Kurzes chemisches Praktikum für Mediziner und Landwirte [Zehnte bis dreizehnte Auflage. Reprint 2020] 9783112348703, 9783112348697


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German Pages 108 [120] Year 1929

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Table of contents :
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage
Aus dem Vorwort zur dritten Auflage
Aus dem Vorwort zur fünften und sechsten Auflage
Vorwort zur siebenten bis neunten Auflage
Vorwort zur zehnten bis dreizehnten Auflage
Inhalt
Apparate
Reagenzien
Fachausdrücke
Anorganischer Teil
Versuche aus der organischen Chemie
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Kurzes chemisches Praktikum für Mediziner und Landwirte [Zehnte bis dreizehnte Auflage. Reprint 2020]
 9783112348703, 9783112348697

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Kurzes chemisches Praktikum für Mediziner und Landwirte von

Fritz Arndt o. Prof. für Chemie an der Universität Breslau

Zehnte bis dreizehnte Auflage

Berlin

Walter

und

de

Leipzig

1929

G r u y t e r & C o .

vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung - J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer - Karl J. Trübner - Veit & Comp.

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Copyright by W A L T E R D E G R Ü Y T E R & Co. vormals G. J . Göschen sehe Verlagshandlung — J . G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung — Georg R e i m e r — K a r l J . T r ü b n e r — V e i t & Comp. Berlin W 10, Genthiner Straße 38

Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage. Der Leitfaden will vor allem Kenntnis und Verständnis der Grandzüge der allgemeineren Chemie vermitteln. Daher sind alle solche Stoffe und Reaktionen, die, ohne chemisch von prinzipieller Bedeutung zu sein, lediglich vom medizinischen Standpunkte aus Interesse verdienen, weniger berücksichtigt, als dies bei vielen, speziell für das chemische Praktikum der Mediziner bestimmten, Leitfäden der Fall ist. Eine solche größere Beschränkung auf die reine Chemie halte ich im chemischen Laboratorium vor allem deshalb für gerechtfertigt, weil der Mediziner mit den nur für ihn wichtigen Anwendungen der Chemie durch das im Rahmen der medizinischen Fakultät abgehaltene physiologisch-chemische Praktikum bekannt gemacht wird. Beide Praktika sollen sich eben ergänzen. — Die Auswahl des Stoffes ist, namentlich im organischen Teil, eng begrenzt. Anderseits ist aber den Stoffen und Reaktionen, auf die sich die Versuche beziehen, jedesmal eine kurze theoretische Besprechung gewidmet, durch die der Praktikant instand gesetzt wird, die den Versuchen zugrunde liegenden Tatsachen zu verstehen und in den Zusammenhang des Ganzen einzuordnen. Hat der Praktikant so für die allgemeinere Chemie theoretisches und praktisches Verständnis gewonnen, so wird ihm später die physiologische Chemie geringere Schwierigkeiten bereiten. Im übrigen bin ich mir voll bewußt, mit diesen theoretischen Einschiebungen, insbesondere mit einigen rein theoretischen Kapiteln, in denen die Ionenlehre, die Theorie der komplexen Salze und der Begriff der kolloidalen Lösungen in aller Kürze dargelegt werden, über den Rahmen des gewöhnlich dem Mediziner im chemischen Praktikum Gebotenen hinauszugehen. Ich glaube aber, daß diese Lehren nicht nur für ein tieferes Verständnis der Chemie, sondern auch für die moderne Medizin, speziell die Physiologie, eine so große Bedeutung erlangt haben, daß man wenigstens ihre Anfangsgründe auch dem Anfänger nicht vorenthalten sollte. Bei dem Kursus muß vorausgesetzt werden, daß der Praktikant eine Vorlesung über anorganische und organische Chemie gehört hat. Außerdem ist es zur erfolgreichen Benutzung dieses Leitfadens

IV

A'orwort

u n b e d i n g t e r f o r d e r l i c h , daß der P r a k t i k a n t die j e d e s m a l zu b e h a n d e l n d e n K a p i t e l d u r c h h ä u s l i c h e s S t u d i u m v o r b e r e i t e t ; nur so kann das obengenannte Ziel erreicht werden. F. A r n d t .

Aus dem Vorwort zur zweiten Auflage. In der vorliegenden zweiten Auflage sind etliche Versuchs Vorschriften und Angaben gemäß den inzwischen gesammelten Erfahrungen verbessert, sowie die am Anfang stehenden Anweisungen für den Gebrauch der Apparate und Reagenzien wesentlich erweitert und geordnet worden. B r e s l a u , Januar 1919.

F. A.

Aus dem Vorwort zur dritten Auflage. Von einer eingehenderen Berücksichtigung des Analysenganges wurde auch diesmal abgesehen. Wo eine solche möglich ist, kann einer der zahlreichen kurzen analytischen Leitfäden hinzugezogen werden, während es gerade für die ganz primitiven Analysen, auf die man sich aus Mangel an Zeit, Einrichtungen und Lehrkräften meist doch beschränken muß, an sonstigen Unterlagen fehlt. Dagegen wurden an einigen Stellen „analytische Übungen" eingeschoben, die ohne besondere Institutsmaßnahmen von den flotteren Praktikanten ausgeführt werden können und zur Befestigung des jeweils Gelernten sowie zur Förderung des praktischen Verständnisses nützlich sein dürften. B r e s l a u , Oktober 1919.

F. A.

Aus dem Vorwort zur fünften und sechsten Auflage. Das auch hier unverändert abgedruckte Vorwort zur ersten Auflage ist kürzlich von einem Referenten dahin mißverstanden worden, daß „Hinweise auf die medizinische Bedeutung der Stoffe und Reaktionen absichtlich vermieden worden" seien. Dies ist keineswegs der Fall, weder in der vorliegenden noch in den früheren Auflagen. Gemeint ist, daß bei der A u s w a h l des E x p e r i m e n t i e r S t o f f e s nur chemische und nicht medizinische Gesichtspunkte maß-

V

Vorwort

gebend waren; und diesem Grandsatze glaube ich, aus den erörterten Gründen, auch diesmal treu bleiben zu sollen, zumal da das Büchlein nicht ausschließlich von Medizinern benutzt wird. In den vorliegenden Auflagen sind wiederum etliche Vorschriften, insbesondere die Tabelle zur Säure-Prüfung, gemäß den Unterrichts-Erfahrungen verbessert worden. Die theoretischen Abschnitte wurden z. T. etwas zusammengefaßt. B r e s l a u , Oktober 1921.

Vorwort zur siebenten bis neunten Auflage. Diese Auflagen unterscheiden sich von den letzten nur durch kleinere Verbesserungen. B r e s l a u ,7 Oktober 1925.

T.

\

Vorwort zur zehnten bis dreizehnten Auflage. Für diese Auflagen wurde der gesamte Text gründlich überarbeitet. Manche Vorschriften wurden nach praktischen Erfahrungen verbessert. Viele der kleingedruckten Angaben, namentlich über die Ionenlehre und die Chemie der Kohlehydrate, wurden umgestaltet, um sie dem gegenwärtigen Stande der Forschung anzupassen. Neu aufgenommen wurde ein kleiner Abschnitt über Aminosäuren, um den Praktikanten Gelegenheit zu geben, diese für die Physiologie grundlegende Stoffklasse auch vom chemischen Standpunkte kennenzulernen. Dagegen wurden die allgemeinen Grundsätze, nach denen der Leitfaden abgefaßt ist, nach wie vor als bewährt betrachtet. Zu ihnen gehört, daß sich die Chemie, auch die organische, nur als eine in sich selbst ruhende Wissenschaft und nicht als bloßes Hilfsmittel der Physiologie erlernen läßt; ferner, daß der pädagogische Zweck einer analytischen E i n s t e l l u n g sich auch mit einem ganz einfachen, abgekürzten Schema des Analysenganges erreichen läßt, während es undurchführbar und zwecklos ist, den Mediziner in der vollständigen qualitativen Analyse auszubilden. B r e s l a u , Juni 1929.

I n h a l t . (Theoretische Abschnitte Bind kursiv gedruckt) Seite

Apparate Reagenzien . . Fachausdrucke

1 2 2

Anorganischer Teil. I. D i e w i c h t i g s t e n S ä u r e n 1. Salzsäure Chlor 2. Schwefelsäure 3. Schwefeldioxyd und Schweflige Säure 4. Schwefelwasserstoff 5. Salpetersäure Nitrate 6. Kohlensäure 7. Phosphorsäure 8. Analytische Übungen II. B a s e n Theorie der wäßrigen Lösungen \ Ionenlehre III. D i e w i c h t i g s t e n M e t a l l e (Basen und Salze) 1. Alkalimetalle a) Natrium b) Kalium 2. Ammonium 3. Erdalkalimetalle a) Calcium b) Barium c) Analytische Übung 4. Magnesiumgruppe a) Magnesium b) Zink c) Kadmium Doppelsalze und Komplexsalze

4 4 5 6 7 8 10 12 12 13 14 15 16 22 22 22 23 23 . 2 5 25 27 28 28 28 29 30 30

Inhalt

vn Seito

5. Aluminium und Eisen. a) Aluminium b) Eisen

Hydrolyse

33 33 34

6. Chromgruppe a) Chrom b) Mangan

37 38 39

7. Kupfergruppe a) Kupfer b) Quecksilber c) Silber

40 40 42 45

8. Zinngruppe a) Zinn b) Blei

45 46 47

9. Arsengruppe a) Arsen b) Antimon c) Wismut Kolloidal« Lösungen IV. Z w e i t e r T e i l d e r S ä u r e n 1. Bromwasserstoffsäure, Jodwasserstoffsäure 2. Unterchlorige ¡Säure, Unterbromige Säure, säure 3. Fluorwasserstoffsäure 4. Cyanwasserstoffsäure 5. Salpetrige Säure 6. Thioschwefelsäure 7. Borsäure Einige Zusammenstellungen Qualitative Analyse Quantitative Analyse Titrationen

47 48 49 50 50 51 51 Chlorsäure, J o d 52 54 55 56 57 58 59 61 64 65

Versuche aus der organischen Chemie. Qualitative Elementaranalyse organischer Substanzen

68

Verbindungen der Fettreihe

69

I. A l k o h o l e , A l d e h y d e , K e t o n e , S ä u r e n 1. Einwertige Alkohole a) Methylalkohol b) Äthylalkohol 2. Aldehyde und Ketone a) Formaldehyd b) Acetaldehyd c) Aceton

69 72 72 72 74 74 75 75

Inhalt

vm

Seite

3. Einbasische Fettsäuren a) Essigsäure b) Palmitinsäure, Stearinsäure, Oleinsäure

76 76 76

4. Mehrwertige Alkohole Glycerin Fette

77 77 78

5. Mehrbasische Carbonsäuren a) Oxalsäure b) Weinsäure

79 79 80

II. A m i n e Äthylamin III. A m i d e a) Acetamid b) Carbamid oder Harnstoff Harnsäure

SO 81 81 82 82 83

IV. A m i n o s ä u r e n

83

V. K o h l e h y d r a t e

85

1. Monosaccharide Glukose oder Traubenzucker

87 87

2. Disaccharide a) Rohrzucker oder Saccharose b) Milchzucker oder Lactose

''88 88 88

3. Polysaccharide a) Stärke

¡89 ¡89

b) Zellulose

!90

Aromatische Verbindungen

190

I. B e n z o l d e r i v a t e 1. Nitrobenzol 2. Amidobenzol oder Anilin 3. Phenol (oder „Carbolsäure") 4. Benzaldehyd 5. Benzoesäure 6. Salicylsäure II. P y r i d i n

!91 !91 !91 !92 '93 '94 ! 94 !95

E i w e i ß k ö r p e r oder P r o t e i n e

>95

Einige praktische Ü b u n g e n : Versuche zur Identifizierung einer unbekannten Substanz Untersuchung von Trinkwasser Versuche mit Milch

197 '98 K00

1

Apparate. Probierglas: Länglich-zylindrisches, dünnwandiges Glasgefäß. Es hat den Vorteil, daß man darin Flüssigkeiten direkt in der Flamme erwärmen kann, falls man das Glas dabei dauernd bewegt; und daß es eine große Beobachtungsfläche bietet. Dagegen den Nachteil, daß sich die Reagenzien darin oft ohne genügende Mischung übereinanderlagern, falls man es zu hoch füllt. Man stelle daher die Versuche im Probierglase m i t g a n z k l e i n e n F l ü s s i g k e i t s m e n g e n a n , die es h ö c h s t e n s 2—3 cm h o c h f ü l l e n . Falls der Versuch nachträglich die Hinzufügung größerer Mengen eines Reagenses erfordert, so muß man unter Verschluß mit dem Daumen kräftig schütteln. Wenn erwärmt werden soll, darf das Probierglas höchstens zu 1 / 3 — 1 / 2 gefüllt sein. Beim E r w ä r m e n Ö f f n u n g n i c h t auf P e r s o n e n r i c h t e n ! Erlenmeyer-Kolben: Kegelförmige Glasgefäße verschiedener Größe. Bequeme Handhabung und gute Durchmischung. Stets zu verwenden, sobald es sich um Versuche in etwas größerem Maßstabe handelt. Aber Erwärmen nur über dem Drahtnetz! Becherglas: Weite zylindrische Gläser mit flachem Boden. Nur zu verwenden, wenn dies ausdrücklich angegeben. Glühröhrchen: Einseitig geschlossenes Glasrohr von 5—7 cm Länge und 4 — 6 mm lichter Weite. Dient zu Glüh- und SublimationsVersuchen mit ganz kleinen Substanzproben. Filter: Ein etwa quadratisches Stück Filtrierpapier falte man zu einem Rechteck, dieses wiederum zu einem kleineren Quadrat. Nun schneide man mit der Schere, um die von den gefalteten Kanten gebildete geschlossene Ecke als Mittelpunkt, einen Viertelkreisbogen; öffne die erhaltene Tüte so, daß auf einer Seite d r e i , auf der anderen eine Papierschicht zu liegen kommen und setze den Papierkegel in einen Glastrichter. D e r R a n d des G l a s t r i c h t e r s m u ß ü b e r den des P a p i e r f i l t e r s hinausragen; keinesfalls umgekehrt! Nach Befeuchten mit etwas Wasser haftet das Filter fest am Trichter; es muß überall glatt anliegen. A r n d t , Chemisches Praktikum. 10. bla 13. Aufl.

1

2

Reagenzien.

Fachausdrucke

Reagenzien. W a s s e r : Beim chemischen, besonders anorganischen, Arbeiten ist, falls nichts besonders vermerkt ist, unter „Wasser" stets d e s t i l l i e r t e s W a s s e r , niemals Leitungswasser, zu verstehen und zu verwenden. Man halte sich destilliertes Wasser in einer Spritzüasche vorrätig. Sänren: Von den wichtigeren Säuren befinden sich verdünnte wäßrige Lösungen auf jedem Arbeitsplatz oder auf den ReagenzienGestellen. Für Reaktionen in wäßriger Lösung verwende man stets diese verdünnten Säuren. K o n z e n t r i e r t e S ä u r e n d ü r f e n n u r b e n u t z t w e r d e n , w e n n dies a u s d r ü c k l i c h v o r g e s c h r i e b e n ist. Sonstige Lösungen: Manche oft gebrauchte Lösungen werden aut den Plätzen oder im Arbeitssaal vorrätig gehalten. Man benutze die betreffenden festen Reagenzien nur, wenn eine Lösung der gewünschten Art nicht vorhanden ist. Bereitet man sich selbst eine Lösung durch Auflösen des festen Stoffes, so darf bei Benutzung der Lösung von dem festen Stoffe nichts mehr zugegen sein. Feste Reagenzien stehen den Praktikanten in Pulverflaschen zur Verfügung. Die Vorratsflaschen dürfen von ihrem Standort nicht entfernt werden; man entnimmt ihnen dort mit einem Spatel, einem t r o c k n e n Probierglase oder durch Ausschütten die nötige Menge. Allgemein ist peinlichst darauf zu achten, daß die vorrätigen Reagenzien nicht verunreinigt werden. A u f k e i n e n F a l l d ü r f e n e i n m a l e n t n o m m e n e M e n g e n in die V o r r a t s f l a s c h e n z u r ü c k gegossen werden! Bei allen Versuchen, bei denen über die zu verwendenden Mengen keine Angaben vorliegen, suche man von vornherein m i t m ö g l i c h s t g e r i n g e n S u b s t a n z m e n g e n auszukommen. Man spart dadurch nicht nur Substanz, sondern auch Zeit und Mühe!

Fachausdrücke. „Lösung": Eine L ö s u n g zweier Stoffe ineinander, insbesondere eines festen Stoffes in einer Flüssigkeit, liegt dann vor, wenn beide zu einer vollkommen homogenen Flüssigkeit gemischt sind. Als Lösungsmittel kommt in der anorganischen Chemie in erster Linie Wasser in Frage; wenn nichts anderes vermerkt, ist unter

8

Fachausdrucke.

„Lösung" stets eine wäßrige Lösung zu verstehen. — Eine Lösung kann g e f ä r b t sein (z. B. eine solche von Ferrichlorid, Pyrochromaten, Permanganaten usw.), aber sie muß k l a r sein, d. h. homogen und, wenigstens in kleinen Schichten, völlig durchsichtig. Ist die Flüssigkeit t r ü b e , so ist, neben etwa gelöster, auch u n g e l ö s t e Substanz in ihr fein verteilt, „suspend i e r t " . Ist der ungelöste Stoff fest und grobkörniger, so setzt er sich bald zu Boden; manche Suspensionen sind aber so fein, daß sie lange Zeit schweben bleiben und durch Filter durchlaufen. ,Fällung" nennt man die Erscheinung, daß beim Zusammenbringen zweier klarer Lösungen ein u n l ö s l i c h e r Stofi gebildet wird, welcher „ausfällt", d. h. in f e s t e r Form, oder als Trübung, sich abscheidet („Niederschlag"). Von dem „Ausfallen" eines Stoffes kann man also nur reden, wenn dieser unter den Versuchsbedingungen unlöslich ist. .Quantitative Fällung" ist eine Fällung, bei der der eine der im Niederschlag enthaltenen Stoffe praktisch vollständig aus der Lösung ausgeschieden wird. Strenggenommen gibt es keine quantitativen Fällungen, da kein Stoff a b s o l u t unlöslich ist. ,Filtrat" ist die beim Filtrieren durch das Filter h i n d u r c h g e l a u f e n e klare F l ü s s i g k e i t ; was auf dem Filter bleibt, ist der „Niederschlag" oder „Löserückstand". ,Ansäuern": Zu einer Lösung so lange Säure zusetzen, bis die Lösung eben sauer reagiert. „Alkalisch m a c h e n " umgekehrt: so lange Alkali zusetzen, bis die Lösung alkalisch reagiert. Bei beiden Operationen ist darauf zu achten, daß man wirklich so viel Säure, bzw. so viel Alkali zusetzt, daß die gesamte L ö s u n g nach g r ü n d l i c h e m D u r c h s c h ü t t e l n sauer bzw. alkalisch ist. Anderseits vermeide man einen größeren Überschuß, der bei späteren Umsetzungen stören würde. Schließlich einige Bemerkungen über die Art des Arbeitens! Man spare Gas und stelle den Gasbrenner deshalb sofort nach Gebrauch auf klein. Man halte den A r b e i t s p l a t z s a u b e r und entferne Verunreinigungen mit Filtrierpapierabfällen. Man vermeide, s t a r k e Säuren an die Kleidung zu bringen; rote durch Schwefelsäure verursachte Flecke können mit Ammoniaklösung entfernt werden. Man gieße heiße k o n z e n t r i e r t e S c h w e f e l s ä u r e nicht in die Wasserleitung, weil dabei leicht Verspritzen auftritt. 1*

4

Anorganischer Teil. I. Die wichtigsten Säuren. Säuren s i n d w a s s e r s t o f f h a l t i g e V e r b i n d u n g e n , deren W a s s e r s t o f f g a n z o d e r t e i l w e i s e d u r c h M e t a l l e r s e t z b a r ist. — Durch solchen Ersatz entstehen S a l z e ; und zwar „ n e u t r a l e S a l z e " , wenn a l l e r ersetzbarer Wasserstoff, „ s a u r e S a l z e " , wenn n u r ein Teil desselben durch Metall ersetzt wird. Z. B.: H 2 S 0 4 NaHS04 NasS04 H8P04 NaH,P04 Na2HP04 NaaP0 4

Schwefelsäure saures Natriumsulfat („Natriumhydrosulfat") neutrales Natriumsulfat. Phosphorsäure primäres | sekundäres > Natriumphospliat. tertiäres J

Der ersetzbare Wasserstoff wird „Säure-Wasserstoff" genannt. „Säurerest" nennt man den Teil der Säureformel, der übrigbleibt, wenn man sich den ersetzbaren Wasserstoff fortgenommen denkt. Säuren in wäßriger Lösung zeigen die „sauren R e a k t i o n e n " : Geschmack lind Rötung von blauem Lackmus.

1. Salzsäure HCl (Acidum hydrochloricum). C h l o r w a s s e r s t o f f HCl ist ein farbloses, an feuchter L u f t Nebel bildendes Gas, das in Wasser sehr leicht löslich ist. Die wäßrige Lösung wird „ S a l z s ä u r e " g e n a n n t ; konzentrierte Salzsäure enthält bis zu 40°/ 0 HCl. Die Salze der Salzsäure sind die C h l o r i d e , z. B. Natriumchlorid (Natrium chloratum) NaCl.

Versuche. 1. Man erwärme in einem Probierglas vorsichtig einige Kubikzentimeter konzentrierte Salzsäure: es entweicht Chlorwasserstoffgas, das in heißem Wasser weniger löslich ist als in kaltem. Erkennbar an der Nebelbildung. 2. Man übergieße eine Messerspitze K o c h s a l z in einem Probierglase mit 1—2 ccm konzentrierter S c h w e f e l s ä u r e : es entweicht Chlorwasserstoff, besonders beim Erwärmen. 2NaCl + H 2 S0 4 = Na 2 S0 4 + 2 HCl. (Freimachen einer Säure aus ihrem

Salze.)

Chlor

5

3. Ein Stückchen granulierten Z i n k s werde im Probierglase mit 2 — 8 ccm Wasser Übergossen, und konzentrierte Salzsäure zugegeben. Es tritt Aufschäumen ein und W a s s e r s t o f f entweicht (man bringe die Mündung des Probierglases an die Flamme: das Gemisch von Wasserstoff und Luft verpufft). Gleichzeitig geht Zink als Chlorid in Lösung. Zn + 2HC1 = ZnCla + H 2 . (Ersatz des S ä u r e w a s s e r s t o f f s durch M e t a l l ; R e a k t i o n des H ' - I o n s . ) Ebenso wie Zink lösen sich auch Eisen, Nickel, Magnesium und andere Metalle in verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure auf; n i c h t dagegen Kupfer, Blei, Quecksilber und die Edelmetalle. 4. Stark verdünnte Salzsäure oder stark verdünnte Kochsalzlösung werde mit einigen Tropfen S i l b e r n i t r a t l ö s u n g versetzt; es fällt sofort ein w e i ß e r , flockiger Niederschlag von S i l b e r chlorid. NaCl + A g N 0 3 = A g C l + NaN0 3 . Man setze nun S a l p e t e r s ä u r e zu: Das Silberchlorid geht n i c h t in Lösung. Es fällt daher auch aus einer mit Salpetersäure a n g e s ä u e r t e n Chloridlösung mit Silbernitrat aus. Hierauf beruht der N a c h w e i s v o n S a l z s ä u r e u n d C h l o r i d e n (Reaktion des Cl'-Ions). Vergl. S. 15 oben, sowie S. 51, Vers. 1. Man zeige mittels Salpetersäure und Silbernitrat, daß das Leitungswasser stets Spuren von Chloriden enthält. Der Salzsäure nahe verwandt sind die Bromwasserstoff- und Jodwasserstoffsäure, die später behandelt werden sollen.

Chlor Cl2. Chlor ist ein hellgrünes Gas von charakteristischem, aggressivem Gerüche; in Wasser bis zu 0,8°/o löslich; die gelblich gefärbte Lösung heißt „Chlorwasser". Um aus Salzsäure Chlor freizumachen, muß man sie o x y d i e r e n . E i n e n S t o f f o x y d i e r e n h e i ß t ihm S a u e r s t o f f z u f ü h r e n , o d e r i h m W a s s e r s t o f f e n t z i e h e n ; a l l g e m e i n e r : i h n in e i n e h ö h e r e W e r t i g k e i t ü b e r f ü h r e n . R e d u z i e r e n e n t s p r e c h e n d j e d a s Umg e k e h r t e . O x y d a t i o n u n d R e d u k t i o n g e h e n s t e t s H a n d in H a n d ; E i n S t o f f o x y d i e r t d e n a n d e r e n , i n d e m er s e l b s t r e d u z i e r t w i r d , und umgekehrt. Zur Oxydation von Salzsäure zu Chlor kommen folgende Oxydationsmittel in Betracht: Höhere Oxyde, z. B. Mangandioxyd („Braunstein") MnOj, Bleidioxyd Pb0 2 ; ferner Kaliumpermanganat, Salpetersäure, Luftsauerstofi unter geeigneten Bedingungen u. a., vor allem, aber die Anode der Elektrolyse.

6

Schwefelsäure

Freies Chlor wirkt seinerseits als sehr starkes Oxydationsmittel, da es große Neigung hat, wieder in Chlorwasserstoff überzugehen, und daher anderen Stoffen Wasserstoff entzieht (allgemeiner gesprochen: da es große Neigung hat, aus dem ungeladenen, „nullwertigen" Zustand in den minuseinwertigen überzugehen, also selbst Wertigkeit zu verlieren und anderer Stoffe Wertigkeit zu erhöhen). Versuche. 1. Eine reichliche Messerspitze gepulverter B r a u n s t e i n oder B l e i d i o x y d wird in einem Probierglase mit einigen Kubikzentimetern konzentrierter Salzsäure erwärmt: es entweicht C h l o r g a s , erkennbar an der grünlichen Farbe und am Gerüche ( V o r s i c h t ! ) Mn0 2 + 4 HCl = MnCl2 + 2 H 2 0 + Cl 2 . 2. Chlorwasser entfärbt I n d i g o l ö s u n g . (Zerstörung des Farbstoffes durch Oxydation. Bleichung durch Chlor.) 3. Eine Lösung von K a l i u m j o d i d wird mit Chlorwasser versetzt: Braunfärbung durch freiwerdendes Jod (Oxydation des Jodions zu freiem Jod).

2. Schwefelsäure H2S04

(Acidum sulfuricum).

Reine H 2 S0 4 ist eine farblose, ölige Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,838; die verdünnte Schwefelsäure des Laboratoriums ist ca. 1 0 % ig. Das Anhydrid der Schwefelsäure ist das S c h w e f e l t r i o x y d SOs, eine farblose Flüssigkeit oder weiße Kristallmasse, die sich mit Wasser unter heftiger Reaktion verbindet. — Die sogenannte „rauchende Schwefelsäure" oder „Pyroschwefelsäure H 2 S s O," enthält auf 1 H s O 2 (oder noch mehr) S 0 8 ; sie gibt, besonders beim Erhitzen, leicht S0 8 ab, daher die Rauchentwicklung: H a S 2 0 7 = H 2 S0 4 -f- S0 8 . Die Salze der Schwefelsäure heißen „ S u l f a t e " , z.B. Natriumsulfat (Natrium sulfuricum) Na a S0 4 ; Salze der Pyroschwefelsäure heißen „Pyrosulfate", z. B. Kaliumpyrosulfat K 2 S 2 0 7 . Versuche. 1. Zu einigen Kubikzentimetern "Wasser, die sich in einem kleinen Becherglase befinden, wird konzentrierte Schwefelsäure unter Umrühren hinzugefügt: es tritt starke Erwärmung ein. 2. Holzstückchen werden im Probierglase mit konzentrierter Schwefelsäure Übergossen: die organische Substanz wird unter Schwarzfärbung zerstört (Freimachung von Kohlenstoff). Man wiederhole den Versuch mit Zucker.

Schwefeldioxyd und Schweflige Säure

7

3. In einem Probierglase werden einige Stückchen Zink mit 3 bis 4 ccm Wasser Übergossen, und konzentrierte Schwefelsäure hinzugetropft: Wasserstoffentwicklung. Vgl. S. 5, Vers. 3. Zn + H 2 S0 4 = ZnS0 4 + H 2 . 4. In einem Probierglase wird Zink ohne Wasserzusatz mit konzentrierter Schwefelsäure Übergossen: es tritt keine Reaktion ein. Verdünnte H 2 S0 4 wirkt also als S ä u r e (d. h. in bezug auf die Ersetzbarkeit des Wasserstoffs durch Metall) s t ä r k e r als konzentrierte. Die Erklärung wird von der später zu behandelnden I o n e n t h e o r i e gegeben. 5. In zwei Probiergläsern werden verdünnte Schwefelsäure und verdünnte Natriumsulfatlösung je mit etwas B a r i u m c h l o r i d l ö s u n g versetzt: In beiden Fällen entsteht sofort ein weißer, sehr feinkörniger N i e d e r s c h l a g v o n B a r i u m s u l f a t , der in S a l z s ä u r e oder S a l p e t e r s ä u r e , wie auch in allen anderen Lösungsmitteln, u n l ö s l i c h ist. Na 2 S0 4 + BaCl3 = B a S 0 4 + 2NaCl. E m p f i n d l i c h e r N a c h w e i s von S c h w e f e l s ä u r e u n d S u l f a t e n . (Reaktion des S0 4 "-Ions.) Man prüfe das Leitungswasser mittels Salzsäure und Bariumchlorid auf Sulfate.

