Koptisches Christentum: Die orthodoxen Kirchen Ägyptens und Äthiopiens 9783110819533, 9783771501518


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Table of contents :
VORWORT
INHALT
Teil A. Die Orthodoxe Kirche Ägyptens
I. Die Kirche von Alexandrien, eine kurze historisch-theologische Einführung
II. Der Beitrag der koptischen Kirche zum universalen Christentum
III. Gottesdienst und Disziplin in der koptischen Kirche
IV. Ägyptisches Mönchtum — nodi immer eine einflußreiche Kraft
V. Die koptische Kirche von 1800 – 1970
VI. Die koptische Kirche heute
VII. Prägung der koptischen Identität
VIII. Theologische Ausbildung und koptische Kultur
Teil Β. Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens
I. Die äthiopische Kirche heute
II. Die Frühgeschichte der Kirche
III. Die Kirche von 700 – 1600 n. Chr
IV. Der Glaube der Kirche
V. Die äthiopische liturgische Tradition
VI. Beziehungen zu anderen Kirchen und ausländischen Missionen in Äthiopien
Anhang
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Koptisches Christentum: Die orthodoxen Kirchen Ägyptens und Äthiopiens
 9783110819533, 9783771501518

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DIE KIRCHEN DER WELT · BAND XII KOPTISCHES CHRISTENTUM

DIE K I R C H E N DER WELT BAND XII

Herausgeber D. HANS HEINRICH HARMS D. DR. HANFRIED KRÜGER DR. GÜNTER WAGNER D. DR. HANS-HEINRICH WOLF

KOPTISCHES C H R I S T E N T U M Die orthodoxen Kirchen Ägyptens und Äthiopiens

Herausgegeben von PAUL VERGHESE

EVANGELISCHES VERLAGSWERK STUTTGART

Ubersetzung aus dem Englischen: Ingrid Jonas

ISBN 3 7715 0151 2 Erschienen 1973 im Evangelischen Verlagswerk Stuttgart (g) Alle Rechte, einschließlich d e m der Übersetzung, vorbehalten Gesamtherstellung: Heinzelmann Druck-Service G m b H , Metzingen Printed in G e r m a n y

VORWORT Herausgeber des ganzen Bandes und Autor mehrerer seiner Aufsätze ist Paul Verghese aus Indien. Er ist Mitglied der Syrisch-Orthodoxen Kirche in Indien. Jahrlang hat er an höchst verantwortlicher Stelle in Äthiopien gewirkt; für mehrere Jahre übernahm er die Leitung der Abteilung für ökumenische Aktivität beim ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Seit 1968 ist er Prinzipal des Syrisch-Orthodoxen Theologischen Seminars in Kottayam (Kerala, Indien) und steht nach wie vor in der ökumenischen Arbeit an hervorragender Stelle. Gesamtherausgeber und Verlag der Reihe „Kirchen der Welt" sind P. Verghese außerordentlich dankbar, die Einzelherausgeberschaft übernommen zu haben. Wenn er auch selbst der Syrisch-Orthodoxen Kirche angehört, so meinten wir in ihm einen authentischen Kenner auch des koptischen Christentums gefunden zu haben. Mit den Beiträgen kommen Angehörige möglichst der jeweiligen eigenen Kirche zu Wort. Dadurch ist natürlich eine große Verschiedenartigkeit der Aufsätze zustandegekommen, bei denen es auch Uberschneidungen gibt, die wir nicht in jedem Fall eliminiert haben. P. Verghese hatte als Einzelherausgeber mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, geeignete Autoren zu finden, die Fertigstellung aller Manuskripte zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichen und das Manuskript in einen druckfertigen Zustand zu versetzen. Die Vorstellungen darüber, was letzteres heißt, sind in der Welt keineswegs einhellig. Es w a r deshalb auch nicht in allen Fällen zu erreichen, exakte Quellenangaben zu bekommen. Die angestrengten Nachforschungen erbrachten nicht immer die gewünschte Klärung. Das möge der Leser entschuldigen. Man möge auch weiter bedenken, daß vom Schreiben der Manuskripte (in Englisch) bis zur Erstellung des Buches in deutscher Sprache eine erhebliche Zeitspanne vergangen ist, ζ. B. repräsentieren Namen, die im Laufe der Darlegungen genannt wurden, nur noch teilweise heute amtierende Persönlichkeiten. Wir haben die Namen aber stehenlassen. Es ist ferner zu bedenken, daß manchen Autoren an europäischer Literatur nur englischsprachige zugänglich war. Inosfern ist die ausführliche mehrsprachige Bibliographie von besonderem Wert. Sie geht in ihren Angaben weit über das hinaus, was im Text des Buches selber erarbeitet ist. Wir meinten nun aber endlich, den langen Prozeß der Entstehung dieses Bandes abschließen zu sollen und hoffen, daß er seinen Dienst tut. Hans-Heinrich Wolf, Bochum

INHALT Prof. D. Dr. Hans-Heinrich Wolf, Vorwort

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Teil A Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

I. Principal Paul Verghese: Die Kirche von Alexandrien, eine kurze historisch-theologische Einführung II. Bischof Anba Samuel: Der Beitrag der koptischen Kirche zum universalen Christentum III. Principal Paul Verghese: Gottesdienst und Disziplin in der koptischen Kirche . . IV. Dr. Maurice Assad: Ägyptisches Mönchtum — nodi immer eine einflußreiche Kraft V. Schwester Nadia Mikhail S.M.D.: Die koptische Kirche von 1800—1970 VI. Bischof Anba Athanasius: Die koptische Kirche heute VII. Dr. Maurice Assad: Prägung der koptischen Identität V I I I . Dr. Maurice Assad: Theologische Ausbildung und koptische Kultur . . . .

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Teil Β Die Orthodoxe

Kirche

I. Principal Paul Verghese: Die äthiopische Kirche heute II. Principal Paul Verghese: Die Frühgeschichte der Kirche III. Professor Taddesa Tamrat: Die Kirche von 700—1600 n. Chr IV. Professor D r . V. C. Samuel : Der Glaube der Kirche

Äthiopiens

133 150 159 175

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Inhalt V. Principal Paul Verghese: Die äthiopische liturgische Tradition VI. Principal Paul Verghese: Beziehungen zu anderen Kirchen und ausländischen Missionen in Äthiopien

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Anhang Anmerkungen zu Teil A (Die Orthodoxe Kirche Ägyptens) . . Anmerkungen zu Teil Β (Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens) . Chronologie zu Teil A (Die Orthodoxe Kirche Ägyptens) . . Chronologie zu Teil Β (Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens) . . Die Orthodoxe Kirche Ägyptens (Gliederung, Leitung, Anschriften) Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens (Gliederung, Leitung, Anschriften) Dokumentation Bibliographie zu Teil A (Die Orthodoxe Kirche Ägyptens) . . Bibliographie zu Teil Β (Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens) . .

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Teil A Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

Kapitel I DIE KIRCHE VON ALEXANDRIEN EINE KURZE HISTORISCH-THEOLOGISCHE EINFÜHRUNG P r i n c i p a l PAUL VERGHESE

Die ägyptische oder koptisch-orthodoxe Kirche ist sicherlich eines der faszinierendsten Beispiele der christlichen Kirchen des Altertums, das uns durch eine Launenhaftigkeit der Geschichte überliefert wurde. In frühester Zeit war die Kirche Alexandriens für die Weltchristenheit führend. Heute handelt es sich bestenfalls um eine Nationalkirche, die hart zu kämpfen hat, um ihre Identität zu bewahren und der Tradition treuzubleiben. Gerade diese äußerste Treue zur Tradition macht diese Kirche historisch so faszinierend.

1. Samenkorn des

Evangeliums

Die Anfänge dieser Kirche gehen wahrscheinlich auf die Pilger zurück, die vom ersten christlichen Pfingstfest in Jerusalem heimkehrten. Der Heilige Markus, der Evangelist, wird heute als Gründer der afrikanischen Kirche des Altertums angesehen. Im 7. Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts gab es jedenfalls bereits die Kirche in Alexandrien, der Hauptstadt der intellektuellen Welt des Judentums und Hellenismus jener Zeit. Zweifellos arbeitete der Heilige Markus dort und starb als Märtyrer in dieser Stadt. Die sterblichen Überreste des Heiligen Markus hatten ein interessantes Los. Als die Araber im 7. Jahrhundert in Alexandrien einfielen, besetzten sie die Kirche, in der die Reliquien des Heiligen Markus aufbewahrt wurden. Es ist klar, daß die moslemischen Araber an den Reliquien des Heiligen interessiert waren; sie stahlen jedoch lediglich den Schädel, während die Gebeine in der Kirche belassen wurden. Die Plünderer übergaben den Schädel dem arabischen Statthalter von Alexandrien, der ihn seinerseits dem koptischen Patriarchen als Zeichen der Versöhnung überreichte. Die in der Kirche verbliebenen Gebeine waren in Händen der griechischen Melchiten und wurden rund zwei Jahrhunderte später (ungefähr 828) von venetianischen Kauf-

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Die Orthodoxe

Kirdie

Ägyptens

leuten gestohlen und — um der moslemischen Inspektion zu entgehen — in einem Faß mit mariniertem Schweinefleisch nach Venedig geschmuggelt. Venedig betrachtet den Heiligen Markus nunmehr als seinen Schutzheiligen, und seit dem 9. Jahrhundert steht die Basilika des Heiligen Markus in Venedig, in der die Reliquien des Evangelisten aufbewahrt werden, und die venetianische Geschichte besagt, daß die Kaufleute sie von Alexandrien erhielten1.

2. Das Blut der

Märtyrer

Die Kirche von Alexandrien wurde somit im Blut der Märtyrer errichtet und während des 2. und 3. Jahrhunderts vertiefte sich der Strom des Märtyerblutes weiterhin. Wir lesen von den Verfolgungen, bei denen Orígenes' Vater den Märtyertod erlitt, und auch der junge Bursche Orígenes selbst wäre in jungen Jahren bereits als Märtyer gestorben, hätte seine Mutter nicht seine Kleider versteckt. Die Verfolgungen unter Septimius Serverus (193—211 n. Chr.) und unter Decius (249—251) sowie unter Valerian (252—260) forderten viele Märtyrer. Aber das Schlimmste sollte erst kommen, und zwar unter Diokletian (284—305), dessen Herrschaft in der koptischen Geschichte so große Bedeutung hat, daß die Kopten audi heute noch ihre Zeitrechnung mit der Thronbesteigung Kaiser Diokletians (284 n. Chr.) beginnen. Diokletian forderte von allen Soldaten und von der Zivilbevölkerung, den heidnischen Göttern Roms Opfer darzubringen. Diejenigen, die sich weigerten, waren Christen und wurden schwer bestraft. Alle Christen wurden aus dem Heer und dem Staatsdienst entlassen, sie durften sich nicht versammeln, und Verstöße gegen diese Anordnungen bedeuteten gnadenlosen Tod. Die Verfolgungen unter Diokletian wüteten von 302—304 und forderten des Leben vieler der frommsten ägyptischen Christen. Sogar nach Diokletians Tod führte sein Nachfolger Maximinius Daia (305—313) die brualen Folterungen, Massaker und die unmenschlichen Schrecken weiter, die bereits unter seinem Vorgänger den Christen vorbehalten waren. Die auf dem Konzil von Nicäa führende koptische Kirche war somit eine durch Feuer gereinigte Kirche, die einen sicheren Sinn für die Transzendenz entwickelt hatte, der unseren bequemen zeitgenössischen Kirchen so leicht verlorenzugehen scheint.

Die Kirche von

Alexandrien

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3. Das geistige Leben Die alexandrinische Kirche entwickelte von Anfang an zwei parallele Traditionen 2 . Einerseits gab es die intellektuellere Christenheit der Katechetenschule, die versuchte, mit kultivierten und wohlgebildeten heidnischen Philosophen den Dialog aufzunehmen, um letztere zu bekehren. Aus dieser Schule gingen einige berühmte Lehrer hervor, aber wie es stets bei jeder schöpferischen Theologie der Fall ist, konnte auch diese sich niemals ganz von einer Spur der Häresie freihalten. Das Heidentum in Alexandrien brachte einige hochbegabte Denker hervor: Ammonius Sakkas, Vater des Neuplatonismus, Numensius, der Vorläufer des Neuplatonismus, Celsus, der Stoiker, und andere große Neuplatoniker wie Plotin, Porphyrios, Jamblichos und viele andere, deren bekannte Ansichten eine Begabtheit bezeugten, die im christlichen Denken kaum ihresgleichen hatte. Gegen diese heidnischen Kritiker schärften die christlichen Professoren an der Katechetenschule, Pantanaeus, Clemens, Orígenes und Herakles, ihren Geist und verfaßten ein sehr sorgfältig ausgearbeitetes christliches Schrifttum. Die christlichen Denker ihrerseits fanden Beistand aus einer Schule jüdischer Denker, die von Philo kurz vor der christlichen Ära gegründet worden war und die versuchte, die heidnische menschliche Weisheit mit der göttlichen in der Heiligen Schrift geoffenbarten zu vereinbaren. Alexandrien war nicht nur das Zentrum der heidnischen Philosophie, sondern das fortschrittlichste Weltzentrum der Astronomie und sogar der Maschinenbaukunst. Diese akademische Tradition der Katechetenschule hatte eine Parallele — mit der sie nicht immer in Konflikt lag — in einer kirchlichen Tradition, die durch berühmte bischöfliche Lehrer von Alexandrien vertreten wurde wie: Demetrius, Dionysius, Petrus, Alexander, Athanasius, Kyrill. Die drei letzteren spielten eine entscheidende Rolle in den Kontroversen mit den zwei großen Häresien der frühen Kirche — dem Arianismus und dem Nestorianismus. Während die Professoren mehr zu Spekulationen neigten, indem sie mit ihren heidnischen Kollegen wetteiferten, waren die Bischöfe viel vorsichtiger, denn sie hatten mehr mit der Häresie innerhalb der Kirche zu kämpfen als mit dem Unglauben außerhalb der Kirche. Die Bischöfe mögen den Professoren sehr viel verdanken, aber die kirchliche Theologie hat sich als dauerhafter erwiesen. Während die akademische Theologie schöpferischer und daher auch anregender war, war sie doch nicht ganz so verläßlich wie die Theologie der Bischöfe. Die Bischöfe versuchten absichtlich, der Tradition gewissenhaft treuzubleiben, während sie

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

sich das Beste der akademischen Theologie zu eigen machten. Die Professoren waren bewußt bestrebt, schöpferisch und erneuernd zu arbeiten, wobei sie die Tradition nicht ganz und gar außer acht ließen. H e u t e haben wir eine Lehre aus der Erfahrung Alexandriens der ersten Jahrhunderte zu ziehen. In unserer Zeit brauchen wir ebenfalls beide Theologien, die akademische Theologie, die sich stets erneuert, ständig ändert und mit dem Besten in der säkularen akademischen Welt Schritt hält und immer im Dialog mit Nichtgläubigen steht, sowie die kirchliche Theologie, die nüchterner ist, sich dem Wandel nicht verschließt, aber einer weiterführenden Tradition grundlegend treu ist und den Glauben in erster Linie gegen Häresien und Abweichungen innerhalb der Kirche verteidigt, die dies jedoch mit Kompetenz und Umsicht betreibt und nicht in einem Geist, der sich blind mit der Vergangenheit konform erklärt.

4. Ströme

in der

Wüste

Märtyrertum und Theologie waren somit die Grundlage der Kirche von Alexandrien, oder vielleicht sollte man von zwei Strömen sprechen, die das Samenkorn des Wortes in Alexandrien mit Wasser und Nahrung versorgten. Dann kam der dritte Strom, der gleichfalls für die Form der ägyptischen Spiritualität entsdieidend war, nämlich das Mönchtum. Von den drei Elementen gibt vielleicht in unserer Zeit das Mönchtum den stärksten Anlaß zu Mißverständnissen. Am besten läßt sich das christliche Mönchtum verstehen, wenn es als existentialistischer Nonkonformismus gesehen wird, der sich aus einer intensiven persönlichen Entscheidung ergibt. Es entstand aus einer radikalen Revolte gegen das Vorhandensein schärfsten Übels in einer das leichte Leben liebenden Gesellschaft und einer kompromißbereiten Kirche. Es handelte sich um eine kompromißlose Hingabe an die absoluten Forderungen des Evangeliums. D e r verstorbene Professor Evdokimoff, ein orthodoxer Laie, der ein asketisches Leben inmitten der vollen Verantwortung für ein Leben der Familie in der Welt von Paris führte, schrieb über das Mönchtum: „Das Mönchtum kann in erster Linie als radikalste Revolte gegen das Böse, durch ein äußerst kategorisches ,Nein' gegenüber jedem K o m promiß und jedem Konformismus erklärt werden. Die hiermit verbundene Entschlossenheit erfordert zwangsweise eine mannhafte Ablehnung aller unfertigen Formen dieser Welt, um eine Stadt der Mönche am R a n d e dieser Welt aufzrichten; sein engelhafter Dienst am

Die Kirche von

Alexandrien

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H e r r n u n d seine Sehnsucht nach dem Reich w a r e n dem allzu menschlichen Konformismus des (römischen) Kaiserreiches, das n u r zu rasch christlich genannt w u r d e , völlig entgegengesetzt." 3 Die Inbrunst der M ä r t y r e r ging auf die Mönche über, als die Verfolgungen vorüber w a r e n und ein M ä r t y r e r t u m nicht länger möglich w a r . W a r es nicht Orígenes, der sagte, d a ß Friedenszeiten dem Teufel gefielen, da er die Kirche dann ihrer M ä r t y r e r berauben könnte, deren Leben u n d T o d selbst eine Verkündigung des Evangeliums seien? Die „ T a u f e " , die mit einer Zurückgezogenheit in der Wüste verbunden w a r , ersetzte die „Bluttaufe", die zweite T a u f e der M ä r t y r e r . Der Mönch ist ein M a n n des Glaubens, der G n a d e u n d des Mutes, der alles v e r k a u f t , um die eine Perle höchsten Preises zu erstehen. Ist es aber nicht ein egoistischer Versuch, die eigene Seele zu retten? Bei richtigem M ö n d i t u m ist das niemals der Fall. Es ist eine Nachfolge des H e r r n in die Wüste, wo er vierzig Tage lang fastete und betete und schließlich den Teufel ü b e r w a n d . D e r Mönch nimmt Christi K a m p f gegen die Fürstentümer u n d Mächte auf, u n d durch sein stilles Leben im Gebet und in der Disziplin v e r ä n d e r t er nicht nur sich selbst, sondern bringt die ganze Schöpfung in größere Übereinstimmung mit dem Willen Gottes. Diese Verklärung der Welt vielmehr durch Gebet u n d Disziplin zu erlangen als durch soziale Tätigkeit, ist der w a h r e Daseinsgrund des Mönches, der in unserer Zeit, in der viele soziale Tätigkeit gegen die Macht des Bösen erfolglos ist, neu entdeckt werden m u ß . Natürlich w u r d e das Mönchtum selbst mit der Zeit zu einer Bewegung des Konformismus, wie das bei jeder schöpferischen Bewegung des Protestes u n d des N o n k o n f o r m i s m u s der Fall ist. M ä n n e r kamen hinzu, die weniger m a n n h a f t u n d mehr egoistisch waren, u n d die Institution selbst w u r d e verfälscht. Der Heilige Athanasius jedoch beschrieb in dem „Leben des Heiligen Antonius" eine k r a f t v o l l e Bewegung des Geistes, die ihren Ursprung in der Kirche Ägyptens hatte u n d sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit nach Westen u n d Osten ausbreitete. In der Kirche des 4. J a h r h u n d e r t s bestand das Werk des Mönchtums einfach darin, eine neue N o r m des Gehorsams a u f g r u n d des Evangeliums zu setzen, u n d z w a r zu einer Zeit, in der diese überall im byzantinischen Kaiserreich — so ähnlich wie auch überall in der heutigen Welt — herabgesetzt wurde. Das Mönchtum w a r natürlich eine E r g ä n z u n g z u m Leben, zur K u l t u r u n d zur weltlichen Kreativität der byzantinischen Kirche und Gesellschaft. Doch ohne das Möncht u m w ä r e die Kirche des Kaiserreiches schlaff geworden und an ihrer

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Die Orthodoxe

Kirche Ägyptens

Vorliebe für Bequemlichkeit, Herrlichkeit und Ehre zugrunde gegangen. Das M o n i t u m war ebenfalls eine brennende Flamme der Liebe zum Herrn, die Geist, Willen und Emotionen des Menschen einfing. Es wurde aus der theologischen Tradition der Professoren und Bischöfe sowie aus dem Gedenken an die Märtyrer gespeist und unterstützt. Durch den Zusammenfluß der drei Ströme, des Märtyrertums, der Theologie und des Mönditums, die das Samenkorn des Wortes im Wüstenboden Ägyptens bewässerten, erwuchs der blühende Baum einer vollständigen Hingabe an das Evangelium. Auch heute nodi ist dies der wahre Geist der Kirche von Alexandrien, trotz aller Kleinlichkeit, Verderbtheit und Selbstverherrlidiung, die auch gegenwärtig in dieser Kirche zu finden ist.

5. Eine fleischgewordene

Natur

Ein vierter entscheidender historischer Faktor im Leben der Kirche Ägyptens war das Konzil von Chalcedon von 451 mit seiner Vorund Nachgesdiidite. Damals, wie heute, gab es mehr als lediglich das Mönchtum in der koptischen Kirche. Es gab kirchliche Rivalitäten, nicht nur innerhalb der Kirche, sondern auch um die Vorrangstellung der Apostolischen Stühle von Rom, Alexandrien, Antiochien und Konstantinopel. Das kam in der Kirchengeschichte häufig vor. Es gab heldenhafte Gestalten des Glaubens, wie Klemens oder Athanasius, Antonius oder Pachomius, Makarius oder Didymus, die der Kirche Ehre und Herrlichkeit brachten. Dann gab es andere, die die Früchte der Werke anderer ernten und besondere irdische Privilegien aufgrund der Opfer, die ihre Vorväter oder Kollegen gebracht hatten, beanspruchen wollten. Zwischen den Bischöfen von Rom und denen von Alexandrien gab es ständige Kämpfe. Der Titel „Papst" wurde zuerst von dem Bischof von Alexandrien benutzt und wird noch von Kyrill VI., „Papst" und Patriarch von Alexandrien, geführt. Der Konflikt zwischen Dioskur von Alexandrien und Leo von Rom wurde zur Zeit des Konzils von Chalcedon Höhepunkt einer Entwicklung, die mindestens im 2. J a h r hundert begonnen haben mußte. Die intellektuelle und geistliche Rivalität zwischen Alexandrien und Antiochien ist gut bekannt und dokumentiert. Die beiden rivalisierenden Schulen vertreten zwei unterschiedliche Auffassungen in allen Aspekten der christlichen Lehre und nicht nur auf dem Gebiet der

Die Kirche von

Alexandrien

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Christologie. Antiochien war in jenen Tagen mehr griechisch als syrisch beeinflußt, u n d es gab ein stark anti-hellenistisches Element in Ä g y p t e n , das später einen klaren kirchlichen Ausdruck in dem koptischen Mönchtum f a n d , wie es gegen E n d e des 4. J a h r h u n d e r t s von A n b a Schenute wieder eingeführt w u r d e , der beinahe siebzig Jahre, von 383 bis 451, diese Bewegung persönlich leitete. Es w a r ein Mönchtum mit nationalistischem und konservativem Einschlag, das zu starkem Fanatismus neigte. Wenn auch der Apostolische Stuhl u n d die Schule von Antiochien hellenistische K u l t u r symbolisierten, h a t t e das hellenistische Machtz e n t r u m sich Mitte des 4. J a h r h u n d e r t s bereits auf Konstantinopel — dem benachbarten Apostolischen Stuhl von Antiochien — der Stadt, die im J a h r e 330 n. C h r . von Kaiser Konstantin gegründet worden w a r , verlagert. Mit dem Tode des Heiligen Antonius, im hohen Alter von 105 J a h ren, im J a h r e 356 und dem Tode des Heiligen Athanasius im J a h r e 373 brach eine neue Zeit an, in der Ä g y p t e n seine Weltperspektive zu verlieren und die Früchte der Vergangenheit zu ernten begann. Das Mönchtum des A n b a Schenute w a r nur ein Ausdruck der allgemeinen Hybris, die nun ihren A n f a n g n a h m . In der Zwischenzeit w a r der Spanier Theodosius im J a n u a r 379 der Augustus des Ostens geworden. Die G o t e n u n d andere germanische Volksstämme — die dem römischen Kaiserreich soviel Ärger bereitet hatten — waren jetzt beruhigt und in die Dienste des Kaiserreiches genommen worden. Ägypten w a r zu jener Zeit voll von germanischen u n d samaritanischen T r u p p e n im Austausch f ü r die thebäische u n d andere Legionen des ägyptischen Heeres, die die Donaugebiete E u r o p a s besetzt halten mußten. Durch Theodosius w u r d e der Sabellianismus u n d der Arianismus aus der Kirche ausgeschaltet. Er erließ ein Dekret, nach dem alle seine U n t e r t a n e n dem Glauben des Papstes Damasus von R o m und des Papstes Petrus von Alexandrien zu folgen hatten. Dieser Glaube war sehr einfach formuliert w o r d e n : u n d z w a r „daß wir eine Gottheit u n d gleiche Majestät in der Dreiheit v o n Vater, Sohn u n d heiligem Geist glauben." 4 A u f g r u n d kaiserlicher A u t o r i t ä t galt R o m f ü r den Westen u n d Alexandrien f ü r den Osten ausschlaggebend, u n d es w u r de gehofft, daß beide stets einig sein w ü r d e n , was — wie die Geschichte gezeigt hat — eine falsche A n n a h m e w a r . Antiochien u n d Konstantinopel n a h m e n es übel, daß Alexandrien eine solche Bedeutung gegeben worden w a r . Auch R o m w a r über den Rivalen seiner alleinigen Vorrangstellung nicht glücklich. Aber K o n -

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

stantinopel und Antiochien waren durch inneren H a d e r und durch Streitigkeiten auseinandergerissen und konnten sich nicht behaupten. Petrus von Alexandrien

verstärkte

diesen K a m p f

noch, indem

er

Maximus den Zyniker zum Patriarchen von Konstantinopel weihte, der nun ein R i v a l e zu dem Heiligen Gregor von N a z i a n z , dem P a triarchen von Konstantinopel, wurde, der die Kirche gerade durch das alleinige Gewicht seiner Heiligkeit, Intelligenz und Redegewandtheit der Macht der Arianer entrissen hatte. Petrus kämpfte ebenfalls gegen Meletius von Antiochien, den er von ganzem Herzen haßte. Kaiser Theodosius weigerte sich, Maximus zu unterstützen, und setzte sich für Gregor von Nazianz ein. E r unterstützte ebenfalls —

sehr

zum M i ß f a l l e n des Papstes von Alexandrien — Meletius in A n t i o chien. J e t z t verbreitete Theodosius eine neue Formel für die U n t e r scheidung zwischen Orthodoxen und Häretikern, die nicht unbedingt dem Glauben von R o m und Alexandrien entsprach, sondern vielmehr dem Glauben von Meletius von Antiochien und Gregor von K o n s t a n tinopel. Dies w a r der Rahmen, in dem das K o n z i l von Konstantinopel im J a h r e 3 8 1 stattfand, zu dem nach Auswahl eingeladen wurde. Professor Aziz Atiya, der prominente koptische Gelehrte, hat unrecht, wenn er behauptet, daß die ersten drei ökumenischen Konzilien von a l e x a n drinisdien Theologen beherrscht wurden 5 . Auf dem zweiten ökumenischen K o n z i l gab es zunächst praktisch keine koptische Vertretung 6 . D a f ü r hatte Meletius von Antiochien gesorgt. Es waren nur Bischöfe aus Kleinasien, Syrien und Palästina anwesend. Meletius selbst f ü h r t e den Vorsitz, und R o m und Alexandrien wurden gleichermaßen ignoriert. Meletius starb mitten in seinem A m t als Vorsitzender des K o n z i l s ; Gregor von N a z i a n z übernahm daraufhin den Vorsitz. Durch E i n griff des Kaisers wurden jetzt audi die Ä g y p t e r und Römer zu dem K o n z i l eingeladen. Zu diesem Zeitpunkt w a r Petrus durch seinen Bruder Thimotheus auf dem Apostolischen Stuhl von

Alexandrien

abgelöst worden. Damasus von R o m schickte Acholius von Thessalonich als seinen Vertreter. Es gelang Thimotheus und Acholius, die Weihe von Gregor von N a zianz zum Apostolischen Stuhl von Konstantinopel auf der G r u n d lage als ungültig erklären zu lassen, daß er bereits Bischof von S a sima gewesen sei, und daß es ein Gesetz gegen die Versetzung eines Bischofs von einer Diözese in eine andere gäbe. Gregor, ein nobler C h a r a k t e r , t r a t sofort zurück und hielt eine bewegende Abschiedsrede. D a n n

wandte Timotheus sich an

einen gewissen

Nektarius,

Die Kirche von Alexandrien

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einen vom Kaiser Benannten. Es zeigte sich, daß Nektarius nicht einmal getauft worden war. Er wurde sofort getauft, gewählt und bekam ein Bischofsamt. Auf demselben Konzil von Konstantinopel wurde beschlossen, K o n stantinopel die Vorrangstellung vor dem Apostolischen Stuhl von Alexandrien und dem von Antiochien und lediglich an zweiter Stelle nach R o m einzuräumen. Diese Entscheidung war für Alexandrien kaum zu ertragen, denn seiner Stellung nach sollte es sogar vor R o m an erster Stelle stehen, da dies aber nicht möglich war, hätte es sich mit einem zweiten Platz begnügt. Nun war ihm auch das verweigert worden. Und R o m selbst wünschte Alexandrien an zweiter Stelle zu sehen und wollte die Forderungen von Konstantinopel nicht unterstützen. Das Konzil erklärte ebenfalls Ägypten, Oriens, Asia, Pontus und Thrakien zu unabhängigen, autonomen Provinzen und beschnitt somit die kaiserlichen Ansprüche aller vorherrschenden Apostolischen Stühle. Alexandrien sollte jedoch zuzeiten des Kaisers Theodosius noch seine eigenen Erfolge erlangen. Die Schließung des Serapeions, des Zentrums des ägyptischen Heidentums, in Alexandrien und seine vollkommene Zerstörung im J a h r e 3 8 9 kennzeichnet den Beginn des Triumphalismus in der ägyptischen Kirche. Zwischen Heiden und Christen hatte es K ä m p f e gegeben. Christen waren ermordet und den heidnischen Göttern zum O p f e r gebracht worden. Der Kaiser hatte versäumt, die Mörder zu bestrafen; er hatte jedoch die O p f e r zu Märtyrern erklärt. Der Angriff auf das Serapeion war jedoch mit Zustimmung des Kaisers erfolgt.

6. Aus Mönchen werden

Soldaten

Das Soldatenhandwerk wurde zu einer neuen Tätigkeit der ägyptischen Mönche, die sich bis dahin mit Dämonen in der Wüste auseinandergesetzt hatten. J e t z t kämpften sie gegen Menschen in der Stadt. Vorher waren sie damit beschäftigt gewesen, das Reich des Teufels im geistlichen Bereich zu zerstören. J e t z t kamen sie in Scharen nach Alexandrien, zerstörten hier heidnische Tempel und griffen heidnische Priester an. Die schwarzgekleideten Mönche wurden häufig in ihrer Zerstörung von Bauten von kriegerischen Bischöfen angeführt. Als Theodosius das Christentum zur offiziellen Religion des Kaiserreiches erklärte, übernahmen die Mönche eigens die Aufgabe, die offizielle Religion zu verteidigen. Weltlidikeit schlich sich damit in das

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Mönchtum ein, das ursprünglich ein Protest gegen die Weltlichkeit in der Kirche gewesen war. Es war nicht die offensichtliche Weltlidikeit, die nach Macht, Herrlichkeit und Reichtum strebte, sondern eine viel unheimlichere, in der man sich das Recht zuschrieb, im Namen Gottes zu handeln und Gewalt anzuwenden. D e r Höhepunkt dieser Entwicklung wurde mit der Ermordung Hypatias (ungefähr 3 7 5 — 4 1 5 ) erreicht, der neuplatonistischen Philosophin und heidnischen Intellektuellen, der berühmten und kultivierten Tochter eines prominenten M a thematikers und Philosophen. Allgemein wegen ihrer Weisheit und ihres Verhaltens geachtet, wurde sie von den Christen gehaßt oder jedenfalls von einer Gruppe innerhalb der koptischen Kirche. Sokrates, der Kirchengeschichtler, erzählt die Geschichte ihres Todes, verursacht von einer christlichen Meute unter der Führung des christlichen Priesters, Petrus des Lektors, wie folgt: „Sie lauerten auf sie, als sie in ihrem Wagen heimfuhr; sie rissen sie aus dem Wagen, schleiften sie in die Caesarium-Kirche, wo sie sie völlig entblößten und zu Tode steinigten. Danach zerstückelten sie ihren Körper und brachten ihre zerfetzten Glieder an einen O r t namens Cinaron und verbrannten sie dort. Eine so unmenschliche T a t konnte kein anderes Ergebnis haben, als Schande nicht einzig und allein auf Kyrill (Erzbischof von Alexandrien) zu bringen, sondern auf die gesamte Kirche von Alexandrien." 7 Sokrates berichtet, wie die Mönche selbst gewalttätig und blutdurstig wurden. Als Theophilus, Papst von Alexandrien, die Lehre der M ö n che, nach der G o t t einen menschlichen Leib haben sollte, kritisiert hatte, verließen die Mönche ihre Klöster und kamen nach Alexandrien, um die Autorität ihres Papstes in Frage zu stellen. Wäre Theophilus nicht äußerst klug gewesen, hätten sie H a n d an ihn, ihren Patriarchen, gelegt. Demselben Theophilus gelang es später, die Mönche gegen Bischof Diskur (nicht Dioskur) von Hermapolis einzusetzen und praktisch einen Bürgerkrieg unter den Mönchen von Ägypten um derselben Frage willen, ob G o t t einen Leib habe oder nicht, zu entfachen. Theophilus benutzte die Mönche ebenfalls gegen seinen eigenen Erzpriester Petrus. Dann wieder, als Diskur und Petrus aus Ägypten flohen und von Johannes Chrysostomus mit offenen Armen empfangen wurden, lenkte der Papst von Alexandrien die Wut der Mönche gegen J o hannes Chrysostomus und den Apostolischen Stuhl von Alexandrien. Kyrill, der Neffe und Nachfolger von Theophilus, trieb die Mönche gegen den Präfekten von Alexandrien, Orestes. Fünfhundert Mönche hielten Orestes, den Zivilgouverneur von Afrika, auf und schrien ihm

Die Kirche von

Alexandrien

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das W o r t „heidnischer Götzendiener" ins Gesicht. Einer der Mönche, Ammonius, traf ihn mit einem Stein an den K o p f . Orestes blutete heftig, u n d seine Leibwächter flohen in Todesangst. Schließlich kam die Öffentlichkeit Alexandriens ihrem G o u v e r n e u r zur H i l f e und befreite ihn von den fanatischen Mönchen 8 . Ammonius w u r d e verhaftet, gefoltert und getötet. Kyrill erklärte ihn z u m M ä r t y r e r . Die E r m o r d u n g von H y p a t i a im J a h r e 415 w a r die T a t der Mönche, die dadurch den T o d von Ammonius durch Orestes vergelten wollten. D e r Angriff Kyrills auf Nestorius, Bischof von Konstantinopel w u r de sicherlich durch die feindlichen G e f ü h l e zwischen Alexandrien und Konstantinopel entfacht, obwohl er seinen G r u n d in der Liebe zur W a h r h e i t hatte. D e r H i n t e r g r u n d des Konzils von Ephesus im J a h r e 449 (das von westlichen Gelehrten die Räubersynode oder latrocinium genannt wurde) und der von Chalcedon im J a h r e 451 zeigte dieselbe A t m o sphäre des Konfliktes und des Wettstreites zwischen Alexandrien u n d Konstantinopel, die u m die Vorrangstellung im Osten k ä m p f t e n . Die orientalischen o r t h o d o x e n Kirchen erkennen weder das Konzil von Ephesus (auf dem Dioskur von Alexandrien im J a h r e 449 den Vorsitz führte) noch das Konzil von Chalcedon (auf dem Dioskur im J a h r e 451 wegen Widersetzlichkeit exkommuniziert wurde) als ö k u menische Konzilien mit irgendeiner A u t o r i t ä t f ü r die Kirche an. I h r e dogmatische Stellung läuft darauf hinaus, daß die ersten drei Konzilien, das v o n N i c ä a (325), das von Konstantinopel (381) und das von Ephesus (431), eine ausreichende Grundlage f ü r den Glauben der Kirche ergeben, u n d daß das nicäanisch-konstantinopolitanische Symbol keiner weiteren Abänderung oder Ausarbeitung bedürfe. Sie stellen sich gegen die chalcedonische Formel nicht so sehr, weil sie ketzerisch, sondern vielmehr weil sie unnötig ist.

