Körperliche Erziehung und Schule [Reprint 2021 ed.] 9783112461440, 9783112461433


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Körperliche Erziehung und Schule [Reprint 2021 ed.]
 9783112461440, 9783112461433

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QJetlag von rtenau81) ist nach seinen Erfahrungen bei den Musterungen nicht für frühzeitige Einstellung.

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ist müßig, die Tauglichkeitsziffern zu besprechen, welche in Friedens­ zeiten veröffentlicht worden waren. Es mag nur daran erinnert werden, daß gerade unter den Absolventen der höheren Lehranstalten damals, nach SchwieningS39) Zusammenstellung, die Tauglichkeit keine so hohe, war, wie man nach den im allgemeinen guten, häuslichen und sozialen Verhältnissen, aus denen sie stammten und welche eigentlich auch eine gute gesundheitliche Über­ wachung und Erziehung gewährleisten sollten, hätte erwarten müssen. Waren es doch gerade solche Feststellungen, welche den Ruf nach vermehrter Körper­ pflege an den Schulen wiederum erstehen ließen. Nun sollte der Krieg die Frage entscheiden, ob die Jugend kriegstüchtig sei oder nicht. Hätte freilich im Frieden die Lehre, daß zum gesunden Geist ein gesunder Körper gehöre, immer Gehör gefunden, so wäre im Frieden mancher Student nicht wegen allgemeiner Schwächlichkeit vom Militärdienst frei geworden, sondern hätte zur geistigen Tüchtigkeit die körperliche gesellend, sich Führereigenschaft erwerben können, der jetzt als einfacher Landsturmmann im Schützengraben seine Wissenschaft wenig verwerten kann und körperliche Fähigkeiten gar nicht, weil er sie nicht besitzt. Wie richtig heißt es in einem Schreiben des bayrischen Kriegsministeriums: „Gerade der Krieg wird den gebildeten Ständen, die infolge körperlicher Mängel bei den Musterungen, vielleicht oft ganz willkommen, der Ersatzreserve oder dem Landsturm über­ wiesen werden mußten, in der überzeugenden Sprache seiner ernsten Wirklichkeit, den Beweis erbracht haben, daß es ost schwer ist, einfacher Soldat zu sein, wo man Vorgesetzter und Offizier sein könnte."

Und ähnlich äußert sich ein Gymnasialrektor in der Kölnischen Zeitung: „Es kann schon im Frieden dafür gesorgt werden, daß nicht im Kriege Intellektuelle als Arbeitssoldaten oder an sonst nicht entsprechendem Ort verwendet werden, weil sie körper­ lich nicht hervorragen. Eine bessere körperliche Ausbildung auf unseren höheren Schulen und den Universitäten könnte es wohl erreichen, daß fast alle Studierenden diensttauglich würden."

In der „Jugend" heißt es in einer Geschichte von einem jungen Manne: „Ein Einjährig-Freiwilliger, der Soziologe ist und als Lieblingsbeschäftigung in Kürschners Jahrbuch Kammermusik angegeben hat, ist ein Soldat von um­ gekehrter Qualität." Das müßte nicht sein und ist auch zum Glück nicht immer so. Die Erfordernisse eines tüchtigen Soldaten sind freilich ebensowenig wie die eines wirklich leistungsfähigen Arbeiters allein durch Bedingungen erfüllt, wie sie die deutsche Wehrordnung an die Tauglichkeit stellt: Starker Nacken,, breite Schultern, regelrecht gebaute Brust, gut gebauter Rücken, kräftig ent­ wickelte Muskulatur, gelenkige Hände und Arme und gesunde Füße. Der Waffendienst, ebenso das Leben verlangt vom Jüngling nicht allein Körperkräfte, sondern auch den richtigen, geschickten Ge­ brauch derselben, dazu die rasche Anwendung seiner fünf Sinne. Außer auf Stärkung des Körpers war daher das Bestreben der Freunde jugend­ licher Ertüchtigung von jeher auf Übung der Sinne, der Geschicklichkeit, der Gewandtheit, der Beobachtung gerichtet; sie wollten nie die Erfolge der deutschen Schule verkleinern, sie wollten, immer nur die geistige Bildung durch körper­ liche nützlich und harmonisch ergänzen.

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E. Doernberger

Die von uns gezeigten Wege zur allgemeinen Kräftigung sind auch die zur militärischen Tauglichkeit. Bei der Beratung über militärische Jugend­ erziehung im März 1917 zu Berlin wurde dem Tumen, Wandem und Spielen, dazu dem Sport unter der Voraussetzung bestimmter, dem Alter entsprechenden Forderungen das Wort geredet. Das Militär selbst schätzt ja geordneten Turnbetrieb innerhalb seiner Er­ ziehung und hat auch seit einigen Jahren sportliche Betätigung in den Rahmen der Leibesübungen eingezogen. Ortenau31) kommt allerdings nach seinen Rekrutenuntersuchungen zum Schluß, daß bei den Städtern Übertreibungen des Sportes viel schaden, ja Untauglichkeit zum Heeresdienst verursachten. Gegen solche ungewollten Folgen schützt eben nur die ärztliche Überwachung der sporttreibenden Jugend inner- und außerhalb der Schule, der Mittel- wie der Fortbildungsschüler, sowie eine sachverständige Führung. Wie jede Kompagnie ihren Militärarzt zur Überwachung der Gesund­ heitsverhältnisse des einzelnen Soldaten wie der ganzen Truppe hat, so müßte jede Volks-, Fortbildungs- und höhere Schule in Deutschland in Stadt und Land ihren Schülerarzt haben, welcher die körperlichen und geistigen Funktionen, die Leistungsfähigkeit der Schüler in körperlicher Hinsicht unter Berücksichügung hausärztlicher Zeugnisse und von Befundbogen aus vorangegangenen Vor­ schul- und Schuljahren gewissenhaft und zwar nicht nur beim Eintritt und Austritt zu begutachten hätte, der aber auch bemüht sein müßte, daß Schädigungen hintangehalten werden, daß alles, was zur körperlichen Ertüchtigung gehört, wirklich geschähe und daß die Drückeberger immer weniger würden. So soll auch jede Wehrkraft-, jede Jungsturmabteilung oder wie die Organisation heißen mag, jeder Turn-, Sport- und Wanderverein einen Unter» suchungs- und Überwachungsarzt haben, welcher die Kranken als untauglich ausscheidet, die Schwächlichen dem Führer zur entsprechenden Beachtung und Schonung empfiehlt, vor Übertreibungen und Schädigungen rechtzeitig warnt. Gerade die Überwachung und Beratung der freiwillig außerhalb der Schule sportliche und andere leibliche Übungen Treibenden darf nicht vergessen werden. Über die ärztlichen Untersuchungen schreibt Oberstleutnant von Hoff33): „Es wäre geradezu einsichtslos, wollte man diese Maßregel als einen unliebsamen Zwang betrachten, es sei vielmehr hier ganz ausdrücklich hervorgehoben, welcher ungeheure Dienst damit unserer gesamten Volksgesundheit und Volkskraft geleistet wird. Hier wird eine Lücke ge­ schlossen, die zwischen schulärztlicher Überwachung und der Gesundheitsprüfung während des aktiven Heeresdienstes bestand und von jeher bedenklich war. Wir könnten nur dankbar sein, wenn die gesundheitliche Prüfung der Jugendwehr, auf alle Jugendlichen ausgedehnt, die Entwicklung der 17—20 jährigen unter ihre Fürsorge nimmt. Geht dies nicht ehrenamtlich, entstehen ja dadurch besondere Kosten, so werden diese mit dem Nutzen gar nicht in Vergleich zu ziehen sein, welcher der Gesamtheit des Volkes entsteht. Möge das Volk den Zwang gesundheitlicher Überwachung der Heranwachsenden als segensreiche Einrichtung für seinen, an Zahl und Kraft zu steigernden Fortbestand betrachten."

In einer Notiz des Jahres 1913 (Schularzt 1913, S. 704) las ich, das preußische Kriegsministerium ziehe auf Anregung von Zentrumsabgeordneten in Erwägung, inwieweit man die Schulärzte bei der Aushebung der Rekruten in den Städten heranziehen sollte. Jedenfalls eine gute Idee, welche man durchführen sollte, wie auch die Fortführung der Gesundheitslisten von Geburt

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bis zur Schule, von der Schule über die Fortbildungs- bzw. höhere Schule und Jungsturnrperiode bis zur militärischen Untersuchung. Schon seit Jahren legte man außer auf das Frei- und Geräteturnen und die Turnspiele in Erkenntnis des guten Erfolges besonderes Gewicht auf Wanderungen der Jugenta Die älteren Jungen der'Volksschulen, die Be­ sucher der höheren Lehranstalten und der Fortbildungsschulen fanden in größeren Organisationen Befriedigung ihres, ich darf sagen, natürlichen Wandertriebes, ihres Hinaussehnens aus Schul- und Werkstättenlust, aus Straßen und -Stauern der Stadt. Der Wandervogel, der Pfadfinderbund in Norddeutsch­ land, der Wehrkraftverein in Bayern, fanden bald verdienten Zulauf dank begeisterter Fürsprecher, dank ausgezeichneter Führung. Der bayrische Wehrkraftverein zählte schon vor dem Krieg etwa 50000 Jungen. Gerade eine tüchtige Führung verhütet ein Übermaß an jugendlicher Laune, an körper­ licher Anstrengung, bringt schlummernde geistige und körperliche Fähigkeiten zu richtiger Betätigung. Schon lange, ehe uns der Krieg drohte, wurden kameradschaftliche und vaterländische Gedanken bei den Knaben wachgerufen und wachgehalten. Gemeinsame Wanderungen und Märsche, Spiele und Übungen im Gelände, in Gruppen und Zügen, unter zielbewußter, über­ legener Leitung, sollten die Jugend erfreuen und zugleich erziehen. Offiziere und Lehrer stellten sich mit voller Begeisterung und Opferung ihrer freien Zeit uneigennützig zur Verfügung. Schon bei der Gründung der Wehrkraft­ vereine und ähnlicher Einrichtungen war mit der Absicht an der leiblichen und geistigen Erziehung der jungen Menschen mitzuhelfen, ohne die Rechte und Pflichten der Schule und des Hauses zu schädigen, der Wunsch verbunden, die Knaben schon früh an den Geist der Ordnung und Unterordnung, welcher unser Heer stark und widerstandsfähig machte, als etwas Notwendiges und Selbstverständliches zu gewöhnen. „Disziplin ist Abkürzung", sagt der im Jahre 1914 verstorbene Dichter Christian Morgenstern in seinen „Stufen". .Das heißt wohl: Ein diszipli­ nierter Mensch wird mit Erfüllung seiner Pflichten, mit der ihm gesetzten Auf­ gabe leichter, eher, besser fertig als der undisziplinierte, mag sie nun geistiger oder körperlicher Art sein. Die den Wehrkraftvereinen und ähnlichen Organi­ sationen oft vorgeworfenen Soldatenspielerei, der ihnen nachgesagte Drill, war nie ihr Zweck. Vollkommen richtig sagt einer der besten führenden Offiziere des bayrischen Wehrkraftvereines Bothmer^): „Soldatische Spielerei wird besonders in England und romanischen Ländern nicht so gefährlich, wie sie es bei uns werden könnte, denn bei uns würde die Sache viel mehr die Form des Drills annehmen, die zwar in der Armee für unsere Verhältnisse durchaus heilsam, für die Jugend aber und ihre Frische und Natürlichkeit nicht wünschens­ wert wäre." Die Macht der Einwirkung auf die noch biegsamen Massen erkannten auch andere, politische und konfessionelle Vereine und machten sich die Liebe der Jugend zu Spiel und Wandern, zu' körperlichem Wettstreit zunutze, sicher nicht zum Schaden der Jugend. Um einheitliche Richtlinien zu gewinnen, gründete sich dann im Jahre 1911, unter Goltzs Anregung und Leitung, der

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E. Doerilberger

Jung-Deutschlandbund. Derselbe umfaßte nach der Statistik vom Mar 1914: 745000 Jünglinge mit rund 18800 Führern. Einige Vertreter der konfessionellen Jugendvereine sprechen sich in Schrift und Wort, zuletzt geschah es auch in unserem bayrischen Landtag, gegen die Verwen­ dung des Sonntags zu Ausflügen und Übungen aus, weil dieser Tag der geistigen Erholung, der religiösen Erbauung und der Familie gehöre (siehe S. 55). Wenn auch viele Eltern froh sind, ihre Söhne an freien Tagen in bewährter Lbhut zu wissen, so kann doch den geäußerten Bedenken ohne weiteres Rechnung getragen werden, wenn die Schüler werktägige Nachmittage von Unterricht und Aufgaben für körperliche Ertüchtigung frei erhalten können und wenn der, meines Wissens von Kaup^) gemachte und verschiedentlich wiederholte Vorschlag Geltung bekommt, daß Lehrlinge zum Zwecke von Leibesübungen einen halben Arbeitstag in der Woche ohne weitere Schwierigkeit und ohne Lohnabzug frei erhalten.

Die Jung-Deutschlandbewegung fand vielseitige Anerkennung und Unter­ stützung, was mir nicht unwichtig erscheint, auch seitens der akademisch ge­ bildeten Lehrer Deutschlands, auf deren Versammlung in München Real­ lehrer Enzensberger und Gymnasiallehrer Wimmer die Bestrebungen be­ grüßten, da sie darauf hinzielen „durch planmäßige Leibesübungen die körper­ liche und sittliche Kräftigung der deutschen Jugend im vaterländischen Geist zu fördern". Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Staaten zog man aus der körperlichen Verfassung der Jugend Schlüsse auf die gesamte Volkstüchtigkeit, insbesondere die Heereskraft und suchte zu bessern, wo man konnte. Mit den Bestrebungen, eine kräftige, körperlich und geistig disziplinierte Jungmannschaft heranzuziehen, hatte Deutschland in anderen Staaten manchen Vorläufer, so in Frankreich, England, Italien, Japan, Rußland und der Schweiz. Sogar in Kuba sah ich bei der Unabhängigkeitsfeier Scout-boys aufmarschieren.

Wir brauchen uns nicht zu scheuen, in anderen Ländern als gut Erkanntes und Erprobtes auf unsere Verhältnisse zu übertragen, selbst wenn wir es, um mit dem Herrn Kultusreferenten zu sprechen, bei den Senegalnegem fänden. Daß körperliche Befähigung bei der Beurteilung des Schülers, bei Er­ teilung der Einjährigenberechtigung mehr gelten sollte, da sie eine Not­ wendigkeit bei der Betätigung als Soldat im Krieg noch mehr als im Frieden ist, wurde schon ausgeführt, ebenso die Folgerung, daß die Lehranstalten in der leiblichen Erziehung unserer Jugend immer noch mehr leisten müssen. In diesem Anstreben höherer Leistung werden sie durch alle Vereine, denen die Kräftigung der Jugenh am Herzen liegt, unterstützt; deshalb müssen auch die Vereine von der Schule unterstützt werden.

„Natürlich macht turnerische Fertigkeit allein", sagt Oberleutnant Kuck­ hofs), „nicht einen tüchtigen Führer, dazu gehört viel mehr, aber es ist doch richtig, was unsere militärischen Sachverständigen uns immer wieder sagen, daß die körperliche Leistungsfähigkeit, gerade der Unterführer, entscheidend in. die Wagschale fällt."

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In Frankreich spielen bei Erteilung des brevet d’aptitude be­ kanntlich die körperlichen Leistungen eine ausschlaggebende Rolle. Der Nutzen turnerischer Vorbildung erhellt aus Schweizer Feststellungen gelegentlich der im Wehrpflichtalter allgemeinen Rekrutenprüfungen58): Die turnerisch Tüchtigsten stellten auch die größte Zahl an Diensttauglichen. Bei diesen Prüfungen wird die körperliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen durch 3 Übungen festgestellt, bei denen ein bestimmtes Mindestmaß gefordert wird. In jeder der 3 Aufgaben gibt es 5 Noten, wobei die beste Leistung mit I bewertet wird und ungenügender Erfolg in allen 3 Aufgaben als Gesamt­ note 15 ergibt. Eine Zusammenstellung ergab I. bei Jünglingen ohne körper­ liche Vorübungen Durchschnittsnote 9,143, Tauglichkeit 48%, II. Turnern in der Volksschule Durchschnittsnote 7,999, Tauglichkeit 52%, III. Turnern in Vereinen, Sport, militärische Vorbereitung Durchschnittsnote 6,155, Taug­ lichkeit 62%, IV. Turnern auf allen Schulstufen Durchschnittsnote 5,463, Taug­ lichkeit 73%, d. h. durch regelmäßig durchgeführte Leibesübungen steigt die Wehrfähigkeit. Die Schweiz sah durch Steigerung der körperlichen Erziehung in den Schulen die militärische durchschnittliche Tauglichkeit von 67 auf 79% steigen. Hatte man in Deutschland verhältnismäßig spät begonnen, auf die körper­ liche Erziehung in Schule und Haus, neben der geistigen, entsprechend zu achten, vielleicht weil man unser Wissen zu hoch einschätzte und der uns innewohnenden Volkskraft zu sehr vertraute, so gewannen doch die verschiedenen Bestrebungen, welche auf Gesundung und zukünftige Wehrhaftigkeit abzielten, trotz mancher Gegnerschaft immer mehr Freunde und Förderer. Auch die Schule befreundete sich allmählich mit den gesteigerten Forderungen. Die Jugendbewegung war in gute Bahnen gelenkt, als dieser Krieg über uns hereinbrach. „Der Krieg brachte", wie Treupel88) sich ausdrückt, „ein Erstarken des Vertrauens in die körperliche Leistungsfähigkeit." Mehrfach wurde anerkannt, daß unsere Jugend sich im Feld glänzend bewährte und daß man dies den Bemühungen der vorangegangenen Jugendfürsorge verdankte. Das sprach u. a. Abgeordneter Dr. van Calker, sowie ein Vertreter des preu­ ßischen Kriegsministeriums im Reichtsag aus. Freilich ziehen manche, so Wohlmuth im bayrischen Landtag, aus solchen Anerkennungen den Schluß, nach den ausgezeichneten Erfahrungen in diesem Kriege mit den jungen Jahrgängen sei die Notwendigkeit vermehrter körper­ licher Ausbildung in der vielfach gewünschten Ausdehnung für die Zeit des Friedens, der wohl dauernd (?) sein werde, nicht gegeben. Die neue bayrische Schulordnung für die Mittelschulen gewährleiste die nötige Vorbereitung für den Militärdienst. Eine zu weitgehende Betonung der körperlichen Ausbildung würde die geistige schädigen. . > Hat uns dieser Krieg auch eine überaus große Leistungsmöglichkeit, besonders von Jugendlichen, unter dem mächtigen Antrieb der Vaterlandsliebe, der Be­ geisterung, unter dem Ansporn tüchtiger Führer, trotz verhältnismäßig kurzer, geringer Vorbereitung gezeigt, so ist das ein sehr erfreulicher Hochstand, auf

dessen Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit für die Zukunft wir hoffen, aber uns nicht verlassen dürfen. Das neue Deutschland in Erziehung und Unterricht.

