gegenstandslos; es bedarf keines besonderen Beschlusses gem. § 43a Abs. 4 S. 6–8. Wird danach die VV eingeführt, so bedarf dies eines neuen Beschlusses nach dieser gesetzlichen Vorschrift. In der Praxis haben sich mehrere Verfahren zur Wahl der VV entwickelt, die jeweils in verschiedenen Wahlordnungen geregelt sind. Es handelt sich vor allem um die „Listenwahl“ und um die „Bezirkswahl“. Die Wahlordnungen regeln insb. den Wahlturnus, die Zahl der Vertreter, die Zusammensetzung des Wahlausschusses, die Aufstellung von Wahllisten, Ort und Zeit der Wahl, Stimmabgabe, Briefwahl, Durchführung der Wahl, Feststellung des Wahlergebnisses, Annahme der Wahl sowie die Bekanntmachung der gewählten Vertreter. Die Listenwahl ist üblicherweise dadurch gekennzeichnet, dass der Wahlausschuss oder die Mitglieder eine Liste aufstellen und weitere Listen von einer in der Wahlordnung näher festgelegten Zahl von Mitgliedern eingereicht werden können (höchstens 150 bzw. höchstens 10% der Mitglieder reichen aus, wegen dieser Zahl vgl. Rdn. 33); gewählt wird durch ja oder nein auf dem Wahlzettel oder – bei mehreren Listen – durch Bezeichnung der Nummer der Liste. Wahl durch eine Liste ist rechtlich nicht zu beanstanden.81 Briefwahl ist zulässig (so die Musterwahlordnungen); sie kann geeignet sein, die Wahlbeteiligung zu fördern und damit zu einer breiteren Basis der demokratischen Willensbildung beitragen. Bei der Bezirkswahl teilt z.B. der Wahlausschuss das Gebiet der eG in Wahlbezirke ein. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn diese Einteilung dem Wahlausschuss82 oder dem Vorstand der eG überlassen wird.83 Vorstand oder Wahlausschuss sind dabei dem „überpositiven Willkürverbot“ unterworfen; sie haben die allgemein anerkannten Grundsätze einer demokratischen Wahl zu beachten. Es kann einer höheren Wahlbeteiligung und damit der demokratischen Willensbildung dienlich sein, wenn in der Wahlordnung auch für die Bezirkswahl Briefwahl zugelassen wird; ebenso ist es zulässig, wenn die Bezirkswahlordnung Stützungsunterschriften aus dem jeweiligen Wahlbezirk vorsieht.84 Der Wahlausschuss kann z.B. Vorschlagslisten für jeden Wahlbezirk aufstellen oder Wahlvorschläge in der durchzuführenden Wahlversammlung machen, wenn dieser aus Mitgliedern der eG besteht und diese zumindest mehrheitlich von der GV/VV gewählt werden und es auch anderen Mitgliedern möglich ist, Wahlvorschläge zu unterbreiten. Die Wahlordnungen sehen vor, dass dem Wahlausschuss auch die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats angehören sowie von der GV bzw. VV zu wählende Mitglieder, deren Zahl jedoch höher sein muss als die des Vorstands und Aufsichtsrats. In der Wahlliste müssen die Kandidaten so gekennzeichnet sein, dass die Identität für jeden Wähler feststellbar ist; Angabe der Anschrift erscheint sinnvoll. Die Zugehörigkeit zum Wahlausschuss endet für Organmitglieder mit dem Ausscheiden aus dem Amt; für die in den Ausschuss gewählten Mitglieder im Falle des Aus-
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80 Beuthien GenG § 43a Rdn. 12. 81 Wegen Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes s. Erl. Rdn. 33; s.a. BGH NJW 1982, 2558 = DB 1982, 1317 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding = WM 1982, 582 = BB 1982, 1075 sowie die Mustersatzung für Wohnungsgenossenschaften mit VV, 1995. 82 Vgl. BGH Urt. 15.1.2012, Az. II ZR 83/11, WM 2013, 561. 83 Vgl. OLG Nürnberg BB 1978, 1380 = ZfgG 1979, 258. 84 Vgl. BGH a.a.O., 20 sog. Stützungsunterschriften bei einem Wahlbezirk mit 4.000 Mitgliedern ist bei einer Gesamtzahl von mehr als 70.000 Mitgliedern bei einer Bezirkswahl als zulässig erachtet worden.
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schlusses mit Absendung des eingeschriebenen Briefes (vgl. § 68 Rdn. 48), bei Kündigung der Mitgliedschaft erst zum Zeitpunkt des tatsächlichen Ausscheidens. Vorstandsmitglieder, die im Rahmen von § 40 suspendiert sind, scheiden aus dem Wahlausschuss aus. Falls der Wahlausschuss nicht ordnungsgemäß besetzt ist (eine anstehende Wahl der Mitglieder des Wahlausschusses hat z.B. nicht stattgefunden), so berührt dies nicht die Wirksamkeit der durchgeführten Vertreterwahl. U.U. käme Anfechtung der Wahl in Betracht; § 51 gilt dann entsprechend. Gleiches gilt, wenn ein Wahlausschuss nicht (mehr) besteht. Soweit die Wahlordnungen dem Wahlausschuss besondere Aufgaben zuweisen, ist 48 aus Gründen der Vereinfachung und Kosteneinsparung eine weitgehende Delegation z.B. auf den Vorsitzenden des Wahlausschusses, auf den Vorstand der eG oder auf einen Mitarbeiter85 der eG zur technischen Durchführung vertretbar.86 Nicht zu delegieren sind aber grundsätzliche Aufgaben wie z.B. die Aufstellung der Wahlliste und die Bestimmung von Ort und Zeit der Wahl sowie die Stimmzählung. Bei der Feststellung des Wahlergebnisses soll auf jeden Fall der Vorsitzende des Wahlausschusses oder sein Stellvertreter beteiligt sein. Soweit Satzung oder Wahlordnung kein besonderes Verfahren für die Wahl festlegen, sollte die Wahl gem. § 43 Abs. 1 in der GV bzw. (nach Einführung der VV) in einer Versammlung aller Mitglieder durchgeführt werden. Keine rechtlichen Bedenken bestehen, wenn Satzung oder Wahlordnung mehrere Wahlverfahren alternativ vorsehen und es Vorstand, Aufsichtsrat oder Wahlausschuss überlassen, welches Verfahren jeweils Anwendung findet. Regelung in der Wahlordnung ist unbedenklich, weil sie der Zustimmung der GV/VV bedarf. Zwischen der Ankündigung der Wahl bzw. der Aufforderung der Mitglieder zur Ab- 49 gabe ihrer Stimmen (bei der Listenwahl üblicherweise in den Geschäftsräumen der eG) muss eine angemessene Frist liegen. Die Frist ist danach zu bestimmen, dass sich die Mitglieder zur Wahl terminlich einrichten können und ausreichend Zeit haben, sich eine Meinung zu bilden. Soweit Satzung oder Wahlordnung keine Frist bestimmen, dürfte die in der Satzung für die Ankündigung einer VV vorgesehene Frist von mindestens zwei Wochen ausreichend sein. 3. Zahl der Vertreter (Abs. 3, 4). Das Gesetz sieht zwingend vor, dass die VV aus 50 mindestens 50 Vertretern besteht (Abs. 3). Bei Unterschreiten der gesetzlichen Mindestzahl ist die VV nicht beschlussfähig.87 Gleichwohl gefasste Beschlüsse wären analog § 241 Abs. 3 AktG nichtig.88 Beschlüsse einer VV mit weniger als 50 Vertretern sind wegen Verletzung des Demokratieprinzips nicht mit dem Wesen der eG vereinbar. Sinkt die Zahl der Vertreter unter 50, sind Neuwahlen erforderlich. Darüber hinaus muss die Satzung bestimmen, auf wie viele Mitglieder der eG ein Vertreter entfällt (Abs. 4). Die Festlegung von Mindest- und Höchstzahlen in der Satzung genügt nicht; es wäre auch nicht zulässig, zusätzlich zu der Verhältniszahl eine Höchstzahl von Vertretern vorzusehen. Die in der Satzung enthaltene Verhältniszahl ist verbindlich. Bei Unterschreiten der satzungsmäßigen Mindestzahl ist die VV beschlussfähig und die gefassten Beschlüsse sind nicht anfechtbar,89
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85 Vgl. § 7 Abs. 2 S. 2 Musterwahlordnung zur Vertreterversammlung (Listenwahl). 86 Einzelheiten: Werhahn Genossenschaftsforum 1978, Heft 9, S. 34 ff. 87 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 19; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 43a Rdn. 14; BerlKomm/Keßler § 43a Rdn. 13. 88 So auch Müller GenG § 43a Rdn. 11a. 89 So auch Müller GenG § 43a Rdn. 11a.
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wenn die ggf. in der Satzung für die Beschlussfähigkeit festgesetzte Zahl der Vertreter bei der Beschlussfassung anwesend ist90 und solange die gesetzliche Mindestzahl nicht unterschritten wird.
Es ist sinnvoll, dass die Satzung auch den Zeitpunkt festlegt, der für die Mitgliederzahl als Bezugsgröße maßgeblich sein sollte (z.B. letzter Tag des der Wahl vorhergegangenen Geschäftsjahrs, so die Musterwahlordnungen in § 1 Abs. 1). Nach der Wahl eintretende Änderungen der Mitgliederzahlen sind ohne Bedeutung, sofern nicht zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres gesetzlich zwingende Grenzen unterschritten werden (wegen Beschlussfähigkeit im Übrigen § 43 Rdn. 51); die Satzung kann nichts anderes bestimmen (§ 18). 51
4. Dauer des Vertreteramts (Abs. 4). Die Satzung muss die Amtszeit der Vertreter bestimmen. Das Gesetz regelt eine Höchstdauer, schreibt aber keine Mindestzeit vor. Die Amtszeit eines Vertreters beginnt nach durchgeführter Wahl durch dessen Annahmeerklärung.91 Diese Annahme kann auch durch schlüssiges Verhalten wie bei sonstigen Willenserklärungen erfolgen. In der Wahlordnung kann für die Annahmeerklärung eine bestimmte Form und Frist vorgesehen werden.92 Wenn sich ein Kandidat für die Wahl zur VV bedingungslos einverstanden erklärt hat, kann dies als Annahmeerklärung für den Fall der Wahl gewertet werden. Es sind keine rechtlichen Gründe erkennbar, dass eine Annahmeerklärung nicht auch schon im Voraus für den Fall der Wahl wirksam sein soll.93 Eine Verpflichtung zur Annahme der Wahl besteht grundsätzlich nicht. Die Erklärung, für ein Vertreteramt kandidieren zu wollen, wird aber regelmäßig eine einzelvertragliche Verpflichtung zur Annahme der Wahl begründen.94 Ein Verstoß gegen diese Verpflichtungen kann Schadensersatzfolgen haben. Die Amtsperiode eines gewählten Vertreters kann höchstens bis zur Beendigung 52 der VV dauern, die über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Der Gesetzeswortlaut bringt zum Ausdruck, dass eine für einen längeren Zeitraum vorgesehene Amtszeit rechtlich unmöglich ist, auch wenn die Satzung dies bestimmen sollte. Die gesetzliche Höchstdauer kann allerdings in Extremfällen bis zu 6 Jahren und länger dauern (Beispiel: Wahl Januar 2006; erstes anrechenbares Amtsjahr 2007, Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für 2010 im Dezember 2011). Findet im maßgeblichen Jahr eine VV nicht statt, so dauert das Vertreteramt – im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenze – fort bis zur tatsächlich durchgeführten Versammlung. Es empfiehlt sich aber, höchstens eine Amtsperiode von vier Geschäftsjahren vorzusehen, um noch einen ausreichenden Spielraum für die rechtzeitige Neuwahl zu haben. Im Rahmen der gesetzlichen Höchstdauer ist es zulässig, wenn das Vertreteramt nach der Satzung auch über eine Neuwahl hinaus solange fortbestehen soll, bis mindestens 50 Vertreter das Amt angenommen haben;95 nicht erforderlich ist, dass die Satzung die gesetzliche Höchstgrenze ausdrücklich wiederholt; die im Gesetz festgeregte längste Amtsdauer ist ohnehin zwingend.96 Der Wortlaut des Gesetzes bindet die Beendigung der Amtszeit der Vertreter aus-
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90 Vgl. BGHZ 4, 224 zur Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats; s. § 36 Rdn. 63. 91 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 72. 92 Vgl. § 9 der Musterwahlordnung (Listenwahl) bzw. § 10 Musterwahlordnung (Bezirkswahl). 93 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 72; a.A. Müller GenG § 43a Rdn. 34. 94 Müller GenG § 43a Rdn. 35. 95 Vgl. § 26f Abs. 3 der Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken. 96 Dies verkennt das OLG Stuttgart DB 1977, 1938 = ZfgG 1978, 449 m. Anm. Kraft = MDR 1978, 57 = RPfleger 1978, 57.
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drücklich an den tatsächlichen Vorgang der Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. Dies hat zur Folge, dass die Amtszeit der Vertreter auch über die gesetzlich gewollte Höchstdauer hinaus fortbesteht, wenn solche Entlastungsbeschlüsse nicht durchgeführt werden. Es kann nicht akzeptiert werden, wenn die Beschlüsse gerade zu diesem Zweck unterbleiben, eine Neuwahl der Vertreter zu vermeiden; eine dem Sinn des Gesetzes entsprechende Auslegung muss dann dazu führen, dass das Vertreteramt auch ohne diese Entlastungsbeschlüsse endet (Umgehungsverbot). Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf das Vertreteramt für eine bestimmte Mindestzeit. Es ist daher unbedenklich, wenn die Satzung festlegt, dass das Vertreteramt auch endet, wenn bei vorgezogener Neuwahl (z.B. anlässlich einer Fusion) eine ausreichende Zahl der Gewählten das Amt angenommen hat.97 Wenn die VV eingeführt ist und die Mitgliederzahl am Ende des Geschäftsjahres 53 wieder unter 1.500 sinkt, erlischt das Amt der Vertreter. Es lebt nicht wieder auf, auch wenn noch innerhalb des Geschäftsjahrs wieder die VV anstelle der GV eingeführt wird. VI. Ersatzvertreter (Abs. 5) Früher war vorgeschrieben, dass jedem gewählten Vertreter ein persönlicher Ersatzvertreter zuzuordnen war. Da sich diese formale Bindung nicht bewährt hatte und in der Praxis zu unsinnigen Ergebnissen führen konnte, sieht das Gesetz nur noch vor, dass bei Wegfall eines Vertreters ein Ersatzvertreter seine Stelle einnimmt. Mit dieser Neuregelung sind auch viele Auslegungsschwierigkeiten des zuvor geltenden Gesetzes gegenstandslos geworden. „Wegfall“ eines Vertreters liegt nicht vor bei vorübergehender Verhinderung z.B. durch Krankheit oder Abwesenheit. Das Gesetz meint einen endgültigen Zustand, wie z.B. Tod des Vertreters, Amtsniederlegung, Ausschluss aus der eG, Beendigung der Mitgliedschaft, Annahme der Wahl in Vorstand oder Aufsichtsrat, aber auch Unwirksamkeit der Wahl eines Vertreters (s. Rdn. 21 ff.). Aus Abs. 5 folgt, dass bei der Vertreterwahl nicht für jeden Vertreter ein Ersatzvertreter zu wählen ist. Die Satzung kann vielmehr eine geringere Zahl von Ersatzvertretern vorsehen. Die Anzahl soll nur so bemessen sein, dass in allen wahrscheinlichen Fällen, in denen Vertreter während ihrer Amtszeit wegfallen, genügend Ersatzvertreter zur Verfügung stehen. Die Mustersatzungen enthalten pragmatische Regelungen. Die zwingende Vorschrift des Abs. 5 S. 1 ist dann so zu verstehen, dass ein Ersatzvertreter nachrücken „muss“, solange noch gewählte Ersatzvertreter vorhanden sind. Dem Sinn und Zweck der Vorschrift, sicherzustellen, dass die vorgesehene Vertreterzahl auch tatsächlich vorhanden ist, entspricht es, dass Ersatzvertreter auch bereits nachrücken, wenn Vertreter die Wahl nicht annehmen. Sollte die Zahl der Ersatzvertreter nicht ausreichen, würde die in den Mustersatzungen enthaltene Bestimmung anzuwenden sein, dass eine vorzeitige Neuwahl der VV nur erforderlich ist, wenn die Zahl der Vertreter – unter Berücksichtigung nachrückender Ersatzvertreter – unter die gesetzliche Mindestzahl von 50 absinkt.98 Das Gesetz sagt nichts dazu aus, welche Ersatzvertreter nachrücken oder wer im konkreten Fall diese Ersatzvertreter zu bestimmen hat. Eine Regelung in der Satzung erscheint sinnvoll.99 Es empfiehlt sich, schon für die Zukunft eine bestimmte Reihenfolge z.B. auf der Grundlage einer Liste der Ersatzvertreter zu bestimmen. Eine Regelung lediglich in der Wahlordnung erscheint in Hinblick auf den Wortlaut von § 43a Abs. 4 S. 6
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So z.B. § 26f Abs. 3 der Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken. So § 26c Abs. 2 der Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken. Nach Beuthien GenG § 43a Rdn. 14 Satzungsregelung erforderlich.
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problematisch, da die Wahlordnung lediglich für nähere Bestimmungen „über das Wahlverfahren“ vorgesehen ist.100 Eine willkürliche Bestimmung der jeweils nachrückenden Ersatzvertreter z.B. durch den Vorstand oder den Wahlausschuss dürfte der gesetzgeberischen Absicht widersprechen und wäre unzulässig. Das Gesetz sieht nicht mehr ausdrücklich vor, dass die Wahl der Ersatzvertreter 58 „gleichzeitig“ mit der Wahl der Vertreter durchzuführen ist. Dennoch wird dieses Verfahren aus pragmatischen Gründen zu empfehlen sein; nur so kann die ordnungsgemäße Vertretung der Mitglieder in der VV sichergestellt werden. Es ist aber zu begrüßen, dass das Gesetz für begründete Ausnahmefälle auch ein anderes Verfahren zulässt. 59 Die Ersatzvertreter müssen im Zeitpunkt ihrer Wahl die gleichen persönlichen Voraussetzungen erfüllen, die nach § 43a Abs. 3 für die Vertreter gelten; dies folgt aus § 43a Abs. 5 S. 3. Nichtmitglieder, in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen, Angehörige des Vorstands oder Aufsichtsrats „können nicht“ als Ersatzvertreter gewählt werden; eine dennoch vorgenommene Wahl dieser Personen wäre nichtig (hierzu Rdn. 21 ff. und 39). VII. Rechte und Pflichten (Abs. 3) 60
1. Rechte und Pflichten der gewählten Vertreter. Für das Anwesenheitsrecht, Antragsrecht, Rederecht und Stimmrecht gelten für die Vertreter die gleichen Grundsätze und Regelungen wie für die Mitglieder in der GV (vgl. Erl. zu § 43 Rdn. 15 ff.), allerdings mit folgenden Besonderheiten: – der Vertreter kann in der VV nicht durch Bevollmächtigte vertreten werden, also keine Stimmvollmacht erteilen; – der Vertreter kann keine Mehrstimmrechte haben; – bei der Abgabe der Stimme handelt der Vertreter in Wahrnehmung seines Vertreteramts; Maßstab seiner Entscheidung dürfen daher nicht persönliche Interessen sein, sondern die Interessen der Gesamtheit der Mitglieder und der eG.101
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Die Vertreter haben ein allgemeines, weisungsfreies Mandat aller Mitglieder; sie haben daher keine besonderen Rechte und Pflichten gegenüber den Mitgliedern ihres Wahlbezirks. Sie haben nach pflichtgemäßem Ermessen vor allem die Interessen der eG zu vertreten und nicht die Interessen einzelner Mitglieder (vgl. Erl. Rdn. 9).102 Wie die Mitglieder in der GV üben die Vertreter ihre Rechte grundsätzlich in der VV aus (§ 43 Abs. 1). Es bleibt z.B. Aufgabe der Unternehmensleitung (§ 27), Informationen an die Mitglieder zu geben oder das Verfahren für solche Informationen zu bestimmen. Unter dem Gesichtspunkt der genossenschaftlichen Treuepflicht dürfte es problematisch sein, wenn Vertreter z.B. in ihrem Wahlbezirk – ohne Auftrag der Unternehmensleitung und ohne dringendes Interesse der eG – Umfrage- oder Informationsmaßnahmen durchführen. Außerhalb der VV gibt das Gesetz grundsätzlich keine Möglichkeit, als Vertreter tätig zu werden. Mitgliederversammlungen z.B. im Wahlbezirk sind nur möglich auf der Grundlage der Leitungskompetenz des Vorstands; ein Vertreter ist zur Durchführung ohne Auftrag des Vorstands nicht legitimiert.
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100 Die h.A. hält die Bestimmung der Reihenfolge in der Wahlordnung aber für zulässig und ausreichend, vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 96; BerlKomm/Keßler § 43a Rdn. 14; Müller GenG § 43a Rdn. 68. 101 So zutreffend Müller GenG § 43a Rdn. 83. 102 KG JFG, 232; Beuthien GenG § 43a Rdn. 5.
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Wegen der Problematik von Stimmbindungsverträgen in der GV s. Erl. zu § 43 Rdn. 46 ff. Da ein „imperatives Mandat“ für Vertreter in der VV ausgeschlossen ist, können sich jedenfalls die Vertreter nicht rechtswirksam zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten verpflichten. Bei Interessenkollisionen ist ein Vertreter grundsätzlich vom Stimmrecht ausgeschlossen, und zwar nicht nur in Fällen von § 43 Abs. 6.103 Dies kann aber naturgemäß nur dort gelten, wo es sich um einen Widerstreit der Interessen handelt, die in der Person des Vertreters über das gewöhnliche Kundeninteresse hinausgehen. Mit der Annahme des Vertreteramts übernimmt der Vertreter die grundsätzliche Verpflichtung, die Aufgaben eines Vertreters gewissenhaft wahrzunehmen, insbesondere auch möglichst an allen VV teilzunehmen104 und dort seine Rechte sachkundig auszuüben.105 Verletzt ein Vertreter schuldhaft diese ihm gegenüber der eG bestehenden Pflichten und führt dies zu einem Schaden, so haftet der Vertreter nach den allgemeinen Vorschriften auf Schadensersatz, also nach § 280 BGB oder §§ 823 ff. BGB. Eine analoge Anwendung der Haftungsvorschriften der §§ 34, 41 kommt nicht in Betracht. Es verbietet sich bei diesen Sonderbestimmungen eine Analogie schon aus rechtssystematischen Gründen. Die Anwendung dieser Regelungen würde im Übrigen wegen der besonderen Sorgfaltsdefinition und vor allem wegen der Umkehr der Beweislast zu einer unvertretbaren Verschärfung der Haftung für Vertreter führen.106 Die gewählten Vertreter sind zur Anfechtung von Beschlüssen der VV in gleicher Weise berechtigt wie bei der GV die Genossenschaftsmitglieder (§ 51). Die Zahlung einer Vergütung an die Vertreter ist im Hinblick auf die Ehrenamtlichkeit grundsätzlich ausgeschlossen. Der Charakter der eG als Unternehmen zur Förderung der Mitglieder verbietet es, dass zu Vertretern gewählte Mitglieder zu Lasten der eG und damit zu Lasten von deren Förderleistungen eine Vergütung erhalten.107 Ein solcher allgemeiner Vergütungsanspruch kann grundsätzlich auch nicht durch Beschlüsse der zuständigen Genossenschaftsorgane eingeräumt werden.108 Dadurch ist naturgemäß nicht ausgeschlossen, dass an Vertreter im Einzelfall für besondere Leistungen ein Entgelt gezahlt wird. Die Frage, ob Vertreter Aufwendungsersatz gem. § 670 BGB verlangen können, ist zu bejahen,109 da dem Vertreteramt im Innenverhältnis ein Auftrag i.S.d. §§ 662 ff. BGB zugrunde liegt.110 Der Vertreter kann somit die Aufwendungen von der eG ersetzt verlangen, die ihm in Ausübung seines Vertreteramtes entstanden, wie bspw. Fahrtkosten zur VV oder ggf. Übernachtungskosten.111 Nicht ersatzfähig sind hingegen Kosten für den Zeitaufwand des Vertreters oder der Verdienstausfall. Weiterhin besteht kein Aufwendungsersatzanspruch, wenn ein Vertreter von sich aus Rundschreiben mit Anträgen und
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103 Müller GenG § 43a Rdn. 49. 104 Müller GenG § 43a Rdn. 43. 105 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 86. 106 Wie hier: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 87; a.A. Beuthien GenG § 43a Rdn. 5, und Müller GenG § 43a Rdn. 50. 107 So grds. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 89; a.A. Müller GenG § 43a Rdn. 37; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs § 43a Rdn. 20. 108 A.A. Müller GenG § 43a Rdn. 37; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 43a Rdn. 20; auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 89: Beschluss der VV über angemessene Vergütung möglich, die aber entspr. § 36 Abs. 2 nicht nach dem Geschäftsergebnis bemessen sein darf. 109 H.M., vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 90. 110 Beuthien GenG § 43a Rdn. 5. Das RG sprach von einem „auftragsähnlichen Verhältnis“, RGZ 135, 19; 155, 21. 111 S. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 91.
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Stellungnahmen an die anderen Vertreter oder die Mitglieder versendet.112 Der Ersatzanspruch nach § 670 BGB umfasst auch Aufwendungen für Personen- oder Sachschäden wegen eines auf der Fahrt zur VV erfolgten Verkehrsunfalls.113 Zulässig ist es darüber hinaus auch, wenn die VV beschließt, die Aufwendungen 68 pauschal zu ersetzen, also ein angemessenes Sitzungsgeld zu zahlen.114 Ob für Teilnehmer an der VV, insb. für die gewählten Vertreter, Unfallversiche69 rungsschutz besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Hinblick auf die Tätigkeit der Vertreter für die Mitgliederinteressen dürfte dieser Versicherungsschutz grundsätzlich zu bejahen sein.115 70
2. Rechte und Pflichten der gewählten Ersatzvertreter. Durch die Annahme der Wahl haben sich die Ersatzvertreter bereit erklärt, im Falle des Wegfalls eines Vertreters dessen Amt bis zum Ende der Wahlperiode fortzuführen. Bis zum Eintritt dieses Falles haben Ersatzvertreter keine weitergehenden Rechte oder Pflichten, insbesondere dürfen sie nicht an der VV teilnahmen.116 Sie brauchen sich im Allgemeinen auch nicht über Belange der eG mehr zu unterrichten, als dies im eigenen Interesse als Mitglied erforderlich erscheint. Sofern Ersatzvertreter in das Vertreteramt einrücken, unterliegen sie in jeder Weise den Rechten und Pflichten eines gewählten Vertreters. Für die Frage, ob der Ersatzvertreter zur VV eingeladen werden muss, ist entscheidend, ob der Vertreter zum Zeitpunkt der Einladung weggefallen war. Keine rechtlichen Bedenken, wenn noch nachträglich Ersatzvertreter eingeladen werden; Gleichbehandlung ist jedoch zu beachten.
3. Rechte und Pflichten der sonstigen Mitglieder der eG. Mitglieder der eG, die nicht zu Vertretern gewählt sind und das Amt angenommen haben, haben grundsätzlich kein Rederecht, Auskunftsrecht oder Antragsrecht in der VV; ein Stimmrecht ist in jedem Fall ausgeschlossen. Ein Vorschlagsrecht für Wahlen (z.B. zum Aufsichtsrat) steht nicht zu Vertretern gewählten Mitgliedern außerhalb der VV zu, in der VV jedenfalls dann, wenn sie als Gäste zugelassen sind (vgl. auch § 36 Rdn. 22). Das Vorschlagsrecht ist mit der Mitgliedschaft verbunden und es sind keine Gründe erkennbar, warum bei eingeführter VV den anderen Mitgliedern auch noch dieses Recht entzogen sein soll. Aus § 45 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 ergibt sich, dass nicht zu Vertretern gewählte Mitglieder außer in diesen beiden Fällen grds. kein Anwesenheitsrecht in der VV haben.117 Der Versammlungsleiter kann Mitglieder, die keine Vertreter sind, allenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen als Gäste zulassen.118 Ein Anspruch auf Teilnahme an der VV besteht für diese Mitglieder aber nicht. Soweit allerdings nach § 45 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 ein Recht auf Teilnahme an der VV besteht, haben diese Mitglieder auch ein Rede- und Antragsrecht, ggf. beschränkt auf die verlangten Beschlussgegenstände (s. Erl. § 45 Rdn. 10 und 13). Eine Sonderstellung in der VV haben Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats 72 oder sonstiger satzungsmäßiger Organe: Sie können zwar nicht Vertreter sein und haben daher kein Stimmrecht; sie haben jedoch auf der Grundlage ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung das Recht und ggf. die Pflicht, an der VV teilzunehmen.119 Organmitglie71
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Überzeugend AG Nürnberg, Urt. v. 29.5.1992, ZfgG 1994, 66 m. Bespr. Hadding. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 91. So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 90; BerlKomm/Keßler § 43 Rdn. 24. Vgl. für die Teilnahme an der GV LSG Celle Urt. v. 14.6.1956. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 94. Beuthien GenG § 43a Rdn. 7. Gräser/Metz/Wehrhahn S. 77; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 102. Vgl. Paulick S. 257; Müller GenG § 43a Rdn. 76.
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dern ist grundsätzlich auch das Recht zuzugestehen, an der Diskussion teilzunehmen und zu den Tagesordnungspunkten Ausführungen zu machen.120 Auch ein Antragsrecht muss den Organmitgliedern grundsätzlich zugestanden werden.121 Das Rederecht kann einem Organmitglied auch nicht durch Beschluss dieses Organs entzogen werden. Vorstandsmitglieder, die im Rahmen von § 40 suspendiert sind oder deren Rechte und Pflichten als Vorstandsmitglieder durch übereinstimmende Vereinbarungen aufgehoben sind, haben grundsätzlich kein Recht auf Teilnahme an der VV. Dies muss grundsätzlich auch für frühere Vorstandsmitglieder gelten, auch wenn sich die Tagesordnung der VV auf Sachverhalte bezieht, die in die Zeit der früheren Vorstandsverantwortung zurückreichen. Unter besonderen Umständen kann aber aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung der VV bestehen, ausgeschiedene Organmitglieder anzuhören, z.B. bei der Frage der Entlastung oder der Geltendmachung von Regressansprüchen. Es kann hier zweckmäßig sein, diese Personen als Gäste zuzulassen und ihnen auf Antrag das Wort zu erteilen. Falls die Anwesenheit früherer Organmitglieder erforderlich scheint, um der VV die notwendigen Auskünfte und Erklärungen zu geben, kann sich eine Teilnahmepflicht als Nachwirkung aus der früheren Organverantwortung ergeben. Nach zutreffender h.M. kann darüber hinaus auch jedes Mitglied der eG Klage auf 73 Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses der VV erheben.122 Dies gilt auch noch nach der Novelle 2006, in der den Mitgliedern ausdrücklich nicht gestattet wurde, Anfechtungsklage zu erheben (dies obliegt dem Aufsichtsrat, der die Interessen der Mitglieder wahrnehmen soll), zugleich jedoch auf die verbleibende Möglichkeit der Nichtigkeitsklage hingewiesen wurde.123 Es kann den nicht zu Vertretern gewählten Mitgliedern nicht das Recht genommen werden, Beschlüssen entgegenzutreten, die die VV unter Verstoß gegen elementare Rechtsgrundsätze gefasst hat und die in Mitgliedschaftsrechte eingreifen würden.124 Hingegen dürfte der Streit, ob den sonstigen Mitgliedern der eG ein Anfechtungs- 74 recht hinsichtlich der Beschlüsse der VV zusteht, mit der Novelle 2006 erledigt sein.125 Nunmehr ist in § 51 Abs. 2 Satz 2 geregelt, dass zusätzlich zu dem dort bereits in der alten Fassung genannten Vorstand und – unter bestimmten Voraussetzungen – den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat nur der Aufsichtsrat als Organ ein Anfechtungsrecht hat. Ein Anfechtungsrecht für jedes Mitglied wurde im Gesetzgebungsverfahren diskutiert, aber als zu weit gehend verworfen.126 Beschlüsse der Vertreterversammlung können also von Mitgliedern, die keine Vertreter und keine sonstigen Organmitglieder sind, nicht angefochten werden.127 Den nicht zu Vertretern gewählten Mitgliedern verbleiben grundsätzlich ihre Mit- 75 gliedschaftsrechte; so können sie z.B. nach § 45 die Berufung der VV oder die Ankündigung von Tagesordnungspunkten verlangen. Lediglich die Ausübung der Rechte in der
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120 Müller GenG § 43a Rdn. 79. 121 Müller GenG § 43a Rdn. 81. 122 Liebhart Rechtsgrundlage, S. 182; Müller GenG § 43a Rdn. 85; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 105; Beuthien GenG § 51 Rdn. 29. 123 BT-Drs. 16/1524, S. 10; Korte/Schaffland GenG S. 113. 124 So zutreffend für die Nichtigkeitsklage BGH WM 1982, 582 = DB 1982, 1317 = NJW 1982, 2558 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding = BB 1982, 1975; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 102; a.A. noch RGZ 155, 21; 166, 175; Paulick S. 264. 125 So auch OLGR Schleswig, 2008, 202 ff. Die wohl h.M. gestand den Mitgliedern ein Anfechtungsrecht nicht zu, vgl. RGZ 155, 24; Paulick S. 256; Liebhart S. 182. 126 BT-Drs. 16/1524, S. 10; Korte/Schaffland GenG S. 113. 127 H.M.: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 43a Rdn. 105; Beuthien GenG § 51 Rdn. 29; ders. GenG § 51 Rdn. 11; Müller GenG § 43a Rdn. 85.
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VV ist beschränkt: Nur die Antragsteller haben seit der Novelle 2006 gem. § 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 das Recht, an der betreffenden VV (ggf. hinsichtlich der verlangten Tagesordnungspunkte) teilzunehmen. Deren Rede- und Antragsrecht kann qua Satzung auf einen oder mehrere Bevollmächtigte beschränkt werden. Die sonstigen Mitglieder haben auch das außerordentliche Kündigungsrecht gem. § 67a. Sie haben als Auswirkung der gegenseitigen Treuepflicht grundsätzlich einen Anspruch darauf, über wesentliche Entscheidungen der VV unterrichtet zu werden. Dies muss z.B. für Satzungsänderungen gelten. Die Unterrichtung kann durch Rundschreiben an alle Mitglieder mit dem Hinweis auf die Schwerpunkte der Änderung und die Möglichkeit, die Satzung einzusehen, erfolgen. Übersendung der geänderten Satzung an alle Mitglieder dürfte grundsätzlich nicht erforderlich sein. In Frage kommt auch eine Unterrichtung in regelmäßig versandten Mitteilungen (Hauszeitschrift, Kontoauszüge usw.). Das Informationsrecht richtet sich gegen die eG vertreten durch den Vorstand; gegenüber den gewählten Vertretern besteht ein solches Recht der Mitglieder grundsätzlich nicht. Die Satzung kann den nicht zu Vertretern gewählten Mitgliedern keine Rechte einräumen, die in unentziehbare Rechte der VV eingreifen würden. Die Mustersatzungen erwähnen für die übrigen Mitglieder z.B. folgende Rechte: – Wahl der Vertreter, – Antragsrecht auf Einberufung außerordentlicher VV durch 10% der Mitglieder (§ 45 Abs. 1 Satz 1), – Antragsrecht für die Tagesordnung der VV durch 10% der Mitglieder (§ 45 Abs. 2 Satz 1), – Teilnahme-, Rede- und Antragsrecht in der verlangten VV bzw. hinsichtlich der verlangten Beschlussgegenstände, ggf. mit Beschränkung auf von den Antragstellern zu bestimmende Bevollmächtigte (§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 Satz 2 und 3), – Recht auf Beteiligung am Gewinn (§ 19), – Recht auf Abschrift des Jahresabschlusses, des Lageberichts und der Bemerkungen des Aufsichtsrats (§ 48 Abs. 3 Satz 2),128 – Recht auf Einsicht in die Niederschrift der VV und Aushändigung einer Abschrift (§ 47 Abs. 4 Satz 2), – Recht auf Einsicht in das zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts (§ 59 Abs. 1 Satz 2).129 76
Jedes Mitglied hat zudem gem. Abs. 6 Anspruch auf Einsichtnahme in die Liste der Vertreter, soweit dies zur Geltendmachung von Mitgliedschaftsrechten erforderlich ist. Auf Verlangen ist ihm ein Verzeichnis der Vertreter mit Anschriften auszuhändigen (s. Erl. Rdn. 78 ff.). Der Prüfungsverband hat die gleichen Rechte auf Anwesenheit, Teilnahme an der 77 Diskussion und ggf. Antragstellung wie in der GV (vgl. Erl. § 43 Rdn. 22). VIII. Auslegung der Listen (Abs. 6)
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Gem. Abs. 6 ist eine Liste der gewählten Vertreter und der gewählten Ersatzvertreter zwei Wochen lang in dem „Geschäftsraum“ der eG zur Einsicht der Mitglieder auszulegen. Gemeint ist die Liste der gewählten Vertreter, soweit diese die Wahl angenommen haben. Die Auslegung und Bekanntmachung der Vertreterliste soll den übrigen
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Korte/Schaffland GenG S. 109. Hierzu Korte/Schaffland GenG S. 133.
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Mitgliedern die Möglichkeit geben, sich in Fragen der eG an einen Vertreter zu wenden, insbesondere um Anregungen und Kritik vorzutragen.130 Die Auslegung ist in einem öffentlichen Blatt bekannt zu machen, es handelt sich hierbei um das in der Satzung genannte Veröffentlichungsblatt i.S.v. § 6 Nr. 5. Nach dem Gesetzeswortlaut dürfte die Auslegung z.B. in der Hauptstelle der eG genügen; bei einer eG mit mehreren Filialen kann es jedoch im Interesse der Mitglieder erforderlich sein, die Listen auch in den Geschäftsräumen jeder Niederlassung auszulegen und in der Veröffentlichung darauf hinzuweisen. Dies gilt besonders bei eG mit räumlich großem Geschäftsbereich. Die Frist von zwei Wochen beginnt mit der Bekanntmachung. 79 Jedes Mitglied kann verlangen, dass ihm unverzüglich eine Abschrift der Liste der 80 gewählten Vertreter und Ersatzvertreter ausgehändigt wird. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich unabhängig vom zeitlichen Zusammenhang mit einer durchgeführten Vertreterwahl. Die Liste muss dem Mitglied die Möglichkeit geben, mit den in Frage kommenden Vertretern Verbindung aufzunehmen. Es kann daher auch die Anschrift der Vertreter verlangt werden, ggf. auch der Beruf. Bedenken nach dem Datenschutzgesetz oder wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestehen grundsätzlich nicht: § 43a Abs. 6 ist Spezialvorschrift (§ 1 Abs. 3 BDSG und § 4 Abs. 1 BDSG).131 Im Übrigen wäre die Liste keine geschützte Datei, es sei denn, es handele sich um einen Ausdruck aus der Datei (EDV-Liste). Zudem hat, wer als Vertreter kandidiert, die Möglichkeit, sich mit den gesetzlichen Pflichten vertraut zu machen. Wer kandidiert, gibt damit zu erkennen, dass er gegen eine Veröffentlichung seiner Anschrift, wie sie in Abs. 6 vorgesehen ist, keine Einwände hat. Damit ergibt sich die Zulässigkeit der Veröffentlichung aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG. Die eG hat ein berechtigtes Interesse, die Kommunikation der Mitglieder mit den Vertretern zu erleichtern. Ein entgegenstehendes Interesse des Vertreters ist nicht erkennbar, zumindest überwiegt es nicht das Interesse der eG. Mit derselben Begründung kann zudem die Zulässigkeit der Veröffentlichung aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG hergeleitet werden.132 Im Gegensatz zu § 48 Abs. 2 regelt das Gesetz nicht, wer die Kosten für die Abschrift zu tragen hat. Im Allgemeinen wird die eG die Kosten zu übernehmen haben, sofern das Verlangen des Mitglieds nicht willkürlich erscheint.133 IX. Vollständige oder teilweise Abschaffung der VV (Abs. 7) Mit Novelle 2006 traf der Gesetzgeber nunmehr auch eine Regelung über die Mög- 81 lichkeit zur Abschaffung der VV, was bei der Novelle 1973 versäumt worden war.134 1. Vollständige Abschaffung der VV. Soll bei bestehender VV wieder die GV einge- 81a führt werden, ist für den Beschluss über die Satzungsänderung seit Novelle 2006 die GV zuständig.135 Der Beschluss kann jederzeit gefasst werden, unabhängig von der Zahl der Mitglieder. Nachdem die GV für die Einführung der VV zuständig ist, war es nur konse-
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130 Beuthien GenG § 43a Rdn. 15. 131 Schaffland/Wiltfang BDSG, Erl. zu § 1 Abs. 3. 132 Zum Datenschutz ausführlich Schaffland/Wiltfang BDSG, Erl. zu § 28. 133 So auch Beuthien GenG § 43a Rdn. 15. 134 Korte/Schaffland GenG S. 101. 135 Korte/Schaffland GenG S. 101; so bereits vor der Gesetzesänderung durch Novelle 2006, aber ohne ausreichende Stütze im damals geltenden Gesetz, Müller GenG § 43a Rdn. 9. Kritisch zur neuen Regelung Schnittker in Festschrift Schaffland, S. 145 ff.
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quent, es auch der GV als Entscheidungsorgan aller Mitglieder zu übertragen, die VV wieder abzuschaffen (vgl. Rdn. 5).136 Streitig ist, ob die VV nach wie vor ein Selbstauflösungsrecht hat. Die h.M. verneint dies mit Hinweis auf die Einführung des Abs. 7.137 Nach der hier vertretenen Meinung sprechen gute Gründe für ein Selbstauflösungsrecht. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich zwingend, dass ausschließlich die GV zur Abschaffung der VV zuständig sein soll.138 Mit der Gesetzesnovelle sollten die Rechte der Mitglieder, die nach Einführung einer VV keine Möglichkeit mehr hatten, in ihrer eG aus eigener Kraft zu einer GV zurückzukehren, wieder hergestellt werden. Dem steht ein Selbstauflösungsrecht der VV nicht entgegen. Vielmehr unterstützt dies die Rechte der Mitglieder, zur GV zurückzukehren, da für einen Beschluss der VV nicht das notwendige Quorum von in der Regel 10% der Mitglieder erreicht werden muss und somit ein entsprechender Beschluss schneller gefasst werden kann. Dies kann insbesondere bei Verschmelzungen von Bedeutung sein. Eine Selbstauflösung der VV ist im Übrigen auch nicht pflichtwidrig,139 da die Vertreter ihr Amt jederzeit von sich aus niederlegen können. 82
2. Teilweise Abschaffung der VV. Aus der Neuregelung in Abs. 7, die den Mitgliedern die Möglichkeit gibt, durch Satzungsänderung die VV wieder abzuschaffen, folgt, dass die Mitglieder bei bestehender VV auch die Möglichkeit haben, die Zuständigkeit für einzelne Beschlussgegenstände von der VV zurück zur GV zu holen. Die Mitglieder können also die Zuständigkeit der VV in Teilen abzuschaffen, indem sie bestimmte Gegenstände der Beschlussfassung der GV zuweisen.140 Dies bedeutet, dass die Mitglieder die Beschlusskompetenz der VV nachträglich beschränken können.
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3. Erforderliches Quorum. Die GV, die über die Abschaffung der VV entscheiden soll, ist einzuberufen, wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder – oder der in der Satzung bestimmte geringere Teil – dies in Textform verlangt. Zu begrüßen ist, dass der Gesetzgeber auch im Rahmen der Novelle 2006 eine Minderheit von 10 Prozent der Mitglieder als angemessene Schwelle für den Minderheitenschutz angesehen hat. Eine geringere Quote oder eine relativ niedrige absolute Zahl hätten bei eG mit hohen Mitgliederzahlen bewirkt, dass bereits eine sehr kleine und für die Gesamtheit der Mitglieder nicht repräsentative Minderheit dieses Recht hätte ausüben können. Die Gefahr einer missbräuchlichen Rechtsausübung wäre erheblich gewesen. Textform bedeutet gem. § 126b BGB, dass der Antrag nicht notwendigerweise schriftlich in Papierform gestellt werden muss, sondern auch bspw. per Fax oder per E-Mail gestellt werden kann. Dabei muss allerdings die Person der Erklärenden genannt werden und der Abschluss der Erklärung erkennbar sein.141 Entspricht der Vorstand nicht unverzüglich dem Verlangen nach Einberufung der GV, kommt das gerichtliche Verfahren nach § 45 Abs. 3 zur Anwendung, vgl. Erl. § 45 Rdn. 14 ff.
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Vgl. hierzu auch Schnittker in Festschrift Schaffland, S. 146. Bauer GenG § 43a Rdn. 10, 17; Beuthien GenG § 43a Rdn. 3; BerlKomm/Keßler § 43a Rdn. 6. BT-Drs. 16/1025, S. 87. So Beuthien GenG § 43a Rdn. 3. S. auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 87; Korte/Schaffland GenG S. 101. Palandt/Ellenberger BGB, § 126b Rdn. 4 f.; Korte/Schaffland GenG S. 101.
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Vertreterversammlung | § 43a
X. Auswirkungen der Verfahren nach dem Umwandlungsgesetz auf die VV Das frühere Verschmelzungsrecht der §§ 93a bis 93s wurde durch das Umwand- 84 lungsgesetz (UmwG) vom 28.10.1994142 abgelöst und ergänzt. Auch das Umwandlungsrecht enthält keine besonderen Regelungen für den Fall, dass bei einer beteiligten eG die VV eingeführt ist. Die Rechtslage kann bei den verschiedenen Umwandlungsverfahren wie folgt beurteilt werden: 1. Verschmelzung, §§ 79–98 UmwG a) durch Übernahme, §§ 79–95 UmwG: Falls im Zusammenhang mit der Verschmel- 85 zung die Satzung nicht entsprechend geändert wird, besteht die VV der übernehmenden eG unverändert fort. Mit Wirksamkeit der Verschmelzung endet ein Vertreteramt der übertragenden eG. Wenn möglich, sollte mit der Verschmelzung eine Neuwahl der VV durchgeführt werden, schon mit Rücksicht auf das in § 43a Abs. 4 Ziff. 1 vorgesehene Zahlenverhältnis Mitglieder/Vertreter. Für eine relativ kurze Übergangszeit kann hingenommen werden, dass dieses Zahlenverhältnis nicht mehr zutrifft, vor allem, wenn die Zahl der durch die Verschmelzung entstandenen neuen Mitgliedschaften relativ gering ist. Wenn nicht in absehbarer Zeit ohnehin eine Neuwahl zur VV vorgesehen ist, emp- 86 fiehlt sich eine Ergänzungswahl zur VV allein durch die neu hinzugekommenen Mitglieder.143 Gerade durch eine solche Ergänzungswahl kann das genossenschaftliche Demokratieprinzip (vgl. § 1 Rdn. 12) gewahrt bleiben; rechtsformale Bedenken z.B. in Hinblick auf die Einheitlichkeit der Vertreterwahl müssen demgegenüber zurücktreten (s. Rdn. 27). Für die Durchführung der Ergänzungswahl sind die Regelungen der Wahlordnung der übernehmenden eG maßgeblich. Die Vorbereitung und Durchführung der Ergänzungswahl obliegt dem bestehenden Wahlausschuss der übernehmenden eG. Soweit Satzung oder Wahlordnung keine besonderen Regelungen enthalten, besteht der Wahlausschuss bis zur vorgesehenen Beendigung seiner Wahlperiode unverändert weiter. Es ist unbedenklich und kann sinnvoll sein, für die Vorbereitung der Ergänzungswahl neue Mitglieder aus dem Kreis der übertragenden Gesellschaft beratend zum Wahlausschuss zuzuziehen, auch wenn die in der Wahlordnung vorgesehene Wahl durch die VV noch nicht möglich war. Das Vertreteramt der zugewählten Vertreter endet einheitlich mit Ablauf des Vertreteramts gemäß der Satzung. Die bei einer Verschmelzung mit der VV auftretenden Probleme können nach der Neufassung von § 43a Abs. 1 dadurch vermieden werden, dass durch Satzungsänderung wieder die GV eingeführt wird. b) Im Falle der Verschmelzung durch Neugründung (§§ 96–98 UmwG) bedarf es 87 der Neuwahl aller Vertreter, wenn die Satzung der neuen eG eine VV vorsieht und die Zahl der Mitglieder 1.500 übersteigt. 2. Spaltung, §§ 147, 148 UmwG. Im Falle der Spaltung mit Übernahme durch eine 88 andere eG können rechtliche Fragen entstehen, die entsprechend der Problematik bei der Verschmelzung zu beurteilen sind (oben Rdn. 85 ff.). Bei der Anpassung der Satzung i.S.v. § 147 UmwG sollten ggf. Regelungen für eine VV berücksichtigt werden.
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BGBl. I 1994, S. 3210. S. OLGR Zweibrücken 2007, 750 ff.; s. Erl. § 51 Rdn. 12.
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§ 43a | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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3. Vermögensübertragung, §§ 174–189 UmwG. Eine Vermögensübertragung ist bei der eG gesetzlich nicht vorgesehen (§ 175 UmwG).
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4. Formwechsel, §§ 190–304 UmwG. Bei dem Formwechsel in eine eG (§§ 251–257 UmwG) sieht das Gesetz vor, dass die Gesellschafter des „formwechselnden Rechtsträgers“ Mitglieder der eG werden. Auch hier können die Fragen in Zusammenhang mit der VV entsprechend den Regelungen bei einer Verschmelzung behandelt werden – vgl. oben Rdn. 85 ff. XI. Europäische Genossenschaft (SCE)
Die Satzung einer SCE mit Sitz in Deutschland kann gem. § 31 SCE-AG im Rahmen des Art. 63 der SCE-VO („sofern das einzelstaatliche Recht das zulässt“) eine Sektor- oder Sektionsversammlungen vorsehen; zum Begriff s.u. Diese Versammlungen entsprechen weitgehend der Vertreterversammlung i.S.d. § 43a, das Statut verwendet den Begriff „Vertreter“, nennt deren Versammlung jedoch „Generalversammlung“ (nachfolgend „SCE-VV“ genannt); zu den Besonderheiten vgl. unten Rdn. 93 ff. Die verschiedenen Möglichkeiten und Voraussetzungen regelt Art. 63: 92 Die SCE – betreibt unterschiedliche Tätigkeiten oder – betreibt ihre Tätigkeiten in mehr als einer Gebietseinheit oder – hat mehrere Niederlassungen oder – hat mehr als 500 Mitglieder. 91
Nach dem SCE-AG der Mitgliedstaaten muss eine VV zulässig sein. Dieser Rückverweis auf das nationale Recht wird für eine SCE mit Sitz in Deutschland durch § 31 SCE-AG konkretisiert, dort wird § 43a Abs. 7 des GenG nach Maßgabe des Art. 55 der SCE-VO für anwendbar erklärt. Nach Art. 55 i.V.m. § 31 SCE-AG ist somit gem. § 43a Abs. 7 eine GV zur Beschlussfassung über die Abschaffung der SCE-VV unverzüglich einzuberufen, wenn dies von mindestens 5.000 Mitgliedern der SCE oder von Mitgliedern, die mindestens zehn Prozent der Stimmrechte halten, verlangt wird. Die SCE-Satzung kann – wie bei der eG – ein geringeres Quorum oder eine geringere Anzahl vorsehen. 94 Im Übrigen gelten die obigen Ausführungen zur GV/VV entsprechend, soweit sich nicht aus den besonderen Vorschriften der SCE-VO zur GV bzw. zur SCE-VV (Art. 52– 63) Besonderheiten ergeben. Art. 63 Abs. 2 verweist bzw. der SCE-VV (Sektor- bzw. Sektionsversammlung) auf Kapitel III. Abschnitt 4, also alle Regelungen zur GV. Die Unterscheidung in Sektor- und Sektionsversammlungen ist i.S.v. Sektor gleich „Gebiet“ oder „Bezirk“ und Sektion i.S.v. „Mitgliedergruppe“ zu verstehen.144 Bei entsprechender Mitgliederzahl (mehr als 500) kann demnach auch eine SCE mit Sitz in Deutschland eine SCE-VV entsprechend § 43a einführen. Dabei ist gem. Art. 63 S. 2 zu beachten, dass die Aufteilung der Sektoren (Bezirksversammlungen) und die Zahl der jeweiligen Vertreter in der Satzung festgelegt werden müssen. Diese Regelung der Wahlordnung zu überlassen wäre nicht zulässig.145 Die Satzung kann nicht neben der Sektorenversammlung eine Sektionsversammlung zulassen (arg. „oder“ in § 31 SCEAG).146 93
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Beuthien GenG Art. 63 SCE Rdn. 1. S. ebenda. Vgl. ebenda: Im Ergebnis wie hier: weil zu verwickelt und überschneidend.
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Einberufung der Generalversammlung | § 44
Die Satzung hat demnach die Aufteilung der Sektoren und Sektionen zu bestimmen 95 sowie die Zahl der Vertreter für jeden Sektor bzw. jede Sektion festzulegen. Nach Art. 63 Abs. 2 SCE-VO wählen die Sektor- oder Sektionsversammlungen ihre Vertreter für höchstens vier Jahre. Die gewählten Vertreter „bilden die Generalversammlung der SCE“, folgerichtig sind auch alle besonderen Vorschriften zur GV in der SCE-VO (Art. 52 ff., Verweis in Art. 63 Abs. 2 S. 2) zu beachten. Dies entspricht weitgehend dem Verhältnis von VV und GV bei der eG. Auch bei der VV i.S.d. SCE-VO bleibt die GV neben der VV bestehen, da sie immer das Restzuständigkeitsmandat zur Auflösung der VV gem. § 43a Abs. 7 hat; vgl. § 31 SCE-AG.147 Die Vertreter vertreten nicht ihren Sektor bzw. ihre Sektion, sie bekleiden – wie der 96 Vertreter bei der VV der eG – ein organmitgliedschaftliches (Ehren-)Amt und sind bei ihrer Stimmabgabe nicht an etwaige Beschlüsse der Sektor- bzw. Sektionsversammlung gebunden, diese wählen lediglich die Vertreter (Art. 63 Abs. 2 S. 1).148 Sie müssen den Mitgliedern des Sektors bzw. der Sektion über die Ergebnisse der in der SCE-VV gefassten Beschlüsse berichten (für Vertreter einer eG besteht eine solche Berichtspflicht gegenüber den Mitgliedern nicht). Das aktive Wahlrecht für die Wahl der Vertreter zur SCE-VV steht unentziehbar je- 97 dem Mitglied der SCE zu. Zum passiven Wahlrecht regelt die SCE-VO nichts, es gilt daher qua Rückverweisung das deutsche GenG entsprechend, also § 43a Abs. 2, s.o. § 43a.
§ 44 Einberufung der Generalversammlung § 44 Einberufung der Generalversammlung (1) Die Generalversammlung wird durch den Vorstand einberufen, soweit nicht nach der Satzung oder diesem Gesetz auch andere Personen dazu befugt sind. (2) Eine Generalversammlung ist außer in den in der Satzung oder in diesem Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen einzuberufen, wenn dies im Interesse der Genossenschaft erforderlich erscheint.
I. II.
Systematische Übersicht Einberufung | 1–8 Zuständigkeit für die Einberufung | 9–19 1. Vorstand | 9–13 2. Aufsichtsrat | 14 3. Andere Personen | 15–18
4.
III. IV. V.
Folgen bei Einberufung durch ein nicht zuständiges Organ | 19 Einberufungsgründe (Abs. 2) | 20–23 Einberufung der Vertreterversammlung (VV) | 24 Europäische Genossenschaft (SCE) | 25
I. Einberufung Die GV/VV1 (§ 43 Abs. 1/§ 43a Abs. 1) wird in der Form der Einladung einberufen, 1 vgl. § 46.2 Näheres hat die Satzung zu regeln (§ 6 Nr. 4). Die Einberufung kann – je nach
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A.A. Beuthien GenG Art. 63 SCE Rdn. 2: Funktionsnachfolge/verkleinerte GV. Anders noch in der Vorauflage, wie hier zutreffend Beuthien GenG Art. 63 SCE Rdn. 3.
1 Die Ausführungen zur GV gelten, sofern nichts Abweichendes erwähnt ist, für die VV entsprechend; zu den Besonderheiten s. § 44 Rdn. 24. 2 Zur besonderen Form der Bekanntmachung der Tagesordnung für die VV vgl. § 46 Abs. 1 S. 3, s.a. § 46 Rdn. 23.
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§ 44 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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Satzungsregelung – z.B. durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder oder durch Bekanntmachung in den durch die Satzung bestimmten Veröffentlichungsblättern erfolgen. Die Veröffentlichung im Bundesanzeiger genügt nicht (§ 6 Nr. 4). Für die unmittelbare Benachrichtigung ist ein Brief, eine Drucksache oder eine ähnliche schriftliche Mitteilung ausreichend. Die Satzung kann für den Zugang eine Fiktion vorsehen, z.B., wenn die Einladung zwei Tage vor Beginn der Frist zur Post gegeben worden ist (so die Mustersatzungen, s. a. Erl. § 46 Rdn. 11). Falls ein besonderes Interesse an der Beweissicherung für den rechtzeitigen Zugang der Einladung besteht, empfiehlt sich die Bekanntgabe in dem in der Satzung genannten Veröffentlichungsblatt. Mit der ordnungsgemäßen Veröffentlichung gilt die Einberufung als den Mitgliedern bekannt. Zur GV einzuladen sind alle Mitglieder der eG. Besteht eine VV, so beschränkt sich die Einladungspflicht auf die im Amt befindlichen Vertreter: Ersatzvertreter oder sonstige Mitglieder müssen nicht eingeladen werden, ihnen ist aber gem. § 46 Abs. 1 S. 3 die Tagesordnung der VV bekannt zu machen (s. Erl. dort); s. a. Rdn. 24 u. § 46 Rdn. 23. Ist die gegenwärtige Anschrift eines Einzuladenden nicht bekannt, so genügt die Einladung an die zuletzt bekannte Anschrift. Grundsätzlich ist nicht zu beanstanden, wenn die Einladung für mehrere Mitglieder, die unter einer Anschrift zu erreichen sind (z.B. Familienangehörige) in einem Briefumschlag zugesandt werden. Eine solche Einladung sollte allerdings die einzuladenden Mitglieder jeweils getrennt mit Namen benennen. Mitglieder, die an der GV teilnehmen, können sich in diesem Fall grundsätzlich nicht auf fehlerhafte Einladung berufen. Werden stimmberechtigte Mitglieder nicht eingeladen, so führt dies im Zweifel zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse.3 Nicht einzuladen sind Mitglieder, die aus der eG ausgeschlossen sind und an die der eingeschriebene Brief gem. § 68 Abs. 2 S. 2 abgesandt ist, sowie Mitglieder, die ihr Geschäftsguthaben übertragen haben. Mitglieder, die ihre Mitgliedschaft gekündigt haben oder deren Mitgliedschaft gemäß § 66 durch einen Gläubiger gekündigt worden ist, sind bis zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens zur GV einzuladen. Dies ist der Schluss des Geschäftsjahrs, in dem das Ausscheiden nach Ablauf der satzungsmäßigen Kündigungsfrist erfolgt. Ist ein Mitglied verstorben, so ist die Mitgliedschaft gem. § 77 auf den Erben übergegangen und endet mit Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist, § 77 Abs. 1 S. 2. Solange dessen Mitgliedschaft besteht, ist er als Mitglied zur GV einzuladen. Besteht eine Erbengemeinschaft, so sind alle Erben einzuladen, und zwar unter der Anschrift des Verstorbenen, solange eine Anschrift der Erben nicht bekannt ist. Der zuständige gesetzliche Prüfungsverband hat nach dem GenG und nach den Mustersatzungen grundsätzlich ein Recht auf Teilnahme an der GV. Er ist daher zu den GV der Mitgliedsgenossenschaften einzuladen (§ 59 Abs. 3). Haben Mitglieder Stimmvollmacht erteilt, so ist die Einladung – falls unmittelbare Einladung vorgesehen ist – dennoch an die Mitglieder selbst zu richten. Bei gesetzlicher Vertretung gilt Entsprechendes.
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BGHZ 59, 369; s. Erl. § 51 Rdn. 12.
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Einberufung der Generalversammlung | § 44
II. Zuständigkeit für die Einberufung 1. Vorstand. Aus § 44 Abs. 1 folgt zwingend, dass der Vorstand stets berechtigt ist, die GV/VV einzuberufen. Diese Befugnis kann ihm auch nicht durch die Satzung entzogen werden.4 Wenn das Gesetz auch anderen Personen das Recht zur Einberufung gibt oder wenn die Satzung entsprechende Regelungen enthält (z.B. dem Aufsichtsrat das Recht der Einberufung überträgt), bleibt die Befugnis des Vorstands unberührt (s. Rdn. 15 ff.). Die Einberufung der GV/VV ist im Außenverhältnis eine Vertretungshandlung im Namen der eG (für den Vorstand gem. § 25). Im Innenverhältnis wird regelmäßig ein entsprechender Organbeschluss erforderlich sein. Die Wirksamkeit von Beschlüssen der GV/VV kann grundsätzlich jedoch nicht davon abhängig gemacht werden, dass im Innenverhältnis ein mängelfreier Vorstandsbeschluss zugrunde liegt.5 Die Außenwirkung der Einladung im Verhältnis zu den Mitgliedern und der Öffentlichkeit lässt es nicht zu, dass Mängel im internen Organbeschluss sich unmittelbar auf die Einladung und die Beschlussfassung in der GV/VV auswirken.6 Die hier vertretene Auffassung stimmt überein mit der Tendenz der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach wegen des Schutzes Außenstehender nur ganz ausnahmsweise eine Nichtigkeit von Beschlüssen angenommen werden kann (vgl. Erl. zu § 51 Rdn. 11 f.).7 Einzelne Vorstandsmitglieder sind zur Einberufung nicht berechtigt, es sei denn, die Satzung enthält eine entsprechende Regelung (s. unten Rdn. 17). Vorstandsmitglieder, die im Genossenschaftsregister eingetragen sind, gelten stets als zur Einladung befugt.8 Die Eintragung der Vorstandsmitglieder ist andererseits aber nicht Voraussetzung für das Einberufungsrecht, soweit wirksame Bestellung vorliegt.9
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2. Aufsichtsrat. Gem. § 38 Abs. 2 ist der Aufsichtsrat berechtigt und verpflichtet, 14 eine GV/VV einzuberufen, wenn dies im Interesse der eG erforderlich ist, z.B. wenn der Vorstand seiner Einberufungspflicht nicht nachkommt. Diese gesetzliche Regelung lässt auch in solchen Fällen das Einberufungsrecht des Vorstands unberührt. Intern ist eine Meinungsbildung im Aufsichtsrat durch Beschlussfassung erforderlich. Die Folgen bei mangelhafter interner Meinungsbildung, z.B. bei fehlerhafter Wahl von Mitgliedern des Aufsichtsrats, für die Wirksamkeit der Einladung sind umstritten.10 Auch hier sollte im Hinblick auf die Außenwirkung der Einberufung der GV/VV nicht in allen Fällen davon ausgegangen werden, dass die Einberufung nichtig sei (vgl. oben Rdn. 11). 3. Andere Personen. Zunächst enthält das Gesetz Regelungen, nach denen in be- 15 stimmten Fällen andere Personen zur Einberufung der GV/VV berechtigt sind: Gem. § 45 Abs. 3 kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen Mitglieder oder Vertreter ermächtigen, die GV/VV einzuberufen (vgl. Erl. § 45 Rdn. 14 ff.).
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4 LG Berlin ZfgG 1972, 77; Müller GenG § 44 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 44 Rdn. 1; Beuthien GenG § 44 Rdn. 1. 5 A.A., allerdings für den Verein, OLG Schleswig NJW 1960, 1862; Müller GenG § 44 Rdn. 1. 6 Vgl. LG Bonn Urt. v. 30.1.1979, Az. 2 O 336/78, das bei Einberufung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden anstelle des Aufsichtsrats keine Nichtigkeit, sondern nur Anfechtbarkeit der Beschlüsse annimmt. 7 Vgl. auch Reichert (11. Aufl.) Rdn. 1825 ff. 8 Vgl. BGHZ 18, 334 = NJW 1955, 1917; BGH BB 1961, 1294. 9 Müller GenG § 44 Rdn. 3. 10 Vgl. Müller GenG § 44 Rdn. 4; BGHZ 11, 236; 32, 116; 36, 208.
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§ 44 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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Der Prüfungsverband ist zur Einberufung berechtigt, wenn er der Überzeugung ist, dass die Beschlussfassung über den Prüfungsbericht ungebührlich verzögert wird, oder dass die GV bei Beschlussfassung über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichtes unzulänglich unterrichtet war (§ 60 Abs. 1). Befindet sich die eG in Liquidation, so sind die Liquidatoren anstelle des Vorstands für die Einberufung zuständig (§ 89). 17 Die Satzung kann auch weiteren Personen die Befugnis zur Einberufung der GV einräumen. Das Gesetz enthält hierfür keine ausdrückliche Beschränkung. In Betracht kommen also z.B. einzelne Mitglieder von Vorstand oder Aufsichtsrat oder sonstige Mitglieder. Erforderlich ist aber eine ausdrückliche Satzungsregelung; Einzelvertretungsberechtigung allein genügt nicht.11 Die Mustersatzungen für Agrargenossenschaften des DRV und Mustersatzungen für gewerbliche eG sehen vor, dass der Aufsichtsratsvorsitzende die GV einberuft, satzungsgemäß hat dann der Aufsichtsrat die Tagesordnung festzulegen. Eine Satzungsregelung, nach der Nichtmitglieder zur Einberufung befugt sein sol18 len, wäre im Hinblick auf den genossenschaftlichen Grundsatz der Selbstverwaltung bedenklich.12 Dies ist auch für ein durch die Satzung festgelegtes Einberufungsrecht des Prüfungsverbands über den Fall des § 60 hinaus fraglich (vgl. Rdn. 16 und § 38 Rdn. 29). Richtig verstanden ist § 44 Abs. 2 – ebenso wie die gleichlautende Regelung in § 49 Abs. 2 GmbHG – eines der personalistischen Elemente bei eG ohne Pendant im Aktienrecht.13 19
4. Folgen bei Einberufung durch ein nicht zuständiges Organ. Einberufung der GV/VV durch unzuständiges Organ hat die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse zur Folge, vgl. Erl. bei § 51 Rdn. 12.14 Sind jedoch in der GV alle Mitglieder anwesend oder vertreten und erheben keine Einwände, so können wirksame Beschlüsse gefasst werden.15 Erfolgt die Einberufung entgegen der Satzung nicht durch den Aufsichtsrat, sondern nur durch dessen Vorsitzenden, so ist keine Nichtigkeit, sondern nur Anfechtbarkeit gegeben.16 Bei Einberufung durch ein unzuständiges Organ tritt nach Ablauf von drei Jahren Heilung ein, wenn der Beschluss in das Genossenschaftsregister eingetragen worden ist.17 Liegt Einberufung durch ein ganz offensichtlich und eindeutig unzuständiges Organ vor, so handelt es sich überhaupt nicht um eine GV/VV; wirksame Beschlüsse können nicht gefasst werden, nachträgliche Heilung ist ausgeschlossen.18 III. Einberufungsgründe (Abs. 2)
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§ 44 Abs. 2 bestimmt, dass die GV/VV außer in den im Gesetz oder in der Satzung geregelten Fällen dann einzuberufen ist, wenn dies im Interesse der eG erforderlich erscheint. Die Verpflichtung zur Einberufung liegt hierbei stets beim Vorstand; daneben aber auch beim Aufsichtsrat (§ 38 Abs. 2) sowie ggf. bei anderen Personen, die zur Einbe-
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11 Müller GenG § 44 Rdn. 2, 7. 12 Zutreffend Müller GenG § 44 Rdn. 10; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 44 Rdn. 15. 13 Herzberg NZG 2014, 490 (492). 14 BGH AG 1961, 264; BGHZ 18, 337; BGH WM 1983, 472 für die GmbH = DB 1983, 1248; RGZ 92, 412; OLG Schleswig NJW 1960, 1862. 15 Vgl. BGHZ 18, 339; Müller GenG § 44 Rdn. 10. 16 LG Bonn Urt. v. 10.1.1979, Az. 2 O 336/78; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 44 Rdn. 10: Nichtigkeit. 17 Analog § 242 AktG; vgl. BGHZ 18, 338; Müller GenG § 44 Rdn. 10. 18 Vgl. BGHZ 11, 235; Müller GenG § 44 Rdn. 10.
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Einberufung auf Verlangen einer Minderheit | § 45
rufung ermächtigt sind. Gesetzliche Einberufungsgründe regeln die §§ 33 Abs. 3, 40, 45 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 3, 60 Abs. 1. Im Übrigen kann die Satzung festlegen, aus welchen sonstigen Gründen die GV einzuberufen ist. Das Interesse der eG macht die Einberufung der GV/VV dann erforderlich, wenn 21 Beschlüsse dieses Organs im Rahmen seiner Zuständigkeit zu fassen sind; dies gilt insb. für Satzungsänderungen, anstehende Fusionen usw. Im Übrigen wird ein sorgfältiger Vorstand eine Mitgliederversammlung auch dann einberufen, wenn es bei wichtigen Entscheidungen des Vorstands sinnvoll erscheint, die Mitglieder zu informieren und ihre Meinung zu erfahren.19 Für Kreditgenossenschaften im Sinne des KWG sieht § 44 Abs. 5 Satz 1 KWG vor, 22 dass die BaFin die Einberufung der GV/VV und die Ankündigung bestimmter Gegenstände zur Beschlussfassung verlangen kann. Die BaFin hat das Recht, an der GV/VV teilzunehmen und dort das Wort zu ergreifen (§ 44 Abs. 5 Satz 1 und 3 KWG). Liegen mehrere Einberufungen durch verschiedene Berechtigte vor, so gilt dieje- 23 nige, die zeitlich zuerst alle Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt.20 Wegen verschiedener Einladungsformen vgl. Erl. zu § 46. IV. Einberufung der Vertreterversammlung (VV) Für die Einberufung der VV gelten die Regelungen von § 44 entsprechend, mit fol- 24 genden Besonderheiten: – ist ein Vertreter verstorben, so ist nicht sein Erbe, sondern sein Ersatzvertreter einzuladen; – im Rahmen von § 45 Abs. 3 kann das Gericht auch ein Zehntel der Mitglieder ermächtigen, die VV einzuberufen. Dieses Recht ergibt sich nunmehr aus § 45 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 bis 3 (wegen Teilnahme § 45 Rdn. 10, 13). V. Europäische Genossenschaft (SCE) Die GV/VV21 der SCE wird gem. Art. 54 Abs. 2 SCE-VO vom Leitungs-, Aufsichts- oder 25 Verwaltungsorgan oder von einer „Behörde“ (Prüfungsverband, § 28 SCEAG) einberufen. Maßgeblich für die Einberufung ist deutsches Recht (Recht des Sitzstaates, Art. 54 Abs. 2 Satz 1 SCE-VO. Nach Art. 54 Abs. 1 SCE-VO hat die GV/VV der SCE mindestens einmal im Kalenderjahr und innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende Geschäftsjahres stattzufinden.
§ 45 Einberufung auf Verlangen einer Minderheit § 45 Einberufung auf Verlangen einer Minderheit (1) Die Generalversammlung muss unverzüglich einberufen werden, wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder oder der in der Satzung hierfür bezeichnete geringere Teil in Textform unter Anführung des Zwecks und der Gründe die Einberufung verlangt. Mitglieder, auf deren Verlangen eine Vertreterversammlung einberufen wird, können an dieser Versammlung mit Rede- und Antragsrecht teil-
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19 Vgl. BGH DB 1982, 795; Müller GenG § 44 Rdn. 12. 20 Müller GenG § 44 Rdn. 11. 21 Zur SCE vgl. Art. 63 Abs.1: „Sektor- oder Sektionsversammlung“ (nachfolgend „SCE-VV“ genannt); dazu ausführlich § 43a Rdn. 91–97; zur Anwendbarkeit von Art. 52 ff., also auch Art. 54 vgl. § 43a Rdn. 94.
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§ 45 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
nehmen. Die Satzung kann Bestimmungen darüber treffen, dass das Rede- und Antragsrecht in der Vertreterversammlung nur von einem oder mehreren von den teilnehmenden Mitgliedern aus ihrem Kreis gewählten Bevollmächtigten ausgeübt werden kann. (2) In gleicher Weise sind die Mitglieder berechtigt zu verlangen, dass Gegenstände zur Beschlussfassung einer Generalversammlung angekündigt werden. Mitglieder, auf deren Verlangen Gegenstände zur Beschlussfassung einer Vertreterversammlung angekündigt werden, können an dieser Versammlung mit Redeund Antragsrecht hinsichtlich dieser Gegenstände teilnehmen. Absatz 1 Satz 3 ist anzuwenden. (3) Wird dem Verlangen nicht entsprochen, kann das Gericht die Mitglieder, welche das Verlangen gestellt haben, zur Einberufung der Generalversammlung oder zur Ankündigung des Gegenstandes ermächtigen. Mit der Einberufung oder Ankündigung ist die gerichtliche Ermächtigung bekannt zu machen.
I. II.
Systematische Übersicht Zweck der Regelung | 1–2 Verlangen nach Einberufung (Abs. 1) | 3–10 1. Verlangen nach Einberufung einer GV durch eine Minderheit der Mitglieder oder nach Einberufung einer VV durch eine Minderheit der Vertreter (Abs. 1 Satz 1) | 3–8
2.
III. IV. V.
Verlangen nach Einberufung einer VV durch eine Minderheit der Mitglieder (Abs. 1 Satz 1–3) | 9–10 Verlangen nach Ankündigung von Tagesordnungspunkten (Abs. 2) | 11–13 Gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung (Abs. 3) | 14–21 Europäische Genossenschaft (SCE) | 22
I. Zweck der Regelung Die Mitglieder der eG sind grundsätzlich darauf angewiesen, dass der Vorstand oder andere in der Satzung bestimmte Organe die GV einberufen, damit überhaupt Beschlüsse der Mitglieder gefasst werden können (vgl. § 122 AktG; § 50 GmbHG; § 37 BGB). Das Gesetz will in § 45 den Mitgliedern die Möglichkeit einräumen, selbst aktiv zu werden, wenn sie eine GV für erforderlich halten, um Auskünfte einzuholen, um eine Meinungsbildung über anstehende Probleme durchzuführen und schließlich, um verbindliche Beschlüsse zu fassen. Die Mitglieder haben zunächst kein eigenes Recht, die GV einzuberufen; sie können vielmehr nur die Einberufung durch das zuständige Organ verlangen. Nur wenn diesem Verlangen nicht entsprochen wird, kann das Gericht die Mitglieder selbst zur Einberufung ermächtigen. Die Vorschrift dient dem Minderheitenschutz und gibt einer Mitgliederminderheit von 10% (oder der in der Satzung bestimmte geringere Teil) die Möglichkeit, dem obersten Organ (GV/VV) deren Ansichten vorzustellen und diese zu diskutieren und ggfs. auch hierüber einen Beschluss zu fassen.1 Durch Novelle 2006 wurden an Abs. 1 Satz 1 die Sätze 2 und 3 angefügt. Damit wur2 de zunächst gesetzlich klar gestellt, was auch zuvor schon galt: Bei einer eG mit VV haben auch die Mitglieder das Recht, die Einberufung der VV zu verlangen, die keine Vertreter sind.2 Weiterhin wurde diesen Mitgliedern aber in der auf ihr Verlangen hin einberufenen VV ein Rede- und Antragsrecht zugestanden, welches die Satzung ggf. auf einen oder mehrere Bevollmächtigte eingrenzen kann.3 Gleiches gilt mit den neuen Sät1
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Beuthien GenG § 45 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 1. Vgl. die 34. Auflage, § 45 Rdn. 3; Korte/Schaffland S. 103. Korte/Schaffland S. 103.
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Einberufung auf Verlangen einer Minderheit | § 45
zen 2 und 3 des Abs. 2 auch für das Verlangen nach Ankündigung von Tagesordnungspunkten. Damit wurde bei eG mit VV der Minderheitenschutz verbessert.4 II. Verlangen nach Einberufung (Abs. 1) 1. Verlangen nach Einberufung einer GV durch eine Minderheit der Mitglieder 3 oder Einberufung einer VV durch eine Minderheit der Vertreter (Abs. 1). Die GV oder VV muss auf Verlangen der im Gesetz oder Satzung bezeichneten Minderheit der Mitglieder oder der Vertreter unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB), einberufen werden. Zur Einberufung ist stets der Vorstand verpflichtet. Der Vorstand kann die Einberufung aber ablehnen, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist.5 Ein Rechtsmissbrauch liegt dann vor, wenn bei Abwägung aller erkennbaren Interessen ein vernünftiger Grund zur Durchführung der GV/VV nicht besteht; wenn z.B. ohne weiteres bis zur nächsten GV/VV gewartet werden kann und die Eilbedürftigkeit fehlt.6 Die Einberufung kann auch unterbleiben, wenn die GV/VV für die angegebenen Tagesordnungspunkte offensichtlich unzuständig wäre oder der angestrebte Beschluss evident gegen Gesetz oder Satzung verstoßen würde.7 Allerdings kann das Einberufungsverlangen gerechtfertigt sein, wenn ein Interesse daran besteht, ohne Beschlussfassung Auskunft zu erhalten und eine Meinungsbildung herbeizuführen.8 Antragsberechtigt sind grundsätzlich alle Mitglieder oder Vertreter; Mitglieder, die 4 gem. § 68 Abs. 2 S. 2 von der Teilnahme an der Willensbildung der eG ausgeschlossen sind, haben kein Antragsrecht.9 Vgl. ergänzend § 68 Rdn. 28 ff. Mitgliedern, die ihre Mitgliedschaft gekündigt haben, steht bis zu ihrem Ausscheiden aus der eG das Antragsrecht weiter zu. Das Recht, eine GV/VV zu verlangen, räumt das Gesetz einem Zehntel der Mitglie- 5 der oder einem in der Satzung genannten geringeren Teil ein. Die Festlegung eines geringeren Teils in der Satzung kann bei mitgliederstarken eG geboten sein. Wegen des mit § 45 bezweckten Minderheitenschutzes kann die Satzung nicht bestimmen, dass nur eine größere Zahl als ein Zehntel der Mitglieder das Verlangen nach Einberufung stellen kann.10 Die Satzung kann statt eines Bruchteils der Mitglieder auch eine bestimmte Zahl festlegen, sofern diese nicht höher ist als ein Zehntel der Mitglieder; anderenfalls tritt anstelle der in der Satzung genannten Zahl die gesetzliche Regelung von einem Zehntel. In die gesamte Mitgliederzahl sind nicht diejenigen einzurechnen, an die bereits der eingeschriebene Brief über den Ausschluss (§ 68 Abs. 2) abgesandt ist.11 Falls es für die Antragsteller eine unzumutbare Belastung wäre, die Adressen von 10% der Mitglieder beim Genossenschaftsregister abzuschreiben, kann die eG verpflichtet sein, z.B. eine elektronische Datei oder Ausdruck einer Liste mit den Anschriften der Mitglieder zur Verfügung zu stellen (s. auch § 18 Rdn. 10 und § 43a Rdn. 76, 78 ff.). Dem stehen datenschutzrechtliche Belange nicht entgegen, da das BDSG ein Auffanggesetz ist, das zurückzutreten hat, wenn es um die Wahrung des Einberufungsrechts der Mitglieder geht.12 Wegen des Rechts, die Mitgliederliste einzusehen s. § 31 Abs. 1.
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BT-Drs. 16/1025, S. 88; s.a. Beuthien GenG § 45 Rdn. 1. BT-Drs. 16/1025, S. 88; vgl. auch BayObLG AG 1968, 330; OLG Köln WM 1959, 1402. Hüffer AktG § 122 Rdn. 6; Beuthien GenG § 45 Rdn. 2. Beuthien GenG § 45 Rdn. 2. Vgl. LG Hamburg GWW 1948, 63; Müller GenG § 45 Rdn. 5; ablehnend Beuthien GenG § 45 Rdn. 3. Ebenso Beuthien GenG § 45 Rdn. 1; a.A. Müller GenG § 45 Rdn. 1. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 2; Beuthien GenG § 45 Rdn. 2. Vgl. Müller GenG § 45 Rdn. 7. S. auch Schaffland/Wiltfang BDSG Erl. zu § 1 Abs. 3.
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Der Antrag auf Einberufung muss in Textform gestellt werden (vgl. § 126 b BGB). Der Antrag muss die Mitglieder erkennen lassen, die die Einberufung verlangen (Vollmachterteilung ist zulässig)13 und es muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Der Antrag kann der eG also schriftlich, aber auch per Fax oder E-Mail zugehen, da keine Schriftform i.S.d. § 126 BGB (eigenhändige Namensunterschrift oder notariell begl. Handzeichen) verlangt wird. Fehlt dem Antrag die erforderliche Textform, so besteht keine Verpflichtung zur Einberufung der GV/VV. Der Vorstand sollte jedoch die Antragsteller auf den Mangel hinweisen, um Gelegenheit zu geben, den Antrag wirksam zu wiederholen. Im Übrigen hat sich die Prüfung des Vorstands lediglich auf formale Gesichtspunkte zu beschränken, wie z.B. Anzahl der Antragsteller und Angabe von Zweck und Grund des Antrags. Entspricht der Vorstand einem formal unwirksamen Antrag, so kann er dies tun aus der eigenen Überzeugung, dass eine GV/VV zweckmäßig sei.14 Der Antrag braucht kein einheitliches Schriftstück zu sein; einzelne gleich gerichtete Anträge genügen.15 Der Antrag ist an die eG zu richten; eine Antragstellung an Vorstand oder Aufsichtsrat ist jedoch unschädlich.16 Entspricht der Vorstand als das primär zuständige Organ nicht dem Verlangen, wird der Aufsichtsrat gem. § 38 Abs. 2 zur Einberufung verpflichtet sein. Der Antrag muss den Zweck und die Gründe der Einberufung angeben.17 Die Be7 griffe „Zweck“ und „Gründe“ müssen nicht mit konkreten Tagesordnungspunkten identisch sein. Es genügt, wenn der von den Mitgliedern gestellte Antrag begründet wird. Nicht entscheidend ist, ob diese Gründe den Vorstand überzeugen.18 Der Vorstand ist auch dann zur Einberufung verpflichtet, wenn er die angegebenen Gründe nicht für zweckmäßig hält.19 Der Vorstand ist grundsätzlich verpflichtet, die Antragsteller zu unterrichten, falls er (aus formalen Gründen) dem Antrag nicht folgen will. Im Falle der Einberufung der Versammlung dürfte eine gesonderte Unterrichtung der Antragsteller überflüssig sein, da die Einladung der GV/VV ihnen zugehen muss.20 Wenn der Antrag auf Einberufung von einer Mitgliedergruppe einheitlich gestellt 8 worden ist, kann er auch nur einheitlich zurückgenommen werden (in Textform). Dies folgt aus der internen Bindungswirkung der gemeinsam abgegebenen Erklärung.21 2. Verlangen nach Einberufung einer VV durch eine Minderheit der Mitglieder (Abs. 1 Satz 1–3). Das Recht, die Einberufung der VV zu verlangen, steht dem in Gesetz oder Satzung festgelegten Teil der Mitglieder zu, auch wenn diese nicht zu Vertretern gewählt sind. Dies wurde durch Novelle 2006 erstmals im Gesetz niedergelegt, war aber vorher schon anerkannt. Einzelheiten sind üblicherweise bereits in der Satzung geregelt. Es ist auch unerheblich, ob ein Mitglied bei der vorgesehenen Tagesordnung möglicherweise kein Stimmrecht hat (§ 43 Abs. 6). Die Antrag stellenden Mitglieder müssen (soweit sie nicht Vertreter sind) auch von 10 der Einberufung unterrichtet werden. Diese Mitglieder haben das Recht, an der VV teil9
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13 Vgl. Palandt/Ellenberger § 126 b Rdn. 4. 14 Widersprüchlich Müller GenG § 45 Rdn. 9. 15 KG BlfG 35, 138 = HRR 35 Ziff. 250. 16 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 5. 17 Vgl. OLG Köln WM 1959, 1402. 18 Vgl. Hüffer AktG § 122 Rdn. 7. 19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 15. 20 A.A. Müller GenG § 45 Rdn. 12. 21 Wie hier: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 23 und Beuthien GenG § 45 Rdn. 3a; a.A. Müller GenG § 45 Rdn. 13.
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zunehmen.22 In der VV haben sie gem. Satz 2 ein Rede- und Antragsrecht. Es besteht gem. Satz 3 aber die Möglichkeit, in der Satzung eine Regelung zu treffen, wonach diese Rechte durch einen oder mehrere aus dem Kreis der teilnehmenden Antragsteller zu wählenden Bevollmächtigten wahrgenommen werden müssen.23 Die Erklärungen und Anträge des Bevollmächtigten wirken für und gegen die Antragsteller (§ 164 BGB). Sind diese damit nicht einverstanden, sind die Erklärungen gleichwohl wirksam. Die Bevollmächtigung ist aber widerruflich. Die Antragsteller können daher jederzeit einen neuen Bevollmächtigten wählen, auch noch in der VV selbst. III. Verlangen nach Ankündigung von Tagesordnungspunkten (Abs. 2) Gem. Abs. 2 kann ein Zehntel der Mitglieder oder der in der Satzung bezeichnete 11 geringere Teil (vgl. Rdn. 5) verlangen, dass bestimmte Gegenstände zur Beschlussfassung der GV/VV angekündigt werden. Dieser Antrag kann im Zusammenhang mit dem Einberufungsverlangen der Mitglieder oder auch im Hinblick auf eine ohnehin vorgesehene GV/VV gestellt werden. Falls ein Antrag auf Einberufung der GV/VV zusammen mit dem Verlangen nach einer bestimmten Tagesordnung vorliegt, können diese Tagesordnungspunkte auch in einer vorgesehenen ordentlichen GV/VV berücksichtigt werden, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Interessen die vorherige Durchführung einer außerordentlichen GV/VV nicht gerechtfertigt erscheint. Diese Entscheidung trifft der Vorstand in eigener Verantwortung. Soweit einzelne Mitglieder „Anträge“ zur Aufnahme in die Tagesordnung stellen, 12 ohne dass die in Gesetz oder Satzung vorgesehene Mindestzahl erreicht wird, handelt es sich lediglich um „Anregungen“ an das zuständige Organ, diese Punkte in der Tagesordnung zu berücksichtigen. Eine Verpflichtung zur Aufnahme besteht in diesem Fall nicht. Sollten Anträge der Mitglieder auf Aufnahme in die Tagesordnung unzulässig sein, z.B. wegen fehlender Zuständigkeit der GV/VV, so entscheidet der Einladende über die Aufnahme in die Tagesordnung nach pflichtgemäßem Ermessen. Ggf. sind die Antragsteller über die Gründe der Ablehnung zu unterrichten. Vorstehende Ausführungen gelten bei eingeführter VV für die Vertreter. Daneben 13 besteht das Antragsrecht gem. § 45 Abs. 2 S. 2 bei eG mit VV auch für Mitglieder, die nicht Vertreter sind. Diese Mitglieder haben gem. Satz 2 ein Recht zur Teilnahme an der VV und hinsichtlich der von ihnen verlangten Beschlussgegenstände ein Rede- und Antragsrecht.24 Die Wahrnehmung dieser erweiterten Minderheitenrechte kann die Satzung gem. Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 auf einen oder mehrere Bevollmächtigte beschränken. Auch im Stadium der Liquidation und der Insolvenz bleiben diese Mitgliederrechte bestehen.25 IV. Gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung (Abs. 3) Wenn der Vorstand oder das sonst zur Einberufung berechtigte Organ dem Verlan- 14 gen der Mitglieder auf Einberufung der GV/VV oder Ergänzung der Tagesordnung nicht entspricht, kann das Gericht die Antragsteller zur Einberufung oder Ankündigung von Tagesordnungspunkten ermächtigen. Zuständig ist nicht mehr das Registergericht, bei
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S.a. Erl. § 43a Rdn. 75. Korte/Schaffland S. 103. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 25. BayObLG JW 1925, 628 für die AG.
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dem die eG eingetragen ist.26 Stattdessen ist nunmehr gem. §§ 375 Nr. 7, § 376 Abs. 1 FamFG27 das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Landgerichts zuständig. Antragsberechtigt sind die Mitglieder, die das Einberufungsverlangen oder den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung gestellt haben. Es müssen nicht alle Mitglieder, die an den ursprünglichen Anträgen beteiligt waren, die gerichtliche Ermächtigung betreiben; erforderlich für den Antrag an das Gericht ist aber die in Gesetz oder Satzung genannte Mindestzahl. Der Antrag kann durch die Beteiligten selbst oder einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten gestellt werden, § 10 FamFG; die Vollmacht ist gem. § 11 FamFG schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. 14a Gekündigten Vorstandsmitgliedern, die von ihren Diensten freigestellt worden sind, steht kein Einberufungsrecht entsprechend § 45 Abs. 3 zu.28 Es fehlt an einer Regelungslücke. Ein Fall des § 40 liegt nicht vor, Verfahrensschutz gegen die Freistellung ist ausreichend über die dienstvertraglichen Regelungen gegeben. Der Antrag an das Gericht ist nur zulässig nach Ablehnung des ursprünglich nach 15 Abs. 1 und 2 an die eG gestellten Antrags;29 er ist nicht fristgebunden, muss aber unverzüglich gestellt werden.30 Der Antrag an das Gericht muss gem. § 25 FamFG schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Gerichtes gestellt werden. Im Antrag muss angegeben werden, welche konkreten Anträge nach Abs. 1 oder 2 gestellt werden, und dass der Vorstand das Verlangen der Mitglieder abgelehnt hat. Vor der Entscheidung ist der Vorstand zu hören.31 Gem. § 26 FamFG hat das Gericht die entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts 16 wegen zu ermitteln.32 Es muss also eine sachliche Prüfung des Sachverhalts durchführen und über den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden.33 Es „kann“ (s. Abs. 3) die Ermächtigung, die GV/VV einzuberufen oder den Gegenstand zur Tagesordnung anzukündigen, aussprechen. Es wird den Antrag zurückweisen, wenn das Einberufungsverlangen rechtsmissbräuchlich ist, eine Zuständigkeit der GV/VV für eine Beschlussfassung offensichtlich nicht besteht, ohne weiteres die nächste GV/VV abgewartet werden kann oder wenn die eG dem Antrag zwischenzeitlich entsprochen hat, wenn also entsprechend dem Verlagen mittlerweile eine GV/VV durchgeführt worden ist und über den (zulässigen) Beschlußgegenstand der Minderheitsmitglieder auch abgestimmt wurde,34 und nicht bloß eine GV/VV mit entsprechender Tagesordnung einberufen wurde.35 Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn ein offenkundiges Missverhältnis zwischen der Bedeutung der Angelegenheit und die durch die zusätzliche Versammlung anfallenden Kosten für
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26 So noch zur alten Rechtslage BayObLG AG 1968, 331. 27 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) v. 7.12.2008, BGBl. I 2586, zul. geänd. durch Art. 7 des G v. 27.7.2015, BGBl. I S. 1386. 28 Vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 28.11.2012. 29 Vgl. Thür. OLG BlfG, 1911, 413. 30 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 36, demzufolge zwei Monate seit Ablehnung des Antrags durch den Vorstand verstreichen können. 31 Vgl. KGJ 28, 58; Müller GenG § 45 Rdn. 18. 32 Da es hier um keine Registersache geht, sind die registerverfahrensrechtlichen Regelungen der §§ 378 ff. FamFG nicht anwendbar, vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 36a. 33 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 38. 34 H.M. BGH v. 8.5.2012, Az. II ZB 17/11, NJW-RR 2012, 997 (= WM 2012, 1306) zur AG: Die Minderheitsschutzrechte sind weit auszulegen; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 39. 35 So das KG v. 25.8.2011, Az. 25 W 63/11, WM 2012, 694 als Vorinstanz zur Revisionsentscheidung der vorgenannten Entscheidung des BGH Urt. v. 8.5.2012, Az. II ZB 17/11.
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die Gesamtheit der Mitglieder besteht.36 Die Zweckmäßigkeit des Antrags unterliegt nicht einer Beurteilung durch das Gericht.37 Es dürfte sinnvoll sein, dass das Gericht in der Ermächtigung eine Frist für die Einberufung der Versammlung bestimmt. Die Festlegung der genauen Zeit und des Orts der Versammlung obliegt den einberufenden Mitgliedern im Rahmen der Satzung. Der Beschluss wird mit seiner Bekanntmachung an die Antragsteller wirksam, § 40 FamFG. Gegen die ablehnende Entscheidung des Gerichts steht den Antragstellern das Recht zur Beschwerde zu (§§ 402 i.V.m. 58 ff. FamFG). Diese ist binnen eines Monats ab Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten zu erheben (§ 63 Abs. 1 FamFG). Nicht alle ursprünglichen Antragsteller müssen sich an dem Beschwerdeverfahren beteiligen; erforderlich ist aber die Mitwirkung der in Gesetz oder Satzung bestimmten Minderheit.38 Eine eingelegte Beschwerde wird unzulässig, wenn die Beschwer entfällt und die Hauptsache damit erledigt ist.39 Die Beschwerde hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung.40 Das Beschwerdegericht kann aber gem. § 64 Abs. 3 FamFG die Vollziehung aussetzen. Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nur die Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG zulässig. Die Einberufung der GV/VV ist von allen gerichtlich ermächtigten Antragstellern gemeinsam vorzunehmen. Es dürfte – zumal bei größeren Mitgliederzahlen – zulässig und zweckmäßig sein, dass die einberufenden Mitglieder einige von ihnen zur Einberufung der GV/VV ermächtigen; es genügt dann die Unterzeichnung durch die ermächtigten Mitglieder. Ausgeschiedene Mitglieder (§ 68 Abs. 2 S. 2) sind zur Einberufung nicht mehr berechtigt. Hat sich durch Ausscheiden einer größeren Anzahl von Mitgliedern die Mindestzahl unter die gesetzliche oder satzungsmäßige Grenze vermindert, muss den übrigen Ermächtigten das Einberufungsrecht verbleiben.41 Mit der Einberufung durch die Mitglieder ist die gerichtliche Ermächtigung bekannt zu machen (Abs. 3 S. 2). Wörtliche Mitteilung ist nicht erforderlich; es muss aber zumindest das Aktenzeichen angegeben werden.42 Für das Einberufungsverfahren gelten auch hier die Bestimmungen von Gesetz und Satzung. Die gerichtliche Ermächtigung gibt den Mitgliedern das Recht, die Einberufung zu wiederholen, bis eine beschlussfähige GV/VV zustande kommt.43 Soweit z.B. der Vorstand oder der Aufsichtsrat der Einberufung durch die ermächtigten Mitglieder zuvorkommt und in der durchgeführten GV/VV dem Anliegen der Mitglieder entspricht, wird die Ermächtigung gegenstandslos, s. Rdn. 16.44 Für die Durchführung der GV/VV gelten die allgemeinen Vorschriften. Die Antragsteller haben in dieser Versammlung keine besondere Rechtsposition. Die Kosten der GV/VV sind von der eG zu tragen. Die technische Vorbereitung, insb. der Abschluss von Mietverträgen usw., obliegt dem Vorstand. Soweit die Antragsteller solche Verträge im eigenen Namen abschließen, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Aufwendungs-
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36 Beuthien GenG § 45 Rdn. 2. 37 Vgl. Müller GenG § 45 Rdn. 19; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 40; a.A. allerdings LG Hamburg GWW 1948, 63. 38 Müller GenG § 45 Rdn. 21. 39 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 45; BGH v. Urt. 8.5.2012, Az. II ZB 17/11, NJW-RR 2012, 997. 40 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 46. 41 So mit guten Gründen Müller GenG § 45 Rdn. 22; a.A. RG DR 1942, 1798. 42 Müller GenG § 45 Rdn. 23. 43 Vgl. OLGRspr. 41, 207. 44 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 39 unter Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH zur AG: BGH Urt. v. 8.5.2012, Az. II ZB 17/11, anders Rdn. 54; Müller GenG § 45 Rdn. 25.
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ersatz entspr. § 670 BGB gegen die eG. Auch die übrigen Kosten sind erstattungsfähig, soweit sie erforderlich waren.45 V. Europäische Genossenschaft (SCE) 22
Eine Minderheit von 5.000 Mitgliedern oder von Mitgliedern, die mindestens 10 Prozent der Stimmrechte halten, kann gem. Art. 55 S. 1 die Einberufung der GV/SCE-VV46 der SCE verlangen. Die Satzung kann niedrigere Prozentsätze bestimmen (Art. 55 S. 2). Mit demselben Quorum kann gem. Art. 57 S. 1 auch die Aufnahme neuer Tagesordnungspunkte verlangt werden. Die Satzung kann auch hier niedrigere Prozentsätze vorsehen (Art. 57 S. 2).
§ 46 Form und Frist der Einberufung § 46 Form und Frist der Einberufung (1) Die Generalversammlung muss in der durch die Satzung bestimmten Weise mit einer Frist von mindestens zwei Wochen einberufen werden. Bei der Einberufung ist die Tagesordnung bekannt zu machen. Die Tagesordnung einer Vertreterversammlung ist allen Mitgliedern durch Veröffentlichung in den Genossenschaftsblättern oder im Internet unter der Adresse der Genossenschaft oder durch unmittelbare schriftliche Benachrichtigung bekannt zu machen. (2) Über Gegenstände, deren Verhandlung nicht in der durch die Satzung oder nach § 45 Abs. 3 vorgesehenen Weise mindestens eine Woche vor der Generalversammlung angekündigt ist, können Beschlüsse nicht gefasst werden. Dies gilt nicht, wenn sämtliche Mitglieder erschienen sind oder es sich um Beschlüsse über die Leitung der Versammlung oder um Anträge auf Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung handelt. (3) Zur Stellung von Anträgen und zu Verhandlungen ohne Beschlussfassung bedarf es der Ankündigung nicht.
I. II. III.
Systematische Übersicht Form der Einberufung (Abs. 1) | 1–5a Einberufungsfrist (Abs. 1) | 6–12 Mitteilung der Tagesordnung der Generalversammlung (GV) | 13–22 1. Bekanntmachung bei der Einberufung (Abs. 1 Satz 2) | 13–14 2. Mindestfrist für die Tagesordnung (Abs. 2 Satz 1) | 15 3. Zweck der Mindestfrist und inhaltliche Anforderungen an die Ankündigung der Tagesordnungspunkte | 16–20
4.
Nichtgeltung der Mindestfrist (Abs. 2 Satz 2) | 21–22 IV. Information der Mitglieder über die Tagesordnung der Vertreterversammlung (VV) (Abs. 1 Satz 3) | 23 V. Anträge und Verhandlungen ohne Beschlussfassung (Abs. 3) | 24 VI. Mängel der Einberufung | 25 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 26
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45 Müller GenG § 45 Rdn. 23; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 45 Rdn. 53. 46 Zur SCE-VV (Sektor- oder Sektionsversammlung) vgl. Art. 63 Abs. 1; dazu ausführlich § 43a Rdn. 91–97; zur Anwendbarkeit von Art. 52 ff., also auch 55 u. 57 vgl. § 43a Rdn. 94.
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I. Form der Einberufung (Abs. 1) Gem. § 6 Nr. 4 muss die Satzung Regelungen für die Form der Einberufung der GV/ VV enthalten. Nach § 46 Abs. 1 „muss“ die GV/VV in der durch die Satzung bestimmten Weise und mit einer Frist von mindestens zwei Wochen einberufen werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften macht die Beschlüsse anfechtbar. Die Einberufung muss eindeutig zum Ausdruck bringen, dass eine GV/VV zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, mit einer bestimmten Tagesordnung durchgeführt werden soll.1 Seit der Novelle 2006 ist bei der Einladung auch die Tagesordnung bekannt zu machen (§ 46 Abs. 1 S. 2);2 unterbleibt dies, kann deren Bekanntgabe aber folgenlos noch mindestens eine Woche vor der GV/VV erfolgen (§ 46 Abs. 2 S. 1).3 Ist auch diese Frist verstrichen, können keine wirksamen Beschlüsse über nicht rechtzeitig mitgeteilte Tagesordnungspunkte gefasst werden. In der Einladung muss die einladende eG eindeutig mit ihrer Firma bezeichnet sein. Der Zeitpunkt muss nach Tag und Uhrzeit angegeben sein; der Ort muss so bezeichnet werden, dass er für alle Mitglieder möglichst problemfrei zu erkennen ist. Bei größeren Gebäuden muss auch der Versammlungsraum angegeben werden. Gem. § 6 Nr. 4 hat die Satzung zu bestimmen, ob die Einladung zur GV/VV durch unmittelbare schriftliche Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder/Vertreter oder durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt (Tageszeitung; ggf. auch Mitgliederzeitschriften, sofern jeder, auch Dritte sie beziehen kann; Bekanntmachung im Bundesanzeiger genügt gem. § 6 Nr. 4 nicht) zu erfolgen hat.4 Es dürfte unbedenklich sein, wenn die Satzung beide gesetzlichen Alternativen wahlweise nebeneinander zulässt.5 In diesen Fällen können sich die Mitglieder/Vertreter darauf einstellen, dass die Bekanntmachung in einem bestimmten Blatt möglich ist; erhalten sie zur GV/VV eine persönliche Einladung, entstehen ohnehin keine besonderen Probleme. Es ist dann auch unbedenklich, wenn die Satzung es dem Vorstand überlässt, welche der beiden vorgesehenen Einladungsformen er auswählt. Rechtlich bedenklich wäre es jedoch, wenn die Satzung alternativ mehrere Blätter vorsieht und hier die Auswahl dem Vorstand überlässt.6 Die Bekanntmachung in mehreren Blättern gleichzeitig ist dagegen unbedenklich.7 Für den Fall, dass das in der Satzung bestimmte Bekanntmachungsblatt nicht mehr erscheint, gilt § 158 Abs. 1 (s. Erl. § 158 Rdn. 2 f.). Wenn in der Satzung vorgesehen ist, dass die Einladung in Textform (§ 126b BGB) erfolg, ist dies hinreichend bestimmt, da diese Form gesetzlich definiert ist.8 Aus der Einladung muss ersichtlich sein, wer der Einberufende ist. Anzugeben ist z.B. der Vorstand, wobei es genügt, dass die Namen der zur gesetzlichen Vertretung berechtigten Vorstandsmitglieder angegeben werden. Unterzeichnung ist nicht erforderlich.
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1 Müller GenG § 46 Rdn. 2; Beuthien GenG § 46 Rdn. 1 2 BT-Drs. 16/1025 S. 29 f. und 88. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 16. 4 Wegen der Bekanntmachung der Tagesordnung einer VV gem. § 46 Abs. 1 Satz 3 s. u. Rdn. 23. 5 Vgl. KG BlfG 1939, 32 = JW 1939, 1297; Erl. § 6 Rdn. 21; Bauer Genossenschafts-Handbuch Rdn. 6, Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 46 Rdn. 1; a.A. Beuthien GenG § 6 Rdn. 10; Müller GenG § 6 Rdn. 26, § 46 Rdn. 11. 6 Zutreffend OLG Stuttgart ZfgG 1978, 449 = DB 1977, 1938 = MDR 1978, 57 = Rpfleger 1978, 57; auch Müller GenG § 46 Rdn. 11; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 6. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 6. 8 So zutreffend LG Oldenburg, Beschl. v. 27.9.2007, Az. 12 T 882/07. So auch die Mustersatzung in § 28 Abs. 3 S. 1.
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Die Satzung kann Regelungen darüber enthalten, dass sich die Mitglieder, die an der GV teilnehmen wollen, innerhalb einer bestimmten Frist anmelden müssen. Eine solche Anmeldungspflicht kann aber nicht in das Ermessen des Vorstands gelegt werden.9 Eine Einladung über die Internet-Adresse der eG ist nicht statthaft, es erfolgt damit 5a keine unmittelbare Benachrichtigung.10 II. Einberufungsfrist (Abs. 1) 6
Gem. Abs. 1 Satz 1 ist die Einberufung der GV/VV mit einer Frist von mindestens zwei Wochen vorzunehmen. Es handelt sich um eine zwingende Mindestfrist, die durch Novelle 2006 von einer Woche auf die nun gesetzlich vorgeschriebenen zwei Wochen heraufgesetzt wurde.11 Die neue, längere Frist entspricht aber ohnehin den vielfach schon während der alten Gesetzeslage bestehenden Satzungsregelungen der eG. In der Praxis hielt man es für geboten, die recht kurz bemessene Frist von einer Woche nicht auszunutzen, sondern so rechtzeitig einzuberufen, dass die Mitglieder entsprechend disponieren konnten. Es hat sich das Verfahren bewährt, wonach der Termin der GV längere Zeit vorher lediglich angekündigt wird, um danach unter Einhaltung der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Frist den Mitgliedern die formale Einberufung mit Tagesordnung zuzusenden. Die gesetzliche Mindestfrist von zwei Wochen kann auch in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit nicht unterschritten werden; unschädlich wäre dies jedoch, wenn alle Mitglieder mit einem Verzicht auf die Mindestfrist ausdrücklich einverstanden sind. Zudem können gem. Abs. 2 Satz 2 Beschlüsse auch ohne Einhaltung der Fristen in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 gefasst werden, wenn alle Mitglieder erschienen, d.h. anwesend oder wirksam vertreten, sind. Abs. 1 Satz 2 und 3 wurden durch Novelle 2006 neu eingefügt.12 Satz 2 stellt klar, 7 dass die konkrete Tagesordnung und nicht nur der allgemeine Zweck bei der Einberufung mitzuteilen ist. Mit Satz 3 soll die Information der Mitglieder bei Bestehen einer VV verbessert werden (s. Erl. Rdn. 23). Für die Berechnung der Frist sind die §§ 186 ff. BGB maßgeblich, wobei § 193 nicht 8 gilt.13 Die Frist ist vom Tag der GV an rückwärts zu zählen, wobei dieser Tag selbst gem. § 187 Abs. 1 BGB nicht mitzurechnen ist. Nach § 188 Abs. 2 BGB endet eine Frist, die nach Wochen zu berechnen ist, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt, das für die Fristberechnung maßgeblich ist. Soll die GV/VV z.B. an einem Donnerstag stattfinden, so muss die Einberufung spätestens am Mittwoch der vorletzten Woche den Mitgliedern zugehen.14 Sonn- oder Feiertage, die in die Frist fallen, sind ohne Bedeutung, sie werden mitgezählt. Erfolgt die Einberufung durch die Bekanntmachung in einem öffentlichen 9 Blatt, ist der Tag maßgebend, an dem dieses Blatt tatsächlich erscheint.15 Muss die Ein-
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9 Näheres zur Anmeldung Müller GenG § 46 Rdn. 5 ff. 10 BerlKomm/Keßler §§ 43 ff. Rdn. 28; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 6a; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 46 Rdn. 1. 11 BT-Drs. 16/1025, S. 29 f. und 88; Korte/Schaffland GenG S. 105. 12 BT-Drs. 16/1025, S. 29 f. und 88. 13 So auch Beuthien GenG § 46 Rdn. 1; Palandt/Ellenberger § 193 Rdn. 3: gilt nicht für Ladungsfristen bei Versammlungen für e.V., AG, GmbH. 14 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 10 und Beuthien GenG § 46 Rdn. E1: zwischen Einberufung und Abhaltung der Versammlung müssen 14 volle Tage liegen. 15 Müller GenG § 46 Rdn. 14.
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Form und Frist der Einberufung | § 46
berufung in mehreren Blättern bekannt gemacht werden, so ist der Tag der letzten Bekanntmachung entscheidend.16 Ist die Einberufung durch unmittelbare Benachrichtigung aller Mitglieder vorge- 10 sehen, so ist der Tag des Zugangs entscheidend (§ 130 BGB). Handelt es sich um eine GV, bei denen u.U. die Beweisbarkeit des Zugangs erforderlich werden sollte, so empfiehlt sich (zumindest zusätzlich) die Einberufung in einem öffentlichen Blatt, soweit die Satzung dies zulässt. Mit dem Erscheinen dieses Blattes ist der Beweis der ordnungsgemäßen Einberufung leicht zu führen. Zulässig ist die Regelung einer Zugangsfiktion in der Satzung (vgl. Erl. zu § 44 11 Rdn. 2). Sieht die Satzung vor, dass die GV/VV alternativ entweder durch unmittelbare Benachrichtigung der Mitglieder oder Veröffentlichung in dem Bekanntmachungsorgan einberufen wird (s. Rdn. 3) und erfolgt die Einberufung in beiden Formen, so ist die Einberufung wirksam, die als erste alle Voraussetzungen erfüllt. In diesem Fall sind etwaige Mängel einer Einberufung unerheblich, sofern eine andere Einberufung mängelfrei erfolgt ist. Bedarf es nach der Satzung zur Beschlussfassung der Entscheidung zweier GV/VV, 12 so darf die zweite GV/VV erst einberufen werden, nachdem die erste stattgefunden hat.17 Anderenfalls wären die in der zweiten GV/VV gefassten Beschlüsse nichtig. III. Mitteilung der Tagesordnung der Generalversammlung (GV) 1. Bekanntmachung bei der Einberufung (Abs. 1 Satz 2). Gem. Abs. 1 Satz 2 ist seit 13 Novelle 2006 bei der Einberufung der GV/VV unter Wahrung der gesetzlichen ZweiWochen-Mindestfrist auch die konkrete Tagesordnung bekannt zu machen (früher: der „Zweck“ der Versammlung „soll“ bekannt gemacht werden). Diese Formulierung ist nunmehr als Rechtspflicht zu verstehen, ein Verstoß dagegen stellt aber keinen Anfechtungsgrund dar, wenn die Bekanntgabe innerhalb der Mindestfrist des Abs. 2 Satz 1 nachgeholt wird18 oder wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 2 erfüllt sind. Bei einer VV ist die Tagesordnung allen Mitgliedern nach Abs. 1 Satz 3 bekannt zu machen.19 Das Gesetz enthält nach wie vor keine ausdrückliche Regelung über die Form der 14 Ankündigung der Tagesordnung; aus der Formulierung „bei der Einberufung“ ist nicht zu schließen, dass die Tagesordnung in derselben Art und Weise wie die Einberufung bekannt zu machen ist, sondern nur, dass dies gleichzeitig zu erfolgen hat. Aus Abs. 2 Satz 1 folgt nur, dass die Satzung die Form der Ankündigung der Tagesordnung regeln muss und dass die Ankündigung an diese Form gebunden ist. Nichtbeachtung hat grundsätzlich Anfechtbarkeit zur Folge (s. Erl. zu § 51). Keine Bedenken, wenn die Einberufung – satzungsgemäß – durch Veröffentlichung in einer Tageszeitung erfolgt mit dem Hinweis, dass die Tagesordnung den Mitgliedern unmittelbar zugehen wird, wenn die Satzung alternativ auch unmittelbare Einladung der Mitglieder vorsieht. Ein Hinweis bei der Einberufung, die Tagesordnung könne in den Geschäftsräumen der eG eingesehen werden, kann grundsätzlich nicht genügen; die vom Gesetz vorgesehene lückenlose Un-
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16 Beuthien GenG § 46 Rdn. 1; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 152. 17 KG JW 1926, 1675 und JW 1935, 715 = BlfG 1935, 160; KG JFG, 18, 78 = BlfG 1938, 529; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 15; Beuthien GenG § 46 Rdn. 1. 18 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 17; a.A. Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 148: Frist des § 46 Abs. 2 S. 1 bezieht sich in erster Linie auf die Ankündigung von Ergänzungen auf Verlangen einer Minderheit der Mitglieder. 19 Hierzu Korte/Schaffland S. 105.
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§ 46 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
terrichtung aller Mitglieder erscheint damit nicht gewährleistet. Gleiches kann für die alleinige Unterrichtung der Mitglieder über die Internet-Seite der eG gelten. 15
2. Mindestfrist für die Tagesordnung (Abs. 2 Satz 1). In der GV/VV können wirksam keine Beschlüsse gefasst werden, wenn die Tagesordnungspunkte nicht gemäß Abs. 2 Satz 1 mindestens eine Woche vor der GV angekündigt worden ist. Diese Woche ist eine gesetzliche Mindestfrist. Die Satzung kann für die Ankündigung der Tagesordnung eine längere Frist vorsehen. Diese ist dann auch gegenüber der gesetzlichen Mindestfrist verbindlich mit der Folge, dass die Ankündigung mangelhaft ist, wenn die Satzungsfrist unterschritten wird (Folgen unter Rdn. 25). Auch diese Ankündigungsfrist ist nach den §§ 187 BGB zu berechnen. Es ist von dem Tag der GV auszugehen, wobei dieser Tag nicht in die Frist einzurechnen ist (§ 187 Abs. 1 BGB; vgl. oben Rdn. 11). Die Frist wird gewahrt durch Veröffentlichung in dem satzungsgemäßen Blatt oder Zugang bei den einzelnen Mitgliedern.
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3. Zweck der Mindestfrist und inhaltliche Anforderungen an die Ankündigung der Tagesordnungspunkte. Die rechtzeitige Ankündigung von Tagesordnungspunkten soll den Mitgliedern/Vertretern die Möglichkeit geben, sich vor Überraschungen in der GV/VV zu schützen, über die Notwendigkeit einer Teilnahme zu entscheiden und sich auf die Beratung anstehender Themen vorzubereiten.20 Neben Einhaltung der Mindestfrist – in der Praxis empfiehlt sich ein längerer Zwischenraum zwischen Mitteilung der Tagesordnung und GV/VV – müssen die einzelnen Punkte der Tagesordnung den Gegenstand der Verhandlung und Beschlussfassung deutlich erkennen lassen. Die Mitglieder sollen wissen, um was es tatsächlich geht, um zu entscheiden, ob ihre Anwesenheit notwendig ist und ob und in welcher Weise eine Vorbereitung zweckmäßig erscheint.21 Es wäre unzulässig, unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ konkrete 17 Beschlüsse vorzusehen, möglich sind aber unverbindliche Beschlüsse zur Feststellung einer Meinungsbildung (vgl. Rdn. 24, § 51 Rdn. 12).22 Nicht ausreichend wäre die Angabe „Neuwahl zum Vorstand“, wenn zunächst die Abberufung von Vorstandsmitgliedern vorgesehen ist.23 Die Bezeichnung „Ergänzungswahl zum Vorstand“ ist ungenügend und irreführend, wenn es um Abwahl und Neuwahl geht.24 Ausreichend wäre aber der Tagesordnungspunkt „Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds“ ohne Namensangabe. Soll die außerordentliche Kündigung eines Vorstandsmitglieds beschlossen werden, genügt als Ankündigung „Vorstandsangelegenheiten“ nicht.25 Unzulässig ist z.B. auch die Nachwahl eines Aufsichtsratsmitglieds ohne Ankündigung „Nachwahlen zum Aufsichtsrat“, denn auch die organisationsrechtliche Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds durch Wahl stellt einen Beschlussgegenstand i.S.d. § 46 Abs. 2 S. 1 dar, da die GV/VV eine Sachentscheidung trifft.26
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20 So für den Verein BGH DB 1987, 479. 21 OLG Köln Beschl. v. 4.7.1984 2 Wx 13/84, MDR 1984, 937 = OLBZ 1984, 401 = Rpfleger 1984, 470 = ZIP 1984, 1351. 22 H.M., vgl. Müller GenG § 36 Rdn. 20; Beuthien GenG § 46 Rdn. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 20 a.E.; a.A. OLGR Celle 1997, 16 ff. 23 RG JW 1915, 1366. 24 OLG Köln ebd. 25 BGH DB 2007, 794. 26 Müller GenG § 46 Rdn. 18; nach Beuthien unter Verweis auf OLG Köln zum e.V. Nichtigkeit wenn unter dem Punkt „Ergänzungswahlen zum Vorstand“ Abwahl und Neuwahlen stattfinden: Beuthien GenG § 47 Rdn. 4; OLG Köln ZIP 1984, 1351 (1352).
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Der Tagesordnungspunkt „Satzungsänderung“ reicht grundsätzlich nicht aus; es 18 müssen mindestens die zu ändernden Vorschriften der Satzung bezeichnet werden.27 Soll die ganze Satzung geändert werden, z.B. in Anpassung an eine neue Mustersatzung, so ist darauf hinzuweisen und anzugeben, wo der gesamte Text eingesehen werden kann.28 Beispiel „Änderung der Satzung entsprechend der Mustersatzung für Volksbanken und Raiffeisenbanken … Der Entwurf der neuen Satzung kann von allen Mitgliedern während der Öffnungszeiten in unseren Geschäftsräumen eingesehen werden“.29 Ankündigung einer Satzungsänderung zur Einführung der VV bedeutet noch nicht Wahl der Vertreter.30 Die Ankündigung eines Tagesordnungspunkts zur Beschlussfassung ist nicht aus- 19 reichend, wenn bei der Einladung zur Wiederholung einer GV/VV lediglich auf die Tagesordnung der zu wiederholenden GV verwiesen wird, die Satzung aber Bekanntmachung der Tagesordnung verlangt.31 Anders bei Vertagung der GV/VV, da es sich um die Fortsetzung derselben Versammlung handelt; hier kann auf die bereits mitgeteilte Tagesordnung verwiesen werden (vgl. Erl. § 43 Rdn. 134).32 Der zur GV Einladende kann vor Ablauf der Mindestfrist für die Bekanntgabe der Ta- 20 gesordnung nach § 46 Abs. 2 S. 1 die Tagesordnung nachträglich ändern (vgl. § 43 Rdn. 120 u. 132). Nach Beginn der Schutzfrist von einer Woche ist die Tagesordnung der Disposition des Einladenden entzogen; Änderungen sind nur noch durch die GV/VV möglich. Die Mitglieder müssen sich darauf verlassen können, dass die angekündigten Tagesordnungspunkte auch behandelt werden. Wollte man dem Einberufenen noch in dieser Frist die Möglichkeit geben, Tagesordnungspunkte zurückzuziehen, so wären Manipulationen nicht auszuschließen; im Vertrauen auf die angekündigte Tagesordnung könnten Mitglieder veranlasst sein, auf die Stellung eigener Anträge für die Tagesordnung zu verzichten. Daraus folgt, dass auch in der GV/VV angekündigte Tagesordnungspunkte nicht mehr durch den Antragsteller oder den Versammlungsleiter abgesetzt werden können; die Absetzung bedarf vielmehr eines Beschlusses der GV/VV.33 Wenn die GV/VV die Absetzung von Tagesordnungspunkten stillschweigend hinnimmt, so kann dies allerdings als Zustimmung gewertet werden (vgl. Erl. § 43 Rdn. 132, § 48 Rdn. 33). 4. Nichtgeltung der Mindestfrist (Abs. 2 Satz 2). Nach Abs. 2 Satz 2 ist die Nicht- 21 einhaltung der Mindestfrist von einer Woche unbeachtlich, wenn alle Mitglieder der eG zu der Versammlung erschienen sind. Dies berücksichtigt insb. die Belange von Kleinstgenossenschaften mit nicht mehr als 20 Mitgliedern.34 „Erschienen“ bedeutet anwesend oder wirksam vertreten. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können die Beschlüsse der GV/VV nicht wegen eines Verstoßes gegen die Mindestfrist angefochten werden.35 Es wäre treuwidrig, wenn sich ein Mitglied, das erschienen ist, auf die Nichteinhaltung der Mindestfrist berufen würde.
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27 Vgl. für den Verein BayOblG Rpfleger 1979, 196. 28 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 20; Beuthien GenG § 46 Rdn. 3; Müller GenG § 46 Rdn. 20 b; a.A. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 46 Rdn. 7. 29 Vgl. Gräser/Metz/Werhahn S. 18. 30 BGH NJW 1960, 1447. 31 LG Hannover ZfgG 1972, 73 ff. m. Anm. Hadding; Beuthien GenG § 46Rdn. 3. Diese Beschlüsse wären nichtig. 32 Wegen der Begriffe Unterbrechung, Abbruch, Vertagung und Wiederholung der Versammlung vgl. § 43 Rdn. 170. 33 Gräser/Metz/Werhahn S. 41. 34 Hierzu Korte/Schaffland S. 105. 35 Es kommt also nicht mehr darauf an, ob die erschienenen Mitglieder mit der Durchführung der GV einverstanden sind, so noch die 33. Auflage, Rdn. 22 und Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 23.
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§ 46 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
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Beschlüsse, die die Leitung der Versammlung sowie Anträge auf Einberufung einer außerordentlichen GV/VV einschließlich der Festlegung von deren Tagesordnung betreffen, bedürfen nicht der vorherigen Ankündigung als Tagesordnungspunkte.36 Solche Beschlüsse sind z.B. Wahl des Versammlungsleiters, Entscheidungen zur Geschäftsordnung, soweit die GV/VV dafür zuständig ist (vgl. Erl. § 43 Rdn. 28, 132). IV. Information der Mitglieder über die Tagesordnung der Vertreterversammlung (VV) (Abs. 1 Satz 3)
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Gem. Abs. 1 Satz 3 ist die Tagesordnung einer VV allen Mitgliedern durch (1) Veröffentlichung in den Genossenschaftsblättern oder (2) Veröffentlichung im Internet unter der Adresse der eG oder (3) durch unmittelbare schriftliche Benachrichtigung bekannt zu machen. „Genossenschaftsblätter“ meint wie die „öffentlichen Blätter“ in § 6 Nr. 4 Tageszeitungen und Dritten zugängliche Mitgliederzeitschriften etc., vgl. Erl. Rdn. 3 und § 6 Rdn. 20 f. Zweck der Vorschrift ist es, bei Bestehen einer VV die Information aller Mitglieder über ihre eG zu verbessern und zu erleichtern.37 Diesem Zweck kann nur genügt werden, wenn die Mitglieder vor der VV von der Tagesordnung Kenntnis nehmen können. Obwohl Satz 3 anders als Satz 2 keine Zeitvorgabe macht, reicht es nicht aus, die Tagesordnung der VV erst im Nachhinein den Mitgliedern bekannt zu machen.38 Im Gegenteil hat die Information der Mitglieder so rechtzeitig zu erfolgen, dass diese ggf. noch ihre Minderheitenrechte aus § 45 geltend machen können. Empfehlenswert erscheint es, die Mitglieder mindestens zwei Wochen vor der VV über die Tagesordnung zu informieren. Zulässig ist es, die gewählten Vertreter hinsichtlich der Tagesordnung umfassender zu informieren als die anderen Mitglieder, da die Vertreter letztlich die Entscheidungen zu treffen haben.39 Für die Information der anderen Mitglieder reicht es aus, wenn aus der veröffentlichten Tagesordnung hinreichend deutlich wird, um welche Inhalte es in der VV gehen soll. Bspw. ist es nicht zu beanstanden, wenn die Mitglieder aus der veröffentlichten Tagesordnung entnehmen können, welche Satzungsbestimmungen geändert werden sollen, während die gewählten Vertreter eine detaillierte Synopse der aktuellen Regelung und der geplanten Änderung erhalten. Die Mitglieder können bei Bedarf die Details von ihren Vertretern erfragen. Wie bei der Mitteilung der Tagesordnung der GV dürfte es auch hier zulässig sein, dass die Satzung die erste und dritte Alternative wahlweise nebeneinander zulässt.40 Die Veröffentlichung der Tagesordnung einer VV im Internet als einzige Art der Bekanntmachung ist nach dem Gesetzeswortlaut zulässig, kann aber – je nach Mitgliederstruktur – bedenklich sein, da nicht bei allen eG davon ausgegangen werden kann, dass alle Mitglieder über Internetzugang verfügen. Interessant dürfte diese Alternative vor allem für Neugründungen im IT-Bereich sein.
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36 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 22; Beuthien GenG § 46 Rdn. 3. 37 Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/1025, S. 88. 38 A.A. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 46 Rdn. 10: für Mitglieder reicht zeitlicher Zusammenhang reicht aus, auch nachher. 39 OLG Schleswig-Holstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08. 40 S. Erl. oben, Rdn. 2.
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Form und Frist der Einberufung | § 46
V. Anträge und Verhandlungen ohne Beschlussfassung (Abs. 3) Eine allgemeine Aussprache, die Stellung von Anträgen, sowie eine Erörterung zur 24 allgemeinen Meinungsbildung ohne verbindliche Beschlussfassung bedürfen nicht der vorherigen Ankündigung in der Tagesordnung. In diesen Fällen ist es nicht erforderlich, dass die Mitglieder rechtzeitig vorher unterrichtet sind, um sich vorbereiten und verantwortlich entscheiden zu können. In der Praxis ist es üblich, solche Aussprachen oder mögliche Anträge unter „Verschiedenes“ anzukündigen. Dieser Tagesordnungspunkt kann jedoch mangels Konkretisierung nicht Grundlage einer Beschlussfassung sein (vgl. Erl. Rdn. 17; § 51 Rdn. 12);41 er ist vielmehr lediglich ein Hinweis an die Mitglieder, hierunter Anregungen, Anträge oder Meinungen zu Fragen der eG vorzutragen. VI. Mängel der Einberufung Der Wortlaut des § 46 Abs. 2 Satz 1 deutet darauf hin, dass Beschlüsse ohne (ord- 25 nungsgemäße) Ankündigung nichtig sind. „… können nicht gefasst werden.“; im Gegensatz zu § 124 Abs. 4 AktG „… dürfen keine Beschlüsse gefasst werden.“). Diese formale Betrachtung erscheint aber nicht in jedem Fall gerechtfertigt; es bedarf vielmehr einer Differenzierung je nach der Bedeutung des Beschlusses und der Schwere des Mangels. Mängel der Berufung der GV/VV oder der Ankündigung von Tagesordnungspunkten werden grundsätzlich Anfechtbarkeit gem. § 51 begründen, s. Erl. dort.42 Bspw. führt der Verstoß gegen die gesetzliche oder eine satzungsmäßige Mindestfrist zur Einberufung der GV/VV sowie die Beschlussfassung über nicht rechtzeitig angekündigte Tagesordnungspunkte zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse. Das Anfechtungsrecht entfällt, wenn feststeht, dass der gefasste Beschluss auch bei Ordnungsmäßigkeit der Einladung in gleicher Weise zustande gekommen wäre.43 Weiterhin entfällt das Anfechtungsrecht gem. Abs. 2 Satz 2, wenn alle Mitglieder trotz nicht ordnungsgemäßer Einladung erschienen sind, vgl. Erl. unter Rdn. 20. Der Mangel der Einberufung kann aber auch zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führen, vor allem dann, wenn der Verstoß gegen gesetzliche oder satzungsmäßige Vorschriften besonders schwerwiegend ist.44 Nichtigkeit ist auch dann gegeben, wenn der Einberufungsmangel so schwerwiegend ist, dass die Versammlung nicht als GV gelten kann.45 Einberufung durch einen absolut Unzuständigen führt zur Nichtigkeit der Beschlüsse.46 Nichtigkeit auch, wenn Beschlüsse überhaupt nicht angekündigt sind oder unter „Verschiedenes“ gefasst werden. Die Abgrenzung zwischen Fällen der Nichtigkeit und lediglich der Anfechtbarkeit kann im Übrigen nur fallbezogen durchgeführt werden.47 So hat das OLG Jena die Auffassung vertreten, Mängel der Einladung führten auch bei der eG grundsätzlich zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse.48 Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn ein Mitglied oder ganze Mitgliedergruppen offenkundig bei der Einladung übergangen wurden. Die versehentliche Nichteinladung einzelner Mitglieder/Vertreter macht die von der GV/VV
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41 So auch Beuthien GenG § 46 Rdn. 3. 42 Beuthien GenG § 46 Rdn. 4; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 23. 43 BGH ZIP 1998, 22 (GmbH); BerlKomm/Keßler §§ 43 ff. GenG Rdn. 23. 44 BGH WM 61, 799; LG Verden NJW 1953, 1435; Beuthien GenG § 46 Rdn. 4. 45 RGZ 141, 230; OLG Königsberg BlfG 1932, 157; KG BlfG 1934, 816; für einen Verein OLG Köln ZIP 1984, 1351. 46 BGHZ 18, 334 = NJW 1955, 1917 = BB 1955, 1038; Beuthien GenG § 46 Rdn. 4. 47 Näher zu Fragen der Nichtigkeit und Anfechtung § 51 Rdn. 7 und 27. 48 OLG Jena Beschl. v. 8.8.1994, ZIP 21/94, A 132.
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§ 47 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
gefassten Beschlüsse nicht nichtig, sondern anfechtbar.49 Einberufungsmängel, die einer lang andauernden Übung entsprechen und als solche von den Mitgliedern anerkannt sind, führen zumindest nicht zur Nichtigkeit.50 Weiter gehende Erl. bei § 51. VII. Europäische Genossenschaft (SCE) 26
Die Einberufung der GV/SCE-VV51 hat nach Art. 56 Abs. 1 SCE-VO schriftlich zu erfolgen. Gem. Art. 56 Abs. 2 SCE-VO sind dabei die folgenden Mindestangaben erforderlich: – Firma und Sitz der SCE, – Ort, Tag und Zeitpunkt der Versammlung, – ggf. Art der Versammlung, – Tagesordnung mit Angabe der zu behandelnden Punkte sowie Beschlussanträge. In der Tagesordnung sind zumindest die Genehmigung des Jahresabschlusses und der Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses aufzunehmen (Art. 54 Abs. 3). Die Einberufungsfrist beträgt gem. Art. 56 Abs. 3 SCE-VO 30 Tage, in dringenden Fällen kann sie auf 15 Tage verkürzt werden; Besonderheiten gelten gem. Art. 56 Abs. 3 S. 2 im Falle des Art. 61 Abs. 4: Verkürzung der Einladungsfrist – soweit nach nationalem Recht zulässig – bei Beschlussfassung über Satzungsänderungen in der zweiten GV/SCEVV, wenn in der ersten das Anwesenheitsquorum nicht erreicht wurde.
§ 47 Niederschrift § 47 Niederschrift (1) Über die Beschlüsse der Generalversammlung ist eine Niederschrift anzufertigen. Sie soll den Ort und den Tag der Versammlung, den Namen des Vorsitzenden sowie Art und Ergebnis der Abstimmung und die Feststellung des Vorsitzenden über die Beschlussfassung enthalten. (2) Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden und den anwesenden Mitgliedern des Vorstands zu unterschreiben. Ihr sind die Belege über die Einberufung als Anlagen beizufügen. (3) Sieht die Satzung die Zulassung investierender Mitglieder oder die Gewährung von Mehrstimmrechten vor oder wird eine Änderung der Satzung beschlossen, die einen der in § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5, 9 bis 11 oder Abs. 3 aufgeführten Gegenstände oder eine wesentliche Änderung des Gegenstands des Unternehmens betrifft, oder wird die Fortsetzung der Genossenschaft nach § 117 beschlossen, ist der Niederschrift außerdem ein Verzeichnis der erschienenen oder vertretenen Mitglieder und der vertretenden Personen beizufügen. Bei jedem erschienenen oder vertretenen Mitglied ist dessen Stimmenzahl zu vermerken. (4) Jedes Mitglied kann jederzeit Einsicht in die Niederschrift nehmen. Ferner ist jedem Mitglied auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift einer Vertreter-
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49 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 46 Rdn. 23 mit Verweis auf den Wortlaut des § 51 Abs. 2 Satz 1, der dem Mitglied, das zur GV unberechtigterweise nicht zugelassen wurde, das Recht gibt, die Beschlüsse der GV anzufechten. 50 Vgl. RGZ 141, 230. 51 Zur SCE-VV (Sektor- oder Sektionsversammlung der SCE) vgl. Art. 63 Abs. 1; dazu ausführlich § 43a Rdn. 91–97; zur Anwendbarkeit von Art. 52–63 auf die SCE-VV vgl. § 43a Rdn. 94.
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Niederschrift | § 47
versammlung unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Die Niederschrift ist von der Genossenschaft aufzubewahren.
I. II. III.
Systematische Übersicht Bedeutung der Versammlungsniederschrift | 1–2 Inhalt der Niederschrift (Abs. 1) | 3–7 Unterzeichnung, Belege über Einberufung (Abs. 2) | 8–11
IV.
V. VI.
Verzeichnis der erschienenen oder vertretenen Mitglieder und der vertretenden Personen (Abs. 3) | 12–15 Recht auf Einsicht (Abs. 4) | 16–19 Europäische Genossenschaft (SCE) | 20
I. Bedeutung der Versammlungsniederschrift Die Vorschrift wurde zuerst durch Novelle 1973 modernisiert und weitgehend neu 1 gefasst (z.B. „Niederschrift“ statt „Protokollbuch“). Das frühere Einsichtsrecht der „Staatsbehörde“ wurde beseitigt. Die Regelung gilt nunmehr für alle eG einheitlich, unabhängig von der Größenordnung. Im Gegensatz zu § 130 AktG ist für die Niederschrift der Beschlüsse der GV/VV keine notarielle Beurkundung erforderlich. § 47 ist zwingendes Recht; die Satzung kann aber weitere Einzelheiten regeln, wie z.B. eine Frist für die Herstellung der Niederschrift bestimmen. Durch Novelle 2006 wurden Abs. 3 und 4 neu gefasst.1 Inhaltlich unterscheidet sich Abs. 3 von der alten Fassung insoweit, als auch bei Beschlüssen über Satzungsänderungen nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 bis 11 (Einführung oder Erhöhung eines Mindestkapitals, Einschränkung des Anspruchs des Mitglieds auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens und Einführung der Möglichkeit, investierende Mitglieder zuzulassen) ein Verzeichnis der anwesenden oder vertretenen Mitglieder sowie eine Liste der Vertreter zu erstellen und der Niederschrift beizufügen ist. Dies gilt wegen der Stimmrechtsbeschränkung nach § 8 Abs. 2 auch dann, wenn bereits investierende Mitglieder zugelassen sind. Bedeutungsvoll ist dieses Verzeichnis vor allem im Hinblick auf die erweiterten Kündigungsmöglichkeiten nach § 67a Abs. 1. In § 47 Abs. 4 wurde mit dem neuen Satz 2 das Recht eines jeden Mitglieds eingeführt, eine Abschrift der Niederschrift über eine VV zu verlangen (s. Rdn. 18). Die Niederschrift von Beschlüssen gem. § 47 ist grundsätzlich nicht Voraussetzung 2 für die Rechtswirksamkeit und Eintragungsfähigkeit der Beschlüsse; sie hat vielmehr lediglich Beweisfunktion.2 Auch wenn die Satzung Bestimmungen im Rahmen von § 6 Nr. 4 für die Beurkundung der Beschlüsse vorsieht, muss ein Verstoß dagegen nicht stets zur Unwirksamkeit führen; es ist vielmehr im Einzelfall festzustellen, welche Bedeutung die Satzungsvorschrift haben soll. Falls die Satzung bestimmte Formen der Beurkundung ausdrücklich als Wirksamkeitsvoraussetzung nennt, führen Verstöße dagegen zur Nichtigkeit und haben zur Folge, dass die Beschlüsse nicht eintragungsfähig sind.3 II. Inhalt der Niederschrift (Abs. 1) Die Versammlungsniederschrift muss in erster Linie die Beschlüsse der GV/VV 3 enthalten. Dies gilt grundsätzlich für alle Beschlüsse einschließlich der Wahlen, gleich-
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1 BT-Drs. 16/1025, S. 30 und 88; Korte/Schaffland S. 109. 2 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 47 Rdn. 9; a.A. Müller GenG § 47 Rdn. 11 m. Hinw. auf § 241 Nr. 2 AktG, wobei aber verkannt wird, dass dort der Verstoß gegen die gesetzlich vorgeschriebene notarielle Beurkundung zur Nichtigkeit führt. 3 Ähnlich auch Beuthien GenG § 47 Rdn. 4 a.E.; Müller GenG § 47 Rdn. 13.
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gültig ob dadurch Anträge angenommen oder abgelehnt worden sind.4 In die Niederschrift aufzunehmen sind auch Beschlüsse über die Leitung der GV/VV, unabhängig davon, ob die Beschlüsse wirksam sind oder nicht. Die Beschlüsse sind so zu protokollieren, wie sie in ihrem Wortlaut vom Versammlungsleiter verkündet worden sind. Der Inhalt der Niederschrift begründet die (widerlegbare) Vermutung, dass die Beschlüsse in dieser Form und mit diesem Inhalt gefasst worden sind.5 Die Niederschrift ist gegenüber den Mitgliedern/Vertretern und dem Registergericht ein Beweismittel für den ordnungsgemäßen Ablauf der GV/VV und für die gefassten Beschlüsse einschließlich der Wahlen, die in der Niederschrift wie andere Beschlüsse zu behandeln sind. Die Niederschrift soll Ort und Tag der GV/VV, den Namen des Versammlungsleiters sowie die Art und das Ergebnis der Abstimmung und die Feststellung des Versammlungsleiters über die Beschlussfassung enthalten. Die gesetzliche Formulierung „soll“ ist erneut ein Hinweis darauf, dass ein Verstoß dagegen nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse führt, sondern allenfalls Schadensersatzfolgen hat. Angaben über die Art der Abstimmung sollen festhalten, ob z.B. geheim oder offen, durch Handzeichen oder Erheben der Stimmkarte abgestimmt worden ist. Es soll erkennbar sein, ob gesetzliche und satzungsmäßige Vorschriften über den Abstimmungsmodus beachtet worden sind. Als „Ort“ der Versammlung ist die politische Gemeinde nebst Straße anzugeben und möglichst auch der Versammlungsraum bzw. das Versammlungslokal. Die Zeit sollte nach Kalendertag und Uhrzeit festgehalten werden.6 Das Ergebnis der Abstimmung ist möglichst konkret wiederzugeben, so z.B. bei Stimmenauszählung das Verhältnis der Ja- oder Nein-Stimmen. Stimmenthaltungen sollten nicht in die Niederschrift aufgenommen werden, da sie für das Ergebnis der Abstimmung keine Bedeutung haben (vgl. Erl. § 43 Rdn. 62). Es kann ausreichen, dass ohne genaue Zählung z.B. festgestellt und in die Niederschrift aufgenommen wird, dass der bestimmte Antrag mehrheitlich angenommen worden ist; allerdings dürfte es hier zweckmäßig sein, die Gegenstimmen zu zählen, um in der Niederschrift festzuhalten, dass der Beschluss mehrheitlich gegen eine bestimmte Anzahl von Gegenstimmen angenommen worden sei. Die Niederschrift muss schließlich festhalten, dass und mit welchem Inhalt das Ergebnis der Beschlussfassung vom Versammlungsleiter formell festgestellt – verkündet – worden ist (Funktion der Beweissicherung). Diese Feststellung der Beschlussfassung ist Wirksamkeitsvoraussetzung von Beschlüssen und hat konstitutive Wirkung, ein Fehlen der Feststellung führt zur Nichtigkeit.7 Wurde aber ein Beschlussergebnis festgestellt und nur nicht protokolliert, berührt dies nicht die Wirksamkeit des Beschlusses.8 Ein Beschluss ist grundsätzlich so zu protokollieren, wie er verkündet wurde.9 Die Niederschrift ist mangelhaft, wenn die Feststellung des Versammlungsleiters über das Ergebnis der Beschlussfassung fehlt und kann auch noch nachträglich unter Hinweis auf den Nachtrag und Grund10 (vgl. Rdn. 10) zu Beweiszwecken ergänzt werden.11
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Müller GenG § 47 Rdn. 2; Hüffer AktG § 130 Rdn. 3. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 47 Rdn. 2. Müller GenG § 47 Rdn. 3. BGH ZIP 1996, 2071, 2073 = DB 1997, 153; vgl. Erl. zu § 51 Rdn. 74 u. 79. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 47 Rdn. 9. Vgl. BayObLG BB 1992, 226. So auch Beuthien GenG § 47 Rdn. 2. Wegen Musterprotokoll s. Gräser/Metz/Werhahn S. 155.
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III. Unterzeichnung, Belege über Einberufung (Abs. 2) Für die Versammlungsniederschrift genügt einfache Schriftform i.S.v. § 126 BGB: Die Niederschrift kann handschriftlich oder drucktechnisch abgefasst sein, und sie ist vom Versammlungsleiter und von den in der GV/VV anwesenden Vorstandsmitgliedern eigenhändig zu unterschreiben. Eine Aufnahme auf Tonträger kann die Schriftform nicht ersetzen; diese Aufnahme kann vielmehr nur als Hilfsmittel zur Herstellung der Niederschrift Verwendung finden. Die Niederschrift braucht nicht in ein gebundenes Protokollbuch aufgenommen zu werden; es genügt eine Niederschrift in loser Blattform, wobei allerdings dafür Sorge getragen werden muss, dass Entnahmen oder Verfälschungen erkennbar würden. Die Personen, die die Niederschrift unterzeichnen, tragen insgesamt die Verantwortung für den Inhalt. Kommt eine Übereinstimmung nicht zustande, so kann ein Mehrheitsbeschluss nicht denjenigen verpflichten, der zum Inhalt des Protokolls eine abweichende Auffassung vertritt. Es muss in diesem Fall vielmehr festgehalten werden, welche Auffassungen von den einzelnen Unterzeichnern vertreten werden.12 Dieser Vermerk ist der Niederschrift beizufügen. Die Niederschrift muss nicht in der GV/VV verlesen werden.13 Eine nachträgliche Änderung ist mit Zustimmung aller Unterzeichner möglich. Es muss erkennbar bleiben, welche Änderungen nachträglich vorgenommen worden sind. Der Vermerk über die Änderungen ist erneut von allen Beteiligten zu unterzeichnen. Der Niederschrift sind die Belege über die Einberufung der GV/VV als Anlage beizufügen. Dazu gehören alle schriftlichen Unterlagen nach denen die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung zu beurteilen ist.14 Die Belege sind in Urschrift beizufügen;15 eine Bezugnahme reicht nicht aus.16 Wurde die GV/VV durch unmittelbare Einladung der Mitglieder/Vertreter einberufen, so genügt die Beifügung eines Einladungsschreibens, wurde die GV/VV durch öffentliche Bekanntmachung einberufen, so ist ein Belegexemplar zur Niederschrift zu nehmen.17 Bei der Einberufung über die Internetseite der eG sind ein Ausdruck und ein Vermerk über das Datum der Einstellung der Datei beizufügen.
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IV. Verzeichnis der erschienenen oder vertretenen Mitglieder und der vertretenden Personen (Abs. 3) Wenn die Satzung die Zulassung investierender Mitglieder oder die Gewährung von 12 Mehrstimmrechten vorsieht oder wenn in der GV/VV eine Änderung der Satzung beschlossen wird, die einen der in § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5, 9 bis 11 und Abs. 3 aufgeführten Gegenstände oder eine wesentliche Änderung des Unternehmensgegenstands der eG betrifft, ist der Niederschrift ein Verzeichnis der persönlich anwesenden oder vertretenen Mitglieder und der vertretenden Personen beizufügen. In das Verzeichnis sind nicht alle Teilnehmer an der GV einzutragen, sondern nur die Mitglieder und ggf. die Vertreter von Mitgliedern (gesetzliche Vertreter oder Bevollmächtigte gem. § 43 Abs. 4 und 5).18 Soweit es sich um Vertretungen handelt, muss aus dem Verzeichnis ersichtlich
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Müller GenG § 47 Rdn. 5; Beuthien GenG § 47 Rdn. 2. Vgl. RGZ 75, 266. Vgl. KGJ 32 A 153. RGZ 114, 203. Vgl. KGJ 32 A 148; 34 A 143; Müller GenG § 47 Rdn. 6. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 47 Rdn. 6. S. Erl. § 43 Rdn. 87 ff. und 91 ff.
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§ 47 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
sein, ob dies es sich um eine Vollmacht oder gesetzliche Vertretung handelt und wer vertreten wird. Ist der Vertreter gleichzeitig persönlich Mitglied, so ist er auch in dieser Eigenschaft zusätzlich zu bezeichnen. 13 Bei jedem erschienenen oder vertretenen Mitglied ist dessen Stimmenzahl zu vermerken. Dies ist nur von Bedeutung, wenn die Satzung Mehrstimmrechte vorsieht (s. Erl. § 43 Rdn. 83). Die Stimmenzahl von Vertretern (gesetzlichen Vertretern oder Bevollmächtigten) ergibt sich aus dem Hinweis, für wen sie das Stimmrecht ausgeübt haben. Soweit während der GV Änderungen hinsichtlich der Teilnehmer eintreten, sind 14 diese nach herrschender Meinung im Verzeichnis zu vermerken.19 Dies gilt z.B. für Teilnehmer, die erst nachträglich zur GV kommen oder diese schon vorzeitig verlassen. Aus dem Verzeichnis muss erkennbar sein, zu welchen Tagesordnungspunkten sie anwesend waren. 15 Das Teilnehmerverzeichnis hat lediglich Beweisfunktion, wie auch die übrige Niederschrift. Es ist daher vom Versammlungsleiter zu unterzeichnen. Die Unterschrift bringt zum Ausdruck, dass der Inhalt des Verzeichnisses den Angaben der Teilnehmer entspricht; es begründet die Vermutung, dass die im Verzeichnis enthaltenen Personen anwesend waren.20 Unterzeichnung durch die anwesenden Vorstandsmitglieder ist nicht erforderlich. Das Teilnehmerverzeichnis ist – außer bei Mehrstimmrechten – anzufertigen, wenn solche Satzungsänderungen beschlossen werden, die gem. § 67a die Mitglieder zur außerordentlichen Kündigung berechtigen (vgl. Erl. zu § 67a). Nicht jede Änderung des Unternehmensgegenstands ist im Übrigen ein solcher Kündigungsgrund, sondern nur wesentliche Änderungen. Dies gilt z.B. dann, wenn eine gemischtwirtschaftliche Kreditgenossenschaft das Warengeschäft aufgibt und zu diesem Zweck die Satzung ändert. V. Recht auf Einsicht (Abs. 4) 16
Jedes Mitglied ist berechtigt, die Niederschrift in den Geschäftsräumen der eG einzusehen. Obwohl die neue Fassung des Abs. 4 regelt, dass das Einsichtsrecht „jederzeit“ besteht, wird man davon ausgehen müssen, dass nach wie vor die Einsichtnahme zu den üblichen Geschäftszeiten zu erfolgen hat.21 Aus der Gesetzesbegründung lässt sich schließen, dass sich daran durch die Novelle 2006 nichts ändern sollte.22 Nichtmitglieder haben kein Einsichtsrecht, wohl aber der Prüfungsverband im Rahmen von § 57 Abs. 1. 17 Bei einer GV haben die Mitglieder keinen Anspruch auf Abschriften des gesamten Protokolls.23 Sie haben jedoch das Recht, sich bei der Einsichtnahme Notizen anzufertigen.24 Die Beauftragung von Bevollmächtigten für die Einsichtnahme ist grundsätzlich möglich. Ein Mitglied kann Abschrift eines Wortprotokolls oder einer Tonträgeraufzeichnung verlangen, soweit dies seinen Redebeitrag und die Antworten und Stellungnahmen des Vorstands dazu betrifft; die Selbstkosten sind der eG zu erstatten.25 18 Bei Bestehen einer VV hingegen haben die Mitglieder gem. Abs. 4 Satz 2 das Recht, „jederzeit“ (s. hierzu Rdn. 16) eine Abschrift der Niederschrift zu verlangen. Diese Vorschrift wurde durch Novelle 2006 eingefügt, um die Mitgliederrechte bei Bestehen einer
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 47 Rdn. 7. Vgl. Müller GenG § 47 Rdn. 9, 10. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 47 Rdn. 10. BT-Drs. 16/1025, S. 88. Korte/Schaffland S. 109. Beuthien GenG § 47 Rdn. 4. BGH ZIP 1994, 117 = WPrax 20/94 = BB 1994, 2091 = DB 1994, 2180.
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VV zu stärken.26 Die eG hat diesem Verlangen „unverzüglich“ (ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB) Folge zu leisten. Offen war bislang, ob das Recht auf Abschriftserteilung auch für Niederschriften von VV gilt, die in der Vergangenheit (vor Erwerb der Mitgliedschaft) stattgefunden haben.27 Für die VV hat das OLG Nürnberg28 jetzt festgestellt, dass das Mitglied einen jederzeitigen Anspruch auf Aushändigung von Abschriften der VV auch für Zeiten hat, in denen es nicht Mitglied war. Das Recht auf Abschriftenerteilung stelle eine besondere Ausprägung des Rechts auf Information dar, ein entsprechendes Rechtsschutzinteresse müsse nicht geltend gemacht werden. Die Grenze der Rechtsausübung bilde ein erkennbarer Rechtsmissbrauch. Das Recht aus § 47 Abs. 4 S. 2 sei daher – wie das Einsichtsrecht aus § 47 Abs. 4 S. 1 – auch bei zurückliegender VV gegeben.29 Das Einsichtsrecht endet naturgemäß, wenn die Niederschriften nicht mehr vorhanden sind; vgl. nachfolgend Rdn. 19. Die Niederschrift ist von der eG aufzubewahren. Das Gesetz enthält keine Bestim- 19 mung über die Dauer dieser Aufbewahrungspflicht; sie gilt also im Zweifel ohne zeitliche Befristung für die Dauer des Bestehens der eG und nach erfolgter Liquidation gem. § 93 noch weitere zehn Jahre.30 VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Gem. Art. 62 SCE-VO31 ist auch über die GV/SCE-VV32 der SCE eine Niederschrift an- 20 zufertigen. Diese ist fünf Jahre lang aufzubewahren. Jedes Mitglied hat das Recht, gegen Kostenerstattung eine Kopie der Niederschrift zu verlangen. Die Niederschrift muss mindestens Angaben enthalten zu Ort und Zeitpunkt der Versammlung, Gegenstand der Beschlüsse und Ergebnis der Abstimmungen. Ihr sind ein Teilnehmerverzeichnis, die Unterlagen über die Einberufung sowie die den Mitgliedern unterbreiteten Berichte zu den Punkten der Tagesordnung beizufügen.
§ 48 Zuständigkeit der Generalversammlung § 48 Zuständigkeit der Generalversammlung (1) Die Generalversammlung stellt den Jahresabschluss fest. Sie beschließt über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung eines Jahresfehlbetrags sowie über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats. Die Generalversammlung hat in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres stattzufinden. (2) Auf den Jahresabschluss sind bei der Feststellung die für seine Aufstellung geltenden Vorschriften anzuwenden. Wird der Jahresabschluss bei der Feststel-
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26 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 88; Korte/Schaffland S. 109. 27 Bejahend Beuthien GenG § 47 Rdn. 4 bei entsprechendem Rechtsschutzinteresse; hier noch offen gelassen in der Vorauflage. 28 OLG Nürnberg Beschl. v. 6.11.2013, Az. 12 W 1484/13, MDR 2014, 100 (= FGPrax 2014, 82 u. DStR 2013, 12). 29 S. Ebenda im der Beschlussbegr. unter II.2.c. Umfassend hierzu Holthaus Perspektive Praxis 2/2014 S. 3–5: „Recht auf Abschriftenerteilung auch für Zeiten der Nichtmitgliedschaft?“ 30 Müller GenG § 47 Rdn. 11. 31 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union L 207/01 v. 18.8.2003. 32 Zur SCE-VV (Sektor- oder Sektionsversammlung der SCE) vgl. Art. 63 Abs. 1; dazu ausführlich § 43a Rdn. 91–97; zur Anwendbarkeit von Art. 52–63 auf die SCE-VV vgl. § 43a Rdn. 94.
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lung geändert und ist die Prüfung nach § 53 bereits abgeschlossen, so werden vor der erneuten Prüfung gefasste Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Ergebnisverwendung erst wirksam, wenn auf Grund einer erneuten Prüfung ein hinsichtlich der Änderung uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt worden ist. (3) Der Jahresabschluss, der Lagebericht sowie der Bericht des Aufsichtsrats sollen mindestens eine Woche vor der Versammlung in dem Geschäftsraum der Genossenschaft oder an einer anderen durch den Vorstand bekannt zu machenden geeigneten Stelle zur Einsichtnahme der Mitglieder ausgelegt oder ihnen sonst zur Kenntnis gebracht werden. Jedes Mitglied ist berechtigt, auf seine Kosten eine Abschrift des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats zu verlangen. (4) Die Generalversammlung beschließt über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach § 339 Abs. 2 in Verbindung mit § 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs. Der Beschluss kann für das nächstfolgende Geschäftsjahr im Voraus gefasst werden. Die Satzung kann die in den Sätzen 1 und 2 genannten Entscheidungen dem Aufsichtsrat übertragen. Ein vom Vorstand auf Grund eines Beschlusses nach den Sätzen 1 bis 3 aufgestellter Abschluss darf erst nach seiner Billigung durch den Aufsichtsrat offengelegt werden.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Beschlussfassungen der GV/VV | 2–38 1. Feststellung des Jahresabschlusses | 3–16 a) Feststellungsverfahren | 3–14 b) Fehlerhafte Beschlüsse | 15–16 2. Beschlussfassung der GV/VV über die Gewinnverteilung oder Verlustdeckung | 17–24 a) Gewinnverteilung | 20–21
III. IV. V.
b) Verlustdeckung | 22–23 c) Fehlerhafte Beschlüsse | 24 3. Beschlussfassung der GV/VV über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat | 25–38 Recht auf Einsichtnahme und Abschrifterteilung (Abs. 3) | 39–42 Offenlegung des Einzelabschlusses (Abs. 4) | 43 Europäische Genossenschaft (SCE) | 44
I. Allgemeines 1
§ 48 wurde durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) v. 19.12.19851 neu gefasst. Die Vorschrift verwendet nun entsprechend dem Bilanzschema des HGB vor der Gewinnverwendung die Begriffe Jahresüberschuss und Jahresfehlbetrag und demgemäß auch den Begriff der Ergebnisverwendung.2 Mit dem BiRiLiG wurde die frühere Beschlussfassung über den Jahresabschluss durch die förmliche Feststellung des Jahresabschlusses ersetzt. Dies diente der Rechtsvereinheitlichung und der Vereinfachung, weil die Billigung des Jahresabschlusses nunmehr in der Form der Feststellung rechtsformunabhängig vorgeschrieben wird.3 Das Verfahren regeln die Abs. 1, 2 und 3. Die Vorschriften entsprechen den Regelungen für AG und GmbH. Durch Bilanzrechtsreform-Gesetz (BilReG) v. 4.12.20044 wurde im Rahmen der Einführung der Internationalen Rechnungslegungsstandards Abs. 4 neu eingefügt.
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Bilanzrichtlinien-Gesetz, BGBl. I, 2355. Biener/Bernecke Bilanzrichtlinien-Gesetz S. 566. Vgl. ebenda, S. 567. Bilanzrechtsreformgesetz, BGBl. I, 3166.
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II. Beschlussfassungen der GV/VV Die Beschlussfassung über den Jahresabschluss als „Feststellung“, die Verwen- 2 dung des Jahresüberschusses, die Deckung eines Jahresfehlbetrags und die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der GV/VV und kann deshalb nicht anderen Organen übertragen werden.5 Die GV/VV hat in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahrs stattzufinden. Die Fristeinhaltung kann jedoch nicht mittels Zwangsgeld (§ 160) erzwungen werden. Verspätete Beschlussfassung hat auf die Wirksamkeit der Beschlüsse keine Auswirkungen, vgl. jedoch § 73 Rdn. 7. 1. Feststellung des Jahresabschlusses Zum Begriff „Jahresabschluss“: § 242 Abs. 3 HGB (Bilanz und Gewinn- und Verlust- 3 rechnung; gem. § 336 Abs. 1 Satz 1 erweitert um einen Anhang); ggf. auch Lagebericht. (Näheres vgl. Erl. § 33 Rdn. 29 ff.) bilden den Jahresabschluss i.S.d. § 48 Abs. 1 S. 1. a) Feststellungsverfahren –
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Aufstellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand (§ 336 Abs. 1 Satz 1 HGB) in den ersten fünf Monaten6 des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr (§ 336 Abs. 1 Satz 2 HGB); Vorlage des Jahresabschlusses, ggf. des Lageberichts7 und des Vorschlags für die Ergebnisverwendung an den Aufsichtsrat (§ 33 Abs. 1 Satz 2); Prüfung durch den Aufsichtsrat und schriftliche Stellungnahme des Aufsichtsrats (§ 33 Abs. 1 Satz 2); Bekanntmachung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats mindestens eine Woche vor der GV (Abs. 3 Satz 1); Die Bemerkungen des Aufsichtsrats müssen schriftlich erfolgen; sie müssen sich auf Jahresabschluss und Lagebericht beziehen (§ 33 Abs. 1 S. 2). Die Unterzeichnung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden genügt.8 Vorlage des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats an die GV/VV (§ 33 Abs. 1 Satz 2), die innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres stattzufinden hat (Abs. 1 Satz 3); Berichterstattung des Aufsichtsrates in der GV/VV (§ 38 Abs. 1 Satz 5); Der Berichterstattung in der GV/VV ist von Bedeutung, weil auch auf ihr die wesentlichen Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Entlastung der Organmitglieder beruhen. Die Berichterstattung muss vollständig und wahrheitsgemäß sein. Der Umfang der Berichterstattung und der Bericht über Einzelvorgänge haben sich einerseits daran zu orientieren, dass die GV/VV alle Informationen erhält, die für eine verantwortliche Beschlussfassung erforderlich sind, andererseits muss die Berichterstattung selbstverständlich Geheimhaltungspflichten und mögliche übergeordnete Interessen der eG berücksichtigen. Dies gilt z.B. für einen Bericht über besondere Risiken oder Ausfälle im Kreditgeschäft. Sobald es sich um Vorgänge handelt, die von dem Umfang oder von der Art her ungewöhnlich sind, besteht
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5 RGZ 13, 26; KGJ 20, 61. 6 Bei Kreditgenossenschaften drei Monate gem. § 26 Abs. 1 KWG. 7 „Kleine“ eG i.S.d. § 267 Abs. 1 HGB bzw. Kleinstgenossenschaften i.S.d. § 336 Abs. 2 S. 3 HGB sind nicht gesetzlich (§ 336 Abs. 2 S. 1, 264 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 bzw. i.V.m. § 267a Abs. 2 HGB), sondern allenfalls nach der Satzung zur Aufstellung eines Lageberichts verpflichtet. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 11; Beuthien GenG § 48 Rdn. 2.
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grundsätzlich Berichtspflicht. Dies gilt z.B. für einen gefährdeten Einzelkredit in relativ bedeutender Höhe, wobei die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigten sind. Es kann zweckmäßig sein, den Bericht zwischen Prüfung, Vorstand und Aufsichtsrat abzustimmen; soweit das zusammengefasste Prüfungsergebnis nicht ausreichende Informationen enthält, könnte es zweckmäßig sein, dass der Aufsichtsrat in seinem Bericht die erforderlichen Mitteilungen vorträgt; der Vorstand kann in der mündlichen Berichterstattung darauf Bezug nehmen. Bei allem Bedürfnis nach Wahrheit und Vollständigkeit wird stets auch abzuwägen sein, dass die berichteten Einzelheiten einer größeren Öffentlichkeit zugänglich werden und Auswirkungen auf die Entwicklung der eG haben können. Grundsätzlichen Vorrang hat jedoch das berechtigte Informationsbedürfnis der Mitglieder, vgl. auch § 38 Rdn. 26. Beschluss der GV über die Feststellung des Jahresabschlusses (§ 48 Abs. 1 Satz 1); Der GV-Beschluss kann folgenden Inhalt haben: – Feststellung des Jahresabschlusses; – Änderung des Jahresabschlusses unter Beachtung der §§ 336 ff. HGB; – Zurückweisung und Beauftragung des Vorstands mit der Vorlage eines neuen Jahresabschlusses. Bei der Beschlussfassung der GV/VV über den Jahresabschluss haben Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder volles Stimmrecht. 9 Keine Auswirkung auf die Beschlussfassung über den Jahresabschluss hat eine verweigerte oder unterbliebene Entlastung (zur Entlastung vgl. Rdn. 16 ff.). Eine vorherige Prüfung des Jahresabschlusses durch den Prüfungsverband ist bei eG, die zwar nach § 53 Abs. 2 prüfungspflichtig, aber nicht testatpflichtig sind,10 keine Voraussetzung für seine Feststellung.11 Auch ein ungeprüfter Jahresabschluss kann in diesen Fällen von der GV/VV wirksam festgestellt werden.12 Bei noch nicht abgeschlossener Prüfung werden die Beschlüsse über die Abänderung des Jahresabschlusses und über die Ergebnisverwendung sofort wirksam. Bei testatpflichtigen eG ist zu differenzieren. Bei Kreditgenossenschaften muss der Jahresabschluss unabhängig von der Bilanzsumme gem. §§ 340k Abs. 1, 316 Abs. 1 Satz 2 HGB vor seiner Feststellung geprüft worden sein, ansonsten ist der Feststellungsbeschluss unwirksam.13 Hingegen muss der Jahresabschluss großer eG i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB, die gem. § 58 Abs. 2 eines Bestätigungsvermerks bedürfen, vor seiner Feststellung nicht geprüft worden sein.14 Anders als bei Kreditgenossenschaften fehlt für große eG ein Verweis auf den Dritten Unterabschnitt des Zweiten Abschnitts des HGB (§§ 316 ff. HGB). Die vorherige Prüfung, wie sie § 316 Abs. 1 Satz 2 HGB für Kreditgenossenschaften vorschreibt, ist also bei großen eG keine zwingende gesetzliche Voraussetzung für die Wirksamkeit des Feststellungsbeschlusses. § 316 Abs. 1 Satz 2 HGB ist als Ausnahmevorschrift für Kreditgenossenschaften restriktiv auszulegen und nicht auf Nichtbanken übertragbar. Zudem kann gem. § 339 Abs. 1
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9 RGZ 49, 126; vgl. auch Erl. zu § 43 Abs. 6. 10 Nicht testatpflichtig sind KleinsteG, kleine und mittelgroße eG, die keine Kreditgenossenschaften sind. 11 Anderenfalls liefe der durch Novelle 2006 geänderte § 53 Abs. 2 GenG leer, wonach eG die Prüfung des Jahresabschlusses ohnehin nur für solche eG verpflichtend vorgeschrieben ist, deren Bilanzsumme eine Million Euro und deren Umsatzerlöse zwei Millionen Euro übersteigen. 12 Vgl. Beuthien GenG § 58 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 6. 13 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 6; Beuthien GenG § 58 Rdn. 1. 14 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 6; Beuthien GenG § 48 Rdn. 2 und § 58 Rdn. 1.
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Satz 3 HGB der Bestätigungsvermerk oder der Vermerk über seine Versagung auch noch nach der Einreichung des Jahresabschlusses zum Bundesanzeiger eingereicht werden, wenn die Prüfung in dem Zeitpunkt der Einreichung noch nicht abgeschlossen war. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber auch hier davon ausgeht, dass bei eG, die keine Kreditgenossenschaften sind, die Feststellung des Jahresabschlusses vor der Erteilung des Bestätigungsvermerks liegen kann.15 Anderenfalls würde der Gesetzgeber in § 339 Abs. 1 die Einreichung eines nichtigen Jahresabschlusses fordern, vgl. zur Begründung auch § 33 Rdn. 37. Wurde bei einer testatpflichtigen eG (Kreditgenossenschaft oder große eG i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB) der Jahresabschluss geprüft und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen und ändert die GV den Jahresabschluss bei der Feststellung, gilt Abs. 2 Satz 2: Dieser GV/VV-Beschluss wird erst wirksam, wenn auf Grund einer erneuten Prüfung des geänderten Jahresabschlusses ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird. Eine erneute GV/VV ist nicht erforderlich. Führt die erneute Prüfung des geänderten Jahresabschlusses jedoch zu einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk oder wird der Bestätigungsvermerk versagt, bleibt der Feststellungsbeschluss unwirksam. In dem Fall muss erneut eine GV/VV einberufen werden, die den Jahresabschluss unter Berücksichtigung der Beanstandungen des Prüfungsverbandes erneut feststellt.16 elektronische Einreichung zum Betreiber des Bundesanzeigers spätestens vor 14 Ablauf des zwölften Monats des dem Abschlussstichtag folgenden Geschäftsjahres (§ 339 Abs. 1 HGB);17 für kapitalmarktorientierte Kreditgenossenschaften gilt § 340l i.V.m. § 325 Abs. 4 HGB (vier Monate).
b) Fehlerhafte Beschlüsse. Eine von der GV/VV genehmigte fehlerhafte Bilanz 15 kann u.U. nichtig oder anfechtbar sein. Nichtig ist eine Bilanz, die nicht nur unwesentlich gegen zwingende gesetzliche Vorschriften (z.B. die Bewertungsvorschriften, soweit sie die Bewertung nach oben begrenzen) oder gegen die guten Sitten verstößt.18 Die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit bestimmen sich nach § 51 (z.B. Verstöße gegen nicht zwingende gesetzliche oder Satzungsvorschriften); Einschränkung der Anfechtung durch § 33 Abs. 2 auf wesentliche Beeinträchtigungen der Klarheit des Jahresabschlusses. Keine Anfechtung durch die ausgeschiedenen Mitglieder.19 Von der Anfechtung ist die Berichtigung einer genehmigten Bilanz zu unter- 16 scheiden. Sie ist auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist durch die GV/VV möglich. Be-
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15 Daran ändert auch die Existenz des § 48 Abs. 2 Satz 2 nichts. Zwar ist nach Beuthien GenG § 58 Rdn. 1 bei testatpflichtigen Nichtbanken der Regelungszusammenhang mit § 48 Abs. 2 Satz 2 zu beachten, der voraussetze, dass die Feststellung des Jahresabschlusses ohne den nach § 58 Abs. 2 erforderlichen Bestätigungsvermerk grds. nichtig sei. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass auch § 48 Abs. 2 Satz 2 eine Ausnahmevorschrift ist, und zwar für den Fall, dass bereits ein Bestätigungsvermerk erteilt wurde und danach die GV den Jahresabschluss wieder geändert hat. Hier soll verhindert werden, dass möglicherweise ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk für einen davon abweichenden, geänderten Jahresabschluss existiert, der keinen oder nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erhalten würde. Dies steht aber nicht zur befürchten, wenn erst der Jahresabschluss festgestellt und danach der Bestätigungsvermerk erteilt wird. Im Gegenteil wird so sichergestellt, dass sich der Bestätigungsvermerk tatsächlich auf den festgestellten Jahresabschluss bezieht. 16 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 28. 17 Rechnungslegungsunterlagen sind seit dem Inkrafttreten des EHUG zum 1.1.2007 (BGBl. 2006 I, S. 2553) nicht mehr bei dem Registergericht einzureichen, sondern bei dem Betreiber des Bundesanzeigers; vgl. Erl. § 156 Rdn. 12 f. 18 RGZ 68, 243, 316; 72, 37; LG Plauen BlfG 1936, 796. 19 KG OLGRspr. 1936, 285.
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richtigung ist aber nur zulässig, wenn durch die neue Bilanz ein gesetzmäßiger Zustand hergestellt wird.20 Eine Bilanz, die nach Gesetz und Satzung vorschriftsmäßig aufgestellt und genehmigt ist, gilt als richtig und ist damit für die Auseinandersetzung gemäß § 73 maßgebend, auch wenn sich nachträglich ihre objektive Unrichtigkeit herausstellt.21 Nach LG Hamburg22 steht die Rechtskraft eines Urteils, durch das ein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens abgewiesen ist, einer neuen Klage nicht entgegen, wenn infolge einer Änderung der Auseinandersetzungsbilanz der abgewiesene Anspruch doch noch zur Entstehung gelangt. 17
2. Beschlussfassung der GV/VV über die Gewinnverteilung oder Verlustdeckung. § 48 regelt nunmehr ausdrücklich, dass die GV/VV über die Verwendung des Jahresüberschusses oder die Deckung eines Jahresfehlbetrags beschließt. Damit ist klargestellt, dass die GV/VV über die Verwendung des gesamten ungeteilten Gewinns bzw. Verlustes entscheidet (allgemeiner gesellschaftlicher Grundsatz, der positiv-rechtlich in § 174 AktG geregelt ist; s.a. § 275 Abs. 4 HGB; zu Vorwegzuweisungen s. Rdn. 21). Die GV/VV entscheidet mithin nicht nur über den auf die Mitglieder entfallenden Teil des Gewinns bzw. Verlustes,23 sondern über den gesamten Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag der eG. Voraussetzung ist ein ordnungsgemäßer Jahresabschluss. Verluste, die sich aus einem Status oder einer Zwischenbilanz ergeben, können nicht zu den in Rdn. 19 genannten Beschlüssen führen. Zu unterscheiden ist zwischen dem Jahresüberschuss und dem Bilanzgewinn. Der 18 Jahresüberschuss ist der Überschuss eines Geschäftsjahres, der sich bei Verrechnung der Aufwendungen mit den Erträgen ergibt (s. Erl. § 19 Rdn. 3). Im umgekehrten Fall entsteht ein Jahresfehlbetrag. Der Bilanzgewinn ist der Jahresüberschuss abzüglich von Rücklagenzuführungen aufgrund von Satzungsregelungen oder eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr bzw. zuzüglich eventueller Rücklagenauflösungen oder eines Gewinnvortrags aus dem Vorjahr.24 Zwar fließen Vorträge auf neue Rechnung begrifflich nicht in den Jahresüberschuss ein, jedoch hat die GV mit dem Beschluss, bestimmte Beträge auf neue Rechnung vorzutragen, konkludent beschlossen, über die Verwendung dieser Beträge im nächsten Jahr zu befinden (vgl. § 19 Rdn. 3). 19 Über die sonstigen Möglichkeiten der Gewinn- bzw. Verlustbehandlung macht das Gesetz keine Angaben. Es bestehen folgende Möglichkeiten: – Vortrag auf neue Rechnung; – Zuweisung des Gewinns in die gesetzliche Rücklage bzw. Heranziehung der gesetzlichen Rücklage zur Verlustdeckung (vgl. hierzu auch § 20 und § 7 Nr. 3 sowie die dortigen Erläuterungen); – Zuweisung in die anderen Ergebnisrücklagen bzw. deren Heranziehung zur Verlustdeckung entsprechend den einschlägigen Satzungsregelungen; – Zuweisung zu den Geschäftsguthaben bzw. Heranziehung der Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung (vgl. § 19 Rdn. 6 und 20 f. sowie § 7 Rdn. 18).
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20 RGZ 32, 95. 21 RGZ 68, 3; vgl. aber RGZ 122, 33 ff.; über die Berichtigung einer Genossenschaftsbilanz mit bindender Wirkung für die ausgeschiedenen Mitglieder vgl. auch Schmidt v. Rhein DRZ 1935, 82. 22 GWW 1956, 577. 23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 39. 24 Näher hierzu und zum Begriff Bilanzverlust s. Erl. § 19 Rdn. 5.
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a) Gewinnverteilung. Der Anspruch der Mitglieder auf den Gewinn setzt einen 20 GV/VV-Beschluss voraus;25 er verjährt sodann in der Regelfrist von 3 Jahren, § 195 BGB. Der Anspruch auf Feststellung des auf die Mitglieder entfallenden Gewinns ist kein einklagbares Sonderrecht der Mitglieder.26 Es dürfte auch zulässig sein zu beschließen, dass die Dividende nicht mit der GV/VV, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig wird. Nicht zulässig ist es, in der Satzung dem Vorstand die Befugnis einzuräumen zu entscheiden, welche Teile des Überschusses den Ergebnisrücklagen zugewiesen werden. Denn die GV/VV „nickt“ nicht die Vorlage des Vorstands ab, sondern macht sich diese zu Eigen.27 Die Satzung kann jedoch vorsehen, dass bestimmte (Mindest-)Beträge in die Ergebnisrücklagen einzustellen sind; auch in diesem Fall bedarf es eines GV/VV-Beschluss, der jedoch die Satzungsregelungen zu berücksichtigen hat. An Vorschläge des Vorstands, soweit sie über die zwingenden Satzungsregelun- 21 gen hinausgehen, ist die GV/VV nicht gebunden.28 Über Vorwegzuweisungen des Vorstands, die ihrem Charakter nach nur Vorschläge sind, ist deshalb der GV/VV gesondert zu berichten, und zwar über die gesamten Vorwegzuweisungen. Zu Vorwegzuweisungen ist der Vorstand nach der Satzung (ggf. gemeinsam mit dem Aufsichtsrat) berechtigt bzw. verpflichtet, siehe Rdn. zuvor. Gem. § 7 Nr. 2 muss die Satzung der eG Regelungen zur Bildung einer gesetzlichen Rücklage, die der Deckung von Bilanzverlusten dient, treffen.29 Darüber hinaus kann die Satzung die Bildung anderer Rücklagen vorsehen.30 Das Bilanzrecht folgt in diesem Fall dem Gesellschaftsrecht: Gem. § 48 Abs. 2 Satz 1 GenG, §§ 336 Abs. 2, 268 Abs. 1, 270 Abs. 2 HGB ist die Bilanz zwingend unter Berücksichtigung der vollständigen oder teilweisen Verwendung des Jahresergebnisses entsprechend den Satzungsvorgaben aufzustellen.31 Die Vorgaben der Satzung bzgl. der Verwendung des Jahresüberschusses bzw. der Deckung des Jahresfehlbetrags sind bindend, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um die gesetzliche oder um andere Rücklagen handelt.32 Soweit der Vorstand den Jahresabschluss unter (teilweiser) Verwendung des Jahresergebnisses aufstellt, erfasst die Feststellung des Jahresabschlusses nur noch den Bilanzgewinn.33 Oder, anders ausgedrückt: Wird über einen Jahresabschluss beschlossen, in dem ein Bilanzgewinn auszuweisen ist, sind von diesem Beschluss auch die Vorwegzuweisungen erfasst. Wird dagegen der Jahresabschluss aufgestellt, ohne dass das Jahresergebnis (teilweise) verwendet wird, bezieht sich die Feststellung auf den gesamten Jahresüberschuss. Verwirft die GV/VV den in den Jahresabschluss eingeflossenen Vorschlag, was nur in Bezug auf satzungsmäßig nicht zwingende Vorwegzuweisungen zulässig ist,34 führt dies zu einer Änderung des Jahresabschlusses, auf die Abs. 2 anzuwenden ist. Eine Änderung wäre es z.B., wenn Vorwegzuweisungen geändert werden, nicht jedoch, wenn von einem nicht in den Jahresabschluss eingegangenen Vorschlag der Verwaltungsorgane abgewichen wird. Zu Vorwegzuweisungen auf der Grundlage des durch BilMoG35 neu eingefügten § 20 Satz 2 s. Erl. § 20 Rdn. 4.
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RGZ 15, 99; 37, 62; RG DJZ 1936 Sp. 1309 für AG. RG JW 1916, 409. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 26. S. a. Beuthien GenG § 48 Rdn. 2. S. Erl. § 7 Rdn. 30 ff. S. Erl. § 7 Rdn. 35. Vgl. aber § 48 Abs. 1 Satz 2: Beschlussfassung über Verwendung des Jahresüberschusses. Sie gehen auch den Satzungsregelungen gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 vor, vgl. Beuthien GenG § 48 Rdn. 1. Vgl. bspw. die Mustersatzung für Wohnungsgenossenschaften, §§ 28 o), 35 c) und 40 ff. S. hierzu Beuthien GenG § 48 Rdn. 1. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz v. 25.5.2009, BGBl. I 1102 ff.
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b) Verlustdeckung. Die GV/VV beschließt gleichermaßen über die Behandlung des gesamten, ungeteilten Verlustes (§ 33). Insoweit gilt das in Rdn. 17, 19 Gesagte. Hat der Vorstand (zusammen mit dem Aufsichtsrat) von seiner satzungsgemäßen Befugnis, über die Verwendung der anderen Ergebnisrücklagen zu beschließen, Gebrauch gemacht und diese zur (teilweisen) Verlustdeckung noch im alten bzw. im neuen Geschäftsjahr herangezogen, liegt gleichwohl ein Jahresfehlbetrag vor (s. Definition in Rdn. 18), der als solcher auszuweisen ist (s. § 275 Abs. 3 Nr. 19 HGB und § 275 Abs. 4 HGB). Es ist nicht anders zu verfahren als bei einer Vorwegdeckung, die ihrem Charakter nach nur ein Vorschlag des Vorstands bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zur Verlustdeckung ist; so wird u.U. der GV/VV ein ausgeglichenes Ergebnis vorgelegt. Es gilt das in Rdn. 21 Gesagte entsprechend. Zur Deckung des am Jahresende bestehenden Verlustes kann die GV/VV die ge23 setzliche, aber auch die anderen Ergebnisrücklagen sowie die Geschäftsguthaben heranziehen, u.U. auch auf neue Rechnung vorgetragen. Die GV/VV kann die anderen Ergebnisrücklagen zur Verlustdeckung auch dann heranziehen, wenn die Satzung die Verwendung dieser Ergebnisrücklagen in die Zuständigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat stellt (vgl. hierzu auch Rdn. 19). Das übergeordnete Recht der GV/VV, über die Deckung von Verlusten zu entscheiden, kann nicht mit bindender Wirkung auf andere Organe delegiert werden. Die Art und Weise der Verteilung des auf die Mitglieder entfallenden Betrages des Verlustes regelt § 19 bzw. die Satzung. In keinem Fall kann die GV/VV eine Umlage beschließen (hierzu § 19 Rdn. 19). 24
c) Fehlerhafte Beschlüsse. Der Gewinn- oder Verlustverteilungsbeschluss kann nichtig oder anfechtbar sein; er kann auch berichtigt werden. Es gilt das oben in Rdn. 15 und 16 Ausgeführte entsprechend. Jedoch dürfen die durch den ersten Beschluss begründeten Rechte der Mitglieder (z.B. auf Dividendenzahlung) nicht beeinträchtigt werden.36 Bezüglich der Verwendung des Gewinns ist § 19 zu berücksichtigen.
3. Beschlussfassung der GV/VV über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Der GV/VV ist ausdrücklich die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats (auch der Arbeitnehmervertreter) zugewiesen. Rechtlich geht es aber nicht um die Entlastung des Organs, sondern um die Entlastung der einzelnen Personen. Dies muss schon daraus folgen, dass ein Beschluss über die Entlastung Auswirkungen auf die Frage der persönlichen Haftung haben kann (s. § 34 Rdn. 143). Besteht Anlass für eine unterschiedliche Beurteilung der einzelnen Organmitglieder, so muss jeder Teilnehmer an der GV/VV die Möglichkeit haben, getrennte Abstimmung über die Entlastung der einzelnen Organmitglieder zu verlangen;37 anderenfalls hätte der Teilnehmer keine Möglichkeit, bei der Entlastung seine Überzeugung zum Fehlverhalten einzelner Organmitglieder zum Ausdruck zu bringen. 26 Darüber hinaus kann die GV/VV auch Geschäftsführern, die nicht dem Vorstand angehören, Entlastung erteilen; allerdings kommt diesem Beschluss nicht Verzichtswirkung zu, sondern lediglich Billigung, Vertrauenskundgebung und Quittung (Rdn. 27); über Verzicht auf Regressanspruch entscheidet das für die Anstellung zuständige Organ. 25
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36 RGZ 37, 62. 37 Zutreffend Müller GenG § 48 Rdn. 70b; differenzierend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 49; a.A. Beuthien GenG § 48 Rdn. 9.
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Inhalt der Entlastung ist die Billigung der Geschäftsführung sowie die Vertrau- 27 enskundgebung für die weitere Geschäftsführung und die Quittung für die ordnungsgemäße Rechnungslegung.38 Außerdem wirkt die Entlastung als Verzicht auf Ersatzansprüche oder als Anerkennung des Nichtbestehens derartiger Ansprüche; sie ist eine einseitige, keiner Annahme bedürftige organschaftliche Erklärung, die den Entlasteten von allen bei der Beschlussfassung erkennbaren Ersatzansprüchen freistellt (s. Erl. § 34 Rdn. 143).39 Beuthien und Müller vertreten unter Berufung auf aktienrechtliche Literatur40 die Auffassung, die GV/VV sei aufgrund ihres geringen Informationsstands nicht in der Lage, auf Haftungsansprüche zu verzichten, der Entlastung fehle daher ein entsprechender Erklärungswille. Abgesehen davon, dass § 120 Abs. 2 Satz 2 AktG eine Sonderregelung für die AG darstellt und eine entsprechende Bestimmung für die eG fehlt,41 fehlt eine nachvollziehbare Erklärung welchen Sinn die Entlastung bei Verneinung einer Verzichtswirkung über einen „platonischen Akt“42 hinaus haben soll. Verzichtet werden kann jedenfalls nur auf erkennbare Ersatzansprüche. Erkennbar sind Ersatzansprüche (und auch Kündigungsgründe), die der GV/VV bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte bekannt sein konnten,43 d.h., bei sorgfältiger Prüfung müssen die Tatsachen, aber auch ihre Rechtsfolgen erkennbar sein. Unter diesen Voraussetzungen hat auch eine unterlassene Prüfung Verzichtswirkung. Schadensersatzansprüche werden von der Verzichtswirkung der Entlastung dann nicht erfasst – so der BGH zunächst zum Vereinsrecht44 und nunmehr auch zum Genossenschaftsrecht45 –, wenn sie – aus den Rechenschaftsberichten des Vorstands und den bei der Rechnungslegung unterbreiteten Unterlagen nicht oder – in wesentlichen Punkten nur unvollständig erkennbar sind, so dass die Mitglieder die Tragweite der ihnen abverlangten Entlastungsentscheidung bei Anlegung eines lebensnahen, vernünftigen Maßstabs nicht zu überblicken vermögen. Dies gilt insb. für solche Ansprüche, die erst nach eingehendem Vergleich und rechtlicher Auswertung verschiedener Unterlagen ersichtlich sind, die der GV/VV bei der Beschlussfassung nicht oder nicht vollständig vorliegen. Mit den Rechenschaftsberichten des Vorstands sind die Mitglieder über alles zu informieren, was nach der Verkehrsanschauung und vernünftigem Ermessen zur sachgerechten Beurteilung der Entlastungsfrage durch die GV/VV erforderlich ist.46 Es liegt also letztlich beim Vorstand, durch hinreichende Offenheit gegenüber der GV/VV die Tragweite der Entlastung selbst zu bestimmen. Der Bericht muss so abgefasst sein, dass er es einem durchschnittlichen
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38 BGH BB 1985, 1869 = WM 1985, 1200 = NJW 1986, 129 = ZIP 1985, 1325; OLG Hamburg BB 1960, 996 = ZfgG 1962, 141 m. Anm. Schnorr von Carolsfeld. 39 BGH NJW 1959, 192; vgl. auch BGH NJW 1969, 131; BGHZ 29, 385; sowie OLG Hamburg a.a.O.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 60. 40 Beuthien GenG § 48 Rdn. 8 und Müller GenG § 48 Rdn. 10. 41 So eindeutig noch BGH NJW 1959, 192 und BGH BB 1985, 1869 = WM 1985, 1200 = NJW 1986, 129 = ZIP 1985, 1325; in BGH Urt. v. 21.3.2005, Az. II ZR 54/03, ZIP 2005, 981 ff. = WM 2005, 933 ff. = DB 2005, 1269 ff. aber offen gelassen. 42 Schönle ZHR 126 (1964), 200, 220. 43 BGH WM 1986, 790 – GmbH; BGH WM 1987, 651 – eV; BGH ZIP 1988, 706 – e.V.; KG Urt. v. 12.3.1997, Az. 2 U 3326/96. 44 BGH ZIP 1988, 706 – e.V.; vgl. auch BGH ZIP 1987, 635 = WM 1987, 651 – e.V. 45 BGH v. 3.12.2001, ZIP 2002, 213 ff. = WM 2002, 220 ff. = DB 2002, 473 ff., und BGH v. 21.3.2005, ZIP 2005, 981 ff. = WM 2005, 933 ff. = DB 2005, 1269 ff. 46 BGH v. 3.12.2001, ZIP 2002, 213 ff. = WM 2002, 220 ff. = DB 2002, 473 ff.
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Versammlungsteilnehmer, von dem regelmäßig nicht erwartet werden kann, dass er aus eigener Kenntnis und aufgrund selbstständiger Untersuchungen zur Beurteilung der Zusammenhänge imstande ist, ermöglicht, das Ausmaß der ihm in der GV abverlangten Entscheidung zu überblicken.47 Die Verzichtswirkung erstreckt sich auch auf Ansprüche gegen Organmitglieder aus ungerechtfertigter Bereicherung, sofern die die Bereicherung begründende Vermögensverschiebung auf Maßnahmen der Organtätigkeit zurückzuführen ist.48 Soweit der Prüfungsbericht oder das zusammengefasst Prüfungsergebnis nicht in der GV/VV verlesen worden sind, kann in der Erteilung der Entlastung kein Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen solcher Pflichtverletzungen gesehen werden, die nur aus dem Prüfungsbericht oder dem zusammengefasten Prüfungsergebnis erkennbar waren. Die Erkennbarkeit kann sich aber aus sonstigen Berichterstattungen (z.B. des Aufsichtsrats) ergeben. Die Entlastung kann nicht im Voraus, sondern nur nachträglich erfolgen.49 Sie hat stets ausdrücklich zu erfolgen; die Genehmigung des Jahresabschlusses bedeutet nicht gleichzeitig die Entlastung. Die Entlastung unterliegt nur der gesellschaftsrechtlichen Anfechtungsklage, s. Erl. bei § 51 Rdn. 27, nicht aber auch der Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung nach §§ 119, 123 BGB. Ebenso wenig kann sie aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung zurückgenommen oder einredeweise entkräftet werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass bis dahin nicht erkannte Ersatzansprüche bestanden.50 Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder haben grundsätzlich einen einklagbaren Anspruch auf Beschlussfassung, ob Entlastung erteilt oder abgelehnt wird, es sei denn, es ist sachlich gerechtfertigt, von einer Beschlussfassung vorübergehend, z.B. weil die erforderliche Sachverhaltsaufklärung noch nicht abgeschlossen ist, oder auf Dauer abzusehen.51 Einen Anspruch auf Entlastung lehnt der BGH52 ausdrücklich ab, da Vertrauen in die künftige Geschäftsführung (Rdn. 27) nicht erzwungen werden kann. Etwas anderes gilt auch nicht, wenn die Entlastung aus offenbar unsachlichen Gründen, also willkürlich verweigert wird.53 Ist die Entlastung wegen konkret bezeichneter Pflichtverletzungen und daraus entstehender Schadensersatzansprüche verweigert worden, kann negative Feststellungsklage nur erhoben werden, soweit es darum geht, dass diese Ansprüche nicht bestehen; eine weitergehende Feststellung, dass der eG aus einer Entlastungsperiode auch sonstige Ansprüche, derer sie sich nicht berühmt hat, nicht zustehen, kommt daneben nicht in Betracht.54 Der Streitwert richtet sich grds. nach der Höhe der bestrittenen Ansprüche, nicht etwa nach der zur Entscheidung stehenden Bilanz. Aus dem Verzicht auf Schadensersatzansprüche, soweit diese erkennbar waren, ist abzuleiten, dass die GV/VV auch dann entlasten kann, wenn dies tatsächlich zu einem derartigen Verzicht und damit zu einem Nachteil für die eG führt. Voraussetzung ist
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47 BGH v. 3.12.2001, ZIP 2002, 213 ff. = WM 2002, 220 ff. = DB 2002, 473 ff. 48 Vgl. BGH BB 1986, 1252 – GmbH-Geschäftsführer. 49 RG JW 1905, 698; OLG Rostock BlfG 1934, 539 und OLG Königsberg BlfG 1935, 588. 50 RG DR 1941, 508. 51 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 56; Fandrich/Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 48 Rdn. 15. Ohne Einschränkung einen Anspruch auf Entlastung zuerkennend OLG Hamburg BB 1960, 996 = ZfgG 1962, 141 m. Anm. Schnorr von Carolsfeld; LG München ZfgG 1975, 232 m. Anm. Grossfeld/Apel. 52 BGH BB 1985, 1869 = ZIP 1985, 1325 = NJW 1986, 129 = WM 1985, 1200. 53 BGH a.a.O. 54 BGH BB 1985, 1869 = WM 1985, 1200 = NJW 1986, 129 = ZIP 1985, 1325.
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nur, dass die Entlastung nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich zum Nachteil der eG erfolgt.55 Die Entlastung steht regelmäßig auf der Tagesordnung der ordentlichen GV/VV; es sind jedoch Fälle denkbar, in denen von einer Aufnahme in die Tagesordnung abgesehen bzw. der Punkt von der Tagesordnung abgesetzt werden muss (z.B. wenn Sachverhaltsfeststellungen und Prüfungen erforderlich werden). Zuständig für die Aufnahme und das Absetzen dieses Tagesordnungspunkts ist das Organ, das im konkreten Fall die GV/VV einberuft. Die Zuständigkeit erlischt, wenn die Aufnahme und das Absetzen nicht mehr fristgemäß vor der GV/VV angekündigt werden kann; sie geht dann auf die GV selbst über (vgl. Erl. § 43 Rdn. 132, § 46 Rdn. 20). Wird in der GV/VV die Beschlussfassung über den Jahresabschluss vertagt, so kann in der Regel auch nicht über die Entlastung beschlossen werden.56 Es kann aber die Genehmigung des Jahresabschlusses ausgesprochen und trotzdem die Entlastung abgelehnt werden.57 Wird die Entlastung abgelehnt oder nicht ausdrücklich beschlossen, so bleiben trotz Genehmigung des Jahresabschlusses der eG die Regressansprüche gegen die Verwaltung erhalten.58 Mitglieder des Aufsichtsrats haben bei der Entlastung der Vorstandsmitglieder und Mitglieder des Vorstands haben bei der Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder kein Stimmrecht, weil sich die Verantwortungsbereiche überschneiden können, so dass die Beschlussfassung zu einer unzulässigen „Selbstentlastung“ führen würde (vgl. § 43 Rdn. 105). Für Stimmenthaltung dieser Mitglieder ist daher ebenfalls kein Raum. Sie können auch nicht anderen insoweit Stimmrechtsvollmacht erteilen (Drittwirkung der Interessenkollision). Die Entlastung kann in besonderen Fällen auch für einen bestimmten Zeitraum des Geschäftsjahrs (z.B. im Falle des § 37 Abs. 2 auch für das laufende Geschäftsjahr) erfolgen.59 Voraussetzung ist, dass die GV/VV über die Geschäftstätigkeit dieses Zeitraums ausreichend unterrichtet wird.60 Nicht erforderlich ist eine Stichtagsbilanz oder gar eine Sonderprüfung durch den Prüfungsverband.61 Es genügt, wenn beispielsweise der Aufsichtsrat am Tage vor der GV/VV eine Prüfung vornimmt und das betreffende Vorstandsmitglied alle in seinem Besitz befindlichen Unterlagen aushändigt62 sowie eine diesbezügliche mündliche Erklärung seitens des Aufsichtsrats (und ggf. des Prüfungsverbands), dass nichts bekannt geworden sei, was der Entlastung auch für das laufende Geschäftsjahr entgegenstehen könne. Die Entlastung kann jedem Mitglied der Organe einzeln erteilt oder verweigert werden.63 Wie zu verfahren ist, entscheidet der Versammlungsleiter, wenn nicht die GV/VV die Entscheidung an sich zieht. Neben der personellen ist auch sachliche Teilentlastung des Vorstands möglich.64 Wird zunächst Entlastung verweigert, kann trotzdem später – bei erneuter Beschlussfassung (hierzu § 43 Rdn. 57) – Entlastung erteilt werden. Der umgekehrte Fall ist grds. – wegen der Verzichtswirkung – nicht möglich. Wenn der Wille der GV/VV dahin
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55 RG JW 1935, 921 für AG; OLG Königsberg BlfG 1932, 321 und RGZ DR 1941, 506. 56 Vgl. RGZ 44, 66. 57 RGZ 44, 69; 49, 146; Parisius/Crüger/Citron § 48 Anm. 5. 58 BlfG 1933, 280. 59 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 51; a.A. Fandrich/Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 48 Rdn. 14. 60 Vgl. Parisius/Crüger/Citron § 37 Anm. 8; Citron BlfG 1931, 821. 61 Zu eng Müller GenG § 48 Rdn. 13, der Rechnungslegung verlangt. 62 Citron BlfG 1931, 821. 63 RGZ 75, 308. 64 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 55.
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geht, kann sich die GV/VV trotz Entlastung die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbehalten. Eine derartige Einschränkung müsste jedoch vor der Beschlussfassung klargestellt werden. Die Entlastung ist dann lediglich eine mit materiellen Rechtsfolgen nicht verbundene Erklärung, die Geschäftsführung zur Kenntnis genommen zu haben. Wegen eines Anspruchs der Organmitglieder auf Entlastung vgl. Rdn. 30. 38 In der Insolvenz der eG ist zwar Entlastung durch die GV/VV möglich; diese ist hier jedoch ausnahmsweise kein Verzicht auf Schadensersatzansprüche, weil die GV/VV keine Beschlüsse mehr fassen darf, die die Insolvenzmasse u.U. mindern, § 80 InsO, es sei denn der Insolvenzverwalter stimmt zu (Erl. zu § 101 Rdn. 5). Hinsichtlich der Ersatzansprüche der eG ist nur ein Vergleich des Insolvenzverwalters mit Vorstand und Aufsichstrat möglich.65 III. Recht auf Einsichtnahme und Abschrifterteilung (Abs. 3 S. 2) 39
Das unentziehbare und einklagbare Recht der Mitglieder auf Einsicht und Abschrifterteilung66 bezieht sich auf die Zeit vor Genehmigung des Jahresabschlusses.67 Dieses Recht steht allen Mitgliedern auch bei einer VV zu (Kernrecht der Mitgliedsbeziehung aufgrund des Förderauftrags). Mit der Ein-Wochen-Frist ist die Woche unmittelbar vor der GV/VV gemeint. Eine längere Auslegungsfrist, z.B. vom Zugang der Einladung bis zur GV/VV ist zulässig. 40 Der Jahresabschluss sowie der Lagebericht sind vollständig – und nicht in einer Kurzfassung – der GV/VV vorzulegen. Es genügt in der Regel die Vorlage eines Exemplars zur Einsichtnahme durch die in der GV/VV anwesenden Mitglieder/Vertreter. Zusätzliche Exemplare sind notwendig, wenn mit zahlreichen Einsichtnahmen zu rechnen ist. Daneben können den Mitgliedern/Vertretern Kurzfassungen ausgehändigt oder zugesandt werden. Auf diesen Kurzfassungen muss jedoch unmissverständlich kenntlich gemacht werden, dass es sich um eine nicht den gesetzlichen Formvorschriften entsprechende Veröffentlichung handelt. Festsetzung von Zwangsgeld gegenüber dem Vorstand (§ 160) ist möglich; die Ver41 pflichtung des Registerrichters zur Einleitung des Zwangsgeldverfahrens besteht auf Antrag eines Mitglieds; das Beschwerderecht des Mitglieds ergibt sich aus § 59 Abs. 1 FamFG. Auch kann das Registergericht von Amts wegen tätig werden (§§ 160 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 14 HGB; § 388 Abs. 1 FamFG), wenn es in glaubhafter Weise Kenntnis von der Nichtbefolgung der sich aus § 48 Abs. 3 ergebenden Pflicht erhält. Wird einem Mitglied zu Unrecht die Einsichtnahme oder die Abschrift des Jahres42 abschlusses und des Geschäftsberichts versagt, sind die Beschlüsse der GV/VV anfechtbar, wenn die Verweigerung ursächlich für den Inhalt der Beschlüsse ist.68 Die Mitglieder haben kein Recht, die eigentlichen Bücher und Schriften der eG einzusehen und Abschriften zu verlangen, da das Gesetz ein solches Recht nur bezüglich des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts geschaffen hat, siehe aber auch § 47 Abs. 4. Bezüglich des Jahresabschlusses und des Lageberichts und der Bemerkungen des Aufsichtsrats s. § 33 Abs. 1; zur Einreichung an das Registergericht s. § 339 HGB.
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RGZ 63, 203 für AG. Müller GenG § 48 Rdn. 17. KGJ 13, 7. Müller GenG § 48 Rdn. 17.
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IV. Offenlegung des Einzelabschlusses (Abs. 4) Abs. 4 wurde durch BilReG vom 4.12.2004 neu eingeführt. Er regelt die Organzu- 43 ständigkeiten hinsichtlich der Offenlegung und der Billigung eines Einzelabschlusses nach Internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS, § 315a Abs. 1 HGB), der von einer großen eG (§ 267 Abs. 3 HGB) aufgestellt wurde.69 Hinsichtlich der Offenlegung eines IAS-Abschlusses besteht nach § 339 i.V.m. § 325 Abs. 2a HGB ein Wahlrecht, anstelle des Jahresabschlusses nach HGB im Bundesanzeiger den Einzelabschluss nach IAS zu veröffentlichen. Nach Satz 1 liegt die Entscheidung, ob überhaupt von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht werden soll, bei der GV/VV. Nach Satz 2 kann der Beschluss als „Vorratsbeschluss“ für ein Jahr im Voraus gefasst werden. Satz 3 erlaubt die satzungsmäßige Übertragung dieser Beschlüsse auf den Aufsichtsrat. Hingegen ist für die Billigung des IAS-Abschlusses gem. Satz 4 von vornherein der Aufsichtsrat, und nicht die GV/VV, zuständig. Zweck der Vorschrift ist es, eine zügige Offenlegung des IAS-Abschlusses zu ermöglichen.7072 Vor der Billigung durch den Aufsichtsrat darf der Abschluss nicht offen gelegt werden. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Bei der SCE stellt ebenfalls die GV/SCE-VV71 den Jahresabschluss und den Lage- 44 bericht fest (Art. 52 SCE-VO, § 27 SCEAG). So beschließt die GV auf der Grundlage der entsprechenden Satzungsbestimmungen auch über die Ergebnisverwendung, vgl. Art. 67 SCE-VO.
§ 49 Beschränkungen für Kredite § 49 Beschränkungen für Kredite Die Generalversammlung hat die Beschränkungen festzusetzen, die bei Gewährung von Kredit an denselben Schuldner eingehalten werden sollen.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–3 Kreditbegriff des § 49 | 4–6 Beschränkungen | 7–13 1. Umfang | 7–8 2. Zusammenrechnen | 9–10
3.
IV.
Missachten der Beschränkungen | 11 4. Sonderfälle | 12–13 Europäische Genossenschaft (SCE) | 14
I. Allgemeines Durch Novelle 1973 wurde die frühere Verpflichtung, auch einen Gesamtbetrag der 1 Anleihen der eG und der Spareinlagen festzusetzen, gestrichen. Die Praxis hatte gezeigt, dass diese Festsetzung der Passivhöchstgrenze bedeutungslos geworden war. Durch die neue Formulierung wird klargestellt, dass nicht unbedingt eine zahlenmäßige Höchstgrenze für Kredite festgelegt werden muss, sondern dass die GV/VV schlechthin „Be-
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69 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 48 Rdn. 68. 70 Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/3419 S. 122. 71 Zur SCE-VV (Sektor- oder Sektionsversammlung der SCE) vgl. Art. 63 Abs. 1; dazu ausführlich § 43a Rdn. 91–97; zur Anwendbarkeit von Art. 52–63 sowie ergänzender Vorschriften für die GV (Art. 64, 65 ff.) auf die SCE-VV vgl. § 43a Rdn. 94.
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schränkungen“ zu beschließen hat bei Gewährung von Kredit an denselben Schuldner. Im Übrigen ergibt sich nunmehr aus dem Wortlaut eindeutig, dass die Beschränkungen nicht nur für Kredite an Mitglieder, sondern für alle Ausleihungen an Schuldner gelten, also auch an Tochtergesellschaften der eG. Für Kreditgenossenschaften berücksichtigt diese Fassung insb. auch die Aufhebung von § 8 Abs. 2 durch Novelle 1973. Für die Kreditgenossenschaften wurde § 49 zwar weitgehend durch §§ 13 ff. KWG verdrängt, jedoch können die Höchstgrenzen nach § 49 auch niedriger angesetzt werden als die nach KWG. Bei den Warengenossenschaften hat die Vorschrift noch immer große Bedeutung, da auf der Grundlage eines Beschlusses nach § 49 im Rahmen der Prüfung Verstöße leicht feststellbar sind. § 49 bezieht sich auf alle Arten von eG, also nicht nur auf Kreditgenossenschaften.1 2 Zweck ist, die ungerechtfertigte Bevorzugung einzelner Mitglieder oder Kunden zu verhindern (Förderung möglichst aller Mitglieder) und den der eG aus dem Vermögensfall eines einzelnen Schuldners drohenden Verlust zu beschränken.2 Da bei diesem Zweck nicht die Schaffung eines individuellen Ersatzanspruchs erkennbar ist,3 ist § 49 kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.4 Die Pflicht, Beschränkungen zu beschließen, besteht unentziehbar für die GV/VV; sie besteht auch als prophylaktische Maßnahme, wenn nicht beabsichtigt ist, Kredite zu gewähren. 3 Bei § 49 GenG handelt es sich um eine Risikobegrenzungsvorschrift,5 die in erster Linie dem Schutz der Mitglieder der eG dient. Unter Verstoß gegen § 49 vergebene Kredite bleiben daher wirksam.6 Demgegenüber bezwecken die Bestimmungen des KWG als öffentlich-rechtliche Normen vor allem den Schutz der Gläubiger (Einleger) der Kreditinstitute. Die Maßstäbe für die im KWG festgelegten Grenzen gelten daher nicht für die Grenzen nach § 49 GenG. Kreditgenossenschaften haben allerdings sowohl § 49 GenG als auch das KWG zu beachten. Für die dem KWG unterliegenden eG vgl. auch §§ 13 ff. KWG sowie die Grundsätze über das Eigenkapital und die Liquidität der Kreditinstitute. Für Wohnungsgenossenschaften gelten nach Aufhebung des WGG die allgemeinen Vorschriften. Sie bedürfen auch für Bankgeschäfte, die früher als einem Wohnungsunternehmen „eigentümlichen Geschäfte“ erlaubnisfrei waren, der Erlaubnis nach § 32 KWG. II. Kreditbegriff des § 49 4
Der Kreditbegriff des § 49 GenG ist nicht deckungsgleich mit dem des KWG (§§ 19, 20 KWG). Kredit im Sinne des § 49 ist die Begründung, Übernahme und Stundung von Geldforderungen mit dem Ziel, demselben Schuldner Waren oder Leistungen und insbesondere Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Abzustellen ist darauf, ob das Fremdinteresse, den Empfänger zu unterstützen, ihm Hilfe zu leisten, dominiert (dann Kredit) oder das Eigeninteresse einer günstigen Geldanlage im Vordergrund steht (dann kein Kredit, s.a. Rdn. 6).7 Beispiele für Kredite sind – gleichgültig, ob sie gesichert oder ungesichert sind und welcher Art die Sicherheiten sind – insb. Gelddarlehen, Restkaufgelder und deren Umwandlung in Darlehen bei der Veräußerung von Wohnungsbauten, Ansprüche aus
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Schaffland BB 1982, 1694, 1695. Amtliche Begründung II, 84, 224. BGHZ 46, 23 = DB 1976, 1665. Beuthien GenG § 49 Rdn. 5; a.A. Lommel ZfgG 1986, 137 Fn. 90 u. 139. OLG Düsseldorf WM 2008, 66 ff. OLG Düsseldorf WM 2008, 66 ff.; Beuthien GenG § 49 Rdn. 5. Vgl. Schaffland Genossenschaftsforum 8/1976, 45 ff. und 9/1976, 40 ff. = BB 1982, 1694.
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Beschränkungen für Kredite | § 49
Termingeschäften (sofern die Valuta vor dem Termin zur Verfügung gestellt wird), übernommene Darlehensforderungen, Akzeptkredite, Diskontierung von Wechseln und Schecks, Stundung von Warenforderungen einschließlich der Einräumung handelsüblicher Zahlungsziele, die Lieferung von Waren und Erbringung von sonstigen Leistungen (sog. Investitionsgüter), sofern die Gegenleistung nicht sofort erbracht wird,8 damit also auch z.B. die monatliche Abrechnung bei Dauerschuldverhältnissen, Anzahlungen und Vorauszahlungen, Bürgschaften, Garantien, Verpfändungen eigener Aktiva und sonstige Gewährleistungen für Dritte (z.B. Patronatserklärungen)9 sowie die Objekt gebundene Gewährung von Vor- und Zwischenkrediten. Auch Darlehen der eG an ihre Tochtergesellschaften sind Kredite i.S.d. § 49. Kredite sind auch nicht in Anspruch genommene Kreditzusagen und Vorverträge. Bei Bürgschaft, Garantie und Verpfändung eigener Aktiva besteht das Kreditver- 5 hältnis zwischen der Bank und demjenigen, in dessen Auftrag die Bürgschaft etc. übernommen wurde. Durchlaufende Kredite und Auftragskredite, die eine Kreditgenossenschaft im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung gewährt, fallen nicht unter § 49, da die eG nicht das Kreditrisiko trägt. Auftragskredite für eigene Rechnung fallen demgemäß unter § 49. Bei Metakrediten ist nur der eigene Anteil der Kreditgenossenschaft in die Höchstgrenze einzurechnen. Kredite, für die Dritte aufgrund einer Bürgschaft haften, auch wenn es sich um eine Staatsbürgschaft handelt, sind im Rahmen von § 49 anzurechnen. Auch Kommunaldarlehen etc. einer Kreditgenossenschaft sind Kredite i.S.d. § 49, obwohl die §§ 15–18 KWG nach der Vorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 1 KWG nicht gelten. Beispielsweise keine Kredite nach § 49 GenG sind Geldanlagen bei Banken, Betei- 6 ligungen, Bausparguthaben aus eigenen Verträgen, Guthaben aus Bausparvorratsverträgen, Inhaberschuldverschreibungen, Derivate, Investmentanteile, Forderungen gegen Tochtergesellschaften aus Gewinnabführungsverträgen, Wertpapiere, da sie Anlagecharakter haben und nicht das Fremdinteresse überwiegt (wegen des Spekulationscharakters ist hinsichtlich der letztgenannten ggf. § 34 zu beachten). Geldhingaben an Länder sind Geldanlagen bei Banken gleichzusetzen, wenn der Anlagecharakter überwiegt; sie sind Kredite, wenn der Finanzierungscharakter, dem Land aus einem finanziellen Engpass zu verhelfen,10 überwiegt. III. Beschränkungen 1. Umfang. Die Beschränkungen müssen sachgerecht sein. Sie dürfen wegen § 27 7 nicht zu eng, wegen des hinter § 49 stehenden Gedankens des Schutzes vor Risiko durch Risikoverteilung und der Förderung möglichst aller Mitglieder aber auch nicht zu weit gefasst werden. Die Beschränkungen können für alle Arten von Krediten einheitlich als Gesamtsumme, aber auch in der Weise festgesetzt werden, dass für verschiedene Arten (z.B. Kontokorrent-, Wechsel-, Warenkredit) besondere Grenzen bestimmt werden, deren Zusammenrechnung dann die Gesamtkredithöchstgrenze ergibt. Es genügt aber auch, wenn der Kredithöchstbetrag so festgelegt wird, dass sich jederzeit zweifelsfrei feststellen lässt, ob die damit gezogene Grenze eingehalten ist oder nicht.11 Auch kann die Höchstgrenze an die Bilanzsumme angekoppelt werden (Dynamisierung) oder an die Rücklagen oder Geschäftsguthaben. Die GV/VV kann auch eine generelle Kredithöchstgrenze festsetzen mit der Maßgabe, dass diese in einigen (zahlenmäßig genau festgeleg-
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8 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 49 Rdn. 6; a.A. Müller GenG § 49 Rdn. 3. 9 Vgl. Schaffland BB 1977, 1021 ff. 10 Vgl. Schaffland BB 1982, 1698 = Genossenschaftsforum 8/1976, 45 ff. und 9/76, 40 ff. 11 Vgl. BlfG 1923, 121.
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§ 49 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
ten) Ausnahmefällen (also z.B. in zwei Fällen) jeweils bis zu einem Betrag von € X überschritten werden darf.12 Unter Beschränkungen ist nicht nur das Aufstellen von Kredithöchstgrenzen zu 8 verstehen, sondern die Beschränkungen können auch anderer Art sein (also nicht nur ziffernmäßig Höchstgrenzen).12a Hierfür besteht ein praktisches Bedürfnis im Allgemeinen nur im ländlichen Waren- und Dienstleistungsbereich.13 Der Beschluss kann vorsehen, dass z.B. die Mitwirkung bestimmter Organe (z.B. der Aufsichstrat)14 oder eine bestimmte Abzahl von Organmitgliedern erforderlich sein soll.15 Stets müssen die Beschränkungen alle Kreditarten erfassen, wie dies z.B. durch die Festsetzung einer Gesamtkredithöchstgrenze für Kreditgewährung jeglicher Art erreicht wird. Aus dem Förderauftrag der eG dürfte sich ergeben, dass bei Kreditgenossenschaften für Kredite an Mitglieder nicht engere Beschränkungen festgelegt werden dürfen als bei Krediten an Nichtmitglieder. Bei Warengenossenschaften kann dies durchaus anders sein. 2. Zusammenrechnen. Unterhält ein Kreditnehmer mehrere Konten, die teils debitorisch, teils kreditorisch sind, so müssen im Rahmen des § 49 die debitorischen Salden allein Berücksichtigung finden ohne Möglichkeit einer Kompensierung bzw. Saldierung. Kompensierung ist nur möglich, wenn die einzelnen Konten gemeinsam gestaffelt werden in der Weise, dass bei der Krediteinräumung der gemeinsame Saldo berücksichtigt wird und Verfügungen über Habenkonten nur insoweit zulässig sind, als dadurch der Gesamtsaldo nicht über die Kredithöchstgrenze steigt. 10 Kredite an eine Handelsgesellschaft und an einen ihrer persönlich haftenden Gesellschafter dürften – wenn die Satzung nichts anderes festlegt – in aller Regel zusammenzurechnen sein, weil es sich im Allgemeinen um ein einheitliches Kreditrisiko handelt. Nicht anders ist die Kreditgewährung an eine BGB-Gesellschaft und einen ihrer Gesellschafter zu behandeln. Gleiches gilt bei Krediten an Ehegatten, die in Gütergemeinschaft leben.16 Jedoch bleibt es unbenommen, auch im Falle der Zugewinngemeinschaft zusammenzurechnen. Den Krediten an ein Elternteil sollten stets die Kredite an die minderjährigen Kinder hinzugerechnet werden.17 Gleiches gilt bei Krediten an Unternehmen, die demselben Konzern angehören.18 Grundsätzlich ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich. Bei einem einheitlichen Kreditrisko ist aus Gründen des Vorsichtsprinzip immer eine Zusammenrechnung vorzunehmen.19 9
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3. Missachten der Beschränkungen. Überschreitung der Beschränkungen ist ohne Einfluss auf die Gültigkeit der einzelnen Geschäfte; Vorstand und Aufsichtsrat sind aber sowohl für Nichtfestsetzung von Beschränkungen durch die GV/VV als auch für
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12 A.A. Müller GenG § 49 Rdn. 5 unter Berufung auf das Gleichbehandlungsgebot; da die Überschreitung jedoch für jedes Mitglied möglich ist, verstößt die Regelung von ihrem Grundsatz her nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot. 12a Beuthien GenG § 49 Rdn. 1. 13 Vgl. hierzu ausführlich Schaffland Genossenschaftsforum 10/1976, 38 ff. = BB 1982, 1698. 14 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 49 Rdn. 12; Beuthien GenG § 49 Rdn. 4; Schaffland BB 1982, 1698. 15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 49 Rdn. 12. 16 Einschränkend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 49 Rdn. 8: nur, wenn die Verbindlichkeit eine Gesamtgutsverbindlichkeit darstellt. 17 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 49 Rdn. 8. 18 Einschränkend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 49 Rdn. 8: nur, wenn Bürgschaften, Garantien etc. gegeben werden oder wenn ein Beherrschungsvertrag besteht. 19 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 49 Rdn. 8; Fandrich/Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 49 Rdn. 3; Schaffland BB 1982, 1697.
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Bestimmung der Einzahlungen auf den Geschäftsanteil | § 50
Überschreitung der Beschränkungen nach §§ 34, 41 verantwortlich20 – und zwar als Gesamtschuldner,21 – allerdings nur der eG, nicht den Mitgliedern, da § 49 kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ist (vgl. hierzu Rdn. 2). Hat die Überschreitung z.B. der Kredithöchstgrenze einen Schaden verursacht, so kann sich der in Anspruch Genommene nicht darauf berufen, dass er im Übrigen bei Prüfung der Voraussetzungen der Kreditgewährung nicht fahrlässig gehandelt habe.22 Die Überschreitung inzidiert grundsätzlich das Verschulden. Der in Anspruch Genommene müsste also ausnahmsweise darlegen können, dass die Kreditvergabe nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen nicht zu beanstanden und dass auch die Überschreitung der Kredithöchstgrenze im konkreten Fall ausnahmsweise zu vertreten war. 4. Sonderfälle. Kredit eG haben zusätzlich zu § 49 die Vorgaben aus Art. 387 ff. Ver- 12 ordnung (EU) Nr. 575/2013 und §§ 13 ff. KWG zu berücksichtigen. Bei der Verschmelzung von Kreditgenossenschaften gelten nur noch die Gren- 13 zen, wie sie bei der übernehmenden eG bestehen. Es ist darauf zu achten, ob vor Verschmelzung bereits von der übertragenden eG Kreditzusagen gemacht worden sind, die die Höchstgrenze der übernehmenden eG überschreiten. Ist dies der Fall, so sollte im Verschmelzungsvertrag eine entsprechende Regelung für die Behandlung dieser Zusagen getroffen werden bzw. in der GV/VV der übernehmenden eG eine angepasste Grenze festgesetzt werden. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) Die Vorschrift gilt entsprechend für die SCE. Die SCE-VO regelt zwar nicht die Be- 14 schränkung der Gewährung von Krediten an denselben Schuldner. Es gilt aber kraft ausdrücklicher Verweisung mitgliedschaftliches Genossenschaftsrecht (Fall des Art. 8 Abs. 1i) ii)). Art. 52 S. 2 regelt, dass die GV/SCE-VV23 über alle Angelegenheit beschließt, über die auch die GV/VV der eG gem. GenG beschließt.24 Sofern die SCE-VO auf Rechtsvorschriften eines EU-Mitgliedsstaates verweist (hier GenG) sind damit alle Vorschriften gemeint, die für eine förderwirtschaftliche Vereinigung gelten.25 Demzufolge ist § 49 uneingeschränkt auf die SCE mit Sitz in Deutschland anwendbar.
§ 50 Bestimmung der Einzahlungen auf den Geschäftsanteil § 50 Bestimmung der Einzahlungen auf den Geschäftsanteil Soweit die Satzung die Mitglieder zu Einzahlungen auf den Geschäftsanteil verpflichtet, ohne dieselben nach Betrag und Zeit festzusetzen, unterliegt ihre Festsetzung der Beschlussfassung durch die Generalversammlung.
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20 RG JW 1937, 683 = BlfG 1936, 988 u. RG BlfG 1939, 281. 21 KG 13.2.1997 – 2 U 3326/96. 22 RG BlfG 1939, 281. 23 Zur SCE-VV (Sektor- oder Sektionsversammlung der SCE) vgl. Art. 63 Abs. 1; dazu ausführlich § 43a Rdn. 91–97; zur Anwendbarkeit von Art. 52–63 sowie ergänzender Vorschriften auf die Beschlüsse der SCE-VV vgl. § 43a Rdn. 94. 24 So wohl auch Beuthien GenG Art. 52 SCE Rdn. 4: UA 2 (Art. 52) wiederholt insoweit, was auch schon Art. 8 Abs. 1i) regelt. 25 Beuthien GenG Art. 8 SCE Rdn. 4.
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§ 50 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
I.
Systematische Übersicht Voraussetzungen für eine Beschlussfassung der GV/VV | 1–4
II.
Die Beschlussfassung der GV/VV | 5–6
I. Voraussetzungen für eine Beschlussfassung der GV/VV Gem. § 7 Nr. 1 muss die Satzung bestimmen, welche Einzahlungen die Mitglieder auf den Geschäftsanteil zu leisten haben. In Höhe von einem Zehntel des Geschäftsanteils müssen diese Zahlungspflichten nach Betrag und Zeit in der Satzung festgelegt sein (vgl. Erl. § 7 Rdn. 3 sowie 9 ff.). Es ist denkbar, dass darüber hinausgehende Beträge als Pflichteinzahlungen geschuldet werden oder dass die Satzung insoweit nur eine Zahlungspflicht dem Grunde nach festlegt. § 50 gibt der eG die Möglichkeit, bei kurzfristigem Eigenkapitalbedarf ohne Satzungsänderung durch einfachen Beschluss der GV/VV neue Verpflichtungen der Mitglieder zur Einzahlung auf die Geschäftsanteile zu begründen. § 50 kommt nur zur Anwendung, wenn die Satzung eine solche Zahlungspflicht 2 dem Grunde nach enthält, ohne gleichzeitig den Betrag und die Zeit festzulegen. Die Satzungsbestimmung könnte z.B. lauten: „Der Geschäftsanteil ist voll einzuzahlen, ein Zehntel des Geschäftsanteils unmittelbar nach Beitritt zur Genossenschaft. Über weitere Einzahlungen beschließt die Generalversammlung gem. § 50 GenG.“ Sieht die Satzung eine Zahlung dem Grunde nach nicht vor, so bedarf es als Voraussetzung einer Beschlussfassung gem. § 50 zunächst einer entsprechenden Satzungsänderung. Von diesem Fall ist die in manchen Bereichen1 übliche Regelung zu unterscheiden, 3 wonach die Satzung eine sofortige Volleinzahlung vorsieht, dem Vorstand aber die Möglichkeit einräumt, eine bestimmte Ratenzahlung zu gewähren und für diesen Fall die Höhe der Raten und die Fälligkeitsdaten festlegt. Hier ist für die Anwendung von § 50 kein Raum. Die Raten müssen hinsichtlich Zulässigkeit, Höhe und Fälligkeit eine Grundlage in der Satzung haben; sie unterliegen insoweit nicht der Entscheidung des Vorstands (näher § 7 Rdn. 9 ff). 4 Die in § 50 vorgesehenen Beschlüsse der GV müssen stets eine Grundlage in der Satzung haben. Über die Satzung hinausgehende Pflichteinzahlungen kann die GV/VV nicht wirksam beschließen (ausgenommen § 87a Abs. 1, 2). Für die Beschlussfassung der GV/VV kann die Satzung auch bestimmte Rahmenvorschriften enthalten, wie z.B. die Verpflichtung, über Einzahlungspflichten in bestimmten zeitlichen Abständen zu beschließen.2 Wegen der Erfüllung der Einzahlungspflicht durch Gutschrift von genossenschaftlichen Rückvergütungen vgl. Erl. zu § 19 Rdn. 34. 1
II. Die Beschlussfassung der GV/VV 5
Das Gesetz regelt zwingend die Zuständigkeit der GV/VV; die Satzung kann nichts anderes bestimmen, § 18.3 Die Entscheidung der GV/VV kann auch nicht von der Zustimmung eines anderen Organs, z.B. des Vorstands, abhängig gemacht werden.4 Es ist z.B. auch nicht zulässig, dass die Satzung die sofortige Einzahlung eines Zehntels des Geschäftsanteils vorsieht, im Übrigen aber die weiteren Einzahlungen von einer „Anforderung durch den Vorstand“ abhängig macht; es würde die Zahlungspflicht dem Grunde nach in der Satzung fehlen und die ausschließende Zuständigkeit der GV/VV für die
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Bsp.: § 17 Abs. 3 Mustersatzung für Wohnungsgenossenschaften. Vgl. Müller GenG § 50 Rdn. 5. RGZ 118, 222. Müller GenG § 50 Rdn. 2.
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Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung | § 51
Festlegung des Zahlungszeitpunkts gem. § 50 unberücksichtigt bleiben. Die Beschlüsse bedürfen der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit die Satzung nicht eine größere Mehrheit vorsieht. Die Gläubigerschutzvorschriften des § 22 gelten nicht für Einzahlungen aufgrund 6 von Beschlüssen im Rahmen von § 50; sie finden vielmehr nur Anwendung für satzungsmäßige Einzahlungspflichten.5 In der Insolvenz der eG kann der Insolvenzverwalter Einzahlung auf den Geschäftsanteil nur verlangen, soweit Fälligkeit gegeben ist, z.B. aufgrund Satzung oder Beschluss gem. § 50.6
§ 51 Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung § 51 Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung (1) Ein Beschluss der Generalversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung im Wege der Klage angefochten werden. Die Klage muss binnen einem Monat erhoben werden. (2) Zur Anfechtung befugt ist jedes in der Generalversammlung erschienene Mitglied, sofern es gegen den Beschluss Widerspruch zum Protokoll erklärt hat, und jedes nicht erschienene Mitglied, sofern es zu der Generalversammlung unberechtigterweise nicht zugelassen worden ist oder sofern es die Anfechtung darauf gründet, dass die Einberufung der Versammlung oder die Ankündigung des Gegenstandes der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Ferner sind der Vorstand und der Aufsichtsrat zur Anfechtung befugt, ebenso jedes Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats, wenn es durch die Ausführung des Beschlusses eine strafbare Handlung oder eine Ordnungswidrigkeit begehen oder wenn es ersatzpflichtig werden würde. (3) Die Klage ist gegen die Genossenschaft zu richten. Die Genossenschaft wird durch den Vorstand, sofern dieser nicht selbst klagt, und durch den Aufsichtsrat, sofern dieser nicht selbst klagt, vertreten; § 39 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat. Die mündliche Verhandlung erfolgt nicht vor Ablauf der im ersten Absatz bezeichneten Frist. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. (4) Die Erhebung der Klage sowie der Termin zur mündlichen Verhandlung sind unverzüglich vom Vorstand in den für die Bekanntmachung der Genossenschaft bestimmten Blättern zu veröffentlichen. (5) Soweit der Beschluss durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt ist, wirkt dieses Urteil auch gegenüber den Mitgliedern der Genossenschaft, die nicht Partei des Rechtsstreits waren. Ist der Beschluss in das Genossenschaftsregister eingetragen, hat der Vorstand dem Registergericht das Urteil einzureichen und dessen Eintragung zu beantragen. Eine gerichtliche Bekanntmachung der Eintragung erfolgt nur, wenn der eingetragene Beschluss veröffentlicht worden war.
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5 6
Müller GenG § 50 Rdn. 4; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 50 Rdn. 1. Vgl. RGZ 135, 55; 141, 232.
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§ 51 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
I.
II.
III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–21 1. Anfechtbarkeit | 1–6 2. Nichtigkeit | 7–18 3. Sonstige Unwirksamkeit von Beschlüssen | 19–21 Gegenstand und Gründe der Anfechtung (Abs. 1) | 22–27 1. Beschlüsse der GV/VV | 22–23 2. Verletzung von Gesetz oder Satzung | 24–27 Befugnis zur Anfechtung (Abs. 2) | 28–50 1. Anfechtung durch erschienene Mitglieder | 28–38 2. Anfechtung durch nicht erschienene Mitglieder | 39–44
Anfechtung durch Vorstand | 45–46 Anfechtung durch Aufsichtsrat | 47 5. Anfechtung durch einzelne Mitglieder von Vorstand oder Aufsichtsrat | 48–50 Anfechtungsklage gegen die eG (Abs. 1, 3) | 51–63 1. Klagefrist | 51–55 2. Verfahren | 56–63 Eintragung und Veröffentlichung der Klageerhebung (Abs. 4, 5) | 64–66 Europäische Genossenschaft (SCE) | 67 3. 4.
IV.
V. VI.
I. Allgemeines 1
2
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5 6
1. Anfechtbarkeit. In § 51 ist die Anfechtung von GV/VV-Beschlüssen durch Anfechtungsklage geregelt; hier finden sich auch Regelungen bzgl. der Anfechtungsgründe, der Befugnis zur Anfechtung und des Verfahrens. Nicht geregelt sind im GenG Fragen der Nichtigkeit von Beschlüssen (vgl. unten Rdn. 7 ff.). Beschlüsse der GV/VV sind anfechtbar, wenn sie gegen zwingende gesetzliche oder satzungsmäßige Bestimmungen verstoßen, die nicht nur reine Ordnungsvorschriften sind, und soweit der Verstoß nicht mit Rücksicht auf die Außenwirkung Nichtigkeit zur Folge haben muss.1 Anfechtbarkeit eines Beschlusses bedeutet, dass der mangelhafte Beschluss als voll wirksam gilt, bis er im Wege einer (begründeten) Anfechtungsklage durch Urteil für nichtig erklärt wird. Ein Beschluss wird gültig mit dem Inhalt, wie er verkündet ist. Formelle oder materielle Mängel, die eine Anfechtbarkeit begründen, können nur durch Anfechtungsklage geltend gemacht werden.2 Falls z.B. die Wahl in ein Organ der eG angefochten wird (vgl. unten Rdn. 22), kann das möglicherweise anfechtbar gewählte Organmitglied aus der genossenschaftlichen Treuepflicht gehalten sein, bis zur endgültigen Entscheidung der Anfechtungsklage an Organbeschlüssen nicht mitzuwirken; bei begründeter Anfechtung könnte der Beschluss nichtig sein, sofern die Mitwirkung des fehlerhaft gewählten Organmitglieds für das Beschlussergebnis ursächlich war. Heilung eines anfechtbaren Beschlusses kann dadurch geschehen, dass alle Anfechtungsberechtigten auf die Anfechtung verzichten, dass die Frist für die Klageerhebung abgelaufen ist (vgl. unten Rdn. 51 ff.) oder dass der Beschluss entspr. § 244 AktG bestätigt wird, indem der neue Beschluss selbst nicht oder nicht erfolgreich angefochten wird.3 Soweit der Mangel darin besteht, dass die erforderliche Zustimmung eines Betroffenen fehlte, kann diese noch nachträglich erteilt werden. Bei der Anfechtung ist der genossenschaftliche Treuegrundsatz zu beachten (s. Erl. § 18 Rdn. 37 ff.). Unzulässig ist daher eine Anfechtung, um aus genossenschaftsfrem-
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Müller GenG § 51 Rdn. 3; Paulick S. 263. BGH AG 1988, 233 zur Gesellschafterversammlung einer GmbH. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 73; Beuthien GenG § 51 Rdn. 26
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Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung | § 51
den Beweggründen den eigenen Willen oder ungerechtfertigte Vorteile durchzusetzen.4 Unzulässig ist eine Anfechtung, die aus Fremdinteresse betrieben wird (z.B. Einflussnahme politischer Gruppen oder außenstehender Interessenvereinigungen). Anfechtung kann auch gem. § 226 BGB unzulässig sein, wenn sie nur zu dem Zweck durchgeführt werden soll, der eG, dem Vorstand oder anderen Mitgliedern Schaden zuzufügen (Beispiel: Anfechtung der Beschlüsse wegen Nichteinladung zur GV/VV, obwohl der Anfechtende zuvor trotz Einladung nie teilgenommen hat; vgl. auch Rdn. 12).5 2. Nichtigkeit. Nichtigkeit liegt nur ausnahmsweise vor; im Zweifel ist lediglich 7 Anfechtbarkeit gegeben schon wegen der Sonderregelung in § 51. Die Nichtigkeit eines Beschlusses ist dann gegeben, wenn sein Inhalt oder die Art des Zustandekommens gegen zwingende Vorschriften verstoßen (vgl. unten Rdn. 11) – oder wenn aufgrund einer Anfechtungsklage der Beschluss durch Urteil für nicht erklärt wird. Ein nichtiger Beschluss hat keine rechtlichen Wirkungen.6 Im Gegensatz zur Anfechtbarkeit ist die Nichtigkeit im GenG nicht geregelt. Die §§ 241 ff. AktG können grundsätzlich analog angewandt werden, soweit nicht spezifische Verhältnisse des Genossenschaftsrechts eine Analogie ausschließen.7 Nach BGH8 findet der in § 241 AktG enthaltene Grundsatz auch auf eG Anwendung; 8 danach führen nur die in dieser Vorschrift genannten Gründe zur Nichtigkeit von Beschlüssen. Nichtig sind Beschlüsse, – bei fehlender Einberufung der GV/VV oder Einberufung durch einen Unbefugten, sofern nicht alle Mitglieder erschienen oder vertreten und mit der Beschlussfassung einverstanden sind (§ 241 Nr. 1 AktG, s.a. Rdn. 12), – die mit dem Wesen der eG nicht vereinbar sind (analog § 241 Nr. 3 AktG), – die den gesetzlichen Gläubigerschutz verletzen (ebenfalls analog § 241 Nr. 3), – die inhaltlich gegen die guten Sitten verstoßen (analog § 241 Nr. 4), – die aufgrund Anfechtungsklage nach § 51 durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt wurden (analog § 241 Nr. 5 AktG), – die aufgrund §§ 398, 395 FamFG als nichtig gelöscht worden sind (analog § 242 Nr. 6 AktG). Nicht anwendbar sind folgende für das Aktienrecht spezifische Regelungen: 9 § 241 Nr. 2 AktG, wegen der im Aktienrecht vorgeschriebenen notariellen Beurkundung von Hauptversammlungsbeschlüssen (vgl. § 130 AktG), §§ 250 ff. AktG über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, §§ 253 ff. AktG über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen über die Verwendung des Bilanzgewinns, § 255 AktG über die Anfechtung eines Beschlusses betreffend eine Kapitalerhöhung, §§ 256 ff. AktG über die Nichtigkeit des Jahresabschlusses. Aus den analog anzuwendenden Vorschriften des Aktienrechts folgt, dass nur besonders schwere Mängel zur Nichtigkeit führen. Im Gegensatz zum GmbH-Recht, wo Nichteinladung des Gesellschaf-
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4 Vgl. BGH BB 1962, 426; Beuthien GenG § 51 Rdn. 19. 5 Zum Klagerecht als Minderheitenschutz: Bereska Minderheitenschutz durch Klage in Genossenschaften, Kooperations- und genossenschaftswissenschaftliche Beiträge, Bd. 23, Institut für Genossenschaftswesen der Universität Münster. 6 Vgl. BGHZ 11, 239. 7 Vgl. RGZ 170, 83; BGHZ 18, 334; BGHZ 32, 318 = NJW 1960, 1447; BGHZ 70, 387; BGH NJW 1978, 1325 = BB 1978, 629; BGH WM 1982, 582 = DB 1982, 1317 = NJW 1982, 2558 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding = BB 1982, 1075; vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 4. 8 Beschl. v. 1.7.1994, EWiR § 51 GenG 1994 m. Anm. Schaffland.
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ters zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse führt,9 sieht § 51 Abs. 2 in solchen Fällen ausdrücklich nur Anfechtbarkeit vor. Dagegen können genossenschaftsspezifische Gründe zur Nichtigkeit führen, dies 10 z.B. bei Beschlüssen, die in krassem Widerspruch zu anerkannten genossenschaftlichen Grundsätzen stehen – wie die Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung.10 Vergleichbar auch Fälle, in denen rechtlich vorgegebene genossenschaftliche Strukturen missachtet werden, z.B. durch Eingriffe der GV/VV entgegen § 27 Abs. 1 in Einzelfragen der Geschäftsleitung, oder Vorstandsbeschlüsse, die den Kernbereich der eG berühren und damit nur von der GV/VV entschieden werden können (s.a. § 27 Rdn. 19 u. § 43 Rdn. 10). Ein GV/VV-Beschluss ist grundsätzlich nur dann nichtig, wenn gegen zwingende 11 (gesetzliche oder satzungsmäßige) Vorschriften verstoßen wird, die vor allem im öffentlichen Interesse ergangen sind und auf deren Einhaltung die Beteiligten nicht wirksam verzichten können, sofern der Mangel offenkundig ist.11 Nichtigkeit ist also dann gegeben, wenn ein Beschluss zu einem „rechtlich und sittlich unvertretbaren Zustand“ führen würde.12 Nichtigkeit eines Beschlusses schließt eine nachträgliche Genehmigung oder „Heilung“ grundsätzlich aus.13 Gem. § 242 AktG kann unter den dort genannten Voraussetzungen durch Zeitablauf und Eintragung im Handelsregister Heilung nichtiger Beschlüsse eintreten; im Übrigen soll die unverzügliche Genehmigung eines übergangenen Gesellschafters ebenfalls zur Heilung führen.14 Die Abgrenzung zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit kann nur fallbezogen durchgeführt werden. Besondere Umstände des Einzelfalles können Nichtigkeit begründen auch in Sachverhalten, die allgemein nur zur Anfechtbarkeit führen. Fälle der Nichtigkeit sind z.B.: 12 – Einberufung der GV/VV durch einen offensichtlich Unbefugten;15 allerdings keine Nichtigkeit, wenn alle Mitglieder erschienen und einverstanden sind. Keine Nichtigkeit, wenn ein im Genossenschaftsregister eingetragener Vorstand die GV/VV einberufen hat, obwohl bei der Bestellung Mängel vorliegen.16 Ebenfalls keine Nichtigkeit (jedoch Anfechtbarkeit), wenn entgegen der Satzung nicht der Aufsichtsrat, sondern nur der Aufsichtsratsvorsitzende die GV/VV einberuft.17 Keine Nichtigkeit, wenn Vorstandsmitglieder die GV/VV einberufen, obwohl die Mitgliedschaft noch nicht durch Eintragung erworben ist, die Beitrittserklärung jedoch vorliegt. Dies muss insb. in Fällen einer Notbestellung des Vorstands gelten. – Entgegen früherer Auffassung18 ist fehlende Beschlussfähigkeit kein Nichtigkeitssondern nur ein Anfechtungsgrund.19 – Wenn der Beschluss seinem Inhalt nach gegen die guten Sitten verstößt.20
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9 OLG Frankfurt DB 1983, 2678. 10 Beuthien GenG § 51 Rdn. 7; vgl. OLG Nürnberg DB 1982, 166. 11 Vgl. RGZ 118, 72; 120, 28; 120, 363; für Vereinsrecht vgl. BGHZ 59, 369, 372; auch BGH DB 1987, 1829 = ZIP 1987, 1117. 12 LG Bonn Urt. v. 30.1.1979, Az. 2 O 336/78. 13 Vgl. OLG Frankfurt DB 1983, 2678. 14 Vgl. OLG Frankfurt a.a.O. 15 BGHZ 18, 334. 16 RG JW 1936, 2311. 17 LG Bonn Urt. v. 30.1.1979, Az. 2 O 336/78. 18 RGZ 76, 170; KG OLG 32, 129. 19 BGH Beschl. v. 1.7.1994, Az. BLw 17/94, WM 1994, 1770 = ZIP 1994, 1221 = EWiR § 51 GenG 1994, 1099 m. Anm. Schaffland. 20 RGZ 115, 378; 131, 141; BGHZ 15, 382 = NJW 1955, 221.
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Wenn der Beschluss durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse liegt.21 Überschreitung der Zuständigkeit der GV/VV.22 Die beschließende Versammlung hat überhaupt nicht die Eigenschaft einer GV/VV.23 Wenn nach einer Verschmelzung die VV der übernehmenden eG Beschlüsse fasst, ohne dass zuvor Ergänzungswahlen zur VV für den Bereich der übertragenden eG durchgeführt wurden.24 Nichtigkeit auch bei absolut unsinniger Protokollierung, wie z.B. wenn ein nicht gefasster Beschluss protokolliert und der gefasste Beschluss überhaupt nicht protokolliert wird, so dass sein Inhalt nicht eindeutig feststellbar ist.25 Beschluss über Zahlungen zur Verlustdeckung außerhalb gesetzlicher Möglichkeiten.26 Wenn der Beschluss besondere Vertragsrechte einzelner Mitglieder verletzt.27 Nichteinladung stimmberechtigter Mitglieder zu einer beschließenden GV/VV.28 Nach Auffassung des OLG Jena führen Mängel in der Einberufung der GV/VV grundsätzlich zur Nichtigkeit der in der GV/VV gefassten Beschlüsse, jedenfalls dann, wenn offenkundig ein Mitglied bei der Einladung übergangen worden ist. In diesen Fällen sei auch der Nachweis fehlender Ursächlichkeit für den Beschluss nicht zugelassen.29 Bei der Bewertung dieser Sachverhalte muss weiter differenziert werden: Es ist auch zu prüfen, welche Bedeutung die Nichteinladung und die Beschlüsse für die eG und das Mitglied haben. Bei einer eG mit mehreren tausend Mitgliedern wäre es nicht angemessen, bei Nichteinladung eines Mitglieds Nichtigkeit der Beschlüsse anzunehmen, dies umso mehr, wenn dieses Mitglied z.B. kein Interesse an der GV/ VV gezeigt hatte, indem es längere Zeit auf eine Teilnahme verzichtet hatte. Hier kann auch eine Anfechtung unzulässig sein (s. Rdn. 6, 27). Wenn der genossenschaftliche Gleichbehandlungsgrundsatz vorsätzlich verletzt wird;30 Gleiches gilt bei Verstößen, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz absolut gilt (vgl. Erl. unten Rdn. 27). Offenkundiges Fehlen der satzungsmäßigen Mehrheit bei der Beschlussfassung,31 wobei allerdings bei nicht offenkundigen Mängeln nur Anfechtbarkeit gegeben sein dürfte (Rdn. 27). Verstöße gegen Anordnungen der BaFin gem. § 45 KWG.32 Offensichtlich fehlerhafte Bekanntmachung von Tagesordnungspunkten.33 Nichtankündigung von Beschlussgegenständen führt im Zweifel zur Nichtigkeit;
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21 BayObLG DB 1991, 2329. 22 OGHZ 2, 197. 23 RGZ 141, 230. 24 OLGR Zweibrücken 2007, 750 ff.; s. Erl. § 43a Rdn. 85. 25 RGZ 125, 143. 26 OLG Braunschweig JW 1936, 1387. 27 RGZ 124, 182. 28 BGHZ 59, 369 für den Verein; allerdings nur, wenn dies zumindest Einfluss auf das Abstimmungsergebnis haben kann, wobei die Beweislast bei der eG liegt, vgl. BGHZ, ebd., 374 ff. 29 OLG Jena, Beschl. v. 8.8.1994, ZIP 21/1994, A 132 gegen BGHZ 59, 369. 30 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 17. 31 Vgl. RGZ 76, 171; KGJ 41, 151. 32 Nicht dagegen bei Verstoß gegen das – inzwischen aufgehobene – WGG oder gegen Anordnungen der Anerkennungsbehörde – BGH NJW 1959, 332. 33 Vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 9.
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dies gilt auch, wenn wesentliche Beschlüsse unter „Verschiedenes“ gefasst werden (vgl. § 46 Rdn. 24).34 Wenn das Beschlussergebnis vom Versammlungsleiter nicht festgestellt wurde oder wenn die Feststellung (Verkündung) offensichtlich und zweifelsfrei willkürlich ist.35 In sonstigen Fällen fehlerhafter Feststellung nur Anfechtung. Beschlüsse sind unwirksam, wenn sie mit dem Wesen der eG unvereinbar sind (analog § 241 Nr. 3 AktG).36 Die Nichtigkeit von Beschlüssen der GV/VV kann sich im Übrigen auch aus allgemeinen Vorschriften ergeben, wie z.B. aus §§ 123 (nach Anfechtung), 138, 242, 823, 826 BGB.37 Wg. Missachtung von Voraussetzungen zur Wählbarkeit vgl. § 36 Rdn. 19.
Die Nichtigkeit eines Beschlusses der GV/VV gilt allgemein. Weder dürfen solche Beschlüsse von den Organen der eG beachtet, noch zum Genossenschaftsregister angemeldet und eingetragen werden.38 Falls das Registergericht Gründe für eine Nichtigkeit zu erkennen glaubt, muss es entsprechende Ermittlungen anstellen. Die Anregung hierzu kann auch vom Vorstand oder Mitgliedern der eG ausgehen. Für Dritte gibt es keinen Schutz des guten Glaubens an die Wirksamkeit nichtiger Beschlüsse der GV/VV. U. U. können sich Dritte jedoch auf einen von der eG veranlassten Rechtsschein berufen. Im Falle, dass die Nichtigkeitsgründe nur auf einen Teil des Beschlusses wirken, findet § 139 BGB (Teilnichtigkeit) entsprechende Anwendung.39 Die Nichtigkeit kann im Wege der Feststellungsklage von jedem geltend gemacht werden, der ein entsprechendes Feststellungsinteresse hat.40 Für eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die nur zwischen den Klageparteien wirkt, besteht dann kein Feststellungsinteresse, wenn der Beschluss alle Mitglieder betrifft; hier ist nur die Nichtigkeitsklage als besondere Feststellungsklage zugelassen.41 Für die Nichtigkeitsklage ist ausschließlich das Landgericht am Sitz der eG zuständig (entsprechende Anwendung von § 246 Abs. 3 S. 1 AktG). Die Nichtigkeitsklage muss – wie die Anfechtungsklage – auch dem Aufsichtsrat zugestellt werden, da die eG auch hierbei durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten wird; § 249 AktG ist auch hinsichtlich der formalen Voraussetzungen analog anwendbar.42 Berufung und Revision sind unabhängig vom Streitwert zulässig.43 Die Nichtigkeitsklage ist an keine Frist gebunden.44 Das Recht auf Klage gem. § 256 ZPO z.B. wegen Feststellung der Nichtigkeit eines Ausschlusses aus der eG ist verwirkt, wenn die Klage nicht innerhalb einer angemessenen Frist erhoben wird45 (s. Erl. zu § 68 Rdn. 39). Die Nichtigkeit von Beschlüssen der GV/VV kann in analoger Anwendung von
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34 A.A. OLGR Celle 1997, 16 ff., wonach Beschluss unter „Verschiedenes“ nur anfechtbar und nicht nichtig ist, wenn der Beschlussgegenstand zuvor unter „Verschiedenes“ angekündigt worden war. 35 BayObLG DB 1991, 2329. 36 Müller GenG § 51 Rdn. 15; vgl. BGH WM 1982, 582 = DB 1982, 1317 = NJW 1982, 2558. 37 Vgl. BGH NJW 1952, 98 = BB 1952, 10. 38 Vgl. Lutter NJW 1969, 1873 ff.; Müller GenG § 51 Rdn. 23. 39 Hüffer AktG § 241 Rdn. 33; Müller GenG § 51 Rdn. 25. 40 Vgl. Hüffer AktG § 249 Rdn. 4; Müller GenG § 51 Rdn. 29; Beck Gen-HB/Gätsch § 5 Rdn. 217. 41 Vgl. BGH BB 1978, 629 = DB 1978, 977 = NJW 1978, 1325 aber Rdn. 128. 42 BGH a.a.O. 43 Müller GenG § 51 Rdn. 31. 44 BGHZ 70, 387. 45 OLG Frankfurt ZfG 1990, 276; Beuthien GenG § 68 Rdn. 21.
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§ 242 Abs. 2 S. 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluss in das Genossenschaftsregister eingetragen worden ist (z.B. Satzungsänderungen, Bestellung von Vorstandsmitgliedern, Verschmelzungsbeschlüsse) und seitdem drei Jahre vergangen sind.46 Diese nachträgliche Heilung ist allerdings ausgeschlossen, wenn ein rechtskräftiges Urteil über die Nichtigkeit des Beschlusses besteht. Die Dreijahresfrist beginnt mit der Eintragung im Genossenschaftsregister. Für die Erhebung der Nichtigkeitsklage (Klage auf Feststellung der Nichtigkeit) ist kein besonderes Feststellungsinteresse erforderlich; dieses Interesse ergibt sich stets aus der Zugehörigkeit zur eG.47 Eine Löschung nichtiger Beschlüsse von Amts wegen kommt entsprechend §§ 398, 18 395 FamFG nur in Betracht, wenn sie ihrem Inhalt nach zwingende gesetzliche Vorschriften verletzen und wenn die Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint. Löschung erfolgt aber auch, wenn ein Beschluss erkennbar und offensichtlich gar nicht vorliegt.48 In dieser Vorschrift ist in erster Linie der Gesichtspunkt der Löschung von Amts wegen behandelt und nicht die Frage, wann ein Beschluss der GV/VV nichtig ist. Die Auffassung, dass auch ein Verstoß gegen zwingende satzungsmäßige Vorschriften zur Nichtigkeit führen kann, steht daher nicht im Widerspruch zur Vorschrift des § 398 FamFG. 3. Sonstige Unwirksamkeit von Beschlüssen. Beschlüsse können schwebend un- 19 wirksam sein, wenn der Mangel noch nachträglich beseitigt werden kann. Dies gilt z.B. bei Beschlüssen, die nur mit Zustimmung bestimmter Mitglieder wirksam werden können, weil sie in deren Rechte eingreifen (vgl. § 35 BGB Sonderrechte und Erl. zu § 18). Für solche schwebend unwirksamen Beschlüsse gelten weder die Regeln der Nichtigkeit noch die der Anfechtbarkeit.49 Schwebend unwirksame Beschlüsse werden nicht nach Ablauf der Anfechtungsfrist (§ 51) wirksam.50 Sie können aber von den betroffenen Mitgliedern genehmigt und damit rückwirkend wirksam gemacht werden.51 Die Genehmigung kann auch außerhalb der GV/VV ausdrücklich oder stillschweigend erteilt werden.52 Soweit im Zusammenhang mit einer Willensbildung in der eG ein Beschluss in der 20 GV/VV überhaupt nicht zustande gekommen ist, handelt es sich um einen „Scheinbeschluss“.53 Im Wege der Feststellungsklage kann jedoch festgestellt werden, dass ein wirksamer Beschluss der GV/VV nicht vorliegt (§ 256 ZPO). Zur vorläufigen Sicherung des bestehenden Zustands kann eine einstweilige Verfügung nach § 940 ZPO beantragt werden.54 Nichtigkeit kann sich nicht nur auf Beschlüsse der GV/VV beziehen, sondern auch 21 Maßnahmen der Unternehmensleitung erfassen, insb. wenn die Zuständigkeit überhaupt fehlt. Beispiel: Vorstand beschließt den Jahresabschluss ohne Feststellung durch die GV/VV. Beschließt der Vorstand Maßnahmen, die den „Kernbereich“ der eG betreffen, ohne den erforderlichen Beschluss der GV/VV einzuholen, ist der Vorstandsbe-
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46 LG Würzburg Urt. v. 22.12.1983, Az. 1 O 2052/83; Schaffland DB 1978, 1266. 47 BGHZ 43, 261, 265. 48 Vgl. BayObLG DB 1991, 2339. 49 Vgl. BGHZ 15, 181. 50 RGZ 37, 65; 51, 91. 51 BGHZ 15, 177. 52 RGZ 68, 265; 128, 34; zu weitgehend RGZ 140, 246, wonach die Genehmigung schon darin liegen soll, dass die nicht erschienenen, anfechtungsberechtigten Mitglieder die Anfechtungsfrist verstreichen lassen. 53 Vgl. BGHZ 11, 236; Müller GenG § 51 Rdn. 5. 54 Vgl. LG Marburg Urt. v. 24.3.1976, Az. 2 O 87/76.
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schluss nichtig; die auf seiner Grundlage abgeschlossenen Rechtsgeschäfte aber wirksam, vgl. Erl. § 43 Rdn. 11. II. Gegenstand und Gründe der Anfechtung (Abs. 1) 1. Beschlüsse der GV/VV. Gegenstand der Anfechtung gem. § 51 können grundsätzlich nur Beschlüsse sein, die in der GV oder VV gefasst worden sind. Es ist dabei unerheblich, ob es sich um Beschlüsse zu Sachfragen oder Verfahrensfragen handelt, ob ein Antrag abgelehnt oder angenommen worden ist. Auch Wahlen können Gegenstand von Anfechtungsklagen sein.55 Nach Auffassung des BGH56 müssen die für die Anfechtung und Nichtigkeit von Beschlüssen der GV maßgeblichen Regeln z.B. auch für die Wahl zur VV entsprechend gelten, auch wenn nicht durch einen Beschluss der VV, sondern des Wahlausschusses das Ergebnis der Wahl festgestellt worden ist. Beschlüsse außerhalb der GV/VV, wie z.B. auf Bezirksversammlungen, unterliegen grundsätzlich nicht der Anfechtung nach dem GenG; auch Beschlüsse anderer Organe sind dieser Anfechtung entzogen. Voraussetzung der Anfechtbarkeit ist im Übrigen auch, dass es sich um ein formales Beschlussverfahren gehandelt hat (vgl. hierzu Erl. zu § 43 Rdn. 50 ff.). Falls sich der die Anfechtung begründende Mangel nur auf einen Teil des Beschlus23 ses auswirkt, ist § 139 BGB (Teilnichtigkeit) entsprechend anzuwenden.57 Dies bedeutet, dass z.B. bei der Wahl mehrerer Mitglieder zum Aufsichtsrat nur der Wahlvorgang von der Anfechtbarkeit und dem Anfechtungsverfahren betroffen ist, bei dem konkrete Mängel vorliegen; die anderen Wahlvorgänge bleiben davon unberührt und sind rechtswirksam. 22
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2. Verletzung von Gesetz oder Satzung. Ein Verstoß gegen Gesetze, der zur Anfechtung berechtigt, kann sich auf das Verfahren der Beschlussfassung wie auch auf den Beschlussinhalt beziehen.58 Die verletzte Rechtsnorm muss nicht dem Genossenschaftsrecht zuzuordnen sein, es kommt vielmehr jede Rechtsnorm, also Gesetze oder Verordnungen in Betracht. Verstöße gegen einzelvertragliche Vereinbarungen59 oder die Verletzung reiner Ordnungsvorschriften können eine Anfechtung nicht begründen. Die Abgrenzung im einzelnen Fall ist schwierig, zumal „Sollvorschriften“ in vielen Fällen als eindeutige Rechtspflicht gemeint sind, in anderen aber den Charakter von Ordnungsregelungen haben („sollte“). Die Verletzung von Satzungsbestimmungen führt gem. § 51 unter den gleichen Voraussetzungen zur Anfechtbarkeit wie die Verletzung gesetzlicher Vorschriften. Dies gilt grundsätzlich sowohl für Vorschriften zum Verfahren, als auch hinsichtlich eines Beschlussinhaltes. Ein Verstoß gegen Gesetz oder Satzung kann nur dann die Anfechtung begründen, 25 wenn er für das Beschlussergebnis ursächlich ist (Kausalität).60 Es dürfte allerdings eine natürliche Vermutung dafür sprechen, dass der Mangel auch für den Beschluss
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55 Dabei gilt auch die einmonatige Anfechtungsfrist gem. § 51 Abs. 1 Satz 2 analog, s. Fn. 143. Eine unbefristete Klage nach § 256 ZPO auf „Feststellung der Nichtigkeit der Wahl“ ist unzulässig, da das GenG mit § 51 GenG, der analog anzuwenden ist, ein besonderes Verfahren vorsieht, OLG Schleswig-Holstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08. 56 BGH WM 1982, 582 = DB 1982, 1317 = NJW 1982, 2558 = ZfgG 1982, 296 m. Anm. Hadding = BB 1982, 1075; so auch Beuthien GenG § 51 Rdn. 14. 57 Vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 59. 58 Müller GenG § 51 Rdn. 43. 59 Vgl. RGZ 83, 380. 60 Vgl. BGHZ 36, 121; BGHZ 59, 369; Müller GenG § 51 Rdn. 45; s. aber Rdn. 27 für Verletzung des Auskunftsrechts.
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ursächlich war.61 Die Stimmabgabe ohne Stimmrecht führt nicht zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses, wenn feststeht, dass diese Stimme ohne Einfluss auf das tatsächliche Beschlussergebnis war.62 Kausalität dürfte demgegenüber stets gegeben sein, wenn das Ergebnis eines Beschlusses z.B. auf falschen Informationen durch den Vorstand beruht. Keine Anfechtbarkeit mithin, wenn der Mangel das Ergebnis nicht beeinflusst haben kann,63 was die eG beweisen muss (vgl. auch Rdn. 40 sowie wegen der Beweislast Rdn. 63). Auch Verstöße gegen gesetzliche Regelungen außerhalb des GenG können die An- 26 fechtung begründen, z.B. §§ 82 ff. oder § 260 UmwG. Verstoß gegen die guten Sitten § 138 BGB kann grundsätzlich Anfechtbarkeit begründen. Dies z.B. bei Machtmissbrauch der Mehrheit in der GV/VV ohne Rücksicht auf das Wohl der eG und zum Schaden einer Minderheit.64 27 Einzelne Fälle der Anfechtbarkeit: – Mängel der Einberufung der GV/VV, falls sie nicht so schwerwiegender Natur sind, dass die Versammlung überhaupt nicht als GV/VV gelten kann;65 Beispiele: Fehlt der Beschluss des für die Einberufung zuständigen Organs, so ist die Nichtigkeit die Folge;66 ist der Beschluss des Einberufungsorgans nur mangelhaft, z.B. weil ein Vorstandsmitglied nicht geladen war, so folgt daraus Anfechtbarkeit; – Einberufung an einen unzulässigen Ort;67 – zu unzulässiger Zeit;68 – Nichteinhaltung der Einberufungsfrist; – Mängel in der Ankündigung von Tagesordnungspunkten;69 Nichtankündigung von Tagesordnungspunkten führt im Zweifel zur Nichtigkeit (vgl. Rdn. 12). Kein Mangel, wenn alle erschienen und einverstanden;70 – Nichterreichen der gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebenen Beschlussmehrheit bei der Beschlussfassung.71 Dies gilt insb. auch für den Fall, dass Stimmen zu Unrecht mitgezählt worden sind.72 Hat in der GV/VV der Vorsitzende zu Unrecht verkündet, ein Antrag sei wegen Fehlens der erforderlichen Stimmenmehrheit abgelehnt, so kann die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage mit dem Antrag auf Feststellung verbunden werden, dass der Beschluss wirksam mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen ist. 73 War das Nichterreichen der erforderlichen Mehrheit offenkundig, ist Nichtigkeit gegeben (Rdn. 12); – fehlende Beschlussfähigkeit;74 – unzulässige Beeinflussung der Abstimmung;75
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61 Vgl. BGHZ 14, 267; 36, 139; Müller GenG § 51 Rdn. 45. 62 Vgl. BGH NJW 1952, 98. 63 BGHZ 59, 374. 64 RGZ 119, 97, 104. 65 BGHZ 18, 334; BGHZ 59, 369; LG Bonn Az. 2 O 336/78. 66 Arbeitsgericht Mainz Urt. v. 28.8.1989, Az. 1 Ca 2088/87 nimmt für diesen Fall allerdings nur Anfechtbarkeit an. 67 BayObLG NJW 1959, 485; LG Würzburg Urt. v. 22.12.1983, Az. 1 O 2052/72. 68 Vgl. LG Darmstadt BB 1981, 72. 69 Vgl. RGZ 141, 230. 70 Vgl. hierzu BGH DB 1987, 1829 = ZIP 1987, 1117. 71 BGHZ 14, 25 = 1954, 757 = NJW 1954, 1401; BGH WM 1960, 860; BGH BB 1961, 802; LG Wuppertal GW 1964, 81. 72 BGH NJW 1984, 1039. 73 BGH BB 1980, 646. 74 BGH Beschl. v. 1.7.1994, EWiR § 51 GenG 1994 m. Anm. Schaffland; s. Rdn. 16; Beuthien GenG § 43 Rdn. 8. 75 RGZ 114, 246; LG Würzburg v. Urt. 22.12.1983, Az. 1 O 2052/83.
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unangemessene Beschränkung der Redezeit;76 Generell berechtigen Rechtsverletzungen im Verlauf des Abstimmungsverfahrens zur Anfechtungsklage;77 Beschluss, der den Vorstandsmitgliedern trotz eines schwerwiegenden und eindeutigen Gesetzesverstoßes Entlastung erteilt, ist anfechtbar;78 keine Anfechtbarkeit, wenn zur Zeit der von Vorstand und Aufsichtsrat vorgenommenen Handlung die Rechtslage umstritten war und eine höchstrichterliche Rechtsprechung fehlte;79 Teilnahme von Nichtmitgliedern an der Abstimmung,80 aber nur, wenn dadurch das Ergebnis der Abstimmung beeinflusst wird; Folgt die Wahl in den Aufsichtsrat Wahlvorschlägen des Vorstands oder einzelner Vorstandsmitglieder, so begründen diese Vorschläge die Anfechtbarkeit der Wahl. Stimmt die GV/VV über einen gesetzes- oder satzungswidrigen Vorschlag ab, ist der Rechtsfehler kausal für das Ergebnis der Wahl81 (s. auch § 36 Rdn. 24); ein GV/VV-Beschluss, der durch Machtmissbrauch oder Einschüchterung zustande gekommen ist;82 unzulässige Beeinflussung der Abstimmung durch interne Maßnahmen;83 Missbrauch des Stimmrechts;84 Die Verletzung des Auskunftsrechts der Mitglieder kann nunmehr auch dann die Anfechtung eines Beschlusses begründen, wenn sie für das Beschlussergebnis nicht ursächlich war;85 unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Versammlungsleiter;86 mit der Anfechtung kann der Antrag auf Feststellung des tatsächlich gefassten Beschlusses verbunden werden;87 Verletzung des genossenschaftlichen Gleichheitsgrundsatzes,88 soweit jedoch der Grundsatz absoluter Gleichbehandlung gilt (Höhe des Geschäftsanteils und der Haftsumme, Recht zum Ausscheiden aus der eG) führen Verstöße zur Nichtigkeit.89 Nichtigkeit auch bei vorsätzlichen Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz; Verletzung der Treuepflicht;90
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76 LG Würzburg a.a.O. 77 BGH NJW 1984, 1038. 78 BGH Urt. v. 25.11.2002, NJW 2003, 970 = BB 2003, 806 (zur AG; Verstoß des Vorstands gegen § 43 IV BörsG a.F.); BGH WM 1967, 503. 79 BGH Urt. v. 10.7.2012, Az. II ZR 48/11, NJW 2012, 3235 Rdn. 22 f.; OLG Köln Urt. v. 31.1.2013, Az. 18 U 21/12, BB 2013, 592; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 86b zur AG. 80 RGZ 106, 263. 81 OLG Hamm ZIP 1985, 741 = ZfgG 1986, 154. 82 BGHZ 8, 348 = NJW 1953, 740. 83 RGZ 119, 243; RG JW 1936, 181. 84 BGHZ 48, 141. 85 BGH Urt. v. 18.10.2004, Az. II ZR 250/02, NJW 2005, 828 = BB 2005, 65 (zur AG): Werden einem Aktionär Auskünfte vorenthalten, die aus der Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs in der Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung „erforderlich“ sind, liegt darin zugleich ein „relevanter“ Verstoß gegen das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht des betreffenden Aktionärs, ohne dass es darauf ankommt, ob der tatsächliche Inhalt der in der Hauptversammlung verweigerten Auskunft einen objektiv urteilenden Aktionär von der Zustimmung zu der Beschlussvorlage abgehalten hätte – Bestätigung der neueren „Relevanz“-Rechtsprechung, BGH v. 12.11.2001, NJW 2002, 1128 = BB 2002, 165. 86 Vgl. RGZ 142, 123; 116, 83; 122, 102; 125, 143; 166, 175; BGH BB 1980, 646. 87 BGH BB 1980, 646. 88 RGZ 118, 72. 89 Vgl. JZ 56, 363; RGZ 118, 67; KG JFG 2, 276; Paulick S. 263. 90 BGH DB 1996, 1273; BGHZ 103, 184 = DB 1988, 593 für AG; BGHZ 76, 352 = DB 1980, 870 für GmbH.
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Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei Beschluss der GV/VV über den Ausschluss eines Mitglieds91 (s. aber § 68 Rdn. 33); Die „fehlerhafte“ Leitung der GV/VV durch eine Person, die in der Satzung dafür nicht vorgesehen ist, hat auf die Wirksamkeit der Beschlüsse grundsätzlich keine Auswirkung, da es sich im Zweifel um eine reine Ordnungsvorschrift handelt; Anfechtbarkeit aber dann gegeben, wenn gerade dieser Mangel ursächlich war für einen bestimmten Beschluss;92 Fehlt eine Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter überhaupt, so liegt kein wirksamer Beschluss vor, so dass eine Anfechtung ausscheidet;93 Anfechtbar sind Beschlüsse, die die Grenzen der genossenschaftlichen Duldungspflicht für Mitglieder überschreiten;94 Verschmelzungsbeschluss ohne Gutachten des Prüfungsverbands gem. § 81 UmwG.95 III. Befugnis zur Anfechtung (Abs. 2)
1. Anfechtung durch erschienene Mitglieder. Die Klageberechtigung ist in Abs. 2 28 zwingend und erschöpfend geregelt; sie kann durch die Satzung weder eingeschränkt noch erweitert werden (§ 18). Soweit diese Klageberechtigung fehlt, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Zur Anfechtung befugt ist zunächst jedes in der GV erschienene Mitglied, das gegen den anzufechtenden Beschluss Widerspruch zu Protokoll erhoben hat; zur VV siehe Rdn. 38, 44, 47, 54 u. 55. Die Mitgliedschaft muss zur Zeit der GV noch bestehen; späteres Ausscheiden aus 29 der eG beendet nicht die Anfechtungsbefugnis.96 Die Frage, ob und wie lange die Mitgliedschaft nach der GV noch fortbestehen muss, ist im Übrigen in der Literatur umstritten. Nach zutreffender Meinung geht die Klagebefugnis nicht dadurch unter, dass der Berechtigte aus der eG ausscheidet, nachdem die Voraussetzungen des § 51 erfüllt sind.97 Es ist nicht einzusehen, dass ein Mitglied, das z.B. einen Beschluss über die Abschreibung der Geschäftsguthaben zur Beseitigung von Verlusten angefochten hat, nur deshalb sein Anfechtungsrecht verlieren sollte, weil es zwischenzeitlich nicht mehr Mitglied der eG ist. Bei Ausschluss s. Rdn. 35. Besteht allerdings für ein ausgeschiedenes – z.B. nach abgeschlossener Auseinandersetzung – Mitglied kein berechtigtes Interesse mehr an der Anfechtung, so ist für dieses die Anfechtungsklage ausgeschlossen.98 Mit der genossenschaftlichen Treuepflicht ist es unvereinbar, wenn ein Mitglied in Ausübung formaler Rechtsbefugnisse ohne Rücksicht auf das Wohl der eG Anfechtungsklage erhebt99 (s. Rdn. 6). Nach der Neuregelung durch § 77 geht das durch ein Mitglied be-
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91 BGH DB 1996, 1273. 92 LG Münster Urt. v. 15.12.1982, Az. 16 O 581/82. 93 Müller GenG § 51 Rdn. 48. 94 AG Mainz Az. 10 C 360/85. 95 LG Würzburg Urt. v. 22.12.1983, Az. 1 O 2052/83, damals noch zur Anhörung des Prüfungsverbandes nach § 93b Abs. 2 GenG (weggefallen). 96 RGZ 66, 134; 119, 99. 97 BGHZ 43, 261 = NJW 1956, 1378 = BB 1965, 515; Paulick S. 264; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 134; BerlKomm/Keßler GenG § 51 Rdn. 14; a.A. Müller GenG § 51 Rdn. 73. 98 Vgl. BGHZ 43, 261, 267; RGZ 66, 134; 119, 97; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 134. 99 RGZ 147, 257, 270.
