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German Pages 214 [215] Year 2023
Gert Heinz Kumpf
Kultplätze und heilige Berge im Odenwald Eine matriarchale Spurensuche
Verlag W. Kohlhammer
Umschlagbild: Der Heiligenberg bei Heidelberg. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Heiligenberg_Heidelberg.JPG
1. Auflage 2023 Alle Rechte vorbehalten © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Print: ISBN 978-3-17-043206-2 E-Book-Format: pdf: 978-3-17-043207-9 Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Inhaltsverzeichnis Vorwort ....................................................................................... 9 1. Kapitel: Zur Einführung.............................................................. 11 1.1 1.2 1.3 1.4
Auf der Suche nach Plätzen des Glaubens ......................................... Zur Kritik an Matriarchatstheorien .................................................... Methode: Landschaft wissend sehen .................................................. Beispiel: Weltbild und Landschaft ......................................................
11 13 15 17
2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald ............................ 21 2.1 Älteste Gegenstände der Verehrung ................................................... 21 2.2 Quellheiligtümer im Odenwald ............................................................ 2.2.1 Quellen zum Rhein fließend ....................................................... Zur Not Gottes bei Auerbach .................................................. St. Kosmas und Damian in Neunkirchen .............................. 2.2.2 Quellen zum Main fließend ........................................................ Quellenkultstätte Amorsbrunn bei Amorbach .................... St. Ottilia in Rüdenau ............................................................... St. Wendelin in Breitenbach bei Ottorfszell ......................... St. Maria in der Quellkirche Güttersbach ............................. 2.2.3 Quellen zum Neckar fließend .................................................... St. Maria in Schöllenbach ...................................................... St. Luzia und St. Odilia in Hesselbach .................................. St. Leonhard bei Falken-Gesäß ............................................. St. Maria in Lichtenklingen ................................................... 2.2.4 Weitere mögliche Quellheiligtümer ......................................... 2.2.5 Und die Quelle der Nibelungen?................................................
22 23 23 23 25 25 26 27 27 29 29 30 31 32 34 35
2.3 Ursache des Quellenkultes .................................................................... 36
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Inhaltsverzeichnis
3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit .......................... 37 3.1 Jungstein- und bronzezeitliche Bauern ............................................. 3.1.1 Megalithanlagen ......................................................................... Menhire .................................................................................... Steinsetzungen......................................................................... 3.1.2 Toponymfamilie ‚Heidenberg'. .................................................. Erörterung Heidenberge ....................................................... Erörterung Heidelberge ......................................................... Erörterung Heiligenberge ..................................................... 3.1.3 Die dreifache Muttergöttin oder ‚Weiße Frau' ....................... Modell der Modernen Matriarchatsforschung .................. Dreizahlen im Odenwald ....................................................... Die ‚Weiße Frau' des Odenwaldes ........................................ Holunder und Schneeberg .................................................... 3.1.4 Altes Volk und Naturgeister ..................................................... Die Wilden Frauen des Odenwaldes ..................................... Hainzen, Elfen, Wasserfräulein .............................................
38 39 39 40 42 44 46 48 50 51 53 53 55 56 57 57
3.2 Kelten im Vorderen Odenwald ............................................................ 3.2.1 Ringwallanlagen .......................................................................... 3.2.2 Hügelgräber ................................................................................. 3.2.3 Viereckschanzen ......................................................................... 3.2.4 Keltisch-römischer Matronenkult ...........................................
58 59 60 61 62
3.3 Germanen: Kimbern, Alemannen, Franken ...................................... 3.3.1 Germanische Hauptgötter ......................................................... Holz-Idole in Opfermooren .................................................... Götternamen in den Wochentagen ...................................... Weihe-Inschriften auf Odenwaldbergen ............................. 3.3.2 Heilige Haine im Odenwald ....................................................... 3.3.3 Nertha, Beedenkirchen und die drei Bethen .......................... 3.3.4 Die Priesterinnen der Muttergöttin ......................................... Jetta lebte am Königstuhl ....................................................... Freya lebte am Katzenbuckel .................................................
64 67 67 68 69 71 74 77 77 79
Inhaltsverzeichnis
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald ................. 83 4.1 Umwertungen der christlichen Mission ........................................... 4.1.1 Heilige Maria ersetzt die keltische Quellgöttin ..................... 4.1.2 Heiliger Michael verdrängt den germanischen Wodan ....... Beleg Michelstadt .................................................................... Weitere Belege im Odenwald ................................................. Beleg im angrenzenden Spessart .......................................... 4.1.3 Teufelsorte als Geländebezeichnungen ..................................
83 87 89 91 94 95 96
4.2 Das Christentum fasst Fuß ................................................................... 97 4.2.1 Die fränkischen Sankt-Martins-Patrozinien .......................... 97 4.2.2 Christliche Flurnamen ............................................................... 99 4.2.3 Wallfahrtsstätten im Odenwald .............................................. 101 Wallfahrten bis zur Reformation ......................................... 102 Wallfahrten bis heute ............................................................ 102
5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend ........... 105 5.1 Warum „heilige Berge“? ...................................................................... 105 5.2 Vier Berge an der Bergstraße ............................................................. 5.2.1 Der Malchen 517 m .................................................................... 5.2.2 Der Steinkopf (Juhöhe) 402 m .................................................. 5.2.3 Der Kreuzberg 358 m ................................................................. 5.2.4 Der Heiligenberg 440 m ............................................................
109 109 111 114 117
5.3 Sechs Berge im Vorderen Odenwald ................................................. 5.3.1 Die Altscheuer 384 m ................................................................. 5.3.2 Die Neunkircher Höhe 605 m ................................................... 5.3.3 Der Kapellenberg 471 m ............................................................ 5.3.4 Der Donnersberg 180 m ............................................................ 5.3.5 Der Götzenstein 522 m .............................................................. 5.3.6 Der Steinberg 428 m ..................................................................
120 120 124 126 132 135 141
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Inhaltsverzeichnis
5.4 Zwei Berge am Main bei Miltenberg ................................................. 144 5.4.1 Der Greinberg 452 m .................................................................. 144 5.4.2 Der Wannenberg 481 m ............................................................ 151 5.5 Geographische Verteilung der zwölf heiligen Berge ...................... 155
6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar ......... 161 6.1 Einführung in das Thema Heiligenberg ............................................ 161 6.2 Keltisches Bezugssystem Heiligenberg ............................................. 6.2.1 Der Zweck des Bergplatzes ....................................................... 6.2.2 Weitere keltische Bergsiedlungen im Südwesten ................ 6.2.3 Der Sinn neolithischer Sichtlinien .......................................... 6.2.4 Bezugssysteme vom Heiligenberg aus ...................................
163 163 165 167 168
6.3 These zum Namensursprung des Heiligenbergs ............................. 6.3.1 Ausstrahlung des Wormser Bethenkults ............................... 6.3.2 Historisch überlieferte Bergnamen ........................................ 6.3.3 Thesen zum Wort ‚Aberinesberg' ............................................ 6.3.4 Odin und Ainbet werden christianisiert ................................
171 171 175 177 182
6.4 Die Erdgöttin in ihrer mythischen Landschaft ................................ 186
Endnoten .................................................................................. 191 Literaturliste ............................................................................ 209 Verzeichnis der Abbildungen ............................................... 213
Vorwort Der zwischen Rhein, Main und Neckar liegende Odenwald war ein Teil der frühen matriarchalen Kultur der bandkeramischen Bauerngesellschaften. Sie verehrten die Quellen und errichteten auf den nacheiszeitlich noch baumfreien Bergeshöhen Kultstätten zur Beobachtung der Gestirne, zur Bestattung ihrer Toten und zur Verehrung der Großen Göttin. Spuren dieser frühen megalithischen Zeit lassen sich auf mindestens zwölf Odenwaldbergen nachweisen. Einige dieser Kultplätze wurden später von Kelten, dann Römern und Germanen übernommen und schließlich in christlicher Zeit weitergeführt. Geschichts- und Sagenforschung, die geographische Erfassung der Geländemorphologie und Methoden der Orts- und Flurnamenforschung werden systematisch angewendet. Hinzu tritt die Methode der Landschaftsmythologie, die von Kurt Derungs als „kulturelles Gedächtnis der Landschaft“ definiert und von der Begründerin der Modernen Matriarchatsforschung Heide Göttner-Abendroth entscheidend ausgestaltet wurde. So fällt überraschenderweise aus der jungsteinzeitlichen Kultur ein neues Licht auf dieses Gebirge, das sich an der Verkehrsachse der Rheinebene und in der Mitte Europas befindet. Ein Bewusstsein, das aus dem Reichtum, der Harmonie und dem Frieden des Matriarchats schöpft, ist unserer krisengeschüttelten Gesellschaft heute nötiger denn je zuvor. Mein besonderer Dank gilt Herrn Daniel Wünsch vom Kohlhammer Verlag für seine geduldige Unterstützung, Frau Heide Göttner-Abendroth für die wohlwollende Lektüre des Manuskripts, Herrn Hans-Günther Morr für die freundliche Genehmigung zum Abdruck seiner Skizzen und meiner Ehefrau Susanna für die vielen guten Gespräche. Igersheim, im Oktober 2022
Gert Heinz Kumpf
1. Kapitel: Zur Einführung 1.1 Auf der Suche nach Plätzen des Glaubens Wir scheinen in einer sich zunehmend säkularisierenden Welt zu leben, da die materiellen Güter sich immer stärker zwischen uns Menschen und unsere Bezüge zu dem Wahrhaften, Göttlichen drängen. Der aufmerksame Zeitgenosse sieht, wie Häuser, Siedlungen, Industrien und vor allem unser gründlich ausgebautes Verkehrssystem mit seinen Bewegungsmitteln unsere Natur immer mehr „zustellen“. Der nächtliche Blick zum Himmel lässt Sterne und Mond wegen greller Straßen- und Objektbeleuchtung verblassen. Dem Autofahrer scheint ein tiefstehender Vollmond manchmal wie ein fehlerhaft beleuchteter Lkw entgegenzukommen. Dabei sind Mond, Sterne und Sonne über Jahrmillionen hinweg die einzigen Lichter am Himmel gewesen und haben „den Blick nach oben“ zu einem Ehrfurchtsvollen werden lassen. Der Rundblick ging zunächst in die Gruppe, später in die Dorfgemeinschaft und darüber hinaus in das Tal oder die Ebene. Der Blick ist begrenzt im Unterschied zum Blick nach oben. Anders aber ist es im Gebirge auf seinen Höhen: hier senkt sich die Landschaft ab und der Blick schweift rundherum in die Weite. Auf einmal wird die Natur als großer, den Menschen umfassender Schutz-, Nahrungs- und Erlebensraum erkannt und ein Schauer mag dem Betrachter damals in der Steinzeit wie heute über den Rücken laufen ob der schier grenzenlosen Fülle und Schönheit der Erde. Hier sind die Wurzeln des Glaubens an eine höhere Kraft: beim Bergblick und beim Himmelsblick. Schauen wir aber nach unten, dann sehen wir unseren Körper, der uns über die Erde trägt; wir sehen den Mikrokosmos von Gras, Stein, Pflanze und Insekt und dann den nächsten Teil des Weges vor uns, den wir zu gehen haben. Es ist das Kleine und Mühselige unten, das Weite und Herrliche um uns und das Endlose, Unbegreifliche, Strahlende über uns.
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1. Kapitel: Zur Einführung
Von den Anfängen der Steinzeit vor 2,6 Millionen Jahren sind das die Bedingungen unseres Menschseins, die uns wie von selbst zum Glauben führen. Dagegen sind die Gründungszeiten der heutigen Weltreligionen ein junges, modernes Ereignis. Das unseren mitteleuropäischen Raum prägende Christentum breitete sich erst mit der Konstantinischen Wende im Jahr 313 aus; 393 wird es Staatsreligion im Römischen Reich. Bis die letzten Germanenstämme vom heidnischen zum christlichen Glauben übergetreten waren, vergingen dann noch einmal 500 Jahre. Karl der Große wurde an Weihnachten 800 in Rom zum Kaiser gekrönt, er gilt als der Vater des christlichen Abendlandes. Wenn wir feststellen, dass heutzutage das Christentum die Religionsgemeinschaft ist, die sich am weitesten über den Globus ausgebreitet hat, so ist das aber erst ein Ereignis der letzten 1200 Jahre, in Amerika der letzten 500 und in Afrika der letzten 200 Jahre. Welch verschwindend kurze Zeiträume gegenüber den Zeiträumen der alten Gläubigkeit! Es wurde schon angedeutet, dass die Berge im Glauben eine ganz besondere Rolle spielen. Der herrlich weite Blick in alle vier Himmelsrichtungen, der abgesenkte Blick, der einen größeren Horizontwinkel als in der Ebene ermöglicht und der freie, unverstellte Blick auf den Himmel, in der Nacht in das Universum – dies sind wesentliche Gründe dafür, dass bereits die ersten Menschen, die nach dem Ende der Eiszeit begannen, die Landschaften und zugänglichen Berge zu besiedeln, Observatorien und heilige Plätze oben auf den Bergen errichteten. Das Megalithzeitalter brachte die großen Steinsetzungen und Kultorte in Europa, am bekanntesten ist Stonehenge in Südengland, aber auch in Teilen Deutschlands, vom Norden bis zum Bayerischen Wald, sind sie nachgewiesen. Im Odenwald ist der Heiligenberg bei Heidelberg seit 7000 Jahren besiedelt. Auch die Besiedlung anderer Berge des Odenwalds reicht bis in die Jungsteinzeit und Bronzezeit zurück, also in einen Zeitraum lange vor den Kelten und Römern. Diese alten Kultorte zu finden, sie zu beschreiben und historisch zuzuordnen ist der erste Teil, die frühbesiedelten Berge zu finden, die auf die eine oder andere Weise mit heiligen Spuren verbunden sind, und in ihrer heiligen Bedeutung zu erfassen, der zweite Teil dieser Arbeit. Warum heilig? Das Heilige ist das Unberührte, das dem trivialen, praktischen, Nutzen orientierten Zugriff Entzogene; zugleich das Wesenselement, das über das Dasein des Menschen hinausreicht und ihn mit
Zur Kritik an Matriarchatstheorien
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dem Größeren, den Kräften der Natur, des Universums verbindet. Unser Leben wird, ganz wörtlich, getragen von der Erde; also ist beides heilig, das Irdische unter und das Himmlische über uns. So sahen es die Menschen der Steinzeit, indem sie die fruchtbringende Erde als Große Mutter verehrten, die umgeben vom Himmel und dem Sternenzelt ist. So sah es der Mensch der Steinzeit: nur das Feuer trat als Licht zum natürlichen Strahlen der Sonne am Tag und der Sterne und des Mondes in der Nacht hinzu. Es gab noch kein elektrisches Licht in Städten, Straßen und bei Fahrzeugen, die heute in unserer modernen Welt das Licht der Natur stark zurückdrängen. Früher, in der Steinzeit, war somit das Heilige, das Lebensschützende, Ernährende und Lebensspendende recht leicht erkennbar und ohne Konkurrenz erfahrbar als Erde und Himmel. Beides gibt das Leben: die Erde im Rhythmus der Jahreszeiten, die durch den wechselnden Stand der Sonne hervorgerufen werden; der Himmel durch den leuchtenden Mond, der mit dem Mond-Monat den kleineren Zeitrhythmus gibt. Das Heilige steht bei dieser Untersuchung im Vordergrund, wobei dieser Begriff sehr weit und ursprünglich gefasst ist und einbezieht, dass es sich um ein Wesenselement des Menschen, eben der ‚conditio humana‘ (schlichtweg der Bedingung des Menschseins) handelt, auch schon lange vor der Geburt Jesu oder der des Buddha.
1.2 Zur Kritik an Matriarchatstheorien Der Autor möchte hier nicht die Vielfalt der älteren Matriarchatstheorien ausbreiten, sondern sich exemplarisch auf den Ansatz der Begründerin der Modernen Matriarchatsforschung berufen: Heide Göttner-Abendroth (*1941)1. Auch nach den Studien des Autors ist die Auffassung, dass vor der schriftlich überlieferten, also historischen Zeit, aus der wir nur archäologische Spuren haben, ein grundlegend anderes (modern gesprochen) „Gesellschaftssystem“ bestand, eben aufgrund der Vielfalt an archäologischen Funden besonders der letzten Jahre und Jahrzehnte, nicht von der Hand zu weisen. Angefangen bei der „Venus vom Hohlefels“, die erst 2008 in einer Höhle der Schwäbischen Alb gefunden wurde, deren Alter mittels Radiokohlenstoffdatierung festgestellt wurde und 35.000–40.000 Jahren
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1. Kapitel: Zur Einführung
entspricht, über die Entdeckungen von Catalhöyük (seit 1961) und Göbekli Tepe (seit 1994) in Anatolien bis hin zu Forschungen von Marija Gimbutas (1921-1994), die in den Mustern der 7000 Jahre alten Gefäße der alteuropäischen Donaukultur eine Symbolsprache gefunden hat, vermehren sich nahezu jährlich die Signale, die auf eine matrilinear und auf Ausgleich orientierte Gesellschaft hinweisen, in deren Mittelpunkt eine Große Mutter oder Muttergöttin der Fruchtbarkeit und Leben spendenden Erde gestanden hat. Diese grundlegend auf das Weibliche hin orientierten Auffassungen hielten sich bis in die Jungsteinzeit und die Bronzezeit, bis es dann um 3000 bis 1500 v. Chr. in Anatolien, Mesopotamien und Südeuropa zu einem Umbruch hin zu patriarchal orientierten Gesellschaften kam. Patriarchal soll hier kein „Reizwort“ sein, sondern bedeutet ganz schlicht und einfach, dass jetzt das begann, was wir so landläufig als Geschichte begreifen und das durch die folgenden Elemente gekennzeichnet ist: Männlich dominierte Herrschaftsstrukturen und Hierarchien, das heißt religiös und durch Priesterkasten abgesichertes Königtum, gestützt auf die privilegierte Schicht des Adels, der den Druck nach unten auf die bäuerliche und Handwerkerschicht der Bevölkerung weitergibt. Als Machtinstrument diente durchgehend in allen Kulturen der Aufbau von streng auf Befehlsstrukturen hin ausgerichteten Armeen, zur Unterdrückung von Revolten nach innen, aber hauptsächlich zur Kriegführung nach außen. Der institutionelle Rahmen des Ganzen, der Staat, ist auf Expansion hin orientiert, also auf Überfall anderer, benachbarter Staaten und auf Versklavung der unterworfenen Bevölkerung und Beraubung angehäufter Güter und Schätze der anderen. Dieses „Räuberwesen“ ist in der Geschichte genügend belegt, angefangen bei den Assyrern über Caesar, Karl den Großen, Napoleon, Hitler bis hin zu dem Herrscher Russlands, der, während der Autor diese Zeilen im März 2022 schreibt, das benachbarte „Brudervolk“ niederschießen lässt. Die Herrscher werden dabei häufig von verschiedenen ‚Legitimitäten‘ abgesichert, wobei leider die Religion keine rühmliche Rolle spielt. Man muss natürlich die institutionalisierte Form der Priesterkaste z. B. in Indien oder auch die machtvoll ausgestatteten Bistümer des frühen Frankenreiches, die als Stützen des auf Eroberung drängenden Herrschers fungierten, von der Religiosität und Frömmigkeit der Bevöl-
Methode: Landschaft wissend sehen
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kerung oder allgemein gesprochen von der Spiritualität des Menschen unterscheiden. Die Kritik an Matriarchatstheorien bzw. an dem dahinter stehenden Weltbild lautet häufig, dass es „doch immer schon so war wie heute“ – was sich aber als ein in die Luft hinein fabuliertes Vorurteil entlarvt. Denn einzelne wenige, auch in der Jungsteinzeit vorkommende Gewaltdelikte, die Archäologen entdeckt haben, sind selten gegenüber der Masse an z. B. Frauenstatuetten in Anatolien und der klar egalitär errichteten Siedlung von Catalhöyük oder den Siedlungen der frühen Induskultur, die keine Herrschaftsgebäude oder Tempel, sondern nur große Wasserbecken, vermutlich für Landwirtschaft und Kultus, aufweisen. Die Archäologie liefert bis heute kein überzeugendes Gegenargument gegen das frühe Matriarchat. Man kann auch nicht mit der ‚ParadiesTheorie‘ die Matriarchatsforschung versuchen zu diskreditieren, indem man ein Paradies postuliert und dann von diesem ausgehend matrilineare Gesellschaften verwirft, weil vielleicht damals manchmal auch etwas Schlimmes passiert ist, siehe der e i n e gefundene archäologische Beleg. Das ist wissenschaftlich nicht korrekt. Nach diesen Überlegungen wird man verstehen, warum der Autor ganz getrost der matriarchalen Theorie von der Jungsteinzeit folgt, einer Gesellschaftsform, in der der Mann noch nicht als Gewaltherrscher auftrat, aber natürlich auch seinen Platz im Leben hatte, und vielleicht nicht einmal den schlechtesten.
1.3 Methode: Landschaft wissend sehen Eine Landschaft ist mehr als die Summe seiner Berge, Täler und Flüsse. Wendet man die drei Fachgebiete Archäologie, Ethnologie und Mythologie gemeinsam auf die Landschaftsanalyse an, so gelangt man zum „kulturellen Gedächtnis der Landschaft“. Dies ist die Definition von Landschaftsmythologie, deren Begründer der Schweizer Forscher Kurt Derungs2 ist. Ein anderes Wort für diese neue Sichtweise ist „Anthropologie der Landschaft“, sodass man auch von Kulturanthropologie sprechen kann. Dieses Buch verbindet in seiner Methodik den landschaftsmythologischen Ansatz Derungs mit der Modernen Matriarchatsforschung Göttner-
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1. Kapitel: Zur Einführung
Abendroths, die dessen Besonderheiten mit matriarchaler Spurensuche verknüpft, insbesondere mit germanistischen Analysen der Sagen und landschaftlichen Namen. In ihren Büchern zur „Matriarchalen Landschaftsmythologie“ hat Göttner-Abendroth am Beispiel deutscher und Alpenlandschaften untersucht, welche Relikte der jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Kulturschicht vorhanden sind und sie mit der umgebenden Landschaft in Beziehung gesetzt. Diese Methode nennt sie „geistige Archäologie“. Die Matriarchale Landschaftsmythologie ist ein „Teilbereich der Spurensicherung in Sachen frühhistorischer matriarchaler Kulturen“ 3. Der landschaftsmythologische Ansatz geht beim Auffinden matriarchaler Spuren in der Landschaft klar methodisch vor, indem zehn Methoden in die Gesamtanalyse einbezogen werden. Sie seien hier kurz benannt: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Begehen einer Landschaft, Entdecken „Heiliger Hügel“ mit abgesenktem Horizont, Prüfen von Sichtlinien gemäß der Archäo-Astronomie, Prüfen von Kultlinien und Kultwegen, Archäologische Analyse, Linguistische Analyse, Kirchenforschung, Sagen- und Mythenforschung, Folklore-Forschung und Erforschung von Rückzugsgebieten und kulturellen Nischen. 4
Versucht man diese Methodik einer „matriarchalen Landschaftsmythologie“ systematisch auf ihre Grundbausteine zu reduzieren, so erhält man den geographischen, den astronomischen, den vorgeschichtlichen, den archäologischen, den kirchenhistorischen und den völkerkundlichen Ansatz. Hinzu treten germanistische Ansätze der Linguistik oder Namenforschung sowie der Sagen- und Mythen-interpretation. Die Vielfalt der Herangehensweisen führt zu einer hohen Dichte der Wahrheits-Wahrscheinlichkeit, sodass die Gesamtinterpretation des Objekts weitgehend abgesichert ist. Eine Interpretation ist per se natürlich nicht eine mathematisch 100%ige Aussage, sondern bleibt, wie alle Thesen der Wissenschaft, offen für Modifikation oder sogar Verwerfung.
Beispiel: Weltbild und Landschaft
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Zusammenfassend sei die Trivialität festgehalten, dass Sehen und Sehen zweierlei sind. Ist das Sehen nur ein Hinsehen, ist es inhaltslos oder oberflächlich. Ist es mit Wissen, Begehung und Studium der Hintergründe verschiedenster Art, wie oben dargelegt, verbunden, wird es zu einem „wissenden Sehen“. Dieser Blick geht zurück in die Geschichte und Vorgeschichte und erweitert die räumliche Sicht durch die historische Achse: damit eröffnen sich Jahrtausende der Kultur vor unserer Zeit.
1.4 Beispiel: Weltbild und Landschaft Dass man in der Jungsteinzeit anders auf die Landschaft blickte als heute, hängt mit der damaligen ganzheitlichen kosmischen Spiritualität und der Verehrung von Mutter Natur zusammen. Diese Zusammenhänge sind in unserer, durch den Monotheismus geprägten Religion weitgehend verloren gegangen. Allerdings zeigt zum Beispiel das Weltbild der Indianer bis in unsere Zeit hinein diesen Zusammenhang. Bei der Untersuchung indianischer Quellen begegnet uns „eine Art der Landschaftsbetrachtung …, die den Eindruck erweckt, als verfügten diese Menschen über ein anderes, ein schärferes ‚Sehvermögen‘, als könnten sie ‚mehr‘ sehen als wir.“5 In indianischen Landschaftsbeschreibungen „wird uns zuerst die Ehrfurcht auffallen, mit der ein Indianer der Landschaft entgegentritt“6. Dagegen begegnen wir in unserer heutigen Kultur der Landschaft in der Regel neutraler. Für den Indianer wird die Landschaft zu einem geradezu heiligen Ort: Wann immer er auf seiner täglichen Jagd auf ein Bild ehrfurchtgebietender Schönheit stößt – eine Regenbogenbrücke vor einer schwarzen Gewitterwolke über den Bergen; einen weißschäumenden Wasserfall im Herzen einer grünen Schlucht; eine weite Prärie, vom Sonnenuntergang blutrot angestrahlt – verharrt der rote Jäger einen Augenblick in anbetender Haltung.7 Für den Christen ist die Kirche der Gebetsort; für den Indianer ist die Landschaft „in all ihren Details Gegenstand der Anbetung. Landschaft ist für ihn sowohl ein Sakral-Erlebnis als auch eine sakrale Kultstätte“8. In der Rede des Duwamish-Häuptlings Seattle an den Präsidenten der
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1. Kapitel: Zur Einführung
Vereinigten Staaten aus dem Jahr 1855 legt der Indianer unter dem Stichwort ‚Wir sind ein Teil der Erde‘ seine Weltsicht dar: Jeder Teil der Erde ist meinem Volke heilig. Jede glitzernde Tannennadel, jeder sandige Strand, jeder Nebel in den dunklen Wäldern, jede Lichtung, jedes summende Insekt ist heilig in den Gedanken und Erfahrungen meines Volkes. Der Saft, der in den Bäumen steigt, trägt die Erinnerung des roten Mannes. … Unsere Toten vergessen diese wunderbare Erde nie … Wir sind ein Teil der Erde – und sie ist ein Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern, die Rehe, das Pferd, der große Adler – sie sind unsere Brüder. Die felsigen Höhen, die saftigen Wiesen, die Körperwärme des Ponys – und des Menschen – sie alle gehören zur gleichen Familie.9 In der Landschaft seiner Heimat erkennt ein Indianer seine höchste Gottheit, er verehrt die Erde als die Mutter allen Lebens: „Diese wunderbare Erde … ist des roten Mannes Mutter“10. Wir treffen hier auf die uralte Verehrung der „Mutter Natur“, wie sie in unseren Breiten in der Jungstein- und Bronzezeit und als kultureller Urgrund auch noch in keltischer Zeit bestand. Allerdings kam es bereits in keltischer und später germanischer Zeit zu einer Verdrängung der mütterlichen Gottheit zugunsten männlicher Götter und der Einrichtung einer patriarchal organisierten Kriegergesellschaft. Im religiösen Bereich stellt die Einführung des Monotheismus durch Judentum, Christentum und Islam eine sich verschärfende Abkehr vom natürlichen, spirituellen Urgund dar, wie er sich spurenweise noch im Hinduismus und recht deutlich in der indianischen Weltsicht erhalten hat. Auch die nicht-indoeuropäischen Völker Westsibiriens und Nordeuropas haben bis ins 19. Jahrhundert die Naturverehrung beibehalten: „Die Steine (sind) bei den Ugriern wie bei den Lappen die ältesten Formen der Verehrung gewesen“11. So auch in der Volksdichtung der Wogulen: „Den heiligen Ort, er sei Berg, Wald, See oder Fluss, bezeichnen die Wogulen mit dem Beinamen jelping „heilig“. Viele uns erhaltene Namen, die mit dem Worte jelping verbunden sind, wie z. B. jelping-ja ‚der heilige Fluss‘, jelping-tür ‚der heilige See‘ beweisen gleich den zahlreichen heiligen Bergen und Hainen, dass sich in ihnen oder in ihrer Nähe Stellen mit Götterbildern befunden haben.“12
Beispiel: Weltbild und Landschaft
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Seit 1500 bzw. 1200 Jahren (Franken bzw. Sachsen) sehen wir in Mitteleuropa unsere Kultur durch die „christliche Brille“ und Kirchen, Kapellen, Wallfahrten und Wegekreuze haben unsere Kulturlandschaft entscheidend geprägt. Nach schrecklichen, auch religiös begründeten Kriegen, wie dem Bauernkrieg und dem Dreißigjährigen Krieg, ist unser mitteleuropäischer Raum konfessionell zersplittert. Eine weitere, wesentliche Transformation unserer Kultur ist durch die Betonung von Naturwissenschaft und Technik seit der Renaissance erfolgt, die in der industriellen Revolution seit 1750 gipfelte und bis heute anhält. Sie hat ein immenses Bevölkerungswachstum, eine Ausbreitung der Städtelandschaften und eine Vervielfachung der individuellen Wirksamkeit durch die Technik (Auto, Bahn, Flugverkehr, Waffensysteme) hervorgerufen, sodass die davon unberührten Naturräume immer weniger werden. Aus den vorgenannten kulturgeschichtlichen Überlegungen wird deutlich, dass eine Suche nach den kulturellen Wurzeln mit voranschreitender Zeit schwieriger wird. Aber diese Wurzeln finden sich vielleicht noch am ehesten in den Rückzugsräumen der Gebirge. Der kulturgeschichtliche Blick zurück bis in die Anfänge der Besiedlung unseres mitteleuropäischen Raumes soll nun versucht werden. Das mit Archäologie, Geographie, Sagenwelt und Mythologie angereicherte Sehen wurde bislang noch nicht auf den Odenwald angewendet. Dass dieses Sehen mit Glauben zu tun hat, wurde schon aufgezeigt. Der Urgrund des Glaubens aber ist die Liebe, und so möchte ich diese Einführung mit einem kürzlich geäußerten Gedanken der dänischen Königin Margarethe beschließen: „Vieles hat sich verändert, aber nicht die Liebe zu meinem Land.“ 13
2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald 2.1 Älteste Gegenstände der Verehrung Umherschweifende Jäger und Sammler der Mittelsteinzeit und die ersten Anfänge einer Sesshaftigkeit nach dem Abklingen der Eiszeit, dies dürfte der zeitliche Rahmen sein, in welchem auch die ersten religiösen Spuren im Gebirge auftauchten. Die ältesten Gegenstände der Verehrung waren Steine oder Bäume oder Quellen. Davon erhalten sind uns die Quellen. Ein Kultus um sie lässt sich archäologisch nicht mehr erschließen, Spuren finden sich aber noch in keltisch-römischer und früher christlicher Zeit. Noch im 8. Jahrhundert n. Chr. wurde es „als Rückfall ins Heidentum bezeichnet, wenn jemand an einer Quelle betet. Unter den Beichtfragen (des Burkhardt von Worms im 11. Jahrhundert) fehlt nicht, ob der oder die Beichtende an Quellen, Steinen, Bäumen oder Kreuzwegen gebetet habe“14. Bereits Karl der Große nahm das Verbot der Beleuchtung von Bäumen und Quellen in das Capitulare von 789 auf“15. Aus diesen wenigen Hinweisen lässt sich leicht ablesen, dass es bis ins 11. Jahrhundert hinein eine Stein-, Baum- und Quellenverehrung im Volk gab, die die Kirche bekämpfte. Norbert Wand hatte sich 1995 mit Quellheiligtümern im Odenwald befasst, indem er die heute vorhandenen Überbauungen mit Kapellen archäologisch untersuchte16. Hans-Günther Morr streifte 2007 in seiner Keltendarstellung zwar nur kurz die Quellheiligtümer des Odenwaldes, hat aber besonders in seinen exakten Skizzen einiges zum Zusammenhang von keltischen Kultorten und Quellen herausgearbeitet.17 Peter Sattler und Thomas Fettel betrachteten 2016 die Quellkirchen im Odenwald, argumentieren aber oberflächlich und übernehmen Textpassagen, z. B. von Norbert Wand, wörtlich ohne Quellenangaben. Auch sonst fehlen Fuß- oder Endnoten.18 Heilige Quellen kannten die Kelten. Im Schwarzwald war Abnoba die Wald-, Quellen- und Muttergöttin, in Carrawburgh (Northumberland)
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
war die dreifache Coventina19 die Heil- und Quellgöttin, die am Hadrianswall verehrt wurde. Die Römer nannten ihre Quellheiligtümer Nymphäen. Sie errichteten halbkreisförmige Grotten über den Quellen. Die Nymphe war bereits in der griechischen Mythologie der weibliche Naturgeist, der die Quelle schützt; so auch noch bei den Germanen.
2.2 Quellheiligtümer im Odenwald Norbert Wand hat zehn Quellheiligtümer im Odenwald zusammengetragen. Heute befinden sich dort Kapellen, entweder direkt über den Quellen oder in nächster Nähe. Die Erforschung begann in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Wand setzt das früheste Alter in das 8./9. Jahrhundert, da Urkunden fehlen. Der Siedlungsbeginn ist bei Auerbach und Amorsbrunn eine christliche Einsiedelei. Trotz der fehlenden Urkundenlage kann man nicht den Schluss ziehen, dass es früher keine Quellheiligtümer gegeben habe. Denn in anderen Regionen schrieben die Römer die Quellenkulte der Kelten fest, die bekanntermaßen nichts Schriftliches hinterließen. Dass die Kelten besonders im Vorderen Odenwald und an flussnahen Quellen wie z. B. Amorsbrunn waren, dürfte aber als gesichert gelten (siehe Abschnitt 3.2). Ebenso sicher ist, dass die Bevölkerung, so wenige es auch gewesen sein mögen, am keltischen Quellenkult gehangen hat. Denn sonst hätte es keinen Anlass für die Kirche gegeben, die Quellen durch die Überbauung mit Kapellen zu vereinnahmen. In der christlichen Religion ist eine Quelle per se ja nichts Heiliges! Die wissenschaftliche Erforschung begann im frühen 18. Jahrhundert mit Arbeiten von Daniel Schneider, Ignatius Gropp und Ludwig Gottfried Klein20. Sie anerkannten fünf Plätze: Leonhardshof bei Falken-Gesäß, Schöllenbach, Hesselbach und Amorsbrunn im Hinteren und Neunkirchen im Vorderen Odenwald. Im späten 19. Jahrhundert kamen fünf weitere Orte dazu21: Güttersbach, Rüdenau und Breitenbach im Hinteren, Auerbach und Lichtenklingen im Vorderen Odenwald.
Quellen zum Rhein fließend
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Der Autor möchte diese zehn Quellheiligtümer (siehe Abb. 1) vorstellen, indem er sie nach Einzugsgebieten und Gewässern gliedert. Denn so dürfte der Weg der Besiedlung gewesen sein: von der Ebene oder dem großen Fluss aus im Tal bachaufwärts bis zur Quelle, die dann als reiner, ursprünglicher, gottgegebener Ursprung des Lebenselements Wasser verehrt wurde.
2.2.1 Quellen zum Rhein fließend Zur Not Gottes bei Auerbach Der alte Platz ‚Zu Einsiedeln‘ besteht aus einer kleinen Kapelle mit Quelle, die in der Senke zwischen dem Melibokus und dem Auerbacher Schloss liegt. ‚Zur Not Gottes‘ ist der heutige Name. „Unmittelbar nördlich der Kapelle tritt eine stark schüttende Quelle, der sogenannte Not-Gottes-Brunnen aus. Sie speist heute als Vorfluter den etwa 80 m tiefer gelegenen Quellsammelschacht „Obere Not-Gottes-Quelle“, die noch heute Teil der Bensheimer Wasserversorgung ist.“22 Damit rechnet sie zum Einzugsgebiet der Lauter. Der Name ist erstmals 1451 in einer Landesbeschreibung überliefert (‚Unseres Herren Noten bei Urburg‘) und „wird auf die volkstümliche Übersetzung des mittellateinischen ‚agonia Dominis‘ oder ‚martyrium Christi‘, d. h. auf die Todesangst Christi am Ölberg zurückgehen“23.
Kosmas und Damian in Neunkirchen „Der Überlieferung nach hat sich eine Einsiedlerin um das Jahr 300 n. Chr. im Urwald von dazumal niedergelassen und die Heilkräftigkeit einer Quelle entdeckt. Sobald sich das herumgesprochen hatte, sind viele Leute gekommen, um dort Heilung zu suchen. Zwei arabische Ärzte, Cosmas und Damian, sollen hier gewesen sein, um ihr heilen zu helfen. … Die Quelle sprudelt heute noch, Sie befindet sich im Bereich des Pfarrhofes, wird von dort unterirdisch abgeleitet und tritt in diesem Quelltopf zutage. [Er befindet sich 100 Meter südöstlich der Kirche St. Kosmas und Damian.] Der Quelltopf der ‚Heiligen Quelle‘ wurde im Jahr 1997 bei Kanalarbeiten freigelegt, restauriert und ausgebaut.“24 Nach
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
Abb. 1: 10 Quellheiligtümer im Odenwald. Qu: Karte: Kumpf, Orte nach Norbert Wand, a.a.O.; S. 77–79. Kartengrundlage nach: Odenwald (Relief und Gewässer) von Thomas Römer. commons.wikimedia.org (Zugriff: 20.2.2022).
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anderer Information soll die Einsiedlerin 284 n. Chr. noch zur Zeit des römischen Reiches hier eingetroffen sein und sich eine Waldhütte gebaut haben. Die Heilungen veranlassten andere, sich hier anzusiedeln. Die Quelle wurde später „drei Meter tief mit Quadersteinen ausgelegt und wegen des Volkszulaufes mit einer Mauer und einem Gitter umgeben …“ 25 Neunkirchen ist das höchstgelegene Dorf im Odenwald und liegt auf 510 Metern über NN. Von der Kirche aus, die im 13. Jahrhundert errichtet wurde, hat man einen weiten Blick über Neunkirchen Richtung Rheintal. Die Quelle entwässert zum Steinbach, der über die Modau und in den Rhein fließt.
2.2.2 Quellen zum Main fließend Quellenkultstätte Amorsbrunn bei Amorbach „Die Amorsbrunner Quellenkultstätte ist vermutlich römischen oder germanischen Ursprungs und wurde später christianisiert. „(Im 11. Jahrhundert gab) der Amorbacher Mönch Theodorich von Fleury nach einer Gichtheilung … der Stätte den Namen ‚Sancti amoris fons‘, was wörtlich übersetzt ‚Heilende Quelle der göttlichen Liebe‘ bedeutet; da ‚amor‘ klein geschrieben wird, steht es hier offenbar nicht als Eigenname. Kirchenpatronin ist die Gottesmutter Maria.“26 Nach Auffassung des Autors dürfte die Quellenstätte sogar mindestens in die keltische Zeit zurückreichen, da die Kelten in der Nähe auf dem Greinberg etwas unterhalb an der Mud eine Bergsiedlung hatten. Die Quellenstätte liegt am Otterbach, der ab hier Amorbach heißt und kurz danach in die Mud einmündet. Die katholische Kirche spricht ganz offen bis heute von einem „Quellheiligtum und mystischen Kraftort“27. Über einer wasserreichen Quelle ist eine kleine Kapelle errichtet. Die stark fließende Quelle hat eine Schüttung von vier Litern pro Sekunde und fließt in ein nördlich der Kirche gelegenes ‚Bad‘ ab. Fünf Näpfchen im Stein sind für die fünf Finger gedacht und sollen bei Augenleiden und Unfruchtbarkeit helfen. Im tieferen Sinn entsteht durch die Näpfchen ein Pentagramm, das VenusZeichen. Mit der Fünfzahl rufen die jungen Frauen so die Göttin der Liebe an. Der „Kindersegen (wird) angeblich durch Körperkontakt der Frauen mit dem Quellwasser … bewirkt“28. Das Rutschen junger Frauen auf Stei-
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
nen im heilenden, sprudelnden Quellwasser verweist auf ganz alte mythische Bezüge und dürfte in die Jungsteinzeit zurückreichen. Ähnliche Fruchtbarkeitsriten sind aus anderen Räumen Europas überliefert (Bayerischer Wald, Westsibirien29). Ebenso leicht konnten die Kelten von ihrer Siedlung auf dem Greinberg aus am linken Mainufer das gegenüberliegende Rüdenau und aufwärts an der Mud den Siedlungsplatz Breitenbach erreichen.
St. Ottilia in Rüdenau Das Dorf Rüdenau am Rüdenauer Bach, der nur drei Kilometer entfernt in Kleinheubach in den Main mündet, hat in seiner Mitte die kleine Dorfkirche St. Ottilia. „Seit alters her diente der Brunnen, der neben der Rüdenauer Dorfkirche sprudelt, als Heilquelle. Es war Brauch, „sich die Augen mit dem Wasser des Brunnens zu benetzen, um Augenleiden zu lindern oder vorzubeugen. … Die Quelle … wurde aber vermutlich schon in vorchristlicher Zeit verehrt. Häufig wird ein in die Kirchenwand eingemauerter römischer Stein mit drei Frauengestalten … als Begründung dafür angeführt.“30 Im Mittelalter gab es eine große Wallfahrt zu St. Jodoko, Luzia und Ottilia, und ein Bildstock zeigte diese drei Heiligen. 1896 wurde der Brunnen saniert, und 1908 ersetzte die Gemeinde den alten Bildstock durch das heutige Ottiliendenkmal. „Odilia, die Heilige des Elsaß, wurde der Legende nach blind geboren, vom Vater verstoßen, durch die christliche Wasser-Taufe sehend und schließlich Äbtissin auf dem Odilienberg. Von dort aus verbreitete sich ihre Verehrung nach Frankreich, die Schweiz und Deutschland. Sie gilt als eine typische Heilige älterer heidnischer Quellheiligtümer“31. ‚Blindheit‘ ist hier als Heidentum zu lesen, und das Sehendwerden ist folglich ein Inneres, das durch die Annahme des christlichen Glaubens entsteht. Die christliche Odilie ersetzte die Hl. Lucia von Syrakus, die von der Kirche auch am 13. Dezember verehrt wird. Beide sind mit einer ausgeprägten Lichtsymbolik in der dunklen Zeit des Jahres verbunden. „Bis zur gregorianischen Kalenderreform war der Luciatag der kürzeste Tag des Jahres. Darauf beruhten Bräuche vorchristlichen Ursprungs…“32 Die Wiedergeburt des Lichts in der dunkelsten Nacht verweist auf eine der drei Bethen, die helle Warbede, die als Weiße Göttin der Kelten mit der Sonne verbunden ist (vgl. Abschnitt 6.3.1).
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St. Wendelin in Breitenbach bei Ottorfszell Geht man von Amorsbrunn aus die Mud weiter aufwärts, so gelangt man über Kirchzell an den Gabelsbach, in den hinter Ottorfszell der Breitenbach einmündet. Er kommt von Nordwesten und nahe der Stelle, wo er in den Gabelbach mündet, lag einstmals das Kirchdorf Breitenbach. Im 19. Jahrhundert trieben Missernten die Bauern zur Auswanderung und 1842 wurde das Dorf aufgelöst. Es existiert nur noch die Kirche mit dem Patron St. Wendelin, zu dessen Ehren aber bis heute Wallfahrten aus der Umgebung durchgeführt werden. Eine recht altertümliche Quellfassung liegt vor dem Eingang der Kirche auf der Wiese. Sie ist in Form einer Miniaturkirche gestaltet, durch deren Portal eine starke Quelle abfließt. Auch hier soll es eine heilende Wirkung bei Augenleiden geben, womit wiederum das ‚richtige‘ christliche Sehen gegenüber dem angeblich ‚blinden‘ heidnischen Blick gemeint ist. ‚Heidnisch-kranke‘ Augen werden so durch die jetzt verchristlichte Quelle ‚gesund‘. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich klar, dass ‚Augenleiden‘ in Wahrheit auf heidnische Quellheiligtümer hinweisen. „Sowohl das Kreuz über dem Quellaustritt als auch ein Altar neben dem Quellkirchlein bezeugen die Funktion eines Quellheiligtums…“33. St. Wendelin gilt als Bauernpatron, als Patron „der Hirten und Herden, Schäfer und Bauern; des Viehs; gegen Viehseuchen; für gedeihliche Witterung und gute Ernte, für Natur- und Umweltschutz“34. Mitunter wurde er auch als einer der 14 Nothelfer angesehen. Sein Gedenktag am 21. Oktober kommt auch den Bauern entgegen, da zu diesem Zeitpunkt die Ernte eingefahren ist. Der Hl. Wendel gilt als einer der beliebtesten Bauernpatrone. „Die Tradition des Hirten Wendelin beruht wohl auf altem Wissen der keltischen Druiden über Viehhaltung und -gesundheit, das Wendelin (aus Irland) mitbrachte.“35
St. Maria in der Quellkirche Güttersbach Beginnen wir mit einer hydrologischen Betrachtung: Mainabwärts mündet nach der Mud (mit den Quellheiligtümern Amorsbrunn und Breitenbach) und dem kleinen Rüdenauer Bach (mit dem Quellheiligtum
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
in Rüdenau) die größere Mümling bei Obernburg in den Main. Die Mümling kommt aus dem zentralen Odenwald und erhält von links den Zufluss Marbach (oder Streitbach), der wiederum von rechts den kleineren Güttersbach (mit dem Quellheiligtum) aufnimmt. Im Ort Güttersbach steht die älteste, bereits 1290 erwähnte Pfarrkirche im südlichen Odenwaldkreis. Unter der Kirche ist der Ursprung einer Quelle, die im unterhalb erbauten Pfarrhaus gefasst ist. „Von dieser Quelle rührt die Bezeichnung Quellkirche, wie sie nicht nur für die Kirche in Güttersbach, sondern auch für die in Hesselbach, Schöllenbach und Falken-Gesäß gebräuchlich ist.“36 Diese Quellkirche wurde schon in der ältesten schriftlichen Nennung von Güttersbach erwähnt. Ein altes Patrozinium ist nicht belegt. „Es wird Maria angenommen“37, die ein älteres Patrozinium verdrängt hat. Die Rückführung auf ein Quellheiligtum wird nicht bestritten, „denn die alte Austrittsstelle der heilkräftigen Quelle südöstlich des Chores … ist noch erhalten“ 38. Heute liegt sie trocken, weil sie unterirdisch zum sogenannten Kirchbrunnen beim Gasthof ‚Zum Goldenen Löwen‘ abgeleitet wurde. Norbert Wand hat vor 1995 genaue Untersuchungen vorgenommen und soll deshalb ausführlich zitiert werden: „Die Stelle [der Quelle] ist … recht zuverlässig auszumachen: Denn wie in Hesselbach, Leonhardshof, Neunkirchen usw. befand sich die ehemalige Brunnenstube im Bereich der heutigen Sakristei …“ Der ehemalige Quellaustritt ist in Form eines Wasserausgusses in der Nordwand sichtbar, außen ist ein Steinblock mit Rinne, der an der Oberseite der Nische einen eingemauerten Haken wohl als Aufhängung für ein Schöpfgefäß hat. „Schließlich sollten wohl die mit Wellenlinien verzierten alten Bodenfließen des Raumes auf das darunter austretende Quellwasser hinweisen. … Wie in anderen Quellkirchen befindet sich in der südlichen Chorwand, ziemlich genau gegenüber dem Eingang in die ehemalige Brunnenstube, eine Tür, zweifellos ehemals die Pilgerpforte…“.39 Wand kommt zu dem Schluss: „Insgesamt können die Verhältnisse in Güttersbach wegen ihres guten Erhaltungszustandes [anno 1995] geradezu als exemplarisch für ein mittelalterliches Quellheiligtum gelten.“40
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2.2.3 Quellen zum Neckar fließend Auch die größeren Zuflüsse zum Neckar, die aus dem wogenden Waldgebirge des südlichen Odenwaldes heraustreten, dürften bis zu ihren Quellen schon früh begangen worden sein: aufwärts an der Itter, am Finkenbach und an der Steinach.
St. Maria in Schöllenbach In der größeren Siedlung Eberbach am Neckarknie mündet die Itter, die in ihrem Oberlauf, wo sie Itterbach heißt, mitten im Wald an der Einmündung des Schöllenbachs eine dreieckige Siedlungsfläche freigibt, auf der das Dorf Schöllenbach entstanden ist. Es ist kurioserweise zwischen Hessen und Baden geteilt. Im gräflich-erbachischen Teil in der Mitte steht die Quellkirche Schöllenbach. Zwei Quellen entspringen unter dem Kirchenchor der heutigen evangelischen Kirche und münden nach zehn Metern in den Itterbach (=Euterbach). Schon in der heidnischen Zeit befand sich hier ein Quellheiligtum, das in christlicher Zeit der St. Ottilia geweiht war, womit sie auf die keltische Weiße Göttin Warbede zurückgeht (Darlegung unter 2.2.2 St. Ottilia in Rüdenau). Seit dem 14. Jahrhundert entwickelte sich eine gut besuchte Wallfahrt, denn der Quelle wurden heilsame Kräfte gegen Augenleiden und bei Kinderlosigkeit (Kindlesbrunnen) zugesprochen. Auch ein Marienbild in der Kirche galt als wundersam, weshalb sich die Wallfahrt zu einer Marienwallfahrt entwickelte. Die wundertätige MuttergottesFigur gilt als verschollen.41 Von der Wallfahrt legt ein Marienfenster und der spätgotische Schöllenbacher Flügelaltar von 1515 noch ein Zeugnis ab. Der Altaraufsatz, dessen Original sich im Erbacher Schloss befindet, zeigt in der Mitte: „Muttergottes mit dem Christuskind, von einer Strahlenglorie umgeben … und auf einer Mondsichel stehend … Sie ist durch die Krone als Himmelskönigin dargestellt.“42 Sie ist vom Wurzel-Jesse-Thema mit zwölf Königen des Alten Testaments, dem Stammbaum Jesu, umgeben. Mondsichel und Himmelsbezug sowie die Zahl 14 (Maria + Jesus + 12 Könige) verweisen wieder auf den heidnischen Ursprung des christlichen Bildes.43
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
Die Zahl Vierzehn beziffert nämlich den Weg vom Neumond zum Vollmond, die fruchtbare Zeit der Frau und dann die 14 Heiligen im fränkischen Raum. Karl der Große gründete 14 Kirchen im slawischen Raum östlich Bambergs – die Zahl ist also alles andere als ein Zufall. Interessant ist auch der Zusammenhang mit dem Quellheiligtum in Amorsbrunn: „Weerth vermutet, dass in dem Amorsbrunner Retabel absichtlich das Programm des Schöllenbacher Retabels kopiert wurde. Damit wollte man die Wallfahrt in Amorsbrunn aktualisieren, die älter, aber in Vergessenheit geraten war (Weerth 2005, S. 87). Als Lebensbaum muss auch der holzgeschnitzte Jesse-Baum der Wallfahrtskirchen in Amorsbrunn und Schöllenbach gelten; beide Kapellen stehen an wundertätigen, Heilung und Kindersegen schenkenden Quellen: Ihre Altäre entsprechen den Heilkräftigen Lebensbäumen am Strom des lebendigen Wassers (Offb. 22, 1f) (Böcher 1972/73, S. 163).“44 Der Erbacher Schenk Philipp IV. ließ 1465 eine dreischiffige Wallfahrtskirche in Schöllenbach genau über der starken Heilquelle errichten. Die drei Schiffe des spätgotischen Kirchenbaus sind nach der Reformation verfallen und im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden. Vorher gelangte der Schöllenbacher Altar in das Erbacher Schloss. Am Ort blieb nur das hohe Chorkreuzgewölbe bestehen, das Alfred Graf zu ErbachFürstenau ab 1863 neugestalten ließ und zu einer kleineren Kirche umbaute. „Den Zugang zur Quelle hat man nach außen verlegt. Noch heute wird hier das Taufwasser für die Kinder aus Schöllenbach und die Nachkommen der Grafen geschöpft.“45 In der Einfriedung des Kirchhofes hat man das spätgotische Westportal der alten Marienkapelle verbaut. Norbert Wand beschreibt den Wasserlauf noch genauer: „Die Quelle strömt noch heute aus der Brunnenfassung hinter dem Altar durch eine Aussparung in der südlichen Chormauer in ein als Waschplatz gestaltetes Becken in die Itter.“46
St. Luzia und St. Odilia in Hesselbach Hesselbach liegt auf einer Hochfläche, in der Römerzeit war hier ein Kastell und der Limes, zwischen dem hessischen Ittertal und dem bayrischen Breitenbachtal. Nahe ist der Dreiländerstein, denn auch
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Baden ist nicht weit. Hesselbach wurde als Waldhufendorf zwischen dem 10. und dem 12. Jahrhundert von der Benediktinerabtei Amorbach gegründet, kam später zur Grafschaft Erbach, blieb aber trotzdem katholisch. Die Pfarrkirche St. Luzia und St. Odilia beherbergt die geheimnisvolle Schwarze Madonna des Odenwaldes und verweist mit ihrer Namensgebung auf die beiden mit Augen, Sehen und Licht verbundenen weiblichen Heiligen der Kirche, die auf die keltische Warbede zurückgehen. Damit ist Hesselbach nach Rüdenau und Schöllenbach der dritte Ort im Odenwald, dessen Quelle nach St. Ottilia benannt ist. Das heutige Kirchengebäude stammt von 1766, geht aber auf einen Vorgängerbau von 1400 zurück und wurde wahrscheinlich im 12. Jahrhundert errichtet. Vor der Kirche auf einem nach Westen geneigten Hang entspringt heute der Ottilienborn. Das Landesamt für Denkmalpflege schreibt dazu: „Der … lag ursprünglich in der alten Kirche und war ein vielbesuchter Wallfahrtsort. 1766 wurde die Quelle aus der Kirche herausverlegt und mit einer Votivkapelle ausgestattet, die 1865 einstürzte … In jüngster Zeit wurde die Quelle neu gefasst und mit einer steinernen Kanzel geschmückt. Unpassend erscheinen an diesem Ort die schmiedeeisernen Treppengeländer und die zweckentfremdeten Grenzsteine.“47 Heute ist der Quellaustritt nur noch ein bescheidenes Rinnsal, da das Quellwasser hangabwärts in einen Lauftrog und einen Löschteich geleitet ist. Das Wasser fließt in den Hesselbach, der die Ortschaft durchquert, nach Süden strömt und die steile Höllklinge durchquert, bevor er schließlich bei der Jagdhütte Hoherot unterhalb Schöllenbachs in die Itter einmündet.