7. Bruch mit den

Griechen

Das Konzil von Chalcedon und seine Folgen hatten einen entscheidenden Einfluß auf das ägyptische Christentum. Dioskur, der Papst von Alexandrien, w a r der Günstling am H o f e Kaisers Theodosius u n d somit Gegenstand der Eifersucht von Seiten vieler. Leo von R o m nannte ihn „den ägyptischen Plünderer" u n d „Prediger der I r r t ü m e r des Teufels". Keiner dieser Beinamen h a t t e eine Beziehung zur Persönlichkeit des Dioskur, sondern spiegelte le-

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Kirche

Ägyptens

diglich die starken Gefühle des Papstes von Rom gegen seinen mächtigen Rivalen in Alexandrien wider. Dioskur war ganz gewiß kein Häretiker. In seinen Lehren wurde kein Fehler gefunden. Er bekannte sich ganz und gar zu den Lehren seines Vorgängers, Kyrill von Alexandrien, dessen Rechtgläubigkeit audi heute noch von niemandem in Frage gestellt worden ist. Dioskur bestätigte die volle menschliche Natur Christi und seine volle Wesensgleichheit mit uns. Er opponierte lediglich gegen die Häresie der Nestorianer in Antiochien, Konstantinopel und Rom, die erklärten, daß Christus in seinen beiden Naturen erkannt werden solle, wobei jede Natur die ihr zukommenden Tätigkeiten auszuführen habe, die menschliche Natur Hunger und Durst verspürend und die göttliche Natur Wunder wirkend. Mit tiefer christlicher Einsicht in das Mysterium der Inkarnation behaupteten die Theologen Alexandriens, daß die Taten Christi nicht in zwei verschiedene Tätigkeiten zweier unterschiedlicher Naturen aufgeteilt werden können, sondern daß alle Taten von einer Person, einer Hypostase, nämlich der des fleischgewordenen Logos, ausgingen. Die zwei Naturen bestehen nicht getrennt und können auch nicht getrennt bekannt werden. Es ist der fleischgewordene Logos, der den Hunger und den Durst verspürt und die Wunder vollbringt, und seine Natur ist die des fleischgewordenen Logos. So lautete die Lehre Kyrills, und dies wurde auch fest von Dioskur bekannt. Leo von Rom, der die Taten Christi auf zwei Naturen verteilte, schien den Alexandrinern der nestorianischen Häresie schuldig zu sein. Für die Ägypter, Äthiopier, Syrer, Inder und Armenier ist Leo noch heute ein Häretiker. Er und sein Werk werden beschuldigt, Christi Taten auf zwei Naturen zu verteilen, als seien zwei Subjekte in Christus, das eine für Wunderwirkung und das andere für menschliche Taten zuständig. Natürlich hätte Leo — wäre ihm die Frage so vorgelegt worden — die Theorie, daß es zwei Subjekte in Christus gäbe, geleugnet. Und doch erscheint Leo den orientalischen orthodoxen Kirchen der Tatsache wegen, daß er die verschiedenen Handlungen Christi zwei verschiedenen Naturen zuschrieb, der häretischen Lehre schuldig. Dioskur erscheint heute orthodoxer und der authentischen Tradition treuer geblieben zu sein als Leo in seinem Werk Tomus. Das Konzil von Chalcedon kann nicht lediglich als ein dogmatischer Konflikt gesehen werden. Es handelte sich um einen Konflikt zwischen den Persönlichkeiten, den Apostolischen Stühlen, um ihre Vorrangstellung und um eine Auseinandersetzung zwischen den Kulturen.

Die Kirche von

Alexandrien

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Wenn Dioskur im J a h r e 449 in Ephesus mit H i l f e kaiserlicher Macht triumphierte, so erlitt er im J a h r e 451 durch dieselbe kaiserliche Macht eine Niederlage. Im J a h r e 449 ü b e r n a h m er mit H i l f e des Kaisers Theodosius II. u n d der Kaiserin die Macht und behauptete sich gegen Flavian von Konstantinopel, Leo von R o m u n d D o m n u s von Antiochien. Im J a h r e 450 starb der Kaiser Theodosius unter seltsamen Umständen. I m J a h r e 451 triumphierte Leo v o n R o m mit H i l f e der Kaiserin Pulcheria (Schwester des Theodosius) u n d des Kaisers M a r c i a n (Führer der hellenistischen Partei). Auf dem Konzil von Ephesus im Jahre 449 und auf dem v o n Chalcedon im J a h r e 451 gab es weder große Häresien nodi große K l ä r u n g e n über Lehrfragen. Aber ohne das Ereignis von 451 hätte die Kirchengeschichte wahrscheinlich einen vollkommen anderen Lauf genommen. Das Ereignis von Chalcedon brachte den Sieg der europäischen K u l turen über die afro-asiatischen. Die Griechen und Römer siegten über die Syrer und Ägypter. Bevor ein neues J a h r h u n d e r t vergangen war, w u r d e die bittere Erinnerung an die Erniedrigung, die die nicht-griechisch-römische K u l t u r in Chalcedon erfahren hatte, in den zwei folgenden Jahrhunderten zu einem allgemeinen Zustand, a u f g r u n d dessen viele N o r d a f r i k a n e r u n d Westasiaten dem Christentum absagten, um die Religion des neuen Propheten von M e k k a und Medina 9 a n z u nehmen. Die Exkommunikation von Dioskur durch das Konzil von Chalcedon hatte katastrophale Folgen f ü r die Kirche von Alexandrien. Die chalcedonische Partei mit ihrem H a u p t s i t z im kaiserlichen Konstantinopel e r z w a n g mit U n t e r s t ü t z u n g der erzhellenistischen Kaiserin u n d des Kaisers einen neuen Patriarchen f ü r Alexandrien, als Dioskur im Exil in G a n g r a starb. Timotheus „Ailuros", der legitime Nachfolger von Dioskur, w a r selbst ein hervorragender Theologe, trotz des Spitznamens „Ailuros" (Kater oder Wiesel), den die Byzantiner ihm gaben. Der kaiserliche H o f versuchte der koptischen Kirche Proterius, einen Chalcedonier, aufzuzwingen. Als er a n k a m , brachten die Mönche die Volksmeute gegen ihn auf. Proterius w u r d e ermordet u n d in Stücke gerissen. So begannen die zwei Linien des Patriarchates von Ä g y p t e n ; die eine ägyptisch-koptisch und anti-dialcedonisch, die andere byzantinischgriechisch und chalcedonisch. Wettkampf u n d Meinungsverschiedenheiten begannen die Kirche Ägyptens zu plagen u n d erreichten ihren H ö h e p u n k t im Rahmen der monotheletischen Auseinandersetzung im 7. J a h r h u n d e r t .

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

8. Ein Wille und die Religion

Allahs

Die Kaiserin w a r darauf aus, die chalcedonischen und anti-chalcedonisdien Parteien in der Kirche auszusöhnen, aber keiner der Versuche war auf lange Sicht wirksam. Henotikons und Wiedervereinigungsformeln konnten von einigen einzelnen angenommen werden, sie fanden jedoch niemals die Unterstützung der ganzen Kirche. Der letzte Versuch, um die an die eine fleischgewordene N a t u r Glaubenden mit denjenigen an die zwei Naturen Glaubenden zu versöhnen, zeigte sich in der vorgeschlagenen Formulierung, daß Christus einen Willen und eine Energie habe, die in einer Hypostase ihren Ursprung haben. Beide Seiten waren einverstanden, daß Christus lediglich eine Hypostase habe, nämlich die des Logos, der Subjekt der göttlichen und menschlichen Aktionen war. Im Jahre 631 n. Chr. ernannte Kaiser Herakleios Kyrus (610—641) zum Oberhaupt der Kirche (melchitischer Papst und Patriarch) und zum H a u p t der Zivilverwaltung (kaiserlicher Präfekt). Er war ein Monotheletist, der hoffte, die Ägypter durch die Lehre über den einen Willen Christi zu gewinnen. Die Alexandriner wollten sich nicht besänftigen lassen, denn die vertrauten den Griechen nicht länger, und die monotheletische Formel bot keine Lösung des Problems, das hinsichtlich der Beziehung zwischen dem Göttlichen und Menschlichen in Christus entstanden war. Die monotheletische Formel war eigentlich ein Versuch, die beiden Naturen durch einen einzigen Willen zu verbinden, eine Lehre, die lange Zeit in der Geschichte von niemandem redit anerkannt wurde. Es war jedoch f ü r den Patriarchen Athanasius von Antiochien und Papst Honorius von Rom annehmbar; die beiden waren standhafte Verteidiger der Zwei-Naturen-Lehre. Die ägyptische Kirche lehnte diese Formel ganz kategorisch ab. Die von Kaiser Herakleios im Jahre 638 veröffentliche Ekthesis, in der die Annahme der monotheletischen Formel von allen gefordert wurde, wurde kompromißlos verworfen. Der Bischof-Präfekt Kyrus war im Jahre 631 nach Ägypten gekommen und hatte sieben Jahre lang versucht, die koptische Kirche zur Annahme der chalcedonischen Formel zu bringen. Kyrus hatte Macht und Einfluß in Kirche und Staat, aber das Volk stellte sich stets hinter die wahren koptischen Patriarchen wie Benjamin I., der versteckt in einem abgelegenen Kloster in der Thebais-Wüste lebte. Kyrus w a r ein Erpresser und Folterer. In arabischen Schriften über sein Leben in Ägypten wird er al-Muqauqus genannt und als unmenschlicher Sadist dargestellt. Professor Aziz Atiya, der hervorra-

Die Kirche von Alexandrien

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gende koptische Historiker, beschreibt die Verfolgung Menas, des Bruders des koptischen Patriarchen Benjamin, durch Kyrus wie folgt: „Laut der History of the Patriarchs ergriff Kyrus den verwundeten Menas, den Bruder des Pater Benjamin, des Patriarchen, und fügte ihm schweres Leiden zu und ließ brennende Fackeln an seine Seiten halten, bis das Fett seines Körpers schmolz und auf den Boden floß. Er ließ ihm die Zähne ausschlagen, weil er sich zu dem Glauben bekannte, und schließlich ließ er einen Sack mit Sand füllen, den Heiligen Menas hineinstopfen und ihn im Meer ertränken." 10 Durch diese Taktiken gewann Kyrus einige Anhänger für sich und für Byzanz in Ägypten, aber nicht unter den besten oder ehrlichsten Menschen. Der Preis, den es für diese gefährliche Politik zu zahlen galt, war äußerst hoch. Der Haß gegen die Griechen sank tief in die Seele der Kopten ein. Die Früchte ernteten die Araber, denen als Befreier vom byzantinischen Joch zugejubelt wurde.

9. Die Araber übernehmen

die Macht

Zwei Jahre nachdem Herakleios die Ekthesis herausgegeben hatte, kamen die Araber nach Ägypten. ,amr ibn al-'As fiel in Ägypten ein und besiegte das griechisch-byzantinische Heer im Jahre 640 n. Chr. in der Schlacht von Helipolis. Im Jahre 642 verließ das byzantinische Heer Ägypten und überließ es den Arabern. Der koptische Patriarch Benjamin erhielt von den Arabern die Erlaubnis, zu seinem Apostolischen Stuhl zurückzukehren. Kirchen, die von den Byzantinern benutzt worden waren, wurden den Kopten zurückgegeben. Benjamin erfreute sich der Achtung der arabischen Eroberer. Er vergab allen, die vorher abtrünnig geworden waren und sich zu dem melchitischen Monotheletismus bekannt hatten. Die arabische Eroberung brachte eine friedliche Zeit für die Kopten. Viele der zivilen Verwaltungsposten, die byzantinische Griechen innehatten, wurden jetzt mit Kopten besetzt. Die vorher von den Byzantinern unterdrückte koptische Sprache, Musik und Kunst begannen wieder aufzublühen. Die Araber forderten jedoch auch hohe Steuern von den Christen, besonders von den erwachsenen Männern, die nicht im Heer dienen durften, sondern stattdessen eine hohe Steuer, die jizya, zu zahlen hatten". Die Zahlung der hohen Steuern führte häufig zu Volksaufständen von Seiten der Kopten 12 . Viele Kopten wurden getötet und vielleicht

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Kirche

Ägyptens

noch mehr nach Syrien deportiert, und eine noch viel zahlreichere Gruppe bekehrte sich aus Steuerflucht zum Islam. Historiker berichten, daß es Zeiten gab, in denen mohammedanische Herrscher von der Bekehrung zum Islam abrieten, weil dadurch das Staatseinkommen ziemlich beträchtlich geschmälert wurde. Aber im Gegensatz zu den südlichen Nachbarn in Nubien und den westlichen Nachbarn in Nordafrika blieben viele Kopten dem christlichen Glauben treu. Die heutige koptische Kirche zeichnet sich dadurch aus, daß sie als ein treuer Rest aus einer Zeit überlebte, in der die meisten Nachbarkirchen in Afrika — mit Ausnahme der äthiopischen Kirche — vollkommen von der Flutwelle des Islams verschlungen wurden. Es gab Zeiten, in denen moslemische Herrscher versuchten, das Christentum in Ägypten zu beseitigen. Diese Versuche verstärkten jedoch lediglich den Widerstand der Kopten und trieb sie in eine nodi engere Gemeinschaft. Die Kirche war der Mittelpunkt koptischer Zusammengehörigkeit und der christliche Glaube die Antriebskraft für ihren Widerstand gegen die Eroberer. Während des Kalifats der Fatimiden ( 9 6 9 — 1 1 7 1 ) wurden die Christen gut behandelt. Zu dieser Zeit wurde die Stadt K a i r o gegründet und wurde zu einem großen kulturellen Zentrum der islamischen Welt. Die höchsten Staatsposten wurden mit Christen besetzt, und ein Christ wurde sogar als Vizekönig von Syrien eingesetzt. Kirchen wurden restauriert oder wieder aufgebaut, und die Steuern wurden gesenkt. Christlilie Maschinenbauer und Handwerker, Künstler und Autoren begannen erfolgreich zu werden, und viele Kunst- und Literaturwerke stammen aus dieser Zeit 1 3 . D a s Patriarchat wurde von Alexandrien zunächst nach Damru im Nildelta und später, im 11. Jahrhundert, nach Kairo, seinem heutigen Sitz, verlegt.

10. Anfänge

des westlichen

Einflusses

I m J a h r e 1169 wurde das Kalifat der schiitischen Fatimiden durch das von Saladin Ayyubid abgelöst, das bis zum J a h r e 1250, weniger als ein Jahrhundert, dauerte. Die Kreuzzüge waren schon seit einiger Zeit im Gange, und eine lateinische Kolonie war bereits in Jerusalem errichtet worden. Die Moslems bezogen

eine stark

anti-christliche

Haltung, die durch die gänzlich unchristlichen Abenteuer der lateinischen Kreuzfahrer hervorgerufen wurde. Dieser anti-christliche Geist

Die Kirche von Alexandrien

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der Moslems fand seine Auswirkung in der Behandlung der koptischen Untertanen, die häufig verdächtigt wurden, Sympathien für den lateinischen Feind zu hegen. Aber eigentlich sahen die Lateiner auf die Kopten als H ä r e t i k e r und Abtrünnige herab, während die Lateiner in den Augen der Kopten Schismatiker und Ketzer waren, mit denen sie keine Kommunion haben konnten. Die lateinische Besatzung in Jerusalem war den Syrern, Armeniern, Kopten und Äthiopiern unfreundlich gesinnt, die als Pilger in großen Scharen die heilige Stadt belagerten. Sogar die Moslems hatten fromme christliche Pilger, ohne Rücksicht auf ihre Nationalität, nicht gehindert, in der Kirche zum „Heiligen G r a b " niederzuknien. D a waren die Christen des Westens viel feindlicher gesinnt. In der Zwischenzeit beuteten die moslemischen Herrscher Ägyptens und des Mittleren Orients ihre christlichen Untertanen aus, um sie für den Krieg gegen die westlichen Christen zahlen zu lassen. Saladin demütigte die Kopten, indem er sie eine besondere Kleidung tragen ließ und ihnen untersagte, ein Pferd zu reiten. U n d wiederum führten die Erpressungen zu zahlreichen Bekehrungen zum Islam. I m J a h r e 1187 fiel Jerusalem Saladin zu, und die lateinische Gefahr war vorübergehend gebannt. Die koptischen Christen zogen die Moslems den Lateinern vor, und als die Kreuzfahrer in den Jahren 1219 bis 1250 ägyptischen Boden betraten, fanden sie von Seiten der K o p ten keine Unterstützung. Trotzdem unterdrückten die Moslems die Christen weiterhin, und die christlichen Königreiche von NubienCyrenaica und Nordafrika verschwanden nach dem Angriff 1 4 . Die Zahl der Kopten ging stark zurück. Nach Schätzungen eines H i storikers gab es im J a h r e 640 noch 6 Millionen Kopten und zweihunderttausend griechische Chalcedonier. Ende des 18. Jahrhunderts gab es weniger als eine Million Christen oder kaum mehr als hunderttausend 15 nach anderen Schätzungen. Gegen Ende des 7. Jahrhunderts gab es mindestens 60 Diözesen in Ägypten. Gegen Ende des 18. J a h r hunderts war diese Zahl auf rund ein halbes Dutzend zurückgegangen. Nach dem Konzil von Florenz-Ferrara ( 1 4 3 8 — 4 2 ) wurde in Ägypten eine Unierte Gemeinde gegründet, die sich aber nicht sehr stark entwickelte. Sie besteht auch heute nodi, ist aber klein und unbedeutend. Die Geschichte der heroischen vom Geist eingegebenen Wiederbelebung der koptischen Kirche in der modernen Zeit wird in den anderen Kapiteln dieses Bandes dargelegt werden.

Kapitel I I DER BEITRAG DER KOPTISCHEN KIRCHE ZUM UNIVERSALEN CHRISTENTUM B i s c h o f ANBA SAMUEL

1. Der theologische

und akademische

Beitrag: Die

Katechetenschule

„Der erste systematische Versuch, die Tradition des Glaubens mit den freien Schlußfolgerungen des menschlichen Intellekts zu harmonisieren, wurde weder in Rom nodi Athen, sondern in Ägypten unternommen." 1 „Alexandrien wird zum ,Gehirn' des Christentums . . ."* In solchen Worten berichten die Historiker über den Beitrag der K a t e chetenschule von Alexandrien. In der anfänglichen Verbreitung des Christentums gab es in Ägypten zwei Hauptschwierigkeiten : der politische Druck aufgrund der von R o m durchgeführten Verfolgungen und der literarische K a m p f mit griechischen und jüdischen Philosophen der Welt des Alterstums. „In Alexandrien gab es immer noch die drei großen Königsburgen, das Museion, das Serapeion und das Sebastion, die drei Bibliotheken." 3 Audi nach ihrer Bekehrung zum Christentum interessierten sich die Ägypter weiter an philosophischen und wissenschaftlichen Studien. Sie besuchten die heidnische „neuplatonische" Schule Alexandriens. Professor Bigg erklärt die Bedingungen in Alexandrien wie folgt: „Eine große und reiche Gemeinschaft, die in einer großen Universitätsstadt lebt, kann das äußerst Interessante am O r t nicht lange außer acht lassen. Ihre vielversprechendsten jungen Männer besuchten die Vorlesungen der heidnischen Professoren. Einige — wie Ammonius — fielen in den Hellenismus zurück, andere gingen zum Gnostizismus über . . . und wieder andere, wie Heraklas, blieben allen Versuchungen gegenüber standhaft und trugen als christliche Priester das Pallium, den Mantel der Philosophen oder das Gewand der Doktorenwürde, wie wir es vielleicht nennen würden, der heidnischen Akademie." 4 D e r Gnostizismus hatte in Ägypten viele Anhänger, und aus seiner Bekämpfung ergab sich wahrscheinlich die erste christliche Universität, die Didaskalia oder Katechetenschule." 5 Die katediumenischen Schulen entließen in der T a t Taufkandidaten und Gläubige mit einer elementaren christlichen Bildung. Die Christen

Der Beitrag der koptischen Kirche zum universalen

Christentum

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in Alexandrien waren erpicht darauf, ebenfalls ihr christliches Wissen und ihre Erfahrung zu bereichern; sie wollten in der Lage sein, den Angriffen der heidnischen Philosophen in ihren wissenschaftlich-philosophischen Streitigkeiten entgegenzutreten und mit der heidnischen Schule von Alexandrien, dem Museion, zu wetteifern. Somit bereitete sich die Kirche Alexandriens vor — als lebende und fortschrittliche Gemeinschaft —, den Forderungen ihrer Umwelt nachkommen zu können, und eine der katediumenischen Schulen entwickelte ihr Programm zu fortgeschrittenen Studien, um den sich entwickelnden Bedürfnissen zu entsprechen. Dieser Prozeß ging stufenweise vor sich, um schließlich Ende des 2. Jahrhunderts Auszeichnung und Berühmtheit zu erlangen. Gaudies berichtet: „In Alexandrien . . . hatte die höhere Bildung eine Richtung eingeschlagen und eine Form angenommen, die unserem modernen Universitätssystem näher kam als irgendeine andere Form in der ganzen griechisch-römischen Welt." 6 Die Schule wurde zu einer unabhängigen Institution, die Lehrgänge verschiedener Zweige sakraler und profaner Fächer zu bieten hatte. Die Kirche war sich der Probleme bewußt, die auf ihre Mitglieder zukamen, und glaubte, diese Probleme durch eine gute Ausbildung lösen zu können. Dieses erzieherische Anliegen war das Geheimnis der Vitalität des Fortschritts der Kirche von Alexandrien. Eines der Probleme bestand darin, daß die Christen, die weitere Ausbildung wünschten, der Ansicht waren, daß die Lehren der heidnischen Schulen im Gegensatz zu ihrem Glauben standen. Daher bot die Kirche in ihren Schulen die gleichen säkularen Themen und Lehrgänge auf eine Weise an, die mit dem Christentum zu vereinbaren war. „Das ermöglichte den Schülern bei christlichen Lehrern all die Unterweisung zu erhalten, die die großen heidnischen Schulen geboten hatten." 7 Das Vermögen der Schüler zu argumentieren und genaue Beobachtungen anzustellen, wurde durch einen gründlichen Lehrgang in wissenschaftlichen Fächern gestärkt, zu denen Geometrie, Physiologie, Astronomie sowie Philosophie und Ethik gehörten. Weder das Gründungsdatum dieser Schule nodi der Name des ersten Rektors ist unbestritten. Die Überlieferung besagt, daß der Heilige Markus die erste katechumenische Schule gegründet habe, die sich Mitte des 2. Jahrhunderts zur Katechetenschule entwickelte. Einer der ersten Namen, der in Verbindung mit der Schule genannt wird, ist Athenagoras. „Er hatte eine der Professorenstellen in Alexandrien inne. Er war — wie alle platonischen Philosophen seiner Zeit — am Christentum interessiert, und da er die darin verborgenen Irrtümer

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

und Anmaßungen darzulegen wünschte, studierte er ernsthaft die Schriften des Christentums. Das sehr natürliche Ergebnis war seine eigene Bekehrung zu dieser Religion. Er trug noch den Mantel der Philosophen und gab seine vorherigen Studien nidit auf; er wurde jedoch zu einem der Größten des Christentums. Seine Apologie gilt Marcus Aurelius und Commodus, und das wahrscheinliche Veröffentlichungsdatum liegt bei 176—177 n. Chr." 8 Einer der Schüler des Athenagoras wurde das erste bekannte Oberhaupt der Katechetenschule: es war Pantaenus, ein bekehrter Philosoph. Die Nachfolger von Pantaenus waren große Gelehrte. Klemens von Alexandrien (215 n. Chr.) bezog eine freundliche H a l t u n g gegenüber der profanen Lehre, indem er sie in den Dienst am Evangelium stellte und sagte: „derjenige, der alle Beispiele der Griechen und Barbaren mit dem rechten Leben in Bezug bringt, der ist ein erfahrener Lehrer der Wahrheit und kann zwischen Spitzfindigkeit und Philosophie unterscheiden . . . und zwischen den anderen Sekten, die laut der barbarischen Philosophie auf der Wahrheit selbst beruhen." 9 Klemens' Hauptanliegen bestand in der Rehabilitation der Philosophie, die er weder als letzten Schiedsrichter und Lebensführer, noch als endgültige Erklärung der Wahrheit, sondern als „etwas, das zur Entdeckung der Wahrheit beiträgt" 1 0 , sehen wollte. Orígenes gibt beinahe dieselben Gründe an: „Die Kinder der Philosophen sprechen von Geometrie, Musik, Grammatik, Rhetorik und Astronomie, als seien sie Hilfen der Philosophie — so wie wir von der Philosophie selbst sprechen, als sei sie H i l f e des Christentums." 1 1 Orígenes drängte seinen Schüler Gregor, „aus der griechischen Philosophie das zu entnehmen, was als Lehrgang oder Studie für die Vorbereitung auf das Christentum zu gebrauchen sei, und das aus der Geometrie und der Astronomie herauszusuchen, was helfe, die Heilige Schrift zu erklären" 1 2 . Die Schulen befolgten hauptsächlich die Methode der Vorlesungen, auf die Diskussion und Forschungsarbeit folgte. Der Erfolg der Schule war jedoch den inspirierenden Persönlichkeiten der Lehrer und ihren Methoden zu verdanken. Die Spiritualität der Lehrer zeigt sich in ihrer aufrichtigen und tiefgreifenden Forschungsarbeit. Außer zu Besuchen der Vorlesungen wurden die Schüler angehalten, sich auf die Manuskripte zu Themen unter der Anleitung erfahrener Lehrer zu beziehen. Die Katechetenschule führte zu größerer theologischer Gelehrtheit und um 395 n. Chr. erfand Didymus, einer der berühmtesten Leiter

Der Beitrag der koptischen

Kirche zum universalen

Christentum

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der Schule, eine Lehrmethode f ü r Blinde und das fünfzehn Jahrhunderte vor Braille! Kurz umrissen läßt sich der Einfluß der Katechetenschule auf die koptische Kirche und die universale Kirche wie folgt darlegen : a) Die Schule erweckte das allgemeine Bewußtsein von der Bedeutung der Erziehung als grundlegender Aufgabe der Kirche. b) Sie bereitete gut ausgebildete und geistlich führende Persönlichkeiten der Kirche vor. Die Patriarchen von Alexandrien wurden unter ihren Professoren und Absolventen ausgesucht. c) Sie unterstrich die Gleichheit der Klassen, Rassen, Nationalitäten und Geschlechter. d) Sie ermutigte zu höherem Studium und zur Forschungsarbeit in säkularen und religiösen Bereichen. e) Durch ihren missionarischen Eifer gewann sie viele Menschen auf nationalem und außernationalem Gebiet f ü r das Christentum. f) In ökumenischem Geist ermutigte sie Schüler anderer Nationen zu gemeinsamem Studium. Viele dieser Schüler wurden Leiter und Bischöfe in ihren Kirchen. Dieser historische Ruf der Schule ist einer der H a u p t f a k t o r e n , der zur Wiederbelebung der Erziehungsaufgabe in der koptischen Kirche angeregt hat 13 .

2. Der dogmatische

Beitrag

auf ökumenischen

Konzilien

Die koptische Kirche ist eine demokratische Kirche. Dies wurde in Übereinstimmung mit dem Verhalten der Apostel, wie es ζ. B. in Apostelgeschichte 15 berichtet ist, angenommen: als die Frage der T a u f e der Heiden ohne vorherige Beschneidung aufgeworfen wurde und die Apostel sich in Jerusalem zusammenfanden, um die Frage zu diskutieren und sie nach einem Gedankenaustausch übereinkamen, die H e i den ohne Beschneidung aufzunehmen. Keiner der Apostel gab vor, mehr Rechte als der andere zu besitzen, und alle kamen überein, im geistlichen Einvernehmen einzuberufen und zu richten. Diese apostolische Versammlung — das erste christliche Konzil — wurde zu einem Muster, dem die Väter der koptischen Kirche von Anfang an bis zur heutigen Zeit folgten. Während der ersten drei Jahrhunderte, als die Christenheit um ihre eigentliche Existenz kämpfte, war es beinahe unmöglich, eine allgemeine Versammlung der christlichen Bischöfe abzuhalten. Die apostolischen Väter pflegten jedoch engen schriftlichen Kontakt miteinander.

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Zu Anfang des 4. Jahrhunderts mußte die christliche Kirche sich mit grundlegenden dogmatischen Fragen und einer Reihe von großen theologischen Kontroversen auseinandersetzen, die die Kirche bis in ihre Grundlage erschütterten. Die größte der Kontroversen mußte mit dem Häretiker Arius ausgetragen werden, einem Priester aus Libyen, der die Gottheit Christi leugnete. Da er zu dem Heiligen Stuhl von Alexandrien gehörte, exkommunizierte Abba Petrus (17. Papst von Alexandrien) ihn in Übereinstimmung mit seinem örtlichen Rat. Die von Kaiser Diokletian durchgeführten Verfolgungen setzten der Kontroverse zeitweilig ein Ende, sie lebte jedoch während der friedlichen Zeit unter Kaiser Konstantin wieder auf. Um dem ein Ende zu setzen, rief Abba Alexander (19. Papst von Alexandrien) seine Bischöfe und wichtigsten Laien zu einem Konzil zusammen, auf dem als erstes Arius einen Tadel erhielt. Für den Häretiker w a r diese wohlwollende H a n d l u n g keineswegs eine Abschreckung. Daraufhin traf sich das Konzil ein zweites Mal und exkommunizierte ihn. Alle diese Maßnahmen reichten trotzdem nicht aus, um Arius zur Buße zu bewegen. Auf Anfrage von Alexander beschloß Konstantin folglich ein allgemeines Konzil der Bischöfe einzuberufen, um eine Lösung aller strittigen Fragen zu finden. Das erste ökumenische Konzil wurde im Jahre 325 n. Chr. in Nicäa abgehalten. 318 Bischöfe nahmen an dem Konzil teil. Sie untersuchten die folgenden Fragen: a) Die arianische Häresie: nach einer Diskussion über den Glauben der Kirche an die Göttlichkeit des fleischgewordenen Wortes unterzeichneten die Bischöfe einstimmig die unter dem Namen „Glaubensbekenntnis" bekannte Erklärung. Abba Alexander und sein Diakon Athanasius, der sein Nachfolger auf dem Stuhl des Heiligen Markus wurde, arbeiteten den Wortlaut aus. Dieses Glaubensbekenntnis zielte auf Klarheit ab, deswegen enthält es auch die Wiederholung der synonymen Sätze über Christus. Es ist f ü r ziemlich viele Kirchen bis heute noch die Glaubensgrundlage geblieben. b) Das D a t u m der Osterfeierlichkeiten: Die Berechnung der alexandrinischen Väter wurde angenommen, u n d eine einstimmige Entscheidung wurde getroffen, nach der der koptische Patriarch das Osterdatum jährlich festzusetzen und Schreiben an alle christlichen Bischöfe (einschließlich derjenigen von Rom) zu entsenden hatte, um sie über das D a t u m zu informieren. Diese Entscheidung wurde gefällt, weil die Kirche von Alexandrien „die gelehrteste auf dem Konzil von Nicäa vertretene Institution war" 1 4 . c) Der Zölibat der Priester: Die ägyptischen Bischöfe protestierten heftig u n d m a n n h a f t gegen die Einführung des Zölibats der Priester.