Heft 6.

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E. ® oernbeiger

Boruttau^) meint in seiner Einführung in die Arbeitsphysiologie, daß „gerade die vortrefflichen Gesundheitsverhältnisse im gegenwärtigen Kriege beweisen, daß ein solches Kampfjahr — inzwischen sind es freilich Jahre ge­ worden — lange nicht so schädlich zu sein braucht, wie es jahrzehntelange Abhetzung im heutigen bürgerlichen Leben sein kann, daß jede methodische Er­ höhung der Leistungsfähigkeit auf ein außergewöhnliches Maß für außer­ gewöhnliche Verhältnisse kürzerer Dauer, wie sie Krieg und Wettkampf mit

sich bringen, willkommen ist und nicht zu schaden braucht, daß aber andauernd nicht mehr aus der tierischen und menschlichen Maschine herausgeholt werden darf, als sie ohne Schädigung leisten kann". Mit wachsendem Heeresbedarf waren schon zu Friedenszeiten die An­ sprüche bei der Musterung heruntergeschraubt worden, wieu.a.Claassen°°) ausdrücklich bemerkt. Für die Zulassung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst wurde von jeher ein geringeres Maß körperlicher Tadellosigkeit verlangt. Die gegen­ über Deutschland weit höheren Tauglichkeitsziffern Frankreichs im Frieden er­ klären sich aus weit bescheideneren Anforderungen schon hinsichtlich des Mindest­ maßes, während Rußland durch die überaus zahlreiche Bauernbevölkerung und die Einstellung großer - Massen in Reservetruppen stets einen sehr kleinen Prozentsatz Untauglicher aufwies. Auch Vogl^) betont, daß mit der Erhöhung der Friedenspräsenzstärke geringere Forderungen bei der Einstellung maßgebend wurden, seiner Meinung nach aber die Wehrtüchtigkeit darunter litt. „Wenn auch mit dieser Erhöhung", sagt Alsberg"), „die Tauglichkeitsziffer durch ge­ naue Musterung der Zweifelhaften in die Höhe schnellte, so liegt nicht die ge­ ringste Veranlassung vor, diese Zunahme der Diensttauglichen als Beweis für zunehmende Lebensenergie oder Körperkraft unseres Volkes aufzufassen." Hatte man int Frieden ganz besondere Ansprüche an die physische Beschaffen­ heit des Rekruten gemäß der Wehrordnung gestellt, so wurden während des Krieges gar viele k. v., welche in Friedenszeiten kaum als Landsturmpflichtige gemustert worden wären. Und wie sind sie den an sie gestellten Forderungen gerecht geworden? Man muß sagen: im großen und ganzen sehr gut. Daß aber ein vorher geschulter, kräftiger Körper und beobachtungsfähige Süme den Dienst erleichternde, die Leistungsfähigkeit und Freudigkeit erhöhende Zugaben waren, daß mangelhafte Körperpflege und -erziehung das Kriegs­ handwerk erschwerten, wird niemand bezweifeln wollen. Sicher konnte auch eine Anzahl der jungen Freiwilligen und jüngsten Dienstpflichtigen, wieviele wissen wir allerdings nicht anzugeben, den schweren Anstrengungen auf die Dauer nicht standhalten. Nerven- und Herzerkrankungen, ja völliges Versagen war bei ihnen nicht gar so selten zu beobachten. Von Militärärzten wird berichtet, daß die unentwickelten, an Arbeit nicht gewöhnten Herzen im Felde leicht ermüdeten und infolge übermäßiger Arbeitsleistung gewisse funktionelle Störungen erlitten, daß viele Belastete schon vor oder gleich nach der Einstellung mit mehr oder weniger schweren Formen der Hysterie, mit Erregungszuständen, Hypochondrie und Zwangsvorstellungen zu tun hatten, daß aber auch nicht belastete, sehr junge Leute, denen körperliche Betätigung ftemb war, an Feldpsychosen erkrankten.

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Körperliche Erziehung und Schule

Aus der von den Militärärzten Saminet6®) und da Silva-Mello bei Musterung Kriegsfreiwilliger gemachten Feststellung ersieht ^man eben

doch, daß ein großer Teil der Freiwilligen noch nicht kräftig genug war, wie folgende Tabelle zeigt: Alter 15 und weniger 16 17 18 xl9 20—24

Tauglichkeit 40% 65% 48% 61% 65% 66%

Bedingt tauglich — — 3% 6% 6% 10%

Noch untauglich 60% 39% 37% 24% 18% 10%

Untauglich — 6% 11% 8% 11% 14%

Beruf

Arbeiter und Handwerker Kaufleute und Beamte Schüler Gelehrte und Studenten

(8% 58% 50% 56%

7% 9% 6% 10%

17% 17% 36% 16%

8% 16% 8% 17%

Allgemeine Körperschwäche ohne andere Erkrankungen wurde bei 25*/, der über 20 jährigen, am häufigsten bei den 17 jährigen, festgestellt. Stadt und Land wurden wenig verschieden gefunden. Man vergleiche hierzu die Erfahrungen Ortenaus?*) Die verhältnismäßig günstigen Zahlen sind eben den besonderen Ansprüchen des Krieges zuzuschreiben. Sch Wierlings®*) Zahlen lauteten bekanntlich -anders. Wenn philologische Blätter und Stimmen von der ausgezeichneten Bewährung der Gyrünasisten sprechen, so spornte eben Begeisterung und Bei­ spiel zur höchsten Leistung an. Ob die körperliche Vorbereitung außerhalb der Schule oder die zwei Turnstunden, mit dem Spielnachmittag zusammen vier Stunden körperlicher Übung in der Schule, mehr zu diesem freudigen Ergebnis beigetragen haben, mögen Unparteiische entscheiden. Den führenden Männem des Staates in unserem Reiche kam es gar bald zum Bewußtsein, wie wichtig es sei, einen wirklichen brauchbaren Heeresersatz, einen zuverlässigen Nachschub fürs Feld in kurzen Zeiten zu haben, die zu­ künftigen Streiter möglichst geeignet und vorbereitet in die Kasernen schicken zu können. Es war jetzt nicht möglich, zwei und drei Jahre an die militärische Ausbildung des Soldaten zu verwenden. Millionen Menschen erforderte ja der wütende Streit an allen Grenzen, und Tod und Verletzung so vieler ver­ langte baldige Ergänzung. Die notwendige Schulung, die erforderliche Leistungs­ fähigkeit konnte in weit kürzerer Zeit erlangt werden, wenn die Jungmannfchaften auf die Erfordernisse des Stellungs- und Bewegungskrieges durch Übung, Beispiel und Unterricht vorbereitet waren. Vorbereitet, so betonen alle amtlichen Richtlinien, nicht ausgebildet. Solche Vorbereitüngen brauchte man besonders, bei denjenigen, welche Körperzucht und Pflege, seit sie die letzte Turnstunde an der Schule genossen hatten, mehr oder weniger oder vollständig vernachlässigt hatten. Wie gute Vorbereitung nützt, bewiesen gerade in diesem Krieg die etwa 600000 im Felde stehenden oder gestandenen Mitglieder der deutschen Turner­ schaft, von denen Vogl**) prophezeite: „Der Ruf der Überlegenheit des 5*

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E. Dvernberger

deutschen Turners soll als mächtiger Bundesgenosse einst den deutschen Fahnen vorangehen und die Siegesbahn ebnen." Bei Ausbruch des Krieges wurde also, um für raschen Ersatz zu sorgen, die militärische Jugenderziehung von den Behörden nicht nur gut geheißen, sondern verlangt, und zwar zunächst unter freiwilliger'Beteiligung. Die Ein­ richtung von Jugendwehren gehört durchaus nicht zu den Errungenschaften der neuesten Zeit. Wer Jahns^) Schriften liest, wird in denselben Grund­ lagen für sie finden. Aber noch weiter können wir zurückgreifen. Der Philosoph Leibniz^) entwickelte in einer Schrift des Jahres 1697, betitelt: „Einige patriotische Gedanken", folgende Meinung: „Es ist auch hochnötig, dahin zu sehen, daß- die Tugend der Tapferkeit durchgehends den Gemütern eingepslanzt und die Leiber beizeiten gehärtet werden, allerhand Ungemach aus­ zustehen. Man soll demnach junge Leute, was Standes sie auch seien, früh aufzustehen, nie müßig zu sein, harte Kost zu genießen, Hitze und Kälte zu vertragen gewöhnen, so teils durch die Jagd, teils durch kleine Reisens die man sie bisweilen zu Fuß tun lassen soll, vornehmlich aber durchgehends durch Wachten. Schanzen und andere Kriegsgeschäfte, darin die Jugend ohne Unterschied des Standes in etwas zu gewissen Zeiten zu üben, zuwege gebracht werden kann. Denn ich bin der Meinung, daß jedermann, vom Fürsten bis zum Ackerknecht, geschickt zu machen ist, dem Vaterland im Notfall einige Kriegsdienste zu leisten. Davon sind dann einige zuzeiten auszusondern, welche vor anderen Lust dazu haben und bequem scheinen, so man an Orte, da Krieg in Schwange geht und dabei gute Ordnung gehalten wird, sonderlich aber gegen den Erbfeind zuzeiten, doch mit guter Versorgung an Lebens- und Gesundheits­ mitteln schicken könnte. Daraus wäre denn hernach eine ordentliche Miliz zu errichten. Im übrigen ist gewiß, daß ein ehrlicher Kerl, so ein gut Gewissen und gerechte Sache hat und seine Waffen zu gebrauchen weiß, auch Herz zu haben und den Tod nicht zu scheuer: Pflege, wozu die Exempel und Ermahnungen nicht wenig beitragen, am meisten aber auch dieses tut, wenn man zuzeiten wirklich in Gefahr gewesen und glücklich herausgekommen ist."

Gustav Freytag^) schreibt in einem Brief an Herzog Ernst II. von Koburg, datiert vom 7. Juli 1860: „Es ist merkwürdig, wie kriegerisch das Heranwachsende Geschlecht in, einem großen Teile Deutschlands sich gebärdet. In dem fried­ lichen Schlosse z. B. wird überall exerziert, in den Schulen, Anstalten, auf allen Turnplätzen." Die Frage, inwiefern nützen die Jugend- und Volksspiele der Armee, mit denen sich im Jahre 1893 im Zentralausschuß für Volks­ und Jugendspiele 8ie Ärzte Graf-Elberfeld und Schmidt-Bonn be­ schäftigt hatten, die Leitsätze, welche der Kongreß für Volks- und Jugend­ spiele im Jahre 1899 aufstellte, das Ziel, welches im Jahre 1901 der Aus­ schuß zur Förderung der Wehrkraft durch Erziehung der gleichen Ver­ einigung^) unter Schenkendorf kund gab, „die gymnastische Schulerziehung inniger den Forderungen der vaterländischen Wehrkraft anzupassen", alle diese Bestrebungen gewannen im Jahre 1914 praktische Bedeutung. In den Er­ läuterungen zu Schenkendorfs Aufruf: „Was können die deutschen Unterrichtsverwaltungen schon heute tun, um die Bestrebungen des Wehrausschusses zu unterstützen?" zeigt Böttcher^), daß man mit der neuen Forderung durchaus auf dem Boden der deutschen Turnerschaft und der deutschen Turnlehrer stehe, daß es sich nur um die Verwirklichung und Vervollkommnung längst anerkannter Bildungsmittel handele, keineswegs um eine unmittelbare Vorbereitung für den Wehrdienst oder irgendwelchen mili-

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tärischen Drill. All das, was wir heute für wesentlich halten, wurde schon an den genannten Tagungen fast durchwegs im Sinne der heutigen Richtlinien erledigt. Diese Richtlinien vom Jahre 1914, zuerst von Preußen, dann auch voii den anderen Bundesstaaten veröffentlicht, blieben während der folgenden Jahre im Wesen gleich, wenn sie auch einige sachgemäße Abänderungen er­ fahren mußten. Sie lauten: Richtlinien für die militärische Vorbildung der alleren Jahrgänge der Jugendabteilungen während des Kriegszustandes.

Bei den Altersklassen vom 16. Lebensjahre aufwärts, denen sich die vielen Tausende Don zungen Männern anschließen werden, die sich schon freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet habeii, aber zurückgewiesen werden mußten, tritt die Vorbereitung für den Kriegsdienst ui den Vordergrund, soweit es ohne Ausbildung mit der Waffe möglich ist. Vor allen Dingen ist ihre Vaterlandsliebe, ihr Mut und ihre Entschlossenheit anzufeuern; ihre Hingabe für das Vaterland, für Kaiser und Reich zu entflammen durch den Gedanken an die ungeheure Gefahr, in der diese sich befinden. Es ist ihnen klar zu machen, daß Deutschland untergehen würde, wenn wir nicht siegen, so daß wir siegen müssen und jeder einzelne Vaterlandsverteidiger bis zum jüngsten hinab den festen Willen dazu im Herzen trägt. Die mit ihnen vorzunehmenden Übungen werden folgende sein: 1 Schnelles lautloses Antreten in den einfachsten Aufstellungsformen: der Linie, der Gruppenkolonne. Sammeln m denselben Formen im Stehen und m der Bewegung nach bestimmten durch den Führer angegebenen Richtungen. Die Einteilung der Abteilungen in Züge und Gruppen ist dabei wie bei einer Jnfanterie-Kompagme 2 Das Zerstreuen aus diesen Fornien und das schnelle lautlose Wiederzusammenschließen. Die Jungmannschaft ist dabei anzuhalten, Richtung und Fühlung selbsttätig einzunehmen. 3. Einige einfache Bewegungen in der Gruppenkolonne ohne Tritt mit Richtungs­ veränderungen auf Zuruf und Wink 4 Marschübungen mit Unterweisung in den Marschregeln namentlich hygienischer Natur. Regelung des Schrittmaßes und der Geschwindigkeit. Ein langer freier Schritt ist zu erzielen. Der Anmarsch und Rückmarsch zum Übungsplatz kann hierzu ausgenutzt werden, die allmähliche Verlängerung die Marschfckhigkeit steigern. 5 Lehre vom Gelände ist damit zu verbinden. 6 Bildung einer Schützenlinie, Bewegung von Gruppen, Zügen im Gelände, stets mit überraschenden Übungen im Sammeln verbunden, um die Aufmerksamkeit zu wecken 7 Jede Bewegung der Jugendabteilungen soll den Eindruck von Frische und Munter­ keit machen, ohne daß auf exerziermäßige Genauigkeit gehalten wird. Unbedingt ist aber auf pünktlichste Folgsamkeit gegenüber Zurufen und Befehlen der Führer zu halten. Schnelles Antworten und Vortreten Aufgerufener ist zu erziehen. 8. Einfache Lehre vom Gelände, seine Bedeutung und seine Benutzung für den Kampf, mit kurzer Angabe über die heutige Waffenwirkung verbunden. -9. Geländebeschreibungen mit Angabe auch der kleinsten Gegenstände als Vorbereitung zum Zielerkennen. 10 Augenübungen aller Art. 11 Entfernungsschätzen. 12 Schnelles Schätzen und Abzählen gleichartiger Gegenstände. 13 Gedächtnisübungen als Vorübung für Meldungen für angestellte Beobachtungen. 14 Horchübungen. 15. Spurenlesen, d. h. Ziehen richtiger Schlüsse aus den im Gelände gemachten Beobachtungen. 16 Genaues und unbedingt zuverlässiges WiedergebenvonangestelltenBeobachtungen. 17 Richtiges Weitergeben von kurzen Anordnungen. 18. Genaues Zur echtweisen anderer im Gelände 19 Gebrauch von Uhr, Kompaß, Fernsprecher, Kenntnis der Morseschrift 20. Benutzung der Karte. 21 Winkerdienst.