3. Schwefeldioxyd S02 und Schweflige Säure H2S03 (Acidum sulfurosum).

Schwefeldioxyd SOa ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das bei der Verbrennung von Schwefel entsteht. Es ist in Wasser ziemlich löslich; die Lösung enthält größtenteils physikalisch gelöstes Schwefeldioxyd, zum Teil auch S c h w e f l i g e S ä u r e H. 2 S0 3 ; sie reagiert daher sauer, — Die Salze der schwefligen Säure heißen S u l f i t e (nicht zu verwechseln mit Sulfiden); z.B. Natriumsulfit (Natrium sulfurosum) N a , S 0 9 — Schweflige Säure hat große Neigung, in Schwefelsäure überzugehen und ist daher ein starkes R e d u k t i o n s m i t t e l . Die Quelle für Schwefelsäure ist der in der Natur vorkommende freie Schwefel und die schwefelhaltigen Erze. Durch Verbrennen an der Luft wird daraus Schwefeldioxyd gewonnen, und dieses wird dann durch Luftsauerstoff in Gegenwart von Stickstoffoxyden („Bleikammerverfahren") oder von Metall-Katalysatoren („Kontaktverfahren") zu Schwefeltrioxyd und Schwefelsäure oxydiert.

Versuche. 1. Ein erbsengroßes Stückchen S c h w e f e l wird in einer Porzellanschale entzündet (Abzug!): es verbrennt mit blauer Flamme

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Schwefelwasserstoff

zu S c h w e f e l d i o x y d S 0 a , das sich durch seinen charakteristischen, stechenden Geruch zu erkennen gibt. („Geruch nach brennendem Schwefel". Schwefel selbst ist geruchlos.) 2. Eine konzentrierte Lösung von N a t r i u m s u l f i t Na 2 S0 3 wird mit konzentrierter Salzsäure versetzt: die freigemachte Schweflige Säure zerfällt größtenteils in Wasser und Schwefeldioxyd; es tritt daher derselbe Geruch wie bei Versuch 1 auf. Na 2 S0 3 + 2 HCl = 2NaCl + S0 2 + H 2 0 . 3. K u p f e r s p ä n e werden mit k o n z e n t r i e r t e r Schwefelsäure erhitzt: Das Kupfer wird gelöst, aber es entweicht nicht Wasserstoff, sondern, infolge Reduktion der Schwefelsäure, Schwefeldioxyd. Cu + 2H 2 S0 4 = CuS0 4 + S0 2 + 2 H 2 0 . 4. Eine mit etwas konzentrierter Salzsäure angesäuerte verdünnte Sulfitlösung wird mit B a r i u m c h l o r i d l ö s u n g versetzt; es entsteht kein Niederschlag. Unterschied gegen Schwefelsäure. (Sollte trotzdem ein Niederschlag entstehen, so war das Sulfit mit Sulfat verunreinigt; man koche in diesem Falle auf und filtriere vom Bariumsulfat ab.) Werden jetzt aber einige Tropfen konzentrierter Salpetersäure zugegeben, so fällt Bariumsulfat aus, da die Schweflige Säure zu Schwefelsäure oxydiert worden ist. 5. 1 ccm M e r c u r i c h l o r i d l ö s u n g wird mit dem mehrfachen Räume Schwefligsäurelösung versetzt und erwärmt: es fällt weißes Mercurochlorid aus (Reduktionswirkung der Schwefligen Säure). 2HgCl 2 + H 2 S0 3 + H 2 0 = 2HgCI + 2HC1 + H 2 S0 4 . 6. Einige Tropfen J o d j o d k a l i u m l ö s u n g (Auflösung von freiem Jod in Jodkaliumlösung) werden mit Schwefligsäurelösung versetzt: Die braune Farbe des freien Jods verschwindet infolge Reduktion des Jods zu Jodwasserstoff. 2 J + H 2 S0 3 + H 2 0 = 2 H J + H 2 S 0 4 .

4. Schwefelwasserstoff H2S. Schwefelwasserstoff ist ein farbloses, nach faulen Eiern riechendes Gas, das in Wasser etwas löslich ist; die Lösung wird „Schwefelwasserstoffwasser" genannt. Schwefelwasserstoff H 2 S unterscheidet sich von Wasser H 2 0 in seinem Verhalten dadurch, daß er eine, wenn auch sehr schwache, S ä u r e ist. Als

Schwefelwasserstoff

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Salze der Schwefelwasserstoffsäure sind die S u l f i d e aufzufassen; z.B. Natriumsulfid Na,S, Eisensulfid („Schwefeleisen") FeS. Die Sulfide der Alkalimetalle und des Ammoniums sind in Wasser unverändert löslich; die der Erdalkalimetalle und des Magnesiums unter Zersetzung; die übrigen sind in Wasser unlöslich. Von den letzteren lösen sich viele in verdünnten Säuren auf, wobei H 2 S freigemacht wird; andere sind auch gegen Säuren beständig. Diese letzteren werden daher aus den Lösungen der betreffenden Metallsalze durch Schwefelwasserstoff ausgefällt, und zwar auch dann, wenn freie Säure zugegen ist. Es sind dies die Sulfide von: Blei, Quecksilber, Silber, Arsen, Antimon, Wismut, Kupfer, Kadmium und Zinn. — Die übrigen wasserunlöslichen Sulfide dagegen werden durch Schwefelwasserstoff in s a u r e r Lösung n i c h t gefällt (weil sie in Säuren löslich sind); wohl dagegen durch Ammoniumsulfid, d.h. in a l k a l i s c h e r Lösung. Dies verschiedene Verhalten wird im Gange der qualitativen Analyse benutzt, um die Metalle, welche wasserunlösliche Sulfide bilden, in zwei Hauptgruppen zu trennen. Die erstgenannten, in saurer Lösung fallbaren Metalle bilden die Gruppe II, die sog. „Schwefelwasserstoffgruppe"; die übrigen die Gruppe III, die „Schwefelammoniumgruppe". Schwefelwasserstoff ist leicht zu freiem Schwefel oxydierbar und wirkt daher als R e d u k t i o n s m i t t e l . Schwefelwasserstoffwasser trübt sich bei längerem Stehen unter Abscheidung von Schwefel, wobei der Luftsauerstoff oxydierend wirkt; durch stärkere Oxydationsmittel wird sofort Schwefel ausgeschieden. Die Sulfide der Alkalimetalle und des Ammoniums können noch mehr Schwefel aufnehmen unter Bildung von P o l y s u l f i d e n . Versuche. 1. S c h w e f e l e i s e n (Ferrosulfid FeS) wird mit verdünnter S a l z s ä u r e übergössen (Abzug!): es entweicht S c h w e f e l w a s s e r s t o f f , kenntlich am üblen Gerüche und an der Schwärzung eines mit Bleisalzlösung getränkten Papierstreifens. FeS + 2 HCl = FeCl 2 + H 2 S. (Eisen gehört zu Gruppe III.) Pb(N0 3 ) 2 + H 2 S = P b S + 2 H N 0 3 . (Blei gehört zu Gruppe II.) 2. Eine mit etwas verdünnter Schwefelsäure angesäuerte Lösung von K u p f e r s u l f a t wird mit Schwefelwasserstoffwasser versetzt: es fällt schwarzes Kupfersulfid CuS. 3. Eine mit etwas verdünnter Schwefelsäure angesäuerte Lösung von F e r r o s u l f a t wird mit Schwefelwasserstoffwasser versetzt: es fällt nichts. •— Eine andere Probe der Ferrosulfatlösung wird mit Ammoniumsulfidlösung versetzt: jetzt fällt schwarzes Ferrosulfid. FeSO, + (NH 4 ) 2 S = ( N H J 2 S 0 4 +

FeS.

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Salpetersäure 4. Schwefelwasserstoffwasser wird mit Natronlauge versetzt: Bildung von Natriumsulfid, daher Verschwinden des Geruches. 2 NaOH + H 2 S = Na 2 S + 2 H 2 0 . Man verdünne die so erhaltene Lösung reichlich mit Wasser und versetze eine Probe davon mit einer verdünnten Lösung von Natriumnitroprussiat: es tritt eine intensiv violette Färbung auf. Empfindlicher Nachweis von Schwefelwasserstoff und gelösten Sulfiden. 5. Schwefelwasserstoffwasser wird mit einigen Tropfen J o d l ö s u n g erwärmt: Verschwinden der Jodfarbe und Trübung durch Schwefel. (Reduktionswirkung des Schwefelwasserstoffs.) H2S +

2J = 2HJ +

S.

6. Aus gelbem (polysulfidhaltigem) Schwefelammonium wird bei Zusatz von konzentrierter Salzsäure außer Schwefelwasserstoff auch S c h w e f e l , als gelb weiße Trübung, freigemacht.

(NH4)2Si+1 + 2 HCl = 2 NHjCl + H2S + S x . 5. Salpetersäure HN0 3 (Acidum nitricum). Die sog. „konzentrierte Salpetersäure" enthält 6 0 — 6 5 % HNOa. Sie ist eine farblose Flüssigkeit, die sich am Lichte durch Zersetzung gelblich färbt. „Kote rauchende Salpetersäure" enthält über 90 °/0 HNOs, außerdem viel Stickstoffdioxyd N0 2 , daher die rotbraune Farbe. Salpetersäure ist von Salzsäure und Schwefelsäure dadurch unterschieden, daß sie sehr leicht r e d u z i e r b a r ist, und zwar zu N0 2 Stickstoffdioxyd, oder NO Stickstoffoxyd; uDter Umständen bis N 2 0 Stickstoffoxydul, und, namentlich in alkalischer Lösung, sogar bis Ammoniak NH„. — Salpetersäure wirkt daher ihrerseits als starkes O x y d a t i o n s m i t t e l . Aus diesem Grunde entweicht bei Einwirkung von Salpetersäure auf Metalle k e i n W a s s e r s t o f f , sondern es wird überschüssige Salpetersäure zu N0 2 oder NO reduziert. Die Oxydation des freien Metalls zum Ion geschieht hier also nicht auf Kosten der Wertigkeit des Wasserstoffs, sondern der des viel leichter reduzierbaren Stickstoffs. — Salpetersäure löst, im Gegensatz zu Salzsäure und Schwefelsäure, a l l e bekannteren Metalle außer Gold und Platin. Letztere lösen sich in „Königswasser", einem Gemische von konzentrierter Salzsäure und Salpetersäure. Versuche. 1. Holzstückchen oder Wolle werden von konzentrierter Salpetersäure unter Gelbfärbung" angegriffen. (Auch auf Haut und Kleidern erzeugt starke Salpetersäure gelbe Flecken, die nicht zu entfernen sind; daher Vorsicht!)

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Salpetersäure

2. Einige Tropfen I n d i g o l ö s u n g werden mit Wasser verdünnt, mit verdünnter Salpetersäure und dann mit etwas konzentrierter Schwefelsäure versetzt; die Mischung erwärmt sich und wird e n t f ä r b t . O x y d a t i o n s w i r k u n g d e r S a l p e t e r säure. 3. In einem Kölbchen werden K u p f e r s p ä n e mit etwas Wasser Übergossen und konzentrierte Salpetersäure zugegeben. Unter lebhafter Reaktion geht Kupfer in Lösung, erkennbar an der Blaufärbung der Flüssigkeit; und es entweicht Stickoxyd NO, ein farbloses Gas, das beim Austritt in die Luft Sauerstoff aufnimmt und in braune Dämpfe von Stickstoffdioxyd N0 2 übergeht. 3Cu + 8HN0 3 = 3 Cu(N03)2 + 2 N 0 + 4H a O NO + 0 = N 0 2 . 4. Bin kleines Stückchen S t a n n i o l wird im konzentrierter Salpetersäure Übergossen. Das Entwicklung von Stickstoffdioxyd angegriffen, sondern zu weißem, unlöslichem Zinndioxyd

Probierglase mit Zinn wird unter aber nicht gelöst, oxydiert.

R e a k t i o n e n auf S a l p e t e r s ä u r e . 5. In einem Probierglase werden einige Tropfen verdünnter Salpetersäure mit 3—4 ccm Wasser verdünnt und etwas frisch bereitete F e r r o s u l f a t l ö s u n g zugegeben. Hierauf unterschichtet 1 man mit reiner konzentrierter Schwefelsäure: Es entsteht eine t i e f b r a u n e Zone an der Berührungsschicht der Flüssigkeiten. Die braune Verbindung entsteht durch lockere Anlagerung von NO, das durch Reduktion der Salpetersäure entstanden ist, an noch nicht oxydiertes Ferrosulfat. 6. Man führe den gleichen Versuch aus, indem man statt Ferrosulfatlösung einige Tropfen einer D i p h e n y l a m i n s a l z l ö s u n g verwendet: man erhält eine schön dunkelblaue Zone. Diese Reaktion ist „überempfindlich", d. h. sie wird von den geringsten Spuren HNO a oder HNO, gegeben, die oft in den Reagenzien vorhanden sind. Zum analytischen Nachweis wägbarer Mengen von Salpetersäure oder Nitraten dient daher Versuch 5. 1 D. h. man läßt die konzentrierte Schwefelsäure langsam an der inneren Wand des schräg gehaltenen Probierglases herablanfen: sie sammelt sich dann unter der wäßrigen Flüssigkeit, ohne sich mit ihr zu mischen.

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Nitrate.

Kohlensäure

Nitrate. Die Salze der Salpetersäure beißen N i t r a t e . Die Nitrate aller Metalle sind in Wasser leicht löslich, so daß es anorganische Fällungsmittel für Salpetersäure nicht gibt. Alle Nitrate zersetzen sich beim Erhitzen, und zwar gehen die Nitrate der Alkalimetalle dabei unter Sauerstoffabgabe allmählich in N i t r i t e über, während die meisten Nitrate, namentlich von Schwermetallen (außer Silbernitrat), leicht N0 2 und Sauerstoff abgeben und in M e t a l l o x y d e übergehen. A m m o n i u m n i t r a t endlich zerfällt beim Erhitzen in S t i c k o x y d u l NaO und Wasser. Versuche. 1. Man übergieße eine Messerspitze Kaliumnitrat im Probierglase mit konzentrierter Schwefelsäure und erwärme: es wird Salpetersäure freigemacht, die hochdestilliert und sich an den Wänden des Glases kondensiert. Vgl. S. 4, Versuch 2. 2KNO g + H 2 S 0 4 = K 2 S 0 4 +

2HN03.

2. Eine Messerspitze B l e i n i t r a t wird im trocknen Probierglase in der Flamme erhitzt: es entweichen braune Dämpfe, und gelbes B l e i o x y d bleibt zurück. Pb(N0 3 ) 2 = PbO + 2 N 0 2 + 3. Im trocknen Probierglase werde von trocknem A m m o n i u m n i t r a t dampf und S t i c k o x y d u l g a s N 2 0 Holzspan kann in dem Gase zur

0.

eine ca. 2 cm hohe Schicht erhitzt: es entweicht Wasser(„Lachgas"); ein glimmender Entflammung kommen.

NH4N03 = N20 + 2 H 2 0 , N 2 O = N 2 + O.

6. Kohlensäure H2C03

(Acidum carbonicum).

Das Anhydrid der Kohlensäure ist das K o h l e n d i o x y d C0 2 (das häufig selbst als „Kohlensäure" bezeichnet wird), ein farbloses Gas, welches durch Verbrennen von Kohlenstoff entsteht. Es bildet sich auch bei der völligen Oxydation organischer Substanzen, ist daher auch in der ausgeatmeten Luft enthalten. Kohlendioxyd ist in Wasser etwas löslich; die Löslichkeit steigt mit dem Drucke (Mineralwasser). In der Lösung ist, neben viel C0 2 , etwas K o h l e n s ä u r e H 2 C0 3 vorhanden; sie reagiert daher schwach sauer. — Die Salze der Kohlensäure heißen C a r b o n a t e . Natriumcarbonat (Natrium carbonicum) NajC0 9 („Soda"), Kaliumcarbonat K2COs („Pottasche") und Ammoniumcarbonat (NH4)jCC)a sind in Wasser leicht löslich. Die übrigen Carbonate sind in Wasser unlöslich, dagegen ausnahmslos löslich in verdünnten Säuren unter C0 2 -Entwicklung.

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PhosphorsBure Versuche.

1. In eine Lösung von B a r i u m h y d r o x y d ( „ B a r y t w a s s e r " ) wird mittels eines Glasrohres einige Zeit Ausatmungsluft hineingeblasen: die Lösung trübt sieh durch Bildung von Bariumcarbonat.

Ba(OH)3 + C02 = BaC0 3 + HaO. 2. a) Einige Kubikzentimeter Sodalösung werden mit verdünnter Salzsäure angesäuert: es tritt Aufschäumen ein durch Entwicklung von Kohlendioxyd; b) ein Stückchen M a r m o r wird mit verdünnter S a l z s ä u r e Übergossen: es löst sich unter Kohlendioxydentwicklung. (Darstellung von Kohlendioxydgas im Laboratorium.) CaCOg +

2 HCl = CaCl 2 +

C02 +

H20.

3 . Man versetze Lösungen von Calciumchlorid, Kupfersulfat und Silbernitrat, jede für sich, mit Natriumcarbonatlösung: es fallen die betreffenden C a r b o n a t e aus. A u f Zusatz von Salpetersäure gehen die Niederschläge wieder in Lösung. 4. Natriumhydrocarbonat NaHCOg („Natrium bicarbonicum") gibt beim Erhitzen im Probierglase Wasser und Kohlendioxyd ab und geht in Natriumcarbonat über. Ein Holzspan erlischt im Glase. 2 NaHC0 3 =

Na2C03 +

7. Phosphorsäure

C02 + H 2 0 .

(Acidum phosphoricum).

Das Anhydrid der Phosphorsäure ist da6 P h o s p k o r p e n t o x y d P 4 0 6 . Lagert sich an dieses 1 Mol. H s O an, so entsteht die M e t a p h o s p h o r s ä u r e HPO a ; mit 2 Mol. H s O entsteht die P y r o p h o s p h o r s ä u r e H 4 P , 0 , ; mit 3 Mol. H , 0 die O r t h o p h o s p h o r s ä u r e (die „Phosphorsäure" schlechthin) H 8 P 0 4 . — In allen diesen Stoffen ist der Phosphor 5 wertig. Sie unterscheiden sich nur durch den "Wassergehalt, bzw. die entsprechenden Salze durch das Mengenverhältnis zwischen PjO s und Metalloxyd. In wäßriger Lösung geht P j 0 6 zunächst in Metaphosphorsäure, diese langsam in Orthophosphorsäure, ebenso Meta- und Pyrophosphate allmählich in die entsprechenden sauren Orthophosphate über. Beim Erhitzen auf höhere Temperatur kann aus Orthophosphorsäure Pyro- und schließlich Metaphosphorsäure unter Wasseraustreibung zurückgewonnen werden (nicht dagegen P s O s ); aus Orthophosphaten kann ebenfalls so viel H s O ausgetrieben werden, wie in der Formel enthalten ist, wobei Pyro- bzw. Metaphosphat entsteht. — Phosphorsäure in Form nicht zu schwer löslicher Phosphate gehört, neben Kalium- und Stickstoffverbindungen, zu den unentbehrlichen D ü n g e mitteln.

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Analytische Übungen Versuche. 1. In einem kleinen Porzellanschälehen wird eine Messerspitze r o t e r P h o s p h o r entzündet (Abzug!) und ein sorgfältig getrockneter Glastrichter, Kohr nach oben, lose darübergestülpt. Der Phosphor verbrennt zu P h o s p h o r p e n t o x y d , das als weißer Rauch aufwirbelt und sich an den Trichterwänden als weiße, sehr hygroskopische Masse niederschlägt. 2. Nach dem Erkalten wird das Phosphorpentoxyd mit etwas Wasser von dem Trichter in ein Probierglas heruntergespült; es löst sich unter lebhafter Reaktion. Die Lösung gibt mit Silbernitrat-Lösung einen w e i ß e n Niederschlag von Silberm e t aphosphat A g P 0 3 (reichlicher nach Zusatz eines Tropfens verd. Ammoniaklösung). Es ist also aus dem Pentoxyd mit Wasser zunächst nur Metaphosphorsäure entstanden. 3. Eine Lösung von „Natriumphosphat" Na 2 HP0 4 (sekundäres Orthophosphat) gibt mit Silbernitratlösung einen g e l b e n Niederschlag von Silberorthophosphat Ag 3 P0 4 . In verd. H N 0 3 löst er sich. R e a k t i o n e n auf O r t h o p h o s p h o r s ä u r e . 4. Eine Lösung von A m m o n i u m m o l y b d a t wird vorsichtig mit Salpetersäure versetzt, wobei zunächst ein weißer Niederschlag von Molybdänsäure entsteht, der bei weiterem Zusatz von Salpetersäure wieder in Lösung geht (als Molybdän-Salpetersäure). Setzt man die so erhaltene saure Lösung zu wenig Phosphatlösung (z. B. Natriumphosphat) und erwärmt gelinde, so fällt ein i n t e n s i v g e l b e r Niederschlag (Ammoniumsalz der Molybdän-Phosphorsäure). — Quantitative Fällung der Phosphorsäure aus saurer Lösung. 5. Eine Phosphatlösung wird mit A m m o n i u m c h l o r i d - und M a g n e s i u m s u l f a t l ö s u n g und dann mit viel A m m o n i a k versetzt: es fällt ein weißer, kristallinischer Niederschlag von A m m o n i u m m a g n e s i u m p h o s p h a t MgNH 4 P0 4 . — Quantitative Fällung der Phosphorsäure aus alkalischer Lösung.

8. Analytische Übungen. 1. Man löse Natriumphosphat und ein Körnchen Natriumchlorid gemeinsam in Wasser und versetze mit Silbernitrat-Lösung: Es fällt ein Gemisch von gelbem A g s P 0 4 und weißem AgCl.

Basen

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Nunmehr setze man verd. H N 0 3 zu: jetzt löst sich das gelbe Silberphosphat auf, während das auch in Säure unlösliche AgCl zurückbleibt. Man erkennt so die Notwendigkeit des A n s ä u e r n s mit H N 0 3 bei der Prüfung auf Chloride! 2. Ebenso löse man Natriumphosphat und ganz wenig Natriumsulfat und versetze mit Bariumchlorid-Lösung: es fällt ein Gemisch von feinem B a S 0 4 und flockigem Ba 3 (P0 4 ) 2 . Letzteres geht beim Zusatz von Säure in Lösung, ersteres nicht. 3. Eine vom Saal-Leiter zu empfangende unbekannte Lösung prüfe man auf die bisher behandelten Säuren!

II. Basen. Basen s i n d S t o f f e , w e l c h e S ä u r e w a s s e r s t o f f u n t e r B i l d u n g v o n S a l z e n b i n d e n . Man unterscheidet H y d r o x y l b a s e n und A n h y d r o basen. Zu den H y d r o x y l b a s e n gehören hauptsächlich die H y d r o x y d e d e r M e t a l l e in n i e d r i g e r W e r t i g k e i t . Ihre Vereinigung mit Säuren besteht darin, daß das Hydroxyl der Base mit dem Säurewasserstoff zu W a s s e r zusammentritt, während das Metall der Base und der Säurerest der Säure das Salz bilden. In „ n e u t r a l e n S a l z e n " sind a l l e Hydroxyle der Base durch Säurerest ersetzt, in „ b a s i s c h e n S a l z e n " ist ein Teil des Hydroxyls noch vorhanden: K(OH) Kaliumhydroxyd

® a OH ^ ^ " " ^ y ^ r o x y d

KCl Kaliumchlorid

OH ^ a Cl barsches Calciumchlorid C1 Ca^j

neutrales Calciumchlorid.

Von den Metallhydroxyden sind die „ A l k a l i e n " , z.B. Kaliumhydroxyd KOH und Natriumhydroxyd NaOH, in Wasser sehr leicht löslich; die Lösungen heißen „Kalilauge" bzw. „Natronlauge". Viel schwerer löslich sind die „ a l k a l i s c h e n E r d e n " Calciumhydroxyd Ca(OH) s , Strontiumhydroxyd Sr(OH)a, Bariumhydroxyd Ba(OH) s . Die übrigen Metallhydroxyde sind in Wasser praktisch unlöslich, so daß aus Lösungen von Salzen dieser Metalle (wie auch aus konzentrierteren Lösungen von Ca-, Ba-, Sr-Salzen) auf Zusatz von Kali- oder Natronlauge das betreffende Hydroxyd gefällt wird. Zu den A n h y d r o b a s e n gehören Ammoniak NHS und seine organischen Derivate. Ihre Molekel addiert als g a n z e s den Säurewasserstoff unter Bildung von Ammonium; näheres siehe dort. Wäßrige Lösungen von Basen zeigen „ a l k a l i s c h e R e a k t i o n " : Bläuung von rotem Lackmus, Rötung von Phenolphthalein, laugenhaften Geschmack, Schlüpfrigmachen der Haut.

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Theorie der wäßrigen Lösungen; Ionenlehre

Bringt man starke Basen in wäßriger Lösung mit starken Säuren zusammen, so läßt sich ein Punkt erreichen, wo die Lösung weder sauer noch alkalisch reagiert, sondern statt dessen nur Salz enthält, z. B. Na(OH) + HCl = NaCl + H,0. Diesen Vorgang nennt man N e u t r a l i s a t i o n . Bei der Neutralisation wird also Salz und Wasser gebildet. Z w e i t e B i l d u n g s w e i s e d e r S a l z e . Versuche. 1. D e r V e r s u c h i s t u n t e r d e m A b z ü g e m i t niederg e l a s s e n e r Scheibe und sehr v o r s i c h t i g auszuführen. Auf Natriumreste achten! Ein erbsengroßes Stück metallisches Natrium, das man von der Kinde befreit und mit Fließpapier getrocknet hat, wird in ein zu 1 / i mit Wasser gefülltes Becherglas geworfen. Es reagiert äußerst heftig mit dem Wasser, wobei es schmilzt und sich unter lebhafter Bewegung allmählich auflöst. Gleichzeitig entweicht Wasserstoff, der sich unter Umständen entzündet. 2 Na + 2 H a 0 = 2 NaOH + H 2 . Ebenso wie Natrium zersetzt Kalium das Wasser; weniger lebhaft die Erdalkalimetalle; die übrigen Metalle kaum oder gar nicht. 2. Die bei Versuch 1 erhaltene Lösung prüfe man mit rotem Lackmuspapier und Phenolphthalein: sie reagiert alkalisch. Man suche durch Zutropfen von verdünnter Salzsäure den Neutralisationspunkt zu erreichen. (Ein Stückchen Lackmuspapier schwimme in der Lösung.) 3. Lösungen von Magnesiumsulfat, Ferrosulfat, Kupfersulfat u. a. werden einzeln mit Natronlauge versetzt: es fallen die betreffenden Hydroxyde aus. CuS0 4 + 2 NaOH = Cu(OH) 2 + Na 2 S0 4 .