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gründete Anfechtungsrecht auf die Erben über. Mehrere Erben eines Mitglieds können das Anfechtungsrecht nur gemeinschaftlich ausüben.100 „Erschienen“ in der GV sind solche Mitglieder, die zu irgendeinem Zeitpunkt an der GV teilgenommen haben, und zwar entweder persönlich oder durch einen Vertreter. Es ist nicht erforderlich, dass der Anfechtende (oder sein Vertreter) im Zeitpunkt der Beschlussfassung im Versammlungsraum anwesend war oder sich an der Abstimmung beteiligt hat.101 Wenn Mitglieder erklären, sie seien nicht ordnungsgemäß eingeladen und würden nur als Gäste an der GV teilnehmen, sich danach aber an der Beschlussfassung beteiligen, sind sie „erschienene Mitglieder“. Weitere Voraussetzung ist, dass das erschienene Mitglied „Widerspruch zu Protokoll“ erhoben hat. Der Wortlaut dieser Erklärung ist nicht entscheidend; es kommt nur darauf an, dass sich aus der Erklärung die Absicht ergibt, dem Beschluss widersprechen zu wollen.102 Es muss auch nicht ausdrücklich erklärt werden, dass der Widerspruch in das Protokoll aufgenommen werden soll. So genügt es z.B. „Protest“ zu erheben oder eine „Beanstandung“ auszusprechen.103 Nach OLG Oldenburg104 ist ein Widerspruch gegen Entzug des Stimmrechts nicht zugleich als genereller Widerspruch gegen die in der GV gefassten Beschlüsse anzusehen. In dieser Allgemeinheit ist die Entscheidung nicht unbedenklich: Der Wille dieses Mitglieds dürfte regelmäßig dahin gehen, sich allgemein gegen die fehlerhafte Willensbildung in dieser GV zu wehren. Erklärung des Widerspruchs „zu Protokoll“ bedeutet, dass der Erklärende den Willen zu erkennen gibt, dass seine Erklärung in die Niederschrift aufgenommen wird.105 Eine Verwahrung gegen den Stil der Diskussion oder eine Auseinandersetzung über den Inhalt eines Beschlussgegenstands ist kein Widerspruch zu Protokoll ebenso wenig eine Ankündigung, es werde Widerspruch erhoben.106 Der Widerspruch ist wirksam erklärt, wenn aus dem Protokoll hervorgeht, dass der Anfechtende mit dem Beschluss nicht einverstanden war.107 Wegen Einzelheiten der Abgrenzung vgl. OLG Hamm, a. a. O., wenn auch in den einzelnen Abgrenzungskriterien etwas problematisch. Der Widerspruch kann vor der Beschlussfassung wie auch nach der Beschlussfassung erklärt werden, und zwar bis zum Ende der GV. Grundsätzlich muss der Widerspruch gegen konkrete Beschlüsse erhoben werden.108 Genereller Widerspruch zulässig gegen nicht ordnungsgemäße Einladung der GV oder nicht ordnungsgemäße Ankündigung der Tagesordnung.109 Durch Teilnahme an der Abstimmung und Zustimmung wird der vor der Abstimmung erhobene Widerspruch verwirkt, vgl. nachfolgende Rdn.110 Die Anfechtung eines Beschlusses durch ein erschienenes Mitglied wird grundsätzlich dadurch ausgeschlossen, dass es für den Beschluss gestimmt hat.111 Andernfalls verstößt eine Anfechtung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB, venire contra factum pro-
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100 Vgl. BGHZ 24, 124; BGH WM 1962, 419; BGH NJW 1966, 1459. 101 So Müller GenG § 51 Rdn. 76. 102 LG Arnsberg Urt. v. 17.11.1983, Az. 9 O 192/83; Beuthien GenG § 51 Rdn. 30. 103 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 123. 104 NJW 1975, 1790. 105 Zutreffend Müller GenG § 51 Rdn. 77. 106 LG Darmstadt Urt. v. 28.4.1994, Az. 4 O 646/93. 107 OLG Hamm ZIP 1985, 741 = ZfgG 1986, 154. 108 LG Darmstadt Urt. v. 28.4.1994, Az. 4 O 646/93. 109 LG Darmstadt a.a.O.; vgl. RGZ 53, 291; RG JW 1936, 181; RG Recht 1905, Nr. 2741; LG Arnsberg v. 17.11.1983, Az. 9 O 192/83. 110 LG Arnsberg Urt. v. 17.11.1983, Az. 9 O 192/83. 111 A.A. noch die Vorauflagen, wie hier BGH Urt. v. 21.6.2010, Az. II ZR 24/09, Rdn. 38, AG 2010, 632; OLGR Celle 1997, 16 ff.; LG Darmstadt GWW 1975, 570; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 127; Beuthien GenG § 51 Rdn. 30: keine Anfechtung wenn Anfechtender zuvor für Beschluss gestimmt hat.
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prium).112 Dies gilt nicht für die Ausübung von zusätzlichen weisungsgebundenen Stimmrechtsvollmachten (vgl. § 43 Rdn. 93) oder wenn der mutmaßliche Wille des Stimmrechtsvollmachtgebers bekannt ist. Stirbt ein Mitglied, das an der GV teilgenommen hat, sind die Erben nur dann zur Anfechtung befugt, wenn das Mitglied Widerspruch erhoben hatte. Haben Miterben (vertreten durch einen gemeinschaftlichen Vertreter) an der GV teilgenommen, können sie ihr Anfechtungsrecht nur ausüben, wenn der Vertreter Widerspruch erhoben hat. Ist ein Mitglied ausgeschlossen, so verliert es mit der Absendung des Briefes i.S.v. § 68 Abs. 2 S. 2 ein Anfechtungsrecht. Dies folgt daraus, dass dieses Recht nur Mitgliedern zusteht und Ausgeschlossene keine Berechtigung daran haben, gestaltend in die Verhältnisse der eG einzugreifen. Wird der Ausschluss rechtskräftig für unwirksam erklärt, so besteht das zwischenzeitlich ruhende Anfechtungsrecht weiter unter der Voraussetzung, dass die Klagefrist eingehalten wurde (s. auch § 68 Rdn. 43; aber Rdn. 29 ff.). Nicht erforderlich ist, dass der erklärte Widerspruch auch protokolliert wird.113 Die Aufnahme in die Niederschrift hat vielmehr nur Bedeutung für den Nachweis der Klagebefugnis.114 Der Anfechtungskläger kann die Erklärung des Widerspruchs auch durch andere Beweismittel, z.B. durch Zeugen nachweisen.115 Der Widerspruch bedarf keiner Begründung; in der Anfechtungsklage ist der Kläger an eine früher gegebene Begründung nicht gebunden. Das Mitglied kann den erklärten Widerspruch jederzeit zurücknehmen.116 Da ein Mitglied ohnehin auf die Anfechtungsbefugnis verzichten kann, dürfte dieser Streitfrage jedoch kaum Bedeutung zukommen. Besteht eine VV, steht das Anfechtungsrecht den gewählten Vertretern sowie dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und deren Organmitgliedern zu. Für die gewählten Vertreter gelten die Regelungen des § 51 unmittelbar und uneingeschränkt. Für ein Anfechtungsrecht einzelner Mitglieder ist bei Bestehen einer VV nach der Novelle 2006 kein Raum mehr, auch nicht bei Grundlagenbeschlüssen wie Satzungsänderung, Verschmelzung, Auflösung.117 Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich dafür entschieden, nicht den einzelnen Mitgliedern, sondern dem Aufsichtsrat als Organ ein Anfechtungsrecht zu geben, der damit die Interessen der Mitglieder wahren soll (s. Erl. § 43a Rdn. 74). Das Recht einzelner Mitglieder, auch bei Bestehen einer VV Nichtigkeitsklage zu erheben, bleibt jedoch bestehen (vgl. Erl. § 43a Rdn. 73).117a
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2. Anfechtung durch nicht erschienene Mitglieder. § 51 Abs. 2 berücksichtigt 39 auch die Anfechtungsinteressen derjenigen Mitglieder, die keinen Widerspruch zu Protokoll erheben konnten, weil sie in der GV nicht anwesend waren. Sie haben jedoch nur dann ein Anfechtungsrecht, wenn sie a) zur GV zu Unrecht nicht zugelassen worden sind oder b) die GV nicht ordnungsgemäß einberufen worden ist oder c) der zur Beschlussfassung stehende Tagesordnungspunkt nicht ordnungsgemäß angekündigt worden ist.
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LG Darmstadt GWW 1975, 570. OLG Hamm ZIP 1985, 741. Vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 77; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 123. Müller GenG § 51 Rdn. 77. A.A. Müller GenG § 51 Rdn. 79. Beuthien GenG § 51 Rdn. 29. BT-Drs. 16/1524 S. 10; Beuthien GenG § 51 Rdn. 29.
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Wegen der erforderlichen Ursächlichkeit dieser Mängel vgl. oben Rdn. 25. Im Zusammenhang mit der Ursächlichkeit ist bei nicht erschienenen Mitgliedern stets zu beachten, wie weit ihre Argumentation geeignet gewesen wäre, die Beschlussmehrheiten zu verändern. Wenn die Beweislast auch grundsätzlich beim Anfechtungskläger liegt, so können bestimmte Erfahrungen doch die Vermutung begründen, dass die Argumentation durch die Anfechtungskläger zu anderen Mehrheiten geführt hätte. Beispiel: Einwirkungsmöglichkeit dürfte zu vermuten sein, wenn ein Steuerberater im Rahmen der Anfechtungsklage geltend macht, er habe auf besondere steuerschädliche Auswirkungen des Beschlusses hinweisen wollen. Andererseits keine Vermutung der Einwirkungsmöglichkeit bei einem als solchen bekannten Querulanten, der keine sachlichen Argumente beizutragen hatte118 (vgl. Rdn. 63). Zu a): Ein Mitglied ist dann nicht zur GV zugelassen, wenn ihm die Teilnahme zu Unrecht von der eG verwehrt wird und es aus diesem Grunde der GV fernbleibt. Es ist dabei unerheblich, durch welche Person und mit welchen Mitteln die Teilnahme verwehrt wird.119 Der Verwehrung einer Teilnahme steht es auch gleich, wenn das Mitglied während der GV zu Unrecht aus dem Versammlungssaal verwiesen worden ist.120 Die Ausschließung aus der GV begründet die Anfechtungsbefugnis für alle in dieser GV gefassten Beschlüsse, auch wenn sie vor diesem Zeitpunkt bereits zustande gekommen sind.121 Dies muss daraus abgeleitet werden, dass ein ausgeschlossenes Mitglied noch bis zum Schluss der GV die Möglichkeit gehabt hätte, Widerspruch zu Protokoll zu erklären.122 Die Anfechtungsbefugnis besteht für ein Mitglied grundsätzlich auch dann, wenn der gesetzliche Vertreter oder Bevollmächtigte von der Teilnahme ausgeschlossen wurde. Zu b): Mängel der Einberufung der GV können sowohl Nichtigkeit, als auch Anfechtbarkeit zur Folge haben (vgl. oben Erl. Rdn. 1, 7 ff.). Einberufungsmängel sind dann Anfechtungsgründe, wenn sie nicht so schwerwiegend sind, dass von vornherein Nichtigkeit angenommen werden muss. Anfechtungsgründe sind z.B. Einberufung zur Unzeit, Einberufung an einen nicht zulässigen Ort, Missachtung der Einberufungsfrist oder mangelhafte Tagesordnung.123 Mitglieder, die trotz Einberufungsmängeln an der GV teilgenommen haben, müssen zur Erhaltung ihres Anfechtungsrechts Widerspruch zu Protokoll erheben.124 Zu c): Bei Mängeln der Bekanntmachung der Tagesordnung kann sich die Anfechtung nur gegen nicht ordnungsgemäß angekündigte Tagesordnungspunkte richten. Auch hier ist erforderlich, dass erschienene Mitglieder Widerspruch zu Protokoll erheben. Ein Beschluss, der den genossenschaftlichen Grundsatz der absoluten Gleichbehandlung verletzt, ist analog § 241 Nr. 3 AktG nichtig,125 und zwar unabhängig von den formalen Voraussetzungen des § 51 Abs. 2; also unabhängig von Einberufungs- oder Ankündigungsmängeln oder einem Widerspruch zu Protokoll.126 Bei bestehender VV gelten die vorstehenden Ausführungen für die Vertreter entsprechend. Mitglieder, die nicht Vertreter sind, haben bei Bestehen der VV kein Anfechtungsrecht (s. Rdn. 38 und Erl. § 43a Rdn. 74).
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RGZ 110, 194, 196 zur AG. So auch Müller GenG § 51 Rdn. 81. Vgl. BGHZ 44, 250. Hüffer AktG § 245 Rdn. 17. So zutreffend Müller GenG § 51 Rdn. 81. Müller GenG § 51 Rdn. 82. Hüffer AktG § 245 Rdn. 17 ff.; Müller GenG § 51 Rdn. 82. RGZ 118, 67; s.a. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn 104 m.w.N. So Müller GenG § 51 Rdn. 86.
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3. Anfechtung durch Vorstand. Nach Abs. 2 S. 2 ist der Vorstand als Organ an- 45 fechtungsberechtigt, und zwar unabhängig davon, ob die Vorstandsmitglieder in der GV/VV anwesend waren und wie sie sich zu dem Beschluss verhalten haben; auch ein Widerspruch zu Protokoll ist nicht Klagevoraussetzung.127 Der Vorstand ist selbst Kläger und Partei in diesem Anfechtungsprozess.128 Für die Entscheidung über die Anfechtung und die Durchführung des Verfahrens sind die jeweils amtierenden Vorstandsmitglieder zuständig. Der Vorstand hat sich an den Interessen der eG im Rahmen seiner besonderen Sorgfaltspflicht (§ 34 Abs. 1) zu orientieren. Er hat insbesondere darauf zu achten, dass nicht durch Beschlüsse genossenschaftliche Grundsätze verletzt werden. Insoweit muss er die Interessen sowohl der eG als auch der Genossenschaftsmitglieder bei der Entscheidung über eine Anfechtung beachten. Im Stadium der Liquidation steht das Anfechtungsrecht den Liquidatoren zu, in der 46 Insolvenz dem Insolvenzverwalter, soweit die Beschlüsse Interessen der Insolvenzverwaltung berühren.129 Die Kosten der vom Vorstand geführten Anfechtungsprozesse trägt die eG, unabhängig davon, ob der Klage stattgegeben wird oder nicht. Bei schuldhafter Erhebung der Anfechtungsklage kommt allerdings eine Haftung der Vorstandsmitglieder gem. § 34 in Betracht. 4. Anfechtung durch Aufsichtsrat. Das Anfechtungsrecht des Aufsichtsrats wurde 47 durch Novelle 2006 neu eingeführt.130 Der Aufsichtsrat hat nunmehr als Organ ein eigenes Anfechtungsrecht. Er soll damit, insb. bei bestehender VV die Interessen der Mitglieder wahrnehmen, zugleich wurde seine Rolle gestärkt. 5. Anfechtung durch einzelne Mitglieder von Vorstand oder Aufsichtsrat. Ne- 48 ben der Anfechtungsbefugnis des Vorstands als Organ räumt Abs. 2 auch einzelnen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats ein eigenes Anfechtungsrecht ein, wenn sich diese Personen durch die Ausführung des Beschlusses strafbar machen oder eine Ordnungswidrigkeit begehen oder ersatzpflichtig werden würden. Auch dieses Anfechtungsrecht ist nicht an die formalen Voraussetzungen von § 51 49 gebunden; es bedarf nicht eines Widerspruchs zu Protokoll oder der im Gesetz genannten Mängel bei der Einberufung oder Ankündigung. Das Anfechtungsrecht dieser Organmitglieder knüpft an die Ausführung von Beschlüssen an. Ohne eine solche Ausführung ist die Anfechtung ausgeschlossen. Ist der Beschluss bereits ausgeführt, so kann dennoch ein Anfechtungsinteresse bestehen.131 Die Organstellung muss im Zeitpunkt der Klageerhebung gegeben sein, wobei 50 hier regelmäßig ein zeitlicher Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Durchführung des Beschlusses bestehen dürfte. Ohne Zugehörigkeit zu Vorstand oder Aufsichtsrat ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Die Organmitglieder sind im Anfechtungsprozess selbst Partei und damit Kostenschuldner. Im Innenverhältnis wird allerdings die eG die Kosten als Aufwendungsersatz zu tragen haben.132
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127 So Müller GenG § 51 Rdn. 90 mit Hinweisen auf Literatur zum Aktienrecht. 128 Beuthien GenG § 51 Rdn. 30; Müller GenG § 51 Rdn. 88; Hüffer AktG § 245 Rdn. 36. Vertreten wird die eG dann aber durch den Aufsichtsrat (s. Erl. Rdn. 56). 129 Vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 91, 92. 130 BGBl. I, S. 1911; Korte/Schaffland S. 113. 131 Vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 94. 132 Müller GenG § 51 Rdn. 94.
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IV. Anfechtungsklage gegen die eG (Abs. 1, 3) 1. Klagefrist. Gem. § 51 Abs. 1 S. 1 ist die Klage innerhalb eines Monats zu erheben. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist, die von Amts wegen zu beachten ist und nicht durch Parteivereinbarungen verlängert noch verkürzt werden kann.133 Es ist im Übrigen nicht eine prozessuale Frist; sie kann nicht durch richterliche Verfügung verlängert werden und gegen die Versäumung gibt es keine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.134 Auch die Satzung kann die Frist nicht verlängern.135 Es kann aus Gründen des öffentlichen Interesses nicht hingenommen werden, dass Beginn und Ablauf der Frist der Disposition der Beteiligten überlassen bleiben; es liegt im unverzichtbaren Interesse aller Mitglieder, der eG, der Gläubiger und schließlich der Öffentlichkeit, dass über die Wirksamkeit eines Beschlusses baldmöglichst und endgültig Rechtsklarheit und Rechtssicherheit besteht. Nach Ablauf der Frist ist die Klage durch Sachurteil als unbegründet abzuweisen.136 Der anfechtbare Beschluss wird mit dem Ablauf der Frist endgültig rechtlich bin52 dend (soweit keine Nichtigkeit vorliegt). Unter Umständen kann sich aber z.B. der Vorstand weiterhin auf tatsächlich vorliegende Mängel berufen und die Ausführung des Beschlusses unterlassen. Verstößt der anfechtbare Beschluss z.B. gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, kann trotz Fristablauf ein durch die Ungleichbehandlung betroffenes Mitglied die Herstellung der Gleichbehandlung verlangen.137 Die Frist wird durch Erhebung der Klage gewahrt. Es genügt Einreichung der ord53 nungsgemäßen (Rdn. 54) Klage bei Gericht innerhalb der Frist, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (§ 167 ZPO).138 Erforderlich ist Zustellung an mindestens je 1 Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 170 Abs. 3 ZPO).139 Zur Wahrung der Frist ist erforderlich, dass die Sachverhalte, die die Anfechtung tragen sollen, innerhalb der Monatsfrist in den Prozess eingeführt werden;140 eine rechtliche Begründung ist nicht erforderlich, sie kann später nachgeholt oder variiert werden.141 54 Die Fristberechnung erfolgt nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 3 und § 193 BGB. Sie beginnt mit der Beschlussfassung in der GV/VV; auf Kenntnis des Anfechtungsklägers kommt es nicht an. Gem. § 187 Abs. 1 BGB wird der Tag der Beschlussfassung bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet. Sie beginnt vielmehr um 0.00 Uhr des folgenden Tages. Gem. § 188 Abs. 2 BGB endet sie grundsätzlich mit dem Ablauf des Tages des darauffolgenden Monats, der nach seiner Benennung dem Tag der Beschlussfassung entspricht. Fällt der letzte Tag der Anfechtungsfrist auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag, so endet die Frist mit Ablauf des folgenden Werktags (§ 193 BGB). Wegen der Frist für die Nichtigkeitsklage vgl. Rdn. 17. Besteht die VV, so kann die Frist für die Anfechtung durch Mitglieder, die nicht Vertreter sind (vgl. Rdn. 38), grundsätzlich erst beginnen, wenn die Anfechtenden Kenntnis von den Beschlüssen erlangen. 51
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133 BGH MDR 1951, 474; BGH NJW 1952, 98 = BB 1952, 10; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 111. 134 Vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 97. 135 Müller GenG § 51 Rdn. 99. 136 RGZ 123, 204; OLG Frankfurt WM 1984, 209; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 116; Müller GenG § 51 Rdn. 104. 137 Zutreffend Müller GenG § 51 Rdn. 61. 138 Vgl. BGHZ 15, 180; 32, 322; BGH DB 1974, 1426. 139 OLG Frankfurt WM 1984, 209. 140 Vgl. BGHZ 15, 180; 32, 322; Müller GenG § 51 Rdn. 102. 141 OLG Hamm ZIP 1985, 742; a.A. Müller GenG § 51 Rdn. 102 und frühere Auflage.
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Bei analoger Anwendung von § 51 auf Wahlen (Rdn. 22) beginnt die Frist mit der 55 Wahl;142 andere Auffassung verkennt Inhalt und Regelungszweck von § 51: Gerade hier liegt ein öffentliches Interesse vor, dass baldmöglichst und nach Ablauf einer gesetzlichen Ausschlussfrist Rechtssicherheit über die Gültigkeit der Wahl besteht; die Nichtigkeit einer Wahl z.B. der VV hätte kaum absehbare Folgen (z.B. Nichtigkeit der Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands, Satzungsänderungen, Jahresabschluss). Die Frist läuft auch, wenn die Wahlordnung zur VV ein genossenschaftsinternes Beschwerdeverfahren vorsieht.143 2. Verfahren. Gem. § 51 Abs. 3 S. 1 ist die Anfechtungsklage gegen die eG zu rich- 56 ten.144 Ist die eG vor Klageerhebung im Wege der Fusion als übertragende eG auf eine andere übergegangen, so ist die übernehmende eG als Gesamtrechtsnachfolgerin passiv legitimiert.145 Wird die Fusion erst nach Klageerhebung wirksam, erfolgt eine Unterbrechung des Verfahrens analog § 239 ZPO, bis die übernehmende eG den Rechtsstreit aufnimmt.146 Im Falle, dass einzelne Mitglieder Anfechtungskläger sind (auch Organmitglieder, wenn diese nicht als Organmitglieder klagen), wird die eG gem. § 51 Abs. 3 vertreten durch Vorstand und Aufsichtsrat. Auch bei der Nichtigkeitsklage wird die eG von Vorstand und Aufsichtsrat vertreten.147 Soweit allerdings der Vorstand als Organ klagt oder einzelne seiner Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Organmitglieder die Klage betreiben, wird die eG lediglich durch den Aufsichtsrat vertreten; sind dagegen der Aufsichtsrat als Organ oder einzelne seiner Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Organmitglieder Kläger, so vertritt allein der Vorstand die eG („sofern dieser nicht selbst klagt“). Wird die Anfechtungsklage gemeinsam von Vorstand und Aufsichtsrat betrieben, so hat die GV entsprechend Abs. 3 Satz 2, letzter Halbsatz, i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 einen Prozessvertreter zu wählen.148 Ein Prozessvertreter ist auch zu wählen, wenn bei einer eG mit bis zu 20 Mitgliedern kein Aufsichtsrat besteht und der Vorstand die Anfechtungsklage erhebt. Der Wortlaut des § 39 Abs. 1 ist insoweit eindeutig, dass der Vorstand in keinem Fall allein tätig werden kann. Dies gilt auch für den Fall, dass bei einer Kleinstgenossenschaft nicht der Vorstand, sondern ein Mitglied die Klage erhebt. Erforderlichenfalls ist gem. § 57 ZPO ein Vertreter zu bestellen. Eine eG in Liquidation wird auch im Rahmen von Anfechtungsklagen von den Liquidatoren vertreten.149 Die Zustellung hat sowohl an den Vorstand als auch an den Aufsichtsrat zu erfolgen, und zwar jeweils zumindest an ein Organmitglied, das kraft Gesetzes Empfangsvollmacht hat,150 zustellungsfähige Anschrift ist anzugeben.151 Eine Ersatzzustellung an den Aufsichtsrat im Geschäftslokal des Vorstands einer eG ist nicht ausreichend.152 Erfolgt die Zustellung nur an ein Organ, so kann auf die Rüge dieses Verfahrensfehlers
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142 Eine unbefristete Klage nach § 256 ZPO auf „Feststellung der Nichtigkeit der Wahl“ ist unzulässig, da das GenG hier mit § 51, der analog anzuwenden ist, ein besonderes Verfahren vorsieht, OLG SchleswigHolstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08. 143 OLG Schleswig-Holstein Urt. v. 19.2.2009, Az. 5 U 117/08. 144 LG Duisburg Urt. v. 14.1.1986, Az. 1 1 O 431/85. 145 LG Würzburg a.a.O.; Müller GenG § 51 Rdn. 5. 146 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 145 m.w.N. 147 LG Würzburg Urt. v. 22.12.1983 – 1 O 2052/83; vgl. auch BGH NJW 1978, 1325 und 1960, 1006. 148 Klarstellung durch Novelle 2006. 149 BGH ZIP 2006, 84 f.; s.a. Erl. § 89 Rdn. 1. 150 BGH DB 1974, 279 = NJW 1974, 270 = WM 1974, 131; OLG Frankfurt WM 1984, 209. 151 OLG Frankfurt a.a.O. 152 OLG Nürnberg ZfgG 1984, 296.
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nach § 295 ZPO verzichtet werden, allerdings nur durch Vorstand und Aufsichtsrat als Vertreter der eG. Erfolgt der Verzicht nicht wirksam innerhalb der Ausschlussfrist von einem Monat (§ 51 Abs. 1 Satz 1), so ist die Klage nicht zulässig.153 Der Klageantrag lautet dahin, das Gericht möge den angefochtenen Beschluss für nichtig erklären; der Beschluss ist nach Datum der GV und Tagesordnungspunkt genau zu bezeichnen. Eine Beschränkung des Antrags auf abgrenzbare Teile eines Beschlusses ist zulässig.154 Die Anfechtung kann auf alle Tatsachen gestützt werden, die innerhalb der Monatsfrist im Prozess eingeführt worden sind (vgl. Rdn. 51). Neue oder veränderte rechtliche Betrachtung ist noch im späteren Verfahren möglich.155 Ist die Klage zulässig und begründet, so wird der angefochtene Beschluss für nichtig erklärt. Es handelt sich – im Gegensatz zu nichtigen oder unwirksamen Beschlüssen – nicht um eine Feststellungs-, sondern um eine Gestaltungsklage. Erst durch das Urteil wird der angefochtene Beschluss rückwirkend vernichtet. Zuständig für die Anfechtungsklage ist stets das Landgericht, in dessen Bezirk die eG ihren Sitz hat. Wird die Klage vor dem örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht erhoben, so ist sie durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen, soweit nicht Verweisung nach § 281 ZPO erfolgt. Erheben mehrere anfechtungsberechtigte Mitglieder die Anfechtungsklage gemeinsam, so bilden sie eine notwendige Streitgenossenschaft i.S.v. § 62 Abs. 1 1. Alt. ZPO. Werden bezüglich desselben Beschlusses mehrere Anfechtungsklagen erhoben, so sind diese nach § 51 Abs. 3 S. 5 zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Die Verbindung führt dazu, dass alle Kläger notwendige Streitgenossen i.S.v. § 62 Abs. 1 2. Alt. ZPO sind. Der Anfechtungskläger kann gleichzeitig Nichtigkeits- und Anfechtungsklage erheben. Die Anfechtungsklage ist dann gegenüber der weitergehenden Nichtigkeitsklage als Hilfsantrag anzusehen.156 Die Nichtigkeitsklage kann auch noch nach Ablauf der Anfechtungsfrist durchgeführt werden. Der Streitwert ist vom Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen festzusetzen (analog § 247 Abs. 1 AktG). Er darf ein Zehntel der Gesamtsumme der Geschäftsanteile oder (nach OLG Frankfurt damals) eine Million DM nur dann übersteigen, wenn die Bedeutung der Sache für den Kläger höher anzusetzen ist.157 Beweislast: Der Anfechtungskläger muss grundsätzlich die klagebegründenden Tatsachen, insb. also die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anfechtung beweisen. Für den Nachweis der Ursächlichkeit (vgl. Rdn. 25 und 40) gilt Folgendes: Es gilt eine natürliche Vermutung, dass der Mangel auch für den Beschluss ursächlich war.158 Grundsätzlich muss also die eG beweisen, dass ausnahmsweise der Mangel nicht ursächlich für den Beschluss war.159 Ergibt sich bereits erkennbar aus den Umständen, dass Ursächlichkeit nicht gegeben ist, weil z.B. ein Nichtmitglied bei der Beschlussfassung mitgewirkt hat, so müsste ausnahmsweise der Anfechtungskläger beweisen, dass dieser Mangel dennoch gerade zu diesem Beschlussergebnis geführt hat.160 Auch wenn die Anfechtung auf Mängel der Einberufung der GV/VV gestützt wird, ist zu vermuten, dass die
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BGH BB 1978, 626 = DB 1978, 977 = NJW 1978, 1325. BGH NJW 1960, 1447. OLG Hamm ZIP 1985, 741. Vgl. BGH LM § 197 AktG Nr. 1. Einzelheiten vgl. OLG Frankfurt DB 1984, 869. Vgl. BGHZ 14, 267; 36, 139; Müller GenG § 51 Rdn. 45. Beuthien GenG § 51 Rdn. 18. BGHZ 14, 267; 36, 139.
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Anwesenheit des Anfechtenden und seine Ausführungen zu einem anderen Beschlussergebnis hätte führen können. Der Beweis des Gegenteils obliegt der eG. V. Eintragung und Veröffentlichung der Klageerhebung (Abs. 4, 5) Der Vorstand ist gem. § 51 Abs. 4 verpflichtet, die Tatsachen der Erhebung einer An- 64 fechtungsklage und den Termin zur mündlichen Verhandlung unverzüglich in dem satzungsgemäßen Bekanntmachungsblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Nichtigkeitsklage.161 Damit soll erreicht werden, dass insb. die Mitglieder darüber unterrichtet sind, dass ein bestimmter Beschluss der GV angefochten wird; sie sollen die Möglichkeit haben, den Prozess zu verfolgen, um sich ggf. am Verfahren beteiligen zu können. Zur Erfüllung seiner Verpflichtung kann der Vorstand gem. § 160 Abs. 1 vom Registergericht mit Zwangsgeld belegt werden. Die Bekanntmachung muss den angefochtenen Beschluss genau bezeichnen, insb. nach Tag der GV/VV, Punkt der Tagesordnung und inhaltliche Wiedergabe des Beschlusses. Der Anfechtungskläger ist eindeutig durch Angabe von Name und Anschrift mitzuteilen. Die Bekanntmachung soll das gerichtliche Aktenzeichen enthalten und den ersten Termin der mündlichen Verhandlung. Zum Termin sind das Datum, die Uhrzeit und der Sitzungsraum mitzuteilen.162 Das im Anfechtungsprozess ergehende stattgebende Gestaltungsurteil erklärt den 65 anfechtbaren Beschluss für nichtig.163 Mit der formellen Rechtskraft des Urteils gilt der Beschluss als von Anfang an unwirksam. Vor der Rechtskraft hat das Urteil diese Wirkung nicht. Das Gericht kann den nichtigen Beschluss allerdings in keinem Fall durch einen wirksamen Beschluss ersetzen. Über den Wortlaut von Abs. 5 hinaus gilt das Urteil nicht nur gegenüber allen Mitgliedern der eG, sondern gegenüber jedermann. Ist der für nichtig erklärte Beschluss im Genossenschaftsregister eingetragen, so 66 hat der Vorstand (in vertretungsberechtigter Zahl und elektronisch in öffentlich beglaubigter Form, s. § 157) dem Registergericht das Urteil zum Zweck der Eintragung einzureichen. Dies muss auch für solche Beschlüsse gelten, die eintragungsfähig und zur Eintragung im Register angemeldet sind, ohne dass die Eintragung bereits erfolgt ist.164 Es ist der gesamte stattgebende Urteilstext (Tenor und Gründe) in der letztinstanzlichen Fassung dem Gericht einzureichen. Keine Einreichungspflicht besteht, soweit die Anfechtungsklage abgewiesen wurde, der Beschluss der GV/VV also wirksam bleibt. Aufgrund der Einreichung hat das Gericht das rechtskräftige Urteil im Register einzutragen. Es genügt Nennung des Aktenzeichens und Hinweis, dass durch dieses rechtskräftige Urteil der Beschluss für nichtig erklärt wurde.165 Ist der für nichtig erklärte Beschluss noch nicht zuvor eingetragen worden, so hat die Eintragung zu unterbleiben. Soweit der eingetragene und für nichtig erklärte Beschluss veröffentlicht war, hat das Registergericht in gleicher Weise bekannt zu machen, dass der Beschluss durch Urteil für nichtig erklärt ist.
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 51 Rdn. 156. So auch Müller GenG § 51 Rdn. 137. Vgl. BGH Urt. v. 19.2.2013, Az. II ZR 56/12, ZIP 2013, 720; Beuthien GenG § 51 Rdn. 35. Müller GenG § 51 Rdn. 144. Vgl. Müller GenG § 51 Rdn. 145.
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§ 52 | 3. Abschnitt. Verfassung der Genossenschaft
VI. Europäische Genossenschaft (SCE) 67
§ 51 gilt auch für die Anfechtung von SCE-Beschlüssen,166 da die SCE-VO keine Regelung trifft, wann GV/SCE-VV167-Beschlüsse nichtig sind.168 Hinsichtlich der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsorgan besteht gem. Art. 15 Abs. 3 SCEAG die Besonderheit, dass das gesetzwidrige Zustandekommen von Wahlvorschlägen nur unter Verstoß gegen die Vorschriften des BetrVG gerügt werden kann. Entsprechendes gilt für die Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer monistischen SCE (Art. 19 Abs. 3 SCEAG).
§ 52 § 52 (Weggefallen durch Novelle 2006.)
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166 Art. 8 Abs. 1c) ii) SCE-VO; vgl auch § 15 Abs. 3 SCEAG. 167 Zur SCE-VV (Sektor- oder Sektionsversammlung der SCE) vgl. Art. 63 Abs. 1; zur Vergleichbarkeit mit der VV bei eG ausführlich § 43a Rdn. 91–97. 168 So auch Beuthien GenG Art. 62 SCE Rdn. 5.
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Pflichtprüfung | § 53
VIERTER ABSCHNITT Prüfung und Prüfungsverbände 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände Holthaus/Lehnhoff
§ 53 Pflichtprüfung § 53 Pflichtprüfung (1) Zwecks Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung sind die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaft einschließlich der Führung der Mitgliederliste mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr zu prüfen. Bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme 2 Millionen Euro übersteigt, muss die Prüfung in jedem Geschäftsjahr stattfinden. (2) Im Rahmen der Prüfung nach Abs. 1 ist bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme eine Million Euro und deren Umsatzerlöse 2 Millionen Euro übersteigen, der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts zu prüfen. § 316 Abs. 3, § 317 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 des Handelsgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden. Bei der Prüfung großer Genossenschaften im Sinn des § 58 Abs. 2 ist § 317 Abs. 5 und 6 des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden. [; Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 findet keine Anwendung].1 (3) Für Genossenschaften, die kapitalmarktorientiert im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuches [oder die CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute,]2 sind und keinen Aufsichtsrat haben, gilt § 324 des Handelsgesetzbuchs entsprechend.
I.
II.
Systematische Übersicht Entstehungsgeschichte, Besonderheiten und Rechtsentwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens und Prüfungsrechts | 1–2 1. Historie der genossenschaftlichen Pflichtprüfung | 1 2. Pflichtmitgliedschaft und Prüfungsverbände | 2 Neuere Rechtsentwicklung im Bereich Rechnungslegung und Prüfung, insb. zu § 53 | 3–9 1. Bis zur Genossenschafts-Novelle 2006 (BiRiLiG, KonTraG und TransPuG) | 3–6 2. Die Genossenschafts-Novelle 2006 | 7
3.
III.
Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) 2008 | 8 4. Das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG-RefE), Referentenentwurf 2015 | 9 Mitglieder des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, Prüfungspflicht, Verleihung des Prüfungsrechts und Staatsaufsicht | 10–14 1. Mitglieds-eG und deren Prüfung | 10 2. Prüfung von genossenschaftsnahen Unternehmen anderer Rechtsform gem. § 25 EGHGB | 11 3. Verleihung des Prüfungsrechts (Zuständigkeit und Voraussetzungen)
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1 Voraussichtliche Änderung: Vgl. Art. 7 Nr. 4 Referentenentwurf des BMJV vom 27.3.2015: Entwurf eines G. zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der RiLi 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG), www.wpk.de, EU-Reform der Abschlussprüfung, Gesetzesentwürfe, Downloads; s.a. WMWi-Eckpunktepapier und Stellungnahme der WPK: www.wpk.de/link/mag021502/ und www.wpk.de/link/mag021503/ sowie WPK Magazin Mai 2015 S. 4 ff. 2 Wie vor: nachfolgend kurz „AReG-RefE“ genannt.
703
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§ 53 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
IV. V.
und Aufgaben des Prüfungsverbandes | 12–13 4. Staatsaufsicht | 14 Spitzenverbände | 15 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung gem. § 53 Abs. 1 | 16–31 1. Zweck, Ziel und Besonderheiten der Prüfung | 16–18 2. Gegenstand der Prüfung | 19–29 a) Die Einrichtungen | 19 b) Die Vermögenslage | 20 c) Die Geschäftsführung | 21–27 aa) Geschäftsführungsorganisation | 24 bb) Grundsätze der Geschäftspolitik | 25 cc) Geschäftsführungsinstrumentarium | 26 dd) Geschäftsführungstätigkeit | 27 d) Tätigkeit/Aufgaben des Aufsichtsrats | 28 e) Tätigkeit/Aufgaben der GV/VV | 29 3. Besondere Vorschriften für die Prüfung | 30–31
a)
Kreditgenossenschaften | 30 b) Wohnungsgenossenschaften | 31 VI. Kapitalmarktorientierte Kredit eG ohne Aufsichtsrat, Prüfungsausschuss gem. § 53 Abs. 3 | 32 VII. Prüfungsverfolgung | 33–34 VIII. Besondere Fälle | 35–37 1. Prüfung von Beteiligungsgesellschaften | 35 2. Prüfung genossenschaftlich strukturierter Unternehmen anderer Rechtsform | 36 3. Genossenschaftliche Sonderprüfungen | 37 IX. Prüfungszeiträume | 38–40 1. Gesetzliche Fristen | 38 2. Satzungsmäßige Fristen | 39 3. Erzwingung der Prüfung | 40 X. Einbeziehung von Jahresabschluss, Buchführung und Lagebericht (Abs. 2) | 41 XI. Europäische Genossenschaft (SCE) | 42
I. Entstehungsgeschichte, Besonderheiten und Rechtsentwicklung des genossenschaftlichen Prüfungswesens und Prüfungsrechts 1
1. Historie der genossenschaftlichen Pflichtprüfung. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist aus dem praktischen Bedürfnis nach Beratung und Betreuung in den 1870er Jahren entstanden und ist damit die älteste Form der Pflichtprüfung.3 Die zahlreichen Genossenschaftsgründungen der damaligen Zeit und der Mangel an fachlich ausgebildeten Leitungspersönlichkeiten ließ es sinnvoll erscheinen, eine ständige Beratung, Betreuung und Kontrolle durch außenstehende Revisoren einzuführen. Die umfassende Betreuung war ursprünglich der Schwerpunkt der genossenschaftlichen Verbandstätigkeit.4 Während im Bereich der damaligen Raiffeisengenossenschaften bereits 1864 über die Einführung einer „Zwangsrevision“ diskutiert wurde, lehnte SchultzeDelitzsch ursprünglich eine solche externe Prüfung ab, weil es nach seiner Auffassung die Aufgabe des Aufsichtsrats war, die Kontrolle durchzuführen. Die Pflicht, sich einer externen Revision zu unterwerfen, war dann in den Satzungen der damaligen Verbände enthalten. Bereits 1889, mehr als vier Jahrzehnte vor der Regelung der Prüfungspflicht von AG, wurde eine Regelung über die Pflichtprüfung der eG in das GenG aufgenommen.5 Nach § 53 dieses Gesetzes mussten die Einrichtungen
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3 Zur Geschichte des genossenschaftlichen Prüfungswesens: Mose Die Einführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung durch das Genossenschaftsgesetz von 1889, ZfgG 1989, 114 ff.; Bergmann Genossenschafts-Lexikon, S. 527. 4 Vgl. Knapp Die Revision im ländlichen Genossenschaftswesen, S. 6; Henzler Die Genossenschaft, S. 199. 5 Mose Die Einführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung durch das Genossenschaftsgesetz von 1889, ZfgG 1989, 114 ff.
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Pflichtprüfung | § 53
der eG und die Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung mindestens in jedem zweiten Jahr der Prüfung durch einen externen, sachverständigen Revisor unterzogen werden. Damit war die Genossenschaftsrevision die erste gesetzlich vorgeschriebene Pflichtprüfung im deutschen Rechtsbereich. Träger der Prüfung war aber noch nicht der Prüfungsverband, sondern der Revisor. Der Verband hatte lediglich das Recht, den Revisor zu bestellen. 1903 folgte die vergleichbare Regelung der Revisionsprüfung in Österreich mit dem heute noch so bezeichneten Genossenschaftsrevisionsgesetz (GenRevG);6 heute noch § 1 des österreichischen GenRevG „Pflicht zur Revision“.7 Soweit eG keinem Revisionsverband angehörten, wurde der Revisor durch das zuständige Gericht bestellt.8 Mit dieser Einschaltung der Gerichte wurden jedoch insgesamt keine guten Erfahrungen gemacht, da diese Revisoren kaum über die erforderlichen Erfahrungen im Genossenschaftsbereich verfügen konnten; es fehlte insb. auch an einer langfristig angelegten, systematischen Auswertung der Prüfungsergebnisse und der daraus folgenden Betreuungsarbeit.9 Der sachverständigen Betreuung und Prüfung durch Revisoren genossenschaftlicher Prüfungsverbände konnten sich die Genossenschaften durch Austritt aus dem Verband entziehen. 2. Pflichtmitgliedschaft und Prüfungsverbände. Diese Erfahrungen sowie die Er- 2 kenntnisse der Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 30er Jahre dieses Jahrhunderts führten zur gesetzlichen Neuregelung 1934: Seit dieser Zeit sind die genossenschaftlichen Prüfungsverbände alleinige Träger der Prüfung. Seither muss jede eG Mitglied in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband sein (Pflichtmitgliedschaft), dieser führt die Pflichtprüfung durch; vgl. dazu § 54 Rdn. 1 ff. Diese Verpflichtung ist eine aus sachlichen Gründen erforderliche Ausgestaltung des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit. Sie schafft einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem Recht auf freie Vereinigung und dem Schutzbedürfnis Dritter. Das BVerfG hat diese Grundsätze anerkannt und als verfassungsgemäß bestätigt. In einem Grundsatzbeschluss aus 200110 führt es aus, dass die genossenschaftliche Pflichtprüfung nicht nur dem Schutz der Gläubiger und Mitglieder, sondern auch der Allgemeinheit dient,11 und dass das genossenschaftliche Prüfungssystem in seiner Gesamtheit die ordnungsgemäße Geschäftsführung der eG und die Transparenz ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse sicherstellen soll. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung mit der Besonderheit der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und der Prüfungsverfolgung ist ein wichtiger Garant für die geringe Insolvenzquote von eG im Vergleich zu anderen Rechtsformen und ein wichtiges Korrelat für die Selbstorganschaft gem. § 9 Abs. 1 GenG.12 Zur Differenzierung zwischen Pflicht- und sog. Kann-Aufgaben gem. § 63b Abs. 4 S. 1 GenG, s. dort Rdn. 5 ff.
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6 Vgl. zur vergleichbaren Revisionsprüfung in Österreich das 1903 (s. RGBl. Österreich S. 133) eingeführte Genossenschaftsrevisionsgesetz (GenRevG), hierzu Perkounigg/Kessler in Dellinger, Genossenschaftsgesetz samt Nebengesetzen, 2. Aufl. Wien 2014, § 1 GenRevG Rdn. 1 ff. 7 Österreichisches Genossenschaftsrevisionsgesetz – GenRevG 1997, BGBl. I 1997/127, zul. geänd. d. BGBl. I 2009/71. 8 § 61 des damaligen GenG. 9 Vgl. Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 1 S. 37; Jenkis Die Doppelnatur der genossenschaftlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Prüfungsverbände, BB 1982, 1702. 10 BVerfG Beschl. v. 19.1.2001, Az. 1 BvR 1759/91, NJW 2001, 2617 u. DB 2001, 2596. 11 Eben. Rdn. 27: „Die gesetzlichen Regelungen dienen dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder, der Gläubiger und der Allgemeinheit“. Vgl. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 1. 12 BVerfG Beschl. v 19.1.2001, Az. 1 BvR 1759/91, Rdn. 28 u. 32.
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§ 53 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
II. Neuere Rechtsentwicklung im Bereich Rechnungslegung und Prüfung, insb. zu § 53 3
1. Bis zur Genossenschafts-Novelle 2006 (BiRiLiG, KonTraG und TransPuG). Durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz 1985 (BiRiLiG)13 wurde der Schwellenwert in § 53 Abs. 1 S. 2 dahingehend erhöht, dass die Prüfung in jedem Geschäftsjahr erforderlich ist, wenn die Bilanzsumme DM 2 Mio., nunmehr, seit dem Inkrafttreten des Euro-Einführungsgesetzes14 € 2 Mio. übersteigt. Der frühere Abs. 2 (Ermächtigung des Reichsministers der Justiz, Prüfung des Jahresabschlusses vor Beschlussfassung der GV vorzuschreiben) wurde ersetzt durch Hinweis auf die Prüfungsvorschriften der §§ 316 Abs. 3 und 317 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 HGB. Die Rechnungslegung von eG entspricht weitgehend den aktienrechtlichen Vorschriften und die Gleichbehandlung mit wirtschaftlich vergleichbaren Unternehmensformen sollte auch durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz sichergestellt werden.15 Andererseits unterstreicht das Gesetz die Eigenständigkeit der genossenschaftlichen Rechtsform, eine völlige Gleichbehandlung mit den Kapitalgesellschaften sollte nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht erfolgen.16 Trotz dieser Übereinstimmung in den Rechnungslegungsgrundsätzen unterscheidet sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung von der Prüfung von Kapitalgesellschaften und anderen gesetzlichen Prüfungen maßgeblich durch den Prüfungsumfang, der insbesondere auch die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung im Prüfungszeitraum umfasst (§ 53 Abs. 1); dazu gehört grundsätzlich auch die stichtagsbezogene Prüfung des Jahresabschlusses (§ 53 Abs. 2);17 s. dazu unten Rdn. 41. Durch Verweis in § 58 Abs. 2 ist auch ein Bestätigungsvermerk gem. § 322 HGB für 4 die eG vorgeschrieben, die die Größenmerkmale des § 267 Abs. 3 HGB erfüllen. Für Kreditgenossenschaften war schon vorher ein Bestätigungsvermerk im Zusammenhang mit der Prüfung des Jahresabschlusses nach § 27 KWG a.F. – jetzt aufgehoben – vorgesehen, nunmehr gilt dies gem. Verweis in § 340k Abs. 1 Satz 1 HGB auf die §§ 316 ff., 320 HGB, § 26 Abs. 1 S. 2 KWG. Durch das KonTraG 199818 und das Transparenz- und Publizitätsgesetz (Trans5 PuG)19 erfolgten weitere Änderungen im Bereich der Prüfung, die auch die genossenschaftliche Pflichtprüfung betreffen. Das KonTraG hat die Anforderungen an Prüfinhalt und Prüfbericht unter besonderer Betonung des risikoorientierten Prüfungsansatzes verbessert und den Inhalt des Bestätigungsvermerks weiterentwickelt. Die Prüfung sollte problemorientierter werden20 und der Lagebericht des Vorstands muss auch auf die Risiken der zukünftigen Entwicklung eingehen und damit eine Prognoseeinschätzung enthalten (§§ 336 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1, 264 Abs. 2 HGB). Gegenstand der Prüfung ist seither auch die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems und ob der Vorstand ein der
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13 G. zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten RiLi des Rates der Europäischen Gem. zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz – BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2355. 14 Das erste Euro-Einführungsgesetz regelt Teilbereiche der Umstellung von D-Mark auf Euro und ist zum 1.1.1999 in Kraft getreten, BGBl. I 1998, 1242. 15 BT-Drs. 10/317 S. 65. 16 Beuthien GenG § 53 Rdn. 2. 17 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 2. 18 KonTraG, G zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich v. 27.4.1998, BGBl. I S. 786, Art. 4 „Änderungen des Genossenschaftsgesetzes“, S. 792. 19 TransPuG v. 25.7.2002, BGBl. I S. 2681 ff. 20 BT-Drs. 13/9712, S. 26.
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Pflichtprüfung | § 53
Unternehmensgröße angemessenes Risikofrühwarnsystem (Risikomanagement, interne Revision) eingeführt hat. Das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) aus dem Jahr 200221 geht auf 6 den Abschlussbericht der Regierungskommission „Corporate Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts“ zurück und wurde in erster Linie für börsennotierte AG entwickelt. Es wollte u.a. den Informationsfluss an den Aufsichtsrat einer AG verbessern (§§ 90, 110 Abs. 3, 111 Abs. 4 S. 2, 118 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 AktG) und hat auch Vorschriften über den Gegenstand und Umfang der Abschlussprüfung präzisiert (§§ 317 Abs. 4, 321 HGB) und wirkt sich damit auch auf die Berichterstattung i.R. der genossenschaftlichen Pflichtprüfung aus.22 2. Die Genossenschafts-Novelle 2006. Die Genossenschafts-Novelle 200623 um- 7 fasste Änderungen im Abschnitt 4 „Prüfung und Prüfungsverbände“. Betroffen sind insb. die §§ 53 Abs. 2, § 55 Abs. 2, § 56 Abs. 1 u. 2, 57 Abs. 5, 58 Abs. 3, § 59 Abs. 1, 62 Abs. 3, 63, 63a Abs. 2, 63c Abs. 3 und 64a, die bei den jeweiligen Vorschriften erläutert werden. In § 53 Abs. 2 wurde eine Erleichterung für kleine eG eingeführt; u.a. wurden auch die durch das BiRiLiG (s. oben Rdn. 3) angehobenen Schwellenwerte teilweise wieder zurückgenommen. In § 53 Abs. 2 wurde die Einschränkung „… ist bei Genossenschaften deren Bilanzsumme eine Million Euro und deren Umsatzerlöse € 2 Millionen übersteigen“ („… der Jahresabschluss … zu prüfen.“) aufgenommen. Dadurch werden seither kleinere eG durch Befreiung von der formalisierten Prüfung ihres Jahresabschlusses befreit. Allerdings muss der Prüfer auch bei diesen eG eine summarische Prüfung des Jahresabschlusses vornehmen, um die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung feststellen zu können. 3. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) 2008. Ziel des Bilanzrechts- 8 modernisierungsgesetz (BilMoG)24 von 2008 war es, das bewährte HGB-Bilanzrecht zu einer dauerhaften und im Verhältnis zu den internationalen Rechnungslegungsstandards vollwertigen, aber kostengünstigeren und einfacheren Alternative weiterzuentwickeln, ohne die Eckpunkte des HGB-Bilanzrechts (die HGB-Bilanz bleibt Grundlage der Ausschüttungsbemessung und der steuerlichen Gewinnermittlung) und das bisherige System der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzugeben.25 Im GenG wurden neben den §§ 16, 36 und 38 im Vierten Abschnitt „Prüfung und Prüfungsverbände“ insb. die §§ 53, 55, 58 und 63, 63c, 63h und 64 geändert. Die Kommentierung erfolgt bei den entsprechenden Vorschriften. Die Abschlussprüferrichtlinie ist für eG und genossenschaftliche Prüfungsverbände nur verbindlich, soweit sie einer europarechtlich vereinheitlichten Prüfungspflicht unterfallen oder europarechtlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen durchführen, also insb. nach Art. 25 EGHGB und § 340k HGB für KreditG. Um die rechtlichen Grundlagen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung möglichst einheitlich zu gestalten, wurden die Vorgaben der Abschlussprüferrichtlinie über ihre unmittelbare Bindungswirkung hinaus grundsätzlich für alle genossenschaftlichen Prüfungsverbände eingeführt. Entsprechendes gilt für eG selbst, auch wenn sie – mit Aus-
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TransPuG v. 25.7.2002, BGBl. I S. 2681 ff. Beuthien GenG § 53 Rdn. 9. Bekanntmachung der Neufassung des GenG v. 16.10.2006, BGBl. I S. 2230 ff. BGBl. I 2009, 1102. BT-Drs. 16/10067 S. 1.
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§ 53 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
nahme der SCE – nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Es ist nicht sinnvoll, die eG und die SCE unterschiedlichen Regelungen zu unterwerfen.26 Durch die Ergänzung in § 53 Abs. 2 wird der neue § 317 Abs. 5 u. 6 HGB in Bezug genommen. Danach müssen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände auch die internationalen Prüfungsstandards sowie darauf beruhende RechtsVO des BMJV beachten. In dem seinerzeit neu eingefügten S. 3 wurde angeordnet, dass eine kapitalmarktorientierte eG, die keinen Aufsichtsrat hat, einen – nach der Gesetzesbegründung „freien“ – Prüfungsausschuss bilden muss. Für diesen Fall gilt § 324 HGB entsprechend (Umsetzung von Art. 41 der Abschlussprüferrichtlinie).27 § 324 Abs. 2 S. 2 HGB verweist auf § 100 Abs. 5 AktG, danach muss ein Mitglied des Prüfungsausschusses über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. Entsprechend wurde auch das SCEAG angepasst, s. dazu unten Rdn. 42. 9
4. Das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG-RefE), Referentenentwurf 2015. Durch das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) soll voraussichtlich noch im Jahr 201528 die Umsetzung der prüfungsbezogenen Vorschriften der Richtlinie 2014/56/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.4.2014 zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen sowie der Ausführung der VO (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16.4.2014 über besondere Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse erfolgen. Betroffen vom Anwendungsbereich der VO 537/2014 sind alle CRR-Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 3d S. 1 KWG, Versicherungsunternehmen i.S.d. § 341 HGB oder kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i.S.d. § 264d HGB. CRR-Kreditinstitute (früher Einlagenkreditinstitute) sind Kreditinstitute, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, betroffen sind damit alle Kredit eG auf Primärstufe und auf Zentralebene aber auch die Spezialinstitute der Genossenschaftsorganisation. Kapitalmarktorientierte Unternehmen (auch in der Rechtsform der eG) sind alle Unternehmen, die einen organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 5 WpHG durch von Ihnen ausgegebene Papiere in Anspruch nehmen und deren Papiere an einem freien Markt gehandelt werden (können). Der AReG-RefE hätte bei entsprechender Umsetzung derzeit für eG im Waren- und Dienstleistungsbereich keine praktische Bedeutung. Die vorgenannten EU-Rechtsakte (u.a.) für Kredit eG sind am 16.62014 in Kraft getreten und die Umsetzung der RiLi muss bis spätestens 17.6.2016 erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt sind auch die meisten unmittelbar für (Kreditinstitute und damit auch) Kredit eG geltenden Regelungen der o.g. EU-Verordnung anwendbar, so dass bis spätestens dahin die erforderlichen Anpassungen im nationalen Recht erfolgen müssen. Hierzu liegt ein AReG-RefE29 vor, der in Art. 9 die geplanten Änderungen des GenG (§§ 36 Abs. 4, 38 Abs. 1a, 53, 54a, 55, 57, 58, 63b und 168) aufführt. Die Kommentierung erfolgt bei den bereits in Klammern in den Gesetzestext aufgenommenen Änderungen der genannten Vorschriften des GenG.
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26 BT-Drs. 16/10067 v. 30.7.2008, S. 106 f. 27 Ebenda S. 107. 28 Spätestens aber bis zum 17.6.2016. 29 Referentenentwurf des BMJV: Entwurf eines G. z Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG), http://www.wpk.de/uploads/tx_news/BMJV_ Referentenentwurf_AReG.pdf.
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Pflichtprüfung | § 53
Entsprechend der mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vorgegebenen Systematik30 sollen die Vorgaben der Richtlinie 2014/56/EU über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus grundsätzlich für alle genossenschaftlichen Prüfungsverbände und auch für alle eG Wirkung entfalten. Auch im AReG-RefE wird am Ziel möglichst einheitlicher rechtlicher Grundlagen für die Pflichtprüfungen bei eG und SCE festgehalten,31 s. dazu oben Rdn. 8 zum BilMoG. Eine verpflichtende externe Rotation findet bei eG (wie auch bei Sparkassen, vgl. § 340k Abs. 4 HGB n.F., der Art. 17 der VO für nicht anwendbar erklärt) auch zukünftig nicht statt, diese ist mit dem Grundsatz des gesetzlich vorgegebenen Dauermandats nicht vereinbar.32 Folgerichtig findet Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 nach dem Gesetzestext in § 53 Abs. 2 S. 2 letzter Halbs n.F. keine Anwendung. Die Begründung zum AReG-RefE ist überzeugend: Bereits Art. 2 Abs. 4 der VO (EU) Nr. 537/2014 legt fest, dass kein objektiver, sachverständiger und informierter Dritter zu dem Schluss gelangen kann, das die Mitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers beeinträchtigen könnte, da der Prüfungsverband, ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt und die allgemeinen Grundsätze der Unabhängigkeit anwendet. Diese Voraussetzung müssen in Deutschland alle genossenschaftlichen Prüfungsverbände bereits aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zur Rechtsform e.V. (vgl. § 63b Abs. 1) sowie § 340k Abs. 2 und 2a HGB, § 55 Abs. 2 erfüllen. In Bezug auf die Rechtsform handelt es sich zwar nur um eine Sollvorschrift, vgl. Wortlaut des § 63b Abs. 1, aber der Verband muss ohne Gewinnerzielungsabsicht prüfen und einen nichtwirtschaftlichen Zweck verfolgen.33 An die gesetzlichen Vertreter und die Prüfer des Prüfungsverbandes sind dieselben strengen Unabhängigkeitsanforderungen zu stellen, zudem erfolgt eine Überwachung der Tätigkeit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände durch die Staatsaufsicht, vgl. § 64 Rdn. 1 ff. Der Halbsatz in § 53 Abs. 3 „mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute“ geht ins Leere und beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen, da weder die Kreditanstalt für Wiederaufbau noch die Deutsche Bundesbank eG sind. III. Mitglieder des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, Prüfungspflicht, Verleihung des Prüfungsrechts und Staatsaufsicht 1. Mitglieds-eG und deren Prüfung. Mitglieder eines genossenschaftlichen Prü- 10 fungsverbandes können nur eG sein und, ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, solche Unternehmen oder andere Vereinigungen, die sich ganz oder überwiegend in der Hand von eG befinden oder dem Genossenschaftswesen dienen (§ 63b Abs. 2 S. 1); zur Prüfung vgl. Rdn. 11, 36. Besonderheiten gelten nach der durch das SteuerRefG 1990 neu eingefügten Übergangsvorschrift für Wohnungsunternehmen in § 162. Danach können Unternehmen, die nicht eG sind, freiwillige Mitglieder des Prüfungsverbandes bleiben, wenn sie am 31.12.1989 als gemeinnützige Wohnungsunternehmen oder als Organ der staatlichen Wohnungspolitik anerkannt waren. Sie konnten aufgrund eines damaligen Sonderkündigungsrechtes bis zum 30.6.1990 dem Prüfungsverband ihren Austritt zum 31.12.1991 erklären, unabhängig von einem nach der Satzung ihnen zustehenden Kündigungsrecht. Die Mehrzahl hat die Mitgliedschaft freiwillig fortgeführt. Sie können sich gem. Art. 25
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BT-Drs. 16/10067, S. 106. RefE-AReG zu Art. 9 S. 40. Ebenda S. 41 zu Nr. 4 (§ 53 GenG). Beuthien GenG § 63b Rdn. 1.
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§ 53 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGHGB auch weiterhin freiwillig, von ihrem Prüfungsverband prüfen lassen, dazu nachfolgend Rdn. 11. Nicht eingetragene Vorgenossenschaften können – schon mangels Rechtsfähigkeit – einem Prüfungsverband nicht angehören;34 Denkbar ist jedoch ein auf den Zeitpunkt der Eintragung aufschiebend bedingter Beitritt. 11
2. Prüfung von genossenschaftsnahen Unternehmen anderer Rechtsform gem. § 25 EGHGB. Grundsätzlich obliegt dem genossenschaftlichen Prüfungsverband nur die Prüfung der ihm angeschlossenen Mitglieds-eG, § 55 Abs. 1 S. 1 (zur Beratung siehe § 63b Rdn. 6 ff). Eine wichtige Übergangs- bzw. Ausnahmevorschrift zum Bilanzrichtlinien-Gesetz für die Prüfung durch diese Verbände findet sich im Einführungsgesetz zum HGB,35 Art. 25 EGHGB. Danach. (Abs. 1 S. 1) dürfen Aktiengesellschaften, GmbH und Gesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (Nr. 1) und gemeinnützige Wohnungsunternehmen, die nicht eG sind, (Nr. 2) weiterhin auch von einem genossenschaftlichen Prüfungsverband geprüft werden, wenn – sie diesem als Mitglied angehören (Voraussetzung für Nr. 1 und Nr. 2) und – bei AG, GmbH oder Personenhandelsgesellschaft (Nr. 1) die Mehrheit der Anteile und die Mehrheit der Stimmrechte eG oder genossenschaftlichen Prüfungsverbänden zusteht oder – bei gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, die nicht eG sind (Nr. 2), das Unternehmen am 31.12.1989 als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen oder als Organ der staatlichen Wohnungspolitik anerkannt war,36 unter der weiteren Voraussetzung, dass dem Prüfungsverband das Prüfungsrecht vor dem 29.5.2009 verliehen worden ist (Art. 25 Abs. 1 S. 1 letzter Halbs. EGHGB). Außerdem müssen mehr als die Hälfte der geschäftsführenden Mitglieder des Vorstandes dieses Prüfungsverbandes Wirtschaftsprüfer sind oder, wenn der Prüfungsverband nur zwei Vorstandsmitglieder hat, einer von ihnen Wirtschaftsprüfer sein, vgl. hierzu auch Rdn. 36. In diesen Fällen ist der Prüfungsverband einem Abschlussprüfer i.S.v. § 319 HGB gleichgestellt. Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Abschlussprüfung sind gem. Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EGHGB, § 319 Abs. 2 und 3 HGB sowie § 319a Abs. 1 HGB auf die gesetzlichen Vertreter des Prüfungsverbandes und auf alle vom Verband beschäftigten Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können, entsprechend anzuwenden. Bei der Prüfung des Jahresabschlusses solcher Gesellschaften oder Unternehmen darf der gesetzlich vorgeschriebene Bestätigungsvermerk nur von Wirtschaftsprüfern unterzeichnet werden (Art. 25 Abs. 2 S. 1 EGHGB). Die im Prüfungsverband tätigen Wirtschaftsprüfer werden ausdrücklich auf die Grundsätze der Unabhängigkeit, Gewissenhaftigkeit, Verschwiegenheit, Eigenverantwortlichkeit und der Unparteilichkeit ihrer Prüfung verpflichtet (Art. 25 Abs. 2 S. 2 u. 3 EGHGB). Der Prüfungsverband ist für freiwillige Abschlussprüfungen eines ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmens oder eines Organs der staatlichen Wohnungspolitik, das ihm als Mitglied angehört, auch Abschlussprüfer eines Konzernabschlusses (Art. 25 Abs. 3 EGHGB).
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BayObLGZ 1990, 192 = DB 1990, 2157 = BB 1990, 1807. EGHGB v. 10.5.1897 (RGBl. S. 437) BGBl. III 4101-1, zul. geändert durch G. v 4.10.2013 (BGBl. I S. 3746). Vgl. dazu ausführlich Beuthien GenG § 53 Rdn. 26.
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3. Verleihung des Prüfungsrechts (Zuständigkeit und Voraussetzungen) und 12 Aufgaben des Prüfungsverbands. Das Prüfungsrecht wird dem Prüfungsverband durch die zuständige oberste Landesbehörde verliehen, in deren Gebiet der Verband seinen Sitz hat (§ 63 S. 1) und zwar für das Gebiet, in dem der Verband gemäß Satzung tätig ist. Der Verband soll die Rechtsform des eingetragenen Vereins haben (§ 63b). Die Prüfungstätigkeit des Verbandes hat ihre Grundlage in der vereinsrechtlichen Mitgliederbeziehung zum Verband, daher bedarf es auch keines besonderen Geschäftsbesorgungsvertrages für die Durchführung der Prüfungen.37 Vertragsrecht kann hierbei nur ergänzend herangezogen werden. Dem Vorstand eines genossenschaftlichen Prüfungsverbandes soll gem. § 63b Abs. 5 13 Satz 1 mindestens ein Wirtschaftsprüfer angehören; andernfalls muss der Prüfungsverband einen Wirtschaftsprüfer als besonderen Vertreter i.S.v. § 30 BGB bestellen (§ 63b Abs. 5 Satz 2). Diese Wirtschaftsprüfer unterliegen den Vorschriften der Wirtschaftsprüferordnung und den Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer, die von der Wirtschaftsprüferkammer festgelegt werden. Allerdings greift diese Regelung wegen § 340k Abs. 2 Satz 2 HGB dann nicht, wenn der Prüfungsverband auch Kreditgenossenschaften prüft. Dann muss dem Prüfungsverband (mindestens) ein Wirtschaftsprüfer angehören. Denkbar ist demnach, dass eine Kredit eG einem Prüfungsverband, der diese Voraussetzungen nicht erfüllt, als „Gastmitglied“ angehört, wenn sie sich als Mitglied eines anderen Prüfungsverbandes, der die Voraussetzungen des § 340k Abs. 2 S. 2 HGB erfüllt, von diesem prüfen lässt. Der genossenschaftliche Prüfungsverband muss die Prüfung seiner Mitglieder als Hauptzweck haben, er kann im Übrigen als Aufgabe auch die gemeinsame Wahrnehmung der Mitgliederinteressen, insbesondere die Unterhaltung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen zum Zweck haben, § 63b Abs. 4 S. 1 sowie auch die Beratung, Betreuung und Schulung der Mitglieder (vgl. § 63b Rdn. 6). Andere Zwecke darf er jedoch nicht verfolgen (§ 63b Abs. 4 S. 2). 4. Staatsaufsicht. Gem. § 64 unterliegen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände 14 der Staatsaufsicht, vgl. zu den Einzelheiten § 64 Rdn. 1 ff. Mit der Aufhebung des WGG sind mit Wirkung vom 1.1.1990 die Regelungen entfallen über die staatliche Zulassung sowie die Bestimmung der Satzung und gebietliche Organisation von genossenschaftlichen Prüfungsverbänden, denen gemeinnützige Wohnungsunternehmen angehören mussten, damit auch die über das Genossenschaftsrecht hinausgehende Aufgabenstellung und Einflussnahme auf die Tätigkeit dieser Verbände. Für die Prüfungsverbände von Wohnungsgenossenschaften gelten die allgemeinen Vorschriften des GenG, sofern sich nicht Besonderheiten aus anderen gesetzlichen Regelungen ergeben.38 IV. Spitzenverbände Die eG kann grundsätzlich frei wählen, welchem Prüfungsverband sie angehören 15 will. Die regionalen und Fachprüfungsverbände sind i.d.R. Mitglied in einem der beiden unten genannten genossenschaftlichen Spitzenverbände (§ 56 Abs. 2), die Mitgliedschaft dort ist aber nicht zwingend. Zur Zuständigkeit des Prüfungsverbandes bei Mitgliedschaft
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37 Beuthien GenG § 61 Rdn. 1. 38 Zur Stellung genossenschaftlicher Prüfungsverbände von Wohnungsunternehmen s. RiebandtKorfmacher in: Gesellschaft, Wirtschaft, Wohnungswirtschaft, Festschrift für Helmut Jenkis, Schriften zum Genossenschaftswesen und zur öffentlichen Wirtschaft, Band 18, 1987, S. 291 ff.; neues Recht: § 1 Rdn. 59 ff.
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einer eG in mehreren Verbänden s. § 54 Rdn 20 ff. Wegen des Anspruchs auf Aufnahme in den Verband vgl. Erl. zu § 54 Rdn. 10 ff. Gegenwärtig sind die Genossenschaftsverbände auf Bundesebene in zwei Spitzen(prüfungs)verbänden organisiert, denen regionale Prüfungsverbände und zum Teil Fachprüfungsverbände angeschlossen sind. Die zwei Prüfungsverbände als Spitzenverbände i.S.d. § 56 Abs. 2 GenG auf Bundesebene sind: – der DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin, für die Kreditgenossenschaften, die gewerblichen und ländlichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften und die Konsumgenossenschaften sowie – der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin, für die Wohnungsgenossenschaften und ihre Verbände. Gem. § 11 Abs. 2 Nr. 3 ist der Anmeldung zur Eintragung einer Genossenschaft eine Bescheinigung beizufügen, dass sie zu einem genossenschaftlichen Prüfungsverband als Mitglied zugelassen ist. Damit ist gleichzeitig eine gutachterliche Äußerung des Prüfungsverbandes zu der Frage verbunden, ob nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insb. der Vermögenslage der eG, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der eG zu besorgen ist, vgl. Erl. zu § 11. V. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung gem. § 53 Abs. 1 16
1. Zweck, Ziel und Besonderheiten. Zweck der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung.39 Es handelt sich bei dieser Prüfung nicht um eine Jahresabschlussprüfung, wie sie gem. den §§ 316 ff. HGB für Kapitalgesellschaften und gem. § 340k HGB für Kreditinstitute vorgeschrieben ist. Mit Inkrafttreten des BilanzrichtlinienGesetzes (s.o. Rdn. 3) erstreckt sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung gemäß § 53 Abs. 2 ausdrücklich auch auf die Buchführung, den Jahresabschluss und den Lagebericht.40 Diese Prüfung ist, außer bei Kredit eG, nicht Voraussetzung für die Feststellung des Jahresabschlusses durch die GV/VV. Die Pflichtprüfung bei eG unterscheidet sich gegenüber der Prüfung von Kapitalgesellschaften nach §§ 316 ff. HGB deutlich hinsichtlich Zielsetzung, Gegenstand und Umfang der Prüfung. Die Zielsetzung besteht gem. § 53 Abs. 1 Satz 1 in der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung. Gegenstand der Prüfung sind die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der eG einschließlich der Mitgliederliste. Der Umfang der genossenschaftlichen Pflichtprüfung geht also insoweit weit über die Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Kapitalgesellschaften nach § 317 HGB hinaus.41 Die Verbandsprüfung ist nicht nur vergangenheitsbezogen sondern hat auch eine zukunftsbezogene Beratungsfunktion; der Verbandsprüfer wird i.d.R. auch Verbesserungsvorschläge unterbreiten und hierüber mit dem Vorstand und Aufsichtsrat beraten, dabei handelt es sich aber lediglich um Empfehlungen. Der Verband hat nämlich kein finanz-, personal- oder gar geschäftspolitisches Weisungsrecht.42 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung findet vielmehr ihre Grenze in der Selbstverwaltung und Autonomie
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39 Vgl. hierzu auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 11. 40 Wegen Einzelheiten zur genossenschaftlichen Pflichtprüfung vgl. Großfeld/Noelle Stellung und Funktion der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, BB 1985, 2145. 41 Vgl. Spanier Freie Wahl des Abschlussprüfers für Genossenschaften? WPg 2001, 767. 42 Beuthien GenG § 53 Rdn. 12.
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der eG. Die faktischen Einwirkungsmöglichkeiten durch Empfehlungen ergeben sich vielmehr aus der laufenden Beratung und Betreuung.43 Dabei kommt es den Prüfungsverbänden zu Gute, dass diese oft eine Vielzahl ähnlicher bzw. gleichartiger eG prüfen und daher auf Branchenkenntnisse, Vergleichszahlen und Analysesysteme zurückgreifen können;44 zur wichtigen Prüfungsverfolgung s. Rdn. 33 f. Zur Verwirklichung des gesetzlichen Prüfungszwecks können die genossenschaftlichen Prüfungsverbände dabei auf ihre langjährigen Erfahrungen zurückgreifen, sie stellen aber auch fortlaufend an die Entwicklung der Gesetzgebung und Rechtsprechung anzupassende Prüfungs-, Rechnungslegungs- und Bewertungsgrundsätze auf und wenden diese Auslegungen bei der Prüfung möglichst einheitlich an. Gesichtspunkte des Wettbewerbsrechts werden davon grundsätzlich nicht berührt. Im Zweifel hat die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der gesetzlichen Pflichtprüfung Vorrang vor Gesichtspunkten für das Wettbewerbsrecht. Insb. das Kartellgesetz kann nicht die freie Überzeugung und verantwortliche Bewertung durch den Prüfer beeinträchtigen.45 Entsprechende Erwägungen liegen den Richtlinien des GdW, Spitzenverband für das Rechnungswesen und die Prüfung der Wohnungsgenossenschaften, zugrunde. Anknüpfend an den traditionellen Grundsatz der Selbstkontrolle bestimmen diese Richtlinien die rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Prüfung näher, insb. auch den Gegenstand der Prüfung, Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft, der Beteiligung an der eG, ihres steuerlichen Status sowie der wirtschaftlichen Tätigkeit nach Bautätigkeit, Wohnungsbewirtschaftung, Baubetreuung, Durchführung von Eigentumsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Anforderungen, die sich nach Gesetz und/oder Satzung bei eG bestimmter Prägung, z.B. als Vermietungsgenossenschaft, aus Vereinbarungen bzw. aus Auflagen ergeben, die Voraussetzung für die Gewährung bestimmter öffentlicher Fördermaßnahmen sind. Die Geschäftsführungsprüfung ist keine statische Betrachtung zum Prüfungs- 17 stichtag, sondern eine Feststellung und Bewertung vor allem dynamischer Faktoren, also der absehbaren Entwicklung z.B. hinsichtlich Umsatz, Rentabilität und Liquidität, wenn möglich auch unter Berücksichtigung außerbetrieblicher Faktoren, wie z.B. Zinsentwicklung im Aktiv- und Passivgeschäft, sowie langfristige Bindungen der eG.46 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung ist – unter Berücksichtigung der historischen Ableitung und ihres Zwecks – eine förderwirtschaftliche Betreuungs(dauer)prüfung.47 Sie stellt den umfassendsten und intensivsten Prüfungstyp dar.48 Sie ist von den Prüfungsgegenständen her weiter gefasst als die Abschlussprüfung nach § 317 HGB49 und bewertet zudem nicht nur einen in der Vergangenheit liegenden Prüfungszeitraum als eine abgeschlossene Einheit, sondern bringt als Ergebnis der Prüfung Erkenntnisse für
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43 Vgl. hierzu „Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation“ mit Beiträgen Metz, Bungenstock, Niclas und Homann. 44 Spanier WPg 2001, 767 (770); Beuthien GenG § 53 Rdn. 12. 45 Vgl. hierzu Hamm Genossenschaftliche Prüfungsgrundsätze und kartellrechtliches Empfehlungsverbot, ZfgG 1984, 27 ff. 46 Zur Abgrenzung: Saage Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 51 ff., 75, 77; vgl. auch BGHZ 16, 17. 47 Beuthien GenG § 53 Rdn. 12; vgl. auch Henzler Prüfungsverbände, S. 10; Müller GenG § 53 Rdn. 2; BVerfG NJW 2001, 2617. 48 Jenkis Die Doppelnatur der genossenschaftlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Prüfungsverbände, BB 1982, 1702. 49 Graumann Aktuelle Entwicklungen im Prüfungswesen und das Institut der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, ZfgG 1998, 7, 8; Müller GenG § 53 Rdn. 1 f.
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die weitere Entwicklung der eG.50 Dies entspricht letztlich auch der Zielsetzung, die der Gesetzgeber mit dem KonTraG verfolgte, dazu Rdn. 5. Die Geschäftsführung einer eG wird im Inhalt wesentlich durch den Unternehmenszweck bestimmt; die genossenschaftliche Pflichtprüfung kann daher nicht losgelöst von diesem speziellen Unternehmenszweck der Mitgliederförderung gesehen werden.51 Die Pflichtprüfung dient daher auch dem Schutz der Mitglieder;52 sie wurde seit jeher als wichtiges Mittel angesehen, die Verwirklichung des konkreten genossenschaftlichen Förderauftrags sicherzustellen.53 Die genossenschaftliche Pflichtprüfung hat die Aufgabe, die wirtschaftlichen Verhältnisse der eG und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu untersuchen, um sie ggf. feststellen zu können. Die Prüfung bezieht sich somit auf formelle und materielle Gesichtspunkte.54 Die Prüfung hat festzustellen, ob der Vorstand entsprechend den Vorschriften von Gesetz und Satzung die erforderlichen personellen und sachlichen Maßnahmen zur optimalen Verwirklichung des Unternehmenszwecks getroffen hat. Maßstab hierbei ist, ob nach genossenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen die Maßnahmen als vertretbar und sinnvoll angesehen werden können.55 Der Begriff, „wirtschaftliche Verhältnisse“ umschreibt alle wirtschaftlich relevanten Zustände und Vorgänge. „Geschäftsführung“ ist im weitesten Sinn zu verstehen als Aufgabe der Zielsetzung, der Planung, Entscheidung, Durchführung und Kontrolle. In erster Linie ist die „Leitung“ durch den Vorstand gemeint, vgl. Erl. zu §§ 27 und 34. Darüber hinaus sind aber auch Vorgänge außerhalb des eigentlichen Vorstandsbereichs, z.B. im Zusammenhang mit Aufsichtsrat oder GV, zu erfassen. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung besteht wie jede Prüfung aus den Elemen 18 ten – Ermittlung des Sachverhalts, – Vergleich mit gegebenen und anerkannten Bezugsgrößen56 und – Beurteilung. Die genossenschaftliche Pflichtprüfung dient den Interessen der Mitglieder, der Gläubiger der eG sowie der Allgemeinheit.57 Sie und die Arbeit der Prüfungsverbände haben dazu beigetragen, dass eG wirtschaftliche Krisensituationen vergleichsweise besser überstanden haben, als Unternehmen anderer Rechtsform und sich das Genossen-
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50 Vgl. Leitner Rechtlicher Vergleich und Würdigung der Pflichtprüfung am Beispiel der Jahresabschlussprüfung bei Genossenschaft und Aktiengesellschaft, ZfgG 1998, 23, 25. 51 Dülfer Welche Relevanz hat der Förderungsauftrag für die Pflichtprüfung der eingetragenen Genossenschaft, ZfgG 1980, 47 ff.; Pauli Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und Förderungsauftrag in Genossenschaften aus der Sicht der Prüfung, ZfgG 1980, 370 ff.; Zacherl Zur Genossenschaftsprüfung aus der Sicht der Mitgliederpartizipation, ZfgG 1980, 225 ff.; Blümle Bemerkungen zur genossenschaftlichen Verbandsprüfung, ZfgG 1980, 39 ff.; Rohlfing/Ziranka Die Kontrolle der Förderleistung der genossenschaftlichen Geschäftsführung durch die Prüfung, ZfgG 1972, 194; Saage Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 135 ff. 52 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 1. 53 Müller GenG § 53 Rdn. 2. 54 Vgl. Potthoff Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung, ZfHF 1961, 566; Saage Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 55. 55 Vgl. Grundsätze zur Prüfung der Geschäftsführung bei Genossenschaften, DGRV-Schriftenreihe, Heft 10; Ohlmeyer Die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, Genossenschaftsforum 1986, 449 ff. und 497 ff.; Rohlfing/Ziranka Die Kontrolle der Förderleistung der genossenschaftlichen Geschäftsführung durch die Prüfung, ZfgG 1972, 194. 56 Beuthien GenG § 53 Rdn. 12: z.B. durch Vergleich mit Analyse- und Branchenkennzahlen; Spanier WPg 2001, 767 ff.; vgl. Saage, Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 55. 57 BVerfG NJW 2001, 2617 = DB 2001, 2596 m. Anm. Schaffland = WM 2001, 360.
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schaftswesen auch über politische Krisenzeiten hinweg günstig entwickeln konnte.58 Dies belegen die statistischen Erhebungen; die eG ist seit Jahrzehnten die insolvenzsicherste Rechtsform in Deutschland.59 Das prüfungsrelevante Interesse der Mitglieder besteht darin, dass ihre Förderinteressen optimal verwirklicht werden, die eingezahlten Geschäftsguthaben ungefährdet bleiben und Inanspruchnahmen aus der Haftsumme ausgeschlossen sind.60 Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat dürften an einer wirkungsvollen Betreuungsprüfung nicht zuletzt im Hinblick auf ihre Verantwortung und Haftung besonders interessiert sein. Schließlich kann auch das Interesse der Arbeitnehmer an einem langfristigen und erfolgreichen Erhalt des genossenschaftlichen Betriebes nicht unbeachtet bleiben; die Prüfung kann durchaus diesem Interesse dienen.61 Da jede eG in enger geschäftlicher und organisatorischer Verbindung mit anderen genossenschaftlichen Einrichtungen steht (Zentralgenossenschaften, Bildungseinrichtungen, Spezialinstitute usw.), dient die Pflichtprüfung letztlich auch den Gesamtinteressen des genossenschaftlichen Verbundes.62 Gegenüber der genossenschaftlichen Pflichtprüfung gibt es aus der Sicht der eG kein Geheimhaltungsinteresse, soweit es um prüfungsrelevante Tatbestände geht. Der Prüfer hat z.B. auch das Recht, Personalakten einzusehen, wenn und soweit dies für den Prüfungszweck erforderlich ist. Solche Prüfungshandlungen können z.B. nicht von der Zustimmung des Betriebsrates abhängig sein. Ein solches Einsichtsrecht dürfte allerdings nur sekundär in Betracht kommen, z.B. wenn ein Auskunftsinteresse besteht und andere Auskünfte, z.B. durch Befragen des Vorstandes, nicht zum Ziel führen. Prüfungsrelevante Fragen aus dem Personalbereich können z.B. fehlende fachliche Qualifikation, betriebliche Störungen aufgrund persönlichen Verhaltens, erkennbare Führungsmängel und sonstige Auffälligkeiten sein. Bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung entsteht zwischen der eG und dem Verband ein Rechtsverhältnis besonderer Art, dessen Inhalt durch die Vorschriften über diese Prüfung bestimmt wird, z.B. die §§ 55, 56 ff., 61 und 62. Nur ergänzend können die Vorschriften über den Werkvertrag zur Anwendung kommen. Wird eine Prüfung aufgrund eines besonderen Auftrages durchgeführt, so findet grundsätzlich das Recht des Werkvertrages gem. §§ 631 ff. BGB Anwendung.63 Für sonstige Leistungen findet Dienstvertragsrecht Anwendung, geschuldet ist also die Leistung, nicht der Erfolg.
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58 Beuthien GenG § 53 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 1. 59 Die Insolvenzquote eG wird für eG – weil so gering – nicht mehr separat vom Statistischen Bundesamt ermittelt. Sie beträgt nach der Statistik der Creditreform 2014 0,1%, während bspw. die AG 0,6 und die GmbH 38,4% aufweisen; „Insolvenzen in Deutschland“ Creditreform 2014, https://www. creditreform.de/nc/aktuelles/news-list/details/news-detail/insolvenzen-in-deutschland-jahr-2014.html. 60 Beuthien GenG § 53 Rdn. 1, 5; Großfeld/Noelle Stellung und Funktion der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, BB 1985, 2145. 61 Vgl. Henzler Mitbestimmung, S. 186; Müller GenG § 53 Rdn. 7. 62 Vgl. Stupka Objekte und Leistungen der genossenschaftlichen Verbandsprüfung, S. 60; Müller GenG § 53 Rdn. 6. 63 So zur Jahresabschlussprüfung: BGH Urt. v. 1.2.2000, Az. X ZR 198/97, NJW 2000, 1107; vgl. auch WP Handbuch 2014, Bd. 1, A, Rdn. 597; Palandt/Sprau Einf. vor § 631 BGB Rdn. 32 i.V.m. Palandt/Sprau § 675 Rdn. 26.
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2. Gegenstand der Prüfung 19
a) Die Einrichtungen. Prüfungsgegenstand sind zunächst die „Einrichtungen“ des Genossenschaftsbetriebs. Darunter sind nicht nur die Innen- und Außenorganisationen der eG, sondern auch alle Vorkehrungen im gesamten Unternehmensbereich zur Erfüllung des Unternehmenszwecks zu verstehen.64 Es handelt sich um den gesamten Bereich der betriebs- und organisationstechnischen Vorkehrungen und Anlagen. Das Prüfen der „Einrichtungen“ bedeutet, dass auch Fragen der ordnungsgemäßen Besetzung und Tätigkeit von Aufsichtsrat und GV einzubeziehen sind. Dies gilt naturgemäß auch für andere satzungsmäßige Organe.65 Gegenstand der Prüfung sind auch die rechtlichen Verhältnisse der eG. Dies betrifft insb. die Satzung und Geschäftsordnungen von Vorstand und Aufsichtsrat, Geschäftsverteilungspläne sowie die gesamte sachliche und personelle Unternehmensorganisation.66 Die Einrichtungen sind hinsichtlich der Vollständigkeit sowie im Hinblick auf ihren Erhaltungszustand zu überprüfen. Ob und inwieweit auch Fragen der technischen und betriebswirtschaftlichen Zweckmäßigkeit der Prüfung zugänglich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
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b) Die Vermögenslage. Prüfungsgegenstand der Vermögenslage ist die Kapitalausstattung, satzungsgemäße (und ausreichende) Rücklagenbildung, Liquidität und Umsatzentwicklung, also die wirtschaftlichen Verhältnisse im weiten Sinne. Sie umfasst als Prüfungsgegenstand alle Aspekte der Ausstattung mit Eigenkapital (Höhe, Art und Struktur) sowie auch die Rentabilität.67 Zum Prüfungsgegenstand Vermögenslage zählen auch die Bereiche Preisgestaltung und Finanzierung. Das Gesetz erwähnt nunmehr ausdrücklich in § 53 Abs. 2 S. 1 die Prüfung des Jahresabschlusses unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts.68 Eine Einbeziehung des Jahresabschlusses in die Prüfung wurde jedoch stets als Voraussetzung für die Beurteilung der Vermögenslage und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung angesehen.69 Zur Feststellung des Jahresabschlusses ist es rechtlich nicht erforderlich, dass der Jahresabschluss zuvor geprüft worden ist; § 53 Abs. 2 verweist nicht auf § 316 Abs. 1 Satz 2 HGB. Zudem ergibt sich dies aus der Formulierung des § 48 Abs. 1 Satz 2. Dies gilt nicht für Kredit eG, wegen § 340k Abs. 1 Satz 1 bzw. 3 HGB („Der Jahresabschluss ist nach der Prüfung unverzüglich festzustellen.“). Satz 1 verweist auf die Vorschriften des Dritten Unterabschnitts des Zweiten Abschnitts des HGB, also §§ 316 ff. In § 316 Abs. 1 S. 2 HGB ist bestimmt, dass der Jahresabschluss ohne Prüfung nicht festgestellt werden kann.
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c) Die Geschäftsführung. Der DGRV70 hat einen Arbeitskreis gebildet, der sich auch aus den Vertretern der Regionalverbände zusammensetzte und dessen Praktiker Grundsätze und Empfehlungen für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung (OGF) von eG erarbeitet haben. Diese sind zuletzt im Jahr 2005 aktualisiert worden
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64 Zur Prüfung der Geschäftsführung bei Genossenschaften, DGRV-Schriftenreihe, Heft 10. 65 Beuthien GenG § 53 Rdn. 14 u. 16. 66 Beuthien GenG § 53 Rdn. 14. 67 Näher dazu Letschert Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, S. 90; Beuthien GenG § 53 Rdn. 15; Müller GenG § 53 Rdn. 20a und 22, letztgenannte Ausf. mit Hinweis auf die Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Rentabilität. 68 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 12. 69 Vgl. Schmidt Prüfung von Genossenschaften, S. 37. 70 DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin.
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und in Band 10 der DGRV-Schriftenreihe erschienen. Zum Risikomanagement ist in der DGRV-Schriftenreihe 2009 Band 42 mit dem Titel „Das Risikomanagement in Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften“ erschienen.71 Auf die dortigen detaillierteren Ausführungen wird bezüglich dieser eG verwiesen. Die Prüfung der Geschäftsführung ist der wesentliche Inhalt der genossenschaftli- 22 chen Pflichtprüfung; sie macht den eigentlichen Unterschied zur aktienrechtlichen Abschlussprüfung aus. Sie erstreckt sich auf die Geschäftsführung als Institution, deren Organisation und auf Maßnahmen der Geschäftsführungstätigkeit.72 Sie umfasst alle organisatorischen Einrichtungen und Regelungen, deren sich die Geschäftsführung bei der Ausübung ihrer Leitungsfunktion bedient.73 Maßstab für die Beurteilung sind neben Gesetz und Satzung die Grundsätze, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer eG anzuwenden hat (vgl. § 34 GenG und die dortige Kommentierung).74 Prüfungsfelder sind 23 – die Organisation der Geschäftsführung (Rdn. 24), – die Festlegung und Umsetzung der Grundsätze der Geschäftspolitik (Rdn. 25), einschließlich der Festsetzung der Grundsätze der Geschäftspolitik, geschäftspolitischer Strategien und Umsetzung der Geschäftspolitik und Messgrößen sowie deren Überwachung, – das Geschäftsführungsinstrumentarium (Rdn. 26), beinhaltet Planung, Organisation und Personalwesen, Rechnungswesen, Risikomanagementsystem, Internes Überwachungssystem, IT-System und Interne Revision, – die Geschäftsführungstätigkeit (Rdn. 27), umfasst insb. Kreditmanagement, Investitionen in Sachanlagen, Finanzanlagen (incl. Beteiligungen), Verträge von besonderer Bedeutung, Rechnungslegung u. Bilanzpolitik – die Tätigkeit/Aufgaben des Aufsichtsrats (Rdn. 28), – die Tätigkeit/Aufgaben der GV/VV (Rdn. 29), – besondere Prüfungsbereiche bei Kreditgenossenschaften nach § 25a KWG (Rdn. 30) und – besondere Prüfungsbereiche bei Wohnungsgenossenschaften (Rdn. 31). aa) Geschäftsführungsorganisation. Die Prüfung der Geschäftsführungsorganisa- 24 tion umfasst insb. die innere Strukturierung des Geschäftsführungsorgans (Vorstand) einschließlich Aufgabenverteilung, Delegation und Vertretungsprüfung sowie die angewandten Verfahren der Entscheidungsfindung nach Maßgabe der dies bezüglichen unternehmensinternen Vorschriften wie Geschäftsordnungen oder Dienstanweisungen. Hinsichtlich der Zusammensetzung und Tätigkeit des Vorstands sind unter Berücksichtigung der Vorgaben in der Satzung Feststellungen zu treffen zur – sachgerechten Verteilung der Aufgaben im Geschäftsverteilungsplan, – zweckmäßigen Einbindung des Überwachungsorgans und der – Anzahl und Inhalte der Sitzungen der Organe. Im Einzelnen ist vom Prüfer zu beurteilen, ob (1) der Vorstand gem. Satzung besetzt ist, (2) eine ordnungsgemäße und dem entsprechende Eintragung im GenReg erfolgt ist,
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71 DGRV Schriftenreihe, Band 42, 2. vollständig überarbeitete Auflage 2009. 72 Vgl. Jenkis Die Doppelnatur der genossenschaftlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Prüfungsverbände, BB 1982, 1702. 73 DGRV-Schriftenreihe, Bd. 10, Prüfung der Geschäftsführung bei Genossenschaften, 3. vollständig überarbeitete Auflage 2005. 74 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 17.
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(3) das Vorliegen einer GO für den Vorstand, (4) der Geschäftsverteilungsplan in Einklang mit den betrieblichen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen (z.B. Trennung von Markt und Marktfolgezuständigkeiten bei Kredit eG) aufgestellt wurde. Dabei sollten Satzung, Geschäftsordnungen und Anstellungs- und Pensionsverträge ordnungsgemäß sein und sich an den verfügbaren aktuellen Mustern orientieren, z.B. hinsichtlich Kündbarkeit, Tantiemen u. Gewährung sonstiger Ansprüche. Darüber hinaus muss der Vorstand den Aufsichtsrat ausreichend informieren, dies ist eine gemeinsame Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat. Zu Art und Umfang der Berichterstattung an den AR enthält die Arbeitsmappe für AR-Mitglieder geeignete Vorschläge.75 Der Vorstand muss den Aufsichtsrat als Überwachungsorgan regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für die eG relevanten Fragen der Planung, der Geschäftsentwicklung, Risikolage und des Risikomanagements sowie der Einhaltung der genossenschaftlichen Grundsätze informieren, zu den Einzelheiten vgl. DGRV-Schriftenreihe Bd. 1076 sowie unten Rdn. 28. Die Geschäftsführungsprüfung beurteilt nicht nur Fragen formaler Ordnungsmäßigkeit, sondern auch der Zweckmäßigkeit. Gegenstand der Geschäftsführungsprüfung ist nun ausdrücklich auch die Führung der Mitgliederliste durch den Vorstand, s. Erl. zu § 30. Die Beurteilung der Zweckmäßigkeit von Geschäftsführungsmaßnahmen bereitet in der Praxis erfahrungsgemäß erhebliche Schwierigkeiten, zumal es keine objektiven Maßstäbe geben kann. In vielen Fällen wird sich die Prüfung bei der Bewertung zurückhalten und darauf zu beschränken haben, ob die Entscheidungen der Geschäftsführung sorgfältig vorbereitet, durchgeführt und kontrolliert worden sind. Zur sorgfältigen Vorbereitung gehört z.B. die Ausarbeitung und Abwägung von Alternativen, die Zuziehung von Spezialisten; zur Realisierung und Kontrolle gehört die Frage der Korrekturen bei erkannten Fehlentscheidungen. Die Prüfung umfasst auch die Dokumentation der Beschlüsse und Maßnahmen, insb. die Protokolle, aus denen sich der folgerichtige Ablauf zu ergeben hat. Der Prüfer wird sich i.d.R. bei der Beurteilung besonders komplexer oder außergewöhnlicher Sachverhalte der Fachabteilungen des Verbandes bedienen. 25
bb) Grundsätze der Geschäftspolitik. Die Leitungstätigkeit des Vorstands einer eG wird nur durch Gesetz, Satzung und ggfs. die Geschäftsordnung beschränkt. Der Vorstand hat auch die Beachtung anerkannter betriebswirtschaftlicher Grundsätze zu beachten, also insb. die Methoden der strategischen Unternehmensführung. Es ist daher auch zu prüfen, ob der Vorstand in Befolgung anerkannter betriebswirtschaftlicher Grundsätze, also Methoden der strategischen Unternehmensplanung (1) in dem durch Gesetz und Satzung vorgegebenen Rahmen geschäftspolitische Grundsätze festgelegt hat, (2) geschäftspolitische Strategien entwickelt hat und (3) die Geschäftspolitik in Messgrößen umgesetzt und überwacht hat.77 Der Prüfer hat festzustellen, ob die Elemente einer strategischen Geschäftsführung in nachvollziehbarer, d.h. schriftlich dokumentierter Form, vorliegen. Dabei richten sich die Anforderungen an das strategische Konzept nach Art, Umfang und Komplexität der von der eG betriebenen Geschäfte. Die Festlegung der Grundsätze – entsprechend dem in § 1 GenG kodifizierten Grundsatz des Förderzwecks der eG – wird durch den Unternehmensgegenstand gem. Satzung
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75 Hrsg. v. DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin, Arbeitsmappe für Aufsichtsratsmitglieder von Kreditgenossenschaften, 2. Aufl. 2015, DG-Verlag, Bestell-Nr. 952 310. 76 DGRV-Schriftenreihe, Bd. 10, Prüfung der Geschäftsführung bei Genossenschaften, S. 14 f. 77 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 21.
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der eG konkretisiert. In diesem Rahmen muss der Vorstand die Grundsätze der Geschäftspolitik entwickeln. Diese werden i.d.R. in der Entwicklung eines Unternehmensleitbildes münden, zu den Details eines Leitbilds vgl. Bd. 10 der DGRV-Schriftenreihe.78 Der Prüfer wird beurteilen, ob das Leitbild und die Strategie dem konkreten Förderauftrag entsprechen und eine langfristige Existenzsicherung gewährleisten. Die grundlegenden Unternehmensziele sind in Förder-, Wachstums-, Rentabilitäts- und Risikozielen zu konkretisieren.79 Aus dem Vergleich der in den Grundsätzen der Geschäftspolitik festgelegten Ausrichtung und dem aktuellen Stärken-Schwächen-Profil der eG sind dann i.V.m. der Marktanalyse (Markt-, Branchen-, Konkurrenzanalyse) die wesentlichen Geschäftsfelder zu identifizieren und die Strategie (z.B. Qualitäts- oder Kostenführerschaft) festzulegen. Dabei sind die strategischen Geschäftsfelder die Leistungsbereiche, die sich von anderen in ihren Markt- und Umweltbedingungen so weitgehend voneinander unterscheiden, dass sich für diese eine eigene strategische Planung empfiehlt.80 Zur Umsetzung der Geschäftspolitik in Messgrößen sowie deren Überwachung wird die eG einen Steuerungsprozess mit quantitativen und qualitativen Messgrößen installieren und ein Instrumentarium regelmäßiger Überwachung und Abweichungsanalyse – in Abhängigkeit von deren Größe und Komplexität der Geschäftstätigkeit – installieren. Zu den Prüffeldern vgl. DGRV-Schriftenreihe, Bd. 10.81 cc) Geschäftsführungsinstrumentarium. Beim Geschäftsführungsinstrumenta- 26 rium handelt es sich im Wesentlichen um die Innenorganisation (Rechnungswesen, Aufbau- und Ablauforganisation, internes Kontrollsystem, Informationswesen) und die Außenorganisation (Zweigstellen, Erfassungs- und Vertriebsorganisation usw.). Es beinhaltet damit Planung, Organisation und Personalwesen, Rechnungswesen, Risikomanagementsystem, Internes Überwachungssystem, IT-System und Interne Revision. Zum Rechnungswesen gehören die ordnungsgemäße Führung der Mitgliederliste, Buchführung mit Jahresabschluss und Lagebericht, Kostenrechnung, Statistik und Planungsrechnung, Planung sowie Plankontrolle. Die Buchführung wird regelmäßig mittels einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage erstellt; somit umfasst die genossenschaftliche Prüfung i.d.R. auch eine EDV-Systemprüfung. Ist die eG einer Rechenzentrale angeschlossen, so hat es sich bewährt, dass bei dieser Zentrale in bestimmten Zeitabständen eine besondere EDV-Systemprüfung durchgeführt wird. Diese Prüfung erstreckt sich auf die Feststellung der organisatorischen und technischen Voraussetzung im Allgemeinen bis hin zur Prüfung der einzelnen EDV-Verfahren einschließlich Programmprüfungen. Das Ergebnis dieser Prüfungen dient dann dem Prüfungsverband als Grundlage für die gesetzliche Prüfung bei der eG. Der Prüfungsbericht des Verbandes enthält einen Hinweis auf diese Tatsache. Bei eG, die zwar einer Rechenzentrale angeschlossen sind, aber mit eigenen Programmen bei der Zentrale arbeiten lassen, sowie bei eG, die selbst eine EDV-Anlage installiert haben und damit die Buchführung erstellen (Eigenanwender) gelten die gleichen Grundsätze der Systemprüfung. Diese Prüfung kann vom Prüfungsverband oder von einem sonstigen sachverständigen Prüfer vorgenommen werden. Fehlt diese Prüfung, so kann u.U. die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht bestätigt werden.
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DGRV-Schriftenreihe, Bd. 10, Prüfung der Geschäftsführung bei Genossenschaften, S. 17 f. Ebenda, S. 18. Ebenda S. 18 f. DGRV-Schriftenreihe, Bd. 10, Prüfung der Geschäftsführung bei Genossenschaften, S. 19.
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Bei der IT-Prüfung sind folgende Elemente zu begutachten: (1) IT-Infrastruktur, (2) IT-Anwendungen und (3) IT-gestützen Geschäftsprozesse. Das Zusammenwirken dieser Elemente wird durch das IT-Kontrollsystem bestimmt, unterteilt in IT-Umfeld und ITOrganisation. Zu den Einzelheiten eines qualitativ verlässlichen IT-Systems, das heute Grundlage und Existenzsicherung einer jeden eG ist, und damit für die Geschäftsführung von elementarer Bedeutung ist, sowie zu den Prüffeldern i.R.d. gesetzlichen Prüfung vgl. DGRV-Schriftenreihe, Bd. 10.82 Die Prüfung des Geschäftsführungsinstrumentariums umfasst – neben dem Informations-Technologie-System weitere wichtige Bereiche: Alle Bereiche der Organisation und das Informationswesen (Organisationsplan, Stellenbeschreibungen, Dienstanweisungen, Vollmachten usw.). Das „Führungssystem“ als Verantwortungsbereich der Geschäftsführung ist ebenfalls Gegenstand der Prüfung. Dazu gehören auch die Meinungsbildung im Vorstand, sowie die Frage der dem Umfang der jeweiligen Zuständigkeit angemessene Delegation von Kompetenzen und Verantwortung auf den verschiedenen Ebenen. Die Betriebsanlagen (insb. die technische Planung, Finanzierung, Auswirkung auf die Ertragslage, Erhaltungszustand, Investitionsplanung). Im Personalwesen muss die Prüfung sich einen Überblick über eine entsprechende ordnungsgemäße Ausbildung, den sinnvollen Einsatz und die erforderliche Überwachung verschaffen. Systematische Schulungen und Weiterbildungen sind grundsätzlich für alle Mitarbeiter wie auch für die Geschäftsleitung notwendig; damit erstreckt sich die Prüfung grundsätzlich auch auf die fachliche und persönliche Qualifikation. Eine hohe Fluktuationsquote und ein schlechtes Betriebsklima dürften in der Regel für die Prüfung Veranlassung sein, den Ursachen nachzugehen; entsprechendes gilt für überhöhte Personalkosten. Das „interne Kontrollsystem“ umfasst sämtliche Regelungen und Einrichtungen im Unternehmen, die dazu bestimmt sind, das Vermögen zu sichern, die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Abrechnungsdaten zu gewährleisten und die Einhaltung der Geschäftspolitik zu unterstützen. Die eigentliche Geschäftsführungstätigkeit als Prüfungsbereich setzt sich aus einer Fülle von einzelnen Entscheidungen und Handlungen zusammen. Die Prüfung kann nicht alle Entscheidungen nachvollziehen; sie wird sich daher auf die wichtigsten struktur- und ablaufbestimmenden Entscheidungen, auf kritische Bereiche und einige Stichproben beschränken.83 Es ist zu prüfen, ob die Unternehmensleitung die verschiedenen Gesetze, die genossenschaftsrechtlichen Grundsätze, wie z.B. die Gleichbehandlung aller Mitglieder, sowie sonstige Vorschriften beachtet hat.84 27
dd) Geschäftsführungstätigkeit. Die Geschäftsführungstätigkeit umfasst insb. das Kreditmanagement, Investitionen in Sachanlagen, Finanzanlagen einschließlich Beteiligungen und Verträge von besonderer Bedeutung sowie die Rechnungslegung und Bilanzpolitik. Im Mittelpunkt der Prüfung der Geschäftsführung steht insbesondere auch die Frage, ob die Unternehmensleitung der Verwirklichung des genossenschaftlichen Un-
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82 Ebenda, 2.3.6, S. 42–45. 83 Saage Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 78. 84 Wegen der Einzelheiten vgl. „Anleitung für den Prüfungsdienst“, herausgegeben vom DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Berlin.
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ternehmenszieles (Förderauftrag) die erforderliche Aufmerksamkeit widmet.85 In Theorie und Praxis bereit diese Beurteilung erhebliche Schwierigkeiten, da bisher eindeutige Kriterien für die Beurteilung von Förderleistungen fehlen.86 Es bieten sich Konditionsvergleiche an, Zahlen der Umsatzentwicklung mit Mitgliedern, die Mitgliederentwicklung selbst und nicht zuletzt der Ablauf der GV/VV (Zustimmung, Schweigen, Kritik) an. Auch wenn es zutrifft, dass die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung festgestellt und damit auch ein Werturteil über die Zweckmäßigkeit und Förderwirtschaftlichkeit der Gesamtgeschäftsführung abgegeben wird87 sind letztlich jeder Geschäftsführungsprüfung schon im Hinblick auf fehlende eindeutige Kriterien natürliche Grenzen gesetzt. Bei zunehmender Betriebsgröße wird das Schwergewicht bei der „Systemprüfung“ liegen müssen. Aufgabe der Geschäftsführungsprüfung ist es, die festgestellten Tatsachen zu bewerten, soweit eindeutige Vergleichsdaten dies ermöglichen. Es gilt als berufsüblich, dass keine positive Belobigung ausgesprochen wird, sondern im Sinne eines „Negativattestes“ bestätigt wird, dass die Prüfung keinen Anlass zur Beanstandung gegeben habe. Der Prüfungsbericht selbst wird jedoch im Sinne der Grundsätze von Wahrheit und Vollständigkeit88 auch positive Eindrücke zu vermitteln haben. Alle Urteile sind aber stets von nachgewiesenen Sachverhalten abzuleiten.89 Der Sinn und Nutzen der genossenschaftlichen Geschäftsführungsprüfung kann im Vermitteln von Informationen, in einer Warnfunktion sowie in einer Unterstützungsfunktion gesehen werden.90 d) Tätigkeit/Aufgaben des Aufsichtsrats. Hinsichtlich der Tätigkeit und den Auf- 28 gaben des Aufsichtsrats ist nicht nur die formale Ordnungsmäßigkeit (Zusammensetzung, Wahlverfahren, Qualifikation, ordnungsgemäße Anzahl und Durchführung der Sitzungen usw.) zu prüfen, sondern auch die Tätigkeit als Überwachungsorgan gegenüber dem Vorstand. Es wird zu prüfen sein, ob und inwieweit sich der Aufsichtsrat mit wesentlichen Geschäftsführungsvorgängen kritisch auseinandergesetzt hat. Dies folgt aus dem umfassenden Zweck der Geschäftsführungsprüfung.91 Es gilt in besonderem Maße, soweit die Geschäftspolitik und teilweise einzelne Entscheidungen im Bereich der Geschäftsführung vom Aufsichtsrat mitgetragen werden. Dies kommt in Betracht als Einschränkung der Leitungskompetenz des Vorstandes gem. § 27 Abs. 1 S. 2 (vgl. § 23 der Mustersatzungen für die ländlichen und gewerblichen eG, § 28 der Mustersatzung für Wohnungsgenossenschaften) oder als vorweggenommene Aufsichtsmaßnahmen oder auch als Einwirkung nachträglicher Aufsichtsmaßnahmen auf Entscheidungsvorgänge im Bereich der Unternehmensleitung. Zu prüfen ist das Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand insb. in Hinblick auf die erforderliche Unabhängigkeit.92
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85 Vgl. Beuthien GenG § 53 Rdn. 5, Saage Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 135 ff., 137, 138; Bergmann ZfgG Sonderheft IX. Internationale Genossenschaftswissenschaftliche Tagung 1978, 200 ff. 86 Vgl. hierzu Dülfer Welche Relevanz hat der Förderungsauftrag für die Pflichtprüfung der eingetragenen Genossenschaft? ZfgG 1980, 47; Blümle Bemerkungen zur genossenschaftlichen Verbandsprüfung, ZfgG 1980, 39; vgl. auch Leffson in: Führungsprobleme, S. 243 ff.; Pauli Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und Förderungsauftrag in Genossenschaften aus der Sicht der Prüfung, ZfgG 1980, 307; Rohlfing/Ziranka Die Kontrolle der Förderleistung der genossenschaftlichen Geschäftsführung durch die Prüfung, ZfgG 1972, 194 ff. 87 Beuthien GenG § 53 Rdn. 13. 88 Vgl. Erl. bei § 58 Rdn. 2. 89 Saage Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 100. 90 Saage Die Prüfung der Geschäftsführung, S. 215. 91 Vgl. auch Beuthien GenG § 53 Rdn. 8. 92 „Kritisches Vertrauen“, vgl. § 41 Rdn. 4 und 18 und § 36 Rdn. 8.
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e) Tätigkeit/Aufgaben der GV/VV. Hinsichtlich der GV/VV dürfte sich die Prüfung im Wesentlichen auf Gesichtspunkte der formalen Ordnungsmäßigkeit beschränken. Daneben sollte aber beachtet werden, inwieweit es Vorstand und Aufsichtsrat gelingt, die Mitglieder in der GV/VV an den Vorgängen in der eG zu interessieren. Es ist eine wichtige Aufgabe des Vorstandes, den Mitgliedern die Überzeugung zu vermitteln, dass sie als Eigentümer und Nutznießer der Förderleistungen die eigentlichen Träger der eG sind. 3. Besondere Vorschriften für die Prüfung
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a) Kreditgenossenschaften. Besondere Prüfungsbereiche und Regeln bei Kredit eG ergeben sich aus § 340k i.V.m. §§ 316 ff. HGB. Danach ist bei Kredit eG, unabhängig von ihrer Größe, der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung (§ 317 Abs. 1 HGB) und des Lageberichts jährlich nach §§ 316 bis 324a HGB zu prüfen, bevor er der GV/VV zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Zuständig für die Jahresabschlussprüfung der Kredit eG ist der genossenschaftliche Prüfungsverband, dem die Kredit eG angehört, daher bedarf es weder einer besonderen Bestellung des Prüfungsverbandes noch einer Anzeige bei der BaFin (§ 28 Abs. 3 KWG).93 Die Prüfung muss bis zum Ablauf des Ende des fünften Monats nach dem Abschlussstichtag durchgeführt sein (§ 340k Abs. 1 S.2 HGB). Erst danach (vgl. § 340k Abs. 1 S. 3) kann der Jahresabschluss durch die GV/VV festgestellt werden. Eine Bescheinigung über diese Jahresabschlussprüfung ist nicht zum Genossenschaftsregister einzureichen. Zu beachten sind ebenfalls die besonderen Vorschriften in §§ 26, 29 und 30 KWG sowie in § 36 WpHG. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 KWG hat die eG der Deutschen Bundesbank und der BaFin den festgestellten Jahresabschluss und Lagebericht nebst Bestätigungsvermerk (oder dessen Versagung) einzureichen. Diese Verpflichtung gilt auch für den Abschlussprüfer (§ 26 Abs. 1 S. 3 KWG), nicht jedoch für den genossenschaftlichen Prüfungsverband, dieser muss den Prüfungsbericht nur auf Anforderung der BaFin einreichen (§ 26 Abs. 1 S. 4 KWG). Auch Berichte über zusätzlich angeordnete Prüfungen, z.B. durch die Sicherungseinrichtung des BVR, wozu diese nach dem Sicherungsstatut berichtigt ist, sind durch den Prüfer bei der BaFin bzw. Deutschen Bundesbank unverzüglich einzureichen. Die Bankenaufsicht soll so früh wie möglich über etwaige Fehlentwicklungen informiert werden.94 Die Vorschriften der §§ 316–324 HGB sowie § 270 Abs. 1 und 3 AktG sind entsprechend anzuwenden. Gem. § 29 Abs. 1 KWG ist auch zu prüfen, ob die Anzeigepflichten nach dem KWG erfüllt sind; darüber hinaus, ob im Kreditgeschäft die Offenlegungspflichten gem. § 18 KWG beachtet worden sind. Für den Bestätigungsvermerk gilt § 322 HGB. Sofern die Prüfung zu keinen Beanstandungen geführt hat, richtet sich der Wortlaut nach Abs. 3 der Vorschrift: „Die nach § 53 GenG, § 340k Abs. 1 HGB i.V.m. §§ 316 ff. HGB durchgeführte Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt. Der von den gesetzlichen Vertretern aufgestellte Jahres-/Konzernabschluss entspricht aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse des Prüfers nach seiner Beurteilung den gesetzlichen Vorschriften und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der eG/des Konzerns.“ sowie den durch das IDW vorgegebenen Formulierungen, IDW PS 440, Rdn. 36.
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 65 ff. Ebenda Rdn. 72.
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Erforderlichenfalls ist der Bestätigungsvermerk i.S.v. § 322 Abs. 2 HGB zu ergänzen. Sind Einwendungen zu erheben, so ist der Bestätigungsvermerk einzuschränken oder zu versagen (§ 322 Abs. 3 HGB). Der Abschlussprüfer hat den Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über seine Versagung unter Angabe von Ort und Tag zu unterzeichnen; der Vermerk ist in den Prüfungsbericht aufzunehmen (§ 322 Abs. 4 HGB). Einschränkung oder Verweigerung des Testats hat auf die Wirksamkeit der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 48) keine Auswirkungen.95 Wird der Bestätigungsvermerk wissentlich falsch erteilt und führt dies zu einem Schaden, so kann dies unter den Voraussetzungen des § 826 BGB eine Ersatzpflicht zur Folge haben. Für den Vorsatz nach § 826 BGB reicht es aus, wenn dem Testierenden bewusst war, dass der Bestätigungsvermerk gegenüber einem Geldgeber verwandt werden und diesen zu einer nachteiligen Entscheidung veranlassen kann.96 Wegen der Haftung gegenüber der eG s. § 62. In der Praxis wird die für Kredit eG vorgeschriebene Prüfung des Jahresabschlusses regelmäßig mit der gesetzlichen Prüfung gem. § 53 Abs. 1 (Geschäftsführungsprüfung) verbunden. Aus der Regelung dieser besonderen Abschlussprüfung der Kredit eG im Rahmen des § 53 Abs. 2 folgt, dass es sich auch hierbei um eine genossenschaftliche Pflichtprüfung handelt. Sie kann ausschließlich vom genossenschaftlichen Prüfungsverband durchgeführt werden – im Gegensatz zu sonstigen Auftragsprüfungen, die vom genossenschaftlichen Prüfungsverband oder von anderen Prüfungsträgern vorgenommen werden können. Nach § 29 KWG muss der Prüfungsverband im Rahmen der Abschlussprüfung auch die 1. wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditinstituts (§ 29 Abs. 1 S. 1 KWG) prüfen; dies ergibt sich für eG bereits aus § 53 Abs. 1 S. 1 GenG. 2. ist festzustellen ob die Kredit eG alle Anzeigen ordnungsgemäß erstattet hat (§ 29 Abs. 1 S. 2 KWG sowie nach VO (EU) Nr. 575/2013. 3. feststellen, ob die Kredit eG die Anforderungen des KWG und der VO (EU) Nr. 575/ 2013 in Bezug auf die Eigenkapitalausstattung, Liquidität (§ 11 KWG), Großkredite (§ 13, 13c KWG), die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer, die Einreichung Finanzinformationen und Informationen zur Risikotragfähigkeit an die Deutsche Bundesbank gem. § 25 Abs. 1 u. 2 KWG, die besonderen organisatorischen Pflichten (§ 25a KWG), die Auslagerung von Aktivitäten und Prozessen und die Offenlegungspflichten (§ 26a KWG) erfüllt hat.97 Kredit eG, die das Effektengeschäft oder das Depotgeschäft betreiben, sind hinsichtlich dieser Geschäfte regelmäßig einmal jährlich zu prüfen (Depotprüfung, § 29 Abs. 2 KWG).98 Gegenstand dieser Prüfung sind Effektengeschäfte, Depotgeschäfte sowie die Mitteilungspflichten gem. § 128 AktG und die Regelung der Stimmrechtsausübung gem. § 135 AktG. Ebenfalls nach § 29 Abs. 2 KWG ist zu prüfen, ob die Kredit eG auch ihren Verpflichtungen nach dem Geldwäschegesetz, §§ 24c und 25g bis 25m GeldwG, nachgekommen ist. Zu Depotprüfern können auch genossenschaftliche Prüfungsverbände bestellt werden. Diese Bestellung durch die BaFin ist in der Praxis üblich und hat sich bewährt.
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Zum Testat s. § 58 Rdn. 3. BGH NJW 1987, 1758 m. Anm. Hopt = DB 1987, 828 = WM 1987, 257. Übersicht bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 73–76 zu § 29 KWG. Ausf. hierzu Müller GenG § 53 Rdn. 41i.
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Bei aufsichtsrechtlichen Maßnahmen stützt sich die BaFin weitgehend auf die Feststellungen des Prüfungsberichts des Verbandes, ohne eigene Prüfungshandlungen durchzuführen. Ein Widerspruch der betroffenen eG gegen solche Maßnahmen muss sich daher zunächst an den Prüfungsverband richten.99 Nach § 30 KWG kann die BaFin gegenüber der Kredit eG Bestimmungen über den Prüfungsinhalt treffen, insbesondere Schwerpunkte für die Prüfung festlegen. 31
b) Wohnungsgenossenschaften. Für die ordentliche Prüfung von Wohnungsgenossenschaften gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 53 ff. und ergänzend die Bestimmungen der Satzung sowie die Prüfungsrichtlinien des GdW. Nach der Mustersatzung ist die Genossenschaft in jedem Geschäftsjahr zu prüfen, soweit die Bilanzsumme zwei Millionen Euro nicht übersteigt in jedem zweiten Geschäftsjahr. Mit der Aufhebung des WGG durch das Steuerreformgesetz 1990 sind die über das GenG hinausgehenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die gesetzliche Prüfung entfallen. Das gilt auch, soweit dem Verband eG angehören, die am 31.12.1989 als gemeinnützige Wohnungsunternehmen anerkannt waren oder eG, die in ihrer Firma die Bezeichnung „gemeinnützig“ fortführen.100 Besonderheiten können sich aus den Bestimmungen über die Gewährung und Durchführung von Förderungsmaßnahmen der öffentlichen Hand ergeben, ferner aus § 16 MaBV, wenn die eG Geschäfte i.S.v. § 34c Abs. 1 GewO tätigt sowie für die Prüfung von Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung aus den Vorschriften des KWG (§ 1 Abs. 29, §§ 51a ff., 26 ff. KWG) und den zu ihrer Anwendung ergangenen Schreiben und Mitteilungen der BaFin. Für Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung gilt für die Prüfung des Jahresabschlusses § 27 KWG i.V.m. § 340k und § 1 HGB sowie die dazu ergangenen Schreiben und Mitteilungen der BaFin. VI. Kapitalmarktorientierte Kredit eG ohne Aufsichtsrat: Prüfungsausschuss gem. § 53 Abs. 3
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§ 53 Abs. 3 regelt (den Sonderfall), dass eine kapitalmarktorientierte eG i.S.d. § 264d HGB (eG nimmt organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 WpHG in Anspruch), die keinen Aufsichtsrat hat, einen Prüfungsausschuss haben muss, der von der GV/VV zu wählen ist. Mindestens ein Mitglied des Ausschusses muss die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllen, also unabhängig sein und über Sachkunde in Rechnungslegung und Abschlussprüfung verfügen. VII. Prüfungsverfolgung
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Die Organe der eG sind nach Gesetz und Mustersatzung verpflichtet, die bei den Prüfungen festgestellten Mängel unverzüglich zu beheben. Sie haben erteilten Auflagen nachzukommen und Anregungen angemessen zu beachten. Die Prüfungsbeanstandungen überwacht der Verband im Rahmen der Prüfungsverfolgung, sie ist Teil der beratenden und betreuenden Aufgaben des Prüfungsverbandes. Die Prüfungsverfolgung ist nach zutreffender Ansicht101 wichtiger Teil der Prüfung und nicht deren Anhängsel. Über
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99 Wegen Einreichung des Prüfungsberichts an die BaFin s. § 58 Rdn. 5. 100 S. Erl. zu § 3. 101 Beuthien GenG § 53 Rdn. 10 mit Verweis auf die amtl. Begründung zum ÄnderungsG 1934, RGBl. I. Nr. 122 S. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 60 u. 61 u. 9; Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 53 Rdn. 1.
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die aus seinen negativen Prüfungsfeststellungen seitens des Vorstands und Aufsichtsrats der eG gezogenen Konsequenzen wird der Prüfungsverband unterrichtet, z.B. im Rahmen seines Teilnahmerechts an der GV/VV oder auch aufgrund seiner laufenden Überwachung. Der Verband hat darauf zu achten, dass die eG Maßnahmen ergreift, um die festgestellten Mängel zu beseitigen. Hierzu sehen die Satzungen der genossenschaftlichen Prüfungsverbände oft detailliertere Regelungen vor. Die Prüfungsverfolgung ist keine Aufsichtsmaßnahme. Dem Verband obliegen daher keine allgemeinen Warn- oder Unterrichtungspflichten gegenüber staatlichen Stellen, auch keine Pflicht zur Vorlage des Prüfungsberichtes. Der gesetzliche Prüfungsauftrag des Verbandes umfasst nach Abschluss der eigent- 34 lichen Prüfung und Vorlage des schriftlichen Prüfungsberichtes auch die sachgemäße Auswertung der Prüfungsergebnisse, sowie die Kontrolle, ob wesentliche Empfehlungen der Prüfung beachtet und festgestellte Mängel behoben werden (Prüfungsverfolgung). Gesetzliche Grundlagen sind insb. § 59 (Teilnahmerecht des Verbandes an der GV) und § 60 (Recht des Verbandes, eine GV einzuberufen). Der Prüfungsverband kann aber auch hier, wie sich aus den einzelnen Regelungen ergibt, nur beratend und betreuend tätig sein; der Grundsatz der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung der eG verbietet ein Weisungsrecht des Prüfungsverbandes. Die gesetzlichen Befugnisse des Verbandes im Rahmen der Prüfungsverfolgung sind: – das Recht, an der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat, in der über das Ergebnis der Prüfung beraten wird, teilzunehmen (§ 58 Abs. 4), – das Recht, an der GV, in der sich der Aufsichtsrat über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen der Prüfung zu erklären hat, beratend teilzunehmen (§ 59 Abs. 3), – unter den in § 60 genannten Voraussetzungen eine außerordentliche GV einzuberufen und diese Versammlung zu leiten, – im Rahmen von § 62 Abs. 3 den Mitgliedsgenossenschaften und zentralen Geschäftsanstalten vom Inhalt des Prüfungsberichts Kenntnis zu geben sowie dem Spitzenverband Abschriften des Prüfungsberichts zu erteilen, – im Rahmen der Verbandssatzung außerordentliche Prüfungen durchzuführen oder, wenn andere Maßnahmen unbeachtet bleiben, die eG aus dem Verband auszuschließen. In der Praxis vollzieht sich die Prüfungsverfolgung durch: Auswertung der Prüfungsberichte als Grundlage einer Kontrolle, welche Folgerungen die eG aus den Ergebnissen zieht, ein Anschreiben als Begleitschreiben zum Prüfungsbericht an den Vorstand der eG mit der Bitte um Stellungnahme, inwieweit Erinnerungen und Mahnungen befolgt werden oder aus welchen Gründen dies unterbleibt (Rückbericht), Überwachung an Ort und Stelle im Sinne einer „Nachschau“, um Erkenntnisse über die Wirkung von Maßnahmen zu gewinnen, die aufgrund der Prüfungsfeststellungen getroffen worden sind. Je nach Dringlichkeit kann diese Nachschau auch z.B. in der „Vorprüfung“ für die nächste ordentliche Prüfung vorgenommen werden. Für die Prüfungsverfolgung ist grundsätzlich der Prüfungsverband zuständig, dem die eG als Mitglied angehört und der die Prüfung durchgeführt hat. Hierbei wird der Charakter der genossenschaftlichen Pflichtprüfung als „Betreuungsprüfung“ besonders deutlich. Wegen der Zuständigkeit für die Prüfungsverfolgung in den Fällen von § 55 Abs. 2, 3 und § 56 s. Erl. dort.
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VIII. Besondere Fälle 35
1. Prüfung von Beteiligungsgesellschaften. Die Beteiligung genossenschaftlicher Unternehmen an anderen Unternehmen, insb. die Auslagerung eigener betrieblicher Funktionen auf Tochtergesellschaften, bringt für die genossenschaftliche Pflichtprüfung u.U. besondere Probleme. Sie kann die Vermögenslage als auch die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung berühren. Eine Beteiligung der eG an anderen Unternehmen ist nur dann zulässig, wenn die Beteiligung unmittelbar oder mittelbar zur Erfüllung des genossenschaftlichen Förderauftrags gegenüber den Mitgliedern bestimmt ist (§ 1 Abs. 2). Falls es an dieser Voraussetzung fehlt und auch der Fall von § 1 Abs. 2 Nr. 2 nicht gegeben ist, ist diese Beteiligung genossenschaftsrechtlich unzulässig und von der Prüfung zu beanstanden. (Näheres zur Beteiligung bei § 1 Rdn. 90 ff.) Im Rahmen der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ist nicht nur das Eingehen der Beteiligung zu prüfen, sondern auch bestehende Beteiligungen daraufhin, ob sie tatsächlich der Erfüllung des Förderungsauftrags dienlich sind. Soweit eG den gesamten Geschäftsbetrieb oder wesentliche Teile davon ausgegliedert haben und diese als rechtlich selbständige Gesellschaften bestehen, ist auch die Betätigung dieser Gesellschaften auf die Verfolgung des Förderzwecks hin zu überprüfen. Der Prüfer hat in diesen Fällen das Recht, vom Vorstand der eG alle Aufklärungen und Nachweise zu verlangen, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Durchführung der Prüfung notwendig sind, um sich ein Urteil über die Beachtung des Förderauftrags und die Ordnungsmäßigkeit der Beteiligung i.S.v. § 1 Abs. 2 zu bilden.102 Bei geringfügigen Beteiligungen, die von der Art und vom Umfang her für das genossenschaftliche Unternehmen nur von untergeordneter Bedeutung sind, kann die genossenschaftliche Prüfung die vorgelegten Daten z.B. über die Abschlussprüfung einer Beteiligungsgesellschaft übernehmen. Darauf ist im Bericht hinzuweisen. Sofern auf die Beteiligungsgesellschaft ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann und der ausgegliederte Geschäftsbetrieb nach Art und Umfang von Bedeutung ist, kann es geboten sein, auch die Tochtergesellschaft einer Geschäftsführungsprüfung zu unterziehen. Es kann sich unter dieser Voraussetzung um eine „Einrichtung“ der eG handeln. Aus der Abschlussprüfung allein können nämlich keinerlei Schlüsse auf den Förderzweck gegenüber den Genossenschaftsmitgliedern gezogen und damit die Zulässigkeit der Beteiligung beurteilt werden. Auch im Hinblick auf die Beurteilung der Risiken der Beteiligung im Zusammenhang mit der Prüfung der eG kann eine Geschäftsführungsprüfung der Tochtergesellschaft geboten sein. Art und Umfang dieser Prüfung liegen im pflichtgemäßen Ermessen des Prüfungsverbandes. Es kann sich hier eine Abstimmung der einzelnen Prüfungsmaßnahmen im Sinne einer „konsolidierten Prüfung“ empfehlen. Zu prüfen sind z.B. Auswirkungen unterschiedlicher Bilanzstichtage, fiktive Umsätze mit den Töchtern usw. Falls die Prüfung einer Beteiligung auf der Grundlage einer Geschäftsführungsprüfung der Tochtergesellschaft nicht möglich ist, kann u.U. die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung der eG nicht bestätigt werden. Unter Umständen ist ein Hinweis im Prüfungsbericht erforderlich, dass wesentliche Bereiche sich der Prüfungsbeurteilung entziehen, weil sie aus der eG ausgegliedert sind, und dass die Zulässigkeit der Beteiligung nicht beurteilt werden kann.
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§ 57; entsprechend § 320 Abs. 2 S. 3 HGB.
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2. Prüfung genossenschaftlich strukturierter Unternehmen anderer Rechtsfor- 36 men. Soweit genossenschaftlich strukturierte Unternehmen z.B. in der Rechtsform der Aktiengesellschaft bestehen (so z.B. genossenschaftliche Zentralbanken), unterliegen diese den jeweiligen spezifischen Prüfungsvorschriften, § 63b Abs. 3.103 Art. 25 EGHGB lässt die Prüfung genossenschaftlicher Tochter- und Enkelgesellschaften zu. Der Wortlaut in Art. 25 Abs. 1 S. 1 EGHGB spricht nur vom „zustehen“ und verlangt keine unmittelbare Beteiligung, wie sie nur bei Tochtergesellschaften vorliegt. Maßgeblich ist der Einfluss der eG auf ihre Beteiligungen. Wenn dieser vorliegt, ist es sinnvoll, dass die Beteiligungen auch vom genossenschaftlichen Prüfungsverband geprüft werden,104 vgl. Rdn. 35 zuvor. Soweit diese Unternehmen eine genossenschaftliche Zielsetzung und Struktur ausdrücklich in der Satzung festgelegt haben, könnte es naheliegend sein, Prüfungsmaßnahmen über die reine Abschlussprüfung hinaus vorzusehen, um die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung im Sinne des Satzungsauftrages beurteilen zu können. Eine freiwillige Unterwerfung unter diese Prüfung ist jedoch rechtlich unbedenklich und könnte aus dem satzungsmäßigen Förderzweck gerechtfertigt und auch geboten sein. 3. Genossenschaftliche Sonderprüfungen. Neben der gesetzlichen Pflichtprüfung 37 sind weitere Prüfungen als „Sonderprüfungen“ denkbar, und zwar als gesetzliche, satzungsmäßige, vertragliche Prüfungen oder als Auftragsprüfungen.105 Gesetzliche Sonderprüfungen sind: – die Gründungsprüfung (§ 11 Abs. 2 Nr. 4), – Prüfung bei Fortführung einer aufgelösten Genossenschaft (§ 79a Abs. 2), – Ordnungsmäßigkeitsprüfungen nach MaBV einer eG, die nach § 34c Abs. 1 GewO erlaubnispflichtige Geschäfte insb. als Baubetreuer oder Bauträger tätigt. – Zwangsvergleichsprüfung (§ 115e Abs. 2). – Prüfungen nach dem Umwandlungsgesetz betreffend: – Verschmelzungen (§§ 81 bzw. 96 i.V.m. §§ 9–12 UmwG), – Spaltung (§§ 147, 148, 135, 125 Satz 1, 81 ff. UmwG), – Formwechsel (§ 259 UmwG). Immer, wenn das Gesetz eine gutachterliche Stellungnahme oder Anhörung des Verbandes vorsieht, muss dieser Meinungsbildung eine Prüfung vorausgehen. Auch diese Sonderprüfungen dienen in erster Linie dem Mitgliederschutz. Sonderprüfungen sind denkbar im Zusammenhang mit besonderen Beratungsaufträgen des Verbandes, z.B. im Zusammenhang mit der Umstellung des Rechnungswesens auf automatische Datenverarbeitung.106 Solche Prüfungen können auch angebracht sein im Zusammenhang z.B. mit der Aufnahme in genossenschaftliche Garantieeinrichtungen oder der Inanspruchnahme solcher Einrichtungen. Vertragliche Prüfungen können zweckmäßig sein im Zusammenhang mit Kreditverträgen, Sicherungsverträgen oder beim Eingehen von Beteiligungen, wenn der Vertragspartner eine solche Prüfung verlangt.107 Eine solche freiwillige Prüfung kann sich sowohl auf die eG als auch auf den Vertragspartner der eG beziehen. Auftragsprüfungen sind möglich durch einen entsprechenden Prüfungsauftrag der eG (z.B. als Unter-
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103 Vgl. Mehrkens BB 1983, 287, 289. 104 Vgl. BT-Drs. 10/317, S. 136: Prüfungspraxis hat sich bewährt; zum maßgeblichen Einfluss vgl. BT-Drs. 14/1806, S. 29. 105 Vgl. Koschnick Anlässe und Formen von Sonderprüfungen bei Einzel-Genossenschaften, ZfgG 1979, 29, 31. 106 Vgl. Koschnick ebenda. 107 Vgl. Koschnick ebenda.
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§ 53 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
schlagungsprüfung) oder als Auftrag einer Behörde an den genossenschaftlichen Prüfungsverband, wie z.B. die Depotprüfung nach dem Depotgesetz gem. Prüfungsauftrag der BaFin oder gem. § 44 KWG. IX. Prüfungszeiträume 38
1. Gesetzliche Fristen. Durch Novelle 1973 sind die Fristen für die Durchführung der Pflichtprüfung neu geregelt worden. Während zuvor die Prüfungen „jährlich“ bzw. in „jedem zweiten Jahre“ durchzuführen waren, wird jetzt auf den Begriff „in jedem (zweiten) Geschäftsjahr“ abgestellt. Dies entspricht einem Bedürfnis der Praxis: Die Prüfung kann nunmehr z.B. zu Beginn eines Geschäftsjahres und dann erst am Ende des darauf folgenden Geschäftsjahres durchgeführt werden. Damit werden u.a. die Prüfungsverbände organisatorisch entlastet, weil die anfallenden Prüfungstätigkeiten besser verteilt werden können.108 Entsteht z.B. durch eine Änderung des Geschäftsjahres ein „Rumpfgeschäftsjahr“, so ist die Frage nach einer Prüfung auch in diesem Geschäftsjahr i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 2 zu entscheiden: Handelt es sich bei dem Rumpfgeschäftsjahr um einen nur kurzen Zeitraum, so hätte eine gesonderte Prüfung keinen Sinn; der Zeitraum ist vielmehr in die nächstfolgende Geschäftsjahresprüfung einzubeziehen. Kommt dagegen das Rumpfgeschäftsjahr einem vollem Geschäftsjahr nahe, so hat eine eigene Prüfung stattzufinden. In Zweifelsfällen entscheidet der Prüfungsverband nach pflichtgemäßem Ermessen. Für die Berechnung der Prüfungsfristen kann eine Prüfung noch dem Geschäftsjahr zugerechnet werden, in dem sie tatsächlich beendet wurde. Maßgeblich dafür sind die letzten Prüfungshandlungen bei der eG, z.B. die Prüfungsschlusssitzung, wenn diese unmittelbar im Anschluss an die Prüfung stattfindet (im Gegensatz zur Beendigung der Prüfung durch Aushändigung des Prüfungsberichts i.S.v. § 58). Es genügt dann, dass die erneut fällige Prüfung im 2. Geschäftsjahr zumindest begonnen wird. Bei eG mit einer Bilanzsumme von über € 2 Mio. muss die Prüfung im nächstfolgenden Geschäftsjahr begonnen sein.109 Beispiel: Prüfungszeitraum 16.10.2014 bis 10.12.2015; Dauer der Prüfung 3.12.2015 bis 13.1.2016: Da im Jahr 2016 Prüfungshandlungen durchgeführt worden sind, ist die nächste Prüfung erst 2017 fällig. Es ist unschädlich, wenn der „Prüfungszeitraum“ erklärtermaßen mit dem 10.12.2015 endet. Einen eigentlichen „Prüfungszeitraum“ legt das Gesetz nicht fest. Dieser wird aber regelmäßig mit der Zeit seit Beendigung der letzten Prüfung und der Beendigung der derzeitigen Prüfung übereinstimmen, soweit nicht besondere Umstände ausnahmsweise etwas anderes rechtfertigen. Der Grundsatz der Prüfungskontinuität gibt dafür Gewähr, dass die eG ohne zeitliche Lücken in die Prüfung einbezogen wird.110 Entscheidend ist allein die „Bilanzsumme“ und nicht das Bilanzvolumen; die Posten unter dem Bilanzstrich werden also nicht mehr in die Berechnung einbezogen. Für die Frage, wann die Bilanzsumme 2 Mio. übersteigt und damit Prüfung in jedem Geschäftsjahr erforderlich ist, ist der Schluss des Jahres maßgeblich, in dem die letzte Prüfung abgeschlossen wurde. Der Gesetzestext von § 53 („mindestens“ in jedem 2. Geschäftsjahr) erlaubt es dem Verband, zusätzliche Prüfungen nach pflichtgemäßem Ermessen vornehmen zu lassen. Außerdem besteht die Möglichkeit einer vom Verband angeordneten außerordentlichen Prüfung gem. § 57 Abs. 1 S. 2 und im Rahmen der Verbandssatzung.
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Beuthien GenG § 53 Rdn. 18; Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 53 Rdn. 48 ff. Beuthien GenG § 53 Rdn. 18; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 50. Vgl. Beuthien GenG § 53 Rdn. 18.
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Pflichtprüfung | § 53
2. Satzungsmäßige Fristen. Die Satzung des Prüfungsverbandes kann für die an- 39 geschlossenen eG auch kürzere Prüfungszeiträume vorsehen.111 Dies folgt schon aus der Fassung des Gesetzes, das nur „Mindestfristen“ für die gesetzliche Prüfung vorsieht. Die Bestimmung einer Prüfungsfrist in der Verbandssatzung hat jedoch nur mitgliedschaftsrechtliche Bedeutung; eine solche Prüfung kann daher auch nur durch vereinsrechtliche Maßnahmen oder im Wege einer Klage vor den ordentlichen Gerichten erzwungen werden.112 Auch die Satzung einer eG kann vorsehen, dass z.B. eine jährliche Prüfung durchzuführen ist, obgleich die Bilanzsumme unter € 2 Mio. liegt. Diese Satzungsbestimmung bedeutet lediglich eine Verpflichtung des Vorstandes, die Prüfung durch den Verband zu veranlassen.113 3. Erzwingung der Prüfung. Falls die eG die Durchführung der gesetzlichen Prü- 40 fung verweigert, kann sie vom Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld angehalten werden. Dies gilt gem. § 160 Abs. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 für die ordentlichen gesetzlichen Prüfungen als auch für außerordentliche Sonderprüfungen.114 Soweit es sich um die Verweigerung einer lediglich in der Verbandssatzung oder in der Satzung der eG vorgesehenen Prüfung handelt, sind Zwangsmaßnahmen durch das Registergericht gem. § 160 nicht möglich.115 Eine solche zusätzliche Verpflichtung hat vereinsrechtlichen Charakter und kann nur mit vereinsrechtlichen Sanktionen oder im Wege einer Klage vor den ordentlichen Gerichten durchgesetzt werden.116 Die Durchsetzung des Anspruchs auf Prüfung kann auch durch Tätigkeitsklage erzwungen werden. Für die Zuständigkeit ist der Streitwert maßgebend. Dies sind als Mindestwert die Prüfungsgebühren, soweit nicht das Interesse der eG höher zu bewerten ist. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen eG und Prüfungsverband über Fragen der Prüfungsdurchführung verbleibt es bei der allgemeinen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Feststellungs- oder Leistungsklage. § 324 HGB findet keine Anwendung; ein Verweis im 3. Abschnitt des HGB (§§ 336 ff. HGB) auf § 324 HGB fehlt; als Ausnahmevorschrift ist enge Auslegung und Anwendung geboten.117 X. Einbeziehung von Jahresabschluss, Buchführung und Lagebericht (Abs. 2 und 3) Das Gesetz sieht zwar grundsätzlich vor, dass die Prüfung auch den Jahresabschluss 41 unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts umfasst. Durch die Genossenschafts-Novelle 2006 sollten auch in Bezug auf die Prüfung kostenmäßige Entlastungen für kleinere eG erfolgen. Daher wurde in § 53 Abs. 2 eine Erleichterung für kleine eG eingeführt. Nur bei Genossenschaften deren Bilanzsumme eine Million Euro und (kumulativ) deren Umsatzerlöse € 2 Millionen übersteigen muss die vorgenannte Jahresabschlussprüfung erfolgen. Dadurch werden seither kleinere eG durch Befreiung von der formalisierten Prüfung ihres Jahresabschlusses befreit. Allerdings muss der Prüfer auch bei diesen eG eine summarische Prüfung des Jahresabschlusses vornehmen, um die
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Müller GenG § 53 Rdn. 31; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 52. Näheres unten Rdn. 40. Müller GenG § 53 Rdn. 32. Beuthien GenG § 53 Rdn. 20; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 11. Müller GenG § 53 Rdn. 31 f.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 53 Rdn. 53. Müller GenG § 53 Rdn. 31. So auch LG Oldenburg, Beschl. v. 14.6.1989, Az.: 12 O 981/88.
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§ 54 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, die auch die wirtschaftlichen Verhältnisse umfasst, feststellen zu können. Soweit möglich, wird die genossenschaftliche Pflichtprüfung unter Einbeziehung des Jahresabschlusses zwar vor der Beschlussfassung in der GV/VV stattfinden; es genügt jedoch dem Gesetz, wenn der zuvor festgestellte Jahresabschluss in die nächstfolgende Prüfung einbezogen wird. Die Feststellung des Jahresabschlusses durch die GV setzt also nicht voraus, dass der Jahresabschluss geprüft ist; es fehlt der Verweis auf § 316 Abs. 1 HGB.118 Der Verweis auf § 316 Abs. 3 HGB hat zur Folge, dass bei einer Änderung von Jahresabschluss oder Lagebericht nach Vorlage des Prüfungsberichts diese Unterlagen erneut zu prüfen sind, soweit dies die Änderungen erfordern. Über das Ergebnis der Prüfung ist erneut zu berichten; der Bestätigungsvermerk ist ggf. entsprechend zu ergänzen. Entsprechende Anwendung durch die Verweisung findet auch § 317 Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 HGB: Die Prüfung des Jahresabschlusses hat sich darauf zu erstrecken, ob die gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen der Satzung beachtet sind. Der Lagebericht bzw. der Konzernlagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss in Einklang steht und ob die sonstigen Angaben im Lagebericht nicht eine falsche Vorstellung von der Lage des Unternehmens erwecken. Etwas andere gilt für Kredit eG, hier ist zwingende Voraussetzung für die Feststellung des Jahressabschlusses in der GV/VV, dass dieser auch geprüft wurde, denn der Jahresabschluss muss mit einem Bestätigungsvermerk versehen sein, der erst nach erfolgter Prüfung erteilt werden kann (vgl. § 340k Abs. 1 HGB; der Jahressabschluss ist nach der Prüfung unverzüglich festzustellen i.V.m. § 322 HGB u. § 26 Abs. 1 S. 2 KWG: Der Jahresabschluss muss mit einem Bestätigungsvermerk … versehen sein). XI. Europäische Genossenschaft (SCE) 42
Gem. Art. 71 „Prüfungs- und Kontrollsystem“ unterliegt die SCE mit Sitz in Deutschland den Vorschriften der §§ 53 ff. GenG zur Pflichtprüfung bereits ohne einzelstaatlichen Umsetzungsakt (vgl. Art. 8 Abs. 1 Buchst. c Fall i), da zwischen eG und SCE in Deutschland „Prüfungsgleichheit“ bestehen soll.119 § 34 SCEAG schreibt zwar vor, dass für die Prüfung der SCE die §§ 53 bis 64c des GenG entsprechend gelten, dieser Verweis ist deklaratorischer Natur. Nach § 19 Abs. 4 SCEAG kann jede SCE einen Prüfungsausschuss einrichten, dessen mögliche Aufgaben beschreibt § 19 Abs. 4 S. 1 SCEAG; bei der kapitalmarktorientierten SCE muss der Prüfungsausschuss darüber hinaus mindestens ein unabhängiges Mitglied haben, das über Sachverstand in Rechnungslegung und/oder Abschlussprüfung verfügt. Diese Regelung entspricht § 53 Abs. 3 i.V.m. § 324 Abs. 2 S. 2 u. § 100 Abs. 5 AktG.
§ 54 Pflichtmitgliedschaft § 54 Pflichtmitgliedschaft Die Genossenschaft muss einem Verband angehören, dem das Prüfungsrecht verliehen ist (Prüfungsverband).
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118 Vgl. auch Wortlaut des § 48 Abs. 2 Satz 2 GenG. 119 So auch Beuthien GenG Art. 70 SCE Rdn. 1; anders hier noch in der Vorauflage unter Verweis auf § 34 SCEAG.
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Pflichtmitgliedschaft | § 54
I.
II.
III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–3 1. Entstehungsgeschichte | 1 2. Erwerb der Mitgliedschaft und Verbandswahl | 2 3. Änderungen durch das Steuerreformgesetz 1990 und Bilanz-Richtliniengesetz 1985 | 3 Pflichtmitgliedschaft | 4–9 1. Bedingung für die Entstehung und den Bestand der eG | 4 2. Rechtsnatur der Mitgliedschaft | 5 3. Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft | 6–9 Anspruch auf Aufnahme in den Prüfungsverband | 10–19 1. Privatrechtlicher Anspruch | 10–12 a) Ausübung pflichtgemäßen Ermessens | 10 b) Fallgruppen: Ablehnung o. Aufnahmeanspruch | 11–12 2. Anspruchsgrundlagen | 13 a) § 20 Abs. 1 u. 5 i.V.m. § 32 GWB | 14 b) § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG | 15 c) § 826 BGB | 16
3.
IV.
V.
Rechtsbehelfe bei Ablehnung der Aufnahme | 17–19 a) Verfahren nach GWB | 17 b) Klage vor den ordentlichen Gerichten | 18 c) Auflagen der Aufsichtsbehörde | 19 Mitgliedschaft in mehreren Prüfungsverbänden | 20–27 1. Zulässigkeit | 20 2. Bestimmungsrecht des gesetzlichen Prüfungsverbandes durch die eG | 21 a) Kein Wahlrecht der eG | 22 b) Freies Wahlrecht der eG | 23 c) Rechtsprechung | 24–25 3. Zuständiges Organ für die Beschlussfassung | 26 4. Rechtsbeziehungen nach Wechsel des gesetzlichen Prüfungsverbandes | 27 Europäische Genossenschaft (SCE) | 28
I. Allgemeines 1. Entstehungsgeschichte. Während die Prüfungspflicht für die eG durch Gesetz 1 von 18891 eingeführt worden ist, werden alle eG durch Gesetz vom 30.10.19342 verpflichtet, sich einem genossenschaftlichen Prüfungsverband anzuschließen, dem die für den Sitz des Verbandes zuständige oberste Landesbehörde (i.d.R. das Wirtschaftsministerium) das Prüfungsrecht verliehen hat (§ 63 S. 1), s. dazu § 63 Rdn. 1 ff. Die Pflichtmitgliedschaft beruht auf der Erfahrung, dass sich die Prüfung durch gerichtlich bestellte Revisoren nicht bewährt hatte,3 dass die Prüfung erst ihre volle Wirksamkeit im Zusammenhang mit einer kontinuierlichen Betreuung und Prüfungsverfolgung durch denselben Prüfungsverband zeigen kann und dass verbandsangehörige eG Krisensituationen besser überstanden haben als andere eG oder Unternehmen anderer Rechtsformen, vgl. dazu auch § 53 Rdn. 1. Dies zeigte sich vor allem in den Krisenjahren der Weltwirtschaftskrise vor der Gesetzesänderung 1934. Die Pflichtmitgliedschaft im Verband ist in Verbindung mit der Pflichtprüfung, nicht zuletzt der Gründungsprüfung gem. § 11 Abs. 2 Nr. 3 ein bedeutsamer Sicherheitsfaktor für Mitglieder und Gläubiger, zumal für die eG kein festes Mindestkapital vorgesehen ist und die Satzung die Nachschusspflicht der Mitglieder ausschließen kann (§ 6 Nr. 3); vgl. dazu auch § 53 Rdn. 2.
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1 Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1.5.1889, RGBl. 1934 I S. 55 ff. 2 RGBl. 1934 I 1077. 3 Vgl. Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 1, 1956, S. 37; vgl. dazu auch § 53 Rdn. 1.
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§ 54 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Der genossenschaftliche Prüfungsverband hat eine „Doppelnatur“, er ist einerseits Prüfungs- und andererseits Beratungs-, Betreuungs- und Interessenvertretungsverband; vgl. § 63b Abs. 4 und die dortige Kommentierung, insb. Rdn. 6.4 2
2. Erwerb der Mitgliedschaft und Verbandswahl. Da der Prüfungsverband gem. § 63b Abs. 1 regelmäßig die Rechtsform des eingetragenen Vereins hat (… soll die Rechtsform des e.V. haben.), erfolgt der Erwerb der Mitgliedschaft nach den vereinsrechtlichen Regeln. Die Mitgliedschaft wird also nicht kraft Gesetzes erworben, sondern durch Beitrittserklärung der eG und Aufnahmeerklärung des Verbandes. Grundsätzlich kann die eG frei wählen, welchem zugelassenen Prüfungsverband sie als Mitglied angehören will. Da die Satzungen der einzelnen Prüfungsverbände regelmäßig räumliche oder fachliche Grenzen vorsehen, sind die eG jedoch faktisch auf die in Frage kommenden Prüfungsverbände angewiesen.5 Die Aufnahme von (einzelnen) eG mit Sitz außerhalb des Bezirks des Prüfungsverbandes i.S.d. § 63 Abs. 1 Nr. 4 ist zulässig, solange der satzungsmäßige Prüfbereich den Tätigkeitsschwerpunkt bildet,6 der Verband kann in diesem Fall aber den Aufnahmeantrag ablehnen, dazu im Einzelnen unten Rdn. 10 ff.7 Die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft hindert eine eG jedoch nicht, im Rahmen vereinsrechtlicher Regelungen, z.B. durch Kündigung, aus dem Verband auszuscheiden. Darüber muss der Verband das Registergericht unverzüglich benachrichtigen, § 54a Abs. 1 S. 1. Erwirbt die eG dann nicht innerhalb der vom Gericht gem. § 54a Abs. 1 S. 2 gesetzten Frist die Mitgliedschaft in einem anderen Prüfungsverband, so ist die Auflösung der eG auszusprechen, § 54a Abs. 2. Das Kündigungsrecht wird durch den Vorstand als gesetzlichem Vertreter der eG ausgeübt, zur Zuständigkeit für den Beschluss s.u. Rdn. 26.
3
3. Änderungen durch Steuerreformgesetz 1990 und Bilanzrichtlinien-Gesetz 1985. Durch die Aufhebung des WGG im Steuerreformgesetz 1990 (dort Art. 21: Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt)8 ergaben sich für Wohnungsgenossenschaften hinsichtlich Verbandszugehörigkeit und
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4 Wegen Einzelheiten zur Rechtsstellung der Prüfungsverbände vgl. Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, mit Aufsätzen von v. Caemmerer, Riebandt-Korfmacher, Flender, Schneider, Westermann, Lang, Klusak und König; s.a. Frey Die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit des genossenschaftlichen Verbands- und Prüfungszwanges, WPg 58, 401; Jenkis Doppelnatur der genossenschaftlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Prüfungsverbände, BB 1982, 1702; Schmidt Zum Problem des Verbandszwangs im genossenschaftlichen Prüfungswesen, WPg 1957, 181; Großfeld Ablehnungsrecht und Prüfungsumfang, Zur Rechtsstellung des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, ZfgG 1984, 111; Mann Die Vereinbarkeit der Prüfungs- und Beratungstätigkeit der Genossenschaftsverbände, ZfgG 1969, 224; DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V., Funktionen der Genossenschaftsverbände in der Bundesrepublik Deutschland, Dt. Genossenschafts Verlag 1980, DGRV-Schriftenreihe Bd. 13; Reinhardt Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft in Prüfungsverbänden mit dem Grundgesetz, in: Festschrift für Draheim, Göttingen 1968/1971; RiebandtKorfmacher Zur Stellung genossenschaftlicher Prüfungsverbände von Wohnungsunternehmen, in: Festschrift für Jenkis Berlin 1987; Beuthien Die Verfassungsmäßigkeit der Zuordnung jeder eingetragenen Genossenschaft zu einem genossenschaftlichen Prüfungsverband, WM 1995, 1788; Gehrlein Die Verfassungswidrigkeit des Anschlusszwangs an genossenschaftliche Prüfungsverbände, WM 1995, 1781. 5 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 20. 6 Beuthien GenG § 63c Rdn. 5; Müller GenG § 54 Rdn. 15. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 30; Müller GenG § 54 Rdn. 15, keine Ablehnung durch Verband bei für eG unzumutbarer Alternative. 8 Steuerreformgesetz 1990 v. 25.7.1988, BGBl. I 1093 ff.; vgl. Art. 21 S. 1136 ff., G. zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allg. Wohnungsmarkt.
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Pflichtmitgliedschaft | § 54
Pflichtprüfung keine grundlegenden Änderungen. Den Prüfungsverbänden nach dem WGG ist das Prüfungsrecht verliehen (§ 63). Die ehemals gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaften sind daher weiterhin Pflichtmitglied des Prüfungsverbandes, dem sie am 31.12.1989 angehörten, vgl. § 53 Rdn. 10 u. 11.9 Mit dem Bilanzrichtlinien-Gesetz 198510 wurde § 54 Abs. 2 aufgehoben. Die Pflichtmitgliedschaft bei einem genossenschaftlichen Prüfungsverband gem. dem früheren Abs. 1 bleibt in der Neufassung des § 54 unverändert bestehen; der zuständige Minister hat jedoch nicht mehr die Möglichkeit zu bestimmen, dass die eG einem bestimmten Prüfungsverband anzugehören hat. Dies war im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG (Vereinigungsfreiheit) ohnehin problematisch. Die §§ 11 Abs. 2 Nr. 3, 54 und 54a gewährleisten hinreichend, dass jede eG Mitglied eines Prüfungsverbandes ist. II. Pflichtmitgliedschaft 1. Bedingung für Entstehung und Bestand der eG. Gem. § 11 Abs. 2 Nr. 3 muss der 4 Anmeldung zur Eintragung einer eG ins Genossenschaftsregister die Bescheinigung des Prüfungsverbandes beigefügt werden, dass die eG zum Beitritt als Mitglied des Prüfungsverbandes zugelassen ist. Ohne diese Bescheinigung darf das Registergericht diese nicht eintragen. Scheidet eine eG aus dem Prüfungsverband aus, so kann sie nur dann fortbestehen, wenn sie innerhalb der gerichtlich bestimmten Frist einem anderen Verband beigetreten ist (§ 54a), s. dazu auch Rdn. 2. Auch aufgelöste eG müssen im Liquidationsstadium gem. § 64c Mitglied eines genossenschaftlichen Prüfungsverbandes sein. Die Verpflichtung, Mitglied eines Prüfungsverbandes zu werden, gilt nicht für die Vorgenossenschaft, die mangels Rechtsfähigkeit eine solche Mitgliedschaft auch nicht erwerben könnte;11 sie kann selbstredend den Antrag auf Zulassung zum Beitritt der (dann) eingetragenen eG an den Prüfungsverband richten. 2. Rechtsnatur der Mitgliedschaft. Das Rechtsverhältnis zwischen eG und Prü- 5 fungsverband ist bürgerlich-rechtlicher Natur und bestimmt sich nach den Regeln des Vereinsrechts (§§ 21 ff. BGB) und der Verbandssatzung.12 Die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtmitgliedschaft und der Umstand, dass dem Verband das Prüfungsrecht behördlich verliehen wird und damit eine Staatsaufsicht verbunden ist (§§ 64, 64a), ordnet das Rechtsverhältnis nicht dem öffentlichen Recht zu.13 Die Prüfungspflicht besteht hingegen öffentlich-rechtlich gegenüber dem Träger der Staatsaufsicht (vgl. § 64).14
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9 Begr. im Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1990, BT-Drs. 11/2157 zu Art. 21 Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allg. Wohnungsmarkt, § 5 Abs. 1 [§ 4 RegE]. 10 G. zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten RiLi des Rates der Europäischen Gemeinschaft zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2355. 11 Vgl. BayObLGZ 1990, 192 = DB 1990, 2157 = BB 1990, 1807; a.A. wohl Beuthien GenG § 54 Rdn. 10: den Aufnahmeantrag einer Vor-eG darf der Prüfungsverband nicht nach Belieben ablehnen. 12 Beuthien GenG § 54 Rdn. 2. 13 BGHZ 37, 160 = NJW 1962, 1508 = BB 1962, 775; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 22; Beuthien GenG § 55 Rdn. 1; Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, Riebandt-Korfmacher S. 3; a.A. Dietrich Rechtsstellung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände im Bereich der Prüfung, 1974, S. 263. 14 Beuthien GenG § 55 Rdn. 1.
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§ 54 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
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3. Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft. Die im GenG positiv geregelte Pflichtmitgliedschaft in Prüfungsverbänden ist nach der Rechtsprechung des BVerfG und der h.M. in ihrem Grundgehalt geltendes Recht und verfassungsgemäß.15 Sie verstößt insoweit nicht gegen die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG der nach h.M. auch das Recht garantiert, nach eigener, freier Entscheidung einer Vereinigung fernzubleiben oder aus ihnen wieder auszutreten, sog. negative Koalitionsfreiheit.16 Dieses Grundrecht gilt gem. Art. 19 Abs. 3 GG auch für inländische juristische Personen. Die Pflichtmitgliedschaft beeinträchtigt nicht die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG, Berufsfreiheit, und Art. 2 Abs. 1 GG, allgemeine Handlungsfreiheit, hier: Privatautonomie.17 Ihre Zwecke lassen sich zudem dem in Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG niedergelegten Sozialstaatsgebot zuordnen.18 Hinsichtlich der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft im 7 genossenschaftlichen Prüfungsverband durch das BVerfG19 war entscheidend, ob die Pflichtmitgliedschaft zur sachgemäßen Erfüllung der Prüfungsaufgabe erforderlich und geeignet ist und ob es zur Erfüllung diese Zwecks keine gleich geeignete, weniger beeinträchtigende Maßnahme („milderes Mittel“) gibt. Maßstab für die Erforderlichkeit waren die Zwecke des genossenschaftlichen Prüfungssystems. Dieses solle die ordnungsgemäße Geschäftsführung der Genossenschaften und die Transparenz ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse sicherstellen.20 Die gesetzlichen Regelungen dienten dem Schutz der Genossenschaftsmitglieder, der Gläubiger und der Allgemeinheit.21 Die Pflichtmitgliedschaft diene somit in erster Linie dazu, den Förderauftrag der eG gegenüber den Mitgliedern zu sichern und diese ebenso wie die Gläubiger der eG sowie die Allgemeinheit vor Schaden zu bewahren.22 Während der Gesetzgeber dieses Ziel bei Kapitalgesellschaften durch die obligatorische Mindestkapitalisierung und bei den Personengesellschaften durch eine persönliche Haftung der Gesellschafter verfolge, habe er für die eG auf diese Sicherungsmittel verzichtet und stattdessen das genossenschaftliche Prüfungssystem geschaffen, um eine Insolvenz von eG von vornherein zu verhindern. Die Geeignetheit der Pflichtmitgliedschaft zur Erfüllung dieser Schutzzwecke bejahte das BVerfG mit Verweis auf die weitreichende Insolvenzsicherheit der eG und die Tatsache, dass das engmaschige Kontrollsystem generell eine eher vorsichtige Geschäftspolitik der eG bewirke.23 Dem ist zuzustimmen, denn die eG ist die insolvenzsicherste Rechtsform, so betrug die Insolvenzquote im Jahr 2014 nach den Erhebungen
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15 BVerfG Beschl. v. 19.1.2001, Az. 1 BvR 1759/91, DB 2001, 2596 f.; mit zust. Anm. Batereau WuB II – § 54 GenG 1.01, in Übereinstimmung mit der h.L., vgl. nur: Beuthien Die Verfassungsmäßigkeit der Zuordnung jeder eG zu einem genossenschaftlichen Prüfungsverband, WM 1995, 1788; Beuthien/Schöpflin Besonderer Minderheitenschutz in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden – Teilbeitritt und Teilaustritt oder abgestufte Gesamtmitgliedschaft? DB 1997, 361; Turner Nochmals: Pflichtmitgliedschaft von Genossenschaften und negative Vereinigungsfreiheit, NJW 1997, 853. 16 Zur negativen Koalitionsfreiheit vgl. BVerfGE 10, 102; OVG Münster OVGE 14, 92; OLG Koblenz NJW 1951, 366; 17 BVerfG DB 2001, 2596, 2597. 18 BVerfG DB 2001, 2596, 2597. 19 BVerfG DB 2001, 2596 ff. 20 BVerfG DB 2001, 2596, 2597. 21 BVerfG DB 2001, 2596, 2597. 22 Barth S. 62; Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, Lang S. 204; Dietrich Die Rechtsstellung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände im Bereich der Prüfung, S. 225; Müller GenG § 54 Rdn. 6; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 1; Reinhardt Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft in Prüfungsverbänden mit dem Grundgesetz; in: Festschrift für Draheim (Göttingen 1968) S. 227; Marcus Die Pflichtmitgliedschaft bei den Genossenschaftsverbänden, S. 1 ff. 23 BVerfG DB 2001, 2596, 2597.
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der Creditreform nur 0,1%.24 Bereits seit einiger Zeit findet daher keine separate Erhebung der Insolvenzquote von eG durch das Statistische Bundesamt mehr statt, vgl. § 53 Rdn. 18. Nach der zutreffenden Begründung des BVerfG ist die Pflichtmitgliedschaft auch verhältnismäßig im engeren Sinne: der Zweck des Schutzes der Mitglieder und Gläubiger der eG sowie der Allgemeinheit könne nicht durch eine andere, gleich wirksame Maßnahme erreicht werden, die das betroffene Grundrecht nicht oder weniger einschränken würde.25 Mit einer Freigabe der Prüferwahl ließen sich nicht alle mit der Verbandsprüfung erstrebten Zwecke gleich wirksam erreichen. Die Sicherung des Förderzwecks bedürfe einer spezifischen Kontrolle, vor allem dann, wenn die eG wirtschaftlich auch im Verhältnis zu Nichtmitgliedern tätig werde. Zudem müssten starke, engmaschige und auf Dauer angelegte Außensicherungsmaßnahmen als Ausgleich für das Fehlen eines bestimmten Mindestkapitals sowie die Möglichkeit des Ausschlusses der Nachschusspflicht vorgesehen werden, um den Gläubigerschutz sicherzustellen und der Rechtsform das nötige Vertrauen am Markt zu verschaffen. Durch die Pflichtmitgliedschaft erreiche man eine Eingliederung der eG in die Verbandsstruktur und damit in das Prüfungssystem. Zudem würde durch die Mitgliedschaft anderer eG in den regional oder sektoral aufgegliederten Prüfungsverbänden sichergestellt, dass die Verbände einen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung verschiedener eG in einer bestimmten gesamtwirtschaftlichen Rahmenlage hätten. Damit würde den Prüfungsverbänden die Möglichkeit des Vergleichs unter den eG eröffnet, was den Blick für bestimmte, über das einzelne genossenschaftliche Unternehmen hinausgehende Entwicklungen und Gefahren schärfe. Freie Wirtschaftsprüfer könnten dies hingegen nicht leisten, da ihre Prüfungsbeziehungen eher auf eine punktuelle Geschäftsbeziehung angelegt seien und ihnen damit die Voraussetzungen fehlten, um im Rahmen einer dauerhaften Begleitung die Gesetzeszwecke gleich effektiv wie die Prüfungsverbände sicher zu stellen. Auch dem ist uneingeschränkt zuzustimmen, schließlich trägt auch das bewährte System der Prüfungsverfolgung dazu bei, dass die Prüfung durch den Prüfungsverband sich nicht nur punktuell auf die wirtschaftliche Situation zum Jahresabschlussstichtag beschränkt, sondern die Beseitigung von festgestellten Mängeln durch den Vorstand der eG zu erfolgen hat und vom Prüfungsverband auch laufend überwacht werden muss. Auch die Sammlung branchenbezogener betriebswirtschaftlicher Kennziffern und das Vorhalten von besonderen Analysesystemen durch die Verbände tragen dazu bei, dass wirtschaftliche Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt werden können. Die Pflichtmitgliedschaft bietet den Prüfungsverbänden nach den zutreffenden Ausführungen des BVerfG zudem eine größere institutionelle Unabhängigkeit: Sie besäßen dadurch eine breite finanzielle Basis und seien wirtschaftlich weniger auf die einzelne eG angewiesen, als dies bei freien Wirtschaftsprüfern der Fall wäre. Zudem bestehe für die eG keine oder nur eine geringe Chance, unbequemen Prüfern bzw. einem unbequemen Verband auszuweichen. Dies mache die Prüfungsverbände unempfindlicher gegen den Versuch größerer eG, durch Androhung des Prüferwechsels Druck auszuüben. Schließlich sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet gewesen, nach der Größe der eG oder deren Tätigkeit in einem bestimmten Geschäftszweig (z.B. Kreditgenossenschaften) zu unterscheiden.
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24 „Insolvenzen in Deutschland“ Creditreform 2014. https://www.creditreform.de/nc/aktuelles/newslist/details/news-detail/insolvenzen-in-deutschland-jahr-2014.html; vgl. auch § 53 Rdn. 18. 25 BVerfG DB 2001, 2596, 2598.
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Das BVerfG hat die Pflichtmitgliedschaft als eine aus sachlichen Gründen erforderliche, geeignete und zumutbare Ausgestaltung des Grundrechts der Vereinigungsfreiheit bewertet. Dem Beschluss ist vollinhaltlich zuzustimmen.26 Die Ausführungen des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der genossenschaftlichen Pflichtprüfung überzeugen durch die klaren Aussagen zum Zusammenspiel der Beratungs-, Betreuungs- und Prüfungstätigkeit der Prüfungsverbände. Diese haben bei der Vielzahl der von ihnen durchgeführten Prüfungen branchenspezifische Vergleichsdaten gewonnen und so aussagefähige Analysesysteme entwickelt, anhand derer latente Risiken in den meisten Fällen rechtzeitig entdeckt werden können.27 Zusammen mit genossenschaftlichen Sicherungseinrichtungen und dem Grundsatz der Solidarität unter den eG wird so ein wirksamer Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG sowie der Allgemeinheit vor Schädigungen aufgrund von Insolvenzen bewirkt.28 In der Praxis wird das System der genossenschaftlichen Pflichtprüfung einschließlich der Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband von den eG sowie die damit verbundenen Beratungs- und Betreuungsleistungen, wie z.B. Schulungen von nebenamtlichen Vorständen und Aufsichtsräten, von hauptamtlichen Vorständen aber auch leitenden Mitarbeitern, die teilweise auch speziell auf die Belange der jeweiligen Branche zugeschnitten werden, auch gemeinhin sehr geschätzt und als sinnvoll akzeptiert. 8 Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden gibt es eine umfangreiche Literatur. Die weitaus überwiegende Ansicht hat die Pflichtmitgliedschaft seit jeher als einen geeigneten, erforderlichen und verhältnismäßigen Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit jeder eG und damit als verfassungskonform beurteilt.29 Einen etwas anderen Ansatz verfolgt Beuthien, der in der Pflichtmitgliedschaft lediglich eine Rechtsform- bzw. Organisationsvoraussetzung für die eG sieht. Die Regelung berühre nicht die negative Koalitionsfreiheit der eG, sondern begrenze die positive Vereinigungsfreiheit der Mitglieder, indem sie deren Zugang zur organisationsrechtlich besonders verfassten Vereinigungsform der eG beschränke.30 Aber auch Beuthien stimmt der Entscheidung des BVerfG uneingeschränkt zu,31 indem er ausführt, das BVerfG habe
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26 So auch Schaffland Anm. zu BVerfG DB 2001, 2596, 2599; Spanier Freie Wahl des Wirtschaftsprüfers für Genossenschaften? WPg 2001, 767; Beuthien GenG § 54 Rdn. 5. 27 Spanier Freie Wahl des Abschlussprüfers für Genossenschaften? WPg 2001, 767, 769. 28 Vgl. Schaffland Anm. zu BVerfG DB 2001, 2596, 2599. 29 Vgl. Beuthien Die Verfassungsmäßigkeit der Zuordnung jeder eG zu einem genossenschaftlichen Prüfungsverband, WM 1995, 1788; ders./Schöpflin Besonderer Minderheitenschutz in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden – Teilbeitritt und Teilaustritt oder abgestufte Gesamtmitgliedschaft? DB 1997, 361; Dietrich Die Rechtsstellung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände im Bereich der Prüfung; Jenkis Doppelnatur des genossenschaftlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Prüfungsverbandes, BB 1982, 1702 ff.; Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, Lang S. 220; Mann Vereinbarkeit der Prüfungs- und Beratungstätigkeit der Genossenschaftsverbände, ZfgG 1969, 224; Nicklisch Grenzen der Pflichtmitgliedschaft von Genossenschaftsverbänden, BB 1979, 1157; Reinhardt Gesellschaftsrecht, S. 347; Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, Riebandt-Korfmacher S. 65; Schnorr von Carolsfeld Bemerkungen zum Genossenschaftsrecht, ZfgG 1959, 50, 67; ders. Probleme der Rechtsstellung der Prüfungsverbände, ZfgG 1967, 20, 24; Steding Verbandszwang der eingetragenen Genossenschaft und Umfang ihrer Beitragspflicht, Betrieb und Wirtschaft, 1996, 177; Steiner Öffentliche Verwaltung durch Private, Hamburg 1975, 140 ff. und 148 ff.; Turner Nochmals: Pflichtmitgliedschaft von Genossenschaften und negative Vereinigungsfreiheit, NJW 1997, 853; Wulf WPg 1956, 297 ff., 326 ff. 30 Beuthien Die Verfassungsmäßigkeit der Zuordnung jeder eG zu einem genossenschaftlichen Prüfungsverband, WM 1995, 1788; ders. § 54 Rdn. 5. 31 Beuthien GenG § 54 Rdn. 6.
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die Verfassungsbeschwerde einer Kredit eG zu Recht nicht angenommen, sondern die zwingende Zuordnung jeder eG zu einem Prüfungsverband als eine sachlich geeignete und erforderliche, nämlich die Genossenschaftsmitglieder, die eG und die Stabilität des gesamten, auf eine gerechte Sozialordnung abzielenden Wirtschaftssystems schützende Ausgestaltung des Grundrecht der Vereinigungsfreiheit bezeichnet. Kritisch und ablehnend gegenüber der Pflichtmitgliedschaft haben sich nur einzelne, wenige Stimmen in der Literatur ausgesprochen.32 Aber auch hier wird z.T. zugegeben, dass die Pflichtmitgliedschaft in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden historisch legitimiert und in der Praxis bewährt sei.33 Als mögliche Lösung wird in Anlehnung an § 64b vorgeschlagen, jede eG solle die Möglichkeit haben, sich zur Durchführung der Pflichtprüfung an einen von ihr auszuwählenden Prüfungsverband zu wenden, der die Prüfung dann auf vertraglicher Grundlage durchzuführen habe. Damit bliebe die Funktionsfähigkeit der Prüfungsverbände gewährleistet. Eine solche Regelung hätte aber den Nachteil, dass eine wesentliche Grundlage der Unabhängigkeit der Prüfungsverbände verloren ginge; bei einer nach Meinung der geprüften eG zu strengen Prüfung und Beurteilung könnte die eG auf einen ihr genehmeren Verband als Prüfer ausweichen. Die gegenüber der Pflichtmitgliedschaft kritischen Stellungnahmen verkennen z.T. einige wesentliche Gesichtspunkte, die geeignet sind, die Bedenken gegen § 54 auszuräumen, und die auch vom BVerfG in der oben wiedergegebenen Entscheidung als Argumente für die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft angeführt worden sind: Die Pflichtmitgliedschaft will gerade in Zusammenhang mit der „Betreuungsprüfung“ durch den Verband die genossenschaftliche Selbstverwaltung im Interesse der Mitglieder sichern.34 Von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist auch, dass zu Beginn die genossenschaftlichen Verbände vor allem beratende und betreuende Aufgaben wahrnahmen, um die große Zahl der Mitglieder vor Schäden zu bewahren. Aus dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber den Verbänden auch in anderen Bereichen eine Sonderstellung eingeräumt, wie z.B. das (außergerichtliche) „Rechtsberatungsprivileg“35 gem. § 7 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)36 und die Befugnis zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 4 Nr. 6 StBerG. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 RDG sind außergerichtliche Rechtsdienstleistungen u.a. für eG, genossenschaftliche Prüfungsverbände und deren Spitzenverbände im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen oder Einrichtungen erlaubt, soweit sie gegenüber der Erfüllung ihrer übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind. Die fachlichen Voraussetzungen regelt § 7 Abs. 2 RDG. Zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen sind genossenschaftli-
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32 Gehrlein Die Verfassungswidrigkeit des Anschlusszwangs an genossenschaftliche Prüfungsverbände, WM 1995, 1781; Gillmeyer Verfassungsrechtliche Problematik der Zwangsmitgliedschaft in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden, ZBB 1994, 215; Glenk/Dietermann Von Macht und Ohnmacht um Genossenschaftswesen – Zwangsmitgliedschaft in Dienstleistungsbetrieben, NJW 1997, 110; Nicklisch Grenzen der Pflichtmitgliedschaft von Genossenschaftsverbänden, BB 1979, 1157. 33 Gehrlein Die Verfassungswidrigkeit des Anschlusszwangs an genossenschaftliche Prüfungsverbände, WM 1995, 1781. 34 Vgl. Metz Autonomie und Verbunddisziplin in der Genossenschaftsorganisation, S. 13; Müller GenG § 54 Rdn. 6; Jenkis Doppelnatur des genossenschaftsrechtlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Prüfungsverbandes, BB 1982, 1702. 35 Dazu näher BGH, Urt. v. 20.1.1994, Az. I ZR 283/91, NJW 1994, 1658. 36 Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG), v. 12.12.2007, BGBl. I 2840, zuletzt geändert durch Art. 142 der Verordnung vom 31.8.2015, BGBl. I S. 1474.
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che Prüfungs- und Spitzenverbände und genossenschaftliche Treuhandstellen ebenfalls befugt, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs den Mitgliedern der Prüfungs- und Spitzenverbände Hilfe in Steuersachen leisten, befugt ist der in § 3 StBerG genannte Personenkreis, u.a. Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Satzung des Verbandes dem Pflicht9 mitglied nur solche vereinsrechtlichen Pflichten, insb. Beitragspflichten, auferlegen kann, die mit der Prüfung im Sinne einer Betreuungsprüfung einschließlich der Prüfungsverfolgung im Zusammenhang stehen. Sonstige Mitgliederpflichten oder Verbandsaufgaben und deren Finanzierung können nur auf der Grundlage freiwilliger Vereinbarungen bestehen. Nach Auffassung des BGH37 bedeutet eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes, dass eine auf die Inanspruchnahme der Pflichtprüfung begrenzte Verbandsmitgliedschaft möglich sein muss. Ein Mitglied des Verbandes kann nicht gezwungen werden, gegen seinen Willen eine Verbandstätigkeit außerhalb der gesetzlichen Prüfung zu finanzieren. Auch nachträglich kann die Mitgliedschaft durch (Teil-)Kündigung auf den Pflichtprüfungsbereich des Verbandes beschränkt werden. Für diese Kündigung kann die Verbandssatzung eine eigene Kündigungsfrist vorsehen. In Ermangelung einer besonderen Kündigungsfrist gilt in entsprechender Anwendung höchstens die für die Kündigung der Mitgliedschaft geltende Kündigungsfrist, die nach § 39 Abs. 2 letzter Halbs BGB maximal zwei Jahre zum Jahresende, insoweit der Gesetzestext nicht ganz eindeutig, betragen darf. Diese Vorschrift ist zwingendes Recht und kann nicht durch die Satzung verlängert werde.38 Zum ähnlich gelagerten Fall zur Prüfungszuständigkeit bei Doppelmitgliedschaft, s. Rdn. 20 ff., insb. Rdn. 24 u. 25. Zum Bereich der Betreuungsprüfung sind alle unmittelbaren Prüfungstätigkeiten zu rechnen, die abgeleiteten Prüfungstätigkeiten sowie mit der Prüfung zusammenhängende Beratungs- und Betreuungstätigkeiten. Die genaue Abgrenzung muss dem Einzelfall vorbehalten bleiben. III. Anspruch auf Aufnahme in den Prüfungsverband 1. Privatrechtlicher Anspruch 10
a) Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Im Gesetz ist nicht geregelt, ob der Beitrittspflicht der eG zum Prüfungsverband auch ein Aufnahmeanspruch gegen diesen zusteht. Unter welchen Voraussetzungen der Verband eine eG aufnehmen muss oder einen Aufnahmeantrag ablehnen kann, hängt vielmehr davon ab, ob der Verband die Aufnahme aus berechtigten Gründen verweigert. Grundsätzlich liegt es im freien Ermessen eines Vereins, ob er einen Antragsteller als Mitglied aufnehmen will.39 Weitestgehend anerkannt ist, dass die Tatsache, dass das Prüfungsrecht dem Verband behördlich verliehen wird, keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Aufnahme in den Verband begründet.40 Wie jede Rechtsbeziehung zwischen der eG und dem Prüfungsverband ist auch der Beitritt zum Verband dem privatrechtlichen Bereich zuzuord-
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37 BGHZ 130, 243 = DB 1995, 2056. 38 Palandt/Ellenberger § 39 Rdn. 1. 39 BGH BB 1959, 1272. 40 Vgl. Paulick Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, S. 77; Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, von Caemmerer S. 8; a.A. Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1951, 305; 1959, 97; 1963, 335.
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nen.41 Die Klage auf Aufnahme wäre vor dem zuständigen Landgericht zu erheben, §§ 23, 71 GVG. In Anbetracht der Pflichtmitgliedschaft ist der Verband bei der Entscheidung über die Aufnahme einer eG aber nicht frei, sondern muss nach pflichtgemäßem Ermessen prüfen, ob rechtliche oder sachliche Gesichtspunkte die Ablehnung des Antragstellers rechtfertigen.42 Weitergehend wird teilweise eine grundsätzlich bestehende gesellschaftsrechtliche Aufnahmepflicht bejaht und als „funktionale Kehrseite der Pflichtmitgliedschaft“ bezeichnet43 oder ein (häufig) auf null reduziertes Ermessen angenommen.44 Nach der Meinung des BGH45 besteht ein Aufnahmeanspruch nicht nur bei Monopolverbänden, sondern grundsätzlich auch dann, wenn ein Verein oder Verband im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung innehat und ein schwerwiegendes oder zumindest berechtigtes Interesse des Beitragswilligen am Erwerb der Mitgliedschaft besteht.46 Der Verband trägt nicht grundsätzlich die Beweislast dafür,47 dass sachlich gerechtfertigte Gründe für die Ablehnung eines Bewerbers gegeben sind. Es reicht aus, wenn er die Ablehnung des Aufnahmeantrags schriftlich substantiiert begründet, da andernfalls dem Antragsteller der Nachweis einer fehlerhaften Ausübung des Ermessens nicht möglich wäre.48 b) Fallgruppen: Ablehnung oder Aufnahmeanspruch. Rechtliche oder sachlich 11 gerechtfertigte Ablehnungsgründe können z.B. sein, wenn – nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere der Vermögenslage der eG eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder Gläubiger zu befürchten ist (§ 11 Abs. 2 S. 3),49 – wesentliche Verbandsinteressen gefährdet werden,50 insbesondere wenn objektive Anhaltspunkte erkennbar sind, die ernste Schwierigkeiten zwischen der eG und dem Prüfungsverband befürchten lassen,51 – die Satzung des Verbandes der Aufnahme entgegensteht oder der Verband sich auf eine bestimmte Art von eG beschränkt hat und die eG die Voraussetzungen nicht erfüllt,52 – der Prüfungsverband sein Tätigkeitsgebiet auf eine bestimmte Region beschränkt hat und die eG außerhalb des Gebietes ihren Sitz bzw. Tätigkeitsschwerpunkt hat,53
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41 BGH NJW 1962, 1508; Beuthien GenG § 54 Rdn. 2; Müller GenG § 54 Rdn. 7. 42 BGH NJW 1962, 1508, 1509; bei einem Verein mit Monopolstellung vgl. BGH DB 1959, 1396 = BB 1959, 1272 = MDR 1960, 109; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 29; BerlKomm/Hillenbrand § 54 Rdn. 6; Paulik § 29 I 1f; a.A. Beuthien GenG § 54 Rdn. 10. 43 Beuthien GenG § 54 Rdn. 10 a.E. Als zu weitgehend abzulehnen Tsibanoulis, Die genossenschaftliche Gründungsprüfung, S. 358 ff., der eine unbedingte Aufnahmepflicht des Verbandes annimmt. 44 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, § 54 Rdn. 6; in der Vorauflage: Röhrich in Hettrich/ Pöhlmann/Gräser/Röhrich: es müssen triftige Gründe entgegenstehen. 45 DB 1985, 586 = BB 1985, 397 = ZIP 1985, 276. 46 Wegen Ausschluss aus genossenschaftlichem Sicherungsfonds vgl. BGHZ 105, 306 = DB 1989, 619 = NJW 1989, 1724 = WM 1989, 184, vorgehend OLG Köln ZfgG 1988, 222 m. Anm. Pleyer. 47 So aber Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 29 a.E. 48 So im Ergebnis auch Beuthien GenG § 54 Rdn. 10 a.E. für den Fall, dass man der h.M. (pflichtgemäße Ermessensausübung) folgte. 49 A.A. Beuthien GenG § 54 Rdn. 10 und § 11 Rdn. 6. 50 Vgl. BGH BB 1970, 224. 51 Vgl. BGH BB 1970, 224; Müller GenG § 54 Rdn. 14. 52 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 30. 53 Ebenda.
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die eG voraussichtlich außerstande ist, Verbandsbeiträge und/oder Prüfungsgebühren zu bezahlen,54 der Prüfungsverband wegen der Art der eG zu einer fachlich ordnungsgemäßen Prüfung nicht in der Lage ist.55 durch Aufnahme der eG eine Gefährdung der Sicherungseinrichtung(en), die vom Verband unterhalten werden, eintritt – wenn eine Ausnahme des Mitglieds von der Sicherungseinrichtung nicht möglich ist,56 die eG bereits rechtswirksam aus dem Verband ausgeschlossen worden ist.57 Kein stichhaltiger Grund für eine Ablehnung der Aufnahme liegt z.B. vor, wenn durch die Aufnahme der eG anderen Mitgliedern Wettbewerb gemacht wird, die eG die Mitgliedschaft auch in einem anderen Verband erwerben kann, insoweit besteht das Recht der Wahlfreiheit der eG,58 die Kapazität des Verbandes durch den vorhandenen Mitgliederbestand ausgeschöpft ist, insoweit besteht eine Verpflichtung zur Ausweitung, wenn diese nicht unzumutbar ist.59
Bei Umwandlung einer eG in eine AG besteht i.d.R. kein Anspruch auf Aufnahme in den genossenschaftlichen Prüfungsverband oder Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft;60 anders aber, wenn die AG überwiegend in der Hand von eG bleibt. Aus § 63b Abs. 2 kann die Verpflichtung des Verbandes folgen, eine umgewandelte eG auszuschließen, da Mitglieder des Prüfungsverbandes nur eG oder solche Unternehmen sein können, die sich überwiegend in der Hand von eG befinden. Die Aufsichtsbehörde kann den Verband durch Auflagen gem. § 64 Abs. 2 zur Zulassung der eG anhalten, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen ein Aufnahmeanspruch besteht; die eG kann bei der Behörde um eine solche Auflage nachsuchen. Gegen die ablehnende Entscheidung der Behörde ist die verwaltungsgerichtliche Verpflichtungsklage zugelassen.61 Die Auflage der Aufsichtsbehörde ersetzt allerdings nicht die Aufnahmeerklärung des Verbandes; dies müsste vielmehr erzwungen werden, ggf. durch Maßnahmen gegen den Verband gem. §§ 64, 64a. 13
2. Anspruchsgrundlagen. Die Rechtsnatur eines Aufnahmeanspruchs in den Verband ist im Einzelnen umstritten. Da das GenG die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband jedoch zwingend vorschreibt, muss daraus als „funktionale Kehrseite“62 eine gesellschaftsrechtliche Aufnahmepflicht gefolgert werden, sofern die sich aus dem Gesetz oder der Verbandssatzung ergebenden Voraussetzungen erfüllt sind und der Prüfungsverband keine berechtigten Gründe für die Ablehnung gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht hat.63
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54 55 56 57 58 59 60 61 62 63
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 30; Beuthien GenG § 54 Rdn. 10. Barth Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, S. 91; Müller GenG § 54 Rdn. 15. Beuthien GenG § 54 Rdn. 10; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 30. Vgl. BGH BB 1959, 1272; Rdn. 30. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 31. Beuthien GenG § 54 Rdn. 10; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 31. Vgl. LG Hamburg Urt. v. 14.11.1974, Az. 75 O 143/72. Böhmcke BlfG 1955, 317; ZfgG 1956, 234; Paulick S. 301; Müller GenG § 54 Rdn. 8. Beuthien GenG § 54 Rdn. 9. Vgl. Beuthien GenG § 54 Rdn. 10 a.E.; Müller GenG § 54 Rdn. 9.
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a) §§ 20 Abs. 1 u. 5 i.V.m. 32 GWB. Gem. § 20 Abs. 1, 5 GWB darf eine Wirtschafts- 14 vereinigung die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung der Aufnahme eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde. Dieses Verhalten kann die Kartellbehörde gem. § 32 GWB untersagen. Gemäß § 32 GWB kann die Kartellbehörde dem Prüfungsverband alle geeigneten Maßnahmen zur Abstellung eines verbotenen Verhaltens aufgeben (sog. positive Tenorierung).64 Das heißt, dass die Kartellbehörde dem Prüfungsverband beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 5 GWB die Aufnahme einer Genossenschaft auferlegen kann, hierzu können auch Bußgelder und Zwangsmaßnahmen (vgl. Rdn. 17) im Falle der Nichtbefolgung angedroht werden, denn die Kartellbehörde kann alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art ergreifen, die für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich und verhältnismäßig sind (vgl. § 32 Abs. 2 GWB). Die Frage, ob genossenschaftliche Prüfungsverbände „Wirtschaftsvereinigungen“ i.S.v. § 20 GWB sind, könnte zwar angezweifelt werden. Wirtschaftsvereinigungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie einen Zusammenschluss von Unternehmen eines Wirtschaftszweiges darstellen, dessen Zweck darauf gerichtet ist, die gemeinschaftlichen Interessen zu fördern und gegenüber der Öffentlichkeit und Dritten zu vertreten.65 Entsprechend der wohl herrschenden Meinung dürfte es richtig sein, den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden den Charakter von Wirtschaftsvereinigungen zuzuerkennen, zumal sie entsprechend ihren Satzungen neben der Prüfungsfunktion auch die Vertretung der Interessen der Mitgliedergenossenschaften bezwecken.66 Es kann dahinstehen, ob bereits die Prüfungsaufgabe der Verbände geeignet ist, wesentliche Merkmale einer Wirtschaftsvereinigung zu erfüllen. Eine bestehende eG, aber auch eine Vorgenossenschaft, soweit sie bereits als solche im geschäftlichen Leben tätig geworden ist, ist „Unternehmen“ im Sinne des GWB. Auch eine noch nicht geschäftlich tätige, in Gründung befindliche eG muss als Unternehmen anerkannt werden, soweit sie sich zum Zwecke der Eintragung um die Mitgliedschaft beim genossenschaftlichen Prüfungsverband bewirbt.67 Ein Verstoß gegen § 20 GWB im Sinne einer sachlich nicht gerechtfertigten, ungleichen Behandlung liegt dann vor, wenn keine Gründe bestehen, die unter Berücksichtigung der Aufgaben des Prüfungsverbandes die Ablehnung rechtfertigen, vgl. dazu Rdn. 11 und 12.68 Die Ablehnung als eine unbillige Benachteiligung im Wettbewerb, vgl. Rdn. 10 ff., ist grundsätzlich dann gegeben, wenn die eG nicht die Möglichkeit hat, unter zumutbaren Voraussetzungen einem anderen Prüfungsverband beizutreten.69 Die eG kann nicht darauf verwiesen werden, dass sie auch ohne Mitgliedschaft beim Verband und ohne Eintragung im Genossenschaftsregister als nicht eingetragene Genossenschaft tätig werden kann.
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64 Vgl. dazu auch BT-Drs. 15/3640, S. 33. 65 Vgl. BGHZ 21, 4. 66 Erk Pflichtmitgliedschaft und Aufnahme im genossenschaftlichen Prüfungswesen, S. 145; Barth Bürgerlich-rechtliche Beziehung zwischen Genossenschaft und Prüfungsverband, ZfgG 1965, 44, 48; Müller GenG § 54 Rdn. 11; a.A. Riebandt-Korfmacher GW 1958, 43; Westermann ZfgG 1954, 306. 67 Zutreffend Müller GenG § 54 Rdn. 12. 68 Barth Mitgliedschaft von Genossenschaften in Prüfungsverbänden, S. 89; Müller GenG § 54 Rdn. 13; wegen Gleichbehandlung vgl. auch BGH DB 1985, 586. 69 So Müller GenG § 54 Rdn. 16.
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§ 54 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
In der gegen den Verband zu richtenden Aufnahmeklage ist nur die fehlerhafte Ausübung des Aufnahmeermessens nachzuweisen, ein weitergehender Nachweis eines Verschuldens des Prüfungsverbandes ist nicht erforderlich.70 15
b) § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 10 UWG. Aus dem generellen Verbot unlauteren Wettbewerbs gemäß § 3 Abs. 1 UWG71 kann sich ebenfalls ein Aufnahmeanspruch ergeben. § 3 Abs. 1 UWG setzt eine unlautere Wettbewerbshandlung voraus, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Konkretisiert wird diese Generalklausel durch § 4 Nr. 10 UWG, demzufolge i.S.v. § 3 UWG unlauter handelt, wer Mitbewerber gezielt behindert. § 4 Nr. 10 UWG kann eingreifen, wenn die Aufnahme zu Wettbewerbszwecken, also zur Förderung der Wettbewerbssituation der Mitglieder gegenüber dem abgelehnten Unternehmen erfolgt.72 Die sachlichen Anforderungen stimmen mit denen des GWB und des BGB überein.
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c) § 826 BGB. Ein Anspruch auf Aufnahme in den Prüfungsverband aus § 826 BGB käme dann in Betracht, wenn die Nichtzulassung für die Genossenschaft eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellt, z.B., weil die Ablehnung willkürlich und für die Genossenschaft von existenzieller Bedeutung wäre.73 Unter den genannten Voraussetzungen kann die Aufnahme unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verlangt werden.74 3. Rechtsbehelfe75 bei Ablehnung der Aufnahme
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a) Verfahren nach GWB. Nach GWB kann die Kartellbehörde dem Prüfungsverband nicht nur untersagen, die Aufnahme der eG abzulehnen, sondern auf der Basis des in der 7. Kartellnovelle neugefassten § 32 GWB auch positiv auferlegen, die Genossenschaft aufzunehmen, s. dazu oben Rdn. 12. Für die Maßnahme ist gem. § 48 GWB das Bundeskartellamt zuständig, soweit der Geschäftsbereich der Genossenschaft über den Bereich eines Bundeslandes hinausgeht; anderenfalls ist die Landeskartellbehörde zuständig. Die Kartellbehörde hat allen Beteiligten gem. § 56 Abs. 1 GWB Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; auf Antrag eines Beteiligten ist mündliche Verhandlung anzuberaumen (§ 56 Abs. 3 GWB). Ein Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB; zusätzlich kann ein Zwangsgeld festgesetzt werden. Gegen die Entscheidung der Kartellbehörde ist Beschwerde zugelassen, über die das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige OLG entscheidet (§ 63 Abs. 1 GWB); gegen
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70 BGHZ 29, 344. 71 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) i.d.F. der Bekanntmachung v. 3.3.2010, BGBl. I 254, zuletzt geändert d. Art. 6 G. v. 1. 10.2013, BGBl. I 3714. 72 Vgl. OLG Hamburg WuW/E OLG 2775, 2780. 73 Vgl. BGHZ 21, 1; BGH, NJW 1969, 316 = BB 1959, 1272; grundsätzlich bejahend auch Müller GenG § 54 Rdn. 32. 74 BGHZ 21, 1; BGHZ 37, 160; Müller GenG § 54 Rdn. 32d; Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, Riebandt-Korfmacher S. 55. 75 Wegen möglicher Rechtsbehelfe gegen die Verweigerung der Aufnahme in einem Prüfungsverband vgl. Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, von Caemmerer S. 7 ff.; ebenda Riebandt-Korfmacher S. 23 ff.
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Pflichtmitgliedschaft | § 54
die Beschwerdeentscheidung sieht § 74 GWB Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof vor, soweit diese zugelassen wird. b) Klage vor den ordentlichen Gerichten. Bei Ablehnung der Aufnahme kann die 18 eG vor den ordentlichen Gerichten auf Aufnahme in den Prüfungsverband Klage erheben.76 Ggf. ist vor der Klageerhebung ein nach der Satzung des Prüfungsverbandes vorgesehenes vereinsrechtliches Beschwerdeverfahren zu durchlaufen. Vor einer abschließenden Entscheidung des Verbandes fehlt der Klage das Rechtschutzbedürfnis.77 Das Urteil, in dem ein Aufnahmeanspruch ausgesprochen wird, ist gem. § 894 ZPO vollstreckbar, da es sich um die Abgabe einer Willenserklärung auf Zulassung der Genossenschaft von Seiten des Prüfungsverbandes handelt.78 c) Auflagen der Aufsichtsbehörde. Die für die Verleihung des Prüfungsrechts (§ 63a) 19 und die Entziehung (§ 64a) des Prüfungsrechts zuständige Behörde kann dem Prüfungsverband die Auflage erteilen, die eG aufzunehmen, die Prüfungsverbandsmitgliedschaft kann die Aufsichtsbehörde aber nicht verleihen.79 Lehnt die Aufsichtsbehörde dies ab, kann Klage zum Verwaltungsgericht erhoben werden.80 IV. Mitgliedschaft in mehreren Prüfungsverbänden 1. Zulässigkeit. Gem. § 54 Abs. 1 muss die eG einem genossenschaftlichen Prüfungs- 20 verband angehören. Eine Pflichtmitgliedschaft bei mehreren Prüfungsverbänden sieht das Gesetz nicht vor. Die im Gesetz festgelegte Pflichtbeziehung Prüfungsverband/Mitgliedsgenossenschaft kann daher nur zu einem Prüfungsverband bestehen, dem die eG i.S.v. § 54 Abs. 1 als Mitglied angehört. Daraus folgen die Rechtsbeziehungen hinsichtlich Prüfung (Prüfungsrecht und Prüfungspflicht) und Prüfungsverfolgung, die nur zu einem Prüfungsverband bestehen können.81 Unter den Gesichtspunkten des Genossenschaftsrechts wie auch des Vereinsrechts ist nicht ausgeschlossen, dass daneben noch eine freiwillige Mitgliedschaft in einem oder auch mehreren anderen Prüfungsverbänden besteht. Bestimmte Strukturen in den Genossenschaftsorganisationen können es u.U. zweckmäßig erscheinen lassen, die Mitgliedschaft bei mehreren Verbänden zu erwerben (Beispiel: Für Zentralgenossenschaften käme die Mitgliedschaft beim regionalen Prüfungsverband und beim Spitzenverband auf Bundesebene in Frage). Häufig entstehen auch infolge von Fusionen von eG sogenannte Doppel- oder Mehrfachmitgliedschaften, die aus den verschiedensten Gründen aufrecht erhalten bleiben, z.B. um die unterschiedlichen vielfältigen Beratungs- und Betreuungsleistungen weiter in Anspruch nehmen zu können, oder aus Gründen der optimalen Interessenvertretung. 2. Bestimmungsrecht des gesetzlichen Prüfungsverbandes durch die eG. Die 21 gesetzliche Dauerprüfung kann bei Mitgliedschaften von eG in mehreren Prüfungsver-
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76 BGH BB 1952, 1272. 77 Vgl. BGHZ 27, 298; Beuthien GenG § 54 Rdn. 12, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 32. 78 So zutreffend Beuthien GenG § 54 Rdn. 12; Müller GenG § 54 Rdn. 35; Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, von Caemmerer S. 19; OLG Hamburg WuW 1955, 394; a.A. Bundesministerium der Justiz, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, Bd. 3, Riebandt-Korfmacher S. 56. 79 Beuthien GenG § 54 Rdn. 11. 80 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54 Rdn. 33. 81 Vgl. Beuthien GenG § 54 Rdn. 2.
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§ 54 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
bänden nur einem mit den förderwirtschaftlichen Verhältnissen der eG besonders vertrauten Prüfungsverband zustehen.82 In diesen Fällen wird regelmäßig eine einvernehmliche Regelung zwischen den Verbänden und der eG erfolgen, gleichwohl bedarf es der Klarheit, falls dies nicht möglich ist. 22
a) Kein Wahlrecht der eG. Teilweise wird daran anknüpfend vertreten, dass immer der „erste“ Prüfungsverband der gesetzliche Prüfungsverband sei, der Beitritt zu einem weiteren Prüfungsverband lasse die Prüfungsduldungspflicht der eG gegenüber dem ersten Prüfungsverband unberührt,83 auch ein Wahlrecht der eG scheide aus, da die genossenschaftliche Prüfung Dauercharakter habe und die eindeutige Zuordnung der Funktionsfähigkeit der Prüfung diene und die eG sich nicht ständig den ihr gerade genehmen Verband aussuchen können soll.84
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b) Freies Wahlrecht der eG. Nach anderer Ansicht hat die eG das freie Wahlrecht, welcher Verband die Pflichtprüfung vornehmen soll oder sie soll es jährlich neu ausüben dürfen.85 Das Wahlrecht sei verfassungsrechtlich im Hinblick auf Art. 9 Abs. 2 GG geboten, alle Verbände seien aufgrund des ihnen staatlich verliehenen Prüfungsrechts gleich gut geeignet und qualifiziert.
c) Rechtsprechung. Nach der vermittelnden Auffassung des Thüringer OLG86 steht der eG ein Wahlrecht zu, welcher Verband die Pflichtprüfung übernimmt. Dieses Wahlrecht besteht aber nicht uneingeschränkt, sondern hat die vereinsrechtliche Rücksichtnahme- und Treuepflicht zu beachten. Die Wahl bedarf einer eindeutigen Erklärung des Prüferwechsels i.S.e. Teilkündigung gegenüber dem bisher zur Prüfung verpflichteten Verband und der Einhaltung einer angemessenen Frist. Diese richtet sich nach der Satzung und kann sich an § 39 Abs. 2 BGB (i.V.m. § 63b Abs. 1 GenG) orientieren. Fehlt eine Satzungsbestimmung, gilt die in der Satzung vorgesehene Kündigungsfrist für die Mitgliedschaft, die im Verhältnis zur Teilkündigung ein Minus darstelle. Der vermittelnden Auffassung des Thüringer OLG ist zuzustimmen, da Rechts25 klarheit herrschen muss und der „erste“ Prüfungsverband auch rechtzeitig Dispositionen im Hinblick auf die kommende Prüfung treffen muss. Bei ständig freier Wahl besteht die Gefahr des Wissensverlustes mangels Kontinuität. Es muss auch ausgeschlossen werden, dass die eG durch ständigen Wechsel den Verband aussuchen kann, der ihr gerade genehm ist. Dies würde die Unabhängigkeit der Prüfung und deren Qualität beeinträchtigen. Andererseits ist kein Grund erkennbar, warum eine eG nicht durch den Verband wechseln können soll, wenn sie auch die Mitgliedschaft jederzeit mit einer gesetzlichen Höchstfrist von 2 Jahren (§ 39 Abs. 2 BGB) beenden kann. Sie wäre dann gezwungen, zunächst zu kündigen und wieder beizutreten, will sie die Beratungs- und Betreuungsleistungen des ersten Verbandes weiter beanspruchen. Im Falle der Mitgliedschaft bei mehreren Verbänden muss aber aus Gründen der Rechtssicherheit bestimmt
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82 Beuthien GenG § 54 Rdn. 2. 83 Beuthien Wer prüft, wenn eine Genossenschaft mehreren Prüfungsverbänden angehört? WPg 2012 S. 715 f. 84 Ebenda S. 717. 85 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 10; Faerber/Garbe Doppelmitgliedschaft in Prüfungsverbänden und die gesetzliche Pflichtprüfung, ZfgG 2011, S. 277; vgl. zum Meinungsstand Thüringer OLG Urt. v. 10.12.2014, Az. 7 U 344/14 m.w.N. bei Tz. 54 ff., DStR 2015, 306= NZG 2015, 277, Revision beim BGH anhängig. 86 Thüringer Oberlandesgericht Urt. v. 10.12.2014, Az. 7 U 344/14, DStR 2015, 306 = NZG 2015, 277, Revision beim BGH anhängig.
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Pflichtmitgliedschaft | § 54
werden, zu welchem der Verbände die Pflichtmitgliedschaft gem. § 54 besteht. Das Bestimmungsrecht liegt – vorbehaltlich der bestehenden rechtlichen Bindungen zu einem Prüfungsverband – grundsätzlich bei der eG, dies ergibt sich aus vereinsrechtlichen Gesichtspunkten, nach denen das Vereinsmitglied über die Begründung oder Beendigung vereinsrechtlicher Beziehungen entscheidet. Das Entscheidungsrecht kann durch Kündigung oder „Teilkündigung“ ausgeübt werden, es bedarf aus Gründen der Rechtssicherheit dieser eindeutigen empfangsbedürftigen Willenserklärung. Im Falle der Mitgliedschaft in mehreren Prüfungsverbänden ist mangels dieser Erklärung der gesetzliche Prüfungsverband derjenige, bei dem die eG zuerst die Mitgliedschaft erworben hat.87 Unter Beachtung der satzungsmäßigen Kündigungsfrist kann die Rechtsstellung als gesetzlicher Prüfungsverband im Wege einer Teilkündigung auf den anderen Verband übertragen werden. Ohne Einhaltung der Kündigungsfrist kann die Rechtsstellung des gesetzlichen Prüfungsverbands durch Vereinbarung zwischen der eG und den beiden, ggfs. auch mehreren Verbänden auf den (zukünftig) gesetzlichen Prüfungsverband übertragen werden. 3. Zuständiges Organ für die Beschlussfassung. Die Mustersatzungen sehen vor, 26 dass zuständiges Organ für den Beitritt oder Austritt aus Verbänden und Vereinigungen die GV/VV ist, zulässig (und nicht unüblich) ist es auch, den Austritt oder Beitritt zu Verbänden oder Vereinigungen qua Satzung in die Zuständigkeit von Vorstand (VS) und Aufsichtsrat (AR) zu legen. Die Teilkündigung der Mitgliedschaft, die sich nur auf die sonstigen Aufgaben des Prüfungsverbandes (Beratung, Ausbildung etc.), also nicht auf den Pflichtbereich bezieht, muss bei entsprechender Satzungsbestimmung, obwohl nicht zum Kernbereich gehörend, auch durch die GV/VV erfolgen; denkbar also eine Satzungsregelung (z.B. im Katalog des § 23 der Mustersatzung), dass hierfür der VS mit Zustimmung des AR zuständig ist.88 Etwas anderes gilt beim Wechsel des Prüfungsverbandes oder – bei Mitgliedschaft der eG in mehreren Prüfungsverbänden – hinsichtlich der (neuen) Bestimmung, wer Träger gesetzlicher Prüfungsverband sein soll. Da hier in den Kernbereich und die Unabhängigkeit der Prüfung eingegriffen wird, muss zwingend die GV/VV darüber entscheiden.89 Dies folgt daraus, dass sich andernfalls VS und AR allzu leicht eines unangenehmen Prüfers entledigen könnten, so auch z.B. § 318 Abs. 1 HGB, der vorsieht, dass der Abschlussprüfer von den Gesellschaftern gewählt wird. Eine eindeutige satzungsgemäße Übertragung i.S. einer zustimmungspflichtigen Angelegenheit gem. § 23 der Mustersatzung auf VS und AR ist aus den gleichen Gründen unzulässig, da die gesetzliche Prüfung auch die Bewertung der Ordnungsmäßigkeit der Aufsichtstätigkeit (und (Mit-)Geschäftsführungsmaßnahmen, Katalog gem. § 23 Mustersatzung) beinhaltet. 4. Rechtsbeziehungen nach Wechsel des gesetzlichen Prüfungsverbandes. Beim 27 Verbandswechsel bleiben die Pflichtbeziehungen zum gesetzlichen Prüfungsverband – auch unabhängig vom schon erfolgten Beitritt zu einem anderen Verband – so lange bestehen, bis die mitgliedschaftsrechtlichen Beziehungen durch Ausscheiden nach Ablauf der Kündigungsfrist oder durch Vereinbarungen beendet sind. Entsprechendes gilt, wenn eine Mitgliedschaft bei mehreren Prüfungsverbänden auf Dauer vorgesehen ist.
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87 Beuthien GenG § 54 Rdn. 2. 88 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54a Rdn. 4 a.E. 89 Beuthien GenG § 54a Rdn. 4 (der GV zugewiesener Selbstorganisationsakt), Bauer GenossenschaftsHandbuch § 54a Rdn. 4 (für Austritt) u. § 54 Rdn. 21 (für den Beitritt: elementarer Kernbereich).
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§ 54a | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Der Bereich der Beratung und Betreuung wird von dieser Regelung nicht berührt. Er kann durch die Satzungen der Verbände geregelt werden und unterliegt im Übrigen der freien Vereinbarung unter allen Beteiligten. V. Europäische Genossenschaft (SCE) 28
Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 54a Ausscheiden aus einem Prüfungsverband § 54a Ausscheiden aus einem Prüfungsverband (1) Scheidet eine Genossenschaft aus dem Verband aus, so hat der Verband das Registergericht unverzüglich zu benachrichtigen. Das Registergericht hat eine Frist zu bestimmen, innerhalb derer die Genossenschaft die Mitgliedschaft bei einem Verband zu erwerben hat. [Die Artikel 16 und 19 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 finden keine Anwendung.]1 (2) Weist die Genossenschaft nicht innerhalb der gesetzten Frist dem Registergericht nach, dass sie die Mitgliedschaft erworben hat, so hat das Registergericht von Amts wegen nach Anhörung des Vorstands die Auflösung der Genossenschaft auszusprechen. § 80 Abs. 2 findet Anwendung.
I. II.
Systematische Übersicht Zweck der Vorschrift | 1 Die Fälle des Ausscheidens aus dem Verband | 2–5 1. Kündigung der Mitgliedschaft | 2 2. Ausschluss aus dem Verband | 3 3. Erlöschen der Genossenschaft | 4 4. Sonstige Fälle der Beendigung der Mitgliedschaft | 5
III.
Mitteilungspflicht des Prüfungsverbandes an das Gericht | 6 IV. Fristsetzung durch das Gericht | 7 V. Auflösung der Genossenschaft (Abs. 2) | 8 VI. Voraussichtliche Änderungen durch das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) Abs. 1 S. 3 | 9 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 10
I. Zweck der Vorschrift 1
Während die frühere Fassung von § 54 Abs. 2 den Zweck hatte, nicht verbandsangehörige eG zum Beitritt zu einem Prüfungsverband zu veranlassen, enthält § 54a eine spezielle Regelung für den Fall, dass eine bestehende eG aus einem Prüfungsverband ausgeschieden ist. Mit der Regelung soll erreicht werden, dass jede bestehende eG entsprechend § 54 einem genossenschaftlichen Prüfungsverband als Mitglied angehört. Demzufolge bestimmt Abs. 2, dass eine eG von Amts wegen aufzulösen ist, sofern sie
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1 Voraussichtliche Änderung: Vgl. Art. 9 „Änderungen des Genossenschaftsgesetzes“ Nr. 5 Referentenentwurf des BMJV vom 27.3.2015: Entwurf eines G zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der RiLi 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG) , www.wpk.de, EU-Reform der Abschlussprüfung, Gesetzesentwürfe, Downloads; s.a. WMWi-Eckpunktepapier und Stellungnahme der WPK: www.wpk.de/link/mag021502 und ww.wpk.de/link/mag021503/ sowie WPK Magazin Mai 2015 S. 4 ff., nachfolgend kurz „AReG-RefE“.
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Ausscheiden aus einem Prüfungsverband | § 54a
nicht innerhalb der vom Registergericht bestimmten Frist die Mitgliedschaft bei einem anderen Prüfungsverband erwirbt. § 54 Abs. 2 S. 2 bestimt, dass sich das Verfahren nach § 80 Abs. 2 richtet. Der gerichtliche Beschluss ist der eG zuzustellen, dagegen steht ihr die sofortige Beschwerde zu, mit Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses ist die eG aufgelöst, vgl. § 80 Rdn. 1 f. § 54a macht deutlich, dass das GenG keine Zwangsmitgliedschaft in einem bestimmten Prüfungsverband vorschreibt, sondern nur die Verpflichtung, irgendeinem Verband als Mitglied anzugehören. Durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG)2 wurde Abs. 1 S. 2 dahin geändert, dass eine aus dem Verband ausgeschiedene eG nicht Mitglied eines anderen Verbandes werden muss, der demselben Spitzenverband angehört. Abs. 1 S. 3 wurde durch das BiRiLiG3 aufgehoben, da es keiner Regelung mehr bedarf, nach der die Mitgliedschaft bei einem Verband zugelassen werden kann, der einem anderen Spitzenverband angehört. II. Die Fälle des Ausscheidens aus dem Verband 1. Kündigung der Mitgliedschaft. Da die Prüfungsverbände gem. § 63b Abs. 1 grund- 2 sätzlich in der Form des eingetragenen Vereins bestehen, gelten sowohl für die Begründung einer Mitgliedschaft im Verband als auch für deren Beendigung vereinsrechtliche Grundsätze. Gem. § 39 Abs. 2 BGB kann ein Mitglied durch Kündigung entsprechend den satzungsmäßigen Fristen (höchstens 2 Jahre) aus dem Verband austreten. Das gilt entsprechend, als Minus, für eine einseitige Beschränkung der Mitgliedschaft und dementsprechend der Beitragspflicht auf die Inanspruchnahme der Pflichtprüfung ohne die sonstigen Beratungs- und Betreuungsleistungen, die ein genossenschaftlicher Prüfungsverband regelmäßig erbringt; vgl. dazu § 54 Rdn. 20 ff. § 39 Abs. 2 BGB ist zwingendes Recht und kann nicht durch die Satzung verlängert werden.4 Die Kündigung der Mitgliedschaft ist auch hier eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Verbandssatzung kann für den Austritt ein bestimmtes Verfahren vorsehen; der Austritt eines Mitglieds darf jedoch nicht unangemessen erschwert werden. So wäre z.B. auch eine Erschwerung der Kündigung z.B. durch notarielle Beglaubigung der Austrittserklärung unzulässig.5 Die Verbandssatzung kann aber bestimmen, dass der Austritt z.B. erst zum Schluss eines Geschäftsjahres zulässig ist, so auch ausdrücklich § 39 Abs. 2 1. Halbs. BGB. Im Übrigen kann die eG die Mitgliedschaft im Verband aus wichtigem Grund jederzeit kündigen und ggf. auch dann sofort ausscheiden, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft nach der Satzung nur zum Ende des Geschäftsjahres möglich ist.6 Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn die Fortsetzung der Mitgliedschaft bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch unter Berücksichtigung der Verbandsinteressen unzumutbar ist; allgemeiner Rechtsgedanke der §§ 314, 626 BGB.7 Unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Einschränkung des Austrittsrechts kann die Satzung – außer bei Kündigung aus wichtigem Grund – nicht wirksam vorse-
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2 G. zur Durchführung der Vierten, Siebten und Achten RiLi des Rates der Europäischen Gem. zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz – BiRiLiG) v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2355. 3 Ebenda. 4 Palandt/Ellenberger § 39 Rdn. 1. 5 Müller GenG § 54a Rdn. 4; weitere Beispiele für unzulässige Erschwerungen nennt Reichert Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rdn. 1108. 6 Vgl. BGHZ 9, 157; BGH WM 1983, 1207. 7 Beuthien GenG § 54a Rdn. 4; Müller GenG § 54a Rdn. 4.
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§ 54a | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
hen, dass der Grund des Austritts angegeben werden muss.8 Unzulässig wäre auch die Verpflichtung zur Zahlung eines Austrittsgeldes oder die Fortzahlung der Mitgliederbeiträge für eine bestimmte Zeit nach Beendigung der Mitgliedschaft.9 3
2. Ausschluss aus dem Verband.10 Entsprechend den vereinsrechtlichen Grundsätzen und verstärkt vor dem Hintergrund der Pflichtmitgliedschaft kann eine Kündigung der Mitgliedschaft im Verband nur durch die Mitgliedsgenossenschaften erfolgen; der Verband seinerseits hat lediglich die Möglichkeit, Verbandsmitglieder auszuschließen.11 Damit wird der Schutz des Verbandsmitgliedes verwirklicht: Es kann solange dem Verband als Mitglied angehören, als es nicht seinerseits kündigt – oder die in der Satzung des Verbandes im Einzelnen geregelten Ausschlusstatbestände erfüllt. Die Ausschlussgründe dürfen grundsätzlich nicht zu Lasten der Mitglieder strenger gefasst sein, als diejenigen, die zur Ablehnung der Aufnahme berechtigen sollen.12 Die vereinsrechtlich mögliche Satzungsbestimmung, wonach bei bestimmten Tatbeständen automatisch und ohne Ausschlussverfahren die Mitgliedschaft im genossenschaftlichen Prüfungsverband enden soll, erscheint im Hinblick auf die Pflichtmitgliedschaft bedenklich; so hat z.B. auch eine eG, über deren Vermögen die Insolvenz eröffnet wurde, einem Verband anzugehören und unterliegt der Pflichtprüfung. 13 Im Übrigen kann der Prüfungsverband ein Mitglied auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausschließen.14 Die Änderung der Rechtsform kann ein wichtiger Grund sein.15 Wegen der genossenschaftlichen Treuepflicht hat das Mitglied im genossenschaftlichen Ausschließungsverfahren auch ohne dahingehende Satzungsbestimmung einen Anspruch auf rechtliches Gehör.16 Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs führt zur Anfechtbarkeit des Ausschließungsbeschlusses.17 Der Ausschluss aus dem Verband ist unwirksam, wenn er offenbar unbillig ist. Die Gerichte können neben der formellen Ordnungsmäßigkeit nur prüfen, ob offensichtliche Unbilligkeit vorliegt. Der Ausschluss ist umso eher offensichtlich unbillig, je wichtiger die Mitgliedschaft für die eG ist18 und darf nur ultima ratio sein. Gegebenenfalls muss zuvor auf Erfüllung der Mitgliedschaftspflichten geklagt werden.19
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3. Erlöschen der Genossenschaft. Die Auflösung der eG beendet noch nicht automatisch die Mitgliedschaft im Prüfungsverband, da erst das tatsächliche Erlöschen zur Beendigung der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person führt (sog. Vollbeendigung).20
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8 Beuthien GenG § 54a Rdn. 4; Müller GenG § 54a Rdn. 4a; Reichert Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, Rdn. 1107. 9 Müller GenG § 54a Rdn. 4a. 10 Wegen Ausschluss aus genossenschaftlichem Sicherungsfonds vgl. BGHZ 105, 306 = DB 1989, 619 = NJW 1989, 1724 = WM 1989, 184. 11 Zu weitgehend Reichert, der dem Verein das Recht zur Kündigung einräumt, Handbuch des Vereinsund Verbandsrechts, Rdn. 1124 f. 12 Vgl. Müller GenG § 54a Rdn. 4c. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54a Rdn. 11; vgl. auch BGH DB 1997, 1916 = NJW 1997, 3368 = WM 1997, 1701: Bei Monopolstellung des Vereins ist Billigkeit besonders zu prüfen. 14 Vgl. BGHZ 9, 157; Müller GenG § 54a Rdn. 4d. 15 LG Hamburg v. 14.11.1974, Az. 75 O 143/72. 16 BGH NJW 1960, 1861 = DB 1960, 915 = WM 1960, 859. 17 BGHZ 132, 84 = NJW 1996, 1756 = DB 1996, 1273 = ZfgG 1999, 71 m. Anm. Metz. 18 BGHZ 47, 381 = NJW 1967, 1657 = DB 1967, 1217. 19 BGHZ 105, 306 = NJW 1989, 1724 = DB 1989, 619 = ZfgG 1991, 247 m. Anm. Beuthien/Kießler. 20 Müller GenG § 54a Rdn. 3a; vgl. die Ausf. bei § 64c.
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Ausscheiden aus einem Prüfungsverband | § 54a
Das tatsächliche Erlöschen der eG hat dann allerdings automatisch die sofortige Beendigung der Rechtsfähigkeit und damit der Mitgliedschaft beim Prüfungsverband zur Folge. Auch im Stadium der Liquidation (zwischen Auflösungsbeschluss und tatsächlichem Erlöschen) besteht eine Verpflichtung, einem Prüfungsverband anzugehören.21 4. Sonstige Fälle der Beendigung der Mitgliedschaft. Denkbar ist auch, dass die 5 Mitgliedschaft beim Prüfungsverband rückwirkend mit wirksamer Anfechtung des Aufnahmeantrags beendet wird22 oder dadurch, dass der Prüfungsverband als solcher erlischt. Die Entziehung des Prüfungsrechts selbst berührt noch nicht die Mitgliedschaft; die eG wäre aber verpflichtet, einem anderen Prüfungsverband beizutreten, dem das Prüfungsrecht verliehen ist (§ 54). III. Mitteilungspflicht des Prüfungsverbandes an das Gericht Der Prüfungsverband ist verpflichtet, das Ausscheiden einer eG dem für den Sitz der 6 eG zuständigen Amtsgericht (§ 10) unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung muss keine Gründe angeben;23 die Unterlassung der Nachricht berührt nicht die Rechtswirksamkeit der Beendigung der Mitgliedschaft. Die Mitteilungspflicht des Verbandes entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem das Ausscheiden wirksam wird, z.B. zum Ende des Geschäftsjahres nach Ablauf der Kündigungsfrist. Eine vorherige Mitteilung ist möglich. Bestehen rechtliche Zweifel, ob die Mitgliedschaft wirksam beendet ist, so sollte der Prüfungsverband das Gericht darauf hinweisen. Da die Mitteilung ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen hat, ist der Verband berechtigt, rechtliche Unklarheiten über die Wirksamkeit des Ausscheidens einer eG vor der Mitteilung zu klären.24 Endet die Mitgliedschaft bei dem Prüfungsverband aufgrund der Auflösung der eG, so ist die Nachricht an das Gericht entbehrlich, weil der Erwerb der Mitgliedschaft bei einem anderen Verband nicht mehr in Betracht kommt und die Mitteilungspflicht nur für das Ausscheiden bestehender eG gilt.25 IV. Fristsetzung durch das Registergericht Die Mitteilung des Verbandes über das Ausscheiden einer eG veranlasst das Regis- 7 tergericht, eine Frist zu bestimmen, innerhalb derer die eG die Mitgliedschaft bei einem anderen Prüfungsverband zu erwerben hat. Für eine Überprüfung der Rechtswirksamkeit des Ausscheidens aus dem Verband dürfte im Regelfall kein Anlass bestehen.26 Das Gericht kann nicht bestimmen, bei welchem anderen Verband die Mitgliedschaft zu erwerben ist. Die Dauer der Frist für den Erwerb einer neuen Verbandsmitgliedschaft bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Frist muss ausreichend sein, um die Beschlüsse in den Organen der eG fassen zu können und das Aufnahmeverfahren beim Verband ordnungsgemäß zu gewährleisten. Ggf. ist die eG zu hören.27
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21 OVG Berlin ZIP 1982, 1338; vgl. Erl. zu § 64c. 22 Müller GenG § 54a Rdn. 2. 23 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch: Grund und Zeitpunkt des Ausscheidens; § 54a Rdn. 15; Müller GenG § 54a Rdn. 6. 24 Müller GenG § 54a Rdn. 6a. 25 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54a Rdn. 16. 26 A.A. Beuthien GenG § 54a Rdn. 8; Müller GenG § 54a Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 54a Rdn. 17. 27 Müller GenG § 54a Rdn. 10.
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§ 54a | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
V. Auflösung der Genossenschaft (Abs. 2) 8
Falls die aus dem Verband ausgeschiedene eG nicht innerhalb der vom Gericht festgesetzten Frist die Mitgliedschaft bei einem anderen Prüfungsverband erwirbt, hat das Gericht das Auflösungsverfahren von Amts wegen einzuleiten. Die eG ist in diesem Verfahren anzuhören, vor allem um zu klären, warum die Frist nicht beachtet worden ist und um zu prüfen, ob nicht noch nachträglich die Mitgliedschaft erworben werden kann. Bleibt die Anhörung erfolglos und wird die Mitgliedschaft nicht erworben, so hat das Registergericht die eG durch Beschluss aufzulösen. Der Auflösungsbeschluss des Rechtspflegers (§ 3 Nr. 2d RPflG) ist der eG zuzustellen; gegen ihn ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zulässig (§ 11 RPflG i.V.m. § 577 ZPO), die innerhalb von 2 Wochen seit Zustellung des Beschlusses eingelegt werden muss. Wenn der Rechtspfleger der Beschwerde nicht abhilft entscheidet über die Beschwerde das Landgericht; dagegen ist im Rahmen von § 568 Abs. 2 ZPO Rechtsbeschwerde zum OLG möglich. Der rechtskräftige Auflösungsbeschluss des Registergerichts führt zur Liquidation der eG. VI. Voraussichtliche Änderungen durch das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG), Abs. 1 S. 3
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Die kursiv in den Gesetzestext eingefügte voraussichtliche Änderung ist in Art. 9 Nr. 5 des Referentenentwurfs des BMJV vom 27.3.2015 enthalten. Damit müssen die prüfungsbezogenen Regelungen der RiLi 2014/56/EU im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüfungsreformgesetz – AReG) spätestens bis zum 17.6.2016 umgesetzt werden, vgl. Fußn. 1. Die mit Blick auf die Bestellung des Abschlussprüfers erfolgte Ausnahme von den Vorgaben des Art. 16 der VO (EU) Nr. 537/2014, der die Bestellung von Abschlussprüfern und Prüfern durch Unternehmen von öffentlichem Interesse (auch eG) regelt, macht bei eG im Hinblick auf die Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband keinen Sinn. Die Ausnahme ist nach der Gesetzesbegründung im AReG-RefE § 340k Absatz 3a HGB nachgebildet.28 In der Begründung wird auf die Besonderheit hingewiesen, dass eG den Prüfungsverband jederzeit wechseln können. Ein solcher Wechsel bedeutet nach § 55 Abs. 1 S. 1 auch einen Wechsel des Abschlussprüfers, da die eG von dem Verband geprüft wird, dem sie angehört. Daher soll in diesem Fall Art. 18 der VO (EU) Nr. 537/2014 Anwendung finden. Diese Vorschrift regelt die Übergabeakte. Nach Art. 18 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 537/2014 muss der alte Prüfungsverband dem neuen Verband Zugang zu den in Art. 11 der VO (EU) Nr. 537/2014 genannten zusätzlichen Berichten an den Prüfungsausschuss hinsichtlich früherer Jahre sowie zu jeglichen Informationen gewähren, die den zuständigen Behörden gem. Art. 12 und 13 der VO (EU) Nr. 537/ 2014 übermittelt werden (Transparenzbericht gem. Art. 13 der VO (EU) Nr. 537/2014 und Bericht an die für die Beaufsichtigung von Unternehmen von öffentlichem Interesse zuständigen Behörden, Art. 12 der VO (EU) Nr. 537/2014). Damit soll sichergestellt werden, dass der neue gesetzliche Prüfungsverband hinreichende Informationen über die zu prüfende Kredit eG oder kapitalmarktorientierte eG erhält. Die Nichtanwendbarkeit des Artikels 19 der der VO (EU) Nr. 537/2014, der Informationspflichten für den Fall der Abberufung oder des Rücktritts des Abschlussprüfers regelt, folgt aus der gesetzlichen Dau-
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Vgl. Fußn. 1, AReG-RefE S. 41.
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Prüfung durch den Verband | § 55
ermandatierung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände und der Staatsaufsicht über diese.29 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c 10 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 55 Prüfung durch den Verband § 55 Prüfung durch den Verband (1) Die Genossenschaft wird durch den Verband geprüft, dem sie angehört. Der Verband bedient sich zum Prüfen der von ihm angestellten Prüfer. Diese sollen im genossenschaftlichen Prüfungswesen ausreichend vorgebildet und erfahren sein. (2) Ein gesetzlicher Vertreter des Verbandes oder eine vom Verband beschäftigte Person, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen kann, ist von der Prüfung der Genossenschaft ausgeschlossen, wenn Gründe, insbesondere Beziehungen geschäftlicher, finanzieller oder persönlicher Art, vorliegen, nach denen die Besorgnis der Befangenheit besteht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Vertreter oder die Person 1. Mitglied der zu prüfenden Genossenschaft ist; 2. Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats oder Arbeitnehmer der zu prüfenden Genossenschaft ist; 3. über die Prüfungstätigkeit hinaus bei der zu prüfenden Genossenschaft oder für diese in dem zu prüfenden Geschäftsjahr oder bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks a) bei der Führung der Bücher oder der Aufstellung des zu prüfenden Jahresabschlusses mitgewirkt hat, b) bei der Durchführung der internen Revision in verantwortlicher Position mitgewirkt hat, c) Unternehmensleitungs- oder Finanzdienstleistungen erbracht hat oder d) eigenständige versicherungsmathematische oder Bewertungsleistungen erbracht hat, die sich auf den zu prüfenden Jahresabschluss nicht nur unwesentlich auswirken, sofern diese Tätigkeiten nicht von untergeordneter Bedeutung sind; dies gilt auch, wenn eine dieser Tätigkeiten von einem Unternehmen für die zu prüfende Genossenschaft ausgeübt wird, bei dem der gesetzliche Vertreter des Verbandes oder die vom Verband beschäftigte Person als gesetzlicher Vertreter, Arbeitnehmer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Gesellschafter, der mehr als 20 Prozent der den Gesellschaftern zustehenden Stimmrechte besitzt, diese Tätigkeit ausübt oder deren Ergebnis beeinflussen kann. Satz 2 Nr. 2 ist auf Mitglieder des Aufsichtsorgans des Verbandes nicht anzuwenden, sofern sichergestellt ist, dass der Prüfer die Prüfung unabhängig von den Weisungen durch das Aufsichtsorgan durchführen kann. Die Sätze 2 und 3 gelten
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29 Ebenda, S. 42; vgl. auch Artikel 32 Absatz 4a Unterabsatz 1 Satz 2 der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie.
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§ 55 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
auch, wenn der Ehegatte oder der Lebenspartner einen Ausschlussgrund erfüllt. Nimmt die zu prüfende Genossenschaft einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch [oder ist sie ein CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute],1 ist über die in den Sätzen 1 bis 4 genannten Gründe hinaus § 319a Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs [sind über die in den Sätzen 1 bis 4 genannten Gründe hinaus § 319a Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs sowie Artikel 5 Absatz 1, 4 Unterabsatz 1 und Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014] auf die in Satz 1 genannten Vertreter und Personen des Verbandes entsprechend anzuwenden. [; auf den Verband findet Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 keine Anwendung.] [(2a) Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 findet auf alle in Absatz 2 Satz 1 genannten Vertreter und Personen des Verbandes entsprechende Anwendung; auf den Verband findet Artikel 4 Absatz 2 und 3 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 keine Anwendung. Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 findet keine Anwendung.] (3) Der Verband kann sich eines von ihm nicht angestellten Prüfers bedienen, wenn dies im Einzelfall notwendig ist, um eine gesetzmäßige sowie sach- und termingerechte Prüfung zu gewährleisten. Der Verband darf jedoch nur einen anderen Prüfungsverband, einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Prüfung beauftragen. (4) Führt ein Prüfungsverband die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung bei einem Unternehmen durch, das kapitalmarktorientiert im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuchs ist, hat er einen Transparenzbericht zu veröffentlichen. § 55c der Wirtschaftsprüferordnung gilt entsprechend. [(4) wird aufgehoben]2 I.
II.
Systematische Übersicht Prüfung durch den Verband | 1–7 1. Verband als Träger der Prüfung (Abs. 1) | 1 2. Prüfung von eG (Abs. 1 S. 1) | 2–4 3. Verbandsprüfer als Erfüllungsgehilfen (Abs. 1 S. 2) | 5 4. Auswahl und Qualifikation der Prüfer (Abs. 1 S. 3) | 6 5. Systematik der §§ 55, 56 | 7 Ausschluss bestimmter Personen von der Prüfung (Abs. 2) | 8–20 1. Generalklausel (Abs. 2 S. 1) | 8–9 2. Katalog des Abs. 2 S. 2 | 10 a) Ausschluss nach Abs. 2 S. 2 Nr. 1–2 | 11–13
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b)
III.
Ausschluss nach Abs. 2 S. 2 Nr. 3 (Selbstprüfungsverbot) | 14–15 3. Ergänzende Regelungen für kapitalmarktorientierte eG (Abs. 2 S. 5) | 16–17 4. Dauer der Ausschlussgründe | 18 5. Ausnahme von Art. 4 Verordnung (EU) Nr. 537/2014 (Abs. 2a geplante Fassung) | 19 6. Rechtsfolgen von § 55 Abs. 2 | 20 Ausschluss aller Prüfer des Verbandes von der Prüfung (Abs. 3 S. 1) | 21–31 1. Besorgnis der Befangenheit nach Abs. 3 S. 1 | 21–23
1 Die Klammerzusätze beziehen sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 9 Nr. 6 RefE eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, nachfolgend AReG-RefE. 2 Der Klammerzusatz bezieht sich auf die voraussichtliche Änderung aufgrund Art. 7 Nr. 2 Reg-E eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE.
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Prüfung durch den Verband | § 55
a)
2. 3. 4.
Bei eG, die keine Kreditgenossenschaften sind | 23 b) Besorgnis der Befangenheit bei Kreditgenossenschaften | 24 c) Verhältnis zu § 56 Abs. 2 | 25 Rechtsschutz | 26 Beispiele für Fälle des § 53 Abs. 3 | 27–29 Besorgnis der Befangenheit bei der Prüfung von Mitgliedsunternehmen anderer Rechtsform | 30
5.
Organisatorische Schwierigkeiten | 31 IV. Bestellung eines nichtangestellten Prüfers durch den Verband (Abs. 3 S. 2) | 32 V. Kosten der Prüfung | 33 VI. Abschlussprüfung bei kapitalmarktorientierten Unternehmen (Abs. 4) | 34–35 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 36
I. Prüfung durch den Verband (Abs. 1) 1. Verband als Träger der Prüfung (Abs. 1). Nach dem Gesetz von 1889 war nicht 1 der Verband Träger der Prüfung, sondern der Revisor, der vom Verband oder vom Gericht bestellt wurde. Da dieses Verfahren sich nicht in allen Fällen bewährt hatte, wurde durch Gesetz von 1934 zusammen mit der Pflichtmitgliedschaft auch bestimmt, dass der Verband als solcher die Prüfungsverantwortung trägt („Träger der Prüfung“). Die eG wird durch den Verband geprüft, dem sie gem. § 54 angehört. 2. Prüfung von eG (Abs. 1 S. 1). Grds. prüfen genossenschaftliche Prüfungsverbän- 2 de nur eG und nur nach §§ 53 ff. Die Vorschriften des GenG verweisen auf die jeweils anwendbaren HGB-Vorschriften zur Prüfung (z.B. § 53 Abs. 2 S. 2 und 3, § 53 Abs. 3, § 58 Abs. 1, Prüfungsbericht; § 58 Abs. 2, Bestätigungsvermerk), mit Ausnahme der Kredit eG, die unter den Oberbegriff „Kreditinstitute“ fallen: gem. § 340k Abs. 1 S. 1 HGB erfolgt die Prüfung von Kreditinstituten (also auch eG) zudem nach den Vorschriften der §§ 316 ff. HGB. Zur Prüfung von genossenschaftsnahen Unternehmen anderer Rechtsform gem. Art. 25 EGHGB, siehe § 53 Rdn. 11 und 36. Unmittelbar aus §§ 53, 55 Abs. 1 S. 1 folgt die Verpflichtung der eG, sich in bestimm- 3 ten Zeiträumen vom Verband prüfen zu lassen. Diese Verpflichtung folgt im Übrigen auch aus der mitgliedschaftsrechtlichen Beziehung auf der Grundlage der Satzung der eG und des Verbandes. Der Anspruch des Verbandes gegen die eG auf Duldung der Prüfung ist einklagbar. Zwar bietet § 160 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 die Möglichkeit, ein Zwangsgeld gegen Mitglieder des Vorstands zu verhängen, wenn diese ihren Mitwirkungspflichten bei der Prüfung nicht nachkommen. Diese Regelung ist aber nicht abschließend. Dem Prüfungsrecht des Verbandes entspricht eine Prüfungspflicht, die zu ihrer Durchsetzbarkeit zu einem Anspruch des Verbandes gegen die eG auf Duldung der Prüfung führen muss. Dafür spricht auch der Schutzzweck der §§ 53 ff. Dieser besteht im Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG sowie der Allgemeinheit vor wirtschaftlichen Nachteilen3 und kann nicht zur Disposition der eG oder des Verbandes gestellt werden. Zudem liefe das System der genossenschaftlichen Pflichtprüfung ins Leere, wäre die eG nicht zur Duldung der Prüfung verpflichtet. Umgekehrt ist der eG aus den gleichen rechtlichen Erwägungen ein einklagbarer 4 Anspruch auf die Prüfung zuzugestehen, soweit nicht ein Fall des Abs. 3 gegeben ist4 oder das Prüfungsrecht gem. § 56 ruht. Die Verpflichtung des Verbandes zur Durchfüh-
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3 Vgl. BVerfG NJW 2001, 2617 = DB 2001, 473 und 2596 = WM 2001, 360. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 3; Großfeld Ablehnungsrecht und Prüfungsumfang: Zur Rechtsstellung des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, ZfgG 1984, 111.
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§ 55 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
rung der Prüfung folgt auch aus der Verleihung des Prüfungsrechts und seiner gesetzlichen Verpflichtung, die Prüfung ordnungsgemäß durchzuführen.5 5
3. Verbandsprüfer als Erfüllungsgehilfen (Abs. 1 S. 2). Für die Durchführung der Prüfung bedient sich der Verband der bei ihm angestellten „Prüfer“. Prüfer können „Verbandsprüfer“ oder auch Wirtschaftsprüfer sein; letztere unterliegen aber zusätzlich den Bestimmungen der WPO, der Berufssatzung und dem sonstigen Standesrecht der Wirtschaftsprüfer. Auch der Verbandsprüfer ist an Berufsgrundsätze gebunden. Diese sind vom DGRV konkretisiert worden.6 Der Begriff „angestellter Prüfer“7 setzt ein Anstellungsverhältnis im rechtstechnischen Sinne voraus. Damit wird sichergestellt, dass ein grundsätzliches Weisungsrecht des Verbandes gegenüber den Prüfern besteht.8 Vom Zweck der Vorschrift her dürfte jedes Vertragsverhältnis zwischen Verband und Prüfer genügen, aus dem sich ein Weisungsrecht des Verbandes gegenüber dem Prüfer ergibt. Angestellter Prüfer kann begrifflich nicht eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sein. Im Rahmen der Prüfung ist der Verbandsprüfer Erfüllungsgehilfe des Verbandes i.S.v. § 278 BGB.
6
4. Auswahl und Qualifikation der Verbandsprüfer (Abs. 1 S. 3). Die Auswahl des Prüfers liegt beim Verband; aufgrund des mitgliedschaftlichen Treueverhältnisses kann die einzelne eG aber verlangen, dass der Prüfer für die durchzuführende Aufgabe ausreichend qualifiziert ist.9 Das Gesetz schreibt ausdrücklich vor, dass die Verbandsprüfer im genossenschaftlichen Prüfungswesen ausreichend vorgebildet und erfahren sein sollen. Die Bezeichnung „Verbandsprüfer“ führen nur solche Prüfer, die sich durch Erfahrung im genossenschaftlichen Prüfungswesen und den erfolgreichen Abschluss des sog. Verbandsprüferlehrgangs an der Akademie Deutscher Genossenschaften in Montabaur entsprechend qualifiziert haben. Sie müssen nicht die formalen Voraussetzungen für die Zulassung als Wirtschaftsprüfer gem. den §§ 8 u. 9 der WPO erfüllen, vgl. auch §§ 63b Abs. 5.10 „Prüfungsassistent“ ist ein in der Ausbildung befindlicher Mitarbeiter des Prüfungsverbandes. Soweit er bei Prüfungen eingesetzt ist, unterliegt er grundsätzlich den gleichen Pflichten wie ein Verbandsprüfer. Dies gilt z.B. für die Schweigepflicht gem. § 62 Abs. 1. Seine Rechte bestimmen sich nach dem ihm im Einzelnen erteilten Auftrag.
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5. Systematik der §§ 55, 56. § 55 Abs. 2 ist durch die GenG-Novelle 2006 neugefasst worden. Der Gesetzgeber wollte § 55 zu einer umfassenden Befangenheitsregelung ausbauen, um einen möglichst einheitlichen Prüfungsstandard für alle eG zu schaffen.11 Aus diesem Grund ist die für Kreditgenossenschaften geltende Regelung des § 340k Abs. 2 S. 3 HGB i.V.m. §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a HGB in ihren wesentlichen Grundzügen in das GenG übernommen worden. § 56 Abs. 1 Satz 1 a.F. wurde gestrichen, der Regelungsinhalt
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5 §§ 55 Abs. 1, 57, 58, 62, 63, 63a. 6 DGRV-Schriftenreihe, Heft 19: „Der genossenschaftliche Verbandsprüfer“. 7 Zur Frage ob Wirtschaftsprüfer bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden leitende Angestellte nach § 45 S. 2 WPO sind, vgl. Berdesinski BB 2012, BBL 2012-16-VII-1 sowie Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 17. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 9; Müller GenG § 55 Rdn. 5. 9 Vgl. Großfeld Ablehnungsrecht und Prüfungsumfang: Zur Rechtsstellung des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, ZfgG 1984, 111. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 15; Beuthien GenG § 55 Rdn. 4; zu weitgehend Müller GenG § 55 Rdn. 6. 11 Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 89.
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Prüfung durch den Verband | § 55
ist in § 55 Abs. 2 bzw. Abs. 3 n.F. aufgegangen. Dadurch sollte vermieden werden, dass für eG, die keine Kreditgenossenschaften sind, teilweise schärfere Befangenheitsregeln gelten würden. § 55 Abs. 2 u. 3 haben den Zweck, die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der genossenschaftlichen Pflichtprüfung zu sichern. Durch die Ergänzung in § 55 Abs. 2 S. 1 haben insbesondere die Grundsätze des Selbstprüfungsverbots den Eingang ins GenG gefunden, jedoch unter Berücksichtigung der besonderen vereinsrechtlichen Struktur. Die Beschränkungen für die genossenschaftliche Prüfung gem. §§ 55 und 56 enthalten Sonderregelungen gegenüber §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a Abs. 1 HGB. Sie berücksichtigen die besondere Struktur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände und insb. die Tatsache, dass die Zuständigkeiten der genossenschaftlichen Prüfung durch das Gesetz zwingend geregelt sind.12 Folgerichtig finden §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a Abs. 1 Abs. 1 HGB bei der Prüfung von eG, die keine Kreditgenossenschaften sind,13 mangels Verweisung auf die genossenschaftliche Prüfung keine Anwendung. §§ 55 Abs. 2 und 3 regeln zwei unterschiedliche Sachverhalte in einem Regel-/ Ausnahme-Verhältnis: Im Regelfall des § 55 Abs. 2 sind bestimmte Personen – nämlich die, die das Prüfungsergebnis beeinflussen können14 – von der Prüfung ausgeschlossen, ohne dass das Prüfungsrecht des Verbandes davon berührt wird. Der Verband hat in diesem Fall andere (unbefangene) Prüfer einzusetzen. Abs. 2 S. 1 enthält eine Generalklausel zur Befangenheit. In Abs. 2 S. 2 ist ein nicht abschließender Katalog von Befangenheitstatbeständen enthalten, bei denen unwiderleglich die Befangenheit vermutet wird.15 Bei § 55 Abs. 3 handelt es sich um Ausnahmefälle,16 „… im Einzelfall notwendig …“, der dem Verband Veranlassung gibt, keine eigenen Prüfer einzusetzen, sondern die Prüfung durch andere, nicht angestellte Personen durchführen zu lassen; auch hier bleibt der Verband Träger der Prüfung, er beauftragt nur einen anderen Verband, Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Prüfung (§ 55 Abs. 3 S. 2). II. Ausschluss bestimmter Personen von der Prüfung (Abs. 2) 1. Generalklausel (Abs. 2 S. 1). Durch die Generalklausel in § 55 Abs. 2 S. 1 sind 8 Mitglieder des Vorstands und Beschäftigte des Verbandes – also abstellend auf natürliche Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können – von der Prüfung ausgeschlossen, wenn Gründe, insbesondere Beziehungen geschäftlicher, finanzieller oder persönlicher Art, vorliegen, nach denen die Besorgnis der Befangenheit besteht. Die Vorschrift entspricht § 319 Abs. 2 HGB und knüpft an die Besorgnis der Befangenheit an. Ausreichend dafür ist, dass aus objektiver Sicht ernsthaft mit einer Interessenkollision zu rechnen ist. Der Gesetzeswortlaut nennt keine abschließenden Anhaltspunkte, wann dies der Fall sein kann. Er enthält nur die allgemeine Formulierung „wenn Beziehungen geschäftlicher, finanzieller oder persönlicher Art“, zu der zu prüfenden eG vorliegen. Bei der Prüfung, ob eine Besorgnis der Befangenheit nach § 55 Abs. 2 S. 1 vorliegt, sind alle
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12 Insb. ist keine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit wegen der Mitgliedschaft der eG in dem Prüfungsverband gegeben, vgl. Ausf. bei § 62 Rdn. 3. 13 Für diese gelten §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a Abs. 1 Abs. 1 HGB über den Verweis in § 340k Abs. 2 Satz 3 HGB. 14 Vgl. zur näheren Bestimmung der Personen, Empfehlungen der EU-Kommission zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers (ABl L 191/22 v. 19.7.2002 – 2002/90 (EG), BT-Drs. 15/4054. 15 OLGZ Hamm 1989, 298 = ZfgG 1990, 141 zu § 56 Abs. 1 a.F. 16 Der Wortlaut vor der Novelle sprach von einem „wichtigen Grund“, vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 90.
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§ 55 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere organisatorische und personelle Maßnahmen, z.B. die Trennung von Prüfung und Beratung.17 Die Personen, bei denen die Besorgnis der Befangenheit besteht, sind (nur) persön9 lich von der Prüfung ausgeschlossen. Die Besorgnis der Befangenheit erstreckt sich grundsätzlich (Ausnahme § 55 Abs. 3, s. Rdn. 27) nicht auf den Verband. Es ist ihnen jede Art der Mitwirkung an Prüfungshandlungen untersagt. Das Verbot umfasst also alle Handlungen, soweit diese in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung stehen. Die Befangenheit gilt dann für alle Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können, also die Mitglieder des Prüfungsteams sowie weisungsberechtigte Vorgesetzte.18 Dies gilt z.B. für Maßnahmen im Rahmen von § 57 (Prüfungsverfahren), § 58 (Prüfungsbericht), § 59 (Prüfungsbescheinigung und Behandlung des Prüfungsberichts in der GV/VV) sowie § 60 (Einberufungsrecht des Prüfungsverbandes zu einer GV/VV). Unter das Verbot müssen grundsätzlich auch sonstige Maßnahmen der Prüfung und Prüfungsverfolgung fallen, wie z.B. die Auswertung des Prüfungsberichts und die Durchsetzung und Beachtung von Beanstandungen und Empfehlungen des Prüfers. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Voreingenommenheit oder Interessenkollision nicht ausgeschlossen werden kann. Hilfsdienste zur Prüfung, die keinen eigenen Entscheidungsspielraum lassen, fallen nicht unter das Verbot. Dies gilt z.B. für die Vorlegung von Unterlagen, für Auskünfte usw. 10
2. Katalog des Abs. 2 S. 2. Abs. 2 S. 2 Nr. 1–3 enthält konkrete, sog. absolute Befangenheitstatbestände, bei deren Vorliegen immer die Besorgnis der Befangenheit vermutet wird, im Unterschied zur widerlegbaren Besorgnis der Befangenheit nach Abs. 2 S. 1.19 Die Ausschlussgründe des Katalogs des Abs. 2 S. 2 orientieren sich an § 319 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 4 HGB.20
11
a) Ausschluss nach Abs. 2 S. 2 Nr. 1–2. Der Vertreter des Verbandes (i.d.R. das Vorstandsmitglied) oder die Person (nach Abs. 2 S. 1) ist von der Prüfung ausgeschlossen, wenn nach Abs. 2 S. 2 Nr. 1 der Vertreter oder die Person Mitglied der zu prüfenden eG ist bzw. nach Abs. 2 S. 2 Nr. 2 Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats oder Arbeitnehmer der zu prüfenden eG ist. Durch die Regelung soll jede Interessenkollision vermieden und die Unabhängigkeit und Unbefangenheit der Prüfer gesichert werden. Dies gilt auch bei nach dem GenG (z.B. § 79a Abs. 2) und nach dem UmwG (z.B. § 81) vorzunehmenden Begutachtungen durch den Verband. Für Mitglieder des Vorstands erscheint das Verbot selbstverständlich, weil jede Mitwirkung bei der Verbandsprüfung zu einer unerlaubten Selbstprüfung führen würde. Für Mitglieder des Aufsichtsrats soll gewährleistet bleiben, dass die interne Kontrolle durch den Aufsichtsrat und die externe Prüfung durch den Verband voneinander unabhängig bleiben; außerdem könnten die Aufsichtsratsmitglieder auch als Mitglieder der eG in Interessenkonflikte geraten. Angestellte („Arbeitnehmer“) der eG unterliegen der Weisung des Vorstandes und haben durch die Arbeit in der eG persönliche Interessen, die eine objektive Prüfung ausschließen. Auch bei diesen beiden Gruppen besteht die
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17 Vgl. m. Beispielen Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 32 ff.; Beuthien GenG § 55 Rdn. 7 (bb); WP Handbuch 2012 Bd. I. A Rdn. 280. 18 So auch zu § 340k HGB: Beratung v. 27.10.2004 im Dt. Bundestag, Bericht des Rechtausschusses, BT-Drs. 15/4054 zu Art. 1 Nr. 42 Buchstabe a (§ 340k Abs. 2 S. 3 HGB). 19 Vgl. Beuthien GenG § 55 Rdn. 7. 20 In § 55 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 wurde auf die Erfassung der in § 319 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 HGB genannten Beteiligungsverhältnisse verzichtet, da diese für eG nicht in Betracht kommen.
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Prüfung durch den Verband | § 55
Gefahr, dass sie im Rahmen der Prüfung der eG ihre eigene Arbeit überprüfen müssten. Mitglieder der eG sind im Verhältnis zu dieser ebenfalls in einer besonderen Interessensituation, die die Unparteilichkeit und Unbefangenheit gegenüber der eG in Frage stellen kann. Wie hoch die Beteiligung, also das Geschäftsguthaben, des Mitglieds bei der zu prüfenden eG ist, spielt keine Rolle. Nach dem Sinn der Vorschrift gilt das Verbot von Abs. 2 S. 2 Nr. 1 auch, wenn nicht der Prüfer, sondern der Prüfungsverband Mitglied der eG ist. In diesem Fall sind sämtliche Mitarbeiter des Verbandes von der Prüfung ausgeschlossen. Dies stellt einen Grund nach § 55 Abs. 3 dar, da der Verband insgesamt keine gesetzmäßige Prüfung mehr gewährleisten kann. Geschäftliche Beziehungen, wie z.B. Kontoverbindungen des Prüfers zur eG, verbieten nach dem klaren Wortlaut von Abs. 2 S. 2 nicht die Prüfung. Falls eine solche Verbindung aber die Unabhängigkeit des Prüfers gefährdet, wie z.B. bei einer Kreditaufnahme des Prüfers bei der eG, wird der Verband i.S.v. Abs. 2 S. 1 zu entscheiden haben, es liegen dann Gründe, nämlich Beziehungen geschäftlicher bzw. finanzieller Art vor, die die Besorgnis der Befangenheit des Prüfers auslösen können. Nach Abs. 2 S. 3 ist Abs. 2 S. 2 Nr. 2 nicht auf die Mitglieder des Aufsichtsorgans des 12 Verbandes anzuwenden, wenn sichergestellt ist, dass der Prüfer die Prüfung unabhängig von den Weisungen durch das Aufsichtsorgan durchführen kann. Die Prüfungsverbände erfüllen dieses Erfordernis in der Regel über die Verbandssatzung. Nach Abs. 2 S. 4 gelten die Sätze 2 und 3 auch, wenn der Ehegatte oder der Le- 13 benspartner des Vertreters bzw. der Person (nach Abs. 2 S. 1) einen Ausschlussgrund erfüllt. b) Ausschluss nach Abs. 2 S. 2 Nr. 3 (Selbstprüfungsverbot). Der Katalog des 14 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 enthält Ausprägungen (Buchst. a) bis d), im Detail s. Rdn. 15) des Selbstprüfungsverbots.21 Gedanke hinter dieser Regelung ist, dass ein Prüfer Sachverhalte nicht unbefangen beurteilen kann, an deren Zustandekommen er selbst mitgewirkt hat. Aus diesem Grund sind bestimmte Dienstleistungen, an denen der Prüfer mitgewirkt hat, sofern diese Tätigkeiten nicht von untergeordneter Bedeutung sind, von der Prüfung und Beratung aus einer „Prüfer-Hand“ ausgenommen. Das Tatbestandsmerkmal „untergeordnete Bedeutung“ ist in Abhängigkeit von der Vergütung der Dienstleistung zum Prüfungshonorar und dem Grad der Auswirkung der Tätigkeit auf den zu prüfenden Jahresabschluss sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse der eG zu beurteilen.22 Grundsätzlich führen nur Dienstleistungen zum Ausschluss, die in dem zu prüfenden Geschäftsjahr bzw. bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks erbracht worden sind.23 Nach Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz gilt das Prüfungsverbot auch, wenn die Dienstleistungen aus dem Katalog von einem Unternehmen für die zu prüfenden eG ausgeübt werden, bei dem der gesetzliche Vertreter des Verbandes oder die vom Verband beschäftigte Person als gesetzlicher Vertreter, Arbeitnehmer, Mitglied des Aufsichtsrats oder Gesellschafter, der mehr als 20% der den Gesellschaftern zustehenden Stimmrechte besitzt, diese Tätigkeit ausübt oder deren Ergebnis beeinflussen kann. Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz stellt ein Umgehungsverbot dar. Andere Formen des Einflusses, z.B. eine mittelbare
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21 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 49. 22 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 50. 23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 50; ggfs. ist jedoch ausnahmsweise § 55 Abs. 2 S. 1 anwendbar.
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§ 55 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Beteiligung, werden nicht von § 55 Abs. 2 S. 2 2. Halbsatz erfasst, können aber ggfs. nach § 55 Abs. 2 S. 1 zum Ausschluss führen.24 Folgende Dienstleistungen nach dem Katalog des Abs. 2 S. 2 Nr. 3 Buchst. a)–d) 15 führen zum Ausschluss: Mitwirkung bei der Führung der Bücher oder der Aufstellung des zu prüfenden Jahresabschlusses. Ein Verstoß gegen das Selbstprüfungsverbot wird auch angenommen, wenn die Erstellung von Teilen des Jahresabschlusses vom Prüfer übernommen und Abschreibungen und Wertberichtigungen erst vom Prüfer ermittelt werden.25 Im Übrigen ist zwischen einer schädlichen Mitwirkung und einer zulässigen Beratung abzugrenzen, vgl. zur Prüfung und Beratung auch die Ausführungen bei § 62 Rdn. 4. Der BGH stellt auf das Merkmal der funktionalen Entscheidungszuständigkeit ab.26 Danach liegt eine unschädliche Beratung so lange vor, wie sich der Prüfer in seiner Rolle als Berater darauf beschränkt, Handlungsmöglichkeiten und ihre Konsequenzen aufzuzeigen (sogar alternativlose Empfehlungen), während die Entscheidung dem Mandanten vorbehalten bleibt. Stellt die so beratene eG ihren Jahresabschluss in eigener Verantwortung und Entscheidungszuständigkeit auf, bleibt die Prüfungsbefugnis erhalten, selbst wenn der Mandant dem Rat des Prüfers folgt. In diesem Fall handelt es sich um eine Entscheidungshilfe und nicht um die Prüfung einer eigenen Entscheidung. Geht die Beratung über die Darstellung von Alternativen hinaus und trifft der Prüfer eine unternehmerische Entscheidung, liegt ein Fall des Selbstprüfungsverbots vor. Diese BGH-Rechtsprechung hat Niederschlag in § 319a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGB gefunden. Der Prüfer darf somit umfassende Beratungsleistungen erbringen. Sofern allerdings, z.B. bei der Bildung von Rücklagen, Entscheidungsspielräume gegeben sind, müssen diese von den Verantwortlichen in der eG selbst wahrgenommen werden. Gleiches gilt für Hilfestellungen zur Berechnung von Pensionsrückstellungen oder anderen Rückstellungen.27 Mitwirkung bei der Durchführung der internen Revision in verantwortlicher Position. Dieser Ausschlussgrund ist der zweite Fall des Selbstprüfungsverbots im Katalog, weil der Prüfer den Teil IKS, der sich auf die Rechnungslegung bezieht, beurteilen muss.28 Unklar ist nach dem Gesetzeswortlaut, wann eine Mitwirkung in verantwortlicher Position vorliegt. Der Prüfer sollte darauf achten, dass die Verantwortung für das gesamte IKS bei der Unternehmensleitung verbleibt, die die Aufgaben und Tätigkeiten der Internen Revision festlegt sowie deren Feststellungen und Empfehlungen umsetzt.29 Erbringung von Unternehmensleitungs- oder Finanzdienstleistungen. Funktionen in der Unternehmensleitung erfüllen immer einen Ausschlussgrund.30 Erbringung eigenständiger versicherungsmathematischer oder Bewertungsleistungen. Die Regelung erfasst nur eigenständig erbrachte Berufsleistungen.31 Eine eigenständige Beratungsleistung wird erbracht, wenn der Prüfer wichtige Annahmen für
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24 25 26 27 28 29 30 31
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 50; Beuthien GenG § 55 Rdn. 7 (dd). Vgl. OLG Köln Urt. v. 1.7.1992, Az. 11 U 11/92, BB 1992, 2108. BGH Urt. v. 21.4.1997, Az. II ZR 317/95, DB 1994, 1394. Vgl. m.w.N. sowie weiteren praktischen Anwendungsfällen WP Handbuch 2012 Bd. I A Rdn. 291 ff. WP Handbuch 2012 Bd. I A Rdn. 298. BT-Drs. 15/3419, S. 39; WP Handbuch 2012 Bd. I A Rdn. 298. WP Handbuch 2012 Bd. I A Rdn. 301. WP Handbuch 2012 Bd. I A Rdn. 302.
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Prüfung durch den Verband | § 55
die Bewertung, z.B. den Kapitalzinsfuß, selbst festlegt. Es fehlt an der Eigenständigkeit, wenn die Bewertungsgrundlagen von der eG oder der Sachlogik vorgegeben werden. 3. Ergänzende Regelungen für kapitalmarkorientierte eG (Abs. 2 S. 5). Nach § 55 16 Abs. 2 Satz 5 ist § 319a Abs. 1 HGB bei kapitalmarkorientierten eG i.S.d § 2 Abs. 5 WpHG (besondere Ausschlussgründe bei Unternehmen von öffentlichem Interesse) auf die in Abs. 2 S. 1 genannten Vertreter und Personen des Verbandes entsprechend anzuwenden. Der Ausschlusstatbestand gelangt selten zur Anwendung, da Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften in der Regel keinen organisierten Markt in Anspruch nehmen. Für Kreditgenossenschaften gilt § 319a Abs. 1 HGB über § 340k Abs. 2 S. 3 HGB. Bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 319a Abs. 1 HGB führt dies ebenfalls nicht zum Ausschluss des Prüfungsverbandes, vgl. weitergehend Rdn. 24 u. 25. In Abs. 2 S. 5 werden durch das Abschlussprüfungsreform-Gesetz (AReG, vgl. 17 AReG-RefE)32 voraussichtlich drei Ergänzungen, siehe dazu die Klammerzusätze im Gesetzestext, vorgenommen werden. Die Ergänzungen erfolgen entsprechend der Änderungen in § 340k Abs. 3 S. 2 HGB für die Prüfungsstelle eines Sparkassen- und Giroverbands.33 Die Vorschrift begrenzt die Verweisung für kapitalmarktorientierte eG (§ 2 Abs. 5 WpHG) und CRR-Kreditinstitute (§ 1 Abs. 3d Satz 1 KWG) auf § 319a Abs. 1 HGB sowie auf Art. 5 Abs. 1 (verbotene Nichtprüfungsleistungen), 4 Unterabs. 1 (Netzwerk) und Abs. 5 (Drittland-Regelung) der Verordnung (EU) Nr. 537/2014. Die Ergänzung modifiziert die EU-rechtliche Vorgabe entsprechend den Besonderheiten des Prüfungswesen bei eG, indem die von der Verordnung aufgestellten Unabhängigkeitsanforderung (Verbot der Nichtprüfungsleistungen)34 sich nicht an die Prüfungsverbände, sondern an die von den Verbänden beschäftigten Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können, richtet. Die Ausnahme von der Vorgabe geht auf Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 537/ 2014 zurück. Aus diesem Grund stellt die im AReG-RefE vorgesehene Ergänzung am Ende von Abs. 2 S. 5 ausdrücklich klar, dass Art. 5 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 auf den Verband keine Anwendung findet. 4. Dauer der Ausschlussgründe. Der Ausschluss von der Prüfung gem. Abs. 2 gilt 18 nur für die Zeit, in der die Ausschlussgründe tatsächlich vorliegen.35 Sobald die Mitgliedschaft im Vorstand oder Aufsichtsrat, das Angestelltenverhältnis oder die Mitgliedschaft bei der eG endet, wird die Mitwirkung an der Prüfung zulässig; eine weitere Beteiligung an der Prüfung ist sofort ausgeschlossen, sobald während der Prüfung die Verbotsvoraussetzungen eintreten. Für den Beginn und die Beendigung des Amtes im Vorstand oder Aufsichtsrat und der Mitgliedschaft gelten die genossenschaftsrechtlichen Vorschriften. Für die Organstellung ist der Bestellungsvorgang bzw. sein Widerruf entscheidend, für die Mitgliedschaft das Verfahren nach § 15 Abs. 1. Ein Anstellungsverhältnis ist jedes Abhängigkeitsverhältnis, kraft dessen ein Weisungsrecht besteht.
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32 Art. 9 Nr. 6 RefE eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, nachfolgend AReG-RefE. 33 Vgl. AReG-RefE, S. 42. 34 Zum Begriff, Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 537/2014. 35 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 75; a.A. Beuthien GenG § 55 Rdn. 10, der ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratsglieder sowie ehemalige Angestellte der eG en § 56 Abs. 1 S. 1 a.F. mit einer zweijährigen Prüfungssperre belegen will. Dem ist entgegenzuhalten, dass hier mangels einer unbewussten Regelungslücke kein Raum für eine analoge Anwendung bleibt.
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5. Ausnahme von Art. 4 Verordnung (EU) Nr. 537/2014 (Abs. 2a geplante Neufassung). In § 55 wird durch das AReG voraussichtlich ein neuer Abs. 2a eingefügt. Die Ergänzung folgt den Regelungen in § 340k Abs. 4 S. 2–3 HGB n.F. für die Prüfungsstellen eines Sparkassen- und Giroverband. Von der in Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 537/ 2014 verankerten Öffnungsklausel für den nationalen Gesetzgeber wird mit Blick auf Art. 4 Abs. 2 und 3 Unterabs. 1, 2 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 für den Prüfungsverband Gebrauch gemacht. Die Vorschrift modifiziert die Anwendung des Art. 4 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 (Regelungen zu Prüfungshonoraren). Die europäische Vorgabe zur Entscheidung des Prüfungsausschusses über die Weiterführung der Abschlussprüfung im Falle der relativ hohen finanziellen Abhängigkeit von einem Mandanten und zur Ausschreibung und Abberufung können auf Grund der verpflichtenden Mitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband, der Träger der Prüfung ist, keine Anwendung auf die Prüfung von eG finden. Die Ausnahmen für genossenschaftliche Prüfungsverbände finden ihre Rechtfertigung darin, dass bei Prüfungsverbänden kein wirtschaftliches Eigeninteresse wie bei einer gewinnorientierten und partnerschaftlich organisierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft besteht; die verschiedenen Organisationseinheiten des Prüfungsverbandes sind nicht in gleichem Maße wie die verschiedenen Teile einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse verbunden, das die Unabhängigkeit gefährden könnte.36 Lediglich Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 findet auf alle in Abs. 2 S. 1 genannten Vertreter und Personen Anwendung.
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6. Rechtsfolgen von § 55 Abs. 2. Zu den Rechtsfolgen von § 55 Abs. 2 vgl. Rdn. 9. Ein festgestellter Jahresabschluss ist entsprechend § 256 Abs. 1 Nr. 3 2. Fall AktG nicht unwirksam, wenn an der Prüfung ausgeschlossene Personen mitgewirkt haben.37 Der Vergütungsanspruch des Prüfungsverbands für die vom befangenen Prüfer erbrachten Leistungen, aber nur für diesen, entfällt, da § 55 Abs. 2 ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB darstellt.38 III. Ausschluss aller Prüfer des Verbandes von der Prüfung (Abs. 3 S. 1)
Abs. 3 ist durch Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) 200539 neu eingeführt worden und entsprach inhaltlich weitgehend der Regelung der Verordnung vom 4.12.1934. Durch die GenG-Novelle 2006 hat Abs. 3 S. 1 die heutige Fassung erhalten.40 Das Gesetz gibt dem Verband in Abs. 3 S. 1, als Ausnahme von Abs. 1 und 2, die Mög22 lichkeit, die Prüfung nicht von einem angestellten Verbandsprüfer durchführen zu lassen, wenn dies im Einzelfall notwendig ist, um eine gesetzesmäßige sowie sach- und termingerechte Prüfung zu gewährleisten. Der Verband bestimmt selbst nach pflichtgemäßem Ermessen, wann ein solcher Grund gegeben ist.41 Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn eine Prüfung mit angestellten Verbandsprüfern die Befürchtung begründet, dass diese Prüfung nicht ordnungsgemäß (gesetzesgemäß und/oder sach- und/oder termingerecht) durchgeführt werden kann. Wegen unterschiedlicher Folgen sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Tatsachen und Umstände, die ausnahmsweise über § 55 21
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36 Vgl. AReG-RefE, S. 42 m. V. auf Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum Bilanzrechtsreformgesetz, BT-Drs. 15/4054, S. 79. 37 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 78. 38 Vgl. differenzierend BGH, Urt. v. 3.6.2004, Az. X ZR 104/03, DB 2004, 1605; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 55 Rdn. 80. 39 BGBl. I 1985, 2355. 40 Vgl. BGBl. I 2006, 1911. 41 Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 90.