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22. Mauer- und Baumersteigen. 23. Kleine Behelfsarbeiten: Knotenbinden, Herstellen von Schwimmkörpern, Flößen, Behelfsbooten, Brückenstegen, Beobachtungswarten, Übergängen aller Art. Ferner: Zeltebau, Hüttenbau, Kochlöchergraben, Feueranmachen und Abkochen, Lagereinrichtungen aller Art. 24. Tragbahrenbau. Erste Hilfeleistungen bei Verwundeten. 25. Benutzung des Geländes als Deckung und zur Annäherung an den Feind. 26. Einnisten von Schützenlinien, Anlage von Schützengräben. 27. Vorgehen aus einer Deckung; Zurückgehen in eine solche. 28. Lösung ganz einfacher kleiner Aufgaben zweier Abteilungen gegeneinander. 29. Erklärung des Vorpostendienstes; Aufstellung von Vorposten usw. 30. Bei allen diesen Übungen ist jebe Gelegenheit zu benutzen, um die Jungmannschaft mit selbständigen Aufträgen in Ordonnanz-, Verbindungs-, Relais-, Erkundungsdienst zu versehen, damit sie sich an Selbständigkeit, Verantwortlichkeit, Zuverlässig­ keit gewöhnt. 31. Alle Mittel sind zu benutzen, um Ausdauer und Willen der Jungmannschaft zu stählen. Kein Auftrag, den sie einmal übernommen hat, darf von ihr im Stiche gelassen werden. Jedermann hat seine Pflicht bis zum äußersten zu erfüllen. 32. Die rein körperliche Ausbildung durch Freiübungen, Gymnastik, Laufübungen, einfache Sportsspiele usw. ist in die bisher abgehandelten Jungdeutschland-Übungen hineinzulegen und besser öfter als jedesmal lang andauernd zu betreiben. 33. In den Abendstunden hat einfacher theoretischer Unterricht über Feld-, Wach- und Lagerdienst stattzufinden. Vor allen Dingen aber ist auf die Herzen der Jugend durch Erzählung von den Großtaten der Väter einzuwirken) durch Mitteilung von Kriegsnachrichten der Zorn gegen den Feind zu entfachen- der, zumal im Osten, wo er deutschen Boden betritt, alle Dörfer in Flammen aufgehen läßt und die Einwohner ver­ treibt oder tötet] Das preußische Kultusministerium übersandte den Erlaß am 4. September 1914 den Königl. Provinzialschulkollegien mit folgender Anschrift: Dem Königlichen Provinzialschulkollegium übersende ich in der Anlage den Abdruck einer von mir in Gemeinschaft mit dem Herrn Kriegsminister und dem Herrn Minister des Inneren erlassenen Verfügung vom 16. August d.J. — B 1426—, betreffend die militärische Vor­ bereitung der Jugend während des mobilen Zustandes, zur Kenntnisnahme und Nachachtung. Bei der hohen Begeisterung, mit welcher die bereits militärtauglichen Schüler der oberen Klassen der höheren Lehranstalten und Lehrerbildungsanstalten auf den ersten Ruf des Vaterlandes hin zu den Waffen geeilt sind, läßt sich erwarten, daß auch diejenigen Schüler vom 16. Lebensjahr an, die noch nicht in den Heeresdienst eintreten durften, sich freudig und» eifrig an den von den Jugendpflegevereinen veranstalteten Übungen beteiligen werden, um sich, solange der Kriegszustand dauert und soweit es die gewissenhafte Erfüllung der Pflichten gegen die Schule gestattet, schon jetzt für den späteren Dienst im Heere oder in der Marine­ vorzubereiten. Die Schule wird ihrerseits gern bereit sein, durch billige Rücksichtnahme bei Bemessung der häuslichen Arbeiten der Heranwachsenden Jugend die Teilnahme an den Übungen an einigen Nachmittagen der Woche zu ermöglichen. Eine Teilnahme wird um so weniger störend auf den Unterricht einwirken, als während des mobilen Zustandes für die an 'den militärischen Übungen beteiligten Schüler sportliche Veranstaltungen (Rudern, Wandern usw.) zurücktreten werden. Auch hoffe ich, daß diejenigen Mitglieder der Lehrerkollegien, die nicht zu den Fahnen ein­ berufen, aber doch körperlich rüstig sind, durch rege Beteiligung an der Leitung der militärischen Übungen sich gern in den Dienst der so bedeutungsvollen vaterländischen Aufgabe stellen werden. Die in Anlage 2 beigefügten, vom Kriegsministerium aufgestellten Richtlinien für die militärische Vorbildung der Jugend während des Kriegszustandes (siehe oben) können auch im lehrplanmäßigen Turnunterricht, soweit es die örtlichen Verhältnisse gestatten, für die Vorbildung zum Heeresdienste in weitem Umfang nutzbar gemacht werden. Am gleichen Tage richtete der preußische Minister für Handel und Gewerbe an den Oberpräsidenten in Potsdam und die Regierungspräsidenten folgendes Anschreiben:

Am gleichen Tage richtete der preußische Minister für Handel und Gewerbe an den Oberpräsidenten in Potsdam und die Regierungspräsidenten ein Anschreiben: ... mit dem Ersuchen, die Leiter der gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsschulen zu veranlassen, die über 16 Jahre alten Schüler zur Teilnahme an den Übungen zu ermuntern.

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Wird nach dem Geist dieser Erläuterungen gehandelt, dann ist weder Drill noch Verwilderung zu fürchten. Nach der Absicht der überwachenden Behörden sollen dre Jungen weder in ihrer Bewegungs­ freiheit und Lebenslust durch zu straffe, zu militärische Disziplin beeinträchtigt oder von der Teilnahme abgeschreckt werden, noch soll das, was sie an Können, an Leistungsfähigkeit gewinnen, sie roh und übermütig, unbotmäßig gegen Lehrer und Angehörige, bar geistigen Strebens, noch auch in Selbstüberhebung glauben machen, sie würden später statt als Rekruten als fertige Soldaten in den Heeresverband eintreten. Bessere Rekruten von leichterer Auffassungs­ fähigkeit, von größerer Ausdauer sollen und werden sie allerdings sein als die in körperlichen Übungen, in Ausnützung ihrer Kräfte und Sinne ungewandt und ungeübt gebliebenen Stubenhocker und Kaffeehaussitzer. Gewiß wurden im Anfang, in wenigen Fällen vielleicht auch heute noch, die gegebenen Richtlinien falsch hufgefaßt oder angewandt. Deshalb bleibt

doch das Gute der ganzen Einrichtung zu Recht bestehen. Körperliche Überanstrengung, Schädigung des jugendlichen Herzens wird auch bei der militärischen Vorbereitung zu ver­ meiden sein, wenn auf die Schwächlichen bis zur Erstarkung die nötige Rück­ sicht genommen wird oder noch besser für sie eigene Schonungs- und Förder­ gruppen mit leichteren Aufgaben bei besonders eingehender ärztlicher Über­ wachung und Beratung eingerichtet werden. Will ja doch die militärische Jugenderziehung keine anderen Übungen wie solche, welche die allgemeine Gesundheit und Widerstandsfähigkeit heben, die Sinne schärfen, die Glieder gelenkig machen, will sie doch nur den jugendlichen Körper lehren, über sich Gewalt zu haben, will dem Einzelnen Zutrauen zu seinem Können geben, ihn aus der Masse herausheben, zu eigenem Entschluß und Handeln befähigen. — Zu den schon an der Schule zu übenden turnerischen Fertigkeiten kommt die Einübung besonderer für den Felddienst nötiger Stellungen, Griffe und Bewegungen, zu den Schul- und Vereinswanderungen schon von Sogt31) befürwortete Märsche mit steigender Leistung. Allmähliche Belastung mit Gepäck, natürlich dem jungen Rücken an Gewicht entsprechend, wie sie Thiele33) vorschlägt, bereitet gut für den späteren Dienst vor, schadet aber, worin wir Baginsky33) recht geben, ganz gewiß, wenn auf die Kräfte nicht Rücksicht genommen wird. Von den Jugendspielen werden besonders die bei den Jungen so beliebten Kriegsspiele gewählt. Will doch Huth?°) das Kriegsspiel wegen seines erzieherischen Wertes schon im Rahmen der Schulklassen abhalten und hält die Volksschule, wo nur ein Erzieher mit denselben Zöglingen arbeitet, und nicht mehrere Fachlehrer, für besonders geeignet, demnächst die Fortbildungs­ schulen. Er'erwartet aber auch Ersprießliches an den höheren Lehranstalten, wenn eine Lehrkraft mit geschlossenen, ihm vertrauten Klassen Kriegsspiele vornimmt. Die pädagogische Bedeutung dieses schätzenswerten Faktors der Körperkultur liegt nach Huth in der Bereicherung der Kenntnisse, in der Förde­ rung der Naturbeobachtung und der Handfertigkeit. Schon in den Turn- und Wehrkraftvereinen wurden die für die militärische Erziehung besonders emp-

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fohlenen Geländespiele mit Freude geübt. Ohne daß sie wahre militärische Felddienstübungen sein sollen und dürfen, bringen sie durch Beobachtung in Flur und Wald, durch Entfernungsschätzen und Kartenlesen die Sinnesorgane zu besserer, schärferer Entwicklung und arbeiten dadurch einer durch langjährige Naharbeit und Stadtaufenthalt drohenden Vernachlässigung und Verkümmerung entgegen. Der Sinn der militärischen Vorschule ist also der einer Vertiefung bereits geschehener, einer Erneuerung vernachlässigter körperlichen Erziehung zum Besten der militärischen Einzel-, und Gesamtleistung. Es sollen die Lücken in der leiblichen Erziehung des Jung­ volkes, welche nicht nur bei den Mittelschülern sondern besonders auch bei den Fortbildungsschülern, nicht nur bei den Städtern sondern auch auf dem Lande bestehen, zweckbewußt ausgefüllt werden. Den Organisationen der militärischen Jugenderziehung eilte zu Beginn des Krieges ein großer Teil der Jugend begeistert zu; jedoch hielt sich ein weit größerer Teil fern, vor allem gewiß die Schwächlicheren, Ungeschickteren, Zag­ haften, die gerade Ertüchtigung ihrer Sinnesorgane und ihrer Muskeln nötig hatten, mancher wohl auch aus Furcht vor früherer Einstellung ins Heer, wenn er sich durch Übung dazu fähiger mache. Auch ließ die anfängliche Begeisterung bald nach. Manchem wurde die strenge Zucht, manchem vielleicht auch eine gewisse Einförmigkeit, ein Zuviel des von oben nicht gewollten Exerzierens und Drillens durch zwar willensfreudige, aber nicht immer völlig geeignete Ausbildungspersonen überdrüssig. Eltern, Lehr- und Brotherren, welche anfangs gern die nötigen Stunden freigegeben hatten, fürchteten nach längerer Dauer Schädigung an schulischer bzw. beruflicher Leistung durch den Zeit­ verlust und die Ablenkung von den bisherigen Pflichten. Es wurde ja tat­ sächlich oft schwer, die Anforderungen der Schule und des Berufes zeitlich und physisch mit denen des Jungsturms zu vereinen. Haben wir die Notwendigkeit vermehrter körperlicher Ertüchtigung und Schulung der Sinnesorgane erkannt, und davon brauchen wir nach dem Kriege schon zum Ersatz der verlorenen Kräfte nicht weniger, sondern mehr, so können wir auf freiwillige, regelmäßige Teilnahme größerer Mengen nur rechnen, wenn die Leiter der verschiedenen Organisationen, die Führer der Einzelzüge und Gruppen als wahre Jugenderzieher die Jungen ständig zu fesseln, zu begeistern verstehen und selbst in körperlicher Tüchtigkeit ein gutes Beispiel geben, wenn Schule und Eltemhaus verständnisvoll den Besuch der Übungen durch Empfehlung und Kontrolle fördern, wenn schließlich richtige Einteilung und Freigabe der benötigten Zeit die Teilnahme ermöglichen. Ist auch bei den leiblichen Übungen aller Altersklassen inner- und außer­ halb der Schule der künftige Dienst fürs Vaterland im Auge zu behalten, in­ sofern möglichst jeder Knabe, mag er auch von Haus aus schwächlich sein, lernen soll, seine Schwächen zu verbessern und zu überwinden, seine Fähig­ keiten auszunützen, so ist nicht zu vergessen, daß Einübung der Sinne und des Körpers, ohne Übertreibung des Körperlichen für alle spätere Berufs­

tätigkeit, für Betätigung der Menschenpflichten und -rechte, gewaltigen Vorteil bringt.

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Aus den oberen Klassen der höheren Lehranstalten, aus der Zahl der jungen Gesellen und der ausgelernten Kaufleute wird es schwer sein, durch Aufruf, Belehrung und Beispiel die Mehrzahl oder gar die Gesamtheit freiwillig zu regelmäßiger Tätigkeit geschilderter Art zu veranlassen, mögen sich Turn-, Wander-, Wehrkraft-, konfessionelle und politische Vereine auch noch so sehr bemühen. Von selbst werden die Kräftigen, die Rüstigen, die Lebensfrohen kommen. Die mit Schwäche und Arbeit Beschwerten, die Ängstlichen, Blut­ armen, Engbrüstigen, Krummrückigen bleiben lieber zu Hause, Zukunfts­ kandidaten für § 8, la der Wehrordnung (allgemeine Schwächlichkeit). Um­ faßte doch vor dem Krieg die freiwillige Jugendpflege, trotz aller Mühe, nicht mehr als Vs aller Jugendlichen. Die Zahl der Organisationen, Führer und Jungmannschaften wurde für oas Jahresende 1914 erhoben. Man zählte in Preußen mehr als 7000 Jugendkompagnien mit über 35000 Führern und mehr als 500000 Jungmannen. In Bayern waren es 2288 Organisationen unter 5293 Abrichtern und rund 79000 Jungmannen. Da die männliche Be­ völkerung Bayerns im Alter von 10—20 Jahren rund 687000 Köpfe betrug, so war mehr als V? der Jahresklassen beteiligt. Uber die Beteiligung in München berichtet Henkel71) im Juli 1915 von 2469 Jugendlichen über 16 Jahre unter 114 Führern, im Juli 1916 von 2316 Jugendlichen unter 120 Führern, im Juli 1917 von 1498 Jugendlichen unter 90 Führern. Nach Kerschensteiners27) Berichten kamen im Schuljahre 1914/15 von 10905 Pflichtfortbildungsschülern 1004 in Betracht, im Schuljahre 1915/16 von 11371 Fortbildungsschülern 1180 an der militärischen Jugenderziehung Teilnehmende. Die Fragen, ob die militärische Vorbereitung eine dauernde Einrichtung auch im Frieden werden solle, ob sie dann freiwillig oder pflichtgemäß werde, wer der Träger dieser Einrichtung sein solle, Jugendvereine, Schule oder Militär, haben eine recht beträchtliche Literatur gezeitigt, so daß auf dieselbe in diesem Rahmen nicht zu sehr ein­ gegangen werden kann. Nur über den Zusammenhang der Vorbereitung für den Heeresdienst mit der Schule seien einige Urteile und Beschluß­ fassungen wiedergegeben. Kurz sei nur erwähnt, daß Männer, wie MüllerMeiningen, Gravenitz72), Corsep7*), Ipoff55), Martineck72), Marr72), Kühne77), Sickinger72), Hecker72), Adler2"), Militärsleute, Schulmänner, Ärzte, Angehörige aller Parteien für eine pflichtgemäße Einführung sich aus­ sprechen. Die meisten wollen sie vom landsturmpflichtigen Alter, von 17 Jahren an, andere wie Kemsies2*) schon früher, wegen des günstigeren erzieherischen und unterrichtlichen Zusammenhanges. Auch unser Kultusminister hält eine zielbewußte und zweckdienliche militärische Jugenderziehung bei bloßer Frei­ willigkeit der Teilnahme für unsicher. Ebenso spricht sich das an die Münchner ärztliche Schulkommission gerichtete Schreiben des bayrischen Kriegsministeriums für eine gesetzliche Grundlage der militärischen Jugenderziehung aus, erklärt aber späterhin die Vorbereitung zum Heeresdienst für eine rein militärische Sache, zu welcher man nur die Unterstützung der Schule und der Jugend­ vereine bedarf. Die deutschen Turn- und Sportvereine, welche seit Jahren die

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körperliche Ertüchtigung der Jugend als Pflicht betrachteten, haben sich auch mit der Frage der Vorbereitung zum Heeresdienst lebhaft beschäftigt. Die bedeutendsten Sportverbände kamen dazu, dem Reiche folgenden Gesetz­ entwurf vorzuschlagen: Jeder landsturmpflichtige Deutsche ist bis zu seinem Eintritt in das Heer oder die Marine zu regelmäßigen körperlichen Übungen verpflichtet. Für die zum Militärdienst Untauglichen endet diese Verpflichtung mit der Feststellung der Militärdienstuntauglichkeit. Ausführung. 1. Die Ausbildung erfolgt unter der Oberaufsicht der Landesbehörden durch staatliche oder staatlich, anerkannte Jugendpflegeorganisationen, durch den Jungdeutschlandbund oder durch einen dem Deutschen Reichsausschuß für Leibesübungen angeschlossenen Verband der nach festgelegten Grundsätzen seine Übungen leitet. 2. Die mit der Leitung der Übungen betrauten Personen sind, sofern sie nicht staatzichen Einrichtungen angehören, der Landesaufsichtsbehörde zu nennen und von dieser zu be­ stätigen. Diesen Personen steht dieselbe Strafgewalt zu wie den Leitern und Lehrern der Fortbildungsschulen. Über die Teilnahme der Verpflichteten an den Übungen sind laufende Aufzeichnungen zu führen. 3. Jedem Verpflichteten steht die Bestimmung darüber zu, welcher der unter 1. vorgesehenen Einrichtungen er sich zu seiner Ausbildung bedienen will. 4. Zeitweise oder dauernde Entbindung von der Teilnahme an den Übungen kann wegen der körperlichen Beschaffenheit der Verpflichteten oder aus anderen Gründen beruflicher Natur nach Entscheidung durch die Landesbehörden erfolgen. 5. Die Berechtigung, als Einjährig-Freiwilliger zu dienen, wird von dem Nachweis der er­ folgten körperlichen Ausbildung abhängig gemacht. > 6. Der Reichskanzler bestimmt die unter 1. und 4. genannten Landesbehörden und hat die näheren Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz zu erlassen.

Die Auffassung der deutschenTurnerschaftüberdie künftige Gestaltung der körperlichen Jugenderziehung kommt in folgendenBeschlüssen zumAusdruck: 1. Jeder )unge Deutsche ist gesetzlich verpflichtet, zwischen Schule und Heeresdienst sich körper­ lich weiterzubilden als Vorbereitung für den Heeresdienst. 2. Innerhalb dieser Verpflichtung bleibt es der freien Wahl der Jugend anheimgestellt, sich Leibesübungen treibenden Vereinen anzuschließen. Das gilt insbesondere für Fort­ bildungsschüler. Für die weibliche Jugend sind ähnliche Einrichtungen anzustreben. 3. Die Wettkämpfe im Wehrturnen sind zur dauernden Einrichtung zu machen. Der letzte Wettkampf im 20. Lebensjahre wird als Prüfung für den Eintritt in das Heer besonders ausgebaut Gute Leistungen und der Nachweis dauernder Körperübungen sichern dem in das Heer Eintretenden entsprechende Vorteile, die vom Deutschen Reichstag in der Sitzung vom 18. Juni 1913 einstimmig zugunsten der Turner beschlossen wurden. 4. Zur Förderung der Militärtauglichkeit sind die Regierungen und gesetzgebenden Körper­ schaften für die Durchführung nachstehender Leitsätze zu gewinnen: a) Einführung von 3 Turnstunden und einem verbindlichen Spielnachmittag (dieser nur in Städten von über 10000 Einwohnern) in allen Schulen; b) Einführung des Turnunterrichts m den Pflicht­ fortbildungsschulen nach der Denkschrift der deutschen Turnerschaft; c) Schaffung aus­ reichender Plätze und Hallen für alle Schulen des Landes; d) die Turnnote zählt bei der Einjährigen- und Abgangsprüfung; e) der Turnunterricht ist in allen höheren Lehranstalten und allen anderen größeren Schulkörpern in der Hauptsache durch Fachlehrer zu erteilen, die in allen Zweigen der Körpererziehung ausgebildet sind; f) die Aufsicht ist durch Turninspektoren im Hauptamt auszuüben.