Der Beitrag der koptischen Kirche zum universalen Christentum

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Butcher sagt: „Der ägyptische Bischof Paphnutius, ein Mönch, . . . protestierte ernsthaft gegen einen solchen Eingriff in die christliche Freiheit." 1 5 Das Konzil verabschiedete ein einstimmiges Dekret, nach dem ein Priester vor seiner Weihe heiraten konnte. Einmal ordiniert, sollte er nicht mehr heiraten können. Sollte seine Ehefrau sterben, so konnte er sich nicht wieder verehelichen. Dieses Dekret wird wie alle anderen nicäanischen Dekrete bis heute von den koptischen und allen östlichen Christen streng befolgt. Das zweite ökumenische Konzil wurde von Kaiser Theodosius dem Großen im Jahre 381 n. Chr. in Konstantinopel einberufen, um die Häresie von Macedonius, dem Bischof von Konstantinopel, abzulehnen, der die Göttlichkeit des Heiligen Geistes leugnete. 150 Bischöfe kamen der Einladung nach; sie exkommunizierten den Häretiker. U m ihren Glauben zu bestätigen, erklärten sie ihre Zustimmung zu dem nicänischen Glaubensbekenntnis und fügten den letzten Teil über den Heiligen Geist, die Kirche und die Taufe hinzu. Das dritte Konzil mit 200 Bischöfen wurde in Ephesus abgehalten, um die Lehren des Nestorius aus dem Jahre 431 zu verdammen. Auf diesem dritten Konzil wurde Nestorius exkommuniziert, das in Nicäa und Konstantinopel verfaßte Glaubensbekenntnis bestätigt und die Gesegnete Jungfrau als Theotokos oder Mutter Gottes anerkannt. Die koptische Kirche erkennt nur die ökumenische Autorität dieser drei Konzilien an. Gegen Mitte des 5. Jahrhunderts leugnete Eutyches, ein Archimandrit aus einem Kloster in Konstantinopel, die menschliche Natur Christi, indem er behauptete, daß die Gestalt, die Christus annahm, nicht aus Fleisch und Blut war, sondern ein Leib des Himmels gewesen sei. Ein örtliches Konzil wurde einberufen, auf dem Eutyches als Häretiker verurteilt wurde. Eutyches jedoch war ein betrügerischer Wortspieler und erfreute sich großer Beliebtheit, auch bei allen christlichen Bischöfen und Kaiser Theodosius dem Jüngeren. Folglich lud der Kaiser die Bischöfe ein, die Angelegenheit zu diskutieren. So trafen sich einhundertdreißig Bischöfe im Jahre 449 n. Chr. in Ephesus. Als Eutyches vor dem Konzil erschien, erklärte er öffentlich, daß er an Christus, als das „fleischgewordene" Wort glaube. Das Konzil erklärte ihn daraufhin einstimmig jeder Häresie unschuldig. Als Eutyches darauf seine Häresie erneut verkündete, wurde er von einem örtlichen koptischen Konzil exkommuniziert. Zwei Jahre später wurde von Kaiser M a r cian ein anderes Konzil einberufen. Dieses Konzil fand 451 n. Chr. in Chalcedon statt und endete leider wegen politischer Faktoren, aus

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Kirche

Ägyptens

denen beide Parteien Vorurteile schöpften, in einer Spaltung der Kirche. A b b a Dioskur von Alexandrien wurde beschuldigt, ein Anhänger des Eutyches zu sein, da er einer der drei Vorsitzenden des Konzils von Ephesus gewesen war, auf dem Eutyches vergeben wurde. Dioskur verteidigte seinen Glauben, indem er sagte: „Wenn ein Stück Eisen zur Weißglut erhitzt und auf dem A m b o ß geschlagen wird, gehen die Schläge auf das Eisen nieder und nicht auf die Glut, obwohl Eisen und Glut ein unzertrennbares Ganzes bilden. Diese Einheit des Eisens und der Weißglut sind für die Fleischwerdung des Heilandes symbolisch, dessen Göttlichkeit sich niemals von seiner Menschlichkeit trennte, weder für einen Augenblick, nodi für die Dauer eines Lidschlages. U n d obwohl seine Göttlichkeit nicht von seiner Menschlichkeit getrennt wurde, war ihre Einheit ohne Vermischung oder Trennung und ohne Veränderung, genauso wie die Einheit zwischen dem Eisen und der G l u t . " Die Einheit wird als „die eine Natur Gottes, des fleischgewordenen Wortes" definiert und stimmt überein mit den Worten des Heiligen Johannes: „und das W o r t ward Fleisch" 1 6 . Die Rechtgläubigkeit Dioskurs war so bewiesen, und das Konzil konnte ihn weder in seiner kirchlichen Ehre herabsetzen noch ihn exkommunizieren. Beschämende Verschwörungen führten jedoch zur Absetzung des Dioskur und zur Einsetzung eines melchitischen (griechischen) Patriarchen in Ägypten. Die Ägypter fühlten sich durch diese Ungerechtigkeit verletzt und blieben Dioskur und seinen Nachfolgern, trotz aller Verfolgungen, treu. Seit jener Zeit versuchte die koptische Kirche von jedem griechischen Einfluß, einschließlich dem kulturellen, unabhängig zu bleiben. D e r Zwiespalt zwischen den Mitgliedskirchen, die bis zu dem katastrophalen Konzil von Chalcedon einig waren, wurde jedes J a h r größer. Diejenigen, die die koptische Kirche als eine monophysitische darstellten, stützten sich in ihrer falschen Auslegung auf die Annahme, daß koptische Väter behauptet hätten, d a ß Christus eine N a t u r — im Sinne Eutyches — habe. Historische Fakten und die heute in der koptischen Kirche gebräuchliche Liturgie beweisen jedoch die Rechtgläubigkeit dieser Kirche 1 7 .

3. Der geistliche Beitrag:

das

Mönchtum

Ägypten ist das Mutterland des christlichen Mönchtums; denn das Mönchtum hatte hier im 4. Jahrhundert seinen Ursprung und dehnte sich in sehr kurzer Zeit über die ganze christliche Welt aus.

Der Beitrag

der koptischen

Kirche zum universalen

Christentum

35

Mönditum wurde bereits vor christlicher Zeit von verschiedenen religiösen Gruppen praktiziert. Dieses Mönditum entsprach jedoch nicht dem christlichen ; obwohl es auf Keuschheit, A r m u t und Kontemplation abzielte, war es nicht auf das ganze Leben und auf Dienst ausgerichtet. Mit Aufkommen des Christentums sah das Mönditum sein Ziel in lebenslänglicher Weihe im Hinblick auf christliche Vollkommenheit, so daß der einzelne dadurch befähigt wurde, ein Leben nach christlichen Idealen zu führen und stärker auf den Dienst am Nächsten ausgerichtet zu sein. Folglich verbrachten alle koptischen Mönche ihr Leben in Klöstern oder in Einzelzellen. W a r einer besonders begabt oder auf irgendeinem Gebiet ausgebildet, bevor er sich f ü r das Mönditum entschied, wurde er vom Papst, Bischof oder vom Abt des Klosters f ü r den Dienst in der Welt bestimmt. Die dienenden Mönche waren jedoch in der Minderheit, da der wesentliche Zweck des koptischen Mönchtums im kontemplativen Leben lag. Zweifellos ist das Mönditum eine Art von Weltflucht; und doch entgingen die Mönche der Verfolgung oder dem Leidens nicht. Viele Mönche wurden zu Märtyrern, denn um ihr geistliches Leben zu retten, entgingen sie lieber den bösen weltlichen Versuchungen. Der Heilige Antonius (240—345 n. Chr.) war der erste, der sich in die Wüste zurückzog. Sein Mönditum umfaßte das Leben sowohl in der Einsamkeit wie in der Gemeinschaft. Denn jeder seiner Anhänger lebte während der ganzen Woche in äußerster Einsamkeit in einer Zelle; sie versammelten sich jedoch am Samstagabend zum Gebet um ihn und blieben bis Sonntagmittag zusammen. Nach dem Gottesdienst zerstreuten sie sich, um bis zum folgenden Samstag in Einsamkeit zu leben. Dieses halb-einsame und halb-gemeinschaftliche Leben ist unter dem Namen „antonisches Mönditum" bekannt. Obwohl der Heilige Antonius keine schriftlichen Regeln zurückließ, gab er dodi zwei Grundsätze: Gebet und Handarbeit. Diese beiden Grundsätze werden bis heute nodi von den koptischen Mönchen befolgt. Der H e i lige Antonius entwarf f ü r seine Mönche ebenfalls ein G e w a n d : sie trugen eine kurze Tunika aus weißem H a n f . Der Heilige Pachomius, ein anderer gebürtiger Ägypter, begann das gemeinschaftliche mönchische Leben. Er organisierte das Leben der Mönche, indem er ihnen feste Regeln und Bestimmungen auferlegte, nach denen sie ein gemeinschaftliches Leben zu führen hatten. Der Heilige Pachomius wird der „Vater der Koinobiten" genannt, w ä h rend der Heilige Antonius unter dem Namen „Vater der Mönche" bekannt ist.

36

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

D a s M ö n c h t u m w u r d e in allen seinen F o r m e n ebenfalls v o n

Frauen

a n g e n o m m e n , die Einsiedler u n d diejenigen, die das Einsiedler- und Gemeinschaftsleben

führten,

und

die N o n n e n

leisteten

der

Kirche

einen g r o ß e n D i e n s t . D i e v o m H e i l i g e n Pachomius u n t e r b r e i t e t e n B e stimmungen galten, mit sehr unbedeutenden A b w e i c h u n g e n , für beide Geschlechter: D i e Errichtung eines K l o s t e r s w a r ζ. B . die A r b e i t der M ö n c h e , w ä h r e n d das N ä h e n den N o n n e n überlassen w u r d e . D i e Mönchsbewegung breitete sich von Ä g y p t e n a u f viele L ä n d e r aus, u n d das Beispiel und die L e h r e der ägyptischen M ö n c h e zog viele L i e b h a b e r des geistlichen Lebens an. „ I m 5. u n d 6. J a h r h u n d e r t w a r ihr

(der der ägyptischen

Mönche) R u f

in a l l e L ä n d e r

vorgedrun-

g e n . " 1 8 H a r n a c k sagt, d a ß der, der e t w a s v o m M ö n c h t u m

versteht,

„herausfinden werde, wieviel hier zu lernen sei" 1 9 . E r e r k l ä r t : „ K u n s t , D i c h t u n g u n d Wissenschaft haben hier eine P f l e g e m u t t e r

gefunden,

j a sogar die A n f ä n g e unserer Zivilisation bilden ein K a p i t e l der G e schichte des M ö n c h t u m s . " 2 0 Von

den

hundert K l ö s t e r n

in den W ü s t e n g e b i e t e n

Ägyptens

sind

heute neun K l ö s t e r mit 3 0 0 Mönchen übrig geblieben u n d f ü n f K l ö ster mit r u n d 1 0 0 N o n n e n .

4. Der missionarische

Beitrag

D i e missionarische B e w e g u n g begann in Ä g y p t e n in den ersten J a h ren des 1. J a h r h u n d e r t s u n d w u r d e von den ersten B e k e h r t e n v o r a n getrieben. B a l d w a r es nicht nur der persönliche E i f e r ,

der

einige

einzelne z u r Mission trieb, denn schon Eusebius bezeugt, d a ß die missionarische A r b e i t

eine organisierte B e w e g u n g

der K i r c h e

Alexan-

driens w a r , u n d die Katechetenschule e r n a n n t e M i s s i o n a r e und bes t i m m t e die Missionsgebiete. Eusebius stellt f e s t : „ Z u j e n e r Zeit lebte ein M a n n , der f ü r seine G e l e h r t h e i t sehr b e k a n n t w a r , nämlich P a n taenus . . ., der eine so b r e n n e n d e L i e b e u n d einen solchen E i f e r für des

Evangeliums

Christi f ü r die N a t i o n e n des Ostens e r n a n n t w u r d e . " 2 1

das

göttliche W o r t

bewies,

daß

er z u m

Herold

Trimingham

f ü g t h i n z u : „Diese Schule sandte Missionare aus, die den heidnischen S t ä m m e n v o n L i b y e n , P h r y g i e n , Sinai, A r a b i e n , T h e b a i s u n d O b e r ä g y p t e n das C h r i s t e n t u m b r a c h t e n . " 2 2 D i e K o p t e n w a r e n die ersten Missionare in A f r i k a , Asien u n d E u r o p a : a) I n L i b y e n : H a r n a c k berichtet: „ D i e T a t s a c h e aber, d a ß z. Z t . des D i o n y s i u s A l e x a n d e r Basilides M e t r o p o l i t der P e n t a p o l i s (in P t o l e -

Der Beitrag der koptischen Kirche zum universalen Christentum

37

mais) w a r ( . . . ) , lehrt, daß es schon um die Mitte des 3. Jahrhunderts dort ein geordnetes Kirchenwesen und mehrere Bistümer (. . .) gab." 23 b) In Nubien und im Sudan: Trimingham zeigt, daß „das Christentum im 6. Jahrhundert aufgrund entscheidender missionarischer Bemühungen der Kirche von Ägypten im Sudan eingeführt wurde und d a ß dies der erste Kontakt des Christentums mit der schwärzen Rasse war" 2 4 . c) In Äthiopien und Eritrea: „Das Christentum wurde von Kaufleuten aus Ägypten durch die Handels- u n d Seebeziehungen, die zwischen den beiden Ländern bestanden, zuerst in Aksum eingeführt." 2 5 Im Jahre 330 n. Chr. weihte der Heilige Athanasius Frumentius zum ersten Bischof f ü r Äthiopien. Die Äthiopier nannten ihren ersten Bischof „Abba Salama Rasata Berhan" den „Vater des Friedens, O f fenbarer des Lichtes". Dies wurde der Titel aller nachfolgenden Bischöfe. d) In Indien: Eusebius schreibt: „Denn es gab sogar noch zu jener Zeit viele Evangelisten des Wortes, die gern nach Weise der Apostel mit eingegebenem Eifer zur Ausbreitung u n d Erbauung des göttlichen Wortes beitragen wollten. Pantaenus gehörte ebenfalls zu diesen, er soll nach Indien gegangen sein." 28 e) In Arabien: Harnack bezieht sich auf Eusebius bei seiner Zusammenfassung über den Besuch, den Orígenes in Arabien abstattete, und sagt: „Orígenes war damals den arabischen Bischöfen persönlich bekannt, denn um 215 n. Chr. war er auf Wunsch des römischen Gouverneurs nach Arabien gereist, dem er später seine Ansichten mitteilte". „Eusebius erzählt ferner, daß eine Synode zu Bostra abgehalten wurde, zu der Orígenes eingeladen und deren geistiger Leiter er war" 2 7 . f) In Belgien: „In Belgica war die Kirche um 300 gewiß noch in den bescheidensten Anfängen . . . , aber noch im Anfang des 4. Jahrhunderts war die Zahl der Christen dort nur gering. Bis zum Jahre 336 genügte eine kleine Kirche für ihren Gottesdienst; erst während sich Athanasius als Verbannter in der Stadt aufhielt, schritt man zu einem Neubau." 2 8 g) In der Schweiz: Einige koptische Altertümer wurden in St. Maurice gefunden. Der Heilige Mauritius war ein koptischer Soldat, der wegen seines christlichen Eifers dort im 4. Jahrhundert zum Märtyrer wurde. Die Thebäische Legion (die in Oberägypten angeworben worden war) . . . erduldete wegen ihres christlichen Glaubens das Märtyrertum, denn die Legionäre weigerten sich standhaft, den Göttern der Heiden Opfer zu bringen . . . Felix machte sich mit seiner Schwester

38

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Regula und einem anderen Kameraden, Exuperantius, auf, um das Evangelium Christi zu verbreiten. Sie wurden die heiligen Schutzpatrone von Zürich, und das offizielle Siegel des Züricher Landes trägt auch heute nodi das Bild dieser drei koptischen Evangelisten 29 . i) In Irland: Die Spuren der koptischen Missionare in Irland können leicht anhand einer Erklärung von S. L. Poole verfolgt werden: „Das Mönchtum w a r von Anfang an in Ägypten eine starke M a c h t . . . Wir sind uns gar nicht bewußt, wieviel wir diesen abseitslebenden Einsiedlern zu verdanken haben. Einige haben behauptet, daß das irische Christentum, die große zivilisierende Macht des frühen Mittelalters in den nördlichen Nationen, auf die ägyptische Kirche zurückgehe. Sieben ägyptische Mönche wurden in Desert Ulidh begraben, und vieles in den Feiern und in der Architektur des alten Irlands erinnert an noch ältere christliche Überreste in Ägypten." 3 0 Das koptische Missionsunternehmen wurde von der Katechetensdiule Alexandriens und von Mönchsgruppen unterstützt und ergab sich ganz natürlich aus der persönlichen christlichen Verpflichtung und der tiefen geistlichen Zeugniskraft der Kopten. Es spiegelte audi ihre O p ferbereitschaft wider. Das Ziel bestand in der Verbreitung des Christentums in fremden Ländern und nicht darin, dort die koptische Kirche zu errichten. Spuren von Versuchen, die koptische Sprache oder koptische Musik einzuführen, sind in Missionsgebieten nicht zu finden. Manuskripte beweisen, daß Landessprachen und einheimische Musik sogar in den Nachbarländern — Nubien, Sudan und Äthiopien — benutzt wurden. Die Missionare versuchten auch nicht, das Evangelium dort zu predigen, wo das Wort Gottes schon bekannt war. Orígenes besuchte z. B. nicht die Teile Arabiens, in denen es bereits eine etablierte Kirche gab, außer wenn er aufgefordert wurde, den Bischöfen dort zu helfen. Und Athanasius nutzte die Schwäche der Kirche in .Belgica' audi nicht aus, um eine neue eigene Kirche zu errichten, sondern er half vielmehr der schwachen Kirche, Fortschritte zu machen. Woolley berichtet: „Es sollte vermerkt werden, daß die ägyptische Kirche während der Periode der bittersten dogmatischen Kontroversen im 6. Jahrhundert in der Lage war, missionarische Tätigkeit auszuüben, denn im Jahre 575 n. Chr. bekehrte Longinus die Völker" 3 1 von Nubien zum Christentum.

Der Beitrag der koptischen Kirche zum universalen

5. Die koptische

Kirche in der modernen

Christentum

39

Zeit

Unter Leitung ihrer Väter haben die Kopten ihren Glauben unversehrt beibehalten. Sie blieben dem Erbe des Heiligen Markus treu und richteten sich nach den Entscheidungen, die auf den ökumenischen Konzilien von Nicäa, Konstantinopel und Ephesus getroffen worden waren. Gegenwärtig zeigt die koptische Kirche das klarste Bild der frühen Christenheit. Wie Worrell sagt: „Die Kopten sind ihrer Vergangenheit treu geblieben und lieben die Formen ihrer Religion . . . Sie sind auf den Besitz einer Familientradition sehr stolz." 32 Die Kopten haben nicht nur das geistliche Erbe ihrer apostolischen Väter bewahrt, sondern auch die apostolische Sukzession beibehalten. Gegenwärtig untersteht die Kirche Papst Amba Chenonda III., dem 117. Nachfolger des Heiligen Markus. Die Koptische Kirche ist jedoch nicht nur ein archaischer Zweig des Christentums, der die alten Lehren und Traditionen bewahrt; sie ist heute ebenfalls eine lebendige Kirche. Die koptischen Laien nehmen aktiv am Leben der Kirche teil. Jede Kirche hat ihren eigenen Gemeinderat, der aus verschiedenen Unterausschüssen besteht, um mit dem Klerus gemeinsam für die seelsorgerischen und sozialen Bedürfnisse der Gemeinde zu arbeiten. In einigen Kirchen gibt es ebenfalls Frauenausschüsse, die sich mit bestimmten Nöten in Kirche und Gemeinde befassen. Koptische Diözesangemeinden sowie die Ortsgemeinden haben zahlreiche Wohltätigkeitsorganisationen gegründet. In Kairo allein gibt es mehr als einhundertundfünfzig koptische Organisationen, die Schulen, Waisenhäuser, Spitäler, Kliniken, Kinderversorgungszentren und eine Anzahl anderer öffentlicher Dienste eingerichtet haben.

Kapitel III GOTTESDIENST UND DISZIPLIN IN DER KOPTISCHEN

KIRCHE

P r i n c i p a l PAUL VERGHESE 1. Eucharistische

Liturgien1

Hauptsächlich werden drei Liturgien benutzt: die des Heiligen Basilius, die des Heiligen Gregorius und die des Heiligen Kyrill oder des Heiligen Markus. Es gibt sicher nodi andere Anaphoren, die jedoch in Ägypten nicht mehr gebräuchlich sind, obwohl einige von ihnen in abgeänderter Form und unter einem anderen Namen noch weiterhin in der Tochterkirche, in Äthiopien, benutzt werden. Fragmente einer bestimmten Anaphora des Heiligen Matthäus und anderen koptischen Anaphoren sind bereits veröffentlicht worden. Die Anaphora des Heiligen Markus (ebenfalls unter dem Namen des Heiligen Kyrills bekannt) wird heute — hauptsächlich wegen ihrer außergewöhnlichen Länge — selten benutzt. Die des Heiligen Basilius ist die kürzeste und ist vielleicht deswegen weitgehend gebräuchlich. Ein genehmigter englischer Text der letzteren wurde vom koptischorthodoxen Patriarchat im Jahre 1963 veröffentlicht. Von allen drei Anaphoren gibt es griechische Originalmanuskripte2. Und es ist anzunehmen, daß sich die Kopten — wie die Syrer — in ihren Liturgien vor dem Streit mit den byzantinischen Kirchen nach dem Konzil von Chalcedon im 5. Jahrhundert der griechischen Sprache bedienten. Es gibt Beweise dafür, daß die griechischen Liturgien gelegentlich noch im 14. Jahrhundert in einigen ägyptischen Klöstern gefeiert wurden3. Es gibt einen ausführlichen Vorbereitungsgottesdienst für die Vorbereitung der Elemente und der Zelebranten. Diesem Gottesdienst geht das Morgenoffizium voraus, in dem Weihrauch dargebracht wird und in dem dann lange Gebete und Fürbitten sowie das Glaubensbekenntnis gesprochen und das Evangelium gelesen wird. Die Koptische Kirche benutzt rundes Sauerteigbrot, das frisch vom Sakristan gebacken wurde und ungefähr 2 cm dick und einen Durchmesser von ungefähr 18 cm hat und auf dem mit Hilfe eines Holzstempels 12 Kreuze und die koptische Inschrift: „Heiliger Gott, Hei-

Gottesdienst

und Disziplin

in der koptischen

Kirche

41

liger Allmächtiger, Heiliger Unsterblicher" aufgedruckt sind. H ä u f i g e Teilnahme am Abendmahl w i r d vielen gebildeten jungen Leuten mehr u n d mehr z u r Gewohnheit, u n d zweifellos gibt es einen A n f a n g einer „ cuchar is tischen Wiederbelebung" in der heutigen Koptischen Kirche. M e r k m a l jeder Erneuerungsbewegung der Ostkirche ist die u m f a s sende u n d gut vorbereitete häufige Eucharistiefeier. D i e anderen beiden Zeichen der Erneuerung, das Predigen des Evangeliums u n d die Teilnahme an relevanten sozialen Tätigkeiten, kann sich in der Ostkirche nur aus einer erneuerten eucharistischen Teilnahme ergeben.

2. Die kanonischen

Stunden

Die kanonischen Stundengebete sind klösterlichen Ursprungs und können als koptischer Beitrag zur Spiritualität der universalen Kirche angesehen werden. Die frühen, von dem Heiligen Pachomius ( r u n d 320 n. Chr.) in Oberägypten gegründeten koinobitischen Gemeinschaften verfügten über sehr wenig Priester u n d Diakone u n d hingen f ü r ihre liturgischen Dienste v o m Priester der Nachbarkirchengemeinde ab. Die kanonischen Stunden oder Offizien wurden gewöhnlich von der Gemeinschaft ohne Priester zelebriert. Zu A n f a n g gab es w a h r scheinlich nur drei sehr bekannte Gebete, die morgens, abends u n d um Mitternacht gesprochen w u r d e n . Das Morgenoffizium w u r d e ziemlich häufig von den Mönchen in ihren Zellen gelesen, und nur das A b e n d u n d Mitternachtsoffizium w u r d e von der Gemeinschaft gemeinsam gelesen. I m L a u f e der Zeit eignete sich die koptische Kirche ebenfalls die acht kanonischen Stundengebete an, die im 14. J a h r h u n d e r t allgemein angenommen worden w a r e n : M a t u t i n , Terz, Sext, None, Vesper, K o m plet u n d N o k t u r n e n sowie eine besondere Andacht mit Schutzgebeten vor dem Schlafengehen. Die koptische Kirche mißt der Rezitation der Psalmen Davids viel Bedeutung in diesen Stundengebeten zu, sowie auch den Lesungen aus dem N e u e n Testament. In jedem Offizium werden zwölf Psalmen rezitiert, w ä h r e n d in dem Morgengebet jetzt neunzehn gelesen werden 4 . Die Lesungen aus dem Alten u n d Neuen Testament gehören ebenfalls dazu. Die Psalmenlesungen w e r d e n auf verschiedene Mönche verteilt; jeder rezitiert seinen Psalm mit ziemlich leiser Stimme. Die Bibelstellen werden lauter verlesen. Die koptische Kirche bringt nicht wie die anderen orthodoxen Kirchen Weihrauch in den kanonischen Stundengebeten d a r , sondern hat

42

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

h i e r f ü r besondere Gottesdienste. U n d w i e d e r u m , i m Unterschied zu anderen K i r c h e n werden die Liturgien i n der koptisdien K i r c h e h ä u figer gesprochen als gesungen. D e r G o t t e s d i e n s t , in dem Weihrauch d a r g e b r a c h t w i r d ,

findet

zwei-

m a l täglich in den Kirchen u n d K l ö s t e r n s t a t t . D e r A b e n d g o t t e s d i e n s t w i r d gegen 17 U h r (eine S t u n d e früher i m W i n t e r ) u n d der M o r g e n gottesdienst u m 5 U h r (eine S t u n d e s p ä t e r i m W i n t e r )

abgehalten.

Bei diesen Gottesdiensten w i r d der V o r h a n g z u m H e i l i g t u m

aufge-

zogen u n d L a m p e n angezündet, a b e r der Priester t r ä g t k e i n e liturgischen G e w ä n d e r . Diese Gottesdienste sind Überbleibsel der im A l t e n T e s t a m e n t beschriebenen Tempeldienste u n d das H a u p t g e w i c h t

liegt

auf der L o b p r e i s u n g der H e i l i g e n D r e i e i n i g k e i t umgeben v o n E n g e l n , Erzengeln

und den verstorbenen

Gläubigen.

In j e d e m

gottesdienst gibt es ebenfalls eine P s a l m o d i e

Weihrauch-

und eine L e s u n g

des

Evangeliums.

3. Besondere

Gottesdienste

Es gibt besondere Gottesdienste f ü r die Aussegnung der F r a u e n nach einer G e b u r t — vierzig T a g e nach der G e b u r t eines K n a b e n und achtzig T a g e nach der eines Mädchens, ebenfalls f ü r die N a m e n s g e b u n g des K i n d e s v o r der T a u f e . L e t z t e r e sind freiwillig, müssen jedoch a m 7. T a g nach der G e b u r t abgehalten w e r d e n u n d sind nur f ü r K n a b e n möglich. Es gibt einen besonderen G o t t e s d i e n s t : „ G e b e t des B e c k e n s " , in dem der Priester ein Wasserbecken segnet, in dem das K i n d gebadet w i r d u n d d a r a u f seinen N a m e n erhält.

4.

Taufe

D e r T a u f g o t t e s d i e n s t richtet sich w e i t g e h e n d nach dem M u s t e r a n d e rer o r t h o d o x e r Kirchen: Z w e i Gottesdienste f ü r den K a t e c h u m e n e n , der G o t t e s d i e n s t des Exorzismus, die S a l b u n g mit H e i l i g e m ö l , das Ausgießen des M y r o n s in das T a u f w a s s e r , die W e i h e des T a u f w a s s e r s und d a n n die T a u f e selbst m i t d r e i m a l i g e m U n t e r t a u c h e n u n d dreifachem A n h a u c h e n , (die T a u f f o r m e l l a u t e t : Ich t a u f e dich . . . im N a men des V a t e r s und des Sohnes und des H e i l i g e n Geistes — w i e in der lateinischen K i r c h e wird die a k t i v e F o r m benutzt) und d a r a u f f o l g t die F i r m u n g (der K a n d i d a t w i r d sechsunddreißigmal mit d e m M y r o n versiegelt, indem das Zeichen des K r e u z e s auf seiner Stirn, den beiden

Gottesdienst und Disziplin in der koptischen Kirche

43

Nasenlöchern, dem Mund, dem rechten Ohr, dem rechten Auge, dem linken Auge, dem linken Ohr, dem Herzen, dem Nabel, dem Rücken, auf vier Stellen der Wirbelsäule, den Schultern, in den Axelhöhlen, dem Unterarm, den Handflächen, den Schenkeln, den H ü f t e n , den Knien, den Waden, den Fußknöcheln usw. gemacht wird). Nach der Taufe wird der Neugetaufte erneut mit den Worten: „empfange den Heiligen Geist und werde zu einem gereinigten G e f ä ß " angehaucht. Der Priester kleidet ihn dann in ein weißes Gewand, krönt ihn schließlich und gürtet ihn kreuzweise mit einem Gürtel. Dann ruft der Priester das Axios wie f ü r einen Bischof, indem er sagt: „würdig, würdig, würdig ist X, der Christ. Die Gemeinde wiederholt das Axios 30mal. Dann wird der Neugetaufte vom Priester gesegnet und entlassen. Am 8. Tag nach der Taufe findet — wie in der syrischen Kirche — der Ritus des Lösens des Gürtels statt (— in der syrischen Kirche wird in der Feier die Krone abgenommen mit dem Versprechen, sie im Eschaton zurückzubekommen).

5. Das Sakrament

der Buße

Das Sakrament der Beichte, Absolution oder Buße hat bis jetzt noch keine endgültige Form in den Ostkirchen erhalten, und die Praxis der Pflichtbeichte vor der Kommunion ist erst sehr spät in der Tradition der östlichen Orthodoxie entstanden. In der koptischen Kirche kann entweder in der Kirche oder zuhause gebeichtet werden. Der Priester trägt bei Abnahme der Beichte keine liturgischen Gewänder. Der Priester spricht die Absolution nach der Beichte in einer Formel aus, die in der ersten Person Plural geschrieben und in eine Gebetsform gefaßt ist: „Segne uns, reinige uns, vergib uns und vergib deinem ganzen Volke." Nach dem Gebet des Priesters sagt der Bußfertige: „Ich habe gesündigt, vergib mir." Der Priester antwortet: „Gott vergibt dir."

6. Ebe In dem Gottesdienst wird a) Vereinbarung, b) Verlobung und c) die eigentliche Eheschließung vereint, wobei auch die Krönung der Braut und des Bräutigams vollzogen wird. Die Vereinbarung, die h a u p t sächlich die Unterzeichnung des Ehevertrages bedeutet, findet gewöhnlich zwei Wochen vor der Heirat statt u n d kann im Hause der

44

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Braut vorgenommen werden. Die Feier endet mit einer dreifachen Ankündigung der Vereinbarung, einem Dankgebet und dem Austausch der Ringe. Der Vertrag oder die Vereinbarung wird technisch „das Vaterunser" (Jepeniot) nadi den Anfangsworten des Gebetes unseres Herrn genannt, das die Vereinbarung weiht. Der Verlobungs- und der Heiratsgottesdienst kann entweder zuhause oder in der Kirche stattfinden, obwohl die meisten heutzutage einen Gottesdienst in der Kirche vorziehen. Die Feier ist viel einfacher als diejenige in der syrischen Kirche und beginnt mit einer Ratifizierung des Ehevertrages durch den Priester, der das Zeichen des Kreuzes über dem Vertrag, dem Schleier, dem Kreuz und den Ringen schlägt. Darauf folgen Lesungen aus der Heiligen Schrift: 1. Korinther 1, 1—10 und Johannes 1, 1—17. Dann folgen verschiedene Gebete. Der Krönungsgottesdienst ist eindrucksvoll. Es wird wiederum eine Epistel verlesen, Epheser 5, 22—6, 3 und aus dem Matthäusevangelium Kap. 19, 1—6. Nach verschiedenen Fürbittgebeten und Gebeten für die Segnung des Paares wird Gott in einem Schlußgebet angerufen, die Eheschließung zu bestätigen und dem Paar in seinem künftigen Leben Beistand zu leisten. Dann wird ein besonderes Oliven-Öl geweiht. Der Priester salbt den Bräutigam und die Braut und krönt sie dann mit zwei in der Kirche verwahrten Kronen. Die beiden Kronen sind durch ein Band miteinander verbunden, das lang genug ist, um den Brautleuten einige Freiheit zu geben. Sie werden dann mit einem weißen seidenen, mit zwei gestickten Kreuzen versehenen Brautschleier, dem Lammat, vedeckt. Daraufhin wird dem Paar vergeben, es wird gesegnet, ermahnt und entlassen. Es gab dann noch einen Gottesdienst, dessen Feier zwei bis acht Tage später stattfand und bei dem die Kronen formell abgenommen wurden; dieser wird jedoch heute nicht mehr gefeiert.

7.