St. Leonhard bei Falken-Gesäß Wenn man von Hirschhorn am Neckar im Finkenbachtal aufwärts geht, gelangt man auf 266 m Höhe nach Falken-Gesäß. Von hier aus wiederum führt ein Weg hinauf auf die Beerfelder Hochfläche (Heldenhain 460 m), und auf halber Höhe kommt man am Leonhardshof vorbei. Von der Leonhardskapelle (auf 405 m) aus dem 11./12. Jahrhundert sind heute nur noch Grundmauern und geringe Reste des Mauerwerks
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
übrig. Einstmals stand hier „mit einer Gesamtlänge von 20,50 m bei 11,70 m Breite … die größte Wallfahrtskirche des Odenwaldes“ 48. Die Verehrung des heiligen Leonhard erfuhr ab der Niederschrift seiner Vita um 1030 eine rasche Verbreitung in Schwaben und Bayern, die bis zum Odenwald ausstrahlte, und das Zentrum der Odenwälder Leonhardi-Wallfahrt war die große Wallfahrtskirche im Leonhardshof. St. Leonhard ist der Schutzpatron der Bauern, des Viehs und besonders der Pferde. „Wie schon seit langem bekannt, handelt es sich [im Leonhardshof] um ein Kultheiligtum, das seine Entstehung einer stark fließenden, aus dem Südhang austretenden Quelle verdankt.“ 49 Nach der Reformation aber verfiel die Kapelle schnell. Die Quelle wurde in eine nordwestlich der Kirche gelegene Brunnenstube verlegt und die ehemalige Quellkammer in die Sakristei umgewandelt. In der Neuzeit gab es eine weitere Quellverlegung nach Norden in einen Laufbrunnen. Interessante Funde sind Hufeisen zu Ehren des Kirchenheiligen. Hufeisen gelten ja bis heute als Glück bringende Talismane, weil sie einen Schutz gegen böse Geister darstellen sollen. „Es könnten also wohl die Hufeisen in Quellen und Bächen ein Opfer für die Genesung kranker und die Gesundheit frischer Pferde sein, gleich den Hufeisen und Eisenbildchen bei den bairischen Leonhardskirchen.“50
St. Maria in Lichtenklingen Wir gehen neckarabwärts und gelangen zur Vier-Burgen-Stadt Neckarsteinach. Hier mündet die Steinach, und wir gehen das Steinachtal aufwärts am ehemaligen Kloster Schönau vorbei. In Heiligensteinach wählen wir das von Osten kommende Eiterbachtal und gelangen hinter Eiterbach in ein kleines, von Westen kommendes Tälchen, das zum Lichtenklinger Hof führt. Er gehört schon zum nördlich liegenden Siedelsbrunn. In dieser versteckten Lage, deren Talhänge zwar schon den Buntsandstein des Hinteren, deren Talböden aber noch den Granit des Vorderen Odenwaldes tragen, befindet sich das Quellheiligtum Lichtenklingen. Der Name bedeutet „enges, aber helles Tal“, und das ist nicht nur geologisch und morphologisch, sondern sicher auch spirituell gemeint. Leichter zugänglich ist der Platz von der nördlich angrenzenden Hochfläche um Abtsteinach, die zum Überwald gehört und schon in kel-
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tischer Zeit besiedelt war (siehe 3.2 und 5.3.5): „Drei Kilometer südlich von Siedelsbrunn bei Wald-Michelbach liegt an einem Südhang über einem wasserreichen Talschluss zwischen Hardberg (593 m) und Stiefelhöhe (584 m) die Lichtenklinger Marienkultstätte.“ 51 Sie hat eine traumhaft schöne Lage mit einer Zwillingsquelle: eine am Berghang, die in einen kleinen Teich mündet; eine zweite unter der Kapelle, deren Wasser einen Laufbrunnen speist. Dieser ist zwar erst 200 Jahre alt, aber mit heidnischen Symbolen geschmückt: einem Herz mit fließendem Wasser, einem Blütenblätterkranz und einer Halbrosette. Hans-Günther Morr deutet diese Zeichen folgendermaßen: „Das Herz, aus dem das heilkräftige Wasser fließt, ist der Born allen Lebens, der Blütenblätterkranz oder das Wirbelrad steht für Wachstum und Gedeihen und die Halbrosette ist symbolisch die aufgehende Sonne als lebenserweckendes Zeichen.“52 Dem möchte der Autor entgegensetzen: ‚Das Herz steht für Maria und die hinter ihr stehende Große Göttin. Aus ihr, aus der „Mutter Natur“, fließt durch ihre mütterliche Zuwendung das Wasser dieser Quelle und lässt, zusammen mit der Kraft der Sonne, die Pflanzenvielfalt wachsen und ermöglicht so das Leben.‘ Das Wort „licht“ bedeutet hell, klar, sauber. Morr schreibt: „Heilig waren den Menschen schon in der Vorzeit jene Orte, an denen sauberes und heilkräftiges Wasser zu finden war. Man vermutet, dass schon die Kelten diesen Ort kannten und verehrten.“53 Der Name des Talbaches lautet Eiterbach und dürfte keltischen Ursprungs sein und „fließendes Wasser“ bedeuten54. Das fließende Wasser ist vermutlich das „lebendige“ Wasser, im Unterschied zum stehenden, ruhenden Gewässer. Die Hinweistafel des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald berichtet: „Vermutlich waren es Mönche aus dem Kloster Lorsch, die im 13. Jahrhundert an einem verschwiegenen Ort oberhalb des Eiterbachtales über einem ehemals keltischen Quellheiligtum eine Kapelle errichteten und das umliegende Land urbar machten. Die urkundliche Ersterwähnung dieser Kapelle erfolgte 1387.“55 Norbert Wand liest die architektonischen Belege für das Quellheiligtum aus den Ruinenresten heraus: „Charakteristisch für eine Wallfahrtskirche sind zum einen der [Pilger-] Ausgang an der Nordostecke des Altarraumes …, zum anderen die kleine Tür in der Nordwand des Schiffes neben dem nördlichen Seitenaltar, da auch hier … eine durch die Tür er-
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
möglichte kultische Verbindung von Altar und der vor der Kirche entspringenden heilkräftigen Quelle vorliegt … Damit steht fest, dass auch die Lichtenklinger Marienwallfahrt auf ein altes Quellheiligtum zurückgeht.“56 Es entstand eine Marienwallfahrt, denn die Heilkraft der Quelle sollte mit mütterlich-göttlicher Hilfe zu Kindersegen verhelfen. Immer wieder findet sich bei den Odenwaldquellen dieses Thema des Geschenks der Fruchtbarkeit an junge Frauen, womit sich die uralte matriarchale Wurzel dieses Kultes offenbart: Die Muttergöttin hilft der empfangsbereiten jungen Frau zur Schwangerschaft und zum Eintreten in den mütterlichen, weiblichen Kreislauf von Geburt – Leben – Tod – und Wiedergeburt.
2.2.4 Weitere mögliche Quellheiligtümer Ob es außer den genannten zehn Quellheiligtümern weitere Quellen im Odenwald gab, die seit frühester Zeit verehrt wurden, ist nicht bekannt. Nach Auffassung des Autors ist das aber anzunehmen, auch wenn weder urkundliche Ersterwähnungen (was sowieso erst ein Zeichen des notarfreudigen Hochmittelalters ist) noch christliche Bauten (die es sowieso erst ab dem Früh- oder Hochmittelalter gibt) vorliegen. Die Quellen der großen Odenwaldtäler sind bisher noch nicht genannt worden. Drei große Talsysteme ziehen sich von Süden nach Norden. Im westlichen Vorderen Odenwald ist es die Weschnitz-GersprenzFurche mit der Weschnitz- und der Gersprenzquelle. Beide Quellnamen sind keltischen Ursprungs und daher früh begangene Plätze. Der Kapellenberg oberhalb der Weschnitzquelle wird noch zur Sprache kommnen; sein alter Name lautet Walehinhoug und er ist die zentrale Wasserscheide des Odenwaldes (siehe 5.3.3). Die Gersprenzquelle und die vielen weiteren Quellen, die auf der Neunkircher Höhe entspringen und in alle Richtungen strömen, sind zumindest auffällige Plätze (siehe 5.3.2). Auch der Höhenrücken der Tromm in der Nähe ist solch ein Ort, der Quellen in viele Richtungen fließen lässt. Im mittleren Buntsandstein-Odenwald dominiert die GammelsbachMümling-Furche. Der alte Ort Beerfelden liegt auf der Passhöhe zwischen den beiden Gewässern und hat beide Quellen im Ortsbereich. Gab es an
Und die Quelle der Nibelungen?
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der Mümlingquelle in Beerfelden auch ein Quellheiligtum? Hierzu ist nichts überliefert. Allerdings ist festzustellen, dass direkt unterhalb der Martinskirche eine inzwischen zugebaute alte Quellfassung ist, die den Zwölf-Röhren-Brunnen als heutige Mümlingquelle in der Ortsmitte speist.57 Möglicherweise könnte man daher die an der Sandsteinquelle errichtete erste Martinskirche im weitesten Sinn auch als Quellkirche auffassen. Weshalb sonst hätten die ersten Franken ihre Kirche genau bei dieser für den mittleren Odenwald so wichtigen Quelle errichtet? Denn hier beginnt der Lauf der Mümling. Sie fließt über Erbach, den Sitz der zentralen Grafschaft, und Michelstadt, die älteste Odenwaldstadt, über die Herrschaft Breuberg, lange im Besitz des Wertheimer Grafen, bis zur Mündung in den Main bei Obernburg. Auch die historisch jüngeren Umstände weisen auf die Bedeutung der Mümlingquelle hin. Der 1810 nach dem Stadtbrand errichtete Zwölf-Röhren-Brunnen ist „als einer der prachtvollsten Brunnenanlagen in Südhessen (bekannt)“ 58 und war die Hauptstelle für die Wasserversorgung der Ortsbewohner. Dort wird im Frühjahr (zum Aufblühen der Natur!) bis heute ein Brunnenfest gefeiert. Im Hinteren Odenwald liegt das Talsystem der Mud mit seinen Zuflüssen, und möglicherweise ist außer den bereits genannten Quellheiligtümern Amorsbrunn und Breitenbach auch die Mudquelle bei Mudau und die Marsbachquelle südöstlich von Walldürn beim Römischen Badehaus von Bedeutung gewesen. Bemerkenswert sind auch am Nordrand des Odenwaldes das Ottilienbild (Name!) am Brunnberg auf 264 m Höhe südlich von Wenigumstadt, sowie bei Heidelberg der Wolfsbrunnen und die Quelle am Katzenbuckel (beide siehe 3.3.4). Zu allen diesen Plätzen und weiteren wären eingehendere Untersuchungen sinnvoll.
2.2.5 Und die Quelle der Nibelungen? Viele interessante Quellen im Odenwald werden mit der Nibelungensage verbunden. Die Tourismuswirtschaft hat insgesamt acht Quellen ausfindig gemacht, an denen der strahlende Held Siegfried von Hagen von Tronje ermordet worden sein soll: bei Grasellenbach, in Odenheim, in Reichenbach, bei Lindenfels, bei Edigheim und an der Zittenfelder
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2. Kapitel: Quellheiligtümer im Odenwald
Quelle bei Schneeberg. Heiße Spuren zur richtigen Quelle gibt es aber nur am Lindenbrunnen bei Heppenheim und am Lindelbrunnen bei Hiltersklingen. Der Autor hat an anderer Stelle in einer differenzierten Argumentation nachgewiesen, dass der Lindelbrunnen bei Hiltersklingen höchstwahrscheinlich die ‚richtige‘ Siegfriedsquelle, das heißt die in der Dichtung genannte ist.59 Das Sagengeflecht, das hinter dem Nibelungenlied steht, reicht in die Völkerwanderungszeit, und, was den Helden Siegfried betrifft, noch weiter zurück. Für unseren Zusammenhang wäre hier die Frage zu stellen, ob diese auffälligen Quellen, von denen (außer der in Odenheim und Edigheim) sechs direkt im Odenwald liegen, nicht etwa als mythische Umdeutung alter Quellenkultorte aufzufassen sind? Dieser interessanten Fragestellung wird man aber wohl kaum auf die Spur kommen können. Ganz unwahrscheinlich ist es aber nicht, auch hier alte Quellenkultorte zu sehen. Dass sie nicht christlich überbaut wurden, mag auch gerade an ihrer Verbindung mit der im Kern heidnischen Nibelungensage gelegen haben.
2.3 Ursache des Quellenkultes Schließlich sei auf den Grund verwiesen, aus dem heraus überhaupt Quellenkulte entstanden sind: das Quellwasser wird als fruchtbringende Wassermutter gesehen. Uno Holmberg formuliert es so: „Die Quelle dringt als lebendes Wasser aus Berg und Erde; sie ist das Tor, aus dem die Geister wieder an das Tageslicht kommen … die Wassermutter … als Befruchterin [ist] nichts anderes als das beseelte Wasser selbst …, das auch magisch zum Befruchten angewendet wird …, (weshalb) über den Ursprung des … Glaubens keine Ungewissheit herrschen (kann).“60 Hieran mag es liegen, dass gerade der Quellenkult in der frühesten, noch magischen Kultur der Menschheit ganz besonders ausgebildet ist. Wir sollten es nicht vergessen. Die ökologischen Krisen lehren uns, wieder auf die vorsichtigen, ehrfürchtigen Anfänge unseres Lebens auf der Erde zu schauen. Wir müssen dorthin umkehren.
3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit Mit unserer Themafrage nach Kultplätzen und heiligen Bergen im Odenwald geht die Frage der Erstbesiedelung Mitteleuropas einher. Hierzu drei grundsätzliche Überlegungen: erstens ist eine Möglichkeit der Besiedlung erst nach dem Abklingen der letzten Eiszeit möglich, das ist frühestens der Zeitraum ab 8.000 v. Chr. (Ende der Würm- und Weichsel-Eiszeit 10.000 Jahre vor heute61). Zweitens ist zu fragen, woher die Siedler kamen. Der Hauptstrom wird von Kleinasien entlang der Donau gekommen sein, entsprechend sind die ältesten Steinzeitfunde im heutigen Deutschland an der bayerischen Donau zwischen Passau und Regensburg und dem Hinterland zu verorten; vielleicht sind auch wenige südeuropäische Siedler über die Rhône-Oberrhein-Furche westlich an den vergletscherten Alpen vorbei nach Mitteleuropa gekommen. Gewandert sind sie nach Norden bis an die Lössgrenze (die Eisgrenze am Nordrand der Mittelgebirgszone). Drittens ist zu fragen, welche Kenntnisse sie mitbrachten. Gestaltungsmaterial waren neben vergänglichem Holz und Lehm die unvergänglichen Steine, die auf den Berghöhen Anlass zur Anlage neolithischer Steinkreise gaben. Diese waren nicht befestigt, sondern Ausdruck der Observation der Himmelskörper und des Kultes, wie man am bekanntesten Beispiel Stonehenge in Südengland nachvollziehen kann. Mit im Gepäck hatten die Siedler das „Agrarpaket“ Kleinasiens, sodass diese ersten Siedler Bauern waren. Sie standen mit den noch herumstreifenden Jägern und Sammlern, die sich mit dem Eisrand aber weiter nach Norden (Finnland, Lappland, Sibirien) zurückzogen, noch peripher in Kontakt. Die bäuerlich geprägte Jungsteinzeit mit der ersten, der bandkeramischen Keramikproduktion ist in unserem Raum frühestens ab 5500 v. Chr. anzusetzen. Im Brunnen von Altscherbitz bei Leipzig hat man einen henkellosen, rundbauchigen Gefäßtyp gefunden, den man seines Intarsienschmuckes wegen auf das Jahr 5134 v. Chr. datieren konnte62. Also stand zu dieser Zeit die Keramikproduktion schon in voller handwerklicher Blüte. Die Linearbandkeramische Kultur (LBK) ist die älteste bäuerliche Kultur der Jungsteinzeit Mitteleuropas mit permanenten Siedlungen, die sich vom Neusiedler See bis zum Pariser Becken erstreckte.
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Die Vinča-Kultur des 6. vorchristlichen Jahrtausends in Serbien an der Donau kannte schon die Kupferverarbeitung, Österreich erst um 4200 v. Chr. Ab 2200 v. Chr. vermochte man Kupfer mit Zinn zu Bronze zu legieren, wodurch Schmuck, Gerätschaften und erste Waffen hergestellt werden konnten. Das Hauptgewicht lag aber ganz eindeutig im Bereich Schmuck, und erst mit der Erfindung der Eisengewinnung ab 800 v. Chr. wurden effektive Waffen und Heere geschaffen (durch Kelten und Römer). Die Jungsteinzeit kann bis zum Ende der Bronzezeit, also etwa 5500 bis 800 v. Chr., zugleich als langer Zeitraum einer egalitären bäuerlichen Kultur mit Verehrung der Natur als Quelle der Fruchtbarkeit gesehen werden, die bei der Metallgewinnung dem weiblichen Schmuck und dem Handwerksgerät mehr Aufmerksamkeit als der Waffenherstellung zuwendete. Die religiösen Vorstellungen hatten sich mit der Einführung der Landwirtschaft „vom Glauben an weibliche Schutzgeister der Natur zum Kult der Großen Göttin“ gewandelt, bei dem „Mutter Erde als weibliche Gottheit verehrt wird“63.
3.1 Jungstein- und bronzezeitliche Bauern Wenn man von Neandertalern und umherschweifenden Jägern und Sammlern der Alt- und Mittelsteinzeit absieht, die praktisch nichts hinterlassen haben, beginnt mit den Bauern der Jungstein- und Bronzezeit die dauerhafte Besiedlung Mitteleuropas. Siedlungsreste aus Holz und Lehm sind verwittert, was geblieben ist sind Hügelgräber als feierliche Bestattungsorte und Steinsetzungen, häufig oben auf den Berggipfeln. Hier handelt es sich um früheste Kultorte (lateinisch cultus deorum = Götterverehrung), damit ist die Gesamtheit religiöser Handlungen gemeint, deren Details sich freilich heute unserer Kenntnis entziehen. Es ist schwer, Grabhügel zeitlich einzuordnen. Das ist in der Regel erst durch genaue Grabungen möglich, und auch nur, falls der Archäologe vor dem Grabräuber da war. Nun ist es nicht wünschenswert, alle Grabhügel ‚durchzupflügen‘. Ihre Verbreitung im Odenwald wird unter dem Abschnitt ‚Kelten‘ (3.2.2 Hügelgräber) abgehandelt.
Megalithanlagen
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3.1.1 Megalithanlagen Wenn man genau hinschaut, kann man auch Spuren des religiösen Kultes der jungstein- und bronzezeitlichen Bauern finden. Es gibt in Deutschland viele restaurierte Plätze der Steinzeit. Besonders in Norddeutschland sind häufiger megalithische Grabanlagen, die man im Volksmund auch Hünengräber nennt, da man früher geglaubt hatte, dass nur Riesen sie hätten errichten können. Unter dem Dateinamen „Großsteingrab“ finden sich im Internet z. B. allein 16 Abbildungen.64 In Niedersachsen gibt es eine „Straße der Megalithkultur“ mit 33 Stationen, die zu mehr als 70 Großsteingräbern aus der Jungsteinzeit (3500–2800 v. Chr.) führen.65 Megalithgräber sind meines Wissens aus dem Odenwald bis auf ein ‚Steingrab‘, das als Kulturdenkmal im Wald drei Kilometer ostnordöstlich von Bad König verzeichnet ist und das man näher untersuchen müsste, nicht bekannt.
Menhire Dagegen findet man aber alte, einzelstehende Felsblöcke. Reihenhaft angeordnete Hinkelsteine (Menhire) stehen zwischen Roßdorf und Darmstadt auf den Scheftheimer Wiesen am Nordrand des Odenwaldes. Der Platz wird auch ‚Stonehenge auf Hessisch‘ genannt, denn es ist eine vorgeschichtliche Steinkreisanlage oder Kultstätte. Im Odenwald finden sich einige alleinstehende Menhire oder Hinkelsteine. Sie lassen sich nicht als eiszeitliche Reste interpretieren, da der Odenwald nicht vereist war. Es sind bewusst gesetzte, eventuell auch behauene Felssteine. Außer den Genannten steht einer nordwestlich von Wersau am Hang des Bensenböhlskopfes (2,95 m hoch, 1,5 m breit) und einer bei Alsbach/Bergstraße am Westrand (1,6 m hoch, 1,1 m breit, aus Basalt). Weiterhin liegt zwischen Rippenweier und Ursenbach der mächtige „Keltenstein“ (3 x 3 x 3 Meter, über 70 Tonnen, aus Granit), nach dem das Bürgerhaus von Rippenweier „Keltensteinhalle“ getauft wurde. „Vielleicht steht er in einer direkten Beziehung zu der nur wenige 100 Meter entfernten vorgeschichtlichen Höhenburg auf dem Steinberg“66. Ein weiterer Menhir befindet sich am Abhang des Hohbergs in
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Bensheim (1,4 m hoch, 1 m breit), heute mitten im Wohngebiet an der Straße „Am Hinkelstein“. Außerdem findet man in der Karte einen Berg Hinkelstein 386 m nördlich Gadernheims, einen Hügel Hinkelstein östlich Balzenbachs, Wald und Wegekreuz Hinkelstein westlich Brombachs und das Waldstück Riesenstein südlich Heidelbergs. Es wird berichtet, dass 80 Jahre vor der bis 1973 durchgeführten Flurbereinigung, „(also um 1890 herum) in Starkenburg noch über 20 Hinkelsteine zu finden waren. Der Langemarkstein zwischen Elmshausen und Reichenbach verschwand ebenso wie der Hinkelstein auf Brandauer Gemarkung. Lediglich der Straßenname ‚Am Langenmarkstein‘ und die Flurbezeichnung ‚Am Hinkelstein‘ erinnern noch daran, dass hier einst gewaltige Monolithe standen“67.
Steinsetzungen Megalithische Steinkreise und Kultplätze befinden sich auf einigen Berggipfeln, der Altscheuer, dem Götzenstein und dem Steinberg. Genauere Darlegungen dazu finden sich im 5. Kapitel dieses Buches (siehe dazu auch die Abbildungen 11, 13 und 14). Besonders bemerkenswert ist eine Steinsetzung, die sich nicht auf einem Berggipfel, sondern auf einem nach Osten, zum Sonnenaufgang neigenden Abhang befindet. An der Neunkircher Höhe, In der Steinklinge zwischen Laudenau und dem Weiler Eberbach nordwestlich von Reichelsheim liegt dieser vielleicht geheimnisvollste Platz im Odenwald. Eine Skizze dieser Steinsetzungen, die Hans-Günther Morr angefertigt hat, ist beigegeben (siehe Abb. 2). Im Burgwald beim Weiler Freiheit taucht am Wegrand „eine fast ebene Fläche auf, die sich durch geheimnisvolle Steinsetzungen vom übrigen Gelände unterscheidet … Deutlich sichtbar ist der Platz mit Natursteinen begrenzt, die nur von Menschenhand so aufgesetzt sein können.“68 Am unteren Ende der Anlage sind zwei ringförmige Steinformationen, dazwischen am Ende ein zentraler großer Menhir, flankiert von zwei kleineren. Hans-Günther Morr sagt: „An Sonnwendtagen fällt
Megalithanlagen
Abb.2: Steinsetzungen bei der Neunkircher Höhe. Qu: Hans-Günther Morr: Geheimnisvoller Odenwald, S. 78.
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
abends das letzte Tageslicht durch die Steinkreise genau auf den Menhir und teilt die Stätte in zwei imaginäre Teile.“ Die Bedeutung der drei Menhire ist unbekannt. Auffällig ist aber die Dreizahl, die auf die dreifache Göttin der Jungsteinzeit verweisen könnte. In der Mitte des Platzes liegt ein obeliskartiger Findling, der nach Meinung Morrs „einmal genau in der Mitte des Platzes aufgestellt war und damit eine zentrale (kultische) Funktion gehabt haben könnte“69. Am Südrand gegen den oberen Berghang ist eine Grube angelegt. Es scheint ein von Menschenhand angefertigtes Wasserloch gewesen zu sein. Morr verweist darauf, dass es (2007) noch keine gesicherten geschichtswissenschaftlichen Untersuchungen gegeben hat. Im Volksmund heißt der Platz „Thing-Stätte“. Christlich ist er sicher nicht, denn solche christlichen Stätten waren und sind nicht üblich. Angeblich wurden die Steinsetzungen (erst 1997) durch Georg Schnellbächer entdeckt und vermessen, der dafür im Jahr 2000 einen Förderpreis des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst erhielt.70 Morr setzt die Anlage in die Keltenzeit, nach Auffassung des Autors reicht sie aber weiter zurück in die Megalithkultur der Jungsteinzeit. Denn in dieser Zeit wurden Steinsetzungen vorgenommen. Das Wasserloch könnte auch eine Opfergrube gewesen sein, denn Wasser gab es im Umfeld sonst genug. Die zwei kleinen Steinkreise scheinen heilige Bezirke der Priester/innen gewesen zu sein, und die Menhire und der Obelisk hängen vermutlich mit einem Sommersonnwendfest zusammen. Diese Hinweise sollten eigentlich genügen, um die Steinsetzung bei der Neunkircher Höhe als das ‚Stonehenge des Odenwaldes‘ einzuschätzen.
3.1.2 Toponymfamilie ‚Heidenberg‘ Studiert man aufmerksam die Wander- und Topographischen Karten71, so entdeckt man interessante Toponyme, nämlich Flurnamen für Berge, Hügel, weitere Geländeformationen, Auen und Wälder, die auf die heidnische, vorchristliche Zeit und möglicherweise auch auf alte heidnische Kultstätten der Frühzeit verweisen. Der Autor wird die Ergebnisse seiner toponymischen Untersuchungen jeweils zu gegebener Zeit in den Argu-
Toponymfamilie ‚Heidenberg‘
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mentationsgang dieser Schrift einbauen. Zuerst wird versucht, eine begründete Aussage darüber zu treffen, welche Flurnamen auf alte Kultorte hinweisen könnten. Es sei vorweggesagt, dass diese Untersuchungen in der Regel nicht sicher, sondern nur wahrscheinlich sind und zur Abklärung näherer Vor-Ort-Forschungen und besonders einer archäologischen Untersuchung bedürfen. Trotzdem seien die bisherigen Ergebnisse meiner Untersuchung vorgetragen und mögen, bis zum Beweis des Gegenteils, eine gewisse Gültigkeit beanspruchen dürfen. Nach Darlegung der heuristischen Vorgehensweise möchte ich also jetzt besonders die Heidenberge betrachten. Die Entstehung der Flurnamen wird etwa mit der flächenhaften Besiedlung durch die Franken einhergehen, das heißt für die Rheinebene (Altsiedelland) etwa ab 500 n. Chr., für den Vorderen Odenwald ab 773 n. Chr. (Schenkung der Waldmark Heppenheim an den Siedlungsträger Kloster Lorsch), für den Hinteren Odenwald frühestens ab dem 10. Jahrhundert.72 (Älter sind überkommene römische Namen, die wiederum keltische Namen transportieren. Dies spielt aber für den Odenwald keine Rolle, außer der Lage der Kastelle und dem Verlauf des Odenwaldlimes. 73) Für den Odenwald wichtig sind also nur die Daten 773 n. Chr. und ab dem 10. Jahrhundert. Der Vordere, früher besiedelte Odenwald ist noch im Zeitraum der Christianisierungsmaßnahmen, also der christlichen Mission erfasst worden, während der Hintere, später besiedelte Buntsandstein-Odenwald zu einer Zeit besiedelt wurde, als sich das Christentum im mitteleuropäischen Raum schon gefestigt hatte. Untersucht wird die Häufigkeit und Lagebeziehung der Odenwälder Flurnamenfamilien Heidenberg, Heidelberg und Heiligenberg. Die Typen Heidenberg und Heidelberg beziehen sich hauptsächlich auf Naturlandschaften, nämlich Heide- und Heidelbeer-Landschaften. In den letzten Jahrhunderten gab es im Odenwald weniger Bewaldung, weitgehend kahle Berggipfel und schüttere Vegetation mit vielen HeidelandAbschnitten. Die dichte, durchgehende Bewaldung, wie wir sie heute kennen, erfolgte erst nach der Zurückdrängung der bäuerlichen Waldbeweidungen und der Einführung der staatlichen Forstwirtschaft, die mit einem massiven Aufforstungsprogramm seit Mitte des 19. Jahrhunderts, besonders durch Fichten, einherging. Die Heidelandschaft ist eine öde, verwilderte, aufgelassene Fläche, die nicht der Nut-
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
zung unterliegt. Ähnlich sind die Heidelbeer-Landschaften einzuordnen, die im Odenwald häufig vorkommen und der punktuellen Sammelwirtschaft dienten und dienen. Der dritte Typ Heiligenberg ist erst mit der Festigung des Christentums zu erwarten und sehr ungewöhnlich, da die christliche Religion keine ‚heiligen Berge‘ verehrt, sondern vielmehr die heidnische Sitte der Berg- und Baumverehrung, wie sie die Kelten und die Germanen pflegten, bekämpft hat (Der Missionar Bonifatius fällte die Donar-Eiche). Deshalb ist hinter dem Begriff Heiligenberg eher eine Übertünchung einer heidnischen Kultstätte zu vermuten, wogegen der Begriff Heidenberg in den meisten Fällen eben kein heidnischer Berg sein dürfte. Ganz auszuschließen ist das aber nicht, besonders wenn im Umfeld eines solchen Heidenberges andere Hinweise auftauchen, die in die Richtung Heidentum oder Bekämpfung des Heidentums führen. Wie der Autor im 6. Kapitel dieser Schrift darlegt, kann auch der Begriff Heidelberg durch geringe lautliche Änderung (durch Einfügung eines ‚l‘) die Übertünchung eines wiederum echten Heidenberges sein, also eines ehemals heidnischen Berges. Es folgt eine mengenmäßige Erfassung der Flurnamen im Odenwald (nach bestem Wissen; die Himmelsrichtungen sind abgekürzt, z. B. n = nördlich, nw. = nordwestlich), mit anschließender Erörterung.
Erörterung Heidenberge Flurnamenfamilie Heidenberg: Auf -berg: Heidenberg 564 m nw. Eiterbach, Heidenberg 460 m s. Seitzenbuche, Heidenberg 330 m s. Reichelsheim, Heidenberg 359 m ö. Fürstengrund, Heidenberg 428 m s. Gadernheim, Heidenberg s. Darsberg, Heidenberg 459 m n. Erbuch, Heidenberg sw. Hainbrunn, Heidenberg 339 m nö. Lautern, Heideberg 560 m s. Neunkirchen (= 10-mal); Auf -buckel: Heidenbuckel 409 m nö. Heiligkreuzsteinach, Heidenbuckel 372 m w. Rehbach, Heidenbuckel ö. Kailbach, Heidenbuckel 434 m ö. Unter-Schönmattenwag, Heidenbuckel s. Kortelshütte, Heidenbuckel sw. Pleutersbach, Heidenbuckel 354 m ö. Altenbach, Haidenbuckel n. Eduardsthal, Haidenbuckel s. Limbach, Heidebuckel sö. Weilbach, Heidebuckel 231 m w. Lörzenbach (= 11-mal);
Toponymfamilie ‚Heidenberg‘
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Mit anderen Grundwörtern: Heidenkopf 327 m s. Dorndiel, Heidekopf 249 m w. Groß-Bieberau, Heidenhügel 425 m w. Modautal-Lützelbach, Heidenrain s. Boxbrunn, Heidenwald n. Langenzell, Heidenbühl s. Grasellenbach, Heidenacker s. Ober-Ramstadt, Heidenknörzel 348 m n. Heidelberg, Heiderodsdelle w. Altneudorf (= 9-mal); Mit vorangestelltem Attribut: Wilde Heid s. Neunkircher Höhe 605 m, Rote Heide ö. Michelstadt, Gelbe Heide ö. Michelstadt, Hoheheide n. Hesselbach, Schützenheide w. Eberbach, Hohle Heide ö. Bullau, Wüstebuckel 402 m ö. Hebstahl (= 7-mal). Die Flurnamenfamilie Heidenberg besteht aus 10 + 11 + 9 + 7 = 37 Elementen. Besprechung zu ‚Heidenberg‘: Wie bereits angedeutet, sind die Heidenberge überwiegend Berge mit Heidekrautbewuchs gewesen, heute meistens aufgeforstet. Sie befinden sich überwiegend im Vorderen Odenwald, der im Mittelalter durch Bergbau und damit verbundene Abholzungen für Stollenausbau und -abstützungen gekennzeichnet ist, sodass solche Heidenberge nicht nur durch die Waldweide betreibende Landwirtschaft, sondern auch durch den Bergbau anthropogen bedingt sind. Allerdings gibt es auch andere Hintergründe für die Verwendung dieses Flurnamens. Deutlich ist das beim Heidenberg 460 m südlich des ehemaligen Kastells Seitzenbuche, wo der römische Limes auf einer schmal und hoch herauspräparierten, länglichen Geländeerhebung zwischen den Gewässernetzen Mud zum Main im Norden und Itter zum Neckar im Süden verlief, und zwar von Hesselbach nach Schlossau. Der südliche Abhang des Limes mit dem Blick auf das ehemalige römische Grenzwerk heißt „Heidenberg“ und ist damit ganz klar eine Flurbezeichnung für die römische und daher heidnische Grenzanlage. Für dieses ‚Heidenwort‘ sah die Kirche keinen Anlass zur Änderung. Ein zweiter Grund für die Bevölkerung, den Begriff Heidenberg einzusetzen, mag mit der Lokalisierung von Grabhügeln der Frühzeit zusammenhängen. Solche Grabhügel könnten z. B. am Nordrand des Odenwaldes vorliegen, wo sie sowieso zuhauf vorkommen. Möglicherweise könnten sie hinter einigen der dortigen „Heidenberge“ versteckt sein. Dagegen ist in der Regel auszuschließen, dass die Bevölkerung „echte Heidenberge“, das heißt Kultstätten der Jungstein-, Bronze- und Kelten-
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zeit, als solche benannt hat. Das hätte nämlich die Kirche nicht durchgehen lassen. Möglicherweise verhält es sich mit dem Heidenberg 339 m nordöstlich von Lautern anders. Die Gemarkung von Beedenkirchen grenzt mit dem großen Flurstück Nr. 106 „Am Hexentanzplatz“ nördlich an den Heidenberg. Das Flurstück wird als „unförmiges Gelände“ beschrieben. Außerdem befindet sich östlich in gut 600 Metern das Flurstück und der Berg „Am Hinkelstein“ 386 m. „Der Hinkelstein ist spätestens im Zuge der Flurbereinigung verschwunden.“ 74. Der Hinweis „Hexentanzplatz“ ist doch sehr auffällig und lässt vermuten, dass entweder der Heidenberg oder der nahe liegende Hinkelstein eine heidnische Kultstätte waren. Auch der Heideberg 560 m mit Blick auf Neunkirchen, daneben die Waldstücke „An den drei Steinen“ und „Hexenstein“ um die drei Quellen der Neunkircher Höhe herum, dem höchsten Berg des Vorderen Odenwaldes, könnte nicht nur Heidekraut-Berg, sondern ebenso auch polemisch „Hexentanzplatz“, im Klartext heidnischer Kultplatz bedeuten. Ähnliches ist auch für den Heidekopf 249 m westlich Groß-Bieberaus denkbar, weil daneben der Galgenberg 258 m liegt (nach dem Motto ‚Übles zu Üblem‘) und in der Nähe das große Waldstück „Teufelsrechgrund“ (eine christliche Umwertung). Dies bleibt denkbar, auch wenn das Schild des Wanderparkplatzes Heidenkopf die ‚besondere Eigenart und Schönheit‘ der Landschaft betont.
Erörterung Heidelberge Flurnamenfamilie Heidelberg: Heidelbeere: Heidelberg 364 m sö. Wiebelsbach (zu Groß-Umstadt), Heidelberg 443 m ö. Ober-Kainsbach (bei der Spreng), Heidelberg ca. 280–320 m ö. Ober-Gersprenz, Heidelberg 311 m ö. Lindenfels, Heidelberg 114 m Großstadt am Neckar (= 5-mal); Anderes Obst: Beerwald s. Unter-Finkenbach, Beerwald sw. Gammelsbach, Äpfelberg ö. Lützelsachsen (zu Weinheim), Kirschberg 302 m nw. Waschenbach (Mühltal) (= 4-mal). Die Flurnamenfamilie Heidelberg (Heidelbeeren und anderes Obst) besteht aus 5 + 4 = 9 Elementen.
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Besprechung zu ‚Heidelberg‘: Der Autor hat schon darauf hingewiesen, dass sich hinter den ‚Heidelbergen‘ nicht per se ‚Heidelbeer-Berge‘ verbergen. Obstbezeichnungen als Flurnamen kommen im Odenwald nur selten vor: nur je einmal Apfel und Kirsche, obwohl der Apfelanbau in den Tälern weit verbreitet ist. Die zwei ‚Beerwald‘-Bezeichnungen scheinen mir dagegen recht klar auf Wald-Heidelbeeren hinzuweisen. Der Name der Stadt Heidelberg weist vermutlich auf den gegenüber liegenden Heiligenberg hin und ist ein verstecktes ‚Heidenberg‘. Dieser Zusammenhang wird in einer zukünftigen Schrift des Autors dargelegt. 75 Die vier ‚Heidel-Berge‘ sind einzeln zu betrachten: 1) Der Heidelberg bei Ober-Gersprenz ist ein wenig ausgeprägter Waldhang unterhalb des höheren Berges Kitzestein 366 m und könnte daher ein „Heidelbeer-Berg“ sein. 2) Der Heidelberg bei Wiebelsbach am Nordrand des Odenwaldes ist eine flach ansteigende Erhebung in einem größeren Waldstück und könnte daher auf ein Hügelgrab hinweisen oder auch ein echter ‚HeidelbeerBerg‘ sein. 3) Anders liegen die Verhältnisse beim Heidelberg 311 m östlich von Lindenfels. Es handelt sich um einen frei stehenden, einzelnen Hügel, der an der Straße liegt und außerdem ganz von einem Weg umrundet wird. Dies weist auf eine bestimmte frühere Nutzung hin, und der Autor möchte die These aufstellen, dass es sich hier um einen alten, heidnischen Kultplatz handeln könnte. 4) Am deutlichsten scheint mir der Fall des Heidelberges 443 m östlich Ober-Kainsbachs zu sein. Wir sind hier im nahen Umfeld der Spreng, der 385 m hoch gelegenen Passhöhe und Wasserscheide zwischen der Gersprenz im Westen und der Mümling im Osten. Nördlich der Spreng erhebt sich unser Heidelberg (443 m), der noch zum Vorderen Odenwald rechnet, und südlich der Morsberg (517 m), der die BuntsandsteinSchichtstufe bildet und damit den Anfang des Hinteren Odenwaldes bildet. Der Name scheint auf die alte Fuhrmannshalte, das Gasthaus „Zur Spreng“ hinzuweisen.76 „Der Morsberg ist ein alles überragender nordwestlicher Eckpfeiler des Sandstein-Odenwalds an der Grenze zum Vorderen Odenwald. Er gehört … zu den nördlichsten Odenwaldgipfeln, die zu einer Höhe von mehr als 500 Meter aufsteigen.“ 77 Gegenüber diesem dominanten Gipfel erhebt sich der ebenfalls auffällige Heidelberg mit 443 Metern. An ihn schließt sich nördlich das Waldstück ‚Hölle‘ an,
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
gegenüber am anderen Talhang liegt der Wald ‚Michelsberg‘. Er ist mit ca. 350 m Höhe im Umfeld recht niedrig, also keineswegs ein „großer Berg“ (mhd. michel = groß); sondern ein Michaels-Berg (mhd. Michel = Kurzform Michel, nach dem Hl. Erzengel Michael, dem Drachentöter und Wodan-Bezwinger). Auf der anderen Spreng-Seite liegt zu allem Überfluss auch noch ein Heidenbuckel 372 m. Das Umfeld Michelsberg und Hölle weist den Heidelberg als Tarnname für einen echten Heidenberg, also für eine heidnische Kultstätte aus. Delikat ist in diesem Zusammenhang auch noch, dass das Mittelalter zwischen Heidelberg und Spreng einen Galgen (mit ‚herrlicher Aussicht‘) und die Neuzeit um die Ecke die Zentralmülldeponie Odenwald errichtet hat. Es wurde also wieder Übles zu im christlichen Sinne Üblem gestellt.
Erörterung Heiligenberge Flurnamenfamilie Heiligenberg: Heiligenberg 440 m n. Stadt Heidelberg, Heiligenberg 209 m ö. Jugenheim, Heiligenberg 498 m ö. Bensheim, Am Heiligenberg n. Nieder-Liebersbach. Die Flurnamenfamilie Heiligenberg besteht aus 4 Elementen. Besprechung zu „Heiligenberg“: Sehr interessant ist auch die Betrachtung der Flurnamen mit dem Bestimmungswort „heilig“. Während man bei topografisch kleineren Sachverhalten wie Heilige Wiese oder Heiligengrund davon ausgehen kann, dass es Flurstücke aus dem Besitz der Kirche sind (oder waren), die vom Volksmund so benannt wurden, ergibt der Flurname „Heiligenberg“ keinen Sinn. Denn die Kirche hat weder bei der Christianisierung noch heute jemals „Heilige Berge“ definiert, im Gegenteil, sie hat den Kult der Germanen, auch Berge zu verehren, bekämpft, da sie Elemente der Natur als Konkurrenz für den Gottessohn gesehen hat. Der „Heiligenberg“ ist daher ein ganz verdächtiger Kandidat, hinter dem sich etwas anderes verbirgt, das mit dem starken, kirchlichen Ausdruck „Heilig“ verdeckt werden sollte. Im Odenwald kommt der Name „Heiligenberg“ viermal vor: 1) Das prominenteste Beispiel ist der Heiligenberg bei Heidelberg, der sich nördlich der Stadt erhebt, mit einem vorgelagerten Michelsberg und einem seitlichen Heidenknörzel. Der Name rührt vom Kloster Allerheiligen aus dem Schwarzwald her, deren Mönche im Mittelalter den Berg
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übernahmen, dessen frühmittelalterliche St. Michaels- und Stephansklöster nach dem Niedergang des Gönners Kloster Lorsch in die Jahre gekommen waren. Diese wiederum waren auf einem römischen Merkurtempel-Berg errichtet worden, der wiederum ein germanisch-keltisches Bergheiligtum abgelöst hatte. Diese Dinge sind historisch belegt und erforscht, und man sieht an diesem hervorragenden Beispiel, dass die heidnischen Kulte oben auf der Bergspitze betrieben wurden – und die Kirche n u r d e s h a l b mit Klöstern und Mönchen d o r t h i n a u f g i n g, um die Erinnerung an diese heidnische Kultstätte auszulöschen. Der Autor wird diesen Zusammenhang und die sich daraus ergebenden Schlüsse im 6. Kapitel dieser Arbeit genauer untersuchen. 2) Der zweite Heiligenberg des Odenwaldes liegt östlich von Jugenheim und hat eine Höhe von 209 m, trotzdem erlaubt er eine weite Fernsicht in die Rheinebene hinaus bis zum Pfälzer Wald. Den Namen erhielt er von dem dort um 1230 gestifteten Klarissenkloster.78 Warum aber gerade auf dem Aussichtsplatz auf der Bergspitze ein Kloster gegründet wurde, weiß man heute nicht mehr. Vermutlich hatte der Platz eine Bedeutung, die älter als die nur knapp 800 Jahre war. 3) Die Flurbezeichnung „Am Heiligenberg“ nördlich von NiederLiebersbach (zu Birkenau), die sich an eine isolierte Kleinsiedlung der Gemeinde anschließt und fast bis zum nahen Flurnamen „Hinkelstein“ erstreckt, scheint im Zusammenhang mit dem „Fund von fünf jungsteinzeitlichen Steinbeilen“79 möglicherweise auch auf einen alten Kultort hinzuweisen, der vielleicht beim Hinkelstein-Ort zu lokalisieren wäre. 4) Am geheimnisvollsten ist die Bezeichnung „Heiligenberg“ für einen 498 m hohen Berg, der gut 5 km östlich Bensheims in einem größeren Waldgebiet liegt. Über ihn hat der Autor nichts in Erfahrung bringen können. Allerdings gibt es Spuren: Zu Zeiten geringerer oder schütterer Bewaldung muss es von diesem Heiligenberg eine herrliche Sicht in die Rheinebene gegeben haben, da die Berge westlich vor ihm niedriger liegen. Dies alleine reicht freilich für die Annahme eines Kultplatzes noch nicht aus. Was aber hat es mit dem sonderbaren Namen des östlich anschließenden, noch einmal höheren „Kesselberges“ 531 m und dem Flurnamen „Steinschloss“ auf sich? Neben einem Kessel liegt ein heiliger Berg – das ist sehr auffällig und verweist auf matriarchale Zusammenhänge und damit zurück in die Jungsteinzeit der Großen Mutter.
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Abschließend sei noch einmal betont, dass die Ortsnamenkunde mit den hier vorgenommenen Schlussfolgerungen zu den Wortfamilien Heiden-, Heidel- und Heiligenberg überwiegend als wahrscheinliche Annahmen zu betrachten sind. Es existieren (noch) keine archäologischen Belege, die nach 7000 Jahren vielleicht auch nicht mehr zu erbringen sind. Trotzdem bleibt als Ergebnis festzuhalten, dass nach Auffassung des Autors (bis zum Beweis des Gegenteils) zu dem einen sicheren heidnischen Kultplatz auf dem Heiligenberg bei Heidelberg acht weitere Plätze treten, die mit einer mehr oder weniger deutlichen Spur aus Flurname und topografisch-namenkundlichem Umfeld auf heidnische Kultplätze verweisen: Plätze bei Lautern, Neunkirchen, Groß-Bieberau, Lindenfels, der Spreng, Jugenheim, Nieder-Liebersbach und Bensheim. Sie liegen alle im Vorderen, schon früh von den Kelten besiedelten Odenwald.
3.1.3 Die dreifache Muttergöttin oder ‚Weiße Frau‘ Die Religionsgeschichte des Abendlandes zeigt immer wieder die Dreiheit der weiblichen Göttinnen, seien es die Drei Heiligen Maderl, die drei Bethen, die drei Matronen der Römer oder die drei Schicksalsgöttinnen der Griechen, und auch der Hinduismus Südasiens zeigt die Dreiheiten männlicher und weiblicher Götter. Daraus und aus der Sagen- und Märchenwelt, in der die Dreiheit der guten Geister auch immer wieder vorkommt, zieht die Moderne Matriarchatsforschung den Schluss, dass die Religion der „historischen entwickelten Matriarchate Vorderasiens und Europas … der Kult der Großen Göttin (war), die in dreierlei Gestalt auftrat“ 80. Die Vorstellung der „Dreifaltigen Göttin“ besagt, dass die uralte, am Anfang der Religionen stehende Muttergöttin „in drei verschiedenen Erscheinungsformen (Aspekten) verehrt wird“81.
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Modell der Modernen Matriarchatsforschung Die Begründerin der Modernen Matriarchatsforschung, Heide GöttnerAbendroth, hat diese These in einem Strukturbild dargestellt, das dieser Arbeit beigefügt ist (Abb. 3). Es zeigt die drei Mondphasen (aufgehender oder zunehmender Mond, voll entfalteter Mond um die Tage des Vollmondes herum, abnehmender und verschwindender Mond bis zum Neumond): Sie sind Symbole für die drei Aspekte der Muttergöttin, der zunehmende Mond ist das Mädchen oder die junge Frau mit der Farbe Weiß, der Farbe der Reinheit und des beginnenden Lichts, der volle Mond ist die reife Frau und Mutter mit der Farbe Rot, der Farbe des Blutes und der Vitalität und Aktivität, der abnehmende und verschwindende Mond ist die Alte mit der Farbe Schwarz, der Farbe des Herbstes und Winters, des Todes, aber auch der Erde und der aus ihr wieder hervorgehenden Wiedergeburt, wie auch aus dem verschwundenen Mond der Neumond des nächsten Kreislaufs wird. Dieses weibliche Prinzip wird dreifach gedacht, auch als Kind, Mutter und Großmutter oder Jugend, Reife und Alter oder Morgen, Mittag und Abend. Auch im Jahreslauf findet sich der Dreierrhythmus mit den drei Farben: die sich entfaltende Natur (mit den weiß blühenden Schneeglöckchen und Kirschbäumen im Frühling), die voll ausgebreitete Natur (mit den roten Früchten Erdbeere, Kirsche, Johannisbeere, Himbeere, Vogelbeere und den roten Blumen Almrausch und Rosen im Sommer 82) und die sich zurückziehende, ruhende Natur (die schwarze Erde nach der Ernte im Herbst und die kahlen Bäume mit dunklen Ästen in den langen Nächten des Winters). Der dreifachen Göttin stellt Göttner-Abendroth als männlichen Gegenpart den Gefährten oder Geliebten gegenüber, den sie als „Heros“ bezeichnet (das war im alten Griechenland der Held oder Halbgott) und den sie symbolisch in der gelb leuchtenden Sonne abbildet. Diese weiblich-männliche Dualität lebt vor und in der blauen Weite des Kosmos, des Himmels und des Meeres, die sie umfasst.
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Abb. 3: Göttin-Heros-Struktur nach Heide Göttner-Abendroth. Der weiße [links, zunehmend], rote [Mitte, Vollmond] und schwarze Mond [rechts, abnehmend] symbolisiert die drei Gestalten der Großen Göttin als Mädchen, Frau und Greisin. Die gelbe Sonne [Scheibe] steht für den männlichen Heros (Gefährten, Geliebten) der Göttin. Der blaue Hintergrund symbolisiert die Weite des Kosmos, des Himmels, des Meeres, etc. Qu: AnonMoos: Göttin-Heros-Struktur, erstellt 2012. [= Erläuterung: Kumpf] Gemeinfrei (Public Domain)
Die dreifache Muttergöttin oder ‚Weiße Frau‘
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Dreizahlen im Odenwald Diese weibliche „Trinität“ der jungsteinzeitlichen Muttergöttin spiegelt sich nun auch im Odenwald wider, und zwar besonders in einigen, im Gebirge verbreiteten Toponymen. Als religionsgeschichtlich jüngste Schicht haben wir schon die „Heiligenberge“ betrachtet; weiter zurück aber reicht der Reflex der Dreiheiten, die die alte Anwesenheit der Großen Göttin in dreifacher Gestalt erahnen lassen. „Alle der guten Dinge sind drei“, heißt es heute noch im Sprichwort, und dahinter verbirgt sich eben mehr, als man so landläufig denkt. Folgende Dreizahlen tauchen im Odenwald auf: Bei den drei Trögen s. Heidelberg, Die sechs Eichen (= 2 x 3) 233 m sö. Heppenheim, Drei Brunnen ö. vom Malchen 517 m, An den drei Steinen s. Neunkirchen, Drei Eichen, Wegekreuzung nö. des Roten Wassers bei Olfen, Drei Buchen ö. Ursenbach, Wildbann Dreieich, nördlich an den Odenwald anschließend, Drei Eichen, Brunnen ö. Dossenheim, Dreiröhrenbrunnen n. Grasellenbach, Zwölfröhrenbrunnen (= 4 x 3) der Mümling in Beerfelden (= 10-mal). Diese Dreizahlen befinden sich überwiegend im Vorderen Odenwald, der früher, noch zur Zeit der beginnenden Christianisierung, besiedelt wurde und daher in den Flurnamen noch ältere Schichten enthält. Die wenigen Funde im Hinteren Odenwald dürften als Nachahmungen einzuschätzen sein.
Die ‚Weiße Frau‘ des Odenwaldes Bereits die Griechen kannten die dreigestaltige Hekate, und der englische Dichter Robert Graves hat die dreifaltige Göttin als „Weiße Göttin“83 bezeichnet. Göttner-Abendroth spricht von der „Weißen Mutter“ auf Rügen.84 Im Odenwald taucht diese universale Muttergottheit unter dem Namen „Weiße Frau“ auf. Weiß ist im Christentum die Farbe der gottesfürchtigen Nonne, symbolisch die der Unschuld und Reinheit, deshalb trägt die Braut Weiß. Weiß ist aber, ursprünglicher und älter gesehen, der klare Anfang, der helle Tag und die Farbe des Lichtes.
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Der Autor hat den Sagenkreis der Weißen Frau im Odenwald untersucht85: „Ihre Leitfarbe Weiß findet sich zuhauf auch im Odenwald, in dem viele Sagen der Weißen Frau beheimatet sind. Sucht man nach den Orten dieser Sagen, so finden sich 14 allein an der frühbesiedelten Bergstraße am Rand der Rheinebene, 9 im Vorderen Odenwald, der stellenweise auch seit mindestens keltischer Zeit besiedelt ist, und weitere 9 am Ostrand des Odenwaldes beim Übergang zum ebenfalls frühbesiedelten Bauland und am Neckar. Der erst im Hochmittelalter siedlungsmäßig erschlossene Buntsandstein- oder Hintere Odenwald weist dagegen keine solchen Sagen auf. Zu diesen insgesamt 32 Sagen Weißer Frauen im Odenwald treten acht weitere mit der Leitfarbe Weiß und vier mit den Motiven „Gold und hell“, die um Maria, Nonnen und heilige Frauen ranken. Die Verwandtschaft mit dem uralten Heiligsein ist hier mit Händen zu greifen, sodass wir diese Sagen ganz getrost zu den „alten“ der Weißen Frau stellen dürfen. Somit gelangen wir insgesamt zu der ganz beachtlichen Zahl von 44 Odenwald-Sagen, die um die Weiße Frau kreisen…“86 Nahe bei der Weißen Frau stehen die Weißen Berge, denn Berge und Steine sind Zeichen frühester Verehrung. Folgende Toponyme tauchen im Vorderen Odenwald auf: Weißer Stein 548 m ö. Dossenheim, Weißer Berg 310 m s. Nieder-Beerbach, Weißeberg 292 m n. Kirschhausen und Weisenstein 443 m ö. Gadernheim. Im Hinteren Odenwald: Weißer Stein nö. Schönau, Beim weißen Stein 328 m sw. Gebhardshütte (= 6-mal).87 Ein weiteres Symbol der Weißen Frau ist die Siebenzahl: Sieben Wege, Wegekreuzung sw. Weißer Stein 548 m, Siebenbrunnen w. Schönau (= 2-mal). Zur Bedeutung der Sieben: Die Woche hat sieben Tage, zweimal Sieben ist die Mondphase und der Biorhythmus der Frau. Auch der Kessel (= 2-mal im Odenwald) ist ein urmütterliches Symbol. Er verbindet sich mit der Dreizahl im Flurnamen „Bei den drei Trögen“ im Stadtwald Heidelbergs. Der Kesselberg 531 m östlich Bensheims (zwischen Ober-Hambach und Schannenbach) liegt in landschaftsmythologisch auffälliger Umgebung, nämlich neben einem Heiligenberg 498 m und einer Anna-Kirche in Gronau (nur 2 km entfernt). Anna war
Die dreifache Muttergöttin oder ‚Weiße Frau‘
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die Großmutter Jesu, und in der Heiligenfigur Anna Selbdritt taucht die alte (noch überwiegend weibliche) Dreiheit auch im Christentum auf: Großmutter Anna + Mutter Maria + Kind Jesus.