Während außer schon Genannten auch der Vorsitzende des Wehrkraft­ vereines, Graf XRot)82), die Ansicht ausspricht, daß die Jungen, welche sich bis zum 18. Lebensjahre in der Schule und in Vereinigungen ertüchtigt hätten, sodann unter ausschließlich militärische Leitung gebracht werden sollten und äJlöir76) ebenso die militärische Vorbereitung als einen Teil der allgemeinen Wehrpflicht bezeichnet, keineswegs als Beiwerk der allgemeinen Schulpflicht sehen will oder überhaupt nicht, wurden Stimmen laut, welche auch die Vor-

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Bereifung zum Heeresdienst der Schule überlassen wollen, natürlich insoweit es sich um Schüler handelt. Über das Verhältnis der Schule zur militärischen Jugenderziehung über­ haupt äußerte sich Gymnasialprofessor Dr. Ernst Kemmer^) eines Belehrungskurses wie folgt:

gelegentlich

„Das Wort von der Überbürdung der Schüler ist keine Phrase und diese Überbürdung hat die militärische Jugenderziehung noch gesteigert. Unsere Jugend ist trotzdem durch die militärische Jugenderziehung nicht verbraucht worden, sie ist im Gegenteil gesünder und stärker geworden, sie hat in der Praxis auf ihre Weise einen Ausgleich geschaffen, den die Theorie noch nicht gesunden hatte. Sie hat entweder bei den körperlichen Anforderungen oder bei den geistigen oder auch bei beiden, sich einen Teil geschenkt — die militärischen Übungen waren nur eine Hemmung unter den vielen, die das moderne Leben überhaupt und im besonderen der Krieg, dem Unterricht bereiteten — die Schule konnte beobachten, daß die körperliche Frische, Unternehmungslust, Sicherheit und Selbständigkeit, die nun doch einmal durch die militärische Erziehung gefördert wurde, auch die geistige Leistungsfähigkeit erhöhte, daß die Entwicklung der Ausfassungsgabe und des Urteilsvermögens Aufgaben seien, in denen sich beide in -die Hand arbeiteten, daß Geographie, Naturkunde, Mathematik und Zeichnen, Klassikerlektüre und Geschichte der militärischen Erziehung, wertvolle Anregung werden und von ihr empfangen konnten, daß die Erziehung der Hand für die Jugend einen wohltuenden Ausgleich bei der abstrakten Geistesarbeit bedeute und für die Gesamtbildung eine notwendige Ergänzung sei."

Kemmer begrüßt die Verbesserung der körperlichen Erziehung, auch wenn sie nach militärischen Gesichtspunkten betrieben werden müsse, doch könne die Schule niemals den Exerzierdrill als Aufgabe der Jugenderziehung betrachten.

Der eifrige Verfechter körperlicher Ertüchtigung und einvs Reichsjugend­ wehrgesetzes zu diesem Zwecke, Müller-Meiningen^), betrachtet ebenso wie Oberstleutnant von jgoff55) die unmittelbare Vorschule für den Dienst im Heer und in der Marine nicht als Sache der Schule und Jugendpflege, sondern als Aufgabe des Heeres. Auch in München befaßte man sich bereits mehrfach mit den einschlägigen Fragen, so schon im Dezember 1914 der ärztliche Bezirksverein München mit Anträgen Theilhabers^), welche eine gesetzliche Festlegung der Heeres­ vorbereitung fordern.

Im Januar 1915 leitete der ärztliche Schriftstück an das K. B. Kriegsministerium:

Vereiu München folgendes

1. Der ärztliche Verein begrüßt den Ministerialerlaß über die militärische Ausbildung der Jugend als einen Aussicht versprechenden Fortschritt in der Richtung der Forderungen, welche der ärztliche Verein seit Jahren erhoben hat. Er erklärt seine Bereitwilligkeit, bei der praktischen Durchführung mitzuwirken. 2. Der ärztliche Verein spricht seine Überzeugung aus, daß dieser Fortschritt, welcher angesichts der an unsere Jugend herantretenden Anforderungen erreicht werden muß, nur dann erreicht werden wird, wenn erhebliche Mittel baldigst dafür bereitgestellt und wenn die militärische Erziehung der Jugend als Glied der allgemeinen körperlichen Durchbildung des Volkes nicht nur während des Krieges, gleichsam als Notstandsarbeit organisiert, sondern nach dem Krieg als bleibende Einrichtung ausgestaltet wird, wenn demgemäß auch der Lehr- und Erziehungsplan für die Mittelschüler dem Ziele untergeordnet wird, der intellektuellen und sittlichen Ausbildung noch viel mehr als bisher eine gründliche körperliche Schulung an die Seite zu setzen. 3. Um dieses Ziel zu erreichen, fordern wir im Hinblick auf die ernsten Erfahrungen des Krieges neuerdings auf das Dringendste, daß alles das, was berufene Lehrkräfte aü über-

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E. Doernberger flüssigen Ballast in der Ausbildung unserer Jugend ansprechen, vollends über Bord ge­ worfen wird und daß durch Wegräumung von Rückständigkeiten im Lehrplan ausgiebigere Zeit für möglichst vollkommenere ktzperliche Durchbildung unserer Jugend geschaffen wird.

Im Februar 1915 ging dann eine einstimmig von den Ärzten der Schul­ kommission und einer Reihe von Schulmännern gefaßte Entschließung an das Ministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten, welche vor allem dagegen Stellung nimmt, daß etwa die Anerkennung körperlicher Er­ ziehungspflicht durch eine weitere Beeinträchtigung der nötigen Erholungszeit erkauft werde. Schließlich schloß sich die Schulkommission des ärztlichen Vereins den Leitsätzen des Bayrischem Gymnasiallehrervereins und des Bay­ rischen Schulmännervereins an, welche hier folgen und deren Begründung uns so außerordentlich treffend erscheint, daß wir sie hier wiedergeben:

Leitsätze über die militärische Jugenderziehung während des Krieges und über wünschenswerte dauernde Fortschritte der körperlichen Ausbildung unserer Jugend, zunächst an den höheren Schulen. Vorgeschlagen von der Arbeitsgemeinschaft des B. Gymnasiallehrervereins und B. Realschul­ männervereins, von den Vertretern der unterzeichneten Vereine in einer gemeinsamen Sitzung am 9. März 1915 in nachfolgender Form nach eingehender Beratung angenommen.

A. Allgemeine Grundsätze. I. Die außerwissenschaftliche Ausbildung unserer Jugend muß zurzeit bei den höheren Altersstufen (von 15—16 Jahren ab) in erster Linie auf die militärische Jugenderziehung zugeschnitten werden. II. Die außerwissenschaftliche Erziehung unserer Jugend darf aber nicht dauernd aus­ schließlich die militärische Jugenderziehung als Hauptziel nehmen; wohl aber hat sie dafür zu sorgen, daß mehr wie bisher die Wehrfähigkeit als ein Teil der Erziehungs­ aufgabe betrachtet und namentlich in den höheren Altersstufen ein besserer Anschluß an die militärische Erziehung angestrebt werde. III. Es soll vor allem der Turnunterricht und das Spiel neben und in der Verbindung mit der militärischen Jugenderziehung erhalten bleiben. IV. Es muß vor allem mehr Platz für die körperliche Ausbildung der Jugend geschaffen werden. Die notwendige Zeit läßt sich dadurch einsparen, daß die wissenschaftliche Ausbildung als ihre Hauptaufgabe die Erziehung zum geistigen Arbeiten, nicht die Aneignung eines umfassenden Wissensstoffes betrachtet. Als äußere Mittel für die Einsparung von Zeit ohne Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Leistungen sind anzustreben: 1. Die Kurzstunde,, 2. die Festsetzung von Mindestforderungen in den einzelnen Fächern unter Berücksichtigung der Eigenart der verschiedenen Schulgattungen, 3. die Verminderung der schriftlichen Hausaufgaben, 4. die Freihaltung der Nachmittage, die körperlichen Übungen gewidmet sind, von Hausaufgaben, 5. die tunlichste Verlegung des wissenschaftlichen Unterrichts einschließ­ lich des Wahlunterrichtes aus den Vormittag. B. Einzelne Vorschläge zugunsten der militärischen Jugenderziehung.

a) Dauernde Regelung. V. Di? Schule muß in ihrem Lehrplan der körperlichen Ausbildung auf die militärische Jugenderziehung Rücksicht nehmen. Solange die Schule die körperliche Erziehung nicht selbst ausschließlich in die Hand nehmen kann, sollen die Vereine, welche sich der militärischen Jugenderziehung angenommen haben, in der Erfüllung dieses Programms gleichmäßig unterstützt werden.

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VI. In der Ausbildung der Jugend an den Schulen sind gewisse bisher vernachlässigte Teile wie die Ausbildung der Selbständigkeit des einzelnen, der Sehschärfe und Gehörschärse, der Marschfähigkeit und des Orientierungssinnes neu aufzunehmen. Hiermit ist in früherem Alter schon zu beginnen und die Ausbildung zielbewußt so zu steigern, daß in den höheren Altersstufen ein gewisser Anschluß an die militärische Ausbildung (z. B. durch Einführung des Schießens und des Fechtens) erreicht ist. Es ist wünschenswert, daß Schulmärsche von längerer Dauer (Halbtagsmärsche) regelmäßig durchgeführt werden. Für die gelegentliche Durchführung militärischer Schulmärsche sollen ganze Tage freigegeben werden können. VII. In gemeinsamen Zweigen (Marschieren, Turnen, Zielübungen, Schießen) der körper­ lichen Ausbildung und militärischen Ausbildung muß eine Übereinstimmung mit dem militärischen Kommando und den militärischen Fachausdrücken erzielt werden. VIII. Die Anforderungen der erhöhten körperlichen Ausbildung lassen eine schul- oder amts­ ärztliche Untersuchung und Überwachung der Jugend als geboten erscheinen. Not— wendig ist es, daß auch beschränkt Taugliche in angemessener Weise körperlich aus­ gebildet werden. Völlige oder teilweise Befreiung soll nur auf amts- oder schulärzt­ liches Zeugnis erteilt werden.

b) Vorschläge für die Kriegszeit.

IX. Wie IV. Dazu noch: Die tauglichen Schüler sind ausnahmslos verpflichtet, daß sie von den Gelegenheiten der militärischen Jugenderziehung Gebrauch machen. Wo solche Einrichtungen fehlen, ist für die Schaffung zu sorgen. X. Es ist darauf zu sehen, daß bei Stundenplankürzungen, die sich an manchen Anstalten infolge des Krieges ergeben, das Turnen nicht verkürzt wird. Wo den Anstalten ihre Turnsäle nicht zur Verfügung stehen, soll sofort entsprechender Ersatz gesucht und der Turnbetrieb wenigstens im Freien fortgesetzt werden (Marschieren, Turnspiele usw.). XI. Die Ausbildungskurse der Schüler sollen möglichst auf die Nachmittage verlegt und es soll für enge Fühlungnahme zwischen den Ausbildungsleitern und der Schule gesorgt werden, so daß auch die Rechte der Schule nicht beeinträchtigt werden. Elternvereinigung München. Verein der Fachturnlehrer an den bayrischen Mittelschulen. Pädagogische Gesellschaft München (Ortsgruppe des-Bundes für Schulreform). B. Gymnasiallehrerverein. Münchener Turnlehrerverein. B. Nealschulmäynerverein. Schulkommission des ärztl. Vereins München.

Die Arbeitsgemeinschaft des B. Gymnasiallehrervereins und des B. Real­ schulmännerpereins stellt außerdem.noch die beiden folgenden Leitsätze auf: a) Für die dauernde Regelung: Es erscheint als wünschenswert, daß künftighin die Turnlehrer aktiv gedient haben, oder-wenigstens eine entsprechende Ausbildung in den militärischen Übungen erhalten. b) Für die Kriegszeit: Für die Turnlehrer und die mit der militärischen Jugenderziehung zur Zeit betrauten Lehrkräfte sollen in verschiedenen Städten Bayerns kurze Ausbildungskurse für die An­ forderungen der militärischen Jugenderziehung eingerichtet werden. Diese beiden Leitsätze wurden in der gemeinsamen Sitzung der genannten Vereine nicht zur Abstimmung gestellt, weil eine größere Anzahl von Vereinsvertretern einer Stellung­ nahme zu ihnen sich enthalten zu müßen glaubte, werden aber von der Arbeitsgemeinschaft als selbständige Anträge aufrechterhalten.

Die Arbeitsgemeinschaft des B. Gymnasiallehrervereins und des B. Realschulmännervereins. März 1915.

Begründung der Leitsätze über die militärische Jugenderziehung, vorgelegt von der Arbeitsgemeinschaft des B. Gymnasiallehrervereins und B. Realschulmännervereins. Die Bedeutung, welche die Frage der militärischen Jugenderziehung während des Krieges auch im Bereiche der höheren Schulen gewonnen hat, veranlaßte die beiden unter­ fertigten Standesvereine, sich mit dem wichtigen Gegenstand eingehend zu beschäftigen, getreu ihrer Überlieferung, zum Wohle der Schule auf allen Gebieten mitzuarbeiten, wo eine neue Aufgabe der Erziehung in ihrem Bereiche auftritt. Bei der gründlichen Durcharbeitung des«

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Beratungsgegenstandes erwies sich vor allem eine Zweiteilung notwendig: die Frage der militärischen Jugenderziehung verlangt eine andere Lösung in der Zeit während des Krieges, wieder eine andere in der künftigen Friedenszeit. Durchdrungen von der Überzeugung, daß während des Krieges das wichtigste Ziel der Sieg sei, und daß jedes Opfer zu dessen Erreichung gebracht werden müsse, waren die Borstandschaften der beiden Vereine der Ansicht, daß die militärische Jugenderziehung während des Krieges und, solange nicht ein dauernder Friede völlig sichergestellt ist, nicht nur in den bisherigen Formen beibehalten, sondern in ihrem Umfang und in ihren Wirkungen durch die Ausübung eines nachdrücklichen Zwanges verstärkt werden soll.) Den Lehrern ist eben wie keinem anderen bei dem ständigen Ausscheiden von Schülern, die unmittelbar von der Schule weg freiwillig oder pflichtmäßig ins Heer eintreten, durch den persönlichen Augenschein zum Bewußtsein gekommen, daß ein Gewöhnen an militärische Erziehung augenblicklich ein überaus dankenswertes Geschenk sowohl für die Jugend als auch für das Vaterland darstellt, daß aber darüber hinaus die damit verbundene Kräftigung der Körper und die Vorwegnahme eines Teiles der militärischen Ausbildung ein Mittel zum Siege ist, weil es hilft dem Heere rascher neue gut ausgebildete Truppen zu­ zuführen. Zudem sind sich die Lehrer wohl bewußt, daß die Frage einer möglichst zahlreichen Zufuhr von geeigneten Elementen aus den höheren Schulen die brennende Frage des Ossi­ ziersersatzes mit zu lösen verspricht. Aus diesen Gründen bringt die Schule gern die Opser, welche infolge der militärischen Jugenderziehung mit ihren großen Anforderungen an Körper und G^ist der Schüler augenblicklich erforderlich sind. Aber die Lehrer halten sich zugleich für verpflichtet, für die geregelten Zeiten des zu­ künftigen Friedens die Entwicklung der Jugend nach allen notwendigen Richtungen hin sicher­ zustellen und rechtzeitig ihrerseits darauf hinzuweisen, daß die militärische Jugend­ erziehung in dem jetzt notwendigen Umfang nicht dauernd festgelegt werden und durch eine beherrschende Stellung die übrigen Zweige der außerwissenschaftlichen Jugend­ erziehung ersticken dürfe. Sie wollen dafür eintreten, daß die alten Jugendrechte, die augen­ blicklich zurücktreten müssen, in den Zeiten des Friedens wieder ihren alten Platz einnehmen können, daß ferner die alten Rechte des Turnens und die in den letzten Jahren neu hinzu­ gekommenen Fortschritte des Spieles erhalten bleiben, die einen sicheren Boden für die Freude der Jugend an körperlicher Betätigung schufen. Darüber hinaus wollen sie aber zu erkennen geben, daß sie sich nicht den Lehren des großen Krieges verschließen. Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen, daß neben das alte Ziel der harmonischen Ausbildung des Körpers und Geistes ein neues, be­ stimmteres treten muß, nämlich die Erziehung zur Wehrhaftigkeit für den Dienst des Vaterlandes. Hier sind in der Zukunft die Lücken auszufüllen, die der Krieg gezeigt hat, es ist auf kostbare Dinge zu achten, zu denen der Grund in der Jugend.gelegt wird, und sind Schäden rechtzeitig zu vermeiden, die später nie mehr ganz gut gemacht werden können. Es sind also in den Lehrstoff der körperlichen Erziehung Übungen hereinzunehmen, die die Seh- und Gehörschärfe, den Orientierungssinn und die Marschfähigkeit des einzelnen ausbilden sollen. Turnen und Spiel sollen die erste Altersstufe beherrschen mit geringerer Betonung der Wehrhaftigkeit, letztere wird stärker betont werden müssen auf der Mittelstufe, aber Turnen und Spiel sollen daneben erhalten bleiben bis zu den höheren Alters­ stufen, wo eine militärische Jugenderziehung als Gipfel der Erziehung zur Wehrhaftigkeit wohl zu befürworten ist, aber nicht als das Hauptziel, sondern als ein Zweig der körperlichen Ausbildung. Es wird Sache der berufenen Behörden sein, den Lehrstoff für letztere fest­ zulegen, doch sind die Lehrer der Ansicht, daß nach den Erfahrungen und vielfach geäußerten Forderungen dieses Krieges die Ausbildung des Schießens und Fechtens und gewisse Anfangsgründe der Bewegung von Massen, also Exerzieren, einen unerläßlichen Bestandteil bilden sollten. # Gegenüber den Bestrebungen, dauernd alle Kreise der Jugend zu den Übungen der militärischen Jugenderziehung ohne Rücksicht auf Stand und Art der Schule zusammen­ zuspannen, verkennen die Lehrer an den höheren Schulen nicht den tiefen Gedanken und den unleugbaren Wert dieser Pläne; trotzdem aber müssen sie aus den bisherigen Erfahrungen heraus, namentlich aber gewitzigt durch manche Begleiterscheinungen des jetzigen Zustandes, die Ansicht vertreten, daß auch dieser Teil der körperlichen Erziehung nicht grundsätzlich aus dem Erziehungsbereich der Schule ausgeschaltet werden dürfe. Die körperliche Erziehung ist an den höheren Schulen bereits dem Ziele nahegekommen, an den anderen Schulen der entsprechenden Altersstufen (Fortbildungsschulen) steht sie erst in den bescheidensten Anfängen; es ist praktisch schwer durchführbar, so verschiedene Entwicklungsstufen zu einer ersprießlichen einheitlichen Arbeit zusammenzulegen. Zugleich aber bringt der Berufsunterschied Schwierig-