Theorie der wäßrigen Lösungen; Ionenlehre. 1. Die Tatsachen der analytischen Chemie zeigen, daß die wäßrigen Lösungen der Basen, Säuren und Salze fast niemals Reaktionen auf eine bestimmte „Molekel"-Art als solche geben, sondern daß sich das Verhalten jeder solchen Lösung mehr oder weniger additiv zusammensetzt aus zwei voneinander unabhängigen Reihen von Reaktionen. So gibt z. B. eine Lösuug von BaCl2 einerseits die Reaktionen des Säurerestes der Salzsäure (mit AgN0 3 Fällung von AgCl u. a.), welche sie mit allen Chloriden und mit der freien Salzsäure teilt, anderseits die Reaktionen auf Barium (z. B. Fällung von BaS0 4 ), welche sie mit

Theorie der wäßrigen Lösungen; Ionenlehre

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allen Bariumsalzlösungen gemein hat. Ebenso gibt wäßrige Schwefelsäure einerseits die Reaktionen des Säurewasserstoffs, welche andere Säurelösungen ebenfalls zeigen, anderseits die Reaktionen des Säurerestes S0 4 (z. B. Fällung mit Ba-Salzen), die auch alle Sulfate geben. Diese lange bekannten Tatsachen weisen schon darauf hin, daß in all solchen Lösungen zwei v o n e i n a n d e r g e t r e n n t e Bestandteile reagieren. 2. Die wäßrigen Lösungen ebenderselben Stoffe, nämlich der Basen, Säuren und Salze („Elektrolyte") — im Gegensatz zu reinem Wasser und anderen Lösungen — l e i t e n d e n e l e k t r i s c h e n S t r o m . Dabei treten an den Elektroden chemische Veränderungen ein, für die es einer gewissen elektrischen Kraft, d. h. einer Potentialdifferenz zwischen Elektrode und Lösung, bedarf. I n n e r h a l b d e r L ö s u n g genügt dagegen schon die geringste Potentialdifferen?, um einen entsprechenden Strom zu erzeugen. Demnach müssen in der Lösung von vornherein Träger positiver und negativer elektrischer Ladungen frei beweglich vorhanden sein. 3. Im Einklang damit findet man bei der Bestimmung der relativen Anzahl gelöster Teilchen in wäßrigen Elektrolyt-Lösungen einen zu hohen Wert; z. B. enthält eine Kochsalzlösung fast doppelt so viele Teilchen gelöst als es der Molekel-Formel NaCl entspricht. Alle diese und noch viele andere Erscheinungen finden ihre gemeinsame Erklärung durch die e l e k t r o l y t i s c h e Dissoziationstheorie oder I o n e n t h e o r i e , die heute als die Grundlage der analytischen Chemie betrachtet wird. Ioneiltheorie. Nach der Ionentheorie zerfallen die Elektrolyte beim Lösen in Wasser in entgegengesetzt elektrisch geladene Bruchstücke, die sog. „ I o n e n " , und zwar in das p o s i t i v e „ K a t i o n " und das n e g a t i v e „Anion". So zerfällt z. B. Chlornatrium in das Kation Na' und das Anion Cl'; Salzsäure in das Kation H' und das Anion Cl'; Schwefelsäure in zwei Kationen H" und ein zweimal negativ geladenes Anion S 0 4 " ; endlich Natriumhydroxyd in das Kation Na' und das Anion OH'. Da die Ladungen gleich und entgegengesetzt sind, so ist die Lösung nach außen elektrisch neutral. Diese Elektroneutralität bleibt stets erhalten; niemals können Anionea allein oder Kationen allein isoliert oder auch nur in nennenswerten Überschuß gebracht werden, denn solche Anhäufung von Elektrizität könnte nur durch ungeheuren Arbeitsaufwand erzwungen werden. — Reines Wasser ist nur zu einem minimalen Bruchteil in H' und OH' gespalten und leitet daher fast gar nicht. — Im folgenden sollen positive Ladungen durch einen Punkt, negative durch einen Strich bezeichnet werden, z. B. Ca", AI'", S0 4 ", P 0 4 " ' usw. — Vergleicht man die Ionen der freien Salzsäure mit denen eines Chlorids, so sieht man einerseits, daß der eine Bestandteil, das Cl'-Ion, in beiden vorkommt, wodurch sich die gemeinsame Reaktion der beiden Lösungen gegen Silbernitrat erklärt; anderseits erkennt man, daß die s a u r e Reaktion der Salzsäure (im Gegensatz zum Kochsalz) durch das H'-Ion bedingt ist. Ebenso erhellt, daß die alkalische Reaktion der Natronlauge durch das OH'-Ion bedingt ist. Allgemein also: S ä u r e n s i n d S t o f f e , d i e b e i m L ö s e n i n W a s s e r H ' - I o n e n b i l d e n ; B a s e n S t o f f e , d i e b e i m L ö s e n in W a s s e r O H ' - I o n e n b i l d e n . Die H'-Ionen sind die Träger der S ä u r e - E i g e n A r n d t , Chemisches Praktikum. 10. bis 13. Aufl.

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schatten: sie sind es, die durch Metall, d . h . Metall-Ion, ersetzbar sind. E i n e Lösung ist um so saurer, j e mehr H'-Ionen sie in der Raumeinheit enthält. Das gleiche gilt für basische Lösungen in bezug auf OH'-Ionen. Ebenso ist eine chemische Verbindung eine um so „stärkere" Säure, j e weitgehender sie in Wasser unter Abspaltung von H'-Ionen ionisiert. Sehr starke Säuren sind Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure. Viel schwächer sind Phosphorsäure und Essigsäure; äußerst schwach ist Kohlensäure. I o n e n - u n d V e r b i n d u n g s z u s t a n d . Der Zerfall eines Elektrolyten in seine I o n e n hat mit einem Zerfall in die f r e i e n E l e m e n t e nichts gemein. Der früher, und von dem Anfänger manchmal noch heute, erhobene Einwand, daß z . B . eine S p a l t u n g von NaCl in zwei Bestandteile eine Zerstörung der „ehem. Verbindung" bedeuten und demnach eine Kochsalz-Lösung nach der Ionentheorie freies Natrium und freies Chlor enthalten müsse, erledigt sich dadurch, daß die Elektrolyte in allen Fällen, auch im reinen, nicht-dissoziierten Zustande, aus den entgegengesetzt geladenen I o n e n bestehen, während die f r e i e n Elemente u n g e l a d e n sind. So besteht auch das feste, kristallisierte Kochsalz aus einmal positiv geladenen ( + 1 wertigen) Na-Atomen und einmal negativ geladenen (— 1 wertigen) Cl-Atomen in gleicher Anzahl (Elektroneutralität!), und diese geladenen Atome halten sich wechselseitig gebunden, ohne daß gesonderte Molekeln NaCl vorhanden wären („Ionen-Gitter"). Beim Lösen in Wasser werden durch die „dielektrische" W i r k u n g des Wassers diese geladenen Atome voneinander getrennt. Ähnliches gilt von allen schwerflüchtigen Salzen. Leichtflüchtige Elektrolyte wie HCl bestehen im reinen Zustande aus Molekeln, in denen die Ionen inniger miteinander verschmolzen s i n d ; in Wasser bilden sich auch hier die Einzelionen. Die Ionen-Spaltung in wäßriger Lösung bedeutet also keine A u f h e b u n g des Verbindungs-Zustandes, denn dieser ist durch die L a d u n g e n gegeben. Ein Zerfall in die freien Elemente bedeutet dagegen eine E n t l a d u n g der Atome, und umgekehrt ist das Zustandekommen einer solchen Verbindung aus den Elementen mit einem Übergang der Atome in den geladenen Zustand (Elektronen-Austausch) verbunden. So beruht z. B. die ungeheuere Reaktionsfähigkeit der freien ( d . h . ungeladenen, Owertigen) A l k a l i m e t a l l e auf der großen Leichtigkeit, mit der ihre Atome in den einmal positiv geladenen Zustand übergehen (Entziehung eines Elektrons): sie reagieren schon mit Wasser, indem die L a d u n g des H + im Wasser auf das Na-Atom übergeht und freier, ungeladener Wasserstoff entsteht (S. 16, Vers. 1). N a - I o n e n dagegen reagieren nicht so, weil sie j a ihre positive L a d u n g bereits besitzen. — Elektrolyse. Die Ionen vermitteln die elektrische Stromleitung, indem die Kationen zu der negativen Kathode wandern, an ihr ihre positive Elektrizität abgeben und in ungeladene, elementare Atome übergehen, während umgekehrt die negativen Anionen sich an der positiven Anode entladen („Elektrolyse"). Daher wird z. B. bei der Elektrolyse von Salzsäure an dem einen Pol freies, d. h. ungeladenes Chlor, an dem anderen freier, elementarer Wasserstoff entwickelt. In den meisten Fällen dagegen muß man unterscheiden zwischen den Ionen, die entladen werden, und d e n e n , die wandern. Z. B. bei der Elektrolyse von Natriumsulfatlösung werden an den Elektroden die Ionen des Wassers entladen, daher an der Kathode Wasserstoff, a n der Anode Sauerstoff entwickelt, während der Nachschub von Elektrizität durch die Lösung hindurch von den reichlich vorhandenen Na' und S 0 4 " - I o n e n besorgt wird.

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Da die Leitfähigkeit von Lösungen mit dem Ionisationsgrad des gelösten Elektrolyten zusammenhängt, so kann man die Stärke yon Säuren und Basen durch Messung der elektrischen Leitfähigkeit gleichwertiger Lösungen vergleichen. Grad der Ionisation. Neutralisation. Der Zerfall in Ionen ist in verdünnter Lösung bei „ s t a r k e n " Elektrolyten vollständig; „ s c h w a c h e " Elektrolyte sind dagegen nur zu einem mehr oder minder kleinen Bruchteil gespalten, wobei sich ein G l e i c h g e w i c h t zwischen den Konzentrationen der ungespaltenen Molekeln und denen der Ionen einstellt; und zwar dasselbe Gleichgewicht, einerlei, ob man von nur ungespalteneu Molekeln oder nur von den betreffenden Ionen ausgeht. Treffen daher die Ionen eines wenig ionisierten Körpers in einer Lösung zusammen, so müssen sie zum größten Teil zusammentreten; es besteht also beim Zusammenbringen verschiedener Ionen eine Neigung zur Bildung der möglichst wenig ionisierten Stoffe. Z.B. ist reines Wasser so gut wie gar nicht ionisiert; wenn daher in einer Lösung H'- und OH'-Ionen zusammenkommen, so müssen sie zu Wasser zusammentreten. Dieser Fall tritt ein bei der N e u t r a l i s a t i o n . Z. B. vereinigen sich die OH'-Ionen von Natronlauge mit den H'-Ionen von Schwefelsäure zu Wasser, während die Na'- und S0 4 "-Ionen getrennt bleiben, da Natriumsulfalt in wäßriger Lösung stark ionisiert ist. Der einzige Vorgang bei der Neutralisation ist also die Bildung von Wasser aus H'- und OH'-Ionen. So erklärt es sich, daß beim Zusammenbringen gleichwertiger Mengen irgendeiner starken Base mit irgendeiner starken Säure stets die gleiche Wärmemenge frei wird, nämlich die Bildungswärme des Wassers aus seinen Ionen. Nach dem gleichen Grundsatz macht eine stärkere Säure eine schwächere in den Lösungen ihrer Salze frei, z. B. HCl die Kohlensäure aus Carbonaten. (Daß konzentrierte Schwefelsäure in der Wärme stärkere Säuren, wie HCl, HNO, austreibt, liegt an der geringeren Flüchtigkeit der Schwefelsäure.) Umsetzungen in wttßriger Lösung. D i e B e a k t i o n e n d e r E l e k t r o l y t e i n w ä ß r i g e r L ö s u n g s i n d im a l l g e m e i n e n B e a k t i o n e n i h r e r Ionen. Treffen die Ionen mehrerer Elektrolyte in einer Lösung zusammen, so könnte jede positive Ionenart grundsätzlich mit jeder negativen zusammentreten. Tatsächlich findet jedoch ein Zusammentritt eines Ionenpaares nur in zwei Fällen statt: Entweder dann, wenn zwischen den beiden Ionenarten eine besondere Anziehungskraft besteht, die von der dielektrischen Wirkung des Wassers nicht überwunden wird. Dies ist gleichbedeutend damit, daß der entstehende Stoff zwar löslich, aber in Lösung wenig dissoziiert ist. Es handelt sich also um die schon erwähnte Neigung zur Bildung der möglichst w e n i g d i s s o z i i e r t e r Stoffe. Der zweite Fall hängt mit der L ö s l i c h k e i t des Stoffes, der sich bilden kann, zusammen. Wenn ein Stoff wie BaS0 4 äußerst schwer löslich ist, so heißt das eben, daß seine Ionen (Ba" und SO/') nicht gleichzeitig in nennenswerter Konzentration in wäßriger Lösung vorhanden sein können; denn bei derartigen Verbindungen sind es j a die Einzelionen, die in Lösung gehen. Bringt man nun Ba"-Ionen (z. B. BaCl2-Lösung) und SO/'-Ionen (z. B. verd. Schwefelsäure) in Lösung zusammen, so müssen sie zu festem, ungelöstem BaS0 4 zusammentreten, bis entweder praktisch alles Ba" oder 2*

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alles S 0 4 " gefällt ist. E s b e s t e h t also e i n e N e i g u n g z u r B i l d u n g d e r m ö g l i c h s t s c h w e r l ü s l i c h e n S t o f f e ; hier sind es die „Gitterkräfte" des festen Zustandes, welche der ionenlösenden W i r k u n g des Wassers entgegenarbeiten. In Fällen, wo diese beiden Neigungen einander entgegenwirken, kommt es darauf an, welche der beiden überwiegt. Später wird dies an Beispielen gezeigt werden. Im allgemeinen überwiegt der z w e i t e Gesichtspunkt, außer wenn die Möglichkeit zur Bildung von (äußerst wenig ionisiertem!) W a s s e r vorliegt. Aus den genannten Gründen wird aus Ag'- und Cl'-Ionen stets das äußerst schwer lösliche Silberchlorid gebildet. Die stets wiederkehrende Reaktion zwischen Silbersalzen und Chloriden kann man also allgemein so formulieren: Ag' + Cl' = Ag;CI („Ionengleichung"). — Dagegen reagiert Silbernitrat n i c h t mit Chlor in anderem Zustand, z. B. nicht mit Kaliumchlorat KC10 a , weil dieses nicht das Ion Cl', sondern das Ion C10 8 ' bildet. A r t der I o n i s a t i o n . W e r t i g k e i t . Viele Elektrolyts liefern Ionen, die aus mehreren Atomen bestehen, wie S 0 4 " , P 0 4 " ' , NII 4 ' usw. („KomplexIonen"). Man kann aberauch von diesen Ionen annehmen, daß sie ihrerseits aus geladenen Atomen bestehen, z. B. das S 0 4 " - I o n aus dem 6 fach positiv geladenen (-j- 6 wertigen) S-Atom und vier 2 mal negativ geladenen O-Atomen; der Überschuß von 2 negativen Ladungen erscheint als die doppelt negative L a d u n g des ganzen Komplexes S 0 4 " , die in den isolierbaren, elektroneutralen Stoßen, z . B . Na 2 S0 4 , durch 2 positive Kationen-Ladungen kompensiert wird. W i r d das N a 2 S 0 4 in Wasser gelöst, so werden nur die N a + - I o n e n von dem S0 4 "-Komplex getrennt, dieser aber nicht in seine geladenen Atome gespalten, weil das s e c h s f a c h positiv geladene S-Atom die negativen O-Atome viel zu s t a r k anzieht und festhält. Aus demselben Grunde ionisiert II. 2 S0 4 in S0 4 "-Ionen und H'-Ionen, verhält sich also als S ä u r e ; man sieht, daß dies mit der hohen positiven W e r t i g k e i t des S zusammenhängt. Dagegen ist z. B. im NaOH die Anziehung des nur e i n m a l positiv geladenen N a + so gering, daß es in Wasser als Na'-Ion abfällt und das zusammengesetzte Ion O H ' übrig läßt; dies Hydroxyd ist also eine starke B a s e . Die Verallgemeinerung dieser Überlegungen ergibt die wichtige Eegel, daß b e i d e n H y d r o x y d e n m i t s t e i g e n d e r W e r t i g k e i t des Zentralatoms d e r b a s i s c h e C h a r a k t e r a b - , d e r s a u r e z u n i m m t . So sind KOH, N a O H die stärksten Basen, die wir kennen. Ca(OH) 2 (zweiwertiges Metall) ist schon erheblich schwächer basisch. Hydroxyde dreiwertiger Metalle (Al(OH) 3 , Fe(OH) s ) sind äußerst schwache Basen. Salpetersäure N 0 3 H (Stickstoff + 5 wertig) ist eine sehr starke S ä u r e . Mn(OH) 2 Manganhydroxyd (Mn + 2wertig) ist eine B a s e ; M n 0 4 H 2 Mangansäure (Mangan + 6wertig) eine ausgesprochene S ä u r e . Streng genommen bestehen nur Oxyde, Ifalogenide, Sulfide von Alkaliund Erdalkalimetallen aus solchen Atomen, welche ein oder mehrere Elektronen vollständig ausgetauscht haben und wie geladene Kugeln nur durch elektrische Anziehung zusammengehalten werden („polare Verbindungen"). In Atomgruppen wie H 2 0 , S 0 3 , S 0 4 " , NH S usw. hat zwar auch jedes O zwei, der N drei Elektronen aufgenommen, aber diese haben ihre Beziehungen zum S bzw. H noch nicht ganz verloren. Immerhin k a n n man auch hier, wie überhaupt bei den meisten anorganischen Verbindungen, das polare Ladungs-Schema durchführen. Danach ist ein O-Atom im Verbindunga-

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zustande fast stets zweimal negativ, jedes H fast stets einmal positiv geladen, Metalle verschieden, aber stets positiv. D i e Ladungszahl der übrigen Atome ergibt sich aus der Formel durch Abzählen, denn die Summe der positiven Ladungen muß in jeder isolierbaren Verbindung gleich der Summe der negativen Ladungen sein (Elektro-Neutralität). Diese Ladungszahl jedes Atoms erscheint nunmehr als identisch mit seiner W e r t i g k e i t ; so ist z . B . der S im I I 2 S —2wertig, im S 0 3 + 6 w e r t i g . Die Wertigkeit ist nicht gleichbedeutend mit der Zahl von Bindungen, die das Atom eingeht; letztere ist meist höher. So kann der + 6 wertige S nicht nur drei, sondern vier —2 wertige 0 addieren, worauf die Bildung von H 2 S 0 4 aus SO a und H a O beruht; der — 3 wertige N bindet nicht nur 3, sondern vier + 1 wertige H-Atome, Bildung von Ammoniumsalzen aus N H 3 . Vergl. S. 23 und 81. — Auf den Zusammenhang der Wertigkeitsverhältnisse mit dem periodischen System und dem Atombau kann hier nur hingewiesen werden. E l e k t r o n e n - A f f i n i t ä t und I o n i s i e r u n g - s - S p a n n u n g . Die Atome typischer N i c h t m e t a l l e wie der Halogene, 0 , N und auch noch S und P können Elektronen aufnehmen, also in n e g a t i v e r W e r t i g k e i t auftreten. Die Energie, mit der die Elektronen-Aufnahme erfolgt, nennt man „ E l e k t r o n e n - A f f i n i t ä t " ; sie ist am größten bei Fluor, dann folgen 0 , C1 und N. Die typischen M e t a l l e dagegen haben keine Elektronen-Affinität, sie können daher nie in negativer Wertigkeit auftreten, wohl aber in p o s i t i v e r (wie auch die Nichtmetalle außer Fluor und Edelgasen), indem sie Elektronen a b g e b e n . Hierzu ist aber Energie e r f o r d e r l i c h , die man I o n i s i e r u n g s - A r b e i t n e n n t ; meist drückt man sie durch die „ l o n i s i e r u n g s - S p a n n u n g " aus. Im allgemeinen bildet sich also eine polare anorganische Verbindung um so eher, j e größer die Elektronen-Affinität des einen (negativ werdenden) Partners und j e kleiner die IonisierungsSpannung des anderen ist. Bei Wasserstoff und den Metallen äußert sich die verschieden starke Ionisierungs-Spannung darin, wie sie sich gegenseitig aus dem lonenzustand entladen. So macht Zink oder Eisen Wasserstoff aus dem lonenzustand frei: Zn + 2H" = Z n " + H 2 , weil Wasserstoff die größere IonisierungsSpannung, also weniger Neigung zur positiven Wertigkeit hat. Kupfer, das eine größere Ionisierungs Spannung hat als Wasserstoff, ist hierzu nicht imstande. Ordnet man die wichtigsten der genannten Elemente nach steigender lonisierungs-Spannung in eine Reihe: K , N a , Ca, Z n , F e , H , Cu, H g , Ag („Spannungsreihe") so k a n n jedes Element die r e c h t s von ihm stehenden entladen. Jedoch spielt in sekundärem Grade auch die Konzentration der Ionen dabei eine Rolle. Z. B. können die nur in sehr geringer Konzentration vorliegenden H'-Ionen des W a s s e r s nur von sehr viel unedleren Metallen, nämlich den Alkali- und Erdalkalimetallen, entladen werden; von Zn, F e usw. nicht. Aus S ä u r e l ö s u n g e n dagegen, mit viel größerer H'-Ionen-Konzentration, entladen auch die weniger entfernt stehenden Z n , F e usw. den + l w e r t i g e n Wasserstoff; n i c h t dagegen aus konzentrierter H 2 S 0 4 , weil diese nicht dissoziiert ist. O x y d a t i o n u n d R e d u k t i o n . F ü r diese Begriffe haben wir nunmehr eine klare und eindeutige Definition: Oxydation ist Erhöhung, Reduktion Erniedrigung der Wertigkeit. Nimmt ein Stoff elementaren Sauerstoff auf, so muß, da dieser dabei stets — 2 wertig wird, der erstere Stoff 2 positive Ladungen mehr erhalten, wird also o x y d i e r t . Analog ist eine Aufnahme

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Natrium

von Wasserstoff, der dabei + 1 wertig wird, stets R e d u k t i o n . Oxydation und Reduktion gehen also stets H a n d in H a n d und bestehen in einem Wertigkeitsaustausch. So viel W e r t i g k e i t , wie der oxydierende (also reduziert werdende) Stoff verliert, so viel gewinnt der reduzierende, also oxydiert werdende Stoff. U m z. B. aus Salzsäure und Chloriden freies Chlor zu gewinnen, muß die Wertigkeit des Chlors von — 1 auf 0 erhöht, letzteres also oxydiert werden. Dient MnO a als Oxydationsmittel, so oxydiert, da die Manganwertigkeit von + 4 auf + 2 sinkt, ein M n 0 2 zwei Chloratome. Umg e k e h r t wirkt freies Chlor als starkes Oxydationsmittel, da es wegen seiner starken Elektronen - Affinität bestrebt ist, aus dem nullwertigen in den — 1 wertigen Zustand überzugehen, also selbst reduziert zu werden. Schwefelwasserstoff und Sulfidlösungen wirken reduzierend infolge der Erhöhung der S-Wertigkeit von — 2 auf Null-, schweflige Säure desgleichen durch Oxydation der S-Wertigkeit von + 4 auf + 6, usw. — Metalle sind um so oxydierbarer, j e geringer, um so ,,edler", j e größer ihre IonisierungsSpannung ist. Man überlege sich bei jeder chemischen Reaktion, ob zwischen irgendwelchen Atomen ein Wertigkeitsaustausch stattfindet, d. h. ein Oxydationsund Reduktionsvorgang vorliegt, oder ob alle Atome ihre Wertigkeit beibehalten und nur ihre Zusammenlagerung wechseln.

III. Die wichtigsten Metalle (Basen und Salze). 1. Alkalimetalle. Unter dem Namen „Alkalimetalle" faßt man die Metalle N a t r i u m Na, K a l i u m K (sowie die seltenen Lithium, Rubidium und Cäsium) zusammen. — Gemeinsam ist ihnen, daß sie in Verbindungen stets einwertig sind, und daß ihre Hydroxyde, und sämtliche Salze mit den wichtigeren Säuren, in Wasser leicht löslich sind. In wäßrigen Lösungen liegen die Alkalimetalle stets als Einzelionen vor, welche die reaktionsunfähigsten aller Metallionen sind. Über die wenigen schwer löslichen Salze siehe die Versuche.

Versuche.

a) Natrium Na. Erkennungsreaktionen für Natrium: 1. Ein mit einer Natriumsalzlösung befeuchteter „Magnesiastab" wird in die Bunsenflamme gebracht: sie färbt sich i n t e n s i v gelb. (D-Linie des Spektrums.) Man betrachte die Natriumflamme jetzt durch ein blaues „Kobaltglas" oder besser durch ein sog. „Indigoprisma": sie erscheint entfärbt, da die gelben Strahlen von dem blauen Medium nicht hindurchgelassen werden.

Ammonium

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2. Eine konzentrierte Lösung von Natriumchlorid wird mit K a l i u m p y r o a n t i m o n a t l ö s u n g versetzt: weißer Niederschlag von Na 2 H 2 Sb 2 O r

b) Kalium E. Erkennungsreaktionan für Kalium: 1. Ein zuvor gut ausgeglühter „Magnesiastab" wird mit Kaliumchloridlösung befeuchtet und in die Bunsenflamme gebracht: sio färbt sich w e i ß l i c h - v i o l e t t . Die Färbung bleibt auch bei Durchsicht durch das Kobaltglas oder Indigoprisma sichtbar. Man mische jetzt Kalium- und Natriumchloridlösung und bringe davon in die Flamme: die intensiv gelbe Natriumflamme verdeckt die Kaliumflamme. Betrachtet man aber die Flamme durch das Indigoprisma, so wird die Kaliumflamme sichtbar. 2. Auf einem IJhrglase wird ein Tropfen Kaliumchloridlösung mit 1-—-2 Tropfen verdünnter P l a t i n c h l o r w a s s e r s t o f f s ä u r e H 3 PtCl 6 versetzt: gelber Niederschlag von K 2 PtCl 6 . 3. Kaliumchloridlösung wird mit WeinsäurelösuDg und etwas N a t r i u m a c e t a t l ö s u n g versetzt; dann wird mit einem Glasstabe an der Wand des Probierglases gekratzt: weißer, kristallinischer Niederschlag von s a u r e m w e i n s a u r e m K a l i u m („Weinstein"). — Der Niederschlag ist in starker anorganischer Säure löslich, in Essigsäure unlöslich, daher der Zusatz von Natriumacetat, um die bei der Reaktion frei werdende anorganische Säure durch Essigsäure zu ersetzen. 4. Einige ccm Kaliumchloridlösung versetze man mit wenig Natrium-Cobalti-Hexanitrit-LösungNa 3 [Co(N0 2 ) 6 ]: gelber Niederschlag von Kalium-Cobalti-Hexanitrit K 3 [Co(N0 2 ) 6 ]. (Empfindlichste Reaktion auf Kalium).

2. Ammonium NH 4 + . Den Alkalisalzen, namentlich den Kaliumsalzen, in vieler Hinsicht ähnlich sind die Ammoniumsalze, welche an Stelle des + 1 wertigen Alkalimetalls den + 1 wertigen Komplex „Ammonium" [NHJ + enthalten. Ammoniumsalze entstehen durch Zusammenbringen von Ammoniak NH„ mit Säuren; z. B. NH3 + HQ1 = NH4C1 Ammoniumchlorid. In umgekehrtem Sinne sind sie beim Erhitzen wieder spaltbar („thermische Dissoziation"); beim Abkühlen treten Ammoniak und Säure wieder zusammen. Die Ammoniumsalze (soweit sie nicht schwerflüchtige Säuren, wie H s P 0 4 , enthalten) sind daher, im Gegensatze zu den meisten anderen anorganischen Salzen, beim

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Ammonium

E r h i t z e n l e i c h t f l ü c h t i g und werden an den kälteren Partien wieder zurückgebildet. In bezug auf den letzten P u n k t bildet eine Ausnahme das Ammoniumnitrat, das größtenteils nicht in Ammoniak und Salpetersäure, sondern in Stickoxydul und Wasser zerfällt; vgl. S. 12, Versuch 3. Man hüte sich vor einer Verwechslung von Ammoniak und Ammonium. Ammoniak NH a ist ein elektroneutrales, für sich allein existenzfähiges Molekül; Ammonium NH 4 kennt man nur als + 1 wertige Gruppe oder Ion. Ammoniak NII a ist ein farbloses Gas von charakteristischem Geruch, das in Wasser sehr leicht löslich ist. Die Lösung (im Volksmund „Salmiakgeist" genannt) reagiert a l k a l i s c h . Nach dem auf S. 20 Gesagten erklären wir dies dadurch, daß der d r e i f a c h negativ geladene N des NH a ans dem 1 I 2 0 ein H + herauszieht, damit das komplexe Ion NH 4 ' bildet und aus dem H 2 0 ein OH'-lon übrig läßt; daher die alkalische Reaktion. Jedoch ist diese Umwandlung hier nicht vollständig (die negative Ladung des N ist j a auch nur - 3): in dem Maße, wie sich OH'-Iouen bilden, suchen diese ihrerseits die strittigen H + - A t o n i e wieder au sich zu ziehen, so daß sich ein G l e i c h g e w i c h t einstellt, bei dem viel NH a und H a O, wenig N H 4 ' u n d O H ' vorhanden ist. Mit S ä u r e n dagegen, d. h. mit gar nicht oder locker gebundenem H + , geht alles NIl a in N H 4 + , d. h. Ammoniumsalz, über. Behandelt man Ammoniumsalze mit starken Basen, d. h. reichlichen OH'-lonen, so ziehen diese wieder den vierten H + aus dem NH 4 " heraus, bis zu dem oben genannten Gleichgewichtszustände; das meiste Ammoniak wird dann also wieder frei (siehe Versuch 8!), und die OH'-lonen gehen in H a O ü b e r ; letzteres um so weitgehender, j e mehr NH 4 " ihnen geboten wird. Daher wird die Basizität einer Lösung (auch der Ammoniaklösung selbst) durch Zusatz von Ammoniumsalz erheblich vermindert. Ammoniak bildet sich bei der trocknen Destillation von Steinkohlen, wird daher als Nebenprodukt hei der Kokerei gewonnen. Heute wird es zum größeren Teil durch Synthese aus den Elementen gewonnen (HaberBosch-Verfahren, Leunawerk). Versuche. 1. Ein mit konzentrierter Salzsäure befeuchteter Glasstab wird über ein U h r g l a s m i t konzentriertem A m m o n i a k gehalten: es entstehen weiße Nebel von A m m o n i u m c h l o r i d . N H 3 + HCl =

NH 4 C1.