Holunder und Schneeberg Im Odenwald recht weit verbreitet sind Namenshinweise auf den Holunder. Toponyme, die auf ihn hinweisen: Holdergrund und Holderbach w. Unterdielbach, Holdermann (Wald) und Holdermannseiche ö. Handschuhsheim, Hollerwald s. Spreng, Holdengrund s. Ohrnbach, Höllrain (Wald) w. Habermannskreuz, An der Holländerhütte (Wald) nö. Niederhausen, Holunderhof und Höllerheck w. Fränkisch-Crumbach, Frauenhecke auf Juhöhe 360 m (= 11-mal). Der am weitesten in Mitteleuropa verbreitete Schwarze Holunder blüht weiß und hat schwarze Früchte. Der seltener vorkommende Rote Holunder hat im Juli und August leuchtend rote Beeren. Damit trägt der Holunder die drei Farben der Weißen Göttin: Weiß – Schwarz – Rot (vgl. Abb. 3). Tatsächlich spielt der Holunder in Religion, Mythos und Volksglauben eine bedeutende Rolle. Die Germanen glaubten, „dass Freya, die Beschützerin von Haus und Hof, sich den Holunderbusch zum Wohnsitz auserwählt habe“. Auch die Göttin der Quellen Holla wurde unter dem Holunderbusch „um die Fruchtbarkeit der Felder“ gebeten. Bereits die Griechen und Römer glaubten, dass im Holunder „die guten Geister wohnten“.88 Bis heute existiert der Glaube, dass ein Holunder am Haus zeigt, dass in dem Haus die Liebe wohnt. Nun, die germanische Göttin Freya, nach der unser Freitag, der bevorzugte Tag für Heiraten, benannt ist, war auch die Göttin der Liebe. Das Umschlingen des Holunderbaumes soll ein Mittel gegen Kinderlosigkeit sein; überhaupt gilt der Holunder als Apotheke des Einödbauern. Im Volksglauben hat diese „Heiligkeit“ des Holunders überdauert, und trotz der Widerstände der Kirche wird im Volk immer wieder behauptet, dass Marienstatuen in hohlen Holunderbäumen gefunden worden seien oder bei Entfernung dorthin zurückkehrten.
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
In Schneeberg im Odenwald, nicht weit von Amorbach, gibt es eine „Wallfahrt zur Muttergottes auf dem Holderstock“. In der Schneeberger Kirche begannen die Wallfahrten um 1450. Das Bildnis der Maria als Mutter und Königin sei vom Holunderstock an der Kirchenaußenmauer auf den Hochaltar der neu erbauten Kirche gekommen. „Als das Bildnis jedoch allmorgendlich in den Holunderstock zurückkehrte, in dem es einst gefunden wurde, erbaute man [1521] die Gnadenkapelle [an der Südseite der Kirche am Ort des Holunders].“89 Das Marienbild zeigt, wie Jesus seiner Mutter den Apfel des Sündenfalls aus der Hand nimmt und ihr dafür eine andere Frucht gibt, „nämlich die der Fruchtbarkeit und des Lebens. Bis 1862 stand die Figur in der Nordostecke der Gnadenkapelle, wo einst der Holunderstock gestanden haben soll.“90 Die matriarchale Trinität lautet: Dreifaltige Muttergöttin der Jungsteinzeit – Griechische dreigestaltige Hekate – Drei römische Matronen – Drei Bethen der Kelten – Drei Nornen der Germanen – Die drei heiligen Madl (Margaret, Barbara und Katharina). Es ist nun leicht ersichtlich, wie das Christentum durch den männlichen Gott Sünde und Erlösung in diese matriarchale Reihe eingeschoben hat, die jetzt lautet: Anna Selbdritt (Gottesmutter Maria mit Großmutter Anna und Kind Jesus). Trotzdem schimmert das alte matriarchale Muster noch deutlich hindurch. Die erwähnte Anna Selbdritt steht auch im Wallfahrtsort Schneeberg in der Nähe der Kirche an der Dorfstraße.
3.1.4 Altes Volk und Naturgeister Das alte, matriarchale Volk der Jungsteinzeit hatte das Land nur sehr spärlich besiedelt und wurde durch die frühpatriarchal organisierten Kelten mit ihrer neuen Waffentechnik vertrieben oder in Rückzugsgebiete zurückgedrängt. Reste dieses ‚Alten Volkes‘91 tauchen sporadisch in Sagen auf, im Odenwald in den „Wilden Frauen“. Zur frühesten Glaubensschicht des Menschen rechnen dagegen die Naturgeister, von denen es im Odenwald in der Sagenwelt noch einige Spuren gibt.
Altes Volk und Naturgeister
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Die Wilden Frauen des Odenwaldes Die Wilden Frauen sind zunächst einmal auffällige Felsformationen auf Odenwaldbergen oder an Hängen, zum anderen sind sie aber häufig mit Sagen verbunden, die Tiefergehendes erahnen lassen. Es waren gutherzige, liebevolle Frauen außerhalb der Gesellschaft. Erst die christliche Brille hat sie manchmal zu bösen Wesen umgedeutet. Der Autor hat sich an anderer Stelle mit diesem Thema beschäftigt.92 Deshalb sollen die Plätze hier nur aufgezählt werden. Sie sind sehr häufig und geradezu typisch für den Odenwald: Wildleutehäusl (Tromm), Wildfrauhaus (Klein-Bieberau), Wildeleutstein (Eichelberg 575 m), Wildfrauenstein (Rindengrund), Wildweibchenstein (bei Ruine Rodenstein), Wildfrauenhausberg (Lützelbach), Wildleutehäusel (Hebstahl), Wildfrauenstein (Groß-Bieberau) (= 8-mal). Auch das „Waibel“ (Weibchen) ist natürlich ein Hinweis: Wilder Waibelberg (bei Krösselbach), Wiebelsbach (bei Heubach), und LützelWiebelsbach (bei Breuberg) (= 3-mal). In der Summe finden sich also 11 Wildfrauen-Hinweise.
Hainzen, Elfen, Wasserfräulein Auf die Hainzen, männliche gute Geister, weisen zwei Flurnamen im Odenwald hin: Im Hainzenwald, Wald s. Felsberg 515 m im Felsenmeer (bezeichnenderweise beim Teufelsberg), Hof Hainzenklingen sw. Stettbach. Vielleicht rechnen sie auch noch zu dem ‚Alten Volk‘. Möglicherweise hängt der Odenwälder Wortkomplex Ellen anstatt mit „Elm = Ulme“93 mit „Elfen“, also weiblichen guten Geistern zusammen: Grasellenbach (mit Gras-Ellenbacher Wiesen), Dürrellenbach, Ellenberg und Ellenwiese (Flurnamen bei Aschbach) und Ellenbach (Fürth). Dies würde zu den häufigen Nebellagen in den Ellenbacher Hochtälern passen. Zu den Wasserfräulein gibt es einige Sagen, die sich in der Sammlung von Miriam und Peter Seisler94 finden. Sie sind Hüterinnen der Quellheiligtümer (siehe Kapitel 2).
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
3.2 Kelten im Vorderen Odenwald Die Kelten sind verschiedene Volksgruppen, die seit Beginn der Eisenzeit um 800 v. Chr. bis Christi Geburt in unserem süddeutschen Raum lebten. Die ältere Keltenzeit ist die Hallstattzeit (800 – 450). „Vor allem die Zeit von etwa 450 bis Christi Geburt ist die große Zeit der Kelten mit ihren Expansionen, die bis nach Kleinasien, Spanien, Italien, England und Irland reichen. Diesen Zeitabschnitt nennt man Latènezeit. Nachdem der römische Feldherr Gaius Julius Caesar 58 – 51 v. Chr. Gallien erobert hatte, gingen die Kelten, bis auf Reste ganz im Westen Europas, im Römischen Reich auf. Inwieweit der Odenwald von Kelten besiedelt war, ist im Detail zwischen Heimatforschern umstritten. Sicher ist, dass die Hauptflüsse des Gebirges, die Weschnitz, die Gersprenz und die Mümling, ebenso der Neckar und der Main auf keltische Namensgebung zurückgehen; genauso einige Gebirgsnamen, wie die Tromm und der Walehinhoug (heute Kapellenberg). Folglich müssen die Kelten an diesen Flüssen und auf diesen Bergen gewesen sein. Für Südengland lässt sich sagen: „Die Steinblöcke, ob in Form von kunstvollen Tempeln angeordnet, wie in Avebury und Stonehenge, oder einzelne Menhire und Dolmen, wurden von früheren Völkern errichtet, auch wenn sie von den Kelten in Ehren gehalten wurden und zweifellos für religiöse Zwecke von ihnen genutzt wurden.“ 95 Das dürfte sinngemäß auf den Odenwald übertragbar sein, wenn man an die Steinsetzungen bei Laudenau und andere Plätze denkt (siehe Abschnitte 3.1.1.2 und Kapitel 5 passim). Die Abwesenheit von Funden bei jungsteinzeitlichen Steinanlagen bedeutet logischerweise nicht, dass die Kelten als Nachnutzer des alten Heiligtums nicht da gewesen wären. Denn typisch für die Kelten wie auch später für die Germanen waren „heilige Orte, die nicht umfriedet waren“ 96. Solche Orte lassen sich freilich kaum noch finden (vielleicht vom Wanderer erahnen?).
Ringwallanlagen
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3.2.1 Ringwallanlagen Aber nicht nur für England hat „man hat einige Stätten entdeckt, wo sich vermutlich in vorrömischer Zeit keltische Tempel befunden haben“97, sondern auch für den Odenwald. An drei Plätzen hatten die Kelten große Ringwallanlagen auf markanten Bergen über großen Flüssen am Rand des Odenwaldes errichtet. Diese Anlagen umschlossen Bergsiedlungen und Heiligtümer: auf dem Heiligenberg 440 m nördlich Heidelbergs am Neckar, auf dem Greinberg 452 m und dem Wannenberg 481 m bei Miltenberg am Main. Die massiven Ringwallanlagen, deren Reste heute noch sichtbar sind, sind zum Schutz vor Angriffen errichtete Stein-, Holz- und Erdwälle gewesen, die zu Verteidigungszwecken errichtet wurden. Wahrscheinlich handelte es sich um keltische Fluchtburgen (Oppida) für die bäuerliche Umgebung des Umlandes, die bewusst als schwer erreichbare Höhensiedlungen angelegt wurden. Denn die Keltenzeit ist die erste historische Epoche in unserem Raum, die durch effektive Waffen gekennzeichnet ist mit straff organisierten, bewaffneten Männerhorden, die ihre Nachbarn überfielen. In der Forschung spricht man vom Frühpatriarchat gegenüber der mutterrechtlich organisierten, früheren Jungstein- und Bronzezeit. Wenn auch die Wallanlagen Höhensiedlungen waren, so ist doch anzunehmen, dass sie nicht aus dem Nichts heraus entstanden sind. Vielmehr dürften sie an heiligen Steinkreisen der Jungsteinzeit, die der Observation des Himmels dienten, errichtet worden sein. Im Odenwald sind solche Steinkreise von den Kelten vermutlich in ihren Wällen verbaut worden, sodass Spuren fehlen. In der Mitte am höchsten Punkt war auf dem Heiligenberg das jungsteinzeitliche, später keltische, dann römische Heiligtum des Merkur und in christlicher Zeit das St. Michaelskloster. Auch der Greinberg weist ein römisches Merkurheiligtum mit vermutlich älteren Wurzeln auf. Auf beiden Bergen wurden römerzeitliche Weihesteine gefunden, die auf diese religiöse Kontinuität verweisen. Die Wallburgen wurden im Volksmund auch „Hunnenburgen, Hünenburgen, Heidenburgen“98 genannt. Das sind unhistorische Zuordnungen (Hunnen) oder Legenden (Hünen), trotzdem ist es nützlich, diese
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Begriffe zu kennen, denn sie tauchen immer wieder im Gelände in Flurnamen auf. Hierzu gehört die Ringwallanlage Heuneburg (Heunen = Hünen, Riesen) auf der Altscheuer 384 m bei Lichtenberg im Fischbachtal. Auch der Steinberg 428 m (Name deutet auf Steinsetzungen) bei Rippenweier hat vermutlich eine Ringwallanlage. Hans-Günther Morr vermutet, dass auch auf dem sehr markanten Breuberg, bevor die heutige Burg im Mittelalter errichtet wurde, eine Ringwallanlage bestand, und ebenso auf dem Stutz 422 m bei Keilbach99. Damit kommt man im Odenwald immerhin auf sieben Ringwallanlagen der Keltenzeit, die überwiegend im schon jungsteinzeitlich besiedelten Vorderen Odenwald liegen (Heiligenberg, Heuneburg, Steinberg) oder am schiffbaren Main (Greinberg, Wannenberg) oder an leicht zugänglichen Stellen im Hinteren Odenwald (über den Unterlauf der Mümling: Breuberg, vom Neckar über den Unterlauf der Itter: Stutz). Die meisten dieser Berge werden in den Kapiteln 5 und 6 genauer behandelt. Zu Breuberg und Stutz gibt es von der Archäologie Einwände, die auch von einer erst frühmittelalterlichen Burganlage ausgehen. Detailliertere Darlegungen hierzu hat Morr, auf die aber hier nicht weiter eingegangen werden soll.
3.2.2 Hügelgräber Das Thema Hügelgräber ist historisch recht weitläufig. Viele Hügelgräber stammen schon aus der Jungsteinzeit und wurden dann später in der Keltenzeit weiter belegt oder sinngemäß neu errichtet. „Es gibt sie in Europa regional beinahe durchgängig ab der Steinzeit über die Bronzezeit bis in die Eisenzeit und das Mittelalter.“100 Die Hügelgräber im Odenwald sollen hier schwerpunktmäßig beim Thema Kelten behandelt werden, wo sie nach Auffassung des Autors überwiegend hingehören dürften. Genauere zeitliche Zuordnungen ließen sich aber erst durch einzelne archäologische Untersuchungen treffen. Sehr viele Hügelgräber befinden sich am Nordrand des Odenwaldes, z. B. im nördlichen Mühltal, südlich Groß-Bieberaus (ehemals 20 Hügel-
Viereckschanzen
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gräber, die durch den heutigen Steinbruch zerstört wurden), südlich Wenigumstadts und bei Mömlingen und Großostheim. Am Westrand des Odenwaldes gibt es auf der Juhöhe Richtung Westen zum Steinkopf eine regelrechte Hügelgräberstraße mit dem Nachweis einer jungsteinzeitlichen Siedlung der Schnurkeramiker, von Heinrich Gieß 1913 mit seinem Grabungsbericht bewiesen101. Auf dem Höhenrücken zwischen Mümling- und Gersprenztal in der Nähe der römischen Villa Haselburg sind 12 Hügelgräber, der größte Hügel ist ein „Häuptlingsgrab“, andere sind von Schatzsuchern ausgeraubt. Sie datieren in die frühe Hallstattzeit 600 v. Chr.102 Weitere Hügelgräber liegen bei Höchst und zwischen Fürstengrund und Rimhorn. – Die meisten sind noch unerforscht.
3.2.3 Viereckschanzen Im süddeutschen und ostfranzösischen Raum liegen in abgelegenen Waldgebieten Viereckschanzen, auch Keltenschanzen genannt. Auf Feldern wurden sie weggepflügt. Es sind heilige Stätten, Tempelbezirke und Gerichtsorte. Ihre Deutung ist noch nicht abschließend geklärt. Manche hatten auch keltische Gutshöfe oder ländliche Siedlungen. Es handelt sich um ein „rechteckiges, meistens quadratisches Areal mit umlaufendem Wall und Graben“103. Morr vermutet, dass die Nutzung als Heiligtum im Vordergrund stand: „Da die Schanzen fast immer am flachen Berghang bzw. gar in einer wasserführenden Talmulde angelegt waren, liegt die Vermutung nahe, dass sogenannte Erd- oder Quellgottheiten angebetet wurden.“ 104 Eine Viereckschanze im Odenwald liegt bei der „Lauseiche“ am Wanderweg zwischen Vielbrunn und Rüdenau östlich des Geißbergs 419 m. Sie hat die Maße 50 m x 70 m und weist in der Schanzenmitte eine Art Schacht auf, was die Annahme der Verehrung einer Erdgottheit bestätigt, da es sich um einen Opferplatz handeln dürfte. Eine ähnliche Opferstätte ist das „Heidenloch“ auf dem Heiligenberg. Der Torbau der Viereckschanze bei der Lauseiche ist als Zangentor nach Osten ausgerichtet. Auch bei anderen Schanzen herrscht diese Richtung vor, manchmal auch Süden, aber niemals ist der Norden gewählt. Auch das
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
weist auf kultische Zusammenhänge mit Sonnenaufgang oder Sonnenhöchststand hin. Funde stammen aus der späteren Latènezeit bis zum Ende der Römerzeit. In ungestörten Räumen wie hier praktizierten die Kelten ihren Kult auch in der Römerzeit weiter. Fest steht, wenn auch sonst zu den Viereckschanzen noch nicht alles erforscht ist: „Als Wehr- oder Verteidigungsanlage war das kleine Erdwerk gänzlich ungeeignet.“105 Damit erweist sich der landläufige Begriff „Schanze“, der auf Verteidigung abzielt, als ungeeignet. Aus dem Odenwald ist also nur eine Viereckschanze bekannt. Morr vermutet aber beim im Wald versteckten Wald-Michelbacher Ortsteil Schönbrunn eine weitere Viereckschanze mit den Maßen 85 m x 170 m, mit Tor ebenfalls nach Osten. 106 Die untere Quadermauer ist 2 Meter hoch. Im Südosten ist eine Halbmauer mit Loch, wo er eine Quelle annimmt. Vielleicht ist die Viereckschanze ein heiliger Hain der Kelten gewesen, mit der Verehrung der keltischen Göttin Nemetona („die zum Heiligtum Gehörende“). Nemetona wurde auch von den Nemetern verehrt, die ihre Wohnsitze im Gebiet um Speyer hatten. Nemetona hatte einen Tempel in Klein-Winternheim bei Mainz und eine Weiheinschrift in Altrip südlich Mannheims.107 Diese Plätze liegen nahe beim Odenwald.
3.2.4 Keltisch-römischer Matronenkult Matronen sind „in Dreizahl auftretende Muttergottheiten der römischen, germanischen und keltischen Religion“108. Sie werden von den Römern in Form einer sitzenden Dreiergruppe auf Votivsteinen dargestellt. Die Matronensteine tragen lateinische Inschriften. Im nördlichen Rheinland (der ehemaligen römischen Provinz Niedergermanien) wurden über 800 Exemplare (!) gefunden. Die Matronen stehen ganz in der Tradition der dreifachen Muttergöttin (s. Abschnitt 3.1.3). Über den spirituellen Hintergrund ist zu sagen, dass die Drei-Gestalt die keltische Göttin zeigt: „als Jungfrau, die im Frühling das neue Leben auf die Erde zurückbringt, als reife, gebärfähige Frau, die das Blühen und Gedeihen und die reiche Ernte symbolisiert und als
Keltisch-römischer Matronenkult
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weise Alte, die alles Wachstum auf der Erde anhält und unter die Erde bringt, damit es Kräfte sammeln kann, um im nächsten Jahr neu zu erstehen; sie geleitet die Seelen der Toten hilfreich in die Andere Welt.“ 109 Der Odenwald rechnete zur römischen Provinz Obergermanien und weist auch einige Funde von Matronensteinen auf. In Mümling-Grumbach zwischen Bad König und Höchst „erhebt sich am Osthang des Mümlingtals eine Bergkirche, die eine Kostbarkeit ihr Eigen nennt: den sogenannten ‚Matronenstein‘. … Es handelt sich vermutlich um den Altarstein eines keltisch-römischen Heiligtums“110, der in der benachbarten Friedhofsmauer entdeckt wurde. Das ein Meter hohe und 1,1 Meter breite Bildnis zeigt drei sitzende Frauengestalten, die im Schoß ihres gefalteten langen Kleides je einen Früchtekorb tragen. Sie symbolisieren ihren Fruchtbarkeit spendenden Charakter. Die mittlere Matrone hat eine strahlenförmige Kopfbedeckung, oder alle drei haben Heiligenscheine, was auf eine christliche Umformung hindeuten könnte. Das Bild stammt aus dem 2./3. Jahrhundert n. Chr. Die Kelten bildeten ihre Götter noch nicht ab, „sondern verehrten sie in Baumheiligtümern, die auf Hügeln standen und in deren Nähe es Wasser gab.“ Die alte Bergkirche mit dem Kirchenhügel von MümlingGrumbach könnte ein solcher Ort gewesen sein. Ein weiterer Matronenstein findet sich flussabwärts an der Mümling in Eisenbach gegenüber von Obernburg. Es besteht aus nur einer sitzenden Matrone. Der Sandstein ist 90 cm hoch und 60 cm breit und in der Friedhofsmauer Eisenbachs eingemauert. „Die Darstellung zeigt eine mütterliche Frau, die eine Schüssel voller Früchte auf dem Schoß hält. Schwache Umrisse deuten an, dass sie mit einem langen Umhang bekleidet sein soll. Das Gesicht ist zerschlagen. Die langen wallenden Haare sind noch auszumachen.“111 Neben der Figur stehen kleinere, verschiedenartige Flaschengefäße, über deren Bedeutung nichts bekannt ist. Letztlich entsteht dadurch aber auch wieder eine Dreiheit. Der Reliefstein von Rüdenau ist in der Nordwand der Kirche eingemauert. Er zeigt drei auf einem Podest stehende Muttergöttinnen. Auffällig sind ihre Armhaltungen, die einen bewahrenden Charakter haben. „Die Schürzen, die über den bodenlangen gefalteten Gewändern getragen werden, sind zur Aufnahme von lebensnotwendigen Früchten bereit.“ 112
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Vielleicht ist auch die Stele von Rai-Breitenbach, die 1919 im Waldgebiet Obersberg 311 m gefunden wurde, die Abbildung einer keltischen Göttin. Der rechte Arm der stark verwitterten Figur umschließt mit gespreizten Fingern und Armreifen die Brust. Eine gewisse schützende Geste ist zu erkennen, die sich nach Meinung des Autors auch auf eine Leibesfrucht der Göttin beziehen könnte, womit die Fruchtbarkeitsthematik anklänge. Die figürliche Darstellung verweist „auf Grund von Vergleichsfunden in die späte Hallstatt- bzw. frühe Latènezeit“113. Im Museum der Burg Breuberg befindet sich eine Kopie der Stele. Diese drei oder vier Belege für den Matronenkult im Odenwald finden sich alle am Mittel- und Unterlauf der Mümling (Mümling-Grumbach, Rai-Breitenbach, Eisenbach) oder in Mainnähe (Rüdenau), also in einem von den Römern mit ihren Kastellanlagen und Landgütern (villae rusticae), z. B. der Römischen Villa Haselburg, besiedelten Raum, der sich zum Main hin öffnet.
3.3 Germanen: Kimbern, Alemannen, Franken Die Kimbern oder Zimbern (lateinisch Cimbri, griechisch Kimbroi) waren ein germanischer Volksstamm aus dem nördlichen Jütland. Der Geograph Claudius Ptolemäus sprach im 2. Jahrhundert von der Kimbrischen Halbinsel und der Heimat der Kimbern in Himmerland. Um das Jahr 120 v. Chr. zogen sie gemeinsam mit den Teutonen und Ambronen nach Süden ins Römische Reich. Die Römer sprachen von den „Cimbri Teutonique“. Der Begriff Germanen tauchte erst 80 v. Chr. auf. Später nannte Gaius Julius Caesar die Stämme jenseits des Rheins Germanen. „Nach Plutarch waren [bei der Wanderung der Kimbern und Teutonen] 300.000 kampffähige Männer im Tross.“114 Die Zahl wird von den Historikern aber angezweifelt und scheint eine Übertreibung der römischen Geschichtsschreiber zu sein. Man geht von 150.000 aus, was aber immer noch zu einer Gesamtzahl des ziehenden Volkes von 500.000 führt.
Germanen: Kimbern, Alemannen, Franken
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Tacitus erwähnt die Kimbern im 37. Kapitel seiner „Germania“: „In derselben Ausbuchtung, unmittelbar am Meere, wohnen die Kimbern, jetzt eine kleine Völkerschaft, doch gewaltig an Ruhm. Von der einstigen Geltung sind weithin Spuren erhalten, ausgedehnte Lagerplätze jenseits und diesseits des Rheines…“115 Antike Quellen geben eine Sturmflut als Ursache für die Auswanderung der Kimbern, Teutonen und Ambronen an. Doch vermutlich kamen Ernteausfälle und Hungerkatastrophen aufgrund einer Klimaabkühlung hinzu. So begaben sich die Völker auf die Suche nach fruchtbarem Land. Ihr Zug nach Süden führte sie zuerst nach Böhmen und dann in die Ostalpen, wo es 113 v. Chr. zu ersten Gefechten mit den Römern kam. Die Kimbern schlugen die Römer und zogen nach Gallien, weitere Siege folgten. Über die Iberische Halbinsel führte sie ihr Weg zurück nach Italien, wo sich die Völker trennten. Dies führte 102 v. Chr. in Südfrankreich zum Untergang der Teutonen und Ambronen, und 101 v. Chr. in Norditalien zum Untergang der Kimbern. Die überlebenden Reste siedelten sich nach Caesar zwischen den Ardennen und der Maas um Namur herum an. Caesar nennt den dortigen Volksstamm Atuatucer und erläutert: „Die Atuatucer stammten von den Cimbern und Teutonen ab. Diese hatten bei ihrem Zug in unsere Provinz und nach Italien alles Hinderliche, was sie nicht mit sich nehmen konnten, diesseits des Rheins untergebracht und eine Abteilung von 6000 Mann dort zur Bewachung und zum Schutz zurückgelassen.“116 Aus den antiken Quellen geht zusammenfassend hervor, dass die Kimbern auf ihrer Völkerwanderung pflegten, kleinere Volksteile zurückzulassen (Caesar) und dass von ihnen Spuren erhalten sind, und zwar „ausgedehnte Lagerplätze diesseits und jenseits [Odenwald!] des Rheins“ (Tacitus). Dem Autor sind drei solche Kimbern-Spuren bekannt: Beim Rückzug in Italien bildeten sich deutsche Sprachinseln im südlichsten Südtirol, die „sieben zimbrischen Gemeinschaften in Italien“117; beim Durchzug durch Helvetien: der Name Zimba (früher Cimba), ein 2643 m hoher Berg in Vorarlberg, auch das „Matterhorn des Montafon“ genannt (von der Form her ein „Mutterberg“, der auf Verehrung heiliger Berge und eine matriarchale Sichtweise der Kimbern verweist 118);
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
und schließlich der Odenwald, denn nach der Schlacht von Noreia (in den Ostalpen) 113 v. Chr. zogen die Kimbern am Odenwald vorbei Richtung Rhein119. Möglicherweise haben sie dabei streckenweise die nach Westen fließenden Abschnitte von Main und Neckar genutzt, auf jeden Fall sind sie am Main bei der keltischen Bergsiedlung auf dem Greinberg und am Neckar bei der keltischen Bergfestung auf dem Heiligenberg vorbeigekommen. Vermutlich wurden sie von den Kelten in kleinen Gruppen friedlich aufgenommen und in die Bergsiedlungen eingelassen; von Kämpfen ist jedenfalls nichts bekannt. Bereits im Jahr 200 v. Chr. war der keltische Gaumittelpunkt vom Heiligenberg nach Lokudunom (Ladenburg) verlegt worden, sodass die Bergsiedlung nur noch wenig besiedelt war und Platz für die Kimbern bot. Als nächstes germanisches Volk kamen die Alemannen in den Odenwaldraum. Im Jahr 40 n. Chr. wurden suebische Elbgermanen von den Römern um die heutige Neckarmündung in den Rhein herum angesiedelt. Die Römer nannten sie Suebi Nicrensis (Neckarsueben). Im 3. Jahrhundert erstürmten die Alemannen den römischen Limes und siedelten sich in den Gauen und der Rheinebene um den Odenwald herum an. „Bis um 500 wurden Alemannen und Sueben unterschieden, ab dem 6. Jahrhundert werden die beiden Namen dagegen ausdrücklich als gleichbedeutend überliefert.“120 Ab 496 n. Chr., nach ihrem Sieg über die Alemannen, wurde das Odenwaldumfeld von den Franken besiedelt. Ab dem 8. Jahrhundert beauftragten sie Benediktinerklöster mit der Erschließung des Gebirges durch Waldhufensiedlungen. Der Merowingerkönig Chlodwig I. war schon gut einhundert Jahre nach der Einführung des Christentums im Römischen Reich, nämlich im Jahr 496 zum katholischen Christentum übergetreten, doch erst unter dem Karolingerkaiser Karl dem Großen erfolgte im späten 8. Jahrhundert eine durchgehende Christianisierung.
Germanische Hauptgötter
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3.3.1 Germanische Hauptgötter Die germanische Glaubenswelt ist leichter abgeschritten als die sehr vielfältigen Götternamen der Kelten, und doch ist für uns keineswegs alles klar aus dieser Zeit. Dies hängt einerseits mit dem Abbruch dieser Tradition durch die Christianisierung zusammen, andererseits aber auch mit der Nähe zwischen Germanen, Kelten und Slawen, die, wenn man nur weit genug in der Zeitleiste zurückgeht, sowieso auf dem gemeinsamen westlichen Zweig eines indogermanischen (= indoeuropäischen) Urvolkes fußen. Sprachlich jedenfalls hat sich das Germanische erst im Zeitraum nach 500 v. Chr. (im Raum der Kimbern und Teutonen sogar erst im 1. Jahrhundert v. Chr.) bis um Christi Geburt durch die Germanische oder Erste Lauverschiebung121 von den übrigen indogermanischen benachbarten Sprachen wie Keltisch und Slawisch abgesetzt.
Holz-Idole in Opfermooren So weisen die archäologischen Funde aus den „Opfermooren“122 sicher an den Anfang einer kontinentalgermanischen Mythologie zurück. Im Opfermoor von Oberdorla (Thüringen) wurden aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. menschenähnliche Holz-Idole und „ein großes weibliches Idol mit einem bronzenen Halsreif aufgefunden“123, die in die keltische Eisenzeit datieren. Früheste Funde reichen bis in die Jungsteinzeit zurück, deren Völkernamen uns unbekannt sind. Schon vor Christi Geburt sollen die germanischen Hauptgottheiten in der Sprache gebräuchlich gewesen sein, wie sprachwissenschaftliche Befunde ergeben: „Wodan-Odin, Ziu-Tyr, Donar-Thor und Frija-Frigg“124. Erste schriftliche Hinweise auf die Germanen liefern die antiken Autoren. Gaius Julius Caesar (100 – 44 v. Chr.) bezeichnet in seinem ‚De bello Gallico‘ um 50 v. Chr. die rechtsrheinischen Volksstämme als Germanen. Die Römer hatten 52 v. Chr. die Rheingrenze erreicht und infiltrierten in den nächsten Jahrzehnten das rechtsrheinische Gebiet. Die römischen Provinzen Germania inferior (Niedergermanien, Hauptstadt Köln) wurde 85 n. Chr. und Germania superior (Obergermanien, Hauptstadt Mainz mit dem Odenwald) 90 n. Chr. errichtet, und wenige Jahre danach verfasste
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Tacitus (ca. 58 – 120) seine Schrift „Germania“ (98 n. Chr.). Tacitus schreibt über die Germanen: „Von den Göttern verehrten sie am meisten den Merkur (Wodan) … Herkules (Donar) und Mars (Ziu)“125.
Götternamen in den Wochentagen Als nächster wichtiger Beleg für die Namen der germanischen Götter sind die Namen unserer Wochentage anzuführen. In der römisch-germanischen Kontaktzeit im 2. und 3. Jahrhundert wurde von den Germanen die römische Sieben-Tages-Woche übernommen. Diese wiederum stammt von den Babyloniern, die die sieben Tage nach den von der Erde aus sichtbaren Planeten benannt hatten. Die römischen Namen der sieben Wochentage wurden in Lehnübersetzungen ins Germanische übertragen, wobei „für die römischen Götter die germanischen Entsprechungen eingesetzt wurden“126. Bei Sonntag und Montag haben wir eine direkte Übernahme der Gestirnsnamen für Sonne und Mond. Bei Samstag geht die Bezeichnung im Deutschen nicht auf Saturn (wie im englischen Saturday), sondern auf den jüdischen Ruhetag Sabbat zurück. Diese Bezeichnung wurde von den Griechen (vulgärgriechisch sambaton) über die Ostgoten nach Süddeutschland transportiert. Die verbleibenden vier Tage Dienstag bis Freitag sind nun echte Lehnübersetzungen. 1) Dienstag: Der römische Kriegsgott Mars entspricht dem germanischen Gott Tyr/Ziu, dem Beschützer des Things, latinisiert Mars Thingsus (Schutzgott der Volksversammlung und des Kampfverbandes): dies ergibt drei Varianten – englisch Tuesday, alemannisch Zistag und hochdeutsch Dienstag. 2) Mittwoch: Der römische Gott des Handels und Totenbegleiter ins Jenseits Merkur wurde mit dem germanischen Gott Wodan/Odin gleichgesetzt: das ergibt auch drei Varianten – englisch Wednesday, dänisch Onsdag; der althochdeutsche Wodensdag wurde in unserem Sprachraum durch die christliche Mission abgeschafft und durch das neutrale Wort ‚Mittwoch‘ ersetzt (erster Beleg althochdeutsch mittiwehha im 10. Jahrhundert)127.
Germanische Hauptgötter
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3) Donnerstag: Der römische Göttervater Jupiter 128 wurde mit dem germanischen Gott Donar/Thor gleichgestellt. Das ergibt zwei Varianten: englisch Thursday und unser Donnerstag (althochdeutsch Donarsdag). 4) Freitag: Die römische Liebesgöttin Venus wurde mit der germanischen Göttin Frija (für Ehe und Mutterschaft), vielleicht auch mit Freya (Liebesgöttin129) gleichgesetzt: unser Freitag (althochdeutsch Friatac). Die Götter hatten auch ihre Festtage: für Frija-Perchta der 2./3. oder 5./6. Januar, für Donar der Donnerstag Mitte Mai, für Wodan der 29. September und für Ziu der 11. November130. Die ‚Interpretatio Romana‘ lässt anscheinend Brüche erkennen, weil der höchste römische Gott Jupiter nicht mit dem höchsten germanischen Gott Wodan/Odin, sondern mit Donar gleichgesetzt wurde. Jedoch meint dazu Otto Heinrich von der Gablentz, dass „der Wodanskult eine späte Form des germanischen Glaubens ist, und dass der ritterliche Wodan den bäuerlichen Donar (um die Zeit kurz vor der Geburt Christi) als höchsten Gott ablöst“131. Nach Auffassung des Autors nennt das altsächsische Taufgelöbnis vom Ende des 8. Jahrhunderts deshalb Wodan erst nach Donar132. Wodan scheint also erst im Rahmen der kampfbetonten Völkerwanderungszeit den ‚Vormarsch‘ vor dem ursprünglicheren Wettergott Donar angetreten zu haben.
Weihe-Inschriften auf Odenwaldbergen Im Zusammenhang mit der Errichtung der neuen rechtsrheinischen Provinz ‚Germania superior‘ (Obergermanien) übernahmen die Römer zwei keltisch-kimbrischen Berge am Rand des Odenwaldes: den Heiligenberg am Neckar und den Greinberg am Main. Die Heiligtümer wurden zu römischen Merkur-Heiligtümern ausgebaut. Merkur, der Gott des Handels, war der wichtigste römische Gott in den Provinzen. In Obergermanien fand man sieben römische Weiheinschriften, in denen der germanische Gott ‚Mercurius Cimbrianus‘ oder auch ‚Cimbrius‘ genannt wird (Abb. 4).
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Abb. 4: Greinberg – Weihestein „Merkur der Cimbern“ [Fragment] Mitte 2. bis Mitte 3. Jh., Tempelbezirk auf dem Greinberg, 1845. IN H(onorem) D(omus)[Divinae] MERCVRI(o) CIM(briano) MANSVETINIVS SE(…) > COH(ortis) I SEQ ET R[auri(corum)] SIGIL(lum) MERCVR(ii) [P(osuit)] APRONIAN(o) ET BRA[(dua (CO(n)S(ulibus)] Zu Ehren Des göttlichen Kaiserhauses. Dem Mercurius Cimbrianus hat der Centurio der 1. Kohorte der Sequaner und Rauracer, Mansuetinius Se(…), in dem Jahr, in dem Apronianus und Bradua Konsuln waren, eine Merkurstatue aufstellen lassen. Qu: Museum der Stadt Miltenberg, Aufnahme: Kumpf 26.9.2021.
Heilige Haine im Odenwald
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Von diesen sieben Inschriften finden sich sage und schreibe fünf auf den Odenwaldbergen! Drei wurden auf dem Heiligenberg und zwei auf dem Greinberg gefunden.. Zwei weitere Funde erfolgten in der Umgebung der Provinzhauptstadt Mainz. Alle Funde datiert man in das 2./3. Jahrhundert n. Chr. Der Zeitraum lässt sich aber genauer bestimmen, denn Obergermanien existierte erst seit 90 n. Chr., und der vorgeschobene germanische Limes bei WalldürnOsterburken fiel um 260 n. Chr. durch den Ansturm der Alemannen. Innerhalb dieser 170 Jahre müssen also diese römischen Weihesteine entstanden sein. „Der Name Cimbrianus leitet sich vom germanischen Stamm der Kimbern ab, weshalb vermutet wird, dass sich in der Gegend des Odenwaldes Reste der von ihrem Zug zurückkehrenden Kimbern niedergelassen hatten. … Da die Inschriften den Gott im Zuge der ‚Interpretatio Romana‘ mit dem römischen Mercurius gleichsetzen, wird im Mercurius Kimbrianus üblicherweise der germanische Gott Wodan/Odin gesehen und als ‚Wodan der Kimbern‘ identifiziert.“133 Die früheste Nennung der germanischen Gottheiten Wodan und Donar in Runenschrift findet sich erst 400 Jahre später: auf der „Bügelfibel von Nordendorf“134 in einem alemannischen Frauengrab aus der Mitte des 6. Jahrhunderts. Nordendorf liegt an der Via Claudia Augusta, der ältesten römischen Kaiserstraße nördlich der Alpen zwischen Augsburg und der Donau. Der früheste Beleg für den Götternamen Odin stammt aus der Zeit um 725 n. Chr. und fand sich auf einem mit Runen beritzten Schädelfragment.135
3.3.2 Heilige Haine im Odenwald Der bereits zitierte antike Autor Tacitus schreibt in seiner 98 n. Chr. erschienen „Germania“: „Im Übrigen glauben die Germanen, dass es der Hoheit der Himmlischen nicht gemäß sei, Götter in Wände einzuschließen oder irgendwie der menschlichen Gestalt nachzubilden. Sie weihen ihnen Lichtungen und Haine …“136. Ob diese Kultplätze wirklich frei von Holz-Abbildungen der Götter waren, entzieht sich unserer Kenntnis. Da man solche ‚Götzen‘ in den
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Opfermooren gefunden hat, ist es aber denkbar. Falls es so gewesen wäre, wären auf Lichtungen und Hainen im Wald solche Holzbilder nicht erhalten geblieben, auch sind keine archäologischen Funde zu erwarten, ebenso wenig wie von Pfahlbauten und anderen Holz-Hinterlassenschaften der Frühzeit. Außerdem haben uns die frühen Germanen schriftlich ebenso wenig hinterlassen wie die Kelten. Dass kultische Feste an Quellen, Bäumen oder auf Hainen bei den Sachsen sogar noch Ende des 8. Jahrhunderts gefeiert wurden, zeigt uns ein Gesetzestext Karls des Großen. Nach der ersten Kapitulation der Sachsen vor den Franken erließ Karl im Jahr 782 die „Capitulatio de partibus Saxoniae“, in der es im Paragraf 21 heißt: Wer Gelübde nach heidnischem Brauch an Quellen, Bäumen oder Hainen darbringt oder nach heidnischem Brauch opfert und ein Gemeinschaftsmahl zu Ehren der Götzen veranstaltet, zahlt als Edeling [Adliger] 60, als Friling [freier Bauer] 30, als Late [zu Frondiensten verpflichteter Freigelassener] 15 sol. Und wenn er das Geld nicht hat, soll er es im Dienste der Kirche abarbeiten. 137 Nach dem Studium der topografischen Karten des Odenwaldes ist festzustellen: Solche germanischen Lichtungen und Haine finden sich als Geländenamen für Berge, Hänge oder Vorsprünge unterhalb von Berggipfeln, überwiegend auf der östlichen Seite des Tales und der (heutigen) Ansiedlung. Die östliche Talseite – das muss eine kultische Bedeutung gehabt haben. Tacitus schreibt dazu: „Man versammelt sich (zur Volksversammlung) … bei Neumond oder Vollmond … (Die Germanen) rechnen nicht nach Tagen, wie wir, sondern nach Nächten … die Nacht geht ihrer Auffassung nach dem Tage voran.“138 Diese Sitte lässt sich zweifelsohne auf den religiösen Kult übertragen. Das bedeutet, dass kultische Feiern in den Hainen (auf Berghängen, Bergvorsprüngen oder Berggipfeln) am Anfang der „Tageseinheit“ begannen, das heißt am Abend bei oder nach Sonnenuntergang. (Wir kennen heute noch in Norddeutschland das Wort Sonnabend für den Samstag, das darauf hinweist, dass der Sonntag am Samstagabend beginnt. Diese Sitte ist auch von den Juden bekannt, deren Sabbat am Freitagabend nach Sonnenuntergang beginnt. Auch die Kirche feiert die
Heilige Haine im Odenwald
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Osternacht als Augenblick der Auferstehung des Herrn, also als Beginn des Osterfestes am Ostersonntag. An diesen Beispielen scheint die alte Gewohnheit durch, sich nach dem Mondrhythmus anstatt nach dem Sonnenrhythmus zu richten.) Da die meisten Hain-Plätze im Odenwald auf der Ostseite der Täler liegen, ist also anzunehmen, dass man sich abends im Angesicht der (im Westen) untergehenden Sonne dort versammelte und dann vielleicht auf den Mondaufgang wartete (Vollmond?), um mit den Feierlichkeiten zu beginnen. Denn, wie Tacitus schreibt, ist bei den Germanen der Beginn der Nacht der Beginn des neuen Tages. Somit „beginnt der Tag mit Blick nach Westen“, also auf der Ostseite. Direkte Namenshinweise der bis ins 6., 7. und 8. Jahrhundert begangenen Kulte lassen sich im Odenwald finden: Weiheneich 396 m nö. Dossenheim, Hainberg 326 m ö. Waschenbach, Hainbühl ö. Frankenhausen, Hainberg 185 m sö. Großostheim, Haineberg ö. Rüdenau, Hainenbuckel n. Balsbach, Hainsberg ö. Bad König. Weitere Flurnamen könnten Hinweise für ehemalige heilige Haine sein: Namen im Stil „Alter Berg“ (Alter Berg 373 m ö. Böllstein, Alte Höhe 358 m sö. Groß-Umstadt, Althöhe 263 m s. Wenigumstadt), „Heidenberg“ (siehe unter 3.1.2.1), „Linden- oder Eichenberg“ (Eichelberg 209 m nö. Bensheim, Eichelsberg 263 m s. Heubach, Eichelberg 575 m s. Oberflockenbach, Eichels 320 m w. Bad König, Lindenstein 516 m n. Tromm, Lindenstein 455 m sö. Bensheim). Möglicherweise sind auch Flurnamen, die aus der Zeit der Aufklärung oder später aus dem 18./19. Jahrhundert stammen dürften, Hinweise auf ehemalige heilige Haine: Ludwigshöhe 311 m und Amalienhöhe 283 m ö. Auerbach, Weyprechtstempel s. Bad König, Hermannstempel ö. Michelstadt oder Sophienhöhe w. Erbach. Auf der Sophienhöhe bei Erbach steht ein kleiner klassizistischer Tempel, der durch einen Verein zu Ehren der Gräfin Anna Sophie, Frau des Grafen Karl zu Erbach-Erbach, an einem Aussichtspunkt erbaut und 1844 eingeweiht wurde. „Der Steintisch neben dem Sophientempel soll 1842 von der Gräfin selbst gesetzt worden sein.“139
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Vor dem Tempel der Sophienhöhe ist im Wald eine kreisförmige Verebnungsfläche, die wie ein alter Versammlungsplatz aussieht. Der Platz ist von alten Bäumen umstanden. Wenn die Anlage auch im 19. Jahrhundert entstanden ist, so scheint der Hain am Waldrand mit dem weiten Blick über Erbach doch auf viel ältere Zeiten zurückzugehen. Manche germanischen Götternamen haben in versteckter Weise bis heute überdauert: Wodan hinter St. Michael in Michelstadt und andernorts (siehe 4.1.2) und Donar hinter dem Ulrichsberg oder ‚Donnersberg‘ bei Mörlenbach (siehe 5.3.4).
3.3.3 Nertha, Beedenkirchen und die drei Bethen Die Germanen verehrten eine weitere Gottheit, die große weibliche Erdgöttin Nertha. Gewöhnlich spricht die Literatur von Nerthus, so Tacitus im Jahr 98 n. Chr.: „(Die einzelnen Germanenstämme) verehren (insgesamt) Nerthus, das heißt die Mutter Erde …“ 140. Tacitus setzt die Fruchtbarkeit spendende Erdgöttin treffend mit der römischen Terra mater (Mutter Erde) gleich. Ihr Fest wurde im Frühling gefeiert, und zwar am 17. März (dem alten Frühlingsbeginn, wie später St. Gertraud)141. Nertha – wir verwenden gedanklich korrekt die weibliche Form – fuhr von einer Insel des Weltmeeres „auf ihrem mit Kühen bespannten Wagen dahin … Dann folgen frohe Tage; festlich geschmückt sind alle Orte, denen die Göttin die Huld ihrer Ankunft und Rast gewährt, Man zieht nicht in den Krieg, man greift nicht zu den Waffen; verschlossen ist alles Eisen. Dann kennt, dann liebt man nur Ruhe und Frieden…“ 142. Priester sind beteiligt; am Schluss des Festes erfolgt eine Waschung der Göttin in einem entlegenen See. Die Schilderungen des Tacitus sind sehr interessant, da sie doch zeigen, dass die frühen Germanen diese friedenliebende Göttin verehrten, offenbar vor ihren männlichen Göttern, und zwar auf eine Art, wie sie auch aus der hinduistischen Religion überliefert ist. Im Kultus zeigt sich die indogermanische Urwurzel der Völker Europas. Auch der sprachliche Zusammenhang ist deutlich: Nerthus ist in Wahrheit Nertha143, gleichbedeutend mit Hertha, man denke hier an den alten Herthasee auf der Insel Rügen, vielleicht sogar der Ursprung dieses
Nertha, Beedenkirchen und die drei Bethen
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Kultes. Auf dem Weg vom Germanischen zum Althochdeutschen wird anders als im Englischen aus dem „th“ das „d“, sodass Hertha zur „Herda“ und schließlich (mit geschwächtem, später verschwindendem Anlaut) „Erda“ wird, unserem heutigen Wort „Erde“. Nertha ist also die germanische Erdgöttin, die Mutter Erde, und damit die älteste Göttin der Germanen. Sie tritt auch als Hertha, Hlodyn, Hludana, Holle [Frau Holle], Hulda oder Percht [vgl. „Berchtesgaden“] auf.144 Der antike Philosoph Apuleius bringt die Erdenmutter im 2. Jahrhundert n. Chr. zur Sprache: Ich bin die Natur, die Allmutter, die Herrin über alle Elemente, das erste Kind der Zeit, die Höchste aller Gottheiten, die Königin der Toten ebenso wie die Königin der Unsterblichen, die vereinigte Manifestation aller Götter und Göttinnen. Mit einem Wink gebiete ich über die leuchtenden Himmelshöhen, die heilsamen Meeresbrisen, die kläglichen Schatten der Unterwelt. Obwohl ich in vielen Gestalten angebetet werde, man zahllose Namen für mich kennt und mich mit allen Arten von unterschiedlichen Riten besänftigt, verehrt mich das ganze Erdenrund. 145 Sie ist die dreifache Göttin, und wie sie bei den Römern Matronen hieß, war sie bei den Kelten die drei Bethen, und so wurde sie von den Germanen übernommen. In Worms, nicht weit weg vom Odenwald, sind sie im Dom St. Peter als Embede, Warbede und Willebede abgebildet. 146 Auch in den Odenwald scheint eine Spur zu führen, und zwar in die Ortschaft ‚Beedenkirchen‘. Unter Abschnitt 3.1.2.1 wurde schon von Beedenkirchen geschrieben und auf den geheimnisvollen Flurnamen „106. Am Hexenplatz“ hingewiesen, der sich neben dem Heidenberg 339 m befindet. Neben dem ‚Hexenplatz“ befindet sich die „Vernetswiese“ (Nr. 105 + 108)147, die auf Keltisch Frühling hinweisen könnte (Französisch vernal = Frühling). Heidenberg, Hexenplatz und Frühlingswiese passen zusammen und weisen wohl auf die Walpurgisnacht hin. „Einer der wichtigsten keltischen Feiertage ist Beltane. In der Nacht auf den 1. Mai feierten die Kelten dieses Fest, das Feuerfest, zu Ehren der Wiederkehr des Sommers.“148 Aus den Flur- und Geländenamen kann man hier zwischen dem Platz Almen 323 m und dem Heidenberg 339 m (südöstlich von Beedenkirchen,
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
nördlich von Lautern) also auf eine keltische Festtradition oder einen noch älteren Kultplatz schließen. Der Platz ist in der Nähe der Wasserscheide zwischen Lautertal und Modautal unterhalb der Neunkircher Höhe 605 m, dem höchsten Odenwaldberg des nördlichen Odenwaldes, der auch eine besondere Bedeutung hat (s. 5.3.2). Forscht man zur Geschichte von Beedenkirchen nach, so findet man auch das Folgende: Nördlich von Beedenkirchen gab es eine Herrgottskapelle an der Straße nach Wurzelbach. In der alten Flurkarte tauchen noch die Bezeichnungen „Neben dem Kreuzweg“ auf (Nr. 131 + 132), ansonsten gibt es vermutlich keine Spuren. Jedenfalls ist in der Geschichte von Beedenkirchen anlässlich des 1000-jährigen Bestehens im Jahr 2012 nicht davon die Rede149. Auch die Wikipedia, die Gemeindegeschichte und LAGIS (das Landesgeschichtliche Informationssystem Hessen) haben diese Information nicht, sondern beginnen mit der ersten Kapelle im 14. Jahrhundert, die im Jahr 1624 durch einen Neubau ersetzt wurde. Gemeint ist die heutige evangelische Kirche in der Ortsmitte, die erst nach dem Dreißigjährigen Krieg fertiggestellt wurde. Dass es aber zu der nördlich vor dem Dorf gelegenen Herrgottskapelle eine Wallfahrt gegeben hatte, erfährt man auch nur aus anderen, eher versteckten Quellen: Norbert Wand schließt auf eine „frühe Wallfahrtskirche“150 ebenso wie der Autor Sobotta.151 Die Schlussfolgerungen von Wand und Sobotta, dass die Namensgebung des Ortes (im 11. Jahrhundert auch „Bettenkircha“) auf die Wallfahrt im Sinne „betend zur Kirche gehen“ hinweisen würde, sind aber falsch. Solch eine moderne, witzige, oberflächliche Deutung wird der Sache überhaupt nicht gerecht. Genausowenig wie die späteren Formen „Bettenkircha 1052“, „Breydenkirchen 1420“, „Beidenkirchen 1632“, die Fehlinterpretationen des ursprünglichen Sinnes darstellen. Denn der älteste überlieferte Ortsname von Beedenkirchen aus dem Jahr 1012 lautet „Betenkiricha“152 und verweist sicher nicht auf diesen Sinn, sondern auf einen ganz anderen. „Betenkiricha“ ist die Kirche der drei Beten Embede, Warbede und Willebede. Zu ihnen wurde gewallfahrtet, ihr Anbetungsort war am Platz der späteren Herrgottskapelle bei Wurzelbach an der Quelle, und ganz früher war der kultische Platz beim Heidenberg.
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Zu Beedenkirchen im Odenwald gibt es eine interessante Parallele: Ein weiteres Betenbrunn mit Anbetung der drei Beten und Wallfahrt befindet sich in 88633 Heiligenberg, 15 Kilometer nordöstlich von Überlingen am Bodensee.
3.3.4 Die Priesterinnen der Muttergöttin Die drei Beten der Kelten- und Germanenzeit spiegeln die drei Aspekte der alten, auch von den Germanen verehrten Erdgöttin Nertha oder Ertha wieder (deren Namen der Römer Tacitus zu Nerthus vermännlichte). Der Kult dieser Erd- und Muttergöttin wurde durch in ihrem Dienst stehende Priesterinnen ausgeübt, von denen im Odenwald zwei namentlich bekannt sind: Jetta und Freya.