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feiten mit sich, wie die Abendübungen und Sonntagübungen, die im Kriegszustände zwar noch erträglich sind, aber als dauernde Einrichtung den Grundsätzen eines geregelten Schul­ betriebes entgegenstehen und vom Erziehungsstandpunkt aus Bedenken erregen. Die Lehrer an den höheren Schulen betrachten es als das große Endziel, dem unsere Schulerziehung auf dem Wege der Entwicklung zustreben soll, daß die höheren Schüler ihre gesamte körperliche, geistige und sittliche Ausbildung an den Schulen selbst emp­ fangen sollen. Die Erziehung zur Wehrhaftigkeit und die militärische Jugenderziehung sollen nach der Auffassung der Lehrer ein neuer Gegenstand der körperlichen Erziehung werden. Die beiden Standesvereine haben von jeher die Ansicht vertreten, daß die gesamte körperliche Er­ ziehung in der Hand eines Lehrers vereinigt werden soll und daß zur Erfüllung dieser Pflichten ein Mann von vollem Können und vollem Verständnis notwendig ist, dessen Berufsausbildung auf seinem Gebiet genau so tief und gründlich sein muß wie die des wissen­ schaftlichen Lehrers in seinem Bereich. Deshalb sind sie der Auffassung, daß der große Fort­ schritt der neuen Schulordnung, welche die grundsätzliche Zuweisung der körperlichen Er­ ziehung an die Turnlehrer ausspricht, nicht durchbrochen werden soll. Auch auf diesem Gebiet ist es nicht angängig, sich mit Nachmachen der äußeren Schablone zu begnügen, es muß für Jbte militärische Jugenderziehung der militärische Geist nebst vollem Berufskönnen gefordert werden. Die militärische Jugenderziehung erheischt in gleichem Maße pädagogisches Können, turnerische Ausbildung und militärisches Verständnis. So wenig die wissenschaftlichen Lehrer geneigt sind, auf fremdes Gebiet überzugreifen, so glauben sie doch angesichts der großen allgemeinen Wichtigkeit, welche diese Frage für die höheren Schulen hat, hier ihre Auffassung vertreten zu dürfen, daß der Lehrer der körper­ lichen Erziehung, der Turnlehrer, künftighin auch dieses ihm zugehörige Gebiet voll beherrschen, also im allgemeinen militärisch gedient haben soll. Nur im letzteren Falle ist auch die dauernde Verbindung zwischen Heer und Schule möglich, welche eine Grundlage für zweckgemäße militärische Jugenderziehung ist. Im Laufe der letzten Jahre ist eine Reihe von neuen Aufgaben an die höheren Schulen herangetreten, zu diesen tritt eine weitere von nicht unerheblichem Umfange hinzu. Da die Leistungsfähigkeit des Durchschnittes der Schüler nicht in gleichem Maße wächst, so erscheint es notwendig, am'Alten einzusparen, um die nötige Zeit zu gewinnen. Die Lehrer haben sich erlaubt, aus dem Bereich ihrer Erfahrungen heraus diejenigen Mittel an­ zugeben, die nach ihrer Auffassung im Bereiche der Schulen möglich sind, ohne den alten Stolz der höheren Schulen, das Festhalten an gründlicher geistiger Arbeit preiszugeben. Die Lehrer sind sich dabei wohl bewußt, daß das kurze Bestehen der neuen Schulordnung die Schaffung von umstürzenden Neuerungen verbietet. Aber sie glauben doch die Auffassung vertreten zu dürfen, daß dieses Gebiet wie jedes andere die Lehren des ungeheuren Krieges nicht völlig ungenützt vorübergehen lassen kann und daß der Krieg die vielen Jahre ersetzt, die sonst zur Überprüfung von neuen Gesetzen als nötig erscheinen. Beiden Grundsätzen glaubten sie Rechnung tragen zu können, indem sie nur Vorschläge machten, die keine Änderung der Schuhordnung, sondern nur eine Überprüfung erfordern. Die beiden Standesvereine stellten die vorgelegten Leitsätze in eingehenden Beratungen fest. Da aber die Vorschläge vielfach auf benachbarte Gebiete Übergriffen, so hielten sie es für notwendig, sich auch mit den einschlägigen Vereinen zu verständigen und, wenn möglich, eine gemeinsame Vertretung zu erreichen. Es zeigte sich der erfreuliche Erfolg, daß in der überwiegenden Mehrzahl der Punkte vollständige Übereinstimmung der> Anschauungen erzielt werden konnte und daß die Arbeitsgemeinschaft der beiden Vereine beauftragt wurde, zu­ gleich auch im Namen der mit unterschriebenen Vereine die gemeinsam genehmigten Leitsätze den vorgesetzten Behörden gegenüber zu vertreten. März 1915.

Der deutsche Wehrverein sichtete im Jahre 1917 eine Eingabe an Bundesrat und Reichstag, der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichs­ kanzler zu ersuchen, baldigst den Entwurf eines Reichsgesetzes vorzulegen, betr. die pflichtmäßige militärische Vorbereitung der landsturmpflichtigen Jugend, sowie durch Vermittlung der verbündeten Regierungen im Wege landesrecht­ licher Regelung die Frage der körperlichen Erziehung für die Schulentlassenen im Alter von 14—17 Jahren im Anschluß an die pflichtmäßig zu gestaltende Fortbildungsschule zu ordnen und die Fortdauer der von den Stellver-

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tretenden Generalkommandos und verschiedenen Staatsbehörden im Interesse der Wehrkraft und des Jugendschutzes erlassenen Fürsorgemaßregeln über den Krieg hinaus nach deren einheitlicher Zusammenfassung und sinngemäßer Um­ gestaltung zu sichern. Eine ausführliche Begründung ist diesen Forderungen beigefügt. Der schon als Anhänger des Ausbildungszwanges genannte Marrys will für besondere Zwecke (Schwimmen, Lumen u. dgl.) auch militärisch nicht ausgebildete Helfer. Er verwirft aber jede" Vermischung von Schule, Jugendpflege und Militär. Die militärische Vorbildung soll mit dem 17. evtl. 18. Lebensjahre, spätestens mit dem Ausscheiden aus der Fortbildungs- oder höheren Schule einsetzen. Rücksicht auf Gesundheit oder Bemf könne Zurück­ stellung bis zum 19. Jahre erwirken. Oberlehrer Menzel^) will dem Schulturnen den frischen, freien, fröhlichen Betrieb der Jugend, die Freude an körperlichen Übungen erhalten, welche durch die Strenge eiserner Disziplin des Heeresdienstes ertötet würde. Mili­ tärische Übungen könnten unser bisheriges Turnen nicht ersetzen, nur bereichern, wenn sie mit Maß in den Unterricht ausgenommen würden. Auch Oberrealschuldirektor Neuendorf^) glaubt an eine Zerstörung der Jugendfrische durch die Annäherung der körperlichen Erziehung an militärische Formen. Nicolai^) meint: Wenn die Schule den Geist und das Militär den Körper erzieht, wird niemals etwas Einheitliches und Großes entstehen können. Er verlangt, daß der militärischen Erziehung als Ideal nicht barbarische und mittel­ alterliche Robustheit, sondern vollkommene Gesundheit einer einheitlich ge­ schlossenen Persönlichkeit vorschweben soll. Ich selbst bin der Ansicht, daß die Vorbereitung zum Heeresdienst Aufgabe der Heeresverwaltung sei, daß die Schule jedoch durch ihre Erziehung Vor­ arbeiten, und wenn die Zeit gekommen ist, mithelfen soll. Diese Meinung und die früher von mir ausgeführten Vorbedingungen zum Nutzen der Jugend-, Volks- und Wehrkraft, seien in der von der mehrerwähnten Münchener Ärzte­ kommission gutgeheißenen Fassung^) wiedergegeben: Vom 17. Lebensjahr an ziehe die Heeresleitung in Ergänzung der Wehrpflicht alle deutschen Jünglinge in Stadt und Land zur vorbereitenden militärischen Erziehung heran, wobei die Schule von ihren Rechten nichts einzubüßen braucht. Die nötige Zeit ist für Schüler von der Schule, für Berufsbeflissene von den Dienstund Lehrherren durch gesetzliche Verordnung zu erwirken. Die Ansprüche an den Körper müssen der jugendlichen Leistungsfähigkeit an­ gepaßt und dürfen nicht überspannt werden. Die Einrichtung von Schonungsgruppen macht auch die Schwächlichen tüchtiger, deren Heranziehung besonders wichtig ist. Ärztliche Anfangsuntersuchung und fort­ laufende Überwachung scheiden auch hier die völlig Untauglichen aus, schützen vor Schädigung, fördern den Zweck. Überhaupt ist es notwendig, daß die Ärzte bei Bemessung der Leistungsfähigkeit, bei Beurteilung der Gesundheitsverhältnisse der im Schul- und Lehralter stehenden Jugend mehr als bisher gehört werden. Zur Durchführung einer umfassenden körperlichen Jugendertüchtigung in Stadt und Land muß der Staat sich der weiteren Mithilfe der bisher bewährten Kräfte versichern und neue heranbilden, muß für die nötige freie Zeit und ausreichende, brauchbare Übungsgelegen­ heiten (Hallen, Plätze, Gelände) Sorge tragen.

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Die Frage ist noch im Fluß. Die Schule wird einen beträchtlichen Anteil an ihrer Lösung haben müssen. Wird die militärische Vorbereitung bewährten Vereinigungen oder der Schule überlassen, so wird immer militärische Kontrolle, Leitung und Ober­ aufsicht verlangt werden müssen. Bleibt die militärische Vorbereitung auch in Friedenszeiten bestehen, so wird sie wohl auf Grund der im Kriege getoomienen Erfahrungen und unter Rücksichtnahme auf die dann weniger dringende Notwendigkeit entsprechende Änderungen erfahren. Bleibt es bei der Freiwilligkeit, so sollte man den fleißigen und tüchtigen Teilnehmern an Wehrkraftbestrebungen gewisse Vorteile im Heeresdienst zu­ billigen, sollte wenigstens für den Einjährigen-Dienst, wenn er noch weiter bestehen wird, aus welchem sich zum großen Teil die Führer entwickeln, die Bedingung körperlicher Vorbildung und Vorprüfung stellen. Während des Krieges haben die Teilnehmer an der militärischen Jugendausbildung ja schon gewisse Vorteile. Die Aufnahme derselben in den Unterricht geschah bereits während dieser Jahre in einigen Fortbildungsschulen. So strich nach mir gewordener Zuschrift die gewerbliche Fortbildungsschule Marienberg im Westerwald zwei Stunden vom vierstündigen Fachunterricht in der Woche und nahm statt ihrer zwei Stunden für die militärische Erziehung in Anspruch. Der Magistrat Breslau beschloß für die Zeit des Krieges, militärische Übungen obligatorisch in den Lehrplan der Fortbildungsschule aufzunehmen. An den ungarischen Mittelschulen machte man die militärische Vorbildung von der 6. Klasse aufwärts obligatorisch. Befreiung ist nur durch den Schul- oder Amtsarzt möglich. Ob zu Friedenszeiten die Vorbildung zum Heeresdienst vom Heere ganz übernommen werden wird oder, wo es sich um Schüler handelt, der Schule überlassen bleibt, kann heute noch nicht entschieden werden. Im preußischen Ministerialerlaß vom 14. November 1914 heißt es allerdings: „Die Leitung der militärischen Jugendvorbereitung soll lediglich für die Dauer des Kriegs­ zustandes in militärischer Hand liegen." Jedenfalls sollte die körperliche Er­ ziehung in der Schule bereits die Grundlagen zu dieser Vorbereitung und, fällt diese Vorschule im Frieden weg, zum Heeresdienst, vor allem zur militärischen Tauglichkeit und Tüchtigkeit gegeben haben. Diese Grundlagen beruhen auf dem Verständnis des jugendlichen Körpers und seiner Anatomie und Physiologie, auf der Heranziehung möglichst aller Schüler zu den für sie geeigneten Übungen, auf Ausnützung aller Stärkungs­ mittel im Bereiche des gesamten Turnwesens, wie es sich schon der Altvater Jahn gedacht hat. Dazu sollte noch die Anpassung an die äußeren Formen der militärischen Übungen kommen. Nachdem doch einmal angeordnet, kommandiert werden muß, seien die Kommandorufe an der Schule und auf dem Truppenplatz gleich; nachdem doch einmal marschiert werden soll, sei die Marschordnung eine mili­ tärische. Einigung in solchen und ähnlichen Dingen müßte zwischen Schule, Vereinen und Heeresleitungen erzielt werden. Nötig ist dann freilich, daß Das neue Deutschland in Erziehung und Unterricht.

Heft 6.

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der Lehrer, der Führer der Heranwachsenden Jugend, die äußeren militärischen Formen beherrscht, viel wichtiger jedoch, daß ihm neben der Liebe zur Jugend die Begeisterung zum Vaterland innewohnt und daß er mit dieser Vaterlands­ liebe zugleich den Jungen Kameradschaftlichkeit, Pflichtgefühl, Ordnung und Einordnung, Willenskraft und Selbstvertrauen als moralische, Gewandtheit, Geschicklichkeit und Widerstandskraft als körperliche Tugenden übermittelt. Der Führer der Jugend soll ihr ein leuchtendes Beispiel sein. Jetzt in der Kriegszeit war die Auswahl oft nicht leicht. Trotzdem halte auch ich für die spezielle Vorbildung zum Heeresdienst nicht durchaus nur Offiziere des aktiven oder inaktiven Standes für geeignet. Möge der gediente Lehrer und Führer einen energischeren Einfluß auf die Heranwachsenden ausüben können, so wird dies auch dem seiner Sache sicheren Ungedienten gelingen. In einem Buche von Lippmann88) über psychologische Berufsberatung las ich etwa 50 seelische Eigenschaften, die zur Begabung als Turnlehrer gehören, welche alle sehr schätzenswert sind, ohne daß sie aber jeder besitzt. Wenn auch die eine oder andere fehlen sollte, kann er doch bei tüchtiger Vor- und Fort­ bildung der Jugend zur Erstarkung fürs Leben und zur Wehrtüchtigkeit ver­ helfen. Wenn die einen, wie börstet87), Verrohung durch allzu soldatische Ge­ wohnheiten, Untergrabung der Autorität der Schule und der Familie, andere, wie Gleichen-Rußwurm87), Beeinträchtigung der Jugendseele und Freudig­ keit und schließlich vorsichtige, gewissenhafte Ärzte, wie Nicolai87), eine über die Kräfte der jungen Jahre, der Glieder, der Muskeln, des Herzens hinaus­ gehende Beanspruchung und zugleich Schädigung des Gehirns und der Nerven durch die militärische Jugenderziehung fürchten und deshalb von ihrer Fort­ setzung in die Friedenszeit, von gesetzlicher Festlegung abraten, so muß gesagt werden: Militärische Erziehung und militärische Jugenderziehung sind nicht das gleiche. Eine Jugendkompagnie, ein Jungsturmregiment darf von den leitenden Offizieren und untergeordneten Unteroffizieren nicht als Rekrutendepot, als Ersatzkompagnie betrachtet werden, sondern muß mit zarterer Hand und zarterem Sinn, mit guter Kenntnis des jugendlichen Emp­ findens und Charakters, der jugendlichen Körperbeschaffenheit und Kraft an­ gefaßt werden. Es gehört zur militärischen auch pädagogische Kunst, welche von vornherein nicht jedem Militärsmann, nicht jedem Offizier, geschweige jedem Unteroffizier innewohnt. Lehrer, welche die Militärzeit hinter sich haben, scheinen mir ganz besonders geeignet. Der militärische Einschlag kann von denen, welchen es Ernst ist, auch wenn sie nicht gedient haben, so von Lehrern und Turnlehrern erlernt werden. (Siehe K.-M.-E. des bayr. Kriegs­ ministers vom 12. Januar 1915.) Will freilich die Schule selbst, abgesehen von der allgemeinen leiblichen Erziehung, mit der besonderen Heeresvorbereitung befaßt werden, wie es manche Pädagogen wünschen, da sie fürchten, sonst die Zügel der Gesamt­ erziehung aus der Hand zu bekommen, dann werden sich auch im Frieden öftere Belehrungskurse notwendig erweisen, ähnlicher Art, wie sie bereits in den letzten Jahren in Berlin und in München stattfanden, um einesteils

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Lie Führer, namentlich auf dem Lande, theoretisch mit den Wünschen der Heeresleitung, andererseits mit den besonderen Aufgaben gerade der jugend­ lichen Erziehung bekannt zu machen, schließlich praktisch mit der Ausführung dieser Wünsche und Aufgaben. Ein Beispiel, wie sich ein solcher Belehrungskurs aufbauen kann, gibt nachfolgende Einteilung des vom bayrischen Kriegsministeriipn im Juni 1916 veranstalteten: Tagesordnung:

I. Tag. Begrüßungsansprache. — Vorträge: Entwicklung der militärischen Jugenderziehung. — Die Organisation der militärischen Vorbereitung der Jugend in Bayern. — Erfahrungen über den Rekrutenersatz während des Krieges und die daraus sich ergebenden Wünsche und "Forderungen für die militärische Vorbildung. — Körperliche Volkserziehlung als Weg zur militärischen Vorbereitung. Vorführungen der Jungmannen mit Erläuterungen und Schlußbesprechung: Ordnungs­ übungen, Schwarmübungen, Bewegungsspiele. Freiübungen, Stabfechten, Fernsprechgerät, Sanitätsdienst. * II. Tag. Vorträge: Vorschläge zur Förderung der militärischen Vorbereitung der Jugend in Bayern mit Beispielen. — Schilderung des Erfolges oder Rückganges in einzelnen Bezirken mit Darlegung der Gründe. — Jugend, Schule und Familie in ihren bei der militärischen Jugenderziehung beobachtenden Beziehungen (Erfahrungen aus der Stadt). — Jugend, Arbeitgeber und Famile (Erfahrungen in Stadt und Land). — Militärische Jugenderziehung und Geistesbildung. Vorführungen: Übungen im Pionierdienst. Hindernisbahn. Entfernungsschätzen, Zielerkennen, Zielbezeichnen, Befehldurchsagen. III. Tag. Vorführungen: Geländebesprechung, Geländeausnützung, Meldewesen. Lagerein­ richtungen, Vorpostenaufstellung. Marschdienst, Marschsicherung. Ordnungsübungen, Ge­ ländeübungen. IV. Tag. Vorträge: Welche Stufen erleichtern das Einüben der verschiedenen körperlichen Übungen? — Die militärische Jugenderziehung in ihrem Verhältnis zu den Turn- und Sport­ vereinen sowie den Vereinigungen für Jugendpflege. — Wert der körperlichen Jugenderziehung und Hygiene der Jugendausbildung. — Die Möglichkeiten der freiwilliger: militärischen Jugenderziehung. •

Auch Österreich hat derartige Belehrungskurse eingeführt. Von 456 Leh­ rern, die im Jahre 1913 ihren Dienst ableisteten, machten 282 die von der Unterrichtsverwaltung organisierte Spezialausbildung für die militärische Jugendvorbereitung mit. Bei solchen Belehrungen wirkten Offiziere, Ärzte, Turn- und Schul­ männer, Unterrichts- und Heeresverwaltung zusammen und werden es wohl auch künftighin tun müssen, mag die Vorbereitung zur Heerespflicht als rein militärische Sache betrachtet werden unter Beaufsichtigung einer besonderen militärischen Stelle der Jugendpflege, wie sie jetzt bereits in den Kriegs­ ministerien, in Preußen unter Zuziehung eines bekannten Berliner Schul­ arztes, besteht und weiter bestehen müßte, oder mag sie im Anschluß an die Schule, ja in der Schule selbst geschehen.