2. Festes A m m o n i u m c h l o r i d w i r d auf der „Magnesiarinne" erhitzt: E s verflüchtigt sich unter B i l d u n g weißer Nebel. NH 4 C1 = N H 3 + H C l in der Hitze, N H 3 + HCl = N I i 4 C l in der Kälte. E r k e n n u n g s r e a k t i o n für A m m o n i u m s a l z e : 3. Eine Messerspitze festes A m m o n i u m s a l z wird in einem Probierg l a s e m i t w e n i g N a t r o n l a u g e Übergossen u n d erwärmt. Sobald A u f s i e d e n e i n t r i t t , m a c h t sich an der M ü n d u n g d e s

Calcium

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Glases A m m o n i a k g e r u c h geltend. Feuchtes rotes Lackmuspapier wird durch die Dämpfe gebläut. (NH 4 ) 2 S0 4 +

2 N a O H = Na 2 S0 4 + 2 N H 3 +

2 H20.

4. Die mit Kaliumsalzlösung S. 23 Versuch 2 — 4 ausgeführten Reaktionen wiederhole man mit einer Ammoniumchloridlösung: es fallen die, jenen Kaliumniederschlugen entsprechenden, schwer löslichen Ammoniumsalze aus; z. ß. (NH 4 ) 2 PtCl 6 . W i l l man daher mit diesen Reagenzien auf Kalium prüfen, so darf die Lösung keine Ammoniumsalze enthalten. 5. Ein Tropfen Ammoniak- oder Ammoniumsalzlösung wird mit 1/3 Probierglas Wasser verdünnt, und Nesslers R e a g e n s (stark alkalisch gemachte Lösung von K 3 H g J 4 ) zugegeben. Die Lösung färbt sich schmutziggelb bis braun und läßt nach einiger Zeit einen braungelben Niederschlag ausfallen. (Äußerst empfindliche Reaktion; zum Nachweise von S p u r e n Ammoniak in wäßriger Lösung zu benutzen.) Auf diese W e i s e wird T r i n k w a s s e r auf Ammoniak geprüft. W e n n stickstoffhaltige organische Substanzen, z. B. Eiweißkörper, verfaulen, so geht der Stickstoff zunächst in N U , über. Enthält also Trinkwasser Ammoniak, wenn auch nur spurenweise, so ist dies ein Zeichen dafür, daß es wahrscheinlich vor kurzem mit Zersetzungsstoffen in Berührung gewesen ist, und daher, außer dem an sich unschädlichen Ammoniak, B a k t e r i e n enthält.

3. Erdalkalimetalle. Als „Erdalkalimetalle" faßt man die Metalle C a l c i u m Ca, Strontium Sr und B a r i u m Ba zusammen. Sie unterscheiden sich von den Alkalimetallen erstens durch ihre Zweiwertigkeit und die damit zusammenhängende geringere Basizität ihrer Hydroxyde. Zweitens sind die Hydroxyde, im Gegensatze zu den Alkalien, in Wasser ziemlich schwer löslich (am leichtesten Bariumhydroxyd). Drittens sind von den Salzen u n l ö s l i c h d i e S u l f a t e , C a r b o n a t e und P h o s p h a t e . D i e b e i d e n letzteren sind jedoch in wäßrigen Lösungen stärkerer Säuren leicht löslich, die Sulfate dagegen in Säuren fast ebenso schwer löslich w i e in Wasser. Von den Sulfaten ist Calciumsulfat CaS0 4 (Gips) in Wasser etwas löslich; die Lösung wird „Gipswasser" genannt. D a g e g e n ist B a S 0 4 äußerst schwer löslich. Man kann daher durch Zusatz von Gipswasser eine Bariumlösung von einer Calciumlösung unterscheiden. — Lösliche Bariumverbindungen sind starke Gifte.

Versuche,

a) Calcium Ca. 1. Ein längliches Stückchen M a r m o r CaC0 3 wird im oberen Teil der Bunsenbrenner- oder besser Geblüseflamme einige

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Calcium

Zeit kräftig geglüht; dies geschieht in einer Platindrahtschlinge oder unter Festhalten des einen Endes mit der Pinzette. Das Calciumcarbonat geht unter Abgabe von Kohlendioxyd teilweise in Calciumoxyd CaO („gebrannter Kalk") über. CaC03 = CaO + C0 2 . Das erkaltete Stückchen wird in einem Probierglase mit sehr wenig Wasser befeuchtet: nach einiger Zeit wird aus dem Calciumoxyd unter Wärmeentwicklung Calciumhydroxyd gebildet („Löschen des Kalkes"). CaO + H 2 0 = Ca(OH)2. Hierauf wird mit viel Wasser geschüttelt und filtriert. In dem klaren Filtrate („Kalkwasser") ist etwas Calciumhydroxyd gelöst, das man durch Hineinblasen von kohlensäurehaltiger Luft nachweist: die Lösung trübt sich durch Bildung von Calciumcarbonat CaCO,. Bei längerem Durchleiten von C 0 2 würde das ausgefällte Carbonat wieder in Lösung gehen, da sich Calciumhydrocarbonat Ca(HCOa)j bildet, das in Wasser leichter löslich ist. In dieser Form, ganz oder teilweise, ist das Calcium in kalkhaltigen Wässern gelöst („temporäre Härte"). Beim Kochen wird Kohlensäure abgegeben und das neutrale Carbonat ausgeschieden („Kesselschlamni"). Ca(HC03)2 = CaC0 3 + H 2 0 + CO,.

2. Ein mit Calciumchlorid befeuchtetes „Magnesiastäbchen" bewirkt in der Bunsenflamme ein gelbrotes Aufleuchten. 3. Starke Calciumchloridlösung wird mit N a t r o n l a u g e versetzt: es fällt weißes C a l c i u m h y d r o x y d aus. 4. Calciumchloridlösung wird mit A m m o n i a k versetzt: es fällt nichts aus. 5. Zu der ammoniakalischen Calciumchloridlösung setze man A m m o n i u m c a r b o n a t l ö s u n g : es fällt weißes C a l c i u m c a r b o n a t . Trennung des Calciums (und Bariums) von Mg, Ka und Na. CaCl2 + (NH4)2COs = CaC0 3 + 2NH4C1. Beim Ansäuern mit Salzsäure oder Essigsäure geht der Niederschlag wieder in Lösung. CaC08 + 2 HCl = CaCl2 + H 2 0 + C0 2 .

Barium

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6. Calciumchloridlösung wird mit Ammoniak alkalisch gemacht und N a t r i u m p h o s p h a t l ö s u n g Na 2 HP0 4 hinzugegeben; es fällt weißes C a l c i u m p h o s p h a t , löslich in Salzsäure. 3 C a C l 2 + 2 Na 2 HP0 4 + 2NH 3 = Ca 3 (P0 4 ) 2 + + 4NaCl + 2NH 4 01. Ca^POJ, ist in der Knochenasehe enthalten; es bildet ferner an manchen Orten (Algier, Florida) große Lager. Für Düngezwecke muß dies tertiäre Phosphat, seiner Unlöslichkeit wegen, durch Schwefelsäure „aufgeschlossen" werden: Ca s (P0 4 ) 3 + 2 H 2 S 0 4 = CaH 4 (P0 4 ) 2 + 2CaS0 4 . Das entstehende Gemisch von wasserlöslichem primären Calciumphosphat und Gips wird unter dem Namen „Superphosphat" als Düngemittel verwendet. — Neutrales Calciumphosphat ist der wertvolle Bestandteil der „Thomasschlacke", die bei der Herstellung schmiedbaren Eisens abfällt;. Um nämlich das Roheisen von Kohlenstoff und Phosphor zu befreien, wird durch das geschmolzene Metall Luft hindurchgeblasen. Hierdurch wird der Phosphor zu Phosphorsäure oxydiert, welche von zugesetztem Kalk aufgenommen wird. Das so gewonnene Phosphat wird gepulvert und als Düngemittel (Thomasmehl) verwandt.

7. Calciumchloridlösung werde mit A m m o n i u m o xalatlösung versetzt: es fällt weißes C a l c i u m o x a l a t , das in Essigsäure unlöslich, in Mineralsäuren löslich ist (empfindlichste Fällung von Calcium). 8. Calciumchloridlösung werde mit verdünnter S c h w e f e l s ä u r e versetzt: falls die Calciumlösung nicht sehr verdünnt war, fällt, eventuell erst nach einiger Zeit, weißes C a l c i u m s u l f a t , das sich in Säuren nicht wieder löst. 9. Calciumchloridlösung werde mit G i p s w a s s e r CaS0 4 versetzt: es entsteht selbstverständlich keine Fällung, da in der Calciumsulfatlösung nur so viel S0 4 -Ionen vorhanden sind, als neben Ca-Ionen in der Lösung existieren können.

b) Barium Ba. 1. Bariumchloridlösung färbt am „Magnesiastäbchen" die Flamme grün. 2. Die beim Calcium unter 4. und 5. angestellten Versuche sind mit Bariumchloridlösung zu wiederholen. 3. Bariumchloridlösung gibt mit G i p s w a s s e r eine weiße Fällung von B a r i u m s u l f a t . Die Menge des BaS0 4 ist gering, da ja die Lösung des schwer löslichen CaS04 nur wenig S0 4 " enthält.

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Magnesium

c) Analytische Übung. T r e n n u n g von Ca, Ba u n d A l k a l i e n . Man mische CaCl2-, BaCl2- und z. B. NaCl-Lösung und trenne diese Metalle wie folgt: Man mache mit HCl schwach sauer, dann mit NH 3 alkalisch und versetze mit (NH4)2COg-Lösung, wobei Ca und Ba als Carbonat-Gemisch ausfallen. Man filtriere und wasche nach. Im Filtrate weise man das Na, nötigenfalls nach Einkochen einer Probe, durch die Flammenfärbung nach. Den Niederschlag übergieße man auf dem Filter mit warmer verdünnter Essigsäure, wobei die Carbonate in Lösung gehen und durchs Filter laufen. Dies Filtrat versetze man mit Kaliumchromat-Lösung: Ba" fällt als BaCr0 4 , Ca" nicht. Man filtriere abermals und fälle im Filtrat das Ca" wieder mit Ammoniak und Ammoniumcarbonat.

4. Magnesiumgruppe. Als „Magnesiumgruppe" faßt man die Metalle M a g n e s i u m Mg, Z i n k Zn und K a d m i u m Cd zusammen. Sie sind in Verbindungen ebenfalls stets zweiwertig. Von den Erdalkalimetallen sind sie durch die leichte Löslichkeit ihrer Sulfate unterschieden. Ihre Hydroxyde sind noch schwerer löslich und noch schwächer basisch als die alkalischen Erden; sie werden daher auch durch Ammoniak ausgefällt, nicht jedoch in Gegenwart von Ammoniumsalzen. — Das Carbonat des Magnesiums ist etwas leichter löslich als die von Ca und Ba, so daß es durch Ammoniumcarbonat nicht gefällt wird; wohl aber durch Natriuincarbonat. Zink und Kadmium bilden, im Gegensatze zu den bisher behandelten Metallen lind dem Magnesium, wasserunlösliche Sulfide. Kadmiumsulfid ist auch in verdünnter Mineralsäure unlöslich. Daher gehört Zink analytisch zu Gruppe III, Kadmium zu Gruppe II.

Versuche,

a) Magnesium Mg. 1. Ein etwa 5 cm langes Stück Magnesiumband wird an einem Ende mit einer Zange oder Pinzette gehalten und am anderen Ende in der Bunsenflamme entzündet: es verbrennt mit blendendem Lichte zu weißem M a g n e s i u m o x y d MgO („Magnesia"). Das so erhaltene Oxyd wird mit Wasser befeuchtet, und rotes Lackmuspapier in das Gemisch gebracht: es wird langsam gebläut. MgO + H 2 0 = Mg(0H)2.

Zink

29

Hierauf löse man das Oxyd in verdünnter Salzsäure. 2. 1 — 2 cm Magnesiumband wird in verdünnte Salzsäure geworfen: das Metall löst sich unter lebhafter Wasserstoffentwicklung. Reaktion auf Magnesium: 8. Die nach 1. oder 2. gewonnene Magnesiumchloridlösung wird mit Natriumphosphatlösung versetzt und mit viel Ammoniak alkalisch gemacht: es fällt Magnesiumammoniumphosphat Mg(NHJP0 4 als weißer Niederschlag. Vgl. S. 14, Versuch 5. 4. Magnesiumsulfatlösung des Laboratoriums gibt mit Ammoniak eine Fällung von Magnesiumhydrosyd Mg(OH)2, mit Natriumcarbonat beim Erhitzen eine solche von Magnesiumcarbonat. Man wiederhole jetzt die Versuche, indem man vorher reichlich Ammoniumchloridlösung zusetzt: jetzt fallt in beiden Fällen nichts. Vergleiche das Verhalten des Calciums. Analytische Übung. 5. Man mische Magnesiumchlorid-, Calciumchlorid- und Bariumchloridlösung und suche das Ca, Ba und Mg in Form getrennter Niederschläge zu erhalten. Vgl. Magnesium Versuch 4 und 3 und die analytische Übung S. 2 7 : Mit (NH 4 ),C0 3 in Gegenwart von Ammoniumsalz fallen nur Ca und B a , nicht Mg; im Filtrat Mg mit N a 2 H P 0 4 fällen! b) Z i n k

Zn.

1. Ein Stückchen Zink wird mit verdünnter Schwefelsäure übergössen: es löst sich unter Wasserstoffentwicklung. Man unterstütze die Reaktion nach einiger Zeit durch Erwärmen, bis sich genügend Zink gelöst hat, und benutze die Lösung zu dem folgenden Versuche. 2. Die Zinksalzlösung werde vorsichtig mit N a t r o n l a u g e versetzt: es fällt zunächst weißes Z i n k h y d r o x y d ZnfOH^. Auf Zusatz von mehr Natronlauge geht das Hydroxyd wieder in Lösung unter Bildung von N a t r i u m z i n k a t Zn(OH)(ONa), in dem das Zinkhydroxyd die Rolle einer S ä u r e spielt. Derartige Verbindungen nennt man „ M e t a l l o x y d - a l k a l i verbindungen".

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Doppelsalze und Komplexsalze

3. Zinksulfatlösung des Laboratoriums versetze man vorsichtig mit A m m o n i a k : es fällt zunächst Zinkhydroxyd aus, das sich im Überschuß von Ammoniak als „Hexamminzinkhydroxyd" löst. Zn" + 2 OH' = Zn(OH) a . Zn(OH)3 + 6 NH 3 = [Zn(NH3)6](OH)2. 4. Zinksalzlösung wird mit einigen Tropfen Salzsäure und mit S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r versetzt. Keine Fällung. 5. Dagegen fällt aus Zinksalzlösung auf Zusatz von A m m o n i u m s u l f i d schmutzig-weißes Z i n k s u l f i d . ZnS0 4 + (NH4)23 = Z n S + (NH 4 ) 2 S0 4 .

c) Kadmium Cd.

Mit einer Kadmiumsulfatlösung stelle man folgende Versuche an: 1. Natronlauge: Fällung von Kadmiumhydroxyd Cd(OH)2, das sich im Überschusse von Alkali n i c h t löst. 2. Ammoniak: Fällung von Kadmiumhydroxyd, das sich im Überschusse von Ammoniak als Tetramminkadmiumhydroxyd [Cd(NH3)J(OH)2 löst. 3. Die mit Salzsäure angesäuerte Kadmiumsulfatlösung wird mit Schwefelwasserstoffwasser versetzt: es fällt gelbes K a d m i u m s u l f i d CdS. CdS0 4 + H a S = CdS + H 2 S 0 4 . 4. Die Kadmiumsulfatlösung wird vorsichtig mit K a l i u m c y a n i d lösung versetzt: es fällt zunächst weißes K a d m i u m c y a n i d Cd(CN)a, das auf weiteren Zusatz von Kaliumeyanid wieder in Lösung geht, als komplexes Salz K a l i u m k a d m i u m c y a n i d K2[Cd(CN)4], Die eine Hälfte der so erhaltenen Lösung versetze man mit Natronlauge: es fällt nichts. (Vgl. Versuch 1!) Die zweite Hälfte versetze man mit Ammoniumsulfid: es fällt gelbes Kadmiumsulfid. — Die Erklärung dieser Erscheinungen findet sich im folgenden Kapitel.

Doppelsalze und Komplexsalze. Häufig treten zwei Salze, welche dieselbe Säure enthalten, zu einem neuen Salze von einheitlichen Eigenschaften zusammen. Dabei entstehen entweder „ D o p p e l s a l z e " oder „ K o m p l e x s a l z e " .

Doppelsalze und Komplexsalze

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„ D o p p e l s a l z e " sind solche zusammengesetzte Salze, die zwar in f e s t e r F o r m als ein neuer, einheitlicher Stoff v o n bestimmter Kristallform und konstanter Zusammensetzung e r s c h e i n e n , deren w ä ß r i g e L ö s u n g sich j e d o c h wie eine gemeinsame L ö s u n g der beiden Salze v e r h ä l t , aus d e n e n sie zusammengelagert sirid, d . h . e i n D o p p e l s a l z z e r f ä l l t i n w ä ß r i g e r L ö s u n g w e i t g e h e n d in d i e s e l b e n I o n e n w i e die u r s p r ü n g l i c h e n S a l z e , gibt also alle R e a k t i o n e n der Säure u n d der beiden Metalle. Typische Doppelsalze sind z. B. die „ A l a u n e " . Dies sind Doppelsulfate eines einwertigen und eines d r e i w e r t i g e n Metalls, z. B. KA1(S0 4 )J + 1 2 H a O , der gewöhnliche Alaun (Kaliumaluminiumsulfat); oder N H 4 F e U I ( S 0 4 ) s + 1 2 H 2 0 , Eisenammoniumalaun. Alle Alaune kristallisieren mit 1 2 M o l H s O in Oktaedern und Bind schwerer löslich als die Einzelsulfate. E i n e wäßrige L ö s u n g von gewöhnlichem Alaun enthält also S 0 4 " - I o n e n einerseits u n d K ' - I o n e n und AI'"-Ionen anderseits, gibt demnach alle R e a k t i o n e n auf Kalium, Alum i n i u m und Schwefelsäure. „ K o m p l e x e S a l z e " dagegen sind solche, die n i c h t n u r in fester F o r m , sondern auch in wäßriger L ö s u n g als ein n e u e r Stoff erscheinen; d. h. bei komplexen Salzen bleibt die Z u s a m m e n l a g e r u n g einzelner Teile zu Komplexen auch in wäßriger L ö s u n g b e s t e h e n , wobei die Komplexe als selbständige Ionen auftreten. Komplexe Ionen wie S 0 4 " , N H 4 ' h a b e n wir schon f r ü h e r betrachtet. Ebenso wie N H , sich an H ' - I o n e n a d d i e r t , k a n n es sich a u c h an Metallionen addieren; hier aber nicht n u r j e e i n N H 3 , sondern m e h r e r e , wobei das geladene Metall-Atom als „ Z e n t r a l - A t o m " f u n g i e r t . So h a b e n wir beim Z i n k , Versuch 3, u n d K a d m i u m , Versuch 2 , die B i l d u n g der Komplexe [Zn(NH s ) a ] und [Cd(NH 3 ) 4 ] k e n n e n g e l e r n t . D a j e d e N H 3 - G r u p p e als Ganzes elektrisch neutral (nullwertig) i s t , so ist hier die elektrische W e r t i g keit des Komplexes dieselbe wie die des Z e n t r a l a t o m s , nämlich + 2. Der Komplex tritt daher entweder als freies K a t i o n auf oder wird, in festen Metall-Ammoniaksalzen, a n n e g a t i v e A n i o n e n (z. B. S 0 4 " ) gebunden. W e n n dagegen die komplex g e b u n d e n e n G r u p p e n selbst elektrische W e r t i g k e i t besitzen, so ergibt sich die W e r t i g k e i t des Komplexes durch Summierung. Z. B. entsteht aus Cd(CN), + 2 K C N , indem alle vier CN-Gruppen an das Cd-Atom t r e t e n , das komplexe Kalium-Kadmiumcyanid K 2 [Cd(CN) 4 l; da das Cd-Atom + 2 w e r t i g , j e d e der vier CN-Gruppen — 1 wertig i s t , so h a t der Komplex [Cd(CN) 4 ] die W e r t i g k e i t — 2 , er tritt also in Lösung als Anion [Cd(CN) 4 ]" auf, dem zwei K ' - I o n e n gegenüberstehen; das Salz K a [Cd(CN) 4 ] ionisiert also lediglich in die I o n e n 2 K ' und [Cd(CN) 4 ]". — Ebenso entsteht aus Fe(CN), + 4 CN' das komplexe Anion [Fe(CN) 6 ]"", dessen W e r t i g k e i t - 4 ist; z. B. Fe(CN) 2 + 4 K C N = K 4 [Fe(CN) 6 ] Kaliumferrocyanid. Ist das Eisen + 3 wertig, so ist der Komplex [Fe(CN) e ] jetzt - 3 w e r t i g : Fe(CN)„ + 3 K C N = K 8 [Fe(CN) 9 ] Kalium-ferricyanid. Die Lösungen dieser komplexen Cyanide enthalten also wohl K ' - I o n e n , aber keine F e - I o n e n , geben also die R e a k t i o n e n auf E i s e n n i c h t . — W e i t e r e Beispiele von Komplexbildung: H g J , + 2 K J = K 2 [ H g J 4 ] (vgl. Nesslera Reagens); PtCl 4 + 2 HCl = H s [PtCl 0 ] Platinchlorwasserstoffsäure. Komplexbildung ist also eine sehr allgemeine E r s c h e i n u n g u n d einfach die F o l g e von zwischen den Komponenten wirkenden s t ä r k e r e n Anziehungskräften, die mit der Bildung elektroneutraler Moleküle ( N H 3 ; Fe(CN) 2 usw.) noch nicht erschöpft sind.

32

Aluminium und Eisen

Die Zahl der Addenden, die das Zentralatom im Komplex bindet, nennt man seine „Koordinationszahl". Die meisten Elemente treten vorzugsweise in einer bestimmten Koordinationszahl auf, die z. B., wie wir sahen, beim Cd, ebenso beim Cu, N, C u. a. gleich v i e r , beim Fe, ebenso bei Co, Pt, Si u. a. gleich s e c h s ist und meist das Maximum ihrer Bindungsfähigkeit bedeutet. Die Koordinationszahlen 4 und 6 sind bevorzugt, weil sie eine räumliche Symmetrie ermöglichen, wie sie am vollendetsten in den „Raumgittern" der Kristalle auftritt. Die W e r t i g k e i t dagegen hat begrifflich mit B i n d u n g e n nichts zu tun, sondern bedeutet die L a d u n g s z a h l des Atoms und damit seine Oxydations-Stufe. Die Festigkeit der Komplexe variiert mit der Größe der Anziehungskraft, die sie zusammenhält. Z. B. ist in den komplexen Metall-AmmoniakSalzen das NH S an das Metall meist ziemlich locker gebunden und kann leicht ausgetrieben werden. Auch in ihrer wäßrigen Lösung tritt dieser Zerfall zum kleinen Teil e i n ; diese Lösungen enthalten daher, in geringer Konzentration, freies NH 3 und gewöhnliches Metall-Ion, z. B. Cd", Zn" usw. Diese geringe Konzentration reicht aus, um besonders empfindliche Reaktionen dieser Metall-Ionen, z. B. die Fällung als Sulfid, zu geben. Ebenso zerfällt der Komplex [Cd(CN)4] in Lösung zum kleinen Teil; da die Bruchstücke hier alle elektrische Wertigkeit besitzen, so treten sie sämtlicli als I o n e n auf, nämlich als Cd"- und CN'-Ionen ( „ s e k u n d ä r e I o n i s a t i o n " ) . Die Lösung des Kalium-Kadmium-Cyanids enthält also in geringer Konzentration Cd"-Ionen; diese genügt nicht für die Fällung des Cd als Hydroxyd oder Carbonat, wohl aber um die empfindlichste Kadmiumreaktion zu geben, nämlich die Fällung als Sulfid mit H 2 S oder (NH 4 ) 2 S. D a hierdurch das Gleichgewicht der sekundären Ionisation gestört wird, so fällt dann a l l e s Cd als Sulfid aus. — Bei den komplexen Eisencyaniden ist der Komplex so fest, d. h. die sekundäre Ionisation so gering, daß auch die Sulfidfällung des Eisens ausbleibt. („Ideale Komplexsalze".) Ebenso verhält sich die Lösung von Kaliumcuprocyanid K 2 [Cu(CN) 3 ]. Bei allen übrigen in diesem Buche erwähnten Komplexsalzen ist zum mindesten mit (NH 4 ),S das Komplexmetall fällbar. — „Komplexsalze" und „Doppelsalze" zeigen also Übergänge: von dem Grade der sekundären Ionisation hängt es a b , wieweit sich ein Komplexsalz dem Doppelsalztypus nähert. Auch bei letzteren ist Komplexbildung anzunehmen, nur ist die sekundäre Ionisation bei ihnen so groß, daß a l l e Reaktionen des Komplexmetalles eintreten. Beim K o h l e n s t o f f stimmt die Koordinationszahl mit der positiven und negativen maximalen Wertigkeit überein: alle drei sind = 4. Hieraus und aus dem unpolaren Charakter der Bindungen am Kohlenstoff erklärt sich die Sonderstellung der organischen Chemie.

5. Aluminium und Eisen. hier auf. tritt sich

A l u m i n i u m AI, das zu den Erdmetallen gehört (von denen die übrigen nicht behandelt werden) tritt im Verbindungs-Zustand6 stets d r e i w e r t i g E i s e n F e (das mit Kobalt Co und Nickel Ni eine Gruppe bildet), z w e i - und d r e i w e r t i g auf. D r e i w e r t i g e Metalle, denen wir hier zuerst begegnen, unterscheiden von den zweiwertigen dadurch, daß ihre Hydroxyde gemäß der früher

Aluminium

33

hervorgehobenen Regel vi6l schwächere Basen sind. Dies äußert sich erstens darin, daß aus den Salzlösungen der dreiwertigen Metalle durch Ammoniaklösung in allen Fällen das Hydroxyd quantitativ ausgefällt wird. Ammoniak ist also das quantitative Fällungsmittel für die dreiwertigen Metalle; für die zweiwertigen niemals. Zweitens äußert sich die sehr geringe Stärke der dreiwertigen Basen darin, daß ihre Salze stark zur H y d r o l y s e neigen. Hydrolyse i s t d e r Ü b e r g a n g e i n e s S a l z e s in f r e i e S ä u r e u n d f r e i e Base oder b a s i s c h e s Salz u n t e r A u f n a h m e von W a s s e r ; sie i s t a l s o der u m g e k e h r t e V o r g a n g w i e d i e N e u t r a l i s a t i o n . Hydrolyse erleiden solche Salze, deren Base oder Säure sehr schwach sind. Während sich s t a r k e Basen oder Säuren neutralisieren, d.h. ihre OH'- und H'-Ionen zu Wasser zusammentreten, so findet in wäßrigen Lösungen von Salzen s c h w a c h e r Basen oder Säuren der umgekehrte Vorgang statt, d.h. die Ionen des Salzes spalten, bis zu einem Gleichgewichts-Zustande, das Wasser, indem entweder da3 K a t i o n des Salzes das OH~ des Wassers an sich reißt und die schwache, d. h. wenig dissoziierte Base bildet, oder das A n i o n des Salzes das H + des Wassers an sich zieht und die freie, wenig dissoziierte Säure bildet. Im ersten Falle bleibt aus dem Wasser das isolierte H+ -Ion übrig, die Lösung reagiert also s a u e r , im zweiten Falle bleibt aus dem Wasser das OH~~ als Ion itbrig, die Lösung reagiert also a l k a l i s c h (z. B. Soda- und Natriumcyanid): AI'" + 3 H 2 0 = Al(OH) s + 8 H + . CN' + H 2 0 = HCN + OH'. Sind Säure u n d Base des Salzes schwach, so begünstigt das die Hydrolyse noch mehr, aber es tritt keine saure oder basische Keaktion auf. Z. B. ist A l u m i n i u m s u l f i d in Gegenwart von Wasser überhaupt nicht existenzfähig, sondern hydrolysiert ganz in Al(OH)3 und H 2 S, wobei die Schwerlöslichkeit des Al(OH)3 mitwirkt. — Das Aluminiumsalz der etwas stärkeren Essigsäure kann in k a l t e m Wasser gelöst existieren; beim Erwärmen tritt auch hier völlige Hydrolyse ein, denn die Hydrolyse wird ganz allgemein durch Wärme sehr unterstützt. —• Salze mit stärker Säure, z. B. A1C13, sind dagegen in Wasser nur zu einem kleinen Bruchteil hydrolysiert, und diese geringe Hydrolyse wird außerdem für den Augenschein dadurch verdeckt, daß das gebildete Aluminiumhydroxyd kolloidal gelöst bleibt. (Vgl. den Abschnitt über kolloidale Lösungen.) Man erkennt die Hydrolyse hier aber daran, daß die Lösung, gemäß der ersten der obigen Gleichungen, sauer reagiert.

a) Aluminium AI. 1. Eine Messerspitze Aluminiumspäne werden mit verdünnter Salzsäure Übergossen: das Metall löst sich unter lebhafter Wasserstoffentwicklung. AI + 3 HCl = AlClg +

3H.