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Abs. 2 hinaus eine Besorgnis der Befangenheit begründen und solche, bei denen mehr technische und organisatorische Schwierigkeiten der Prüfung durch den Verband entgegenstehen. 1. Besorgnis der Befangenheit nach Abs. 3 S. 1 a) bei eG, die keine Kreditgenossenschaften sind. Bei Besorgnis der Befangenheit 23 nach Abs. 3 S. 1 führt das Gebot des § 62 Abs. 1 S. 1 zur „gewissenhaften und unparteiischen“ Prüfung zwangsläufig dazu, dass der Verband die Prüfung ablehnen und einen anderen Prüfer bestellen muss.42 In dem Fall ist das Ermessen („kann“) des Verbandes „auf Null“ reduziert.43 Der Verband bleibt jedoch Träger der Prüfung. Dies folgt aus der Systematik von § 55. Er muss mit besonderer Sorgfalt jede Einflussnahme auf die Prüfung vermeiden. Kann bei Maßnahmen der Prüfungsverfolgung eine Befangenheit oder sonstige Interessenkollision nicht ausgeschlossen werden, so muss der Verband sich auch für diese Maßnahmen eines anderen Prüfers bedienen. Keinesfalls ist der Katalog des Abs. 2 S. 2 (Selbstprüfungsverbot) entgegen des eindeutigen gesetzlichen Wortlauts analog auf den gesamten Prüfungsverband anzuwenden.44 Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der bestehenden Problematik mit der Neufassung 2006 bewusst auf eine Regelung entsprechend § 319 Abs. 4 HGB verzichtet hat.45 Auch die vorgesehenen Änderungen des APAReG durch den vorliegenden RegE zielen nur auf den Ausschluss des Prüfers und nicht auf den des Verbands ab. b) Besorgnis der Befangenheit bei Kreditgenossenschaften. Hiervon sind auch 24 Kreditgenossenschaften nach § 340k Abs. 2 S. 3 HGB nicht ausgeschlossen. Der Verweis in § 340k Abs. 2 Satz 3 HGB ist durch das Bilanzrechtsreform-Gesetz 200446 so eingeschränkt worden, dass die Unabhängigkeitsanforderungen nicht mehr für den gesamten Prüfungsverband als solchen, sondern nur noch für die vom Prüfungsverband für die jeweilige Abschlussprüfung eingesetzten Prüfer und sämtliche Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können (also die Mitglieder des Prüfungsteams sowie weisungsberechtigte Vorgesetzte), gelten. In Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses v. 27.10.2004 47 wird zutreffend ausgeführt: „Der Prüfungsverband selbst und alle dort nicht mit der Prüfung befassten Personen sollen nicht erfasst werden. Dies wird insbesondere dadurch erreicht, dass kein Verweis mehr auf § 319 Abs. 4 HGB erfolgt. Das Selbstprüfungsverbot wird damit nur auf die tatsächlich bei der Abschlussprüfung tätigen Prüfer und nicht auf den Prüfungsverband als Ganzes erstreckt. Diese Sonderregelung für Prüfungsverbände gegenüber Wirtschaftsprüfungsgesellschaften findet ihre Rechtfertigung darin, dass bei den Prüfungsverbänden das wirtschaftliche Eigeninteresse als Bindeglied des gesamten Verbandes nicht so ausgeprägt ist wie bei einer gewinnorientierten und partnerschaftlich organisierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die verschiedenen Organisationseinheiten des Prüfungsverbandes sind nicht in gleichem Maße wie die
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42 Dies verkennen das LG Münster, ZfgG 1989, 64 f.; Beuthien Ablehnung des Prüfungsverbandes wegen Befangenheit – Besprechung des Urteils des LG Münster vom 21.8.1987, ZfgG 1989, 13, 15; vgl. aber LG Detmold Beschl. v. 6.7.1988, Az. 8 T 6/88. 43 OLG Hamm, OLGZ 1989, 285 = DB 1989, 1964 = WM 1990, 16 = ZfgG 1990, 141 mit Anm. Beuthien. 44 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 21, 83; Jessen ZfgG 2005, 38; a.A. Beuthien GenG § 55 Rdn. 8. 45 Vgl. BT-Drs. 15/4054, S. 40; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 55; Bloehs in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 55 Rdn. 9. 46 BilReG v. 4.12.2004, BGBl. I 2004, 3166. 47 BT-Drs. 15/4054.
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verschiedenen Teile einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse verbunden, das die Unabhängigkeit bei Vorliegen der Ausschlussgründe gefährden könnte. Auch der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme gebeten, die Besonderheiten der Prüfungsverbände der Genossenschaften und Sparkassen zu berücksichtigen.“48 Zudem sind die eG-Mitglieder des Verbandes, i.d.R. in den Gremien eingebunden und es findet eine kontinuierliche Betreuungsprüfung statt, die dem Verband eine größere Unabhängigkeit und der eG einen größeren Prüfungsnutzen (als Mitglied) bietet. Das Prüfungsrecht bleibt wie bei § 55 Abs. 2 unberührt.49 25
c) Verhältnis zu § 56 Abs. 2. Der Maßstab des § 62 Abs. 1 S. 1, der die Prüfungsverbände ausdrücklich zur „gewissenhaften und unparteiischen“ Prüfung verpflichtet, hat sich bewährt. Bei Besorgnis der Befangenheit ist somit kein Raum für das Verfahren nach § 56 Abs. 2.50 Eine analoge Anwendung der Vorschrift, wie sie teilweise vertreten wird,51 scheidet wegen Fehlens einer planwidrigen Regelungslücke aus.52 Denn obwohl durch das BiRiLiG53 § 56 Abs. 2 GenG sowie die §§ 336 ff. HGB neu gefasst bzw. neu geschaffen und später durch das BilReG54 geändert wurden, hat der Gesetzgeber in diese Vorschriften für eG keine dem ebenfalls durch BiRiLiG neu gefassten § 318 Abs. 3 HGB, der die gerichtliche Ersetzung des Abschlussprüfers im Falle der Besorgnis der Befangenheit bei Kapitalgesellschaften vorsieht, entsprechende Regelung aufgenommen. Der Gesetzgeber hat dabei offensichtlich auf die Selbstverantwortung der Prüfungsverbände vertraut und ist davon ausgegangen, dass diese im Zweifelsfall von der Möglichkeit Gebrauch machen, einen von ihnen nicht angestellten Prüfer zu beauftragen. Die Gegenansicht,55 die bei Besorgnis der Befangenheit nach § 56 Abs. 2 vorgehen will, kann insoweit nicht überzeugen, als sie § 56 Abs. 1 entgegen dem Wortlaut des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers sowie ohne zwingende Gründe ausdehnt. Durch die Novelle 2006 ist das Verhältnis von § 55 Abs. 2–3 zu § 56 klargestellt worden, indem § 56 Abs. 1 S. 1 a.F. gestrichen worden ist. Kritische Fälle sind ausreichend über § 55 Abs. 3 erfasst. Die Vorschläge der Gegenansicht führen lediglich dazu, dass das pflichtgemäße Ermessen des Spitzenverbandes an die Stelle des pflichtgemäßen Ermessens des Prüfungsverbandes gesetzt wird. Das vorgeschlagene Verfahren nach § 56 Abs. 2 könnte, die notwendige Autorität des Prüfers beschädigen und letztlich seine Unabhängigkeit gegenüber der zu prüfenden eG gefährden. Bei kritischer Prüfung müsste der Verband befürchten, dass die eG zunehmend von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, den „unbequemen“ Verband über den Spitzenverband auszuschalten. Dies würde dem Zweck des Dauerprüfungsmandats zuwider laufen und den Prüfungszweck und dessen Besonderheiten (z.B. Prüfungsverfolgung) gefährden.
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48 A.A. ohne Begründung Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 21, 105 ff.; Beuthien GenG § 55 Rdn. 5, 9, der die eindeutige gesetzliche Regelung verkennt. 49 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 66; vgl. auch Beratung v. 27.10.2004 im Dt. Bundestag, Bericht des Rechtausschusses, BT-Drs. 15/4054 zu Art. 1 Nr. 42 Buchstabe a (§ 340k Abs. 2 S. 3 HGB), S. 40. 50 Wie hier Bauer § 55 Rdn. 82, 88. Auch das BVerfG zitiert im Zusammenhang mit Überlegungen zur Besorgnis der Befangenheit den § 55 Abs. 3, BVerfG NJW 2001, 2617. 51 Beuthien GenG § 56 Rdn. 11 f.. 52 OLG Hamm Urt. v. 16.6.1989, OLGZ 1989, 285 = DB 1989, 1964 = WM 1990, 16 = ZfgG 1990, 141; OLG Naumburg Urt. v. 27.8.2002, OLGR Naumburg 2003, 86 = EWiR 2003, 277, m. Anm. von Bayer, dem vorausgehend LG Halle Beschl. v. 25.4.2002, Az. 11 T 2/02. 53 BGBl. 1985 I, 2355 (Art. 4 Nr. 14). 54 BGBl. 2004 I, 3166. 55 Beuthien, Anm. zu OLG Hamm Urt. v. 16.6.1989, ZfgG 1990, 145, 149.
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Prüfung durch den Verband | § 55
Zudem führte die Anwendung des § 56 Abs. 2 GenG zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit darüber, ob ein Verband die Prüfung vornehmen darf oder nicht. Denn die schwerwiegende Folge des § 56 Abs. 2, das „Ruhen“ des Prüfungsrechts, knüpft an einen ganz bestimmten Tatbestand an, der in § 56 Abs. 1 genau beschrieben wird und leicht feststellbar ist, und den äußerst nachhaltigen Eingriff in die Verbandsautonomie56 ausnahmsweise rechtfertigt. Diese einschneidende Sondervorschrift ist also auf einen ganz bestimmten (Ausnahme-)Sachverhalt zugeschnitten, auch daher verbietet sich jede Analogie. Andere Sachverhalte, die die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, sind demgegenüber vielfach nur schwer feststellbar. Es wäre nicht hinnehmbar, an eine ungewisse Tatsache eine derartig einschneidende Rechtsfolge zu knüpfen.57 2. Rechtsschutz. Eine betroffene eG ist im Falle des Streits um die Frage der Besorg- 26 nis der Befangenheit nach § 55 Abs. 3 nicht rechtsschutzlos. Sie kann Klage auf Feststellung der Befangenheit nach § 256 Abs. 1 ZPO gegen den Verband erheben. Zugelassen ist auch die quasi-negatorische (Unterlassungs-)Klage gegen den Verband auf Unterlassung der Prüfung gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 3.58 Schließlich ist auch eine Leistungsklage möglich, gerichtet auf Beauftragung eines anderen Prüfers nach § 55 Abs. 3 S. 1.59 3. Beispiele für Fälle des § 53 Abs. 3. Besorgnis der Befangenheit dürfte in allen 27 Fällen bestehen, in denen es zu ungewöhnlichen Spannungen zwischen der eG und dem Verband gekommen ist.60 Keine Besorgnis der Befangenheit besteht hingegen bei sachlich begründeten Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfungsverband und eG.61 Im Rahmen sachlich begründeter Meinungsverschiedenheiten liegen z.B. unterschiedliche Auffassungen zwischen Prüfungsverband und eG über die Angemessenheit eines vorhandenen Wertberichtigungsbedarfs.62 Dies entspricht der Wertung des § 318 Abs. 6 Satz 2 HGB, wonach Meinungsverschiedenheiten über den Bestätigungsvermerk grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Prüfungsauftrags darstellen. Besorgnis der Befangenheit besteht auch, wenn erhebliche Interessenkonflikte zwischen Verband und eG bestehen. So z.B. denkbar bei der Frage der Zweckmäßigkeit einer Verschmelzung, wenn dadurch die Mitgliedschaft beim Verband untergeht. Besorgnis der Befangenheit kann auch vorliegen, wenn ein Verband nur sehr wenige Mitglieder hat, so dass zu befürchten steht, dass hier von dem einzelnen Mitglied Druck ausgeübt werden kann. Angesichts der Abgrenzungsschwierigkeiten, die sich im Einzelfall aus der Heran- 28 ziehung der in §§ 319 Abs. 2 u. 3, 319a Abs. 1 Abs. 1 HGB bestimmten Ausschlussgründe bei der Beurteilung nach § 55 Abs. 3 ergeben können, ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, die entsprechende Anwendung der Ausschlussvorschriften auf die Prüfung durch den Prüfungsverband vorzuschreiben. Das gilt auch, soweit diese die rechtliche und steuerliche Beratung beinhaltet. Fortlaufende steuerliche und rechtliche Beratung begründet demnach keine generelle Befangenheit.
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56 LG Halle Urt. v. 25.4.2002, Az. 11 T 2/02. 57 OLG Hamm ZfgG 1990, 145. 58 OLG Hamm OLGZ 1989, 285 = DB 1989, 1964 = WM 1990, 16 = ZfgG 1990, 141 mit Anm. Beuthien. 59 OLG Hamm a.a.O. 60 Müller GenG § 55 Rdn. 12. 61 Großfeld Ablehnungsrecht und Prüfungsumfang: Zur Rechtsstellung des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, ZfgG 1984, 111, 116 f. 62 OLGR Naumburg 2003, 86 = EWiR 2003, 277, m. Anm. von Bayer.
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Für eG ist die Prüfung, Betreuung und Beratung aus einer Hand in der täglichen Praxis überaus wichtig. Dies hat auch das BVerfG in seinem Beschluss vom 19.1.200163 „als fruchtbare Wechselbeziehung zwischen eG und Prüfungsverband“ anerkannt, die dem Schutz der Mitglieder und Gläubiger der eG sowie der Allgemeinheit zu dienen bestimmt ist.64 Keine Fortschreibung des „Allweiler“-Urteils,65 sondern die Beurteilung eines Einzelfalls stellt das Urteil des BGH vom 25.11.2002 („Hypo-Vereinsbank“)66 dar, bei dem zu entscheiden war, ob der relative Ausschlussgrund der Besorgnis der Befangenheit des Abschlussprüfers gem. § 318 Abs. 3 Satz 1 HGB a.F. (seit Inkrafttreten des BilanzreformGesetzes in § 319 Abs. 3 Nr. 3d) HGB niedergelegt) gegeben war. In dem Fall hatte die Prüfungsgesellschaft ein Verschmelzungsgutachten erstellt, bei dem sie absehbare Immobilienkreditrisiken in Milliardenhöhe für ein an der Verschmelzung beteiligtes Unternehmen bewusst unberücksichtigt gelassen hatte. Diese Risiken hätte die Prüfungsgesellschaft im Rahmen der darauffolgenden Abschlussprüfung nochmals beurteilen müssen, zu einem Zeitpunkt, in dem wegen der Bewertung im Verschmelzungsgutachten bereits Schadensersatzansprüche gegen sie geltend gemacht worden waren. Hier bestand nach zutreffender Ansicht des BGH die Gefahr, dass die schon nicht im Verschmelzungsgutachten dargestellten Risiken nun auch im Prüfungsbericht als nicht gravierend und ungefährlich eingestuft werden würden. Damit bestand die Besorgnis, dass die Prüfungsgesellschaft ihre Aufgabe als Abschlussprüfer nicht mehr unbefangen, unparteiisch und unbeeinflusst von jeder Rücksichtnahme auf eigene Interessen würde wahrnehmen können. Als Fazit aus diesem Urteil ist festzuhalten, dass ein Abschlussprüfer trotz grundsätzlicher Vereinbarkeit von Prüfung und Beratung in einzelnen Ausnahmefällen der Besorgnis der Befangenheit ausgesetzt sein kann.
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4. Besorgnis der Befangenheit bei der Prüfung von Mitgliedsunternehmen anderer Rechtsform. Abweichend von den Bestimmungen des § 55 sind auf die Prüfungen nach Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EGHGB67 ebenfalls die die Unabhängigkeit der Prüfung sichernden Vorschriften des § 319 Abs. 2 und 3 HGB sowie § 319a Abs. 1 HGB nur auf die gesetzlichen Vertreter des Prüfungsverbandes und auf alle vom Prüfungsverband beschäftigten Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können, entsprechend anzuwenden;68 § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ist auf Mitglieder des Aufsichtsorgans des Prüfungsverbandes nicht anzuwenden, wenn sichergestellt ist, dass der Abschlussprüfer die Prüfung unabhängig von den Weisungen durch das Aufsichtsorgan durchführen kann. Der Prüfungsverband ist mithin von der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung eines nichtgenossenschaftlichen Mitgliedes ausgeschlossen, wenn einer der in § 319 Abs. 2 u. 3 HGB und § 319a Abs. 1 Abs. 1 HGB geregelten Sachverhalte in der Person der gesetzlichen Vertreter des Verbandes oder der von ihm beschäftigten Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können, gegeben ist. Wg. der Einzelheiten s.o. Rdn. 8 ff.
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5. Organisatorische Schwierigkeiten. Bei organisatorischen Schwierigkeiten gibt der Wortlaut des § 55 Abs. 3 („kann“) dem Verband die Möglichkeit, einen anderen Prü-
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63 BVerfG NJW 2001, 2617 = DB 2001, 473 und 2596 m. Anm. von Schaffland = WM 2001, 360. 64 Vgl. Graumann Auswirkungen des Internationalisierungsprozesses auf genossenschaftliche Pflichtprüfung und Prüfungsverbände, ZfgG 2003, 167, 176 f. 65 BGHZ 135, 260. 66 BGHZ 153, 32 = NJW 2003, 970 = DB 2003, 383 = WM 2003, 437. 67 Geändert durch BilReG vom 4.12.2004, BGBl. 2004 I, 3166. 68 Demzufolge ist auch die Bußgeldvorschrift des § 334 Abs. 2 HGB entsprechend anzuwenden.
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Prüfung durch den Verband | § 55
fer zu bestellen. Die Pflicht zur „gewissenhaften“ Prüfung (§ 62 Abs. 1 S. 1) verpflichtet den Verband lediglich, verantwortlich zu beurteilen, ob die vorhandenen Möglichkeiten eine ordnungsgemäße Prüfung gewährleisten. Beispiele: Fehlendes Personal für die Prüfung, Überlastung der Prüfer, mangelnde Qualifikation für die konkret anstehende Prüfung, der Verband ist aus sonstigen organisatorischen Gründen nicht in der Lage, die Prüfung sachgerecht und rechtzeitig durchzuführen. IV. Bestellung eines nichtangestellten Prüfers durch den Verband (Abs. 3 S. 2) Der Prüfungsverband ist berechtigt bzw. verpflichtet, im Falle des Abs. 3 S. 1 einen 32 anderen, nicht bei ihm angestellten Prüfer als Erfüllungsgehilfen zu bestimmen.69 Bei diesem muss es sich um einen anderen Prüfungsverband, den Spitzenverband, soweit ihm das Prüfungsrecht verliehen ist, einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft handeln. Bei der Auswahl des Prüfers hat der Verband nach pflichtgemäßem Ermessen zu verfahren; er hat insb. dafür Sorge zu tragen, dass in der Person des Prüfers keine Hinderungsgründe für die Durchführung der Prüfung bestehen. Dieses Recht, einen nichtangestellten Prüfer zu benennen, bleibt auch im Falle der Befangenheit beim Prüfungsverband.70 Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 3 („kann sich … bedienen“) bleibt der Verband auch dann Träger der Prüfung, wenn er einen nichtangestellten Prüfer mit der Prüfung beauftragt.71 Der nichtangestellte Prüfer ist Erfüllungsgehilfe des Verbandes, gleich ob es sich um einen Fall der Besorgnis der Befangenheit oder einen anderen wichtigen Grund handelt.72 Er führt die Prüfung nach den Regeln des Standesrechts eigenverantwortlich durch. Der Prüfungsverband muss sich aber im Fall der Besorgnis der Befangenheit jedweder Einflussnahme auf die Prüfung enthalten.73 Er darf auch in dem Fall nicht den Bestätigungsvermerk unterschreiben. Bei der Bestellung eines Prüfers aus einem anderen wichtigen Grund kann der Verband den Prüfungsbericht unterzeichnen und ggf. auch den Bestätigungsvermerk.74 Nur im Fall der Befangenheit ist der Verband als Träger der Prüfung nicht berechtigt bzw. verpflichtet, Maßnahmen der Prüfungsverfolgung durchzuführen, bspw.: Kontrolle, ob die Beanstandungen oder Empfehlungen des nichtangestellten Prüfers befolgt werden, Teilnahme an den Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat (§ 58 Abs. 4) oder an der GV/VV (§ 59 Abs. 3) bzw. das Recht gem. § 60 Abs. 1, die GV/VV einzuberufen.75 Der Verband als Träger der Prüfung haftet der eG für ein Verschulden des nichtangestellten Prüfers gem. § 62 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 278 S. 1 BGB; er kann seinerseits den nicht
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69 Die nach der Verordnung vom 4.12.1934 früher vorgesehene Bestellung durch den zuständigen Spitzenverband ist weggefallen. 70 OLG Hamm OLGZ 1989, 285 = DB 1989, 1964 = WM 1990, 16 = ZfgG 1990, 141 mit Anm. Beuthien. 71 So auch Beuthien GenG § 55 Rdn. 13; Müller GenG § 55 GenG, Rdn. 9j und 9s; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 97. 72 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 97; Voraussetzung für die Einordnung als Erfüllungsgehilfe ist jedoch nur, dass dieser mit dem Willen des Prüfungsverbandes bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Tätigkeit (Pflichtprüfung gem. §§ 53, 55) tätig wird. Weisungsgebundenheit ist nicht Merkmal des Erfüllungsgehilfen, Palandt/Grüneberg § 278 Rdn. 7. 73 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 97; Müller GenG § 55 Rdn. 8 f.; abw. Beuthien GenG § 55 Rdn. 13. 74 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 98. 75 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 97.
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§ 56 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
angestellten Prüfer wg. Schlechterfüllung nach §§ 675, 631 i.V.m. § 280 BGB in Regress nehmen.76 V. Kosten der Prüfung 33
Schuldner der Prüfungsgebühren (s. § 61) ist die eG, Gläubiger der Verband als Träger der Prüfung. Dieser hat auch in den Fällen von § 55 Abs. 3 als Träger der Prüfung grundsätzlich einen Vergütungsanspruch gegen die eG gem. seinen Vergütungsrichtlinien. Falls durch die Beauftragung eines anderen Prüfers höhere Kosten entstehen, können diese vom Verband nicht ohne weiteres an die eG weitergegeben werden.77 Letztlich hängt auch dies von den Vereinbarungen unter den Beteiligten ab. Keine Bedenken bestehen, wenn in den Gebührenregelungen des Verbandes mit den Mitgliedsgenossenschaften vereinbart wird, dass im Falle der Bestellung eines anderen Prüfers auch höhere Prüfungskosten von der eG zu tragen sind. In den Fällen des § 55 Abs. 3 hat der nichtangestellte Prüfer einen Vergütungsanspruch gegen den Verband aus §§ 675, 631 BGB. Zu der Gebührenfrage in Fällen des § 56 s. dort Rdn. 10 und § 61 Rdn. 3. VI. Abschlussprüfung bei kapitalmarktorientierten Unternehmen (Abs. 4)
Abs. 4 ist durch Art. 10 Nr. 7 des BilMoG78 in § 55 eingefügt worden. Abs. 4 ist eine Sondervorschrift für Verbände, die mindestens ein Unternehmen (eG oder anderes Unternehmen nach Art. 25 EGHGB) prüfen, das kapitalmarktorientiert i.S.d. § 264d HGB ist. In diesem Fall hat der Verband jährlich, spätestens drei Monate nach Ende des Kalenderjahres, entsprechend § 55c WPO einen Transparenzbericht zu erstellen und auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Der Inhalt wird durch § 55c Abs. 1 S. 2 WPO vorgegeben. Damit wird Artikel 40 der Abschlussprüferrichtlinie79 umgesetzt. 35 Durch das APAReG wird Abs. 4 voraussichtlich aufgehoben werden, da Art. 13 (Transparenzbericht) der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 unmittelbar auch für die von dieser Verordnung erfassten genossenschaftlichen Prüfungsverbände gilt.
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VII. Europäische Genossenschaft (SCE) 36
Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 56 Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes § 56 Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes (1) Das Prüfungsrecht des Verbandes ruht, wenn der Verband über keine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der nach § 63e Abs. 1 erforderlichen Qualitätskontrolle verfügt, es sei denn, dass eine Ausnahmegenehmigung nach § 63e Abs. 3 erteilt worden ist.
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Beuthien GenG § 55 Rdn. 13. OLG Hamm OLGZ 1989, 285 = ZfgG 1990, 141 mit Anm. Beuthien. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 25.5.2009, BGBl. I S. 1102. ABl 157/87-20006/43/EG.
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Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes | § 56
[(4)1 Die Aufsichtsbehörde kann das Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes anordnen, wenn dieser sich einer angeordneten Untersuchung nach § 64 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 entzieht oder wenn nach den Ergebnissen einer solchen Untersuchung ein Ruhen des Prüfungsrechts erforderlich erscheint, um weitere Feststellungen dazu treffen zu können, ob der Verband seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Das Prüfungsrecht eines Verbandes, der sich nach § 63e Absatz 1 einer Qualitätskontrolle zu unterziehen hat, ruht, wenn der Verband nicht mehr gemäß § 40a Absatz 1 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung im Register eingetragen ist.] (2) Ruht das Prüfungsrecht des Verbandes, so hat der Spitzenverband, dem der Verband angehört, auf Antrag des Vorstands der Genossenschaft oder des Verbandes einen anderen Prüfungsverband, einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Prüfer zu bestellen. Bestellt der Spitzenverband keinen Prüfer oder gehört der Verband keinem Spitzenverband an, so hat das Registergericht auf Antrag des Vorstands der Genossenschaft oder des Verbandes einen Prüfer im Sinne des Satzes 1 zu bestellen. Der Vorstand ist verpflichtet, die Anträge unverzüglich zu stellen, soweit diese nicht vom Verband gestellt werden. (3) Die Rechte und Pflichten des nach Absatz 2 bestellten Prüfers bestimmen sich nach den für den Verband geltenden Vorschriften dieses Gesetzes. Der Prüfer hat dem Verband eine Abschrift seines Prüfungsberichts vorzulegen.
I. II. III. IV.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–2 Ruhen des Prüfungsrechts (Abs. 1) | 3–4 Bestellung eines anderen Prüfers (Abs. 2) | 5 Rechte und Pflichten des bestellten Prüfers (Abs. 3) | 6–8
1.
V.
Bestellter Prüfer als Träger der Prüfung | 7 2. Prüfungsverfolgung | 8 Europäische Genossenschaft (SCE) | 9
I. Allgemeines Der Gesetzestext von § 56 wurde neu gefasst durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz 1 1985 (BiRiLiG).2 Durch Euro-Bilanzgesetz 2001 (EuroBilG, Art. 4)3 wurde in Abs. 1 Satz 2 angefügt sowie Abs. 2 Satz 1 bis 3 geändert. Durch die GenG-Novelle 2006 wurde der ursprüngliche Satz 1 von § 56 Abs. 1 gestrichen, da dieser nicht mehr mit der Befangenheitsregelung in § 55 Abs. 2 konsistent war. Denn von der Prüfung ist nicht der Verband als Träger der Prüfung ausgeschlossen, sondern nur der einzelne Prüfer. Durch das Abschlussprüferaufsichts-Reformgesetz (APAReG) wird § 56 Abs. 1 voraussichtlich neu gefasst werden, siehe dazu den neuen Gesetzestext in Klammern. Während § 55 Fälle der Prüfungsbeschränkung regelt, bei denen der Verband den- 2 noch Träger der Prüfung bleibt (zum problematischen Ausnahmefall der Befangenheit
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1 Der Klammerzusatz bezieht sich auf die voraussichtliche Änderung aufgrund Art. 7 Nr. 3 Reg-E eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE. Der Regierungsentwurf sieht im Gesetzestext „(4)“ vor. Hierbei handelt es sich vermutlich um einen redaktionellen Fehler, der im weiteren Gesetzgebungsverfahren behoben werden dürfte. 2 BiRiLiG v. 19.12.1985, BGBl. I 1985 S. 2355. 3 EuroBilG v. 10.12.2001, BGBl. I 2001 S. 3414.
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§ 56 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
des gesamten Verbandes s. § 55 Rdn 21), führt der Sachverhalt von § 56 Abs. 1 immer zu einem Ausschluss des Verbandes als Träger der Prüfung. II. Ruhen des Prüfungsrechts (Abs. 1) Der gesetzliche Begriff „Ruhen des Prüfungsrechts“ in Abs. 1 bedeutet ein Verbot, die Prüfung durchzuführen. Dies gilt nicht nur für die Durchführung der gesetzlichen Prüfung, sondern auch für gesetzlich vorgeschriebene Begutachtungen, bspw. nach § 81 UmwG bei der Verschmelzung von eG.4 Das Prüfungsrecht des Prüfungsverbandes ruht, wenn dieser über keine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der nach § 63e Abs. 1 erforderlichen Qualitätskontrolle verfügt. Prüfungsverbände sind gem. § 63e Abs. 1 verpflichtet, sich im Abstand von sechs bzw. drei Jahren einer Qualitätskontrolle (peer review) zu unterziehen. Auf das Prüfungsverfahren sind gem. § 63g Abs. 2 die einschlägigen Vorschriften der WPO entsprechend anzuwenden. Somit wird eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle gem. § 57a Abs. 6 Satz 7 WPO erteilt, wenn ein anderer Prüfungsverband oder Wirtschaftsprüfer bzw. eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der oder die die Voraussetzungen des § 57a Abs. 3 WPO erfüllt, eine Erklärung gem. § 57a Abs. 5 Satz 3 WPO dahingehend abgibt, dass das Qualitätssicherungssystem des Prüfungsverbandes im Einklang mit den gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften steht und mit hinreichender Sicherheit eine ordnungsgemäße Abwicklung von Prüfungsaufträgen gewährleistet. Verfügt ein Prüfungsverband nicht über eine derartige Bescheinigung, ist er von der Durchführung von Prüfungen ausgeschlossen. Eine Ausnahme vom Ruhen des Prüfungsrechts macht das Gesetz für den Fall, dass eine (befristete) Ausnahmegenehmigung nach § 63e Abs. 3 erteilt worden ist. Das APAReG wird Abs. 1 voraussichtlich neu fassen. Nach der neuen Regelung ist 4 zwischen drei verschiedenen Tatbeständen zu unterscheiden, gemäß derer künftig das Ruhen des Prüfungsrechts angeordnet werden kann: – Der Prüfungsverband entzieht sich (also verweigert) eine Untersuchung durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 64 Abs. 2 S. 4 n.F. i.V.m. Abs. 2 S. 2 Nr. 4. – Ein Ruhen ist infolge der vorgenannten Untersuchung nach § 64 Abs. 2 S. 4 n.F. i.V.m. Abs. 2 S. 2 Nr. 4 erforderlich weil weitere Feststellungen erforderlich sind. – Mangels fehlender Qualitätskontrolle erfolgt die Registeraustragung bei der WPK nach § 40a Abs. 1 S. 1 WPO. 3
Bei den Änderungen handelt es sich um Folgeänderungen zum neuen § 64 Abs. 2 Satz 4 bzw. § 63g Abs. 5 i.V.m. § 57a WPO. Da eine Qualitätskontrolle nur bei solchen Prüfungsverbänden verpflichtend ist, die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen durchführen, wird in § 64 Absatz 2 im neuen Satz 4 vorgesehen (vgl. § 67 Rdn. 7), dass die Aufsichtsbehörde bei einem Verband, der sich keiner Qualitätskontrolle oder keiner anderen geeigneten Organisationsuntersuchung unterzieht, zumindest alle zehn Jahre eine eigene Untersuchung durchführt bzw. diese durch beauftragte Dritte durchführen lässt. Mit dem neuen § 56 Abs. 1 S. 1 wird klarstellend geregelt, dass die Aufsichtsbehörde das Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes auch in diesen Fällen anordnen kann, nämlich, wenn sich der Prüfungsverband einer solchen gesonderten Untersuchung entzieht oder die Untersuchung zu Ergebnissen führt, die weitere Feststellungen erforderlich machen. Die Aufsichtsbehörde
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Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 4; Beuthien GenG § 56 Rdn. 2.
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Ruhen des Prüfungsrechts des Verbandes | § 56
kann dann während des Ruhens des Prüfungsrechts des Verbandes prüfen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind oder ob gegebenenfalls das Prüfungsrecht ganz zu entziehen ist.5 Nach § 40a Abs. 1 WPO (aktuelle Fassung) sind auch die genossenschaftlichen Prüfungsverbände bereits jetzt bei der WPK registriert, wenn diese Abschlussprüfungen i.S.d. § 340k Abs. 2 S. 1 des HGB oder des Artikels 25 Abs.1 S. 1 des EGHGB durchführen. Fehlt die Qualitätskontrolle, erfolgt die Registeraustragung. Auch in diesem Fall ruht das Prüfungsrecht des Verbandes, bis er z.B. die Qualitätskontrolle nachweist. Durch die Neufassung in § 40a Abs. 1 S. 2 WPO werden nunmehr auch alle Prüfungsverbände, die Prüfungen i.S.d. § 53 Abs. 2 GenG durchführen, in das Register bei der WPK eingetragen. Ausgenommen von der Eintragung bleiben lediglich die Prüfungsverbände, die nur „kleine“ Mitglieder haben und daher keine gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen i.S.d. § 53 Abs. 2 durchführen. Aber auch diese sollen sich alle 10 Jahre einer Qualitätskontrolle unterziehen müssen (vgl. § 64 Abs. 2 S. 4 n.F.). Die Änderung in § 56 Abs. 1 S. 2 n.F. ist eine Folgeänderung zur Änderung des § 63g Abs. 5 i.V.m. § 57a WPO, wonach die Teilnahmebescheinigung abgeschafft und durch eine Anzeige und Eintragung in das Berufsregister nach § 40a WPO ersetzt wird, vgl. § 63g Rdn. 10. III. Bestellung eines anderen Prüfers (Abs. 2) Abs. 2 wurde neu gefasst durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz 1985. Während zuvor in 5 jedem Fall auf Antrag des Verbandes vom Spitzenverband ein anderer Prüfer zu bestellen war, ist nunmehr der Vorstand der eG bzw. der Prüfungsverband verpflichtet, den Antrag auf Bestellung eines anderen Prüfers zu stellen. Der Antrag ist an den Spitzenverband, zweckmäßigerweise über den Prüfungsverband, zu richten. Für den Antrag ist eine Form nicht vorgesehen; er kann schriftlich, mündlich oder durch schlüssiges Verhalten gestellt werden. Nicht erforderlich ist eine jährliche Wiederholung des Antrags. Ein Spitzenverband in diesem Sinne ist ein Verband, in dem sich Prüfungsverbände zusammengeschlossen haben. Im Einzelfall kann es vorkommen, dass der bundesweit tätige Prüfungsverband zugleich Spitzenverband ist. Sind Prüfungsverband und Spitzenverband somit identisch, bleibt folgerichtig das Bestellungsrecht beim Spitzenverband; auch hier ist das Gericht nur subsidiär zuständig, wenn der Spitzenverband von seinem Bestellungsrecht keinen Gebrauch macht.6 Aus der Einordnung des „Spitzenverbandes“ in den 4. Abschnitt „Prüfung und Prüfungsverbände“ folgt, dass der Spitzenverband aus seiner Funktion im Prüfungsbereich zu bestimmen ist. Dementsprechend muss der Spitzenverband selbst über das Prüfungsrecht verfügen.7 Andere Bundesverbände wie bspw. der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), der Deutsche Raiffeisenverband e.V. (DRV) und der Mittelstandsverbund – ZGV e.V. (früher: Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen (ZGV)) sind keine Spitzenverbände im Sinne des § 56 Abs. 2. Derzeit bestehen in der Bundesrepublik zwei genossenschaftliche Spitzenverbände im Sinne des 4. Abschnitts des GenG: – DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. in Berlin für die Kredit-, die ländlichen und gewerblichen und die Konsumgenossenschaften, sowie der
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5 Vgl. APAReG-Reg-E, S. 145. 6 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 9. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 8; a.A. für den BVR Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 56 Rdn. 9.
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§ 56 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
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GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. in Berlin für die Wohnungsgenossenschaften.
Den genannten Verbänden ist entsprechend ihrem Satzungszweck das Prüfungsrecht verliehen. Darüber hinaus obliegt ihnen die Förderung des Genossenschaftswesens allgemein sowie die Vertretung der Gesamtinteressen auf Bundesebene. Für den Fall, dass der Spitzenverband keinen Prüfer bestellt oder falls der Prüfungsverband keinem Spitzenverband angehört, hat das zuständige Registergericht (§ 10 Abs. 1 i.V.m. §§ 376, 377 FamFG), auf Antrag des Vorstands der eG oder des Prüfungsverbandes den Prüfer zu bestellen. Der Antrag ist vom Vorstand unverzüglich zu stellen. Bei verspätetem Antrag durch den Vorstand kommt eine persönliche Haftung gem. § 34 in Betracht. Der Prüfungsverband kann den Antrag stellen, ist hierzu aber nicht verpflichtet.8 Stellt der Prüfungsverband den Antrag, erlischt die Antragspflicht des Vorstands, Abs. 2 S. 3 letzter Halbs. Aus dem Gesetzeswortlaut von Abs. 2 folgt, dass die Zuständigkeit des Gerichts nur subsidiär für den Fall besteht, dass der Spitzenverband von seinem Bestellungsrecht nicht Gebrauch macht. Falls der Antrag auf Bestellung durch den Vorstand/Prüfungsverband unterbleibt und daher der Spitzenverband nicht eingeschaltet war, fehlt es an der Zuständigkeit des Gerichts für die Bestellung eines Prüfers. Im Rahmen des § 56 ist der Spitzenverband berechtigt, sich auch selbst zum Prüfer zu bestellen, sofern ihm das Prüfungsrecht verliehen ist. Liegen die Voraussetzungen des Prüfungsverbotes beim Spitzenverband selbst vor, so ist er dennoch berechtigt, auf Antrag der eG einen anderen Prüfer zu bestellen. Macht er davon keinen Gebrauch, erfolgt die Bestellung durch das Registergericht. IV. Rechte und Pflichten des bestellten Prüfers (Abs. 3) 6
Da das Gesetz im Falle von § 56 Abs. 1 dem Verband jede Prüfungstätigkeit verbietet, kann der Verband hier – im Gegensatz zu den Sachverhalten von § 55 Abs. 2 und 3 – nicht mehr Träger der Prüfung sein. Für den Verband verbietet sich jedwede Mitwirkung bei Prüfungshandlungen, die Einfluss auf das Prüfungsverfahren und die Prüfungsfeststellungen nehmen könnten.
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1. Bestellter Prüfer als Träger der Prüfung. Der vom Spitzenverband oder vom Gericht bestellte Prüfer führt die Prüfung eigenverantwortlich durch. Er unterliegt keinerlei Weisung des ursprünglichen Prüfungsverbandes. Nach dieser Regelung wird kein Vertragsverhältnis zwischen Prüfungsverband und Prüfer, z.B. entgeltliche Geschäftsführung gem. § 675 BGB, begründet. Der bestellte Prüfer ist selbst Träger der Prüfung9 und tritt als solcher in alle Rechte und Pflichten des an sich zuständigen Prüfungsverbandes ein. Nach Abs. 3 Satz 2 besteht die Pflicht des Prüfers, dem Verband eine Abschrift seines Prüfungsberichts vorzulegen. Mit dieser Verpflichtung soll sichergestellt werden, dass der Verband über die Verhältnisse seiner Mitgliedsgenossenschaft unterrichtet bleibt. Der Verband ist z.B. nicht gehindert, im Rahmen seiner Beratungs- und Betreuungstätigkeit die Erkenntnisse des Prüfungsberichts auszuwerten. Der Prüfungsbericht wird im Falle des Prüfungsverbotes allein von dem bestellten Prüfer unterzeichnet; ein Unterzeichnungsrecht des Verbands besteht nicht.
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Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 16. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 18.
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Prüfungsverfahren | § 57
2. Prüfungsverfolgung. Das Prüfungsverbot erstreckt sich auf alle Handlungen, 8 die in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung stehen, also auch die Prüfungsverfolgung.10 Das Prüfungsverbot gilt somit bspw. für Handlungen im Zusammenhang mit § 57 (Verfahren bei der Prüfung), § 58 (Prüfungsbericht), § 59 (Prüfungsbescheinigung und Behandlung des Prüfungsberichts in der GV/VV) sowie § 60 (Berufung einer GV/VV durch den Verband). Diese Rechte gehen auf den bestellten Prüfer über. Unter das Prüfungsverbot fallen auch sonstige Maßnahmen der Prüfungsverfolgung, wie z.B. die Auswertung des Prüfungsberichts zu diesem Zweck und die Durchsetzung und Beachtung von Beanstandungen und Empfehlungen des Prüfers.11 Nicht vom Prüfungsverbot erfasst werden dagegen Betreuungs- und Beratungs- 9 handlungen des Verbandes, auch wenn sich solche aus Prüfungsfeststellungen ergeben.12 Auch die z.B. auf der Verbandssatzung beruhenden Meldepflichten werden vom Verbot nicht berührt. Die Abgrenzung zwischen erlaubten und verbotenen Handlungen muss letztlich dem Einzelfall überlassen bleiben. Es empfiehlt sich eine Abstimmung zwischen dem Verband und dem bestellten Prüfer. Im Falle des § 56 ist grundsätzlich der bestellte Prüfer unmittelbar gegenüber der eG 10 Gläubiger der Prüfungsgebühren, vgl. Ausf. bei § 61 Rdn. 3. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c 9 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 57 Prüfungsverfahren § 57 Prüfungsverfahren (1) Der Vorstand der Genossenschaft hat dem Prüfer die Einsicht der Bücher und Schriften der Genossenschaft sowie die Untersuchung des Kassenbestandes und der Bestände an Wertpapieren und Waren zu gestatten; er hat ihm alle Aufklärungen und Nachweise zu geben, die der Prüfer für eine sorgfältige Prüfung benötigt. Dies gilt auch, wenn es sich um die Vornahme einer vom Verband angeordneten außerordentlichen Prüfung handelt. (2) Der Verband hat dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Genossenschaft den Beginn der Prüfung rechtzeitig anzuzeigen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hat die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats von dem Beginn der Prüfung unverzüglich zu unterrichten und sie auf ihr Verlangen oder auf Verlangen des Prüfers zu der Prüfung zuzuziehen. (3) Von wichtigen Feststellungen, nach denen dem Prüfer sofortige Maßnahmen des Aufsichtsrats erforderlich erscheinen, soll der Prüfer unverzüglich den Vorsitzenden des Aufsichtsrats in Kenntnis setzen. (4) In unmittelbarem Zusammenhang mit der Prüfung soll der Prüfer in einer gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Genossenschaft über das voraussichtliche Ergebnis der Prüfung mündlich berichten. Er kann zu
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Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 21. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 21. So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 56 Rdn. 22; Beuthien GenG § 56 Rdn. 10.
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§ 57 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
diesem Zwecke verlangen, dass der Vorstand oder der Vorsitzende des Aufsichtsrats zu einer solchen Sitzung einladen; wird seinem Verlangen nicht entsprochen, so kann er selbst Vorstand und Aufsichtsrat unter Mitteilung des Sachverhalts berufen. [(5) Ist eine Genossenschaft kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d des Handelsgesetzbuchs oder ist sie ein CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesensgesetzes genannten Institute, so hat der Prüfer an einer gemeinsamen Sitzung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Genossenschaft über das voraussichtliche Ergebnis der Prüfung teilzunehmen und über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung, insbesondere über wesentliche Schwächen des internen Kontroll- und des Risikomanagementsystems bezogen auf den Rechnungslegungsprozess, zu berichten. Er informiert über Umstände, die seine Befangenheit besorgen lassen, und über Leistungen, die er zusätzlich zu den Prüfungsleistungen erbracht hat.]1 (5) [(6)] Ist nach der Satzung kein Aufsichtsrat zu bilden, werden die Rechte und Pflichten des Aufsichtsratsvorsitzenden nach den Absätzen 2 bis 4 [(5)]2 durch einen von der Generalversammlung aus ihrer Mitte gewählten Bevollmächtigten wahrgenommen.
I. II.
III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Rechte des Prüfers (Abs. 1) | 2–5 1. Einsicht in Bücher und Schriften | 2 2. Untersuchung der Bestände | 3 3. Auskunftsrechte | 4 4. Erzwingung der Auskunft | 5 Einschaltung des Aufsichtsrats (Abs. 2, 3) | 6–8 1. Anzeige vom Beginn der Prüfung | 6
Teilnahme an der Prüfung | 7 Unterrichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden über wichtige Prüfungsfeststellungen (Abs. 3) | 8 Prüfungsschlusssitzung (Abs. 4) | 9–9a eG ohne Aufsichtsrat (Abs. 5) | 10 Europäische Genossenschaft (SCE) | 11 2. 3.
IV. V. VI.
I. Allgemeines 1
§ 57 gibt einen Rahmen für die Rechte und Pflichten bei der Durchführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung sowie der „vom Verband angeordneten außerordentlichen Prüfungen“. Für Sonderprüfungen (vgl. § 53 Rdn. 37) gelten die formalen Vorschriften von § 57 Abs. 2, 3 und 4 grundsätzlich nicht. Der gesetzliche Rahmen wird in der Praxis ergänzt durch Prüfungsrichtlinien der Prüfungsverbände. Außerdem wird § 57 durch IDW-Prüfungsstandards ergänzt, soweit sie Ausdruck der Grundsätze ordnungsgemäßer Prüfung sind bzw. im Rahmen einer Selbstverpflichtung (z.B. über die Satzung der Prüfungsverbände) Anwendung finden.3
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1 Die Klammerzusätze beziehen sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 9 Nr. 7 Ref-E eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, nachfolgend AReG-RefE. 2 Diese Änderung fehlt zwar im AReG-RefE Art. 9 Nr. 7, S. 15, ist aber folgerichtig. 3 Vgl. Beuthien GenG § 57 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 57 Rdn. 5.
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Prüfungsverfahren | § 57
II. Rechte des Prüfers (Abs. 1) 1. Einsicht in Bücher und Schriften. Abs. 1 stellt klar, dass es gegenüber dem Prü- 2 fer im Rahmen der Prüfung keine Geheimhaltungsbereiche gibt. Dem entspricht andererseits die umfassende Verpflichtung des Prüfers zur Geheimhaltung, § 62 Abs. 1. Die im Gesetz zum Ausdruck gekommene Verpflichtung des Vorstandes, dem Prüfer die Einsicht zu gestatten, bedeutet andererseits ein Recht des Prüfers, Einsicht in alle Unterlagen der eG zu nehmen. Es bedarf keiner ausdrücklichen Gestattungserklärung durch den Vorstand. Einsicht ist in alle Bücher und Schriften der eG zu geben. Unter „Bücher“ sind die Handelsbücher i.S.v. §§ 238 ff. HGB zu verstehen. „Schriften“ der eG sind nicht nur die Belege und Geschäftspapiere im üblichen Sinne, sondern alle für die Geschäftsführung bedeutsamen Urkunden, wie z.B. Protokolle der verschiedenen Organe, Geschäftsordnungen, Vertragsurkunden, Bürgerschaften und Pfandbriefe usw. Die Herstellung von Abschriften oder Ablichtungen oder das Einscannen von Dokumenten ist nur dann zulässig, wenn der Prüfungszweck dies unverzichtbar erforderlich macht.4 Da aber der Prüfer nach den Berufsregeln in den Arbeitspapieren umfassend dokumentieren muss, welche Unterlagen er geprüft hat und wie er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist und weil regelmäßig auch eine Dauerakte angelegt wird – dies folgt aus dem Dauermandat und macht die Prüfung wesentlich effizienter – werden im Rahmen einer modernen Prüfung die Dokumente in elektronischer, in besonders gesicherter Form zur Prüfungsakte genommen (z.B. eingescannt) und mandantenbezogen elektronisch archiviert. Das Einsichtsrecht des Prüfers findet seine Grenze dort, wo der Prüfungszweck die Einsichtnahme nicht erfordert. Im Übrigen ist auf Persönlichkeitsrechte Rücksicht zu nehmen; bei der eG befindliche private Unterlagen, z.B. von Vorstandsmitgliedern oder Mitarbeitern, sind dem Einsichtsrecht entzogen. Der Prüfer hat grundsätzlich nicht das Recht, Bücher oder Schriften der eG oder sonstige Belege aus den Geschäftsräumen mitzunehmen. Soweit z.B. im Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten eine Sicherstellung von Belegen erforderlich wird, ist der Prüfer aber berechtigt und verpflichtet, im Benehmen mit Vorstand bzw. Aufsichtsrat die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Ggf. muss er die Sicherstellung gegenüber der eG quittieren. Die eG verwenden weitgehend elektronische Datenverarbeitungsanlagen (EDVAnlagen). Es kann sich dabei um Anlagen im Betrieb der eG handeln (Eigenanwender) oder um eine Auftragsdatenverarbeitung durch eine genossenschaftliche Rechenzentrale. Der Vorstand ist verpflichtet, dem Prüfer alle Informationen über Programmierung, Datenerfassung, Datenverarbeitung, Speicherung und Lesbarkeit zu geben, die für die Prüfung und Beurteilung erforderlich sind. Die Prüfung wird im Wesentlichen eine Systemprüfung sein, vgl. ausführlicher § 53 Rdn. 26. Soweit die eG wesentliche Beteiligungen unterhält, insbesondere, wenn sie eigene Betriebsteile auf Tochterunternehmen ausgegliedert hat oder Alleingesellschafterin einer solchen Tochtergesellschaft ist, ist dem Prüfer zunächst durch die eG Einsicht in alle Beteiligungsunterlagen zu gewähren, soweit dies für die Beurteilung der Auswirkungen der Beteiligung im Rahmen von § 53 erforderlich ist. Der Prüfer kann entsprechend alle notwendigen Aufklärungen und Nachweise verlangen.
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Ähnlich Müller GenG § 57 Rdn. 3.
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§ 57 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
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2. Untersuchung der Bestände. Das Gesetz (Abs. 1) gibt dem Prüfer ausdrücklich das Recht, die Bestände (z.B. Kasse, Wertpapiere und Waren) zu untersuchen. Darüber hinaus ist der Prüfer berechtigt, sämtliche Vermögensgegenstände zu untersuchen, soweit dies für die Erfüllung des Prüfungszwecks von Bedeutung ist. Die Untersuchung erfasst den tatsächlichen Bestand, den Zustand sowie die ordnungsgemäße Erfassung in der Buchhaltung. Der Prüfer ist zur Besichtigung aller Betriebsanlagen berechtigt sowie zur Überprüfung des Betriebsablaufs.5
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3. Auskunftsrechte. Schließlich ist der Vorstand verpflichtet, dem Prüfer alle Aufklärungen und Nachweise zu geben, die der Prüfer benötigt (Abs. 1). Diese Vorschrift enthält sowohl ein Auskunftsrecht des Prüfers als auch die Verpflichtung des Vorstands, von sich aus – ggf. auch ergänzende – Informationen für die Prüfung zu geben. Es ist berufsüblich, dass sich der Prüfer in einer „Vollständigkeitserklärung“ vom Vorstand und den für die Auskunft vom Vorstand benannten Personen (z.B. Buchhaltungsleitung, Personalleitung etc.), vgl. dazu nachfolgenden Absatz, bestätigen lässt, dass alle erforderlichen Vorlagen und Unterrichtungen erfolgt sind. Soweit eine eG auch über nebenamtliche Vorstandsmitglieder verfügt, erscheint es unter Berücksichtigung ihrer Funktion und ihres Wirkungsbereichs ausreichend und angemessen, wenn diese mit der Vollständigkeitserklärung bestätigen, dass sie von der Erklärung Kenntnis genommen haben und dass ihnen Entgegenstehendes nicht bekannt ist. Die Auskunftsverpflichtung besteht grundsätzlich für den Vorstand. Es steht in dessen Ermessen, die Auskunft durch einzelne Vorstandsmitglieder oder durch Angestellte als Erfüllungsgehilfen geben zu lassen. Falls der Vorstand zur ausreichenden Auskunft nicht in der Lage ist, kann der Prüfer verlangen, dass der Vorstand sachkundige Mitarbeiter zuzieht. Eine unmittelbare Befragung von Mitarbeitern durch den Prüfer ohne Zustimmung des Vorstandes dürfte nur ausnahmsweise zulässig sein, und zwar dann, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Prüfers der Sachverhalt nur so aufgeklärt werden kann.6 Der Aufsichtsrat ist nur dann unmittelbar zur Auskunftserteilung an den Prüfer verpflichtet, wenn auf andere Weise die erforderlichen Feststellungen der Prüfung nicht zuverlässig getroffen werden können. Ggf. muss der Aufsichtsrat darauf hinwirken, dass der Vorstand seinen Auskunftspflichten nachkommt.7 Hat die eG Betriebsteile auf Tochtergesellschaften ausgegliedert, bestehen die Auskunftsrechte analog § 320 Abs. 2 Satz 3 HGB auch unmittelbar gegenüber dieser Gesellschaft.
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4. Erzwingung der Auskunft. Falls die erforderliche Auskunft nicht erteilt oder Einsicht nicht gewährt wird, kann vom Registergericht gegen einzelne Mitglieder des Vorstandes ein Zwangsgeld nach § 160 festgesetzt werden. Diese Maßnahme ist nur gegen solche Vorstandsmitglieder zulässig, die die Auskunft nicht erteilen, obwohl sie dazu in der Lage wären.8 Vorstandsmitglieder können nach § 147 Abs. 2 Nr. 2 bestraft werden, wenn sie in Aufklärungen oder Nachweisen, die gegenüber einem Prüfer zu geben sind, falsche Angaben machen oder die Verhältnisse der eG unrichtig wiedergeben oder verschleiern.
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5 Müller GenG § 57 Rdn. 5. 6 A.A. Müller GenG § 57 Rdn. 8; Beuthien GenG § 57 Rdn. 6, die die unmittelbare Befragung von Mitarbeitern in jedem Fall als unzulässig ansehen. 7 Vgl. Müller GenG § 57 Rdn. 13. 8 Müller GenG § 57 Rdn. 11.
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Prüfungsverfahren | § 57
Falls dem Prüfer erforderliche Einsichten nicht gewährt oder Auskünfte und Nachweise verweigert werden, ist dies im Prüfungsbericht zu vermerken. Soweit ein Testat erforderlich ist (bei Kreditinstituten oder großen eG i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB, vgl. § 58 Rdn. 3), oder auftragsgemäß vorgesehen wird, könnte dieses eingeschränkt oder versagt werden.9 Als äußerste Maßnahme käme auch der Ausschluss aus dem Prüfungsverband in Betracht. Über § 58 Abs. 1 S. 1 hinaus ist es sinnvoll und üblich § 321 Abs. 2 S. 6 HGB analog anzuwenden: Danach ist in jedem Prüfungsbericht festzustellen, ob der Vorstand die verlangten Aufklärungen und Nachweise gegeben hat. Dies gilt sinngemäß für den Aufsichtsrat z.B. betreffend die Vorgänge in denen er in die Geschäftsführung eingebunden ist (§ 23 der Mustersatzung) oder hinsichtlich der vertraglichen Regelungen mit dem Vorstand einschließlich ordnungsgemäßer Beschlussfassung im Aufsichtsrat bzw. der Personalkommission. III. Einschaltung des Aufsichtsrats (Abs. 2, 3) 1. Anzeige vom Beginn der Prüfung. Ursprünglich war die genossenschaftliche 6 Pflichtprüfung als „Überraschungsprüfung“ angelegt.10 Es sollte verhindert werden, dass vorher noch prüfungsrelevante Tatbestände beschönigt oder verschleiert werden können.11 Grundsätzlich wäre es deshalb rechtlich ausreichend, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende gleichzeitig mit dem Beginn der Prüfung die Mitteilung enthält.12 Die Mitteilung hat vom Verband auszugehen. Damit soll gewährleistet sein, dass Aufsichtsratsmitglieder bei der Prüfung zugegen sein können (Abs. 2). Ist ein Aufsichtsratsvorsitzender nicht bestellt und übt niemand faktisch dieses Amt aus, so hat der Verband alle Mitglieder des Aufsichtsrats vor Beginn der Prüfung zu unterrichten. Zeitgemäß ist es, dass nicht nur bei größeren eG der Prüfungstermin rechtzeitig zwischen Verband und eG abgestimmt wird, um die Prüfungsbereitschaft zu gewährleisten und die Prüfung möglichst effizient gestalten zu können. So werden regelmäßig auch Bank- und Rechtsanwaltsbestätigungen bereits im Vorfeld und in Abstimmung mit dem Vorstand der eG eingeholt, deren Rücklauf über den Prüfungsverband erfolgt. In diesen Fällen muss das Überraschungsmoment zugunsten einer effektiven Prüfung zurücktreten. In der Praxis hat es sich bewährt, dass der Prüfer zu Beginn der Prüfung mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden ein Gespräch führt, in dem dieser zu besonderen Vorkommnissen befragt wird (z.B. besondere Rechtsstreitigkeiten, kontroverse Grundsatzentscheidungen etc.) oder auch Wünsche zu besonderen Prüfungsschwerpunkten geäußert werden können. 2. Teilnahme an der Prüfung. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hat alle übrigen 7 Mitglieder des Aufsichtsrats unverzüglich vom Beginn der Prüfung zu unterrichten. Damit soll ihnen die Gelegenheit gegeben werden, ihr generelles Recht auf Anwesenheit bei der Prüfung wahrzunehmen. Eine „Zuziehung“ von Aufsichtsratsmitgliedern zur Prüfung bedeutet, dass einerseits auf Verlangen einzelner Aufsichtsratsmitglieder diese unter Vermittlung des Vorsitzenden zur Prüfung zuzulassen sind – und anderer-
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9 Müller GenG § 57 Rdn. 14. 10 Vgl. Beuthien GenG § 57 Rdn. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 57 Rdn. 27 ohne jedoch auf die „Überraschungsprüfung“ abzustellen. 11 Vgl. Müller GenG § 57 Rdn. 15. 12 Müller ebd.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 57 Rdn. 27.
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§ 57 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
seits, dass auf Verlangen des Prüfers die Aufsichtsratsmitglieder verpflichtet sind, an der Prüfung teilzunehmen.13 8
3. Unterrichtung des Aufsichtsratsvorsitzenden über wichtige Prüfungsfeststellungen (Abs. 3). Der Prüfer ist verpflichtet, den Aufsichtsratsvorsitzenden unverzüglich von wichtigen Prüfungsfeststellungen zu unterrichten, die nach Meinung des Prüfers sofortige Maßnahmen des Aufsichtsrats erforderlich machen. Es muss sich aber um Prüfungsfeststellungen handeln; Vermutungen allein können diese Mitteilungspflicht des Prüfers nicht begründen. Solche wichtigen Prüfungsfeststellungen können Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführung betreffen, die möglicherweise ein Einschreiten des Aufsichtsrats erforderlich machen. Entsprechendes gilt für festgestellte Deliktshandlungen sowie Verweigerungen der Auskunft durch den Vorstand. Auch die Feststellung besonderer Risiken kann die Berichtspflicht auslösen. Der Prüfer muss den Aufsichtsratsvorsitzenden so ausreichend unterrichten, dass dieser in der Lage ist, dem Gesamtaufsichtsrat die erforderlichen Informationen als Grundlage einer Beschlussfassung zu geben. Die Mitteilung des Prüfers dürfte unter Berücksichtigung der Sorgfaltspflicht des § 41 zwingender Anlass für die Einberufung des Aufsichtsrats sein.14 Als Maßnahme käme auch die Einberufung einer GV/VV nach § 38 Abs. 2 S. 1 in Betracht. IV. Prüfungsschlusssitzung (Abs. 4)
In unmittelbarem Zusammenhang mit der Prüfung – üblicherweise unmittelbar an deren Ende – soll der Prüfer in einer gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat über das voraussichtliche Ergebnis der Prüfung mündlich berichten (Prüfungsschlusssitzung). Der Prüfer kann die Einberufung der Sitzung verlangen oder, falls diesem Verlangen nicht entsprochen wird, selbst die Sitzung einberufen. Abs. 4 verfolgt den Zweck, die Gremien der eG unverzüglich über die wirtschaftliche Lage der eG zu unterrichten. Die Prüfungsschlusssitzung ist nicht mit der Schlusssitzung nach § 58 Abs. 4 zu verwechseln, in der Vorstand und Aufsichtsrat der eG über den Prüfungsbericht beraten. Im Unterschied zu dieser Schlusssitzung besteht in der Prüfungsschlusssitzung die Gelegenheit noch offene Fragen gemeinsam zu erörtern oder auch den Prüfer um Empfehlungen oder Ratschläge zu bitten. Zur Teilnahme berechtigt sind neben dem Prüfer auch weitere Vertreter des Prüfungsverbandes. In § 57 soll durch das AReG voraussichtlichen ein neuer Abs. 5 eingefügt werden.15 9a Der bestehende Abs. 5 wird dadurch zu Abs. 6. Der neue Abs. 5 regelt, dass bei einer kapitalmarktorientierten eG (§ 264d HGB) oder einem CRR-Kreditinstitut (§ 1 Abs. 3d S. 1 KWG) der Prüfer an einer gemeinsamen Sitzung des Vorstands und des Aufsichtsrats der eG (verpflichtende Prüfungsschlusssitzung im Unterschied zu Abs. 4 „… soll der Prüfer …“) über das voraussichtliche Ergebnis der Prüfung teilzunehmen und über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung, insbesondere über wesentliche Schwächen des internen Kontroll- und Risikomanagementsystem bezogen auf den Rechnungslegungsprozess, zu berichten hat. Er informiert über Umstände, die seine Befangenheit 9
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13 So auch Beuthien GenG § 57 Rdn. 8; Müller GenG § 57 Rdn. 16a. 14 Müller GenG § 57 Rdn. 20. 15 Voraussichtliche Änderung aufgrund Art. 9 Nr. 7 Ref-E eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, AReG-RefE.
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Prüfungsbegleitende Qualitätssicherung | § 57a
besorgen lassen, und über Leistungen (und Honorare), die er zusätzlich zu den Prüfungsleistungen erbracht hat. Die Regelung entspricht § 171 Abs. 1 S. 2 und 3 AktG. Mit der Ergänzung soll eine bestehende Regelungslücke geschlossen werden.16 V. eG ohne Aufsichtsrat (Abs. 5) Abs. 5 wurde durch die GenG-Novelle 2006 neu aufgenommen. Ist kein Aufsichtsrat 10 gebildet, so werden die Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden durch einen von der GV gewählten Bevollmächtigen wahrgenommen, § 57 Abs. 5. Dieser muss entgegen der Regelung in § 39 Abs. 3 Mitglied der eG sein.17 Ist der Bevollmächtigte dauerhaft verhindert, muss eine unverzüglich einzuberufende GV einen neuen Bevollmächtigen wählen. Durch die Neuwahl wird der alte Bevollmächtigte zugleich abberufen. Die Abberufung kann auch ohne wichtigen Grund erfolgen.18 VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c 11 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
[§ 57a1 Prüfungsbegleitende Qualitätssicherung § 57a Prüfungsbegleitende Qualitätssicherung Ist die zu prüfende Genossenschaft kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d des Handelsgesetzbuchs oder ist sie ein CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes mit einer Bilanzsumme von mehr als 3 Milliarden Euro, hat in entsprechender Anwendung des Artikels 8 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 eine prüfungsbegleitende Qualitätssicherung stattzufinden. Die prüfungsbegleitende Qualitätssicherung darf nur von solchen fachlich und persönlich geeigneten Personen wahrgenommen werden, die an der Durchführung der Prüfung nicht beteiligt sind.].2
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–2 Anwendungsbereich der Neuregelung | 3–4 1. Kapitalmarktorientierte Kreditgenossenschaften | 3 2. CRR-Kreditinstitute/-genossenschaften | 4
III. IV. V.
Inhalt der prüfungsbegleitenden Qualitätssicherung | 5 Fachlich und persönlich geeignete Personen | 6 Europäische Genossenschaft (SCE) | 7
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Vgl. ebenda, AReG-RefE, S. 42. Vgl. hierzu BT-Drs. 16/1025, S. 90. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 57 Rdn. 39; Beuthien GenG § 57 Rdn. 11.
1 Ein neuer § 57a soll durch den APAReG-RegE eingefügt werden: Vgl. Art. 7 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/20124 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend „APAReG-RegE“, http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/A/abschlussprueferaufsichts reformgesetz-entwurf,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. 2 Der Kursivdruck macht kenntlich, dass die Gesetzesänderung noch in Kraft treten muss und noch Änderungen möglich sind.
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§ 57a | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
I. Allgemeines Das noch nicht in Kraft getretene Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReGRegE)3 liegt als Regierungsentwurf vor. Das geplante Artikelgesetz dient der Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse. Die Richtlinie 2006/43/ EG muss bis zum 17.6.2016 umgesetzt sein. Zu diesem Zeitpunkt sind auch die meisten Regelungen der VO (EU) Nr. 537/2014, die in den Mitgliedsstaaten unmittelbar gilt, anwendbar, so dass bis dahin entsprechende Anpassungen im deutschen Recht vorzunehmen sind.4 Folgerichtig regelt Artikel 11 Absatz 1 das generelle Inkrafttreten des Gesetzes zum 17. Juni 2016, einzelne für eG nicht bedeutsame Vorschriften sollen bereits früher in Kraft treten. Der neue § 57a regelt die prüfungsbegleitende Qualitätssicherung. Diese ist in Art. 8 2 „Auftragsbegleitende Qualitätssicherungsprüfung“ der o.g. VO (EU) Nr. 537/2014 geregelt. Eine direkte Anwendung der Regelungen des Artikels 8 dieser VO ist jedoch nach der Gesetzesbegründung5 fraglich, da bei der Prüfung von eG gerade kein Prüfungsauftrag erfolgt, sondern die Prüfung dauerhaft von dem genossenschaftlichen Prüfungsverband durchgeführt wird, dem die eG als Mitglied angehört. Daher stellt sich nicht die in Art. 8 Abs. 5 Buchst. a) zu beurteilende wichtige Frage der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers vom geprüften Unternehmen. 1
II. Anwendungsbereich der Neuregelung 3
1. Kapitalmarktorientierte Kreditgenossenschaften. Das Gesetz sieht zukünftig vor, dass sich kapitalmarktorientierte Kredit eG i.S.d. § 264d HGB immer einer prüfungsbegleitenden Qualitätssicherung unterziehen müssen. Dies ist sachgerecht, da diese Kreditinstitute entweder einen organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 5 WpHG durch bereits ausgegebene Wertpapiere i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 WpHG beanspruchen oder eine Zulassung zum Handel an einem derartigen Markt beantragt haben. Hier erfordert der Anlegerschutz und das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine besonders sorgfältige Überwachung und Prüfung eine Qualitätssicherung entsprechend Art. 8 der VO (EU) Nr. 537/2014.
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2. CRR-Kreditinstitute/-genossenschaften. Betroffen vom Anwendungsbereich der VO 537/2014 sind generell und unabhängig von ihrer Größe (spätestens ab 17.4.2016) alle CRR-Kreditinstitute i.S.d. § 1 Abs. 3d S. 1 KWG. CRR-Kreditinstitute (früher Einlagenkreditinstitute) sind Kreditinstitute, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, also alle Kredit eG auf Primärstufe und auf Zentralebene aber auch die Spezialinstitute der Genossenschaftsorganisation; vgl. § 53 Rdn. 9. Da die Prüfung dieser Institute durch einen Verband für dessen Mitglieder erfolgt, stellt sich nicht die Frage der Unabhängigkeit (s.o. Rdn. 2), dennoch ist auch bei eG bei bestimmten (bedeutenden) gesetzlichen Prüfungen eine prüfungsbegleitende Qualitätssicherung sinnvoll, die teilweise in der Praxis bereits auf Grundlage der Berufssatzung stattfindet und sich schon aus Gründen der Einheitlichkeit an den Vorgaben des Art. 8 der VO (EU) 2015/534 orientieren muss, soweit deren Anwendung sinnvoll ist.
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Vgl. APAReG-RegE. Vgl. ebenda, S. 1 „A. Problem und Ziel“ des Gesetzentwurfs. Ebenda, S. 145.
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Prüfungsbericht | § 58
Verpflichtend wird eine berufsbegleitende Qualitätssicherung aber nur bei der Prüfung von eG mit einer Bilanzsumme von mehr als 3 Millionen Euro. Diese Größenordnung dient nach der Gesetzesbegründung im RegE6 auch in anderen Zusammenhängen der Abgrenzung von kleineren Instituten, z.B. Art. 11 Abs. 6 der VO (EU) 2015/534 der Europäischen Zentralbank7 oder Art. 8 Abs. 5 der DurchfürungsVO (EU) 2015/81.8 III. Inhalt der prüfungsbegleitenden Qualitätssicherung Die auftragsbegleitende Qualitätssicherung wird von einem Qualitätssicherungsprü- 5 fer (Abschlussprüfer) vorgenommen, der nicht an der Durchführung der genossenschaftlichen Prüfung/Abschlussprüfung beteiligt ist (Art. 8 Abs. 2 VO 537/2014). IV. Fachlich und persönlich geeignete Personen Die prüfungsbegleitende Qualitätssicherung darf nur durch fachlich und persönlich 6 geeignete Personen erfolgen, die an der Prüfung selbst nicht beteiligt sind. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c für 7 die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 58 Prüfungsbericht § 58 Prüfungsbericht (1) Der Verband hat über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Auf den Prüfungsbericht ist, soweit er den Jahresabschluss und den Lagebericht betrifft, § 321 Abs. 1 bis 3 sowie 4a des Handelsgesetzbuchs entsprechend anzuwenden. (2) Auf die Prüfung von Genossenschaften, die die Größenmerkmale des § 267 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs erfüllen, ist § 322 [sind die §§ 322 und 322a]1 des Handelsgesetzbuchs über den Bestätigungsvermerk entsprechend anzuwenden. (3) Der Verband hat den Prüfungsbericht zu unterzeichnen und dem Vorstand der Genossenschaft sowie dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats vorzulegen; § 57 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden [§ 57 Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden, Artikel 11 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 ist nicht anzuwenden].1 Jedes Mitglied des Aufsichtsrats hat den Inhalt des Prüfungsberichts zur Kenntnis zu nehmen. (4) Über das Ergebnis der Prüfung haben Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft in gemeinsamer Sitzung unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts zu beraten.[; ist die Genossenschaft kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d des Handelsgesetzbuchs oder ist sie CRR-Kreditinstitut im Sinn des § 1 Absatz 3d Satz 1 des
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APAReG-RegE, S. 145. VO v. 17.3.2015 ABl. L 86 v. 31.3.2015, S. 13. VO des Rates vom 19.12.2014, ABl. L 15 v. 22.1.2015, S. 1.
1 Die Klammerzusätze beziehen sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 9 Nr. 8 RefE eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, nachfolgend AReG-RefE.
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§ 58 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Kreditwesengesetzes, mit Ausnahme der in § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Kreditwesengesetzes genannten Institute, hat der Aufsichtsrat darzulegen, wie die Prüfung sowie die Befassung des Aufsichtsrats oder Prüfungsausschusses mit der Abschlussprüfung dazu beigetragen hat, dass die Rechnungslegung ordnungsgemäß ist.]1 Verband und Prüfer sind berechtigt, an der Sitzung teilzunehmen; der Vorstand ist verpflichtet, den Verband von der Sitzung in Kenntnis zu setzen.
I. II. III. IV.
Systematische Übersicht Schriftlicher Prüfungsbericht des Verbandes (Abs. 1) | 1–2 Bestätigungsvermerk (Abs. 2) | 3–3a Unterzeichnung des Prüfungsberichts durch den Verband (Abs. 3 S. 1) | 4 Vorlage des Prüfungsberichts an den Vorstand und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats (Abs. 3 S. 1) | 5–5a
V.
Kenntnisnahme der Aufsichtsratsmitglieder (Abs. 3 S. 2) | 6 VI. Gemeinsame Beratung von Vorstand und Aufsichtsrat (Abs. 4) | 7–7a VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 8
I. Schriftlicher Prüfungsbericht des Verbandes (Abs. 1) Das Gesetz verpflichtet den Verband als Träger der Prüfung zur schriftlichen Berichterstattung über das Ergebnis der Prüfung gegenüber der eG. Für die Schriftform gilt § 126 Abs. 1 BGB: Der Prüfungsbericht muss durch gesetzliche Vertreter oder Bevollmächtigte handschriftlich unterschrieben sein. Auch der Prüfer kann unterschreiben, sofern ihm Vollmacht hierfür erteilt ist. Näheres zur Unterzeichnung Rdn. 4. § 58 wurde durch das BiRiLiG2 und später durch das KonTraG3 neu gefasst. Inhaltlich neu ist in Abs. 1 der Verweis auf § 321 Abs. 1 bis 3 HGB und in Abs. 2 der Hinweis auf den Bestätigungsvermerk, § 322 HGB. Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) v. 25.5.20094 wurde der Verweis auf § 321 Abs. 4a HGB (Bestätigung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers im Prüfungsbericht) ergänzt. 2 Für den Inhalt des Prüfungsberichts gilt nunmehr § 321 Abs. 1 bis 3 HGB soweit er den Jahresabschluss und den Lagebericht betrifft: Im Bericht ist festzustellen, ob die Buchführung, der Jahresabschluss und der Lagebericht bzw. ggf. der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und ob die gesetzlichen Vertreter die verlangten Aufklärungen und Nachweise erbracht haben. Die Posten des Jahresabschlusses sind aufzugliedern und ausreichend zu erläutern. Nachteilige Veränderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gegenüber dem Vorjahr und Verluste, die das Jahresergebnis nicht nur unwesentlich beeinflusst haben, sind aufzuführen und ausreichend zu erläutern. Bei Feststellungen des Abschlussprüfers, die den Bestand des Unternehmens gefährden oder die Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können, sowie über schwerwiegende Verstöße gegen Gesetz oder Satzung ist zu berichten. Anerkannte Berichtsgrundsätze sind: Berichtsklarheit – der Bericht muss so abgefasst werden, dass er von den Adressaten, also insb. auch von Aufsichtsrat und GV/VV verstanden werden kann. Dies gilt für die Formulierung, die Gliederung und den Inhalt. Berichtswahrheit – es muss erkennbar sein, welche Sachverhalte durch eigene Prüfung festgestellt und welche Feststellungen auf Informationen anderer Personen be1
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Bilanzrichtlinie-Gesetz, BGBl. I 1985, 2355. Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, BGBl. I 1998, 786. BGBl. I 2009, 1102.
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Prüfungsbericht | § 58
ruhen. Im Übrigen muss erkennbar sein, wo es sich um die Wertung des Prüfers handelt.5 Berichtsvollständigkeit – das Prüfungsergebnis muss alle erheblichen Feststellungen und Wertungen lückenlos wiedergeben. Wie auch bei der Prüfung gibt es im Prüfungsbericht grundsätzlich kein Geheimhaltungsinteresse der eG. Eine andere Frage ist, inwieweit geheimhaltungsbedürftige Tatsachen z.B. der GV/VV mitgeteilt werden müssen, vgl. Erl. zu § 59 Rdn. 8. Unparteilichkeit (§ 62 Abs. 1) – sowohl bei den feststellenden Prüfungshandlungen als auch bei der Bewertung muss sich der Prüfer im Bericht um größtmögliche Objektivität bemühen. Berichtseinheitlichkeit – der Bericht muss in einer Urkunde enthalten sein (wobei es allerdings zulässig und zweckmäßig sein kann, z.B. in einem „Anhang“ einzelne Nachweise zu erbringen). Dies schließt eine Vorprüfung mit Zwischenbericht nicht aus. Allerdings sind dann in den Berichten gegenseitige Verweisungen erforderlich.6 § 321a HGB (Offenlegung des Prüfungsberichts in besonderen Fällen, Einsichtnahmerecht in den Prüfungsbericht für Gläubiger oder Gesellschafter im Insolvenzverfahren) gilt für Kreditgenossenschaften über § 340k Abs. 1 Satz 1 HGB. § 321a HGB gilt nicht für eG, die keine Kreditgenossenschaften sind, da die Anwendung der Vorschrift nicht ausdrücklich angeordnet ist und für eine analoge Anwendung mangels vergleichbarer Interessenlage kein Raum ist: Die Mitglieder erhalten in der GV/VV Kenntnis von dem Prüfungsbericht, die Gläubiger haben in der Regel keinen Schadensersatzanspruch aus § 62 Abs. 1 und 2 gegen den Prüfungsverband. Zudem ist der Anwendungsbereich des § 321a HGB auch für Kapitalgesellschaften sehr beschränkt: Eine GmbH hat in der Regel nur wenige Gesellschafter, so dass die Anzahl derer, die keine Kenntnis von dem Prüfungsbericht haben, sehr gering sein dürfte, und bei AG und KGaA wird ein Börsenwert der Anteile von € 100.000,– vorausgesetzt, § 321a Abs. 2 S. 1 HGB. Das Gesetz enthält keine Regelung darüber, in welcher Weise der Prüfer dem Verband zu berichten hat. In der Praxis hat es sich bewährt, dass der Prüfer seinen Bericht gegenüber dem Verband als Entwurf eines schriftlichen Prüfungsberichts abgibt. Der Verband überprüft diesen Entwurf, bringt ggf. erforderliche Änderungen oder Ergänzungen an und macht ihn durch Unterzeichnung zum Prüfungsbericht des Verbandes. In der Prüfungspraxis haben sich Berichtsschemata und Prüfungschecklisten bewährt;7 damit soll erreicht werden, dass keine wesentlichen Gesichtspunkte übersehen werden. Aufgrund der immer komplexer werdenden Anforderungen an den einzelnen Prüfer ist eine Formalisierung unumgänglich. Der einzelne Prüfer wird dadurch in die Lage versetzt, gezielt vertiefend und risikoorientiert zu prüfen. Der Inhalt des Prüfungsberichts hat sich am Zweck und Prüfungsgegenstand zu orientieren, wie er in § 53 festgelegt ist. Adressat des Prüfungsberichts sind in erster Linie Aufsichtsrat und GV/VV, vgl. §§ 59 Abs. 1, 60 Abs. 1. Der Prüfungsbericht muss daher, vor allem im zusammengefassten Prüfungsergebnis (ZPE), das üblicherweise der GV/ VV vorgetragen wird, in wesentlichen Fragen vollständig und unparteiisch die Prüfungstätigkeit und die daraus abgeleiteten Ergebnisse darstellen. In den Formulierungen ist auf das durchschnittliche Verständnis der Adressaten Rücksicht zu nehmen.8
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5 Vgl. Müller GenG § 58 Rdn. 3. 6 IDW Prüfungsstandard: Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen (IDW PS 450), Rdn. 17. 7 IDW Prüfungsstandard: Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen (IDW PS 450), Rdn. 8 ff., insb. 21 ff. 8 Vgl. Großfeld/Noelle BB 1985, 2145 ff.
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§ 58 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Der Prüfungsbericht wird mit dem „zusammengefassten Prüfungsergebnis“ (ZPE) abgeschlossen. Diese Zusammenfassung muss alle wesentlichen Feststellungen und Aussagen des Berichtes enthalten; sie ist regelmäßig Grundlage des der GV/VV über die Prüfung zu erstattenden Berichtes, vgl. § 59 Rdn. 8. Bei Kreditgenossenschaften sind für das ZPE sowie für den gesamten Prüfungsbericht die von der BaFin auf der Grundlage des § 29 Abs. 4 KWG erlassenen Richtlinien (Prüfungsberichtsverordnung vom 11.6.2015 – PrüfbV)9 zu beachten.10 Über die Prüfung von Tochtergesellschaften ist unter dem Gesichtspunkt der „Einrichtungen“ zu berichten, die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung erstreckt sich auch auf die Tochtergesellschaften. Soweit irgendwelche Verbindungen zu anderen Unternehmen bestehen, z.B. zu anderen eG, aus denen sich rechtliche oder wirtschaftliche Auswirkungen ergeben, ist über diese Auswirkungen ebenfalls zu berichten. II. Bestätigungsvermerk (Abs. 2) 3
Vor dem BiRiLiG11 war bei eG ein Bestätigungsvermerk (Testat) nur für den Jahresabschluss von Kreditgenossenschaften vorgesehen (damaliger § 27 KWG). Nunmehr bestimmt das GenG, dass für große eG i.S.v. § 267 Abs. 3 HGB ein Bestätigungsvermerk entsprechend § 322 HGB zur Prüfung zu erteilen ist. Große eG sind gem. § 267 Abs. 3 HGB solche, die mindestens zwei der drei folgenden Merkmale überschreiten: – € 19.250.000 Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages (§ 268 Abs. 3 HGB), – € 38.500.000 Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag, – im Jahresdurchschnitt 250 Arbeitnehmer. Wegen Einzelheiten der Berechnungsmodalitäten vgl. § 267 Abs. 4 und 5 HGB. Bei Kreditgenossenschaften kommt es nicht auf die Erfüllung dieser Größenkriterien an. Deren Jahresabschluss ist unabhängig von der Größe des Instituts gem. § 340k Abs. 1 Satz 1 HGB, § 26 Abs. 1 Satz 2 KWG i.V.m. § 322 HGB mit einem Bestätigungsvermerk zu versehen. Der Jahresabschluss von Wohnungsgenossenschaften mit eigener Spareinrichtung muss ebenfalls mit einem Bestätigungsvermerk versehen sein, soweit diese Bankgeschäfte betreiben.12 Unter den genannten Voraussetzungen findet für große eG § 322 HGB Anwendung: Sind nach dem abschließenden Ergebnis der Prüfung keine Einwendungen zu erheben, so richtet sich der Wortlaut des Bestätigungsvermerks nach § 322 Abs. 3 HGB und der durch das IDW vorgegebenen Formulierung (z.B. für Kreditgenossenschaften: „Die nach § 53 GenG, § 340k Abs. 1 HGB i.V.m. §§ 316 ff. HGB durchgeführte Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt. Der von den gesetzlichen Vertretern aufgestellte Jahres-/Konzernabschluss entspricht aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse des Prüfers nach seiner Beurteilung den gesetzlichen Vorschriften und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der eG/des Konzerns.“).13
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9 BGBl. I 2015, 930. 10 Vgl. Beuthien GenG § 58 Rdn. 2. 11 Bilanzrichtlinie-Gesetz, BGBl. 1985 I, 2355. 12 § 26 Abs. 1 Satz 2 KWG; vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 58 Rdn. 20. 13 IDW PS 400, Rdn. 36.
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Der Bestätigungsvermerk ist dazu bestimmt, die Öffentlichkeit über die Satzungsund Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses, der zugrunde liegenden Buchführung und des Lageberichts zu unterrichten.14 Er verschafft der Allgemeinheit die Gewissheit über die durchgeführte Abschlussprüfung und deren Ergebnis.15 Falls Einwendungen zu erheben sind, so hat der Prüfer den Bestätigungsvermerk gem. § 322 Abs. 4 S. 1 HGB einzuschränken oder zu versagen. Die Versagung ist durch einen Vermerk zum Jahresabschluss oder zum Konzernabschluss zu erklären. Einschränkung und Versagung sind zu begründen. Ergänzungen als zusätzliche Bemerkungen sind nicht als Einschränkungen anzusehen. Der Verband hat den Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über seine Versagung unter Angabe von Ort und Tag zu unterzeichnen. Beide Vermerke sind in den Prüfungsbericht aufzunehmen, § 322 Abs. 4 S. 2 HGB. Der Bestätigungsvermerk ist vom Verband als Träger der Prüfung zu erteilen, und zwar auch im Falle von § 55 Abs. 3. Der Prüfer kann bevollmächtigt werden, den Bestätigungsvermerk für den Verband zu unterzeichnen. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn der Prüfer ermächtigt wird, das Testat in eigenem Namen zu unterzeichnen. In diesem Fall muss sich der Verband zum Inhalt des Testats erklären, da die Verantwortung gegenüber der eG und der Öffentlichkeit beim Verband bleibt. Nicht notwendig ist die Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks durch einen Prüfer, der als Wirtschaftsprüfer zugelassen ist. Der Wortlaut des § 322 Abs. 7 HGB bezieht sich insoweit lediglich auf die Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks bei Kapitalgesellschaften. Den Bestätigungsvermerk für eG erteilt der Verband als Träger der Prüfung.16 Für diesen können unterzeichnen: der Vorstand als gesetzlicher Vertreter des Prüfungsverbandes, ein besonderer Vertreter i.S.d. § 30 BGB oder ein bevollmächtigter Verbandsprüfer,17 der kein Wirtschaftsprüfer sein muss. Dies ergibt sich auch aus dem Umkehrschluss aus Art. 25 Abs. 2 Satz 1 EGHGB, der für die – unter den in Art. 25 Abs. 1 EGHGB genannten Voraussetzungen zulässige – Prüfung von Kapitalgesellschaften durch genossenschaftliche Prüfungsverbände ausdrücklich vorschreibt, dass der dann nach § 322 HGB erforderliche Bestätigungsvermerk nur von Wirtschaftsprüfern unterschrieben werden darf. Der Gesetzgeber ging also richtigerweise davon aus, dass ein Bestätigungsvermerk über die Prüfung bei eG vom Verband und hier von den dazu bevollmächtigten Personen zu unterzeichnen ist, ohne dass diese Wirtschaftsprüfer sein müssten. Anderenfalls hätte er nicht die Bestimmung in Art. 25 Abs. 2 Satz 1 EGHGB treffen müssen. Ein Ausnahme macht § 340k Abs. 2a S. 1 HGB für den Bestätigungsvermerk von Kreditgenossenschaften, s. Musterformulierung des IDW unter dieser Rdn. oben. Dieser ist durch einen Wirtschaftsprüfer zu unterzeichnen. Inhalt der o.g. Erklärung des Verbandes zum Inhalt des Testats kann sein: Unveränderte Übernahme des Testats, Ablehnung des Testats mit der Folge, dass dieses nicht erteilt ist oder Übernahme mit Änderungen. Die Erklärung des Verbandes zum Testat des Prüfers kann z.B. lauten: „Der Verband als Träger der Prüfung gem. § 53 GenG schließt sich dem vorstehenden Bestätigungsvermerk an.“ Die Erklärung des Verbandes muss in derselben Urkunde wie der Jahresabschluss enthalten sein. Das Originaltestat steht unter dem Jahresabschluss, während im Prüfungsbericht nur eine Aussage zum Testat enthalten ist.
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Vgl. Beuthien GenG § 58 Rdn. 5; Baumbach/Hopt HGB § 322 Rdn. 1 f. Beuthien GenG § 58 Rdn. 5. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 58 Rdn. 23; a.A. BerlKomm/Hillebrand § 58 Rdn. 14. So auch Beuthien GenG § 58 Rdn. 6.
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§ 58 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Die Übernahmeerklärung des Verbandes muss mit dem Testat veröffentlicht werden. In dem Prüfungsbericht ist der Wortlaut des Testats und die Erklärung des Verbandes dazu aufzunehmen. Keine rechtlichen Bedenken bestehen, wenn das Testat (auch im Falle von § 55 Abs. 3) sowohl vom Prüfungsverband als auch vom Prüfer unterzeichnet wird; § 322 Abs. 7 HGB, der Unterzeichnung des Bestätigungsvermerks durch den „Abschlussprüfer“ vorschreibt, steht auch dem nicht entgegen. Für Inhalt, Qualität und Aussagewert einer Prüfung ist es unerheblich, ob der Jahresabschluss mit einem Bestätigungsvermerk versehen wird. 3a Durch das AReG18 wird voraussichtlich ein Verweis auf § 322a HGB aufgenommen werden. Die vorgesehene Ergänzung der Verweisung in § 58 Abs. 2 (siehe Gesetzestext in Klammern) bezieht auch die eG in den Anwendungsbereich des neuen § 322a HGB ein, die nicht unmittelbar in den Anwendungsbereich der VO (EU) Nr. 537/2014 fallen. Durch den voraussichtlich neu geschaffenen § 322a HGB-E wird an dem Grundgedanken eines für alle Abschlussprüfungen einheitlichen Bestätigungsvermerks festgehalten. Die Beurteilung von Prüfungsergebnissen soll auch zukünftig auf einer einheitlichen Grundlage erfolgen. Dies dient der Vergleichbarkeit von Prüfungsergebnissen und durch die gewonnene Transparenz der Stärkung des Vertrauens der Adressaten in die Arbeit der Abschlussprüfer. Für Bestätigungsvermerke im Falle der Prüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse wird ab dem 17.7.2016 Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 unmittelbar gelten. Die Einheitlichkeit des Bestätigungsvermerks kann dann nur noch dadurch gewahrt werden, dass die materiellen Vorgaben des Artikels 10 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 auf die Beurteilung der Prüfung sonstiger Unternehmen erstreckt werden. Dazu werden die Vorgaben des Artikels 10 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 soweit wie möglich wortgetreu in das HGB (§ 322a) übertragen. Die Annäherung des Wortlautes der Regelungen zielt auf eine möglichst weitgehende Vergleichbarkeit der nach den jeweiligen Vorgaben erstellten Bestätigungsvermerke und dient damit unmittelbar dem Ziel der Einheitlichkeit. An der Einheitlichkeit des Bestätigungsvermerks soll auch mit Blick auf die Prüfung von eG festgehalten werden.19 Die in § 58 Absatz 4 Satz 1 GenG ergänzte Darlegungspflicht des Aufsichtsrats vervollständigt die Erweiterung der Aufgabenzuweisung in § 38 Absatz 1a Satz 1 GenG und dient der Umsetzung des Artikels 39 Absatz 6 Buchstabe a der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie, vgl. dazu Rdn. 79. III. Unterzeichnung des Prüfungsberichts durch den Verband (Abs. 3 S. 1) 4
Das Gesetz schreibt vor, dass der Prüfungsbericht vom Verband als Träger der Prüfung zu unterzeichnen ist. Für den Prüfungsverband können unterzeichnen der Vorstand als gesetzlicher Vertreter (§ 26 Abs. 2 BGB, §§ 24, 26) oder ein verfassungsmäßig berufener Vertreter i.S.v. § 30 BGB, oder jede dazu bevollmächtigte Person, z.B. der Verbandsprüfer (§§ 164, 165 BGB). Auch bei der Unterzeichnung des Prüfungsberichts ist es daher nicht erforderlich, dass dies durch einen Wirtschaftsprüfer erfolgt.20 Im Falle von § 55 Abs. 3, wenn sich der Verband aus wichtigem Grund eines anderen Prüfers bedient, bleibt die Verantwortung als Träger der Prüfung grundsätzlich beim Verband (vgl. zu den Ausnahmen § 55 Rdn. 32). Es erscheint in diesem Fall richtig, wenn sowohl der beauftragte Prüfer als auch der Vertreter des Verbandes unterzeichnen. Un-
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Abschlussprüfungsreformgesetz, siehe Fn. 1. AReG-RefE, S. 31, 42. Vgl. die Ausf. unter Rdn. 4 bzgl. des Bestätigungsvermerks.
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terschrift des Vertreters des Prüfungsverbandes ist erforderlich, soweit der Verband zum Bericht des beauftragten Prüfers eine eigene Stellungnahme abgibt. Falls das Prüfungsrecht i.S.v. § 56 ruht, ist der bestellte Prüfer selbst Träger der Prüfung. In diesem Fall ist allein dieser bestellte Prüfer berechtigt und verpflichtet, den Prüfungsbericht zu unterschreiben. „Unterschreiben“ bedeutet handschriftliches Namenszeichen, § 126 Abs. 1 BGB. Rechtlich ist der Prüfungsbericht erstattet, sobald dem Vorstand ein handschriftlich unterzeichnetes Exemplar vorliegt. Die Unterzeichnung auf einer Matrize oder die Verwendung eines Faksimiles sind nicht ausreichend. Es genügt, wenn ein eigenhändig unterschriebenes Berichtsexemplar vorliegt; die übrigen Exemplare können dann eine vervielfältigte Unterschrift tragen. In der Praxis ist es allerdings üblich, sämtliche für den Vorstand und Aufsichtsrat bestimmte Berichtsexemplare handschriftlich zu unterzeichnen. Weichen die Unterschriften unter dem Bestätigungsvermerk und dem Prüfungsbericht voneinander ab, so ist dies im Prüfungsbericht zu vermerken. IV. Vorlage des Prüfungsberichts an den Vorstand und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats (Abs. 3 S. 1) Der Prüfungsbericht wird dadurch erstattet, dass er vom Verband dem Vorstand der 5 eG sowie dem Aufsichtsratsvorsitzenden – bei kleinen eG ohne Aufsichtsrat (§ 9 Abs. 1 S. 2) dem Bevollmächtigen nach §§ 58 Abs. 3 S. 1 2. Halbsatz, 57 Abs. 5 – zugleitet wird. Mit dieser Aushändigung ist die Prüfung abgeschlossen. Hat der Bericht jedoch wesentliche Mängel, so ist die Prüfung noch nicht ordnungsgemäß abgeschlossen. Solche Mängel liegen insb. dann vor, wenn derart gegen anerkannte Berichtsgrundsätze verstoßen worden ist, dass wesentliche Feststellungen der Prüfung nicht oder nicht richtig wiedergegeben sind oder nicht aufrechterhalten werden können.21 Ein wesentlicher Mangel würde z.B. darin liegen, dass der Bericht kein abschließendes Prüfungsergebnis enthält.22 Unwesentliche Mängel beeinträchtigen zwar nicht die Wirksamkeit des Berichts, die eG dürfte jedoch einen Berichtigungsanspruch haben.23 Besteht Anlass für die Annahme, dass der Prüfungsbericht fehlerhaft ist, so folgt aus der dem Verband gegenüber der Mitgliedsgenossenschaft bestehenden Treuepflicht, dass der Verband solche Feststellungen z.B. nicht an die BaFin weitergeben darf. Es hat vielmehr zuvor eine Klärung bzw. Berichtigung stattzufinden. Rechtlich ist es ausreichend, wenn jeweils ein Exemplar des Berichts an den Vorstand sowie separat an den Aufsichtsratsvorsitzenden an die Adresse der eG geht.24 U.U. kann es aber zweckmäßig sein, weitere Exemplare beizufügen. Bei Kreditgenossenschaften bestimmt § 26 Abs. 1 S. 4 KWG, dass der Prüfungsbericht (nur) auf Anforderung bei der BaFin und der Deutschen Bundesbank einzureichen ist. Besonderheiten gelten nach Zweck, Umfang und Durchführung für die jährliche Ordnungsmäßigkeitsprüfung einer Wohnungsgenossenschaft mit erlaubnispflichtigen Tätigkeiten i.S.v. § 34c Abs. 1 GewO nach § 16 Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Diese ist auf die Einhaltung der Vorschriften der §§ 2–14 MaBV gerichtet. Über das Ergebnis der Prüfung jeder dieser Vorschriften ist einzeln zu berichten mit der Erklärung, ob ein Verstoß gegeben oder nicht festgestellt ist. Die eG hat den Prüfungsbe-
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Zu eng Müller GenG § 58 Rdn. 9a. Vgl. Niehus DB 1969, 1351. Müller GenG § 58 Rdn. 9b. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 58 Rdn. 8.
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richt der zuständigen Behörde bis spätestens zum 31.12. des nächsten Jahres zu übermitteln. Durch das AReG25 wird voraussichtlich der vorherige § 57 Abs. 5 zu Abs. 6. Folglich 5a handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung. Außerdem werden eG, soweit sie Unternehmen von öffentlichem Interesse sind, aus dem Anwendungsbereich des Artikels 11 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 (zusätzlicher Bericht an den Prüfungsausschuss der eG) ausgenommen. Die Notwendigkeit der schriftlichen Berichterstattung ergibt sich bereits aus § 58 Abs. 1 S. 1; eine Vorgabe zur Unterzeichnung des Prüfungsberichts enthält § 58 Abs. 3 S. 1.26 V. Kenntnisnahme der Aufsichtsratsmitglieder (Abs. 3 S. 2) 6
Durch die GenG-Novelle 2006 ist die Pflicht eines jeden Aufsichtsratsmitglieds eingeführt worden, sich mit dem Inhalt des Prüfungsberichts und insbesondere den enthaltenden Feststellungen zu beschäftigen. Dies folgte auch vor der gesetzlichen Klarstellung bereits aus der besonderen Verantwortung der Aufsichtsratsmitglieder (§§ 38, 41). Besteht kein Aufsichtsrat, trifft die Pflicht zur Kenntnisnahme alle Mitglieder.27 Um der Verpflichtung nachzukommen ist es ausreichend, wenn der Prüfungsbericht z.B. durch den Aufsichtsratsvorsitzenden oder durch einen Ausschuss analysiert wird und dessen Inhalt in einer Sitzungsvorlage von den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern zur Kenntnis genommen wird.28 Aus der Pflicht zur Kenntnisnahme folgt, dass jedes Aufsichtsratsmitglied eine Aushändigung des Berichts verlangen kann. Es wäre nicht sachgerecht, den Aufsichtsratsmitgliedern zu verbieten, den Bericht zum Durcharbeiten aus den Geschäftsräumen der eG zu bringen oder ihnen vorzuschreiben, dass der Bericht nur dort gelesen werden kann. Die besondere Schweigepflicht der Organmitglieder (§ 41 i.V.m. § 34) gibt i.V.m. der Strafvorschrift des § 151 Gewähr für eine vertrauliche Behandlung. Damit ist z.B. nicht vereinbar, bei der Einsichtnahme generell einen Sachverständigen hinzuzuziehen.29 Dem besonderen Sorgfaltsmaßstab des Aufsichtsrats dürfte es jedenfalls nicht entsprechen, wenn zu Beginn der gemeinsamen Sitzung (Abs. 4) der Vorstand den Prüfungsbericht kurz zur Einsicht vorlegt.30 Der Prüfungsbericht unterliegt grundsätzlich dem Prüfungsgeheimnis. Der Bericht ist nur den im Gesetz festgelegten Adressaten zugänglich (zunächst nur Vorstand und Aufsichtsrat). Wenn nicht andere gesetzliche Regelungen weitere Ausnahmen vorsehen, z.B. § 62 Abs. 3, 4, kann nicht der Prüfungsverband, sondern nur der jeweils Betroffene von der Schweigepflicht entbinden. Falls es sich um Betriebsgeheimnisse der eG handelt, kann nur die eG selbst einer Auskunftserteilung über den Prüfungsbericht zustimmen; soweit es sich um Geheimnisse Dritter, z.B. Kunden, handelt, können nur diese von der Schweigepflicht entbinden. Ausnahmsweise können jedoch dritte Personen berechtigt sein, den Prüfungsbericht einzusehen, z.B. ausgeschiedene Vorstandsmitglieder, gegen die – unter Berufung auf Prüfungsfeststellungen – Regressansprüche geltend gemacht werden.
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Siehe Fn 1. AReG-RefE, S. 42. Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 90; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 58 Rdn. 9. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 58 Rdn. 9. BGH für die AG DB 1983, 165. Vgl. Müller GenG § 58 Rdn. 10.
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VI. Gemeinsame Beratung von Vorstand und Aufsichtsrat (Abs. 4) Während § 57 Abs. 4 in unmittelbarem Zusammenhang mit der Prüfung die „Prü- 7 fungsschlusssitzung“ vorsieht, sind nach § 58 Abs. 4 Vorstand und Aufsichtsrat nach Eingang des Prüfungsberichts verpflichtet, in einer gemeinsamen Sitzung über die Auswertung der Prüfungsergebnisse zu beraten.31 Es sind insbesondere die im Prüfungsbericht enthaltenen Empfehlungen und Beanstandungen zu erörtern und erforderlichenfalls die sich daraus ergebenden Folgerungen zu beschließen. Während die Prüfung mit Aushändigung des Prüfungsberichts an den Vorstand abgeschlossen ist, erfolgt die „Abnahme“ des Prüfungsberichts analog § 640 BGB in dieser gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat. Das Gesetz gibt ausdrücklich sowohl dem Verband (den von ihm zu benennenden Vertretern) als auch dem Prüfer das Recht, an dieser Sitzung teilzunehmen; aus diesem Grunde muss der Vorstand der eG den Verband von der Sitzung unterrichten. Dies muss so rechtzeitig geschehen, dass der Verband und der Prüfer noch eine Teilnahmemöglichkeit haben. Der Prüfer und die Vertreter des Verbandes sind insb. berechtigt, ihre Auffassung darzulegen. Beschlüsse sind naturgemäß nur von den Mitgliedern des Aufsichtsrats und des Vorstands – und zwar getrennt – zu fassen. Für die Einberufung der Sitzung ist der Vorstand verantwortlich, soweit die Satzung nichts anderes vorsieht. Erforderlichenfalls ist, auch ohne Satzungsregelung, der Vorsitzende des Aufsichtsrats zur Einberufung berechtigt und verpflichtet.32 Prüfungsverband oder Prüfer haben kein Einladungsrecht (im Gegensatz zur Schlusssitzung gem. § 57 Abs. 4). Der Verband muss aber erforderlichenfalls die ihm möglichen Maßnahmen ergreifen, wie z.B. die Einberufung einer außerordentlichen GV gem. § 60. Die Anordnung eines Zwangsgeldes gem. § 160 durch das Registergericht ist nicht vorgesehen. Durch das AReG33 wird § 58 Abs. 4 S. 1 für kapitalmarkorienteierte eG (§ 264d HGB) 7a bzw. CRR-Kreditinstitute (§ 1 Abs. 3d S. 1 KWG) voraussichtlich dahingehend ergänzt werden, dass der Aufsichtsrat darzulegen hat, wie die Abschlussprüfung zur Integrität der Rechnungslegung beigetragen hat, und welche Rolle er in diesem Prozess gespielt hat. Diese Ergänzung vervollständigt die Erweiterung der Aufgabenzuweisung im neuen § 38 Abs. 1a S. 1 n.F. (vgl. die Ausführungen dort) und dient der Umsetzung des Artikels 39 Absatz 6 Buchstabe a der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie.34 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c 8 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42. Nach § 27 Abs. 2 S. 1 SCEAG haben die Verwaltungsratsmitglieder (monistisches System) den Prüfungsbericht ebenfalls zur Kenntnis zu nehmen. Zu diesem Zweck ist ihnen der Prüfungsbericht auszuhändigen, § 27 Abs. 2 S. 2 SCEAG.
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31 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 58 Rdn. 14. 32 Müller GenG § 58 Rdn. 11; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 58 Rdn. 15. 33 Siehe Fn. 1. 34 RL 2014/56/EU v. 16.4.2014 zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen.
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§ 59 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
§ 59 Prüfungsbescheinigung; Behandlung des Prüfungsberichts in der Generalversammlung § 59 Prüfungsbescheinigung; Behandlung des Prüfungsberichts in der GV (1) Der Vorstand hat eine Bescheinigung des Verbandes, dass die Prüfung stattgefunden hat, zum Genossenschaftsregister einzureichen und den Prüfungsbericht bei der Einberufung der nächsten Generalversammlung als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen. Jedes Mitglied hat das Recht, Einsicht in das zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts zu nehmen. (2) In der Generalversammlung hat sich der Aufsichtsrat über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen der Prüfung zu erklären. (3) Der Verband ist berechtigt, an der Generalversammlung beratend teilzunehmen; auf seinen Antrag oder auf Beschluss der Generalversammlung ist der Bericht ganz oder in bestimmten Teilen zu verlesen. I. II.
III.
IV.
Systematische Übersicht Prüfungsbescheinigung (Abs. 1 S. 1) | 1 Ankündigung des Prüfungsberichts zur Beschlussfassung in der Generalversammlung/Vertreterversammlung (Abs. 1 S. 1) | 2–4 Unterrichtung der Generalversammlung/ Vertreterversammlung durch den Vorstand | 5 Einsichtsrecht des Mitglieds in das zusammengefasste Prüfungsergebnis (Abs. 1 S. 2) | 5a–5b
V.
Erklärungen des Aufsichtsrats zur Prüfung in der Generalversammlung/ Vertreterversammlung (Abs. 2) | 6 VI. Teilnahmerecht des Verbandes (Abs. 3) | 7 VII. Verlesen des Prüfungsberichts auf Antrag des Verbandes (Abs. 3) | 8 VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 9
I. Prüfungsbescheinigung (Abs. 1 S. 1) 1
Die Prüfungsbescheinigung enthält nur die Erklärung des Prüfungsverbandes, dass die Prüfung stattgefunden hat; sie gibt keine Auskunft über das Ergebnis der Prüfung – im Gegensatz zum Testat bei der Abschlussprüfung nach HGB bzw. bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung von eG, die Kreditinstitute sind1 oder die die Größenmerkmale des § 267 Abs. 3 HGB erfüllen, siehe 58 Abs. 2. Die Bescheinigung ist auch zu erteilen, wenn die Prüfung zu erheblichen Beanstandungen geführt hat.2 Die Prüfungsbescheinigung ist schriftlich (Textform genügt)3 an den Vorstand der eG zu geben, der die Prüfungsbescheinigung zum Genossenschaftsregister einzureichen hat. Beauftragt der Prüfungsverband gem. § 55 Abs. 3 S. 2 einen anderen Verband, Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Prüfung, bleibt er Träger der Prüfung und stellt daher auch die Prüfungsbescheinigung aus. Eine Einreichung zum Register der Zweigniederlassung ist seit der Novelle 1973 nicht mehr erforderlich. Die Prüfungsberichte selbst werden nicht dem Registergericht eingereicht; das Gericht hat weder einen Anspruch auf Einreichung noch auf Einsicht. Bei der Prüfung von Kreditgenossenschaften muss der Prüfungsverband den Prüfungsbericht (nur) auf Anforderung der BaFin bei dieser einreichen.4 Wohnungsge-
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1 Vgl. § 340k Abs. 1 Satz 1 HGB. 2 Müller GenG § 59 Rdn. 1. 3 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn. 3; a.A. nur Schriftform Beuthien GenG § 59 Rdn. 1; Müller GenG § 59 Rdn. 1. 4 § 26 Abs. 1 Satz 4 KWG.
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Prüfungsbescheinigung; Behandlung des Prüfungsberichts in der GV | § 59
nossenschaften mit Spareinrichtungen müssen die Abschnitte des Prüfungsberichtes über die Liquiditätslage und über die Einhaltung der Vorschriften des KWG nach Maßgabe der hierzu ergangenen Schreiben und Mitteilungen unaufgefordert alsbald nach Abschluss der Jahresabschlussprüfung über den Prüfungsverband zuleiten. Das Registergericht kann die Vorstandsmitglieder der eG gem. § 160 durch Festsetzung von Zwangsgeld zur Einreichung der Prüfungsbescheinigung veranlassen.5 Daneben hat der Prüfungsverband nach § 60 das Recht, selbst die GV/VV einzuberufen. II. Ankündigung des Prüfungsberichts zur Beschlussfassung in der Generalversammlung/Vertreterversammlung (Abs. 1 S. 1) Der Prüfungsbericht ist gem. Abs. 1 bei der Berufung der nächsten GV/VV „als Ge- 2 genstand der Beschlussfassung“ vom Vorstand anzukündigen. Die genaue Bedeutung dieser Vorschrift ist unklar. Der Bericht kann nicht in dem Sinne Gegenstand der Beschlussfassung der GV/VV sein, da über seinen Inhalt als solchen der Prüfer entscheidet.6 In erster Linie dürfte mit der Vorschrift zum Ausdruck kommen, dass der Prüfungsbericht in der GV/VV Gegenstand der Beratung sein muss.7 Beschlüsse der GV/VV können jedenfalls im Hinblick auf den Umfang der Verlesung des Prüfungsberichts gefasst werden.8 Maßnahmen zur Beseitigung der im Prüfungsbericht festgestellten Mängel 3 sind grundsätzlich Angelegenheit der Geschäftsleitung (des Vorstands gem. § 27 Abs. 1, ggf. des Aufsichtsrats gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3). Dessen ungeachtet kann die GV/VV auch in Form eines Beschlusses ihre Meinung zu den Feststellungen des Prüfungsberichts zum Ausdruck bringen und erforderlichenfalls – wenn der Vorstand nichts Ausreichendes veranlasst – bindende Beschlüsse zur Beseitigung festgestellter Mängel fassen.9 Dies folgt aus § 60 Abs. 1. Diese gesetzliche Kompetenzzuweisung gilt nicht nur für die vom Prüfungsverband gem. § 60 berufene GV/VV, sondern für jede GV oder VV, die sich mit dem Prüfungsbericht befasst. Aus dem Wortlaut von § 60 Abs. 1 erster Halbsatz folgt, dass der Verband dann eine GV/VV einberufen kann, wenn diese „bei der Beschlussfassung“ unzulänglich über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichts unterrichtet war. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber in § 60 Abs. 1 davon ausgeht, dass eine ausreichende Unterrichtung der GV/VV über die Feststellung der Prüfung erforderlich ist. Noch eindeutiger § 60 Abs. 1 am Ende: „… zwecks Beseitigung festgestellter Mängel … beschlossen werden soll.“ Dies kann nur von Bedeutung sein, wenn die GV/VV berechtigt ist, auch über aus den Prüfungsfeststellungen sich ergebende Folgerungen mit Bindungswirkung gegenüber dem Vorstand zu beschließen. Es handelt sich hier um eine gesetzliche Kompetenz der GV/VV, die in die Leitungskompetenz des Vorstandes (§ 27 Abs. 1) eingreift. Die Ankündigung des Prüfungsberichts als Gegenstand der Beschlussfassung ist 4 zwingend vorgeschrieben. Dies bedeutet, dass in der Tagesordnung diese Beschlussfassung als gesonderter Tagesordnungspunkt oder zumindest klar erkennbar im Zusammenhang mit einem anderen Tagesordnungspunkt enthalten ist. Beispiel: „Bericht des Aufsichtsrats über die gesetzliche Prüfung gemäß § 53 und Beschlussfassung über den Prüfungsbericht.“ Die Ankündigung in der Tagesordnung als Beschlussgegenstand soll für die GV/VV die Möglichkeit einräumen, rechtsverbindliche Beschlüsse über die Verlesung
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Hierzu Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn. 5. Beuthien GenG § 59 Rdn. 2. Müller GenG § 59 Rdn. 3. Beuthien GenG § 59 Rdn. 2; Müller GenG § 59 Rdn. 3. A.A. Beuthien GenG § 59 Rdn. 2; Müller GenG § 59 Rdn. 3.
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§ 59 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
des Prüfungsberichts oder Beseitigung von Mängeln zu fassen. Soweit ein Beschlussbedürfnis nicht vorhanden ist (weil z.B. der Prüfungsbericht keine Hinweise auf Mängel enthält oder der Vorstand bereits für Abhilfe gesorgt hat), besteht keine rechtliche Notwendigkeit, zum Prüfungsbericht einen Beschluss zu fassen; im Gesetz zwingend vorgesehen ist nur die Ankündigung zur Beschlussfassung. Es ist nicht erforderlich, zur Erörterung des Prüfungsberichts eine eigene, außerordentliche GV/VV einzuberufen; in der Praxis ist es üblich, die ordentliche GV/VV möglichst im Anschluss an die gesetzliche Prüfung durchzuführen. Eine außerordentliche GV/VV ist nur erforderlich, wenn Ergebnisse der Prüfung sofortige Beschlüsse der Versammlung notwendig machen. Die Einberufung hat durch den Vorstand, erforderlichenfalls durch den Aufsichtsrat zu erfolgen. Der Prüfungsverband kann im Rahmen von § 60 die Versammlung einberufen. III. Unterrichtung der Generalversammlung/Vertreterversammlung durch den Vorstand 5
Das Gesetz sieht nicht ausdrücklich vor, dass der Vorstand in der GV/VV über den Prüfungsbericht Erklärungen abgibt. Stattdessen ist in Abs. 2 ausdrücklich die Erklärung des Aufsichtsrats vorgesehen. Die notwendige Erörterung des Prüfungsberichts in der GV/VV kann jedoch eine Aufklärung auch durch den Vorstand voraussetzen. In diesem Fall muss der Vorstand über die wesentlichen Feststellungen des Prüfungsberichts eine eigene Stellungnahme abgeben.10 Falls z.B. der zusammengefasste Prüfungsbericht bei den Mitgliedern zu Unklarheiten oder Missverständnissen führen kann, erscheint eine erläuternde Stellungnahme des Vorstandes11 auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs erforderlich und darf von den Mitgliedern erwartet werden.12 IV. Einsichtsrecht des Mitglieds in das zusammengefasste Prüfungsergebnis (Abs. 1 S. 2)
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Durch die GenG-Novelle 200613 ist § 59 Abs. 1 S. 2 in das Gesetz aufgenommen worden. Das Gesetz sieht ein ausdrückliches Einsichtsrechts eines jeden Mitglieds – auch bei bestehender VV – in das zusammengefasste Prüfungsergebnis (zum Begriff, s. Rdn. 8) vor. Hierdurch sind die Mitgliederrechte gestärkt worden. Ein Einsichtsrecht in den vollständigen Prüfungsbericht besteht hingegen nicht. Die Auskunftsrechte in der GV/VV werden als ausreichend erachtet, vgl. Erl. zu § 43. Das Interesse an der Geheimhaltung der eG gegenüber dem Informationsinteresse der Mitglieder überwiegt, vgl. hierzu auch die Ausnahmeregelungen des § 62 Abs. 3 und 4. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist das Einsichtsrecht nicht auf die GV/VV beschränkt, sondern kann auch zu den üblichen Geschäftszeiten vorgenommen werden.14 Ein Recht auf Abschriftenerteilung15 besteht nicht. Allerdings kann sich das Mitglied eigene Aufzeichnungen machen.
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10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn. 59; Müller GenG § 59 Rdn. 3; Beuthien GenG § 59 Rdn. 3. 11 Neben dem Vertreter des Verbandes, s. Rdn. 8. 12 Wie hier Müller GenG § 59 Rdn. 3; a.A. Beuthien GenG § 59 Rdn. 2, der eine Stellungnahme des Vorstands wegen einer möglichen Befangenheit ablehnt. 13 Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 31 u. 90. 14 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn 21; Beuthien GenG § 59 Rdn. 4. 15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn 21.
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Prüfungsbescheinigung; Behandlung des Prüfungsberichts in der GV | § 59
Das Finanzamt soll das Recht haben, eine vollständige Abschrift des Prüfungsbe- 5b richts verlangen zu können.16 V. Erklärungen des Aufsichtsrats zur Prüfung in der Generalversammlung/ Vertreterversammlung (Abs. 2) Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, sich in der GV/VV über wesentliche Feststellun- 6 gen oder Beanstandungen der Prüfung zu erklären. Er muss dabei Geheimhaltungspflichten, insb. das Bankgeheimnis und sonstige Betriebsgeheimnisse beachten.17 Die Erklärungspflicht des Aufsichtsrats umfasst sowohl einen kurzen Bericht über die Prüfung und das Prüfungsergebnis als auch eine eigene Stellungnahme dazu.18 Der Aufsichtsrat kann sich auf die Verlesung des „zusammengefassten Prüfungsergebnisses“ beschränken, es muss aber erkennbar werden, dass er diese Aussage zu einer eigenen Stellungnahme macht. Erforderlichenfalls sind zusätzliche Erklärungen und Erläuterungen zu geben, über deren Inhalt der Aufsichtsrat in eigener Verantwortung entscheidet. VI. Teilnahmerecht des Verbandes (Abs. 3) Nach Abs. 3 ist der Prüfungsverband berechtigt, an der GV/VV, die den Prüfungsbe- 7 richt behandelt, beratend teilzunehmen. Dies stellt zusammen mit der Möglichkeit des Verbandes nach § 60, ggf. eine außerordentliche GV/VV einzuberufen, eine Maßnahme der Prüfungsverfolgung dar. Das gesetzliche Anwesenheitsrecht des Verbandes besteht nur im Zusammenhang mit der Behandlung des Prüfungsberichts; bei sonstigen Tagesordnungspunkten oder einer anderen (z.B. außerordentlichen) GV/VV hat der Vertreter des Verbandes nur ein Anwesenheitsrecht aufgrund der Verbandssatzung oder der Genossenschaftssatzung. Es liegt im Ermessen des Prüfungsverbandes, durch wen er sich in der GV/VV vertreten lassen will. Die Vertreter des Verbandes haben das Recht, das Wort zu ergreifen, um erforderlichenfalls die Ausführungen des Vorstandes oder des Aufsichtsrats zum Prüfungsbericht zu ergänzen oder u.U. auch kritisch zu den Erläuterungen dieser Organe Stellung zu nehmen. Sie sind berechtigt, Fragen der Mitglieder im Zusammenhang mit der Prüfung zu beantworten, soweit sie damit nicht gegen Geheimhaltungspflichten verstoßen.19 Neben dem Rederecht hat der Vertreter des Verbandes ggf. auch das Recht, Anträge zur Beschlussfassung durch die GV/VV zu stellen; dies gilt z.B. im Rahmen der in der Tagesordnung angekündigten Beschlüsse zur Beseitigung festgestellter Mängel. Ein Stimmrecht des Verbandes ist damit nicht verbunden. Der Vertreter des Prüfungsverbandes ist nicht Gast der GV/VV. Er kann daher grundsätzlich nicht durch den Versammlungsleiter aus der Versammlung ausgeschlossen werden. Der Verband muss seine Teilnahme an der Versammlung nach pflichtgemäßem Ermessen durch einen kompetenten Vertreter einrichten, dieser hat sein Verhalten in der Versammlung mit der gebotenen Sachlichkeit aber erforderlichenfalls auch Klarheit auszuüben.
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16 Hess. FG Urt. v. 8.3.1991, Az.4 K 4642/90; FG Berlin Urt. v. 14.6.1999, Az. 8K 8712/98; sowie m. ausführlicher Begründung Beuthien GenG § 59 Rdn. 4. Zum Verhältnis Bankgeheimnis und Einsichtsrecht der Finanzämter, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn. 23. 17 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn. 8; Müller GenG § 59 Rdn. 3b. 18 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn. 9; Müller GenG § 59 Rdn. 3. 19 Müller GenG § 59 Rdn. 4a.
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§ 59 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Wegen des Teilnahmerechts des Verbandes muss der Vorstand der eG dem Prüfungsverband rechtzeitig den Zeitpunkt der GV/VV mitteilen.20 Ergänzend enthalten die Satzungen der Prüfungsverbände üblicherweise eine Einladungspflicht der Mitgliedsgenossenschaften. In Fällen des § 55 Abs. 2 verbleibt das Teilnahmerecht beim Prüfungsverband. Handelt es sich jedoch um Kollisionsfälle i.S.v. § 55 Abs. 3, so muss der Prüfungsverband immer dann von allen Handlungen ausgeschlossen sein, die im Zusammenhang mit der Prüfung stehen, wenn er insgesamt befangen ist. Dies bedeutet folgerichtig, dass das Teilnahmerecht hier nicht beim Prüfungsverband verbleiben kann, sondern auf den bestellten Prüfer übergeht. Überträgt der Verband aber z.B. eine Prüfung nach § 55 Abs. 3 „nur“, um eine sach- und termingerechte Prüfung zu gewährleisten, gilt dies nicht zwingend. Auch in den besonderen Fällen der Befangenheit des gesamten Verbandes (vgl. § 55 Rdn. 27 ff.) ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch ein Vertreter des Verbandes an der GV/VV teilnimmt. VII. Verlesen des Prüfungsberichts auf Antrag des Verbandes (Abs. 3) 8
Das Gesetz gibt der GV/VV mit dem Prüfungsbericht ein wichtiges Informations- und Kontrollinstrument, das vor allem auch Grundlage der Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats ist (§ 48). Da die Mitglieder hierüber verantwortlich zu entscheiden haben, ist eine ausreichende Unterrichtung unverzichtbar; ggf. müssen auch taktische Erwägungen des Vorstands zurückstehen. Im Regelfall dürfte die Verlesung des „zusammengefassten Prüfungsergebnisses“ zur ausreichenden Unterrichtung der GV/VV genügen. Im zusammengefassten Prüfungsergebnis müssen alle wesentlichen Gesichtspunkte des gesamten Prüfungsberichts enthalten sein. Dennoch räumt das Gesetz (Abs. 3) dem Vertreter des Prüfungsverbandes und der GV/VV (durch Beschlussfassung) das Recht ein, die Verlesung des Prüfungsberichts ganz oder in Teilen zu verlangen. Für den Vertreter des Verbandes kann dies Bedeutung haben für den Fall, dass Vorstand und Aufsichtsrat die GV/VV nicht ausreichend oder nicht zutreffend unterrichtet haben. Es besteht keine Pflicht des Verbandes das Wort zu ergreifen, wenn in der Generalversammlung bereits alle wesentlichen Fakten, die einer Feststellung des Jahresabschlusses eventuell entgegenstehen, von Vorstand oder Aufsichtsrat mitgeteilt wurden. Der Prüfungsverband hat seine Sorgfaltspflichten erfüllt, wenn er in der die GV/VV vorbereitenden gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat auf Risiken und Regressgefahren hingewiesen hat, und wenn sodann beschlossen wird, die GV/VV vollumfänglich darüber zu informieren, dass und warum z.B. der Jahresabschluss nicht testiert wurde. Hier besteht keine Notwendigkeit für den Verband, zusätzlich warnende Informationen zu geben. Er hat aber die Pflicht, das Wort zu ergreifen, wenn nach seiner Ansicht Vorstand und Aufsichtsrat nicht hinreichend informiert haben und sich u.U. regresspflichtig gemacht haben. Im Übrigen setzen übergeordnete Geheimhaltungspflichten (Bankgeheimnis, Betriebsgeheimnisse, Persönlichkeitsschutz) der Verlesung des Prüfungsberichts in der Praxis enge Grenzen. Ein Verlesen dürfte nur möglich sein, wenn der Verlesende durch intensive Vorbereitung festgestellt hat, welche einzelnen Formulierungen ohne Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten vorgetragen werden können.
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Vgl. BlfG 1935, 134; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 59 Rdn. 12.
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Einberufungsrecht des Prüfungsverbandes | § 60
VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c für 9 die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 60 Einberufungsrecht des Prüfungsverbandes § 60 Einberufungsrecht des Prüfungsverbandes (1) Gewinnt der Verband die Überzeugung, dass die Beschlussfassung über den Prüfungsbericht ungebührlich verzögert wird oder dass die Generalversammlung bei der Beschlussfassung unzulänglich über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichts unterrichtet war, so ist er berechtigt, eine außerordentliche Generalversammlung der Genossenschaft auf deren Kosten zu berufen und zu bestimmen, über welche Gegenstände zwecks Beseitigung festgestellter Mängel verhandelt und beschlossen werden soll. (2) In der von dem Verband einberufenen Generalversammlung führt eine vom Verband bestimmte Person den Vorsitz.
I.
II.
Systematische Übersicht Einberufung der Generalversammlung/ Vertreterversammlung durch den Prüfungsverband | 1–6 Festsetzung der Tagesordnung durch den Verband (Abs. 1) | 7
III. IV.
Vorsitz in der Generalversammlung/ Vertreterversammlung (Abs. 2) | 8 Europäische Genossenschaft (SCE) | 9
I. Einberufung der Generalversammlung/Vertreterversammlung durch den Prüfungsverband (Abs. 1) Mit dieser Vorschrift wird deutlich, dass die Aufgaben des Prüfungsverbandes nicht 1 mit Abschluss der Prüfung erledigt sind, sondern dass ihm weitere Maßnahmen im Rahmen der „Prüfungsverfolgung“ obliegen.1 Dem Prüfungsverband stehen auch im Rahmen der Prüfungsverfolgung keine Weisungsbefugnisse gegenüber der eG zu, da sich dies mit den Grundsätzen der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung nicht vereinbaren ließe.2 § 60 gibt dem Verband jedoch eine bedeutsame Möglichkeit, sich unmittelbar an die GV/VV zu wenden. Dies ist ein erheblicher Unterschied der genossenschaftlichen Pflichtprüfung zur handelsrechtlichen Abschlussprüfung: Neben der umfassenden Geschäftsführungsprüfung3 ermöglicht die Prüfungsverfolgung eine stärkere Durchsetzung der Rechnungslegungsnormen. Dies bietet dem Prüfungsverband die Möglichkeit zu kontrollieren, ob die Organe der eG die Prüfungsberichte sachgerecht ausgewertet haben und ob die festgestellten Mängel beseitigt wurden. Das Einberufungsrecht steht grundsätzlich dem Prüfungsverband auch im Falle 2 des § 55 Abs. 3 zu, da er auch dort Träger der Prüfung und der Prüfungsverfolgung bleibt;4 zu den Sonderfällen (Besorgnis der Befangenheit des gesamten Verbandes gem.
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1 Zum Begriff s. § 53 Rdn. 17. 2 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 2. 3 Vgl. DGRV (Hrsg.), Grundsätze zur Prüfung der Geschäftsführung bei Genossenschaften, DGRVSchriftenreihe, Band 10. 4 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 5.
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§ 60 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
§ 55 Abs. 3) s. § 55 Rdn. 23 ff.5 Im Falle des Prüfungsverbots nach § 56 Abs. 2 ist dagegen der bestellte Prüfer für die Prüfung verantwortlich. Es ist folgerichtig, in diesem Fall nicht dem Verband, sondern dem bestellten Prüfer das Einberufungsrecht gem. § 60 einzuräumen.6 Der Prüfungsverband kann die (außerordentliche) GV/VV einberufen, wenn er der Überzeugung ist, – dass die Beschlussfassung über den Prüfungsbericht ungebührlich verzögert wird – oder dass die GV/VV bei der Beschlussfassung unzulänglich über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichts unterrichtet war.
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Die Beschlussfassung über den Prüfungsbericht ist i.S.v. § 59 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz zu verstehen (s. Erl. dort). Nach dem Gesetzeswortlaut ist allein die Überzeugung des Prüfungsverbandes maßgeblich; die Rechtswirksamkeit der Berufung der Versammlung kann nicht mit dem Hinweis angezweifelt werden, dass eine Verzögerung oder unzulängliche Unterrichtung nicht vorgelegen habe. Ein Einberufungsgrund für den Verband liegt grundsätzlich vor, wenn der Prüfungsbericht nicht als Beschlussgegenstand der auf den Abschluss der Prüfung folgenden GV/VV angekündigt worden ist.7 Unzulängliche Unterrichtung ist z.B. dann gegeben, wenn der Vorstand oder Aufsichtsrat in ihren Erläuterungen sachlich unrichtige Angaben gemacht oder den Inhalt des Prüfungsberichts entstellt oder irreführend wiedergegeben haben. Es ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob sich die mangelhafte Unterrichtung auf Beschlüsse der GV/VV auswirkt.8 Falls der Vertreter des Verbandes im Rahmen von § 59 Abs. 3 bereits ausreichende Erläuterungen abgeben konnte, bleibt allerdings für eine außerordentliche GV/VV kaum Anlass.9 Die Tatsache der Anwesenheit eines Verbandsvertreters in der ordentlichen GV/VV schließt aber die spätere Einberufung nach § 60 nicht aus. Der Zweck der außerordentlichen GV/VV ist, die Beseitigung in der Prüfung festgestellter Mängel zu verhandeln und ggf. erforderliche Beschlüsse zu fassen. Für das Einberufungsverfahren gelten die allgemeinen gesetzlichen und satzungsmäßigen Regelungen mit der Ausnahme, dass der Prüfungsverband die Einberufung im eigenen Namen durchführt. Der Vorstand der eG ist verpflichtet, ihn dabei zu unterstützen (z.B. Vermittlung eines Versammlungsraumes, Gewährung technischer Hilfen bei der Durchführung der Versammlung, Anschriften der Mitglieder usw.). Die eG trägt die Kosten der Versammlung; für Mitglieder von Vorstand bzw. Aufsichtsrat kommt eine Haftung gem. §§ 34, 41 in Betracht. II. Festsetzung der Tagesordnung durch den Verband (Abs. 1)
7
Der Verband ist berechtigt, die Tagesordnung der außerordentlichen GV/VV festzulegen. Zur Beratung und Beschlussfassung können dabei alle Gegenstände angekündigt werden, die in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem Prüfungsbericht stehen.10 Es muss dabei auch genügen, dass die Beschlüsse mittelbare Folgewirkungen der
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S. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 55 Rdn. 10, und 97. Vgl. Erl. zu § 56 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 5. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 3; Beuthien GenG § 60 Rdn. 1; Müller GenG § 60 Rdn. 1. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 4; Müller GenG § 60 Rdn. 1. So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 2. Müller GenG § 60 Rdn. 3.
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Vergütung des Prüfungsverbandes | § 61
Prüfungsfeststellungen sind, wie z.B. Beschlussfassung über die Abberufung von Vorstandsmitgliedern. Falls der Prüfungsverband für die Tagesordnung Beschlüsse vorsieht, die nicht mit dem Prüfungsgegenstand im Zusammenhang stehen, wären diese Beschlüsse nichtig.11 Die eG ist grundsätzlich nicht gehindert, in der vom Prüfungsverband einberufenen GV/VV zusätzliche Tagesordnungspunkte zur Beschlussfassung zu stellen. Für die Ankündigung und Erledigung dieser Tagesordnungspunkte gelten die allgemeinen Regeln. III. Vorsitz in der Generalversammlung/Vertreterversammlung (Abs. 2) § 60 Abs. 2 enthält eine zwingende Sonderregelung gegenüber den Satzungsvor- 8 schriften über den Versammlungsleiter. Den Vorsitz in der vom Verband einberufenen GV/VV führt eine vom Verband bestimmte Person. Diese Person muss nicht Vertreter des Prüfungsverbandes und nicht Mitglied der eG sein.12 Der Verband trifft die Wahl nach pflichtgemäßem Ermessen; er kann in diesem Rahmen z.B. auch den Aufsichtsratsvorsitzenden zum Versammlungsleiter bestimmen. Es dürfte allerdings zweckmäßig sein, die Leitung dieser außerordentlichen Versammlung einer der eG gegenüber neutralen, sachkundigen Person zu übertragen. IV. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c für 9 die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 61 Vergütung des Prüfungsverbandes § 61 Vergütung des Prüfungsverbandes Der Verband hat gegen die Genossenschaft Anspruch auf Erstattung angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für seine Leistung.
I. II.
Systematische Übersicht Erstattung barer Auslagen | 1 Anspruch auf Vergütung | 2–4
III.
Europäische Genossenschaft (SCE) | 5
I. Erstattung barer Auslagen Das Gesetz gibt dem Prüfungsverband einen Anspruch auf Erstattung angemessener 1 barer Auslagen. Dies sind Ausgaben, die in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung aufgewendet werden, wie z.B. Reisekosten, Tagegelder, Übernachtungskosten, Kosten der Einholung besonderer Auskünfte oder Gutachten usw. Die allgemeinen Verwaltungskosten oder Prüferkosten fallen nicht unter die baren Auslagen. Sie sind mit der Vergütung abgegolten.1 Die Barauslagen sind angemessen, wenn sie dem Grunde und der Höhe nach erforderlich und zumindest dem Prüfungszweck dienlich sind.2
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Vgl. AG Eichstätt ZfgG 1956, 151; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 8. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 10; Beuthien GenG § 60 Rdn. 3. Vgl. Beuthien GenG § 61 Rdn. 2. Vgl. Beuthien GenG § 61 Rdn. 2.
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§ 61 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
II. Anspruch auf Vergütung Die Einnahmen der Prüfungsverbände bestehen im Allgemeinen aus zwei Positionen, nämlich aus vereinsrechtlich festgelegten Verbandsbeiträgen,3 die vor allem zur Deckung der allgemeinen Verwaltungskosten des Prüfungsverbandes dienen, sowie aus den Prüfungsgebühren. Diese Gebühren haben ihre Grundlage insb. in § 61; die Vorschrift vermittelt einen gesetzlichen Vergütungsanspruch für alle Leistungen, die im Zusammenhang mit den vom Verband durchgeführten ordentlichen oder außerordentlichen Prüfungen sowie für sonstige Leistungen des Verbandes (§ 63b Abs. 4) erbracht werden. Soweit es sich nicht um „gesetzliche Prüfungen“ i.S.d. §§ 53 ff. handelt, sondern die Prüfung aufgrund eines besonderen Auftrags durchgeführt wird,4 ergibt sich der Vergütungsanspruch aus § 675 BGB i.V.m. § 670 BGB.5 Der gesetzliche Vergütungsanspruch gem. § 61 erfasst deshalb vor allem die Fälle, in denen der Prüfung kein Auftrag der eG zugrunde liegt, sondern der Prüfungsverband aufgrund der §§ 53 ff. GenG tätig wird. Die Einschränkung „angemessen“ bezieht sich nur auf den Auslagenersatz. Für die Vergütung als Gegenleistung für die Prüfung gelten die allgemeinen Rechtsgrundsätze im Rahmen der Vertragsfreiheit, wobei der Prüfungsverband seine besondere Struktur und Aufgabenstellung sowie die Tatsache beachten wird, dass sein Zweck nicht die Erzielung von Gewinnen ist. Der Vergütungsanspruch berücksichtigt die Vergütungen für die eingesetzten Verbandsprüfer sowie die mit der Prüfung im Zusammenhang stehenden Bürokosten (z.B. Erstellung des Prüfungsberichts) und die – anteiligen – mit der Erfüllung der Prüfungsaufgabe als Pflichtzweck verbundenen allgemeinen Kosten.6 Dazu gehören die Kosten der der Prüfungstätigkeit zuzurechnenden Betreuungs- und Beratungstätigkeit. Im Hinblick auf das dem Mitglied zugebilligte Recht, seine Beitragspflicht auf die mit der Wahrnehmung der Pflichtprüfung verbundenen Kosten zu beschränken, sind diese von den Kosten der nichtprüfungsbedingten Tätigkeiten getrennt zu ermitteln und die hierfür festgesetzten Beiträge getrennt zu verwenden.7 Es bleibt den Verbandsorganen überlassen, ob diese Kosten allein im Wege der Erhebung von Prüfungsgebühren oder durch ein „Mischsystem“ von Prüfungsgebühren und laufenden, insb. zur Deckung der (anteiligen) Gemeinkosten bestimmten Beiträge gedeckt werden.8 Der Vergütungsanspruch wird üblicherweise als pauschale Prüfungsgebühr abgegolten. Die Höhe wird vom Verband festgesetzt, wobei es rechtlich unbedenklich ist, wenn der Verband mit Rücksicht auf die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungskraft der eG unterschiedliche Gebührenstaffeln anwendet (je nach Bilanzsumme, Umsatz, Gewinn usw.). Diese Unterscheidung ist sachgerecht und verletzt nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz.9 Dem Verband steht der Vergütungsanspruch auch dann zu, wenn er gem. § 55 3 Abs. 3 einen anderen Prüfer als Erfüllungsgehilfen bestellt, da der Verband auch in diesem Fall gegenüber der eG Träger der Prüfung bleibt, vgl. § 55 Rd. 23. Wenn durch die Beauftragung eines anderen Prüfers höhere Kosten entstehen, so ist dies lediglich eine 2
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3 Diese werden von den Mitgliedern satzungsmäßig gem. § 58 Nr. 2 BGB festgelegt, sind also nicht Gegenstand der Regelung des § 61 GenG, vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 61 Rdn. 2. 4 „Auftragsprüfungen“, s. § 53 Rdn. 20. 5 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 61 Rdn. 2; wegen der Rechtsnatur des Vergütungsanspruchs s. Beuthien GenG § 61 Rdn. 1; Müller GenG § 61 Rdn. 1, sowie Lemke ZfgG 1973, 181. 6 BGHZ 130, 243 = NJW 1995, 1754 = DB 1995, 2056 = WM 1995, 1754. 7 BGH a.a.O. 8 BGH, a.a.O. 9 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 61 Rdn. 4 f.; Müller GenG § 61 Rdn. 3.
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Verantwortlichkeit der Prüfungsorgane | § 62
Frage der Rechtsbeziehung zwischen dem Verband und seinem Erfüllungsgehilfen; diese Kosten können nicht ohne Weiteres der eG angelastet werden, vgl. zu den Einzelheiten § 55 Rdn. 33.10 Unbedenklich ist es aber, wenn der Verband in seiner Gebührenregelung mit den Mitgliedern vereinbart, dass im Falle von § 55 Abs. 3 erforderlichenfalls die höheren Gebühren von der eG zu tragen sind. Im Falle des § 56 hat der bestellte Prüfer unmittelbar gegen die eG einen Anspruch auf Zahlung der Prüfungsgebühren.11 Der Vergütungsanspruch wird mit Beendigung der Prüfung, also mit Aushändigung 4 des Prüfungsberichts fällig. Abschlagszahlungen können vereinbart werden. Der Anspruch des Verbandes verjährt gem. § 195 BGB in drei Jahren; die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Prüfungsbericht ausgehändigt wird. Für die Fragen Zurückbehaltungsrecht, Aufrechnungsrecht und Folgen von Leistungsmängeln gelten die allgemeinen Vorschriften.12 Streitigkeiten über die Höhe der Prüfungsgebühren können mit der Leistungsklage nach der ZPO – bei Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte – geltend gemacht werden; keine Anwendung der Sonderregelung von § 324 HGB. III. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c für 5 die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
§ 62 Verantwortlichkeit der Prüfungsorgane § 62 Verantwortlichkeit der Prüfungsorgane (1) Verbände, Prüfer und Prüfungsgesellschaften sind zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die sie bei ihrer Tätigkeit erfahren haben, nicht unbefugt verwerten. Wer seine Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, haftet der Genossenschaft für den daraus entstehenden Schaden. Mehrere Personen haften als Gesamtschuldner. (2) Die Ersatzpflicht von Personen, die fahrlässig gehandelt haben, beschränkt sich auf eine Million Euro für eine Prüfung. Dies gilt auch, wenn an der Prüfung mehrere Personen beteiligt gewesen oder mehrere zum Ersatz verpflichtende Handlungen begangen worden sind, und ohne Rücksicht darauf, ob andere Beteiligte vorsätzlich gehandelt haben. (3) Der Verband kann einem Spitzenverband, dem er angehört, Abschriften der Prüfungsberichte mitteilen; der Spitzenverband darf sie so verwerten, wie es die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten erfordert. (4) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit nach Abs. 1 Satz 1 besteht, wenn eine Prüfungsgesellschaft die Prüfung vornimmt, auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft und sein Stellvertreter dürfen jedoch die von der Prüfungsgesellschaft erstatteten Berichte einsehen, die hierbei erlang-
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10 OLG Hamm DB 1989, 1964 = WM 1990, 16 = ZfgG 1980, 141. 11 Zust. Müller GenG § 61 Rdn. 7, und Bauer Genossenschafts-Handbuch § 61 Rdn. 5; a.A. insoweit Beuthien GenG § 61 Rdn. 2. 12 Müller GenG § 61 Rdn. 5.
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§ 62 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
ten Kenntnisse aber nur verwerten, soweit es die Erfüllung der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats erfordert. (5) Die Haftung nach diesen Vorschriften kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden; das Gleiche gilt von der Haftung des Verbandes für die Personen, deren er sich zur Vornahme der Prüfung bedient.
I. II.
III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Pflichten der Prüfungsorgane (Abs. 1) | 2–11 1. Gewissenhafte Prüfung | 2 2. Unparteiische Prüfung | 3–6 3. Schweigepflicht | 7–11 a) Gegenstand der Schweigepflicht | 7 b) Schweigepflicht gegenüber jedermann (Abs. 1, 4) | 8 c) Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot | 9 d) Ausnahmen von der Schweigepflicht | 10–11 Haftung für Verletzung der Pflichten aus § 62 Abs. 1 S. 1 und 2 | 12–16 1. Haftung gegenüber der Genossenschaft (Abs. 1) | 12–14
Haftungsgegenstand | 12 Anspruchsberechtigter und Haftungsschuldner nach Abs. 1 S. 3 | 13 c) Voraussetzungen für die Haftung nach § 62 Abs. 1 S. 3, Pflichtverletzung nach S. 1 oder 2 | 14 2. Beschränkte Haftung bei Fahrlässigkeit (Abs. 2) | 15 IV. Haftung gegenüber Dritten | 16 V. Weitergabe des Prüfungsberichts (Abs. 3) | 17–19 VI. Haftung nicht begrenzbar (Abs. 5) | 20 VII. Verjährung (§ 195 BGB) | 21 VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 22 a) b)
I. Allgemeines 1
§ 62 regelt die besonderen Sorgfaltspflichten der Prüfungsverbände, Prüfer und Prüfungsgesellschaften im Zusammenhang mit der Prüfung von eG. In Anpassung an die allgemeinen Haftungsgrundsätze wurde durch die Novelle 1973 die Haftung für Vorsatz und Fahrlässigkeit geregelt (zuvor nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit). Die Haftungsgrenze bei fahrlässigem Verhalten wurde von zunächst DM 25.000 auf DM 200.000, und später durch das KonTraG1 zum 1.5.1998 auf zwei Millionen DM erhöht. Seit dem Inkrafttreten des EuroBilG2 am 1.1.2002 beträgt die Haftungsgrenze eine Million Euro. Die Regelungen des § 62 GenG entsprechen weitgehend den Vorschriften des § 323 HGB; diese gelten über § 62 in gleicher Weise für Prüfungsverbände, Prüfer und Prüfungsgesellschaften, wobei in § 323 HGB stets auf die Sorgfaltspflicht von Personen (und nicht von Verbänden oder Gesellschaften) abgestellt ist. Wegen des Begriffs „Prüfer“ vgl. Erl. zu § 55 Rdn. 5 f. Für die Fälle der § 55 Abs. 3 und der Prüfungsverbote gem. § 56 Abs. 1 findet § 62 für die jeweils verantwortlichen Personen in gleicher Weise Anwendung. II. Pflichten der Prüfungsorgane (Abs. 1)
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1. Gewissenhafte Prüfung. Diese Vorschrift verpflichtet die verantwortlich an der Prüfung beteiligten Personen, die gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen sowie die anerkannten Grundsätze der Prüfung zu beachten, damit der Prüfungszweck optimal erreicht wird.3 Der Begriff „gewissenhaft“ ist gegenüber der allgemeinen
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BGBl. 1998 I, S. 786. BGBl. 2001 I, S. 3414. Vgl. BGHZ 34, 324; Müller GenG § 62 Rdn. 3.
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Sorgfaltspflicht von § 276 BGB kein besonderer oder verschärfter Maßstab.4 Es wird deklaratorisch das Maß an Sorgfalt bezeichnet, das sich nach dem allgemeinen Verkehrsbedürfnis richtet. Dieses entspricht der im Verkehr objektiv erforderlichen Sorgfalt und Verantwortung eines Prüfers. Dies ist kein erhöhter Sorgfaltsmaßstab. Diese Sorgfalt gilt sowohl für das Verhalten bei Prüfungshandlungen als auch für das Verhalten bei Vorgängen, die mit der Prüfung zusammenhängen, wie z.B. Verhalten gegenüber Vorstand, Aufsichtsrat und GV/VV im Zusammenhang mit Prüfung und Berichterstattung sowie auch für alle Maßnahmen der Prüfungsverfolgung. 2. Unparteiische Prüfung. Die Unparteilichkeit setzt die Unabhängigkeit des ge- 3 nossenschaftlichen Prüfungsverbandes und der Prüfer von der zu prüfenden Genossenschaft voraus.5 Sollte ausnahmsweise die Unparteilichkeit des gesamten Verbandes nicht mehr gewährleistet sein, ist dies ein wichtiger Grund i.S.d. § 55 Abs. 3 GenG, der den Verband verpflichtet, sich eines anderen Prüfers (anderer Verband, Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) zur Prüfungsdurchführung zu bedienen, s. Erl. zu § 55 Rdn. 21 ff., insb. Rdn. 23. Die Prüfung muss sachbezogen, unvoreingenommen und ohne Rücksicht auf eigene Belange oder die Interessen Dritter durchgeführt werden.6 Alle Entscheidungen und Feststellungen im Zusammenhang mit der Prüfung müssen auf der eigenen, selbstständig gewonnenen Überzeugung des Prüfers beruhen. Allgemeine, übergeordnete Gesichtspunkte, z.B. Interessen aller eG, dürften nur Berücksichtigung finden, soweit sie für den Prüfungszweck unmittelbar relevant sind.7 Auch die Berichtsformulierungen müssen streng darauf achten, dass auch nicht der Eindruck einer Parteilichkeit entstehen kann. Diesem Grundsatz trägt das Genossenschaftsgesetz durch die Regelungen in den §§ 55 Abs. 2, 3 und 56 Abs. 1 Rechnung, die insoweit den Regelungen des §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a Abs. 1 HGB vorgehen, vgl. Erl. zu § 55 Rdn. 7. Eine unmittelbare Anwendung von §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a Abs. 1 HGB scheidet in Anbetracht der genossenschaftlichen Sonderregelungen grundsätzlich aus, da diese zutreffend den gesetzlichen Prüfungsauftrag und die darauf beruhende Struktur der genossenschaftlichen Prüfungsverbände berücksichtigen, die ihre Unabhängigkeit von den Mitgliedern in prüferischen Belangen gewährleistet: Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände führen die Prüfungen bei ihren Mitgliedsgenossenschaften als rechtlich selbstständige Einrichtungen durch. Sie sind gem. § 63b Abs. 1 als eingetragene Vereine verfasst und verfügen über eigenes Personal, eine eigene Organisation und einen eigenen Finanzhaushalt. Der hauptberufliche Vorstand des Prüfungsverbandes führt diesen in eigener Verantwortung. Die vereinsrechtliche Mitgliedschaft als solche bietet der einzelnen eG somit keine Einflussmöglichkeit auf die Prüfungstätigkeit. Auch die Mitgliedschaft eines Vertreters der eG in dem Aufsichts- oder Beratungsgremium des Prüfungsverbandes ist unschädlich, soweit Einflussnahmen dieses Gremiums auf die Prüfung der eG ausgeschlossen sind. Die Satzungen der Prüfungsverbände enthalten regelmäßig entsprechende Bestimmungen. Zudem ist eine Einflussnahme auch faktisch unmöglich aufgrund der ge-
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4 A.A. noch die Vorauflage; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 3; BerlKomm/Hillebrand § 62 Rdn. 3; wie jetzt hier Beck Bil-Komm/Winkeljohann/Feldmüller § 323 Rdn. 11. 5 Müller GenG § 62 Rdn. 4. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 4; Peemöller Unabhängigkeit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände, ZfgG 1992, 243. 7 Vgl. Großfeld Ablehnungsrecht und Prüfungsumfang: Zur Rechtsstellung des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes, ZfgG 1984, 111.
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nerell hohen Anzahl von Mitgliedern in den Gremien des Verbandes und der damit verbundenen Atomisierung der Stimmrechte. Kraft gesetzlicher Verweisung gelten die Vorschriften der §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a Abs. 1 HGB über die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers gem. § 340k Abs. 2 HGB für die Prüfung von Kreditgenossenschaften und für die in Art. 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EGHGB genannten Unternehmen, hierzu § 55 Rdn. 7 und 23. Der Verweis in § 340k Abs. 2 S. 3 HGB ist aber durch das Bilanzrechtsreform-Gesetz 20048 so eingeschränkt worden, dass die Unabhängigkeitsanforderungen nicht mehr für den gesamten Prüfungsverband als solchen, sondern nur noch für die vom Verband für die jeweilige Abschlussprüfung eingesetzten Prüfer und sämtliche Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können gelten, vgl. zu den Gründen und zur Gesetzesbegründung § 55 Rdn. 23. Die unparteiische Prüfung wird schließlich auch dadurch gesichert, dass die in genossenschaftlichen Prüfungsverbänden tätigen Wirtschaftsprüfer dem für sie geltenden Standesrecht unterworfen sind. Gem. § 43 WPO sind sie zur unabhängigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung verpflichtet; sie haben nach § 49 WPO ihre Tätigkeit zu versagen, wenn die Besorgnis der Befangenheit bei der Durchführung eines Auftrages besteht. Sie haben dabei die Berufsrichtlinien zu beachten. 4 Ein Aspekt des § 62 Abs. 1 S. 1 ist die Frage der Vereinbarkeit von Prüfung und Beratung, vgl. hierzu auch § 55 Rdn. 21 ff. insb. Rdn. 28. Der BGH9 hat hierzu den Grundsatz aufgestellt, dass eine Beratung, z.B. in steuerlichen Fragen, durch den Abschlussprüfer zulässig ist, solange sich der Abschlussprüfer in seiner Funktion als Berater darauf beschränkt, Handlungsalternativen und ihre Konsequenzen aufzuzeigen, während die Entscheidung über die Umsetzung dem Unternehmen selbst vorbehalten bleibt (Kriterium der funktionalen Entscheidungszuständigkeit). Solange also der Prüfer nicht anstelle des Mandanten dessen unternehmerische Entscheidungen trifft, sind Rechts- und Steuerberatung sowie alle Arten von betriebswirtschaftlicher Beratung wie bspw. Strategie, Organisation, Personal, EDV, Risikomanagement etc. durch den Prüfungsverband zulässig;10 eine Befangenheit des Prüfers bzw. Prüfungsteams infiziert hier grundsätzlich nicht den gesamten Verband, also auch nicht die Beratungsabteilungen. Als unzulässig wurden Tätigkeiten durch den Abschlussprüfer angesehen wie z.B. die Erstellung von Teilen des Jahresabschlusses und die Ermittlung von Abschreibungen, Wertberichtigungen und
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8 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG) v. 4.12.2004, BGBl. I 3166 ff. 9 Urt. v. 21.4.1997 („Allweiler“), BGHZ 135, 260 ff.; s.a. Erl. bei § 55 Rdn. 21; vgl. die Würdigung von Röhricht, Beratung und Abschlussprüfung, WPg 1998, 153 ff. Diese Grundsätze haben mit dem BilReG Aufnahme in das HGB (§§ 319, 319a Abs. 1) gefunden. Einen Einzelfall behandelt BGH, Urt. v. 25.11. 2002 („Hypo-Vereinsbank“), BGHZ 153, 32 ff., NJW 2003, 970 ff.: Hier bestand nach Ansicht des Gerichts die begründete Besorgnis, dass der Abschlussprüfer seine Aufgabe nicht unbefangen, unparteiisch und unbeeinflusst von jeder Rücksichtnahme auf eigene Interessen durchführen würde: Der Abschlussprüfer hatte zuvor in einem Verschmelzungsgutachten bei der Ermittlung der Verschmelzungswertrelation beträchtliche Immobilienkreditrisiken eines auf die zu prüfende AG verschmolzenen Unternehmens unberücksichtigt gelassen, die nicht durch Rückstellungen abgedeckt waren. Da deswegen gegen den Abschlussprüfer Schadensersatzansprüche geltend gemacht wurden, bestand die Gefahr, dass er bei der Abschlussprüfung nicht objektiv zu der tatsächlichen Größenordnung der Risiken Stellung nehmen würde, die nach der Verschmelzung auf die zu prüfende Gesellschaft übergegangenen waren. Der Abschlussprüfer befand sich hier in einem Interessenkonflikt: Mit einem objektiver Bericht über die tatsächlichen Risiken hätte er seine eigene Position bei der Abwehr von Schadensersatzansprüchen beeinträchtigt. Im Rahmen einer genossenschaftlichen Pflichtprüfung könnte ein solcher Interessenkonflikt die Besorgnis der Befangenheit begründen, der ausnahmsweise ein wichtiger Grund i.S.d. § 55 Abs. 3 ist. 10 Vgl. Spanier Vereinbarkeit von Prüfung und Beratung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband, ZfgG 2003, 117.
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Rückstellungen,11 die Anfertigung einer zugleich als Handelsbilanz dienenden Steuerbilanz durch den Abschlussprüfer als steuerlicher Berater und die anschließende Testaterteilung in der Funktion als Abschlussprüfer12 sowie die (vollständige) Übernahme der internen Revision durch den Abschlussprüfer.13 Für Kreditgenossenschaften gelten nunmehr gem. § 340k Abs. 2 HGB die detaillier- 5 ten Regelungen der durch Bilanzrechtsreform-Gesetz14 geänderten bzw. neu geschaffenen Vorschriften der §§ 319 Abs. 2 und 3, 319a Abs. 1 HGB, mit der Maßgabe, dass diese auf die gesetzlichen Vertreter des Prüfungsverbandes und auf alle vom Prüfungsverband beschäftigten Personen, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen können (zum Begriff s. § 55 Rdn 24), entsprechend anzuwenden sind; nach § 340k Abs. 2 HGB ist § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB auf Mitglieder des Aufsichtsorgans des Prüfungsverbandes nicht anzuwenden, sofern sichergestellt ist, dass der Abschlussprüfer die Prüfung unabhängig von den Weisungen des Aufsichtsorgans durchführen kann. einstweilen frei 6 3. Schweigepflicht a) Gegenstand der Schweigepflicht. Der Schweigepflicht unterliegen Prüfungsver- 7 bände, Prüfer und Prüfungsgesellschaften. Mit „Prüfer“ und „Prüfungsgesellschaften“ sind nicht bei dem Verband angestellte (externe) Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemeint, derer sich der Verband bspw. bei Besorgnis der Befangenheit zur Prüfungsdurchführung bedient, oder die ausnahmsweise selbst Träger der Prüfung sind, wenn in den Fällen des § 56 Abs. 1 das Prüfungsrecht des Verbandes ruht. Alle angestellten Personen, die bei der Prüfung mitwirken, also insb. auch Verbandsprüfer und Prüfungsassistenten, sind arbeitsvertraglich ebenfalls zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Die Schweigepflicht bezieht sich auf alle Tatsachen und Wertungen, die den an der Prüfung beteiligten Personen im Zusammenhang mit der Prüfung zur Kenntnis gelangt sind. Die Schweigepflicht erfasst insbesondere auch alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der eG sowie geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, die dritte Personen betreffen.15 Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nicht offenkundig sind und die nach dem Willen oder erkennbaren Interesse des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen. Es ist dabei unerheblich, ob das Geheimhaltungsinteresse auch zum Ausdruck gekommen ist. Im Hinblick auf die Tatsache, dass der genossenschaftlichen Prüfungspflicht grundsätzlich keine Grenzen gezogen sind, müssen an die Schweigepflicht der genossenschaftlichen Prüfer besonders strenge Anforderungen gestellt werden.16 Bzgl. der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse besteht ein Verbot der unbefugten Verwertung, wonach der Prüfungsverband diese nicht im Interesse von Dritten und auch nicht im eigenen Interesse auswerten darf.17 Es kann nicht darauf ankommen, ob die geheimzuhaltenden Tatsachen unmittelbar bei der Prüfung oder aus Anlass der Prüfung dem Prüfer zur Kenntnis gelangt sind. Entscheidend muss vielmehr das Schutzinteresse der zu prüfenden eG sein,
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WP-Handbuch 2012, Bd. I, Abschnitt A, Rdn. 291 f. Röhricht Beratung und Abschlussprüfung, WPg 1998, 153, 161. WP-Handbuch 2012, Bd. I, Abschnitt A, Rdn. 298. BGBl. I 2004, 3166, siehe auch Fußn. 11. Beuthien GenG § 62 Rdn. 4. Vgl. hierzu auch Müller GenG § 62 Rdn. 5. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 5.
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das dahin geht, dass keine Tatsachen unbefugt verwertet werden, die in irgendeinem Zusammenhang mit der Prüfung zur Kenntnis des Prüfers gelangt sind. Dieses Interesse der eG schließt auch grundsätzlich die Beachtung des Bankgeheimnisses und der Geheimhaltungsinteressen von Mitgliedern und Kunden ein. Das Gesetz verbietet die „unbefugte“ Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen. Bei der Ausnahme in § 62 Abs. 3 handelt es sich um eine befugte Verwertung. Zudem kann der Prüfungsverband von der Schweigepflicht entbunden werden. Das Recht zur Entbindung von der Schweigepflicht steht jeweils dem Betroffenen zu, also der Person, die ein anerkanntes Interesse an der Geheimhaltung hat. Dies ist für Betriebsgeheimnisse der geprüften eG diese selbst, für Geheimnisse z.B. hinsichtlich der Geschäftsbeziehung zu einem Mitglied dieses Mitglied, für das Bankgeheimnis der jeweilige Bankkunde. Die Verwertung der Prüfungsgeheimnisse ist grundsätzlich dann „unbefugt“, wenn sie nicht nach dem Gesetz (§ 62 Abs. 3 und 4 S. 2) oder durch Zustimmung des Betroffenen oder übergeordnete Interessen gestattet ist. Die besondere Schweigepflicht des § 62 Abs. 1 Satz 1 gilt nur im Zusammenhang mit Prüfungshandlungen. Im Rahmen der Beratung und Betreuung durch den Verband folgt demgegenüber die Schweigepflicht aus allgemeinen Gesichtspunkten, insb. solchen des Vereins-, Satzungs- oder Berufsrechts sowie des Persönlichkeitsschutzes.18 8
b) Schweigepflicht gegenüber jedermann. Im Grundsatz besteht die Schweigepflicht gegenüber jedermann, also nicht nur gegenüber außenstehenden Dritten, sondern auch gegenüber den Mitgliedern der zu prüfenden eG. Umstritten ist, inwieweit das Schweigegebot noch gegenüber den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat der eG gilt.19 Es steht im pflichtgemäßen Ermessen und obliegt der gewissenhaften Abwägung des Prüfers, in welchen besonderen Fällen der Vorstand bzw. Aufsichtsrat der eG im Interesse der Erreichung des Prüfungszwecks zu informieren ist. Die genossenschaftsrechtlichen Vorschriften enthalten hierzu eine abschließende Sonderregelung; auf allgemeine Vorschriften, wie z.B. die Vorschriften des BGB zum Auftragsrecht kann insoweit nicht zurückgegriffen werden. § 57 Abs. 3 bestimmt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende von wichtigen Feststellungen der Prüfung unverzüglich zu unterrichten ist. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat dann pflichtgemäß zu entscheiden, in welchem Umfang er das Gesamtgremium informiert. Grundsätzlich besteht volle Berichtspflicht. Das Einsichtsrecht der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder in den Prüfungsbericht kann in schwerwiegenden Fällen die Information des Aufsichtsrats während der Prüfung nicht ersetzen.20 Das Recht, eigene Interessen zu wahren, kann u.U. das Prüfungsgeheimnis durchbrechen, so z.B. bei Haftungsprozessen gegen den Verband bzw. Prüfer gem. § 62 Abs. 1. Personen, die nicht Prüfer sind, unterliegen nicht der Schweigepflicht aus § 62, u.U. aber den besonderen Schweigepflichten z.B. der Organmitglieder oder aus Dienstverträgen (§§ 34, 41). Die Schweigepflicht des Prüfers ist nicht berührt, wenn z.B. der Aufsichtsrat zur Widerlegung gegen ihn erhobener Vorwürfe das zusammengefasste Prüfungsergebnis allen Mitgliedern schriftlich mitteilt oder weitere Informationen gibt, soweit diese zur Entlastung notwendig sind. Die Schweigepflicht gem. Abs. 4 gegenüber dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der „Prüfungsgesellschaft“ bezieht sich grundsätzlich nicht auf die
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A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 8; Beuthien GenG § 62 Rdn. 4. Vgl. Müller GenG § 62 Rdn. 9. A.A. Müller GenG § 62 Rdn. 9.
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Aufsichtsorgane des Prüfungsverbandes.21 Dies folgt bereits aus der Terminologie von § 62, der in Abs. 1 ausdrücklich zwischen Verbänden, Prüfern und Prüfungsgesellschaften unterscheidet. In seiner Berichterstattung gegenüber dem Prüfungsverband ist der Prüfer grundsätzlich keiner Geheimhaltungspflicht unterworfen. Allerdings dürfen auch beim Verband nur solche Personen dem Prüfungsgeheimnis unterliegende Tatsachen erfahren, die aus dienstlichen Gründen Zugang zu den Prüfungsfeststellungen haben müssen. Keine Schweigepflicht besteht z.B. im Verhältnis zum gesamten Verbandsvorstand, zur mit der Prüfung befassten Prüfungsabteilung sowie z.B. zur Rechts- oder Steuerabteilung, soweit dort Prüfungsfeststellungen zur Begutachtung vorgetragen werden oder eine Beratung in Anspruch genommen wird. Das Informationsrecht des Aufsichtsorgans des Prüfungsverbandes bestimmt sich danach, welche Unterrichtung zur Wahrnehmung der Aufsichtsfunktion zwingend erforderlich ist. Darüber hinausgehende Informationen über den Prüfungsbereich sind nicht gerechtfertigt. Die Regelung der Schweigepflicht gegenüber den Aufsichtsgremien einer „Prüfungsgesellschaft“ gem. Abs. 4 bezieht sich nur auf die Fälle, in denen aus wichtigem Grund (§ 55 Abs. 3) oder wegen eines Prüfungsverbotes (§ 56 Abs. 1) eine Prüfungsgesellschaft in die Prüfung eingeschaltet ist. Allerdings sind auch bei dieser Gesellschaft der Aufsichtsratsvorsitzende und sein Stellvertreter berechtigt, die von der Gesellschaft erstatteten Prüfungsberichte einzusehen und die Kenntnisse zu verwerten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Überwachungspflicht erforderlich ist. Aus dem System und Wortlaut von Abs. 4 folgt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Prüfungsgesellschaft und sein Stellvertreter ihr Einsichtsrecht nur persönlich ausüben können; eine Delegation z.B. auf beauftragte Prüfer ist nicht zulässig. Satz 2 ist eine Ausnahme von der generellen Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber den Mitgliedern des Aufsichtsrates; als solche ist sie eng auszulegen. c) Zeugnisverweigerungsrecht und Beschlagnahmeverbot. Spiegelbild der 9 Schweigepflicht ist das Schweigerecht. Die Schweigepflicht nach § 62 Abs. 1 Satz 1 hat nur Sinn, wenn sich alle Vorstandsmitglieder eines Prüfungsverbandes und die konkret mit der bestimmten Prüfung befassten Prüfer auch in Gerichtsverfahren und gegenüber staatlichen Behörden darauf berufen können. Die Schweigepflicht hat somit grundsätzlich ein Zeugnisverweigerungsrecht und ein Beschlagnahmeverbot zur Folge.22 Die Schweigepflicht begründet im Zivilprozess für Vorstandsmitglieder der Verbände und Prüfungsgesellschaften sowie für jeden Prüfer grundsätzlich ein Zeugnisverweigerungsrecht i.S.d. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.23 Diese Personen sind grundsätzlich nur berechtigt, auszusagen, soweit sie durch den Betroffenen von der Schweigepflicht entbunden werden. Bei eigenem Interesse an der Offenbarung von geheimzuhaltenden Tatsachen sind die gegenseitigen Interessen abzuwägen. So hat z.B. ein ausgeschiedenes Vorstandsmitglied, das auf Regress in Anspruch genommen wird, grundsätzlich Anspruch auf Einsichtnahme in den Prüfungsbericht oder von Teilen des Prüfungsberichts, soweit zur Wahrung eigener Interessen erforderlich, vgl. auch § 58 Rdn. 6. Die Schweigepflicht besteht grundsätzlich auch gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft. Im Einzelfall kann es jedoch sinnvoll und gerechtfertigt sein – insb. bei sehr schwerwiegenden Straftatbeständen – gerade auch im Interesse der eG oder aus überge-
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21 A.A. Müller GenG § 62 Rdn. 9a; sehr einschränkend auch Beuthien GenG § 62 Rdn. 4: analoge Anwendung des § 62 Abs. 4 S. 2 auf die Aufsichtsorgane des Prüfungsverbandes (z.B. einen Verwaltungsrat). 22 Ausf. hierzu: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 17 ff.; Beuthien GenG § 62 Rdn. 5 cc. 23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 17 f.
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ordneten Gesichtspunkten der Allgemeinheit mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten. Auch hier sollte möglichst die Zustimmung der Betroffenen eingeholt werden. Im Strafprozess hat nach dem Wortlaut von § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO zunächst nicht der Prüfungsverband und nicht der Verbandsprüfer, sondern nur ein Wirtschaftsprüfer ein Zeugnisverweigerungsrecht. Das Zeugnisverweigerungsrecht dürfte wegen des erforderlichen, umfassenden Vertrauensschutzes24 aber in sinngemäßer Anwendung dieser Vorschrift grundsätzlich gegeben sein, wenn dem Verbandsvorstand gem. § 63b Abs. 5 ein Wirtschaftsprüfer angehört, der innerhalb des Verbandes für den Prüfungsbereich verantwortlich ist.25 Gleiches gilt für den Fall des § 53 Abs. 5 S. 2 (Verband hat Wirtschaftsprüfer als besonderen Vertreter bestellt). § 53a StPO erweitert das strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht auf „Gehilfen“ der Wirtschaftsprüfer. Verbandsprüfer wie auch Prüfungsassistenten sind als Gehilfen des im Verband tätigen Wirtschaftsprüfers anzusehen, sofern dieser im Verband die Prüfungsverantwortung trägt. Unter dieser Voraussetzung haben auch Verbandsprüfer (und Assistenten) ein Zeugnisverweigerungsrecht,26 zumal auch der genossenschaftlichen Verbandsprüfung ein schützenswertes Vertrauensverhältnis zugrunde liegt.27 Wirtschaftsprüfer und Gehilfen müssen aber aussagen, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ausdrücklich entbunden sind, § 53 Abs. 2 StPO. Gehören dem Vorstand des Prüfungsverbandes Mitglieder an, die sich nicht persönlich (als Berufsträger) auf die Schweigepflicht berufen können, steht diesen dennoch ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Insoweit sind die genossenschaftlichen Prüfungsverbände den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gleichzustellen, da das Schweigerecht der Prüfer andernfalls ins Leere laufen würde.28 Außerdem werden im Gesetzeswortlaut des § 62 Abs. 1 Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Prüfungsverbände gleichberechtigt nebeneinander genannt. In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass für Prüfungsunterlagen, wie z.B. Prüfungsberichte und sonstige prüfungsrelevante Urkunden, die sich im Gewahrsam des für die Verbandsprüfung verantwortlichen Wirtschaftsprüfers oder seiner Hilfspersonen befinden, ein Beschlagnahmeverbot im Rahmen der §§ 94, 97 StPO besteht.29 Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung müssen die Sachverhalte differenziert gesehen werden: Buchführungsunterlagen und sonstige Materialien der eG, die sich im Besitz des Prüfers befinden, unterliegen in gleicher Weise der Beschlagnahme, wie in den Räumen der eG. Beschlagnahmefrei sind die Handakten des Prüfers, also eigene Aufzeichnungen und Unterlagen, die er sich für seine Feststellungen und Bewertungen angefertigt hat.30 Wenn erforderlich, ist der Prüfer auskunftspflichtig darüber, ob sich beschlagnahmefähige Unterlagen in seinem Besitz befinden31 Beschlagnahme der persönlichen Prüfungsunterlagen des Prüfers ist möglich, wenn ein Beschlagnahmebeschluss gegen den Prüfer oder gegen den Verband vorliegt.
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24 Vgl. OLG Schleswig StB 1982, 163. 25 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 19; Peemöller/Weller, Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 StPO für freie Berufe – aber nicht für Mitarbeiter genossenschaftlicher Prüfungsverbände? BB 2001, 2415 ff. 26 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 19. 27 Peemöller/Weller, Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 StPO für freie Berufe – aber nicht für Mitarbeiter genossenschaftlicher Prüfungsverbände?, BB 2001, 2415 ff. 28 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 19 m.w.N.; Beuthien GenG § 62 Rdn. 5; BerlKomm/ Hillebrand § 62 Rdn. 7. 29 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 20; Beuthien GenG § 62 Rdn. 5 a.E.; Müller GenG § 62 Rdn. 10b. 30 Vgl. LG München I BB 1985, 373; LG Frankenthal Urt. v.2.5.1956, Az. QS 93/56. 31 Vgl. Anm. Birner BB 1985, 375 zu LG München I a.a.O.
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Verfehlt ist es, wenn das LG Münster32 meint, Prüfungsberichte unterlägen keinem besonderen Vertrauensverhältnis und keiner besonderen Geheimhaltungspflicht. Aus dem Gesetz folgt eindeutig eine strenge Pflicht zur Verschwiegenheit; die Regelungen in Abs. 3 sind erkennbar eng begrenzte Ausnahmen. Ähnlich ist auch das Auskunftsverweigerungsrecht im Steuerverfahrensrecht geregelt. Das in § 102 Abs. 1 Nr. 3b AO i.V.m. § 102 Abs. 2 AO normierte Auskunftsverweigerungsrecht kann von einem Wirtschaftsprüfer geltend gemacht werden sowie grundsätzlich vom Verbandsprüfer als Hilfsperson im Verhältnis zu einem verantwortlichen Angehörigen der steuerberatenden Berufe (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte). Die Grenzen des Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechts bzw. des Beschlagnahmeverbots im Einzelnen sind umstritten. Dies gilt besonders für die Herausgabe von Buchführungsunterlagen, an denen die Steuerfahndung ein vordringliches Interesse hat.33 Für das steuerliche Prozessrecht verweist § 84 Abs. 1 FGO auf die Vorschriften der §§ 101–103 AO; es gilt das Vorstehende entsprechend. Gegenüber Mitarbeitern der Finanzbehörden besteht bei Außenprüfungen grundsätzlich ein Schweigegebot; insb. haben diese kein Recht, bei Außenprüfungen den Prüfungsbericht einzusehen, soweit dort z.B. Kreditverhältnisse mit Kunden behandelt sind. d) Ausnahmen von der Schweigepflicht. Fraglich ist, ob und inwieweit die 10 Schweigepflicht auch gegenüber der staatlichen Aufsichtsbehörde (§ 64) besteht. Der Aufsichtsbehörde dürfte nur dann ein Auskunfts- und Einsichtsrecht in Prüfungsunterlagen zuzuerkennen sein, wenn und soweit in konkreten Einzelfällen die Durchführung der Aufsicht solche Maßnahmen erfordert.34 Auch gegenüber der BaFin und der Deutschen Bundesbank besteht die Schweigepflicht zwar dem Grundsatz nach. Jedoch statuiert das KWG besondere Auskunftspflichten: Nach § 26 Abs. 1 Satz 4 KWG hat der Prüfungsverband den Bericht über die Prüfung einer Kreditgenossenschaft auf Anforderung der BaFin einzureichen. Zudem hat der Prüfungsverband gem. § 29 Abs. 3 Satz 1 KWG sowohl der BaFin als auch der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen, wenn ihm bei der Prüfung Tatsachen bekannt werden, die die Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks rechtfertigen, den Bestand des Instituts gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können oder die schwerwiegende Verstöße der Geschäftsleiter gegen Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag erkennen lassen. 11 einstweilen frei III. Haftung für Verletzung der Pflichten aus § 62 Abs. 1 S. 1 und 2 1. Haftung gegenüber der Genossenschaft (Abs. 1) a) Haftungsgegenstand. Die Haftungsregelung des § 62 im Verhältnis zur eG um- 12 fasst alle Bereiche der genossenschaftlichen Pflichtprüfung gem. § 53 einschließlich der daraus folgenden Tätigkeiten der Prüfungsverfolgung sowie analog § 11 Abs. 2 UmwG auch die Prüfung der Verschmelzung gemäß § 81 UmwG.35 Für Haftungsfälle außerhalb der gesetzlichen Prüfung, also für sonstige Prüfungen und die Beratungstätigkeit des Verbandes gelten die Regelungen des allgemeinen Rechts. Es besteht somit auch die
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Beschl. v. 23.3.1987, Az. 7 QS 14/78 VII. Vgl. Freund NJW 1976, 2002; Gehre NJW 1977, 710, 725. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 13. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 41.
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Möglichkeit, dafür Vereinbarungen mit der eG über Grundlagen und Umfang der Haftung zu treffen, z.B. gem. 54a WPO. Die unter Ziff. 8 der Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB) der Prüfungsverbände geregelte Haftungsbeschränkung für jede Art der Fahrlässigkeit bei allen sonstigen Tätigkeiten (außerhalb der Prüfung) im Rahmen einer (erweiterten) Haftung für € 4 Millionen für jeden Einzelfall lehnt sich an die gesetzlich ausdrücklich für zulässig erklärte Regelung der Haftung der Wirtschaftsprüfer in § 54a Abs. 1 WPO an. Diese Bestimmung entspricht ständiger Übung gegenüber den Mitgliedern. Wegen der Nähe der genossenschaftlichen Prüfung zur Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers ist dies eine branchentypische Freizeichnung bzw. Gepflogenheit im Handelsverkehr gem. § 310 Abs. 1 S. 2 a.E. BGB.36 13
b) Anspruchsberechtigter und Haftungsschuldner nach Abs. 1 S. 3. Anspruchsberechtigt nach § 62 Abs. 1 S. 3 ist nur die eG; Mitglieder und Gläubiger der eG könnten allenfalls einen Schadensersatzanspruch nach den allgemeinen Vorschriften haben, vgl. Rdn. 16. Anspruchsgegner und Haftungsschuldner kann jede natürliche oder juristische Person sein, die ihre Pflichten aus § 62 Abs. 1 Satz 1und 2 verletzt. Nach dem Gesetzeswortlaut („wer seine Pflichten ... verletzt, haftet ...“) kommen als Haftungsschuldner grundsätzlich Verbände, Prüfer und Prüfungsgesellschaften in Betracht. Anspruchsgegner der eG sind somit grundsätzlich der Prüfungsverband als Träger der Prüfung, seine Mitarbeiter sowie ggf. externe Beauftragte. Mit dem Begriff „Prüfer“ ist hier nicht nur der beim Verband angestellte, mit der konkreten Prüfung betraute Verbandsprüfer bzw. Prüfungsassistent erfasst, sondern auch ein selbstständig tätiger, externer Wirtschaftsprüfer; ebenso meint „Prüfungsgesellschaft“ eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Bezüglich deren Haftung ist zu differenzieren: Im Anwendungsbereich des § 55 Abs. 3, wenn also ein anderer Prüfungsverband, ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus wichtigem Grund mit der Durchführung der Prüfung beauftragt wird, gilt die Haftung aus § 62 für den beauftragenden Verband, der in diesen Fällen Träger der Prüfung bleibt; bei schuldhaftem Verhalten des Prüfers findet § 278 BGB Anwendung. Ruht hingegen das Prüfungsrecht des Verbandes nach § 56, ist der Prüfungsverband nicht länger Träger der Prüfung und somit nur der bestellte Prüfer Haftungsschuldner i.S.d. § 62.
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c) Voraussetzungen für die Haftung nach § 62 Abs. 1 S. 3, Pflichtverletzung nach S. 1 oder 2. Die Haftung nach § 62 Abs. 1 S. 3 setzt voraus, dass eine Pflicht i.S.v. § 62 Abs. 1 S. 1 oder 2 verletzt worden ist, d.h. dass nicht gewissenhaft oder unparteiisch geprüft oder die Schweigepflicht verletzt wurde oder dass Geheimnisse unbefugt verwertet wurden. Die Pflichtverletzung muss rechtswidrig sein. In Anbetracht der im Interesse der eG, der Mitglieder, der Gläubiger und letztlich der Allgemeinheit bestehenden Sorgfaltspflicht sind Rechtfertigungsgründe für eine Pflichtverletzung kaum vorstellbar. Weitere Voraussetzung ist ein Verschulden der Pflichtverletzung. Die Verantwortlichkeit der Personen, die die Prüfung durchgeführt haben, richtet sich nach § 276 Abs. 1 BGB; umfasst wird Vorsatz und jeder Grad der Fahrlässigkeit. Vorsatz ist Wissen und Wollen von Handlung und Erfolg; Fahrlässigkeit bedeutet nach § 276 Abs. 2 BGB die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, wobei auf die besondere Verant-
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36 Palandt/Grüneberg § 309 BGB Rdn. 57; nach Beuthien GenG § 62 Rdn. 7 erstreckt sich die Haftungsregelung des § 62 auch auf die mit der Prüfung zusammenhängende beratende und betreuende Tätigkeit des Verbandes.
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wortung des Prüfers abzustellen ist (objektiver Haftungsmaßstab). Er muss insb. Kenntnis der in Frage kommenden Rechtsnormen und der anerkannten Prüfungsgrundsätze haben sowie die Prüfungstechnik beherrschen.37 Mangelnde Erfahrung oder Ausbildung können grundsätzlich nicht entschuldigen. Bei Wertungsfragen muss der Prüfer nach pflichtgemäßem Ermessen unter sorgfältiger Abwägung aller Gesichtspunkte entscheiden. Entsprechendes gilt, wenn in bestimmten Fällen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden können. Hat ein ordnungsgemäß ausgebildeter und erfahrener Prüfer nach sorgfältiger Abwägung entschieden, so kann es ihm nicht vorgeworfen werden, wenn z.B. in einem anschließenden Rechtsstreit das Gericht zu einer anderen Auffassung kommt oder eine spätere Prüfung andere Bewertungen vornimmt. Bzgl. des Verbandes kommt sowohl eine Haftung für eigenes Verschulden als auch eine Haftung für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen in Betracht. Ein eigenes Verschulden des Prüfungsverbandes kann unter den Gesichtspunkten des Auswahl- oder Überwachungsverschuldens gegeben sein. Der Verband ist verpflichtet, die Verbandsprüfer und Prüfungsassistenten sorgfältig auszuwählen und zu kontrollieren, ob sie die Prüfung ordnungsgemäß durchführen. Bei einer Pflichtverletzung z.B. eines Vorstandsmitglieds des Prüfungsverbandes haftet der Prüfungsverband gem. § 31 BGB. Zudem haftet der Prüfungsverband nach § 278 S. 1 BGB für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen. Erfüllungsgehilfen des Prüfungsverbandes können seine angestellten Verbandsprüfer und Prüfungsassistenten, aber auch ein anderer Verband oder externe Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein, derer sich der Prüfungsverband nach § 55 Abs. 3 bedient. Soweit es um ein Verschulden des Erfüllungsgehilfen geht, ist auch ein Ausschluss der Haftung bei vorsätzlichem Verhalten grundsätzlich möglich (§ 278 S. 2 BGB), nicht jedoch durch allgemeine Geschäftsbedingungen (z.B. in Allgemeinen Auftragsbedingungen der Prüfungsverbände): Hier ist ein Haftungsausschluss für grobe Fahrlässigkeit in Anlehnung an § 54a Abs. 1 Nr. 2 WPO unter den dort genannten Voraussetzungen möglich, vgl. Rdn. 12 a.E. Die Beweislast für das Verschulden liegt grundsätzlich bei der eG. Eine Umkehr der Beweislast kommt nur in Ausnahmefällen entsprechend dem Gedanken des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB (… „Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“) und den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Beweislastverteilung nach Gefahren und Verantwortungsbereichen38 in Betracht, nämlich dann, wenn die Umstände für die Feststellung der Schuld so ausschließlich im Bereich des Schädigers liegen, dass es dem Geschädigten unmöglich ist, diese Umstände zu kennen.39 Als Schaden ist jede Vermögensminderung der eG anzusehen; auch eine Vermögensgefährdung kann ausreichen, wenn die Pflichtverletzung des Prüfers z.B. darin besteht, dass unbegründete Beanstandungen oder eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht das Vertrauen in die eG beeinträchtigen. Die Ersatzpflicht betrifft auch Folgeschäden, z.B. wenn wegen mangelhafter Prüfung nicht festgestellt wird, dass die Vorstandsmitglieder zur Leitung der eG nicht befähigt sind und daraus weitere Schäden für die eG entstehen.40 Die Pflicht zum Schadensersatz tritt nur ein, wenn die schuldhafte Pflichtverletzung ursächlich für den eingetretenen Schaden ist.
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37 Müller GenG § 62 Rdn. 15. 38 Palandt/Grüneberg § 280 Rdn. 34. 39 Vgl. BGH VersR 1965, 788; zu weitgehend Müller GenG § 62 Rdn. 15, der stets Umkehr der Beweislast annimmt. 40 Müller GenG § 62 Rdn. 16.
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2. Beschränkte Haftung bei Fahrlässigkeit (Abs. 2). Soweit die Pflichtverletzung nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig erfolgt ist (s. Rdn. 14), beschränkt sich die Haftung auf eine Million Euro für jede einzelne genossenschaftliche Pflichtprüfung. Ohne Bedeutung dabei ist im Übrigen die Anzahl der einzelnen Pflichtverletzungen oder der Grad der Fahrlässigkeit. Haben an der Prüfung mehrere Personen mitgewirkt, so haften sie für den Schaden als Gesamtschuldner (Abs. 1 S. 4); sofern einer der Beteiligten vorsätzlich und ein anderer fahrlässig gehandelt hat, gilt die Haftungsbeschränkung nach Abs. 2 nur für diejenige Person, der lediglich Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.41 Die gesamtschuldnerische Haftung gem. Abs. 1 gilt unabhängig davon, aus welchem Rechtsgrund die Haftung eingetreten ist. Entscheidend ist allein, dass jeder Gesamtschuldner in seiner Person einen Haftungstatbestand erfüllt hat. Trifft vorsätzliches Handeln einer Person mit fahrlässiger Pflichtverletzung einer anderen Person zusammen, so besteht die gesamtschuldnerische Haftung bis zum Höchstbetrag von einer Million Euro.42 Die Frage, ob Leistungen des aus vorsätzlicher Pflichtverletzung Haftenden zunächst zugunsten einer Person anzurechnen sind, die lediglich fahrlässig gehandelt hat, ist umstritten.43 Da bis zu dem Gesamtbetrag von einer Million Euro für alle Beteiligten – unabhängig von der Verschuldensart– gesamtschuldnerische Haftung besteht, sind alle Leistungen bis zu dieser Höhe im Gesamtschuldverhältnis zu berücksichtigen.44 Im Innenverhältnis besteht unter den Gesamtschuldnern Ausgleichspflicht nach § 426 BGB. Gem. § 254 BGB entscheidet das Maß der Verursachung und des Verschuldens.45 Für das Verhältnis zwischen Prüfungsverband und Verbandsprüfer als Erfüllungsgehilfe kann der Gesichtspunkt der „gefahrengeneigten Arbeit“ Anwendung finden, insb. wenn dem Prüfer lediglich leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt.46 Die Haftungsbeschränkung von einer Million Euro je Prüfung bezieht sich auf die einzelne an der Prüfung beteiligte Person. Aus Abs. 2 Satz 2 folgt aber, dass die Haftungsbeschränkung auf eine Million Euro auch dann gilt, wenn mehrere an der Prüfung beteiligte Personen zum Ersatz verpflichtende Handlungen begangen haben. Die gleiche Beschränkung gilt z.B. auch für die Haftung des Prüfers im Verhältnis zur Haftung des Prüfungsverbandes als Geschäftsherr gem. § 278 BGB. Wenn beteiligte Personen vorsätzlich gehandelt haben, kommt gem. § 425 BGB nur für diese Personen eine betragsmäßig unbeschränkte Haftung für den gesamten Schaden in Betracht. IV. Haftung gegenüber Dritten
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§ 62 Abs. 1 u. 2 sind lediglich eine Anspruchsgrundlage für die eG, nicht für deren Mitglieder oder Gläubiger. Aus den Ergebnissen der regulären genossenschaftlichen Pflichtprüfungen kann ein Dritter keinen Schadensersatzanspruch herleiten, da diese dem Schutz der Allgemeinheit und der Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems, nicht jedoch dem Schutz einzelner Gläubiger dienen.47 Gegenüber Dritten käme nur ausnahmsweise eine Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter oder – bei Vorliegen der Voraussetzungen – eine Haftung aus unerlaubter Handlung (§§ 823 BGB)
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41 42 43 44 45 46 47
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 36. Vgl. BGHZ 12, 220; Müller GenG § 62 Rdn. 20. Vgl. Müller GenG § 62 Rdn. 20. Beuthien GenG § 62 Rdn. 10; a.A. Müller GenG § 62 Rdn. 20. BGHZ 51, 279 = NJW 1996, 653. Müller GenG § 62 Rdn. 21. BVerfG NJW 2001, 2617 = DB 2001, 473 = WM 2001, 360.
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in Betracht. Ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis des Prüfungsverbandes zu Dritten dürfte nur unter ganz besonderen Umständen anzunehmen sein.48 Eine vertragliche Haftung kann sich unter dem Gesichtspunkt des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter ergeben.49 Voraussetzung hierfür ist jedoch zunächst eine Prüfung aufgrund eines Vertrages, welche bei eG wegen des ansonsten bestehenden gesetzlichen Prüfungsauftrags nur in Ausnahmefällen bei einer freiwilligen Prüfung durchgeführt wird. Zudem muss bei Vertragsschluss zwischen der eG und dem Verband der Dritte vereinbarungsgemäß mit dem Prüfungsergebnis in Kontakt kommen (Leistungsnähe des Dritten), das ihm zumindest auch zugute kommen soll (Schutzpflicht des Gläubigers) und der Dritte muss für den Verband erkennbar in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sein (Erkennbarkeit der Einbeziehung des Dritten).50 Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, dass die Prüfung auch im Interesse eines Dritten durchgeführt wird, dem die Prüfungsergebnisse als Grundlage für bestimmte wirtschaftliche Entscheidungen dienen sollen.51 Fraglich ist, ob Dritte ggf. die Haftungsbeschränkung des § 62 Abs. 2 Satz 1 gegen sich gelten lassen müssen. Dem ist zuzustimmen,52 da nicht begründbar ist, warum Personen, die nach dem Gesetzeswortlaut nicht in den Schutzbereich einer Norm einbezogen sind, im Ergebnis besser gestellt werden sollten, als solche Personen, die dem Schutzbereich der Norm unmittelbar unterfallen. Zudem geht § 62 – auch insoweit – dem allgemeinen Vertragsrecht des BGB vor.53 Als unerlaubte Handlung käme § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz in Betracht.54 Als Schutzgesetze für Mitglieder und Gläubiger der eG kämen insb. die §§ 150, 151 in Frage, daneben die §§ 163, 266 StGB sowie bspw. wegen der Erteilung eines inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerks §§ 332, 322 HGB i.V.m. § 58 Abs. 2 GenG.55 § 62 selbst ist kein Schutzgesetz zugunsten der Mitglieder oder Gläubiger der eG. Eine Haftung gegenüber Dritten gem. § 826 BGB wäre dann gegeben, wenn der Prüfer dem Dritten in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. Sittenwidrigkeit könnte bereits gegeben sein, wenn der Prüfer leichtfertig und gewissenlos die Prüfung durchführt.56 Der Vorsatz muss hierbei die Schädigung des Drittvermögens umfassen, jedoch nicht das Merkmal der Sittenwidrigkeit. Es genügt bedingter Vorsatz, also wenn sich der Prüfer bewusst war, dass sein Verhalten zu einer Schädigung Dritter führen kann, und er dies billigend in Kauf nimmt.57 Für die Haftung gegenüber Dritten aus unerlaubter Handlung gilt die Beschränkung des § 62 Abs. 2 S. 1 nicht.58 Es erscheint angemessen, für genossenschaftliche Prüfungsverbände analog § 54 WPO eine Verpflichtung zum Abschluss einer ausreichenden Versicherung anzunehmen bis zur Höhe der gesetzlichen Haftungsbeschränkung für Fahrlässigkeit von einer
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48 OLG Köln MDR 1967, 839. 49 BGHZ 138, 257 = NJW 1998, 1948 = DB 1998, 1075 = WM 1998, 1032. 50 Vgl. Beck Bil-Komm/Winkeljohann/Feldmüller § 323 Rdn. 194 ff. 51 BGHZ 138, 257 = NJW 1998, 1948 = DB 1998, 1075 = WM 1998, 1032. 52 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 59. 53 Vgl. für den Fall des § 323 HGB: BGHZ 138, 257 = NJW 1998, 1948 = DB 1998, 1075 = WM 1998, 1032. 54 Vgl. BGH WM 1961, 778; Müller GenG § 62 Rdn. 28. 55 Für die Haftung nach § 332 HGB ist Vorsatz erforderlich, vgl. Baumbach/Hopt HGB § 332 Rdn. 1. 56 Vgl. BGH WM 1987, 258; BGH NJW 1956, 1595; BGH BB 1956, 866; BGH WPg 1961, 532; Müller GenG § 62 Rdn. 26. 57 Müller GenG § 62 Rdn. 29. 58 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 62 Rdn. 60; Müller GenG § 62 Rdn. 31.
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Million Euro.59 Die Versicherung kann als Auflage der Behörde angeordnet werden, vgl. § 63a Abs. 3. Sie ist auch Voraussetzung für eine generelle Haftungsbeschränkung auf € 4 Millionen in AAB, vgl. Rdn. 12 a.E. V. Weitergabe des Prüfungsberichts (Abs. 3) 17
Das Gesetz lässt ausnahmsweise die Weitergabe von Abschriften des Prüfungsberichts an einen Spitzenverband zu. Es handelt sich hierbei um eine konkret umschriebene Ausnahme vom Prüfungsgeheimnis. Eine analoge oder erweiterte Auslegung ist daher ausgeschlossen. „Verband“ i.S.v. Abs. 3 ist derjenige Prüfungsverband, der für die Prüfung verantwortlich ist. Im Falle von § 55 Abs. 3 ist dies der Prüfungsverband, im Fall von § 56 der vom Spitzenverband bestellte Prüfer bzw. Prüfungsverband. Nach § 63 Abs. 3 S. 1 a.F. war es dem prüfenden Verband gestattet, dem ihn angehö18 rigen Genossenschaften und den zentralen Geschäftsanstalten (z.B. genossenschaftliche Zentralbanken, Hauptgenossenschaften oder sonstige Spezialinstitute) vom Inhalt ihrer Prüfungsberichte Kenntnis geben, soweit diese aus Gründen bestehender oder zu begründender Geschäftsverbindung hieran ein wirtschaftliches Interesse hatten. Diese Regelung ist durch die GenG-Novelle 2006 ersatzlos entfallen. Diese weitgehende Ausnahmeregelung ist als datenschutzrechtlich bedenklich angesehen worden.60 „Spitzenverband“ ist grundsätzlich der Verband, der zur Bestimmung des Prüfers im 19 Fall des § 56 Abs. 2 zuständig ist. Der Spitzenverband darf die Abschriften der Prüfungsberichte so verwerten, wie es die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten erfordert. Dies bedeutet, dass er im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens die Berichte so verwerten kann und muss, um Schaden von irgendwelchen Mitgliedern des genossenschaftlichen Verbundes fernzuhalten. Auch hierbei ist aber stets der Grundsatz des Prüfungsgeheimnisses zu beachten; eine Information über den Prüfungsbericht ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein berechtigtes Interesse im genossenschaftlichen Verbund besteht, noch nicht bekannte und dem Prüfungsgeheimnis unterliegende Tatsachen zu erfahren. Ein solches Interesse kann z.B. bei den Trägern von Garantieeinrichtungen gegeben sein. EG (oder Zentralen) können freiwillig Auszüge aus ihren Prüfungsberichten an Dritte weitergeben; eine solche Weitergabeverpflichtung kann auch auf Vereinbarung oder Satzung beruhen. Die Grenze für diese Berechtigung ist dort zu sehen, wo Geheimnisse Dritter berührt werden, wie z.B. das Bankgeheimnis, vgl. Rdn. 7. Die Berechtigung des Prüfungsverbandes nach § 62 Abs. 3 zur Weitergabe von Prüfungsinformationen ist als Ausnahme vom Prüfungsgeheimnis im Zweifel restriktiv auszulegen. Im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens wird der Verband sorgfältig prüfen müssen, ob für eine Weitergabe im konkreten Fall eine Rechtfertigung besteht. In der Regel werden übergeordnete Gesichtspunkte des Prüfungsgeheimnisses gegen eine derartige Weitergabe sprechen.
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59 Vgl. Verordnung über die Berufshaftpflichtversicherung der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer (Wirtschaftsprüfer-Berufshaftpflichtversicherungsverordnung – WPBHV), v. 18.12.1998 (BGBl. I S. 3820), geändert d. Gesetz v. 26.10.2003 (BGBl. I S. 2074) und das WirtschaftsprüfungsexamensReformgesetz vom 1.12.2003 (BGBl. I S. 2446). 60 Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 90 f.
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VI. Haftung nicht begrenzbar (Abs. 5) Die gem. § 62 Abs. 1 u. 2 begründete Haftung kann durch Vertrag weder ausgeschlos- 20 sen noch beschränkt werden. Vereinbarungen, die gegen dieses gesetzliche Verbot verstoßen, sind gem. § 134 BGB nichtig. Das Verbot von Abs. 5 berührt nicht die Möglichkeit, einen bereits gegen den Verband entstandenen Ersatzanspruch zu erlassen oder vergleichsweise zu regeln.61 Eine Erweiterung der Haftung, insb. z.B. eine Erhöhung des in Abs. 2 genannten Betrags von einer Million Euro ist zulässig. Berufsrechtliche Bedenken gegen eine Erweiterung der Haftung, wie sie für Wirtschaftsprüfer gelten, dürften im Falle der genossenschaftlichen Prüfungsverbände nicht begründet sein; üblich ist eine Haftung auf € 4 Millionen je Einzelfall in den AAB der Verbände in entsprechender Anwendung von § 54a Abs. 1 Nr. 2 WPO; vgl. Rdn. 12 a.E. Mitwirkendes Verschulden der eG kann im Rahmen von § 254 BGB geltend gemacht werden. Es kann sich naturgemäß nur um solches schuldhafte Verhalten der eG handeln, das die Prüfungsfeststellung beeinträchtigt hat.62 In Betracht kommen z.B. falsche Auskünfte, Behinderung von Prüfungshandlungen usw. Sonstiges schuldhaftes Verhalten von Genossenschaftsorganen, das zum Schaden der eG geführt hat, ist im Zusammenhang mit Haftungsansprüchen gegen den Prüfungsverband nicht relevant. VII. Verjährung (§ 195 BGB) Abs. 6 wurde mit Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften an das Gesetz 21 zur Modernisierung des Schuldrechts aufgehoben.63 Nunmehr gilt die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB. Die Länge der Verjährungsfrist bleibt dadurch zwar unverändert und die Haftungsansprüche der eG gegen den Prüfungsverband aus § 62 verjähren wie bisher in drei Jahren. Jedoch beginnt nunmehr die Verjährung nicht mehr mit dem Tag des Eingangs des Prüfungsberichts bei der eG zu laufen, sondern gem. § 199 Abs. 1 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die eG davon Kenntnis hatte oder hätte haben müssen. Das Erfordernis des subjektiven Elements der Kenntnisnahme der eG bringt für die Prüfungsverbände eine erhebliche Unsicherheit bzgl. des Verjährungsbeginns mit sich. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist durch Vertrag ist nach Abs. 5 verboten.64 Für die Verjährung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung gilt § 852 BGB. Die Verjährung unterliegt den Regelungen über die Hemmung, Ablaufhemmung und Neubeginn gemäß den Vorschriften der §§ 203 ff. Die Verjährung begründet ein Leistungsverweigerungsrecht des in Anspruch genommenen Prüfungsverbandes (§ 214 Abs. 1 BGB). VIII. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c 22 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42.
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Vgl. Müller GenG § 62 Rdn. 17a. Vgl. Müller GenG § 62 Rdn. 18a. Vom 9.12.2004, BGBl. 2004 I, 3214. Vgl. auch Beuthien GenG § 62 Rdn. 12.
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§ 63 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
§ 63 Zuständigkeit für Verleihung des Prüfungsrechts § 63 Zuständigkeit für Verleihung des Prüfungsrechts Das Prüfungsrecht wird dem Verband durch die zuständige oberste Landesbehörde (Aufsichtsbehörde) verliehen, in deren Gebiet der Verband seinen Sitz hat. Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Zuständigkeiten nach Satz 1 und § 64 Abs. 1 durch Rechtsverordnung auf eine andere Behörde zu übertragen. Mehrere Länder können die Errichtung einer gemeinsamen Behörde oder die Ausdehnung der Zuständigkeit einer Behörde über die Landesgrenzen hinaus vereinbaren.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Aufsichstbehörde | 2 Verfahren | 3
IV. V.
Prüfungsverbände von Wohnungsgenossenschaften | 4 Europäische Genossenschaft (SCE) | 5
I. Allgemeines 1
Unverzichtbares Merkmal eines genossenschaftlichen Prüfungsverbandes ist das Prüfungsrecht, das ihm von der staatlichen Behörde verliehen ist, vgl. § 54 Abs. 1. Ohne diese Verleihung kann ein Verband keine genossenschaftlichen Pflichtprüfungen wahrnehmen. § 63 wurde durch die Novelle 1973 neu gefasst, nachdem zuvor die Verleihungszuständigkeit bei solchen Prüfungsverbänden umstritten war, die über den Bereich eines Landes hinaus tätig sind. § 63 S. 2 ist durch die GenG-Novelle 2006 geändert worden. Die vorherige Fassung sah vor, dass, wenn sich der Bezirk einer eG über die Grenzen eines Landes hinaus erstreckte, den anderen beteiligten Ländern Gelegenheit zur Stellungnahme vor der Verleihung gegeben werden musste. Die Regelung ist durch den neuen Satz 2 ersatzlos gestrichen worden. Die Länder machten von der Möglichkeit praktisch keinen Gebrauch.1 Durch Art. 10 Nr. 9 b) des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) v. 25.5.20092 ist der jetzige S. 2 eingefügt worden. Dieser enthält eine Ermächtigungsgrundlage dafür, dass die Landesregierungen die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde durch Rechtsverordnung auf eine andere Behörde zu übertragen. Nach S. 3 können mehrere Länder auch eine gemeinsame Behörde errichten. II. Aufsichtsbehörde
2
Für die Verleihung des Prüfungsrechts ist die oberste Landesbehörde zuständig, in deren Gebiet der Verband seinen Sitz hat. Das Landesrecht legt im Einzelnen fest, welche Behörde zuständig sein soll; regelmäßig wird hierfür das Wirtschafts- oder Landwirtschaftsministerium in Betracht kommen. III. Verfahren
3
Die Verleihung des Prüfungsrechts ist ein begünstigender Verwaltungsakt; sie ist eine hoheitliche Regelung mit unmittelbarer Wirkung auf die rechtliche Qualität des Ver-
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Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 91. BGBl. I 2009. S. 1102.
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Verleihung des Prüfungsrechts | § 63a
bandes.3 Bei der Entscheidung ist die Behörde an die Voraussetzungen gebunden, wie sie in § 63a geregelt sind (s. Erl. dort). IV. Prüfungsverbände von Wohnungsgenossenschaften Die vor dem 1.1.1990 nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz bestimmten Prü- 4 fungsverbände von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen (§§ 23, 14 WGG) sind Prüfungsverbände im Sinne des GenG. Das Prüfungsrecht nach dem Genossenschaftsrecht wird von der Aufhebung des WGG nicht berührt. Für die Verleihung des Prüfungsrechts an neugebildete Verbände von Wohnungsgenossenschaften gelten die allgemeinen Bestimmungen. Wohnungsunternehmen anderer Rechtsform können den Verbänden – je nach Satzung – gem. § 63b beitreten. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c für 5 die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, s. dazu ausführlicher § 53 Rdn. 42. Damit ist die Verleihungsbehörde auch für die Verleihung des Prüfungsrechts zur Prüfung von SCE zuständig. Einem Prüfungsverband, dem das Recht zur Prüfung von eG in einem bestimmten Bezirk verliehen wurde, hat dies auch für die dort ansässigen SCE. Dies ergibt sich i.d.R. im Wege der ergänzenden Auslegung sowohl der Verbandssatzung (übliche Formulierung … prüft die ihm angehörigen eingetragenen Genossenschaften …) wie auch der Verleihungsurkunde.
§ 63a Verleihung des Prüfungsrechts § 63a Verleihung des Prüfungsrechts (1) Dem Antrag auf Verleihung des Prüfungsrechts darf nur stattgegeben werden, wenn der Verband die Gewähr für die Erfüllung der von ihm zu übernehmenden Aufgaben bietet. (2) Die Aufsichtsbehörde kann die Verleihung des Prüfungsrechts von der Erfüllung von Auflagen und insbesondere davon abhängig machen, dass der Verband sich gegen Schadensersatzansprüche aus der Prüfungstätigkeit in ausreichender Höhe versichert oder den Nachweis führt, dass eine andere ausreichende Sicherstellung erfolgt ist.
I. II. III.
Systematische Übersicht Voraussetzung für die Verleihung des Prüfungsrechts (Abs. 1) | 1–2 Gewähr für die Erfüllung der Aufgaben | 2 Auflagen für die Verleihung (Abs. 2) | 3
IV. V. VI.
Entziehung des Prüfungsrechts | 4 Verfahren | 5 Europäische Genossenschaft (SCE) | 6
I. Voraussetzungen für die Verleihung des Prüfungsrechts (Abs. 1) Das Prüfungsrecht kann einem genossenschaftlichen Verband auf Antrag verliehen 1 werden. Die Aufsichtsbehörde hat dem Antrag stattzugeben, sofern die gesetzlichen
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Vgl. Müller GenG § 63 Rdn. 2.
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§ 63a | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Voraussetzungen gem. Abs. 1 erfüllt sind. Wenn der Verband Gewähr für die Erfüllung der Aufgaben als Prüfungsverband bietet, kann für eine Ablehnung durch die Behörde kein Raum mehr sein.1 II. Gewähr für die Erfüllung der Aufgaben 2
Der antragstellende Verband muss nach seiner Rechtsform, Organisation sowie sachlichen und personellen Ausstattung gewährleisten, dass er die ihm als Prüfungsverband gemäß den §§ 53 ff. obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. Es wird entscheidend darauf ankommen, dass im Hinblick auf die Zahl und Struktur der Mitgliedsgenossenschaften eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage vorhanden ist und dass die erforderliche Zahl von fachlich qualifizierten Prüfern zur Verfügung steht; dem Vorstand muss ein Wirtschaftsprüfer angehören, oder es muss ein Wirtschaftsprüfer als besonderer Vertreter i.S.v. § 30 BGB bestellt sein, § 63b Abs. 5. Im Zusammenhang mit der Verleihung des Prüfungsrechts ist im Wesentlichen darauf abzustellen, ob die Prüfungstätigkeit ordnungsgemäß gewährleistet ist; andere im Rahmen von § 63b Abs. 4 mögliche Verbandszwecke haben hierbei nur untergeordnete Bedeutung. Der frühere Abs. 2 von § 63a (Bedürfnis für die Tätigkeit des Prüfungsverbands) ist durch die GenG Novelle 2006 ersatzlos gestrichen worden. Der Gesetzgeber hielt diese Bestimmung für unvereinbar mit Art. 12 GG (Berufsfreiheit) und Art. 9 GG (Vereinigungsfreiheit). Die Prüfung des Bedürfnisses erfolgt seitdem nicht mehr als eigenständiger Ablehnungsgrund, sondern wird bei der Prüfung nach Abs. 1 mit berücksichtigt.2 III. Auflagen für die Verleihung (Abs. 2)
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Die in Abs. 3 vorgesehenen Auflagen stellen für sich einen selbstständigen Verwaltungsakt dar; die Erfüllung der Auflage ist aber nicht Bedingung für die Wirksamkeit der Verleihung des Prüfungsrechts. Als besonderen und typischen Fall der Auflage nennt das Gesetz den Abschluss einer ausreichenden Versicherung gegen Schadensersatzansprüche aus der Prüfungstätigkeit, siehe hierzu Erl. bei § 62. Die Aufsichtsbehörde kann auch verlangen, dass der Verband sich einem genossenschaftlichen Spitzenverband anschließt.3 IV. Entziehung des Prüfungsrechts
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Fallen die für die Verleihung des Prüfungsrechts erforderlichen Voraussetzungen später weg, so kann das Prüfungsrecht nachträglich wieder entzogen werden. Einzelheiten hierzu regelt § 64a. Eine Entziehung kommt demnach in Betracht, wenn der Verband – nicht mehr die Gewähr für die Erfüllung seiner Aufgaben bietet und/oder – er die behördlichen Auflagen nicht erfüllt. V. Verfahren
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Lehnt die Aufsichtsbehörde den Antrag des Verbandes auf Verleihung des Prüfungsrechts ab, kann gegen diesen ablehnenden Bescheid eine Verpflichtungsklage beim
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63a Rdn. 10. Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 91; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63a Rdn. 12. Zust. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63a Rdn. 15; a.A. Müller GenG § 63a Rdn. 12.
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Rechtsform, Mitglieder und Zweck des Prüfungsverbandes | § 63b
Verwaltungsgericht erhoben werden. (§ 42 Abs. 1 VwGO). Da der Bescheid in der Regel (Ausnahme nach § 63 S. 2) durch die oberste Landesbehörde erlassen ist, ist vorher kein Widerspruchsverfahren nach § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO durchzuführen. Die Klage muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Versagungsbescheids erhoben werden (§ 74 Abs. 1 S. 2 VwGO). Klagebefugt sind neben dem antragstellenden Verband, auch die einzelnen eG als Mitglieder des Verbands, da sie in ihrem Recht auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) verletzt werden.4 Da die Verleihungsbehörde über keinen Ermessensspielraum verfügt, unterliegt der ablehnende Bescheid im vollen Umfang der Nachprüfung durch das Verwaltungsgericht.5 Ist die Verpflichtungsklage rechtskräftig abgewiesen, so hat die Behörde weitere Anträge ohne erneute Sachprüfung abzulehnen, solange sich die Rechts- oder Sachlage nicht geändert hat.6 Einem bestehenden Prüfungsverband, zu dem der neue Prüfungsverband in Konkurrenz tritt, steht grundsätzlich kein Rechtsmittel gegen die Verleihung des Prüfungsrechts zu, da die Verleihung nicht in seine schutzwürdigen Interessen willkürlich eingreift.7 § 63a bezweckt nicht den Schutz bestehender Prüfungsverbände, sondern will eine ordnungsgemäße Durchführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung gewährleisten.8 VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Vgl. § 63 Rdn. 5.
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§ 63b Rechtsform, Mitglieder und Zweck des Prüfungsverbandes § 63b Rechtsform, Mitglieder und Zweck des Prüfungsverbandes (1) Der Verband soll die Rechtsform des eingetragenen Vereins haben. [Eine andere Rechtsform ist nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass der Verband ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt.]1 (2) Mitglieder des Verbandes können nur eingetragene Genossenschaften und ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform solche Unternehmen oder andere Vereinigungen sein, die sich ganz oder überwiegend in der Hand eingetragener Genossenschaften befinden oder dem Genossenschaftswesen dienen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, entscheidet im Zweifelsfall die Aufsichtsbehörde. Sie kann Ausnahmen von der Vorschrift des Satzes 1 zulassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
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4 A.A. noch die Vorauflage; Müller GenG § 63a Rdn. 5; wie jetzt hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63a Rdn. 22; Beuthien GenG § 63a Rdn. 6 5 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63a Rdn. 23; Beuthien GenG § 63b Rdn. 6: Müller GenG § 63a Rdn. 6. 6 Müller GenG § 63a Rdn. 7. 7 Beuthien GenG § 63a Rdn. 6. 8 Zutreffend Müller GenG § 63a Rdn. 11. 1 Der Klammerzusatz bezieht sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 9 Nr. 9 RefE vom 27.3.2015 eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, nachfolgend AReG-RefE.
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§ 63b | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
(3) Mitglieder des Verbandes, die nicht eingetragene Genossenschaften sind und anderen gesetzlichen Prüfungsvorschriften unterliegen, bleiben trotz ihrer Zugehörigkeit zum Verband diesen anderen Prüfungsvorschriften unterworfen und unterliegen nicht der Prüfung nach diesem Gesetz. (4) Der Verband muss unbeschadet der Vorschriften des Absatzes 3 die Prüfung seiner Mitglieder und kann auch sonst die gemeinsame Wahrnehmung ihrer Interessen, insbesondere die Unterhaltung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen zum Zweck haben. Andere Zwecke darf er nicht verfolgen. (5) Dem Vorstand des Prüfungsverbandes soll mindestens ein Wirtschaftsprüfer angehören. Gehört dem Vorstand kein Wirtschaftsprüfer an, so muss der Prüfungsverband einen Wirtschaftsprüfer als seinen besonderen Vertreter nach § 30 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellen. Die Aufsichtsbehörde kann den Prüfungsverband bei Vorliegen besonderer Umstände von der Einhaltung der Sätze 1 und 2 befreien, jedoch höchstens für die Dauer eines Jahres. In Ausnahmefällen darf sie auch eine Befreiung auf längere Dauer gewähren, wenn und solange nach Art und Umfang des Geschäftsbetriebes der Mitglieder des Prüfungsverbandes eine Prüfung durch Wirtschaftsprüfer nicht erforderlich ist. (6) Mitgliederversammlungen des Verbandes dürfen nur innerhalb des Verbandsbezirkes abgehalten werden.
I. II. III. IV.
Systematische Übersicht Rechtsform des Prüfungsverbandes (Abs. 1) | 1–1a Zulässige Verbandsmitglieder (Abs. 2) | 2–3 Vorrang besonderer Prüfungsvorschriften (Abs. 3) | 4 Zweck des Prüfungsverbandes (Abs. 4) | 5–10
1. Prüfung als Pflichtzweck | 5 2. Sonstige zulässige Zwecke | 6–10 V. Zusammensetzung des Verbandsvorstandes (Abs. 5) | 11–13 VI. Ort der Mitgliederversammlung (Abs. 6) | 14 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 15
I. Rechtsform des Prüfungsverbandes (Abs. 1) Der Prüfungsverband „soll“ die Rechtsform eines eingetragenen Vereins haben. Diese „Sollvorschrift“ ist zwar als rechtliche Verpflichtung, jedoch nicht als zwingende Voraussetzung z.B. für die Tätigkeit als Prüfungsverband zu verstehen. Dies bedeutet, dass die Aufsichtsbehörde grundsätzlich nur an einen genossenschaftlichen Verband in der Rechtsform des e.V. das Prüfungsrecht verleihen darf, wenn nicht ganz besondere Umstände die Wahl einer anderen Rechtsform sachlich geboten erscheinen lassen.2 Ändert der Prüfungsverband nach Verleihung des Prüfungsrechts die Rechtsform, wäre dementsprechend das Prüfungsrecht zu entziehen. Die Vorschriften des § 63i mit Hinweis auf die Rechtsform des Verbandes als Wirtschaftsverein (§ 22 BGB) wurden durch Art. 7 des Umwandlungsbereinigungs-Gesetz3 vom 28.10.1994 aufgehoben. 1a Durch den noch nicht in Kraft getretenen4 neuen Satz 2 soll klargestellt werden, dass die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband, der nicht die Rechtsform des e.V. hat, nicht die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers beeinträchtigen kann. Diese Vorgabe 1
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2 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63b Rdn. 1; Müller GenG § 63b Rdn. 2; a.A. Beuthien GenG § 63b Rdn. 1. 3 Umwandlungsbereinigungsgesetz (UmwBerG) vom 28.10.1994, BGBl. I S. 3210 ff. 4 Vgl. AReG-RefE, Fußn. 1.
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stammt aus Artikel 2 Absatz 4 VO (EU) Nr. 537/2014. Dieser legt fest, dass kein objektiver, sachverständiger und informierter Dritter zu dem Schluss gelangen kann, dass die Mitgliedschaft in einer Prüfungsorganisation die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers beeinträchtigen könnte, wenn die Prüfungsorganisation ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt und die allgemeinen Grundsätze der Unabhängigkeit anwendet. Dieses Erfordernis erfüllt der e.V. bereits durch die Rechtsform, vgl. § 21 BGB. Da eine andere Rechtsform nur im Ausnahmefall zulässig ist, vgl. Rdn. 1, wird sich kaum ein Anwendungsbereich für die Vorschrift ergeben. II. Zulässige Verbandsmitglieder (Abs. 2) Im Hinblick auf den Zweck des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes (Abs. 4) 2 können nur Mitglieder des Verbandes sein: (a) eingetragene Genossenschaften und europäische Genossenschaften (SCE), vgl. Art. 71 SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG und unten Rdn. 15.5 Die Umwandlung in eine andere Rechtsform, z.B. in die AG, führt nicht automatisch zum Ausscheiden aus dem genossenschaftlichen Prüfungsverband; die Umwandlung kann jedoch ein Ausschließungsgrund sein.6 Der Ausschließungsgrund kann sich aus § 63b Abs. 2 unmittelbar ergeben, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind oder auch aus der Satzung des Genossenschaftsverbandes. Insoweit besteht ein Unterschied, ob eine MitgliedseG die Rechtsform der eG aufgibt und damit zu erkennen gibt, dass sie aus der Gemeinschaft der eG und ihrem Verbund ausscheiden will, oder ob Aktiengesellschaften Aufnahme beim Verband beantragen, weil sie sich den eG zugehörig fühlen und nur aus zwingenden Gründen eine Umwandlung in die eG nicht möglich ist.7 (b) Unternehmen anderer Rechtsform oder Vereinigungen anderer Rechtsform, die sich ganz oder überwiegend in der Hand eingetragener Genossenschaften befinden. (c) Unternehmen anderer Rechtsform oder andere Vereinigungen anderer Rechtsform, die dem Genossenschaftswesen dienen. Der Begriff „Unternehmen“ ist nicht im rechtstechnischen Sinn zu verstehen; es können auch nicht erwerbswirtschaftliche Zusammenschlüsse wie Vereine, Körperschaften oder sonstige Gesellschaften sein, dies wurde durch die Ergänzung „oder andere Vereinigungen“ mit der Geno-Novelle 2006 klargestellt“;8 u.U. können auch natürliche Personen dem Verband angehören, sofern diese das Merkmal eines „Unternehmens“ erfüllen.9 Die Formulierung „ganz oder überwiegend in der Hand eingetragener Genossenschaften“ bedeutet bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich Kapitalmehrheit im Besitz von eG, bei Personengesellschaften können dagegen die Zahl der Gesellschafter oder ihre Befugnisse in der Geschäftsführung maßgeblich sein. Unternehmen dieser Art sind insb. die genossenschaftlichen Zentralen oder genossenschaftliche Spezialinstitute, z.B. auch in der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der GmbH.
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5 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63 Rdn. 6a; Beuthien GenG § 63b Rdn. 2. 6 LG Hamburg Urt. v.14.11.1974, Az. 75 O 143/72; wegen Anspruch auf Aufnahme vgl. Erl. zu § 54 Rdn. 8 ff.; wegen Ausschluss Erl. zu § 54a Rdn. 3. 7 Im Zweifelsfall entscheidet die oberste Landesbehörde, s.u. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63b Rdn. 10; insoweit schon vor der Novelle 2006 zutreffend Müller GenG § 63b Rdn. 4. 9 Zum Unternehmensbegriff Hüffer § 15 AktG Rdn. 8 f., 11; Niehus DB 2003, 1125 ff. m.w.N.; a.A. Mehrkens BB 1983, 287, der allgemein die Mitgliedschaft natürlicher Personen ablehnt; zu weitgehend Müller GenG § 63b Rdn. 5, der auch nicht als Unternehmer tätige natürliche Personen als Verbandsmitglieder zulassen will.
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§ 63b | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Auch Unternehmen, die die genossenschaftliche Wohnungsversorgung durch vorbereitende oder ergänzende Leistungen fördern, z.B. durch den Betrieb von Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen wie Sammelgaragen, Instandhaltungswerkstätten, Einkaufszentren, Tagesstätten, Jugendzentren, Gaststätten, Ferienheime, Wohnungstauschstellen, Stellen zur Vorbereitung und Durchführung von Privatisierungsvorhaben, Vereine zur Organisation von Nachbarschaftshilfe oder der Mitbestimmung bei der Wohnungsbewirtschaftung, erfüllen die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft. Auch der Begriff „Unternehmen, die dem Genossenschaftswesen dienen“, ist im weiten Sinne zu verstehen. Ein Unternehmen dient dann dem Genossenschaftswesen, wenn es über die Förderung der eigenen Gesellschafter hinaus Leistungen für andere eG, für den genossenschaftlichen Verbund oder für die Genossenschaftsidee und das Genossenschaftswesen allgemein erbringt.10 Darunter fallen z.B. genossenschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute, Schulungseinrichtungen, Werbeagenturen, Treuhandstellen usw. In Zweifelsfällen entscheidet über die rechtliche Möglichkeit der Mitgliedschaft im Prüfungsverband die Aufsichtsbehörde. Sie ist auch zuständig für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gem. § 63b Abs. 2 S. 3. Ein wichtiger Grund für die Zulassung zum Prüfungsverband kann z.B. darin liegen, dass ein Unternehmen in nicht genossenschaftlicher Rechtsform sich dem genossenschaftlichen Verbund anschließen will, aber aus zwingenden Gründen an einer Umwandlung in die eG gehindert ist. Das Gesetz gibt somit auch dem Verband die Möglichkeit, die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen, wenn er hinsichtlich der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft nicht zu einer gesicherten Überzeugung gelangt. Mit der Aufhebung des WGG (1.1.1990) ist die Rechtsgrundlage für die Pflichtmit3 gliedschaft ehemals gemeinnütziger Wohnungsunternehmen und Organen der staatlichen Wohnungspolitik, die keine eG sind, entfallen. Das Steuerreformgesetz 199011 v. 25.7.1988 enthielt in Art. 21 ein Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt. § 5 Nr. 1 dieses Gesetzes hob die bisherige Sonderregelung (§ 63b Abs. 2 S. 4) über die Verbandzugehörigkeit solcher Unternehmen auf. Um ihre Verbandszugehörigkeit unabhängig von einer Ausnahmegenehmigung zu erhalten, bestimmt der neu eingefügte § 162 die Fortführung ihrer bisherigen Pflichtmitgliedschaft als freiwillige, kündbare Mitgliedschaft. Gem. Art. 21 Steuerreformgesetz 1990, § 3 Abs. 1 Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt12 hat ein Mitglied, das am 31.12.1989 als gem. Wohnungsunternehmen oder als Organ der Staats- und Wohnungspolitik anerkannt war, wenn es aus dem Prüfungsverband dem es angehört ausscheidet, „entsprechend dem Verhältnis seines Beitrages am Gesamtaufkommen des Prüfungsverbandes, insbesondere durch einmalige und laufende Zahlungen, dazu beizutragen, dass die bis zum 2.8.1988 von dem Prüfungsverband an gesetzliche Vertreter und Arbeitnehmer gegebene Zusagen für die Gewährung von Alters- und Hinterbliebenenversorgung erfüllt werden können.“. Das gilt entsprechend nach § 3 Abs. 2 Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt13 zur Finanzierung von Leistungen, die aufgrund eines Sozialplans oder einer betrieblichen Vereinbarung an Arbeitnehmer, die bis 31.12.1992 aus dem Prüfungsverband oder dem Spitzenverband ausscheiden, zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile gezahlt werden. Voraussetzung
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Vgl. Müller GenG § 63b Anm. 5; Mehrkens BB 1983, 287 ff. BGBl. I 1988, S. 1093. Vgl. ebenda, Art. 21. Vgl. Steuerreformgesetz 1990, BGBl. I 1988, S. 1093, Art. 21.
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ist, dass das Ausscheiden auf Umständen beruht, die durch die Aufhebung der Vorschriften des WGG herbeigeführt worden sind. In der Praxis haben die einzelnen Verbände den Problemkreis mit ihren Mitgliedern im Wege einer Vereinbarung geregelt bzw. dies in der Satzung verankert. Das gilt auch in ihrem Verhältnis zum Spitzenverband, dem nach der Anpassung seiner Satzung an die durch Aufhebung des WGG geschaffene Rechtslage die Prüfungs-, Fach- und Interessenverbände der Wohnungswirtschaft als freiwillige Mitglieder angehören. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft sind zwingend. Der Beitritt ist unwirksam, wenn die Voraussetzungen nicht gegeben sind. III. Vorrang besonderer Prüfungsvorschriften (Abs. 3) Der genossenschaftlichen Pflichtprüfung gem. § 53 unterliegen nur eingetragene Ge- 4 nossenschaften, vgl. Erl. zu § 55 Rdn. 2. Für Mitgliedsunternehmen anderer Rechtsform gelten dagegen die besonderen Prüfungsvorschriften, wie z.B. für Aktiengesellschaften die §§ 316 ff. HGB. Eine solche Aktiengesellschaft kann gem. § 119 Abs. 1 Nr. 4 AktG, 318 HGB nur von einem in der Hauptversammlung gewählten Abschlussprüfer (Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) rechtswirksam geprüft werden. Auch eine Prüfungsverfolgung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband kommt nicht in Betracht. Eine Ausnahme gilt bei solchen Mitgliedsunternehmen anderer Rechtsform, deren Anteile oder Stimmrechte mehrheitlich eG oder Prüfungsverbänden zustehen und für Unternehmen anderer Rechtsform, die am 31.12.1989 als gemeinnützige Wohnungsunternehmen oder als Organe der staatlichen Wohnungspolitik anerkannt waren. Diese dürfen sich unter Zugrundelegung der für sie geltenden Vorschriften gem. Art. 25 Abs. 1 EGHGB von dem genossenschaftlichen Prüfungsverband prüfen lassen, bei dem sie Mitglied sind, vgl. Erl. bei § 53 Rdn. 11 und § 55 Rdn. 34 Im Übrigen kann jedoch die Verbandssatzung vorsehen, dass sich solche Mitglieder zusätzlich der Prüfung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung nach § 53 Abs. 1 S. 1 zu unterwerfen haben. Dies gilt auch für solche Verbandsmitglieder, die keiner gesetzlichen Prüfungspflicht unterliegen. IV. Zweck des Prüfungsverbandes (Abs. 4) 1. Prüfung als Pflichtzweck. Abs. 4 verpflichtet den Prüfungsverband, die Prüfung 5 seiner Mitglieder in der Satzung als Verbandszweck festzulegen, vgl. § 57 BGB. Daneben erlaubt das Gesetz nur, dass die Verbandssatzung die gemeinsame Wahrnehmung der Mitgliederinteressen, insb. die Unterhaltung gegenseitiger Geschäftsbeziehungen als Verbandszweck enthält. Andere Zwecke darf der Verband nicht verfolgen. Der Gesetzeswortlaut unterscheidet nicht eindeutig zwischen „Zweck“ und „Aufgaben“ des Verbandes. Der allgemeine Zweck eines Genossenschaftsverbandes14 kann nur die Förderung des Genossenschaftswesens und der Mitgliedsgenossenschaften sein. Bei der Prüfungsund Betreuungstätigkeit handelt es sich dagegen um ein „Aufgabengebiet“ des Verbandes. Seit der Einführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung hat der Prüfungsverband als Träger der gesetzlichen Prüfung die Aufgabe, dazu beizutragen, Schaden von Mitgliedern, Gläubigern und der Allgemeinheit abzuwenden.15 Der Prüfungszweck umfasst alle anfallenden Prüfungen, wie z.B. die ordentlichen und außerordentlichen Pflichtprüfungen, Sonderprüfungen und Auftragsprüfungen, vgl.
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Vgl. BGHZ 96, 245 = NJW 1986, 1033 = DB 1986, 473 = WM 1986, 289. BVerfG NJW 2001, 2617 = DB 2001, 473 = WM 2001, 360.
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§ 63b | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
hierzu den Katalog bei § 53 Rdn. 37, s. auch Rdn. 10 u. 11. Zudem hat der Verband – auch wenn dies in Gesetz und Satzung nicht zum Ausdruck kommt – die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen, wie z.B. die gutachtliche Äußerung bei der Anmeldung von eG zur Eintragung (§ 11 Abs. 2 Nr. 3) und bei der Fortsetzung einer aufgelösten Genossenschaft (§ 79a Abs. 2) oder die Erstattung von Gutachten nach dem Umwandlungsrecht (§ 81 UmwG). Auch die nach der Satzung bestehende Prüfungspflicht für Mitglieder in nicht genossenschaftlicher Rechtsform fällt unter den Prüfungszweck; eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung dieser Prüfungen besteht jedoch nicht. 6
2. Sonstige zulässige Zwecke. In Abs. 4 S. 1 kommt auch die „Doppelnatur“ des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes als Prüfungs- und Betreuungsverband zum Ausdruck. Zu Recht unterscheidet Henzler16 drei Funktionsbereiche oder „Grundfunktionen“ der Tätigkeit der genossenschaftlichen Prüfungsverbände: 1. Beratung, Betreuung und Schulung. 2. Vertretung der Interessen der Verbandsmitglieder gegenüber Dritten. 3. Prüfung.17 Von der Möglichkeit, die „gemeinsame Wahrnehmung“ der Mitgliederinteressen durch die Satzung als Verbandszweck festzulegen, machen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände seit jeher Gebrauch. Es ist in diesem Zusammenhang beachtlich, dass die Genossenschaftsverbände ursprünglich nicht Prüfungsverbände, sondern Beratungs- und Betreuungsverbände gewesen sind, vgl. Erl. zu § 53 Rdn. 1.18 Allerdings müssen die Mitglieder die Möglichkeit haben, ihre Mitgliedschaft auf die Prüfungspflicht zu begrenzen.19 Im Hinblick auf die abschließende Regelung von Abs. 4 ist wichtig, dass es sich bei dem Verbandszweck nicht um „gemeinsame Interessen“ der Mitglieder handeln muss, sondern lediglich um die „gemeinsame Wahrnehmung“ von Mitgliederinteressen. Die Unterhaltung von gegenseitigen Geschäftsbeziehungen hat im Wesentlichen nur historische Bedeutung, da ursprünglich manche Genossenschaftsverbände die Aufgaben von genossenschaftlichen Zentralen wahrgenommen haben. Anstelle dieser Geschäftsbeziehungen zu den Mitgliedern ist heute ein umfassender Beratungs- und Betreuungsdienst getreten. Zu den wichtigsten Aufgaben der genossenschaftlichen Prüfungsverbände gehören neben der Prüfung, – die Wahrnehmung der Interessenvertretung in wirtschaftlichen und rechtlichen Bereichen, – die Beratung der Mitglieder in Rechtsfragen, Steuerfragen und betriebswirtschaftlichen Fragen, – die Unterhaltung von Schulungseinrichtungen und die Durchführung von Schulungen insb. für Mitarbeiter und Organe (VS u. AR) der eG und – die Unterhaltung von Sicherungseinrichtungen für die Mitglieder.20
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16 Henzler Die Genossenschaft, S. 202. 17 Vgl. auch Jenkis BB 1982, 1704. 18 Vgl. BGHZ 125, 1 = NJW 1994, 1658 = DB 1994, 1978 = WM 1994, 652 und BGHZ 130, 243 = NJW 1995, 2981 = DB 1995, 2056 = WM 1995, 1754. 19 BGHZ 130, 243 = NJW 1995, 2981 = DB 1995, 2056 = WM 1995, 1754. 20 Vgl. im einzelnen Henzler Die Genossenschaft, S. 199 ff.; Paulick S. 307 ff.; Westermann in: Festschrift für Draheim, S. 203 ff.; Jenkis BB 1982, 1704 ff.; Riebandt-Korfmacher Prüfungsverbände von Wohnungsunternehmen, Festschrift für Jenkis, 1987, 298–305.
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Rechtsform, Mitglieder und Zweck des Prüfungsverbandes | § 63b
Wegen der Frage der Pflichtmitgliedschaft im genossenschaftlichen Prüfungsverband und der beratenden und betreuenden Tätigkeit und zur Verfassungsmäßigkeit vgl. Erl. zu § 54 Rdn. 6 ff., zur Beschränkung der Mitgliedschaft auf den Kernbereich der Prüfung vgl. dort Rdn. 9. Für genossenschaftliche Prüfungsverbände und für genossenschaftliche Treuhandstellen und ähnliche Einrichtungen bestehen (wie auch für die eG selbst) gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) sowie § 4 Nr. 6 Steuerberatungsgesetz Sonderregelungen (vgl. dazu auch § 54 Rdn. 8): Sie bedürfen für die rechtliche und steuerrechtliche Beratung ihrer Mitglieder und angeschlossener genossenschaftlicher Einrichtungen keiner Erlaubnis, wenn die Beratung im Rahmen ihres Aufgabenbereichs liegt. Dies gilt auch für die Beratung der Mitglieder der angeschlossenen eG. Der Aufgabenbereich wird durch die Satzung bestimmt. Die Satzungen der genossenschaftlichen Prüfungsverbände sehen die historisch gewachsene Aufgabe der Verbände gerade in der rechtlichen Beratung und Betreuung der angeschlossenen eG. Auch nach dem durch BilReG21 vom 4.12.2004 neu geschaffenen § 319a Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB sind Rechts- und Steuerberatung auch durch Prüfer weiterhin zulässig, wenn sie nicht über das Aufzeigen von Gestaltungsalternativen hinausgehen und sich nicht unmittelbar und nicht wesentlich auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in dem zu prüfenden Jahresabschluss auswirken, vgl. dazu die Ausführungen bei § 55 Rdn. 19, 21 und § 62 Rdn. 4. In der Praxis hat es sich bewährt, dass der Verband seine rechtsberatende Tätigkeit durch angestellte Rechtsanwälte i.S.v. § 46 BRAO ausübt und die Steuerberatung durch angestellte Steuerberater. Es ist unbedenklich, wenn der Prüfungsverband seine rechtsberatende Tätigkeit ausgliedert, z.B. auf eine Tochtergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH.22 Nach dem Sinn von § § 7 Abs. 1 Nr. 2 RDG kann es keinen Unterschied machen, ob der Verband seine Mitglieder selbst rechtlich betreut oder sich hierzu aus organisatorischen oder steuerlichen Gründen einer Tochtergesellschaft bedient, die seiner Kontrolle und Verantwortung unterliegt.23 Eine solche Lösung begegnet auch keinen Bedenken im Hinblick auf die Rechtsform des Verbandes als nichtwirtschaftlicher Verein.24 Die Prüfung des Verbandes kann sich grundsätzlich vorbehaltlich der in Abs. 3 getroffenen Regelung nur auf die in Abs. 2 genannten Mitglieder beziehen; Prüfung und Beratung von verbandsfremden Dritten durch den Verband sind i.d.R. nicht zulässig. Deren Beratung kann jedoch durch eine Tochtergesellschaft des Verbandes erfolgen, wenn dies nach der Verbandssatzung im Interesse der Mitglieder liegt.25 Zulässig ist auch, dass ein genossenschaftlicher Prüfungsverband Nichtmitglieder prüft, die Mitglied eines anderen genossenschaftlichen Prüfungsverbandes sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass ein anderer Prüfungsverband bei Ruhen des Prüfungsrechts des zuständigen Prüfungsverbandes (§ 56 Abs. 2) vom Spitzenverband zum Prüfer bestimmt werden kann. Allerdings kann die Prüfung von Nichtmitgliedern nicht Verbandszweck sein. Bei einer Änderung des Verbandszwecks im eigentlichen Sinn, vgl. Rdn. 5, ist § 33 Abs. 1 S. 2 BGB zu beachten: Sie bedarf der Zustimmung aller Mitglieder. Da der Zweck
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21 BGBl. 2004 I, 3166. 22 BGHZ 125, 1 = NJW 1994, 1658 = DB 1994, 1978 = WM 1994, 652. 23 LG Offenburg Urt. v. 16.10.1990, Az. 1 O 212/90. 24 Von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkanntes „Nebenzweckprivileg“; vgl. BGHZ 85, 84 (ADAC) = NJW 1983, 543 m. Anm. K. Schmidt = WM 1983, 394 = BB 1983, 328 m. Anm. Hemmerich; vgl. auch Großfeld/Noelle BB 1985, 2145. 25 A.A. Beuthien GenG § 63b Rdn. 5.
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des Prüfungsverbandes nur die Förderung der Mitgliedsgenossenschaften sein kann, dürfte eine solche Zweckänderung nicht in Betracht kommen. Im Zweifel wird es sich nur um Änderungen der Aufgaben und Tätigkeiten handeln, also „eine Frage des Weges“, die nicht das „Grundgesetz des Vereins“ berührt.26 Eine Satzungsänderung durch Aufnahme weiterer Tätigkeiten wie z.B. Schulung, Werbung, Schaffung von Garantieeinrichtungen ist keine Zweckänderung. V. Zusammensetzung des Verbandsvorstandes (Abs. 5) 11
Abs. 5 wurde eingeführt durch die Novelle 1973. Dem Vorstand des Prüfungsverbandes soll mindestens ein Wirtschaftsprüfer angehören, oder es muss ein Wirtschaftsprüfer als besonderer Vertreter i.S.v. § 30 BGB bestellt sein. Es ist unerheblich, ob es sich um ein ordentliches oder stellvertretendes Vorstandsmitglied handelt. Die nur vorübergehende Behinderung in der Wahrnehmung des Vorstandsamtes ist unschädlich.27 Es handelt sich hier – wie in Abs. 1 – um eine „Sollvorschrift“: Die Berufung eines Wirtschaftsprüfers in den Vorstand oder zum besonderen Vertreter ist eine Rechtspflicht; ohne diese Regelung wäre der Vorstand nicht ordnungsgemäß besetzt. Andererseits führt dieser Mangel aber nicht dazu, dass z.B. Prüfungshandlungen des Verbandes nicht ordnungsgemäß wären. Ein schuldhafter Verstoß gegen die Verpflichtung zur Bestellung eines Wirtschaftsprüfers kann zu Schadensersatzansprüchen gegen die verantwortlichen Organmitglieder des Verbandes führen. Der dem Verbandsvorstand angehörende Wirtschaftsprüfer muss im Rahmen der Gesamtverantwortung des Vorstandes in erster Linie für den Prüfungsbereich zuständig sein. Ein „besonderer Vertreter“ muss zumindest schwerpunktartig Aufgaben im Prüfungsbereich haben; er wird regelmäßig die Aufgabe eines „Prüfungsdienstleiters“ wahrnehmen. Die Aufsichtsbehörde kann bei Vorliegen besonderer Umstände den Verband von der Einhaltung der Vorschriften in Abs. 5 S. 1 und 2 befreien, grundsätzlich aber nur für die Dauer eines Jahres. Dies gilt z.B. dann, wenn der Wirtschaftsprüfer aus dem Vorstand ausscheidet und eine entsprechende Neubesetzung zunächst nicht möglich ist. Falls die Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer im Hinblick auf Art und Umfang des Geschäftsbetriebes der Mitglieder nicht erforderlich ist, kann die Befreiung auch für längere Dauer gewährt werden. Die Aufsichtsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Befreiung darf grundsätzlich nicht versagt werden, wenn es dem Verband trotz seiner Bemühungen nicht möglich ist, rechtzeitig einen geeigneten Wirtschaftsprüfer zu finden und keine Gefahr für die Erfüllung der Verbandsaufgaben besteht. Gegen eine Ablehnung des Antrags ist der Verwaltungsrechtsweg (Verpflichtungsklage § 42 Abs.1 VwGO) gegeben.28 Falls der Verband der Verpflichtung nicht nachkommt, einen Wirtschaftsprüfer in den Vorstand oder als besonderen Vertreter zu berufen, kann die Aufsichtsbehörde Auflagen gem. § 64 erteilen; als äußerstes Mittel kann sie dem Prüfungsverband auch das Prüfungsrecht entziehen (§ 64a). Der Aufsichtsbehörde ist es nicht möglich, selbst einen Wirtschaftsprüfer in den Vorstand zu berufen; dem steht die Vereinsautonomie entgegen. Sondervorschriften enthält § 340k Abs. 2 S. 1 und 2 HGB für die Prüfung von Kre12 ditgenossenschaften. Diese kann ein Verband nur durchführen, wenn mehr als die
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So überzeugend BGHZ 96, 245 = NJW 1986, 1033 = DB 1986, 473 = WM 1986, 289. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63b Rdn. 42; Beuthien GenG § 63b Rdn. 10. Vgl. Müller GenG § 63b Rdn. 10b.
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Satzung des Prüfungsverbandes | § 63c
Hälfte seiner geschäftsführenden Vorstandsmitglieder, bei zwei Vorstandsmitgliedern mindestens einer, Wirtschaftsprüfer ist. Wegen der weiteren Voraussetzungen siehe § 340k Abs. 2 Satz 3 und 4 HGB. Weitere Sondervorschriften gelten nach Art. 25 Abs. 1 EGHGB (s. § 55 Rdn. 2 u. § 53 13 Rdn. 11) für die Beteiligung von Wirtschaftsprüfern im Vorstand des Verbandes als Voraussetzung für die Prüfung des Jahresabschlusses als Prüfer (§§ 316, 319 HGB). – von AGs, GmbHs und Gesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, deren Anteils- und Stimmrechtsmehrheit eG oder genossenschaftlichen Prüfungsverbänden zusteht, oder – von ehemals als gemeinnützig oder als Organe der staatlichen Wohnungspolitik (§ 28 WGG) anerkannten Wohnungsunternehmen, die nicht eingetragene Genossenschaften sind und die zur Aufstellung eines prüfungspflichtigen Jahresabschlusses bzw. eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts verpflichtet sind (§ 290 HGB) ab 1.1.1990. Auch hier muss gem. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EGHGB die Mehrheit der geschäftsführenden Vorstandsmitglieder Wirtschaftsprüfer sein, hat der Verband nur zwei Vorstandsmitglieder, muss gem. Abs. 1 Satz 2 einer von ihnen Wirtschaftsprüfer sein, s.a. Erl. bei § 53 Rdn. 11 u. 55 Rdn. 2. Als weitere Einschränkung sieht Art. 25 Abs. 1 S. 1 EGHGB vor, dass dem Prüfungsverband das Prüfungsrecht vor dem 29.5.2009 verliehen wurde. Die Neuzulassung genossenschaftlicher Prüfungsverbände als Abschlussprüfer i.S.d. § 319 Abs. 1 S. 1, 2 HGB für nicht genossenschaftliche Unternehmen ist somit nicht mehr möglich. VI. Ort der Mitgliederversammlung (Abs. 6) Mitgliederversammlungen der genossenschaftlichen Prüfungsverbände müssen zwar 14 nicht am Sitz des Verbandes, aber innerhalb des Verbandsbezirkes abgehalten werden. Der Verbandsbezirk wird in der Satzung bestimmt, § 63c Abs. 1 Nr. 4. Die Regelung gilt für alle Mitgliederversammlungen, also für ordentliche und außerordentliche. Ein Verstoß gegen Abs. 6 macht die Beschlüsse anfechtbar, da es sich um eine Schutzvorschrift für die Mitglieder handelt.29 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) Da das deutsche GenG allen eG den Beitritt zu einem gesetzlichen Prüfungsverband 15 vorschreibt, gilt dies gem. Art. 71 SCE-VO auch für alle SCE, die ihren Sitz in Deutschland haben. § 63b Abs. 2 gilt daher entsprechend für die SCE; zur Auslegung der Verbandssatzung vgl. § 63 Rdn. 5, vgl. hierzu auch § 53 Rdn. 42.
§ 63c Satzung des Prüfungsverbandes § 63c Satzung des Prüfungsverbandes 1. 2.
(1) Die Satzung des Verbandes muss enthalten: die Zwecke des Verbandes; den Namen; er soll sich von dem Namen anderer bereits bestehender Verbände deutlich unterscheiden;
_____ 29
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63b Rdn. 54.
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§ 63c | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
3. 4.
den Sitz; den Bezirk. (2) Die Satzung soll ferner Bestimmungen enthalten über Auswahl und Befähigungsnachweis der anzustellenden Prüfer, über Art und Umfang der Prüfungen sowie, soweit der Prüfungsverband Abschlussprüfungen von Genossenschaften im Sinn des § 58 Abs. 2 [, gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen von Genossenschaften im Sinne des § 53 Absatz 2],1 im Sinn des § 340k Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs, im Sinn des Artikels 25 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch durchführt oder den Konzernabschluss einer Genossenschaft nach § 14 Abs. 1 des Publizitätsgesetzes prüft, über die Registrierung als Abschlussprüfer, über die Bindung an die Berufsgrundsätze und die Beachtung der Prüfungsstandards entsprechend den für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geltenden Bestimmungen, über Berufung, Sitz, Aufgaben und Befugnisse des Vorstandes und über die sonstigen Organe des Verbandes. (3) Änderungen der Satzung, die nach den Absätzen 1 und 2 notwendige Bestimmungen zum Gegenstand haben, sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Notwendiger Inhalt der Satzung (Abs. 1) | 2 Sollbestimmungen für den Satzungsinhalt (Abs. 2) | 3
IV. V.
Satzungsänderungen (Abs. 3) | 4 Voraussichtliche Änderung des Abs. 2 durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) | 5
I. Allgemeines 1
Für den Prüfungsverband in der Rechtsform des eingetragenen Vereins (s. § 63b Abs. 1) gelten die Vorschriften des BGB über die Vereinssatzung, insb. die §§ 25, 57, 58 BGB. § 63c ist weitgehend mit § 57 BGB inhaltsgleich; zusätzlich muss aber in der Verbandssatzung der „Bezirk“ des Verbandes festgelegt werden. Die §§ 63b ff. sind Spezialvorschriften gegenüber den §§ 55 ff. BGB. Die Beachtung der Vorschriften ist Voraussetzung für die Verleihung und Aufrechterhaltung des Prüfungsrechts. II. Notwendiger Inhalt der Satzung (Abs. 1)
2
Die Satzung muss Zweck, Namen, Sitz und Bezirk des Prüfungsverbandes enthalten. Der Zweck muss insb. § 63b Abs. 4 beachten, Näheres § 63b Rdn. 5 ff. Der Vereinsname soll sich von anderen bereits bestehenden Verbänden deutlich unterscheiden. Der Verband kann grundsätzlich nur einen Sitz haben.2 Eine Sitzverlegung bedarf einer Änderung der Satzung. Diese wird gem. § 71 BGB erst mit Eintragung in das Vereinsregister des neuen Sitzes wirksam.
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1 Der Klammerzusatz bezieht sich auf die voraussichtliche Änderung aufgrund Art. 7 Nr. 5 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE. 2 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63c Rdn. 9; Beuthien GenG § 63c Rdn. 4; Müller GenG § 63c Rdn. 5.
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Satzung des Prüfungsverbandes | § 63c
Der in der Satzung anzugebende Bezirk ist der räumliche Bereich, in dem die Mitgliedsgenossenschaften des Verbandes ihren Sitz haben. Der Bezirk muss in geographisch abgrenzbarer Bezeichnung angegeben werden.3 Die Verpflichtung zur Angabe des Verbandszwecks in der Satzung umfasst nach dem Gesetzeswortlaut4 sowohl den Pflichtzweck (Prüfung der Mitglieder) als auch den „Kann-Zweck“ der „sonstigen“ gemeinsamen Wahrnehmung ihrer Interessen mit einer Umschreibung der dem Verband insoweit zugewiesenen Aufgabenbereiche. Hier empfiehlt sich ein Hinweis in der Satzung, dass die Aufgabenbereiche durch Beschluss der Mitgliederversammlung ergänzt oder erweitert werden können, ohne dass dadurch der Zweck des Verbandes berührt wird.5 Damit wird die Möglichkeit eröffnet, die Kann-Aufgaben des Verbandes flexibel zu bestimmen, ohne dass es gem. § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB der Zustimmung aller Mitglieder bedarf. Anderenfalls könnte bei einer generalklauselartigen Regelung der Verbandsaufgaben eine Ergänzung des Aufgabenkatalogs als Zweckänderung angesehen werden.6 Der satzungsmäßigen Abgrenzung des Pflichtzwecks als eigenständige Betreuungsprüfung, die die – begleitende – Betreuungs- und Beratungstätigkeit des Verbandes einschließt, kommt im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH7 erhebliche Bedeutung zu. Nach der vom BGH geforderten „verfassungskonformen Auslegung“ von § 63b Abs. 4 steht es dem Mitglied frei, seine Mitgliedschaft – nachträglich – auf die Inanspruchnahme der Pflichtprüfung mit Auswirkung auf die Beitragspflicht zu beschränken. Der in Abs. 1 angegebene Satzungsinhalt ist zwingend; ohne solche Regelungen ist der Verband nicht eintragungsfähig, dennoch vorgenommene Eintragungen sind nichtig.8 III. Sollbestimmungen für den Satzungsinhalt (Abs. 2) – – –
– –
Nach Abs. 2 „soll“ die Satzung auch Bestimmungen enthalten über 3 Auswahl und Befähigungsnachweis der anzustellenden Prüfer, Art und Umfang der Prüfungen, sowie, soweit der Prüfungsverband Abschlussprüfungen von eG i.S.d. § 58 Abs. 2, i.S.d. § 340k Abs. 2 Satz 1 HGB, i.S.d. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 des EGHGB durchführt oder den Konzernabschluss einer eG nach § 14 Abs. 1 des PublG prüft, Bestimmungen über die Registrierung als Abschlussprüfer, über die Bindung an die Berufsgrundsätze und die Beachtung der Prüfungsstandards entsprechend den für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geltenden Bestimmungen, über die Berufung, Aufgaben und Befugnisse des Vorstandes und über sonstige Organe des Verbandes.
Es handelt sich hier um eine „Sollvorschrift“ im rechtstechnischen Sinn, d.h., der Prüfungsverband ist verpflichtet, entsprechende Regelungen in die Satzung aufzunehmen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht hat jedoch keine Nichtigkeitsfolge (wie bei Abs. 1),
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3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63c Rdn. 10 ff.; Beuthien GenG § 63c Rdn. 5; Müller GenG § 63c Rdn. 7. 4 Vgl. zur – ungenauen – Terminologie die Ausf. zu § 63b Rdn. 5. 5 §§ 32, 33, 40 BGB. 6 LG Münster Urt. v. 6.2.1979, Az. 5 T 1053/78. 7 BGHZ 130, 243 = NJW 1995, 2981 = DB 1995, 2056 = WM 1995, 1754. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63c Rdn. 2.
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§ 63c | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
sondern begründet allenfalls Schadensersatzansprüche. Die Vorschrift entspricht dem Gedanken, dass es rechtlich sinnvoll ist, die wesentlichen Tätigkeiten und Organisationsgesichtspunkte des Prüfungsverbandes in der Satzung zu regeln. Darüber hinaus kann der Prüfungsverband im Rahmen der Vorschriften von BGB und GenG entsprechend seinen Bedürfnissen die Satzung beliebig ausgestalten.9 Bestimmungen über Art und Umfang der Prüfungen werden üblicherweise von den Verbänden in Prüfungsrichtlinien festgelegt; es genügt, dass die Satzung auf diese Richtlinien verweist.10 Durch die Bindung an die Berufsgrundsätze und die Beachtung der Prüfungsstandards erfolgt eine Anbindung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung an die Regeln der Berufsausübung. Die Anknüpfung in der Satzung kann aber die Besonderheiten der genossenschaftlichen Prüfung berücksichtigen.11 Für die Bestellung des Vorstandes sieht § 27 Abs. 1 BGB einen Beschluss der Mitgliederversammlung vor. Die Satzung kann jedoch z.B. vorsehen, dass die Bestellung des Vorstandes durch ein anderes Verbandsorgan zu erfolgen hat, z.B. durch einen Verbandsausschuss. Das für die Bestellung des Vorstandes zuständige Organ dürfte im Zweifel auch für die Regelung des dienstrechtlichen Anstellungsverhältnisses zuständig sein. Dem Vorstand des Verbandes obliegt grundsätzlich die Leitung des Verbandes, also die Geschäftsführung im Innenverhältnis und die gesetzliche Vertretung nach außen. Für die Wahrnehmung dieser Aufgaben gilt auch hier das Vereinsrecht, ergänzt durch das Genossenschaftsrecht. Im Übrigen ist es sinnvoll und üblich, in die Satzung Regelungen z.B. über die Mitgliedschaft, die Mitgliedsbeiträge, die Einberufung der Mitgliederversammlung, die Kompetenzverteilung zwischen den Verbandsorganen sowie Satzungsänderungen aufzunehmen. IV. Satzungsänderungen (Abs. 3) 4
Für Änderungen der Verbandssatzung gelten die allgemeinen vereinsrechtlichen Vorschriften. Änderungen müssen der Aufsichtsbehörde nicht angezeigt werden. Abs. 3 bestimmt, dass Satzungsänderungen, die notwendige Bestimmungen i.S.d. Abs. 1 und 2 betreffen, der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen sind. Die Anzeigepflicht ersetzt die frühere Zustimmung durch die Aufsichtsbehörde und soll die Staatsaufsicht erleichtern.12 V. Voraussichtliche Änderungen durch dass Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG)
5
Die Bundesregierung hat einen RegE zum Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz vorgesetzt. Die Vorschriften der Richtlinie 2006/43/EG müssen bis zum 17. Juni 2016 umgesetzt sein. Zu diesem Zeitpunkt sind auch die meisten Regelungen der VO (EU) Nr. 537/ 2014 unmittelbar anwendbar, so dass bis dahin entsprechende Anpassung u.a. in der
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9 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63c Rdn. 31. 10 Müller GenG § 63c Rdn. 9. 11 Vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 108; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63c Rdn. 15. 12 Beuthien GenG § 63c Rdn. 7.
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Einreichungen bei Gericht | § 63d
WPO und auch im GenG vorzunehmen sind. Die voraussichtliche Änderung in § 63c Absatz 213 ist eine Folgeänderung zur Änderung des § 40a WPO n.F.14
§ 63d Einreichungen bei Gericht § 63d Einreichungen bei Gericht Der Verband hat den Registergerichten, in deren Bezirk die ihm angehörenden Genossenschaften ihren Sitz haben, die Satzung mit einer beglaubigten Abschrift der Verleihungsurkunde sowie jährlich im Monat Januar ein Verzeichnis der ihm angehörenden Genossenschaften einzureichen.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Gegenstand der Einreichung | 2
III. IV.
Zuständige Gerichte | 3 Europäische Genossenschaft (SCE) | 4
I. Allgemeines Die Registergerichte, in deren Bezirk die ihm angehörenden Genossenschaften ihren 1 Sitz haben, haben die Aufgabe, die Durchführung der gesetzlichen Prüfung und die Einreichung der Prüfungsbescheinigung zu überwachen (§ 59 Abs. 1) und notfalls durch Zwangsgeld zu erzwingen (§ 160). Aus diesem Grunde müssen diese Registergerichte darüber unterrichtet sein, welcher Verband Prüfungsverband der jeweiligen eG ist. Die Einreichung gem. § 63d hat durch vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder des Verbandes zu erfolgen; § 157 findet keine Anwendung. II. Gegenstand der Einreichung Der Prüfungsverband hat zunächst (und einmalig) seine Satzung im gesamten Wort- 2 laut einzureichen; eine Beglaubigung ist nicht erforderlich. Der Vorstand sollte jedoch die Übereinstimmung der Einreichung mit der eingetragenen Satzung ausdrücklich bestätigen. Eine Mitteilung von Änderungen der Verbandssatzung schreibt das Gesetz zwar nicht vor; im Hinblick auf den Sinn der Regelung müssen jedoch Satzungsänderungen eingereicht werden, die die Zuständigkeit des Prüfungsverbandes betreffen, also Änderungen von Zweck oder Bezirk des Verbandes.1 Einzureichen ist (einmalig) eine beglaubigte Abschrift der Urkunde über die Verleihung des Prüfungsrechts. Der Prüfungsverband muss jährlich im Januar ein Verzeichnis der dem Verband angehörenden Mitgliedsgenossenschaften einreichen. Für jedes Registergericht genügt jedoch die Mitteilung der eG, die in dessen Bezirk ihren Sitz haben.2 Soweit sich
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13 Art. 7 Nr. 5 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG-RegE), S. 63. 14 APAReG-RegE, S. 146. 1 2
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Zutreffend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63d Rdn. 3; weitergehend Müller GenG § 63d Rdn. 2a. KGJ 22, 117; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63d Rdn. 2; a.A. Müller GenG GenG § 63d Rdn. 3.
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§ 63e | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
gegenüber dem Mitgliederverzeichnis des Vorjahres keine Änderungen ergeben haben, genügt jeweils eine Bezugnahme auf das bereits vorliegende Verzeichnis.3 III. Zuständige Gerichte 3
Die Einreichungen haben bei allen Registergerichten zu erfolgen, in deren Bezirken Mitgliedsgenossenschaften des Verbandes ihren Sitz haben. Die jährliche Einreichung des Mitgliederverzeichnisses muss jedoch nur die eG erfassen, die beim jeweiligen Registergericht ihren Sitz haben. Eine Einreichung zu den Registergerichten von Zweigniederlassungen ist nicht erforderlich. IV. Europäische Genossenschaft (SCE)
4
Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmt, dass die §§ 53 bis 64c für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten.
§ 63e Qualitätskontrolle für Prüfungsverbände § 63e Qualitätskontrolle für Prüfungsverbände (1) Die Prüfungsverbände sind verpflichtet, sich im Abstand von jeweils sechs Jahren einer Qualitätskontrolle nach Maßgabe der §§ 63 f und 63g zu unterziehen. Prüft ein Prüfungsverband auch eine Genossenschaft, eine in Artikel 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch genannte Gesellschaft oder ein in Artikel 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch genanntes Unternehmen, die einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch nehmen [kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d des Handelsgesetzbuchs oder ein CRR-Kreditinstitut im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes sind],1 verringert sich der Abstand auf drei Jahre. Ein Prüfungsverband, der keine in § 53 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Genossenschaften prüft [gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung durchführt]1, ist nicht verpflichtet, sich einer Qualitätskontrolle zu unterziehen. (2) Die Qualitätskontrolle dient der Überwachung, ob die Grundsätze und Maßnahmen zur Qualitätssicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften insgesamt und bei der Durchführung einzelner Aufträge eingehalten werden. Sie erstreckt sich auf die Prüfungen nach § 53 Abs. 1 und 2 bei den in § 53 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Genossenschaften und die Prüfungen bei den in Artikel 25 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuche genannten Gesellschaften und Unternehmen. [, die keine kleinen Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs sind.]1
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Müller GenG § 63d Rdn. 3.
1 Die Klammerzusätze beziehen sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 7 Nr. 6 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE.
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Qualitätskontrolle für Prüfungsverbände | § 63e
(3) Zur Vermeidung von Härtefällen kann die Wirtschaftsprüferkammer auf Antrag befristete Ausnahmen von der Verpflichtung nach Absatz 1 genehmigen. Die Ausnahmegenehmigung kann wiederholt erteilt werden. Die Wirtschaftsprüferkammer kann vor ihrer Entscheidung eine Stellungnahme der (nach § 63) Aufsichtsbehörde einholen. [(3) Der Prüfungsverband hat der Aufsichtsbehörde die erfolgte Durchführung einer Qualitätskontrolle mitzuteilen.]1 (4) Ein Prüfungsverband, der erstmalig eine der Qualitätskontrolle unterfallende Prüfung durchführt, muss spätestens bei Beginn der Prüfung über eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle oder über eine Ausnahmegenehmigung verfügen; im Falle einer Ausnahmegenehmigung ist die Qualitätskontrolle spätestens drei Jahre nach Beginn der ersten Prüfung durchzuführen. [(4) Ein Prüfungsverband, der erstmalig eine gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung durchführt, hat sich spätestens drei Jahre nach deren Beginn einer Qualitätskontrolle zu unterziehen.]1
I.
Systematische Übersicht Einführung einer externen Qualitätskontrolle | 1–6 1. Euro-Bilanzgesetz und WPOÄG | 1–4 2. Vorgaben für die Ausgestaltung der externen Qualitätskontrolle genossenschaftlicher Prüfungsverbände | 5–6 a) Berücksichtigung der Besonderheiten des genossenschaftlichen Prüfungssystems | 5 b) Gleichwertigkeit mit der in der WPO vorgesehenen Qualitätskontrolle | 6
II.
Drei-bzw. Sechs-Jahres-Zeitraum (Abs. 1) | 7–9 III. Ziel der Qualitätskontrolle (Abs. 2 Satz 1) | 10 IV. Umfang der Qualitätskontrolle (Abs. 2 Satz 2) | 11 V. Ausnahmegenehmigung (Abs. 3) | 12–13 VI. Erstmalige Qualitätskontrolle (Abs. 4) | 14 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 15
I. Einführung einer externen Qualitätskontrolle 1. Euro-Bilanzgesetz und WPOÄG. Durch das Euro-Bilanzgesetz (EuroBilG) vom 1 14.12.20012 wurden in die §§ 63e bis 63f GenG Vorschriften über eine obligatorische Qualitätskontrolle für genossenschaftliche Prüfungsverbände aufgenommen. Diese orientiert sich an der für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Wirtschaftsprüferordnungs-Änderungsgesetz (WPOÄG) vom 19.12.20003 vorgesehenen externen Qualitätskontrolle. Das EuroBilG trat zum 1.1.2002 in Kraft. Hintergrund der Regelungen ist die Empfehlung der EU-Kommission vom 15.11.20004 über die „Mindestanforderungen an Qualitätssicherungssysteme für die Abschlussprüfung in der EU“, mit der EU-weit ein Maßstab für die Qualitätssicherung in den Mitgliedstaaten gesetzt wurde.5 Die Mitgliedstaaten waren aufgefordert, alle Personen, die Abschlussprüfungen vor-
_____
2 BGBl. 2001 I S. 3414. 3 BGBl. 2000 I S. 1769. 4 Az. K(2000) 3304; EU-Amtsblatt L 091 v. 31.3.2001 S. 0091 ff. 5 Ausf. zur Entwicklung auf EU-Ebene vgl. Hammers-Strizek/Dannenbring, Die Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung im europäischen Kontext, WPK-Mitteilungen, Sonderheft April 2001, S. 18 ff.
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§ 63e | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
nehmen, in ein Qualitätssicherungssystem einzubinden, das die Pflichtprüfungen des Jahresabschlusses zum Gegenstand hat. Die Empfehlung macht u.a. Vorgaben sowohl zur fachlichen Qualifikation der Qualitätskontrollprüfer als auch zu ihrer Unabhängigkeit und finanziellen Ausstattung sowie zum Umfang der Qualitätskontrolle. Als gleich geeignete Verfahren werden von der EU-Kommission sowohl das „Monitoring“ als auch der „Peer Review“ benannt. Monitoring bedeutet, dass beim Berufsverband oder bei der Aufsichtsbehörde angestellte Personen das Qualitätssicherungssystem verwalten und selbst die Qualitätskontrollen durchführen. Beim Peer Review führen die Wirtschaftsprüfer die Qualitätskontrollen untereinander durch. 2 Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit dem WPOÄG für den Peer Review entschieden.6 Die Berufsangehörigen führen die Qualitätskontrolle selbst durch. Sie verfügen über aktuelle und in der Praxis erprobte Kenntnisse der Prüfungsmethoden. Der bürokratische und kostenmäßige Aufwand bleibt somit im Rahmen.7 Durch Art. 2 des Berufsaufsichtsreformgesetz (BARefG) vom 3.9.20078 wurde der 3 Turnus in Abs. 1 von zunächst drei auf sechs Jahre verlängert, allerdings nur sofern nicht die in Abs. 1 S. 2 genannten Unternehmen geprüft werden. Ebenfalls durch das BARefG wurde Abs. 1 S. 3 und Abs. 4 ergänzt. Durch das BilMoG9 erfolgte eine missglückte sprachliche Anpassung in Abs. 3 S. 3, es wurde die im o.g. Gesetzestext in Klammern gesetzte Streichung vergessen. Seit dem EuroBilG sind Wirtschaftsprüfer in eigener Praxis und Wirtschaftsprü4 fungsgesellschaften nach § 57a WPO verpflichtet, sich im Abstand von sechs bzw. drei Jahren einer Qualitätskontrolle (sog. Peer Review-System, vgl. Rdn zuvor.) zu unterziehen, wenn sie gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen durchführen. Entsprechendes gilt gem. § 57h WPO für die Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände. Unterbleibt die Teilnahme, droht der Ausschluss von den Abschlussprüfungen (§ 56 Abs. 1 Satz 1, § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB). Die Überprüfung wird durch einen Berufsangehörigen vorgenommen; die Überwachung und die Organisation des Verfahrens obliegt der Wirtschaftsprüferkammer (WPK). 2. Vorgaben für die Ausgestaltung der externen Qualitätskontrolle genossenschaftlicher Prüfungsverbände 5
a) Berücksichtigung der Besonderheiten des genossenschaftlichen Prüfungssystems. Mit den §§ 63e–f wurde ein gleichwertiges Qualitätskontrollsystem für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände geschaffen, das den Besonderheiten des genossenschaftlichen Prüfungssystems10 Rechnung trägt. Dies sind – der im Rahmen der Prüfung nach § 53 erweiterte Prüfungsumfang (Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung), – die Prüfung der Erfüllung des in § 1 niedergelegten Förderauftrags der eG, – die Ausgestaltung der genossenschaftlichen Verbandsprüfung als Betreuungsprüfung und – die vereinsrechtliche Organisation des genossenschaftlichen Prüfungswesens.
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6 Ausf. zum Peer Review: Marten, Die externe Qualitätskontrolle (Peer Review) im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer in Deutschland und den USA, WPK-Mitteilungen, Sonderheft April 2001, S. 23 ff. 7 WPOÄG-Begr., BT-Drs. 14/3649, S. 18. 8 BGBl. I. 2007, S. 2178. 9 BGBl. I. 2009, S. 1102; die Streichung der Wörter „nach § 63“ wurde vergessen. Dies wird sich durch den neuen Abs. 3 erledigen. 10 EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/6456, S. 15.