Für die nicht mehr Schulpflichtigen müßten wohl immer noch die Jugend­ organisationen, selbständige oder innerhalb Vereinen geschaffene, die Helfer sein. 6*

Ob nach Jauchs^) und anderer Glauben die militärische Jugenderziehung mit Beendigung des Krieges ihre Aufgabe erfüllt hat, oder wie viele, zum Teil von uns namentlich Aufgeführte, glauben, zur Pflicht wird oder ob sie als freiwillige Einrichtung fortbestehen wird, jedenfalls hat die Schule, von welcher wir in diesen Blättern sprechen, die hehre Mission, nicht nur theoretisch vaterländische Tugenden zu preisen, sondern auch praktisch zu fördern.

Huf der Hochschule Ebensowenig wie wir die körperliche Ausbildung des Mannes aus dem Volke mit dem Austritt aus der Fortbildungsschule, so diese sich mit dem Körper überhaupt befaßte oder gar mit dem Schluffe der Volksschulpflicht für beendet erklären können, ebensowenig darf der Gedanke an die Notwendigkeit gesundheitlicher Pflege und Stählung der Organe mit dem Übertritt an die Hochschule vergessen werden. Sie soll nicht nur eine hohe Schule des Geistes, sondern auch des Körpers sein; sie soll beide vervollkommnen. Daß dies nicht durch pedantische Erlernung und Ausübung des Bierkomments geschieht, sondern daß der Abusus in Baccho, neben dem in Venere, häufig das Gegenteil von gesundheitlicher Förderung bedeutet, werden mir Kenner des Studentenlebens, ohne gerade Abstinenzler zu sein, zugeben. Der studen­ tischen Fröhlichkeit und Lebenslust geschähe kein Eintrag, der Zukunft unseres Volkes aber sicherer Nutzen an Kraft und Gesundheit, wenn die Kneipkunst von der Mehrzahl der Studierenden nicht mehr zum Hochgenuß gerechnet würde. Eher lobe ich mir eine andere in vergangenen Zeiten von allen ritterlich Gesinnten und Erzogenen, jetzt fast nur mehr von Offizieren und Studenten geschätzte Kunst, das Fechten. Es stärkt nicht nur die Muskeln, beeinflußt günstig Knochenbau und Blutzirkulation, es schärft auch die Sinne, die Be­ obachtung, die Aufmerksamkeit, fördert Mut und Selbstbeherrschung außer­ ordentlich. Überall in deutschen Landen wird man deshalb Universitätsfecht­ lehrer an den Hochschulen finden, überall wird in Korps, Burschenschaften, Landsmannschaften und anderen Verbindungen, doch auch von „Obskuranten" fleißig gefochten. Marcovici"») würde deshalb die Einführung dieses „Sport­ zweiges" sogar an den Mittelschulen freudig begrüßen. Sachsen91) hat das Stoßfechten schon an denselben eingeführt. Die Überzeugung, daß andere Leibesübungen ebenfalls würdig sind, gepflegt zu werden, gab sich in der Gründung einer Reihe von akademischen Turnvereinen kund. Die Hochschulen selbst zeigten ihre Geneigtheit, das Turnen jeder Art zu fördern, durch Anstellung von Universitätsturnlehrern, durch Bereitstellung von Turn-, Sport- und Spielplätzen. Außerdem sieht man mit Wohlgefallen, gerade hier in München hat man dazu Gelegenheit, die Studenten mit Rucksack und Pickel in die Berge wandern, im Winter dem Schneeschuhsport huldigen. Freilich sind die Bedenken des Leipziger Rechts­ gelehrten Binding Nicht ganz in den Wjnd zu schlagen, der klagt, daß durch zu großen Zeitaufwand für Sport die Hochschuljugend von Kollegien und praktischer Arbeit abgehalten wird. Sit modus in rebus! '

Ob nach Jauchs^) und anderer Glauben die militärische Jugenderziehung mit Beendigung des Krieges ihre Aufgabe erfüllt hat, oder wie viele, zum Teil von uns namentlich Aufgeführte, glauben, zur Pflicht wird oder ob sie als freiwillige Einrichtung fortbestehen wird, jedenfalls hat die Schule, von welcher wir in diesen Blättern sprechen, die hehre Mission, nicht nur theoretisch vaterländische Tugenden zu preisen, sondern auch praktisch zu fördern.

Huf der Hochschule Ebensowenig wie wir die körperliche Ausbildung des Mannes aus dem Volke mit dem Austritt aus der Fortbildungsschule, so diese sich mit dem Körper überhaupt befaßte oder gar mit dem Schluffe der Volksschulpflicht für beendet erklären können, ebensowenig darf der Gedanke an die Notwendigkeit gesundheitlicher Pflege und Stählung der Organe mit dem Übertritt an die Hochschule vergessen werden. Sie soll nicht nur eine hohe Schule des Geistes, sondern auch des Körpers sein; sie soll beide vervollkommnen. Daß dies nicht durch pedantische Erlernung und Ausübung des Bierkomments geschieht, sondern daß der Abusus in Baccho, neben dem in Venere, häufig das Gegenteil von gesundheitlicher Förderung bedeutet, werden mir Kenner des Studentenlebens, ohne gerade Abstinenzler zu sein, zugeben. Der studen­ tischen Fröhlichkeit und Lebenslust geschähe kein Eintrag, der Zukunft unseres Volkes aber sicherer Nutzen an Kraft und Gesundheit, wenn die Kneipkunst von der Mehrzahl der Studierenden nicht mehr zum Hochgenuß gerechnet würde. Eher lobe ich mir eine andere in vergangenen Zeiten von allen ritterlich Gesinnten und Erzogenen, jetzt fast nur mehr von Offizieren und Studenten geschätzte Kunst, das Fechten. Es stärkt nicht nur die Muskeln, beeinflußt günstig Knochenbau und Blutzirkulation, es schärft auch die Sinne, die Be­ obachtung, die Aufmerksamkeit, fördert Mut und Selbstbeherrschung außer­ ordentlich. Überall in deutschen Landen wird man deshalb Universitätsfecht­ lehrer an den Hochschulen finden, überall wird in Korps, Burschenschaften, Landsmannschaften und anderen Verbindungen, doch auch von „Obskuranten" fleißig gefochten. Marcovici"») würde deshalb die Einführung dieses „Sport­ zweiges" sogar an den Mittelschulen freudig begrüßen. Sachsen91) hat das Stoßfechten schon an denselben eingeführt. Die Überzeugung, daß andere Leibesübungen ebenfalls würdig sind, gepflegt zu werden, gab sich in der Gründung einer Reihe von akademischen Turnvereinen kund. Die Hochschulen selbst zeigten ihre Geneigtheit, das Turnen jeder Art zu fördern, durch Anstellung von Universitätsturnlehrern, durch Bereitstellung von Turn-, Sport- und Spielplätzen. Außerdem sieht man mit Wohlgefallen, gerade hier in München hat man dazu Gelegenheit, die Studenten mit Rucksack und Pickel in die Berge wandern, im Winter dem Schneeschuhsport huldigen. Freilich sind die Bedenken des Leipziger Rechts­ gelehrten Binding Nicht ganz in den Wjnd zu schlagen, der klagt, daß durch zu großen Zeitaufwand für Sport die Hochschuljugend von Kollegien und praktischer Arbeit abgehalten wird. Sit modus in rebus! '

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Sommer^) gibt an, und sicher können es andere Beobachter bestätigen, Daß bei vielen Studenten, die in den Heeresdienst freiwillig oder verpflichtet eintraten, „die körperlich-geistige Vorbereitung aus Gründen einer schwäch­ lichen Anlage oder in sehr vielen Fällen aus Mangel an Übung eine zu geringe war, was sich während des Militärdienstes bitter gerächt habe, daß aus diesem Mißverhältnis zwischen den militärdienstlichen Aufgaben und der körperlichen Erziehung in nicht seltenen Fällen rin Zusammenbruch erfolgte, der zu körper­ lichen und besonders, nervösen Störungen führte". Solche Beobachtungen und der Hinblick darauf, daß wir in den folgenden, sicher auch für geistige Arbeiter nicht leichten Friedenszeiten an die Lebens­ kraft und Ausdauer des Einzelnen und der Gesamtheit große Ansprüche werden stellen müssen, rechtfertigen Sommers Wunsch, dem man sich gern anschließen wird, daß neben der Anspannung der physischen Fähigkeiten durch Wettkämpfe, neben hervorragenden Höchstleistungen Einzelner die allgemeine körperliche Erziehung der ganzen Studentenschaft zu erstreben sei. Übertreibungen des „Sports" können nicht nur beim Heranwachsenden, sondern auch beim ausgewachsenen Studenten Herz, Lungen, Nerven vorüber­ gehend, ja dauernd schädigen, wenn die Einübung fehlt oder die versuchte Leistung Fähigkeiten und Kräfte übersteigt ober' überhaupt im Hinblick auf gesundheitliche Schwächen und Fehlev nicht hätte versucht werden dürfen. Deshalb jedoch Wettkämpfe, Anstreben von Höchstleistungen auf körperlichem Gebiete aus dem Betrieb der Leibesübungen ausschalten zu wollen,, wäre töricht. Die Erziehung beruht eben in der allmählichen Einübung und Ge­ wöhnung zu fortschreitendem Können bis zur möglichsten Vollkommenheit. Lehrer und beobachtende, belehrende Arzte müssen auch hier beim Einzelnen die richtigen Grenzen finden und bestimmen. Der Einzelne selbst aber halte, ohne für feige oder schlapp gelten zu müssen, zur rechten Zeit zurück und wolle nur leisten, was er kann. Mit der Übung wächst die Kraft und das Können. So wird der Nutzen leiblicher Betätigung, wie in allen früheren Lebens­ abschnitten, auch beim Studenten häufiger und größer sein als der Schaden. Eine Erweiterung und, Vervollkommnung der körperlichen Betätigung des Hochschülers regt der Deutsch-akademische Bund für' Leibesübungen durch folgende Leitsätze an: 1. Leibesübung ist frei geübte Tugend des deutschen Studenten. Sich auf den verschiedensten Gebieten männlicher Ringfertigkeit sattelfest zu machen, ein tüchtiger Turner, Läufer, Wanderer, Schwimmer, Ruderer, Fechter oder Reiter, kurz: — wehrfähig und lebens­ tüchtig zu werden, ist Ehrenpflicht —, aus der höheren Bildung des Hochschülers erkannt, von seiner gehobenen Lebenslage gefordert. 2. Zur Förderung der Leibesübungen an den deutschen Hochschulen, insonderheit zur Schaffung von Einrichtungen, Gesetzen, Lehrgängen, Leistungsprüsungen und Anregungen jeder Art ist der „Deutsch-akademische Bund für Leibesübungen" (D. A. B. f. L.) ge­ gründet worden. Er umfaßt alle Bereinigungen für Leibesübungen an deutschen Hoch­ schulen, einschließlich der Mehrzahl der Korporationsverbände aller Richtungen uiib ist als Mitglied des „Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen" eingefügt in die deutsche Gesamtarbeit. Z. An jeder deutschen Hochschule erstrebt der D. A.W. f. L. einen Zusammenschluß bestehender Korporationen und Vereinigungen zu einem „Ausschuß für Leibes­ übungen" und schafft außerdem Gelegenheit zur Pflege von Turnen, Spiel und Sport auch für jeden freien Hochschüler.

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Diese Zusammenschlüsse sind Studentenvereinigungen, deren Tätigkeit durch die Mitwirkung des Lehrkörpers möglichst vervollkommne t werden soll. 4. Der Deutsch-akademische Bund für Leibesübungen steht auf dem Boden der Bestrebungen des Deutschen Reichsausschusses und lenkt die Leibesübungen in gesunde Bahnen. Nicht die besondere Leistungsfähigkeit einiger Weniger, sondern die Erhöhung der Leistungs­ fähigkeit aller ist das Ziel. Die Leistungsfähigkeit der Allgemeinheit hebt sich im Maße der Ausbildung des einzelnen zu seiner persönlichen Höchstleistung. Vorzugsübung auf dem Gebiete der Begabung ist nach Erreichung der allgemeinen Durchbildung zu fördern; Ein­ seitigkeit und Übertreibung sind zu meiden. Die Vereinigung der Grundsätze des deutschen Turnens und des deutschen Sports liegt diesen Arbeitszielen zugrunde. Wettkämpfe sind unerläßliche Prüfungen des Erlernten, dienen als Ansporn und bringen Stärkung aller Körperorgane, Stählung der Nerven und des Charakters. Daher keine Übung ohne Wettkampf, aber auch kein Wettkampf ohne besondere Übung. 5. Im einzelnen wird folgendes erstrebt: a) Jede Hochschule erhält in möglichster Nähe ihre besonderen Einrichtungen: vor allem Spiel- und Sportplatz, Turnhalle und Schwimmbahn. b) Jede Hochschule verpflichtet hauptamtliche Angestellte, für die Zukunft möglichst Turnund Sportlehrer, die die Einrichtungen verwalten und die Übungen faälich leiten. c) An jeder Hochschule werden zur Feststellung des Gesundheitszustandes der Studenten und der Wirkung planmäßiger Körperübungen ärztliche Untersuchungen, in erster Linie Körpermessungen eingeführt und zwar in Zusammenarbeit mit dem ProfessorenAusschuß zur Pflege der Leibesübungen an deutschen Hochschulen. Gedankenaustausch und Arbeitsverbindung mit der Forschungsstätte des Deutschen Reichsausschusses wäre wünschenswert. d) Einschlägige Vorlesungen werden planmäßig abgehalten. e) Durch einen geeigneten Aufbau von Lehrgängen wird der Fortschritt in der sachlichen Ausbildung sichergestellt. f) Die Ergebnisse des körperlichen Untersuchungsbefundes und der vorzunehmenden Lnstungsprüfungen werden regelmäßig gebucht. g) Vaterländische Gedenktage werden durch Veranstaltung von Wettkämpfen begangen. h) Der Teil der Studierenden, die Zwischen 18. Lebensjahr und Heereseintritt stehen, erstrebt bei den von der Heeresverwaltung in Aussicht genommenen Leistungsprüsungen der ungedienten deutschen Jugend einen möglichst günstigen Abschluß. i) Jede Hochschule ermöglicht durch Erfüllung der Vorbedingungen eine Ausbildung der Studentenschaft, die sie zur Mitarbeit an der militärischen Jugendvvrbereitung be­ fähigt. Mangel an Eignung dazu müßte das Ansehen des akademischen Bürgers schädigen. ; 6. Um der körperlichen Ausbildung der Studenten ein jährlich wiederkehrendes Ziel zu geben, sind auf allen geeigneten Gebieten deutsche Hochschulmeisterschaften zum Austrag zu bringen. Die bereits vor dem Kriege vom Akademischen Sportbund (Mitglied des D. A. B. f L.) veranstalteten Hochschul- und akademischen Meisterschaften von Deutsch­ land sind entsprechend auszubauen. Die Zahl der Meisterschaftskämpfe ist möglichst auf „Kernübungen" zu beschränken. Den deutschen Hochschulmeisterschaften gehen an jeder Hochschule unter gleicher Aus­ schreibung Meisterschaften der betr. Unibersität oder Hochschule voraus. 7. Um der körperlichen Ausbildung der Hochschüler eine gewisse Allseitigkeit zu sichern, werden Mannschaftsmehrkämpfe zwischen Universitäten und Hochschulen ver­ anstaltet. Mögen die überzeugenden Lehren dieses Weltkrieges und unsere ersprießliche Zusammen­ arbeit mit dem Professorenausschuß zur Förderung der Leibesübungen an deutschen Hochschulen auch der studierenden Jugend die Segnungen einer allseitigen Körperausbildung durch einen der Größe der Zeit entsprechenden Fortschritt zugut^kvmmen lassen. . Mittels der vorgezeichneten Grundlinien hat die gemeinsame Arbeit aller Beteiligten das Ziel, jedem Tauglichen nach Maßgabe seiner Anlagen eine hohe Leistungsfähigkeit für Leben, Beruf und Wehrkraft zu sichern. Das ist eine vornehme Pflicht gegen das zukünftigeDeutschland!

Diesen Leitsätzen habe ich nichts mehr hinzuzufügen als den Wunsch, daß die Hochschule alle Bestrebungen, welche der Gesundheit ihrer Besucher und damit der Zukunft unserer geistigen Führer zugute kommen wollen, kräftigst unterstütze.

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körperliche Erziehung der Mädchen Da wir die körperliche Erziehung nicht allein zum Zwecke der Erfüllung der militärischen Dienstpflicht fordern, sondern zum Zwecke voller Lebens­ und Berufstauglichkeit, so darf das weibliche Geschlecht nicht vergessen werden. Der jetzt noch im Vordergrund alles Denkens stehende Krieg hat frühere Forde­ rungen neu belebt, zur Aussprache und Überlegung gebracht. Bemerkenswert ist, was Universitätsprofessor Stählin98) über Krieg und Mädchenerziehung schreibt: „Der Krieg hat auch bei den Frauen aufs neue gezeigt, daß Kraft und Gesundheit die Voraussetzungen für alle anstrengende Tätigkeit, die Grundlagen auch der geistigen Leistungs­ fähigkeit sind; darum muß die körperliche Erziehung der Mädchen in Zukunft eine weit größere Rolle in der gesamten Erziehung spielen als bisher. Turnen, Spiel, Wandern müssen in den Mädchenschulen weit mehr Zeit beanspruchen als bisher. Das gilt in erster Linie für Volks­ und Fortbildungsschulen, aber ebensosehr für höhere Mädchenschulen, bei der die Nachahmung der Knabenschule eine Überfüllung mit allen möglichen Lehrfächern und eine Überschätzung der Kenntnisse verschuldet hat, die die Gesundheit unserer Mädchen zu untergraben droht."