Wenn die Wasserstoffentwicklung nachgelassen hat, wird filtriert. Ar üdt, Chemisches Praktikum. 10. bis 13. Auil. 3

34

Eisen

2. Eine Hälfte der so erhaltenen Lösung wird mit A m m o n i a k alkalisch gemacht: es fällt alles Aluminium als H y d r o x y d aus. 3. Die andere Hälfte wird mit N a t r o n l a u g e versetzt: zunächst fällt ebenfalls Aluminiumhydroxyd aus, löst sich aber im Überschüsse von Natronlauge wieder auf als N a t r i u m aluminat. Al(OH)3 + NaOH = Al(OH)2ONa + H 2 0 . Wird die Aluminatlösung reichlich mit Ammoniumchloridlösung versetzt und erhitzt, so fällt alles Aluminiumhydroxyd wieder aus. 4. Aluminiumspäne werden mit N a t r o n l a u g e erwärmt: das Metall löst sich unter Wasserstoffentwicklung und Bildung von Aluminat. AI + NaOH + 2 H 2 0 = Al(OH\ONa + 3 H . 5. Die Versuche 2 und 3 wiederhole man mit Alaunlösung: man erhält dieselben Reaktionen auf Aluminium. Alaun ist also ein „Doppelsalz". 6. Eine in der Kälte klare A l u m i n i u m a c e t a t l ö s u n g („essigsaure Tonerde") läßt beim Kochen A l u m i n i u m h y d r o x y d ausfallen (Hydrolyse). 7. Eine Lösung von Aluminiumsulfat oder Alaun wird mit Amm o n i u m s u l f i d l ö s u n g v e r s e t z t : es fällt Aluminiumhydroxyd. A12(S04)3 + 3(NH,) 2 S + 6 H 2 0 = 2A1(0H) 3 + 3(NH,) 2 S0 4 + 3H2S. Aluminium gehört also analytisch zur Gruppe III, fällt dort aber nicht als Sulfid, sondern als Oxydhydrat. Analytische Übung. 8. Man stelle eine gemeinsame Lösung von AI'" und Mg" her und suche daraus beide Metalle in Form getrennter Niederschläge zu erhalten. Etwas ansäuern; dann vgl. Vers. 2; im Filtrat vom Al(OH)3 des Mg fällen nach S. 29, Vers. 3.

b) Eisen Fe. Eisen kann zwei- und dreiwertig auftreten. Die Salze des zweiwertigen Eisens heißen Ferrosalze, die des dreiwertigen Ferrisalze. Ferrosalzlösungen enthalten das Ion Fe", Ferrisalzlösungen das Ion Fe'". Beide sind als völlig verschiedene Stoffe zu betrachten, die nur leicht durch Oxydation

35

Eisen

bzw. Reduktion ineinander tiberführbar sind. Beim Auflösen von Eisen in verdünnter HCl oder HJS0 4 wird stets Ferrosalz gebildet. — Ferrosalze sind schwach bläulichgrün gefärbt, Ferriionen und viele Ferrisalze schwach violett; dagegen sind undissoziierte Ferrihalogenide wie FeCl s intensiv gelb. Im allgemeinen verhalten sich Ferrosalze analog wie die Metalle der Magnesiumgruppe, Ferrisalze wie die Salze der dreiwertigen Metalle AI und Cr.

Versuche. 1. Eisenspäne werden mit verdünnter Schwefelsäure erwärmt. (Der Versuch ist wegen der aus Verunreinigungen des Eisens entstehenden übelriechenden Gase unter dem Abzug auszuführen.) Fe + H 2 SO, = FeSO, + H 2 . 2.

3.

4. 5. G.

Wenn genügend Metall gelöst ist, wird filtriert. Die so erhaltene Lösung von Ferrosulfat wird mit N a t r o n l a u g e alkalisch gemacht: es fällt F e r r o h y d r o x y d als grünlich weißer Niederschlag, der sich an der Luft durch Oxydation dunkel und schließlich braun färbt (Ferrihydroxydj. Eine durch Auflösung des festen Salzes bereitete Ferrosulfatlösung wird mit Ammoniak versetzt: Fällung von Ferro hydroxyd. In Gegenwart von viel Ammoniumsalz bleibt die Fällung aus. Ferrosulfatlösung gibt mit A m m o n i u m s u l f i d einen schwarzen Niederschlag von F e r r o s u l f i d . Ferroammoniumsulfat Fe(NHJ 2 (SOJ 3 gibt dieselben Eeaktionen, ist also ein „ D o p p e l s a l z . " Einige Kubikzentimeter verdünnter Ferrosalzlösung werden mit Salzsäure angesäuert und mit einigen Tropfen konzentrierter Salpetersäure gekocht, bis die zuerst dunkler gewordene Lösung gelb gefärbt ist. Das Ferrosalz ist jetzt zu Ferrisalz oxydiert worden. 2 FeCl2 + 2 HCl + 0 = 2FeCl3 + H 2 0.

7. Die so erhaltene Ferrisalzlösung wird mit viel A m m o n i a k alkalisch gemacht: es fällt alles Eisen als braunes F e r r i h y d r o x y d aus. 8. Ferrichloridlösung des Laboratoriums wird mit Ammoniumsulfid versetzt: es entsteht ein schwarzer Niederschlag von FerrOsulfid und Schwefel. 2 Fe013 + 3 (NH4)2S = 2 F e S + ÖNH^Cl + S. 3*

86

Eisen

Ein Teil des Ammoniumsulfids reduziert also das Ferrieisen zu Ferroeisen, das als Ferrosulfid gefällt wird. Unterschied gegen Aluminium. Eisen gehört also analytisch zur Gruppe III, wo es sowohl aus Ferro- wie aus Ferrilösungen als Ferrosulfid gefällt wird. Ferrisulfid ist wenig beständig. 9. Verdünnte Ferrichloridlösung wird mit viel N a t r i u m a c e t a t lösung versetzt. Die entstandene tiefbraunrote Lösung von Ferriacetat erleidet beim Kochen H y d r o l y s e , wobei basisches Ferriacetat als brauner Niederschlag ausfällt. Fe(COO-CH3)3 + H 2 0 = Fe(OH)(COO-CH 3 ) 2 + COOH-CH 3 . 10. Ein Tropfen Ferrichloridlösung wird mit 1 / 3 Probierglas Wasser verdünnt, und etwas Kaliumrliodanidlösung zugegeben: die Lösung färbt sich tief braunrot durch Bildung von F e r r i r h o d a n i d . (Sehr empfindliche Reaktion!) FeCl3 + 3 KSCN = Fe(SCN)3 + 3 KCl. 11. Einige Tropfen Ferrosulfatlösung werden mit K a l i u m c y a n i d lösung versetzt: zunächst fällt braunrotes F e r r o c y anid Fe(CN)2; das sich in reichlichem Uberschusse von Kaliumcyanid allmählich — schneller bei schwachem Erwärmen — als gelbes K a l i u m f e r r o c y a n i d löst. Fe(CN)2 + 4 KCN = K4[Fe(CN)6]. 12. Die so erhaltene Kaliumferrocyanidlösung versetze man mit Ammoniumsulfid: es entsteht kein Niederschlag (ideales Komplexsalz). 13. Festes Kaliumferrocyanid („gelbes Blutlaugensalz") löse man in Wasser und versetze die Hälfte der Lösung mit F e r r i c h l o r i d lösung: es fällt das tiefblaue Ferrisalz der Ferrocyanwasserstoffsäure ( „ B e r l i n e r b l a u " ) . Wichtige Reaktion auf Ferrisalze. 4 FeClj + 3 K4[Fe(CN)0] = Fe4[Fe(CN)6]3 + 12 KCl. 14. Die andere Hälfte der Kaliumferrocyanidlösung versetze man mit dem doppelten Raumteil B r o m w a s s e r und koche, bis keine Bromdämpfe mehr entweichen. Das Kaliumferrocyanid ist jetzt zu K a l i u m f e r r i c y a n i d („rotes Blutlaugensalz") oxydiert worden. K,[Fe"(CN)0] + Br = Ks[Fe'"(CN)6] + KBr.

Chromgruppe 15. Eine von

Hälfte

der

so

Kaliumferricyanid

man

erhält

eine

37

erhaltenen werde

braune

grünlichgelben

Lösung

mit Ferrichloridlösung

versetzt:

Lösung

von

Ferriferricyanid

Fe[Fe(CN)e]. Die

andere H ä l f t e g i b t

schlag v o n B e r l i n e r b l a u [Feu,(CN)6]'"-Ionen Ionen

mit

zunächst

zu

Analytische von Ferrichlorid AI mit

von

NH3

auch Z n

als

AI'"

und Alaun

Natronlauge bleibt

einen

Nieder-

sich d i e F e r r o i o n e n u n d die

Ferriionen

und

[Fe"(CN)6]""-

umsetzen).

Trennung mit

Ferrosalzlösung

(indem

stark

Aluminat

alkalisch zugegen



und

(Zn

als und

nunmehr

n o c h m a l s u n d f ä l l t das Z i n k

Eine

gemeinsame

Lösung

(evtl. a u ß e r d e m Z i n k s u l f a t ) m a c h e

alkalisch:

machen

Ü b uns.

Fe'". Fe

Zinkat)

fällt gelöst.

erhitzen:

als

fällt

—,

man

Ferrihydroxyd,

Filtrat

jetzt

als [ Z n ( N H 3 ) 6 ] ' °

mit ( N H J 2 S

als

ansäuern,

A1203.

Ist

so f i l t r i e r t

man

ZnS.

6. Chromgruppe. Zur Chromgruppe gehören die Metalle C h r o m Cr, Molybdän Mo, Wolfram W o , Uran U und, in etwas entfernterer Verwandtschaft, das M a n g a n Mn. D i e neue und gemeinsame Eigenschaft dieser Gruppe ist die Fähigkeit, in hohen W e r t i g k e i t e n aufzutreten, und in diesen, entsprechend der früher erläuterten Kegel, S ä u r e n zu bilden. C h r o m ist im wesentlichen d r e i - oder s e c h s w e r t i g : d r e i w e r t i g in den C h r o m i s a l z e n , z . B . CrCl„, s e c h s w e r t i g im C h r o m t r i o x y d C r 0 3 (Chromsäureanhydrid) und in den durch Wasseranlagerung daraus entstehenden Säuren I I 2 C r 0 4 C h r o m s ä u r e und H 2 C r 2 0 7 P y r o c h r o m s ä u r e . C h r o m i s a l z e sind g r ü n (oder violett) gefärbt und verhalten sich analog w i e die Salze der dreiwertigen Metalle A I und F e (Hydrolyse, Alaunbildung usw.). C h r o m a t e (Salze der Chromsäure) sind g e l b , Pyrochromate („Bichromate"), Pyrochromsäure und Chromsäureanhydrid r o t . M a n g a n i s t z w e i w e r t i g in den M a n g a n o s a l z e n , z. B. M n S 0 4 ; v i e r w e r t i g im Mangandioxyd (Braunstein) M n O , ; sechswertig in den wenig beständigen Manganaten, z. B. K 2 M n 0 4 , und endlich s i e b e n w e r t i g in den P e r m a n g a n a t e n , den Salzen der Übermangansaure, z. B. K M n 0 4 Kaliumpermanganat. M a n g a n o s a l z e sind schwach rosa, in verdünnter Lösung farblos, und verhalten sich, als Salze eines zweiwertigen Metalls, analog w i e Ferrosalze und die Salze der Magnesiumgruppe. M a n g a n a t e sind t i e f g r ü n , P e r m a n g a n a t e i n t e n s i v v i o l e t t gefärbt. Jede Chromverbindung wird durch Schmelzen mit einem Gemische von Na 2 C0 3 und K N O s („Alkalische Oxydationsschmelze") zu gelbem Alkalichromat oxydiert, gibt daher eine g e l b e Schmelze. Entsprechend geben Mangan-

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Chrom

Verbindungen in der alkalischen Oxydationsschmelze eine g r ü n e Schmölze von Alkalimanganat. So kann man Chrom und Mangan in jeder Form erkennen. Pyroehromsäure und Übermangansaure gehen leicht in die niederen Oxydationsstufen (Cr'", Mn0 2 oder Mn") über. Man benutzt daher angesäuerte Chromat-oder Permanganatlösungen als kräftige O x y d a t i o n s m i t t e l . Bei Anwendung von Chromat schlägt dabei die rote Farbe in die grüne des Chromisalzes um; bei angesäuerter Permanganatlösung wird die intensiv violette Lösung durch Bildung von Manganosalz entfärbt. Verwendet man dagegen Kaliumpermanganat in a l k a l i s c h e r Lösung, so geht die Reduktion des Mangans nur bis zur vierwertigen Stufe; es entsteht also ein Niederschlag von Mangandioxyd. In saurer Lösung gibt demnach das siebenwertige Mn des KMn0 4 5 Wertigkeits-Einheiten ab, in alkalischer 3.

Versuche,

a) Chrom Cr. 1. Chromisulfatlösung versetze man mit A m m o n i u m s u l f i d lösung: es fällt alles Chrom als Chromihydroxyd. Gemeinsame Reaktion mit Aluminium. Ammoniaklösung wirkt ebenso. 2. Chromisulfatlösung werde mit N a t r o n l a u g e versetzt: zuerst fallt ebenfalls Chromihydroxyd; im Überschuß von Natronlauge löst es sich als N a t r i u m c h r o m i t Cr(OH)2ONa. (Analoges Verhalten wie beim Aluminium, Unterschied gegen Eisen.) Wird die smaragdgrüne Chromitlösung mit Wasserstoffsuperoxydlösung erwärmt, so schlägt die Farbe in Gelb um, da das Chromit zu C h r o m a t oxydiert wird. 3. Einige Körnchen festes Chromisalz werden auf der „Magnesiarinne" mit einem Gemische gleicher Teile N a t r i u m c a r b o n a t und K a l i u m n i t r a t geschmolzen: es entsteht eine durch N a t r i u m C h r o m a t gelb gefärbte Schmelze. Ihre wäßrige Lösung wird beim Ansäuern mit Schwefelsäure rot: es bildet sich P y r o c h r o m a t („Bichromat"). 2Na,,Cr0 4 + H 2 S0 4 = Na 2 Cr 2 0 7 + Na 2 S0 4 + HgO. 4. Einige Tropfen Kaliumchromatlösung des Laboratoriums versetze man mit einer Lösung von B l e i a c e t a t : es fällt gelbes B l e i c h r o m a t PbCr0 4 („Chromgelb"). 5. Kaliumbicbromatlösung wird mit Schwefelsäure angesäuert und mit etwas A l k o h o l gekocht: der Alkohol wird zu Aldehyd oxydiert (Geruch), während die Farbe der Lösung durch Reduktion zu Chronjisalz allmählich in Grün umschlägt. K 2 Cr„0 7 + 4H 2 S0 4 + 3C 2 H 6 OH = K 2 S0 4 + Cr2(S04)3 + 3C 2 H,0 + 7H 2 0.

Mangan

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6. Einige Tropfen Bichromatlösung versetze man mit verdünnter Schwefelsäure, schichte etwas Ä t h e r darüber, setze W a s s e r s t o f f s u p e r o x y d l ö s u n g H 2 0 2 hinzu und schüttle: die Chromsäure wird durch das H a 0 2 zu einer „ Ü b e r c h r o m s ä u r e " oxydiert, die sich in der Atherschicht mit schön b l a u e r Farbe löst. Empfindliche Reaktion auf Chromsäure sowie auf Wasserstoffsuperoxyd. Die blaue Farbe verschwindet aber schnell und nunmehr sieht die wäßrige Lösung g r ü n aus; letzten Endes hat das Wasserstoffsuperoxyd also die Chromsäure zu Chromisalz r e d u z i e r t . Vgl. Mangan, Yers. 5.

b) Mangan Mn. 1. Manganochloridlösung wird mit N a t r o n l a u g e versetzt: es fällt rötlichweißes M a n g a n o h y d r o x y d Mn(OH)2, das sich im Überschusse von Alkali nicht löst. Nach kurzer Zeit — schneller beim Umschütteln — färbt sich der Niederschlag braun, da er durch den Luftsauerstoff zu Mangandioxydhydrat oxydiert wird. 2. Manganochloridlösung wird mit etwas verdünnter Salzsäure angesäuert und reichlich mit Schwefel wasserstoffwasser versetzt: keine Fällung. Erst beim Neutralisieren mit Ammoniak und Versetzen mit A m m o n i u m s u l f i d fällt fleischfarbenes M a n g a n s u l f i d MnS. Mangan gehört also analytisch zu Gruppe III. 3. Ein kleines Körnchen feingepulverter Braunstein (Mn02) gibt in der a l k a l i s c h e n O x y d a t i o n s s c h m e l z e eine g r ü n o Schmelze (Natriummanganat Na 2 Mn0 4 ), die sich in kaltem Wasser mit tiefgrüner Farbe löst. Nach einiger Zeit, schneller auf Zusatz von Essigsäure, geht die Farbe in die v i o l e t t e des P e r m a n g a n a t s über, während gleichzeitig Mangandioxyd ausfällt. a) Mn0 2 + Na 2 C0 3 + 0 = Na 2 Mn0 4 + C0 2 . b) 3 Na 2 Mn0 4 + 2 H z O = 2NaMn0 4 + MnOa + 4 NaOH. (Ein Manganat-Mangan oxydiert zwei andere zu Permanganat, indem es selbst zu MnOa reduziert wird.)

4. Eine sehr verdünnte Lösung von K a l i u m p e r m a n g a n a t wird mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und mit S c h w e f l i g e r S ä u r e versetzt: Entfärbung unter Reduktion zu Manganosalz. 2 KMn0 4 + 3 H 2 S0 4 + 5 H 2 S0 3 = 2 MnS0 4 + K 2 S0 4 + 3 H 2 0 + 5H2SOv

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Knpfer Man wiederhole den Versuch, indem man, statt s c h w e f l i g e r S ä u r e , O x a l s ä u r e als Reduktionsmittel v e r w e n d e t ; dabei i s t reichlich Schwefelsäure zuzusetzen, und die L ö s u n g zu erwärmen. 5. Sehr verdünnte P e r m a n g a n a t l ö s u n g versetze m a n m i t verdünnter Schwefelsäure und tropfe W a s s e r s t o f f s u p e r o x y d l ö s u n g zu: E n t f ä r b u n g unter S a u e r s t o f f e n t w i c k l u n g . Diese quantitative Reaktion wird zur Titration v o n Wasserstoffsuperoxyd benutzt. 5 H 2 0 2 + 2 KMn04 + 3 H 2 S 0 4 = 5 0 8 + + 2 HnS04 + 8 H20.

K2S04

Wasserstoffsuperoxyd, das meist unter Reduktion zu H 2 0 o x y d i e r e n d wirkt, kann also auch r e d u z i e r e n d wirken, wobei es zu molekularem Sauerstoff 0 2 oxydiert wird. 6. V e r d ü n n t e P e r m a n g a n a t l ö s u n g wird m i t Natronlauge alkalisch gemacht und m i t W e i n s ä u r e l ö s u n g gekocht: die v i o l e t t e Farbe geht zunächst in die g r ü n e des Manganats über; diese verschwindet dann a u c h , u n d Mangandioxyd fällt aus. 'Reduktion von Permanganat in alkalischer Lösung.)

7. Kupfergruppe. Zur „Kupfergruppe" rechnen wir die Metalle K u p f e r (Cuprum) Cu, Q u e c k s i l b e r (Hydrargyrum) H g , S i l b e r (Argentum) Ag und G o 1 d (Aurum) Au. — Gemeinsam ist ihnen erstens die große Ionisierungsspannung, also eine große Neigung, als Elemente zu besteben oder aus Verbindungen in den elementaren Zustand überzugehen. Daher werden sie aus den Lösungen ihrer Salze durch andere, unedlere Metalle, z. B. Zink oder Eisen, ausgeschieden. Aus demselben Grunde sind die Oxyde, besonders die von Ag und Hg, ziemlich unbeständig und zerfallen bei höherer Temperatur in Metall und Sauerstoff. — Saure, und namentlich alkalische Lösungen dieser Metalle können als Oxydationsmittel dienen, z. B. Fehling sehe Lösung oder Silberammoniaksalzlösung. Erstere w i r k t oxydierend, weil das Kupfer in die einwertige F o r m , letztere, weil das Silber in den Metallzustand übergeht. Solche Lösungen finden daher als Reagens auf Eeduktionsmittel — besonders organische —• Verwendung. Zweitens können die Metalle der Kupfergruppe e i n w e r t i g auftreten (einwertig sind sonst, von den im Leitfaden erwähnten Metallen, nur die Alkalimetalle), und bilden im e i n w e r t i g e n Zustande w a s s e r u n l ö s l i c h e H a l o g e n i d e , C y a n i d e usw. Silber ist nur einwertig, Kupfer und Quecksilber außerdem zweiwertig.

a) Kupfer Cu. Wasserhaltige C u p r i s a l z e (Cu+"*") sind blau oder grün gefärbt, ihre verdünnten Lösungen stets blau (Farbe des Cu(H a O) 4 "-Ions). An C u p r o salzen ( C u + ) kennt man genauer nur die unlöslichen, nämlich die Halogenide, das Cyanid und das Rhodanid. Reine CuprOverbindungen (außer C u 2 0 und Cu,S) sind f a r b l o s .

Kupfer

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Versuche. 1. Ein blankes Stück Eisen, z. B. eine Messerklinge, wird in Kupfersulfatlösung getaucht: es überzieht sich mit einer Schicht von metallischem Kupfer. Fe + Cu" = Fe" + Cu. 2. Kupfersulfatlösung wird mit N a t r o n l a u g e versetzt: es fällt bläuliches C u p r i h y d r o x y d , das beim Erwärmen allmählich in schwarzes C u p r i o x y d CuO übergeht. 3. Kupfersulfatlösung wird mit A m m o n i a k versetzt: zuerst fällt ebenfalls das Hydroxyd; mit einem Überschusse von Ammoniak löst es sich zu tief dunkelblauem T e t r a m m i n c u p r i s u l f a t [CU(NH3)4]S04. Empfindlicher Nachweis von Kupfer! Man verdünne einen Tropfen Kupfersalzlösung mit so viel Wasser, daß die Farbe nicht mehr sichtbar ist, und weise dann das Kupfer mit Ammoniak nach. 4. Kupfersulfatlösung wird mit etwas verdünnter Salzsäure angesäuert und m i t S c h w e f e l w a s s e r s t o ff w a s s e r versetzt: es fällt schwarzes C u p r i s u l f i d CuS. Kupfer gehört also zu Gruppe II. 5. Kupfersulfatlösung werde mit überschüssiger K a l i u m j o d i d lösung versetzt: unter Braunfärbung durch freies Jod fällt weißes, unlösliches Cuprojodid: CuS0 4 + 2 K J = K 2 S0 4 + CuJ + J. Durch Zusatz von Schwefligsäurelösung wird das freie Jod entfernt und die weiße Farbe dos CuJ-Niederschlages erkennbar. 6. Kupfersulfatlösung wird mit W e i n s ä u r e l ö s u n g versetzt und nun mit Natronlauge stark alkalisch gemacht: im Gegensatze zu Versuch 2 erhält man keinen bleibenden Niederschlag, sondern eine tiefblaue Lösung vom Natriumsalze der Cupriweinsäure, in der das Kupfer im Anion der Weinsäure gebunden ist. Die Lösung nennt man „Fehlingsehe L ö s u n g " . In dieser alkalischen Lösung ist das Kupfer leicht zu einwertigem Cuprooxyd reduzierbar. Man koche die Fehling sehe Lösung mit Traubenzuckerlösung: es fällt rotes oder gelbrotes C u p r o o x y d Cu 2 0, während der Zucker oxydiert wird. 7. Kupfersulfatlösung werde mit K a l i u m c y a n i d l ö s u n g versetzt, bis die blaue Farbe der Lösung verschwunden ist; dabei fällt bräunliches C u p r i c y a n i d GU(CN)2. Dieses geht, besonders beim Erwärmen, leicht in weißes C u p r o c y a n i d Cu(CN) über, wobei

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Quecksilber

Cyangas(CN) 2 abgespalten wird. Man füge jetzt mehrKaliumcyanidlösung hinzu: das Cuprocyanid geht als komplexes K a l i u m c u p r o c y a n i d K2[Gu(CN)3] in Lösung. Man versetze diese farblose Lösung mit Schwefelwasserstoffwasser oder Ammoniumsulfid: es fällt nichts aus. Kaliumcuprocyanid ist also ein „ideales Komplessalz". (Unterschied und Trennung von Kadmium.) Analytische Übung. 8. Aus einer gemeinsamen Lösung von Cu" und Fe", oder Cu" und Zn", suche man beide Metalle in Form getrennter Niederschläge zu erhalten. In die angesäuerte Lösung gasförmigen H a S einleiten!

b) Quecksilber Hg. Die wasserlöslichen Salze des Quecksilbers sind farblos; ihre Lösungen wirken ätzend, desinfizierend (Sublimatlösung!) und stark giftig. Im Gegensatze zum Kupfer kennt man beim Quecksilber auch wasserlösliche Salze des e i n w e r t i g e n Metalls, z. B. Mercuronitrat HgNO s . Das + 2 wertige Quecksilberatom hat eine anormal große Anziehungskraft für viele negative Partner wie Cl', Br', J', CN', ferner —3 wertigen Stickstoff (z. B. im Ammoniak). So sind HgCl 2 und Hg(CN)2 wenig ionisierbar, letzteres fast gar nicht, und wenn ihre Ionen zusammentreffen, so treten sie zusammen. Sind dabei die Anionen im Überschuß, so bilden sich Komplexe mit der Koordinationszahl 4, z. B. fIIgCl4]", [Iig(CN)4]". Quecksilberverbindungen sind, ebenso wio das freie Metall, bei starkem Erhitzen flüchtig, oft unter Zersetzung.

Versuche. 1. Mercuronitratlösung wird mit S a l z s ä u r e oder einer C h l o r i d lösung versetzt: es fällt weißes, unlösliches M e r c u r o c h l o r i d . HgN0 3 + HCl = HgCl + HN0 3 . Wegen seiner Unlöslichkeit wirkt Mercurochlorid (in der Medizin „ C a l o m e l " genannt) nicht merklich giftig.

2. Mercuronitratlösung gibt mit A m m o n i a k einen s c h w a r z e n Niederschlag: er besteht aus weißen Mercuriammoniakverbindungen und fein verteiltem metallischen Quecksilber; letzteres bewirkt die Schwarzfärbung. 3. S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r fällt aus Mercuronitratlösung im ersten Augenblicke schwarzes Mercurosulfid, das sofort in Mercurisulfid und metallisches Quecksilber zerfällt. 2 HgN0 3 + H a S = HgS + Hg + 2HNO,.

Quecksilber

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4. 1 ccm Mercuronitratlösung werde mit 1 ccm konzentrierter Salpetersäure gekocht, bis keine braunen Dämpfe mehr entweichen. Man erhält so durch Oxydation eine Lösung von Hercurinitrat. HgN0 3 + 2HN0 3 = Hg(N03)2 + NO, + H , 0 . Man erkennt die Umwandlung daran, daß die Lösung jetzt mit Salzsäure keine Fällung mehr gibt, da Mercurichlorid löslich ist. — Für die weiteren Versuche in der Mercunreihe bereite man sich eine Mercurinitratlösung, indem man eine reichliche Messerspitze festes M e r c u r i o x y d HgO mit l l 2 Probierglas verdünnter Salpetersäure so lange, eventuell unter Erwärmen, schüttelt, bis eine weißliche Trübung von basischem Salz entsteht, und filtriert. HgO + 2HN0 3 = Hg(N0 3 ) 3 + H 3 0. 5. 6. 7.

8.

9.

Mit Proben dieser Lösung stelle man die Versuche 5 bis 8 an. A m m o n i a k gibt einen w e i ß e n Niederschlag von MercuriAmmoniak-Verbindungen, das sog. „Praecipitatum album1'. Unterschied gegen Mercurolösungen. N a t r o n l a u g e fällt zunächst braunrotes basisches Mercurisalz, das bei weiterem Zusatz von Alkali in gelbes M e r c u r i o x y d HgO übergeht. In eine weitere Probe der Lösung leite man gasförmigen S c h w e f e l w a s s e r s t o f f ein: es fällt zuerst ein heller Niederschlag [Komplexsalz aus HgS und Hg(N03)3], der bei weiterem Einleiten von Schwefelwasserstoff in schwarzes M e r c u r i s u l f i d HgS übergeht. Mercurisulfid ist sehr beständig; man koche es mit konzentrierter Salpetersäure: es geht nicht in Lösung. Es löst sich nur in heißem Königswasser. Die Lösung von Mercurinitrat versetze man mit H a r n s t o f f l ö s u n g : es fällt ein weißer Niederschlag. (Bestimmung des Harnstoffs nach Liebig.) Man wiederhole jetzt den Versuch, indem man die Harnstofflösung vorher mit Natriumchloridlösung versetzt: jetzt entsteht kein Niederschlag. Der Grund liegt in der starken Verminderung der Hg"-Ionen infolge ihres Zusammentritts mit den Cl'-Ionen zu wenig ionisiertem HgCl r Eine Messerspitze feingepulvertes M e r c u r i c h l o r i d („Sublim a t " , HgCl2) schüttle man mit l j i Probierglas Wasser: es löst sich nur langsam und unvollständig. Eine zweite, gleiche Probe Mercurichlorid vermische man mit etwa dem doppelten

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Quecksilber

Raumteil feingepulverten K o c h s a l z e s : dies Gemisch wird, infolge Bildung von leicht löslichem Na2[HgCl4], von der gleichen Menge Wasser schnell und vollständig gelöst. Daher Zusatz von Kochsalz zu den „Sublimatpastillen" (die man außerdem durch Eosin rot färbt). Diese Lösung enthält noch weniger Hg"-Ionen als gleich starke reine Sublimatlösung; aber genug, um alle wichtigeren Hg"-Reaktionen, einschließlich der Desinfektionswirkung, zu geben.