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Qualitätskontrolle für Prüfungsverbände | § 63e
Die Berücksichtigung dieser Besonderheiten ist durch zwei Regelungen in der WPO gewährleistet:11 – § 57c Abs. 2 Nr. 2 WPO schreibt vor, dass die Satzung für Qualitätskontrolle in hinreichendem Maße berücksichtigt, dass sich auch genossenschaftliche Prüfungsverbände als Prüfer für Qualitätskontrolle registrieren lassen können, – § 57e Abs. 1 S. 1 letzter Halbs. WPO bestimmt, dass ein Mitglied der Kommission für Qualitätskontrolle im genossenschaftlichen Prüfungswesen erfahren und tätig sein soll. Zudem hat die Kommission die Aufsichtsbehörde zu unterrichten, wenn die Erteilung der Prüfbescheinigung versagt oder widerrufen worden ist (§ 63g Abs. 3). Als Konsequenz des Fehlens einer wirksamen Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle ruht das Prüfungsrecht des Verbandes gem. § 56 Abs. 1 (vgl. die Erl. dort). b) Gleichwertigkeit mit der in der WPO vorgesehenen Qualitätskontrolle. Über 6 das Erfordernis der Gleichwertigkeit mit der in der WPO vorgesehenen Qualitätskontrolle bestand von Anfang an Einigkeit. Daher sind die genossenschaftlichen Prüfungsverbände verpflichtet, an dem Qualitätskontrollsystem der WPK teilzunehmen und müssen zu diesem Zweck Mitglied der WPK sein (§ 63g Abs. 1 Satz 1 GenG), wobei in allen anderen Belangen das Prinzip der freiwilligen Mitgliedschaft nach Maßgabe des § 58 Abs. 2 WPO gewahrt bleibt.12 Auch die Qualitätskontrolle genossenschaftlicher Prüfungsverbände ist Aufgabe der nach WPO zuständigen Stelle (Kommission für Qualitätskontrolle), wobei die Rechtsaufsicht über die Prüfungsverbände durch die zuständige oberste Landesbehörde (§ 64) erhalten bleibt. Die Qualitätssicherung der Kommission für Qualitätskontrolle tritt zusätzlich neben die behördliche Rechtsaufsicht. Auf das Verfahren der Qualitätskontrolle finden weitgehend die Vorschriften der §§ 57a ff. WPO Anwendung,13 soweit nicht genossenschaftliche Besonderheiten eine andere Regelung erfordern. II. Drei- bzw. sechs-Jahres-Zeitraum (Abs. 1) Gem. Abs. 1 ist die Qualitätskontrolle bei einem Prüfungsverband im Abstand von 7 sechs Jahren durchzuführen. Dieser Zeitraum verkürzt sich auf drei Jahre, wenn der Prüfungsverband entweder eine eG, eine in Artikel 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch genannte Gesellschaft oder ein in Artikel 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch genanntes Unternehmen, die einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG in Anspruch nehmen, prüft. Zukünftig berücksichtigt die voraussichtliche Änderung durch den APAReG-RegE in Abs. 1 S. 2 die erweiterte Definition von Unternehmen von öffentlichem Interesse. Die festen Fristen von sechs bzw. drei Jahren bleiben unverändert; im Hinblick auf die Staatsaufsicht (und insbesondere deren Recht, Sonderuntersuchungen durchzuführen) ist kein Raum für eine Risikoanalyse durch die Kommission für Qualitätskontrolle und eine darauf basierende Festlegung der Fristen.14 Nach Abs. 1 S. 3 werden Prüfungsverbände ausgenommen, die nur eG prüfen, deren 8 Bilanzsumme € 1 Mio. oder deren Umsatzerlöse € 2 Mio. nicht übersteigen. Überschreitet
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EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/6456, S. 16. EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/6456, S. 18. Vgl. Erl. zu § 63g Abs. 2. APAReG-RegE, S. 146.
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§ 63e | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
nur eine zu prüfende Genossenschaft die Schwellenwerte, wird die Verpflichtung der Qualitätskontrolle ausgelöst.15 Die im APAReG-RegE vorgesehene zukünftige Formulierung des neuen Abs. 1 Satz 3 ist der Formulierung in § 57a Absatz 1 Satz 1 WPO-E nachgebildet, wonach eine Qualitätskontrolle nur bei gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen stattfindet.16 Die Berechnung des Zeitraums erfolgt gem. § 63g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 57c Abs. 2 9 Nr. 4 WPO nach § 16 Satzung für Qualitätskontrolle (SfQ).17 Dabei ist gem. § 16 Abs. 1 Satz 3 SfQ auf den Eingang des Qualitätskontrollberichts abzustellen. Für die Berechnung des folgenden Drei-Jahres-Zeitraum differenziert 16 Abs. 2 SfQ wie folgt: Geht der Qualitätskontrollbericht innerhalb von sechs Monaten vor Ablauf der Befristung bei der WPK ein, so beginnt die folgende Befristung nach Ablauf der laufenden Befristung. Beispiel: Ablauf der ersten Befristung am 6.12.2015, Eingang des Qualitätskontrollberichts bei der WPK am 2.10.2015: Beginn der folgenden Befristung (z.B. Drei-Jahres-Zeitraums) am 7.12.2015. Geht jedoch der Qualitätskontrollbericht früher als sechs Monate vor Ablauf der ersten Befristung bei der WPK ein, ist allein der Eingang des Qualitätskontrollberichts maßgeblich. Beispiel: Ablauf der Befristung am 6.12.2015, Eingang des Qualitätskontrollberichts bei der WPK am 15.5.2015: Beginn des folgenden Drei-Jahres-Zeitraums bereits am 16.5.2015. III. Ziel der Qualitätskontrolle (Abs. 2 Satz 1) 10
Die externe Qualitätskontrolle dient der Überwachung, ob der Prüfungsverband bei der Durchführung von Prüfungen und Gutachten nach dem GenG die gesetzlichen und ggf. berufsständischen Grundsätze und Maßnahmen zur Qualitätssicherung einhält.18 Ziel ist die Gewährleistung der Ordnungsmäßigkeit der Prüfung gemäß den gesetzlichen Anforderungen.19 Die ordnungsgemäße Prüfung wiederum dient dem Schutz von Mitgliedern und Gläubigern der eG sowie der Allgemeinheit vor finanziellen Verlusten.20 Durch die Prüfung soll die Verlässlichkeit der im Jahresabschluss und Lagebericht enthaltenen Informationen bestätigt und insoweit deren Glaubhaftigkeit erhöht werden.21 Die Qualitätskontrolle als „Prüfung des Prüfers“ trägt somit dazu bei, das Vertrauen der Öffentlichkeit in Prüfungsdienstleistungen und damit auch in die Richtigkeit der von den Unternehmen vorgelegten Zahlen zu festigen.22 IV. Umfang der Qualitätskontrolle (Abs. 2 Satz 2)
11
Die Qualitätskontrolle erstreckt sich sowohl auf die Durchführung von Prüfungen von eG als auch auf Prüfungen bei den in Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EGHGB genannten Unternehmen anderer Rechtsform (in Mehrheitsbesitz stehende Kapitalgesellschaften und ehemals als gemeinnützig anerkannte Wohnungsunternehmen).
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15 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63e Rdn. 13d. 16 APAReG-RegE, S. 146. 17 BAnz. 2001 S. 2181, zuletzt geändert am 6.11.2009 in Kraft getreten am 9.12.2009 (BAnz. S. 4125). 18 Vgl. Schaubild in WP-Handbuch 2014, Band II, Abschnitt O Rdn. 128 f. 19 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63e Rdn. 5. 20 BVerfG DB 2001, 2596 = NJW 2001, 2617 = WM 2001, 360; vgl. Erl. zu § 54. 21 Vgl. IDW PS 200, Rdn. 8. 22 WPOÄG-Begr., BT-Drs. 14/3649, S. 16; vgl. auch Sahner/Schulte-Groß/Clauß Das System der Qualitätskontrolle im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer, WPK-Mitteilungen, Sonderheft April 2001, S. 5, 6.
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Qualitätskontrolle für Prüfungsverbände | § 63e
Die im APAReG-RegE vorgesehene zukünftige Ergänzung in Abs. 2 dient der Klarstellung, dass nur die gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen bei den in Artikel 25 Absatz 1 Satz 1 EGHGB genannten Gesellschaften und Unternehmen erfasst werden.23 Für genossenschaftliche Prüfungsverbände gilt wie für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ein strenger Qualitätsmaßstab. Gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 sind sie zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung sowie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) hat in Übereinstimmung mit dem International Standard on Auditing ISA 220 „Quality Control for Audit Work“ u.a. in den nachfolgend aufgeführten Stellungnahmen, Fachgutachten und Prüfungsstandards Grundsätze und Maßnahmen zur Qualitätssicherung niedergelegt, deren Einhaltung Gegenstand der Qualitätskontrolle ist: – Vornehmlich WPK/IDW VO 1/2006: Zur Qualitätssicherung in der Abschlussprüferpraxis (27.03.2006) – IDW VO 1/1993: Zur beruflichen Fortbildung der Wirtschaftsprüfer im IDW, – IDW PS 240: Grundsätze zur Planung von Abschlussprüfungen, – IDW PS 200: Ziele und allgemeine Grundsätze der Durchführung von Abschlussprüfungen. V. Ausnahmegenehmigung (Abs. 3) Von der Verpflichtung, sich einer Qualitätskontrolle zu unterziehen, kann die WPK 12 (Kommission für Qualitätskontrolle, § 63g Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 57e Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 WPO) gem. § 63e Abs. 3 Satz 1 eine befristete Ausnahme genehmigen. Dies entspricht der Regelung für Wirtschaftsprüfer in eigener Praxis und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in § 57a Abs. 1 Satz 2 WPO. Voraussetzungen sind – ein entsprechender Antrag des Prüfungsverbandes an die WPK und – das Vorliegen eines „Härtefalles“. Ein Härtefall liegt vor, wenn die Pflicht zur Durchführung der Qualitätskontrolle für den Prüfungsverband im Einzelfall eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde.24 Dies kann der Fall sein bei Neugründung eines Verbandes oder wenn ein Prüfungsverband ausschließlich sehr kleine eG als Mitglieder hat.25 Die für ihre Entscheidung notwendigen Informationen z.B. über die Mitgliederstruktur des Prüfungsverbandes kann die Kommission für Qualitätskontrolle gem. Satz 3 von der nach § 64 zuständigen Aufsichtsbehörde einholen. Der im APAReG-RegE vorgesehene neue Absatz 3 stellt sicher, dass die Staatsauf- 13 sicht unmittelbar über eine erfolgte Durchführung einer Qualitätskontrolle informiert wird und nicht nur mittelbar über die Mitteilung der Löschung aus dem Register nach § 40a WPO-E wegen erfolgloser Qualitätskontrolle.26 VI. Erstmalige Qualitätskontrolle Ein Prüfungsverband, der erstmalig eine der Qualitätskontrolle unterfallende Prü- 14 fung durchführt, muss spätestens bei Beginn der Prüfung über eine wirksame Bescheini-
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APAReG-RegE, S. 146. EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/6456, S. 17. EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/6456, S. 17. APAReG-RegE, S. 146.
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§ 63f | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
gung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle oder über eine Ausnahmegenehmigung nach Abs. 3 S. 1 verfügen, § 63e Abs. 4 1. Halbsatz. Im Falle einer Ausnahmegenehmigung ist die Qualitätskontrolle spätestens drei Jahre nach Beginn der ersten Prüfung durchzuführen, § 63e Abs. 4 2. Halbsatz. Die durch den APAReG-RegE vorgesehene, in Klammern bereits aufgeführte Änderung des Absatzes 4 ist eine Folgeänderung zur Änderung des § 57a Absatz 1 WPO-E, wonach die Teilnahmebescheinigung abgeschafft wird und durch eine Anzeige und Eintragung in das Berufsregister ersetzt werden soll,27 vgl. Ausführungen bei § 63g Abs. 3. VII. Europäische Genossenschaft (SCE) 15
Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmt, dass die §§ 53 bis 64c für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten.
§ 63f Prüfer für Qualitätskontrolle § 63f Prüfer für Qualitätskontrolle (1) Die Qualitätskontrolle wird durch Prüfungsverbände nach Maßgabe des Absatzes 2 oder durch Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchgeführt, die nach § 57a Abs. 3 der Wirtschaftsprüferordnung als Prüfer für Qualitätskontrolle registriert sind. (2) Ein Prüfungsverband ist auf Antrag bei der Wirtschaftsprüferkammer als Prüfer für Qualitätskontrolle zu registrieren, wenn 1. ihm das Prüfungsrecht seit mindestens drei Jahren zusteht; 2. mindestens ein Mitglied seines Vorstands oder ein nach § 30 des Bürgerlichen Gesetzbuch bestellter besonderer Vertreter ein Wirtschaftsprüfer ist, der als Prüfer für Qualitätskontrolle nach § 57a Abs. 3 der Wirtschaftsprüferordnung registriert ist; 3. der Prüfungsverband über eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle verfügt [nach § 40a Absatz 1 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung eingetragen ist].1 Wird einem Prüfungsverband der Auftrag zur Durchführung einer Qualitätskontrolle erteilt, so muss der für die Qualitätskontrolle verantwortliche Wirtschaftsprüfer die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 erfüllen. (3) § 57a Abs. 4 der Wirtschaftsprüferordnung ist entsprechend anzuwenden.
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APAReG-RegE, S. 146.
1 Der Klammerzusatz bezieht sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 7 Nr. 7 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE.
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Prüfer für Qualitätskontrolle | § 63f
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Prüfer für Qualitätskontrolle (Abs. 1) | 2 Registrierung genossenschaftlicher Prüfungsverbände als Prüfer für Qualitätskontrolle (Abs. 2) | 3 1. Antrag | 4 2. Prüfungsrecht | 5
IV. V.
3. Wirtschaftsprüfer | 6 4. Qualitätskontrollbescheinigung | 7 5. Registrierung | 8 Unabhängigkeit des Prüfers für Qualitätskontrolle (Abs. 3) | 9 Europäische Genossenschaft (SCE) | 10
I. Allgemeines § 63f ist durch Art. 4 Nr. 3 des Euro-Bilanzgesetzes (EuroBilG)2 vom 10.12.2001 in das 1 GenG eingefügt worden. Mit dem EuroBilG sollte eine externe Qualitätskontrolle für genossenschaftliche Prüfungsverbände geschaffen werden, die der bei Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gleichwertig ist. 3 Voraussichtlich erfolgt eine Folgeänderung des Abs. 2 Nr. 3 durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG-RegE)4 wie in den Klammern dargestellt. II. Prüfer für Qualitätskontrolle (Abs. 1) – – –
Prüfer für Qualitätskontrolle können sein: genossenschaftliche Prüfungsverbände, Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.
2
Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften müssen als Prüfer für Qualitätskontrolle gem. § 57a Abs. 3 WPO registriert sein. Für genossenschaftliche Prüfungsverbände gelten die Vorgaben des § 63f Abs. 2. III. Registrierung genossenschaftlicher Prüfungsverbände als Prüfer für Qualitätskontrolle (Abs. 2) Voraussetzungen für die Registrierung eines genossenschaftlichen Prüfungsverban- 3 des als Prüfer für Qualitätskontrolle sind: 1. Antrag. Der Prüfungsverband muss einen Antrag auf Registrierung als Prüfer für 4 Qualitätskontrolle bei der WPK stellen (Satz 1). Der Antrag ist gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Satzung für Qualitätskontrolle (SfQ) schriftlich bei der WPK zu stellen. Zuständig innerhalb der WPK ist nach § 57e Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 WPO die Kommission für Qualitätskontrolle. 2. Prüfungsrecht. Der Prüfungsverband muss seit mehr als drei Jahren das Prü- 5 fungsrecht haben (Satz 1 Nr. 1). Dies entspricht der Regelung in § 57a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 WPO, wobei dort auf die Bestellung als Wirtschaftsprüfer abgestellt wird. Bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden ist maßgeblich der Zeitpunkt der Verleihung des Prüfungsrechts nach § 63a. Der Zeitpunkt ist der WPK gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 Satzung für Qualitätskontrolle (SfQ) durch
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BGBl. I 2001, 3414. EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/ 6456, S. 15. APAReG-RegE, S. 64; vgl. Fn. 1.
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§ 63f | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Vorlage der entsprechenden Urkunden nachzuweisen. Zudem hat der genossenschaftliche Prüfungsverband geeignete Nachweise über die Bestellung eines Vorstandsmitgliedes oder eines besonderen Vertreters vorzulegen, § 4 Abs. 4 Satz 3 SfQ. 6
3. Wirtschaftsprüfer. Mindestens ein Mitglied des Vorstands oder ein besonderer Vertreter des Prüfungsverbandes (§ 30 BGB) muss ein Wirtschaftsprüfer sein, der als Prüfer für Qualitätskontrolle nach § 57a Abs. 3 WPO registriert ist (Abs. 2 Satz 1 Nr. 2). Diese Vorschrift entspricht der Systematik des § 63b Abs. 5 Satz 1 und 2. Danach „soll“ dem Vorstand eines genossenschaftlichen Prüfungsverbandes mindestens ein Wirtschaftsprüfer angehören. Ist dies nicht der Fall, muss der Verband einen Wirtschaftsprüfer als besonderen Vertreter (§ 30 BGB) bestellen. Beantragt der Prüfungsverband die Registrierung als Prüfer für Qualitätskontrolle, muss mindestens ein Mitglied des Vorstands oder der besondere Vertreter als Prüfer für Qualitätskontrolle registriert sein.
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4. Qualitätskontrollbescheinigung. Der Prüfungsverband muss über eine wirksame Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle verfügen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3). Der genossenschaftliche Prüfungsverband muss selbst erfolgreich an einer Qualitätskontrolle teilgenommen haben, wenn er als Prüfer für Qualitätskontrolle tätig sein will. Nach dem APAReG-ReG soll zukünftig (neuer Gesetzestext in Klammern) die Teilnahmebescheinigung abgeschafft werden und durch eine Anzeige und Eintragung in das Register für genossenschaftliche Prüfungsverbände und Prüfungsstellen der Sparkassenund Giroverbände (§ 40a WPO-E) ersetzt werden.5
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5. Registrierung. Wird ein Verband mit der Durchführung der Qualitätskontrolle beauftragt, muss der verantwortliche Wirtschaftsprüfer als Prüfer für Qualitätskontrolle registriert sein (Abs. 2 Satz 2). IV. Unabhängigkeit des Prüfers für Qualitätskontrolle (Abs. 3)
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Abs. 3 sieht die entsprechende Anwendung des § 57a Abs. 4 WPO vor. Danach darf ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht Prüfer für Qualitätskontrolle sein, wenn kapitalmäßige, finanzielle oder persönliche Bindungen zum zu prüfenden Wirtschaftsprüfer oder zur zu prüfenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestehen. Diese Vorschrift soll die Unbefangenheit des Prüfers für Qualitätskontrolle gewährleisten.6 Eine bloße vereinsrechtliche Mitgliedschaft von genossenschaftlichen Prüfungsverbänden mit der Pflicht zur Beitragszahlung in bspw. einem Spitzenverband oder einem Bundesverband führt jedoch nicht zu einer Besorgnis der Befangenheit.7 Zudem sind gem. § 57a Abs. 4 Satz 2 WPO wechselseitige Prüfungen ausgeschlossen. Auch diese Vorschrift soll die zur Durchführung der Qualitätskontrolle notwendige Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Prüfers für Qualitätskontrolle gewährleisten.8 Eine gegenseitige Prüfung ist somit nicht zulässig. Dieses Verbot darf auch nicht durch die Einschaltung eines Dritten umgangen werden.9
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Vgl. APAReG-RegE, S. 146, 100 sowie § 57a Abs. 6a WPO-E. Vgl. WPOÄG-Begründung, BT-Drs. 14/3649, S. 26. Vgl. EuroBilG-Begründung, BT-Drs. 14/6456, S. 17. Vgl. EuroBilG-Begründung, BT-Drs. 14/6456, S. 17. Vgl. WPOÄG-Begründung, BT-Drs. 14/3649, S. 26.
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Durchführung der Qualitätskontrolle | § 63g
Die Missachtung der Vorschriften des § 57a Abs. 4 stellt einen so schwerwiegenden Verstoß dar, dass dies nach § 57e Abs. 2 Satz 4 WPO zur Nichtigkeit der Qualitätskontrolle führt.10 Ggf. ist eine bereits erteilte Teilnahmebescheinigung zu widerrufen. Die Konkretisierung der Gründe für einen Ausschluss als Prüfer für Qualitätskontrolle erfolgt gem. § 57c Abs. 2 Nr. 2 WPO in der Satzung für Qualitätskontrolle (StQ) (§ 6), die – im Unterschied zur Berufssatzung der Wirtschaftsprüfer – über den Verweis in § 63g Abs. 2 Satz 1 auch für die genossenschaftlichen Prüfungsverbände gilt. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c 10 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, vgl. § 53 Rdn. 42.
§ 63g Durchführung der Qualitätskontrolle § 63g Durchführung der Qualitätskontrolle (1) Der Prüfungsverband muss Mitglied der Wirtschaftsprüferkammer nach Maßgabe des § 58 Abs. 2 Satz 2 der Wirtschaftsprüferordnung sein. Er erteilt einem Prüfer für Qualitätskontrolle den Auftrag zur Durchführung der Qualitätskontrolle. § 57a Abs. 7 der Wirtschaftsprüferordnung über die Kündigung des Auftrags ist entsprechend anzuwenden. (2) Auf das Prüfungsverfahren sind § 57a Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 bis 4 und 6 bis 9 sowie Abs. 8, §§ 57b bis 57e Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 7 und Abs. 3, § 66a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 bis 3, Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 5 und § 66b [§ 57a Absatz 5, 5b, 6, 6a Satz 1 sowie Absatz 8, die §§ 57b bis 57e Absatz 1, 2 Satz 1, 2 und 4 und Absatz 3 Satz 1, § 66a Absatz 1 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1 und § 66b]1 der Wirtschaftsprüferordnung entsprechend anzuwenden. [Die Ergebnisse einer Inspektion nach § 63h sind im Rahmen der Qualitätskontrolle zu berücksichtigen.]1 Soweit dies zur Durchführung der Qualitätskontrolle erforderlich ist, ist die Pflicht zur Verschwiegenheit nach § 62 Abs. 1 eingeschränkt. (3) Erkennt die Wirtschaftsprüferkammer, dass eine Teilnahmebescheinigung nach § 57a Abs. 6 Satz 7 der Wirtschaftsprüferordnung widerrufen oder eine Teilnahmebescheinigung nach § 57a Abs. 6 Satz 9 der Wirtschaftsprüferordnung nicht erteilt werden soll, so ist der Vorgang der Aufsichtsbehörde vor der Entscheidung vorzulegen. Die Kommission für Qualitätskontrolle nach § 57e Abs. 1 der Wirtschaftsprüferordnung hat die zuständige Behörde unverzüglich zu unterrichten, wenn die Erteilung der Bescheinigung nach § 57a Abs. 6 Satz 9 der Wirtschaftsprüferordnung versagt oder nach § 57e Abs. 2 Satz 3, 4 und 6 oder Abs. 3 Satz 2 der Wirtschaftsprüferordnung widerrufen worden ist. [(5)2 Die Kommission für Qualitätskontrolle nach § 57e Absatz 1 der Wirtschaftsprüferordnung hat die zuständige Aufsichtsbehörde unverzüglich zu unterrichten, wenn ein Prü-
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Vgl. EuroBilG-Begründung, BT-Drs. 14/6456, S. 18.
1 Die Klammerzusätze beziehen sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 7 Nr. 8 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE. 2 Vermutlich redaktionelles Versehen im APAReg-RegE; aus Abs. 5 wird voraussichtlich Abs. 3.
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§ 63g | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
fungsverband wegen fehlender Durchführung der Qualitätskontrolle aus dem Register nach § 40a der Wirtschaftsprüferordnung gelöscht werden soll.]1
I. II. III. IV.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Prüfungsverband als Mitglied der WPK (Abs. 1 Satz 1) | 2 Prüfungsauftrag (Abs. 1 Satz 2 und 3) | 3 Durchführung der Qualitätskontrolle (Abs. 2) | 4–13 1. Maßgebliche Vorschriften in GenG und WPO | 4 2. Vorgaben des IDW PS 140 | 5 3. Mitwirkungspflichten des geprüften Verbandes | 6 4. Einschränkung der Pflicht zur Verschwiegenheit (Abs. 2 Satz 2) | 7 5. Schlussbesprechung und Erklärung des Verbandes | 8
6.
V.
Berichterstattung über die Qualitätskontrolle und Weiterleitung an die WPK | 9 7. Abschluss der Qualitätskontrolle | 10–13 a) Erteilung der Teilnahmebescheinigung durch die WPK | 10 b) Nichterteilung oder Widerruf der Teilnahmebescheinigung durch die WPK | 11 c) Auflagen zur Beseitigung von Mängeln und Anordnung einer Sonderprüfung | 12 d) Unterrichtung der Aufsichtsbehörde | 13 Europäische Genossenschaft (SCE) | 14
I. Allgemeines 1
§ 63g ist durch Art. 4 Nr. 3 des Euro-Bilanzgesetzes (EuroBilG)3 vom 10.12.2001 in das GenG eingefügt worden. Mit dem EuroBilG sollte eine externe Qualitätskontrolle für genossenschaftliche Prüfungsverbände geschaffen werden, die der bei Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gleichwertig ist.4 Änderungen erfolgten in Abs. 2 und 3 durch Art. 2 des Abschlussprüferaufsichtsgesetzes (APAG) vom 27.12.2004,5 in Abs. 2 S. 1 aufgrund Art. 2 Nr. 3 Berufsaufsichtsreformgesetzes (BARefG) 6 vom 3.9.2007, in Abs. 3 S. 1 durch Art. 10 Nr. 13 des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG)7 vom 25.5.2009. Voraussichtlich erfolgt eine Änderung des Abs. 2 und Neufassung des Abs. 3 durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG)8 wie in den Klammern dargestellt. Das System der Qualitätskontrolle in § 57a WPO-E soll, soweit es von der geänderten Abschlussprüferrichtlinie vorgegeben ist, erhalten und weiterentwickelt werden.9 II. Prüfungsverband als Mitglied der WPK (Abs. 1 Satz 1)
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Um an der Qualitätskontrolle teilnehmen zu können, muss der Prüfungsverband Mitglied der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) sein. Maßgeblich ist § 58 Abs. 2 Satz 1 WPO, der bestimmt, dass genossenschaftliche Prüfungsverbände Mitglied der WPK werden können, wobei gem. Satz 2 die Vorschriften des § 57 Abs. 1 bis Abs. 4 WPO auf sie nicht anzuwenden sind. Der Grundsatz der freiwilligen Mitgliedschaft genossenschaft-
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BGBl. I 2001, 3414. EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/ 6456, S. 15. BGBl. 2004 I, 3846. BGBl. I 2007, 2178. BGBl. I 2009, 1102. APAReG-RegE, S. 64. APAReG-RegE, S. 100.
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Durchführung der Qualitätskontrolle | § 63g
licher Prüfungsverbände in der WPK gilt somit nicht für den Bereich der Qualitätskontrolle, wohl aber in allen anderen Belangen.10 Eine berufsrechtliche Überwachung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände durch die WPK findet in keinem Fall statt.11 III. Prüfungsauftrag (Abs. 1 Satz 2 und 3) Der Prüfungsverband selbst erteilt gem. Satz 2 einem Prüfer für Qualitätskontrolle 3 den Auftrag zur Durchführung der Qualitätskontrolle. Zu beachten ist aber der Verweis in § 63g Abs. 2 Satz 1 auf § 57a Abs. 6 Satz 1 bis 4 und 6 bis 9 WPO (zukünftig nach dem APAReG-Reg-E Abs. 6 und Abs. 6a Satz 1 WPO). Die Sätze 1 bis 4 wurden mit dem Abschlussprüferaufsichtsgesetz 2004 (APAG)12 eingefügt und bestimmen seither, dass der Prüfungsverband der WPK drei Vorschläge für mögliche Prüfer für Qualitätskontrolle nennen muss, unter denen er seinen Prüfer auswählen und eigenverantwortlich beauftragen kann, wenn die WPK dem nicht widerspricht. Grundsätzlich kann der zu prüfende Verband jedem anderen Verband, einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Auftrag zur Durchführung der Qualitätskontrolle erteilen. Voraussetzungen sind aber, – dass der Beauftragte als Prüfer für Qualitätskontrolle registriert ist (§ 57a Abs. 3 WPO – ggf. i.V.m. § 63f Abs. 1), – dass der Prüfer für Qualitätskontrolle keine kapitalmäßigen, finanziellen oder persönlichen Bindungen zu dem zu prüfenden Verband unterhält (§ 63 f Abs. 3 i.V.m. § 57a Abs. 4 Satz 1 WPO, § 6 Satzung für Qualitätskontrolle (SfQ)), – dass der Prüfer für Qualitätskontrolle seinerseits nicht von dem zu prüfenden Verband geprüft wird (Verbot der wechselseitigen Prüfung, § 63f Abs. 3 i.V.m. § 57a Abs. 4 Satz 2 WPO) und – das die WPK der Auswahl des Prüfers nicht widersprochen hat (§ 57a Abs. 6 Satz 3 WPO). Über die Erteilung eines Auftrags zur Durchführung der Qualitätskontrolle hat der Verband der WPK gem. § 9 S. 1 SfQ Mitteilung zu machen. Dabei ist gem. § 9 Satz 2 SfQ der verantwortliche Prüfer für Qualitätskontrolle zu benennen sowie nach § 9 Satz SfQ der voraussichtliche Prüfungsbeginn und der Prüfungszeitraum mitzuteilen, damit die WPK prüfen kann, ob der Prüfer für Qualitätskontrolle ordnungsgemäß registriert ist und ob ggf. Ausschlussgründe nach § 57a Abs. 4 WPO vorliegen. Ebenfalls mitzuteilen ist gemäß § 9 Satz 3 SfQ die Kündigung aus wichtigem Grund nach § 57a Abs. 7 WPO sowie Änderungen des Auftrags. Nach § 63g Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 57a Abs. 7 WPO ist die Kündigung eines einmal erteilten Prüfungsauftrags nicht ohne weiteres möglich, sondern kann von beiden Seiten nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgen. Analog § 318 Abs. 6 Satz 2 HGB stellt § 57a Abs. 7 Satz 2 WPO ausdrücklich klar, dass Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt des Qualitätskontrollberichts nicht als wichtiger Grund in dem Sinne anzusehen sind. Anderenfalls hätte der Verband oder der Wirtschaftsprüfer bzw. die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, bei dem die Qualitätskontrolle durchgeführt werden soll, die Möglichkeit, sich eines unbequemen Prüfers zu entledigen. Auf Seiten des Geprüften kann ein wichtiger Grund nur dann vorliegen, wenn die Fortsetzung des Auftrags für ihn eine unzumutbare Härte darstellen
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EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/6456, S. 18. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63g Rdn. 1. BGBl. 2004 I, 3846.
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§ 63g | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
würde.13 Auf Seiten des Prüfers liegt ein wichtiger Grund bspw. vor, wenn die Durchsetzung seines Honoraranspruchs gefährdet oder ein Ereignis eingetreten ist, das die Besorgnis der Befangenheit begründet.14 Gem. § 57 Abs. 7 Satz 3 WPO hat der Prüfer für Qualitätskontrolle über das Ergebnis seiner bisherigen Prüfung und den Kündigungsgrund zu berichten. Dieser Bericht ist dem nächsten Prüfer für Qualitätskontrolle vorzulegen. IV. Durchführung der Qualitätskontrolle (Abs. 2)15 4
1. Maßgebliche Vorschriften in GenG und WPO. Gemäß Verweis in § 63g Abs. 2 Satz 1 gelten grundsätzlich die Vorschriften der §§ 57a bis 57e WPO auch für die Qualitätskontrolle bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden. Weitere Prämisse des EuroBilG war, die Besonderheiten des genossenschaftlichen Prüfungssystems angemessen zu berücksichtigen.16 Daher sind manche Vorschriften der §§ 57aff. an anderer Stelle in das GenG aufgenommen worden, bspw.: – § 57a Abs. 1 WPO (Pflicht zur Durchführung der Qualitätskontrolle) in § 63e Abs. 1 und 3, – § 57a Abs. 2 WPO (Ziele der Qualitätskontrolle) in § 63e Abs. 2, – § 57a Abs. 3 WPO (Registrierung) in § 63f Abs. 1 und 2, – § 57a Abs. 4 WPO (Unabhängigkeit des Prüfers für Qualitätskontrolle) in § 63f Abs. 3 (Verweis), – § 57a Abs. 7 (Kündigung aus wichtigem Grund) in § 63g Abs. 1 Satz 3. Keine Anwendung auf genossenschaftliche Prüfungsverbände finden die Vorschriften des § 57e Abs. 4 und 5 WPO sowie die §§ 57a Abs. 6 Satz 5 und 10 und 57e Abs. 2 Satz 8 WPO, die die Einbeziehung der Abschlussprüferaufsichtskommission durch die WPK vor der Bekanntgabe der Entscheidung über die Nichterteilung der Teilnahmebescheinigung vorschreiben. Zukünftig soll die Teilnahmebescheinigung abgeschafft werden und durch eine Anzeige und Eintragung in das Register für genossenschaftliche Prüfungsverbände und Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände (§ 40a WPO-E) ersetzt werden, so die durch den APAReG-RegE geplante Neufassung von Abs. 3.17 Diesbezüglich wurde an der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde festgehalten, vgl. § 63g Abs. 3. Der Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK, zukünftig Abschlussprüferaufsichtsstelle) 18 sollte keine Aufgabe zugewiesen werden, die die Kompetenz der nach §§ 63, 64 zuständigen Aufsichtsbehörde berühren würde.19 § 57a Abs. 6 Satz 5 WPO, der die Beauftragung des Qualitätskontrollprüfers regelt, findet keine Anwendung auf genossenschaftliche Prüfungsverbände, da hier § 63g Abs. 1 Satz 2 GenG lex specialis ist.
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2. Vorgaben des IDW PS 140. Einzelheiten der Durchführung der Qualitätskontrolle regelt zudem IDW PS 140:20 Die Durchführung von Qualitätskontrollen in der Wirt-
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13 WPOÄG-Begr., BT-Drs. 14/3649, S. 26 f. 14 WPOÄG-Begr., BT-Drs. 14/3649, S. 26. 15 Hierzu ausf. WP-Handbuch 2014, Band II, Abschnitt O Rdn. 302 ff. 16 EuroBilG-Begr., BT-Drs. 14/ 6456, S. 15. 17 Vgl. APAReG-RegE, S. 146, 100 sowie § 57a Abs. 6a WPO-E; neuer geplanter Gesetzestext in Klammern kursiv eingefügt. 18 Vgl. § 66a WPO-E. 19 APAG-Empfehlung des Wirtschaftsausschusses, BR-Drs. 665/1/04. 20 IDW PS 140, Stand 22.2.2008.
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Durchführung der Qualitätskontrolle | § 63g
schaftsprüferpraxis. Der Prüfer für Qualitätskontrolle hat die Angemessenheit und Wirksamkeit des Qualitätssicherungssystems zu beurteilen. Zu diesem Zweck hat er – die Prüfung sachgerecht zu planen (Tz. 31 ff.), dabei das Qualitätskontrollrisiko (also das Risiko, bei einem mangelhaften Qualitätskontrollsystem ein positives Urteil abzugeben) zu reduzieren (Tz. 34 ff.), – eine Prüfungsstrategie zu entwickeln (Tz. 42 ff.) und – die Maßnahmen und Grundsätze der VO 1/200621 zu beachten. 3. Mitwirkungspflichten des geprüfte Verbandes. Der zu prüfende Verband un- 6 terliegt den Mitwirkungspflichten nach § 57d WPO. Da gem. § 57d Satz 1 WPO die Prüfung bei dem geprüften Verband vor Ort erfolgt, hat der Verband dem Prüfer zu diesem Zweck Zutritt zu seinen Geschäftsräumen zu verschaffen. Zudem hat er die für eine sorgfältige Prüfung erforderlichen Aufklärungen zu geben und Nachweise zu erbringen (§ 57d Satz 1 WPO). Allerdings stellt § 57d Satz 2 WPO klar, dass diese Mitwirkung nicht durch die Zwangsmaßnahmen der WPK nach § 57e Abs. 3 WPO (Zwangsgeld und Widerruf der Teilnahmebescheinigung) erzwungen werden kann. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Verbot eines Zwangs zur Selbstbezichtigung Rechnung getragen.22 Zu erwarten steht bei Verweigerung der Mitwirkung aber eine Einschränkung oder Versagung der Erklärung nach § 57a Abs. 5 Satz 3 WPO. 4. Einschränkung der Pflicht zur Verschwiegenheit (Abs. 2 Satz 2). Grundsätz- 7 lich sind genossenschaftliche Prüfungsverbände gem. § 62 Abs. 1 Satz 1 zur Verschwiegenheit verpflichtet. Bei Verletzung dieser Pflicht macht sich der Verband gem. § 62 Abs. 1 Satz 3 ggf. schadensersatzpflichtig. Bei Mitgliedern des Vorstands oder des Aufsichtsrats sowie den Prüfern oder Prüfungsgehilfen ist die Verletzung der Geheimhaltungspflicht gem. § 151 strafbewehrt. § 63g Abs. 2 Satz 2 (zukünftig, nach den vorgesehenen Änderungen durch den APAReG-RegE, Satz 3) schränkt die Verpflichtung zur Verschwiegenheit jedoch ein, soweit dies zur Durchführung der Qualitätskontrolle erforderlich ist. In diesem Rahmen (vgl. den Wortlaut des § 57b Abs. 3 WPO) darf der Verband dem Prüfer für Qualitätskontrolle also vertrauliche Informationen über die von ihm durchgeführten Prüfungen und Begutachtungen sanktionslos mitteilen bzw. ist u.U. im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten sogar dazu verpflichtet. Zugleich unterliegen jedoch gem. § 57b Abs. 1 WPO der Prüfer für Qualitätskontrolle, seine Gehilfen, die Mitglieder der Kommission für Qualitätskontrolle als auch die Bediensteten der WPK auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit einer umfassenden Verschwiegenheitspflicht, die gem. § 64 Abs. 2 WPO auch vor Gericht Bestand hat. 5. Schlussbesprechung und Erklärung des Verbandes. Nach Abschluss der Prü- 8 fungshandlungen und vor Abgabe des Qualitätskontrollberichts findet zwischen Prüfer und Verband eine Schlussbesprechung der Prüfungsergebnisse statt, deren Ergebnisse dokumentiert werden sollen.23 Zudem hat der geprüfte Verband eine Erklärung abzugeben, dass dem Prüfer alle für die Beurteilung des Qualitätssicherungssystems erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.24
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IDW/WPK VO 1/2006: Zur Qualitätssicherung in der Wirtschaftsprüferpraxis v. 27.3.2006. WPOÄG-Begr., BT-Drs. 14/3649, S. 28; hierzu ausf. WP-Handbuch 2014, Band II, Abschnitt O Rdn. 224. IDW PS 140 Rdn. 78. IDW PS 140 Rdn. 79.
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§ 63g | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
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6. Berichterstattung über die Qualitätskontrolle und Weiterleitung an die WPK. Gem. § 57a Abs. 5 Satz 1 WPO hat der Prüfer für Qualitätskontrolle das Ergebnis der Qualitätskontrolle in einem Qualitätskontrollbericht zusammenzufassen, der ein Prüfungsurteil enthält.25 Dieser soll über die Aufgabe, die Art und den Umfang der Qualitätskontrolle sowie die Prüfungsergebnisse informieren.26 Hat der Prüfer für Qualitätskontrolle keine wesentlichen Mängel im Qualitätskontrollsystem oder Prüfungshemmnisse festgestellt, hat er gem. § 57a Abs. 5 Satz 3 WPO zu erklären, dass das in dem Verband eingeführte Qualitätskontrollsystem im Einklang mit den gesetzlichen und satzungsmäßigen Anforderungen steht und mit hinreichender Sicherheit eine ordnungsgemäße Abwicklung der Prüfungen und Begutachtungen des Verbandes gewährleistet. Anderenfalls ist diese Erklärung gem. § 57a Abs. 5 Satz 4 WPO einzuschränken oder zu versagen. Der Qualitätskontrollbericht ist gem. § 57a Abs. 6 Satz 6 WPO nach Abschluss der Qualitätskontrolle unverzüglich der WPK zuzuleiten. 7. Abschluss der Qualitätskontrolle
10
a) Erteilung der Teilnahmebescheinigung durch die WPK. Hat der Prüfer die Erklärung nach § 57a Abs. 5 Satz 3 WPO abgegeben, bescheinigt die WPK dem Verband nach dem Eingang des Qualitätskontrollberichts gem. § 57a Abs. 6 Satz 7 und 8 WPO die Teilnahme an der Qualitätskontrolle befristet bis zum nächsten Termin (6 Jahre, bei Berufsangehörigen, die gesetzliche Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (§ 319a Abs. 1 Satz 1 HGB) durchführen, auf 3 Jahre befristet). Im Rahmen der durch den APAReG-RegE vorgesehenen Änderungen soll zukünftig die Teilnahmebescheinigung abgeschafft werden, um den bürokratischen Aufwand zu reduzieren. Das System wird durch eine Anzeige und Eintragung in das Register für genossenschaftliche Prüfungsverbände und Prüfungsstellen der Sparkassen- und Giroverbände (§ 40a WPO-E) ersetzt, um eine ordnungsgemäße Qualitätskontrolle sicherzustellen. Durch eine Änderung des § 319 Abs. 1 Satz 3 HGB wird sichergestellt, dass ohne diese Anzeige und Eintragung keine gesetzlichen Abschlussprüfungen durchgeführt werden dürfen und die Nichtigkeitsfolge erhalten bleibt.27
11
b) Nichterteilung oder Widerruf der Teilnahmebescheinigung durch die WPK. Wurde die Erklärung eingeschränkt oder versagt, erteilt die WPK gemäß § 57a Abs. 6 Satz 9 WPO die Teilnahmebescheinigung nicht. Dies gilt auch, wenn bei der Durchführung der Prüfung gegen die Vorschriften des § 57a Abs. 3 Sätze 1 und 5 (Registrierung) oder Abs. 4 (Besorgnis der Befangenheit und wechselseitige Prüfung) verstoßen wurde. Wird die Teilnahmebescheinigung nicht erteilt, ruht das Prüfungsrecht des Verbandes gem. § 56 Abs. 1. Die bereits gem. § 57a Abs. 6 Satz 7 WPO erteilte Bescheinigung kann von der Kommission für Qualitätskontrolle gem. § 57e Abs. 2 Satz 3 WPO widerrufen werden, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass sie gem. § 57a Abs. 5 Satz 4 WPO (wesentliche Mängel) zu versagen gewesen wäre. Gleiches gilt nach § 57e Abs. 2 Satz 4 WPO, wenn die Prüfung entgegen den Verboten des § 57a Abs. 4 WPO (Besorgnis der Befangenheit und wechselseitige Prüfung) erfolgte. Auch bei einem Widerruf ruht das Prüfungsrecht des Verbandes gem.
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IDW PS 140 Rdn. 82 ff. IDW PS 140 Rdn. 83. APAReG-RegE, S. 100.
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Sonderuntersuchungen [Inspektionen] | § 63h
§ 56 Abs. 1.28 Der Widerruf gilt jedoch nur für die Zukunft, so dass der Honoraranspruch für eine zwischenzeitlich durchgeführte Prüfung unberührt bleibt.29 c) Auflagen zur Beseitigung von Mängeln und Anordnung einer Sonderprü- 12 fung. Gem. § 57e Abs. 2 Satz 1 WPO kann die Kommission für Qualitätskontrolle (§ 57e WPO)30 – bei leichteren Mängeln – Auflagen zur Beseitigung der Mängel erteilen oder – bei schwerwiegenderen Mängeln – eine Sonderprüfung anordnen. Denkbar ist auch eine Kombination, indem im Rahmen einer Sonderprüfung festgestellt wird, ob die Auflagen umgesetzt wurden.31 d) Unterrichtung der Aufsichtsbehörde. Gem. § 63g Abs. 3 Satz 1 ist der Vorgang 13 der Aufsichtsbehörde (§ 63) vorzulegen, und zwar bevor eine Entscheidung über die Versagung oder den Widerruf der Teilnahmebescheinigung getroffen wird. Dies soll zukünftig entfallen, vgl. die geplante Neuregelung in Abs. 3 durch den APAReG-RegE. Ist die Versagung oder der Widerruf erfolgt, ist die für den Verband zuständige Aufsichtsbehörde auch hierüber unverzüglich zu unterrichten, § 63g Abs. 3 Satz 2. Zukünftig ist die Aufsichtsbehörde nur noch unverzüglich zu unterrichten, wenn ein Prüfungsverband wegen fehlender Durchführung der Qualitätskontrolle aus dem Register nach § 40a WPO gelöscht werden soll. Die Maßnahmen können gem. § 57e Abs. 3 WPO durch Verwaltungszwang (Festsetzung eines Zwangsgeldes bis zu € 25.000 und Widerruf der Teilnahmebescheinigung) durchgesetzt werden. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmt, dass die §§ 53 bis 64c 14 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten.
§ 63h Sonderuntersuchungen [Inspektionen]1 § 63h Sonderuntersuchungen [Inspektionen] Führt ein Prüfungsverband die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung bei einem Unternehmen durch, das kapitalmarktorientiert im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuchs ist, können bei diesem Prüfungsverband Sonderuntersuchungen in entsprechender Anwendung des § 61a Satz 2 Nr. 2, § 62b der Wirtschaftsprüferordnung stichprobenartig ohne besonderen Anlass durchgeführt werden. § 57e Abs. 6 Satz 2, § 62 Abs. 4, § 66a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 5, Abs. 8, 9, 10 und 11 und § 66b der Wirtschaftsprüferordnung gelten entspre-
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Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63g Rdn. 29; Beuthien GenG §§ 63e–h Rdn. 36. WPOÄG-Begr., BT-Drs. 14/3649, S. 29. Zur Ausgestaltung der Kommission, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 63g Rdn. 22 ff. WPOÄG-Begr., BT-Drs. 14/3649, S. 29.
1 Die Klammerzusätze in der Überschrift und der Neufassung unter dem bisherigen Gesetzestext beziehen sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 7 Nr. 9 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichts- und berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE.
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§ 63h | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
chend. Die Wirtschaftsprüferkammer hat der Aufsichtsbehörde das Ergebnis der Sonderuntersuchung mitzuteilen. [Führt ein Prüfungsverband die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung bei einem Unternehmen durch, das kapitalmarktorientiert im Sinn des § 264d des Handelsgesetzbuchs ist, können bei diesem Prüfungsverband Inspektionen in entsprechender Anwendung des § 62b der Wirtschaftsprüferordnung stichprobenartig ohne besonderen Anlass durchgeführt werden. § 57e Abs. 6 Satz 2, § 62 Abs. 4 und 5 sowie die §§ 66a und 66b der Wirtschaftsprüferordnung gelten entsprechend. Die Wirtschaftsprüferkammer hat der Aufsichtsbehörde das Ergebnis der Inspektion mitzuteilen. Im Übrigen findet Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 keine Anwendung.]1
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–3 Inhalt der Regelung/Umfang der Sonderuntersuchung | 4–5
III.
IV.
Verhältnis Staatsaufsicht, Sonderuntersuchung und externe Qualitätskontrolle | 6 Europäische Genossenschaft (SCE) | 7
I. Allgemeines § 63h wurde durch Art. 10 Nr. 14 des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz 2009 (BilMoG)2 eingefügt und diente der Umsetzung von Art. 32 Abs. 5 der Abschlussprüferrichtlinie. Hiernach muss die öffentliche Aufsicht das Recht haben, bei Bedarf Untersuchungen bei Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften, also auch bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden, durchzuführen und geeignete Maßnahmen einzuleiten. Hierzu wird die Durchführung von Sonderuntersuchungen bei dem Prüfungsverband, der bei kapitalmarktorientierten Unternehmen im Sinn des § 264d HGB Prüfungen durchführt, durch die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) und die Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) (zukünftig voraussichtlich Abschlussprüferaufsichtsstelle „APAS“ genannt)3 eingeführt. Dies soll gewährleisten, dass die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse einheitlichen Qualitätsanforderungen unterliegt, gleichgültig ob ein genossenschaftlicher Prüfungsverband, ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Prüfung durchführt.4 Durch den Begriff „Unternehmen“ wird deutlich, dass es sich bei den Prüfungen des Verbandes neben der von eG auch um kapitalmarktorientierte Unternehmen anderer Rechtsform handeln kann, die der Verband prüfen darf; vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 12 EGHGB, s.o. § 53 Rdn. 11. Zum Verhältnis zwischen APAK und WPK: Mit dem Abschlussprüferaufsichtsge2 setz (APAG) 20045 sollte aufgrund von nationalen und europäischen Initiativen zur Stärkung der Qualität, Unabhängigkeit und Integrität des Prüferberufes eine berufsstandsunabhängige Aufsicht über die Abschlussprüfung geschaffen werden. Dazu wurde der WPK neben der Rechtsaufsicht durch das BMWi die APAK als Element der öffentlichen Fachaufsicht vorangestellt. Die APAK ist seit dem 1.1.2005 eine unter der Rechtsaufsicht des BMWi stehende, nicht rechtsfähige Personengemeinschaft eigener Art, bestehend aus (6–10) ehren1
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2 BGBl. I. 2009, 1102. 3 Vgl. APAReG-RegE, S. 35. 4 BT-Drs. 16/10067, 108. 5 Gesetz zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung v. 27.12.2004, BGBl. I 2004, 3846 ff.
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Sonderuntersuchungen [Inspektionen] | § 63h
amtlichen, vom BMWi für 4 Jahre ernannten Mitgliedern, die in den letzten 5 Jahren vor deren Ernennung nicht Mitglieder der WPK gewesen sein dürfen. Seit Beginn des Jahres 2005 führt die APAK eine weisungsfreie, öffentliche und fachbezogene Aufsicht über die WPK, soweit diese Aufgaben nach § 4 Abs. 1 S. 1 WPO erfüllt; diese erstreckt sich auf die Bereiche Eignungsprüfung, Bestellung, Anerkennung, Widerruf der Registrierung, Berufsaufsicht und Qualitätskontrolle sowie den Erlass von Regelungen zur Berufsausübung von Wirtschaftsprüfern und WP-Gesellschaften. Darüber hinaus ist die APAK nach deren Verständnis6 für die Organisation und Durchführung der anlassunabhängigen Sonderuntersuchungen (ASU) unmittelbar verantwortlich (§§ 61a S. 2 Nr. 2, 62b Abs. 1 WPO). Über die Ergebnisse der ASU berichtet die APAK jährlich öffentlich in anonymisierter Form.7 Durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG)8 wird § 63h voraus- 3 sichtlich die oben in dem Klammerzusatz dargestellte Fassung erhalten. Es handelt sich dabei nur um redaktionelle Folgeänderungen zu den Änderungen der WPO. Eine Ausweitung auf nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ist ausdrücklich nicht erfolgt.9 Der im RegE des APAReG vorgesehene neue Satz 4 des Abs. 2 stellt deshalb ausdrücklich klar, dass die Qualitätssicherung durch Inspektionen i.S.d. Art. 26 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 (Organisation eines Qualitätssicherungssystems und Bestellung von Inspektoren durch die zuständige Behörde) im Übrigen keine Anwendung findet. Die Staatsaufsicht über Prüfungsverbände mit der Möglichkeit Sonderuntersuchungen nach § 64 Abs. 2 Nr. 4 vorzunehmen, ist für Prüfungsverbände, die keine kapitalmarkorientieren Unternehmen prüfen, z.B. Abschlussprüfungen bei Kreditinstituten i.S.d. § 340k Abs. 1 S. 1 HGB, abschließend geregelt und ausreichend. Es bleibt bei der bisherigen Sonderregelung in § 63h, wonach neben der Staatsaufsicht in Bezug auf die Abschlussprüfung bei kapitalmarktorientieren Unternehmen Sonderuntersuchungen nach der WPO durchgeführt werden können.10 II. Inhalt der Regelung/Umfang der Sonderuntersuchung Führt ein Prüfungsverband bei mindestens einem kapitalmarktorientieren Unter- 4 nehmen i.S.d. § 264d HGB eine Abschlussprüfung durch, gleich ob eG oder anderes Unternehmen (Art. 25 EGHGB, s.o. Rdn. 1), unterliegt der Verband der zusätzlichen Aufsicht durch die WPK und die APAK, § 63h GenG i.V.m. §§ 61a S. 2 Nr. 2, 62b, 66a Abs. 1 S. 1 WPO. Die APAK ist für das Verfahren der anlassunabhängigen Sonderuntersuchungen (ASU), einschließlich Organisation, Durchführung und Kommunikation, zuständig. Die Erstzuständigkeit der Wirtschaftsprüferkammer für die berufsrechtliche Beurteilung etwaiger Feststellungen aus den Untersuchungen bleibt hiervon unberührt.11 Der Zeitraum für die ASU bemisst sich auch bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden nach der Zahl der Prüfungen bei § 319a HGB-Mandaten, die der Verband in dem der ASU vorausgehenden Kalenderjahr durchgeführt hat. Sind dies mehr als 25 Prüfungen nach § 319a HGB, findet sie jährlich statt, im Übrigen wird innerhalb von drei Jahren mindestens eine Untersuchung durchgeführt. Die Auswahl orientiert sich auch an
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6 Vgl. www.apak-aoc.de. 7 Vgl. www.apak-aoc.de/index.php/de/sonderuntersuchungen: „Berichterstattung über die Untersuchung“. 8 APAReG-RegE, siehe Fußnote 1. 9 Vgl. APAReG-Reg-E, S. 146 f. 10 Vgl. APAReG-Reg-E, S. 147. 11 § 1 Satz 2 Verfahrensordnung der Abschlussprüferaufsichtskommission für die Durchführung der Untersuchungen nach §§ 61a Satz 2 Nr. 2, 62b Abs. 1 WPO (Stand: 18.4.2013).
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§ 64 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Risikoaspekten, z.B. Branchenschwerpunkte, Börsensegmente der/des Prüfungsmandats oder fachlichen Schwerpunktthemen. Sonderuntersuchungen, zukünftig nach dem APAReG-RegE Inspektionen ge5 nannt, können stichprobenartig und ohne besonderen Anlass durchgeführt werden. Überprüft werden die Abschlussprüfungen der kapitalmarkorientieren Unternehmen i.S.d. § 264d HGB hinsichtlich der Einhaltung berufsrechtlichen Vorgaben, § 62b Abs. 1 S. 1 WPO, § 319a Abs. 1 S. 1 HGB. Die Untersuchungen sind auf die Feststellung ausgerichtet, ob bei den Betroffenen in den untersuchten Bereichen Berufspflichtverletzungen vorliegen. Zu diesem Zweck werden ausgewählte Aspekte (Teilbereiche) des Qualitätssicherungssystems, einzelne Aufträge über gesetzliche Abschlussprüfungen sowie der aktuelle Transparenzbericht (§ 55c WPO) untersucht. In Bezug auf das Qualitätssicherungssystem wird untersucht, ob die Organisation insgesamt darauf ausgerichtet ist, den Qualitätsanforderungen Rechnung zu tragen und ob in den untersuchten Teilbereichen Anhaltspunkte für Berufspflichtverletzungen i.S.d. § 55b WPO festzustellen sind. Die Untersuchung von Prüfungsaufträgen ist auf die Einhaltung der Anforderungen an das Prüfungsvorgehen (Beachtung der Berufspflichten) in einzelnen Teilbereichen ausgerichtet.12 § 63h i.V.m. § 62b Abs. 1 S. 2 WPO gestattet es, dass im Fall von Beanstandungen in die Sonderuntersuchung auch andere gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen des Prüfungsverbandes (§ 53 Abs. 2, § 340k HGB) einbezogen werden können. III. Verhältnis Staatsaufsicht, Sonderuntersuchung und externe Qualitätskontrolle 6
Nach S. 3 hat die WPK das Ergebnis der Sonderuntersuchung der Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Diese kann ggf. Maßnahmen nach § 64 ergreifen. Im Verhältnis zum Prüfungsverband stehen der WPK/APAK keine weitergehenden Rechte zu. Die Kommission für Qualitätskontrolle (§§ 63e ff., § 57e WPO) ist gemäß § 63h i.V.m. § 57e Abs. 6 S. 2 an die im Verfahren der Sonderuntersuchung/Inspektion getroffenen Feststellungen gebunden. IV. Europäische Genossenschaft (SCE)
7
Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmt, dass die §§ 53 bis 64c (4. Abschnitt des GenG „Prüfung und Prüfungsverbände“) für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, vgl. § 53 Rdn. 42.
§ 64 Staatsaufsicht § 64 Staatsaufsicht (1) Die genossenschaftlichen Prüfungsverbände unterliegen der Aufsicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde. (2) Die Aufsichtsbehörde kann die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Verband die ihm nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Die Aufsichtsbehörde ist insbesondere befugt,
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12 § 3 Abs. 1 Verfahrensordnung der Abschlussprüferaufsichtskommission für die Durchführung der Untersuchungen nach §§ 61a Satz 2 Nr. 2, 62b Abs. 1 WPO (Stand: 18.4.2013).
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Staatsaufsicht | § 64
1.
von dem Verband Auskunft über alle seine Aufgabenerfüllung betreffenden Angelegenheiten sowie Vorlage von Prüfungsberichten und anderen geschäftlichen Unterlagen zu verlangen, 2. von dem Verband regelmäßige Berichte nach festgelegten Kriterien zu verlangen, 3. an der Mitgliederversammlung des Verbandes durch einen Beauftragten teilzunehmen, 4. bei Bedarf Untersuchungen bei dem Verband durchzuführen und hierzu Dritte heranzuziehen. Die mit der Durchführung von Aufsichtsmaßnahmen betrauten Personen und die mit Untersuchungen beauftragten Dritten sind berechtigt, die Geschäftsräume des Verbandes während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zu betreten, um Untersuchungen vorzunehmen oder sonst Feststellungen zu treffen, die zur Ausübung der Aufsicht erforderlich sind. [Bei einem Verband, der nur solche Genossenschaften prüft, die nicht unter § 53 Absatz 2 Satz 1 fallen, hat die Aufsichtsbehörde mindestens alle zehn Jahre eine Untersuchung nach Satz 2 Nummer 4 durchzuführen, es sei denn, der Verband weist die freiwillige Durchführung einer Qualitätskontrolle oder einer anderen geeigneten Organisationsuntersuchung nach.1] (3) Für Amtshandlungen nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde zur Deckung des Verwaltungsaufwands Kosten (Gebühren und Auslagen) erheben. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Verordnung die Gebührentatbestände sowie die Gebührenhöhe festzulegen. Sie können die Ermächtigung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Zuständige Behörde | 2–3 Zweck, Inhalt und Umfang der Staatsaufsicht | 4–9
IV. V. VI.
Auflagen | 10 Kosten | 11 Europäische Genossenschaft (SCE) | 12
I. Allgemeines Die ursprüngliche Fassung des § 64 wurde durch das Änderungsgesetz vom 30.10.1934 1 in das Genossenschaftsgesetz im Zusammenhang mit der Regelung der Pflichtmitgliedschaft eingefügt.2 Durch Novelle 19733 wurde die Zuständigkeit für die Staatsaufsicht entsprechend der Regelung für die Verleihung des Prüfungsrechts in § 63 geregelt: Die Staatsaufsicht, auch über Verbände, die über den Bereich eines Landes hinausgehen oder im gesamten Bundesgebiet tätig sind, obliegt ausschließlich der Zuständigkeit der obersten Landesbehörde, in deren Bezirk der Verband seinen Sitz hat. Dies gilt auch für genossenschaftliche Spitzenverbände, soweit sie Prüfungsverbände sind. Durch Art. 10 Nr. 15 d. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes 2009 (BilMoG)4 erhielt § 64 die aktuelle Fassung. Zusätzliche Aufgaben oder Befugnisse sollten den Län-
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1 Voraussichtliche Ergänzung aufgrund Art. 7 Nr. 10 RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der aufsichtsund berufsrechtlichen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der VO (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz – APAReG), nachfolgend APAReG-RegE. 2 RGBl. I, 1077. 3 Einzelheiten bzgl. des Gesetzgebungsverfahrens bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 1 f. 4 BGBl. I 2009, 1102.
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§ 64 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
dern nicht übertragen werden, vielmehr wollte der Gesetzgeber eine zeitgerechte Normierung erreichen.5 § 64 Abs. 2 S. 4 wird voraussichtlich durch das Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz (APAReG) ergänzt werden, der in Klammern abgedruckte Gesetzestext entspricht der Fassung des APAReG-RegE. II. Zuständige Behörde Für die Staatsaufsicht ist die oberste Landesbehörde (Aufsichtsbehörde) zuständig (§§ 64 Abs. 1, 63 S. 1), in deren Gebiet der Prüfungsverband seinen Sitz hat. Die ist regelmäßig das jeweilige Wirtschafts- oder Landwirtschaftsministerium. In § 64 fehlt eine Regelung, wonach sich die Landesbehörde mit anderen beteiligten Ländern ins Benehmen zu setzen hat, wenn dem Verband auch Mitglieder angehören, die ihren Sitz in diesen Ländern haben. Eine Zusammenarbeit der Länder dürfte jedenfalls dann geboten sein, wenn Aufsichtsmaßnahmen in dem Bereich eines anderen Landes erforderlich sind.6 Der genossenschaftliche Prüfungsverband unterliegt nicht der Aufsicht durch die Wirtschaftsprüferkammer. Lediglich im Verband tätige Wirtschaftsprüfer unterliegen persönlich der Berufsaufsicht gem. § 57 WPO. Werden von einem im Verband tätigen Wirtschaftsprüfer von der Kammer z.B. Unterlagen herausverlangt, die der Geheimhaltungspflicht des Verbandes unterliegen, so kann die Herausgabe nicht von der Kammer, sondern nur vom zuständigen Ministerium als Aufsichtsbehörde durchgesetzt werden. Führt ein Prüfungsverband die Abschlussprüfung bei kapitalmarktorientierten Un3 ternehmen i.S.d. § 264d HGB durch (§ 63h), können Sonderuntersuchungen (demnächst Inspektion, vgl. geplante Neuregelung in § 63h) in entsprechender Anwendung des § 61a S. 2 Nr. 2, § 62b der WPO stichprobenartig ohne besonderen Anlass durchgeführt werden. Diese Prüfungsverbände unterliegen dann der öffentlichen Aufsicht durch die Wirtschaftsprüferkammer (§ 61a S. 2 Nr. 2 WPO) bzw. der öffentlichen fachbezogenen Aufsicht durch die Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) (§ 63h S. 2 i.V.m. § 66a Abs. 1 S. 1, Abs. 3 WPO), Näheres vgl. Ausführungen bei § 63h. Im Übrigen hat die Staatsaufsicht über genossenschaftliche Prüfungsverbände ihre Grundlage ausschließlich im GenG. Andere Aufsichtsbehörden, z.B. die BaFin, haben keine Aufsichtszuständigkeit über genossenschaftliche Prüfungsverbände. 2
III. Zweck, Inhalt und Umfang der Staatsaufsicht Der Zweck der Staatsaufsicht liegt im öffentlichen Interesse und nicht im Interesse einzelner Mitgliedsgenossenschaften.7 Es soll im Interesse der Allgemeinheit sichergestellt werden, dass die Prüfungsverbände die ihnen übertragenen Aufgaben, insb. die Durchführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, ordnungsgemäß wahrnehmen. Die Vorschrift dient nicht dazu, die individuellen Ansprüche der einzelnen eG gegen den Verband durchzusetzen. Das Gesetz gibt der Behörde zudem nicht das Recht, über die Verbandsaufsicht auf das Verhalten einzelner eG Einfluss zu nehmen. Einzelheiten über Inhalt und Umfang der Staatsaufsicht sind dem Gesetz nicht zu 5 entnehmen.8 Das Gesetz regelt in Abs. 2 Satz 1 lediglich, dass die Aufsichtsbehörde die
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5 Vgl. BT-Drs. 16/10067, 108. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 8; Beuthien GenG § 64 Rdn. 2; Müller GenG § 64 Rdn. 1b. 7 Bömcke ZfgG 1952, 163; Müller GenG § 64 Rdn. 2; Paulick S. 323. 8 Grundsatzüberlegungen zur Frage der Staatsaufsicht über Prüfungsverbände vgl. Beiträge von Westermann/Lang/Klusak in: Zur Reform des Genossenschaftsrechts Bd. 3; Schemann Staatsaufsicht über
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Staatsaufsicht | § 64
erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann, um sicherzustellen, dass der Verband die ihm nach dem GenG obliegenden Aufgaben (vornehmlich die Pflichtprüfung nach § 53) ordnungsgemäß erfüllt. Die Aufsicht hat sich grundsätzlich auf Fragen der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen des Prüfungsverbandes, wie z.B. ob er die gesetzliche Prüfung rechtzeitig und entsprechend den gesetzlichen Vorschriften sowie den beruflichen Prüfungsstandards durchführt, zu beschränken; Fragen der Zweckmäßigkeit, also wie der Prüfungsverband seine Tätigkeit ausübt, unterliegen nicht der Staatsaufsicht.9 Somit besteht nur eine Rechtsaufsicht und keine Fachaufsicht. Solange sich der Verband im Rahmen der Gesetze hält, darf die Aufsichtsbehörde nicht in die Verbandsautonomie eingreifen.10 Vom Zweck der Staatsaufsicht ausgehend und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie in der heutigen Form im Zusammenhang mit der Pflichtmitgliedschaft bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden eingeführt worden ist, muss gefolgert werden, dass die Aufsicht sich nur auf die Prüfungstätigkeit des Verbandes und damit zusammenhängende Maßnahmen z.B. der Prüfungsverfolgung bezieht; darüber hinausgehende satzungsmäßige „Kann-Aufgaben“ wie Interessenvertretung, Betreuung und Beratung unterliegen nicht der Staatsaufsicht.11 Die anerkannten Grundsätze der genossenschaftlichen Selbstverwaltung und Selbstorganisation schließen bei diesen satzungsmäßigen Aufgaben der Betreuung und Interessenvertretung eine Staatsaufsicht aus. Ausgenommen hiervon ist die Prüfung, ob der Verband unzulässige Zwecke i.S.d. § 63b Abs. 4 S. 2 verfolgt.12 Wenn sich die staatliche Aufsicht in der Regel auch auf die formale Rechtmäßigkeit der Prüfungstätigkeit des Verbandes zu beschränken hat, so wird ihr in besonderen Fällen doch auch ein materielles Kontrollrecht zuzugestehen sein, wie z.B. auch die Einsichtnahme in Prüfungsberichte, wenn dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Prüfungshandlungen des Verbandes erforderlich ist.13 Die Mittel der Aufsicht sind in § 64 Abs. 2 S. 1 (Generalklausel: „erforderliche Maß- 6 nahmen“, z.B. durch Auflagen, s. Rdn. 10) und in § 64 Abs. 2 S. 2 (Regelbeispiele) durch das BilMoG konkretisiert worden. Nach Abs. 2 S. 2 Nr. 1 kann die Aufsichtsbehörde von dem zu beaufsichtigenden Verband Auskunft über alle seine Aufgabenerfüllung betreffenden Angelegenheiten sowie die Vorlage von Prüfungsberichten und anderen geschäftlichen Unterlagen verlangen, nach Abs. 2 S. 2 Nr. 2 regelmäßige Berichte nach festgelegten Kriterien verlangen, nach Abs. 2 S. 2 Nr. 3 an der Mitgliederversammlung des Verbands durch einen Beauftragten teilnehmen und nach Abs. 2 S. 2 Nr. 4 bei Bedarf Untersuchungen durch Dritte durchführen. Hierzu wird diesen über Abs. 2 S. 3 ein Betretungsrecht der Geschäftsräume des Verbands eingeräumt. Über das Verfahren der Staatsaufsicht hinsichtlich der regelmäßigen Berichterstattung haben sich die Genossenschaftsreferenten von Bund und Ländern verständigt. Das Ergebnis ist ein einheitliches Berichtsschema, nach dem die genossenschaftlichen
_____ genossenschaftliche Prüfungsverbände, Institut für Genossenschaftswesen, Marburg, Bd. 18; Bömcke Die Staatsaufsicht auf dem Gebiet des genossenschaftlichen Prüfungswesens, ZfgG 1952, 161 ff. 9 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 29; Beuthien GenG § 64 Rdn. 5; Riebandt-Korfmacher GW 1954, 119 ff. 10 Henzler Prüfungsverbände, S. 18; Müller GenG § 64 Rdn. 2. 11 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 26; Beuthien GenG § 64 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 64 Rdn. 2. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 26 a.E.; Beuthien GenG § 64 Rdn. 4 a.E.; Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 64 Rdn. 3a. 13 Bömcke ZfgG 1952, 176 und BlfG 1952, 231; Beuthien GenG § 64 Rdn. 2; Bauer GenossenschaftsHandbuch§ 64 Rdn. 6; Westermann Referate und Materialien, Bd. 3, 164 ff.
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§ 64 | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
Prüfungsverbände zum 30.4. eines jeden Jahres der zuständigen Aufsichtsbehörde Mitteilung zu geben haben. Durch das APAReG wird § 64 Abs. 2 voraussichtlich einen neuen Satz 4 erhal7 ten. Der in den obigen Gesetzestext kursiv eingefügte Satz 4 beruht auf dem RegE des APAReG. Die Ergänzung soll sicherstellen, dass auch bei solchen Prüfungsverbänden, die nur kleine eG (Bilanzsumme unter einer Million Euro und Umsatzerlöse unter € 2 Million, § 53 Abs. 2 S. 1) prüfen (keine gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen) und deshalb nicht der verpflichtenden Qualitätskontrolle unterliegen (vgl. § 63e Abs. 1 S. 3), mindestens alle 10 Jahre eine Vorortkontrolle durch die Aufsichtsbehörde stattfindet. Begründet wird dies damit, dass auch kleine eG Erleichterungen in Anspruch nehmen können, z.B. hinsichtlich der Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz, obwohl sie nicht der regelmäßigen Pflichtprüfung unterliegen.14 Die Aufsichtsbehörde kann davon absehen, Untersuchungen nach Abs. 2 S. 2 Nr. 4 anzuordnen, wenn der jeweilige Prüfungsverband die freiwillige Durchführung einer Qualitätskontrolle (§ 63g) oder einer anderen geeigneten Organisationsuntersuchung nachweist. Für die Kosten gilt die bestehende Regelung in Abs. 3 S. 1.15 Für die Beaufsichtigung von Wohnungsgenossenschaften gelten die allgemeinen 8 Bestimmungen und Grundsätze des GenG. 9 Unterschiedliche Meinungen bestehen darüber, ob und ggf. in welchem Umfang sich nach geltendem Recht die Genossenschaftsaufsicht auch auf Aufgaben erstreckt, die dem Prüfungsverband nach anderen Gesetzen als dem GenG obliegen.16 Gegen eine Vermengung der Aufsichtsbefugnisse bestehen erhebliche Bedenken; dadurch würden die Verantwortungsbereiche verwischt, die Rechtssicherheit beeinträchtigt und der Prüfungsverband einer nicht gebotenen Doppelbelastung ausgesetzt. IV. Auflagen 10
Die Aufsichtsbehörde kann den Prüfungsverband auch durch Auflagen zur Erfüllung seiner Pflichtaufgaben oder zur Absolvierung der Qualitätsaufsichtsverfahren nach §§ 63e bis 63g anhalten sowie dazu, die Auflagen der Kommission für Qualitätskontrolle (§ 63g Abs. 2 i.V.m. § 57e Abs. 2 u. Abs. 3 WPO) zu erfüllen.17 Solche Auflagen sind nach der Generalklausel in Abs. 2 S. 1 nur zulässig, wenn der Prüfungsverband seine Pflichten im Prüfungsbereich nicht ordnungsgemäß erfüllt. Die Auflage muss zur Beseitigung konkreter Mängel geeignet sein. Die vom Verband aufgrund der Auflagen zu ergreifenden Maßnahmen liegen dann in der Autonomie und im pflichtgemäßen Ermessen des Verbandes.18 Die Aufsichtsbehörde ist verpflichtet, vor Festlegung einer Auflage den Prüfungsverband anzuhören. Die Auflage ist ein selbständiger Verwaltungsakt, gegen den gem. § 42 Abs. 1 VwGO die Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten statthaft ist. Da die Auflage von der obersten Verwaltungsbehörde des Landes erteilt wird, ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VWGO vor Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren durchzuführen.
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14 Vgl. APAReG-RegE, S. 147. 15 Vgl. APAReG-RegE, S. 147. 16 Allgemein zur Prüfung der WGG-Vorschriften und in Bezug auf eine Reform des WGG: Flender, 240, 248; Westermann 166, im Anschluss an Bömcke für Erstreckung der Genossenschaftsaufsicht auf alle zugewiesenen Aufgaben; einschränkend Riebandt-Korfmacher GW 1954, 119, 123, 268. 17 Beuthien GenG § 64 Rdn. 6c. 18 Bömcke ZfgG 1952, 178; Beuthien GenG § 64 Rdn. 6; Müller GenG § 64 Rdn. 8.
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Entziehung des Prüfungsrechts | § 64a
V. Kosten Nach Abs. 3 ist die öffentliche Aufsicht kostenpflichtig. Die Aufsichtsbehörde kann 11 vom Prüfungsverband die Kostenerstattung (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach § 64 Abs. 2 verlangen. Abs. 3 S. 2 enthält eine Ermächtigungsgrundlage für die Länder durch Verordnung die Einzelheiten (Gebührentatbestände und Gebührenhöhe) festzulegen. Nach Abs. 3 S. 3 können diese wiederum ihre Ermächtigung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen. Durch die Kostentragung soll sichergestellt werden, dass die Aufgaben von den Behörden kostenneutral und damit effizient wahrgenommen werden können.19 VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmen, dass die §§ 53 bis 64c 12 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, vgl. § 53 Rdn. 42.
§ 64a Entziehung des Prüfungsrechts § 64a Entziehung des Prüfungsrechts Die Aufsichtsbehörde kann dem Verband das Prüfungsrecht entziehen, wenn der Verband nicht mehr die Gewähr für die Erfüllung seiner Aufgaben bietet. Vor der Entziehung ist der Vorstand des Verbandes anzuhören. Die Entziehung ist den in § 63d genannten Gerichten mitzuteilen.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–3 Gründe für die Entziehung des Prüfungsrechts | 4–5 1. Mangelnde Gewähr für die Aufgabenerfüllung | 4 2. Nichterfüllung von Auflagen | 5
III. IV. V. VI.
Zuständige Behörde und Verfahren | 6 Mitteilung an die Registergerichte | 7 Rechtsfolgen bei Entziehung des Prüfungsrechts | 8 Europäische Genossenschaft (SCE) | 9
I. Allgemeines § 64a ist durch die Novelle 2006 neu formuliert und durch das Bilanzrechtsmo- 1 dernisierungsgesetz sprachlich neugefasst worden ohne jedoch weitergehende inhaltliche Änderungen vorzunehmen. Die Vorschrift ermächtigt die Aufsichtsbehörde das Prüfungsrecht (§ 63 S. 1) zu entziehen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen (Rdn. 2 ff.) gegeben sind. Vor der Novelle 2006 konnte das Prüfungsrecht auch entzogen werden, wenn für die 2 Prüfungstätigkeit kein Bedürfnis mehr bestand. Dieser selbständige Entziehungsgrund war nach Auffassung des Gesetzgebers nicht mit Art. 12 GG vereinbar.1 Die Bedürfnisfrage ist allerdings bei der Beurteilung der Zulassungsvoraussetzung, dass der Verband die Gewähr für die Erfüllung seiner Aufgaben bieten muss, nach wie vor mit zu berücksichtigen. Nach der Gesetzesbegründung folgt dies aus dem Gesichtspunkt, dass ein Verband
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Vgl. BT-Drs. 16/10067, 108. Vgl. BT-Drs. 16/1025, S. 91.
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§ 64a | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
nur bei Bejahung eines Bedürfnisses der Praxis für diesen Verband über die wirtschaftliche und finanzielle Basis verfügt, die für seine Leistungsfähigkeit erforderlich ist. Ein Bedürfnis soll gegeben sein, wenn der Verband über eine für eine Leistungsfähigkeit notwendige Zahl von Mitgliedsgenossenschaften, eventuell auch anderen nach § 63b Abs. 2 zulassungsfähigen Mitgliedern, verfügen wird.2 Ein genossenschaftlicher Verband wird erst zum Prüfungsverband durch die Ver3 leihung des Prüfungsrechts durch die zuständige Landesbehörde (§ 63 S. 1). Die Entziehung des Prüfungsrechts ist das äußerste Mittel unter den Maßnahmen gegen einen Prüfungsverband. Es darf daher nur zur Anwendung kommen, wenn andere weniger einschneidende aufsichtsrechtliche Maßnahmen (z.B. Erteilung von Auflagen, vgl. § 63a Abs. 2) keinen Erfolg mehr erwarten lassen.3 Die Aufsichtsbehörde hat in jedem Fall im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens nach Anhörung des Verbands gemäß § 64a S. 2 zu entscheiden, ob die vorliegenden Gründe aus der Sicht des öffentlichen Interesses die Entziehung des Prüfungsrechts gebieten. II. Gründe für die Entziehung des Prüfungsrechts 4
1. Mangelnde Gewähr für die Aufgabenerfüllung. Es müssen Tatsachen vorliegen, die berechtigte Zweifel begründen, dass der Verband in Zukunft nicht willens oder in der Lage ist, seine gesetzlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Einmaliges Fehlverhalten4 kann regelmäßig diese Zweifel nicht rechtfertigen, insb. wenn der Verband Maßnahmen ergreift, um Wiederholungen zu vermeiden. Diese Maßnahmen können z.B. in personellen Konsequenzen liegen. Mangelhafte Aufgabenerfüllung außerhalb des Prüfungsbereichs kann nur ausnahmsweise dann zu einer Entziehung des Prüfungsrechts führen, wenn es sich um ein so schwerwiegendes Fehlverhalten handelt, dass die begründete Befürchtung besteht, es könnte Auswirkungen auf den Prüfungsbereich haben.
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2. Nichterfüllung von Auflagen. Auflagen der Aufsichtsbehörde (§ 63a Abs. 2) sind ein Mittel, um den Prüfungsverband zum ordnungsgemäßen Verhalten zu veranlassen, vgl. Erl. bei § 63a. Falls der Prüfungsverband aufsichtsbehördlichen Auflagen nicht nachkommt, gibt die Entziehung des Prüfungsrechts der Behörde ein letztes und endgültiges Mittel, um Gefährdungen allgemeiner Interessen durch den Prüfungsverband zu verhindern. Die einmalige Nichterfüllung einer Auflage wird ausnahmsweise und nur dann die Entziehung des Prüfungsrechts rechtfertigen, wenn es sich um Verstöße gegen wesentliche und sehr grundsätzliche Fragen des Prüfungsrechts handelt. III. Zuständige Behörde und Verfahren
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Für die Entziehung des Prüfungsrechts ist die jeweilige oberste Landesbehörde zuständig, die auch für die Verleihung des Prüfungsrechts (§ 63) und die Rechtsaufsicht über den Prüfungsverband (§ 64) zuständig ist. Die Entziehung des Prüfungsrechts erfolgt durch Verwaltungsakt. Vor Erlass dieser Maßnahme ist der betroffene Verbandsvorstand anzuhören (64a S. 2) und der Sachverhalt mitzuteilen, aufgrund dessen die Aufsichtsbehörde die Entziehung des Prü-
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BT-Drs. 16/1025, S. 91. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64a Rdn. 2; Beuthien GenG § 64a Rdn. 1. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64a Rdn. 6.
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Entziehung des Prüfungsrechts | § 64a
fungsrechts beabsichtigt. Dem Verband muss eine angemessene Frist zur Überprüfung und Abhilfe gegeben werden. Ob die Anhörung im mündlichen oder schriftlichen Verfahren erfolgt, ist eine Frage des pflichtgemäßen Ermessens der Aufsichtsbehörde im Einzelfall. Gegen die Entziehung des Prüfungsrechts steht dem Verband die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) vor den Verwaltungsgerichten zu.5 Wenn die Entziehung durch die oberste Landesbehörde erfolgt, ist ein Widerspruchsverfahren nach § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorgesehen. Stammt der Verwaltungsakt aber von einer der Landesbehörde untergeordneten ermächtigten Behörde gemäß § 63 S. 2 ist ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Entziehung des Prüfungsrechts in vollem Umfang nachprüfbar. Im Übrigen kann das Gericht die Entscheidung gemäß § 114 VwGO nur auf Ermessensfehler überprüfen.6 IV. Mitteilung an die Registergerichte Die rechtskräftige Entziehung des Prüfungsrechts ist nach § 64a S. 3 i.V.m. § 63d von 7 der Aufsichtsbehörde allen Registergerichten mitzuteilen, in deren Bezirk eine dem Prüfungsverband angehörende eG ihren Sitz hat. Diese Mitteilung hat insbesondere Bedeutung im Hinblick auf die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband gem. § 54. Die Registergerichte haben dann unter Umständen Maßnahmen nach § 54a zu ergreifen. Ggfs. kann das Registergericht gem. § 64b einen Prüfungsverband mit der Wahrnehmung des Prüfungsauftrags für die betroffenen eG beauftragen. V. Rechtsfolgen bei Entziehung des Prüfungsrechts Die Entziehung des Prüfungsrechts berührt nicht die rechtliche Existenz des Ver- 8 bandes als eingetragener Verein. Der Verband ist jedoch nicht mehr berechtigt, genossenschaftliche Pflichtprüfungen durchzuführen. Dennoch durchgeführte Prüfungen haben nicht den Charakter einer genossenschaftlichen Pflichtprüfung i.S.d. §§ 53 ff.7 Der Verlust des Prüfungsrechts ist für die Mitgliedsgenossenschaften ein Grund zur fristlosen Kündigung der Mitgliedschaft. Dies ist eine Folge der Verpflichtung gem. § 54, Mitglied in einem Genossenschaftsverband zu sein, dem das Prüfungsrecht verliehen ist. Falls die Mitgliedschaft nicht insgesamt gekündigt wird, besteht die Möglichkeit, eine entsprechende Reduzierung der Mitgliedsbeiträge zu verlangen.8 VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmt, dass die §§ 53 bis 64c 9 für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, vgl. § 53 Rdn. 42.
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5 Ausführl. Müller GenG § 64a Rdn. 6. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64a Rdn. 17; Beuthien GenG § 64a Rdn. 4; Müller GenG § 64a Rdn. 7. 7 Beuthien GenG § 64a Rdn. 3. 8 Beuthien GenG § 64a Rdn. 3.
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§ 64b | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
§ 64b Bestellung eines Prüfungsverbandes § 64b Bestellung eines Prüfungsverbandes Gehört eine Genossenschaft keinem Prüfungsverband an, so kann das Gericht einen Prüfungsverband zur Wahrnehmung der im Gesetz den Prüfungsverbänden übertragenen Aufgaben bestellen. Dabei sollen die fachliche Eigenart und der Sitz der Genossenschaft berücksichtigt werden.
I. II.
Systematische Übersicht Bestellung eines Prüfungsverbandes durch das Gericht | 1 Wirkung der Bestellung | 2
III. IV.
Widerruf der Bestellung | 3 Europäische Genossenschaft (SCE) | 4
I. Bestellung eines Prüfungsverbandes durch das Gericht 1
Die Bestellung eines Prüfungsverbandes durch das zuständige Gericht (§ 10 Abs. 1) nach § 375 Nr. 7 FamFG kommt in Betracht, wenn – eine eG nicht Mitglied eines Prüfungsverbandes ist (weil sie durch Kündigung oder Ausschluss aus dem Verband ausgeschieden ist und die Frist nach § 54a noch nicht abgelaufen ist), – eine eG aufgelöst worden ist (§ 64c), – dem Verband das Prüfungsrecht entzogen oder – der Verband aufgelöst worden ist. Die gerichtliche Bestellung eines Prüfungsverbandes nach § 64b ist dagegen nicht statthaft in Fällen, in denen sich z.B. der Prüfungsverband weigert, die Prüfungsaufgaben gegenüber einer bestimmten eG wahrzunehmen.1 Der Prüfungsverband muss seine Mitgliedsgenossenschaften nach §§ 53 ff. GenG prüfen. Unter den genannten Voraussetzungen hat das Gericht von Amts wegen über die Bestellung zu entscheiden. Nach dem Gesetzeswortlaut könnte dem Gericht ein Ermessensspielraum zustehen: „… so kann das Gericht … bestellen …“ Nach dem Wortlaut muss das Gericht nicht in jedem Fall, in dem eine Verbandsmitgliedschaft nicht besteht, nach § 64b vorgehen. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass der Sinn des § 64b in Anbetracht der Pflichtmitgliedschaft (§ 54) nur dahin gehen kann, dafür Sorge zu tragen, dass jede eG einer Verbandsprüfung unterworfen bleibt (öffentliches Interesse). Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass das Gericht grundsätzlich von Amts wegen einen Prüfungsverband für die Durchführung der Prüfungsaufgaben zu bestellen hat, wenn eine eG nicht mehr Mitglied eines Prüfungsverbandes ist oder ein anderer o.g. Grund vorliegt.2 Im Verhältnis zu § 54a kann § 64b nur eine Auffangfunktion zukommen.3 Denn beim Ausscheiden einer eG aus dem Verband muss das Gericht gem. § 54a Abs. 1 Satz 2 eine Frist bestimmen, innerhalb derer sie einem anderen Verband beizutreten hat, und, bei fruchtlosem Ablauf der Frist, nach § 54a Abs. 2 Satz 1 die eG auflösen. Für die Anwendung des § 64b bleibt also im Falle des Ausscheidens der eG aus dem Verband nur während des Fristlaufs Raum. Eine andere Frage ist, ob die Frist des § 54a auf das Ver-
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1 Müller GenG § 64b Rdn. 2; Beuthien GenG § 64b Rdn. 1. 2 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 12; Beuthien GenG § 64 Rdn. 1; Müller GenG § 64b Rdn. 3. 3 So zutreffend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 12; Beuthien GenG § 64b Rdn. 1.
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Bestellung eines Prüfungsverbandes | § 64b
fahren nach § 64b analoge Anwendung finden sollte. Dies ist abzulehnen, da weder eine Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage gegeben sind. Bei § 54a ist die Vorschaltung einer Frist aus Verhältnismäßigkeitsgründen geboten, da die Auflösung der eG im Raum steht. Vor der Bestellung des Prüfungsverbandes sind alle Beteiligten anzuhören. Dies gilt insb. für die betroffene eG, für den Prüfungsverband, dem die eG bisher angehört hat, und für den Prüfungsverband, der vom Gericht bestellt werden soll. Das Gericht hat gem. Satz 2 die fachliche Eigenart und den Sitz der eG bei der Auswahl des Prüfungsverbandes zu berücksichtigen. Gegebenenfalls ist zu prüfen, ob die eG überhaupt in der Lage ist, die durch die Bestellung des Verbandes anfallenden Kosten, insb. die Prüfungsgebühren, zu bezahlen, Näheres Rdn. 2. Die Zustimmung des Prüfungsverbandes für dessen Bestellung oder die Zustimmung der eG ist nicht erforderlich.4 Im Interesse einer optimalen Prüfung und Betreuung durch den Verband dürfte es aber richtig sein, die Bestellung möglichst nicht gegen den Willen der Betroffenen vorzunehmen. Die Bestellung des Prüfungsverbandes dauert fort bis zum Widerruf durch das Gericht. Falls jedoch die Voraussetzungen für die Bestellung wegfallen – die eG hat z.B. die Mitgliedschaft bei einem anderen Prüfungsverband erworben – ist das Gericht verpflichtet, die Bestellung von Amts wegen zu widerrufen.5 Das Gericht kann auch, wenn dafür Gründe bestehen, anstelle des bisher bestellten Verbandes einen anderen Prüfungsverband bestellen. Auf eine Vorgenossenschaft6 findet § 64b keine Anwendung. Aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Vorschrift folgt, dass nur für „eingetragene Genossenschaften“ eine Bestellung des Prüfungsverbandes durch das Gericht vorgesehen ist. Die Entstehung einer (noch) nicht eingetragenen Vorgenossenschaft soll nicht davon abhängig sein, dass sie einem Prüfungsverband angehört. Gegen die Bestellung eines Prüfungsverbandes ist gem. §§ 402 Abs. 1, 375 Nr. 7, 58 ff. FamFG die Beschwerde gegeben. Das Rechtsmittel steht jedem zu, der von der Entscheidung betroffen ist. II. Wirkung der Bestellung Die Bestellung eines Prüfungsverbandes durch das Gericht hat zur Folge, dass dieser 2 gegenüber der eG berechtigt und verpflichtet ist, die gesetzlichen Aufgaben eines Prüfungsverbandes wahrzunehmen. Die eG wird dadurch aber nicht Mitglied des Verbandes; irgendwelche mitgliedschaftsrechtlichen Beziehungen können durch die Bestellung nicht entstehen. Für seine Leistungen hat der Verband Anspruch auf angemessene Vergütung, der sich aus § 61 ergibt.7 Nach einer abweichenden Ansicht soll sich der Vergütungsanspruch des Verbandes aufgrund von Verträgen ergeben, zu deren Abschluss der Verband gehalten sein soll.8 Dies ist abzulehnen, da die Neigung der eG, mit dem gerichtlich bestellten Prüfungsverband Verträge abzuschließen, aus denen sich Zahlungspflichten für sie ergeben, äußerst gering sein dürfte. Ggfs. bliebe der Verband – bei Vorliegen der Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag – auf einen Aufwendungsersatz nach
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Müller GenG § 64b Rdn. 6. Vgl. Müller GenG § 64b Rdn. 9. Bay ObLG Urt. v. 28.6.1990, Az. BReg 3 Z 62/90, BB 1990, 1807. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 18. Müller GenG § 64b Rdn. 8.
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§ 64c | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
§ 683 BGB beschränkt.9 Dies ist dem Verband nicht zuzumuten. Er erfüllt mit Durchführung der gesetzlichen Pflichtprüfung eine ihm vom Gesetzgeber übertragene Aufgabe im Interesse der Allgemeinheit. Was für einen Prüfungsverband bei der Prüfung seiner Mitglieder gilt, muss erst recht für den nach § 64b gerichtlich bestellten Prüfungsverband gelten: Da er vielfach ohne Auftrag oder sogar gegen den Willen der eG tätig wird, ist eine gesetzliche Regelung des Vergütungsanspruchs nötig. Die Prüfungssätze müssen in angemessener Relation zum Prüfungsumfang stehen, dürfen aber von den Tagessätzen, die für Mitglieder gelten auch nach oben abweichen, da das Kostendeckungsprinzip (§ 61) nur für Mitglieder gilt.10 Eine Bestellung ist für den Verband nicht zumutbar, wenn die eG offenbar nicht in der Lage ist, die Prüfungsgebühren zu bezahlen. Bei Vermögenslosigkeit sollte von der Bestellung eines Prüfungsverbandes abgesehen werden; die eG ist von Amts wegen zu löschen.11 III. Widerruf der Bestellung 3
Die Bestellung wird mit dem Widerruf der Bestellung durch das Gericht beendet. Dieses ist unverzüglich zum Widerruf verpflichtet, wenn die eG einem Prüfungsverband beigetreten ist. Ein Abwarten bis zur Beendigung einer begonnen Prüfung ist nicht statthaft.12 IV. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmt, dass die §§ 53 bis 64c für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, vgl. § 53 Rdn. 42.
§ 64c Prüfung aufgelöster Genossenschaften § 64c Prüfung aufgelöster Genossenschaften Auch aufgelöste Genossenschaften unterliegen den Vorschriften dieses Abschnitts.
I. II.
Systematische Übersicht Aufgelöste Genossenschaft | 1 Pflichtmitgliedschaft und Prüfungspflicht | 2–5
III.
Europäische Genossenschaft (SCE) | 6
I. Aufgelöste Genossenschaft 1
§ 64c gilt für alle Arten der Auflösung der eG.1 Die Auflösung der eG kann erfolgen: Durch Beschluss der GV (§ 78), durch Zeitablauf bei zeitlich beschränkter eG (§ 79), durch unter drei absinkende Mitgliederzahl (§ 80), durch Auflösung von Amts wegen aufgrund
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9 So BerlKomm/Hillebrand § 64b Rdn. 5. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 18; a.A. Beuthien GenG § 64c Rdn. 1. 11 LG Kassel Beschl. v. 8.3.1984, Az. 11 T 11/83. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64 Rdn. 18. 1
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64c Rdn. 1; Beuthien GenG § 64c Rdn. 2.
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Prüfung aufgelöster Genossenschaften | § 64c
gesetzeswidriger Handlungen, insb. wegen Verfolgung anderer Zwecke als des Förderzwecks (§ 81), durch Auflösung von Seiten des Gerichts wegen fehlender Mitgliedschaft beim Prüfungsverband (§ 54a Abs. 2) und durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 101). Die Auflösung führt nicht zum Erlöschen der eG, insb. nicht zum Verlust der Rechtsfähigkeit, sondern erst die Vollbeendigung.2 Es ändert sich allerdings der Unternehmenszweck: Anstelle des Förderzwecks gem. § 1 tritt der Liquidationszweck, vgl. Erl. zu § 87 Rdn. 1. II. Pflichtmitgliedschaft und Prüfungspflicht § 64c stellt klar, dass auch aufgelöste eG im Stadium der Liquidation den gesamten 2 Regelungen des 4. Abschnitts des GenG über die Prüfung und die Prüfungsverbände unterliegen. Dies bedeutet in erster Linie, dass auch aufgelöste eG der Pflichtprüfung unterworfen sind (§ 53) und Mitglied eines genossenschaftlichen Prüfungsverbandes sein müssen (§ 54). Für den Prüfungsverband hat dies zur Folge, dass er grundsätzlich nicht berechtigt ist, aufgelöste eG auszuschließen oder sie von den genossenschaftlichen Pflichtprüfungen auszunehmen.3 Wenn die eG aus dem Prüfungsverband ausscheidet und sich danach durch Beschluss auflöst, geht die für einen solchen Fall in § 54a Abs. 2 vorgesehene Auflösung von Amts wegen ins Leere. Es bleiben nur gerichtliche Maßnahmen nach § 64b, so dass die aufgelöste eG tatsächlich nicht mehr einem Verband als Mitglied angehört. Umstritten ist die Bedeutung von § 64c für den Fall der Auflösung einer eG durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 101). Im Insolvenzverfahren obliegt die Vermögensverwaltung gemäß § 80 InsO dem Insolvenzverwalter; die Überwachung führt das Insolvenzgericht (§ 58 Abs. 1 S. 1 InsO), der Gläubigerausschuss (§ 69 S. 1 InsO) oder die Gläubigerversammlung (§ 79 S. 1 InsO) durch. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist auch bei einer durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten eG deren Mitgliedschaft beim genossenschaftlichen Prüfungsverband und die Unterwerfung unter die Pflichtprüfung erforderlich.4 § 64c macht keinen Unterschied, ob die Auflösung durch Insolvenz der eG oder durch andere Gründe bedingt ist.5 Nach anderer Ansicht soll die Verweisung des § 64c nur für die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband nach § 54 gelten, nicht für die Pflichtprüfung nach § 53.6 Der Anwendungsbereich von § 64c ist teleologisch zu reduzieren. Der BGH7 hat die vorliegende Streitfrage nur für den Fall entschieden, dass der Geschäftsbetrieb der eG eingestellt worden ist und der Insolvenzverwalter die einzelnen Vermögensgegenstände der eG verwertet. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift kommt eine Pflichtprüfung in diesem Fall nicht in Betracht. Der Zweck der Pflichtprüfung (Schutz der Vermögensinteressen der Mitglieder und Gläubiger) soll nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der eG jedenfalls dann, wenn deren Geschäftsbetrieb eingestellt worden ist, nicht mehr erreicht werden können.
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2 Vgl. BGH Beschl. v. 21.6.2011, Az. II ZB 12/10, DB 2011, 1968; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64c Rdn. 7. 3 Vgl. so im Grds. auch Bauer Genossenschafts-Handbuch, § 64c Rdn. 9. 4 So Bloehs in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 64c Rdn. 2; differenzierend Bauer GenossenschaftsHandbuch § 64c Rdn. 10 ff.; Müller GenG § 64c Rdn. 2; Scheibner DZWIR 1999, 454 f.; a.A. OLG Jena ZIP 2009, 2105, ZinsO 2009, 1857; Beuthien GenG § 64c Rdn. 2 und 101 Rdn. 4; ders. ZIP 2011, 497 ff. 5 OVG Berlin ZIP 1982, 1338; so auch Müller GenG § 64c Rdn. 2. 6 So Beuthien GenG § 64c Rdn. 2 (teleologische Reduktion auf InsO-Gericht); Beuthien/Tietze ZIP 2002, 1116 ff. 7 BGH Beschl. v. 21.6.2011, Az. II ZB 12/10, DB 2011
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§ 64c | 4. Abschnitt. Prüfung und Prüfungsverbände
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Raum für eine Pflichtprüfung in der Insolvenz der eG besteht deshalb nur noch, wenn die Pflichtprüfung ihren Zweck (noch) erfüllen kann. Dies ist der Fall, wenn der Insolvenzverwalter Vermögensgegenstände frei gibt 8 und im Insolvenzplanverfahren nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, nicht jedoch bei der Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Sachwalters.9 Nach § 155 Abs. 1 Satz 1 InsO i.V.m. § 53 Abs. 2 (Bilanzsumme übersteigt eine Million 4 Euro und Umsatzerlöse zwei Millionen Euro) bleiben die handels- und steuerrechtlichen Pflichten des Schuldners zur Buchführung und Rechnungslegung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht10 bleibt auch dann bestehen, wenn das Unternehmen eingestellt ist und nur noch die verbliebenen Vermögensgegenstände verwertet werden. Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO trifft diese Pflicht den Insolvenzverwalter. § 155 Abs. 3 Satz 1 InsO bestimmt hinsichtlich der Prüfung des Jahresabschlusses, dass der Abschlussprüfer ausschließlich durch das Registergericht auf Antrag des Insolvenzverwalters zu bestellen ist. Folge ist, dass der Insolvenzverwalter frei den zuständigen Prüfungsverband als Abschlussprüfer vorschlagen kann. Er kann auch eine andere Person wählen. Die Frage, ob nach § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO etwas anderes hinsichtlich des bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Geschäftsjahres gilt – ob insoweit der Prüfungsverband als ein schon bestellter Abschlussprüfer anzusehen ist, der für das laufende Geschäftsjahr im Amt bleibt – hat der BGH ausdrücklich offen gelassen. Wegen der Bestellung eines Prüfungsverbandes durch das Gericht bei vermögenslo5 ser eG vgl. § 64b Rdn. 2. III. Europäische Genossenschaft (SCE) 6
Art. 8 Abs. 1 c) i) SCE-VO i.V.m. § 34 Abs. 1 SCEAG bestimmt, dass die §§ 53 bis 64c für die SCE mit Sitz in Deutschland entsprechend gelten, vgl. § 53 Rdn. 42.
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8 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64c. Rdn. 12; Beuthien ZIP 2011, 497, 498. 9 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64c Rdn. 13 mit ausführlicher Begründung; Beuthien ZIP 2011, 497, 498; a.A. noch Beuthien/Titze ZIP 2002, 1116, 1121. 10 Vgl. BGH a.a.O. m.w.N. zum Streitstand bzw. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 64c Rdn. 10.
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Kündigung des Mitglieds | Vor § 65
FÜNFTER ABSCHNITT Beendigung der Mitgliedschaft 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft Holthaus/Lehnhoff
Vor § 65 Vorbemerkungen Vor § 65 Vorbemerkungen neue rechte Seite!!!! Das Ausscheiden eines Mitglieds aus der eG ist weitgehend im 5. Abschnitt des 1 GenG geregelt. Die Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt aufgrund: – Kündigung – durch das Mitglied (§ 65, § 67 und § 67a); die Kündigung einzelner Geschäftsanteile (§ 67b) lässt die Mitgliedschaft unberührt, – durch Gläubiger (§ 66); bei Wohnungsgenossenschaften ist § 67c zu beachten, – durch den Insolvenzverwalter bei Insolvenz eines Mitglieds (§ 66a); bei Wohnungsgenossenschaften ist § 67c zu beachten, – Ausschluss (§ 68), – Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 76) oder die Übertragung einzelner Geschäftsanteile lässt die Mitgliedschaft unberührt, – Tod (§ 77), – Auflösung oder Erlöschen der juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft (§ 77a), – Verschmelzung (§§ 1 Abs. 2, 79, 89, 20 UmwG), – Ausschlagung (§ 90 UmwG), – Sonstige satzungemäße Beendigungsgründe. Die Kündigungsgründe,1 nicht aber alle Beendigungsgründe sind abschließend im 5. Abschnitt geregelt. Wie hier sieht seit der 15. Aufl. auch Beuthien im Gesetz keinen Anhalt für eine abschließende Regelung der Beendigung der Mitgliedschaft.2 Ein in der Satzung enthaltener Kündigungsgrund, der von §§ 65 ff. abweicht (hierzu Rdn. 2), ist unzulässig.3 Die eG hat kein Kündigungsrecht, auch nicht im Wege der Satzung, sie kann in diesem Fall nur nach § 68 ausschließen.4 Da stets Kündigungsfristen einzuhalten sind, ist eine vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) nicht möglich.5 Aus einer groben Pflichtverletzung durch die eG folgt kein außerordentliches Kündigungsrecht für das Mitglied.6 Nach Auflösung der eG ist ein Ausscheiden grundsätzlich nicht mehr möglich (vgl. § 87 Rdn. 16). Das Ausscheiden erfolgt – mit Ausnahme der Fälle der §§ 76, 77 sowie der Verschmelzung – stets zum Ende des Geschäftsjahres. , Eine Festsetzung anderer Beendigungsgründe in der Satzung ist zulässig 7 da die 2 Regelung des 5. Abschnitts nur für die Kündigung abschließend ist8 und daher mangels gesetzlichen Ausschlusses weiterer Beendigungsgründe § 18 entsprechenden Regelun-
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1 HA OLG Ffm DB 1977, 351; OLG Düsseldorf MDR 1978, 319 = ZfgG 1979, 351. 2 Beuthien GenG § 65 Rdn. 1. 3 LG Wuppertal ZfgG 1998, 308. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 2; Beuthien GenG § 65 Rdn. 1; Müller GenG § 65 Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 65 Rdn. 3. 5 OLG Düsseldorf MDR 1978, 319; OLG Frankfurt BB 1978, 926 m.w.N.; OLG Köln Urt. v. 22.5.1987, Az. 4 U 36/86. 6 LG Kassel Urt. v. 3.11.1993, Az. 4 O 1878/92; a.A. Müller GenG § 65 Rdn. 20. 7 Beuthien AG 2006, 57; § 65 Rdn. 1. 8 KGJ 11, 48; 34, 208; 43, 115; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 1 mit Hinweisen auf Rspr. und Literatur, die diese Sonderfrage jedoch nicht behandeln.
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Vor § 65 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
gen in der Satzung nicht entgegensteht.9 Vgl. Art. 15 Abs. 1 letzter Spiegelstrich SCE-VO, der von übrigen Fällen der Beendigung spricht, die in der Satzung vorgesehen sind. Deshalb kann die Satzung vorsehen, dass bei Wegfall bestimmter persönlicher Voraussetzungen, von denen der Beitritt wirksam abhängig gemacht werden konnte, die Mitgliedschaft automatisch endet;10 z.B. die Beendigung eines Gewerbes in einer darauf ausgerichteten Handels- oder Handwerksgenossenschaft.11 Zulässig ist eine Satzungsbestimmung, nach der Vorstandsmitglieder mit Beendigung der Organstellung automatisch als Mitglieder der eG ausscheiden, wenn sie allein wegen dieser Organstellung die Mitgliedschaft in der eG erwerben konnten oder bei Insolvenz eines Mitgliedes.12 Die für die Gegenmeinung herangezogenen Entscheidungen beziehen sich nur auf die Frage, ob eine außerordentliche Kündigung neben den §§ 65 ff. möglich ist.13 Durch Novelle 2006 wurde das Recht der eG gestrichen, im Fall der Aufgabe des Wohnsitzes das Ausscheiden des Mitgliedes zu bewirken (§ 67 Abs. 2 a.F.). Zwar erklärt der Gesetzgeber zu Recht, der eG stünde kein Kündigungsrecht zu, schließt aber zu Unrecht daraus, dass andere satzungsgemäße Beendigungsgründe unzulässig seien.14 § 67 Abs. 2 a.F. (entfallen durch Novelle 2006) enthielt ein einseitiges Erklärungsrecht der eG, das insoweit einer Kündigung als Gestaltungsakt nicht gleich aber vergleichbar war. Die Festlegung von Beendigungsgründen in der Satzung, die bei Eintritt einer Bedingung, z.B. dem Wegfall bestimmter klar definierter Mitgliedschaftsvoraussetzungen, zur Beendigung der Mitgliedschaft führen, ist damit nicht gleichzusetzen; sie setzt keinen Gestaltungsakt oder sonstige Erklärung der eG voraus. Für eine derartige Regelung besteht ein berechtigtes Interesse, da ein Ausschluss nicht nur ein formelles Verfahren voraussetzt und in der Regel ein satzungsgemäß festgelegtes innergenossenschaftliches Widerspruchsverfahren nach sich zieht, sondern zusätzlich mit einem Strafcharakter versehen ist. In der Satzung festgelegte Beendigungsgründe sind dagegen objektiv, vom Mitglied voraussehbar und müssen, um zulässig zu sein, den genossenschaftlichen Prinzipien, insbesondere dem der Gleichbehandlung entsprechen. 3 Um nicht auf einen Analogieschluss zu Kündigung und Ausschluss angewiesen zu sein, sollte in der Satzung weiterhin klargestellt werden, dass die Mitgliedschaft zum Ende des jeweiligen Geschäftsjahres endet. Unter Verweis auf das Recht der PersonenG und des Vereins hält Beuthien auch einen Aufhebungsvertrag zwischen eG und Mitglied über die Beendigung der Mitgliedschaft zum Jahresende für möglich.15 Dem ist zuzustimmen; der Verzicht auf die Kündigungsfrist stellt eine Umgehung des § 64 Abs. 5 dar (hierzu § 65 Rdn. 12). Ein Mitglied, das mit mehreren Geschäftsanteilen beteiligt ist, kann ein oder mehre4 re seiner weiteren Geschäftsanteile – unter Beibehaltung der Mitgliedschaft – kündigen (§ 67b). Durch Novelle 2006 wurde daneben die Möglichkeit eröffnet, einzelne Geschäftsanteile ohne Beendigung der Mitgliedschaft zu übertragen, § 76. In der Europäischen Genossenschaft (SCE) endet gemäß Art. 15 Abs. 1 SCE-VO die 5 Mitgliedschaft durch
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9 So auch Beuthien GenG § 65 Rdn. 1. 10 Schulte Festschrift Schaffland, S. 105. 11 A.A. LG Wuppertal NJW RR 1997,1191. 12 Beuthien GenG § 65 Rdn. 1; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 1; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 65 Rdn. 3. 13 BGHZ 103, 219 ff., NJW 1988, 1729 ff.; OLG Düsseldorf ZfgG 1979, 351. 14 BT-Drs. 16/1025, S. 92. 15 Beuthien GenG § 65 Rdn. 1.
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Kündigung des Mitglieds | § 65
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Austritt, Ausschluss eines Mitglieds, das sich eines schwerwiegenden Verstoßes gegen seine Pflichten schuldig gemacht hat oder gegen die Interessen der SCE handelt, sofern dies nach der Satzung gestattet ist, Übertragung aller Geschäftsanteile auf ein Mitglied oder wenn eine natürliche oder juristische Person diese Mitgliedschaft erwirbt, Auflösung im Falle eines Mitglieds, das keine natürliche Person ist, durch Insolvenz, durch Tod, und in den übrigen Fällen, die in der Satzung oder den Rechtsvorschriften über die Genossenschaften des Sitzmitgliedstaates der SCE vorgesehen sind. Europäische Genossenschaft (SCE)
Gemäß Art. 15 Abs. 2 SCE-VO können Mitglieder, die in der Generalversammlung als 6 Minderheit gegen eine Satzung gestimmt haben, mit der neue Verpflichtungen in Bezug auf Einzahlungen oder andere Leistungen eingeführt oder die bestehenden Verpflichtungen der Mitglieder erheblich ausgeweitet worden sind oder die Kündigungsfrist für den Austritt aus der SCE auf über fünf Jahre verlängert wurde, innerhalb von zwei Monaten ab dem Beschluss der Generalversammlung ihren Austritt erklären. Die Satzungsänderung wird gemäß Art. 15 Abs. 2 2. Unterabsatz Satz 2 gegenüber den betreffenden Mitgliedern nicht wirksam.
§ 65 Kündigung des Mitglieds § 65 Kündigung des Mitglieds (1) Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft durch Kündigung zu beenden. (2) Die Kündigung kann nur zum Schluss eines Geschäftsjahres und mindestens drei Monate vor dessen Ablauf in schriftlicher Form erklärt werden. In der Satzung kann eine längere, höchstens fünfjährige Kündigungsfrist bestimmt werden. Bei Genossenschaften, bei denen alle Mitglieder als Unternehmer im Sinn des § 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Mitglied sind, kann die Satzung zum Zweck der Sicherung der Finanzierung des Anlagevermögens eine Kündigungsfrist bis zu zehn Jahren bestimmen. (3) Entgegen einer in der Satzung bestimmten Kündigungsfrist von mehr als zwei Jahren kann jedes Mitglied, das der Genossenschaft mindestens ein volles Geschäftsjahr angehört hat, seine Mitgliedschaft durch Kündigung vorzeitig beenden, wenn ihm nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen ein Verbleib in der Genossenschaft nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung ist in diesem Fall mit einer Frist von drei Monaten zum Schluss eines Geschäftsjahres zu erklären, zu dem das Mitglied nach der Satzung noch nicht kündigen kann. (4) Die Mitgliedschaft endet nicht, wenn die Genossenschaft vor dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam geworden wäre aufgelöst wird. Die Auflö861
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§ 65 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
sung der Genossenschaft steht der Beendigung der Mitgliedschaft nicht entgegen, wenn die Fortsetzung der Genossenschaft beschlossen wird. In diesem Fall wird der Zeitraum, während dessen die Genossenschaft aufgelöst war, bei der Berechnung der Kündigungsfrist mitgerechnet; die Mitgliedschaft endet jedoch frühestens zum Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Beschluss über die Fortsetzung der Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen wird. (5) Vereinbarungen, die gegen die vorstehenden Absätze verstoßen, sind unwirksam.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Kündigungsrecht | 2–24 1. Unentziehbarkeit, Unbeschränkbarkeit | 2–4 2. Ordentliche Kündigung | 5–12
3.
III.
Rechtsfolgen, Rücknahme der Kündigung | 13–15 4. Außerordentliche Kündigung | 16–19 5. Sonderfälle | 20–24 Europäische Genossenschaft (SCE) | 25
I. Allgemeines 1
Der durch die Novelle 2006 neu gefasste § 65 enthält neben sprachlichen Anpassungen in den Absätzen 2 und 3 sachliche Änderungen. Abs. 2 gestattet Unternehmer – eG, die Kündigung bis auf 10 Jahre auszudehnen. Zur Erleichterung des Verständnisses wurden die Vorschriften über das außerordentliche Kündigungsrecht gesondert in den neuen Absatz 3 aufgenommen.1 Absatz 1 ist sachlich unverändert. II. Kündigungsrecht
1. Unentziehbarkeit, Unbeschränkbarkeit. Das Kündigungsrecht ist unentziehbar, auch nicht abtretbar oder verpfändbar. Es ist unpfändbar, jedoch kann ein Gläubiger nach § 66 verfahren. Es kann nicht aufgehoben oder über § 65 hinaus beschränkt werden. Es ist gleichgültig, ob die Aufhebung oder Beschränkung in der Satzung festgelegt ist oder auf einem GV-Beschluss oder auf einer besonderen Vereinbarung beruht.2 Ein Verstoß führt zur Nichtigkeit dieser Beschränkung. Unzulässig ist z.B., das Kündigungsrecht abhängig zu machen, von einer bestimmten 3 Mitgliedsdauer,3 der Festsetzung eines Austrittsgeldes,4 eines Beitrags zu einem Amortisationsfonds,5 der Zustimmung eines Organs der eG oder eines Dritten oder (bei einer juristischen Person als Mitglied) der Zustimmung der GV/VV.6 Unzulässig ist auch die Bestimmung, dass das Geschäftsguthaben bei dem Ausscheiden an die eG oder einen Dritten fällt,7 ebenso eine Vereinbarung, das Geschäftsguthaben nach dem Ausscheiden aus der eG dieser als Darlehen zu belassen.8 Gleiches gilt für die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots.9 Unstatthaft ist es auch, die Wirksamkeit des Austritts von der Erfüllung der 2
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1 BT-Drs. 16/1025 S. 92. 2 RGZ 30, 83; 33, 65. 3 Paulick S. 145; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 5; Beuthien GenG § 65 Rdn. 4; Müller GenG § 65 Rdn. 16. 4 RGZ 33, 65. 5 RGZ 42, 79; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 5. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 5. 7 KGJ 34, 186; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 5. 8 BlfG 1937, 580. 9 RGZ 82, 304.
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Kündigung des Mitglieds | § 65
Pflichten gegenüber der eG, z.B. Rückzahlung eines Kredits, abhängig zu machen.10 Mitgliedern, die gekündigt haben, einen höheren Preis abzuverlangen, wird vom BGH11 als unzulässiges Druckmittel gegen den Austritt angesehen (hierzu § 18 Rdn. 21, 47). Unzulässig ist des Weiteren, für die Kündigung eine Begründung zu verlangen, es sei denn, die Satzung sieht bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine kürzere Kündigungsfrist vor.12 Zulässig ist jedoch eine vertragliche Vereinbarung, derzufolge die eG beim Austritt 4 des Kreditnehmers aus der eG zur vorzeitigen Kündigung des Kredits berechtigt ist.13 Dies begründet sich damit, dass der Kredit (namentlich bei Kreditgenossenschaften) im Rahmen der genossenschaftlichen Förderbeziehung gegeben wird. Zulässig ist auch eine vertragliche Verpflichtung, die Mitgliedschaft zu kündigen. Die eG kann dann auf Abgabe der Kündigung klagen (§ 73 Rdn. 11) mit der Folge, dass mit rechtskräftigem obsiegendem Urteil die Kündigung abgegeben ist (§ 894 ZPO). Zulässig ist auch die treuhänderische Hereinnahme einer unwiderruflichen Kündigungserklärung; die Treuhandabrede stellt keine unzulässige Bedingung dar.14 Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts für den Fall des Austritts ist zulässig, nicht hingegen eine auf Vertragsstrafe hinauslaufende Bedingung.15 Verträge, z.B. Lieferungsverträge mit Mitgliedern, können auch langfristig abgeschlossen werden, ohne dass dadurch notwendig die Kündigung der Mitgliedschaft erschwert wird.16 Keine Beschränkung des Kündigungsrechts, wenn die Satzung bestimmt, dass ein ausgeschiedenes Mitglied bei Wiedereintritt den Betrag einzuzahlen hat, der ihm bei seinem Ausscheiden ausgezahlt worden ist.17 Gleiches gilt, wenn eine WohneG, die ihren Mitgliedern Grundstücke (oder Wohnungen) verkauft, sich für den Fall des Austritts aus der eG ein Widerrufsrecht zu angemessenen Bedingungen einräumen lässt. Vom Kündigungsrecht zu trennen sind sonstige Beendigungsgründe der Mitgliedschaft.18 2. Ordentliche Kündigung. Die Kündigung, die nur zum Schluss eines Geschäfts- 5 jahres erklärt werden kann, bedarf der Schriftform. Eine mündliche Kündigung ist ohne rechtliche Wirkung.19 Gleiches gilt für eine mündliche Zusage, demnächst zu kündigen. Auch eine telegrafische Kündigung ist unwirksam.20 Gleiches gilt für Kündigung per Telefax21 und elektronischer Form 22 (§§ 126 Abs. 3, 126a BGB). Wird durch die Satzung eine Kündigung mittels eingeschriebenen Briefs verlangt, so betrifft diese Regelung nur
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10 Müller GenG § 65 Rdn. 34. 11 ZfgG 1984, 156 mit kritischer Anmerkung Schultz. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 5; Müller GenG § 65 Rdn. 6. 13 RGZ 91, 335. 14 Vgl. Beuthien GenG § 65 Rdn. 5. 15 RGZ 130, 211; 147, 201; s. i.Ü. zum satzungsmäßigen Anspruch auf Erwerb eines Eigenheimes u.Ä. § 1 Rdn. 109. Eine Wohnungsgenossenschaft kann dem Ausgeschiedenen nur unter Einhaltung der Vorschriften des Mietrechts, insbesondere der §§ 573 ff. BGB kündigen, im Einzelnen § 1 Rdn. 70 ff. 16 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 6; Schubert ZfgG 1967, 59; RGZ 71, 338 steht dem nicht entgegen, da diese Entscheidung einen Sonderfall behandelt, bei dem mit Beendigung der Mitgliedschaft die im Vertrag vorgesehene Gegenleistung – Dividendenberechtigung – entfallen würde; vgl. oben Rdn. 3 a.E. 17 AG Mannheim ZfgG 1962, 258 = GWW 1962, 391 m. krit. Anm. Schnorr von Carolsfeld. 18 Vgl. Vor § 65. 19 Paulick S. 145. 20 KG JW 1934, 3294. 21 BGH NJW 1993, 1126. 22 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 8.
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§ 65 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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die Sicherstellung der Übermittlung, nicht jedoch die Form der Erklärung;23 eine schriftliche Kündigung ohne Einschreibebrief ist deshalb wirksam, wenn sie zur Kenntnis des Vorstands gelangt,24 da es sich zwar um eine zulässige Satzungsregelung handelt, diese jedoch nur eine Ordnungsvorschrift ist.25 Es muss nicht der Begriff „Kündigung“ verwendet werden. Es genügt die unmissverständliche Erklärung, aus der eG ausscheiden zu wollen. Die bloße Drohung oder Absichtserklärung, ausscheiden zu wollen, reicht jedoch nicht aus.26 Die Kündigung braucht nicht begründet zu werden.27 Eine Begründung ist jedoch im Fall der Kündigung wegen Unzumutbarkeit nach Abs. 3 Satz 1 erforderlich.28 Grundsätzlich kann die Kündigung keine Bedingung enthalten. Zulässig wäre eine Bedingung nur, wenn ihr Eintritt ausschließlich von Entscheidungen der eG, nicht jedoch vom Willen der Kündigenden abhängt, z.B. für den Fall, dass die GV/VV eine Pflichtbeteiligung oder eine Nachschusspflicht einführt bzw. erhöht.29 Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird wirksam mit dem Zugang bei der eG. Schreibt die Satzung einer eG vor, dass Kündigungen nur an den Vorstand zu richten sind, soll eine „an die eG“ gerichtete Kündigung auch dann unwirksam sein, wenn der Vorstand rechtzeitig von ihr Kenntnis erhalten hat.30 Diese Entscheidung erscheint sehr formalistisch; es muss genügen, wenn die an die eG gerichtete Kündigung rechtzeitig bei der eG eingeht, weil es sich von selbst versteht, dass die Kündigung an den gesetzlichen Vertreter der eG gerichtet ist.31 Bei Unklarheiten ist der Vorstand verpflichtet, sich um Klarstellung zu bemühen, was das Mitglied erklären wollte.32 Die Kündigung kann auch durch einen Bevollmächtigten erfolgen;33 die Vollmacht braucht nicht schriftlich erteilt zu sein; die Nachprüfung der Vollmacht steht im Ermessen des Gerichts.34 Handelt der Vertreter ohne Vertretungsmacht, kann das Mitglied die Kündigung genehmigen; genehmigt es nicht, ist das Ausscheiden selbst dann nicht wirksam, wenn die Eintragung in die Liste der Mitglieder erfolgte und der Zeitpunkt des Ausscheidens erreicht ist. Während der Insolvenz eines Mitglieds der eG kann der Insolvenzverwalter das Kündigungsrecht ausüben (§ 66a).35 Im Falle der Insolvenz einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft ist eine Kündigung durch den Insolvenzverwalter angesichts des § 77a überflüssig. Die Kündigung muss unter Berücksichtigung der gesetzlichen bzw. der satzungsmäßigen Kündigungsfrist erklärt werden. Eine verspätete Kündigung gilt für den nächst-
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23 BAG NJW 1957, 358. 24 RGZ 77, 70; JW 1914, 461; Müller GenG § 65 Rdn. 7; im Ergebnis ebenso Bauer GenossenschaftsHandbuch § 65 Rdn. 8. 25 A.A. Müller GenG § 65 Rdn. 7, der ohne nähere Begründung weitergehende Formerfordernisse – etwa notarielle Beurkundung – in der Satzung für unzulässig hält. 26 So auch Beuthien GenG § 65 Rdn. 8. 27 OLGRspr. 9, 99; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 5; Müller GenG § 65 Rdn. 6. 28 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 8; Beuthien GenG § 65 Rdn. 8, zweifelnd Müller GenG § 65 Rdn. 5. 29 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 9. 30 LG Hamburg JW 1934, 182. 31 Beuthien GenG § 65 Rdn. 8; so auch OLG München WM 1979, 1397 = ZfgG 1982, 229 m. zust. Anm. Schultz, das einen Fall zu entscheiden hatte, in dem als Adressat der Kündigung fälschlicherweise die Zentralgenossenschaft genannt war, der Vorstand der Primärgenossenschaft jedoch erkennen konnte, dass die Mitgliedschaft bei der Primärgenossenschaft gekündigt werden sollte. 32 OLG München a.a.O.; vgl. auch Rdn. 5. 33 KGJ 27, 67. 34 § 13 FGG; KGJ 13, 65. 35 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 3.
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möglichen Termin.36 Es gilt die beim Zugang der Kündigung wirksame Frist.37 Da die Kündigungsmöglichkeiten im 5. Abschnitt abschließend geregelt sind, besteht grundsätzlich kein Recht, mittels außerordentlicher Kündigung vorzeitig im Laufe des Geschäftsjahres aus der eG auszuscheiden;38 dies ergibt sich daraus, dass das Geschäftsguthaben als Haftungsbasis für die Gläubiger erhalten bleiben muss. Die Kündigungsfrist muss für alle Mitglieder gleich sein und darf auch nicht je 10 nach dem Grund der Kündigung verschieden bemessen sein.39 Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate; sie kann durch die Satzung auf höchstens 5 Jahre festgesetzt werden. In dem neuen Absatz 2 Satz 3 wird der eG, die nur Unternehmer als Mitglied hat, unter eingeschränkten Voraussetzungen die Möglichkeit eingeräumt, in der Satzung die bisherige Höchstkündigungsfrist von fünf Jahren auf bis zu zehn Jahre zu verlängern. Ein Bedürfnis hierfür hat sich in der Praxis in Fällen gezeigt, in denen aufwändige Einrichtungen der eG nur finanziert werden können, wenn deren Nutzung durch eine entsprechende Zahl von Mitgliedern längerfristig gesichert ist; dies gilt z.B. für Investitionen bei Molkereigenossenschaften oder eG mit Biogasanlagen, d.h. eG, die hohe Investitionen tätigen, die sich erst langfristig amortisieren. Da das Gesetz vom dem Zweck der Finanzierung spricht, ist kein konkreter Nachweis darüber zu führen, ob die Investition der Höhe und der Art nach einer langfristigen durch Geschäftsguthaben gesicherten Finanzierung bedarf.40 Die Gesetzesbegründung stellt keine derartige Forderung auf. Dieser Nachweis wäre auch zum Zeitpunkt der Satzungsänderung (oder der Gründung) und der Eintragung ins Register nicht erbringbar. Eine exakte Überprüfung ist weder erforderlich noch möglich. Überzogen ist die Forderung Beuthiens, in der Satzung den konkreten Anlagezweck zu nennen.41 Gleichwohl ist eine derartig lange Frist unzulässig, wenn die lange Kapitalbindung aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse (Mitgliederfluktuation, Kapitalausstattung, Investitionen) offensichtlich nicht erforderlich ist. Eine so weitreichende Bindung der Mitglieder ist nur bei eG vertretbar, die ausschließlich Unternehmer i.S.d. § 14 BGB als Mitglieder haben. Diese Voraussetzung müssen investierende Mitglieder nicht erfüllen.42 Eine entsprechende Satzungsänderung bedarf nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses. Ferner steht jedem Mitglied ein Sonderkündigungsrecht nach § 67a Abs. 1 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 zu; auch hat es das nicht beschränkbare Recht, sein Geschäftsguthaben auf einen anderen zu übertragen (§ 76 Abs. 2). Eine Verlängerung der Kündigungsfrist auf eine längere Frist als 2 Jahre ist eine Satzungsänderung, die mit einer Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen beschlossen werden muss (§ 16 Abs. 2); außerdem muss in diesem Falle der Ergebnisniederschrift das nach § 47 Abs. 3 geforderte Verzeichnis beigefügt werden. Wenn bei einer eG eine dreimonatige Kündigungsfrist gilt und das Geschäftsjahr der eG mit dem Kalenderjahr identisch ist, muss die Kündigung eines Mitglieds, das zum 31.12. ausscheiden möchte, spätestens am 30.9. der eG zugegangen sein. Ist der 30.9. ein Sonnabend, Sonntag oder Feiertag, gilt § 193 BGB nicht.43 Geht die Kündigung verspätet ein, gilt sie für das
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36 KGJ 23, 112 = KG OLG 4, 308. 37 Beuthien GenG § 65 Rdn. 10a. 38 BGHZ 103, 219; OLG Düsseldorf MDR 1978, 319 = NJW 1978, 319 mit Anm. Hofmann 1979, 351; Beuthien GenG § 65 Rdn. 11; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 1; a.A. Schneider in Festschrift für Fleck, 297 ff. 39 KGJ 36, 264. 40 So aber Beuthien GenG § 65 Rdn. 10. 41 Beuthien GenG § 65 Rdn. 10. 42 Beuthien GenG § 65 Rdn. 10. 43 BGHZ 59, 267; BAG NJW 1970, 1470; BGH DB 1977, 639; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 12.
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§ 65 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
nächstfolgende Ende des Geschäftsjahres. 44 Eine Verlängerung der Kündigungsfrist müssen die Mitglieder grundsätzlich hinnehmen,45 es sei denn, dass ihre Kündigung bereits vor Eintragung des satzungsändernden Beschlusses der eG zugegangen ist.46 Eine satzungsändernde Abkürzung der Frist wirkt nicht auf eine bereits vorgenom11 mene Kündigung.47 Es gilt jeweils die Kündigungsfrist, die Satzungsinhalt bei Ausspruch der Kündigungserklärung ist. Wird nachträglich die Frist gekürzt, muss das Mitglied nach Eintragung der Satzungsänderung erneut kündigen. Wurde nach Zugang der Kündigung das Ende des Geschäftsjahrs geändert (vom 30.6. auf den 31.12.), was einer Verlängerung der Kündigungsfrist gleichkommt, muss das Mitglied dies nicht gegen sich gelten lassen (Rdn. 11 a.E.). Die Folge ist die Aufstellung einer zusätzlichen Bilanz zum 30.6.48 Vereinbarungen (insb. Aufhebungsverträge) im Einzelfall zwischen der eG und ei12 nem Mitglied, die das Mitglied von der Einhaltung der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Kündigungsfrist befreien, verstoßen nicht gegen § 65 Abs. 4 und sind aus diesen Gründen nicht gemäß § 64 Abs. 5 rechtsunwirksam.49 Der eG verbleibt die Entscheidung, ob sie eine individuelle Vereinbarung (unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots) akzeptieren will oder nicht. Ein überraschender Abfluss von Geschäftsguthaben ist in diesem Fall nicht zu erwarten. Der Schutzzweck von § 65 Abs. 4 ist nicht berührt. Dies gilt nicht, wenn ein Mitglied über die satzungsmäßige Kündigungsfrist hinaus vertraglich an eine längere Kündigungsfrist gebunden werden soll. Ebenfalls kann keine Mitgliedschaft auf eine bestimmte Zeit vereinbart werden mit der Maßgabe, dass diese ohne Kündigung automatisch endet; allerdings können in der Satzung Beendigungsgründe festgelegt werden, bei deren Eintreten die Mitgliedschaft endet (s. auch Vor § 65 Rdn. 2). Zulässig ist jedoch, mit den Mitgliedern über die Kündigungsfrist hinaus Lieferverpflichtungen zu vereinbaren.50 13
3. Rechtsfolgen, Rücknahme der Kündigung. Das Mitglied scheidet mit der formund fristgerechten Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist aus; die Eintragung in die Mitgliederliste hat seit dem Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz v. 25.12.1993 nur noch deklaratorische Bedeutung. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben alle Pflichten, z.B. Zeichnungs-, Anlieferpflichten, bestehen. Wenn jedoch diese Pflichten zeitnah wieder erlöschen, kann ihre Einforderung gegen Treu und Glauben (§ 242) verstoßen.51 Das Ausscheiden gilt als nicht erfolgt, wenn die eG innerhalb von 6 Monaten nach dem Ausscheiden aufgelöst wird (§ 75 und die dortigen Erl.). Wird innerhalb von 18 Monaten nach dem Ausscheiden das Insolvenzverfahren über das Vermögen der eG eröffnet, können die ausgeschiedenen Mitglieder unter Umständen zu Nachschüssen herangezogen werden (§ 115 b und die dortigen Erl.). Nach § 67c besteht unter den dortigen Voraussetzungen ein Kündigungsausschluss bei WohneG (vgl. Ausführungen dort).
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44 KGJ 23, 112; OLGRspr. 4, 309. 45 Vgl. jedoch § 67a und die dortigen Erl.; s.a. Rdn. 20 ff. 46 KG RJA 14, 160 = OLGZ 32, 129 A; OLG München Urt. v. 22.9.1995, Az. 8 U 2261/95; Müller GenG § 65 Rdn. 31; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 16; Reichert Rdn. 1099. 47 A.A. OLG München ebd.; Müller GenG § 65 Rdn. 31; Parisius/Crüger/Citron § 65 Anm. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 15; Beuthien GenG § 65 Rdn. 9; abwegig AG Mannheim, Beschl. v. 26.10.1988. 48 OLG München Urt. v. 22.9.1995, Az. 8 U 2261/95. 49 Anders noch in der 37. Auflage; wie jetzt hier Beuthien GenG § 65 Rdn. 6. 50 Vgl. hierzu BGH BB 1991, 644 = DB 1991, 436 = DStR 1991, 289 = m. zust. Anm. Beuthien EWiR, § 18 GenG 1/91, 895; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 6; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 65 Rdn. 7. 51 OLG Oldenburg DB 1992, 1181; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 22; Müller GenG § 65 Rdn. 36.
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Kündigung des Mitglieds | § 65
Eine Rücknahme der Kündigung kann uneingeschränkt bis zum Zugang der Kün- 14 digung bei der eG erfolgen (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dem Grundgedanken der §§ 15, 65 entsprechend ist Schriftform erforderlich.52 Eine Rücknahme der Kündigung ist nach ihrem Zugang nur durch Vertrag mit der eG möglich. Bei (einverständlicher) Aufhebung der Kündigung vor Fristablauf handelt es sich nicht um einen neuen Vertrag, sondern um die Fortsetzung des bisherigen Vertragsverhältnisses.53 War das Ausscheiden bereits in die Liste der Mitglieder eingetragen,54 ist diese zu berichtigen.55 Durch Vereinbarung mit der eG kann nach Zugang der Kündigung diese auch in eine Kündigung einzelner Geschäftsanteile umgewandelt werden.56 Ist das Mitglied bereits wirksam ausgeschieden, ist nur ein neuer Beitritt möglich. Eine Pfändung des Geschäftsguthabens (§ 22 und die dortigen Erl.) oder des Auseinandersetzungsguthabens (§ 66 und die dortigen Erl.) hindert nicht die Rückgängigmachung der Kündigung.57 Eine Anfechtung der Kündigungserklärung ist nach den allgemeinen Regeln der 15 §§ 119 ff. BGB möglich, allerdings mit der Einschränkung, dass die Anfechtung nicht mehr vorgenommen werden kann, wenn das Mitglied ausgeschieden ist.58 Im Übrigen erlangen die bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens gefassten GV/VV-Beschlüsse, auch soweit sie die Satzungsänderungen enthalten, gegenüber den Ausscheidenden die gleiche Wirkung wie gegenüber den Mitgliedern, die nicht gekündigt haben (vgl. jedoch § 67a). Die Kündigung schließt weitergehende Rechte, wie Ausschluss seitens der eG59 oder die Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 76), was zu einem vorzeitigen Ausscheiden führt60 nicht aus. 4. Außerordentliche Kündigung. Der neue Absatz 3 enthält in Satz 1 und 2 das bis- 16 her in Absatz 2 Satz 4 geregelte außerordentliche Kündigungsrecht des Mitglieds für den Fall, dass die Satzung eine Kündigungsfrist von mehr als zwei Jahren bestimmt. Dieses Kündigungsrecht steht auch den Unternehmern i.S.d. § 14 BGB zu, da sie andernfalls bei Kündigungsfristen bis zu zehn Jahren unzumutbar belastet werden könnten. Das außerordentliche Kündigungsrecht des Abs. 3 ist demzufolge nicht mehr durch Gesetz für die Mitglieder von Zentralgenossenschaften ausgeschlossen.61 Dieses Kündigungsrecht kann unter folgenden Voraussetzungen ausgeübt werden: 17 – In der Satzung der eG muss eine längere als eine zweijährige Kündigungsfrist festgesetzt sein; – Die Mitgliedschaft desjenigen, der kündigt, muss wenigstens ein volles Geschäftsjahr bestanden haben; – Dem kündigenden Mitglied muss es nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen unzumutbar sein, bis zum Ablauf der in der Satzung festgesetzten Kündigungsfrist in der eG zu bleiben (z.B. Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mitglieds; Aufgabe des Geschäftes;62 dauernde Arbeitsunfähigkeit, wenn der
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52 A.A. mit nicht überzeugender Begründung Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 20. 53 BGH NJW 1974, 1081. 54 Wirkt nur deklaratorisch, Rdn. 15. 55 RGZ 49, 29; KG JFG 13, 413; Müller GenG § 65 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 23. 56 De maiore ad minorem; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 20. 57 OLGRspr. 14, 177; Beuthien GenG § 65 Rdn. 12. 58 Für eine uneingeschränkte Anfechtungsmöglichkeit Müller GenG § 65 Rdn. 13; Beuthien GenG § 65 Rdn. 12. 59 § 68; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 21; Parisius/Crüger/Citron § 65 Anm. 10. 60 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 24. 61 Hierzu Schneider in Festschrift für Fleck, 297 ff. 62 BGH DB 1988, 1265; BGHZ 103, 219 = NJW 1988, 1731 ähnlich OLG Oldenburg ZfgG 2000, 246 m. Anm. Veelken/Bayreuther; Beuthien GenG § 65 Rdn. 10; Müller GenG § 65 Rdn. 18; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 65 Rdn. 18.
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§ 65 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
persönliche Einsatz des Mitglieds in der eG erforderlich ist). Keine Unzumutbarkeit, wenn das Mitglied ausscheiden möchte, weil es bei Konkurrenten der eG günstigere Konditionen bekäme.63 Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der eG genügt nicht.64 Dies würde auch der Treuepflicht widersprechen (hierzu § 18 Rdn. 37 ff.). Die genannten Voraussetzungen können zugunsten der Mitglieder vorliegen, die im Zeitpunkt der Verlängerung der Kündigungsfrist bereits der eG angehörten und auch zugunsten der Mitglieder, die die Mitgliedschaft bei der eG erst nach der Verlängerung der Kündigungsfrist erworben haben. Beweispflichtig für das Vorliegen der Voraussetzungen ist das Mitglied, das das außerordentliche Kündigungsrecht ausüben möchte. Die Kündigungsgründe müssen zum Zeitpunkt der Erklärung bereits vorliegen. Nur dann können sie nachgeschoben werden.65 Wenn die Voraussetzungen für die Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts vorliegen, kann das Mitglied mit einer Frist von drei Monaten zum Schluss eines Geschäftsjahres, zu dem es nach der Satzung noch nicht kündigen kann, kündigen. Zum Verhältnis des Kündigungsrechts nach § 65 Abs. 3 Satz 4 zum Kündigungsrecht nach § 67a vgl. § 67a Rdn. 2. Das GenG enthält in §§ 65 Abs. 3 Satz 4, 67a und § 90 UmwG abschließende Regelun19 gen über ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Andere Gründe sind vor allem aus Gründen des Gläubigerschutzes ausgeschlossen.66 Demgegenüber hat die eG stets die Möglichkeit, die Mitgliedschaft „aus wichtigem Grund“ durch Ausschluss zu beenden, auch wenn diese nicht ausdrücklich in der Satzung geregelt ist.67
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5. Sonderfälle. Die Auflösung der eG hat grundsätzlich zur Folge, dass ein Mitglied nicht mehr ausscheiden kann. Ist ein Mitglied bereits ausgeschieden, ist § 75 zu beachten. Nach § 79a besteht jedoch die Möglichkeit, die Fortsetzung einer aufgelösten eG zu beschließen (vgl. die dortigen Erl.). Für diesen Fall sieht § 65 Abs. 4 vor, dass der Zeitraum der Auflösung grundsätzlich unberücksichtigt bleibt. Er wirkt sich nur dann auf eine Kündigung aus, wenn die Fortsetzung nach dem Schluss des Geschäftsjahres beschlossen wird, zu dem das Mitglied ausscheiden wollte; in diesem Fall endet die Mitgliedschaft zum Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Fortsetzungsbeschluss in das Genossenschaftsregister eingetragen ist.68 Nach § 18 Abs. 1 Nr. 4a des Bundeswaldgesetzes69 gilt für anerkannte Forstbe21 triebsgemeinschaften, dass die Mitgliedschaft frühestens zum Schluss des dritten vollen Geschäftsjahres gekündigt werden kann und die Kündigungsfrist mindestens ein Jahr betragen muss. Die Regelung geht § 65 aufgrund der Spezialität vor. Die im Rahmen des 4. oder 5. VermBG erworbene Mitgliedschaft kann grds. jederzeit unter Beachtung der statutarischen Kündigungsfristen gekündigt werden, ein Festhalten an der Sperrfrist wäre eine nach Abs. 4 unzulässige vertragliche Vereinbarung.
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63 LG Nürnberg/Fürth NJW-RR 1995, 236; Beuthien/Isenberg ZfgG 1981, 64; Beuthien GenG § 65 Rdn. 11. 64 OLG Oldenburg ZfgG 2000, 246; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 18. 65 Beuthien GenG § 65 Rdn. 8; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 65 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 65 Rdn. 6, der uneingeschränktes Nachschieben zulässt. 66 BGHZ 103, 219 ff.; OLG Düsseldorf MDR 1979, 319; OLG Oldenburg ZfgG 2000, 246 m. Anm. Veelken/ Bayreuther; Beuthien GenG § 65 Rdn. 11; Müller GenG § 65 Rdn. 16; vgl. OLG Düsseldorf MDR 78, 319; Grundgedanke des § 22 Abs. 4. 67 So mit guten Gründen OLG Stuttgart Urt. v. 21.2.1992, Az. 2 U 162/91; s. auch § 68 Rdn. 9. 68 Vergleichbar der Regelung des § 70 Abs. 2. 69 BGBl. I 1975 S. 1037, zuletzt d. Art. 1 d. G. v. 31.7.2010 BGBl. I S. 1050 geändert.
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Kündigung des Mitglieds | § 65
Werden hierbei die Festlegungsfristen des VermBG nicht beachtet, ist die Kündigung prämienschädlich.70 Die Eintragung eines Rechtsformwechsels lässt eine vorher erklärte, aber noch 22 nicht wirksam gewordene Kündigung aufgrund der rechtlichen Identität des Rechtsträgers nicht unwirksam werden. 71 Das Ausscheiden aus dem Unternehmen in neuer Rechtsform über § 207 UmwG (Barabfindungsangebot) bleibt davon unberührt. Die vor einer Fusion erklärte Kündigung der Mitgliedschaft in der übertragenden eG bleibt wirksam (Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge). Die Mitgliedschaft in der übernehmenden eG endet zu dem Zeitpunkt, zu dem das Mitglied aus der übertragenden eG ausgeschieden wäre. Dies gilt auch bei unterschiedlichen Geschäftsjahren der übernehmenden und übertragenden eG, auch wenn es nach der Fusion verlegt wird. Es gilt nichts anderes als bei Verlegung des Geschäftsjahres nach Kündigung (Rdn. 12).72 Wegen § 73 Abs. 2 muss auf diesen Zeitpunkt eine Bilanz erstellt werden. Daneben hat das Mitglied das a.o. Kündigungsrecht des § 90 UmwG (Ausschlagung). Bei Produktivgenossenschaften führt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses 23 durch das Mitglied nicht automatisch zur Kündigung der Mitgliedschaft. Dies gilt insbesondere, wenn die Schriftform nicht eingehalten worden ist.73 Dies gilt auch dann, wenn neben der Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Auszahlung der persönlichen Anteile beantragt wird.74 Grundsätzlich sind das Arbeits- und Mitgliedschaftsverhältnis rechtlich getrennt zu beurteilen (zum Ausschluss § 68 Rdn. 20) Letztlich ist nach § 133 BGB zu beurteilen, ob eine schriftliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die auch die satzungsmäßige Kündigungsfrist des Mitgliedschaftsverhältnisses beachtet, auch als Kündigung der Mitgliedsbeziehung zu beurteilen ist. In keinem Fall kann wegen § 1 das Recht der eG auf Kündigung des Arbeitsverhältnisses ganz ausgeschlossen sein;75 dies ergibt sich aus der hier gegenüber der eG bestehenden Treuepflicht; für die Kündigung ergeben sich wegen § 1 jedoch engere Grenzen als durch das Arbeitsrecht. Aus dem Grundgedanken der Kündigungsfrist – Schutz vor kurzfristigem Abzug von 24 Eigenkapital und vor kurzfristigem Abbruch der Lieferungen – kann ggf. letztlich aus § 242 BGB abgeleitet werden, dass ein Mitglied seine Mitgliedschaft (bei einer Molkerei) nicht dadurch aushöhlen kann, dass es seinen Mitgliedsbetrieb z.B. auf den Ehegatten überträgt, seine Milchquote überträgt, sich (als GbR) auflöst unter Berücksichtigung des § 77a, ohne dass die Kündigungsfrist eingehalten wird. III. Europäische Genossenschaft (SCE) Die SCE-VO spricht nicht von der Kündigung, sondern vom Austritt, Art. 15 Abs. 1 25 SCE-VO. Die Kündigungsfrist ist in der Satzung festzulegen, Art. 5 Abs. 4; sie darf zusammen mit der der Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens drei Jahre nicht überschreiten, Art. 16 Abs. 3 SCE-VO. Vgl. im Übrigen Ausführungen Vor § 65 Rdn. 5.
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Im Übrigen gelten die Spezialvorschriften des VermBG. A.A. noch die 37. Aufl.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 29. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 65 Rdn. 30. OLG Dresden Urt. v. 14.4.1993, Az. 5 U 69/93; OLG Naumburg Urt. v. 2.11.1993, Az. 1 U 131/93. LG Magdeburg Urt. v. 8.11.1994, Az. 2 S. 222/94. So aber LG Berlin Urt. v. 17.10.1995, Az. 35 O 26/95.
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§ 66 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
§ 66 Kündigung durch Gläubiger § 66 Kündigung durch Gläubiger (1) Der Gläubiger eines Mitglieds, der die Pfändung und Überweisung eines dem Mitglied bei der Auseinandersetzung mit der Genossenschaft zustehenden Guthabens erwirkt hat, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Mitglieds fruchtlos verlaufen ist, kann das Kündigungsrecht des Mitglieds an dessen Stelle ausüben. Die Ausübung des Kündigungsrechts ist ausgeschlossen, solange der Schuldtitel nur vorläufig vollstreckbar ist. (2) Der Kündigung muss eine beglaubigte Abschrift der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels und der Bescheinigungen über den fruchtlosen Verlauf der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners beigefügt sein.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Voraussetzungen | 2–7
III.
Kündigung; Rechtsfolgen, Einzelfragen | 8–10
I. Allgemeines 1
Die Vorschrift ist durch die Novelle 2006 sprachlich neu gefasst worden. Der Gläubiger eines Mitglieds kann unter den Voraussetzungen des § 66 das Kündigungsrecht des Mitglieds nach § 65 Abs. 1 an dessen Stelle ausüben, bei Wohnungsgenossenschaften ist § 67c zu beachten (siehe die dortigen Erläuterungen). Dieses Kündigungsrecht ermöglicht dem Gläubiger, den Bedingungseintritt für die Auszahlung des Auseinandersetzungsanspruchs, den der Gläubiger gepfändet hat, herbeizuführen. Das außerordentliche Kündigungsrecht des Mitglieds nach § 65 Abs. 2 Satz 4 kann der Gläubiger nicht ausüben.1 Denn dieses außerordentliche Kündigungsrecht ist zugunsten des Mitglieds für den Fall geschaffen, dass ihm ein Verbleiben in der eG bis zum Ablauf der in der Satzung festgesetzten Kündigungsfrist nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen unzumutbar ist. Bei diesem Kündigungsrecht spielen also – jedenfalls auch – subjektive Gesichtspunkte eine Rolle, die letztlich nur das Mitglied selbst beurteilen kann.2 § 66 ist zwingend und kann nicht durch die Satzung erschwert oder erleichtert werden.3 Gläubiger kann auch ein anderes Mitglied oder die eG sein.4 II. Voraussetzungen
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Der Gläubiger kann zum Zweck seiner Befriedigung das Kündigungsrecht des Mitglieds nach § 65 Abs. 1 an dessen Stelle – der Gläubiger hat also im Unterschied zu § 725 BGB und § 135 HGB kein eigenes Kündigungsrecht – ausüben, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: – Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezüglich des Auseinandersetzungsanspruchs – rechtskräftiger Schuldtitel,
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A.A. zumindest für Kündigung wegen wirtschaftlichen Verhältnissen: Beuthien GenG § 66 Rdn. 1. So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 1; Müller GenG § 66 Rdn. 3. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 1; Müller GenG § 66 Rdn. 7. H.M. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 2 m.w.N.
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Kündigung durch Gläubiger | § 66
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fruchtloser Zwangsvollstreckungsversuch in das gesamte Vermögen (i.U. zu § 135 HGB, dort nur in das bewegliche Vermögen), beglaubigte Abschrift des Schuldtitels und der Urkunden über die fruchtlose Zwangsvollstreckung (vgl. im Einzelnen die nachfolgenden Randnummern).
Der Gläubiger muss die Pfändung und Überweisung des dem Mitglied bei der Auseinandersetzung mit der eG zukommenden Guthabens erwirkt haben. Auch wiederholte Pfändung ist zulässig. Die Pfändung eines Teils des Guthabens ist zulässig.5 Auch die Pfändung in analoger Anwendung der Grundsätze des § 67b ist zulässig. Ggf. besteht eine Pflicht, die Pfändung entsprechend zu beschränken, wenn die Hauptforderung geringer als das Auseinandersetzungsguthaben ist. Dies entspricht dem im § 66 Abs. 1 zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck, die Mitgliedschaft nicht stärker zu beeinträchtigen als unbedingt notwendig.6 Vgl. im Fall der WohneG die Erläuterungen bei § 67c. Eine Vereinbarung zwischen der eG und dem Mitglied, nach der die Abtretung des Geschäftsguthabens ausgeschlossen ist, steht der Pfändung und Überweisung nicht entgegen.7 Nach Erwirkung der Pfändung und Überweisung des Auseinandersetzungsguthabens kann eine Übertragung des Geschäftsguthabens nach § 76 nicht mehr erfolgen.8 Der Vollstreckungstitel, aufgrund dessen die Pfändung des Auseinandersetzungsguthabens betrieben wird, muss rechtskräftig,9 nicht nur vorläufig vollstreckbar sein. Schuldtitel im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Pfändungsverfügungen der Finanzämter und der AOKs. Innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Wirksamwerden der Pfändung und Überweisung – Aufnahme des Auseinandersetzungsanspruchs in die erste Zwangsvollstreckungsmaßnahme genügt nicht – muss eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Mitglieds fruchtlos versucht worden sein.10 Die Zahlungseinstellung des Mitglieds ersetzt die erfolglose Zwangsvollstreckung nicht. Die – u.U. ohne vorherigen Zwangsvollstreckungsversuch – nach § 807 ZPO abgegebene eidesstattliche Versicherung genügt, da es auf die objektive Fruchtlosigkeit ankommt (vgl. auch Rdn. 8). Der fruchtlosen Zwangsvollstreckung steht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds gleich. Nicht erforderlich ist, dass der kündigende Gläubiger fruchtlos vollstreckt hat; die fruchtlose Vollstreckung durch andere Gläubiger des Mitglieds genügt.11 Der Kündigungserklärung des Gläubigers muss eine beglaubigte Abschrift des Vollstreckungstitels und der Urkunde über die fruchtlose Zwangsvollstreckung sowie – obwohl das GenG keine diesbezügliche Vorschrift enthält – des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beigefügt werden, damit der Vorstand in der Lage ist nachzuprüfen, ob eine außerordentliche Kündigung vorliegt.12 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Unpfändbarkeitsbescheinigung nicht älter als sechs Monate sein sollte.13 Der Gläubiger kann sich jedoch auch anderer Mittel
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5 OLG Düsseldorf NJW 1968, 753; Beuthien GenG § 66 Rdn. 1. 6 So überzeugend Beuthien GenG § 66 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 1 u. 5. 7 Vgl. Paulick S. 148 sowie § 851 ZPO. Wegen der Zulässigkeit einer wiederholten Pfändung und Überweisung für denselben Gläubiger vgl. LG Dresden JW 1933, 2850. 8 Etscheidt BlfG 1936, 232; vgl. auch § 76 Rdn. 9. 9 Z.B. Endurteile oder Titel nach § 794 ZPO. 10 A.A. Müller GenG § 66 Rdn. 2, der auch einen Vollstreckungsversuch nach dem Wirksamwerden der Pfändung und Überweisung ausreichen lässt. 11 Vgl. Paulick S. 148. 12 Vgl. Paulick S. 148/149; ihm folgend Müller GenG § 66 Rdn. 5; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 11. 13 LG Hagen MDR 1975, 497.
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der Glaubhaftmachung bedienen (Rdn. 6).14 Daher können auch ältere Unpfändbarkeitsbescheinigungen herangezogen werden.15 Zwar wird durch längere Nichtausnutzung einer Unpfändbarkeitsbescheinigung deren Beweiswert gemindert, der Gläubiger kann aber damit und durch Darlegung ergänzender Tatsachen die noch bestehende Unpfändbarkeit glaubhaft machen.16 Eine acht Monate alte Unpfändbarkeitsbescheinigung genügt jedenfalls dann, wenn bereits zwei Jahre vorher ein Pfändungsversuch fruchtlos war. Es ist dann wenig wahrscheinlich, dass innerhalb der letzten acht Monate eine Vermögensverbesserung eingetreten sein sollte.17 III. Kündigung; Rechtsfolgen, Einzelfragen Die Kündigung muss unter Beachtung der Formvorschriften des § 65 (dort Rdn. 5) durch den Gläubiger des Mitglieds erfolgen. Die Kündigung des Insolvenzverwalters wirkt nicht zugunsten eines nach aufgehobener Insolvenz pfändenden Pfändungsgläubigers.18 Die Kündigung durch den Gläubiger muss unter Berücksichtigung der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Kündigungsfristen erfolgen. Das Ausscheiden des Mitglieds (Schuldners) aus der eG erfolgt zum Schluss des Geschäftsjahrs. Die Kündigung kann vom Gläubiger zurückgenommen werden (vgl. hierzu § 65 Rdn. 16); sie muss zurückgenommen werden, wenn der Gläubiger vor dem Ausscheiden des Mitglieds auf andere Weise befriedigt wird.19 Nur das Mitglied ist zur Rücknahme verpflichtet, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach erfolgter Kündigung aufgehoben wird.20 9 Das Aufrechnungsrecht der eG mit ihren Forderungen gegen das Auseinandersetzungsguthaben des Mitglieds wird durch die Pfändung dieses Guthabens nur dann ausgeschlossen, wenn die Forderung gegen das Mitglied nach der Pfändung und später als das Auseinandersetzungsguthaben fällig geworden ist. Die eG kann also mit einer vor der Pfändung gegen das Mitglied entstandenen Forderung aufrechnen, wenn sie diese Forderung vor der Fälligkeit des gepfändeten Auseinandersetzungsguthabens (§ 73 Abs. 2) fällig machen kann (§ 392 BGB). Steht fest, dass der Gläubiger wegen der Aufrechnung durch die eG mit seinem Vorgehen nach § 66 keinen Erfolg haben wird, fehlt einer danach erklärten Kündigung durch den Gläubiger ein rechtlich anzuerkennendes Interesse;21 eine vor der Aufrechnung erklärte wirksame Kündigung bleibt jedoch auch weiterhin wirksam.22 Es ist stets das in § 10 der Mustersatzungen für gewerbliche und ländliche eG enthaltene Aufrechnungsrecht zu beachten (vgl. § 22 Rdn. 11). 10 Die Pfändung des Dividendenanspruchs erfolgt ohne Beachtung des § 66. Gleiches gilt für die Pfändung des Auseinandersetzungsanspruchs, nachdem das Mitglied bereits ausgeschieden war. 8
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14 OLG Stuttgart Rpfleger 1981, 152. 15 LG Essen MDR 1969, 677; LG Hagen MDR 1975, 497; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 66 Rdn. 4. 16 Vgl. OLG Frankfurt MDR 1974, 762 u. Rpfleger 1977, 144. 17 LG Frankenthal MDR 1987, 65. 18 OLG Dresden OLG Rechtspr 40, 203; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 10; Beuthien GenG § 66 Rdn. 2. 19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 10; Beuthien GenG § 66 Rdn. 3. 20 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 10; Müller GenG § 66 Rdn. 9a. 21 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66 Rdn. 17, der übersieht, dass bei Fälligkeit des Auseinandersetzungsanspruchs die Fälligkeit der Gegenforderung bereits bestehen würde. Es geht bei dieser Rechtsfrage nicht um die Herbeiführung der Aufrechnungslage, sondern um das Bestehen eines Rechtsinteresses. 22 Wie hier Müller GenG § 66 Rdn. 6.
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Kündigung im Insolvenzverfahren | § 66a
§ 66a Kündigung im Insolvenzverfahren § 66a Kündigung im Insolvenzverfahren Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Mitglieds eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt, so kann der Insolvenzverwalter das Kündigungsrecht des Mitglieds an dessen Stelle ausüben.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Kündigung der Mitgliedschaft durch den Insolvenzverwalter | 2–7
III.
Europäische Genossenschaft (SCE) | 8
I. Allgemeines § 66a ist durch Art. 8 Nr. 2 des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungs- 1 verfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.20131 eingeführt worden und am 19.7.2013 in Kraft getreten. II. Kündigung der Mitgliedschaft durch den Insolvenzverwalter § 66a begründet ein ausdrückliches Recht des Insolvenzverwalters, die Mitglied- 2 schaft des Insolvenzschuldners in einer eG zu kündigen. Die Aufnahme dieser Regelung hat allerdings nur klarstellenden Charakter.2 Zuvor wurde das Kündigungsrecht aus dem gesetzlichen Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO) oder einer Analogie zu § 66 hergeleitet.3 Da in § 67c ein Schutz des Mitglieds einer WohneG verankert wurde, wurde dies zum Anlass genommen, das Kündigungsrecht ausdrücklich im GenG zu verankern.4 Dem Insolvenzverwalter stehen das ordentliche Kündigungsrecht unter Einhaltung 3 der satzungsmäßigen Kündigungsfrist (§ 65), das Kündigungsrecht wegen der Aufgabe des Wohnsitzes (§ 67), das außerordentliche Kündigungsrecht (§ 67a), das Kündigungsrecht einzelner Geschäftsanteile nach § 67b zu.5 Das Recht zur Kündigung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes auf den Insolvenzver- 4 walter (§ 56 InsO) beschränkt. Die Vorschrift ist nicht entsprechend auf den sogenannten starken (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO) bzw. schwachen (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO) vorläufigen Insolvenzverwalter (sog. starker vorläufiger Verwalter) anzuwenden, da die Kündigung der Mitgliedschaft regelmäßig dazu dienen wird, um an das Geschäftsguthaben des Mitglieds/Insolvenzschuldners zu gelangen.6 Dies stellt eine Verwertungshandlung dar, die ausschließlich dem Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren zugedacht ist, vgl. § 148 i.V.m. § 159 InsO.7
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1 BGBl. I 2013 S. 2379. 2 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66a Rdn. 2. 3 Vgl. BT-Drs. 17/11268, S. 38; BGH, Urt. v. 19.3.2009, Az. IX ZR 58/08, NJW 2009, 1820; BGH Urt. v. 17.9.2009, Az. IX ZR 63/09, ZInsO 2009, 2104; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66a Rdn. 2; 37. Aufl. § 66 Rdn. 8; Emmert ZInsO 2005, S. 852, 854. 4 BT-Drs. 17/11268, S. 38. 5 BT-Drs. 17/11268, S. 38; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66a Rdn. 3. 6 Vgl. auch Gesetzesbegründung zu § 67c, BT-Drs. 17/11268, S. 38. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66a Rdn. 5.
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§ 67 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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Da der Anspruch des Mitglieds auf das Auseinandersetzungsguthaben regelmäßig über § 10 der Mustersatzungen zugunsten der eG verpfändet ist (vgl. § 73 Rdn 8), wird der Vorschrift in der genossenschaftlichen Praxis voraussichtlich keine große Bedeutung zukommen. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwal6 ter berechtigt auch zur Übertragung des Geschäftsguthaben (§ 76) und im Fall der Verschmelzung, den Erwerb der Mitgliedschaft auszuschlagen (§§ 90 ff. UmwG).8 Zu den Einschränkungen des Kündigungsrechts, wenn der Insolvenzschuldner Mit7 glied einer WohneG ist, vgl. Erläuterungen bei § 67c. III. Europäische Genossenschaft (SCE) Für die SCE mit Sitz in Deutschland gilt § 66a über Art. 8 Abs. 1c) ii) SCE-VO.
8
§ 67 Beendigung der Mitgliedschaft wegen Aufgabe des Wohnsitzes § 67 Beendigung der Mitgliedschaft wegen Aufgabe des Wohnsitzes Ist nach der Satzung die Mitgliedschaft an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirks geknüpft, kann ein Mitglied, das seinen Wohnsitz in diesem Bezirk aufgibt, seine Mitgliedschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Schluss des Geschäftsjahres kündigen; die Kündigung bedarf der Schriftform. Über die Aufgabe des Wohnsitzes ist die Bescheinigung einer Behörde vorzulegen. 1
§ 67, der durch Novelle 2006 neu gefasst wurde, gilt nur für eG, deren Satzung die Mitgliedschaft an den Wohnsitz in einem bestimmten Bezirk knüpft. § 67 gilt nicht für eG, bei denen die Mitglieder ihren Gewerbebetrieb innerhalb eines bestimmten Bezirks haben oder andere Voraussetzungen1 erfüllen müssen.2 Ein bestimmter Bezirk ist nicht nur eine Gemeinde, Stadt oder ein Kreis, sondern 2 jeder örtliche Bereich, der in so ausreichender Form umschrieben ist, dass Zweifel an seinen Grenzen nicht auftreten können.3 Bei Wohnsitzaufgabe in dem in der Satzung bestimmten Bezirk kann das Mitglied 3 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist4 unter Beifügung oder Nachreichung einer Bescheinigung gemäß Abs. 3 schriftlich oder in elektronischer Form (vgl. § 126 Abs. 3 BGB) zum Geschäftsjahresschluss kündigen; die eG hat sich in diesem Fall die in Abs. 3 geforderte Bescheinigung selbst zu besorgen. In der Regel genügt die Abmeldebescheinigung des Einwohnermeldeamts.5 Die Kündigung kann auch in einem späteren Jahr ausgesprochen werden, es sei denn, das Mitglied hat sein Recht verwirkt, z.B. wenn es durch Zeitablauf oder sonst wie zu erkennen gegeben hat, dass es bei der eG bleiben will.6
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 66a Rdn. 4.
1 2 3 4 5 6
Z.B. Zugehörigkeit zu einem bestimmten Beruf. KGJ 43, 113; RG Recht 1908, 1068; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67 Rdn. 1. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67 Rdn. 2. Also auch noch kurz vor dem Ende des Geschäftsjahres. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67 Rdn. 4. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67 Rdn. 5.
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Außerordentliches Kündigungsrecht | § 67a
Neben der Kündigungserklärung durch das Mitglied konnte bis zur Novelle 2006 4 auch die Mitgliedschaft durch Erklärung der eG beendet werden.7 Diese Erklärung der eG war weder eine Kündigung noch ein Ausschluss;8 sondern eine Erklärung sui generis mit der Wirkung, dass die Mitgliedschaft zum Schluss des Geschäftsjahres endet. Der Gesetzgeber hielt diese Regelung für unklar. Da das GenG generell kein Kündigungsrecht der eG kennt, hält er die Ausschließung gemäß § 68 für ausreichend.9 Der Bundesrat hatte den Wunsch der genossenschaftlichen Praxis, ein Kündigungsrecht der eG bei Beendigung der Förderbeziehung durch das Mitglied zu normieren, unterstützt.10 Damit sollte die eG eine Möglichkeit haben, sich von Mitgliedern zu trennen, deren Mitgliedschaft nicht (mehr) an die Prinzipien der Subsidiarität, Solidarität und Selbsthilfe anknüpft. Die Alternative des Ausschlusses ist dagegen mit einem gewissen Strafcharakter und innergenossenschaftlichen Rechtsmittel belastet und daher dem Recht zu einer einseitigen Lösung der Mitgliedschaft durch die eG mittels einseitigem Gestaltungsakt nicht vergleichbar. Daneben ist es möglich, in der Satzung neben Kündigung und Ausschluss sonstige Beendigungsgründe festzulegen, die keiner Erklärung der eG bedürfen, sondern automatisch wirksam werden (vgl. Vor § 65 Rdn. 2). Das Ausscheiden wird rückwirkend mit der Auflösung der eG binnen 6 Monaten 5 nach dem Austrittstermin unwirksam (§ 75 und die dortigen Erl.) Die Verlegung des Wohnsitzes kann auch in der Satzung als Ausschließungsgrund 6 (§68 und die dortigen Erl.) aufgeführt werden, und zwar auch dann, wenn die Satzung nicht gleichzeitig die Mitgliedschaft an den Wohnsitz innerhalb eines bestimmten Bezirks knüpft.11
§ 67a Außerordentliches Kündigungsrecht § 67a Außerordentliches Kündigungsrecht (1) Wird eine Änderung der Satzung beschlossen, die einen der in § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5, 9 bis 11 oder Abs. 3 aufgeführten Gegenstände oder eine wesentliche Änderung des Gegenstandes des Unternehmens betrifft, kann kündigen: 1. jedes in der Generalversammlung erschienene Mitglied, wenn es gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat oder wenn die Aufnahme seines Widerspruchs in die Niederschrift verweigert worden ist; 2. jedes in der Generalversammlung nicht erschienene Mitglied, wenn es zu der Generalversammlung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß angekündigt worden ist. Hat eine Vertreterversammlung die Änderung der Satzung beschlossen, kann jedes Mitglied kündigen; für die Vertreter gilt Satz 1. (2) Die Kündigung bedarf der Schriftform. Sie kann nur innerhalb eines Monats zum Schluss des Geschäftsjahres erklärt werden. Die Frist beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 mit der Beschlussfassung, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 mit der Erlangung der Kenntnis von der Beschlussfassung. Ist der Zeit-
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7 KG JFG 16, 111 = JW 1937, 2658 = BlfG 1937, 711; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67 Rdn. 5; Müller GenG § 67 Rdn. 4. 8 Beuthien GenG § 67 Rdn. 3. 9 BT-Drs. 16/1025 S. 92. 10 BT-Drs. 16/1025 S. 105. 11 LG Rostock BlfG 1940, 253.
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§ 67a | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
punkt der Kenntniserlangung streitig, trägt die Genossenschaft die Beweislast. Im Falle der Kündigung wirkt die Änderung der Satzung weder für noch gegen das Mitglied.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Voraussetzungen | 2–7 Kündigungserklärung | 8
IV. V. VI.
Außerordentliches Kündigungsrecht bei einer VV | 9 Rechtsfolgen | 10 Europäische Genossenschaft (SCE) | 11
I. Allgemeines 1
§ 67a wurde durch Novelle 1973 und Novelle 2006 sprachlich, teilweise inhaltlich neu gefasst. Der bisherige Abs. 3, der in den Fällen des § 16 Abs. 2 Nr. 2 (Erhöhung des Geschäftsanteils) und Nr. 3 (Einführung oder Erweiterung einer Pflichtbeteiligung) das Sonderkündigungsrecht ausschloss, wenn die ordentliche Kündigungsfrist zwei Jahre nicht überstieg, wurde aufgehoben. Für diese Fälle galt Abs. 2 Satz 5 nicht, mit der Folge, dass die Satzungsänderung gegen das Mitglied galt und es somit zu den durch die Satzungsänderung festgelegten zusätzliche Leistungen verpflichtet war, obwohl es dem satzungsändernden Beschluss widersprochen hat. Da diese für das Mitglied bei Eintritt in die eG nicht erkennbare Konsequenz ungerechtfertigt war, wurde Abs. 3 aufgehoben.1 Die Vorschrift gibt den Mitgliedern ein außerordentliches Kündigungsrecht bei bestimmten Satzungsänderungen, die die Mitgliederpflichten besonders berühren. Andere Beschlüsse begründen das Kündigungsrecht nicht, auch wenn sie auf den Inhalt des Mitgliedschaftsverhältnisses vergleichbare Wirkungen auslösen.2 Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 65 Abs. 3 Satz 1 steht unabhängig von § 67a einem Mitglied dann zu, wenn es nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen diesem Mitglied unzumutbar ist, bis zum Ablauf der in der Satzung festgelegten über zweijährigen Kündigungsfrist in der eG zu verbleiben. II. Voraussetzungen
Voraussetzung für das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 67a ist ein GV/VVBeschluss (zum Beschlussverfahren § 43 Rdn. 50 ff.), der eine wesentliche Änderung des Unternehmensgegenstands (zum Begriff § 6 Rdn. 11 bis 14, zum gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb § 1 Rdn. 18 ff.; zu den einzelnen Genossenschaftstypen § 1 Rdn. 40 ff.) der eG betrifft oder die Satzung in einem der in § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5, 9 bis 11 oder Abs. 3 aufgeführten Gegenstände ändert. Z.B. ist der Beschluss zur Erhöhung der Geschäftsguthaben nicht treuwidrig, wenn er den ausdrücklichen Hinweis enthält, dass in den Fällen wirtschaftlicher Härte den Mitgliedern Ratenzahlungen bewilligt werden. Unter dem Aspekt des Selbsthilfegedankens sind eG gehalten, für eine ausreichende Versorgung mit Eigenkapital zu sorgen.3 3 Eine Satzungsänderung ist „wesentlich“, wenn sie zu einer starken Beeinträchtigung des bisherigen Förderinteresses führt,4 wenn Umfang und Ausgestaltung des 2
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1 BT-Drs. 16/1025 S. 92. 2 So OLG Frankfurt DB 1977, 2181 = BB 1978, 926 für den Fall, dass durch Beschluss des Vorstands der jährliche Kostenbeitrag erheblich erhöht wird. 3 AG Mannheim Urt. v. 11.4.1995, Az. 6 C 348/95. 4 Vgl. Beuthien GenG § 6 Rdn. 7.
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Außerordentliches Kündigungsrecht | § 67a
Förderauftrags aus der Sicht der betroffenen Mitglieder eine maßgebliche Änderung erfährt oder sie zu einer entscheidenden Veränderung der wirtschaftlichen Erscheinung der eG und ihrer Bedeutung für das einzelne Mitglied führt.5 Dies ist gegeben, wenn die eG sich als Komplementärin an einer KGaA unter Einbringung ihres Geschäftsbetriebs beteiligt.6 Wesentlich ist eine Änderung auch, wenn das Geschäftsrisiko der eG und damit das Haftungsrisiko der Mitglieder maßgeblich erhöht werden.7 Die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs auf Nichtmitglieder im Wege der Satzungsänderung ist ebenfalls eine wesentliche Änderung, da nunmehr auch die Interessen von Nichtmitgliedern berücksichtigt werden dürfen und dadurch die Interessen der Mitglieder beeinträchtigt werden können.8 Eine Satzungsänderung, dass die eG zur Erfüllung ihrer Aufgaben berechtigt ist, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen oder ihren Betrieb oder Teile ihres Betriebes durch ein oder mehrere Mitgliedsunternehmen betreiben zu lassen, ist keine wesentliche Änderung des Unternehmensgegenstands.9 Nach OLG Düsseldorf10 liegt eine wesentliche Änderung des Unternehmensgegenstands vor, wenn eine Satzungsregelung, der zufolge Beteiligungen an anderen Unternehmen, die ebenfalls den Unternehmensgegenstand der eG zum Gegenstand haben, ersetzt wird durch „Beteiligung an anderen Unternehmen, welche den Gegenstand der eG fördern oder Vermögenswerte der eG verwalten“. Dies ist zu weitgehend. Keine Änderung des Unternehmensgegenstands liegt vor, wenn sich die Mitgliederstruktur ändert.11 Eine Satzungsänderung, nach der die Mitglieder verpflichtet werden, nach Weisung 4 der eG zu liefern und sich Lieferverpflichtungen nunmehr auch auf weitere Produkte erstrecken, ist als Satzungsänderung i.S.v. § 16 Abs. 3 anzusehen, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt;12 auf die Wesentlichkeit kommt es nicht an. Wird der Unternehmensgegenstand wesentlich geändert, ohne dass die Satzung geändert wird, kann dies ebenfalls zur Anwendung des § 67a führen.13 Der Beschluss der GV/VV, die Rechtsform zu wechseln, gibt kein a.o. Kündigungsrecht analog § 67a. Der Schutz der widersprechenden Mitglieder ist hinreichend geregelt und gewahrt durch die Vorschrift des UmwG (siehe z.B. § 260 UmwG). Ein Mitglied, das von einer Satzungsänderung nicht betroffen sein kann, hat, dem Grundsatz der genossenschaftlichen Treuepflicht entsprechend, kein Recht zur außerordentlichen Kündigung. Nach OLG Düsseldorf14 besteht das außerordentliche Kündigungsrecht auch dann, 5 wenn der Satzungsänderungsbeschluss nichtig ist, da es genügt, dass das Mitglied aus seiner Sicht belastet werden kann.15 Dem dürfte zuzustimmen sein mit der Einschränkung, dass die Mitglieder nicht mehr kündigen können, wenn die Nichtigkeit unzweifelhaft feststeht. Das Mitglied ist jedoch verpflichtet, eine vorher erklärte Kündigung
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5 Müller GenG § 87a Rdn. 2. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67a Rdn. 2. 7 OLG Düsseldorf DB 1992, 33 m. Anm. Bischoff DB 1992, 877. 8 Nicht überzeugend, da das Nichtmitgliedergeschäft sich am Förderauftrag gegenüber den Mitgliedern zu orientieren hat; so aber OLG Düsseldorf DB 1992, 33 m. insoweit ebenfalls krit. Anm. Bischoff DB 1992, 877; Beuthien GenG § 67a Rdn. 2. 9 LG Hamburg Beschl. v. 24.5.1985, Az. 10 O 33/85; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67a Rdn. 2. 10 DB 1992, 33 m. Anm. Bischoff DB 1992, 877; kritisch auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67a Rdn. 3. 11 Z.B. führt eine Aufnahme von natürlichen Personen zum Verlust des Status einer Zentralgenossenschaft. 12 LG Hamburg Beschl. v. 24.5.1985, Az. 10 O 33/85. 13 OLG Düsseldorf Urt. v. 12.4.2001, Az U (kart.) 26/00; LG Stade Urt. v. 12.3.1991, Az. 3 O 273/90; LG Kassel Urt. v. 3.11.1993, Az. 4 O 1878/92. 14 DB 1992, 33. 15 So auch Beuthien GenG § 67a Rdn. 3.
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§ 67a | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
nach Feststehen der Nichtigkeit dem Gebot der genossenschaftlichen Treuepflicht entsprechend zurückzunehmen.16 Weitere Voraussetzung ist, dass ein in der GV erschienenes Mitglied gegen den je6 weiligen Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat oder dass die Aufnahme des Widerspruchs in die Niederschrift verweigert worden ist. Hat sich ein Mitglied durch einen Bevollmächtigten in der GV vertreten lassen, muss dieser Widerspruch zur Niederschrift erklären, wenn er dem vertretenen Mitglied das außerordentliche Kündigungsrecht erhalten will.17 Dies kann auch durch einen Bevollmächtigten geschehen, der bereits zwei andere Mitglieder vertritt. Die Begrenzung nach § 43 Abs. 5 Satz 3 bezieht sich nur auf die Ausübung des Stimmrechts, nicht auf die Wahrnehmung anderer Rechte.18 Wegen weiterer Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zum Widerspruch bei § 51 und § 80 UmwG. 7 Ein Mitglied, das nicht erschienen ist, hat das außerordentliche Kündigungsrecht nur, wenn es zu Unrecht zu der GV nicht zugelassen worden ist oder es zu Unrecht des Saales verwiesen worden ist19 oder wenn die GV nicht gehörig berufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht gehörig angekündigt worden ist. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu vgl. Erl. zu § 51 bzw. zu § 80 UmwG. III. Kündigungserklärung 8
Das Mitglied muss eine schriftliche20 Kündigungserklärung abgeben. Diese Kündigungserklärung muss im Falle des Widerspruchs (Abs. 1 Ziff. 1) innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung über die jeweilige Satzungsänderung und im Falle der Abwesenheit (Abs. 1 Ziff. 2) innerhalb eines Monats seit der Erlangung der Kenntnis von der Beschlussfassung erfolgen. Bei Satzungsänderungen, die wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen begründen, gehört zur Erlangung der Kenntnis nicht auch die Kenntnis von der Anmeldung bei der Kartellbehörde, durch die die kartellrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen geschaffen werden.21 Ist der Zeitpunkt der Kenntniserlangung streitig, so hat die eG die Beweislast. IV. Außerordentliches Kündigungsrecht bei einer VV
9
Hat eine VV die Satzungsänderungen vorgenommen, kann jedes Mitglied, das nicht Vertreter ist, kündigen, ohne die in Abs. 2 dargelegten Voraussetzungen erfüllt zu haben. Die Kündigung kann in entsprechender Anwendung des Abs. 2 Satz 3 nur innerhalb eines Monats seit der Erlangung der Kenntnis von der Beschlussfassung über die jeweilige Satzungsänderung erfolgen; die Beweislast für die Kenntniserlangung hat auch hier die eG. Will ein Vertreter kündigen, so kann er dies nur, wenn die in Abs. 1 Satz 1 genannten Voraussetzungen gegeben sind.
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16 Dies übersieht OLG Düsseldorf ebd. 17 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67a Rdn. 5. 18 OLG Celle Urt. v. 6.6.2001, Az. 20 U 9/01. 19 BGHZ 44, 250. 20 Wegen der möglichen Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form vgl. § 126 BGB. 21 BGH MDR 1979, 647 = DB 1979, 2477 = ZfgG 1981, 59 mit zust. Anm. Beuthien/Isenberg; die Kenntnis von dem GV-Beschluss ergibt sich nicht allein daraus, dass das Mitglied die geänderte Satzung besitzt (BGH ebd.); Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67a Rdn. 9.
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Kündigung einzelner Geschäftsanteile | § 67b
V. Rechtsfolgen Wenn ein Mitglied nach § 67a wirksam gekündigt hat, wirkt die jeweilige Satzungs- 10 änderung weder für noch gegen das Mitglied.22 Verstößt eine Satzungsänderung gegen die genossenschaftliche Duldungspflicht, kann der GV-Beschluss u.U. angefochten werden (§ 18 Rdn. 49 ff. und § 51 Rdn. 27 ff.). VI. Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß Art. 15 Abs. 2 SCE-VO können Mitglieder, die bei Satzungsänderungen über- 11 stimmt wurden, innerhalb von zwei Monaten ab dem Beschluss der Generalversammlung ihren Austritt erklären, sofern durch die Satzungsänderung neue Verpflichtungen in Bezug auf Einzahlung oder andere Leistungen eingeführt wurden, die bestehenden Verpflichtungen der Mitglieder erheblich ausgeweitet wurden oder, die Kündigungsfrist für den Austritt aus der SCE auf über 5 Jahre verlängert wurde (Vor § 65 Rdn. 5).
§ 67b Kündigung einzelner Geschäftsanteile § 67b Kündigung einzelner Geschäftsanteile (1) Ein Mitglied, das mit mehreren Geschäftsanteilen beteiligt ist, kann die Beteiligung mit einem oder mehreren seiner weiteren Geschäftsanteile zum Schluss eines Geschäftsjahres durch schriftliche Erklärung kündigen, soweit es nicht nach der Satzung oder einer Vereinbarung mit der Genossenschaft zur Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen verpflichtet ist oder die Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen Voraussetzung für eine von dem Mitglied in Anspruch genommene Leistung der Genossenschaft ist. (2) § 65 Abs. 2 bis 5 gilt sinngemäß. Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Besonderheiten gegenüber der Kündigung der Mitgliedschaft | 2–10
I. II.
III.
Europäische Genossenschaft (SCE) | 11
I. Allgemeines § 67b wurde durch Novelle 1973 eingefügt und durch Novelle 2006 klarer gefasst. 1 Die Vorschrift lässt die Kündigung einzelner Geschäftsanteile – unter Beibehaltung der Mitgliedschaft – nunmehr zu, sofern es sich nicht um eine Pflichtbeteiligung handelt. Die Kündigung einzelner Geschäftsanteile erfolgt nach denselben Regeln wie die Kündigung der Mitgliedschaft (§ 65 und dortigen Erl.). Auch finden die §§ 69 ff. Anwendung.1 Eine Kündigung kann teilweise zurückgenommen und in eine Kündigung einzelner Geschäftsanteile umgewandelt werden (§ 65 Rdn. 16).
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22 Inkonsequent im Hinblick auf Abs. 3, vgl. Rdn. 13; vgl. im Übrigen § 75 und die dortigen Erl. für den Fall der Auflösung der eG innerhalb von 6 Monaten nach dem Ausscheiden eines Mitglieds. 1
Vgl. die dortigen Erl., insb. zu § 73 und § 75.
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§ 67b | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
II. Besonderheiten gegenüber der Kündigung der Mitgliedschaft Die Satzung kann für die Kündigung der Mitgliedschaft und für die Kündigung eines Geschäftsanteils unterschiedliche Fristen vorsehen. Ist hinsichtlich der Kündigung einzelner Geschäftsanteile in der Satzung nichts geregelt, gilt die gesetzliche Frist von drei Monaten,2 da § 65 Abs. 2 analog gilt, mithin die gesamten Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch der Ausnahmefall des § 65 Abs. 2 Satz 2, Anwendung finden. Die Kündigung bestimmter einzelner von mehreren Geschäftsanteilen ist grundsätz3 lich ausgeschlossen, da es sich um ein einheitliches Geschäftsguthaben handelt. Durch die Kündigung wird lediglich die Zahl der Geschäftsanteile entsprechend reduziert. Dies gilt auch, wenn ein Mitglied neben einer Pflichtbeteiligung zusätzlich mit freiwilligen Anteilen beteiligt ist. Die Kündigung vermindert in diesem Fall entsprechend die freiwillige Beteiligung. Die Kündigung bestimmter Geschäftsanteile ist wegen der besonderen Rechtslage für Beteiligungen nach dem 4. und 5. Vermögensbildungsgesetz ausnahmsweise zulässig, da es sich hier um eine besondere Art der Beteiligung handelt, die eine abweichende Handhabung rechtfertigt. Andererseits bleiben nach einer Verschmelzung so viele Anteile weiterhin gesperrt, wie notwendig sind, um das im Rahmen des VermbG gebildete Geschäftsguthaben abzudecken. 4 Liegen die Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 Satz 4 vor, kann ein Mitglied auch wegen Unzumutbarkeit zum Schluss eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten einzelne Geschäftsanteile kündigen, wenn in der Satzung für die Kündigung einzelner Geschäftsanteile eine längere als eine zweijährige Kündigungsfrist festgesetzt worden ist;3 dies ergibt sich daraus, dass nach § 67b Abs. 2 u.a. diese Vorschrift sinngemäß gilt. Die Gläubigerkündigung nach § 66 kann sich ebenfalls auf einzelne Geschäftsanteile beziehen (§ 66 Rdn. 3).4 Eine Kündigung einzelner Geschäftsanteile ist nicht möglich, wenn es sich um 5 Pflichtanteile aufgrund einer entsprechenden Satzungsregelung oder einer entsprechenden Einzelvereinbarung zwischen dem Mitglied und der eG handelt oder wenn die Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen Voraussetzung für eine von dem Mitglied in Anspruch genommene Leistung der eG war. Diese letzte Alternative entspricht einem praktischen Bedürfnis bei WohneG. Sie soll verhindern, dass ein Mitglied sich von der erhöhten genossenschaftlichen Bindung löst, die Voraussetzung ist für die Inanspruchnahme einer bestimmten Leistung.5 Kündigt das Mitglied die Wohnung, die ihm überlassen war, nachdem es sich mit der in der Satzung vorgesehenen Anzahl von Geschäftsanteilen beteiligt hatte, greift dieser zweite Ausnahmetatbestand des Abs. 1 ein, das Mitglied kann kündigen.6 Dies wird deutlich durch den Austausch des Wortes „war“ durch „ist“ seit der Novelle 2006 (Rdn. 6). Das Privileg der Einzelkündigung besteht nur, soweit es mit der genossenschaftlichen Treuepflicht in Einklang steht.7 Dies gilt z.B., wenn das Mitglied die Leistung der eG, die Wohnung, gegenwärtig noch in Anspruch nimmt. Erlischt nachträglich die satzungsmäßige Pflicht, sich mit weiteren Geschäftsanteilen zu beteiligen,8 so kann (nicht muss – auch nicht im Wege einer Satzungsrege2
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2 Schaffland GenG mit einführenden Erläuterungen, 49; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 4. 3 Schiemann ZfgG 1976, 21; Müller GenG § 67b Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 4. 4 Beuthien GenG § 67b Rdn. 5; Müller GenG § 67b Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 4. 5 Hier: einer Genossenschaftswohnung. 6 A.A. für den Wortlaut bis 2006 LG Berlin ZfgG 1977, 183 mit abl. Anm. Schiemann. 7 LG Berlin ZfgG 1977, 283 m. Anm. Schiemann = GWW 1977, 336 mit zust. Anm. Riebandt-Korfmacher. 8 Z.B. aufgrund eines Umsatzrückgangs, wenn dieser das Kriterium für eine gestaffelte Pflichtbeteiligung war.
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Kündigung einzelner Geschäftsanteile | § 67b
lung)9 das Mitglied, wenn keine Vereinbarungen entgegenstehen, die nunmehr freigewordenen Anteile nach Maßgabe des Abs. 2 kündigen.10 Die Einschränkung des Rechts zur Kündigung einzelner Geschäftsteile im letzten Satzteil des Absatzes 1 hat in der Praxis zu Auslegungsschwierigkeiten geführt. Durch die Ersetzung des letzten Worts „war“ durch das Wort „ist“ wird nunmehr klargestellt, dass eine Pflichtbeteiligung nur dann ein Hindernis für eine Teilkündigung darstellt, wenn im Zeitpunkt der Kündigung die auf der Satzung oder einer Vereinbarung beruhende Pflicht zur Übernahme der gekündigten Geschäftsanteile fortbesteht, nicht aber, wenn die Voraussetzungen für die Übernahmeverpflichtung inzwischen entfallen sind. Dies ist der Fall, wenn das Mitglied die Förderleistung der eG nicht mehr in Anspruch nimmt; es kann also durch eine Rückgewähr dieser Leistung wie z.B. einer genossenschaftlichen Wohnung bei der WohneG die Voraussetzung für die Zulässigkeit der Kündigung eines Geschäftsanteils schaffen. Die eG hat die Zahl der – nach der Kündigung – verbliebenen weiteren Geschäftsanteile sowie den Zeitpunkt, von dem an das Mitglied nur noch mit diesen Geschäftsanteilen beteiligt ist, in die Liste der Mitglieder einzutragen. Da das Geschäftsguthaben ein einheitlicher Betrag unabhängig von der Zahl der Geschäftsanteile ist, kommt es zur Auszahlung von Geschäftsguthaben nur, wenn das Geschäftsguthaben höher ist als der Gesamtbetrag der verbliebenen weiteren Geschäftsanteile.11 Wegen des Auseinandersetzungsanspruchs vgl. § 73 Rdn. 27. Eine Einzelvereinbarung zwischen Mitglied und eG, sich mit weiteren Geschäftsanteilen zu beteiligen, kann formlos, sollte jedoch aus Beweisgründen schriftlich12 erfolgen. Hatte ein Mitglied vor einer Verschmelzung einzelne Geschäftsanteile bei der übertragenden eG gekündigt, war eine Anwartschaft auf einen bestimmten Auseinandersetzungsguthabenbetrag entstanden. Diese Anwartschaft bleibt auch nach der Verschmelzung enthalten. Dies hat zur Folge, dass nach der Verschmelzung die Kündigungserklärung umzudeuten ist in eine Kündigung so vieler Geschäftsanteile, wie nötig sind, um das Auseinandersetzungsguthaben zu realisieren. Das Kündigungsrecht nach § 67b ist unentziehbar. Es kann nicht aufgehoben oder – über § 67b, § 65 Abs. 2–4 hinaus – beschränkt werden. Die Kündigung der Mitgliedschaft nach anderen Vorschriften (insb. § 65) ist stets zulässig, unabhängig davon, ob es sich um freiwillige oder Pflichtanteile handelt. Aus dem Treuegebot, dem auch die Mitglieder unterliegen,13 ist abzuleiten, dass ein Mitglied u.U. verpflichtet ist, einzelne Geschäftsanteile zu kündigen, z.B. wenn nachträglich die Höchstzahl, bis zu der sich ein Mitglied beteiligen kann, herabgesetzt wird und einzelne Mitglieder mit mehr Geschäftsanteilen als nunmehr zulässig beteiligt sind; auf eine Kündigung dieser überschießenden Geschäftsanteile hat die eG einen einklagbaren Rechtsanspruch, da das Mitglied sich beim Erwerb seiner Mitgliedschaft verpflichtet hat, die gegenwärtigen und künftigen Satzungsregelungen und damit auch die Rege-
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9 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 11. 10 LG Bayreuth ZfgG 1977, 280 mit zust. Anm. Schnorr von Carolsfeld; Müller GenG § 67b Rdn. 6; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 3; a.A. LG Berlin a.a.O. für den Fall, dass beide Ausnahmen des § 67b Abs. 1 zusammentreffen und die Einzelkündigung der genossenschaftlichen Treuepflicht widerspricht. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 6; a.A. Beuthien GenG § 67b Rdn. 2, und ausführlicher § 73 Rdn. 11, 12, der das einheitliche Geschäftsguthaben durch die Gesamtzahl der (verbleibenden und gekündigten) Geschäftsanteile teilt und den sich so ergebenden Anteil als Auseinandersetzungsguthaben wertet. 12 Z.B. im Zusammenhang mit einer Kreditaufnahme in dem Kreditvertrag. 13 § 18 Rdn. 50 ff.; RGZ 147, 270; KG GWW 1954, 589; Schaffland Die Vererbung, S. 87.
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§ 67c | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
lung über die höchstzulässige Beteiligung mit Geschäftsanteilen zu beachten und einzuhalten.14 Die eG hat hingegen nicht die Möglichkeit, einzelne Anteile einzuziehen, hierfür fehlt die gesetzliche Grundlage.15 Bis zum wirksamen Ausscheiden mit den gekündigten Geschäftsanteilen ist der darauf entfallende Betrag des Geschäftsguthabens Eigenkapital. Gleiches gilt, wenn das Mitglied weitere Geschäftsanteile erbt.16 Die Kündigung einzelner Geschäftsanteile schließt weitergehende Rechte, wie den Ausschluss seitens der eG oder die Übertragung des Geschäftsguthabens, nicht aus. III. Europäische Genossenschaft (SCE) 11
Sofern die Satzung dies gestattet, kann gemäß Art. 15 Abs. 1 SCE-VO, dritter Spiegelstrich, die Mitgliedschaft durch Übertragung aller Geschäftsanteile auf ein Mitglied oder eine natürliche oder juristische Person, die Mitgliedschaft erwirbt, beendet werden.
§ 67c Kündigungsausschluss bei Wohnungsgenossenschaften § 67c Kündigungsausschluss bei Wohnungsgenossenschaften (1) Die Kündigung der Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft durch den Gläubiger (§ 66) oder den Insolvenzverwalter (§ 66a) ist ausgeschlossen, wenn 1. die Mitgliedschaft Voraussetzung für die Nutzung der Wohnung des Mitglieds ist und 2. das Geschäftsguthaben des Mitglieds höchstens das Vierfache des auf einen Monat entfallenden Nutzungsentgelts ohne die als Pauschale oder Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten oder höchstens 2.000 Euro beträgt. (2) Übersteigt das Geschäftsguthaben des Mitglieds den Betrag nach Absatz 1 Nummer 2, ist die Kündigung der Mitgliedschaft nach Absatz 1 auch dann ausgeschlossen, wenn es durch Kündigung einzelner Geschäftsanteile nach § 67b auf einen nach Absatz 1 Nummer 2 zulässigen Betrag vermindert werden kann.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Zweck und Inhalt | 2–13 1. Besonderer Schutz bei Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften | 3 2. Grenzen des Ausschlusses | 4–12 a) Ausschluss nach Abs. 1 | 4–8 b) Ausschluss nach Abs. 2 | 9 c) Einverständnis des Mitglieds | 10
d)
III.
Anwendbarkeit bei Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 76) und Ausschlagung (§ 90 UmwG) | 11–12 3. Kündigung durch Gläubiger gemäß § 66 | 13 Europäische Genossenschaft (SCE) | 14
I. Allgemeines 1
§ 67c ist durch Art. 8 Nr. 2 des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.20131 eingeführt worden und
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1
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 11 m.w.N.; Schaffland Die Vererbung, S. 87, 92. Beuthien GenG § 67b Rdn. 7. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67b Rdn. 11. BGBl. I 2013 S. 2379.
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Kündigungsausschluss bei Wohnungsgenossenschaften | § 67c
am 19.7.2013 in Kraft getreten.2 Die Vorschrift ist auf Kündigungen nach diesem Zeitpunkt anzuwenden. Auf eine vor Inkrafttreten des Gesetzes ausgesprochene Kündigung ist § 67c nicht anwendbar.3 II. Zweck und Inhalt § 67c schränkt das Kündigungsrecht der Pfandrechtsgläubiger (§ 66) und des Insol- 2 venzverwalters (§ 66a) für die Mitgliedschaft bei WohneG ein. Die Vorschrift gilt ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur für WohneG.4 Vor der Einführung des § 67c wurde die Kündigung der Mitgliedschaft häufig zur Masseanreicherung ausgesprochen, vgl. Ausführungen zu § 66a Rdn. 5.5 Bei WohneG ist die Mitgliedschaft regelmäßig Voraussetzung für die Nutzung einer Wohnung. Durch die Kündigung drohte folglich auch der Verlust der Wohnung.6 Die Schlechterstellung von WohneG Mitgliedern gegenüber Mietern von Wohnraum (§ 109 Abs. 1 Satz 2 InsO gibt dem Insolvenzverwalter kein Sonderkündigungsrecht) soll durch die Neuregelung beseitigt werden. Dabei soll dem Unterschied, dass der einfache Mieter nicht zugleich Kapitalgeber ist, Rechnung getragen werden.7 1. Besonderer Schutz bei Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften. Das 3 Mitglied der WohneG ist nach Ansicht des Gesetzgebers in seiner Eigenschaft als Kapitalgeber nicht schutzwürdig. Anderseits soll auch in der Insolvenz bzw. im Fall des § 66 dem Schutz des Nutzungsverhältnisses der Vorrang eingeräumt werden.8 Demnach wird unterschieden, ob die geringe Kapitalbeteiligung allein die finanzielle Grundlage für die Mitgliedschaft bildet (Pflichtanteile) oder ob die Kapitalanlage im Vordergrund steht (freiwillige Anteile). Der Ausschluss des Kündigungsrechts soll aus diesem Grund nur bis zu einer bestimmten Obergrenze gelten. 2. Grenzen des Ausschlusses a) Ausschluss nach Abs. 1. Der Kündigungsausschluss soll nicht grenzenlos ge- 4 währt werden. Aus diesem Grund schränkt § 67 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 den Ausschluss tatbestandsmäßig ein. Nach § 67c Abs. 1 Nr. 1 muss die Mitgliedschaft in der WohneG zwingende Voraussetzung für die Nutzung der Wohnung sein und nach § 67c Abs. 1 Nr. 2 darf das Geschäftsguthaben des Mitglieds höchstens das Vierfache des auf einen Monat entfallenden Nutzungsentgelts ohne die als Pauschale oder Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten oder höchstens € 2.000,– betragen. Die Mitgliedschaft als Voraussetzung zur Nutzung der Wohnung muss jeweils im 5 konkreten Einzelfall (Insolvenzfall) erfüllt sein. Es ist allerdings unschädlich, wenn die Satzung der WohneG für bestimmte Ausnahmefälle die Nutzung auch nicht Nichtmitgliedern (z.B. Studenten) gestattet.9 Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Dies ist nach der Gesetzesbegründung
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2 Vgl. zu Art. 13 d. G. zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, BT-Drs. 17/11268 S. 39. 3 BGH Urt. v. 18.9.2014, Az. IX ZR 276/13, ZInsO 2014, 2221. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67c Rdn. 2. 5 BT-Drs. 17/11268 S. 38. 6 6 Eine Analogie zu § 109 InsO hatte der BGH, Urt. v. 17.9.2009, Az. IX ZR 63/09, ZInsO 2009, 2104, abgelehnt. 7 BT-Drs. 17/11268 S. 38; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67c Rdn. 3 f. 8 BT-Drs. 17/11268 S. 38. 9 BT-Drs. 17/11268 S. 39.
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gegeben, wenn die Wohnung der räumliche Lebensmittelpunkt des Schuldners und seiner Familie ist. Wird die Wohnung als Zweit- und Ferienwohnung genutzt oder untervermietet, genießt der Schuldner keinen Kündigungsschutz. Dies gilt auch, wenn die Wohnung nur von Familienangehörigen des Schuldners genutzt wird.10 Für die Eigennutzung dürfte der Schuldner die Beweislast tragen. Der Umfang der Pflichtbeteiligung bei einer WohneG richtet sich regelmäßig nach 6 der Anzahl der Zimmer bzw. der Quadratmeteranzahl oder ist nach dem Instandhaltungszustand gestaffelt. 11 Bei der BestandswohneG liegt diese im Durchschnitt bei € 100 bis € 1.000. Bei niedrigem monatlichem Nutzungsentgelt ist dementsprechend eine geringe Pflichtbeteiligung vorgesehen. Aus diesem Grund wird die Obergrenze für den Ausschluss des Kündigungsrechts an ein Vielfaches des (Netto-)Nutzungsentgelts gekoppelt. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten werden dabei nicht berücksichtigt, vgl. § 551 Abs. 1 BGB. Alternativ gilt eine absolute Begrenzung nach unten in Höhe von € 2.000.12 Aus diesem Grund ist das Kündigungsrecht generell bei Geschäftsguthaben unter € 2.000 ausgeschlossen. 7 Abgestellt wird auf das Geschäftsguthaben auf Grundlage der zuletzt festgestellten Bilanz im Zeitpunkt der Kündigungserklärung und nicht auf das Auseinandersetzungsguthaben.13 8 Werden die festgesetzten Grenzen überschritten und handelt es sich gleichwohl um Pflichtbeteiligungen, soll es sich nicht mehr um übliche Pflichtbeteiligungen handeln. In diesem Fall soll das Mitglied nicht schutzwürdig sein, weil das Geschäftsguthaben eher einer Geldanlage entspricht und das über die übliche Pflichtbeteiligung hinausgehende Vermögen nicht insolvenzfest angelegt werden soll.14 Eine Vergleichbarkeit zu einem Wohnungsraummietverhältnis ist dann nicht mehr gegeben. 9
b) Ausschluss nach Abs. 2. Einen weiteren Ausschlussgrund normiert § 67c Abs. 2, der im Anschluss an den Ausschluss nach § 67c Abs. 1 zu prüfen ist. Sofern die Möglichkeit gegeben ist (vgl. § 67b Abs. 1 letzter Satzteil), durch Teilkündigung einzelner (freiwilliger) Geschäftsanteile nach § 67b ein über dem Vierfachen des monatlichen Nettonutzungsentgelts bzw. über € 2.000,– liegendes Geschäftsguthaben zu reduzieren, soll auch in diesem Fall die Kündigung der gesamten Mitgliedschaft nach § 67c Abs. 2 ausgeschlossen sein. Oder einfacher ausgedrückt: Wenn eine Reduzierung als weniger einschneidendes Mittel möglich ist, ist die Kündigung der Mitgliedschaft ausgeschlossen. Dies ist nur bei „freiwilligen“ Anteilen der Fall.15
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c) Einverständnis des Mitglieds. Das Mitglied kann auf den Schutz des § 67c im Einverständnis mit dem Insolvenzverwalter/Pfandrechtsgläubiger verzichten, denn das Mitglied könnte auch im Insolvenzverfahren den Nutzungsvertrag kündigen und die Wohnung aufgeben.16
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d) Anwendbarkeit bei Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 76) und Ausschlagung (§ 90 UmwG). Die Mitgliedschaft kann auch durch Übertragung des Ge-
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10 BT-Drs. 17/11268 S. 39. 11 BT-Drs. 17/11268 S. 38. 12 Vgl. AG Hamburg Beschl. v. 1.6.2015, Az. 68c IK 242/15, ZInsO 2015, 1282; Grote/Pape ZInsO 2013, 1433; Hain jurisPR-InsR 5/2015 Anm. 4. 13 BT-Drs. 17/11268 S. 38. 14 BT-Drs. 17/11268 S. 39. 15 Vgl. AG Hamburg Beschl. v. 17.11.2014, Az. 68c IK 619/14, ZInsO 2015, 46. 16 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67c Rdn. 16.
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Ausschluss eines Mitglieds | § 68
schäftsguthabens nach § 76 Abs. 1 Satz 1 beendet werden. Dieser Fall ist in den Mustersatzungen der WohneG vorgesehen.17 Vom Ausschluss nach § 76 Abs. 2 ist in den Mustersatzungen der WohneG kein Gebrauch gemacht worden. Die Mitglieder von WohneG sind in diesem Fall genauso schutzwürdig wie bei der Kündigung. Für diesen Fall besteht eine planwidrige Regelungslücke. Aus diesem Grund müssen die Einschränkungen des § 67c auch bei der Übertragung der Geschäftsguthabens entsprechend berücksichtigt werden.18 Gleiches gilt im Fall der Verschmelzung, wenn der Insolvenzverwalter die Ausschlagung nach § 90 UmwG nutzt, um an das Auseinandersetzungsguthaben nach §§ 93 f. UmwG zu gelangen.19 Die WohneG wird durch § 67c nicht eingeschränkt, satzungsmäßige Ausschluss- 12 gründe geltend zu machen.20 3. Kündigung durch Gläubiger gemäß § 66. Auch die Pfändungsgläubiger nach 13 § 66, zu den Voraussetzungen siehe die Erläuterungen dort, sind unter den zuvor genannten Bedingungen von der Kündigung ausgeschlossen. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, greift das Kündigungsverbot auch außerhalb des Insolvenzfalls. III. Europäische Genossenschaft (SCE) Für die Wohn-SCE mit Sitz in Deutschland gilt § 66a über Art. 8 Abs. 1c) ii) SCE-VO. 14
§ 68 Ausschluss eines Mitglieds § 68 Ausschluss eines Mitglieds (1) Die Gründe, aus denen ein Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden kann, müssen in der Satzung bestimmt sein. Ein Ausschluss ist nur zum Schluss des Geschäftsjahres zulässig. (2) Der Beschluss, durch den das Mitglied ausgeschlossen wird, ist dem Mitglied vom Vorstand unverzüglich durch eingeschriebenen Brief mitzuteilen. Das Mitglied verliert ab dem Zeitpunkt der Absendung der Mitteilung das Recht auf Teilnahme an der Generalversammlung oder der Vertreterversammlung sowie seine Mitgliedschaft im Vorstand oder Aufsichtsrat.
I. II. III. IV. V.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Ausschließungsgründe | 2–10 Schranken der Ausschließung | 11–17 Zuständigkeit für die Ausschließung | 18 Verfahren der Ausschließung | 19–27 1. Rechtliches Gehör | 19–22 2. Ausschließungsbeschluss | 23–27 a) Mehrheiten | 23 b) Inhalt des Ausschließungsbeschlusses | 24
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17 18 19 20
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c)
VI. VII.
Mitteilung des Ausschließungsbeschlusses | 25–26 d) Rücknahme des Ausschließungsbeschlusses | 27 Rechtsfolgen des Ausschließungsbeschlusses | 28–32 Rechtsmittel gegen den Ausschließungsbeschluss | 33 1. Genossenschaftsinternes Verfahren | 33–37 2. Gerichtliches Verfahren | 38–42
Vgl. § 8 der Mustersatzungen für Wohnungsgenossenschaften, Ausgabe 2009. So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67c Rdn. 14. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67c Rdn. 15. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 67c Rdn. 18.
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§ 68 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
VIII. Rechtsfolgen der Aufhebung des Ausschließungsbeschlusses | 43–44 IX. Sonderfragen | 45–54 1. Ausschließung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern | 45–49 2. Ausschließung vor Errichtung der Satzung | 50 3. Ausschließung nach Errichtung, aber vor Eintragung der Satzung | 51
4.
X.
Ausschließung und nachträgliche Auflösung | 52 5. Auflösung und nachträgliche Ausschließung | 53 6. Ausschließung und vorherige Kündigung | 54 Europäische Genossenschaft (SCE) | 55
I. Allgemeines 1
Der durch Novelle 2006 neu gefasste § 68 regelt den Ausschluss eines Mitglieds im Wesentlichen in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht. Die redaktionellen und sprachlichen Änderungen dienen der Klarstellung einiger Zweifelsfragen zum bisherigen Text. Die Ausschlussregelungen als „schwerste Strafe“ (zur Abgrenzung Vereinsstrafe und Vertragsstrafe § 7 Rdn. 24) sind stets unter dem Grundsatz des genossenschaftlichen Treuegebots und des Willkürverbots zu werten (vgl. ausführlich Rdn. 19 ff.). Die Satzung darf deshalb keine beliebigen Ausschließungstatbestände vorsehen. Sie muss daran anknüpfen, dass das Mitglied den Förderzweck stört, etwa weil es förderunfähig ist, förderunwürdig ist oder den Geschäftsbetrieb der eG nachhaltig beeinträchtigt.1 Der Ausschluss ist nicht nur Strafe, sondern geht weiter. Er ist die körperschaftliche Reaktion der eG, wenn das Mitglied einen wichtigen Grund gesetzt hat. Der Ausschluss darf stets nur aus den in der Satzung vorgesehenen Gründen erfolgen.2 Dies entspricht dem Grundsatz „nulla poena sine lege“. Es gibt keinen Teilausschluss (Ausschluss einzelner Geschäftsanteile) und keinen Gruppenausschluss, da sich dieses dann von Minderheiten zur Majorisierung ausnutzen ließe;3 erst recht nicht für Mehrheiten. II. Ausschließungsgründe
2
Bis zur Novelle 2006 enthielt Abs. 1 den gesetzlichen Ausschlussgrund der Doppelmitgliedschaft. Ein Mitglied konnte wegen der Mitgliedschaft in einer anderen eG, welche an demselben Ort ein gleichartiges Geschäft betreibt, aus der eG ausgeschlossen werden.4 Das Motiv für den gesetzlichen Ausschließungsgrund des alten Absatzes 1 (Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen) ist nicht das Interesse der eG an einem Wettbewerbsverbot, sondern das Interesse an ihrer möglichst unbeeinträchtigten Kreditwürdigkeit.5 Nunmehr kennt das Gesetz nur satzungsmäßige Ausschlussgründe; hierfür gelten folgende Grundsätze: – Die Möglichkeit, in der Satzung Ausschlussgründe vorzusehen, entspricht der Vereinsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG). So können Beeinträchtigungen der Fördertätigkeit ausgeschaltet werden (vgl. Rdn. 1).
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1 Beuthien GenG § 68 Rdn. 6. 2 KGJ 11, 48. 3 OLG Köln NJW 1968, 992 zur eG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 2; Beuthien GenG § 68 Rdn. 1, 13. 4 Hinsichtlich der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale vgl. 34. Auflage § 68 Rdn. 3–8. 5 Amtliche Begründung, RT-Drs. VII/4. Session, 229 f.
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Ausschluss eines Mitglieds | § 68
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Wenn in der Satzung kein Ausschließungsgrund enthalten ist, besteht gleichwohl die Möglichkeit des Ausschlusses aus wichtigem Grund.6 Diese Gründe sind allen Dauerschuldverhältnissen immanent und insbesondere im Gesellschaftsrecht anerkannt.7 Im Zweifel wird das Verhalten des Mitglieds jedoch mit den Belangen der eG nicht vereinbar sein, was ein Ausschließungsgrund nach den Mustersatzungen ist.8 Die Ausschließungsgründe müssen sachlich gerechtfertigt sein unter der Voraussetzung, dass der Förderzweck durch das betroffene Mitglied gestört wird; rechtsmissbräuchlich ausgestaltete Ausschließungsgründe sind nichtig.9 Der Verstoß gegen einen Ausschließungsgrund muss nicht grundsätzlich schuldhaft sein (vgl. jedoch Rdn. 9).10 Die Ausschließungsgründe müssen möglichst klar und unmissverständlich gefasst sein, damit die Mitglieder die Möglichkeit einer gegen sie ausgesprochenen Ausschließung voraussehen können.11 Diesem Erfordernis ist Genüge getan, wenn die Ausschließung tatbestandlich an die Nichterfüllung gesetzlicher, satzungsmäßiger oder einzelvertraglicher Pflichten anknüpft.12 Andererseits lassen sich nicht alle Tatbestände voraussehen, die aus der Sicht der eG eine Ausschließung rechtfertigen. Insofern ist es ausnahmsweise zulässig, als Ausschließungsgrund auch unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden, sofern diese für die Mitglieder hinreichend erkennbar und eingrenzbar sind (Rdn.5, 6). Eine Pflicht zur Ausschließung besteht grundsätzlich nicht; die eG entscheidet im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens (vgl. Rdn. 9, 10) unter Berücksichtigung des Treuegebots (Rdn. 11).
In den Satzungen sind als Ausschließungsgründe, die grundsätzlich auslegungsfä- 3 hig sind,13 oft aufgeführt: – Nichterfüllung der genossenschaftlichen Pflichten trotz schriftlicher Aufforderung unter Androhung des Ausschlusses. – Weitergabe von vertraulichen Mitteilungen der eG an Dritte,14 insb. wenn dadurch die Funktionsfähigkeit der eG gefährdet werden kann.15 Dies gilt auch bei einer Mitglieds-GmbH, wenn deren Geschäftsführer die Mitteilungen weitergegeben hat. – Auflösungsbeschluss bei einer juristischen Person, die Mitglied ist. – Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, an öffentlichen Wahlen teilzunehmen oder gewählt zu werden oder die Entziehung der Aufenthaltsgenehmigung.
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6 A.A. noch die 37. Auflage, wie jetzt hier schon OLG Stuttgart Urt. v. 21.2.1992, Az. 2 U 162/91; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 16; Müller GenG § 68 Rdn. 12 m.w.N.; Beuthien GenG § 68 Rdn. 5 . 7 BGHZ 9, 157; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 16 m.w.N. 8 Hierauf weist Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 16 hin. 9 Ausdruck des Treuegebots, Rdn. 1, sowie des Willkürverbots; OLG Hamm Urt. v. 26.5.1999, Az. 8 U 17/99; Beuthien GenG § 68 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 68 Rdn. 5. 10 Vgl. auch BGH JR 1973, 193; wie hier Müller GenG § 68 Rdn. 9; so wohl auch Menzel S. 120; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 14; vgl. Beuthien GenG § 68 Rdn. 7. 11 Menzel S. 121 m.w.N. 12 RGZ 163, 207; OLG Düsseldorf DB 1969, 2130 = ZfgG 1970, 301; OLG München BB 1974, 807 = ZfgG 1976, 74; Beuthien GenG § 68 Rdn. 3. 13 BGH WM 1958, IV. B. S. 816; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 15. 14 BGH WM 1982, 1222 = ZfgG 1982, 270 = OLG Frankfurt WRP 1989, 731; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 68 Rdn. 23 hierzu Mummenhoff ZfgG 1989, 224. 15 OLG Frankfurt WRP 1989, 731.
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§ 68 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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Fehlen oder Fortfall der satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Aufnahme in die eG.16 Mitgliedschaft in einer konkurrierenden Vereinigung
Wegen weiterer Ausschließungsgründe vgl. die folgenden Randnummern.17 Durch Satzungsänderung können – im Rahmen der Duldungspflicht (s. § 18 Rdn. 49 ff.) – neue Pflichten für die Mitglieder mit Wirkung für die Zukunft eingeführt werden. Eine andere Auffassung hätte zur Folge, dass die Entwicklung der eG blockiert wäre. Es können auch neue Ausschließungstatbestände definiert werden, die mit Eintragung der Satzungsänderung verbindlich sind (hierzu Rdn. 9 ff.). Diese können auch zum Inhalt haben, dass bei Fehlen neu festgelegter Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft ein Ausschließungsgrund gegeben ist. Hierbei ist aber auf die berechtigten Interessen der betroffenen Mitglieder die gebotene Rücksicht zu nehmen; die Gründe müssen sachlich gerechtfertigt und dürfen nicht willkürlich sein. Zulässig ist auch eine Satzungsbestimmung, die die Beteiligung/Zusammenarbeit 4 eines Mitglieds an/mit einem konkurrierenden Unternehmen oder den Betrieb eines eigenen zur eG in Wettbewerb stehenden Geschäfts als Ausschließungsgrund festsetzt.18 Als abwegig, da zu formalistisch, abzulehnen ist die Auffassung des BGH,19 dass diese Satzungsbestimmung nicht den Fall abdeckt, dass (nicht das Mitglied selbst, aber) ein Gesellschafter und Geschäftsführer an einem Konkurrenzunternehmen beteiligt ist. Eine derartige Bestimmung ist zwar in der Regel eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. § 1 GWB; durch eine solche Satzungsregelung werden jedoch weder die Gewerbefreiheit noch das Recht der freien Berufswahl (Art. 12 GG) beeinträchtigt,20 noch liegt eine verbotene Wettbewerbsbeschränkung vor.21 Derartige Wettbewerbsbeschränkungen sind unabhängig von ihrer kartellrechtlichen Legalisierungsmöglichkeit von der Anwendung des § 1 GWB ausgenommen, wenn sie genossenschaftsimmanent sind, insb. zur Sicherung des Zwecks oder der Funktionsfähigkeit der eG erforderlich sind.22 So ist bei einer Taxigenossenschaft der Ausschluss von Mischunternehmen (Taxiunternehmer, die zusätzlich Mietwagenverkehr betreiben) zur Erreichung des Genossenschaftszwecks, nämlich der satzungsgemäßen Nutzung der Funk- und Telefonzentrale ausschließlich für den Taxiverkehr, nicht notwendig, da zu weitgehend. Unter mehreren Möglichkeiten muss die am wenigsten wettbewerbsbeschränkende Maßnahme gewählt werden. Im konkreten Fall führt der BGH23 aus, dass ein Umlenken von Taxianforderungen auf Mietwagen nicht sehr erfolgversprechend sein würde und leicht aufgedeckt werden könne. Deshalb sei es nicht erforderlich, Mischunternehmer generell vorbeugend auszuschließen. Die satzungsgemäße Festsetzung von Sanktionen für nachgewiesene Verstöße (die bis zum Ausschluss gehen könnten!) würde ausreichen. Nicht gefolgt werden kann dem
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16 BGH NJW 1997, 3368; OLG Hamm Urt. v. 26.5.1999, Az. 8 U 17/99; LG Berlin Urt. v. 19.4.1996, Az. 35 O 5/96. 17 Zu Ausschließungsgründen generell Mummenhoff ZfgG 1989, 224. 18 BGHZ 27, 297 = WM 1958, 816; differenzierend BGH WRP 1986, 550; vgl. auch BGH ZfgG 1991, 66 m. abl. Anm. Roth: Sicherung der Funktionsfähigkeit einer eG berechtigt zum Ausschluss; wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 26; Beuthien Gesellschaftsrecht und Kartellrecht, ZHR 1978, 289 ff.; Sandrock Kartellrecht und Genossenschaften 1976, 60 ff. 19 ZfgG 1991, 64 m. insoweit abl. Anm. Roth. 20 BGH ebd. 21 Tätigkeitsbericht des BKA, BT-Drs. 9/565, 73. 22 BGH NJW 1993, 917 = ZIP, 1993, 384; WRP 1986, 550; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 26. 23 A.a.O.
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Ausschluss eines Mitglieds | § 68
BGH,24 soweit er hinsichtlich des Konkurrenzverbots lediglich auf den in der Satzung enthaltenen (u.U. sehr weit gefassten) Unternehmensgegenstand abstellt und nicht auf den tatsächlich ausgeübten. Die Lösung wird darin liegen, konkrete Wettbewerbshandlungen, die die Funktionsfähigkeit der eG gefährden würden, festzulegen und entsprechend konkret gefasste Wettbewerbsverbote in die Satzung aufzunehmen. Der Ausschluss ist auch dann gerechtfertigt, wenn das Mitglied ohne eigenes Zutun allein durch Auswechslung der Gesellschafter Konzerngesellschaft eines Konkurrenzunternehmens wird. Die eG würde sonst nicht nur mittelbar ihre Wettbewerber fördern, sie hätte diese zugleich als Insider in den eigenen Reihen.25 Das wäre mit dem Förderzweck und dem gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb, den beiden Hauptelementen der eG, eben so wenig zu vereinbaren wie der Beitritt des Mitglieds zur Konkurrenz.26 Das Verbot einer Doppelmitgliedschaft in konkurrierenden Handelsgenossenschaften ist vom BKartA akzeptiert worden, wenn dies zu keiner Einschränkung der Bezugsmöglichkeiten des Mitglieds führt.27 (Einzelheiten zu Fragen des Wettbewerbsrechts vgl. Einführung Rdn. 15 ff.). Ein die eG schädigendes Verhalten kann ebenfalls satzungsmäßiger Ausschlie- 5 ßungsgrund sein. Es handelt sich hier zwar um einen auslegungsbedürftigen Tatbestand; dieser ist jedoch durch die Rechtsprechung hinreichend konkretisiert worden.28 Ein derartig schädigendes Verhalten kann nicht nur in materiellen, sondern auch in ideellen Beeinträchtigungen zu erblicken sein.29 Die eG ist auch dann geschädigt, wenn der Schadenseintritt im Einzelfall abgewendet werden konnte, solange die Schädigung nur wahrscheinlich war;30 eine bloß abstrakte Gefahr reicht jedoch nicht aus.31 Das Verhalten des Mitglieds muss jedenfalls eine nach vernünftiger Auffassung beachtenswerte Schädigung des Ansehens der eG herbeiführen können.32 Derartige Fälle sind insbesondere der Verrat von Geschäftsgeheimnissen und Schädigung des Ansehens der eG durch diskriminierende Äußerungen über die eG und ihre Organe in der Öffentlichkeit. Bedenklich LG München: Schädigung des Ansehens einer gemeinnützigen WohneG, ihrer wirtschaftlichen Belange sowie die anderer Mitglieder durch Nutzung der Genossenschaftswohnung als Zweitwohnung, vgl. auch § 1 Rdn. 74.33 Gleiches gilt für ein Verhalten eines Mitglieds als Ausschließungsgrund, das mit den 6 Belangen der eG nicht vereinbar ist,34 so z.B. die sporadische Nutzung einer Genossenschaftswohnung (s. a. § 1 Rdn. 74). Die Grenzen zum schädigenden Verhalten sind insb. im Hinblick auf die Berücksichtigung auch ideeller Beeinträchtigungen fließend. So ist eine Schädigung des Ansehens der eG auch durch übermäßige Kritik an den Gesellschaftsorganen möglich.35 Dies gilt insbesondere, wenn diese Kritik nicht in der GV/VV, sondern in der Öffentlichkeit erhoben wird. Auch übermäßige Kritik insb. in der Öffentlichkeit an einzelnen Organmitgliedern sowie an der Geschäftspolitik, Konditionengestaltung etc. kann eine Ausschließung rechtfertigen. Gleiches gilt für die Zerrüttung
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24 A.a.O. 25 BGH WM 1982, 1222 = ZfgG 1983, 270. 26 BGH 27, 297. 27 Schulte Kartellrechtliche Fragen der Verbundgruppen, S. 39. 28 Vgl. hierzu OLG Stuttgart 2 U 162/91 sowie Menzel S. 122. 29 RGZ 163, 207. 30 Vgl. auch OLG Hamburg GWW 1955, 386. 31 OLG Köln ZfgG 1966, 309. 32 LG Bochum GWW 1954, 153 = ZfgG 1955, 243 Nr. 44; vgl. auch die nachfolgende Rdn. 33 ZfgWBayern 1987, 388, mit krit. Anm. Riebandt-Korfmacher. 34 Vgl. BGH DB 2003, 2643 zu lässiger Ausschluss wegen genossenschaftswidrigen Verhaltens wie hier Menzel S. 121, 122; a.A. Müller GenG § 68 Rdn. 6. 35 KG BlfG 1934, 625; KG GWW 1954, 589; OLG Nürnberg ZfgG 1958, 153; LG Hamburg GWW 1951, 25; OLG Nürnberg sowie Paulick ZfgG 1961, 457; LG Karlsruhe ZfgG 1970; AG Bremen-Blumenthal GWW 1981, 503.
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des Rufs eines Mitglieds, wenn hierdurch der Ruf der eG droht, in Mitleidenschaft gezogen zu werden.36 In diesen Fällen sind jedoch strenge Maßstäbe anzulegen.37 Nicht hingegen genügt die Verletzung einer Nebenpflicht, wie z.B. ein Verstoß gegen die Hausordnung.38 Grob fahrlässige Verstöße eines Vorstandsmitglieds gegen seine vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen können den Ausschließungsgrund grober Verletzung genossenschaftlicher Interessen enthalten (hierzu Rdn. 45);39 diese können hingegen eine Suspendierung (vgl. Erl. zu § 40), eine außerordentliche Kündigung des Dienstvertrags bzw. eine fristlose Amtsenthebung (vgl. Erl. zu § 24) rechtfertigen. Ein schädigendes oder mit den Belangen der eG unvereinbares Verhalten muss stets schuldhaft sein – Ausnahme vom Grundsatz, dass ein Verschulden nicht vorzuliegen braucht.40 Hinsichtlich der Voraussetzungen für das Verschulden vgl. Rdn. 9 a.E. Die Satzung kann jedoch bestimmen, dass ein Mitglied auch bei verminderter Zurechnungsfähigkeit ausgeschlossen werden kann, wenn es durch sein genossenschaftswidriges Verhalten unzumutbar das Ansehen oder die wirtschaftlichen Belange der eG oder ihrer Mitglieder schädigt oder zu schädigen versucht.41 7 Mit dem Wesen der eG (§ 1) ist es grundsätzlich nicht vereinbar, wenn z.B. die Mitgliedschaft lediglich unter Gesichtspunkten einer rentablen Geldanlage im Hinblick auf die Dividende erworben wird, ohne Absicht einer tatsächlichen Geschäftsverbindung. Diese Absicht wird indiziert z.B. dadurch, dass ungeachtet von Hinweisen eine wesentliche Kundenbeziehung nicht nur vorübergehend unterbleibt. Bei einem solchen Sachverhalt muss der eG das Recht zugestanden werden, die Mitgliedschaft durch Ausschluss zu beenden, da sich das Verhalten dieses Mitglieds nicht mit den Belangen der eG vereinbaren lässt. Kartellrechtliche Bedenken können schon deswegen nicht bestehen, weil das Mitglied durch sein Verhalten gezeigt hat, dass es an einer Kundenbeziehung zu der eG nicht interessiert ist. Diese Ausschlussmöglichkeit bleibt auch bestehen, wenn die Satzung investierende Mitglieder zulässt. Ein investierendes Mitglied muss als solches die Mitgliedschaft beantragen und ist als nicht nutzendes Mitglied in der Mitgliederliste gekennzeichnet; hieran knüpfen sich besondere Folgen z.B. für das Stimmrecht an. Die eG kann von sich aus ein nicht nutzendes Mitglied nicht in ein investierendes umwandeln; ihr bleibt nur der Ausschluss. 8 Ist als Ausschließungsgrund der Verstoß gegen Genossenschaftsbeschlüsse vorgesehen, fallen hierunter auch Beschlüsse des Vorstands.42 Die vom Vorstand, Aufsichtsrat und der GV/VV gefassten Mehrheitsbeschlüsse müssen auch von der überstimmten Minderheit respektiert werden. Mitglieder, in deren Rechte durch die betreffenden Beschlüsse eingegriffen wird, dürfen sich nur mit den gesetzlich zugelassenen Mitteln dagegen zur Wehr setzen. Die übrigen Mitglieder dürfen hierbei keine Unterstützung gewähren; dies gilt insb. für die Mitglieder des Aufsichtsrats.43 In der Satzung kann auch vorgesehen werden, dass nur schuldhaftes Verhalten zu 9 einer Ausschließung führt. In diesem Fall ist eine Ausschließung nicht möglich, wenn das Mitglied unzurechnungsfähig ist, auch dann nicht, wenn sein Verhalten für die eG
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36 Beispiel: eklatantes Versagen eines Mitglieds einer Architektengenossenschaft in seinem eigenen Unternehmen. 37 Paulick S. 150 f. m. Hinw. auf KG GWW 1954, 589; OLG Hamburg GWW 1951, 242; Menzel S. 122. 38 LG Bochum GWW 1949, 153 = ZfgG 1955, 243 Nr. 44; AG Hildesheim ZfgG 1964, 104. 39 OLG Bamberg ZfgG 1957, 228 Nr. 119. 40 RGZ 148, 234; RGZ 163, 206; OLG Nürnberg ZfgG 1962, 341; Menzel S. 123 m.w.N.; vgl. auch Rdn. 9. 41 Gegenschluss aus BGH GWW 1965, 326. 42 OLG Stuttgart JW 1930, 3782. 43 In dieser Allgemeinheit nicht unbedenklich, so aber OLG Hamburg GWW 1951, 242 sowie GWW 1955, 383.
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unzumutbar ist.44 Gleiches gilt grundsätzlich für den Fall der rechtlichen Betreuung. In diesem Fall muss dem Mitglied Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorzuwerfen sein, um einen rechtswirksamen Ausschluss zu begründen.45 Die Frage, ob ein schuldhaft genossenschaftswidriges Verhalten vorliegt, richtet sich nach genossenschaftlichen Grundsätzen. Der Auszuschließende handelt schuldhaft, wenn ihm bei der gebotenen Sorgfalt hätte bewusst werden müssen, dass sein Verhalten einen satzungsmäßigen Ausschließungsgrund erfüllen würde. Beim Sorgfaltsmaßstab ist darauf abzustellen, ob diese Kenntnis auch eine dem Mitglied im Hinblick auf Bildungsstand, persönliche Fähigkeiten und soziale Herkunft vergleichbare Person gehabt hätte.46 Hat ein Mitglied einen satzungsmäßigen Ausschließungsgrund erfüllt, besteht nicht 10 grundsätzlich die Pflicht, dieses Mitglied aus der eG auszuschließen. Allerdings ist das für die Ausschließung zuständige Organ (vgl. Rdn. 18) gehalten, bei Vorliegen eines derartigen Ausschließungstatbestands im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, ob die Ausschließung gerechtfertigt ist; eine Pflichtverletzung liegt vor, sobald dieses Organ entweder die Prüfung nicht vornimmt oder eine Entscheidung trifft, die nicht mehr im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens liegt.47 Letzteres wäre z.B. gegeben, wenn ein Ausschließungsgrund durch zwei Mitglieder gemeinsam erfüllt wird, jedoch nur ein Mitglied von beiden ausgeschlossen wird. Im Übrigen rechtfertigen unterschiedliche Sachverhalte, z.B. auch eine geänderte wirtschaftliche Situation der eG, eine unterschiedliche Behandlung (vgl. hierzu auch Rdn. 14). Bei Reduzierung des Ermessensspielraums auf „Null“ muss ausgeschlossen werden.48 III. Schranken der Ausschließung Bei dem Ausschluss ist in erster Linie das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben 11 abgeleitete gegenseitige Treueverhältnis zu berücksichtigen.49 Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel (siehe auch Rdn. 12). Grundsätzlich ist das schonendere Mittel anzuwenden. Die Treuepflicht der eG ist umso größer, je länger die Mitgliedschaft besteht.50 Die Treuebindung steht der Geltendmachung des eigentlich erfüllten Ausschließungsgrundes u.U. entgegen: eine offenbare Geringfügigkeit der Folgen der Verfehlungen des Mitglieds kann den Ausschluss wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben nichtig machen.51 Es müssen jedoch auch die Nachteile für das Mitglied berücksichtigt werden. Erleidet ein Mitglied durch den Ausschluss keine wesentlichen Nachteile, ist der Ausschluss zulässig. Andererseits hindern auch erhebliche Nachteile für das Mitglied nicht die Ausschließung, wenn das Interesse der eG an einem ungestörten Genossenschaftsbetrieb vorrangig ist; so verstößt die Ausschließung aus einer WohneG selbst dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Ausgeschiedene, der bei fast jeder Maßnahme der eG in Opposition gestanden und dadurch erhebliche Spannungen zwischen
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44 BGH ZfgG 1972, 222; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 14. 45 Vgl. RG JW 1932, 1010; RGZ 148, 225 = JW 1935, 2719; RGZ 163, 200 = BlfG 1940, 127. 46 Vgl. hierzu Menzel S. 123. 47 Müller GenG § 68 Rdn. 11. 48 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 4. 49 BGH ZfgG 1961, 84 m. Anm. Paulick; BGH ZfgG 1971, 297 m. Anm. Westermann; OLG Hamburg BB 1951, 430 = ZfgG 1955, 242 Nr. 32, OLG Bamberg ZfgG 1957, 228; OLG Köln ZfgG 1966, 307; OLG Düsseldorf DB 1969, 2130 = ZfgG 1970, 301 Müller GenG § 68 Rdn. 19; Menzel S. 138; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 29. 50 BGHZ 31, 37; Pflicht zur Interessenabwägung, MDR 1960, 999. 51 OLG Hamburg BB 1951, 430 = ZfgG 1955, 242 Nr. 32 = GWW 1951, 242; OLG Düsseldorf DB 1969, 2130 = ZfgG 1970, 301 m. krit. Anm. Schultz; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 29.
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ihm, den Mitgliedern des Aufsichtsrats und dem Vorstand hervorgerufen hat, infolgedessen seine Wohnung verlieren kann.52 Dagegen kein Verstoß gegen die genossenschaftliche Treuepflicht durch Gründung eines organisierten Zusammenschlusses einzelner Mitglieder zwecks Verfolgung bestimmter Ziele, hier „Mieterschutzgemeinschaft“.53 Grundsätzlich kann gesagt werden, dass, je mehr die Arbeitsfähigkeit und der innere Frieden der eG gefährdet ist, desto eher ein Ausschluss angebracht sein muss,54 um im Interesse eines jeden Mitglieds sicherzustellen, dass die eG durch eine wirkungsvolle persönliche Zusammenarbeit ihrer Zwecksetzung gerecht werden kann.55 Bringt die Ausschließung wesentliche Nachteile mit sich, ist sie in der Regel nur dann gerechtfertigt, wenn der Verstoß gegen die satzungsmäßigen Pflichten trotz Androhung des Ausschlusses fortgesetzt wird oder der Verstoß so schwerwiegend ist, dass das Mitglied sich im Hinblick auf die Art des Verstoßes sagen muss, dass die sofortige Ausschließung zu erwarten sei (s. auch Rdn. 23). Bei einer Produktivgenossenschaft ist die Doppelbeziehung Mitglied – Arbeitneh12 mer zu berücksichtigen. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die Mitglieder ein uneingeschränktes Recht auf Arbeit haben und deshalb nicht ausgeschlossen werden dürfen.56 Ist eine Weiterbeschäftigung in der eG unzumutbar, gefährdet sie ggf. die Existenz der eG, ist eine Kündigung zulässig. Ob ein Ausschluss zulässig ist, richtet sich nach der Satzungsregelung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Treuepflichten. Hinsichtlich der Kündigung des Arbeitsverhältnisses sind wegen dieser Treuepflichten die Grenzen enger zu ziehen als die arbeitsrechtlichen Grenzen.57 Grundsätzlich sind bei Verletzung vertraglicher Pflichten auch bei einem Genos13 senschaftsmitglied regelmäßig die nach diesem Vertrag gegebenen Rechtsmöglichkeiten das gegebene, angemessene und ausreichende Mittel zur Wahrnehmung der Interessen der eG; das Ausschließungsverfahren dazu zu benutzen, auf die Mitglieder einen Druck zur Erfüllung rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen auszuüben und streitige Zahlungsansprüche durchzusetzen, ist in der Regel missbräuchlich.58 14 Eine weitere Schranke setzt der Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verbietet eine Ausschließung, wenn ein anderes Mitglied bei Vorliegen desselben Sachverhalts nicht ausgeschlossen wurde und auch keine besonderen Gesichtspunkte vorliegen, die eine unterschiedliche Behandlung im Übrigen rechtfertigen.59 Es sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, z.B. – die Schwere der Pflichtverletzung, bei der auch persönliche Umstände des Mitglieds zu berücksichtigen sind, seine Ausbildung, Einsichtsfähigkeit etc., – die Höhe des der eG zugefügten Schadens, wobei jeweils auf die konkret wirtschaftliche Situation abzustellen ist, – die Wiederholungsgefahr,
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52 OLG Hamburg GWW 1955, 383. Vgl. auch § 1 Rdn. 70 ff. 53 KG GWW 1954, 589. 54 OLG Hamburg a.a.O.; Paulick S. 151. 55 Menzel S. 139. 56 So aber LG Berlin Urt. v. 17.10.1995, Az. 35 O 26/95. 57 S.a. § 65 Rdn. 31. 58 OLG Hamburg GWW 1951, 242; OLG Düsseldorf DB 1969, 2130 = ZfgG 1970, 301 m. Anm. Schultz; zu weitgehend Müller GenG § 68 Rdn. 19, der diese Einschränkung nicht macht, sondern grundsätzlich bei der Erfüllung eines Ausschließungstatbestands auch ein Interesse an der Ausschließung bejaht, das nur ausnahmsweise entfallen kann oder gegenüber anderen Interessen zurücktreten muss. 59 Vgl. BGH ZfgG 1971, 297 m. Anm. Westermann; OLG Bamberg Urt. v. 30.5.1988, Az. 4 U 231/87; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 31; Müller GenG § 68 Rdn. 18.
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die Häufung bestimmter Sachverhalte, die es erforderlich macht, ein Exempel zu statuieren. Allerdings wäre eine Ausschließung, um ein „Exempel zu statuieren“ unzulässig, wenn die eG im Übrigen derartige satzungsmäßigen Ausschließungstatbestände bisher nicht geahndet hatte.60 Etwas Anderes würde jedoch gelten, wenn der Vorstand einen Grundsatzbeschluss fasst, in Zukunft – nach Vorankündigung, ggf. unter Setzung einer Übergangsfrist – derartige Sachverhalte nicht mehr hinzunehmen, sondern ggf. mit der Ausschließung zu ahnden.61 Im Übrigen werden die Sachverhalte unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze jedoch nur in seltenen Fällen so deckungsgleich sein, dass eine Ausschließung wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes unzulässig wäre.62
Einer Ausschließung kann ggf. auch die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben 15 abgeleitete Einwendung der Verwirkung entgegenstehen. Verwirkung ist dann gegeben, wenn die eG den Ausschließungsgrund über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend macht und dadurch in dem Mitglied das Vertrauen erweckt, dass eine Ausschließung aufgrund dieses Sachverhalts nicht mehr erfolgen wird.63 Die Grenzen zum widersprüchlichen Verhalten als Ausschließungsbeschränkung sind fließend. Eine Verwirkung kommt nicht in Betracht, solange das für die Ausschließung zuständige Organ keine Kenntnis von dem Sachverhalt erlangt hat.64 Im Zusammenhang mit dem Zeitraum, der abgelaufen sein muss, um Verwirkung eintreten zu lassen, ist von Bedeutung, dass für die Ausübung der Ausschließungsbefugnis keine gesetzliche Frist vorgeschrieben ist. Die eG soll im Stande sein, jeden Einzelfall umfassend zu würdigen und dabei eine mögliche zukünftige Entwicklung mit in ihre Überlegungen einzubeziehen.65 Das Mitglied kann im Zweifel nicht erwarten, dass die Entscheidung kurzfristig fällt.66 Allenfalls eine sehr lang anhaltende Passivität der eG nach Kenntniserlangung vom Ausschließungsgrund kann zu der Vermutung führen, dass die eG von einer Ausschließung Abstand nehmen wolle.67 Ein allgemein gültiger Maßstab kann nicht aufgestellt werden. Bei der Fristbemessung spielt neben der Bedeutung des Ausschließungsgrundes die Frage eine Rolle, ob der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt ist, in welchen Zeitabständen das für die Ausschließung zuständige Organ normalerweise zusammentritt und welche Hindernisse einer außerplanmäßigen Zusammenkunft entgegenstehen.68 Bei vorsätzlicher Schädigung der eG ist nach RG in einem bestimmten Fall Verwirkung eingetreten, nachdem 15 Monate vergangen sind, ehe die Ausschließung beschlossen wurde.69 Ein besonderer Fall der Verwirkung ist gegeben, wenn sich die eG sonst in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzen würde.70 Hat das für die Ausschließung zuständige Organ gegenüber dem Auszuschließenden den Eindruck erweckt, dass es von einer Ausschließung endgültig Abstand nehme und hat hierauf der Auszuschließende vertraut, so
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60 Vgl. zum Vorstehenden auch Müller GenG § 68 Rdn. 18. 61 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 32; Müller GenG § 68 Rdn. 13. 62 So mit Recht Müller GenG § 68 Rdn. 18. 63 RGZ 129, 45; OLG Bamberg ZfgG 1957, 228 Nr. 119; OLG Stuttgart ZfgG 1991, 66 m. Anm. Roth; Müller GenG § 68 Rdn. 14. 64 Hinsichtlich der Frage, wer Kenntnis erlangen muss, vgl. Rdn. 24. 65 Menzel S. 132. 66 Genieser S. 43. 67 Menzel S. 132. 68 Menzel S. 132. 69 RGZ 129, 45. 70 Venire contra factum proprium, abgeleitet aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB.
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würde die Ausschließung gegen Treu und Glauben verstoßen.71 Hat die eG trotz Kenntnis von einem Ausschließungsgrund72 das genossenschaftliche Verhältnis fortgesetzt, so kann sie den Ausschluss nicht mehr vornehmen.73 Gleiches gilt, wenn das für den Ausschluss zuständige Organ denselben Sachverhalt – der jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen vorliegen wird (vgl. Rdn. 14) – schon einmal als für einen Ausschluss nicht ausreichend erklärt hat.74 In dieser Ablehnung liegt die Anerkennung bzw. Bestätigung des Mitgliedschaftsrechts. Von dieser rechtsverbindlichen Erklärung kann die eG nicht einseitig wieder zurücktreten.75 Erforderlich wäre ein neues Ausschlussverfahren aufgrund neuer Tatsachen, die eine von der früheren Entscheidung abweichende Beurteilung rechtfertigt.76 Eine weitere Einschränkung ist gegeben, wenn die Ausschließung zu einer unzuläs16 sigen Wettbewerbsbeschränkung aus kartellrechtlichen Gründen i.S.v. § 1 GWB führen würde.77 § 20 Abs. 2 GWB untersagt marktbeherrschenden Unternehmen bzw. Unternehmen, von denen Anbieter bzw. Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen, ein diskriminierendes Verhalten gegenüber diesen anderen Unternehmen. Wenn eine eG sich in einer derartigen Position befindet, kann eine Ausschließung nach § 20 Abs. 2 GWB unzulässig sein, wenn die Ausschließung für das Mitglied eine unbillige Behinderung oder eine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung mit sich bringt. Wenn die eG nach der Ausschließung den Geschäftsverkehr mit dem Mitglied aufrechterhält, ist jedoch grundsätzlich gegen eine Ausschließung nichts einzuwenden.78 Dies gilt umso mehr, wenn die eG eine Monopolstellung innehat. Auch hier kann eine Ausschließung erfolgen, wenn dem Ausgeschlossenen weiterhin die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Geschäftsbetriebs der eG geboten wird. Ansonsten kann der Ausschluss nur wirksam beschlossen werden, wenn ein Aufnahmeantrag in derselben Situation abgelehnt werden durfte.79 Hinsichtlich neu aufgestellter Ausschließungstatbestände stellt in bestimmtem Um17 fang das Verbot der Rückwirkung eine weitere Beschränkung dar. Hierbei ist zwischen der echten und unechten Rückwirkung zu unterscheiden. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn durch Satzungsänderung ein Ausschließungsgrund aufgestellt wird, der auf einen bereits in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt angewendet werden soll; eine derartige Satzungsbestimmung kann einen Ausschluss für die Vergangenheit grundsätzlich nicht rechtfertigen,80 da das Mitglied sein Verhalten nicht darauf einstellen konnte. Eine Ausnahme ist nur dann denkbar, wenn der von der neuen Satzungsregelung erfasste Sachverhalt zeitlich zwischen der Beschlussfassung durch die GV/VV und der Eintragung in das Genossenschaftsregister liegt; wobei jedoch vorauszusetzen ist, dass das Mitglied diesen Beschluss kannte oder offensichtlich davon wissen muss-
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71 Vgl. BGHZ 25, 52; BGH DB 1969, 1996. 72 Kenntnis des einzelnen Vorstandsmitglieds genügt, KGJ, 33, 104, oder – falls ein einzelnes Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zu gesetzlichen Vertretung der eG befugt ist – Kenntnis des Prokuristen genügt. 73 RGZ 129, 45; OLG Bamberg ZfgG 1957, 228 Nr. 19. 74 RGZ 51, 89. 75 RGZ 51, 89. 76 RGZ 51, 89; 117, 204; BGHZ 27, 304/305; LG Stuttgart Urt. v. 21.2.1986, Az. 3 KfH O 117/85. 77 Vgl. die zusammenfassende Darstellung in Einführung Rdn. 8 ff. 78 Vgl. im Einzelnen Menzel S. 136; Immenga/Mestmäcker/Markert § 20 Rdn. 154 ff. 79 BGH NJW 1997, 3368. 80 Vgl. auch BGH NJW 1971, 881 zum Verein; LG Berlin Urt. v. 19.4.1996, Az. 35 O 5/96; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 10; Menzel S. 120.
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te.81 Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn durch Satzungsänderung Ausschließungsgründe aufgestellt werden, die an gegenwärtig vorhandene Dauerzustände anknüpfen, z.B. Entmündigung, Verlegung des Wohnsitzes, Einstellung des Geschäftsbetriebs, Insolvenz.82 Stets ist jedoch zu prüfen, ob nicht ausnahmsweise der Vertrauensschutz des Mitglieds Vorrang vor den Interessen der eG hat.83 Die Einführung einer Satzungsbestimmung, dass ein Mitglied ausgeschlossen werden kann, wenn es sich an einem Konkurrenzunternehmen beteiligt, verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Sie knüpft zwar an einen in der Vergangenheit begründeten, jedoch bis in die Gegenwart fortwirkenden Zustand an. Die Mitglieder müssen auch damit rechnen, dass die eG zum Schutze ihrer Selbsthilfeorganisation gegen Interessenkonflikte die Doppelmitgliedschaft zum Gegenstand einer Regelung in der Satzung macht.84 IV. Zuständigkeit für die Ausschließung Von welchem Organ der Ausschließungsbeschluss zu fassen ist, ist der Satzung über- 18 lassen. Beim Fehlen einer Satzungsregelung ist der Vorstand als Leitungsorgan zuständig.85 Dies gilt auch, wenn der Auszuschließende Vertreter ist.86 Die Satzung kann die Zuständigkeit des Aufsichtsrats oder der GV/VV, aber auch die Bildung eines besonderen Ausschließungsorgans vorsehen. Es können auch mehrere Organe nebeneinander für zuständig erklärt werden.87 Die Satzung kann nicht Prokuristen für zuständig erklären.88 Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Ausschließung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, vgl. Rdn. 45 ff. Es dürfen auch die Vorstandsmitglieder mitwirken, mit denen der Auszuschließende sich im Streit befindet. Sonst hätte es der Auszuschließende in der Hand, die Zusammensetzung des Vorstands bei dieser Entscheidungsbildung dadurch zu beeinflussen, dass er ihm nicht genehme Mitglieder persönlich angreift und hierdurch von der Mitwirkung ausschließt bis hin zum Extremfall, dass er alle Mitglieder angreift und den Vorstand insgesamt blockiert.89 Jedenfalls kann der Vorstand neben seinem Ausschließungsbeschluss eine Beschlussfassung durch die GV/VV herbeiführen. V. Verfahren der Ausschließung 1. Rechtliches Gehör. Der Auszuschließende hat einen Anspruch auf rechtliches 19 Gehör; dieser ergibt sich zwar nicht aus Artikel 103 Abs. 1 GG,90 jedoch aus der genos-
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81 Vgl. auch BVerfGE 1, 280; 8, 304; 13, 272; so Menzel S. 120. 82 BVerfGE 11, 145; BVerfGE 25, 154; BVerfGE 30, 402; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 10; Müller GenG § 68 Rdn. 7; Menzel S. 120. 83 BVerfGE 13, 278; BVerfGE 25, 290; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 10; Müller GenG § 68 Rdn. 7; Menzel S. 121; s.a. OLG Düsseldorf BB 1968, 1260 = ZfgG 1970, 397, 98 m. Anm. H.-P. Westermann. 84 LG Stuttgart Urt. v. 21.2.1986, Az. 3 KfH O 117/85. 85 RGZ 129, 47; dem Reichsgericht folgend BGHZ 31, 192 = GWW 1960, 95; Genieser S. 59; Müller GenG § 68 Rdn. 22 m. zahlr. weiteren Nachweisen; a.A. Beuthien GenG § 68 Rdn. 14; Menzel S. 11, der die GV für zuständig hält; es wird übersehen, dass auch für die Zulassung zum Beitritt der Vorstand zuständig ist, wenn in der Satzung nichts Anderes geregelt ist. 86 BGH NJW 2002, 64 = WM 2001, 2299 = ZIP 2001, 2177 = BB 2001, 2393 = DB 2002, 368; Anm. Schwarz ZfgG 2003, 249; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 36. 87 KGJ 36, 264. 88 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 36. 89 OLG Nürnberg ZfgG 1961, 454 m. Anm. Paulick; LG Stuttgart ZfgG, 1989, 224 m. krit. Anm. Mummenhoff; zur Neutralität in derartigen Fällen Müller GenG § 68 Rdn. 24; wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 36; a.A. Beuthien GenG § 68 Rdn. 14 (GV ist zuständig). 90 BGH NJW 1959, 982; Menzel S. 22; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 40.
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senschaftlichen Treuepflicht.91 Zu diesem Zweck ist einem Mitglied, das ausgeschlossen werden soll, zwecks Vermeidung der Unwirksamkeit der Ausschließung regelmäßig von der beabsichtigten Ausschließung unter Mitteilung der Gründe Kenntnis und vor der Beschlussfassung über die Ausschließung Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben.92 Hierbei ist dem Auszuschließenden eine angemessene Frist für seine Stellungnahme einzuräumen; diese muss so bemessen sein, dass der Auszuschließende in der Lage ist, seine Stellungnahme sachgerecht vorzubereiten.93 Die Mitteilung muss alle wesentlichen Gesichtspunkte – unter Bezugnahme auf die satzungsmäßigen Ausschließungsgründe unter Nennung der einschlägigen Satzungsregelung – umfassen, auf die die Ausschließung gestützt wird; die bloße Mitteilung, man werde irgendwelche Maßnahmen ergreifen, reicht nicht aus.94 Der Sachverhalt muss so genau umschrieben werden, dass das Mitglied zuverlässig erkennen kann, was ihm zum Vorwurf gemacht werden soll. Entsprechendes gilt für den Ausschließungsbeschluss. Der Betroffene muss wissen, gegen welche Feststellungen und Wertungen er sich im Einzelnen wehren will.95 Zumindest dann ist rechtliches Gehör zu gewähren, wenn die Ausschließung auf 20 einen Sachverhalt gestützt wird, bei dessen Beurteilung dem freien Ermessen der Beteiligten beträchtlicher Spielraum bleibt und die Möglichkeit, dass der von der Ausschließung Betroffene durch eine Darlegung seines Verhaltens und seiner Beweggründe Einfluss auf die Meinung der Beschließenden gewinnt, nicht von vornherein gänzlich ausgeschlossen ist.96 Rechtliches Gehör ist mithin möglicherweise entbehrlich, wenn die Möglichkeit des 21 Mitglieds, auf die Entscheidung des beschließenden Organs einzuwirken, von vornherein aussichtslos ist.97 In diesem Fall würde die Anhörung zur bloßen Formalie, die sich nicht mehr aus der genossenschaftlichen Treuepflicht rechtfertigen lässt.98 Oder wenn es unstreitig oder offensichtlich ist, dass ein satzungsgemäßer Ausschlussgrund vorliegt. Wenn die Satzung vorsieht, dass vor der Beschlussfassung dem Auszuschließenden Gelegenheit zu geben ist, sich zu dem beabsichtigten Ausschluss zu äußern, ist rechtliches Gehör auch in diesen Fällen zu gewähren. Gewährung rechtlichen Gehörs ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn der Ausschluss nach der Satzung wegen einer Verurteilung zum Verlust öffentlicher Ämter usw. gem. § 45 StGB erfolgt,99 wenn die Abstimmung auch ohne Anhörung des Betroffenen mit Sicherheit (z.B. bei einer gebundenen Ent-
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91 Vgl. BGH Urt. v. 20.9.2010 – II ZR 17/09, DStR 2010, 2319; BGH DB 1996, 1273; NJW 1959, 982; LG Karlsruhe ZfgG 1970, 881; Menzel S. 23 mit zahlr. Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 14a, 40. 92 OLG Augsburg JW 1926, 2098; OLG Celle ZfgG 1965, 59; OLG Köln ZfgG 1966, 308 = GWW 1965, 348; Menzel S. 24; BGHZ 27, 298 lässt offen, ob es der Versagung des rechtlichen Gehörs gleichkommt, wenn der Auszuschließende zwar Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat, er aber zu deren Vorbereitung mehr Zeit brauchte als ihm gewährt worden ist; zur Frage des rechtlichen Gehörs vgl. auch BGH NJW 1960, 1861 = GWW 1960, 406. 93 OLG Nürnberg GWW 1963, 408 = ZfgG 1961, 454; OLG München GWW Bayern 1956, 554; ZfgG 1957, 228; Müller GenG § 68 Rdn. 31. 94 OLG Celle ZfgG 1965, 59; OLG Köln ZfgG 1966, 308; LG Stuttgart Urt. v. 30.11.1983, Az. 22 O 336/83; Menzel S. 24. 95 OLG Düsseldorf Urt. v. 11.10.1974; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 41. 96 RGZ 171, 208; OLG Celle ZfgG 1965, 60; OLG Dresden BlfG 1936, 116; Menzel S. 25; a.A. Müller GenG § 68 Rdn. 33. 97 Vgl. hierzu, aber wohl zu weitgehend RGZ 169, 338; BGH GWW 1960, 406 sowie vorstehende Zitate; a.A. LG Stuttgart Urt. v. 30.11.1983, Az. 22 O 336/83; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 42; Beuthien GenG § 68 Rdn. 16; Müller GenG § 68 Rdn. 33. 98 Nicht unbedenklich, so aber Menzel S. 26. 99 RGZ 169, 338.
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scheidung ohne Ermessen) zu keinem anderen Ergebnis führen könnte100 oder wenn dies der eG unmöglich ist oder wo dies mit unzumutbaren Schwierigkeiten für die eG verbunden ist;101 dies gilt z.B., wenn ein Mitglied wegen Änderung des Aufenthaltsorts für die eG ohne unzumutbaren Aufwand nicht mehr erreichbar ist.102 Denkbar in diesem Fall auch, die Aufforderung zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs im Bekanntmachungsorgan der eG anzuzeigen, datenschutzrechtliche Bedenken, wenn der Betroffene eine natürliche Person ist, bestehen nicht, da die Interessenabwägung des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG eindeutig für die eG spricht und ggf. nur so der Auszuschließende doch noch erreicht werden kann. Jedoch kann nicht auf die Anhörung nur deshalb verzichtet werden, weil dem Auszuschließenden in der genossenschaftlichen Rechtsmittelinstanz Gelegenheit zur Verteidigung gegeben wird.103 Grundsätzlich kann der Auszuschließende selbst entscheiden, ob und in welcher 22 Form er sich rechtfertigen will, ob schriftlich oder im Rahmen einer mündlichen Aussprache;104 die Einräumung eines Wahlrechts ist Ausfluss der Treuepflicht der eG gegenüber dem Mitglied. Kein Recht auf mündliche Anhörung, wenn der Auszuschließende sich nur durch die Vorlage von Urkunden rechtfertigen kann. Der Auszuschließende braucht sich nicht persönlich zu rechtfertigen, dies kann auch durch einen von ihm Bevollmächtigten erfolgen. 105 Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führt grundsätzlich zur Nichtigkeit des Ausschließungsbeschlusses, da es bei Beschlüssen von Vorstand und Aufsichtsrat keine Anfechtbarkeit gibt.106 2. Ausschließungsbeschluss a) Mehrheiten. Das zuständige Organ fasst den Beschluss mit der üblicherweise für 23 seine Beschlussfassung erforderlichen Mehrheit; die Satzung kann gesonderte Regelungen treffen. Gleiches gilt hinsichtlich der Beschlussfähigkeit des zuständigen Organs. Der Auszuschließende hat bei der Beschlussfassung über seinen Ausschluss Stimmrecht; keine analoge Anwendung von § 43 Abs. 6.107 b) Inhalt des Ausschließungsbeschlusses. Der Ausschluss kann zu keinem ande- 24 ren als dem gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt, das ist der Schluss des laufenden Geschäftsjahres, beschlossen werden. Wird in dem Beschluss gleichwohl ein anderer Zeitpunkt angegeben, so macht dies jedoch die Ausschließung selbst regelmäßig nicht unwirksam.108 Der Ausschließungsbeschluss hat die Tatsachen, auf denen die Ausschlie-
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100 BGH GWW 1960, 406; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 42. 101 Paulick S. 152. 102 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 42; Beuthien GenG § 68 Rdn. 15; Müller GenG § 68 Rdn. 33; Menzel S. 26. 103 So aber BGH MDR 1965, 834; OLG Köln GWW 1965, 348 = ZfgG 1966, 307; LG Karlsruhe GWW 1969, 222 m. Anm. = ZfgG 1970, 88; wie hier LG Stuttgart Urt. v. 30.11.1983, Az. 22 O 336/83; Müller GenG § 68 Rdn. 33 und wohl auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 10, die mit Recht darauf hinweisen, dass die Wirkung des Ausschlusses nach Abs. 4 schon mit der Absendung des Ausschließungsbeschlusses eintritt und so die Rechte des Mitglieds bereits geschmälert werden. Auch ginge ihm sonst eine Entscheidungsinstanz verloren. 104 Genieser S. 64; Müller GenG § 68 Rdn. 31; Menzel S. 25; Sauter/Schweyer/Waldner Rdn. 362. 105 RGZ 129, 46; Müller GenG § 68 Rdn. 32; Menzel S. 27. 106 BGH DB 1996, 1273; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 43 m.w.N. 107 RGZ 81, 37; OLG Köln NJW 1968, 992 zum e.V.; Paulick S. 247; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 37; Beuthien GenG § 68 Rdn. 13; Müller GenG § 68 Rdn. 27; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 68 Rdn. 14; Menzel S. 14. 108 KG JW 1938, 1177 = JFG 17, 142.
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ßung beruht, sowie den gesetzlichen und satzungsmäßigen Ausschließungsgrund anzugeben, um dem Ausgeschlossenen u.U. die Wahrnehmung seiner Rechte im genossenschaftsinternen Rechtsweg oder vor den ordentlichen Gerichten zu ermöglichen.109 Im Prozess über die Rechtmäßigkeit der Ausschließung können Tatsachen nachgeschoben werden, die zeitlich vor der Beschlussfassung liegen und den gesetzlichen oder satzungsmäßigen Ausschließungsgrund erfüllen. Bis zum Beweis des Gegenteils ist dann anzunehmen, dass diese Tatsachen die Ausschließung herbeigeführt haben.110 Ist im Beschluss ein Ausschließungsgrund ausdrücklich angegeben, so kann ein neuer Grund nicht nachgeschoben werden; es könnte vielmehr nur ein neues Ausschließungsverfahren eingeleitet werden.111 Gleiches gilt für das Nachschieben von Tatsachen. c) Mitteilung des Ausschließungsbeschlusses. Gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 ist der Beschluss, durch welchen das Mitglied ausgeschlossen wird, diesem vom Vorstand ohne Verzug mittels eingeschriebenen Briefs mitzuteilen. Das Schreiben ist zu unterzeichnen, durchgeschriebene Unterschrift genügt nicht. Über den Wortlaut hinaus ist nicht nur die Tatsache der Ausschließung, sondern auch die Begründung dem Gebot der genossenschaftlichen Treuepflicht entsprechend mitzuteilen, um dem Ausgeschlossenen die Möglichkeit zu gewähren, zumindest zu prüfen, ob er seine Rechte gerichtlich wahrnehmen soll.112 Die Mitteilung braucht keine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung gelten nicht für das Ausschlussverfahren. Es empfiehlt sich aber dennoch, dem Ausgeschlossenen mitzuteilen, welches genossenschaftsinterne Rechtsmittel gegen den Beschluss zur Verfügung steht.113 Abs. 3 ist eine bloße Ordnungsvorschrift.114 Deshalb kann die schriftliche Mitteilung des Ausschließungsbeschlusses auch dem Mitglied ausgehändigt werden; auch genügt eine mündliche Mitteilung an den Ausgeschlossenen in der GV/VV; die Ausschließung bleibt wirksam. Dem Wortlaut des Abs. 2 Satz 1 entsprechend müsste auch bei Mitgliedern, deren ge26 genwärtiger Wohnsitz unbekannt ist, eine Benachrichtigung erfolgen; diese könnte nur an die letzte bekannt gewordene Adresse geschickt werden. Eine derartige Verfahrensweise kann jedoch in bestimmten Fällen eine bloße Formalie sein, nämlich z.B. dort, wo über einen Zeitraum von mehreren Jahren Mitteilungen der eG als unzustellbar zurückkamen. In diesen Fällen wird es vertretbar sein, von einer Mitteilung nach Abs. 2 Abstand zu nehmen.115 Hierfür spricht auch die Einordnung des Abs. 2 Satz 1 als Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung das Ausscheiden des Ausgeschlossenen nicht hindert.116 25
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d) Rücknahme des Ausschließungsbeschlusses. Eine Rücknahme des Ausschließungsbeschlusses ist bis zur Beendigung der Mitgliedschaft – auch noch nach (deklaratorischer) Eintragung in die Liste der Mitglieder – möglich; danach jedoch nur er-
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109 BGH WM 1989, 1508; bedenklich RGZ 88, 193, das es nicht für erforderlich hält, dass der Ausschließungsbeschluss erkennen lässt, aus welchem Grund die Ausschließung erfolgte; auch OLG Nürnberg ZfgG 1960, 350 = GWW 1963, 408 hält eine Begründung nicht für erforderlich; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 38 m.w.N. 110 RGZ 88, 193; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 38. 111 BGHZ ZfgG 1983, 270; RG JW 1932, 1010; OLG Düsseldorf ZfgG 1970, 301 m. Anm. Schultz; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 38. 112 So auch Müller GenG § 68 Rdn. 38; Beuthien GenG § 68 Rdn. 16; a.A. RGZ 88, 193. 113 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 45. 114 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 47; Beuthien GenG § 68 Rdn. 16. 115 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 45; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 68 Rdn. 25. 116 Bachmann S. 10; Bohnenberg S. 37; Hürter S. 32; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 11, 45; Beuthien GenG § 68 Rdn. 17; Siampos S. 108; Strenger S. 45; a.A. Menzel S. 31; Müller GenG § 68 Rdn. 39.
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neuter Beitritt zur eG. Der dem Mitglied zugesandte Ausschließungsbeschluss kann nicht ohne Mitwirkung des Mitglieds rückgängig gemacht werden, da er eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist.117 VI. Rechtsfolgen des Ausschließungsbeschlusses Bei Abs. 2 handelt es sich um eine Sonderbestimmung zugunsten der eG, aus 28 der der Ausgeschlossene keine Rechte ableiten kann.118 Der Eintritt der in Abs. 2 Satz 2 festgesetzten Wirkungen ist vom tatsächlichen Vorliegen eines rechtmäßigen Ausschließungsgrundes nicht abhängig.119 Abs. 2 Satz 2 setzt auch nicht voraus, dass das zur Ausschließung berufene Organ mangelfrei bestellt worden ist; es genügt, dass es mit Billigung der Mehrheit die Funktion ausübt.120 In Abs. 2 kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, dem Ausgeschlossenen die Möglichkeit einer Einflussnahme im weitesten Sinn auf die Willensbildung in der eG zu verwehren. Hieraus leiten sich die nachstehenden Rechtsfolgen ab. Das Teilnahmerecht an der GV/VV erlischt mit der Absendung der Mitteilung des 29 Ausschließungsbeschlusses. Wird der Einschreibebrief sofort nach Fassung des Beschlusses während der GV/VV abgesandt oder ausgehändigt, kann der Ausgeschlossene noch aus derselben entfernt werden. Auch das Antragsrecht, Rede- und Stimmrecht erlischt. Das Teilnahmerecht kann jedoch im Wege einer einstweiligen Verfügung gerichtlich sichergestellt werden. 121 Auch sein Recht, Anfechtungsklage gegen GV/VV-Beschlüsse zu erheben, erlischt (§ 51 Rdn. 35). Der Beschluss wirkt aber nur vorläufig.122 Die Absendung führt insbesondere nicht dazu, dass zu diesem Zeitpunkt das Vertreteramt erlischt.123 Wird rechtskräftig festgestellt, dass der Ausschließungsbeschluss unwirksam ist, entfaltet dies zwar keine Rückwirkung, lässt aber das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht des Vertreters an der VV wieder aufleben (§ 68 Rdn. 43).124 Mit Absendung des Ausschließungsbeschlusses rückt der Ersatzvertreter an die Stelle des ausgeschlossenen Vertreters. Der zum Vertreter aufgerückte Ersatzvertreter wird wieder zum bloßen Ersatzvertreter, wenn rechtskräftig festgestellt wird, dass der Ausschließungsbeschluss unwirksam ist.125 War der Ausgeschlossene Vertreter, ruht dieses Amt; an seine Stelle tritt ein Er- 30 satzvertreter. War der Ausgeschlossene Ersatzvertreter, ruht auch diese Anwartschaft auf Erwerb des Vertreteramtes. Des Weiteren erlischt sein Recht auf Beteiligung an der Einberufung der GV (§ 34 Abs. 1) sowie sein Recht auf Beteiligung an der Ergänzung der Tagesordnung (§ 45 Abs. 2). Gleiches gilt im Hinblick auf seine Rechte bei bestehender VV. Auch erlischt sein aktives wie passives Wahlrecht zur VV. Der Ausgeschlossene hat auch nicht das Recht, einem Dritten Vollmacht für die Teilnahme an der GV zu erteilen. Umstritten ist, ob in dem Teilnahmeverbot an der GV auch das Verbot enthalten ist, als
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117 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 45; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 68 Rdn. 18; Müller GenG § 68 Rdn. 38; Menzel S. 30; a.A. Bachmann S. 20; Todt S. 20; Beuthien GenG § 68 Rdn. 23. 118 RGZ 128, 90. 119 RG JW 1916, 1478; RGZ 128, 90; BGHZ 31, 195 = NJW 1960, 193; Beuthien GenG § 68 Rdn. 17. 120 OGHZ 1, 376 = ZfgG 1951, 75 und ZfgG 1955, 241 Nr. 27 = GWW 1950, 164. 121 AG Plön Beschl. v. 11.12.1986, Az. 2 C 794/86. 122 BGH NJW 2002, 64 = WM 2001, 2299 = ZIP 2001, 2177 = BB 2001, 2393 = DB 2002, 368 = MDR 2002, 102. 123 BGH a.a.O.; RGZ 72, 10; Anm. Schwarz ZfgG 2003, 249; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 60. 124 BGH a.a.O.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 60 Buchst. g und Rdn. 66. 125 Sowohl auch BGH a.a.O.
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Bevollmächtigter eines anderen (§ 43 Abs. 5) aufzutreten.126 Der Gesetzgeber hat mit der Novelle 1973 die Bevollmächtigung zur Ausübung des Stimmrechts in der GV grundsätzlich zugelassen. Hierbei hat er es in das Ermessen der eG gestellt, zusätzlich persönliche Voraussetzungen für die Bevollmächtigten in die Satzung aufzunehmen. Es hätte also als persönliche Voraussetzung in der Satzung vorgesehen werden können, dass nur bevollmächtigt werden darf, wer nicht aus der eG ausgeschlossen worden ist. Hiervon wird in der Praxis Gebrauch gemacht.127 Erbt ein Ausgeschlossener eine Mitgliedschaft, so findet auf diese ererbte Mitgliedschaft § 68 Abs. 2 keine Anwendung.128 War der Erblasser ausgeschlossen, gilt dies auch für die Erben.129 Ab der Absendung der Mitteilung des Ausschließungsbeschlusses kann der Ausgeschlossene auch nicht mehr Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats sein. Gleiches gilt für die Mitgliedschaft in dem Wahlausschuss, dem die Vorbereitung und Durchführung der Wahl zur VV obliegt. Gleiches dürfte auch für die Mitgliedschaft in einem Beirat gelten, selbst wenn in diesen Beirat auch Nichtmitglieder gewählt sind. Durch die Satzung können die im Gesetz an den Ausschluss geknüpften Folgen 31 durch weitere Nachteile ergänzt werden, z.B. kann dem Ausgeschlossenen schon vom Augenblick des Ausschlusses bis zum Schluss des Ausschließungsjahres das Recht auf Teilnahme am Geschäftsbetrieb entzogen werden.130 Auch ohne entsprechende satzungsmäßige Regelung hat das LG Bremen131 in einem besonders gelagerten Fall aus Zumutbarkeitserwägungen und der Zwecksetzung des § 68 Abs. 2 ein Verbot der Benutzung genossenschaftlicher Einrichtungen hergeleitet. Inwieweit ein Mitglied nach Absendung des Ausschließungsbeschlusses noch berechtigt ist, an den Förderleistungen der eG teilzunehmen, muss unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalles nach Treu und Glauben entschieden werden. So ist es der eG grundsätzlich nicht zuzumuten, dass ein ausgeschlossenes Mitglied z.B. noch interne Informationen über Sortimentsfragen oder geheimhaltungsbedürftige Kalkulationsgrundlagen erhält. Unter diesen Gesichtspunkten kann ihm auch der Zugang z.B. zu Mustermessen der eG verwehrt werden. Im Übrigen berechtigt die wirksam beschlossene Ausschließung zum Rücktritt von Verträgen bzw. zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund, wobei die Wirksamkeit dieser Erklärungen sofort und nicht erst zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft eintritt.132 Dienstverträge müssen nach §§ 621, 626 BGB gesondert gekündigt werden; die Vergütungspflicht entfällt erst, wenn der Dienstvertrag wirksam beendet ist.133 32 Die genossenschaftsinterne oder gerichtliche Anfechtung hebt die Wirkung des Abs. 2 nicht auf. Die Wirkung des Abs. 2 entfällt erst, wenn rechtskräftig entschieden worden ist, dass der Ausschließungsbeschluss unwirksam ist.134 Der Ausschluss beendet die Mitgliedschaft zum Ende des Geschäftsjahres. Die Eintragung135 in die von der eG
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126 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 60; a.A. Müller GenG § 68 Rdn. 40; wohl auch Menzel S. 35 für den Fall, dass die Satzung die Vertretung durch Nichtmitglieder zulässt; in diesem Fall wäre der Ausgeschlossene stärker benachteiligt als ein Außenstehender, für den § 68 Abs. 4 keine Rolle spiele. 127 Zum Vorstehenden ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 38. 128 § 77 Rdn. 13; Schaffland ebd., S. 39; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 60; a.A. Müller GenG § 68 Rdn. 40. 129 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 60 Rdn. 60. 130 Wie hier RGZ 72, 4; 128, 90; LG Mannheim mit krit. Anm. Hadding ZfgG 1982, 132; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 62; Menzel S. 36; a.A. Bachmann S. 14; Beuthien GenG § 68 Rdn. 18. 131 BlfG 1936, 80. 132 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 63 mit überzeugender Begründung. 133 A.A. Beuthien GenG § 68 Rdn. 19: erst wenn endgültig ausgeschlossen. 134 Vgl. RGZ 72, 10; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 62; Müller GenG § 68 Rdn. 41 m.w.N. 135 Vor oder nach Beendigung des Geschäftsjahres.