Der Krieg hat uns noch etwas verstärkt die Notwendigkeit gesunder, kräftiger Mütter zum Bewußtsein gebracht. Viel mehr noch wie früher niüssen wir im Mädchen nicht nur die zukünftige geistige und körperliche Arbeiterin, die Mitkämpferin und Gefährtin des Mannes, sondern die zu­ künftige Mutter sehen. Zu all dem ist sie gar oft viel zu jung und viel zu schwach. An die Beeinträchtigung des Weibes selbst, der Nachkommenschaft und des ganzen Volkes durch Überhandnahme der Frauenarbeit will ich nur erinnern. Daß ihr schwache und nicht widerstandsfähige, nicht gerüstete Körper leicht unterliege^ ist sicher. Vor allem jedoch brauchen wir in Zukunft neben gesunden, erwerbs- und fortpflanzungstüchtigen Männern gesunde, kräftige Ehefrauen, damit wir gesunde Kinder erhalten. So erstrebenswert die Mehrung der Geburtenzahl ist, welche während des Krieges noch mehr fiel, so sehr ist die Sicherstellung der Qualität, der Lebensfähigkeit und -Zähigkeit der Ge­ borenen eine Aufgabe der Rassenhygiene. Außer manchen anderen gesundheitlichen und/wirtschaftlichen Maßnahmen ist die eifrige Förderung des gesamten Turnwesens, einschließlich der Spiele, Wanderungen und für die besondere weibliche Art geeignete Leibesübungen bei den Mädchen aller Schulstufen und aller Stände zu verlangen. Sommer98) nimmt mit Recht die Studentinnen der Hochschulen nicht aus, und ich möchte besonders die mit geistiger Arbeit sehr belasteten Seminaristinnen und Handelsschülerinnen herangezogen wissen. Eigentliche Kraftübungen, wie sie die Knaben und Jünglinge betreiben, sind für die Mädchen weniger zu empfehlen, und sogar manchmal schädlich, als Gewandtheits- und Schnelligkeitsübungen, Frei-, Spring- und Laufübungen. Dabei soll das Geräteturnen, entsprechend dem Fllter, dem Geschlecht und der Fähigkeit, nicht vernachlässigt werden. Die schwedische Gymnastik wurde gerade an Mädchenschulen mit Vorteil eingeführt. Daß auch den Mädchen genug freie Zeit für Erholung und frei­ willige körperliche Betätigung gewährt werden muß, sei ausdrücklich hervorgehoben. Gerade sie sind meist eifriger im Lernen und ehrgeiziger nach guten Noten wie die Knaben. Ihr Körper ist jedoch einmal von vornherein zarter und leidet eher unter lange dauerndem Sitzen. Wirbelsäuleverkrümmungen,

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allgemeine Schwächlichkeit, Blutarmut, Magendarmstörungen sind unter ihnen deshalb häufiger. Schon in der Elementarschule steigt die Zahl der nicht Normalsichtigen von Klasse zu Klasse und zwar in höherem Maße als bei den Knaben. Ist einerseits mit der Tatsache zu rechnen, daß von den aus besseren, also aus den mit Schwäche der Konstitution und mit Sehanomalien mehr be­ lasteten Ständen mehr Knaben an höhere Schulen übertreten als von den Mädchen, so spielt doch ganz gewiß bei diesem Befund das geringere Maß an Freiheit der Bewegung beim weiblichen Geschlecht eine Rolle. Das viele Sitzen über Handarbeiten in der Schule und zu Hause ist ein weiterer schädi­ gender Faktor. Diese Beeinträchtigungen der Körperstreckung und -bewegung sind auch nicht unschuldig an den häufigen Rückgratverkrümmungen, welche bei sonst vorhandener Schwächlichkeit sehr zu Verschlimmerung und Stabilität neigen. Wie oft werden erst alle möglichen Geradehalter und Korsetts ohne Ver­ ständnis getragen, wenn der Fehler überhaupt noch rechtzeitig zur Kenntnis der Eltern kommt, statt den richtigen Weg allgemeiner Körperkräftigung und -erholung zu gehen und, ehe es zu spät ist, sachverständigen Rat einzuholen. Das Korsett muß die Mißgestaltung verhüllen oder muß mindestens den schwäch­ lichen Mcken aufrecht erhalten. Wann wird endlich die Zeit kommen, daß eines jeden Mädchens Rückenmuskulatur ohne Stütze so kräftig ist, den Körper aufrecht zu halten, daß eine freie Atmung und Entfaltung des Brustkorbes mehr gilt als eine sogenannte schöne Figur? Der Mangel körperlicher Erziehung rächt sich noch anderweitig. Gastpar^) mißt ihm die Schuld zu, daß gerade die ältere weibliche Schuljugend eine höhere Tuberkulosesterblichkeit als die männliche aufweist, sie nahezu um das Doppelte übertrifft. Die am Schlüsse der Pubertät einsetzenden anämischen Zustände der Mädchen wirken noch mit, stehen jedoch auch unter dem schädigenden Einfluß ungenügenden Aufenthaltes im Freien, mangelnder Zirkulation und Bewegung. Die Schule, einschließlich der Fortbildungsschule, sollte daher zu ihren Pflichtturnstunden hinzu noch Wert auf alle schon früher geschilderten Kräftigungsmöglichkeiten legen. . Prof. Raydt^b) fordert im Namen des Zentralausschusses zur Förderung der Volks- und Jugendspiele in Deutschland den allgemein verbindlichen Spiel­ nachmittag, sowie Schwimmen und andere leibliche Betätigung auch für die Mädchen und wünscht für sie „Anmut, die aus vollendeter Kraft hervorgeht". Erfreulich ist es für uns, es möge auch die Schule sich daran erfreuen, daß sich allenthalben in Deutschland Mädchenschwimm- und -wandervereine gebildet haben, daß das Mädchenturnen in den Vereinen blüht, daß beim Tennis, Schlittschuhlaufen, Skifahren, Rudern junge Mädchen rsich vergnügen und kräftigen. Dem Bedürfnis, eben Heranwachsende Mädchen statt innerhalb der Stadtmauern in freierer, luftiger, waldiger Umgebung zum Vorteil ihrer Gesundheit zu erziehen, wurde durch die Mädchenlanderziehungsheime, der praktischen Ausbildung zum Hausfrauenberuf unter gesundheitlichen Ge­ sichtspunkten, durch Einrichtung hauswirtschaftlicher Schulen aus dem Lande Rechnung getragen. Die kränklichen, blutarmen, zarten Mädchen be-

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hülfen noch weit mehr als die Knaben der Fürsorge in Kolonien, Walderholungs­ stätten, Heimen, damit sie nicht verkümmern. Für die Bestrebungen, auch den Erholungsbedürftigen aufzuhelfen, zwei nachahmenswerte Beispiele: Der Verein für Jugendhortgärten Stuttgart gibt kränklichen Volksschulmädchen Gelegenheit zum Aufenthalt im' Freien und ein Stück Gartenland zu körperlicher Betätigung. Die höhere Töchter­ schule am St. Annaplatz in München schuf während des Krieges, jedoch auch für spätere Zeiten ein eigenes Erholungsheim fernab der Stadt auf dem Lande. Die Bemühungen, das Mädchen zur gesunden Jungfrau und Frau heran­ reifen zu lassen, sind durch die Ermöglichung von Genuß freier Luft und von Leibesübungen noch nicht vollkommen. Es muß dazu, ebenso wie beim Knaben, eingehende Belehrung treten, wie man seine Gesundheit erhält und erhöht, Belehrung über die Pflicht gesund zu sein. Die sexuelle Erziehung des Mädchens, so heikel sie sein mag, darf nicht zu spät einsetzen, namentlich nicht bei den in den Dienst, in die Fabrik, ins Geschäft von der Schule weg Abwandernden. Was nützt dem Mädchen, was nützt dem Volke die Kraft und die Fülle der jugendfrischen Gesundheit, wenn sie, kaum mit 'Mühe erhalten und erworben, bald wieder zu schänden wird? Auch die geschlechtliche Be­ lehrung will den Körper des Einzelnen und den Volkskörper gesund erhalten und ist deshalb notwendig. Sie gehört mit zur Erziehung zur Mutter. Diese streben wir ja zunächst an, dann aber auch die Möglichkeit, im Berufe lange und zufrieden tätig sein zu können, für alle, welchen der hehrste Frauen­ beruf versagt ist. Gesundheit und Ausdauer brauchen sie alle. Ihnen dazu von Anfang an zu helfen, die Grundlagen zu schaffen, bestrebe sich die Schule bewußt und willig weiterhin, wie sie bereits vor dem Kriege begonnen hat. Bei aller Hochschätzung des Verstandes, des Wissend und Könnens der Mädchen, muß gerade bei ihnen einem Überwuchern des Geistigen zum Schaden des Körperlichen vorgebeugt werden, damit sie nicht unter der Last der geistigen und leiblichen Pflichten frühzeitig leiden und erliegen.

Rückblick und Ausblick | Soll die Schule der Aufgabe, den jungen Menschen fürs Leben, d. h. zu Beruf, Ehe und Wehrtüchtigkeit zu erziehen, gerecht werden, so dürfen ihr von feiten 'außenstehender, ernster Jugendfreunde, das sind die Ärzte, die Turn- und Wehrvereine, die Heeresverwaltung, nicht nur gute Lehren und ernste Mahnungen erteilt werden, es müßten ihr auch feste, unanfechtbare Grundlagen gegeben werden, auf welchen sie einen den Kräften und Fähig­ keiten jedes Lebensalters entsprechenden, Erfolg versprechenden Erziehungs­ plan aufbauen kann. Zur Macht der Erfahrung geselle sich der Be­ weis des Experimentes. Die Psychologie des geistigen Unterrichtes ist darin fast schon weiter gediehen als die Hygiene des Unterrichts und die Physio­ logie der Leibesübungen. Noch besitzen wir nicht völlig einwandfreie Methoden über Feststellung von Ermüdung und Übermüdung nach geistigen und körper­ lichen Arbeitsstunden der Schüler und deshalb auch keine wissenschaftlich un-

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hülfen noch weit mehr als die Knaben der Fürsorge in Kolonien, Walderholungs­ stätten, Heimen, damit sie nicht verkümmern. Für die Bestrebungen, auch den Erholungsbedürftigen aufzuhelfen, zwei nachahmenswerte Beispiele: Der Verein für Jugendhortgärten Stuttgart gibt kränklichen Volksschulmädchen Gelegenheit zum Aufenthalt im' Freien und ein Stück Gartenland zu körperlicher Betätigung. Die höhere Töchter­ schule am St. Annaplatz in München schuf während des Krieges, jedoch auch für spätere Zeiten ein eigenes Erholungsheim fernab der Stadt auf dem Lande. Die Bemühungen, das Mädchen zur gesunden Jungfrau und Frau heran­ reifen zu lassen, sind durch die Ermöglichung von Genuß freier Luft und von Leibesübungen noch nicht vollkommen. Es muß dazu, ebenso wie beim Knaben, eingehende Belehrung treten, wie man seine Gesundheit erhält und erhöht, Belehrung über die Pflicht gesund zu sein. Die sexuelle Erziehung des Mädchens, so heikel sie sein mag, darf nicht zu spät einsetzen, namentlich nicht bei den in den Dienst, in die Fabrik, ins Geschäft von der Schule weg Abwandernden. Was nützt dem Mädchen, was nützt dem Volke die Kraft und die Fülle der jugendfrischen Gesundheit, wenn sie, kaum mit 'Mühe erhalten und erworben, bald wieder zu schänden wird? Auch die geschlechtliche Be­ lehrung will den Körper des Einzelnen und den Volkskörper gesund erhalten und ist deshalb notwendig. Sie gehört mit zur Erziehung zur Mutter. Diese streben wir ja zunächst an, dann aber auch die Möglichkeit, im Berufe lange und zufrieden tätig sein zu können, für alle, welchen der hehrste Frauen­ beruf versagt ist. Gesundheit und Ausdauer brauchen sie alle. Ihnen dazu von Anfang an zu helfen, die Grundlagen zu schaffen, bestrebe sich die Schule bewußt und willig weiterhin, wie sie bereits vor dem Kriege begonnen hat. Bei aller Hochschätzung des Verstandes, des Wissend und Könnens der Mädchen, muß gerade bei ihnen einem Überwuchern des Geistigen zum Schaden des Körperlichen vorgebeugt werden, damit sie nicht unter der Last der geistigen und leiblichen Pflichten frühzeitig leiden und erliegen.

Rückblick und Ausblick | Soll die Schule der Aufgabe, den jungen Menschen fürs Leben, d. h. zu Beruf, Ehe und Wehrtüchtigkeit zu erziehen, gerecht werden, so dürfen ihr von feiten 'außenstehender, ernster Jugendfreunde, das sind die Ärzte, die Turn- und Wehrvereine, die Heeresverwaltung, nicht nur gute Lehren und ernste Mahnungen erteilt werden, es müßten ihr auch feste, unanfechtbare Grundlagen gegeben werden, auf welchen sie einen den Kräften und Fähig­ keiten jedes Lebensalters entsprechenden, Erfolg versprechenden Erziehungs­ plan aufbauen kann. Zur Macht der Erfahrung geselle sich der Be­ weis des Experimentes. Die Psychologie des geistigen Unterrichtes ist darin fast schon weiter gediehen als die Hygiene des Unterrichts und die Physio­ logie der Leibesübungen. Noch besitzen wir nicht völlig einwandfreie Methoden über Feststellung von Ermüdung und Übermüdung nach geistigen und körper­ lichen Arbeitsstunden der Schüler und deshalb auch keine wissenschaftlich un-

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anfechtbaren Merkmale über Erholungs- und Kräftigungswerte, ihre Dauer, ihre Einflüsse auf Körper- und Gehirntätigkeit. Was wir bisher an noch so fleißigen Arbeiten besitzen, ist zum Teil nicht einwandfrei, zum Teil an zu kleinem Material beobachtet. Dabei unterschätze ich die Arbeiten von A. Schmidt, Zuntz u. et.96) keineswegs. Die Schule verlangt aber genügend zahlreiche Beobachtungen an Schülern und volle Klarheit. Schon die scheinbar nächst­ liegende Frage, wie etwa, zu welchen Zeitett des Unterrichts die Turnstunden eingeschoben werden sollen, wird verschieden beantwortet. Deshalb ist der weitere Ausbau zur Ergründung der Bedingungen, Hemmungen und Werte der körperlichen Bewegungen und Übungen in ihrem Verhältnis zum geistigen Schaffen dringend zu wünschen. Diem, Burgerstein, Schjerning, Zuntz, Nicolai") treten lebhaft für Schaffung wissenschaftlicher Sportslaboratorien, wie sie kurz genannt werden, ein. Aus einer vom verstorbenen Fürsten von. Donnersmark unserem Kaiser gewordenen Spende erhielt Deutschland in Kaiserlich-Frohnau bei Branden­ burg ein großes Stadion. Im Anschluß daran ist nach Schjernings Mit­ teilungen eine militärische Forschungsanstalt geplant, welche sich auch mit der Physiologie und Hygiene des Turnens und Sportes befassen soll. Nachdem der Wille des Kaisers die Übungs- und Wettkampfstätte nicht nur der Armee, sondern auch der Jugend öffnet, werden auch die Forschungsergebnisse dieser zugute kommen. An anderen Orten beginnt man ebenfalls experimentell zu arbeiten, so daß man hoffen darf, daß deutsche Gründlichkeit auch hierin Fortschritte und Erfolge zeitigt. Zunächst ist es für die Schule wichtig, ziffernmäßig durch Umfrage fest­ zustellen, wer überhaupt neben den verbindlichen Turn- und Spielstunden noch Leibesübungen huldigt und welcher Art sie sind. Ein Vergleich der dazu Tätigen mit den nicht Tätigen hinsichtlich ihrer Schulleistungen wäre nicht ohne Interesse. Da, wo Schulärzte aufgestellt sind, könnte die Wirkung der körperlichen Betätigung in und außerhalb der Schule festgestellt werden. Zappert") betont in seinen Vorschlägen zur Durchführung schulärztlicher Untersuchungen in Mittelschulen die Notwendigkeit genauer Angaben über die Art des Sportbetriebes im Gesundheitsbogen des Schülers, damit die Schul­ behörde im Vergleich mit dem sonstigen Gesundheitszustand fördernde und ausgleichende Vorschriften geben könne. Will man diesen Krieg als bündigen Beweis für die Leistungsfähigkeit unserer Jugend im großen und ganzen gelten lassen, so dürfen wir Diem") zustimmen, der sagt: „Was der Krieg an Marschleistungen, an Nerven- und Körperdauer gefordert hat, ist so ungeheuer überragend über die Ansichten vor dem Kriege, daß für Schul- und Heeres­ ausbildung wie für den Turn- und Sportbetrieb die Folgerungen daraus in einer Steigerung unserer Anforderungen gezogen werden müssen."

Dazu bemerkt Prof. Thiele99), und auch ihm müssen wir glauben, daß wir über die eigentlichen Kriegsfolgen ärztlich erst nach dem Kriege, vielleicht erst viel später werden urteilen können, also auch darüber, ob die Leistungs­ fähigkeit, namentlich bei den Jüngsten, nur vorübergehend war oder eine, wenn auch im Augenblick gebotene, aber doch schädliche Überanstrengung.