Krankenölung

Dieser Gottesdienst, der so klar im Jakobusbrief (5: 10—20) gelehrt wird, ist für die Kranken bestimmt, aber nicht als „letzte Ölung" und Vorbereitung auf den Tod wie in der lateinischen Kirche. Es handelt sich vielmehr um Gebete für die Heilung, bei denen die kranke Person mit besonderem ö l gesalbt wird. Es gibt sieben Fürbittgebete und 14 Lesungen: (1) Jakobus 5, 10—20, (2) Johannes 5, 1—17, (3) Römer 15, 1—7, (4) Lukas 19, 1—10, (5) 1. Korinther 12, 28—13, 8, (6) Matthäus 10,

Gottesdienst und Disziplin in der koptischen Kirche

45

1—8, (7) Römer 8, 14—21, (8) Lukas 10, 1—19, (9) Galater 2, 16 bis 20, (10) Johannes 14, 1—19, (11) Kolosser 3, 12—17, (12) Lukas 7, 36—50, (13) Epheser 6, 10—18 und (14) Matthäus 6, 14—18. Die Gebete ähneln denen des griechischen Ritus der Krankenölung. Nach diesen sieben Gebeten und den Lesungen salbt der Priester die kranke Person. Das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis werden gesprochen, und darauf folgen 41 Kyrie eleison. D a n n folgen die drei Absolutionsgebete. Die Anwesenden werden ebenfalls mit dem heiligen ö l gesalbt. Der Kranke wird dann sieben Tage lang jeden Tag gesalbt. 8.

Ordination

Der koptische Ordinationsgottesdienst verdiente eigentlich ein ganzes Kapitel, da wir uns jedoch kurz fassen müssen, können nur einige allgemeine Bemerkungen gemacht werden. Der Gottesdienst der Bischofsweihe hebt die Qualifikationen und die Methode, nach der der Bischof gewählt wurde, hervor. Dieser Gottesdienst muß ziemlich alt sein; er stammt wahrscheinlich aus dem 4. oder 5. Jahrhundert, wie die folgende Aufzeichnung beweist: „Einerseits ist es gut, wenn er kein Eheweib hat; sollte es andererseits nicht zutreffen, so soll er gefragt werden, ob er der Ehemann eines Weibes durch die heilige Ehe geworden ist, und er soll gleichfalls in den mittleren Jahren sein." Diese Bemerkung muß aus einer Zeit stammen, als der Zölibat des höheren Klerus gerade eingeführt worden war u n d es f ü r ein Familienhaupt noch möglich war, Bischof zu werden. Im weiteren Weihegottesdienst wird der zum Bischof zu weihende Mann jedoch als „Priester und Mönch des Klosters X . . beschrieben. Gewöhnlich wird der Bischof vom Patriarchen aufgrund einer Anfrage von den Priestern und den Kirchenmitgliedern einer Diözese geweiht. Die Kirchenmitglieder nehmen aktiv an der Wahl und der Weihe teil, obwohl jetzt eine zentralisiertere Autorität eingeführt wurde. Die heutigen Ordinationsgottesdienste sind den Gottesdiensten des 4. Jahrhunderts — wie wir sie aus Schriften des Euchologion-Spezialisten, Seraphion von Thumis, kennen — sehr ähnlich. Bei der Weihe gibt es keine Salbung wie in der westlichen Kirche, sondern lediglich die Handauflegung und die Ankleidung. Bei Wahl eines Priesters oder Diakons oder sogar eines Abtes oder Erzdiakons braucht lediglich der Klerus f ü r seine Würdigkeit zu garantieren. Bei einem Bischof heißt es in der Aufzeichnung jedoch ganz

46

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

klar, d a ß er von „allen Kirchenmitgliedern in Übereinstimmung mit dem Wohlgefallen des Geistes" zu wählen ist. 9. Konsekration

des

Patriarchen

In jüngster Zeit wird der Patriarch unter den Mönchen ausgewählt, und die Bischöfe sind von der Wahl zum Patriarchen ausgeschlossen. Es wird behauptet, daß diese Praxis Ende des 19. Jahrhunderts nur wegen der politisierenden Tätigkeit der Bischöfe unterbrochen worden ist. Der Anwärter wird von der Bischofssynode und den Vertretern der Kirchenmitglieder gewählt. Seine Konsekration m u ß in Gegenwart aller Kleriker u n d des ganzen Kirchenvolkes stattfinden. Die Wahlurkunde muß von allen Bischöfen, drei Priestern aus Alexanrien und drei Diakonen, einem Abt des Klosters des Natruntales und einem Adeligen aus Alexandrien oder Kairo unterzeichnet werden. Das Konsekrationsgebet ist demjenigen aus der apostolischen Überlieferung des Hippolytos oder des Seraphion von Thumis ziemlich ähnlich. Das Buch der vier Evangelien wird über den Kopf des gewählten Patriarchen gehalten, während die Kirchenmitglieder dreimal das Axios (würdig) sagen. Nachdem das Evangelienbuch von seinem Kopf entfernt worden ist, legt der älteste Bischof seine H ä n d e auf die Kandidaten. Während ein Gebet gesprochen wird, legen alle Bischöfe ihre H ä n d e nacheinander auf ihn, und jedesmal sagt das Kirchenvolk das dreimalige „würdig". Nachdem der neue Patriarch angekleidet ist, sagen die Bischöfe, der Klerus und das Kirchenvolk nochmals ein dreimaliges „würdig". Dann folgt die Inthronisation. Die beiden ältesten Bischöfe ergreifen die H ä n d e des neuen Patriarchen und lassen ihn auf dem „Synthronus" stehen, während der älteste Bischof erklärt, d a ß der neue Patriarch jetzt inthronisiert worden sei und alle Kirchenmitglieder bittet, für ihn zu beten. Nach den Gebeten wird der Patriarch dreimal auf den Thron gesetzt, wobei jedesmal das Axios der Kirchenmitglieder erschallt. Dann f ü h r t der Patriarch die Eucharistiefeier, in deren Mitte die Konsekration und die Inthronisation stattgefunden hat, zu Ende.

Gottesdienst und Disziplin in der koptisAen Kirche

47

10. Die Hauptfeste der koptischen Kirche Die sieben Hauptfeste sind die universalen Sonntagsfeste: Ankündigung, Geburt, Epiphanie, Palmensonntag, Karfreitag und Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Es gibt sieben kleinere Feste, die ebenfalls mit dem Leben und Amt unseres Herrn in Verbindung stehen: die Beschneidung, (1. Januar), die Darstellung Jesu im Tempel, Einzug der Heiligen Familie in Ägypten, das erste Wunder zu Kana, die Verklärung, der Gründonnerstag und der Sonntag der Erscheinung vor dem Heiligen Thomas. Die Hauptmarienfeste sind die folgenden: Geburt der Jungfrau Maria, Reinigung der Jungfrau (dasselbe wie die Darstellung im Tempel), das Entschlafen Mariens und Mariä Himmelfahrt sowie die Konsekration der ersten der Theotokos geweihten Kirche. Unter anderen Festen lassen sich Neujahr (11. oder 12. September), die Kreuzauffindung (27. September), die Feste des Heiligen Peter und des Heiligen Paul, des Heiligen Markus, des Heiligen Michael, des Heiligen Johannes des Täufers usw. erwähnen.

11. Der koptische liturgische Kalender Das Jahr wird von der Zeit der Verfolgungen unter Diokletian, der Ära der Märtyrer, beredinet, die am 29. August, 284 n. Chr. (dem Datum der Thronbesteigung durch Diokletian und nicht dem eigentlichen Datum der einsetzenden Verfolgungen) beginnt. Das Jahr wird in 12 Monate zu je 30 Tagen aufgeteilt, und die verbleibenden 5 oder 6 Tage ergeben einen 13. Monat, den „Kleinen Monat". Der Gregorianische Kalender ist nodi nicht angenommen worden, und deshalb ist der Julianische Kalender praktisch noch in Gebrauch, der 13 Tage hinter dem Gregorianischen zurüdihinkt. Einer Kalenderreform wird heftig Widerstand geleistet.

12. Fastenzeiten Außer dem gebräuchlichen Mittwoch und Freitag gibt es fünf Hauptfastenzeiten in der koptischen Kirche. In der großen Passionszeit vor Ostern sind es sieben Wochen. Dazu kommt noch eine weitere Woche zu Anfang der Fastenzeit, die Fastenwoche des Herakleios (als Buße

48

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

dafür, daß Kaiser Herakleios um ungefähr 628 n. Chr. das Massaker der Juden zuließ). Die Fastenzeit im Advent beginnt sechs Wochen vor Weihnachten, dann folgt das 3tägige ninivitische Fasten. Die Fastenzeit der Apostel beginnt einen Tag nach Pfingsten und endet mit dem Fest von Peter und Paul (am 29. Juni oder am 12. Juli nach dem Gregorianischen Kalender). Das 15tägige Fasten vor Himmelfahrt der Gesegneten Jungfrau beginnt am 7. August. Während der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten wird am Mittwodi und am Freitag nicht gefastet, da dies eine Zeit der Freude über die Auferstehung ist. Das Fasten wird heute in der koptischen Kirche — abgesehen von der äthiopischen — strenger eingehalten als in irgendeiner anderen Kirche. Die Kirchenmitglieder nehmen weder Fleisch, Eier, Milch, Butter oder Käse zu sich und in den meisten Fällen auch keinen Fisch. Das eigentliche Fasten, d. h. Entsagung jeglicher Nahrungsaufnahme, wird heute nur bis 9 Uhr morgens eingehalten, während nach dem alten Brauch an Fasten tagen bis 15 Uhr nichts gegessen oder getrunken werden durfte.

Kapitel I V ÄGYPTISCHES MÖNCHTUM — NOCH IMMER EINE EINFLUSSREICHE KRAFT D r . M A U R I C E ASSAD

„Ägypten gab dem Christentum zwei seiner anschaulichsten und grundlegendsten Merkmale, den Einsiedler und den Mönch." 1 Koptisches Mönditum hat dem geistlichen Leben ein Muster gesetzt, das die Form des Christentums nicht nur in Ägypten, sondern auch im Osten und Westen beeinflußt hat. De Lacy O'Leary stellte fest, daß „das Mönditum in seinen verschiedenen Formen in der christlichen Kirche vom 3. Jahrhundert bis in unsere Zeit eine leitende Rolle gespielt habe . . . Die ganze kraftvolle Bewegung geht in ihrer aufgefächerten Tätigkeit auf einen Ort zurück, auf das Niltal, wo ihre Wiege stand und wo sie durch Gründung des Mönchtums von Ägypten der ganzen christlichen Kirche ein unauslöschliches Zeichen aufdrückte, dessen Spuren sogar in denen entdeckt werden können, die angeblich wenig Sympathie für mönchische Ideale zeigen." 2 Die große Auswirkung, die das Mönditum auf den Westen hatte, führte einen prominenten Historiker, Adolf von Harnack, dazu, die Geschichte der Kirdie der des Mönchtums gleichzusetzen und Kunst, Dichtung und Wissenschaft als Pflegekinder des Mönchtums zu betrachten und die ersten Kapitel der Geschichte der westlidien Zivilisation in der Geschichte des Mönchtums zu finden3. Mönchische Ideale wurden dem Westen zuerst durdi die Schrift des Heiligen Athanasius „Leben des Heiligen Antonius" bekannt, die er im Jahre 357 n. Chr. auf Griechisch verfaßte 4 . Der Heilige Athanasius kannte den Heiligen Antonius persönlich und mag wohl selbst einer seiner Anhänger gewesen sein5. Zur Zeit des Kampfes gegen den Arianismus fand Athanasius bei den koptischen Mönchen Zuflucht', und als er Rom besuchte, wurde er von einigen ägyptischen Mönchen 7 begleitet, die sicherlich Modelle des neuen Lebensstils, nämlich des Mönditums, waren. Danach wurde die ägyptische Wüste ein heiliges Land, in dem Askese praktiziert und gelehrt wurde. Pilger aus allen Teilen der Welt des Altertums kamen in die Wüstengebiete, um die Väter der Wüstenei zu besuchen und von ihnen die neue Weise des christlichen Lebens zu

50

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

lernen. U n t e r ihnen finden wir N a m e n wie der Heilige Basilius der Große, Hilarius, Rufinus, der Heilige Hieronymus, Palladius u n d der Heilige Johannes Cassianus 8 .

1. Die Entstehung

des koptischen

Mönchtums

H a n n a y betrachtet das koptische Mönchtum als einen neuen Asdruck des asketischen Geistes, den es bereits in der apostolischen Kirche und in der Urkirche gegeben hatte. „Das Leben der ägyptischen Asketen w a r ein Versuch zum Christentum des N e u e n Testamentes zurückzukehren." 9 MacKean untersucht die nichtchristlichen Formen der Askese bei den Indern, Griechen, Ägyptern u n d Juden und k o m m t zum Schluß, d a ß die Anfänge des koptischen Mönchtums nirgends anders als im Mönchtum selbst zu finden seien. Versuche, das Mönchtum mit der alexandrinischen Askese von Klemens und Orígenes 10 zu verbinden, f ü h r e n lediglich dazu, d a ß die H a u p t m e r k m a l e des Mönchtums als einer Bewegung übergangen werden. D e r w a h r e G r u n d des Mönchtums kann nur durch das verstanden werden, was es bewirkt hat. Die G r ö ß e des Heiligen Antonius liegt z. B. nicht in dem, was er sagte oder tat, sondern in dem, was er w a r , oder vielmehr in dem, zu dem er wurde 1 1 . Dasselbe gilt f ü r den Heiligen Paulus, den Einsiedler, den Heiligen Pachomius u n d den Abt Schenute u n d die unzähligen Heiligen der Wüstengebiete. Der Mönch sucht ein Selbstverständnis durch die Entdeckung seines wahren Selbst zu erlangen. Er sucht G o t t durch Reinheit u n d Selbstbeherrschung in seinem inneren Leben. D i e innere Spiritualität wird durch einen lang a n d a u e r n d e n Prozeß der Askese und des Kampfes gegen das Böse 12 entwickelt. In der Weite der Wüstengebiete f a n d e n die ägyptischen Mönche einen passenden O r t f ü r ihre ständige Meditation u n d ihre Gebete. D e r Abt oder der Älteste f ü h r t e die N o v i z e n ins klösterliche Leben ein. D e r Gehorsam gegenüber dem A b t ist eine wesentliche Bedingung, sogar wenn seine Befehle seltsam oder auch unmöglich scheinen mögen.

2. Das Mönchtum als

Lebensstil

Die „Sprüche der Väter der Wüste" 1 3 zeigen die Einfachheit sowie die Tiefe ihres Glaubens und Lebens. „Die V ä t e r waren bescheidene und stille Männer, die nicht viel zu sagen h a t t e n . Sie antworteten auf Fra-

Ägyptisches

Mönchtum — noch immer eine einflußreiche

Kraft

51

gen in einigen Worten und ohne Umschweife. Anstatt ein abstraktes Prinzip zu nennen, zogen sie es vor, eine k o n k r e t e Geschichte zu erzählen, deren Kürze erquickend und deren I n h a l t reich w a r . " 1 4 D a s Ideal ihres Lebens war die Reinheit des Herzens. Das T h e m a

der

Sprüche bezieht sich nicht einfach auf moralische Fragen, sondern vielmehr auf die Praxis der Askese, die für den Mönch eine ständige A r beit darstellt. Selbstüberprüfung

und Selbstentwiddung

sind

Teile

eines ständigen Prozesses. D e r P f a d der Tugend, die der Heilige A n tonius in seiner Ansprache an die Mönche erwähnte, liegt innerhalb des menschlichen Selbst. „Tugend besteht, wenn die Seele in ihrem natürlichen Zustand bleibt. Sie wird in ihrem natürlichen Zustand gehalten, wenn sie so bleibt, wie sie zu A n f a n g war. Denn sie w a r zu Anfang rein und völlig redlich . . . Denn von der Seele wird gesagt, sie sei redlich, wenn der Geist sich im natürlichen Zustand, so wie er geschaffen wurde, befindet. Schweift sie aber ab und wird aus ihrer natürlichen Bedingung herausgerissen, so kommt es zur

Ver-

derbtheit der Seele." 1 5

3. Arten

des asketischen

Lebens

Das asketische Leben wurde zunächst von Einsiedlern, wie dem H e i l i gen Paulus von Theben, praktiziert, der uns durch die lateinische Literatur des Heiligen Hieronymus Life of Paul of Thebes, mit16,

the First

Her-

gut bekannt wurde. D e r Heilige Antonius (ungefähr 2 5 1 bis

3 5 6 n. C h r . ) lebte zunächst zwanzig J a h r e als Einsiedler, bevor er die Vereinigung der Einsiedler oder „Association der E r m i t e n " 1 7

grün-

dete, die „zu einer zweiten Art des monastischen Lebens wurde. W ä h rend die Einsiedler ihr ganzes Leben allein verbrachten, lebten die Mönche des zweiten Typus getrennt in verstreut liegenden

Zellen,

obwohl sie an Samstagen und Sonntagen zum heiligen Abendmahl zusammenkamen. Sie versammelten sich gewöhnlich um einen Abt, der einen ausgezeichneten R u f wegen seiner Askese besaß und für seine Anhänger zum Ältesten geworden war. D i e Lehrmethode bestand im allgemeinen aus Beispielen und aus der Praxis 1 8 . Stille w a r in sich selbst eine wesentliche Lehrmethode. Gelernt wurde durch Beobachtung der Handlungen und Arbeit anderer. Ausdruck und Mitteilung gingen wortlos vor sich 19 . Das grundlegende Ziel der Askese ist „für die W e l t tot zu sein" — tot an Leib und Geist. „Der Leib muß tot sein und seine normalen Reaktionen aufgeben und H u n g e r , Durst, Müdigkeit und Schlaf überwinden." 2 0

52

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

D e r berühmteste Typus des Mönchtums ist jedoch das koinobitische Mönditum 2 1 . D e r Heilige Pachomius (rd. 290—346 n. Chr.) 2 2 erlangte seinen Ruf aufgrund seiner monastischen Regeln. V o n dem A u f n a h m e in dem pachomianischen Kloster Suchenden w u r d e verlangt, Ernsthaftigkeit u n d Entschlossenheit zu beweisen, bevor er in die Gemeinschaft aufgenommen werden konnte. Sogar nach seiner A u f n a h m e m u ß t e der N o v i z e eine ein- bis dreijährige Probezeit durchmachen. Er wurde ständig hinsichtlich seiner Fähigkeit, sich von der Welt zu lösen, überprüft. E r m u ß t e schwere Aufgaben erfüllen 2 5 . I m allgemeinen waren die wesentlichen Forderungen, die es zu erfüllen galt, um ein guter Mönch zu werden, Gehorsam, Zölibat, Keuschheit, Frömmigkeit und Armut 2 4 . D i e Mönche lebten zu dritt in einer Zelle. Zwölf Zellen bildeten ein H a u s (36 Mönche), vier H ä u s e r einen Stamm (144 Mönche) u n d zehn Stämme ein Kloster (1440 Mönche) 25 . Drei oder vier Klöster w u r d e n jeweils zu einer Sippe zusammengefaßt. Das pachomianisdie Kloster ähnelte römischen Festungen. Es u m f a ß t e Kapellen, einen Gemeinschaftssaal, Bibliothek, Speisesaal, Spital, Mühle, Bäckerei, Küche, Sakristei, Läden u n d einen Turm 2 9 . Die pachomianischen Regeln legten die Formen der Verwaltung, der Kleidung, des Gottesdienstes, der N a h r u n g , der Schlafenszeiten, der Bestrafungen . . . usw. in allen Einzelheiten fest. Handwerkliche A r beit, wie Korbflechten u n d Seilknüpfen, w a r die gebräuchliche Arbeit f ü r Mönche. D i e Ausbildung w u r d e hochgehalten. Die Mönche m u ß t e n an zwei wöchentlichen Sitzungen f ü r Instruktion unter Leitung des Oberhauptes des Hauses teilnehmen. Pachomius legte besonderen W e r t auf Studie und Auswendiglernen der Heiligen Schriften 2 7 . Er unterrichtete seine Mönche a u d i in christlichen Dogmen. Mönche, die Analphabeten waren, m u ß t e n Lesen u n d Schreiben lernen. F ü r sie wurden Unterrichtsstunden organisiert 2 8 . Die Praxis der Askese, des Gemeinschaftslebens, der H a n d a r b e i t und des Gehorsams sind bezeichnende Merkmale des pachomianischen Mönchtums. Die pachomianischen Regeln, die Engelsregel, w u r d e n als einer der großen Marksteine in der Geschichte des Christentums bezeichnet 29 .

4. Klösterliche

Leitung in der koptischen

Kirche

Das Mönchtum prägte das Leben der koptischen Kirche stark. Die Klöster verkörperten nicht nur die koptische Neigung zur Askese u n d lieferten nicht nur eine F o r m des religiösen Lebens, die einen weit-

Ägyptisches

Mönchtum — noch immer eine einflußreiche

Kraft

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reichenden Einfluß auf die religiöse Erziehung in der koptischen Kirche hatte, sondern sie waren auch Zentren des nationalen Kampfes und wurden zu „Festungen für die Bewahrung des Glaubens" 3 0 . Der Heilige Schenute von Atripe (ungefähr 333—451 n. Chr.), Abt des Weißen Klosters, war Leiter einer nationalistischen Bewegung, um Ägypten und die koptische Kirche von der byzantinischen Beherrschung zu befreien. Im Gegensatz zu den pachomianischen Klöstern, die verschiedenen Nationalitäten offenstanden, waren die Mönche in Schenutes Klöstern, den Weißen und Roten Klöstern, alle Ägypter. An Samstagen und Sonntagen öffnete er die Tore seiner Klöster, damit Laien an dem Gottesdienst der Klöster teilnehmen und sich seine Predigten anhören konnten. Schenute wird für den größten Autoren in koptischer Sprache gehalten. Seine Predigten und Schriften bezogen sich nicht auf die theologischen Streitigkeiten jener Zeit, sondern behandelten moralische und geistliche Fragen und waren besonders gegen das Heidentum und den Hellenismus gerichtet 31 . Im 5. Jahrhundert wurde die alexandrinische Schule geschlossen, und ihre Professoren zogen sich mit ihren Büchern und ihrem Wissen zurück in die Klöster von Wadi al-Natrun. Die leitende Rolle in der ägyptischen Kirche wurde nicht mehr von Alexandrien, sondern von Wadi al-Natrun aus gespielt. Im Jahre 551 verließ der Patriarch der koptischen Kirche Alexandrien und lebte unter den Mönchen in Wadi al-Natrun, um so der byzantinischen Unterdrückung zu entgehen. Die Klöster von Wadi al-Natrun wurden für mehr als zwei Jahrhunderte zum Sitz der koptischen Patriarchen. Die Klöster wurden zu mächtigen Zentren des Nationalismus und der Bewahrung der orthodoxen Tradition der koptischen Väter von Alexandrien 32 . Zur Zeit der arabischen Eroberung von Ägypten blühten die Klöster und erstreckten sich auf das ganze Niltal von Wadi al-Natrun im Norden bis nach Aswan im äußersten Süden. Sie blieben weiterhin Schulen des christlichen Glaubens und „Verwahrungsorte aller Kenntnisse, seien sie religiöser oder profaner Art" 3 3 . Während des Mittelalters hatten die Kopten keine andere Möglichkeit, Religionsunterricht abzuhalten als in Kirchen und Klöstern. Den Klöstern fiel die Aufgabe zu, höhere Ausbildung in Spiritualität und asketischem Leben zu vermitteln. Die Mönche übernahmen die Verantwortung für die Unterrichtung der koptischen Kinder in Klosterschulen und Dörfern. Die Klöster waren zu jener Zeit die ersten christlichen Ausbildungsstätten in der koptischen Kirche. Wenn es der koptischen Kirche an Priestern für die Dorfkirchen fehlte, waren die ordinierten Mönche stets bereit, einzuspringen. Obwohl die Zahl

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

der bewohnten Klöster in jener Zeit kleiner wurde, hatten die bestehenden Klöster eine wesentliche Rolle in der Bewahrung des Glaubens und in der Weiterführung der geistlichen Tradition der koptischen Kirche zu spielen. Sie versorgten die koptische Kirche ebenfalls mit einer ununterbrochenen Folge an Patriarchen und Bischöfen, den Leitern der Kirdie und der Gemeinden.

5. Das koptische Mönchtum

im 20.

Jahrhundert

Heute leben mehr als 300 Mönche in neun Klöstern* 4 . Die Neubelebung des koptischen Mönchtums wurde von Abuna Mina, dem späteren Anba Kyrill VI. 35 , dem „Papst von Alexandrien und Patriarchen des Stuhles des Heiligen Markus" begonnen. Er selbst lebte einige Jahre als Einsiedler. Die erste Gruppe seiner Anhänger auf dem Gebiet der Askese war eine Gruppe von Akademikern, die das Mönchtum als Lebensstil in den vierziger Jahren annahm. Das Syrische Kloster und das Kloster des Heiligen Samuels waren die beiden Klöster f ü r die neue Generation von Mönchen. Insbesondere Anba Theophilus, Bischof des Syrischen Klosters, öffnete die Tore seines Klosters f ü r die frommen jungen Akademiker mit bester Ausbildung, von denen vier heute Bischöfe der koptischen Kirche sind. Eine andere Erweckungsbewegung der koptischen Askese wurde von Abuna M a t t a al-Miskin 3e geführt. Sein Einfluß auf das Leben der koptischen Kirche geht auf seine Zeit als Patriarchatsvikar in Alexandrien zurück. Die Stiftung „Beit al-Takris li-Khidmat al-Kiraza" ist ein Zentrum f ü r junge führende koptische Persönlichkeiten, die sich f ü r ein asketisches Leben entschieden haben. Sie leben dort in Gemeinschaft zusammen und gehen gleichzeitig ihren weltlichen Berufen nach. In diesem Zentrum wurden viele andere junge Leute in das Leben des Zölibats und des Dienstes in der Kirche eingeführt. Abuna Matta übt einen bedeutenden Einfluß auf viele Leiter der heutigen christlichen Schulen aus. Die in Beit al-Takris herausgegebenen Veröffentlichungen, von denen die meisten von Abuna Matta geschrieben werden, rufen zu einer Rückkehr zu den geistlichen Idealen des ursprünglichen und apostolischen Christentums auf und zur Nachfolge der Väter. In diesen Schriften wird meist eine individualistische Annäherung an das christliche Leben betont. Eine der einflußreichsten asketischen Persönlichkeiten in der heutigen koptischen Kirche ist Bischof Shenouda, Bischof für theologische und kirchliche Ausbildung. Die meiste Zeit seines zehnjährigen Mönch-

Ägyptisches

Mönchtum — noch immer eine einflußreiche

Kraft

55

lebens verbrachte er in den Höhlen von Wadi al-Natrun 3 7 . Bei seinen wöchentlichen öffentlichen Vorträgen über „spirituelle Theologie" im Auditorium des koptischen theologischen Seminars in Kairo hören ihm häufig mehr als zweitausend meist junge Männer und Frauen zu. Sein geistlicher Einfluß auf die Ausbildung in der koptischen Kirche ist äußerst weitreichend und wird durch diese Vorträge, durch das theologische Seminar und seine Zeitschrift: Magalet al Kiraza verstärkt. Als Bischof für kirchliche Erziehung (Kindergottesdienste) wurde er durch seine strenge persönliche Askese zum Modell für kirchliche Lehrer in ganz Ägypten. Kurz gesagt, war das asketische Leben der Mönche seit der Zeit des Heiligen Antonius, des Heiligen Pachomius und des Heiligen Schenute im 4. und 5. Jahrhundert der einflußreichste Faktor in der koptischen Kirche überhaupt. Die Sprüche der Väter in der Wüste sind eine unerschöpfliche Quelle der Kraft und der Anleitung für die asketische und geistliche Tradition der koptischen Kirche. Solche Sprüche werden wieder und wieder entdeckt. Jede Generation entdeckt eine neue Bedeutung des asketischen Lebens. Die Klöster hören niemals auf, neue große Asketen heranzuziehen. Ältere Menschen sprechen heute noch von Anba Abraham, Bischof vom Faijum (starb 1914) 3 8 , der als größter Asket der ersten Jahre des 20. Jahrhunderts angesehen werden kann. Die Neubelebung des koptischen Mönditums in den letzten 20 Jahren hat einen qualitativen Aspekt, der sich weit über die Mauern der Klöster selbst auf das ganze Leben der koptischen Kirche, einschließlich ihres Erziehungswesens, auswirkt.

Kapitel V D I E K O P T I S C H E K I R C H E V O N 1800—1970 Schwester

NADIA MIKHAIL

S.M.D.

Die Kopten sind die einheimischen Christen Ägyptens und die direkten Nachfahren der alten Ägypter. Sie sind die überlebenden einheimischen Ägypter, eines der Völker mit der ältesten aufgezeichneten Geschichte 1 . Das Land hatte stets zwei Namen: „Misr" und „Ägypten", das läßt sich aus den ersten Teilen der Bibel entnehmen: „Mizraim" und „Kaphthoriter" (1. Moses 10, 6. 14); wobei der erste Name hauptsächlich in den semitischen Sprachen und der zweite in den europäischen gefunden wird. Auf Koptisch lautet das Wort „Khimi", das heißt „schwarzes Land" oder das Land „Harns" 2 , und die Einwohner sind die „Remenkimi", das Volk des schwarzen Landes oder die Söhne Hams. Das Wort „koptisch" ist aus dem griechischen Wort „Aigyptos", das heißt „ägyptisch", abgeleitet worden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hatten die meisten Ägypter beinahe noch denselben Lebensstil wie ihre Vorfahren viele Generationen vor ihnen. Da der Nil ihre Hauptlebensquelle war, lebten sie ein einfaches ländliches Leben in Dörfern und Städten am Flußufer. Einige waren Handwerker, wie Zimmerleute, Maurer, Weber oder Bienenzüchter, andere waren Kaufleute und ziemlich viele auch ehrbare Schreiber in Regierungsbüros oder privaten Unternehmen reicher Landbesitzer, sogar von Türken oder Mamelucken. Gereist wurde nicht häufig, und viele — Frauen insbesondere — verbrachten ihr ganzes Leben in ihren Dörfern, ohne sie je zu verlassen. Koptische Christen bildeten Gemeinden in einigen Dörfern, besonders in Oberägypten, oder audi, jedoch seltener, in Städten wie Negade oder wie in allen Orten in der ,Haret en-Nassara', d. h. der Straße der Christen. Die Menschen lebten in enger Verbindung mit der Kirche, und die Priester kannten ihre Herde gut. Kinder gingen bei den Kirchenchoristen, die als Lehrer arbeiteten, in die Schule. Viele einzelne kannten das Horologion und Kirchenlieder auswendig, sie konnten die koptische Sprache lesen und schreiben, und einige, besonders in einigen Dörfern um Luksor, sprachen es als Muttersprache neben dem

Die koptische Kirche von

1800—1970

57

Arabischen. Trotz der verschiedenen Schwierigkeiten waren die Kopten stets aktive Bürger, und die Kirche war immer ein grundlegender Faktor in ihrem Leben. Napoleon fiel im Jahre 1789 in Ägypten ein, und seine Truppen zogen im Jahre 1801 wieder ab; in diesen drei Jahrzehnten wurde eine Brücke zwischen Ägypten und dem modernen Leben geschlagen. Im Jahre 1805 begann Mehmed Ali, ein ehrgeiziger türkischer Soldat, Ägypten zu beherrschen und einen autonomen Staat zu bilden, der von Mitgliedern seiner Dynastie bis zum Jahre 1952 regiert wurde, als eine Gruppe von Offizieren der Armee König Faruk verjagte und die Vereinigte Arabische Republik gründete. Nach langen Jahren unter der Herrschaft ausländischer Gouverneure wurde Ägypten nunmehr von einem Einheimischen regiert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen sich die Städte zu entwickeln. Moderne Erziehungssysteme, rasche Kommunikationsmittel und Industrie wurden eingeführt und dehnten sich aus. Die Bevölkerung, die zur Zeit Napoleons rund 4 0 0 0 000 gezählt hatte, zählte Anfang des 20. Jahrhunderts rund 9 0 0 0 000 und 1969 über 33 000 000 Menschen. Zu Napoleons Zeiten gab es 1 500 000 Kopten und heute rund 4 000 000. Die Kirche mußte neue Experimente in der Ausübung ihrer Ämter für Erziehung, Seelsorge, Verwaltung oder Finanzen machen. Und doch sind die Probleme, auf die die koptische Kirche in der heutigen Zeit stößt, größer als die irgendeiner westlichen Kirche derselben Größe. Die Kopten leben nicht mehr eng beieinander. Sie leben überall im Land verstreut, und die engen Beziehungen der Vergangenheit werden unterbrochen. Das Amt in modernen Gemeinden fordert Bemühungen und zahlreiche Dienste, die die Kräfte der Kirche übersteigen. Dem modernen sozialistischen Trend folgend, hat die Regierung den Hauptteil der sozialen Dienste übernommen. Unter sozialistischen wirtschaftlichen Bedingungen kann die Kirche finanziell gesehen gar nicht in der Lage sein, den verschiedenen Forderungen, die an ihr Amt gestellt werden, nachzukommen. Die Kirche muß stets neue Mittel finden, um Zeugnis für ihren Heiland abzulegen. Außerdem umfaßt die koptische Gemeinde so viele unterschiedliche Personenkreise, die vom einfachen Bauern — der noch die Haltung seiner Vorfahren vor Tausenden von Jahren vertritt — bis zum modernen Menschen des Zeitalters der Raumfahrt reichen. Es gilt auch neue Aufgaben gegenüber den vielen Kopten zu übernehmen, die nach Europa, Nord- und Südamerika und Australien

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

ausgewandert sind, und ebenfalls gegenüber der Christenheit in Afrika sowie gegenüber der ökumenischen Bewegung.