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geführte Mitgliederliste wirkt nur deklaratorisch. Die Beendigung der Mitgliedschaft hat zur Rechtsfolge, dass der nunmehr Ausgeschiedene kein Recht auf Teilnahme am Geschäftsbetrieb und auf Benutzung der Einrichtungen der eG mehr hat.136 Wegen weiterer diesbezüglicher Rechtsfolgen aufgrund entsprechender Satzungsregelung vgl. Rdn. 31; aber auch Rdn. 16, 17. VII. Rechtsmittel gegen den Ausschließungsbeschluss 1. Genossenschaftsinternes Verfahren. Ein genossenschaftsinternes Verfahren 33 kann nur in der Satzung vorgesehen werden. Diese kann vorsehen, dass für die Überprüfung des Ausschließungsbeschlusses der Aufsichtsrat, die GV/VV, auch ein Dritter, z.B. der Prüfungsverband, aber auch das für die Ausschließung zuständige Organ sowie auch ein für die Ausschließung zu bildender Ausschuss zuständig ist.137 Auch im Berufungsverfahren hat der Ausgeschlossene Anspruch auf rechtliches Gehör. Es gilt das in Rdn. 19 Gesagte.138 Unterlassenes rechtliches Gehör durch den Vorstand kann im genossenschaftsinternen Verfahren geheilt werden.139 Der Anspruch auf rechtliches Gehör geht jedoch nicht so weit, dass der Ausgeschlossene Einfluss nehmen dürfte auf die von ihm nach der Satzung zu benennenden Mitglieder des Berufungsausschusses.140 Die Anrufung der GV/VV ist auch dann notwendig, wenn die Satzung bestimmt, dass die GV/VV zuständig ist für Beschwerden gegen alle Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats.141 Die Anrufung der GV/VV ist in diesem Fall auch dann zulässig, aber auch notwendig, wenn ein ungültiger Ausschließungsbeschluss der nach der Satzung für den Ausschluss zunächst zuständigen Organe der eG vorliegt.142 Erklärt sich der satzungsgemäß zuständige Vorstand und Aufsichtsrat für befangen, entscheidet an seiner Stelle die GV/VV. Abwegig ist, bereits aus der Tatsache, dass der Ausschluss aufgrund abfälliger Bemerkungen über Vorstand und Aufsichtsrat erfolgte, auf die Befangenheit der Organe zu schließen.143 Soweit die Satzung nicht etwas anderes ausdrücklich regelt, ist die Entscheidung 34 des für die Ausschließung zuständigen Organs weiterhin der maßgebende Ausschließungsbeschluss, sobald die zweite Instanz ihn bestätigt.144 Gegen ihn ist ggf. im Klagewege vorzugehen (Rdn. 38ff).145 Vor Erhebung der Klage ist Erschöpfung des satzungsmäßigen Rechtsmittelverfahrens erforderlich.146 Das genossenschaftsinterne Rechtsmit-
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136 RGZ 72, 9; RGZ 128, 90. 137 Vgl. Müller GenG § 68 Rdn. 44. 138 Wie hier Beuthien GenG § 68 Rdn. 20; Müller GenG § 68 Rdn. 45; a.A., d.h. kein Recht auf mündliche Anhörung RGZ 129, 45 = JW 1930, 2693; OLG Bamberg ZfgG 1957, 228, das sogar eine schriftliche Rechtfertigung verneint. 139 OLG Karlsruhe Urt. v. 10.4.2003, Az. 9 U 175/02. 140 LG Hagen ZfgG 1960, 63 m. zust. Anm. Paulick. 141 Vgl. OLG Stuttgart BlfG 1912, 414; KG BlfG 1913, 87. 142 RG JW 1936, 2071 = BlfG 1936, 501. 143 So aber LG Kiel, Az. 1 S 134/08. 144 Vgl. dazu BGHZ 13, 13 ff.; Müller GenG § 68 Rdn. 43. 145 Soweit jedoch die erstinstanzliche Entscheidung Rechtsmängel aufweist, werden diese grundsätzlich durch die Entscheidung der Rechtsmittelinstanz geheilt, wenn es sich um einen heilbaren Rechtsmangel handelt. Als ein solcher Rechtsmangel wird die Verletzung rechtlichen Gehörs angesehen. Dies ist u. E. bedenklich (vgl. hierzu Rdn. 33, 36). 146 BGHZ 27, 298; OLG Frankfurt ZfgG 1990, 276 m. Anm. Vollkommer/Steidl = BB 1988, 1621 m. Anm. Schaffland; a.A. Grunewald S. 162, und ihm folgend Vollkommer/Steidl ZfgG 1990, 280, die eine Satzungsregelung für zulässig erachten, dass die Ausschlusswirkungen bereits mit dem „erstinstanzlichen“ genossenschaftlichen Beschluss bzw. mit dessen Absendung wirksam werden sollen; OLGRspr. 34, 352; RG JW 1936, 2071 = BlfG 1936, 501; OGH Köln, OGHZ 1, 370 = ZfgG 1951, 75; LG Hagen ZfgG 1960, 63; OLG
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tel ist als Bestandteil des Ausschließungsverfahrens anzusehen, so dass eine genossenschaftsinterne endgültige bindende Entscheidung über den Ausschluss erst gegeben ist, wenn der genossenschaftsinterne Rechtsbehelf durch Ablauf der Einlegungsfrist oder durch Verwerfung des Einspruchs erschöpft ist.147 Deshalb ist eine Feststellungsklage erst zulässig, wenn das Mitglied ein bestehendes genossenschaftsinternes Rechtsmittelverfahren ausgeschöpft hat.148 Dies gilt auch, wenn die Beschwerdefrist über das Ende des Geschäftsjahrs hinausläuft. Neben dem Fehlen eines abgeschlossenen Rechtsakts würde der Klage gegen einen Ausschließungsbeschluss vor Ablauf der genossenschaftsinternen Rechtsmittelfrist auch das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.149 35 Nach Ablauf der genossenschaftsinternen Rechtsmittelfrist ist grundsätzlich kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegeben.150 Jedoch kann die Nichtausnutzung des genossenschaftsinternen Verfahrens als Einverständnis mit dem Ausschließungsbeschluss gewertet werden, falls eine eindeutige und unmissverständliche Satzungsregelung besteht, dass bei Nichtausnutzung des genossenschaftsinternen Rechtswegs die Klagemöglichkeit entfällt.151 Werden Gründe für eine Klage erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bekannt oder wurde das Mitglied durch Gründe am rechtzeitigen Gebrauch des Rechtsbehelfs gehindert, die im Normalfall eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand rechtfertigen würden, kann das Mitglied auch nach Ablauf der Frist noch klagen.152 Wird das genossenschaftliche Ausschlussverfahren im Wege einer Satzungsände36 rung neu geregelt, gelten die neuen Vorschriften vom Inkrafttreten der Änderung (§ 16 Abs. 6) ab.153 Ein Ausnutzen des genossenschaftsinternen Verfahrens ist als Klagevoraussetzung nicht erforderlich, wenn durch passives Verhalten der Genossenschaftsorgane154 die Durchführung des satzungsmäßigen Instanzenzugs ungebührlich erschwert oder gar unmöglich gemacht wird.155 Das Gleiche gilt, wenn das Ergebnis des satzungsmäßigen Rechtsmittelwegs nach Lage des Falles von vornherein feststeht und daher nur eine Formalität bedeuten würde.156 37 Die Einlegung des genossenschaftsinternen Rechtsmittels hält die Eintragung des Ausscheidens in die mit deklaratorischer Wirkung ausgestattete Mitgliederliste grundsätzlich nicht auf. Jedoch sollte in jedem Falle die Eintragung erst vorgenommen werden, wenn die Frist für die Wahrnehmung des genossenschaftsinternen Rechtswegs abgelaufen oder das genossenschaftsinterne Verfahren beendet ist, da die Ausschlie-
_____ Nürnberg ZfgG 1960, 350; LG Freiburg = ZfgG 1979, 272; zum Stand der Literatur s. Bauer GenossenschaftsHandbuch § 68 Rdn. 50 und Grunewald S. 264 f. 147 Müller GenG § 68 Rdn. 48; Beuthien GenG § 68 Rdn. 20 jeweils m.w.N. auf die Rechtsprechung. 148 OLG Frankfurt ZfgG 1990, 276 m. Anm. Vollkommer/Steidl = BB 1988, 1621 m. Anm. Schaffland. 149 Müller GenG § 68 Rdn. 49; Paulick ZfgG 1961, 84. 150 A.A. LG Ulm ZfgG 1958, 154; Paulick ZfgG 1961, 84. 151 Rdn. 63; BGHZ 47, 174 zum eV; OLG Karlsruhe Urt. v. 10.4.2003, Az. 9 U 175/02; Menzel S. 107; so wohl auch Müller GenG § 68 Rdn. 50; im Ergebnis ebenso Beuthien GenG § 68 Rdn. 20; unklar insoweit LG München, Rpfleger 1991, 24. 152 LG München Rpfleger 1991, 24. 153 LG Freiburg ZfgG 1979, 271; Beuthien GenG § 68 Rdn. 20; einschränkend OLG Düsseldorf BB 1968, 1260 = ZfgG 1970, 397, 398 m. Anm. H.-P. Westermann. 154 Z.B. Untätigkeit des Aufsichtsrats oder Nichteinberufung der GV. 155 Vgl. BGH NJW 1960, 2144; OLG Stuttgart NJW 1955, 833; OLG Frankfurt ZfgG 1990, 271 m. Anm. Vollkommer/Steidl; RG JW 1915, 1424; RG JW 1936, 2071 = BlfG 1936, 501; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 51 m.w.N. 156 BGH NJW 1960, 2144; OGHZ 1, 374 = ZfgG 1951, 75; 1955, 241 Nr. 27 = GWW 1950, 164; Müller GenG § 68 Rdn. 48; Menzel S. 105; Paulick ZfgG 1961, 85; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 12.
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ßungswirkung sonst mit Rückwirkung entfallen könnte.157 Hierzu bedarf es eines substantiierten Vortrags.158 2. Gerichtliches Verfahren. Die Fehlerhaftigkeit eines Ausschlusses kann im Wege 38 der Klage, aber auch im Wege des Einwands im Rahmen eines anderen Rechtsstreits mit anderem Streitgegenstand geltend gemacht werden.159 Der ordentliche Rechtsweg kann durch die Satzung nicht ausgeschlossen werden.160 Die Satzung kann jedoch im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klage vorsehen, dass der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen ist, wenn nicht zuvor der genossenschaftsinterne Rechtsweg beschritten worden ist.161 Auch keine Bedenken bestehen gegen eine Satzungsregelung, die die Entscheidung von Streitigkeiten über den Ausschluss eines Mitglieds einem Schiedsgericht zuweist und damit eine Anrufung der ordentlichen Gerichte verhindert; dem Rechtsschutzinteresse des Mitglieds ist Genüge getan, soweit sichergestellt ist, dass sich das eingesetzte Schiedsgericht durch eine weitgehende Neutralität auszeichnet und infolgedessen distanziert und unparteilich urteilen kann.162 Die sich gegen den Ausschließungsbeschluss richtende Klage ist eine Feststel- 39 lungsklage nach § 256 ZPO.163 Dies gilt für den Fall, dass Vorstand oder Aufsichtsrat den Ausschließungsbeschluss gefasst hat.164 Dies gilt nicht für den Fall, dass die GV/VV beschlossen hat, dann Anfechtungsklage.165 Die Klageerhebung ist nach h. M. grundsätzlich an keine Frist gebunden, da sie keinen sachlich-rechtlichen Anspruch betrifft. Sie muss aber innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen, sonst kann Verwirkung des Klageerhebungsrechts eintreten.166 Die entsprechend dem Aktienrecht167 angenommene Frist von 3 Jahren168 erscheint jedoch in der Regel zu lang; sie dürfte auch nicht die oberste Grenze darstellen.169 Es kommt nur eine kurze Frist in Betracht.170 Die Verwirkung ist in jedem Fall eingetreten, wenn der Ausgeschlossene zurechenbar den Eindruck erweckt, er erkenne den Ausschluss als rechtswirksam an.171 Beklagte ist die eG; sie wird im Prozess
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157 So auch Müller GenG § 68 Rdn. 47. 158 OLG Karlsruhe Urt. v. 10.4.2003, Az. 9 U 175/02. 159 BGH NJW 1970, 1919; Beuthien GenG § 68 Rdn. 21. 160 RGZ 57, 154; 129, 45; RG JW 1932, 1010; RG JW 1936, 2071 = BlfG 1936, 501; OLG Stuttgart NJW 1955, 833; Menzel S. 108. 161 BGHZ 47, 172; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 52; a.A. Beuthien GenG § 68 Rdn. 20; Müller GenG § 68 Rdn. 50, 57; vgl. Rdn. 59 – also nicht nur Subsidiarität des ordentlichen Rechtswegs gegenüber dem genossenschaftsinternen Rechtsbehelf; so aber LG Minden, Rpfleger 1991, 24. 162 Menzel S. 109 mit ausführlicher Darstellung der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur; Müller GenG § 68 Rdn. 57 m.w.N. 163 OLG Frankfurt ZfgG 1990, 276 m. Anm. Vollkommer/Steidl = BB 1988, 1621 m. Anm. Schaffland; LG Stuttgart Urt. v. 30.11.1983, Az. 22 O 336/83; Beuthien GenG § 68 Rdn. 21; Menzel S. 57; Müller GenG § 68 Rdn. 52; Paulick S. 153; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1960, 73; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 14; a.A. OLG Frankfurt BB 1988, 1621 m. insoweit abl. Meinung Schaffland. 164 BGHZ 27, 297; RGZ 163, 200; OGHZ 1, 370 = ZfgG 1951, 75 = GWW 1950, 164. 165 BGHZ 132, 84 = DB 1996, 1273= ZfgG 1999, 71; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 54; a.A. Müller GenG § 68 Rdn. 51, 52 und ausführlich Menzel S. 54 ff. 166 LG Ulm BlfG 1957, 282; Paulick ZfgG 1960, 263; H.-P. Westermann ZfgG 1971, 303. 167 § 242 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 und 3 AktG. 168 So Menzel S. 58; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1960, 271. 169 So aber H.-P. Westermann ebd.; zum Meinungsstand s. Vollkommer/Steidl ZfgG 1990, 278 = BB 1988, 1621 m. Anm. Schaffland; wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 55. 170 S. hierzu auch die Fristen in §§ 51 Abs. 1, 67a Abs. 2 – jeweils einen Monat – und § 91 Abs. 2 UmwG – 6 Monate, s.a. § 626 Abs. 3 BGB – zwei Wochen; vgl. hierzu auch OLG Frankfurt BB 1988, 1621 m. zust. Anm. Schaffland zur Ein-Monats-Frist; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 55: Sechs-MonatsFrist. 171 Beuthien GenG § 68 Rdn. 21.
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Holthaus/Lehnhoff
§ 68 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
durch den Vorstand nach § 24 Abs. 1 vertreten.172 Eine Vertretung durch Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam erfolgt nicht, da § 51 keine Anwendung findet. Das örtlich zuständige Gericht ist das, in dessen Bezirk die eG ihren Sitz hat (§ 17 40 Abs. 1 ZPO). Die sachliche Zuständigkeit – ob Amts- oder Landgericht – ergibt sich grundsätzlich nach der Höhe des Geschäftsguthabens des ausgeschlossenen Mitglieds, wenn die Klage auf Feststellung der weiterhin bestehenden Mitgliedschaft in der eG ganz überwiegend von Vermögensinteressen geprägt ist, mithin eine vermögensrechtliche Streitigkeit vorliegt.173 Ggf. ist – neben dem Geschäftsguthaben – das wirtschaftliche Interesse des Mitglieds auf Förderung zu berücksichtigen (insb. dort, wo die Mitgliedschaft von grundsätzlicher Bedeutung für den Mitgliedsbetrieb ist). Die Höhe des Streitwerts sollte in jedem Fall in der ersten Instanz vor der Urteilsfindung festgesetzt werden (wegen der Frage, ob eine Berufung überhaupt möglich ist). Nur ausnahmsweise besteht keine vermögensrechtliche Streitigkeit, wenn die strittige Ausschließung zugleich die Ehre und das Ansehen der Persönlichkeit des Mitglieds betrifft, der personenrechtlichen Komponente des Ausschlusses ausschließliche oder vornehmliche Bedeutung beizumessen ist.174 Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung bezüglich des Wirksamwerdens des 41 Ausschließungsbeschlusses (hierzu Rdn. 34). Auch scheitern an der eindeutigen Regelung des Abs. 2 Satz 2 Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, um so die Mitwirkungsrechte des Mitgliedes wieder aufleben zu lassen.175 Wegen der Rechtsfolgen einer etwaigen Aufhebung des Ausschließungsbeschlusses vgl. Rdn. 43 ff. Der Umfang der Nachprüfung des Prozessgerichts erstreckt sich nicht nur auf das formelle Ausschließungsverfahren,176 sondern auch auf die sachliche Berechtigung der Ausschließung.177 Da aber das Gericht in das genossenschaftliche Recht der Selbstbestimmung und das pflichtgemäße Ermessen des Vorstands, des Aufsichtsrats und der GV/VV nicht eingreifen darf, hat es nicht nachzuprüfen, welche rechtliche Wertung des Verhaltens des Ausgeschlossenen – z.B. ob vorsätzlich oder fahrlässig – zum Ausschließungsbeschluss geführt hat. Die richterliche Nachprüfung beschränkt sich vielmehr auf die Frage, ob der Ausschluss gesetzeswidrig, sittenwidrig oder offenbar unbillig ist bzw. ob der dem Ausschluss zugrunde gelegte Sachverhalt unter Berücksichtigung von Gesetz, Satzung sowie Treu und Glauben und des zwischen der eG und dem Mitglied bestehenden genossenschaftlichen Treueverhältnisses die Ausschließung rechtfertig.178 Ausschließungsgründe, die nicht in dem Ausschließungsbeschluss und in der Ausschließungsmitteilung angeführt sind, kann die eG ohne ein neues Ausschließungsverfahren nicht nachschieben.179
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172 Vgl. die dortigen Erl.; so auch Schultz ZfgG 1964, 412. 173 RGZ 89, 337; BGHZ 13, 5 = NJW 1954, 833; GWW 1965, 326; LG Darmstadt, Urteil vom 14.12.83 = Az. 7 S. 226/83; so auch OLG Köln GWW 1965, 348 = ZfgG 1966, 307. 174 BGHZ 1, 5; RGZ 163, 200; vgl. auch Müller GenG § 68 Rdn. 55; Menzel S. 59 mit Darstellung des Streitstands. 175 Rottnauer ZfgG 2008, 222 ff. 176 Gewährung rechtlichen Gehörs; Zuständigkeit des Ausschließungsorgans. 177 BGHZ 13, 5; 27, 297; BGH GWW 1965, 326; GWW 1970, 429 = ZfgG 1971, 297 m. Anm. H.-P. Westermann; BGH ZfgG 1972, 222; RGZ 129, 45; RG JW 1932, 1010; OLG Celle ZfgG 1965, 58; LG Bochum ZfgG 1955, 243 Nr. 44 = GWW 1954, 153. 178 BGHZ 13, 5; OLG Bamberg ZfgG 1957, 228, Nr. 119 – die übrige oben zitierte Rechtsprechung nimmt hierzu nicht Stellung; für eine umfassende Nachprüfung unter Berufung auf obige Rechtsprechung jedoch Müller GenG § 68 Rdn. 56. In diese Richtung tendiert der BGH DB 1983, 2300 = NJW 1984, 918 mit zustimmender Besprechung Baecker NJW 1984, 906 – Verein; OLG Hannover Urt. v. 26.5.1999, Az. 8 U 17/99; Beuthien GenG § 68 Rdn. 22; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 68 Rdn. 24. 179 RG JW 1932, 1010; OLG Düsseldorf ZfgG 1970, 304; BGH WM 1982, 1222 = ZfgG 1983, 270; ZfgG 1991, 64 m.w.N. auf die st. Rspr. des BGH.
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Ausschluss eines Mitglieds | § 68
Unzulässig ist es auch, den angegebenen Grund durch neue Tatsachen zu untermauern,180 wenn sich im Prozess ergibt, dass die zunächst angegebenen Tatsachen zur Rechtfertigung des Ausschließungsgrundes entweder nicht ausreichen oder aber wenn die Tatsachen nicht beweisbar sind;181 es kommt darauf an, dass der gleiche Sachverhalt, der Grundlage des Ausschließungsbeschlusses war, auch für das Gericht die Ausschließung rechtfertigt.182 Es gilt der Grundsatz, dass Gegenstand der gerichtlichen Prüfung nur die im Beschluss genannten183 und nicht die nachgeschobenen oder von der eG selbst nicht einmal gesehenen Gründe sein können; allerdings ist das Gericht nicht gehindert, den Sachverhalt unter andere Ausschlusstatbestände zu subsumieren als es die eG getan hat.184 Für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Ausschließungsgrundes und ggf. für 42 das Verschulden des Ausgeschlossenen ist die eG beweispflichtig.185 Das Gericht darf zwar von sich aus einen anderen Ausschließungsgrund zur Rechtfertigung des Ausschließungsbeschlusses heranziehen, wenn dieser nicht im Ausschließungsbeschluss geltend gemacht wurde, jedoch kann es einen geltend gemachten Ausschließungsgrund rechtlich anders würdigen als es die eG selbst getan hat.186 Die Erhebung der Klage hindert nicht die Eintragung in die Liste der Mitglieder.187 VIII. Rechtsfolgen der Aufhebung des Ausschließungsbeschlusses Die rechtskräftige Feststellung der Nichtigkeit des Ausschließungsbeschlusses188 43 lässt die Rechtsfolgen des § 68 Abs. 2 entfallen,189 jedoch nur für die Zukunft und nicht mit Rückwirkung.190 Das Mitglied muss deshalb die in der Zwischenzeit ergangenen Beschlüsse der Organe gegen sich gelten lassen. Zwischenzeitlich gefasste GV/VV-Beschlüsse kann das Mitglied nicht etwa nach § 51 anfechten191 oder, soweit die Voraussetzungen des § 67a vorliegen, zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung nehmen.192 Das Mitglied hat auch die sonstigen Wirkungen des Ausschlusses, z.B. die Unterlassung der Benutzung der Einrichtungen der eG zu tragen.193War das Mitglied Vertreter in der VV, so lebt dieses Amt wieder auf (Rdn. 29) – im Unterschied zum Vorstands- und Aufsichtsratsamt(vgl. Rdn. 49).
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180 St. Rspr., BGHZ 45, 321; 87, 345; BGH Urt. v. 22.9.1987, Az. KZR 21/86. 181 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 9; a.A. wohl auch BGHZ 47, 382. 182 So wohl auch Müller GenG § 68 Rdn. 56 m.w.N., die sich jedoch nur auf das Nachschieben von Ausschließungsgründen und nicht von diese ausfüllenden Tatsachen beziehen. 183 BGHZ 45, 321; 47, 387; BGH Urt. v. 22.9.1987 Az. KZR 21/86. 184 BGH WM 1982, 1222 = ZfgG 1983, 270. 185 BGH NJW 1963, 1152; vgl. OLG Düsseldorf ZfgG 1970, 301 mit insoweit zustimmender Anmerkung Schultz; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 59. 186 Müller GenG § 68 Rdn. 56. 187 Wegen der Rechtsfolgen einer etwaigen Aufhebung des Ausschließungsbeschlusses vgl. Rdn. 71 ff. 188 Durch das ausschließende Organ, eine höhere Instanz der eG oder durch Gerichtsurteil. 189 RGZ 72, 10; RG JW 1930, 3749. 190 BGH NJW 2002 = WM 2001, 2299 = ZIP 2001, 2177 = BB 2001, 2393 = DB 2002, 368; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 64; RGZ 128, 90; RG JW 1916, 1479; OLG Breslau JW 1929, 2898; Müller GenG § 68 Rdn. 41; Paulick S. 154. 191 RGZ 72, 4; RGZ 128, 90; OGHZ 1, 370 = ZfgG 1951, 75 und 1955, 241 Nr. 27 = GWW 1950, 164; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 17. 192 Vgl. zum ähnlich gelagerten Problem der Auflösung binnen 6 Monaten nach dem Ausscheiden § 75 Rdn. 9. 193 BGH NJW 2002, 64 = BB 2001, 2393 = WM 2001, 2299 = ZIP 2001, 2177 = MDR 2002, 102; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 60 Buchst g und Rdn. 66.
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§ 68 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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War der Ausschluss in die Liste der Mitglieder bereits eingetragen, hat die eG dieses zu berichtigen. Dieser Berichtigungsvermerk kann auch noch nach Auflösung der eG erfolgen, da es sich hier nicht um einen neuen Beitritt handelt, der nicht möglich wäre (vgl. § 87 Rdn. 7 ff.). Vertragsverhältnisse, von denen aufgrund des Ausschließungsbeschlusses die eG wirksam zurückgetreten war, bzw. Dauerschuldverhältnisse, die in Ansehung des Ausschließungsbeschlusses wirksam gekündigt waren, leben ebenfalls nicht wieder auf; das Mitglied hat jedoch einen Anspruch auf Abschluss von Verträgen, die den alten Rechtszustand wiederherstellen.194 Bei schuldhaftem, ungerechtfertigtem Ausschluss eines Mitglieds haftet die eG innerhalb der Grenzen von § 276 BGB auf Schadensersatz.195 Das Mitglied ist so zu stellen, als wenn es zu keinem Zeitpunkt ausgeschieden wäre, sondern seine Mitgliedschaft ununterbrochen bestanden hätte; es hat mithin einen unmittelbaren Anspruch auf Erfüllung seiner aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sich ergebenden Ansprüche bzw. für die Vergangenheit einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung.196 Dies gilt insbesondere, wenn die Satzung vorsieht, dass ab der Absendung der Mitteilung des Ausschließungsbeschlusses das Mitglied die Leistungen der eG nicht mehr in Anspruch nehmen darf. Über Haftung bei Missbrauch des Ausschließungsrechts.197 IX. Sonderfragen
1. Ausschließung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern. Für Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder gelten die gleichen Ausschließungsgründe, die auch für die anderen Mitglieder maßgeblich sind.198 Zusätzlich199 können auch fahrlässige, insb. wiederholte Pflichtverstöße gegen die sich aus der Mitgliedschaft ganz allgemein sowie gegen die im Gesetz und Satzung besonders hervorgehobenen Pflichten ein Organmitglied als nicht länger tragbar erscheinen lassen, wenn der Widerruf der Organstellung als nicht ausreichend erscheint. Fahrlässige Pflichtverletzungen, die sich ein Mitglied in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied hat zuschulden kommen lassen, sind stets auch Verstöße gegen die mitgliedschaftliche Treuepflicht. Sie können ihn als für dieses Amt ungeeignet erscheinen lassen, rechtfertigen regelmäßig den Ausschluss aber nur, wenn der angerichtete Schaden uneinbringlich und demgegenüber die Gewährung der mit der Mitgliedschaft verbundenen Vorteile nicht weiter zumutbar ist. Ein bewusstes Handeln gegen die Interessen der eG200 ist jedoch immer zugleich ein Verstoß gegen die genossenschaftlichen Pflichten.201 Ausschließungsgründe nur für Organmitglieder sind unzulässig. Der Verlust des Vorstandsamts nach § 68 Abs. 2 beendet nicht von selbst das Anstel46 lungsverhältnis, da sich die Rechtsfolgen des Abs. 2 nur auf die Organstellung beziehen; für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses ist eine besondere Kündigung erforderlich,202 sofern die Satzung Amtsverlust und Dienstverhältnis nicht verknüpft hat. 45
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194 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 64; Müller GenG § 68 Rdn. 63. 195 RGZ 72, 10; 128, 87; OLG München HRR 1941 Ziff. 39 = BlfG 1941, 48; OGHZ 1, 370 = ZfgG 1951, 75 und 1955, 241 Nr. 27 = GWW 1950, 164; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 67 m.w.N. 196 Müller GenG § 68 Rdn. 64. 197 Vgl. RGZ 82, 4; 128, 87. 198 Vgl. BGH DB 1963, 480. 199 Beuthien GenG § 68 Rdn. 12, unter Berufung auf OLG Celle GWW 1949, 221; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 17. 200 Z.B. Unterschlagung. 201 OLG Celle GWW 1954, 219. 202 Vgl. auch BGH WM 1973, 782; BGH BB 1953, 961; vgl. auch RG DR 1939, 1528; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 68 Rdn. 65; Müller GenG § 68 Rdn. 68; a.A. RGZ 88, 195.
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Ausschluss eines Mitglieds | § 68
Der berechtigte Ausschluss ist stets ein wichtiger Grund zur sofortigen Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch die GV. Der unberechtigte Ausschließungsbeschluss stellt hingegen keinen wichtigen Grund zur sofortigen Kündigung dar, da das Schutzinteresse des Vorstandsmitglieds am Fortbestehen seines Anstellungsverhältnisses Vorrang hat.203 Welche Folgen die Ausschließung für den Ruhegehaltanspruch hat, hängt von den Umständen des Falles ab; ein außerordentlicher Kündigungs- bzw. Widerrufsgrund dürfte in der Regel bei schuldhaften Verhalten vorliegen. Zuständig für die Ausschließung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern ist 47 grundsätzlich die GV/VV.204 Für die Ausschließung von Vorstandsmitgliedern ergibt sich dies auch aus dem Sinn des § 40, wonach im gesetzlichen Regelfall die endgültige Abberufung vom Vorstandsamt Angelegenheit der GV ist; die Ausschließung aus der eG würde jedoch wegen § 68 Abs. 2 und § 9 Abs. 2 Satz 1 den Verlust des Amts zur Folge haben.205 Ebenso kann es nicht in die Kompetenz des Vorstands fallen, durch den Ausschluss eines Aufsichtsrats als Mitglied dessen Amt zur Beendigung zu bringen. Ist gem. § 24 Abs. 2 durch die Satzung der Aufsichtsrat für die Abberufung des Vorstands zuständig ist, so kann er dem Aufsichtsrat sowohl das Amt entziehen als ihn auch aus der eG ausschließen. Eine Ausschließung von Mitgliedern des Aufsichtsrats durch den Vorstand scheidet deshalb aus, weil wegen § 68 Abs. 2 und § 9 Abs. 2 Satz 1 die Ausschließung zum Erlöschen des Aufsichtsratsamts führen würde, obwohl für die Abberufung aus dem Amt ausschließlich die GV/VV zuständig ist (§ 36 Abs. 3). Ist das Amt bereits vorher erloschen, etwa weil zuvor die Bestellung zum Aufsichtsrat widerrufen oder nach § 24 Abs. 3 die Abberufung eines Vorstandsmitglieds beschlossen wurde oder weil der Organträger sein Amt niedergelegt hat, verbleibt es bei der Zuständigkeit des Vorstands oder der sonst nach der Satzung zuständigen Stelle für die Ausschließung des bisherigen Organmitglieds, das nunmehr nur noch einfaches Mitglied ist.206 Die vorläufige Amtsenthebung eines Vorstandsmitglieds durch den Aufsichtsrat nach § 40 belässt es, da es keine endgültige Amtsenthebung ist, bei der Zuständigkeit der GV/VV für die Ausschließung. Die GV/VV ist aufgrund dieser Überlegung auch zuständig, wenn eine Gesellschaft ausgeschlossen werden soll, deren gesetzlicher Vertreter Mitglied des Aufsichtsrats ist, ohne persönlich Mitglied der eG zu sein. Zulässig wäre es, in der Satzung vorzusehen, dass ein Mitglied des Vorstands oder 48 des Aufsichtsrats erst nach der Amtsenthebung durch die GV/VV als Mitglied aus der eG ausgeschlossen werden kann (vgl. z.B. § 11 Abs. 6 Mustersatzung für WohneG; § 24 Rdn. 101, § 36 Rdn. 85). Für die Ausschließung von Organmitgliedern gelten dieselben Verfahrensgrundsätze wie für die Ausschließung einfacher Mitglieder.207 Mangels abweichender Satzungsregelung fasst die GV/VV ihren Beschluss mit einfacher Mehrheit. Nach den Mustersatzungen ist jedoch eine 3/4-Mehrheit erforderlich. Der Auszuschließende hat Stimmrecht (Rdn. 37).
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203 Vgl. Rdn. 49; wie hier Müller GenG § 68 Rdn. 68. 204 BGH NJW 1984, 1884 = ZIP 1984, 583 zum Verein; Menzel S. 74; Müller GenG § 68 Rdn. 66, 70; Paulick S. 152; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1960, 73; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 37; Beuthien GenG § 68 Rdn. 15; für Mitglieder des Aufsichtsrats siehe BGHZ 31, 192 = NJW 1960, 193 = BB 1959, 1271 = MDR 1960, 112 = BlfG 1960, 47 = GWW 1960, 65 m. Anm. in GWW 1960, 394; der BGH lässt in dieser Entscheidung jedoch die Frage offen, ob die Satzung die Ausschließung eines Aufsichtsratsmitglieds dem Aufsichtsrat oder einem besonderen Ausschuss zuweisen kann. 205 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 37. 206 LG Stuttgart Urt. v. 30.11.1983, Az. 22 O 336/83; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 37. Die GV bleibt zuständig für den Ausschluss nach § 40 suspendierter Mitglieder. 207 BGH NJW 1960, 1861 = DB 1960, 915; OLG Bamberg Urt. v. 24.12.1983, Az. 3 U 43/83.
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§ 68 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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Als Rechtsfolge erlischt nach § 68 Abs. 2 vom Zeitpunkt der Absendung der Mitteilung des Ausschließungsbeschlusses an auch das Amt als Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied. Die Ausschließung hat den Amtsverlust auch dann zur Folge, wenn die Unwirksamkeit des Ausschlusses festgestellt wurde; ein erloschenes Vorstands- oder Aufsichtsratsamt lebt nicht auf;208 die Anfechtung stellt die Mitgliedschaft, grds. nicht jedoch das Organverhältnis wieder her. Liegt der Mangel z.B. in einem Verfahrensfehler bei der Abstimmung, lebt auch das Organverhältnis wieder auf. Sonst wäre eine Neuwahl erforderlich.
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2. Ausschließung vor Errichtung der Satzung. Da vor Errichtung der Satzung keine Vorgenossenschaft, sondern allenfalls eine BGB-Gesellschaft besteht (vgl. § 13 Rdn. 2), ist eine Ausschließung nach § 68 nicht möglich, soweit nicht ausnahmsweise der Gesellschaftsvertrag eine Regelung enthält, die den Anforderungen des § 737 BGB gerecht wird.209
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3. Ausschließung nach Errichtung, aber vor Eintragung der Satzung. Ist die Satzung errichtet worden, liegt bis zur Eintragung eine nicht eingetragene Genossenschaft vor, auf die die Regeln der eG anzuwenden sind, soweit nicht Rechtsfähigkeit vorausgesetzt wird.210 Eine Ausschließung nach § 68 ist mithin möglich. Der Ausschluss ist in dem Augenblick vollzogen, in dem dem Betroffenen der Ausschließungsbeschluss mitgeteilt wird.211
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4. Ausschließung und nachträgliche Auflösung. Wird die eG vor Ablauf von 6 Monaten nach dem Ausscheiden des Ausgeschlossenen aufgelöst, ist der Ausgeschlossene rückwirkend wieder Mitglied (vgl. ausführlich Erl. zu § 75). Die Rechtsfolgen des § 68 Abs. 2 bleiben jedoch bestehen.212
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5. Auflösung und nachträgliche Ausschließung. Nach Auflösung der eG, d.h. im Liquidationsstadium, ist eine Ausschließung nicht mehr möglich. Wenn § 75 Satz 1 im Liquidationsstadium einen Mitgliedschaftsverlust rückgängig macht, der noch vor der Auflösung erfolgt ist, steht diese Vorschrift umso mehr einem Ausschluss entgegen, der erst im Liquidationsstadium vorgenommen wird.213
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6. Ausschließung und vorherige Kündigung. Trotz vorheriger Kündigung durch das Mitglied214 ist eine Ausschließung weiterhin zulässig, da diese im Interesse der eG liegende zusätzliche Rechtsfolgen nach § 68 Abs. 2 auslöst.215 Kein Ausschluss mehr möglich, wenn das Mitglied seine Mitgliedschaft bereits beendet hat.
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208 BGHZ 31, 192 = NJW 1960, 193 = BB 1959, 1271 = MDR 1960, 112 = BlfG 1960, 47 = GWW 1960, 65 m. Anm. GWW 1960, 394; RGZ 128, 290; OGHZ 1, 370 = ZfgG 1951, 75 und 1955, 241 Nr. 27 = GWW 1950, 164; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 68 Rdn. 65; Krakenberger S. 406; Beuthien GenG § 68 Rdn. 19 mit überzeugender Begründung; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 68 Rdn. 19; a.A. Menzel S. 76 ff. und ihm folgend Müller GenG § 68 Rdn. 67, 69, 71. 209 Menzel S. 68 und, ihm folgend, Müller GenG § 68 Rdn. 60. 210 BGHZ 20, 285; vgl. auch § 13 Rdn. 4. 211 Menzel S. 69 und, ihm folgend, Müller GenG § 68 Rdn. 61. 212 § 75 Rdn. 6; a.A. Müller GenG § 68 Rdn. 58 m.w.N. 213 So mit Recht Menzel S. 70; ihm folgend Müller GenG § 68 Rdn. 59; sowie Parisius/Crüger/Citron § 65 Anm. 3; a.A. Paulick S. 337; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1959, 84. 214 Nach §§ 65, 66, 67a, selbstverständlich auch bei einer Teilkündigung nach § 67b. 215 Vgl. Rdn. 42–50; wie hier Bachmann S. 21; Menzel S. 29; Parisius/Crüger/Citron § 65 Anm. 10; Todt S. 20.
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Eintragung in die Mitgliederliste | § 69
X. Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß Art. 5 Abs. 4, fünfter Spiegelstrich SCE-VO, sind in der Satzung die Modalitä- 55 ten und Bedingungen für den Ausschluss der Mitglieder festzulegen. Art. 15 Abs. 1 SCEVO, zweiter Spiegelstrich, legt fest, dass ein Ausschluss eines Mitglieds möglich ist, wenn es sich schwerwiegender Verstöße gegen seine Pflichten schuldig gemacht hat oder gegen die Interessen der SCE handelt.
§ 69 Eintragung in die Mitgliederliste § 69 Eintragung in die Mitgliederliste In den Fällen der §§ 65 bis 67a und 68 ist der Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft, im Fall des § 67b sind der Zeitpunkt der Herabsetzung der Zahl der Geschäftsanteile sowie die Zahl der verbliebenen weiteren Geschäftsanteile unverzüglich in die Mitgliederliste einzutragen; das Mitglied ist hiervon unverzüglich zu benachrichtigen. Die Vorschrift wurde durch die Novelle 2006 sprachlich neu gefasst. Eintragungen 1 erfolgen durch die eG in die von ihr geführte Mitgliederliste. In die Liste sind einzutragen1 a) bei Beendigung der Mitgliedschaft – die Tatsache des Ausscheidens selbst (vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 3), – der Zeitpunkt des Ausscheidens, – die das Ausscheiden begründenden Tatsachen (§ 30 Abs. 2 Satz 2). Insoweit sind anzugeben: bei einer Kündigung gemäß § 65: Kündigungserklärung, empfehlenswert mit Datum, Datum ihres Zugangs bei der eG, bei einer Kündigung gemäß § 66: Kündigungserklärung des Gläubigers, empfehlenswert mit Datum, Datum ihres Zugangs bei der eG, Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit Datum und Aktenzeichen, bei einer Kündigung gemäß § 66a: Kündigungserklärung des Insolvenzverwalters, empfehlenswert mit Datum, Datum ihres Zugangs bei der eG, Eröffnungsbeschluss nach § 27 InsO mit Datum und Aktenzeichen, bei einer Austrittserklärung gemäß § 67 Abs. 1; Austrittserklärung empfehlenswert mit Datum, Datum des Zugangs bei der eG, die konkret umschriebene Wohnsitzaufgabe, bei einer Kündigung gemäß § 67a: Kündigungserklärung, empfehlenswert mit Datum, Datum des Zugangs bei der eG, der Satzungsbeschluss, welcher das Kündigungsrecht begründet, bei dem Ausschluss eines Mitglieds gemäß § 68; Ausschließungsbeschluss, empfehlenswert mit Datum, Datum des Zugangs bei dem Mitglied, bei Durchführung des genossenschaftsinternen Rechtsmittelverfahrens Rechtsmittelentscheidung bzw. empfehlenswert Ablauf der Rechtsmittelfrist; eine Nennung der Ausschließungsgründe ist nicht erforderlich.
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Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 69 Rdn. 3; Müller GenG § 69 Rdn. 3 ff.
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§ 73 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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b) bei der Kündigung einzelner Geschäftsanteile gemäß § 67b die Zahl der erloschenen Geschäftsanteile, der Zeitpunkt des Erlöschens, die Zahl der verbliebenen weiteren Geschäftsanteile, die die Eintragung begründenden Tatsachen Kündigungserklärung, empfehlenswert mit Datum, Datum des Zugangs bei der eG.
Für die Eintragung ist die eG zuständig. Der Vorstand nimmt die Eintragungen vor; er kann diese Aufgabe auch an Mitarbeiter delegieren (§ 30 Rdn. 4). 3 § 69 ist eine Ordnungsvorschrift. Unterbleibt die Eintragung oder wird sie über den Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft hinaus verzögert, so ist das Mitglied gleichwohl ausgeschieden; die Eintragungen haben nur deklaratorische Bedeutung. Unterlassene oder unrichtige Eintragungen können zur Anwendung des § 147 sowie des § 160 führen. Sie berechtigen die betroffenen Mitglieder zur Leistungsklage auf Eintragung; die an sich zulässige Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen dürfte i.d.R. an einem Schaden scheitern, zumal das Ausscheiden auch ohne Eintragung wirksam wird.
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Art. 14 Abs. 4 bis 7 SCE-VO regelt die Führung der Mitgliederliste und gibt jeder Person bei berechtigtem Interesse ein Einsichtsrecht. Veränderungen des Kapitals werden erst mit Eintragung wirksam, Abs. 5.
§§ 70–72 (Weggefallen durch Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz, BGBl. I 1993, 2182)
§ 73 Auseinandersetzung mit dem ausgeschiedenen Mitglied § 73 Auseinandersetzung mit dem ausgeschiedenen Mitglied (1) Nach Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt eine Auseinandersetzung der Genossenschaft mit dem ausgeschiedenen Mitglied. Sie bestimmt sich nach der Vermögenslage der Genossenschaft und der Zahl ihrer Mitglieder zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft. (2) Die Auseinandersetzung erfolgt unter Zugrundelegung der Bilanz. Das Geschäftsguthaben des Mitglieds ist vorbehaltlich des Absatzes 4 und des § 8a Abs. 2 binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft auszuzahlen. Auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft hat das Mitglied vorbehaltlich des Absatzes 3 keinen Anspruch. Reicht das Vermögen einschließlich der Rücklagen und aller Geschäftsguthaben zur Deckung der Schulden der Genossenschaft nicht aus, hat das ehemalige Mitglied von dem Fehlbetrag den ihn betreffenden Anteil an die Genossenschaft zu zahlen, soweit es im Fall des Insolvenzverfahrens Nachschüsse an die Genossenschaft zu leisten gehabt hätte; der Anteil wird nach der Kopfzahl der Mitglieder berechnet, soweit nicht die Satzung eine abweichende Berechnung bestimmt. (3) Die Satzung kann Mitgliedern, die ihren Geschäftsanteil voll eingezahlt haben, für den Fall der Beendigung der Mitgliedschaft einen Anspruch auf AuszahHolthaus/Lehnhoff
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Auseinandersetzung mit dem ausgeschiedenen Mitglied | § 73
lung eines Anteils an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage einräumen. Die Satzung kann den Anspruch von einer Mindestdauer der Mitgliedschaft abhängig machen sowie weitere Erfordernisse aufstellen und Beschränkungen des Anspruchs vorsehen. Absatz 2 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (4) Die Satzung kann die Voraussetzungen, die Modalitäten und die Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens abweichend von Absatz 2 Satz 2 regeln; eine Bestimmung, nach der über Voraussetzungen oder Zeitpunkt der Auszahlung ausschließlich der Vorstand zu entscheiden hat, ist unwirksam.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Beendigung der Mitgliedschaft | 2–16 1. Auseinandersetzungsanspruch | 2–9 a) Voraussetzungen | 3–7 b) Aufrechnung, Verpfändung etc. | 8–9 2. Auszahlungsmodalitäten bei Mindestkapital | 10 3. Nachschusspflichten | 11–14 4. Minderung des Auseinandersetzungsanspruchs | 15
5.
III. IV. V.
VI.
Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs/der Nachschusspflicht | 16 Kündigung einzelner Geschäftsanteile | 17–18 Beteiligungsfonds | 19–24 Satzungsregelungen zu Voraussetzungen, Modalitäten und Frist für die Auszahlung, Abs. 4 | 25 Europäische Genossenschaft (SCE) | 26
I. Allgemeines Die Novelle 2006 führte zu einer sprachlichen Neufassung und materiellen Ergän- 1 zung des § 73. Gem. Absatz 2 Satz 2 ist im Fall der Einführung eines Mindestkapitals, § 8a, die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens abweichend von § 73 Abs. 2 Satz 2 ausgesetzt, solange durch die Auszahlung das festgesetzte Mindestkapital unterschritten würde. Der neue Absatz 4 eröffnet den eG die Möglichkeit, durch Satzungsbestimmung die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens eines ausgeschiedenen Mitglieds abweichend von § 73 Abs. 2 Satz 2 zu regeln; Entsprechendes gilt im Fall der Kündigung eines Geschäftsanteils nach § 67b. Die Einschränkung dieses Anspruchs ist nach § 8a zwingend mit der Einführung eines Mindestkapitals verbunden.1 Wenn ein Mitglied aus der eG ausscheidet, führt die Auflösung des Rechtsverhältnisses zu einem dem ausgeschiedenen Mitglied oder der eG zustehenden Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme.2 Dieser Anspruch kann durch die Satzung weder ausgeschlossen noch von einem Austrittsgeld oder von der Erhebung von Beiträgen Ausscheidender zu einem Amortisationsfonds abhängig gemacht werden (§ 65 Rdn. 3).3 Nach Einfügung des § 67b gilt § 73 auch bei Kündigung einzelner Geschäftsanteile (Teilauseinandersetzung). § 73 hat zwingenden Charakter.4 Weder Satzung noch GV/VV können Abweichendes regeln.5 Im Falle der Auflösung der eG ist das Auseinandersetzungsguthaben zurückzuzahlen (§§ 75, 115b). Keine Auseinandersetzung in den Fällen der §§ 76, 77 Abs. 2 sowie im
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BT-Drs. 16/1025, 93. Ausnahme: § 76, § 77 Abs. 1 S. 1. Beuthien GenG § 73 Rdn. 3. OLG Königsberg, DRZ 1935 Ziff. 512 = BlfG 1935, 816. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 2; Beuthien GenG § 73 Rdn. 3.
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§ 73 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
Falle der Fusion bei der Beendigung der Mitgliedschaft in der übertragenden eG (Gesamtrechtsnachfolge). II. Beendigung der Mitgliedschaft 2
1. Auseinandersetzungsanspruch. Der Anspruch des Mitglieds auf das Auseinandersetzungsguthaben entsteht bereits mit Beitritt zur eG als ein künftiger unter der aufschiebenden Bedingung des Ausscheidens.6 Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei dem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben vor der Beendigung der Mitgliedschaft des Mitglieds um eine zukünftige Forderung, deren Rechtsgrund jedoch mit Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrages durch den Beitritt des Gesellschafters bereits gelegt sein kann.7 Insoweit hat der Anspruch Vermögenswert und kann bereits abgetreten werden. Seine „Verwandlung“ in eine zahlenmäßig begrenzte, klagbare Forderung im Falle des Ausscheidens ist nur noch mit der Ungewissheit belastet, ob sich zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben ergibt.8 Das „Ob“ des Anspruchs genügt für eine Aufrechnung.9 Damit ist das Ergebnis gleich: eine Vorausabtretung kann nicht durch eine spätere Verfügung vereitelt werden. Zum Auseinandersetzungsguthaben gehören auch Gewinnanteile (Dividende), soweit sie für das letzte Geschäftsjahr vor dem Ausscheiden des Mitglieds ausgeschüttet werden und den Geschäftsguthaben zuzuschreiben sind. Der Höhe nach errechnet es sich auf der Grundlage der Bilanz, der Satzungsbestimmung über die Verteilung von Gewinn und Verlust und der Anzahl der Mitglieder am Schluss des Geschäftsjahrs, zu dem das Ausscheiden wirksam wird.
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a) Voraussetzungen. Voraussetzungen der Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist die ordnungsgemäße Erstellung einer Bilanz (Abs. 2 Satz 1). Unter Bilanz i.S.v. § 73 Abs. 2 Satz 1 ist nicht schon die vom Vorstand (aufgrund der §§ 336, 242 HGB) aufzustellende Bilanz, auch nicht eine Sonderbilanz, sondern erst die von der GV nach § 48 Abs. 1 genehmigte Bilanz zu verstehen. Der Vorstand ist gem. § 336 Abs. 1 HGB verpflichtet, den Jahresabschluss und (ggf.) den Lagebericht innerhalb von fünf Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahrs aufzustellen und diese Unterlagen gem. § 33 Abs. 1 unverzüglich nach ihrer Aufstellung dem Aufsichtsrat und mit dessen Bemerkungen der GV/VV vorzulegen. Die GV/VV hat innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahrs stattzufinden (§ 48 Abs. 1 Satz 3). Durch die Satzung kann keine längere Frist für die Erstellung der Bilanz vorgesehen werden (zur Auszahlungsfrist Rdn. 7).10 Solange die Bilanz durch die GV/VV nicht genehmigt ist, kann der Ausgeschiedene 4 nicht auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens klagen. Der Fristbestimmung des § 73 Abs. 2 Satz 2 kommt nur die Bedeutung zu, dass bei verspäteten Auseinandersetzungen aufgrund einer verspätet festgestellten Jahresbilanz das sich zugunsten des ausgeschiedenen Mitglieds ergebende Guthaben vom Ablauf der 6-Monats-Frist an unter entsprechender Anwendung der Gesichtspunkte des Verzugs (§§ 284 ff. BGB) zu verzinsen ist. Eine nicht rechtzeitige Prüfung kann grundsätzlich nicht zu einer ent-
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6 Nach LG Düsseldorf NJW 1968, 753; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 7 m.w.N., Beuthien GenG § 73 Rdn. 6; Müller GenG § 73 Rdn. 12 mit Begründung des Geschäftsguthabens; wegen der Rechtsfolgen hieraus vgl. Rdn. 8. 7 BGH, Urt. v. 8.1.2009, Az. IX ZR 217/07, Rdn. 22, WM 2009, 416 m.w.N. 8 BGH ZIP 2004, 1608. 9 BGH NZG 2002, 1072 m. Anm. Förstner ZfgG 2003, 299, RGZ 158, 204. 10 LG Berlin GWW 1959, 164.
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schuldbaren Verzögerung führen, da die GV/VV auch ohne vorherige Prüfung stattfinden kann.11 Eine Verzögerung der fristgemäßen Bilanzaufstellung, die nicht auf einem Verschulden der eG beruht, z.B. bei noch fehlender gesetzlicher Regelungen öffentlicher Abgaben (Lastenausgleich), muss der Ausgeschiedene aber gegen sich gelten lassen; die Fälligkeit ist gehemmt.12 Aus § 73 ergibt sich ein Anspruch des ausgeschiedenen Mitglieds auf Rechenschaftslegung in Form der Vorlegung der Bilanz,13 nicht jedoch auf Prüfung der Bilanz durch den Prüfungsverband. Der Ausgeschiedene ist nicht berechtigt, an der Genehmigung der Bilanz mitzuwir- 5 ken. Auf eine falsche Bewertung einzelner Bilanzposten kann sich der Ausgeschiedene nicht berufen, wenn die Bilanz vorschriftsmäßig und nach kaufmännischen Gesichtspunkten aufgestellt war.14 Die so aufgestellte Bilanz bleibt für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens maßgebend, es sei denn, sie wurde wirksam angefochten.15 Allerdings kann der Ausgeschiedene wegen rechtlicher Mängel16 klagen oder sich einredeweise auf sie berufen, z.B. auf die Nichtigkeit des Beschlusses über die Genehmigung der Bilanz, wenn die Bilanz willkürlich aufgestellt worden ist und jeden kaufmännischen Anforderungen widerspricht,17 da die Bilanz die wirkliche Vermögenslage als Grundlage der Auseinandersetzung darstellen muss. Kein Anspruch des Ausgeschiedenen auf Aufnahme etwaiger Regressforderungen der eG gegen den Vorstand in die Bilanz.18 Der Ausgeschiedene kann auch dann Abrechnung verlangen, wenn sein Guthaben durch Abschreibung verloren ist. Die Auseinandersetzungsguthaben ausscheidender Mitglieder sind nicht mindest- 6 reservepflichtig, da sie bis zur Feststellung der Bilanz durch die GV/VV Beteiligungscharakter haben und nicht Einlagen sind. Der Anspruch wird fällig mit Genehmigung der Bilanz durch die GV/VV,19 sofern 7 dieser Zeitpunkt innerhalb der 6 Monate nach Schluss des Geschäftsjahrs liegt, sonst grundsätzlich mit Ablauf der 6-Monats-Frist (Rdn.4).20 Wird die Bilanz erst nach Ablauf der 6 Monate genehmigt, so ist das Guthaben nach Ablauf der 6-Monats-Frist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs (§ 288 BGB) in Höhe von 5%-Punkten, bei Rechtsgeschäften ohne Beteiligung eines Verbrauchers 9%-Punkte über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Eine Mahnung ist nicht nötig, da die Frist nach dem Kalender bestimmt ist. Eine längere Auszahlungsfrist kann auch durch Satzung nicht festgelegt werden. Hat sich eine LPG in eine eG umgewandelt und wird danach die Mitgliedschaft
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11 Wegen der Prüfung vgl. Erl. zu § 53; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 10; a.A. Müller GenG § 73 Rdn. 13. 12 LG Nürnberg/Fürth RaiffRundschau 1957, 68 = GWW 1956, 577 und LG Wuppertal GWW 1957, 156 = ZfgG 1958, 154. 13 OLG München Urt. v. 22.9.1995, Az. 8 U 2261/95; Müller GenG § 73 Rdn. 9; Beuthien GenG § 73 Rdn. 6. 14 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 4; Beuthien GenG § 73 Rdn. 9; Müller GenG § 73 Rdn. 11; BGH ZIP 2003, 1498 = WM 2003, 1472 = BB 2003, 1894 = DB 2003, 1727 = FN IDW 9/2003. 15 LAG Dresden DB 2000, S. IV. 16 Verletzung gesetzlicher oder satzungmäßiger Vorschriften. 17 LG Plauen BlfG 1936, 796 sowie Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 4; Müller GenG § 73 Rdn. 10 m.w.N. 18 OLG Rostock BlfG 1936, 265; über den Einfluss späterer Bilanzberichtigung vgl. § 48 Rdn. 8 und LG Hamburg GWW 1956, 577; aufgrund berichtigter Bilanz zu viel ausgezahltes Auseinandersetzungsguthaben kann die eG nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung – ohne die Einschränkung des § 814 BGB – zurückverlangen. Gleiches gilt für zu viel gezahlte Dividende oder genossenschaftliche Rückvergütung. 19 OLG München Urt. v. 22.9.1995, Az. 8 U 2261/95; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 9; abweichend Müller GenG § 73 Rdn. 13: nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist. 20 Müller GenG § 73 Rdn. 13.
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gekündigt, richtet sich die Fälligkeit nach § 73 und nicht nach dem LwAnpG.21 Auszahlung z.B. zum ersten Tag eines Geschäftsjahrs führt nicht zur rückwirkenden Fälligkeit, sondern bedeutet rechtlich die Gewährung eines (u.U. zinslosen) Darlehens bis zur Fälligkeit des Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben; sodann erfolgt Verrechnung.22 Der Ausgeschiedene hat keinen Anspruch auf Sicherstellung. 8
b) Aufrechnung, Verpfändung etc. Da der Anspruch bereits mit Beitritt zur eG aufschiebend entsteht (vgl. Rdn. 2), kann der Auseinandersetzungsanspruch bereits vor dem Ausscheiden abgetreten (§ 398 BGB),23 verpfändet (§§ 1279, 1280 BGB) oder gepfändet werden.24 Die Verpfändung verstößt nicht gegen § 22 Abs. 4 Satz 1, vgl. § 22 Rdn. 15, 16.25 Sie gibt dem Pfandgläubiger kein Recht zur Kündigung. Das in § 10 der Mustersatzungen verankerte Aufrechnungsrecht in der Insolvenz nach den Grundsätzen der §§ 133, 140 BGB26 verschafft dann der eG den Vorrang vor dem Zugriff Dritter auf das Auseinandersetzungsguthaben, wenn sie zeitlich früher vereinbart war. Das Pfandrecht kann bei Fälligkeit des Auseinandersetzungsanspruchs im Wege der Aufrechnung verwertet werden.27 Kollidiert die Verpfändung des Auseinandersetzungsanspruchs mit einer Pfändung oder Abtretung, gilt der Prioritätsgrundsatz.28 Hat sich der Abtretende zusätzlich verpflichtet, die Mitgliedschaft zu kündigen, kann der Empfänger – und nur dann – auf Abgabe der Kündigungserklärung klagen, § 894 ZPO findet Anwendung.29 Das Kündigungsrecht selbst kann nicht abgetreten werden (§ 65 Rdn. 2). § 73 Abs. 2 verbietet nicht, aus Vereinfachungsgründen fällige Forderungen der eG gegen das Auseinandersetzungsguthaben auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aufzurechnen, auch wenn noch keine Bilanz erstellt ist. Der Aufrechenbarkeit steht weder die Unkenntnis der Höhe des Anspruchs noch seine Fälligkeit entgegen. Nach § 387 BGB muss die Hauptforderung nur erfüllbar sein.30 Die Abtretung des Auseinandersetzungsanspruchs kann durch die Satzung oder einzelvertraglich ausgeschlossen oder von der Zustimmung z.B. des Vorstands abhängig gemacht werden; eine Pfändung ist dann trotzdem möglich (§ 851 Abs. 2 ZPO). In der Insolvenz eines Mitglieds geht das Aufrechnungsrecht der eG nicht verloren 9 (§§ 94, 95 InsO).31 Die eG hat ein Absonderungsrecht nach § 50 Abs. 1 InsO. Unter Vernachlässigung der Tatsache, dass der Auseinandersetzungsanspruch schon mit der Mitgliedschaft entsteht, fordert der BGH, dass es nicht auf eine weitere rechtsgeschäftliche Erklärung – wie etwa einen Ausschluss des Mitglieds – ankommen darf.32 Daher empfiehlt es sich aus Sicht der eG, an die Insolvenz die (automatische) Beendigung der Mitgliedschaft zu knüpfen (vgl. Vor § 65 Rdn. 2). Fraglich ist, ob die eG von ihrer Forderung zunächst das Auseinandersetzungsguthaben in Abzug zu bringen hat und nur die restli-
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21 OLG Brandenburg Urt. v. 2.11.1995, Az. 8 U 54/95. 22 A.A. BGH NZG 2002, 1072 und ihm folgend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 10a. 23 OLG Braunschweig WuB VI G; § 12 GesO 1.97 m. Anm. Manikowski. 24 §§ 829, 835 ZPO, bzw. bei bestehender Mitgliedschaft §§ 857, 829, 835 ZPO i.V.m. § 66. 25 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 16; Beuthien GenG § 73 Rdn. 7; a.A. Müller GenG § 73 Rdn. 23. 26 OLG Stuttgart Urt. v. 12.5.1999, Az. 3 U 273/98; OLG Braunschweig Urt. v. 25.7.1996, Az. i U 17/98. 27 Vgl. Müller GenG § 73 Rdn. 26 f.; vgl. im Übrigen bereits Weidmüller BlfG 1930, 126. 28 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 16; hinsichtlich der Pfändung des Auseinandersetzungsanspruchs durch die eG oder einen Dritten vgl. Erl. zu § 66. 29 Müller GenG § 73 Rdn. 16. 30 A.A. noch die Vorfauflage, wie jetzt hier BGH NZG 2002, 1072; LG Aachen ZfgG 1972, 367; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 18; a.A.; Beuthien GenG § 73 Rdn. 7. 31 BGH WM 2009, 416; BGH ZIP 2004, S. 1608; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 18. 32 BGH ZIP 2004, 1608.
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che Forderung anmelden kann oder ob sie von ihrer vollen Forderung die Insolvenzquote erheben und mit dem Ausfall gegen den Auseinandersetzungsanspruch aufrechnen kann. Aufgrund der Rückwirkung der Aufrechnung kann die eG nur vom Ausfall die Insolvenzquote erheben.33 Der Insolvenzverwalter kann in der Insolvenz eines Mitglieds mit dessen Geschäftsguthaben gegen Forderungen der eG erst aufrechnen, wenn das Guthaben durch Ausscheiden des Mitglieds aus der eG fällig geworden ist (vgl. Rdn. 5, 8). 2. Auszahlungsvorbehalt bei Mindestkapital. Ist in der Satzung aufgrund der Er- 10 mächtigung in § 8a ein Mindestkapital festgelegt worden, führt dies zwingend dazu, dass die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens solange ausgeschlossen ist, als hierdurch das Mindestkapital unterschritten würde, § 73 Abs. 2 Satz 2. Die spätere Einführung eines Mindestkapitals erfordert eine Satzungsänderung, die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 einer qualifizierten Mehrheit bedarf. Jedes Mitglied hat dann nach § 67a Abs. 1 ein außerordentliches Kündigungsrecht; ferner hat es weiterhin das nicht beschränkbare Recht, sein Geschäftsguthaben jederzeit auf eine andere Person, die Mitglied ist oder wird, zu übertragen (§ 76 Abs. 2). Die Einführung eines Mindestkapitals empfiehlt sich nahezu zwingend für eG, die den Rechnungslegungsvorschriften des IFRS unterliegen oder freiwillig davon Gebrauch machen; Näheres in den Erläuterungen zu § 8a. Die Satzung kann die Auszahlungsmodalitäten, insbesondere zur Vermeidung von Vorsorgekündigungen oder bei Vorliegen einer Vielzahl von Kündigungen regeln; siehe Erläuterung zu § 8a Rdn. 5. 3. Nachschusspflichten. Voraussetzung für die Verpflichtung zur Zahlung des 11 Fehlbetragsanteils ist, dass die Bilanz, die Grundlage für eine Auseinandersetzung ist, eine Überschuldung34 der eG aufweist;35 ist in einem späteren Jahr die Bilanz positiv, bleibt dies unbeachtlich. Es genügt jedoch stets bereits die Überschuldung ohne Anrechnung etwaiger Haftsummen.36 Dies ist der einzige Fall, in welchem die Nachschusspflicht der Mitglieder außerhalb der Insolvenz oder der Liquidation praktisch wird. Die Zahlungspflicht des Ausgeschiedenen greift nur ein, wenn und soweit er nach der Satzung im Falle der Insolvenz Nachschüsse zu leisten gehabt hätte. Diese Neufassung durch Novelle 1973 berücksichtigt den Fall, dass eine Nachschusspflicht nicht besteht. Die Nachschusspflicht des Ausgeschiedenen ist zugleich die Grenze für seine Inanspruchnahme. Sind die ausgewiesenen Verbindlichkeiten höher als das ausgewiesene Vermögen 12 (das sind alle in der Bilanz aktivierten Vermögenswerte, einschließlich der Rücklagen und Geschäftsguthaben), so macht die Differenz zwischen beiden Beträgen den im Gesetz genannten „Fehlbetrag“ aus.37 In diesem Fall muss auf die Haftsummenverpflichtung ausscheidender Mitglieder zurückgegriffen werden. Zum Vermögen im Sinne dieser Vorschrift gehören alle bilanzierten Vermögenswerte, u.a. die Geschäftsguthaben sowie die gesetzliche und die anderen Ergebnisrücklagen; stille Reserven/Rücklagen bleiben unberücksichtigt.38 Beuthien versucht über eine teleologisch enge Auslegung
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33 Vgl. Beuthien GenG § 73 Rdn. 7. 34 Zum Begriff vgl. § 98 Rdn. 15 ff. 35 Vgl. auch BlfG 1936, 345; Riebandt-Korfmacher ZfgG 1992, 60. 36 Missverständlich zum Vorstehenden Müller GenG § 73 Rdn. 33, der nicht zwischen der Nachschusspflicht des Mitglieds und der bloßen Minderung eines Auseinandersetzungsanspruchs (hierzu Erl. Rdn. 20 ff.) unterscheidet. 37 H.M. vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn 21; Müller GenG § 73 Rdn. 23. 38 BGH Urt. v. 13.10.2008, Az. II ZR 229/07, DStR 2008, 2329.
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eine Zahlungspflicht auf den Fall zu begrenzen, dass ohne Kapitalzufuhr die Überschuldung i.S.v. § 19 Abs.2 InsO droht; verfüge die eG über stille (nicht bilanzierte) Reserven, handele sie treuwidrig gegenüber dem Ausscheidenden, wenn sie gleichwohl Nachschuss fordert, zumal die Belastung nur der ausscheidenden Mitglieder dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche.39 Der auf den Ausscheidenden entfallende Anteil berechnet sich nach der Kopfzahl der verbleibenden Mitglieder. Die Satzung kann einen anderen Verteilungsmaßstab bestimmen. Das Geschäftsguthaben ist in jedem Fall verfallen. Es ist unbeachtlich, in welcher Weise die eG über die Deckung des ausgewiesenen Verlusts beschließt.40 Nicht zulässig wäre wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz eine Satzungsregelung, der zu Folge die ausscheidenden Mitglieder den Gesamtbetrag der Überschuldung (also nicht nur anteilsmäßig) zu tragen hätten. Das ausgeschiedene Mitglied kann sich im Falle der Überschuldung von der Ver13 pflichtung zur Zahlung des Verlustanteils nicht durch die Einrede befreien, dass der Verlust durch das Verschulden der Vorstandsmitglieder der eG eingetreten sei, für die die eG hafte.41 Es ist verpflichtet, sofort nach Rechnungslegung an die eG zu zahlen. 14 Die Auseinandersetzungsforderung der eG ist während ihres Bestehens nicht abtretbar;42 dagegen ist die Abtretung im Liquidationsstadium und in der Insolvenz der eG durch §§ 88a und 108a ausdrücklich zugelassen. Dann ist dieser Anspruch auch pfändbar. 15
4. Minderung des Auseinandersetzungsanspruchs. Soweit der in der Bilanz ausgewiesene Verlust die Rücklagen und Geschäftsguthaben nicht übersteigt, kommt eine Zahlungspflicht des Ausgeschiedenen im Sinne vorstehend erläuterter Nachschusspflicht nicht in Betracht. Soweit Bilanzverluste ohne Überschuldung bestehen, kann lediglich das Auseinandersetzungsguthaben gemindert werden.43 Es sind folgende Möglichkeiten zu unterscheiden: a) Verlustdeckung durch Abschreibung der Geschäftsguthaben auch der verbleibenden Mitglieder – in diesem Fall ist es selbstverständlich, dass auch das Auseinandersetzungsguthaben gekürzt wird.44 b) Abschreibung der Rücklagen unter Schonung der Geschäftsguthaben – in einem solchen Beschluss dürfte der Wille der GV/VV zum Ausdruck kommen, die Geschäftsguthaben – auch die Auseinandersetzungsguthaben – ausdrücklich zu schonen.45 Der Ausgeschiedene hat keinen Anspruch darauf, dass vor der Abschreibung seines Auseinandersetzungsguthabens die Rücklagen zur Verlustdeckung verwendet werden, unabhängig davon, dass die Verlustdeckung unter Schonung der Rücklagen für ihn zu Härten führen kann.46 c) Abschreibung der Rücklagen unter Schonung zwar der Geschäftsguthaben, aber unter Heranziehung der Auseinandersetzungsguthaben. Die ausscheidenden Mitglieder entziehen sich dem durch die eingetretenen Verluste evident gewordenen Betriebsrisiko, das die verbleibenden Mitglieder weiterhin tragen. Hier dürfte ein
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39 Beuthien GenG § 73 Rdn. 9; ders. DStR 2009, 275ff. 40 So zum Vorstehenden Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 21. 41 LG Plauen BlfG 1936, 796. 42 OLG Braunschweig JW 1936, 1387. 43 Ebenso Riebandt-Korfmacher ZfgG 1992, 60; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 6. 44 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 6. 45 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 6; a.A. Riebandt-Korfmacher a.a.O., unter Hinweis auf OLG Celle GWW 1963, 52 mit der Empfehlung einer klarstellenden Regelung in der Satzung. 46 Ebenso Parisius/Crüger/Citron § 73 Anm. 5; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 6; Beuthien GenG § 73 Rdn. 5; Müller GenG § 73 Rdn. 2.
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diesbezüglicher GV/VV-Beschluss erforderlich sein, 47 der jedoch den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten hat (vgl. hierzu § 18). d) Verlustvortrag auf neue Rechnung unter Schonung der Geschäftsguthaben und der Rücklagen – auch in diesem Fall kann das Auseinandersetzungsguthaben um den entsprechenden Anteil im Verhältnis der Haftsummen oder der gezeichneten bzw. voll eingezahlten Geschäftsanteile oder auch im Verhältnis der Geschäftsguthaben gekürzt werden.48 Dies gilt insb. bei ausdrücklicher Regelung in der Satzung,49 obwohl eine Satzungsregelung nicht notwendig ist.50 Die Begründung ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes in § 73 Abs. 2 Satz 1: Die Auseinandersetzung erfolgt aufgrund der Bilanz. Daraus folgt, dass die Auseinandersetzung allein schon durch einen in der Bilanz ausgewiesenen Verlust beeinflusst wird. Die GV/VV kann allerdings entscheiden, ob sie die Ausscheidenden zur Verlustdeckung heranziehen will.51 Im Zweifel, wenn nichts ausdrücklich geregelt ist, dürfte in dem Beschluss, den Verlust auf neue Rechnung vorzutragen, der Wille der GV/VV zum Ausdruck kommen, die Ausscheidenden zu schonen.52 Es würde jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, wenn über die anteilige Berücksichtigung eines Bilanzverlustes hinaus die Auseinandersetzungsguthaben vollständig zur Verlustdeckung herangezogen würden.53 4. Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs/der Nachschusspflicht. Es 16 sind im Unterschied zu § 33 die am Jahresschluss ausscheidenden Mitglieder zur Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens (und Verlustanteils) mitzuzählen. Es ist zweifelhaft, ob auch die zahlungsunfähigen Mitglieder hierbei mitzuzählen sind. Mit Rücksicht auf die bestimmte Fassung des Gesetzes und das Fehlen einer Vorschrift, die regelt, wann Zahlungsunfähigkeit anzunehmen ist, ist diese Frage zu bejahen. III. Kündigung einzelner Geschäftsanteile Kündigt ein Mitglied einzelne Geschäftsanteile, findet insoweit § 73 ebenfalls An- 17 wendung (Teilauseinandersetzung). Es kann insofern auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Da das Geschäftsguthaben rechtlich ein einheitliches Ganzes ist, das nicht auf einzelne Geschäftsanteile aufgeteilt werden kann,54 entsteht ein Auszahlungsanspruch nur insoweit, als sein Geschäftsguthaben den Gesamtbetrag der verbleibenden weiteren Geschäftsanteile übersteigt55 und die Satzung nicht etwas anderes
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47 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 6; a.A. OLG Celle GWW 1963, 52. 48 A.A. Beuthien GenG § 73 Rdn. 9; vgl. insoweit die Satzungsvorschrift über die Heranziehung der Geschäftsguthaben zur Verlustdeckung; ist nichts geregelt, ist nach § 19 Anknüpfungspunkt das Geschäftsguthaben. 49 § 10 Abs. 1 S. 1 MS; BGH ZIP 2003, 1498 = WM 2003, 1472 = BB 2003, 1894 = DB 2003, 1727 = FN IDW 9/2003; so auch OLG Brandenburg Urt. v. 2.11.1995, Az. 8 U 54/95. 50 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 6. 51 Offen gelassen vom BGH a.a.O.; wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 6. 52 A.A. OLG Celle GWW 1963, 25; offen gelassen durch OLG Brandenburg, ebd.; a.A. Beuthien GenG § 73 Rdn. 10 sowie Riebandt-Korfmacher ZfgG 1992, 50. 53 OLG Dresden DB 2004, 181 = FN-IDW 3/2004. 54 Vgl. auch die Regelungen in §§ 76 GenG, 87 UmwG; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 32 m.w.N. 55 Wie hier Beuthien GenG § 73 Rdn. 13 unter ausführlicher Darlegung des Streitstandes; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 73 Rdn. 8; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 33; a.A. Müller GenG § 73 Rdn. 36 f., der die Auseinandersetzung auf den einzelnen gekündigten Geschäftsanteil bezieht.
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§ 73 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
bestimmt. Beispiel: Ein Mitglied hat 10 Pflichtanteile à € 400 gezeichnet und jeweils € 200 eingezahlt. Nach Verminderung der Pflichtbeteiligung auf 5 Geschäftsanteile würde eine Kündigung der frei gewordenen 5 Anteile nicht zu einem Auseinandersetzungsguthaben führen. Weist die Jahresbilanz einen Verlust aus, so kann das Auseinandersetzungsgutha18 ben zur Deckung herangezogen werden (vgl. Rdn. 11 ff.).56 § 73 Abs. 2 letzter Halbsatz gilt nur bei Überschuldung; in diesem Falle gilt das in Rdn. 17 Ausgeführte. War mit den gekündigten Geschäftsanteilen keine Haftsumme verbunden (§ 121 Satz 1), besteht insoweit im Falle der Überschuldung keine Nachschusspflicht. IV. Beteiligungsfonds Abs. 3 wurde eingeführt durch Novelle 1973. Danach kann die Satzung einen Beteiligungsfonds vorsehen, an dem Mitglieder im Fall ihres Ausscheidens einen Anspruch haben.57 Eine Beteiligung ausscheidender Mitglieder generell an den anderen Ergebnisrücklagen ist nicht zulässig.58 Die Einführung des Beteiligungsfonds ist Satzungsänderung; es ist 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, soweit nicht die Satzung noch weitere Erfordernisse aufstellt.59 Der Beteiligungsfonds ist echtes Eigenkapital. Dies folgt u.a. aus § 337 Abs. 2 Ziff. 2 HGB. Die Einzahlungen auf den Beteiligungsfonds erhöhen bei Kreditgenossenschaften die Kreditgrenzen. In der Insolvenz des Unternehmens haften sie wie die sonstigen Eigenmittel. Sie können durch Beschluss der GV/VV auch zur Deckung von Bilanzverlusten herangezogen werden. Durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz 60 wurde Abs. 3 dahingehend eingeschränkt, 20 dass der Beteiligungsfonds nur noch aus dem Jahresüberschuss gespeist werden kann. Damit ist nicht mehr die bis zum Inkrafttreten des Bilanzrichtlinie-Gesetzes gegebene Möglichkeit zulässig, die anderen Ergebnisrücklagen durch übereinstimmenden Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat (wenn diese für die Verwendung zuständig sind, sonst durch Satzungsänderung) in den Beteiligungsfonds zu überführen.61 Zulässig ist es, in der Satzung vorzusehen, dass der Beteiligungsfonds noch weiteren Zwecken dienen soll.62 Voraussetzung eines Anspruchs ausgeschiedener Mitglieder gegen den Beteili21 gungsfonds ist, dass sie „ihren Geschäftsanteil“ voll eingezahlt hatten. Gemeint sind fällige Pflichtanteile; soweit freiwillige Anteile übernommen und nicht voll eingezahlt sind, hindert dies nicht den Anspruch an den Beteiligungsfonds.63 Ist der Geschäftsanteil z.B. wegen Abschreibung zur Verlustdeckung nicht mehr voll eingezahlt, bleibt der Anspruch gegen den Beteiligungsfonds bestehen.64 Die Satzung kann den Anspruch des Ausgeschiedenen z.B. von einer Mindestdauer der Mitgliedschaft abhängig machen sowie sachlich angemessene weitere Erfordernisse aufstellen und Beschränkungen vorsehen. Es ist zulässig, durch die Satzung z.B. den Anspruch solchen Mitgliedern zu versagen, die wegen schuldhaften Verhaltens ausgeschlossen worden sind.65 19
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56 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 35. 57 Zur Gesamtproblematik vgl. Feuerborn Der Beteiligungsfonds und das genossenschaftliche Eigenkapital. 58 Vgl. LG Halle Urt. v. 25.11.2014, Az. 8 O 48/14, juris. 59 § 16 Abs. 2 Ziff. 6. 60 BGBl. 1985 I, 2402. 61 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 25. 62 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 25; Müller GenG § 73 Rdn. 4. 63 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 26; Müller GenG § 73 Rdn. 3. 64 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 26; Müller GenG § 73 Rdn. 3. 65 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 27 m.w.N.
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Auseinandersetzung mit dem ausgeschiedenen Mitglied | § 73
Der Beteiligungsfonds begründet keine Sonderrechte (zum Begriff vgl. § 18), sie 22 können daher von der GV/VV mit satzungsändernder Mehrheit eingeschränkt bzw. aufgehoben werden.66 Im Falle der Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 76) besteht ein Anspruch an den Beteiligungsfonds nicht. Abs. 3 ist in Zusammenhang mit Abs. 1 und Abs. 2 zu sehen; er regelt den Anspruch nur für den Fall einer „Auseinandersetzung“ mit der eG. Eine solche wird jedoch bei der Übertragung des Geschäftsguthabens nicht durchgeführt. Es ist aber zulässig und dürfte gerechtfertigt sein, durch Satzung die Anwartschaftszeit des Übertragenden dem Übernehmenden anzurechnen. Bei Kündigung einzelner Geschäftsanteile (§ 67b) würde neben der Teilauseinan- 23 dersetzung nach § 73 Abs. 1 und 2 auch ein entsprechender Anspruch auf Auszahlung eines Anteils am Beteiligungsfonds bestehen. Voraussetzung wäre nicht, dass dies ausdrücklich im Statut bestimmt wäre.67 Wenn auf § 67b die Absätze 1 und 2 des § 73 Anwendung finden, muss dies auch für Abs. 3 gelten. Ausscheiden würde hier bedeuten: Ausscheiden mit einzelnen Geschäftsanteilen.68 Die Satzung kann vorsehen, dass bei Kündigung einzelner Geschäftsanteile kein Anspruch gegen den Beteiligungsfonds geltend gemacht werden kann.69 Bei teilweiser Übertragung des Geschäftsguthabens ist der Anspruch aus den Beteiligungsfond zwischen den Beteiligten zu regeln. Generell ist aus rechtssystematischen und praktischen Erwägungen von der Einfüh- 24 rung eines Beteiligungsfonds abzuraten. Eine solche (kapitalistische) Beteiligung widerspräche dem Wesen der eG als Zusammenschluss zur Förderung der Mitglieder; sie würde die Eigenkapitalgrundlage der eG schmälern und die Erfüllung des Förderauftrags gefährden, da dieser Anspruch nur im Falle des Ausscheidens realisiert werden könnte. Da der Beteiligungsfonds zum haftenden Eigenkapital gehört, würde ein Ausscheiden neben der Minderung der Geschäftsguthaben zusätzlich einen Abfluss von Reservemitteln zur Folge haben. Dies würde ein Nachteil für die verbleibenden Mitglieder sein und könnte sowohl hinsichtlich der Kreditgrenzen als auch in der Insolvenz relevant werden. Im Übrigen haben Berechnungen ergeben, dass bei einer Dotierung entsprechend den gesetzlichen und den anderen Rücklagen der dem einzelnen Mitglied zustehende Anteil im Allgemeinen weit unter einer angemessenen Rendite, nämlich zwischen 0,5 und 2%, liegen würde. Dieses Ergebnis würde in keiner Relation zu dem damit verbundenen Kostenaufwand stehen. V. Satzungsregeln zu Voraussetzungen, Modalitäten und Frist für die Auszahlung, Abs. 4 Die Möglichkeit, zu den Voraussetzungen, den Modalitäten und der Frist für Aus- 25 zahlung des Auseinandersetzungsguthabens Satzungsregeln festzulegen, kann neben der Einführung eines Mindestkapitals gem. § 8a für eine eG ein geeignetes und notwendiges Mittel sein, ihr Eigenkapital und damit ihre Kreditwürdigkeit zu stärken; insbesondere wird damit solchen eG, die nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS bilanzieren, ermöglicht, Geschäftsguthaben weiterhin als Eigenkapital
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66 Vgl. Feuerborn S. 50; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 25; Beuthien GenG § 73 Rdn. 15; a.A. Müller GenG § 73 Rdn. 51, der den Auseinandersetzungsanspruch – gegen den Beteiligungsfonds – als aufschiebend bedingtes Individualrecht ansieht, das nach § 35 BGB nur mit Einwilligung des Betroffenen aufgehoben werden kann. 67 Beuthien GenG § 73 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 36. 68 Wie hier Schiemann ZfgG 1976, 25. 69 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 36; Beuthien GenG § 73 Rdn. 14; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 73 Rdn. 7; Müller GenG § 73 Rdn. 37; Schiemann ZfgG 1976, 25.
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§ 73 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
auszuweisen.70 Mit den neuen § 8a und § 73 Abs. 4 wurden die Auslegungsregeln zu IAS 32, IFRIC 2 umgesetzt. Die überwiegend berechtigte scharfe Kritik an dieser Vorschrift von Beuthien71 belegt, dass diese Regelung nur zur Vermeidung von Nachteilen durch Anwendung der IFRS geschaffen wurde und von nicht IFRS-pflichtigen eG kaum genutzt werden dürfte. Gleichwohl dürfte sie den Mitgliedern kaum vermittelbar sein. Da eine solche Beschränkung einen erheblichen Eingriff in die Rechtsposition des einzelnen Mitglieds bedeuten kann – auch wenn auf der anderen Seite die Verbesserung der Eigenkapitalsituation der eG und die damit verbundenen günstigeren Refinanzierungsmöglichkeiten zumindest mittelbar auch vorteilhaft für die Mitglieder sind –, bedarf die spätere, einer § 73 Abs. 4 entsprechenden Satzungsänderung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 und 10 einer qualifizierten Mehrheit. Jedes Mitglied hat dann nach § 67a Abs. 1 ein außerordentliches Kündigungsrecht, sofern es nicht für den Beschluss gestimmt hat; ferner hat es das unabdingbare Recht, sein Geschäftsguthaben jederzeit auf eine andere Person, die Mitglied ist oder wird, zu übertragen (§ 76 Abs. 2). Schließlich wird durch die Vorschrift des Absatzes 4 Halbsatz 2 sichergestellt, dass über die Voraussetzungen, z.B. in Form eines Zustimmungserfordernisses der eG für die Auszahlung, und den Zeitpunkt der Auszahlung des Geschäftsguthabens nicht allein der Vorstand entscheiden darf, sondern auch die Mitglieder durch die GV/VV oder der Aufsichtsrat zu entscheiden haben. Die Mustersatzungen sehen zweckmäßigerweise die Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsrat hierzu vor. Damit hat die eG die Möglichkeit, die Auszahlung zu verweigern bzw. zu verzögern; diese Möglichkeit genügt den Auslegungsregeln zu IFRIC 2 und erlaubt weiterhin die Bilanzierung als Eigenkapital. Zu den in der Satzung zu regelnden Modalitäten72 gehört insbesondere die Frage, ob das Auseinandersetzungsguthaben anteilig oder nach der zeitlichen Reihenfolge der Kündigungen auszuzahlen ist, wenn andernfalls das Mindestkapital unterschritten würde (Näheres § 8a Rdn. 5). Enthält die Satzung eine Abs. 4 entsprechende Regelung, wird die Bilanzierungsmöglichkeit nach IFRS nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Auseinandersetzungsguthaben tatsächlich ausgezahlt wird (IFRIC 2 Ziffer 7). VI. Europäische Genossenschaft (SCE) 26
Die finanziellen Ansprüche der Mitglieder im Falle des Austritts oder des Ausschlusses regelt Art. 16 SCE-VO. Es ergibt sich hier gemäß Abs. 1 ein Auszahlungsanspruch, der sich aus der Bilanz ergibt und demzufolge anteilsmäßig Verluste zu tragen sind. Gemäß Art. 16 Abs. 3 Satz 1 SCE-VO legt die Satzung die Modalitäten und die Voraussetzungen für den Auszug fest sowie eine Frist von höchstens drei Jahren, innerhalb derer die Rückzahlung zu erfolgen hat. In keinem Fall ist die SCE gehalten, die Rückzahlung vor Ablauf von sechs Monaten nach Genehmigung der Bilanz vorzunehmen, Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SCE-VO. Die Auszahlung ist ausgeschlossen, solange ein Absinken des Grundkapitals unter einen vorgeschriebenen Mindestbetrag durch die Auszahlung erfolgen würde, Art. 3 Abs. 4 SCE-VO. Gemäß Art. 16 Abs. 4 SCE-VO sind die vorstehenden Ausführungen bei einer Teilkündigung von Geschäftsanteilen entsprechend anzuwenden.
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BT-Drs. 16/1025, 93. Beuthien GenG § 73 Rdn. 18. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 11 m.
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Fortdauer der Mitgliedschaft bei Auflösung der Genossenschaft | § 75
§ 74 (Weggefallen durch Gesetz vom 9.12.2004, BGBl. I, 3214) Für die Verjährung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsgutha- 1 bens gelten nunmehr die allgemeinen Verjährungsregeln des BGB.1 Die regelmäßige Verjährungsfrist ist gem. § 195 BGB drei Jahre. Für Beginn, Hemmung, Ablaufhemmung, Neubeginn der Verjährung gilt ebenfalls die durch das Schulrechtsmodernisierungsgesetz eingeführte Systematik des BGB (§§ 199 ff.). Die Drei-Jahresfrist kann allerdings durch Vereinbarung verkürzt werden. Deshalb gelten die entsprechend verkürzten Verjährungsfristen in den alten Satzungen weiter, wenn sie bewusst beibehalten werden.2
§ 75 Fortdauer der Mitgliedschaft bei Auflösung der Genossenschaft § 75 Fortdauer der Mitgliedschaft bei Auflösung der Genossenschaft Wird die Genossenschaft binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft eines Mitglieds aufgelöst, gilt die Beendigung der Mitgliedschaft als nicht erfolgt. Wird die Fortsetzung der Genossenschaft beschlossen, gilt die Beendigung der Mitgliedschaft als zum Schluss des Geschäftsjahres erfolgt, in dem der Beschluss über die Fortsetzung der Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen ist.
I.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–3
II.
Rechtsfolgen | 4–10
I. Allgemeines Satz 2 wurde durch Gesetz vom 20.7.19331 mit Rücksicht darauf eingefügt, dass der 1 durch das gleiche Gesetz geschaffene § 79a die Fortsetzung einer aufgelösten eG unter gewissen Voraussetzungen ermöglicht (siehe die dortigen Erl.). Die Mitglieder sollen sich nicht durch einen kurzfristigen Austritt aus der eG ihrer Nachschusspflicht im Falle der Liquidation oder der Insolvenz (§§ 87a, 105) entziehen können.2 Die Vorschrift wurde durch Novelle 2006 sprachlich neu gefasst. § 75 bezieht sich in seinem Geltungsbereich auf das Ausscheiden nach §§ 65, 66, 2 66a, 67, 67a, 68, 77 und 77a. § 75 bezieht sich nicht auf den Fall des Ausscheidens durch Übertragung des Geschäftsguthabens nach § 76; in diesem Falle gilt die subsidiäre Haftung im Falle des Insolvenzverfahrens nach § 76 Abs. 4. § 75 bezieht sich auch auf die Kündigung einzelner Geschäftsanteile nach § 67b.3 Es ist durchaus gerechtfertigt, die Kündigung freiwillig übernommener Geschäftsanteile der strengen Regelung des § 75 zu unterwerfen, deren Zweck es ist, ausgeschiedene Mitglieder an der Deckung von Verlusten zu beteiligen, die vor ihrem Ausscheiden entstanden sind; anderenfalls könnte die
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Beuthien GenG § 73 Rdn. 6 a.E.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 11a. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 11a.
1 RGBl. I, 520. 2 BGH NJW 1993, 2534. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 9; BerlKomm/Keßler § 75 Rdn. 2; a.A. Beuthien GenG § 75 Rdn. 2; widersprüchlich Müller GenG § 75 Rdn. 1.
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§ 75 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
Schutzwirkung des § 75 dadurch zum Nachteil der Gläubiger unterlaufen werden, dass zuerst einmal die freiwilligen Geschäftsanteile gekündigt werden und sodann die Mitgliedschaft gekündigt wird. § 75 gilt bei jeder Auflösung, unabhängig davon, ob die eG nach § 94 für nichtig erklärt oder nach § 393 FamFG von Amts wegen gelöscht worden ist.4 Sie ist jedoch nicht anwendbar auf das Ausscheiden aus einer LPG.5 Die Sechs-Monats-Frist ist vom Zeitpunkt des Ausscheidens zu berechnen, also 3 mit Ablauf des Geschäftsjahrs, in dem das Ausscheiden wirksam wird. Nur im Falle des § 77 Abs. 1 Satz 2 und im Falle des § 77a Satz 1 hat die Eintragung deklaratorische Bedeutung, die Mitgliedschaft endet mit Ablauf des Geschäftsjahrs, in dem der Erbfall eintrat bzw. – im Falle des § 77a – die Auflösung oder das Erlöschen wirksam geworden ist. II. Rechtsfolgen Im Falle des § 75 sind das ausgezahlte Auseinandersetzungsguthaben und der ausgezahlte Anteil an einem etwaigen Beteiligungsfonds zurückzugewähren. Dieser Anspruch der eG hat seine Rechtsgrundlage nicht in den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 ff. BGB), sondern ergibt sich unmittelbar aus dem Mitgliedschaftsverhältnis: wenn das Ausscheiden als nicht erfolgt gilt, ist mit Rückwirkung die Mitgliedschaft mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten wieder als bestehend anzusehen;6 daraus folgt, dass der Anspruch auf Rückgewähr seine Rechtsgrundlage in der Mitgliedschaft selbst hat.7 Das Mitglied, dessen Ausscheiden als nicht erfolgt gilt, kann sich hinsichtlich des Zahlungsverlangens der eG mithin nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Ob ein ausgeschlossenes Mitglied, dessen Ausscheiden nach § 75 als nicht erfolgt 5 gilt, wieder an der GV/VV teilnehmen kann, ist streitig; es ist aber anzunehmen, dass durch die Auflösung der eG zwar das Ausscheiden eines Ausgeschlossenen wieder beseitigt wird, nicht aber das Verbot der Teilnahme an der GV, da die Tatsache der Absendung des Ausschließungsbeschlusses weiterhin besteht und daran die Rechtsfolge des Verbots der Teilnahme geknüpft wird.8 Auch eine eG i.L. betreibt weiterhin Geschäfte. Auch kann die Liquidation sich über Jahre hinziehen.9 Die in der Zwischenzeit10 gefassten Beschlüsse sind für diejenigen, die zum Jahres6 schluss ausgeschieden waren und nur rückwirkend wieder als zur eG gehörig betrachtet werden, grundsätzlich verbindlich,11 insbesondere hat das Mitglied kein Anfechtungsrecht nach § 51.12 Ist jedoch ein Mitglied – z.B. wegen einer Erhöhung der Haftsumme – aufgrund einer Kündigung nach § 67a aus der eG ausgeschieden und gilt das Ausscheiden wegen Auflösung der eG nach § 75 als nicht erfolgt, ist seine Haftsumme so hoch, wie sie vor der Beschlussfassung über die Erhöhung der Haftsumme war (§ 67a Abs. 2
4
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4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 2; Müller GenG § 75 Rdn. 2. 5 BGH NJW 1993, 2534. 6 Müller GenG § 75 Rdn. 7. 7 Müller GenG § 75 Rdn. 5. 8 Beuthien GenG § 75 Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 75 Rdn. 7; BerlKomm/Keßler § 75 Rdn. 5; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 4; Müller GenG § 75 Rdn. 7a; a.A. wohl auch Menzel S. 67. 9 Dies verkennen Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 4 und Müller GenG § 75 Rdn. 7a. 10 Zeit vom Ausscheiden des Mitglieds bis zur Auflösung der eG. 11 Vgl. RGZ 72, 236. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 5; a.A. Müller GenG § 75 Rdn. 6.
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Satz 4); diese Rechtslage muss auch dann erhalten bleiben, wenn das Ausscheiden des Mitglieds nach § 75 als nicht erfolgt gilt.13 War das Mitglied nicht aufgrund einer Kündigung nach § 67a, sondern aus einem anderen Rechtsgrund, insbesondere aufgrund einer Kündigung nach § 65, ausgeschieden, und wird in der Zeit zwischen dem Ausscheiden des Mitglieds und der Auflösung der eG die Satzung in einem Punkt geändert, der zu einer Kündigung nach § 67a berechtigt, gilt der Gedanke des § 67a Abs. 2 Satz 4 nicht. Würde sich auch in diesen Fällen das Mitglied stets auf § 67a Abs. 2 Satz 4 berufen können mit der Folge, dass die Satzungsänderung weder für noch gegen das Mitglied wirken würde, würde unterstellt, dass es stets von der Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung Gebrauch gemacht hätte.14 Die Vermutung allein, dass das Mitglied, das aus der eG ausgeschieden ist, Satzungsänderungen mit dem in § 67a enthaltenen Inhalt nicht hingenommen hätte, genügt nicht für die Anwendung des § 67a Abs. 2 Satz 4.15 Diese Vermutung genügt nur dann, wenn das Mitglied aufgrund einer außerordentlichen Kündigung nach § 67a ausgeschieden war und sodann vor der Auflösung der eG ein weiterer Beschluss gefasst wurde, der erneut zur außerordentlichen Kündigung nach § 67a berechtigen würde. Nach Beuthien16 soll dem Mitglied die Chance der außerordentlichen Kündigung erhalten bleiben. Deshalb soll das Mitglied seine aufgelebte Mitgliedschaft binnen Monatsfrist, beginnend mit der Erlangung der Kenntnis von der Auflösung, kündigen dürfen. Dem ist zuzustimmen.17 Ist ein Mitglied einer eG, in deren Satzung eine auf eine Haftsumme beschränkte Nachschusspflicht vorgesehen ist, zum Jahresabschluss ausgeschieden und innerhalb von sechs Monaten nach erfolgtem Ausscheiden wieder beigetreten, tritt aufgrund dieses Wiedereintritts, wenn die eG innerhalb von sechs Monaten nach seinem Ausscheiden durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird (§ 101), keine doppelte Inanspruchnahme18 ein, sondern das Mitglied wird nur aufgrund derjenigen Haftsumme herangezogen, die die größere der beiden ist.19 Ist die Frist des § 75 abgelaufen, ist das Mitglied endgültig ausgeschieden. Es ist jedoch u.U. noch weitere 12 Monate zur Zahlung von Nachschüssen nach den Vorschriften der §§ 115b, 105 in der Insolvenz der eG verpflichtet. Wird später die Fortsetzung der eG beschlossen (§ 79a), gilt nach § 75 Satz 2 das Ausscheiden des Mitglieds erst zum Schluss des Geschäftsjahres als erfolgt, in dem der Fortsetzungsbeschluss in das Register eingetragen worden ist (Beispiel: Ausscheiden am 31.12.2014; Auflösungsbeschluss am 20.6.2015; Fortsetzungsbeschluss vom 10.12.2015; Eintragung des Fortsetzungsbeschlusses am 3.1.2016. Folge: Ausscheiden am 31.12.2016).
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13 Wie hier Müller GenG § 75 Rdn. 6; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 5. 14 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 75 Rdn. 6. 15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 5; a.A. Müller GenG § 75 Rdn. 6. 16 GenG § 75 Rdn. 5. 17 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 5, der die Kündigungswirkung auf die Rechtsfolgen des § 67a Abs. 2 Satz 4 beschränkt, nämlich den Wegfall der Geltung der beschlossenen Satzungsänderung dem Mitglied gegenüber. 18 Aus der alten und der neuen Mitgliedschaft. 19 RGZ 141, 178 = BlfG 1933, 505; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 75 Rdn. 5.
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§ 76 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
§ 76 Übertragung des Geschäftsguthabens § 76 Übertragung des Geschäftsguthabens (1) Jedes Mitglied kann sein Geschäftsguthaben jederzeit durch schriftliche Vereinbarung einem anderen ganz oder teilweise übertragen und hierdurch seine Mitgliedschaft ohne Auseinandersetzung beenden oder die Anzahl seiner Geschäftsanteile verringern, sofern der Erwerber, im Fall einer vollständigen Übertragung anstelle des Mitglieds, der Genossenschaft beitritt oder bereits Mitglied der Genossenschaft ist und das bisherige Geschäftsguthaben dieses Mitglieds mit dem ihm zuzuschreibenden Betrag den Geschäftsanteil nicht übersteigt. Eine teilweise Übertragung von Geschäftsguthaben ist unwirksam, soweit das Mitglied nach der Satzung oder einer Vereinbarung mit der Genossenschaft zur Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen verpflichtet ist oder die Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen Voraussetzung für eine von dem Mitglied in Anspruch genommene Leistung der Genossenschaft ist. (2) Die Satzung kann eine vollständige oder teilweise Übertragung von Geschäftsguthaben ausschließen oder an weitere Voraussetzungen knüpfen; dies gilt nicht für die Fälle, in denen in der Satzung nach § 65 Abs. 2 Satz 3 eine Kündigungsfrist von mehr als fünf Jahren bestimmt oder nach § 8a oder § 73 Abs. 4 der Anspruch nach § 73 Abs. 2 Satz 2 auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens eingeschränkt ist. (3) Auf Beendigung der Mitgliedschaft und die Verringerung der Anzahl der Geschäftsanteile ist § 69 entsprechend anzuwenden. (4) Wird die Genossenschaft binnen sechs Monaten nach der Beendigung der Mitgliedschaft aufgelöst, hat das ehemalige Mitglied im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Nachschüsse, zu deren Zahlung es verpflichtet gewesen sein würde, insoweit zu leisten, als der Erwerber diese nicht leisten kann. (5) Darf sich nach der Satzung ein Mitglied mit mehr als einem Geschäftsanteil beteiligen, so gelten diese Vorschriften mit der Maßgabe, dass die Übertragung des Geschäftsguthabens auf einen anderes Mitglied zulässig ist, sofern das Geschäftsguthaben des Erwerbers nach Zuschreibung des Geschäftsguthabens des Veräußerers den Gesamtbetrag der Geschäftsanteile, mit denen der Erwerber beteiligt ist oder sich beteiligt, nicht übersteigt.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–2 Grundsätze | 3–8 Satzungsregelungen | 9–10
IV. V. VI.
Verfahren | 11–13 Sonderfälle | 14–19 Europäische Genossenschaft (SCE) | 20
I. Allgemeines 1
Ein Mitglied kann grundsätzlich wegen der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens anhand der Bilanz nur zum Schluss eines Geschäftsjahres aus einer eG ausscheiden. Ausnahmen hiervon sind neben § 76 die § 77 sowie §§ 20 Abs. 1 Nr. 3, 90 UmwG. § 76 schafft die Möglichkeit, jederzeit innerhalb des Geschäftsjahres, d.h. ohne Einhaltung von Kündigungsfristen aus der eG auszuscheiden, wenn ein anderes oder neu eintretendes Mitglied das Geschäftsguthaben bzw. die Mitgliedschaft übernimmt. Durch diese Übernahmen ist keine Auseinandersetzung, insbesondere nicht das Aufstellen einer Stichtagsbilanz erforderlich. Durch Novelle 2006 wurde die Möglichkeit der Übertragung der Mitgliedschaft zusammen mit dem Geschäftsguthaben und um die Holthaus/Lehnhoff
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Übertragung des Geschäftsguthabens | § 76
Übertragung einzelner Teile des Geschäftsguthaben eingeführt und zur Erleichterung der Lesbarkeit Abs. 1 auf zwei Absätze verteilt. Die Regelung des neuen Abs. 1 lässt nun auch eine nur teilweise Übertragung des Geschäftsguthabens zu. Die Möglichkeit des Mitglieds, die Zahl seiner Geschäftsanteile zu verringern, ohne den unter Umständen langwierigen Weg des § 67b über die Kündigung gehen zu müssen, entspricht einem Anliegen der genossenschaftlichen Praxis. In Abs. 2, der dem bisherigen Absatz 1 Satz 2 entspricht, wird eine Satzungsbestimmung, durch die eine Übertragung des Geschäftsguthabens ausgeschlossen oder – z.B. durch ein Zustimmungserfordernis – eingeschränkt wird, für die Fälle ausgeschlossen, in denen der Anspruch nach § 73 Abs. 2 Satz 2 kraft Gesetzes bei Einführung eines Mindestkapitals oder durch Satzungsbestimmung eingeschränkt oder eine mehr als fünfjährige Kündigungsfrist bestimmt wird (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9, 10, §§ 8a, 73 Abs. 4; § 65 Abs. 2 Satz 3); damit wird dem notwendigen Schutz der Mitglieder entsprochen. Eine Übertragung des Geschäftsguthabens auf einen Dritten, der noch nicht Mitglied ist, setzt voraus, dass dieser die Bedingungen erfüllt, die nach der Satzung für eine Mitgliedschaft gefordert werden, und gemäß §§ 15, 15a beitritt; der Vorstand darf den Beitritt nicht willkürlich ablehnen, da er andernfalls die gegenüber dem übertragenden Mitglied bestehende Treuepflicht der eG verletzen würde. Der neue Abs. 3, der den bisherigen Absatz 2 enthält, berücksichtigt den Fall der Teilübertragung und verweist hinsichtlich des Eintragungserfordernisses und der Benachrichtigungspflicht auf § 69. Abs. 5 (früher Abs. 4) wurde durch Novelle 1973 in § 76 eingefügt. Er übernimmt in 2 der Sache den früheren § 138, der durch Novelle 1973 aufgehoben wurde.1 Die Vorschrift wurde durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.12.19932 neu gefasst. II. Grundsätze Nach § 76 kann nur das Geschäftsguthaben übertragen werden. Ist in der Satzung 3 der Erwerb mehrerer Geschäftsanteile zugelassen (§ 7a und die dortigen Erl.), so ist Geschäftsguthaben i.S.v. § 76 das sich aus der Gesamtbeteiligung des Mitglieds ergebende Geschäftsguthaben. Eine Abtretung des Geschäftsanteils an Dritte ist nicht möglich, weil dem Geschäftsanteil keine selbständige Bedeutung zukommt, er setzt nur den Betrag der Beteiligung fest.3 Eine entsprechende Satzungsbestimmung wäre unwirksam. Auch die Mitgliedschaft selbst ist weder abtretbar noch verpfändbar, da die Mitgliedschaft persönlicher Natur ist.4 Das Geschäftsguthaben kann seit der Novelle 2006 nicht nur in seinem Gesamtbe- 4 trag zum Zwecke des Ausscheidens sondern auch teilweise übertragen werden,5 und damit auch nicht mehr nur an einen Erwerber.6 Die neue Regelung wird dem Umstand gerecht, dass es nur das Postulat eines einheitlichen Geschäftsguthabens gibt.7 Zusätzlich müssen aber nach Satz 2 bei einer Teilübertragung die in § 67b für den Kündigungsfall geltenden Voraussetzungen beim übertragenden Mitglied gegeben sein, da in beiden Fällen die Zahl der Geschäftsanteile des Mitglieds herabgesetzt wird. Danach ist eine Verminderung der Geschäftsanteile durch eine Teilübertragung des Geschäftsguthabens
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1 Vgl. amtliche Begründung, BT-Drs. 7/97 S. 27. 2 BGBl. I S. 2182. 3 KG JFG 8, 175; Beuthien GenG § 76 Rdn. 4; a.A. Schiemann ZfgG 1976, 26, der die Übertragung in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 67b für zulässig hält. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 4. 5 Beuthien GenG § 76 Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 4b. 6 So noch die Rspr. aufgrund der alten Rechtslage KG OLGRspr 19, 361; OLG Dresden OLGRspr 40, 203. 7 Näheres Beuthien GenG § 76 Rdn. 2.
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§ 76 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
wie bei einer Teilkündigung ausgeschlossen, soweit es sich auf Grund der Satzung oder einer Vereinbarung mit der eG um Pflichtanteile des Mitglieds handelt oder soweit die Pflichtbeteiligung Voraussetzung für eine von dem Mitglied in Anspruch genommene Förderleistung war und noch ist. Ist noch kein Geschäftsguthaben entstanden oder ist das vorhandene Geschäftsgut5 haben auf null abgeschrieben worden, kann eine Übertragung wegen nicht existierenden Guthabens nach dem klaren Wortlaut des § 76 nicht vorgenommen werden.8 Die Übertragung ist aber dann zulässig, wenn durch das Ausscheiden des Mitglieds auf diesem Weg eine Verringerung der Haftsumme der eG9 eintritt. Die Übertragung ist jedoch nicht mehr möglich, wenn das Auseinandersetzungsguthaben des Mitglieds für einen seiner Gläubiger gepfändet und zur Einziehung überwiesen wird und der Gläubiger damit das Kündigungsrecht nach § 66 hat.10 Dies ergibt sich aus § 829 ZPO. Die Pfändung ist stets zu beachten, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vor Zulassung der Übertragung zugestellt wird. Hingegen kann der Auseinandersetzungsanspruch, auch wenn das Mitglied nicht aus der eG ausscheiden will, nach § 398 BGB abgetreten bzw. nach § 1279 BGB unabhängig von § 76 Abs. 1 verpfändet werden. Gleichwohl könnte das Geschäftsguthaben übertragen werden, sofern nicht zuvor durch einen Gläubiger das Auseinandersetzungsguthaben gepfändet worden ist (§ 829 ZPO); die Übertragung führt nicht zu einem Anspruch auf das Aseinandersetzungsguthaben.11 Scheidet der Erwerber aus, erhält nicht er, sondern der Abtretungsempfänger bzw. der Pfandgläubiger das Auseinandersetzungsguthaben. Die Satzung kann für die Dauer der Mitgliedschaft die Abtretung bzw. Verpfändung ausschließen.12 Die Übertragung ist auch noch zulässig, wenn die Kündigung durch den Veräußerer oder der Ausschluss zwar erfolgt ist, das Mitglied aber noch nicht ausgeschieden ist.13 Dies gilt selbst dann, wenn das Ausscheiden bereits in der Liste der Mitglieder vermerkt, aber das Geschäftsjahr noch nicht abgelaufen ist; die Eintragung hat nur deklaratorische Bedeutung. Auch der Erbe eines Mitglieds kann im Falle seiner auslaufenden Mitgliedschaft (§ 77 Abs. 1) im laufenden Geschäftsjahr das Geschäftsguthaben auf einen Dritten, aber auch auf sich selbst übertragen, unabhängig davon, ob der Erbe bereits Mitglied war oder nicht; Gleiches gilt für die Erbengemeinschaft.14 Nach dem Ausscheiden als Mitglied ist eine Übertragung des Geschäftsguthabens nicht mehr zulässig, da nunmehr kein Geschäftsguthaben mehr besteht, sondern nur noch ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben. Auch durch die Kündigung einzelner Geschäftsanteile nach § 67b wird die Über6 tragung des Gesamtgeschäftsguthabens oder von Teilbeträgen entsprechend den vorstehenden Ausführungen nicht ausgeschlossen. Durch die Übertragung wird vielmehr die
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8 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 4c; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 76 Rdn. 6; a.A. Müller GenG § 76 Rdn. 2, der unter Hinweis auf Paulick S. 156, die Auffassung vertritt, dass der Geschäftsanteil bereits eine rechtlich existente Grundlage für zukünftige Buchungen darstelle, so dass eine Übertragung dieser Anwartschaft auf das Geschäftsguthaben zugelassen werden könne; a.A. auch Beuthien GenG § 76 Rdn. 2, der ein negatives Geschäftsguthaben – ähnlich wie einen negativen Kapitalanteil – für übertragbar hält; diese Meinung verkennt jedoch, dass eben nicht ein Kapital(Geschäfts-)Anteil übertragen wird.. 9 LG Düsseldorf BlfG 1953, 718 = GWW 1953, 440; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 13. 10 Vgl. Etscheit BlfG 1936, 232; vgl. auch Erl. zu § 66. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 3 Buchst. b 8. Spiegelstrich; Müller GenG § 76 Rdn. 2e; evtl. strafrechtliche Aspekte bleiben unerörtert. 12 LG Köln ZfgG 1971, 306. 13 Vgl. KG JFG 4, 238; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 3. 14 Vgl. ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 41 ff. sowie § 77 Rdn. 14; Müller GenG § 76 Rdn. 3a.
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Übertragung des Geschäftsguthabens | § 76
Teilkündigung hinfällig.15 Der Erwerber hat so viele Geschäftsanteile zu zeichnen, wie zur Abdeckung des Geschäftsguthabens erforderlich sind (vgl. Rdn. 11 ff.). Will er seinerseits einen Teil des von ihm übernommenen Geschäftsguthabens ausgezahlt erhalten, bedarf es einer Teilkündigung durch ihn. Das Geschäftsguthaben kann nicht im Wege eines Vertrags unter Lebenden zu- 7 gunsten eines Dritten auf den Todesfall – mit Wirkung zum Zeitpunkt des Todes – (§§ 328, 331 BGB) übertragen werden, da § 76 lex specialis ist und eine Übertragung nach §§ 413, 398 BGB nicht möglich ist. Jedoch kann ein Mitglied über sein Auseinandersetzungsguthaben im Wege der §§ 328, 331 BGB verfügen. Es handelt sich bei dem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben um einen aufschiebend bedingten Anspruch, der bereits im Kern mit Eintritt in die eG angelegt ist, vgl. § 73 Rdn. 2. Wenn er abgetreten werden kann, kann er auch Dritten auf den Zeitpunkt des Todes zugewendet werden.16 Nach dem durch Novelle 1973 eingefügten § 77a wird z.B. im Falle einer Verschmel- 8 zung die Mitgliedschaft der übertragenden eG bei einer anderen eG (z.B. Zentralgenossenschaft) bis zum Schluss des Geschäftsjahres, in dem die Verschmelzung wirksam wurde, durch die übernehmende eG fortgesetzt. Solange die übernehmende eG diese Mitgliedschaft fortsetzt, kann sie das Geschäftsguthaben der übertragenden eG nach § 76 übertragen, und zwar auch hier aus denselben Überlegungen wie zu § 77 auf sich selbst. III. Satzungsregelungen Die Satzung kann die Übertragung des Geschäftsguthabens als Ganzes oder Teile 9 davon ausschließen oder erschweren;17 satzungsmäßige Erleichterungen der Übertragung sind nicht möglich. Die Satzung kann deshalb die Übertragung z.B. von der Zustimmung des Vorstands, Aufsichtsrats oder der GV/VV abhängig machen, auch besondere Formvorschriften oder besondere, sich am Förderauftrag orientierende Voraussetzungen vorsehen. Die Zustimmung ist eine echte Bedingung für die Wirksamkeit der Übertragung. Die Versagung der Zustimmung verletzt nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder.18 Es besteht grundsätzlich kein Anspruch seitens des Erwerbers, aber auch nicht seitens des Veräußerers (etwa aufgrund der genossenschaftlichen Treuepflicht) auf Erteilung der Zustimmung zur Übertragung bzw. auf Zulassung des Beitritts/der Beteiligung.19 Die Versagung kann gerichtlich auf Unbilligkeit und auf offensichtliche Willkür 10 nachgeprüft werden, dazu reicht aber nicht jede behauptete angebliche Unbilligkeit aus.20 Der Auffassung des AG Elmshorn,21 eine Verweigerung der Zustimmung aus anderen als in der Person des Übertragenden liegenden Gründen stelle einen Missbrauch des Zustimmungsvorbehalts dar, kann nicht gefolgt werden.
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15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 4b; Krämer Rpfleger 1985, 141. 16 So mit Recht LG Kassel ZfgG 1981, 68 mit Anmerkung Kuchinke; a.A. noch die Vorauflage; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 5; Beuthien GenG § 77 Rdn. 14; vgl. im Übrigen auch § 77 Rdn. 15. 17 KGJ 33, 101. 18 LG Hannover GWW 1953, 331 = JFG 1956, 153. 19 Vgl. Müller GenG § 76 Rdn. 7. 20 LG Hannover GWW 1953, 331 = JFG 1956, 153, vgl. zur gerichtlichen Nachprüfung auch AG Elmshorn und LG Itzehoe ZfgG 1982, 307 mit Anm. Hadding. 21 GW 1981 m. abl. Anm. v. Riebandt-Korfmacher.
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IV. Verfahren Es muss die Schriftform nach § 126 BGB gewahrt werden. Auch elektronische Form ist zulässig (§§ 126 Abs. 3; 126a BGB). Ist der Erwerber des Geschäftsguthabens oder des Teils davon Nichtmitglied, können die schriftliche Übereinkunft, die erforderliche Beitrittserklärung und die unbedingte Erklärung des Erwerbers über die Zahl der von ihm zu übernehmenden Geschäftsanteile in einer Urkunde abgegeben werden. Bei diesem in der Praxis auch geübten Verfahren kann es nicht zu einer zeitlichen Zäsur zwischen der Übertragung des Geschäftsguthabens und dem Antrag auf Zulassung zur Mitgliedschaft kommen. Erfordert die Übertragung des Geschäftsguthabens, dass das übernehmende Mitglied weitere Geschäftsanteile übernimmt, so ist dies gleichzeitig möglichst in ein und derselben Urkunde vorzunehmen. 12 Die Zustimmung zur Übertragung sowie die Zulassung des Beitritts bzw. der Beteiligung erfolgt in der Regel ebenfalls in einem Akt. In beiden Fällen kann der Vorstand im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens frei entscheiden.22 13 Veräußerer wie Erwerber haben keinen Anspruch auf Zulassung. Nur bewusster Missbrauch des Ermessens (offensichtliche Willkür) wäre gerichtlich nachprüfbar und nichtig. Auch kann ggfs. der Vorstand verpflichtet sein, einer Übertragung zuzustimmen23 und zwar in den Fällen, in denen ein Mitglied aus der genossenschaftlichen Treuepflicht einen Anspruch hat, dass ein anderer als Mitglied aufgenommen wird.24 Die Zustimmung zur Übertragung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung; die Unterschriftsleistung durch Vorstandsmitglieder stellt nur einen internen Akt dar, solange diese Erklärung nicht einem der beiden Vertragspartner gegenüber erklärt worden ist.25 11
V. Sonderfälle Erfolgt die Übertragung nach vorangegangener Guthabenabschreibung (§ 19), muss der Erwerber die satzungsmäßigen Einzahlungen auf seinen eigenen Geschäftsanteil leisten, abzüglich des Betrags des übernommenen Geschäftsguthabens nach dem Stand zur Zeit der Übernahme, nicht abzüglich der von dem Veräußerer bereits geleisteten Einzahlungen schlechthin.26 Dies folgt daraus, dass der Erwerber einen eigenen Geschäftsanteil zeichnet und damit neue Einzahlungspflichten begründet, während die hinsichtlich des Geschäftsanteils des Veräußerers bestehenden Einzahlungspflichten mit diesem Geschäftsanteil erloschen sind.27 Der Erwerber eines durch Abschreibung verminderten Geschäftsguthabens muss nicht die gleiche Anzahl von Geschäftsanteilen übernehmen, die der Veräußerer hatte. Allerdings kann die eG die Zustimmung zur Übertragung davon abhängig machen, dass der Erwerber zusätzlich freiwillig weitere Geschäftsanteile in dem Umfang zeichnet, wie sie der Veräußerer innehatte. Auch bei einer Pflichtbeteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen und sofortiger 15 Volleinzahlungspflicht und Übertragung nach vorangegangener Guthabenabschreibung kann der Erwerber nur so viele Geschäftsanteile zeichnen, wie zur Abdeckung des übernommenen Geschäftsguthabens notwendig sind. Da er jedoch bei Fortführung des Geschäfts entsprechend der satzungsmäßigen Bemessungsgrenze mehr Geschäftsanteile
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LG Itzehoe ZfgG 1982, 309 m. zust. Anm. Hadding. LG Nürnberg Urt. v. 13.2.1981, Az. 8 O 524/80. Hierzu § 15 Rdn. 24; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 6, 8; Müller GenG § 76 Rdn. 7, 16. LG Schweinfurt Urt. v. 13.8.1980, Az. 1 O 105/80. So zutreffend bereits Schröder DJ 1938, 825; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 14. KGJ 30, 310; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 14.
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zeichnen müsste, kann von ihm zumindest eine (schriftliche) Verpflichtungserklärung verlangt werden, im Falle von Dividendengutschriften die notwendigen weiteren Geschäftsanteile zu zeichnen, bis die ursprünglich vom Veräußerer gezeichneten Geschäftsanteile wieder voll eingezahlt sind. Eine freiwillige Zeichnung weiterer Anteile könnte an der damit verbundenen Volleinzahlungspflicht scheitern. Erfolgt nach Ablauf eines Geschäftsjahres eine Übertragung des Geschäftsguthabens und wird sodann beschlossen, zur Deckung eines Bilanzverlusts im abgelaufenen Geschäftsjahr die Geschäftsguthaben abzuschreiben, hat der Verlustdeckungsbeschluss der GV/VV Rückwirkung auf den Schluss des abgelaufenen Geschäftsjahres. Demgemäß konnte auch nur dieses verminderte Geschäftsguthaben übertragen werden. Der Erwerber hat gegen den Veräußerer ggf. einen Anspruch nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB).28 Wird mit Verlustdeckung eine Erhöhung des Geschäftsanteils verbunden, gilt diese nur für den Erwerber, da insoweit die Eintragung der Satzungsänderung konstitutiv wirkt. Das Gesetz enthält keine zwingende Regelung der Frage, wem z.B. der Dividendenanspruch zusteht. Satzung oder Einzelvereinbarung können eine entsprechende Regelung treffen. Fehlt eine solche, steht die Dividende demjenigen zu, der am Ende des Geschäftsjahres Inhaber des Geschäftsguthabens war.29 Die Berechnung der Dividende erfolgt nach den Grundsätzen des § 19 und der einschlägigen Satzungsvorschrift (vgl. § 19 Rdn. 16 f.): das bedeutet, dass bei Übertragung im abgelaufenen Geschäftsjahr zugunsten des Erwerbers das Geschäftsguthaben berücksichtigt wird, das am Ende des Vorjahrs noch dem Veräußerer gehörte.30 Erfolgt die Übertragung im laufenden Geschäftsjahr, steht die Dividende dem Veräußerer zu. Der Veräußerer kann jedoch auf seinen Anspruch, z.B. zu Gunsten des Erwerbers oder der eG (auch konkludent), verzichten. In der Regel wird in der mit keinen weiteren Erklärungen versehenen Übertragung dieser konkludente Verzicht liegen: der Veräußerer will seine mitgliedschaftsrechtlichen Beziehungen vollständig aufgeben.31 Es gilt dann nichts Anderes als bei Übertragung im abgelaufenen Geschäftsjahr. Gleiches gilt hinsichtlich der Frage, wem die genossenschaftliche Rückvergütung zusteht (hierzu § 19 Rdn. 23 ff.). Vor der Übertragung fällig gewordene, aber rückständig gebliebene Einzahlungen auf den Geschäftsanteil sind nach der Übertragung nicht mehr vom Veräußerer zu leisten; der Einzahlungsanspruch der eG erlischt mit Erlöschen der Mitgliedschaft des Veräußerers.32 Grundsätzlich sollte deshalb die Übertragung erst nach Erfüllung der rückständigen Einzahlungspflichten zugelassen werden. Die Übertragung ist auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds möglich. Verfügungsbefugt ist nur der Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO; siehe auch Erl. zu § 66a und § 67c). Wird die eG binnen 6 Monaten nach dem Ausscheiden des Veräußerers aufgelöst, findet § 75 keine Anwendung. Der Veräußerer haftet nur insoweit, als der Erwerber unvermögend ist (Abs. 5). Unvermögen setzt die Durchführung einer fruchtlosen Zwangsvollstreckung voraus.33 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der eG hemmt das durch Übertragung erfolgende Ausscheiden nicht. Wird nachträglich die
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28 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 15. 29 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 16; Müller GenG § 76 Rdn. 12 e. 30 Parisius/Crüger/Citron § 76 Anm. 18. 31 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 16; der dieses als reine Fiktion ablehnt und Auszahlungen den Veräußerer bejaht. 32 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 17; Beuthien GenG § 76 Rdn. 7; a.A. Müller GenG § 76 Rdn. 11. 33 Beuthien GenG § 76 Rdn. 8.
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Nachschusspflicht eingeführt oder erweitert, braucht der ausgeschiedene Veräußerer dies nicht gegen sich gelten zu lassen (§ 22a Abs. 2). Die Prämienbegünstigung von Aufwendungen für den ersten Erwerb von Anteilen an Bau- und WohneG34 knüpft an die Einzahlungen an, die der Erwerber auf übernommene Geschäftsanteile leistet. Sie gilt nicht bei Übertragung des Geschäftsguthabens auf ein Mitglied. V. Europäische Genossenschaft (SCE) 20
Art. 15 Abs. 1, dritter Spiegelstrich SCE-VO regelt vergleichbar zu § 76 die Übertragung aller Geschäftsanteile (nicht wie in § 76 des Geschäftsguthabens) auf ein Mitglied bzw. eine natürliche oder juristische Person, die die Mitgliedschaft erwirbt. Diese Möglichkeit ist jedoch nur eröffnet, wenn die Satzung dies erlaubt. Zudem ist die Zustimmung der GV oder des Leitungs- oder Verwaltungsorgans erforderlich, Art. 4 Abs. 11 SCEVO.
§ 77 Tod des Mitglieds § 77 Tod des Mitglieds (1) Mit dem Tode eines Mitglieds geht die Mitgliedschaft auf den Erben über. Sie endet mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Mehrere Erben können das Stimmrecht in der Generalversammlung nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben. (2) Die Satzung kann bestimmen, dass im Falle des Todes eines Mitglieds dessen Mitgliedschaft in der Genossenschaft durch dessen Erben fortgesetzt wird. Die Satzung kann die Fortsetzung der Mitgliedschaft von persönlichen Voraussetzungen des Rechtsnachfolgers abhängig machen. Für den Fall der Beerbung des Erblassers durch mehrere Erben kann auch bestimmt werden, dass die Mitgliedschaft endet, wenn sie nicht innerhalb einer in der Satzung festgesetzten Frist einem Miterben allein überlassen worden ist. (3) Der Tod des Mitglieds sowie der Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft, im Falle des Absatzes 2 auch die Fortsetzung der Mitgliedschaft durch einen oder mehrere Erben, sind unverzüglich in die Mitgliederliste einzutragen. Die Erben des verstorbenen Mitglieds sind unverzüglich von der Eintragung zu benachrichtigen. (4) Bei Beendigung der Mitgliedschaft gelten die §§ 73 und 75, im Falle der Fortsetzung der Mitgliedschaft gilt § 76 Abs. 4 entsprechend.
I. II.
III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–3 Die auslaufende Mitgliedschaft (§ 77 Abs. 1) | 4–15 1. Der Alleinerbe | 4–6 2. Die Erbengemeinschaft | 7–15 Die unbefristete Mitgliedschaft (§ 77 Abs. 2) | 16–31
Kraft Satzungsregelung | 16–24 Der Erbe als Nichtmitglied | 25 Der Erbe war bereits Mitglied | 26–31 Verfahren | 32–33 Europäische Genossenschaft (SCE) | 34 1. 2. 3.
IV. V.
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34 § 2 Abs. 1 Nr. 2, WoPG i.d.F. v. 30.10.1997 (BGBl. I S. 2678), zuletzt d. Art. 9 d. G. v. 18.7.2014 (BGBl. I S. 1042) geändert.
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Tod des Mitglieds | § 77
I. Allgemeines § 77 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst und durch Novelle 2006 sprachlich und 1 redaktionell überarbeitet. Insbesondere wurde einem Bedürfnis der Praxis entsprechend vorgesehen, dass die Satzung eine unbefristete Vererbung der Mitgliedschaft vorsehen kann. Abs. 3 und 4 wurden durch das Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz vom 20.12.1993 neu gefasst.1 Die Regelung des Abs. 1, dass der Erbe die Mitgliedschaft des verstorbenen Mitglieds 2 bis zum Ende des Geschäftsjahrs übernimmt, erübrigt die Aufstellung einer besonderen Auseinandersetzungsbilanz auf den Stichtag des Erbfalls; die Auseinandersetzung kann nunmehr mit dem ausscheidenden Erben aufgrund des von der eG nach § 33 aufzustellenden Jahresabschlusses erfolgen.2 Macht eine eG von der Möglichkeit des Abs. 2 Gebrauch, wird das Ausscheiden des 3 Erben am Ende des Sterbegeschäftsjahrs und damit die Verringerung der Mitgliederzahl, des Eigenkapitals und der Haftung vermieden; die Vorschrift dient somit aus der Sicht der eG der Stabilisierung des Mitgliederbestands und damit der Erhaltung des Eigenkapitals.3 II. Die auslaufende Mitgliedschaft (§ 77 Abs. 1) 1. Der Alleinerbe. Die Mitgliedschaft geht mit dem Tod des verstorbenen Mitglieds 4 auf den Erben als neuen Rechtsträger über. Der Erbe wird selbst Mitglied,4 auch wenn er nicht bekannt ist und nicht eingetragen werden kann.5 Der Nachweis des Erbrechts wird (in Abs. 1 wie im Falle des Abs. 2) durch Erbschein geführt. Will die eG den Erben in Anspruch nehmen und weigert sich dieser, einen Erbschein zu beantragen, gilt § 446 ZPO.6 Der Erbe erhält die Rechte und Pflichten, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines 5 Todes innehatte (§ 1967 Abs. 2 BGB); er kann auch die Haftung gem. §§ 1975 ff. BGB auf den Nachlass beschränken. Er ist ggf. zur Leistung von Nachschüssen verpflichtet.7 Nicht jedoch gehen die durch Wahl begründeten Ämter über (Vertreter-, Vorstands-, Aufsichtsratsamt). Die Mitgliedschaft des Erben endet am Ende des Geschäftsjahres, in dem der Erb- 6 fall eingetreten ist und unabhängig von der Kenntnis der eG. Der Erbe scheidet kraft Gesetzes aus, ohne dass es einer besonderen Erklärung bedarf.8 Hinsichtlich des Auseinandersetzungsguthabens gilt § 73 (vgl. die dortigen Erl.). Bei Auflösung der eG innerhalb von sechs Monaten nach Ende dieses Geschäftsjahrs gilt das Ausscheiden als nicht erfolgt.9 Wird über das Vermögen der eG innerhalb von achtzehn Monaten nach seinem Ausscheiden das Insolvenzverfahren eröffnet, findet ggf. § 115b Anwendung (vgl. die dortigen Erl.).
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1 Abschaffung der beim Registergericht geführten Liste der Genossen und Ersetzen durch die von der eG zu führende Mitgliederliste, BGBl. I. S. 2182. 2 Schmidt, A. S. 15 ff. 3 Schaffland Die Vererbung, S. 10. 4 Müller GenG § 77 Rdn. 2; Schaffland GenG, mit einführender Erl. S. 51; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1979, 333; Gräser/Metz/Werhahn S. 72. 5 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 76 Rdn. 2. 6 Beuthien GenG § 77 Rdn. 6. 7 Vgl. hierzu sowie zur Möglichkeit der Erbausschlagung § 105 Rdn. 17. 8 Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1979, 334. 9 § 77 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 75; vgl. die dortigen Erl.
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§ 77 | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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2. Die Erbengemeinschaft. Wird das Mitglied durch mehrere Erben beerbt, werden Träger der ererbten Mitgliedschaft die Miterben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit.10 Dies bedeutet nicht, dass die Mitgliedschaft sich in mehrere Mitgliedschaftsrechte der Miterben aufspaltet. Dies bedeutet nur, dass mehrere Miterben gemeinschaftlich eine Mitgliedschaft innehaben. Nicht etwa wird die Erbengemeinschaft selbst Mitglied, da ihr die rechtliche Selbständigkeit fehlt. Hinsichtlich der Rechtsstellung der Miterben gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend; Miterben haften gem. §§ 2058, 2059 BGB. Um Verwirrungen hinsichtlich der Stimmberechtigung, wie die Gemeinschaft insge8 samt abstimmen will, vorzubeugen, können gem. § 77 Abs. 1 Satz 3 mehrere Erben das ihnen gemeinsam zustehende Stimmrecht in der GV nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben, sofern ein solcher nicht ohnehin bereits in Person des Testamentsvollstreckers, des Nachlass- bzw. Insolvenzverwalters vorhanden ist; die Benennung kann für jede GV gesondert erfolgen. Die Benennung ist keine Verfügung über den Nachlass, sondern ein Akt der Verwaltung des Nachlasses, deshalb genügt ein entsprechender Mehrheitsschlussbeschluss der Miterben.11 Einigen sie sich nicht, entfällt ihr Stimmrecht, wie auch ihr Antrags-, Rede- und Anwesenheitsrecht.12 Eine Anfechtungsklage ist ebenfalls nur möglich, wenn der gemeinschaftliche Vertreter nach § 51 Abs. 2 Widerspruch zu Protokoll erklärt hat.13 Die Anfechtungsklage selbst kann hingegen auch durch alle Miterben gemeinsam erhoben werden.14 Als gemeinschaftlicher Vertreter kann nicht nur ein Miterbe, sondern auch ein Drit9 ter bestellt werden.15 Bei der Vertretung der Miterben durch einen gemeinschaftlichen Vertreter handelt 10 es sich um eine rechtsgeschäftliche Vollmacht sui generis. Umstritten ist, inwieweit auf diese Vollmacht § 43 Abs. 5 anwendbar ist: Müller16 hält § 43 Abs. 5 für anwendbar, was zur Folge hätte, dass der gemeinschaftliche Vertreter der zahlenmäßigen Beschränkung des § 43 Abs. 5 Satz 3 unterliegen würde, also nur noch ein Mitglied vertreten könnte. Nach der hier vertretenen Auffassung ist nur § 43 Abs. 5 Satz 4 analog anzuwenden, demzufolge die Satzung persönliche Voraussetzungen für den Bevollmächtigten aufstellen kann.17 Diese Ermächtigung zur Satzungsausgestaltung ist Ausdruck des dem GenG immanenten Grundsatzes, dass die eG als Personengesellschaft selbst entscheiden soll, wer ihr angehört; dieser Grundsatz gilt auch für die sonstigen in der GV stimmberechtigten Personen. Dies gilt auch für Miterben, da für den Erwerb der Mitgliedschaft ebenfalls in der Satzung persönliche Voraussetzungen aufgestellt werden können (vgl. Rdn. 18).18 Der Bevollmächtigte muss nicht – in entsprechender Anwendung der strengen Formvorschrift des § 43 Abs. 5 S. 2 – eine schriftliche, eigenhändig von den Erben unterzeichnete Vollmachtsurkunde vorlegen, es genügt, wenn er seine Berechtigung in sonstiger Form (z.B. Kopie der Beschlussfassung der Erbengemeinschaft oder Email eines Erben
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10 Vgl. ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 18 ff. 11 BGHZ 56, 50 = BB 1971, 586 = DB 1971, 910 = MDR 1971, 563 = NJW 1971, 1205 = WM 1971, 595 = Rpfleger 1971, 210; so auch Johansen WM 1970, 574. 12 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 8; Müller GenG § 77 Rdn. 4; Beuthien GenG § 77 Rdn. 7. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 9; Müller GenG § 77 Rdn. 4; a.A. Beuthien GenG § 77 Rdn. 3. 14 Schaffland Die Vererbung, S. 19; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 9; a.A. Beuthien GenG § 77 Rdn. 3. 15 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 9; Hornung Rpfleger 1978, 38. 16 § 77 Rdn. 4; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 8; Beuthien GenG § 77 Rdn. 3. 17 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 73 Rdn. 9; Beuthien GenG § 77 Rdn. 3; Müller GenG § 77 Rdn. 4. 18 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 8; vgl. auch Beuthien GenG § 77 Rdn. 3.
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mit Hinweis auf die Bevollmächtigung) eindeutig nachweist und daran keine Zweifel bestehen.19 Auch kann der gemeinschaftliche Vertreter zwei weitere Mitglieder als Bevollmächtigter nach § 43 Abs. 5 vertreten.20 Zur Beurteilung der Frage, ob ein gemeinschaftlicher Vertreter vorhanden ist, ist nicht die Vorlage eines Erbscheins erforderlich, aus dem ersichtlich ist, wer zur Erbengemeinschaft gehört. Es sollten an die Identifizierung der Erbengemeinschaft, die sich auf einen gemeinschaftlichen Vertreter zu einigen hat, keine strengeren Anforderungen gerichtet werden als an die Identifizierung des Mitglieds, das Vollmacht gem. § 43 Abs. 5 erteilt; demgemäß genügt Glaubhaftmachung zur Überzeugung des Versammlungsleiters.21 Nur bei Zweifeln hat der Versammlungsleiter das Recht und die Pflicht, eine genauere Legitimation insb. durch Vorlage eines Erbscheins durchzuführen. Ist der Erbe bereits Mitglied, erbt er zusätzlich die Pflichten (z.B. Einzahlungs-, Nachschusspflichten) des Erblassers, außerdem hat er zusätzlich das Stimmrecht aus der ererbten Mitgliedschaft inne.22 Im Falle der Erbengemeinschaft haben diese aus der ererbten Mitgliedschaft ein Stimmrecht zur gesamten Hand inne, und zwar unabhängig davon, ob einzelne oder alle Miterben bereits Mitglied sind.23 Erbt die Mitgliedschaft ein Mitglied, das aus der eG ausgeschlossen ist, kann es aufgrund der ererbten Mitgliedschaft an der GV teilnehmen; sein Stimmrecht beschränkt sich jedoch auf die Ausübung des ererbten Stimmrechts.24 Will der Erbe über das Ende des Geschäftsjahres hinaus Mitglied sein, muss er entweder im neuen Geschäftsjahr neu beitreten25 oder das ererbte Geschäftsguthaben noch im laufenden Geschäftsjahr nach § 76 auf sich selbst übertragen, gleichzeitig der eG beitreten und dadurch die auslaufende Mitgliedschaft in eine unbefristete umwandeln.26 Diese Möglichkeit hat der Erbe unabhängig davon, ob er bereits vor Eintritt des Erbfalls Mitglied war oder nicht.27 Selbstverständlich kann der Erbe das Geschäftsguthaben auf einen Dritten übertragen. Vorstehendes gilt entsprechend für die Erbengemeinschaft. Der Erblasser kann sein Auseinandersetzungsguthaben im Wege eines verpflichtenden Vertrages mit der eG zugunsten eines Dritten diesem auf den Zeitpunkt des Todes zuwenden.28
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III. Die unbefristete Mitgliedschaft (§ 77 Abs. 2) 1. Kraft Satzungsregelung. Die unbefristete Vererbung der Mitgliedschaft ist nur 16 dann zulässig, wenn die Satzung diese Möglichkeit eröffnet; das empfiehlt sich bei neu
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19 A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 9; Beuthien GenG § 77 Rdn. 7. 20 Zum Vorstehenden vgl. ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 20 ff.; a.A. Bauer GenossenschaftsHandbuch § 77 Rdn. 8 m.w.N. zur Anwendung des Abs. 5. 21 Hornung Rpfleger, 1976, 38; Schaffland Die Vererbung, S. 24, 25; a.A. Beuthien/Götz ZfgG 1978, 82. 22 Wie hier im Ergebnis Hornung Rpfleger 1976, 42; Beuthien GenG § 77 Rdn. 5; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 77 Rdn. 7, 8 m.w.N.; Schaffland Die Vererbung, S. 27 ff.; a.A. Müller GenG § 77 Rdn. 10; Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1979, 335. 23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 11 m.w.N.; Beuthien GenG § 77 Rdn. 5. 24 Schaffland Die Vererbung, S. 39. 25 So Hornung Rpfleger 1976, 38; Brüggemann in Anm. zu OLG Frankfurt ZfgG 1978, 305; Schmidt A. S. 76. 26 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 13 m.w.N.; Müller GenG § 77 Rdn. 10; so auch Bartholomeyczik AcP 1963, 111. 27 Ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 41 ff. 28 Wegen der Begründung vgl. § 76 Rdn. 7; LG Kassel ZfgG 1981, 68 m. zust. Anm. Kuchinke; das LG Kassel spricht zwar vom Anspruch auf das Geschäftsguthaben, es meint jedoch offenbar den Auseinandersetzungsanspruch.
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gegründeten mieternahen WohneG, um den Mitgliedern die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage zu ermöglichen (§ 17 EigZulG). Die Vererblichkeit der Mitgliedschaft muss einheitlich für alle Mitglieder, also nicht nur für eine besondere Gruppe, begründet werden. Das muss bei der Festlegung bestimmter persönlicher Voraussetzungen i.S.v. Abs. 2 Satz 2 beachtet werden (s. dazu Rdn. 18). Hierbei kann die Satzung persönliche Voraussetzungen für den Erben aufstellen, insbesondere die unbefristete Vererbung für den Fall ausschließen, dass in der Person oder dem Verhalten eines Erben ein Ausschließungsgrund gegeben ist. Die Satzung kann auch vorsehen, dass im Falle der Erbengemeinschaft diese ausscheidet, wenn die Mitgliedschaft nicht innerhalb einer in der Satzung festgesetzten Frist einem Miterben allein überlassen worden ist (hierzu Rdn. 21). Nicht hingegen kann die Satzung dem Rechtsnachfolger ein Wahlrecht zwischen auslaufender und unbefristeter Mitgliedschaft einräumen.29 Sieht die Satzung keine persönlichen Voraussetzungen vor, erwirbt der Erbe die unbefristete Mitgliedschaft selbst gegen seinen Willen, es sei denn, er schlägt gem. §§ 1942 ff. BGB die Erbschaft aus; er kann die Mitgliedschaft nur mittels Kündigung bzw. durch Übertragung des Geschäftsguthabens beenden. Auf der anderen Seite ist die eG gehalten, den Erben als Mitglied ohne Ablehnungsmöglichkeiten zu akzeptieren. Sieht die Satzung Voraussetzungen für die Vererbung vor, müssen diese persönlicher Art sein, also an die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse des Erben selbst anknüpfen. Eine von der Person losgelöste sachliche Voraussetzung ist unzulässig.30 Beispiele für sachliche Voraussetzungen wären: Erhebung eines Eintrittsgeldes, Erzielung eines Reingewinns im Vorjahr. Gleiches gilt für die statutarische Regelung irgendeines besonderen Verfahrens, z.B. Zulassung durch den Vorstand, Antragstellung durch den Erben.31 Auch kann die Satzung nicht dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat die Letztentscheidung darüber einräumen, ob der Erbe die persönlichen Voraussetzungen erfüllt oder nicht.32 Als Zulassungsvoraussetzung vorzusehen, dass die Mitgliedschaft „in besonderem Interesse der eG“ liegt, ist vom OLG Frankfurt (ebd.) zu Recht als zu unbestimmt verworfen worden; das besondere Interesse kann sowohl in persönlichen als auch in sachlichen und damit unzulässigen Voraussetzungen liegen. Es genügt, wenn der Erbe am Ende des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist, die von der Satzung verlangten persönlichen Voraussetzungen erfüllt.33 Erfüllt er die persönlichen Voraussetzungen nicht, scheidet er zum Ende des laufenden Geschäftsjahres aus. Im Falle einer Erbengemeinschaft müssen alle Miterben, d.h. jeder einzelne Miterbe die in der Satzung enthaltenen persönlichen Voraussetzungen erfüllen. Soll es genügen, dass nur ein Miterbe die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, bedarf es hierzu einer zusätzlichen Satzungsregelung.34 Die Voraussetzungen müssen, wie beim Alleinerben, am Ende des Geschäftsjahres vorliegen, in dem die Mitgliedschaft auf die Miterben übergegangen ist. Die Satzung kann des Weiteren vorsehen, dass Miterben die Mitgliedschaft innerhalb einer zu bestimmenden Frist einem Miterben zu überlassen haben. Die Überlas-
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29 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 14; Westermann ZfgG 1973, 337; so wohl auch Werhahn/ Gräser S. 48. 30 OLG Frankfurt DB 1977, 901 = OLGZ 1977, 303 = Rpfleger 1977, 316 m. Anm. Hornung = ZfgG 1978, 302 m. Anm. Brüggemann; Hornung Rpfleger 1976, 40. 31 OLG Frankfurt ebd.; a.A. Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1979, 337, der einen Antrag des Erben als persönliche Voraussetzung wertet. 32 So mit Recht OLG Frankfurt ebd.; Müller GenG § 77 Rdn. 12, 13. 33 Schaffland Die Vererbung, S. 60. 34 Vgl. hierzu ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 62 ff.
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sung der Mitgliedschaft entspricht rechtlich einer „Übertragung“ und erfolgt durch Rechtsgeschäft. Der Unterschied zu § 76: Übertragung der Mitgliedschaft und nicht nur des Geschäftsguthabens.35 Hinsichtlich der Bestimmung der Frist ist die eG nur dahingehend beschränkt, dass diese nicht zu kurz bemessen sein darf.36 Eine lange Fristsetzung ist allein deshalb gerechtfertigt, weil die Satzung überhaupt keine Übergangsregelung vorsehen muss mit der Folge, dass die Überlassung unbefristet zulässig wäre bzw. die eG Erbengemeinschaften auf Dauer hinnehmen würde.37 Aus Gründen der Beweissicherung sollte die Vorlage eines Erbscheins verlangt 22 werden, damit sich die eG Gewissheit über die Personen verschaffen kann, welche die Überlassung der Mitgliedschaft an einen von ihnen zu beschließen und der eG anzuzeigen haben.38 Die gemeinschaftliche Mitgliedschaft der Miterben endet, wenn sie einem Miterben 23 überlassen wird mit Anzeige beim Vorstand. Die Eintragung in die Mitgliederliste wirkt lediglich deklaratorisch. Wird die Mitgliedschaft nicht fristgerecht einem Miterben überlassen, so scheidet die 24 Erbengemeinschaft am Ende des Geschäftsjahres aus, in dem die Überlassungsfrist abläuft.39 2. Der Erbe als Nichtmitglied. Der Erbe bzw. die Miterben treten in die Rechtsposi- 25 tion des Erblassers ein (Gesamtrechtsnachfolge, § 1922 Abs. 1 BGB). Im Falle der Überlassung an einen Miterben gilt § 2059 BGB nur mit der Einschränkung, dass die eG ihre Ansprüche, wenn vor endgültiger Verteilung des Nachlasses die Mitgliedschaft wirksam einem Miterben überlassen wird, nur noch gegen den Übernehmer geltend machen kann.40 Mehrere Erben können das ihnen zustehende gemeinsame Stimmrecht in der GV in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 1 Satz 3 nur durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausüben.41 3. Der Erbe war bereits Mitglied. Auch hier erwirbt der Erbe wegen der begrifflich 26 nicht möglichen Doppelmitgliedschaft keine weitere Mitgliedschaft.42 Der Erbe erwirbt jedoch zusätzlich zu den aus seiner Mitgliedschaft resultierenden Rechten und Pflichten die Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft des Erblassers hinzu, mithin u.a. ein zweites Stimmrecht43 und weitere Geschäftsanteile; widersprüchlich Beuthien,44 der ei-
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35 Also keine zusätzliche Beitrittserklärung; Übertragung nur auf einen Miterben; Übertragung ist nur möglich, wenn die Satzung dies vorsieht. 36 A.A. Hornung Rpfleger 1976, 42, der eine Frist von z.B. 12 Monaten für unzulässig hält; a.A. Müller GenG § 77 Rdn. 16, der unter Berufung auf die auslaufende Mitgliedschaft die Auffassung vertritt, die Satzung dürfe nur eine Frist bis zum Ende des Sterbegeschäftsjahres setzen, hierbei jedoch die Schwierigkeit übersieht, die ein Erbanfall kurz vor Ende des laufenden Geschäftsjahres auslösen würde; nach Beuthien GenG § 77 Rdn. 12 braucht sie in der Regel drei Monate nicht zu übersteigen; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 19. 37 Zur Fristbestimmung vgl. ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 66 ff. 38 Beuthien/Götz ZfgG 1978, 82; Schaffland Die Vererbung, S. 69. 39 LG Kassel, Rpfleger 1976, 61 = ZfgG 1978, 77; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 20; Beuthien GenG § 77 Rdn. 12; Beuthien/Götz ZfgG 1978, 82; Schaffland Die Vererbung, S. 76; Werhahn/Gräser S. 50; Klingler AG, 1973, 393; a.A. Hornung Rpfleger 1976, 41 und Müller GenG § 77 Rdn. 16, die eine rückwirkende Beendigung der Mitgliedschaft zum Ende des Sterbegeschäftsjahres annehmen. 40 Schaffland Die Vererbung, S. 80. 41 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 15; Beuthien GenG § 77 Rdn. 7; Beuthien/Götz ZfgG 1978, 79. 42 Beuthien/Götz ZfgG 1978, 82; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 8. 43 Beuthien GenG § 77 Rdn. 9; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 15; BerlKomm/Keßler § 77 Rdn. 11.
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nerseits ausführt, die Satzung müsse nicht die Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen und Mehrstimmrechte vorsehen, andererseits jedoch einschränkt, § 77 Abs. 2 Satz 1 lasse mehrere Geschäftsanteile und Stimmrechte nur in den dafür gesetzlich oder satzungsmäßig gezogenen Grenzen zu, es könnten z.B. nicht mehr Geschäftsanteile über § 77 Abs. 2 erworben werden, als die Satzung zulässt. Nach dieser Auffassung setzt der Erwerb eines zweiten (ererbten) Geschäftsanteils eben doch voraus, dass die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen zugelassen ist. Gleiches gilt für ein zweites Stimmrecht. Da es sich hier um gesetzlich erworbene Stimmrechte handelt, scheidet eine Beschränkung auf 3 Stimmrechte in Anwendung des § 43 Abs. 3 Satz 4 schon deshalb aus, weil es sich dort um satzungsmäßige Stimmrechte handelt.45 Allerdings muss die eG aufgrund des Gebots der Satzungstreue gegen sich selbst verlangen, dass der Erbe, der bereits Mitglied war, auf die Ausübung des ererbten Stimmrechts verzichtet, bzw. sie hat die Pflicht, ihn bei Abstimmungen nur mit einer Stimme zu berücksichtigen; andererseits ist das Mitglied bei der Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte an das Treuegebot gegenüber der eG gebunden; dies gilt u.a. auch für die Ausübung seines Stimmrechts in der GV;46 diese Treuepflicht, deren Umfang und Begrenzung sich aus der Satzung ergibt,47 gebietet es dem Mitglied, u.a. die Satzung zu beachten und damit auf die Ausübung eines zweiten Stimmrechts zu verzichten, wenn die Satzung ein Mehrstimmrecht nicht vorsieht.48 Dementsprechend sind die Zahl der eigenen und die der ererbten Geschäftsanteile 27 unabhängig davon zusammenzurechnen, ob eine Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen in der Satzung vorgesehen ist bzw. ob eine Höchstzahl überschritten wird.49 Der Erbe muss jedoch angehalten werden, die Geschäftsanteile, die über die nach der Satzung zulässige Beteiligung hinausgehen, nach § 67b zu kündigen. Auf diese Kündigung hat die eG einen einklagbaren Rechtsanspruch. Verfolgt die eG diesen nicht, ist die Beteiligung weiterhin wirksam, das entsprechende Geschäftsguthaben bleibt Eigenkapital.50 War der Erbe aus der eG ausgeschlossen und erbt er sodann eine Mitgliedschaft, 28 hat er aus dieser gleichwohl ein Teilnahmerecht an der GV unabhängig davon, ob der Erbfall nach seinem Ausscheiden aus der eG oder vor seinem Ausscheiden eingetreten ist.51 29 Eine Übertragung des Geschäftsguthabens durch den Alleinerben auf sich selbst nach § 76 ist nicht möglich, unabhängig davon, ob der Alleinerbe noch nicht Mitglied war oder bereits Mitglied war, da sich bei § 77 Abs. 2 die Rechtsproblematik anders darstellt als bei § 77 Abs. 1. Dort ging es darum, eine qualitativ beschränkte, auslaufende
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44 Beuthien GenG § 77 Rdn. 9. 45 So aber Beuthien GenG § 77 Rdn. 9. 46 Müller GenG § 18 Rdn. 7. 47 KG GWW 1954, 589. 48 Vgl. hierzu ausführlich Schaffland Die Vererbung, S. 84 ff.; a.A. Hornung Rpfleger 1976, 42, der in diesem Fall die automatische Beendigung der Mitgliedschaft am Ende des Sterbegeschäftsjahres annimmt; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 8; Müller GenG § 77 Rdn. 8; vermittelnd Beuthien/Götz ZfgG 1978, 83, die eine Verdoppelung des Stimmrechts dann für zulässig erachten, wenn in der Satzung ein Mehrstimmrecht vorgesehen ist. 49 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77 Rdn. 17; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 77 Rdn. 4; BerlKomm/Keßler in Berliner Kommentar § 77 Rdn. 11; Schaffland Die Vererbung S. 88; a.A. Beuthien GenG § 77 Rdn. 9 und Beuthien/Götz ZfgG 1978, 83, nach denen für die statutarische Zulässigkeit der Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen Voraussetzung ist, dass zunächst die eigenen Anteile aufzufüllen sind mit dem Geschäftsguthaben des Erblassers, bis die nach der Satzung höchst zulässige Anzahl von Geschäftsanteilen voll eingezahlt ist; ähnlich Müller GenG § 77 Rdn. 18. 50 Schaffland Die Vererbung, S. 88. 51 Schaffland Die Vererbung, S. 94.
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Auflösung oder Erlöschen einer juristischen Person oder Personengesellschaft | § 77a
Mitgliedschaft in eine unbefristete umzuwandeln. Bei § 77 Abs. 2 hat der Alleinerbe bereits eine unbefristete Mitgliedschaft inne.52 War der Alleinerbe bereits Mitglied, hat er grundsätzlich doppelte Rechte und 30 Pflichten, wenn er auch auf die Ausübung der Stimmrechte u.U. verzichtet und einzelne Geschäftsanteile ggf. kündigen muss (Rdn. 27). Durch die Übertragung des Geschäftsguthabens auf sich selbst wird dieser Systembruch bereinigt. Aus diesem Grund ist die Übertragung des Geschäftsguthabens auf sich selbst für zulässig zu erachten.53 Ist in der Satzung für Erbengemeinschaften die Pflicht zur Überlassung vorgesehen, 31 ist für eine Übertragung des Geschäftsguthabens kein Raum mehr.54 Fehlt eine Überlassungsregelung, kann die Erbengemeinschaft das Geschäftsguthaben auf einen Miterben übertragen. Dies gilt auch dann, wenn der Miterbe bereits aufgrund eigener Beitrittserklärung Mitglied der eG ist.55 IV. Verfahren Die bisherige Anzeige an das Registergericht ist weggefallen.56 Abs. 3 bestimmt, dass 32 die notwendigen Eintragungen in die von der eG geführte Mitgliederliste unverzüglich vorzunehmen und die Erben unverzüglich von der Eintragung zu benachrichtigen sind. Ist in der Satzung eine unbefristete Vererbung der Mitgliedschaft vorgesehen, ist 33 auch dieses unverzüglich einzutragen. Die eG hat keine eigenen Ermittlungspflichten. Die (ererbte) Eintragung erfolgt in der Liste der Mitglieder unter einer neuen Mitgliedsnummer. War der Alleinerbe bereits Mitglied, sind die ererbten Geschäftsguthaben unter seiner eigenen Mitgliedsnummer einzutragen. Wird die Mitgliedschaft von mehreren Miterben zur gesamten Hand (Erbengemeinschaft) ererbt, erhalten diese Miterben stets eine gemeinsame neue Mitgliedsnummer. Wurde versehentlich eine falsche Person als Erbe eingetragen, muss die Eintragung berichtigt werden. V. Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß Art. 15 Abs. 1, sechster Spiegelstrich SCE-VO, endet die Mitgliedschaft 34 durch den Tod des Mitglieds. Die Mitgliedschaft endet jeweils zum Ende des laufenden Geschäftsjahres.
§ 77a Auflösung oder Erlöschen einer juristischen Person oder Personengesellschaft § 77a Auflösung oder Erlöschen einer juristischen Person oder Personengesellschaft Wird eine juristische Person oder eine Personengesellschaft aufgelöst oder erlischt sie, so endet die Mitgliedschaft mit dem Abschluss des Geschäftsjahres, in dem die Auflösung oder das Erlöschen wirksam geworden ist. Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge wird die Mitgliedschaft bis zum Schluss des Geschäftsjahres durch den Gesamtrechtsnachfolger fortgesetzt. Die Beendigung der Mitgliedschaft
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Schaffland ebd., S. 99. Schaffland ebd., S. 100; so im Ergebnis auch Hornung Rpfleger 1976, 42. Schaffland ebd., S. 96. Vgl. hierzu ausführlich Schaffland ebd., S. 97 ff. Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz vom 20.12.1993.
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§ 77a | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
ist unverzüglich in die Mitgliederliste einzutragen; das Mitglied oder der Gesamtrechtsnachfolger ist hiervon unverzüglich zu benachrichtigen. 1
§ 77a wurde durch Novelle 1973 eingefügt; durch Novelle 2006 wurde klargestellt, dass sich die Vorschrift auch auf BGB-Gesellschaften bezieht. Die Vorschrift regelt die Beendigung der Mitgliedschaft einer aufgelösten oder erloschenen juristischen Person oder Handels- oder Personengesellschaft bei einer eG. Gleiches gilt bei Auflösung einer KG und Fortführung des Betriebs als eingetragener Kaufmann im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.1 Die Ausgestaltung des § 77a muss auf rechtsdogmatische Bedenken stoßen: wenn die Mitgliedschaft erst mit dem Schluss des Geschäftsjahres endet, in dem das Erlöschen wirksam geworden ist, besteht insoweit noch ein Vermögenswert; ein Erlöschen kann deshalb eigentlich insoweit noch nicht erfolgen. Die Vorschrift kann im Übrigen auch rechtlich und wirtschaftlich nicht überzeugen: Die in Auflösung befindliche juristische Person bleibt bis zur Beendigung der Liquidation rechtsfähig. In der Praxis hat sich auch ein Bedürfnis gezeigt, die Mitgliedschaft aufgelöster juristischer Personen oder Personengesellschaften in der eG fortzuführen, ggf. neu zu begründen, z.B. um die Leistungen der eG in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen regelt § 77a zwar nur die Beendigung der Mitgliedschaft; die sinngerechte Auslegung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass damit schlechthin die Mitgliedschaft einer solchen Gesellschaft, also auch der Neubeitritt, ausgeschlossen ist.2 Die Mitgliedschaft endet mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem die Auflö2 sung3 oder das Erlöschen4 wirksam geworden ist und zwar unabhängig davon, ob die (deklaratorisch wirkende) Eintragung in die Liste der Mitglieder zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt ist oder nicht und unabhängig von der Kenntnis der eG. Diese Regelung ist zwingend. Die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag kann hiervon nicht abweichen und z.B. vorsehen, dass die Mitgliedschaft trotz Auflösung unbefristet weiter besteht5 oder bestimmen, dass die Mitgliedschaft erst mit dem Schluss des Geschäftsjahrs endet, in welchem die Löschung der juristischen Person bzw. der Handelsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.6 Wird eine Handelsgesellschaft mit Ablauf ihres Geschäftsjahrs aufgelöst, das mit dem Geschäftsjahr der eG übereinstimmt, ist zu diesem Zeitpunkt auch die Mitgliedschaft beendet. Bis zum Ende des Geschäftsjahres werden die Rechte durch den Liquidator, soweit vorhanden, wahrgenommen. Bis zur Beendigung der Mitgliedschaft finden §§ 76, 68 Anwendung. 3 Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge, d.h. beim Erlöschen ohne vorherige Abwicklung z.B. bei Verschmelzungen sowie bei Neubildung von Gemeinden oder Aufnahme von Gemeinden durch eine andere im Wege der Gebietsreform, setzt der Gesamtrechtsnachfolger die als fortbestehend fingierte Mitgliedschaft bis zum Ende des Geschäftsjahres fort, in dem die Gesamtrechtsnachfolge eingetreten ist7 und übt die Rechte des Rechtsvorgängers aus. Auf die (übertragende) Umwandlung eines Einzelkaufmanns in eine GmbH findet § 77a analog Anwendung, da § 77a nur von juristischen Personen und
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1 OLG Bamberg Urt. v. 16.7.2002, Az. 5 U 31/02 m. nm. Förstener-Reichstein ZfgG 2003, 300. 2 Vgl. Beuthien GenG § 77a Rdn. 1. 3 Z.B. der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Fälle der §§ 262 Abs. 1 Nr. 6 AktG, 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG, 78 ff. GenG, 131 ff., 161 Abs. 2 HGB. 4 Z.B. Eintragung der Verschmelzung. 5 So aber im Wege einer „Korrektur“ des § 77a im Sinne des § 77 Abs. 2 Müller GenG § 77a Rdn. 1, 2 und Beuthien GenG § 77a Rdn. 1. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 77a Rdn. 4 und für diesen Fall ebenso Beuthien GenG § 77a Rdn. 1. 7 Müller GenG § 77a Rdn. 3.
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Auflösung oder Erlöschen einer juristischen Person oder Personengesellschaft | § 77a
Handelsgesellschaften spricht.8 Auch die Nachfolge bei Spaltung des Mitglieds fällt in den Anwendungsbereich des § 77a.9 Ist der Gesamtrechtsnachfolger bereits Mitglied der eG, stellt sich hier im Unter- 4 schied zu § 77 die Frage der Doppelmitgliedschaft nicht, da § 77a eine Fiktion des Fortbestands der Mitgliedschaft der erloschenen bzw. aufgelösten Gesellschaft enthält. Er hat mithin alle Rechte und Pflichten, die auf der Mitgliedschaft des erloschenen Unternehmens begründet sind. Der Gesamtrechtsnachfolger kann auch das Geschäftsguthaben des erloschenen Mitglieds nach § 76 auf sich selbst übertragen.10 Europäische Genossenschaft (SCE) Bei der Europäischen Genossenschaft SCE endet gemäß Art. 15 Abs. 1, vierter Spie- 5 gelstrich SCE-VO die Mitgliedschaft bei der Auflösung eines Mitglieds oder im Falle der Insolvenz eines Mitglieds gemäß Art. 15 Abs. 1, fünfter Spiegelstrich SCE-VO jeweils zum Ende des laufenden Geschäftsjahrs.
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8 OLG Stuttgart BB 1989, 1148 = ZIP 1989, 774 = ZfgG 1990, 211 m. krit. Anm. Hadding der die Auffassung vertritt, die Mitgliedschaft verbleibe bei dem früheren Unternehmensinhaber. 9 Pfeiffer ZfgG 2008, 53 ff. 10 LG Konstanz BlfG 1963, 130, vgl. auch die Erläuterungen zu § 76.
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§ 77a | 5. Abschnitt. Beendigung der Mitgliedschaft
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Auflösung durch Beschluss der Generalversammlung | § 78
SECHSTER ABSCHNITT Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft Holthaus/Lehnhoff 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
§ 78 Auflösung durch Beschluss der Generalversammlung § 78 Auflösung durch Beschluss der Generalversammlung (1) Die Genossenschaft kann durch Beschluss der Generalversammlung jederzeit aufgelöst werden; der Beschluss bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. (2) Die Auflösung ist durch den Vorstand unverzüglich zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. neue rechte Seite weiter Nur die GV – bei bestehender VV diese – kann die Auflösung beschließen. Die frü- 1 her hier vertretene Ansicht, eine auf bestimmte Zeit gegründete eG (§ 8 Nr. 1) müsste, um sich vorzeitig auflösen zu können, erst eine entsprechende Satzungsänderung vornehmen, wird aufgegeben. Die Beschränkung einer eG auf eine bestimmte Zeitdauer ist nicht dahin zu verstehen, dass durch die Satzung umgekehrt auch das Bestehen während der vorgesehenen Zeit festgelegt sein soll; es gilt also für eine solche eG außer § 79 auch § 78;1 die Erfordernisse des § 78 müssen mithin erfüllt sein. Der Beschluss bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung, da er seine Rechtfertigung in sich trägt.2 Ob er rechtsmissbräuchlich sein kann, bedarf der Prüfung im Einzelfall. Dies kann aber nicht dazu führen, Auflösungsbeschlüsse einer allgemeinen Inhaltskontrolle zu unterziehen.3 Verlegt die eG ihren Sitz in das Ausland, ist dieses nach h.M. ein Auflösungsbe- 1a schluss (§ 6 Rdn. 9).4 Dies verstößt nicht gegen die in der EU geltende Niederlassungsfreiheit.5 Allerdings fällt der grenzüberschreitende Formwechsel in Form einer Sitzverlegung mit identitätswahrender Umwandlung in eine dem Recht des Aufnahmestaats unterliegende Gesellschaftsform in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit.6 Damit ist ein identitätswahrender grenzüberschreitende Formwechsel in eine Gesellschaftsform des Aufnahmestaats möglich ohne Auflösung und Neugründung.7 Der Auflösungsbeschluss kann nur mit einer Mehrheit von mindestens drei Viertel 2 der abgegebenen Stimmen gefasst werden. Wegen des Begriffs „abgegebene Stimmen“ vgl. § 43 Rdn. 62. „Weitere Erfordernisse“ sind strengere, nicht mildere Erfordernisse; es kann z.B. in der Satzung die Anwesenheit einer bestimmten Mindestzahl von Mitgliedern gefordert werden; sind weniger Mitglieder erschienen, so ist der trotzdem gefasste Beschluss nichtig.8 Die Auflösung ist keine Satzungsänderung, die Änderung der Satzungsbestimmung über die Auflösung ist keine Auflösung.9 Wenn also die Satzung strengere Bestimmungen über die Auflösungserfordernisse und mildere über die Satzungsände-
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1 Ebenso Bauer Genossenschafts-Handbuch § 78 Rdn. 9; Müller GenG § 78 Rdn. 7. 2 Autonomie der eG; BGHZ 76, 352. 3 BGH AG 1988, 135. 4 So schon BGHZ 25, 144 = NJW 1957, 1433; OLG München BB 2007, 2247 m.w.N.; Bauer GenossenschaftsHandbuch vor §§ 78 ff. Rdn. 2 m.w.N. 5 EuGH ZIP 2009, 24 m. Anm. Knof/Mock. 6 EuGH BB 2012, 2069; Mörsdorf/Jopen ZIP 2012, 1398 ff.; Teichmann DB 2012, 2085 ff.; Wicke DStR 2012, 1756 ff. 7 Hierauf weist Bauer Genossenschafts-Handbuch vor §§ 78 ff. Rdn. 2 hin. 8 KG JFG 4, 249. 9 KG JFG 4, 251.
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§§ 78a, 78b | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
rungserfordernisse enthält, so gelten letztere auch für die Änderung der Bestimmungen der Satzung über die Auflösungserfordernisse.10 Die Auflösung tritt schon mit dem Beschluss bzw. mit dem Zeitpunkt, den der Be3 schluss festsetzt, ein und ist von der Eintragung nicht abhängig.11 Die Auflösung kann auch von einem sonstigen zukünftigen gewissen Ereignis (Befristung), nicht jedoch von einem ungewissen Ereignis (Bedingung) abhängig gemacht werden; der Eintritt der Bedingung und damit die Auflösung könnte von Dritten beeinflusst werden.12, 13 Anmeldung und Eintragung vgl. § 157; sie kann durch Festsetzung von Zwangsgeld erzwungen werden (§ 160). Mit der Auflösung sind zugleich Liquidatoren durch den Vorstand anzumelden (§ 84), und zwar in vertretungsberechtigter Zahl (§ 78 Abs. 1 Satz 2, 157 2. Halbs i.V.m. § 20 GenRegV). Öffentliche Bekanntmachung der Auflösung erfolgt gem. § 82 Abs. 2. Der Auflösungsbeschluss kann für den Beginn der Liquidation jedoch keinen Zeitpunkt festsetzen, der vor dem Tag der Beschlussfassung liegt. Dies würde dem Wesen der Liquidation widersprechen und zu praktisch unlösbaren Schwierigkeiten hinsichtlich der Folgen der Liquidation führen (z.B. Neuaufnahme von Mitgliedern). Hins. einer evtl. Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Auflösungsbeschlusses siehe Erl. § 51. Durch die Auflösung verliert die eG nicht ihre Rechtspersönlichkeit; diese dauert 4 vielmehr bis zur Beendigung der Liquidation fort (§ 87), in der Insolvenz ohne anschließende Liquidation bis zum Ende des Insolvenzverfahrens. Über die Fortsetzung einer durch Beschluss der GV/VV aufgelösten eG siehe § 79a. Die BaFin ist nach § 35 Abs. 2 KWG befugt, die für die dem KWG unterliegenden eG 5 (vgl. § 1 Rdn. 42 ff.) erforderliche Erlaubnis (§ 32 KWG) zum Betrieb von Bankgeschäften zurückzunehmen. Wird die Erlaubnis zurückgenommen, kann die BaFin nach § 38 Abs. 1 KWG bei juristischen Personen – also auch bei der eG – und Personenhandelsgesellschaften bestimmen, dass abzuwickeln ist. Diese Abwicklung wirkt wie ein Auflösungsbeschluss; das Registergericht muss auf Mitteilung der BaFin die Auflösung in das Genossenschaftsregister eintragen. Die BaFin kann für die Abwicklung allgemeine Weisungen erteilen und die gerichtliche Bestellung eines Abwicklers veranlassen. Europäische Genossenschaft (SCE) 6
Gemäß Art. 72 SCE-VO unterliegt die SCE den Rechtsvorschriften, die für eine nach dem Recht des Sitzstaates gegründete eG maßgebend wären; dies gilt auch für die Vorschriften hinsichtlich der Beschlussfassung durch die GV. Mithin sind die Vorschriften der §§ 78 ff. entsprechend anzuwenden.
§§ 78a, 78b §§ 78a, 78b (Weggefallen durch Novelle 1973.)
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10 OLG München JFG 15, 366; OLG Schleswig ZfgG 1968, 226; LG Stuttgart ZfgG 1972, 299; Beuthien GenG § 78 Rdn. 7; a.A. Schnorr von Carolsfeld ZfgG 1968, 227. 11 RGZ 117, 119; 125, 196; KG JFG 4, 251; OLG Hamburg NJW 1957, 225 = GWW 1957, 92. 12 Beispiel: Auflösung, wenn die eG einen bestimmten Verlust erwirtschaftet. 13 Müller GenG § 78 Rdn. 8.
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Fortsetzung der aufgelösten Genossenschaft | § 79a
§ 79 Auflösung durch Zeitablauf (1) Ist die Genossenschaft nach der Satzung auf eine bestimmte Zeit beschränkt, ist sie mit dem Ablauf der bestimmten Zeit aufgelöst. (2) § 78 Abs. 2 ist anzuwenden. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 kann die eG auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden. Die 1 Auflösung der eG tritt dann durch Ablauf der bestimmten Zeit ein. Ein Auflösungsbeschluss ist nicht erforderlich. Über die Auflösung der eG vor Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit bzw. über deren Verkürzung vgl. § 78 Rdn. 1. Die unbefristete wie befristete Fortsetzung der eG über die vorgesehene Zeit hinaus müsste vor dem Ablauf der Zeit beschlossen und eingetragen sein (§ 16 Abs. 1 und 6). Die Fortsetzung einer durch Zeitablauf bereits aufgelösten eG ist nur nach § 79a möglich. Die Auflösung ist durch den Vorstand ohne Verzug zur Eintragung in das Genossen- 2 schaftsregister anzumelden (§§ 78 Abs. 2 und 6; vgl. auch § 78 Rdn. 3).
§ 79a Fortsetzung der aufgelösten Genossenschaft § 79a Fortsetzung der aufgelösten Genossenschaft (1) Ist die Genossenschaft durch Beschluss der Generalversammlung oder durch Zeitablauf aufgelöst worden, kann die Generalversammlung, solange noch nicht mit der Verteilung des nach Berichtigung der Schulden verbleibenden Vermögens an die Mitglieder begonnen ist, die Fortsetzung der Genossenschaft beschließen; der Beschluss bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. Die Fortsetzung kann nicht beschlossen werden, wenn die Mitglieder nach § 87a Abs. 2 zu Zahlungen herangezogen worden sind. (2) Vor der Beschlussfassung ist der Prüfungsverband, dem die Genossenschaft angehört, darüber zu hören, ob die Fortsetzung der Genossenschaft mit den Interessen der Mitglieder vereinbar ist. (3) Das Gutachten des Prüfungsverbandes ist in jeder über die Fortsetzung der Genossenschaft beratenden Generalversammlung zu verlesen. Dem Prüfungsverband ist Gelegenheit zu geben, das Gutachten in der Generalversammlung zu erläutern. (4) Ist die Fortsetzung der Genossenschaft nach dem Gutachten des Prüfungsverbandes mit den Interessen der Mitglieder nicht vereinbar, bedarf der Beschluss einer Mehrheit von drei Vierteln der Mitglieder in zwei mit einem Abstand von mindestens einem Monat aufeinander folgenden Generalversammlungen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (5) Die Fortsetzung der Genossenschaft ist durch den Vorstand unverzüglich zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. Der Vorstand hat bei der Anmeldung die Versicherung abzugeben, dass der Beschluss der Generalversammlung zu einer Zeit gefasst wurde, zu der noch nicht mit der Verteilung des nach der Berichtigung der Schulden verbleibenden Vermögens der Genossenschaft an die Mitglieder begonnen worden war.
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§ 79a | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
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§ 79a wurde durch Gesetz vom 20.7.19221 eingefügt und durch Novelle 1973 geändert. § 79a lässt unter bestimmten Voraussetzungen die Fortsetzung einer durch Beschluss der GV/VV (§ 78) oder durch Zeitablauf (§ 79) bereits aufgelösten eG zu. Die Fortsetzung kann nicht beschlossen werden, wenn die Mitglieder nach § 87a Abs. 2 zu Zahlungen herangezogen worden sind (vgl. die dortigen Erläuterungen). Zwischen Beschlussfassung und erster Zahlung kann die Fortsetzung jedoch noch beschlossen werden. Vgl. im Übrigen § 75 Satz 2. Soweit die Fortsetzung der eG nicht nach § 79a Abs. 1 Satz 3 ausgeschlossen ist, kann der Fortsetzungsbeschluss gefasst werden, solange noch nicht mit der Verteilung des nach Berichtigung der Schulden verbleibenden Vermögens der eG unter die Mitglieder begonnen ist. Ein nach diesem Zeitpunkt gefasster Fortsetzungsbeschluss würde nichtig sein. Mit der Vermögensverteilung ist begonnen, wenn bereits ein nur geringfügiger Vermögenswert an ein Mitglied nach § 90 geleistet ist.2 Rückgewähr dieser Leistung bedeutet Rückgängigmachung der Verteilung mit der Folge, dass die Fortsetzung noch beschlossen werden kann.3 Fortsetzungsbeschluss ist auch möglich bei Vermögenslosigkeit der eG, Insolvenzreife, Einstellung des Geschäftsbetriebs oder wenn die genossenschaftliche Unternehmung unter Einschluss der Firma veräußert worden ist.4 Wegen des Begriffs abgegebene Stimmen vgl. § 43 Rdn. 62. Wenn die Satzung nach § 79a Abs. 1 Satz 2 – außer den in § 79a Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2 vorgeschriebenen Mehrheitsverhältnissen – „weitere Erfordernisse“ aufstellen kann, bedeutet dies, dass in der Satzung noch strengere, nicht jedoch mildere Erfordernisse enthalten sein können. Der Prüfungsverband hat sich zu den wirtschaftlichen Folgen der geplanten Fortsetzung gutachtlich zu äußern (§ 79a Abs. 2, § 11 Abs. 2 Nr. 3 bez. der Gründung). Den wirtschaftlichen Interessen kann die Fortsetzung selbst dann entsprechen, wenn die eG nicht rentabel arbeiten wird.5 Das Gutachten ist vollinhaltlich, also nicht nur auszugsweise, zu verlesen. Die GV/VV ist jedoch nicht durch das Gutachten gebunden (vgl. Abs. 4). Es erscheint notwendig, im Anschluss an den Fortsetzungsbeschluss eine Neuwahl des Vorstands durchzuführen, denn der Vorstand ist durch die Auflösung beseitigt, auch wenn die Liquidation durch die früheren Vorstandsmitglieder erfolgt.6 Mit der Fortsetzung sind eine Eröffnungsbilanz und ein Eröffnungsinventar aufzustellen. Die Fortsetzung wird, auch wenn die Auflösung durch Zeitablauf erfolgt ist, schon mit dem Beschluss wirksam, in dem auch ein künftiger Wirksamkeitszeitpunkt vorgesehen werden kann, und ist von der Eintragung unabhängig, da diese nur deklaratorische Bedeutung hat.7 Die Anmeldung der Fortsetzung der eG – gem. § 157 durch die Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl elektronisch in öffentlich beglaubigter Form – erfolgt zum Genossenschaftsregister der Hauptniederlassung. Wenn der Vorstand in der Versicherung nach § 79a Abs. 5 Satz 2 falsche Angaben macht oder erhebliche Umstände verschweigt, so macht er sich nach § 147 Abs. 1 strafbar
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1 RGBl. I. 520. 2 Müller GenG § 79a Rdn. 3. 3 Str. ebenso Bauer Genossenschafts-Handbuch § 79a Rdn. 11; a.A. Müller GenG § 79a Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 79a Rdn. 2. 4 Müller GenG § 79a Rdn. 3. 5 Müller GenG § 79a Rdn. 5; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 79a Rdn. 6 und Beuthien GenG § 79a Rdn. 7. 6 Beuthien GenG § 79a Rdn. 11 unter Hinweis darauf, dass dies sich zwingend bereits daraus ergibt, dass Nichtmitglieder zu Liquidatoren bestellt sind; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 79a Rdn. 16; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 79a Rdn. 9; abweichend Müller GenG § 79a Rdn. 11 mit beachtlichen Gründen im Hinblick auf die Kontinuität. 7 BlfG 1935, 424.
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Auflösung durch das Gericht | § 80
(vgl. Erl. zu § 147). Das Registergericht prüft gem. § 26 FamFG von Amts wegen, ob der Fortsetzungsbeschluss wirksam gefasst ist; es darf ggf. eigene Ermittlungen anstellen, insb. die Vorlage des GV-Protokolls, nicht jedoch das Gutachten des Prüfungsverbandes verlangen.8 Fortsetzungsbeschluss nach Beginn der Vermögensaufteilung ist nichtig; Fortset- 10 zungsbeschluss trotz Zahlung nach § 87a Abs. 2 ist anfechtbar.
§ 80 Auflösung durch das Gericht § 80 Auflösung durch das Gericht (1) Hat die Genossenschaft weniger als drei Mitglieder, hat das Registergericht auf Antrag des Vorstands und, wenn der Antrag nicht binnen sechs Monaten erfolgt, von Amts wegen nach Anhörung des Vorstands die Auflösung der Genossenschaft auszusprechen. Bei der Bestimmung der Mitgliederzahl nach Satz 1 bleiben investierende Mitglieder außer Betracht. (2) Der gerichtliche Beschluss ist der Genossenschaft zuzustellen. Gegen den Beschluss steht der Genossenschaft die sofortige Beschwerde nach der Zivilprozessordnung zu. Mit der Rechtskraft des Beschlusses ist die Genossenschaft aufgelöst. Die Auflösung soll nicht durch die bloße Tatsache der Verminderung der Mitgliederzahl unter die mit Novelle 20061 eingeführte gesetzliche Mindestzahl von drei (§ 4) von selbst eintreten, es muss ein Gerichtsbeschluss hinzukommen. Auflösung erfolgt erst durch den rechtskräftigen Beschluss (Abs. 2 Satz 3); Beschwerde hat mithin aufschiebende Wirkung. Absatz 1 Satz 2 wurde durch Novelle 2006 angefügt. Damit soll verhindert werden, dass eine eG nur noch aus investierenden Mitgliedern besteht. Die Beschwerde nach § 567 ZPO ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung des Beschlusses einzulegen (§ 569 Abs. 1 ZPO) und zwar schriftlich oder zu Protokoll bei dem die Auflösung beschlossenen Gericht oder bei dem für die Beschwerdeentscheidung zuständigen Landgericht. Erhöht sich bis zur Entscheidung über die Beschwerde die Zahl der Mitglieder auf drei, ist der Beschluss aufzuheben. Hilft das Gericht nicht ab, kann eine weitere sofortige Beschwerde eingelegt werden. Zwar ist der Vorstand als gesetzlicher Vertreter der eG zur Antragstellung verpflichtet, die Stellung des Antrags2 ist jedoch nicht durch Festsetzung von Zwangsgeld erzwingbar, da § 80 in § 160 nicht aufgeführt ist. Der Vorstand macht sich jedoch u.U. schadensersatzpflichtig (§ 34). Keine Antragspflicht, wenn davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit die Mindestzahl wieder erreicht wird. Der Antrag ist von so vielen Mitgliedern zu stellen, wie satzungsmäßig zur gesetzlichen Vertretung erforderlich sind (vgl. Erl. zu § 25). Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 (kein Antrag, weniger als drei Mitglieder seit sechs Monaten) kann das Registergericht von Amts wegen die Auflösung beschließen. Der Vorstand ist vorher zu hören. Notfalls ist der Vorstand nach § 29 BGB gerichtlich zu bestellen, ggf. auch ohne dass dieses von einem Beteiligten beantragt war. Der Beschluss
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Differenzierend Beuthien GenG § 79a Rdn. 12; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 79a Rdn. 22.
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BGBl. I S. 1911. Müller GenG § 80 Rdn. 3.
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§ 81 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
hat zu unterbleiben, wenn davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit die Mindestzahl wieder erreicht wird.
§ 81 Auflösung auf Antrag der obersten Landesbehörde § 81 Auflösung auf Antrag der obersten Landesbehörde (1) Gefährdet eine Genossenschaft durch gesetzwidriges Verhalten ihrer Verwaltungsträger das Gemeinwohl und sorgen die Generalversammlung und der Aufsichtsrat nicht für eine Abberufung der Verwaltungsträger oder ist der Zweck der Genossenschaft entgegen § 1 nicht auf die Förderung der Mitglieder gerichtet, kann die Genossenschaft auf Antrag der zuständigen obersten Landesbehörde, in deren Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat, durch Urteil aufgelöst werden. Ausschließlich zuständig für die Klage ist das Landgericht, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat. (2) Nach der Auflösung findet die Liquidation nach den §§ 83 bis 93 statt. Den Antrag auf Bestellung oder Abberufung der Liquidatoren kann auch die in Absatz 1 Satz 1 bestimmte Behörde stellen. (3) Ist die Auflösungsklage erhoben, kann das Gericht auf Antrag der in Absatz 1 Satz 1 bestimmten Behörde durch einstweilige Verfügung die nötigen Anordnungen treffen. (4) Die Entscheidungen des Gerichts sind dem Registergericht mitzuteilen. Dieses trägt sie, soweit eintragungspflichtige Rechtsverhältnisse betroffen sind, in das Genossenschaftsregister ein.
I.
Systematische Übersicht Voraussetzungen des Auflösungsverfahrens (Abs. 1 Satz 1) | 1–3a 1. Gefährdung des Gemeinwohls (Abs. 1 Satz 1, 1. Alt.) | 1 2. Verfolgung eines anderen Zwecks als des Förderzwecks (Abs. 1 Satz 1, 2. Alt.) | 2–3a
II. III. IV.
Rechtsfolgen | 4 Verfahren vor dem Landgericht (Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 4) | 5 Liquidation nach Auflösung (Abs. 2) | 6
I. Voraussetzungen des Auflösungsverfahrens (Abs. 1 Satz 1) 1
1. Gefährdung des Gemeinwohls (Abs. 1 Satz 1, 1. Alt.). Der Vorwurf der Gemeinwohlgefährdung muss der eG selbst zu machen sein. Anknüpfungspunkt ist zwar ein gesetzwidriges Verhalten des Vorstands, der Vorwurf muss aber die Gesamtverantwortung der Mitglieder betreffen. Gesetzwidrige Handlungen oder Unterlassungen des Vorstands allein genügen nicht. Hinzukommen muss deren Duldung durch die GV/VV oder den Aufsichtsrat.1 Satz 1 stellt in seiner seit Novelle 2006 geänderten Fassung klar, dass bei gesetzwidrigem Verhalten des Vorstands Aufsichtsrat und GV/VV für dessen Abberufung sorgen müssen, um der Sanktion des § 81 zu entgehen. Selbstverständlich ist Gemeinwohl nicht gleichbedeutend mit dem Interesse eines bestimmten Berufsstands. Gefährdung des Kundenkreises genügt, wenn deren Interessen dem Gemeinwohl zuzuordnen sind.2
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Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 81 Rdn. 13. Z.B. Belieferung mit gesundheitsschädlichen Nahrungsmitteln, Müller GenG § 81 Rdn. 3.
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Auflösung auf Antrag der obersten Landesbehörde | § 81
2. Verfolgung eines anderen Zwecks als des Förderzwecks (Abs. 1 Satz 1, 2 2. Alt.). Die eG kann auch dann aufgelöst werden, wenn sie andere als die in § 1 bezeichneten Zwecke verfolgt. Gemeint ist die Verfolgung von Zwecken, die nicht dem Förderzweck i.S.d. § 1 dienen. Diese Vorschrift mit ihrer weit reichenden Sanktion ist jedoch eng auszulegen.3 Es reicht nicht aus, dass die eG Geschäfte betreibt, die nicht im Rahmen des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands liegen oder dem durch die Satzung genannten Förderzweck nicht entsprechen. Verfolgt die eG einen anderen als den in der Satzung vorgesehenen Unterneh- 3 mensgegenstand, beachtet sie jedoch insoweit den Förderauftrag, so ist dies kein Auflösungsgrund nach § 81 (vgl. auch Erl. zu §§ 94, 95).4 Erfolgt die Förderung nicht mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs oder nur im Wege der Dividendenverteilung (vgl. Erl. § 1 Rdn. 18 ff.), ist dies ebenfalls kein Auflösungsgrund nach § 81.5 Grundsätzlich ist nach § 1 der Geschäftsbetrieb mit Nichtmitgliedern auf die rechtliche Natur der eG ohne Einfluss. Auch Kreditgenossenschaften und Konsumgenossenschaften verfolgen die in § 1 bezeichneten geschäftlichen Zwecke, wenn sie ihren Geschäftsbetrieb auf Nichtmitglieder ausdehnen; dies kann nur die im Gesetz hierfür vorgesehenen Folgen haben, nicht aber zur Auflösung nach § 81 führen. Die Anordnung der BaFin nach § 38 KWG, die Kreditgenossenschaft abzuwickeln, steht einem Auflösungsbeschluss auch nach der Novelle 2006 als dem GenG vorgehende, spezialgesetzliche Regelung weiterhin gleich.6 Stellt der zuständige Prüfungsverband Beeinträchtigungen i.S.d. § 81 Abs. 1 Satz 1 3a fest, hat der Prüfungsverband – über die regelmäßige Berichterstattung nach § 64 Abs. 2 Nr. 2 hinaus – keine Verpflichtung, die zuständige Aufsichtsbehörde hierüber zu unterrichten (vgl. § 64 Rdn. 4 a.E.). Für den Prüfungsverband besteht nach § 60 die Möglichkeit, eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen. Ein darüber hinausgehendes Handeln steht § 62 Abs. 1 Satz 2 (Verschwiegenheitspflicht des Prüfungsverbands) entgegen. II. Rechtsfolgen Bei Vorliegen der in Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen kann die eG aufge- 4 löst werden; Abs. 1 Satz 1 schreibt nicht vor, dass die eG aufgelöst werden muss. Sie kann nur aus den in § 81a genannten Gründen zwangsweise aufgelöst werden.7 Stets muss der Verstoß eine solche Schwere haben, dass er nur durch die Auflösung behoben werden kann.8 Die Gefährdung muss auch noch zur Zeit des Auflösungsbeschlusses vorliegen. Die Übertretung gewerbepolizeilicher Bestimmungen ist nach der Gewerbeordnung zu bestrafen; die Folge von § 81 kann die Übertretung nicht haben. Zwar entsteht kein Entschädigungsanspruch wegen der Auflösung; die Mitglieder haben jedoch einen Anspruch auf Vermögensverteilung nach Maßgabe des § 90.
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Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1025, S. 93. Niedersächs. OVG Beschl. v. 15.1.1998, Az. 3 L 3863/97. Müller GenG § 81 Rdn. 4; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 81 Rdn. 3. Einzelheiten hierzu bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 81 Rdn. 29 ff. Niedersächs. OVG Beschl. v. 15.1.1998, Az. 3 L 3863/97. Müller GenG § 81 Rdn. 3.
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§ 81a | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
III. Verfahren vor dem Landgericht (Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 4) 5
Abweichend zur alten Fassung ist seit Novelle 2006 das Auflösungsverfahren nach § 80 kein Verwaltungsverfahren mehr. Stattdessen ist entsprechend der Parallelvorschrift des § 396 AktG nunmehr die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit durch die Zuständigkeit des Landgerichts ersetzt worden, Abs. 1 Satz 2. Über die Auflösung entscheidet das Landgericht, in dessen Bezirk die eG ihren Sitz hat. Klageberechtigt ist die oberste Landesbehörde, in deren Bezirk die eG ihren Sitz hat, vgl. hierzu die Erl. § 63. Gem. Abs. 3 kann das Gericht auf Antrag der zuständigen obersten Landesbehörde auch eine einstweilige Verfügung erlassen. Nach Abs. 4 ist die Entscheidung des Landgerichts dem Registergericht mitzuteilen. IV. Liquidation nach Auflösung (Abs. 2)
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Nach der Auflösung der eG erfolgt die Liquidation gem. §§ 83 bis 93. Nach § 83 Abs. 1 werden die Vorstandsmitglieder automatisch zu Liquidatoren (vgl. Erl. § 83 Rdn. 2), soweit nicht die Satzung etwas anderes vorsieht oder die GV/VV nicht beschließt, andere Liquidatoren zu bestellen. Daneben sieht nun Abs. 2 vor, dass auch die oberste Landesbehörde die Bestellung oder Abberufung der Liquidatoren bei Gericht beantragen kann.
§ 81a Auflösung bei Insolvenz § 81a Auflösung bei Insolvenz 1. 2.
Die Genossenschaft wird aufgelöst mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist; durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
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Die Vorschrift wurde eingefügt durch Artikel 49 Nr. 7 Einführungsgesetz zur InsO (EGInsO) vom 5.10.19941 Der in Nr. 2 geregelte Tatbestand war früher im LöschG enthalten, das durch Art. 2 Nr. 8 EGInsO aufgehoben wurde. Der in Nr. 1 geregelte Tatbestand, der auf § 8 Abs. 1 S. 1 LöschG zurückgeht, ist für die eG neu. Nunmehr wird (entgegen altem Recht, § 100 Abs. 3 a.F.) die eG auch aufgelöst, wenn 2 die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird. Dies entspricht der gesetzgeberischen Zielsetzung, wirtschaftlich nicht existenzfähige Gesellschaften aus dem Rechts- und Geschäftsverkehr zu entfernen.2 Die Liquidation der eG erfolgt ohne Fortsetzungsmöglichkeiten nach § 79a Abs. 1. 3 Nr. 2 wird ergänzt durch §§ 82 Abs. 3, 83 Abs. 5. Die Löschung wegen Vermögenslosigkeit unterscheidet zwei Tatbestände: 4 – § 394 Abs. 1 S. 1 FamFG (ohne vorherige Durchführung eines Insolvenzverfahrens) und
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BGBl. I S. 2911. §§ 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG; 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG.
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Eintragung der Auflösung | § 82
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§ 394 Abs. 1 S. 2 FamFG, wenn im Anschluss an ein Insolvenzverfahren keine Anhaltspunkte für ein verbleibendes Vermögen der eG vorliegen (sog. liquidierendes Insolvenzverfahren).3
Vermögenslosigkeit liegt dann vor, wenn aktivierbare Vermögensgegenstände feh- 5 len. Dies ist dann der Fall, wenn die eG nicht mehr über Vermögenswerte verfügt, die für eine Befriedigung der Gläubiger oder für eine Verteilung an die Mitglieder in Betracht kommen.4 Sie liegt noch nicht vor, wenn noch „geringes“ Vermögen existiert. Schwebende Geschäfte, deren Ausgang unsicher ist, sind nicht zu berücksichtigen.5 Erwartet die eG hingegen einen sicheren Vermögenserwerb, ist dieser anzusetzen.6
§ 82 Eintragung der Auflösung § 82 Eintragung der Auflösung (1) Die Auflösung der Genossenschaft ist von dem Gericht unverzüglich in das Genossenschaftsregister einzutragen. (2) Sie muss von den Liquidatoren durch die für die Bekanntmachungen der Genossenschaft bestimmten Blätter bekannt gemacht werden. Durch die Bekanntmachung sind zugleich die Gläubiger aufzufordern, sich bei der Genossenschaft zu melden. (3) Im Falle der Löschung der Genossenschaft wegen Vermögenslosigkeit sind die Absätze 1 und 2 nicht anzuwenden. Die Eintragung hat nur deklaratorischen Charakter. Allerdings gilt § 29; Eintragung und Bekanntmachung sollten deshalb unverzüglich erfolgen. Die gerichtliche Bekanntmachung der Auflösung erfolgt nur noch elektronisch in dem für Bekanntmachungen von der Landesjustizverwaltung bestimmten Informationsund Kommunikationssystem (s. Erl. § 156 Rdn. 9). Die genossenschaftliche Bekanntmachung nach § 82 Abs. 2 hat durch die Liquidatoren und nicht durch das Gericht zu erfolgen; sie ist wirkungslos, wenn sie in den für die gerichtlichen Bekanntmachungen von dem Genossenschaftsregister bestimmten Blättern erfolgt, sofern dieselben nicht mit den für die Bekanntmachungen der eG in der Satzung bestimmten Blättern (vgl. § 6 Nr. 5) identisch sind. Eine Frist, innerhalb derer die Bekanntmachung zu erfolgen hätte, ist nicht vorgeschrieben; ihre alsbaldige Vornahme empfiehlt sich aber deshalb, weil erst durch die Bekanntmachung das Sperrjahr (§ 90 Abs. 1) in Lauf gesetzt wird. Die Veröffentlichungspflicht gilt für alle Arten von eG und unabhängig von ihrer Größe. Nach § 82 Abs. 2 Satz 2 sind durch die Bekanntmachung zugleich die Gläubiger aufzufordern, sich bei der eG zu melden. Eine Ausschlussfrist für die Meldung der Gläubi-
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3 Wegen der Einzelheiten s. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 81a Rdn. 9 ff. 4 OLG Düsseldorf Rpfleger 2011, 329; Thüringer OLG Rpfleger 2010, 2010, 431; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 81a Rdn. 3. 5 Thüringer OLG a.a.O. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 81a Rdn. 12; Müller GenG § 81a Rdn. 8; BerlKomm/Kern § 81a Rdn. 4.
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§ 83 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
ger ist nicht zulässig.1 Eine besondere Aufforderung der bekannten Gläubiger braucht nicht zu erfolgen.2 Aufforderung kann nicht erzwungen werden, u.U. jedoch Haftung der Liquidatoren wegen unterlassener Aufforderung (§ 87 i.V.m. § 34).3 Abs. 3 wurde durch Art. 49 Nr. 8 EGInsO eingefügt. Bei der Löschung der eG wegen 6 Vermögenslosigkeit (§ 81a Nr. 2) gelten Abs. 1 und 2 nicht, weil § 394 FamFG das Löschungsverfahren abschließend regelt.
§ 83 Bestellung und Abberufung der Liquidatoren § 83 Bestellung und Abberufung der Liquidatoren (1) Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand, wenn sie nicht durch die Satzung oder durch Beschluss der Generalversammlung anderen Personen übertragen wird. (2) Auch eine juristische Person kann Liquidator sein. (3) Auf Antrag des Aufsichtsrats oder mindestens des zehnten Teils der Mitglieder kann die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen. (4) Die Abberufung der Liquidatoren kann durch das Gericht unter denselben Voraussetzungen wie die Bestellung erfolgen. Liquidatoren, welche nicht vom Gericht ernannt sind, können auch durch die Generalversammlung vor Ablauf des Zeitraumes, für welchen sie bestellt sind, abberufen werden. (5) Ist die Genossenschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, so findet eine Liquidation nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt. Die Liquidatoren sind auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht zu ernennen. § 83 Abs. 2 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. In dem früheren § 83 Abs. 2 war festgelegt, dass mindestens zwei Liquidatoren bestellt werden mussten. Auf dieses Erfordernis wurde, ebenso wie bei Unternehmen anderer Rechtsform, verzichtet. Es wurde klargestellt, dass auch eine juristische Person (z.B. eine Treuhandgesellschaft) Liquidator sein kann. Die Liquidatoren müssen nicht Mitglieder der eG sein, da der 1. Abschnitt des Gesetzes und damit § 9 nicht gilt (§ 87 Abs. 1). Abs. 5 wurde durch Art. 49 Nr. 9 EGInsO eingefügt. Er ergänzt § 81a Abs. 2 und übernahm in der Sache § 3 und § 2 Abs. 3 LöschG. 2 Erfolgt die Liquidation durch den Vorstand, ändern sich dessen Funktionen nach Maßgabe von § 88. Eine Annahme des Amtes als Liquidator ist nicht erforderlich; die Vorstandsmitglieder werden automatisch zu Liquidatoren („geborene Liquidatoren“). Stellvertretende Vorstandsmitglieder werden automatisch zu stellvertretenden Liquidatoren. Das Anstellungsverhältnis dauert fort, jedoch erlischt, da Gewinnausschüttungen nicht mehr erfolgen, der Anspruch auf Tantieme.1 Grundsätzlich ist das Vorstandsmitglied für die Dauer des Anstellungsvertrags auch zur Tätigkeit als Liquidator verpflichtet.2 Die Vorstandsmitglieder haben generell weiterhin die Rechte und Pflichten als Liquidator, soweit nicht die Besonderheit des Liquidationsverfahrens dem entgegensteht. 1
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Beuthien GenG § 82 Rdn. 2; Müller GenG § 82 Rdn. 16a. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 82 Rdn. 8; Beuthien GenG § 82 Rdn. 2. Müller GenG § 82 Rdn. 18; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 82 Rdn. 2.
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Müller GenG § 83 Rdn. 4; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 3; a.A. Beuthien GenG § 83 Rdn. 3. Vgl. hierzu RGZ 24, 71.
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Bestellung und Abberufung der Liquidatoren | § 83
Überträgt die Satzung die Liquidation anderen Personen, muss es diese Personen als Liquidatoren bezeichnen („gekorene Liquidatoren“). Eine Satzungsvorschrift, nach der die Personen berufen sein sollen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, ist unwirksam. Eben so wenig kann die Ernennung Dritten oder einem anderen Organ der eG als der GV/VV übertragen werden.3 Diese Personen müssen das Amt des Liquidators annehmen; dies kann auch konkludent geschehen. Mit Annahme des Amts ist automatisch ein Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, im Rahmen dessen nach § 612 BGB die übliche Vergütung den Liquidatoren geschuldet wird, soweit nichts anderes ausdrücklich bestimmt ist. Sind in der Satzung diese Personen genau bestimmt, ist nicht noch zusätzlich die Bestellung durch die GV/VV erforderlich (vgl. auch Rdn. 8),4 aber auch nicht schädlich.5 Auch die GV/VV kann durch Beschluss Liquidatoren bestellen. Die GV/VV kann dies auch dann mit einfacher Mehrheit beschließen, wenn in der Satzung die Übertragung an bestimmte Personen vorgesehen ist.6 Die Satzung kann dieses originäre Recht der GV/VV nicht ausschließen. Die von der GV/VV gewählten Personen werden erst mit Annahme der Wahl Liquidatoren. Erfolgt diese nicht in der GV/VV, sollte die GV/VV, um Missverständnissen vorzubeugen, auch beschließen, ob der Vorstand als Liquidator sofort ausscheidet oder erst, wenn die Liquidatoren ihr Amt angenommen haben. Liegt kein Beschluss vor, ist streitig, ob die Vorstandsmitglieder im Amt bleiben, bis die GV/VV beschlossen hat. Der Grundsatz der Kontinuität spricht dafür.7 Es kann auch eine gemischte Zusammensetzung der Liquidatoren erfolgen, z.B. kann die Satzung vorsehen, dass bestimmte Liquidatoren neben den Vorstand als Liquidator treten. Auch kann die GV beschließen, dass zu dem Vorstand, wenn dieser geborener Liquidator ist, oder dass zu den durch die Satzung bestimmten Liquidatoren weitere Personen hinzutreten. Die gerichtliche Ernennung von Liquidatoren (gem. § 375 Nr. 7, 376, 377 FamFG) darf nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, der von den Antragstellern (§ 83 Abs. 3) glaubhaft zu machen ist, erfolgen (Rdn. 11).8 Die Auswahl der Liquidatoren obliegt dem Gericht, das nicht an die Vorschläge der Antragsteller gebunden ist.9 Es fällt die doppelte Gebühr an (GNotKG, Kostenverzeichnis Nr. 13500). Der Regelgeschäftswert bestimmt sich nach § 67 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG und beträgt € 30.000. Bei Kreditgenossenschaften kann u.U. die BaFin die Bestellung von Liquidatoren nach § 38 Abs. 2 Satz 2 KWG beantragen und zwar unabhängig davon, ob sie die Abwicklungsanordnung erlassen hat oder ob das Kreditinstitut selbst seine Auflösung beschlossen hat, um der Abwicklungsanordnung zuvorzukommen (§ 78 Rdn. 5).10 Dies gebietet der Schutzzweck des § 83, der im Interesse der Gläubiger vor ungeeigneten Abwicklern schützen soll. Die eG hat gegen die Bestellung die sofortige und weitere Beschwerde nach §§ 402 Abs. 1, 58 ff. FamFG. Vertretung erfolgt durch die übrigen Liquidatoren, nicht durch den Aufsichtsrat oder einzelne Mitglieder der eG.11 Gegen die Ablehnung der Bestellung haben die Antragsteller
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3 Vgl. RGZ 65, 92; OLGRspr 8, 235; KGJ 45, 330; 49, 125 für GmbH. 4 Wie hier Müller GenG § 83 Rdn. 5. 5 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 6. 6 KGJ 45, 181 für GmbH; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 7; Beuthien GenG § 83 Rdn. 4; Müller GenG § 83 Rdn. 7. 7 A.A. jedoch OLG Bremen BB 1978, 275 zur KG. 8 JFG 8, 192. 9 JFG 2, 163, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 15. 10 BayObLG WM 1978, 1164; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 17. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 14.
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die Beschwerde nach §§ 402 Abs. 1, 58 ff. FamFG. Der Liquidator kann das Amt ablehnen; die eG kann gegen die Ernennung Beschwerde einlegen.12 Der Vertrag mit den Liquidatoren ist durch den Aufsichtsrat abzuschließen (§ 39). Nur wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt sind, muss der Vertrag als mit der Ernennung abgeschlossen gelten. Im Streitfall erfolgt keine Festsetzung der Vergütung der Liquidatoren durch das Gericht, welches die Liquidatoren bestellt hat,13 sondern es ist ggf. Klage beim Prozessgericht zu erheben. Das Gericht überwacht nicht die von ihm ernannten Liquidatoren.14 Dies ist Aufgabe des Aufsichtsrats (s. § 89 S. 1). Zudem ist die Bestellung von Liquidatoren neben § 83 nach § 29 BGB möglich.15 Auch die Abberufung der Liquidatoren durch das Gericht kann nur auf Antrag und nur, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, erfolgen; auch hier bestimmt sich die doppelte Gebühr nach § 67 GNotKG (vgl. Rdn. 7).16 Begründete Zweifel an der Unparteilichkeit eines Liquidators, die das Vertrauen zwischen ihm und den Mitgliedern nachhaltig erschüttert haben und Interessenkollisionen sowie eine Gefährdung des Abwicklungszwecks befürchten lassen, sind in der Regel ein wichtiger Grund.17 Der Aufsichtsrat hat gegen alle Liquidatoren das Recht der vorläufigen Amtsenthebung nach § 40.18 Über die endgültige Amtsenthebung entscheidet dann das Gericht, wenn die Bestellung von ihm, es entscheidet die GV/VV, wenn sie von ihr ausgegangen ist. Es müssen dieselben Voraussetzungen wie bei der Bestellung vorliegen (vgl. z.B. Rdn. 7). Wegen Fortführung der Geschäfte in diesen Fällen vgl. Erl. zu § 40. Die Amtsniederlegung der Liquidatoren ist zulässig im Rahmen der für Vorstandsmitglieder geltenden Vorschriften.19 Es bedarf keines wichtigen Grundes. Bei Wegfall eines Liquidators kann ein neuer stets nur durch die GV/VV, nicht durch den Aufsichtsrat bestellt werden.20 Erfolgte eine gerichtliche Bestellung, kann eine Neubestellung ebenfalls nur durch das Gericht vorgenommen werden (hierzu Rdn. 7). Auch die früheren Vorstandsmitglieder treten nicht an die Stelle des weggefallenen Liquidators (vgl. im Übrigen Abs. 4). Nach der Löschung ist die Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds, auch wenn es Liquidator gewesen ist, beendet. Die eG kann nur durch einen vom Gericht ernannten neuen Liquidator rechtserhebliche Erklärungen abgeben.21 Stellt sich nach der Auflösung der eG gem. § 81a (nach Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder der Löschung wegen Vermögenslosigkeit) heraus, dass doch noch verteilbares Vermögen vorhanden ist, ist die sog. Nachtragsliquidation nach Abs. 5 i.V.m. §§ 83 ff. durchzuführen.22 Antragsberechtigt sind Mitglieder, Gläubiger und sonstige Dritte, denen nach der Satzung das Vermögen der eG zufällt.23
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12 BayObLG DB 1996, 2222. 13 KGJ 27, 222. 14 KGJ 46, 161. 15 BayObLG WM 1977, 408; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 18. 16 KG JW 1931, 2996. 17 BayObLG DB 1998, 255. 18 OLGZ 38, 185; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 19. 19 RG JW 1893, 542; vgl. auch Erläuterungen zu § 24. 20 BayObLG 28, 782 für AG. 21 BGH NJW 1985, 2479 = WM 1985, 870 = BB 1985, 1148 = DB 1985, 1579 – zu § 2 Abs. 3 LöschG, der inhaltlich mit Abs. 5 übereinstimmt. 22 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 23. 23 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 83 Rdn. 23.
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Anmeldung durch Liquidatoren | § 84
§ 84 Anmeldung durch Liquidatoren § 84 Anmeldung durch Liquidatoren (1) Die ersten Liquidatoren sowie ihre Vertretungsbefugnis hat der Vorstand, jede Änderung in den Personen der Liquidatoren und jede Änderung ihrer Vertretungsbefugnis haben die Liquidatoren zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung oder Abberufung sowie über die Vertretungsbefugnis beizufügen. (2) Die Eintragung der gerichtlichen Ernennung oder Abberufung von Liquidatoren geschieht von Amts wegen. § 84 Abs. 1 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. Die Vorschrift enthält eine folgerichtige Ausdehnung der Regelung in § 28 Abs. 1 auf die Liquidatoren. Abs. 3 wurde mit Wirkung zum 1.1.2007 durch das EHUG aufgehoben. Die ersten Liquidatoren sowie ihre Vertretungsbefugnis sind zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. Ausnahme bei gerichtlicher Bestellung (Abs. 2). Die Bedeutung der Eintragung besteht darin, dass nach § 29 ein Dritter die Eintragung gegen sich gelten lassen muss; dagegen hat die Eintragung keine Bedeutung für den Beginn des Amts der Liquidatoren, vielmehr ist dafür allein der Zeitpunkt der Bestellung maßgebend. Die Anmeldung der ersten Liquidatoren sowie ihre Vertretungsbefugnis hat unverzüglich nach der Auflösung der eG durch die Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtiger Zahl zu erfolgen (§ 157), und zwar gleichgültig, ob ihr Amt auf Gesetz, Satzung oder Beschluss der GV/VV beruht, und zwar auch dann, wenn der bisherige Vorstand Liquidator ist (§ 20 Abs. 2 Satz 2 GenRegV). Ist der Vorstand nicht ordnungsgemäß besetzt, melden die vorhandenen Vorstandsmitglieder an. Ist kein Vorstandsmitglied vorhanden, erfolgt die Anmeldung durch die Liquidatoren. Als Inhalt der Anmeldung sind Name, Beruf und Wohnsitz der Liquidatoren selbst dann anzugeben, wenn sie dem Registergericht aus anderen Gründen bereits vorliegen.1 Es ist streitig, ob der Umfang der Vertretungsbefugnis selbst dann anzugeben ist, wenn nur ein Liquidator vorhanden ist.2 Die Angabe des Umfangs der Vertretungsbefugnis dürfte in diesem Falle reiner Formalismus sein; gleichwohl sollte aus Gründen der Rechtssicherheit und falls später noch ein oder mehrere Liquidatoren hinzukommen diese Angabe in der Anmeldung ebenfalls gemacht werden.3 Wenn – nach der Bestellung der ersten Liquidatoren – eine Änderung in den Personen der Liquidatoren oder eine Änderung ihrer Vertretungsbefugnis eintritt, haben die Liquidatoren in vertretungsberechtigter Zahl dies zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden (§ 157). Das gilt wiederum nicht, wenn eine Änderung durch das Gericht erfolgt (Abs. 2). Anzumelden ist auch, wenn ein Liquidator – z.B. durch Heirat – seinen Namen verändert. Sonstige Veränderungen (vgl. Rdn. 4) sind nicht anzumelden. Neubestellte Liquidatoren haben bei ihrer Anmeldung mitzuwirken,4 dagegen nicht auch abberufene Liquidatoren bei der Anmeldung der Beendigung ihrer Vertretungsbe-
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1 Müller GenG § 84 Rdn. 2. 2 So OLG Köln BB 1970, 594 mit Anm. Gustavus; Beuthien GenG § 84 Rdn. 2; Müller GenG § 84; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 84 Rdn. 3; a.A. OLG Bremen BB 1971, 1172. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 84 Rdn. 9. 4 OLG Hamburg 34, 148.
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§ 85 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
fugnis.5 Eine Ausnahme ist gerechtfertigt, wenn alle Liquidatoren abberufen sind oder ihr Amt niedergelegt haben, ohne dass sofort neue Liquidatoren bestellt sind.6 Die letzten Liquidatoren haben jedoch, sobald mit der vollständigen Verteilung des Vermögens die Liquidation beendet ist, das Erlöschen ihrer Vertretungsbefugnis selbst anzumelden (§ 21 Abs. 1 GenRegV). Der Vorstand und die Liquidatoren können durch Festsetzung von Zwangsgeld zur 7 Vornahme der Anmeldungen angehalten werden (§ 160). Gem. dem früheren Abs. 3 hatten die Liquidatoren die Zeichnung ihrer Namensun8 terschrift – nicht auch der Firma – in öffentlich beglaubigter Form bei dem Registergericht einzureichen. Die Vorschrift wurde mit Einführung des elektronischen Handelsund Genossenschaftsregisters durch das EHUG mit Wirkung zum 1.1.2007 aufgehoben.
§ 85 Zeichnung durch Liquidatoren § 85 Zeichnung durch Liquidatoren (1) Die Liquidatoren haben in der bei ihrer Bestellung bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Genossenschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muss die Erklärung und Zeichnung durch sämtliche Liquidatoren erfolgen. (2) Die Bestimmung ist mit der Bestellung der Liquidatoren zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. (3) Die Liquidatoren zeichnen für die Genossenschaft, indem sie der Firma einen die Liquidation andeutenden Zusatz und ihre Namensunterschrift hinzufügen. 1
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Die Liquidatoren haben die Stellung eines gesetzlichen Vertreters; sie treten an die Stelle des Vorstands und üben dessen Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht aus.1 Die Vertretung durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen im gesetzlichen Umfang (§ 25 Abs. 2) bleibt bestehen; dies gilt erst recht für den rechtsgeschäftlichen Umfang der Prokura (hierzu § 42 Rdn. 3, 5). Voraussetzung ist, dass der Vorstand Liquidator ist. Auch ist die (erstmalige) Erteilung einer unechten Gesamtprokura (s. Erl. § 42 Rdn. 5) durch die Liquidatoren zulässig.2 Werden die Vorstandsmitglieder nach § 83 Abs. 1 zu Liquidatoren berufen, gilt für sie die Satzungsregelung bezüglich ihrer Vertretungsmacht weiter. Werden andere Personen zu Liquidatoren bestellt, kann bei der Bestellung eine von der Gesamtvertretung abweichende Regelung getroffen werden; dies gilt auch bei registergerichtlicher Bestellung. Diese besondere Regelung kann nachträglich geändert werden. Dieses Recht steht der GV/VV stets zu, soweit diese die Liquidatoren abberufen kann. Da es an einer § 25 Abs. 3 entsprechenden Regelung in § 85 fehlt, können zur Gesamtvertretung befugte Liquidatoren nicht einzelne von ihnen zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen.3
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OLGRspr. 4, 256; 34, 364. So mit Recht Beuthien GenG § 84 Rdn. 3.
1 Insoweit kann hinsichtlich des Umfangs und der Beschränkungen auf die Erläuterungen zu § 27, § 25, § 42 verwiesen werden. 2 Beuthien GenG § 85 Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 85 Rdn. 11. 3 Wie hier Müller GenG § 85 Rdn. 15; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 85 Rdn. 2; a.A. Beuthien GenG § 85 Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 85 Rdn. 9.
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Publizität des Genossenschaftsregisters | § 86
Die Firma muss den Zusatz „in Liquidation“ erhalten.4 Hierin liegt jedoch keine Än- 6 derung der bisherigen Firma.5 Zulässig ist auch der Zusatz „in Abwicklung“ oder die Abkürzung „i.L.“. Rechtserhebliche Erklärungen ohne Zusatz bleiben wirksam, haben jedoch Haftungsfolgen, da Abs. 3 ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist.6
§ 86 Publizität des Genossenschaftsregisters § 86 Publizität des Genossenschaftsregisters Die Vorschriften in § 29 über das Verhältnis zu dritten Personen finden bezüglich der Liquidatoren Anwendung. 1
Siehe hierzu die Erl. zu § 29.
§ 87 Rechtsverhältnisse im Liquidationsstadium § 87 Rechtsverhältnisse im Liquidationsstadium (1) Bis zur Beendigung der Liquidation sind ungeachtet der Auflösung der Genossenschaft in Bezug auf die Rechtsverhältnisse der Genossenschaft und ihrer Mitglieder die §§ 17 bis 51 weiter anzuwenden, soweit sich aus den Vorschriften dieses Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nichts anderes ergibt. (2) Der Gerichtsstand, welchen die Genossenschaft zur Zeit ihrer Auflösung hatte, bleibt bis zur vollzogenen Verteilung des Vermögens bestehen.
I. II. III.
Systematische Übersicht Fortbestehen von Rechten und Pflichten | 1–3 Geltung des Sechsten Abschnitts (des GenG) | 4–5 Weitergeltung von Vorschriften des | 6–17
IV.
1. Ersten Abschnitts | 6–10 2. Zweiten Abschnitts | 11–12 3. Dritten Abschnitts | 13–14 4. Vierten Abschnitts | 15 5. Fünften Abschnitts | 16–17 Gerichtsstand | 18
I. Fortbestehen von Rechten und Pflichten Abgesehen von dem Fall der Insolvenz ist die Liquidation die notwendige Folge der 1 Auflösung; aber auch an die Insolvenz kann sich die Liquidation anschließen. Mit der Auflösung wird der Zweck, werbend tätig zu sein, beendet; die eG besteht jedoch zum Zweck der Abwicklung ihrer Geschäfte noch weiter;1 dies gilt bis zur völligen Verteilung des Vermögens.2 Demgemäß besteht die eG als Kaufmann weiter und behält ihre bisherige Firma, der die Liquidatoren jedoch nach § 85 Abs. 3 einen Zusatz beizufügen haben (vgl. § 85 Rdn. 6).3
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4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 85 Rdn. 15. 5 RGZ 15, 105. 6 OLG Frankfurt/Main NJW-RR 1998, 1246 und NJW-RR 1991, 3286 – jeweils zur GmbH; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 85 Rdn. 3. 1 2 3
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RGZ 15, 104; vgl. auch BGHZ 14, 168 für GmbH; Müller GenG § 87 Rdn. 1. Selbst wenn die Firma gelöscht ist, RJA 1910, 255. Vgl. Müller GenG § 87 Rdn. 2.
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§ 87 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
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Verträge schuldrechtlicher wie dinglicher Art bleiben grundsätzlich bestehen, wenn sich nicht im Einzelfall aus einer speziellen Rechtsnorm oder aus einer Sondervereinbarung etwas anderes ergibt; die Auflösung führt mithin grundsätzlich nicht zur Beendigung der Verträge.4 Demgemäß können Gläubiger keine vorzeitige Erfüllung fordern. Auch betagte, bedingte oder befristete Forderungen werden durch die Auflösung nicht fällig.5 Wenn in Verträgen mit der eG jedoch das werbende Fortbestehen vorausgesetzt wurde, führt die Liquidation zur automatischen Beendigung des Vertragsverhältnisses. Gleiches gilt, wenn die eG im Register gelöscht ist. Gewerbliche und urheberrechtliche Schutzrechte bleiben ebenfalls bestehen.6 3 II. Geltung des Sechsten Abschnitts (des GenG) 4
Auf die Abwicklung finden in erster Linie die Vorschriften des 6. Abschnitts (§§ 78– 97) Anwendung. Unzulässig ist die Erhöhung des Geschäftsanteils und der Haftsumme (§ 87b) und – da mit dem Wesen der Liquidation nicht vereinbar – die Herabsetzung des Geschäftsanteils7 sowie die Herabsetzung der Haftsumme (vgl. § 120 Rdn. 6 und die dortigen Nachweise); Gleiches gilt für die Umwandlung der eG.8 Die im Zeitpunkt der Auflösung rückständigen Einzahlungen auf den Geschäftsan5 teil bleiben bestehen und können mit Zustimmung des Prüfungsverbandes abgetreten werden (§ 88a Abs. 1). Wegen weiterer Einzahlungsverpflichtungen auf den Geschäftsanteil nach Auflösung siehe § 87a. III. Weitergeltung von Vorschriften des
1. Ersten Abschnitts. Die Anwendbarkeit von Vorschriften anderer als der in § 87 ausdrücklich angeführten Abschnitte ist keinesfalls ausgeschlossen; auch Vorschriften aus den übrigen Abschnitten des Gesetzes gelten, z.B. sind Satzungsänderungen (§ 16), obwohl der Erste Abschnitt (§§ 1–16) nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt ist, auch im Liquidationsstadium grundsätzlich zulässig, es sei denn, sie widersprechen dem Zweck und Wesen der Liquidation.9 Bei Wahlen in den Aufsichtsrat muss § 9 Abs. 2 Satz 1 beachtet werden. Der Beitritt neuer Mitglieder10 wie der Erwerb weiterer Geschäftsanteile ist nicht 7 mehr möglich, da dies dem Charakter einer Liquidation widerspricht.11 Anträge betreffend den Erwerb der Mitgliedschaft oder die freiwillige Übernahme 8 weiterer Geschäftsanteile, die vor der Auflösung eingegangen sind, denen aber im Zeitpunkt der Auflösung noch nicht entsprochen ist, kann nicht mehr entsprochen werden,12 es sei denn, das Mitglied war nach der Satzung zur Zeichnung verpflichtet.13 Bei pflicht6
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4 RGZ 9, 14; 24, 71. 5 Baumbach/Hopt HGB § 145 Rdn. 5. 6 Zum möglichen Rückrufrecht des Urhebers nach § 41 UrhG vgl. Müller GenG § 87 Rdn. 4. 7 OLG Karlsruhe JFG 1911, 173. 8 RGZ 38, 83. 9 RGZ 121, 246; 138, 79; vgl. auch Rdn. 4. 10 Vgl. RGZ 125, 196. 11 BGH WM 2004, 488; RGZ 125, 196; OLG Hamburg NJW 1957, 225 = GWW 1957, 92; vgl. für den vergleichbaren Fall der Insolvenzeröffnung BGH DB 1978, 1777 = BB 1978, 1134 (m. krit. Anm. Schaffland GF 10/78, S. 32 = ZfgG 1978, 442 m. Anm. Hadding sowie die Erl. § 105 Rdn. 7 ff.; so auch Beuthien GenG § 87 Rdn. 2. 12 OLG Hamburg NJW 1957, 225 = GWW 1957, 92. 13 Streitig. Wie hier Beuthien GenG § 87 Rdn. 2; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87 Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87 Rdn. 5.
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Rechtsverhältnisse im Liquidationsstadium | § 87
widrig unterlassener Zeichnung hat die eG auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Mitglieder,14 jedoch gegen die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder.15 Ein Einzahlungsanspruch der eG besteht weder, wenn die Beteiligung gleichwohl 9 zugelassen worden ist (§ 15 Abs. 1 bzw. § 15b Abs. 3), noch aufgrund einer pflichtwidrig unterlassenen Zeichnung weiterer Geschäftsanteile (vgl. § 105 Rdn. 8, 9).16 Dienen die (satzungsändernden) Beschlüsse der Fortführung des Unternehmens, 10 insbesondere der wirtschaftlichen Wiederaufrichtung, entsprechen sie nicht dem Wesen der Liquidation; erforderlich wäre ein vorheriger ausdrücklicher Fortsetzungsbeschluss nach § 79a. 2. Zweiten Abschnitts. Vom Zweiten Abschnitt (§§ 17–23) finden Anwendung die 11 §§ 17, 18. § 19 ist durch die Sondervorschrift des § 91 (Durchführung der Vermögensverteilung) ersetzt; § 20 ist gegenstandslos. Außerdem gelten § 22 Abs. 4 und 5 und § 23. Eine Aufhebung der Nachschusspflicht nach § 22a ist grundsätzlich nicht zulässig, 12 da sie geeignet sein kann, die Befriedigung der Gläubiger zu vereiteln; sie widerspräche dem Wesen der Liquidation. Zweifelhaft könnte sein, ob eine Beschränkung oder Aufhebung der Nachschusspflicht im Liquidationsstadium dann für zulässig erachtet werden kann, wenn eine Beeinträchtigung der Belange der Gläubiger nicht zu befürchten ist. Hierfür könnte sprechen, dass die vorhandenen Gläubiger durch § 22a bzw. § 120 in Verbindung mit § 22a geschützt werden. Dem hat jedoch für die Herabsetzung der Haftsumme das OLG Karlsruhe17 widersprochen. Auch ist es denkbar, dass die eG nicht zur Sicherheitsleistung in der Lage ist.18 3. Dritten Abschnitts. Der Dritte Abschnitt (§§ 24–51) findet Anwendung, soweit 13 nicht die einzelnen den Vorstand betreffenden Bestimmungen durch die Vorschriften über die Liquidatoren ersetzt sind. Die GV/VV bleibt zuständig für die Beschlussfassung über die Bilanz (nicht Jahres- 14 abschluss) und über die Entlastung der Liquidatoren und des Aufsichtsrats (§ 48 Abs. 1 gilt daher nur entsprechend). Eine Beschlussfassung über Gewinn oder Verlust findet nicht statt, deren Verteilung erfolgt nach § 91.19 4. Vierten Abschnitts. Der Vierte Abschnitt (§§ 53–64c) findet Anwendung, wie sich 15 aus § 64c ergibt. Damit verbleibt es bei der gesetzlichen Prüfung.20 5. Fünften Abschnitts. Der Fünfte Abschnitt (§§ 65–77a) findet hingegen ganz über- 16 wiegend keine Anwendung. Ebenso wie nach der Auflösung der eG ein Beitritt neuer Mitglieder bzw. der Erwerb weiterer Geschäftsanteile nicht mehr möglich ist (vgl. Rdn. 7), ist auch das Ausscheiden aus der eG ausgeschlossen. Dies gilt auch für ein Ausscheiden nach §§ 77, 77a. Die Auseinandersetzung mit der eG kann im Liquidationsstadium nur noch im Zusammenhang mit der Verteilung des gesamten Vermögens erfolgen. Im Falle von § 77 Abs. 1 wird die Mitgliedschaft durch den Erben bzw. die Miterbengemeinschaft in analoger Anwendung dieser Vorschrift bis zur Beendigung der Liquidation fortgesetzt.
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14 RGZ 125, 196; Müller GenG § 87 Rdn. 19a. 15 BGH Urt. v. 1.12.2003, Az. II ZR 216/01; OLG Brandenburg, WM 2003, 2470. 16 Vgl. Müller GenG § 87 Rdn. 19a; a.A. Beuthien GenG § 87 Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 87 Rdn. 5. 17 JFG 11, 175; vgl. Rdn. 4. 18 Hierauf weist Beuthien GenG § 87 Rdn. 3 hin. 19 S. hierzu Beuthien GenG § 87 Rdn. 4. 20 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87 Rdn. 4.
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§ 87a | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
Für die unbefristete Mitgliedschaft nach § 77 Abs. 2 gilt dieses bereits ipso iure. In entsprechender Anwendung des § 77a wird die Mitgliedschaft der aufgelösten oder der erloschenen juristischen Person oder Gesellschaft ebenfalls bis zur Beendigung der Liquidation fortgesetzt. Wegen der innerhalb der letzten sechs Monate Ausgeschiedenen vgl. § 75 und die dortigen Erl. Zweifelhaft ist, ob im Liquidationsstadium eine Übertragung des Geschäftsgutha17 bens zulässig ist. Würde mit der Geschäftsguthabenübertragung der Beitritt des Erwerbers bzw. die Zeichnung eines weiteren Geschäftsanteils verbunden sein, wäre die Übertragung, da der Beitritt bzw. die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen nicht mehr möglich ist (vgl. Rdn. 7), unzulässig. Eine Geschäftsguthabenübertragung nach § 76 ist mithin nur zulässig, wenn der Erwerber bereits Mitglied ist und wenn keine Zeichnung eines weiteren Geschäftsanteils erforderlich wird.21 IV. Gerichtsstand 18
§ 87 Abs. 2 schließt die Sitzverlegung der eG nach ihrer Auflösung nicht aus.22 Es verbleibt nur bis zur endgültigen Abwicklung beim alten Gerichtsstand. Allerdings kann die eG gegen ihre Mitglieder nach geschehener Auflösung und ihr folgender Sitzverlegung aufgrund von § 22 ZPO bei dem für den neuen Sitz zuständigen Gericht klagen.23
§ 87a Zahlungspflichten bei Überschuldung § 87a Zahlungspflichten bei Überschuldung (1) Ergibt sich bei Aufstellung der Liquidationseröffnungsbilanz, einer späteren Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz oder ist bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen, dass das Vermögen auch unter Berücksichtigung fälliger, rückständiger Einzahlungen die Schulden nicht mehr deckt, so kann die Generalversammlung beschließen, dass die Mitglieder, die ihren Geschäftsanteil noch nicht voll eingezahlt haben, zu weiteren Einzahlungen auf den Geschäftsanteil verpflichtet sind, soweit dies zur Deckung des Fehlbetrags erforderlich ist. Der Beschlussfassung der Generalversammlung stehen abweichende Bestimmungen der Satzung nicht entgegen. (2) Reichen die weiteren Einzahlungen auf den Geschäftsanteil zur Deckung des Fehlbetrags nicht aus, kann die Generalversammlung beschließen, dass die Mitglieder nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile bis zur Deckung des Fehlbetrags weitere Zahlungen zu leisten haben. Für Genossenschaften, bei denen die Mitglieder keine Nachschüsse zur Insolvenzmasse zu leisten haben, gilt dies nur, wenn die Satzung dies bestimmt. Ein Mitglied kann zu weiteren Zahlungen höchstens bis zu dem Betrag in Anspruch genommen werden, der dem Gesamtbetrag seiner Geschäftsanteile entspricht. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Bei Feststellung des Verhältnisses der Geschäftsanteile und des Gesamtbetrags der Geschäftsanteile gelten als Geschäftsanteile eines Mitglieds auch die Geschäftsanteile, die es
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21 Wie hier Hornung Rpfleger 1971, 298; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87 Rdn. 7; Müller GenG § 87 Rdn. 20a; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87 Rdn. 6; so wohl auch Beuthien GenG § 87 Rdn. 2. 22 BlfG 1934, 712; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87 Rdn. 8. 23 BlfG 1934, 712; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87 Rdn. 8.
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Zahlungspflichten bei Überschuldung | § 87a
entgegen den Bestimmungen der Satzung über eine Pflichtbeteiligung noch nicht übernommen hat. (3) Die Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. (4) Die Beschlüsse dürfen nicht gefasst werden, wenn das Vermögen auch unter Berücksichtigung der weiteren Zahlungspflichten die Schulden nicht mehr deckt.
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Systematische Übersicht Allgemeines | 1–4 Volleinzahlung der Geschäftsanteile (Abs. 1) | 5–9 Weitere Zahlungen bis zur Höhe der Geschäftsanteile (Abs. 2) | 10–15
IV. V. VI. VII.
Mehrheitserfordernis (Abs. 3) | 16 Fehlerhafte Beschlüsse | 17–19 Fortsetzungsbeschluss | 20 Schadensersatzansprüche | 21
I. Allgemeines § 87a wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. Der frühere § 87a ließ die unbeschränkte Erhöhung des Geschäftsanteils nach der Auflösung zu, wenn dadurch die Insolvenz der eG abgewendet werden konnte. Diese Erhöhung ist nunmehr nach § 87b ausgeschlossen; im Übrigen hätte eine derartige Erhöhung durch den neuen § 67a unterlaufen werden können (vgl. die dortigen Erläuterungen). Der Gesetzgeber entschloss sich zu einer Neuregelung der Möglichkeiten, die Insolvenz im Liquidationsstadium abzuwenden, weil § 87a a.F. unvollständig war; die zunächst zu treffende Maßnahme, nämlich die volle Einzahlung der von den Mitgliedern übernommenen Geschäftsanteile, war nicht geregelt. Die Neufassung beseitigte in erster Linie diesen Nachteil.1 Im Übrigen bietet sie die zusätzliche Möglichkeit eines Fortsetzungsbeschlusses gem. § 79a zur Erhaltung der eG als Fördereinrichtung der Mitglieder (vgl. die dortigen Erl. sowie unten Rdn. 20). § 87a regelt den dritten Fall, in dem die Mitglieder u.U. zu zusätzlichen Zahlungen verpflichtet sind.2 Die Zahlungspflicht nach § 87a lässt die Nachschusspflicht in der Insolvenz unberührt,3 da eine Anrechnung der Zahlungen nach § 87a in § 105 nicht vorgesehen ist. Die Zahlungspflichten nach § 87a setzen eine Überschuldung voraus. Die Überschuldung ist dann gegeben, wenn der Gesamtbetrag der bei der Verwertung zu erwartenden Vermögenswerte die Schulden nicht mehr deckt (zum Begriff der Überschuldung vgl. Erl. § 98 Rdn. 14 ff.). Zahlungspflichten nach § 87a können nur beschlossen werden, wenn im Liquidationsstadium die Überschuldung festgestellt wird, insb. aufgrund einer Liquidationseröffnungsbilanz, einer späteren Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz. Es genügt jedoch auch, wenn im Liquidationsstadium bei pflichtmäßigem Ermessen eine Überschuldung anzunehmen ist.
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1 Vgl. die Amtliche Begründung BT-Drs. 7/97, 28. 2 Vgl. die beiden anderen Zahlungspflichten: Nachschusspflichten im Insolvenzstadium (§ 105) und Nachschusspflichten ausgeschiedener Mitglieder (§ 73 Abs. 2 Satz 3). 3 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87a Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87a Rdn. 12.
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§ 87a | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
II. Volleinzahlung der Geschäftsanteile (Abs. 1) 5
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Eine Zeichnung weiterer Geschäftsanteile (und die Übernahme weiterer Nachschusspflichten) ist nach Eröffnung des Liquidationsverfahrens nicht mehr möglich.4 Aus der bloßen Eintragung in die Mitgliederliste kann auch keine Nachschusspflicht aus veranlasstem Rechtsschein hergeleitet werden.5 Im Liquidationsstadium sind als erstes die fälligen, rückständigen Einzahlungen auf die gezeichneten Geschäftsanteile einzufordern. Dies liegt in der Zuständigkeit des Vorstands. Bleibt auch bei Berücksichtigung der fälligen rückständigen Einzahlungen eine Überschuldung bestehen, können nach Abs. 1 weitere Einzahlungen, höchstens aber die Volleinzahlung bereits gezeichneter Geschäftsanteile, beschlossen werden; hierfür ist die GV/VV zuständig. Diese Beschlüsse dürfen jedoch nur gefasst werden, soweit dies zur Deckung des Fehlbetrags erforderlich ist. Es muss also nicht unbedingt die Volleinzahlung beschlossen werden; dies dürfte in der Praxis auch der Ausnahmefall sein, da einerseits Nachzahlungen nur beschlossen werden dürfen, soweit Fehlbeträge abgedeckt werden, andererseits nach Abs. 4 Beschlüsse nicht gefasst werden dürfen, wenn die Überschuldung trotzdem nicht ausgeräumt werden kann (vgl. Rdn. 17 ff.). Die Liquidatoren haben deshalb eine genaue Berechnung anzustellen, im Zweifel durch den Prüfungsverband. Im Übrigen hat der Gesetzgeber an die Stelle der früheren Unvollständigkeit des § 87a eine neue treten lassen: Die GV/VV kann nur die Volleinzahlung der tatsächlich gezeichneten Geschäftsanteile beschließen. Im Unterschied zu Abs. 2 werden in Abs. 1 die pflichtwidrig nicht gezeichneten Geschäftsanteile nicht berücksichtigt. De lege ferenda sollte vorgesehen werden, diese „Belohnung der säumigen Mitglieder“ zu beseitigen. Der Beschlussfassung über die Einzahlungspflicht stehen abweichende Satzungsbestimmungen nicht entgegen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass in der Satzung ausnahmsweise § 87a Abs. 1 ausdrücklich ausgeschlossen ist. Dies gilt auch für anderweitige Regelungen, die zu demselben Ergebnis faktisch führen würden, z.B. Einstimmigkeit für derartige Beschlüsse vorzusehen.6 Abs. 3 Satz 2, der größere Mehrheiten als eine Dreiviertel-Mehrheit vorsieht, tritt insoweit zurück. III. Weitere Zahlungen bis zur Höhe der Geschäftsanteile (Abs. 2)
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Reichen die Einzahlungen nach Abs. 1 auf den Geschäftsanteil zur Deckung des Fehlbetrags nicht aus, können die Mitglieder nach Abs. 2 – aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der GV/VV – bis zum Gesamtbetrag ihrer Geschäftsanteile zu weiteren Zahlungen verpflichtet werden.7 Bei der eG ohne Nachschusspflicht gilt das jedoch nur dann, wenn diese Verpflichtung in der Satzung enthalten ist (Abs. 2 Satz 2). Dies ist deshalb vorgesehen, weil hier das Mitglied im Regelfall nicht mit der Heranziehung zu weiteren Zahlungen rechnet; es soll ihm deshalb diese Eventualverpflichtung deutlich ge-
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4 BGH DB 1978, 1777 = BB 1978, 1134 m. krit. Anm. Schaffland GF 10/1978, 32 = ZfgG 1978, 442 mit Anm. Hadding; RGZ 117, 116; 196; Parisius/Crüger/Citron § 105 Anm. 25 a.E. sowie § 15 Rdn. 8. 5 Vgl. Müller GenG § 105 Rdn. 10. 6 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87a Rdn. 21; a.A. Müller GenG § 87a Rdn. 14; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87a Rdn. 4. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87a Rdn. 9.
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Zahlungspflichten bei Überschuldung | § 87a
macht werden.8 Ist die Haftsumme nach § 121 Satz 3 z.B. auf den ersten Geschäftsanteil beschränkt, gilt § 87a Abs. 2 uneingeschränkt für alle übernommenen Geschäftsanteile.9 Im Unterschied zu Abs. 1 werden hier die pflichtwidrig nicht übernommenen Geschäftsanteile bei der Berechnung der Nachzahlungspflichten berücksichtigt (Abs. 2 Satz 5). Die Mitglieder sind nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile (einschließlich der pflichtwidrig nicht übernommenen Anteile) bis zur Höhe des Gesamtbetrags dieser Geschäftsanteile zu weiteren Einzahlungen verpflichtet. Die Ausschöpfung dieser Nachzahlungspflichten wird jedoch der Ausnahmefall sein, da einerseits diese Beschlüsse nur gefasst werden dürfen, soweit sie zur Deckung des Fehlbetrags erforderlich sind und andererseits diese Beschlüsse nicht gefasst werden dürfen, wenn durch diese weiteren Einzahlungen die Überschuldung nicht behoben wird (vgl. Rdn. 17 ff.). Auch hier stehen wie in Abs. 1 der Beschlussfassung abweichende Satzungsregelungen nicht entgegen (vgl. insoweit Rdn. 9). Bei der Verteilung des Restvermögens werden die Mitglieder, die nach Abs. 2 zu weiteren Zahlungen herangezogen waren, vorrangig bedacht (§ 91 Abs. 1 Satz 2). Wenn – nachdem die Mitglieder nach Abs. 1 und 2 zur Zahlung herangezogen worden sind – letztlich doch die Insolvenz über das Vermögen der eG eröffnet werden muss, müssen die Mitglieder, soweit die Satzung eine Nachschusspflicht vorsieht, unbeschadet ihrer bereits nach § 87a Abs. 2 erbrachten Leistungen Nachschüsse leisten. Die Höhe dieser Nachschüsse regelt sich jedoch nicht nach dem Gesamtbetrag der Geschäftsanteile, sondern – bei beschränkter Nachschusspflicht – nach der Höhe der Haftsumme (ggf. in Anlehnung an die übernommenen Geschäftsanteile; vgl. Erl. zu § 121). Mitglieder, die nach Abs. 2 freiwillige Mehrleistungen erbracht haben, werden, wenn es zur Insolvenz und dort zu einer Verteilung des Restvermögens an die Mitglieder kommen sollte, gem. § 105 Abs. 4 S. 2 vorrangig bedacht (vgl. Erl. § 105 Rdn. 22).
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IV. Mehrheitserfordernis Die Beschlüsse über die Einzahlungen können nach Abs. 3 nur mit qualifizierter 16 Mehrheit gefasst werden. Die Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere, d.h. strengere Erfordernisse (z.B. geheime Abstimmung oder dass die GV/VV nur beschlussfähig ist, wenn eine bestimmte Zahl von Mitgliedern anwesend oder vertreten ist) bestimmen. Die Satzung kann jedoch wegen Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 S. 4 nicht bestimmen, dass für diese Beschlüsse Einstimmigkeit erforderlich ist, da dies faktisch einer abweichenden Bestimmung der Satzung gleichkäme.10 V. Fehlerhafte Beschlüsse Die Beschlüsse nach Abs. 1 und Abs. 2 dürfen nicht gefasst werden, soweit sie zur 17 Deckung des Fehlbetrags nicht erforderlich sind. Dies bedeutet nicht, dass jeder Beschluss, der den Mitgliedern mehr abverlangt, als zur Deckung des Fehlbetrags benötigt wird, fehlerhaft ist. Es besteht hier ein gewisser Ermessensspielraum, um weitere spätere Beschlussfassungen zu vermeiden, da zu diesem Zeitpunkt nicht mit Sicherheit berechnet werden kann, welcher konkrete Betrag zur Deckung bereits genügt. Hierfür
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8 Vgl. Amtliche Begründung BT-Drs. 7/97, 28. 9 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87a Rdn. 4; kritisch hierzu Geist S. 20. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87a Rdn. 21; a.A. Beuthien GenG § 87a Rdn. 4; Müller GenG § 87a Rdn. 14; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87a Rdn. 5.
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§ 87b | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
spricht auch der Wortlaut des § 91 Abs. 1 S. 2 bzw. des § 105 Abs. 4 S. 2, der im Liquidations- bzw. im Insolvenzstadium, wenn nach Befriedigung der Gläubiger noch Vermögen verbleibt, den Mitgliedern, die nach § 87a Abs. 2 zusätzliche Zahlungen erbracht haben, einen vorrangigen Anspruch auf den Verteilungserlös einräumt (vgl. Erl. Rdn. 15). Auch aus der gesetzlichen Formulierung „dürfen nicht“ folgt, dass ein Verstoß dagegen nicht automatisch zur Nichtigkeit führt. 18 Nur Beschlüsse, die offensichtlich zur Deckung des Fehlbetrags nicht oder zum Teil nicht erforderlich sind, sind fehlerhaft. Ob sie anfechtbar oder gar nichtig sind (zu den unterschiedlichen Rechtsfolgen vgl. § 51 Rdn. 7 ff. u. 22 ff.), hängt davon ab, wie offensichtlich der Verstoß ist. Im Übrigen dürfen die Beschlüsse nach Abs. 1 und Abs. 2 nicht gefasst werden, wenn 19 das Vermögen der eG auch unter Berücksichtigung der weiteren Zahlungen die Schulden nicht deckt. Auch dies gilt nicht objektiv, sondern es ist hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit (Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit) auf die subjektive Betrachtungsweise abzustellen. War bei der Beschlussfassung noch nicht abzusehen, dass die Insolvenz nicht vermieden werden konnte, ist der Beschluss weder anfechtbar noch nichtig. Bestand bei der Beschlussfassung kein Zweifel, dass es gleichwohl zur Insolvenz kommen würde, ist Nichtigkeit gegeben. War dies nur wahrscheinlich, ist Anfechtbarkeit gegeben.11 VI. Fortsetzungsbeschluss 20
Ein Beschluss nach Abs. 1 steht einem Fortsetzungsbeschluss nach § 79a nicht entgegen. Dies gilt auch für einen Beschluss nach Abs. 2. Waren hingegen die Mitglieder in Erfüllung eines Beschlusses nach Abs. 2 zu Nachzahlungen herangezogen worden, kann die Fortsetzung nicht mehr beschlossen werden; ein derartiger Beschluss wäre wegen des für jeden erkennbaren Verstoßes gegen § 79a Abs. 1 S. 3 nichtig. VII. Schadensersatzansprüche
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Verstöße gegen die Grundsätze des § 87a, insb. gegen Abs. 4, können im Übrigen Schadensersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder nach § 34 und ggf. gegen Aufsichtsratsmitglieder nach § 41 begründen.
§ 87b Verbot der Erhöhung von Geschäftsanteil oder Haftsumme § 87b Verbot der Erhöhung von Geschäftsanteil oder Haftsumme Nach Auflösung der Genossenschaft können weder Geschäftsanteil noch die Haftsumme erhöht werden. § 87b wurde durch die Novelle 1973 eingefügt. Die Vorschrift entspricht dem durch die Novelle 1973 aufgehobenen § 139a, soweit es sich um die Nichterhöhung im Liquidationsstadium handelt. Die Erhöhung des Geschäftsanteils im Liquidationsstadium ist im Hinblick auf die 2 Nachzahlungspflichten aufgrund des durch Novelle 1973 neu gefassten § 87a entfallen; 1
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11 Zu streng Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87a Rdn. 17, der wohl generell die GV/VV-Beschlüsse für unwirksam erklärt.
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Aufgaben der Liquidatoren | § 88
nach dieser Vorschrift sind Nachzahlungen in Anlehnung an den Geschäftsanteil (nicht Haftsumme) zu leisten (vgl. hierzu ausführlich die Erl. zu § 87a). Wird während des Liquidationsstadiums entgegen § 87b ein Beschluss gefasst, ist 3 dieser grundsätzlich unwirksam, es sei denn, er wird für die Zukunft gefasst und zwar für einen Zeitpunkt, in dem sich die eG aufgrund eines Fortsetzungsbeschlusses nach § 79a nicht mehr in Liquidation befindet.1 Ansonsten ist er von Amts wegen zu löschen.2
§ 88 Aufgaben der Liquidatoren § 88 Aufgaben der Liquidatoren Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Genossenschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Genossenschaft in Geld umzusetzen; sie haben die Genossenschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Es gehört zur Aufgabe der Liquidatoren, das Vermögen flüssig zu machen. Bei der 1 Beurteilung, ob ein Geschäft vorgenommen werden darf, ist immer der Liquidationszweck entscheidend; hierbei ist das Interesse an einer zügigen, optimalen Verwertung wie auch das Förderinteresse der Mitglieder zu berücksichtigen und ggf. gegeneinander abzuwägen. Die laufenden Geschäfte sind so abzuwickeln, wie sie auch ohne die Liquidation abgewickelt worden wären,1 allerdings in Hinblick auf den Liquidationscharakter unter tunlichster Beschleunigung. Zu den laufenden Geschäften zählen nicht nur Vertragsabschlüsse, sondern auch im Verhandlungsstadium befindliche Geschäfte; diese können noch zu einem Vertragsabschluss geführt und abgewickelt werden. Im Einzelfall kann auch bereits eine Kontaktaufnahme genügen,2 wenn ein günstiger Vertragsabschluss möglich erscheint. Noch nicht fällige Ansprüche sind zum nächstmöglichen geeigneten Zeitpunkt fällig zu stellen. Im Rahmen der Aufgabenerfüllung kann der Erwerb von Immobilien zur Rettung 2 von Forderungen erforderlich werden. Rückständige Pflichteinzahlungen auf den Geschäftsanteil sind einzuziehen; wegen weitergehender Einzahlungspflichten vgl. Erl. zu § 87a. Die Mitglieder können außerdem verpflichtet sein, während der Liquidation ihre Sonderleistungen fortzusetzen. 3 Verjährte Forderungen dürfen von den Liquidatoren nicht anerkannt werden.4 Schwebende Prozesse sind fortzuführen, ggf. ist Rechtsmittel einzulegen. Auch können neue Prozesse eingeleitet werden, wenn dies erforderlich werden sollte. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Umsetzung des Vermögens in Geld anzustre- 3 ben. Ausnahmsweise – und mit Zustimmung der GV/VV – keine Verflüssigung des Vermögens oder von Vermögensteilen, wenn dies im allseitigen Interesse vorteilhafter ist. Beispiel: Das Restvermögen der eG besteht in einer Beteiligung an einer GmbH; es kann
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Wie hier Müller GenG § 87b Rdn. 4. Müller GenG § 87b Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87b Rdn. 2.
1 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 88 Rdn. 8; Beuthien GenG § 88 Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 88 Rdn. 2. 2 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 88 Rdn. 8; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 88 Rdn. 2. 3 Z.B. Milchlieferung, RGZ 72, 240. 4 ROHG 9, 85.
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§ 88a | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
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im Interesse der Mitglieder liegen, die Beteiligung nicht zu veräußern, sondern sie auf die Mitglieder zu übertragen.5 Im Interesse einer zügigen Abwicklung der Liquidation dürfte sich in vielen Fällen die Veräußerung des gesamten Unternehmens nebst Firma vielfach anbieten.6 Hierbei darf der Firmenzusatz „eG“ oder „eingetragene Genossenschaft“ nur vom Erwerber verwendet werden, wenn dieser selbst eine eG ist (§ 18 Abs. 2 HGB). Auch kann die aufgelöste eG mit einer anderen übernehmenden eG verschmolzen werden, was sich ebenfalls in der Praxis vielfach anbieten dürfte, um hier dem Förderinteresse der Mitglieder Rechnung zu tragen. Zu einer Verteilung des Vermögens nach Maßgabe des § 90 kommt es in diesen Fällen jedoch nicht. Ist jedoch mit der Vermögensverteilung bereits begonnen worden, ist eine Verschmelzung nicht mehr zulässig.7 Generell sind die Liquidatoren zum Abschluss neuer Geschäfte befugt, soweit dies im Rahmen einer zügigen bzw. optimalen Verwertung oder zur angemessenen Berücksichtigung der Förderinteressen der Mitglieder erforderlich ist.8 Dies gilt z.B. für die Fortführung, um in angemessener Frist – ein Jahr? – das Unternehmen insgesamt veräußern zu können. Unzulässig wäre jedoch eine Entscheidung der Liquidatoren bzw. ein Beschluss der GV/VV, uneingeschränkt die Geschäfte der eG fortzuführen. Willenserklärungen, die dem Liquidationszweck zuwiderlaufen, sind im Außenverhältnis wirksam, es sei denn, die Liquidatoren handelten bewusst zum Nachteil der eG und der Geschäftspartner hätte dieses unschwer erkennen können.9 Die GV/VV kann in die eigenverantwortliche Abwicklung der eG durch die Liquidatoren nur im Rahmen der §§ 27, 89 eingreifen (vgl. insoweit insbesondere die Erläuterungen zu § 27). Beschlüsse hinsichtlich der Regressansprüche gegen Organmitglieder kann die GV/VV im Rahmen des § 39 und der dem § 39 entsprechenden Satzungsregelung fassen, da nach § 87 die Vorschriften des dritten Abschnitts grundsätzlich Anwendung finden. Bei der Abwicklung einer Kreditgenossenschaft hat die BaFin weitgehende konkrete Weisungsbefugnisse (§ 38 Abs. 2 S. 1 KWG). Die BaFin kann aber nicht generell ihre Zustimmung zur Durchführung von bestimmten Geschäften vorsehen.10 Weisungen können mit den Zwangsmitteln des § 17 FinDAG i.V.m. dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz durchgesetzt werden.
§ 88a Abtretbarkeit von Ansprüchen auf rückständige Einzahlungen und anteilige Fehlbeträge § 88a Abtretbarkeit von Ansprüchen auf rückständige Einzahlungen und anteilige Fehlbeträge (1) Die Liquidatoren können den Anspruch der Genossenschaft auf rückständige Einzahlungen auf den Geschäftsteil und den Anspruch auf anteilige Fehlbeträge nach § 73 Abs. 2 Satz 4 mit Zustimmung des Prüfungsverbandes abtreten.
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5 Vgl. Recht 1905 Nr. 771; als zu weitgehend abzulehnen KGJ 21, 256; OLGZ 3, 67. 6 Müller GenG § 88 Rdn. 5; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 88 Rdn. 7; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 88 Rdn. 2. 7 Müller GenG § 88 Rdn. 6. 8 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 88 Rdn. 9; Müller GenG § 87 Rdn. 17 a.E., § 88 Rdn. 7; Beuthien GenG § 88 Rdn. 2; BerlKomm/Kühnberger § 88 Rdn. 2. 9 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 88 Rdn. 3, 11; Beuthien GenG § 88 Rdn. 5; vgl. zum ähnlich gelagerten Fall des Prokuristen BGHZ 50, 113, vgl. auch § 42 Rdn. 10. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 88 Rdn. 23.
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Rechte und Pflichten der Liquidatoren | § 89
(2) Der Prüfungsverband soll nur zustimmen, wenn der Anspruch an eine genossenschaftliche Zentralbank oder an eine der Prüfung durch einen Prüfungsverband unterstehende Stelle abgetreten wird und schutzwürdige Belange der Mitglieder nicht entgegenstehen. § 88a wurde ebenso wie § 108a eingefügt durch den aufgrund von § 6 des handelsrechtlichen Bereinigungsgesetzes v. 18.4.19501 ausdrücklich aufrechterhaltenen Art. IV der Zweiten VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Genossenschaftsrechts vom 19.12.1942,2 weil bei der Liquidation und in der Insolvenz einer eG die Beitreibung rückständiger Pflichteinzahlungen und anteiliger Fehlbeträge häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit, Arbeitskräften und Kosten erforderte und oft damit auch eine steuerliche Belastung verbunden war. Diese Nachteile traten besonders in Erscheinung bei der allgemeinen Abwicklung zahlreicher eG durch amtliche Stellen. Durch die nunmehr ausdrücklich zugelassene Abtretung derartiger Ansprüche und Hereinnahme des Gegenwertes in die Liquidations- oder Insolvenzmasse kann eine erhebliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden. Die in Abs. 1 genannten Ansprüche können nur mit Zustimmung des Prüfungsverbands abgetreten werden. Die Abtretung erfolgt nach den §§ 398 ff. BGB. Die Zustimmung kann vorher (Einwilligung), sie kann jedoch auch nachträglich (Genehmigung) erteilt werden. Gehört die in Liquidation befindliche eG nicht mehr einem Prüfungsverband an, ist der bisherige Prüfungsverband (gewissermaßen im Wege der Restzuständigkeit) zuständig.3 Grundsätzlich hat die eG gegenüber dem Prüfungsverband einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 gegeben sind. Dieser Anspruch kann im Klageweg geltend gemacht werden.4
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§ 89 Rechte und Pflichten der Liquidatoren § 89 Rechte und Pflichten der Liquidatoren Die Liquidatoren haben die aus den §§ 26, 27, 33 Abs. 1 Satz 1, §§ 34, 44 bis 47, 48 Abs. 3, §§ 51, 57 bis 59 sich ergebenden Rechte und Pflichten des Vorstands und unterliegen gleich diesem der Überwachung des Aufsichtsrats. Sie haben für den Beginn der Liquidation eine Bilanz (Eröffnungsbilanz) sowie für den Schluss eines jeden Jahres einen Jahresabschluss und erforderlichenfalls einen Lagebericht aufzustellen. Die Eröffnungsbilanz ist zu veröffentlichen; die Bekanntmachung ist zu dem Genossenschaftsregister einzureichen. Die Liquidatoren haben grundsätzlich die Rechtsstellung des Vorstands. Insbeson- 1 dere haben sie die Vorschriften der Satzung zu beachten (vgl. Erl. zu § 27), bei Kreditgenossenschaften auch die Weisungen der BaFin (§ 88 Rdn. 7); sie können GV/VV-Beschlüsse anfechten (§ 51) und sind wie Vorstandsmitglieder ggf. schadensersatzpflichtig
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1 BGBl. I S. 90. 2 RGBl. I S. 729. 3 Müller GenG § 88a Rdn. 6; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 88a Rdn. 6; BerlKomm/Kühnberger § 88a Rdn. 2; a.A. Beuthien GenG § 88a Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 88a Rdn. 2. 4 Müller GenG § 88a Rdn. 7, 8.
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§ 89 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
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(vgl. Erl. zu § 34). § 34 gilt auch für den Nachtragsabwickler (§ 93 Rdn. 3).1 Im Rahmen von Anfechtungsklagen gegen die eG in Liquidation vertreten sie diese allein.2 Die Liquidatoren unterliegen der Überwachung durch den Aufsichtsrat, bei Kreditgenossenschaften auch der BaFin (§ 88 Rdn. 7). Der Aufsichtsrat hat auch die aus § 39 und § 37 sich ergebenden Rechte (vgl. die dortigen Erl.). Der Aufsichtsrat hat gegen alle Liquidatoren das Recht der vorläufigen Amtsenthebung nach § 40 (vgl. dazu Erl. zu § 83).3 Sofort bei Beginn der Liquidation ist eine Liquidationseröffnungsbilanz aufzustellen. Stichtag für diese Bilanz ist der Tag der Beschlussfassung über die Auflösung.4 Die Liquidationseröffnungsbilanz ist auch dann erforderlich, wenn die letzte Jahresbilanz erst kurz vor der Auflösung aufgestellt worden ist.5 In die Liquidationsbilanz waren nach früherer Auffassung die Vermögensgegenstände der eG nur mit den Werten einzusetzen, die sich bei der Veräußerung wahrscheinlich ergaben.6 Die Liquidationseröffnungsbilanz wurde lediglich als Vermögensverteilungsbilanz angesehen.7 Es galt das Prinzip der Neubewertung.8 Dies ist jedoch nicht mehr haltbar. Beachtliche Gründe sprechen dafür, dass in § 270 Abs. 2 S. 2 AktG und § 71 Abs. 2 GmbHG9 ein allgemeiner Bilanzierungsgrundsatz für Liquidationseröffnungsbilanzen zum Ausdruck gebracht wurde, dieser mithin auch auf eG anzuwenden ist.10 Die §§ 242 ff., 264 ff. HGB sind somit auch auf die Liquidationseröffnungsbilanz von eG entsprechend anzuwenden.11 Der Bilanzierungsgrundsatz der Vorsicht ist zu beachten. Durch Bewertungsfreiheit entstandene stille Reserven können bis zur Höhe des Geschäftswerts aufgelöst werden.12 Die Eröffnungsbilanz schließt wegen § 252 HGB an die letzte ordentliche Schlussbilanz an.13 Gegenstände des Anlagevermögens sind aber wie Umlaufvermögen zu bewerten, wenn ihre Veräußerung innerhalb eines übersehbaren Zeitraums beabsichtigt ist oder diese Vermögensgegenstände nicht mehr dem Geschäftsbetrieb dienen (§ 270 Abs. 2 S. 3 AktG, § 71 Abs. 2 S. 3 GmbHG). In der Liquidationseröffnungsbilanz ist dann der Veräußerungswert anzusetzen.14 Unter dem Begriff „Jahr“ ist nicht das Geschäftsjahr, sondern das Kalenderjahr zu verstehen.15 Aufstellung erfolgt in Zwischenräumen von einem Jahr. Kürzere Zwischenräume und Anpassung an das Geschäftsjahr sind möglich.16 Die Liquidationseröffnungsbilanz wird grundsätzlich wie die ordentliche Jahresbilanz gegliedert. Allerdings werden Geschäftsguthaben und Rücklagen nicht mehr auf der Passivseite ausgewiesen. Sie erscheinen lediglich im Abwicklungsvermögen als das Rein-
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1 BGH ZIP 2012, 1855. 2 BGH ZIP 2006, 84 f.; s.a. Erl. § 51 Rdn. 56. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 3; a.A. Müller GenG § 89 Rdn. 5. 4 So auch Beuthien GenG § 89 Rdn. 2; Müller GenG § 89 Rdn. 10. 5 RGStr. 85, 238; Müller GenG § 89 Rdn. 10; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 5. 6 RGZ 80, 106. 7 Vermögensverteilungsbilanz, Frankenberger WPg 1979, 308, 309. 8 S. Darstellung bei Hüffer AktG § 270 Rdn. 7. 9 Danach sind die Vorschriften über den Jahresabschluss entsprechend auf die Liquidationseröffnungsbilanz anzuwenden. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 7; BerlKomm/Kühnberger § 89 Rdn. 6. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 7; BerlKomm/Kühnberger § 89 Rdn. 6. 12 BerlKomm/Kühnberger § 89 Rdn. 17. 13 BerlKomm/Kühnberger § 89 Rdn. 15. 14 Hüffer AktG § 270 Rdn. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 7; BerlKomm/Kühnberger § 89 Rdn. 16. 15 RGStr. 35, 137. 16 Frankenberger WPg 1979, 305, 310.
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Rechte und Pflichten der Liquidatoren | § 89
vermögen der eG, das sich als Saldo der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten ergibt.17 Wertberichtigungen und Rückstellungen sind weiterhin Bilanzposten. Die GV/VV hat auch im Liquidationsstadium die Bilanz festzustellen und über die Entlastung von Liquidatoren und Aufsichtsrat zu beschließen.18 Dies folgt aus §§ 87, 48 Abs. 1. In § 89 ist § 48 Abs. 1 nicht erwähnt, weil § 89 nur die Rechte und Pflichten der Liquidatoren betrifft und nicht die der GV/VV. Auch die ferneren Bilanzen sind der GV/VV zur Beschlussfassung vorzulegen, aber nicht zu veröffentlichen. Die Liquidationseröffnungsbilanz ist zu veröffentlichen; Angaben über Mitgliederbewegung, Betrag der Geschäftsguthaben und Haftsummen erfolgen nicht.19 Obwohl die Fassung des Gesetzes (§ 87, § 89) Zweifel offen lässt, wird doch die Anwendung des § 339 Abs. 2 i.V.m. § 326 HGB über die Erleichterungen für kleine eG bei der Offenlegung auf die Liquidationseröffnungsbilanz zu verneinen sein, da der Kostenersparnisgrund bei der einmaligen Liquidationseröffnungsbilanz, die auch Interessen der weiteren Öffentlichkeit berührt, versagt; die Liquidationseröffnungsbilanz ist deshalb auch bei kleineren eG im Sinne des § 267 Abs. 1 und 2 HGB zu veröffentlichen.20Außerdem fallen Kosten nur in geringer Höhe an.21 Während des Verfahrens ist nach Ablauf eines jeden Kalenderjahrs eine Jahresbilanz über die Vermögensentwicklung, eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie u.U. ein Lagebericht22 zu erstellen, wenn die eG die Größenmerkmale nach §§ 339 Abs. 2; 267 Abs. 3 HGB (große Kapitalgesellschaft) erfüllt. Die Jahresabschlüsse unterliegen der gesetzlichen Prüfung durch den Prüfungsverband gem. §§ 53 ff. und sind dem Aufsichtsrat und der GV/VV vorzulegen. S. 3 schreibt die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse von eG i.L. nicht explizit vor. Die Rechnungslegung in Liquidation befindlicher eG wurde weitgehend an die werbender angeglichen, da die eG i.L. durch die Liquidatoren – teilweise noch über einen längeren Zeitraum – gem. § 88 aktiv am Rechts- und Geschäftsverkehr teilnimmt und sogar neue Geschäfte eingehen kann.23 Die Jahresabschlüsse sind daher auch in der Liquidation gem. § 339 HGB im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Die Festsetzung von Zwangsgeld erfolgt nach § 160; das Zwangsgeldverfahren wegen Verstoßes gegen die Veröffentlichungspflicht richtet sich nur gegen die Liquidatoren; zur Beschwerde ist aber auch die eG als solche befugt.24 Ist die Veröffentlichung der letzten ordentlichen Jahresbilanz noch nicht durch den Vorstand erfolgt, so ist sie durch die Liquidatoren vorzunehmen.25
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17 So BerlKomm/Kühnberger § 89 Rdn. 19; Beuthien GenG § 89 Rdn. 4; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 89 Rdn. 5. 18 Wie hier Müller GenG § 89 Rdn. 15; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 89 Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 17; a.A. Beuthien GenG § 89 Rdn. 5. 19 KGJ 38, 314; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 11; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 89 Rdn. 8. 20 BayObLG NJW 1955, 1557 = ZfgG 1955, 392 Nr. 93; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 11; Müller GenG § 89 Rdn. 17; a.A. LG München I, GWW Bay. 1954, 144; Krakenberger § 89 Anm. 3a. 21 Kosten-Nr. 5001 HRegGebv, Stand 2015: € 30. 22 § 339 Abs. 2 HGB. 23 S. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 89 Rdn. 19; BerlKomm/Kühnberger § 89 Rdn. 23. 24 BayObLG NJW 1955, 1557 = ZfgG 1955, 392 Nr. 93. 25 KGJ 29, 226.
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§ 90 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
§ 90 Voraussetzung für Vermögensverteilung § 90 Voraussetzung für Vermögensverteilung (1) Eine Verteilung des Vermögens unter die Mitglieder darf nicht vor Tilgung oder Deckung der Schulden und nicht vor Ablauf eines Jahres seit dem Tage vollzogen werden, an welchem die Aufforderung der Gläubiger in den hierzu bestimmten Blättern erfolgt ist. (2) Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen. Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Verteilung des Vermögens nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–2 Sperrjahr | 3–7
III. IV.
Hinterlegung, Sicherheitsleistung | 8–11 Pflichtverletzungen | 11
I. Allgemeines § 90 Abs. 3 wurde durch Novelle 1973 aufgehoben; die Vorschrift war im Hinblick auf die Neugestaltung des § 34 entbehrlich. § 34 gilt nach § 89 Satz 1 auch für die Liquidatoren. Da ein Insolvenzverfahren nach Verteilung des Vermögens nicht zulässig ist (§ 98 2 Abs. 2), wurden die bisherigen, den Bestimmungen über offene Handelsgesellschaften entnommenen Vorschriften zur Sicherung der Rechte der Gläubiger nicht für ausreichend erklärt und ähnliche Bestimmungen eingeführt wie für die Aktiengesellschaften. Die vorliegende Fassung des Abs. 1 beruht auf dem durch § 6 des handelsrechtlichen Bereinigungsgesetzes vom 18.4.19501 ausdrücklich aufrechterhaltenen Art. II. Abs. 1 Nr. 2 der Dritten VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Genossenschaftsrechts vom 14.4.19432 und steht in Zusammenhang mit der gleichzeitig erfolgten Änderung des § 82 Abs. 2. 1
II. Sperrjahr Voraussetzung der Vermögensverteilung ist, dass die Schulden getilgt oder zumindest gedeckt sind und dass ein Jahr seit Bekanntmachung der Aufforderung abgelaufen ist (vgl. hierzu auch Erl. zu § 82). Das Sperrjahr beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Bekanntmachung erschie4 nen ist. Das Sperrjahr darf nicht abgekürzt werden, hat aber auch nicht die Bedeutung ei5 ner Ausschlussfrist;3 die Forderungen erlöschen mithin nicht durch Fristablauf. Das Sperrjahr ist auch dann einzuhalten, wenn alle Gläubiger bekannt sind.4 Zu den Gläubigerforderungen zählt auch der Anspruch auf Auszahlung der Ge6 schäftsguthaben. 3
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BGBl. I S. 90. RGBl. I S. 251. RGZ 109, 392; 124, 213. Müller GenG § 90 Rdn. 3.