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Das Maß künftiger Anforderungen wird nicht aus den Höchstleistmigen dieses Feldzuges allein' festgestellt werden, sondern gerade für die noch Unentwickelten, erst Heranreifenden und eben Gereiften, die Schüler mit großer Vorsicht und Überlegung festgestellt werden müssen. Solange nicht exakte Prüfungsmethoden sicher entscheiden können, sollten Offiziere, Lehrer, Turnlehrer, Ärzte, Jungenführer ihre Beobachtungen und Erfahrungen aus­ tauschen und sich zu gemeinsamer Beratung und Förderung unserer Schul­ jugend vereinigen. Die Stelle, wo dies geschehen könnte, wäre im Frieden in jedem Lande die oberste Schulbehörde, der mindestens als Beratende für die einschlägigen Fragen von ihnen bestimmte Vertreter aller obigen Kategorien, die sich mit Jugendertüchtigung praktisch befassen, angehören sollten. Für das ganze Deutsche Reich käme das vielfach gewünschte Reichsschulamt als beratendes und überwachendes Organ der geistigen wie körperlicten Schüler­ pflege in Betracht, wenn man die letztere nicht als besondere Sparte dem Reichsgesundheitsamt oder einer sonstigen Reichsmedizinalbehörde übertragen will, welche natürlich in engem Zusammenhang mit der obersten Schulstelle, dem Ministerium für Unterricht zu bleiben und besondere all­ gemeine Gesichtspunkte ohne Schablone aufzustellen hätte. Bei dem Bemühen, die Schule zur körperlichen Ertüchtigung der ihr An­ vertrauten anzuleiten, hat man nicht nur den nächsten Zweck im Auge, der Schulleistung und der Gesundheit des Schülers zu nützen. Die Absicht geht viel weiter. Erreichte Besserung des physischen Zustandes der Jugend ver­ bürgt ja auch bessere Erfolge in Krieg und Frieden, im Heeresdienst und im Beruf, gibt Anwartschaft auf ein längeres, beschwerdefreieres und schon deshalb froheres Leben, auf widerstandsfähigere Nachkommen, auf eine Erstarkung unserer ganzen Nation. Eine gesunde und deshalb arbeitsfreudige Jugend ist durch die Erfolge einer gesunden Lebensweise nachahmenswertes Beispiel und Vorbild für die ältere Generation, Vernachlässigungen gut zu machen. Erworbenes zu erhalten. Körperliche Übungen seien nicht nur der Jugend Vor­ behalten und seien nicht mit deren Abschluß zu Ende. Tie Schule sei die Lehr­ meisterin. Lehrer, Schüler, Eltern sollen in leiblicher Erholung zur rechten Zeit, in rechtem Ausmaß einen Lebensfaktor sehen, einen nie versiegenden Jungbrunnen. Nie soll der Sinn für Wissen und Können, nie die Pflicht für Schule, Familie, Beruf imb Staat dadurch verdrängt werden. Daß viele Hunderte Neugieriger lange wartend und drängend vor dem Zeitungsgebäude stehen, bis die neuesten Sportberichte und Rekordleistungen groß an der Wand angeschrieben werden, wie ich es in New-York sah, entspricht nicht deutscher Art. Immerhin hätte sich noch vor Jahren keine deutsche Tageszeitung herbei­ gelassen, wie jetzt geschieht, die Ergebnisse von turnerischen Wettspielen genau und regelmäßig zu veröffentlichen. Das ist ein Zeichen, daß auch bei der All­ gemeinheit die Anerkennung physischer Leistung, die Achtung vor dem Erfolg zugenommen hat. Und das ist recht. Man soll sich bewußt werden, daß Turnen jeder Art, Genuß von Licht und Luft, daß das, was die Schule als gesund lehrte, auch nach der Schulzeit, solange es die Jahre und die Pflichten irgendwie erlauben, nicht vernach-

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lässigt werden dürfe. Abhärtung und Stählung des Körpers in der Jugend und darüber hinaus, macht sich bis ins höhere, ja höchste Alter segensreich geltend. Da ist ein Beispiel der greise, noch Heut6 die Jugendwehren ins Freie begleitende General von Haeseler, dessen war ein Beispiel der stets allen Leibesübungen holder Leutnant Gregory, der als Siebzigjähriger freiwillig in diesen Shieg zog und alle Anstrengungen der Jungen mitmachte, bis er den Tod fürs Vater­ land erlitt. Der als Greis noch täglich schwimmende und noch eifrig der Gemsenjagd obliegende, bis an sein seliges Ende aufrechte Prinzregent Luitpold von Bayern ließ auf die Medaille des bayrischen Wehrkraftvereins, dessen Schutzherr er war, die Worte einprügen: „Pflege der Jugend schafft rüstiges Alter." Ich erinnere mich heute noch nach vielen Jahren an den 75jährigen Pastor, der gleichen Schritts mit mir, dem jungen Studenten, ohne Beschwerden den Berggipfel erklomm und an meinen englischen 73jährigen Lehrer, t^elcher noch eifrig dem Schlittschuhlauf huldigte. Freilich erfordern die Erscheinungen des Alters gewisse Vorsicht. Möge bis zum Greisenalter neben der körper­ lichen die geistige Regsamkeit einherschreiten. Beide sind Gaben des Glücks, aber auch der zielbewußten Pflege von Jugend an. Nie soll man die Kulturwerte vernachlässigen und beiseite stellen, welche uns die deutsche Schule vermittelt. Sie vermittele unserer heutigen und künftigen Jugend noch als weiteres Gut in reichlicherem Maße, als sie es heute schon tut, Gesundheit und Kraft. Mit diesent Rüstzeug einer vollkommenen Geistes- und Leibesbildung brauchen wir nicht Arbeit und Mühe zu scheuen, nicht die Schwierigkeiten des Aufbaus einer neuen Zeit. Wir erwarten eine neue Blüte des deutschen Volkes. Die junge Pflanze wollen wir hegen und pflegen, vor Wetter und Wind schützen, gegen Stürme und Gefahren feien, damit sie zum kräftigen Baume heranwachse, herrliche Blüten und reife Früchte trage. Dazu helfe uns allen, die wir die Jugend lieben und auf sie hoffen, die Schule, und wir wollen ihr helfen. Daß Ärzte und Schule zum Besten der Jugend gedeihlich, friedlich nebeneinander und miteinander wirken können, beweist u. a. seit Jahren der Austausch der Meinungen auf den Versammlungen des deutschen Vereins für Schulgesundheitspflege, in der Zeitschrift für Schul­ gesundheitspflege und im Archiv für Schulhygiene, das gute Einvernehmen der Schulärzte mit der Lehrerschaft und der Schulleitung in ganz Deutschland,, zeigen vorbildlich die gemeinsamen ersprießlichen Beratungen unserer Münchener ärztlichen Schulkommission mit den Mittelschullehrern und ihren Standes­ vertretungen und mit der obersten Schulbehörde. Auch hier gilt der Satz, obwohl es sich nicht um kleine, sondern um sehr schwerwiegende Dinge handelt: „Concordia parvares crescunt, discordia maximae dilabuntur.“ „Einigkeit macht stark!" Alle, die in der Jugend unserer Zukunft Werden schauen, müssen zusammenstehen, sie tüchtig und gesund zu schaffen und zu erhalten, Erzieher der Schule und des Heeres, Ärzte, Eltern und Behördern müssen zu diesem Zweck Zusammenwirken durch Wort und Schrift, durch Rat und Tat!

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Angeführte Schriften: 1. Lorinser, Zum Schutze der Gesundheit in den Schulen. Berlin 1836. 2. Cornelius, Das Wesen der Bildung und ihre Bedeutung für die Schule. 2. Deutscher Kongreß für Jugendbildung und Jugendkunde 1913. Leipzig, Teubner. 3. Lamprecht, Neue Schule, neue Erziehung. Sämann 1914. Leipzig, Teubner. Ferner: Flugschrift 2 des deutschen Bundes für Erziehung und Unterricht. Ebenda 1917. 4. Rosenhaupt, Körperliche Ertüchtigung im Kindesalter durch Turnen. Zeitschrift für Kinderschutz und Jugendfürsorge. Wien 1916. 8. Jahrg., Nr. 3. 5. Pfaundler, Über kombinierte Krankheitsbereilschaften oder Diathesen im Kindes­ alter. Therapie der Gegenwart. 1911. 6. Doernberger, Kleinkinderfürsorge. Blätter für Säuglingsfürsorge. 4. Jahrg., Heft 11. 7. Axmann, Schularzt. 1916, Nr. 12. 8. Eckard t, Turnen. Leipzig, Teubner 1917. 9. Thiele, Schulturnen und Arzt. Schularzt. 9. Jahrg., Nr. 11. 10. Das deutsche Schulturnen und die Sportstudienkommission, herausgegeben vom Deutschen Turnlehrerverein. 11. Rothfeld, Turnbefreiungen. Zeitschrift für Schulgesundheitspflege. 24. Jahrg., Nr. 7 und 8. 12. Ranke-Silberhorn, Tägliche Schulfteiübungen. München,' Gmelin, 1914. 13. Helwig, Internationales Archiv für Schulhygiene. April 1911. 14. Hellpach, Geopsychische Erscheinungen. Engelmann, Leipzig 1917. 15. Roeder-Wienecke, Einfluß sechstägiger Wandertouren auf die Entwicklung in der Ernährung zurückgebliebener Kinder. Berlin, Hirschw. 1910. — Roeder, Einfluß der Bewegung auf den Gewichtsansatz. Internationales Archiv für Schulhygiene. IX, 1 usw. 16. Peters, Zeitschrift für Schulgesundheitspflege. 1912, Nr. 6. 17. Cramer, Skoliosenbehandlung und orthopädisches Turnen. Schularzt 1915, Nr. 10. 18. Bachauer, Schularzt 1917, Nr. 3. — Ders., Klinische Monatsblätter für Augen­ heilkunde. 48. Jahrg., 1910, Juli. 19. Gastpar, Die Beurteilung des Ernährungszustandes der Schulkinder. , Zeitschrift für Schulgesundheitspflege 1908. ' 20. Graeber, Jdealschulgärten im 20. Jahrhundert. Trowitsch & Sohn, Frankfurt a. £l 21. Kerschensteiner, Grundfragen der Schulorganisation. Leipzig, Teubner. — Begriff der Arbeitsschule. Ebenda. 22. Steinhaus, Ztschr. f. Schgpfl. 1915. Nr. 5. 23. Doernberger, Beobachtungen an Ferienkolonisten. Archiv für Schulhygiene. Bd. III. 24. Doernberger, Hebung der Volkskraft durch Kräftigung unserer Jugend. Münchner­ medizinische Wochenschrift 1917, Nr. 1, S. 10 u.in Erhaltung und Mehrung der Volkskraft. München, Lehmann, 1918. 25. Das Schulwesen der Stadt Stuttgart. Stuttgart 1914. Bong' Erben. 26. Bothmer, Jugend und Wehrkraft. München, Kupferschmid, 1911. 27. Kerschensteiner, Jahresberichte der männlichen Fortbildungs- und Gewerbe­ schulen. München, Gerber. 28. Kaup, Sozialhygienische Vorschläge zur Ertüchtigung unserer Jugend. Berlin, Heymann. 29. Petrich, Jugendpflege und Staat. Halle, Waisenhausbuchhandlung, 1916. 30. Vogl, Das deutsche Turnen und unser Nachwuchs. Monatsschrift für das Turn­ wesen. 32. Jahrg., 2. Heft. — Die Wehrfähigkeit der Jugend mit besonderer Rücksichtnahme an die Marschfähigkeit. München, Lehmann, 1909. — Die wehrpflichtige Jugend Bayerns. München, Lehmann. — Die Armee, die schulentlassene Jugend und der Staat. München, Lehmann, 1911.

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E. Doernberger: Körperliche Erziehung und Schule

92. Sommer, Die körperliche Erziehung der deutschen Studentenschaft. Leipzig, Voß, 1916. 93. Stähljn, Krieg und Mädchenerziehung. Deutschlands Erneuerung. München, Lehmann, 2.Jahrg., 2. Heft. 94. Gastpar, Art. Schulpflichtige Jugend m Grotjahn-Kaup, Handwörterbuch der sozialen Medizm. 95. Raydt, 2. deutscher Kongreß für Jugendbildung und Jugendkunde. Das Wesen der Bildm'.g. Teubner 1913. S. 18ff. 96. Zuntz, Zur Physiologie der Spiele und Leibesübungen. Körper und Geist, 1911, Nr. 8 und 9; Blätter für Volksgesundheitspflege, 1911, Nr. 11. — Samosch, Schulärztliche Untersuchungen über den Einfluß der Jugendspiele auf die Herztätigkeit der Kinder. 1. Inter­ nationaler Kongreß für Schulhygiene. Nürnberg 1904, III, S. 54. 97. Diem, Die Zukunft der Leibesübungen und der Reichsausschuß. Stadionkalender 1917, Nr. 2. — Burgerstein, Sitzung der ärztlichen Abteilung der wafsenbrüderlicken Ver­ einigung, Januar 1918. Ztschr. f. Schulgespfl., 1918, Nr 5 u. 6. Refer. Münchner medizi­ nische Wochenschrift, 1918, Nr. 6. — Zuntz, Sportlaboratonen. Umschau 1917, Nr. 11. — Schjerning, Kinder- und Jugendpflege und ihre Bedeutung für Volks- und Wehrkraft. Berliner klinische Wochenschrift, 1918, Nr. 4. 98. Zappert, Vorschläge zur Durchführung schulärztlicher Untersuchungen in Mittel­ schulen. Mitteilungen der österreichischen Gesellschaft für Schulhygiene, 1917, Nr. XXV 99. Thiele, Schularzt 1917, Nr. 7. 100. Rollier, Die Schule an der Sonne. Bonn, Francke, 1916. — Stefani und Löchert, Amerik. Freiloftschulen. Ztschr. f. Schulgespfl. 1915, 9Ä. 2 u. 3. — Weinberg» Italien. Freilustschulen. Ebenda, 1915, Nr 3.

Gßetlag von QDeit $ Gotnp. in ßeipjig, QUarienfttaße 18 Der Verfasser bekennt sich als Gegner der sogenannten gemeinsamen Grundschule. Sem erstes Bedenken ist, daß die scheinbar sehr volksfreundliche Tendenz der geplanten Schulreform in Wirklich« keit volksfeindlich wirken müsse, weil sie der Bolksarbeit und der Volksbewegung die besten Gehirne raube. Damit solle nicht gesagt sein, daß jene besten Gehirne durchaus in der Sphäre der Hausarbeit gelassen werden sollten, vielmehr gebe es noch einen anderen Weg für den Aufstieg der wirklich Be­ gabten. Der Weg durch die Diplome der höheren Schulbildung sei nicht der einzige Weg; die wachsende demokratische Entwicklung sei es, die zahlreiche neue und wichtige Berufe für die Vertrauensmänner des Volkes schaffe; der sich dabei vollziehende Aufstieg sei ein organischer, er reiße jene Intelligenzen nicht aus dem Leben ihrer Klasse heraus. Die Einheitsschule hemme die notwendige friihzeitige Diffe­ renzierung der Bildungswege; und die sozialpädagogische Wirkung, die man sich von dem Zusammen, sitzen der verschiedenen Bolksklassen verspreche, sei bei näherer Beobachtung durchaus illusorisch und könne durch wirksamere Methoden ersetzt werden. W. Foerfter.

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Schulerziehung nach dem großen Kriege

” Umfang 9 Bogen

von Rektor Chr. Ufer-Elberfeld Preis geheftet ITC. 4.20

Auf wissenschaftlicher Grundlage, jedoch in gemeinverständlicher Weise, legt der Verfasser unter ausgiebiger Verwertung älterer, neuerer mib neuester Literatur sowie eigener Beobachtungen die überaus ernste Lage dar, in der sich unser Volk unmittelbar nach dein Kriege höchstwahrscheinlich befinden wird, und versucht zu zeigen, in welcher Weise sich die Schule an der Lösung der nächst­ liegenden Aufgaben zu beteiligen hat. Zu den bereits vorliegenden Neformvorschlägen und behördlichen Maßnahmen und Absichten wird in freimütiger Weise Stellung genommen. Ein er­ schöpfendes Personen- und Sachverzeichnis ist der Arbeit beigegeüen

Ijeft 3 Die Naturwissenschaften in Erziehung und Unterricht von Professor Dr. Bastian Schmid-München

'

Umfang 6 Bogen

Mit 10 Abbildungen im Text

Preis geheftet M. 3.20

Im Gegensatz zu den zahlreichen auf stofflichem und methodischem Gebiete sich bewegenden Schriften über den naturwissenschaftlichen Unterricht lenkt der Verfasser die Aufmerksamkeit des Lesers stark auf die erziehliche Seite des Gegenstandes. Der Jntellektualitüt unserer Zeit werden gleich- oder höherwertige Elemente der Kultur und des Seelenlebens gegenübergestellt, und somit erhebt sich die Arbeit auf einem breiten Hintergrund, der über den Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts hinausreicht. Wenn auch beispielsweise dem Sehen und Beobachten sowie den wichtigsten Feldern echt naturwissenschaftlicher UnterrichtsVetätigung und den künftigen Aufgaben dieser Fächer besondere Abschnitte gewidmet sind tinb ein großes Kapitel mit den philosophischen Zielen des naturwissenschaftlichen Unterrichts sich befaßt, also vielfach einen im Interesse der Schrift liegenden stark fachmännischen Einschlag hat, so läßt auch dieser philosophische wie manch anderer Teil den Geist hoher erziehlicher Ziele durchblicken.

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Mein Umtsbruder

“ von Gymn.-Vir. Dr. phil. August Graf von pestalozza Umfang 13/4 Bogen - Preis geheftet M. 1.20 Der Verfasser ist durch sein in zwanzigtausend Stück an der Front verbreitetes Büchlein über die Jnneukolonisation den Herzen unserer heimkehrenden Krieger vorteilhaft bekannt geworden, derselbe Geist einer alle Menschen umfassenden Bruderliebe weht uns auch aus dieser Schrift an. Es gilt durch kräftige Selbsterziehung, verständnisvolles Eiufühlen in die Eigenart unserer Mitmenschen und durch williges Sicheinfügen in die Gemeinschaft jenen Geist der Kollegialität unter den Lehrern einer Anstatt zu wecken, der die ihnen gemeinsam gesteltte Erziehungsaufgabe fördert und so die Kollegialität zu einem Wesenstelle des Eitziehungsganzen macht. Darüber hinaus führen die Fäden zur Kulturarbeit, die der Schule gestellt sind. Nicht bloß um der Schule, sondern auch mit seiner eigenen Weiterbildung und um des Wohles seines Vaterlandes willen muß jeder bestrebt sein, sein Bestes zur Förderung der Kollegialllät aus seinem Innersten herauszuholen, dieses Streben befähigt ihn, sein Amt im rechten Geiste zu verwalten und sich verständnisvoll in die Gemeinschaft seiner Amtsgenossen einzufügen. Nur wer dies von ganzem Herzen und mit zielbewußtem Willen anstrebt, ist der wahre „Amtsbruder".

GesamNeuerungszuschlag bis auf weiteres 25% (Fortsetzung auf Leite 4 des Umschlags.)

QDerlag von QJeit F