1. Teilnahme

am Leben des Landes

Mehmed Ali war ein Abenteurer aus Albanien, der sich der ottomanischen Kampagne in Ägypten im J a h r e 1803 anschloß. Als ehrgeiziger Offizier hatte er sich selbst den Titel „ottomanischer Repräsentant in Ä g y p t e n " zugelegt. I m Jahre 1805 erlangte er die Oberhand in Ägypten, und für rund 1 5 0 J a h r e regierten Mitglieder seiner Familie. D e r letzte seiner Dynastie war König Faruk. Unter Mehmed Ali sowie unter Ismail hatten die Kopten verschiedene leitende Stellungen inne, besonders in finanziellen Angelegenheiten. Aus hauptsächlich politischen Gründen begünstigten die britischen Herrscher beinahe während ihrer ganzen Regierungszeit die moslemische Mehrheit. Sie schufen sogar diskriminierende Bestimmungen, die es in diesem Land noch niemals gegeben hatte. Als Mehmed Ali zuerst die Herrschaft in Ägypten antrat, wurde er sich bewußt, daß der Mann, der die Staatsgeschäfte in Händen hatte, ein Kopte namens Ibrahim-el-Gohary war. Er machte ihn zu seinem Hauptsekretär und Großwesir 3 . Nach seinem Tode wurde ein anderer Kopte, Ghali Doss, sein Nachfolger als Finanzminister und hatte erneut volle Vollmacht über das Steuerwesen und den Staatshaushalt. Sein Sohn Basilius wurde sein Nachfolger, und Mehmed Ali machte ihn zum Mitglied seines Staatsrates, dessen Leitung er später übernahm. Mehmed Ali setzte großes Vertrauen in den Patriarchen Petrus V I I . ( 1 8 0 2 — 1 8 4 4 ) , der den Beinamen „al-Gauli" trug und dessen lange Amtszeit mit der von Ali Mehmed zusammenfiel. Beide waren durch Bande der Freundschaft verbunden. Die Achtung des Vizekönigs vor dem Patriarchen wurde nur noch vergrößert, als der letztere eine Einladung des Zaren von Rußland ausschlug, in der der Z a r sich erbot, als Verteidiger und Beschützer der Koptischen Kirche aufzutreten 4 . Später, zur Zeit von Said und Ismail, hatten die Kopten weiterhin ähnliche Stellungen inne. Ismail machte es sich zur Regel, den Posten des Staatsanwaltes in jeder Provinz mit einem Kopten zu besetzen. Während der Herrschaft von Ismail dienten die Kopten in vielen hohen staatlichen Funktionen, und das Beeindruckendste war, daß ein K o p t e zum ersten Male zum Kriegsminister ernannt wurde. (Mehmed Ali hatte das Verbot des Heeresdienstes für die Kopten aufgehoben.)

Die koptische Kirche von

1800—1970

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Die Stellung des stellvertretenden Gouverneurs einer Provinz wurde stets durch einen Kopten besetzt. Unter Arabi stieg ein K o p t e sogar zum stellvertretenden Justizminister auf, und der Zeremonienmeister am H o f e von Ismail war ein Kopte namens Wassif Pasha Azmy. In letzterer Zeit jedoch hat es nicht an Zeichen gefehlt, die darauf schließen lassen, daß die Behörden die Wahrheit sehen, die ihre Vorgänger beseelte, und daß die Menschen zu einer Nation gehören und die Religion Menschen nicht daran hindern sollte, im Patriotismus und der nationalen Treue vereint zu sein oder sie von gleichen Möglichkeiten im Staatsdienst und vom Anteil an der Ehre eines solchen Dienstes auszuschließen. Zur Zeit der britischen Besatzung ( 1 8 8 2 — 1 9 2 2 ) wurde diese Politik durch Ausschluß der Kopten von hohen staatlichen Stellungen und durch Entfachung der Feindschaft zwischen Kopten und Moslems geändert. Butler, der berühmte britische Autor, schrieb: „Es ist jedoch erniedrigend und traurig, darüber nachzudenken, daß die freundliche Vereinigung von Kopten und Moslems vor der britischen Besetzung Ägyptens praktisch ein erreichtes Ergebnis war, und daß es durdi die Politik der britischen Regierung zunichte gemacht wurde." 5 Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Boutros (Petrus) Ghali und Youssef Soliman Premierminister. Als die nationalistische Bewegung nach dem Ersten Weltkrieg erwachte, um die Unabhängigkeit Ägyptens zu erreichen, nahmen Kopten sehr aktiv an ihr teil. Sie nahmen begeistert teil und machten Anstrengungen und brachten Opfer, die denen auf moslemischer Seite gleichkamen. Als die Briten 14 Ägypter nach Ceylon auswiesen, waren fünf von ihnen Kopten": M a k r a m Ebeid, Seniot Hanna, Wassif Ghali, Wissa Wassef und Morcos H a n n a .

Das Regime

Nassers

Bis zur jüngsten Revolution im J a h r e 1952, als die politischen Parteien abgeschafft wurden, war Makram Ebeid der erste eigentliche „Politiker" in Ägypten. Im J u l i 1952 begann in Ägypten eine neue R e v o lution für „Einheit, Disziplin und Arbeit". Die von einigen Offizieren der Armee durchgeführte Revolution war ein Anschlag auf die K o r ruption der politischen Parteien und auf die soziale Ungerechtigkeit. Neue Gesetze wurden eingeführt, um die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen des Landes zu verbessern, darunter ist besonders die Bodenreform zu erwähnen, durch die große Landbesitze aufgeteilt wurden.

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

60

Die Regierung stellte bei jeder Gelegenheit freundliche Beziehungen zur Kirche her. Im Schuljahr 1953—54 wurde der Religionsunterricht in öffentlichen Schulen für christliche Schüler Pflichtfach, und am 24. Juli 1965 legte Präsident Gamal Abdel Nasser den Grundsteift für die Neue Kathedrale und die Gebäude des Patriarchats an der Anba Rueis in Kairo. Jetzt sind Kopten mit allen ihren Landsleuten aktiv am Werk, um ein modernes Ägypten aufzubauen.

2. Aspekte der koptischen Soziale

Gemeinschaft

Aspekte

Kopten sind ein Volksstamm aus dem Kaukasus, der zu den Stämmen des Mittelmeeres gehört. Otto King schreibt: „Sie haben die Eigenschaften und Merkmale der alten Ägypter bewahrt. Die Mischung mit anderen in Ägypten ansässigen Rassen haben sie so wenig verändert, daß es Anthropologen überrascht. Maße des Kopfes und der Gestalt der heute lebenden Kopten haben eine große Ähnlichkeit — sogar Identität — mit denen der ägyptischen Mumien und Skelette aus verschiedenen Jahrhunderten. In der koptischen Gemeinschaft sind drei Klassen vertreten: Die Aristokratie bestand hauptsächlich aus Gebildeten, die Stellungen im Staat und den privaten Landbesitzen innehatten. In vielen Fällen wurden die Kopten mit leitenden Stellungen in der Regierung und anderen Unternehmen betraut. Viele unter ihnen besaßen selbst große Landgebiete. Der Mittelstand setzte sich aus Schreibern und Handwerkern, wie Zimmerleuten, Goldschmieden, Bienenzüchtern und Webern zusammen. Es gibt heute noch Stoffarten, die in Ägypten unter dem Namen Kapati bekannt sind und ursprünglich von koptischen Webern gewebt und nach ihnen benannt wurden. Der Bauernstand umfaßte hauptsächlich Bauern, die in einigen Teilen der Distrikte in getrennten Dörfern oder in Teilen von Dörfern zusammenlebten. In den meisten anderen Dörfern wurden jedenfalls die oben erwähnten Handwerke von Kopten ausgeführt. Während des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr moderne Schulen eingerichtet, und koptische Schulen gab es überall im Land. Ein kirchlicher R a t wurde im Jahre 1883 gegründet, um über die sozialen Tätigkeiten der Kirche und über koptische Institutionen zu wachen. Viele koptische Wohltätigkeitsverbände entstanden im Land und richteten Schulen verschiedener Bildungsniveaus, Waisenhäuser, Ausbildungsstätten für Mädchen, Kliniken und Spitäler ein.

Die koptische Kirche von 1800—1970 Wirtschaftliche

61

Aspekte

Viele Kopten arbeiteten in den neuen Industrien des Landes und gründeten Gesellschaften oder Privatfirmen. Kopten spielten eine große Rolle auf dem Gebiet der Spinnerei- und Webindustrie, der Baumwollzubereitung, der Herstellung von Wollsachen, der Touristenbüros, des Bauwesens, der Herstellung von Lederwaren, der Bergwerke und in anderen Industriezweigen.

Intellektuelle

Aspekte

Der Papst (Patriarch) Kyrill IV. importierte die erste koptische Druckmaschine, die die zweite nationale — unmittelbar nach der staatlichen — wurde. Einzelne Kopten hatten ihre eigenen Druckereien und veröffentlichten Morgenzeitungen wie Alwatan und Misr und viele Zeitschriften religiöser sowie säkularer Art. Zu den Pionieren des ägyptischen Sozialismus gehörte Salama Moussa, der seine Ansichten in Vorträgen, Artikeln und Büchern als Ausdruck seiner einzigartigen Schule darlegte. Einige Kopten unter der Leitung von Marcos Semaika Pasha sammelten koptische Antiquitäten und richteten das koptische Museum im Jahre 1910 an dem historischen Ort des Kastells von Babylon, in AltKairo, ein. Die Gegenstände wurden in den folgenden Sektionen des Museums angeordnet: 1. Steinarbeiten; 2. Schriften; 3. Textilien und Stickereien; 4. Ikonen und Elfenbeinschnitzereien; 5. Holzschnitzereien; 6. Metallgegenstände; 7. Keramik und Glasarbeiten; 8. Bibliothek.

Künstlerische

Aspekte

Auf dem Gebiet der Ikonen- und Freskenmalerei wird viel versucht, um einen modernisierten koptischen Stil zu finden. Westliche Ikonen und architektonische Stile überschwemmten koptische Kirchen, wohl wegen der Leichtigkeit, mit der solche westlichen Werke erhältlich waren; aber trotzdem gibt es echte Versuche, einen koptischen Stil zu finden; auf dem Gebiet der Malerei haben Ragheb Ayad und Izak Fanous lobenswerte Ergebnisse erzielt, die mit denen zu vergleichen sind, die Dr. Awad und Ramses Wissa Wassef auf dem Gebiet der Architektur erreichten (besonders mit der Kirche der Heili-

62

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

gen Jungfrau in Zamalek, der St.-Georgs-Kirche in Heliopolis und der Neuen Kathedrale). Papst Makarius I I I . (114.) hinterließ zwei große Kataloge, von denen jeder mehr als eintausend Abdruckformen für die Ausschmückung von Manuskripten enthält. Kürzlich wurde audi religiöse koptische Musik auf Platten aufgenommen und vom Rundfunk gesendet. Man ist sich bewußt geworden, daß die koptische Musik ein Beispiel des pharaonischen Stils ist, der aus der Zeit vor Christus stammt.

Erzieherische

Aspekte

I m 19. und 2 0 . Jahrhundert wurden koptische Volksschulen, höhere und technische Schulen für Jungen und Mädchen überall in Ägypten errichtet. Einige wurden vom Patriarchat und den Diözesanbehörden und andere von koptischen Wohltätigkeitsgesellschaften eingerichtet. Führend für diese Bewegung w a r ein junger Mönch, namens Daoud. Pater Daoud gründete ein religiöses und literarisches Zentrum, in dem seine Freunde ihre Probleme diskutieren konnten. I m Zentrum des Klosterbesitzes in Bush eröffnete er eine Schule für junge Kopten. Sobald er als Patriarch Kyrill I V . konsekriert worden war, begann er moderne Schulen zu errichten. Seine erste Schule bekam den N a men : Koptisches patriarchalisches Kolleg. An einigen Orten waren bis v o r kurzem die koptischen Schulen die einzigen modernen Schulen, die Schüler aller Religionen aufnahmen und sie in weltlichen Fächern und in ihren respektiven Religionen unterrichteten.

Westliche

Kirchen

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts waren alle Kopten orientalisch-orthodox. Die römisch-katholische Kirche hatte im 17. Jahrhundert umsonst einige Mönche entsandt, um den Katholizismus in Ägypten einzuführen. I m 19. Jahrhundert kamen mit dem stärker werdenden ausländischen Einfluß auch katholische und protestantische Missionen nach Ägypten und übten wegen ihrer sozialen Einrichtungen einen großen Einfluß auf. Es gab ebenfalls Ausländer, die den europäischen orthodoxen Kirchen angehörten. D r . Hogg, der Begründer des P r o testantismus in Ägypten, wählte im J a h r e 1865 Assuit im mittleren Distrikt Oberägyptens zum Hauptsitz. Audi heute werden koptische

Die koptische Kirche von

63

1800—1970

P r o t e s t a n t e n m a n c h m a l noch als M i t g l i e d e r der „amerikanischen K i r che" bezeichnet. D i e A n g l i k a n e r w ä h l t e n K a i r o als H a u p t s i t z , führten a b e r wenige B e k e h r u n g e n durch. D i e K a t h o l i k e n ließen sich im südlichen T e i l O b e r ä g y p t e n s nieder. H e u t e z ä h l e n diese drei K i r c h e n , die sich über viele T e i l e des Landes ausgebreitet haben, u n g e f ä h r 150 0 0 0 Mitglieder. W ä h r e n d des 19. J a h r h u n d e r t s besserten sich die Beziehungen

zwi-

schen M o s l e m s u n d K o p t e n im Vergleich z u denen in der T ü r k e n z e i t . Wegen

des m o d e r n e n

Lebens und der K o m m u n i k a t i o n s m i t t e l

mischten sich die Menschen leichter. D i e K i n d e r besuchten

ver-

dieselben

Schulen, denn alle kirchlichen und staatlichen Schulen standen M o s lems u n d K o p t e n offen. Lediglich die A l - A z h a r - U n i v e r s i t ä t ist selbstverständlich für moslemische S t u d e n t e n b e s t i m m t . Es gibt einige seltene E i n z e l f ä l l e , in denen F a n a t i s m u s z u m Ausdruck k o m m t .

Berühmte

Persönlichkeiten

K o p t e n n a h m e n an den verschiedenen T ä t i g k e i t e n im L a n d e teil und k a m e n aus allen Lebensbereichen. D u r c h die J a h r h u n d e r t e

hindurch

w a r e n sie für ihre E h r l i c h k e i t u n d T r e u e b e k a n n t . Als M i n d e r h e i t arbeiteten sie hart, u m sich durch Wissen u n d verschiedene F ä h i g k e i t e n auszuzeichnen. I n j e d e m J a h r h u n d e r t g a b es b e r ü h m t e K o p t e n , die die leitende V e r a n t w o r t u n g a u f sich n a h m e n und h o h e S t e l l u n g e n in den verschiedenen Lebensbereichen des Staates und der K i r c h e i m ganzen L a n d innehatten. Bischof

Sarabamon

(aus dem M i n e u f i a - D i s t r i k t )

E r w u r d e unter dem N a m e n „ A b o u T a r h a " b e k a n n t u n d lebte w ä h r e n d der Zeit des 1 0 7 . Patriarchen, P a p s t Petrus, u n d w a r

wegen

seiner charismatischen G a b e n des H e i l e n s und der T e u f e l a u s t r e i b u n g b e r ü h m t , die auf seine Schlichtheit u n d Bescheidenheit zurückzuführen sind. E r w a r A r m e n u n d E l e n d e n gegenüber großzügig. E r

pflegte

in der N a c h t auszugehen und K o r n , M e h l und N a h r u n g s m i t t e l

auf

seinen Schultern zu schleppen, um es an die A r m e n zu v e r t e i l e n .

Die Gebrüder

Gohary, Ibrahim und Girgis7

S i e sammelten s a g e n h a f t e n Reichtum an u n d wurden allgemein moslemischen und koptischen Zeitgenossen

geachtet. I b r a h i m

von

verlor

64

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

seinen einzigen Sohn und gab den größten Teil seines Reichtums der koptischen Kirche. Eine Liste mit 238 v o n ihm unterzeichneten Verträgen 8 zeigt, wieviele Geschenke er Klöstern u n d einzelnen religiösen Stiftungen der Gemeinschaft machte. E r stellte ebenfalls Schreiber an, um theologische Werke abschreiben zu lassen u n d sie a n die K i r chen zu verteilen, damit das religiöse Wissen v e r t i e f t werden konnte. D a s w a r vielleicht der erste e r n s t h a f t e Versuch, die vergessenen k o p tischen theologischen Studien in der modernen Zeit überarbeiten zu lassen. Für die Errichtung der K a t h e d r a l e des Heiligen M a r k u s zu Ezbekieh e r w i r k t e er ein Sonderdekret (firman), das von Istanbul kommen mußte. Durch seinen Einfluß wurden rechtmäßige Ermächtigungen zur Restaurierung zahlreicher Kirchen u n d Klöster gewährt 9 . Moslemische u n d koptische A u t o r e n seiner Zeit lobten sein großzügiges Verhalten gegenüber allen Ägyptern, ohne jegliche religiöse Diskriminierung. Sein Bruder Girgis al G o h a r y widmete sich als sein Nachfolger ähnlichen Tätigkeiten.

Anba Abraham

— Bischof von Faijum 1 0 (1829—1914)

Er widmete seine Aufmerksamkeit den Armen, den W i t w e n u n d Waisen. Er w a r weithin als Freund der Armen b e k a n n t . E r stellte eine N o n n e in den Dienst der Armen, und als sie ihm einmal N a h r u n g besserer Q u a l i t ä t anbot, als sie den Armen gegeben hatte, entließ er sie. Viele Menschen, Christen wie M o h a m m e d a n e r , die an verschiedenen Krankheiten litten, wurden durch seine charismatischen Gebete geheilt. Er machte niemals einen Unterschied zwischen verschiedenen Religionen u n d Glaubensbekenntnissen. Bei seinen seelsorgerischen Besuchen in den Dörfern dachte er o f t über die friedlichen Beziehungen zwischen den Gemeinden nach u n d tat sein Bestes, sie zu freundlichen Beziehungen anzuhalten. Der R u h m seiner W u n d e r w i r k u n g ist t r o t z seines Todes im Jahre 1914 heute noch lebendig. Viele Menschen besuchen seine Kirche in Faijum, um Segen zu erhalten u n d Fürbitten zu sprechen.

Anba Basilius11 (1818—99) I m J a h r e 1856 wurde er von Papst Kyrill I V . z u m Erzbischof v o n Jerusalem geweiht. Seine Persönlichkeit machte ihn in diesem internationalen Z e n t r u m z u m offiziellen Vertreter der K o p t e n und z u m inoffiziellen Vertreter aller Ä g y p t e r . D a er mit ungewöhnlicher Fähig-

Die koptische Kirche von

1800—1970

65

keit auf dem Gebiet der Verwaltung begabt war, vermehrte er das koptische Eigentum im Heiligen Land, baute Heime für Pilger, und außerdem erriditete er die einzigartige und faszinierende, winzig kleine Kapelle über dem Heiligen Grab unter dem großen Hauptdom. Unter den Kopten wird die Geschichte erzählt, daß der Zar von Rußland sein Gewicht in Gold aufgeboten habe12, um diese Kapelle zu kaufen, aber der Erzbischof habe sanft gesagt, daß er sie nicht verkaufen könne, da sie ihm nicht gehöre. Obwohl diese Episode etwas unrealistisch ist, ist sie doch treffend.

Hegoumenus

Filotheus13

(1837—1904) 14

Er war eine Persönlichkeit, die über fortschrittliche Ausbildung und Redegewandheit verfügte und im öffentlichen Dienst tätig war. Im Jahre 1874 wurde er Rektor einer neuen Schule für die Ausbildung von Mönchen, unter denen die Prälaten und Bischöfe ausgewählt wurden. Er bekämpfte das Eingreifen der katholischen und protestantischen Missionare, die zu dieser Zeit ankamen. Er faßte das koptische kanonische Recht für Familienbeziehungen zusammen. Auf dem Gebiet des Redites war Habib Al Masry ein fähiger Rechtsanwalt, der der Kirche anhing. Eine seiner Töchter ist Iris AI Masry, eine leitende Persönlichkeit der Frauenarbeit, die viele Bücher schrieb, unter ihnen „Die Geschichte der koptischen Kirche" in zwei Bänden. Auf dem Gebiet der Geschichte und Archäologie ist Morkos Simaika bekannt geworden. Er riditele des koptische Museum im Jahre 1910 ein. Makram Ebeid war lange Zeit Präsident des Rechtssyndikates und ein großer Redner in der Revolution des Jahres 1919. Er war Sekretär der Wafd-Partei, der größten politischen Partei, und gründete später eine besondere Partei unter dem Namen „der Block". Als die Wafd-Partei an die Macht kam, wurde er Finanzminister. Erzpriester Sergius war ein berühmter Autor und schrieb über Politik und das othodoxe Dogma. Er war ebenfalls ein guter Redner während der Revolution. Er war ein Mann mit Autorität und Einfluß, und durch seine Reden brachte er die Menschen den nationalen Bewegungen näher. Er war berühmt wegen der Organisation von Dialogen zwischen Moslems und Christen. Salamma Moussa war ein großer ägyptischer Denker. Er war ebenfalls Historiker, Journalist und Herausgeber. Er schrieb als einer der ersten über den Sozialismus. Neunzehn Jahre lang war er Hauptherausgeber der Zeitung „Algarida AI Haditha".

66

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

Außerdem gab es viele Universitätsprofessoren in verschiedenen Fakultäten. Diese bedeutenden Persönlichkeiten hatten einen bleibenden Einfluß auf das allgemeine Leben des Landes und die koptische Gemeinschaft. Ikladious Labibs Familie gehörte zu denen, die sich der koptischen Sprache im Alltag bedienten, und er schrieb Bücher, um das Studium dieser Sprache zu fördern. Er gab als erster ein koptisch-arabisches Wörterbuch heraus. Er übernahm es audi, einige liturgische Manuskripte zu überarbeiten und sie das erstemal drucken zu lassen. Sein Sohn Dr. Pahour Labib trat in seine Fußspuren und wurde Gelehrter der Ägyptologie und der Koptologie, wie auch Direktor des koptischen Museums. Die Absolventen der Hochschule des Kyrills strömten in die Staatsministerien und einige erreichten die höchsten Stellungen in der Verwaltung. Der Fall von Boutros Ghali Pasha, der Premierminister wurde, ist gut bekannt. Andere taten sich in allen anderen Diensten f ü r ihr Land und ihr Volk hervor. Während der ägyptischen Revolution im Jahre 1919 f ü r die Unabhängigkeit spielten viele Kopten eine leitende Rolle, wie Wissa Wassef (der als Vorsitzender des Parlaments bekannt wurde), und der Absperrungsketten durchbrach, um dem Parlament eine Sitzung zu ermöglichen. Seniot Hanna, Morkos Hanna, Makram Ebeid und Wassif Ghali gehörten zu den Führern der Wafd-Partei, die mit Saad Zaghloul nach Ceylon ausgewiesen wurden. Es gibt verschiedene gut bekannte Persönlichkeiten in verschiedenen Lebensbereichen, wie Dr. Naguib Mahfouz auf dem Gebiet der Medizin, der wegen seiner Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Gynäkologie weit bekannt ist, und Ibrahim Alminiawy, der ein prominenter Chirurg war. Wassif Ghali, der Sohn von Boutros Gahli Pasha, w a r eine der führenden Persönlichkeiten in der politischen Bewegung, war Mitglied der Wafd-Partei und diente lange Zeit als Außenminister. Youssef Soliman war ein Pionier auf dem Gebiet der Wohltätigkeitsgesellschaften, Vizepräsident des koptischen Gemeinderates während mehrerer Jahre und wurde während einer kritischen Zeit zu einem fähigen Premierminister. Dieses Amt hinderte ihn jedoch nicht, sich f ü r die kirchlichen Angelegenheiten zu interessieren, und er zeigte sein Interesse durch den Bau einer Kirche, die heute zu den ältesten Kirchen im modernen Kairo gehört. Mikhail Sherobeem war einer der intellektuellsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Er interessierte sich f ü r Geschichte und veröffentlichte ein

Die koptische Kirche von 1800—1970

67

Buch in vier Bänden über die Geschichte Ägyptens mit dem Titel „Alkafi". Dr. Georgy Sobhy, ein Medizinprofessor an der Universität in Kairo, war gleichzeitig ein großer Gelehrter für altägyptische Sprachen und Geschichte der Medizin. Sein Band über koptische Grammatik ist ein bedeutendes Werk. Peecenty Rizkallah leitete dieselbe Bewegung in Alexandrien zur Förderung des Gebrauchs der koptischen Sprache im Alltag. Habib Girgis, der Gründer der Kindergottesdienstbewegung und für viele Jahre Rektor der theologischen Hochschule, hinterließ viele theologische und religiöse Schriften und wurde zum Begründer der Jugend- und Laienbewegung. Yessa Abdel Messech war Bibliothekar im koptischen Museum, veröffentlichte einen Katalog der koptischen Manuskripte und arbeitete viele Jahre als Professor an der theologischen Hochschule. Durch seine Fachkenntnisse und Forschungsarbeit verbesserte er die Beziehungen zur griechisch-orthodoxen Kirche in Ägypten. Unter den berühmten Universitätsprofessoren gab es viele hervorragende Kopten. Es ist nicht leicht, sie alle zu erwähnen, es werden hier nur einige Beispiele gegeben werden können: Professor Dr. Samy Gabra war Direktor des Institutes für Archäologie, er wurde durch seine Ausgrabungen von Tuna-el-Gabal in Minya berühmt. Professor Dr. Aziz S. Atiya war Gründer und Dekan des Institutes für koptische Studien in Kairo. Während 1956—1957 war er Professor für Weltchristentum am „Union Theological Seminary" in New York. Er ist jetzt ein berühmter Professor und ehemaliger Direktor des Zentrums für den Nahen Osten an der Universität von Utah, U S A . Er war Dekan der Geschichtsfakultät der Universität von Alexandrien und lehrte an verschiedenen Universitäten in England, Deutschland und den U S A . Professor Dr. Murad Kamel, Dekan der Abteilung für orientalische Studien an der Universität in Kairo, Mitglied vieler akademischer und wissenschaftlicher Institutionen in Ägypten und im Ausland, war einer der Gründer des Institutes für koptische Studien. Heute hat er ein Lehramt in Deutschland inne. Habib Gorgy, Gründer einer Kunstfachschule, und Ramsis Wissa Wassef sind wegen ihrer künstlerischen Textilentwürfe bekannt. Ragheb Muftah widmete sein ganzes Leben der Studie und Aufnahme koptischer Musik und Hymnen. Dr. Awad Kamel, Dekan der Fakultät für Schöne Künste, plante mit

68

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

seinem Bruder, dem Architekten Seleem Kamel, die N e u e K a t h e d r a l e des Heiligen Markus in K a i r o , die ein Meisterwerk wurde. I m 20. J a h r h u n d e r t gab es unter den Kabinettsmitgliedern stets ein oder zwei koptische Minister. H e u t e ist ein Kopte, Dr. Kamal Ramzy Stino, Mitglied des obersten Exekutivausschusses, des höchsten Regierungsorgans des Landes. Es besteht aus acht Mitgliedern mit dem P r ä sidenten an der Spitze.

3. Religiöse Geistliche und liturgische

Aspekte

Neubelebung

Eines der Zeichen der m o d e r n e n Wiederbelebung der koptischen Kirche ist die geistliche und liturgische Erweckung. Die meisten Gemeindekirchen sind jetzt am Samstag und Freitag sehr gut besucht. Sonntags finden zwei Gottesdienste statt, wobei der Frühgottesdienst besonders den Regierungsangestellten eine Besuchsmöglichkeit gibt, da sie Erlaubnis haben, am S o n n t a g ab 10 U h r zu arbeiten. N e b e n dem Gottesdienst am Freitag — der ebenfalls volle Kirchen bringt, weil das offizielle Wochenende am Freitag beginnt — ist dies der bestbesuchteste Gottesdienst. Einer der wichtigsten Faktoren dieser Erweckung ist der Gebrauch der Landessprache (arabisch) in den Gottesdiensten, ohne jedoch die koptische Sprache in einigen Teilen der Liturgie zu vernachlässigen, damit die Gemeinde die V e r b i n d u n g zu ihrem alten Erbe und zu der Tradition nicht verliert. W ä h r e n d des Gottesdienstes werden liturgische Bücher (Euchologion) verteilt, damit die Teilnehmer den Gebeten folgen, an ihnen teilnehmen u n d auf sie antworten können. Außer den liturgischen Feiern veranstalten viele Gemeinden wöchentliche geistliche Abendversammlüngen. Z u Fastenzeiten u n d Festen werden geistliche einmalige oder manchmal auch zweiwöchige Erweckungsversammlungen von der Kirche abgehalten, auf denen die Kirchenmitglieder jeden A b e n d Predigten hören. Bibelarbeit w i r d in vielen Gegenden regelmäßig gehalten, bei denen das Alte u n d Neue Testament nach Büchern und Themen getrennt studiert werden, bei denen Diskussionen abgehalten und H a u s a u f g a b e n verteilt werden. Manchmal werden Wettbewerbe in der Bibelarbeit organisiert, bei denen z u m Schluß Preise f ü r die besten A n t w o r t e n verteilt w e r d e n . Es hat sich herausgestellt, d a ß viele Familien alle Fastenzeiten der Kirche einhalten, obwohl sie die längsten in der christlichen Welt sind.

Die koptische Kirche von

1800—1970

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Familien versuchen, ihre alten christlichen Traditionen beizubehalten, trotz der Herausforderungen der sich wandelnden Gesellschaft und des modernen Lebens. Ikonen und religiöse Bilder sind in christlichen Heimen zu finden, die in sich selbst bereits einen wichtigen Faktor indirekter religiöser Erziehung darstellen. Die Gewohnheit, karitativ tätig zu sein, ist nodi immer ein Wesenszug der christlichen Familie. Karitative Tätigkeiten haben sich mit den veränderten Bedürfnissen und dem Wohlfahrtssystem ebenfalls geändert. a)

Religionsunterricht

Durch die Bemühungen vieler gebildeter und eifriger junger Leute, die unter Anleitung des Klerus arbeiten, hat sich der Religionsunterricht in Städten und Dörfern durchgesetzt. Kinder aller Altersstufen erhalten einen Religionsunterricht aufgrund eines sorgfältig und stufenförmig ausgearbeiteten Lehrplanes. Es wird gehofft, daß die Regierung langsam Lehrer mit richtiger theologischer Vorbereitung und Fähigkeit einsetzen wird. Schulbücher, Zeitschriften und Bücher für Kinder und Erwachsene entsprechen den unterschiedlichen Bedürfnissen der heranwachsenden Generationen und werden weitgehend gelesen. h)

Jugendarbeit

Kindergottesdienst: Koptischer Kindergottesdienst wurde im Jahre 1908 in Ägypten eingeführt. Zu jener Zeit waren die Lehrer leitende Kirchenmitglieder oder interessierte christliche Lehrer in öffentlichen Schulen. Der Unterricht wurde in Form eines Vortrages für alle Kinder — ohne sie in Klassen oder nach Altersstufen aufzugliedern — erteilt. A b 1930 wurde das ganze Programm des Religionsunterrichtes der Kirche durch den Kindergottesdienst erneuert. Kindergottesdienst wurde während der letzten vierzig Jahre mit einem neuen Lehrplan und nach Methoden aufgrund moderner Erziehungsprinzipien abgehalten. Im J a h r 1941 wurde von einer Förderungsbewegung eine Kampagne organisiert, um Kindergottesdienst in jeder Kirche, jeder Stadt und jedem D o r f einzurichten. Das ganze Land von Nord nach Süd wurde von dieser Kampagne — besonders in den Sommerferien — erfaßt, mit dem Ergebnis, daß es mehr Kindergottesdienste als Kirchen gab,

70

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

da Kindergottesdienste in H ä u s e r n u n d Versammlungsräumen von Wohltätigkeitsgesellschaften d o r t abgehalten wurden, w o Kirchengebäude zu weit entfernt lagen. Konferenzen u n d Sitzungen wurden in vielen Städten abgehalten, um den Kindergottesdienst überall zu fördern und um Eltern a u f z u f o r d e r n , ihre Kinder regelmäßig d a r a n teilnehmen zu lassen. D i e Kirche hoffte, d a ß weitere Bemühungen gemacht werden würden, damit es genug L e h r k r ä f t e gäbe, u m jedem Kind, jedem Jugendlichen u n d jedem Erwachsenen Religionsunterricht geben zu können. Kindergottesdienst ist ein wichtiger F a k t o r in der Kirche, da der Religionsunterricht in öffentlichen Schulen unzulänglich ist. J u g e n d a r b e i t : Die Jugendbewegung in der koptischen Kirche entstand durch die große Kindergottesdienstbewegung. Die meisten Kirchen haben jetzt besondere Abteilungen f ü r Jugendarbeit. Jugendarbeit wird getrennt f ü r Jungen und Mädchen durchgeführt. Letztere haben ihre eigenen Versammlungen u n d Organisationen. Das H a u p t z i e l der Jugendarbeit liegt darin, junge Menschen zu vollem christlichen Leben u n d zu einer vollen christlichen Persönlichkeit heranzuziehen. Dies w i r d durch Gottesdienst, Studien u n d Erfahrungen erreicht. D e r J u g e n d v e r b a n d hat fünf Abteilungen 1 5 : 1. Religiöse Abteilung, 2. Soziale Abteilung, 3. Kulturelle Abteilung, 4. Kunstabteilung, 5. Abteilung f ü r Freizeitgestaltung. Die meisten Jugendverbände haben f ü r ihre Arbeit besondere Klubs eingerichtet, die in der N ä h e des Kirchengebäudes (wenn es Platz gibt) oder auf einem v o n einer Schule oder Institution gemieteten Spielplatz an einigen Wochentagen ihre Tätigkeiten entfalten. Noch gibt es verhältnismäßig wenige Sommerlager, sie werden jedoch jedes J a h r zahlreicher. In Universitätsgebieten werden christliche Studentenheime eingerichtet, um den koptischen Studenten eine christliche Umwelt zu schaffen. In diesen Heimen gibt es jeden Abend Bibelarbeitsprogramme und Andachten. G r u p p e n von Universitätsstudenten- und -Studentinnen haben „Familien" eingerichtet. Jede Familie wird nach einem Heiligen benannt. Sie gehören zu einer Kirche in der N ä h e , in der sie sich einmal in der Woche zu einem Vortrag oder einer Debatte treffen. Sie besuchen historische Kirchen oder heilige Stätten oder veranstalten Ausflüge. Das w i r d f ü r ihre eigene Bildung und zu ihrem eigenen Vergnügen getan. Anderen dienen sie in ihrer Freiheit und in ihren Ferien.