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Verteilung des Vermögens | § 91
Regressansprüche der eG, Forderungen auf Rückerstattung von zu Unrecht ausge- 7 zahlten Geschäftsguthaben5 gelten als Aktiva. Beendigung der Verteilung des Vermögens und entsprechende Eintragung im Register führen nicht zur Beseitigung der Parteifähigkeit.6 III. Hinterlegung, Sicherheitsleistung Es ist nach § 372 BGB dann zu hinterlegen, wenn der Gläubiger (auch das Mitglied) 8 in Annahmeverzug ist oder wenn nicht sicher ist, wer Gläubiger ist bzw. wie seine Anschrift lautet. Zu hinterlegen ist auch, wenn Streit über die Höhe oder Fälligkeit der Forderungen besteht. Die Höhe ist mit der Sorgfalt nach § 34 zu schätzen. Ist der Umfang bestehender Schulden nicht bekannt, hindert dies die Verteilung 9 des Vermögens einer aufgelösten eG nicht. Der für solche Schulden in Betracht kommende Betrag ist von den Liquidatoren mit der Sorgfalt nach § 34 zu schätzen und zu hinterlegen.7 In diesen Fällen kann auch Sicherheit geleistet werden. Diese ist insbesondere dann 10 vorzunehmen, wenn die Verbindlichkeit dem Grunde oder der Höhe nach bzw. hinsichtlich der Fälligkeit bestritten wird. Die Höhe der Sicherheitsleistung ist ebenfalls sorgfältig zu schätzen; sie geschieht in der Regel durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren oder durch Stellung einer Bankbürgschaft.8 IV. Pflichtverletzungen Für Pflichtverletzungen haften die Liquidatoren nach §§ 89, 34 Abs. 2 und 3. Bei vor- 11 zeitiger Verteilung hat die eG gegen die Mitglieder einen körperschaftlichen Anspruch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis.9 Die Pfändung dieser Ansprüche durch Gläubiger der eG ist möglich.
§ 91 Verteilung des Vermögens § 91 Verteilung des Vermögens (1) Die Verteilung des Vermögens unter die einzelnen Mitglieder erfolgt bis zum Gesamtbetrag ihrer auf Grund der Eröffnungsbilanz ermittelten Geschäftsguthaben nach dem Verhältnis der letzteren. Waren die Mitglieder nach § 87a Abs. 2 zu Zahlungen herangezogen worden, so sind zunächst diese Zahlungen nach dem Verhältnis der geleisteten Beträge zu erstatten. Bei Ermittlung der einzelnen Geschäftsguthaben bleiben für die Verteilung des Gewinns oder Verlustes, welcher sich für den Zeitraum zwischen dem letzten Jahresabschluss und der Eröffnungsbilanz ergeben hat, die seit dem letzten Jahresabschluss geleisteten Einzahlungen außer Betracht. Der Gewinn aus diesem Zeitraum ist dem Guthaben auch insoweit zuzuschreiben, als dadurch der Geschäftsanteil überschritten wird.
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5 Vgl. RGZ 109, 389 für GmbH. 6 JW 1906, 40. 7 Vgl. auch BGH NJW 1965, 969. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 90 Rdn. 16. 9 BGH NJW 1999, 2524 = WM 1999, 1503 = BB 1999, 1621 m. Anm. Henze; Müller GenG § 90 Rdn. 15; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 90 Rdn. 4.
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§ 91 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
(2) Überschüsse, welche sich über den Gesamtbetrag dieser Guthaben hinaus ergeben, sind nach Köpfen zu verteilen. (3) Durch die Satzung kann die Verteilung des Vermögens ausgeschlossen oder ein anderes Verhältnis für die Verteilung bestimmt werden.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–2 Grundsatz der Verteilung (Abs. 1 und 2) | 3–9
III. IV.
Abweichende Satzungsregelung (Abs. 3) | 10–16 Steuerrecht | 17–21
I. Allgemeines 1
§ 91 regelt die Durchführung der Vermögensverteilung, sofern die Voraussetzungen des § 90 vorliegen (vgl. die dortigen Erläuterungen). Der Gesetzgeber hat es der Dispositionsfreiheit der eG überlassen zu regeln, wie das verbleibende Vermögen unter den Mitgliedern verteilt wird. Es kann auch in der Satzung vorgesehen werden, dass die Vermögensverteilung ganz ausgeschlossen wird; für diesen Fall sieht § 92 vor, dass es dann der Gemeinde anfällt, in der die eG ihren Sitz hatte. Nicht hingegen kann vorgesehen werden, dass das Vermögen der aufzulösenden eG verbleibt. Durch das BiRiLiG v. 19.12.19851 sind in Anpassung der Terminologie die Wörter „der letzten Jahresbilanz“ durch die Wörter „dem letzten Jahresabschluss“ ersetzt worden. 2 § 91 Abs. 1 Satz 2 wurde durch Novelle 1973 eingefügt, um vorrangig die Mitglieder zu berücksichtigen, die nach § 87a Abs. 2 zusätzliche Zahlungen erbracht haben. II. Grundsatz der Verteilung (Abs. 1 und 2) 3 1. 2. 3.
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Die Vermögensverteilung geschieht in folgender Reihenfolge: Vorrangig anspruchsberechtigt sind die Mitglieder, die nach § 87a Abs. 2 Zahlungen erbracht haben. Sodann erfolgt die Verteilung des weiteren Vermögens nach dem Verhältnis der Geschäftsguthaben an die Mitglieder. Überschüsse, die sich dann noch ergeben, sind grundsätzlich nach Köpfen zu verteilen (Abs. 2); die Satzung kann einen anderen Verteilungsmaßstab bestimmen, z.B. nach Höhe der Geschäftsguthaben (s. Rdn. 10).
Der Verteilung ist zunächst (hinsichtlich der abweichenden Satzungsregelungen vgl. Rdn. 16 ff.) das Geschäftsguthaben zugrunde zu legen, welches sich nach dem Stande der Liquidationseröffnungsbilanz ergibt. Nach Abs. 1 Satz 4 ist der Gewinn, der sich für den Zeitraum zwischen der letzten Jahresbilanz (§ 33) und der ersten Liquidationsbilanz ergibt, ausnahmsweise dem Geschäftsguthaben auch insoweit zuzuschreiben, als dadurch der Geschäftsanteil überschritten wird. Bei der Ermittlung der konkreten Höhe der einzelnen Geschäftsguthaben, wie sie bei der Vermögensverteilung zu berücksichtigen sind, müssen die Gewinne oder Verluste, die in dem Zeitraum zwischen der letzten Jahresbilanz und der Liquidationseröffnungsbilanz entstanden sind, verteilt werden; bei dieser Verteilung bleiben die in diesem Zeitraum geleisteten Einzahlungen auf den Geschäftsanteil außer Betracht. Sie sind aber bei der Höhe des Geschäftsguthabens voll zu
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BGBl. I, 2355.
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Verteilung des Vermögens | § 91
berücksichtigen.2 Auf das so ermittelte Geschäftsguthaben ist sodann das verbleibende Vermögen zu verteilen.3 Können einzelne Mitglieder einer aufgelösten eG die Höhe ihrer Geschäftsguthaben nicht nachweisen, hindert das nicht die Verteilung des Genossenschaftsvermögens. Für diese Mitglieder ist das Geschäftsguthaben anhand aller prüfbaren Umstände des Einzelfalles zu schätzen.4 Ist dies nicht möglich, ist das Mindestgeschäftsguthaben oder der Betrag eines Geschäftsanteils anzusetzen.5 Der Anspruch auf einen Teil des Vermögens kann erst geltend gemacht werden, wenn die Voraussetzungen des § 90 erfüllt sind;6 es kann auch keine Abschlagszahlung verlangt werden, selbst wenn eindeutig feststeht, dass Vermögen im größeren Umfang zur Verteilung kommen wird. Die Mitglieder haben auch keinen Anspruch darauf, dass die Liquidatoren die Voraussetzungen für die Vermögensverteilung nach § 90 herbeiführen.7 Der Liquidator kann Abschlagszahlungen vornehmen. Die Verteilung selbst erfolgt, ohne dass die Mitglieder ihre Ansprüche anmelden müssen. Selbst bei Unterlassen der Anmeldung trotz öffentlicher Aufforderung seitens der Liquidatoren verlieren die Mitglieder ihren Anspruch nicht, es sei denn, sie verzichten ausdrücklich; die unterlassene Meldung ist grundsätzlich kein Verzicht. Der auf diese Mitglieder entfallende Betrag ist ggf. zu hinterlegen (vgl. auch § 90 Rdn. 8). Der Anspruch unterliegt der Regelverjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) von dem Zeitpunkt an, in dem die Voraussetzungen des § 90 erfüllt sind. Allerdings kann die Satzung eine kürzere Verjährungsfrist vorsehen. Erfolgte die Verteilung zu Unrecht, etwa weil sich später weitere Verbindlichkeiten herausstellen, hat die eG Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung.8
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III. Abweichende Satzungsregelung (Abs. 3) Die Festsetzung eines anderen Verteilungsverhältnisses muss unter Berücksichti- 10 gung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sachlich gerechtfertigt sein. Dann besteht uneingeschränkte Satzungsfreiheit; keine Bindung an den früheren Unternehmensauftrag. Es ist z.B. denkbar, auf die Dauer der Mitgliedschaft abzustellen. Bei eG, deren Satzung eine beschränkte Nachschusspflicht vorsieht, wird die Verteilung nach Geschäftsanteilen bzw. Haftsummen regelmäßig ebenfalls der Billigkeit entsprechen, falls der Erwerb mehrerer Geschäftsanteile zugelassen ist. Auch wäre es denkbar, als Verteilungsmaßstab den Warenumsatz mit der eG zu wählen; hierbei wäre im Falle der vorherigen Geschäftsguthabenübertragung auch der Umsatz des Veräußerers im Rahmen der Satzungsregelung zu berücksichtigen. Die Bestimmung eines anderen Verhältnisses für die Vermögensverteilung oder die 11 Ausschließung der Vermögensverteilung kann sowohl in der Gründungssatzung als auch im Wege späterer Satzungsänderung erfolgen. Derartige Satzungsänderung ist jederzeit, also auch noch im Liquidationsstadium, zulässig (vgl. Erl. zu § 87). Grundsätzlich genügt hierfür nach § 16 Abs. 4 eine 3/4-Mehrheit, sofern die Satzung keine andere – auch geringere – Mehrheit vorsieht.
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2 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 91 Rdn. 10; BerlKomm/Kühnberger § 91 Rdn. 3. 3 Beuthien GenG § 91 Rdn. 3; Müller GenG § 91 Rdn. 5 a. 4 Brüggemann ZfgG 1965, 389; Müller GenG § 91 Rdn. 6. 5 So auch für den erstgenannten Fall BGH NJW 1965, 969 = BB 1965, 265 = ZfgG 1965, 385 m. Anm. Brüggemann; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 91 Rdn. 11. 6 RGZ 48, 33; Müller GenG § 91 Rdn. 8. 7 Müller GenG § 91 Rdn. 8. 8 BGH ZIP 2008, 562; Müller GenG § 91 Rdn. 16.
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Eine Satzungsänderung erst im Liquidationsstadium über ein anderes Verhältnis oder die Ausschließung der Vermögensverteilung bedarf nur dann der Zustimmung sämtlicher Mitglieder, wenn bis zu diesem Stadium nicht die gesetzliche Regelung des Abs. 1 und 2 in der Satzung enthalten war, sondern eine abweichende Regelung nach Abs. 3; nur in diesem Fall besteht ein Sonderrecht auf die Liquidationsquote,9 denn unter Sonderrecht ist die Rechtsstellung zu verstehen, die ein Mitglied gegenüber anderen Mitgliedern bevorzugt und die ihm durch Satzung unentziehbar gewährt ist.10 Auch ist es denkbar, in der Satzung vorzusehen, dass die Vermögensverteilung ausgeschlossen und das Vermögen auf eine andere juristische Person (z.B. einen eingetragenen Verein) übertragen wird. Umgekehrt kann auch eine Satzungsvorschrift, die die Vermögensverteilung ausschließt, durch GV/VV-Beschluss wieder aufgehoben werden. In diesem Falle ist keine Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung erforderlich, da die Aufhebung einer die Vermögensverteilung ausschließenden Satzungsvorschrift keine Sonderrechte von Mitgliedern beeinträchtigt. Nicht zulässig ist es hingegen, in der Satzung alternativ mehrere Verteilungsmöglichkeiten vorzusehen, z.B. dass die Verteilung entweder auf die Mitglieder nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile oder das Vermögen auf einen eingetragenen Verein übertragen wird. Der Ausschluss der Verteilung muss sich unmittelbar aus der Satzung ergeben. Eine Delegierung der Entscheidung, die Verteilung auszuschließen, ist vom Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckt. Ebenfalls unzulässig ist, in die Satzung den Ausschluss der Verteilung aufzunehmen und der GV/VV eine Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, wem das Vermögen zugewendet werden soll. Das Gesetz delegiert nur an die Satzung und räumt ihr nicht die Befugnis ein, ihr Recht weiter zu delegieren.11 IV. Steuerrecht
Für eine unbeschränkt steuerpflichtige eG wird die Liquidation in § 11 KStG geregelt. Diese Vorschrift greift mit dem Beginn der Auflösung ein. Sie kann mit dem Auflösungsbeschluss beginnen, aber auch durch Zeitablauf, Verfügung des Registergerichts, faktischen Auflösungsbeginn usw. Der Gewinn des Zeitraums zwischen Beginn und Ende der Liquidation (Liquidations18 gewinn) wird einheitlich ermittelt. Der Besteuerungszeitraum soll gem. § 11 Abs. 1 S. 2 KStG drei Jahre nicht übersteigen. Der Liquidationsgewinn ist die Differenz aus Abwicklungsend- und Abwicklungsanfangsvermögen (§ 11 Abs. 2 KStG). Er unterliegt bei der eG der Körperschaftsteuer nach dem allgemeinen Tarifsatz (§ 23 Abs. 1 KStG); derzeit 15%. Abwicklungsendvermögen ist gem. § 11 Abs. 3 KStG das Vermögen, das an die Mit19 glieder verteilt wird; steuerfreie Vermögensmehrungen während der Liquidation werden abgesetzt. Abwicklungsanfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluss des der 20 Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der Veranlagung zur Körperschaftsteuer zugrunde gelegt worden ist (§ 11 Abs. 4 KStG). Beginnt die Auflösung durch einen han17
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9 So zutreffend LG Stuttgart Beschl. v. 23.10.1979, Az. 4 KfH T 20/79; a.A. wohl Bauer GenossenschaftsHandbuch § 91 Rdn. 17, der stets bei einer Satzungsänderung nach Liquidationseröffnung die Zustimmung aller Mitglieder verlangt; so wohl auch Müller GenG § 91 Rdn. 4. 10 So zutreffend LG Stuttgart, ebd.; Palandt/Ellenberger § 35 Rdn. 1; vgl. im Übrigen zum Begriff Sonderrecht ausführlicher § 18 Rdn. 26 ff. 11 Anders noch die Vorauflage; offen gelassen von Bauer Genossenschafts-Handbuch § 91 Rdn. 16.
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Aufbewahrung von Unterlagen | § 93
delsrechtlich ordnungsgemäßen Auflösungsbeschluss, endet mit dem Beginn der Auflösung das letzte ordentliche Wirtschaftsjahr. Abschnitt 51 KStR Abs. 1 S. 3 gewährt unabhängig vom Handelsrecht die Möglichkeit, zum Beginn der Liquidation ein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden. Soweit handelsrechtlich eine Gewinnermittlungsschlussbilanz erforderlich ist, ist dies steuerlich zwingend. Im Übrigen unterbricht nicht notwendig die Auflösung ein laufendes Wirtschaftsjahr.
§ 92 Unverteilbares Reinvermögen Ein bei der Auflösung der Genossenschaft verbleibendes unverteilbares Reinvermögen fällt, sofern dasselbe nicht durch die Satzung einer natürlichen oder juristischen Person zu einem bestimmten Verwendungszweck überwiesen ist, an diejenige Gemeinde, in der die Genossenschaft ihren Sitz hatte. Die Zinsen dieses Fonds sind zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden. Diese Vorschrift findet nur dann Anwendung, wenn in der Satzung die Verteilung 1 des Vermögens ausgeschlossen worden ist. In der Praxis hatte diese Vorschrift keine Bedeutung, da in der Regel stets in der Satzung bestimmt ist, wem das Vermögen zugewendet werden soll. Unzulässig wäre es auch, in der Satzung vorzusehen, dass die Verteilung ausgeschlossen ist und die GV/VV zu entscheiden hat, wem das Vermögen zuzuwenden ist (vgl. § 91 Rdn. 16).1 „Bestimmter Zweck“ ist weit zu interpretieren; so genügt z.B. die Zuwendung an den 2 „zuständigen Prüfungsverband“, wobei dieser dann gehalten ist, die Mittel im Rahmen seiner satzungsmäßigen Zwecke zu verwenden. Neben juristischen Personen kann die Satzung auch eine quasi-juristische Person 3 des Handelsrechts bestimmen, z.B. oHG, KG, GmbH & Co KG.
§ 93 Aufbewahrung von Unterlagen § 93 Aufbewahrung von Unterlagen Nach Beendigung der Liquidation sind die Bücher und Schriften der aufgelösten Genossenschaft für zehn Jahre einem ihrer ehemaligen Mitglieder oder einem Dritten in Verwahrung zu geben. Ist die Person weder durch Satzung noch durch einen Beschluss der Generalversammlung benannt, wird sie durch das Gericht bestimmt. Das Gericht kann die ehemaligen Mitglieder und deren Rechtsnachfolger sowie die Gläubiger der Genossenschaft ermächtigen, die Bücher und Schriften einzusehen. Die Liquidation ist beendet, wenn das Sperrjahr (§ 90) abgelaufen, das Vermögen 1 verteilt, etwaige Prozesse abgeschlossen und ggf. anfallende Kosten bezahlt sind (§ 91, 92).1 Werden Beträge für die Bezahlung von Gerichtskosten und von Steuern zurückbehalten, so ist die eG nicht vermögenslos.2 Eine vorherige Beendigung ist auch nicht durch
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Anders noch die Vorauflage.
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RGZ 77, 268 (zur AG); KG OLG 14, 158 (eG); Beuthien GenG § 93 Rdn. 1. BayObLG BB 1982, 1749 für GmbH.
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§ 93 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
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Beschluss der GV/VV möglich.3 Das Gesetz verlangt nicht, dass eine Schlussrechnung gelegt werden muss, jedoch ergibt sich die Verpflichtung dazu und die Notwendigkeit der Entlastungserteilung durch die GV/VV aus der Stellung der Liquidatoren als Geschäftsführer (§§ 666, 675, 259 BGB), die eG wird für die Geltendmachung des Anspruchs auf der Erstellung der Schlussrechnung durch den Aufsichtsrat vertreten.4 In der Entlastung liegt grundsätzlich der Verzicht auf erkennbare Schadensersatzansprüche,5 da Ziel der Abwicklung die Löschung wegen eingetretener Vermögenslosigkeit ist (s. Erl. § 48 Rdn. 27). Der Entlastungsbeschluss kann nach Maßgabe des § 51 angefochten werden. Eine Anmeldung der Beendigung der Liquidation ist nicht erforderlich.6 Die Liquidatoren haben jedoch in vertretungsberechtigter Zahl (§ 157) die Beendigung ihrer Vertretungsbefugnis und das Erlöschen der Firma anzumelden (§ 84 Abs. 1 GenG i.V.m. § 21 GenRegV); die Löschung der Firma der eG ist sodann die Folge. Die Löschung der eG im Genossenschaftsregister hat nur deklaratorische Wirkung, weil schon die vollständige Vermögensverteilung die eG beendet.7 Finden sich nach Beendigung der Liquidation noch unverteilte Vermögensbestandteile, so ist die Liquidation wieder aufzunehmen (Nachtragsliquidation; hierzu und zu den zu beachtenden Sorgfaltspflichten § 89 Rdn. 1).8 Auch ein etwaiger Ersatzanspruch gegen die Liquidatoren und Aufsichtsratsmitglieder oder ein Rückzahlungsanspruch aus dem Mitgliedschaftsverhältnis (§ 90 Rdn. 11) gegen die Mitglieder aus vorzeitiger Vermögensverteilung kann die Wiederaufnahme begründen.9 Dies gilt jedoch nur, wenn die Ansprüche nicht aussichtslos oder wertlos sind.10 Das Bestehen unverteilten Vermögens ist dem Gericht glaubhaft zu machen.11 Die Ämter der Liquidatoren und Aufsichtsratsmitglieder leben nicht wieder auf, sondern es sind nach § 83 die bisherigen oder andere Liquidatoren neu zu bestellen.12 Die eG ist als „i.L.“ wieder im Register einzutragen und bekannt zu machen, die eingetragene Löschung ist wieder zu löschen (§ 395 FamFG). Wenn die Satzung keine entsprechende Regelung enthält, hat die GV/VV zu beschließen, wem die Bücher und Schriften (alle Unterlagen im Sinne des § 257 HGB, in jeder Form, z.B. auch als Datensatz, nicht jedoch Unterlagen, deren Aufbewahrungsfrist nach § 257 Abs. 4 HGB bzw. § 147 AO abgelaufen ist) der eG in Verwahrung zu geben sind. Bestimmt die GV/VV keinen Verwahrer und fordert sie auch nicht die Liquidatoren auf, dies zu tun, muss das gem. §§ 375 Nr. 7, 376, 377 FamFG zuständige Gericht die Verwahrungsstelle bestimmen (S. 2). Verwahrer kann auch ein Dritter (z.B. Prüfungsverband) sein. Die Übernahme der Verwahrung bedarf seines Einverständnisses.13 Die Aufbewahrungsfrist beträgt sowohl für die Geschäftsbücher als auch für die gesamten Schriften einheitlich 10 Jahre. § 44 Abs. 4 HGB und §§ 147 Abs. 3 AO gelten hier nicht. Die Kosten der Verwahrung trägt die eG. Sie sind vorab zu bezahlen.
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3 RGZ 41, 93. 4 RGZ 34, 57; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 93 Rdn. 7. 5 Beuthien GenG § 93 Rdn. 2; BerlKomm/Kühnberger § 93 Rdn. 8. 6 KGJ 35, 189. 7 BGHZ 94, 105; Beuthien GenG § 93 Rdn. 2; Müller GenG § 93 Rdn. 5a f.; Paulick S. 339. A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 93 Rdn. 4 f.: Löschung konstitutiv. 8 Einzelheiten bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 93 Rdn. 30 ff. 9 Vgl. OLG München RJA 12, 218; KG, RJA 15, 214 vgl. auch § 91 Rdn. 9. 10 OLG München RJA 12, 221. 11 OLG München RJA 12, 218; KG RJA 15, 214; 17, 107. 12 BGHZ 53, 264 unter Aufgabe der Rspr. des RG; Beuthien GenG § 93 Rdn. 5. 13 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 93 Rdn. 18; Beuthien GenG § 93 Rdn. 3.
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Vorbemerkungen | Vor §§ 94 bis 97
Das Gericht (§§ 375 Nr. 7, 376, 377 FamFG) kann Mitglieder und deren Rechtsnach- 6 folger sowie Gläubiger der eG zur Einsichtnahme in die Bücher und Schriften der eG ermächtigen, ehemalige Mitglieder nur in ihrer Eigenschaft als Gläubiger. Daneben gilt § 810 BGB. Sie haben vorher ein berechtigtes Interesse darzulegen.14 Die gerichtliche Ermächtigung zur Einsicht umfasst auch das Recht auf Anfertigung von Abschriften.15 Erforderlich ist jedoch persönliche Einsichtnahme, nicht zulässig ist die Einsichtnahme durch Bevollmächtigte.16 Gegen die Entscheidung des Gerichts besteht das Recht der Beschwerde nach § 402 7 FamFG. Das Registergericht ist auch berechtigt, dem Verwahrer die Gestattung der Einsichtnahme aufzugeben und diese nach § 35 FamFG durch Festsetzung von Zwangsgeld zu erzwingen.
Vorbemerkungen zu den §§ 94 bis 97 Vor §§ 94 bis 97 Vorbemerkungen Wiederholt werden Satzungen in das Genossenschaftsregister eingetragen worden, die an wesentlichen Mängeln litten, so dass die Eintragung als nichtig betrachtet werden musste. Es fehlte an einem Verfahren, derartige Eintragungen zu beseitigen bzw. die Löschung der eG herbeizuführen. Diesem Mangel wurde durch Einführung des Nichtigkeitsverfahrens abgeholfen, das in §§ 94–97 GenG geregelt ist. Eine Ergänzung findet das Verfahren in § 397 FamFG (Löschung nichtiger Gesellschaften und Genossenschaften) sowie in § 398 FamFG (Löschung nichtiger Beschlüsse). Bei den GV/VV-Beschlüssen handelt es sich hauptsächlich um Satzungsänderungen. Der Beschluss muss inhaltlich zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzen – in anderen Fällen bleibt die Anfechtung den Beteiligten überlassen. Weitere Voraussetzung der Löschung von Amts wegen ist, dass die Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint. Das Verfahren der Löschung ist in §§ 395, 397 FamFG näher bestimmt. Ist von Amts wegen mit Löschung vorgegangen, schließt dies die Erhebung der Nichtigkeitsklage aus. Für die Nichtigkeitsklage sind §§ 94–97 GenG maßgebend. Welche Bestimmungen als wesentlich für die Erhebung der Nichtigkeitsklage zu betrachten sind, ist in § 95 bestimmt. Zweck des mit § 95 vorgesehenen Verfahrens ist, Mängel der Satzung, welche die Nichtigkeit der eG zur Folge haben, nachträglich zu heilen. Hierzu bedurfte es besonderer gesetzlicher Vorschriften, da eine nichtige eG nicht imstande ist, ihre Satzung abzuändern. Das Urteil, durch das eine eG für nichtig erklärt wird, hat konstitutive Bedeutung (§ 94 Rdn. 9). Ist die eG für nichtig erklärt, so folgt zur Abwicklung ihrer Verhältnisse die Liquidation oder auch das Insolvenzverfahren. Bis zur Eintragung der Nichtigkeit bzw. des Löschungsvermerks ist sie als rechtswirksam anzusehen.1
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14 KG BlfG 1933, 11. 15 KGJ 7, 99. 16 RJA 6, 126; BerlKomm/Kühnberger § 93 Rdn. 14; Müller GenG § 93 Rdn. 39. A.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 93 Rdn. 27; Beuthien GenG § 93 Rdn. 3. 1 Siehe RGZ 148, 225 JW 1935, 2719 = BlfG 1935, 767; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 94 Rdn. 9.
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§ 94 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
§ 94 Klage auf Nichtigerklärung § 94 Klage auf Nichtigerklärung Enthält die Satzung nicht die für sie wesentlichen Bestimmungen oder ist eine dieser Bestimmungen nichtig, so kann jedes Mitglied der Genossenschaft und jedes Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied im Wege der Klage beantragen, dass die Genossenschaft für nichtig erklärt werde. Die Nichtigkeitsklage kann nicht im Gründungsstadium, d.h. vor Eintragung der eG, sondern nur gegen eine bereits eingetragene eG erhoben werden.1 Im Gründungsstadium richten sich die Anfechtbarkeit und Nichtigkeit der Satzung nach den allgemeinen Vorschriften, z.B. §§ 119 (i.V.m. § 142), 125, 134, 138 BGB. Hat die eG ihren Geschäftsbetrieb bereits aufgenommen, gelten die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft.2 Ist die Gründung einer eG mit Mängeln behaftet, so muss das Registergericht die Eintragung in das Genossenschaftsregister ablehnen. Ist die Eintragung gleichwohl vorgenommen worden, verbieten es die Grundsätze der Rechts- und Verkehrssicherheit, die allgemeinen Vorschriften des BGB über Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften anzuwenden. So erklärt es sich, dass die Wirkung von Mängeln im Gesetz eine besondere Regelung gefunden hat.3 Ist die Eintragung ihrerseits nichtig, z.B. weil die Anmeldung widerrufen wurde oder bei einem örtlich unzuständigen Gericht erfolgt, oder die beim Registergericht eingereichte Satzung nie beschlossen worden ist, hat das Registergericht von Amts wegen zu löschen nach §§ 397, 395 FamFG; § 94 gilt in diesem Fall nicht. § 94 bezeichnet als Nichtigkeitsgründe: das Fehlen von für die Satzung wesentlichen 2 Bestimmungen oder die Nichtigkeit einer dieser Bestimmungen. Als wesentlich gelten die in den §§ 6, 7 und 119 bezeichneten Bestimmungen der Satzung mit Ausnahme der Vorschriften über die Beurkundung der Beschlüsse der GV/VV und den Vorsitz in dieser sowie über die Grundsätze für die Aufstellung und Prüfung der Bilanz (§ 95 Abs. 1). Eine Satzungsbestimmung fehlt nur dann, wenn sie sich auch nicht mittels Auslegung aus dem Gesamtinhalt der Satzung ableiten lässt.4 Nichtig sind die in § 95 Abs. 1 genannten Satzungsbestimmungen nur unter den in § 51 Rdn. 7 ff. genannten Voraussetzungen. Andere Nichtigkeitsgründe können nicht geltend gemacht werden. Es kann also 3 eine Nichtigkeitsklage nicht darauf gestützt werden, dass weniger als drei Personen an der Gründung beteiligt gewesen seien, dass die Satzung gegen die guten Sitten, gegen die Strafgesetze oder gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoße. Bei derartigen Verstößen kann mit öffentlichen Mitteln eingeschritten werden, insbesondere durch Auflösung der eG gem. §§ 80, 81. Die Nichtigkeit unwesentlicher Satzungsbestimmungen berührt den Bestand der eG nicht.5 Die Nichtigkeitsgründe müssen bereits in der Gründungssatzung gegeben sein; 4 spätere Satzungsänderungen, die den Vorwurf der Nichtigkeit auslösen könnten, führen nicht zur Nichtigkeitsklage nach § 94 f., auch nicht zur Amtslöschung der eG nach §§ 397 S. 2, 395 FamFG,6 sondern zur Klage auf Nichtigkeit des GV/VV-Beschlusses (vgl. hierzu 1
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1 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 94 Rdn. 4. 2 Beuthien GenG § 94 Rdn. 2. 3 Vgl. Paulick S. 126. 4 Müller GenG § 95 Rdn. 3; Beuthien GenG § 94 Rdn. 3. 5 RGZ 114, 80. 6 BayObLG, BB 1985, 426 = DB 1985, 749 = Rpfleger 1985, 117 = ZfgG 1987, 403 m. Anm. Hadding; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 94 Rdn. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 94 Rdn. 8.
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Nichtigkeitsgründe; Heilung von Mängeln | § 95
§ 51 Rdn. 15 ff.) oder zur Löschung der nichtigen Satzungsänderung von Amts wegen durch das Gericht nach §§ 398, 395 FamFG. In keinem Fall tritt die Nichtigkeit von selbst ein, wenn ein Nichtigkeitsgrund vorliegt; es bedarf der Erhebung einer entsprechenden Klage. Im Liquidationsstadium ist eine solche Nichtigkeitsklage mangels Rechtschutzinteresses nicht gegeben.7 Da auch im Innenverhältnis zwischen der nichtigen eG und ihren Mitgliedern diese so anzusehen ist, als ob sie als rechtswirksam begründete eG entstanden sei (vgl. Erl. zu § 97),8 können Mitglieder die Nichtigkeit der eG nicht als Einrede geltend machen, z.B. wenn sie für den Fortbestand der nichtigen eG Beiträge leisten sollen.9 Aktivlegitimiert zur Erhebung der Nichtigkeitsklage ist jedes einzelne Mitglied, jedes Mitglied des Vorstands und jedes Mitglied des Aufsichtsrats. Mehrere Kläger sind notwendige Streitgenossen (§ 62 Abs. 1 1. Fall ZPO), die Klagen sind miteinander zu verbinden. Die Organe selbst sind nicht klagebefugt, ebenso nicht Gläubiger der eG oder der Prüfungsverband; diesen bleibt es jedoch unbenommen, das Amtslöschungsverfahren nach §§ 395, 397 FamFG anzuregen. Die Organmitglieder sind zur Klageerhebung nicht verpflichtet.10 Bei nachträglichem Verlust der Klagebefugnis, z.B. durch Ende der Mitgliedschaft, gilt § 91a ZPO.11 Passivlegitimiert ist die eG, die durch den Vorstand und/oder den Aufsichtsrat bzw. den Bevollmächtigten nach § 39 Abs. 1 Satz 2 GenG vertreten wird; die Klage ist beiden Organen bzw. dem Bevollmächtigten zuzustellen.12 Wegen der Einzelheiten vgl. § 51 Rdn. 56 und § 96 Rdn. 1. Das Urteil hat zur Rechtsfolge, dass die eG für nichtig erklärt wird. Das Urteil wirkt konstitutiv für die Zukunft. Die Nichtigkeit kann nicht einredeweise gegen die eG geltend gemacht werden, sie ist abzuwickeln in entsprechender Anwendung der Liquidationsvorschriften (vgl. auch die Erläuterungen zu § 97). Nach § 397 FamFG kann eine in das Genossenschaftsregister eingetragene eG nach der Vorschrift des § 395 FamFG als nichtig gelöscht werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§ 94, 95 die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann.13
§ 95 Nichtigkeitsgründe; Heilung von Mängeln § 95 Nichtigkeitsgründe; Heilung von Mängeln (1) Als wesentlich im Sinne des § 94 gelten die in den §§ 6, 7 und 119 bezeichneten Bestimmungen der Satzung mit Ausnahme derjenigen über die Beurkundung der Beschlüsse der Generalversammlung und den Vorsitz in dieser. (2) Ein Mangel, der eine hiernach wesentliche Bestimmung der Satzung betrifft, kann durch einen den Vorschriften dieses Gesetzes über Änderungen der Satzung entsprechenden Beschluss der Generalversammlung geheilt werden.
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7 RGZ 64, 193; a.A. BerlKomm/Hillebrand § 94 Rdn. 1. 8 RGZ 148, 225 = JW 1935, 2719 = BlfG 1935, 767. 9 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 94 Rdn. 7. 10 Beuthien GenG § 94 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 94 Rdn. 6. 11 So Beuthien GenG § 94 Rdn. 4; a.A. Müller GenG § 94 Rdn. 6 und BerlKomm/Hillebrand § 94 Rdn. 5, die genügen lassen, dass die Klagebefugnis zur Zeit der Klageerhebung bestand. 12 OLG Frankfurt AG 1973, 136; OLG Hamm AG 1973, 206; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 94 Rdn. 8. 13 Hierzu Rdn. 2–4, also insb. Mängel in der Gründungssatzung; BayObLG, BB 1985, 426 = BB 1985, 749 = Rpfleger 1985, 117; vgl. Paulick S. 29, siehe auch Vorbemerkungen zu den §§ 94–97 Rdn. 2, 3.
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§ 95 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
(3) Die Einberufung der Generalversammlung erfolgt, wenn sich der Mangel auf die Bestimmungen über die Form der Einberufung bezieht, durch Einrückung in diejenigen öffentlichen Blätter, welche für die Bekanntmachung der Eintragungen in das Genossenschaftsregister des Sitzes der Genossenschaft bestimmt sind. (4) Betrifft bei einer Genossenschaft, bei der die Mitglieder beschränkt auf eine Haftsumme Nachschüsse zur Insolvenzmasse zu leisten haben, der Mangel die Bestimmungen über die Haftsumme, so darf durch die zur Heilung des Mangels beschlossenen Bestimmungen der Gesamtbetrag der von den einzelnen Mitgliedern übernommenen Haftung nicht vermindert werden. 1
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§ 95 wurde durch Novelle 1973 geändert. In Abs. 1 wurde der durch Novelle 1973 aufgehobene § 131 durch § 119 ersetzt. Die Einführung eines einheitlichen Typs der eG, die sich lediglich noch in der Frage der Nachschusspflicht im Insolvenzfall unterscheidet, machte die redaktionelle Anpassung des Abs. 4 an die neue Rechtslage erforderlich. In § 95 Abs. 1 werden die wesentlichen Bestimmungen der Satzung festgelegt. Dies sind die in den §§ 6, 7 und 119 bezeichneten Bestimmungen der Satzung mit Ausnahme derjenigen über die Beurkundung der Beschlüsse der GV/VV und den Vorsitz in dieser sowie über die Grundsätze für die Aufstellung und Prüfung der Bilanz. Diese Aufzählung ist erschöpfend, weitere Gründe können nicht geltend gemacht werden. Die Nichtigkeitsklage ist auch möglich, wenn die Satzung zwar diesbezüglich Regelungen enthält, diese jedoch so unklar sind, dass auch im Wege der Interpretation zu einem wesentlichen Punkt des Satzungsinhalts, z.B. hinsichtlich des Unternehmensgegenstands oder der Haftsumme, keine klare Aussage getroffen werden kann. Andererseits genügt es jedoch, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang der Satzung die erforderliche Aussage ergibt, z.B. aus der Firma der eG die konkrete Bezeichnung des Unternehmensgegenstands.1 Verändert die eG faktisch ihren Unternehmensgegenstand, ohne die Satzung diesbezüglich zu ändern, ist dies kein Nichtigkeitsgrund. Bei späterer Satzungsänderung, die wegen Verstoßes gegen § 95 nichtig ist, kann nur gegen diesen Beschluss Nichtigkeitsklage erhoben werden.2 Die Heilung des Mangels kann bis zur Vollbeendigung der eG, also bis zur Löschung im Genossenschaftsregister in einem Amtslöschungsverfahren (§§ 397, 395 FamFG) erfolgen, also auch noch nach Rechtskraft des auf die Nichtigkeitsklage hin ergehenden Nichtigkeitsurteils (§ 96) und auch noch nach der Eintragung der Nichtigkeit in das Genossenschaftsregister. In dem letztgenannten Fall ist jedoch ein Fortsetzungsbeschluss gemäß § 79a erforderlich.3 Ist der Mangel nicht heilbar, kann nur eine Neugründung vorgenommen werden. Grundsätzlich besteht für die Mitglieder keine Pflicht, an der Heilung des Mangels bzw. an der Neugründung mitzuwirken, es sei denn, die Treuepflicht aus der Gründungsgesellschaft gebietet eine Mitwirkung. Bezieht sich der Mangel auf die Bestimmungen über die Form der Einberufung der GV/VV, erfolgt die Einberufung der GV/VV nach dem Wortlaut des Abs. 3 durch diejenigen öffentlichen Blätter, die für die Bekanntmachung der Eintragungen in das Genossenschaftsregister des Sitzes der eG bestimmt sind. Abs. 3 passt aber nach Inkrafttreten des EHUG4 zum 1.1.2007 vom Wortlaut her nicht mehr, da das Registergericht Eintragungen nicht mehr in Papierform („in öffentlichen Blättern“) bekannt macht, sondern über die Internetadresse www.handelsregister-bekanntmachungen.de. Die Vorschrift ist
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Müller GenG § 95 Rdn. 8. Hierzu Bauer Genossenschafts-Handbuch § 95 Rdn. 6 und 7. Müller GenG § 95 Rdn. 9; zu den Voraussetzungen des Fortsetzungsbeschlusses vgl. Erl. zu § 79a. BGBl. 2006 I, S. 2553.
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Verfahren bei Nichtigkeitsklage | § 96
durch den Gesetzgeber anzupassen.5 Gleiches gilt für die Einberufung der GV/VV nach § 158 Abs. 1 (dort Rdn. 5). Betrifft der Mangel die Bestimmungen über die Haftsumme (§ 119), darf durch die 6 zur Heilung des Mangels beschlossenen Bestimmungen der Gesamtbetrag der von den einzelnen Mitgliedern übernommenen Haftung nicht vermindert werden (Abs. 4). Beispiel: Beträgt der Geschäftsanteil € 400,–, die Haftsumme € 300,–, so kann entweder die Haftsumme auf € 400,– erhöht werden oder der Geschäftsanteil auf € 300,– oder weniger herabgesetzt werden, wobei im letztgenannten Fall die Gläubigerschutzvorschrift des § 22 zu beachten ist. Ist der Beschluss, durch den die Nichtigkeit geheilt wird, in das Genossenschaftsre- 7 gister eingetragen worden, so gilt die eG als im Zeitpunkt ihrer Eintragung rechtswirksam entstanden (§ 16 Abs. 6).
§ 96 Verfahren bei Nichtigkeitsklage § 96 Verfahren bei Nichtigkeitsklage Das Verfahren über die Klage auf Nichtigkeitserklärung und die Wirkungen des Urteils bestimmen sich nach den Vorschriften des § 51 Abs. 3 bis 5. Die Klage ist gegen die eG zu richten.1 Die eG wird durch den Vorstand und den Aufsichtsrat vertreten, wenn Mitglieder der eG die Klage erheben. Die eG wird durch den Aufsichtsrat vertreten, wenn der Vorstand klagt. Die eG wird durch den Vorstand vertreten, wenn der Aufsichtsrat die Klage erhebt. Die GV/VV wird entsprechend § 39 Abs. 3 besondere Bevollmächtigte bestellen müssen, wenn Vorstand und Aufsichtsrat klagen (vgl. auch § 94 Rdn. 8 und § 51 Rdn. 56). Die Klage muss bei dem Landgericht erhoben werden, in dessen Bezirk die eG ihren Sitz hat. Die Erhebung der Klage sowie der Termin zur mündlichen Verhandlung sind unverzüglich von dem Vorstand in den für die Bekanntmachungen der eG bestimmten Blättern zu veröffentlichen (§ 51 Abs. 4). Mehrere Nichtigkeitsklagen sind miteinander zu verbinden. Das die Nichtigkeit aussprechende rechtskräftige Urteil hat Wirkung auch gegenüber den Mitgliedern, die nicht selbst Partei waren. Wird die Klage abgewiesen, sind die am Rechtsstreit nicht beteiligten Mitglieder nicht gehindert, ihrerseits Nichtigkeitsklage zu erheben, da das Urteil Rechtswirkungen nur zwischen den Parteien hat. Trotz rechtskräftiger Klageabweisung kann das Gericht ein Amtslöschungsverfahren durchführen (§§ 397, 395 FamFG); ist in diesem Verfahren die Nichtigkeit der eG eingetragen, tritt für eine bereits anhängige Nichtigkeitsklage nach §§ 94 ff. Erledigung in der Hauptsache ein. Für eine neue Nichtigkeitsklage fehlt dann das Rechtsschutzbedürfnis. Umgekehrt kann ein Amtslöschungsverfahren gem. § 21 FamFG ausgesetzt werden, wenn Nichtigkeitsklage erhoben wird.2
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Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 95 Rdn. 14.
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§ 97 | 6. Abschnitt. Auflösung und Nichtigkeit der Genossenschaft
§ 97 Wirkung der Eintragung der Nichtigkeit § 97 Wirkung der Eintragung der Nichtigkeit (1) Ist die Nichtigkeit einer Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen, so finden zum Zweck der Abwicklung ihrer Verhältnisse die für den Fall der Auflösung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. (2) Die Wirksamkeit der im Namen der Genossenschaft mit Dritten vorgenommenen Rechtsgeschäfte wird durch die Nichtigkeit nicht berührt. (3) Soweit die Mitglieder eine Haftung für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft übernommen haben, sind sie verpflichtet, die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Beträge nach Maßgabe der Vorschriften des Abschnitts 7 zu leisten. 1
§ 97 Abs. 1 bestimmt, dass die eG nach Liquidationsgrundsätzen (§§ 83 ff.) abzuwickeln ist, wenn die Nichtigkeit im Register eingetragen ist.1 Daraus folgt, dass der eG auch für die Zeit nach Eintragung des Löschungsvermerks rechts- und parteifähig ist. Dies gilt umso mehr für die Zeit vor der Nichtigerklärung, und zwar sowohl für das Außenverhältnis, d.h. für das Verhältnis der eG zu dritten Personen, als auch für das Innenverhältnis, d.h. für das Verhältnis zwischen der eG und ihren Mitgliedern.2 Daraus ergibt sich, dass aus dem Umstand allein, dass die eG mit einem Nichtigkeitsmangel behaftet war, kein Nichtigkeitsgrund für die erlassenen Beschlüsse hergeleitet werden kann. Demzufolge kann auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass für die Mitglieder eine Einzahlungspflicht niemals bestanden habe, oder dass die zu ihrer Erfüllung geleisteten Zahlungen ohne rechtlichen Grund erfolgt seien. Die Mitglieder können sich auch nicht darauf berufen, dass die Nichtigkeit der Satzung (etwa wegen Nichtfestsetzung der Haftsumme) das Haftungsversprechen als Bestandteil der Satzung erfasse. Vielmehr können die Gründer und die Beigetretenen bis zur Höhe ihres Geschäftsanteils (§ 119) zur Verlustdeckung herangezogen werden. Ist eine nichtige eG im Rechtsverkehr aufgetreten, so müssen sich die an ihr Beteiligten so behandeln lassen, als seien ihre Haftungszusagen wirksam.3 § 97 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden auf Verpflichtungen, welche Mitglieder 2 aufgrund nichtiger Beschlüsse übernommen haben.4 Ist aber ein Beschluss, aufgrund dessen Mitglieder Verpflichtungen eingegangen sind, zwar eingetragen, aber in Wahrheit nicht gefasst, ist für die entsprechende Anwendung von § 97 Abs. 3 kein Raum.5 3 § 97 bezieht sich nach dem Sachzusammenhang, nur auf den Fall, dass die Nichtigkeit der eG aufgrund eines Urteils eingetragen worden ist. Er gilt auch für den Fall der Löschung von Amts wegen nach §§ 397, 395 FamFG.6 Die Vorschrift gilt auch für den Fall, dass die nichtige eG bereits aufgelöst war, und 4 deshalb in einem Registerverfahren rechtskräftig abgelehnt wurde, die in den §§ 397, 395 FamFG vorgesehene Löschung von Amts wegen vorzunehmen.7 § 97 kommt deshalb auch zur Anwendung, wenn ein Nichtigkeitsgrund vorliegt, aber die eG bereits aufgelöst ist und sich in Liquidation befindet. Für eine Nichtigkeitsklage nach § 94 würde es in diesen Fällen an einem Rechtsschutzinteresse fehlen.8 neue rechte Seite weiter
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BerlKomm/Hillebrand § 97 Rdn. 1. Paulick S. 127 f.; RGZ 148, 225 = JW 1935, 2719 = BlfG 1935, 767. BGHZ 7, 383 = NJW 1953, 258 = BB 1952, 901 = MDR 1953, 35 = BlfG 1952, 812 = ZfgG 1953, 332. Vgl. BlfG 1928, 836; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 97 Rdn. 9. RGZ 125, 153. RGZ 148, 225 = JW 1935, 2719 = BlfG 1935 § 767; vgl. ausführlich Müller GenG § 97 Rdn. 5 f. zum FGG. RGZ ebd.; BGHZ 7, 383. RGZ 64, 187; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 94 Rdn. 4.
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Eröffnung des Insolvenzverfahrens | § 98
SIEBENTER ABSCHNITT Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
§ 98 Eröffnung des Insolvenzverfahrens § 98 Eröffnung des Insolvenzverfahrens Holthaus/Lehnhoff Abweichend von § 19 Abs. 1 der Insolvenzordnung ist bei einer Genossenschaft die Überschuldung nur dann Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn 1. die Mitglieder Nachschüsse bis zu einer Haftsumme zu leisten haben und die Überschuldung ein Viertel des Gesamtbetrages der Haftsummen aller Mitglieder übersteigt, 2. die Mitglieder keine Nachschüsse zu leisten haben oder 3. die Genossenschaft aufgelöst ist.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–5 Insolvenzfähigkeit | 6–7 Insolvenzgründe | 8–20
1. 2. 3.
Zahlungsunfähigkeit | 8–13 Drohende Zahlunsunfähigkeit | 14 Überschuldung | 15–20
I. Allgemeines § 98 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. Nach der Neugestaltung der Nachschusspflicht wurden § 98 Abs. 1 und § 140 in dem neuen § 98 Abs. 1 zusammengefasst. In § 98 Abs. 1 Nr. 2 wurde dabei auch der Fall berücksichtigt, dass die Mitglieder keine Nachschüsse zu leisten haben. Durch die am 1.1.1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung1 entfiel § 98 Abs. 1 Nr. 1, da wegen §§ 11, 17 InsO Regelungen über die Zahlungsunfähigkeit entbehrlich wurden. Die in dem früheren Abs. 2 enthaltene Bestimmung, dass nach der Auflösung der eG die Eröffnung des Verfahrens so lange zulässig ist, bis die Vermögensverteilung noch nicht vollzogen ist, entfiel wegen der allgemeinen für alle juristischen Personen geltenden Vorschrift des § 11 Abs. 3 InsO. Für das Insolvenzverfahren einer eG ist die Insolvenzordnung2 maßgebend, allerdings unter Beachtung der Besonderheiten, die in den §§ 98–118 GenG festgelegt sind.3 Für Kreditinstitute gilt seit dem 1.1.2011 zusätzlich das Restrukturierungsgesetz.4 Kernstück ist das in Art. 1 enthaltene neue Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten (Kreditinstituts-Reorganisationsgesetz – KredReorgG). Dieses greift mit einem Sanierungsverfahren (§§ 2 bis 6) und einem Reorganisationsverfahren (§§ 7 bis 23) in einem der Insolvenz vorgelagerten Verfahren ein, um die Insolvenz zu vermeiden. Zur Finanzierung von Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen enthält Art. 3 des Restrukturierungsgesetzes das Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG), auf dessen Grundlage ein Restrukturierungsfonds gebildet wird. Beitragspflichtig sind alle Kreditinstitute, also auch Kreditgenossenschaften, obwohl sie bereits organisationsintern Bestandssicherung aufgrund ihrer eigenen Sicherungseinrichtungen geschaffen
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EGInsO v. 5.10.1994, BGBl. I 1994, S. 2911. BGBl. I S. 2866, 2911. Zur Frage, wer eine insolvente eG zu prüfen hat, Beuthien ZIP 2011, 497. BGBl. I 2010, 1900.
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§ 98 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
haben. Die Beiträge werden auf Grund der Restrukturierungsfonds-Verordnung – RStruktFV5 erhoben. II. Insolvenzfähigkeit Neben der eG ist auch die bereits errichtete, aber noch nicht eingetragene Vorgenossenschaft (hierzu § 13 Rdn. 4 ff.) insolvenzfähig, und zwar auch dann, wenn sie ihre Eintragung nicht mehr betreibt.6 Dies gilt deshalb, weil eine Vorgenossenschaft, die ihre Eintragung nicht mehr betreibt, nicht zur OHG wird, wie dies bei Kapitalgesellschaften der Fall ist.7 Nicht insolvenzfähig als eG unter Anwendung der §§ 98 ff. ist allerdings die Vorgründungsgenossenschaft; über deren Vermögen kann das Insolvenzverfahren nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO als GbR oder OHG eröffnet werden.8 Die Insolvenzfähigkeit endet erst mit Beendigung der Vermögensverteilung; dies 7 gilt nach § 11 Abs. 3 InsO auch bei der eG, die sich im Liquidationsstadium befindet. Die Insolvenzfähigkeit endet auch erst dann, wenn die Voraussetzungen einer Nachtragsabwicklung nicht mehr gegeben sind. Auch die Löschung der eG wegen Vermögenslosigkeit gem. § 394 FamFG lässt die Insolvenzfähigkeit bestehen, wenn sich herausstellt, dass die eG nicht vermögenslos ist.9 Im Fall der Verschmelzung erlischt die Insolvenzfähigkeit der übertragenden eG mit deren Erlöschen; Insolvenzfähig ist dann nur noch die übernehmende eG mit ihrem gesamten Vermögen.10
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III. Insolvenzgründe 1. Zahlungsunfähigkeit. Die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO bzw. die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO ist für alle eG Insolvenzgrund, unabhängig von der Ausgestaltung bzw. dem Ausschluss der Nachschusspflicht. Bei der eG mit unbeschränkter Nachschusspflicht sind dies die einzigen Insolvenzgründe; eine solche eG kann praktisch nicht überschuldet sein. Zahlungsunfähig ist die eG gem. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO, wenn sie nicht in der Lage ist, 9 die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähig ist die eG mithin, – wenn sie sofort zu erfüllende Geldverbindlichkeiten aus Mangel an Zahlungsmitteln nicht begleichen kann. Die Nichterfüllung anderer Verbindlichkeiten stellt keinen Insolvenzgrund dar,11 selbst dann nicht, wenn sie diese sonstigen (Waren-)Verbindlichkeiten infolge Geldmangels nicht erfüllen kann. Die eG, die die Befriedigung von Gläubigern verweigert, obwohl sie ausreichende Mittel besitzt, ist nicht zahlungsunfähig. Selbst wenn eine Überschuldung (zum Begriff vgl. Rdn. 14 ff.) vorliegt, ist die eG nicht zahlungsunfähig, sofern sie über den notwendigen Kredit verfügt. Anderseits kann die eG selbst bei fehlender Überschuldung zahlungsunfähig sein. 10 – wenn die Nichterfüllung der Verbindlichkeiten die Regel und nicht nur eine Ausnahme ist. Die Nichtrückzahlung eines einzelnen Kredits führt mithin nicht zur Zahlungsunfähigkeit im Sinne der Insolvenzordnung. 8
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5 G. v. 20.7.2011, BGBl. I 2011, 1406. 6 So Müller GenG § 98 Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 98 Rdn. 7. 7 BGH WM 1965, 246. 8 Vgl. BerlKomm/Hunscha § 98 Rdn. 1. 9 Vgl. zum Vorstehenden Müller GenG § 98 Rdn. 5 m.w.N.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 98 Rdn. 4 ff. 10 Im Fall der Verschmelzung durch Neubildung die neu gebildete eG. 11 BerlKomm/Hunscha § 99 Rdn. 6.
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Eröffnung des Insolvenzverfahrens | § 98
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wenn das finanzielle Unvermögen voraussichtlich von Dauer ist. Ein nur vorüber- 11 gehender Mangel an Zahlungsmitteln (Zahlungsstockung) ist keine Zahlungsunfähigkeit.12 Die Verkehrsauffassung entscheidet, wann Zahlungsstockung vorliegt. Diese ist z.B. dann gegeben, wenn die eG unvorhergesehene größere Zahlungen erbringen muss oder bei ihr fällige Außenstände nicht pünktlich eingegangen sind. Es muss auf jeden Fall nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der eG zu erwarten sein, dass sie demnächst über ausreichende Barmittel verfügen wird.
Zahlungsunfähigkeit ist gem. § 17 Abs. 2 S. 2 InsO immer dann anzunehmen, wenn 12 die eG ihre Zahlungen eingestellt hat. Zahlungseinstellung ist dann gegeben, wenn die eG wegen eines voraussichtlich dauernden Mangels an Zahlungsmitteln, nach außen erkennbar, nicht in der Lage ist und aufhört, wenigstens den wesentlichen Teil (90%) ihrer fälligen und von Gläubigern ernsthaft eingeforderten Geldverbindlichkeiten zu berichtigen.13 Dies gilt auch, wenn zwar noch geringe Zahlungen geleistet, die fälligen Forderungen eines Großgläubigers jedoch nicht mehr erfüllt werden können.14 Indizien sind: Verschleuderung von Waren, Vorräten oder anderen Gegenständen, die zur Fortsetzung des Betriebes notwendig sind, Ausgabe ungedeckter Schecks, wiederholte Wechselproteste, Nichtzahlung oder schleppende Zahlung von Löhnen, Gehältern, fälligen Steuern oder Verbindlichkeiten gegenüber Großgläubigern, wichtigen Lieferanten oder Kreditinstituten sowie die Nichtabführung von einbehaltener Lohnsteuer oder der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung; dies gilt insbesondere, wenn sich mehrere Vorfälle dieser Art gleichzeitig ereignen. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ist eine Liquiditätsplanrechnung erforderlich.15 Diese enthält eine stichtagsbezogene Gegenüberstelleng der flüssigen Geldmittel und der fälligen Verbindlichkeiten und eine Liquiditätsplanung für max. die nächsten drei Wochen.16 Die Zahlungsunfähigkeit darf nicht verwechselt werden mit Vermögensunzuläng- 13 lichkeit; diese liegt bereits dann vor, wenn das Aktivvermögen zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger nicht ausreicht. 2. Drohende Zahlungsunfähigkeit. Gem. § 18 Abs. 1 InsO ist auch die drohende 14 Zahlungsunfähigkeit Insolvenzgrund; jedoch nur, wenn der Schuldner selbst (eG) den Eröffnungsantrag stellt. Voraussetzung ist, dass der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 InsO). Gem. § 18 Abs. 3 InsO muss der Antrag nicht von allen Vorstandsmitgliedern gestellt werden. Auch einzelne Vorstandsmitglieder können, soweit sie zur Vertretung der eG berechtigt sind, den Antrag stellen. Sie müssen den Antrag aber nach § 15 Abs. 2 InsO glaubhaft machen (s. § 294 ZPO). Bei Kreditgenossenschaften gilt die Sonderregelung des § 46b KWG. Einer Insolvenz wird regelmäßig durch Unterstützungsmaßnahmen der Sicherungseinrichtungen des BVR vorgebeugt werden. 3. Überschuldung. Bei der eG ohne Nachschusspflicht und bei der aufgelösten eG 15 ist neben der Zahlungsunfähigkeit bereits die bloße Überschuldung Insolvenzgrund. Bei der eG mit beschränkter Nachschusspflicht muss die Überschuldung zusätzlich 1/4
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BGH NJW 2005, 3062; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 98 Rdn. 13. BGH WM 1959, 891; 1963, 511. BGH ZIP 2011, 1416 m.w.N.; BGH ZIP 1985, 363. BGH ZIP 2006, 2224; BGH ZIP 2005, 1428. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 98 Rdn. 14.
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des Gesamtbetrags der Haftsummen aller Mitglieder übersteigen (§ 98 Nr. 1). Dabei sind nur die Mitglieder zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Insolvenzeröffnung der eG angehört haben.17 Bei einer Kreditgenossenschaft ist die bloße Überschuldung auch dann Insolvenzgrund, wenn eine Nachschusspflicht der Mitglieder besteht (§ 46b KWG). Gemäß des aktuellen Überschuldungsbegriffs in § 19 Abs. 2 S. 1 InsO 18 ist eine Überschuldung – wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt – nicht gegeben, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Es bieten sich folgende Vorgehensweisen an: 1. Eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten nach Liquidationswerten (Überschuldungsstatus bzw. Überschuldungsbilanz);19 es ist also festzustellen, ob eine rechnerische Überschuldung vorliegt oder 2. gleich eine Fortführungsprognose zu erstellen. Sofern eine der beiden Prüfungen positiv ist, liegt keine Überschuldung i.S.d. § 19 Abs. 2 InsO vor.20 Eine rechnerische Überschuldung ist nicht schon dann vorhanden, wenn die Passiva größer sind als die Aktiva, sondern es müssen auch die Geschäftsguthaben und Reserven verloren sein; der Begriff der Überschuldung deckt sich nämlich nicht mit dem der Unterbilanz.21 Rechnerische Überschuldung liegt vor, wenn die Passiva – ohne Geschäftsguthaben und Reserven – die Aktiva (mit Geschäftsguthaben und Reserven) übersteigen. Bei der Beurteilung, ob rechnerische Überschuldung vorliegt, ist nicht von den für den Jahresabschluss geltenden Bewertungsvorschriften auszugehen, sondern es sind die wahren Zeitwerte einzusetzen. Eine in der Jahresbilanz ausgewiesene Überschuldung hat bei der Prüfung der Insolvenzreife der Gesellschaft allenfalls indizielle Bedeutung und ist lediglich Ausgangspunkt für die weitere Ermittlung des wahren Wertes des Gesellschaftsvermögens.22 Keine Überschuldung, wenn der Verkehrswert, z.B. bei Grundstücken, ausreichende stille Reserven ergibt. Es sind nur die der eG gehörenden Vermögenswerte, die zur Befriedigung der Gläubiger verwertbar sind, denjenigen Passiva gegenüberzustellen, die echte Verbindlichkeiten der eG sind; Passivposten, die keine Verpflichtungen gegenüber Dritten ausweisen, also nicht als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden können, sind im Vermögensstatus nicht anzusetzen.23 Zu den Aktiva zählen auch die Regressansprüche der eG24 (soweit realistisch realisierbar) sowie die Einzahlungsansprüche auf die Geschäftsanteile.25 Zu den Passiva gehören alle Verbindlichkeiten, die von Dritten als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden können; dies gilt auch für Rückstellungen, z.B. für Pensionszusagen sowie für Ansprüche der Mitglieder aus dem Kundenverhältnis. Liegt eine rechnerische Überschuldung vor, kann die Überschuldung nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO gleichwohl ausgeschlossen sein. Dies ist bei Vorliegen einer positiven Fortführungsprognose der Fall. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Fortführung
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17 Müller GenG § 98 Rdn. 18; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 98 Rdn. 21. 18 Eingeführt d. Art. 5 d. Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG, BGBl. I 2008, S. 1982; endgültig (ohne Befristung) in das Gesetz übernommen d. Art 18 d. G. zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften v. 5.12.2012, BGBl. I 2012, S. 2418. 19 BGH ZIP 2010, 776; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 98 Rdn. 20. 20 Beuthien GenG § 98 Rdn. 7. 21 RGStr KuT 1936, 147 = BlfG 1936, 912. 22 Vgl. BGH ZInsO 2005, 486 f.; BGH ZIP 2001, 235, ZIP 2001, 839. 23 Müller GenG § 98 Rdn. 15. 24 Z.B. §§ 34, 35, 41, 52, 89. 25 Hirtz S. 43 ff., 71 ff. sowie Müller GenG § 98 Rdn. 16.
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Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung | § 99
des Unternehmens muss anhand einer Prognoserechnung dargelegt werden, die eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen durchzuführende Ertrags- und Finanzplanung erfordert. Die Fortbestehensprognose muss nach sachgerechten Kriterien und für sachverständige Dritte nachvollziehbar erstellt werden.26 Kommt die Überschuldung auf andere Weise als durch die Bilanz zur Kenntnis des 19 Vorstands und Aufsichtsrats, so erfordert es die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Vorstands bzw. Aufsichtsrats einer eG, dass alsbald ein Überschuldungsstatus bzw. Überschuldungsbilanz aufgestellt wird. Auch eine sachlich unrichtige Bilanz, aus der der Vorstand oder die Liquidatoren die Überschuldung erkennen, verpflichtet zum Insolvenzantrag nach § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO.27 Schließt die Bilanz fälschlich mit Überschuldung ab, besteht keine Antragspflicht.28 Ergibt die Bilanz, dass nur ein Verlust besteht, der durch die Hälfte des Gesamtbetrags der Geschäftsguthaben und durch Rücklagen nicht gedeckt ist, hat der Vorstand gleichwohl nach § 33 Abs. 3 unverzüglich die GV/VV einzuberufen und ihr dies anzuzeigen. Die Abwendung der Insolvenz ist möglich durch eine Erhöhung des Geschäftsan- 20 teils.
§ 99 Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung § 99 Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Der Vorstand darf keine Zahlung mehr leisten, sobald die Genossenschaft zahlungsunfähig geworden ist oder sich eine Überschuldung ergeben hat, die für die Genossenschaft nach § 98 Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist. Dies gilt nicht für Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft vereinbar sind. Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Insolvenzantragspflicht des § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO | 2–7 Frist, schuldhaftes Zögern | 8–10
I. II. III.
IV. V. VI.
Rechtsfolgen bei Pflichtverstoß | 11–14 Zahlungsverbot | 15–16 Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Zahlungsverbot | 17–19
I. Allgemeines § 99 war durch Novelle 1973 neu gefasst und durch Art. 49 Nr. 16 EGInsO überarbei- 1 tet worden. Die Vorschrift regelte in Abs. 1 die Verpflichtung des Vorstands bzw. des Liquidators, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)1 wurde in 2008 der frühere Abs. 1 gestrichen. Die Insolvenzantragspflicht ist nunmehr in § 15a InsO rechtsformneutral geregelt. Damit sollen juristische Personen und diesen vergleichbare Gesellschaften möglichst gleichermaßen und
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LG Göttingen, ZIP 2009, 382; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 98 Rdn. 20a. Vgl. auch RGZ 80, 109; RGStr 44, 51; 61, 291. RGStr 46, 99. Vom 23.10.2008 (BGBl. I 2026).
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§ 99 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
wortgleich erfasst werden.2 Materiell ändert sich jedoch nichts, weshalb die Kommentierung an dieser Stelle bestehen bleiben kann. II. Insolvenzantragspflicht des § 15 a Abs. 1 Satz 1 InsO 2
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Antragsberechtigt und -verpflichtet ist gem. § 13 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 1 und § 15a Abs. 1 InsO der Schuldner, also die eG vertreten durch den Vorstand bzw. die Liquidatoren (s. § 83), bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung i.S.d. § 98 jedes einzelne Vorstandsmitglied, gleichviel ob Einzel- oder Gesamtvertretung besteht, sowie jeder einzelne Liquidator (§ 83) der betreffenden eG. Die Antragspflicht des Einzelnen ist zur Vermeidung zivil- und strafrechtlicher Verantwortlichkeit insbesondere dann wichtig, wenn der Gesamtvorstand sich weigert, die Insolvenzeröffnung zu beantragen. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit ist nur die eG, nicht ein Gläubiger berechtigt, den Insolvenzantrag zu stellen, § 18 Abs. 1 S. 1 InsO. Antragsberechtigt sind außerdem die Gläubiger (§ 13 Abs. 1 S. 2 InsO), nicht hingegen die Mitglieder, auch nicht bei der eG mit unbeschränkter Nachschusspflicht.3 Grundsätzlich hat der Aufsichtsrat kein Antragsrecht (Rdn. 14). Bei Führungslosigkeit der eG, d.h. die eG hat kein Vorstandsmitglied, hat jedes Mitglied der eG ein Antragsrecht und jedes Mitglied des Aufsichtsrats eine Antragspflicht. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss aber vom Vorstand auch dann gestellt werden, wenn bereits ein Gläubiger der eG den Antrag gestellt hat.4 Für Kreditgenossenschaften gilt die Sonderregelung des § 46b KWG: An die Stelle der Antragspflicht nach § 15a InsO tritt die Pflicht der eG, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der BaFin anzuzeigen. Der Antrag auf Insolvenzeröffnung wird ausschließlich von der BaFin gestellt (§ 46b Abs. 1 Satz 4 KWG). Der Vorstand kann nicht durch einen Beschluss der GV/VV von seiner Antragspflicht befreit werden,5 erst recht nicht durch einen Beschluss des Aufsichtsrats. Auch die Amtsniederlegung im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch befreit nicht von der Antragspflicht. Auch die Gläubiger können nicht von der Antragspflicht befreit werden. Der Vorstand kann jedoch bei vorliegender Zahlungsunfähigkeit – nicht im Falle der Überschuldung – dadurch von seiner Antragspflicht befreit werden, dass sämtliche Gläubiger mit einer Hinausschiebung der Insolvenzanmeldung einverstanden sind; denn hierin liegt eine Stundung, die die Zahlungsunfähigkeit vorläufig beseitigt.6 Vorstehendes gilt auch für den Liquidator. Im Liquidationsverfahren kann im Übrigen durch Maßnahmen nach § 87a eine Zahlungsunfähigkeit vermieden oder aufgehoben werden. Schließt die Bilanz fälschlich mit einer Überschuldung ab, besteht keine Antragspflicht.7 Ist aufgrund des sonstigen äußeren Erscheinungsbildes bei pflichtgemäßem Ermessen eine Überschuldung anzunehmen, ohne dass sie aber tatsächlich vorliegt, ist ebenfalls eine Antragspflicht nicht begründet.
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2 Vgl. Begründung, BT-Drs. 16/6140, S. 134. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 9; a.A. Beuthien GenG § 99 Rdn. 3. 4 BGH NJW 2009, 157 (zur GmbH); so auch Müller GenG § 99 Rdn. 7 und Beuthien GenG § 99 Rdn. 2; jeweils mit der Begründung, der Gläubiger könne seinen Antrag bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Eröffnungsbeschluss nach außen in Erscheinung getreten sei, jederzeit zurücknehmen. 5 RGZ 72, 289. 6 Müller GenG § 99 Rdn. 6b. 7 RGStr 46, 99.
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Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung | § 99
Der Insolvenzantrag ist bei dem zuständigen Amtsgericht (§ 2 Abs. 1 InsO) zu stel- 7 len. Ihm ist ein Verzeichnis der Gläubiger und Schuldner sowie eine Übersicht der Vermögensmasse beizufügen, notfalls ohne Verzug nachzureichen. III. Frist, schuldhaftes Zögern Ist die eG zahlungsunfähig oder i.S.d. § 98 überschuldet, hat der Vorstand/Liqui- 8 dator gem. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO binnen 3 Wochen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Fraglich ist, wann die Frist beginnt. Nach älterer (aktienrechtlicher) Auffassung ist für den Fristbeginn positive Kenntnis des Antragspflichtigen vom Insolvenzgrund Voraussetzung, wobei Kenntnis von dem zugrunde liegenden Sachverhalt ausreichend sein sollte.8 Nach neuerer Auffassung liegt der Fristbeginn in dem Zeitpunkt, in dem der Insolvenzgrund für den Antragspflichtigen erkennbar ist.9 Dem ist zu folgen, da sonst der Fristbeginn davon abhinge, wie sorgfältig Vorstandsmitglieder und Liquidatoren ihre Pflichten als Geschäftsleiter wahrnehmen. Verfügt der Vorstand nicht über entsprechende Fachkunde, hat er diese von Dritten einzuholen.10 Die Frist endet in dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Antragstellung 9 abschließend getroffen werden kann, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.11 Sie darf nicht voll ausgenutzt werden, wenn der Antrag schon früher gestellt werden kann.12 Andererseits ist dem Antragsverpflichteten aber innerhalb der Frist ausreichend Zeit zu geben, vernünftig zu überlegen, wie evtl. die eG doch noch saniert werden kann, bzw. einen Beschluss über den Insolvenzantrag herbeizuführen. Bemüht sich der Vorstand um Behebung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, ändert dies jedoch nichts an der Antragspflicht nach Ablauf dieser Frist.13 Der Antrag ist unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB), zu stellen. 10 Ein schuldhaftes Zögern liegt nicht vor, wenn der Vorstand die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer eG betreibt (s. § 34 Abs. 1). Ein schuldhaftes Zögern liegt mithin nicht vor, wenn der Vorstand sich sofort ernsthaft bemüht, die Zahlungsunfähigkeit durch Verhandeln mit den Gläubigern über ein Moratorium oder durch Kreditbeschaffung zu beseitigen, es sei denn, dass derartige Sanierungsversuche unter den gegebenen Umständen aussichtslos erscheinen.14 Schuldhaftes Zögern liegt auch vor, wenn der Vorstand von einem Antrag noch absieht, obwohl ein ordentlicher und gewissenhafter Vorstand ihn bereits hätte stellen müssen. In jedem Fall muss jedoch der Antrag gem. § 15a Abs. 1 InsO spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt werden.15 Daran ändern auch laufende und erfolgversprechende Sanierungsbemühungen nichts.16 Die Pflicht zur unverzüglichen Antragstellung betrifft auch den Liquidator.
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8 BGHZ 75, 96; BGHZ 15, 306; vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 20 m.w.N. 9 BGHZ 143, 184; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 20; BerlKomm/Hunscha § 99 Rdn. 68; Beuthien GenG § 99 Rdn. 4; Hüffer AktG § 92 Rdn. 23 für die AG. 10 BGH ZIP 2012, 1557. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 22; Müller GenG § 99 Rdn. 3. 12 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 99 Rdn. 5. 13 BGH DB 2009, 948. 14 RG BlfG 1936, 912; zum Spannungsfeld der Antragspflicht und der Sanierungsbemühungen vgl. BGHZ 75, 107 ff. 15 Müller GenG § 99 Rdn. 4. 16 BGH DB 2007, 794 = ZIP 2007, 674 = WM 2007, 693.
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§ 99 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
IV. Rechtsfolgen bei Pflichtverstoß Die schuldhafte Verletzung der Antragspflichten ist gemäß § 15a Abs. 4 InsO straf-
11 bar.
Verletzen Vorstandsmitglieder/Liquidatoren schuldhaft ihre Antragspflichten, machen sie sich ggf. gegenüber der eG nach § 34 Abs. 2 schadensersatzpflichtig. 13 Eine Schadensersatzpflicht kann sich auch aus § 823 Abs. 2 BGB ergeben, da § 15a InsO ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Mitglieder (hinsichtlich einer erhöhten Nachschusspflicht) und der Gläubiger der eG ist. Zu dem geschützten Personenkreis zählen auch diejenigen, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte gestellt werden müssen, Mitglied oder Gläubiger der eG geworden sind.17 § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO soll eine Verminderung der Insolvenzmasse verhindern.18 Der Schaden der Altgläubiger liegt also nur in der aufgrund der Verzögerung oder Unterlassung des Antrags nicht auf sie entfallenden höheren Quote gegenüber der tatsächlichen Quote.19 Demgegenüber können die Neugläubiger vollen Schadensersatz verlangen, wenn sie bei Kenntnis der wahren Lage den Vertrag nicht geschlossen hätten.20 Daneben können sich u.U. Ansprüche für den vorgenannten Personenkreis und zwar auch hinsichtlich etwaiger weiterer Kredithingaben aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und aus § 826 BGB ergeben.21 Anspruchsgegner sind jeweils die Vorstandsmitglieder/Liquidatoren, die schuldhaft ihre Antragspflichten verletzt haben, da sich § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO an sie unmittelbar wendet. Ein weiterer Schadensersatzanspruch besteht gem. § 26 Abs. 3 InsO zugunsten eines Gläubigers, der einen Vorschuss zur Insolvenzmasse geleistet hat, damit die Eröffnung des Verfahrens nicht mangels Masse abgelehnt wird.22 Den Aufsichtsrat trifft zwar (außer im Fall der Führungslosigkeit der eG) keine 14 Antragspflicht. Er ist jedoch aufgrund seiner Aufsichtspflichten gehalten, dafür zu sorgen, dass der Vorstand den erforderlichen Insolvenzantrag stellt. Unterlassen Aufsichtsratsmitglieder schuldhaft dieses Einwirken, machen sie sich u.U. schadensersatzpflichtig nach §§ 41, 34 GenG. 12
V. Zahlungsverbot In der Praxis spielt die Haftung auf Erstattung verbotener Zahlungen23 gegenüber dem Haftungskonzept der § 15a InsO, § 823 Abs. 2 BGB, 92 InsO eine wichtigere Rolle.24 Das Zahlungsverbot gilt von dem Zeitpunkt an, in dem für den Vorstand bzw. 15 den Liquidator das Bestehen des Insolvenzgrundes erkennbar ist.25 Das Zahlungsverbot (gleich ob Bar- oder Buchgeld) bezieht sich auch auf öffentliche Abgaben (z.B. Steuern), jedoch nicht auf andere Leistungen26 als Geldleistungen; es bezieht sich auch nicht auf
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17 Vgl. BGHZ 126, 181, 192 ff. = NJW 1994, 2220; Müller GenG § 99 Rdn. 8; Hüffer AktG § 92 Rdn. 28. 18 Vgl. BGHZ 29, 107. 19 BGHZ 29, 100; bestätigt d. BGHZ 126, 181; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 29. 20 Beuthien GenG § 99 Rdn. 5; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 31. 21 BGHZ 29, 100 ff. 22 S. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 38. 23 Vgl. die parallel Vorschriften §§ 92 Abs. 2, 193 Abs. 3 Nr. 6 AktG, § 64 S. 1 GmbHG, § 130a Abs. 1 S. 1 HGB. 24 Vgl. K. Schmidt NZG 2015, 129, 130. 25 BGH DB 2009, 948; BGHZ 143, 184; Müller GenG § 99 Rdn. 12; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 44; BerlKomm/Hunscha § 99 Rdn. 77. 26 Streitig, wie hier RGZ 159, 211, 243; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 48; OLG Düsseldorf GmbHR 1996, 616. a.A. Beuthien GenG § 99 Rdn. 6; Müller GenG § 99 Rdn. 12.
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Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung | § 99
Zahlungen mit Mitteln, die dem Vorstand von dritter Seite zur Verfügung gestellt worden sind.27 Darunter fallen insb. auch durchlaufende Posten.28 Dem Sinn und Zweck des Zahlungsverbots entspricht es, dass der Vorstand alle Mitarbeiter anweist, Zahlungen zu stoppen und dass alle Daueraufträge und Abbuchungsermächtigungen sofort widerrufen werden.29 Das Zahlungsverbot gilt auch für geringe Forderungen von wenigen Euro. Es erfasst nicht das Eingehen neuer Verbindlichkeiten, selbst wenn diese zu einer Verringerung der Quote führen;30 auf die etwaige Anfechtbarkeit wird nicht näher eingegangen. Vom Zahlungsverbot sind ferner die Zahlungen ausgenommen, die auch nach die- 16 sem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer eG vereinbar sind. Dies soll nach der Rechtsprechung des BGH der Fall sein, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. Der als Ausgleich erhaltene Gegenstand muss nicht noch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorhanden sein. Maßgeblich für die Bewertung ist der Zeitpunkt, in dem die Masseverkürzung durch einen Massezufluss ausgeglichen wird.31 Die Masseverkürzung ist nach der Rechtsprechung des BGH ausgeglichen, sobald und soweit ein ausgleichender Wert endgültig in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist.32 Wenn ein Gegenstand oder eine Geldleistung, die als Ausgleich der Masseschmälerung in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist, danach wieder ausgegeben wird, führt dies ggf. zu einem neuen Erstattungsanspruch.33 Hierbei kommt es jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Es können ausgenommen werden, insbesondere wenn die Fortführung des Unternehmens möglich erscheint, Löhne und Gehälter, Mieten, Steuern, Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, Gebühren für Gas- und Elektrizität.34 Hierzu können auch Zahlungen zählen, die der Erhaltung der Vermögenswerte dienen, da dies im Interesse der Gläubiger liegt.35 VI. Rechtsfolgen bei Verstoß gegen das Zahlungsverbot Verstoßen Vorstandsmitglieder/Liquidatoren schuldhaft (es gilt Verschuldensver- 17 mutung)36 gegen das Zahlungsverbot, machen sie sich der eG gegenüber schadensersatzpflichtig nach § 34 Abs. 3 Nr. 4 bzw. § 89 i.V.m. § 34 Abs. 3 Nr. 4 in Höhe des ausgezahlten Betrags abzüglich der sonst erzielten Insolvenzquote. Gläubiger der eG können in diesem Fall nach Maßgabe des § 34 Abs. 5 den Scha- 18 densersatzanspruch der eG gegenüber den Vorstandsmitgliedern/Liquidatoren geltend machen (vgl. die dortigen Erläuterungen). Im Übrigen bestehen ggf. für die Mitglieder37 und die Gläubiger der eG Schadens- 19 ersatzansprüche gegen diese Vorstandsmitglieder/Liquidatoren aus § 823 Abs. 2 BGB, da
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27 Hüffer AktG § 92 Rdn. 33. 28 Müller GenG § 99 Rdn. 12. 29 Müller GenG § 99 Rdn. 12. 30 BGH NJW 1998, 2667; BGH ZIP 2000, 184 jeweils zur GmbH; a.A. Müller GenG § 99 Rdn. 12. 31 BGH Urt. v. 18.11.2014, Az. II ZR 231/13, ZIP 2015, 71 zur GmbH & Co KG; siehe auch Anmerkung hierzu von K. Schmidt NZG 2015, 129. 32 Vgl. RGZ 159, 211, 230. 33 Vgl. BGH a.a.O. 34 BGH ZIP 2011, 422 = BB 2011,781 = DB 2011, 462. 35 BerlKomm/Hunscha § 99 Rdn. 81. 36 BGH ZIP 2012, 1557; BGH ZIP 2012, 1174. 37 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 99 Rdn. 51.
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§ 101 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
§ 99 ein Schutzgesetz zugunsten dieses Personenkreises ist.38 Der Schaden ist die Differenz zwischen tatsächlicher und sonst gezahlter Quote. Zufällige Verschlechterungen des Ausgleichs(-gegenstands) bei der eG bis zur Eröff20 nung des Insolvenzverfahrens fallen nicht unter den Schutzzweck des § 99. Der Vorstand ist nicht für jede Masseverkürzung verantwortlich. Diese ist ihm nicht zurechenbar. Gleichwohl können Insolvenzverschleppungsschäden nach § 15a Abs. 1 InsO i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB in Betracht kommen, vgl. Rdn. 15.39
§ 100 Antragsrecht der Vorstandsmitglieder (Aufgehoben durch Art. 49 Ziff. 17 EGInsO vom 5.10.1994 – BGBl. I S. 2911.)
§ 101 Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens § 101 Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird die Genossenschaft aufgelöst. Die Auflösung wird mit dem Eröffnungsbeschlusse wirksam.1 Wird der Eröffnungsbeschluss im Beschwerdeverfahren aufgehoben, entfällt die Auflösung rückwirkend. Die zwischenzeitlich vom Insolvenzverwalter vorgenommenen Rechtshandlungen bleiben jedoch wirksam.2 Für die Auflösung gelten die allgemeinen Vorschriften mit der Maßgabe, dass die 2 Sondervorschriften für das Insolvenzverfahren an die Stelle der Vorschriften für das Liquidationsverfahren treten. Ausgeschiedene Mitglieder müssen sich ggf. § 75 S. 1 entgegenhalten lassen. Die gesetzliche Pflichtprüfung entfällt ab Insolvenzeröffnung, wenn der Geschäftsbetrieb eingestellt worden ist.3 Ansonsten bleibt sie – wie sich aus § 64c ergibt – auch in der Insolvenz (wie in der Liquidation) bestehen (s. Erl. zu § 64c Rdn. 2).4 Die Prüfungskosten sind Masseschulden. Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens kann die eG als Liquidationsgenossenschaft fortbestehen, falls etwa noch vorhandene Vermögenswerte abzuwickeln sind.5 Dies gilt auch, wenn nach Löschung im Genossenschaftsregister weitere Abwicklungsmaßnahmen notwendig werden; die Vertretungsbefugnis der früheren Liquidatoren lebt nicht wieder auf, es bedarf einer Neubestellung.6 3 Die Organe der eG bleiben in der zu diesem Zeitpunkt gegebenen Zusammensetzung bestehen und nehmen die Rechte der eG wahr.7 Der Vorstand ist zur Auskunftserteilung, 1
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In Höhe der Differenz zwischen tatsächlicher und sonst zu zahlender Nachschusspflicht. Vgl. BGH Urt. v. 18.11.2014, Az. II ZR 231/13, Rdn. 12 f., ZInsO 2015, 94.
1 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 101 Rdn. 1; Beuthien GenG § 101 Rdn. 1. 2 Vgl. BGHZ 30, 175; RGZ 136, 99; Beuthien GenG § 101 Rdn. 1; Müller GenG § 101 Rdn. 1. 3 BGH ZIP 2011, 1673. 4 So auch OLG Brandenburg NZI 2010, 540 (Vorlagebeschluss); Müller GenG § 64c Rdn. 2. A.A. OLG Jena ZIP 2009, 2105; Beuthien GenG § 101 Rdn. 4. 5 Vgl. RGZ 134, 94; KG, JW 1983, 1825; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 101 Rdn. 2; Müller GenG § 101 Rdn. 2. 6 BGHZ 53, 264. 7 RGZ 14, 418.
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Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens | § 101
zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung § 153 Abs. 2, § 101 Abs. 1 S. 1 InsO verpflichtet. Er hat den Insolvenzverwalter zu unterstützen (§ 97 Abs. 2, § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO). Er kann Rechtsmittel einlegen (§ 34 InsO), im Prüfungstermin angemeldete Forderungen bestreiten (§ 176 S. 2 InsO). Er kann Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis und die Schlussrechnung erheben. Der Aufsichtsrat behält ebenfalls in den Grenzen des § 80 Abs. 1 InsO seine gesetzlichen und satzungsmäßigen Befugnisse. Diesen Organen obliegt auch die Liquidation, wenn sie noch erforderlich sein sollte. Befand sich die eG im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits in Liquidation, bleiben die Liquidatoren als solche im Amt. Allerdings geht in jedem Fall die Verwaltung und Vertretung uneingeschränkt auf den Insolvenzverwalter über. Insbesondere ist er nicht an statutarische Beschränkungen gebunden (z.B. Mitwirkung des Aufsichtsrats für bestimmte Geschäfte) bzw. unterliegt er nicht der Kontrolle durch den Aufsichtsrat.8 Andererseits kann er Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder weder abberufen noch bestellen noch ihnen Entlastung erteilen bzw. diese verweigern; es verbleibt insoweit bei den satzungsmäßigen Zuständigkeiten.9 Allerdings bedeutet die Entlastung durch die GV/VV in der Insolvenz nicht einen Verzicht auf evtl. Schadensersatzansprüche (vgl. Erl. § 48 Rdn. 38). Hinsichtlich der Rechtsstellung der Mitglieder vgl. Erl. zu § 105 Rdn. 13 ff. Die Organe der eG sind nicht mehr zuständig sind für Rechtsakte, die Auswirkungen auf die Insolvenzmasse haben. Die GV/VV kann mithin nicht mehr den Jahresabschluss feststellen.10 Sie kann weder nach § 87b einen Beschluss über die Erhöhung des Geschäftsanteils oder der Haftsumme fassen11 noch einen Beschluss über die Herabsetzung herbeiführen.12 Satzungsänderungen, die die Insolvenzmasse nicht berühren, sind hingegen möglich. Der Insolvenzverwalter kann gegen GV/VV-Beschlüsse Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erheben, soweit der betreffende Beschluss die Insolvenzmasse berührt,13 bzw. in schwebende Prozesse eintreten. Auch kann der Insolvenzverwalter unter Beachtung der in § 113 Abs. 1 InsO enthaltenen Frist das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder kündigen; ihre Organstellung wird hierdurch jedoch nicht beendet.14 Rückständige Vergütungsansprüche der Vorstandsmitglieder sind aus der Masse (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO) zu decken,15 da es bei Vorstandsmitgliedern an der sozialen Abhängigkeit fehlt.16 Vergütungsansprüche für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung sind Masseschulden gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Der Insolvenzverwalter ist analog § 87 Abs. 2 AktG befugt, die Vergütung der Vorstandsmitglieder herabzusetzen, wenn im Hinblick auf die Insolvenzmasse die Geltendmachung der Vergütung in voller Höhe als rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden müsste.17 Zur Insolvenzmasse gehört das gesamte der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen der eG zur Zeit der Insolvenzeröffnung. Hierzu zählen auch die bereits bei zu
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8 Müller GenG § 101 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 101 Rdn. 2. 9 Müller GenG § 101 Rdn. 5. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 101 Rdn. 25; Beuthien GenG § 101 Rdn. 4. 11 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 101 Rdn. 26. 12 Vgl. RGZ 138, 77. 13 Vgl. BGHZ 32, 121; Müller GenG § 101 Rdn. 6 m.w.N. 14 Müller GenG § 101 Rdn. 13–13b; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 101 Rdn. 13 f.; Beuthien GenG § 101 Rdn. 9; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 101 Rdn. 4. 15 Vgl. RGZ 120, 302; 150, 99; BGHZ 41, 288; OLG Stuttgart BB 1951, 82. 16 Vgl. BGH BB 1955, 552 NJW 1955, 1147. 17 Müller GenG § 101 Rdn. 13a; Beuthien GenG § 101 Rdn. 5.
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§ 102 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
dem Zeitpunkt rückständigen Pflichteinzahlungen, die vom Insolvenzverwalter einzuziehen sind (vgl. Erl. § 105 Rdn. 5).18 Gleiches gilt hinsichtlich der Nachzahlungen ausscheidender Mitglieder gemäß § 73 Abs. 2. Hat ein Mitglied entgegen § 15b mehrere Geschäftsanteile gezeichnet, ohne diese – bis auf den letzten – voll eingezahlt zu haben, ist das Mitglied mit der Volleinzahlung dieser Geschäftsanteile im Rückstand; hinsichtlich des letzten Geschäftsanteils gilt die entsprechende Satzungsregelung. Hingegen können die nach Insolvenzeröffnung fällig werdenden Einzahlungen auf die Pflichtanteile bzw. den zuletzt neu übernommenen Geschäftsanteil nicht mehr eingefordert werden (vgl. Erl. § 105 Rdn. 8).19 Zur Insolvenzmasse kann auch die Firma der eG gehören, wenn sie einen Wert darstellt. Zur Insolvenzmasse gehört nicht der Vermögenserwerb nach Insolvenzeröffnung (sog. Neuerwerb).
§ 102 Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens § 102 Eintragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (1) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist von Amts wegen in das Genossenschaftsregister einzutragen. Das Gleiche gilt für 1. die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, 2. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn zusätzlich dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt oder angeordnet wird, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, und die Aufhebung einer derartigen Sicherungsmaßnahme, 3. die Anordnung der Eigenverwaltung durch den Schuldner und deren Aufhebung sowie die Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Schuldners, 4. die Einstellung und die Aufhebung des Verfahrens und 5. die Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans und die Aufhebung der Überwachung. (2) Die Eintragungen nach Abs. 1 werden nicht bekannt gemacht. Die Eintragungen erfolgen von Amts wegen. Ein Antrag seitens des Vorstands oder des Liquidators ist nicht erforderlich (§ 20 Abs. 2 GenRegV). Die Eintragungen erfolgen aufgrund einer Mitteilung der Geschäftsstelle des Insol2 venzgerichts an das Registergericht des Sitzes der eG (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) GenRegV). 3 Gemäß § 3 Abs. 1 GenRegV sind von der Eintragung der Vorstand bzw. die Liquidatoren zu benachrichtigen. Die Eintragung der Insolvenzeröffnung in das Genossenschaftsregister und die an4 deren Eintragungen (Abs. 1 S. 2) werden nicht bekannt gemacht, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits durch das Insolvenzgericht bekannt gemacht wird (§ 30 Abs. 1 InsO). Die Bekanntmachung durch das Insolvenzgericht zerstört jede Berufung auf die negative Publizität des Genossenschaftsregisters (vgl. Erl. zu § 29).1 1
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18 RGZ 135, 55; 141, 232. 19 Vgl. RGZ 73, 410; 117, 120; BGH DB 1986, 474; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 101 Rdn. 45; Müller GenG § 101 Rdn. 20. A.A. Beuthien GenG § 101 Rdn. 2. 1
Bauer Genossenschafts-Handbuch § 101 Rdn. 16.
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Nachschusspflicht der Mitglieder | § 105
Eintragungen und Löschungen sind gebührenfrei, § 58 Abs. 1 S. 2 GNotKG i.V.m. § 1 5 S. 2 HRegGebV.
§ 103 Gläubigerausschuss (Weggefallen durch Art. 49 Ziff. 20 EGInsO vom 5.10.1994 – BGBl. I S. 2911.)
§ 104 Berufung der Generalversammlung (Weggefallen durch Art. 49 Ziff. 21 EGInsO vom 5.10.1999 – BGBl. I S. 2911.)
§ 105 Nachschusspflicht der Mitglieder § 105 Nachschusspflicht der Mitglieder (1) Soweit die Ansprüche der Massegläubiger oder die bei der Schlussverteilung nach § 196 der Insolvenzordnung berücksichtigten Forderungen der Insolvenzgläubiger aus dem vorhandenen Vermögen der Genossenschaft nicht berichtigt werden, sind die Mitglieder verpflichtet, Nachschüsse zur Insolvenzmasse zu leisten, es sei denn, dass die Nachschusspflicht durch die Satzung ausgeschlossen ist. Im Fall eines rechtskräftig bestätigten Insolvenzplans besteht die Nachschusspflicht insoweit, als sie im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen ist. (2) Die Nachschüsse sind von den Mitgliedern nach Köpfen zu leisten, es sei denn, dass die Satzung ein anderes Beitragsverhältnis bestimmt. (3) Beiträge, zu deren Leistung einzelne Mitglieder nicht in der Lage sind, werden auf die übrigen Mitglieder verteilt. (4) Zahlungen, die Mitglieder über die von ihnen nach den vorstehenden Vorschriften geschuldeten Beiträge hinaus leisten, sind ihnen nach der Befriedigung der Gläubiger aus den Nachschüssen zu erstatten. Das Gleiche gilt für Zahlungen der Mitglieder auf Grund des § 87a Abs. 2 nach Erstattung der in Satz 1 bezeichneten Zahlungen. (5) Gegen die Nachschüsse kann das Mitglied eine Forderung an die Genossenschaft aufrechnen, sofern die Voraussetzungen vorliegen, unter denen es als Insolvenzgläubiger Befriedigung wegen der Forderung aus den Nachschüssen zu beanspruchen hat.
I. II. III. IV.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–2 Forderungen der Insolvenzgläubiger | 3 Insolvenzmasse | 4–9 Nachschusspflicht | 10–12
V. VI. VII. VIII.
Personenkreis | 13–18 Erfüllung der Nachschusspflicht | 19–20 Erstattungen | 21–22 Aufrechnung | 23–25
I. Allgemeines § 105 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. Die Neufassung des Abs. 1 trägt dem 1 Umstand Rechnung, dass die eG in der Lage ist, die Nachschusspflicht im Falle der In993
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§ 105 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
solvenz durch Bestimmung in der Satzung ganz auszuschließen. Abs. 4 S. 2 bezweckt, den Mitgliedern ein Recht auf vorrangige Befriedigung auch im Insolvenzfall einzuräumen, die Zahlungen nach § 87a Abs. 2 geleistet haben. Sie sollen vor der Verteilung etwaigen Restvermögens an alle Mitglieder, aber erst nach Befriedigung der Ansprüche nach § 105 Abs. 4 S. 1 ihre Zahlungen erstattet erhalten. Die §§ 105–115a sind entsprechend anzuwenden: 2 – In den Fällen der Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 79–95 UmwG) bzw. durch Neugründung (§ 96 UmwG). Der Gläubigerschutz bei Insolvenz der übernehmenden eG wird jedoch gegenüber der früheren Regelung des § 93 GenG a.F. verlängert. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der übernehmenden eG muss binnen zwei Jahren nach dem Tag eröffnet werden, in dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register dieser eG nach § 19 Abs. 3 UmwG als bekannt gemacht gilt (§ 95 Abs. 2 UmwG). – Die Fortdauer der Nachschusspflicht gilt entsprechend in Fällen der Spaltung (§§ 147, 125, 95 UmwG). – Bei einer Umwandlung durch Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, KGaA) nach Maßgabe von § 271 UmwG sind nur solche Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu berücksichtigen, die bereits im Zeitpunkt des Formwechsels begründet waren. II. Forderungen der Insolvenzgläubiger 3 1. 2. 3. 4.
Zu den Forderungen im Sinne des Abs. 1 gehören festgestellte Forderungen, betagte Forderungen gelten als fällig (§§ 178, 41 InsO); streitig gebliebene Forderungen, die zur Zurückbehaltung berechtigen (§ 189 Abs. 2 InsO; Forderungen unter aufschiebender oder auflösender Bedingung (§§ 191 Abs. 1, 42 InsO); Forderungen, wegen deren abgesonderte Befriedigung verlangt wird, nach Maßgabe der §§ 41 bis 51 InsO. III. Insolvenzmasse
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Die Insolvenz erfasst das gesamte zur Zeit der Insolvenzeröffnung vorhandene Vermögen der eG, und zwar auch das, welches der Zwangsvollstreckung nicht unterliegt (vgl. auch § 101 Rdn. 8). 5 Auch die rückständigen Pflichteinzahlungen auf den Geschäftsanteil gehören zur Insolvenzmasse; dies gilt auch bei gleichzeitiger Übernahme mehrerer freiwilliger Geschäftsanteile entgegen der Volleinzahlungspflicht des § 15b Abs. 2 (hierzu § 15b Rdn. 9); der Insolvenzverwalter muss diese einfordern;1 die Rückstände sind jedoch vor Insolvenzeröffnung nicht abtretbar und nicht pfändbar.2 Zur Insolvenzmasse gehören auch Forderungen gegen ausgeschiedene Mitglieder nach § 73 Abs. 2 S. 4.3 6 Sind aufgrund einer Ratenvereinbarung einzelne Einzahlungsraten im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht fällig, können diese nach Insolvenzeröffnung nicht mehr eingefordert werden.4
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BGH DB 1009, 1457. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 28. Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 13. BGH DB 1986, 474.
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Nachschusspflicht der Mitglieder | § 105
Nach Insolvenzeröffnung ist ein Beitritt zur eG – aber auch ein Ausscheiden, vgl. 7 Rdn. 13 – nicht mehr möglich.5 Gleiches gilt für die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen, selbst wenn das Mitglied hierzu aufgrund einer Satzungsregelung verpflichtet wäre.6 Ist der Beitritt bzw. die Beteiligung unwirksam, entsteht auch keine Nachschusspflicht, auch nicht aus veranlasstem Rechtsschein.7 Da eine Beteiligung nach Insolvenzeröffnung nicht mehr möglich ist, besteht auch 8 kein Einzahlungsanspruch der eG in Höhe der pflichtwidrig unterlassenen Zeichnung weiterer Geschäftsanteile.8 Sollte ein Mitglied trotzdem Einzahlungen auf die nicht wirksam gezeichneten Geschäftsanteile erbracht haben, kann es diese nach §§ 812 Abs. 1 Satz 2, 818 BGB zurückverlangen.9 Die eG hat auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Mitglieder, die pflicht- 9 widrig die Zeichnung weiterer Geschäftsanteile unterlassen haben.10 Die eG kann jedoch Schadensersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder haben, die es schuldhaft versäumt haben, die Mitglieder zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten.11 IV. Nachschusspflicht Die Nachschusspflicht ist eine selbstständige Verbindlichkeit der Mitglieder gegen- 10 über der eG, nicht gegenüber den Gläubigern unmittelbar (vgl. Erl. zu § 2). Wirtschaftlich wirkt die Nachschusspflicht wie aufschiebend bedingtes Eigenkapital.12 Voraussetzung und Grund der Nachschusspflicht sind allein die Zugehörigkeit zur eG. Der Anspruch auf die Nachschüsse ist ein Bestandteil des Vermögens der eG. Der Anspruch ist aufschiebend bedingt durch den Eintritt der Insolvenz, in seinem Umfang durch dessen Ausgang begrenzt und daher nur in der Insolvenz der eG (bzw. im Fall des § 73 Abs. 2), und in den besonders dafür vorgesehenen Formen zu realisieren.13 Vielfach wird ohne nähere Begründung die Auffassung vertreten, die eG erlange mit dem Beitritt keinen – auch nicht einen bedingten – Anspruch auf die Nachschüsse.14 Müller15 verneint einen bedingten Anspruch mit der Begründung, es liege noch nicht der Inhalt der Leistung fest. Dem kann nicht gefolgt werden: Der Inhalt der Leistung, nämlich die Beitragspflicht in Geld, liegt fest. Nur die Höhe der Forderung kann nicht bemessen werden, solange die Bilanz noch keinen
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5 RGZ 50, 127; 117, 116; 125, 196. 6 BGH WM 1978, 1005; DB 1978, 1777 = BB 1978, 1134 mit krit. Anm. Schaffland GF, 10/1978 S. 32 = ZfgG 1978, 442 mit Anm. Hadding RGZ 117, 116; 125, 196; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 44; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 105 Rdn. 10; Parisius/Crüger/Citron § 105 Anm. 25 a.E. sowie § 15 Rdn. 8; Gutherz S. 19; Deumer S. 342; a.A. Beuthien GenG § 101 Rdn. 11 der dies als gegenüber den Mitgliedern, die sich satzungstreu verhalten haben, als ungerecht ansieht und deshalb für diesen Fall § 105 um eine analoge Anwendung des § 87a Abs. 2 Satz 5 ergänzt. Es verbleibt jedoch lediglich bei der in Rdn. 9 erwähnten Folge. 7 Müller GenG § 105 Rdn. 10b. 8 RGZ 117, 116; Bestätigung durch BGH DB 2004, 534 = WM 2004, 486; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 15. A.A. Beuthien GenG § 101 Rdn. 2; ders. NZI 2006, 505. 9 RGZ 125, 196. 10 RGZ 125, 196. 11 BGH Urt. v. 1.12.2003, Az. II ZR 216/01; OLG Brandenburg WM 2003, 2470; RGZ 88, 47; Parisius/Crüger/ Citron § 125 Anm. 25 a.E. 12 So auch Beuthien GenG § 105 Rdn. 4; BerlKomm/Hunscha § 105 Rdn. 8; a.A. Bauer GenossenschaftsHandbuch § 105 Rdn. 22. 13 A.A. BGHZ 41, 71 = BB 1964, 278 = NJW 1964, 766 = BlfG 1964, 87 unter Berufung auf RGZ 85, 209; 123, 248; Müller GenG § 105 Rdn. 5; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 22. 14 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 22; Müller GenG § 105 Rdn. 5; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 105 Rdn. 2. 15 Müller GenG § 105 Rdn. 5.
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Fehlbetrag ausweist (§ 73 Abs. 2) oder die eG noch nicht in Insolvenz geraten ist (insoweit zutreffend BGH, ebd.). Insoweit gilt nichts anderes als hinsichtlich der Bemessung des Auseinandersetzungsanspruchs, der als aufschiebend bedingter bereits mit dem Beitritt zur eG entsteht (§ 73 Rdn. 2). Das OLG Oldenburg16 lässt die Frage, ob eine aufschiebend bedingte Verpflichtung mit dem Beitritt entsteht, ausdrücklich dahinstehen. Den Besonderheiten der genossenschaftlichen Nachschusspflicht entsprechend, 11 kann die eG in der Insolvenz eines Mitglieds ihren Anspruch auf die Nachschüsse nicht geltend machen, es sei denn, sie ist vorher in Insolvenz gefallen.17 Ist jedoch mit Eintritt der Insolvenz der eG vor dem voraussichtlichen Ende des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds zu rechnen, hat die eG keinen Anspruch mehr auf Sicherung ihrer bedingten Forderung,18 da § 67 KO nicht in die InsO übernommen wurde. Aufschiebend bedingte Forderungen sind dann zur Tabelle anzumelden. Auch wird die Nachschusspflicht nicht von einem Zwangsvergleich berührt, der in der Insolvenz eines Mitglieds geschlossen wird;19 fällt die eG später in Insolvenz, schuldet das Mitglied die vollen Nachschüsse. Auch ist der Anspruch auf die Nachschüsse, da er als Teil der Haftungsmasse zweckgebunden ist (Befriedigung der Gläubiger in der Insolvenz) vor Insolvenzeröffnung weder abtretbar noch pfändbar;20 Abtretbarkeit ist jedoch gegeben nach Insolvenzeröffnung über das Vermögen der eG (§ 108a). Bei Vermögensübernahme nach § 419 BGB vor Insolvenzeröffnung haftet der Erwerber nicht für die Nachschusspflicht des Veräußerers.21 Die Nachschüsse sind bei einer eG, nach deren Satzung die Mitglieder Nachschüsse 12 unbeschränkt zu leisten haben, ohne Beschränkung, bei einer eG, nach deren Satzung die Mitglieder Nachschüsse bis zu einer Haftsumme zu leisten haben, unter Beschränkung auf die in der Satzung festgesetzte Haftsumme zu leisten. Ist nach der Satzung der eG eine Nachschusspflicht der Mitglieder ausgeschlossen, haben die Mitglieder keine Nachschüsse zu leisten. Soweit Nachschüsse zu leisten sind, bestimmt sich ihre konkrete Höhe nach den Berechnungen im Rahmen der §§ 106, 113, 114. V. Personenkreis 13
Nachschüsse haben alle Mitglieder zu leisten, deren Mitgliedschaft im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung besteht, auch diejenigen, die zwar bereits gekündigt haben, die aber noch nicht wirksam ausgeschieden sind. Nachschusspflichtig sind auch diejenigen, die zu Unrecht in der Liste der Mitglieder gelöscht sind. Keine Nachschusspflicht – auch nicht aus veranlasstem Rechtsschein – besteht für diejenigen, die zu Unrecht in der Liste der Mitglieder eingetragen sind (vgl. hierzu Rdn. 7). Keine Nachschusspflicht besteht,
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16 NJW 1963, 1552. 17 So im Ergebnis auch Müller GenG § 105 Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 26. 18 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 26 unter Berufung auf RGZ 85, 212; so wohl auch Beuthien GenG § 105 Rdn. 3. 19 RGZ 85, 212. 20 Vgl. RGZ 59, 57; 135, 55. 21 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 25 (hins. Fortführung Handelsgeschäft, s.u.); Müller GenG § 105 Rdn. 6 unter Verweis auf BGHZ 39, 277, mit der unzutreffenden Begründung, dass der Anspruch auf die Nachschüsse noch nicht entstanden sei; tatsächlich ergibt sich dieses Ergebnis daraus, dass bei § 419 BGB und § 25 HGB zwar das Vermögen übergeht, nicht jedoch die Mitgliedschaft, der die Nachschusspflicht rechtlich zuzuordnen ist; der „Übergang“ der Mitgliedschaft kann nur im Rahmen des § 76 erfolgen, d.h. Geschäftsguthabenübertragung, Beitritt und Übernahme einer eigenen Nachschusspflicht (Rdn. 15) oder im Wege des § 77, d.h. Vererbung der Mitgliedschaft (Rdn. 17). Gleiches gilt bei Erwerb eines Handelsgeschäfts nach § 25 HGB (im Ergebnis richtig, jedoch wiederum mit unzutreffender Begründung Müller GenG § 105 Rdn. 6).
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Nachschusspflicht der Mitglieder | § 105
soweit Beitritts-/Beteiligungserklärungen zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht zugelassen waren (vgl. Rdn. 7–9). Frühere Mitglieder, die innerhalb von 6 Monaten vor Insolvenzeröffnung ausgeschieden sind, sind ebenfalls nachschusspflichtig (§ 101 i.V.m. § 75), da deren Ausscheiden als nicht erfolgt gilt. Es wird insoweit die Mitgliedschaft fingiert.22 Diese Mitglieder haften auch für die Verbindlichkeiten, die nach ihrem Ausscheiden begründet wurden. Für sie gelten auch die nach ihrem Ausscheiden gefassten GV/VV-Beschlüsse; bezieht sich diese auf die in § 67a genannten Fälle, steht ihnen kein außerordentliches Kündigungsrecht zu (vgl. Erl. zu § 75). Ist ein Mitglied innerhalb von 6 Monaten nach seinem Ausscheiden der eG erneut wieder beigetreten, haftet es, weil eine Doppelmitgliedschaft nicht möglich ist,23 nur einmal, bei unterschiedlich hoher Nachschusspflicht nach Maßgabe der höheren Nachschusspflicht.24 Für ein Mitglied, das durch Übertragung des Geschäftsguthabens aus der eG ausgeschieden ist, gilt § 75 nicht; dieses haftet nach § 76 Abs. 4 subsidiär, soweit der Erwerber zur Leistung der (übernommenen) Nachschüsse nicht in der Lage ist. Hinsichtlich der Höhe der Nachschusspflicht ist nicht auf den Zeitpunkt der Übertragung, sondern auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung abzustellen.25 Führt die Übertragung des Geschäftsguthabens zu einer Verringerung der Geschäftsanteile und damit u.U. zu einer Verringerung der Nachschusspflicht, kommt dieses mithin dem Veräußerer zugute. Eine nach Übertragung und vor Insolvenzeröffnung erfolgte Übernahme weiterer Geschäftsanteile durch den Erwerber und die damit u.U. verbundene Ausweitung der Nachschusspflicht trifft den Veräußerer ebenfalls nicht. Eine nach Übertragung und vor Insolvenzeröffnung erfolgte Erhöhung der Nachschusspflicht durch Satzungsänderung muss der Veräußerer jedoch gegen sich gelten lassen. Tritt der Veräußerer vor Insolvenzeröffnung der eG erneut bei, gilt das in Rdn. 14 Gesagte entsprechend. Sobald mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Mitglieder der eG26 nicht in der Lage sind, die Insolvenzgläubiger zu befriedigen oder ihnen Sicherheit zu leisten, sind auch die früheren Mitglieder nachschusspflichtig, die innerhalb der letzten 18 Monate vor Insolvenzeröffnung ausgeschieden sind (vgl. Erl. zu § 115b). Im Falle der Vererbung geht die Nachschusspflicht gem. § 77 Abs. 1 auf den Erben über. Der Erbe kann jedoch die Erbschaft ausschlagen (§§ 1944 ff. BGB) bzw. die Haftung auf den Nachlass beschränken (§§ 1975 ff., 1967 BGB) (§ 77 Rdn. 17).27 Dies gilt unabhängig davon, ob die Nachlassschuld28 vor oder nach dem Erbfall entstanden ist.29 Im Falle des § 77 Abs. 2 (unbefristete Vererbung der Mitgliedschaft) besteht zwar die Möglichkeit der Erbausschlagung, nicht jedoch die Möglichkeit der beschränkten Erbenhaftung, da es, wenn der Erbe die Erbschaft dem Grunde nach antritt, der unbeschränkten Innehabung der Mitgliedschaftsrechte entspricht, dass er auch unbeschränkt die genossenschaftlichen Pflichten erfüllt, worauf Müller30 zu Recht hinweist.31 Ist der Erbe
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22 Müller GenG § 105 Rdn. 11 m.w.N. 23 RGZ 141, 178. 24 RGZ 141, 178; Beuthien GenG § 105 Rdn. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 34; Müller GenG § 105 Rdn. 11; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 105 Rdn. 6. 25 Müller GenG § 105 Rdn. 12. 26 Einschließlich der Fälle der §§ 75 und 76 Abs. 4. 27 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 37. 28 Hier: Nachschusspflicht im Insolvenzverfahren nach § 105. 29 Bartholomeyczik AcP 163, 107. 30 Müller GenG § 77 Rdn. 17. 31 Vgl. auch Müller GenG § 105 Rdn. 16; Beuthien GenG § 77 Rdn. 10 und § 105 Rdn. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 38; BerlKomm/Hunscha § 105 Rdn. 18.
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bereits Mitglied der eG, besteht für ihn neben seiner eigenen Nachschusspflicht die ererbte Nachschusspflicht.32 Erfolgt die Vererbung 6 bzw. 18 Monate vor Insolvenzeröffnung, findet § 75 bzw. § 115 b auf den Erben Anwendung; Gleiches gilt hinsichtlich § 76 Abs. 4. VI. Erfüllung der Nachschusspflicht Die Regelung in § 105 Abs. 2, die Leistung der Nachschüsse nach Köpfen vorzunehmen, ergibt sich aus der unbeschränkten Nachschusspflicht. Eine eG, nach deren Satzung die Mitglieder Nachschüsse bis zu einer Haftsumme zu leisten haben, wird eine Verteilung nach dem Verhältnis der Zahl der Geschäftsanteile bzw. Haftsummen wählen, wenn die Satzung den Erwerb mehrerer Geschäftsanteile zulässt. 20 Nach § 105 Abs. 3 werden Beiträge, zu deren Leistung einzelne Mitglieder nicht in der Lage sind, auf die übrigen Mitglieder verteilt, bei beschränkter Nachschusspflicht höchstens jedoch bis zur Höhe der Haftsumme. Die in Anspruch genommenen Mitglieder haben kein Rückgriffsrecht gegen die unvermögenden Mitglieder.33 Die Vermögenslosigkeit muss nicht durch einen Vollstreckungsversuch nachgewiesen werden, sondern kann sich auch aus anderen Umständen ergeben, z.B. einer eidesstattlichen Versicherung.34 Dem Unvermögen steht es gleich, wenn die Beitreibung wegen unbekannten Aufenthaltsorts scheitert. 19
VII. Erstattungen Mitglieder, die freiwillig Mehrleistungen erbracht haben – z.B. zur Beschleunigung des Verfahrens – haben nach Abs. 4 einen Erstattungsanspruch hinsichtlich ihrer Mehrleistungen aus den Nachschüssen, nachdem die Insolvenzgläubiger befriedigt sind. Reichen die Nachschüsse nicht zur Befriedigung der Erstattungsansprüche aus, ist das Nachschussverfahren bis zur Erledigung der Erstattungsansprüche fortzusetzen. Die Verteilung der Erstattungsbeträge erfolgt gleichmäßig im Verhältnis der Höhe der freiwilligen Mehrleistungen. Vorstehendes gilt entsprechend, wenn einzelne Mitglieder zu Unrecht nicht zu Nachschüssen herangezogen worden sind, z.B. wenn ihr Aufenthaltsort mittlerweile wieder bekannt ist. Deren Nachschüsse sind einzuziehen und auf die Mehrleistenden zu verteilen.35 22 Nach Erledigung der Erstattungsansprüche nach § 105 Abs. 4 Satz 1 sollen die Mitglieder, die Zahlungen nach § 87a Abs. 2 geleistet haben, ihre Zahlungen erstattet erhalten. Auch insoweit gilt das in vorstehender Randnummer Gesagte. 21
VIII. Aufrechnung 23
Ein Mitglied kann nach Abs. 5 mit einer Forderung an die eG gegen deren Nachschussansprüche nur aufrechnen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen es als Insolvenzgläubiger Befriedigung aus den Nachschüssen beanspruchen kann (also
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32 Zur Begründung vgl. § 77 Rdn. 26 ff.; Schaffland Die Vererbung, S. 30; differenzierend Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 39 und Beuthien GenG § 105 Rdn. 8, die eine zusätzliche Nachschusspflicht nur für den Fall annehmen, dass die Insolvenzeröffnung zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits gegeben war. 33 BGHZ 41, 71 = NJW 1964, 766 = BB 1964, 278 = BlfG 1964, 87. 34 Müller GenG § 105 Rdn. 24; Beuthien GenG § 105 Rdn. 11; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 105 Rdn. 10. 35 Hierzu ausführlich Beuthien GenG § 105 Rdn. 11.
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Vorschussberechnung | § 106
insbesondere Anerkennung als Insolvenzforderung oder Vorliegen eines vollstreckbaren Titels). Aufgerechnet werden kann nur mit dem Teil der Forderung, mit dem das Mitglied nicht ausgefallen ist. Die Aufrechnung kann also nur stattfinden in Höhe der Insolvenzquote, die bei der Endabrechnung auf die Insolvenzforderung des Mitglieds entfällt: das Mitglied soll nicht besser gestellt sein als die übrigen Insolvenzgläubiger.36 Das Mitglied muss die Forderung, mit der es aufrechnet, bereits im Zeitpunkt der In- 24 solvenzeröffnung erworben haben.37 Die Aufrechnung nach Abs. 5 findet nur gegen Nachschüsse statt, nicht gegen die 25 unverkürzt zu leistenden Vorschüsse.38
§ 106 Vorschussberechnung § 106 Vorschussberechnung (1) Der Insolvenzverwalter hat unverzüglich, nachdem die Vermögensübersicht nach § 153 der Insolvenzordnung auf der Geschäftsstelle niedergelegt ist, zu berechnen, wie viel die Mitglieder zur Deckung des aus der Vermögensübersicht ersichtlichen Fehlbetrags vorzuschießen haben. Sind in der Vermögensübersicht Fortführungs- und Stilllegungswerte nebeneinander angegeben, so ist der Fehlbetrag maßgeblich, der sich auf der Grundlage der Stilllegungswerte ergibt. (2) In der Vorschussberechnung sind alle Mitglieder namentlich zu bezeichnen und die Beiträge auf sie zu verteilen. Die Höhe der Beiträge ist so zu bemessen, dass durch ein vorauszusehendes Unvermögen einzelner Mitglieder zur Leistung von Beiträgen kein Ausfall an dem zu deckenden Gesamtbetrag entsteht. (3) Die Berechnung ist dem Insolvenzgericht mit dem Antrag einzureichen, dieselbe für vollstreckbar zu erklären. Dem Antrag ist eine beglaubigte Abschrift der Mitgliederliste und, sofern das Genossenschaftsregister nicht bei dem Insolvenzgericht geführt wird, eine beglaubigte Abschrift der Satzung beizufügen. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, unverzüglich nach Einreichung der Bilanz zu 1 berechnen, welche Vorschüsse die Mitglieder aufgrund ihrer Nachschusspflichten zur Deckung des Fehlbetrags zu erbringen haben. Dies gilt auch dann, wenn keine Überschuldung, sondern nur Zahlungsunfähigkeit vorliegt, mithin keine Vorschüsse anfallen. Es wird dann lediglich festgestellt, dass keine Vorschüsse zu leisten sind. Hierbei hat er für die Berechnung der Vermögenswerte die zu erwartenden Erlöswerte einzusetzen. Eine Überbewertung der Aktiva und eine Unterbewertung der Passiva sind mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters nicht zu vereinbaren. Es genügt eine zusammengefasste und pauschale Bewertung im Inventarverzeichnis.1 Die Vorschussberechnung ist laufend zu ergänzen, wenn sich im Laufe des Insol- 2 venzverfahrens ergibt, dass die Vorschüsse nicht genügen (vgl. hierzu § 113).2 Dies gilt
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36 BGH BB 1978, 1134; Beuthien GenG § 105 Rdn. 13; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 105 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 58. 37 Wie hier Beuthien GenG § 105 Rdn. 13; Müller GenG § 105 Rdn. 30; Parisius/Crüger/Citron § 105 Anm. 25; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 56. 38 BGH DB 1978, 1777; BB 1978, 1134 mit Anm. Schaffland GF 10/1978, S. 32 = ZfgG 1978, 442 mit Anm. Hadding RGZ 88, 47; Parisius/Crüger/Citron § 105 Anm. 25; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 105 Rdn. 59 und § 106 Rdn. 5; Müller GenG § 105 Rdn. 31; Beuthien GenG § 105 Rdn. 9. 1 2
Hans. OLG, Urt. v. 21.10.1986, Az. 9 U 788/86. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 106 Rdn. 3.
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§ 107 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
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bis zum Beginn der Schlussverteilung, für die dann die Nachschussberechnung nach § 114 und die Nachtragsverteilung nach § 115 GenG durchgeführt wird.3 Den Nachschusspflichten der Mitglieder entsprechen die Nachschussansprüche der eG gegen die Mitglieder; diese Nachschussansprüche sind Teil der Insolvenzmasse. Die einzelnen beitragspflichtigen Mitglieder – im Falle einer Rechtsnachfolge auch die Rechtsnachfolger – müssen so genau bezeichnet sein, dass ein bloßer Auszug aus der für vollstreckbar erklärten Berechnung (vgl. § 109 Abs. 2) die Zwangsvollstreckung nach § 750 ZPO ermöglicht. Aufzunehmen sind die gegenwärtigen Mitglieder der eG, jedoch auch diejenigen, die nach § 75 GenG rückwirkend wieder Mitglied der eG geworden sind bzw. diejenigen, die nach § 76 Abs. 3 ersatzweise haften.4 Auch Mitglieder, die zu Unrecht in der (deklaratorisch wirkenden) Liste der Mitglieder gelöscht sind, sind aufzunehmen. Im Zweifel hat der Insolvenzverwalter sich für die Aufnahme zu entscheiden, da die betroffenen Personen sich im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach §§ 767, 768 ZPO wehren können.5 Aufzunehmen sind auch Mitglieder, die mittels Klage ihre Zugehörigkeit angefochten haben.6 Des Weiteren sind aufzunehmen die unvermögenden nachschusspflichtigen Mitglieder (hierzu § 105 Rdn. 19), da diese nachträglich wieder vermögend werden können. Bereits dies hat zur Folge, dass der Gesamtbetrag der Vorschüsse höher sein wird als der zu deckende Fehlbetrag. Der einzuziehende Gesamtbetrag ist aber auch deshalb höher zu bemessen als das bilanzmäßige Defizit es erfordert, um Zusatzberechnungen in Folge von Ausfällen möglichst zu vermeiden.7 Die Verteilung erfolgt nach der Satzungsregelung, sonst nach Köpfen (§ 105 Rdn. 18, 19). Das Mitglied kann nicht gegen die eingeforderten Vorschüsse aufrechnen.8 Die Vorschussberechnung ist sofort nach ihrer Aufstellung dem Insolvenzgericht einzureichen mit dem Antrag, sie für vollstreckbar zu erklären. Nur so können Gericht und Gläubiger die Angaben kontrollieren. Einreichungspflicht besteht auch im Falle der Zahlungsunfähigkeit (vgl. Rdn. 1). Anzugeben ist, warum einzelne Mitglieder unvermögend sind oder trotz Eintragung in die Liste der Mitglieder nicht berücksichtigt worden sind.
§ 107 Gerichtliche Erklärung über die Vorschussberechnung § 107 Gerichtliche Erklärung über die Vorschussberechnung (1) Zur Erklärung über die Berechnung bestimmt das Gericht einen Termin, welcher nicht über zwei Wochen hinaus anberaumt werden darf. Der Termin ist öffentlich bekannt zu machen; die in der Berechnung aufgeführten Mitglieder sind besonders zu laden.
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3 Vgl. hierzu Paulick S. 351 f. 4 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 106 Rdn. 4. 5 So auch Müller GenG § 106 Rdn. 4. 6 RGZ 69, 366. 7 Vgl. hierzu das ausführliche Beispiel bei Beuthien GenG § 106 Rdn. 4 und Bauer GenossenschaftsHandbuch § 106 Rdn. 7. 8 BGH DB 1978, 1777 = BB 1978, 1134 mit Anm. Schaffland GF 10/1978, 32 = ZfgG 1978, 442 mit Anm. Hadding; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 106 Rdn. 5; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 106 Rdn. 3.
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Gerichtliche Erklärung über die Vorschussberechnung | § 107
(2) Die Berechnung ist spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Hierauf ist in der Bekanntmachung und in den Ladungen hinzuweisen. Die Zwei-Wochen-Frist berechnet sich nicht vom Zeitpunkt des Eingangs der Vorschussberechnung bei Gericht.1 Sie berechnet sich auch nicht vom Tag der Bekanntmachung des Erklärungstermins an, da es dann vom Insolvenzgericht abhinge, wann die Bekanntmachung des Erklärungstermins tatsächlich erfolgt und damit die Zwei-WochenFrist zu laufen beginnt.2 Dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift sicherzustellen, dass die Vorschüsse möglichst bald eingezogen werden können,3 entspricht es, den Beginn der Frist an den Zeitpunkt anzuknüpfen, an dem die Bekanntmachung erstmals erfolgen kann und nicht an den Zeitpunkt, an dem sie tatsächlich erfolgt.4 Die Bekanntmachung des Erklärungstermins erfolgt gem. § 107 Abs. 1 Satz 2 öffentlich. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 InsO erfolgt sie durch mindestens einmaliges Einrücken in das für die amtlichen Bekanntmachungen des Insolvenzgerichts bestimmte Blatt. In weiteren Blättern kann sie zusätzlich erfolgen.5 Sie gilt als bewirkt mit Ablauf des zweiten Tags nach der Ausgabe des die erste Einrückung der Bekanntmachung enthaltenden Blattes, das vom Insolvenzgericht für die amtlichen Bekanntmachungen bestimmt ist. Ist der zweite Tag nach der Ausgabe des Blatts ein Sonnabend, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, wird die Bekanntmachung erst mit Ablauf des folgenden Werktags wirksam.6 Wird der Termin verlegt, ist er erneut bekannt zu machen.7 Zusätzlich sind die in der Berechnung aufgeführten Mitglieder besonders zu dem Erklärungstermin zu laden; § 107 Abs. 1 Satz 2 GenG geht § 9 Abs. 3 InsO insoweit vor. Sie sind darauf hinzuweisen, dass sie gem. § 108 Abs. 1 Einwendungen erheben können. Für die Ladung genügt nach § 8 InsO die Aufgabe zur Post.8 Eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich. Auch kommt es nicht darauf an, ob die Ladung dem in der Berechnung aufgeführten Mitglied tatsächlich ausgehändigt wird. Auch ist es unerheblich, ob der Brief als unzustellbar zurückkommt. Eine Ladung der Organe der eG, des Insolvenzverwalters und des Gläubigerausschusses findet nicht statt, da gegen diese kein Vollstreckungstitel geschaffen wird.9 Die Vorschussberechnung ist spätestens drei Tage vor dem Erklärungstermin auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts niederzulegen, damit die Beteiligten Gelegenheit haben, Einsicht in diese zu nehmen. Wird die Niederlegung versäumt, ist dies ein Anfechtungsgrund (§ 111). Neben der Vorschussberechnung sind auch alle Erläuterungen und urkundlichen Nachweise, die der Vorschussberechnung beizufügen sind, auszulegen.10 Die Beteiligten können auch durch Vertreter Einsicht nehmen lassen. Beteiligte sind die Mitglieder selbst (bzw. deren Erben) sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, die Liquidatoren, der Insolvenzverwalter, die Insolvenzgläubiger (damit auch deren Erben) sowie der Gläubigerausschuss.
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1 So aber Beuthien GenG § 107 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 107 Rdn. 1. 2 Übereinstimmend insoweit Beuthien GenG § 107 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 107 Rdn. 1; Müller GenG § 107 Rdn. 1. 3 Müller GenG § 107 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 107 Rdn. 1. 4 So OLG Schleswig-Holstein ZIP 2005, 617 = ZfgG 2006, 300. 5 Müller GenG § 107 Rdn. 2. 6 BGH WM 1975, 303 f. 7 Vgl. RGZ 137, 243. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 107 Rdn. 8. 9 Müller GenG § 107 Rdn. 5a. 10 Müller GenG § 107 Rdn. 8; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 107 Rdn. 3.
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§ 108 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
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In der Bekanntmachung wie auch in der Ladung, die an die in der Berechnung aufgeführten Mitglieder geht, ist auf die Niederlegung zur Einsichtnahme hinzuweisen.
§ 108 Erklärungstermin § 108 Erklärungstermin (1) In dem Termin sind Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft sowie der Insolvenzverwalter und der Gläubigerausschuss und, soweit Einwendungen erhoben werden, die sonst Beteiligten zu hören. (2) Das Gericht entscheidet über die erhobenen Einwendungen, berichtigt, soweit erforderlich, die Berechnung oder ordnet die Berichtigung an und erklärt die Berechnung für vollstreckbar. Die Entscheidung ist in dem Termin oder in einem sofort anzuberaumenden Termin, welcher nicht über eine Woche hinaus angesetzt werden soll, zu verkünden. Die Berechnung mit der sie für vollstreckbar erklärenden Entscheidung ist zur Einsicht der Beteiligten auf der Geschäftsstelle niederzulegen. (3) Gegen die Entscheidung findet ein Rechtsmittel nicht statt. Das Gericht hat die materielle Richtigkeit der vom Insolvenzverwalter eingereichten Berechnungen von Amts wegen festzustellen. In dem Termin zur Erklärung über die Vorschussberechnung hat das Gericht den Vorstand und den Aufsichtsrat sowie den Insolvenzverwalter und den Gläubigerausschuss anzuhören, auch wenn sie selbst keine Einwendungen erheben. Auch einzelne Mitglieder sowie die Insolvenzgläubiger sind zu hören, wenn sie Einwendungen erheben. Nur wer Einwendungen geltend gemacht hat, kann die Anfechtungsklage des § 111 erheben. Mündliche Einwendungen genügen. Als Einwendungen kann alles geltend gemacht werden, was die Berechnung als 2 fehlerhaft erscheinen lässt, z.B. Unrichtigkeit der Insolvenzbilanz, fehlerhafte Festlegung des Verteilungsmaßstabs, unrichtiger Mitgliederbestand (z.B. Einwendungen gegen die Mitgliedschaft eines Mitglieds, gegen die Nichtaufnahme eines Mitglieds) gegen die Richtigkeit des Fehlbetrags und damit der Vermögensübersicht1 oder formale Verfahrensmängel der Vorschussberechnung.2 Diese Einwendungen können unabhängig davon erhoben werden, ob sie den Einwendenden begünstigen oder benachteiligen. 3 Ein förmliches Beweisverfahren findet nicht statt. Das Gericht hat jedoch das Recht, von Amts wegen Beweiserhebungen anzustellen (§ 5 InsO). Das Gericht kann Ermittlungen im Interesse einer rationellen Verfahrensweise auch vor dem Erklärungstermin bereits durchführen; es kann Auskünfte von Behörden und Privatpersonen einholen, Zeugen und Sachverständige vernehmen und Registerauszüge anfordern.3 Nach der Anhörung entscheidet das Gericht im Rahmen des Abs. 2. Diese Entschei4 dung bezieht sich auf alle vorgebrachten Einwendungen und auf die Vollstreckbarkeitserklärung; Teilentscheidungen sind unzulässig.4 Können evtl. erforderliche Berichtigungen nicht sofort vom Gericht vorgenommen werden, hat es unter Aussetzung des Termins dem Insolvenzverwalter die Berichtigung aufzugeben. Es ist so lange zu verhandeln – ggf. in mehreren Terminen –, bis eine zur Vollstreckbarkeitserklärung geeignete 1
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1 RGZ 139, 171. 2 Müller GenG § 108 Rdn. 8; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 108 Rdn. 3. 3 Müller GenG § 108 Rdn. 1. 4 OLG Frankfurt ZfgG 1977, 275; Müller GenG § 108 Rdn. 12; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 108 Rdn. 5.
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Abtretbarkeit von Ansprüchen der Genossenschaft | § 108a
Berechnung vorliegt;5 ein Antrag des Insolvenzverwalters auf Vollstreckbarkeitserklärung darf also nicht zurückgewiesen werden. Können die Vollstreckbarkeitserklärung und der Beschluss über die Vorschussbe- 5 rechnung noch nicht erfolgen, ist in diesem Termin ein weiterer Termin, der nicht über eine Woche hinaus anberaumt werden darf, zu verkünden; es bedarf wiederum der in § 107 Abs. 1 Satz 2 vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung und besonderen Ladung.6 Der Beschluss ist mit Gründen zu versehen, in denen zu erklären ist, dass die Be- 6 rechnungsgrundlagen zutreffend festgestellt sind.7 Zu allen Einwendungen ist Stellung zu nehmen. Die Zustellung des Beschlusses ist nicht erforderlich. Die Vorschussberechnung und die Vollstreckbarkeitserklärung sind zur Einsicht der Beteiligten auf der Geschäftsstelle niederzulegen. Die Vollstreckbarkeitserklärung ist sofort wirksam; sie ist nicht anfechtbar (s. 7 Abs. 3). Die Vorschussberechnung hingegen ist anfechtbar nach § 111 (vgl. die dortigen Erl.); Anfechtungskläger kann nur ein Mitglied sein, das in der Vorschussberechnung aufgeführt ist.
§ 108a Abtretbarkeit von Ansprüchen der Genossenschaft § 108a Abtretbarkeit von Ansprüchen der Genossenschaft (1) Der Insolvenzverwalter kann die Ansprüche der Genossenschaft auf rückständige Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, auf anteilige Fehlbeträge nach § 73 Abs. 2 Satz 4 und auf Nachschüsse mit Genehmigung des Insolvenzgerichts abtreten. (2) Die Genehmigung soll nur nach Anhörung des Prüfungsverbandes und nur dann erteilt werden, wenn der Anspruch an eine genossenschaftliche Zentralbank oder an eine der Prüfung durch einen Prüfungsverband unterstehende Stelle abgetreten wird. I. Allgemeines § 108a wurde ebenso wie § 88a eingefügt durch den gem. § 6 des handelsrechtlichen 1 Bereinigungsgesetzes vom 18.4.1950 1 ausdrücklich aufrechterhaltenen Artikel IV der zweiten Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet des GenG vom 19.12.1942.2 Über die Gründe hierzu siehe § 88a Rdn. 1. Der Insolvenzverwalter kann bestimmte Ansprüche der eG unter bestimmten Vor- 2 aussetzungen abtreten, um so zu einer zügigeren Abwicklung des Insolvenzverfahrens zu gelangen. 3 Der Insolvenzverwalter kann die Ansprüche auf – rückständige Einzahlungen auf den Geschäftsanteil, – anteilige Fehlbeträge (§ 73 Abs. 2),
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 108 Rdn. 5. RGZ 137, 243. Vgl. im Einzelnen Müller GenG § 108 Rdn. 13.
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BGBl. I S. 90. RGBl. I S. 729.
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§ 109 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
– Nachschüsse (§§ 106, 108), – Nachschüsse nach § 114,3 mit Genehmigung des Insolvenzgerichts abtreten. II. Genehmigung 4
Das Insolvenzgericht darf die Genehmigung nur auf Antrag des Insolvenzverwalters erteilen. Der Antrag hat den Abtretungsvertrag, Grund und Höhe der Forderung der eG und die Gründe zu enthalten, die für eine Abtretung sprechen (z.B. zügige Insolvenzabwicklung). Die Genehmigung soll nach Abs. 2 nur erteilt werden, wenn zuvor der zuständige 5 Prüfungsverband gehört und wenn der Anspruch an eine genossenschaftliche Zentralbank oder an eine Stelle erfolgt, die regelmäßig vom Prüfungsverband überwacht wird; dies wird in der Regel eine genossenschaftliche Treuhandgesellschaft,4 dies kann auch eine andere eG, insbesondere eine Kreditgenossenschaft sein. 6 Das Insolvenzgericht hat darauf zu achten, dass die Abtretung weder den Belangen der Mitglieder noch den Belangen der Gläubiger widerspricht. Die Gegenleistung des Zessionars muss nicht den vollen Betrag der Forderung erreichen; es genügt, wenn wegen fehlender Liquidität des Schuldners auf die nicht vollwertige Forderung eine angemessene Gegenleistung (hierzu ggf. Anhörung des Prüfungsverbands) der Insolvenzmasse zufließt.5 7 Die Genehmigung kann als nachträgliche Zustimmung (§ 184) erst nach Abschluss des Abtretungsvertrags erteilt werden.6 Sie erfolgt durch einen zu begründenden Beschluss,7 der nur dem Insolvenzverwalter zuzustellen ist. Gleiches gilt für einen ablehnenden Beschluss.8 Die Genehmigung wirkt auf den Zeitpunkt des Abtretungsvertrags zurück.
§ 109 Einziehung der Vorschüsse § 109 Einziehung der Vorschüsse (1) Nachdem die Berechnung für vollstreckbar erklärt ist, hat der Insolvenzverwalter unverzüglich die Beträge von den Mitgliedern einzuziehen. (2) Die Zwangsvollstreckung gegen ein Mitglied findet nach Maßgabe der Zivilprozessordnung auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung der Entscheidung und eines Auszuges aus der Berechnung statt. (3) Für die in den Fällen der §§ 731, 767, 768 der Zivilprozessordnung zu erhebenden Klagen ist das Amtsgericht, bei welchem das Insolvenzverfahren anhängig ist und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht gehört, das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk der Bezirk des Insolvenzgerichts gehört.
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3 Müller GenG § 108 a Rdn. 1. 4 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 108a Rdn. 3. 5 Müller GenG § 108a Rdn. 4. 6 A.A. Beuthien GenG § 108a Rdn. 2, der unter Hinweis auf § 88a Abs. 1 unter Genehmigung auch die vorherige Zustimmung (Einwilligung) versteht; so auch Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 108a Rdn. 2. 7 OLG Hamburg HRR 1930, 258. 8 Müller GenG § 108a Rdn. 7.
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Hinterlegung oder Anlage der Vorschüsse | § 110
Der Insolvenzverwalter hat nach Abs. 1 unverzüglich1 nach der für vollstreckbar er- 1 klärten Vorschussberechnung die Beiträge von den Mitgliedern einzuziehen. Hierbei hat er, worauf Müller2 zu Recht hinweist, genossenschaftsrechtliche Grundsätze zu beachten. Insbesondere gilt das Gebot der Gleichbehandlung der Mitglieder. Aus der Treuepflicht gegenüber den Mitgliedern (siehe hierzu § 18 Rdn. 37 ff.) folgt, dass er bei der Einziehung neben den Interessen der Insolvenzgläubiger auch die schützenswerten Interessen der Mitglieder zu beachten hat; so ist die Gewährung von Ratenzahlungen oder einer Stundung nicht ausgeschlossen. Zwar darf er keine Nachschussansprüche erlassen,3 er kann sich jedoch unter der Voraussetzung des § 112a über Nachschussansprüche vergleichen. Leisten Mitglieder die Vorschüsse nicht, kann im Wege der Zwangsvollstreckung 2 gegen sie vorgegangen werden. Die nach § 108 für vorläufig erklärte Vorschussberechnung ist Vollstreckungstitel im Sinne der ZPO. Die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vollstreckbarkeitserklärung nach § 108 und der Auszug aus der Vorschussberechnung, aus dem sich Name und Anschrift der säumigen Mitglieder und die Höhe der von ihnen geschuldeten Vorschüsse ergeben, werden mit der Vollstreckungsklausel versehen. Für das Zwangsvollstreckungsverfahren gelten ggf. die Vorschriften der §§ 726, 727, 728, 729 ZPO. Soll ein ausgeschiedenes Mitglied nach § 76 Abs. 3 in Anspruch genommen werden, hat der Insolvenzverwalter das Unvermögen des Erwerbers nach § 726 ZPO nachzuweisen. Das säumige Mitglied hat unter anderem die Rechte nach §§ 732, 767, 768 ZPO.
§ 110 Hinterlegung oder Anlage der Vorschüsse § 110 Hinterlegung oder Anlage der Vorschüsse Die eingezogenen Beträge sind nach Maßgabe des § 149 der Insolvenzordnung zu hinterlegen oder anzulegen. Die eingezogenen Beträge (Vorschüsse) sind gesondert von der eigentlichen Insol- 1 venzmasse zu verwahren und dürfen regelmäßig erst im Wege der Nachtragsverteilung verteilt werden, nachdem der Insolvenzverwalter mit der Vornahme der Schlussverteilung begonnen hat (§§ 114, 115). Eine frühere Verteilung im Wege der Abschlagsverteilung kann ausnahmsweise gemäß § 115a vorgenommen werden. Beträge, die zur Bezahlung der Massekosten und Masseschulden erforderlich sind, sind hiervon ausgenommen. Aus diesen Gründen sind die Beträge sicher zu hinterlegen und bei längerer Dauer bis zum Verteilungstermin zinsbringend anzulegen.1 Die GV/VV hat zu beschließen, wie und wo die Beträge hinterlegt bzw. angelegt 2 werden; dies muss keine öffentliche Hinterlegungsstelle sein;2 es wird sich hier in der Regel um eine Kreditgenossenschaft handeln; für die Hinterlegung bzw. Anlegung ist der Insolvenzverwalter zuständig.
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1 Damit sich die Mitglieder nicht ihren Zahlungspflichten entziehen und die Gläubiger möglichst schnell Befriedigung erhalten. 2 GenG § 109 Rdn. 1. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 109 Rdn. 1; Beuthien GenG § 109 Rdn. 1. 1 2
Z.B. in Form von Festgeld, leicht verwertbaren Wertpapieren, aber auch auf Sparkonten. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 110 Rdn. 3.
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§ 111 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
§ 111 Anfechtungsklage § 111 Anfechtungsklage (1) Jedes Mitglied ist befugt, die für vollstreckbar erklärte Berechnung im Wege der Klage anzufechten. Die Klage ist gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Sie findet nur binnen der Notfrist eines Monats seit Verkündung der Entscheidung und nur insoweit statt, als der Kläger den Anfechtungsgrund in dem nach § 107 Abs. 1 anberaumten Termin geltend gemacht hat oder ohne sein Verschulden geltend zu machen außerstande war. (2) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen alle beitragspflichtigen Mitglieder.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Anfechtungsgründe | 2–5 Parteien | 6–8
IV. V.
Frist | 9–11 Urteil | 12
I. Allgemeines 1
Die Anfechtungsklage nach § 111 ist eine Rechtsgestaltungsklage, gerichtet auf Aufhebung oder Unwirksamkeitserklärung der für vollstreckbar erklärten Vorschussberechnung, soweit diese den Kläger betrifft.1 Sie ist nicht mit der Anfechtungsklage nach § 51, die ebenfalls Rechtsgestaltungsklage ist, zu verwechseln; sie ist eher der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO verwandt.2 II. Anfechtungsgründe
Mit der Anfechtungsklage nach § 111 sind die Einwendungen geltend zu machen, die der Kläger im Erklärungstermin (§§ 107, 108) erfolglos geltend gemacht hat oder die er schuldlos nicht geltend machen konnte. Die Einwendungen müssen also vor der Vollstreckbarkeitserklärung der Vorschussberechnung bereits begründet sein. Als Einwendungen kommen in Betracht die fehlende Mitgliedschaft des in der Vorschussberechnung aufgeführten Mitglieds, die Nichtaufnahme anderer Mitglieder, die Richtigkeit der Insolvenzeröffnungsbilanz etc. Ist der Betreffende niemals in die Liste eingetragen, ist er nicht auf die Anfechtungsklage nach § 111 angewiesen, sondern hat daneben auch die Möglichkeit, negative Feststellungsklage zu erheben.3 Auch schwere Verfahrensmängel berechtigen zur Anfechtung, z.B. die Nichteinhaltung des § 107 Abs. 1 und 2, die Versagung rechtlichen Gehörs im Erklärungstermin, welches u.U. zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, oder die unzulässige Teilentscheidung über die Vollstreckbarkeit.4 Keine Einwendungen, die nach § 111 geltend gemacht werden können, sind die 3 Behauptungen, dass das Mitglied Schadensersatzansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat habe, oder dass der Insolvenzverwalter einen gewissen Prozentsatz der ausstehenden Forderungen abgesetzt habe. Auch das Nichtauslegen des Inventars bildet keinen Anfechtungsgrund. Gleiches gilt für ein nicht genügend ins Einzelne gehendes Inventar; nur ein nachgewiesen unrichtiges Inventar, das zur Grundlage für die Bilanz 2
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OLG Dresden, BlfG 1927, 277; Müller GenG § 111 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 111 Rdn. 1. Beuthien GenG § 111 Rdn. 1. RG JW 1900, 567; RGZ 15, 589; vgl. hierzu auch Erl. zu § 108. OLG Frankfurt ZfgG 1977, 275 m. Anm. Beuthien/Götz; Beuthien GenG § 111 Rdn. 3.
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Anfechtungsklage | § 111
und die Vorschussberechnung gemacht worden ist, würde einen Anfechtungsgrund darstellen, weil dann die Bilanz selbst unrichtig ist.5 Hat der Kläger die Einwendungen nicht in dem Termin (§§ 107, 108) geltend ge- 4 macht, kann er nur anfechten, wenn ihn an der unterlassenen Geltendmachung kein Verschulden trifft. Bei der Feststellung, ob ihn ein Verschulden trifft, ist im Interesse des Klägers großzügig zu verfahren.6 Rechtsunkenntnis oder eine unverschuldete Verhinderung an der Terminwahrnehmung sind zu berücksichtigen.7 Einwendungen, die erst nach dem Termin entstanden sind, können auch nach Ab- 5 lauf der Notfrist (vgl. hierzu Rdn. 9 ff.) im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden.8 Dies gilt auch bezüglich solcher Einwendungen, die dem Mitglied ohne sein Verschulden erst nach Ablauf der Notfrist bekannt wurden.9 III. Parteien Anfechtungskläger ist derjenige, der in die Vorschussberechnung als beitragspflich- 6 tig aufgenommen wurde. Über den Wortlaut des Abs. 1 Satz 1 hinaus ist nicht nur jedes Mitglied, sondern auch derjenige zur Anfechtung befugt, der überhaupt nicht Mitglied der eG ist, der aber zu Unrecht in der Liste der Mitglieder steht.10 Andererseits ist ein Mitglied nicht zur Klage befugt, wenn es nicht in die Vorschussberechnung aufgenommen ist; dieses hat die spätere Zusatzberechnung nach § 113 abzuwarten.11 Kläger kann auch derjenige sein, gegen den nach §§ 727 ff. ZPO eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt worden ist. Klagen mehrere, sind deren Klagen nach § 112 Abs. 1 Satz 2 zu verbinden; sie sind 7 notwendige Streitgenossen (§ 62 ZPO), so dass Versäumnisurteil gegen einzelne von ihnen unzulässig ist.12 Sie können als Nebenintervenienten nach § 66 ZPO beitreten.13 Beklagter der Anfechtungsklage nach § 111 ist der Insolvenzverwalter. Er ist für die 8 Zugehörigkeit des Klägers zur eG beweispflichtig.14 Die Eintragung in die Liste der Mitglieder stellt jedoch – da von der grds. Richtigkeit der vom Vorstand zu führenden Liste (§ 30), die vom Prüfungsverband geprüft wird, auszugehen ist – eine Vermutung für die Mitgliedschaft dar. IV. Frist Die Klage muss binnen der Notfrist eines Monats seit Verkündung der Entscheidung 9 auf Vollstreckbarkeitserklärung erhoben werden. Die von Amts wegen zu bewirkende Zustellung der Anfechtungsklage ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Wahrung der Notfrist.15 Zustellungsmängel können jedoch nach § 187 ZPO geheilt werden. Die Frist bezieht sich nur auf die Klageerhebung nicht auf die Geltendmachung aller Klagegrün-
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5 OLG Königsberg KuT 1936, 13 = BlfG 1936, 59. 6 Müller GenG § 111 Rdn. 7. 7 RGZ 50, 127, 139, 170; Beuthien GenG § 111 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 111 Rdn. 2; Müller GenG § 111 Rdn. 7; a.A. RG JW 1930, 1400; OLG Kiel OLGZ 40, 205. 8 RGZ 139, 170. 9 RGZ 50, 131. 10 Wie hier Müller GenG § 111 Rdn. 2. 11 Müller GenG § 111 Rdn. 2. 12 RGZ 132, 349; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 111 Rdn. 19. 13 RG BlfG 1930, 113. 14 RGZ 14, 92. 15 RG HRR 1936 Ziff. 1179 = BlfG 1936, 779.
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§ 112 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
de. Die rechtzeitige Erhebung der Anfechtungsklage ist von Amts wegen zu prüfen; eine vertragliche Verlängerung der Notfrist ist unwirksam.16 Bei Fristversäumnis kann jedoch, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 233 ZPO gewährt werden.17 Bei unzulässiger Teilentscheidung beginnt die Frist für alle Mitglieder erst mit der Schlussentscheidung, mit der die Berechnung für vollstreckbar erklärt wird.18 10 Bei mehreren Klagen muss die Frist für jede besonders gewahrt werden.19 Keine Notfrist besteht für diejenigen, welche eine Beitrittserklärung überhaupt 11 nicht abgegeben oder rechtzeitig nach § 90 UmwG die Mitgliedschaft ausgeschlagen haben. V. Urteil 12
Das einer Anfechtungsklage stattgebende Urteil wirkt nur zwischen den Parteien, hat also keine Drittwirkung. Es setzt die Vorschuss- oder Zusatzberechnung nur für den dem obsiegenden Kläger zugeteilten Betrag außer Kraft, da Zweck und Ziel der Klage nicht die Aufhebung der Berechnung im Ganzen ist, sondern nur, soweit sie auf Heranziehung des Anfechtungsklägers abzielt. Die eine Vorschussberechnung verspätet anfechtenden Mitglieder können sich also nicht darauf berufen, dass andere rechtzeitig anfechtende Mitglieder mit dem gleichen Anfechtungsgrund obsiegt haben.20 Abs. 2 ist so zu verstehen, dass die übrigen Mitglieder nicht die Hinzurechnung des Klägers zu einer evtl. Zusatzberechnung verlangen können.21
§ 112 Verfahren bei Anfechtungsklage § 112 Verfahren bei Anfechtungsklage (1) Die Klage ist ausschließlich bei dem Amtsgericht zu erheben, welches die Berechnung für vollstreckbar erklärt hat. Die mündliche Verhandlung erfolgt nicht vor Ablauf der bezeichneten Notfrist. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. (2) Übersteigt der Streitgegenstand eines Prozesses die sonst für die sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte geltende Summe, so hat das Gericht, sofern eine Partei in einem solchen Prozess vor der Verhandlung zur Hauptsache dies beantragt, durch Beschluss die sämtlichen Streitsachen an das Landgericht, in dessen Bezirk es seinen Sitz hat, zu verweisen. Gegen diesen Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt. Die Notfrist beginnt mit der Verkündung des Beschlusses. (3) Ist der Beschluss rechtskräftig, so gelten die Streitsachen als bei dem Landgericht anhängig. Die im Verfahren vor dem Amtsgericht erwachsenen Kosten werden als Teil der bei dem Landgericht erwachsenen Kosten behandelt und gelten als Kosten einer Instanz.
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16 RGZ 139, 168. 17 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 111 Rdn. 11. 18 OLG Frankfurt, ZfgG 1977, 275. 19 RZG 137, 243. 20 RGZ 139, 168; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 111 Rdn. 24; BerlKomm/Hunscha § 112 Rdn. 2. 21 RGZ 139, 173; Beuthien GenG § 111 Rdn. 5.
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Verfahren bei Anfechtungsklage | § 112
(4) Die §§ 769 und 770 der Zivilprozessordnung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln finden entsprechende Anwendung. Die Vorschrift bezweckt, der Einzelbefassung ggf. einer Vielzahl selbständiger Anfechtungsprozesse und der Möglichkeit abweichender gerichtlicher Entscheidungen vorzubeugen.1 Demzufolge ist die Klage ausschließlich bei dem Amtsgericht zu erheben, welches die Berechnung für vollstreckbar erklärt hat, also bei dem mit dem Insolvenzgericht identischen Amtsgericht. Dies gilt auch dann, wenn nach dem Streitwert das Landgericht zuständig wäre. Zur Zuständigkeit des Landgerichts vgl. Abs. 2 und Rdn. 3. Dem Zweck dieser Vorschrift entspricht es auch, dass die mündliche Verhandlung nicht vor Ablauf der Notfrist (§ 111) erfolgen darf; nur so können die mehreren Klagen miteinander verbunden werden und die Kläger zu notwendigen Streitgenossen (§ 62 ZPO) werden. Übersteigt ein Streitwert die Zuständigkeitsgrenze des Amtsgerichts (hierzu § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), kann dieser Kläger – aber auch der Insolvenzverwalter – den Antrag auf Verweisung an das örtlich zuständige Landgericht beantragen. Der Antrag muss vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt werden. Unschädlich ist, wenn bereits in einer anderen Anfechtungsklage verhandelt wurde – auch diese Klage ist dann an das Landgericht zu verweisen.2 Das Amtsgericht hat dann durch Beschluss sämtliche Streitsachen an das Landgericht zu verweisen; auch hierdurch soll eine einheitliche Entscheidung sichergestellt werden. Nach Abs. 3 S. 2 wird bei Verweisung an das Landgericht aus Kostenersparnisgründen das Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Landgericht als eine Instanz angesehen mit der Folge, dass gerichtliche und anwaltliche Gebühren nur einmal entstehen. § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO ist nicht anwendbar, die Anfechtungsklage wurde nicht vor einem unzuständigen Gericht erhoben.3 Werden die Klagen mehrerer Mitglieder miteinander verbunden, hängt die Zulässigkeit der Berufung davon ab, ob für das einzelne Mitglied die Berufungssumme gegeben ist. Nur wenn mehrere Kläger gemeinsam durch einen einheitlichen Schriftsatz Berufung einlegen, findet eine Zusammenrechnung der Beschwerdegegenstände statt.4 Entsprechendes gilt für die Revision zum BGH. Die Erhebung der Anfechtungsklage hindert den Insolvenzverwalter nicht, gegen den Anfechtungskläger die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Das Prozessgericht kann jedoch nach Abs. 4 in analoger Anwendung der §§ 769, 770 ZPO die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstellen oder anordnen, dass nur gegen Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung fortgesetzt werden darf. Außerdem kann es Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Sicherheitsleistung aufheben. In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht diese Anordnungen treffen; es hat dann jedoch eine angemessene kurze Frist zu bestimmen, innerhalb derer die entsprechende Entscheidung des Prozessgerichts herbeizuführen ist.
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RG JW 1933, 1216. Beuthien GenG § 112 Rdn. 2. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 112 Rdn. 4. RGZ 46, 39.
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§ 113 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
§ 112a Vergleich über Nachschüsse (1) Der Insolvenzverwalter kann über den von dem Mitglied zu leistenden Nachschuss einen Vergleich abschließen. Der Vergleich bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, und der Bestätigung durch das Insolvenzgericht (2) Der Vergleich wird hinfällig, wenn das Mitglied mit seiner Erfüllung in Verzug gerät. Der Insolvenzverwalter kann mit den Mitgliedern Vergleiche i.S.d. § 779 BGB über die geschuldeten Nachschüsse schließen. Danach liegt ein Vergleich vor, wenn durch ihn der Streit oder die Ungewissheit über Grund und Höhe der Nachschusspflicht oder ihre Realisierung in Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird.1 Ein Gesamtverzicht auf die Nachschüsse kann – wegen fehlender Gegenseitigkeit – kein Vergleich sein. Zulässig ist es jedoch, dass der Vergleich zum Ergebnis hat, dass die Nachschussforderung insgesamt nicht besteht.2 Ein Teilverzicht ist als Vergleich nur möglich, wenn nicht nur der verzichtete Teil des Nachschusses Gegenstand des Streites oder der Ungewissheit gewesen ist (einseitig vorgenommener Teilverzicht).3 Der Vergleich kann sich auf alle im Insolvenzverfahren zu erbringenden Zahlungen (Vorschüsse, Nachschüsse, Zuschüsse, Ansprüche nach § 115b) beziehen.4 2 Nach Abs. 1 Satz 2 hat der Gläubigerausschuss, sofern ein solcher bestellt worden ist (§§ 67 f. InsO) zuzustimmen, d.h. vorher einzuwilligen oder nachträglich zu genehmigen. 3 Außerdem hat nach Abs. 1 Satz 2 das Insolvenzgericht den Vergleich nach seinem Abschluss zu bestätigen. Es entscheidet auf Antrag des Insolvenzverwalters nach pflichtgemäßem Ermessen. Hierbei hat es insbesondere zu prüfen, ob die Interessen der Gläubiger ausreichend gewahrt sind. Sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen den Ablehnungsbeschluss ist nicht möglich (§ 6 Abs. 1 InsO). Nach Abs. 2 wird der Vergleich hinfällig, wenn das Mitglied mit seiner Erfüllung in 4 Verzug gerät, mit der Folge, dass die Rechtslage eintritt, die vor dem Vergleichsabschluss bestanden hat. Der Verzugseintritt richtet sich nach § 286 BGB. Die Rechtsfolgen treten auch dann ein, wenn das Mitglied nur mit einem Teil seiner Leistung in Verzug gerät.5 1
§ 113 Zusatzberechnung § 113 Zusatzberechnung (1) Soweit infolge des Unvermögens einzelner Mitglieder zur Leistung von Beiträgen der zu deckende Gesamtbetrag nicht erreicht wird oder auf Grund des auf eine Anfechtungsklage ergehenden Urteils oder aus anderen Gründen die Berechnung abzuändern ist, hat der Insolvenzverwalter eine Zusatzberechnung auf-
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1 Vgl. hierzu Müller GenG § 112a Rdn. 2. 2 BerlKomm/Hunscha § 112a Rdn. 2. 3 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 112a Rdn. 1; Müller GenG § 112a Rdn. 2. 4 Müller GenG § 112a Rdn. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 112a Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 112a Rdn. 2. 5 Müller GenG § 112a Rdn. 6.
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Nachschussberechnung | § 114
zustellen. Die Vorschriften der §§ 106 bis 112a gelten auch für die Zusatzberechnung. (2) Die Aufstellung einer Zusatzberechnung ist erforderlichenfalls zu wiederholen. Die Zusatzberechnung kommt in Betracht, wenn die nach der Vorschussberech- 1 nung (§ 106) aufzubringenden Beträge nicht vollständig1 eingehen, so dass sich gegenüber der Vorschussberechnung ein Fehlbetrag ergibt. Eine Zusatzberechnung ist auch dann vorzunehmen, wenn sich herausstellt, dass noch weitere Mitglieder vorhanden sind. Sie ist des Weiteren vorzunehmen, wenn die Insolvenzbilanz, die der Zusatzberechnung zugrunde gelegt wurde, unrichtig ist.2 Für die Zusatzberechnung gelten die Vorschriften der §§ 106 bis 112a. Der Insol- 2 venzverwalter ist zu ihrer Aufstellung verpflichtet. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn anzunehmen ist, dass die Zusatzberechnung nur zu einer unwesentlichen Änderung der Vorschussberechnung führen würde.3 Wie in Abs. 2 vorgesehen ist, sind nach der Zusatzberechnung weitere Zusatzbe- 3 rechnungen vorzunehmen, wenn dies unter den in Rdn. 1 genannten Voraussetzungen erforderlich wird. Dauert das Insolvenzverfahren über das Ende des Geschäftsjahres hinaus, ist keine weitere Bilanz aufzustellen; es verbleibt bei den von der Gläubigerversammlung ggf. beschlossenen Berichten (§ 103 Rdn. 6) und den evtl. Zusatzberechnungen.
§ 114 Nachschussberechnung § 114 Nachschussberechnung (1) Sobald mit dem Vollzug der Schlussverteilung nach § 196 der Insolvenzordnung begonnen wird oder sobald nach einer Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 der Insolvenzordnung die Insolvenzmasse verwertet ist, hat der Insolvenzverwalter schriftlich festzustellen, ob und in welcher Höhe nach der Verteilung des Erlöses ein Fehlbetrag verbleibt und inwieweit er durch die bereits geleisteten Nachschüsse gedeckt ist. Die Feststellung ist auf der Geschäftsstelle des Gerichts niederzulegen. (2) Verbleibt ein ungedeckter Fehlbetrag und können die Mitglieder zu weiteren Nachschüssen herangezogen werden, so hat der Insolvenzverwalter in Ergänzung oder Berichtigung der Vorschussberechnung und der zu ihr etwa ergangenen Zusätze zu berechnen, wie viel die Mitglieder nach § 105 an Nachschüssen zu leisten haben (Nachschussberechnung). (3) Die Nachschussberechnung unterliegt den Vorschriften der §§ 106 bis 109, 111 bis 113, der Vorschrift des § 106 Abs. 2 mit der Maßgabe, dass auf Mitglieder, deren Unvermögen zur Leistung von Beiträgen sich herausgestellt hat, Beiträge nicht verteilt werden.
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1 Wegen Zahlungsunfähigkeit einzelner Mitglieder, erfolgreicher Anfechtungsklagen oder Rechenfehler. 2 Müller GenG § 113 Rdn. 1; a.A. Beuthien GenG § 113 Rdn. 1, der diesen Fehler erst durch die Nachschussberechnung nach § 114 berichtigen will. 3 Gutherz S. 42.
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§ 114 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Feststellung des Fehlbetrags | 2–4
III. IV.
Nachschussberechnung | 5 Verfahren | 6
I. Allgemeines 1
Die derzeitige Fassung des § 114 beruht auf der VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Genossenschaftsrechts vom 7.8.1941,1 durch die das früher umständliche Verfahren zur Berechnung und Einziehung der Nachschüsse vereinfacht worden ist; es ist nicht in jedem Falle eine Nachschussberechnung aufzustellen.2 Gem. § 6 des handelsrechtlichen Bereinigungsgesetzes vom 18.4.19503 bleibt § 114 in seiner derzeitigen Fassung auch weiterhin in Kraft. Zusätzlich zum Fall des Beginns der Schlussverteilung ist durch die Insolvenzrechtsreform der Fall des § 208 InsO (Masseunzulänglichkeit) für die Nachschussberechnung aufgenommen worden. II. Feststellung des Fehlbetrags
§ 114 Abs. 1 geht davon aus, dass sich häufig erst nach Abschluss der Verwertung der Insolvenzmasse, also mit dem Beginn der Schlussverteilung nach § 196 InsO, der tatsächliche Fehlbetrag feststellen und daher übersehen lässt, wie viel die Mitglieder endgültig an Nachschüssen zu leisten haben, da die Vorschuss- und Zusatzberechnungen lediglich auf Schätzungen beruhen. Der Insolvenzverwalter hat zunächst schriftlich festzustellen, ob und in welcher Höhe nach der Verteilung des Erlöses ein Fehlbetrag verbleibt und inwieweit er durch die bereits geleisteten Nachschüsse gedeckt ist. Die Fehlbetragsfeststellung tritt an die Stelle der der Vorschussberechnung zugrunde liegenden Schätzungen; sie soll endgültige Zahlen setzen, die als Grundlage für die Beendigung des Insolvenzverfahrens dienen können. Diese Feststellung ist der Offenkundigkeit halber auf der Geschäftsstelle des Gerichts niederzulegen, damit die Betroffenen sich vom Ergebnis der bisherigen Durchführung des Insolvenzverfahrens unterrichten können. Der Insolvenzverwalter hat diese Feststellungen auch zu treffen bei Anzeige der 3 Masseunzulänglichkeit, bei der eine Schlussverteilung nicht stattfindet.4 4 Die Fehlbetragsfeststellung gibt Aufschluss darüber, ob überhaupt ein Grund dazu besteht, von den Mitgliedern weitere Nachschüsse zu fordern. Wenn nämlich der nach der Verwertung der Insolvenzmasse endgültig festgestellte Fehlbetrag schon durch die aufgrund der Vorschussberechnung eingezogenen Nachschüsse gedeckt ist, besteht kein Anlass mehr, von den Mitgliedern weitere Beiträge zu verlangen. In solchen Fällen kann daher von einer Nachschussberechnung abgesehen werden. Die Feststellung ist auch dann abzugeben, wenn kein Fehlbetrag besteht. 2
III. Nachschussberechnung 5
Eine Nachschussberechnung ist nur noch dann vorzunehmen, wenn ein ungedeckter Fehlbetrag verbleibt und die Möglichkeit besteht, die Mitglieder zu weiteren Nachschüssen heranzuziehen, weil z.B. die Haftsummen noch nicht ausgeschöpft und die Mitglieder noch vermögend sind. In allen anderen Fällen bleibt es bei der schriftlichen Feststellung
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RGBl. I, 482. Vgl. Menard DJ 1941, 865. BGBl. I, 90. Beuthien GenG § 114 Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 114 Rdn. 1.
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Nachtragsverteilung | § 115
des Insolvenzverwalters und deren Niederlegung auf der Geschäftsstelle des Gerichts (Abs. 1). Soweit eine Nachschussberechnung aufzustellen ist, ist daneben auch noch die schriftliche Feststellung nach Abs. 1 anzufertigen und bei Gericht niederzulegen; Nachschussberechnung und schriftliche Feststellung können miteinander verbunden werden.5 IV. Verfahren Das Verfahren entspricht dem der Vorschuss- und Zusatzberechnung;6 deshalb 6 wird in Abs. 3 auf die §§ 106 bis 109, 111 bis 113 verwiesen (vgl. die dortigen Erläuterungen). Allerdings sind unvermögende Mitglieder in die Berechnung nicht aufzunehmen; der auf sie entfallende Betrag ist sofort auf die vermögenden Mitglieder bis zur Höhe ihrer Nachschusspflicht zu verteilen. Ein Mitglied kann keine Einwendungen erheben, mit denen es in Bezug auf die Vorschussberechnung ausgeschlossen ist.7
§ 115 Nachtragsverteilung § 115 Nachtragsverteilung (1) Der Insolvenzverwalter hat, nachdem die Nachschussberechnung für vollstreckbar erklärt ist, unverzüglich den gemäß § 110 vorhandenen Bestand und, so oft von den noch einzuziehenden Beiträgen hinreichender Bestand eingegangen ist, diesen im Wege der Nachtragsverteilung nach § 203 der Insolvenzordnung unter die Gläubiger zu verteilen. Soweit es keiner Nachschussberechnung bedarf, hat der Insolvenzverwalter die Verteilung unverzüglich vorzunehmen, nachdem die Feststellung nach § 114 Abs. 1 auf der Geschäftsstelle des Gerichts niedergelegt ist. (2) Außer den Anteilen auf die in §§ 189 bis 191 der Insolvenzordnung bezeichneten Forderungen sind zurückzubehalten die Anteile auf Forderungen, welche im Prüfungstermin von dem Vorstand ausdrücklich bestritten worden sind. Dem Gläubiger bleibt überlassen, den Widerspruch des Vorstands durch Klage zu beseitigen. Soweit der Widerspruch rechtskräftig für begründet erklärt wird, werden die Anteile zur Verteilung unter die übrigen Gläubiger frei. (3) Die zur Befriedigung der Gläubiger nicht erforderlichen Überschüsse hat der Insolvenzverwalter an die Mitglieder zurückzuzahlen.
I. II.
Systematische Übersicht Verteilung | 1–2 Zurückbehaltung | 3–4
III.
Zurückzahlung | 5–6
I. Verteilung Nach § 187 InsO erfolgen Abschlagsverteilungen bereits dann, wenn genügend bare 1 Masse vorhanden ist. Abs. 1 Satz 1 enthält eine Abweichung von § 187 InsO, weil nämlich die Verteilung der aus Vorschüssen und Nachschüssen gebildeten Masse bis nach Vollstreckbarkeitserklärung der Nachschussberechnung hinausgeschoben ist; diese zeitliche Beschränkung gilt nicht für die Verteilung der eigentlichen Insolvenzmasse. Die Bestimmung bezieht sich nur auf die im Vorschuss- und Nachschussverfahren eingezo-
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5 Menard DJ 1941, 865. 6 BerlKomm/Hunscha § 114 Rdn. 3. 7 Müller GenG § 114 Rdn. 12; zu weiteren Verfahrenseinzelheiten vgl. Müller GenG § 114 Rdn. 6 ff.; zu einem Nachschussberechnungsmuster siehe Beuthien GenG § 114 Rdn. 4.
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§ 115 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
genen Beträge, nicht aber auf Abschlagsverteilungen aus dem sonstigen Vermögen der eG; für die Verteilung sind maßgebend die Bestimmungen der InsO (dort §§ 53, 54, 55, 209) über Nachtragsverteilung und die Reihenfolge der Befriedigung. Die Grundlage bildet das Schlussverzeichnis. Abs. 2 Satz 2 dient der Vereinfachung der Berechnung und Einziehung der Nach2 schüsse. Da die Vollstreckbarkeitserklärung der Nachschussberechnung nach der früheren Regelung die Voraussetzung für die Nachtragsverteilung unter die Insolvenzgläubiger bildete, musste eine Sonderregelung für die Fälle getroffen werden, in denen die Nachschussberechnung auf Grund der neuen Fassung des § 114 nunmehr entfällt. Gem. § 6 des handelsrechtlichen Bereinigungsgesetzes vom 18.4.19501 bleibt § 115 in seiner derzeitigen Fassung auch weiterhin in Kraft. II. Zurückbehaltung Ein Teil der im Schlussverzeichnis enthaltenen Forderungen ist nicht zu bedienen, sondern die auf sie entfallenden Anteile sind nach § 189 InsO zurückzubehalten und zu hinterlegen. Außerdem sind zurückzubehalten die Forderungsanteile, denen im Prüfungstermin der Vorstand bzw. die Liquidatoren widersprochen haben. Es handelt sich hier um ein Recht, das über die InsO hinausgeht (dort haben nur Insolvenzverwalter und Gläubiger ein Widerspruchsrecht). Der Gläubiger einer bestrittenen Forderung, muss, wenn er seine Forderung aner4 kannt haben will, Klage gegen die eG, vertreten durch den Vorstand oder die Liquidatoren, erheben (nicht gegen den Insolvenzverwalter). Das Urteil wirkt für und gegen die Nachschussmasse, nicht auch für und gegen die eigentliche Insolvenzmasse. Die Klage zielt allein darauf, den Widerspruch für begründet oder unbegründet zu erklären. Verliert die eG den Prozess, so sind die Prozesskosten Massekosten; der zurückbehaltene Anteil ist an den obsiegenden Kläger auszuschütten. Gewinnt die eG, wird der zurückbehaltene Anteil für die übrigen Gläubiger frei. 3
III. Zurückzahlung Die Zurückzahlung erfolgt als Teil des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter. Nach welchem Schlüssel die Verteilung zu erfolgen hat, sagt das Gesetz nicht. Die Ansichten hierüber gehen auseinander.2 Als erstes dürften die Ansprüche nach § 115d Abs. 2 zu befriedigen sein. Sodann sind aus den Überschüssen diejenigen Mitglieder, die nach § 105 Abs. 4 Satz 1 freiwillig mehr als von ihnen geschuldet gezahlt haben, wegen dieser Beträge zu befriedigen. Danach sind die Erstattungen nach § 105 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 87a Abs. 2 zu leisten.3 Der dann noch verbleibende Überschuss wird nach dem Grundsatz der gleichmäßi6 gen Behandlung der Mitglieder (Erl. zu § 18) in erster Linie jeweils an die Mitglieder zurückzuzahlen sein, welche die höchsten Nachschüsse geleistet haben, bis unter diesen ein Ausgleich hergestellt ist.4 5
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1 BGBl. I S. 90. 2 Vgl. die Darstellung des Streitstands bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 115 Rdn. 13. 3 Wie hier Beuthien GenG § 115 Rdn. 5; Müller GenG § 115 Rdn. 7; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 115 Rdn. 13. 4 Paulick § 33 Abschn. VIII. 3d; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 115 Rdn. 13; Beuthien GenG § 115 Rdn. 5 unter Darstellung der abweichenden Meinungen von Deumer S. 405 und Waldecker S. 319; ähnlich Müller GenG § 115 Rdn. 7, der entsprechend § 105 Abs. 2 verteilen will.
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Abschlagsverteilung der Nachschüsse | § 115a
§ 115a Abschlagsverteilung der Nachschüsse § 115a Abschlagsverteilung der Nachschüsse (1) Nimmt die Abwicklung des Insolvenzverfahrens voraussichtlich längere Zeit in Anspruch, so kann der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn ein solcher bestellt ist, und des Insolvenzgerichts die nach § 110 eingezogenen Beträge schon vor dem in § 115 Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkt im Wege der Abschlagsverteilung nach den §§ 187 bis 195 der Insolvenzordnung an die Gläubiger verteilen. Eine Abschlagsverteilung soll unterbleiben, soweit nach dem Verhältnis der Schulden zu dem Vermögen mit einer Erstattung eingezogener Beträge an Mitglieder nach § 105 Abs. 4 oder § 115 Abs. 3 zu rechnen ist. (2) Sollte sich dennoch nach Befriedigung der Gläubiger ein Überschuss aus der Insolvenzmasse ergeben, so sind die zuviel gezahlten Beträge den Mitgliedern aus dem Überschuss zu erstatten. Die Vorschrift enthält eine ausgewogene Abwägung der Interessen der Gläubiger mit den Interessen der nachschusspflichtigen Mitglieder. Eine Abschlagsverteilung ist nur bei einer Insolvenz zulässig, dessen Abwicklung „voraussichtlich längere Zeit“ in Anspruch nehmen wird. Dies dürfte in der Regel eine Insolvenz sein, dessen Abwicklung voraussichtlich länger als ein Jahr dauern wird:1 In diesem Fall sind keine weiteren Bilanzen aufzustellen; es bleibt bei den von der Gläubigerversammlung ggf. beschlossenen Berichten. Eine Abschlagsverteilung aus den erbrachten Nachschüssen darf nur erfolgen, soweit nach dem Verhältnis der Schulden zum Vermögen der eG anzunehmen ist, dass keine Erstattung der eingezogenen Beträge an die Mitglieder in Betracht kommt, denn zur Befriedigung der Gläubiger soll in erster Linie die Insolvenzmasse im engeren Sinne verwendet werden. Die Abschlagsverteilung darf nur erfolgen, wenn das Insolvenzgericht und der Gläubigerausschuss vorher zustimmen, d.h. einwilligen. Nachträgliche Zustimmung lässt jedoch regelmäßig Folgen des pflichtwidrigen Verhaltens des Insolvenzverwalters entfallen, sonst Haftung nach § 60 InsO für die ungenehmigte, im Außenverhältnis aber wirksame Abschlussverteilung. Die Genehmigung kann vom Insolvenzverwalter gleichzeitig bei beiden Stellen oder auch nacheinander eingeholt werden. Möglichst sollte zunächst die Zustimmung des Gläubigerausschusses, wenn erforderlich, eingeholt werden. Dies erspart dem Gericht eine zwar nicht notwendige, aber ggf. erwünschte Anhörung des Gläubigerausschusses. Auch braucht das Gericht nicht mehr tätig zu werden, wenn bereits der Gläubigerausschuss abgelehnt hat.2 Sie wird regelmäßig zu erteilen sein, wenn die Voraussetzungen des § 115a Abs. 1 erfüllt sind. Der Insolvenzverwalter hat gegen die Versagung der Einwilligung des Gerichts keine sofortige Beschwerde (§ 6 Abs. 1 InsO); Gläubiger und Mitglieder haben keine Rechtsmittel. Ergibt sich nach Befriedigung der Gläubiger ein Überschuss aus der Insolvenzmasse, tritt dieser an die Stelle der zu viel eingezogenen Nachschüsse; diese sind ähnlich wie nach § 115 Abs. 3 an die Mitglieder auszuzahlen. Hierbei gelten die gleichen Verteilungsmaßstäbe wie bei § 115 (vgl. die dortigen Erläuterungen). Ein Masseüberschuss, der
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1 Ebenso Bauer Genossenschafts-Handbuch § 115a Rdn. 4; enger Müller GenG § 115a Rdn. 1, der eine „längere Zeit“ bereits annimmt, wenn die Schlussverteilung nicht unmittelbar bevorsteht; ähnlich Beuthien GenG § 115a Rdn. 2, der darauf abstellt, dass die Schlussverteilung nicht alsbald bevorsteht. 2 Beuthien GenG § 115a Rdn. 3.
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§ 115b | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
die zu viel gezahlten Nachschüsse übersteigt, ist nicht nach § 115a Abs. 2, sondern nach §§ 90 ff. zu verteilen.
§ 115b Nachschusspflicht ausgeschiedener Mitglieder § 115b Nachschusspflicht ausgeschiedener Mitglieder Sobald mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die in § 105 Abs. 1 bezeichneten Insolvenzgläubiger auch nicht durch Einziehung der Nachschüsse von den Mitgliedern Befriedigung oder Sicherstellung erlangen, sind die hierzu erforderlichen Beiträge von den innerhalb der letzten achtzehn Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahren ausgeschiedenen Mitgliedern, welche nicht schon nach § 75 oder § 76 Abs. 4 der Nachschusspflicht unterliegen, nach Maßgabe des § 105 zur Insolvenzmasse zu leisten. 1
Die derzeitige Fassung des § 115b beruht auf der VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des GenG vom 7.8.1941 (RGBl. I, 482), durch die das früher umständliche Verfahren zur Berechnung und Einziehung der Nachschüsse vereinfacht worden ist (s. Erl. zu § 114). Gem. § 6 des handelsrechtlichen Bereinigungsgesetzes vom 18.4.19501 bleibt § 115b in seiner derzeitigen (inhaltlichen) Fassung auch weiterhin in Kraft. Die früher vorgeschriebene Wartefrist von drei Monaten für die Inanspruchnahme der innerhalb der letzten achtzehn Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeschiedenen Mitglieder, die von der Vorschuss- und Zusatzberechnung noch nicht erfasst worden sind, ist beseitigt worden. 2 Diese ehemaligen Mitglieder trifft eine subsidiäre Nachschusspflicht. Sie sind dann verpflichtet, Nachschüsse zu erbringen, sobald mit Sicherheit (d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) anzunehmen ist, dass die Insolvenzgläubiger sonst keine Befriedigung oder Sicherstellung erlangen. Die Beweislast hierfür hat der Insolvenzverwalter. Dies ist insb. gegeben, wenn die gegenwärtigen Mitglieder ihre Nachschusspflicht erfüllt haben. 3 § 115b gilt für die Mitglieder, die länger als 6 Monate vor Auflösung/Insolvenzeröffnung der eG aus dieser ausgeschieden sind, jedoch nicht länger als achtzehn Monate vor Insolvenzeröffnung.2 Mitglieder, die innerhalb der letzten sechs Monate vor Auflösung aus der eG ausgeschieden sind, haften nach §§ 75, 105: Ihr Ausscheiden gilt als nicht erfolgt, sie haften primär. Ebenfalls unterliegen nicht der subsidiären Haftung nach § 115b diejenigen, die durch Übertragung des Geschäftsguthabens nach § 76 ausgeschieden sind: Diese haften nach § 76 Abs. 4 subsidiär für die von den Erwerbern nicht erbrachten Nachschüsse. Ist der Erwerber ebenfalls innerhalb des Zeitraums von 6 bis 18 Monaten ausgeschieden, so ist – da auch der Veräußerer innerhalb der ersten 6 Monate ausgeschieden ist – nach dem Gesetzeswortlaut des § 115b dieser ebenfalls zur subsidiären Haftung heranzuziehen, in analoger Anwendung des § 76 Abs. 4 jedoch nur in Höhe des bei dem Erwerber eintretenden Ausfalls.3 Wurde erst nach Ausscheiden von Mitgliedern die Nachschusspflicht eingeführt 4 oder erweitert, so wirkt diese Satzungsänderung nicht gegenüber diesen Mitgliedern;
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1 BGBl. I S. 90. 2 Die Vorschrift ist im Übrigen keine Verjährungsvorschrift, sondern bestimmt durch die Zeitangabe lediglich den Kreis der Mitglieder, denen gegenüber der Insolvenzverwalter eine Nachschusspflicht geltend machen kann, vgl. OLGR Schleswig, 2007, 102 ff. = ZIP 2007, 432. 3 So auch Beuthien GenG § 115b Rdn. 1.
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Einziehung und Erstattung von Nachschüssen | § 115d
diese haben nur die Nachschüsse zu erbringen, zu denen sie zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens verpflichtet waren (§ 22a Abs. 2). Wurde hingegen nach ihrem Ausscheiden die Nachschusspflicht herabgesetzt, gilt dieses auch zugunsten der ausgeschiedenen Mitglieder, da diese andernfalls schlechter gestellt wären als die in der eG verbliebenen Mitglieder.4 § 115 b gilt auch für die Kündigung einzelner Geschäftsanteile nach § 67b.5 5 Diese ehemaligen Mitglieder werden mit Hilfe einer besonderen Nachschussbe- 6 rechnung (§ 115c) herangezogen. Auch dieses Nachschussverfahren gegen die Ausgeschiedenen ist ein Teil des Insolvenzverfahrens, für das insb. § 105 gilt (vgl. die Erl. zu § 105).
§ 115c Beitragspflicht ausgeschiedener Mitglieder (1) Der Insolvenzverwalter hat unverzüglich eine Berechnung über die Beitragspflicht der ausgeschiedenen Mitglieder aufzustellen. (2) In der Berechnung sind die ausgeschiedenen Mitglieder namentlich zu bezeichnen und auf sie die Beiträge zu verteilen, soweit nicht das Unvermögen einzelner zur Leistung von Beiträgen vorauszusehen ist. (3) Im Übrigen finden die Vorschriften in § 106 Abs. 3, §§ 107 bis 109, 111 bis 113 und 115 entsprechende Anwendung. Muss auf die Nachschusspflicht der Mitglieder zurückgegriffen werden, die länger 1 als sechs Monate, aber nicht länger als achtzehn Monate vor Insolvenzeröffnung ausgeschieden sind (§ 115b), so ist für diese subsidiär haftenden Mitglieder eine besondere Nachschussberechnung aufzustellen. Auf diese Berechnung finden nach Abs. 3 die allgemeinen Vorschriften über die Vorschuss-, Zusatz- und Nachschussberechnungen Anwendung (vgl. die dortigen Erl.).
§ 115d Einziehung und Erstattung von Nachschüssen § 115d Einziehung und Erstattung von Nachschüssen (1) Durch die Vorschriften der §§ 115b, 115c wird die Einziehung der Nachschüsse von den in der Genossenschaft verbliebenen Mitgliedern nicht berührt. (2) Aus den Nachschüssen der verbliebenen Mitgliedern sind den ausgeschiedenen Mitgliedern die von diesen geleisteten Beiträge zu erstatten, sobald die § 105 Abs. 1 bezeichneten Insolvenzgläubiger vollständig befriedigt oder sichergestellt sind. Wenn sich herausstellt, dass von den in der eG verbliebenen Mitgliedern noch Nach- 1 schüsse eingezogen werden können, sind diese auf jeden Fall einzuziehen, da die ausgeschiedenen Mitglieder nur subsidiär haften.1
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4 Müller GenG § 115b Rdn. 4; Beuthien GenG § 115b Rdn. 1. 5 Wegen der Begründung vgl. § 75 Rdn. 1; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 115b Rdn. 5; a.A. Beuthien GenG § 115b Rdn. 1; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 115b Rdn. 2; Müller GenG § 115b Rdn. 2a. 1
Dies ergibt sich im Übrigen bereits aus § 115b.
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§ 116 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
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Die Erstattung nach Abs. 2 ist die Folge der subsidiären Nachschusspflicht: Ergibt sich, dass nach der Befriedigung der Gläubiger noch Vermögenswerte vorhanden sind, war offensichtlich die Heranziehung der subsidiär haftenden Mitglieder nicht erforderlich; diesen sind ihre Nachschussbeträge zu erstatten. Dies geschieht dem Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Mitglieder entsprechend zuerst an die ausgeschiedenen Mitglieder, die die höchsten Nachschüsse geleistet haben, bis unter diesen ein Ausgleich hergestellt ist (vgl. die Erl. zu § 115). Erst nach Erstattung der Nachschüsse an die ausgeschiedenen Mitglieder können 3 Erstattungen an die verbliebenen Mitglieder erfolgen (§§ 115 Abs. 3, 115a Abs. 2, 105 Abs. 4, vgl. jeweils die dortigen Erl.).
§ 115e Eigenverwaltung Ist gemäß § 270 oder § 271 der Insolvenzordnung die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Sachwalters angeordnet, so gelten die §§ 105 bis 115 d mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Insolvenzverwalters der Sachwalter tritt. An die Stelle des früheren Zwangsvergleichs ist in der Insolvenz der eG die Anordnung der Eigenverwaltung durch einen Sachwalter getreten. Es müssen die Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 InsO vorliegen. Nach § 271 InsO kann die Anordnung auf Antrag der Gläubigerversammlung auch noch nachträglich erfolgen. Die Eigenverwaltung beinhaltet, dass die Befugnisse und Zuständigkeit des Insol2 venzverwalters weitgehend dem Schuldner zugewiesen sind, der sie unter der Aufsicht eines Sachwalters ausübt. Im Nachschussverfahren nach §§ 105–115d GenG tritt hingegen der Sachwalter – und 3 nicht der Schuldner – an die Stelle des Insolvenzverwalters. Die Anordnung und Aufhebung der Eigenverwaltung wird ins Genossenschaftsregis4 ter eingetragen (§ 102 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 analog).1 1
§ 116 Insolvenzplan § 116 Insolvenzplan Die Vorschriften der Insolvenzordnung über den Insolvenzplan sind mit folgenden Abweichungen anzuwenden: 1. Ein Plan wird berücksichtigt, wenn er vor der Beendigung des Nachschussverfahrens beim Insolvenzgericht eingeht; 2. im darstellenden Teil des Plans ist anzugeben, in welcher Höhe die Mitglieder bereits Nachschüsse geleistet haben und zu welchen weiteren Nachschüssen sie nach der Satzung herangezogen werden könnten; 3. bei der Bildung der Gruppen für die Festlegung der Rechte der Gläubiger im Plan kann zwischen den Gläubigern, die zugleich Mitglieder der Genossenschaft sind, und den übrigen Gläubigern unterschieden werden;
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Beuthien GenG § 115e Rdn. 2; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 115e.
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Fortsetzung der Genossenschaft | § 117
4.
vor dem Erörterungstermin hat das Insolvenzgericht den Prüfungsverband, dem die Genossenschaft angehört, darüber zu hören, ob der Plan mit den Interessen der Mitglieder vereinbar ist.
Der Insolvenzplan ermöglicht ein Abweichen vom Insolvenzverfahren. Er kann Mittel der Sanierung oder der Zerschlagung sein. Diese Vorschrift weicht von den §§ 217 ff. InsO ab. Im Hinblick auf den Einzug von Nachschüssen nach dem Schlusstermin und der Nachtragsverteilung (§ 115) kann der Insolvenzplan bei eG mit Nachschussverpflichtung für die Mitglieder bis zur Beendigung des Nachschussverfahrens vorgelegt werden. Nr. 2 erlaubt den Gläubigern eine Beurteilung, ob der Insolvenzplan wirtschaftlich vorteilhafter als das Insolvenzverfahren ist. Nr. 3 greift des Differenzierungsgedanken nach Gläubigergruppen (§ 222 InsO) auf und unterscheidet zwischen Gläubigern, die zugleich Mitglieder der eG sind, und den übrigen Gläubigern. Dies berücksichtigt die unterschiedliche Interessenlage, da Mitglieder aufgrund ihrer Nachschusspflicht gewichtigere Interessen haben.1 Nr. 4 eröffnet im Interesse aller Beteiligten den besonderen Erkenntnisstand des gesetzlichen Prüfungsverbandes. Auch hier wird die Besonderheit des genossenschaftlichen Prüfungssystems berücksichtigt.
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§ 117 Fortsetzung der Genossenschaft § 117 Fortsetzung der Genossenschaft (1) Ist das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt oder nach der Bestätigung eines Insolvenzplans, der den Fortbestand der Genossenschaft vorsieht, aufgehoben worden, so kann die Generalversammlung die Fortsetzung der Genossenschaft beschließen. Zugleich mit dem Beschluss über die Fortsetzung der Genossenschaft ist die nach § 6 Nr. 3 notwendige Bestimmung in der Satzung zu beschließen, ob die Mitglieder für den Fall, dass die Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Genossenschaft nicht befriedigt werden, Nachschüsse zur Insolvenzmasse unbeschränkt, beschränkt oder überhaupt nicht zu leisten haben. (2) Die Beschlüsse nach Abs. 1 bedürfen einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. Die Vorschriften des § 79a Abs. 2 bis 4 sind anzuwenden. (3) Die Fortsetzung der Genossenschaft ist zusammen mit dem Beschluss über die Nachschusspflicht der Mitglieder durch den Vorstand unverzüglich zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden. Die GV/VV kann die Fortsetzung der eG unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 1 beschließen. In Betracht kommen der Wegfall der Eröffnungsgrundes (§ 212 InsO), eine Einstellung mit Zustimmung der Gläubiger (§ 213 InsO) oder die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Bestätigung eines Insolvenzplans (§ 117 Abs. 1 S. 1 2. Alternative), nicht hingegen bei Abweisung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 26 InsO) bzw. bei Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 207 InsO).1 Der bestätigte In-
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Beuthien GenG § 116 Rdn. 5; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 116 Rdn. 4.
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Siehe Bauer Genossenschafts-Handbuch § 117 Rdn. 5 f. u. 11 ff.
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§ 118 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
solvenzplan wird rechtskräftig, wenn das Insolvenzverfahren durch Beschluss aufgehoben wird (§ 258 InsO). § 117 eröffnet im Interesse der Mitglieder wie der Gläubiger der eG die Möglichkeit, 2 weiterhin werbend tätig zu sein, wenn dies wirtschaftlich der sinnvollere Weg ist. Der notwendige GV/VV-Beschluss muss zugleich über die Nachschusspflichten (Abs. 1 Satz 2) beschließen. Die Vorschrift hat Warnfunktion; sie soll den Mitgliedern bewusst machen, dass für sie bei einer erneuten Insolvenz wiederum eine Nachschusspflicht entstehen kann. Der Beschluss muss auch gefasst werden, wenn die bisherige in der Satzung enthaltene Nachschusspflicht entstehen soll. Da die Organe auch während des Insolvenzverfahrens im Amt bleiben (§ 101 Rdn. 3), müssen sie nicht erneut gewählt werden; sie erhalten wieder ihre alten Kompetenzen. Die in Abs. 2 enthaltene 3/4-Mehrheit ist zwingend. Die Satzung kann – wie in § 16 3 Abs. 3 S. 2 – darüber hinausgehende Erfordernisse vorsehen (siehe § 16 Rdn. 22 ff.). Die Verweisung auf § 79a Abs. 2–4 (Abs. 2 Satz 3) betont die Bedeutung des betreu4 enden Prüfungsverbandes. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn die Fortsetzung der eG in einem bestätigten Insolvenzplan vorgesehen ist und der Prüfungsverband Gelegenheit zur Äußerung gemäß § 116 Nr. 4 hatte.2 Der Prüfungsverband wird sich unter Bezugnahme auf die bereits durchgeführte Anhörung äußern; sie sollte inhaltlich nicht abweichen.
§ 118 Kündigung bei Fortsetzung der Genossenschaft § 118 Kündigung bei Fortsetzung der Genossenschaft Wird die Fortsetzung der Genossenschaft gemäß § 117 beschlossen, kann kündigen 1. jedes in der Generalversammlung erschienene Mitglied, wenn es gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat oder wenn die Aufnahme seines Widerspruchs in die Niederschrift verweigert worden ist; 2. jedes in der Generalversammlung nicht erschienene Mitglied, wenn es zu der Generalversammlung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß angekündigt worden ist. Hat eine Vertreterversammlung die Fortsetzung der Genossenschaft beschlossen, kann jedes Mitglied kündigen; für die Vertreter gilt Satz 1. (2) Die Kündigung bedarf der Schriftform. Sie kann nur innerhalb eines Monats zum Schluss des Geschäftsjahres erklärt werden. Die Frist beginnt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 mit der Beschlussfassung, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 mit der Erlangung der Kenntnis von der Beschlussfassung. Ist der Zeitpunkt der Kenntniserlangung streitig, trägt die Genossenschaft die Beweislast. Im Fall der Kündigung wirkt der Beschluss über die Fortsetzung der Genossenschaft weder für noch gegen das Mitglied. (3) Der Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft ist unverzüglich in die Mitgliederliste einzutragen; das Mitglied ist hiervon unverzüglich zu benachrichtigen.
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2 Vgl. BerlKomm/Hunscha § 117 Rdn. 4; dagegen Beuthien GenG § 117 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 117 Rdn. 2.
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Kündigung bei Fortsetzung der Genossenschaft | § 118
(4) Für die Auseinandersetzung des ehemaligen Mitglieds mit der Genossenschaft ist die für die Fortsetzung der Genossenschaft aufgestellte Eröffnungsbilanz maßgeblich. Das Geschäftsguthaben des Mitglieds ist vorbehaltlich des § 8a Abs. 2 und des § 73 Abs. 4 binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft auszuzahlen; auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft hat es vorbehaltlich des § 73 Abs. 3 keinen Anspruch. Das außerordentliche Kündigungsrecht entspricht dem außerordentlichen Kündigungsrecht bei wesentlichen Änderungen (vgl. § 67a und die dortigen Erläuterungen). Voraussetzung ist, dass die Fortsetzung der eG nach § 117 GenG beschlossen worden ist. Die kündigenden Mitglieder können sich so evtl. einer weiteren Nachschusspflicht im Falle der erneuten Insolvenz der eG entziehen.1 Das Mitglied scheidet zum Ende des Geschäftsjahres aus. Dieser Zeitpunkt ist in die Mitgliederliste unverzüglich einzutragen; das Mitglied ist unverzüglich zu benachrichtigen. Für die Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs ist die für die Fortsetzung der eG aufgestellte Eröffnungsbilanz maßgeblich. Das Guthaben ist innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden auszuzahlen. Soweit die Satzung gem. § 8a Abs. 2 ein Mindestkapital festsetzt, darf dieses durch die Auszahlung nicht unterschritten werden. Anderenfalls hat die Auszahlung zu unterbleiben. Abs. 4 Satz 3 wurde durch das BilReG2 aufgehoben. Für die Verjährung des Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens gelten nunmehr die allgemeinen Verjährungsregeln des BGB, vgl. § 74.
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Beuthien GenG § 118 Rdn. 2. BGBl. 2004 I S. 3166.
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§ 118 | 7. Abschnitt. Insolvenzverfahren; Nachschusspflicht der Mitglieder
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Bestimmung der Haftsumme | § 119
ACHTER ABSCHNITT Haftsumme 8. Abschnitt. Haftsumme Holthaus/Lehnhoff
§ 119 Bestimmung der Haftsumme § 119 Bestimmung der Haftsumme Bestimmt die Satzung, dass die Mitglieder beschränkt auf eine Haftsumme Nachschüsse zur Insolvenzmasse zu leisten haben, so darf die Haftsumme in der Satzung nicht niedriger als der Geschäftsanteil festgesetzt werden. Die Vorschrift wurde neu gefasst durch Novelle 1973; sie entspricht dem früheren § 131 Abs. 1. Die frühere Vorschrift des § 131 Abs. 2 wurde inhaltlich in § 6 Nr. 3 übernommen.1 Die Nachschusspflicht der Mitglieder ist hier begrenzt durch die Höhe der in der Satzung bestimmten Haftsumme. Bis zu dieser Grenze können die Mitglieder nicht nur zur Leistung von Nachschüssen im Insolvenzfall, sondern u.U. auch beim Ausscheiden, nämlich im Fall des § 73 Abs. 2 Satz 4 in Anspruch genommen werden. Der sich aus der Satzung ergebende Betrag der Haftsumme darf nicht niedriger sein als der Geschäftsanteil; eine Grenze nach oben besteht nicht. Dieser Betrag muss für alle Mitglieder (und bei Koppelung an die Geschäftsanteile für alle Geschäftsanteile) gleich sein (absoluter Gleichbehandlungsgrundsatz, § 18 Rdn. 17). Eine unterschiedliche Nachschusspflicht der Mitglieder kann sich jedoch dadurch ergeben, dass eine verschiedene Anzahl von Geschäftsanteilen übernommen wird und dass die Haftsumme nicht auf den ersten Geschäftsanteil beschränkt ist (vgl. § 121 Satz 3). Solange das Insolvenzverfahren über das Vermögen der eG noch nicht eröffnet ist, ist die Haftsumme rechtlich nicht als Schuld – wegen fehlender Bestimmbarkeit auch nicht als aufschiebend bedingte – zu behandeln.2 Falls die Haftsumme in der Satzung höher festgelegt wird als der Geschäftsanteil, kann ein beliebiger Betrag gewählt werden. Dieser muss nicht ein Vielfaches des Geschäftsanteils betragen. § 119 erwähnt bei der Regelung der Haftsumme lediglich „Nachschüsse zur Insolvenzmasse“. Eine Verpflichtung zur Leistung von Nachschüssen besteht jedoch auch im Falle des § 73 Abs. 2 beim Ausscheiden einzelner Mitglieder. Wegen zusätzlicher Zahlungsverpflichtungen zur Abwendung der Insolvenz im Liquidationsstadium vgl. § 87a. Nach Auflösung der eG kann die Haftsumme nicht mehr erhöht werden (§ 87b), aber auch nicht mehr, da mit dem Wesen der Liquidation nicht vereinbar, herabgesetzt werden(vgl. § 87 Rdn. 4 und § 120 Rdn.6).3 Gleiches gilt im Insolvenzfall (§ 101 Rdn. 5).4 Im Liquidationsstadium – wie auch im Insolvenzfall – braucht ein Mitglied weitere Geschäftsanteile nicht mehr zu übernehmen, selbst wenn es nach der Satzung dazu verpflichtet war, diese Pflicht aber noch nicht erfüllt hat (vgl. ausführlich § 105 Rdn. 7 ff.). Damit entfällt auch eine an den Erwerb dieser Anteile geknüpfte Nachschusspflicht.5
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1 Höhe der Haftsumme muss in der Satzung bestimmt sein. 2 RGZ 85, 209; 123, 247 ff. 3 BerlKomm/Kern § 119 Rdn. 1.; a.A. Beuthien GenG § 120 Rdn. 2. 4 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 119 Rdn. 9; Beuthien GenG § 120 Rdn. 2; BerlKomm/ Kern § 119 Rdn. 1. 5 BGH BB 1978, 1134 ff. = DB 1978, 1777 = ZfgG 1978, 442 mit kritischer Anmerkung von Hadding ZfgG 1978, 447 ff. und Schaffland GF 10/1978, 32, 33; a.A. die Vorinstanz OLG Hamm BB 1978, 812; a.A. auch Beuthien GenG § 119 Rdn. 2 und § 105 Rdn. 6.
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§ 120 | 8. Abschnitt. Haftsumme
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Enthält die Gründungssatzung keine Regelung zur Nachschusspflicht oder ist die Haftsumme nicht klar festgelegt oder niedriger als der Geschäftsanteil, besteht aus Gründen des Gläubigerschutzes eine unbeschränkte Nachschusspflicht, wie sich aus der Formulierung des § 105 Abs. 1 ergibt („… es sei denn, dass das Statut die Nachschusspflicht ausschließt.“).6 Dies gilt auch bei geringen Mängeln.7 Ist die Satzungsbestimmung unklar oder setzt sie eine niedrigere Haftsumme als den Geschäftsanteil fest, sind dies Nichtigkeitsgründe i.S.d. § 94.8
§ 120 Herabsetzung der Haftsumme § 120 Herabsetzung der Haftsumme (1) Für die Herabsetzung der Haftsumme gilt § 22 Abs. 1 bis 3 sinngemäß. Das Recht nach§ 22 Absatz 2 Satz 1 steht den Gläubigern jedoch nur zu, wenn sie glaubhaft machen, dass durch die Herabsetzung der Haftsumme die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird. (2) Wird über das Vermögen der Genossenschaft mit herabgesetzter Haftsumme binnen zwei Jahren nach dem Tag, an dem die Eintragung der Haftsummenherabsetzung in das Genossenschaftsregister bekannt gemacht worden ist, das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist jedes Mitglied, dessen Nachschusspflicht durch die Herabsetzung der Haftsumme reduziert wurde, in der Höhe zu Nachschüssen verpflichtet, wie es vor Herabsetzung der Haftsumme zu leisten verpflichtet war. Die §§ 105 bis 115b sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass nur solche Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, die bereits im Zeitpunkt der Herabsetzung der Haftsumme begründet waren. I. Allgemeines 1
Abs. 1 Satz 1 entspricht dem früheren § 133. Wegen Einzelheiten vgl. § 22 Rdn. 1 ff. Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sind durch Art. 6 des Gesetzes zur Verringerung der Abhängigkeit von Ratings vom 10.12.20141 eingefügt worden. Sie wurden vorwiegend im Interesse der Kreditgenossenschaften eingefügt, die unter Erleichterungen ihre Haftsumme sollen herabsetzen können, da der Haftsummenzuschlag nur noch zeitlich begrenzt (bis zum 31.12.2021) als Ergänzungskapital anerkannt wird.2 Die Ergänzung gilt gleichwohl für alle eG. Vor dieser Ergänzung war unklar, ob die Gläubiger Sicherheitsleistung verlangen konnten, auch wenn die Erfüllung ihrer Ansprüche nicht gefährdet war (hierzu Erl. zu § 22 Rdn. 5 f.; vgl. auch zur entsprechenden Vorschrift für Verschmelzungen § 22 UmwG).
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6 Beuthien GenG § 119 Rdn. 3; BerlKomm/Kern § 119 Rdn. 1; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 119 Rdn. 4; Müller GenG § 119 Rdn. 3. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 119 Rdn. 19. 8 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 119 Rdn. 14 ff.; BerlKomm/Kern § 119 Rdn. 1. 1 BGBl. I 2014, S. 2085. 2 § 64r Abs. 17 KWG als Übergangsvorschrift zur Aufhebung der Zuschlagsverordnung durch Art. 7 Abs. 1 des CRD IV-Umsetzungsgesetz vom 28.8.2013 (BGBl. I S. 3395) mit Wirkung zum 1.1.2014; vgl. auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/1774, S. 26.
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Herabsetzung der Haftsumme | § 120
II. Herabsetzung der Haftsumme Die Herabsetzung der Haftsumme ist stets Satzungsänderung (§ 16); 3/4-Mehrheit ist notwendig, sofern nicht die Satzung eine geringere Mehrheit vorsieht (§ 16 Abs. 4). Der Beschluss ist erst wirksam mit Eintragung im Genossenschaftsregister (§ 16 Abs. 6). Wird die Haftsumme herabgesetzt, so sind die Vorschriften des § 22 Abs. 1 bis 3 entsprechend anzuwenden: Das Gericht hat den wesentlichen Inhalt des GV/VV-Beschlusses im Zusammenhang mit der Eintragung der Satzungsänderung bekannt zu geben; den Gläubigern der eG ist unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Sicherheit zu leisten; Mitglieder der eG können sich auf die Herabsetzung der Haftsumme erst berufen, wenn die Bekanntmachung erfolgt ist und die Gläubiger, die sich rechtzeitig gemeldet haben, befriedigt oder sichergestellt sind. Gemäß der Ergänzung in Abs. 1 Satz 2 kann Sicherheit nur verlangt werden, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass die Erfüllung seiner Ansprüche durch die Herabsetzung gefährdet wird; diesen Kausalzusammenhang muss er nicht beweisen, sondern „schlüssig“ darlegen.3 Bestand die Gefährdung des Ausfalls schon vor der Herabsetzung, muss sie durch die Herabsetzung erhöht worden sein.4 Abs. 2 lässt binnen zwei Jahren die alte Nachschusspflicht wiederaufleben, allerdings nicht für neue, sondern nur für Verbindlichkeiten, die bereits vor diesen zwei Jahren bestanden (zu den sonstigen Fällen des Wiederauflebens siehe Erl. zu § 75 und § 76 Abs. 4). Im Übrigen gelten die §§ 105 bis 115b. Die Frist beginnt mit Eintragung der Satzungsänderung, die zur Herabsetzung der Haftsumme führt. Entsprechende Anwendung von § 22 Abs. 1 bis 3 auch, wenn nachträglich durch Satzungsänderung die Haftsumme auf den ersten Geschäftsanteil oder auf bestimmte Geschäftsanteile beschränkt wird. Keine Herabsetzung der Haftsumme, wenn im Zusammenhang mit der Zerlegung von Geschäftsanteilen die Haftsumme entsprechend angepasst wird (Beispiel: Geschäftsanteil vorher € 400; Haftsumme vorher je Geschäftsanteile € 400; nunmehr nach Zerlegung Geschäftsanteil € 200; Haftsumme je Geschäftsanteil € 200). In diesem Fall sind die Interessen der Gläubiger nicht beeinträchtigt, da sich am Gesamtumfang der Nachschusspflicht nichts ändert. Im Liquidationsstadium ist Herabsetzung der Haftsumme unzulässig, da mit dem Wesen der Liquidation nicht vereinbar (vgl. § 87 Rdn. 4).5 Gleiches gilt, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (s. Erl. § 105 Rdn. 5). Ein Beschluss über die Herabsetzung der Haftsumme unter den Betrag des Geschäftsanteils ist unzulässig und wäre – falls er gleichwohl gefasst wird – nichtig.6 Die Herabsetzung der Haftsumme war nach § 24 Abs. 1 Nr. 5 KWG a.F. der BaFin unverzüglich anzuzeigen. Diese Pflicht ist durch die Neufassung des § 24 Abs. 1 Nr. 5 KWG entfallen.
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3 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 120 Rdn. 8 f. 4 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 120 Rdn. 8 f.; zur entsprechenden Vorschrift im UmwG Lutter/ Grunewald UmwG, § 22 Rdn. 13. 5 Paulick S. 336 und 346; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 119 Rdn. 9, 13; Fandrich in Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs GenG § 119 Rdn. 3; a.A. Beuthien GenG § 120 Rdn. 2; KG JFG 11, 167 = JW 1933, 2461 mit Anm. Ruth. Auch das KG ging aber davon aus, dass jeder Beschluss daran gemessen werden muss, ob er der Durchführung der Liquidation dient und die Gläubiger nicht benachteiligt. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 120 Rdn. 5.
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§ 121 | 8. Abschnitt. Haftsumme
§ 121 Haftsumme bei mehreren Geschäftsanteilen § 121 Haftsumme bei mehreren Geschäftsanteilen Ist ein Mitglied mit mehr als einem Geschäftsanteil beteiligt, so erhöht sich die Haftsumme, wenn sie niedriger als der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile ist, auf den Gesamtbetrag. Die Satzung kann einen noch höheren Betrag festsetzen. Sie kann auch bestimmen, dass durch die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen eine Erhöhung der Haftsumme nicht eintritt. 1
§ 121 wurde neu gefasst durch Novelle 1973; er ersetzt den früheren § 135. Nach früherem Recht war mit jedem Geschäftsanteil eine Haftsumme verbunden, die mindestens die Höhe des Geschäftsanteils haben musste. Bestand eine Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen, so erhöhte sich die Haftsumme auf das entsprechend Vielfache der Anzahl der Geschäftsanteile. Nach § 121 Satz 1 tritt bei der Übernahme weiterer Geschäftsanteile nicht in jedem 2 Fall automatisch eine Erhöhung der Haftsumme entsprechend der Anzahl der übernommenen Geschäftsanteile ein. Die Haftsumme erhöht sich in diesem Fall nur, wenn sie niedriger ist als der Gesamtbetrag der übernommenen Geschäftsanteile. Falls z.B. der Geschäftsanteil 300 € beträgt und die Satzung die Haftsumme auf € 1.000 festlegt, ändert sich bei der Übernahme von insgesamt 3 Geschäftsanteilen die Haftsumme nicht. Es ist also nicht mit jedem Geschäftsanteil eine entsprechende Haftsumme verbunden. Dagegen würde bei Übernahme von insgesamt 4 Geschäftsanteilen die Haftsumme 4 × € 300, also € 1.200 betragen. Wenn, wie in der Praxis weitgehend üblich, die Satzung die Haftsumme in gleicher Höhe wie den Geschäftsanteil festsetzt, führt gem. § 121 Satz 1 jede zusätzliche Beteiligung mit einem Geschäftsanteil automatisch zu einer entsprechenden Erhöhung der einheitlichen Haftsumme. Nach § 121 Satz 2 kann die Satzung einen „noch höheren Betrag“ festsetzen. Bedeu3 tung hatte dies für Kreditgenossenschaften wegen des Haftsummenzuschlags nach der Zuschlagsverordnung. Bei Beteiligung mit einem Geschäftsanteil folgt Entsprechendes bereits aus § 119. § 121 Satz 2 meint den Fall, dass die Satzung ausdrücklich die Höhe der Haftsumme bei Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen regelt und zu einer Nachschusspflicht führt, die höher liegt als der Gesamtbetrag der übernommenen Geschäftsanteile. Beispiel: Geschäftsanteil beträgt € 300; die Haftsumme „für jeden“ Geschäftsanteil beträgt € 1.000 = Haftsumme insgesamt € 3.000. Bei Anknüpfung der Nachschusspflicht an eine Pflichtbeteiligung erweitert sich die Nachschusspflicht nicht bereits aufgrund der in der Satzung festgelegten Pflichtbeteiligung, sondern erst mit der Zulassung (früher mit Eintragung der weiteren (Pflicht-)Beteiligung in die Liste der Mitglieder).1 Gleiches gilt auch bei Beteiligung mit freiwilligen Geschäftsanteilen. Entgegen früherem Recht kann die Satzung nach § 121 Satz 3 nunmehr auch bestim4 men, dass die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen nicht zu einer Erhöhung der Haftsumme führt. Damit wird die Übernahme weiterer Geschäftsanteile und damit die Bildung von Eigenkapital erleichtert. Es kann durch die Satzung z.B. festgelegt werden, dass nur der erste übernommene Geschäftsanteil eines Mitglieds oder die Pflichtanteile2
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1 BGH BB 1978, 1134 ff. = DB 1978, 1777 ff. = ZfgG 1978, 442 ff. = WM 1978, 1005 mit Anmerkung Schaffland Genossenschaftsforum 10/1978, 32, 33 jeweils zum alten Recht – heute ist abzustellen auf die Zulassung durch die eG. 2 § 7a Abs. 2; vgl. Schaffland Genossenschaftsforum 4/1974, 40/41; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 121 Rdn. 3.
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mit einer entsprechenden Haftsumme verbunden sind; eine solche Regelung kann auch auf eine bestimmte Anzahl von übernommenen Geschäftsanteilen beschränkt werden.3 Haftsumme kann auch nachträglich durch Satzungsänderung (§ 16 Abs. 4) auf den 5 ersten Geschäftsanteil oder auf eine bestimmte Zahl von Geschäftsanteilen beschränkt werden. Für Gläubigerschutz gilt § 22 Abs. 1 bis 3 entsprechend (vgl. auch § 120 Rdn. 4). Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und damit unzulässig ist es, ein- 6 zelne Mitgliedsgruppen in der Satzung von der Nachschusspflicht vollständig freizustellen, obwohl im Übrigen eine Nachschusspflicht, ggf. beschränkt auf den ersten Geschäftsanteil, bestehen soll.
§§ 122–145 §§ 122–145 (Weggefallen.)
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3 Z.B. Haftsumme ist mit 3 Geschäftsanteilen verbunden, jedoch nicht mit weiteren Geschäftsanteilen, die von dem Mitglied übernommen werden. Die Satzungsregelung muss allerdings die Haftsummenbeschränkung ausdrücklich und eindeutig festlegen, OLG Brandenburg WM 2006, 2360.
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§§ 122–145 | 8. Abschnitt. Haftsumme
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Falsche Angaben und unrichtige Darstellung | § 147
NEUNTER ABSCHNITT Straf- und Bußgeldvorschriften 9. Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften Holthaus/Lehnhoff
§ 146 (Weggefallen.)
§ 147 Falsche Angaben und unrichtige Darstellung § 147 Falsche Angaben und unrichtige Darstellung (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Mitglied des Vorstands oder als Liquidator in einer schriftlichen Versicherung nach § 79a Abs. 5 Satz 2 über den Beschluss zur Fortsetzung der Genossenschaft falsche Angaben macht oder erhebliche Umstände verschweigt. (2) Ebenso wird bestraft, wer als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder als Liquidator 1. die Verhältnisse der Genossenschaft in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand, die Mitglieder oder die Haftsummen, in Vorträgen oder Auskünften in der Generalversammlung unrichtig wiedergibt oder verschleiert, wenn die Tat nicht in § 340m in Verbindung mit § 331 Nr. 1 oder Nr. 1a des Handelsgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist, 2. in Aufklärungen oder Nachweisen, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes einem Prüfer der Genossenschaft zu geben sind, falsche Angaben macht oder die Verhältnisse der Genossenschaft unrichtig wiedergibt oder verschleiert, wenn die Tat nicht in § 340m in Verbindung mit § 331 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist. Systematische Übersicht Allgemeines | 1–15 Täter | 16–24 Der objektive Tatbestand | 25–32 1. Unrichtige schriftliche Versicherungen gegenüber dem Registergericht (Abs. 1) | 25–28
I. II. III.
2.
IV. V.
Unrichtige Darstellungen, Auskünfte, Erklärungen oder Nachweise (Abs. 2) | 29 3. Sondertatbestand bei Kreditgenossenschaften | 30–32 Der subjektive Tatbestand | 33–34 Teilnehmer | 35
I. Allgemeines § 147 wurde neu gefasst aufgrund des Art. 18 Abs. 3 des Registerverfahrenbeschleu- 1 nigungsgesetzes v. 20.12.19931 durch die Bekanntmachung v. 19.8.19942 unter Hinweis auf die besonderen Strafvorschriften nach § 340 m i.V.m. § 331 Nr. 4 HGB für eG, die Kreditinstitute sind. Abs. 1 stellt die Abgabe falscher Versicherungen durch Vorstandsmitglieder und Liquidatoren unter Strafe. Bei falscher Angabe gegenüber Öffentlichkeit, GV/VV oder Prüfern können sich nach Abs. 2 auch Aufsichtsratsmitglieder strafbar machen.3
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BGBl. I S. 2182. BGBl. I S. 2202 f., 2225. Einzelheiten zu der Strafvorschrift des § 147: Wolf S. 31 ff.
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Für die Strafbarkeit gelten die allgemeinen Regeln des Strafrechts und der Strafprozessordnung. So kann als Täter nur bestraft werden, wer rechtswidrig und schuldhaft den im Gesetz definierten Straftatbestand erfüllt hat. Die Erfüllung der in § 147 genannten Straftatbestände ist schon deswegen rechtswidrig, weil das Gesetz sie mit Strafe bedroht. Rechtfertigungsgründe schließen die Rechtswidrigkeit aus. Solche Gründe sind bei den Tatbeständen des § 147 kaum vorstellbar. Auch ein Beschluss des Vorstands kann die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens i.S.v. § 147 nicht ausschließen.4 Die Schuld eines Täters wird erst dann relevant, wenn feststeht, dass er eine objektiv rechtswidrige Tat begangen hat. Schuldunfähig und daher nicht strafbar sind Personen unter 14 Jahren (§ 19 StGB). Die Schuldunfähigkeit kann auch in seelischen oder geistigen Störungen liegen (§ 20 StGB). Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz auch fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht (§ 15 StGB); im GenG sieht § 148 Abs. 2 Fahrlässigkeit bei einem Verstoß gegen § 33 Abs. 3 vor. Schuldhaftes Handeln ist ausgeschlossen, wenn ein entschuldigender Notstand i.S.v. § 35 StGB vorliegt. Kennt der Täter bei der Tat einen Umstand nicht, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt er nicht vorsätzlich (§ 16 StGB). Soweit Fahrlässigkeit bestraft wird, hat der Tatbestandsirrtum hinsichtlich des Vorwurfs der Fahrlässigkeit keinen Einfluss (§ 16 Abs. 1 Satz 2 StGB). Fehlt dem Täter bei der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, handelt er ohne Schuld, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte (sog. Verbotsirrtum, § 17 StGB). Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden (vgl. Rdn. 32). Als Strafe droht § 147 Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe an. Die Freiheitsstrafe beträgt mindestens einen Monat (§ 38 Abs. 2 StGB), die Geldstrafe mindestens fünf, höchstens 360 „Tagessätze“ (§ 40 Abs. 1 StGB), wenn im Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Den Tagessatz bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entsprechend dem Nettoeinkommen des Täters mit mindestens einem, höchstens € 30.000 (§ 40 Abs. 2 StGB). Da § 147 Geldstrafe nicht neben der Freiheitsstrafe vorsieht, kommt eine Bestrafung sowohl mit Freiheitsstrafe als auch mit Geldstrafe nur unter den Voraussetzungen des § 41 StGB in Betracht, wenn sich der Täter durch die Tat bereichert hat oder versucht hat, sich zu bereichern. Die Strafverfolgung wegen § 147 verjährt in 5 Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Wegen der Berechnung der Frist vgl. §§ 78a ff. StGB. Die Verjährung schließt die Verfolgung der Tat aus. Die Strafandrohung des § 147 gilt für eine jeweils vollendete Tat. Der Versuch ist gemäß § 23 StGB nicht strafbar, da es sich um Vergehen (§ 12 StGB) handelt und das Gesetz den Versuch nicht ausdrücklich mit Strafe bedroht (§ 23 Abs. 1 StGB). Dies gilt auch für die Tatbestände der §§ 148 ff. Im Fall des § 147 Abs. 1 ist die Tat mit Zugang der schriftlichen Versicherung beim Gericht vollendet,5 im Fall des Abs. 2 mit dem Vortrag oder der Auskunftserteilung in der GV/VV bzw. der Erklärung gegenüber dem Prüfer.
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Zutreffend Müller GenG § 147 Rdn. 11. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 147 Rdn. 13; zustimmend nun auch Beuthien GenG § 147 Rdn. 4.
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§ 147 ist Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der eG und der Mitglieder.6 13 Der Schutzzweck umfasst in einigen Teilen (insbes. § 147 Abs. 2 Nr. 1) auch Dritte, die mit der eG in Geschäftsverbindung treten wollen und somit ein Interesse an der richtigen Darstellung der Verhältnisse der eG haben. Der Schutzzweck gilt jedoch nicht z.B. gegenüber einem Dritten, an den eine von der eG erteilte Bankauskunft gelangt ist; die Bankauskunft hat nämlich eine eigene rechtliche Ausprägung erfahren. Ein Verstoß gegen § 147 kann somit – unter den Voraussetzungen von § 823 Abs. 2 14 BGB – Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats oder gegen Liquidatoren begründen. Zur persönlichen Haftung der Organmitglieder im Wege des Schadensersatzes s. Erl. 15 zu § 34 und § 41. II. Täter Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht (§ 25 StGB). Als Täter kommen für § 147 Abs. 1 nur Mitglieder des Vorstands oder Liquidatoren in Betracht, für § 147 Abs. 2 neben Vorstandsmitgliedern, Liquidatoren auch Mitglieder des Aufsichtsrats. Diese besonderen persönlichen Merkmale wirken strafbegründend im Sinne von § 28 StGB; § 147 ist insoweit echtes Sonderdelikt.7 Die persönlichen Merkmale müssen im Zeitpunkt der Tatverwirklichung gegeben sein, bei § 147 Abs. 1 also bei Abgabe der schriftlichen Versicherung, bei Abs. 2 zum Zeitpunkt des Vortrages, der Auskunft oder der Erklärung gegenüber dem Prüfer. Das Merkmal „Mitglied des Vorstands“ stellt nicht auf den wirksamen Anstellungsvertrag oder Bestellungsvorgang ab, sondern auf die tatsächliche Ausübung der Vorstandsfunktion,8 erfasst also auch faktische Vorstandsmitglieder (zu diesen § 24 Rdn. 66).9 Auf die Strafbarkeit ist es ohne Einfluss, ob es sich um hauptamtliche, nebenamtliche oder ehrenamtliche (zu ihrer Abgrenzung § 24 Rdn. 28 bis 36) Vorstandsmitglieder handelt. Stellvertretende Vorstandsmitglieder gehören dem Vorstand an (§ 35); sie unterliegen daher in vollem Umfang der Strafbarkeit gem. § 147. Gleiches gilt für solche Vorstandsmitglieder, die gem. § 37 vom Aufsichtsrat aus dessen Mitte in den Vorstand entsandt worden sind, wie auch für gerichtliche Notbestellungen in die Organe der eG. Da der objektive Tatbestand in Abs. 1 eine schriftliche Versicherung voraussetzt, kann nur derjenige Täter sein, der diese schriftliche Versicherung durch Unterzeichnung abgibt. Wer dagegen lediglich an dem Beschluss mitgewirkt hat, kommt als Anstifter oder Gehilfe in Betracht (s. unten, Rdn. 33).10 Hat ein Organmitglied bei der internen Willensbildung sich ordnungsgemäß verhalten, kommt dessen Strafbarkeit nicht in Betracht. Im Allgemeinen dürfte es strafrechtlich – im Gegensatz zu haftungsrechtlichen Gesichtspunkten (siehe § 34 Rdn. 41) – ausreichen, dass ein Organmitglied sich bei der Abstimmung dem Recht gemäß verhält. Das
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6 Vgl. RGZ 81, 269; 87, 306; BGH WM 1976, 498; BerlKomm/Herzberg § 147 Rdn. 4; Müller GenG § 147 Rdn. 39; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 119 Rdn. 28 bzgl. Abs. 2; a.A. Bauer GenossenschaftsHandbuch § 147 Rdn. 15 bzgl. Abs. 1. 7 Wegen der in Betracht kommenden Täter Wolf S. 22 ff. 8 Vgl. RGZ 152, 277; BGH DB 1966, 1349; Müller GenG § 147 Rdn. 3. 9 BGH NJW 2000, 2285; Beuthien GenG § 147 Rdn. 3. 10 Müller GenG § 47 Rdn. 13.
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Unterlassen weiterer Maßnahmen dürfte strafrechtlich im Allgemeinen nicht relevant sein,11 es sei denn, es besteht eine Pflicht zu handeln gem. § 13 StGB.12 Gem. § 83 Abs. 1 werden im Falle der Auflösung der eG alle Vorstandsmitglieder au23 tomatisch zu Liquidatoren, wenn nicht Satzung, GV/VV oder Gericht andere Personen bestellen. Dies gilt grundsätzlich auch für stellvertretende Vorstandsmitglieder (§ 35). Im Übrigen ist auch hier nicht die Wirksamkeit der Bestellung entscheidend, sondern die tatsächliche Ausübung der Funktion des Liquidators.13 Für die Strafbarkeit „als Mitglied des Aufsichtsrats“ gem. § 147 Abs. 2 gilt das für 24 Vorstandsmitglieder und Liquidatoren Gesagte entsprechend. Grundsätzlich kommt es auch hier auf die Ausübung der Amtsfunktion an; die Strafbarkeit bleibt aber auch hier bestehen, solange das Amt rechtlich noch besteht. III. Der objektive Tatbestand 1. Unrichtige schriftliche Versicherungen gegenüber dem Registergericht (§ 147 Abs. 1). Die Angaben sind „falsch“, wenn sie objektiv nicht den Tatsachen entsprechen. Das Verschweigen erheblicher Umstände ist dann strafbar, wenn es sich um Umstände handelt, die nach dem Gesetz für die abzugebende Versicherung bedeutsam sind.14 Wenn eine Versicherung überhaupt nicht abgegeben wird, kommt eine Strafbarkeit nach § 147 nicht in Betracht. Abs. 1 enthält eine Strafbestimmung nur für Mitglieder des Vorstands und für Liqui26 datoren; Mitglieder des Aufsichtsrats unterliegen nur der Strafvorschrift in den Fällen von Abs. 2. Der Wortlaut von Abs. 1 berücksichtigt die Änderungen des GenG durch das Re27 gisterverfahrensbeschleunigungsgesetz von 1993, so die Regelung, dass die Mitgliederliste nicht mehr vom Gericht geführt wird. Damit entfallen auch die entsprechenden Anmeldungen zum Gericht, so dass die frühere Strafandrohung für falsche Mitteilungen gegenüber dem Gericht gegenstandslos geworden ist. Abs. 1 stellt nur noch den Sachverhalt unter Strafe, dass in schriftlichen Versiche28 rungen gegenüber dem Gericht nach § 79a Abs. 5 Satz 2 falsche Angaben gemacht oder erhebliche Umstände verschwiegen werden. Die Vorschrift betrifft somit die Verpflichtung von Vorstand oder Liquidatoren, bei der Anmeldung, dass die aufgelöste eG fortgesetzt werden soll, zu versichern, dass der Beschluss der GV/VV zu einer Zeit gefasst ist, als noch nicht mit der Verteilung des Vermögens der eG unter die Mitglieder begonnen war. 25
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2. Unrichtige Darstellungen, Auskünfte, Erklärungen oder Nachweise (Abs. 2). Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats oder Liquidatoren machen sich strafbar 1. wenn sie die Verhältnisse der eG in irgendeiner Weise falsch darstellen oder verschleiern. Es ist hierbei ohne Bedeutung, an wen sich die Erklärung richtet. Auch Pressemitteilungen können unter den Straftatbestand fallen.15 Die falschen Darstellungen müssen sich namentlich auf das Vermögen der eG, die Mitglieder oder die Haftsummen beziehen. Strafbar sind auch falsche oder verschleiernde Darstellun-
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11 Zu weitgehend Müller GenG § 147 Rdn. 13, der Beihilfe annehmen möchte, wenn ein Organmitglied lediglich dagegen stimmt. 12 S. Beuthien GenG § 147 Rdn. 5. 13 So zutreffend Müller GenG § 147 Rdn. 4. 14 Vgl. Müller GenG § 147 Rdn. 9. 15 Müller GenG § 147 Rdn. 21.
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2.
gen oder Auskünfte in der GV/VV. In Betracht kommen hier insb. Bilanzen, Geschäftsberichte, Berichte von Vorstand und Aufsichtsrat. Die Verhältnisse werden unrichtig wiedergegeben, wenn die Äußerungen objektiv falsch sind; sie werden verschleiert, wenn die Äußerungen an sich objektiv richtig sind, die Art und Weise der Äußerung das Erklärte jedoch undeutlich machen und hierdurch zu einer unzutreffenden Beurteilung des Inhalts der Äußerung verführen soll. Strafbar sind weiter unrichtige oder verschleiernde Aufklärungen oder Nachweise gegenüber einem Prüfer der eG, die nach dem GenG zu geben sind. Hier kann auch ein Verschweigen zur Strafbarkeit führen, wenn eine Pflicht zur Erklärung besteht (vgl. insb. Erl. zu § 57).16 Der Straftatbestand von Abs. 2 Nr. 2 bezieht sich nicht nur auf Erklärungen und Nachweise gegenüber dem Prüfer während einer Prüfung, erfasst sind auch entsprechende Vorgänge in Zusammenhang mit Maßnahmen der Prüfungsverfolgung (zum Begriff: § 53 Rdn. 17).
3. Sondertatbestände bei Kreditgenossenschaften. In Abs. 2 Nr. 1 und 2 sind – für 30 die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bzw. die Liquidatoren von Genossenschaftsbanken – jeweils die Konkurrenzverhältnisse zu Strafvorschriften im HGB geregelt. In Nr. 1: Die unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse der Genossenschaftsbank wird nicht nach § 147 bestraft, sondern nach § 331 Nr. 1 HGB, wenn die dort beschriebenen Tatbestände erfüllt sind: Wenn Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats die Verhältnisse in Bilanzen, Berichten und Abschlüssen unrichtig wiedergeben oder verschleiern. In Nr. 2: Bestrafung nach § 331 Nr. 4 HGB, wenn Mitglieder des Vorstands einer Genossenschaftsbank gegenüber Prüfern unrichtige Angaben machen oder die Verhältnisse unrichtig wiedergeben oder verschleiern. § 331 HGB findet Anwendung durch Verweis in § 340m HGB. 31 Für Kreditgenossenschaften und WohneG mit Spareinrichtung gelten zusätzlich 32 Bußgeldvorschriften des KWG. Nach § 56 Abs. 2 Nr. 15 KWG können unrichtige, verspätete oder unvollständige Auskünfte gegenüber der BaFin unter bestimmten Voraussetzungen als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen bis zu € 100.000 geahndet werden (§ 56 Abs. 6 Nr. 4 KWG). Gleiches gilt nach § 56 Abs. 2 Nr. 11 KWG, wenn für die Aufsicht bedeutsame Unterlagen wie der Jahresabschluss, der Lagebericht oder der Prüfungsbericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig eingereicht werden. IV. Der subjektive Tatbestand Die Verwirklichung der Tatbestände des § 147 ist nur strafbar, wenn sie vorsätzlich 33 erfolgt (vgl. § 15 StGB). Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen von Handlung und Erfolg. Es genügt auch bedingter Vorsatz, wenn also der strafbare Erfolg billigend in Kauf genommen wird. Ein Tatbestandsirrtum17 schließt den Vorsatz und damit die Strafbarkeit aus. Dem Täter muss zum Zeitpunkt der Tat bewusst sein, dass er rechtswidrig handelt. Bei fehlendem Unrechtsbewusstsein kommt Verbotsirrtum i.S.v. § 17 StGB in Betracht: Der Täter bleibt straffrei, wenn der Irrtum unvermeidbar war. Hierauf werden sich Organmitglieder aber grundsätzlich nicht berufen können.
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RGSt 37, 433; 45, 210; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 147 Rdn. 19. Wenn der Täter irrtümlich annimmt, seine Angaben seien zutreffend.
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Handeln mehrere Organmitglieder gemeinschaftlich, sind sie Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB.18 V. Teilnehmer
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Während Täter der Straftatbestände des § 147 nur die im Gesetz genannten Organmitglieder bzw. die Liquidatoren sein können, kommen als Anstifter oder Gehilfen diese Personen wie auch Dritte in Betracht. Für Anstifter und Gehilfen müssen die besonderen persönlichen Merkmale, die beim Täter strafbegründend sind, nicht vorhanden sein. Täter nach Abs. 1 ist derjenige, der die schriftliche Versicherung abgibt, also mit unterzeichnet oder nach Abs. 2 die Erklärungen und Nachweise selbst abgibt; Anstifter oder Gehilfe kann auch derjenige sein, der bei der Willensbildung im Vorstand oder Aufsichtsrat mitwirkt, ohne die Erklärung zu unterzeichnen oder eine Erklärung nach außen abzugeben. Wegen der Begriffe der Anstiftung und Beihilfe vgl. die §§ 26, 27 StGB.
§ 148 Pflichtverletzung bei Verlust § 148 Pflichtverletzung bei Verlust (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen § 33 Abs. 3 die Generalversammlung nicht oder nicht rechtzeitig einberuft, oder eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet. (2) Handelt der Täter fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–5 Täter | 6 Der objektive Tatbestand | 7–13 1. Unterlassung der Einberufung der GV bei Verlusten gem. § 33 Abs. 3 | 7–10
2.
IV.
V.
Unterlassung des Insolvenzantrags gem. § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO | 11–13 Der subjektive Tatbestand | 14–15 1. Vorsatz | 14 2. Fahrlässigkeit | 15 Teilnehmer | 16
I. Allgemeines Die Vorschrift wurde durch MoMiG vom 23.10.20081 neugefasst. In Abs. 1 Nr. 2 fand sich früher die Strafbarkeit der Insolvenzverschleppung, die nun rechtsformneutral in § 15a InsO geregelt ist (s. Erl Rdn. 15 ff.). Hinsichtlich den allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen als Voraussetzungen 2 der Strafbarkeit kann auf die Erl. zu § 147 Rdn. 1 ff. verwiesen werden. Gegenüber den Straftatbeständen des § 147, die nur vorsätzliches Verhalten unter Strafe stellen, droht § 148 Abs. 2 auch für fahrlässiges Verhalten eine – geringere – Freiheitsstrafe oder Geldstrafe an.2 1
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Einzelheiten: Wolf S. 30. BGBl. I S. 2026. Einzelheiten zu § 148: Wolf S. 41.
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Pflichtverletzung bei Verlust | § 148
Es handelt sich um ein Unterlassungsdelikt, da das Gesetz konkrete Pflichten zum 3 Tätigwerden vorsieht. Als Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe vorgesehen; für fahrlässiges Handeln Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Der Versuch bleibt straffrei, da es sich um ein Vergehen handelt (vgl. § 23 Abs. 1 StGB). Bei vorsätzlicher Unterlassung i.S.v. § 148 Abs. 1 verjährt die Strafverfolgung in 4 5 Jahren (§ 78 Abs. 3 Ziff. 4 StGB), bei fahrlässiger Unterlassung gem. Abs. 2 in 3 Jahren (§ 78 Abs. 3 Ziff. 5 StGB). § 148 Abs. 1 ist Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB im Interesse der eG und ihrer 5 Mitglieder.3 II. Täter Da die Pflichten gem. § 33 Abs. 3 allein dem Vorstand obliegen, können sich auch 6 nur Mitglieder dieses Organs (hierzu § 147 Rdn. 18 bis 20) bei Unterlassungen strafbar machen.4 § 148 ist ein echtes Sonderdelikt. Mitglieder des Aufsichtsrats oder andere Personen (auch nicht Liquidatoren)5 unterliegen nicht der Strafdrohung des § 148, es sei denn, sie haben gem. §§ 26, 27 StGB dazu angestiftet oder Beihilfe geleistet.6 III. Der objektive Tatbestand 1. Unterlassung der Einberufung der GV bei Verlusten gem. § 33 Abs. 3. Gem. § 33 Abs. 3 hat der Vorstand unverzüglich die GV/VV einzuberufen und zu unterrichten, wenn sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt oder wenn bei pflichtgemäßem Ermessen anzunehmen ist, dass ein Verlust besteht, der durch die Hälfte des Gesamtbetrags der Geschäftsguthaben und durch die Rücklagen nicht gedeckt ist (wann dieser Tatbestand erfüllt ist, siehe § 33 Rdn. 46 bis 52). Da Strafbarkeit für den Vorstand nicht als Organ, sondern nur für einzelne Organmitglieder in Betracht kommt, ist darauf abzustellen, welche konkreten Pflichten den einzelnen Organmitgliedern obliegen. Das einzelne Organmitglied kann nicht die GV/VV einberufen; es ist daher lediglich verpflichtet, mit den ihm rechtlich und tatsächlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten im Vorstand (oder als Liquidator) darauf hinzuwirken, dass das Organ zur Einberufung der GV/VV tätig wird.7 Die entsprechende Unterrichtung der GV/VV ist allerdings auch durch einzelne Vorstandsmitglieder möglich, so dass Unterlassungen hier unmittelbar zur Strafbarkeit führen. Die Tat ist vollendet, wenn die Einberufung der GV/VV nicht unverzüglich veranlasst worden ist bzw. wenn nach Ablauf der GV/VV nicht die gebotene Unterrichtung der Mitglieder erfolgt ist.
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2. Unterlassung des Insolvenzantrags gem. § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Unter- 11 lassung der Stellung eines Insolvenzantrags war früher nach § 148 Abs. 1 Nr. 2 strafbar (s. Erl. Rdn. 1). Wie für die Stellung des Insolvenzantrags selbst (s. Erl. § 99) gelten nunmehr
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3 Vgl. BGHZ 29, 100; BGH NJW 1959, 624; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 148 Rdn. 4; Müller GenG § 148 Rdn. 10. Wegen Schadensersatz vgl. § 147 Rdn. 13. 4 So auch Beuthien GenG § 148 Rdn. 3. 5 In § 89 fehlt ein Verweis auf § 33 Abs. 3. 6 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 148 Rdn. 9. 7 Müller GenG § 148 Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 148 Rdn. 5.
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§ 150 | 9. Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften
auch für die Strafbarkeit wegen Unterlassung der Antragstellung die Regelungen der InsO. § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO verpflichtet den Vorstand bzw. die Liquidatoren, unverzüg12 lich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung das Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Antragspflicht gem. § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO obliegt den Vorstandsmitgliedern bzw. den Liquidatoren. Zu den Voraussetzungen siehe § 99 Rdn. 2 ff. § 46b Satz 4 KWG ermächtigt allein die BaFin, für Kreditinstitute den Insolvenzan13 trag zu stellen; der Vorstand ist gemäß § 46b Satz 2 KWG lediglich verpflichtet, der BaFin die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung anzuzeigen. Die Unterlassung ist gem. § 55 KWG strafbar. IV. Der subjektive Tatbestand 14
1. Vorsatz. Die Strafandrohung von Abs. 1 gilt i.V.m. § 15 StGB nur für vorsätzliches Unterlassen.8
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2. Fahrlässigkeit. § 148 Abs. 2 stellt ausnahmsweise auch fahrlässige Unterlassungen unter Strafe. Der strafrechtliche Fahrlässigkeitsbegriff ist von dem zivilrechtlichen zu unterscheiden (vgl. Erl. zu § 34 Rdn. 14). Im Strafrecht gelten subjektive Maßstäbe: Der Täter handelt fahrlässig, wenn er die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und im Stande ist.9 Vorstandsmitglieder einer eG bzw. Liquidatoren müssen sich ihre besonderen Kenntnisse und Erfahrungen zurechnen lassen. Fahrlässiges Verhalten kann gegeben sein, wenn die Organmitglieder unter Außerachtlassung der zumutbaren Sorgfalt die Voraussetzungen der jeweiligen Antragstellung i.S.v. § 148 Abs. 1 falsch beurteilt haben. V. Teilnehmer
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Als Täter (oder Mittäter) kommen nur Mitglieder des Vorstands oder Liquidatoren in Betracht. Sonstige Personen können jedoch Anstifter oder Gehilfen sein, die gem. § 26 bzw. § 27 StGB zu bestrafen sind.
§ 149 (Weggefallen durch Novelle 1973.)
§ 150 Verletzung der Berichtspflicht § 150 Verletzung der Berichtspflicht (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Prüfer oder als Gehilfe eines Prüfers über das Ergebnis der Prüfung falsch berichtet oder erhebliche Umstände im Bericht verschweigt.
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Wegen des Begriffs Vorsatz vgl. Erl. zu § 147 Rdn. 33. BGH NJW 1957, 1526.
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Verletzung der Berichtspflicht | § 150
(2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–4 Täter | 5–7 Der objektive Tatbestand | 8–17 1. Falsche Berichte, Verschweigen (Abs. 1) | 8–13
2.
IV. V.
Bereicherungsabsicht oder Schädigungsabsicht (Abs. 2) | 14–17 Der subjektive Tatbestand | 18–20 Teilnehmer | 21
I. Allgemeines Wegen den allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen wird auf die Erl. zu § 147 Rdn. 1–13 verwiesen.1 § 150 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. Strafbar ist hier allein vorsätzliches Handeln. Angedroht ist Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe in Abs. 1, im qualifizierten Straftatbestand von Abs. 2 Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Die Strafverfolgung für Straftaten nach Abs. 1 verjährt in drei Jahren, nach Abs. 2 in fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 und 5 StGB). § 150 ist Schutzgesetz gem. § 823 Abs. 2 BGB, und zwar im Interesse sowohl der eG, als auch der Mitglieder und der Genossenschaftsgläubiger, wie auch darüber hinaus aller Personen, die mit der eG in vermögensrechtlich relevanter Beziehung stehen.2
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II. Täter Täter oder Mittäter können nur Prüfer oder deren Gehilfen sein. Prüfer sind die Per- 5 sonen, die mit der Durchführung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung beauftragt sind. Entscheidend ist jedoch nicht irgendeine Rechtsbeziehung, sondern die tatsächliche Ausführung von Prüfungshandlungen als Prüfer. Gehilfe des Prüfers ist jede Person, deren sich der Prüfer zur Durchführung von 6 Prüfungshandlungen bedient. Dies können auch Angestellte der zu prüfenden eG sein. Die Vertretungsorgane des Prüfungsverbandes unterliegen nur dann der Strafbarkeit 7 nach § 150, wenn sie selbst konkrete Prüfungshandlungen vornehmen.3 III. Der objektive Tatbestand 1. Falsche Berichte, Verschweigen (Abs. 1). Die Vorschrift stellt in Abs. 1 zwei Tat- 8 bestände unter Strafe, nämlich den falschen Bericht über das Ergebnis der Prüfung sowie das Verschweigen erheblicher Umstände im Bericht. Der Bericht ist falsch, wenn er von den tatsächlichen Feststellungen des Prüfers 9 abweicht. Der Tatbestand ist demgegenüber nicht erfüllt, wenn der Bericht lediglich nicht mit den Tatsachen übereinstimmt, ohne dass diese vom Prüfer festgestellt wurden.
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1 Einzelheiten zum Straftatbestand des § 150: Wolf S. 44 f. 2 Vgl. Müller GenG § 150 Rdn. 14; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 150 Rdn. 2. Wegen Schadensersatz vgl. § 147 Rdn. 13. 3 Müller GenG § 150 Rdn. 1.
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§ 150 | 9. Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften
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Das Abweichen im Bericht von den Feststellungen ist auch dann strafbar, wenn die Feststellungen objektiv nicht zutreffend sind.4 Es ist unerheblich, in welcher Form der Bericht erstattet wird; es kann sich um den schriftlichen Prüfungsbericht i.S.v. § 58 handeln wie auch z.B. um Darstellungen des Prüfers in der GV/VV oder gegenüber anderen Organen der eG. Das Verschweigen erheblicher Umstände setzt voraus, dass ein Bericht erstattet wird. Die Unterlassung des Berichts ist nach § 150 nicht strafbar. Maßstab für das Verschweigen erheblicher Umstände ist der Grundsatz der Vollständigkeit des Prüfungsberichts (vgl. § 58 Rdn. 2 ff.). Dabei sind alle Umstände anzugeben, die nach dem Prüfungszweck der Feststellung bedürfen. Es ist unerheblich, ob es sich dabei um positive oder negative Umstände für die eG handelt. Auch die dem Verschweigen zugrunde liegende Absicht ist im Rahmen von § 150 Abs. 1 ohne Bedeutung. Soweit der Prüfer zur Verschwiegenheit verpflichtet ist (vgl. § 62 Rdn. 7 ff.), kann er sich nicht nach § 150 strafbar machen; es fehlt bereits die Rechtswidrigkeit. Dies gilt z.B. für die Beachtung von Betriebsgeheimnissen oder Bankgeheimnissen in der GV/VV. Die Tat ist vollendet, wenn der Bericht in irgendeiner Form an den Adressaten gelangt ist. Der Versuch ist nicht strafbar (§ 23 StGB). 2. Bereicherungsabsicht oder Schädigungsabsicht (Abs. 2). § 150 Abs. 2 bringt eine Strafverschärfung für den Fall, dass der Täter – gegen Entgelt handelt – in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern – in der Absicht handelt, einen anderen zu schädigen.
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Unter Entgelt ist jede Leistung zu verstehen, die der Täter von einem anderen für die Tat erhält. Die Formulierung des Gesetzes „gegen Entgelt“ bringt zum Ausdruck, dass die Vergütung tatsächlich gewährt wird oder zumindest vereinbart ist.5 Bei der Bereicherung genügt nach dem Gesetzeswortlaut allerdings die Absicht. Es 16 ist hierbei nicht erforderlich, dass der vermögenswerte Vorteil auch tatsächlich erreicht wird. Die Bereicherungsabsicht muss vielmehr der Grund für das strafbare Verhalten des Prüfers oder Prüfungsgehilfen sein. Entsprechendes gilt für die Schädigungsabsicht. Für die Strafbarkeit genügt es, 17 dass die Schädigung Grund für das Verhalten des Prüfers oder Prüfungsgehilfen ist; der Vermögensnachteil muss nicht eingetreten sein. IV. Der subjektive Tatbestand Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln; bedingter Vorsatz genügt (§ 15 StGB, vgl. § 147 Rdn. 32). Prüfer oder Gehilfen handeln dann vorsätzlich, wenn sie sich bewusst sind, dass der Bericht mit den getroffenen Feststellungen nicht übereinstimmt und wenn sie diese Abweichung wollen. Täuschungsabsicht oder Schädigungsabsicht ist bei Abs. 1 nicht Voraussetzung der Strafbarkeit. Rechnet der Prüfer mit dem Vorliegen bestimmter Tatsachen und unterlässt er es ab19 sichtlich, sich über sie zu unterrichten, um sie nicht in den Bericht aufnehmen zu müssen, liegt bedingter Vorsatz vor.
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 150 Rdn. 6; Müller GenG § 150 Rdn. 2. A.A. Müller GenG § 151 Rdn. 10.
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Verletzung der Geheimhaltungspflicht | § 151
Im Falle von § 151 Abs. 2 muss der Vorsatz auch die erschwerenden Umstände ein- 20 schließen. V. Teilnehmer Als Täter oder Mittäter kommen nur Prüfer oder Prüfungsgehilfen in Betracht; ande- 21 re Personen können Anstifter oder Gehilfen sein (§§ 26, 27 StGB).6
§ 151 Verletzung der Geheimhaltungspflicht § 151 Verletzung der Geheimhaltungspflicht (1) Mit Freiheitsentzug bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Geheimnis der Genossenschaft, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als 1. Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder Liquidator oder 2. Prüfer oder Gehilfe eines Prüfers bekannt geworden ist, unbefugt offenbart, im Falle der Nummer 2 jedoch nur, wenn die Tat nicht in § 340 m in Verbindung mit § 333 des Handelsgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer ein Geheimnis der in Absatz 1 bezeichneten Art, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekannt geworden ist, unbefugt verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag der Genossenschaft verfolgt. Hat ein Mitglied des Vorstands oder ein Liquidator die Tat begangen, so ist der Aufsichtsrat, hat ein Mitglied des Aufsichtsrats die Tat begangen, so sind der Vorstand oder die Liquidatoren antragsberechtigt. Systematische Übersicht Allgemeines | 1–6 Täter | 7–9 Der objektive Tatbestand | 10–18 1. Unbefugte Offenbarung von Geheimnissen der eG (Abs. 1) | 10–16 2. a) Verletzung der Geheimhaltungspflicht gegen Entgelt oder in Bereicherungs-
I. II. III.
IV. V. VI.
oder Schädigungsabsicht (Abs. 2 Satz 1) | 17 b) Unbefugte Verwertung von Geheimnissen (Abs. 2 Satz 2) | 18 Der subjektive Tatbestand | 19–20 Teilnehmer | 21 Antragsdelikt (Abs. 3) | 22–23
I. Allgemeines Es wird auf die Ausführungen zu § 147 Rdn. 1–13 verwiesen.1 1 Strafbarkeit nach § 151 setzt Vorsatz voraus; fahrlässiges Verhalten wie auch ver- 2 suchter Geheimnisverrat bleiben ohne Strafe.
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Vgl. Beuthien GenG § 150 Rdn. 3.
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Einzelheiten zum Geheimnisverrat: Wolf S. 48.
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§ 151 | 9. Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften
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Die Strafe nach Abs. 1 ist ein Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, die Strafe der qualifizierten Tatbestände nach Abs. 2 ist Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe. § 151 ist Antragsdelikt; die Tat wird nur auf Antrag verfolgt (Rdn. 22). 4 5 Die Verfolgung der Tat verjährt im Falle von § 151 Abs. 1 in 3 Jahren (§ 78 Abs. 2 Ziff. 5 StGB, im Falle von § 151 Abs. 2 in 5 Jahren (§ 78 Abs. 3 Ziff. 4 StGB). Die Vorschrift ist Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der vom Geheim6 nisverrat Betroffenen, also insb. der eG und der Mitglieder; u.U. aber auch sonstiger Dritter, wie z.B. Kunden oder Geschäftspartner der eG, soweit sie vom Geheimnisverrat betroffen sind (vgl. § 147 Rdn. 13).2 II. Täter 7
Täter nach § 151 können nur Vorstandsmitglieder, Aufsichtsratsmitglieder, Liquidatoren, Prüfer oder Prüfungsgehilfen sein. Aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, dass diese persönlichen Merkmale nur zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Geheimnisses erfüllt sein müssen,3 nicht mehr aber bei der strafbaren Offenbarung der Geheimnisse, wie sich aus der Formulierung „Bekanntwerden in der Eigenschaft als …“ ergibt (s.a. Rdn. 10). Auch bei § 151 kommt es lediglich darauf an, dass die genannten Amtsträger die 8 Funktion tatsächlich ausgeübt haben und in dieser Eigenschaft die Geheimnisse erfahren haben. Sonstige Personen kommen nur als Anstifter oder Gehilfen in Betracht (§§ 26, 27 9 StGB). III. Der objektive Tatbestand 10
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1. Unbefugte Offenbarung von Geheimnissen der eG (Abs. 1). Es muss sich um „Geheimnisse der eG“ handeln. Dies sind alle Tatsachen, die nur bestimmten Personen und nicht der Allgemeinheit bekannt sind und deren Geheimhaltung im Interesse der eG liegt. Insoweit können auch Geheimnisse aus dem Bereich der Mitglieder- und Kundenbeziehung als Geheimnisse der eG, insb. als Geschäftsgeheimnisse angesehen werden (vgl. hierzu § 34 Rdn. 96 ff., § 41 Rdn. 36, § 62 Rdn. 7). Wegen des Begriffs Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wird auf § 17 UWG und die dazu vorliegende Literatur und Rechtsprechung verwiesen. Das Geheimnis muss dem Täter in seiner Eigenschaft als Organmitglied oder als Prüfer oder Prüfungsgehilfe bekannt geworden sein. Dies bedeutet, dass er diese Tatsachen in unmittelbar sachlichem Zusammenhang mit der Ausübung seiner Amtsfunktion erfahren hat. Kenntniserlangung nur zur gleichen Zeit oder bei Gelegenheit einer Organtätigkeit erfüllt nicht die strafrechtliche Voraussetzung.4 Das Merkmal der unbefugten Offenbarung liegt vor, wenn der Täter durch sein Verhalten die geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen Dritten zugänglich macht. Die Offenbarung ist immer dann unbefugt, wenn sie gegen eine Geheimhaltungspflicht verstößt.5 Der Tatbestand ist vollendet, wenn das Geheimnis dem unbefugten Dritten zur Kenntnis gelangt ist. Bei schriftlicher Offenbarung soll es ausreichen, wenn das Schrift-
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2 A.A. – ohne Differenzierung – Beuthien GenG § 151 Rdn. 2; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 151 Rdn. 35. 3 So auch Beuthien GenG § 151 Rdn. 3. 4 Vgl. Müller GenG § 151 Rdn. 3. 5 Für Vorstandsmitglieder § 34 Abs. 1, für Aufsichtsratsmitglieder § 41 i.V.m. § 34 Abs. 1, für Prüfer und Gehilfen § 62.
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Verletzung der Geheimhaltungspflicht | § 151
stück in den Gewahrsam des Empfängers gelangt ist, so dass Kenntnisnahme möglich ist.6 Die Offenbarung ist nicht unbefugt, wenn ein Recht oder eine Pflicht zur Mitteilung 15 besteht. Dies kann z.B. bei einer Aussage im Strafprozess gelten oder insb. dann, wenn die eG von der Verpflichtung zur Geheimhaltung entbunden hat. Die Strafvorschrift des § 151 Abs. 1 Nr. 2 kommt für Prüfer und Prüfungsgehilfen von 16 Kreditgenossenschaften nicht zur Anwendung, wenn die Tat bereits nach § 333 HGB mit Strafe bedroht ist; Verweisung in § 340m HGB (vgl. § 147 Rdn. 31). 2. a) Verletzung der Geheimhaltungspflicht gegen Entgelt oder in Bereiche- 17 rungs- oder Schädigungsabsicht (Abs. 2 Satz 1). § 151 Abs. 2 S. 1 enthält drei qualifizierte Tatbestände des strafbaren Geheimnisverrats: – Handeln gegen Entgelt – Handeln in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern – Handeln in der Absicht, einen anderen zu schädigen. Wegen der einzelnen Merkmale wird auf die Erläuterungen zu § 150 Rdn. 14 ff. verwiesen. b) Unbefugte Verwertung von Geheimnissen (Abs. 2 Satz 2). Das entscheidende 18 Merkmal dieser Qualifikation ist die „Verwertung“ von Geheimnissen. Dies bedeutet, dass der Täter das Geheimnis zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil anderer unbefugt ausnutzt. Unbefugt ist die Verwertung stets dann, wenn sich aus dem Amt die Verpflichtung ergibt, aus der Kenntnis der geheim zu haltenden Tatsachen keine Vorteile zu erlangen;7 z.B. bei der Verwendung von Kundendateien oder bei der Ausnutzung von Geschäftschancen der eG.8 Es ist strafrechtlich unerheblich, ob der Täter den durch die Tat bezweckten Vorteil (für sich oder einen anderen) auch tatsächlich erreicht hat.9 IV. Der subjektive Tatbestand Strafbar ist nur der vorsätzliche Geheimnisverrat im Sinne der Tatbestände des 19 § 151. Wegen des Begriffes Vorsatz vgl. Erl. zu § 147 Rdn. 32. Ein Tatbestandsirrtum (§ 16 StGB) kann dann vorliegen, wenn der Täter zu Unrecht annimmt, es handele sich nicht um ein Geheimnis der eG oder dieses Geheimnis sei dem Dritten bereits bekannt.10 Fehlendes Unrechtsbewusstsein kann einen Verbotsirrtum i.S.v. § 17 StGB begrün- 20 den, wenn sich der Täter nicht bewusst ist, dass er zur Verschwiegenheit verpflichtet war. Allerdings dürfte für die infrage kommenden Personen dieser Irrtum grundsätzlich vermeidbar sein mit der Folge der Strafbarkeit (§ 17 Satz 2 StGB).11 V. Teilnehmer Als Täter oder Mittäter kommen nur die in § 151 genannten Personen, nämlich Mit- 21 glieder von Vorstand, Aufsichtsrat, Liquidatoren, Prüfer oder Prüfungsgehilfen in Be-
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 151 Rd. 11; Beuthien GenG § 151 Rdn. 5. Vgl. Müller GenG § 151 Rdn. 14. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 151 Rdn. 23. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 151 Rdn. 23. Müller GenG § 151 Rdn. 7. Müller GenG § 151 Rdn. 7.
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§ 152 | 9. Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften
tracht (s. Rdn 7). Andere Personen können jedoch Anstifter sein oder Gehilfen (§§ 26, 27 StGB). VI. Antragsdelikt (Abs. 3) Die Straftaten nach § 151 werden nur auf Antrag der eG verfolgt. Antragsberechtigt sind grundsätzlich die vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder. Dies gilt z.B. dann, wenn ein Aufsichtsratsmitglied oder ein Prüfer oder Prüfungsgehilfe die Geheimhaltungspflicht verletzt hat. Hat jedoch ein Mitglied des Vorstands oder ein Liquidator die Tat begangen, so sieht Abs. 3 ausdrücklich vor, dass nur der Aufsichtsrat den Antrag auf Strafverfolgung stellen kann. Gem. § 77b Abs. 1 S. 1 StGB kann der Antrag nur innerhalb einer Frist von drei Mona23 ten gestellt werden; die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die eG als Antragsteller von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Der Antrag kann bis zum Abschluss des Strafverfahrens zurückgenommen werden. Ein zurückgenommener Antrag kann nicht nochmals gestellt werden (§ 77d Abs. 1 StGB). 22
§ 152 Bußgeldvorschriften § 152 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer besondere Vorteile als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei einer Abstimmung in der Generalversammlung oder der Vertreterversammlung oder bei der Wahl der Vertreter nicht oder in einem bestimmten Sinne stimme oder 2. besondere Vorteile als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass jemand bei einer Abstimmung in der Generalversammlung oder der Vertreterversammlung oder bei der Wahl der Vertreter nicht oder in einem bestimmten Sinne stimme. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden. 1.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1–8 Täter | 9–11 Der objektive Tatbestand | 12–21 1. Verkauf der Stimme (Abs. 1 Nr. 1) | 12–17
2.
IV. V.
Stimmenkauf (Abs. 1 Nr. 2) | 18–21 Der subjektive Tatbestand | 22 Teilnehmer | 23
I. Allgemeines § 152 ist durch Novelle 1973 in das GenG eingefügt worden. Zuvor war der Stimmenverkauf in § 151 als Vergehen mit Freiheitsstrafe bedroht. Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist das Gesetz über Ordnungswidrig2 keiten1 maßgebend. Gem. § 36 Abs. 1 Nr. 2a OWiG ist die fachlich zuständige oberste Landesbehörde für das Verfahren sachlich zuständig, soweit nicht durch Rechtsverord1
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1 OWiG in der Fassung v. 19.2.1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt d. Art. 4 d. G. v. 13.5.2015 (BGBl. I S. 706) geändert.
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Bußgeldvorschriften | § 152
nung gem. § 36 Abs. 2 OWiG eine andere Behörde für zuständig erklärt ist. Für den Bereich der eG handelt es sich bei der obersten Landesbehörde regelmäßig um das Wirtschaftsministerium. Als Sanktion sieht das OWiG Geldbuße von mindestens € 5 (§ 17 Abs. 1 OWiG) vor; der Höchstbetrag ist gem. § 152 Abs. 2 auf € 10.000 festgelegt. Gem. § 17 Abs. 3 OWiG sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der dem Täter zu machende Vorwurf Grundlage für die Höhe der Geldbuße. Die Verfolgungsverjährung tritt nach 2 Jahren ein (§ 31 Abs. 2 Ziff. 2 OWiG); die Verjährung beginnt mit Beendigung der Handlung. § 152 ist Schutzgesetz zugunsten der eG und der Mitglieder i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.2 Wegen Schadensersatz vgl. § 147 Rdn. 13. Gem. § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft über Stimmenverkauf oder Kauf nichtig. Gezahltes Entgelt kann gem. § 817 S. 2 BGB aber nicht zurückgefordert werden, wenn der Stimmenkäufer bewusst gesetzwidrig gehandelt hat.3 Bleiben die Tathandlungen gem. § 152 im Stadium des Versuchs, so ist der Täter straffrei, da für den Versuch eine besondere Ahndung im Gesetz nicht vorgesehen ist (§ 13 Abs. 2 OWiG). Einzelheiten für das Bußgeldverfahren sind in den §§ 46 ff. OWiG geregelt, insbesondere die Aufgaben der Polizei im Vorverfahren (§§ 53 ff.), die Verwarnung durch die Verwaltungsbehörde bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten (§§ 56 ff. OWiG), das Verfahren des Bußgeldbescheids (§§ 65 ff. OWiG), den Einspruch und das folgende gerichtliche Verfahren (§§ 67 ff. OWiG).
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II. Täter Als Täter kommt für den Stimmverkauf (Abs. 1 Nr. 1) jede Person in Betracht, die als 9 Mitglied der eG über ein Stimmrecht verfügt. Es kann ausreichen, wenn der Täter zwar noch nicht Mitglied ist, aber bis zur Ausübung des Stimmrechts die Möglichkeit hat und anstrebt, Mitglied zu werden. Andernfalls fehlt es an einem Tatbestandsmerkmal des § 152 Abs. 1 Nr. 1. Auch gesetzliche Vertreter oder zur Stimmabgabe Bevollmächtigte eines Mitglieds können Täter sein. Soweit eine nicht vorhandene Möglichkeit der Stimmrechtsausübung vorgetäuscht 10 wird, kommt § 152 Abs. 1 Nr. 1 in Tateinheit mit dem allgemeinen Betrugstatbestand des § 263 StGB in Betracht.4 Als Täter für den Stimmenkauf (Abs. 1 Nr. 2) kommt jede Person in Betracht. 11 III. Der objektive Tatbestand 1. Verkauf der Stimme (Abs. 1 Nr. 1). Der Tatbestand des Stimmverkaufs als Ord- 12 nungswidrigkeit erfasst Abstimmungen in der GV, der VV oder der Wahl der Vertreter. Nicht erfasst von § 152 ist der Stimmverkauf oder -kauf z.B. bei Abstimmungen im Vorstand oder Aufsichtsrat. Ordnungswidrig ist es, besondere Vorteile dafür zu fordern oder sich versprechen zu 13 lassen oder anzunehmen, dass bei den genannten Abstimmungen oder Wahlen in einem bestimmten Sinne die Stimme abgegeben werden soll. Der „besondere Vorteil“ geht über das hinaus, was allen Mitgliedern der eG durch die Abstimmung zugutekommen
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Müller GenG § 152 Rdn. 22; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 152 Rdn. 1. RGZ 132, 33; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 152 Rdn. 1. Müller GenG § 152 Rdn. 2.
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§ 152 | 9. Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften
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soll.5 Unter Vorteilen sind im Übrigen nicht nur materielle, sondern auch ideelle Vorteile zu verstehen.6 Der besondere Vorteil muss aber nicht ausdrücklich als Gegenleistung für die Stimmrechtsausübung bezeichnet sein; es genügt, wenn er Bestandteil einer umfassenderen Vereinbarung ist.7 Ordnungswidrig ist die Abgabe der Stimme in dem vereinbarten Sinne oder eine vereinbarungsgemäße Stimmenthaltung. Entsprechendes gilt, wenn sich jemand verpflichtet, überhaupt nicht an der Versammlung oder der Wahl teilzunehmen. Eine Vereinbarung unter mehreren Mitgliedern über das Verhalten bei der Abstimmung ist nicht ordnungswidrig, auch wenn z.B. ein Bevollmächtigter gegen Entgelt tätig wird.8 Das „Fordern“ einer Gegenleistung ist das an eine andere Person gerichtete Verlangen, gegen Vorteilsgewährung als Gegenleistung sich bei der Abstimmung entsprechend zu verhalten. Die Tat ist vollendet, wenn die Forderung dem anderen zugegangen ist, unabhängig von dessen Reaktion. Der Täter lässt sich dann besondere Vorteile versprechen, wenn darüber eine Vereinbarung zustande kommt, also das Angebot einer anderen Person auf Vorteilsgewährung gegen bestimmtes Verhalten bei der Abstimmung angenommen wird. Es ist unerheblich, dass eine solche Vereinbarung im Hinblick auf § 134 BGB keine Rechtswirksamkeit erlangt. Das Annehmen von Vorteilen wird rechtlich erst relevant, wenn nicht vorher die Tatbestände des Forderns oder Sich-Versprechen-Lassens erfüllt sind. Andernfalls ist die Annahme lediglich straflose Nachtat.9
2. Stimmenkauf (Abs. 1 Nr. 2). Während Nr. 1 die ordnungswidrige Tätigkeit unter Sanktion stellt, die vom Inhaber des Stimmrechts ausgeht, regelt Nr. 2 das Verhalten dritter Personen gegenüber dem Stimmrechtsinhaber, um diesen zu einem bestimmten Stimmverhalten zu veranlassen (Stimmenkauf). Auch hierbei sind nur Abstimmungen oder Wahlen in der GV oder VV oder bei der Wahl der Vertreter relevant. Ordnungswidrig ist das Anbieten, das Versprechen oder die Gewährung besonderer Vorteile. Das Anbieten ist eine einseitige Erklärung gegenüber dem Stimmrechtsinhaber; 19 dessen Reaktion ist ohne Bedeutung. Die Tat ist insoweit mit Zugang des Angebots vollendet. Das Versprechen besonderer Vorteile bedeutet ein Einverständnis zwischen dem 20 Versprechenden und Versprechensempfänger unabhängig davon, dass eine rechtswirksame Bindung im Hinblick auf § 134 BGB nicht zustande kommt. Die Vorteilsgewährung wird nur relevant, wenn die Tatbestände des Anbietens oder 21 Versprechens nicht zuvor erfüllt sind; andernfalls ist das Gewähren des besonderen Vorteils straflose Nachtat. 18
IV. Der subjektive Tatbestand 22
Die Tatbestände der Ordnungswidrigkeit des § 152 können nur durch vorsätzliches Verhalten erfüllt werden. Bedingter Vorsatz ist ausreichend. Im Übrigen gelten auch hier die strafrechtlichen Grundsätze hinsichtlich Irrtum und Verantwortlichkeit, vgl. §§ 11, 12 OWiG.
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Vgl. RGZ 132, 33. RGSt 9, 166; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 152 Rdn. 8; a.A. Müller GenG § 152 Rdn. 3. RGZ 132, 33; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 152 Rdn. 8. Vgl. RGZ 133, 90; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 152 Rdn. 10. Müller GenG § 152 Rdn. 6.
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Bußgeldvorschriften | § 154
V. Teilnehmer Die Beteiligung an einer Ordnungswidrigkeit ist in § 14 OWiG – abweichend von 23 den §§ 26, 27 StGB – geregelt. Jeder an der Tat Beteiligte – als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe – handelt ordnungswidrig. Die Höhe der Geldbuße kann lediglich im Rahmen von § 17 unterschiedlich festgesetzt werden.
§ 153 (Weggefallen durch Gesetz vom 21.7.1954, BGBl. I S. 212.)
§ 154 § 154 (Weggefallen durch Novelle 1973.)