Jetta lebte am Königstuhl Das Heidelberger Schloss steht auf dem sogenannten Jettenbühl, der nach der germanischen Seherin Jetta benannt sein soll. Sie lebte wohl in der Zeit nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches in einem heiligen Hain, in dem sie all jene empfing, die es nach Wissen über die Zukunft dürstete. Von weither kamen die Menschen, um von Jetta zu erfahren, welches Schicksal sie erwartete oder um einen Rat für ein gewagtes Vorhaben zu bekommen. Man sagt, sie hätte nicht nur Kriege und Verschwörungen vorausgesagt, sondern auch den Bau des Schlosses und das Gedeihen der Stadt drunten im Tal prophezeit.153 Weiter wird erzählt, dass der Preis dieser besonderen Gabe der Seherin der war, dass sie beim Trinken aus einer nahen Quelle von einer hungrigen Wölfin überrascht und zu Tode gebissen wurde. Die Quelle wird bis heute „Wolfsbrunnen“ genannt. Es ist offensichtlich, dass die weitere Erzählung der Sage ‚die Moral von der Geschichte‘ darstellt, die etwa lautet: Der germanische Kult ist mit dem Tode zu bestrafen; heilige Quellen sind lebensgefährlich und der Tod kommt nicht durch einen Wolf, son-
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
dern durch eine Wölfin. Diese Hinzufügung der christlichen Zeit ist offenkundig in der Zeit Karls des Großen oder später entstanden. Besonders perfide ist der Aspekt der Wölfin, die ja für die (damals noch heidnischen) Römer ganz positiv besetzt war: denn eine Wölfin säugte Romulus und Remus, die Gründer Roms. Das Heidelberger Schloss auf dem „Jettenbühl“, der Wiese der Jetta, liegt ebenso wie der weiter östlich liegende „Wolfsbrunnen“ am Nordhang des Königstuhls. Der Wolfsbrunnen liegt südlich vom Heidelberger Stadtteil Schlierbach am Königsstuhl. Zum ca. drei Kilometer entfernten Wolfsbrunnen führt der heute martialisch klingende „Schloß-Wolfsbrunnen-Weg“, es ist aber in Wirklichkeit ein besinnlicher, schöner Weg mit Blick auf den Neckar hin, der in alter Zeit zu einem Quellheiligtum führte (denn früher waren alle Quellen geheiligt). So zeigt die Sage um Jetta nicht nur die ursprüngliche Seherin, sondern zugleich ihre physische und moralische Vernichtung durch die neue Religion. Ein Wort zum Namen ‚Königstuhl“: Der 568 m hohe Hausberg Heidelbergs ist zugleich der höchste Berg des Kleinen Odenwaldes südlich des Neckars. Heidelberg war lange die Hauptstadt der Kurpfalz, auch gab es einmal einen pfälzischen König (in Böhmen). Von daher könnte sich der Name erklären, dem ist aber nicht so. Es findet sich (in der mir zugänglichen) Literatur nichts über den Sinn des Namens ‚Königstuhl‘. Über einige Umwege kommt man der mittelalterlichen historischen Sicht vielleicht näher. Der Kaiserstuhl westlich von Freiburg hat seinen Namen „vermutlich von König Otto III., der bei Sasbach am 22. Dezember 994 einen Gerichtstag abhielt. Nach diesem Gerichtstag wurde das ganze Gebirge als ‚Königsstuhl‘ bezeichnet. Erst nachdem Otto III. im Mai 996 zum Kaiser gekrönt war, wurde aus dem ‚Königsstuhl‘ der ‚Kaiserstuhl‘.“154 Über den Königsstuhl auf der Insel Rügen schreibt Heide GöttnerAbendroth: Der „schwanweiße Felsen Königsstuhl muss seit frühester Zeit eine große rituelle Bedeutung gehabt haben. In seiner nächsten Umgebung … finden sich nämlich weitere wichtige Kultstätten … Dieser
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heilige Felsen war früher sehr wahrscheinlich der Thron der Sakralkönigin von Rügen gewesen“155. Fasst man diese Erkenntnisse zusammen und überträgt sie auf den Heidelberger Königstuhl, so ergeben sich interessante Einblicke: Für den Königstuhl bei Heidelberg wesentlich ist der weite Rundblick, die „Himmelsleiter“ hinauf und an seinem Fuße der Kultort Jettas und heilige Quellen. Besonders wichtig ist aber der Blick hinüber auf die andere Neckarseite zum „Heiligenberg“, dem Sitz des Michaelsklosters, wo sich früher das römische Merkurheiligtum, noch früher ein germanisches Wodanheiligtum und in ganz früher keltischer und jungsteinzeitlicher Zeit das Heiligtum der Erdgöttin, bei den Kelten Ambeth genannt, befand (siehe dazu die Ausführungen im Kapitel 6). Der Königstuhl war also der Platz der heiligen Königin, der Erdgöttin der Jungsteinzeit.
Freya lebte am Katzenbuckel Eine weitere Priesterin der Erdgöttin hütete die heilige Quelle am Katzenbuckel, dem mit 626 m höchsten Berg des Odenwaldes. Es ist der Rest eines Vulkans, der die Winterhauch genannte Buntsandsteinhochfläche, die in der Gemeinde Waldbrunn 514 m Höhe erreicht, als flache Kuppe um nur etwa hundert Meter überragt. An seinem von der Siedlungsfläche Waldkatzenbachs versteckten nordwestlichen Hang, der in den geschlossenen Wald übergeht, entspringt kurz unterhalb des Gipfels die Freyaquelle (Abb. 5). Die Sage berichtet von der „Wilden Frau vom Katzenbuckel: Sie soll alle vier Wochen nach Waldkatzenbach gekommen sein, um sich Essen und mit einem Kienspan Licht für ihre Behausung zu holen. Man sagt, es habe sich um eine heidnische Priesterin gehandelt, die sich später in das Wildeleuthaus bei Hebstahl zurückgezogen hat. In hohem Alter soll sie dort verstorben sein. 156 Die Sage spricht von einer ‚heidnischen Priesterin‘ und ist daher ungewöhnlich klar. Sie zeigt, wie isoliert die Anhängerin des alten Glaubens in der christlichen Zeit war und dass sie es nicht wagen konnte, unter den
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Abb. 5: Oben: der Katzenbuckel von Osten, mit 626m der höchste Berg im Odenwald. Unten: Die Freyaquelle an seiner Nordwestseite auf 590m, höchster Brunnen des Odenwalds. Qu: Aufnahmen: Kumpf 22.9.2021.
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anderen Menschen zu wohnen. Die Sage zeigt weiterhin, dass sie später zu einer ‚wilden Frau‘ verkommen ist, was umso mehr ihre soziale Isolation verdeutlicht. Dass sie im ‚hohen Alter‘ verstarb, weist mythologisch wiederum darauf hin, dass sie einer sehr alten Kulturstufe angehört hatte, einer längst vergessenen Zeit. Vom Turm des Katzenbuckels aus hat man einen herrlichen Rundblick: nach Westen bis zum Königstuhl, dem Platz der Jetta; nach Norden zum Greinberg, dem Platz des römischen Meerkurtempels; nach Nordwesten zur Neunkircher Höhe, dem zweithöchsten Odenwaldberg mit seinen vielen heiligen Quellen. Und ganz weit schweift der Blick am Horizont zum Pfälzer Wald und zum Nordschwarzwald. Auf dem Gipfel des Katzenbuckels soll es „vor mehr als 200 Jahren noch Fundamentreste eines Bauwerkes gegeben haben. Ob es sich dabei um Überbleibsel einer ehemaligen Burg oder eines römischen Wachturms gehandelt hat, muss der eigenen Fantasie überlassen bleiben. In der … Sage … ist jedenfalls von einem Schloss die Rede“157 Eine Karte von Sebastian Münster aus dem Jahr 1528 zeigt einen Turm auf dem Katzenbuckel. Heute aber sind keine Siedlungsspuren mehr zu sehen. Das in der Sage genannte „Schloss“ ist mythisch zu deuten als prächtiger, leuchtender Platz der alten Kultur vor der christlichen Zeit. Es dürfte damit auf den Kultplatz an der Quelle unterhalb des Gipfels hindeuten. Die Freyaquelle mit Brunnen am Katzenbuckel ist in der heutigen Form ebenso wie die Odinquelle an der Marienhöhe bei Eberbach von Emil Freiherr von Stetten geschaffen worden, der 1892–1903 Forstamtsleiter und Vorsitzender des Odenwaldvereins und Verschönerungsvereins in Eberbach war. Die Eberbacher Zeitung vom 7. September 1897 berichtet von der Weihe der Freyaquelle und der Schutzhütte, damals unter dem Namen „von-Stetten-Hütte“. Heute heißt sie Freyahütte. Also sind diese beiden Quellfassungen, die Freyaquelle am Katzenbuckel und die Odinquelle bei Eberbach, ebenso wie z. B. auch der Lindelbrunnen bei Hiltersklingen (= der Siegfriedsbrunnen, siehe die
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Veröffentlichung des Autors158), in der heute zu sehenden Form Werke des historisierenden 19. Jahrhunderts. Aber diese historisierenden, neuromantischen, neumythologischen Tendenzen des Deutschen Kaiserreiches im späten 19. Jahrhundert liefern nicht die ganze Antwort. Denn die notwendigen, den wirklichen mythologischen Sachverhalt erhellenden Analysen reichen wesentlich tiefer und weiter zurück, wie die vorausgehenden Ausführungen gezeigt haben dürften.
4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald Nach der Darlegung alter Kultplätze aus der Jungstein-, Kelten- und Germanenzeit werden nun die Auswirkungen der neuen christlichen Religion für den Odenwald betrachtet. In einem ersten Schritt stehen die Umwertungen im Mittelpunkt, die die christliche Mission durchsetzte, und in einem zweiten Schritt die Spuren und Zeichen, die das Christentum im Odenwald gesetzt hat und noch setzt.
4.1 Umwertungen der christlichen Mission Seit dem Zeitalter der Aufklärung steht das europäische Denken unter der Leitlinie der Vernunft und daraus resultierend der transparenten Organisation von Herrschaft (Demokratie) und dem Toleranzgedanken (Relativierung absoluter religiöser Ansprüche). In den letzten Jahrzehnten kam durch die Verstärkung der ökologischen Krisen eine stärkere Wiederanerkennung unserer natürlichen Grundlagen hinzu bis hin zur Auffassung von der Heiligkeit der Natur als Mutter allen Lebens, womit wir wieder an die ältesten Wurzeln des spirituellen Empfindens anknüpfen können. Beide heute vorherrschenden Gedanken – Vernunft und Toleranz wie auch die anzuerkennende Unverletzlichkeit der Erde – sind, so sehr man das auch bedauern mag, keineswegs immer gültig gewesen. Mit dem Auftritt der monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) ist eine mehr oder weniger starke Intoleranz gegenüber Andersgläubigen verbunden, ganz anders z. B. als im polytheistischen Hinduismus, der die spirituellen Dinge nebeneinander stehen lässt. Beim Auszug aus der Sklaverei in Ägypten verkündet Moses dem israelitischen Volk am Berg Sinai die 10 Gebote (Exodus 20, 1–17), die er später in seinen letzten Lebenstagen mit der Verkündigung des Gesetzes noch einmal wiederholt und erläutert (Deuteronomium 5, 1–22 und
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6, 1–25). Gleich anschließend spricht er davon, dass Gott Israel „viele Völker aus dem Weg räumt – Hetiter, Girgaschiter und Amoriter, Kanaaniter und Perisiter, Hiwiter und Jebusiter, sieben Völker“ 159, und befiehlt den Israeliten: So sollt ihr gegen sie vorgehen: Ihr sollt ihre Altäre niederreißen, ihre Steinmale zerschlagen, ihre Kultpfähle umhauen und ihre Götterbilder im Feuer verbrennen. 160 Auf diese religiöse Intoleranz folgt die Toleranz des römischen Reiches, das alle religiösen Kulte unangetastet ließ und in sein Pantheon aufnahm (siehe z. B. ‚Mercurius Cimbrianus‘ Abb. 4), sofern der Kaiser anerkannt wurde. Trotz des klugen Satzes Jesu: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ (Matthäus 22, 21) kam es zu Christenverfolgungen, bevor durch das Toleranzedikt Kaiser Konstantins im Jahr 313 die neue Religion akzeptiert und 393 als Staatsreligion eingeführt wurde161. Nur wenige Jahre später, im Jahr 432 n. Chr., kommen der heilige Patrick und andere Missionare auf die Insel Irland, wo es zu einer friedlichen Annahme des Christentums und einer Verschmelzung mit der keltischen Religion kommt. Irische Mönche wirkten als Missionare bereits im 5. Jahrhundert in Schottland, England, in der Schweiz, in Italien und Galicien. Der merowingische König Chlodwig I. (466–511) trat bald nach der Schlacht von Zülpich über die Alemannen 496 n. Chr. zum römischkatholischen Christentum über, wodurch den irischen Missionaren die Tür im Frankenreich geöffnet wurde. Der Ire Kilian erschien mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan im Jahr 686 in Würzburg. Er hatte auch im Odenwald in Michelstadt (an der Kiliansquelle) die Taufe vollzogen. Papst Gregor der Große wies die iroschottischen Missionare 601 an, die im Volk verehrten alten heidnischen Stätten nicht zu zerstören. Man solle diese Orte mit Weihwasser besprengen, Altäre oder Kapellen errichten und Reliquien in die Altäre einbetten. 162 Diese päpstliche Anordnung aus dem Jahr 601 zeigt deutlich, dass es zu Übernahmen der heidnischen Kultplätze durch christliche Bauwerke kam.
Umwertungen der christlichen Mission
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Eine härtere Linie verfolgte rund 150 Jahre später der englische Missionar Bonifatius, der „päpstliche Legat für Germanien“ 163, indem er bei Geismar die dem germanischen Gott Donar geweihte und seit langem verehrte Eiche fällen ließ. „Bonifatius bezeichnet in seinen Schriften unter anderem dem Donar geweihte Bäume als Götzenbilder, deren Verehrung nach christlicher Lehre einen Verstoß gegen die Zehn Gebote darstellt.“164 Noch härter verfuhr Karl der Große in seinen Kriegen gegen die Sachsen (772–804), in dessen Zusammenhang es zur Zerstörung der Irminsul, dem Heiligtum der Sachsen, und zur Zwangsmissionierung kam. In dem 782 erlassenen Gesetzestext zur Festlegung der fränkischen Macht über die soeben erstmals unterworfenen Sachsen, der „Capitulatio de partibus Saxoniae“, heißt es: 1. … dass die Kirchen Christi in Sachsen nicht geringere, sondern erheblich höhere Geltung haben sollen als die Götzenstätten. 3. Sterben soll, wer gewaltsam eine Kirche erstürmt … oder die Kirche in Flammen aufgehen lässt. 4. Sterben soll, wer die vierzigtägigen Fasten vor Ostern in Verachtung des christlichen Glaubens bricht und Fleisch isst… 8. Sterben soll, wer Heide bleiben will … oder es verschmäht, zur Taufe zu gehen. 21. Wer Gelübde nach heidnischem Brauch an Quellen, Bäumen oder Hainen darbringt … zahlt (Geldstrafen). 22. Wir befehlen, dass die christlichen Sachsen in den Kirchhöfen und nicht auf den heidnischen Grabhügeln bestattet werden.165 Nach erneuten Aufständen der Sachsen ersetzte Karl 797 in der „Capitulare Saxonicum“ die drakonischen Todesstrafen durch Geldstrafen. – Sein Sohn und Nachfolger Kaiser Ludwig der Fromme ließ im Jahr 813 „den Michaelstag anstelle eines Festes des germanischen Gottes Wotan festlegen. Der Erzengel Michael wurde so zum Schutzpatron … Deutschlands.166“ Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die christliche Missionierung keineswegs immer friedlich ablief, sondern auch mit den Mitteln der Zerstörung, Strafbewehrung und des Verbotes arbeitete oder zur Besetzung der alten Kultplätze mit Kapellen und Verdrängung der germanischen Götter durch christliche Heilige führte. Dieses Wissen um die Methoden der Missionierung ist wichtig für das Verständnis der Kon-
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
tinuität der Plätze: Man kann in der Regel davon ausgehen, dass Kirchen und Kapellen auf ursprünglich heidnischen Kultorten errichtet wurden. Etwas weniger bekannt dürfte sein, auf welche Weise die germanischen Götter ausgetauscht wurden und dass dabei interessanterweise die Daten der Feiertage erhalten blieben167: –
Donnerstag Mitte Mai: Der germanische Gott Donar wurde durch Petrus und das Fest Christi Himmelfahrt ersetzt.
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29. September: Der germanische Gott Wodan wurde durch den Erzengel Michael mit dem Michaelstag ersetzt.
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11. November: Der germanische Gott Ziu wurde durch Sankt Martin und den Martinstag ersetzt.
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1. Januar: Die germanische Göttin Frija-Perchta wurde durch das Hochfest der Gottesmutter am Neujahrstag ersetzt.
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6. Januar: Die drei keltisch-germanischen Bethen wurden durch die Heiligen Drei Könige mit dem Dreikönigstag ersetzt.
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17. März: Die germanische Erdgöttin Nertha wurde durch die Heilige Gertraud mit dem Gertrudentag ersetzt.
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25. März und 15. August: Die dreifache Muttergöttin der Jungsteinzeit mit den Feiertagen im Frühling (beginnende Fruchtbarkeit) und im Hochsommer (Abschluss der Erntezeit) wurde durch die Gottesmutter Maria mit ihren Festtagen Mariä Verkündigung (der kommenden Geburt Jesu) und Mariä Himmelfahrt (Die Gottesmutter verlässt die Erde) ersetzt.
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25. Dezember: Die Mütternacht (altenglisch Modranecht), die Tage der Wintersonnenwende, wurden zum Hochfest der Geburt des Herrn, zu Weihnachten (geweihte, heilige Nacht).
Heilige Maria ersetzt die keltische Quellgöttin
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4.1.1 Heilige Maria ersetzt die keltische Quellgöttin Vom Odenwald ist weder ein von den Römern errichtetes kultisches Gebäude bei einer Quelle noch der Name einer keltischen Quellgöttin überliefert. Den zehn bekannten Quellheiligtümern der christlichen Zeit liegen aber zweifelsohne keltische Quellgöttinnen zugrunde. Denn in der römischen Provinz Germania superior, zu der der Odenwald rechnete, gibt es einige Fundorte antiker Weiheinschriften der keltischen Göttin Sirona: „Ein Heiligtum … wurde in Hochscheid (Hunsrück) ausgegraben. … Sirona wurde häufig an Heilquellen verehrt.“168 Eine vollständig erhaltene Mauerschicht wurde entdeckt. In der Nähe der Quellfassung befand sich „ein Hochrelief mit der bis zu den Knien erhaltenen lebensgroßen Gestalt der Sirona, deren Kopf aus dem Quellbecken geborgen wurde. … In der Quelle, in ihrer Umgebung und im Tempelumgang fanden sich Votivgaben … vor allem mehrere Muttergottheiten. … Es scheint, dass ein hölzerner Tempel dem ausgegrabenen, steinernen voranging. Der letztere muss bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. zerstört worden sein.“169 Auch andere Quellheiligtümer wurden zerstört; den Figuren „fehlen die Köpfe, der Frau sogar der Oberkörper“170. Die Zerschlagung von Quellheiligtümern und ihre Ersetzung findet sich auch in anderen Kulturen. Uno Holmberg berichtet, dass es bei den Esten einen Wasserkult gab, nämlich die Zeit, „in welcher alle Seen und alle Flüsse für heilig galten, die unter der Wassermutter, vete-ema, Obhut standen…“171. Weiterhin berichtet er, dass „in der jüngeren Periode des estnischen Heidentums die Anbetung des Donners … den unmittelbaren Wasserkult verdrängen will“172. Offensichtlich breitete sich hier der germanische Glaube des Gottes Donar aus. Auch an anderen Plätzen folgten neue Götter: Auf ein Heiligtum am Ob bei den Ostjaken (heute: Chanten) Westsibiriens folgte in der christlichen Zeit „Petrus, der Schutzheilige der Fischerei der Russen“ 173. Bei den Finnen wird die „Meermutter“ zu „Maria Erdengöttin (Maaria maahinen jumala) … Maria mit einer Tasse oder einer goldenen Kanne in der Hand (tritt) als Trägerin von Zauberwasser (auf)174. Die heidnische Bespritzung durch Wasser ist uralt und wird als Ritus in die Kirche übernommen. Bekämpft wurde dagegen von Karl dem
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
Großen im Capitulare [= fränkischer Herrschererlass] von 789 die Beleuchtung von Bäumen und Quellen als heidnisch 175. Im Odenwald sind drei Quellheiligtümer bekannt, die der Heiligen Maria geweiht sind: Lichtenklingen, Schöllenbach und Güttersbach. Hier könnte ursprünglich eine keltische Göttin, vielleicht besagte Sirona, verehrt worden sein. Auch die übrigen sieben Quellheiligtümer des Odenwaldes, die Jesus oder christlichen Heiligen geweiht sind, werden weiter zurückreichen. Denn das Christentum hat die Heiligung der Quellen nicht erfunden, sondern nur duldend durch Überbauung mit Kapellen übernommen. Norbert Wand hat 1991 Ausgrabungen an der Wallfahrtskapelle „Zur Not Gottes“ bei Auerbach vorgenommen und den Grundriss der NotGottes-Kapelle gefunden: Es ist „eine Saalkirche mit um Mauerstärke eingezogenem Rechteckchor“176 mit einer Außenlänge von 17,50 m und Breite von 9 m (der Chor hat 6,20 m). Dieser Grundrisstyp geht auf die Romanik (vor dem 13. Jahrhundert) zurück. Dagegen ist die Quellüberbauung durch die Wallfahrtskapelle Amorsbrunn aus der Zeit der Gotik: „Die heutige Kapelle ist ein schlichter rechteckiger Bau mit gewölbtem Fünfachtel-Chor. Sie geht im jetzigen Aussehen auf das Jahr 1521 zurück.“177 Alle zehn Odenwälder Quellheiligtümer (siehe Abb. 1) wurden mit Kapellen überbaut, manche sind nur noch als Ruinenreste erhalten (Lichtenklingen, St. Leonhard bei Falken-Gesäß). Der Name der ursprünglich an den Quellen verehrten Göttin ist versuchsweise schon mit der keltischen Sirona angegeben worden. „An die Stelle der Vielzahl an weiblichen Naturgeistern [alias Quellnymphen] (trat) eine Mehrzahl an weiblichen Gottheiten…“178. Ihre Namen aus dem Neolithikum sind uns nicht bekannt, aber vielleicht haben sie sich in den Namen der ägyptischen Isis, der anatolischen Kybele oder griechischer Göttinnen erhalten. In den Homerischen Hymnen, die zu den ältesten überlieferten Texten aus der griechischen Antike zählen und über 2600 Jahre alt sind, gibt es Hymnen an Gaia (die Allmutter Erde), an Rhea (die Mutter der Götter) und an Demeter, die Muttergöttin für die Fruchtbarkeit der Erde. Im Demeter-Hymnus heißt es:
Heiliger Michael verdrängt den germanischen Wodan
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Preisen werd ich Demeter Schönhaar, sie, die erhabene Göttin … waltende Mutter des Jahrs, umstrahlt von Gaben … und Schönheit wehte und wallte/ Um sie herum, gar lieblich entströmt es den duftenden Kleidern, /Weithin strahlt es von Licht aus ihrem unsterblichen Körper. Blonde Haare fielen herab auf die Schultern, das feste Haus erfüllte ein strahlendes Funkeln, als wären es Blitze.179 Demeter ist die Kornmutter, und deshalb statten die frühen Griechen ihr ‚Schönhaar‘ mit der Farbe des reifen Korns aus. Das Erbe all dieser Göttinnen trägt im Christentum die Gottesmutter Maria weiter.
4.1.2 Heiliger Michael verdrängt den germanischen Wodan Nach der Betrachtung der weiblichen Seite der Änderungen folgt nun die Betrachtung der männlichen Seite. Von der „Tatmission“, das heißt der gewaltsamen Zertrümmerung heidnischer Statuen oder Kultorte, war schon die Rede (dazu Abb. 6). Gregor von Tours berichtet, wie der langobardische Diakon Wulfilaich in Trier Götzenstatuen zerschlug. „Dabei bedurfte es neben der Hilfe anderer eines Gebetes und eines Wunders, um auch die gewaltige Dianastatue umzuwerfen.“180 So auch noch im Hochmittelalter Bischof Otto von Bamberg in Pommern: „In Gützkow zerstörte er die riesigen, von kunstvollen Holzschnitzereien gefertigten und schönen Standbilder…“181. „Wie in einigen der zitierten Berichte bezeugt, errichteten die Missionare nicht zufällig gerne gerade an der Stelle der zerstörten heidnischen Heiligtümer Kirchen, um mit diesem Funktionswandel … den Sieg des Christengottes über die heidnischen Götter zu demonstrieren.“182 Paulus Diaconus berichtet, dass auf Bitten des Papstes Bonifatius Kaiser Phokas in dem alten heidnischen Heiligtum, das man Pantheon nennt, „den Schmutz des Götzendienstes beseitigen und eine Kirche zu
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
Abb. 6: Sankt Michael erschlägt den Drachen. Der als Deutschordensritter stilisierte Kämpfer erhebt das Schwert, um dem Drachen den Kopf abzuschlagen. Es ist der heilige Michael, an seinen Flügeln zu erkennen, der im Drachen die heidnische Religion zerstört. In Gerlachsheim auf der Grünbach-Brücke/Main-Tauber-Kreis. Qu: Aufnahme Kumpf 17.6.2022.
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Ehren der Heiligen Jungfrau und aller Märtyrer (habe) errichten lassen, damit dort, wo einst der Kult nicht aller Götter, sondern der Dämonen betrieben wurde, von nun an aller Heiligen gedacht würde“183. Auf der Synode in Mainz 813 ließ Kaiser Ludwig der Fromme Wodan durch den Erzengel Michael ersetzen. „Und an Stelle der Wodansheiligtümer erheben sich nun Michaelskapellen. Der Erzengel Michael wird der Patron des deutschen Volkes.“184 Michael mit dem Schwert bekämpft den Drachen, das Symbol des alten Glaubens (Abb. 6), er steht kämpfend an der Spitze der himmlischen Heerscharen (genauso wie Wodan, der „Wütende“, die vielen Kämpfe der Germanen in der Völkerwanderungszeit anführte). „Michael hatte im deutschen Frühmittelalter auch eindeutig kriegerische Aspekte: er gilt als gewaltigster Bekämpfer des Teufels incl. dessen Scharen, als Vorsteher des Paradieses und Beschützer der Kirche Gottes …“185. Ein signifikantes Beispiel dafür ist Bad Godesberg, das 722 eine ubische Kultstätte war und „Wuodensberg = Wodansberg“ hieß. Beim Bergfried steht die alte Michaelskapelle, und zentral im Hochaltar befindet sich die „Statue des Erzengels Michael mit Schwert auf dem Drachen“186. Nun sollen diese allgemeinen Betrachtungen auf den Odenwald übertragen werden. Von Berichten oder gar Spuren einer Tatmission ist im Odenwald meines Wissens nichts bekannt. Allerdings gibt es eine ganze Reihe Belege für St. Michael, die nach obigen Ausführungen auf Wodan hinweisen. Sie sollen im Einzelnen betrachtet werden:
Beleg Michelstadt Der wichtigste Hinweis dürfte der Name der ältesten Odenwaldstadt Michelstadt sein.‘ Das Bestimmungswort ‚michel‘ könnte zwar rein theoretisch auch ‚groß‘ heißen, wie es die Michelstädter Fremdenverkehrsindustrie bis heute (2022) noch behauptet. Mittelhochdeutsch ‚michel‘ heißt aber nur ‚groß‘, weil es an Sankt Michael, dem bedeutendsten der Engel, gemessen wurde.
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3. Kapitel: Weitere Kultplätze der Frühzeit
Durch das überlieferte, vorreformatorische Patrozinium „St. Michael und St. Kilian“ der Michelstädter Stadtkirche liegt diese Deutung aber ganz fern. „Der heutige Kirchturm …, wenn auch erst 1507 erbaut, ist nach seiner Bauinschrift geweiht „Gott dem Allmächtigen, dem Erzengel Michael und dem heiligen Kilian“.187 Wir müssen vielmehr die Namen der beiden Patrozinien verfolgen und finden am östlichen Hang von Michelstadt die Kiliansquelle, an der der irische Missionar wohl die ersten Taufen vornahm. Der Brunnenstein an der Quelle könnte der alte Taufplatz Kilians sein. 550 Meter westlich liegt heute am Friedhof die Heilig-Kreuz-Kapelle, deren Vorgängerbau aber bei der Kiliansquelle war188. Ein heidnisches Wodansheiligtum könnte sich dort befunden haben. Wahrscheinlicher für dieses Heiligtum aber ist der Platz der Michelstädter Stadtkirche mit ihrem Kirchenpatron St. Michael. Die Kirche steht auf einer auffällig erhöhten Fläche, also auf einen hochwassersicheren Platz in der Mitte der alten Siedlung, der eine kultische Funktion gehabt haben könnte. Dieser Kultplatz sollte offensichtlich mit der Errichtung der Michaelskirche ausgelöscht werden. Eine dritte Möglichkeit für ein altes Heiligtum wären die westlich der Stadt gelegenen Höhen auf dem heutigen Flugplatz, mit prächtigem Blick hinunter auf die Stadt. Hier könnte sich, gerade wegen der Aussicht, vor den Sportflugzeugen und dem nahegelegenen modernen Friedwald durchaus ein germanischer heiliger Hain befunden haben (Abb. 7). Spuren sind weder da noch dort zu finden. Es dürfte sich sowieso nur um eine Holzstatue gehandelt haben, die vermutlich zerschlagen wurde und durch ihr Material die Zeiten sowieso nicht überdauert hätte. Bis heute ist die Figur des Erzengel Michael aber auf dem Marktplatzbrunnen zu sehen. Der Engel hat Flügel, trägt kämpferisch das Schwert und tritt den Teufel mit Füßen (Abb. 7). Dieser Teufel ist einerseits das christliche Wort für Wodan und andererseits steht er für die Verehrung der Natur in Form von Quellen, Bäumen und Hainen. „Denn mit dem Drachen sind … die mächtigen Kräfte der Natur gemeint, die seit uralter Zeit von den Menschen verehrt wurden.“189
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Abb. 7: Wodansheiligtum auf dem Flugplatz Michelstadt? Der Erzengel Michael tritt den Teufel (=Wodan) mit Füßen. Dieser Heilige Michael steht auf dem Marktplatzbrunnen Michelstadts und wurde im 18. Jhdt. in eine ‚Justitia‘ umgewandelt. / Blick vom Flugplatz auf Michelstadt. Qu: Aufnahme Kumpf Mai 2021
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
Weitere Belege im Odenwald Die Stadt Wald-Michelbach liegt auf 346 m am Südhang des mächtigen Gebirgsstocks der 570 m hohen Tromm. Über den Namen Tromm wird gerätselt. Nach dem Südhessischen Flurnamenbuch 190 wird eine Verbindung zu althochdeutsch drum = Stück, Endstück hergestellt, was sich auf die Bergform beziehen soll. In der Tat ist die Tromm von Westen aus gesehen (fränkisch) „a mords Drumm“, also hoch und mächtig. Sie versperrt den Blick zum Wald dahinter, zum „Überwald“. Lexer191 hat mittelhochdeutsch trumbe, trumme = Posaune, Trompete, was außer der Assoziation ‚kräftig‘ in die Irre führen dürfte. Näher an der Sache ist Tischner192 mit dem Verweis auf keltisch „drumm = Brocken“ und besonders gaelisch „druim = Bergrücken“, das sich auch in schottischen Bergnamen findet. Aus der Tromm strömen viele Quellbäche und besonders nach Süden der auf die große Hochfläche von Wald-Michelbach führende Michelbach. Dieser dürfte auch ein alter Michaels-Bach und Namensgeber von WaldMichelbach sein, das 1238 als „Michilnbach“ zuerst erwähnt ist und möglicherweise als „Stadt am Michaels-Bach im Überwald“ zu deuten wäre. Belege fehlen leider. Allerdings finden sich neben dem Michelbach, der auch Gaderner Bach heißt, die Flur ‚Heiligenäcker‘ und zwei Bildstöcke, das „Gaderner Bild“ mit der Aufschrift AVE MARIA und ein Bildstock an der Quelle bei der Siedlung Tromm. Der Name des Baches und die nahen Hinweise christlicher Flurnamen sind auffällig. Das Michaelskloster auf dem Heidelberger Heiligenberg „wurde als Filialkloster des Klosters Lorsch im 9. Jahrhundert an der Stelle einer alten Kultstätte gegründet … Vorläuferbauten bestanden schon zur Zeit der Kelten.“193 Nach der Reformation wurde es verlassen und ab 1589 abgerissen. Heute sind jüngst restaurierte Fundamentreste und zwei Türme erhalten. Die Evangelische Michaelskirche Reichelsheim steht mitten in der Stadt und stammt aus dem 13. Jahrhundert. Hier oder auf dem Höhenplatz der nahen Burg Reichenberg könnte sich ein heidnisches Heiligtum befunden haben.
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In Zell bei Bensheim gab es laut der Lorscher Klosterchronik eine Kapelle St. Michael, die 1148 geweiht wurde. „Es war die Schenkung eines Edelmannes mit der Auflage, dass die Mönche wöchentlich an drei Tagen für Gottesdienst in jener Kirche zu sorgen hatten.“ 194 Seit der Reformation verfiel die Kapelle und wurde 1855 abgerissen. Zwischen dem 370 m hohen Pass Spreng und Ober-Kainsbach liegt der Michelsberg, an dessen Nordrand sich Haldenreste von Manganvererzungen alter Werke befinden. Daher könnte die Namensgebung aus dem Bergbau stammen. Aufgrund der Tatsache, dass im nächsten Umfeld Flurnamen heidnischen Ursprungs sind (Heidelberg 443 m und Hölle nordöstlich, Hollerwald und Heidenbuckel 372 m südöstlich), wäre auch eine andere Deutung denkbar. Die evangelische Michaelskirche Eberbach erhielt erst 1976 diesen Namen in der irrigen Annahme, „dass an gleicher Stelle eine auf den Heiligen Michael geweihte spätmittelalterliche Kapelle gestanden habe. Dieses Missverständnis entstand durch Verwechslungen in der geschriebenen Stadtgeschichte.“195 Tatsächlich standen hier in Folge zwei Marienkapellen, jedoch gab es in der katholischen Kirche an anderem Ort der Stadt einen Michaelsaltar. Schließlich: In Miltenberg am Main gibt es bis heute die Michaelismesse, die im September stattfindet.
Beleg im angrenzenden Spessart Auf dem südlichsten Ausläufer des Spessarts liegen gegenüber dem Miltenberger Odenwaldrand der Engelberg und der Rühlesberg. Das Franziskanerkloster Engelberg ist über steinerne Stufen, die „Engelsstaffeln“, zu erreichen. In der Klosterchronik heißt es: „Der Ursprung der Wallfahrtskirche Engelberg geht bis auf heidnische Zeiten zurück. Eine nahe gelegene Berghöhe mit Namen Rulesberg und ein gewaltiger Felsblock mit einer schüsselartigen Vertiefung, genannt Heuneschüssel, sind Zeugen einer einstigen Wotans-Kultstätte. …
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
Etwa um 1300 wurde auf dem Berg eine einfache Kapelle aus Holz errichtet und dem Erzengel Michael geweiht. Als Anführer der himmlischen Heerscharen wählte man ihn mit Vorliebe zum Kirchenpatron an Plätzen ehemaliger heidnischer Heiligtümer. So wurde aus dem alten ‚Rulesberg‘ allmählich der ‚Engelberg‘. Anfang des 14. Jahrhunderts (1310 wird genannt) kam in die Kapelle auch eine Marienstatue … Die Doppelverehrung des Erzengels Michael und der Gottesmutter Maria, als „Königin der Engel“, ist der Ursprung der hiesigen Wallfahrt…“196.
4.1.3 Teufelsorte als Geländebezeichnungen In der Toponymie des Odenwaldes gibt es einige Beispiele für Teufelsorte. Meistens werden das Verdrehungen heidnischer Orte in Teufelsorte sein, wie ja auch der oberste germanische Gott Wodan vom Christentum zum teuflischen Drachen gemacht wurde. Außer diesen Umwertungen ist es im Einzelfall aber auch nicht auszuschließen, dass es sich um die Benennung eines schlecht für die Landwirtschaft nutzbaren Geländes, z. B. einen geologisch bedingten Geländeeinbruch handelt oder beim Namen Bocksberg schlicht eine Lagebezeichnung für Schaf(bock)-Haltung. Es werden im Folgenden alle Belege, die sich in den Wanderkarten finden lassen, aufgeführt (in Fünfergruppen): Höllwiese Wald ö. Stamberg, Bocksberg 347 m und Teufelsloch ö. Hemsbach, Teufelsberg 340 m und Teufelsstein w. Reichenbach, Luciberg (?) am Malchen, Teufelsrechgrund Wald sö. Rohrbach, Bocksmühle und Hellersberg 226 m (von Hölle) sw. Groß-Bieberau, Bocksberg 303 m ö. Heubach; Bocksberg Flur s. Fränkisch-Crumbach, Bocksberg 266 m ö. Seckmauern, Bocksberg s. Wörth, Bocksberg 374 m s. Eberbach, Drachenhöhle Wald s. Schlierbach, Teufelsklinge Wald w. Würzberg, Hexenstein Wald w. Neunkircher Höhe, Teufelsklinge s. Ernstthal, Hexenbuckel ö. Scheidental, Höllenäcker (Holle oder Hölle?) bei Nonnenwiese s. Reichenbach,
Die fränkischen Sankt-Martins-Patrozinien
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Höllberg 356 m s. Reichenbach, Bensenböhlskopf 177 m (Bensenickel = Teufel) sö. Groß-Bieberau, Höllenberg 191 m Wald am Dilsberg, Teufelstein w. Neckarsteinach, Drachendelle Wald sw. Wilhelmsfeld, Hexenbuckel n. Schönau, Tanzplatz 382 m Wald ö. Ziegelhausen, Bocksberg 481 m ö. Wald-Michelbach, Teufelsstein 322 m n. Neckargerach (= 29-mal). Hier wären auch die 37 Heidenberge (siehe unter 3.1.2) noch einmal anzuführen, sodass sich die Belegzahl auf bis zu 29 + 37 = 66 erhöht.
4.2 Das Christentum fasst Fuß In diesem Abschnitt werden neben die alten Michaels-Plätze im Odenwald die ersten Kirchen mit Martins-Patrozinien gestellt und christliche Flurnamen und Wallfahrtsstätten betrachtet.
4.2.1 Die fränkischen Sankt-Martins-Patrozinien Die mit der Taufe ihres Königs Chlodwig I. im Jahr 496 zum römischkatholischen Christentum übergetretenen Franken breiten sich nach dem Sieg bei Zülpich über die Alemannen entlang an Rhein und Untermain nach Süden aus. Dabei besiedeln sie auch die umliegenden Landschaften um das Odenwaldgebirge, in das sie zunächst nur punktuell entlang der größeren Täler an Mümling, Weschnitz und Gersprenz eindringen, wobei sie auf Reste der keltischen und römischen Frühbesiedlung treffen. Von der Anlage erster, Sankt Michael geweihter Kirchplätze auf (vermutlich überwiegend) heidnischen Wodansstätten war schon die Rede. In einem weiteren, frühen Schritt widmen die Franken neu errichtete Kirchen ihrem Patron Sankt Martin (Abb. 8). Martin (316–397) war Bischof von Tours und wurde zum Patron des frühen Fränkischen Reiches
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
Abb. 8: Erste Kirchplätze Sankt Michael und Sankt Martin M (M* +
= Sankt Michael auf Wodansstätte = römischer Merkur, dazwischen) = Sankt Martins-Patrozinien der Franken
Qu: Karte Kumpf nach: Odenwald (Relief und Gewässer) von Thomas Römer. commons.wikimedia.org (Zugriff: 5.3.2022).
Christliche Flurnamen
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unter den Merowingern. Deshalb lassen Sankt-Martins-Patrozinien alter Kirchen auf fränkische Besiedlung schließen. Der Autor hat neun Martinskirchen im Odenwald gezählt. Sie finden sich gehäuft am Odenwaldrand um den schiffbaren Untermain herum, und zwar in Großostheim, Kleinheubach, Miltenberg und Bürgstadt. Vom Main aus war es leicht, das breite Mümlingtal aufwärts zu gehen, und hier entstanden am Unterlauf in Mömlingen und an der Quelle in Beerfelden auch Martinskirchen. Im schon früh keltisch besiedelten Weschnitztal errichteten sie eine Martinskirche in Fürth. Der Heiligenberg am Neckar bei Heidelberg war schon religiös belegt, aber neckaraufwärts in Neckarelz entstand eine weitere Martinskirche. Bei der Martinskirche in Rothenberg scheint es sich um eine jüngere Gründung zu handeln, da Rothenberg erstmals 1353 als „Rodenberg“ (=frisch gerodeter Berg) überliefert ist.
4.2.2 Christliche Flurnamen Erst vom 8. bis zum 14. Jahrhundert kam es im Rahmen der früh- und hochmittelalterlichen Ausbauphase in den deutschen Mittelgebirgen zu einer planmäßigen Erschließung. Es wurden Villikationen und Waldhufendörfer angelegt. Dies war im weiteren Gelände mit der Ausbreitung christlicher Flurnamen verbunden. Es folgt eine Zusammenstellung der christlichen Flurnamen, die sich im Odenwald finden lassen. Die Übersicht ist nach der Häufigkeit sortiert: Am häufigsten lassen sich Flurnamen finden, die sich auf Kirchen oder Kapellen beziehen (Allerdings ist hier im Einzelfall nicht auszuschließen, dass sich hinter einem Begriff wie „Kirchberg“ auch ein heidnischer Kultort oder germanischer Hain verbirgt, der später von einer Kirche überbaut wurde. Dies müsste archäologisch untersucht werden): Kirchberg 220 m ö. Bensheim, Kirchberg 359 m n. Ober-Beerbach, Kirchberg n. Laudenbach/Main (gegenüber der „Martinsblick“), Kirchberg n. Mückenloch, Kirchberg ö. Dossenheim, Kirchberg ö. Ziegelhausen,
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
Kirchberg 246 m ö. Neckarsteinach, Kirchberg n. Unter-Abtsteinach, Kirchberg 493 m ö. Grasellenbach, Kirchenhöhe n. Obernburg, Kirchbuckel s. Hetzbach, Kirchgrund n. Affolterbach, Kapellengrund n. Hirschhorn (= 13-mal). Am zweithäufigsten treten im Odenwald Flurnamen mit der noch allgemeinen Bezeichnung „heilig“ auf: Heiligenwald nw. Rothenberg, Heiligenwald s. Antonslust, Heilige Wiese w. Hammelbach, Im Heiligengrund ö. Birkenau, Heiligenacker w. Hartenrod (zu Wald-Michelbach), Heiligenklinge nö. Kailbach, Heiligenklinge n. Zittenfelden. – Dazu treten die bereits (unter 3.1.2) besprochenen vier Heiligenberge: bei der Stadt Heidelberg, bei Jugenheim, bei Bensheim und bei Nieder-Liebersbach (= 11-mal). An die dritte Stelle setze ich die Flurnamen mit „Kreuz“, das Symbol für das Leiden Jesu und seine Auferstehung: Kreuzberg 352 m ö. Laudenbach/Bergstraße, dabei Kreuzwald (= Kreuzweg mit 14 Stationen), Kreuzberg 217 m n. Lichtenberg, Kreuzberg 386 m n. Eberbach, Kreuz (Wald) s. Birkenau, Hohes Kreuz (Bildstock) und ‚Am hohen Kreuz‘ (Wald) w. Neckargemünd, Kreuzgrund (Tal) n. Ziegelhausen, Gemeinde Heiligkreuzsteinach mit nö. Kreuzeiche (Wald), Kreuzacker (Wald) s. Vöckelsbach (= 11-mal). An vierter Stelle kommen Flurnamen mit christlichen Berufen vor: Pfaffenacker ö., Pfaffenrech w. Gronau, Pfaffenwiese (Wald) n. Eberbach, Pfaffenland (Acker) n. Nieder-Liebersbach, Kaplanerwald nö. Niedernhausen, Mönchshöhe 316 m w. Etzen-Gesäß, Nonnenwiese s. Reichenbach, Pilgersrain 211 m im Obernburger Stadtwald (= 8-mal). An fünfter Stelle werden Heilige in Flurnamen erwähnt: Marienberg 381 m s. Lautern, Marienberg 331 m ö. Jugenheim, Marienhöhe s. Eberbach, Mutter Gottes Buche (am Bolachberg 304 m) s. Mosbach (zu Schaafheim); – Johannesberg 382 m sw. Klein-Bieberau, Zwölf Apostel (Rondell mit 12 Hainbuchen auf der Nonroder Höhe197) s. Nonrod (zu Fischbachtal) (= 6-mal). Schließlich gibt es noch einige Flurnamen mit „Himmel“: Himmelberg 288 m w. Modau, Himmelsleiter = Weg auf den Königstuhl 568 m, Himmelsleiter = Weg zwischen Eberstadt und Nieder-Beerbach zur Burg Frankenstein 375 m, Himmelreich (Wald) ö. Ernsttal (vor der Teufelsklinge), Himmelreich (Wald) sw. Hettigenbeuren (zu Buchen) (= 5-mal).
Wallfahrtsstätten im Odenwald
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Die Summen: Insgesamt gibt es im Odenwald also 13 + 11 + 11 + 8 + 6 + 5 = 54 christliche Flurnamen. Rechnet man die Gebäudenamen der St. Michaels- und St. Martins-Kirchen (7 + 9) dazu, sind es 70. Außerdem sind die weiteren Kirchen mit ihren Heiligennamen hinzuzunehmen, sodass es wesentlich mehr als 70 christliche Flur- und Gebäudenamen im Odenwald gibt. Eine stattliche Zahl!
4.2.3 Wallfahrtsstätten im Odenwald Keltische Kultorte an Quellen und auf Bergen werden übernommen und christlich überformt, und in der Folge kommt es, besonders seit dem 14. Jahrhundert, zur Herausbildung von Wallfahrten zu den alten Kultplätzen mit ihren neuen Kirchen. Norbert Wand hat 1995 in seiner Schrift „Mittelalterliche Einsiedeleien …“ besonders archäologische Untersuchungen zu den Quellkirchen zusammengetragen und für 18 Orte im Odenwald mittelalterliche Wallfahrtsstätten angenommen und in eine Karte eingetragen198. Nach Überprüfungen des Autors sind aber zu den Orten Beedenkirchen (siehe 3.3.3) und zur Einsiedelei Mangoldescella (heute am Marbach-Stausee) keine christlichen Wallfahrten festzustellen, daher blieben 16 übrig. Andererseits wurden bei Wand drei Wallfahrten nicht erwähnt, nämlich nach Schneeberg, nach Walldürn und zum Donnersberg bei Mörlenbach, sodass insgesamt 19 Wallfahrten festzustellen sind. Diese erhebliche Zahl ist zum großen Teil auf das wallfahrtsfreudige Spätmittelalter, besonders das 14. Jahrhundert zurückzuführen. Im Grunde stellen diese Wallfahrten auch eine Wiedererneuerung der Fahrten zu den Quellheiligtümern und den Bergheiligtümern der Frühzeit dar. Denn zu allen zehn Quellheiligtümern des Odenwaldes (vgl. Abb. 1) fanden oder finden Wallfahrten statt. Drei der Ziele sind überdies noch Bergwallfahrten und galten ursprünglich heidnischen Kultorten auf den Gipfeln. Diese Bergwallfahrten führen auf den Walehinhoug 470 m zur Walburgiskapelle bei Weschnitz, auf den Kreuzberg 352 m bei Ober-Laudenbach und auf den Donnersberg 180 m zu St. Ulrich bei Mörlenbach (siehe dazu im
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
5. Kapitel). Die übrigen sechzehn Wallfahrten erfolgten bzw. erfolgen überwiegend zu Kapellen in den Tälern (Gesamtübersicht auf Abb. 9).
Wallfahrten bis zur Reformation Ein großer Einschnitt für das Wallfahrtswesen der Kirche war die Reformation Martin Luthers, in dessen Folge Wallfahrten im evangelischen Raum, z. B. in der ganz zum lutherischen Glauben übergetretenen Grafschaft Erbach, verboten wurden. Zwölf Wallfahrten dauerten deshalb nur bis zur Reformation an. Die Orte waren Jesus (1-mal), der Gottesmutter Maria (2-mal) oder einzelnen Heiligen (9-mal) geweiht gewesen: 1) Zur Not Gottes bei Auerbach, eine Jesus gewidmete Wallfahrt (altes Quellheiligtum); 2) St. Maria in Schöllenbach (altes Quellheiligtum); 3) St. Maria in Güttersbach (altes Quellheiligtum); 4) St. Kosmas und Damian in Neunkirchen (altes Quellheiligtum); 5) St. Ottilia in Rüdenau (altes Quellheiligtum); 6) St. Leonhard oberhalb von Falken-Gesäß (altes Quellheiligtum); 7) St. Lucia in Hesselbach (altes Quellheiligtum); 8) St. Jacobi zur Not Gottes im Brudergrund bei Erbach; 9) St. Michael bei Zell; 10) St. Lengert (Leonhard), Waldbruderhütte bei Hirschhorn; 11) St. Wendelin in Fahrenbach; 12) St. Ulrich auf dem Donnersberg bei Mörlenbach (alte Bergwallfahrt).
Wallfahrten bis heute Dagegen blieb das Wallfahrtswesen im katholisch gebliebenen Raum des östlichen Odenwaldes, also im Territorium des ehemaligen Benediktinerklosters Amorbach, erhalten. Allerdings gibt es auch im evangelischen Raum oder Randgebiet jüngst da und dort zaghafte Versuche einer Wiederbelebung der Wallfahrten, so in Lichtenklingen und beim Kreuzberg.
Wallfahrtsstätten im Odenwald
Abb. 9: 19 Wallfahrtsstätten im Odenwald o = 12 bis zur Reformation + = 7 bis heute Qu: Karte Kumpf, Orte z.T. nach Norbert Wand, a.a.O.; S. 77–79; Kartengrundlage: Odenwald von Thomas Römer. commons.wikimedia.org (Zugriff: 5.3.2022).
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4. Kapitel: Christliche Kultplätze im Odenwald
Sieben Wallfahrten des Mittelalters werden bis zum heutigen Tag gepflegt: Jesus sind geweiht: 1) Wallfahrt zum Heiligen Blut nach Walldürn (1. Mai – 30. Oktober, Hauptwallfahrtszeit 4 Wochen ab Trinitatis = Sonntag nach Pfingsten); 2) Bergwallfahrt auf den Kreuzberg bei Ober-Laudenbach (alte Bergwallfahrt, am Pfingstmontag). Der Muttergottes sind geweiht: 3) Wallfahrt zur Gottesmutter Maria und zum Hl. Amor nach Amorsbrunn (Bistum Würzburg: „Quellheiligtum und mystischer Kraftort“199, 1. Mai – 30. Oktober, Hl. Amor am 17. August); 4) Wallfahrt zur Muttergottes auf dem Holderstock nach Schneeberg (zum Fest Mariä Geburt, am 8. September); 5) Muttergotteswallfahrt nach Lichtenklingen (altes Quellheiligtum, zum Fest Mariä Himmelfahrt, am 15. August). Einzelnen Heiligen sind geweiht: 6) Bergwallfahrt zu St. Walburgis auf den Kapellenberg (Walehinhoug) bei Weschnitz (alte Bergwallfahrt, zur Patronin der Wöchnerinnen, der Bauern, für das Gedeihen der Feldfrüchte, am 1. Mai); 7) Wallfahrt zu St. Wendelin zur Kirche Breitenbach (altes Quellheiligtum, Patron der Schäfer und Bauern, des Viehs, für gedeihliche Witterung und gute Ernte, am 20. Oktober).
5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend In den vorhergehenden Kapiteln wurde immer wieder deutlich, dass Kultplätze der Frühzeit und dann in der Nachfolge auch in christlicher Zeit, man möge nur an die Tradition des ‚Gipfelkreuzes‘ denken, auf Bergen liegen.
5.1 Warum „heilige Berge“? Warum ist das so, dass Kultplätze seit der Jungsteinzeit fast immer ‚ganz oben‘ liegen, auf Gipfeln mit weiter Rund- und Fernsicht? Und dass diese Orte meistens rundliche Kuppen sind, die die Einrichtung einer kultischen Anlage erlauben? Am höchsten Ort des Berges ist man dem Himmel am nächsten, wörtlich und im übertragenen Sinne. Und mit dem Himmel wird seit uralten Zeiten das Göttliche identifiziert. Oben lassen sich deshalb Feiern gestalten, darüber hinaus astronomische Beobachtungen durchführen, da durch den abgesenkten Horizont (> 180 Grad) die Sicht hervorragend ist. Außerdem lassen sich von oben Sichtverbindungen herstellen und damit Verkehrswege konzipieren, wenn man z. B. bedenkt, dass man vom Katzenbuckel, dem mit 626 m höchsten Odenwaldberg, den gesamten Odenwald überblicken und bis zum Pfälzer Wald und Schwarzwald schauen kann. Von der Neunkircher Höhe, dem mit 605 m zweithöchsten Gipfel, reicht der Blick bis nach Frankfurt und zum Taunus. Das ist die Sicht v o n o b e n , es gibt aber auch die Sicht v o n d e r S e i t e , die „An-Sicht“. Hierbei ergibt sich für den Blick des Betrachters, der vom Tal oder der Ebene aus zum Gebirge schaut, eine Aufreihung von erhabenen Bergkuppen. Hierzu die matriarchale Deutung von Barbara G. Walker: Berge repräsentieren die Große Mutter vielleicht häufiger als andere natürliche Objekte. Sie waren in jedem Land die Brüste, der
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend Bauch oder der Mons Veneris der Erde und das Paradies, in dem die Götter leben.200
Tatsächlich offenbart ein Blick in die Kulturgeschichte der Bergnamen diese Sichtweise der Urbevölkerung. Der höchste Berg der Erde, der Mount Everest, heißt bei den Einheimischen Chomolungma ‚GöttinMutter des Universums‘, der Annapurna ist ‚die Speisevolle‘, und die Urmütter sind ‚die Himalaya‘, nämlich ‚die Berge des Himmels‘, wovon das Wort ‚Himmel‘ abstammt. „In sumerisch-babylonischen Texten war von dem Mutterberg die Rede, auf dem der Sonnengott am Tag geboren und nachts verschluckt wurde.“201 „Hara bedeutete im Hebräischen gleichzeitig ‚Berg‘ und ‚schwangerer Bauch‘.“202 Der Nil entspringt am Ruwenzori, der früher ‚Mondberg‘, arabisch Jebel Kar-mar ‚Mutterberg‘ hieß. „Die Griechen gingen davon aus, dass die Große Göttin früher nicht nur den Olymp, die Heimat der klassischen Götter, sondern alle Berge beherrschte; daher ihr Titel Panorama ‚universelle Bergmutter‘“203. (Pan–or–ama ist ‚die AlleBerge-Liebende‘, die Bergmutter.) Wie in den ältesten Kulturen die Berge mit dem Weiblichen identifiziert werden, so im Alten Testament der Bibel mit dem Männlichen. Abraham ist der erste biblische Patriarch und Stammvater der Israeliten, der Glaubensheld, das Urbild der Gläubigen („Die Schrift hat dem Abraham im Voraus verkündet: Durch dich sollen alle Völker Segen erlangen.“ Gal. 3, 8204). Abraham soll vor knapp 2000 Jahren v. Chr. gelebt haben und trägt den hebräischen Namen ‚Der Vater ist erhaben‘. Zum Begriff ‚erhaben‘: was sich ‚erhoben‘ hat, ist ‚erhaben‘, das Erhobene im Sinne von Herausgehobene aus der Menge ist das Erhabene; in der Natur sind die Berge erhoben (Vorgang), also erhaben (Ergebnis). So wird Abraham zum ‚Vater der Berge‘. Sein Menschenopfer soll oben auf dem Berg stattfinden: „Abraham nannte jenen Ort Jahwe-Jire (Der Herr sieht), wie man noch heute sagt: Auf dem Berg lässt sich der Herr sehen.“ (Gen. 22, 14). Rund 1000 Jahre später verfestigt sich dieser Gedanke weiter, indem die Natur und speziell der Berg mit der heiligen Stätte des Herrn verbunden wird. Im Psalm 24 des Königs David (1000–961 v. Chr.) heißt es: „Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt … Wer darf hinaufziehn zum Berg des Herrn, wer darf stehn an seiner heiligen Stätte?“ (Psalm 24, 1 + 3).