Die koptische Kirche von

1800—1970

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K i n d e r g o t t e s d i e n s t , S o z i a l a r b e i t , Erwachsenenbildung, a m b u l a n t e K l i niken o d e r einfacher K u n s t - oder G e w e r b e u n t e r r i c h t gehören zu ihren T ä t i g k e i t e n . D e r P r i e s t e r der Kirche, zu der die F a m i l i e gehört, ist a u d i i h r geistlicher V a t e r . Dies sind einige der v o n der K i r c h e u n t e r s t ü t z t e n T ä t i g k e i t e n f ü r die christliche E r z i e h u n g junger Menschen. D i e K i r c h e ist ständig auf der Suche nach größeren P r o g r a m m e n u n d w i r k s a m e r e n M i t t e l n , um alle j u n g e n Menschen der K i r c h e zu erfassen. L ä n d l i c h e und städtische D i e n s t e : D u r c h die S o r g e der K i r c h e u m die B e d ü r f n i s s e ihrer H e r d e in den verschiedenen O r t e n u n d unter u n t e r schiedlichen

Umständen

wurden

auch

christliche

Gruppen

in

der

D i a s p o r a entdeckt. Es handelt sich u m K o p t e n , die in kleinen G r u p pen in D ö r f e r n leben, in denen es w e d e r eine Kirchengemeinde nodi einen P r i e s t e r gibt. U m sie zu erreichen, w u r d e ein P r o j e k t

„Ländlicher D i a k o n i e "

ge-

p l a n t , u m D i a k o n e regelmäßig zu diesen isolierten G r u p p e n zu senden u n d ihnen geistlichen und sozialen D i e n s t zu leisten. Dieses P r o j e k t w a r zunächst k l e i n , wuchs dann l a n g s a m an, da j e d e r m a n n

an

allen O r t e n erreicht werden sollte. D u r c h dieses P r o j e k t a u f m e r k s a m gemacht, besuchten auch Priester auf d e m L a n d e diese D ö r f e r . verfügen über eine m o b i l e A l t a r a u s r ü s t u n g , u m besondere

Sie

Liturgie-

feiern a b h a l t e n zu k ö n n e n . W e g e n der steigenden A n z a h l v o n M i g r a n t e n in den Industriegebieten b e g a n n die K i r c h e ein neues seelsorgerisches P r o g r a m m f ü r Menschen in Elendsvierteln und einigen städtischen Um

den

geistlichen

Bedürfnissen

die

Wohngegenden.

der I n d u s t r i e a r b e i t e r

nachzukom-

men, müssen auch die sozialen D i e n s t e neu überdacht w e r d e n .

c) Theologische

Ausbildung

I m J a h r e 1 8 7 5 w u r d e die theologische Schule zur V o r b e r e i t u n g

von

Priestern und L a i e n wieder eröffnet. V i e l e Geistliche der koptischen K i r c h e Ä g y p t e n s u n d viele ihrer f ü h r e n d e n Persönlichkeiten in v e r schiedenen Bereichen absolvierten diese Schule. D i e M o r g e n k u r s e w e r den z. Z . v o n 2 0 5 S t u d e n t e n besucht, u n d an der F a k u l t ä t sind ca. 2 5 Professoren u n d D o z e n t e n beschäftigt. D a s theologische U n i v e r s i t ä t s k o l l e g — wie es j e t z t heißt — u m f a ß t verschiedene Abteilungen, d a r u n t e r auch die U n i v e r s i t ä t s k o l l e g a b t e i l u n g .

N a c h Abschluß

einer

höheren Schule e r h a l t e n die S t u d e n t e n nach einem vierjährigen L e h r g a n g den T h e o l o g i e B a k k a l a u r e u s . N a c h e i n e m f ü n f j ä h r i g e n L e h r g a n g

Die Orthodoxe

72

Kirche

Ägyptens

in der mittleren Abteilung erhalten die Studenten ein theologisches Diplom. In dieser Abteilung werden hauptsächlich Priester und kirchliche Mitarbeiter für ländliche Gebiete vorbereitet. Alle Studenten wohnen in der Hochschule. Die Abendkurse werden von weiteren 2 0 0 Studenten besucht, die bereits einen Universitätsabschluß haben. In dieser Abteilung sind audi Studentinnen zugelassen, und nach einem dreijährigen Lehrgang erhalten sie den theologischen Bakkalaureus. Einige der Absolventen werden für das Priesteramt ausgesucht, und die anderen dienen der Kirche freiwillig als Lehrer oder in der Sozialarbeit. Es gibt ebenfalls eine Schule für Chorleiter (Dydimus-Schule), die für Unterricht in liturgischen Hymnen, in der Braille-Schrift, in Arabisch und Religion eingerichtet wurde. I m J a h r e 1954 wurde in K a i r o aufgrund des öffentlichen Interesses und der verschiedenen Aspekte der koptischen Kultur ein Institut eingerichtet, das sich auf Studien und Forschungsarbeit der verschiedenen Aspekte des koptischen Erbes und der koptischen Gemeinschaft spezialisiert. Es handelt sich um ein Studien- und Forschungszentrum für Studenten mit Universitätsabschluß, in dem es verschiedene Abteilungen für koptische Studien gibt: Kunst, Musik, Archäologie, Geschichte, Sprache, koptische Gemeinschaft und damit verbundene Studien wie: höhere Studien der koptischen Theologie, des kanonischen Rechtes, afrikanische und äthiopische Studien. Mehr als einhundert Studenten mit Universitätsabschluß sind laufend im Institut eingeschrieben, wo sie unter Leitung des neu eingerichteten Bischofamtes für wissenschaftliche Forschung, koptische Kultur und höhere Studien studieren. Das A m t ist jetzt von Bischof Gregorius besetzt. Das Institut verleiht D i plome und einen Grad des Universitätsfellows. Es dient der wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der koptischen Studien.

d) Koptische

Studien

Wachsendes Interesse an koptischen Studien besteht hauptsächlich in der im J a h r e 1934 in Kairo gegründeten „Gesellschaft für koptische Archäologie" sowie in den Kirchen und Forschungszentren in ganz Ägypten. Dieses Interesse entstand hauptsächlich wegen der Tatsache, daß diese Studien die frühe Geschichte des Christentums ins Licht rükken und ebenfalls dadurch, daß die koptische Sprache eine letzte F o r m oder Stufe der altägyptischen ist und für Studien der pharaonischen

Die koptische

Kirche von

1800—1970

73

Geschichte und der biblischen Studien wichtig ist. In jüngerer Zeit erwachte auch das Interesse f ü r koptische Kunst wieder.

e)

Laientätigkeiten

Die koptischen Laien nehmen aktiv a n dem Leben der Kirche teil. In jeder Kirche gibt es einen Gemeindekirchenrat, der aus verschiedenen Unterausschüssen besteht, die mit dem Klerus zusammenarbeiten, um den seelsorgerischen und sozialen Bedürfnissen der Gemeinde nachzukommen. In einigen Kirchen gibt es ebenfalls Frauenausschüsse, die sich besonderen Aufgaben in Kirche u n d Gemeinde widmen. I m J a h r e 1883 w u r d e ein allgemeiner koptischer Gemeinderat errichtet, der mit den kirchlichen Behörden auf dem Gebiet kirchlicher Angelegenheiten, der Verwaltung, der Finanzen, der erzieherischen und sozialen Tätigkeiten zusammenarbeitet. Dieser R a t besteht aus Laien u n d w i r d durch W a h l erneuert. H e u t e gibt es ebenfalls einen örtlichen koptischen Gemeinderat in jeder Diözese, der ebenfalls aus Laien besteht und durch W a h l erneuert wird. Er hilft dem Bischof der Diözese, der auch Vorsitzender des Rates ist, bei Erledigung der kirchlichen Angelegenheiten. Koptische Diözesangemeinden und örtliche Kirchengemeinden haben viele Wohltätigkeitsgesellschaften gegründet, die sich f ü r geistliche, erzieherische und soziale Dienste einsetzen. In K a i r o allein gibt es mehr als 150 koptische Gesellschaften, die Schulen, Waisenhäuser, Spitäler, Kliniken, Kinderversorgungszentren u n d eine Anzahl anderer öffentlicher Dienste eingerichtet haben. In jeder Stadt gibt es mindestens eine koptische Gesellschaft.

Kapitel VI DIE KOPTISCHE KIRCHE HEUTE Mönchtum, neue diakonische Orden, Patriarchen jüngste Entwicklungen Bischof

und

A N B A ATHANASIUS

1. Das

Mönchtum

Die Periode (1800—1970), die in diesem Kapitel beschrieben werden soll, brachte Heilige unter den Mönchen hervor, wie Erzpriester Mikhail Elbeheiry aus dem Al-Muharraq Kloster, Anba Abraham, Bischof vom Faijum und Gelehrte wie Erzpriester Abdel Meseeh Almasoady, der Kanones zusammenstellte, Papst Makarius III., der an koptischer Kunst interessiert war. Er gab Kataloge mit über zweitausenddreihundert verschiedenen Malereien heraus, die zur Ausschmückung von Manuskripten benutzt wurden. Er zeigte ihren Ursprung auf und bestimmte das System der Zeichnungen. Andere beschäftigten sich mit der Instandsetzung der monastisdien Bücher und einer neuen Veröffentlichung der patristischen Schriften. Im 20. Jahrhundert brannten mehrere Gebildete und Gelehrte darauf, in die Klöster zu gehen. Heute sind zwei Aspekte zu beobachten : der eine betrifft das früheste monastische Leben, das Einsiedlertum (das Leben in der Einsamkeit) und der andere den Dienst an anderen, wie das im Al-Muharraq Kloster der Fall ist. Es gibt Schulen in den umliegenden Dörfern, in denen die Mönche dieses Klosters unterrichten. Es werden ebenfalls Versuche gemacht, das koinobitische System in einigen Mönchs- und Nonnenklöstern, wie im Abu Saifain Frauenkloster, wieder einzuführen. Im koinobitischen System werden die Gebete oder kanonischen Offizien zu drei verschiedenen Tageszeiten rezitiert. In einem Kloster kann es verschiedene Systeme geben, die wohl eine Auswahl, aber nicht unbedingt die für das koinobitische Leben notwendige Einheit bildeten. Gebet: die regelmäßigen Gebetsstunden liegen im frühen Morgengrauen, vor 12 Uhr mittags und bei Sonnenuntergang. In einigen Klöstern ist es Pflicht, am Morgengebet (im frühen Morgengrauen) teilzunehmen, wie ζ. B. im al-Baramus Kloster, in anderen wiederum nicht.

Die koptische Kirche

heute

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In seinem Buch (1) über den „Koptischen Kalender" schrieb Anba Gabriel kurz: „Am Dienstag, dem dritten nach dem koptischen Osterfest des Jahres 1374 n. Chr., nachdem er die heilige Myronsalbung durchgeführt hatte, reiste er zusammen mit Bischöfen und anderen vom Abu Makar Kloster ab, um das Kloster des Anba Yehnis zu besuchen. Die anwesenden Mönche, Äthiopier und Armenier empfingen ihn. Er ging hinein und sprach das Non-Gebet. Am nächsten Tage reiste er zum Kloster des Anba Bishoi und sang die Sext. Von dort aus ritt er zum Kloster des Barmous und betete dort die N o n wie gewöhnlich, brannte den abendlichen Weihrauch und verließ den Ort, um das Kloster des Sayenda Baramous zu besuchen, wo er das Abendgebet sprach. Am Donnerstag, gegen Ende des kirchlichen Gottesdienstes, reiste er in Begleitung der Bischöfe zum Kloster von El Soud a n . Dort betete er die Sext und reiste zu Deir Anba K a m a (Anba Yenis Khame) und betete dort die Non. Dann kehrte er in das Kloster des Abu Makar zurück und von dort aus zu seiner Residenz in der El-Mo'allaqa Kirche in Kairo." Dieser Absatz zeigt, daß das Stundengebet für alle Klöster ein gemeinsames Merkmal w a r . Das Idio-Rhythmische System: Der Mönch muß für seine eigene N a h rung aufkommen. Mönche folgen einem individuellen und freien Lebensstil, d. h. sie folgen ihren individuellen Neigungen in Fastenzeiten. Das allgemeine System wird das idio-rhythmische (d. h. jeder entscheidet über seinen eigenen Rhythmus) genannt, und daher kann von einem koinobitischen System nicht die Rede sein. Es wird jedoch im Al-Muharraq Mönchskloster und im Nonnenkloster von El-Sourian und dem von Abu Saifain ein Versuch unternommen, um das koinobitische System wieder aufleben zu lassen. Körperliche Arbeit: Der Mönch muß, um seinen täglichen Bedarf zu decken, körperliche Arbeit leisten. Trotzdem bedeutet dies nicht, daß ein Mönch seinen Unterhalt verdient. In Wirklichkeit wird dieser Aspekt im koptischen Klosterwesen häufig vernachlässigt, und einige Bischöfe müssen die Mönche zu körperlicher Arbeit aufrufen, damit sie nicht nur vom Besitz und Gut des Klosters für ihren Unterhalt abhängig sind. Allgemeine Dienste·. Innerhalb der Klöster wird ein Dienst an den Brüdern, den Besuchern und Kranken verrichtet. Dienste außerhalb der monastischen Gemeinschaft haben sich besonders im Al-Muharraq Kloster entwickelt, wo die Mönche in umliegenden klostereigenen Schulen unterrichten. Viele Mönche gehen mit der Absicht ins Kloster, dort auf Lebenszeit zu bleiben, aber je nach ihren Gaben werden sie häufig herausgerufen, um einen Dienst in der Kirche zu versehen.

76

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

Ausbildung·. In jedem Kloster haben die Mönche Gelegenheit zum Studium. Einige unterrichten andere Mönche in der koptischen Sprache und den H y m n e n . W i r können nachlesen, d a ß Papst (Patriarch) Johannes X I X . in H e l w a n eine Schule f ü r Mönche einrichtete. Allgemeine geistliche Studien werden nur wenig in Klöstern betrieben. Einige Mönche, die Beiditväter, sammeln ihre G r u p p e von Laien jeden Samstag abend um sich, um ihnen allgemeinen geistlichen U n terricht zu erteilen. Im Abu Saifain Nonnenkloster treffen sich die N o n n e n ebenfalls täglich, um die Heiligen Schriften u n d die Geschichten der Heiligen zu studieren. Das monastische Gewand: Es ist dem des weltlichen Klerus ähnlich. Ehemals gab es H u n d e r t e von Klöstern in den Wüstengebieten Ä g y p tens, heute gibt es nur neun Klöster mit dreihundert Mönchen und f ü n f Klöster mit einhundertfünfzig N o n n e n . Der weltliche Klerus hat langsam das monastische G e w a n d angenommen, das aus einem schwarzen Kassak und einer schwarzen K a p p e , aber ohne Schleier, besteht. Mönchsklöster: Vier von ihnen liegen im N a t r u n - T a l , dem westlichen Wüstengebiet. Sie sind unter den folgenden N a m e n b e k a n n t : Baramous, El Sourian, Anba Bishoi und Abut M a k a r . I m östlichen W ü stengebiet liegt das Kloster des Heiligen Paulus, des Einsiedlers, und das des Heiligen Antonius, des Großen. D a s Kloster Unserer Lieben Frau, unter dem N a m e n A l - M u h a r a q b e k a n n t , liegt am Westrand des Tales in der N ä h e der Stadt Assuit. V o r k u r z e m w u r d e versucht, besonders unter der Schutzherrschaft des Papstes Kyrill V I . und auch bereits v o r seiner Amtszeit, das Kloster des Heiligen Samuel in der Wildnis v o n Antinoe, das vom Faijum aus erreichbar ist, wiederherzustellen. Das neunte Kloster ist das M a r i M i n a Kloster in M a r y u t südwestlich von Alexandrien. Nonnenklöster: Die heute in Ägypten bestehenden Nonnenklöster sind die folgenden: das Kloster Abu Saifain u n d das Kloster des H e i ligen Georgius, beide liegen in Alt-Kairo. Zwei weitere Klöster, das der Gesegneten J u n g f r a u und das des Heiligen Georgius, liegen in H a r e t Z u w a i l a h . Das f ü n f t e Kloster steht in H a r e t ar-Rum.

2. Diakonische

Orden

Immer m e h r gut ausgebildete junge Menschen weihen ihr Leben dem A m t . Es w u r d e versucht, aktive Zölibatsorden einzurichten wie das diakonische Männerhaus in H e l w a n , das St. D i m i a n a Schwesternhaus

Die koptische Kirche heute

77

in Giza, das St.-Markus-Haus f ü r Männer und das Schwesternhaus der Heiligen Jungfrau, beide in Beni-Suef. Dies ist ein wichtiger Aspekt, weil hierdurch die alte klerikale Regel der koptischen Kirche aus der Zeit wieder auflebt, in der die Geistlichen ein Kollegiatsleben führten. 3.

Patriarchen

Papst Markus IX. (1789—1802) — 108. Sukzession Er verlegte das Patriarchat u n d den kirchlichen Hauptsitz von H a r e t el Rum in Alt-Kairo, in der N ä h e des Azhar Bezirkes, nach Ezbekieh, einem neuen Viertel, wo es seither geblieben ist. Er errichtete die Ezbekieh Kathedrale. Er verfaßte viele arabische Hymnen, und die Lobgesänge zur Adventszeit sind seitdem in der Gemeinschaft sehr beliebt. PapstButrus(Petrus) VII. „ElGawli" (1802—1844) — 109. Sukzession Er war der erste, der im J a h r e 1823 wieder Bischöfe für den Sudan weihte. Zu seiner Zeit soll auch das Auferstehungslicht an der berühmten Säule in der Kirche der Heiligen Grabstätte in Jerusalem erschienen sein. Ibrahim Pasha, Mehmed Alis Sohn, versuchte dem griechischen Patriarchen und dem Patriarchen Petrus zu erklären, daß das A u f erstehungslicht ein Betrug sei. Es wird ebenfalls berichtet, daß zu seiner Zeit die Überschwemmungen des Nils ungewöhnlich niedrig ausgefallen waren. Der Papst feierte die Eucharistie und sprenkelte das Wasser aus den Altargeräten über den Fluß, worauf dieser alsbald anschwoll. Dieser Papst erfreute sich der Freundschaft Mehmed Alis und verweigerte russischen Schutz f ü r die koptische Kirche. Dieser Patriarch hinterliße viel Geld, das sein Nachfolger, Papst Kyrill IV., f ü r seine großen Leistungen benutzte. Papst Kyrillos (Kyrill) (1847—1853) — 110. Sukzession Er ist als Begründer der koptischen Reformation bekannt. Er errichtete viele moderne Schulen. Die erste war das koptische Kolleg in der Nähe der Kathedrale, das eines der ersten modernen ägyptischen Schulen war. Hier wurde arabisch, englisch, französisch, türkisch und italienisch unterrichtet. Er besuchte die Klassen häufig und nahm an den Diskussionen teil. Viele ausländische Freunde besuchten das Kolleg, und ihre Anregungen wurden o f t in die Praxis umgesetzt. Er errichtete die erste ägyptische Mädchenschule und die koptische Gewer-

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

beschule. Sein Beispiel wurde überall nachgeahmt, und koptische Schulen entstanden überall im Land, in denen Schüler aller Religionen unterrichtet wurden, von denen jeder neben anderen Fächern auch Unterricht in seiner eigenen Religion erhielt. Er importierte die zweite ägyptische Druckmaschine, die erste war Eigentum der Regierung. E r nahm die Druckmaschine auf dem Bahnhof in Kairo selbst, in Begleitung von Priestern und Diakonen, in Empfang. Alle trugen kirchliche Gewänder und bezeugten dadurch dem gedruckten Wort eine außerordentliche Ehre. E r tat viel für die Reformation des klösterlichen Lebens, des kanonischen Rechtes und des Familienlebens. E r bewirkte ζ. B., daß die Brautleute vor der Heirat beichten und einen Eid ablegen mußten. In seinen Beziehungen zu anderen Kirchen offenbarte er einen Pioniergeist im ökumeniusmus. E r schuf ein so weitgehendes echtes und gegenseitiges Verständnis mit der griechischen und der russischen Kirche, daß der zeitgenössische griechische Patriarch während seiner langen Abwesenheit die griechische Kirche in seiner Obhut ließ. Beide zogen sich für ein gemeinschaftliches Leben und eine Rüstzeit für eine Weile in das St.-Antonius-Kloster zurück. Papst Dimitrios II. (Demetrius) (1854—1862) — 111. Sukzession Dieser Papst lebte zu der Zeit, als der türkische Sultan Abdel Aziz 450 ha und Khedive Ismail 225 ha L a n d für die Kirche zur Verfügung stellte. Papst Kyrillos (Kyrill) V. (1867—1927) — 112. Sukzession Er errichtete die theologische Schule im J a h r e 1894. Er nahm oft am Unterricht teil, ergriff in Diskussionen das Wort, prüfte Studenten und überwachte ihre praktische Ausbildung. Zu seiner Zeit wurden koptische Schulen in Dörfern und Städten gegründet, die an vielen Orten häufig die einzigen Schulen waren. Trotz seines hohen Alters unternahm er eine seelsorgerische Reise durch ganz Oberägypten und durch den Sudan. Papst Younnis (Johannes) XIX. (1928—1942) 113. Sukzession E r errichtete die theologische Schule für Mönche in H e l w a n , nach ihm benannt wurde. E r weihte koptische Metropoliten Äthiopien im J a h r e 1929 sowie fünf äthiopische Bischöfe. Papst Makarius

die für

III. — 114. Sukzession

Er führte vom 4. Februar 1944 bis zum 31. August 1945 das Amt. Er wurde wegen seines geistlichen Rufes gewählt, den er sich wäh-

Die koptische Kirche heute

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rend seiner 49jährigen Amtszeit als Metropolit von Assuit, der Hauptstadt Oberägyptens, erworben hatte. Sein unerwartet schnell eingetretener Tod erlaubte ihm nicht, seine großen Pläne und Absichten durchzuführen. Er verfügte über gute Kenntnisse der arabischen, französischen, koptischen, englischen, griechischen und amharischen Sprache. Er war ein Fachmann in den liturgischen Studien der koptischen Kirche sowie in biblischen Studien. Er war der Schutzherr vieler koptischer Priester, wie Pater Marcos Sergios, Ibrahim Luka und der Erzdiakon Iskandar Hanna. Er war ebenfalls eine führende Persönlichkeit in der Öffentlichkeit und führte die Kopten in ihren politischen Bewegungen, zunächst in der Konsolidierungsbewegung von 1910 und später in der nationalen Revolution von 1919. Papst Yousab II. (1946—1956) — 115. Sukzession Er ließ ein herrliches Gebäude für die Bibliothek des Patriarchates errichten sowie eine prachtvolle Residenz für die Metropoliten und ließ die St.-Markus-Kathedrale in Alexandrien neu aufbauen. Er entdeckte viele alte Gräber der Päpste. Zu seiner Zeit gab es Unruhen in der Kirche. Er war der letzte der drei unter den Bischöfen gewählte Patriarch, sein Nachfolger, der spätere Patriarch, wurde unter Mönchen ausgewählt. Dies beruhigte die Kirchenmitglieder, die dies als Rückkehr zu den Kirchentraditionen betrachteten. Papst Kyrillos VI. (Kyrill) (1959—1971) — 116. Sukzession Nachdem er sein Mönchsgelübde abgelegt hatte, verbrachte er viele Jahre als Einsiedler in den Höhlen der Nitrian-Wüste „Sketis" und in den Makattan-Hügeln in der Nähe von Alt-Kairo. Er wurde Abt des Samuel-Klosters von Kalamoun. Am 10. Mai 1959 wurde er zum Papst geweiht und inthronisiert. Er führte ein kostspieliges Programm mit päpstlichen Besuchen in verschiedenen Diözesen und Dörfern durch, wo er mit großer Begeisterung und mit Interesse von zahlreichen Einwohnern, Christen und Mohammedanern, empfangen wurde. Diese Besuche wurden in vielen Provinzen und Orten Anlaß zu großen Festlichkeiten. Er leitete die liturgische Erweckungsbewegung, die viele Kirchen und Gemeinden sowie einzelne zur Führung eines äußerst frommen Lebens brachte. Viele können seine charismatische Gabe des Heilens bezeugen. Er folgte einer äußerst harten asketischen Disziplin, die aus Wachen, Fasten und Gebeten besteht. Er unterstützte viele moderne Entwicklungen in der Kirche.

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Papst Amba Chenouda III. (ab 1971) — 117. Sukzession Er ist der gegenwärtige Papst, der am 14. September 1971 in Kairo inthronisiert wurde.

4. Heutige a) Die Kirche in

Lage der Kirche

Ägypten

Es gibt ungefähr vier Millionen Kopten in Ägypten. Rund 30 000 leben im Sudan und einige Hunderte in Jerusalem und Palästina sowie in Kuweit und anderen Ländern des Nahen Ostens. Koptische Studenten und Familien leben in Europa. Familien sind ebenfalls nach Kanada, den USA und Australien ausgewandert. Obwohl f ü r den Bau von Kirchen Bewilligungen notwendig sind, die lediglich nach komplizierten und langen bürokratischen Vorgängen erteilt werden — ein Brauch, der noch aus der Türkenzeit stammt —, gelingt es den Kopten, Kirchen dort zu bauen, wo sie gebraucht werden. Häufig förderten mohammedanische Freunde mit ihrer H i l f e den Bau von Kirchen. Dagegen halfen Christen beim Bau von Moscheen in moslemischen Gebieten. Das Beispiel, das die Regierung der damaligen Vereinigten Arabischen Republik (VAR) gegeben hat, indem sie 150 000 ägyptische Pfund zum Bau der patriarchalischen Kathedrale stiftete, ist weitgehend bekannt. Jedermann war beeindruckt, daß Präsident Nasser selbst an der Feier der Grundsteinlegung f ü r die Kathedrale am 24. Juli 1965, wie auch an den internationalen Feierlichkeiten des 1900. Jahrestages des Märtyrertums des Heiligen Markus am 25. Juni 1968 teilnahm. Die Rede, die Präsident Nasser am Tage der Grundsteinlegung hielt, zeigt die Beziehung zur Kirche wie folgt: „Diese Revolution fußte ursprünglich auf Liebe und Güte, und niemals auf H a ß oder Fanatismus. Diese Revolution f a n d f ü r Ägypten und alle Araber statt. Sie forderte Gleichheit und gleiche Möglichkeiten f ü r alle." „Liebe, Gleichheit und gleiche Möglichkeiten f ü r alle sind die ersten Grundsätze der Religion, auf denen wir die richtige und gesunde Gesellschaft aufbauen können, die wir wünschen und die die Religion seit jeher gefordert hat." „Gott rief niemals zum Fanatismus auf, sondern zur Liebe. Als der Islam in Ägypten Einzug hielt, wurde die Liebe weiterhin zwischen Kopten und Mohammedanern gepflegt. Kopten wurden nicht durch Zwang oder Gewalt bekehrt, denn der Islam erkennt weder Zwang

Die koptische Kirche heute

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noch Gewalt an; im Gegenteil, er erkennt die ,Leute des Buches' an und sieht in Christen Brüder in der Religion und in Gott." „So wird die Religion von der Revolution verstanden. Mit Liebe, Brüderlichkeit, Gleichheit und gleichen Möglichkeiten für alle können wir ein starkes Heimatland errichten, in'1 dem Sektierertum ohne Bedeutung sein wird und lediglich der Patriotismus gilt, so wie ihn die Soldaten auf dem Schlachtfeld fühlen." „Wir als Regierung und idi als Präsident der1 Republik sind für jedermann in diesem Land, ohne Rücksicht auf seine Religion und seinen Stand, verantwortlich. Wir sind für alle verantwortlich, und für diese Verantwortung haben wir Gott am Tage des Jüngsten Gerichtes Rede und Antwort zu stehen." „Natürlich wünschen wir alle das Vollkommene, aber das kann ohne Arbeit und Kampf nicht erreicht werden. Im Christentum, im Kampf Christi, und im Islam, im K a m p f Mohammeds, ist Ihnen ein Beispiel gesetzt. Das Vollkommene ist noch nicht erreicht worden. Tausende von Jahren hat der Mensch bereits nach dem Vollkommenen und nach hohen Idealen gestrebt, aber die ¡Gesellschaft enthält das Gute und das Schlechte, das Gesunde und das Kranke." „Jeder von uns hat die gleichen Möglichkeiten. Weder Staat nodi Gesellschaft schauen auf die Religion eines Menschen, die seiner Familie, sondern vielmehr auf seine Arbeit, seine Bemühungen, seine Produktion und sein Verhalten. Auf diese Weise können wir wahrhaft die Gesellschaft schaffen, die1 voft den offenbarten Religionen gepredigt wurde und die in der Landesverfassung geachtet und ermutigt wird." „Ich bete zu Gott, auf daß Liebe und Brüderlichkeit in unserem Lande herrschen mögen und auf daß er uns allen helfe. Der Friede und die Gnade Gottes sei mit Ihnen." Die Zahl der Diözesen in Ägypten ist nicht festgelegt, sie schwankt je nach der Bevölkerungszahl des Landes. In der Vergangenheit gab es ungefähr 100 Diözesen und dann auch wiederum nur vier. Jetzt hat die koptische Kirche 25 Bischöfe und Metropoliten in Ägypten, zwei im Sudan und einen in Jerusalem. Im Jahre 1950 weihte der Patriarch von Alexandrien einen äthiopischen Metropoliten und gab ihm das Recht, andere Bischöfe für Äthiopien zu weihen. Die Heilige Synode der koptisch-orthodoxen Kirche zählt Metropoliten und Bischöfe, an deren Spitze der Papst von Alexandrien steht. Allgemeine Bischofssitze wurden im Jahre 1963 geschaffen, einer für ökumenische und soziale Dienste und ein anderer für theologische und

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

82

erzieherische Institutionen. Im Jahre 1967 w u r d e ein Bischof geweiht, der f ü r höhere Studien u n d koptische K u l t u r verantwortlich ist. U n g e f ä h r 1000 Kirchengebäude, viele mit großen Ausbildungsstätten und sozialen Einrichtungen verbunden, liegen in Städten u n d D ö r f e r n aller Provinzen Ägyptens verstreut. Es gibt mehr als 1200 Gemeindepriester, die die Gemeinden seelsorgerisch betreuen. Gemeindepriester der koptischen Kirche sind verheiratet. Immer mehr gebildete junge Leute widmen ihr Leben d e m A m t als Gemeindepriester oder legen das Mönchsgelübde ab. b) Koptische

Emigranten

Es gibt eine koptische Kirche in Kuweit und vier ambulante Priester f ü r die K o p t e n auf dem nordamerikanischen Kontinent. Ihren festen Sitz haben sie in Toronto u n d Montreal in K a n a d a , in Los Angeles in den U S A , u n d ein weiterer Priester lebt in Sydney in Australien. Andere Priester statten koptischen Studenten und Familien seelsorgerische Besudle in Europa ab. Seit 1949 arbeitet ein Missionspriester unter r u n d zehntausend Menschen in S ü d a f r i k a . c) Beziehungen

zu

Äthiopien

A m 25. J u n i 1959 w u r d e zwischen der koptischen und der äthiopischen Kirche ein protokollares Übereinkommen unterzeichnet, nach dem Seine Heiligkeit der Papst Kyrill VI., A n b a Basilios, z u m Patriarchen Katholikos v o n Äthiopien in einer Liturgiefeier in der St.M a r k u s - K a t h e d r a l e in K a i r o erhoben hatte, a n der a u d i Seine Majestät Kaiser H a i l e Selassie I. teilnahm. Einige der Artikel dieses Protokolls könnten der ständigen historischen Beziehung zwischen den beiden Kirchen Ausdruck geben: „Der Papst von Alexandrien, Patriarch des Stuhles des Heiligen M a r kus, in Sukzession des Heiligen M a r k u s des Evangelisten, ist der höchste geistliche Vater der Kirche Äthiopiens und m u ß stets ein ägyptischer K o p t e von ägyptischen Eltern sein. Sein ständiger Sitz ist Alexandrien in Ägypten; seine A u t o r i t ä t ist u n a n t a s t b a r u n d seine Person jeder Kritik erhaben. D e r N a m e des Papstes von Alexandrien u n d des Patriarchen des Stuhles des Heiligen M a r k u s soll in allen Gottesdiensten in Äthiopien e r w ä h n t werden. Ein Besuch Seiner Heiligkeit des Papstes von Alexandrien in Äthiopien soll mit allen Ehrerbietungen und in aller Würdigkeit, die seinem

Die koptische Kirche

heute

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hohen Rang als erster in der Kirche entsprechen, gebührend willkommen geheißen werden. Der Rang des Metropoliten der .etablierten orthodoxen Kirche von Äthiopien' (Liqa Papasat), Nachfolger des Heiligen Tekle Heimanot wird zum Rang des Patriarchen (Reesa Liqana Papasat) erhoben. Er soll nach den Gesetzen und den Traditionen des Stuhles des Heiligen Markus von Alexandrien unter äthiopischen Mönchen, die nicht über dem Rang eines Kamos stehen, ausgewählt werden. Dieser Grundsatz gilt auch für die Nachfolger auf dem Stuhl des Heiligen Markus. Wenn der Patriarch (Reesa Liqana Papasat) der äthiopischen Kirdie in Übereinstimmung mit dem kanonischen Kirchenrecht gewählt und seine Wahl von Seiner Majestät dem Kaiser von Äthiopien angenommen und bestätigt ist, wird er in Übereinklang mit dem kirchlichen Gesetz von dem Papst und Patriarchen des Stuhles des Heiligen Markus von Alexandrien geweiht und eingesetzt werden2. Als das äthiopische theologische Kolleg im Jahre 1944 gegründet wurde, lehrten anfangs koptische Professoren dort, und der erste Dekan war Pater Marcos Daoud. Andere Kopten nahmen an der erzieherischen Belebungsbewegung im Lande teil. Dr. William Naguib Nashid errichtete die Handelshochschule und war sechzehn Jahre lang ihr erster Rektor. Dr. Murad Kamel war Berater im Erziehungsministerium. Unter den ersten Professoren befand sich ein koptischer Laie, der jetzige Bischof Samuel. Diese Professoren halfen, den Kindergottesdienst in Äthiopien einzurichten. In späteren Jahren nahmen koptische Professoren an der äthiopischen Studentenbewegung „Haymanote Abaw" teil. Seit vielen Jahrhunderten lebten äthiopische Mönche in koptischen Klöstern, und Theologiestudenten studieren heute im koptischen theologischen Kolleg in Kairo. Seine Heiligkeit Papst Kyrill VI. besuchte Äthiopien zweimal, und zwar in den Jahren 1960 und 1965, und nahm an der Konferenz der Oberhäupter der orientalischen orthodoxen Kirchen teil, die im Januar 1965 in Addis Abeba stattfand. Seine Majestät Haile Selassie I. besuchte Ägypten verschiedene Male und pflegte an den Gottesdiensten in der koptischen Kathedrale teilzunehmen und den Papst Kyrill VI. zu besuchen. d) Tätigkeiten

im Sudan

Einige Kopten aus den Handelsstädten in Oberägypten, wie Negeda, Esna und Assuan, emigrierten und arbeiteten im Sudan. Viele von

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Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

ihnen erwarben später die sudanesische Nationalität. Rund 30 000 Kopten leben in vielen Städten im Norden und Süden des Sudans. Die Koptisdie Kirdie unterhält zwei Diözesen mit einigen Kirdien in den größeren Städten. Die koptische Gemeinschaft ist für ihre soziale Tätigkeit bekannt. Sie hat Schulen, Waisenhäuser, Klubs und Wohltätigkeitsgesellschaften gegründet. In jüngster Zeit hat die koptische Kirche einige Missionstätigkeiten aufgenommen. Einige Studenten aus dem Sudan studierten in den theologischen Institutionen der koptischen Kirche in Ägypten.

e) Die koptische Kirche im Heiligen

Land

Viele Palästinenser gehören zur koptisdien Kirche. Sie wird von Metropolit Baselius mit Hilfe einer Gruppe von Mönchen geleitet. Sie haben.viele Projekte f ü r die Hilfe an Pilgern und an der Ortsgemeinde laufen. Den Kopten gehören viele Kirchen und Schreine im Heiligen Land. Sie haben ebenfalls einige Schulen, wie das St.-Antonius-KoHeg und andere Schulen f ü r Mädchen. Ganz in der Nähe des Grabes Jesu gibt es in der Kirche der Heiligen Grabstätte eine koptische Kapelle. Den Kopten gehören auch einige Klöster, Kirchen und heilige Stätten in Nazareth und in Jaffa. Während der Zeiten der politischen Unruhen verloren die Kopten einige ihrer Schreine im Heiligen Land. Metropolit Basilius studierte in Griechenland und erwarb sein Doktorat in der Theologie an der Universität von Saloniki.