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§ 154 | 9. Abschnitt. Straf- und Bußgeldvorschriften
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Bekanntmachung von Eintragungen | § 156
ZEHNTER ABSCHNITT Schlussvorschriften
10. Abschnitt. Schlussvorschriften Holthaus/Lehnhoff
§ 155 Altregister im Beitrittsgebiet Register, in die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, Produktionsgenossenschaften des Handwerks oder andere Genossenschaften oder kooperative Einrichtungen mit Sitz in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet am 3. Oktober 1990 eingetragen waren, gelten als Genossenschaftsregister im Sinne dieses Gesetzes und des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Wirksamkeit von Eintragungen in diese Register wird nicht dadurch berührt, dass diese Eintragungen vor dem Inkrafttreten des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182) am 25. Dezember 1993 von der Verwaltungsbehörde vorgenommen worden sind. Die Vorschrift wurde durch das Erste Gesetz über die Bereinigung von Bundesrecht 1 im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19.4.2006 eingefügt.1 Durch dieses wurde Art. 19 Abs. 6 des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes in das GenG übertragen. In der DDR wurden die Genossenschaftsregister nicht nur bei den Gerichten, son- 2 dern auch bei Verwaltungsbehörden geführt.2 Durch die Vorgängervorschrift zu § 155 sollte klargestellt werden, dass die Eintragungen im Genossenschaftsregister wirksam sind, obwohl sie von Verwaltungsbehörden bewirkt wurden.3
§ 156 Bekanntmachung von Eintragungen § 156 Bekanntmachung von Eintragungen (1) § 8 Abs. 1 sowie die §§ 8a, 9 und 11 des Handelsgesetzbuchs finden auf das Genossenschaftsregister Anwendung. Eine gerichtliche Bekanntmachung von Eintragungen findet nur gemäß den §§ 12, 16 Abs. 5, § 28 Satz 3, § 42 Abs. 1 Satz 3, § 51 Abs. 5 sowie in den Fällen des § 22 Abs. 1, des § 22a Abs. 1, des § 82 Abs. 1 und des § 97 statt. § 10 des Handelsgesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden. (2) Soweit nicht ein anderes bestimmt ist, werden die Eintragungen ihrem ganzen Inhalt nach veröffentlicht. Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Elektronische Registerführung | 2 Einsichtnahme und Ausdruck- bzw. Abschriftenerteilung, Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 HGB | 3–7 Bekanntmachung von Eintragungen, Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 10 HGB | 8–11 1. Bekannt zu machende Eintragungen | 8
I. II. III.
IV.
V. VI.
2. Form der Bekanntmachung | 9 3. Inhalt der Bekanntmachung | 10 4. Zeitpunkt der Bekanntmachung | 11 Exkurs: Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen nach HGB | 12–13 Elektronisches Unternehmensregister | 14–15
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BGBl. I S. 866. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 155 Rdn. 2. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 155 Rdn. 2; BT-Drs. 12/6228, 113.
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Holthaus/Lehnhoff
§ 156 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
I. Allgemeines 1
§ 156 Abs. 1 S. 2 wurde zunächst durch Novelle 1973 neu gefasst und führt nun die Fälle auf, in denen das Registergericht Eintragungen in das Genossenschaftsregister bekannt zu machen hat. Durch das BiRiLiG1 wurde in Abs. 1 Satz 1 § 8a HGB zusätzlich aufgenommen. Durch Art. 7 des Umwandlungsbereinigungsgesetzes vom 28.10.19942 wurde § 156 der Rechtslage dahingehend angepasst, dass die Bekanntmachung von Eintragungen im Zusammenhang mit der Umwandlung von eG im Umwandlungsgesetz geregelt ist.3 Eine grundlegende Änderung erfuhr § 156 durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10.11.20064 mit Wirkung zum 1.1.2007. Damit wurde das Genossenschaftsregister auf die elektronische Führung umgestellt. II. Elektronische Registerführung
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§ 156 Abs. 1 Satz 1 und 3 regeln die elektronische Öffentlichkeit des Genossenschaftsregisters folgendermaßen: – Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 HGB: Das Register wird nur noch elektronisch geführt; – Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8a Abs. 1 HGB: Die Wirksamkeit der Eintragungen tritt ein, wenn sie in den für das Genossenschaftsregister bestimmten Datenspeicher aufgenommen sind und dauerhaft inhaltlich unverändert in lesbarer Form wiedergegeben werden können; – Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8a Abs. 2 HGB enthält Verordnungsermächtigungen für die Landesregierungen hinsichtlich der Einzelheiten der elektronischen Registerführung; – Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 HGB regelt das Recht auf Einsichtnahme und Abschriftenerteilung; – Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 10 HGB enthält Bestimmungen über die gerichtliche Bekanntmachung der Eintragungen in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem. Weiteres regelt die auf der Grundlage des § 161 Abs. 2 erlassene Genossenschaftsregisterverordnung (GenRegV). Durch Gesetz vom 22.12.20115 wurde der gedruckte Bundesanzeiger mit Wirkung ab dem 1.4.2012 beendet; der elektronische Bundesanzeiger heißt nunmehr „Bundesanzeiger“. III. Einsichtnahme und Ausdruck- bzw. Abschriftenerteilung, Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 HGB
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Gem. Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 HGB ist die Einsichtnahme in das Genossenschaftsregister sowie die zum Register eingereichten Dokumente6 jedem gestattet. Es ist nicht erforderlich, ein berechtigtes Interesse an der Einsicht glaubhaft zu machen.
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BGBl. I S. 1985, 2403 Nr. 30. BGBl. I S. 3210. Bspw. Anmeldung der Verschmelzung nach § 16 UmwG. BGBl. I S. 2553. BGBl. I S. 3044.
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Bekanntmachung von Eintragungen | § 156
Die Einsicht darf auch nicht wegen Verdachts des Missbrauchs der so erlangten Kenntnis versagt werden.7 Die Einsichtnahme soll weiterhin kostenfrei sein.8 Dies gilt für die Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle des Registergerichts sowie die elektronische Firmenrecherche und den elektronischen Abruf von Veröffentlichungen aus dem Register über die Internetseite www.handelsregister.de,9 über die auch auf das Genossenschaftsregister zugegriffen werden kann. Indirekt ist der Zugang zum Genossenschaftsregister über das Unternehmensregister (www.unternehmensregister.de) möglich. Die Informationen sind nicht im Unternehmensregister selbst enthalten, sondern es erfolgt ein Zugriff auf andere Register (z.B. Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister), die mit dem Unternehmensregister vernetzt sind, vgl. § 8b Abs. 2 HGB. Abrufe, die über diese Basisdaten hinausgehen, sind kostenpflichtig (€ 4,50 je Registerblatt)10 und nur nach Registrierung in dem Portal zugänglich. Für den Aufruf von Daten und Dokumenten in der Geschäftsstelle des Gerichts werden keine Gebühren erhoben. Gem. Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 3 HGB beglaubigt das Gericht auf Antrag die Übereinstimmung der übermittelten Daten mit dem Inhalt des Genossenschaftsregisters und den zum Register eingereichten Dokumenten, bspw. zum Nachweis der Vertretungsbefugnis gegenüber Behörden. Gem. Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 4 HGB kann jeder von den Eintragungen in den zum Genossenschaftsregister eingereichten Dokumenten einen Ausdruck verlangen, bzw. von den eingereichten Schriftstücken, die nur in Papierform vorliegen, eine Abschrift fordern. Es ist nicht notwendig, ein berechtigtes Interesse an der Abschrift glaubhaft zu machen. Anders als die Einsichtnahme ist die Abschriftenerteilung kostenpflichtig. Der Abrufende trägt die Kosten des Ausdrucks bzw. der Abschrift.11 Gem. Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 4 Satz 3 HGB wird der Ausdruck grds. als amtlicher Ausdruck gefertigt und die Abschrift grds. vom Gericht beglaubigt, sofern nicht auf die Beglaubigung verzichtet wird. Der Einsehende darf auch selbst abschreiben.12 Wird die Abschrift verweigert, kann Beschwerde eingelegt werden. Gem. Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 HGB hat das Gericht auf Verlangen eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass bezüglich des Gegenstands einer Eintragung weitere Eintragungen nicht vorhanden sind oder dass eine bestimmte Eintragung nicht erfolgt ist (sog. Negativattest).13 Die obigen Ausführungen über die Einsichtnahme und die Ausdruck- bzw. Abschriftenerteilung gelten nicht für die Mitgliederliste, die die eG dem Registergericht gem. § 32 auf dessen Verlangen vorzulegen hat.14 Grund hierfür ist, dass die Liste gem. § 30 Abs. 1 GenG nicht mehr vom Registergericht geführt wird, sondern vom Vorstand der eG, und dass sie nicht zu den bei dem Gericht zum Zwecke der Bekanntmachung einzureichenden Unterlagen gehört. Ein Einsichtsrecht in die Mitgliederliste der eG besteht nur
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6 Dies sind Anmeldungen, auch wenn sie zu Protokoll erklärt worden sind, die den Anmeldungen beigefügten Schriftstücke, Firmen- und Unterschriftszeichnungen. 7 KG JW 1932, 1661; Beuthien GenG § 156 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 156 Rdn. 4. Kein Einsichtsrecht in Bilanz und Gewinn- u. Verlustrechnung (AG Idar-Oberstein, Beschl. v. 14.3.1988, Az. 6 AR 19/88). 8 Der frühere § 90 KostO hat allerdings keine Entsprechung erhalten, vgl. Baumbach/Hopt HGB § 9 Rdn. 3. 9 Beuthien GenG § 156 Rdn. 3. 10 § 4 Abs. 1 i.V.m. Anlage Nr. 1140 JVKostG. 11 Vgl. Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 156 Rdn. 8. 12 Beuthien GenG § 156 Rdn. 4. 13 Beuthien GenG § 156 Rdn. 5. 14 So auch Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 156 Rdn. 4.
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unter den engen Voraussetzungen des § 31 bei der eG selbst. Nichtmitglieder müssen ein berechtigtes Interesse darlegen und haben kein Recht, eine Abschrift zu verlangen.15 IV. Gerichtliche Bekanntmachung von Eintragungen, Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 10 HGB 8
1. Bekannt zu machende Eintragungen. Die von dem Registergericht nach GenG bekannt zu machenden Eintragungen nennt Abs. 1 Satz 2. Die Aufzählung ist insoweit abschließend. Im Einzelnen handelt es sich um die Bekanntmachung der Eintragung – eines Auszugs der Satzung bei einer neugegründeten eG (§ 12 GenG), – von Satzungsänderungen einer bestehenden eG, die eine Änderung des Datums der Satzung, der Firma oder des Sitzes der eG, des Unternehmensgegenstands, der Mitglieder des Vorstandes und ihre Vertretungsbefugnis sowie ggf. die Zeitdauer der eG betreffen (§ 16 Abs. 5 i.V.m. § 12 Abs. 2), – jeder Änderung des Vorstandes und der Vertretungsbefugnis (§ 28 S. 3), – der Erteilung und des Widerrufs einer Prokura sowie der Vertretungsbefugnis des Prokuristen (§ 42 Abs. 1 Satz 3, § 28 S. 3), – des rechtskräftigen Urteils, dass einen Beschluss der GV/VV für nichtig erklärt, wenn der eingetragene Beschluss veröffentlicht worden war (§ 51 Abs. 5), – der Herabsetzung eines Geschäftsanteils (§ 22 Abs. 1 GenG), – der Beschränkung oder Aufhebung einer Nachschusspflicht (§ 22a Abs. 1, 22 Abs. 1), – der Auflösung einer eG (§ 82 Abs. 1) und – der Nichtigkeit einer eG (§ 97). Auch nach dem UmwG hat das Registergericht Eintragungen bekannt zu machen, bspw. die Eintragung – der Verschmelzung (§ 19 Abs. 3 UmwG) und – des Formwechsels (§ 201 UmwG). Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen sind nicht bekannt zu machen, da diese Fälle nicht in § 156 Abs. 1 S. 2 genannt sind.
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2. Form der Bekanntmachung. Früher wurden Eintragungen im Bundesanzeiger in Papierform bekannt gemacht. Seit Inkrafttreten des EHUG am 1.1.2007 erfolgen die Bekanntmachungen durch das Registergericht gem. § 156 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 10 Satz 1 HGB nur noch elektronisch in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem. Die Länder haben gem. § 10 Satz 2 HGB i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 4 HGB ein zentrales System unter der Internetadresse www.handelsregister-bekanntmachungen.de eingerichtet, in dem Eintragungen in alle Register, also auch Genossenschaftsregistereintragungen, bekannt gemacht werden. Gem. § 61 Abs. 4 Satz 1 EGHGB erfolgten Bekanntmachungen während einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2008 zusätzlich noch in einer Tageszeitung oder einem sonstigen Blatt.
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3. Inhalt der Bekanntmachung. Den Inhalt der Bekanntmachungen regelt § 156 Abs. 2: Soweit nichts anderes bestimmt ist (wie bspw. in § 12), werden die Eintragungen ihrem ganzen Inhalt nach veröffentlicht.
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Näheres Erl. § 31.
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Bekanntmachung von Eintragungen | § 156
4. Zeitpunkt der Bekanntmachung. Das Registergericht hat die Bekanntmachung 11 zu veranlassen, sobald die Eintragung bewirkt ist, und ohne dass eine andere Eintragung abgewartet werden darf (§ 4 GenRegV). Gem. § 156 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 10 Satz 1 HGB macht das Registergericht die Eintragungen in das Genossenschaftsregister in der zeitlichen Folge ihrer Eintragung nach Tagen bekannt. V. Exkurs: Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen nach HGB Seit Inkrafttreten des EHUG am 1.1.2007 erfolgt die Offenlegung nach HGB nur noch 12 über den elektronischen Bundesanzeiger, seit 1.4.2012 Bundesanzeiger (Rdn. 2). Gem. § 339 Abs. 1 Satz 1 HGB hat der Vorstand einer eG spätestens zwölf Monate16 nach dem Abschlussstichtag die folgenden in § 325 HGB genannten Unterlagen bei dem Betreiber des Bundesanzeiger17 elektronisch einzureichen: – Lagebericht, – Jahresabschluss (Bilanz, GuV sowie ggf. weitere Teile), – Anhang, – Bestätigungsvermerk, – weitere Unterlagen. Die Unterlagen werden in der obigen Reihenfolge im Bundesanzeiger veröffentlicht. Kleine eG brauchen nur Bilanz und Anhang einzureichen, §§ 339 Abs. 2, 326 Abs. 1 HGB. Kleinstgenossenschaften wird durch das BilRUG18 (§ 336 Abs. 2 Satz 3 HGB) zukünftig das Recht eingeräumt, die Offenlegungspflichten hinsichtlich des Jahresabschlusses auch durch Hinterlegung der Bilanz beim Betreiber des Bundesanzeigers zu erfüllen (§ 326 Abs. 2 HGB), sowie es zuvor nur Kleinstkapitalgesellschaften möglich gewesen ist. Die Unterlagen sind elektronisch, also als Datei, über das Internetportal www.Publi 13 kations-Serviceplattform.de einzureichen. Im Bundesanzeiger können die Daten kostenlos eingesehen werden. VI. Elektronisches Unternehmensregister Nach der Einreichung übermittelt der Betreiber des Bundesanzeigers die Unterlagen 14 an das elektronisch geführte Unternehmensregister (www.unternehmensregister.de). Dieses enthält die wichtigsten veröffentlichungspflichtigen Daten eines Unternehmens.19 Seine Einrichtung beruht auf EU-rechtlichen Vorgaben. Hier werden die Daten aus dem Genossenschaftsregister und aus dem elektronischen Bundesanzeiger zusammengeführt, vgl. § 156 Rdn. 3. Gem. § 9 Abs. 6, Abs. 1 Satz 1 HGB ist die Einsichtnahme in das Unternehmensregis- 15 ter jedem zu Informationszwecken gestattet.
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16 Für Kreditgenossenschaften richtet sich die Offenlegung nach § 340l HGB i.V.m. §§ 325 ff. Die Frist beträgt daher grundsätzlich ebenfalls zwölf Monate. Für kapitalmarktorientierte Kreditgenossenschaften jedoch verkürzt sich die Frist gem. § 325 Abs. 4 Satz 1 HGB auf vier Monate. Die Erleichterung aus § 327 HGB greift nicht, da ein entsprechender Verweis auf § 327 HGB in § 340l HGB fehlt. 17 Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln. 18 Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – BilRUG, BGBl. I 2015, S. 1245. 19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 156 Rdn. 16.
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§ 157 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
§ 157 Anmeldungen zum Genossenschaftsregister § 157 Anmeldungen zum Genossenschaftsregister Die in § 11 Abs. 1 geregelte Anmeldung zum Genossenschaftsregister ist von sämtlichen Mitgliedern des Vorstands, die anderen nach diesem Gesetz vorzunehmenden Anmeldungen sind vom Vorstand oder den Liquidatoren elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen.
I. II. III.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Vorzunehmende Anmeldungen | 2 Anmeldepflichtige Personen | 3–6 1. Erstanmeldungen neuer eG nach § 11 | 4–5 2. Andere Anmeldungen | 6
Form der Anmeldung | 7–9 Sonstige Anzeigen und Erklärungen, § 7 GenRegV | 10–11 VI. Rechtsmittel gegen die Verweigerung einer Anmeldung | 12 VII. Europäische Genossenschaft (SCE) | 13 IV. V.
I. Allgemeines 1
Der frühere § 157 Abs. 2 wurde durch Novelle 1973 aufgehoben. Die Vorschrift war durch die Neufassung des § 14 und die Einführung des § 14a überflüssig geworden.1 Durch Novelle 2006 wurde die Vorschrift geändert,2 um Erschwernisse hinsichtlich der Einreichung von Registeranmeldungen gegenüber der SCE und anderen Rechtsformen zu beseitigen. Mit dem EHUG vom 10.11.20063 wurde mit Wirkung zum 1.1.2007 vorgeschrieben, dass die Anmeldung elektronisch zu erfolgen hat. II. Vorzunehmende Anmeldungen
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§ 157 gilt nur für die Anmeldungen zum Genossenschaftsregister, die im Gesetz ausdrücklich als solche bezeichnet sind. § 6 Abs. 2 GenRegV listet sie auf: – die Anmeldung der Satzung (§§ 10, 11), – die Anmeldung von Satzungsänderungen (§ 16), – die Anmeldung einer Zweigniederlassung und ihrer Aufhebung (§ 14), – die Anmeldung der Bestellung, des Ausscheidens, der vorläufigen Enthebung und der Änderung der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds, seines Stellvertreters oder seines Liquidators (§§ 10, 11, 28, 35, 84 Abs. 1, 85 Abs. 2), – die Anmeldung der Erteilung, der Änderung und des Erlöschens einer Prokura (§ 42 Abs. 1, § 53 HGB), – die Anmeldung der Auflösung und der Fortsetzung einer eG in den Fällen der §§ 78, 79, 79a, 117, – die Anmeldung der Umwandlung unter Beteiligung einer eG (§§ 16, 38, 125, 129, 137, 148, 198, 222, 254, 265, 286 UmwG). III. Anmeldepflichtige Personen
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Die Anmeldungen hat gem. § 24 Abs. 1 der Vorstand (bzw. die Liquidatoren) der eG zu bewirken. Gem. § 6 Abs. 3 S. 1 GenRegV können die Anmeldungen nicht durch Be-
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Begründung, BT-Drs. 7/659, 8. BT-Drs. 16/1025, S. 38. BGBl. I S. 2553.
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Anmeldungen zum Genossenschaftsregister | § 157
vollmächtigte, z.B. einzelne Vorstandsmitglieder oder gar Dritte, vorgenommen werden. Auch ein Prokurist kann, selbst wenn er an der gemischten Gesamtvertretung (§ 25 Abs. 2) teilnimmt, keine Anmeldungen vornehmen.4 Jedoch ist nach § 6 Abs. 3 S. 2 GenRegV, § 378 FamFG der Notar, der die Namensunterschriften der Vorstandsmitglieder oder Liquidatoren beurkundet oder beglaubigt hat, zur Anmeldung ermächtigt.5 1. Erstanmeldungen neuer eG nach § 11. Für Erstanmeldungen gilt weiterhin die 4 Rechtslage wie vor der Novelle 2006: Daran haben sämtliche Vorstandsmitglieder mitzuwirken. Die Anmeldungen sind nur dann formgerecht, wenn daran so viele Vorstandsmitglieder mitgewirkt haben, wie in der Satzung für die ordnungsmäßige Besetzung des Vorstands vorgesehen sind, einschließlich der Vorstandsstellvertreter.6 Ist die in der Satzung vorgesehene Zahl der Vorstandsmitglieder nicht vorhanden, muss Ergänzung durch Neubestellung eines Vorstandsmitgliedes erfolgen.7 Verhinderte Vorstandsmitglieder, die durch Krankheit oder aus anderen Gründen nicht an der Anmeldung mitwirken können, sind so zu behandeln, als ob sie gänzlich fehlten.8 Wenn dadurch die Zahl der Mitglieder unter die gesetzliche oder in der Satzung vorgesehene fällt, muss eine Ergänzung durch Neubestellung erfolgen.9 Da die Anmeldung durch sämtliche Vorstandsmitglieder,10 die im Zeitpunkt der 5 Anmeldung im Amt sind, zu erfolgen hat, haben auch die neu gewählten Vorstandsmitglieder sowie die nach § 37 Abs. 1 S. 2 bestellten Vorstandsstellvertreter bei der Anmeldung mitzuwirken. Die Anmeldung erfolgt durch alle Vorstandsmitglieder im Namen der eG, nicht im eigenen Namen; die Anmeldepflicht trifft also nicht die Vorstandsmitglieder persönlich.11 Dies gilt auch für die rechtsfähige Vorgenossenschaft.12 Vorstandsmitglieder, deren Amt erloschen ist, wirken bei der Anmeldung nicht mit. 2. Andere Anmeldungen. Für die anderen in § 6 Abs. 2 GenRegV genannten An- 6 meldungen genügt es nunmehr, wenn Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl (§ 25) an der Anmeldung mitwirken (§ 7 Abs. 2 GenRegV). Die Änderung erfolgte in Anlehnung an die §§ 36 Abs. 1 AktG, 78 GmbHG und 33 HGB, wonach nur die Ersteintragung in das Handelsregister von sämtlichen Vorstandsmitgliedern bzw. Geschäftsführern vorzunehmen ist. Damit wurden eG mit der SCE gleichgestellt, für deren Eintragung in das Register die aktienrechtlichen Vorschriften maßgeblich sind.13
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4 Vgl. OLG Düsseldorf BB 2012, 1952; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 157 Rdn. 4. 5 OLG Oldenburg DB 2012, 403; Beuthien GenG § 157 Rdn. 3. 6 KG DR 1941, 1308 = JFG 22, 211 = BlfG 1941, 150 = HRR 1941, 705. 7 Unstreitig, vgl. Beuthien GenG § 157 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 157 Rdn. 3; KGJ 35, 364; KG DR 1941, 1308 = JFG 22, 211 = BlfG 1941, 150 = HRR 1941, 705. 8 So auch Beuthien GenG § 157 Rdn. 3; KG DR 1941, 1308 = JFG 22, 211 = BlfG 1941, 150 = HRR 1941, 705; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 157 Rdn. 3 (Neubestellung); Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs GenG § 157 Rdn. 3 (Abberufung). 9 Beuthien GenG § 157 Rdn. 3; KG DR 1941, 1308 = JFG 22, 211 = BlfG 1941, 150 = HRR 1941, 705; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 157 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 157 Rdn. 3: Verhinderte Vorstandsmitglieder sind abzuberufen: Dies ist aber wenig praktikabel, wenn die GV/VV für die Abberufung von Vorstandsmitgliedern zuständig ist. Zudem löst es nicht das Problem, das entsteht, wenn von zwei satzungsmäßig und gesetzlich vorgesehenen Vorstandsmitgliedern eines verhindert ist. Dann müsste ohnehin eine Neubestellung erfolgen. 10 BayObLG ZfgG 1990, 68 m. Anm. Brehm. 11 Vgl. Beuthien GenG § 157 Rdn. 3; BGHZ 105, 324 (zur GmbH); BGHZ 117, 323 (zur AG), BayObLG NJWRR 1991, 958 = ZfgG 1991, 306 m. Anm. Hadding sowie m. Anm. Brehm ZfgG 1993, 166. 12 Beuthien GenG § 157 Rdn. 3. 13 Art. 11 Abs. 1 SCE-VO.
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§ 157 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
IV. Form der Anmeldung Die Anmeldungen nach § 157 zum Genossenschaftsregister sind nur noch elektronisch vorzunehmen. Die Anmeldungen sind zudem elektronisch in beglaubigter Form einzureichen. Da8 für wird zunächst die Anmeldung schriftlich (§ 129 Abs. 1 BGB) abgefasst und die Unterschriften der Vorstandsmitglieder bzw. der Liquidatoren von einem Notar beglaubigt.14 Sodann wird das Schriftstück eingescannt und erhält gem. § 39a BeurkG ein einfaches elektronisches Zeugnis, indem der Notar das eingescannte Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versieht, also eine untrennbare Verbindung zwischen seiner Signaturdatei und dem beglaubigten Dokument herstellt. Die Einreichung erfolgt dadurch, dass der Notar das eingescannte Dokument mit der elektronischen Signatur an das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des jeweiligen Registergerichts (www.egvp.de) übermittelt. Gem. § 63 BeurkG kann das Landesrecht für die Beglaubigung eine abweichende Re9 gelung enthalten, z.B. Beglaubigung durch Bürgermeister/Ortsgericht (z.B. in Hessen, Rheinland-Pfalz). Der Geschäftswert der Beglaubigung von Firmen- und Unterschriftszeichnungen bestimmt sich nach dem Regelwert des § 105 Abs. 3 bzw. Abs. 4 GNotKG (€ 60.000 bei der Erstanmeldungen, € 30.000 bei Folgeanmeldungen). Ein Mangel der Beglaubigung wird im Übrigen durch die Eintragung geheilt.15 7
V. Sonstige Anzeigen und Erklärungen, § 7 GenRegV Bei den sonstigen Anzeigen und Erklärungen, die zum Genossenschaftsregister einzureichen sind, handelt es sich bspw. um die Abschrift der Mitgliederliste, die das Registergericht gem. § 32 verlangen kann, und um die Prüfungsbescheinigung nach § 59 Abs. 1 GenG. Diese Unterlagen sind weiterhin beim Registergericht einzureichen und nicht beim Bundesanzeiger. Die sonstigen Anzeigen und Erklärungen sind gem. § 7 Abs. 3 GenRegV i.V.m. § 12 11 Abs. 2 HGB ebenfalls elektronisch zum Genossenschaftsregister einzureichen. Sie bedürfen gem. § 7 Abs. 1 GenRegV aber nicht der öffentlich beglaubigten Form, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist. Zudem müssen an der Einreichung nicht sämtliche Vorstandsmitglieder, sondern nur Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl (vgl. Erl. § 157 Rdn. 6) mitwirken (§ 7 Abs. 2 GenRegV).
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VI. Rechtsmittel gegen die Verweigerung einer Anmeldung 12
Beschwerde- und erinnerungsberechtigt gegen Verfügungen des Registergerichts ist die eG selbst, nicht die anmeldenden Vorstandsmitglieder, da es sich bei der Anmeldung nicht um eine persönliche Pflicht der Vorstandsmitglieder handelt.16
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14 Nach § 40 Abs. 1 BeurkG sollen die Unterschriften nur beglaubigt werden, wenn sie in Gegenwart des Notars vollzogen oder bereits erfolgte Unterschriften in Gegenwart des Notars anerkannt werden. 15 OLG Düsseldorf, OLGZ 1984, 259 = BB 1984 = DNotZ 1985, 95 = Rpfleger 1984, 275. 16 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 157 Rdn. 7; BayObLG NJW-RR 1991, 958 (zum Verein); anders noch BayObLG DB 1974, 116 (nur die Vorstandsmitglieder).
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Nichterscheinen eines Bekanntmachungsblattes | § 158
VII. Europäische Genossenschaft (SCE) Für die SCE mit Sitz in Deutschland gilt über § 3 SCEAG, § 6 Abs. 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 13 GenRegV § 157 GenG nur insoweit sich unter Berücksichtigung der §§ 3, 17, 22 Abs. 1 und des § 26 des SCEAG nichts anderes ergibt. Dies ist z.B. bei der Anmeldung zur Eintragung der Fall. Diese richtet sich nach Art. 11 Abs. 1 SCE-VO i.V.m. § 3 S. 1 SCEAG nach den für Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften.
§ 158 Nichterscheinen eines Bekanntmachungsblattes § 158 Nichterscheinen eines Bekanntmachungsblattes (1) Ist für die Bekanntmachungen einer Genossenschaft in deren Satzung ein öffentliches Blatt bestimmt, das vorübergehend oder dauerhaft nicht erscheint, müssen bis zum Wiedererscheinen des Blattes oder einer anderweitigen Regelung durch die Satzung die Bekanntmachungen statt in dem nicht erscheinenden Blatt in einem der Blätter erfolgen, in denen die Eintragungen in das Genossenschaftsregister bekannt gemacht werden. (2) Macht das Registergericht die Eintragungen in das Genossenschaftsregister nur im Bundesanzeiger bekannt, hat es für die Bekanntmachung der Einberufung der Generalversammlung, in der im Sinne des Absatzes 1 die Satzung geändert werden soll, auf Antrag des Vorstands oder einer anderen nach diesem Gesetz zur Einberufung befugten Person mindestens ein öffentliches Blatt zu bestimmen. § 158 wurde erst durch Novelle 2006 eingefügt1 und ist doch durch das EHUG bereits 1 wieder überarbeitungsbedürftig. Im Wege der Rechtsbereinigung wurden hier zwei Vorschriften aus aufgehobenen Gesetzen untergebracht. Abs. 1 übernahm den § 2 Abs. 1 des aufgehobenen Gesetzes über die Neubezeichnung von Blättern für öffentliche Bekanntmachungen vom 15.6.1933.2 Abs. 2 übernahm den Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 20.12.1933,3 das gem. Art. 21 des Gesetzes zur Änderung des Genossenschaftsrechts aufgehoben wurde.4 Abs. 1 ergänzt § 6 Nr. 5, wonach die Satzung die Form der Bekanntmachung und die 2 für die Bekanntmachung vorgesehenen öffentlichen Blätter bestimmen muss. Sieht die Satzung ein Bekanntmachungsblatt vor und erscheint dieses in dem Zeitpunkt, in dem die Bekanntmachung erfolgen soll, nicht (mehr), könnte die eG ihrer Pflicht zur Bekanntmachung nicht nachkommen. Für diesen Fall bestimmt Abs. 1, dass Bekanntmachungen in einem der Blätter zu erfolgen haben, in denen das Gericht die Registereintragungen bekannt macht. Seit Inkrafttreten des EHUG5 am 1.1.2007 erfolgen jedoch die Bekanntmachungen 3 des Registergerichts gem. § 156 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 10 HGB über ein zentrales elektronisches Informations- und Kommunikationssystem der Länder unter der Internetadresse www.handelsregister-bekanntmachungen.de (§ 156 Rdn. 9). In einer Tageszeitung oder einem sonstigen Blatt erfolgten die Registerbekanntmachungen zusätzlich nur noch während einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2008 (§ 61 Abs. 4 Satz 1 EGHGB; § 156
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BGBl. I S. 1911. FNA 415-2. FNA 415-3. BGBl. I 2006 S. 1911. BGBl. I S. 2553.
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§ 160 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
Rdn. 9). Spätestens bis dahin hätte die Vorschrift an die neue Rechtslage angepasst werden müssen. Abs. 2 regelt den Fall, dass das Registergericht die Eintragungen im Genossen4 schaftsregister nur im Bundesanzeiger bekannt macht. Die GV/VV, die über die notwendige Neubestimmung des Bekanntmachungsblattes zu beschließen hätte, könnte in diesem Fall nicht einberufen werden, da eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger gem. § 6 Nr. 4 nicht genügt, vgl. § 46 Rdn. 3. In einem solchen Fall hat das Registergericht auf Antrag des Vorstands oder jeder anderen, zur Einberufung der GV/VV befugten Person, ein oder mehrere öffentliche Blätter für die Bekanntmachung der Einberufung zu bestimmen. Abs. 2 passt nach Inkrafttreten des EHUG6 zum 1.1.2007 vom Wortlaut her aus zwei 5 Gründen nicht mehr: Zum einen macht das Registergericht Eintragungen nicht ausschließlich im Bundesanzeiger, sondern über die Internetadresse www.handelsregisterbekanntmachungen.de bekannt. Zum anderen wurde die Eintragung während der Übergangsfrist des § 61 Abs. 4 EGHGB bis zum 31.12.2008 zusätzlich in einer Tageszeitung oder einem sonstigen Blatt bekannt gemacht. In diesem Blatt kann auch die Bekanntmachung der Einberufung der GV/VV zur Satzungsänderung nach Abs. 1 erfolgen. Für die Zeit nach dem 31.12.2008 ist die Vorschrift anzupassen. Gleiches gilt für die Einberufung der GV/VV nach § 95 Abs. 3 (§ 95 Rdn. 5).
§ 159 (Weggefallen durch Gesetz vom 26.7.1957, BGBl. I, 861.)
§ 160 Zwangsgeldverfahren § 160 Zwangsgeldverfahren (1) Die Mitglieder des Vorstands sind von dem Registergericht zur Befolgung der in §§ 14, 25a, 28, 30, 32, 57 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 78 Abs. 2, § 79 Abs. 2 enthaltenen Vorschriften durch Festsetzung von Zwangsgeld anzuhalten. In gleicher Weise sind die Mitglieder des Vorstands und die Liquidatoren zur Befolgung der in § 33 Abs. 1 Satz 2, § 42 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 des Handelsgesetzbuchs, §§ 47, 48 Abs. 3 und 4 Satz 4, § 51 Abs. 4 und 5, § 56 Abs. 2, §§ 84, 85 Abs. 2, § 89 dieses Gesetzes enthaltenen Vorschriften sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats und die Liquidatoren dazu anzuhalten, dafür zu sorgen, dass die Genossenschaft vorbehaltlich des § 9 Abs. 1 Satz 2 nicht länger als drei Monate ohne oder ohne beschlussfähigen Aufsichtsrat ist. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von fünftausend Euro nicht übersteigen. (2) Für das Verfahren sind die Vorschriften maßgebend, welche zur Erzwingung der im Handelsgesetzbuch angeordneten Anmeldungen zum Handelsregister gelten.
I. II.
Systematische Übersicht Allgemeines | 1 Zwangsgeldbewehrte Unterlassungen | 2
III. IV.
Höhe des Zwangsgeldes | 3–4 Zwangsgeldverfahren | 5–10
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BGBl. 2006 I S. 2553.
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Zwangsgeldverfahren | § 160
I. Allgemeines § 160 Abs. 1 wurde durch Novelle 1973 neu gefasst. Durch das Erste Gesetz zur Be- 1 kämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29.7.1976 (BGBl. I, 2034) wurde in Abs. 1 Satz 1 § 25a, in Abs. 1 S. 2 § 42 Abs. 1 (i.V.m. § 53 HGB) eingefügt und in Abs. 1 S. 2 der Hinweis auf § 157 Abs. 2 gestrichen, um ein Redaktionsversehen der Novelle 1973 zu beseitigen. Durch Novelle 20061 wurde in Abs. 1 Satz 2 a.E. berücksichtigt, dass bei Kleinstgenossenschaften gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 auf einen Aufsichtsrat verzichtet werden kann. Des Weiteren wurde die Höchstgrenze für die Bemessung des Zwangsgeldes von € 5.000,00 in das Gesetz aufgenommen. Durch das EHUG vom 10.11.20062 wurde Abs. 1 Satz 2 nochmals geändert und Abs. 2 Satz 2 gestrichen. II. Zwangsgeldbewehrte Unterlassungen Ein Zwangsgeld darf nur zur Erzwingung derjenigen Handlungen, die in § 160 aus- 2 drücklich genannt sind, nicht zur Erzwingung anderer Handlungen festgesetzt werden.3 Dies sind: 1. Für Mitglieder des Vorstands die Unterlassung – der Anmeldung der Errichtung oder Aufhebung einer Zweigniederlassung (§ 14); – der notwendigen Angaben auf Geschäftsbriefen (§ 25a GenG); – der Anmeldung von Änderungen des Vorstands und der Vertretungsbefugnis sowie der Pflicht zur Zeichnung der Unterschriften in beglaubigter Form (§ 28); – der ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung der Mitgliederliste (§ 30); – der Verpflichtung, die Mitgliederliste dem Gericht vorzulegen (§ 32); – der Pflicht, dem Prüfer Einsicht in die prüfungsrelevanten Unterlagen zu gestatten und ihm die notwendigen Auskünfte zu erteilen (§ 57 Abs. 1), – der Einreichung der Prüfungsbescheinigung zum Registergericht und der Ankündigung des Prüfungsberichts als Beschlussgegenstand bei der Einberufung der nächsten GV/VV (§ 59 Abs. 1); – der Anmeldung der Auflösung (§§ 78 Abs. 2, 79 Abs. 2). 2. Für Mitglieder des Vorstands und Liquidatoren die Unterlassung – der Aufstellung und Vorlage des Jahresabschlusses und des Lageberichts (§ 33 Abs. 1 Satz 2); – der Anmeldung der Erteilung und des Erlöschens einer Prokura (§ 42 Abs. 1 i.V.m. § 53 HGB); – der Erstellung einer Niederschrift über die Beschlüsse der GV/VV sowie der Pflicht zur Einsichtsgewährung und Aufbewahrung (§ 47); – der Einsichtsgewährung in den Jahresabschluss, den Lagebericht und den Bericht des Aufsichtsrates (§ 48 Abs. 3); – der Einholung der Billigung des IAS-Abschlusses durch den Aufsichtsrat vor dessen Offenlegung (§ 48 Abs. 4 Satz 4); – der Veröffentlichung der Erhebung einer Anfechtungsklage und der Einreichung des Beschlusses beim Registergericht (§ 51 Abs. 4 und 5); – des Antrags auf Bestellung eines Prüfers (§ 56 Abs. 2);
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1 BGBl. I S. 1911. 2 BGBl. I S. 2553. 3 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 160 Rdn. 3; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 160 Rdn. 3.
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§ 160 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
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3.
der Anmeldung von Liquidatoren (§ 84 Abs. 2) und ihrer Vertretungsbefugnis (§ 85 Abs. 2); – der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz, Veröffentlichung und Einreichung der Bekanntmachung der Eröffnungsbilanz zum Register sowie der Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts (§ 89). Für Mitglieder des Vorstands, Liquidatoren und Mitglieder des Aufsichtsrats die Unterlassung – der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die eG nicht länger als drei Monate ohne oder ohne beschlussfähigen Aufsichtsrat ist (§ 160 Abs. 1 Satz 2 a.E.), es sei denn, es wurde gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 auf die Bestellung eines Aufsichtsrats verzichtet.
Die oben aufgeführten Unterlassungen sind zum Teil auch bei einer im Insolvenzverfahren befindlichen eG mit Zwangsgeld zu ahnden. Bspw. ist der Prüfungsbericht gem. § 59 Abs. 1 GenG bei dem Registergericht einzureichen, da auch aufgelöste eG gem. § 64c prüfungspflichtig sind.4 Wird die betreffende Handlung nachgeholt, kann ein Zwangsgeld selbst dann nicht mehr festgesetzt werden, wenn die gesetzte Frist abgelaufen ist, ein bereits rechtskräftiger Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss ist von Amts wegen aufzuheben, es sei denn, das Zwangsgeld ist bereits eingezogen.5 III. Höhe des Zwangsgeldes 3
Das Zwangsgeld darf höchstens € 5.000 betragen. Die Regelung entspricht der in den §§ 14, 335 HGB. Für die dem KWG unterliegenden eG ist von Bedeutung, dass die BaFin gem. § 17 Fin4 DAG6 Zwangsmittel nach dem VwVfG gegen sie anwenden kann. Diese sind Ersatzvornahme, Zwangsgeld und unmittelbarer Zwang. Das Zwangsgeld kann bis zu € 250.000 betragen. IV. Zwangsgeldverfahren 5
Das Verfahren zur Verhängung des Zwangsgelds richtet sich gem. Abs. 2 nach den §§ 388 ff. FamFG. Zuständig ist das Registergericht, welches jedoch keineswegs ein Aufsichtsrecht über die eG hat. Wenn das Registergericht in glaubhafter Weise von der Nichtbefolgung einer gesetzlichen Anordnung Kenntnis erhält, erlässt es unter Androhung eines Zwangsgeldes eine Verfügung, in der es den Adressaten aufgibt, innerhalb einer bestimmten Frist ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels eines Einspruchs gegen diese Verfügung zu rechtfertigen (§ 388 Abs. 1 FamFG). Adressaten des Zwangsgeldverfahrens sind gemäß §389 bzw. 390 Abs. 4 FamFG die 6 säumigen Vorstandsmitglieder oder Liquidatoren persönlich, nicht die eG;7 im Falle des § 160 Abs. 1 Satz 2 kann sich das Zwangsgeldverfahren auch gegen die Aufsichtsratsmitglieder richten. Vertreten Aufsichtsratsmitglieder verhinderte Vorstandsmitglieder (§ 37 Abs. 1 Satz 2), sind sie Vorstandsmitglieder i.S.v. § 160. Für stellvertretende Vorstands-
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4 S. Erl. § 64c Rdn. 2. Erhält das Registergericht von der Unterlassung „in glaubhafter Weise Kenntnis“, bspw. durch eine Information des Prüfungsverbandes, hat es die Androhungsverfügung zu erlassen, s.u. Rdn. 5. 5 BayObLGZ 1955, 124. 6 BGBl. 2002 I S. 1310. 7 KGJ 30, 127; 45, 178; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 160 Rdn. 4; Beuthien GenG § 160 Rdn. 3.
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Verordnungsermächtigung | § 161
mitglieder gilt § 160 nur dann, wenn sie neben oder anstelle der ordentlichen Mitglieder Adressat der zu erzwingenden Pflicht sind.8 Die Adressaten haben zudem je Festsetzung eine Gerichtsgebühr in Höhe von z.Zt. € 100,– zu zahlen.9 Die Adressaten der Verfügung sind einspruchsberechtigt. Einer von mehreren Adressaten kann gleichzeitig für die übrigen Adressaten den Einspruch einlegen.10 In einem gegen den Vorstand gerichteten Zwangsgeldverfahren ist auch die eG beschwerdeberechtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG), wenn der Vorstand durch die Festsetzung des Zwangsgelds zur Erfüllung einer Pflicht angehalten werden soll, deren Bestehen die eG bestreitet. Die eG ist insoweit selbst als durch die Verfügung beeinträchtigt anzusehen.11 Der Einspruch erfolgt schriftlich oder zur Niederschrift, § 25 Abs. 1 FamFG. Wird innerhalb der in der Verfügung nach § 388 Abs. 1 FamFG bestimmten Frist weder die gesetzliche Pflicht erfüllt, noch Einspruch erhoben, erfolgt die Festsetzung des Zwangsgeldes durch das Gericht und zugleich die Wiederholung der früheren Verfügung unter Androhung eines erneuten Zwangsgeldes, § 389 Abs. 1 FamFG. Ist der Einspruch begründet, ist die erlassene Verfügung gem. § 390 Abs. 3 FamFG aufzuheben. Wird der Einspruch verworfen, findet gegen diesen Beschluss sowie gegen den Beschluss, durch welchen das Zwangsgeld festgesetzt wird, nach §§ 391, 58 ff. FamFG die Beschwerde statt. Diese hat aufschiebende Wirkung, § 45 S. 2 FamFG. Beschwerdeberechtigt ist auch hier sowohl das betroffene Organmitglied als auch die eG.12
§ 161 Verordnungsermächtigung § 161 Verordnungsermächtigung (1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Anmeldungen und alle oder einzelne Dokumente bis zum 31. Dezember 2009 auch in Papierform zum Genossenschaftsregister eingereicht werden können. Soweit eine Rechtsverordnung nach Satz 1 erlassen wird, gelten die Vorschriften über die Anmeldung und die Einreichung von Dokumenten zum Genossenschaftsregister in ihrer bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. November 2006 (BGBl. I S. 2553) am 1. Januar 2007 geltenden Fassung. Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die Ermächtigung nach Satz 1 auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (2) Die auf Grundlage der §§ 14 und 14a in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister am 1. Januar 2007 geltenden Fassung beim Gericht der Zweigniederlassung für die Zweigniederlassung der Genossenschaft geführten Registerblätter werden zum 1. Januar 2007 geschlossen; zugleich ist von Amts wegen folgender Vermerk auf dem Registerblatt einzutragen: „Die Eintragungen zu dieser Zweigniederlassung werden ab dem 1. Januar 2007 nur noch bei dem Gericht des Sitzes geführt.“ Auf dem Registerblatt beim Gericht des Sitzes wird zum
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8 KGJ 41, 130. 9 GNotKG, Anlage 1 Kostenverzeichnis Nr. 13310. 10 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 160 Rdn. 10. 11 Vgl. Müller GenG § 160 Rdn. 15 m.w.N.; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 160 Rdn. 7. 12 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 160 Rdn. 8.
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§ 163 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
1. Januar 2007 von Amts wegen der Verweis auf die Eintragung beim Gericht am Ort der Zweigniederlassung gelöscht. Die Vorschrift wurde durch das EHUG vom 10.11.20061 und dann nochmals durch das FGG-ReformG v. 17.12.20082 grundlegend geändert. Der frühere Abs. 1 beinhaltete eine Ermächtigungsgrundlage i.S.d. Art. 80 GG für 2 das BMJ zum Erlass der Genossenschaftsregisterverordnung bzw. deren Änderungen. Die Vorschrift wurde durch das FGG-ReformG gestrichen. Seit Inkrafttreten des EHUG am 1.1.2007 sind gem. § 157 Anmeldungen zum Genos3 senschaftsregister nur noch elektronisch in öffentlich beglaubigter Form zu bewirken. Abs. 1 enthält eine Ermächtigungsgrundlage für die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Anmeldungen zum Genossenschaftsregister während einer Übergangsfrist bis längstens zum 31.12.2009 noch wie früher in Papierform vorgenommen werden konnten. Nur vier Bundesländer hatten aber von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, die längste gewährte Frist endete jedoch bereits am 31.12.2007 (siehe § 157 Rdn. 7). Die Vorschrift ist somit gegenstandslos geworden. Abs. 2 ist eine Folge der Änderung des Rechts der Zweigniederlassung (§ 14): Die Er4 richtung einer Zweigniederlassung ist nun beim Gericht des Sitzes zur Eintragung in das Register anzumelden (s. Erl. zu § 14). 1
§ 162 Übergangsvorschrift für Wohnungsunternehmen Am 31. Dezember 1989 als gemeinnützige Wohnungsunternehmen oder als Organe der staatlichen Wohnungspolitik anerkannte Unternehmen, die nicht eingetragene Genossenschaften sind, bleiben Mitglieder des Prüfungsverbandes, dem sie zu diesem Zeitpunkt angehören. 1
Die Bestimmung ist mit der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes durch Art. 21 § 5 Abs. 1 SteuerRefG 1990 v. 25.7.19881 eingeführt worden. Sie steht im Zusammenhang mit der Aufhebung von § 63b Abs. 2 Satz 4. Sie soll im Zusammenwirken mit der Änderung des Art. 25 EGHGB sicherstellen, dass die genannten Unternehmen freiwillige Mitglieder ihres bisherigen Prüfungsverbands bleiben und sich von diesem weiterhin prüfen lassen können (§ 63b Rdn. 8) Mit Novelle 2006 wurde Satz 2, wonach den Wohnungsunternehmen bis zum 30.6.1990 ein Sonderkündigungsrecht zum 31.12.1990 eingeräumt worden war, als obsolet aufgehoben.
§ 163 Übergangsvorschrift für Mehrstimmrechte § 163 (Weggefallen durch Novelle 2006.)
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BGBl. I S. 2553. BGBl. I S. 2586.
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BGBl. I S. 1093.
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Übergangsregelung zum Berufsaufsichtsreformgesetz | § 166
§ 164 Übergangsregelung zur Beschränkung der Jahresabschlussprüfung § 53 Abs. 2 Satz 1 in der vom 18. August 2006 an geltenden Fassung ist erstmals auf die Prüfung des Jahresabschlusses für ein frühestens am 31. Dezember 2006 endendes Geschäftsjahr anzuwenden. § 164 enthielt früher Vorschriften zur Einführung des Euro. Mit Novelle 2006 wurde 1 § 53 Abs. 2 dahingehend geändert, dass nunmehr nur noch der Jahresabschluss von solchen eG zu prüfen ist, deren Bilanzsumme mehr als eine Million Euro und deren Umsatzerlöse mehr als zwei Millionen Euro betragen. Der Gesetzgeber stellte in § 164 klar, dass diese Neuregelung erstmalig für Prüfungen des Jahresabschlusses für ein frühestens am 31.12.2006 endendes Geschäftsjahr galt. Damit konnten die im Jahr 2006 oder später stattfindenden Prüfungen des Jahresabschlusses für Geschäftsjahre, die vor dem 31.12.2006 endeten, noch wie bisher stattfinden.
§ 165 Übergangsvorschriften zum Euro-Bilanzgesetz (1) § 63e Abs. 1 gilt mit der Maßgabe, dass die erste Qualitätskontrolle eines Prüfungsverbandes spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 durchgeführt werden muss. (2) Abweichend von § 63f Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 kann bis zum Ablauf des 31. Dezember 2002 ein Prüfungsverband auch dann registriert werden, wenn noch keine Qualitätskontrolle durchgeführt wurde; die Registrierung ist in diesem Falle bis zum 31. Dezember 2005 zu befristen. Die Übergangsvorschrift wurde notwendig, um die Qualitätsprüfung der genossen- 1 schaftlichen Prüfungsverbände entsprechend den Regelungen in § 136 Abs. 1 Satz 1 WPO für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften anzupassen. Abs. 2 ist durch Zeitablauf gegenstandslos geworden.
§ 166 Übergangsregelung zum Berufsaufsichtsreformgesetz § 166 Übergangsregelung zum Berufsaufsichtsreformgesetz (1) Ein Prüfungsverband, dem vor dem 6. September 2007 eine Bescheinigung über die Teilnahme an der Qualitätskontrolle erteilt wurde, kann eine Verlängerung der Befristung der Teilnahmebescheinigung auf insgesamt sechs Jahre beantragen, soweit er nicht unter § 63e Abs. 1 Satz 2 fällt. (2) Ist die Teilnahmebescheinigung auf sechs Jahre befristet worden, hat ein Prüfungsverband, der bei einer Genossenschaft, einer in Artikel 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch genannten Gesellschaft oder einem in Artikel 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch genannten Unternehmen, die einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch nehmen, mehr als drei Jahre nach Ausstellen der Teilnahmebescheinigung eine der Qualitätskontrolle unterfallende Prüfung durchführt, innerhalb von sechs Monaten nach Annahme des Prüfungsauftrages eine Qualitätskontrolle durchführen zu lassen. 1061
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§ 167 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
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Die Vorschrift wurde mit dem BARefG vom 3.9.20071 als Folgeänderung zu den neuen §§ 136, 57a Abs. 6 Satz 8 WPO eingefügt. Sie hängt mit dem ebenfalls durch das BARefG veränderten Turnus der Qualitätskontrolle in § 63e Abs. 1 Satz 1 und 2 zusammen. Mit dem BARefG wurde unter anderem die EU-Abschlussprüferrichtlinie2 in deutsches Recht umgesetzt. Bislang hatten sich die Prüfungsverbände gem. § 63e Abs. 1 im Abstand von drei Jahren einer Qualitätskontrolle zu unterziehen. Der geänderte § 63e Abs. 1 differenziert nun in Satz 1 und Satz 2 zwischen Prüfungsverbänden, die Unternehmen in öffentlichem Interesse (§ 319a Abs. 1 Satz 1 HGB) prüfen (Satz 2), und solchen, die dies nicht tun (Satz 1). Nach § 63e Abs. 1 Satz 1 ist die Bescheinigung, dass eine Qualitätskontrolle durchgeführt wurde, nunmehr grundsätzlich auf sechs Jahre zu befristen. Bei Prüfungsverbänden jedoch, die eG oder Gesellschaften prüfen, welche einen organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 5 WpHG in Anspruch nehmen, beträgt diese Frist gem. § 63e Abs. 1 Satz 2 nur drei Jahre. Diese Differenzierung erforderte eine Übergangsregelung für die Befristungen, da die Pflicht zur Durchführung der Qualitätskontrolle nach drei Jahren nicht mehr gerechtfertigt sein soll, wenn der Prüfungsverband keine Unternehmen von öffentlichem Interesse i.S.d. § 319a Abs. 1 Satz 1 HGB prüft.3 Maßgeblich ist das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung: § 166 unterscheidet zwischen Bescheinigungen, die vor Inkrafttreten des BARefG (also bis zum Ausstellungsdatum 5.9.2007), und solchen, die ab Inkrafttreten am 6.9.2007 ausgestellt wurden. § 166 Abs. 1 gilt für Altbescheinigungen, die bis zum 5.9.2007 ausgestellt wurden. Der Prüfungsverband kann dann eine Verlängerung der Befristung auf sechs Jahre beantragen, wenn er keine Unternehmen von öffentlichem Interesse prüft. § 166 Abs. 2 regelt den Fall, dass mehr als drei Jahre nach Ausstellen der Teilnahmebescheinigung erstmals ein Unternehmen des öffentlichen Interesses geprüft wird. Dann verkürzt sich der Sechs-Jahres-Turnus und es muss innerhalb von sechs Monaten nach Annahme des Prüfungsauftrages eine Qualitätskontrolle durchgeführt werden. „Innerhalb von sechs Monaten durchführen lassen“ bedeutet, dass die Prüfung in dem Zeitraum beendet sein muss. Bei Prüfungen innerhalb der ersten drei Jahre nach Ausstellen der Bescheinigung verkürzt sich der Turnus nicht.4
§ 167 Übergangsvorschrift zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz § 167 Übergangsvorschrift zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (1) § 36 Abs. 4 und § 38 Abs. 1a Satz 2 in der Fassung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102) finden keine Anwendung, solange alle Mitglieder des Aufsichtsrats und des Prüfungsausschusses vor dem 29. Mai 2009 bestellt worden sind. (2) § 53 Abs. 3 in der Fassung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102) ist erstmals ab dem 1. Januar 2010 anzuwenden.
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1 BGBl. I S. 2178. 2 EU-Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.5.2006 (sog. reformierte Abschlussprüferrichtlinie). 3 BT-Drs. 16/2858, S. 44. 4 BT-Drs. 16/2858, S. 44; Beuthien GenG § 166 Rdn. 3; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 166 Rdn. 4.
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Übergangsvorschrift zu dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe | § 168
Die Vorschrift wurde im Jahr 2009 durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz1 1 (BilMoG) eingefügt. Abs. 1 bezieht sich auf die §§ 36 Abs. 4 und 38 Abs. 1a, ebenfalls durch BilMoG neu eingeführt. Gem. § 38 Abs. 1a Satz 2 i.V.m. § 36 Abs. 4 muss bei einer kapitalmarktorientierten eG (s. Erl. dort), wenn diese einen Prüfungsausschuss einrichtet, mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand in Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. Nach der Übergangsvorschrift des § 167 Abs. 1 finden diese Regelungen keine Anwendungen auf Aufsichtsräte und Prüfungsausschüsse, die vor Inkrafttreten des BilMoG am 29.5.2009 bestellt wurden. Zu dem Zeitpunkt bestellte Aufsichtsräte, die nicht den neuen Vorgaben entsprechen, können bis zum Ablauf ihrer Amtszeit personell unverändert bestehen bleiben. Die Änderungen sind erst bei Neuwahlen zu berücksichtigen. Falls kapitalmarktorientierte eG i.S.d. § 53 Abs. 3 (s. Erl. dort) keinen Aufsichtsrat 2 haben, müssen sie gem. § 324 HGB einen Prüfungsausschuss bilden. Abs. 2 gewährte hierfür eine Übergangsfrist, die am 1.1.2010 endete.
§ 168 Übergangsvorschrift zu dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst § 168 Übergangsvorschrift zu dem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe Die Festlegungen nach § 9 Absatz 3 Satz 1 und 3 sowie Absatz 4 Satz 1 und 3 haben erstmals bis spätestens 30. September 2015 zu erfolgen. Die nach § 9 Absatz 3 Satz 3 und Absatz 4 Satz 3 erstmals festzulegende Frist darf nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 dauern. § 168 ist durch Artikel 17 Nr. 3 des Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von 1 Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst v. 24.4.20151 eingefügt worden. Die Vorschrift regelt in Satz 1 die erstmalige Festlegung der Zielgrößen für den 2 Frauenanteil im Vorstand (§ 9 Abs. 4 Satz 1), den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands (§ 9 Abs. 3 Satz 1) sowie im Aufsichtsrat (§ 9 Abs. 4 Satz 1) und die erstmalige Festlegung der Fristen zur Erreichung der Zielgrößen (§ 9 Abs. 3 Satz 3 bzw. § 9 Abs. 4 Satz 3). Die Festlegungen mussten bis spätestens zum 30.9.2015 erfolgen. Satz 2 regelt abweichend von § 9 Abs. 3 Satz 4 bzw. § 9 Abs. 4 Satz 4, dass die erst- 3 mals festzulegende Frist (Erreichung der Zielgröße), statt fünf Jahren, nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 dauern dürfen. Der Gesetzgeber möchte hiermit das Verfahren zur Förderung von Frauen in den Führungspositionen beschleunigen.2 Direkte Sanktionen sieht der Gesetzgeber bei Nichteinhaltung dieser Fristen nicht vor, vgl. im Übrigen die Erläuterungen zu § 9 Rdn. 19a.
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BGBl. I S. 1102.
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BGBl. I 2015 S. 642. Vgl. BT-Drs. 18/3784, S. 124, 135.
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§ 168 | 10. Abschnitt. Schlussvorschriften
[§ 1683 Übergangsvorschrift zum Abschlussprüfungsreformgesetz] § 168 Übergangsvorschrift zum Abschlussprüfungsreformgesetz § 36 Absatz 4, § 38 Absatz 1a, § 53 Absatz 3 und § 57 Absatz 5 in der Fassung des Abschlussprüfungsreformgesetzes vom … [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle] müssen nicht angewandt werden, solange alle Mitglieder des Aufsichtsrats und des Prüfungsausschusses vor dem 17. Juni 2016 bestellt worden sind.] § 168 (169) wird voraussichtlich durch Art. 9 Nr. 10 Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) in das GenG aufgenommen werden und regelt, dass die durch das AReG geänderten Vorschriften, § 36 Absatz 4 (Ausweitung der Vorgabe für die Besetzung des Aufsichtsrats auf alle CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG), § 38 Absatz 1a (Erweiterung des dem Prüfungsausschuss zugeschriebenen Aufgabenbereichs), § 53 Abs. 3 (Folgeänderung zu § 36 Abs. 4) und § 57 Absatz 5 (Erweiterung des Umfangs in der Prüfungsschlussitzung) nicht angewendet werden müssen, solange alle Mitglieder des Aufsichtsrats und des Prüfungsausschuss vor dem 17.6.2016 bestellt worden sind. Dies bedeutet, dass mit der ersten Nachbestellung/Neuwahl (turnusmäßiger Wech2 sel) – auch nur eines Mitglieds – im Aufsichtsrat nach dem 17.6.2016 die geänderten Vorschriften zu beachten sind. Eine stichtagsbezogene Anwendung wird vermieden. Scheidet ein Aufsichtsratsmitglied vor Ablauf seiner Amtszeit aus (z.B. wegen des Erreichens einer Altersgrenze), löst dies keine Pflicht zur Anwendung der neuen Vorgaben aus. Erfolgt jedoch eine Nachwahl handelt es sich um einen turnusmäßigen Wechsel. Eine freiwillige frühere Anwendung der neuen Vorgaben bleibt der eG unbenommen.4 1
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3 Der Klammerzusatz bezieht sich auf die voraussichtlichen Änderungen aufgrund Art. 9 Nr. 10 RefE eines Gesetzes zur Umsetzung der prüfungsbezogenen Regelungen der Richtlinie 2014/56/EU sowie zur Ausführung der entsprechenden Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 im Hinblick auf die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, nachfolgend AReG-RefE. Da § 168 im GenG bereits erhalten ist, wird aus § 168 voraussichtlich § 169 werden. 4 Vgl. AReG-RefE, S. 39, 43.
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Verordnung über das Genossenschaftsregister | Anh
ANHANG GENG Anh Anhang Verordnung über das Genossenschaftsregister
Verordnung über das Genossenschaftsregister (Genossenschaftsregisterverordnung – GenRegV) neue rechte Seite vom 11. Juli 1889 (RGBl. I, S. 150) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006 (BGBl. I, S. 2268), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 10. Dez. 2014 (BGBl. I, 2091)
ERSTER ABSCHNITT Allgemeines §1 Zuständigkeit und Verfahren Zuständigkeit und Verfahren bei der Führung des Genossenschaftsregisters bestimmen sich, soweit nicht durch bundesrechtliche Vorschriften oder die nachstehenden Vorschriften etwas anderes vorgeschrieben ist, nach den für das Handelsregister geltenden Vorschriften. §2 Eintragungsverfügung (weggefallen) §3 Benachrichtigung der Beteiligten (1) Jede Eintragung oder Ablehnung einer Eintragung in das Genossenschaftsregister ist dem Vorstand, bei einer Europäischen Genossenschaft dem Leitungsorgan oder den geschäftsführenden Direktoren, oder den Liquidatoren bekannt zu geben. (2) Die Benachrichtigung kann durch einfache Postsendung erfolgen. §4 Bekanntmachung der Registereintragungen Soweit die öffentliche Bekanntmachung einer Eintragung in das Genossenschaftsregister vorgeschrieben ist, ist sie zu veranlassen, sobald die Eintragung bewirkt ist und ohne dass eine andere Eintragung abgewartet werden darf. §5 Bekanntmachungsblätter, Bekanntmachung bei Zweigniederlassungen (weggefallen)
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§6 Form der Anmeldung (1) Die Vorschrift, dass Anmeldungen zum Genossenschaftsregister in öffentlich beglaubigter Form einzureichen sind (§ 157 des Gesetzes), gilt nur für die Anmeldungen, die in dem Gesetz als solche ausdrücklich bezeichnet sind. (2) Dahin gehören: 1. die Anmeldung der Satzung (Gesetz §§ 10, 11); 2. die Anmeldung von Änderungen der Satzung (Gesetz § 16); 3. die Anmeldung einer Zweigniederlassung und ihrer Aufhebung (Gesetz § 14); 4. die Anmeldung der Bestellung, des Ausscheidens, der vorläufigen Enthebung und der Änderung der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds, seines Stellvertreters oder eines Liquidators (Gesetz §§ 10, 11, 28, 35, 84 Abs. 1, § 85 Abs. 2); 5. die Anmeldung der Erteilung, der Änderung und des Erlöschens einer Prokura (Gesetz § 42 Abs. 1, Handelsgesetzbuch § 53); 6. die Anmeldung der Auflösung und der Fortsetzung einer Genossenschaft in den Fällen der §§ 78, 79, 79 a, 117 des Gesetzes; 7. die Anmeldung der Umwandlung unter Beteiligung einer Genossenschaft (§§ 16, 38, 125, 129, 137, 148, 198, 222, 254, 265, 286 UmwG); 8. weggefallen. (3) Die Anmeldung durch einen Bevollmächtigten ist ausgeschlossen. § 378 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt unberührt. (4) Auf Anmeldungen zum Genossenschaftsregister, welche die Europäische Genossenschaft betreffen, sind die Absätze 1 bis 3 unter Berücksichtigung der §§ 3, 17, 22 Abs. 1 und des § 26 des SCE-Ausführungsgesetzes entsprechend anzuwenden. §7 Sonstige Anzeigen und Erklärungen (1) Für die sonstigen Anzeigen und Erklärungen, die zum Genossenschaftsregister zu bewirken sind, bedarf es, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, nicht der öffentlich beglaubigten Form. (2) Sind die sonstigen Anzeigen oder Erklärungen mit rechtlicher Wirkung für die Genossenschaft oder die Europäische Genossenschaft verbunden, müssen sie in der für die Willenserklärungen der Genossenschaft oder der Europäischen Genossenschaft vorgeschriebenen Form erfolgen, insbesondere unter Mitwirkung der hiernach erforderlichen Zahl von Vorstandsmitgliedern, bei einer Europäischen Genossenschaft von Mitgliedern des Leitungsorgans oder geschäftsführenden Direktoren, von Prokuristen oder Liquidatoren (§§ 25, 42 Abs. 1 und § 85 des Gesetzes sowie § 23 des SCE-Ausführungsgesetzes). (3) Die Einreichungen und Anzeigen sind in der Form des § 12 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs zu bewirken. §8 Form der einzureichenden Abschrift einer Urkunde In den Fällen, in welchen die Abschrift einer Urkunde zum Genossenschaftsregister einzureichen ist, genügt, sofern nicht ein anderes vorgeschrieben ist, eine einfache Abschrift (vgl. Gesetz § 11 Abs. 2 Nr. 2, § 16 Abs. 5 Satz 1, § 28 Satz 2, § 84 Abs. 1 Satz 2). 1066
Verordnung über das Genossenschaftsregister | Anh
§9 Löschung von Amts wegen (weggefallen) § 10 Gegenstandslos gewordene Eintragungen (weggefallen) § 11 Kosten (weggefallen)
ZWEITER ABSCHNITT Eintragungen in das Genossenschaftsregister § 12 Einrichtung des Registers (weggefallen) § 13 Registerakten (weggefallen) § 14 Inhalt der Eintragung (weggefallen) § 15 Eintragung der Satzung (1) Vor der Eintragung der Satzung (§§ 10 bis 12 des Gesetzes) hat das Gericht zu prüfen, ob die Satzung den Vorschriften des Gesetzes genügt, insbesondere ob 1. der in der Satzung bezeichnete Zweck der Genossenschaft den Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes entspricht, 2. auf Grund der gutachtlichen Äußerung des Prüfungsverbandes keine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Genossenschaft zu besorgen ist und eine solche Gefährdung auch nicht offenkundig ist (§ 11a Abs. 2 des Gesetzes) und 3. die Satzung die erforderlichen Bestimmungen (§§ 6, 7 und 36 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes) enthält. (2) Die Eintragung der Satzung in das Register erfolgt durch Aufnahme eines Auszugs. (3) Der Auszug muss die im § 12 Abs. 2 des Gesetzes vorgesehenen Angaben enthalten, nämlich: 1067
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das Datum der Satzung; die Firma und den Sitz der Genossenschaft; den Gegenstand des Unternehmens; die Zeitdauer der Genossenschaft, falls diese auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist; ferner: 5. die Mitglieder des Vorstands, ihre Vertretungsbefugnis (Gesetz § 25) und ihre Stellvertreter (Gesetz § 35). (4) In den Auszug sind ferner die Bestimmungen der Satzung über die Nachschusspflicht der Mitglieder (Gesetz § 6 Nr. 3) aufzunehmen. Ist in der Satzung bestimmt, dass sich bei Beteiligung mit mehr als einem Geschäftsanteil die Haftsumme auf einen höheren Betrag als den Gesamtbetrag der Geschäftsanteile erhöht (Gesetz § 121 Satz 2) oder dass durch die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen eine Erhöhung der Haftsumme nicht eintritt (Gesetz § 121 Satz 3), sind auch diese Bestimmungen aufzunehmen. Bestimmt die Satzung ein Mindestkapital (§ 8 a Abs. 1 des Gesetzes), ist auch diese Bestimmung aufzunehmen. (5) Die Satzung (Gesetz § 11 Abs. 2 Nr. 1) ist zu den Akten zu nehmen. (6) Auf die Eintragung der Satzung der Europäischen Genossenschaft sind die Absätze 1 bis 5 nicht anzuwenden. § 16 Eintragung von Satzungsänderungen (1) Beschlüsse der Generalversammlung, die eine Änderung der in § 15 Abs. 3 und 4 bezeichneten Bestimmungen der Satzung oder die Fortsetzung einer auf bestimmte Zeit beschränkten Genossenschaft zum Gegenstand haben, werden nach ihrem Inhalt, Beschlüsse, die eine sonstige Satzungsänderung betreffen, nur unter allgemeiner Bezeichnung des Gegenstandes eingetragen (Gesetz § 16). (2) Eine Abschrift des Beschlusses (Gesetz § 16 Abs. 5 Satz 1) sowie der vollständige neue Satzungswortlaut nebst Erklärung des Vorstands (Gesetz § 16 Abs. 5 Satz 2) ist zu den Akten zu nehmen. (3) Die Absätze 1 und 2 sind auf satzungsändernde Beschlüsse der Generalversammlung einer Europäischen Genossenschaft entsprechend anzuwenden; an die Stelle der in § 15 Abs. 3 und 4 bezeichneten Bestimmungen der Satzung treten die Satzungsbestimmungen nach Artikel 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1). § 17 Umwandlung einer Genossenschaft und Herabsetzung der Haftsumme (weggefallen) § 18 Vorstandsmitglieder, Prokuristen (1) Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern und ihrer Stellvertreter, bei einer Europäischen Genossenschaft von Mitgliedern des Leitungsorgans oder von geschäftsführenden Direktoren und ihrer Stellvertreter, ihre Vertretungsbefugnis sowie die Änderung und die Beendigung der Vertretungsbefugnis (§ 10 Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2, § 28 und § 35 des Gesetzes sowie § 17 Abs. 1 bis 3, § 23 Abs. 1 bis 3 und § 26 des SCE-Ausführungsgesetzes) sind unverzüglich zur Eintragung anzumelden. Als Ende der Vertretungsbefugnis 1068
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gilt auch eine vorläufige Enthebung durch den Aufsichtsrat (Gesetz § 40). Die Vorstandsmitglieder, Mitglieder des Leitungsorgans, geschäftsführenden Direktoren und ihre Stellvertreter sind mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort einzutragen. (2) Absatz 1 Satz 1 gilt für die Anmeldung von Prokuristen (Gesetz § 42 Abs. 1) entsprechend. Die Prokuristen sind mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort einzutragen. § 19 Eintragung von Zweigniederlassungen (weggefallen) § 20 Eintragung der Auflösung (1) Die Eintragung der Auflösung einer Genossenschaft oder einer Europäischen Genossenschaft in das Register der Hauptniederlassung erfolgt 1. in den Fällen der §§ 78 und 79 des Gesetzes auf Grund der Anmeldung des Vorstands, bei einer Europäischen Genossenschaft auf Grund der Anmeldung des Leitungsorgans oder der geschäftsführenden Direktoren, 2. in den übrigen Fällen von Amts wegen, und zwar a) im Falle des § 80 des Gesetzes sowie im Falle des Artikels 73 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 nach Eintritt der Rechtskraft des von dem Registergericht erlassenen Auflösungsbeschlusses, b) im Falle des § 81 des Gesetzes auf Grund der von dem zuständigen Landgericht dem Registergericht mitgeteilten rechtskräftigen Entscheidung, durch welche die Auflösung ausgesprochen ist, c) im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und im Falle des § 81 a Nr. 1 des Gesetzes auf Grund der Mitteilung der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts (§ 31 der Insolvenzordnung). (2) In allen Fällen der Auflösung, außer dem Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Auflösung infolge Verschmelzung oder Aufspaltung, sind die Liquidatoren von dem Vorstand, bei einer Europäischen Genossenschaft vom Leitungsorgan oder den geschäftsführenden Direktoren anzumelden. Dies gilt auch dann, wenn die Liquidation durch die Mitglieder des Vorstands, bei einer Europäischen Genossenschaft des Leitungsorgans oder die geschäftsführenden Direktoren als Liquidatoren erfolgt (Gesetz §§ 83, 84). Sind die Liquidatoren durch das Gericht ernannt, so geschieht die Eintragung der Ernennung und der Abberufung von Amts wegen (Gesetz § 84 Abs. 2). (3) Für die Anmeldung und Eintragung der Vertretungsbefugnis und jeder Änderung der Vertretungsbefugnis der Liquidatoren (Gesetz § 84 Abs. 1, § 85) sowie für den Inhalt der Eintragung gilt § 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 entsprechend. § 21 Anmeldepflicht bei Beendigung der Liquidation und Eintragungen bei Insolvenz (1) Sobald mit der vollständigen Verteilung des Genossenschaftsvermögens die Liquidation beendigt ist, haben die Liquidatoren die Beendigung ihrer Vertretungsbefugnis zur Eintragung anzumelden. 1069
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(2) Von Amts wegen auf Grund der Mitteilung der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts sind einzutragen (§ 102 Abs. 1 des Gesetzes) 1. die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, 2. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unter den Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes, 3. die Anordnung der Eigenverwaltung durch den Schuldner und deren Aufhebung sowie die Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Schuldners nach § 277 der Insolvenzordnung, 4. die Einstellung und die Aufhebung des Insolvenzverfahrens und 5. die Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans und die Aufhebung der Überwachung. §§ 21a und 21b (weggefallen) § 22 Eintragung der Nichtigkeit der Genossenschaft (1) Soll eine Genossenschaft oder eine Europäische Genossenschaft von Amts wegen als nichtig gelöscht werden, so ist in der Verfügung, welche nach § 395 Abs. 2 in Verbindung mit § 397 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Genossenschaft oder der Europäischen Genossenschaft zugestellt wird, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Mangel bis zur Löschung durch Beschluss der Generalversammlung gemäß § 95 Abs. 2 bis 4 des Genossenschaftsgesetzes, § 10 Abs. 1 Satz 2 des SCE-Ausführungsgesetzes geheilt werden kann. (2) Die Löschung erfolgt durch Eintragung eines Vermerkes, der die Genossenschaft oder Europäische Genossenschaft als nichtig bezeichnet. Das Gleiche gilt in dem Falle, dass die Genossenschaft oder Europäische Genossenschaft durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt ist (Gesetz §§ 94, 96). (3) Im Übrigen finden die Vorschriften des § 20 Abs. 2, 3 und des § 21 Abs. 1 entsprechende Anwendung. § 23 Eintragung der Nichtigkeit von Beschlüssen der Generalversammlung Soll ein eingetragener Beschluss der Generalversammlung von Amts wegen als nichtig gelöscht werden (§ 398 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), so erfolgt die Löschung durch Eintragung eines Vermerkes, der den Beschluss als nichtig bezeichnet. Das Gleiche gilt, wenn der Beschluss durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt ist (Gesetz § 51 Abs. 5). § 24 Berichtigung von Schreibfehlern Schreibfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in einer Eintragung vorkommen, sind von dem Gericht zu berichtigen, ohne dass es einer vorgängigen Benachrichtigung der Genossenschaft oder der Europäischen Genossenschaft bedarf. Die Berichtigung erfolgt in Form einer neuen Eintragung oder auf andere eindeutige Weise. 1070
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§ 25 Gestaltung des Genossenschaftsregisters Der Inhalt des Genossenschaftsregisters muss auf dem Bildschirm und in Ausdrucken entsprechend dem beigegebenen Muster (Anlage 1) sichtbar gemacht werden können. Der letzte Stand aller noch nicht gegenstandslos gewordenen Eintragungen (aktueller Registerinhalt) kann statt in spaltenweiser Wiedergabe auch als fortlaufender Text nach dem Muster in Anlage 2 sichtbar gemacht werden. § 26 Inhalt der Eintragungen In das Genossenschaftsregister werden Angaben entsprechend den folgenden Nummern 1 bis 8 eingetragen. 1. In Spalte 1 ist die laufende Nummer der die Genossenschaft oder die Europäische Genossenschaft betreffenden Eintragungen einzutragen. 2. In Spalte 2 sind unter Buchstabe a die Firma, unter Buchstabe b der Sitz der Genossenschaft oder der Europäischen Genossenschaft sowie bei einer Europäischen Genossenschaft die inländische Geschäftsanschrift und gegebenenfalls Familienname und Vorname oder Firma und Rechtsform sowie inländische Anschrift einer für Willenserklärungen und Zustellungen empfangsberechtigten Person, und die Errichtung oder Aufhebung von Zweigniederlassungen, und zwar unter Angabe des Ortes einschließlich der Postleitzahl und, falls der Firma für eine Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt ist, unter Angabe dieses Zusatzes, und unter Buchstabe c der Gegenstand des Unternehmens und die sich jeweils darauf beziehenden Änderungen anzugeben. 3. In Spalte 3 sind die Bestimmungen der Satzung über die Nachschusspflicht der Mitglieder und, sofern die Satzung bestimmt, dass sich bei Beteiligung mit mehr als einem Geschäftsanteil die Haftsumme auf einen höheren Betrag als den Gesamtbetrag der Geschäftsanteile erhöht oder dass durch die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen eine Erhöhung der Haftsumme nicht eintritt, auch diese Bestimmungen der Satzung einzutragen; auch ist die Bestimmung eines Mindestkapitals in der Satzung einzutragen. Ferner sind alle Änderungen der in Satz 1 bezeichneten Bestimmungen einzutragen. Bei einer Europäischen Genossenschaft ist das Grundkapital mit dem Hinweis, dass dieses veränderlich ist, einzutragen. 4. In Spalte 4 sind unter Buchstabe a die allgemeine Regelung zur Vertretung der Genossenschaft oder der Europäischen Genossenschaft durch die Mitglieder des Vorstands, bei einer Europäischen Genossenschaft durch die Mitglieder des Leitungsorgans oder die geschäftsführenden Direktoren sowie bei Kreditinstituten durch die gerichtlich bestellten vertretungsbefugten Personen oder die Liquidatoren und die Bestimmungen bei der Bestellung der Liquidatoren über die Form, in welcher diese ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Genossenschaft oder Europäische Genossenschaft zu zeichnen haben, einzutragen. Unter Buchstabe b sind die Mitglieder des Vorstands, bei einer Europäischen Genossenschaft des Leitungsorgans oder die geschäftsführenden Direktoren sowie bei Kreditinstituten die gerichtlich bestellten vertretungsberechtigten Personen und die als solche bezeichneten Liquidatoren mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort oder gegebenenfalls mit Firma, Rechtsform, Sitz oder Niederlassung einzutragen. Ferner ist unter Buchstabe b jede Änderung in den Personen der Mitglieder des Vorstands, bei einer Europäischen Genossenschaft des Leitungsorgans oder der geschäftsführenden Direk1071
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5.
6.
7. 8.
toren, oder der Liquidatoren einzutragen. Weicht die Vertretungsbefugnis der in Spalte 4 unter Buchstabe b einzutragenden Personen im Einzelfall von den Angaben in Spalte 4 unter Buchstabe a ab, so ist diese besondere Vertretungsbefugnis bei den jeweiligen Personen zu vermerken. In Spalte 5 sind die die Prokura betreffenden Eintragungen einschließlich Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort der Prokuristen und die sich jeweils darauf beziehenden Änderungen anzugeben. In Spalte 6 sind unter Buchstabe a die Rechtsform, das Datum und Änderungen der Satzung sowie die Zeitdauer der Genossenschaft oder Europäischen Genossenschaft, falls diese auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist, einzutragen. Änderungen der Satzung, die nicht die Änderung von einzutragenden Angaben betreffen, sind nur unter der allgemeinen Bezeichnung des Gegenstandes der Änderung einzutragen. Unter Buchstabe b sind die sonstigen Rechtsverhältnisse einzutragen, namentlich aa) die Eröffnung, Einstellung und Aufhebung des Insolvenzverfahrens sowie die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses; die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unter den Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes sowie die Aufhebung einer derartigen Sicherungsmaßnahme; die Anordnung der Eigenverwaltung durch den Schuldner und deren Aufhebung sowie die Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte des Schuldners nach § 277 der Insolvenzordnung; die Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans und die Aufhebung der Überwachung; bb) die Auflösung, Fortsetzung und die Nichtigkeit der Genossenschaft oder Europäischen Genossenschaft; das Erlöschen der Firma, die Löschung der Genossenschaft oder Europäischen Genossenschaft sowie Löschungen von Amts wegen; cc) Eintragungen nach dem Umwandlungsgesetz und nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz; dd) die Nichtigkeit von Beschlüssen der Generalversammlung. In Spalte 7 erfolgt unter Buchstabe a die Angabe des Tages der Eintragung und unter Buchstabe b die Eintragung sonstiger Bemerkungen. Enthält eine Eintragung die Nennung eines in ein öffentliches Unternehmensregister eingetragenen Rechtsträgers, so sind Art und Ort des Registers sowie die Registernummer dieses Rechtsträgers mit zu vermerken. § 27 Übergangsregelung für das maschinell geführte Genossenschaftsregister (weggefallen)
Anlage 1 (zu § 25): Inhalt des Genossenschaftsregisters in spaltenweiser Wiedergabe Anlage 2 (zu § 25): Inhalt des Genossenschaftsregisters als fortlaufender Text
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Anmerkung:
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1
Nummer der Eintragung
Sitz, Niederlassung, inländische Geschäftsanschrift und empfangsberechtigte Personen der Europäischen Genossenschaft, Zweigniederlassungen
Gegenstand des Unternehmens
b)
c)
3
Nachschusspflicht, Mindestkapital; Grundkapital der Europäischen Genossenschaft
b)
a)
4
Vorstand; Leitungsorgan oder geschäftsführende Direktoren der Europäischen Genossenschaft; Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis
Allgemeine Vertretungsregelung
5
Prokura
b)
a)
6
b)
a)
2 Seiten Quertabellen im Anschluss!!!!!! Seite 1 7
Bemerkungen
Tag der Eintragung
Nummer der Firma: GnR
Sonstige Rechtsverhältnisse
Rechtsform und Satzung
Die Kopfzeile und die Spaltenüberschriften müssen beim Abruf der Registerdaten auf dem Bildschirm stets sichtbar sein
2
Firma
a)
Genossenschaftsregister des Amtsgerichts
(Fundstelle: BGBl. I 2006, 2274; bzgl. der einzelnen Änderungen vgl. Fußnote)
Anlage 1 (zu § 25) Inhalt des Genossenschaftsregisters in spaltenweiser Wiedergabe
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neue rechte Seite weiter
Nachschusspflicht, Mindestkapital; Grundkapital der Europäischen Genossenschaft:
a) Allgemeine Vertretungsregelung: b) Vorstand; Leitungsorgan oder geschäftsführende Direktoren der Europäischen Genossenschaft; Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis:
Prokura:
a) Rechtsform und Satzung: b) Sonstige Rechtsverhältnisse:
Tag der letzten Eintragung:
3.
4.
5.
6.
7.
Anmerkung: Die beiden Kopfzeilen müssen beim Abruf der Registerdaten auf dem Bildschirm stets sichtbar sein.
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a) Firma: b) Sitz, Niederlassung, inländische Geschäftsanschrift und empfangsberechtigte Person der Europäischen Genossenschaft, Zweigniederlassungen: c) Gegenstand des Unternehmens:
Nummer der Firma: GnR
2.
Anzahl der bisherigen Eintragungen:
Wiedergabe des aktuellen Registerinhalts
Seite 2
1.
Genossenschaftsregister des Amtsgerichts
(Fundstelle: BGBl. I 2006, 2274; zgl. der einzelnen Änderungen vgl. Fußnote)
Anlage 2 (zu § 25) Inhalt des Genossenschaftsregisters als fortlaufender Text
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1. Vorbemerkungen | Vorb UmwG
II. Umwandlungsgesetz1 neue rechte Seite vom 28.10.1994 (BGBl. I 1994, S. 3210; I 1995, S. 428) zuletzt geändert durch Art. 22 des Gesetzes vom 24.4.2015 (BGBl. I S. 642) Vorb UmwG Umwandlungsgesetz Holthaus/Lehnhoff 1. Vorbemerkungen 1. Vorbemerkungen Im Teil II. dieses Kommentars wird das Umwandlungsgesetz in den Teilbereichen 1 kommentiert, die für die Umwandlung von eG besonders relevant sind. Da die Verschmelzung von (einer oder mehreren) eG in der Praxis die größte Bedeutung hat, liegt hier der Schwerpunkt der Kommentierung. Am Ende eines jeden Paragraphen werden die entsprechenden Vorschriften der Europäischen Genossenschaft (SCE) behandelt; in diesem Kontext schwerpunktmäßig auch die Umwandlung einer eG in eine SCE mit Sitz in Deutschland (Art. 2 Absatz 1 4. Spiegelstrich), da infolge der zunehmenden Internationalisierung und grenzüberschreitenden Tätigkeiten von eG in den letzten Jahren auch größere eG diese Möglichkeit genutzt haben oder noch nutzen wollen. Im Anhang zum Teil II. finden sich – mit Ausfüllhinweisen zu den jeweiligen Vertragsregeln bzw. Berichtspunkten – die zwei wichtigsten Muster, die bei einer Verschmelzung von eG benötigt werden: ein Musterverschmelzungsvertrag und ein Musterverschmelzungsbericht. Beide Muster wurden vom DGRV-Arbeitskreis „Verschmelzung“ im Jahr 2010 von Praktikern der Genossenschaftsorganisation überarbeitet. Diese finden sich auch im Bd. 39 der DGRV-Schriftenreihe „Verschmelzung – Ausgliederung: Hinweise und Hilfen“ mit zahlreichen weiteren Mustern und Erläuterungen; dort auch mit Hinweisen zum Thema Spaltung zur Neugründung auf Tochtergesellschaften (zur Ausgliederung vgl. unten Rdn. 6). Das UmwG vom 28.10.1994, das am 1.1.1995 in Kraft getreten ist, hat diesen Rechts- 1a bereich inhaltlich neu gestaltet und die bisher in verschiedenen Gesetzen (UmwG 1969, AktG, KapErhG, GenG, VAG) enthaltenen Regelungen zusammengefasst. Eine Umwandlung außerhalb des UmwG ist nur dann möglich, wenn ein anderes Bundes- oder Landesgesetz dieses ausdrücklich vorsieht. Aus Gründen besserer Übersichtlichkeit und zur Erleichterung der praktischen Anwendung werden zunächst für jede der vier Umwandlungsarten (vgl. § 1) die für alle Rechtsformen geltenden Vorschriften in einem Allgemeinen Teil behandelt. Der nachfolgende Besondere Teil enthält jeweils abweichende und spezielle Regelungen, die nur für einzelne Rechtsformen von Bedeutung sind. Bei der Beteiligung von Rechtsträgern verschiedener Rechtsformen an einem Umwandlungsvorgang finden nach dieser „Baukasten“-Technik2 des Gesetzes die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die für jede Rechtsform geltenden Regelungen des Besonderen Teils nebeneinander Anwendung. Dies führt gegenüber dem bisher geltenden Recht zu einer erheblichen Vereinfachung.3 Nach dem alle Umwandlungsarten betreffenden Ersten Buch, das nur aus § 1 (Arten 2 der Umwandlung) besteht, werden in den folgenden vier Büchern die Verschmelzung (§§ 2 bis 122), Spaltung in Form der Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung (§§ 123
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1 §§ ohne Gesetzesangabe = §§ des Umwandlungsgesetzes (UmwG); Art. ohne Gesetzesangabe = Art. der SCE-VO (Statut der Europäischen Genossenschaft). 2 Vgl. dazu auch Beuthien Einl UmwG Rdn. 4. 3 Möglichkeiten der Verschmelzung für (u.a.) eG graphisch dargestellt in drei Schaubildern bei Lutter/ Lutter UmwG Einl. Rdn. 50–53.
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Holthaus/Lehnhoff
Vorb UmwG | Umwandlungsgesetz
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bis 173), Vermögensübertragung (§§ 174 bis 189) und der Rechtsformwechsel (§§ 190 bis 304) geregelt, und zwar – Ausnahme ist die Vermögensübertragung – jeweils mit einem Allgemeinen Teil und einem Besonderen Teil, der besondere Vorschriften für die betroffenen Unternehmensformen enthält. Innerhalb des Zweiten bis Fünften Buches wird in dem jeweiligen Besonderen Teil der Aufbau eingehalten, dem auch das Bilanzrichtlinien-Gesetz gefolgt ist: Es wird mit der Umwandlung der einfacher strukturierten Rechtsträger wie der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft begonnen, die weniger strenge Regeln erfordern als die Umwandlung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, von Aktiengesellschaften und von Kommanditgesellschaften auf Aktien. Hieran schließen sich jeweils Vorschriften über die Umwandlung von eG und von Vereinen und deren Spezialformen (VVaG und genossenschaftlicher Prüfungsverband) an. Das Sechste Buch regelt Strafvorschriften und Zwangsgelder (§§ 313 bis 316) und das Siebte Buch Übergangs- und Schlußvorschriften (§§ 317 bis 325). Das Umwandlungsgesetz regelt nicht die Verschmelzung von Genossenschaften verschiedener Staaten der Europäischen Gemeinschaft (EU) zu einer Europäischen Genossenschaft (SCE), vgl. hierzu Art. 2 Abs. 1 4. Spiegelstrich, Art. 19 des Statuts der Europäischen Genossenschaft (= SCE-VO) und auch nicht die Umwandlung einer eG in eine SCE gemäß Art. 2 Abs. 1 5. Spiegelstrich, Art. 35; vgl. hierzu Rdn. 17 ff. Das UmwG gilt nur für Rechtsträger mit Sitz in Deutschland (für eG: vgl. § 6 Nr. 1 GenG). Aus § 122a ff. folgt, dass auch grenzüberschreitende Umwandlungen möglich sind, nicht jedoch für eG (vgl. unten Rdn. 9). Das Gesetz versteht den Begriff Umwandlung nunmehr als Oberbegriff, während der bisherige Begriff Umwandlung im engeren Sinn durch den Begriff Formwechsel (vgl. §§ 190 ff.) ersetzt worden ist. Eine Umwandlung kann erfolgen durch Verschmelzung, durch Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung), durch Vermögensübertragung und durch Formwechsel. Bei jeder Umwandlungsart bestimmt das Gesetz den Kreis der beteiligungsfähigen Rechtsträger, die an einer Umwandlung als übertragende, übernehmende oder als neue Rechtsträger beteiligt sein können. Bei den ersten beiden Umwandlungsarten wird unterschieden zwischen der Umwandlung durch Aufnahme und durch Neugründung (vgl. § 2 bei der Verschmelzung; § 123 Abs. 1 bei der Spaltung). Der im Zweiten Buch geregelte Vorgang der Verschmelzung ist sachlich nicht neu. Bis zum Inkrafttreten des UmwG 1995 galten §§ 93a ff. GenG. Die §§ 93a–s GenG wurden mit Wirkung zum 1.1.1995 aus dem GenG herausgenommen und in überarbeiteter Form – eingepasst in das oben geschilderte Baukasten-System – in das UmwG aufgenommen. Für eG bedeutet dies, dass seither folgende Vorschriften gelten: – Verschmelzung §§ 1–35 und §§ 79–98 – Spaltung insbesondere in der Form der Ausgliederung §§ 123–137 und §§ 147–148.
Materiell ist von Bedeutung, dass seit 1995 auch die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, Personenhandelsgesellschaften und eingetragenen Vereinen auf eine eG sowie der Formwechsel aus diesen Gesellschaftsformen in eine eG möglich sind; s. dazu die Kommentierung bei § 190 und 191 und die dortigen Ausführungen zum Formwechsel einer eG in eine SCE nach Art. 35 der SCE-VO. Auf die besonders ausführlichen Regelungen bei der Verschmelzung im Zweiten Buch (§§ 2 bis 122l) bauen insbesondere die Vorschriften zur Spaltung und Vermögensübertragung auf; dort wird – soweit möglich – auf die Verschmelzungsvorschriften verwiesen. 6 Ein Novum stellt die generelle Einführung der Spaltung im Dritten Buch dar. Sie wird in drei Formen ermöglicht (vgl. § 123): Holthaus/Lehnhoff
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1. Vorbemerkungen | Vorb UmwG
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Bei der Aufspaltung (§ 123 Abs. 1) teilt ein übertragender Rechtsträger unter Auflösung sein gesamtes Vermögen auf und überträgt im Wege der Sonderrechtsnachfolge (teilweise Gesamtrechtsnachfolge) die Vermögensteile auf mindestens zwei andere schon bestehende oder neu gegründete Rechtsträger. Bei der Abspaltung (§ 123 Abs. 2) bleibt der übertragende Rechtsträger bestehen. Er überträgt nur einen Teil seines Vermögens, in der Regel einen Betrieb oder mehrere Betriebe, auf einen anderen oder mehrere andere, bereits bestehende oder neue Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses/dieser Rechtsträger/s an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers. Wie bei der Abspaltung geht auch bei der Ausgliederung (§ 123 Abs. 3) nur ein Teil des Vermögens eines Rechtsträgers auf andere, bestehende oder neu gegründete Rechtsträger über. Inzwischen wird – entgegen dem Wortlaut des § 123 Abs. 3 – auch die Totalausgliederung aller Aktiva und Passiva für zulässig erachtet. Bei eG stellt sich jedoch die zu bejahende Frage, ob Haltegenossenschaften genossenschaftsrechtlich zulässig sind;4 dies gilt jedenfalls immer dann, wenn diese – auch nur mittelbar – eine Förderzweckstrategie für ihre Mitglieder verfolgen und nicht nur reine Gewinnerzielungsabsicht haben. Ausreichend ist, dass eine eG ihre Mitglieder mittelbar zu fördern bezweckt und auch tatsächlich fördert, indem die Beteiligungen ihre Förderleistungsfähigkeit gewährleisten oder verbessern;5 vgl. § 1 GenG Rdn. 96 und auch Rdn. 88a ff. speziell zum Förderzweck bei Energie eG.
Der wesentliche Unterschied zur Abspaltung liegt darin, dass bei der Ausgliederung die als Gegenwert gewährten Anteile der übernehmenden oder der neuen Rechtsträger in das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers selbst und nicht an seine Anteilsinhaber gelangen. Der Formwechsel im Fünften Buch des UmwG führt zu keiner Vermögensübertra- 6a gung. Der Rechtsträger ändert lediglich das Rechtskleid, der Kreis der an dem jeweiligen Rechtsträger Beteiligten bleibt i.d.R. unberührt; vgl. unten § 1 UmwG Rdn. 2. Einen Fall des Formwechsels einer eG außerhalb des UmwG regelt Art. 2 Abs. 1 letzter Spiegelstrich der SCE-VO. Danach kann eine bestehende (deutsche) eG in eine SCE umgewandelt werden. Das Umwandlungsverfahren ist in der SCE-VO (Art. 35) in nur einem Artikel nicht umfassend geregelt. Auf die detaillierteren Vorschriften des UmwG kann in den Fällen des Formwechsels einer eG in eine SCE mit Sitz in Deuschland im Wege der Analogie zurückgegriffen werden (dazu bei den jeweiligen Vorschriften, vgl. z.B. § 81 Rdn. 15). Steuerlich ergeben sich bei der formwechselnden Umwandlung einer eG in eine SCE daher keine Auswirkungen. Das Umwandlungssteuergesetz enthält dazu keine speziellen Regelungen, da es sich ertragsteuerlich um einen irrelevanten Vorgang handelt. Das Steuerrecht vollzieht in diesem Fall den identitätswahrenden Charakter der handelsrechtlichen Umwandlung nach. Dies gilt einerseits für den Umwandlungsvorgang; dieser kann unter Fortführung der Buchwerte erfolgen und es wird keine Besteuerung durch Umwandlung ausgelöst, gleiches gilt für die laufende Besteuerung der SCE, die der der bisherigen eG entspricht.
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4 Zum Meinungsstand ausführlich Linnemann in FS für Schaffland S. 277; vgl. auch Lutter/Teichmann UmwG § 123 Rdn. 25; Schwarz in Widmann/Mayer, § 123 Rdn. 7.3; Schwanna in Semler/Stengel, § 123 UmwG Rdn. 17. 5 Geibel WM 2015, 1649, 1655 „Können eingetragene Genossenschaften Investmentvermögen i.S.d. KAGB sein?“.
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2. Gesetzesänderungen seit 2006, die das Umwandlungsrecht betreffen 2. Gesetzesänderungen seit 2006, die das Umwandlungsrecht betreffen a) Neuregelungen durch das Zweite Gesetz zur Änderung des UmwG.6 Durch Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vom 19.4.2007 erfolgten Änderungen für nationale Verschmelzungsvorgänge; bei den allgemeinen Vorschriften z.B. die Beschleunigung des Freigabeverfahrens (§ 16 Abs. 3 Satz 4), zum Eintragungsverfahren (§ 19 Abs. 1 Satz 2) und zur Verschmelzung von genossenschaftlichen Prüfungsverbänden (§ 105). Soweit das Gesetz Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften enthält, dient es der Umsetzung der EU-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung7 in nationales Recht. Diese regelt die Verschmelzung von in verschiedenen EU- bzw. EWR-Staaten ansässigen Kapitalgesellschaften unterschiedlichen Rechts und unterschiedlicher Rechtsform. Eine Verschmelzung ist grenzüberschreitend, wenn eine der beteiligten Kapitalgesellschaften dem Recht eines EU- bzw. EWR-Mitgliedstaates unterliegt. Geregelt werden sowohl die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten nach Deutschland wie auch den umgekehrten Fall. Diese Verschmelzungen waren im Recht der Mitgliedstaaten der EU bisher entweder gar nicht möglich oder mit zahlreichen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten behaftet. Am Ende des Zweiten Buches des UmwG „Verschmelzungen“ wurde ein neuer Abschnitt über grenzüberschreitende Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften (§§ 122a bis 122l) aufgenommen. In Deutschland sind danach verschmelzungsfähig die AG, die Europäische Aktiengesellschaft (SE) als übertragender Rechtsträger, die KGaA und die GmbH, nicht aber Personengesellschaften oder eG. Nach der SEVIC-Entscheidung des EuGH 8 ist die grenzüberschreitende Verschmelzung einer luxemburgischen SA auf eine Deutsche Aktiengesellschaft bereits aufgrund der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EG grundsätzlich zulässig, solange nicht ausnahmsweise zwingende Gründe des Allgemeininteresses entgegenstehen.9 Die Umsetzung der Richtlinie im UmwG schafft nur teilweise Rechtssicherheit (s. Rdn. 11) und enthält gesellschaftsrechtliche Grundregeln über Verfahren, Wirksamwerden und Rechtsfolgen einer solchen Verschmelzung. Nach Art. 3 Nr. 2 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten beschließen, diese nicht auf grenzüberschreitende Verschmelzungen anzuwenden, an denen eine eG beteiligt ist. Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. In § 122b Abs. 2 Nr. 1 werden eG als beteiligte Rechtsträger explizit ausgeschlossen, selbst wenn sie nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums unter den Anwendungsbereich der EU-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften fallen. Nach der amtlichen Begründung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes sind eG deutschen Rechts juristische Personen (§ 17 Abs. 1 GenG). Sie sind
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6 BGBl. I 2007, S. 542, am 25.4.2007 in Kraft getreten; dient der Umsetzung der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und sonstige Änderungen des UmwG (s.u.). 7 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschafen aus verschiedenen Mitgliedstaaten; ABl. EU vom 25.11.2005, Nr. L 310, S. 1 ff. 8 EuGH NJW 2006, 425 f. 9 Unzulässig aber die grenzüberschreitende Verschmelzung einer GmbH auf eine Limited mit eingetr. Niederlassung in Deutschland; OLG München Beschl. v. 2.5.2006, Az. 31 Wx 009/06 NJW 2006, 1148 f.
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2. Gesetzesänderungen seit 2006, die das Umwandlungsrecht betreffen | Vorb UmwG
jedoch aufgrund ihrer vorwiegend personalistischen Struktur keine Kapitalgesellschaften. Der generelle Ausschluss von eG vom Anwendungsbereich der Vorschriften über die grenzüberschreitende Verschmelzung wird mit der sehr unterschiedlichen Ausgestaltung der eG in den Mitgliedsstaaten begründet; eine Verschmelzung führe zu rechtlichen und tatsächlichen Problemen, im Übrigen fehle es auch an einem Bedürfnis für die Regelung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen für eG im UmwG, weil die SCE-Verordnung bereits seit 2003 die Möglichkeit der Gründung einer SCE biete.10 Ob diese Begründung zutrifft, ist fraglich. Insbesondere im Hinblick darauf, ob die 11 Möglichkeit einer SCE-Gründung tatsächlich ein gleichwertiges Äquivalent ist, zumal die Gesetzesbegründung einen ausdrücklichen Revisionsvorbehalt enthält.11 Die SCE ist zudem eine eigenständige Rechtsform neben der eG. Diese soll gerade nicht ersetzt werden; sondern nach dem Willen der Gesetzgeber soll hier eine Rechtsformkonkurrenz bestehen. An einer grenzüberschreitenden Verschmelzung müssen auch eG beteiligt sein können, ohne gezwungen zu sein, sich den Regeln und Rechtsquellen (SCE-VO, SCEAG und Verweis auf AktG, UmwG, GenG) der SCE zu unterwerfen. Für die grenzüberschreitende Verschmelzung von eG gibt es auch ein praktisches Bedürfnis insbesondere im Bereich der großen gewerblichen eG, die bereits entsprechende Einkaufskooperationen mit anderen europäischen Unternehmen eingegangen sind, sowie bei den großen eG des Landwirtschaftsbereichs, die schon heute international tätig sind. Auch gibt es genossenschaftliche Unternehmen, die z.B. über Tochtergesellschaften im Ausland verfügen und denen die Möglichkeit einer klar geregelten Verschmelzung mit diesen Gesellschaften nicht eröffnet wird. Andererseits erfreut sich die SCE im Hinblick auf ihre Internationalität – ähnlich der SE – zunehmender Beliebtheit. Ob und wie nach der Rechtsprechung des EuGH (SEVIC-Entscheidung)12 zur Verschmelzung und Niederlassungsfreiheit grenzüberschreitende Verschmelzungen von eG weiter zulässig sind, ist offen. In der Literatur werden auch nach der Umsetzung der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Verschmelzung im Hinblick auf den vom EuGH aufgestellten Grundsatz, dass die Beschränkung des deutschen Umwandlungsrechts auf Rechtsträger mit Sitz im Inland nicht verhältnismäßig ist, Bedenken geltend gemacht, ob der eG, jedenfalls für den Fall der Hineinverschmelzung nach Deutschland, generell diese Möglichkeit versagt werden kann.13 Aus der inzwischen dezidiert im VALE-Urteil14 höchstrichterlich festgestellten Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Formwechsels ließe sich dies ebenfalls entnehmen.15 Es besteht daher auch im Interesse der Rechtssicherheit ein Regelungsbedürfnis. Weiterhin ungeklärt ist, wie das Verschmelzungsverfahren bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung allein auf der Basis der Sevic-Grundsätze ausgestaltet sein muss, da der EuGH diesbezüglich keinerlei Vorgaben gemacht hat.16 Es wird daher nach wie vor gefordert, der Gesetzgeber solle von der in der Richtlinie eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen, die grenzüberschreitende Verschmelzung unter Beteiligung von eG im UmwG zuzulassen. Hierbei solle – wie bei der Verschmelzung deutscher eG miteinander – am Nominalwertprinzip festgehalten werden, wie es in § 80 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 zum Ausdruck kommt. Die Gesetzesbegründung sehe ausdrück-
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10 Amtl. Begründung zu § 122b, BT-Drs. 16/2919 S. 14 f. 11 Kritisch Lutter/Bayer § 122b Rdn. 15; vgl. zum Revisionsvorbehalt: BegrRegE, BT-Drs. 16/2919, S. 30. 12 Vgl. Fn. 8. 13 Lutter/Bayer UmwG § 122a Rdn. 11 m.w.N. 14 EuGH vom 12.7.2012, Az. C-378/10, BB 2012, 2069; zur Kommentierung dieses Urteils in der Literatur vgl. die Nachweise bei Lutter/Bayer UmwG § 122a Rdn. 11 Fn. 4. 15 Lutter/Bayer UmwG § 122a Rdn. 11 a.E. m.w.N. 16 Lutter/Bayer UmwG § 122a Rdn. 13.
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Vorb UmwG | Umwandlungsgesetz
lich eine spätere Prüfung des Bedürfnisses und eine nachfolgende Änderung des UmwG vor.17 Eine weitere sachliche Neuerung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des UmwG 12 ist die erweiterte Verschmelzungsmöglichkeit für genossenschaftliche Prüfungsverbände. Bisher konnten Prüfungsverbände nur im Wege der Aufnahme durch Übertragung untereinander verschmelzen, so dass immer ein Prüfungsverband übertragender Rechtsträger sein musste. Nach § 105 können jetzt Prüfungsverbände nicht nur im Wege der Aufnahme, sondern auch im Wege der Neugründung miteinander verschmelzen, wofür ein praktisches Bedürfnis bestehen kann, wenn sich z.B. Verbände vergleichbarer Größe oder Bedeutung zusammenschließen wollen.18 Ferner soll ein genossenschaftlicher Prüfungsverband einen eingetragenen Verein aufnehmen können, wenn dessen Mitglieder eG oder genossenschaftsnahe Unternehmungen sind. Die für die Verleihung des Prüfungsrechts zuständige oberste Landesbehörde muss zustimmen.19 Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des UmwG wurde die vom DGRV geforderte 13 Erleichterung des Rechtsformwechsels eines eingetragenen Vereins in eine eG gemäß §§ 272 ff. noch nicht umgesetzt. § 284 enthält das in der Praxis kaum zu überwindende Hindernis einer Zustimmung aller anwesenden Mitglieder bei einer Zweckänderung. Hier besteht ein praktisches Bedürfnis, nicht am Einstimmigkeitsprinzip festzuhalten, sondern eine qualifizierte 3/4-Mehrheit ausreichen zu lassen. Bei der gewünschten Umwandlung in eine eG wird deshalb in der Praxis angestrebt, den Unternehmenszweck so zu formulieren, dass er den tatsächlichen Aktivitäten des bisherigen eingetragenen Vereins entspricht. Widerspricht auch nur ein anwesendes Mitglied dem Rechtsformwechsel in der Mitgliederversammlung, ist dieses Ziel nicht mehr zu erreichen. Da gesetzgeberisches Ziel der Novellierung des GenG zum 18.8.2006 war und nach wie vor ist (vgl. die im Mai 2015 vorgestellte und danach veröffentliche BMWi-Studie „Potenziale und Hemnisse unternehmerischer Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaften“, Einf. Rdn. 2a [Nr. 4]), die Attraktivität der eG zu erhöhen, besteht hier noch Handlungsbedarf. Das Dritte Gesetz zur Änderung des UmwG vom 11.7.2011 ist am 15.7.2011 in Kraft ge13a treten.20 Die dort vorgesehenen Änderungen betreffen insbesondere Aktiengesellschaften und berühren eG materiell-rechtlich nicht. Im Wesentlichen beinhaltet das Gesetz die Umsetzung von EU-Richtlinien zu Informations- und Dokumentationspflichten bei Verschmelzungen und Spaltungen. Konzernverschmelzungen und -spaltungen können nach Inkrafttreten straffer und kosteneffizienter durchgeführt werden. Die Einführung von § 62 Abs. 5 UmwG führt zu einer Herabsenkung des für den Squeeze-out maßgeblichen Schwellenwert auf 90%. 14
b) Gesetz zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts vom August 2006 (EGSCE und „GenRefG 2006“). Durch dieses Gesetz vom 14.8.2006 traten – neben den wichtigen Änderungen des GenG – auch Änderungen in Kraft, die das Umwandlungsrecht berühren. Die Bestimmungen des SCEAusführungsgesetzes (SCEAG) – Art. 1 des Änderungsgesetzes – ergänzen die SCE-VO:
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17 Amtl. Begründung zu § 122b BT-Drs. 16/2919, S. 15. 18 Nach § 103 Satz 1 3/4-Mehrheit der anwesenden Mitglieder erforderlich; OLG Stuttgart Urt. v. 23.5.2011, Az. 8 W 294/10: Beim übertragenden Verein gilt eine qualifizierte Auflösungsmehrheit mit Anwesenheitsquorum lt. Satzung entsprechend bei der Verschmelzung; Lutter/Hennrichs UmwG § 103 Rdn. 9. 19 Vgl. amtl. Begründung zu § 105 BT-Drs. 16/2919 S. 14. 20 BGBl. I 2011, S. 1338 ff.
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2. Gesetzesänderungen seit 2006, die das Umwandlungsrecht betreffen | Vorb UmwG
für den Bereich der Verschmelzung §§ 5–9 SCEAG. In Art. 2 wird das SCE-Beteiligungsgesetz (SCEBG) geregelt, dass das Verfahren der Arbeitnehmerbeteiligung bei Umwandlungen bzw. Verschmelzungen in eine SCE regelt; vgl. dazu § 5 Rdn. 55 f., und in Art. 7 werden die Änderungen des Spruchverfahrensgesetzes geregelt, vgl. § 34 Rdn. 2 f. Art. 14 des EGSCE und GenRefG 2006 enthält lediglich redaktionelle Änderungen des UmwG, die ebenfalls am 18.8.2006 in Kraft getreten sind. Diese betreffen insbesondere die Begriffe „Genosse“ und „Statut“, die durch die heute üblichen Bezeichnungen Mitglied und Satzung ersetzt wurden. c) Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister so- 15 wie das Unternehmensregister (EHUG) von 2006. Der Bundestag hat am 28.9.2006 das EHUG21 beschlossen. Danach mussten spätestens bis zum 1.1.2007 Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister auf den elektronischen Betrieb umgestellt werden. Zuständig für die Registerführung sind aber auch danach unverändert die Amtsgerichte, für eG das Genossenschaftsregister. Unterlagen können seitdem nur noch elektronisch eingereicht werden; die Übergangsfristen für eine Einreichung in Papierform sind Ende 2009 ausgelaufen. Aus Gründen der Rechtssicherheit bleibt für die Anmeldungen zur Eintragung eine öffentliche Beglaubigung erforderlich. Die Bekanntmachung der Registereintragungen erfolgt seit 1.1.2007 nur noch elektronisch unter www.unternehmens register.de. Für die zentrale Entgegennahme, Speicherung und Veröffentlichung der Jahresabschlüsse ist der elektronische Bundesanzeiger – nicht mehr die Amtsgerichte – zuständig. d) Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen 16 Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) von 2006. Ein wesentlicher Bestandteil des SEStEG22 ist die vollständige Neufassung des Umwandlungssteuerrechts. Die Neuregelungen gelten für alle Unternehmensumwandlungen, die nach dem 12.12.2006 rechtswirksam werden (Tag der Anmeldung der Eintragung im Register des übernehmenden Rechtsträgers). Die Neustrukturierung wird flankiert von einer Änderung auch der Gesetzessystematik; die Unterscheidung zwischen Inlandsfällen und Fällen mit (europäischem) Auslandsbezug wurde aufgegeben. Übergehende Wirtschaftsgüter der übertragenden Körperschaft werden künftig bei Verschmelzungen grundsätzlich mit dem gemeinen Wert angesetzt. Nur auf Antrag unter den in § 11 UmwStG genannten Voraussetzungen kann der Buchwert oder ein höherer Wert, höchstens der gemeine Wert, angesetzt werden, d.h. es kommt ohne Antrag zur Aufdeckung der in diesen Wirtschaftsgütern vorhandenen stillen Reserven. Die Übertragung zu Buchwerten ist daran geknüpft, dass außer Gesellschaftsrechten keine Gegenleistung gewährt wird. Für den Ansatz der Pensionsrückstellungen gilt kein Wahlrecht. Sie sind immer mit den Werten gemäß § 6a EStG zu erfassen. Außerdem gehen steuerliche Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft grundsätzlich nicht mehr auf die aufnehmende Körperschaft über (vgl. den Verweis in § 12 Abs. 3 UmwStG auf § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, der im vorher geltenden § 12 Abs. 4 Satz 1 UmwStG fehlte). Zur Kompensation soll die übertragende eG bestehende Verlustvorträge
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21 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10.11.2006, BGBl. I 2006, S. 2553; vgl. dazu Kommentierung oben zum GenG § 11 Rdn. 5, 19, 20 und § 14 (§ 14a wurde durch das EHUG aufgehoben). 22 G. v 7.12.2006, BGBl. I 2006 S. 2782, am 13.12.2006 in Kraft getreten; vgl. dazu auch RegE-SEStEG (Art. 6), Änderung des Umwandlungssteuergesetzes: http://www.bundesfinanzministerium.de/cln– 01/nn–3792/DE/Aktuelles/Aktuelle–Gesetze/Gesetzesentwuerfe-Arbeitsfassungen/006.html.
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letztmals durch Ansatz des gemeinen Werts der übergehenden Wirtschaftsgüter in ihrer Schlussbilanz verrechnen und im Gegenzug Abschreibungsvolumen bei der aufnehmenden eG schaffen können (vgl. dazu unten § 24 Rdn. 6). e) Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.7.2009.23 Durch dieses am 1.9.2009 in Kraft getretene Gesetz erfolgten u.a. Änderungen des Umwandlungsgesetzes und marginale Änderungen (Verzinsung der baren Zuzahlung, § 7 Abs. 3 SCEAG) des SCE-Ausführungsgesetzes (SCEAG). Die wichtigsten Änderungen für die Verschmelzung von eG betreffen die Beschleunigung bzw. den Ausschluss missbräuchlicher Klageverfahren gegen Verschmelzungsbeschlüsse durch eine weitere Straffung des Eilverfahrens vor dem OLG, das alleine und abschließend entscheidet (vgl. dazu § 16 Rdn. 5a f.). 16b Kreditgenossenschaften haben seit dem 13.10.2010 die aufgrund von § 25a Abs. 5 bzw. jetzt Abs. 6 KWG erlassene Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (InstitutsVergV) zu beachten; dazu unten § 5 Rdn. 49a.24 3. Vorbemerkung zur Gründung einer Europäischen Genossenschaft (SCE) 16a
3. Vorbemerkung zur Gründung einer Europäischen Genossenschaft (SCE) durch Umwandlung oder Verschmelzung Die SCE ist eine eigenständige europäische Vereinigungsform für Genossenschaften der Mitgliedsstaaten, die grenzüberschreitend tätig werden und bei der mindestens zwei Personen oder Vereinigungen verschiedenen Mitgliedstaaten angehören. Die Rechtsform der SCE tritt nicht an die Stelle der nationalen eG, sie ist eine zusätzliche Rechtsform neben der Genossenschaft, die nach dem jeweiligen nationalen Recht gegründet werden kann, in Deutschland also der eG. Rechtsquellen für diese europäische Gesellschaftsform sind die SCE-VO und das je18 weilige nationale Ausführungsgesetz, für eine SCE mit Sitz in Deutschland das SCE-Ausführungsgesetz (SCEAG) sowie sonstige nationale Gesetze, die Kraft Verweisung in der SCE-VO (vgl. Art. 8) Anwendung finden, in Deutschland insbesondere das AktG, UmwG und GenG. Die SCE-VO ist als unmittelbar geltendes Recht der EU bereits am 21.8.2003 in Kraft 19 getreten,25 gilt aber nach Art. 80 erst seit dem 18.8.2006, dadurch hatten die Mitgliedstaaten ausreichend Zeit, ergänzende nationale Vorschriften zu erlassen. Dies ist in Deutschland mit dem EGSCE, ebenfalls in Kraft seit dem 18.8.2006, erfolgt (s.o. Rdn. 14). Die SCE-VO regelt neben der ersten Möglichkeit, der Neugründung nach Art. 2 Abs. 1 (1. bis 3. Spiegelstrich), in Abs. 1 zwei weitere Gründungsarten, nämlich durch Verschmelzung (4. Spiegelstrich) und durch Umwandlung (5. Spiegelstrich). Weitere Vorschriften zur Gründung generell finden sich im Kapitel II, nämlich die für alle Gründungen (einschließlich Umwandlung und Verschmelzung) geltenden Art. 17 (Bei der Gründung geltendes Recht) und Art. 18 (Erwerb der Rechtspersönlichkeit). Im Kapitel II, Abschnitt 2 finden sich besondere Vorschriften für die Gründung einer SCE durch Verschmelzung (Art. 19–34) und im Abschnitt 3 für die Umwandlung einer bestehenden eG in eine SCE (Art. 35). 17
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23 G. v 30.7. 2009, BGBl. I 2008 S. 2479, am 1.9.2009 in Kraft getreten. 24 Instituts-Vergütungsverordnung v. 16.12.2013 (BGBl. 2013 I 4270) i.d.F. v. 1.4.2015 (BGBl. 2015 I 434). 25 Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates v. 22.7.2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EU L 207/1 v. 18.8.2003, zuletzt berichtigt im ABl. L 49 vom 17.2.2007, S. 35.
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3. Vorbemerkung zur Gründung einer Europäischen Genossenschaft (SCE) | Vorb UmwG
Die ergänzenden nationalen Vorschriften sind in Deutschland mit dem SCEAG mit der Genossenschaftsrechtsnovelle am 18.8.2006 in Kraft getreten.26 Für die Gründung der SCE durch Verschmelzung sind dies die Vorschriften im Abschnitt 2, die §§ 5–9 SCEAG zu Bekanntmachung, Verschmelzungsprüfer, Verbesserung des Umtauschverhältnisses, Ausschlagung durch einzelne Mitglieder und Gläubigerschutz bei Verschmelzungen. Art. 8 der VO regelt die Reihenfolge des für die SCE maßgeblichen Rechts.27 Ver- 20 einfacht kann man für eine SCE mit Sitz in Deutschland sagen, dass die SCE-VO als Gemeinschaftsrecht dem nationalen Recht (SCEAG, UmwG, AktG, GenG) und Gesetzesrecht dem Satzungsrecht vorgeht.28 Es gelten zunächst die vorrangigen Regeln auf europäischer Ebene (SCE-VO nebst dort zugelassenen Satzungsregelungen oder Öffnungsklauseln für Satzungsregeln, sog. europäische Satzungsstrenge), dann das deutsche SCEAG sowie ergänzend das einschlägige nationale Recht, sodann nationales Satzungsrecht (nationale Satzungsstrenge).29 Eine Kommentierung der Gründung einer SCE durch Verschmelzung oder Umwand- 21 lung bestehender eG mit Hinweis auf die vergleichbaren Bestimmungen der SCE-VO und die ergänzenden Bestimmungen des SCEAG erfolgt am Ende bei den entsprechenden Vorschriften des Umwandlungsgesetzes.30 Eine Gegenüberstellung der wichtigsten Normen der SCE-VO, des SCEAG und des UmwG zu den neun Verfahrensabschnitten bei der Verschmelzung findet sich bei § 2 Rdn. 31. Die Erläuterungen zur Umwandlung bzw. Verschmelzung in eine SCE beziehen sich mangels besonderen Hinweises auf eine SCE mit Sitz in Deutschland. Gemäß Art. 79 S. 1 SCE-VO musste die Kommission spätestens 5 Jahre nach Inkraft- 21a treten der SCE-VO, also bis 17.8.2011, dem EU-Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung der Verordnung sowie gegebenenfalls Vorschläge für Änderungen vorlegen. Die Europäische Kommission hat die Verbreitung der SCE sowie Möglichkeiten zur Verbesserung der Akzeptanz der SCE in einer Studie untersuchen lassen. Der seit Oktober 2010 vorliegende Abschlussbericht – danach sind bis zu diesem Zeitpunkt in der EU nur 17 SCE gegründet worden – enthält konkrete Verbesserungsvorschläge.31 Die Hauptempfehlung der Studie ist, die Regulierung der SCE, speziell das System der Rückverweisung auf das nationale Recht zu vereinfachen bzw. verständlicher zu formulieren. Nach der Studie sollten die Wahlmöglichkeiten der Mitgliedstaaten, welches nationale Recht für anwendbar erklärt wird, deutlich reduziert werden und möglichst durch Bezugnahme auf das jeweilige nationale Genossenschaftsrecht ersetzt werden.32 Hauptursache für die begrenzte Akzeptanz der SCE dürfte aber insbesondere deren geringe Bekanntheit sein; zu begrüßen ist daher eine stärkere Unterstützung u.a. der EU-Kommission wie sie seit 2013 in einer permanenten Arbeitsgruppe bei der Kommission unter Federführung
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26 Art. 1 des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts, in Kraft getreten mit Wirkung zum 18.8.2006, BGBl. I 2006 S. 1911 ff. 27 Vgl. dazu die systematische Darstellung bei Beuthien GenG SCE Art. 8 Rdn. 1 bis 6 und 8. 28 Zur Systematik des anwendbaren Rechts vgl. unten § 2 Rdn. 23 f. 29 Greda in Dellinger Genossenschaftsgesetz samt Nebengesetzen, SCE Rdn. 7. 30 Zur SCE generell Gen-HB/Korte § 16 Rdn. 1 ff. 31 Study on the Implementation of the Regulation 1435/2003 on the Statute for European Cooperative Society (SCE), Executive Summary, www.coopseurope.coop/activities/euricse/research/summary report: vgl. insbesondere konkrete Änderungsvorschläge zu den einzelnen Artikeln der SCE auf S. 162 ff. 32 Siehe ebenda, S. 160–161: Generelle Empfehlungen.
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§ 1 UmwG | Umwandlungsgesetz
des Europäischen Genossenschaftsverbandes33 praktiziert wird. Eines der definierten Kernziele ist hier die Rechtsform der Genossenschaft europaweit bekannter zu machen, dafür zu werben und die Mitgliedsstaaten aufzufordern, dies z.B. durch Aufnahme in die nationalen Ausbildungspläne auch zu fördern. Die Gründung einer SCE mit Sitz in Deutschland stellt sich nach den bisherigen Erfahrungen der deutschen Genossenschaftsorganisation nicht als besonders schwierig heraus, da ein SCE-Statut mit überschaubarem Aufwand aus den vorhandenen Mustersatzungen entwickelt werden kann. An dem bestehenden System der Rückverweisung in das jeweilige nationale Recht kann und sollte daher festgehalten werden; zumal die Einigung auf das SCE-Statut bereits unter den damaligen EU-Mitgliedstaaten ein langwieriger Prozess mit Minimalkonsens war. Zu Recht sind daher die EU-Organe im Hinblick auf eine Änderung des Status zurückhaltend.
ERSTES BUCH Möglichkeiten von Umwandlungen §1 Arten der Umwandlung; gesetzliche Beschränkungen § 1 UmwG Arten der Umwandlung; gesetzliche Beschränkungen (1) Rechtsträger mit Sitz im Inland können umgewandelt werden durch Verschmelzung; durch Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung); durch Vermögensübertragung; durch Formwechsel. (2) Eine Umwandlung im Sinne des Absatzes 1 ist außer in den in diesem Gesetz geregelten Fällen nur möglich, wenn sie durch ein anderes Bundesgesetz oder ein Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist. (3) Von den Vorschriften dieses Gesetzes kann nur abgewichen werden, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Ergänzende Bestimmungen in Verträgen, Satzungen oder Willenserklärungen sind zulässig, es sei denn, dass dieses Gesetz eine abschließende Regelung enthält.
1. 2. 3. 4.
Das Gesetz spricht generell von Rechtsträgern, die ihren Sitz im Inland haben.1 Es handelt sich hier um natürliche Personen, juristische Personen und Gesellschaften, die an einer der vier Umwandlungsarten beteiligt sein können. Welche Rechtsträger konkret in Frage kommen, wird jeweils am Anfang des 2. bis 5. Buches (Umwandlungsarten) genannt (siehe beispielsweise die Aufzählung der Rechtsträger, die an einer Verschmelzung beteiligt sein können, in § 3). Absatz 1 zählt abschließend2 die Umwandlungsarten auf: 2 Die Verschmelzung (§§ 2–122) ist der Zusammenschluss zweier oder mehrerer Rechtsträger zu einem neuen oder bereits bestehenden Rechtsträger ohne Liquidation, aber unter Auflösung des oder der übertragenden Rechtsträger(s). Der übernehmende oder neu gebildete Rechtsträger wird Gesamtrechtsnachfolger. Zu unterscheiden ist zwi1
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33 Cooperatives Europe a.s.b.l., Brüssel, Sektorübergreifender Dachverband der Europäischen Genossenschaftsverbände. 1 2
Großfeld AG 1996, 302. Vgl. § 1 Abs. 2; zu den Umwandlungsmöglichkeiten für die eG Gen-HB/Geschwandtner § 11 Rdn. 7.
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Arten der Umwandlung; gesetzliche Beschränkungen | § 1 UmwG
schen der Verschmelzung durch Aufnahme – der bei Verschmelzungen von eG in der Praxis häufigsten Fallgruppe – und der Verschmelzung durch Neugründung.3 Die Spaltung (§§ 123–173) mit ihren drei Formen. Aufspaltung bedeutet die gesamte Vermögensübertragung des sich auflösenden Rechtsträgers auf mindestens zwei andere Rechtsträger. Bei der Abspaltung und Ausgliederung wird bei Fortbestand des Rechtsträgers ein abgegrenzter Vermögensteil auf einen neu gegründeten Rechtsträger übertragen. Bei der Abspaltung erfolgt dies gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, bei der Ausgliederung erhält der übertragende Rechtsträger die Anteilsrechte und nicht die Anteilsinhaber. Die Vermögensübertragung (§§ 174–189) ist eG verschlossen, § 175. Durch Vermögensübertragung geht das Vermögen eines Rechtsträgers oder Teile davon unter Abfindung der Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers (Gewährung der Gegenleistung) auf den übernehmenden Rechtsträger über. Beim Formwechsel (§§ 190–304) bleibt der Rechtsträger bestehen, ändert jedoch die Rechtsform. Es kommt also – im Gegensatz zu den anderen drei Umwandlungsarten – zu keiner Vermögensübertragung. Durch das UmwG ist der Formwechsel einer eG in eine Kapitalgesellschaft, nicht jedoch in eine Personengesellschaft oder einen eV und umgekehrt der Wechsel von Vereinen, Personen- und Kapitalgesellschaften in eine eG möglich. Außer den im UmwG genannten Fällen können Umwandlungen nur vorgenommen 3 werden, wenn sie in einem anderen Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind (Abs. 2). Dies entspricht dem im Gesellschaftsrecht geltenden Typenzwang. Die bisher im Gesetz enthaltenen Möglichkeiten (Anwachsung nach § 105 Abs. 2 HGB i.V.m. § 738 BGB) sowie andere Arten der Umstrukturierung öffentlich-rechtlicher Anstalten (z.B. die Verschmelzung von Sparkassen aufgrund Landesrechts) bleiben erhalten. Dies gilt auch für die bisher schon möglichen und genutzten Methoden, eine Ausgliederung von Unternehmensteilen im Wege der Einzelrechtsnachfolge herbeizuführen. Dies ist für die Sacheinlage und Sachgründung und ihr Verhältnis zu dem neuen Rechtsinstitut der Ausgliederung wichtig. Die Vorschriften des UmwG sind – sofern das Gesetz keine abweichende Regelung 4 zulässt – zwingendes Recht. Der Wortlaut des Absatzes 3 ist an § 23 Abs. 5 AktG angelehnt. Er entspricht dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes vor vertraglichen Regelungen, wie auch in § 18 Satz 2 GenG. Europäische Genossenschaft (SCE) Im Gegensatz zum UmwG, wonach alle an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträ- 5 ger ihren Sitz in Deutschland haben müssen,4 setzt Art. 2 Abs. 1 4. bzw. 5. Spiegelstrich der SCE-VO voraus, dass die an der Verschmelzung bzw. Umwandlung in eine SCE beteiligten Genossenschaften5 – mindestens eine spürbare grenzüberschreitende Tätigkeit ausüben; dazu unten Rdn. 6 ff. In der Präambel zur SCE-VO6 wird als ein Hauptziel der Verordnung die Möglichkeit zur Gründung einer SCE durch eine der drei nachfolgend aufgeführten Gründungsarten definiert:
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3 Zu den Kostengesichtspunkten (Grunderwerbsteuer u. Beurkundungskosten) vgl. § 96 Rdn. 3. 4 Vgl. § 1 Abs. 1, ablehnend aber das Urteil des EuGH v. 13.12.2005 SEVIC NJW 2006, 425 f. 5 Sofern nachfolgend von „Genossenschaft/en“ und nicht eG die Rede ist, soll dies klarstellen, dass damit auch Genossenschaften anderer EU-Mitgliedsstaaten gemeint sind. 6 Präambel zur SCE-VO, 13. Erwägungsgrund.
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§ 1 UmwG | Umwandlungsgesetz
Sie soll (a) natürlichen Personen mit Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten oder (b) nach dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten gegründeten juristischen Personen die Gründung einer SCE ermöglichen. Ferner soll die SCE-VO 2. die Gründung durch Verschmelzung (mindestens) zweier bereits bestehender Genossenschaften in verschiedenen Mitgliedsstaaten oder 3. durch Umwandlung einer bestehenden nationalen Genossenschaft in eine SCE ohne Auflösung ermöglichen. 1.
Neben der Neugründung als erste Gründungsart (Art. 2 3. Spiegelstrich)7 regelt die Verordnung in Art. 2 Abs. 1 4. Spiegelstrich als zweite Gründungsart die Verschmelzung zu einer SCE durch zwei oder mehr – zu eng die Präambel, danach keine Mehrfachverschmelzung möglich – Genossenschaften, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates der EU gegründet wurden und ihren Sitz und die Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben, wobei mindestens zwei der beteiligten Genossenschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen müssen. Weitere Vorschriften hierzu finden sich in Art. 17 und 18, die allgemein für die Gründung, also auch durch Verschmelzung bzw. Umwandlung gelten. Danach folgen besondere Vorschriften ebenfalls im Kapitel II Abschnitt 2 für die Gründung durch Verschmelzung, die Art. 19–34. Art. 19 regelt die beiden Unterfälle dieser Gründungsart, die Verschmelzung durch Aufnahme oder durch Neugründung. Nach der Systematik des UmwG handelt es sich in beiden Unterfällen um eine Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 79 ff.) bzw. Neugründung (§§ 96–98) mit gleichzeitigem Rechtsformwechsel (§§ 190 ff.). Im Falle der Verschmelzung durch Neugründung ist die neue juristische Person eine SCE (Art. 19 Satz 3); zum unterschiedlichen Verfahren vgl. bei den Wirkungen der vollzogenen Verschmelzung in Art. 33 Abs. 1 u. 2. In Art. 2 Abs. 1 5. Spiegelstrich ist die dritte Gründungsart, die Umwandlung einer 7 bestehenden eG in eine SCE, geregelt. Der Begriff „Umwandlung“ ist hier nach der alten Begrifflichkeit als Umwandlung im engeren Sinne zu verstehen (s. dazu Vorb. Rdn. 3). Das Verfahren der Gründung durch Umwandlung wird im Abschnitt 3 des Kapitels 2 „Gründung“ in nur einem Art. 35 fragmentarisch erläutert. Voraussetzung bei der Umwandlung in eine SCE ist, dass die bestehende nationale Genossenschaft (in Deutschland also die eG) Sitz und Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat und seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft oder Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat, die dem Recht des anderen Mitgliedstaats unterliegt. Dabei handelt es sich nach der Systematik des UmwG um einen Formwechsel von 8 einer nationalen Genossenschaft in eine SCE, es findet also kein Rechtsträgerwechsel, sondern lediglich ein Rechtsformwechsel eines im Übrigen identischen Unternehmens statt. Art. 35 Abs. 1 SCE-VO stellt klar, dass keine Auflösung und keine Neugründung stattfindet. Der Sitz der SCE darf nicht in ein anderes Land verlegt werden (Art. 35 Abs. 2). Da die Rechtsidentität erhalten bleibt, sind Übertragungsakte hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens nicht erforderlich.8 Für die Umwandlung einer eG in eine SCE sind gem. Art. 8 Abs. 1c) ii) ergänzend die Vorschriften des UmwG entsprechend anzuwenden;9 der Verfahrensablauf ähnelt dem der §§ 190 ff. Dies ist bei der SCE, die aus einer eG hervorgegangen ist, auch sachgerecht, 6
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7 Vgl. dazu oben Vorbem. Rdn. 25. 8 Schulze NZG 2004, 92 (94); Beuthien GenG SCE Art. 35 Rdn. 1. 9 So auch Schulze/Wiese Die SCE mit Sitz in Deutschland, ZfgG 2006, 108 (113); amtl. Begr. zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006 zu § 2 (S. 53) etwas missverständlich, da auf AktG und UmwG verwiesen wird.
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da sie ihren Sitz nicht ins Ausland verlegen kann (Art. 35 Abs. 2). Bezüglich der Prüfung der Umwandlung regelt Art. 35 Abs. 5 SCE-VO ausdrücklich, dass eine Bescheinigung zur Angemessenheit des Umtauschverhältnisses (Art. 2 Abs. 1 lit. b) SCE-VO) einzureichen ist. Diese Beschenigung stellt der für die Prüfung nach Art. 17 Abs. 1 SCE-VO i.V.m. § 259 analog zuständige Prüfungsverband zusammen bzw. im Rahmen des Prüfungsgutachtens aus. Denn auch bei einer Umwandlung zur SCE hat der Verband zu prüfen, dass diese mit den Belangen der Mitglieder und Gläubiger vereinbar ist. Einer Anwendung von nationalen Gesetzen gem. Art. 8 Abs. 1 c) ii) bedarf es immer dann nicht, wenn die SCE-VO eindeutige Regelungen trifft (z.B. für die Bekanntmachung der Gründung; dazu unten § 19 Rdn. 9). Auch die in eine SCE umgewandelte eG wird als SCE in das Genossenschaftsregister eingetragen,10 da der Hinweis in Art. 11 Abs. 1 nur deklaratorisch ist und nur den Fall regelt, dass keine „nach dem Recht dieses Staates“ maßgebendes besonderes Register besteht. Nur diese praxisbezogene Auslegung ist sachgerecht, da das GenReg das für alle Arten von Genossenschaften (eG und SCE) sachnähere Gericht ist. Vgl. dazu § 19 Rdn. 7 u. § 20 Rdn. 31. Nach dem Wortlaut von Art. 35 bzw. Art. 2 Abs. 1 5. Spiegelstrich bleibt offen, ob Tochtergesellschaften einer deutschen eG am Gründungsvorgang zu einer SCE teilnehmen können. Aus der Unterscheidung in der Präambel11 folgt, dass auch eG mit (echten) Tochtergesellschaften an der Umwandlung beteiligt sein können.12 Lässt man bei der Gründung durch Umwandlung auch die Einbeziehung dieser Töchter zu, liegt nach der Systematik des UmwG eine Verschmelzung mit gleichzeitigem Formwechsel vor. Bei diesem Sonderfall einer Kombinationsverschmelzung sind die Vorschriften der Art. 19 bis 34 – soweit sinnvoll – ergänzend anzuwenden. Bei der Verschmelzung mit einer 100%-igen Tochter bedarf es beispielsweise nicht der Anwendung der besonderen Schutzvorschriften für Anteilsinhaber. Auch für die Umwandlung einer eG in eine SCE nach Art. 35 gilt das SCEBG. Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut „Umwandlung“ in der Überschrift zum Teil 2 des SCEBG, es ändert sich auch die Leitungsstruktur des Unternehmens;13 dazu § 5 Rdn. 54 f. Im SCEAG werden die Regelungen der SCE-VO nicht wiederholt, da diese bereits unmittelbar in Deutschland geltendes Recht sind. Das SCEAG kann zur Abgrenzung der Regelungen in der SCE-VO vom deutschen Recht keine verbindliche Entscheidung treffen, da diese Auslegung europäisches Recht berühren würde, die nur der EuGH vornehmen kann.14 § 1 des SCEAG stellt klar, dass das Gesetz nur auf eine SCE mit Sitz in Deutschland anzuwenden ist. Zu erwähnen ist schließlich die Möglichkeit der Umwandlung (oder Rückumwandlung) einer SCE in eine eG gemäß Art. 76. Sie ist das Gegenstück zu Art. 35. Ein Rechtsträgerwechsel findet nicht statt (vgl. Art. 76 Abs. 2). Das Umwandlungsverfahren richtet sich nach §§ 190 ff. entsprechend. Dies folgt aus Art. 76, der zwar nur zur Beschlussfassung und zur Form des Umwandlungsplans auf das jeweilige nationale Recht verweist
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10 A.A. unverändert Beuthien GenG SCE Art. 35 Rdn. 1: Handelsregister unter Verweis auf Art. 11 i.V.m. § 36 AktG. 11 Vgl. Präambel zur SCE-VO, 13. Erwägungsgrund. 12 Vgl. ebenda, S. 2 letzter HS. 13 Vgl. auch die Amtl. Begründung zu Teil 2 des SCEBG, BT-Drs. 16/1025, zu § 4 ff. (S. 67) Beteiligung generell bei Gründung einer SCE. 14 Vgl. dazu auch die Begründung zu Art. 1 SCEAG, BT-Drs. 16/1025 S. 53.
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(Art. 76 Abs. 6 Satz 2 und Abs. 4). Die Regelungslücke ist aber gemäß Art. 8 Abs. 1 c) ii) durch nationales Recht zu schließen. Die Ausführungen zu Rdn. 8 gelten entsprechend. Eine Umwandlung in eine eG ist frühestens 2 Jahre nach Eintragung und Genehmigung der ersten beiden Jahresabschlüsse zulässig (Art. 76 Abs. 1). Der Umwandlungsplan bedarf nicht der notariellen Beurkundung (Art. 76 Abs. 4 i.V.m. §§ 191 Abs. 2 Nr. 4, 192, 251 ff.), jedoch der Umwandlungsbeschluss (§ 193). Auch hier hat der zuständige Prüfungsverband nach Art. 76 Abs. 5 die erforderliche Bescheinigung zu erteilen. Die Zuständigkeit folgt hier aus § 197 i.V.m. § 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG.
ZWEITES BUCH Verschmelzung ERSTER TEIL Allgemeine Vorschriften ERSTER ABSCHNITT Möglichkeit der Verschmelzung §2 Arten der Verschmelzung § 2 UmwG Arten der Verschmelzung Rechtsträger können unter Auflösung ohne Abwicklung verschmolzen werden im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens eines Rechtsträgers oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) als Ganzes auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) oder 2. im Wege der Neugründung durch Übertragung der Vermögen zweier oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) jeweils als Ganzes auf einen neuen, von ihnen dadurch gegründeten Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber (Gesellschafter, Partner, Aktionäre oder Mitglieder) der übertragenden Rechtsträger. 1.
Die Arten der Verschmelzung entsprechen den bis Ende 1994 im GenG geregelten Fällen der Verschmelzung durch Aufnahme bzw. der Verschmelzung durch Neugründung (§§ 93a ff. bzw. § 93s GenG a.F.).1 Neu ist jedoch, dass sowohl eG unterschiedlicher Nachschusspflicht als auch eine eG mit Rechtsträgern anderer Rechtsform verschmolzen werden können, wobei die eG sowohl aufnehmende als auch übertragende eG sein kann. 2 Die Anteilsinhaber (Oberbegriff für Gesellschafter, Aktionäre oder Mitglieder) der übertragenden Rechtsträger erhalten Anteile oder Mitgliedschaften des übernehmenden oder neu gegründeten Rechtsträgers. Ausgeschlossen ist durch diese Regelung die Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften an den übertragenden Rechtsträger (im Unterschied zur Ausgliederung; hierzu § 123 Abs. 3). Es ist nicht erforderlich, dass die zu verschmelzenden eG einen gleichartigen Ge3 schäftsbetrieb zum Gegenstand haben; denkbar ist z.B. die Verschmelzung einer Waren1
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Mit Inkrafttreten des UmwG vom 28.10.1994 (BGBl. I S. 3210) m.W.z. 1.1.1995 aufgehoben.
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genossenschaft mit einer Kreditgenossenschaft.2 Wird jedoch durch die Verschmelzung der Unternehmensgegenstand der übernehmenden eG geändert, so ist eine Satzungsänderung erforderlich.3 Da die Vereinigung der eG unter Ausschluss der Liquidation erfolgt, also keine eigentliche Auflösung im Sinne des Gesetzes stattfindet, sondern die übertragende(n) eG mit Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers erlischt (§ 20 Abs. 1 Nr. 2), sind die gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorschriften über die Auflösung und Liquidation auf die Verschmelzung grundsätzlich nicht anwendbar.4 Da das Vermögen der übertragenden eG als Ganzes auf die übernehmende eG übertragen werden muss, wenn es sich um eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Verschmelzung handeln soll, ist es nicht möglich, bestimmte Aktiva oder Passiva der übertragenden eG von diesem Übergang auszunehmen. Es können aber vor dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags einzelne Gegenstände (Sachen, Rechte und Pflichten) aus der Vermögensmasse ausgeschieden werden, um noch vor der Verschmelzung eine anderweitige Verwendung zu finden, wodurch praktisch in den meisten Fällen der gleiche Zweck erreicht wird.5 Es können mehrere übertragende Rechtsträger an einer Verschmelzung beteiligt sein, dies folgt nach zutreffender h.M.6 aus § 2 Nr. 1 und 2. Es sollte jedoch festgelegt werden, ob die Verschmelzung unter den übrigen eG selbst dann zustande kommen soll, wenn die GV/VV einer der übertragenden eG dem Verschmelzungsvertrag nicht zustimmt.7 Bei unterschiedlichen Bedingungen sollten Einzelverträge in gesonderten Urkunden geschlossen werden. Nach § 3 Abs. 3 kann eine aufgelöste eG, bei der die Vermögensverteilung noch nicht begonnen hat, übertragende eG sein.8 Auch sonstige Rechtsträger können Vertragspartner eines Verschmelzungsvertrags mit einer eG sein (vgl. § 3 sowie § 79). Dies gilt auch für genossenschaftlich organisierte Vereine oder Gesellschaften. Sogenannte Vorgenossenschaften können nicht Verschmelzungspartner sein.9 Denkbar wäre die Übertragung des Vermögens einer eG im Wege der Einzelübertragung, die der notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 3 BGB bedarf und durch Einzelübertragung aller Vermögenswerte (§§ 398, 873, 925, 929, 1154, 1191 BGB) und Verbindlichkeiten (§§ 414 ff. BGB) erfüllbar ist. Dies ist jedoch keine Verschmelzung und würde nicht zum Erlöschen der „übertragenden“ eG führen. Insbes. würden die Mitgliedschaften bei der „übertragenden“ eG bestehen bleiben bis zur Beendigung der Liquidation, die möglicherweise wegen Vermögenslosigkeit erfolgen könnte. Die Übertragung des Vermögens durch GV/VV-Beschluss löst jedoch nicht automatisch die eG auf, da diese mit dem erzielten Erlös weiterarbeiten kann.10 Eine Eingliederung gem. §§ 319 ff. AktG, die wirtschaftlich einer Verschmelzung gleichkäme, ist bei der eG auch nicht in analoger Anwendung dieser Vorschriften zuläs-
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2 Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. III. 3.7. 3 Beuthien GenG § 93a Rdn. 7. 4 Müller GenG § 93a Rdn. 4 m.w.N. 5 Schultze S. 17; Ruetz S. 57. 6 Lutter/Drygala UmwG § 2 Rdn. 28 m.w.N. 7 Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Anhang 4 § 18 des Musterverschmelzungsvertrags bei Mehrfachverschmelzung. 8 Vgl. § 3 Rdn. 5. 9 Schlarb S. 26 f.; Müller GenG § 93a Rdn. 6. 10 RGZ 111, 232; Beuthien GenG UmwG Einl Rdn. 1.
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sig.11 Beherrschungsverträge i.S.d. §§ 291, 292 AktG, die die rechtliche Selbständigkeit der beherrschten Unternehmen bewahren, wirtschaftlich sie jedoch einem herrschenden Unternehmen unterwerfen, sind im GenG in analoger Anwendung dieser Vorschriften nur zulässig, wenn die eG herrschendes Unternehmen ist. Die eG als beherrschtes Unternehmen würde gegen § 1 GenG (eigenverantwortliche Mitgliederförderung mit demokratischen Strukturen) und aus der Sicht des zur eigenverantwortlichen Leitung der eG berufenen Vorstands gegen § 27 GenG, und wenn hiermit ein Gewinnabführungsvertrag verbunden werden soll, gegen § 19 GenG verstoßen. Die dem KWG unterliegenden eG haben die Absicht der Vereinigung mit einer anderen dem KWG unterliegenden eG der BaFin und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen (§ 24 Abs. 2 KWG). Gleiches gilt für die Eintragung der Verschmelzung (§ 24 Abs. 1 Nr. 8 KWG). Dies gilt nicht für z.B. aufgrund des Zentralregulierungs- und Delcrederegeschäfts gemäß § 2 Abs. 4 KWG freigestellte eG, weil diese eG gerade nicht einer Erlaubnis für diese Geschäfte bedürfen. Über Änderungen des Vorstands ist die BaFin aufgrund der mit der Freistellung verbundenen Auflagen zu unterrichten. Das Kartellrecht führt gemäß § 35 ff. GWB bei Unternehmen bestimmter Größenordnung zur Zusammenschlusskontrolle. Die Anzeigepflicht gegenüber dem Bundeskartellamt gilt ab einem Gesamtumsatz der Beteiligten von mehr als € 500 Mio., sofern davon durch ein beteiligtes Unternehmen im Inland mindestens Umsatzerlöse von mehr als € 25 Mio. erzielt werden. Die Fusion ist zu untersagen, wenn zu erwarten ist, dass hierdurch eine marktbeherrschende Stellung erreicht oder verstärkt wird. Spezielle umwandlungsbezogene Fragen der Steuer sind im UmwStG geregelt; insbesondere die §§ 11 ff. UmwStG12 für die Gewinnermittlung im Falle der Verschmelzung auf eine andere Körperschaft. Geht das Vermögen einer unbeschränkt steuerpflichtigen übertragenden eG als Ganzes (im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und unter Ausschluss der Abwicklung) auf eine unbeschränkt steuerpflichtige übernehmende eG gegen Gewährung von Anteilsrechten der übernehmenden eG über, so sind generell Einkommen und Vermögen so zu ermitteln, als ob das Vermögen der eG mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtages auf die übernehmende eG übergegangen und die übertragende eG gleichzeitig aufgelöst worden wäre. Übertragungsstichtag ist dabei der Stichtag der Schlussbilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt; er ergibt sich aus dem Verschmelzungsvertrag. Dieser darf gem. § 17 Abs. 2 Satz 4 zeitlich höchstens 8 Monate vor dem Tag der Anmeldung der Umwandlung zum Handelsregister liegen. Die dem Vermögensübergang zugrunde liegende Bilanz ist auch dann maßgebend, wenn ihr Stichtag mehr als 8 Monate vor der Anmeldung zum Handelsregister liegt. Verschmelzungsstichtag kann dabei auch ein in der Zukunft liegender Stichtag sein.13 Der Verschmelzungsstichtag, auf den die Schlussbilanz aufgestellt wurde, ist sowohl für die Ermittlung der Körperschaftsteuer als auch der Gewerbesteuer maßgeblich.14
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11 Schlarb S. 20. 12 UmwStG i.d.F. der Bekanntmachung v. 15.10.2002 (BGBl. I S. 4183; 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.5.2003; vgl. ausführlich Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. VII; vgl. zu den Änderungen durch das SEStEG Vorb UmwG Rdn. 26. 13 H.M., wie hier: Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 55 ff., insb. Rdn. 55a m.w.N.; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 80 UmwG Rdn. 24; Scholderer in Semler/Stengel § 80 UmwG Rdn. 48 (anders noch in der Voraufl.); Bonow Rpfleger 2002, 506 (507); Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. V 1.1.2.; a.A. Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 26 bis 30, insb. Rdn. 27, vgl. dazu unten § 5 Rdn. 15. 14 Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. VII 1.2.
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Der Tag der Eintragung beim Register der übernehmenden eG ist hingegen maßgeblich für die Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer.15 Obwohl die Umsatzsteuerpflicht erst mit der Eintragung der Verschmelzung endet und bis zu diesem Zeitpunkt noch beide rechtlich selbständigen eG getrennte Erklärungen abzugeben haben, hat es sich in der Praxis bewährt, in Absprache mit den zuständigen Finanzämtern ab dem Verschmelzungsstichtag nur noch gemeinsame Umsatzsteuererklärungen durch die übernehmende eG abzugeben. Die Auswirkungen der Verschmelzung auf den Gewinn der übertragenden eG sind 15 in § 11 UmwStG (Wertansätze in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft) geregelt. Die übergehenden Wirtschaftsgüter sind gemäß § 11 Abs.1 UmwStG grundsätzlich in der steuerlichen Schlussbilanz für das letzte Wirtschaftsjahr der übertragenden eG mit dem gemeinen Wert anzusetzen, stille Reserven sind also aufzulösen. Diese müssen in der steuerlichen Schlussbilanz aber nicht zwangsweise aufgedeckt und versteuert werden, wenn sichergestellt ist, dass diese später bei der übernehmenden eG der KSt unterliegen (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG) und das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinnes aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden eG nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird und eine Gegenleistung nicht gewährt wird bzw. nur in Gesellschaftsrechten besteht (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 2 u. 3 UmwStG). Die Prüfung der Voraussetzungen des Buchwertansatzes erfolgt gemäß BMF-Schreiben16 bezogen auf die Verhältnisse zum steuerlichen Übertragungsstichtag.17 Der Ansatz eines vom gemeinen Wert abweichenden Wertes erfolgt aber nur auf Antrag, der spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übertragenden eG zuständigen Finanzamt gestellt werden muss. Die übergehenden Wirtschaftsgüter werden dann einheitlich mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert angesetzt. Der Vorgang ist bei der übernehmenden eG grundsätzlich ertragsteuerlich neutral, 16 d.h., der Vermögensübergang führt zu einer im Ergebnis steuerneutralen Addition des Vermögens der Überträgerin und des Vermögens der Übernehmerin (§ 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Die übernehmende eG muss die auf sie übergehenden Wirtschaftsgüter mit den Werten übernehmen, die in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden eG angesetzt wurden (sog. Buchwertfortführung, vgl. § 12 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 UmwStG). Soweit sich bei der Verschmelzung ein Gewinn oder Verlust (Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert der Anteile an der übertragenden eG und dem Übernahmewert der übergegangenen Wirtschaftsgüter) für die übernehmende eG ergibt, bleibt dieser in Anwendung von § 8b Abs. 2 KStG (abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang) außer Ansatz. Die Besteuerung des übergegangenen Vermögens bei der übernehmenden eG hängt 17 wesentlich davon ab, ob die übertragende eG von der Möglichkeit des § 11 Abs. 2 UmwStG Gebrauch gemacht hat, die sich nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften ergebenden Werte anzusetzen. Für diesen Fall tritt die übernehmende eG hinsichtlich der Absetzungen für Abnutzung, Bewertungsfreiheiten usw. in die Rechtsstellung der übertragenden eG ein (§ 12 Abs. 3 UmwStG). In den übrigen Fällen ist gem. § 12 Abs. 4 UmwStG davon auszugehen, dass die übernehmende eG die betreffenden Wirtschaftsgü-
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Vgl. ebenda. BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl. 2011 I S. 1314. Rödder/Herlinghaus/van Lishaupt Kommentar zum UmwStG, zu § 11 Rdn. 92, 103 ff.
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ter angeschafft hat. Der durch das SEStEG18 eingeführte Wegfall des Verlustübergangs auf die übernehmende eG im Rahmen einer Verschmelzung führt zu einer deutlichen Verschlechterung für Verlustgesellschaften. Dies muss bei der Gestaltungsberatung berücksichtigt werden, ggf. sollte die Verschmelzung – abweichend vom Maßgeblichkeitsprinzip – zu einem über dem Buchwert liegenden Wert erfolgen (vgl. Rdn. 15 f.); z.B. durch Zuschreibung beim Anlagevermögen auf den Verkehrswert. Dadurch entsteht ein Gewinn bei der übertragenden eG, den diese mit vorhandenen Verlusten verrechnen kann. Zu beachten ist dabei, dass „nur“ ein Sockelbetrag von € 1 Mio. voll verrechnet werden kann, jeder darüber hinausgehende Gewinn nur zu 60%. Falls diese Möglichkeiten ausscheiden, kann es ratsam sein, dass die eG mit dem Verlust übernehmende eG ist oder der Verlust vor der Verschmelzung genutzt wird. Auch bei der Verschmelzung durch Aufnahme19 liegt kein grunderwerbsteuer18 pflichtiger Vorgang vor, da es sich nicht um die Übertragung von Gesellschaftsvermögen gegen Gewähr neuer Mitgliedschaftsrechte und auch um keinen eigentlichen Erwerbsvorgang handelt, sondern lediglich um einen organisationsrechtlichen Transformationsakt ohne Marktberührung. Nach dem Verständnis dieser neuen Umwandlungsrechtsdogmatik findet keine Gesamtrechtsnachfolge, sondern eine stufenlose Gesamtrechtsfortsetzung 20 statt. Da dann keine Einzeltransaktion von Grundvermögen vorliegt, besteht mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung kein Ansatzpunkt für die Belastung dieses Vorgangs mit einer Verkehrssteuer.21 Dem ist der BFH nicht gefolgt; er begreift die Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrssteuer, die nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers auch bei der übertragenden Umwandlung allein an den Wechsel des Rechtsträgers geknüpft sein soll.22 Eine gegen die Auffassung des BFH eingereichte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.23 Die allein am Gesetzeswortlaut orientierte abweichende Besteuerungspraxis begeg19 net auch steuersystematischen und verfassungsrechtlichen Bedenken (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrssteuer und knüpft an die besondere Leistungsfähigkeit des Erwerbers an. Bei der übertragenden Umwandlung wird aber die Leistungsfähigkeit des Erwerbers nicht gesteigert, da die Mitglieder der übertragenden eG lediglich wertgleiche Beteiligungen erhalten und für den Erwerb des Grundstücks nichts aufgewendet wird.24 Daher muss der Anwendungsbereich der § 1 Abs. 1 Nr. 3 und § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG verfassungsrechtlich teleologisch reduziert werden. Nach Ansicht des BFH kommt hingegen dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz für die Verbrauch- und Verkehrssteuern keine prägende Bedeutung zu.25
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18 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v 7.12.2006, BGBl. I S. 2782, am 13.12.2006 in Kraft getreten. 19 Für den Formwechsel (§§ 190 ff. UmwG) unstreitig; vgl. BFH, BStBl. II 1997, 661; zur bis 2006 befristeten dreijährigen Ausnahme bei Verschmelzungen nach dem UmwG für Erwerbe in den neuen Bundesländern durch Wohnungsgenossenschaften vgl. § 4 Nr. 8 GrEStG. 20 Zur Umwandlung als transaktionslose Rechtsträgertransformation: Beuthien/Helios NZG 2006, 369 ff.; Zur Grunderwerbsteuerneutralität von Umwandlungen Beuthien BB 2007, 133 ff. 21 So auch schon Tipke DB 1968, Beil. 17, S. 4, a.A. BFH und FG Kassel, vgl. Fn. 22). 22 BFH Urt. v. 9.4.2008, Az. II R 32/06 (nicht amtlich veröffentlicht); vorgehend FG Kassel, 16.3.2006, Az. 5 K 4400/02. 23 BFH Urt. v. 9.4. 2009, Az. II B 95/08 (nicht amtlich veröffentlicht); Beschluss des BVerfG v. 18.1.2010, Az. 1 BvR 1342/09. 24 Zur Grunderwerbsteuerpflicht bei der übertragenden Umwandlung Beuthien/Helios Der Konzern 2004, 653 ff., a.A. BFH vgl. Fußnote 22. 25 BFH v. 9.4.2008, Az. II R 32/06 (Gründe II. 1. d)).
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Nach der Geltung des neuen Umwandlungsrechts waren zunächst nach Auffassung 20 der Finanzverwaltung sämtliche Verschmelzungskosten – einschließlich der Grunderwerbsteuer – bei der übernehmenden eG als Betriebsausgabe abziehbar und nicht als Anschaffungskosten zu aktivieren.26 Das BMF hat zur Frage der ertragsteuerlichen Behandlung von umwandlungsbedingten objektbezogenen Kosten des Vermögensübergangs – insbesondere Grunderwerbsteuer (GrESt) – im Rahmen des geltenden UmwStG später Stellung genommen. Die beim übernehmenden Rechtsträger anfallenden Kosten, insb. die GrESt, sind danach seit Inkrafttreten des SEStEG Ende 2006 immer aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten; wirtschaftlich gesehen handelt es sich um eigenen Aufwand der übernehmenden eG (also keine Rückstellungsbildung durch die übertragende eG), der mit der Eintragung der Verschmelzung in das HR der übernehmenden eG entsteht. Für Altfälle bis Ende 2006 soll ein Aktivierungswahlrecht bestehen.27 Durch die Verschmelzung ergeben sich aus dem Arbeitsrecht sowohl individual- als 21 auch kollektivrechtliche Auswirkungen. Neben dem Übergang der Arbeitsverhältnisse (§ 613a BGB) verpflichtet § 5 Abs. 1 Nr. 9 zu Angaben über die Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer im Verschmelzungsvertrag, aus § 324 folgen Informationspflichten gegenüber dem Betriebsrat, §§ 106, 111 ff. BetrVG, und den Arbeitnehmern. Der Verschmelzungsvertrag ist dem jeweiligen Betriebsrat spätestens einen Monat vor dem Tag der beschließenden Versammlung zuzuleiten, § 5 Abs. 3. Europäische Genossenschaft (SCE) Die SCE-VO regelt die Verschmelzungsgründung in zwei Unterfällen (Aufnahme 22 oder Neugründung) in Art. 19 ff. bzw. die Umwandlung (Formwechsel) in Art. 35. Die Regelungen sind jedoch teilweise sehr lückenhaft, was sich bei einem Vergleich mit den viel detaillierteren Vorschriften des UmwG (§§ 2–122 allein für die Verschmelzung, bzw. §§ 190–304 für den Formwechsel) zeigt. Bei der Frage des anzuwendenden Rechts ist die Verweisungssystematik der 23 SCE-VO zu beachten, die auf den ersten Blick schwierig erscheint. Dies liegt daran, dass die Verordnung in allen EU-Staaten unmittelbar gilt und für die unterschiedlichen nationalen Rechtssysteme (einheitliches Umwandlungsrecht/spezielles Umwandlungsrecht für Aktiengesellschaften und/oder eG) abstrakt verweisen muss. Rechtsquellen für die SCE sind neben der SCE-VO das deutsche SCEAG sowie das AktG, UmwG und GenG. Art. 8 der VO regelt die Reihenfolge des für die SCE maßgeblichen Rechts. Die Vorschriften der SCE-VO als Gemeinschaftsrecht gehen dem nationalen Recht (SCEAG, UmwG, GenG) vor. Jeweils gilt Gesetzesrecht vor Satzungsrecht; soweit aber die SCE-VO durch ausdrückliche Öffnungsklauseln (wie bei § 18 Satz 2 GenG) Satzungsfreiheit gewährt, verdrängt das SCE-Satzungsrecht das im Mitgliedstaat geltende Gesetzesrecht. Die Mitgliedstaaten können daher in den von der SCE-VO abschließend geregelten Bereichen nur ergänzende Vorschriften erlassen, die der SCE-VO nicht widersprechen. Soweit Regelungslücken bestehen, können nationale Vorschriften für die SCE erlassen werden (Art. 8 Abs. 1 c) i) oder es ist das nationale Recht (z.B. GenG) anwendbar (Art. 8 Abs. 1 c) ii)).28
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26 Umwandlungssteuererlass, BMF-Schreiben vom 25.3.1998, Tz. 04.43; verschiedentlich anders die Auffassung der Finanzverwaltung unter Verweis auf die überholte Rechtsprechung zum alten UmwStG 1977. 27 BMF-Schreiben vom 18.01.2010; der angekündigte neue Umwandlungserlass, der den Erlass vom 25.3.1998 aufheben soll, ist bislang noch nicht ergangen. 28 Wie hier mit gutem Überblick zur Systematik: Beuthien GenG SCE Art. 8 Rdn. 1 ff.
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Die SCE-VO verweist für die Gründung durch Verschmelzung und Umwandlung (z.B. in Art. 28 Abs. 2 (Schutz der ablehnenden Mitglieder) ausdrücklich auf die Möglichkeit, die SCE-VO ergänzende einzelstaatliche Gesetze i.S.d. Art. 8 Abs. 1 Ziff. c Fallgruppe i) zu erlassen. Hier gelten aber die schon bestehenden mitgliederschützenden nationalen Vorschriften, also bei eG die §§ 85, 96 i.V.m. § 15 UmwG (Spruchverfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses); Fall des Art. 8 Abs. 1 c) ii). Art. 28 Abs. 2 wird also nur relevant, wenn diesbezüglich keine nationalen Schutzvorschriften bestehen.29 Gleiches gilt für Art. 35 Abs. 4 (Bekanntmachung des Umwandlungsplans). Er eröffnet zwar ebenfalls die ausdrückliche Möglichkeit, ergänzende nationale Vorschriften zur Bekanntmachung zu erlassen. Sofern die SCE ihren Sitz in Deutschland hat, erfolgt die Bekanntmachung aber bereits nach § 10 HGB im BAnz. und mindestens einem weiteren Blatt. Verweise auf das nationale Recht finden sich für den Bereich der Verschmelzung und Umwandlung in Art. 20 (für die Verschmelzung geltendes Recht), der Generalklausel für den gesamten II. Abschnitt „Gründung durch Verschmelzung“, spezielle Verweise in Art. 22 Abs. 3 (Verschmelzungsplan), Art. 26 Abs. 3 (Verschmelzungsprüfer), Art. 32 (Bekanntmachung) und im Abschnitt 3 für die Umwandlung in Art. 35 Abs. 4 (Bekanntmachung der Umwandlung einer bestehenden eG in eine SCE). Bei einer durch Verschmelzung gegründeten SCE mit Sitz in Deutschland folgt aus dem generellen Verweis in Art. 20 auf das Verschmelzungsrecht des Mitgliedsstaats, dessen Recht sie unterliegt, dass die Verschmelzungsvorschriften des UmwG für eG (§§ 79– 98 i.V.m. §§ 2–38, 63 etc. UmwG) immer dann anzuwenden sind, wenn die SCE-VO keine abschließende Regelung oder Satzungsöffnungsklausel enthält und keine Verweisung auf andere Gesetze (Spezialverweis) vorliegt (vgl. dazu Rdn. 27). Der Verweis auf das Aktienrecht in Art. 20 gilt nur subsidiär (Einschränkung in Art. 20 a.E. „… in Ermangelung solcher Vorschriften …“) und geht ins Leere, da Deutschland mit dem UmwG spezielle Regelungen für eG geschaffen hat.30 Der Spezialverweis in Art. 22 Abs. 3 auf das für einen Verschmelzungsplan von Aktiengesellschaften geltende Recht ist ebenfalls subsidiär und bei der Verschmelzung einer SCE mit Sitz in Deutschland unbeachtlich, da Deutschland aber für Umwandlungen i.w.S. mit dem UmwG ein besonderes Gesetz mit Spezialvorschriften u.a. für Aktiengesellschaften und Genossenschaften geschaffen hat. Der (allgemeine) Verweis in Art. 22 Abs. 3 auf das Aktienrecht erfolgt für die EU-Mitgliedsstaaten, in denen es kein UmwG mit speziellen Vorschriften für Genossenschaften gibt.31 Für die Gründung einer SCE durch Verschmelzung (nicht aber Umwandlung gem. Art. 35) finden sich im SCEAG ergänzende Vorschriften, z.B. ist der genossenschaftliche Prüfungsverband gem. § 6 SCEAG zuständiger Verschmelzungsprüfer. Art. 2 4. Spiegelstrich regelt als zweite Gründungsart die Verschmelzung zu einer SCE durch zwei oder mehr Genossenschaften, die nach dem Recht der EU gegründet wurden und Sitz oder Verwaltung in der Gemeinschaft haben. Die einzelnen Vorschriften hierzu sind im Kapitel II, Abschnitt 2, Art. 19–34 enthalten. Wie im UmwG unterscheidet das Gesetz zwei Fallgruppen, eine Verschmelzung durch Aufnahme (Art. 19 1. Spiegelstr., vgl. §§ 79 ff.) und eine Verschmelzung durch Neugründung (Art. 19 2. Spiegelstr., vgl. §§ 96 ff.) einer juristischen Person. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme werden eine oder mehrere nationale Genossenschaften in eine bestehende Genossenschaft aufgenommen, wobei die aufneh-
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Beuthien GenG SCE Art. 28 Rdn. 2. Missverständlich die Amtl. Begründung zum SCEAG BT-Drs. 16/1025, zu § 2 S. 54. So auch Beuthien GenG SCE Art. 23 Rdn. 4.
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Arten der Verschmelzung | § 2 UmwG
mende Genossenschaft zugleich ihre Rechtsform in eine SCE wechselt (Art. 33 Abs. 1d).32 Nach der Systematik des UmwG handelt es sich also um eine Verschmelzung im Wege der Aufnahme mit gleichzeitigem Rechtsformwechsel, da ein Formwechsel nach dem UmwG nur durch einen Rechtsträger, nicht aber durch Vereinigung mehrerer Rechtsträger möglich ist.33 Bei der Verschmelzung durch Neugründung ist die neue juristische Person eine SCE 30 (Art. 19 Satz 2). Hier übertragen zwei oder mehr bestehende Geossenschaften aus mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten ihr Vermögen als Ganzes auf die neu gegründete juristische Person, die eine SCE ist. Diese Form der Verschmelzung entspricht nach der Systematik des UmwG einer Verschmelzung im Wege der Neugründung mit gleichzeitigem Rechtsformwechsel. Das Verschmelzungsverfahren der zweiten Gründungsart ähnelt dem der §§ 4–38 31 nebst den Sondervorschriften für eG in §§ 79 ff. und gliedert sich in neun Verfahrensabschnitte:34 (1) Verschmelzungsplan (Abschluss, Inhalt, Form), Art. 22 (§§ 4, 5, 6, 80) (2) Verschmelzungsbericht (Erläuterung u. Begründung), (§ 8) Art. 23 (3) Bekanntmachung des Verschmelzungsplans, Art. 24, (§ 61) § 5 Satz 2 SCEAG (verweist auf § 61 Satz 2) (4) Prüfung des Verschmelzungsplans/Prüfbericht, (§§ 9, 12, 81) Art. 26, § 6 SCEAG (5) Arbeitnehmer, Art. 27 Abs. 2, Art. 33 Abs. 4, SCEBG (§§ 5, 20, 324) I. Arbeitnehmerbeteiligung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9) II. Information des Betriebsrats (§§ 5 Abs. 3, 17 Abs. 1) III. Arbeitsverhältnisse (§§ 20 Abs. 1, 324) (6) Beschlussfassung über den Verschmelzungsplan, (§§ 13, 84, 96) Art. 27 Abs. 1 (7) zweigliedriges Kontrollverfahren, Art. 29, 30 (§§ 16, 17, 81) I. Kontrolle des Verschmelzungsverfahrens, Art. 29 1) Verbesserung des Umtauschverhältnisses, Art. 29 (§ 85) Abs. 3, § 7 SCEAG 2) Ausschlagung durch einzelne Mitglieder, Art. 29 (§§ 90–94) Abs. 3, § 8 SCEAG 3) Gläubigerschutz bei Auslandssitz, Art. 29 Abs. 2, (§ 22) §§ 9, 11 SCEAG 4) Verschmelzungsbilanz/Schlussbilanz, Art. 22, (§ 17) § 8 Abs. 4 Satz 1 SCEAG 5) Zwischenbilanzen, Art. 25 Abs. 1c) (§ 63) 6) Erklärung zur Sicherheitsleistung, § 9 SCEAG (§ 22) 7) Negativerklärung zur Klage, Art. 29 Abs. 1 (§ 16 Abs. 2) II. Kontrolle der Durchführung der Gründung durch Verschmelzung, Art. 30 1) Beschluss über gleichlautenden Verschmel(§ 17) zungsplan, Art. 30 Abs. 3
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Beuthien GenG Art. 33 SCE, Rdn. 2. Lutter/Decher/Hoger § 190 UmwG Rdn. 1. Die Kommentierung der Verfahrensabschnitte findet sich bei den aufgeführten §§ des UmwG.
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§ 3 UmwG | Umwandlungsgesetz
2)
Vereinbarung über Arbeitnehmerbeteiligung
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Vorlage Kontrollbescheinigungen der nationalen Stellen, Art. 30 Abs. 2 i.V.m. Art. 29 Abs. 2 4) gesetzliche Anforderungen des SCE- Sitzstaates, Art. 30 Abs. 4 insb. Zulassung zum Prüfungsverband gem. § 54 GenG, Art. 26, 71 (8) Eintragung der Verschmelzung/Rechtswirkungen, Art. 11, 17, 31, 33 (9) Bekanntmachung der Verschmelzung, Art. 12, 13 (zusätzlich im Amtsblatt der EU), 32 32
(§ 5 Abs. 1 Nr. 9 u. Art. 30 Abs. 3, Art. 11 Abs. 2 i.V.m. SCEBG) (§ 5 Abs. 3) (§ 17) (§ 81) (§§ 19, 20) (§ 19)
Die Umwandlung im Abschnitt 3 ist lediglich in Art. 35 kursorisch geregelt und weist Ähnlichkeiten mit dem zuvor beschriebenen Verschmelzungsverfahren auf; das SCEAG enthält keine besonderen Vorschriften zur Gründung durch Umwandlung. Gleiches gilt für die Umwandlung einer SCE in eine eG gem. Art. 76. Zu diesen Umwandlungsarten vgl. § 1 Rdn. 7 ff. und 13 sowie die ausführlichen Darstellungen zur Umwandlung einer eG in eine SCE unter §§ 191 zur Europäischen Genossenschaft (SCE), dort Rdn. 1 ff.; Gesetzestext des Art. 35 SCE-VO vgl. dort Rdn. 2.
§3 Verschmelzungsfähige Rechtsträger § 3 UmwG Verschmelzungsfähige Rechtsträger (1) An Verschmelzungen können als übertragende, übernehmende oder neue Rechtsträger beteiligt sein: 1. Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften) und Partnerschaftsgesellschaften; 2. Kapitalgesellschaften (Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien); 3. eingetragene Genossenschaften; 4. eingetragene Vereine (§ 21 des Bürgerlichen Gesetzbuches); 5. genossenschaftliche Prüfungsverbände; 6. Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. (2) An einer Verschmelzung können ferner beteiligt sein: 1. wirtschaftliche Vereine (§ 22 des Bürgerlichen Gesetzbuches), soweit sie übertragender Rechtsträger sind; 2. natürliche Personen, die als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernehmen. (3) An der Verschmelzung können als übertragende Rechtsträger auch aufgelöste Rechtsträger beteiligt sein, wenn die Fortsetzung dieser Rechtsträger beschlossen werden könnte. (4) Die Verschmelzung kann sowohl unter gleichzeitiger Beteiligung von Rechtsträgern derselben Rechtsform als auch von Rechtsträgern unterschiedlicher Rechtsform erfolgen, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.
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Verschmelzungsfähige Rechtsträger | § 3 UmwG
Die Absätze 1 und 2 zählen die verschmelzungsfähigen Unternehmensformen abschließend auf. Die Fälle, in denen eine Verschmelzung stattfinden kann, wurden erheblich erweitert. Dies soll Neustrukturierungen der verschiedensten Arten ermöglichen, wo dieses wirtschaftlich erforderlich ist. Nach Absatz 2 Nr. 1 kann ein wirtschaftlicher Verein nicht andere Rechtsträger durch eine Verschmelzung aufnehmen, oder aus einer Fusion als neuer Unternehmensträger entstehen. Der Verein ist als Träger eines Unternehmens nur ausnahmsweise geeignet. Seine Vergrößerung oder Neugründung im Wege der Verschmelzung soll daher wie bisher nicht zugelassen werden. Wirtschaftliche Vereine unterscheiden sich von den anderen Unternehmensträgern, insbesondere den Gesellschaften nach Handelsrecht, in ganz wesentlichen Punkten. Solche Vereine sind nur nach dem Publizitätsgesetz,1 nicht aber allgemein zur Rechnungslegung verpflichtet. Zum zweiten enthält das Vereinsrecht keinerlei Vorschriften über die Aufbringung und Erhaltung eines Kapitals, obwohl auch den Gläubigern des Vereins nur dessen Vermögen haftet; insofern besteht ein grundlegender Unterschied zu den Kapitalgesellschaften. Ferner ist die Kontrolle des Vereinsvorstands in seiner Geschäftsführung durch die Mitglieder gesetzlich schwächer ausgebildet als bei den Unternehmensträgern nach dem Gesellschaftsrecht. Schließlich unterliegen wirtschaftliche Vereine selbst dann, wenn sie eine große Zahl von Arbeitnehmern beschäftigen, nicht den Vorschriften über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Die Aufnahme von Vereinen durch Handelsgesellschaften soll zugleich dem Abbau staatlicher Aufsichtsbefugnisse und dadurch auch der Verwaltungsvereinfachung dienen. Absatz 2 Nr. 2 erwähnt einen Sonderfall der Konzernverschmelzung. Absatz 3 des § 3 erklärt wie das bis zum Inkrafttreten des UmwG geltende Recht (vgl. § 93a Abs. 2 GenG a.F., § 339 Abs. 2 AktG a.F., § 44a Abs. 3, 4 VAG a.F.) auch die Verschmelzung bereits aufgelöster übertragender Rechtsträger für zulässig, wenn deren Fortsetzung beschlossen werden könnte. Mit dieser Regelung sollen vor allem Sanierungsfusionen erleichtert werden. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass noch nicht mit der Verteilung des Vermögens an die Anteilsinhaber begonnen worden ist2 (vgl. § 79a Abs. 1 Satz 1 GenG, § 274 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 49 Abs. 1 Satz 1 VAG).3 Demnach kann auch eine aufgelöste eG, bei der die Vermögensverteilung noch nicht begonnen hat, übertragende eG sein. Zwar liegt es nahe, im Umkehrschluss zu § 3 Abs. 3, dass eine aufgelöste eG nicht übernehmende eG sein kann. Indes ist der Gesetzeswortlaut nicht zwingend; um Sanierungsfusionen zu erleichtern muss auch eine bereits aufgelöste eG übernehmender Rechtsträger sein können. Voraussetzung dafür ist aber auch hier, dass mit der Vermögensverteilung noch nicht begonnen wurde und die übernehmende eG vor Eintragung der Verschmelzung gemäß § 79a GenG ihre Fortsetzung beschließt. Andernfalls würden die Mitglieder der übertragenden eG Mitglied einer aufgelösten eG, die alsbald zur Vollbeendigung zu führen wäre.4 Der Verschmelzungsbeschluss enthält nicht automatisch den Fortsetzungsbeschluss; dieser kann jedoch zu-
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1 Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15.8.1969 – BGBl. I S. 1189. 2 Lutter/Bayer UmwG § 79 Rdn. 6 m.w.N. 3 Das Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG – wird durch Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 1.4.2015 m.W.z. 1.1.2016 augehoben, BGBl. 2015 I 434 und wird ersetzt durch das VAG 2016. 4 H.M. Lutter/Bayer UmwG § 79 Rdn. 13; Scholderer in Semler/Stengel, § 79 UmwG Rdn. 14; Fronhöfer in Widmann/Mayer, § 79 UmwG Rdn. 13; zu weitgehend (kein Fortsetzungsbeschluss erforderlich): Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 4a.
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§ 3 UmwG | Umwandlungsgesetz
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sammen mit dem Verschmelzungsbeschluss in einer Generalversammlung gefasst werden, sollte jedoch zeitlich vorher und separat gefasst werden. Befinden sich sowohl die übertragende als auch die übernehmende eG in Liquidation, können sie zwecks gemeinsamer Liquidation miteinander verschmolzen werden. Es wäre unnötiger Formalismus, wenn zunächst die übernehmende eG die Fortsetzung beschließt, um sodann wieder (erneut) die Liquidation zu beschließen. Hat die Vermögensverteilung der eG i.L. bereits begonnen, ist eine Verschmelzung nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 wegen § 79a Abs. 1 GenG nicht mehr möglich. Dabei reicht jede auch noch so geringe Vermögensverteilung i.S.d. § 90 Abs. 1 GenG aus,5 jedoch ist eine Leistungsrückgewähr möglich, weil danach das Vermögen wieder ungeschmälert zur Verfügung steht.6 Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 ist eine Verschmelzung einer eG, die die Mindestmitgliederzahl nach § 80 Abs. 1 GenG unterschreitet (weniger als 3 Mitglieder ohne investierende Mitglieder) nicht möglich,7 da das Gesetz keine Fortsetzungsmöglichkeit vorsieht. Es besteht de lege ferenda ein praktisches Bedürfnis, in besonderen Fällen auch die Verschmelzung einer aufgelösten eG zuzulassen, wenn die eG i.L. z.B. nach Ablauf des Sperrjahres nur eine teilweise Verteilung des Vermögens vorgenommen hat, die Vollbeendigung aber faktisch (z.B. Pensionsverpflichtungen, schwer veräußerbare Vermögenswerte) längere Zeit nicht oder nur völlig unwirtschaftlich möglich ist und eine Verschmelzung insbesondere nach der Vermögenslage und den Mitgliederinteressen keine Schwierigkeiten bereitet. Abs. 4 lässt neben der Verschmelzung von Rechtsträgern derselben Rechtsform nach dem Vorbild des § 358a AktG auch die Beteiligung von Rechtsträgern unterschiedlicher Rechtsform an demselben Verschmelzungsvorgang zu, um eine möglichst große Bewegungsfreiheit in das Recht der Umstrukturierung einzuführen. Soweit die Besonderheiten einer Rechtsform auch für die Möglichkeit von Verschmelzungen Sondervorschriften erfordern, sind diese im Zweiten Teil des Zweiten Buches jeweils bei den einzelnen Rechtsformen enthalten. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Nach Art. 2 4. und 5. Spiegelstrich sind nur nationale, in der EU ansässige Genossenschaften umwandlungsfähige Rechtsträger. Natürliche oder andere juristische Personen oder Gesellschaften können an den beiden Gründungsarten durch Verschmelzung bzw. Umwandlung nicht beteiligt sein; sie können aber bei einer Neugründung Gründer, also Mitglied einer SCE sein oder vor oder nach einer Umwandlung in eine SCE Mitglied werden.8 Eine Gründung durch Umwandlung kann eine eG auch mit einer in einem anderen Land der EU eingetragenen Tochtergesellschaft, aber auch mit einer rechtlich unselbständigen Niederlassung,9 vornehmen. Welche Rechtsform die Tochter haben muss, regelt die SCE-VO nicht.10
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5 Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 4; Lutter/Bayer UmwG § 79 Rdn. 13; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 3 UmwG Rdn. 10 f.; Müller § 79a Rdn. 3. 6 Wie hier Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 4 und Lutter/Bayer UmwG § 79 Rdn. 10 für die übertragende eG i.L.; a.A. Müller GenG § 79a Rdn. 3. 7 Vgl. auch den vergleichbaren Fall in § 81 GenG: Auflösung wg. gesetzeswidriger Handlungen. 8 Vgl. dazu Art. 2 2. und 3. Spiegelstrich. 9 Beuthien GenG SCE Art. 2 Rdn. 5. 10 Vgl. Präambel SCE-VO Abs. 13 S. 2.
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Verschmelzungsvertrag | § 4 UmwG
ZWEITER ABSCHNITT Verschmelzung durch Aufnahme §4 Verschmelzungsvertrag § 4 UmwG Verschmelzungsvertrag (1) Die Vertretungsorgane der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger schließen einen Verschmelzungsvertrag. § 311b des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt für ihn nicht.1 (2) Soll der Vertrag nach einem der nach § 13 erforderlichen Beschlüsse geschlossen werden, so ist vor diesem Beschluss ein schriftlicher Entwurf des Vertrags aufzustellen. Absatz 1 Satz 1 weist die Zuständigkeit für den Abschluss des Verschmelzungsver- 1 trags den Vertretungsorganen der Rechtsträger (Vorstände, Geschäftsführer, vertretungsberechtigte Gesellschafter) zu. Ob alle Vorstände oder nur die gem. § 25 GenG zur Vertretung berechtigten handeln müssen, ist nach dem Wortlaut des Abs. 1 S. 1 nicht ganz eindeutig. Da die uneingeschränkte organschaftliche Vertretung durch § 4 nicht ausdrücklich eingeschränkt wird, ist es ausreichend, wenn die zur Vertretung berechtigten Vorstände handeln.2 Durch die Aufhebung des in § 311b Abs. 2 BGB enthaltenen Verbots, eine Verpflich- 2 tung einzugehen, künftiges Vermögen zu übertragen, wird die Durchführung einer in die Zukunft gerichteten Verschmelzung erst ermöglicht. Die in Abs. 2 enthaltene Verpflichtung zur Vorlage eines schriftlichen Vertragsentwurfs soll sicherstellen, dass die beschließenden Versammlungen die für ihre Entscheidungsfindung notwendige Unterlage zumindest im Entwurf haben. Schriftlicher Entwurf bedeutet, dass der Vertrag inhaltlich vollständig sein muss, also in seiner zur Beurkundung vorgesehenen Endfassung vorliegen muss.3 Der Vertrag ist von den Vorständen der beteiligten eG in jeweils vertretungsberechtigter Anzahl zu unterzeichnen.4 Im Hinblick auf die nicht unerheblichen Beurkundungskosten empfiehlt es sich 3 regelmäßig, der Versammlung nur einen Entwurf zur Beschlussfassung vorzulegen, insbesondere wenn die Zustimmung der GV/VV zur Verschmelzung ungewiß ist. Bei Ablehnung der Verschmelzung durch eine eG fallen dann keine Beurkundungskosten an. Der in der schwächeren Bindungswirkung liegende Nachteil5 ist in der Praxis ohne Relevanz. Denkbar ist auch, dass die GV/VV die positive Beschlussfassung mit Änderungen oder Bedingungen vornimmt, die eine erneute Beurkundung des Vertrages erforderlich machen, da dann nicht der gemäß § 6 zu beurkundende Verschmelzungsvertrag beim Registergericht eingereicht werden kann.
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1 Abs. 1 S. 2 entspricht § 43 Abs. 1 S. 2 AktG a.F. 2 So auch Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 7 „in vertretungsberechtigter Anzahl“; Bauer GenossenschaftsHandbuch § 4 UmwG Rdn. 9; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG UmwG § 4 Rdn. 12; zur Rechtsnatur des Verschmelzungsvertrags ausführlich Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 7–8 und Bauer § 4 UmwG Rdn. 3 ff. 3 So auch Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 15. 4 So auch Bauer § 4 UmwG Rdn. 19 i.V.m. Rdn. 9. 5 So Lutter/Drygala § 4 UmwG Rdn. 16.
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§ 5 UmwG | Umwandlungsgesetz
Europäische Genossenschaft (SCE) 4
Art. 22 Abs. 1 Satz 1 ähnelt § 4 Abs. 1, danach stellen die Leitungs- oder Verwaltungsorgane den Verschmelzungsplan auf, der dem Verschmelzungsvertrag des UmwG ähnelt6 und im Regelfall als Entwurf aufgestellt wird – im englischen „draft“ –, aber auch zuvor beurkundet werden kann (entsprechend § 4 Abs. 4). Dieser muss mindestens 1 Monat vor der Beschlussfassung schriftlich vorliegen (vgl. Art. 25 Abs. 1a)). Eine notarielle Beurkundung sieht die SCE-VO zwar nicht ausdrücklich vor; auch im SCEAG finden sich keine ergänzenden Bestimmungen zur Form. Die Formvorschriften des UmwG sind aber anwendbar, siehe § 6 Rdn. 7.
§5 Inhalt des Verschmelzungsvertrags § 5 UmwG Inhalt des Verschmelzungsvertrags (1) Der Vertrag oder sein Entwurf muss mindestens folgende Angaben enthalten: 1. den Namen oder die Firma und den Sitz der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger; 2. die Vereinbarung über die Übertragung des Vermögens jedes übertragenden Rechtsträgers als Ganzes gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger; 3. das Umtauschverhältnis der Anteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung oder Angaben über die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger; 4. die Einzelheiten für die Übertragung der Anteile des übernehmenden Rechtsträgers oder über den Erwerb der Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger; 5. den Zeitpunkt, von dem an diese Anteile oder die Mitgliedschaften einen Anspruch auf einen Anteil am Bilanzgewinn gewähren, sowie alle Besonderheiten in Bezug auf diesen Anspruch; 6. den Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der übertragenden Rechtsträger als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen gelten (Verschmelzungsstichtag); 7. die Rechte, die der übernehmende Rechtsträger einzelnen Anteilsinhabern sowie den Inhabern besonderer Rechte wie Anteile ohne Stimmrecht, Vorzugsaktien, Mehrstimmrechtsaktien, Schuldverschreibungen und Genussrechte gewährt, oder die für diese Personen vorgesehenen Maßnahmen; 8. jeden besonderen Vorteil, der einem Mitglied eines Vertretungsorgans oder eines Aufsichtsorgans der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger, einem geschäftsführenden Gesellschafter, einem Partner, einem Abschlussprüfer oder einem Verschmelzungsprüfer gewährt wird; 9. die Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen. (2) Befinden sich alle Anteile eines übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers, so entfallen die Aufgaben über den Umtausch
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6 Lutter/Drygala UmwG § Rdn. 15 für die SE: Vertragsentwurf entspricht Verschmelzungsplan gem. Art. 20 SE-VO.
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Inhalt des Verschmelzungsvertrags | § 5 UmwG
der Anteile (Absatz 1 Nr. 2 bis 5), soweit sie die Aufnahme dieses Rechtsträgers betreffen. (3) Der Vertrag oder sein Entwurf ist spätestens einen Monat vor dem Tage der Versammlung der Anteilsinhaber jedes beteiligten Rechtsträgers, die gemäß § 13 Abs. 1 über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag beschließen soll, dem zuständigen Betriebsrat dieses Rechtsträgers zuzuleiten. Abs. 1 regelt den Mindestinhalt des Verschmelzungsvertrages und wird für den in 1 der Praxis wichtigsten Fall, der Verschmelzung von eG im Wege der Aufnahme, durch § 80 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 (Umtauschverhältnis, Stichtag der Schlussbilanz) ergänzt; bei Verschmelzungen durch Neugründung ist § 97 i.V.m. § 37 (Verpflichtung zur Aufstellung der Satzung) zu beachten. Nach Abs. 2 entfallen bei der Aufnahme 100%iger Tochtergesellschaften die Angaben nach Abs. 1 Nr. 2 bis 5. Nach Abs. 3 muss der Vertrag spätestens einen Monat (Registersperrfrist, vgl. § 5 Rdn. 33) vor der beschließenden Versammlung dem Betriebsrat zugeleitet werden.1 Der Nachweis darüber muss gegenüber dem Registergericht schriftlich geführt werden (§ 17 Abs. 1 a.E. „Der Anmeldung ist … ein Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs an den zuständigen Betriebsrat beizufügen.“). Dem formellen Verschmelzungsverfahren sind im Allgemeinen unverbindliche Kon- 2 takte zwischen den Organen, regelmäßig auch unter beratender Teilnahme der Prüfungsverbände, vorgeschaltet. Auch sollte rechtzeitig der Aufsichtsrat eingeschaltet werden, um zu einer einheitlichen Meinungsbildung von Vorstand und Aufsichtsrat zu kommen.2 In vielen Fällen hat es sich auch bewährt, dass die GV/VV vor Bekanntwerden der Verhandlungen informiert wird und ein Mandat zur Vorbereitung der Verschmelzung erteilt. Nehmen die Vorverhandlungen längere Zeit in Anspruch oder sollen die Beteiligten besonders auf ihre Verschwiegenheitspflicht verpflichtet werden, kann der Abschluss eines Verschmelzungsvorvertrages zweckmäßig sein.3 Darin verpflichten sich die Verhandlungspartner, vertreten durch die Vorstände, vertrauliche Informationen, namentlich Geschäftsgeheimnisse, persönliche Daten und vertrauliche Vorgänge der anderen eG, insbesondere für den Fall, dass die Verschmelzung nicht zustande kommt, nicht unbefugt zu verwenden. Dies folgt aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.4 Weiterhin wird damit die Absicht der Verschmelzung dokumentiert, und es sollte vereinbart werden, dass auch Vorfälle von besonderer Bedeutung während der Verhandlungen dem Fusionspartner mitgeteilt werden. Der Abschluss eines Verschmelzungsvertrags setzt voraus, dass die wirtschaftli- 3 chen und rechtlichen Verhältnisse der beteiligten eG gegenseitig umfassend offengelegt werden, auch soweit Kundenbeziehungen berührt werden. Eine verantwortungsvolle Vorbereitung der Verschmelzung erfordert die Kenntnis aller Zusammenhänge bis hin zur Einsicht in den letzten Prüfungsbericht. Hierdurch verstößt der Vorstand auch ohne Verschmelzungsvorvertrag nicht gegen Geheimhaltungspflichten, da Geschäftsgrundlage der Verhandlungen ist, dass alle Beteiligten zur besonderen Verschwiegenheit verpflichtet sind. Es besteht ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis (rechtsgeschäft-
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Zur Fristberechnung am Beispiel des § 5 Abs. 3 vgl. Krause NJW 1999, 1448. Vgl. Ohlmeyer/Kuhn/Philipowsk/Tischbein Abschn. III. 4. So auch Ohlmeyer/Kuhn/Philipowki/Tischbein Abschn. III 5.4. Schaffland/Wiltfang BDSG § 1 Rdn. 2 ff.
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§ 5 UmwG | Umwandlungsgesetz
liches Schuldverhältnis), das auch Grundlage von Schadenersatzansprüchen nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo sein kann.5 Insbesondere nach Abschluss eines ausverhandelten Vertragsentwurfs und Termi3a nierung der Mitgliederversammlungen verdichten sich die Pflichten der Beteiligten an einem Vollzug der Verschmelzung mitzuwirken und eine Entscheidung der Mitgliederversammlungen herbeizuführen,6 es sei denn, dem stehen berechtigte Interessen entgegen, die nach Abschluss des Vertragsentwurfs entstanden bzw. bekannt geworden sind;7 damit verbleibt der GV/VV immer noch das Recht, die Verschmelzung auch ohne besondere Begründung abzulehnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verschmelzungsvertrag bereits vor der GV/VV notariell beurkundet wurde,8 dazu Rdn. 8. Die Unterscheidung zwischen beurkundetem Verschmelzungsvertrag und Entwurf und die Begründung, vor der Beurkundung liege noch kein wirksamer Vertrag vor9 ist formal und überzeugt nur auf den ersten Blick, da der gesamte Verschmelzungsvorgang nur einheitlich gesehen werden kann (vgl. dazu Rdn. 6) und auch ein notariell beurkundeter Vertrag für die GV/VV keinerlei Bindungswirkung entfaltet. Hinzu kommt, dass ein vollständig ausverhandelter Vertragsentwurf in der Praxis den gleichen Stellenwert hat. Auch der noch nicht beurkundete Verschmelzungsvertrag soll nach dieser Ansicht aber zwischen den beteiligten eG gegenseitige vorvertragliche Sorgfaltspflichten begründen, deren Verletzung Schadenersatzansprüche nach §§ 311 Abs. 2, 280 BGB auslösen kann.10 Allerdings ist der Anspruch auf Vorlage des Vertragsentwurfs in der GV/VV wie auch beim notariell beurkundeten Vertrag (dazu Rdn. 8) nicht einklagbar.11 4 Die Rechtsnatur des Verschmelzungsvertrags12 ist umstritten. Teils wird er als schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB verstanden, bei dem die Bindungswirkung jedoch erst mit Vorliegen der GV/VV-Beschlüsse eintritt. Im Hinblick auf die Mitglieder der übertragenden eG sei der Verschmelzungsvertrag ein Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. §§ 328 ff. BGB.13 Teils wird der Verschmelzungsvertrag als körperschaftlicher Vertrag verstanden, der nicht dem Schuldrecht, sondern dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen sei, da er die kooperative Struktur der eG verändere, indem er die Beschlüsse der GV/VV ausführe und die körperschaftsrechtliche Verfügung beinhalte. Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich um einen Vertrag, auf den die 5 Vorschriften des Bürgerlichen Rechts grundsätzlich Anwendung finden, der aber mit Rücksicht auf den Vorrang der GV/VV-Beschlüsse als Wirksamkeitsvoraussetzung bestimmte Vorschriften des BGB nur beschränkt zur Anwendung kommen lässt.14 Insbesondere ist der Verschmelzungsvertrag kein Vertrag zugunsten der Mitglieder der übertragenden eG, diese haben kein eigenes Forderungsrecht auf Zulassung zur übernehmenden eG, da sie die Mitgliedschaft kraft Gesetzes erwerben; auch haben sie kein eigenes Forde-
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5 Palandt/Heinrichs BGB, Einf v. § 145 Rdn. 18 f.; Palandt/Grüneberg § 311 Rdn. 11 ff.; Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 42. 6 Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 45. 7 Einschränkender Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 45, der unter Verweis auf § 6 einen Anspruch aus culpa in contrahendo nur unter ganz besonderen Voraussetzungen (schwerwiegende vorsätzliche Treuwidrigkeit oder Existenzgefährdung) bejaht. 8 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 4 UmwG Rdn. 21 (Vorlagepflicht und einklagbarer Anspruch); Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 35 (Vorlagepflicht, aber kein einklagbarer Anspruch). 9 Vgl. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 4 UmwG Rdn. 20. 10 Vgl. ebenda. 11 Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 35 m.w.N. 12 Vgl. dazu auch Beuthien UmwG § 2 ff. Rdn. 7. 13 Ruetz S. 35, 40; Paulick ZfgG 1977, 81; BfH BB 1976, 871 sowie die bei Schlarb S. 52 Fn. 211 gegebenen Hinweise. 14 Schlarb S. 55 ff.; vgl. Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 3 ff., § 5 Rdn. 5.
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rungsrecht auf Erfüllung des Verschmelzungsvertrags, insbesondere auf Eintragung der Verschmelzung im Genossenschaftsregister.15 Auch besteht kein Schadensersatzanspruch nach § 325 BGB, wenn die GV/VV der anderen eG die Zustimmung zur Verschmelzung verweigert.16 Der Verschmelzungsvertrag stellt im Verhältnis zu den GV/VV-Beschlüssen deren Ausführungsakt dar. Für die Auslegung ist der körperschaftliche Organisationsakt, der die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung festlegt, zu berücksichtigen.17 Der gesamte aus Verschmelzungsvertrag, Verschmelzungsbeschlüssen und Registereintragung bestehende Verschmelzungsvorgang ist rechtlich als Einheit zu begreifen.18 Wird der Verschmelzungsvertrag vor den GV/VV-Beschlüssen beurkundet, handelt es sich um eine Ausführung im Vorgriff auf die zu erwartenden GV/VV-Beschlüsse. Auch der beurkundete Verschmelzungsvertrag wird nur wirksam, wenn die beteiligtem Rechtsträger ihm zustimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1). Gegenstand dieses Beschlusses ist der Verschmelzungsvertrag, die Versammlung kann jedoch auch den Entwurf billigen, der dann im Anschluss an die GV/VV beurkundet werden muss. Wird eine Genehmigung versagt, so bleibt auch der beurkundete Vertrag ohne jede Wirkung; kann aber unter Beachtung aller Formalien in einer späteren GV/VV erneut zur Diskussion gestellt und ggf. angenommen werden. Vgl. dazu Rdn. 3a.19 Wird der Verschmelzungsvertrag notariell beurkundet, bevor die entsprechenden GV/VV-Beschlüsse vorliegen, tritt nach h.M.20 bereits mit Unterzeichnung Bindungswirkung dahingehend ein, dass der Vorstand (insbesondere gegenüber der anderen eG) verpflichtet ist, die Beschlussfassung der GV/VV herbeizuführen. Führt der Vorstand nicht die Beschlussfassung der GV/VV herbei, ist zu unterscheiden: a) Der Aufsichtsrat der eigenen eG hat ggf. nach § 38 Abs. 2 GenG eine GV/VV einzuberufen; auch können die Mitglieder dieser eG nach § 45 GenG die Einberufung einer GV/VV erreichen. b) Gegenüber der anderen eG besteht zwar die Verpflichtung, einen GV/VV-Beschluss herbeizuführen, d.h., eine GV/VV einzuberufen. Dieser Anspruch der anderen eG ist jedoch nicht einklagbar, da der Verschmelzungsvertrag mangels GV/VV-Beschluss (noch) nicht wirksam ist, § 13 Abs. 1. Ein Erfüllungsanspruch auf Einberufung der Verschmelzungs-GV/VV und Beschlussfassung besteht nicht; Ansprüche aus culpa in contrahendo auf Schadensersatz können gegeben sein.21
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Abs. 1 enthält einen Katalog von Mindestangaben, um dem Informationsbedürfnis 9 der Anteilseigner/Mitglieder, aber auch der Arbeitnehmer Rechnung zu tragen. § 5 Abs. 1 Nr. 3 (Umtauschverhältnis der Geschäftsanteile) wird bei einer Verschmelzung durch Aufnahme durch § 80 ergänzt.22
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15 Schlarb S. 55. 16 Anders nach positiver Beschlussfassung der beteiligten eG, dazu unten; so auch Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 36 f. 17 Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 4; Schröer in Semler/Stengel § 4 UmwG Rdn. 4; Mayer in Widmann/ Mayer, § 4 UmwG Rdn. 21 ff. m.w.N. 18 Vgl. zur rechtstheoretischen Erfassung des Verschmelzungstatbestands und der Einordnung des Verschmelzungsvertrags Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 6–8. 19 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 4 UmwG Rdn. 20. 20 Lutter/Bayer § 80 UmwG Rdn. 35, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 4 UmwG Rdn. 21; Schöpflin in Kölner Kommentar zum UmwG, § 80 UmwG Rdn. 37. 21 So auch i.E. Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG, Rdn. 16; Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 35; Schöpflin in Kölner Kommentar zum UmwG, § 80 UmwG Rdn. 37; a.A. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 4 UmwG Rdn. 21: „Der Fusionspartner hat hierauf einen einklagbaren Anspruch“. 22 Vgl. dazu § 80 Rdn. 1 ff.
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Die Angabe von Name/Firma und Sitz (Abs. 1 Nr. 1) ist eine Selbstverständlichkeit. Der Verschmelzungsvertrag muss zusätzlich erkennen lassen, wer übernehmende eG und wer die übertragende bzw. die übertragenden eG ist/sind, bei der Verschmelzung einer eG durch Neugründung sind die übertragenden und der neu gegründete Rechtsträger anzugeben (§§ 96, 36 Abs. 1 Satz 2, 37). Es ist stets die Eintragung im GenR maßgeblich, z.B. auch bei einer übertragenden eG, die zuvor mit Firmenänderung verschmolzen hat, die Firmenänderung aber noch nicht eingetragen wurde (vgl. dazu auch § 7 Rdn. 1).23 Selbstverständlich ist auch die Kennzeichnung als Verschmelzungsvertrag und die ausdrückliche Erklärung der Vermögensübertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Einer Konkretisierung bedarf die Gewährung von Mitgliedschaften an der übernehmenden eG. Hier sollte auch der Erwerb der Mitgliedschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge betont werden. Im Übrigen ist anzugeben, mit wie vielen Geschäftsanteilen jedes Mitglied der übertragenden eG an der übernehmenden eG beteiligt ist (Abs. 1 Nr. 2) und welche Anzahl von Geschäftsanteilen höchstens erworben werden kann. Insbesondere wenn die Anzahl der Geschäftsanteile der übertragenden eG und/oder die Höhe stark nach oben abweicht, kann dies zu erheblichen Pflichtauszahlungen für die Mitglieder der übertragenden eG durch die übernehmende eG führen. Angaben nach Abs. 1 Nr. 3 werden bei der Verschmelzung von eG im Allgemeinen nicht vorkommen, da das Umtauschverhältnis nach § 87 im Verhältnis 1 : 1 erfolgt (s. zusätzlich Erl. zu § 80, insbesondere für den praktisch bedeutsamen Sonderfall, dass eine eG im Zusammenhang mit der Verschmelzung Rücklagen in Geschäftsguthaben umwandelt oder anlässlich der Verschmelzung an ihre Mitglieder eine besonders hohe Dividende ausschüttet, um einen Wertausgleich vorzunehmen). Nach Abs. 1 Nr. 4 sind die Einzelheiten hinsichtlich der Gewährung von Mitgliedschaften oder Anteilen (Nr. 2) anzugeben. Die konkrete Zahl der Anteile errechnet sich gemäß § 87 (vgl. die dortigen Erl.). Zusätzlich sollten die Höhe des Geschäftsanteils, die Höchstzahl der Geschäftsanteile, die Einzahlungspflichten, deren Erhöhung oder Herabsetzung sowie die Pflichtbeteiligung mit Geschäftsanteilen und deren Erhöhung oder Herabsetzung und eine etwaige Nachschusspflicht mit einer evtl. Erhöhung oder Herabsetzung erwähnt werden. Abs. 1 Nr. 5 ist genüge getan, wenn der Verschmelzungsvertrag eine Aussage darüber enthält, dass die Mitglieder der übertragenden eG einen Anspruch auf einen Anteil am Bilanzgewinn ab einem bestimmten Tag haben, soweit die GV/VV der übernehmenden eG einen Gewinnausschüttungsbeschluss fasst. In der Praxis hat sich als Zeitpunkt der Verschmelzungsstichtag (vgl. nächste Rdn.) bewährt. Im Hinblick auf schwebende Anfechtungsklagen könnte sich als Zeitpunkt der Gewinnberechtigung der Zeitpunkt der Eintragung empfehlen. Es kann aber auch ein späterer Beginn der Gewinnberechtigung festgelegt werden (z.B. Mitte des neuen Geschäftsjahres). Der nach Abs. 1 Nr. 6 anzugebende Verschmelzungsstichtag ist der auf den Stichtag der Schlussbilanz folgende Tag (oft der 1.1. eines Jahres). Zweckmäßigerweise sollte in diesem Zusammenhang zusätzlich der Tag angegeben werden, zu dem die Schlussbilanz aufgestellt worden ist. Die Schlussbilanz muss nicht notwendig mit der letzten Jahresbilanz identisch sein. Wenn sie auf einen anderen Stichtag gesondert aufgestellt wird, braucht sie nicht bekannt gemacht zu werden (§ 17 Abs. 2 Satz 3). Zusätzlich gibt die übertragende eG die Versicherung ab, dass in der Schlussbilanz alle Vermögensteile und
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OLG Hamm Urt. v. 19.12.2005, Az. 15W 377/05, OLGR 2006, 282 f.
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sämtliche Verbindlichkeiten richtig erfasst sind. Ergänzend geben beide eG die Versicherung ab, dass seit dem Zeitpunkt, für den die Schlussbilanz aufgestellt wurde, keine neuen über den ordentlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Verbindlichkeiten eingegangen wurden. Weiterhin verpflichten sie sich, solche (außergewöhnliche) Geschäfte bis zum Vermögensübergang nur vorzunehmen, wenn die andere eG vorher ihre Zustimmung erteilt. Umstritten ist, ob der Tag der Schlussbilanz und damit der Verschmelzungsstich- 16 tag nach den GV/VV-Beschlüssen liegen darf. Aus der besonderen Bedeutung, die die Regelungen der §§ 79–98 der Schlussbilanz einräumen, folge, dass der Verschmelzungsbeschluss nicht vor einem erst zukünftigen Verschmelzungsstichtag gefasst werden könne.24 Der Meinung Beuthien/Wolff, dass die Schlussbilanz bei Fassung des Verschmelzungsbeschlusses nicht vorliegen muss,25 ist zuzustimmen.26 Nach der Regelung des § 93d Abs. 3 GenG (a.F.) bestand insoweit Einigkeit,27 der Gesetzgeber wollte in § 17 Abs. 2 nur das Höchstalter der Schlussbilanz unter Beibehaltung der bisherigen genossenschaftsspezifischen Regelungen ändern.28 Aus der Schlussbilanz ergibt sich die Höhe der Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger (§ 87 Abs. 1, 3, § 80 Abs. 1), außerdem ist sie Grundlage für die Auseinandersetzung mit den ausschlagenden Mitgliedern, § 93 Abs. 1 Satz 2. Es mag sinnvoll sein, den Verschmelzungsbeschluss in Kenntnis aller Fakten und damit der Schlussbilanz zu treffen, hieraus folgt aber kein rechtlich zwingendes Schutzbedürfnis mit der Folge des Verbots einer Verschmelzung auf einen zukünftigen Stichtag. Die GV/VV trifft den Verschmelzungsbeschluss in Kenntnis etwaiger Unwägbarkeiten nach Anhörung des Verschmelzungsberichts, d.h. auf Basis aller verfügbaren Informationen und in Zusammenhang mit auf die Zeit bis zum Stichtag getroffener Veränderungssperren im Verschmelzungsvertrag. Die eG trifft damit autonom eine Entscheidung, ohne dass Gründe des Minderheiten- oder Gläubigerschutzes dem entgegenstehen.29 Auch überzeugt das Argument der h.M.,30 dass die Schlussbilanz erst in § 17 Abs. 2 als Anlage der Anmeldung und nicht bereits in § 5 als Inhalt oder Anlage des Verschmelzungsvertrags erwähnt wird und der Gesetzgeber die Regelungen des AktG a.F. und des UmwG 1969, wonach die Schlussbilanz der Versammlung beim Verschmelzungsbeschluss vorliegen musste, gerade nicht übernommen hat.31 Dieser eindeutige Regelungsort innerhalb des sorgfältig vorbereiteten UmwG wäre nicht gewählt worden, wenn die Schlussbilanz Gegenstand oder Anlage des Verschmelzungsvertrages oder -beschlusses hätte sein sollen. § 17 Abs. 2 Satz 4 regelt nur den – spätesten – Stichtag der Aufstellung der Schlussbilanz, nicht dagegen, wann sie dem Gericht vorgelegt werden muss. Die Anmeldung der Verschmelzung kann auch schon vor dem Stichtag der Schlussbilanz erfolgen, die Schlussbilanz ist dann ggfs. nach vorheriger Zwischenverfügung nachzu-
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24 Heidinger NotBZ, 1998, 223 ff.; ders. NotBZ 2002, 86 ff.; Lutter/Bayer § 80 Rdn. 26 ff. 25 Beuthien/Wolff Genossenschaftsverschmelzung auf einen künftigen Verschmelzungsstichtag, BB 2001, 2126 ff.; Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. V 1.1.2., S. 142. 26 So auch Bonow Zur Frage der Zulässigkeit der Schlussbilanz auf einen zukünftigen Stichtag, Rpfleger 2002, 507 ff. 27 Beuthien GenG § 93d Rdn. 3; Müller GenG § 93d Rdn. 6; Schlarb S. 55. 28 BT-Drs. 12/6699, 88. 29 Zur Genossenschaftsverschmelzung auf künftigen Stichtag: Beuthien/Wolff BB 2001, 2126 ff. 30 Bauer Genossenschafts-Handbuch, UmwG § 80 Rdn. 24, § 5 Rdn. 18; Beuthien UmwG §§ 2 ff. Rdn. 55a; Bonow Rechtspfleger 2002, 506 (507); Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 5 UmwG Rdn. 8; Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. V 1.1.2., S. 142; LG Kassel Urt. v. 20.4.2007, Az. 13 T 20/06, Rpfleger 2007, 668–669. 31 Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 55a.
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reichen.32 Auch die Gegenmeinung hält einen Verschmelzungsbeschluss ohne Vorlage der Schlussbilanz bei Einstimmigkeit für wirksam.33 § 16 Abs. 3 GenG fordert aber bei viel einschneidenderen Maßnahmen „nur“ eine 9/10-Mehrheit. Vom Prinzip der uneingeschränkten Transparenz34 wird nicht abgewichen, da über die Schlussbilanz der übertragenden eG noch zu einem späteren Zeitpunkt abgestimmt werden muss, und erst damit eine vollständige Beschlussfassung über die gesamte Verschmelzung vorliegt. Ergeben sich gravierende Abweichungen zu den den Verschmelzungsbeschlüssen zugrunde liegenden wirtschaftlichen Grunddaten (z.B. Veränderungen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gemäß Vorjahresabschluss bzw. Zwischenabschluss auf die der Vorstand nicht hingewiesen hat), geben Gesetz und Verschmelzungsvertrag der betroffenen eG die Möglichkeit, die Eintragung zu verhindern. Lutter/Bayer führt dieses Argument der h.M. zwar an,35 setzt sich mit der Tatsache, dass die (Verschmelzungs-)GV/VV der übertragenden eG die Schlußbilanz feststellen und genehmigen muss und Abweichungen einen Anspruch auf Nichtvollzug durch beide beteiligte eG begründen können, aber gerade nicht auseinander.36 Im Verschmelzungsvertrag wird zudem üblicherweise die Regelung aufgenommen, dass wesentliche Veränderungen nach dem letzten vorliegenden Bilanzstichtag gegenseitig offengelegt wurden und wesentliche Entscheidungen nach Beschlussfassung über die Verschmelzung gegenseitig abgestimmt werden müssen. 17 Grundsätzlich gewährt eine eG ihren Mitgliedern keine besonderen Rechte (Abs. 1 Nr. 7), es sei denn, es handelt sich um Schuldverschreibungen, Genussrechte, nachrangige Verbindlichkeiten oder stille Beteiligungen. Diese werden unverändert, soweit die übertragende eG sie gewährt hat, von der übernehmenden eG übernommen. Im Übrigen wäre Nr. 7 nur einschlägig, wenn anlässlich der Verschmelzung besondere Rechte gewährt werden.37 Besondere Vorteile bei Verschmelzungen 18
Die Verpflichtung, besondere Vorteile für Organmitglieder oder den Abschlussprüfer in den Verschmelzungsvertrag aufzunehmen (Abs. 1 Nr. 8), soll den Mitgliedern die ggf. daraus resultierenden Nachteile für die eG vor Augen führen. Bei der Beurteilung, was ein besonderer Vorteil ist, ist deshalb auch die Sicht der eG zu berücksichtigen. Hierbei ist eine Gesamtwürdigung durchzuführen. Die Vorteile sind nicht für sich allein zu betrachten, es sind ggf. auch die mit dem Ausscheiden verbundenen Nachteile des Organmitglieds angemessen zu berücksichtigen – allerdings nur, soweit diese auf der Rechtsbeziehung Organmitglied – eG resultieren. Nur wenn bei Saldierung ein besonderer Vorteil verbleibt, ist dieser im Verschmelzungsvertrag anzugeben. Für den Prüfungsverband besteht die Pflicht, zu prüfen, ob besondere Vorteile gewährt werden. Eine andere Frage ist es, ob der Beweis geführt werden kann, dass ein besonderer Vorteil im Ursachenzusammenhang mit der Verschmelzung gewährt wurde. Wird bei einer Verschmelzung entgegen Abs. 1 Ziff. 8 ein Sondervorteil nicht angegeben und nicht gem. § 6
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32 So überzeugend LG Kassel Urt. v. 20.4.2007, Az. 13 T 20/06, Rpfleger 2007, 668–669. 33 So nach wie vor Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 29 a.E. mit Verweis auf Fronhöfer in Widmann/Mayer § 80 UmwG Rdn. 66 f. 34 Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 29. 35 Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 28. 36 Vgl. ebenda Rdn. 29. 37 Zu weitgehend Lutter/Drygala § 5 UmwG Rdn. 76, der eine generelle Angabe derartiger Rechte verlangt, wie hier Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz UmwG § 5 Rdn. 39; Mayer in Widmann/Mayer UmwG § 5 Rdn. 168.
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beurkundet, führt dies zur Nichtigkeit wegen Formmangels (§ 125 BGB) mit der Folge, dass der Begünstigte die Leistung nicht verlangen kann.38 Einem Vorstandsmitglied der übertragenden eG wird zugesagt, bei der übernehmenden eG als Vorstandsmitglied übernommen zu werden. Dies stellt keinen besonderen Vorteil dar. Im Übrigen wird die Übernahme in den Verschmelzungsvertrag aufgenommen. Alle Vorstände der übernehmenden eG erhalten nunmehr aufgrund der höheren Bemessungsgrundlage (z.B. Bilanzsumme) ein höheres Gehalt und eine höhere Pensionszusage.39 Auch dieses ist keine Gewährung eines besonderen Vorteils. Die Ursache liegt nur mittelbar in der Verschmelzung, unmittelbar darin, dass eine höhere Bemessungsgrundlage erreicht worden ist. Mit dieser höheren Bemessungsgrundlage soll die gestiegene Verantwortung und das höhere betriebswirtschaftliche Gewicht des Unternehmens berücksichtigt werden. Im Vorfeld der Verschmelzung, aber aus Anlass der Verschmelzung, erhält ein Vorstandsmitglied der übertragenden eG erstmals eine Pensionszusage. Dies ist die Gewährung eines besonderen Vorteils. Es dürfte jedoch eine Frage des Nachweises sein, dass „aus Anlass“ der Verschmelzung diese Zusage gegeben wurde. Ein besonderer Vorteil in Gestalt einer Pensionszusage wäre andererseits dann nicht anzunehmen, wenn sie nicht „aus Anlass“ der Verschmelzung gegeben würde. Dies wäre dann der Fall, wenn üblicherweise in dieser Region Pensionszusagen auf einer Bemessungsgrundlage vergleichbarer Größenordnung den Vorstandsmitgliedern der eG gewährt werden, d.h., wenn die Pension auch ohne Fusion üblicherweise gewährt worden wäre. Zwischen einem Vorstandsmitglied der übertragenden oder übernehmenden eG wird eine Altersteilzeitvereinbarung geschlossen. Dies stellt nicht grundsätzlich einen besonderen Vorteil dar; es ist vielmehr im Einzelfall – vgl. nachfolgende Fallgruppen – zu prüfen, ob die gewählte Gestaltung bzw. der Zeitpunkt des Abschlusses für die Annahme eines besonderen Vorteils spricht. a) Liegt eine enge zeitliche Verzahnung mit der Verschmelzung vor, spricht dies grundsätzlich dafür, dass es einen Zusammenhang zwischen der Verschmelzung und dem Abschluss eines Altersteilzeitvertrags gibt. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn beispielsweise bereits im Vorfeld und ohne Vorliegen der Fusionsüberlegungen Gespräche stattgefunden haben, die den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages zum Gegenstand hatten. b) Entspricht der Abschluss eines Altersteilzeitvertrages der Üblichkeit im Hinblick auf hauptamtliche Vorstände, so spricht dies gegen einen besonderen Vorteil – jedenfalls, wenn die in der Vergangenheit üblichen Rahmenbedingungen eingehalten wurden. Soweit dies nicht der Fall sein sollte, spricht dies für einen Zusammenhang zwischen der Verschmelzung und dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages und mithin für einen besonderen Vorteil. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um einen lediglich zweiköpfigen Vorstand handelt, bei dem ohne Verschmelzung jedenfalls für die Passivzeit des Altersteilzeitvertrags ein weiteres hauptamtliches Vorstandsmitglied zu bestellen wäre. c) Selbst wenn nach den vorstehenden Ausführungen kein besonderer Vorteil vorliegen sollte, kann dieser dann anzunehmen sein, wenn die konkrete Ausgestaltung des Altersteilzeitvertrags, insbesondere die Dotierung im Hinblick auf Gehaltshöhe, Laufzeit
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38 LAG Nürnberg Urt. v. 26.2.2004, Az. 2 Sa 463/02, ZIP 2005, 398 f. zur Vereinbarung einer Vorruhestandspension (nachgehend BAG Urt. v. 15.11.2004, Az. 9 AZN 6787/04 sonstige Erledigung). 39 Zu Pensionszusagen an Vorstandsmitglieder generell § 24 Rdn. 106 ff.
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und sonstige Rahmenbedingungen mehr als nur unwesentlich zugunsten des betroffenen Vorstandsmitglieds von den im jeweiligen Hause üblichen Rahmenbedingungen für Altersteilzeitvereinbarungen von Vorstandsmitgliedern abweichen. d) Ein besonderer Vorteil dürfte insbesondere dann anzunehmen sein, wenn bereits während der Aktivzeit des Altersteilzeitvertrags eine Freistellung erfolgt, also ganz oder teilweise auf die Tätigkeit des betroffenen Vorstandsmitglieds verzichtet wird oder hierfür ungewöhnliche Rahmenbedingungen geschaffen werden (beispielsweise Tätigkeit nur auf Anforderung der eG). e) Unbeschadet des Vorstehenden ist ein besonderer Vorteil im Zusammenhang mit dem Abschluss von Altersteilzeitverträgen immer dann anzunehmen, wenn eine Vereinbarung getroffen wird, wonach das Vorstandsmitglied nach Beendigung des Altersteilzeitvertrags bzw. dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis Altersversorgungsansprüche gegen die eG zu einem früheren Zeitpunkt und/oder in einem höheren Umfang hat, als dies nach den vorher getroffenen Vereinbarungen der Fall wäre.40 Zwischen einem Vorstandsmitglied der übertragenden eG und dieser eG wird ein 21 Dienstaufhebungsvertrag mit Abfindung geschlossen. Wenn kein zeitlicher Zusammenhang mit der Verschmelzung besteht, ist hierin nicht die Gewährung eines besonderen Vorteils zu sehen. Ein zeitlicher Zusammenhang kann ein Indiz für die Gewährung eines besonderen Vorteils sein. Wird jedoch geregelt, dass der Aufhebungsvertrag gegenstandslos werden soll, wenn die Verschmelzung nicht zustande kommt, ist wegen dieser auflösenden Bedingung die im Aufhebungsvertrag vorgesehene Abfindung als besonderer Vorteil einzuordnen. Besteht ein zeitlicher Zusammenhang, wird der Aufhebungsvertrag zum Beispiel nach Aufnahme offizieller Fusionsverhandlungen geschlossen, besteht eine Angabepflicht nur, wenn ein unangemessenes Verhältnis zu den sonst bestehenden (vertraglichen) Ansprüchen gegeben ist. Wenn vom Alter und vom Umfang her die Abfindungsvereinbarung üblich ist, z.B. weil das Vorstandsmitglied nicht fusionsbedingt, sondern wegen Erreichens einer bestimmten Altersgrenze (z.B. Anfang 60) ausgeschieden wäre, entfällt die Angabepflicht. Bei einer Abfindungsvereinbarung mit einem z.B. 10 Jahre jüngeren Vorstandsmitglied wäre die Abfindung als fusionsbedingter besonderer Vorteil anzusehen. Gleiches gilt, wenn die Abfindungsvereinbarung Vorruhestandsbezüge in Höhe von 100% vorsieht.41 22 Das Vorstandsmitglied der übertragenden eG wird vorzeitig pensioniert und erhält eine Pension entsprechend dem Pensionsvertrag. Hier muss unterschieden werden: Hatte das Vorstandsmitglied bereits einen Anspruch darauf, vorzeitig auszuscheiden, handelt es sich nicht um einen besonderen Vorteil. Hatte es noch keinen Anspruch auf Ausscheiden, handelt es sich um einen besonderen Vorteil, da nunmehr die Pension gezahlt wird, ohne dass vorher ein Rechtsanspruch bestand. Es handelt sich um Zahlungen, denen keine Arbeitsleistung gegenübersteht. Das Vorstandsmitglied der übertragenden eG wird bei der übernehmenden eG nur 23 noch als Prokurist unter Besitzstandswahrung (Fortzahlung des bisherigen Gehalts) weiter beschäftigt. Folgende Fälle sind zu unterscheiden: – Wird das Vorstandsmitglied auf Dauer weiterbeschäftigt, weil es einen Anspruch auf Vertragserfüllung hat (insbesondere bei unkündbaren Dienstverträgen) handelt es sich nicht um die Gewährung eines besonderen Vorteils.
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Vgl. DGRV-Schriftenreihe Verschmelzung – Ausgliederung, Bd. 39, 3. Auflage 2010, S. 92 ff. LAG Nürnberg ZIP 2005, 398.
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Hätte dem Vorstandsmitglied gekündigt werden können, handelt es sich um einen besonderen Vorteil, da es weiter ein Vorstandsgehalt bezieht, obwohl es eine Tätigkeit mit weniger Verantwortung ausübt. Entscheidend ist, ob Gehalt und Tätigkeit einander entsprechen. Wird es unterhalb des Vorstands beschäftigt, bis die Qualifikation des Bankleiters erreicht ist, liegt keine Gewährung eines besonderen Vorteils vor.
Die im Zusammenhang mit der Verschmelzung gegebene Abfindung ist bei einem Vorstandsmitglied, dessen Dienstvertrag nur aus wichtigem Grund kündbar ist, geringer als die aufaddierte Gehaltssumme für die Restlaufzeit des Dienstvertrags. Wegen Verzichts auf die Arbeitsleistung und Zahlung „vor Fälligkeit“ liegt ein besonderer Vorteil vor. Es wird im Zusammenhang mit der Verschmelzung zwischen dem Vorstandsmitglied und der übertragenden eG vereinbart, dass das Vorstandsmitglied nur eine Abfindung in Höhe der bis zur nächstmöglichen Kündigung aufaddierten Gehaltssumme erhält. Auch dieses wird wegen Verzichts auf die Arbeitsleistung und Zahlung „vor Fälligkeit“ als besonderer Vorteil eingeordnet. Vorstehendes gilt entsprechend für Vereinbarungen zwischen Vorstandsmitgliedern der übernehmenden eG und der übernehmenden eG sowie für Vereinbarungen von Vorstandsmitgliedern der übertragenden eG mit der übernehmenden eG. Es müssen Name des Begünstigten sowie die Art des Vorteils angegeben werden. Fraglich ist, ob die Nennung einer konkreten Summe erforderlich ist. Es empfiehlt sich eine Umschreibung, z.B. „Gehaltsfortzahlung für … Jahr(e)“ oder „Abfindung in Höhe eines Jahresgehalts“ oder „das ausscheidende Vorstandsmitglied wird so gestellt, wie wenn der Vertrag ordentlich abgewickelt würde“ oder „das Vorstandsmitglied erhält eine Gehaltsfortzahlung bis zum Ausscheiden aufgrund einer ordentlichen Kündigung zum nächstmöglichen Termin.“ Zusätzlichen Fragen könnte durch einen Hinweis auf § 34 der Mustersatzung begegnet werden. Nach dieser Vorschrift darf die Auskunft verweigert werden, soweit es sich um arbeitsvertragliche Vereinbarungen mit Vorstandsmitgliedern oder Mitarbeiter der eG handelt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass wegen der verweigerten Angabe der konkreten Summe eine Anfechtungsklage erhoben wird. Ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 5 Abs.1 Nr. 8 hat gravierende Rechtsfolgen. Nach h.M.42 ist die vereinbarte Zusage (der besondere Vorteil) unwirksam, auch wenn der Rechtsträger ordnungsgemäß vertreten worden ist und stellt ein Eintragungshindernis dar.43 Auch der Prüfungsverband hat die Vollständigkeit der Angaben im Verschmelzungsvertrag zu prüfen und hierzu im Verschmelzungsgutachten Stellung zu nehmen. Fehlende Angaben werden im Verschmelzungsgutachten gerügt. Unter Umständen bestehen Schadenersatzansprüche des Rechtsträgers gegenüber dem Vertretungsorgan, insbesondere wenn die unwirksame Vereinbarung vollzogen wird oder die Verschmelzung aufgrund der fehlenden Angabe nicht im Register eingetragen wird. Ein Zustimmungsbeschluss, dem ein nicht ordnungsgemäßer Verschmelzungsvertrag zugrunde lag, ist mit Mängeln behaftet und daher anfechtbar; die Mängel können mit der Eintragung geheilt werden.44
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42 Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 82 m.w.N.; DGRV-Schriftenreihe Verschmelzung – Ausgliederung, Bd. 39, 3. Auflage 2010, S. 97. 43 Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 82. 44 Heilung durch Eintragung strittig: vgl. zum Streitstand Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 82.
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Darüber hinaus wird das Registergericht die Verschmelzung nicht eintragen, wenn ihm der Verstoß bekannt ist, da der ordnungsgemäße und inhaltlich vollständige Verschmelzungsvertrag eine im öffentlichen Interesse bestehende Voraussetzung der Eintragung ist.45 Zu den Sondervorteilen des Abs. 1 Nr. 8 an die dort genannten Personen zählen generell Vermögensrechte, Abfindungszahlungen, Tantiemen und überhöhte Vergütungen.46 Die Mitglieder sollen beurteilen können, in welchem Umfang die genannten Personen Vorteile durch die Verschmelzung erhalten und damit in ihrer Objektivität beeinträchtigt sein können. Übliche Honorare für das Prüfungsgutachten werden nicht offengelegt. Gleiches gilt für Vergütungen an nicht in Nr. 8 genannten Personen wie Berater und Sachverständige, zumal es sich um Gegenleistungen für erbrachte Tätigkeiten handelt.47 Ein Verstoß gegen die Offenlegung von Sondervorteilen führt zur Unwirksamkeit der Zusage, da diese Vorschrift dem Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter dient.48 Zur Erfüllung der Pflichtangaben über die Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer (Abs. 1 Nr. 9) gehört immer die Angabe, dass die übernehmende eG als Arbeitgeber im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Da die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen nach Sinn und Zweck der Vorschrift Klarheit über die Auswirkungen der Verschmelzung haben sollen, müssen auch Angaben zu den zukünftigen tarifvertraglichen Regelungen erfolgen.49 Sinnvollerweise werden die bislang und zukünftig geltenden Regelungen erwähnt.50 Sollten sich weitere Folgen (Nachteile, aber auch Vorteile!) für die Arbeitnehmer ergeben (z.B. Personalabbau, Versetzungen), sind diese ebenfalls anzugeben. Positiv hervorgehoben werden kann i.d.R., dass die Mitarbeiter durch die Verschmelzung verbesserte Ausbildungs- und Aufstiegschancen haben, evtl. in einer moderneren Betriebsstätte mit besseren Arbeitsbedingungen, negativ zu erwähnen sind z.B. längere Anfahrtswege bei Auflösung eines Standorts. Bei eG ohne Betriebsrat sollte der Hinweis darauf in den Vertrag aufgenommen werden. Im Übrigen gelten nach § 324 die Vorschriften des § 613a Abs. 1 und 4 bis 6 BGB. Damit werden die Arbeitnehmer sowohl durch den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge, als auch durch § 613a Abs. 1 und 4 bis 6 BGB geschützt.51 Dies hat insbesondere zur Folge, dass bei der Verschmelzung die aufnehmende eG in die von der verschmolzenen eG vereinbarten Firmentarifverträge als Tarifvertragspartei eintritt.52 § 613a Abs. 5 BGB sieht eine Unterrichtung der Arbeitnehmer in Textform vor. Zur Erfüllung der nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 UmwG erforderlichen Angaben ist es jedoch nicht ausreichend, in dem Verschmelzungsvertrag lediglich einen Verweis aufzunehmen, dass sich die Folgen der Verschmelzung nach den Vorschriften des UmwG sowie nach § 613a BGB richten.53
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45 So auch DGRV-Schriftenreihe Verschmelzungs–Ausgliederung, Bd. 39, 3. Auflage 2010, S. 97. 46 Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 80. 47 Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 80. 48 Goutier/Knopf/Tulloch UmwG § 3 Rdn. 64. 49 Zu weitgehend (auch Auswirkungen auf Betriebsvereinbarungen) Lutter/Drygala § 5 UmwG Rdn. 88 ff., 93–95. 50 Hjort Der notwendige Inhalt des Verschmelzungsvertrages aus arbeitsrechtlicher Sicht NJW 1999, 750 ff.; Pfaff Angaben zu den arbeitsrechtlichen Folgen einer Umwandlung sind auch bei fehlendem Betriebsrat erforderlich, BB 2002, 1604 ff. 51 Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 89 ff.; Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. VI.3. 52 BAG Urt. v. 4.7.2007, Az. 4 AZR 491/06, DB 2008, 533–536. 53 OLG Düsseldorf Urt. v. 15.5.1998, Az. 3 Wx 156/98.
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Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist zu den Folgen für die Arbeitnehmer Stellung zu nehmen; damit alle beabsichtigen unmittelbaren Änderungen erfasst werden, die sich aufgrund der Verschmelzung ergeben. Ergeben sich bei der übernehmenden eG keine Veränderungen, muss es ausreichen, dass lediglich die Veränderungen bei der übertragenden eG im Vertrag Erwähnung finden. Ein „Negativtestat“ ist vom Sinn und Zweck des § 5 Nr. 9 nicht gewollt, der von seinem Wortlaut eindeutig von „Folgen“ spricht.54 Liegt eine dem § 5 Nr. 9 genügende Aussage hinsichtlich der übertragenden eG vor, wird eine Aussage bezüglich des Betriebsrats bei der übernehmenden und übertragenden eG getroffen, so stellen alle zusätzlichen Negativatteste einen reinen Formalismus dar, der nicht gewollt sein kann. Hat ein Unternehmen eine Arbeitnehmervertretung, reicht der pauschale Hinweis, 32 dass der Betriebsrat der übertragenden eG mit Eintragung der Verschmelzung erlischt und der Betriebsrat der übernehmenden eG ab diesem Zeitpunkt bis auf weiteres die Rechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) auch für die Arbeitnehmer der übertragenden eG wahrnimmt, nicht aus, da die Vorschriften der §§ 21a und b BetrVG zu beachten sind, die gegenüber § 21 BetrVG vorrangig gelten. Dabei muss unterschieden werden,55 ob der Betrieb der übertragenden eG als Einheit bestehen bleibt (Betriebsrat bleibt im Amt) oder ob ein Verlust der Betriebsidentität (Stilllegung oder Eingliederung) erfolgt. Führt die Verschmelzung zu einer echten Eingliederung des Betriebs der übertragenden eG, so entsteht kein Übergangsmandat, da eine Eingliederung in einen bereits bestehenden Betrieb mit Betriebsrat erfolgt.56 Erfolgt eine Zusammenlegung in einen neuen gemeinsamen Betrieb – bei einem Verlust der Betriebsidentität –, entsteht ein Übergangsmandat (vgl. § 21a Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Hierzu sollten Ausführungen im Verschmelzungsvertrag erfolgen.57 Das Übergangsmandat ist ein vollwertiges Mandat, dessen Hauptaufgabe die Bestellung eines Wahlvorstands zur Durchführung der Betriebsratsneuwahl ist. Dem Betriebsrat der übertragenden eG steht daneben gemäß § 21b BetrVG ein Restmandat zu. Er bleibt so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der Mitbestimmungsund Mitwirkungsrechte erforderlich ist.58 Soweit auf betriebsorganisatorischer Ebene keine Änderungen vorgenommen werden und in beiden Betrieben ein Betriebsrat besteht, sollte darauf hingewiesen werden, dass die vorhandenen Betriebsräte weiter bestehen, solange die Betriebe der neuen eG nicht zusammengelegt werden. Nach § 5 Abs. 3 ist der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf spätestens 1 Monat 33 vor der GV/VV dem Betriebsrat dieser eG zuzuleiten. Die Nichtbeachtung dieser Frist (Registersperrfrist) löst eine Registersperre aus. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte diese Mitteilung dokumentiert werden (durch Quittung des Betriebsratsvorsitzenden). Denkbar ist auch die Vorlage des Übersendungsschreibens oder Dokumentation, welche Person dem Betriebsrat die schriftliche Information ausgehändigt hat. Auch kommt eine eidesstattliche Versicherung in Betracht. Zusätzlich muss nach § 111 Satz 1 BetrVG regelmäßig der Betriebsrat über die ge- 34 plante Betriebsänderung informiert werden (Rdn. 36). Diese nach dem BetrVG notwendige Information wird zeitlich früher liegen. Sie soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, seine Gesichtspunkte mit einzubringen, bevor der Verschmelzungsvertrag wirksam wird.
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Vgl. hierzu auch das Muster bei Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 119. Zu den Fallgruppen vgl. auch Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 97–101. Richardi BetrVerfG, § 21 Rdn. 10, 14; Fitting BetrVerfG, § 1 Rdn. 113, § 21a Rdn. 6, 14. Formulierungsbeispiele bei Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Anhang 4 S. 253. Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn VI. 2.
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Deshalb sollte diese Information möglichst frühzeitig erfolgen; die Rechtsprechung des BAG zu § 111 BetrVG verlangt eine Information zum frühestmöglichen Zeitpunkt.59 Nach dem Betriebsverfassungsgesetz60 steht dem Betriebsrat bei Verschmelzungen regelmäßig ein Mitwirkungsrecht (§§ 112, 112a BetrVG) zu. Maßnahmen nach dem UmwG führen aber nicht zwangsläufig zu Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG. Im Einzelnen gilt Folgendes: Die Verschmelzung von eG gehört zu den gem. §§ 112, 112a BetrVG mitbestimmungspflichtigen Betriebsänderungen, wenn sich die Änderungen auch auf Betriebsebene auswirken. Gemäß § 111 BetrVG hat die eG in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Die Schließung einer Zweigstelle in Zusammenhang mit der Fusion von eG wird regelmäßig den Sachverhalt der Einschränkung oder Stilllegung von wesentlichen Betriebsteilen (§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG) darstellen. Eine Betriebsänderung i.S.v. § 111 BetrVG liegt vor, wenn sie wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile von ihr zur Folge haben kann. In Betracht kommen Entlassungen, Versetzungen auf einen anderen Arbeitsplatz mit geringerem Entgelt oder an einen anderen Ort. Damit verbunden können sein längere Anfahrtswege, erhöhte Kosten für Fahrten zur Arbeitsstelle, Kosten für doppelte Haushaltsführung usw. Das Gesetz nennt in § 111 BetrVG nur Beispiele einer Betriebsänderung, ohne abschließend zu sein. Ein Mitbestimmungsrecht besteht nur in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Dies sind alle regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer inklusive Teilzeitbeschäftigte, auch Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt sind, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, mit Ausnahme der leitenden Angestellten und der Leitungsorgane. Ist eine Betriebsänderung geplant, kann der Betriebsrat Verhandlungen über einen Interessenausgleich (§ 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) und Sozialplan (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) fordern. Beim Interessenausgleich ist Verhandlungsgegenstand, wann und wie die Betriebsänderung durchgeführt wird. Der Sozialplan dagegen hat als Inhalt den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile durch die Änderung. Während der Interessenausgleich nur im gegenseitigen Einvernehmen zustande kommen kann, ist der Sozialplan erzwingbar. Dies folgt aus § 112 Abs. 4 BetrVG. Sowohl beim Sozialplan (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG), wie auch beim Interessenausgleich (§ 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) geht das Gesetz zunächst davon aus, dass Unternehmer und Betriebsrat sich über die geplante Betriebsänderung einigen und diese Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Unternehmer schriftlich niederlegen. Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung; der Interessenausgleich entfaltet hingegen keine unmittelbare und zwingende Wirkung für die einzelnen Arbeitnehmer.61 Kommt diese Einigung nicht zustande, so können beide Seiten den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen (§ 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Scheitert auch diese Vermittlung, so kann die Einigungsstelle angerufen werden. Sie besteht gemäß § 76 BetrVG aus einem unparteiischen Vorsitzenden, auf den sich Arbeitgeber
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59 BAG Urt. v. 14.9.1976, Az. 1 AZR 784/75, AP Nr. 2 zu § 113 BetrVG 1972. 60 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) i.d.F. v. 25.9.2001 (BGBl. I S. 2518), zul. geändert d. Art. 3 Abs. 4 d. G. v. 20.4.2013 (BGBl. I. S. 868). 61 ErfK/Kania § 112a Rdn. 9: „Kollektivrechtliche Vereinbarung besonderer Art“.
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und Betriebsrat einigen müssen, und aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden. Bei Nichteinigung über den Vorsitzenden oder über die Beisitzer entscheidet das örtlich zuständige Arbeitsgericht auf Antrag eines Beteiligten. Die Entscheidung der Einigungsstelle ist nicht verbindlich, soweit es sich um die unternehmerische Entscheidung der Fusion handelt. Sie kann beim Interessenausgleich auch nur auf eine gütliche Einigung hinwirken. Ist der Interessenausgleich zustande gekommen, und weicht die eG hiervon ohne zwingenden Grund ab, stehen den Arbeitnehmern die Rechte gem. § 113 Abs. 1 und 2 BetrVG zu (Nachteilsausgleich). Gleiches gilt, wenn die eG eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben und Arbeitnehmer infolge der Maßnahme entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden, § 113 Abs. 2 BetrVG. Die Einigungsstelle entscheidet hingegen in der Fallgruppe der erzwingbaren 41 Mitbestimmung,62 zu der auch die Aufstellung des Sozialplans gem. § 112 Abs. 4 BetrVG gehört, verbindlich über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Kosten des Verfahrens vor der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber (§ 76a BetrVG). Auch der endgültig aufgestellte Sozialplan hat gemäß § 112 Abs. 1 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Er gilt somit unmittelbar und zwingend für die von ihm erfassten Arbeitnehmer. Auf ihre Rechte aus dem Sozialplan können Arbeitnehmer nur mit Zustimmung des Betriebsrats verzichten. Im Sozialplan können z.B. auch zusätzlicher Urlaub, besondere Lohnzuschläge, verlängerte Kündigungsfristen usw. vereinbart werden. Der Betriebsrat kann also eine geplante Fusion nicht verhindern,63 durch Betriebs- 42 änderungen entstehende wirtschaftliche Nachteile werden aber letztendlich durch Spruch der Einigungsstelle ausgeglichen. Falls beide Betriebsräte nach vollzogener Fusion weiter bestehen bleiben, ist gemäß 43 § 47 BetrVG ein Gesamtbetriebsrat zu bilden, der für Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen betreffen, zuständig ist (vgl. §§ 47–53 BetrVG, zur Zuständigkeit insb. § 50). Dieser ist zuständig für Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch einzelne Betriebsräte innerhalb der Betriebe geregelt werden können (§ 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG), er ist insoweit unter Beachtung von § 4 BetrVG auch zuständig für Betriebe ohne Betriebsrat. Im Falle der Verschmelzung durch Neubildung gemäß § 96 gelten diese Gesichtspunkte entsprechend. Zusatzvereinbarungen In den Zusatzvereinbarungen kann alles geregelt werden, was nicht notwendiger 44 Inhalt des Verschmelzungsvertrags ist. Soweit der Inhalt der Zusatzvereinbarungen wesentlich, d.h. entscheidungserheblich ist, müssen die GV/VV über ihn beschließen.64 Auch sind sie notariell zu beurkunden (Erl. zu § 6). In diesem Fall sind sie ebenfalls dem Registergericht einzureichen. In ihnen könnte geregelt werden, obwohl die Aufnahme in den Vertrag zweckmäßiger ist:
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62 Vgl. dazu Schaub Arbeitsrechtshandbuch, § 232 Rdn. 4 u. 5. 63 Einzelheiten bei Schaub Arbeitsrechtshandbuch, § 232 „Einigungsstelle“. 64 Vgl. BGH Urt. v. 16.11.1981, Az. II ZR 150/80 = DB 1982, 421 ff. zum ähnlich gelagerten Problem der Vermögensübertragung nach § 361 Abs. 2 S. 1–4 AktG 1965.
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die Fortführung oder Aufhebung einzelner Unternehmensgegenstände (z.B. des Warengeschäfts), insbesondere Festlegung des Tages der Abgabe, Regelungen evtl. erforderlich werdender Beteiligungen die Fortführung oder Aufhebung einzelner Zweigstellen die Deckung eines bei der übertragenden eG ggf. vorhandenen Verlustes die Verwertung vorhandenen Grundbesitzes der übertragenden eG die Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat; ggf. die Schaffung und Zusammensetzung eines Beirats; die Geschäftsverteilung innerhalb des Vorstands vertragliche Beschränkungen der Verfügungsbefugnis des Vorstands der übertragenden eG bis zum Wirksamwerden der Verschmelzung können auch im Wege von Einzelvereinbarungen von den Vorständen geschlossen werden. Eine Beschlussfassung durch die GV/VV ist stets erforderlich, soweit der Kernbereich der eG berührt wird (§ 43 GenG Rdn. 10). Die in diesen Zusatzvereinbarungen enthaltenen Verpflichtungen können mittels einer Erfüllungsklage eingeklagt werden.
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Ist es nicht möglich oder nicht zweckmäßig, alle Einzelheiten vertraglich genau festzulegen, z.B. bei der Verschmelzung größerer eG, sollten neben dem Verschmelzungsvertrag Verschmelzungsgrundsätze schriftlich vereinbart werden. 46 Verschmelzungsverträge unter aufschiebender Bedingung oder Befristung sind uneingeschränkt zulässig; der Zeitpunkt oder das Ereignis muss jedoch vor der Eintragung der Verschmelzung liegen. So kann z.B. im Verschmelzungsvertrag ein späterer Termin vorgesehen werden; die Eintragung der Verschmelzung im Genossenschaftsregister ist erst mit Ablauf der Frist oder Eintritt der Bedingung zulässig.65 Die Anmeldung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit solange zurückgestellt werden. Allerdings ist (wegen der Frist für die Schlussbilanz; § 17 Abs. 2, § 80 Abs. 2) darauf zu achten, dass die Anmeldung nicht später als acht Monate nach dem Stichtag erfolgt, auf den die Schlussbilanz aufgestellt worden ist, auch hat die Genehmigung durch die GV/VV vor der Anmeldung zu erfolgen.66 Eine auflösende Befristung oder Bedingung ist nur wirksam, wenn der Auflösungstermin oder die auflösende Bedingung vor der Eintragung der Verschmelzung im Register der übertragenden eG eintritt, da diese durch Eintragung erlischt. Im Falle der Verschmelzung durch Neugründung ist weiterer notwendiger Inhalt 47 des Verschmelzungsvertrags die Satzung der neuen eG (§ 37). Die Satzung der neuen eG ist durch sämtliche Mitglieder des Vertretungsorgans jedes der übertragenden Rechtsträger aufzustellen und zu unterschreiben (§ 97 Abs. 1). Inhaltsmängel des Verschmelzungsvertrags, insbesondere das Fehlen notwendiger 48 Angaben oder falsche Angaben können nach §§ 134, 138 BGB zur Nichtigkeit führen. Sind die in § 5 Abs. 1 Nr. 1–3 aufgeführten Angaben nicht enthalten, ist der Vertrag nichtig, dies kann auch nicht durch Eintragung (§ 20) geheilt werden, da es bereits an den essentialia fehlt.67 Fehlen nur andere Gesichtspunkte, so ist der Vertrag zwar unvollständig und der darauf beruhende Beschluss fehlerhaft, er ist aber nur anfechtbar, mit der Eintragung kann daher Heilung erfolgen.68 Keinen Anfechtungsgrund stellen fehlende Angaben i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 dar, da diese nur berichtenden Charakter haben.69
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65 Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 14; Lutter/Drygala UmwG § 4 Rdn. 34. 66 Zum alten Recht OLG Frankfurt DB 1978, 1585, mit Anmerkung Dietrich ZfgG 1980, 274; mit Anm. Schaffland Genossenschaftsforum 9/1978, S. 36. 67 Lutter/Drygala UmwG 3 5 Rdn. 155. 68 Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 155 m.w.N., a.A. nur Angaben nach § 5 Nr. 1–3 seien erforderlich: Kraft in Kölner Kommentar zum AktG, § 352a AktG Rdn. 6. 69 Lutter/Drygala UmwG § 5 Rdn. 156.
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Zur Einklagbarkeit der in dem Verschmelzungsvertrag enthaltenen sonstigen Ver- 49 pflichtungen (Regelungen über den Ort der GV/VV; Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat; Bestellung hauptamtlicher Vorstandsmitglieder, Geschäftsleiter, Geschäftsführer, Bildung eines Beirats, Regelungen über Bezirksversammlungen, Regelungen über den Zeitpunkt der Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse) vgl. Rdn. 8 und Erl. zu § 13. Seit Inkrafttreten der Instituts-Vergütungsverordnung (InstitutsVergV) im Okto- 50 ber 2010, die die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von allen Kreditinstituten – also auch Kreditgenossenschaften – regelt, muss der Aufsichtsrat nach Wirksamwerden jeder Fusion (also nach Eintragung der Verschmelzung beim Registergericht der übernehmenden eG) prüfen, ob die Vergütung des einzelnen Vorstandsmitglieds der eG in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen in sowie zur Lage der fusionieren eG steht und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigt (§§ 5, 6 InstitutsVergV). Dies folgt daraus, dass sich auch ohne Gewährung besonderer Vorteile i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 8 nach einer Fusion die in dieser Verordnung genannten Parameter (z.B. wirtschaftliche Lage der fusionierten eG, veränderte Verantwortungsbereiche des einzelnen Vorstandsmitglieds) so ändern können, dass eine Angemessenheit nicht (mehr) gegeben ist. Im Verschmelzungsvertrag sind – bei unveränderter Vergütung – hierzu grundsätzlich keine gesonderten Ausführungen erforderlich; es handelt sich weder um Pflichtangaben nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 noch nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 (vgl. dazu auch § 24 GenG Rdn. 48 u. § 38 GenG Rdn. 41). Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 22 im Abschnitt 3 der SCE-VO (Gründung durch Verschmelzung Art. 19–34 mit 51 den Fallgruppen, durch Aufnahme oder Neugründung) entspricht weitgehend § 5 und regelt den Inhalt des Verschmelzungsplans bei der Zweiten Gründungsart, vgl. die Gegenüberstellung bei nachf. Rdn. 51. Die Leitungsorgane müssen die Verschmelzungsbedingungen in einem detaillierten Verschmelzungsplan niederlegen (Art. 22) und in einem Verschmelzungsbericht erläutern (Art. 23); dazu § 8 Rdn. 11; der Pflichtinhalt ergibt sich aus Art. 22 Absatz 1 Satz 2 Ziff. a) bis k). Art. 22 Abs. 2 regelt die Selbstverständlichkeit, dass die verschmelzenden Genossenschaften dem Plan weitere Punkte hinzufügen können. gewünschte LZ Bei den Pflichtangaben im Verschmelzungsplan entsprechen von elf Ziffern a) bis k) 51a des Art. 22 acht der Nr. 1–9 in § 5 Abs. 1 Satz 1. Auf die obigen Ausführungen zu § 5 wird verwiesen: gewünschte LZ Ziff. a) Firma und Sitz Nr. 1 Name oder Firma und Sitz Ziff. b) Umtauschverhältnis/bare Nr. 3 Umtauschverhältnis/bare ZuzahZuzahlungen lungen/Angaben über die Mitgliedschaft Ziff. c) Einzelh. zur Anteilsübertragung Nr. 4 Anteilsübertragung/Mitgliedschaftserwerb Ziff. d) Zeitpunkt des Rechts am ÜberNr. 5 Zeitpunkt der Gewinnbeteiligung schuss(beteiligung) Ziff. e) Zeitpunkt des Handelns für Nr. 6 Verschmelzungsstichtag Rechnung
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Ziff. f) Besonderheiten oder Vorteile Nr. 7 von Schuldverschreibungen und Wertpapieren Ziff. i) Vergünstigungen Nr. 8 Nr. 9 Ziff. k) Arbeitnehmerbeteiligung, in Deutschland gemäß SCEBG70 52
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Gewährung von Sonderrechten
Gewährung von Sondervorteilen Folgen für die Arbeitnehmer und deren Vertretungen
Die Angabe gem. § 5 Nr. 2 (Übertragung des Vermögens als Ganzes gegen …) ist zu beachten (vgl. Art. 33 Abs. 1a). Art. 22 Abs. 1 j) bestimmt, dass der Verschmelzungsplan zusätzlich die Satzung der SCE enthalten muss. Dies erklärt sich daraus, dass es beim Rechtsformwechsel in eine SCE auch immer einer neuen Satzung bedarf, in der die Besonderheiten der SCE geregelt werden.71 Ziff. h) verlangt Angaben zum Schutz der Gläubiger der beteiligten eG (vgl. § 9 SCEAG), dazu § 22 Rdn. 7. Aus dem in Art. 25 Abs. 1 verankerten Informations- und Einsichtsrecht der Mitglieder/Gesellschafter folgt, dass der Verschmelzungsplan nebst Satzung der SCE – weitergehend als § 63 Abs. 1 (ab Einladung) – mindestens 1 Monat vor der beschließenden GV/VV schriftlich vorliegen muss. Jedes Mitglied kann kostenlos eine vollständige Ausfertigung (Kopie) der in Art. 25 Abs. 1 aufgeführten Dokumente verlangen. Bereits im Vorfeld erfolgt – über das deutsche UmwG hinausgehend – eine Bekanntmachung des Verschmelzungsplans gemäß Art. 24; die Vorschrift dient dem vorbeugenden Schutz der Mitglieder und Gläubiger der beteiligten Genossenschaften.72 Zur notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans s. u. § 6 Rdn. 7. Die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer setzen früher ein und sind nach der SCEVO deutlich stärker als in § 5 Abs. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 9. Art. 22 Abs. 1k) verlangt bereits im Verschmelzungsplan Angaben zur Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer. Art. 27 Abs. 2 Satz 1 verweist hierzu auf die aufgrund der Beteiligungsrichtlinie zu erlassenden nationalen Ausführungsvorschriften, in Deutschland das SCEBG.73 Das SCEBG gilt zwar nach § 3 SCEBG nur für eine SCE mit Sitz im Inland, § 4 SCEBG verlegt aber den Zeitpunkt der Anwendbarkeit des Gesetzes im Falle einer Umwandlung vor. Bereits die bloße Planung der Umwandlung einer eG in eine SCE hat zur Folge, dass der Vorstand den Betriebsrat, mangels Betriebsrat alle Arbeitnehmer, zu informieren hat. Der Umfang der erforderlichen Informationen ergibt sich aus § 4 Abs. 2 SCEBG. Es wird zwar darauf verzichtet, für die notwendige Information genau definierte Fristen oder Formvorschriften festzulegen, die Information muss aber unaufgefordert und unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern nach Offenlegung des Verschmelzungsplans oder nach Erstellung der SCE-Satzung oder des Umwandlungsplans erfolgen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 SCEBG) und sollte schon zur Beweissicherung schriftlich vorgenommen werden. Auf schriftliches Verlangen des Vorstands ist ein besonderes Verhandlungsgremium zu bilden (§ 5 Abs. 1 SCEBG).
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70 Umsetzung der RiLi 2003/72/EG in Deutschland: G über die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einer Europäischen Genossenschaft (SCE-Beteiligungsgesetz – SCEBG), BGBl. 2006, S. 1917 ff., in Kraft getr. m.W.z. 18.8.2006. 71 Beuthien GenG SCE Art. 22 Rdn. 2. 72 Beuthien GenG SCE Art. 24 Rdn. 1. 73 Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einer Europäischen Genossenschaft (SCE-Beteiligungsgesetz – SCEBG), v. 14.8.2006, BGBl. I S. 1911, 1917.
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Form des Verschmelzungsvertrags | § 6 UmwG
Erst danach greifen die umfassenden Vorschriften des SCEBG zur Bildung und Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums, zum Wahlgremium und zum eigentlichen Verhandlungsverfahren (Teil 2 Kapitel 1 bis 3: §§ 5 bis 20 SCEBG). In diesem Verfahren werden die Arbeitnehmer durch das von ihnen zu wählende besondere Verhandlungsgremium vertreten. Das Verhandlungsverfahren ist genau einzuhalten, da es Voraussetzung für die Eintragung der SCE ist (Art. 11 Abs. 2) und im Verschmelzungskontrollverfahren geprüft wird. Einzelheiten zur Bildung und Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums regeln §§ 4 bis 7 SCEBG, das Wahlgremium ist in §§ 8 bis 10 geregelt. Im Kapitel 3 (Verhandlungsverfahren, §§ 11 bis 20 SCEBG) ist das eigentliche Verfahren über die gem. § 13 Abs. 1 SCEBG zu schließende schriftlichen Vereinbarung zwischen der eG und dem Verhandlungsgremium geregelt. Auch nach Abschluss der Vereinbarung treffen die Leitungsorgane noch Informationspflichten (§ 13 Abs. 2 Satz 2 SCEBG). Führen die Verhandlungen innerhalb von 6 Monaten zu keiner Vereinbarung, enden diese, können jedoch nach § 20 Abs. 2 SCEBG einvernehmlich auf die Dauer eines Jahres ausgedehnt werden. Für die dritte Gründungsart (Umwandlung einer eG in eine SCE gem. Art. 35), wird 57 auf die ausführliche Kommentierung bei §§ 190–191 verwiesen. Art. 35 Abs. 4 bestimmt, dass ein Umwandlungsplan aufzustellen ist, der mindestens einen Monat vor der Generalversammlung, die darüber beschließt, nach den Rechtsvorschriften im jeweiligen Mitgliedstaat bekannt zu machen ist (zur Bekanntmachung vgl. § 19 Rdn. 9 und 10).
§6 Form des Verschmelzungsvertrags § 6 UmwG Form des Verschmelzungsvertrags Der Verschmelzungsvertrag muss notariell beurkundet werden. Bis zum Inkrafttreten des UmwG war die Mitwirkung des Notars im genossenschaft- 1 lichen Bereich im Regelfall lediglich bei Anmeldungen zum Genossenschaftsregister vorgesehen, soweit die Unterschriften der anmeldenden Vorstände notariell beglaubigt werden mussten. § 6 sieht seit 1.1.1995 vor, dass der Verschmelzungsvertrag notariell beurkundet werden muss. Für die Praxis heißt dies, dass mit dem Notar ein Termin für den vorgesehenen Termin der Unterschriftsleistung vereinbart werden muss, beide an der Verschmelzung beteiligten eG die neuesten Auszüge des Genossenschaftsregisters in öffentlich beglaubigter Form vorliegen haben, die Vorstände in mindestens vertretungsberechtiger Anzahl anwesend sind und sich legitimieren können. Sog. Sukzessivbeurkundungen (erst Beurkundung des Antrags, später der Annahme) sind zulässig; auch wenn – wie regelmäßig – Grundstücke übertragen werden; § 925 BGB (gleichzeitige Anwesenheitspflicht) gilt nicht, da keine Einzelverfügung beurkundet wird sondern die Verfügung über das Grundstück im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt.1 Zu beachten ist, dass der Notar nach § 10a BNotO nur in seinem Amtsbereich (i.d.R. Bezirk des Amtsgerichts des Notariats) tätig werden soll, sofern nicht ausnahmsweise besondere berechtigte Interessen der Beteiligten anderes gebieten (§ 10a Abs. 2 BNotO); diese Ausnahmeregelung ist eng auszulegen und wird regelmäßig nicht greifen. Oft müssen daher wegen der räumlichen Entfernung für die Beurkundung der Verschmel-
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Lutter/Drygala UmwG § 6 Rdn. 6.
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§ 6 UmwG | Umwandlungsgesetz
zungsbeschlüsse und die Beurkundung des Vertrags mehrere Notare eingebunden werden. Da gem. § 13 BeurkG die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vor2 gelesen wird und den Notar gem. §§ 17 ff. BeurkG auch Prüfungs- und Belehrungspflichten treffen, ist zu empfehlen, dem Notar bereits vorab den Verschmelzungsvertrag zukommen zu lassen, damit es bei der Unterzeichnung nicht zu unerwarteten Verzögerungen kommt. Auch Zusatzvereinbarungen bedürfen der notariellen Beurkundung. Deshalb soll3 ten sie im Zweifel nicht mehr geschlossen werden, es sei denn, sie enthalten lediglich Ausführungsregelungen (z.B. Zusammenschlussvereinbarung, sog. Business Combination Agreement) ohne materiell-rechtlichen Inhalt, z.B. Festlegung des Orts der GV/ VV. Zusammenschlussvereinbarungen dürfen keinesfalls die Leitungsmacht des Vorstands unangemessen begrenzen.2 Eine Beurkundung des Verschmelzungsvertrags im Ausland ist bei Gleichwertigkeit 4 zulässig.3 Eine Beurkundung in der Schweiz ist regelmäßig gleichwertig.4 Gleiches dürfte für Beurkundungen in Österreich gelten.5 Siehe dazu Rdn. 5 und 5a. Kosten für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags 5
Durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz traten mit Wirkung zum 1.8.2013 weitreichende Änderungen ein. Seither sind die Notarkosten und Kosten in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in einem einheitlichen Gesetz, dem Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare, Gerichts- und Notarkostengesetz – GNotKG,6 geregelt. Das GNotKG regelt die gesamte Amtstätigkeit der Notare also auch Beurkundungen von Verschmelzungsverträgen, Umwandlungsplänen, GV/VVBeschlüssen etc.; nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 GNotKG sind Angelegenheiten i.S.d. Gesetzes u.a. auch Verfahren der gerichtlichen Bestellung des Verschmelzungsprüfers nach § 10. Für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrags fällt jetzt eine 20/10-Gebühr an, § 97 Abs. 1, 3 GNotKG. Gemäß § 107 Abs. 1 Satz 1 beträgt der Geschäftswert (u.a.) bei der Verschmelzung nach dem UmwG mind. € 30.000, höchstens € 10 Mio. (bis 31.7.2013: € 5 Mio.). Infolge dessen beträgt die Beurkundungsgebühr jetzt maximal € 22.770,–; bisher waren dies € 15.144,– (jeweils zzgl. Kosten u. USt.). Maßgeblich für den Geschäftswert ist der (addierte) Wert des Aktivvermögens der übertragenden eG (aller übertragenden Rechtsträger) ohne Abzug von Verbindlichkeiten, § 38 Abs. 1 Satz 1 GNotKG. Steht der Übertragung aller Vermögensaktiva einer eG (oder GmbH) – z.B. bei der Verschmelzung einer 100%igen Tochtergesellschaft – keine Gegenleistung gegenüber, so ist das Aktivvermögen des übertragenden Rechtsträgers laut Schlussbilanz maßgeblich.7 Die Beurkundungskosten für den jeweiligen Geschäftswert können dem Anhang zum UmwG Teil B. Gebührentabelle (rechte Spalte Gebühr Tabelle B.) entnommen werden.
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2 Vgl. LG München I Urt. v. 5.4.2012, Az. 5 HK O 20488, NZG 2012, 1152. 3 Hierzu ausführlich: Bauer Genossenschafts-Handbuch § 6 Rdn. 8–9 m.w.N.; LG Köln DB 1989, 2014; Lutter/Drygala UmwG § 6 Rdn. 8 ff. zum Streitstand der Zulässigkeit. 4 BGHZ 80, 76; BGH ZIP 1989, 1051; OLG Frankfurt DB 1981, 1456; LG Köln DB 1989, 2014. 5 Schaffland DB 1997, 863. 6 GNotKG v. 23.7.2013, BGBl. I S. 2586, zuletzt geändert durch Art. 13 des G. v. 29.6.2015, BGBl. I S. 1042. 7 Lutter/Drygala UmwG § 2 Rdn. 49 m.w.N.; OLG Karlsruhe v. 30.1.2001, Az. 11 Wx 59/00, Rpfleger 2001, 321; LG München v. 4.9.1996, Az. 13 T 2102/96, JurBüro 1997, 286.
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Form des Verschmelzungsvertrags | § 6 UmwG
Beispiele: 1. Bei € 3 Mio. Bilanzsumme/addiertes Aktivvermögen: 10/ -Gebühr gem. Tabelle zu § 34 Abs. 3 GNotKG: € 4.935,– 10 20/ Gebühr € 9.870,– 10 Netto zzgl. Auslagen. 2. Bei € 5 Mio. Bilanzsumme/addiertes Aktivvermögen: gem. Tabelle zu § 34 Abs. 3 GNotKG: € 4.935,– Von 3 bis 5 Mio. erhöht sich der Betrag je angefang. 50 TEUR des addierten Aktivvermögens um € 80,– = € 3.200,– Summe € 8.135,– 20/ -Gebühr € 16.270,– 10 Netto zzgl. Auslagen. 10/ -Gebühr 10
3. Bei € 10 Mio. Bilanzsumme/addiertes Aktivermögen: f. € 5 Mio. Aktivverm. gem Bsp. 2. € 8.135,– Von 5 bis 10 Mio. erhöht sich der Betrag je angefang. 200 TEUR des add. Aktivvermögens um € 200,– € 3.250,– Summe € 11.385,– 20/ -Gebühr € 22.770,– 10 Netto zzgl. Auslagen (= oben genannte Höchstgebühr). 10/ -Gebühr 10
Kosten für die Beurkundung der Verschmelzungsbeschlüsse in der GV/VV Die Erhöhung der Gebühren für die Beurkundung der Verschmelzungsbeschlüsse 5a in der GV/VV fallen mit über 300% noch deutlich höher aus. Auch hier fällt jeweils eine doppelte Gebühr (20/10) an, § 3 Abs. 2 GNotKG i.V.m. Anlage 1 Nr. 21100 KV. Der Geschäftswert entspricht dem bei der Beurkundung des Vertrages, s.o. Werden die Zustimmungsbeschlüsse aller beteiligten Rechtsträger in einer Urkunde zusammengefasst (zwei GV/VV direkt hintereinander mit Unterbrechung theoretisch denkbar), fällt die Gebühr nur einmal an; §§ 94 Abs. 2, 109 Abs. 2 Nr. 4g GNotKG i.V.m. Anlage 1 Nr. 21100 KV. Die vormals in der KostO geltende Höchstgebühr von € 5.000,– für gesellschaftsrechtliche Beschlüsse wurde gestrichen. Das neue Gesetz enthält allein eine Geschäftswertbegrenzung auf € 5 Mio., vgl. § 108 Abs. 5 GNotKG. Entsprechend dem zweiten Beispiel unter Rdn. 5a sind dies je Beschluss nunmehr maximal (bei € 5 Mio. Bilanzsumme) € 16.270,– netto zuzüglich Auslagen etc. Hier ist der Gesetzgeber im Interesse einer angemessenen Kostenbelastung aufgefordert, die alten Kostendeckungswerte – ggfs. mit einer moderaten Anpassung für den Inflationsausgleich – einzuführen. Andernfalls wird es aus Kostengründen zu Beurkundungen im Ausland kommen.8 Europäische Genossenschaft (SCE) Der Verschmelzungsplan leitet die Verschmelzung ein (1. Verfahrensabschnitt). Er 6 ist – dies folgt aus Art. 25 Abs. 1a) – jedenfalls schriftlich abzufassen (zum Vertragsinhalt
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8 Vgl. hierzu Lutter/Drygala UmwG § 6 Rdn. 8–14 zu den Möglichkeiten und zum Streitstand zur Wirksamkeit.