10. Hercurichloridlösung wird tropfenweise mit K a l i u m j o d i d lösung versetzt: es fällt zuerst rotes M e r c u r i j o d i d HgJ 2 , das sich im Uberschusse von Kaliumjodid als komplexes K a l i u m m e r c u r i j o d i d K 2 | H g J J löst. Diese Lösung gibt mit Natronlauge keine Fällung (vgl. Versuch 6). HgJ, + 2 K J = K J H g J J . Eine solche mit Kaliumhydroxyd stark alkalisch gemachte Lösung findet Verwendung als „Nesslers R e a g e n s " zum Nachweise von Ammoniak. Einige ccm nicht zu verdünnter Kaliumjodidlösung, die, wie man sich mittels Lackmus überzeuge, neutral reagiert, schüttle man mit einer kleinen Messerspitze feingepulverten M e r c u r i o x y d s : das Oxyd geht in Lösung als K 2 [HgJ 4 ], und die Lösung reagiert nunmehr gegen Lackmus stark alkalisch, da sich freies KOH gebildet hat: HgO + 4 K J + H 2 0 = K 2 [HgJ 4 ] + 2 KOH. Vgl. hierzu S. 20 oben: Hier verschwindet, ausnahmsweise, der schwer lösliche Stoff HgO zugunsten des Zusammentritts von Hg" und 4 J' zum löslichen, aber wenig dissoziierten Komplex [HgJ 4 ]". — Alle diese, unter 9 und 10 ausgeführten Versuche zeigen die große Neigung des zweiwertigen Hg zur Bildung von Komplexen mit der Koordinationszahl 4.

11. Ein wenig gepulvertes Mercuricyanid Hg(CN)2 löst sich, im Gegensatz zu den übrigen Schwermetallcyaniden, in Wasser auf. Diese Lösung gibt mit Natronlauge ebenfalls keine Fällung von HgO, enthält also kaum Hg"-Ionen. Entsprechend löst sich festes HgO in KCN-Lösung auf unter Bildung von KOH und Hg(CN)2 oder leichter löslichem K2[Hg(CN)4]. 12. Eine kleine Messerspitze Mercurichlorid wird mit gepulvertem Natriumcarbonat gemischt und im Glühröhrchen erhitzt: es entsteht am oberen Teile des Glases ein Beschlag von metallischem Quecksilber. E r k e n n u n g s p r o b e f ü r f e s t e Q u e c k silberverbindungen.

Zinngruppe

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c) Silber, Ag. Versuche. 1. Silbernitratlösung wird mit N a t r o n l a u g e versetzt: es fällt braunes Silberoxyd Ag,0, das sich nach einigem Schütteln als schwerer Niederschlag zu Boden setzt. 2AgNOs + 2NaOH = Ag20 + 2 N a N 0 3 + H 2 0. 2. Man erhitze eine Messerspitze trocknes Silberoxyd im Probierglase: es zerfällt in weißes, metallisches Silber und Sauerstoff, den man durch Entflammen eines glimmenden Spanes nachweist. 2Ag 3 0 = 4Ag + 0 2 . 3. Silbernitratlösung wird vorsichtig mit A m m o n i a k versetzt: zuerst fällt etwas Silberoxyd; aber der geringste Überschuß von Ammoniak löst es wieder zu komplexem D i a m m i n s i l b e r n i t r a t [Ag(NH3)2]NO;r Man füge noch etwas Ammoniak, Natronlauge und dann etwas W e i n s ä u r e l ö s u n g hinzu und erwärme: die ammoniakalische Silberlösung wird reduziert zu metallischem Silber, das sich als „Silberspiegel" an den Wänden des Glases abscheidet. 4. Silbernitratlösung wird mit Natriumchloridlösung versetzt: es fällt weißes Silberchlorid AgCl. Auf Zusatz von nicht zu wenig Ammoniak löst es sich zu [Ag(NH3)2]Cl. Dementsprechend gibt ammoniakalische Silberlösung mit Chloriden keine Fällung. 5. Silbernitratlösung wird mit Kaliumcyanidlösung versetzt: zuerst fällt weißes S i l b e r c y a n i d AgCN, das sich im Uberschusse von Kaliumcyanid zu komplexem K a l i u m s i l b e r c y a n i d löst. AgCN + KCN = K[Ag(CN)2]. Diese Lösung gibt mit Natriumchlorid keinen Niederschlag von Silberchlorid, wohl aber fällt auf Zusatz von Ammoniumsulfid schwarzes S i l b e r s u l f i d Ag2S. (Unterschied gegen Kupfer).

8. Zinngruppe. Zur „Zinngruppe" gehören die Metalle Zinn ( S t a n n u m ) Sn und B l e i ( P l u m b u m ) Pb. Beide Metalle sind in Verbindungen z w e i - oder v i e r wertig; beim Blei überwiegt die zweiwertige Form. Salze des zweiwertigen Zinns, „Stannosalze", z. B. SnCIä Stannochlorid, gehen leicht in die be-

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Zinn

treffenden Stannisalze über und finden daher als Reduktionsmittel ausgedehnte Verwendung. Ebenso wirkt Natriumstannit Sn(ONa)2 reduzierend durch Übergang in Stannat SnO(ONa) 2 . — Beim Blei ist beachtenswert, daß das Chlorid und Sulfat schwer löslich sind.

Versuche.

a) Zinn Sil. 1. Granuliertes Zinn wird in einem Kölbclien mit einem Gemische gleicher Teile konzentrierter Salzsäure und Wasser gekocht: Sn + 2 HCl = SnCl 2 + H 2 . Wenn genügend Zinn gelöst ist, wird die Lösung etwas verdünnt und abgegossen. Die so erhaltene Lösung von Stannochlorid diene zu den folgenden Versuchen. 2. Einen Teil der sauren Stannochloridlösung versetze man mit S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r : es fällt b r a u n e s S t a n n o s u l f i d SnS. 3. Ein zweiter Teil der Stannosalzlösung wird mit N a t r o n l a u g e versetzt: zuerst fällt weißes S t a n n o h y d r o x y d , das sich im Überschüsse von Alkali zu N a t r i u m s t a n n i t löst. SnCl 2 + 2NaOH = Sn(OH) 2 + 2NaCl. Sn(OH)2 + NaOH = Sn(OH)(ONa) + H 2 0 . 4. Einen dritten Teil der Stannochloridlösung versetzt man mit M e r c u r i c h l o r i d l ö s u n g ; es fällt weißes M e r c u r o c h l o r i d aus. 2 HgCl 2 + SnCl 2 = 2 H g C l + SnCl 4 . Der Niederschlag wird schnell grau, da das Mercurochlorid weiter zu metallischem Quecksilber reduziert wird. K e d u k t i o n s w i r k u n g des S t a n n o s a l z e s . 5. Einige Kubikzentimeter der Stannochloridlösung werden mit B r o m w a s s e r so lange versetzt, bis die Bromfarbe eben stehen bleibt. Man erhält so durch Oxydation eine Stanmsalzlösung. 2 SnCl a + 4 B r = SnCl 4 +

SnBr4.

6. Eine Hälfte der so erhaltenen Stannisalzlösung versetze man mit S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r : es fällt gelbes S t a n n i s u l f i d SnS 2 . Vgl. Versuch 2. Zinn gehört analytisch zu Gruppe II.

Arsengruppe

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7. Di6 andere Hälfte der Stannilösung wird mit etwas N a t r o n l a u g e versetzt: es fällt weiße a - Z i n n s ä u r e Sn0 3 H 2 , die sich im Überschusse von Alkali zu N a t r i u m s t a n n a t löst. SnCl4 + 4NaOH = Sn0 3 H 2 + 4 N a C l + H 2 0 . Sn0 3 H a + 2NaOH = Sn0 3 Na 2 + 2H a O.

b) Blei Pb. 1. Bleinitratlösung wird mit N a t r o n l a u g e versetzt: es fällt zuerst weißes B l e i h y d r o x y d , das sich im Überschusse von Alkali zu N a t r i u m p l u m b i t löst. Pb(N03)2 + 2NaOH = Pb(OH)2 + 2NaN0 3 . Pb(OH)2 + NaOH = Pb(OH)(ONa) -f II 3 0. 2. Bleinitratlösung versetze man mit verdünnter S a l z s ä u r e : es fällt weißes B l e i c h l o r i d PbCl2. Man füge nunmehr reichlich Wasser hinzu und koche: das Bleichlorid geht in Lösung und kristallisiert beim Erkalten (Probierglas an der Wasserleitung kühlen!) in kleinen Nadeln wieder aus. 3. Man versetze Bleinitratlösung mit verdünnter S c h w e f e l s ä u r e : es fällt weißes B l e i s u l f a t PbS0 4 , das sich in heißem Wasser nicht nennenswert löst.

9. Arsengruppe. Die hier zu behandelnden Elemente A r s e n As, A n t i m o n Sb und W i s m u t Bi stehen dem Stickstoff und Phosphor nahe und treten wie diese — 3, + 3 und + 5 wertig auf. Alle fünf Elemente bilden eine Gruppe im periodischen Systeme, an der man die Abstufungen der Eigenschaften im Zusammenhange mit den Atomgewichten besonders gut studieren kann. Nach steigendem Atomgewicht geordnet, geben sie folgende Reihe: N.

P.

As.

Sb.

Bi.

Die ersten zwei sind ausgesprochene Nichtmetalle; von As bis Bi nimmt der Metallcharakter zu. Alle geben WasserstoftVerbindungen (z. B. NH a ), die aber mit steigendem Atomgewicht unbeständiger werden. Arsenwasserstoff AsH9 und Antimonwasserstoff SbH 9 , die aus allen arsen- oder antimonhaltigen Lösungen durch Reduktion in saurer Lösung entstehen, zerfallen schon durch bloßes Erhitzen, worauf der Nachweis dieser Elemente durch die sog. 3far«Asche P r o b e beruht. Die Hydroxyde sind im Anfange der Reihe stärkere bzw. starke Säuren (HN0 2 , NHO a ); im weiteren Verlaufe der Reihe sind sie, entsprechend dem abnehmenden Nichtmetallcharakter der Elemente, schwache Säuren (H 3 P0 4 ; H 3 AS0 3 Arsenige Säure, H 3 As0 4 Arsensäure); Wismuthydroxyd B1(0"H)3 end-

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Arsen

lieh hat keine sauren Eigenschaften mehr. — Anderseits können aber die Hydroxyde von Arsen und Antimon, ebenso wie das von Wismut, als B a s e auftreten und mit starken Säuren Salze bilden, z . B . AsCI 8 , SbCl s . Aus Lösungen solcher Salze werden durch H 2 S die Sulfide von As und Sb gefällt. Arsen und Antimon verhalten sich daher analytisch als Metalle und sollen daher hier unter den Metallen behandelt werden. Freilich neigen die Salze des Arsens und Antimons, und auch die von Wismut, in noch höherem Grade als die der anderen dreiwertigen Metalle zur H y d r o l y s e , die schon durch Verdünnen mit Wasser vollständig wird. Aus Arsensalzen wird dabei Arsenige Säure As(OH) s gebildet, aus Antimon- und Wismutsalzen fällt basisches Salz aus.

a) Arsen As. Arsen ist grauschwarz und sublimierbar. Arsentrioxyd ASLJG8 ist weiß, sublimierbar und als „Arsenik" („Acidum arsenicosum") bekannt; in Wasser löst es sich ziemlich schwer, und zwar als Arsenige Säure H 8 As0 3 . (Salze „Arsenite" genannt.) Die fünfwertiges Arsen enthaltende Arsensäure H S AS0 4 entspricht in Formel und Reaktionen der Phosphorsäure; ihre Salze heißen „Arsenate".

Versuche. 1. (Abzug!) Ein sehr kleines Stückchen Arsen wird im Glühröhrchen erhitzt: es sublimiert an den kälteren Teil des Glases unter Bildung eines „Arsenspiegels". Man beachte den Knoblauchgerueh des Arsendampfes. 2. (Abzug!) Eine sehr kleine Probe Arsentrioxyd wird mit N a t r i u m c a r b o n a t - und K o h l e p u l v e r gemischt und im Glührohr erhitzt: es wird zu Arsen reduziert; Arsenspiegel. 3. Arsentrioxyd wird in Wasser gelöst und in die so erhaltene Lösung von Arseniger Säure S c h w e f e l w a s s e r s t o f f eingeleitet: die Lösung färbt sich gelb durch Bildung von A r s e n t r i s u l f i d AS2S3, das aber nicht ausfällt, sondern kolloidal gelöst bleibt (vgl. den nächsten Abschnitt). Man setze jetzt Salzsäure zu und erwärme: nunmehr wird das Arsentrisulfid als gelber Niederschlag gefällt. Arsen gehört also analytisch zu Gruppe II. 4. Arsentrioxyd wird in Wasser unter Erwärmen gelöst, filtriert, zu der abgekühlten Lösung S i l b e r n i t r a t l ö s u n g und dann t r o p f e n w e i s e verdünnte Ammoniaklösung gegeben: es fällt gelbes Silberarsenit Ag 3 As0 3 . Ein Ammoniaküberschuß löst es. 5. Eine Lösung von N a t r i u m a r s e n a t Na 3 As0 4 werde mit S i l b e r n i t r a t l ö s u n g versetzt: es fällt schokoladenbraunes S i l b e r a r s e n a t Ag 3 As0 4 .

Antimon

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6. Natriumarsenatlösung wird mit Ammoniumchlorid- und M a g n e s i u m s u l f a t l ö s u n g versetzt, und A m m o n i a k zugegeben: es fällt ein weißer, kristallinischer Niederschlag von A m m o n i u m m a g n e s i u m a r s e n a t MgNH 4 (As0 4 ). Vgl. den entsprechenden Versuch bei der Phosphorsäure. 7. „Marshsehe P r o b e . " (Unter dem Abzüge auszuführen!) Ein 100-ccm-Kölbchen, in dem sich einige Stückchen Zink und etwas Wasser befinden, verschließe man mit einem doppelt durchbohrten Korke, durch dessen Bohrungen ein bis in die Flüssigkeit tauchendes Trichterrohr und ein kurzes, zu einer Spitze ausgezogenes Gasentbindungsrohr führen. Dann gieße man konzentrierte Salzsäure durch das Trichterrohr, bis eine lebhafte Wasserstoffentwicklung einsetzt; nach einiger Zeit prüfe man, ob alle Luft verdrängt ist, indem man ein Probierglas über das Gasentbindungsrohr stülpt und nach etwa einer Minute mit der Öffnung nach unten an die Flamme bringt: das aufgefangene Gas darf nicht verpuffen. Alsdann ( n i c h t f r ü h e r ! ) entzünde man den entweichenden Wasserstoff und überzeuge sich, daß an einer in diese reine Wasserstoffflamme gebrachten Porzellanschale kein Fleck entsteht. Gießt man nun eine Probe einer arsenhaltigen Lösung, die man z. B. durch Auflösen eines winzigen Körnchens Arsentrioxyd in heißer verdünnter Salzsäure bereitet, durch das Trichterrohr, so entweicht neben Wasserstoff Arsenwasserstoff AsH s , den man nachweist, indem man die Porzellanschale wieder in die Flamme hält: es entsteht jetzt ein braunschwarzer A r s e n f l e c k . Der Arsenfleck löst sich leicht in N a t r i u m h y p o c h l o r i t l ö s u n g (siehe S. 53), indem er zu Natriumarsenit oxydiert wird.

b) Antimon Sb (Stibium). 1. Antimontrioxyd wird in starker Salzsäure unter Erwärmen gelöst, die abgekühlte Lösung, welche Antimontrichlorid SbCl 3 enthält, wenn nötig filtriert, und in zwei Teile geteilt. Den einen Teil verdünne man mit Wasser: es fällt weißes A n t i m o n y l c h l o r i d Sb^j aus ( H y d r o l y s e ) . Man setze zu dem Antimonylchloridniederschlag Weinsäurelösung und reichlich Kalilauge hinzu: der Niederschlag geht in A r n d t , Chemisches Praktikum. 10. bis 13. Aufl.

4

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Kolloidale Lösungen L ö s u n g u n t e r Bildung von K a l i u m - A n t i m o n y l t a r t r a t („Brechweinstein"). Man versteht diese A u f l ö s u n g des unlöslichen basischen Salzes aus der Analogie m i t der Fehling sehen L ö s u n g . 2. Die zweite H ä l f t e der Antimontrichloridlösung w i r d m i t S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r versetzt: es fällt orangerotes A n t i m o n t r i s u l f i d Sb2S3. 3. W i e d e r h o l u n g der „Marshsehen P r o b e " mit einer A n t i m o n lösung. Der Antimonfleck ist in H y p o c h l o r i t l ö s u n g nicht löslich; Unterschied gegen Arsen.

e) Wismut Bi (Bismutum). 1. W i s m u t n i t r a t Bi(N0 3 ) 3 wird in wenig v e r d ü n n t e r Salpetersäure gelöst. Eine Hälfte der L ö s u n g v e r d ü n n e man m i t W a s s e r : es fällt b a s i s c h e s W i s m u t n i t r a t von wechselnder Zusammensetzung, z . B . B i ( 0 H ) ä N 0 3 ; („Bismutum subnitricum"). (Hydrolyse.) 2. Die andere H ä l f t e der W i s m u t l ö s u n g w i r d m i t S c h w e f e l w a s s e r s t o f f w a s s e r versetzt: es fällt schwarzes W i s m u t s u l f i d BiaS3.

Kolloidale Lösungen. Ein fester Stoff ist, im gewöhnlichen Sinne, in einem Lösungsmittel, z. B Wasser, „löslich", wenn er bei Berührung damit sich von selbst in kleinste, nur aus wenigenAtomen bestehende Teilchen auflöst, die sich zwischen denWasserteilchen verteilen. In diesem Sinne nicht lösliche Stoffe können aber trotzdem oft in dem Lösungsmittel in einen Verteilungszustand gebracht werden, welcher der Flüssigkeit das Aussehen einer Lösung verleiht. Eine solche Lösung nennt man eine „kolloidale Lösung". Von der Lösung im erstgenannten Sinne ist sie dadurch unterschieden, daß die Teilchen des kolloidal gelösten Stoffes wesentlich größer sind, d. h. schon aus einer sehr großen Zahl von Atomen bestehen. Die kolloidale Lösung steht also in der Mitte zwischen einer Lösung und einer Suspension. Im Gegensatze zu letzterer sind die Teilchen des kolloidal gelösten Stoffes klein genug, um die Lösung durchsichtig erscheinen zu lassen; jedoch besitzt die kolloidale Lösung vielfach eine gewisse Opaleszenz. Im Ultramikroskope kann man die Teilchen indirekt sehen. Ferner gibt eine kolloidale Lösung keine oder eine sehr geringe Gefrierpunktsemiedrigung und Siedepunktserhöhung, und ein kolloidal gelöster Stoff diffundiert nicht oder nur wenig durch Pergamentpapier. Durch letzteres Verhalten kann ein kolloidaler von einem gleichzeitig vorhandenen „wirklich" gelösten Stoffe getrennt werden. („Dialyse"). Um einen kolloidal gelösten Stoff in fester Form aus der Lösung niederzuschlagen, genügt oft Zusatz eines Elektrolyten, z. B. eines Salzes oder eine Säure. Vgl. S. 48, Versuch 3.

Bromwasserstoffsäure und Jodwasserstoffsäure

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Die wäßrigen Lösungen sehr hochmolekularer organischer Substanzen, z. B. Leim (daher „kolloidal", von r) xoXXa = Leim), Eiweiß, Gummi arabicum, Stärke, verhalten sich als kolloidale Lösungen. Auch Metalle, z. B. P l a t i n und Palladium, können unter Umständen kolloidal gelöst werden. — Auf die fundamentale Bedeutung der Kolloide f ü r die Lebensfunktionen k a n n hier nur hingewiesen werden.

IV. Zweiter Teil der Säuren. 1. Bromwasserstoffsäure HBr, Jodwasserstoffsäure HJ. Die Halogene B r o m Br und J o d J sind in ihrem allgemeinen chemischen Verhalten dem Chlor analog. Nur ist die Elektronen-Affinität beim Brom und besonders beim J o d geringer als beim Chlor. Daher macht freies Chlor aus Bromiden Brom, aus Jodiden J o d f r e i , indem es selbst als negatives Ion in Lösung g e h t : C1 + J ' = Cl' + J . Salzsäure ist also die beständigste dieser drei Halogenwasserstoffsäuren, Jodwasserstoffsäure die unbeständigste. Freies Chlor u n d , in geringerem Grade, freies Brom sind Oxydationsmittel; dagegen ist umgekehrt J o d w a s s e r s t o f f ein starkes R e d u k t i o n s m i t t e l , indem er leicht in freies J o d übergeht. (Oxydation des — 1 wertigen Jods zu nullwertigem.) HBr u n d H J sind, ebenso wie HCl, farblose, an der L u f t rauchende Gase, die sich in Wasser noch leichter lösen als HCl. Konzentrierte H B r ist etwa 8 2 ° / 0 i g , konzentrierte H J bis zu 90°/ 0 ig. Brom ist in Wasser etwas löslich („Bromwasser"), J o d in reinem Wasser sehr wenig löslich. Beide lösen sich dagegen sehr leicht in Chloroform. J o d löst sich außerdem reichlich in einer wäßrigen Lösung von Jodionen, z . B . Kaliumjodid; die braune Lösung wird Jodjodkaliumlösung genannt. Versuche. 1. I n drei Probiergläsern werden Natriumchlorid-, Kaliumbromidu n d K a l i u m j o d i d l ö s u n g m i t S i l b e r n i t r a t versetzt. Silbere h l o r i d AgCl f ä l l t w e i ß , S i l b e r b r o m i d A g B r schwach g r ü n l i c h g e l b , Silberjodid AgJ gelb. AgCl löst sich leicht i n A m m o n i a k , A g B r schwer, A g J garnicht. 2. J o d k a l i u m l ö s u n g w i r d m i t w e n i g C h l o r w a s s e r versetzt: sie f ä r b t sich b r a u n durch A u s s c h e i d u n g von freiem Jod, das in der L ö s u n g des überschüssigen J o d k a l i u m s g e l ö s t bleibt. Man koche jetzt die L ö s u n g : es treten violette Joddämpfe auf. 3. Sehr v e r d ü n n t e J o d k a l i u m l ö s u n g wird in einem Probierglase m i t S t ä r k e l ö s u n g versetzt: die L ö s u n g bleibt farblos. Jetzt bringe m a n an e i n e m Glasstabe einen Tropfen Chlorwasser hinein: die S p u r freies Jod, die ausgeschieden wird, f ä r b t die Stärke intensiv b l a u (Jodstärke). Äußerst empfindliche Reaktion, 4*

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Unterchlorige Säure usw.

auf der die Anwendung von „ J o d k a l i u m s t ä r k e p a p i e r " zur Erkennung vieler Oxydationsmittel beruht. Ein Stück Jodkaliumstärkepapier werde in angesäuerte W a s s e r s t o f f s u p e r o x y dlösung getaucht: es wird gebläut. 4. N a c h w e i s v o n Br' u n d J ' n e b e n e i n a n d e r . a) Ein Tropfen (nicht mehr!) Kaliumjodidlösung werde im Probierglase auf einige com verdünnt und g a n z w e n i g Chlorwasser zugegeben: Gelbfärbung durch freigemachtes Jod. 2 J ' + Cl2 = 2 Cl' + J 2 . Man schüttle die Lösung mit etwas C h l o r o f o r m durch: das freie Jod wird vom Chloroform mit v i o l e t t e r Farbe aufgenommen. Nunmehr setze man r e i c h l i c h Chlorwasser zu und schüttle nochmals: die Chloroformschicht wird jetzt farblos, da das freie Jod zu farbloser, wasserlöslicher J o d s ä u r e weiteroxydiert worden ist. J + 5C1 + 3 H 2 0 = H J 0 3 + 5 HCL b) Man wiederhole den Versuch mit einer Lösung, die neben ganz wenig KJ auch etwas KBr enthält. Beim Zusatz von wenig Chlorwasser wird zuerst wiederum das Jod freigemacht und färbt das Chloroform violett. Beim Behandeln mit mehr Chlorwasser wird, gleichzeitig mit der Weiteroxydation des Jods, auch das Brom freigemacht, aber nicht weiteroxydiert. Die Chloroformschicht erscheint daher jetzt gelb bis braun. Wäre nur Br' und kein J' zugegen gewesen, so wäre schon beim ersten Chlorwasserzusatz die braune Bromfarbe aufgetreten. Dieser Versuch zeigt gleichzeitig die Abstufung in der ElektronenAffinität dieser drei Halogene: Das am stärksten elektronenaffine Chlor nimmt zuerst dem am wenigsten elektronenaffinen Jod die negative Ladung weg; ist genügend Chlor vorhanden, so kann es das Jod bis zur Wertigkeit + 5 oxydieren. Das zwischen beiden stehende Brom wird von Chlor erst oxydiert, wenn kein J' mehr vorhanden ist, und auch dann nur bis zur Wertigkeit Null.

2. Unterehlorige Säure HC10, Unterbromige Säure HBrO, Chlorsäure HC103, Jod säure HJ0 3 . Salze der unterchlorigen Säure heißen H y p o c h l o r i t e , z . B . NaCJO Natriumhypochlorit, entsprechend NaBrO Natriumhypobromit. Salze der Chlorsäure heißen C h l o r a t e , z. B. KC10 3 Kaliumchlorat oder „chlorsaures Kalium". (Lateinisch wird Kaliumchlorat KC10S „Kalium chloricum" ge-

Unterchlorige Säure usw.

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nannt, Kaliumchlorid KCl „Kalium chloratum"; also scheinbar gerade umgekehrt. Man h ü t e s i c h v o r V e r w e c h s l u n g e n ! ) Salze der Jodsäure heißen J o d a t e , z.B. K J 0 3 Kaliumjodat. Wird Chlor in kalte, verdünnte Kali- oder Natronlauge geleitet, so wird es vollständig absorbiert. Dabei entsteht aus einem Mol Cls nebeneinander ein Äquivalent Alkalichlorid (mit — 1 wertigem Cl) und ein Äquivalent Alkalihypochlorit (mit + 1 wertigem Cl): 2NaOH + Cl2 = NaCl + NaCIO + H 2 0 . Die so erhaltene Lösung, die nebeneinander Chlorid, Hypochlorit und überschüssiges Alkali enthält, wird „Bleichwasser" genannt. — Leitet man Chlor über Calciumhydroxyd Ca(OII)a, so erhält man, völlig analog, das ziemlieh schwer lösliche gemeinsame Calciumsalz der Salzsäure und der unterchlorigen Säure, Ca(ClXClO), den sog. „ C h l o r k a l k " . — Bleichwasser und Chlorkalk wirken stark oxydierend, indem das Hypochlorit leicht in Chlorid übergeht. Werden sie dagegen angesäuert, so weiden HCl und IICIO frei gemacht, die sich sofort umsetzen nach der Gleichung: HCl + HC10 = Cl, + H 2 0 . Beim Ansäuern wird also das Chlor wieder frei. Wird Chlor dagegen in k o n z e n t r i e r t e Kalilauge bis zur Sättigung eingeleitet und dann erwärmt, so entsteht anfänglich wieder Chlorid und Hypochlorit; von letzterem oxydieren dann aber zwei Äquivalente, indem sie selbst zu Chlorid reduziert werden, ein drittes Äquivalent zu Chlorat: 3KOC1 = 2KCl + KC108 (welcher Wertigkeitsaustausch?). Insgesamt also: 6 K 0 H + 3C12 = 5KCl + KC10S + 3II 2 0. Dabei fällt das schwerer lösliche Kaliumchlorat aus. (Darstellung von Kaliumchlorat.) Brom und Jod verhalten sich gegen Alkali analog wie Chlor, nur daß beim Jod eine größere Neigung zur Bildung v o n j o d a t (auch in der Kälte) besteht. Versuche. 1. Chlorwasser wird in einem Probierglase mit etwas Natronlauge versetzt und, unter Verschluß des Glases mit dem Daumen, geschüttelt: der Chlorgeruch verschwindet. 2NaOH + Cl2 = NaCl + NaCIO +

H20.

Das erhaltene Bleichwasser wird in drei Teile geteilt. Zum ersten Teile setze man einige Tropfen I n d i g o l ö s u n g : die blaue Farbe des Farbstoffes verschwindet infolge Oxydation. Der zweite Teil wird mit wäßriger A n i l i n l ö s u n g versetzt: intensiv violette Färbung, R e a k t i o n a u f H y p o c h l o r i t e . Der dritte Teil des Bleichwassers werde mit Schwefelsäure angesäuert: der Chlorgeruch tritt wieder auf. HCl -f HC10 = H 2 0 + Cl 2 .

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Fluorwasserstoffsäure

2. Chlorkalk wird mit verdünnter Schwefelsäure Übergossen: Chlorgeruch. — Man weise die unterchlorige Säure im Chlorkalk durch Anilinlösung nach. 3. Bromwasser wird mit Natronlauge versetzt: die braune Farbe des Broms verschwindet und tritt nach dem Ansäuern wieder auf: Br 2 + 2NaOH = NaBr + NaBrO + II 2 0. HBr + HBrO = H 2 0 + Br a . 4. Eine kleine Messerspitze K a l i u m c h l o r a t K010 3 wird in 1 / 3 Probierglas Wasser gelöst, und einige Tropfen S i l b e r n i t r a t l ö s u n g zugegeben: es entsteht keine Fällung. Vgl. S. 20. Versetzt man mit verdünnter Schwefelsäure und kocht mit einem Stückchen Zink, so scheidet sich Silberchlorid aus, weil das C10'3-Ion hierdurch zum Cl'-Ion reduziert wird. 5. Festes Kaliumchlorat wird in einem trocknen Probierglase erhitzt: es entweicht S a u e r s t o f f (Probe mit einem glimmenden Spane). Zusatz von etwas Braunstein beschleunigt die Reaktion. 2KC103 = 2 KCl + 3 0 2 . (Darstellung von Sauerstoff.)