Warum „heilige Berge“?
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Der Berg, auf dem Abraham opfern sollte, war möglicherweise der Berg Morija, auf dem 1060 Jahre später König Salomon (961-931) den ersten Tempel in Jerusalem errichtete (auf der ‚heiligen Stätte des Herrn‘). Es ist jedem unbenommen, diese Dinge nicht oder anders zu sehen. Aber mit den angeführten Belegen wird deutlich und mit Händen greifbar, dass in uralten Zeiten und vielen Kulturen der Berg die Mutter, das Weibliche war, während er mit der Erfindung des Monotheismus seit Abraham 4000 Jahre vor unserer Zeitrechnung zum Vater, zum Männlichen wird, – und dann noch einmal verstärkt zum ‚Herrn‘, der von den Gläubigen fordert: „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.“ (zu ergänzen: auch keine Göttin, keine Mutter. Zitiert ist das erste der 10 Gebote, nach Exodus 20, 3). Heute sind auf allen Bergen der Alpen und vielen anderen Bergen der Mittelgebirge ‚Gipfelkreuze‘. Das ist zweifellos ein schöner Brauch, und manch einer hat sich sicher schon gern nach einer Bergwanderung unter dem Gipfelkreuz in ein Gipfelbuch eingetragen. Die wunderbare Fernsicht unter dem Kreuz (das für Leiden und Auferstehung Jesu steht) zu genießen, warum nicht? Aber es ist ein Zeichen u n s e r e r religiösen Kultur seit rund 1200 Jahren, und vorher war es a n d e r s. Ein kulturelles Erlebnis sind die Sacri Monti, die Heiligen Berge im Piemont und in der Lombardei Italiens. Dies sind „neun weitläufige Kapellenanlagen und andere Pilgerstätten, die im späten 16. und 17. Jahrhundert auf Bergen und an Seen errichtet wurden und jeweils bestimmten Aspekten des christlichen Glaubens geweiht wurden. Zusätzlich zu ihrer symbolischen und spirituellen Bedeutung sind sie von großer Schönheit…“205 Diese neun Heiligen Berge sind in das UNESCOWeltkulturerbe aufgenommen. Zu ihnen gehören aber noch drei weitere im Piemont und in der Lombardei sowie zwei weitere im angrenzenden schweizerischen Tessin206. Diese Berge und Landschaften sind sehr stark vom christlichen Glauben überprägt. Wir gehen nun gedanklich wieder zu unserem Thema, dem Odenwald zurück. Prächtig-barocke Gipfelüberbauungen wie in Norditalien finden sich im Odenwald nicht, aber die großen religionsgeschichtlichen Phasen (vom frühzeitlichen Mutterberg zum christlichen Vaterberg) lassen sich auch in unserem Gebirge finden. Manche Berge waren in der (heidni-
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
schen) Frühzeit heilige Orte, andere tragen christlich geprägte Namen. Dabei sind aber auch die Bergnamen christlichen Charakters schon in der Frühzeit kultische Orte gewesen, das lässt sich beim Heiligenberg archäologisch nachweisen, bei anderen Bergen (bis jetzt noch) nicht. Der Autor sieht zwölf Berge im Odenwald als heilig an. Diese Zahl ergibt sich aufgrund einer historischen und geographischen Analyse. Alle Berge sind optisch erfasssbar, aus der Landschaft herausgehoben und nicht so im Wald und im Gelände versteckt, wie z. B. der Krähberg 555 m bei Beerfelden. Kleinere Seitenberge, die es vielleicht auch wert gewesen wären, extra aufzutauchen, werden bei ihrem Hauptberg mit behandelt. Die Abhandlung ist nach geographischen Überlegungen strukturiert: Sie beginnt mit vier Bergen an der Bergstraße, denn von dieser schon den Römern bekannten Straße aus springen sie optisch klar ins Auge. Dann wird der frühbesiedelte Vordere Odenwald betrachtet, in dem sich keltische und noch ältere Siedlungsspuren finden. Hier sind weitere sechs religionsgeschichtlich auffällige Berge. Freilich kann man zum Vorderen Odenwald auch die Berge am Rand der Bergstraße rechnen, sodass hier zehn der insgesamt zwölf heiligen Berge recht dicht beieinanderliegen. Im größten Teil des Gebirges, dem Buntsandstein- oder Hinteren Odenwald, der zwei Drittel der Fläche des Gebirges umfasst, sind zwar heilige Quellen, aber keine heiligen Berge, da der Raum aufgrund seiner weitgehenden Unzugänglichkeit erst im Hochmittelalter flächenhaft besiedelt wurde. Im Nordosten grenzt das Gebirge an den Main, und dort finden sich bei Miltenberg zwei weitere Berge. Besonders die drei Berge an den Odenwaldrändern, die an Neckar und Main liegen (Heiligenberg, Greinberg und Wannenberg), haben eine einzigartige Lage: Sie liegen an großen, befahrbaren Wasserstraßen und blicken wie Leuchttürme in die Nachbarlandschaften hinein. Von diesen zwölf Odenwaldbergen tragen vier christliche Namen (Kreuzberg, Heiligenberg, Neunkircher Höhe und Kapellenberg) und acht Namen der Frühzeit (Malchen, Steinkopf, Greinberg, Wannenberg, Altscheuer, Donnersberg, Götzenstein und Steinberg). Namen mit ‚Stein‘ und ‚Wanne‘ sind hierbei als Hinweise auf die Steinzeit aufgefasst, man könnte sie aber auch ‚nur‘ als Geländebezeichnungen sehen, wenn sie nicht steinzeitliche Spuren trügen.
Der Malchen 517 m
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5.2 Vier Berge an der Bergstraße 5.2.1 Der Malchen 517 m a) Form und Namen: Der Malchen (Malschen) ist nicht nur der höchste Berg an der Bergstraße am Westrand des Odenwaldes, sondern ragt mit seinen 517 m gewaltig über Zwingenberg an der Bergstraße auf. Zwingenberg liegt auf 100 m über Normalnull, sodass dem Betrachter von der Rheinebene aus die enorme Sprunghöhe von 417 m sofort ins Auge sticht. Zur prägnanten Höhe kommt die ungewöhnliche, ziemlich spitze, pyramidenartige Form, weshalb er auch Spitzberg genannt wird. Der geläufigste Name des Berges ist aber ein dritter, nämlich Melibocus. Dieser Name beruht auf einem Irrtum. Denn der „ältere Bergnamen Malschen [1012 in der Form ‚mons malscus‘ überliefert] wurde später durch die gelehrte Bezeichnung lateinisch verdrängt, denn irrtümlicherweise sah man die in den Schriften des Ptolemäus erwähnte Bezeichnung ‚Melibokon‘ für den Harz als Namen dieses Berges im Odenwald an…“207. b) Geländebeschreibung: Der Malchen (wir bleiben beim „echten“ Namen) ist geologisch eine nach Westen verschobene Bastion wie ein Leuchtturm. Er besteht aus paläozoischen Magmatiten und gehört damit zu den ältesten Teilen des Odenwaldes, eigentlich ein Subvulkan, das heißt ein im Boden steckengebliebener Vulkan, dessen Magma in verschiedenen Ganggesteinen auskristallisiert ist. Er erstreckt sich vom Mühlbachtal im Süden bei Auerbach bis zum Elsbachtal im Norden bei Seeheim, das sind sieben Kilometer Länge. In der Mitte hat er mit einer charakteristischen Ausbuchtung nach Westen zwei Kilometer Breite. Dieses große Gebirgsmassiv steigt vom Mühlbachtal auf zum Auerberg 346 m mit der imposanten Burgruine des Auerbacher Schlosses und senkt sich dann wieder ab zum Pass auf 265 m Höhe, bei dem die NotGottes-Kapelle steht. Von hier aus geht es dann steil hinauf zum Gipfel des Malchen auf 517 m Höhe. Von hier wiederum erstreckt sich Richtung Nordwesten ein Ausläufer, auf dem das Alsbacher Schloss steht. Die nördliche Abdachung des Gebirgsstocks zieht sich weitläufig über den Darsberg 374 m hinab zum Quaddelbach, dann hinauf zu dem Bergrücken
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mit Heiligenberg 209 m und Marienberg 331 m. Auf dem Heiligenberg stehen Schloss und Klosteruine. Der Rücken neigt sich abwärts zum Stettbach. Dann erhebt sich der Gebirgsstock bis zum Tannenberg auf 335 m mit einer Burgruine, um sich dann nördlich zum Elsbach abzusenken und dort seine letzte Begrenzung zu finden. Mit Auerbacher Schloss, Alsbacher Schloss, Burg Tannenberg, Schloss und Ruine Heiligenberg finden sich also auf den Gipfeln des Malchen-Gebirgsstocks fünf Kulturdenkmäler. c) Zur Bedeutung „Malberg“: Die am frühesten überlieferte Sprachform „mons malscus“ dürfte eine Latinisierung des Wortes Malsch sein, was wiederum als sinntragende Silbe das althochdeutsche Wort „mahal, mal“ enthält. „Etymologisch deutet das althochdeutsche Wort mahal auf eine germanische Richt- und Versammlungsstätte hin, die meist auf einem Hügel gelegen war.“208 In einem Wörterbuch werden eine Reihe Textbelege dieses Wortes angeführt, meistens in der latinisierten Form „mallobergus“, seltener unlatinisiert (also altdeutsch) „malberg“. 209 Die sogn. Malbergischen Glossen sind aus dieser frühen Zeit der lateinisch-fränkischen Mischsprache und lassen erkennen, dass die Formulierung „(in) malobergo“ = „im Gericht“ oder „in der Gerichtssprache“ bedeutet. Diese volkssprachigen Wörter sind erstmalig im 6. Jahrhundert in den Gesetzestexten im „Pactus legis Salicae“ enthalten.210 Das früh kodierte salfränkische Stammesrecht bezieht sich auf das Thing oder Ding (altnordisch, dänisch, norwegisch, schwedisch, deutsch), „Volksversammlungen (Volksthing) und Gerichtsversammlungen nach germanischen Rechten“. Die Plätze lagen erhöht oder unter einer Gerichtslinde, stets unter freiem Himmel. „Die Orte dieser Gerichtsversammlungen wurden später auch Malstätte bzw. Malstatt genannt und mit Gerichtssteinen gekennzeichnet.“211 Damit ist zur Genüge gezeigt, dass es sich bei dem Malchen-Berg um eine solche alte Gerichtsstätte gehandelt haben muss. Solange keine archäologischen Funde erfolgt sind, lässt sich allerdings nicht sagen, an welcher Stelle des Berges sich die Gerichtsstätte befunden hat. Möglicherweise war es oben auf der Spitze. Aber auch In dem Dorf gleichen Namens, dem nördlich von Seeheim liegenden Malchen, gibt es noch eine alte, geleitete Dorflinde auf einem eckigen Platz, die früher eine Gerichtsstätte war.212
Der Steinkopf (Juhöhe) 402 m
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d) Hinweise auf Heiligkeit: Im vorigen Abschnitt wurde die alte Bedeutung des Malchen nachgewiesen. Es ist nun anzunehmen, dass mit der Gerichtsfunktion des Berges auch eine religiöse Funktion verbunden war. Darauf hinweisen könnten die drei (alte Zahl!) heiligen Quellen östlich des Gipfels, die „Drei Brunnen“. Am Westrand des Berges fällt der Flurname „Luciberg“ 231 m auf, der außer auf Fernsicht auch auf Licht und Sternenbeobachtung schließen lässt, eventuell auch auf „Lucifer“ (was dann eine christliche Abwertung wäre, aber wohl neueren Datums ist). Weitere Forschungen wären an Ort und Stelle sinnvoll, konnten vom Autor aber nicht geleistet werden. e) Landschaftsmythologische Deutung: Die alles überragende, charakteristische Pyramidenform des Malchen ist mythologisch gesehen ein männliches Symbol, deutlicher ein Phallus, während die U-förmigen Absenkungen im Süden (Not-Gottes-Kapelle am Pass) und Norden (Heiligenberg zwischen Quaddelbach und Stettbach) weibliche Schoßund Busen-Formen an seinem Rand sind. Außer der Formung des Geländes verweisen auch die Heilquellen, der alte Noth-Gottes-Brunnen bei der Kapelle im Süden und der Nonnenbrunnen am Quaddelbach im Norden, der das Frauenkloster auf dem Heiligenberg versorgte, darauf. Als Gesamtbild ergibt sich ein großes männliches Symbol (Gerichtsstätte und/oder Kultplatz Malchen), eingefasst von zwei weiblichen Symbolen (Auerberg mit Schloss und Heiligenberg mit Schloss).
5.2.2 Der Steinkopf (Juhöhe) 402 m a) Form und Namen: Der Steinkopf ist mit 402 m Höhe der höchste und der am weitesten westlich Richtung Rheinebene gelegene Berg des größeren Gebirgsstocks der Juhöhe. Von Heppenheim führt eine Straße Richtung Südosten nach Mörlenbach ins Weschnitztal. Auf dem Gebirgspass der Juhöhe erreicht diese Straße auf 371 m ihre größte Höhe. Von der Bergstraße aus gesehen erhebt sich dieses Gebirgsmassiv von 122 m auf 402 m Höhe, wodurch eine klar sichtbare Sprunghöhe von 280 Metern erreicht wird, allerdings geringer als beim Malchen. Knapp ein Kilometer südöstlich des Passes liegt die kleine Siedlung Juhöhe mit 71 Einwohnern (1927). Der Name ist auffällig und taucht erstmals in einer Dokumentation über die Hölzerlips-Bande auf: „Vor ihrem Überfall am 30. April 1811 auf
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
Schweizer Kaufleute an der Bergstraße zwischen Hemsbach und Laudenbach kehrten die Räuber in einem ‚Juchhe-Häuschen‘ der Michael Fuhnischen Eheleute ein.“213 Ihr Haus war das erste auf der Juhöhe an der Kreuzung zweier alter Verkehrswege. Das Wort Juhöhe scheint von diesem Juchhe-Häuschen zu stammen. Das Juchhe ist sicherlich ein Freudenruf über die herrliche Aussicht hier oben auf der Höhe, wie auch Juchhu, Juchheißa oder Juchheirassa. Vielleicht ist es auch der triumphale Ausruf der Räuberbande, kurzzeitig der Polizei entkommen zu sein? b) Geländebeschreibung: Der massive Gebirgsstock erstreckt sich von der Bergstraße etwa 7 Kilometer nach Osten und Nordosten bis WaldErlenbach. Der Höhenrücken besteht aus dem Granodiorit des Weschnitzplutons. Auf dem Granitmassiv kam es vor Millionen Jahren zur Bildung von Granitblöcken mit Wollsackverwitterung, die eigentümliche Formen entstehen ließen. Dieser granitische Höhenrücken wird im Nordosten vom Lautertal und im Südosten vom Weschnitztal begrenzt. Der Pass der Juhöhe befindet sich zwischen der Kohlplatte 345 m im Norden, dem Zigeunerkopf 359 m im Osten, dem Großen Köpfchen 376 m im Süden und unserem Steinkopf 402 m im Westen. c) Jungsteinzeitliche Hügelgräber: Die ältesten menschlichen Spuren reichen in die Jungsteinzeit zurück. Archäologen öffneten 1892–1928 in der Nähe des Steinkopfes „vier mit Steinkränzen eingefasste Hügelgräber und entdeckten kugelförmige Vorratsgefäße, Becher aus Ton mit Schnurverzierungen, Steinbeile und Messer aus Feuerstein. Sie ordneten die Funde den Schnurkeramikern zu, die etwa von 2500 bis 1800 v. Chr. lebten.“214 Diese vier Hügelgräber gehören zu den bedeutendsten Denkmälern aus der schnurkeramischen Epoche in Südwestdeutschland. Es wurde ein archäologischer Lehrpfad „Hügelgräber auf der Lee“ errichtet (Waldgebiet nördlich vom Steinkopf.) Das Stadtmuseum Bensheim zeigt u. a. einen Schnurkeramiker-Becher. Im Grabungsbericht der Archäologen heißt es: „Die ausgetieften Grabschächte waren mit einem Kranz von Granitsteinen umstellt und mit Erdhügeln überwölbt. Die ausgestreckt mit dem Antlitz nach Osten liegenden Toten hatten neben dem Kopf Gefäßbeigaben stehen. … Östlich der ‚Lee‘ an den Hängen …wurden Wohnterrassen der Prähistoriker festgestellt.“ 215 Diese jungsteinzeitliche Ansiedlung auf dem Bergrücken der ‚Lee‘ ist die bislang älteste menschliche Ansiedlung im Odenwald., die gefunden wurde.
Der Steinkopf (Juhöhe) 402 m
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d) Hinweise auf Heiligkeit: Sonderbare Landschaftsbezeichnungen häufen sich hier oben: die ‚Hundsköpfe‘ (sie sollen die „versteinerten Reste der Hunde des Rodensteiners (sein), die den Geisterreiter bei seiner wilden Jagd durch die Lüfte begleiteten“ 216); die ‚Opfersteine‘ „sind Granitfelsen mit erodierten schüsselförmigen Aushöhlungen … Die Rillen seien Kratzspuren des Teufels, in die Schalen hätten Menschen Opfergaben gelegt“217. Weitere sagenhafte Felsformationen sind ‚Bügeleisen‘ und ‚Walfisch‘. Zweifellos haben hier die Jahrmillionen der Verwitterung den Granitblöcken diese kuriosen Formen abgerungen. Das bedeutet aber nicht, dass sie keine kultische Bedeutung gehabt hätten. Besonders bei den abseits gelegenen Opfersteinen im Buchenwald ist ein jungsteinzeitlicher Opferkult anzunehmen. In den Schalenformen wurde vermutlich durch Niederlegung von Gaben für die Erdgöttin ein religiöser Kult ausgeübt. Dies liegt nicht zuletzt auch deshalb nahe, weil es eine auffällige, sagenhafte Verknüpfung mit dem Teufel gibt, der eine Erfindung des christlichen Dualismus und als Abwertung heidnischen Glaubens zu deuten ist. e) Landschaftsmythologische Deutung: Der granitene, geologisch uralte Höhenrücken liegt wie der Rücken eines alten Drachen in der Landschaft. Er bot früher im Westen beim Steinkopf eine hervorragende Aussicht in das Rheintal bis zum Pfälzer Wald, anschließend auf fruchtbarem Granitverwitterungsboden Lebensraum für jungsteinzeitliche Bauern, die eine Siedlung mit Gräberfeld und Opferbereich anlegten. Viele Kilometer bleibt man auf der Höhe und entdeckt immer wieder neue Granitformationen, die die Fantasie und auch den Kult anregten und anregen. Dieser große „Drachenrücken“ gab dem frühen Leben Raum, er ist nicht nur ein Geschenk der Mutter Natur, sondern auch ein Teil der Erdgöttin selber, die die Bandkeramiker zu ehren wussten. Die Bestattung ihrer Toten erfolgte auf der nach Westen ausgerichteten Höhe (zum Sonnenuntergang, dem Tagesende und der Nacht entgegen), und der Kopf der Verstorbenen war nach Osten ausgerichtet (dem Sonnenaufgang, der Wiedergeburt des Tages und des Lebens entgegen). Die Gräber sind von Steinkreisen umgeben, die den vom Berg aus zu sehenden Horizontkreis und damit den Himmelskreis symbolisieren, was auf eine spirituelle Geborgenheit verweist.
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5.2.3 Der Kreuzberg 358 m a) Form und Namen: An der Bergstraße schließt sich südlich vom Steinkopf eine doppelgipflige Gebirgsformation an, für deren Gesamtheit der Autor den Namen ihrer höchsten Erhebung, des Kreuzberges mit 358 m Höhe, wählen möchte. Der Name ist doch sehr auffällig und betont christlich und steht daher in einer Reihe mit anderen Kreuzbergen, z. B. dem bekannten Kreuzberg Frankens in der Rhön, einem ausgewiesenen Wallfahrtsort. Unserem Kreuzberg an der Bergstraße sind die Siedlungen Hemsbach und Laudenbach an der Bergstraße vorgelagert, und der Kreuzberg wird auch als der ‚Hausberg‘ Hemsbachs bezeichnet. Doch wie kam er zu seinem Namen? Der Kreuzberg erhielt ihn erst im 14. Jahrhundert dadurch, dass hier Mönche des nahegelegenen Klosters Lorsch eine Kapelle errichteten. Der Anlass soll die Pestzeit um 1350 herum gewesen sein. Es entwickelte sich eine gut besuchte Wallfahrt zum Heiligen Kreuz. Dies wird durch einen Ablassbrief aus dem Jahr 1521 vom Reichstag zu Worms bestätigt, in welchem als Ziel der Wallfahrer die „Kapelle des heiligen Kreuzes zur Eich auf dem Berg nahe Hemsbach“ genannt wird.218 Aus dem Dokument geht hervor, dass der Kreuzberg im Volksmund „Zur Eich“ genannt wurde; dieser Name wird also der ältere gewesen sein. b) Geländebeschreibung: Steht man in Laudenbach oder in Hemsbach an der Bergstraße, die beiden Ortschaften liegen auf 102–107 m über Normalnull, und blickt auf den Odenwaldrand, so ergibt sich von Nord nach Süd das folgende Bild: Der kleine Laudenbach fließt, von OberLaudenbach kommend, aus einem Tal herab und trennt dabei das Steinberg-Juhöhe-Massiv im Norden von der Kreuzberg-Formation im Süden ab. Von Ober-Laudenbach aus, das auf 262 m Höhe liegt, geht es leicht hinauf durch den „Kreuzwald“ bis zu einer verebneten Hochfläche auf 340 Metern, auf der die Mauerreste der Wallfahrtskapelle zu sehen sind. Das Gelände steigt dahinter noch ein wenig an und erreicht auf 358 Metern den höchsten Ort. Der Kreuzberg fällt nach Süden zum Tälchen des Hemsbach auf 200 m ab, um danach wieder zum 347 m hohen Bocksberg aufzusteigen. Dann geht es wiederum hinab zum Sulzbacher Tälchen, wo auf etwa 213 m Höhe die Gebirgsformation ihr Ende findet. Dieser mit Kreuzberg und Bocksberg doppelgipflige Gebirgsrücken weist eine Länge von etwa 4,5 km und eine Breite von knapp 2 km auf.
Der Kreuzberg 358 m
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c) Zur Geschichte: Die Kapelle der Lorscher Mönche wurde mehrfach zerstört, was auch mit den Grenzstreitigkeiten zwischen dem Kloster Lorsch und seinem Nachfolger, dem Erzbischof von Mainz auf der einen Seite und dem Pfalzgrafen von Heidelberg, in dessen Besitz 1288 die Ortschaft Laudenbach wechselte, zu tun hatte. 1485 wechselte das Gebiet wieder zum Bischof von Worms, der kurmainzisch war, aber 1705 wurde es wieder kurpfälzisch. 1806 kam Laudenbach und mit ihm der Kreuzberg zu Baden, und dieses Gebiet bildet bis heute den am weitesten nach Norden vorgeschobenen Ort an der badischen Bergstraße. Der Grenzverlauf zu Hessen ist verwirrend; z. B. gehören die Straße in OberLaudenbach zu Baden, die Häuser an der Straße aber zu Hessen. Vom Anfang des 18. Jahrhunderts an wurde die Wallfahrtsstätte von Eremiten betreut, die sich dort angesiedelt hatten. „1808 ließ die badische Regierung das Bergkirchlein mit der Eremitage abbrechen. Nach 1860 kamen dann wieder Stationsbilder und die traditionellen Pfingstwallfahrten.“219 Die 14 gusseisernen Stationsbilder im ‚Kreuzwald‘ und das Kreuz oben am Ort der Kapellenreste sind nach wie vor beeindruckend. Die Kolpingsfamilie unternimmt am Pfingstmontag noch Wallfahrten hinauf. Modern gesprochen, ist die Wallfahrtsstätte heute „eine Art Open-AirKirche mit Bänken, Altartisch, Kreuz und Stationsbildern“ 220. d) Hinweise auf Heiligkeit: Die heute noch sichtbare christliche Kultstätte trägt den einzigen, mit Stationen markierten Kreuzweg des Odenwaldes. Sie beruht auf einer heidnischen Kultstätte, auf die verschiedene Quellen hinweisen. Aber wozu Quellen! Die massive christliche Anwesenheit stößt einen geradezu darauf. Der Kultplatz ist eine verebnete Fläche, ein alter Hain (mit Eichen?, siehe alter Name „Zur Eich“) knapp unterhalb des Gipfels, mit (ehemals) weitem Blick in die Rheinebene. Am Südhang des Kreuzbergs befindet sich das Naturdenkmal des „Steinernen Gauls“. Das auffallende Felsgebilde lässt ein liegendes Pferd mit Fohlen erkennen. „Als eine uralte Land-/Grenzmarke wurde es bereits in einer Steinurkunde von 805 (zu sehen in St. Peter Heppenheim) und im Lorscher Codex als ‚Stennen Roß‘ dokumentiert.“ Neben dieser Grenzmarke der Karolinger liegt eine Kuppe, „ein altarähnlicher Stein mit eingearbeiteter Mulde“221. Diese Kuppe mit Mulde lässt auf einen Kultstein schließen, worauf auch das Wort vom ‚Hexenstein‘ hinweist. Geht man den Hang weiter abwärts, so gelangt man im HemsbachTälchen zu der Flurbezeichnung ‚Teufelsloch‘. Etwas weiter westlich be-
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findet sich der Jüdische Friedhof, der 1674 angelegt wurde. Er diente als Verbandsfriedhof für jüdische Gemeinden entlang der Bergstraße. 1000 Grabsteine sind zu sehen; die letzte Bestattung erfolgte 1940.222 Auf der Südseite geht es dann wieder hinauf zum zweiten Gipfel mit dem absonderlichen Namen ‚Bocksberg‘, und dahinter liegt das Waldstück ‚Im Schelmental‘. Diese Begriffe scheinen das Ergebnis der christlichen Umund Abwertung ehemals heiliger, heidnischer Kultorte zu sein. e) Landschaftsmythologische Deutung: Besonders drastisch ist es, dass neben dem einzigen christlichen Kreuzberg mit Kreuzweg im Odenwald in seiner Nähe ein Bocksberg (eine Umschreibung des Teufels) mit Teufelsloch, Hexenstein und Schelmenwiese stehen. Es ist hier mit Händen zu greifen, dass es sich um christliche Umwertungen ehemals heidnischer Kultplätze handelt. Da man weiterhin „im Mittelalter vielfach die jüdischen Einwohner dazu anhielt, als Nichtchristen ihre Toten auf den heidnischen Begräbnisplätzen beizusetzen“223, lässt sich aus der Bezeichnung Judenkirchhof auf den Platz eines vorgeschichtlichen Friedhofs schließen. Der Hauptkultplatz des Gebirgszugs war offensichtlich so bedeutend, dass eine Abwertung nicht ausreichte, sondern eine christliche Inbesitznahme mittels Kapelle, Kreuz, Kreuzweg, Einsiedelei und Wallfahrten erfolgte. Versucht man den ursprünglichen heidnischen Kultplatz, der in die früheste Zeit zurückreichen dürfte, zu erfassen, so hilft hierbei wiederum der landschaftsmythologische Ansatz von Derungs und GöttnerAbendroth: Zu sehen sind von der Bergstraße aus zwei in etwa gleich hohe, ähnlich geformte Kuppen, die durch ihre Form und ihre Namen aufeinander bezogen sind und in der Mitte ein „Teufelsloch“ haben. Drehen wir es richtig herum, so sehen wir die Brüste und den Schoß der Mutter Natur, denn die Natur zeigt ihre weibliche Göttlichkeit in ihren Formen. Die ersten sesshaften Menschen in der Jungsteinzeit lebten mit und in der Natur, ihrem Reichtum, ihren Formen und verehrten sie als Erdgöttin in all ihren Erscheinungen. Unser größter Dichter, Johann Wolfgang von Goethe, hat im Jahre 1790 in seinem „Urfaust“ noch von diesen Zusammenhängen, die über 7000 Jahre alt sind, gewusst. Bei der Betrachtung des Zeichens des Makrokosmos spricht Faust: Wie alles sich zum Ganzen webt! Eins in dem andern wirkt und lebt! (V. 94f) …
Der Heiligenberg 440 m
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Wo faß‘ ich dich, unendliche Natur? Euch Brüste, wo? Ihr Quellen allen Lebens, An denen Himmel und Erde hängt … Ihr quellt, ihr tränkt … (V. 102–106)224 In der Tat: Himmel und Erde hängen an der Fruchtbarkeit der Mutter Natur. Es wird Zeit, dieses alte Wissen neu auszugraben und der Natur wieder die ihr gebührende Achtung und Liebe entgegenzubringen.
5.2.4 Der Heiligenberg 440 m Die Darlegungen zum Heiligenberg erfolgen hier nur in Kürze, da im 6. Kapitel weitere Ausführungen zu dieser Thematik vorgenommen werden sollen. a) Form und Namen: Von der Ernst-Walz-Brücke nördlich des Heidelberger Hauptbahnhofs aus springt der Heiligenberg mit seinen beiden Gipfeln klar ins Auge. Er bildet eine vorgeschobene Gebirgsbastion am Nordrand des Neckars, wo dieser den Odenwald verlässt und in die Rheinebene eintritt. Seinen Namen erhielt er im Hochmittelalter durch Schwarzwälder Mönche des Allerheiligenklosters. b) Geländebeschreibung: Von drei Seiten ist der Heiligenberg durch Abhänge schwer zugänglich: im Westen Handschuhsheim an der Bergstraße, im Süden der Neckar und im Osten das Steinbachtal bei Ziegelhausen. Nur im Norden, genauer in NNO befindet sich ein Höhenrücken, der zum Weißen Stein 548 m hinführt und den Heiligenberg mit dem Odenwald verbindet. Durch die starke Bewaldung ist aber diese Seite trotzdem schwer zugänglich. Der Berg selber hat zwei Gipfel, den nördlichen Heiligenberg im engeren Sinne auf 440 m Höhe und den südlichen, zum Neckar vorgeschobenen, niedrigeren Gipfel des Michelsberges 375 m. Von hier stürzt das Gelände steil zum Neckar auf ca. 114 Meter hinab. c) Geschichte: Der Heiligenberg gehört zu den ältesten Wohnstätten Mitteleuropas und ist seit 7000 Jahren besiedelt. Aus der Zeit der Bandkeramik finden sich Gefäßscherben, Steinbeile und Steinmesser, aus der
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
Bronzezeit Ziernadeln und Pfeilspitzen aus Hornstein und aus der Urnenfelderzeit Gefäßscherben. Die Kelten errichteten in der Eisenzeit eine massive DoppelringWallanlage, deren Reste bis heute zu sehen sind (Abb. 10). Der äußere Wall hat eine Gesamtlänge von fast 6000 Metern (1300m Länge und 600m Breite), in den ein innerer Wall mit 1000 m Länge und 160 m Breite eingeschaltet ist. Die gesamte Anlage umfasst die Fläche von 78 Hektar, die größte vorgeschichtliche Siedlung im Odenwald. Vier Zangentore und eine Pfostenschlitzmauer umgaben die Anlage. Versorgt wurde die Siedlung durch den Bitterbrunnen, später noch durch eine Wasserleitung vom Weißen Stein. Im Mittelalter brachten Esel das Wasser vom Neckar herauf. Das südlich gelegene Heidenloch ist vermutlich kein Brunnen gewesen, sondern ein keltischer Kultschacht. Er ist sehr tief; in ihm wurde ein Frauenbildnis gefunden. d) Hinweise auf Heiligkeit: Die Kelten hatten an der höchsten Stelle innerhalb der Wallanlage einen Kultplatz, an dem sie die Erdgöttin verehrten. An derselben Stelle errichteten die Römer ein Merkurheiligtum, zeitlich dazwischen wurde vermutlich der germanische Gott Odin/Wodan verehrt, wie aus römischen Inschriften hervorgeht (Drei römische Weiheinschriften „Mercurius Cimbrianus“ = Merkur der Kimbern = Odin/Wodan225). In der christlichen Zeit wurde oben das St. Michaelskloster und vorne Richtung Neckar das St. Stephanskloster errichtet. Später folgten die bereits genannten Mönche aus dem Schwarzwald, die den Michaelsberg in Heiligenberg umbenannten. Beide Klöster verfielen durch die calvinistische Reform der Kurpfalz, die Steine dienten zum Aufbau von Wohnhäusern. Heute ist auf dem Berg nur noch Historisches, aber nichts Heiliges mehr zu sehen. Die Nationalsozialisten haben mit dem Bau ihrer kurzlebigen, sonderbaren Thing-Stätte 1934 rücksichtslos archäologische Spuren der Keltensiedlung zerstört, und heute ist an lebendiger Kultur dort oben nur noch ein guter Gasthof zu nennen. e) Landschaftsmythologische Deutung: Der Autor sieht im Heiligenberg, gesehen von der bereits genannten Neckarbrücke aus, eine liegende Verkörperung der Erdgöttin. Näheres dazu findet sich im 6. Kapitel.
Der Heiligenberg 440 m
Abb. 10: Keltische Ringwallanlage auf dem Heiligenberg am Neckar, Tempelanlage oben, Heidenloch unten. Qu: Morr: Geheimnisvoller Odenwald, S. 42.
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
5.3 Sechs Berge im Vorderen Odenwald 5.3.1 Die Altscheuer 384 m a) Form und Namen: Der Nordrand des Vorderen oder Granit-Odenwaldes dacht zur Rhein-Main-Ebene hin ab und hat noch drei Höhen, die über 300 Meter aufragen. Südlich von Darmstadt-Eberstadt ist es der Schloss-berg 375 m mit der Burg Frankenstein, südlich Ober-Ramstadts der Hohe Rodberg 337 m mit keltischen Hügelgräbern und südlich GroßBieberaus die Altscheuer 384 m, die am weitesten aufragt und den keltischen Ringwall der Heuneburg trägt. Die Heuneburg entstand 500 bis 50 v. Chr. in der jüngeren Eisenzeit; das Wort ist vom Mittelhochdeutschen hiune = Riese abgeleitet, und mit der angrenzenden Altscheuer wird sie auch „Das Alte Schloss“ 226 genannt. Denn am anderen Ende des etwa zweieinhalb Kilometer langen, von Südwest nach Nordost verlaufenden Höhenrückens liegt auf 278 m Höhe das ‚neue‘ Schloss Lichtenberg, das erst im 16. Jahrhundert errichtet wurde. Der Walddistrikt der Altscheuer heißt auch ‚Kirnbach‘ (oder Kernbach), und in der Nähe steht die Kernbacher Hütte. Vermutlich leitet sich das Wort von Mühle ab (mhd. Kürn, ahd. quirn); am nahen Fischbach steht in Billings noch ein Mühlrad. Der Nachbarflurname Altscheuer weist wohl „auf die Lagerung von Feldfruchtvorräten in früheren Gefahrenzeiten“227 hin und bezieht sich vermutlich auf das nahe Lichtenberger Schloss. b) Geländebeschreibung: Der Höhenrücken mit Altscheuer, Heuneburg und Lichtenberger Schloss setzt sich südwestlich in gleicher Streichrichtung über Wildfrauhaus bis zum Streiterberg 425 m mit Heidenhügel fort. Er bildet die nördliche Begrenzung der Gemeinde Fischbachtal. Der kleine Fischbach fließt an seiner Südflanke und mündet in Groß-Bieberau in die Gersprenz, wo er den Odenwald verlässt und in die Reinheimer Bucht eintritt, die schon Teil der Mainebene ist. c) Geschichte: Die ab 500 v. Chr. entstandene Ringwallanlage wurde von den Kelten errichtet und in den ersten Jahrhunderten nach der Zeitenwende von den Alemannen erobert und weitergeführt. Sie war
Die Altscheuer 384 m
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vermutlich Sitz eines alemannischen Kleinfürsten, bis um 496 n. Chr. die Franken die Alemannen vertrieben und den Odenwaldrand besiedelten. Der Ringwall wurde 1589 im Salbuch des Amtes Lichtenberg zuerst erwähnt: „Die Quirnburg stoßt uff die alt schewern und den burgwallt.“228 Die Oberfläche der Granitkuppe ist mit einem ovalen Bering versehen, der 180 m x 120 m mit zwei Hektar Innenfläche umfasst und der der Bergkuppe angepasst ist. Die Anlage hatte ein einziges Zangentor im Osten, im Westen fällt das Gelände steil ab. Vor dem Tor ist ein zweiter Wall als Vorwerk errichtet. Die Befestigungslinien sind im Gelände noch zu erkennen. „Heute sieht der innere Ring wie ein steil geböschter Erdwall aus. Die Ausgrabungen haben jedoch gezeigt, dass eine 3 m bis 3,50 m starke Steinmauer aus Granit vorhanden war. Diese Mauer bildete die Füllung eines Gerüstes aus senkrecht stehenden Balken, die wieder mit Querbalken versehen waren. Julius Caesar hat eine solche Mauer beschrieben und als ‚gallische Mauer‘ bezeichnet.“229 Die Granitfelsen stehen heute noch beeindruckend da (Abb. 11). d) Hinweise auf Heiligkeit: An einer Stelle bilden kleinere Felsen einen mysteriösen Steinring, was auf einen Gebets- und Opferplatz innerhalb der Anlage hinweisen könnte. In der Nähe des ehemaligen Tores ist die Quelle eines kleinen Baches, der hinunter zum Fischbach fließt. Das mag der Wasserversorgung gedient haben, könnte aber auch im Sinne einer Quellenverehrung aufgefasst werden. Im Gelände hat man Mühlsteine aus Lava gefunden, die aus der Vulkaneifel stammen und auf einen weiträumigen Handel der Kelten schließen lassen. 230 e) Landschaftsmythologische Deutung: Da sich nördlich der Heuneburg am Odenwaldrand mehrere Hügelgräber und Reste keltischer Siedlungen befinden, wird die Ringwallanlage auch als Fluchtburg gedient haben, zumal sie sich auf der höchsten und schwer zugänglichen Stelle dieses Odenwaldbereichs befindet. Außerdem dürfte sie ein Herrensitz der Alemannen gewesen sein. Älter aber ist sicherlich ihre Nutzung als Kultstätte, wenn auch nicht zu beweisen. Aber der Gipfel des ersten höheren Berges dürfte für die frühen Siedler, die von der Mainebene her kamen, der geeignete Platz
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
Abb. 11: Die Heuneburg – Ringwall auf dem Altscheuerberg im Fischbachtal. Qu: Morr: Geheimnisvoller Odenwald, S. 42.
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dafür gewesen sein. In der Nähe der Heuneburg steht die „Tempeleiche“, ein sicherlich neuerer, trotzdem aber sprechender Name. Am interessantesten aber ist ein Hinweis des Heimatforschers Georg Spalt: „Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde im Gelände um den Ringwall alljährlich an Himmelfahrt ein Frühlingsfest gefeiert. Später hat man es, wohl mit Rücksicht darauf, dass der Bezirk mit Jungholz bestanden war, an den Waldrand vor Lichtenberg verlegt.“231 Ob der Grund für die Platzverlagerung des Festes der richtige ist, sei dahingestellt. Der Autor sieht eher den Verlust des alten Bedeutungszusammenhangs als Grund für die Heranziehung an die Siedlung. Denn das große Frühlingsfest der Kelten, das noch lange am Platz der Heuneburg gefeiert wurde, war Walburgis oder Beltane. Es wurde um den 1. Mai herum gefeiert, und die Kirche mag es auf Christi Himmelfahrt Mitte Mai verlegt haben. Ein Frühlingsfest um den Ringwall herum, das verweist ziemlich eindeutig auf dieses alte „Fest der und Lebenskraft“232 der Kelten. Es ist das Fest der Frühlingsgöttin mit ihrem Gefährten, und es bezieht sich symbolisch auf das Fest zwischen Himmel und Erde, das die Natur im Frühling feiert. Es wird auch von Joseph von Eichendorff, dem Dichter der Romantik, in seinem Gedicht „Mondnacht“ angedeutet: Es war, als hätt‘ der Himmel Die Erde still geküsst, Daß sie im Blüten-Schimmer Von ihm nun träumen müsst‘. Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht. …233
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
5.3.2 Die Neunkircher Höhe 605 m a) Form und Namen: Die Neunkircher Höhe liegt auf 605 m Höhe und ist damit der höchste Berg des Vorderen Odenwaldes und nach dem Katzenbuckel der zweithöchste Berg des gesamten Gebirges. Nördlich grenzt die namensgebende Ortschaft Neunkirchen an. Die kleine Gemeinde hat nur 176 Einwohner und liegt auf 510 m Höhe, womit sie die höchstgelegene Gemeinde im Odenwald ist. Woher der Name „Neunkirchen“ kommt, ist umstritten. Nach der Überlieferung soll es irgendwann neun Gotteshäuser gegeben haben. Allerdings gibt es keine Funde, weshalb eine andere These reeller ist: Nach größeren Kriegen „soll es neun Gemeinden nach Neunkirchen gezogen haben, da es als einziger Ort noch eine intakte Kirche besaß. Und da alle Gemeinden angaben, dass es ihre Kirche war, gab es neun Kirchengemeinden und wie es im Altdeutschen hieß neun Kirchen.“234 b) Geländebeschreibung: Ähnlich wie der kleinere Höhenrücken, auf dem die Altscheuer liegt, ist die Neunkircher Höhe auch Teil eines, allerdings größeren und höheren Gebirgsrückens mit gleicher Streichrichtung von Südwest nach Nordost. Er erstreckt sich in einer Länge von 5,5 km und hat eine Breite von 1,5 km. Auch er dacht sich nach Nordosten auf ca. 400 Meter ab. Wegen ihrer beachtlichen Größe und Höhe sowie ihrer dichten Bewaldung ist die Neunkircher Höhe ein weithin sichtbarer Gebirgsstock, gewissermaßen ein Kristallisationspunkt im Vorderen Odenwald. Auf dem Gipfel steht der 34 Meter hohe Kaiserturm, der 1906/07, im Kaiserreich, erbaut wurde. Er ist bewirtschaftet und bietet eine herrliche Aussicht auf den umliegenden Odenwald, im Westen bis zur Pfalz und im Norden über die Hochäuser Frankfurts hinweg bis zum Taunus. Auf der Neunkircher Höhe entspringen mindestens vier Quellen: die Gersprenzquelle mit ihrem linken Quellarm Mergbach auf 568 m, die Lauterquelle auf 478 m, die Modauquelle auf 490 m und die Steinbachquelle auf ca. 550 m. Die Gersprenz trägt einen keltischen Namen, der „schnellfließender Bach“ bedeutet.235 Der Steinbach mündet über den Fischbach in die Gersprenz ein, die in den Main fließt. Die beiden anderen Bäche, Lauter und Modau, münden in den Rhein. Somit befindet sich hier oben eine Rhein-Main-Wasserscheide.
Die Neunkircher Höhe 605 m
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c) Flurnamen: Auf dem Höhenrücken liegen viele auffällige Flurnamen: Hexenstein und Wilde Heid, An den drei Steinen, der Weiler Freiheit mit den nahen Steinsetzungen (siehe 3.1.1.2), Wildweibchenstein, Ruine Rodenstein mit Fallendem Bach, Daumenstein, Rimdidim und Holunderhof. In einer gedachten Verlängerung liegen 3½ bis 6½ Kilometer südwestlich der Neunkircher Höhe nach einer breiten Talmulde die Berge mit den ebenfalls auffallenden Namen Götzischberg 510 m, Höllberg 350 m, Heiligenberg 498 m und Kesselberg 531 m. d) Hinweise auf Heiligkeit: Die genannten Flurnamen weisen in ihren Eigenarten immer wieder auf heidnische Spuren hin (einige dieser Namen wurden in den vorhergehenden Kapiteln schon betrachtet). Besonders auffällig ist die nahe Lage der drei hauptsächlichen Quellen auf der Neunkircher Höhe: Sie bilden eine knapp ein Kilometer lange Linie und sind wie Perlen an einer Kette aufgereiht: Gersprenzquelle, Lauterquelle und Modauquelle. Gegenüber liegt das Waldstück „An den drei Steinen“. Diese Nähe und Dreiheit der Quellen muss den frühen Menschen aufgefallen sein und mag Anlass zu ihrer Verehrung gegeben haben. Auch im nahen Neunkirchen gibt es ja eine heilige Quelle, die St. Kosmas und Damian geweiht ist und erst 1997 (sehr spät!) wieder freigelegt wurde (siehe unter 2.2.1.2). Es dürfte sich dabei um einen weiteren ModauZufluss handeln. e) Landschaftsmythologische Deutung: In alle Himmelsrichtungen fließen also von der Neunkircher Höhe die lebensspendenden und -erhaltenden Wässer in die Odenwaldtäler. Wer den heiligen Quelltopf in Neunkirchen besucht, sollte den Weg in den Wald zu den drei nebeneinander liegenden Quellen nicht scheuen, da er sich hier vermutlich auf noch geschichtsträchtigerem Boden befindet. Die Wasser und damit lebensspendende Neunkircher Höhe liegt ja wie ein urzeitlicher Drachen mit langem Rücken in der Landschaft, einem Sinnbild für Wasserkraft und Wasserbewegung aus der Jungsteinzeit. Das Symbol des Drachens, das in matriarchaler Zeit „als ein heiliges Symbol für die Naturkräfte galt“, findet sich z. B. auch am Oberlauf des Rheins in mehrfacher Weise: Ein quer im Tal liegender Höhenrücken zwischen Hinterrhein und Albula „(hat) die Gestalt eines Drachens … Das ist
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
ein besonderer Platz, und auch die frühen Menschen haben das so gesehen, denn das ragende Felshaupt des Drachen und sein absinkendes Rückenteil sind von ihnen durch Kultplätze gekennzeichnet worden.“236 Diese Beschreibung aus dem Schweizer Gebiet des Alpenrheins passt recht gut zum Neunkircher Höhenrücken zwischen dem Gersprenztal im Süden und dem Steinbach-Fischbachtal im Norden. Der Odenwaldrücken hat zweifellos auch seine Kultplätze. Die Quellendreiheit wurde schon genannt. Dazu kommt der Fallende Bach, der einzige Wasserfall des Odenwaldes. Er ist 10 Meter hoch und friert im Winter nach längerer Frostperiode völlig ein, sodass er einen sonst nur in den Alpen anzutreffenden, imposanten Anblick bietet. Der Daumenstein auf der Höhe ist ein von alten Eichen bestandenes Felsenriff mit geheimnisvollem Namen. In der Nähe der Burgruine Rodenstein am Südhang lagert mit dem Wildweibchenstein ein weiteres Granitblock-Ensemble, das die Phantasie anregt. Und nicht weit daneben sind die steinzeitlichen Steinsetzungen beim Weiler „Freiheit“ (unter 3.1.1.2 bereits behandelt). Auf die weiteren, entfernt liegenden Bergnamen wurde schon hingewiesen. Sie bauen Brücken zu „Götze“ und „Hölle“, offensichtliche christliche Umkehrungen, und „Heilig“, vermutlich die christliche Übernahme eines alten Platzes. Daneben der „Kessel“, ein Symbol, das auf die Form des Berges hinweisen, aber auch als „Gegensatz zum Kreuz, da es für die Hexen ein Objekt der Verehrung war“, gelesen werden kann. Dabei ist der Kessel in tieferer Symbolik „mit dem Mutterleib identisch, der immer wieder aufs Neue Wiedergeburten ermöglichte, bei denen sich die Gestalt jedesmal änderte“237.
5.3.3 Der Kapellenberg 471 m a) Form und Namen: Von der Neunkircher Höhe sind es nur neun Kilometer Richtung Südosten an Lindenfels vorbei bis zur Schichtstufe des Buntsandstein- oder Hinteren Odenwalds. Dort erhebt sich über dem Oster- und Weschnitztal bei der Siedlung Weschnitz der Kapellenberg auf 471 m Höhe. Er bildet den vorderen, kanzelartigen Teil des auf 520 Meter aufsteigenden Kahlbergs. Der Kapellenberg hat seinen heutigen Namen von der auf ihm stehenden Walburgiskapelle erhalten.
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Seine erste Nennung findet sich im Lorscher Codex in der Urkunde 6a des Jahres 773 in der Lautung „Walehinhoug“ 238. Später taucht noch die Schreibvariante „Welinehoug“ auf. Der Übersetzer des lateinischen Textes gibt das Wort mit „Walchenhauk“ wieder. Die Deutung althochdeutsch „wale = groß, gut, geheimnisvoll, die Hans-Günther Morr bringt, ist nicht zutreffend239. Auch die Deutung des Bestimmungswortes als „wal, wale“ gleich „Wahl, Auswahl“ und damit „Wahlenhügel“ ist zu verwerfen. Sie ist ein fehlerhafter Rückschluss aus dem Jahr 795, denn damals fanden tatsächlich Wahlen auf diesem Hügel statt. Nach Auffassung des Autors liegt im Originaltext der karolingischen Minuskel ein Schreibfehler des Mönchs vor, indem im ältesten Wort „Walehinhoug“ anstelle eines „c“ ein „e“ geschrieben wurde (was bei der karolingischen Schrift leicht passieren kann). Die so erschlossene Urfassung wäre also *Walchinhoug“, und daraus leitete sich eindeutig das Wort „Walchenhügel“ ab. Mittelhochdeutsch „houc, houges“ ist zweifelsfrei der „Hügel“, und „walhisch, welhisch, walsch, welsch“ steht für „welsch, also italienisch, französisch, romanisch“ 240. „Walehinhoug“ oder verbessert „*Walchinhoug“ heißt also „Welschenhügel“ oder „Keltenhügel“ (Abb. 12). b) Geländebeschreibung: Es gibt eine nur neun Kilometer lange Sichtverbindung vom Kapellenberg hinüber zur Neunkircher Höhe, dem zweiten keltischen Platz (siehe 5.3.2). Beide Plätze sind über die Gersprenz verbunden, denn ihr linker, westlicher Quellbach Merg kommt von der Neunkircher Höhe, während ihr rechter, östlicher Quellbach Ostern unterhalb des Kapellenbergs entspringt. Der Kahlberg mit dem vorgelagerten Plateau des Kapellenbergs „ist ein Eckpfeiler des Buntsandstein-Odenwalds an der Grenze zu dem nordwestlich anschließenden Vorderen Odenwald“ 241. Er ist Teil des hier beginnenden Buntsandstein-Deckgebirges. Die Schichtstufenkante setzt sich nordöstlich über Lärmfeuer 502 m und Morsberg 517 m, südlich über Kottenberg 550 m, Hardberg 593 m und Stiefelhöhe 584 m fort. Der Kahlberg nimmt eine zentrale Stelle für den gesamten Odenwald ein, da er der zentrale Wasserscheidepunkt ist. Hier treffen sich die Wassereinzugsgebiete des Neckars, des Rheins und des Mains, die den gesamten Odenwald entwässern. Im Westen des Kahlbergs fließt die Weschnitz in den Rhein; im Norden gelangen der Osterbach über die Gersprenz und
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Abb. 12: Sankt Walburgis auf dem Kapellenberg Der 471 Meter hohe ‚Walehinhoug‘ (=mittelhochdeutsch Walchenhügel) oberhalb der Weschnitzquelle beim Dorf Weschnitz war ein keltischer Kultplatz. Die verebnete Fläche, etwa 50 m unterhalb des Kahlberggipfels (520m), ermöglicht eine weite Sicht in den Vorderen Odenwald. Der Blick geht nach Westen und Nordwesten zum Sonnenuntergang im Sommerhalbjahr. Daher ist der Höhenort ein ähnlicher ‚Abendberg‘ wie der Heiligenberg bei Heidelberg. Im Frühmittelalter wurde hier die erste christliche Kapelle zu Ehren der Sankt Walburga errichtet. Seitdem heißt der Platz Kapellenberg. Qu.: Aufnahme Kumpf am 3.4.2022
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im Osten der Streitbach über die Mümling zum Main; und im Süden erreicht der Ulfenbach den Neckar. c) Geschichte: Wenige Jahre nach der ersten urkundlichen Nennung am 20. Januar 773 kamen im Jahr 795 alle fränkischen Gaugrafen des Odenwaldes, nämlich des Ladengaus, der Wingarteiba, des Maingaus und des Oberrheingaus auf dem Kahlberg zusammen, um die Gaugrenzen neu festzulegen. Graf Warin, der das Dorf Heppenheim samt Wald innehatte, „hielt auf Befehl des Königs Karl, im 27. Jahre (795) seiner Regierung, um die Mitte des Monats August eine Gerichtsversammlung im selben Walde beim Hügel Walhinehoug ab. Nach dem Urteil und Zeugnis angesehener Männer wurde eine neue Grenze gezogen …“242 Es traten laut der Urkunde vom Ladengau 12, von der Wingarteiba 8, von Maingau und Oberrheingau 17 Männer, also insgesamt 37 Männer mit dem Grafen Warin zusammen. Dies geschah unter Karl dem Großen und ist auf dem Kahlbergstein dokumentiert. Er trägt die Inschrift: Vom Kahlberg aus ließ Karl der Große im Jahre 795 die Grenze der Mark Heppenheim festlegen, die im Kreis Bergstraße noch heute besteht. Verein Naturpark Bergstraße-Odenwald e.V. 1981 Das kleine Dorf Weschnitz liegt unterhalb des Kapellenbergs am Fluss Weschnitz. Die Weschnitzquelle liegt nur 1 Kilometer südlich am Rand des nächsten Dorfes Hammelbach. Der älteste überlieferte Name für den Fluss aus dem Jahr 1100 lautet „Wisgoz“243. Er geht auf das keltische Wort Visucius zurück, eine gallische Gottheit, die die Römer mit Mercur gleichsetzten. (In Heidelberg auf dem Heiligenberg findet sich eine Inschrift 244.) Als Begleiterin des Gottes Visucius wird die Göttin Visucia genannt. Der Name geht auf die proto-indogermanische Wurzel *wesu/wisu (gut) oder *witsu (wissend) zurück: die wissende, weise Gottheit. d) Hinweise auf Heiligkeit: Die Kelten haben nicht nur dem Fluss den Namen gegeben, sondern auch einen heiligen Hain im Wald auf dem Kahlberg errichtet, von dem aus man zur Weschnitz- und Osternquelle und dem Dorf Weschnitz hinunterschaut und einen hervorragenden Blick über Höhen und Täler des Vorderen Odenwaldes hat. Heute ist auf dieser alten Kultstätte die Walburgiskapelle.