5. Jüngste

Ereignisse

Das Jahr 1968 brachte viel Segen für die koptisch-orthodoxe Kirche. Am 2. April kam es zum erstenmal zu einer herrlichen Erscheinung der Jungfrau Maria in der Zeitoun-Kirche in Kairo, der viele wundertätige Heilungen folgten. In demselben Jahre wurde der 1900. Jahrestag des Märtyrertums des Heiligen Markus gefeiert. Am 25. Juni wurde die Neue Kathedrale in Kairo eingeweiht. Am 26. Juni wurden die Reliquien des Heiligen Markus von Venedig in die Neue Kathedrale überführt. 172 Delegierte aus Kirchen aller Welt und allen Denominationen nahmen mit den Kopten an den Dankgebeten während der Feiern in Kairo teil und besuchten die Klöster in der Wüste und in Alexandrien.

Die koptische Kirche heute 6. Offizielle a) Erscheinung der Heiligen

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Erklärung

Jungfrau

„Seit dem Abend des Dienstages, dem 2. April 1968 (Baramhat 24), 1684), erscheint die Jungfrau Maria, die Mutter des Lichtes, in der nach ihr benannten koptisch-orthodoxen Kirche in Shareh Tomombay, Zeitoun, Kairo. Die Vision erscheint noch immer und wurde an verschiedenen Abenden und in verschiedenen Formen wahrgenommen. Manchmal erscheint die Jungfrau in voller Gestalt, und zu anderen Gelegenheiten erscheint nur ihr mit einem herrlichen Heiligenschein aus strahlendem Licht umgebener Oberkörper. Die Vision wurde von vielen Tausenden Menschen verschiedener Religionen und Sekten wahrgenommen. Einige Ausländer, einige Priester, Gelehrte und andere Menschengruppen sahen sie. Alle haben bei vollem Bewußtsein bestätigt, sie hätten sie gesehen und haben alle eine so einstimmige Beschreibung nach jeder Vision und jeder Erscheinungszeit gegeben, daß die Erscheinung der Jungfrau Maria, Mutter des Lichtes, an diesem Ort zu einer einzigartigen Vision ihrer Art wurde und sie keiner Erklärung oder Bestätigung bedarf. Es gab zwei wichtige Begleiterscheinungen. Erstens eine Neuerwekkung zum Glauben an Gott, an die kommende Welt, an die Heiligen und f ü r viele, die abgefallen waren, eine aufkommende Gewißheit über Gott. Viele Menschen haben Buße getan und ihr Leben geändert. Zweitens hat die Vision zu vielen wundertätigen Heilungen geführt, die wissenschaftlich bewiesen und einstimmig bestätigt wurden." Das koptische Patriarchat bildete einen Ausschuß', um die Angelegenheit zu untersuchen, und am 30. April wurde das Ergebnis durch eine Erklärung bestätigt. Andere Erklärungen wurden von katholischer und protestantischer Seite abgegeben. Der Zeitoun-Bezirk ist ein Vorort im Norden Kairos und liegt auf dem Weg, den die Heilige Familie auf ihrer Reise nach Ägypten benutzte.

b) Der 1900. Jahrestag des Heiligen

Markus

Aus Anlaß des 1900. Jahrestages des Märtyrertums des Heiligen Markus weihte die Koptische Kirche zusammen mit einer ökumenisch zusammengesetzten Gemeinde die Neue Kathedrale ein.

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Die Feier fand vom 24. bis 28. Juni 1968 statt. 172 Delegierte aus verschiedenen Kirchen der Welt nahmen daran teil. Unter den teilnehmenden Würdenträgern befanden sich: Präsident Nasser; Kaiser Haile Selassie I.; Seine Heiligkeit Mar Ignatius III., der syrischorthodoxe Patriarch; Kardinal Duval in Vertretung des Papstes Paul VI. von R o m ; Erzbischof Theophilos von Äthiopien; Dr. Eugene C. Blake, Generalsekretär des ökumenischen Rates der Kirchen, und die Vertreter der orthodoxen Kirchen von Konstantinopel, Rußland, Griechenland, Antiochien, Jerusalem, Zypern, der amerikanisch-orthodoxen Kirche, der syrisch-indischen orthodoxen Kirche und der äthiopisch-orthodoxen Kirche, den anglikanischen Kirchen, den lutherischen und presbyterianischen Kirchen von Europa, Amerika, Asien und Afrika. Unter den 7000 Teilnehmern an den Feierlichkeiten befanden sich hohe Staatsbeamte der VAR, moslemische Führer der Al-Azhar und diplomatische Abordnungen in der V A R sowie Vertreter der örtlichen Kirchengemeinden. Die Reliquien des Heiligen Markus wurden aus der Basilika in Venedig überführt und in der K r y p t a unter dem Hochaltar der Neuen Kathedrale in Kairo beigesetzt 4 . Schluß

Die koptisch-orthodoxe Kirche ist Mitglied des ökumenischen Rates der Kirchen und anderer ökumenischer Organisationen. Sie ist dem Glauben und der Tradition treugeblieben, die ihr von den apostolischen Begründern und ihren Nachfolgern überliefert wurden. Die koptische Kirche ist konservativ und fortschrittlich zugleich: konservativ in Glaubensangelegenheiten und fortschrittlich in allen anderen Sphären des Denkens und Handelns 5 . Sie bekennt sich streng zu dem orthodoxen Glauben an die Wesensgleichheit der Dreieinigkeit des einigen Gottes, an den fleischgewordenen Sohn, den Heiland der Menschheit u n d an die ewige Jungfräulichkeit der Heiligen Maria, der Gottesgebärerin. Klosterwesen, Kirchenliturgien, Gebete und Fastenzeiten sind Teile des so sorgfältig gehegten Erbes. Durch Glanzzeiten und Notzeiten, durch Frieden und Streitigkeiten hindurch sind die Kopten dem ihnen von dem Heiligen Markus, dem Herrn der Märtyrer und der Konfessoren" und dem ruhmreichen Begründer des Glaubens, hinterlassenen Erbe treugeblieben.

Kapitel V I I PRÄGUNG DER KOPTISCHEN IDENTITÄT

D r . M A U R I C E ASSAD

Eine Studie über das Erziehungswesen unter den Kopten 1 und in der koptischen Kirche zeigt, welche kraftvolle Rolle die Kirche im Zusammenhalt ihrer Mitglieder im Glauben und in ihrer Tradition spielt. Im Herzen der koptischen Gemeinschaft ist die koptische Kirche der verbindende Faktor, der die Kopten stets als eine religiöse Gemeinschaft gekennzeichnet hat. In dieser Gemeinschaft hat die Kirche immer das Fortbestehen der koptischen Identität symbolisiert. Die koptische Kirche bot den Kopten geistliche, moralische und soziale Leitung. Das Bewußtsein, zur koptischen Kirche zu gehören, wurde selbst zur Lebenskraft ihrer Mitglieder, die sie in ihrem Kampf um die Bewahrung ihrer religiösen Identität bestärkte. Wo immer neue Mächte aktiv wurden, um die vereinende Kraft der koptischen Gemeinschaft zu zerstören, fand sie stets neue Wege zur gemeinsamen Anpassung an die veränderte Situation. Dies trifft für alle Jahrhunderte zu. Zuzeiten antworteten die Kopten durch Rebellion, durch passives Verhalten gegen die Unterdrücker, dann wiederum machten sie sich zu wertvollen Helfern der regierenden Stellen und hoben sich durch ihre Offenheit für neue Ideen und Faktoren des Wandels in der ägyptischen Gesellschaft hervor und wurden dadurch zu Pionieren in sich ergebenden neuen Situationen. So bewahrte die koptische Kirche ihre alte Tradition: ihre Ursprünglichkeit, ihre Mystik, ihre Askese und ihr sakramentales Leben. Religiöse Riten und Handlungen wie sie in ihren Liturgien dargelegt wurden, ihre kanonischen Stundengebete, die Praxis des Fastens und die Feier religiöser Feste haben der Übermittlung des religiösen Glaubens und Lebens in allen Jahrhunderten gedient. Koptische Kultur zeigt sich außerdem in koptischer Kunst und Musik, der Architektur der koptischen Kirchengebäude und den theologischen Lehrsätzen. Die koptischen Klöster versorgten die koptische Kirche mit einer ununterbrochenen Sukzession von Patriarchen und Bischöfen. In der Vergangenheit waren die koptischen Patriarchen nicht nur für die re-

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Die Orthodoxe Kirche

Ägyptens

ligiösen Bedürfnisse der Kopten zuständig, sondern sie übernahmen ebenfalls die Leitung der koptischen Gemeinschaft in Zeiten der Verfolgung, untragbarer Steuern oder bei zeitweiligen Diskriminierungen gegen die Kopten.

1. Die soziale Entwicklung der koptischen

Gemeinschaft

Das Christentum kam durch den Heiligen Markus, den Evangelisten, im Jahre 48 n. Chr. (einige Schriften besagen im Jahre 55, 58 oder 61 n. Chr.) nach Ägypten. Er wurde in den Straßen Alexandriens im Jahre 68 n. Chr. 2 zum Märtyrer. Die Nachfolger des Heiligen Markus verbreiteten die christliche Botschaft über ganz Ägypten. William Worrell weist darauf hin, daß „das Christentum im Jahre 200 unter den einheimischen Ägyptern verbreitet und das Delta von Bekehrten bevölkert war" 3 . Die koptische Nation unter der römischen und Herrschaft

byzantinischen

Während der römischen Herrschaft über Ägypten (30 v. Chr. — 641 n. Chr.) trug das Christentum zur Neubelebung der nationalen Gefühle und der nationalen Kultur der Ägypter bei. Die Kopten fanden in ihrer Kirche die notwendige Führung für ihren nationalen Kampf. Die römischen und byzantinischen Kaiser sahen andererseits in der geistlichen Führung der Patriarchen von Alexandrien eine große Gefahr für ihre Herrschaft über die ägyptische Bevölkerung. Das Überleben Roms hing von den Kornkammern Ägyptens ab, ohne die die Römer verhungert wären. Die Geschichte dieser Zeit erläutert ganz klar den Kampf zwischen Rom und Ägypten. Im Zeitalter der Märtyrer wurden Christen von der Zeit Neros (54—68 n. Chr.) bis zur Zeit Diokletians (284—305 n. Chr.) auf der Grundlage verfolgt, daß das Christentum eine Gefahr für die Existenz des römischen Kaiserreiches sei. Während der Herrschaft Diokletians wurde den Ägyptern der Gottesdienst des Kaisers aufgezwungen, um die Treue zum römischen Kaiserreich zu erhalten. Aber die Christen, die damals zur Mehrheit der ägyptischen Bevölkerung gehörten, verweigerten die Vergöttlichung Diokletians, und viele Tausende von ihnen (auf 144 000 bis 800 000 Menschen geschätzt)4 wurden in Alexandrien und überall in Ägypten zu Märtyrern. Die Bedeutung des Märtyrerzeitalters für die Kopten kommt

Prägung der koptischen

Identität

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in dem jährlichen Fest zum Ausdruck, das die Kopten seit dem Jahre 248 n. Chr. 5 noch heute am ersten Tag des koptischen Kalenders begehen. Als das Christentum zur offiziellen Religion des römischen Kaiserreiches wurde, versuchten die Kaiser ihre Vorherrschaft über die ägyptische Kirche durch Eingreifen und durch Einmischung in kirchliche Angelegenheiten zu verstärken. Sie machten sich selbst zu Richtern in theologischen Streitigkeiten, sie wiesen Bischöfe aus und ernannten andere Bischöfe, die sowieso die kaiserlichen Entscheidungen ausführen würden". In diesem Kampf standen die Ägypter, unter Leitung ihrer einflußreichen Mönche, stets hinter den Patriarchen ihrer Kirche. Vom Konzil von Chalcedon (451 n. Chr.) an bis zur arabischen Eroberung Ägyptens im Jahre 641 n. Chr. zwangen die Byzantiner den Kopten einen melchitischen griechischen Patriarchen auf, der niemals von den Kopten anerkannt wurde, die weiterhin ihre eigenen Patriarchen unter den Mönchen der Klöster des Nitrum-Tales aussuchten und konsekrierten. Um ihre Macht in Ägypten zu verstärken, ernannten die Kaiser die melchitischen Patriarchen gleichzeitig zu weltlichen Herrschern über die Provinz Ägypten. Sie waren der Ansicht, daß sie durch Vereinig gung der religiösen und politischen Vollmachten auf eine Person verhindern konnten, daß irgendeine aufsteigende geistliche Persönlichkeit die nationalen Gefühle der Kopten anfache. Die Kopten blieben ihrer Kirche jedoch treu, und sie verstärkten die Opposition gegenüber den Unterdrückern. Beschränkung

der Kopten

auf eine

Minderheit

Die arabische Eroberung Ägyptens war ein Wendepunkt in der ägyptischen Geschichte. Die Araber betrachteten die Kopten als dhimmis oder ahi al-kitab (Menschen des Buches: Christen und Juden). Den Kopten wurden ein oder zwei Möglichkeiten gegeben: entweder Mohammedaner zu werden oder die Jizya zu zahlen, d. h. die Steuern, die von allen Erwachsenen dhimmis als Ersatz für den Heeresdienst gezahlt werden mußte, welcher nur den Mohammedanern vorbehalten war. Denjenigen, die sich zum Islam bekehrten, wurde die Jizya erlassen. Obwohl die Kopten zuzeiten Verfolgungen erdulden mußten7, erfreuten sie sich dodi im allgemeinen einer religiösen Freiheit unter den moslemischen Arabern. In kirchlichen Angelegenheiten wurde den

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Die Orthodoxe Kirche

Ägyptens

koptischen Patriarchen v o n den arabischen Herrschern f r e i e H a n d gelassen. Sie restaurierten Kirchen und Klöster, die von den B y z a n tinern z e r s t ö r t worden w a r e n . Solange w i e die K o p t e n in der Lage w a r e n , d e n A r a b e r n die Jizya u n d a n d e r e Steuern zu z a h l e n , blieb die örtliche V e r w a l t u n g in H ä n d e n der K o p t e n . Die Z a h l der koptischen Bevölkerung b e t r u g nach Schätzungen z u r Zeit der arabischen Eroberung 24 Millionen. Im 9. J a h r h u n d e r t machten sie nicht länger die M e h r h e i t der B e v ö l k e r u n g aus, u n d im 14. J a h r h u n d e r t w a r e n sie auf ein Zehntel d e r Bevölkerung Ä g y p t e n s zusammengeschrumpft 8 . W ä h r e n d dieser Zeit ging den K o p t e n ebenfalls ihre eigene Sprache verloren. D e r Übergang v o m Koptischen z u m Arabischen n a h m lange Zeit in Anspruch, in der das Koptische sich mit dem Arabischen vermischte, u n d es w a r nicht selten, d a ß eine Sprache W o r t e aus der anderen entlieh. Die koptische Sprache w a r z u r Zeit d e r arabischen Ero b e r u n g diejenige der Staatsgeschäfte, bis sie im J a h r e 7 0 6 n. C h r . v o m O m a j j a d e n Vizekönig A b d - A l l a h I b n A b d al-Malik durch das Arabische ersetzt wurde. Durch die B e k e h r u n g einiger K o p t e n z u m Islam e n t s t a n d eine neue Gemeinschaft, die neben koptisch, ihrer Muttersprache, arabisch zu lernen begann. V o m 10. J a h r h u n d e r t an schrieben einige Kopten ihre Schriften ins Arabische u m . Koptisch blieb jedoch bis zum 16. oder 17. J a h r h u n d e r t 9 die K o m m u n i k a t i o n s sprache u n t e r den K o p t e n . G o r g y Sobhy, d e r verstorbene Koptologe, der selbst K o p t e war, f ü h r t e H u n d e r t e v o n W ö r t e r n , N a m e n u n d Ausdrücken, die nodi in der. arabischen Umgangssprache v o r h a n d e n sind, auf ihren koptischen U r s p r u n g zurück 1 0 . Er w a r d e r Ansicht, d a ß die Vermischung der beiden Sprachen „der U r s p r u n g der arabischen Umgangssprache in Ä g y p t e n w a r " 1 1 . T r o t z d e m t r a f e n Reisende im 18. u n d 19. J a h r h u n d e r t in Ä g y p t e n auf K o p t e n , die koptisch sprachen 1 2 . Einige koptische Familien sprechen aus Familientradition heute noch koptisch. G e g e n w ä r t i g w i r d die koptische Sprache in koptischen Kirchen als liturgische Sprache ben u t z t . Koptisch u n d arabisch sind heute nebeneinander in den Gottesdiensten a n z u t r e f f e n , aber das Arabische n i m m t an Bedeutung zu. A n s t a t t sich einer Sprache zu bedienen, die heute beinahe n i e m a n d in der G e m e i n d e mehr versteht, w i r d der Gottesdienst d a d u r c h verständlicher.

Prägung der koptischen

Identität

Die Stellung der Kopten in der moslemischen

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Gesellschaft

Während des Mittelalters überlebten die Kopten als eine durch rassische, kulturelle und religiöse Merkmale zu unterscheidende Gemeinschaft. Einige Kopten erfreuten sich der Achtung und des Vertrauens der aufeinanderfolgenden arabischen und türkischen Herrscher. Sogar zu Zeiten der Verfolgung erwiesen sich ihre bezeichnenden Charakteristiken f ü r die Verwaltung ihres Landes als unerläßlich und ließen sie für die höchsten Ämter qualifizieren. Gibb und Bowen wiesen darauf hin, daß „es (den Kopten) während der tausendjährigen mohammedanischen Beherrschung gelang, die wichtige Funktion der Grund- und Bodenverzeichnisführung und der Steuereinziehung auszuüben. Ihre Dienste waren für das Funktionieren der Verwaltung wesentlich, und hier liegt das Geheimnis der Bewahrung der großen Reichtümer, die einige von ihnen ansammeln konnten" 1 3 . Sogar als sie schon zu einer Minderheit geworden waren, lebten die Kopten weiterhin in getrennten Stadtvierteln und isolierten Dorfteilen. Sie bewahrten ihre Traditionen und Werte. Während des 17. und bis hin zum 19. Jahrhundert beschrieben Reisende in Ägypten, wie Volney, Sonnini, Lane und Lane-Poole 14 , das gemeinschaftliche Leben der Kopten und die Weise, auf die sie eigene Gewohnheiten und Gebräuche sowie ihre traditionellen Berufe zu bewahren wußten. Sie waren Verwaltungsbeamte, Sekretäre, Buchhalter, Steuereinzieher und geschickte Handwerker. Ihre besondere Buchführungsmethode, die in Ägypten bis zum 19. Jahrhundert benutzt wurde, erstaunte europäische Reisende sowie die europäischen Berater der ägyptischen Regierung. D o r Bey, der in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts Inspektor des Erziehungswesens in Ägypten war, beschrieb die Geschicktheit der koptischen Jungen in Buchführungsmethoden, die sie nicht in ihren Schulen lernten, sondern durch Übung mit ihren Vätern in deren Büros 15 . Während der Herrschaft der ottomanischen Türken litten die Kopten jedoch unter Armut und Krankheit, wodurch ihre Zahl, genau wie die der Gesamtbevölkerung des Landes, stark abnahm. Trotzdem wurden unter dem politischen System des ottomanischen Kaiserreiches die Minderheiten als autonome Gruppen unter dem Namen millet behandelt. Das Oberhaupt des millet, im Falle der Kopten der Papst und Patriarch von Alexandrien, wurde f ü r die Verwaltung der geistlichen, religiösen und juristischen Angelegenheiten hinsichtlich der Ehe, der Scheidung, der Erbschaften usw. verantwortlich gemacht. Vom koptischen millet wurden auch die Besitze, einschließlich der Fried-

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Die Orthodoxe

Kirdie

Ägyptens

höfe, der Kirchen, des Grund und Bodens und der Schulen verwaltet. Gibb und Bowen wiesen darauf hin, daß „es unter den Patriarchen von Alexandrien parallel und in gewissem Sinne auch als Ausgleich zu den religiösen und millet Organisationen, nicht nur Körperschaften kleiner Industrien (der Kopten), sondern auch starke Körperschaften der ,koptischen Schreiber' gab, die sehr straff organisiert waren." 1 ' Die bekanntesten koptischen Verwalter dieser Zeit sind Muallim Rizk und die Gebrüder Ibrahim und Girgis al-Gawhari 17 . Die Kopten und der soziale Wandel im 19. und in der ersten des 20. Jahrhunderts

Hälfte

Als Mehmed Ali als Herrscher Ägyptens von 1805 bis 1848 an die Macht kam, vernichtete er das wirtschaftliche, administrative und militärische System, das während des Mittelalters und bis Ende des 18. Jahrhunderts bestanden hatte. Entsprechende Änderungen in der Struktur der ägyptischen Gesellschaft selbst fanden in der zweiten H ä l f t e des 19. Jahrhunderts statt. Die Trennung zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Einheiten verschwand, die verschiedenen wirtschaftlichen, als Gilden bekannten Gruppen wurden aufgelöst, und isolierte Gruppen in der ägyptischen Gesellschaft vermischten sich18. Innerhalb des sozio-wirtschaftlichen Rahmens änderten sich die Bedingungen der Kopten ebenfalls. Mobilität und Verstädterung führten die Moslems und Kopten dazu, in denselben Vierteln zu leben. Trotzdem gab es und gibt es heute noch Viertel, in denen hauptsächlich Moslems wohnen, während in anderen viele Kopten ansässig sind 19 . Im allgemeinen neigten die Kopten dazu, in die neuen Stadtviertel zu ziehen. Für die Kopten gab es ebenfalls Veränderungen auf dem wirtschaftlichen Gebiet. Das wirtschaftliche System wurde von der Regierung zentralisiert — während die Kopten weiterhin einen hohen Prozentsatz der staatlichen Stellung innehatten und 40 Prozent aller staatlichen Gehälter bezogen. Die von Moslems besetzten Stellen im Staat machten nur 44 Prozent und die von Ausländern besetzten 6 Prozent aus. Die Kopten zahlten 19 Prozent der Grund- und Bodensteuer. Sie hatten weiterhin 97 bis 98 Prozent der Stellungen der Steuereinzieher (sarrafs) inne 20 . Die koptische Gemeinschaft hatte ihre Bedeutung als soziale Einheit verloren. Die Jizya wurde im Jahre 1855 abgeschafft. Der millet Rat (al Majlis al-Milli al-Aam lil-Aqbat al-Orthodox) wurde im Jahre

Prägung der koptischen

Identität

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1874 von Leitern der koptischen Gemeinschaft gegründet. In gewissem Sinne wurde dieser Rat der Konkurrent des koptischen Patriarchen und des Klerus im Bereich der administrativen Autorität der koptischen Kirche. Der Aufstieg der politischen Macht des ägyptischen Nationalismus, wie er in der Urabi-Revolution und der nationalistischen Partei seinen Niederschlag fand, war in religiöser Hinsicht auf die Pan-Islam-Bewegung ausgerichtet. Obwohl einige Kopten zu der nationalistischen Partei gehörten, war die große Mehrheit der Kopten der Ansicht, d a ß ihnen von der Leitung der nationalistischen Bewegung keine Möglichkeit für eine gleichwertige Teilnahme an der Politik geboten werden würde. Das Ergebnis war, daß Moslems und Kopten sich zeitweilig trennten. Diese Trennung wurde durch die Politik der britischen Besatzung in Ägypten noch verstärkt. Dies wurde auf dem Kongreß der Kopten (1911) in Assiut deutlich. Eine Antwort darauf war der moslemische Kongreß in Heliopolis, der kurz danach stattfand 2 1 . Im Jahre 1919 waren die Leiter des koptischen Kongresses bereits in der Wafd-Partei (Delegationspartei) mit den moslemischen Leitern im weiteren Kampf um die Unabhängigkeit vereinigt. In der Revolution des Jahres 1919 wurde das neue Schlagwort geprägt: „Ägypten den Ägyptern". Die Auffassung der Einheit zwischen den beiden Elementen in der ägyptischen Nation, den Moslems und den Kopten, wurde durch den Halbmond, der ein Kreuz umschlingt, symbolisiert und in der Erklärung zum Ausdruck gebracht, daß „die Religion f ü r Gott und die Nation f ü r alle" sei. Moslemische Scheiche sprachen in koptischen Kirchen u n d koptische Priester in Moscheen. Aus Anlaß des Todes von Marcos Sergius, einem koptischen Priester und berühmten Leiter der Revolution von 1919, wiesen die Kairoer Zeitungen auf sein Werk hin. Lofti al-Kholi schrieb in al-Ahram: „ . . . das Leben des Marcos Sergius ist ein untrennbarer Teil der Geschichte des ägyptischen Volkes, seiner Schmerzen und Hoffnungen auf eine bessere Z u k u n f t . . . Das ganze Ägypten war seine Kirche, der er sein Leben, seinen Kampf, sein Wissen und sein Denken widmete . . . Als er an einem herrlichen Morgen seine Stimme auf der Kanzel zu al-Azhar erhob und für ,die Einheit von H a l b m o n d und Kreuz' eintrat, wurde es von den Minaretten der Moscheen wiederholt und durch das Läuten der Glocken überall bestätigt." 22 Obwohl fünf Kopten zu der Kommission von 30 Mitgliedern gehörten, die die Verfassung von 1923 ausarbeitete, unter ihnen auch der

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Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Metropolit von Alexandrien und zwei koptische Minister des Sa'd Zagloul Kabinetts des Jahres 1926, war die Anzahl der politisch tätigen Kopten sehr beschränkt. Die Mehrheit der Kopten widmete sich sozialen Tätigkeiten. Sie errichteten Wohltätigkeitsgesellschaften in beinahe allen Städten und sogar in den Dörfern, in denen große koptische Gemeinschaften lebten. In Kairo allein gibt es mehr als 150 solcher Gesellschaften, die viele Kirchen, Schulen, Spitäler, Waisenhäuser und Klubs errichteten und Zeitschriften herausgeben. Diese Einrichtungen sind darauf ausgerichtet, den Kopten Dienste zu erweisen, die ihnen sonst nicht zur Verfügung stehen oder für sie sonst nicht ausreichend sind. Die Entwicklung einer säkularen Literatur und der Kenntnisse auf den verschiedenen Gebieten schuf eine gemeinsame Grundlage f ü r intellektuelle Partnerschaft zwischen Moslems und Kopten. Die Kopten nahmen an der intellektuellen Führung jedoch meist auf dem Gebiet der Medizin, des Ingenieurwesens, der Buchführung, der Geschichte, der Psychologie und einiger akademischer Zweige der Literatur und der Sprachen teil. Wenigen Kopten gelang es, sich auf nationaler Ebene als Autoren hervorzutun — die berühmtesten unter ihnen sind Salama Musa 23 und Amir Boctor. Andere koptische Autoren schrieben über die koptische Gemeinschaft und ihre Probleme in koptischen Zeitschriften und Zeitungen. Kopten waren in der Lage, ein hohes Niveau an Bildung zu halten, da staatliche und ausländische Schulen ihnen offenstanden und viele koptische Schulen von ihnen eingerichtet worden waren. Ein höherer Prozentsatz der Kopten besuchte Universitäten und andere Hochschulen. Sie hatten weiterhin viele Stellungen in der Regierung und in privaten Gesellschaften inne und übten Berufe aus wie Lehrer, Ärzte, Ingenieure und Rechtsanwälte. Die Zeit zwischen 1919 und 1952 kann im allgemeinen als Zeit der Modernisierung des ägyptischen Lebens angesehen werden. Die Bildung politischer, wirtschaftlicher, erzieherischer, rechtlicher und sozialer Institutionen auf nationaler Ebene vereinigte alle Bürger, Moslems und Kopten, in gemeinsamen Interessen am öffentlichen Leben. Die Kopten im Zeitalter des

Sozialismus

Die Revolution von 1951 führte unter der Leitung des Präsidenten Gamal Abdel Nasser zu niemals dagewesenen Veränderungen aller Aspekte des Lebens in Ägypten. Die sozialistische Politik Ägyptens beruht seitdem auf Gleichheit, Auskommen und einem gerechten

Prägung der koptischen

Identität

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Anteil aller Bürger am nationalen Reichtum. In politischen Entscheidungen wurde die Religion ausgeschaltet. Die arabische sozialistische Union ist das Organ, das die politischen und sozialen Tätigkeiten organisiert. Obwohl die Religion kein Faktor politischer Angelegenheiten mehr ist, ist es schwierig, die Haltung der Massen zu ändern. Bei den W a h len für die Nationalversammlung (Majlis al Umma) im Jahre 1958 wurde unter 350 Vertretern nur ein Kopte gewählt. Das nächste Mal beschränkte die Regierung die Wahl in einigen Distrikten — in denen die Kopten in großer Anzahl lebten — lediglich auf koptische Wahlbeteiligung, um koptische Vertretung in der N a tionalversammlung zu gewährleisten. Als die Revolution im Jahre 1952 in Ägypten stattfand, gab es zwei Alternativen hinsichtlich der Religion: einerseits verwarf der K o m munismus die Religion als altmodisch und irrelevant f ü r das Zeitalter der Wissenschaft, und andererseits forderte die „Moslemische Bruderschaft" 24 eine religiöse Regierung aufgrund des traditionellen Islams. Die revolutionäre Bewegung war jedoch entschlossen, Politik und Religion zu trennen und zwischen sozialen und religiösen Angelegenheiten zu unterscheiden. Ein Zeichen der Trennung zwischen religiösen und sozialen Tätigkeiten war die Trennung zwischen den koptischen Wohltätigkeitsgesellschaften und den Kirchen, die von diesen Gesellschaften eingerichtet und von ihnen bis zum Jahre 1963, als das neue Gesetz erlassen wurde, verwaltet worden waren. Nach diesem D a t u m wurde die Verwaltung dieser Kirchen dem Patriarchat und den Diözesen übertragen. Der Platz, den die Religion einnimmt, läßt sich jedoch klar aus der ägyptischen Verfassung der V A R ersehen: „Die ewigen geistlichen Werte der Religion können den Menschen führen, in seinem Leben die Lichter des Glaubens anzünden und ihn befähigen, der Wahrheit, dem Guten und der Liebe zu dienen. Daher wird der Mensch durch den Glauben an Gott und an die religiöse Botschaft in seinem Streben nach Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit gelenkt." 25 Die kulturelle Rolle der Religion wird ebenfalls wiederholt hervorgehoben. Sie wurde auch als vereinender Faktor der islamischen N a tionen unterstrichen. Obwohl die Revolution in Zielsetzung und Methoden säkular war, mußten die Erneuerungen in Politik und Wirtschaft zunächst von der ägyptischen Volksmasse im religiösen Sinne angenommen werden. Ähnlich ist auch die koptische Tradition ganz klar gleichzeitig ein kulturelles Erbe und ein religiöser Glaube. Das

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Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

Fortbestehen der koptischen Identität h ä n g t von der I n t e g r i t ä t der kulturellen u n d religiösen Aspekte der koptischen Tradition ab. Das H a u p t p r o b l e m in den Beziehungen zwischen K o p t e n u n d Moslems w a r jedoch der Fanatismus. In der Revolution von 1952 w u r d e die Gleichheit aller Bürger, ohne Rücksicht auf religiöse Zugehörigkeit, unterstrichen. In der Verfassung heißt es, d a ß „die Religionsfreiheit in unserem neuen freien Leben heilig sein muß" s e . U m die V e r a n t w o r t u n g der Regierung f ü r Gottesdienstfreiheit zu bestätigen, legte der verstorbene Präsident G a m a l Abdel Nasser am 24. Juli 1965 den Grundstein f ü r die St.-Markus-Kathedrale in Kairo. E r n a h m ebenfalls an der Einweihung der K a t h e d r a l e und den Feierlichkeiten der 1900. Jahrfeier des Heiligen M a r k u s am 25. J u n i 1968 teil. Die ägyptische Regierung spendete ebenfalls einen Betrag von 1 5 0 0 0 0 ägyptischen P f u n d f ü r den Bau der K a t h e d r a l e . Bei der Grundsteinlegung gab Präsident Nasser in seiner Rede seiner Verachtung des Fanatismus u n d der Fanatiker Ausdruck. E r sagte: „Gott rief niemals z u m Fanatismus, sondern zur Liebe auf . . . Wir k ä m p f e n f ü r unsere Ideale u n d unsere Prinzipien, aber w i r stoßen auf Probleme u n d Schwierigkeiten, die durch Fanatiker, seien sie Christen oder Moslems, verursacht werden. Wir kennen alle die Streitigkeiten in D ö r f e r n u n d an anderen O r t e n . Ein mohammedanischer Fanatiker erhebt sich u n d stachelt das Volk auf, oder ein christlicher Fanatiker erhebt sich u n d stachelt das Volk auf und B r ü d e r beginnen einander zu bek ä m p f e n . . . W i r müssen die Fanatiker auf mohammedanischer oder christlicher Seite ausmerzen, damit w i r den rechten Weg befolgen können . . . Die Welt w u r d e geschaffen u n d mit ihr F a n a t i k e r u n d Fanatismus, die Welt w i r d vergehen, u n d Fanatiker w i r d es bis zu ihrem E n d e geben. Diese Angelegenheit w i r d niemals ein Ende nehmen, aber die Vernünftigen unter uns können gegen. übertriebenen Fanatismus einschreiten . . In dieser frühen Phase ist es nicht einfach, die Auswirkung des Sozialismus auf religiöse Gemeinschaften, besonders auf die koptische, zu beurteilen. Die Ausscheidung der Religion aus politischen u n d sozialen Tätigkeiten f ü h r t die ägyptische Gesellschaft jedoch zur Säkularisierung, u n d Religion wird mehr u n d mehr zu einer persönlichen Beziehung zwischen dem einzelnen und seinem G o t t werden. In den folgenden Teilen dieses Kapitels w i r d die Rolle behandelt, die die Erziehung bei der Herausbildung der koptischen Identität spielt; die Rolle der Familie, des nationalen Erziehungswesens, der christlichen Erziehung, der ländlichen u n d städtischen Diakonie u n d der theologischen Ausbildung.