6. Ein Körnchen festes Jod wird mit Natronlauge erwärmt: es löst sich zu einer farblosen Lösung: 6 J + 6NaOH = 5NaJ + NaJ0 3 -f 3 H 2 0 . Beim Ansäuern wird das Jod wieder freigemacht: 5HJ + HJ03 = 3J2 + 3H20.

3. Fluorwasserstoffsäure HF* Fluorwasserstoff IIF ist ein farbloses Gas (Siedepunkt 19,5°); er ist in Wasser leichter löslich als Chlorwasserstoff. Die wäßrige Lösung wird „Flußsäure" genannt. — Obgleich Fluor das erste Glied in der Reihe der Halogene ist, weicht Fluorwasserstoffsäure in ihrem Verhalten von den anderen Halogenwasserstoffsäuren ab: sie besteht im Gaszustande aus Doppelmolekülen H 2 F a , ihr Silbersalz ist in Wasser löslich, ihr Calciumsalz (CaF, Flußspat) unlöslich. Die wichtigste Eigenschaft der Fluorwasserstoffsäure ist ihre Fähigkeit, Kieselsäure und Silicate (also auch Glas) anzugreifen. Aus Kieselsäure (SiOj oder Si(OH)4) und wasserfreier Fluorwasserstoffsäure bildet sich Siliciumfluorid SiF 4 , ein farbloses Gas. Kommt dieses mit Wasser in Berührung, so wird es hydrolysiert zu Si(OH)4 bzw. S i 0 2 und 4 HF. Die H F lagert sich

Cyanwasserstoffsäure

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aber sofort an ein weiteres Molekül SiF 4 an unter Bildung von komplexer Kieselfluorwasserstoffsäure HjSiF,, die in dem Wasser gelöst bleibt. Die Reaktion zwischen SiF 4 und Wasser verläuft also nach folgender Gleichung: 3SiF 4 + 2 H 2 0 = SiO, + 2 H,SiF 6 . Bei Einwirkung von w ä ß r i g e r Flußsäure auf Kieselsäure oder Silicate wird nicht SiF 1 ( sondern direkt H 2 SiF 6 gebildet. Versuch. In einem trocknen Probierglase wird ein Gemisch von Calciumfluorid und Sand (unreines Kieselsäureanhydrid) mit konzentrierter Schwefelsäure erhitzt. Es entweicht gasförmiges Siliciumfluorid, welches man nachweist, indem man einen Wassertropfen an einem Glasstabe in die Dämpfe führt: er beschlägt sich mit einer Kieselsäureschicht. I. Si0 2 + 4 H F = SiP 4 + 2 H 3 0 im Probierglase [H 2 SOJ, II.

3 S i P i + 2H.fi

= S i 0 2 + 2H 3 SiP 6 am Glasstabe.

Man benutzt dies Verhalten zum Nachweise einerseits von Fluoriden, anderseits von Kieselsäure, indem man die zu prüfende Substanz im ersten Palle mit Sand, im zweiten mit Calciumfluorid, und Schwefelsäure erhitzt. Im zweiten Palle muß die Reaktion in einem Platingefäße ausgeführt werden.

4. Cyanwasserstoffsäure HCN. Cyanwasserstoffsäure gehört eigentlich in das Gebiet der organischen Chemie; da sie sich aber in mancher Beziehung den Halogenwasserstoffsäuren analog verhält, so soll sie hier behandelt werden. Wasserfreie Cyanwasserstoffsäure oder „Blausäure" HCN ist eine farblose Flüssigkeit vom Siedepunkte 26°, sehr charakteristischem Gerüche und außerordentlicher Giftigkeit. Sie ist in Wasser in jedem Verhältnisse löslich. Ihre Salze sind die C y a n i d e , z. B. Kaliumcyanid KCN („Kalium cyanatum"). Das Verhalten der Cyanide ist schon früher an verschiedenen Stellen studiert worden. Der Nachweis von Cyaniden geschieht durch Überführung in Berlinerblau. Versuch. Ein Körnchen Kaliumcyanid wird in 1 / 3 Probierglas Wasser gelöst. In der Lösung weise man das Cyanid wie folgt nach:

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Salpetrige Säure

Man setze etwas Natronlauge hinzu und bringe 2 bis 3 Tropfen (nicht mehr!) einer frisch bereiteten F e r r o s u l f a t lösung hinein: aus der alkalischen Lösung fällt das Eisen als Hydroxyd Fe(OH)2. Erhitzt man nun, so geht, infolge der Anwesenheit von Alkalicyanid, ein Teil des Ferrohydroxyds als K a l i u m f e r r o c y a n i d in Lösung. Fe(OH)2 + 6KCN = K4[Fe(CN)6] + 2KOH. Nun setze man einen Tropfen F e r r « c h l o r i d l ö s u n g hinzu: es fällt, in der alkalischen Lösung, Ferrioxydhydrat aus. Wird jetzt die abgekühlte Lösung angesäuert, so bildet sich Ferrisalz und setzt sich mit dem aus dem Cyanid entstandenen Kaliumferrocyanid zu Berlinerblau um. Man erhält also einen d u n k e l b l a u e n N i e d e r s c h l a g , der sich nach längerem Stehen flockig zu Boden setzt. 4 FeCl3 + 3K 4 [Fe(CN) 6 ] = Fe 4 [Fe(CN) 6 ] 3 + 12 KCl.

5. Salpetrige Säure HN0 2 . Das Anhydrid der salpetrigen Säure ist das Stickstofftrioxyd N 2 0 8 . Stickstofftrioxyd ist eine dunkelblaue Flüssigkeit, die jedoch nur bei tiefer Temperatur (Kältemischung) existenzfähig ist; schon bei Zimmertemperatur zerfällt sie in NO + NO ä . F r e i e salpetrige Säure ist nur in großer Verdünnung existenzfähig; sie zerfällt in Wasser und N 2 0 3 , das sich bei gewöhnlicher Temperatur seinerseits in NO und NO, spaltet. — Dagegen sind die S a l z e der salpetrigen Säure, die N i t r i t e , gut beständig. Alkalinitrite, z. B. K N 0 2 Kaliumnitrit, erhält m a n durch Schmelzen der Alkalinitrate, wobei diese Sauerstoff abgeben und in Nitrite übergehen. Durch Zusatz von Metallen, z . B . Blei, wird diese Reduktion erleichtert. W i r d Nitritlösung angesäuert, so wird HNO a freigemacht, die sofort in der genannten Weise zerfällt; in verdünnter Lösung bildet sieb, statt N 0 2 , NO und HNO,. Salpetrige Säure oxydiert in saurer Lösung J o d i o n e n zu freiem Jod, wobei sie selbst in NO übergeht: H N 0 2 + H J = J + NO + H s O. Angesäuerte Nitritlösung bläut also Jodkaliumstärkepapier. Durch dies Verhalten k a n n man Nitrite von Nitraten unterscheiden, welche diese Reaktion nicht zeigen. Dagegen werden alle Reaktionen der Salpetersäure auch von salpetriger Säure gegeben.

Versuche.

1. Eine konzentrierte Lösung von Kaliumnitrit wird im Probierglase mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert: lebhafte Entwicklung brauner Dämpfe (N0 2 ). An der Mündung des Glases

Thi os chwefelsäu re

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tritt Erwärmung ein, da hier das gleichzeitig entweichende NO an der Luft zu NOa oxydiert wird. 2 KN0 2 + H 2 S0 4 = K 2 S0 4 + NO + N0 2 + H 2 0 NO + 0 = N0 2 . 2. Sehr verdünnte Nitritiösung wird mit K a l i u m j o d i d lösung und S t ä r k e l ö s u n g versetzt: sie bleibt zunächst farblos. Bringt man jetzt einige Tropfen verdünnter Salzsäure in die Lösung, so färbt sie sich intensiv schwarzblau (Jodstärke). KN0 2 + KJ + 2 HCl = 2 KCl + NO + H 2 0 + J . 3. Nitritlösung wird mit A m m o n i u m c h l o r i d l ö s u n g versetzt, angesäuert und gelinde erwärmt: es entweicht S t i c k s t o f f . KN0 2 + NH4C1 = NH 4 N0 2 + KCl NH 4 N0 2 = N2 + 2 H 2 0 . Man vergleiche das Verhalten von Ammoniumnitrat. Versuch 3.

S. 12,

6. Thioschwefelsäure, H2S203. Die Thioschwefelsäure kann man auffassen als eine Schwefelsäure, in der an Stelle von einem — 2 wertigen O-Atom ein —2 wertiges S-Atom getreten ist. Ihre Salze heißen „Thiosulfate", z. B. Na 2 S 2 0 8 Natriumthiosulfat. Freie Thioschwefelsäure ist wenig beständig, und zerfällt schnell in schweflige Säure und Schwefel. — Die wichtigsten Reaktionen von Natriumthiosulfat sind die folgenden: Es löst in wäßriger Lösung Silberchlorid und Silberbromid. Darauf beruht seine Anwendung als „Fixiersalz" in der Photographie. Es setzt sich mit freiem Jod zu Natriumjodid und Natriumtetrathionat um: 2 N a 2 S s 0 8 + J 2 = 2NaJ + N a 2 S 4 0 9 . Diese Umsetzung, die auch in sehr verdünnter Lösung quantitativ verläuft, wird zur maßanalytischen Bestimmung von Jod verwandt.

Versuche. 1. Natriumthiosulfatlösung wird mit Salzsäure angesäuert: sie bleibt im ersten Augenblicke klar, trübt sich aber bald durch Ausscheidung von Schwefel, während Geruch nach Schwefeldioxyd auftritt. Na a S 2 0 3 + 2 HCl = 2NaCl + S0 2 + H 2 0 + S.

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Borsäure

2. Man fälle aus zwei Proben Silbernitratlösung mit Kaliumbromid- und Natriumchloridlösung Silberhalogenid aus und setze NatriumthiosulfatlÖsung zu: das Silberhalogenid geht in Lösung. 3. Jod-Jodkaliumlösung wird mit NatriumthiosulfatlÖsung versetzt: die Jodfarbe verschwindet.

7. Borsäure H 3 B0 3 . Borsäure bildet, w e i ß e K r i s t a l l b l ä t t e h e n , d i e i n kaltem Wasser m ä ß i g löslich sind ( „ B o r w a s s e r " ) . I h r e S a l z e l e i t e n sieh v o n der wasserärmeren T e t r a b o r s ä u r e H 2 B 4 0 7 a b : z. B. N a 2 B 4 0 , N a t r i u m t e t r a b o r a t oder „ B o r a x " . — B o r s ä u r e und a l l e i h r e D e r i v a t e f ä r b e n d i e F l a m m e g r ü n ; am besten erk e n n t m a n die F ä r b u n g bei i h r e m M e t h y l e s t e r B ( O C H 3 ) 8 , der mit g r ü n e r F l a m m e brennt.

Versuche. 1. Man löse Borax in wenig heißem Wasser und versetze die erkaltete und filtrierte Lösung mit einigen Tropfen konzentrierter Salzsäure: es fällt, eventuell nach einiger Zeit, Borsäure B(OH) s aus. 2. Eine Messerspitze Borax wird in einem Probierglase mit M e t h y l a l k o h o l Übergossen, etwas konzentrierte Schwefelsäure zugefügt und gekocht: die entweichenden Dämpfe, die B o r s ä u r e m e t h y l e s t e r enthalten, brennen mit grüner Flamme.

Einige Zusammenstellungen

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Einige Zusammenstellungen. A. riammenfärbung. Intensiv gelb: Gelblich rot, schnell verschwindend: Purpurrot: Weißlich-violett: Grün B. Luftsauerstoff Wasserstoffsuperoxyd H 2 0 2 Salpetersäure HNO a Dioxyde, z. B. PbO a , MnO,2 u. a., in Gegenwart von Säure Chlor und Brom Chromsäure (bzw. H,Cr a O, oder CrOa) Hypochlorite und Chlorate Übermangansaure HMn0 4

Natrium. Calcium (durch blaues Glas fahlgrün). Strontium (durch blaues Glas violettrot). Kalium. Eventuell auch As s O s oder Blei- und Zinnsalze. Barium, Borsäure, und Kupfer in Gegenwart von Halogenen.

Oxydationsmittel. Wirkt oxydierend: auf „unedle" Metalle, z.B. Eisen, auf Mn(OH),, Fe(OH)2, u. a. unter Reduktion zu H 2 0 . „ NO a oder NO. ,,



,,

,,

„ Salzen des zweiwertigen Metalls ,, Cl' bzw. Br'.

„ ,,

,, „ Chromisalz (Cr'"). ,, ,, Chloriden, in saurer Lösung unter Reduktion zu Mn", in alkalischer Lösung zu MnO,.

Reduktionsmittel. Wirkt Freie, unedlere Metalle, z. B. AI, Zn, Fe u. a., hauptsächlich in Gegenwart von Säure H,S bzw. S" SO, oder Sulfite H J bzw. J ' Stannoverbindungen SnClj, Sn(ONa)j) Wasserstoffsuperoxyd Kohlenstoff

(z. B. H20,

reduzierend:

Unter Oxydation des Metalls Yerbindungs zustand, unter Oxydation zu freiem „ „ ,, H 4 S0 4 „ „ „ freiem

zum Ionen- oder Schwefel. oder Sulfaten. Jod.

„ „ „ Stanniverbindungen (z. B. SnCl4, SnO(ONa)a). unter Oxydation zum Sauerstoffmolekül O s . „ „ zu C0 2 oder CO. Reduktion von Metallerzen zu Metall im Hochofen!

60

E i n i g e Zusammenstellungen

D. Verhalten der Metalle in Form ihrer Salzlösungen (Ionen) gegen 1.

Natronlauge.

E s fallen n i c h t :

K , Na, NH4.

Es fallen nur aus konzentrierten Lösungen als H y d r o x y d : Es fallen als Hydroxyd, und lösen sich nicht im Überschusse von Natronlauge: E s fallen als Oxyd, und lösen sich nicht im Überschusse von Natronlauge: Es fallen als Hydroxyd, werden aber im Überschusse von Natronlauge wieder gelöst: Dabei entstehen:

Ca, Ba, 8r. Mg, Cd, Fe, Mn, Cu. Hg, Ag. Zn, AI, Cr, 8n, Pb. Natriumzinkat Zn(ONa) s , Natriumaluminat Al(ONa) s , Natriumchromit Cr(ONa) 3 , Natriumstannit Sn(ONa) s , Natriumplumbit Fb(ONa)j.

Ammoniaklösung. E s fallen nicht: Es fallen nur in Abwesenheit von Ammoniumsalzen als Hydroxyd, und lösen sich nicht im Überschusse von N H S : Es fallen in allen Fällen als Hydroxyd, und lösen sich nicht im Überschusse von NH 3 : Es fallen als komplizierter Niederschlag, und lösen sich nicht im Überschusse von N H 3 : Es fallen als Hydroxyd (beim Silber O x y d ) , werden aber beim Überschusse von NH 3 wieder gelöst: Dabei entstehen die komplexen Ionen:

K, Na, NH1? Ca, Ba, Sr. Mg:, Fe", Mn. AI, Fe-, Cr . Hg , Hg . Zn, Cd, Cu, Ag. Zn(NH a ) a ", Cd(NH3V, CU(NH 3 ) 4 ", Ag(NHaV-

£. Die wichtigsten komplexen Cyanide. K,[Cd(CN) 4 ] Kaliumkadmiumcyanid, K[Ag(CN)2] Kaliumsilbercyanid, K 4 [Fe(CN)J Kaliumferrocyanid } K,[Fe(CN) e ] Kaliumferricyanid > ideale Komplexsalze. Kj[Cu(CN) 8 ] Kaliumcuprocyanid J

61

Qualitative Analyse. Die qualitative Analyse bezweckt, za ermitteln, welche Stoffe in einer unbekannten Substanz vorhanden sind. Bei manchen Substanzen, z. B. Metallegierungen und einheitlichen Salzen, ist diese Aufgabe eindeutig bestimmt und lösbar. Bei vielen anorganischen Substanzen dagegen, besonders bei Salzgemischen, muß man sich darauf beschränken, festzustellen, welche Ionen, d. h. welche Metalle und Säuren, vorhanden sind. Die Frage, welche Metalle in der Substanz mit welchen Säuren „verbunden'* sind, hat hier nur dann einen Sinn, wenn man einzelne, einheitliche Kristalle untersuchen kann; im übrigen kann die Analyse als solche hierüber nichts feststellen, da unsere analytischen Reaktionen lediglich Ionenreaktionen sind, und der Analysengang daher nur mit wäßrigen L ö s u n g e n der Substanz durchgeführt werden kann, in denen die frühere Zusammengehörigkeit der Ionen keine Rolle mehr spielt. Die Grundzüge der qualitativen Analyse sollen, an Hand der beifolgenden Tabellen, an ganz einfachen Beispielen geübt werden. Dabei suche man die vorhandenen Stoffe nicht nur zu e r k e n n e n , sondern auch, soweit dies angängig ist, sauber und möglichst vollständig voneinander zu t r e n n e n . Auch suche man sich ein Urteil darüber zu bilden, von welchen Stoffen viel, von welchen wenig vorhanden ist.

Tabelle zur Ausführung einfacher qualitativer Analysen. (Es ist nur auf einige besonders wichtige Metalle und Säuren Rücksicht genommen. Von jeder Gruppe (I—IV) sei nicht mehr als je ein Metall vorhanden.) Die Analyse zerfällt in drei Teile: A. Prüfung auf Metalle. B. „ „ Ammonium. C. „ „ Säuren. A. P r ü f u n g auf M e t a l l e . Zur Feststellung des für die Substanz geeigneten Lösungsmittels prüfe man die lösende Wirkung von: Wasser, verdünnter

Tabelle

I.

1. G r u p p e n r e a g e n s .

2. G r u p p e n r e a g e n s .

Verdünnte Salzsäure. 1

Schwefelwasserstoff in saurer Lösung.

Gruppe I. Ag, Hg1, Pb.

Gruppe II. Pb, Ilg11, Cu, As, Cd.

fallen als Chloride aus.

Agcn HgCl > weißer Niederschlag. PbCl 2 ) 1 W a r die Substanz in kalter verdünnter HCl löslich, so ist Gruppe I selbstverständlich n i c h t vorhanden.

(Ausführung

Man setzt zu dem Filtrate von Gruppe I einige Kubikzentimeter frisches Schwefelwasserstoffwasser; entsteht keine Fällung, so ist Gruppe II abwesend und man geht direkt zu Gruppenreagens III über. 1 Entsteht eine Fällung, so leitet man gasförmigen H 2 S so lange ein, bis alles ausgefällt ist und die Lösung intensiv nach H a S riecht. 2 Es fallen: CdS PbS : gelb. As» S, HgS 1- schwarz. CuS 1 Bei Anwesenheit von Oxydationsmitteln tritt Trübung durch freien Schwefel auf. Man reduziert dann am besten die ganze Lösung vor Beginn der Gruppentronnung, siehe Fußnote auf S. O'J. 3 Man spüle das Einleitungsrohr nach dem Gebrauche ab. 3 Weil dio Fällung als Chlorid in Gruppe I nicht quantitativ ist.

Tabelle

II.

j | ; |

(Ausführun

Gruppe I.

Gruppe II.

Gruppe III.

Niederschlag: AgCl, HgCl oder PbCl 2 . Gut auswaschen! Man kocht den Niederschlag mit viel Wasser: PbCl 2 geht in Lösung. Geht der Niederschlag nicht in Lösung, so übergießt man ihn mit NH S : HgCl färbt sich schwarz, AgCl geht in Lösung.

Niederschlag: PbS, HgS, CuS, CdS oder As2S3. Gut auswaschen! Ist der Niederschlag s c h w a r z , so liegt eins der ersten drei Metalle vor: Man erwärmt ihn mit konzentrierter H N 0 3 : HgS bleibt ungelöst; die beiden anderen gehen in Lösung, eventuell unter Zurücklassen eines zähen Schwefelklumpens. Man verdünnt die Lösung und versetzt die eine Hälfte mit H 2 S0 4 . Pb gibt weiße Fällung von PbS0 4 . Die andere Hälfte versetze man mit viel NH 3 ; CU gibt tiefblaue Lösung. Ein g e l b e r Niederschlag ist CdS oder As2S3. Man übergießt mit (NH 4 ) 2 S: AS2SJ geht als As(SNH413 in Lösung. CdS bleibt ungelöst.

Niederschlag: FeS, ZnS, MnS, Al 2 O s , Cr 2 0 3 . — Gut aus waschen! — S c h w a r z e r Niederschlag ist FeS das man durch Lösen in verdünnter HCl, Kochel und Oxydieren mit einigen Tropfen konz. HNO und Versetzen mit Kaliumferrocyanid nachweist Berlinerblau. W e i ß e r Niederschlag ist ZnS oder Al2Oa Man löst in wenig verdünnter Säure, kocht um setzt NH a hinzu: AI fällt als gallertartiges A1 2 0 3 wieder aus Zu bleibt im Überschusse von NH 3 gelöst al [Zn(NH3)6](0H)2. Rötlichweißer Niederschlag ist MnS, grüner Niederschlag Cr a 0 3 . Man schmelze in den beiden letzten Fällen au der „Magnesiarinne" mit einem Gemische voi Natriumcarbonat und Kaliumnitrat. Grüne Schmelze (K 2 Mn0 4 ) zeigt M a n g a n gelbe Schmelze (K,Cr0 4 ) C h r o m an.

1 Ein Niederschlag von A1 2 0 3 kann in Gegenwart voi Spuren Eisen grün ausseben.

irung in Erlenmeyer-Kolben.) 3. G r u p p e n r e a g e n s .

Ammoniumsulfid („Schwefelammonium") in ammoniakalischer Lösung. Gruppe III. Fe, Zn, Mn, AI, Cr. Man versetzt das Filtrat von Grappe II mit Ammoniak, bis es deutlich danach riecht, und hierauf mit ( N H ^ S . Es fallen: Fe, Mn, Zn als Sulfide: AI, Cr als Oxydhydrate :

FeS schwarz, ZnS grauweiß, MnS schmutzig-rötlichweiß.

4. G r u p p e n r e a g e n s .

Ammoniumcarbonat, Gruppe IT. Ca, Ba.

Gruppe Y. Mg-, K, Na.

Man versetzt das Filtrat von Gruppe III direkt mit Ammoniumcarbonatlösung. Es fallen:

Das Filtrat von Gruppe IV kann, neben viel Ammoniumsalzen, nur noch diese Metalle enthalten. Man prüft auf diese einzeln nach Tab. II.

CaC0 3 I weißer BaOOs ] Niederschlag.

Al(OH), weiß 1 gallertCr(OH)3 grünlich} artig.

führung in Probiergläsern.) Gruppe 1Y.

Gruppe Y.

Niederschlag: BaC0 3 oder CaC0 3 . Gut auswaschen! Man löst in wenig verdünnter HCl und versetzt mit G i p s l ö s u n g (CaSOJ. B a fällt als BaS0 4 aus, Ca natürlich nicht. — Außerdem färbt B a die Flamme grün, Ca vorübergehend rot. (Man bringe den Niederschlag mit einem Tropfen HCl am „Magnesiastäbchen" in die Flamme.)

Das Filtrat von Gruppe IV kann enthalten: Mg, K, Na. Man konzentriert durch Einkochen. Eine Hälfte des Filtrats prüft man auf Mg, indem man mit Ammoniak und Natriumphosphat versetzt: Mg fällt als weißes MgNH 4 P0 4 . In der anderen Hälfte kann man auf K und Na, wegen der Anwesenheit von Ammoniumsalzec, nur durch die Flammenfärbung prüfen. Man taucht ein gut ausgeglühtes „Magnesiastäbchen" in die Lösung uud bringt es in die Bunsenflamme: Na färbt die Flamme intensiv leuchtend gelb, K weißlich-violett. Um K auch neben Na zu erkennen, betrachtet man die durch Na gelb gefärbte Flamme diirch ein „Indigo-Prisma". Bei Anwesenheit von K erscheint sie jetzt violett, bei Abwesenheit von K ungefärbt. Enthielt die Substanz keine Metalle der Gruppe I—IV, kein Mg und kein Ammonium (Prüfung B), so löst man eine neue Probe der ursprünglichen Substanz in möglichst wenig H 2 0 oder verdünnter HCl, teilt die Lösung in 2 Teile, und prüft auf K" und Na' mittels der beim Kalium und Natrium angegebenen Fällungsreaktionen. Will man diese auch bei Substanzen ausführen, die Metalle der Gruppen I—IV oder Ammonium enthalten, so müssen die Ammoniumsalze zuvor durch Glühen des zur Trockne gedampften Filti-ates von Gruppe IV bzw. der Substanz verjagt werden. Ist Mg zugegen, so beschränke man sich in jedem Falle auf die Flammenprüfung.

Tabelle zur Ausführung einfacher qualitativer Analysen

63

C. P r ü f u n g a u f S ä u r e n (ö. h. A n i o n e n ) . Im Gegensatz zur Metallprüfung wird nach Tabelle III auf jede Säure e i n z e l n geprüft, immer mit einer neuen Probe der Lösung. Ist die Substanz in Wasser löslich und enthält sie keine Metalle der Gruppen I bis IV, so verwendet man direkt die wäßrige Lösung. Andernfalls kocht man die Substanz einige Minuten mit S o d a l ö s u n g und filtriert. Einen kleinen Teil des Filtrats säuert man mit HCl an und prüft darin auf H N 0 3 ; den Rest säuert man mit HNO:J an und prüft Einzelproben davon auf alte anderen Säuren. [Beim Ansäuern ist darauf zu achten, daß die Lösung wirklich sauer reagiert; es darf bei Umschütteln und weiterem Zusatz von Säure kein Aufschäumen mehr eintreten.]

Tabelle III. Prüfung auf CI', Br' u. J',

Schwefelsäure (d. h. SO f ") Salpetersäure (d. h. NO,')

Phosphorsäure (d. h. P O / " )

Man versetzt die mit HNOg a n g e s ä u e r t e Lösung mit AgN0 3 -Lösung. Entsteht keine Fällung-, so sind Cl', Br' und J ' abwesend. Entsteht eine r e i n w e i ß e Fällung, so ist nur Cl', kein Br' und J ' vorhanden. Entsteht eine mehr oder weniger g e l b l i c h e Fällung (man achte besonders darauf, daß diese in HNO s unlöslich sei!), so ist Br' oder J ' oder beide zugegen. In diesem Falle prüfe man eine neue Probe der Lösung (ohne AgNOs) nach S. 52, Versuch 4. Mit BaCl2 in s a u r e r Lösung weiße, feinkörnige Fällung von BaS0 4 . Man versetzt die Lösung mit etwas frisch bereiteter Ferrosulfatlösung und unterschichtet mit konzentrierter H 2 S0 4 . Ist HNOs zugegen, so bildet sich ein brauner Ring an der Grenze zwischen den beiden Flüssigkeitsschichten. (Anlagerungsprodukt von NO an FeS0 4 .) Die Reaktion wird auch von HN0 2 gegeben. (Bei Anwesenheit von H J kann ein ähnlicher, aber mehr rötlicher, Ring von J a entstehen.) Das Reagens auf Phosphorsäure bereitet man sich, indem man A m m o n i u i n m o l y b d a t l ö s u n g so lange mit HN0 3 versetzt, bis der zuerst ausfallende weiße Niederschlag (Molybdänsäure) wieder gelöst ist. Dies Reagens setze man im Überschuß zu w e n i g der auf P 0 4 " ' zu prüfenden Lösung und erwärme: ist P 0 4 " ' zugegen, so tritt Gelbfärbung und nach kurzer Zeit ein intensiv g e l b e r Niederschlag auf(Ammoniumsala der Molybdänphosphorsäure). — HJ stört die Reaktion und muß zuvor durch Kochen mit conc. HNO s als Joddampf entfernt werden.

Quantitative Analyse

64

Außerdem ist die An- oder Abwesenheit folgender Anionen festzustellen: C O / ' (Carbonate)

Cr0 4 ", C r / ) / ' , MnO/

Carbonate findet man schon bei der Metallprüfung, indem sie beim Behandeln der Substanz mit Säuren unter Aufschäumen C0 2 entwickeln, welches man durch die Trübung eines Barytwasser-Tropfens identifizieren kann. Bei Anwesenheit von Chromaten, Bichromaten und Permanganaten findet man Cr bzw. Mn bei der Metallprüfung in Gruppe III, weil durch den Schwefelwasserstoff (Gruppen-Reagens II) Reduktion zu Chromisalz bzw. Manganosalz erfolgt. Erkennt man aber an der intensiv violetten Farbe, daß dasMn in der ursprünglichen Substanz als MnO/ (bzw. an der gelben oder roten Farbe, daß das Cr als CrO t "oder Cr,0,") vorliegt, so sind diese Anionen anzugeben.