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„Um 730 kam Walburga mit ihren Brüdern Wunnibald und Willibald von England, um im Frankenland zu missionieren.“ Sie verstarb 779 in Heidenheim, ihre Reliquien bewahrt man in Eichstätt im Walburgakloster auf. Sie bekehrte die keltische, später germanische Kultstätte zum Christentum. Eine Mitschwester Walburgas, Hugeburc, berichtet über die raue Landschaft, die die Missionare im Odenwald vorfanden: Die Ländereien waren durchweg noch Wildnis und Wald, Bäume mussten gefällt werden, es galt zu roden, Disteln und Dornen rissen die Hände auf. Die Wohnhütten armselig und kalt. Noch gab es Zauberer mit teuflischer List, Götzendiener, Wahrsager, die, von Dämonen betrieben, zu Gottes und des Volkes Schaden wirkten. Aber noch schlimmer, dass bekehrte Christen, sogar Kleriker zügellos lebten, der Unreinheit ergeben. 245 Seit karolingischer Zeit sind hier Wallfahrten zur Heiligen Walburga am 1. Mai verzeichnet. Als Walburga „779 starb, soll – so die Sage – das Glöckchen auf dem Berg von selbst geläutet haben. … Der Heiligen Walburga widmete man übrigens nicht nur die Kapelle auf dem Kahlberg. Auch auf dem Schwanberg im Kreis Kitzingen und auf der Ehrenbürg bei Forchheim wurden alte heidnische Kultstätten christlich überprägt.“246 Dort befinden sich auch Walburga-Kapellen, die Ehrenbürg bei Forchheim wird im Volksmund deshalb auch „Walberla“ genannt. Das volkstümliche Fest hat sich auf die Nacht vorher verlagert, weshalb man am Abend des 30. April von der „Walpurgisnacht“ spricht. Allerlei Hexentanz und Zauberei soll sich da ereignen. Hier scheint also das ursprüngliche, keltische Frühlingsfest Beltane durch die Bräuche hindurch. Goethe schreibt in der Szene ‚Walpurgisnacht‘ seines ‚Faust. Der Tragödie erster Teil‘: Der Frühling webt schon in den Birken, Und selbst die Fichte fühlt ihn schon; Sollt‘ er nicht auch auf unsre Glieder wirken? (V. 3845ff) „Walbern“ oder „Wawwern“ hieß „spuken“. Ludwig Landgraf von Hessen belegte am „19ten Octobris 1698“ die „Mummereyen und Excessen auf Waldpurgis“ mit „Thurm oder Gefängnüß Straaf“ 247.
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Eine erste Holzkapelle mit Glöckchen wird im Jahr 741 errichtet worden sein. Aber „nachgewiesen werden kann ein erster Bau ab dem Jahre 1671. Eine neue Kapelle wurde 1815 errichtet.“ In der Kapelle befindet sich eine Walburgastatue aus dem 17. Jahrhundert, eingerahmt von ihren Brüdern Willibald und Wunibald. „Hinter der Kapelle ist ein Platz mit steinernem Altar, der für Wallfahrtsgottesdienste unter freiem Himmel genutzt wird.“ 248 „Jedes Jahr am 1. Mai pilgern Gläubige aus dem Weschnitztal und von der Bergstraße zur heiligen Walburga auf den Kapellenberg, um im feierlichen Gottesdienst ihrer Heiligsprechung zu gedenken. … Traditionell erklingt das Walburgislied auch heute noch zum Abschluss eines jeden Gottesdienstes: Jungfrau, die wir hier verehren auf dem Berge dir geweiht, wolltest unsre Bitte hören, wie du tatest alle Zeit! Halte schützend deine Hände, über unseren Odenwald, alles Unheil von uns wende, wenn wir rufen Jung und Alt: O Walburga, o Walburga: Schütze unseren Odenwald!249 e) Landschaftsmythologische Deutung: Es ist offensichtlich, dass diese Inbrunst der Bergwallfahrt sich nicht nur auf die christliche Walburga bezieht, sondern auch auf ältere Wurzeln, deren Tradition das Christentum übernommen hat. Reste dieser Verehrung der heidnischen Religion zeigen sich noch in dem oben zitierten Bericht der Nonne Hugeburc, dessen Information aus christlicher Sicht verstellt wurde. Verräterisch ist besonders sein Wort ‚Götzendiener … von Dämonen betrieben‘. Im Frühling wurde auch das keltische Ferst Beltane und in der Jungsteinzeit die alles umfassende Erdgöttin und Mutter Natur verehrt. Die kultische Hervorgehobenheit des Platzes wird durch die einzigartige geographische Lage bestätigt. Denn der Kahlberg ist der zentrale Wasserscheidepunkt im Odenwald, was die Kelten gewusst und genutzt haben dürften.
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5.3.4 Der Donnersberg 180 m a) Form und Namen: Der Donnersberg im Odenwald ist trotz seines beeindruckenden Namens nur ein kleiner Hügel, der sich ganze 25 Meter über die Wiesen am Nordrand von Mörlenbach erhebt. Er steht in den Wiesen „In der Erbach“, einem Naturschutzgebiet. Der kleine, nur ein Kilometer lange Bach Erbach fließt am Donnersberg vorbei und mündet in Mörlenbach/Klein-Breitenbach von links in die Weschnitz. In kleinen Serpentinen führt ein schmaler Pfad hinauf auf das künstlich eingeebnete Plateau des Donnersbergs. Oben befindet sich eine mit Eichen umstandene Andachtsstätte mit einem steinernen Kruzifix und einer Kanzel. Ein Schild ermahnt: „Wanderer, du stehst an frühchristlicher Stätte. Weile und bete.“ „Schon seit langer Zeit (war) der Donnersberg Ziel einer alljährlichen Prozession am Hageltag, dem Montag vor Christi Himmelfahrt. An diesem Datum bitten Christen darum, von Unwettern verschont zu bleiben.“250 Der Donnersberg hat seinen Namen höchstwahrscheinlich vom germanischen Gott Donar, dem Wettergott mit Blitz, Donner und Hagel. Ihm war die Eiche geweiht. Diese Analyse wird unterstützt vom wendisch-slawischen Wort damb/domb „Eiche“251, das weiter östlich im fränkischen Wendland zu finden ist. Es zeigt eine Übernahme des Zusammenhangs von ‚Eiche‘ und ‚Donar‘ durch die Slawen. Sogar der Zeitpunkt stimmt noch, denn der Tag des Donar war der Donnerstag Mitte Mai, ein Datum, das die Christen auf den Himmelfahrtstag verlegten. Das Christentum verdrängte den alten Namen durch „Ulrichsberg“, und so heißt er heute offiziell. Doch der Name Donnersberg blieb der geläufigere. b) Geländebeschreibung: Der Donnersberg-Hügel liegt ziemlich un-scheinbar an der Straße zwischen Mörlenbach und dem Abzweig nach Zotzenbach. Er ragt mit seinem Eichenbewuchs aus den Wiesen empor. Wegen seiner geringen Höhe dürfte er z. B. von der nahen Tromm 576 m aus kaum sichtbar sein. Er gesellt sich damit zu weiteren kleinen Odenwald-Hügeln, die ‚im Verdacht stehen‘, eine heidnische Kultstätte gewesen zu sein: dem Heidenberg 428 m bei Gadernheim, der sich nur 20 m über das Gelände erhebt, und dem Heidelberg 311 m bei Lindenfels mit nur ca. 10 m Erhebung. Die Informationstafel des Geo-Naturparks Berg-
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straße-Odenwald hebt hervor: „Ein Rätsel bleibt der geologische Aufbau und die eigentümliche Form des Hügels, die sich seltsam von der Umgebung abhebt.“252 c) Zur Geschichte: Im Jahr 1922 veranlasste Pfarrer Feuerbach Ausgrabungen und fand Reste von Grundmauern. Norbert Wand rekonstruierte daraus einen Grundriss. Die Kapelle hatte 16 m Länge und 9 m Breite. „Die Forscher nahmen an, dass die Mörlenbacher den Bau nach der ersten Pestwelle um 1350 gemeinsam mit dem Nachbarort Zotzenbach errichtet haben. Vielleicht wurde sie auf den Namen des Heiligen Bischof Ulrich von Augsburg geweiht.“253 In der Reformationszeit wurde Mörlenbach vorübergehend lutherisch und die Wallfahrten verboten. Vielleicht wurde die Kapelle im Dreißigjährigen Krieg zerstört – jedenfalls ist sie schon lange Zeit nicht mehr vorhanden. Aber nach der Rekatholisierung Mörlenbachs wurden die Wallfahrten zum Hagelfeiertag wieder aufgenommen, heute aber sind sie versiegt. d) Hinweise auf Heiligkeit: Sicher ist die christliche Wallfahrt ab etwa 1350 bis zur Reformation und punktuell darüber hinaus, die unter der Schirmherrschaft des St. Ulrich stand. St. Ulrich hat seinen heiligen Tag am 4. Juli. Das Datum scheint die Übernahme eines heidnischen Termins zu sein, denn am 4. Juli war der „Abschlusstag der Sonnwendfeiern des Mitsommerkreises mit Brunnen- und Quellenfesten“254. In England hieß der 4. Juli „Old Midsummer‘s day“ und wurde auch mit Brunnenfesten begangen. Auch in Tschechien „ist der 4. Juli ausgezeichnet, nur ist er kirchlich dem St. Prokop geweiht, mit dessen Legende übrigens ein Herzog Ulrich verknüpft ist.“255 Wenn man beim Donnersberg nach einer Quelle sucht, so wäre die nur 600 m entfernte Quelle des Erbachs zu nennen, der außerdem am Donnersbergle vorbeifließt. Nach diesen Überlegungen ist festzustellen, dass die christliche Zeit ab dem Mittelalter an germanische Orte (Berg des Donar), Sitten (Quellen- und Bergkult) und Daten (Ende der Sonnwendfeiern) anknüpfte. Sehr auffällig ist aber, dass die Wallfahrten nicht am 4. Juli, sondern am ‚Hageltag‘ vor Christi Himmelfahrt stattfanden. Das ist ein starker Hinweis auf den germanischen Gott Donar, auf dessen Zuständigkeit (der
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Wettergott mit Blitz, Donner, Hagel) und Datum (sein Feiertag am „Donnerstag“ Mitte Mai). Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es im deutschen Sprachraum weitere Donars-Berge gibt: der Donnersberg 687 m im Nordpfälzer Bergland ist die höchste Erhebung der Pfalz; der „Freistuhl Donnersberg“ 214 m südwestlich von Warburg war 1100–1239 eine mittelalterliche Gerichtsstätte256. In Tschechien liegt der Donnersberg, der mit 836 Metern höchste Berg im Böhmischen Mittelgebirge, er besteht aus Phonolith (Klingstein) und liegt 5 Kilometer südlich von Teplitz/Teplice; er trägt den tschechischen Namen Milešovka, – außerdem führt er den schönen Namen „Královna Českého stredohori“ (Königin des Böhmischen Mittelgebirges)257. e) Landschaftsmythologische Deutung: Hinter diesen Beispielen für Donnersberge (im Odenwald, in der Pfalz, bei Warburg und in Böhmen) stand zweifellos die Verehrung des germanischen Wettergottes Donar, der mit dem römischen Jupiter gleichgesetzt wurde (lateinisch Mons Jovis). Dieser germanische Wettergott war für Wetter und Fruchtbarkeit zuständig und dadurch ursprünglich an der Spitze der germanischen Götter; erst später wurde er von dem unsteten, kämpfenden Wodan/Odin abgelöst, der besser zu den Kämpfen in der Völkerwanderungszeit passte und den die Römer mit Merkur gleichsetzten. Da der Ulrichsberg bei Mörlenbach im Volksmund bis heute hartnäckig Donnersberg genannt wird, ist er der einzige Berg im Odenwald, der in versteckter Weise noch den Namen eines germanischen Gottes trägt. Dass er heute wie auch der Kreuzberg ca. 5 ½ Kilometer westlich von ihm (siehe 5.2.3) ein Steinernes Kreuz und einen Altar trägt, weist umso mehr darauf hin, dass hier eine ursprünglich heidnische Kultstätte verchristlicht wurde. Es dürfte aber ziemlich sicher sein, dass dieser germanische Donar wiederum nur der Nachfolger der alten, großen Fruchtbarkeitsgöttin der Jungsteinzeit ist. Darauf verweisen der Frühlingstermin der alten Wallfahrt, der an die Seite gedrängte, aber noch zu erahnende Quellenkult und vor allem die Lage des Heiligtums auf dem Berg mit seinen weiten Ausblicken. Die tschechischen Bezeichnungen des böhmi-
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schen Donnersbergs sind noch weiblich und damit ursprünglicher. Anstelle des hammerwerfenden Donar auf dem Donnersberg oder des blitzeschleudernden Zeus auf dem Olymp thront hier die geliebte Königin (milá královna) als Mutter auf dem Berge (Milešovka).
5.3.5 Der Götzenstein 522 m a) Form und Namen: Der Götzenstein ist mit 522 m nach der Neunkircher Höhe der zweithöchste der zwölf heiligen Berge. Er liegt sechs Kilometer südsüdwestlich der Tromm (570 m) auf einer Hochfläche nahe bei Abtsteinach, das er nur um etwa 40 Meter überragt. Daher erscheint er optisch nur als flacher Hügel, da ihm die Sprunghöhe fehlt, die z. B. der Malchen an der Bergstraße aufweist. Er trägt einen auffälligen Namen, da er der „Stein eines Götzen“ ist. Der Götze ist in der Terminologie der Bibel der abwertende Begriff für andere, heidnische Gottheiten neben dem christlichen Gott, die abzulehnen und zu bekämpfen sind. ‚Götzendienst‘ ist ein Schimpfwort, und man denkt dabei z. B. an den Tanz der Israeliten um das goldene Kalb, der Moses empört und den er verflucht hat. Das Grundwort ‚Stein‘ weist freilich darauf hin, dass es sich hier um eine irgendwie geartete, auffällige Steinanlage handelt. Tatsächlich befindet sich hier ein alter Kultplatz (Abb. 13). b) Geländebeschreibung: Der Gipfelbereich des Götzenstein ist mit vielen Felsblöcken aus Granodiorit bestanden, die Ergebnis der Wollsackverwitterung sind. „Da der Gipfelbereich künstlich abgeflacht zu sein scheint, soll sich hier laut einer Informationstafel eine Kultstätte aus keltischer oder germanischer Zeit befunden haben.“ 258 Die bereits erwähnte Hochfläche ist ein Teil des hochgelegenen, sogenannten „Überwaldes“, ein Landschaftsteil des Odenwaldes, der seinen Namen von der Seite des tief gelegenen Weschnitztales aus erhalten hat. Denn hier befindet man sich etwa auf 200 Metern Höhe und blickt auf den langgezogenen, bewaldeten Höhenrücken der Tromm, der sich auf 570 m Höhe erstreckt und den dahinterliegenden Raum quasi abriegelt. Nachdem die ersten Siedler das Weschnitztal besiedelt hatten, zogen sie „über den Wald“, womit die Tromm gemeint ist, und besiedelten die dahinter liegenden Hochflächen. Dieser ‚Überwald‘ besteht aus
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Abb. 13: Kultplatz Götzenstein bei Abtsteinach Qu.: Morr, Geheimnisvoller Odenwald, S. 74.
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den Gemeinden Grasellenbach, Wald-Michelbach und Abtsteinach, wobei Abtsteinach am südlichsten liegt und sich auch ‚das Tor zum Überwald‘ nennt. „Ober-Abtsteinach liegt auf 480 m über NN auf der als kleine Hochfläche ausgebildeten Wasserscheide von Steinach und Weschnitz.“259 Die Gemeinde ist von ‚fünf Fünfhundertern‘ umgeben und bildet so quasi innerhalb des Odenwaldes eine Höhenbastion. Es sind im Westen der Götzenstein 522 m, der Waldskopf 538 m und der Hohberg 528 m, im Osten der Hardberg 593 m und die Stiefelhöhe 548 m. Am Westrand dieser ‚Bastion‘ neigt sich das Gelände hinab zum Weschnitztal, das zum Rhein hin, und am Südrand zum Steinachtal, das zum Neckar hin entwässert. c) Geschichte: Dieser Raum um Abtsteinach war schon in vorrömischer Zeit durch die Kelten besiedelt, worauf entsprechende Funde hinweisen. Auch der nahe Bergrücken der Tromm weist einen keltischen Namen auf. Von granitenen Steindenkmälern und Sagen umwoben sind der Waldskopf mit dem Teufelstein und der Götzenstein. Der Götzenstein findet seine vermutlich erste Erwähnung in der Grenzbeschreibung über die Mark Heppenheim aus dem Jahr 773: Dort wird der „Pendens Rocha“ genannt, was mit „überhängender Fels“ zu übersetzen ist.260 Der Name ‚Götzenstein‘ ist erst seit dem 19. Jahrhundert belegt. Eine kritische Anmerkung aus einer Wanderbeschreibung: „Die Namensgebung sagt definitiv mehr über die Vorstellungen im Deutschland des 19. Jahrhunderts aus als über die Steingruppe. Wie historisch dieser Ort ist, bleibt fraglich, archäologische Funde liegen zumindest nicht vor.“261 Dies liegt aber einfach daran, dass das Gelände von Archäologen bisher noch nicht untersucht wurde. d) Hinweise auf Heiligkeit: Um den Götzenstein rankt sich eine Sage: „Zusammen mit dem Frankenkönig Chlodwig soll im Jahr 496 auch die Sippe des Dietbert in der Region angekommen sein. Chlodwig nahm das Christentum an, nachdem er die Alemannen unterworfen hatte. Doch, so die Sage, Dietbert und seine Mannen opferten weiter den alten Göttern. Bei der Suche nach einem geeigneten Ort für ihre Kulthandlungen entschieden sie sich für den Götzenstein.“262 Soweit ist das eine glaubwürdige Darstellung einer von der Archäologie bislang noch nicht bestätigten heidnischen Kultstätte. Freilich wäre die Sage keine christliche, wenn es
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nicht zu einer Bekehrung des Dietbert gekommen wäre. Und so geht es weiter: „Eines Tages brannte Dietberts Haus. Ein Christ rettete aus den Flammen ein Kind. Auf die Frage, was ihm dazu die Kraft gegeben habe, meinte dieser, sie komme von Gott und Jesus. Das beeindruckte Dietbert, und er ließ sich [und seine ganze Sippe] taufen.“263 Der kundige Leser erkennt das von der Kirche sehr häufig verwendete Legenden-Muster zum Zwecke der Bekehrung. Es schließt sich noch die logische Folge an: „Die heidnische Opferstätte wurde seitdem nicht mehr benutzt.“264 Nach dieser Sage wäre der Götzenstein bis etwa um 500 n. Chr. noch als heidnische Opferstätte in Gebrauch gewesen, im Christentum dann aber nicht mehr. Das wäre ein Unterschied z. B. zum Donnersberg und Kreuzberg, die beide eine Kontinuität von der heidnischen Kultstätte bis hinüber in die christliche Gegenwart aufweisen. Warum der Götzenstein nicht „verchristlicht“ wurde, lässt sich nur erahnen. Einmal liegt er auf einer schwer zugänglichen Hochfläche, außerdem auch abseits der Siedlungsströme und Verkehrswege. Von größerer Bedeutung ist aber vielleicht gerade seine stark heidnische Ausprägung, die sich einer christlichen Umformung widersetzt hat. „Ein Spaziergang zu den sagenumwobenen Steinen ist bei jeder Jahreszeit reizvoll. … Die wuchtigen Steine sind für die Region typische Granodioritfelsen, die durch Verwitterungsprozesse freigelegt und geformt wurden. Auffällig ist eine viereckige Lücke zwischen den Steinen, die auf den ersten Blick nicht natürlich erscheint. Auch wurde schon die Mutmaßung geäußert, der große zentrale Fels könne einst wie ein Menhir aufgerichtet gewesen sein. Neben der Steinformation fällt eine große, abgeflachte Ebene ins Auge.“265 e) Landschaftsmythologische Deutung: Eine genaue Betrachtung dieses Platzes ergibt (vgl. Abb. 13): Die Bergkuppe endet in einem Plateau von 60 x 80 Metern, das künstlich eingeebnet wurde. Es ist ein planierter Versammlungsplatz mit einem vermuteten Tor im Osten. Der Platz dürfte eine heidnische Kultstätte oder ein Gerichtsplatz oder beides gewesen sein. Im Südosten dieses Platzes befindet sich noch einmal ein kleinerer, durch Felsen abgegrenzter innerer Kultplatz. Dort ist auch der „hangende Felsen“, von dem die älteste Bezeichnung „Pendens Rocha“ aus dem Jahr 773 stammt. Auf eine Nutzung als eigentlicher Kultplatz verweist auch die
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Lage im Südosten des größeren Versammlungsplatzes. Denn der Südosten ist die Himmelsrichtung des Sonnenaufgangs im Winter oder die Richtung kräftigen Vormittag-Sonnenscheins im Sommer, auf jeden Fall keine „dunkle Winterrichtung“. Von diesem inneren Kultplatz schweift der Blick 1500 Meter nach Süden zum ähnlich hohen Waldskopf 538 m, an dessen Flanke der ‚Teufelsstein‘ liegt. Auch hier wird eine vorchristliche Kult- und Opferstätte vermutet. Zunächst einmal ist es ein besonders auffallendes Felsgebilde. „Eine Quarzkristallschicht zieht sich wie ein Gürtel rund um den Felsen. Zwischen Ober- und Unterteil befindet sich ein großer Spalt, der den Gürtel unterbricht. Es wird erzählt, dass der Teufel an diesen Felsen angekettet war, sich aber befreien konnte und dabei diesen Spalt verursacht habe. Vertiefungen auf der Felsenoberfläche werden als Abdruck des Klumpfußes des Teufels gedeutet.“ 266 Eine andere Sage berichtet „von einem Goldschatz, der unterhalb des Felsens liegen soll und der nur gehoben werden kann, wenn der Fels ohne zu sprechen vom Fleck bewegt wird. Der Versuch einiger Bauern soll gescheitert sein, nachdem ein Bauer lauthals über einige Hexen geflucht hat, die die Arbeiten mit Hohn und Spott verfolgt hatten.“ 267 In einer zweiten Variante heißt es dazu genauer: „Weil einige Hexen die Männer irritierten und verspotteten, ließ sich am Ende ein Bauer zu einem Fluch hinreißen und die Aktion scheiterte im letzten Moment.“268 Die erste Sage zum Teufelsstein ist nur die Deutung einer naturgeographischen Erscheinung, aber die zweite Sage gibt für die landschaftsmythologische Deutung einiges her. Sie verweist auf die typischen matriarchalen Elemente, wie sie Göttner-Abendroth herausgearbeitet hat: der im Boden liegende Goldschatz ist der wahre Reichtum der vergangenen matriarchalen Kultur, die durch Frieden, Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern und Naturverehrung gekennzeichnet war. Das alles ist mehr wert als Gold. Der Versuch der Bauern zeigt das irregeleitete Bewusstsein des modernen Menschen, der, wie schon die spanischen Eroberer Amerikas, nur hinter einem Edelmetall her ist. Am aussagekräftigsten ist aber die Anwesenheit der „Hexen“: das ist im tieferen Sinne nur der abwertende Begriff für andersartige, unverstandene Frauen, die sich dort befanden,
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vielleicht dort lebten und vielleicht auch einen Rest der alten Kultur pflegten. Das ist ja bis heute so, dass Unverstandenes, von Frauen Bewirktes leicht als „Hexerei“ abgetan wird. Schließlich beendet die Sage den Versuch der Bauern dadurch, dass sie die gesetzte Bedingung durchbrachen – ein beliebtes Sagen- und Märchenmotiv, dass es natürlich auch in sich hat. Denn die (von Frauen) gesetzten Regeln zu durchbrechen ist für den Mann rein physisch ein Leichtes, da Frauen nicht mit Gewalt agieren, es kann aber tiefgreifende psychische Wirkungen nach sich ziehen, die bis zum Abbruch der Beziehung führen können. Damit weist diese Sage darauf hin, dass dieser Platz ursprünglich „den Hexen“ gehörte, also im Klartext ein heidnischer Kultplatz war. Dies würde auch den alten Namen des Waldskopfs erklären, der ‚Wallkopf‘ gelautet hatte. Der Waldskopf scheint noch mehr ‚ungehobene Schätze‘ aufzuweisen. Denn auf demselben Plateau, auf dem der Teufelsstein liegt, „ist außerdem ein Altarstein und der Widderkopf, ein Granitblock mit dem zweifellos durch Menschenhand eingemeißelten Antlitz eines Fabeltiers zu sehen“269. Der Opfer- oder Altarstein hat eine ebene Oberfläche in der Größe 4,5 m x 4,5 m, und auf der Tafelfläche befinden sich Ritzzeichnungen.270 Nach Auffassung des Autors könnten es Himmelsrichtungen sein; sollte sich aber die Deutung ‚Widderkopf‘ bestätigen, so wäre hier an eine Darstellung des Gottes Merkur (germanisch: Wodan/Odin) zu denken, der oft mit einem Widder dargestellt wird.271 Wenn wir diese Überlegungen zusammenfassen, so kann man durchaus sagen, dass zur Zeit der Kelten oder noch früher in der Jungstein- und Bronzezeit sich auf diesen beiden Bergen, dem Götzenstein und dem nahen ‚Wallkopf‘, heidnische Kultstätten befanden. Die genauere Analyse zeigt überdies, dass der Götzenstein der Versammlungs- und Kultplatz war, während der nahe, in Sichtweite liegende Waldskopf eher der Wohnort der dem Kult der Erdgöttin dienenden Priesterinnen gewesen sein mag
Der Steinberg 428 m
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5.3.6 Der Steinberg 428 m a) Form und Namen: Sechseinhalb Kilometer südwestlich vom Götzenstein liegt der Steinberg, der 422 m Höhe erreicht. Von der südlich von ihm liegenden Ursenbacher Höhe auf 393 Meter aus gesehen ragt er wie eine erhöhte Kanzel in die kleineren, rund 100 Meter niedriger liegenden Tälchen bei Rippenweier und Oberflockenbach hinein. Die nördliche Bergkuppe des Steinbergs „ist deutlich sichtbar von Menschenhand planiert worden. Das dabei gewonnene Erdmaterial hat man am Rand der Fläche als Wall aufgeschüttet.“272 Diese sicher identifizierbare Ringwallanlage liefert auch die Erklärung für den Bergnamen. Somit ist der harmlos klingende Name ‚Steinberg‘ nicht naiv als ‚Berg mit Steinen‘, sondern im Sinne der Megalithkultur als alte, befestigte Höhenanlage der Vorzeit zu deuten (Abb. 14). b) Geländebeschreibung: Der Steinberg steht in einem gewissen Zusammenhang mit dem nur 1600 Meter östlich von ihm liegenden Eichelberg, der bis 525 m Höhe aufragt und ihn damit um rund 100 Meter überragt. Die Geländelinie zwischen Steinberg und Eichelberg ist ein Teil der RheinNeckar-Wasserscheide, denn südlich schließt sich das schon zum Neckar hin entwässernde, größere Einzugsgebiet des Kanzelbachs an 273. Es erstreckt sich nach Süden bis zum Weißen Stein 548 m, der wiederum eine Geländeverbindung zum Heiligenberg 440 m bei Heidelberg am Neckar aufweist. c) Geschichte: Dass der Steinberg eine alte Ringwallanlage trägt, steht außer Zweifel. Weniger gewiss ist aber ihr Alter: reicht sie in die Jungsteinzeit zurück oder ‚nur‘ in die Keltenzeit? Aus der Geschichte Rippenweiers: „Ein Steinbeilbefund 5000 v. Chr. zeigt, dass während der Jungsteinzeit das Gebiet von Menschen begangen war. Auf dem Steinberg wird ein Keltenwall vermutet…“274 Der Platz ist archäologisch noch unerforscht. Geschichtlich ist zum Steinberg praktisch nichts zu finden, außer der recht genauen Beschreibung bei Hans-Günther Morr, von dem auch die einzige Skizze der Anlage stammt. d) Hinweise auf Heiligkeit: Dass bei der Schaffung der Anlage menschliche Hände im Spiel waren, wurde schon erwähnt. Die planierte Fläche hat eine Größe von 21 m x 16 m, das sind 300 qm. Auf drei Seiten fällt das
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Abb. 14: Ringwall auf dem Steinberg bei Rippenweier Qu.: Morr, Geheimnisvoller Odenwald, S. 58.
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Gelände steil ab und ist zum Teil mit einem vorgelagerten Graben versehen. Die vierte Seite Richtung Süden weist ein befestigtes Vorwerk auf mit einem südlichen Erdwall, der heute immer noch 1,5 Meter hoch ist. Er bildet eine Sperre gegen den weiter zur Ursenbacher Höhe laufenden Bergsporn. Auf dem Wall stand wahrscheinlich ein Palisadenzaun. Die größte Felsgruppe innerhalb der Anlage wurde wohl als Altarstein oder Opferplatz bei rituellen Handlungen genutzt. Möglicherweise steht der bereits erwähnte, große Keltenstein zwischen Rippenweier und Ursenbach (siehe 3.1.1.1) in einem Zusammenhang mit der alten Höhenburg, er ist nur einen Kilometer entfernt – war es vielleicht ein Peilstein? e) Landschaftsmythologische Deutung: Bis zum archäologischen Beweis des Gegenteils darf hier getrost eine jungsteinzeitliche Kultstätte erschlossen werden, worauf das in der Nähe gefundene Steinbeil von 5000 v. Chr. hinweist. Der sogenannte Keltenstein in der Nähe war sicher auf irgendeine Weise, die wir heute nicht mehr kennen, in die Rituale eingebunden. Auch der Wildeleutstein mit seiner Sage am nahen Eichelberg weist auf die alte Besiedlung des Raumes hin. Die Höhle in der Felsformation gab Anlass für Sagen und Legenden: „So sollen am Wildeleutstein wilde Menschen gehaust haben, die von den Dorfbewohnern regelmäßig mit Nahrungsmitteln versorgt wurden und dafür allerlei Heilmittel zur Verfügung stellten.“275 Die Sage lässt erkennen, dass diese wilden Leute aus der Zeit vor der Landwirtschaft und dem Hausbau stammten, aber sich sehr genau bei den Heilkräutern auskannten, was ihre außerordentliche Naturverbundenheit zeigt. Dies weist sogar auf die Jungsteinzeit hin. Die zumindest seit keltischer Zeit erfolgte Besiedlung des Vorderen Odenwaldes dürfte nach den bisherigen Befunden zweifelsfrei erwiesen sein. Es gibt eine regelrechte Kette keltisch geprägter Berggipfel von der Tromm über Götzenstein, Waldskopf zum Steinberg und weiter über den Weißen Stein zum Heiligenberg. Ist das eine alte „Lärmfeuer-Kette“ der Bandkeramiker der Jungsteinzeit? Da damals die Berggipfel nicht oder nur schütter bewaldet und die Sichtverbindungen ausgezeichnet waren, spricht vieles für eine solche Kommunikationslinie zwischen den alten Bergsiedlungen bzw. Kultstätten.
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5.4 Zwei Berge am Main bei Miltenberg Der gesamte Hintere oder Buntsandstein-Odenwald weist keine heiligen Berge auf, da er erst seit dem Hochmittelalter besiedelt wurde. Allerdings gibt es eine Ausnahme, und das ist das Gebiet um den Main im Nordosten des Gebirges. Um Miltenberg durchbricht das Tal des Main als antezedentes Tal das gewaltige Buntsandsteinpaket des östlichen Odenwaldes und des Spessart und gräbt sich tief in das Gestein ein. So entstehen zu beiden Seiten Miltenbergs große Sprunghöhen bis auf die Sandsteinhochflächen. Der Main fließt hier auf 125 Metern Höhe über dem Meeresspiegel, und das Gelände springt südlich beim Greinberg auf 452 m und nördlich beim Rühlesberg, der schon zum Spessart rechnet, auf 401 m Höhe. Es liegen hier also topographisch ähnliche Verhältnisse wie in der Südwestecke des Odenwaldes vor, wo der Heiligenberg nördlich und der Königstuhl südlich des Neckars aufragen (siehe das 2. Bild auf Abb. 19).
5.4.1 Der Greinberg 452 m a) Form und Namen: Die Sandsteinhochflächen des Hinteren Odenwalds liegen zwischen knapp 400 m und 480 m Höhe und reichen bis nahe an den Main heran. Im Mainknie, in der starken Rechtskurve des Mains, in der sich geologisch gesehen der Anfang des ursprünglichen, kürzeren Mains befunden hatte, liegt auf der Prallseite des Flusses an der engsten Stelle die Miltenberger Altstadt. Am Westende der Altstadt tritt ein Sandsteinberg bis direkt an den Main heran und riegelt eine weitere Bebauung ab. Dies ist der Greinberg mit 452 Metern Höhe, der am weitesten zum Main hin vorgeschobene Block des Sandsteinmassivs. Er trägt einen keltischen Ringwall und ist auf drei Seiten von steilen Hängen umgeben; der steilste Hang ist die Ostseite, wo sich das Schloss Mildenburg befindet; im Norden fällt er quasi in den Main, und im Westen grenzt er an eine breitere Schwemmebene, die durch die Einmündungen der Mud und des Rüdenauer Bachs gebildet werden. Nur im Süden hat er eine hohe Landverbindung zum Dorf Monbrunn auf 416 m. Östlich davon liegt auf der Monbrunner Höhe die Kohlplatte, die sogar 479 m Höhe erreicht. Über Wenschdorf und an einem römischen Wachturm vorbei
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kann man hier auf einer steilen Straße hinunter nach Miltenberg fahren, das auf 128 m Höhe direkt am Main liegt. Es ist offensichtlich, dass der Greinberg ein Grenzgebiet markiert: er ist der letzte Ausläufer des Sandstein-Massivs, der am weitesten zum Main hin vorgeschobene Posten. Am Main endet der Odenwald und die Landschaft am Main stellt einen radikalen Landschaftswechsel dar, der durch Engstellen in Miltenberg, den gegenüberliegenden Gleithang und die Lage Kleinheubachs auf dem Schwemmfächer gekennzeichnet ist. Zum topografischen Wandel tritt der siedlungsgeographische, denn die Mainufer sind dicht besiedelt, während die Sandsteinhochflächen stark bewaldet und siedlungsarm sind. Die Grenzlage des Greinbergs drückt sich aber auch in seinem Namen aus, denn das Wort „Grein“ (oder Krein, Krain) bedeutet ‚Mark, Grenzland‘, es stammt aus dem wendisch-slawischen Wort „Kraijna“ = Grenzgebiet.276 Das Wort findet sich z. B. auch beim Kraiberg (oder Greinberg) nördlich von Bamberg oder in der altösterreichischen Bezeichnung ‚Oberkrain‘ für Slowenien. Es dürfte im frühen Mittelalter von weit westlich in Franken siedelnden Wenden mitgebracht worden sein. b) Geländebeschreibung: Wie bereits angedeutet, ist der Greinberg ein Teil des Randes der Sandsteinplatte des Hinteren Odenwaldes. Die Platte endet vor dem Maintal mit steilem Abfall, der Rand ist aber in einzelne halbrunde Kuppen aufgeteilt. Diese sind durch die Arbeit des fließenden Wassers im Laufe der Jahrtausende der Eiszeit entstanden. Die Abgrenzung des Greinbergs ist im Westen durch das breite Abflusstal der Mud und im Osten durch den Sturzbach aus der Zwillingsquelle entstanden. Als ‚Zwillingsberg‘ erhebt sich östlich der Grauberg. Südlich und westlich der Mud treten der Haineberg und der Scheuerbusch bei Kleinheubach hervor. Auf der anderen Mainseite, die schon zum Spessartgebirge rechnet, strebt nach einem breiten Gleithang der Rühlesberg auf 401 m Höhe empor. Auf seiner westlichen Abdachung liegt auf 236 m Höhe der Engelberg mit dem Franziskanerkloster. Besonders von der Terrasse vor diesem Kloster über Großheubach aus lässt sich der Greinberg gut in den Blick nehmen. Man sieht von hier deutlich seine stark bewaldete Abbruchkante und die Hochfläche, sodass
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ein plastischer Eindruck von der Landschaftsgrenze zwischen Odenwald, Mainland und Spessart entsteht. c) Geschichte: Der Greinberg trägt eine vorgeschichtliche keltische Ringwallanlage ähnlich wie der Heiligenberg bei Heidelberg. Dieser Ringwall Greinberg liegt auf etwa 430 m Höhe um den Gipfel des etwas höheren Greinbergs herum (Abb. 15). Rainer Türk beschreibt: „Der sich um die Bergkuppe ziehende doppelte Ringwall auf dem Greinberg wird auf ein Alter von etwa 3000 Jahre geschätzt. Die maximale Ausdehnung des ovalen Ringwalls beträgt ca. 600 x 400 m. Diese Verteidigungsanlage entstand wahrscheinlich in der späten Bronzezeit zwischen 1200 – 700 v. Chr. und wurde in keltischer Zeit ab 700 v. Chr. weiter ausgebaut.“277 Weiter heißt es, dass der äußere Wall die natürlichen Abbruchkanten im Gelände nutzt und im Südosten, wo eine Landverbindung besteht, mit heute noch 4,20 Metern Höhe am stärksten ausgebildet ist. Ein Stichwall im Westen schützte eine Quelle. Vermutlich stand auf dem Wall eine Pflostenschlitzmauer. Übereinstimmend mit dem Informationsschild am Greinberg vertritt Rainer Türk die Auffassung, dass die alte Anlage nur ein Tor hatte, das sich im Westen der Anlage befand. „Die heutigen Zugänge im Südosten und im Nordwesten gehören nicht in die Entstehungszeit und sind neuzeitliche Durchbrüche.“278 Dagegen stellt Hans-Günther Morr die Behauptung auf, dass es nur die heute sichtbaren beiden Zugänge im Norden vom Maintal und im Süden von der Monbrunner Hochebene aus gegeben habe. Tatsächlich scheinen dort Zangentore gewesen zu sein; doch der Autor hält sie mit der mehrheitlichen Forschungsrichtung auch für spätere Durchbrüche, möglicherweise aber nicht neuzeitlich, sondern römerzeitlich. Insofern wäre also die Abbildung 15 entsprechend korrigiert zu denken. Dagegen wird Morr mit den Abmessungen des gesamten Keltenwalls genauer als Türk liegen: ca. 600 m x ca. 370 m und 16 Hektar Fläche. Archäologische Untersuchungen fehlen leider noch. Die Tafel an Ort und Stelle berichtet weiter: “Auch die Römer haben die Kuppe des Greinbergs aufgesucht. Etwas östlich des höchsten Punktes sind die geringfügig erhöhten Spuren eines Tempelbezirks sichtbar, von dem viele der im Museum gezeigten Altäre stammen.“ 279 In diesem
Der Greinberg 452 m
Abb. 15: Keltische Ringwallanlage auf dem Greinberg am Main, zwei Wälle, mit gallorömischem Tempel. Qu.: Morr, Geheimnisvoller Odenwald, S. 48.
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Haupttempel wurde der römische Gott Merkur verehrt in Form des „Mercurius Cimbrianus [vgl. Abb. 4] und des Mercurius Avernoricus. … Ein weiterer Tempel in Form eines einfachen Rechteckbaus befand sich am nordwestlichen Steilhang.“280 Die Römer hatten unter Kaiser Trajan um 105/106 n. Chr. u. a. das Kastell Obernburg gegründet und damit den Odenwaldlimes bis an den Main geführt. Aber erst „gegen Ende der Regierungszeit von Antoninus Pius wurde 159/160 n. Chr. die Mainlinie über Wörth und Trennfurt bis Miltenberg verlängert und der Limes über Walldürn und Osterburken nach Süden geführt bis zur Grenze der Provinz Raetia.“281 Dieser Teil des vorverlegten obergermanischen Limes am Main war eine „nasse Grenze“ und in Miltenberg durch zwei Kastelle gesichert: das Kastell MiltenbergAltstadt (nordwestlich der Mud-Mündung) und das Kastell MiltenbergOst (an der Gemarkungsgrenze zu Bürgstadt, deshalb auch „Kastell Bürgstadt“ genannt). Am Fuße des Greinbergs verlief eine Verbindungsstraße. Zwischen den beiden Kastellen lag auf dem höchsten Punkt des Greinbergs der Merkurtempel, also noch innerhalb der römischen Provinz Obergermanien, während auf der anderen Mainseite am Rühlesberg das freie Germanien war. Interessanterweise fand ein Holzarbeiter im Jahr 1877 südlich außerhalb des Keltenwalls im Waldboden „eine nahezu fünf Meter lange, in zwei Teile gebrochene Sandsteinstele mit lateinischen Buchstaben … an der Stelle, an der sie vom Fels abgesprengt worden war“ 282 Dieser „Toutonenstein“ trägt die Inschrift: „Inter / Toutonos / C / A / H / I“ 283, wobei die kompletten Wörter waagrecht eingraviert sind und die Einzelbuchstaben senkrecht untereinander stehen. Die Inschrift ist bis heute nicht aufgeklärt. Es sieht aber so aus, als sei das Werk unvollendet. Dann wären die Einzelbuchstaben als Anfänge von Wörtern zu lesen, als Anfänge der Keltenstämme Cimbern, Ambronen, Haruden und I für Iussu als die anwesende römische Autorität. Dazu Morr: „Ein gemeinsamer Grenzstein für drei Keltenstämme ist unwahrscheinlich, da, wie die Geschichte lehrt, die Kelten untereinander ständig in Streit lebten.“284 Morr geht gedanklich mit dem italienischen Altertumsforscher Santo Mazzarino, der den Grenzstein in die vorrömische Zeit datiert und die Buchstaben C-A-H-I als keltisches Wort CAGIO mit der Bedeutung „Umfriedeter Bezirk oder Territorium“ liest.
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Das Fazit Morrs: „Die lateinische Umschrift auf der Steinsäule (ist) sehr wahrscheinlich keltischen Ursprungs und (bedeutet) übersetzt: ‚Im Bereich der Toutonen, ein begrenzter, umfriedeter Bezirk!‘ “285 Nach Auffassung des Autors wird die Datierung aber eher in die Zeit der römischen Anwesenheit gehören (160 – 260 n. Chr.), trotzdem aber sicherlich auf einen keltischen oder germanischen Stamm hinweisen, der in der Nachbarschaft der römischen Besatzung lebte. Da sich um 120 v. Chr. hier auf dem Greinberg die Kimbern und Teutonen auf ihrem Zug nach Rom niedergelassen hatten, möchte der Autor den Text als römischen Hinweis auf das Siedlungsgebiet der hier verbliebenen Gruppe der (Kimbern und) Teutonen lesen. d) Hinweise auf Heiligkeit: Vom Keltenwall führt der alte Weg durch das westliche Tor hinunter ins Mudtal nach Breitendiel. Auf der anschließenden Gemarkung von Weilbach wurden „Steinwerkzeuge aus der Jungsteinzeit um 3500–1800 v. Chr.“286 gefunden. Also sind dieses Tal und sicher auch der benachbarte Greinberg seit der Jungsteinzeit begangen worden. Auf die ersten jungsteinzeitlichen Besuche folgte die erste Festung in der Bronzezeit, die später von den Kelten übernommen und ausgebaut wurde. Aus der Zeit der römischen Besatzung (160–260 n. Chr.) wissen wir, dass sie dort im Tempel ihren Gott Merkur verehrten. „Sein Name geht auf das lateinische Wort ‚merx‘, „Ware“, zurück. Er wurde mit dem griechischen Hermes gleichgesetzt.“287 Der Gott der Händler war für das Römische Reich, besonders seine Provinzen an der Außengrenze, essenziell. Denn die Römer betrieben mit den benachbarten Kelten und Germanen über den Limes hinweg einen regen Warenaustausch. Deshalb war auch der germanische Gott Wodan/Odin bekannt, den die Römer in ihr Glaubenssystem als „Mercurius Cimbrianus“ übersetzten, als ‚Merkur der Cimbern“. Denn bei der Wanderung der Cimbern um 120-100 v. Chr. gerieten sie zum ersten Mal mit Germanen in Kontakt, ohne dass es damals bereits diesen Namen gab. Ein Cimbern- (oder Kimbern-) Rest siedelte im Ringwall auf dem Greinberg und veranlasste später einen römischen Kohortenführer, ihm ein Denkmal zu setzen. Außerdem wurde auf dem Greinberg „Mercurius Arvernoricus“ verehrt, der ‚Merkur der Arverner‘. Das Wort ‚Merkur‘ steht auch hier stellvertretend für ‚höchster Gott der Arverner‘. Die heutige französische
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Landschaft der Auvergne (deutsch veraltet Arvernien) liegt im mittleren Süden Frankreichs im Zentralmassiv und ist durch die Vulkanketten Chaine des Puys mit dem bekanntesten Vulkan Puy de Dome 1465 m gekennzeichnet. Auch diese Landschaft war schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt. „Der Puy de Dome in der Auvergne war, wie der Brocken im Harz, ein berühmter Hexenberg. Auf dem Puy de Dome gab es einen Tempel, den Frauen leiteten, die fatuae, ‚Feen‘ oder ‚Schicksalsgöttinnen‘, und fatidicae, ‚Seherinnen‘ hießen.“288 Dazu passt der lateinische Widmungstext des Weihealtars für Mercurius Arvernorix auf dem Greinberg: „Dem Mercurius Arvernoricus von Cossillus, dem Sohn des Donavus, nach einem Traumgesicht, gern, freudig und nach Gebühr geweiht.“289 e) Landschaftsmythologische Deutung: Die frühen Schiffslenker sahen den Greinberg als Teil der monumentalen Umrahmung des Flusses Main. Wenn man sich auf dem Main z. B. von Norden her der Engstelle beim heutigen Miltenberg nähert, treten einem die links und rechts aufragenden, hohen Berge mit ihrer ausgeprägten Traufkante als Ensemble vors Auge: links der Rühlesberg, unten der breite Gleithang mit dem Main und rechts der Greinberg. Es entsteht die Form eines weiten, gedehnten ‚U‘, was von den die Erdmutter verehrenden jungsteinzeitlichen Bauern vermutlich als Symbol eines großen Kessels, also eines urmütterlichen Symbols aufgefasst wurde. Dazu kommt noch, dass auf beiden Höhen die Göttin verehrt wurde. Die Erdmutter als Vorgängerin des Wodan! Vom Rühlesberg wissen wir nämlich, dass St. Michael auf Wodan folgte. Die Chronik des Klosters Engelberg spricht es deutlich aus: Michael als Nachfolger Wotans, und schließlich, noch wichtiger, Maria als „Wiederentdeckung“ der Erdmutter der Jungsteinzeit (Zitat im Abschnitt 4.1.2.3). So direkte Informationen haben wir über den Greinberg nicht. Jedoch gibt es hier die gleiche Linie: vom römischen Merkur über die Inschrift ‚Mercurius Cimbrianus‘ (vgl. Abb. 4) zum germanischen Wotan, und das Weiter-Zurück ist sinngemäß zu ergänzen. Halten wir abschließend fest: In dem weiten Gefäß, dessen Wände Rühlesberg und Greinberg bilden, strömt am Boden der lebensspendende Mainstrom entlang, und auf den Busen-Höhen wurde auf beiden Seiten die Erdgöttin der Jungsteinzeit verehrt.
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Zur späteren Zeit der Römer aber sah es dann anders aus: der klassische Merkurtempel des römischen Imperiums leuchtete wie eine Fackel in das wilde, ungezähmte Germanien hinüber. Dort „drüben“, jenseits des Limes, herrschten andere Sitten: auf dem Rühlesberg war vielleicht noch eine einfache germanische Kultstätte und auf dem Wannenberg die große Fluchtburg der Keltenzeit in Betrieb.
5.4.2 Der Wannenberg 481 m a) Form und Namen: Hinter Bürgstadt am Main, das sich auf der anderen Seite der Erf an Miltenberg anschließt, erhebt sich der Bürgstadter Berg auf 463 Meter Höhe. Er trägt eine große, bronzezeitliche Ringwallanlage. Bei genauerem Hinsehen ist dieser Bürgstadter Berg der südwestliche Ausläufer des 481 Meter hohen Wannenbergs, der noch zum SandsteinOdenwald rechnet. An ihn grenzt die Gemarkung der kleinen Stadt Freudenberg an, die schon Teil des Sandstein-Spessarts ist und politisch zum Main-Tauber-Kreis gehört. Dieser Wannenberg erstreckt sich etwa von Südwesten nach Nordosten und hat auf drei Seiten Steihänge ausgebildet: nach Norden zu einer Niederung am Main, nach Westen zur Siedlung Bürgstadt zwischen Main und Erf-Mündung und nach Osten zum Erftal. Er ist zweigipflig ausgebildet, mit dem etwas niedriger liegenden Ringwall auf dem Bürgstadter Berg und einer anschließenden passartigen Mulde, die einen Übergang zum Hauptgipfel des eigentlichen Wannenbergs bildet. Bekannt ist das schöne Bild von Miltenberg am Main, von Südwesten aus fotografiert, das im Hintergrund den Wannenberg zeigt. Ganz deutlich ist hier die wannenartige Form des Berges zu erkennen, die ihm den Namen gegeben hat. Er ist genau genommen eine umgekehrte Wanne, und von Nordwesten vom Main aus betrachtet tritt seine Doppelgipfligkeit mit der milden Mulde dazwischen ins Auge. b) Geländebeschreibung: Damit unterscheidet er sich von dem schroff über den Main aufragenden Greinberg, der zwar hinter Miltenberg liegt, aber „kaum ins Bild passt“, höchstens als ‚grüne Mauer‘. Wenn man die andere Mainseite, die schon zum Spessart rechnet, miteinbezieht, entsteht eine optisch interessante Dreiheit: dem Wannenberg und dem Greinberg auf der Südseite steht der Rühlesberg mit dem Engelberg auf
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
der Nordseite gegenüber. Alle drei Berggipfel sind durch alte Siedlungsanlagen und/oder Heiligtümer ausgezeichnet. Offensichtlich war das Miltenberger Mainknie, bei dem der Main einen spitzen Winkel vollführt, auch schon in alter Zeit ein besonders bemerkenswerter und siedlungswürdiger Ort gewesen. c) Geschichte: Auf dem vorgelagerten Gipfel des Bürgstadter Bergs befindet sich eine vorgeschichtliche Ringwallanlage (Abb. 16). Etwa in Form eines Vierecks sind die Geländekanten des Bergs zur Errichtung eines Walls genutzt worden, der mit 920 m Breite und 740 m Länge die gewaltige Fläche von 40,3 Hektar umfasst. Die Anlage ist wesentlich größer als die auf dem 4 km weiter westlich liegenden Greinberg mit ihren 16 ha und eine der größten Wallanlagen Mainfrankens. Offensichtlich diente dieses keltische Oppidum als Fluchtburg für die umliegenden Siedlungen an Main und Erf. Im Jahr 1987 vorgenommene Ausgrabungen brachten ans Licht, dass nach Gefäßfragmenten und C 14– Altersbestimmungen die Besiedlung des Berges bereits in der Jungsteinzeit begann: 3240 v. Chr. +/- 120 Jahre. „Die Träger der Michelsberger Kultur … (legten) eine Siedlung noch unbekannter Ausdehnung an und (schützten) diese durch eine palisadenbewehrte Randbefestigung. … Zur erneuten Besiedlung des Berges kam es während der Urnenfelderzeit (1200–700 v. Chr.).“ Das Verteidigungswerk wurde verstärkt. Im Umkreis finden sich Grab- und Siedlungsbefunde. „Ein Gefäßrest aus der späten Hallstatt- oder frühen Latènezeit (ca. 700–400 v. Chr.) … (deutet) darauf hin, dass der Bürgstadter Berg in frühkeltischer Zeit erneut besiedelt und befestigt wurde.“ 290 Im Bereich der Grabungsfläche im Nordosten wurde ein urnenfelderzeitliches Tor aufgedeckt und als sichtbares archäologisches Denkmal wiederhergestellt. „Das Tor besaß die Form eines einfachen, 4,5 m breiten Durchlasses mit 4,50 m langen, rechtwinklig nach innen abknickenden Wangen.“291 Seine Aufgabe bestand darin, den Zugang über den sattelartigen Zugang vom Wannenberg im engeren Sinne kontrollieren oder sperren zu können. Vom 18 Meter höheren Wannenberggipfel aus, der vom Tor im Nordosten der Anlage nur 700 m entfernt ist, ließ sich die Anlage bei weniger Bewaldung nämlich gut überblicken und absichern.
Der Wannenberg 481 m
153
Abb. 16: Ringwall auf dem Wannenberg am Main bei Bürgstadt, größte Fluchtburg Mainfrankens aus der Jungstein- und Keltenzeit, verschiedene Arten von ‚Heunesteinen‘ (Säulen, Fässer, Steine) aus dem Mittelalter. Qu.: Morr, Geheimnisvoller Odenwald, S. 51.