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vgl. oben § 5 Rdn. 50 ff.). Teilweise wird der Verschmelzungsplan als „draft“ mit dem Verschmelzungsvertragsentwurf verglichen,9 eine notarielle Beurkundung sei nicht vorgesehen, da der Plan mit dessen Billigung durch die GV/VV-Beschlüsse wirksam werde, diese Beschlussfassung bedürfe allerdings der notariellen Beurkundung gem. § 13 Abs. 3 Satz 1.10 Diese Ansicht überzeugt nicht. Art. 20 letzter Halbs. – als speziellere Vorschrift zu Art. 17 Abs. 1 verweist in Ermangelung von speziellen Regelungen in der SCE-VO auf das nationale Recht und damit auf die Regelungen im UmwG. Damit ist eine Beurkundung spätestens nach der Beschlussfassung in den GV/VV vorzunehmen. Im Übrigen ergäbe sich dies, wenn man dem nicht folgte, aus Art. 22 Abs. 3. Dieser verweist auf eine entsprechende Anwendung der nationalen aktienrechtlichen Vorschriften, u.a. auf § 6; daher ist eine Beurkundung erforderlich (zur Verweisungssystematik vgl. oben § 2 Rdn. 22 f.). Denn Art. 22 stellt keine abschließende Regelung dar, insbesondere folgt nicht aus dem Wortlaut „Plan“, dass grundsätzliche keine Beurkundung des Vertrags erfolgen soll; Sinn und Zweck der SCE-VO ist es vielmehr – wie aus Art. 28 Abs. 1 ersichtlich – eine größtmögliche Rechtssicherheit im Interesse der zu schützenden Gläubiger und Mitglieder herzustellen.11 Der Verschmelzungsplan muss den beschließenden GV/VV daher als Entwurf oder als bereits beurkundeter Vertrag zur Billigung vorgelegt werden. Spätestens bei der Anmeldung der SCE und dem zweistufigen Verschmelzungskontrollverfahren (Art. 28 u. 29) muss er beurkundet vorliegen. § 5 SCEAG bestimmt, dass die in Art. 24 aufgeführten Mindestangaben zur Bekanntmachung des Verschmelzungsplans dem Genossenschaftsregister bei Einreichung des Plans mitzuteilen sind. Das Gericht hat diese zusammen mit dem nach § 61 Satz 1 vorgeschriebenen Hinweis bekannt zu machen. Die Bekanntmachung des Plans nach Art. 24 Abs. 1 ist eine Mitglieder-, Anlegerund Gläubigerschutzvorschrift. Weitergehend als im UmwG wird bereits der Verschmelzungsplan (Vertrag oder Entwurf) vor der Beschlussfassung bei Gericht eingereicht und spätestens einen Monat vor der beschließenden GV/VV öffentlich bekannt gemacht.12 Die Vorschrift entspricht der Parallelregelung des § 5 SE-AG.13 Die Pflichtangaben nach Art. 24 Abs. 2 betreffen Rechtsform, Firma und Sitz sowie die Register-Nummern der beteiligten eG oder den Hinterlegungsort der Verschmelzungsunterlagen, die neue Firma und den künftigen Sitz der SCE, Modalitäten für die Ausübung von Gläubiger- und Mitgliederrechten sowie Bedingungen der Wirksamkeit der Verschmelzung (Zeitpunkt);es muss angegeben werden, wo die Satzung der SCE und die anderen Urkunden (vgl. die Informationsrechte in Art. 25) eingesehen werden können. Bei einer Umwandlung einer bestehenden eG in eine SCE gem. Art. 35 gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend (vgl. dazu auch § 1 Rdn. 8); auf die ausführliche Kommentierung bei §§ 190, 191 wird verwiesen. §§ 190 ff. UmwG sehen jedoch keine Beurkundung eines Umwandlungsplans (fehlt dort) sondern nur eine Beurkundung des Umwandlungsbeschlusses vor (§ 193 Abs. 3 Satz 1 UmwG). Wie bei der formwechselnden Umwandlung einer AktG in eine SE gelten hier die § 193 ff. entsprechend. Da Art. 35
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9 Beuthien GenG SCE Art. 22 Rdn. 1 u. Rdn. 2 a.E. „… schriftlich … Eine darüber hinausgehende Form wie in § 6 UmwG ist nicht vorgeschrieben.“ 10 Beuthien GenG SCE Art. 27 Rdn. 1. 11 Vgl. zur SE die zutreffende Begründung bei Lutter/Drygala UmwG § 6 Rdn. 15. 12 Beuthien GenG SCE Art 24 Rdn. 1. 13 Amtl. Begründung BT-Drs. 16/1025 v. 3.3.2006, zu § 5 SCEAG, S. 54.
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keine Beurkundungspflicht des Umwandlungsplan vorschreibt ist kein Grund ersichtlich, den Entwurf des Umwandlungsplans, dem die Generalversammlung (neben der Satzung) nach Art. 35 Abs. 6 zustimmen muss, strengeren Vorschriften zu unterstellen, als einen formwechselnden Beschluss nach §§ 193;14 zu Einzelheiten und zum Steitstand bei der SE vgl. § 191 SCE „Beurkundung des Verschmelzungsplans“. Bei dem Sonderfall einer Umwandlung einer eG mit rechtlich selbständiger Tochter zur SCE (s.o. § 1 Rdn. 9) ist ebenfalls nur eine Beurkundung des Verschmelzungsbeschlusses erforderlich.
§7 Kündigung des Verschmelzungsvertrags Ist der Verschmelzungsvertrag unter einer Bedingung geschlossen worden und ist diese binnen fünf Jahren nach Abschluss des Vertrags nicht eingetreten, so kann jeder Teil den Vertrag nach fünf Jahren mit halbjähriger Frist kündigen; im Verschmelzungsvertrag kann eine kürzere Zeit als fünf Jahre vereinbart werden. Die Kündigung kann stets nur für den Schluss des Geschäftsjahres des Rechtsträgers, demgegenüber sie erklärt wird, ausgesprochen werden. § 7 regelt den Fall, dass einer oder beide beteiligten Rechtsträger zum gegenwärtigen 1 Zeitpunkt Bedenken (z.B. wegen der gegenwärtigen Vermögenslage des anderen Rechtsträgers) gegen die Verschmelzung haben. Weitere typische Bedingungen sind im Zeitpunkt der Beschlussfassung fehlende Genehmigungen, z.B. der Kartellbehörde. Zulässige aufschiebende Bedingung ist auch, dass ein früherer Verschmelzungsvertrag, an dem eine übertragende eG als aufnehmende eG beteiligt war, durch Eintragung vorher wirksam wird (zur Bezeichnung dieser eG im Vertrag s. § 5 Rdn. 10).1 In der Praxis sind langfristige Fristen für Bedingungseintritte nicht empfehlenswert, da sich mit Zeitablauf die wirtschaftlichen Verhältnisse ändern und Zwischen- oder sogar Schlussbilanzen erforderlich werden können. Die Bedingung muss im Verschmelzungsvertrag vereinbart werden. Die Kündigungsfrist beginnt nicht erst mit der Bindungswirkung des Verschmelzungsvertrags durch Beschlussfassung, sondern bereits mit dem wirksamen Abschluss.2 Neben dem gesetzlichen Kündigungsrecht des § 7 können im Verschmelzungsver- 2 trag weitere Kündigungsgründe vereinbart werden. Auch gilt § 280 BGB sowie der Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB). Eine Anfechtungsklage §§ 119, 123 BGB ist möglich. Wegen einer Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss siehe Erl. zu 3 §§ 14, 28 bzw. 32; wegen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen siehe Erl. zu § 26.
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14 So auch für die Societas Europeae – SE (europ. Akiengesellschaft) Van Hulle/Maul/Drinhausen Handbuch zur Europäischen Gesellschaft (SE) 4. Abschn. § 5 Rdn. 19, S. 110; für die SCE Beuthien GenG SCE: unkommentiert in Art. 35 Rdn. 3 u. 5 für den Umwandlungsplan, aber bereits der Verschmelzungsplan einer SCE soll nicht unter die Formvorschrift des § 6 UmwG fallen, Art. 23 Rdn. 2 a.E. 1 2
OLG Hamm Beschl. v. 19.12.2005, Az. 15 W 377/05, OLGR Hamm 2006, 282–285. So auch Lutter/Drygala UmwG § 7 Rdn. 5 m.w.N.
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Eine Kündigung des Verschmelzungsplans sieht die SCE-VO nicht vor; Art. 20 verweist ergänzend auf das jeweilige nationale Recht, also auch § 7 UmwG und Art. 22 Abs. 2 bestimmt, dass die sich verschmelzenden eG dem Verschmelzungsplan weitere Punkte hinzufügen können, also auch Regelungen entsprechend § 7 UmwG. Zulässig sind darüber hinaus auch andere schuldrechtliche Abreden.3
§8 Verschmelzungsbericht § 8 UmwG Verschmelzungsbericht (1) Die Vertretungsorgane jedes der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger haben einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem die Verschmelzung, der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf im Einzelnen und insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile oder die Angaben über die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger sowie die Höhe einer anzubietenden Barabfindung rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden (Verschmelzungsbericht); der Bericht kann von den Vertretungsorganen auch gemeinsam erstattet werden. Auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung der Rechtsträger sowie auf die Folgen für die Beteiligung der Anteilsinhaber ist hinzuweisen. Ist ein an der Verschmelzung beteiligter Rechtsträger ein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes, so sind in dem Bericht auch Angaben über alle für die Verschmelzung wesentlichen Angelegenheiten der anderen verbundenen Unternehmen zu machen. Auskunftspflichten der Vertretungsorgane erstrecken sich auch auf diese Angelegenheiten. (2) In den Bericht brauchen Tatsachen nicht aufgenommen zu werden, deren Bekanntwerden geeignet ist, einem der beteiligten Rechtsträger oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen. In diesem Falle sind in dem Bericht die Gründe, aus denen die Tatsachen nicht aufgenommen worden sind, darzulegen. (3) Der Bericht ist nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf seine Erstattung verzichten oder sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden. Die Verzichtserklärungen sind notariell zu beurkunden. 1
Der Verschmelzungsbericht dient der Erfüllung des Informationsbedürfnisses der Mitglieder. Auch ist er mittelbare Grundlage für die Durchführung der Verschmelzungsprüfung. 2 Normadressat ist der Vorstand. Der Bericht muss jeweils von allen Vorstandsmitgliedern unterzeichnet werden, da die Berichtspflicht den Vorstand in seiner Gesamtheit trifft; eine Vertretung ist unzulässig, da der Bericht eine Wissens- und keine Willenserklärung ist.1 Es gilt § 126 BGB.
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Beuthien GenG SCE Art. 22 Rdn. 3: „Grundsatz der Organisationsautonomie“.
1 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 8 UmwG Rdn. 4; Dehmer UmwG § 8 Rdn. 5; a.A. Lutter/ Drygala UmwG § 8 Rdn. 6: vertretungsberechtigte Anzahl unter Verweis auf § 327e AktG; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 8 UmwG Rdn. 2.
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Verschmelzungsbericht | § 8 UmwG
Es empfiehlt sich, von der Möglichkeit des gemeinsamen Berichts (Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz) Gebrauch zu machen, da die rechtlichen und wirtschaftlichen Erläuterungen die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des anderen Rechtsträgers berücksichtigen können. Gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 haben die Vertretungsorgane jedes an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgers einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu erstatten, in dem die Verschmelzung, der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf im einzelnen und insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile oder die Angaben über die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger sowie die Höhe der anzubietenden Barabfindungen rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden (Verschmelzungsbericht). Zweck der Norm ist es, den Anteilsinhabern einen möglichst umfassenden Einblick in die wirtschaftlichen Gegebenheiten zu gewähren. Im Vordergrund des Informationsinteresses der Anteilsinhaber steht dabei, ob die Verschmelzung wirtschaftlich sinnvoll und gesetzmäßig ist. Deshalb sind nur solche Informationen zu liefern, die aus der Sicht eines wirtschaftlich interessierten Anteilsinhabers für sein Abstimmungsverhalten von Bedeutung sind. Leere Worthülsen und Phrasen sind zu vermeiden. Der Verschmelzungsbericht soll so abgefasst sein, dass er für juristische Laien verständlich ist. Nach den Vorstellungen des Gesetzgerbers ist der Verschmelzungsbericht die wesentliche Unterlage, die den Mitgliedern der beteiligten eG die Entscheidung über den Verschmelzungsvorgang erleichtern soll. Deshalb hat es der Gesetzgeber für angemessen gehalten, dass fehlerhafte oder unvollständige Angaben im Verschmelzungsbericht eine Straftat sind (§ 313). Dem entspricht auch die persönliche Schadensersatzpflicht der Organmitglieder. Im Verschmelzungsbericht ist das Verschmelzungsvorhaben rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern und zu begründen. Es sind die rechtlichen und wirtschaftlichen Gründe für die Verschmelzung selbst – also deren Zweckmäßigkeit – darzustellen. Die Anteilsinhaber müssen erkennen können, welche betriebswirtschaftlichen Ziele mit der Verschmelzung erreicht werden sollen. Sie müssen die erwarteten Vorteile und die möglicherweise bestehenden Risiken der beabsichtigten Verschmelzung erkennen und gegeneinander abwägen können. Ausreichend ist, wenn die entscheidenden Aspekte genannt werden, die die Entscheidung für eine Verschmelzung für die Anteilsinhaber nachvollziehbar machen (Plausibilitätskontrolle). Zum notwendigen Inhalt des Verschmelzungsberichts gehören neben einer hinreichenden Darstellung der wirtschaftlichen Ausgangslage, die Erläuterung der Ziele und Strategien und der wirtschaftlichen Auswirkungen sowie möglichen Alternativen (dazu nachfolgend Rdn. 9 bis 12). Ebenso muss der Verschmelzungsvertrag erläutert werden (nachfolgend Rdn. 13), es müssen Angaben zum Umtauschverhältnis gemacht werden (vgl. § 80 Abs. 1; nachfolgend Rdn. 14) sowie Angaben über die rechtlichen Verhältnisse beim übernehmenden Rechtsträger enthalten sein (dazu unten Rdn. 15). Schließlich dürfen auch wesentliche Angelegenheiten verbundener Unternehmen nicht unerwähnt bleiben (dazu unten Rdn. 16).
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Wirtschaftliche Ausgangslage Die Vorstände der beteiligten Rechtsträger sind gehalten, die wirtschaftlichen Ver- 9 hältnisse des jeweiligen Verschmelzungspartners sorgfältig und eigenständig zu prüfen. Auf dieser Grundlage ist im Rahmen der Plausibilitätskontrolle die wirtschaftliche Ausgangslage der am Verschmelzungsvorgang beteiligten Rechtsträger transparent darzu1123
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§ 8 UmwG | Umwandlungsgesetz
stellen. Dabei sollten auch Art und Umfang der Einsichtnahme in die wirtschaftlichen Verhältnisse erwähnt werden. Die Informationen sollten sich insbesondere auf den Umsatz, Unternehmensgegenstand, wesentliche Beteiligungen, Mitarbeiter- sowie Kapitalund Mitgliederstruktur der beteiligten Rechtsträger beziehen. Auf Haftungsgesichtspunkte, steuerliche Vorteile, Publizität und Mitbestimmungspflichten kann ebenfalls eingegangen werden. Handelt es sich um ein in die Schieflage geratenes Unternehmen, sind auch hierzu Angaben erforderlich. Ziele und Strategien 10
Ferner sind vor dem Hintergrund des genossenschaftlichen Förderauftrags die Ziele und Strategien der am Verschmelzungsvorgang beteiligten Rechtsträger, insbesondere die erhofften Synergieeffekte aber auch die Vorteile für Arbeitnehmer (z.B. Sicherung von Arbeitsplätzen) darzustellen. Dabei ist es ausreichend, wenn der Verschmelzungsbericht ganz allgemein erkennen lässt, welche Synergieeffekte, insbesondere Einspareffekte, die die Verschmelzung vorbereitenden und befürwortenden Unternehmensleitungen als Folge der Verschmelzung für realisierbar halten. Wirtschaftliche Auswirkungen
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Neben den Zielen und Strategien sind des Weiteren die möglichen drohenden Nachteile und Risiken der Verschmelzung darzustellen und zu erläutern. Zu den Angaben über die Verschmelzung als solche gehört auch die zu erwartende wirtschaftliche Verfassung der vereinigten Rechtsträger nach Vollzug des Verschmelzungsvorgangs in bilanzieller, wirtschaftlicher, steuerlicher und gesellschaftsrechtlicher Hinsicht. Im Rahmen der finanzwirtschaftlichen Auswirkungen sollte z.B. auf die betriebswirtschaftlichen Kennziffern eingegangen werden. Auch zu den steuerlichen Auswirkungen des Verschmelzungsvorgangs für die Rechtsträger (und ggf. auch die Anteilsinhaber) sollte etwas gesagt werden. Alternativen zur geplanten Verschmelzung
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Es könnte z.B. dargelegt werden, warum die Beibehaltung der Eigenständigkeit nicht sinnvoll erscheint und warum andere Fusionspartner nicht in Frage kommen. Erläuterung des Verschmelzungsvertrags
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Neben den Erläuterungen des Verschmelzungsvorhabens ist auch der Verschmelzungsvertrag bzw. dessen Entwurf unter rechtlichen Gesichtspunkten zu erläutern. Hierbei ist dasjenige zu erläutern, was für den juristisch und betriebswirtschaftlich nicht vorgebildeten Laien erklärungsbedürftig ist. Dabei reicht nicht die bloße Wiedergabe der im Verschmelzungsvertrag getroffenen Regelungen, vielmehr ist die Tragweite der Regelungen darzustellen. Erläuterungsbedürftig sind alle Umstände, die sich nicht unmittelbar aus dem Mindestinhalt bzw. sonstigen Inhalt des Verschmelzungsvertrags ohne besondere rechtliche Vorbildung ergeben. Insgesamt ist danach alles, was nicht aus sich heraus verständlich aus dem Verschmelzungsvertrag hervorgeht, zu erläutern, und alles nicht Selbstverständliche zu begründen. Es wird empfohlen, den Verschmelzungsvertrag oder den Entwurf in den Verschmelzungsbericht aufzunehmen und dann unter Bezugnahme auf die einzelnen Paragraphen unmittelbar anschließend die Erläuterungen zum Verschmelzungsvertrag vorzunehmen. Holthaus/Lehnhoff
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Verschmelzungsbericht | § 8 UmwG
Bei den gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen sollte ein Hinweis auf das Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers und die hierfür gewährten Gegenleistungen an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers erfolgen. Hierzu gehört auch die Darstellung des Verschmelzungskonzepts (geplante Firmenänderung, Beteiligungstausch zur Vorbereitung der Verschmelzung, Zuweisung der Anteile, Abgrenzung von Verschmelzung zur Aufnahme bzw. zur Neugründung). Ebenso ist die Unternehmens- und Führungsstruktur des neuen Unternehmens zu erläutern. Regelmäßig wird auf den Verschmelzungsstichtag und den Wechsel der Rechnungslegung einzugehen sein. Ein Schwerpunkt der Erläuterungen wird auf der Gegenleistung (Gewährung von Anteilen/der Mitgliedschaft) sowie der eingeräumten Rechte (Sonderrechte) und Vorteile (besondere Vorteile) liegen. Hinsichtlich der Folgen für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen, der Kostentragung, etwaiger Rücktrittsregelungen kann weitgehend auf die Regelungen im Verschmelzungsvertrag verwiesen werden. Selbstverständlichkeiten wie z.B. die salvatorische Klausel brauchen gar nicht erläutert zu werden. Umtauschverhältnis Gemäß § 80 Abs. 1 hat der Verschmelzungsvertrag bei Verschmelzungen im Wege 14 der Aufnahme durch eine eG für die Festlegung des Umtauschverhältnisses der Anteile die Angaben zu enthalten, dass jedes Mitglied der übertragenden eG mit einem Geschäftsanteil bei der übernehmenden eG beteiligt wird, sofern die Satzung dieser eG die Beteiligung mit mehr als einem Geschäftsanteil nicht zulässt, oder jedes Mitglieder einer übertragenden eG mit mindestens einem und im Übrigen mit so vielen Geschäftsanteilen bei der übernehmenden eG beteiligt wird, wie durch Anrechnung seines Geschäftsguthabens bei der übertragenden eG als voll eingezahlt anzusehen ist, sofern die Satzung der übernehmenden eG die Beteiligung eines Mitglieds mit mehreren Geschäftsanteilen zulässt oder die Mitglieder zur Übernahme ihrer Geschäftsanteile verpflichtet; der Verschmelzungsvertrag kann eine andere Berechnung der Zahl der zu gewährenden Geschäftsanteile vorsehen. Aufgrund des in § 80 Abs. 1 grundsätzlich gesetzlich festgelegten Umtauschverhältnisses von 1 : 1 ist die Begründung des Umtauschverhältnisses und die Barabfindung bei der Verschmelzung von eG in der Regel eher unbedeutend und kann relativ kurz abgehandelt werden, zumal bei eG an die Stelle der Barabfindung das Ausschlagungsrecht nach § 90 tritt. Bare Zuzahlungen und abweichende Umtauschverhältnisse sind zu erläutern. Angaben über die rechtlichen Verhältnisse beim übernehmenden Rechtsträger und vorgesehene Satzungsänderungen Bei der Verschmelzung zweier eG, die beide im Wesentlichen die Mustersatzung 15 umgesetzt haben, können die Erläuterungen an dieser Stelle relativ knapp ausfallen. Im Verschmelzungsbericht muss die Ausgestaltung der Anteile oder Mitgliedschaften beim übernehmenden Rechtsträger erläutert werden. Dies ist insbesondere von Bedeutung bei abweichenden Satzungsregelungen oder bei Mischverschmelzungen. Im Bericht wäre jedoch auf vorhandene Unterschiede bei der übernehmenden eG einzugehen wie z.B. VV statt GV, Beiräte, anderes Wahlverfahren zur VV, Vorhandensein einer Nachschusspflicht, Pflichtbeteiligungen, Eintrittsgelder, Bekanntmachungsorgane, etc. Ebenso sollten Satzungsänderungen, die im Zuge der Verschmelzung erfolgen, erwähnt werden; empfehlenswert unter Hinweis, ob diese bedingt durch den Verschmelzungsvertrag erfolgen müssen oder ob sonstige Änderungen erfolgen. 1125
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§ 8 UmwG | Umwandlungsgesetz
Wesentliche Angelegenheiten verbundener Unternehmen 16
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Nach § 8 Abs. 1 Satz 3 erstreckt sich die Berichtspflicht auch auf die für die Verschmelzung wesentlichen Angelegenheiten der verbundenen Unternehmen i.S.d. § 15 AktG eines der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgers. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf bestehende Unternehmensverträge einzugehen und die Auswirkungen der Verschmelzung auf diese. Darüber hinaus ist auch auf solche Angelegenheiten der Verbundunternehmen einzugehen, die wegen ihrer besonderen Bedeutung unmittelbaren Einfluss auf den an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger haben und somit auch Bedeutung für die Beurteilung der Verschmelzung haben. Grenzen findet die Berichterstattungspflicht bei den Vertraulichkeitsinteressen der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger (§ 8 Abs. 2 Satz 1). Dieses Geheimhaltungsinteresse schützt Rechtsträger, die im Wettbewerb mit anderen Unternehmen stehen. Diese sollen nicht durch den Verschmelzungsbericht Einblick in die Zukunftsplanungen bekommen. Es gelten die zu § 131 Abs. 3 Satz 1 AktG entwickelten Grundsätze zur Auskunftsverweigerung des Vorstands. Im Einzelfall kann davon Abstand genommen werden (auch bei Fragen in der GV/VV), über steuerliche Wertansätze und Höhe einzelner Steuern, über stille Rücklagen zu berichten. Allerdings ist unter dem Gesichtspunkt der Transparenz konkret zu erklären, warum von einer Aufnahme in den Bericht Abstand genommen wurde (Abs. 2 Satz 2). Der Verschmelzungsbericht ist dann nicht erforderlich, wenn alle Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger auf ihn verzichten; die Verzichtserklärungen müssen gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 notariell beurkundet werden; dieses kann nicht abbedungen werden. Bei Verschmelzung einer 100%igen Tochter auf die eG ist ein Bericht nicht erforderlich, naturgemäß auch keine Verzichtserklärung (Abs. 3 Satz 1). Ein mangelhafter Bericht kann eine Klage nach § 14 bzw. § 51 GenG zur Folge haben. Der Verschmelzungsbericht des Vorstands ist nicht wie das Gutachten des Prüfungsverbands (§ 83 Abs. 2 Satz 1) zu verlesen; die Auslage von der Einberufung der GV/VV an (§ 82 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Nr. 1–4) ist ausreichend. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Ein weiterer Verfahrensabschnitt der Verschmelzung ist die Erstellung des Verschmelzungsberichts gem. Art. 23; zu den Verfahrensabschnitten § 2 Rdn. 31. Dieser Vorschrift entspricht § 8, bzw. bei der Gründung durch Umwandlung entspricht Art. 35 Abs. 3 (Umwandlungsbericht) § 192; dazu die Kommentierung unter §§ 191 und 192 Rdn. 1 ff. zur SCE. Gemäß Art. 23 muss jedes an der Verschmelzung beteiligte Leitungsorgan, also der Vorstand bei einer beteiligten eG, einen schriftlichen Verschmelzungsbericht erstellen, in dem die Verschmelzungsbedingungen des Verschmelzungsplans (vgl. dazu Art. 22) rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet werden. Schwerpunkt der Berichterstattung ist das Verhältnis des Anteilserwerbs, auf Bewertungsschwierigkeiten muss hingewiesen werden. Der Umwandlungsbericht (Art. 35 Abs. 3) muss beim Formwechsel nach Art. 35 ei22 nen Entwurf des Umwandlungsbeschlusses enthalten (§ 192 Abs. 1 Satz 3). Die §§ 190 ff. sind entsprechend anwendbar. Zur Verweisung der SCE-VO auf die §§ 190 ff. vgl. § 1 Rdn. 8 und insb. §§ 190 und 191 Rdn. 1 ff. zur SCE.
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Bestellung der Verschmelzungsprüfer | § 10 UmwG
§9 Prüfung der Verschmelzung (1) Soweit in diesem Gesetz vorgeschrieben, ist der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer (Verschmelzungsprüfer) zu prüfen. (2) Befinden sich alle Anteile eines übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers, so ist eine Verschmelzungsprüfung nach Absatz 1 nicht erforderlich, soweit sie die Aufnahme dieses Rechtsträgers betrifft. (3) § 8 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden. §§ 9–12 gelten bei der Verschmelzung von eG wegen der Sondervorschrift des nicht. Das Verschmelzungsgutachten des genossenschaftlichen Prüfungsverbands hier an die Stelle der Verschmelzungsprüfung. Bei Mischverschmelzungen ist für anderen, nicht genossenschaftlichen Rechtsträger mit Ausnahme des Falles des Abs. 2 die Prüfung gem. §§ 9–12 durchzuführen.1
§ 81 1 tritt den § 81
Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß Art. 26 Abs. 1, § 6 SCEAG wird der Verschmelzungsplan, der der Beschluss- 2 fassung einer beteiligten eG zugrunde liegt, vom genossenschaftlichen Prüfungsverband geprüft. Darüber muss ein schriftlicher Prüfungsbericht erstellt werden. Für jede eG muss ein separater Prüfungsbericht erstellt werden, Art. 26; Abs. 2 sieht jedoch vor, dass für alle sich verschmelzenden eG ein einheitlicher Bericht erstellt werden kann, sofern die einzelstaatlichen Vorschriften dies zulassen (für eine beteiligte eG Art. 20 i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 2: gemeinsames Gutachten). Rechte und Pflichten des Prüfungsverbands richten sich gemäß Verweis in Art. 26 Abs. 3 nach dem für Aktiengesellschaften geltenden Recht, vgl. auch § 10 Rdn. 2 f., § 11 Rdn. 2 und § 12 Rdn. 2. Bei der Gründung einer SCE durch Umwandlung gemäß Art. 35 bescheinigt der ge- 3 nossenschaftliche Prüfungsverband der sich umwandelnden eG, dass die Bestimmungen des Art. 22 Abs. 1 b) zum Umtauschverhältnis der Geschäftsanteile eingehalten sind; Art. 35 Abs. 5. Einer besonderen Bestimmung im SCEAG bedurfte es hierzu nicht, da sich aus Art. 8 Abs. 1c) ii) unmittelbar ergibt, dass die entsprechenden Vorschriften des UmwG anwendbar sind.2 Die Zuständigkeit folgt aus § 259, der entsprechend auf die Umwandlung in eine SCE anwendbar ist. Es ist im Gutachten des Prüfungsverbandes auch zu der Frage Stellung zu nehmen und abschließend zu bewerten, ob der Formwechsel in die SCE mit den Belangen der Mitglieder und Gläubiger der eG vereinbar ist.
§ 10 Bestellung der Verschmelzungsprüfer § 10 UmwG Bestellung der Verschmelzungsprüfer (1) Die Verschmelzungsprüfer werden auf Antrag des Vertretungsorgans vom Gericht ausgewählt und bestellt. Sie können auf gemeinsamen Antrag der Vertretungsorgane für mehrere oder alle beteiligten Rechtsträger gemeinsam bestellt
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Lutter/Bayer UmwG § 81 Rdn. 2. So auch amtl. Begründung zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006 zu § 2 SCEAG S. 54 oben.
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§ 10 UmwG | Umwandlungsgesetz
werden. Für den Ersatz von Auslagen und für die Vergütung der vom Gericht bestellten Prüfer gilt § 318 Abs. 5 des Handelsgesetzbuchs. (2) Zuständig ist jedes Landgericht, in dessen Bezirk ein übertragender Rechtsträger seinen Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet deren Vorsitzender an Stelle der Zivilkammer. (3) Auf das Verfahren ist das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist. (4) Gegen die Entscheidung findet die Beschwerde statt. Sie kann nur durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt werden. (5) Die Landesregierung kann die Entscheidung über die Beschwerde durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. 1
Gilt nicht bei eG wegen § 81 UmwG (vgl. § 9 Rdn. 1). Europäische Genossenschaft (SCE)
§ 6 SCEAG bestimmt den jeweiligen genossenschaftlichen Prüfungsverband zum unabhängigen Verschmelzungsprüfer für die an der Verschmelzung beteiligte eG und zwar ohne einen dafür an sich nach dem Wortlaut gem. § 10 UmwG erforderlichen gerichtlichen Bestellungsaktes.1 Dies folgt daraus, dass das SCEAG den Prüfungsverband für zuständig erklärt, dem die eG angehört. Art. 26 Abs. 3 regelt die Rechte und Pflichten des Prüfungsverbands, die sich kraft Verweisung in Art. 26 Abs. 3 nach aktienrechtlichen Bestimmungen,2 also nach § 12 Abs. 1 i.V.m. §§ 320, 321 HGB und nicht § 81 richten. Zur Verweisungssystematik § 2 Rdn. 23 f., zur Gründungsprüfung der Verschmelzung § 9 Rdn. 2. 3 Bei der Gründung durch Umwandlung gem. Art. 35 verweist Abs. 5 auf eine Bescheinigung, die bestätigt, dass die Bestimmungen gemäß Art. 22 Abs. 1 Buchstabe b) zum Umtauschverhältnis eingehalten sind. Gem. Art. 8 Abs. 1c) ii) gelten die §§ 190 ff., da Art. 35 Abs. 5 keine abschließende Regelung ist (s.o. § 1 Rdn. 8 u. § 9 Rdn. 3).3 Der für die Prüfung nach § 259 analog zuständige Prüfungsverband hat auch die nach Art. 35 Abs. 5 erforderliche Bescheinigung zu erteilen und diese mit seinem Umwandlungsgutachten beim Registergericht (GenG) einzureichen; dazu unten § 191 SCE Rdn. 1 ff. Entsprechendes gilt für die Umwandlung einer SCE in eine eG gem. Art. 76. Die Zu4 ständigkeit des Prüfungsverbands folgt hier aus § 197 i.V.m. § 11 Abs. 3 Nr. 3 GenG.4 5 Eine Bestellung des genossenschaftlichen Prüfungsverbands erfolgt auch bei der Umwandlung gem. Art. 35 nicht (zur Verschmelzung s. oben Rdn. 2), er ist kraft gesetzlicher Anordnung Prüfer der an der Gründung durch Umwandlung oder Verschmelzung beteiligten eG; das Gutachten wird gem. Art. 17 Abs. 1 i.V.m. § 259 analog oder gem. § 81 2
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1 Beuthien GenG SCE Art. 27 Rdn. 1. 2 Amtl. Begründung zum SCEBG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006 zu § 6 S. 55; vgl. § 11 a.E.; Beuthien GenG SCE Art. 26 Rdn. 3. 3 Amtl. Begründung zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006 zu § 6 S. 55. 4 Vgl. ebenda.
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Prüfungsbericht | § 12 UmwG
analog erstattet; im Ergebnis kann dies dahin stehen, da Rechte und Pflichten sowie Inhalt des Gutachtens gleich sind; dazu unten § 191 SCE Rdn. 1 ff.
§ 11 Stellung und Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer (1) Für die Auswahl und das Auskunftsrecht der Verschmelzungsprüfer gelten § 319 Abs. 1 bis 4, § 319a Abs. 1, § 320 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend. Soweit Rechtsträger betroffen sind, für die keine Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses besteht, gilt Satz 1 entsprechend. Dabei findet § 267 Abs. 1 bis 3 des Handelsgesetzbuchs für die Umschreibung der Größenklassen entsprechende Anwendung. Das Auskunftsrecht besteht gegenüber allen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern und gegenüber einem Konzernunternehmen sowie einem abhängigen und einem herrschenden Unternehmen. (2) Für die Verantwortlichkeit der Verschmelzungsprüfer, ihrer Gehilfen und der bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft gilt § 323 des Handelsgesetzbuchs entsprechend. Die Verantwortlichkeit besteht gegenüber den an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgern und deren Anteilsinhabern. Gilt nicht bei eG wegen § 81 (vgl. § 9 Rdn. 1).
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Europäische Genossenschaft (SCE) Rechte und Pflichten des Prüfungsverbands bei der Prüfung der eG im Rahmen einer 7 Verschmelzungsgründung nach Art. 19 richten sich gem. Art. 26 Abs. 3, § 6 SCEAG nach dem für Aktiengesellschaften maßgebenden Recht. Daher gelten die Vorschriften des § 11 i.V.m. §§ 320, 321 HGB sowie § 12 Abs. 1 entsprechend (vgl. auch § 9 Rdn. 2, 3).1 Für das Gutachten bei der formwechselnden Gründung durch Umwandlung nach 8 Art. 35 gelten die zu § 259 bzw. § 81 entwickelten Grundsätze entsprechend (vgl. § 11 Rdn. 2 und 5),2 Art. 35 Abs. 5 ist zu beachten.
§ 12 Prüfungsbericht § 12 UmwG Prüfungsbericht (1) Die Verschmelzungsprüfer haben über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Der Prüfungsbericht kann auch gemeinsam erstattet werden. (2) Der Prüfungsbericht ist mit einer Erklärung darüber abzuschließen, ob das vorgeschlagene Umtauschverhältnis der Anteile, gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlung oder die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger als Gegenwart angemessen ist. Dabei ist anzugeben,
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1 Amtl. Begr. zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006, zu § 6 (S. 55); vgl. zum schwer durchschaubaren System der Gründungsprüfung Schulze/Wiese Die SCE mit Sitz in Deutschland, ZfgG 2006, 108 (115). 2 Zu den Grundsätzen ausführlich Bonow in Semler/Stengel, § 259 UmwG Rdn. 4 ff.; Lutter/Bayer § 259 UmwG Rdn. 3 f.
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§ 13 UmwG | Umwandlungsgesetz
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nach welchen Methoden das vorgeschlagene Umtauschverhältnis ermittelt worden ist; aus welchen Gründen die Anwendung dieser Methoden angemessen ist; welches Umtauschverhältnis oder welcher Gegenwert sich bei der Anwendung verschiedener Methoden, sofern mehrere angewandt worden sind, jeweils ergeben würde; zugleich ist darzulegen, welches Gewicht den verschiedenen Methoden bei der Bestimmung des vorgeschlagenen Umtauschverhältnisses oder des Gegenwerts und der ihnen zugrundeliegenden Werte beigemessen worden ist und welche besonderen Schwierigkeiten bei der Bewertung der Rechtsträger aufgetreten sind. (3) § 8 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Gilt nicht bei eG wegen § 81. Europäische Genossenschaft (SCE)
Es muss ein schriftlicher Prüfungsbericht erstellt werden (Art. 26 Abs. 1), zuständig ist der Prüfungsverband (vgl. § 9 Rdn. 2). 3 Zum Gutachten des Prüfungsverbands bei der formwechselnden Gründung durch Umwandlung gem. Art. 35 vgl. oben § 10 Rdn. 5 und § 9 Rdn. 3, § 10 Rdn. 3 u. § 11 Rdn. 3, insb. § 191 SCE Rdn. 1 ff. 2
§ 13 Beschlüsse über den Verschmelzungsvertrag § 13 UmwG Beschlüsse über den Verschmelzungsvertrag (1) Der Verschmelzungsvertrag wird nur wirksam, wenn die Anteilsinhaber der beteiligten Rechtsträger ihm durch Beschluss (Verschmelzungsbeschluss) zustimmen. Der Beschluss kann nur in einer Versammlung der Anteilsinhaber gefasst werden. (2) Ist die Abtretung der Anteile eines übertragenden Rechtsträgers von der Genehmigung bestimmter einzelner Anteilsinhaber abhängig, so bedarf der Verschmelzungsbeschluss dieses Rechtsträgers zu seiner Wirksamkeit ihrer Zustimmung. (3) Der Verschmelzungsbeschluss und die nach diesem Gesetz erforderlichen Zustimmungserklärungen einzelner Anteilsinhaber einschließlich der erforderlichen Zustimmungserklärungen nicht erschienener Anteilsinhaber müssen notariell beurkundet werden. Der Vertrag oder sein Entwurf ist dem Beschluss als Anlage beizufügen. Auf Verlangen hat der Rechtsträger jedem Anteilsinhaber auf dessen Kosten unverzüglich eine Abschrift des Vertrages oder seines Entwurfs und der Niederschrift des Beschlusses zu erteilen. Beschlussfassung der Generalversammlung/Vertreterversammlung 1
Mit Rücksicht auf das Wesen der eG als Personengemeinschaft und die daraus resultierenden persönlichen Bindungen der Mitglieder entscheidet die GV/VV über die Verschmelzung. Der Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung der eG durch den Vorstand (§ 27 Abs. 1 Satz 1 GenG) ist insoweit auch mit Wirkung gegen Dritte eingeschränkt; § 27 Abs. 2 GenG gilt nicht. Der Verschmelzungsvertrag ist schwebend unwirksam, wenn zwar die Vorstände den Vertrag geschlossen, jedoch noch die GV/VV-Beschlüsse oder nur ein GV/VV-Beschluss fehlen. Holthaus/Lehnhoff
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Beschlüsse über den Verschmelzungsvertrag | § 13 UmwG
Die GV/VV kann ihre Zuständigkeit nicht auf andere Organe der eG oder gar auf Stellen außerhalb der eG übertragen. Ein Ermächtigungsbeschluss einer GV/VV, der es der Entschließung des Vorstands überlässt, ob ein Verschmelzungsvertrag geschlossen werden soll, verstößt deshalb gegen das Gesetz und ist nichtig.1 Dagegen bestehen keine Bedenken, wenn der Beschluss der GV/VV lediglich den Rahmen unter Regelung der rechtlich und wirtschaftlich bedeutsamsten Punkte festlegt und die inhaltliche Ausgestaltung der Verschmelzung im Voraus dem Vorstand überlässt und lediglich eine Verschmelzungsabsicht beschlossen wird.2 Die Vorstände sollten sodann den Verschmelzungsvertrag aushandeln; die GV/VV-Beschlüsse sollten erst danach gefasst werden. Die GV/VV muss in verbindlicher Form und nachvollziehbar über alle wesentlichen Umstände der beabsichtigten Verschmelzung unterrichtet sein. Zur Beschlussfassung in der GV/VV steht üblicherweise der vom Vorstand geschlossene Verschmelzungsvertrag (§ 4). Auch Zusatzvereinbarungen bedürfen grundsätzlich der Beschlussfassung durch die GV/VV, jedenfalls soweit nicht nur unwesentliche Regelungen in ihnen enthalten sind. Der Vertrag sollte vorgetragen, erläutert, begründet und zur Beschlussfassung unterbreitet werden. Wenn dafür Sorge getragen wird, dass eine Unterrichtung auf andere Weise zuverlässig geschieht und dies dokumentiert wird, bedarf es nicht der formalen Vorlage der Verträge. Sind Zweifelsfragen nur bei einer der beteiligten eG zu klären, sollte die GV/VV dieser eG zuerst durchgeführt werden. Dies ist jedoch wegen der Wahl der von der übertragenden eG zu entsendenden Aufsichtsratsmitglieder oder Satzungsänderungen dann problematisch, wenn die GV/VV der übernehmenden eG zuerst durchgeführt werden soll; dann ist eine Beschlussfassung unter der Bedingung positiver Beschlussfassungen in den nachfolgenden GV/VV erforderlich. Verpflichtet sich die übernehmende eG im Verschmelzungsvertrag, bestimmte Satzungsänderungen vorzunehmen, sollten mit dem Verschmelzungsbeschluss gleichzeitig diese Satzungsänderungen beschlossen werden, sofern die konkrete Formulierung im Verschmelzungsvertrag enthalten ist. Die aufgrund des Verschmelzungsvertrags erforderlich werdenden Satzungsänderungen (z.B. Firma, Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats, Höchstanzahl der Geschäftsanteile) können aber auch nach dem Verschmelzungsbeschluss in einem getrennten Tagesordnungspunkt, z.B. vor der Wahl der in den Aufsichtsrat der übernehmenden eG von der übertragenden eG entsandten Mitglieder, erfolgen. In ein und derselben GV/VV kann der Vertrag wiederholt zur Aussprache und Abstimmung gestellt werden, bis der Versammlungsleiter abschließend das Ergebnis der Abstimmung bekannt gibt. Allerdings muss stets gewährleistet werden, dass Mitglieder die Versammlung nicht verlassen im Vertrauen darauf, dass dieser Tagesordnungspunkt endgültig erledigt sei. Ein Verstoß hiergegen berechtigt zur Anfechtung nach § 51 GenG, die Eintragung kann im Wege einer einstweiligen Anordnung verhindert werden (vgl. im einzelnen Erl. zu § 51 GenG). Da die Beschlussfassung der GV/VV, wenn sie nach Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrags erfolgt, nur bedingt den Charakter einer Genehmigung hat, kann derselbe Verschmelzungsvertrag auch nach Verweigerung in einer späteren GV/VV zur Beschlussfassung gestellt werden. Besondere satzungsmäßige Mehrheitserfordernisse für die Rechtsformänderung können nicht auf Verschmelzungsbeschlüsse angewandt werden, vgl. weitere Erl. zu § 84 Rdn. 1.
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RG BlfG 1938, 260 für AG. Schlarb S. 25; Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 35.
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Liegen die Verschmelzungsbeschlüsse vor, ist der Vorstand im Innenverhältnis gegenüber seiner eG verpflichtet, die für die Herbeiführung der Verschmelzung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, z.B. den Verschmelzungsvertrag beurkunden zu lassen, sofern dies noch nicht geschehen ist oder die Verschmelzung zur Eintragung anzumelden.3 Der Verschmelzungsbeschluss kann nicht dem Vorstand die Entscheidung überlassen, ob die Verschmelzung durchgeführt werden soll oder nicht. Ein Widerruf des Verschmelzungsbeschlusses ist grundsätzlich nicht möglich, wenn der Verschmelzungsvertrag bereits von beiden Seiten unterzeichnet ist; die eG ist grundsätzlich an ihren Verschmelzungsbeschluss gebunden.4 Die Erklärungen der einen eG (GV/VV-Beschluss und Unterzeichnung) erlöschen jedoch analog § 147 Abs. 2 BGB nach Ablauf der Zeit, in der sie mit einem Verschmelzungsbeschluss der anderen eG rechnen darf. An diese zeitliche Begrenzung sind jedoch strenge Anforderungen zu richten im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung und den Vertrauensgrundsatz; keine Bedenken, wenn die Behandlung in der nächsten GV/VV aus sachlich gerechtfertigten Gründen vertagt wird. Auch kann die eG der anderen eG eine angemessene Frist zur Äußerung setzen. Ist hingegen von den eG ein Verschmelzungsvertrag unterzeichnet worden, der erst nach längerer Zeit (z.B. 5 Jahren) wirksam werden soll und hat die übertragende eG beschlossen, sich an diesen Vertrag 5 Jahre lang gebunden zu fühlen (weil die übernehmende eG wegen der gegenwärtigen Vermögenslage Bedenken gegen die Verschmelzung hat), ist die übertragende eG grundsätzlich – in den Grenzen des § 242 BGB – an ihren Verschmelzungsbeschluss gebunden. Liegt der Beschlussfassung ein Verschmelzungsvertragsentwurf zugrunde, tritt gegenüber den Vertragspartnern noch keine Bindungswirkung ein, die GV/VV kann den Verschmelzungsbeschluss noch widerrufen.5 Der Widerruf bedarf ebenfalls einer Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen; evtl. Satzungsregelungen hinsichtlich des Verschmelzungsbeschlusses sind zu beachten. Ist der Verschmelzungsvertrag beurkundet und haben beide GV/VV die Verschmelzung beschlossen, kann der Vollzug der Verschmelzung (z.B. Anmeldung der Verschmelzung, Erstellung der Schlussbilanz) durch die andere eG im Klagewege erzwungen werden.6 Die Aktivlegitimation der Klage liegt nur bei der eG, da die Verschmelzung kein Vertrag zugunsten der Mitglieder ist, der diesen einen eigenen Erfüllungsanspruch gibt; durch den Vertrag werden nur Rechte für die eG als solche begründet. (Für das Verfahren s. § 39 Abs. 1 GenG: Vertretung durch den Aufsichtsrat bzw. Bevollmächtigte bei eG ohne Aufsichtsrat.) Die Erklärung gilt gemäß § 894 ZPO mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben. Die erforderlichen Urkunden, insbesondere die öffentlich beglaubigte Abschrift des Verschmelzungsbeschlusses kann die vollstreckende eG nach §§ 896, 792 ZPO erlangen; verweigert die übertragende eG die Herausgabe der erforderlichen Schlussbilanz, so kann diese nach § 888 ZPO erzwungen werden.7 Jeder Verschmelzungsbeschluss bedarf der notariellen Beurkundung (§ 13 Abs. 3 Satz 1). Hier ist durch das seit 1.8.2013 geltende GNotKG eine Verschlechterung hinsichtlich der bisher in § 47 KostO enthaltenen Obergrenze von € 5.000,– eingetreten. Siehe dazu ausführlich § 6 Rdn. 5a f. Ein ablehnender Verschmelzungsbeschluss löst, da es sich um
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3 Schlarb S. 41, 42, 46 jeweils m.w.N. 4 Lutter/Drygala UmwG § 13 Rdn. 24 differenzierend ob Vertrag bereits notariell beurkundet wurde, dann Bindungswirkung; mit anderer Begründung Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 41. 5 Lutter/Drygala UmwG § 13 Rdn. 25. 6 Bermel in Goutier/Tulloch/Knopf UmwG § 7 Rdn. 16 ff. 7 Schlarb S. 70.
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Befristung und Ausschluss von Klagen gegen den Verschmelzungsbeschluss | § 14 UmwG
eine erfolglose Verhandlung handelt, die Gebühr nicht aus, zumindest nicht nach der bisher geltenden KostO.8 Die Beurkundung des Verschmelzungsvertragsentwurfs erfolgt zweckmäßigerweise im Anschluss an die letzte GV/VV durch den Notar, der auch die Beschlussfassung in dieser GV/VV beurkundet hat. Europäische Genossenschaft (SCE) Dem Verschmelzungsplan (zum Inhalt vgl. Art. 22), der dem Verschmelzungsvertrag 13 im UmwG entspricht, muss jede GV/VV jeder sich verschmelzenden eG zustimmen („Billigung“, Art. 27 Abs. 1); zugleich stimmen diese über die Satzung der SCE mit ab (vgl. Art. 22 Abs. 1 Ziff. j)). Die GV/VV kann sich das Recht vorbehalten, die nach dem SCEBG geschlossene Vereinbarung zu genehmigen (Art. 27 Abs. 2). Über Form, Beschlussfähigkeit und die erforderliche Mehrheit schweigen die SCE-VO und das SCEAG. Daher gilt gemäß Art. 20 das (jeweilige) nationale Recht, bei der beschlussfassenden eG also das UmwG. Gem. §§ 84 Satz 1 bzw. 96 ist also eine Dreiviertelmehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder erforderlich, auch ist die in § 13 Abs. 3 Satz 1 vorgesehene notarielle Beurkundung der Beschlussfassung Voraussetzung für die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses. Zur Umwandlung nach Art. 35 s. §§ 190 u. 191 dort insb. SCE Rdn. 1 ff.
§ 14 Befristung und Ausschluss von Klagen gegen den Verschmelzungsbeschluss § 14 UmwG Befristung und Ausschluss von Klagen gegen den Verschmelzungsbeschluss (1) Eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses muss binnen eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. (2) Eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines übertragenden Rechtsträgers kann nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen ist oder dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenden Rechtsträger ist. Abs. 1 enthält lediglich eine Fristregelung. Materiell-rechtliche Regelungen zur Fra- 1 ge, in welchem Fall gegen den Verschmelzungsbeschluss geklagt werden kann, enthält § 14 nicht. Die Vorschrift ist insbesondere für die Rechtsformen gedacht, die keine Anfechtungsfristen kennen. Für die eG gilt § 51 GenG (vgl. die dortigen Erl.); allerdings gilt auch bei Klage wegen Nichtigkeit die Monatsfrist des § 14 Abs. 1.1 Insbesondere ist Klagevoraussetzung, dass von erschienenen Mitgliedern in der GV/Vertretern in der VV Widerspruch zu Protokoll erklärt worden ist. Die Umdeutung eines nichtigen Verschmelzungsbeschlusses in eine Einzelrechtsübertragung ist unmöglich.2 Der Tatsachenvortrag für die Begründung der Klage muss im Kern innerhalb der 2 Monatsfrist des Abs. 1 vorgebracht werden, ein Nachschieben von Anfechtungs- oder
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Bauer Genossenschafts-Handbuch § 13 Rdn. 33.
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Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 42. BGH ZfG 1998, 307.
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§ 15 UmwG | Umwandlungsgesetz
Nichtigkeitsgründen ist nicht zulässig, selbst wenn der Vortrag in der Zeit nicht geleistet werden konnte.3 Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung die Klage unbegründet macht; Normzweck ist die Schaffung von Rechtssicherheit. Die Vorschrift hat bei der Verschmelzung von eG untereinander kaum praktische 2a Bedeutung, da vom Nominalwert ausgegangen wird und eine Bewertung der Geschäftsguthaben nicht erfolgt und der Wert der Beteiligung (unter Einbeziehung von Rücklagen und stillen Reserven) nicht berücksichtigt wird; vgl. dazu auch § 85 Europäische Genossenschaft (SCE) Eine Klagefrist gegen die beschlossene Billigung des Verschmelzungsplans enthält Art. 27 nicht. Insoweit gilt Art. 20, der für die nicht geregelten Bereiche auf das nationale Genossenschaftsrecht, hilfsweise auf das nationale Aktienrecht verweist. § 14 Abs. 1, § 51 GenG ist daher entsprechend anwendbar; grundsätzlich gelten obige Ausführungen entsprechend. 4 Art. 28 Abs. 2 regelt den Minderheitenschutz bei der Gründung durch Verschmelzung. Danach kann jeder Mitgliedstaat Vorschriften erlassen, um einen angemessenen Schutz der Mitglieder zu erreichen, die sich gegen die Verschmelzung ausgesprochen haben.4 5 Wie § 14 Abs. 2 sieht § 7 Abs. 1 SCEAG vor, dass unter den Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 3 Satz 1 eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss einer übertragenden eG nicht darauf gestützt werden kann, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen ist. Als Ausgleich sieht § 7 Abs. 2 SCEAG eine bare Zuzahlung vor. Diese Vorschrift lehnt sich an § 85 Abs. 1 an (vgl. auch die dortigen Ausführungen).5 Der Ausschluss der Klagemöglichkeit erfordert aber, dass die Voraussetzungen des 6 Art. 29 Abs. 3 Satz 1 vorliegen. Die Mitglieder der sich verschmelzenden ausländischen eG müssen der Inanspruchnahme des Spruchverfahrens nach dem Spruchverfahrensgesetz (SpruchG) zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses der Anteile durch die Mitglieder der eG ausdrücklich bei der Zustimmung zum Verschmelzungsplan zugestimmt haben, Vgl. zur Anwendbarkeit § 1 Nr. 6 SpruchG. Ist dies nicht der Fall, bleibt es bei der Anfechtungsmöglichkeit gem. § 14; vgl. dazu § 34 Rdn. 2 f. 3
§ 15 Verbesserung des Umtauschverhältnisses § 15 UmwG Verbesserung des Umtauschverhältnisses (1) Ist das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen oder ist die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für den Anteil oder die Mitgliedschaft bei einem übertragenden Rechtsträger, so kann jeder Anteilsinhaber dieses übertragenden Rechtsträgers, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach § 14 Abs. 2 ausgeschlossen ist, von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen; die Zuzahlungen können den zehnten Teil des auf die gewährten Anteile entfallenden Betrags des Grund- oder Stammkapitals übersteigen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag durch das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes bestimmt.
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LG München I, Urt. v. 9.6.2005, Az. 5 HK O 10136/03. Vgl. amtl. Begr. zum SCEAG BT-Drs. 16/1025 vom 23.3.2006, zu § 7, S. 55. Amtl. Begr. zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006, zu § 7 S. 55.
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Anmeldung der Verschmelzung | § 16 UmwG
(2) Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. 1
Siehe insoweit die Erl. zu der Sondervorschrift des § 85. Europäische Genossenschaft (SCE) Eine § 15 entsprechende Vorschrift findet sich in § 7 Abs. 2 SCEAG. Auch dort ist ein Anspruch auf bare Zuzahlung der Mitglieder festgeschrieben, wenn bei der Gründung durch Verschmelzung das Geschäftsguthaben eines Mitglieds bei der SCE niedriger ist als bei der übertragenden Genosenschaft und kein Klagerecht gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses gegeben ist. Zu den Voraussetzungen für den Ausschluss des Klagerechts (Zustimmung zur Anwendung des SpruchG) vgl. § 14 Rdn. 6. Nach § 7 Abs. 2 SCEAG reicht es aus, dass ein Mitglied mit dem Umtauschverhältnis nicht einverstanden ist. Aus dem Wortlaut des Art. 28 Abs. 2 lässt sich nicht das zusätzliche Erfordernis ableiten, dass nur Mitglieder, die auch gegen die Verschmelzung gestimmt haben, diesen Anspruch haben. Andernfalls wären Mitglieder gezwungen, gegen die Verschmelzung zu stimmen, obwohl sie lediglich mit dem Umtauschverhältnis nicht einverstanden sind, mit der Folge, dass dadurch Verschmelzungen zu einer SCE blockiert würden. Das war aber nicht Ziel des Gesetzgebers.1 Auch die als Vorbild für die SCE-VO mitherangezogene Regelung in § 15 verlangt keinen Widerspruch des Mitglieds gegen die Verschmelzung. Gemäß § 7 Abs. 3 SCEAG ist die bare Zuzahlung nach Ablauf des Tages, zu dem die SCE im Sitzstaat eingetragen worden ist, mit 5% jährlich über dem jeweiligen Basiszins nach § 247 BGB zu verzinsen. Die Regelung nebst der Möglichkeit, einen weitergehenden Schaden nachzuweisen, entspricht § 15 bzw. § 288 BGB. § 7 Abs. 4 SCEAG (Anwendung des SpruchG) lehnt sich an § 34 UmwG an; vgl. § 34 Rdn. 2 f.
§ 16 Anmeldung der Verschmelzung § 16 UmwG Anmeldung der Verschmelzung (1) Die Vertretungsorgane jedes der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträgers haben die Verschmelzung zur Eintragung in das Register (Handelsregister, Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister oder Vereinsregister) des Sitzes ihres Rechtsträgers anzumelden. Das Vertretungsorgan des übernehmenden Rechtsträgers ist berechtigt, die Verschmelzung auch zur Eintragung in das Register des Sitzes der übertragenden Rechtsträger anzumelden. (2) Bei der Anmeldung haben die Vertretungsorgane zu erklären, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses nicht oder nicht fristgemäß erhoben oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist; hierüber haben die Vertretungsorgane dem Registergericht auch nach der Anmeldung Mitteilung zu machen. Liegt die Erklärung nicht vor, so
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So auch die amtl. Begründung zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006, zu § 7 SCEAG S. 55.
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darf die Verschmelzung nicht eingetragen werden, es sei denn, dass die klageberechtigten Anteilsinhaber durch notariell beurkundete Verzichtserklärung auf die Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses verzichten. (3) Der Erklärung nach Absatz 2 Satz 1 steht es gleich, wenn nach Erhebung einer Klage gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses das Gericht auf Antrag des Rechtsträgers, gegen dessen Verschmelzungsbeschluss sich die Klage richtet, durch Beschluss festgestellt hat, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht. Auf das Verfahren sind §§ 82, 83 Abs. 1 und § 84 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Ein Beschluss nach Satz 1 ergeht, wenn 1. die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder 2. der Kläger nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags durch Urkunden nachgewiesen hat, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 Euro hält oder 3. das alsbaldige Wirksamwerden der Verschmelzung vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger und ihre Anteilsinhaber nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Antragsgegner überwiegen, es sei denn, es liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vor. Der Beschluss kann in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung ergehen. Der Beschluss soll spätestens drei Monate nach Antragstellung ergehen; Verzögerungen der Entscheidung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen. Die vorgebrachten Tatsachen, aufgrund derer der Beschluss nach Satz 3 ergehen kann, sind glaubhaft zu machen. Über den Antrag entscheidet ein Senat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Eine Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen; einer Güteverhandlung bedarf es nicht. Der Beschluss ist unanfechtbar. Erweist sich die Klage als begründet, so ist der Rechtsträger, der den Beschluss erwirkt hat, verpflichtet, dem Antragsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung der Verschmelzung entstanden ist; als Ersatz des Schadens kann nicht die Beseitigung der Wirkungen der Eintragung der Verschmelzung im Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers verlangt werden. 1
Der Vorstand jeder eG hat die Verschmelzung zur Eintragung in das Genossenschaftsregister des Sitzes seiner eG anzumelden. Die Anmeldung hat der Vorstand in elektronisch beglaubigter Form vorzunehmen. § 157 2. Halbs. GenG sieht seit der Genossenschaftsnovelle 2006 vor, dass eine nach der Satzung vertretungsberechtigte Anzahl von Vorständen ausreicht.1 § 16 stellt keine zusätzlichen Anforderungen auf, der Vorstand erfüllt die Anmeldepflicht in der durch Gesetz und Satzung festgelegten Personenzahl.2 Anmeldung im Sinne des § 16 ist auch eine unbeglaubigt eingereichte Anmeldung, da sie nicht so sehr rechtsgeschäftlichen als vielmehr verfahrensrechtlichen Charakter hat, § 125 Satz 1 BGB mithin nicht gilt.3
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1 Es soll keine Benachteiligung zur SCE entstehen; amtl. Begründung zur Neufassung des § 157 GenG BTDrs. 16/1025 vom 23.3.2006, zu Nr. 121 – § 157 –, S. 94; nach § 157 GenG a.F. war eine Anmeldung durch alle Vorstandsmitglieder erforderlich. 2 H.M.; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 UmwG Rdn. 6; Beuthien GenG UmwG § 2 ff. Rdn. 51; Lutter/Decher UmwG § 16 Rdn. 5. 3 OLG Düsseldorf OLGZ 1984, 259 = BB 1984, 1079 = DNotZ 1985, 95 = Rpfleger 1984, 275.
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Anmeldung der Verschmelzung | § 16 UmwG
Während früher die Anmeldung unverzüglich zu erfolgen hatte, ist dieses Erfordernis jetzt nicht mehr im Gesetz enthalten; eine Frist ist nicht vorgesehen. Der Vorstand kann aus Zweckmäßigkeitsgründen (z.B. Ablauf der in § 51 Abs. 1 Satz 2 GenG enthaltenen Anfechtungsfrist) die Anmeldung der Verschmelzung auf einen bestimmten Zeitpunkt zurückstellen; er kann im Rahmen der Verschmelzungsverträge (aufschiebend bedingter Verschmelzungsvertrag) oder der Beschlussfassung der GV/VV auch eine entsprechende Auflage erhalten. Beim Aufschieben der Anmeldung ist jedoch stets zu beachten, dass gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 die Schlussbilanz nicht älter als 8 Monate vom Zeitpunkt der Anmeldung an gerechnet sein darf. Maßgebend für die Wahrung der Frist ist der Zeitpunkt der Anmeldung, nicht der der Beglaubigung. Es genügt mithin, wenn eine Bilanz beigefügt wird, die für einen nicht mehr als 8 Monate vor dem Eingang der (unbeglaubigten) Anmeldung liegenden Zeitpunkt aufgestellt wurde.4 Die Anmeldung kann durch das Registergericht nicht durch Festsetzung von Zwangsgeld erzwungen werden.5 § 316 Abs. 2 lässt eine Festsetzung von Zwangsgeld nicht zu. Bei der Anmeldung ist die in Abs. 2 Satz 1 enthaltene „Negativerklärung“ (Nichtanfechtungserklärung) abzugeben. Ohne diese Erklärung darf das Registergericht nicht eintragen. Die Erklärung bezieht sich auch auf den Verschmelzungsbeschluss der anderen eG („eines“ Verschmelzungsbeschlusses). Auch nach Vornahme der Anmeldung sind die Vertretungsorgane verpflichtet, das Registergericht über die Erhebung einer Klage zu unterrichten (§ 16 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs.). Die Erklärung muss durch die Vertretungsorgane persönlich (keine Stellvertretung möglich),6 also die Vorstandsmitglieder, in vertretungsberechtigter Anzahl abgegeben werden;7 unter Aufgabe der Meinung in der Vorauflage, alle Vorstandsmitglieder müssten die Erklärung abgeben; denn auch bei der Anmeldung reicht eine vertretungsberechtigte Anzahl und die Erklärung wirkt auch für die nicht auftretenden Vorstandsmitglieder. Die Negativerklärung kann auch nachgereicht werden, also ist eine Anmeldung vor Ablauf der Einmonatsfrist gem. § 14, § 51 Abs. 1 GenG möglich. Sie bedarf auch in diesem Fall der notariellen Beglaubigung der vertretungsberechtigten Vorstände. Die Negativerklärung kann wirksam erst nach Ablauf der für Klagen bestimmten Monatsfrist abgegeben werden. Erst nach diesem Zeitpunkt kann beurteilt werden, ob eine Klage „nicht oder nicht fristgemäß“ erhoben worden ist.8 Wird Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage erhoben, führt dies zu einer Registersperre. Mit Klageerhebung kann der wirtschaftliche Erfolg einer Fusion durch langwierige Prozesse verhindert werden. Um Missbräuche zu verhindert hatte der Gesetzgeber in § 16 Abs. 3 zwar schon bei Inkrafttreten des UmwG ein selbständiges (Unbedenklichkeits-) Verfahren installiert, wonach durch (damals) Beschluss des Prozessgerichts (jetzt: Oberlandesgericht) die Negativerklärung ersetzt wurde. Trotzdem traten weiter Anteilsinhaber (i.d.R. Aktionäre) auf und haben sich Klagerücknahmen erkauft. Daher hat der Gesetzgeber § 16 Abs. 3 UmwG durch die Aktionärsrechterichtlinie 20099 modifiziert und das Freigabeverfahren beschleunigt und Voraussetzungen für eine Freigabeentscheidung definiert.10
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4 OLG Düsseldorf OLGZ 1984, 259 = BB 1984, 1079 = DNotZ 1985, 95 = Rpfleger 1984, 275. 5 Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 51. 6 So auch Lutter/Decher UmwG § 16 Rdn. 13: höchstpersönliche Erklärung m.w.N. 7 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 UmwG Rdn. 22 m.w.N.; Lutter/Decher UmwG § 16 Rdn. 13. 8 BGH 5.10.2006, III ZR 283/05, VersR 2007, 356; OLG Karlsruhe NJW-RR 2001, 1326, DB 2001, 1483 (1484); Lutter/Decher UmwG § 16 Rdn. 18; abweichend Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, Kommentar zum Umwandlungsrecht, 1996, § 16 Rdn. 24. 9 Art. 4 des G. zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.7.2009, BGBl. I S. 2479. 10 Zu den wesentlichen Änderungen s.a. Lutter/Decher UmwG § 16 Rdn. 29.
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§ 16 UmwG | Umwandlungsgesetz
Da wesentliches Druckmittel die Verzögerung der Umsetzung wichtiger Beschlüsse ist, kam es maßgeblich darauf an, die Dauer der gerichtlichen Freigabeverfahren abzukürzen. Zuständig in einem Eilverfahren sind seither in erster und einziger Instanz die Oberlandesgerichte; flankierende Maßnahmen sind, dass sich künftig die Vollmacht des Vertreters für den Anfechtungsprozess auch auf das Freigabeverfahren erstreckt und zeitaufwändige Zustellungen an den Kläger selbst entbehrlich werden (§ 16 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 247 AktG, §§ 82, 83 Abs. 1 u. § 84 ZPO). Die Voraussetzungen für den Erlass eines Freigabeschlusses durch das OLG wurden neu formuliert: Der Kläger muss nach § 16 Abs. 3 S. 3 Ziff. 2 binnen Wochenfrist nachweisen, dass er einen anteiligen Betrag von mindestens € 1.000 an der eG hält. Dabei kommt es nicht auf den gezeichneten Geschäftsanteil, sondern sein tatsächliches Interesse, also das Geschäftsguthaben an.11 Eine Addition von Geschäftsguthaben mehrerer Kläger scheidet aus.12 „Offensichtlich unbegründet“ i.S.d. Abs. 3 Satz 3 Ziff. 1 ist die Klage dann, wenn 6 z.B. die Klagebefugnis des Klägers gem. § 51 GenG fehlt, oder die Klage nicht fristgemäß erhoben wurde (§ 14 Abs. 1). Die Klage ist nicht offensichtlich unbegründet, wenn sich die Parteien und das Gericht erst intensiv mit der Gesetzeslage befassen müssen. Offensichtlich unbegründet i.S.d. Vorschrift ist die Klage nur dann, wenn eine summarische Prüfung des unstreitigen oder glaubhaft gemachten Sachverhaltes zum Ausschluss der Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des angegriffenen Beschlusses führt,13 wenn ihr die Erfolglosigkeit sozusagen auf die Stirn geschrieben ist,14 oder wenn wesentliche Entwicklungsnachteile für die angestrebte Struktur nur durch eine zeitnahe Umsetzung des angefochtenen Beschlusses verhindert werden können.15 Ein Beschluss nach § 16 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 und damit eine Eintragung kommt schließlich in Betracht, wenn das schnelle Wirksamwerden der Verschmelzung vorrangig erscheint. Bei der Abwägung des Vorrangs des Vollzugsinteresses vor dem Aufschubinteresse findet eine zweistufige Prüfung statt. Auf der ersten Stufe erfolgt eine rein wirtschaftlich Abwägung ohne Erfolgsaussichten der Klage, erst auf der zweiten Stufe schließt sich die Prüfung ab, ob eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes der Eintragung entgegensteht.16 Zu den wesentlichen Nachteilen zählen z.B. die Unmöglichkeit der Vollziehung, die Gefahr des Niedergangs eines beteiligten Rechtsträgers oder der zeitweilige oder endgültige Verlust der angestrebten Synergieeffekte.17 Das vorrangige Vollzugsinteresse der beklagten eG gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 Ziff. 3 tritt jedoch zurück (Prüfung auf der zweiten Stufe), wenn bei Fassung des Verschmelzungsbeschlusses die Verletzung von zum Schutz öffentlicher Interessen errichteter Normen, z.B. die Verletzung der Meldepflicht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1d, Abs. 3 WpHG, in Betracht kommt.18 Eine offensichtliche Unbegründetheit wird im Unbedenklichkeitsbeschluss des Prozessgerichts auf Antrag der im Hauptsacheverfahren beklagten eG festgestellt; der Beschluss ersetzt das Negativattest des § 16 Abs. 2. § 16 Abs. 3 Satz 4 sieht vor, dass der Freigabebeschluss – außer in den im Beschluss besonders zu begründenden Fällen –
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11 So zutreffend auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 UmwG Rdn. 62a. 12 So auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 16 UmwG Rdn. 62a. 13 OLG München Beschl. v. 17.2.2005, Az. 23 W 2406/04 DB 2005, 1731. 14 LG Hanau DB 1995, 2362. 15 BGH DB 1999, 2304. 16 Lutter/Decher UmwG § 16 Rdn. 59 m.w.N. 17 OLG Hamm BB 1999, 1234. 18 OLG München Beschl. v. 17.2.2005, Az. 23 W 2406/04 DB 2005, 1731; a.A. Lutter/Decher UmwG § 16 Rdn. 59.
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Anlagen der Anmeldung | § 17 UmwG
innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung ergehen muss.19 Der Beschluss des OLG ist unanfechtbar.20 § 16 Abs. 3 Satz 10 billigt der obsiegenden Partei im späteren Klageverfahren einen Schadenersatzanspruch gegen die eG zu, jedoch ist nur der Schaden zu ersetzen, der aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung der Verschmelzung entstanden ist, es kann jedoch nicht die Beseitigung der Wirkungen der Eintragung verlangt werden. Europäische Genossenschaft (SCE) Die Anmeldung der SCE wird in der SCE-VO nicht erwähnt, eine SCE mit Sitz in 7 Deutschland wird in das GenReg eingetragen, § 3 Satz 1 SCEAG. § 3 Satz 2 des SCEAG bestimmt, dass der Anmeldung zusätzlich die Bescheinigung des Prüfungsverbands beizufügen ist, dass die SCE zum Beitritt zugelassen ist; Art. 71 verweist zum Prüfungssystem auf nationales Recht. Mangels Regelung der Anmeldung gelten gemäß Art. 20 die für die Verschmelzung von eG geltenden Rechtsvorschriften, also auch §§ 16, 38 entsprechend. Jeder Vorstand bzw. jedes Leitungsorgan hat die Verschmelzung bei dem gemäß nationalen Gesetzen zuständigen Gericht bzw. der zuständigen Stelle anzumelden. Auf Anmeldungen zum Genossenschaftsregister, die die SCE mit Sitz in Deutschland betreffen, ist § 6 Abs. 1 bis 3 GenRegV unter Berücksichtigung der §§ 3, 17, 22 Abs. 1 und § 26 SCEAG entsprechend anzuwenden (§ 6 Abs. 4 GenRegV). Zu den bei der Anmeldung einzureichenden Unterlagen vgl. § 17 Rdn. 11 bis 17, vgl. auch § 38 Rdn. 4. Die ordnungsgemäße Anmeldung nach den nationalen Vorschriften ist Gegenstand 8 des Kontrollverfahrens nach Art. 29 Abs. 1 (erste Kontrollstufe). In jedem Mitgliedstaat stellt das zuständige Gericht, der Notar oder eine andere zuständige Behörde, in Deutschland das GenRegGer, eine Bescheinigung aus, dass die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten durchgeführt wurden (Art. 29 Abs. 2). Dazu gehört auch die Erklärung der zuständigen Stelle über die Austragung im Register des untergehenden Rechtsträgers nach den nationalen Vorschriften für Verschmelzungen von eG, hilfsweise nach den dort geltenden Vorschriften des Aktienrechts.
§ 17 Anlagen der Anmeldung § 17 UmwG Anlagen der Anmeldung (1) Der Anmeldung sind in Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift oder, soweit sie nicht notariell zu beurkunden sind, in Urschrift oder Abschrift der Verschmelzungsvertrag, die Niederschriften der Verschmelzungsbeschlüsse, die nach diesem Gesetz erforderlichen Zustimmungserklärungen einzelner Anteilsinhaber einschließlich der Zustimmungserklärungen nicht erschienener Anteilsinhaber, der Verschmelzungsbericht, der Prüfungsbericht oder die Verzichtserklärungen nach § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 3 oder § 12 Abs. 3, § 54 Abs. 1 Satz 3 oder § 68 Abs. 1 Satz 3, ein Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Verschmelzungsvertrages oder seines Entwurfs an den zuständigen Betriebsrat beizufügen.
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19 Mit Wirkung zum 25.4.2007 in Kraft durch Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes; parallel zu § 16 Abs.3 UmwG wurden auch die aktienrechtlichen Freigabeverfahren in §§ 246a Abs. 3 und 319 Abs. 6 AktG angepasst. 20 Vgl. § 16 Abs. 3 S. 9.
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§ 17 UmwG | Umwandlungsgesetz
(2) Der Anmeldung zum Register des Sitzes jedes der übertragenden Rechtsträger ist ferner eine Bilanz dieses Rechtsträgers beizufügen (Schlussbilanz). Für diese Bilanz gelten die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend. Sie braucht nicht bekannt gemacht zu werden. Das Registergericht darf die Verschmelzung nur eintragen, wenn die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist. Der Anmeldung sind die in Abs. 1 genannten Anlagen beizufügen. Der Nachweis über die rechtzeitige Zuleitung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs an den zuständigen Betriebsrat sollte durch eine Empfangsbestätigung des Betriebsrats erbracht werden (des Vorsitzenden oder eines anderen empfangsberechtigten Vertreters des Betriebsrats).1 Die zum Nachweis der Anhörung des Betriebsrats im Zusammenhang mit einer Kündigung entwickelten Grundsätze gelten entsprechend. Falls kein Betriebsrat besteht, ist dieses in der Anmeldung zu erklären. Nur in Ausnahmefällen ist eine staatliche Genehmigung erforderlich, z.B. wenn das 2 Bundeskartellamt nach § 36 GWB die Verschmelzung untersagt und der Bundesminister für Wirtschaft eine Ausnahmeerlaubnis gem. § 42 GWB erteilt. Der Anmeldung zum Genossenschaftsregister des Sitzes der übertragenden eG 3 ist auch eine Schlussbilanz der übertragenden eG beizufügen. Die Schlussbilanz soll die Reihe der Jahresbilanzen der übertragenden eG abschließen und den Übergang zu den Jahresbilanzen der übernehmenden eG bilden. Zur Problematik der nach h.M. zulässigen Verschmelzung auf einen zukünftigen Verschmelzungsbilanzstichtag vgl. Erl. zu § 5 Rdn. 15. § 17 Abs. 2 Satz 4 regelt nur den – spätesten – Stichtag der Aufstellung der Schlussbilanz, nicht dagegen, wann sie dem Gericht vorgelegt werden muss. Geschieht das nicht mit der Anmeldung, ist diese unvollständig. Die Schlussbilanz ist dann nach Zwischenverfügung nachzureichen, ehe der Anmeldung entsprochen werden kann.2 Die Anmeldung kann bei einer Verschmelzung auf einen zukünftigen Verschmelzungsstichtag bereits nach Beschlussfassung über die Verschmelzung und vor dem Verschmelzungsstichtag erfolgen.3 Die Aufstellung der Schlussbilanz geschieht nach den Vorschriften über die Jah4 resbilanz (Abs. 2 Satz 2). Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes gelten für diese Bilanz die Vorschriften über die Jahresbilanz und die Prüfung entsprechend (§ 17 Abs. 2 Satz 2) Danach sind Buchführung und Schlussbilanz gem. § 53 Abs. 2 GenG zu prüfen, bei großen eG ist ein Bestätigungsvermerk erforderlich (§ 58 Abs. 2 GenG). Die Vorlage eines Jahresabschlusses verlangt das Gesetz nicht, sodass es weder einer Gewinn- und Verlustrechnung noch eines Anhangs bedarf. Ein Lagebericht ist nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 ebenfalls nicht aufzustellen.4 Die Schlussbilanz hat nicht unbedingt – trotz des Grundsatzes der Bilanzkontinuität – an die Bewertungen der letzten Jahresbilanz anzuknüpfen. Sie kann im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung die Wertansätze der Bilanzposten selbständig ansetzen, da sie das Vermögen der übertragenden eG, das auf die übernehmende eG übergeht, wiedergeben soll. Zu diesem Zweck kann es sich auch empfehlen, neben der Schlussbilanz eine Vermögensbilanz mit den wahren Werten aufzustellen. In der Regel 1
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1 Lutter/Decher UmwG § 17 Rdn. 4; Fronhofer in Widmann/Mayer UmwG § 17 Rdn. 3. 2 So überzeugend LG Kassel Urt. v. 20.4.2007, Az. 13 T 20/06, Rpfleger 2007, 668–669 m.w.N.; Lutter/ Decher UmwG § 17 Rdn. 13 u. 14. 3 LG Kassel Urt. v. 20.4.2007, Az. 13 T 20/06, Rpfleger 2007, 668–669. 4 Vgl. im Einzelnen Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschn. V 1.1. S. 141 f.; so auch Lutter/Decher UmwG § 17 Rdn. 8 f..
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sollte der Zeitpunkt als Bilanzstichtag gewählt werden, zu dem die übertragende eG ihre Betriebsführung auf eigene Rechnung einstellt. Es kann so verfahren werden, dass die Salden der Schlussbilanz übertragen und alle Umsätze vom Tag nach der Schlussbilanz bis zum tatsächlichen Geschäftsübergang bei der übernehmenden eG nachgebucht werden. Die Schlussbilanz ist namentlich auch maßgeblich für die Feststellung des Ge- 5 schäftsguthabens, welches das Mitglied bei der übertragenden eG gehabt hat, und für die Auseinandersetzung mit ausscheidenden Mitgliedern.5 Zur Erleichterung lässt Abs. 2 Satz 4 zu, dass als Schlussbilanz eine Bilanz verwer- 6 tet wird, die bereits früher aufgestellt worden ist. Es kann namentlich die letzte Jahresbilanz als Schlussbilanz dienen, sofern deren Bilanzstichtag nicht länger als 8 Monate vor dem Tage der Anmeldung der Verschmelzung liegt. Gleichwohl muss sie als Jahresbilanz publiziert werden. Es ist auch zulässig, der Verschmelzung eine Schlussbilanz zugrunde zu legen, deren Stichtag nach dem Datum des Abschlusses des Verschmelzungsvertrages und der Beschlussfassung der GV/VV über die Verschmelzung liegt. Allerdings muss die Bilanz noch mindestens bis zur Anmeldung der Verschmelzung beim Registergericht der übertragenden eG durch die GV/VV der übertragenden eG genehmigt werden;6 die Aufstellung durch den Vorstand allein genügt nicht; hierbei dürfen zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Anmeldung nicht mehr als 8 Monate liegen. Nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) durch die GV/VV wirkt nicht auf den Zeitpunkt zurück, zu dem der Abschluss dem Registergericht eingereicht wurde. Eine kurzfristige Überschreitung der 8-Monats-Frist wurde nach der alten Rechtslage des § 93d Abs. 3 GenG von der Rechtsprechung geduldet;7 die Acht-Monats-Frist des § 17 ist eine Ausschlussfrist und damit nach h.M. zwingendes Recht.8 Auch eine nur geringfügige Überschreitung schadet daher.9 Lehnt die übertragende eG trotz bereits beschlossener Fusion die vom Vorstand aufgestellte Bilanz in diesem Zeitraum ab und wird auch nicht innerhalb dieser Frist aufgrund eines anderen Versammlungsbeschlusses – die Bilanz kann erneut zur Beschlussfassung gestellt werden – die Bilanz genehmigt, so fehlt es an einer unabdingbaren Voraussetzung für eine wirksame Feststellung der Bilanz; die Eintragung der Verschmelzung ist seitens des Registergerichts zu versagen.10 Gleiches gilt bei nicht rechtzeitiger Anmeldung.11 In diesem Fall muss eine neue Bilanz aufgestellt und beschlossen werden. Da die Verschmelzungsbilanz Grundlage der Verschmelzungsbeschlüsse ist, müssen auch diese – ggf. in außerordentlicher GV/VV – erneut gefasst werden. Erfolgt eine fristgemäße, jedoch nicht die Erfordernisse der Abs. 1 und 2 erfüllende Anmeldung, so können diese Anlagen nachgereicht werden; die 8-Monats-Frist des Abs. 2 ist jedenfalls gewahrt. Abs. 1 und 2 sind insoweit bloße Ordnungsvorschriften.12 Die Prüfung der Schlussbilanz ist, soweit die Prüfung des Jahresabschlusses nicht 7 vorgeschrieben ist,13 nicht erforderlich. Jedoch kann die GV/VV – im Zusammenhang mit
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5 § 93 UmwG; vgl. auch Schlarb S. 39 ff. sowie ders. DB 1979, 901 f.; vgl. Erl. zu § 87. 6 LG Mannheim ZfG 1975, 241 m.Anm. Großfeld/Apel; LG Kassel, Rpfleger 1978, 217. 7 OLG Zweibrücken ZfG 1971, 206; OLG Frankfurt DB 1978, 1585. 8 Germann Die Acht-Monats-Frist für die Einreichung der Schlussbilanz … GmbHR 1996, 591 ff.; Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 55; Bauer Genossenschaft-Handbuch § 17 Rdn. 40 m.w.N. 9 Lutter/Decher UmwG § 17 Rdn. E11. 10 LG Kassel Rpfleger 1978, 217. 11 Schaffland Genossenschaftsforum 9/1978, 36. 12 OLG Düsseldorf OLGZ 1984, 259 = BB 1984, 1079 = DNotZ 1985, 95 = Rpfleger 1984, 275. 13 Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschnitt V. 1.2.1. S. 143; Lutter/Decher UmwG § 17 Rdn. 9; LG Kempten RPfleger 2001, 433; a.A. Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 55 a.E.; Bleschke S. 146.
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dem Verschmelzungsbeschluss – die Prüfung der Schlussbilanz beschließen; auch kann dieses im Verschmelzungsvertrag vereinbart werden. Ob die Prüfung als Grundlage des Verschmelzungsgutachtens (§ 81) notwendig ist, entscheidet der Prüfungsverband in diesen Fällen nach pflichtgemäßem Ermessen. Wenn der Stichtag der Schlussbilanz – wie in der Praxis häufig – dem letzten Jah8 resabschluss entspricht, liegt bei den jährlich prüfungspflichtigen eG (vgl. § 53 Abs. 1 GenG) ein geprüfter Jahresabschluss vor, der meistens der Schlussbilanz entspricht. In diesen Fällen ist den Anforderungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Genüge getan. Werden für den Fall der positiven Beschlussfassung über die Verschmelzung etwa in der Schlussbilanz die Geschäftsguthaben durch Umwandlung von Rücklagen zur Herstellung einer angemessenen Beteiligung an der übernehmenden eG aufgewertet, erfolgt also lediglich ein Tausch auf der Passivseite der Bilanz, bedarf es ebenfalls keiner gesonderten Prüfung der Schlussbilanz, da darauf ohnehin im wörtlich zu verlesenden Verschmelzungsgutachten hinzuweisen ist. Durch das Registergericht der übernehmenden eG erfolgt eine Prüfung, ob die 9 Anmeldung in der gesetzlichen Form erfolgt ist. Des Weiteren hat das Registergericht zu prüfen, ob die in Abs. 1 aufgeführten Anlagen ordnungsgemäß vorliegen. Fehlt eine dieser Urkunden, hat das Registergericht die Eintragung zu versagen. Das Registergericht hat zwar von Amts wegen zu prüfen, es hat jedoch keine besonderen Ermittlungen anzustellen. So hat es sich hinsichtlich der Prüfung des Bilanzstichtags auf die Prüfung anhand der vorgelegten Urkunden zu beschränken. 10 Das Registergericht der übernehmenden eG hat des Weiteren zu prüfen, ob die Eintragung der Verschmelzung in das für die übertragende eG zuständige Register erfolgt ist (§ 19 Abs. 1). Das Registergericht hat kein Recht, den Nachweis zu fordern, wie viele Geschäftsanteile die Mitglieder der übertragenden eG bei der übernehmenden eG erwerben. Europäische Genossenschaft (SCE) Die Gründung der SCE durch Verschmelzung kann erst eingetragen und bekannt gemacht werden, wenn ein dem Schutz der Mitglieder, Gläubiger und Anleger dienendes zweistufiges Kontrollverfahren gem. Art. 29 (erste Stufe) und Art. 30 (zweite Stufe) durchlaufen wurde, das eine besondere Rechtmäßigkeitskontrolle vorsieht und auch dem Minderheitenschutz der Mitglieder dient.14 Art. 29 Abs. 1 bestimmt, dass sich die Rechtmäßigkeit der Verschmelzung in Bezug auf die Verfahrensabschnitte der Verschmelzung der beteiligten Genossenschaften (Art. 21 bis 27) nach dem jeweiligen nationalem Verschmelzungsrecht, also für beteiligte deutsche eG nach dem UmwG richtet. Die Durchführung der Verschmelzung und Gründung der SCE wird gem. Art. 30 Abs. 1 nach dem Recht des zukünftigen Sitzstaats kontrolliert, hat die SCE ihren Sitz in Deutschland also ebenfalls nach UmwG; zuständig ist das das Genossenschaftsregister führende Amtsgericht (vgl. § 19 Rdn. 7, § 3 SCEAG). Gegenstand der Prüfung im ersten Verfahrenabschnitt sind alle im Zeitpunkt der 12 Kontrolle abgeschlossenen Verfahrensabschnitte (dazu § 2 Rdn. 31): Verschmelzungsplan (Abschluss, Inhalt, Form), Verschmelzungsbericht (Erläuterung und Begründung), Bekanntmachung des Verschmelzungsplans nebst Pflichtangaben, Prüfung des Verschmelzungsplans und Vorlage des Prüfungsberichts, Vorlage der Schlussbilanz und etwaiger Zwischenbilanzen (s.u.), Arbeitnehmerbeteiligung gem. SCEBG, ordnungsgemäße und gleichlautende Beschlussfassung über den Verschmelzungsplan und Einhaltung der 11
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Beuthien GenG SCE Art. 29 Rdn. 1.
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Formalien, z.B. Fristen, nach dem nationalen Verschmelzungsrecht und der SCE-VO (z.B. Art. 30 Abs. 2: Vorlage der Kontrollbescheinigung innerhalb von 6 Monaten). Weiterhin steht beim 1. Kontrollverfahrensabschnitt die Einhaltung des nationalen Rechts der verschmelzenden eG zum Schutz der Gläubiger und Mitglieder im Vordergrund, namentlich die Minderheitenschutzrechte (Ausschlagung, Verbesserung des Umtauschverhältnisses, Sicherheitsleistung); vgl. dazu die Gegenüberstellung bei § 2 Rdn. 31 mit Verweis auf die wichtigsten Vorschriften des UmwG. Die Vorlage einer ordnungsgemäßen Verschmelzungsbilanz beim Registergericht, die der Beschlussfassung zugrunde gelegen hat, ist ebenfalls notwendig. Die Schlussbilanz wird in § 8 Abs. 4 Satz 1 SCEAG als Grundlage der Auseinandersetzung mit einem früheren Mitglied ausdrücklich erwähnt. Dort wird auf § 93 Abs. 2 und Abs. 3 verwiesen (vgl. § 90 Rdn. 10, § 93 Rdn. 12). Zwischenbilanzen sind gegebenenfalls aufzustellen, § 63 UmwG gilt entsprechend; diese werden in Art. 25 Abs. 1c) unter Verweis auf das nationale Recht erwähnt. Außerdem muss der Vorstand der übertragenden eG bei Sitzverlegung ins Ausland schriftlich erklären, dass allen (dies verlangenden) Gläubigern angemessene Sicherheit geleistet wurde (§ 9 SCEAG i.V.m. § 11 Abs. 1 u. 2 SCEAG);15 vgl. § 22 Rdn. 9. Für an der Verschmelzung zur SCE beteiligte eG stellt das GenRegGer16 eine Kontrollbescheinigung aus, die die Einhaltung der bis dahin durchlaufenen Verfahrensvorschriften bestätigt (Art. 29 Abs. 2); für die beteiligten ausländischen eG ist das jeweilige nationale Recht maßgeblich. Dies kann auch ein Notar oder eine andere Behörde sein, die das nationale Recht bestimmt. Sodann folgt ein zweiter Kontrollabschnitt (Rechtmäßigkeitskontrolle der Gründung der SCE) nach dem Verschmelzungsrecht im zukünftigen Sitzstaat der SCE (Art. 30 Abs. 1), hilfsweise nach Aktienrecht. Zuständig hierfür ist bei der SCE mit Sitz in Deutschland ebenfalls das GenRegGer, dort wird die SCE eingetragen (§ 3 SCEAG).17 Der Prüfungsverband ist nicht zuständige Behörde für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Verschmelzung i.S.d. Art. 30 Abs. 2. Dem Registergericht, bei der die SCE eingetragen ist, muss jede beteiligte Genossenschaft die Kontrollbescheinigung der nationalen Kontrollbehörde gem. Art. 29 Abs. 2 vorlegen. Bei der SCE mit Sitz in Deutschland ist die Vorlage durch eine beteiligte eG zwar auf den ersten Blick formalistisch (gleiches Registergericht), im Hinblick auf die Ausschlussfrist für die Eintragung gem. Art. 30 Abs. 2 (6 Monate ab Ausstellung) jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit ebenfalls erforderlich. Das für die SCE zuständige Registergericht (in Deutschland das GenRegGer) prüft, ob alle beteiligten Genossenschaften einen Verschmelzungsplan gleichen Inhalts beschlossen haben und die Vereinbarung mit den Arbeitnehmern gem. SCEBG wirksam geschlossen wurde. Außerdem findet eine Gründungskontrolle nach dem nationalen Recht (bei SCE mit Sitz in Deutschland: UmwG, GenG) statt; z.B. wird kontrolliert, ob der Beitritt zu einem Prüfungsverband zugelassen ist und die Bescheinigung des Prüfungsverbands vorliegt und die Negativerklärung zur Klage vorliegt (§ 16 Abs. 2 Satz 1). Nach Art. 31 Abs. 2 darf die SCE erst nach Vorliegen aller Voraussetzungen (vgl. Übersicht § 2 Rdn. 31) gem. Art. 31 Abs. 1 eingetragen werden. § 17 findet bei der Anmeldung der der SCE mit Sitz in Deutschland entsprechende Anwendung (vgl. § 16 Rdn. 7), zusätzlich müssen die oben erwähnten besonderen Nach-
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15 § 11 Abs. 1 SCEAG: Voraussetzungen, Rechtzeitige schriftliche Anmeldung und Glaubhaftmachung, dass durch Sitzverlegung Erfüllung der Mitgliederforderungen gefährdet wird. 16 A.A. Beuthien GenG SCE Art. 29 SCE Rdn. 2, zuständig wohl das Landgericht. 17 A.A. Beuthien GenG SCE Art. 30 Rdn. 1: Handelsregistergericht.
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weise (insbesondere Kontrollbescheinigungen aller beteiligten Genossenschaften, gleichlautende Verschmelzungsplanbeschlüsse, Arbeitnehmerbeteiligung nach SCEBG, Zulassung der SCE zum gen. Prüfungsverband) bei der Anmeldung vorgelegt werden.
§ 18 Firma oder Name des übernehmenden Rechtsträgers § 18 UmwG Firma oder Name des übernehmenden Rechtsträgers (1) Der übernehmende Rechtsträger darf die Firma eines der übertragenden Rechtsträger, dessen Handelsgeschäft er durch die Verschmelzung erwirbt, mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführen. (2) Ist an einem der übertragenden Rechtsträger eine natürliche Person beteiligt, die an dem übernehmenden Rechtsträger nicht beteiligt wird, so darf der übernehmende Rechtsträger den Namen dieses Anteilsinhabers nur dann in der nach Absatz 1 fortgeführten oder in der neu gebildeten Firma verwenden, wenn der betroffene Anteilsinhaber oder dessen Erben ausdrücklich in die Verwendung einwilligen. (3) Ist eine Partnerschaftsgesellschaft an der Verschmelzung beteiligt, gelten für die Fortführung der Firma oder des Namens die Absätze 1 und 2 entsprechend. Eine Firma darf als Name einer Partnerschaftsgesellschaft nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes fortgeführt werden. § 1 Abs. 3 und § 11 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes sind entsprechend anzuwenden. 1
Abs. 1 der Vorschrift ergänzt die allgemeinen firmenrechtlichen Vorschriften (§§ 18, 19, 30 HGB) und regelt das Firmenrecht im Falle der Verschmelzung für alle Rechtsformen einheitlich. In Anlehnung an § 22 HGB kann der übernehmende Rechtsträger die Firma des übertragenden Rechtsträgers ohne dessen Einwilligung fortführen. Die Vorschrift wurde durch das Handelsrechtsreformgesetz geändert; die Sonderregelungen in Abs. 2 und 3 wurden aufgrund der Verschmelzungsfähigkeit von Partnerschaftsgesellschaften eingefügt.1 Europäische Genossenschaft (SCE)
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Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 ist der Firma der Zusatz „SCE“ voran- oder nachzustellen und gegebenenfalls der Zusatz „mit beschränkter Haftung“ anzufügen, wenn die Haftung nach Art. 1 Abs. 2 Satz 4 beschränkt ist. Die Haftungsbeschränkung ist der gesetzliche Regelfall. Sofern nämlich in der Satzung der SCE bei der Gründung nichts anderes vorgesehen ist, haftet ein Mitglied nur bis zur Höhe seines eingezahlten Geschäftsanteils. Bei einer SCE mit Sitz in Deutschland ist die Abkürzung XY SCE m.b.H. zulässig, da der Zusatz bei den Verkehrskreisen als Haftungsbeschränkung verstanden wird. Die SCE-VO schränkt die Bildung der Firma nicht ein, insbesondere muss diese nicht an den Gegenstand des Unternehmens angelehnt sein. Diese Grundsätze gelten auch bei Gründung einer SCE durch Verschmelzung. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 verweist im Übrigen auf das für Aktiengesellschaften geltende Recht zu den erforderlichen Angaben auf Geschäftsbriefen, also auf § 80 AktG.
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Art. 2 HandelsrechtsreformG. v. 22.6.1998, BGBl. I, 1474; UmwÄndG. v. 22.7.1998, BGBl. I, 1878.
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Eintragung und Bekanntmachung der Verschmelzung | § 19 UmwG
Ergänzend gilt § 18 (vgl. Art. 20), die bisherige Firma darf also mit oder ohne Nachfolgezusatz fortgeführt werden, die Anforderungen des Art. 10 müssen dabei erfüllt sein.
§ 19 Eintragung und Bekanntmachung der Verschmelzung § 19 UmwG Eintragung und Bekanntmachung der Verschmelzung (1) Die Verschmelzung darf in das Register des Sitzes der übernehmenden Rechtsträger erst eingetragen werden, nachdem sie im Register des Sitzes jedes der übertragenden Rechtsträger eingetragen worden ist. Die Eintragung im Register des Sitzes jedes der übertragenden Rechtsträger ist mit dem Vermerk zu versehen, dass die Verschmelzung erst mit der Eintragung im Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers wirksam wird, sofern die Eintragungen in den Registern aller beteiligten Rechtsträger nicht am selben Tag erfolgen. (2) Das Gericht des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers hat von Amts wegen dem Gericht des Sitzes jedes der übertragenden Rechtsträger den Tag der Eintragung der Verschmelzung mitzuteilen. Nach Eingang der Mitteilung hat das Gericht des Sitzes jedes der übertragenden Rechtsträger von Amts wegen den Tag der Eintragung der Verschmelzung im Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers im Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers zu vermerken und die bei ihm aufbewahrten Urkunden und anderen Schriftstücke dem Gericht des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers zur Aufbewahrung zu übersenden. (3) Das Gericht des Sitzes jedes der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger hat jeweils die von ihm vorgenommene Eintragung der Verschmelzung von Amts wegen durch den Bundesanzeiger und durch mindestens ein anderes Blatt ihrem ganzen Inhalt nach bekannt zu machen. Mit dem Ablauf des Tages, an dem jeweils das letzte der die Bekanntmachung enthaltenden Blätter erschienen ist, gilt die Bekanntmachung für diesen Rechtsträger als erfolgt. Die in Abs. 1 u. 2 enthaltene Reihenfolge ist zwingend. Die Wirkung der Ver- 1 schmelzung tritt erst mit der Eintragung im Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers ein. Hierdurch wird auch bei Beteiligung mehrerer übertragender Rechtsträger ein einheitlicher Vermögensübergang sichergestellt. Durch HRegGebVO vom Oktober 20041 wurden Eintragungen im Genossenschafts- 2 register kostenpflichtig. Der Gesetzgeber sah aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit der eG keine Veranlassung mehr, die nicht mehr zeitgemäße Kostenfreiheit beizubehalten.2 Die Ersteintragung aufgrund einer Umwandlung nach dem UmwG führt zu Gebühren in Höhe von € 360 (Nr. 3101 Anl. zu § 1 HRegGebVO). Die Eintragung einer Umwandlung in das Register des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers (Nr. 3400 Anl. zu § 1 HRegGebVO) oder in das Register des übernehmenden Rechtsträgers (Nr. 3401 Anl. zu § 1 HRegGebVO) € 360. Die Bekanntmachung nach § 19 Abs. 3 Satz 1 ist keine Wirksamkeitsvorausset- 3 zung. Sie hat nur deklaratorische Bedeutung; Abs. 3 ist an § 10 HGB angelehnt.3 Zur elektronischen Bekanntmachung nach Inkrafttreten des EHUG zum 1.1.2007 vgl. Vorb. UmwG Rdn. 15.
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HRegGebV vom 30.9.2004, BGBl. I, 2562 f. zuletzt geänd. d. Art. 20 G. v. 24.4.2015, BGBl. I 642. BR-Drs. 580/04. Lutter/Decher UmwG § 19 Rdn. 13.
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Die Eintragung muss bei einer taggleichen Eintragung im GenReg bei den übertragenden eG nicht mit dem Vermerk erfolgen, dass die Verschmelzung erst mit Eintragung im Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers wirksam wird.4 Dies dient der Entlastung der Gerichte und spart ggfs. zusätzliche Veröffentlichungskosten.5 Europäische Genossenschaft (SCE)
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Die Bekanntmachung der Verschmelzung richtet sich für die beteiligte(n) SCE nach Art. 32. Sie erfolgt für eine an der Verschmelzung zur SCE beteiligte eG nach § 19 UmwG. Die Gründung der SCE (mit Sitz in Deutschland), auch die Verschmelzung zu einer SCE, wird bekannt gemacht nach Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 12 „nach Maßgabe der Rechtsvorschriften, die im Sitzstaat der SCE für Aktiengesellschaften gelten“, richtet sich also ebenfalls nach § 19 UmwG. Zusätzlich wird die Eintragung (wie auch die Löschung einer Eintragung) einer SCE im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (Art. 13 Abs. 1), vgl. Rdn. 8. Die Eintragung der SCE erfolgt im Sitzstaat gem. dem für Aktiengesellschaften maßgebenden Recht (Art. 11 Abs. 1), es gilt als bei der SCE mit Sitz in Deutschland das AktienG. Da die Eintragung der SCE die Verschmelzung abschließt, muss zuvor die Austragung der beteiligten Genossenschften (ggfs. in verschiedenen Mitgliedsstaaten) erfolgt sein. Die Ausführungen unter Rdn. 1 und 2 gelten entsprechend. Es müssen also auch die Registerbestätigungen über die Austragung der beteiligten ausländischen eG vorliegen, insbesondere das Kontrollverfahren abgeschlossen sein. Zum zweistufigen Verschmelzungskontrollverfahren und zur Anmeldung vgl. § 17 Rdn. 11 f. Das Eintragungsverfahren nebst einzureichenden Unterlagen sowie die Bekanntmachung richtet sich nach §§ 16 bis 19, 36, 38 (bzw. §§ 198 und 199 bei der Gründung durch Umwandlung nach Art. 35; dazu unten Rdn. 8).6 Für die SCE mit Sitz in Deutschland ist der Verweis auf das Aktienrecht wegen des einheitlichen Verfahrensrechts im UmwG unerheblich. Die Verschmelzung und die gleichzeitige Gründung der SCE werden mit der Eintragung wirksam. § 3 SCEAG regelt, dass die SCE mit Sitz in Deutschland in das Genossenschaftsregister, nicht ins Handelsregister einzutragen ist. Die Eintragung in das spezielle Register für eG ist sachnäher und systematischer. Der Hinweis in Art. 31 Abs. 1 auf Art. 11, dessen Abs. 1 bestimmt, dass die SCE im Sitzstaat gemäß dem für Aktiengesellschaften maßgebenden Recht in ein nach dem Recht dieses Staates bestimmtes Register eingetragen wird, ist auf den ersten Blick irreführend.7 Entscheidend ist, dass der Sitzstaat das Register bestimmen kann, dies ist mit § 3 SCEAG systemgerecht mit dem GenReg erfolgt. Die Bekanntmachung der Eintragung der Verschmelzung (aber auch der Umwandlung, dazu s. Rdn. 9) zu einer SCE hat nur deklaratorische Wirkung (s.o. Rdn. 3) und erfolgt von Amts wegen im Bundesanzeiger und durch mindestens ein anderes Blatt (§ 19 Abs. 3 Satz 1).8 Daneben gilt Art. 13 Abs. 1, der eine zusätzliche Veröffentlichung der
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4 Mit Wirkung zum 25.4.2007 in Kraft durch Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes. 5 Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/2919 S. 13. 6 Vgl. ebenda. 7 Vgl. amtl. Begr. zum Gesetzentwurf v. 23.3.2006, zu § 3 SCEAG, BT-Drs. 16/1025, S. 54; so auch Schulze unter Hinweis auf die Publizitätsrichtlinie, die nur Mindestanforderungen aufgestellt hat, Die Europäische Genossenschaft (SCE), NZG 2004, 792 (794). 8 Zur Auswahl dieser Blätter durch das Gericht s. § 11 HGB u. § 11 HRegV.
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Wirkungen der Eintragung | § 20 UmwG
Eintragung (oder Löschung) der SCE im Amtsblatt der EU vorsieht, weil die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt für Dritte einfacher zu verfolgen ist. Zur (vorherigen) Bekanntmachung des Verschmelzungsplans gem. Art. 24, § 5 SCEAG vgl. § 6 Rdn. 8. Für die Umwandlung nach Art. 35 (dritte Gründungsart) fehlt eine Regelung der 9 Bekanntmachung. Art. 35 verweist nicht auf die Vorschriften des 2. Abschnitts der VO, § 5 SCEAG regelt nur die Bekanntmachung bei der Verschmelzung zur SCE nach Art. 19. Art. 17 verweist aber für alle Gründungsarten auf Art. 12 und dieser auf das nationale Aktienrecht (s.o. Rdn. 4). Eines Rückgriffs auf Art. 8 Abs. 1 c) ii) bedarf es nicht. Die obigen Ausführungen gelten entsprechend, da die Umwandlung aber dem Formwechsel der §§ 190 ff. entspricht (s. dazu oben § 1 Rdn. 8), richtet sich das Eintragungsverfahren hier nach den für Aktiengesellschaften geltenden spezielleren Vorschriften der §§ 201 (Bekanntmachung des Formwechsels) bzw. 198, 199 (Anmeldung und Anlagen zur Anmeldung). Für die Umwandlung einer bestehenden eG in eine SCE bestimmt Art. 35 Abs. 4, dass 10 der Umwandlungsplan mindestens einen Monat vor der Generalversammlung, die darüber beschließt, nach den Rechtsvorschriften im jeweiligen Mitgliedstaat bekannt zu machen ist. Die §§ 190 ff. sehen keine Bekanntmachung des Umwandlungsplans vor bzw. die Sondervorschriften (Abfindungsangebot § 231, bevorstehender Formwechsel § 278 Abs. 2; am ehesten noch bevorstehender Formwechsel in eine eG § 286) passen nicht; die Bekanntmachung erfolgt daher entsprechend den Vorschriften zur Bekanntmachung des Verschmelzungsplans bei Aktiengesellschaften gem. § 61 Satz 2 i.V.m. § 10 HGB im Bundesanzeiger und mindestens einem weiteren Bekanntmachungsorgan,9 siehe dazu ausführlich §§ 190 f. zur SCE.
§ 20 Wirkungen der Eintragung § 20 UmwG Wirkungen der Eintragung (1) Die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers hat folgende Wirkungen: 1. Das Vermögen der übertragenden Rechtsträger geht einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger über. 2. Die übertragenden Rechtsträger erlöschen. Einer besonderen Löschung bedarf es nicht. 3. Die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger werden Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers; dies gilt nicht, soweit der übernehmende Rechtsträger oder ein Dritter, der im eigenen Namen, jedoch für Rechnung dieses Rechtsträgers handelt, Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ist oder der übertragende Rechtsträger eigene Anteile innehat oder ein Dritter, der im eigenen Namen, jedoch für Rechnung dieses Rechtsträgers handelt, dessen Anteilsinhaber ist. Rechte Dritter an den Anteilen oder Mitgliedschaften der übertragenden Rechtsträger bestehen an den an ihre Stelle tretenden Anteilen oder Mitgliedschaften des übernehmenden Rechtsträgers weiter.
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So im Ergebnis mit direktem Verweis auf § 10 HGB auch Beuthien GenG SCE Art. 35 Rdn. 3.
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4.
Der Mangel der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsvertrags und gegebenenfalls erforderlicher Zustimmungs- oder Verzichtserklärungen einzelner Anteilsinhaber wird geheilt. (2) Mängel der Verschmelzung lassen die Wirkungen der Eintragung nach Absatz 1 unberührt. I. Allgemeines § 20 regelt die Rechtsfolgen, insbesondere die vermögensrechtlichen, der Verschmelzung. Die Rechtsfolgen werden geknüpft an die Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister am Sitz der übernehmenden eG. Die Eintragung in das Register am Sitz der übertragenden eG hat nur deklaratorische Bedeutung (anders noch § 93e Abs. 1 GenG a.F.); dies gilt auch hinsichtlich des Erwerbs der Mitgliedschaft bei der übernehmenden eG (§ 20 Abs. 1 Nr. 3). Die Wirkungen der Verschmelzung treten nach § 20 Abs. 2 auch bei Mängeln der Verschmelzung ein; neben der im Gesetz erwähnten Heilung des Mangels der fehlenden Beurkundung des Vertrages (§ 20 Abs. 1 Nr. 4) gilt der Grundsatz der Bestandskraft des gesellschaftsrechtlichen Rechtsetzungsakts. Nur ausnahmsweise tritt Nichtigkeit ein, insbesondere bei fehlender Heilungsmöglichkeit oder mangels möglicher ergänzender Vertragsauslegung.1 Die miteinander verschmelzenden eG können den Zeitpunkt des Eintritts der 2 Rechtsfolgen der Eintragung vertraglich weder rückwirken lassen noch hinausschieben. Sie können aber z.B. vereinbaren, dass die übertragende eG bereits vor der Eintragung der Verschmelzung ihre Geschäfte für Rechnung der übernehmenden eG macht, insoweit dürfte sich der Stichtag der Schlussbilanz anbieten.2 1
II. Rechtsfolgen 3
1. Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge. Die Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister des Sitzes der übernehmenden eG bewirkt kraft Gesetzes den Übergang des Vermögens einschließlich der Schulden der übertragenden eG auf die übernehmende eG, wobei es gleichgültig ist, ob es sich um bekannte oder unbekannte Vermögensgegenstände oder Schulden handelt (Gesamtrechtsnachfolge).3 Auch mündliche Nebenabreden werden mit Eintragung der Verschmelzung wirksam. Dies gilt auch für Verpflichtungen, die erst nach dem Stichtag der Verschmelzungsbilanz von der übertragenden eG eingegangen worden sind. Die übernehmende eG kann sich grundsätzlich nicht auf ihre Unkenntnis berufen. Es empfiehlt sich, eine entsprechende Vereinbarung im Verschmelzungsvertrag zu treffen, z.B. über bestimmte Mitteilungspflichten bei Eingehung solcher Verbindlichkeiten, die außerhalb des regelmäßigen Geschäftsbetriebs liegen. Auch Rechtsverhältnisse, die bei natürlichen Personen deshalb höchstpersönlich sind, weil sie auf besonderem Vertrauen beruhen, gehen über, weil sich das Vertrauen hier auf die jeweiligen – in ihren konkreten Personen auswechselbaren – Organe der eG bezieht; dies gilt z.B. für die Stellung als Vermögensverwalter, Treuhänder, Bevollmächtigter wie auch für öffentlich-rechtliche Befugnisse. Dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge würde es widersprechen, wenn be4 stimmte Aktiva oder Passiva der übertragenden eG von diesem Übergang ausgenommen
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Beuthien UmwG §§ 2 ff. Rdn. 83; Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 76 ff. Schlarb S. 95. Vgl. K. Schmidt AcP 191 1991, 496 ff.
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würden. Denkbar wäre es jedoch, einzelne Gegenstände vorher aus der Vermögensmasse auszuscheiden.4 2. Übergang der Aktiva und Passiva. Dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge 5 entspricht es, dass besondere Übertragungsakte in Ansehung der einzelnen Vermögensgegenstände nicht erforderlich sind. Rechte an beweglichen Sachen gehen ohne Einigung und Übergabe, Rechte an unbeweglichen Sachen ohne Einigung und Eintragung, Rechte an Forderungen ohne Einigung über.5 So geht eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, die z.B. zugunsten einer eG dem Grundstückseigentümer die Ausübung eines bestimmten Gewerbes verbietet, nach § 1092 Abs. 2 i.V.m. § 1059a Nr. 1 BGB ohne weiteres auf die übernehmende eG über.6 Beim Forderungsübergang besteht für die entsprechende Anwendung der §§ 401–404 BGB kein Bedürfnis, da sich die dort angeordneten Rechtsfolgen bereits aus den Verschmelzungsvorschriften ergeben; ebenso entfällt die Berücksichtigung eines Abtretungsverbots nach § 400 BGB, da die übertragende eG wegen ihres Erlöschens nicht mehr schutzbedürftig ist; auch § 399 BGB findet keine Anwendung, da der Ausschluss der Forderungsabtretung bei der Verschmelzung wegen des Erlöschens der übertragenden eG auch das Erlöschen der nicht übergehenden Forderungen bewirken würde.7 Die übernehmende eG ist auch zur Einziehung der bei der übertragenden eG noch bestehenden Einzahlungsrückstände auf die Geschäftsanteile berechtigt.8 Als Folge der gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge werden Grundbucheintragun- 6 gen und Eintragungen in andere öffentliche Register unrichtig, sie sind auf Antrag des Vorstands der übernehmenden eG zu berichtigen. Um die Berichtigung derartiger Eintragungen auf möglichst einfache Weise zugunsten der übernehmenden eG herbeizuführen, reicht die Vorlegung einer Bestätigung über die Verschmelzung, die das Gericht des Sitzes der übertragenden eG auszustellen hat, zum Nachweis des Vermögensübergangs und damit als Grundlage der Berichtigung der Grundbücher usw. aus. Handelt es sich um ein und dasselbe Registergericht, genügt ein Hinweis auf die Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister. Für die Grundbuchberichtigung wird nach § 60 Abs. 1 KostO die volle Gebühr erhoben, da es sich nicht nur um eine Namensänderung, sondern um eine Gesamtrechtsnachfolge handelt.9 Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die dabei anfallenden erheblichen Gebühren, die oft in keinem Verhältnis zum Aufwand der Eintragung stehen, eine nach der EuGH-Rechtsprechung verbotene indirekte Steuer darstellen, die einen Rückforderungsanspruch der eG begründen kann.10 Sie kann jedoch als zulässige Besitzwechselsteuer angesehen werden, wenn sie nicht höher ist als diejenigen, die in dem Mitgliedstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden.11 Auch der Übergang der Schulden der übertragenden eG auf die übernehmende eG 7 bedarf – abweichend von § 415 BGB – nicht der Zustimmung der Gläubiger. Für den Zeitraum vom wirksamen Verschmelzungsvertrag (Unterzeichnung durch die Vorstände und
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4 Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 8. 5 Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 9. 6 BayObLG DB 1983, 1650. 7 Schlarb S. 99. 8 BlfG 1936, 332. 9 OLG Hamm DB 1982, 2698 = BB 1982, 2142; OLG Hamm RPfleger 1993, 42. 10 EuGH Urt. v. 15.6.2006, Az. C-264/04 (Badischer Winzerkeller): Verbot des Art. 10 Buchst. c), Art. 12 Abs. 1 Buchst. b) der RL 69/335/EWG des Rates v. 17.7.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital i.d.F. der RL 85/303/EWG des Rates v. 10.6.1985. 11 Ebenda, Leitsatz 2.
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Beschlussfassung durch die GV/VV) bis zur Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister am Sitz der übertragenden eG haftet ausschließlich die übertragende eG. Erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung beim Registergericht der übernehmenden eG (vgl. Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 1) gehen die Verbindlichkeiten über. 3. Fortbestehen der Sicherheiten. Haben Dritte für die Schulden der übertragenden eG Sicherheiten bestellt, so gehen diese – dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge entsprechend – ebenfalls auf die übernehmende eG über; § 418 Abs. 1 BGB gilt hier nicht. Allerdings kann die Verschmelzung zu einer erhöhten Gefährdung der Sicherungsgeber dadurch führen, dass nunmehr auch zusätzlich die Gläubiger der übernehmenden eG auf das Vermögen der übertragenden eG zugreifen können; dem wirkt jedoch § 22 entgegen, wonach die Gläubiger der beteiligten Rechtsträger von der übernehmenden eG Sicherheitsleistung oder Befriedigung verlangen können;12 ggfs. auch Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund für die Gläubiger der übertragenden eG.13 Sind diese Sicherheiten, insbesondere Bürgschaften, auch für künftig entstehende 9 Schulden der übertragenden eG bestellt worden, gelten diese nur für Verbindlichkeiten der übernehmenden eG, die nach der Verschmelzung entstehen, wenn dieses ausdrücklich vereinbart ist.14 Dies folgt daraus, dass der Sicherungsgeber nur eintreten will für einen Schuldner, den er persönlich kennt. Im Übrigen ist die Rechtsprechung zur weiten Sicherungsabrede zu beachten. Sicherheiten, die die übertragende eG als Gläubigerin von Dritten hereingenommen 10 hat, gehen ebenfalls auf die übernehmende eG über. Sind die Sicherheiten auch für künftige Forderungen der übertragenden eG gegeben worden, gelten sie auch für Forderungen, die von der übernehmenden eG nach der Verschmelzung als Gläubigerin begründet werden.15 Dies folgt aus dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge und daraus, dass der Sicherungsgeber zwar ein Interesse an der Person hat, für die er mit Sicherheiten eintritt, dieses Interesse jedoch nicht hinsichtlich der Person gegeben ist, die dem Schuldner Kredite einräumt. Vereinigen sich durch die Verschmelzung Forderungen und Schulden der beiden eG 11 in der Person der übernehmenden eG, erlöschen diese wechselseitigen Verbindlichkeiten (Konfusion). Dies gilt jedoch nicht für Ansprüche auf Erfüllung des Verschmelzungsvertrags und solche Schadensersatzansprüche der beiden eG, die erst durch die Verschmelzung zum Entstehen gelangen. 8
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4. Abwicklung von Dauerschuldverhältnissen. Auch Verpflichtungen und Berechtigungen aus Dauerschuldverhältnissen gehen im Zweifel (zu den Ausnahmen s. § 21) unverändert auf die übernehmende eG über, sofern nicht besondere Umstände des einzelnen Falls zu anderer Auslegung zwingen. Die übernehmende eG wird also auch Rechtsnachfolgerin hinsichtlich der Rechte und Pflichten der übertragenden eG aus Miet-, Pacht-, Dienst- oder Werkverträgen; § 613a BGB findet Anwendung.16 Die Tatsache der Verschmelzung allein berechtigt den Vertragspartner der übertragenden eG regelmäßig weder zum Rücktritt vom Vertrag,17 noch zur Kündigung aus wichtigem Grund. Jedoch dürften unterschiedliche Konditionen im Bereich der übertragenden und der
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So auch Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 33. Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 33 u. 53. Schlarb S. 118. BGH WM 1980, 770 = NJW 1980, 1841 = DB 1980, 1935. RegEBegr. BR-Drs. 75/94 zu §§ 216 und 132 UmwG; BAG NZA 1994, 848 = DB 1994, 1683 f. Schlarb S. 119.
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übernehmenden eG unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Mitglieder in der Regel anzupassen sein. Die Organe der übertragenden eG erlöschen durch die Verschmelzung.18 Das Auftragsverhältnis zwischen den Mitgliedern des Aufsichtsrats – auch mit den nach dem Betriebsverfassungsgesetz bzw. dem Mitbestimmungsgesetz gewählten – und der eG wird sofort gelöst, ohne dass weitere Ansprüche von jenen erhoben werden können.19 Einer besonderen Kündigung des Auftragsverhältnisses durch die übertragende oder die übernehmende eG bedarf es bei der Verschmelzung nicht.20 Beim Vorstand ist zu unterscheiden: Handelt es sich um ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, mit denen ein Auftragsverhältnis vorliegt, gilt das in vorstehender Randnummer zum Aufsichtsrat Gesagte. Handelt es sich hingegen um hauptamtliche Vorstandsmitglieder, gehen die Rechte und Pflichten, insbesondere die Vergütungspflicht aus dem Dienstvertrag, auf die übernehmende eG über.21 Die Verschmelzung bietet der übernehmenden eG keinen Grund zur fristlosen Kündigung nach § 626 BGB; entscheidend ist, ob die Fortzahlung des Gehalts bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist. Andererseits gilt das Kündigungsschutzgesetz nunmehr, da trotz Fortbestehens des Dienstvertrags die Organstellung erloschen ist.22 Die ehemaligen Vorstandsmitglieder können jedoch nach § 626 BGB kündigen, wenn ihre Stellung durch die Verschmelzung eine Änderung erfährt, die ihnen nicht mehr zugemutet werden kann. Für Prozesse im Rahmen des mit der übernehmenden eG fortgesetzten Dienstvertrags sind in diesen Fällen die Arbeitsgerichte auch dann zuständig, wenn sie sich auf Sachverhalte beziehen, die noch aus der Zeit der Vorstandszugehörigkeit bei der übertragenden eG resultieren.23 Beabsichtigt die übernehmende eG, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder der übertragenden eG in ihre Organe zu übernehmen, so sollten im Verschmelzungsvertrag entsprechende Vereinbarungen getroffen werden und es sind durch die GV/VV bzw. den Aufsichtsrat der übernehmenden eG die erforderlichen Wahlen vorzunehmen. Ein Beschluss der GV/VV bzw. des Aufsichtsrats der übertragenden eG hat keine Rechtswirkungen. Bei der Wahl von Vorstandsmitgliedern der übertragenden eG in den Aufsichtsrat ist § 37 Abs. 2 GenG zu beachten. Die Entlastung für die restliche Amtszeit seit der letzten GV/VV bis zum Erlöschen der übertragenden eG beschließt die GV/VV der übernehmenden eG (Folge der Gesamtrechtsnachfolge); zur Problematik der vollständigen Entlastung bis zur Eintragung der Verschmelzung bei der übertragenden eG vgl. § 37 GenG Rdn. 24a u. § 24 GenG Rdn. 41. Die Verpflichtung im Verschmelzungsvertrag kann stets nur ein Vorschlag sein. Sie kann auch keine wirksame auflösende Bedingung sein, da diese erst nach der Eintragung der Verschmelzung eintritt. Prokuren und Handlungsvollmachten, die die übertragende eG erteilt hat, erlöschen.24 Soll der Mitarbeiter auch bei der übernehmenden eG als Prokurist tätig sein, bedarf es einer Erteilung durch diese, es sei denn aus Verschmelzungsvertrag oder GV/VV-Beschlüssen ergibt sich etwas anderes.
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18 Gen-HB/Geschwandtner § 11 Rdn. 20. 19 RGZ 81, 154 für AG. 20 RGZ 81, 155 für die AG; Schlarb S. 121. 21 BGH DB 1997, 1455; Gen-HB/Geschwandner § 11 Rdn. 20; Schlarb S. 122 m.w.N.; a.A. LAG Köln BB 2002, 788. 22 BAG ZfgG 1975, 135 mit Anm. Schnorr von Carolsfeld. 23 Schaub Arbeitsrechtshandbuch, § 204 Rdn. 39; BAG BB 1978, 499 = DB 1978, 353 = Genossenschaftsforum 4/1978, 40 mit Anm. Schaffland = NJW 1978, 723 = WM 1978, 766 = ZfG 1979, 168 mit krit. Anm. Schnorr von Carolsfeld; vgl. auch Schaffland DB 1978, 1775. 24 RGZ 150, 289.
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Hat die übertragende eG mit einer Gewerkschaft einen Firmentarifvertrag geschlossen, so tritt in diesen Vertrag die übernehmende eG ein, sofern der Betrieb als solcher bestehen bleibt.25 Hat auch die übernehmende eG einen Firmentarifvertrag geschlossen, bleiben beide Verträge nebeneinander bestehen und gelten weiterhin für den bisherigen Mitarbeiterkreis; den übergegangenen Tarifvertrag kann die übernehmende eG nach den allgemeinen Grundsätzen kündigen.26 18 Unterfiel die übertragende eG einem Verbandstarifvertrag, hängt die Tarifgebundenheit der Übernehmerin davon ab, ob die Mitgliedschaft der übertragenden eG in dem Arbeitgeberverband auf die Übernehmerin übergeht, was sich nach der Satzung des Arbeitgeberverbandes bestimmt. Ist kein Übergang der Mitgliedschaft vorgesehen, endet die Tarifbindung mit dem Erlöschen der übertragenden eG. Entsprechend § 613a Abs. 1 Satz 2–4 BGB gelten die Tarifvereinbarungen dann individualrechtlich zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und der übernehmenden eG weiter. Erwirbt die übernehmende eG dagegen die Verbandsmitgliedschaft und war sie bisher nicht tarifgebunden, gilt der Tarifvertrag der übertragenden eG hinsichtlich ihrer Mitarbeiter im Betrieb der übernehmenden eG weiter. War die übernehmende eG bereits tarifgebunden, erstreckt sich ihr Tarifvertrag auch auf die von der übertragenden eG übernommenen Mitarbeiter. Dies gilt jedoch nicht, soweit sie als Rechtsnachfolgerin der übertragenden eG einer Tarifbindung unterworfen ist. 5. Beteiligungen. Die Mitgliedschaft der übertragenden eG an einer dritten eG (insbesondere Zentralgenossenschaft) endet nach § 77a GenG mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register am Sitz der übertragenden eG erfolgte; es handelt sich um das Geschäftsjahr der eG, bei der die Mitgliedschaft besteht. Will die übernehmende eG die Mitgliedschaft über diesen Zeitpunkt hinaus fortsetzen, bietet sich die Übertragung des Geschäftsguthabens noch im Laufe dieses Geschäftsjahres an (vgl. Erl. zu § 77a GenG). 20 War auch die übernehmende eG Mitglied der dritten eG, erwirbt sie wegen der nicht möglichen Doppelmitgliedschaft27 keine zweite Mitgliedschaft, sondern nur die aus der Mitgliedschaft der übertragenden eG resultierenden Rechte und Pflichten. Die übernehmende eG hat mithin bis zum Ende des Geschäftsjahres auch eine zweite Stimme (§ 77a GenG). Aber auch hier besteht die Möglichkeit der Übertragung des Geschäftsguthabens auf die übernehmende eG. 21 Ist die übertragende eG Mitglied der übernehmenden eG, tritt Konfusion ein; die Mitgliedschaft erlischt mit der Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister am Sitz der übernehmenden eG; die Vermögensrechte fallen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 in das Vermögen der übernehmenden eG. War die übertragende eG Gesellschafterin an einer anderen Gesellschaft (OHG, KG, GmbH, AG), setzt die übernehmende eG diese Beteiligung fort. Gleiches gilt für die Stellung der übertragenden eG als stille Gesellschafterin an einem anderen Unternehmen. Ist die übertragende eG Inhaberin vinkulierter Namensaktien, so bedarf der Übergang auf die übernehmende eG nicht der Zustimmung der Gesellschaft; Verschmelzung als Gesamtrechtsnachfolge ist nicht Übertragung i.S.d. § 68 Abs. 2 AktG.28 Bei OHG, KG, GmbH können die Gesellschaftsverträge Abweichendes vorsehen. 19
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BAG Urt. v. 4.7.2007, Az. 4 AZR 491/06, DB 2008, 533–536; Gaul NZA 1995, 723 f. Schlarb S. 123; Schaub Arbeitsrechtshandbuch, § 208 Rdn. 1 ff. RGZ 141, 178. Heute unstreitig, so auch Hüffer AktG § 68 Rdn. 11 m.w.N.; Schlarb S. 114.
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Wirkungen der Eintragung | § 20 UmwG
Die Mitgliedschaft der übertragenden eG bei ihrem Prüfungsverband geht nicht 22 auf die übernehmende eG über, sondern erlischt regelmäßig.29 Die übertragende eG erlischt und damit die Mitgliedschaft in ihrem Prüfungsverband, die Voraussetzung für die Existenz als eG war. Dies gilt wegen der Besonderheiten der Mitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband auch dann, wenn die an sich dispositive Regelung des § 38 Abs. 1 BGB (vgl. § 40 BGB) durch die Satzung des Prüfungsverbands ausgeschlossen wurde.30 § 77a ist eine Sonderregelung für den zeitweisen Fortbestand der Mitgliedschaft bei einer eG; diese Regelung kann nicht analog auf die Mitgliedschaft bei einem Prüfungsverband angewendet werden. 6. Firma. Mit dem Erlöschen der übertragenden eG erlischt auch ihre Firma; sie 23 kann jedoch aufgrund einer Vereinbarung mit der übernehmenden eG von dieser fortgeführt oder in ihre Firma eingebaut werden; hierzu ist eine Satzungsänderung erforderlich. Zulässig ist es auch, die Firma der übertragenden eG als Bezeichnung der Zweigniederlassung zu verwenden, als die die übertragende eG fortgeführt wird.31 Durch das HRefG32 wurde das Firmenrecht insgesamt liberalisiert; § 18 UmwG eröffnet in Anlehnung an § 22 HGB auch für die Verschmelzung die Möglichkeit, dass die übernehmende eG die Firma der übertragenden eG fortführt (vgl. dazu § 18). 7. Sitz. Die Verschmelzung führt nicht zu einem Doppelsitz der verschmolzenen eG; 24 die Verschmelzung ist kein so außergewöhnlicher Fall, dass das Registergericht einen satzungsmäßig angeordneten Doppelsitz zulassen dürfte.33 8. Prozesse. Schwebende Prozesse der übertragenden eG werden durch die Ver- 25 schmelzung unterbrochen, bis sie von der übernehmenden eG aufgenommen werden.34 Nach h.M.35 geltend die §§ 239 (Unterbrechung durch Tod der Partei), 246 ZPO analog. War die übertragende eG durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, muss für eine Unterbrechung ein entsprechender Antrag gestellt werden. Rechtskräftige Titel für und gegen die übertragende eG wirken auch für und gegen die übernehmende eG (§ 325 ZPO); Vollstreckungstitel sind auf die übernehmende eG umzuschreiben (§ 727 ZPO).36 9. Erlöschen der übertragenden Genossenschaft. Eine weitere Folge der Eintra- 26 gung der Verschmelzung ist das Erlöschen, d.h. die Beendigung der Rechtspersönlichkeit der übertragenden eG. Einer besonderen Löschung bedarf es nicht (§ 20 Abs. 1 Nr. 2), doch empfiehlt es sich, das Erlöschen im Register kenntlich zu machen; nach dem Erlöschen kann die Verschmelzung nicht mehr durch einen Beschluss der GV/VV rückgängig
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29 Schlarb S. 115; Gen-HB/Geschwandtner § 11 Rdn. 20; zu Sonderkonstellationen Fandrich in Fandrich/Graef/Bloehs Die Verschmelzung von Genossenschaften S. 17 f. 30 So auch Lutter/Bayer UmwG § 87 Rdn. 6: Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 20 UmwG Rdn. 3; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 20 Rdn. 32; a.A. Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 64: § 40 BGB gilt – Vereinssatzung kann Fortsetzung vorsehen; a.A. auch Müller § 93e Rdn. 25 unter Verweis auf ein außerordentliches Kündigungsrecht. 31 Schlarb S. 101. 32 Handelsrechtsreformgesetz, BGBl. 1998 I, 1474. 33 BayOblG DB 1985, 1280. 34 BGH NJW 1971, 1844. 35 BGH Urt. v. 1.12.2003, Az. II ZR 161/02, GmbHR 2004, 182, 183; a.A. Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 44: Verschmelzung kein überraschendes Ereignis wie Tod, übernehmende eG rücke ohne Unterbrechung in Prozess ein. 36 Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 44.
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§ 20 UmwG | Umwandlungsgesetz
gemacht werden, weil mit dem Erlöschen als juristische Person auch deren Organe weggefallen sind. 27
10. Heilung von Beurkundungsmängeln. Mit der Eintragung werden Mängel der notariellen Beurkundung des Vertrags und etwaiger Zustimmungs- und Verzichtserklärungen geheilt. Dieses wird hinsichtlich des Verschmelzungsvertrags in der Praxis kaum vorkommen. Abs. 1 Nr. 4 hat jedoch zur Folge, dass nicht beurkundete Nebenabreden soweit sie bekannt waren mit der Eintragung rechtswirksam werden.37
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11. Mängel der Verschmelzung. Sobald die Verschmelzung in das Register des Sitzes der übernehmenden eG eingetragen ist, bleibt sie unabhängig von Mängeln, die im Verschmelzungsverfahren aufgetreten sind, wirksam.38 Hintergrund dieser Regelung ist, dass die Rückgängigmachung einer Verschmelzung in der Praxis große Schwierigkeiten bereitet, und zwar nicht nur in rechtlicher, sondern auch in praktischer Hinsicht.39 Eine Entschmelzung scheidet mithin ausnahmslos aus. Damit lässt auch ein mangelhafter Verschmelzungsvertrag die wirksame Verschmelzung unberührt. Dies bedeutet nicht, dass der mangelhafte Verschmelzungsvertrag gleichwohl inhaltlich uneingeschränkt durchgeführt werden muss, es wird lediglich keine Entschmelzung durchgeführt; die Eintragung kann nicht mehr gelöscht werden.40 Im Zweifel ist eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, zumindest hinsichtlich der wesentlichen Regelungen des Verschmelzungsvertrags, wenn diese mangelhaft sein sollten. Beschränkt sich die Mangelhaftigkeit auf Nebenabreden, werden diese im Regelfall unwirksam bleiben. Europäische Genossenschaft (SCE)
Die Wirkung der Eintragung (Gesamtrechtsnachfolge) regelt Art. 33 in Abs. 1 für die Gründung durch übertragende Verschmelzung (Art. 19 Unterabs. 1 1. Spiegelstrich) und in Abs. 2 für die Verschmelzung durch Neugründung (Art. 19 Unterabs. 1 2. Spiegelstrich). Im ersten Fall werden die Mitglieder der übertragenden eG und der anderen eG zunächst Mitglieder der übernehmenden eG, Aktiv- und Passivvermögen gehen über, sodann erlöschen die übertragenden Rechtsträger (eG u. ausl. Genossenschaften) und die eG nimmt die Rechtsform der SCE an. Bei der Neugründung gehen die Mitgliedschaften sowie Aktiva und Passiva direkt auf die SCE über, die beteiligten eG/ausländischen Genossenschaften erlöschen. Art. 31 regelt die Eintragung der Verschmelzung. Abs. 1 verweist auf Art. 11 und be30 stimmt, dass die Verschmelzung und gleichzeitige Gründung der SCE mit der Eintragung wirksam werden. Die Eintragung ist konstitutiv, die nachfolgende Bekanntmachung nach Art. 32 nur deklaratorisch und keine Voraussetzung des Wirksamwerdens der Gründung durch Verschmelzung. Die Eintragung und Bekanntmachungen schließen den Verschmelzungsvorgang ab. Zuvor muss die Austragung bei den Registergerichten der übertragenden eG/ausl. Genossenschaft(en) erfolgt sein; zu den Voraussetzungen der Eintragung vgl. § 19 Rdn. 4, zur Verschmelzungskontrolle § 17 Rdn. 11 ff. 31 Die Eintragung der SCE mit Sitz in Deutschland erfolgt bei dem Genossenschaftsregister des Gerichts, in dessen Bezirk die SCE ihren Sitz hat. Der Sitz ist in der Satzung frei bestimmbar. 29
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Lutter/Grunewald UmwG § 20 Rdn. 73–74. OLG Frankfurt DB 2003, 599 ff.; Gen-HB/Geschwandtner § 11 Rdn. 21. RegEBegr. BT-Drs. 9/1065 zu § 352a AktG. BayObLG DB 1999, 2504.
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Wirkung auf gegenseitige Verträge | § 21 UmwG
Bezüglich der Rechtswirkungen gelten die Ausführungen zu § 20 entsprechend, zu den Arbeitsverhältnissen und sonstigen individuellen und kollektrivrechtlichen Beschäftigungsbedingungen (oben Rdn. 12 f.) vgl. Art. 33 Abs. 4. Für die Gründung der SCE durch Umwandlung nach Art. 35 gelten die Ausführungen 32 entsprechend, da mangels Regelung in Art. 35 über Art. 17 die einschlägigen Vorschriften des GenG und UmwG, also auch § 20, entsprechend gelten.
§ 21 Wirkung auf gegenseitige Verträge § 21 UmwG Wirkung auf gegenseitige Verträge Treffen bei einer Verschmelzung aus gegenseitigen Verträgen, die zur Zeit der Verschmelzung von keiner Seite vollständig erfüllt sind, Abnahme-, Lieferungsoder ähnliche Verpflichtungen zusammen, die miteinander unvereinbar sind oder die beide zu erfüllen eine schwere Unbilligkeit für den übernehmenden Rechtsträger bedeuten würde, so bestimmt sich der Umfang der Verpflichtungen nach Billigkeit unter Würdigung der vertraglichen Rechte aller Beteiligten. Die Vorschrift regelt nicht den Fall, dass die an der Verschmelzung beteiligten eG 1 Verträge miteinander geschlossen haben. Forderung und Verbindlichkeit erlöschen hier durch Konfusion.1 Gegenseitige Verträge müssen sowohl von der übertragenden eG als auch von der übernehmenden eG mit einem Dritten geschlossen worden sein. Hierzu gehören Kauf-, Werk-, Miet- und Dienstverträge etc. In der Praxis fallen in erster Linie vertragliche Wettbewerbsverbote oder Lieferverpflichtungen (z.B. Verpflichtung einer übertragenden eG, eine bestimmte Gruppe von Waren nur von einem bestimmten Lieferanten zu beziehen, während die übernehmende eG eine ähnliche Verpflichtung gegenüber einem anderen Lieferanten eingegangen ist) unter § 21. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Verträge von beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllt sind; hat eine Seite erfüllt, gilt § 21 nicht mehr. Unvereinbar sind vertragliche Verpflichtungen, wenn die Erfüllung des einen Ver- 2 trags gerade die Erfüllung des anderen Vertrags vereitelt. Schwere Unbilligkeit ist z.B. gegeben, wenn die vertraglichen Verpflichtungen zwar miteinander vereinbar sind, die Erfüllung beider Verpflichtungen aber die übernehmende eG wirtschaftlich erheblich belasten würde. Orientierungsmaßstab kann § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB (offenbare Unbilligkeit) sein.2 Liegen die Voraussetzungen des § 21 vor, müssen die gegenseitigen Verträge nach 3 Billigkeit und Würdigung der vertraglichen Rechte der Beteiligten angepasst werden, so dass die Unvereinbarkeit oder schwere Unbilligkeit entfällt. Im Zweifel ist die geringstmögliche Änderung zu wählen. Auch die Änderung nur eines Vertrags genügt. Maßstab können die zur Konfliktlösung nach §§ 242, 315 BGB erarbeiteten Grundsätze sein.3
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1 Palandt/Grüneberg Überbl. V § 362 Rdn. 4. 2 Vgl. dazu Literatur und Rechtsprechung zu § 319 bei Palandt/Grüneberg § 319 Rdn. 3; Lutter/Grunewald § 21 UmwG Rdn. 5. 3 A.A. Lutter/Grunewald § 21 UmwG Rdn. 10, es gilt § 313 Abs. 1 BGB; wie hier: Stratz in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz § 21 UmwG Rdn. 10.
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§ 22 UmwG | Umwandlungsgesetz
Europäische Genossenschaft (SCE) 4
Die oben dargestellten Grundsätze gelten kraft Verweisung auf das deutsche Genossenschaftsrecht in Art. 17 bzw. 20 bzw. Art. 8 i.V.m. § 21 entsprechend für die SCE mit Sitz in Deutschland.
§ 22 Gläubigerschutz § 22 UmwG Gläubigerschutz (1) Den Gläubigern der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger ist, wenn sie binnen sechs Monaten nach dem Tag, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes desjenigen Rechtsträgers, dessen Gläubiger sie sind, nach § 19 Abs. 3 als bekannt gemacht gilt, ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich anmelden, Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können. Dieses Recht steht den Gläubigern jedoch nur zu, wenn sie glaubhaft machen, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird. Die Gläubiger sind in der Bekanntmachung der jeweiligen Eintragung auf dieses Recht hinzuweisen. (2) Das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, steht Gläubigern nicht zu, die im Falle der Insolvenz ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Deckungsmasse haben, die nach gesetzlicher Vorschrift zu ihrem Schutz errichtet und staatlich überwacht ist. Die Gläubigerschutzvorschrift beruht auf dem Gedanken, dass der Vertragspartner nach der Verschmelzung ein anderer ist, eventuell sogar in einer anderen Rechtsform, und der Gläubiger sich diesen nicht aussuchen konnte. Bei der übernehmenden eG treten neue Gläubiger hinzu. Die Gläubiger beider eG haben dann einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, wenn sie sich binnen 6 Monaten nach der Bekanntmachung der Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister des Sitzes der eG, deren Gläubiger sie sind, bei der übernehmenden eG zu diesem Zweck schriftlich melden. Die Frist kann weder verlängert noch verkürzt werden. Die Gläubiger haben bei unverschuldeter Fristversäumnis keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung. Mit Fristablauf erlischt nur der Anspruch auf Sicherheitsleistung, nicht hingegen die zugrunde liegende Forderung. In Frage kommen geldwerte Ansprüche jedweder Art, deren Erfüllung von der Leistungsfähigkeit des Schuldners abhängt; für dingliche Herausgabeansprüche fehlt das Sicherungsbedürfnis. Damit ist den Belangen der Gläubiger, die Befriedigung wegen ihrer Forderungen noch nicht verlangen können, im Hinblick auf die Verschmelzung jedoch eine Beeinträchtigung ihrer Belange befürchten, ausreichend Rechnung getragen. Es genügt, wenn die Forderung nur dem Grunde, nicht der Höhe nach festliegt.1 Voraussetzung ist, dass die Gläubiger glaubhaft machen, dass die Erfüllung ihrer 2 Forderung durch die Verschmelzung gefährdet wird. Glaubhaftmachen durch Versicherung an Eides Statt (§ 294 Abs. 1 ZPO) genügt; die Glaubhaftmachung bezieht sich nicht auf die Existenz der Forderung – diese muss bewiesen werden.2 Gefährdung liegt z.B. vor, wenn durch die Verschmelzung die Liquidität beeinträchtigt wird. Auch eine angespannte wirtschaftliche Situation der übernehmenden eG kann genügen. 1
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Zur Verschmelzung und ihren Folgen für Schuldverhältnisse mit Dritten siehe Rieble ZIP 1997, 301. Lutter/Grunewald UmwG § 22 Rdn. 15.
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Gläubigerschutz | § 22 UmwG
Die Sicherheitsleistung (für noch nicht fällige oder streitige Forderungen; bei fälli- 3 gen oder unstreitigen Forderungen besteht ein Erfüllungsanspruch, aus dem sie sofort Befriedigung verlangen können) erfolgt durch eine der in §§ 232 bis 240 BGB zugelassenen Maßnahmen, also Bestellung eines Pfandrechts i.S.v. §§ 232, 233 BGB oder Stellung eines tauglichen Bürgen (§ 232 Abs. 2 BGB); über die konkrete Sicherheit entscheidet der Vorstand. Da hier nur an eine angemessene Sicherheit gedacht ist, muss sie nicht etwa so beschaffen sein, dass bei ihrer Realisierung ein Ausfall für den Gläubiger niemals und unter keinen Umständen eintreten kann; es genügt vielmehr eine Deckung, die nach dem sorgfältigen Ermessen eines ordentlichen Geschäftsmannes die Befriedigung der Gläubiger sicherstellt.3 Bei Streit über die Höhe der Sicherheit entscheidet der Prozessrichter. Die von der übertragenden eG gem. § 6b Abs. 3 Satz 1 und 6 EStG gebildete, in der 4 steuerlichen Schlussbilanz enthaltene Rücklage kann nur noch auf Antrag von der übernehmenden eG zum Buchwert angesetzt werden (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Grundsätzlich ist der gemeine Wert maßgeblich (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Der Verlustübergang der übertragenden eG auf die übernehmende eG ist durch das 5 SEStEG für alle Umwandlungsfälle abgeschafft worden (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG).4 Europäische Genossenschaft (SCE) Gemäß Art. 28 Abs. 1 gelten bei der Verschmelzung zur SCE grundsätzlich die Gläubiger- und Anlegerschutzvorschriften der Mitgliedstaaten, also §§ 22, 23, 25–27. Zu den Mitgliederschutzvorschriften vgl. zur Ausschlagung § 8 SCEAG (§ 90 Rdn. 7), zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vgl. § 7 SCEAG (§ 85 Rdn. 3). Deutschland hat in § 9 SCEAG davon Gebrauch gemacht, für die Mitglieder der eG, die sich gegen eine Verschmelzung zur SCE mit Sitzverlegung ins Ausland ausgesprochen haben, eine besondere Gläubigerschutzvorschrift (vgl. amtliche Überschrift) zu erlassen. Grundlage für § 9 SCEAG ist nicht Art. 28 Abs. 2, da dieser nur den (Minderheiten-)Mitgliederschutz erwähnt, sondern Art. 28 Abs. 1,5 da § 9 SCE-VO einen vorgelagerten Schutz vorsieht. Bei Verschmelzung zu einer SCE mit Sitz im Ausland erlöschen die dem deutschen Recht unterliegenden eG mit Eintragung der SCE. Der Schutz der Interessen der Gläubiger richtet sich jedoch nach dem Recht des ausländischen Sitzstaates der sich verschmelzenden Genossenschaften. Der Verweis auf das Aktienrecht in Art. 28 Abs. 1 i.V.m. § 22 bietet nur einen nachgeordneten Schutz der Gläubigerinteressen, der bei einer Sitzverlegung ins Ausland nicht ausreichend ist. Die Gläubiger müssen ihre Interessen bereits vor Vollzug der Verschmelzung geltend machen können. Daher findet die Vorschrift des § 11 Abs. 1 und 2 SCEAG zum Gläubigerschutz bei Sitzverlegung der SCE ins Ausland gemäß Verweis in § 9 SCEAG entsprechende Anwendung. Die Sicherheitsleistung steht den Gläubigern nur für die Forderungen zu, die vor oder bis zu fünfzehn Tage nach Offenlegung des Verschmelzungsplans entstanden sind (§ 11 Abs. 2 SCEAG). Das zuständige Gericht stellt die Kontrollbescheinigung für das Verschmelzungskontrollverfahren (1. Stufe) nur aus, wenn die Vorstandsmitglieder versichern, dass allen Gläubigern angemessene Sicherheit i.S.d. § 9 Satz 1 SCEAG gewährt wurde (§ 9 Satz 2 SCEAG), vgl. § 17 Rdn. 11 ff.
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RGZ 48, 33. Vgl. Vorb Rdn. 16 und § 2 Rdn. 13 ff. So auch amtl. Begründung SCEAG, BT-Drs. 16/1025, zu § 9 unter Verweis auf Art. 28 Abs. 1, § 22 UmwG.
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§ 24 UmwG | Umwandlungsgesetz
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Bei einer Umwandlung einer eG in eine SCE gem. Art. 35 darf der Sitz nicht ins Ausland verlegt werden (Art. 35 Abs. 2), die vorstehenden Regelungen sind daher entbehrlich. Art. 35 enthält Mitglieder- und Gläubigerschutzvorschriften in Abs. 5. Auch bei dieser Umwandlungsart erfolgt eine Kontrolle des Umtauschverhältnisses durch den Prüfungsverband. Dieser muss in Ergänzung seines Umwandlungsgutachtens gem. Art. 17 i.V.m. § 259 analog gem. Art. 35 Abs. 5 bescheinigen, dass die Bestimmungen des Art. 22 Abs. 1 b) eingehalten wurden.6 Es gelten die Vorschriften der §§ 190 ff., hier §§ 258 ff.
§ 23 Schutz der Inhaber von Sonderrechten Den Inhabern von Rechten in einem übertragenden Rechtsträger, die kein Stimmrecht gewähren, insbesondere den Inhabern von Anteilen ohne Stimmrecht, von Wandelschuldverschreibungen, von Gewinnschuldverschreibungen und von Genussrechten, sind gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren. 1
Bei der eG kommen in der Praxis allenfalls Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte in Frage. Es besteht für die übernehmende eG die Verpflichtung, gleichwertige Rechte den Inhabern der bisherigen Rechte zu gewähren. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Bei der Verschmelzung zur SCE erklärt Art. 28 Abs. 1 die nationalen Gläubiger- und Anlegerschutzvorschriften für anwendbar (vgl. dazu oben § 22 Rdn. 6); bei der Umwandlung gem. Art. 35 folgt deren Anwendbarkeitaus Art. 17/Art. 8 Abs. 1 c) ii).
§ 24 Wertansätze des übernehmenden Rechtsträgers § 24 UmwG Wertansätze des übernehmenden Rechtsträgers In den Jahresbilanzen des übernehmenden Rechtsträgers können als Anschaffungskosten im Sinne des § 253 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs auch die in der Schlussbilanz eines übertragenden Rechtsträgers angesetzten Werte angesetzt werden. I. Handelsbilanz 1
Alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Wirksamwerden der Verschmelzung auf die neue eG über (§ 20 Abs. 1 Nr. 1). Die entsprechenden Werte sind in die der Verschmelzung folgende nächste Jahresbilanz des übernehmenden Rechtsträgers wie Anschaffungsvorgänge einzustellen. Es bedarf keiner Übernahmebilanz.1 Bei der Ver-
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Amtl. Begr. zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006, zu § 6 SCEAG a.E. S. 55.
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Bauer Genossenschaft-Handbuch § 24 UmwG Rdn. 2; Lutter/Priester UmwG § 24 Rdn. 23.
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Wertansätze des übernehmenden Rechtsträgers | § 24 UmwG
schmelzung durch Neugründung ist gemäß § 242 Abs. 1 HGB zum Verschmelzungsstichtag eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, die den gleichen Grundsätzen folgt.2 Ein Zwang zur Buchwertfortführung besteht nicht, alternativ können die Werte der 2 tatsächlichen Anschaffungskosten übernommen werden. Werden die in der Bilanz des übertragenden Rechtsträgers angesetzten Buchwerte nicht fortgeführt, gelten für die Bewertung die allgemeinen Grundsätze (§ 255 Abs. 1 HGB). Der übernehmende Rechtsträger hat insoweit ein Wahlrecht, ob er die bisher angesetzten Buchwerte übernimmt oder neue Buchwerte selbst festsetzt. Von dem Grundsatz der Bilanzkontinuität wie bis 1995 in § 93e GenG a.F. festgesetzt, hat der Gesetzgeber Abstand genommen. Das Wahlrecht kann jedoch nur einheitlich ausgeübt werden.3 Entweder werden alle erworbenen Vermögensgegenstände mit dem alten Buchwert fortgeführt oder alle gemäß § 253 i.V.m. § 255 HGB neu bewertet.4 Mit der einmal getroffenen Festlegung werden die Werte für die Zukunft festgelegt.5 II. Steuerliche Folgen Gemäß §§ 3, 11 UmwStG können die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden und an dieses Wahlrecht der übertragenden Gesellschaft ist die übernehmende Gesellschaft gebunden, §§ 4, Abs. 1, 12 Abs. 1 UmwStG. Die übernehmende eG tritt hinsichtlich der in § 12 Abs. 3 UmwStG genannten steuerlichen Merkmale und Voraussetzungen, die für die Ermittlung des laufenden Gewinns von Bedeutung sind, in vollem Umfang in die Rechtsstellung der übertragenden eG ein. Dies hat folgende Auswirkungen: Hat die übertragende eG für Wirtschaftsgüter die lineare Absetzung für Abnutzung gewählt, kann die übernehmende eG hinsichtlich derselben Wirtschaftsgüter nicht zur Abschreibung in fallenden Jahresbeträgen übergehen. Hat die übertragende eG ein Wirtschaftsgut degressiv abgeschrieben, muss die übernehmende eG mit dem von der übertragenden eG zugrunde gelegten Hundertsatz, ausgehend von dem in der steuerlichen Schlussbilanz ausgewiesenen Buchwert, die Abschreibung fortsetzen. Sie kann jedoch zur linearen Absetzung für Abnutzung übergehen. Ebenso ist die übernehmende eG an die von der übertragenden eG angenommene betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gebunden, es sei denn, dass die für die Schätzung maßgebenden Verhältnisse sich geändert haben. Durch das SEStEG6 erfolgten Änderungen im Umwandlungssteuerrecht: Soweit beim übertragenden Rechtsträger körperschafts- und gewerbesteuerliche Verlustvorträge bestehen, können diese nicht mehr auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen werden. Gestaltungsmöglichkeiten hierzu bestehen beim übertragenden Rechtsträger in der Wahlmöglichkeit der Übertragung des Vermögens zu Teilwerten.
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2 Bauer Genossenschaft-Handbuch § 24 UmwG Rdn. 3 m.w.N.; Lutter/Priester UmwG § 24 Rdn. 22. 3 Bauer Genossenschaft-Handbuch § 24 UmwG Rdn. 12; Lutter/Priester UmwG § 24 Rdn. 77. 4 Lutter/Priester UmwG § 24 Rdn. 77. 5 Bauer Genossenschaft-Handbuch § 24 UmwG Rdn. 13. 6 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG), G v 7.12.2006, BGBl. I S. 2782, am 13.12.2006 in Kraft getreten.
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§ 25 UmwG | Umwandlungsgesetz
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Art. 20 verweist bei der Verschmelzung zur SCE bzw. Art. 17/Art. 8 Abs. 1c) ii) bei der Umwandlung zur SCE (Art. 35) mit Sitz in Deutschland auf das nationale Umwandlungsrecht, die vorstehenden Ausführungen gelten daher entsprechend.
§ 25 Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger der übertragenden Rechtsträger § 25 UmwG Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger der übertragenden Rechtsträger (1) Die Mitglieder des Vertretungsorgans und, wenn ein Aufsichtsorgan vorhanden ist, des Aufsichtsorgans eines übertragenden Rechtsträgers sind als Gesamtschuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den dieser Rechtsträger, seine Anteilsinhaber oder seine Gläubiger durch die Verschmelzung erleiden. Mitglieder der Organe, die bei der Prüfung der Vermögenslage der Rechtsträger und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrags ihre Sorgfaltspflicht beachtet haben, sind von der Ersatzpflicht befreit. (2) Für diese Ansprüche sowie weitere Ansprüche, die sich für und gegen den übertragenden Rechtsträger nach den allgemeinen Vorschriften auf Grund der Verschmelzung ergeben, gilt dieser Rechtsträger als fortbestehend. Forderungen und Verbindlichkeiten vereinigen sich insoweit durch die Verschmelzung nicht. (3) Die Ansprüche aus Absatz 1 verjähren in fünf Jahren seit dem Tage, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 als bekanntgemacht gilt. 1
§ 25 begründet für die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats der übertragenden eG nach der Eintragung der Verschmelzung eine besondere Schadenersatzpflicht den Mitgliedern und den Gläubigern der übertragenden eG gegenüber. Die gesamtschuldnerische Haftung gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 erstreckt sich nicht auf die sorgfältig handelnden Organmitglieder (Abs. 1 Satz 2). Diese Regelung ist an § 349 AktG angelehnt. Sie stellt, soweit sie eine Schadenersatzpflicht den Gläubigern gegenüber begründet, einen dem bisherigen Recht gegenüber erweiterten Gläubigerschutz dar, der den Gläubigern einen entsprechenden Ausgleich für den Fortfall der getrennten Vermögensverwaltung und die Einschränkung ihres Anspruchs auf Sicherheitsleistungen bietet. § 34 GenG gilt nicht, insbesondere sind die Mitglieder und Gläubiger der übertragenden eG hinsichtlich ihrer Regressansprüche nicht auf die Geltendmachung gegenüber der übertragenden eG beschränkt, sondern können sich nach § 25 an die Organmitglieder unmittelbar wenden. Auch tritt nicht – wie in § 34 Abs. 4 GenG – eine Haftungsbefreiung durch einen entsprechenden GV/VV-Beschluss – insbesondere durch den Verschmelzungsbeschluss – der übertragenden eG ein. Die Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erfordert die Bestellung eines besonderen Vertreters, Einzelheiten hierzu regelt § 26. I. Ansprüche nach Verschmelzung
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Es muss durch die Verschmelzung den Mitgliedern oder den Gläubigern ein Schaden entstanden sein. Hierzu zählt jeder Vermögensnachteil, der unmittelbare Folge der Verschmelzung ist, z.B. geringere (wegen Vermögensverluste der übernehmenden eG) Holthaus/Lehnhoff
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Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger der übertragenden Rechtsträger | § 25 UmwG
Geschäftsguthaben bei der übernehmenden eG. Entsprechendes gilt für die Gläubiger der übertragenden eG, z.B. längere Transportwege bei Dauerlieferungsverträgen. Auch können sie dadurch geschädigt sein, dass nach vollzogener Verschmelzung ihnen nicht mehr so viel Vermögen haftet wie vor der Verschmelzung.1 Neben dem Schaden ist jedoch Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch ein 3 (vermutetes) Verschulden der Organmitglieder; dieses Verschulden muss im Hinblick auf den bei den Mitgliedern bzw. den Gläubigern eingetretenen Schaden vorliegen. Die Beweislast ist jedoch – wie in § 34 GenG – dahin geregelt, dass das geschädigte Mitglied oder der geschädigte Gläubiger nur den Eintritt eines Schadens durch die Verschmelzung zu beweisen hat, während die Organmitglieder sich dadurch von der Ersatzpflicht befreien können, dass sie ihrerseits nachweisen, sie hätten bei der Prüfung der Vermögenslage beider eG und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrags ihre Sorgfaltspflicht beachtet. Es handelt sich um denselben Sorgfaltsbegriff wie in § 34 Abs. 1 (vgl. die dortigen Erl.). Dieser Gegenbeweis kann am ehesten mit Hilfe des Prüfungsgutachtens des Prüfungsverbands nach § 81 geführt werden, wenn dieses Gutachten ohne eigene Pflichtverletzung des Prüfungsverbands die Verschmelzung positiv beurteilt hat und Vorstand und Aufsichtsrat dementsprechend gehandelt haben. Kein Ersatzanspruch der Mitglieder, z.B. wegen längerer Transportwege oder geringeren Geschäftsguthabens, wenn die Verschmelzung im Interesse der übertragenden eG und ihrer Mitglieder liegt, da es der Sorgfaltspflicht entspricht, diesen Interessen den Vorrang vor dem Einzelinteresse eines Mitglieds – das im Übrigen der Treuebindung gegenüber der eG unterliegt (hierzu § 18 GenG) – einzuräumen. Im Übrigen ist die Ausführung eines mit 3/4-Mehrheit in der GV/VV gefassten Verschmelzungsbeschlusses in aller Regel eine pflichtgemäße Erfüllung von Organaufgaben, so dass deshalb nach Abs. 1 Satz 2 eine Ersatzpflicht entfällt, sofern der Vorstand die GV/VV auf eventuelle Interessenbeeinträchtigungen hingewiesen hat. Dieselben Gesichtspunkte müssen gelten, wenn es um Schadenersatzansprüche von Gläubigern der übertragenden eG geht; anderenfalls würde über § 25 eine Beeinträchtigung der autonomen unternehmerischen Entscheidung der eG möglich sein. Von § 25 bleiben andere Ansprüche der Mitglieder und der Genossenschaftsgläubi- 4 ger gegen die Organmitglieder (z.B. aus §§ 823 f. BGB) unberührt; auch können Ersatzansprüche gegen die übertragende eG selbst bestehen, für die die übernehmende eG als Gesamtrechtsnachfolgerin einzutreten hat. Die Ansprüche der übertragenden eG selbst, z.B. alle aus der Verschmelzung folgenden Schäden, gegen ihre Organmitglieder richten sich nach §§ 34, 41 GenG sowie den allgemeinen Vorschriften, z.B. §§ 823 f. BGB. Der Schaden kann z.B. darin liegen, dass die übernehmende eG die ihr übertragenen Vermögenswerte nicht in gleichem Werte in Form von Geschäftsguthaben und baren Zuzahlungen an die Mitglieder der übertragenden eG ausgleicht. Dem steht nicht entgegen, dass ein Mitglied grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Teil der Rücklage hat; maßgeblich ist, dass das Vermögen der übertragenden eG ihren Mitgliedern insgesamt zustand und über die Auflösung der eG das Reinvermögen an die Mitglieder hätte verteilt werden können. Erfolgt ein Verschmelzungsbeschluss trotz entsprechender Hinweise, so verletzen die Organmitglieder ihre Sorgfaltspflichten nicht, wenn sie diesen Beschluss ausführen. Diese Ansprüche werden analog §§ 25 Abs. 2, 26 geltend gemacht.2 Nach Abs. 3 verjähren die Ersatzansprüche in 5 Jahren seit der Eintragung der Ver- 5 schmelzung in das Genossenschaftsregister des Sitzes der übernehmenden eG und der Bekanntmachung nach § 19 Abs. 3.
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Beuthien GenG §§ 2 ff. UmwG Rdn. 100. Schlarb S. 282 f.
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§ 26 UmwG | Umwandlungsgesetz
II. Ansprüche vor der Verschmelzung Der übertragenden eG haften Organmitglieder, die bei der Vorbereitung und Durchführung der Verschmelzung ihre Sorgfaltspflichten verletzen, nach §§ 34, 41 GenG. Daneben bestehen Ansprüche wegen positiver Verletzung des Anstellungsvertrags sowie Ansprüche nach den allgemeinen Vorschriften, z.B. §§ 823 f. BGB. Auch können Ansprüche der übertragenden eG gegen die übernehmende eG bestehen aus Verschulden bei Vertragsabschluss oder wegen Verletzung des Verschmelzungsvertrags sowie z.B. aus unerlaubter Handlung ihrer Organmitglieder. Für die Geltendmachung dieser Ansprüche gilt die übertragende eG als fortbestehend; es finden §§ 25, 26 analog Anwendung. Mitglieder und Gläubiger der übertragenden eG haben wegen Verletzungshandlun7 gen, die vor der Eintragung lagen, Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 147 ff. GenG, 266 StGB sowie aus § 826 BGB. Daneben tritt ggf. der Anspruch aus § 34 Abs. 3 GenG. Die übertragende eG sowie ihre Mitglieder und Gläubiger haben, wenn der Prü8 fungsverband seine Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Verschmelzung verletzt, ggf. gegen diesen Regressansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 150, 151 GenG, sowie aus § 826 BGB, die eG zusätzlich aus positiver Vertragsverletzung. Die Ansprüche der übertragenden eG werden analog § 26 geltend gemacht. 6
Europäische Genossenschaft (SCE) 9
Auch bei der Gründung einer SCE durch Verschmelzung bzw. Umwandlung müssen entsprechend o. g. Grundsätze Ansprüche des übertragenden Rechtsträgers, der Mitglieder bzw. der Gläubiger gegen die Organmitglieder durchsetzbar sein. Gemäß Art. 28 Abs. 1 (Verschmelzung) bzw. Art. 17/Art. 8 Abs. 1c) ii) (Umwandlung) gelten die diesbezüglichen Schutzvorschriften der Mitgliedstaaten, also auch §§ 25 ff.; vgl. §§ 22 Rdn. 6 f. und 23 Rdn. 2.
§ 26 Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs § 26 UmwG Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs (1) Die Ansprüche nach § 25 Abs. 1 und 2 können nur durch einen besonderen Vertreter geltend gemacht werden. Das Gericht des Sitzes eines übertragenden Rechtsträgers hat einen solchen Vertreter auf Antrag eines Anteilsinhabers oder eines Gläubigers dieses Rechtsträgers zu bestellen. Gläubiger sind nur antragsberechtigt, wenn sie von dem übernehmenden Rechtsträger keine Befriedigung erlangen können. Gegen die Entscheidung findet die Beschwerde statt. (2) Der Vertreter hat unter Hinweis auf den Zweck seiner Bestellung die Anteilsinhaber und Gläubiger des betroffenen übertragenden Rechtsträgers aufzufordern, die Ansprüche nach § 25 Abs. 1 und 2 binnen einer angemessenen Frist, die mindestens einen Monat betragen soll, anzumelden. Die Aufforderung ist im Bundesanzeiger und, wenn der Gesellschaftsvertrag, der Partnerschaftsvertrag oder die Satzung andere Blätter für die öffentlichen Bekanntmachungen des übertragenden Rechtsträgers bestimmt hatte, auch in diesen Blättern bekannt zu machen. (3) Der Vertreter hat den Betrag, der aus der Geltendmachung der Ansprüche eines übertragenden Rechtsträgers erzielt wird, zur Befriedigung der Gläubiger dieses Rechtsträgers zu verwenden, soweit die Gläubiger nicht durch den übernehmenden Rechtsträger befriedigt oder sichergestellt sind. Für die Verteilung Holthaus/Lehnhoff
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Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger des übern. Rechtsträgers | § 27 UmwG
gelten die Vorschriften über die Verteilung, die im Falle der Abwicklung eines Rechtsträgers in der Rechtsform des übertragenden Rechtsträgers anzuwenden sind, entsprechend. Gläubiger und Anteilsinhaber, die sich nicht fristgemäß gemeldet haben, werden bei der Verteilung nicht berücksichtigt. (4) Der Vertreter hat Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für seine Tätigkeit. Die Auslagen und die Vergütung setzt das Gericht fest. Es bestimmt nach den gesamten Verhältnissen des einzelnen Falles nach freiem Ermessen, in welchem Umfange die Auslagen und die Vergütung von beteiligten Anteilsinhabern und Gläubigern zu tragen sind. Gegen die Entscheidung findet die Beschwerde statt; die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet diese Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung statt. Diese Vorschrift ist abschließend. Die Klage eines Mitglieds oder eines Gläubigers 1 ohne einen besonderen Vertreter ist unzulässig. Zuständig für die Bestellung des besonderen Vertreters ist das Amtsgericht am Sitz 2 der übertragenden eG. Antragsberechtigt sind die Personen, die zum Zeitpunkt der Verschmelzung Mitglie- 3 der sind, daneben Gläubiger der übertragenden eG, die keine volle Befriedigung erlangen konnten bzw. entgegen § 22 keine oder keine genügende Sicherheit erhielten. Die Gläubiger müssen jedoch schlüssig vortragen, dass sie keine Befriedigung erlangen konnten. Ein Zwangsvollstreckungsversuch ist hierfür nicht erforderlich. Europäische Genossenschaft (SCE) Die Vorschrift gilt entsprechend, vgl. §§ 22 Rdn. 6 f. und 23 Rdn. 2.
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§ 27 Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger des übernehmenden Rechtsträgers § 27 UmwG Schadenersatzpflicht der Verwaltungsträger des übern. Rechtsträgers Ansprüche auf Schadenersatz, die sich auf Grund der Verschmelzung gegen ein Mitglied des Vertretungsorgans oder, wenn ein Aufsichtsorgan vorhanden ist, des Aufsichtsorgans des übernehmenden Rechtsträgers ergeben, verjähren in fünf Jahren seit dem Tage, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 als bekanntgemacht gilt. Für Schadenersatzansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat der übernehmenden 1 eG aufgrund der Verschmelzung gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 34, 41 (vgl. die dortigen Erl.), da diese eG fortbesteht. Für die Verjährung dieser Ansprüche stellt § 27 lediglich klar, dass die Verjährungs- 2 frist von 5 Jahren mit der Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister des Sitzes der übernehmenden eG beginnt. Unmittelbare Ansprüche gegen die Organmitglieder bestehen nur im Rahmen der 3 §§ 34, 41 GenG bzw. im Rahmen deliktsrechtlicher Tatbestände. Europäische Genossenschaft (SCE) Die Vorschrift gilt entsprechend, vgl. §§ 22 Rdn. 6 f. und 23 Rdn. 2. 1163
4 Holthaus/Lehnhoff
§ 28 UmwG | Umwandlungsgesetz
§ 28 Unwirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines übertragenden Rechtsträgers § 28 UmwG Unwirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines übertr. Rechtsträgers Nach Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers ist eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines übertragenden Rechtsträgers gegen den übernehmenden Rechtsträger zu richten. 1
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Für Mängel der Verschmelzungsbeschlüsse gelten nicht die einschlägigen BGBVorschriften, sondern die allgemeinen Regeln, die für fehlerhafte GV/VV-Beschlüsse aufgestellt worden sind; wegen der einzelnen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe vgl. deshalb Erl. zu § 51 GenG; zur Anfechtung sind neben dem Vorstand auch Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats befugt; zu den Voraussetzungen vgl. § 51 Abs. 2 GenG und Erl. zu § 51 GenG. In § 28 ist geregelt, dass nach Wirksamwerden der Verschmelzung eine Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses der übertragenden eG gegen die übernehmende eG zu richten ist; diese ist also passiv legitimiert. Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe können nicht nur nach der Eintragung der Verschmelzung (hierauf bezieht sich der Wortlaut des § 28), sondern naturgemäß auch bereits vor Eintragung der Verschmelzung geltend gemacht werden, wobei auf die Anfechtung die allgemeinen Regeln Anwendung finden.1 Die Nichtigkeit kann allerdings in analoger Anwendung des § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit Eintragung der Verschmelzung drei Jahre vergangen sind. Über den Wortlaut des § 28 hinaus ist die Passivlegitimation der übernehmenden eG nicht nur hinsichtlich der Klageerhebung gegeben, sondern auch hinsichtlich der gesamten Durchführung des Rechtsstreits. Die Aktivlegitimation hinsichtlich der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage liegt bei den ehemaligen Mitgliedern der übertragenden eG, deren Mitgliedschaft insoweit als fortbestehend gilt. Hierzu zählen auch die Mitglieder, die nach § 90 ausgeschlagen haben. Die übernehmende eG wird vom Vorstand allein und nicht vom Vorstand zusammen mit dem Aufsichtsrat vertreten, da es sich nicht um einen eigenen Beschluss der übernehmenden eG handelt. Hinsichtlich der Geltendmachung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses der übernehmenden eG gibt es keine Besonderheiten; es gilt die Vorschrift des § 249 AktG analog. Die Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses macht die Verschmelzung unwirksam. Es findet jedoch keine Entschmelzung statt (§ 20 Abs. 2). Der Kläger kann Schadenersatzansprüche geltend machen (geringeres Geschäftsguthaben bei der übernehmenden eG), diese dürften jedoch selten materiell gegeben sein. Europäische Genossenschaft (SCE)
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§ 28 findet entsprechende Anwendung, vgl. §§ 22 Rdn. 6 f. und 23 Rdn. 2.
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Schlarb S. 239 m.w.N.
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Abfindungsangebot im Verschmelzungsvertrag | § 29 UmwG
§ 29 Abfindungsangebot im Verschmelzungsvertrag § 29 UmwG Abfindungsangebot im Verschmelzungsvertrag (1) Bei der Verschmelzung eines Rechtsträgers im Wege der Aufnahme durch einen Rechtsträger anderer Rechtsform oder bei der Verschmelzung einer börsennotier-ten Aktiengesellschaft auf eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft hat der übernehmende Rechtsträger im Verschmelzungsvertrag oder in seinem Entwurf jeden Anteilsinhaber, der gegen den Verschmelzungsbeschluss des übertragenden Rechtsträgers Widerspruch zur Niederschrift erklärt, den Erwerb seiner Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung anzubieten; § 71 Abs. 4 Satz 2 des Aktiengesetzes und § 33 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz erste Alternative des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind insoweit nicht anzuwenden. Das Gleiche gilt, wenn bei einer Verschmelzung von Rechtsträgern derselben Rechtsform die Anteile oder Mitgliedschaften an dem übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterworfen sind. Kann der übernehmende Rechtsträger auf Grund seiner Rechtsform eigene Anteile oder Mitgliedschaften nicht erwerben, so ist die Barabfindung für den Fall anzubieten, dass der Anteilsinhaber sein Ausscheiden aus dem Rechtsträger erklärt. Eine erforderliche Bekanntmachung des Verschmelzungsvertrags oder seines Entwurfs als Gegenstand der Beschlussfassung muss den Wortlaut dieses Angebots enthalten. Der übernehmende Rechtsträger hat die Kosten für eine Übertragung zu tragen. (2) Dem Widerspruch zur Niederschrift im Sinne des Absatzes 1 steht es gleich, wenn ein nicht erschienener Anteilsinhaber zu der Versammlung der Anteilsinhaber zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. § 29 gilt bei Verschmelzungen von eG nicht wegen § 90 Abs. 1. Für die Mitglieder ei- 1 ner übertragenden eG wird der Grundsatz der Barabfindung durch das genossenschaftsspezifische Prinzip der Ausschlagung mit Auseinandersetzung ersetzt. Die Mitglieder einer eG sind aufgrund zwingender gesetzlicher Regelungen (§ 73 GenG) nach anderen Grundsätzen am Vermögen der eG beteiligt. Daher gelten die besonderen Regeln der §§ 90–94, die die generelle Barabfindungsregelung der §§ 29–34 verdrängen. Auch bei der Verschmelzung durch Übertragung einer eG auf eine Aktiengesell- 2 schaft wird das Abfindungsangebot durch das Ausschlagungsrecht nach §§ 90 ff. ersetzt.1 Europäische Genossenschaft (SCE) Es gelten die Ausführungen unter Rdn. 1. Das Prinzip der Ausschlagung mit Ausei- 3 nandersetzung regelt § 8 SCEAG gem. der Öffnungsklausel in Art. 28 Abs. 2 bei einer Verschmelzung zu einer SCE. § 8 SCEAG entspricht im Wesentlichen den Vorschriften der §§ 90 bis 94, nach denen den Mitgliedern einer übertragenden eG anstelle des Abfindungsangebots für Aktionäre ein Ausschlagungsrecht zusteht. Die Vorschrift ist an § 7 des SE-AG angelehnt.2 Die §§ 29–34 UmwG werden auch hier durch die besonderen Regelungen in § 8 SCEAG und die ergänzenden Bestimmungen der §§ 90 bis 94 UmwG verdrängt (vgl. Rdn. 1).
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Buchta/Sasse ZfgG 2005, S. 23; Lutter/Bayer UmwG § 90 Rdn. 6 u. 7. Amtl. Begr. zum SCEAG BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006, zu § 8 S. 56.
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§ 31 | Umwandlungsgesetz
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Die Verbesserung des Umtauschverhältnisses regelt dagegen § 7 SCEAG; dessen Abs. 4 lehnt sich jedoch hinsichtlich der Möglichkeit, das Spruchverfahren bei der Verbesserung des Umtauschverhältnisses anzuwenden, an § 34 an (vgl. zum Spruchverfahren § 34 Rdn. 2, zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses bei einer Verschmelzungs zur SCE vgl. § 85 Rdn. 3).3
§ 30 Inhalt des Anspruchs auf Barabfindung und Prüfung der Barabfindung (1) Die Barabfindung muss die Verhältnisse des übertragenden Rechtsträgers im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Verschmelzung berücksichtigen. § 15 Abs. 2 ist auf die Barabfindung entsprechend anzuwenden. (2) Die Angemessenheit einer anzubietenden Barabfindung ist stets durch Verschmelzungsprüfer zu prüfen. Die §§ 10 bis 12 sind entsprechend anzuwenden. Die Berechtigten können auf die Prüfung oder den Prüfungsbericht verzichten; die Verzichtserklärungen sind notariell zu beurkunden. 1
Gilt wegen § 90 Abs. 1 nicht für Verschmelzungen von eG. Auch bei Verschmelzung auf einen Rechtsträger in anderer Rechtsform können ausscheidende Mitglieder keine andere an den Regeln der neuen Gesellschaft orientierte Barabfindung erhalten. Bei Ausschlagung gilt ausschließlich die Auseinandersetzungsregelung in § 93. § 30 gilt jedoch wegen des Verweises in § 270 Abs. 2 in den Fällen einer formwech2 selnden Umwandlung einer eG in eine Kapitalgesellschaft für die Prüfung des erforderlichen Barabfindungsangebots gem. §§ 207, 208 im Umwandlungsbeschluss. Der Prüfungsverband hat hierzu ein Gutachten zu erstatten. Ein (notariell beurkundeter) Verzicht auf das Gutachten ist nicht möglich; § 270 Abs. 2 Satz 2 schließt die Anwendung des § 30 Abs 2 Satz 3 bei einer formwechselnden Umwandlung einer eG in eine Kapitalgesellschaft aus (vgl. § 81 Rdn. 10). Europäische Genossenschaft (SCE) 3
§ 30 gilt nicht, § 8 SCEAG entspricht im Wesentlichen die Vorschriften der §§ 90 bis 94, nach denen den Mitgliedern einer übertragenden eG anstelle des Abfindungsangebots ein Ausschlagungsrecht zusteht, vgl. § 29 Rdn. 3.
§ 31 Annahme des Angebots § 31 Annahme des Angebots Das Angebot nach § 29 kann nur binnen zwei Monaten nach dem Tage angenommen werden, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers nach § 19 Abs. 3 als bekannt gemacht gilt. Ist nach § 34 ein Antrag auf Bestimmung der Barabfindung durch das Gericht gestellt worden, so kann das Angebot binnen zwei Monaten nach dem Tage angenommen werden, an dem die Entscheidung im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden ist. 1
Gilt nicht bei Verschmelzungen von eG wegen § 90 Abs. 1.
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Ebenda zu § 7 S. 55.
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Gerichtliche Nachprüfung der Abfindung | § 34 UmwG
Europäische Genossenschaft (SCE) § 31 gilt nicht, vgl. § 29 Rdn. 3 u. § 30 Rdn. 3.
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§ 32 Ausschluss von Klagen gegen den Verschmelzungsbeschluss Eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses eines übertragenden Rechtsträgers kann nicht darauf gestützt werden, dass das Angebot nach § 29 zu niedrig bemessen oder dass die Barabfindung im Verschmelzungsvertrag nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist. Gilt nicht bei Verschmelzungen von eG wegen § 90 Abs. 1.
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Europäische Genossenschaft (SCE) § 32 gilt nicht, vgl. § 29 Rdn. 3 u. § 30 Rdn. 3.
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§ 33 Anderweitige Veräußerung Einer anderweitigen Veräußerung des Anteils durch den Anteilsinhaber stehen nach Fassung des Verschmelzungsbeschlusses bis zum Ablauf der in § 31 bestimmten Frist Verfügungsbeschränkungen bei den beteiligten Rechtsträgern nicht entgegen. Gilt nicht bei Verschmelzungen von eG wegen § 90 Abs. 1.
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Europäische Genossenschaft (SCE) § 33 gilt nicht, vgl. § 29 Rdn. 3 u. § 30 Rdn. 3.
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§ 34 Gerichtliche Nachprüfung der Abfindung § 34 UmwG Gerichtliche Nachprüfung der Abfindung Macht ein Anteilsinhaber geltend, dass eine im Verschmelzungsvertrag oder in seinem Entwurf bestimmte Barabfindung, die ihm nach § 29 anzubieten war, zu niedrig bemessen sei, so hat auf seinen Antrag das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes die angemessene Barabfindung zu bestimmen. Das Gleiche gilt, wenn die Barabfindung nicht oder nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist. 1
Gilt nicht bei Verschmelzungen von eG wegen § 90 Abs. 1.
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§ 34 UmwG | Umwandlungsgesetz
Europäische Genossenschaft (SCE) § 7 Abs. 4 SCEAG regelt die Anwendung des SpruchG bei der Verbesserung des Umtauschverhältnisses für die Mitglieder der übertragenden eG und lehnt sich an § 34 an; er stellt das notwendige Bindeglied zwischen dem Anspruch auf bare Zuzahlung und der gerichtlichen Nachprüfung im Spruchverfahren dar. Ein Mitglied einer eG kann bei einer Verschmelzung zu einer SCE, wenn bei der Verschmelzung das Spruchverfahrensgesetz1 für die Mitglieder aller beteiligten eG (… der betreffenden sich verschmelzenden Genossenschaften …; vgl. Art. 29 Abs. 3) für anwendbar erklärt wird, keine Klage mit der Begründung erheben, das Umtauschverhältnis der Anteile sei nicht angemessen (§ 7 Abs. 1 SCEAG). Die Mitglieder können aber als Ausgleich dafür, dass das Geschäftsguthaben in der SCE niedriger ist als in der übertragenden eG, von der SCE einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen (§ 7 Abs. 2 SCEAG). Auf Antrag entscheidet das Gericht nach den Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes (SpruchG) darüber, welche Zuzahlung angemessen ist (§ 7 Abs. 4 SCEAG). Der Anwendungsbereich des SpruchG wurde in § 1 Nr. 5 (für die SE) und mit Wirkung zum 18.8.2006 in Nr. 6 auch für die SCE erweitert.2 Dazu nachfolgend Rdn. 3 f. § 7 Abs. 4 Satz 2 SCEAG stellt klar, dass auch Mitglieder der sich zur SCE verschmel3 zenden ausländischen Genossenschaft berechtigt sind, das gerichtliche Verfahren nach dem SpruchG einzuleiten, wenn deren nationales Recht ein vergleichbares Verfahren kennt und deutsche Gerichte dafür zuständig sind. Entsprechend ergänzt wurden die Antragsberechtigten in § 3 Nr. 5 SpruchG. Die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts kann sich entweder aus einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung (z.B. auch im Verschmelzungsplan als Zusatzvereinbarung gem. Art. 22 Abs. 2) oder der EG-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit vom 22.12.2000 ergeben.3 Durch diese Regelung werden sich widersprechende Entscheidungen und damit Doppelarbeit deutscher und ausländischer Gerichte vermieden, wenn sowohl Mitglieder einer deutschen eG als auch einer beteiligten ausländischen Genossenschaft die Überprüfung des Umtauschverhältnisses ihrer Anteile verlangen. Zuständig für das Spruchverfahren ist die Kammer für Handelssachen des Landge4 richts am Sitz der SCE (§ 2 SpruchG). Der Antrag ist fristgebunden; § 4 Abs. 1 SpruchG ist eine Ausschlussfrist. Der Antrag muss innerhalb von 3 Monaten nach Bekanntgabe der Eintragung der SCE, die sich nach den Vorschriften des Sitzstaates richtet (ggf. auch einer Bekanntmachungsfiktion)4 eingereicht werden. Es besteht kein Anwaltszwang. Der Inhalt der Antragsbegründung ergibt sich aus § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SpruchG. Antragsgegner ist die SCE (§ 5 Nr. 6 SpruchG); der Antrag kann nicht vor Eintragung gestellt werden. Auf Antrag eines oder mehrer Mitglieder einer sich verschmelzenden eG, die selbst nicht antragsberechtigt sind, bestellt das Gericht bei Gründung einer SCE für deren Interessenwahrnehmung einen gemeinsamen Vertreter, der am Spruchverfahren beteiligt ist (§ 6b SpruchG). Nicht antragsberechtigt sind die Mitglieder einer Genossenschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, dessen Recht ein Spruchverfahren oder eine Barabfindung bei Ausscheiden nicht kennt. Da die Mittel zur Verbesserung des Umtauschver2
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1 Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren (Spruchverfahrensgesetz) – SpruchG v. 12.6.2003, BGBl. I 2003, 838, zuletzt geändert durch G. v 23. Juli 2013, BGBl. I S. 2586. 2 Zum bisherigen Anwendungsbereich vgl. Lutter/Krieger/Mennicke UmwG SpruchG Anhang I § 1 Rdn. 12. 3 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. 4 Amtl. Begr. zu Art. 7 Änderung des Spruchverfahrensgesetzes, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006, zu § 4, S. 97.
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Anzuwendende Vorschriften | § 36 UmwG
hältnisses aber aus dem Vermögen der SCE aufzubringen sind, werden diese Mitglieder ihre Zustimmung zum Spruchverfahren nach Art. 29 Abs. 3 nur geben, wenn ihre Interessen in diesem Verfahren durch einen gemeinsamen Vertreter gewahrt sind. Die gerichtliche Entscheidung ist ohne Gründe durch die gesetzlichen Vertreter der SCE bekannt zu machen (§ 14 Nr. 6 SpruchG).
§ 35 Bezeichnung unbekannter Aktionäre; Ruhen des Stimmrechts Unbekannte Aktionäre einer übertragenden Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien sind im Verschmelzungsvertrag, bei Anmeldungen zur Eintragung in ein Register oder bei der Eintragung in eine Liste von Anteilsinhabern durch die Angabe des insgesamt auf sie entfallenden Teils des Grundkapitals der Gesellschaft und der auf sie nach der Verschmelzung entfallenden Anteile zu bezeichnen, soweit eine Benennung der Anteilsinhaber für den übernehmenden Rechtsträger gesetzlich vorgeschrieben ist; eine Bezeichnung in dieser Form ist nur zulässig für Anteilsinhaber, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals der übertragenden Gesellschaft nicht überschreiten. Werden solche Anteilsinhaber später bekannt, so sind Register oder Listen von Amts wegen zu berichtigen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann das Stimmrecht aus den betreffenden Anteilen in dem übernehmenden Rechtsträger nicht ausgeübt werden. Die Vorschrift erfasst nur den Fall, dass eine AG oder eine KGaA als übertragender 1 Rechtsträger an einer Verschmelzung beteiligt ist. Sie wurde mit Wirkung zum 25.4.2007 neu gefasst durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes vom 19.4.2007 (BGBl. I S. 542). Ist übernehmender Rechtsträger eine eG, so gilt für sie Satz 2 wegen § 30 GenG (siehe 2 die dortigen Erl.).
DRITTER ABSCHNITT Verschmelzung durch Neugründung § 36 Anzuwendende Vorschriften § 36 UmwG Anzuwendende Vorschriften (1) Auf die Verschmelzung durch Neugründung sind die Vorschriften des Zweiten Abschnitts mit Ausnahme des § 16 Abs. 1 und des § 27 entsprechend anzuwenden. An die Stelle des übernehmenden Rechtsträgers tritt der neue Rechtsträger, an die Stelle der Eintragung der Verschmelzung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers tritt die Eintragung des neuen Rechtsträgers in das Register. (2) Auf die Gründung des neuen Rechtsträgers sind die für dessen Rechtsform geltenden Gründungsvorschriften anzuwenden, soweit sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt. Den Gründern stehen die übertragenden Rechtsträger gleich. Vorschriften, die für die Gründung eine Mindestzahl der Gründer vorschreiben, sind nicht anzuwenden.
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§ 36 UmwG | Umwandlungsgesetz
I. Allgemeines Die Vorschrift lässt die Verschmelzung durch Neugründung (§ 2 Nr. 2) neben der Verschmelzung durch Aufnahme (§ 2 Nr. 1) zu. Das Gesetz entspricht damit einem Bedürfnis der Praxis, weil verschiedentlich Unternehmen, bei denen eine Verschmelzung sinnvoll wäre, nicht bereit waren, sich von anderen Unternehmen aufnehmen zu lassen. Daneben erleichtert § 36 die Möglichkeit, eine größere Zahl von Unternehmen zu einem Unternehmen zu verschmelzen. Da in der genossenschaftlichen Praxis allenfalls eine Verschmelzung durch Neugründung einer eG vorgenommen wird, konzentriert sich die Kommentierung im Folgenden auf diesen Fall. Bei der Verschmelzung durch Neugründung gelten gemäß Verweisung in Abs. 1 2 Satz 1 die Vorschriften zur Verschmelzung durch Aufnahme (§§ 4–35) mit den im Gesetz genannten Ausnahmen. Dabei sind die für alle Rechtsformen geltenden allgemeinen Sondervorschriften für die Neugründung (§§ 36–38) und die Sondervorschriften für eG (§§ 96–98 i.V.m. dem Rückverweis auf §§ 79–95) zu beachten. 3 Die Verschmelzung durch Neugründung führt grundsätzlich zu einer höheren steuerlichen Belastung, da die Werte aller beteiligten eG übertragen werden und der Steuer unterliegen (z.B. Grunderwerbssteuer und Wegfall von Verlustvorträgen gem. § 8c KStG). Aus diesem Grunde ist von der Möglichkeit der Verschmelzung durch Neugründung bisher nur in seltenen Ausnahmefällen Gebrauch gemacht worden.1 Die übertragenden eG müssen nicht mehr die gleiche Haftart haben. Auch die neu 4 gebildete eG kann eine abweichende Haftart haben, insb. auch die Nachschusspflicht ganz ausschließen. 1
II. Gründung der neuen Genossenschaft Die neu gebildete eG wird gegründet von den übertragenden eG selbst, nicht von deren Vorstandsmitgliedern oder gar deren Mitgliedern. Allerdings muss die Satzung der neu gebildeten eG von allen Vorstandsmitgliedern der übertragenden eG unterzeichnet werden (vgl. § 97 Abs. 1) und im Verschmelzungsvertrag enthalten sein oder festgestellt werden (§ 37); auch sind die zusätzlichen Gründungsakte von sämtlichen Vorständen der sich vereinigenden eG vorzunehmen. Die Maßnahmen der Vorstände der an der Verschmelzung beteiligten eG haben je6 doch nur vorläufigen Charakter. Sie bedürfen nach § 13 der Zustimmung der GV/VV der sich vereinigenden eG. Es handelt sich hierbei also nicht um die Beschlussfassung der GV/VV der neuen eG, sondern um eine Zustimmung der GV/VV der an der Verschmelzung beteiligten eG. Falls der Vorstand nach der Satzung der neuen eG nicht von der GV/VV, sondern z.B. vom Aufsichtsrat bestellt wird, bedarf dessen Bestellung nicht der Zustimmung der GV/VV. 7 Da bei der Verschmelzung durch Neugründung die sich vereinigenden eG erlöschen, können auch die Organe dieser eG nur bis zum Erlöschen im Amt bleiben. Aus diesem Grunde haben die Vorstände der sich vereinigenden eG vor der Eintragung die Satzung der neuen eG aufzustellen, den Aufsichtsrat zu wählen und ggf., sofern die Satzung nichts Abweichendes regelt, den ersten Vorstand zu bestellen. Wenn, wie in der Praxis weitgehend üblich, nach der Satzung der Vorstand durch den Aufsichtsrat bestellt wird, hat der neue Aufsichtsrat auch den Vorstand der eG zu bestellen. 5
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Rödder/Herlinghaus/von Lishaut Kommentar zum UmwStR, Anh. 1 Rdn. 70.
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Inhalt des Verschmelzungsvertrags | § 37
Die durch Verschmelzung neu gebildete eG kann die Firma einer der übertragenden 8 eG übernehmen; die neue Firma kann auch eine Zusammensetzung von Bestandteilen der Firma der übertragenden eG sein. Der Grundsatz der Firmenklarheit (§ 30 HGB) steht dem nicht entgegen, er gebietet nur, dass sich die neue Firma von „bestehenden“ und in das Register eingetragenen Firmen unterscheiden muss. III. Wirksamwerden der Verschmelzung Die Verschmelzung wird wirksam mit der Eintragung in das Genossenschaftsregister 9 am Sitz der neuen eG. Demgemäß sind alle Rechtsfolgen an die Eintragung der neuen eG geknüpft, insbesondere geht das Vermögen der an der Verschmelzung beteiligten eG mit Eintragung der neuen eG auf diese über (Gesamtrechtsnachfolge). Die Mitglieder der sich vereinigenden eG erwerben zu diesem Zeitpunkt die Mitgliedschaft bei der neuen eG mit allen Rechten und Pflichten. Die sich vereinigten eG erlöschen mit der Eintragung, ohne dass es einer besonderen Löschung im Register bedarf. Die Gesamtrechtsnachfolge erstreckt sich jedoch nicht auf die Erlaubnis nach § 32 10 Abs. 1 KWG, Bankgeschäfte zu betreiben, da diese nicht übertragbar ist. Die neu gebildete eG muss die Erteilung einer Erlaubnis beantragen.2 Europäische Genossenschaft (SCE) Die SCE-VO kennt neben der eigentlichen Neugründung (vgl. Art. 2 1. bis 3. Spiegel- 11 strich) zwei weitere Gründungsarten (dort 4. und 5. Spiegelstrich), einmal die Gründung durch Verschmelzung (Art. 19) und die Umwandlung einer bestehenden eG in eine SCE (Art. 35). Die Gründung durch Verschmelzung unterscheidet zwischen der Verschmelzung durch Aufnahme (Art. 19 1. Spiegelstrich) oder der Verschmelzung durch Gründung einer neuen juristischen Person (Art. 19 2. Spiegelstrich). Die zuletzt genannte Fallgruppe entspricht § 36, wobei mit der Verschmelzung gleichzeitig ein Formwechsel der eG und der anderen beteiligten eG in eine SCE vollzogen wird (vgl. Art. 33 Abs. 2). Die obigen Ausführungen zu Rdn. 2 gelten entsprechend, Art. 20 verweist, soweit in der SCE-VO keine oder keine abschließende Regelung getroffen ist, für jede Gründungsgenossenschaft auf deren nationale Vorschriften, in Deutschland auf das UmwG. Zur Verweisungssystematik ausführlicher § 2 Rdn. 23.
§ 37 Inhalt des Verschmelzungsvertrags § 37 Inhalt des Verschmelzungsvertrags In dem Verschmelzungsvertrag muss der Gesellschaftsvertrag, der Partnerschaftsvertrag oder die Satzung des neuen Rechtsträgers enthalten sein oder festgestellt werden. In § 93s GenG a.F. war die in § 37 enthaltene Verpflichtung nicht vorgesehen. Durch 1 § 37 wird für die Verschmelzung durch Neugründung der zwingende Inhalt des Verschmelzungsvertrags (§§ 5, 80) entsprechend erweitert. Für die Form gilt § 6 (§ 36 Abs. 1 Satz 2).
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2 Schreiben des BAK vom 26.9.1973 – IV 12.01 an den BVR; siehe dazu die Fallgruppen bei Reischauer/Kleinhans KWG § 32 Rdn. 10b, Erlaubnis erlischt bei Verschmelzung durch Neugründung (§ 36), bleibt bestehen bei der Verschmelzung durch Aufnahme.
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§ 38 UmwG | Umwandlungsgesetz
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Eine unmittelbare Aufnahme der Satzung in den Verschmelzungsvertrag ist nicht notwendig; es genügt ein Hinweis im Verschmelzungsvertrag auf die Satzung als Bestandteil gemäß beigefügter Anlage (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG).1 Damit bedarf auch die Satzung der notariellen Beurkundung, jedoch nur die im Verschmelzungsvertrag enthaltene Fassung der Satzung, nicht spätere Änderungen; für diese gilt § 16 GenG mit Verweisung auf die jeweilige Satzungsregelung. Eine separate Beurkundung der Satzung, wie sie teilweise für zulässig erachtet wird,2 ist aus Kostengründen nicht zu empfehlen. Europäische Genossenschaft (SCE)
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Die SCE-VO regelt dies in Art. 22 Abs. 1 Ziff. j). Die Satzung ist zwingender Bestandteil des zur Beschlussfassung kommenden Verschmelzungsplans.
§ 38 Anmeldung der Verschmelzung und des neuen Rechtsträgers § 38 UmwG Anmeldung der Verschmelzung und des neuen Rechtsträgers (1) Die Vertretungsorgane jedes der übertragenden Rechtsträger haben die Verschmelzung zur Eintragung in das Register des Sitzes ihres Rechtsträgers anzumelden. (2) Die Vertretungsorgane aller übertragenden Rechtsträger haben den neuen Rechtsträger bei dem Gericht, in dessen Bezirk er seinen Sitz haben soll, zur Eintragung in das Register anzumelden. 1
§ 38 tritt an die Stelle von § 16 Abs. 1. Ein Handeln der Vorstandsmitglieder der neuen eG ist nicht mehr erforderlich. Die Vorstandsmitglieder der übertragenden eG haben gemäß Verweis in § 36 Abs. 1 2 die Negativerklärung nach § 16 Abs. 2 abzugeben und der Anmeldung die in § 17 bestimmten Anlagen sowie nach § 37 die Satzung beizufügen. Die Reihenfolge der Eintragungen (§ 19) bleibt unverändert. Mit Austragung im Ge3 nossenschaftsregister der übertragenden eG und Eintragung in das Genossenschaftsregister am Sitz der neu gegründeten eG treten die Rechtswirkungen nach § 20 ein. Europäische Genossenschaft (SCE) 4
Die Anmeldung der Gründung durch Verschmelzung oder Umwandlung wird in der SCE-VO nicht ausdrücklich erwähnt. Die Verschmelzung und die Gründung wird mit der Eintragung wirksam, Art. 31, dies setzt die Anmeldung voraus. Gemäß Art. 20 gelten für die Verschmelzungsgründung die §§ 16, 38. Dabei ist nicht zu differenzieren zwischen der Verschmelzung durch Neugründung und der Verschmelzung durch Aufnahme, in jedem Fall haben die übertragenden Genossenschaften bei dem Register ihres Sitzes nach den dort geltenden nationalen Gesetzen (Art. 20) anzumelden, die SCE mit Sitz in Deutschland beim Genossenschaftsregister am zukünftigen Sitz. Vgl. dazu oben § 16 Rdn. 7 f.
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Lutter/Grunewald § 37 UmwG Rdn. 5 m.w.N. Lutter/Grunewald § 37 UmwG Rdn. 5 unter Verweis auf § 36 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 2.
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Vorbereitung der Hauptversammlung | § 63 UmwG
ZWEITER TEIL Besondere Vorschriften DRITTER ABSCHNITT Verschmelzung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften ERSTER UNTERABSCHNITT Verschmelzung durch Aufnahme Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind für eG nur dann zu beachten, wenn in den besonderen Vorschriften für eG auf sie verwiesen wird, Bedeutung hat hier insbesondere § 63. Vom Abdruck der anderen Bestimmungen wurde daher abgesehen.
§ 63 Vorbereitung der Hauptversammlung § 63 UmwG Vorbereitung der Hauptversammlung (1) Von der Einberufung der Hauptversammlung an, die gemäß § 13 Abs. 1 über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag beschließen soll, sind in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszulegen 1. der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf; 2. die Jahresabschlüsse und die Lageberichte der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger für die letzten drei Geschäftsjahre; 3. falls sich der letzte Jahresabschluss auf ein Geschäftsjahr bezieht, das mehr als sechs Monate vor dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags oder der Aufstellung des Entwurfs abgelaufen ist, eine Bilanz auf einen Stichtag, der nicht vor dem ersten Tag des dritten Monats liegt, der dem Abschluss oder der Aufstellung vorausgeht (Zwischenbilanz); 4. die nach § 8 erstatteten Verschmelzungsberichte; 5. die nach § 60 in Verbindung mit § 12 erstatteten Prüfungsberichte. (2) Die Zwischenbilanz (Absatz 1 Nr. 3) ist nach den Vorschriften aufzustellen, die auf die letzte Jahresbilanz des Rechtsträgers angewendet worden sind. Eine körperliche Bestandsaufnahme ist nicht erforderlich. Die Wertansätze der letzten Jahresbilanz dürfen übernommen werden. Dabei sind jedoch Abschreibungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen, sowie wesentliche, aus den Büchern nicht ersichtliche Veränderungen der wirklichen Werte von Vermögensgegenständen bis zum Stichtag der Zwischenbilanz zu berücksichtigen. § 8 Abs. 3 Satz 1 erste Alternative und Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Die Zwischenbilanz muss auch dann nicht aufgestellt werden, wenn die Gesellschaft seit dem letzten Jahresabschluss einen Halbjahresfinanzbericht gemäß § 37w des Wertpapierhandelsgesetzes veröffentlicht hat. Der Halbjahresfinanzbericht tritt zum Zwecke der Vorbereitung der Hauptversammlung an die Stelle der Zwischenbilanz. (3) Auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen zu erteilen. Die Unterlagen können dem Aktionär mit dessen Einwilligung auf dem Wege elektronischer Kommunikation übermittelt werden. (4) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 3 entfallen, wenn die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind.
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Holthaus/Lehnhoff
§ 79 UmwG | Umwandlungsgesetz
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Die Vorschrift wurde in Abs. 2 Satz 5 und Abs. 3 Satz 2 durch das Dritte Gesetz zur Änderung des UmwG vom 11.7.20111 ergänzt. Dies ist für die Verschmelzung von eG ohne Bedeutung, da die Neuregelungen von den Verweisen in §§ 82 und 83 nicht erfasst werden. § 82 Abs. 1 verweist auf § 63 Abs. 1 Nr. 1 bis 4. Die Bestimmung entspricht § 340d Abs. 2–4 AktG a.F. Die in § 63 aufgeführten Unterlagen müssen ab dem Tag der Einladung zur GV/VV, die über die Verschmelzung beschließen soll, in den Geschäftsräumen dieser eG ausliegen. Lädt die übertragende eG z.B. früher ein, müssen auch die Unterlagen der übernehmenden eG ab diesem Zeitpunkt ausliegen. Es sind die Jahresabschlüsse und Lageberichte aller beteiligten eG auszulegen. Werden die aufgeführten Unterlagen nicht oder nicht vollständig oder verspätet ausgelegt, ist der Beschluss der GV/VV anfechtbar.2 Ausführlicher dazu auch § 82 Rdn. 1–6. Die Zwischenbilanz ist im Sonderfall des § 63 Abs. 1 Nr. 3 aufzustellen, wenn also 2 das Geschäftsjahr, auf das sich der letzte vorgelegte Jahresabschluss bezieht, mehr als 6 Monate vor dem Abschluss des Verschmelzungsvertrags bzw. der Aufstellung des Entwurfs, über den in der GV/VV entschieden werden soll, abgelaufen ist. Ist z.B. das Geschäftsjahr das Kalenderjahr und der Verschmelzungsvertrag am 30.6. des Folgejahres abgeschlossen, bedarf es keiner Zwischenbilanz. Für die Zwischenbilanz gelten die Erleichterungen des § 63 Abs. 2 Satz 1 bis 4. § 82 Abs. 1 Satz 2 verweist nicht auf den neu eingefügten Satz 5 (vgl. Rdn. 1). Jedem Mitglied ist gem. § 82 Abs. 2 eine kostenlose Abschrift der ausliegenden Unterlagen zu erteilen (vgl. dazu § 82 Abs. 2 Rdn. 7). 3 Mit Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie wurde Abs. 4 eingefügt. Danach entfallen die Verpflichtungen nach den Abs. 1 u. 3, wenn die in Abs. 1 bezeichneten Unterlagen für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind. Für eG besteht diese Möglichkeit nach dem Wortlaut des § 82 derzeit nicht. Dafür gibt es keinen sachlichen Grund, eine analoge Anwendung scheidet aber mangels Regelungslücke aus.3
FÜNFTER ABSCHNITT Verschmelzung unter Beteiligung eingetragener Genossenschaften ERSTER UNTERABSCHNITT Verschmelzung durch Aufnahme § 79 Möglichkeit der Verschmelzung § 79 UmwG Möglichkeit der Verschmelzung Ein Rechtsträger anderer Rechtsform kann im Wege der Aufnahme mit einer eingetragenen Genossenschaft nur verschmolzen werden, wenn eine erforderliche Änderung der Satzung der übernehmenden Genossenschaft gleichzeitig mit der Verschmelzung beschlossen wird. 1
Diese Vorschrift eröffnet die Verschmelzung von Rechtsträgern anderer Rechtsformen auf eine eG.
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1 BGBl. I 1338 ff. 2 Lutter/Grunewald § 63 UmwG Rdn. 14 m.w.N. 3 Der E eines Dritten G zur Änderung des UmwG zur Umsetzung von aktienrechtlichen EU-Richtlinien (BT-Drs. 17/3122 vom 1.10.2010) sieht diese sachgerechte Ergänzung bislang nicht vor; vgl. hierzu Vorb UmwG Rdn. 13a.
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Inhalt d. Verschmelzungsvertrags bei Aufnahme durch eine Genossenschaft | § 80 UmwG
Entgegen § 93a Abs. 1 GenG a.F. ist nicht mehr erforderlich, dass die sich verschmelzenden eG die gleiche Haftart besitzen.1 Diese Einschränkung hat der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 Nr. 3 bewusst nicht mehr vorgenommen. Nicht möglich ist eine Verschmelzung mit einem genossenschaftlichen Prüfungsverband (§ 105) sowie die Verschmelzung einer eG auf einen eV (§ 99 Abs. 2). Gleiches gilt für eine Verschmelzung mit einem VVaG (§ 109) sowie auf einen Alleingesellschafter (§§ 120–122). Die Verpflichtung zur Satzungsänderung des § 79 gilt begrifflich nur für die Verschmelzung anderer Rechtsträger auf eine übernehmende eG. Ob bei einer Mischverschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine eG eine Satzungsänderung erforderlich ist, entscheiden die Vertragspartner; in der Regel machen praktische Bedürfnisse aber eine Satzungsänderung erforderlich. Wegen der nach § 88 notwendigen Umwandlung der Rücklagen in Geschäftsguthaben wird die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine eG der Ausnahmefall bleiben, da sich zu Lasten der Mitglieder der übernehmenden eG das Nominalwertprinzip auswirkt. Deshalb wird im Folgenden nur der Fall der Verschmelzung zweier eG kommentiert.
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Europäische Genossenschaft (SCE) Rechtssystematisch entspricht die Vorschrift der ersten Gründungsunterart in Art. 19 6 1. Spiegelstrich, die aufnehmende eG nimmt jedoch bei der Verschmelzung zusätzlich die Rechtsform der SCE an. Zu den Auswirkungen der Verschmelzung vgl. Art. 33 Abs. 1. Art. 2 Abs. 1 4. Spiegelstrich ermöglicht die (grenzüberschreitende) Verschmelzung von Genossenschaften durch Aufnahme in eine SCE. Die Mitglieder jeder übertragenden Genossenschaft werden Mitglied der übernehmenden Genossenschaft; dabei nimmt die aufnehmende Genossenschaft bei der Verschmelzung die Form einer SCE an und die übertragenden Genossenschaften erlöschen. Folglich ist – im Gegensatz zu § 79 UmwG – keine Satzungsänderung, sondern die Annahme einer neuen Satzung Pflicht, da die Verschmelzung durch Aufnahme auch einen Rechtsformwechsel beinhaltet. Die SCE unterliegt anderen Regeln, muss sich daher zwangsläufig als neue Gesellschaft auch eine neue Satzung geben, die deren Besonderheiten berücksichtigt.
§ 80 Inhalt des Verschmelzungsvertrags bei Aufnahme durch eine Genossenschaft § 80 UmwG Inhalt d. Verschmelzungsvertrags bei Aufnahme durch eine Genossenschaft (1) Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf hat bei Verschmelzungen im Wege der Aufnahme durch eine eingetragene Genossenschaft für die Festlegung des Umtauschverhältnisses der Anteile (§ 5 Abs. 1 Nr. 3) die Angabe zu enthalten, 1. dass jedes Mitglied einer übertragenden Genossenschaft mit einem Geschäftsanteil bei der übernehmenden Genossenschaft beteiligt wird, sofern die Satzung dieser Genossenschaft die Beteiligung mit mehr als einem Geschäftsanteil nicht zulässt, oder
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Dies gilt auch bei der Neugründung, vgl. § 36 Rdn. 4.
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§ 80 UmwG | Umwandlungsgesetz
2.
dass jedes Mitglied einer übertragenden Genossenschaft mit mindestens einem und im Übrigen mit so vielen Geschäftsanteilen bei der übernehmenden Genossenschaft beteiligt wird, wie durch Anrechnung seines Geschäftsguthabens bei der übertragenden Genossenschaft als voll eingezahlt anzusehen sind, sofern die Satzung der übernehmenden Genossenschaft die Beteiligung eines Mitglieds mit mehreren Geschäftsanteilen zulässt oder die Mitglieder zur Übernahme mehrerer Geschäftsanteile verpflichtet; der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf kann eine andere Berechnung der Zahl der zu gewährenden Geschäftsanteile vorsehen. Bei Verschmelzungen im Wege der Aufnahme eines Rechtsträgers anderer Rechtsform durch eine eingetragene Genossenschaft hat der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf zusätzlich für jeden Anteilsinhaber eines solchen Rechtsträgers den Betrag des Geschäftsanteils und die Zahl der Geschäftsanteile anzugeben, mit denen er bei der neuen Genossenschaft beteiligt wird. (2) Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf hat für jede übertragende Genossenschaft den Stichtag der Schlussbilanz anzugeben. Diese Vorschrift ergänzt als spezielle Regelung § 5 Abs. 1 Nr. 3. Die Höhe der Beteiligung der Mitglieder der übertragenden eG ergibt sich aus §§ 87, 88. Die Vorschrift unterscheidet hinsichtlich der notwendigen Angaben im Verschmelzungsvertrag zwischen Verschmelzungen unter eG im Wege der Aufnahme (Abs. 1 Satz 1) und Mischverschmelzung zwischen eG als aufnehmender Rechsträger und Rechtsträgern anderer Rechtsform (Abs. 1 S. 2). Bei der Verschmelzung unter eG im Wege der Aufnahme genügt die Wiedergabe des 2 Gesetzestextes im Verschmelzungsvertrag, wobei in der Praxis i.d.R. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 vorkommen wird, weil die meisten Satzungen zumindest eine freiwillige Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen vorsehen. Es ist nicht erforderlich, dass der Verschmelzungsvertrag für jedes Mitglied einer übertragenden eG auch schon die Zahl der Geschäftsanteile angeben muss, die dieses durch die Verschmelzung erhält.1 Der letzte Halbsatz des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 wirft die Frage auf, was unter einer ande3 ren Berechnung der Zahl der zu gewährenden Geschäftsanteile zu verstehen ist. § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 letzter Halbsatz ist dahingehend auszulegen, dass vertragliche Vereinbarungen über eine andere Berechnung der Zahl der zu gewährenden Geschäftsanteile – der in der Ursprungsfassung des UmwG 1995 enthaltene Zusatz „… Entwurf kann zugunsten der Genossen eine andere …“ ist entfallen – zulässig sind, und zwar sowohl zu Gunsten wie auch zu Ungunsten der Mitglieder der übertragenden eG. Erfolgt die Berechnung zu Ungunsten, haben die Mitglieder die Möglichkeit der Ausschlagung gem. §§ 90 ff.2 Eine derartige Regelung kann berechtigt sein, wenn der Wert der Geschäftsguthaben im Verhältnis zum Genossenschaftsvermögen (Rücklagen und stille Reserven unter Berücksichtigung evtl. stiller Lasten) erheblich differiert (dazu unten Rdn. 6). Eine zweite Fallgruppe ist, dass die Mitglieder der übertragenden eG bei der Berechnung der Pflichtanteile schlechter gestellt werden, als die Mitglieder der übernehmenden eG,3 z.B. wenn die Satzung der übernehmenden eG eine Pflichtbeteiligung mit mehreren Anteilen bei nicht vollständiger Einzahlungspflicht vorsieht. Üblich und durch den Gesetzeswortlaut gedeckt sind Regelungen, wonach verblei4 bende „Spitzenbeträge“ als Einzahlung für einen weiteren (nicht voll eingezahlten) 1
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So auch Lutter/Bayer UmwG § 80 Rdn. 24. Bauer Genossenschafts-Handbuch § 80 UmwG Rdn. 14. Vgl. dazu das Beispiel bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 80 UmwG Rdn. 15 und 19.
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Gutachten des Prüfungsverbandes | § 81 UmwG
Geschäftsanteil verwendet werden. Dies folgt aus § 87 Abs. 1 Satz 1; §§ 87 Abs. 2, 88 stehen nicht entgegen, da diese auf die Regelung des Verschmelzungsvertrags abstellen.4 einstweilen frei 5–8 Im Falle der sogenannten Mischverschmelzung (Abs. 1 Satz 2)5 ist in Ergänzung zu 9 § 5 Abs. 1 Nr. 3 und zur Vorbereitung des nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 durchzuführenden Anteilstauschs (vgl. auch § 88) jeweils die Höhe des Geschäftsanteils und die Zahl der Geschäftsanteile anzugeben, mit denen jeder einzelne Anteilsinhaber an der eG beteiligt wird. Die Höhe des Geschäftsanteils ist aus der Satzung ablesbar; er ist für alle gleich (absoluter Gleichbehandlungsgrundsatz). Die Festlegung des Stichtags der Schlussbilanz (Abs. 2) ermöglicht den Mitgliedern 10 eine Entscheidung darüber, ob ihnen die letztlich erst mit dem Vorliegen der Schlussbilanz gewährte Transparenz zeitlich noch ausreicht. Die Schlussbilanz ist maßgeblich für die Berechnung des Umtauschverhältnisses nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 (vgl. auch §§ 87, 88). Wegen dieses Anteilstausches im Verhältnis 1 : 1 (§ 87) kann aus der Schlussbilanz im Falle des § 87 die Höhe des übergehenden Geschäftsguthabens (Einschränkung dort Abs. 2) abgelesen werden. Der Stichtag kann auch nach der über die Verschmelzung befindenden GV/VV liegen6 (vgl. Erl. zu § 5 Rdn. 16). Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 22 regelt den Mindestinhalt des Verschmelzungsplans, der dem Verschmel- 11 zungsvertrag des UmwG entspricht. Art 22 Abs. 1 Satz 2 Ziff. b) bestimmt, dass der Verschmelzungsplan Angaben zum Umtauschverhältnis der Geschäftsanteile und gegebenenfalls die Höhe der baren Zuzahlungen enthalten muss, entspricht also § 5 Abs. 1 Nr. 3, vgl. dazu § 5 Rdn. 50 ff. Bei der Umwandlung einer eG in eine SCE mit Sitz in Deutschland gilt: Auch der 12 Umwandlungsplan gem. Art. 35 muss Angaben zum Umtauschverhältnis enthalten, zu den Einzelheiten s. unten § 191 SCE „Umtauschverhältnis“.
§ 81 Gutachten des Prüfungsverbandes § 81 UmwG Gutachten des Prüfungsverbandes (1) Vor der Einberufung der Generalversammlung, die gemäß § 13 Abs. 1 über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag beschließen soll, ist für jede beteiligte Genossenschaft eine gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbandes einzuholen, ob die Verschmelzung mit den Belangen der Mitglieder und der Gläubiger der Genossenschaft vereinbar ist (Prüfungsgutachten). Das Prüfungsgutachten kann für mehrere beteiligte Genossenschaften auch gemeinsam erstattet werden. (2) Liegen die Voraussetzungen des Artikels 25 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch in der Fassung des Artikels 21 § 5 Abs. 2 des Gesetzes vom
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4 Wie hier Bauer Genossenschafts-Handbuch § 87 UmwG Rdn. 12; Fronhöfer in Widmann/Mayer UmwG § 80 Rdn. 40; a.A. Beuthien GenG § 2 ff. UmwG Rdn. 73: § 87 Abs. 1 S. 2 beziehe sich nur auf eine statutarische Pflicht zur Übernahme weiterer Geschäftsanteile; Lutter/Bayer UmwG § 87 Rdn. 27; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 87 UmwG Rdn. 9 a.E.; Beck Gen-HB/Geschwandtner nimmt zu dieser wichtigen Frage keine Stellung. 5 Hierzu Beck Gen-HB/Geschwandtner § 11 Rdn. 30. 6 Beuthien/Wolff Genossenschaftsverschmelzung auf einen künftigen Verschmelzungsstichtag BB 2001, 2126 ff.; a.A. Heidinger NotBZ 1998, 223 ff.; ders. NotBZ 2002 86 ff.; Lutter/Bayer § 80 Rdn. 27 f. Zu den Argumenten s.o. § 5 Rdn. 16.
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§ 81 UmwG | Umwandlungsgesetz
25. Juli 1988 (BGBl. I S. 1093) vor, so kann die Prüfung der Verschmelzung (§§ 9 bis 12) für die dort bezeichneten Rechtsträger auch von dem zuständigen Prüfungsverband durchgeführt werden. 1
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§ 81 ersetzt §§ 9–12. Die Vorschrift sieht zwingend die Mitwirkung des Prüfungsverbands vor. Dies entspricht der besonderen Stellung, die die genossenschaftlichen Prüfungsverbände haben. Die Mitwirkung des Prüfungsverbands soll u.a. übereilten Entscheidungen entgegenwirken. § 81 Abs. 1 ist lex specialis und gilt auch bei der Verschmelzung einer 100%-igen Tochtergesellschaft auf eine übernehmende Muttergenossenschaft;1 das Gutachten soll nämlich die Mitglieder schützen und ihnen als Entscheidungsgrundlage dienen sowie Stellung dazu nehmen, ob die Verschmelzung mit den Belangen der Mitglieder (und denen der Gläubiger) vereinbar ist. Ebenso soll es vor besonderen Risiken warnen.2 Das Gutachten muss schriftlich abgefasst sein und ab dem Tag der Einladung und in der Beschluss fassenden GV/VV (§ 83 Abs. 1 Satz 1) ausliegen. Gehören die eG verschiedenen Prüfungsverbänden an, hat jede eG bei ihrem Prüfungsverband das Gutachten einzuholen. Nur das für die beschließende GV/VV erstattete Gutachten muss in dieser GV/VV verlesen werden. Eine Erläuterung des Inhalts reicht nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes „… ist … zu verlesen“ nicht aus. Wird ein gemeinsames Gutachten erstattet, ist das gesamte Gutachten in allen GV/VV zu verlesen. Der Prüfungsverband hat das Recht, an der beschließenden GV/VV beratend teilzunehmen (§ 83 Abs. 2 Satz 2), er kann daher sein Gutachten näher erläutern, auf Fragen der Mitglieder antworten und in der Diskussion das Wort ergreifen.3 Ein Unterlassen oder gar Verweigern der Verlesung durch den Versammlungsleiter oder die GV/VV (etwa weil der Verband sich gegen die Verschmelzung oder für die Verschmelzung mit einer anderen eG ausspricht oder auf gravierende Mängel im Verschmelzungsvertrag hinweist) wäre ein Anfechtungsgrund nach § 51 GenG. Dies gilt umso mehr, wenn dem Verband entgegen § 83 Abs. 2 Satz 2 und dem in den meisten Satzungen enthaltenen Teilnahmerecht die Teilnahme an der GV/VV versagt wurde. Grundlage des Gutachtens sind insbesondere die Jahresabschlüsse und Lageberichte der beteiligten eG der letzten drei Geschäftsjahre, die Schlussbilanz der übertragenden eG, falls diese nicht mit dem letzten Jahresabschluss identisch ist sowie eine evtl. aufzustellende Zwischenbilanz, der Verschmelzungsvertrag und die Verschmelzungsberichte (bzw. der gemeinsame Verschmelzungsbericht), die Satzungen der beteiligten eG und das von den Verwaltungen der beteiligten eG erarbeitete Verschmelzungskonzept.4 Auch sollten die Prüfungsberichte zu den Jahresabschlüssen der letzten drei Geschäftsjahre des Fusionspartners einbezogen werden, wenn die verschmelzenden eG unterschiedlichen Prüfungsverbänden angehören. Das Gutachten, dessen Aussage und Ausgestaltung im pflichtgemäßen Ermessen des Prüfungsverbandes steht, muss eine Darstellung der Folgen der Verschmelzung für die Mitglieder und die Gläubiger der eG zum Inhalt haben. Hierbei kommt es insbesondere auf die wirtschaftliche Zukunft der übernehmenden eG an. Es muss das Für und
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1 Lutter/Bayer § 81 Rdn. 1: zu prüfen bleibt Verschmelzung aus Sicht der Mutter-eG; Fronhöfer in Widmann/Mayer UmwG § 81 Rdn. 29; a.A. (Entbehrlichkeit des Gutachtens: Beuthien GenG UmwG §§ 2 ff., Rdn. 26, Bauer Genossenschafts-Handbuch § 81 UmwG Rdn. 35. 2 Lutter/Bayer UmwG § 81 Rdn. 1, zum Prüfungsgegenstand 10 ff. 3 Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs GenG § 83 UmwG Rdn. 4; Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/ Tischbein Abschn. III. 8. 4 Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschnitt III. 8. S. 63.
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Gutachten des Prüfungsverbandes | § 81 UmwG
Wider der Verschmelzung erörtert und eine klare Aussage gemacht werden, ob die Verschmelzung mit den Belangen der Gläubiger und Mitglieder vereinbar ist, insbesondere im Hinblick auf die zu erwartende künftige Entwicklung. Hinsichtlich der Gläubiger ist nur entscheidend, ob die Verschmelzung eine Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Belange mit sich bringt. Hinsichtlich der – möglicherweise auch nicht wirtschaftlichen – Interessen der Mitglieder ist auf die gegenwärtigen Mitglieder abzustellen. Die Frage, ob die Ausführungen konkret die Auswirkungen der Verschmelzung darlegen müssen, ist umstritten. Für die Darlegung der Gründe spricht, dass das Gutachten die Teilnehmer der GV/VV bei der Beratung in die Lage versetzen soll, den fachlich qualifizierten Rat des Verbandes vor der Entscheidung über die Beschlussfassung zu hören;5 üblicherweise werden bestätigte und festgestellte Jahresabschlüsse Grundlage des Gutachtens sein. Der Prüfungsumfang für das Gutachten bestimmt sich nach Sinn und Zweck des 4a § 81. Da Gegenstand der Prüfung ist, ob die Verschmelzung mit den Belangen der Mitglieder und der Gläubiger der eG vereinbar ist (§ 81 Abs. 1 Satz 1), ist einerseits maßgeblich, dass das Prüfungsgutachten den Mitgliedern als Hilfestellung für die Entscheidungsfindung in der GV/VV dienen soll, andererseits auch die Belange der Gläubiger der eG zu berücksichtigen hat. Zu prüfen sind nicht nur der Inhalt des Verschmelzungsvertrages (§ 9 Abs. 1), sondern alle wirtschaftlichen und rechtlichen Umstände, die für oder gegen die beabsichtigte Verschmelzung sprechen.6 Es sind die Auswirkungen der Verschmelzung für die Mitglieder und die Gläubiger sowohl der übertragenden als auch der übernehmenden eG, insbesondere im Hinblick auf die zu erwartende künftige Entwicklung, darzustellen. Eine Bewertung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses der Geschäfts- 4b guthaben gem. § 12 Abs.2 und eine hierzu ggfs. erforderliche Unternehmensbewertung ist – von ganz besonderen Ausnahmefällen abgesehen – nicht erforderlich; entscheidend ist die Aussage im Gutachten, dass die Mitglieder der übertragenden eG wertgleiche und werthaltige Geschäftsguthaben bei der übernehmenden eG erhalten bzw. die Mitgliedschaft bei der übernehmenden eG als Gegenwert angemessen ist7 und die Verschmelzung mit den Förderbelangen aller Mitglieder vereinbar ist, insbesondere nach der Fusion eine finanzkräftige eG entsteht; § 81 verweist nicht auf § 12 Abs. 2, sondern ersetzt diesen.8 Es kann insbesonde nicht der Frage nachgegangen werden, ob aufgrund der Vermögens- und Ertragslage der eG ein Wertausgleich vorzunehmen ist; diese Meinung9 verkennt, dass sich das Verschmelzungsgutachten schwerpunktmäßig mit der Frage auseinandersetzen muss, ob diese mit den Förderbelangen der Mitglieder und den Sicherheitsbelangen der Gläubiger vereinbar ist.10 Ausreichend ist demnach eine begründete Gesamtbewertung, die geordnete wirtschaftliche Verhältnisse bei der übernehmenden eG bestätigt. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften partizipieren Mitglieder bei der Verschmelzung wie auch beim Ausscheiden aus einer eG nicht an etwaigen vorhandenen Rücklagen und stillen Reserven.
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5 Sehr weitgehend Lutter/Bayer § 81 Rdn. 11, 16. 6 Widmann/Mayer UmwG § 81 Rdn. 15; Ohlmeyer/Kuhn/Philipowski/Tischbein Abschnitt III. 8. S. 62 f. 7 Bauer Genossenschafts-Handbuch § 81 UmwG Rdn. 10. 8 So auch Beuthien GenG UmwG § 2 ff. Rdn. 24; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 81 UmwG Rdn. 10, Fronhöfer in Widmann/Mayer UmwG § 81 Rdn. 7, widersprüchlich aber in Rdn. 15: zu prüfen sei auch die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses gem. § 12 Abs. 2; Lutter/Bayer § 81 Rdn. 2, 10: Verdrängung der §§ 9–12 aber Prüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses wie § 12 Abs. 2. 9 Lutter/Beyer UmwG § 81 Rdn. 12. 10 So überzeugend Beuthien GenG § 2 ff. UmwG Rdn. 24, der auf den Schwerpunkt der Prüfung „Finanzkraft und Förderfähigkeit der fusionierten eG“ verweist.
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§ 81 UmwG | Umwandlungsgesetz
4c
Das Verschmelzungsgutachten sollte auch eine Aussage dazu enthalten, ob die Pflichtangaben im Verschmelzungsvertrag gem. § 5 Abs. 1, z.B. die Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen, enthalten und schlüssig sind. Ebenso sollte das Gutachten eine Aussage dazu enthalten, ob der Verschmelzungsvertrag eine Aussage zu den anderen Pflichtangaben dieser Vorschrift enthält.11 4d Bei den Ausführungen im Gutachten ist grundsätzlich nicht auf die Interessen einzelner Mitglieder der eG einzugehen, wohl aber auf Individualinteressen, die für alle Mitglieder bestehen und lediglich in ihrer Intensität für die Mitglieder variieren.12 Da der Prüfungsumfang des Verschmelzungsberichts und des Prüfungsgutachtens ähnlich sind, wird das Prüfungsgutachten zweckmäßigerweise die Ausführungen im Verschmelzungsbericht mit einbeziehen, auch wenn eine ausdrückliche Prüfung der Richtigkeit der Verschmelzungsberichte in dem Gutachten nach dem Gesetzeswortlaut nicht zu erfolgen hat. Bei der Abfassung des Gutachtens ist zu berücksichtigen, dass es in der GV/VV vollständig zu verlesen ist (§ 83 Abs. 2 Satz 1). Daher ist es sachgerecht, Umfang und Art der Darstellung daran auszurichten, damit eine Konzentration der Zuhörer gewährleistet ist und den Mitgliedern ein verständliches und klares Bild des Für und Wider der Verschmelzung vermittelt wird.13 5 Die GV/VV ist nicht an das Ergebnis des Gutachtens gebunden. Auch wenn sie sich nicht mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzt, ist der Verschmelzungsbeschluss unanfechtbar, es sei denn, die Verlesung selbst wird verhindert. Ein Vetorecht steht dem Prüfungsverband in keinem Fall zu. Während § 93d GenG a.F. noch vorsah, dass der Verband vor der Beschlussfassung 6 „nur“ zu hören war, sieht das UmwG in §§ 81 bis 83 ein formalistisches Verfahren vor. Das Prüfungsgutachten muss vor der Einberufung vorliegen, es ist in der Versammlung auszulegen und wörtlich zu verlesen, bei der Anmeldung (§ 17) ist es als Anlage in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen (§ 86 Abs. 1). Daraus folgt: erstattet der Verband nicht oder nicht rechtzeitig das Gutachten, kann die Verschmelzung zwar beschlossen werden, es wird aber i.d.R. keine Eintragung erfolgen, da das Registergericht die Einhaltung des formalisierten Verfahrens prüft. Daher hat die eG einen einklagbaren und nach § 888 ZPO vollstreckbaren vereinsrechtlichen Anspruch gegen ihren gesetzlichen Prüfungsverband auf Erstattung des Gutachtens,14 nicht aber die Verpflichtung zur Teilnahme an der GV/VV und ausführlichen Erörterung, wenngleich in der Praxis fast immer ein sachkundiger Teilnehmer des Prüfungsverbandes vertreten ist.15 Abweichend von § 11 Abs. 2, ergeben sich Stellung, Verantwortlichkeit der Verbandsprüfer und Mitwirkungspflichten der eG aus dem Mitgliedschaftsverhältnis, gegenseitige Rechte und Pflichten konkretisiert die Verbandssatzung. Wie bei der genossenschaftlichen Pflichtprüfung entsteht zwischen eG und Prüfungsverband auch insoweit ein Rechtsverhältnis besonderer Art (vgl. dazu § 63b GenG Rdn. 12 ff.). Darüber hinaus macht der Verband sich durch Unterlassung oder verspätete Erstellung des Gutachtens ggf. schadensersatzpflichtig.
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11 Vgl. zum „Besonderen Vorteil“ i.S.d. § 5 Abs.1 Nr. 3 oben § 5 Rdn. 18. 12 Fronhöfer in Widmann/Mayer UmwG § 81 Rdn. 12; Lutter/Bayer UmwG § 81 Rdn. 11. 13 Fronhöfer in Widmann/Mayer UmwG § 81 Rdn. 17. 14 So auch Beuthien UmwG §§ 2 ff., Rdn. 23; Lutter/Bayer UmwG § 81 Rdn. 9; Ohlmeyer/Kuhn/ Philipowski/Tischbein Abschnitt 8, 8.10, S. 65. 15 Vgl. § 83 Rdn. 3.; a.A. Lutter/Bayer UmwG § 81 Rdn. 9: Erstattung Gutachten und Mitwirkung in der über Verschmelzung beschließenden GV/VV.
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Gutachten des Prüfungsverbandes | § 81 UmwG
Gehören die eG verschiedenen Prüfungsverbänden an, hat jede eG von dem eigenen Prüfungsverband das Gutachten einzuholen. Das Gutachten des anderen Prüfungsverbands muss nicht in der GV/VV verlesen werden, die über die Verschmelzung verhandelt. Der Wortlaut des Abs. 1 Satz 2 (gemeinsames Gutachten durch einen Prüfungsverband) lässt offen, ob ein gemeinsames von mehreren Gutachten auch bei Prüfung durch mehrere Prüfungsverbände erstattet werden kann. Sinn und Zweck der Vorschrift setzt jedoch voraus, dass beide eG ein und demselben Prüfungsverband angehören.16 Nur der die eG betreuende Verband kennt deren Verhältnisse und soll sich dazu äußern müssen. Wurde der Prüfungsverband nicht angehört, insb. das Gutachten nicht verlesen oder wurde der Verband gar nicht zur GV/VV zugelassen, hat das Registergericht die Eintragung der Verschmelzung abzulehnen. Erfolgt die Eintragung gleichwohl, ist dieser Mangel geheilt (§ 20 Abs. 2). Nach Abs. 2 prüft der Prüfungsverband unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 1 EGHGB auch Kapitalgesellschaften, die im Mehrbesitz der eG stehen; §§ 9–12 gelten insoweit nicht. Bei der formwechselnden Umwandlung einer eG in eine Kapitalgesellschaft gem. §§ 258 ff. ist gem. § 259 ein Gutachten des Prüfungsverbands einzuholen, ob diese mit den Belangen der Mitglieder und Gläubiger der eG vereinbar ist (zum Inhalt vgl. § 259). Gem. § 270 i.V.m. §§ 207, 208 ist im Umwandlungsbeschluss ein Barabfindungsangebot zu unterbreiten. Für den Inhalt des Barabfindungsanspruchs und die Prüfung der Barabfindung gelten die Bestimmungen der §§ 270, 208 und 30. Auf die Prüfung der Angemessenheit des Barabfindungsangebots oder den Prüfungsbericht können die Abfindungsberechtigten, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 270 Abs. 2 Satz 2 ergibt, nicht gem. § 30 Abs. 2 Satz 3 verzichten, da § 270 Abs. 2 Satz 2 dieser Vorschrift als lex specialis vorgeht. Diese zwingende gesetzliche Regelung über die erforderliche Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung und des Prüfungsberichts kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass die Mitglieder der eG bereits zuvor auf ihre Abfindung verzichten. Die Prüfung erfolgt nach der Gesetzesbegründung17 auch im Interesse der Gläubiger. Auf die gutachtliche Äußerung des Prüfungsverbandes sollen die Mitglieder nach der gesetzgeberischen Entscheidung nicht verzichten können.18 Das Prüfungsgutachten, welches bei formwechselnden Rechtsträgern anderer Rechtsform keine Entsprechung findet, soll nämlich die genossenschaftliche Erfahrung des Prüfungsverbands nutzbar machen, um den Mitgliedern für den Umwandlungsbeschluss eine erweiterte Informations- und Beurteilungsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Der Prüfungsbericht über die Angemessenheit der Barabfindung ist dabei als Teil des Prüfungsgutachtens gem. § 259 UmwG in der GV/VV auszulegen (§ 261 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs.) und zu verlesen (§ 261 Abs. 2 Satz 1).19 Vgl. dazu auch § 30 Rdn. 2.
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16 So auch Beuthien GenG UmwG §§ 2 ff., Rdn. 25 mit ausf. Begründung; a.A. Lutter/Bayer UmwG § 81 Rdn. 7: verschiedene Prüfungen können in einem gemeinsamen Gutachten dargestellt werden. 17 RegE 1. UmwÄndG 1998, BT-Drs. 13/8806, S. 16. 18 Wie hier im Ergebnis auch Beuthien GenG UmwG §§ 190 ff. Rdn. 45 (anders noch die Vorauflage); a.A. Lutter/Grunewald UmwG § 30 Rdn. 8 f. 19 LG Leipzig Urt. v. 19.11.2007, Az. 06 HK T 885/06 (nicht veröffentl. Entscheidung) mit überzeugender Begründung; vgl. auch Lutter/Bayer UmwG § 261 Rdn. 11 Rdn. 2.
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§ 81 UmwG | Umwandlungsgesetz
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Das System der Gründungs- und Verschmelzungs- bzw. Umwandlungsprüfung (Art. 35) der SCE mit Sitz in Deutschland ist auf den ersten Blick schwer verständlich.20 Zur Verweisungssystematik s. § 2 Rdn. 23 f. Für die Gründung der SCE durch Verschmelzung bestimmt § 6 SCEAG (anders der Wortlaut des Art. 26) den jeweiligen genossenschaftlichen Prüfungsverband zum unabhängigen Verschmelzungsprüfer für die Prüfung nach Art. 26, insbesondere die Prüfung des Verschmelzungsplans. Eine Bestellung des genossenschaftlichen Prüfungsverbands erfolgt nicht. Der nach dem Wortlaut des Art. 26 Abs. 1 vorgesehene gerichtlichen Bestellungsakt (Verweis auf Art. 4 Abs. 6) ist nicht erforderlich,21 er ist kraft gesetzlicher Anordnung Prüfer der eG, die zu einer SCE verschmelzen will (vgl. oben § 9 Rdn. 2–3). Die Konkretisierung des Art. 26 durch § 6 SCEAG ist im Hinblick auf die besonderen Kenntnisse der wirtschaftlichen Verhältnisse sachgerecht und entspricht Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Rechte und Pflichten des Prüfungsverbands richten sich nach Art. 26 Abs. 3 nach nationalen aktienrechtlichen Bestimmungen (vgl. § 9 Rdn. 2 ff.). Dieser Verweis ist aber nicht abschließend zu verstehen; nach jetzt hier vertretener Ansicht22 gelten die besonderen nationalen Vorschriften für eG im UmwG gem. Art. 17 Abs. 1 ergänzend, da sie die speziellere Regelung für eG darstellen und deren Anwendung alleine sachgerecht ist und den Besonderheiten der SCE, die der nationalen eG nachgebildet ist, Rechnung trägt. Hingegen ist der generelle Verweis in Art. 26 Abs. 3 insbesondere für die Mitgliedsstaaten von Bedeutung, die kein besonderes nationales Umwandlungsrecht für Genossenschaften kennen. Daher ist das Verschmelzungsgutachten im Anwendungsbereich des UmwG in analoger Anwendung von § 81 zu erstellen.23 Das Prüfungsgutachten ist essentieller Verfahrensbestandteil und im Kontrollverfahren nach Art. 29 (dazu § 17 Rdn. 11) vorzulegen; der Bericht beinhaltet auch Aussagen zur Rechtmäßigkeit der Gründung der SCE, insbesondere zu deren rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, dem Verschmelzungsplan und der darin enthaltenen Satzung (vgl. dazu § 9 Rdn. 3), also auch eine abschließende Bewertung, ob die Verschmelzung mit den Belangen der Mitglieder und Gläubiger der eG vereinbar ist. Obige Ausführungen zum Prüfungsgutachten bei der eG gelten entsprechend. Weiterhin muss die SCE mit Sitz in Deutschland auch bei der Gründung durch Verschmelzung eine Bescheinigung vorlegen, dass diese zum Beitritt des genossenschaftlichen Prüfungsverbands zugelassen ist (vgl. Art. 71, § 54 GenG), andernfalls darf keine Eintragung erfolgen. Diese kann mit bzw. im Gutachten des Prüfungsverbandes erteilt werden. Für die Gründung durch Umwandlung (Art. 35) gelten gem. Art. 17 Abs. 1, 8 Abs. 1 die §§ 190 ff. Art. 35 Abs. 5 ergänzt insoweit die nationalen Umwandlungsvorschriften für eG. § 6 SCEAG gilt hier nicht; diese Vorschrift regelt nur die Zuständigkeit des genossenschaftlichen Prüfungsverbandes als Verschmelzungsprüfer bei einer Gründung einer SCE durch Verschmelzung gem. des 2. Abschnitts der SCE-VO (Art. 19 ff.). Hier aber geht es um eine Gründung durch Umwandlung, also einen Rechtskleidwechsel.24 Der Prü-
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20 Schulze/Wiese Die SCE mit Sitz in Deutschland, ZfgG, 2006, 108 (114). 21 So auch Beuthien GenG SCE Art. 26 Rdn. 1. 22 Anders noch in der Vorauflage. 23 A.A. Beuthien GenG SCE Art. 26 Rdn. 3 mit Verweis auf § 11 Abs. 2 UmwG; wie Beuthien noch in der Vorauflage. 24 Zur Differenzierung s.a. Beuthien GenG SCE Art. 2 Rdn. 5.
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Vorbereitung der Generalversammlung | § 82 UmwG
fungsverband erstellt das Gutachten entsprechend Art. 17 Abs. 2, i.V.m. § 259 analog (auch analoge Anwendung von § 81 denkbar, im Ergebnis aber ohne Auswirkung, da beide Vorschriften nur anwendbar sind, soweit Sinn und Zweck dies zulassen). Darin ist auch zu bescheinigen, dass die Bestimmungen des Art. 22 Abs. 1b) eingehalten wurden. Auch diese Bescheinigung kann mit bzw. im Gutachten des Prüfungsverbandes erteilt werden. Der gesetzliche Prüfungsverband der eG kann die Erstellung des Gutachtens in 15a entsprechender Anwendung des § 55 Abs. 3 GenG dem Spizenprüfungsverband oder einem anderen Verband bzw. Prüfer übertragen, z.B. wenn dieser bereits seit längerer Zeit die gesetzliche Prüfung durchführt und hierdurch über die größere Sachnähe verfügt;25 die Einreichung des Gutachtens beim GenRegGer erfolgt in diesen Fällen gem. § 55 Abs. 3 GenG analog i.V.m. § 59 Abs. 1 GenG analog gleichwoh durch den gesetzlichen Prüfungsverband. Ob die umgewandelte eG auch nach der Eintragung als SCE die Mitgliedschaft im 15b gesetzlichen Prüfungsverband beibehält oder beitreten muss, ist in der Literatur bislang – soweit ersichtlich – nicht behandelt worden. Nach diesseitiger Auffassung ändert sich durch die Umwandlung einer eG in eine SCE lediglich die Rechtsform der Genossenschaft. Da dies ohne Abwicklung und Neugründung erfolgt, bleiben auch alle Verträge und Mitgliedschaften erhalten, die eG firmiert lediglich unter anderer Firma. Demzufolge ist auch kein (neuer) Beitritt im bisherigen gesetzlichen Prüfungsverband erforderlich, soweit dessen Satzung die Aufnahme von SCE ermöglicht. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln und dürfte mangels besonderer Regelung regelmäßig zu bejahen sein.
§ 82 Vorbereitung der Generalversammlung § 82 UmwG Vorbereitung der Generalversammlung (1) Von der Einberufung der Generalversammlung an, die gemäß § 13 Abs. 1 über die Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag beschließen soll, sind auch in dem Geschäftsraum jeder beteiligten Genossenschaft die in § 63 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Unterlagen sowie die nach § 81 erstatteten Prüfungsgutachten zur Einsicht der Mitglieder auszulegen. Dazu erforderliche Zwischenbilanzen sind gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 bis 4 aufzustellen. (2) Auf Verlangen ist jedem Mitglied unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen zu erteilen. Gem. § 82 sind ab der Einladung zu einer beschließenden Versammlung Unterlagen 1 zur Einsicht der Mitglieder in den Geschäftsräumen – nicht unbedingt in der Schalterhalle, sondern beispielsweise im Vorstandssekretariat – auszulegen. Lädt z.B. die übertragende eG früher ein, hat sie auch die Unterlagen der übernehmenden eG auszulegen. Die übernehmende eG legt ihre Unterlagen und die der übertragenden eG erst mit ihrer Einladung aus. 2 Dies sind folgende Unterlagen: – der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf, – die Jahresabschlüsse und die Lageberichte für die letzten 3 Geschäftsjahre, und zwar von beiden (bzw. allen) an der Verschmelzung beteiligten eG,
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25 So auch Lutter/Bayer UmwG, 5. Aufl. 2014, § 259 Rdn. 3; Fronhöfer in Widmann/Mayer UmwG § 259 Rdn. 2.
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§ 82 UmwG | Umwandlungsgesetz
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ggf. eine Zwischenbilanz, die nach § 8 zu erstattenden Verschmelzungsberichte oder der gemeinsame Verschmelzungsbericht, das bzw. die nach § 81 erstattete/n Prüfungsgutachten.
Der Gesetzgeber hat nicht auf den festgestellten Jahresabschluss abgestellt. Es ist im Hinblick auf den Schutzzweck der Gesetzesvorschrift vertretbar, lediglich den aufgestellten (und ggf. geprüften) Jahresabschluss auszulegen, wenn für das letzte Geschäftsjahr der Jahresabschluss noch nicht festgestellt ist, in vielen Fällen wird dieser erst in den GV/VV der übertragenden bzw. übernehmenden eG festgestellt, die über die Verschmelzung beschließt.1 Sonst wären Verschmelzungen in den ersten Monaten eines Jahres kaum möglich. Dem Informationsinteresse der Mitglieder ist im Übrigen Genüge getan, wenn die ausgelegten und geprüften Jahresabschlüsse in den Verschmelzungsversammlungen vor der Verschmelzungsbeschlussfassung ohne Änderung festgestellt werden, denn nunmehr erhält (im Nachhinein) die seit der Einberufung ausliegende Informationsunterlage dieselbe Qualität wie die beiden zeitlich vorhergehenden Jahresabschlüsse. Will eine eG jegliche rechtliche Unsicherheit vermeiden, muss sie in der ordentlichen Versammlung den Jahresabschluss feststellen und danach unter Auslegung dieses festgestellten Jahresabschlusses die Verschmelzung in einer außerordentlichen Versammlung beschließen. 4 Zwischenbilanzen hat die eG vorzulegen, deren letzter auszulegender Jahresabschluss sich auf ein Geschäftsjahr bezieht, das mehr als 6 Monate vor dem Abschlussdatum des Verschmelzungsvertrags bzw. vor der Aufstellung des Vertragsentwurfs abgelaufen ist (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2). Zur Beantwortung der Frage, ob eine Zwischenbilanz aufgestellt werden muss, ist die Zeitdifferenz zwischen dem letzten Jahresabschluss und dem Zeitpunkt des Abschlusses des Verschmelzungsvertrags bzw. der Erstellung des Entwurfs maßgebend. Wird der Jahresabschluss z.B. auf den 31.12. aufgestellt (Geschäftsjahr = Kalenderjahr) und erfolgt der Abschluss des Verschmelzungsvertrags bzw. die Erstellung des Entwurfs bis spätestens 30.6. des folgenden Jahres, ist eine Zwischenbilanz nicht erforderlich. Anders ist dies ab 1.7.; die Zwischenbilanz ist dann erforderlich. Die Zwischenbilanz darf nicht älter als 3 Monate sein. Wird z.B. im Laufe des Monats Juli der Verschmelzungsvertrag abgeschlossen oder der Entwurf erstellt, darf der Stichtag der Zwischenbilanz nicht vor dem 1.4. liegen.2 Sie ist nach den Vorschriften aufzustellen, die auf die letzte Jahresbilanz ange5 wandt worden sind. Es gelten die handelsrechtlichen Vorschriften, jedoch mit Erleichterungen hinsichtlich der Inventur und Übernahme der Wertansätze des letzten Jahresabschlusses. Abschreibungen, Rückstellungen und Wertansätze sind zu berücksichtigen. Wesentliche Veränderungen der tatsächlichen Werte der Vermögensgegenstände bis zum Stichtag der Zwischenbilanz sind ebenfalls zu berücksichtigen. 3
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1 H.M., zustimmend Beuthien GenG UmwG §§ 2 ff. Rdn. 30; Bauer Genossenschafts-Handbuch § 82 UmwG Rdn. 7 e.E.; Lutter/Bayer UmwG, § 82 Rdn. 15; zum Meinungsstand: Vetter Auslegung der Jahresabschlüsse für das letzte Geschäftsjahr zur Vorbereitung von Strukturbeschlüssen der Gesellschafter, NZG 1999, 925– 929. 2 So auch das ähnliche Beispiel bei Bauer Genossenschafts-Handbuch § 82 UmwG Rdn. 11.
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Vorbereitung der Generalversammlung | § 82 UmwG
Da das Gesetz von einer Bilanz spricht, ist eine Gewinn- und Verlustrechnung 6 nicht erforderlich, wohl aber ein Anhang, da dieser mit der Bilanz eine Einheit bildet. Die Zwischenbilanz braucht nicht geprüft zu sein.3 Zu beachten ist, dass auf Verlangen jedem Mitglied unverzüglich und kostenlos 7 eine Abschrift der genannten Unterlagen zu erteilen ist (§ 82 Abs. 2). Nicht notwendig aber unter Umständen zweckmäßig ist es, in der Einladung auf die ausgelegten Unterlagen hinzuweisen; bei bestehender VV muss ein Hinweis an die Vertreter in der Einladung enthalten sein. Nach § 63 Abs. 4 entfallen diese Pflichten, wenn die Unterlagen über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sind; dies gilt für eG nicht (keine analoge Anwendung, vgl. § 63 Rdn. 3). Europäische Genossenschaft (SCE) Art. 24 regelt die Bekanntmachung des Verschmelzungsplans vor der Beschlussfassung und geht teilweise weiter als § 82. Der nach Art. 22 Abs. 1 aufzustellende Plan muss entsprechend den aktienrechtlichen Bestimmungen (Art. 24 Abs. 1) im Amtsblatt des Mitgliedstaats mit den Pflichtangaben des Art. 24 Abs. 2 Ziff. a) bis f), die zu jeder beteiligten Genossenschaft gemacht werden müssen, veröffentlicht werden. Ergänzende nationale Vorschriften („Auflagen“) werden ausdrücklich für zulässig erklärt. Davon hat der deutsche Gesetzgeber in § 5 SCEAG Gebrauch gemacht. Danach macht das Genossenschaftsregister die Pflichtangaben gem. Art. 24 Abs. 2 zusammen mit dem Hinweis darauf, dass der Verschmelzungsplan beim GenReg eingereicht wurde, bekannt. Die Informationsrechte der Mitglieder regelt Art. 25. Einen Monat vor jeder beschließenden GV/VV sind am Geschäftssitz zur Einsicht vorzulegen: der Verschmelzungsplan, die Jahresabschlüsse und Geschäftsberichte der beteiligten eG für die letzten drei Geschäftsjahre, eine Zwischenbilanz, die nach den Bestimmungen für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften erstellt wurde, sofern diese Bestimmungen dies vorsehen, der Prüfungsbericht des Prüfungsverbandes bzw. bei ausländischen Genossenschaften ggf. des/der Sachverständigen und der Vorstandsbericht mit den Erläuterungen und der Begründung des Verschmelzungsplans nach Art. 23. Da für die Zwischenbilanz auf die Verschmelzung von Aktiengesellschaften verwiesen wird, gilt der dritte Abschnitt des Zweiten Teils „Verschmelzung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften“ (§§ 60 bis 77). Es ist daher § 63 anzuwenden, vgl. oben Rdn. 4. § 82 Abs. 2 entspricht Art. 25 Abs. 2. Jedem Mitglied ist auf Antrag kostenlos eine Abschrift der ausliegenden Dokumente auszuhändigen. Jedes Mitglied soll sich vor der GV/VV hinreichend informieren und sich ein sachkundiges Urteil bilden können. Zur Vorbereitung der GV/VV bei der Gründung durch Umwandlung (Art. 35) fehlen bis auf die Bekanntmachung des Umwandlungsplans gem. Art. 35 Abs. 4 (entspricht Art. 24, der im Gegensatz zu Art. 35 keine Monatsfrist vorsieht) o.g. Vorschriften. Es gelten gem. Art. 17 und Art. 8 Abs. ergänzend die §§ 190 ff. Das Umwandlungsgutachten des Verbandes muss in entsprechender Anwendung von § 260 Abs. 3 von der Einberufung der GV/VV an in den Geschfätsräumen der eG zur Einsichtnahme durch die Mitglieder ausliegen. Gleiches gilt für den Umwandlungsbericht (§ 260 Abs. 2 Satz 1, 230 Abs. 2 UmwG), den Entwurf des Umwandlungsbeschlusses (§ 192 Abs. 1 Satz 3).4
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3 Wie hier auch Bauer Genossenchafts-Handbuch § 82 UmwG Rdn. 12. 4 Lutter/Bayer UmwG § 260 Rdn. 19; Bonow in Semler/Stengel, § 260 UmwG Rdn. 22; Schöpflin in KölnKomm UmwG § 260 UmwG Rdn. 6.
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§ 83 UmwG | Umwandlungsgesetz
§ 83 Durchführung der Generalversammlung § 83 UmwG Durchführung der Generalversammlung (1) In der Generalversammlung sind die in § 63 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Unterlagen sowie die nach § 81 erstatteten Prüfungsgutachten auszulegen. Der Vorstand hat den Verschmelzungsvertrag oder seinen Entwurf zu Beginn der Verhandlung mündlich zu erläutern. § 64 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. (2) Das für die beschließende Genossenschaft erstattete Prüfungsgutachten ist in der Generalversammlung zu verlesen. Der Prüfungsverband ist berechtigt, an der Generalversammlung beratend teilzunehmen. In der die Verschmelzung beschließenden GV/VV sind die von der Einberufung an ausgelegten Unterlagen ebenfalls auszulegen. Dies bedeutet nicht, dass jedem anwesenden Mitglied diese Unterlagen ausgehändigt werden müssen, dies muss nur auf Verlangen geschehen (§ 82 Abs. 2). Es empfiehlt sich allerdings, mehrere Exemplare bereitzuhalten. Dem Recht auf rechtzeitige Information ist durch die Auslegung von der Einberufung an sowie der Möglichkeit, Abschriften zu verlangen, Genüge getan. Die Vorschrift bezweckt eine umfassende Information der Mitglieder, eine insbe2 sondere ergänzende Erläuterung des Verschmelzungsvertrags durch vom Vorstand beauftragte Dritte ist daher zulässig,1 solange der Vorstand für Fragen zur Verfügung steht. Abs. 2 bestimmt nicht, wer das Prüfungsgutachten zu verlesen hat. Es bietet sich 3 an, wenn ein Vertreter des Prüfungsverbandes anwesend ist, dass dieser vorliest, sonst der Vorstand der eG. Zur beratenden Teilnahme gehört das jederzeitige Rederecht, insbesondere das Recht, auf Fragen der Mitglieder ausführlich zu antworten. Ein Rechtsanspruch der Mitglieder auf Ausführungen durch den Prüfungsverband besteht jedoch nicht. Der Prüfungsverband hat ein Teilnahmerecht, keine Teilnahmeverpflichtung. Er ist aber in der Praxis regelmäßig in der beschließenden GV/VV vertreten (Abs. 2 Satz 2). 1
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Die Vorschrift gilt gem. Art. 20 entsprechend (vgl. auch § 13 Rdn. 13). Zur Verweisungssystematik vgl. § 2 Rdn. 23. Bei der Gründung durch Umwandlung (Art. 35) fehlen bis auf die in Art. 35 Abs. 4 ge5 regelte Bekanntmachung (diese entspricht Art. 24, der allerdings keine Monatsfrist vorsieht) weitere Vorschriften. Es gelten gem. Art. 17, 8 ergänzend die §§ 190 ff. entsprechend. Das vom Prüfungsverband zu erstellende Umwandlungsgutachten ist in der GV/VV, die die Umwandlung in eine SCE mit Sitz in Deutschland beschließt, gemäß § 261 Abs. 2 Satz 1 zu verlesen. Das Gutachten ist gem. § 261 Abs. 1 Satz 1 in der Versammlung auszulegen. Entsprechendes gilt für den Umwandlungsplan (Art. 35 Abs. 3), den Umwandlungsbericht (§ 260 Abs. 2 Satz 1) und den Entwurf des Umwandlungsbeschlusses (§ 192 Abs. 1 Satz 3), s. zu Einzelheiten § 191 Rdn. 3 „Einberufung GV/VV und auszulegenden Unterlagen“; dort auch zum „Unterrichtungsrecht der Mitglieder“.
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Zu weitgehend Lutter/Bayer § 83 UmwG Rdn. 5, Scholderer in Semler/Stengel § 83 UmwG Rdn. 12.
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Beschluss der Generalversammlung | § 84 UmwG
§ 84 Beschluss der Generalversammlung § 84 UmwG Beschluss der Generalversammlung Der Verschmelzungsbeschluss der Generalversammlung bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. Zum Begriff „abgegebene Stimmen“ vgl. § 43 Rdn. 62 GenG; Stimmenthaltungen 1 und ungültige Stimmen werden nicht mitgezählt. Die Satzung kann weitere Erschwerungen für die Beschlussfassung vorsehen, z.B. eine größere Mehrheit als 3/4 der abgegebenen Stimmen, auch Einstimmigkeit oder die Anwesenheit einer bestimmten Mindestzahl von Mitgliedern. Erfordert die Satzung der eG für die Rechtsformänderung eine höhere Mehrheit z.B. 9/10 oder eine bestimmte Mitgliederbeteiligung (Quorum) als für die Verschmelzung, gilt nach Beuthien dieses Erfordernis auch für die Verschmelzung, da hier eine Änderung der Gesellschaftsstruktur möglich ist, so dass ein erhöhtes Schutzbedürfnis gegeben ist.1 Diese Begründung reicht für die Verschmelzung zweier eG nicht; ihr ist auch bei rechtsformwechselnder Verschmelzung nicht zuzustimmen. Da es im Kern bei diesen Entscheidungen um völlig unterschiedliche Entscheidungen geht, die eine analoge Anwendung der Satzungsvorschrift für Rechtsformwechsel auf Verschmelzungen nicht deckt. Die Satzung kann die Verschmelzung nicht von der Zustimmung des Prüfungsverbands abhängig machen, da dies dem Prinzip der Selbstverwaltung widerspricht. Die Satzung kann auch nicht die Verschmelzung ganz ausschließen.2 Diese Satzungsbestimmung kann nicht in eine Regelung, dass der Verschmelzungsbeschluss einstimmig zu fassen ist, umgedeutet werden, da die Satzung mit geringerer Mehrheit zu ändern ist.3 Keine Bedenken bestehen, wenn für die geheime Wahl Stimmkarten vorbereitet 2 sind, bei denen das Ja-Zeichen angekreuzt ist, da es sich insoweit nur um einen unverbindlichen vom Stimmberechtigten jederzeit revidierbaren Vorschlag handelt. Erteilt ein Mitglied eine weisungsgebundene Vollmacht („Meine Weisung: Zustimmung zur Verschmelzung“), verzichtet es auf den Schutz durch die geheime Wahl. Ist der Verschmelzungsbeschluss endgültig nicht zustande gekommen, kann dieser 3 Mangel nicht geheilt werden. In bestimmten Fällen ist jedoch Heilung durch Eintragung in das Register ausdrücklich vorgesehen (§ 20 Abs. 2). Europäische Genossenschaft (SCE) Zum Verfahrensabschnitt Beschlussfassung über den Verschmelzungsplan § 13 4 Rdn. 13. Die Billigung, also Annahme des Plans regelt Art. 27 Abs. 1, nicht aber das Quorum. Gemäß Verweis in Art. 20 gilt die Sondervorschrift des § 84 und obige Ausführungen entsprechend. Zur Beschlussfassung fehlen bei der Gründung durch Umwandlung (Art. 35) Be- 5 stimmungen in der SCE-VO. Art. 35 Abs. 6 sieht lediglich vor, dass die GV/VV der eG dem Umwandlungsplan zustimmt und die Satzung der SCE genehmigt (zwei separate Zustimmungsakte, ggfs. unter einem Tagesordnungspunkt). Es gelten gem. Art. 17 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 ergänzend die §§ 190 ff. Nach § 262 Abs. 1 ist mangels besonderer Bestim-
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1 Beuthien GenG UmwG §§ 2 ff. Rdn. 36. 2 Lutter/Drygala UmwG § 13 Rdn. 27 a.E. und Lutter/Bayer UmwG § 84 Rdn. 10. 3 So auch Beuthien GenG UmwG §§ 2 ff. Rdn. 36 UmwG; für Umdeutung gem. § 140 BGB Lutter/Drygala UmwG § 13 Rdn. 27 und Lutter/Bayer UmwG § 84 Rdn. 9.
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§ 85 UmwG | Umwandlungsgesetz
mung in der Satzung eine ¾-Mehrheit der erschienen Mitglieder ausreichend. Wenn man § 262 Abs. 1 entsprechend anwendet wird, muss dies folgerichtig auch für § 262 Abs. 1 Satz 2 gelten. Es bedarf einer Merhheit von 9/10 der in der GV/VV abgegebenen Stimmen, wenn spätestens bis zum Ablauf des dritten Tags vor der GV/VV mindestens 100 Mitglieder, bei eG mit weniger als 1000 Mitgliedern ein Zehntel der Mitglieder, durch eingeschriebenen Brief Widerspruch gegen den Formwechsel erhoben haben; s. § 191 Rdn. 3 „Beschlussfassung und Quoren“.
§ 85 Verbesserung des Umtauschverhältnisses § 85 UmwG Verbesserung des Umtauschverhältnisses (1) Bei der Verschmelzung von Genossenschaften miteinander ist § 15 nur anzuwenden, wenn und soweit das Geschäftsguthaben eines Mitglieds in der übernehmenden Genossenschaft niedriger als das Geschäftsguthaben in der übertragenden Genossenschaft ist. (2) Der Anspruch nach § 15 kann auch durch Zuschreibung auf das Geschäftsguthaben erfüllt werden, soweit nicht der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile des Mitglieds bei der übernehmenden Genossenschaft überschritten wird. Der Anwendungsbereich von § 85 Abs.1 i.V.m. § 15 ist äußerst begrenzt; zunächst wird verhindert, dass den Mitgliedern der übertragenden eG aufgrund der Verschmelzung keine Beteiligung an den Rücklagen und stillen Reserven dieser eG zuwächst. § 15 gilt grundsätzlich nicht (… ist nur anzuwenden …), da bei der Verschmelzung von eG vom Nominalwert des Geschäftsguthabens ausgegangen wird (§ 87, § 88, § 90). Eine Bewertung der Geschäftsguthaben erfolgt nicht. Der innere Wert (unter Einbeziehung stiller Reserven) wird nicht berücksichtigt. Anderenfalls könnte über § 15 eine Beteiligung am inneren Wert realisiert werden, die dem ausscheidenden Mitglied nach §§ 90 ff. eben nicht zustehen soll. Im Gegensatz dazu unterliegt § 15 dem Grundsatz des vollständigen Wertausgleichs. 1a § 85 Abs. 1 i.V.m. § 15 regelt nur den in der Praxis bei der Verschmelzung von eG äußerst seltenen Fall, dass qua Verschmelzungsvertrag der Betrag des Geschäftsguthabens bei der übernehmenden eG niedriger als bei der übertragenden eG ist.1 Über §§ 15, 85 kann aber auch bei niedrigeren Geschäftsguthaben kein vollständiger Wertausgleich einschließlich Rücklagen und stiller Reserven erfolgen. Der Ausgleich ist nur auf die Differenz der Geschäftsguthaben zu beschränkten; er ist mit 5% Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.2 Die Auszahlung von Spitzen nach § 87 Abs. 2, wie sie nach § 80 Abs.1 Satz 1 häufig entstehen, löst nicht den Fall des § 15 aus. 1b Liegt ausnahmsweise ein Fall des § 85 Abs. 1 vor kann das Mitglied einen Ausgleich durch auf bare Zuzahlung von der übernehmenden eG verlangen, § 15 Abs. 1 Satz 1. Dieser Anspruch kann binnen drei Monaten durch ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 15 Abs. 1 Satz 2, 83 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SpruchG seit Bekanntmachung der Verschmelzung durchgesetzt werden, zuständig ist das Landgericht am Sitz der eG. 1
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1 Lutter/Bayer UmwG § 85 Rdn. 4 f. kritisch zur eindeutigen gesetzlichen Regelung bei Verschmelzung von eG. 2 Beuthien GenG UmwG §§ 2 ff. Rdn. 46; so auch Bauer Genossenschafts-Handbuch § 85 UmwG Rdn. 1 f.
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Anlagen der Anmeldung | § 86 UmwG
Europäische Genossenschaft (SCE) Auch bei der Verschmelzung einer eG zur SCE gelten obige Grundsätze, § 15 gilt grundsätzlich nicht. Gem. Art. 28 Abs. 2 sind ergänzende nationale Vorschriften zum Minderheitenschutz der Mitglieder möglich, die sich gegen eine Verschmelzung ausgesprochen haben. Davon hat der Gesetzgeber in § 7 SCEAG mit einer abschließenden Regelung Gebrauch gemacht. Vgl. auch § 22 Rdn. 6. Im Gegensatz zur Ausschlagung muss kein förmlicher Widerspruch oder eine Beschlussablehnung erfolgen, andernfalls würden vom Gesetzgeber gewünschte Gründungen verhindert.3 Zunächst, ähnlich wie § 85 bzw. § 96 i.V.m. § 85, regelt § 7 SCEAG die Verbesserung des Umtauschverhältnisses. § 7 Abs. 2 SCEAG lehnt sich an die Regelung des § 85 Abs. 1 an, wonach ein Anspruch auf bare Zuzahlung gem. § 15 von einem Mitglied der übertragenden eG nur geltend gemacht werden kann, wenn sein bei der übernehmenden eG festgesetztes Guthaben niedriger ist als sein bisheriges Geschäftsguthaben. Der Grundsatz, dass ein Mitglied bei seinem Ausscheiden keinen Anspruch auf die stillen Reserven und den inneren Unternehmenswert hat, liegt auch der SCE-VO zugrunde. Dies kommt in den Art. 16 Abs. 1, Art. 65 Abs. 3 und Art. 76 zum Ausdruck. Die Regelung des § 85 Abs. 1 i.V.m. § 15 kann auch auf den Fall erstreckt werden, dass die übernehmende Genossenschaft als SCE ihren Sitz im Ausland hat, da der Begriff „Geschäftsguthaben“ in der SCE-VO im Sinne des GenG verwendet wird.4 § 7 Abs. 1 SCEAG stellt klar, dass die Frage der Angemessenheit nicht im Wege der Anfechtungsklage gerügt werden kann. Dies setzt aber eine Zustimmung der Mitglieder zur Anwendung des nationalen Spruchverfahrensgesetzes voraus (Art. 29 Abs. 3 Satz 1). Andernfalls bleibt es bei der Klagemöglichkeit (Umkehrschluss zu § 7 Abs. 1 SCEAG). Zum Spruchverfahren gem. § 7 SCEAG bei der Verschmelzung § 34 Rdn. 2 ff. Für der Gründung durch Umwandlung (Art. 35) gilt weder § 7 SCEAG noch § 85. Diese Gründungsart ähnelt dem Formwechsel nach §§ 190 ff., die gem. Art. 17 Abs. 2, 8 Abs. 1 Anwendung finden. § 196 regelt die Verbesserung des Beteiligungsverhältnisses ebenfalls durch einen Anspruch auf bare Zuzahlung mit Verweis auf das SpruchG. Dabei erfolgt aber, wie bei § 85, keine Einbeziehung und Bewertung der stillen Reserven und Rücklagen, dies folgt bereits aus der Vergleichbarkeit der eG und der SCE (dazu oben Rdn. 3, vgl. dazu auch § 34 Rdn. 2 ff. und insb. § 191 Rdn. 3 „Anspruch auf bare Zuzahlung“).
§ 86 Anlagen der Anmeldung § 86 UmwG Anlagen der Anmeldung (1) Der Anmeldung der Verschmelzung ist außer den sonst erforderlichen Unterlagen auch das für die anmeldende Genossenschaft erstattete Prüfungsgutachten in Urschrift oder in öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. (2) Der Anmeldung zur Eintragung in das Register des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers ist ferner jedes andere für eine übertragende Genossenschaft erstattete Prüfungsgutachten in Urschrift oder in öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen.
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Amtl. Begründung zum SCEAG, BT-Drs. 16/1025 v. 23.3.2006, zu § 7, S. 55. Vgl. ebenda.
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Holthaus/Lehnhoff
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§ 87 UmwG | Umwandlungsgesetz
§ 86 ergänzt § 17 und konkretisiert die Pflicht zur Einreichung des Prüfungsberichts bzw. der Verzichtserklärungen. Die anmeldende eG muss das für sie erstattete Prüfungsgutachten, der übernehmende Rechtsträger muss jedes Gutachten einer beteiligten übertragenden eG einreichen. Abs. 2 geht über die bisherige Regelung des § 93d Abs. 2 GenG a.F. hinaus. Das Prü2 fungsgutachten jeder der an der Verschmelzung beteiligten eG ist in Urschrift oder in öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. Normadressaten sind die Vorstandsmitglieder des übernehmenden Rechtsträgers. Die Vorstände der übertragenden eG sind zur Herausgabe des Prüfungsgutachtens verpflichtet (sonst Herausgabeklage bzw. Schadenersatzpflicht der Vorstandsmitglieder der übertragenden eG nach §§ 25 ff.). 1
Europäische Genossenschaft (SCE) Zur Anmeldung und den erforderlichen Anlagen bei der Anmeldung vgl. § 17 Rdn. 11 ff. 4 Das Prüfungsgutachten (dazu oben § 9 Rdn. 2, § 10 Rdn. 2 f. u. § 11 Rdn. 2) wird bei der Verschmelzung zur SCE vom genossenschaftlichen Prüfungsverband in entsprechender Anwendung von § 81 erstellt, s. § 81 Rdn. 13. Der Prüfungsbericht muss im ersten Kontrollverfahrensabschnitt gem. Art. 29 dem Genossenschaftsregistergericht der verschmelzenden eG vorgelegt werden; dazu § 17 Rdn. 11 ff. Bei der Umwandlung einer eG in eine SCE mit Sitz in Deutschland gilt entsprechen5 des: Das Prüfungsgutachten des Prüfungsverbandes nach Art. 17 Abs. 1 i.V.m. § 259 analog und die Beschneinigung nach Art. 35 Abs. 5 werden beim Registergericht eingereicht, ebenso Umwandlungsplan, Umwandlungsbericht und der notariell beurkundete Umwandlungsbeschluss, vgl. dazu unten § 191 Rdn. 3 „Anmeldung: einzureichende Unterlagen“. 3
§ 87 Anteilstausch § 87 UmwG Anteilstausch (1) Auf Grund der Verschmelzung ist jedes Mitglied einer übertragenden Genossenschaft entsprechend dem Verschmelzungsvertrag an dem übernehmenden Rechtsträger beteiligt. Eine Verpflichtung, bei einer übernehmenden Genossenschaft weitere Geschäftsanteile zu übernehmen, bleibt unberührt. Rechte Dritter an den Geschäftsguthaben