Quantitative Analyse. In der quantitativen Analyse unterscheidet man vornehmlich zwei llauptmethoden; die Gewichtsanalyse und die Maßanalyse. Das Wesen der G e w i c h t s a n a l y s e besteht darin, den Stoff, dessen Menge man bestimmen will, aus seiner Lösung in Form einer möglichst schwer löslichen Verbindung auszufällen (quantitative Fällung), den Niederschlag zu trocknen und als solchen oder gelegentlich auch nach Überführung in beständigere Verbindungen zu wägen und aus der gewogenen Menge auf die Menge des zu bestimmenden Stoffes umzurechnen. Z. B. bestimmt man die in einer Lösung vorhandene Menge Schwefelsäure durch Fällen mit Bariumchlorid als BaS0 4 , Abfiltrieren, Trocknen und Wägen des Niederschlages. Die zweite, in vielen Fällen bequemere Methode, die hier an einigen Beispielen studiert werden soll, ist die M a ß a n a l y s e oder „ T i t r a t i o n " . Das Wesen dieser Methode besteht darin, daß man zu der Lösung des Stoffes, dessen Menge man bestimmen will, eine andere Lösung von genau bekanntem Gehalt ( „ T i t r i e r l ö s u n g " ) hinzufließen läßt, welche mit der ersten in irgendeiner möglichst augenfälligen Form reagiert; es läßt sich dann der Punkt genau erkennen, an dem gerade die Menge der Titrierlösung verbraucht ist, die der Menge des zu bestimmenden Stoffes entspricht. Die Titrierlösung läßt man aus einer „ B ü r e t t e " , d.h. einem graduierten Glasröhre, das unten mit einem Hahn verschlossen ist, zufließen und bestimmt durch Ablesen des Flüssigkeitsstandes vorher und nachher, wieviel Kubikzentimeter der Titrierlösung verbraucht sind; und daraus berechnet man nach dem bekannten Gehalt derTitrierlüsung die Menge des zu bestimmenden Stoffes. Zur Erleichterung der Rechnung wird die Titrierlösung „ n o r m a l " bzw. „ I / i o ' n o r m a l " hergestellt. E i n e „ n o r m a l e " L ö s u n g ist e i n e s o l c h e , die im L i t e r ein G r a m m ä q u i v a l e n t e n t h ä l t . Unter „Grammäquivalent" versteht man das Formelgewicht der Substanz (in Grammen ausgedrückt), d i v i d i e r t d u r c h i h r e n W i r k u n g s w e r t . Bei der Feststellung des Wirkungswertes kommt

65

Titrationen

es darauf an, zu welcher Reaktion man die Lösung benutzen will. Z. B. bei Säure- oder Baselösungen ist der Wirkungswert durch den Neutralisationswert gegeben, d.h. durch die Zahl der von der Formeleinheit gelieferten H'- bzw. OH'-Ionen. In diesem Sinne ist z. B. HCl e i n w e r t i g ; eine normale Salzsäurelösung enthält also 36,5 g (C1 = 35,5, H = 1) HCl im Liter. H a S0 4 dagegen ist zweiwertig; eine normale Schwefelsäurelösung enthält also die Hälfte des Formelgewichts, d.h. 93 / 2 = 49 g H a S0 4 im Liter. — Gleiche Raummengen der verschiedenen normalen Säure- und Baselösungen neutralisieren sich genau, wodurch die Rechnung sehr an Übersichtlichkeit gewinnt. — Bei Stoffen, die o x y d i e r e n d wirken sollen, kommt es dagegen zur Feststellung des Äquivalentgewichts darauf a n , wieviel Wevtigkeitseinheiten das oxydierende Atom an den zu oxydierenden Stoff abgeben kann. Bei KMn0 4 in saurer Lösung z. B. sind dies 5, entsprechend dem Sinken der Manganwertigkeit von 7 auf 2. Daher enthält eine normale Permanganatlösung den fünften Teil des Formelgewichts von KMn0 4 , d.h. 31,6g im Liter. Ein Liter einer normalen Permanganatlösung vermag also ein Grammäquivalent eines Reduktionsmittels zu oxydieren, z. B. ein Grammatom Fe" in Fe - " überzuführen. Wenn man mit solchen normalen Lösungen titriert, so entspricht, wie leicht ersichtlich, jedes verbrauchte Kubikzentimeter der Titrierlösung einem Tausendstel Grammäquivalent der zu bestimmenden Substanz. Hierdurch wird die Rechnung sehr vereinfacht.

Titrationen. Füllen der Büretten. Die Büretten müssen vor Gebrauch gut gesäubert und vor dem Einfüllen der Titrierlösung mit der Titrierlösung ausgespült werden, da man andernfalls den Gehalt der Titrierlösung ändern würde. Man füllt die Lösung bis etwas über die Nullmarke auf und läßt durch den Hahn bis zur Nullmarke abfließen. Dabei achte man darauf, daß auch das Abflußrohr sich völlig mit der Lösung fülle. Beim Ablesen wird auf den untersten Teil des Meniskus eingestellt. 1. Beispiel: Acidimetrie. Bestimmung des Gehaltes einer Lösung an freier Salzsäure. Die zu untersuchende Lösung wird, wenn erforderlich, mit Wasser auf etwa 200 ccm verdünnt, mit einem Tropfen Phenolphthaleinlösung versetzt und unter beständigem Umschütteln tropfenweise mit normaler Natronlauge titriert, bis ein Tröpfchen der letzteren die Lösung eben rot gefärbt hat. 1 ccm der n-Natronlauge entspricht 1 / 1000 Grammäquivalent HCl, also ^

= 0,0365 g HCl.

Ebenso können andere Säurelösungen titriert werden. die Laugen, A r n d t , Chemisches P r a k t i k u m .

10. bis 13. Aufl.

Entsprechend 5

66

Titrationen

2. Beispiel: Titrieren mit Permanganat. Die Methode beruht darauf, daß die intensiv violette Kaliumpermanganatlösung sich entfärbt, wenn sie in saurer Lösung oxydierend wirkt. Mit Permanganat lassen sich oxydierbare Stoffe, wie Ferrosalze, Oxalsäure, Wasserstoffsuperoxyd usw., titrieren. a ) Bestimmung des Gehaltes einer Lösnng an z w e i wertigem Eisen. Die zu untersuchende Ferrosalzlösung wird mit verdünnter Schwefelsäure versetzt und unter Umschwenken mit '/^-normaler Permanganatlösung titriert, bis der erste Tropfen nicht mehr entfärbt wird, sondern seinerseits die Lösung dauernd violett färbt. 1 ccm n / 10 -Lösungentspricht 1 / 10000 Grammäquivalent, also, da Eisen um eine Wertigkeit oxydiert wird,

= 0,0056 g Eisen (Fe = 56).

b ) Bestimmung des Prozent-Gehaltes einer W a s s e r s t o f f superoxyd-Lösung. Von der zu untersuchenden Handelslösung werden 20 ccm abpipettiert, auf 200 ccm verdünnt, von dieser Mischung wiederum 20 ccm abpipettiert, reichlich mit verd. Schwefelsäure versetzt und wie unter a) mit D/10-Permangnatlösung titriert. H 2 0 2 wird zu 0 2 oxydiert, also um 2 Yalenzeinheiten. 1 Grammäquivalent H 2 0 , also = 34/2 = 17 g H 2 0 2 . Jedes Kubikzentimeter der D / 10 -Permanganatlösung entspricht also 17/ioooo = 0,0017 g H 2 0 2 . Hieraus rechne man auf den Prozentgehalt der ursprünglichen Lösung um, wobei deren Dichte = 1 gesetzt werden kann. 3. Beispiel:

Jodometrie.

Diese empfindlichste maßanalytische Methode beruht auf der Reduktion des freien Jods durch Natriumthiosulfat. Der Endpunkt der Titration läßt sich sehr scharf erkennen unter Zuhilfenahme der intensiven Blaufärbung von Stärke durch freies Jod. 1 Mol. Na 2 S.i0 3 reduziert 1 Atom Jod um eine Wertigkeitseinheit. Eine normale Thiosulfatlösung enthält also das Formelgewicht von Na 2 S 2 0 3 + 5 H , 0 , d. h. 24,8 g im Liter. Mit Thiosulfatlösung lassen sich alle Stoffe titrieren, die aus Jodkalium in quantitativer Reaktion Jod frei machen, z. B. Chlorwasser, Bromwasser, Chromsäure u. a.

a ) Bestimmung des Gehaltes von Brom- oder Chlorwasser. Die zu untersuchende Lösung wird in einen reichlichen Uberschuß von Jodkaliumlösung hineingespült, und die Mischung mit etwas verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Die durch ausgeschiedenes Jod braun gefärbte Lösung wird mit 1/10-norm. Thiosulfatlösung titriert, bis sie nur noch schwach gelb gefärbt ist. Jetzt fügt man Stärkelösung hinzu: die geringe noch vorhandene

Titrationen

67

Menge von freiem Jod genügt, um eine intensive Blaufärbung zu bewirken. Man titriert nun unter Umschwenken tropfenweise mit der Thiosulfatlösung weiter, bis ein Tropfen die Lösung entfärbt. Jedes Chlor- bzw. Bromatom oxydiert ein Jod-Ion zu freiem Jod. Ein Grammäquivalent 01 daher = 35,46 g; ein Grammäquivalent Br = 79,92 g. Jedes Kubikzentimeter dsr 1 / 10 -norm. Thiosulfat4-ft lösung entspricht daher ^ ^ = 0,00355 g 01, bzw. 0,00799 g Br.

b) Bestimmung des Gehaltes einer Kupferlösung. (Vgl.S.41, Vers. 5). Die zu untersuchende Lösung wird mit einem Überschusse von starker KJ-Lösung versetzt, worauf die Reaktion Cu" + 2 J' = CuJ + J eintritt. Nach kräftigem Schütteln wird das ausgeschiedene Jod, ohne auf den CuJ-Niederschlag Rücksicht zu nehmen, wie bei a) titriert. Jedes Cu" macht ein Atom Jod frei. Ein Grammäquivalent Cu daher = 63,57 g Cu.

Versuche aus der organischen Chemie. Qualitative Elementaranalyse organischer Substanzen. 1. Nachweis von Kohlenstoff und Wasserstoff. Man mische eine Probe der gepulverten Substanz mit gepulvertem K u p f e r oxyd und erhitze in einem trocknen Glühröhrchen. Hierbei wird die organische Substanz auf Kosten des Kupferoxyds oxydiert, und der Kohlenstoff zu C0 2 , der Wasserstoff zu H 2 0 verbrannt. Das gebildete Wasser erkennt man als Beschlag an den kälteren Teilen des Glases; das Kohlendioxyd weist man durch einen am Glasstabe in den Gasraum gebrachten Tropfen Barytwasser nach. Man beachte, daß ein Teil des Kupferoxyds in rotes Kupfer übergegangen ist. 2. Nachweis von Stickstoff und Schwefel, wird eine stickstoffhaltige organische Substanz mit m e t a l l i s c h e m N a t r i u m geglüht, so tritt der Stickstoff mit dem in organischen Verbindungen stets enthaltenen Kohlenstoff und dem Natrium zu Natriumcyanid NaCN zusammen. Aus schwefelhaltiger Substanz wird bei derselben Behandlungsweise Na 2 S gebildet.

Eine kleine Messerspitze der Substanz wird mit einem erbsengroßen Stückchen Natriummetall, das man von der Rinde befreit hat, im Glühröhrchen zur Rotglut erhitzt. Das noch glühende Rohr wird in ein kleines Becherglas mit ca. 10 ccm Wasser geworfen (Vorsicht!): es zerspringt, und das überschüssige Natrium setzt sich unter Feuererscheinung mit dem Wasser um. Man filtriert von Glasscherben und Kohle ab und teilt das Filtrat in zwei Teile. In dem ersten Teile weise man das (gegebenenfalls) entstandene Alkalicyanid durch die B e r l i n e r b l a u r e a k t i o n nach (S. 56, oben). In der zweiten Hälfte wird das gebildete Natriumsulfid nachgewiesen, indem man die frisch bereitete Lösung eines Körnchens N a t r i u m n i t r o p r u s s i a t zusetzt: violette Färbung (vgl. S. 10, Versuch 4).

Alkohole, Aldehyde, Ketone, Säuren

69

3. Nachweis VOH Halogen. Ein Stückchen dicker Kupferdraht wird in der Bunsenflamme geglüht, bis es diese nicht mehr färbt. Bringt man ihn jetzt mit ein wenig der zu untersuchenden Substanz von neuem in die Flamme, so wird, falls die Substanz Halogen enthält, die Flamme grün gefärbt. Man wiederhole den Versuch mit einer halogenfreien Substanz: diese verbrennt, eventuell leuchtend, aber ohne Grünfärbung der Flamme.

Verbindungen der Fettreihe. Die Grundsubstanzen der Verbindungen der Fettreihe sind die Kohlenwasserstoffe von der allgemeinen Formel C n H 2 n + 2 . Von diesen Kohlenwasserstoffen sind die niederen Glieder Gase (z. B. C1I4 Methan, C 2 II 6 Äthan), die mittleren Flüssigkeiten (Benzin, Petroleum), die höchsten feste Körper (Paraffin). Durch Ersatz von Wasserstoff in diesen Kohlenwasserstoffen durch andere Elemente lassen sich die übrigen Verbindungen der Fettreihe theoretisch ableiten.

I. Alkohole, Aldehyde, Ketone, Säuren. A l k o h o l e leiten sich von den Kohlenwasserstoffen dadurch ab, daß ein H - A t o m (oder mehrere an verschiedenen Kohlenstoffatomen) durch O H ersetzt ist. Der Kohlenwasserstoffrest, an dem die OH-Gruppe einwertiger Alkohole haftet, wird „ A l k y l " genannt. Z. B. enthält Methylalkohol C H s O I i die Alkylgruppe C H 8 , welche „ M e t h y l " heißt; entsprechend Äthylalkohol C H 8 - C H 2 O H die Alkylgruppe C H a . C H , bzw. C 2 H 6 , die „ Ä t h y l " genannt wird. „ P r i m ä r e A l k o h o l e " sind Alkohole, bei denen das C-Atom, an dem die OH-Gruppe haftet, am Ende der Kette steht; sie enthalten also die Gruppe — C H j O H . Methylalkohol und Äthylalkohol sind primäre Alkohole. „ S e k u n d ä r e A l k o h o l e " sind solche, bei denen an dem Kohlenstoffatome, das die OH-Gruppe trägt, nur noch e i n H - A t o m haftet, während die beiden anderen Bindungsstellen an weitere Kohlenstoffatome gebunden sind. Sie enthalten also die Gruppe ^ > C H O H . Beispiel: Isopropylalkohol (CH a ) 8 CHOH. „ T e r t i ä r e A l k o h o l e " endlich enthalten die Gruppe ^ S C - O H , also keinen Wasserstoff an dem Kohlenstoffatome, welches das Hydroxyl trägt. Das H y d r o x y l der Alkohole verhält sich ähnlich w i e das des Wassers: Es erhöht den Siedepunkt sehr erheblich über den der entsprechenden Kohlenwasserstoffe (infolge „Assoziation", auf der auch der hohe Siedepunkt des Wassers beruht), es macht die Alkohole, wenigstens die niederen, mit Wasser mischbar, und es reagiert, in Abwesenheit von Wasser, mit Natriummetall unter Wasserstoffentwicklung und Bildung von Natriumälkoholat R O N a . — „ Ä t h e r " sind Anhydride der Alkohole, die aus zwei Molekeln Alkohol durch Wasserabspaltung entstehen, z. B. Äthyläther C 2 H 6 • O • C a H 5 (der gewöhnliche „ Ä t h e r " ) . Da die Äther kein Hydroxyl enthalten, so sieden

70

Alkohole, Aldehyde, Ketone, Säuren

sie tiefer als die entsprechenden Alkohole und sind mit Wasser nicht in jedem Verhältnis mischbar, Carbonsäuren. Bei energischer Oxydation von primären Alkoholen geht deren —CH 2 OH-Gruppe

in die Gruppe — ' - ' ^ O H

(i'Carboxyl")

über;

die so entstandenen Verbindungen sind die „organischen Säuren" oder „ C a r b o n s ä u r e n " (die einbasischen Säuren der Fettreihe werden auch „Fettsäuren" genannt). So entsteht durch Oxydation von Äthylalkohol CH 3 -CH 2 OH die E s s i g s ä u r e CH 3 -COOH, durch Oxydation von Methylalkohol H C H j O H die A m e i s e n s ä u r e H - C O O I I . Das OH des Carboxyls ist sauer (wenn auch viel schwächer sauer als bei starken anorganischen Säuren), d. h. sein H wird in wäßriger Lösung teilweise vom 0 abionisiert. Dies hängt zusammen mit der verhältnismäßig hohen Oxydationsstufe des Carboxyl-Kohlenstoffatoms (vgl. das auf S. 20 Gesagte). Das Carboxyl-H k a n n daher auch in Gegenwart von Wasser durch Metall, z. B. Na, ersetzt werden; die so entstehenden Alkalisalze der Carbonsäuren (z. B. CH 3 COONa Natriumacetat) sind typische Salze, die aus Kation (z. B. N a + ) und Anion bestehen und in Wasser meist leicht löslich sind. — Die niederen Carbonsäuren sind, aus demselben Grunde wie die niederen Alkohole, mit Wasser mischbar; die höheren lösen sich iu Wasser wenig (wegen des langen Kohlenwasserstoffrestes), leicht dagegen in verdünnten Laugen infolge Salzbildung. „ S ä u r e r a d i k a l " oder „ A c y l " ist der Rest der Carbonsäuremolekel, der mit dem O H verbunden ist. Das Acyl der Essigsäure ist also das „Acetyl" CH s CO. — Das Hydroxyl der Carbonsäuren k a n n durch C h l o r ersetzt werden, wobei „ S ä u r e c h l o r i d e " entstehen, z. B. CHjCOCl Acetylclilorid. Diese Säurechloride werden durch Wasser in Carbonsäure und Salzsäure liydrolysiert, und dienen als ,,Aeylierungsmittel", d . h . zur E i n f ü h r u n g des in ihnen enthaltenen Acyls in andere Verbindungen. E s t e r sind Verbindungen, die aus einer Molekel Alkohol und einer Molekel Säure unter Wasserabspaltung entstehen. Handelt es sich um eine s t a r k e (anorganische) Säure, so ist es deren Säurewasserstoff, der mit dem Hydroxyl des Alkohols als Wasser austritt; solche Ester sind also aufzufassen als Säuren, deren Säurewasserstoff durch Alkyl ersetzt ist. Zu ihnen gehören die „ H a l o g e n a l k y l e " , z. B. CH 3 J Methyljodid, C s H 5 Br Äthylbromid, die Ester der Halogenwasserstoffsäuren. Diese sind gegen Wasser viel beständiger als die Säurechloride. Solche Ester starker Säuren dienen als „Alkylierungsmittel", d. h. zur Einführung von Alkyl in andere Verbindungen. Die Ester s c h w a c h e r sauerstoffhaltiger Säuren, insbesondere der Carbonsäuren, können formal ebenfalls durch Ersatz des Säurewasserstoffs durch Alkyl entstanden gedacht werden. Besser faßt man sie aber so auf, daß das OH des C a r b o x y l s mit dem H des alkoholischen Hydroxyls ausgetreten ist, d. h. als „acylierte Alkohole". Solche Ester wirken nicht als Alkylierungs-, sondern als Acylierungsmittel. Sie können aus Säure und Alkohol mit wasserabspaltenden Mitteln erhalten werden, z. B. aus Äthylalkohol C»H ri OH und Essigsäure CH s COOH der E s s i g s ä u r e - Ä t h y l ester CH3-C~:0 („Essigester"). ^OC2Hä

Alkohole, Aldehyde, Ketone, Säuren

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Viel leichter als mit der Säure selber tritt die Esterbildung (die „Acylierung des Alkohols") mit dem S ä u r e c h l o r i d ein; z.B. die Bildung yon Essigester aus Acetylchlorid und Alkohol: CH s -CO-Cl + C 2 H 5 OH = CH 3 -CO-OC 2 H 6 + HCl. In Gegenwart von Alkali (das die Salzsäure bindet) geht diese Eeaktion quantitativ und mit größter Leichtigkeit vor sich. Man benutzt sie, um Alkohole zu erkennen (Schotten-Baumann,sehe E e a k t i o n ) . Als Säurechlorid benutzt man dabei meist das Chlorid der Benzoesäure, Benzoylchlorid C6H6CO • Cl, da die dabei entstehenden Ester der Benzoesäure besser charakterisiert sind als die Ester der Fettsäuren. Die Ester sind meist Flüssigkeiten von angenehmem Geruch; wegen des Fehlens von Hydroxyl sind sie in Wasser wenig löslich. Durch längere Einwirkung von Wasser in der Hitze werden sie in Alkohol und Säure hydrolysiert ( „ V e r s e i f u n g " der Ester). Diese Verseifung wird durch Gegenwart anorganischer Säuren oder Laugen sehr beschleunigt; mit Lauge tritt die Säure des Esters als Alkalisalz auf. Aldehyde. Durch vorsichtige Oxydation können den primären Alkoholen zwei Wasserstoffatome entzogen werden, ohne daß Sauerstoff zugeführt wird; man erhält so einen Stoff, der die „Aldehydgruppe" — e n t h ä l t . Ein Aldehyd unterscheidet sich also von dem entsprechenden Alkohol durch einen Mindergehalt von 2 H , von der entsprechenden Säure durch einen Mindergehalt, von 1 O. So entsteht durch Oxydation von Äthylalkohol unter geeigneten Bedingungen der A c e t a l d e h y d nach der Gleichung: CH s -CH a -OH + 0 = C I I 3 . C < ® + H 2 0. Aldehyde geben zwei Klassen von Reaktionen. Erstens reagiert das Wasserstoffatom der Aldehydgruppe dadurch, daß es große Neigung besitzt, in H y d r o x y l überzugehen. Ein Aldehyd geht also leicht unter Sauerstoffaufhahme in die betreffende S ä u r e über und wirkt daher r e d u z i e r e n d . Infolgedessen geben Aldehyde die charakteristischen Reaktionen der Reduktionsmittel: Reduktion von ammoniakalischer Silberlösung zum Silberspiegel, Reduktion von 'Fehling scher Lösung, u. a. — Zweitens reagiert das doppelt gebundene Sauerstoffatom (bzw. das „Carbonyl" C: O) in charakteristischer Weise: es gibt mit gewissen Stoffen „Kondensationsreaktionen". Z.B. entsteht durch Einwirkung von Phenylhydrazin C6H5 • NH • NII 2 auf einen Aldehyd dessen „Phenylhydrazon": CHa • CH: |Q + H a | N • NH • C8H5 = CH a -CH:N-NII-C 6 H 6 + 1I 2 0. Ähnliche Kondensationsprodukte erhält man mit Hydrazin H 2 N-NH 2 , mit Hydroxylamin H 2 NOH u. a. Aus allen diesen Kondensationsprodukten kann durch Hydrolyse der Aldehyd zurückgewonnen werden. Da die Aldehyde kein Hydroxyl enthalten, so haben sie einerseits keine sauren Eigenschaften, anderseits geben sie nicht die SchoitenBaimannsche Reaktion. Ketoiie. S e k u n d ä r e Alkohole können, wie leicht ersichtlich, bei der Oxydation keine entsprechende Säure geben, da an dem Kohlenstoffatom der Alkoholgruppe nur zwei Bindungsstellen verfügbar sind. Die Oxydation beschränkt sich daher auf die Entziehung von zwei Wasserstoffatomen, und es

Äthylalkohol

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entstehen die den Aldehyden entsprechenden „ K e t o n e " . So entsteht durch Oxydation von Isopropylallcohol das A c e t o n CHa• CO-CH 3 . Man sieht ohne weiteres, daß die Ketone die R e d u k t i o n s r e a k t i o n e n der Aldehyde n i c h t geben können, wohl aber die Reaktionen des Carbonyls, die K o n d e n s a t ionsreaktionon. Durch dies Verhalten kann man Ketone einerseits erkennen, anderseits von Aldehyden unterscheiden. T e r t i ä r e Alkohole endlich sind überhaupt nicht höher oxydierbar, es sei denn unter weitgehender Zersetzung.

1. Einwertige Alkohole. a) Methylalkohol

(Methanol, Holzgeist)

CH3OH.

Siedepunkt 65°. Giftig. Wird heute aus CO + 2H 2 durch katalytische Synthese gewonnen. Versuche. 1. Man mische wenig Methylalkohol mit K a l i u m p y r o c h r o m a t lösung, setze verdünnte Schwefelsäure zu und koche etwa eine Minute: es tritt zunächst der stechende Geruch des F o r m a l d e h y d s auf; die Farbe der Lösung schlägt von Rot in Grün um (vgl. S. 3 8 , Versuch 5). Bald entweichen auch Dämpfe von A m e i s e n s ä u r e , die am Gerüche und an der sauren Reaktion erkennbar sind. CHjOH + 0 = H-CHO + H 2 0 , H - C H O + 0 = H-COOH. 2. E r s a t z d e s H y d r o x y l s d u r c h H a l o g e n . Einige Tropfen Methylalkohol werden mit einer Messerspitze r o t e n P h o s p h o r s und einigen Kriställchen J o d versetzt und unter Umschütteln kurze Zeit gelinde erwärmt. Entfernt man dann das überschüssige Jod durch Zusatz von Wasser und Natronlauge, so ist der Geruch des J o d m e t h y l s erkennbar. 3CH3OH + PJ3 = 3CH3J +

P(OH)r

1>) Äthylalkohol (Weingeist) CH3 CH2OH. Der gewöhnliche „Alkohol". Siedepunkt 78°. Er wird durch Gärung von Traubenzucker (aus Stärke) gewonnen. Er ist mit Wasser in jedem Verhältnisse mischbar. „Absoluter Alkohol" ist so gut wie wasserfrei; der „gewöhnliche Alkohol" des Laboratoriums ist 96%ig. „Denaturierter Spiritus" ist Alkohol, der durch Zusatz von rohem Pyridin und rohem Methylalkohol ungenießbar gemacht worden ist.

Äthylalkohol

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Versuche. 1. P r ü f u n g von A l k o h o l auf W a s s e r g e b a l t : Man übergieße in einem Probierglase eine Messerspitze wasserfreies, farbloses K u p f e r s u l f a t mit gewöhnlichem, käuflichem Alkohol: Das Kupfersalz färbt sich durch Aufnahme von Kristallwasser blau. Man wiederhole den Versuch mit absolutem (im Laboratorium über CaO destilliertem) Alkohol: Das Kupfersulfat bleibt farblos. Reaktionen, die für alle Alkohole gültig sind: 2. V e r e s t e r u n g . Eine Messerspitze N a t r i u m a c e t a t wird mit Alkohol und einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure versetzt und gelinde erwärmt: es tritt der angenehm fruchtartige Geruch des Essigsäureäthylesters („Essigester") auf.

C2H5OH + CH3COOH = CH3.C-O + H 2 0. -OC2H5 3. Sclwtten-Baumannsehe R e a k t i o n . Einige Tropfen Alkohol werden mit ebensoviel B e n z o y l c h l o r i d und reichlich mit starker Natronlauge versetzt und anhaltend geschüttelt: der stechende Geruch des Benzoylchlorids verschwindet, und es tritt der angenehme Geruch des Benzoesäureäthylesters auf. C a H 5 OH + C0H6CO-C1 + NaOH = C 6 H B CO.OC 2 H 5 + NaCl + H S O. V e r s u c h e m i t B e n z o y l c h l o r i d s i n d u n t e r dem A b z ü g e auszuführen! 4. E s t e r v e r s e i f u n g . Man koche einige Tropfen Essigester mit Natronlauge; der Estergerach verschwindet. Man säure jetzt mit Schwefelsäure an und koche; es tritt der Geruch der Essigsäure auf. CH3 • COOCjHg + NaOH = CHg-COONa + C 2 H 6 OH. 5. Ä t h e r b i l d u n g . In einem Probierglase werden 3 Tropfen absoluten Alkohols mit 2 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure zum Sieden erhitzt. Das abgekühlte Gemisch besitzt — wenn auch nicht deutlich — den Geruch des Ä t h y l ä t h e r s . 2C 2 H 5 OH = 0 2 E 5 .0-C 2 H 5 + H 2 0 . „Äther" C 2 H 6 '0'C 2 H 5 siedet schon bei 34,5° und ist mit Wasser nicht in jedem Verhältnisse mischbar. Man gieße etwas

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Formaldehyd

Äther auf die Handfläche und überzeuge sich von seiner großen Flüchtigkeit (Verdunstungskälte). Ein Kubikzentimeter Äther werde in ein Probierglas gebracht und 2 bis 3 ccm Wasser zugefügt: der Äther bildet eine Schicht über dem Wasser. Man setze jetzt viel Wasser hinzu und schüttele: nunmehr geht aller Äther in Lösung. Spezielle Reaktion der p r i m ä r e n

Alkohole:

6. Wenig Alkohol wird mit K a l i u m p y r o c l i r o m a t l ö s u n g und verdünnter Schwefelsäure gekocht: es tritt der Geruch des Acetaldehyds auf (vgl. S. 38, Versuch 5). CH 3 CH 2 OH + o = C H 3 . C < ^ + H 2 0 . Spezielle Reaktion des Ä t h y l a l k o h o l s : 7. 1 Tropfen Alkohol wird mit- Wasser verdünnt, einige Tropfen J o d j o d k a l i u m l ö s u n g und Natronlauge bis eben zur Entfärbung zugefügt, und das Gemisch gelinde erwärmt: bald tritt der charakteristische Geruch des J o d o f o r m s auf. C a H 5 OH + 6 NaOH 4 - 8 J = CHJ 3 + H • COONa + 5 NaJ

5 H20

[Liebens J o d o f o r m r e a k t i o n ; sehr empfindliche Probe auf Äthylalkohol. Wird aber auch von Aceton gegeben, siehe unten.)

2. Aldehyde und Ketone. a) Formaldehyd HC