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
Später verlor das Tor seine Funktion dadurch, dass man eine weitere Trockenmauer vorsetzte und die Torgasse mit Erdreich verfüllte. Die Erdmassen stammen aus einem Außengraben. „Letzterer zieht sich weiter nach Norden hin und begleitet dort einen kurzen Stichwall, der vermutlich eine Quelle schützte.“292 Zahlreiche Steindenkmäler finden sich auf dem Bürgstadter Berg: Heunesäulen, Heunefässer, Mühlstein- und Sarkophag-Rohlinge. Sie sind Steinmetzrelikte aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ringwallanlage auf dem Bürgstadter Berg offensichtlich älter ist als die auf dem Greinberg. Diese Aussage ist mangels kompletter archäologischer Untersuchung aber noch mit Vorsicht zu genießen. d) Hinweise auf Heiligkeit: Bis heute keine! Außer fünf neolithischen Steinbeilen und jüngeren Kupferbeilen aus der Gegend von Großheubach und zahlreichen Gefäßformen an der Grabungsstelle von 1987 (siehe Abb. 16) wurde bislang nichts gefunden. Die Gefäßformen sind ein Tulpenbecher (der Michelsberger Kultur), ein Trichterrandgefäß (der Urnenfelderzeit) und eine ritzverzierte Kragenrandschüssel (aus der Hallstatt- oder Frühlaténezeit).293 Das erste Gefäß ist schmucklos, das zweite weist Bandverzierungen und das dritte Bänder mit Rautenmustern auf. Wenn auch bis heute kein Heiligtum innerhalb der Wallanlagen gefunden wurde, dann liegt das auch daran, dass die Anlage stets außerhalb des römischen Einflussbereiches lag und man folglich natürlich nicht ein Jupiterheiligtum wie auf dem römischen Greinberg oder dem römischen Heiligenberg erwarten kann. Trotzdem ist ein solcher Kultplatz auch innerhalb einer bloßen Fluchtburg zu vermuten; die Frage ist allerdings, ob man in Zukunft noch Reste finden wird oder ob diese nicht vielmehr, falls aus Holz, den Gang der irdischen Dinge gegangen sind. e) Landschaftsmythologische Deutung: Hier wären zwei Ansätze zu verfolgen: einmal die Sicht von oben, zum anderen die Sicht von der Seite. Von oben betrachtet, liegen um das Mainknie herum drei auffällige Plätze: der römische Greinberg mit Merkur-Heiligtum, der germanische
Geographische Verteilung der zwölf heiligen Berge
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Rühlesberg mit Wodans-Heiligtum und der keltische Wannenberg mit einer riesigen Fliehburg. Diese Dreiheit umschließt gewissermaßen das ‚Knie‘, das der Main hier ‚beugt‘. War den jungsteinzeitlichen Menschen bewusst, dass diese um das große Gewässer stehenden Berge eine göttliche Dreiheit abbildeten? Von der Seite betrachtet, wenn man auf dem Untermain abwärts fährt, passiert man linksseitig nacheinander den Wannenberg, den Mündungsschwemmkegel der Erf, den Greinberg und den Mündungsschwemmkegel der Mud. Oder, kürzer gefasst: Man sieht Bergkuppe – Wasser – Bergkuppe – Wasser. Wie die beiden Brüste der Erdgöttin streben die Kuppen nach oben, und sie sind umgeben vom lebensspendenden Wasser, das die Göttin wie Milch fließen lässt.
5.5 Geographische Verteilung der zwölf heiligen Berge In einer zusammenfassenden Übersicht werden jetzt die vom Autor identifizierten zwölf heiligen Berge des Odenwaldes mit Höhenangaben, Nebenbergen, Flüssen und heiligen Quellen zusammengestellt. Alle diese Berge sind „heilig“ insofern, als sich hier seit der Jungstein- und Bronzezeit heidnische Kultstätten befanden, deren Spuren teilweise heute noch im Gelände zu sehen sind. Einige dieser Berge wurden zusätzlich mit Wallanlagen der Bronze- und Keltenzeit überbaut. Weiterhin sind eine ganze Reihe dieser Bergkuppen, es sind sechs der zwölf, durch Altäre mit Kreuzen, Kapellen oder durch Klöster verchristlicht worden. Vier davon tragen das christliche Gedankengut sogar im Namen: Kreuzberg, Heiligenberg, Neunkircher Höhe und Kapellenberg. Die beigefügte Abbildung (Abb. 17) zeigt die geographische Verteilung der heiligen Berge des Odenwaldes: An der Bergstraße liegen vier (Malchen, Steinkopf, Kreuzberg und Heiligenberg), im übrigen Vorderen Odenwald sind es sechs (Altscheuer, Neunkircher Höhe, Kapellenberg, Donnersberg, Götzenstein und Steinberg), und am Main bei Miltenberg sind es zwei (Greinberg und Wannenberg). Der Hintere Odenwald ist
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5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
Abb. 17: Die zwölf heiligen Berge im Odenwald: vier an der Bergstraße, sechs im weiteren Vorderen Odenwald, zwei am Main bei Miltenberg Qu.: Karte Kumpf ; – Basis: Odenwald von Thomas Römer. commons.wikimedia.org (Zugriff: 5.3.2022).
Geographische Verteilung der zwölf heiligen Berge
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(außer Grein- und Wannenberg) ohne heilige Berge. Die Berge sind im Einzelnen: 1 Der Malchen 517 m, mit Heiligenberg (Klosterruine und Schloss), Not-Gottes-Kapelle mit heiliger Quelle, Auerberg (Auerbacher Schloss) 2 Der Steinkopf 402 m, mit Juhöhe-Pass 3 Der Kreuzberg 358 m, mit Bocksberg 4 Der Heiligenberg 440 m, am Neckar bei Heidelberg, mit Weißem Stein und Königstuhl 5 Die Altscheuer 384 m, mit Schloss Lichtenberg 6 Die Neunkircher Höhe 605 m, mit drei Quellen auf der Höhe, der heiligen Quelle Neunkirchen, der Steinsetzung bei Laudenau, in der Nähe Götzischberg, Höllberg, Heiligenberg und Kesselberg 7 Der Kapellenberg 471 m, alter Name Walehinhoug, mit Walburgiskapelle und Kahlberg 8 Der Donnersberg 180 m, auch Ulrichsberg, mit der Quelle der Erbach in der Nähe 9 Der Götzenstein 522 m, mit Waldskopf (Teufelsstein) und Tromm 10 Der Steinberg 428 m, mit Keltenstein und Eichelberg 11 Der Greinberg 452 m, am Main bei Miltenberg, an Mudmündung, Zwillingsquelle und Grauberg, in der Nähe die Quellheiligtümer Rüdenau und Amorsbrunn 12 Der Wannenberg 481 m, mit Bürgstadter Berg 463 m, am Main bei Bürgstadt, an der Erfmündung Diese zwölf heiligen Berge des Odenwaldes weisen alle in die prähistorische Zeit zurück. Die gefundenen Belege sollen abschließend in drei Themenblöcken zusammengestellt werden. Erläuterungen zu der beigefügten Tabelle (Abb. 18): Kultplätze der Jungsteinzeit: Berge mit Quellenkult, Steinsetzungen und künstlich eingeebneten Plateaus: 1 = Quellenkult 2 = Steinsetzung und Steinformungen 3 = Künstliche Einebnung
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Odenwaldberge
5. Kapitel: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend
Kultplätze 1
Malchen
2
3
Siedlungen 4
x
6
7
x
Steinkopf
x
Kreuzberg
x
x
Heiligenberg
x
x
x
x
x
Altscheuer
x
x
Neunkircher Höhe
x
x
Kapellenberg Donnersberg
5
Heiligtümer
x
8
9
x
x x x
x
x
x
x x
x
x
x
x
?
x
x
?
Götzenstein
x
x
Steinberg
x
x
Greinberg
x
x
Wannenberg
x
x
x x
Abb. 18: Kultplätze, alte Siedlungen und Heiligtümer auf den Odenwaldbergen. Qu.: Tabelle: Kumpf
Geographische Verteilung der zwölf heiligen Berge
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Siedlungen der Bronze- und Keltenzeit: Berge mit Ringwallanlagen, Toren und Gräben, Hügelgräbern, Gerichtsplätzen: 4 = Ringwallanlage 5 = Hügelgräber 6 = Gerichtsplatz Heiligtumer römischer und christlicher Religion: Berge mit ehemaligen und heutigen Heilsorten: 7 = Römischer Merkurtempel 8 = Verchristlichter Platz (Altar mit Kreuz, Kapelle oder Kloster) 9 = Wallfahrt bis heute Zu diesen zwölf Bergen des Odenwaldes treten seine zehn Quellheiligtümer hinzu (2. Kapitel mit Abb. 1), sodass im Ergebnis 22 heilige Plätze im Odenwaldgebirge benannt werden können. Die detaillierten Betrachtungen der Geländeformen und Flurnamen im Laufe der Untersuchung haben freilich noch mehr mögliche Orte zutage gefördert, sodass die Gesamtzahl der frühen Kultplätze nicht abschließend benannt werden kann. Sie liegt aber sicher über der Zahl von 22. Die Tabelle (Abb. 18) zeigt, dass der Heiligenberg die meisten Attribute aufweist, nämlich sechs von neun möglichen. Vielleicht war er auch Gerichtsplatz, dann wären es sieben Attribute. Außerdem reicht seine Besiedlung am weitesten in die Geschichte zurück. Deshalb ist er einer genaueren Betrachtung wert, die im nächsten Kapitel erfolgen soll.
6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar 6.1 Einführung in das Thema Heiligenberg Über den Heiligenberg oberhalb von Heidelberg, der einen bequemen Zugang von Handschuhsheim über den Chaisenweg hat, ist in den letzten Jahren viel geforscht und geschrieben worden (Abb. 19). Renate Ludwig behandelte ihn 1997 in ihrem Ausstellungsführer „Kelten, Kastelle, Kurfürsten“; zusammen mit Peter Marzolff veröffentlichte sie 1999 in der Reihe Archäologische Denkmäler den informativen Text „Der Heiligenberg bei Heidelberg“. Marzolff schrieb zusammen mit Uwe Gross 2008 den Zeitschriftenbeitrag „Zwischen Merkur und Michael: Der Heiligenberg bei Heidelberg in Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter“. 294 Weitere Details zum Forschungsstand erschienen, zuletzt von Bert Burger „Neue Forschungen auf dem Heiligenberg“ im Handschuhsheimer Jahrbuch 2020. Die „Schutzgemeinschaft Heiligenberg – Handschuhsheimer Geschichtswerkstatt“ hat online 2021 den umfassendsten Text „7000 Jahre Heiligenberg“ im Netz stehen. In ihm wird auf zwei gerade erschienene Kurzfilme hingewiesen: einmal „Rätselhaftes Heidenloch – Filmexpedition in die Tiefe“ vom 3. September 2020 vom Kurpfälzischen Museum Heidelberg und „Auf dem Heiligenberg in Heidelberg“ vom 22. Oktober 2021 im Südwestrundfunk mit Hans-Hermann Büchsel. Die Römer hatten oben auf dem Berg ein Merkur- und ein Jupiterheiligtum eingerichtet und hinterließen drei Inschriften über „Mercurius Cimbrianus“295 (den Merkur der Kimbern, identifiziert als germanischer Wodan/Odin) und eine über „Mercurius Visucius (keltischer Stammesgott). Letztere scheint von einem weitgereisten römischen Soldaten zu stammen, die ersteren verweisen auf den Platz als germanisches Heiligtum. Der Lage der Dinge nach kann es sich nur um den Stamm der Kimbern gehandelt haben, die 120 – 101 v. Chr. auf ihrem Zug nach Rom am Odenwaldrand Spuren hinterlassen hatten; und zwar auf Bergen über größeren Flüssen (außer auf dem Heiligenberg am Neckar auch auf dem
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Abb. 19: Der Heiligenberg bei Heidelberg im Bild. Blick von der ErnstWalz-Brücke. Oben von Südwesten: Heiligenberg links und Michaelsberg rechts, davor Neuenheim und der Neckar. Unten von Westen: Links der doppelgipflige Heiligenberg, dann der Neckar, rechts Alt-Heidelberg, Königstuhl und Gaisberg. Qu.: Aufnahmen Kumpf am 3.6.2022
Der Zweck des Bergplatzes
163
Greinberg am Main). Auf beiden Stellen waren die Römer auf alte Wallanlagen gestoßen. Die Doppelwallanlage auf dem Heiligenberg war vielleicht schon ab 800 v. Chr. von den Kelten angelegt worden; ab 200 v. Chr. zogen sie vom Heiligenberg ab und verlegten ihren Gaumittelpunkt in ihre neue Hauptstadt Lokudunom (= Ladenburg). Dies mag möglicherweise mit dem Erscheinen der Kimbern und der Verehrung von deren Gott Wodan/Odin zu tun gehabt haben. Schon in der Bronzezeit vor den Kelten um 1200 v. Chr. hatte eine große Siedlung auf dem Heiligenberg bestanden, und Siedlungsspuren reichen vereinzelt bis in die frühe Jungsteinzeit der Linearbandkeramiker 5500 – 4500 v. Chr. zurück.296
6.2 Keltisches Bezugssystem Heiligenberg 6.2.1 Der Zweck des Bergplatzes Der Platz auf dem Heiligenberg bot eine strategisch hervorragende, freie und zugleich geschützte Lage, auf drei Seiten Hänge, nur im Nordosten ein Höhenrücken über den Zollstock zum Weißen Stein 549 m, zugleich ein Zugang zur Zollstock-Quelle, die zusätzlich zum Bittersbrunnen die Höhensiedlung versorgte (Abb. 20). Denn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vor dem deutschen Aufforstungsprogramm war der Gipfel des Heiligenberges, wie viele andere Bergkuppen auch, nicht oder nur schütter bewaldet und bot eine herrliche Fernsicht. Dadurch eignete er sich wie viele andere Höhenorte auch als Observatorium. Heide Göttner-Abendroth, die Erforscherin der Landschaftsmythologie Deutschlands und der Alpen, schreibt dazu: Nun siedelten die Kelten meist genau dort, wo vor ihnen schon Ortschaften gestanden hatten, und sie errichteten ihre Heiligtümer genau auf den Hügeln der älteren jungstein- und bronzezeitlichen Kulturen, die sie erobert hatten. 297 Die Planeten- und Sternenbeobachtungen wurden in den MegalithKulturen mit kultischen, jahreszeitlich rhythmisierten Festen verbun-
164
6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Abb. 20: Der Heiligenberg – Seine geografische Lage. Qu.: Skizze Kumpf.
Weitere keltische Bergsiedlungen im Südwesten
165
den. Außer geschütztem Wohnen, Sonnen- und Mondbeobachtung und kultischen Festen diente der Berg immer wieder als Bestattungsplatz für die Verstorbenen: „Hier … zwischen Himmel und Erde … (war) ein guter Platz für den Übergang vom diesseitigen Leben in ein … Jenseits“ 298. Dem diente die verehrte Gottheit. Uns sind nach jetzigem Stand der Forschung der christliche St. Michael, der römische Merkur und der germanische Wodan/Odin bekannt. Alle drei Gottheiten tragen den Aspekt des Seelenbegleiters zum Tod mit sich. Folgendes Fazit gibt den Stand der Forschung wieder: Eines der besonderen Merkmale des Heiligenberges ist, dass wir dort eine Kontinuität eines Bergheiligtums mindestens seit der keltischen Besiedlung bis zum Ende der Klosterzeit … annehmen können.299
6.2.2 Weitere keltische Bergsiedlungen im Südwesten Der Heiligenberg als keltisches Bergheiligtum steht im Odenwald nicht alleine da. Auch der Greinberg bei Miltenberg trägt einen keltischen Ringwall und einen römischen Merkurtempel mit Erinnerung an den germanischen Wodan/Odin.300 Auf der Juhöhe scheinen sich nur keltische Gräber zu befinden; die Heuneburg im Fischbachtal ist möglicherweise nicht so alt. Allerdings ist die Gegend um Ober-Abtsteinach im Überwald schon durch Kelten besiedelt gewesen und auch der Name der Tromm scheint keltisch zu sein (cymrisch drum = Bergrücken)301. Damit ist, nach jetzigem Kenntnisstand, der Odenwald mit seinen Höhen abgeschritten. Im Westen des Heiligenbergs liegt am Rand des Pfälzer Waldes die 197 m hohe Hardenburg und ihr gegenüber der keltische Ringwall Heidenmauer. Im Süden erhebt sich im Kraichgau der 269 m hohe Michaelsberg von Untergrombach, der mit seinen bereits jungsteinzeitlichen Funden aus dem 5. Jahrtausend v. Chr. Namensgeber der „Michelsberger Kultur“ wurde. Sie weist keinerlei Zerstörungen auf: „Es gab keine Befunde, die auf die gewaltsame Tötung von Menschen hindeuten…“ 302. Seine 1346
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
ersterwähnte Michaelskapelle trägt ein Bild der 14 Nothelfer, deren Heilige Drei Maderln auf die Bethen zurückgehen. Der Sage nach wurden alle neugeborenen Untergrombacher erst vom Klapperstorch aus dem „Kindlesbrunnen“ geholt. Dies verweist auf die Verehrung der Erdgöttin Ambeth mit ihren beiden Aspekten Tod und Wiedergeburt. Im Südosten von uns liegt ein zweiter markanter Michaelsberg im Zabergäu bei Cleebronn. Der 395 m hohe Berg weist seit frühkeltischer Zeit Besiedlungsspuren auf. Die Ringwallanlage mit alter Wallfahrtskapelle sei früher ein Mondtempel gewesen; gegenüber erheben sich der „Sonnenberg“ und der „Frauenberg“. Die Flur von Tripsdrill heißt „Bettelrain“ (von Bethen)303. Weiter im Süden am Rand des Schwarzwaldes erhebt sich über einer Umlaufschleife der Enz auf 323 m Höhe in Neuenbürg ein Schloss mit Garten. Auch hier gewannen die Kelten bereits Erz. Sogar bis auf 669 m strebt der Merkur (Großer Staufenberg) als alleinstehender Kegel über Baden-Baden in die Höhe. Er erhielt seinen Namen von einem hier gefundenen römischen Votivstein des Gottes Mercurius, dem Gott des Handels, den die Römer auch auf dem Heidelberger Heiligenberg verehrt hatten.304 Wenn wir dem Rhein weiter nach Süden folgen, erhebt sich in der Nordostecke der Vogesen bei Obernai (Oberehnheim) der St. Odilienberg bis auf 763 m, auf dem sich eine über 10 km lange Schutzmauer, die Heidenmauer befindet. Hier lebten seit dem 7. Jahrhundert die frühen Herzöge des Elsass. Viele Einzelfunde reichen in die keltische Zeit zurück. Auf der anderen Rheinseite liegt am Ausgang des Schwarzwälder Kinzigtals die Siedlung Gengenbach mit seinem 258 m hohen Kastelberg, der sich nur knapp 100 m über das Tal erhebt. Weinreben bedecken die Hänge des ‚Bergles‘ mit seiner kleinen Kirche. „Der Ort scheint aber schon [vor den Römern] den Kelten als Kultstätte gedient zu haben und wird in christlicher Zeit der heiligen Einbetha geweiht“ 305, der wichtigsten der drei Bethen. Heute ist die Einbethkapelle nach Jakobus benannt. Weit geht der Blick von hier nach Nordwesten das Kinzigtal entlang bis in die Rheinebene zum Straßburger Münster. Im Haigerachtal aufwärts, dem kleinen Kinzigzufluss, über dem sich der Einbettaberg erhebt, liegt ziemlich an seinem Ende nach 4 Kilometern die St. Michaelskapelle. Auch hier im „Kapellengrund“ wurde eine wichtige heidnische Gottheit durch den
Der Sinn neolithischer Sichtlinien
167
Erzengel Michael ersetzt. Michael ist auf dem Altarbild mit zwei weiteren Engeln dargestellt. Diese christliche Dreiheit der Engel spiegelt die heidnische Dreiheit der Bethen auf dem Bergle weiter unten. Schließlich sei noch die Gemeinde Heiligenberg im Bodenseekreis als uralter heiliger Platz erwähnt. 400 Meter über das Gelände erhebt sich hier eine Moräne, von der aus sich eine Fernsicht zum Bodensee und der Alpenkette ergibt. Auf dieser ‚Aussichtsterrasse des Bodensees‘ wurde schon in der Steinzeit gesiedelt. Im zu Heiligenberg gehörenden Betenbrunn gab es eine Marienwallfahrt, die auf älteren Wurzeln beruht. „Ungewöhnlich ist ein eingelassener Findling neben dem Marienaltar [der Wallfahrtskirche]. Er stammt wohl noch aus keltischer Zeit und die Kerbe, die den Stein ziert, dürfte wohl dazu gedient haben, dass man dort die Hand hineinlegte und Kraft aus dem Stein holen konnte. … Der Stein weist auch drei Wölbungen auf, die … die drei ‚Beten‘ symbolisieren und zwar in ihrer vorchristlichen Form als heidnische Göttinnen … [später als] christliche Dreiergruppe der Heiligen Einbeth, Warbeth und Wilbeth. Und da dürfte dann auch der Name ‚Betenbrunn‘ in Zusammenhang mit dem großen Brunnen aus alten Zeiten vor dem Gotteshaus seinen Ursprung haben.“ 306
6.2.3 Der Sinn neolithischer Sichtlinien Den Zweck der Bergplätze strategisch zu fassen mag für die kriegführenden Kelten (und Germanen) der Eisenzeit zugetroffen haben, nicht aber für die bäuerliche Bevölkerung der Bronze- und Jungsteinzeit, aus deren Zeiträumen archäologisch keine Zerstörungen nachgewiesen sind. Diese friedliebenden, matrilinear orientierten Völker verehrten die Große Muttergöttin, später in Dreifacher Gestalt, und richteten ihr Leben auf Land- und Gartenbau, Fernhandel und Sternenbeobachtung aus. Die archäologischen und sozialwissenschaftlichen Belege zur Stützung dieser prähistorischen These sind vielfältig und sollen hier nur durch die wichtigsten Namen erwähnt werden: Johann Jakob Bachofen, James Mellaart, Marija Gimbutas, Heide Göttner-Abendroth, Helmut Uhlig und Harald Haarmann307. Die Bergsiedlungen auf unbewaldeten Höhen unter nacheiszeitlicher schütterer Vegetation waren untereinander mit Sichtlinien
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
verbunden. Durch die Orientierung an den Sonnenauf- und -untergängen im Laufe eines Jahres ergeben sich acht prägnante Himmelsrichtungen (Abb. 22a), die durch Steinkreise auf den Höhen fixiert und deren Jahreszeitenfeste als Kult gefeiert wurden. Dass jungsteinzeitliche Steinkreise auf Bergen existierten und verchristlicht wurden, zeigen noch heute zwei Beispiele aus dem Bayerischen Wald. Im Landkreis Freyung-Grafenau liegt die Siedlung Kreuzberg auf einem 819 m hohen, unbewaldeten Kegel und ihre Pfarrkirche St. Anna (von Ambeth) ist von alten Menhiren umgeben; auch im Ort St. Oswald vor der Bründlkapelle sind etliche große Menhire, die sogar zu einem alten Kultbecken hinführen. „Jeder Menhir ist heute durch eine moderne Plakette mit christlichem Inhalt ‚missioniert‘ worden, jeder einzelne Stein ist mit einem Kreuz besetzt.“308 Die Kultplätze auf den Bergeshöhen dienten nicht nur der astronomischen Beobachtung und dem Kult, sondern auch der Fernkommunikation mittels Lärmfeuer (vgl. hierzu auch den Namen des Odenwaldbergs ‚Lärmfeuer‘), z. B. zur Abstimmung von Festlichkeiten im Jahreslauf. Jungsteinzeitliche Handels- und Pilgerwege zwischen den Kulthügeln folgten der kürzesten Verbindung (ein solcher Weg ist in der ‚Himmelsleiter‘ am Königstuhl bei Heidelberg erhalten309).
6.2.4 Bezugssysteme vom Heiligenberg aus Der Heiligenberg hat durch seine Lage am südwestlichen Rand des Odenwaldes oberhalb des Neckars freie Blicke in die westlichen Richtungen (Abb. 21): – – –
Nach Nordwesten bis zur alten Keltenstadt Borbetomagus (Worms) am Rhein – das ist die Linie der Sommersonnenwende. Nach Westen bis zum Pfälzer Wald, z. B. zum Drachenfels – das ist die Linie der beiden Äquinoktien. Nach Südwesten bis zur Keltenstadt Noviomagus (Speyer) am Rhein, zugleich entlang der Römerstraße – das ist die Linie der Wintersonnenwende.
Bezugssysteme vom Heiligenberg aus
Abb. 21: Die Sichtlinien vom Heiligenberg aus. Qu.: Skizze Kumpf.
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170
6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Auch die Blickrichtungen nach Süden zum Sonnenhöchststand sind möglich, allerdings sind es ausgesprochene Fernverbindungen, die nur bei sehr klarer Sicht möglich sind: – –
–
In den Kraichgau zum Untergrombacher Michaelsberg. In den Nordschwarzwald zum Merkur. Der Hausberg von BadenBaden ist zugleich eine von den Römern genutzte Verbindung zwischen zwei Merkur-Heiligtümern. An den Rand des Nordschwarzwalds zur Neuenbürg bei Pforzheim.
Im Unterschied zu den sehr guten „Abendverbindungen“ im Westen und den eher peripheren Verbindungen nach Süden sind die Blickrichtungen nach Osten und Norden durch den dichten Odenwald nicht möglich. Jedoch bedienten sich die Kelten vom Heiligenberg aus zweier Umschaltstellen zur Blickumlenkung: –
Des Königstuhls, von hier schweift der Blick nach Südost zum Cleebronner Michaelsberg; nach Osten zum Katzenbuckel, von dem aus wiederum in Richtung Nordosten die zweite große keltische Siedlung des Odenwaldes, der Greinberg, in den Blick gerät. Südost und Nordost sind die Linien der Winter- und der Sommersonnenwende;
–
Des Weißen Steins, der früher wie alle Gipfel auch unbewaldet war und auch den Blick zum Katzenbuckel und Greinberg, also Osten – Nordosten, und besonders zu den nördlichen Odenwaldgipfeln Malchen, Neunkircher Höhe und Tromm ermöglichte.
Insgesamt lässt sich der Heiligenberg im Sinne der jungsteinzeitlichen Kultur als „Abendberg“ charakterisieren, da seine hautsächlichen Sichtlinien in die westlichen Richtungen (Nordwest, West und Südwest) zum Übergang vom Tagesende zur Nacht hinführen. Damit ist das keltische Bezugssystem des Heiligenbergs herausgearbeitet.
Ausstrahlung des Wormser Bethenkults
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6.3 These zum Namensursprung des Heiligenbergs 6.3.1 Ausstrahlung des Wormser Bethenkults Diese Abhandlung soll noch einen Schritt weiterführen und eine begründete These zum Namensursprung des Heiligenberges herausarbeiten. Eng verbunden mit dieser Frage ist die Überlegung, welche Gottheit auf dem Heiligenberg vor St. Michael, Merkur und Wodan/Odin verehrt wurde. Nach Auffassung des Autors liegt der Schlüssel zu dieser Frage in Worms. Der frühere, freie Blick vom Heiligenberg ging hauptsächlich in die Oberrheinebene. Sie ist heute im Rhein-Neckar-Raum einer der am dichtesten besiedelten, industrialisierten und verkehrsmäßig erschlossenen Räume Deutschlands. Unser historischer Blick muss sich deshalb gedanklich an die älteren Strukturen herantasten, an die Zeit vor den Suburbanisierungen des 20. Jahrhunderts, vor Autobahnbau, Eisenbahn, Rheinkorrektur und Städtegründungen Mannheims, Ludwigshafens und Heidelbergs. Um Christi Geburt bestand der Rhein in einem weitverzweigten Stromnetz mit Mäandern, teils rückläufigen Schlingen und vielen Nebenarmen. Dazu kam der lange Lauf des Neckars, der über Ladenburg parallel zum Rhein nach Norden floss und erst in Trebur in diesen einmündete. Die wilden Rheingewässer stellten also ein echtes Verkehrshindernis dar, und es ist deshalb verständlich, dass Caesar bei seinem Gallischen Krieg an der Rheingrenze stoppte und die Römer erst einige Jahrzehnte später ihr Imperium weiter nach Osten bis in den Odenwald hinein ausdehnten. Der Rhein war seiner Schlingen wegen zwar umständlich, aber doch befahrbar. Besonders günstig als früheste Siedlungsplätze waren trockene Hochterrassen (keltisch magus = Feld, Ebene), die bis an den Rhein heranreichten. Die Römer haben die keltischen Namen zweier solcher Siedlungsplätze überliefert, nämlich Borbetomagus (‚Borbets Feld‘ = Worms) und Noviomagus (‚Neufeld‘ = Speyer), wobei es sich bei Worms vom Namen her um die ältere Siedlung handeln dürfte. Worms rechnet als keltische Gründung (mit z. B. Trier) zu den ältesten Städten Deutschlands.
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6. Kapitel: Der besonderer Heiligenberg am Neckar
Bisherige Deutungen vermuten, dass sich der keltische Ortsname ‚Borbetomagus‘ vielleicht über *borvo auf den Bädergott Borvo bezöge; da das keltische *borba Schmutz bedeutet, wird auch ein sumpfiges Gebiet vermutet; vom Indogermanischen her hält man auch ‚Quellenfeld‘ für möglich.310 Der Autor sieht diese Deutungen als konstruiert und wenig glaubhaft an. Viel näher liegt die direkte Übersetzung: Bobetomagus = Borbets Feld. Borbet ist nämlich eine der drei Bethen, und der Bethenkult ist nachweislich in Worms seit frühen Zeiten verankert. Der Kult der Drei Heiligen Frauen Ambeth, Wilbeth und Borbeth findet sich gerade im Wormser Raum und am Rhein abwärts bis Köln und aufwärts bis Straßburg, außerdem bis Bayern und Südtirol, also im ehemals keltischen Raum Mitteleuropas. Deshalb schließt man „auf die Existenz gleichnamiger keltischer Göttinnen zurück …, die ebenfalls Beten genannt werden“ 311. Die Schreibweisen sind in Varianten überliefert, am häufigsten sind Ambeth, Einbeth oder Ainbet für die erste, Warbeth, Worbeth oder Borbede für die zweite und Wilbeth, Vilbet und Wilbede für die dritte Göttin. In Worms steht in der Nikolauskapelle des Doms der Dreijungfrauenstein: das Steinrelief aus dem 15. Jahrhundert zeigt die drei „Prinzessinnen“ Einbede, Warbede und Willebede. Das gotische Kunstwerk befand sich ursprünglich im Bergkloster Sankt Andreas, das außerhalb der Stadtmauern auf einem Hügel lag und seit 1016 erwähnt ist. 312 Es befand sich also außerhalb des kirchlichen Machtzentrums, des seit 614 existierenden Wormser Doms Sankt Peter. Der Kult von den „drei Bethen“, drei gütigen Frauen, „die durch die Lande gehen, weisen Rat erteilen und Gaben schenken“, hielt sich im Volk sehr lange. Die Verehrung der drei Frauen wurde aber von Bischof Burchard, dem Gründer des heutigen Doms, als Sünde bezeichnet „und gibt uns so Anlass zur Vermutung, dass die drei göttlichen Frauen sehr beliebt und der Kult um sie im 11. Jahrhundert noch sehr verbreitet war“313. Bei den drei Bethen handelt es sich um drei Schicksalsgöttinnen der Kelten und Germanen. Die Römer fanden den alten Kult vor und nannten sie Drei Matronen – Drei Mütter. Allein über 800 Matronensteine sind auf
Ausstrahlung des Wormser Bethenkults
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dem Gebiet der ehemaligen römischen Provinz Niedergermanien gefunden worden, besonders im südlichen Rheinland, ein Matronenstein auch in Worms (in Wies-Oppenheim) und einer im Odenwald (in MümlingCrumbach). Die Dreifache Schicksalsgöttin (zuständig für Geburt, Lebensglück, Tod und Wiedergeburt) nannten die Germanen Nornen, die Römer Parzen, die Griechen Moiren. Die Angelsachsen feierten noch um 700 n. Chr. „Modraniht“, was ‚Nacht der Mütter‘ bedeutet, anstelle von Weihnachten314. Eine Erinnerung an diese Frauendreiheit in der Kunst mögen die drei Grazien in Botticellis Bild „Primavera“ (von 1482) sein. Berge sind häufig Orte der Verehrung. So ist Straßburg ein weiterer Ort des Betenkults. Südwestlich davon im Elsass steht der Odilienberg, auf dem ursprünglich Warbede verehrt wurde. Östlich gegenüber im Schwarzwälder Kinzigtal war es Einbede auf dem „Bergle“ Gengenbachs. Die helle Warbede wird mit der Sonne verbunden und hat Blicklinien nach Osten zum Sonnenaufgang, die dunkle Einbede mit der Erde und Blicklinien nach Westen zum Sonnenuntergang. Diese Konstellation scheint sich 130 Kilometer weiter nördlich im zweiten Betenraum um Worms am Rhein zu wiederholen, das offensichtlich auf den südöstlich liegenden Heiligenberg als „Ainbetsberg“ bezogen ist315. (Abb. 22) Nach Abzug der Römer um 260 n. Chr. lag der Heiligenberg in der Zeit der Völkerwanderung bis zum 5. Jahrhundert zunächst einmal funktionsund herrenlos da. Er dürfte aufgrund seiner weithin sichtbaren religiösen Bauwerke bzw. Ruinen aber einen im Volke verbreiteten Namen getragen haben, der allerdings nicht urkundlich überliefert ist. Für Worms ist schon im Jahr 346 ein Bischof erwähnt, eine durchgehende Bischofsliste findet sich aber erst ab 614. Im Zeitraum unter König Childebert II. (575–596) treten „erste Wormser Missionszentren rechts des Rheins“316 auf. Das Bistum Worms umfasste auch das Land um den Neckar, soweit er den Odenwald durchfließt, also die spätere Kurpfalz mitsamt dem Heiligenberg.
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
a) Bedeutung der Himmelsrichtungen
b) Sichtlinien Worms und Heiligenberg
c) Gegenseitige Definitionen? 1) Blick nach Worms - Sommersonnenwende - Platz wärmster Sonne - Weiße Himmelsgöttin
2) Blick zum Heiligenberg
- Wintersonnenwende - Wiedergeburt d. Lichts - Schwarze Erdgöttin Abb. 22: Zusammenhang Worms – Heiligenberg. Qu.: Skizze Kumpf, graf. Umsetzung Wünsch.
Historisch überlieferte Bergnamen
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Überliefert ist die Beichtfrage des Bischofs Burchard von Worms (gestorben 1024). Er lässt nach der Verehrung der drei Schwestern nachfragen, die er den Parzen gleichstellt. Die drei Frauen brachten Glück und Segen ins Haus.317: Hast du geglaubt, wie es manche zu tun pflegen, das jene, welche im Volke Parzen genannt werden, existieren oder imstande sind, das zu vermögen: über das Schicksal eines Neugeborenen zu bestimmen … Hast du, so wie es manche Frauen zu bestimmten Zeiten des Jahres zu tun pflegen, in deinem Hause einen Tisch gedeckt mit Speise und Trank, und drei Messer hingelegt, damit die drei Schwestern, die Herkommen und althergebrachte Torheit Parzen nennen sich daran erquicken können?318 Die Bethen-Verehrung der Bevölkerung um Worms erstreckte sich sicherlich ins gesamte Wormser Einflussgebiet bis zum exponierten Heiligenberg. So wie Worms das „Feld der Borbet“ bedeutete, war sicherlich der Heiligenberg der „Berg der Drei Bethen“. Derungs behauptet, dass dort „Schatzgräber das Felsengrab der drei Frauen sprengten“319. Nach Auskunft des Archivars ist dazu nichts bekannt; Derungs meint damit aber wohl Felsen-Sprengarbeiten der Nazis beim Bau der ominösen Thingstätte im Jahr 1934, bei denen archäologische Überreste des ganzen keltischen Dorfes der Bergsiedlung undokumentiert vernichtet wurden.
6.3.2 Historisch überlieferte Bergnamen Eigentlich ist der Name des Heiligenbergs bekannt und lässt sich bis 882 n. Chr. zurückverfolgen. Das ist nicht schlecht. In Anbetracht der Tatsache, dass er aber schon 5000 v. Chr., also vor 7000 Jahren besiedelt war, sieht das aber nicht mehr so gut aus. Anders gesagt: Es ist unbedingt der Mühe wert, sich Gedanken über die vor-archäologische Zeit zu machen und den Versuch zu wagen, den Namensursprung des Heiligenbergs zu finden. Aber wie soll das gehen?
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Ein Kultplatz seit etwa 7000 Jahren scheint unbestritten, und es existiert auch schon eine These wenigstens zum mysteriösen Heidenloch auf dem Berg: „Opfergruben sind in verschiedenen keltischen heiligen Bezirken … gefunden worden … (und sind) offenbar einer keltischen Erdgottheit gewidmet, so Dirk Krauße, Landesarchäologe Baden-Württembergs in einem ZDF-Film“320. Die folgenden, recht umfangreichen Fakten liegen bereits auf dem Tisch. Wir gehen auf der Suche nach dem Ursprung im Wesentlichen historisch rückwärts: a) Der Name Heiligenberg bezieht sich heute nur noch auf den hinteren Gipfel, also den Kernbereich des alten Heiligtums, während der vordere, niedrigere Gipfel Michelsberg heißt. (Logisch ist das nicht, denn das Michaelskloster stand auch hinten.) b) Seit 1460 war der Heiligenberg, der gesamte mit beiden Klöstern, im Besitz der Kurpfalz, die in der Reformation zum Calvinismus übertrat und die Klöster 1555 auflöste. c) Das Michaelskloster wurde im 9. Jahrhundert als Filialkloster des Klosters Lorsch gegründet; 1094 gründete Lorsch mit St. Stephan ein zweites Kloster auf dem vorderen Hügel. d) Nach dem Niedergang von Lorsch übernahmen Prämonstratensermönche aus dem Kloster Allerheiligen im Schwarzwald (beim Ruhestein, dem Eingang in den Nationalpark Schwarzwald) die beiden Klöster und nannten den Berg Allerheiligenberg. Das Wort wurde später zu Heiligenberg verkürzt. e) Der älteste bekannte Name des Berges lautet jedoch ‚Aberinesberg‘ und wird in der Schenkungskurkunde König Ludwigs III. vom 18. Januar 882321 erwähnt. Der seit 700 bestehende fränkische Königshof ‚Aberinesburg‘ auf dem Aberinesberg ging dabei in den Besitz der Abtei Lorsch über. f) Weiterhin ist bekannt, dass die Römer während ihrer Anwesenheit, etwa 80 bis 260 n. Chr., auf dem Aberinesberg einen Tempelbezirk mit Verehrung des Merkur und des Jupiter betrieben, sowie einen weiteren Merkurtempel auf dem Greinberg bei Miltenberg hatten. g) An beiden römischen Kultorten wird der „Mercurius Cimbrianus“ durch römische Stelen erwähnt, und das ist unzweifelhaft Odin/Wodan, der höchste germanische Gott.
Thesen zum Wort „Aberinesberg“
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6.3.3 Thesen zum Wort „Aberinesberg“ Drei Fragen bleiben noch offen: 1) das Geschehen um den germanischen Gott Wodan/Odin, 2) die Frage nach dem Namen der keltischen Siedlung 3) und die Spur der keltischen Erdgöttin. Zu 1) Warum taucht in Süddeutschland, in dem sonst die Variante ‚Wodan‘ verbreitet ist, die norddeutsche und nordeuropäische Form ‚Odin‘ für den obersten germanischen Gott auf? Die ersten Germanen, die den Odenwald am Rand berührten, waren sicher die Kimbern auf ihren Zügen von Jütland nach Rom in den Jahren 120 bis 102 v. Chr. Sie nutzten die Schifffahrtswege auf Main und Neckar und kamen an den keltischen Bergfestungen Greinberg und Heiligenberg vorbei, die sie eroberten oder friedlich durchdrangen. Der Heiligenberg war von den Kelten schon ab 200 v. Chr. zugunsten Lokudunoms (keltisch „Seeburg“322, das heutige Ladenburg) aufgegeben worden, wohin sie ihren Gaumittelpunkt verlegt hatten. Also darf angenommen werden, dass etwa ab 120 v. Chr. die germanischen Kimbern Odin-Heiligtümer in den verlassenen keltischen Festungen errichteten, wobei sie sicherlich vorhandene heilige Plätze nutzten. ‚Odin‘ war nämlich ihre norddeutsche Bezeichnung, die sie von Jütland mitgebracht hatten, für den süddeutschen ‚Wodan‘. So erklärt sich zugleich auch die Namensgebung für den hinter den beiden Heiligtümern an Main und Neckar liegenden Wald: nicht ‚Wodans Wald‘, sondern eben ‚Odins Wald‘. Die Kimbern verursachten damit letztlich auch den Namen ‚Odenwald‘ für das damals noch unbesiedelte Waldgewoge (vgl. Abb. 21). Zu 2) Als nächstes ist zu klären: Gibt es einen Namen der keltischen Ringwallanlage auf dem Heiligenberg? Es ist nichts überliefert, wie überhaupt die Kelten nichts Schriftliches hinterlassen haben und wir keltische Namen nur aus den römischen Quellen kennen. Zum Berg schweigen diese jedoch, aber wir haben den Namen ‚Aberinesberg‘ des Jahres 882 n. Chr. Das Wort ist auffällig, nicht durchsichtig, jedenfalls vom
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Althochdeutschen her nicht erklärbar. Also scheint es aus der keltischen Zeit zu stammen. Eine genaue Wortanalyse ergibt Folgendes: Zum ersten Wortbestandteil: Indoeuropäisch *ab- heißt ‚Wasser, Fluss‘323 (Ab = pers. Wasser, A = dän., norw., isländ. Fluss; alteuropäisch: *ara = Wasser, -ach = Gewässernamen) und Keltisch „aber“ heißt (Fluss-) Mündung. Diese Vorsilbe findet sich noch heute in walisischen Ortsnamen Großbritanniens bei Siedlungen, die an der Mündung von Flüssen in die Irische See liegen: Aberystwyth (walisisches Seebad an der Cardigan Bay, der Name bedeutet „Mündung des Flusses Ystwyth“). Weitere Beispiele zeigen, wie verbreitet die Vorsilbe Aber- in solchen walisischen Orten ist: Aberavon, Abergavenny, Aberaeron, Aberdovey, Abergele, Abersoch. Zu diesen Befunden passt genau unser keltisches Bergwort „Aber-ines“. Nun zum zweiten Wortbestandteil „ines“. Hier ist auffällig, dass in der Erstnennung 882 die Genitivendung „es“ steht; dies dürfte auch auf ein keltisches Wort mit starker Endung, die im Althochdeutschen abgeschwächt wurde, hinweisen. Im Inselkeltischen gibt es die Wörter „dun“ und „dinas“ „als Bezeichnungen vor- und frühgeschichtlicher Befestigungsanlagen“324. Damit lässt sich insgesamt das keltische Wort *Aber-dinas erschließen, mit der Bedeutung „frühgeschichtliche Bergfestung über der Mündung“. Mit „Mündung“ ist zweifellos der Neckar gemeint, der geradlinig und unverzweigt den Odenwald durchfließt und noch bis vor 2000 Jahren ab Heidelberg unterhalb des Heiligenbergs in ein amphibisches Gewirr von Flussläufen in die Rheinebene „einmündete“. Keltisch „Aberdinas“ dürfte daher der Ursprung des urkundlich belegten Wortes „Aberines“ sein. Zu 3) Die dritte Frage nach der keltischen Erdgöttin zu beantworten ist kompliziert, aber nicht aussichtslos. Dirk Kraußes zitierte These von der Erdgöttin gilt aufgrund weiterer keltischer Plätze, die der Archäologe untersucht hat, als belegt. Was beim Thema keltische Erdgöttin bislang fehlt, ist die inhaltliche Ausarbeitung (a) und der Versuch, ihren Namen zu finden (b).
Thesen zum Wort „Aberinesberg“
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Zu a) Unterstützend für die These Erdgöttin kommt am Heiligenberg die ‚Rolloss‘ genannte Flurprozession hinzu, „die wohl auf alte heidnische Fruchtbarkeitsriten zurück(geht)“325. Die Wallfahrt wurde am Montag der sechsten Woche vor Ostern begangen, also in der Nähe der Fastnacht, entsprechend ausgelassen ging es dabei zu. Das ist ein uraltes Festmuster, das schon die Griechen kannten.326 (Die drei anderen überlieferten Wallfahrten am Heiligenberg datieren alle in die christliche Zeit und spielen daher für unsere Argumentation keine Rolle.) Die Verehrung der Erde und der Natur als Erdmutter oder Erdgöttin ist kulturell uralt. Dies soll hier nicht weiter expliziert werden, aber man möge nur an unsere weiblichen Artikel der Wörter Erde und Natur und an die griechische Gäa denken.327 Auf jeden Fall reicht man hier kulturell und mythologisch in die frühesten Schichten der sesshaften Kultur zurück, in die Bronze- und Jungsteinzeit. Für Mitteleuropa sind das nach dem Abklingen der Eiszeit die ersten Siedler, die die Donau aufwärts kamen und die Megalithkulturen an der bayerischen Donau errichteten.328 Die bäuerliche Gesellschaft war egalitär im Sinne eines Matriarchats oder der Matrilinearität, die alle beschützende Große Göttin wurde, in welcher Gestalt auch immer, verehrt. Die gesellschaftliche Differenzierung in Herrscher und Beherrschte, die Ausgliederung einer privilegierten Adelsschicht als Machtinstrument des Herrschers und der systematische, massenhafte Waffengebrauch, effektiv in Heeren organisiert, ist erst mit dem Wechsel der matrilinearen in patriarchale Strukturen erfolgt, der in unserem mitteleuropäischen Raum mit dem Beginn der Eisenzeit, also mit den Kelten erfolgt sein dürfte. Trotz ihrer kampf- und kriegsbetonten Strukturen haben die Kelten aber vieles ihrer Vorgängerkultur übernommen: die Siedlungsplätze auf Bergen, die Steinkreise mit Observatorien und heiligen Plätzen und das Verbindungssystem der Sichtlinien zwischen den Bergplätzen. Sicherlich haben sie auch die Verehrung der Erdgöttin übernommen, weshalb man schließen darf, dass der Kultplatz oben auf dem Heiligenberg mit der Opfergrube (sog. ‚Heidenloch‘) auf dem Michelsberg weitergenutzt wurde (Abb. 23).
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Heiligtum d. Erdgöttin
Mischnutzung Kelten, Germanen, Römer, Franken
Klosterzeit
Auflösung der Klöster
Phase
Namen
Datum
Umstände
Heiligenberg u. Michaelsberg
heute
Hinterer und vorderer Gipfel
Heiligenberg
ab 1460
im Besitz d. Kurpfalz, 1555 Reformation und Auflösung
Allerheiligenberg
ab 1265
Mönche d. Klosters Allerheiligen/ Schwarzwald übernehmen
St. Stephanskloster
1094
Gründung durch Kloster Lorsch
Abrahamsberg
890
Wortdeutung der Mönche
St. Michaelskloster
882
Schenkung an Kloster Lorsch
Aberinsberg
ab 700
Fränkischer Königshof
„Ainbetsberg“
ab 260
Einfluss d. Betenverehrung von Worms
Merkur-Heiligtum
ab 80 n.Chr.
Römischer Tempelbezirk
Odin-Heiligtum
ab 200 v.Chr
Kimbrische Heiligtümer (Heiligenberg und Greinberg)
„Aberdinas“
600 v.Chr.
Keltische Ringwallanlage („Mündungs-Bergfestung“)
1000 v.Chr.
Bronzezeitliche erste Siedlung (Urnenfelderkultur)
5000 v. Chr.
Jungsteinzeitlicher Steinkreis (Observatorium und Heiligtum)
Bergheiligtum der Erdgöttin
Kursiv: Thesen des Autors Abb. 23: Namensschichten des Heiligenbergs. Qu.: Skizze Kumpf, graf. Umsetzung Wünsch.
Thesen zum Wort „Aberinesberg“
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Zu b) Wie könnte der Name der Erdgöttin gelautet haben? Da es sich um eine Verehrung aus der alten matriarchalen Zeit handelte, deckte sie sich nicht mit der dominierenden religiösen Linie, die durch männliche Götter gekennzeichnet war und ist (Odin, Merkur, Erzengel Michael, Jesus). Der Matronenkult lebte aber hartnäckig im Sinne einer Volksfrömmigkeit weiter, was zur Genüge durch die oben zitierte Beichtfrage des Wormser Bischofs Burchard um das Jahr 1000 und die Zurückdrängung des Bethenkults durch die katholische Kirche während des Mittelalters und der frühen Neuzeit dokumentiert ist. Es ist bekannt, dass die Kirche die Drei Heiligen Frauen in der Weihnachtszeit durch die Drei Heiligen Könige ersetzte und die an vielen Stellen im Rheinland, in Bayern und Südtirol verehrten „Drei heiligen Maderl“ durch die drei Nothelferinnen Hl. Katharina, Hl. Margaretha und Hl. Barbara verdrängte. Die nicht ausrottbare, uralte Volksfrömmigkeit wurde vom Christentum besetzt und variiert übernommen. Die Hl. Margaretha wurde dabei die Nachfolgerin der Ambeth (man beachte die Buchstabendrehung von Am- in Ma-). Faktum ist nun, dass die Kelten von etwa 1000 v. Chr. bis um Christi Geburt im Raum Heiligenberg-Ladenburg ansässig waren; weiterhin, dass der Bethenkult des keltischen Worms überliefert ist und auf keltische Wurzeln zurückgeht. Hinzu treten die Thesen des Autors: Dass der Heiligenberg ein ‚Abendberg‘ ist, erschließt sich aus seiner Sichtlinie; er war über die Zeiten ein vorrangiger Bestattungsort für die Toten mit einem mystischen Ort der Wiedergeburt (dem sog. ‚Heidenloch). Dass er weiterhin mit den beiden alten Namen von Worms zusammenhängt: dem keltischen ‚Borbetomagus‘ und dem altdeutschen ‚Warmazfeld‘, die als ‚Feld der Borbet‘ und ‚warmer Sonnenplatz mit Blick zur aufgehenden Sonne‘ gedeutet werden. Mit der Weißen Göttin Borbet in Worms korrespondiert also die Schwarze Göttin Ambet oder Ainbet auf dem Heiligenberg. Das dürfte der Name der Erdgöttin sein.
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Dies spiegelt sich im Blick nach Westen, zur untergehenden Sonne, die in der Nacht in den Todesschlaf eintritt und dann im Osten wiedergeboren wird.329 Dieser Urmythos findet sich übrigens auch im alten Ägypten, in der Himmelsgöttin Nut, die als Mutter der Gestirne auch die Toten beschützt und ihre Seelen am Morgen wieder ans Leben zieht.330 Für unseren Zusammenhang ist zu erkennen, dass die nach der Erdmutter verehrten Gottheiten auf dem Heiligenberg diesen Aspekt der jungsteinzeitlich-keltischen Göttin (schützendes Geleit für die Toten) fortführten: sowohl der Odin/Wodan der Germanen, der Merkur der Römer als auch der St. Michael der christlichen Zeit.331
6.3.4 Odin und Ainbet werden christianisiert Nun soll der religionsgeschichtliche Hintergrund für das Verbot des Wodan- und das Zurückdrängen des Ambet-Namens betrachtet werden. Die Franken waren der erste germanische Stamm, der mit der Taufe des Königs Chlodwig I. im Jahr 496 zum katholischen Christentum übertrat. Von Anfang an haben die Merowinger die Kirche und die Bischöfe als Stütze des Staates herangezogen. So wurde der am 11. November 397 verstorbene St. Martin, Bischof von Tours, zum Schutzheiligen der Franken ernannt. (Von der Kirche nicht betont wird dabei, dass der Name Martin von Mars, dem römischen Kriegsgott, abgeleitet ist.) Die übrigen germanischen Stämme nahmen das Christentum erst später an, die Sachsen im Norden wollten ihre heidnische Religion gar nicht aufgeben. In sehr langwierigen Kriegen, die mit äußerster Brutalität geführt wurden und von 772 bis etwa 804 dauerten, besiegte Karl der Große die Sachsen und unterzog sie einer Zwangs-Christianisierung. Er zerstörte die Irminsul, das Heiligtum der Sachsen, und die Eresburg, die größte altsächsische Volksburg (bei Marsberg im Hochsauerlandkreis). Im Jahr 782 ließ Karl der Große im Blutgericht von Verden an der Aller 4500 Sachsen enthaupten.
Odin und Ainbet werden christianisiert
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In einem Sondergesetz desselben Jahres verordnete er: 8. Sterben soll, wer Heide bleiben will und unter den Sachsen sich verbirgt, um nicht getauft zu werden oder es verschmäht, zur Taufe zu gehen.332 Der Kampf Karls des Großen galt besonders dem höchsten germanschen Gott Wodan. Im selben Jahr 782 belegte er mit hohen Geldstrafen, 21. Wer Gelübde nach heidnischem Brauch an Quellen, Bäumen oder Hainen darbringt oder nach heidnischem Brauch opfert … Wodan wurde im sächsischen Taufgelöbnis dem Teufel gleichgestellt. Der Täufling sollte antworten: end ec forsacho allum dioboles wercum and wordum, Thunaer ende Woden ende Saxnote ende allum unholdum, the hira genotas sint (und ich schwöre allen Teufels-Werken und -Worten ab, Donar und Wodan und Saxnot und allen Dämonen, die ihre Genossen sind)333 Saxnot war der Volksgott der Sachsen, Donar und Wodan höchste germanische Götter (zur Reihenfolge vgl. 3.3.1.2), die zusammen mit weiteren germanischen Göttern in unseren Wochentagen genannt werden: Dienstag (Tyr, Beschützer des Thing); Niederdeutsch Wunsdag, Englisch Wednesday (Wodan); Donnerstag, Englisch Thursday (Donar/Thor); Freitag (Frija/Freya). Fränkisches Königtum und Kirche verdrängten gemeinsam den ‚Wodanstag‘ im deutschen Sprachraum: Der Kirche gelang es, den ‚Wodanstag‘ im deutschen Sprachraum komplett zurückzudrängen und durch das nüchterne Wort ‚Mittwoch‘ zu ersetzen. König Ludwig der Fromme, der Sohn Karls des Großen, ließ auf einer Synode im Jahr 813 „den Michaelstag [= 29. September] in die Woche des Festes für Wodan legen“334. Der Erzengel Michael weist somit auf alte Wodanskultstätten hin, die zu christlichen Zwecken umgewandelt wurden.335
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6. Kapitel: Der besondere Heiligenberg am Neckar
Etwas anders ging die Kirche mit dem volkstümlichen Bethenkult um, der nicht ausgemerzt werden konnte und deshalb nur ab dem Hochmittelalter ersetzt wurde, wie bereits dargelegt. Was nämlich sollte die christliche Mission gegen den alten Namen des Heiligenbergs, gegen die Lesart „Ambets- oder Ainbetsberg“ unternehmen? In der Tat scheint es naheliegend zu sein, dass das keltische Wort Aberdinas frühgermanisch nicht mehr verstanden wurde und als „A(m)bedinas oder A(in)bedinas“ gelesen wurde. Durch die germanische Akzentverlagerung auf die erste Silbe wird der Wortanfang stärker akzentuiert und das „A“ zu „Am“ oder „Ain“ herausgearbeitet. Die letzte Silbe wird abgeschwächt: aus „-as“ wird „-es oder -s“. Offensichtlich wurde keltisch „aber“ nicht verstanden und verschliffen (Wegfall des „r“). Das keltische „dinas“ wurde falsch aufgelöst, indem das „d“ zu „Beden“ gestellt und das „-es oder -s“ als Genitivendung aufgefasst wurde. Der Genitiv drückt Zugehörigkeit aus: So entsteht der Berg mit dem Heiligtum der Ambet, der „Ambedins (Berg)“. Die keltische Silbe „in“ wiederum ist hier als altdeutsche weibliche Endung gedeutet (die noch in Berufsbezeichnungen, z.B.: der Müller, die Müllerin, erhalten, bei Personennamen aber verschwunden ist). Deshalb wird schließlich aus dem „Ambedins Berg“ neuhochdeutsch der „Ambeds- oder Ambetsberg“ (das „t“ ist nur eine Schreibvariante des Dentallautes „d“). Für uns heutige Menschen sind diese Vorgänge nicht ganz einfach zu erfassen, da wir stark auf das korrekt durch Orthographie und Regeln festgelegte schriftliche Deutsch fixiert sind. Man muss aber die Sprachentwicklung rückwärts gehen, um die Dinge zu erfassen. Schriftlich war früher die Ausnahme (nur wenige konnten schreiben, und als Regelwerk gab es nur das Latein), die Masse der Bevölkerung war nur mündlich unterwegs, und das auch noch im Dialekt und persönlichen Varianten. Einen ähnlichen Vorgang der Wortübernahme ins Deutsche findet man z. B. auf dem Weg des lateinischen Wortes „fenestra“ zu unserem „Fenster“: auch hier wurde durch die Akzentverschiebung von der lateinisch zweiten auf die germanisch erste Silbe das „e vor st“ abgeschwächt
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und zum Verschwinden gebracht und die ans Germanische angepasste Endung (von lateinisch -ra zu althochdeutsch -ar) zu „-er“ abgeschwächt. Die aus keltisch *Aberdinas336 hervorgehende Volksdeutung frühdeutsch *A(m)–bed–inas (Berg) wurde von den Mönchen unter christlichem Missionsauftrag durch die Weglassung des „d“ und Abschwächung der Endung (-as zu -es) in das überlieferte Wort ‚Aberines‘ verschoben. Es ist nach Auffassung des Autors als Anagramm, also als ein bewusst von den Mönchen verschlüsseltes Wort zu lesen, mit dem Zweck, die heidnische Spur, die zu den Drei Beten führt, zu verwischen. In diesem Wort verschwand die für die Kirche lästige Buchstabenfolge b – e – r – d , die in der Volksfrömmigkeit als -bed/-bet aufgefasst worden war. Außerdem konnte damit die Mönchsinterpretation „Abrahamsberg“ glaubhaft klingen, da ja Abraham ursprünglich „Abram“ hieß. Ab dem Jahr 890 tauchen in den Urkunden des Klosters Lorsch folgerichtig die Formen Abrahamsberg, Abrahae mons, Abramesberg, Abrinsberk, sogar Hebrensberc337 auf. Besonders „Abrinsberk“ scheint doch stark auf das überlieferte „Aberines“ hinzudeuten. Diese Deutung der Mönche hat sich aber letztlich nicht durchgesetzt. Sie war doch zu akademisch abgehoben; denn was hätten der Vater der Juden, Christen und Muslime oder gar die Hebräer mit dem Odenwaldberg zu tun gehabt? In den Vordergrund treten deshalb die Namen der Klöster St. Michael (der Erzengel als Ersatz des Wodan/Odin) und St. Stephan (als erster Märtyrer der Christenheit). Aber erst ab dem Jahr 1265 entsteht mit dem Namen Allerheiligenberg und dann verkürzt zu Heiligenberg ein vom keltischen Namen und seiner volkstümlichen Deutung als ‚Ambets Berg‘ unbelasteter, nämlich völlig neuer, originär christlicher Begriff. Durch die ‚Entfernung‘ des keltischen Worts suggerierte und suggeriert das Christentum bis heute, dass seine Glaubensauffassung nach den Römern der Anfang des religiösen Kultes oben auf dem Berg sei.
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6.4 Die Erdgöttin in ihrer mythischen Landschaft Kurt Derungs und Heide Göttner-Abendroth haben die Methode der Landschaftsmythologie entwickelt. Sie bedeutet in Kürze: Die matriarchale Vorstellung von der Göttin schlägt sich in der Sichtweise nieder, welche die Menschen der Jungsteinzeit von der Landschaft hatten. Sie betrachteten die Landschaft symbolisch, und besonders ‚weibliche‘ Züge im Landschaftsbild deuteten sie als Erscheinungen der Göttin. Denn die Erde insgesamt galt ihnen als Urgöttin, die umfassende Mutter, die alles Lebendige hervorbringt und nährt.338 Ausgehend von der sich in der Forschung verdichtenden These, dass die früheste sesshafte, jungsteinzeitliche Kultur eine Erd-. Himmels- und Fruchtbarkeitsgöttin als Dreiheit verehrte (vgl. Abb. 3), wurde diese als Weiße, Schwarze und Rote Göttin bezeichnet.339 1) Die Sonne, Licht und Himmel zugeordnete Weiße Göttin findet sich in Borbeth wieder, die in Worms verehrt wurde. Denn das von den Römern überlieferte keltische Wort ‚Borbetomagus‘ für Worms wurde vom Autor als ‚Borbets Feld‘ gedeutet. 2) Die Erde, Tod und Wiedergeburt zugeordnete Schwarze Göttin wird auf dem Heiligenberg zu finden sein. Denn dessen überlieferter Name war Aberinesberg, der nach Sprachanalyse des Autors ursprünglich keltisch *Aberdinas gelautet haben dürfte. Der volkstümliche Glaube wird (durch nachdrückliches Sprechen und Verschleifung des ‚r‘) *Ainbedines Berg herausgehört haben, also ‚Berg der Ainbedin‘ oder ‚Ainbet‘. 3) Vielleicht findet sich auch die Mond, (Lebens-)Rad, Fruchtbarkeit und Hochzeit zugeordnete Rote Göttin in der nahen Siedlung Weinheim wieder, das in der ältesten Form als „Winenheim“ überliefert ist? Entgegen der in der Literatur vertretenen Deutung („Der Name Weinheim kommt demnach nicht vom Wein, der in der Gegend angebaut wird, sondern von Winos Heim.“340) sieht der Autor einen Zusammenhang
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mit Mittelhochdeutsch „wine, winege“ = Freundin, Geliebte, sodass Weinheim auf die Spur der Wilbeth führen könnte. Will man den Spuren der Göttinnenverehrung in der Landschaft des Heiligenbergs nachspüren, so ergeben sich zwei Fragen: „Warum liegen solche Anlagen an einem jeweils bestimmten Platz in der Landschaft, das heißt, was fügt die umgebende Landschaft zur Anlage hinzu? … Was haben sich die Menschen aus jenen sehr frühen Kulturepochen gedacht, wenn sie ein Bauwerk an je einen bestimmten Platz setzten? Genauer: Wie haben sie die Landschaft gelesen …?“341 Wenn man sich der symbolischen Betrachtungsweise der frühen Zeit nähert, „die auf ihrem matriarchalen Weltbild beruhte“ 342, kommt man zu erstaunlichen Ergebnissen. Heide Göttner-Abendroth hat diese Methode der Modernen Matriarchatsforschung auf einige Landschaften Deutschlands und der Alpen angewendet 343, aber nicht auf den Odenwald. Der Autor möchte zum Schluss eine solche landschaftsmythologische Deutung für den Heiligenberg im Odenwald wagen. Es folgt eine Interpretation der Landschaft des Heiligenbergs und seines Umfeldes (siehe Abb. 24) (Zum Vergleich kann man die Skizze der keltischen Anlage, die Fotografien und die topographische Übersicht auf den Abbildungen 10, 19 und 20 heranziehen): Vom Westen sieht man unseren Berg mit seinen beiden Gipfeln, den höheren Heiligenberg mit der Ruine der Michaelsbasilika auf 440 m und den niedrigeren Michelsberg mit den Ruinen des Stephansklosters und dem Heidenloch auf 375 m, die sich deutlich über den auf 107 m Höhe fließenden Neckar erheben. Der ganze Heiligenberg lässt eine liegende Erdgöttin erkennen, die unter ihrer Brust (höherer Gipfel) neben ihrem Herzen Platz für die Toten (Bestattungsplätze) hat und mit ihrem Schoß (tieferer Gipfel) den mystischen Ort der Wiedergeburt (Heiligenloch) umfängt, liegend an der Quelle des Lebens (den Wassern des Neckar).
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Abb. 24: Landschaftsmythologie des Heiligenbergs. Qu.: Skizze Kumpf, graf. Umsetzung Wünsch.
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Entsprechend der christlichen Mission, der Verdrängung alter Kulte, wurden die beiden heiligsten Stellen der liegenden Göttin später durch die beiden christlichen Klöster besetzt. Bezieht man im Umfeld weitere Flurnamen, Quellen, Wege und Sagen mit in die Landschaftsdeutung ein, so ergibt sich etwa: Die liegende Muttergöttin mit ihrer Kultstätte (Heiligenberg 440 m) und Mystik (Michelsberg 375 m) hält östlich neben sich ihr Kind (Heidenknörzel, auch ca. 440 m), aus dem viele Quellen der Fruchtbarkeit (beim Haarlaß) hervortreten. Im Nordosten (Sommersonnenwende) ist sie mit dem Naturheiligtum der Weißen Frau (Weißer Stein 548 m) verbunden und Richtung Weinheim mit vielen Sagenorten der Weißen Frau344. Im Südosten (Wintersonnenwende) führt der alte Weg hinunter zum Neckar (fruchtbringendes Wasser) und hinauf über die Himmelsleiter345 auf den höchsten Ort, zum dem Himmel nahen ‚Stuhl der Königin‘ (Königstuhl 570 m). Unten am Jettenbühl am Königstuhl (Baugrund des später errichteten Heidelberger Schlosses) lebte die germanische Seherin Jetta, die das Schicksal voraussagen konnte. Damit war sie wie die griechische Sybille eine göttlich inspirierte Sehern. Sie war die letzte Priesterin der alten Erd- und Muttergöttin. Zusammenfassung zum Heiligenberg: Zunächst vertiefte der Autor keltische und jungsteinzeitliche Kenntnisse über den Heiligenberg und sein näheres und weiteres Umfeld, besonders im Bereich der alten Sichtlinien zwischen Bergkultplätzen, die zur Deutung des Heiligenbergs als ‚Abendberg‘ führten. Dann wurde versucht, hinter den ältesten überlieferten Namen für den Heiligenberg zurückzugehen. Im Jahr 882 ist der Heiligenberg zuerst als ‚Aberinesberg‘ in den Quellen genannt. Der Autor weist nach, dass
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dieses Wort das erschlossene keltische *Aberdinas ist (‚MündungsBergfestung‘) und dass es unter dem Einfluss des nahen Bethenkults von Worms in der Volksfrömmigkeit als *Ainbetas (Berg) gelesen wurde. Das Volk nannte den Heiligenberg also, da die keltischen Wortbestandteile ‚aber‘ (Mündung) und ‚dinas‘ (Bergfestung) nicht mehr erkannt wurden, verdeutlichend *Ainbetsberg. Das ist der Name der Erdgöttin, die seit der Jungsteinzeit auf der Höhe des Berges verehrt wurde.346 Der gesamte Heiligenberg und sein Umfeld bis zum Weißen Stein und Königstuhl fügt sich in ein landschaftsmythologisches Ganzes ein, das die symbolhafte, ehrfürchtig spirituelle Sicht des jungsteinzeitlichen Menschen offenbart. So wie die Landschaft bei den späteren Kulturen der Kelten, Germanen und Römer überwiegend strategisch als Schutz vor kriegerischen Überfällen genutzt und verstanden wurde, so wurde sie in der frühen Zeit der matriarchalen Bauernkulturen als Offenbarung des Wesens der Erdengöttin als Große Mutter gelesen.
Endnoten Kapitel 1: Zur Einführung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Heide Göttner-Abendroth: Geschichte matriarchaler Gesellschaften und Entstehung des Patriarchats. Band III: Westasien und Europa. Stuttgart 2019. Kurt Derungs: Kulturerbe der Landschaft. Begründung und Definition von Landschaftsmythologie. www.derungs.org (Zugriff am 30.3.2022). Heide Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie. Von der Ostsee bis Süddeutschland. Stuttgart 2014. Heide Göttner-Abendroth: a. a. O., S. 21–31. Gerd Wilser: Mit Indianeraugen sehen – Landschaft als Schlüssel zum Verstehen des Weltbilds der Indianer. Studienarbeit. München 1999, S. 4. Gerd Wilser, a. a. O., S. 7. Charles A. Eastman: Ohijesa – Jugenderinnerungen eines Sioux-Indianers. Frankfurt 1981. In: Wie der Hauch eines Büffels im Winter, Hg. T. C. McLuhan. Hamburg 1980, S. 42. Gerd Wilser, a. a. O., S. 8. Häuptling Seattle, nach der CD-Textbeilage des René Bardet: Vielleicht, weil ich ein Wilder bin. Bosinghausen: Wundertüte Musik 1982. Häuptling Seattle, a. a. O. Uno Holmberg: Das Wasser des Lebens. Göttinnen und Wasserkult. Bern 1997, S. 53. Uno Holmberg, a. a. O., S. 54. Dänemarks Königin Margarethe feiert 50. Thronjubiläum. Fränkische Nachrichten, 14.1.2022.
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Kapitel 2: Quellheiligtümer im Odenwald 14 Karl Weinhold: Die Verehrung der Quellen in Deutschland. Berlin 1898, S. 48. 15 Karl Weinhold, a. a. O., S. 67. 16 Norbert Wand: Mittelalterliche Einsiedeleien, Quellheiligtümer und Wallfahrtsstätten im Odenwald. Heppenheim 1995. 17 Hans-Günther Morr: Geheimnisvoller Odenwald. Mythen, Sagen und Legenden aus der Früh- und Keltenzeit. Weinheim 2007. 18 Peter W. Sattler und Thomas Fettel: Klöster, Kirchen und Kapellen. Sakrale Baukunst im Odenwald. Norderstedt 2016. 19 Coventina (mit Nymphen-Triade). de.wikipedia.org (Zugriff am 5.4.2022). 20 Titel bei: Norbert Wand, a. a. O., Anmerkung 23. 21 Vgl. Norbert Wand, a. a. O., Anmerkung 24. 22 Norbert Wand, a. a. O., S. 12–14. 23 Norbert Wand, a. a. O., S. 16. 24 Informationstafel „Quelltopf der Heiligen Quelle“ in Neunkirchen. 25 Heilige Quelle Neunkirchen. www.komoot.de (Zugriff am 6.4.2022). 26 Amorsbrunn. 2.8.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 6.4.2022). 27 Amorbach – Quellheiligtum und mystischer Kraftort. Wallfahrtsportal des Bistums Würzburg. wallfahrt.bistum-wuerzburg.de (Zugriff am 6.4.2022). 28 Norbert Wand, a. a. O., S. 36. 29 Dazu Forschungen von Göttner-Abendroth (Matriarchale Landschaftsmythologie: Bayrischer Wald) und Holmberg (Das Wasser des Lebens: Westsibirien). 30 Fritz Weber: Heilquelle, Waschplatz, Viehtränke. Das Rüdenauer Ottilienbrunnen-Denkmal wird 100 Jahre alt – Die Quelle galt bereits im Mittelalter als Wallfahrtsort. Main-Echo Aschaffenburg 11.9.2008. www.main-echo.de (Zugriff am 6.4.2022). 31 Rezension zu „Die Kapellen der Heiligen Odilia im Kraftfeld der Geomantie“ von Joachim J’nemann 1992. www.amazon.de (Zugriff am 6.4.2022). 32 Lucia von Syrakus. Ökumenisches Heiligenlexikon. www.heiligenlexikon.de (Zugriff am 6.4.2022). 33 Norbert Wand, a. a. O., S. 55.
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34 Wendelin von Tholey. www.heiligenlexikon.de (Zugriff am 6.4.2022). 35 Wendelin von Tholey, a. a. O. 36 Evangelische Pfarrkirche (Güttersbach). 13.10.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 6.4.2022). 37 Norbert Wand, a. a. O., S. 51. 38 Norbert Wand, a. a. O., S. 53. 39 Norbert Wand, a. a. O., alle Zitate auf S. 53. 40 Norbert Wand, a. a. O., S. 54. 41 „Schöllenbach, ehem. Ev. Pfarrkirche. Schöllenbacher Altar, heute Schloss Erbach, Hubertuskapelle.“ Mittelalterliche Retabel in Hessen. Ein Forschungsprojekt der Philipps-Universität Marburg, der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität Osnabrück 2012–2015, S. 5. 42 Schöllenbach, ehem. Ev. Pfarrkirche. Schöllenbacher Altar, a. a. O., S. 12. 43 Vgl. dazu Göttner-Abendroth, passim. 44 Schöllenbach, ehem. Ev. Pfarrkirche. Schöllenbacher Altar, a. a. O., S. 6. Sekundärliteratur dort auf S. 9f. 45 Besuch der Quellkirche in Schöllenbach. www.bergstrasse-odenwald.de (Zugriff am 7.4.2022). 46 Norbert Wand, a. a. O., S. 61. 47 Ottilienquelle in Hesselbach. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg): Kulturdenkmäler in Hessen. denkxweb.denkmalpflegehessen.de (Zugriff am 7.4.2022). 48 Norbert Wand, a. a. O., S. 46. 49 Norbert Wand, a. a. O., S. 43. 50 Karl Weinhold: Die Verehrung der Quellen in Deutschland. Berlin 1898, S. 63. 51 Norbert Wand, a. a. O., S. 57. 52 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 84. 53 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 83. 54 Itter (Neckar). 13.9.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 7.4.2022). 55 Lichtenklingen. Hinweistafel des Geo-Naturpark BergstraßeOdenwald. (Zugriff am 7.4.2022). 56 Norbert Wand, a.a.O., S. 60. 57 Gert Heinz Kumpf: Historische Studien im Odenwald. 18 Untersuchungen von der Jungsteinzeit über fränkische
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Landnahme, Kolonisation der Klöster, Zenten, Bauernkrieg und Reichskreis bis zur Grafschaft Erbach. München 2022, S. 79. 58 Zwölf-Röhren-Brunnen in Beerfelden. www.online.destination.de (Zugriff am 24.8.2022) 59 Der Argumentationsgang ist nachzulesen in: Gert Heinz Kumpf: Sagenkreise und Nibelungenorte im Odenwald. Eine mythologische Spurensuche. München: Grin 2022, S. 69–92. 60 Uno Holmberg, a. a. O., S. 162.
Kapitel 3: Weitere Kultplätze der Frühzeit 61 Kaltzeiten des Quartärs im Alpenraum und Norddeutschland. In: Känozoisches Eiszeitalter. 29. Januar 2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 19.2.2022). 62 Kumpf. de.wikipedia.org (Zugriff am 5.4.2022). 63 Harald Haarmann: Das Rätsel der Donauzivilisation. Die Entdeckung der ältesten Hochkultur Europas. München 2011, S. 162. 64 Großsteingrab. 4.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 8.4.2022). 65 Straße der Megalthkultur, zwischen Osnabrück und Oldenburg. www.strassedermegalithkultur.de (Zugriff am 8.4.2022). 66 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 93. 67 M. Hiller: Hexenplatz, Reonga und Hinkelstein – Rätselhaftes aus der Flur. In: Durchblick. Monatszeitschrift für Lautertal und Modautal. April 2021. https://dblt.de (Zugriff am 9.4.2022). 68 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 78. 69 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 78. 70 Freiheit – Eine Geschichte. http://ferienwohnung-alte-freiheit.de (Zugriff am 8.4.2022). 71 Meki-Wanderkarten Hessischer Odenwald Nord und Süd 1:30.000, Kompass-Wanderkarte Odenwald 1:75.000, Wanderkarten des Hessischen Landesamts für Bodenmanagement und Geoinformation 1:20.000, Topographische Karten 1:50.000 und 1:25.000. 72 Darlegung der wissenschaftlichen Zusammenhänge in meiner Schrift: Der Odenwald wird besiedelt. Historische Untersuchungen zu fränkischer Landnahme, Kolonisation der Waldmarken, Waldhufendörfern und Villikation Beerfelden. München 2021, passim.
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73 Darlegung in meiner Schrift: Der Odenwald ungeteilt und einzigartig. Geographische Analysen zu Abgrenzung, Entstehung, Großlandschaften, Limes, Talsystemen und Gewässernamen des Gebirges. München 2021, S. 74–82. 74 Alle Zitate: M. Hiller, a. a. O. 75 Geplant für 2022/23: „Namenforschung Heidelberg und Odenwald. Kulturgeschichtliche Analysen“, auch im Grin-Verlag München. 76 Spreng (Odenwald). 31.8.2021.de.wikipedia.org (Zugriff am 10.4.2022). 77 Morsberg (Odenwald). 31.8.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 10.4.2022). 78 Heiligenberg. Gemarkung Jugenheim an der Bergstraße. Historisches Ortslexikon im: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen. www.lagis-hessen.de (Zugriff am 10.4.2022). 79 Nieder-Liebersbach. 5.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 10.4.2022). 80 Geschichte der Matriarchatstheorien. 27.1.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 11.4.2022). 81 Dreifaltige Göttin. 22.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 11.4.2022). 82 Die Sommermonate Juni und Juli heißen in der tschechischen Sprache Červen und Červenec, was Rot und Röter bedeutet. Damit symbolisieren sie die Sommerhitze und Sonnenglut sogar im Namen. Hier wird die „Rote Göttin“ noch greifbarer. 83 Bild der Hekate und Hinweis auf Graves in: Dreifaltige Göttin, a. a. O. 84 Heide Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie, a. a. O., S. 34–38. 85 In meiner Schrift „Sagenkreise und Nibelungenorte. Eine mythologische Spurensuche“. München 2022, S. 14-25. 86 Gert Heinz Kumpf: Sagenkreise und Nibelungenorte, a. a. O., S. 16. 87 Weiteres zum „Weißen Stein“: unter Kumpf: Sagenkreise und Nibelungenorte, a. a. O., S. 16-18. 88 Alle Zitate unter: Holunder. 26.2.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 12.4.2022). 89 Schneeberg: Die Muttergottes auf dem Holderstock. https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de (Zugriff am 11.4.2022). 90 Schneeberg, a. a. O. 91 Begriff der Matriarchatsforscherin Göttner-Abendroth, z. B. die ‚Witten Wiwer‘ auf Rügen. In: Matriarchale Landschaftsmythologie, a. a. O., S. 38–43.
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92 Kumpf: Sagenkreise und Nibelungenorte im Odenwald, a. a. O., S. 11-14. 93 Grasellenbach. 9.4.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 21.4.2022). 94 Miriam und Peter Seisler: Mystische Frauensagen aus dem Odenwald. Hamburg 2020, S. 45–54. 95 Ean Begg: Die unheilige Jungfrau. Das Rätsel der Schwarzen Madonna. Bad Münstereifel 1989, S. 97. 96 Ean Begg, a. a. O., S. 97. 97 Ean Begg, a. a. O., S. 97. 98 Wallburg. 6.4.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 13.4.2022). 99 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 59f und 56f. 100 Hügelgrab. 14.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 13.4.2022). 101 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 9. 102 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 10f. 103 Viereckschanze. 1.4.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 13.4.2022). 104 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 62. 105 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 64. 106 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 70-72. 107 Nemetona. 17.9.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 13.4.2022). 108 Matronen. 24.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 11.4.2022). 109 Ima Krüger: Matronis. Auf den Spuren der alten Göttin. www.godeweg.de (Zugriff am 19.10.2021). 110 Höchst im Odenwald. https://jo.jimdofree.com (Zugriff 19.10.2021). 111 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 38. 112 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 37. 113 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 33. 114 Kimbern. 28.12.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 13.4.2022). 115 Tacitus: Germania Lateinisch/Deutsch. Stuttgart 1972, Abschnitt 37. 116 Gaius Julius Caesar: De bello Gallico/Der Gallische Krieg. Lateinisch/Deutsch. Ditzingen 2020, Zweites Buch, 29, 4 (S. 127). 117 Die zimbrischen Gemeinschaften in Italien (8 Seiten). www.cimbernkuratorium-bayern.de (Zugriff am 2.7.2021). 118 Vgl. dazu den Abschnitt „Das Mutterhorn. Im Zermatter Tal im Wallis, Westschweiz“ in: Heide Göttner-Abendroth: Berggöttinnen der Alpen. Matriarchale Landschaftsmythologie in vier Alpenländern. Bozen 2016, S. 323–347. 119 Kimbernkriege. 18.10.2021. Weg eingetragen auf der Karte „Kimbernkriege (ca. 113 – 105 v. Chr.)“. de.wikipedia.org (Zugriff am 14.4.2022).
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120 Alamannen. 11.1.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 16.4.2022). 121 Erste Lautverschiebung. 13.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 17.4.2022). 122 Opfermoore. 27.10.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 16.4.2022). 123 Kontinentalgermanische Mythologie. 8.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 16.4.2022). 124 Kontinentalgermanische Mythologie, a. a. O. 125 Tacitus: Germania, a. a. O., Abschnitt 9, 1. 126 Wochentage. 28.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 16.4.2022). 127 Bei Notker und Otfried. In: Mittwoch. 12.9.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 16.4.2022). 128 Tacitus zieht dagegen Herkules heran, was aber eher eine Kuriosität sein dürfte. 129 Die etymologische Ableitung macht aber Schwierigkeiten. Siehe dazu Abschnitt „Etymologie“.In: Freitag. 25.7.2021). de.wikipedia.org (Zugriff am 16.4.2022). 130 Liste der Germanisch-Neuheidnischen Feiertage. 16.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 19.4.2022). 131 Otto Heinrich von der Gablentz: Wodan und Michael. Quelle: Geschichtliche Verantwortung, S. 137. http://monarchieliga.de (Zugriff am 16.4.2022). 132 Altsächsisches Taufgelöbnis, in: Braune/Ebbinghaus: Althochdeutsches Lesebuch. Tübingen 1969, S. 39. 133 Mercurius Cimbrianus. 14.8.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 14.4.2022). 134 Bügelfibel von Nordendorf. 10.2.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 17.4.2022). 135 Anders Hultgard: Wotan-Odin. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Bd. 35. Berlin 2007, S. 759f. (= Nachweis 8 in: Odin. de.wikipedia.org) 136 Tacitus: Germania, a. a. O., Abschnitt 9, 5+6. 137 Capitulatio de partibus Saxoniae. 8.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 19.4.2022). 138 Tacitus: Germania, a. a. O., Abschnitt 11. 139 Denkmalamt Hessen, in: Der Odenwald – wie er einmal war. www.alterodenwald.de (Zugriff am 19.4.2022). 140 Tacitus: Germania, a. a. O., Abschnitt 40. 141 Liste der Germanisch-Neuheidnischen Feiertage, a. a. O.
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142 Tacitus: Germania, a a. O., Abschnitt 40. 143 Die Erdgöttin Nertha wird auch Hludana genannt. Hludanas Kultstätte soll mit dem „belgischen Lanaken, bei dem sich eine der ältesten merowingischen Reihengräberkulturen befindet, (verbunden sein)“. (Qu.: Hludana, Wikipedia). Reinhard Wenskus sieht „mit der altnordischen Bezeichnung Hlodyn für diese Gottheit auch eine Übertragungsmöglichkeit auf den Namen und Wirkungsraum des Frankenkönigs Chlodio, altnordisch Hlodr“ (Qu.: a. a. O.). Das hieße, dass sich das Geschlecht der frühen Frankenkönige, der Merowinger, mythologisch von der größten und ältesten Göttin, der Erdgöttin Hludana (altisländisch Jörd, nordisch Hlodyn und Hludana, süd-germanisch Nertha = Erda) ableitete. 144 Vgl. Nertha. https://wiki.yoga-vidya.de (Zugriff am 20.4.2022). 145 Apuleius: Der goldene Esel, 2. Jh. zitiert nach: Erdenmutter. https://mittelalter.fandom.com (Zugriff am 18.3.2022). 146 Beten (Mythologie). 19.12.2020. de.wikipedia.org (Zugriff am 19.4.2022). 147 Die Ziffern beziehen sich auf die Nummerierung der Beedenkirchener Flur des 18. Jahrhunderts, in der Karte von Philipp Buxbaum 1960. In: Durchblick, Aprilheft 2021 www.dblt.de (Zugriff am 20.4.2022). 148 Keltische Feiertage im Jahreskreis. Von Ina Brecheis. www.grueneinsel.de (Zugriff am 20.4.2022). 149 Beedenkirchen feiert 2012 1000-jähriges Bestehen. www.bergstrasse.de (Zugriff am 20.4.2022). 150 Norbert Wand, a. a. O., S. 43. 151 Sobotta: Vorreformatorische Wallfahrten in Deutschland. In: https://sites.google.com/site/sobottamagdeburg (Zugriff am 20.4.2022). 152 Historisches Ortslexikon. www.lagis.de (Zugriff am 20.4.2022). 153Miriam und Peter Seisler: Mystische Frauensagen aus dem Odenwald. Hamburg 2020, S. 59. 154 Kaiserstuhl (Gebirge). 9.4.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 21.4.2022). 155 Heide Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie. Stuttgart 2014, S. 41f. 156 Miriam und Peter Seisler: Mystische Frauensagen aus dem Odenwald, a. a. O., S. 65.
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157 Otmar Glaser: Der Aussichtsturm auf dem Katzenbuckel. 600 Jahre Waldkatzenbach, 1970, S. 186. 158 Gert Heinz Kumpf: Sagenkreise und Nibelungenorte im Odenwald. Eine mythologische Spurensuche. München 2022.
Kapitel 4: Christliche Kultplätze im Odenwald 159 Die Bibel. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. Gesamtausgabe. Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 1980, S. 186 (Dtn. 7, 1). 160 Die Bibel, a. a. O., S. 186 (Dtn. 7, 5). 161 Konstantinische Wende. 26.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 23.4.2022). 162 Iroschottische Kirche. 21.4.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 23.4.2022). 163 Bonifatius. 5.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 23.4.2022). 165 Bonifatius, a. a. O. 165 Capitulatio de partibus Saxoniae. 8.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 23.4.2022). 166 Ludwig der Fromme. 22.12.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 23.4.2022). 167 Zusammenstellung des Autors nach verschiedenen Quellen, besonders: Liste der Germanisch-Neuheidnischen Feiertage. 16.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 23.4.2022). 168 Sirona (Mythologie). 7.1.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 23.4.2022). 169 Friedrich Muthmann: Quellen, Flüsse und Göttinnen. In: Udo Holmberg: Das Wasser des Lebens. Göttinnen und Wasserkult. Bern 1997, S. 17f. 170 Friedrich Muthmann, a. a. O., S. 21. 171 Uno Holmberg: Das Wasser des Lebens. Göttinnen und Wasserkult. Bern 1997, S. 125. 172 Uno Holmberg, a. a. O., S. 129. 173 Uno Holmberg, a. a. O., S. 56. 174 Uno Holmberg, a. a. O., S. 151. 175 Karl Weinhold: Die Verehrung der Quellen in Deutschland. Berlin 1898, S. 67. 176 Norbert Wand, a. a. O., S. 20.
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177 Norbert Wand, a. a. O., S. 36. 178 Harald Haarmann: Das Rätsel der Donauzivilisation, a. a. O., S. 163. 179 Homerische Hymnen. Griechisch und deutsch herausgegeben von Anton Weiher. München 1989, S. 7–23. 180 Gregor von Tours: Historiae 8, 15, S. 381f. 181 Hans-Werner Goetz: Die Wahrnehmung anderer Religionen und christlich-abendländisches Selbstverständnis im frühen und hohen Mittelalter (5.–12. Jahrhundert), Band 1. Berlin 2013, S. 85. 182 Hans-Werner Goetz, a. a. O., S. 89. 183 Paulus Diaconus, Historia Langobardorum 4, 36, S. 128. Zitiert nach Hans-Werner Goetz, a. a. O., S. 89. 184 Otto Heinrich von der Gablentz: Geschichtliche Verantwortung. Zum christlichen Verständnis der deutschen Geschichte. Stuttgart 1949, S. 137. 185 O. H. von der Gablentz, a. a. O. 186 Bild, in: Michaelskapelle (Bad Godesberg). 26.10.2020. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.4.2022). 187 Wolfram Becher: Michelstadt und Erbach. Amorbach 1980, S. 28. 188 Heilig-Kreuz-Kapelle (Michelstadt). 30.8.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.4.2022). 189 Heide Göttner-Abendroth: Berggöttinnen der Alpen. Bozen 2016, S. 211. 190 Südhessisches Flurnamenbuch. In. LAGIS. www.lagis-hessen.de (Zugriff am 2.3.2022). 191 Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Stuttgart 1972. 192 Heinrich Tischner: 2 Artikel: Tromm; Gaelisch. www.heinrichtischner.de (Zugriff am 24.4.2022). 193 Michaelskloster (Heidelberg). 6.6.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.4.2022). 194 Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinden Gronau/Zell und Schönberg/Wilmshausen. https://gronau-zell.ekhn.de (Zugriff am 9.2.2022). 195 Michaelskirche (Eberbach). 26.12.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 24.4.2022). 196 Franziskanerkloster Engelberg. Unsere Geschichte. 2020. https://kloster-engelberg.com (Zugriff am 24.4.2022).
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201
197 Die 12 Apostel in Nonrod – woher kommt der Name. In: Fischbachtal, Ortsgeschichte. www.fischbachtal.de (Zugriff am 25.4.2022). 198 Norbert Wand, a. a. O., S. 72, Karte S. 78f. 199 Amorbach. Wallfahrten im Bistum Würzburg. https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de (Zugriff am 17.2.2022).
Kapitel 5: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend 200 barbara g. walker: das geheime wissen der frauen, ein lexikon. Frankfurt/Main 2007, S. 109. 201 barbara g. walker, a. a. O., S. 110. 202 barbara g. walker, a. a. O., S. 111. 203 barbara g. walker, a. a. O., S. 110. 204 Die Bibel wird hier wie bei den folgenden Textstellen nach der Einheitsübersetzung des Katholischen Bibelwerks Stuttgart zitiert. 205 Sacri Monti. 1.2.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 26.4.2022). 206 Namen auf der Webseite „Sacri Monti“, a. a. O. 207 Melibokus. 25.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 28.4.2022). 208 Schloss Malberg. Das Barockjuwel im Kylltal. 2022. Geschichte. www.schloss-malberg.de (Zugriff am 30.4.2022). 209 Stichwort Malberg. In: Althochdeutscher Sprachschatz oder Wörterbuch der althochdeutschen Sprache. Hg. v. E. G. Graff. Berlin 1837, S. 186. 210 Malbergische Glossen. 24.1.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 30.4.2022). 211 Beide Zitate: Thing. 1.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 30.4.2022). Vermutlich sind die Begrenzungssteine um den Beerfelder Galgenplatz herum, die neueren Datums sind, solchen alten Gerichtssteinen nachempfunden. 212 Malchen, Dorflinde. Gerichtsstätten in Hessen. In: www.lagishessen.de (Zugriff am 30.4.2022). 213 Juhöhe (Mörlenbach). 5.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2022). 214 Juhöhe. 5.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2022). 215 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 9. 216 Juhöhe, a. a. O. 217 Juhöhe, a. a. O.
202
Endnoten
218 Wallfahrtsstätte Kreuzberg. In: Stadtführer Hemsbach. Der Reiseführer für die Hosentasche. www.world-qr.com (Zugriff am 25.5.2022). 219 Informationstafel „Der Kreuzberg“ am Parkplatz „Wolfslücke“ in Ober-Laudenbach. http://unterwegs-in-der-region-bergstrasse.de (Zugriff am 7.2.2022). 220 Wanderung Rohrwiesen und Wallfahrtsstätte Kreuzberg (Hemsbach). www.ich-geh-wandern.de (Zugriff am 25.5.2022). 221 Beide Zitate: Naturdenkmal Steinerner Gaul. In: Stadtführer Hemsbach, a. a. O. 222 Jüdischer Friedhof. In: Stadtführer Hemsbach, a. a. O. 223 Erwin Meyer: Aus der Vorgeschichte des östlichen Odenwaldgebietes, Schluss. In: Die Heimat. Beilage der Odenwälder Heimatzeitung – Erbacher Kreisblatt. 7/1954. 224 Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790. In: Goethe: Faust. Hg. und kommentiert von Erich Trunz. München 1979, S. 369f. 225 Mercurius Cimbrianus. 14.8.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 25.5.2022). 226 Erwin Meyer, a. a .O. 227 Erwin Meyer, a. a. O. 228 Keltischer Ringwall. Quelle: Georg Spalt: Die Gemeinde Fischbachtal und ihre Ortsteile, 1972. www.fischbachtal.de (Zugriff am 31.5.2022). 229 Keltischer Ringwall, a. a. O. 230 Nach Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 54. 231 Keltischer Ringwall, a .a. O. 232 Renate Kauderer. Der rituelle Jahreskreis. Feste, Bräuche und Rituale im Jahreskreis. Graz 2020, S. 82. 233 Joseph von Eichendorff: Mondnacht (1837). Zitiert nach Echtermeyer: Deutsche Gedichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hg. v. Paefgen u. Geist. Berlin 2005, S. 318. 234 Neunkircher Höhe. 5.5.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 31.5.2022). 235 Siehe dazu meine Darlegung: Kumpf: Der Odenwald ungeteilt und einzigartig. Geographische Analysen … Igersheim 2021, S. 107. 236 Beide Zitate: Heide Göttner-Abendroth: Berggöttinnen der Alpen. Bozen 2016, S. 137 und 130.
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203
237 Beide Zitate: Stichwort Kessel. In: barbara g. walker: das geheime wissen der frauen. Franfurt a. M. 1993, S. 553. 238 Urkunde 6a: Über die Mark Heppenheim. Nach Urkunde 6 (Reg. 845): Schenkung Karls des Großen in Heppenheim, 20. Januar 773. CL I 6a 773. https://archivum-laureshamense-digital.de (Zugriff am 31.5.2022). 239 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 76. 240 Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Stuttgart 1972. 241 Kahlberg (Odenwald). 5.11.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 31.5.2022). 242 Nachschrift von Mitte August 795 nach der Urkunde 6a „Über die Mark Heppenheim“, a. a. O., Übersetzung von Karl Josef Minst, S. 59. 243 Weschnitz. Historisches Ortslexikon. www.lagis-hessen.de (Zugriff am 1.6.2022). 244 CIL. 13, 6404. In: Visucius. 29.10.2020. Anmerkung 3. de.wikipedia.org (Zugriff am 1.6.2022). 245 Walehinhoug oder Kahlberg: eine uralte Grenzscheide. In: Durchblick. Monatszeitschrift für Lautertal und Modautal. 8. September 2021. https://dblt.de (Zugriff am 19.1.2022). 246 Walehinhoug oder Kahlberg, a. a. O. 247 Ausführliches Zitat bei: Walehinhoug oder Kahlberg, a. a. O. 248 Beide Zitate: Walburgiskapelle (Fürth-Weschnitz). 4.3.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 1.6.2022). 249 Rüdiger Ofenloch: Walburgiskapelle – Friedlich, besinnlich und mitten in der Natur. www.myodenwald.de (Zugriff am 1.6.2022). 250 Katja Gesche: Geheimnisvoller Donnersberg. 18.1.2019. www.echo-online.de (Zugriff am 10.3.2022). 251 Michael Steinbacher: Das fränkische Wendland. PDF 2021, S. 177. 252 Der Donnersberg ein „Donarsberg“? Info-Tafel des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald. 253 Der Donnersberg ein „Donarsberg“? a. a. O. 254 Ulrichsbrunnen. 10.4.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 19.4.2022). 255 Karl Weinhold: Die Verehrung der Quellen in Deutschland. 1898, S. 45. 256 Wormeln. www.warburg.de (Zugriff am 1.6.2022). 257 Milešovka. 23.5.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 1.6.2022). 258 Götzenstein. 4.4.2019. de.wikipedia.org (Zugriff am 6.6.2022). 259 Abtsteinach. 16.4.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 6.6.2022).
204
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260 Urkunde 6a des Klosterarchivs Lorsch, a. a. O. 261 Odenwald: Vom Exotenwald in Weinheim zum Götzenstein bei Löhrbach [Ausflug]. 10.6.2021. www.mikrogeschichte.de (Zugriff am 5.6.2022). 262 Katja Gesche: Geheimnisvoller Götzenstein. 5.3.2019. www.echoonline.de (Zugriff am 15.3.2022). 263 Katja Gesche: Geheimnisvoller Götzenstein, a. a. O. 264 Hinweistafel „Götzenstein“. 2.3.2022. 265 Katja Gesche: Geheimnisvoller Götzenstein, a. a. O. 266 Stoanisch sehenswert. Informationstafel „Teufelsstein“. Gemeinde Abtsteinach. 367 Der Teufelsstein am Waldskopf bei Abtsteinach. www.odenwaldwandern.de (Zugriff am 13.3.2022). 268 Waldskopf. 19.1.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 7.6.2022). 269 Wanderung vom Teufelsstein zum Muttergottesbrünnele. 15.3.2017. Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald. www.geo-naturpark.net (Zugriff am 13.3.2022). 270 Diese Details hat Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 75f. 271 Hinweis gefunden bei: Widderkopf. Römerkastell Saalburg. www.saalburgmuseum.de (Zugriff am 7.6.2022). 272 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 58. 273 Der Autor hat das Einzugsgebiet des Kanzelbachs, der bei Schriesheim den Odenwald verlässt und in den Neckar einmündet, in seinem Geographiebuch „Der Odenwald ungeteilt und einzigartig. … München 2021, S. 170-180 beschrieben und abgebildet. 274 Auszug aus der Geschichte Rippenweiers. www.weinheim.de (Zugriff am 8.6.2022). 275 Wildeleutestein. www.bergstrasse-odenwald.de (Zugriff am 8.6.2022). 276 Michael Steinbacher: Das fränkische Wendland und seine slawischen Orts-, Gewässer-, Berg-, Wald- und Flurnamen, S. 183. https://fränkischeswendland.de (Zugriff am 10.6.2022). 277 Rainer Türk: Wanderungen im fränkischen Odenwald: Weilbach. Weilbach o. D., S. 16. 278 Rainer Türk, a. a. O., S. 16. 279 Informationstafel an der Wallanlage auf dem Greinberg, neben dem heutigen südlichen Tor. 280 Tempelanlagen Greinberg. Museen am Mainlimes. www.museenmainlimes.de (Zugriff am 11.6.2022).
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205
281 Der Mainlimes. Museen am Mainlimes. www.museen-mainlimes.de (Zugriff am 11.6.2022). 282 Toutonenstein. 8.6.2022. de.wikipedia.org (Zugriff am 11.6.2022). 283 Toutonenstein, a. a. O. 284 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 40. 285 Hans-Günther Morr, a. a. O., S. 39f. 286 Rainer Türk, a. a. O., S. 3. 287 Mercurius. 18.9.2021. de.wikipedia.org (Zugriff am 2.10.2021). 288 barbara g. walker, a. a. O., S. 113. 289 Im Museum Miltenberg ‚Im Schnatterloch‘ ausgestellt. 290 Beide Zitate: Informationstafel „Der vorgeschichtliche Ringwall auf dem Bürgstadter Berg. Archäologisches Denkmal“. An der Grabungsstelle 1987. 291 Informationstafel, a. a. O. 292 Informationstafel, a. a. O. 293 Abbildungen auf der Informationstafel, a. a. O.
Kapitel 6: Der besondere Heiligenberg am Neckar 294 Höhensiedlungen zwischen Antike und Mittelalter von den Ardennen bis zur Adria 58, 2008, S. 121ff 295 Mercurius Cimbrianus, a. a. O. 296 Nach Auffassung des Autors ist auch der Ortsname „Heidelberg“ mit dem Heiligenberg verknüpft. Wie genau, wird in einer weiteren Schrift „Namenforschung Heidelberg und Odenwald“ dargelegt werden. 297 Heide Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie. Stuttgart 2014, S. 140. 298 7000 Jahre Heiligenberg. Geschichte des Berges. Schutzgemeinschaft Heiligenberg – Handschuhsheimer Geschichtswerkstatt. https://heiligenberg-handschuhsheim.de (Zugriff am 1.12.2021). 299 7000 Jahre Heiligenberg, a. a. O. 300 Auf den „frappant entsprechenden Ort“ hat schon Marzolff hingewiesen. In: Ludwig und Marzolff: Der Heiligenberg bei Heidelberg, S. 17. 301 Heinrich Tischner: Etymologie Trumm. www.heinrich-tischner.de (Zugriff am 21.11.2021).
206
Endnoten
302 Michelsberger Kultur (MK), unter: de.wikipedia.org (Zugriff am 22.11.2021). 303 Kurt Derungs und Sigrid Früh: Der Kult der Drei Heiligen Frauen. Grenchen 2008, S. 294f. 304 Marzolff betont die Sichtverbindung zum Heiligenberg, in: Renate Ludwig und Peter Marzolff: Der Heiligenberg bei Heidelberg, S. 15. 305 Kapelle auf dem ‚Bergle‘ Gengenbach: Früher Einbeth- heute Jakobus. www.mythische-orte.eu (Zugriff am 22.11.2021). 306 Viktoria Opferkuch, in: Kleiner Ort mit großer Kirche: Lange Tradition der Marienwallfahrten in Betenbrunn. In: Südkurier 27.8.2018. www.suedkurier.de (Zugriff am 22.11.2021). 307 Johann Jakob Bachofen: Das Mutterrecht. 1861. James Mellaart: Catal Hüyük – Stadt aus der Steinzeit. 1973. Marija Gimbutas: Die Zivilisation der Göttin. Die Welt des Alten Europa. 1991. Heide Göttner-Abendroth: Die Göttin und ihr Heros. Die matriarchalen Religionen in Mythen, Märchen, Dichtung. 1980. Helmut Uhlig: Am Anfang war Gott eine Göttin. 1992. Harald Haarmann: Das Rätsel der Donauzivilisation. Die Entdeckung der ältesten Hochkultur Europas. München 2011. 308 Heide Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie. Stuttgart 2014, S. 301f. 309 Der Weg mit unregelmäßigen Sandsteinplatten wurde 1844 vom Forstamtsleiter Adam Laumann auf einem sehr alten Pfad eingerichtet. 310 Borbetomagus. de.wikipedia.org (Zugriff am 27.11.2021). Die weitere Entwicklung des Wortes ergibt tatsächlich nach dem B/WLautwandel über „Warmazfeld“ am Ende „Worms“. 311 Beten (Mythologie). de.wikipedia.org (Zugriff am 27.11.2021). 312 Andreasstift (Worms). de.wikipedia.org (Zugriff am 27.11.2021). 313 Die drei Bethen – drei „heilige Madel“. www.worms.de (Zugriff am 27.11.2021). 314 Modraniht (Mütter-Nacht). de.wikipedia.org (Zugriff am 4.12.2021). 315 Mit den von Südwest nach Nordost gereihten Bergkultplätzen Amberg, Wernberg und Leuchtenberg in der Oberpfalz könnten nach Beobachtung des Autors auch die Drei Heiligen Frauen Ambeth, Wilbeth und Borbeth gemeint sein. Man beachte auch die Anklänge der Ortsnamen (Am-, W-, Leuchten-)!
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207
316 Bistum Worms. de.wikipedia.org (Zugriff am 27.11.2021). 317 Wie ihre christlichen Nachfolger, die ‚Drei Könige‘, die den Segensspruch ans Haus setzen: 20 C + M + B 22. 318 Derungs, a. a. O., S. 296. 319 Derungs, a. a. O., S. 46. 320 7000 Jahre Heiligenberg, a. a. O. 321 Urkunde 42 (Reg. 3520): Schenkung Ludwigs III. auf dem Heiligenberg. In: Lorscher Codex online. 322 Bei den Kelten hieß Ladenburg „Seeburg“, vermutlich wegen der damaligen amphibischen Lage der Siedlung im Gewirr der Neckarund Rheinarme, die auch mit der Bildung von Seen verbunden war. 323 Stichwörter Abensberg und -ach. In: Geographische Namen in Deutschland. Mannheim 1999, S. 34. 324 Bernhard Maier: Kleines Lexikon der Namen und Wörter keltischen Ursprungs. München 2003, S. 59. 325 7000 Jahre Heiligenberg, a. a. O. 326 Vermutlich erinnert der Fruchtbarkeitsritus an die Mysterien von Eleusis, die um Demeter, die Muttergöttin für die Fruchtbarkeit der Erde, abgehalten wurden. 327 Eher kulturgeschichtlich und spirituell: Erdgöttin. de.wikipedia.org. Eher philosophisch: Gaia-Hypothese. de.wikipedia.org (Zugriffe am 29.11.2021). 328 Vgl. Harald Haarmann: Das Rätsel der Donauzivilisation, S. 31–80 und Heide Göttner-Abendroth: Die symbolische Sprache der Kapellen und Madonnen. Das Donautal zwischen Passau und Straubing. In: Matriarchale Landschaftsmythologie, S. 187–226. 329 Grundsätzliches dazu bei Derungs, a. a. O., passim. 330Siehe Bilder der Himmelsgöttin Nut im Grab von Ramses VI. am Abend (die Sonne verschluckend) und am Morgen (die Sonne wiedergebärend). Bei: Nut (ägyptische Mythologie). de.wikipedia.org (Zugriff am 29.11.2021). 331 Dargelegt im Aufsatz „7000 Jahre Heiligenberg“, a. a. O. 332 Heidenverfolgung. de.wikipedia.org (Zugriff am 30.11.2021). 333 Sächsisches Taufgelöbnis Ende des 8. Jahrhunderts. de.wikipedia.org (Zugriff am 30.11.2021). 334 Brauchtum. In: Odin. de.wikipedia.org (Zugriff am 30.11.2021). 335 Brauchtum, a. a. O.
208
Endnoten
336 Die mit * gekennzeichneten Wörter sind linguistisch vom Autor erschlossen. 337 Lorscher Codex online, Ortsliste, Stichwort HeidelbergHeiligenberg. 338 Heide Göttner-Abendroth: Berggöttinnen der Alpen. Matriarchale Landschaftsmythologie in vier Alpenländern. Bozen 2016, S. 39. 339 Derungs, a. a. O., S. 31–35; Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie, S. 121–126. 340 Weinheim. de.wikipedia.org (Zugriff am 1.12.2021). 341 Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie. Von der Ostsee bis Süddeutschland. Stuttgart 2014, S. 9. 342 Göttner-Abendroth, a. a. O., S. 10. 343 Göttner-Abendroth: Matriarchale Landschaftsmythologie. Von der Ostsee bis Süddeutschland, 2014; und dieselbe: Berggöttinnen der Alpen. Matriarchale Landschaftsmythologie in vier Alpenländern, 2016. 344 Miriam und Peter Seisler: Mystische Frauensagen aus dem Odenwald. Hamburg 2020, S. 13ff. 345 Die Himmelsleiter existiert natürlich nicht erst seit ihrer Erbauung 1844, sondern nutzt einen jungsteinzeitlichen direkten Weg auf den Königstuhl. 346 So wie die Erdgöttin im Odenwald Ambeth hieß, war es im Alpenraum im Gebiet des früheren Rätien (Ostschweiz und ganz Tirol) die Muttergöttin Reitia (oder Rehtia, Raetia), erstmals bekannt in der Hallstadt-Zeit ab dem 12. Jahrhundert v. Chr. Im Christentum wurden die Bergkultplätze der Reitia von St. Margareta übernommen, die die Nachfolgerin der Ambeth ist. – Im Odenwald wurde Ambet durch Abraham, Michael und ‚Heiligenberg‘ ersetzt. Quellen: „Drei Heilige Mädchen“ im Ökumenischen Heiligenlexikon. www.heiligenlexikon.de (Zugriff am 1.12.2021). / Im Außerfern vor den Römern: Räter oder Kelten. www.meinbezirk.at/reutte (Zugriff am 6.12.2021).
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Verzeichnis der Abbildungen Zu Kapitel 2: Quellheiligtümer im Odenwald Abb. 1: Zehn Quellheiligtümer im Odenwald ......................................... 24
Zu Kapitel 3: Weitere Kultplätze der Frühzeit Abb. Abb. Abb. Abb.
2: 3: 4: 5:
Steinsetzungen bei der Neunkircher Höhe ………………………….. Göttin-Heros-Struktur ………………………………………………………….. Weihestein ‚Mercur der Cimbern‘ ………………………………………… Die Freyaquelle am Katzenbuckel …………………………………………
41 52 70 80
Zu Kapitel 4: Christliche Kultplätze im Odenwald Abb. Abb. Abb. Abb.
6: 7: 8: 9:
Sankt Michael erschlägt den Drachen …………………………………. 90 Wodansheiligtum auf dem Flugplatz Michelstadt? …………….. 93 Erste Kirchplätze St. Michael und St. Martin ………………………. 98 19 Wallfahrtsstätten im Odenwald ……………………………………….103
Zu Kapitel 5: Heilige Berge, die Zeiten übergreifend Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14:
Keltische Ringwallanlage auf dem Heiligenberg ………………… 119 Ringwall auf dem Altscheuerberg ……………………………………….. 122 Sankt Walburgis auf dem Kapellenberg ………………………………. 128 Kultplatz Götzenstein ………………………………………………………….. 136 Ringwall auf dem Steinberg ............……………………………………… 142
214 Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18:
Verzeichnis der Abbildungen Keltische Ringwallanlage auf dem Greinberg .……………………. 147 Ringwall auf dem Wannenberg ............………………………………… 153 Die zwölf heiligen Berge im Odenwald ……………………………….. 156 Kultplätze, alte Siedlungen und Heiligtümer auf den Odenwaldbergen (Tabelle) …………………………………….. 158
Zu Kapitel 6: Der besondere Heiligenberg am Neckar Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24:
Der Heiligenberg bei Heidelberg im Bild ……………………………..162 Der Heiligenberg – Seine geografische Lage ………………………..164 Die Sichtlinien vom Heiligenberg aus ………………………………….169 Zusammenhang Worms – Heiligenberg ……………………………….174 Namensschichten des Heiligenbergs ……………………………………180 Landschaftsmythologie des Heiligenbergs …………………………..188