Prägung der koptischen Identität

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2. Die koptische Familie und die Erziehung in der sich wandelnden Gesellschaft Die intellektuellen, emotionalen, geistlichen und physischen Familienerfahrungen tragen weitgehend zum Wachstum und zur Weiterführung der religiösen Identität ihrer Mitglieder bei. Die koptische Familie hat den stabilen Charakter der altägyptischen Familie, die christlich getauft wurde, ererbt. Die Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau ergibt sich aus dem Glauben an die organische Einheit, in der sie ein Fleisch und ein Geist durch das Sakrament der Ehe werden. Hier liegt der Unterschied im Vergleich zur moslemischen Ehe, die ein Vertrag zwischen Mann und Frau ist, als Eheleute zusammenzuleben. Der sakramentale Charakter der koptischen Ehe hat die Struktur der Familie und die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern beeinflußt. Monogamie und Beschränkung der Ehescheidung auf den Fall des Ehebruches hat zur Stabilität, zur Sicherheit und zu enger Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau, den Eltern und Kindern in koptischen Heimen geführt. Christliches Leben im koptischen

Heim

Das Leben in einem koptischen Heim bietet dem Kind eine Atmosphäre, die ihm hilft, seine Identität als Kopte zu finden. Schon die Tatsache, daß ein Kind biblische N a m e n und Namen der Heiligen erhält, hat in sich bereits Einfluß auf die christliche Persönlichkeit des Kindes. Nach der apostolischen Tradition hat die koptische Kirche stets die Kleinkindtaufe praktiziert. Die Taufe bietet den ersten Inhalt und den existentiellen Ursprung der sogenannten christlichen Erziehung. Durch die Taufe wird das Kind ein Mitglied der Kirche und unterscheidet sich dadurch geistlich gesehen von Nichtchristen. Bei der Taufhandlung der koptischen Kirche wird eine Patenmutter (oder Patenvater) ernannt, die f ü r die Erziehung des Kindes nach christlicher Lehre und nach christlichen Idealen verantwortlich sind. Der Pate Stehende legt zu Anfang des Taufritus vor dem Priester das Versprechen ab, d a ß er (oder sie) Christus anerkennt und sein oder ihr Bestes tun wird, um das anvertraute Kind im christlichen Glauben und Leben innerhalb der Gemeinschaft der koptischen Kirche zu erziehen 28 . Die koptische Familie war traditionell gesehen durch Mithilfe der Kirche der Mittelpunkt des religiösen Lebens. Koptische Eltern nähr-

Die Orthodoxe

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Kirche

Ägyptens

ten ihre Kinder im christlichen Glauben und Leben sowie in der Liebe Gottes. Bekanntmachung mit der Heiligen Schrift und den geheiligten Schriften wurde als wichtig erachtet. Durch ihr eigenes Leben haben koptische Eltern ihren Kindern ein gutes Beispiel des christlichen Lebens gesetzt. D e r V a t e r ist ein V o r bild für die K i n d e r und zeigt ihnen, was es heißt, ein Christ zu sein. D e r V a t e r leitet F r a u und Kinder im Familiengebet und handelt als Priester im Heiligtum seines Hauses. D e r Familienaltar oder der heilige R a u m ist der O r t , w o das K i n d von seinem V a t e r lernt, wie es zu beten hat 2 9 . Familiengottesdienst u m f a ß t Lesungen aus der Bibel, das Singen von H y m n e n , Verlesen der sieben kanonischen Stundengebete, die aus Psalmen, Lesungen aus der Bibel und verschiedenen Gebeten bestehen 3 0 . D i e religiösen Handlungen in koptischen Heimen binden die Kinder an die Tradition der koptischen Kirche. Durch das Fasten ζ. B. lernt das K i n d Selbstdisziplin und Opferbringen, und außerdem ist es eine Gelegenheit für die koptische Familie, mit der übrigen koptischen Gemeinschaft

an

der allen

gemeinsamen

religiösen

Tradition

teilzu-

nehmen. In den letzten Jahrhunderten und auch heute noch werden auch die Freizeiten in den koptischen Familien — wenn auch in beschränktem M a ß e — religiös ausgestaltet. Das Feiern der Heiligenfeste w a r für die K o p t e n eine Ermahnung an das Beispiel des christlichen Lebens, das die Heiligen gesetzt hatten, deren Feste es zu feiern galt, und gleichzeitig w a r es eine Gelegenheit zum Ausspannen und zum Beisammensein mit Freunden und Verwandten 3 1 . Die sich wandelnden

Strukturen

und Funktionen

der

koptischen

Familie Bis E n d e des 19. Jahrhunderts waren koptische und mohammedanische Familien meist Großfamilien. D i e verheirateten Söhne blieben mit ihren Eltern zusammen, und somit lebten drei oder mehr Generationen gemeinsam. Diese Art des Familienlebens wurde durch die K l e i n f a m i l i e abgelöst. Neuverheiratete P a a r e verlassen das E l t e r n haus und richten sich ihr eigenes H e i m ein. I m Familienleben selbst werden modernere Ideen und Systeme eingeführt. D i e Ideen und die Lebensart der Eltern werden als altmodisch angesehen. D i e zunehmende Verstädterung in Ägypten 3 2 hat zu seiner verstärkten Mobilität geführt. Städte werden ständig größer, und neue Industriegebiete erfordern die Errichtung neuer Wohnviertel oder Distrikte. Wachsende Industrie, Geschäfte und Anstellung in staatlichen

Prägung der koptischen

Identität

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Behörden verlangte von Familien und Familienmitgliedern — je nach den Anforderungen ihrer Stellungen — , von einem O r t zum anderen zu ziehen. D i e Mobilität ist einer der F a k t o r e n , die die Struktur der ägyptischen Familien von der G r o ß f a m i l i e zur Kleinfamilie geändert hat. Mobilität mag zur Entfremdung und zum Verlust der I n t i m i t ä t und Sicherheit führen, die früher von der G r o ß f a m i l i e geboten wurde. Sie führt ebenfalls zur wachsenden Unabhängigkeit der Familienmitglieder. K i n d e r sind neuen Umgebungen und Nachbarn Ihr

ausgesetzt.

Ausbiidt auf Leben und W e l t ist erwartungsgemäß

weiterge-

spannt als derjenige der Menschen, die ihr ganzes Leben an einem O r t verbracht haben. I n alten Zeiten arbeiteten Bauersfrauen und Töchter nebeneinander mit dem Bauern auf dem Feld. Zu derselben Zeit waren die Frauen in der Stadt verschleiert, und ihr P l a t z w a r im H e i m . I m J a h r e 1 9 2 3 begann die Revolution zur E m a n z i p a t i o n

der ägyptischen

Frauen.

Langsam wurden mehr Möglichkeiten für sie eröffnet. Sie brauchten nicht mehr verschleiert zu gehen und fanden einen P l a t z in der Ausbildung, wodurch sie in vielen Berufen als Ärztinnen, Rechtsanwältinnen und Ingenieure mit Männern wetteifern konnten. Sie arbeiteten ebenfalls als Sekretärinnen in Büros und als Arbeiterinnen

in

Fabriken. Seit der Revolution im J a h r e 1 9 5 2 haben Frauen politische Rechte. Sie haben das Wahlrecht. Einige Frauen wurden als Vertreterinnen in den N a t i o n a l r a t gewählt. I m J a h r e 1 9 6 2 wurde eine F r a u zum Minister für soziale Angelegenheiten im K a b i n e t t der Vereinigten Arabischen Republik ernannt. D i e gebildete F r a u ist unabhängiger von der Familie als die H a u s f r a u oder das daheimgebliebene Mädchen. Sie wartet nicht, bis die Eltern ihr einen M a n n gesucht haben, sondern sie trifft die letzte Entscheidung und die Wahl selbst. Durch ihre Arbeit wird audi das Familieneinkommen erhöht, und sie wird dadurch mehr an den Entscheidungen in der Familie beteiligt. Die Autorität des Ehemannes über häuslidie Angelegenheiten mag geschwächt werden, und dadurch können mehr Konflikte zwischen Ehemann und E h e f r a u erwartet

werden.

D i e Arbeit der Mutter außerhalb der Familie mag auch Auswirkungen auf ihre K i n d e r haben, besonders wenn die K i n d e r in der O b h u t eines Dienstmädchens gelassen werden. Massenmedien der Kommunikation haben ebenfalls einen spürbaren Einfluß auf das ägyptische Familienleben. D i e Familie und die Schule sind nicht länger die einzige grundlegende Informationsquelle

des

Kindes. M i t dem Ausbreiten dieser Medien ändert sich die R o l l e der Eltern und der Lehrer. Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, R u n d f u n k ,

Die Orthodoxe

100

Kirche

Ägyptens

Fernsehen und F i l m e bieten den E l t e r n , L e h r e r n u n d K i n d e r n reiches Bildungsmaterial.

Das

Fernsehen

hat

jedoch

eine

bemerkenswerte

W i r k u n g , da es ein besonderer A n z i e h u n g s p u n k t im H a u s ist. Es m a g schwierig sein zu sagen, welchen E i n f l u ß gerade das Fernsehen a u f das F a m i l i e n l e b e n h a t . Es m a g als M i t t e l der Familieneinheit dienen u n d m a g auch zur Ursache v o n K o n f l i k t e n in der F a m i l i e werden. E s w i r d z u r unpersönlichen M a c h t , die die Beziehungen zwischen den

Fami-

lienmitgliedern f o r m t und zu einem F a k t o r , der die F a m i l i e n w e r t e — über die K o n t r o l l e der F a m i l i e hinaus — beeinträchtigt. A l l e diese F a k t o r e n weisen a u f die S ä k u l a r i s i e r u n g des

koptischen

F a m i l i e n l e b e n s hin. D i e wachsende K o m p l e x i t ä t des sozialen Lebens in Ä g y p t e n

n i m m t der F a m i l i e ihre t r a d i t i o n e l l e n

Funktionen,

die

den spezialisierten wirtschaftlichen, erzieherischen, religiösen u n d f r e i zeitgestaltenden Institutionen der Gesellschaft übertragen werden. A u ß e r d e m w u r d e die V e r a n t w o r t u n g f ü r persönliche Angelegenheiten der Eheschließung und -Scheidung v o n der Kirche a u f den S t a a t v e r l a g e r t . J a h r h u n t e r e l a n g wurden E h e u n d Scheidung unter K o p t e n als religiöse

Angelegenheiten

verantwortlich

war.

angesehen,

Unter

für

arabischer

die und

die

koptische

türkischer

Kirche

Herrschaft

schlössen der Patriarch, Bischöfe u n d Priester der koptischen

Kirche

E h e n und entschieden über Scheidungen a u f g r u n d des kanonischen K i r chenrechtes. Als die koptischen millet

R ä t e im J a h r e 1 8 7 4 eingerichtet

w u r d e n , lag eine ihrer H a u p t a u f g a b e n in der O r g a n i s a t i o n v o n Gerichten

sowie

in

der

-Scheidungen. I m J a h r e millet

Aktenführung

über

millet

Eheschließungen

und

1 9 5 5 ersetzte die ägyptische R e g i e r u n g

die

Gerichte durch Zivilgerichte, die auch die V e r a n t w o r t u n g

der

Eheschließungen und der Ehescheidungsfälle aller B ü r g e r , die der M o h a m m e d a n e r , K o p t e n und a n d e r e r religiöser M i n d e r h e i t e n

übernah-

m e n . D a s P r i n z i p der religiösen Gemeinschaftsgesetze w u r d e jedoch v o n den Zivilgerichten beibehalten. Koptische Priester sowie Priester u n d P f a r r e r anderer christlicher Namen

der Regierung

Kirchen

sind berechtigt,

zu schließen. S e i t dem J a h r e

Ehen

im

hat

die

1961

ägyptische Regierung versucht, ein neues Gesetz f ü r persönliche A n gelegenheiten auszuarbeiten, das f ü r a l l e Bürger, f ü r Moslems Nichtmoslems,

gleichzeitig a n z u w e n d e n

w ä r e . D i e koptische

und

Kirche

h a t d a r a u f mit Errichtung eines Ausschusses reagiert, in dem die G e setzesvorlage diskutiert w i r d . I n den J a h r e n 1 9 6 2 , 1 9 6 4 u n d 1 9 6 7 h a t der Ausschuß dem ägyptischen J u s t i z m i n i s t e r i u m M e m o r a n d e n diese Angelegenheit überreicht. D i e koptische K i r c h e h a t in

über diesen

M e m o r a n d e n die notwendigen Ä n d e r u n g e n angegeben, die e r f o r d e r lich sind, um das neue Gesetz m i t d e m kanonischen Kirchenrecht in

Prägung der koptischen

Identität

101

Einklang zu bringen. In den Memoranden wurden folgende Hauptpunkte dargelegt: Die einzige für die Kopten annehmbare Form der Ehe ist die Monogamie; es ist wesentlich, daß religiöse von Priestern vorgenommene Eheschließungen stattfinden; Scheidungsgrund kann lediglich der Ehebruch sein; die Ehefrau kann eine Scheidung erwirken, wenn der Ehemann sich zu einer anderen Religion bekehren läßt; Scheidungsfälle sind vor der Scheidungserteilung der Kirche vorzulegen, damit sie versuchen möge, beide Parteien des Streites miteinander auszusöhnen33. Erziehung

zum Familienleben

in der koptischen

Kirche

Die Kontinuität des christlichen Lebens in koptischen Familien hängt von der Beibehaltung der religiösen Funktion in der Familie selbst ab. Bevor ein Kind in die Schule oder Kirche geht, wird sein religiöses Leben zuerst zu Hause geformt. Der Glauben der Eltern und das Verhältnis zwischen Eltern und Kind haben einen starken Einfluß auf den religiösen Glauben des heranwachsenden Kindes. Die Annäherung des Kindes an Gott ist eine Reflektion seines Erlebens in der Familie. Die Erziehung zum Familienleben wurzelt in der traditionellen Beziehung zwischen Kirche und Heim, wobei sich die Familiengemeinschaft innerhalb der koinonia der Kirche entwickelt. Eine Neubelebung der alten Tradition, nach der regelmäßige seelsorgerische Besuche in koptischen Familien abgestattet wurden, könnte einen wirksamen Einfluß auf die Anknüpfung von Beziehungen zwischen Heim und kirchlichem Leben haben. Dies schließt audi die Feier einiger liturgischer Dienste in der Familie — wie es zu Anlässen eines Umzuges oder einer Krankheit eines Familienmitgliedes geschieht — ein. Erziehung zum Familienleben ist jedoch kein spezialisiertes Programm für eine bestimmte Altersgruppe, sondern ein Erziehungsprogramm für alle Phasen und Rollen des Lebens, bei denen Einheit, Weiterführung und Integrität des gesamten Lebens in Betracht gezogen wird. Einige koptische Kirchen haben mit der Durchführung von Programmen und Tätigkeiten begonnen, an denen alle Familienmitglieder teilnehmen können34. Teilnahme der Familien an kirchlichen Gottesdiensten und Ermutigung zum gemeinsamen Gottesdienst im Heim hilft vor allem den Familienmitgliedern in der Liebe Gottes zusammenzuwachsen. Studien und Forschungsarbeiten über das koptische Familienleben wurden in jüngster Zeit im allgemeinen in der Familienabteilung be-

102

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

trieben, die von dem Bistum f ü r öffentliche, ökumenische und soziale Dienste der koptischen Kirche im Jahre 1966 eingerichtet wurde. Diese Abteilung hat bereits einige Studien veröffentlicht 35 . Obwohl einige Büros und das koptische Patriarchat sich mit Familienproblemen befassen, muß jede Kirche dem Familienleben und seinen Problemen besondere Aufmerksamkeit widmen. Am dringlichsten ist die Ausbildung von Familienberatern. Sie könnte in der Abteilung f ü r Sozialstudien im Institut für koptische Studien erfolgen.

3. Die Kopten und das nationale

Erziehungswesen

Die Auswirkung des Erziehungswesens auf die koptische Gemeinschaft hängt eng mit der Entwicklung des modernen Nationalismus in Ägypten zusammen, in dem die Gleichheit aller Ägypter bestätigt wurde. Der Platz der Kopten in der ägyptischen Gesellschaft ist durch den Wandel in dem Erziehungssystem ein anderer geworden. In Altägypten waren die Schulen den Tempeln angeschlossen, und sie wurden von Schriftgelehrten geleitet. Während der griechischen und römischen Herrschaft hatten die Kopten ihre eigenen Schulen in den Dörfern in der Nachbarschaft der Klöster im Niltal. Bischöfe der Diözesen errichteten und verwalteten ebenfalls Schulen. An diesen Schulen lehrten Mönche, Diakone und Kantoren derjenigen Kirchen, zu denen diese Schulen gehörten. Die koptischen Schulen und die koptische

Tradition

Nach der arabischen Eroberung Ägyptens unterhielten die Kopten nach wie vor ihre eigenen Schulen. Mit A n k u n f t und Ausbreitung des Islams in Ägypten gab es gleichzeitig zwei Schularten: eine f ü r mohammedanische und eine für koptische Kinder. Beide Schularten waren unter dem Namen „kuttabs" bekannt. Im 18. und 19. J a h r h u n dert berichteten Ägyptenfahrer, daß „die Kopen zahlreiche Schulen hatten" 3 6 , und daß „alle koptischen Jungen kleine Schulen besuchten." 37 Während des Mittelalters bis zum 19. Jahrhundert lief der Lehrplan darauf hinaus, den Schülern das Lesen und Schreiben der koptischen und arabischen Sprache beizubringen. Geometrie und Arithmetik w a ren praktische Fächer f ü r die Z u k u n f t der Kinder, in der sie als Landvermesser, Steuereinzieher oder Buchhalter zu arbeiten hatten. In Glaubensfragen wurden die koptischen Kinder durch drei Arten von

Prägung

der koptischen

Identität

103

Unterricht in der koptischen Kirche unterwiesen: Bibelstudien, hauptsächlich die Evangelien und die Briefe; Auswendiglernen der täglichen Gebete der Kirche, die aus den Psalmen und den Gebeten in der „Agbeia" oder den „sieben Gebeten" bestehen; und Singen der hauptsächlich koptischen Hymnen der Liturgie und anderer kirchlicher Feiern 38 . Die Hauptfunktion der koptischen kuttab war Aufrechterhaltung und Bewahrung der koptischen Gemeinschaft. Der Schulunterricht war das Werkzeug für die Weiterführung ihres sozialen und religiösen Lebens und für die Bewahrung der koptischen religiösen und kulturellen Tradition. Die Errichtung

moderner

koptischer

Schulen

Während der Zeit Mehmed Alis wurden moderne Schulen in Ägypten errichtet, und koptischen Schülern war es nicht erlaubt, diese Schulen zu besuchen. Ausschluß von diesen Schulen bedeutete für sie eine starke Gefährdung ihrer Zukunftsaussichten. Sie wußten, daß die neuen Techniken, die in den neuen Hochschulen und Schulen gelehrt wurden, das Ende ihrer traditionellen Berufe bedeutete. Hoffnungen und Ängste der Kopten fanden ihren Ausdruck und ihr Beispiel in der Person des Papstes Kyrill IV., des bekannten Begründers der koptischen Reform. Als Abt des Frauenklosters des Heiligen Antonius errichtete er die erste Schule in Bush, einer Stadt in Oberägypten. Im Jahre 1853 wurde er von den Leitern der koptischen Gemeinschaft zum Metropoliten von Kairo ernannt. Ein Jahr später wurde er zum Patriarchen geweiht. Diese Stellung hielt er bis zu seinem Tode im Jahre 1861. Seine Reformen im Erziehungswesen führten zu einer neuen Ära im koptischen Erziehungswesen. Im Jahre 1853 begann er mit dem Bau der koptisch-orthodoxen Hochschule auf dem Grundeigentum des Patriarchates, die im Jahre 1855 eröffnet wurde. Diese neue Schule war modern und äußerst qualifiziert. Moderne Sprachen und akademische Fächer bildeten den Mittelpunkt des Lehrplanes. Studenten wurden in arabischer, türkischer, französischer, englischer und italienischer Sprache, in Arithmetik, Geometrie, Geschichte, Geographie, Wissenschaften, Singen und Logik unterrichtet. Kyrill IV. errichtete zwei moderne Schulen, eine davon war die erste ägyptische Mädchenschule. In Anbetracht dieser Tatsache wurde er als Pionier der Mädchenausbildung in Ägypten anerkannt 39 . Durch den frühen Tod Kyrills IV. — im Alter von 45 Jahren —40 erlitten die Kopten einen nicht wieder gutzumachenden Verlust. Die

104

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

koptische Gemeinschaft führte trotzdem ihre Reformen im Erziehungswesen fort. Im Jahre 1863 gab es 12 koptische Schulen und im Jahre 1878 bereits 25. Zwischen den Jahren 1875 und 187841 stieg die Zahl der koptischen Schüler in Privatschulen von 1212 auf 3012. In der ersten H ä l f t e des 20. Jahrhunderts wuchs die Zahl der koptischen Schulen in ganz Ägypten rasch. Im Jahre 1848 hatten die Kopten 321 Volksschulen und höhere Schulen, d. h. 18 Prozent aller Schulen jenes Jahres. 18 Prozent aller Jungen und 24 Prozent aller Mädchen in allen Volksschulen und höheren Schulen waren Kopten 42 . Die Zahl der koptisdhen Schulen in den Jahren zwischen 1853 und 1950 stieg aufgrund von drei Arten von Bemühungen. Das Patriarchat, die Diözesen und die örtlichen Kirchen errichteten viele Schulen, gelegentlich wurde der Unterricht in Klassenräumen der Kirche oder in neben der Kirche gebauten Räumen abgehalten. Die koptischen Wohlfahrtsgesellschaften trugen ebenfalls zum Erziehungswesen bei, indem sie viele Schulen f ü r ihre eigene Gemeinschaft bauten oder einrichteten. Eine Schule

für

alle

•Kyrill IV. öffnete seine Schulen f ü r Kinder aller Glaubensbekenntnisse und Rassen. Nach seinem Tode wurde diese Politik weitergeführt, und koptische Schulen waren f ü r Moslems sowie Christen ohne jegliche Bevorzugung offen. Im Jahre 1911 gab es 2946 moslemische Schüler in den größeren koptischen Stadtschulen. Zur Zeit Ismails stellte die ägyptische Regierung Kyrill IV. rund 610 ha Land zur Verfügung, um den koptischen Schulen zu helfen 43 . Somit erkannte die Regierung ihre Verantwortung für die Erziehung koptischer Kinder an. In den Debatten im Deputantenhaus (Majlis Shura al-Nuwab) über die Erziehungspolitik im Jahre 1866 sagte ein moslemischer Abgeordneter: „die Kopten sind lediglich Söhne der Nation und so sollten sie auch Zugang zu den Schulen in den Provinzen (mudiriat) haben und nicht draußen gelassen werden, wenn sie aufgenommen werden möchten" 44 . Ein J a h r später (im November 1867) wurde das Rajab-Gesetz erlassen,, in dem die Erziehungspolitik festgesetzt wurde. Es besagte, daß allen Ägyptern eine gleiche Möglichkeit gegeben werden solle. In der 36. Klausel des Gesetzes hieß es, daß „die Schüler, ohne Rücksicht auf ihren religiösen Glauben, in die Schulen aufgenommen werden sollten . . ." 45

Prägung der koptischen

105

Identität

W ä h r e n d der britischen Besetzungszeit in Ägypten ( 1 8 8 2 — 1 9 2 2 ) w u r de der Ausweitung des Erziehungswesens E i n h a l t geboten, aber die Kopten fuhren fort, Schulen zu eröffnen und billigeren

Unterricht

als die staatlichen Schulen jener Zeit zu bieten. In vielen Fällen erließen die koptischen

Schulen

Kindern

armer Familien

die Schul-

gebühren. Zwischen

1938 und 1951 versuchten

Regierungen

die verschiedenen

ägyptischen

das Erziehungssystem zu verändern. Für die seit

Revolution von

1952 erreichten Errungenschaften

des Erziehungswesens

gibt es jedoch

keinen

auf dem

Präzedenzfall

der

Gebiet in

der

ägyptischen Geschichte. Der erste und zweite Fünfjahresplan für das Erziehungswesen ( 1 9 6 0 — 1 9 6 5 und 1 9 6 5 — 1 9 7 0 ) sah den Bau von 3 5 0 Volksschulen pro J a h r — für eine Zeitspanne von 10 J a h r e n — vor, um jedem schulpflichtigen K i n d in Ägypten ( 6 — 1 2 J a h r e ) überall im L a n d e einen Platz geben zu können. In den J a h r e n 1 9 5 3 — 1 9 5 4 gab es 1,4 Millionen Volksschüler und in den J a h r e n 1 9 6 4 — 1 9 6 5 3,2 M i l lionen 49 . Nach sechsjähriger Volksschulbildung werden Jungen und Mädchen



ohne Rücksicht auf ihre religiöse Zugehörigkeit — zu den V o r b e r e i tungsschulen (für die Altersklassen 1 2 — 1 5 J a h r e ) und zu den höheren Schulen (für 15- bis 18jährige) je nach den Zensuren zugelassen, die sie im Vergleich zu anderen Schülern im Zeugnis der vorherigen Bildungsstufe erhalten haben. Zulassung zu Universitäten hängt ebenfalls von den Zensuren ab, die ein Schüler in den staatlichen E x a m e n im Abschlußzeugnis höherer Schulen erhalten hat. Seit dem J a h r e 1962 ist die Schulbildung, einschließlich der Universitäten, kostenlos. Einige koptische Privatschulen, einige ausländische Schulen und einige Privatschulen verlangen jedoch noch Schulgebühren. S o wurde Gleichheit in der Erziehung in der Vereinigten Arabischen Republik unter Moslems und K o p t e n in drei Phasen

durchgeführt:

erstens durch Errichtung von Schulen für alle ägyptischen K i n d e r im schulpflichtigen Alter ( 6 — 1 2 ) und durch die Errichtung von genügend Vorbereitungsschulen

und höheren

Schulen,

um

den

Bedürfnissen

einer sich rasch modernisierenden Gesellschaft nachzukommen; z w e i tens durch eine objektive Auswahl der Schüler jeder

Bildungsstufe

und drittens durch die Schaffung kostenloser Ausbildung für Schüler auf allen Erziehungsstufen, so daß fähige Studenten

alle nicht

durch wirtschaftliche Schranken an der Weiterführung der Studien gehindert werden.

106

Christlicher

Die Orthodoxe

Religionsunterricht

Kirche

Ägyptens

in öffentlichen

Schulen

Zwischen den Jahren 1911 und 1950 führten die koptischen leitenden Persönlichkeiten einen ständigen Dialog mit dem Erziehungsministerium, um den christlichen Religionsunterricht in den staatlichen Schulen einzuführen. Im J a h r e 1954 entschied das Erziehungsministerium, d a ß Religionsunterricht in allen Ausbildungsstufen erforderlich sei. Schüler der Volks- und Vorbereitungsschulen sowie Schüler höherer Schulen mußten eine Prüfung in den Fächern ihrer respektiven Religion, seien sie Moslems oder Christen, in jeder Klasse ablegen, um in eine höhere versetzt zu werden. Ein Ausschuß wurde gebildet, der ebenfalls Vertreter der koptisch-orthodoxen Kirche, der katholischen und der protestantischen Kirchen umfaßt. Der Ausschuß arbeitete einen Lehrplan für christlichen Religionsunterricht aus, der die Grundlage für die erforderlichen religiösen Lehrbücher aller Stufen des nationalen Erziehungswesens darstellte. Dieser Plan wurde im J a h r e 1965 von einem neuen Ausschuß überarbeitet, an dem neben den Vertretern der obenerwähnten Kirchen audi ein offizieller Vertreter des Erziehungsministeriums teilnahm. In der Einführung zu dem neuen Lehrplan wurde darauf hingewiesen, daß die Grundlage des neuen Lehrplanes „die Einheit und Integration aller Bildungsstufen" sei. D e r Lehrplan sollte funktionell sein. Zur Auswahl der Fächer des Lehrplanes meinte der Ausschuß, daß „diese im Leben der Schüler funktionelle Bedeutung haben und mit ihren sozialen, intellektuellen und emotionellen Bedürfnissen und mit dem kulturellen Erbe ihrer Gesellschaft und deren Philosophien und Haltungen in Verbindung stehen müßte" 4 7 . U m dieses Ziel zu erreichen, wurde versucht, in den neuen Lehrbüchern folgendes zu vertiefen: das Verständnis der individuellen und gesellschaftlichen Verhaltenswerte, der Trends auf dem Gebiet des zeitgenössischen und kulturellen Erbes und der moralischen und sozialen Werte, die die Gesellschaft in ihren Mitgliedern zu entwickeln sucht. Die Religion kann zur Entwicklung derjenigen Bürger beitragen, die bewußt und fähig an der Erarbeitung dieser Werte positiv teilnehmen und die auch zur Vertiefung der Aspekte des christlichen dogmatischen Glaubens beitragen. Gegenwärtig arbeitet der Ausschuß mit dem Erziehungsministerium zusammen, um das Problem der Ausbildung von christlichen Lehrkräften für die verschiedenen Schulfächer zu lösen, so daß diese F ä cher besser unterrichtet werden können. In der Zwischenzeit werden weiterhin Bemühungen gemacht, um die Zustimmung der Regierung

Prägung

der koptischen

Identität

107

zur Ernennung von Lehrkräften f ü r den Religionsunterricht aus Kreisen der Absolventen des koptischen Seminars zu erhalten und um eine geeignete Überwachung in diesen Fächern bieten zu können.

4. Christliche

Erziehung

und Belebung

der koptischen

Kirche

Die Katechumenensdiulen stellten die erste Form des Religionsunterrichtes der koptischen Kirche d a r . In ihnen wurden die Katechumenen vor der Taufe im christlichen Glauben unterrichtet. Während hier hauptsächlich z u m christlichen Glauben gehörende Erwachsene unterrichtet wurden, lag die christliche Erziehung der Kinder in H ä n d e n der christlichen Eltern, der Patentanten oder -onkel und der christlichen Gemeinschaft als größerer Familie. Kinder wuchsen im s a k r a mentalen Leben der Kirche heran. Die Liturgien der Kirche boten eine audio-visuelle Erziehung für Kinder und Erwachsene in den Fakten des Glaubens. Vom 4. J a h r h u n d e r t an überwachten die Klöster in den ägyptischen Wüstengebieten alle Formen der Erziehung. Zwischen dem religiösen und säkularen Unterricht bestand in den Klosterschulen der verschiedenen Diözesen kein Unterschied. W ä h r e n d des Mittelalters lebten die Kopten in einer isolierten Gemeinschaft hinsichtlich ihres gesellschaftlichen und erzieherischen Lebens. Koptische Schulen standen mit den Kirchen in Verbindung und wurden von Mitgliedern der Gemeinschaft geleitet. Koptische T r a d i tion und Kultur waren ein wesentlicher Aspekt der koptischen Erziehung. Der Religionsunterricht konzentrierte sich auf Lesen der Bibel, Auswendiglernen von Psalmen und bestimmten Teilen der Heiligen Schrift, auf die koptische und arabische Sprache und auf das Singen liturgischer Gesänge. Im allgemeinen w u r d e in dieser Ausbildung auf die Bewahrung der koptischen Tradition Wert gelegt.

Kindergottesdienstbewegung A n f a n g des 20. Jahrhunderts zeichnete sich die Notwendigkeit für ein neues Organ des Religionsunterrichtes ab. Die Tatsache, d a ß das moderne Erziehungswesen sich immer mehr ausbreitete und daß ständig mehr koptische Schüler staatliche Schulen besuchten, in denen es keinen Religionsunterricht gab, machte es erforderlich, den koptischen Schülern irgendwoanders Religionsunterricht zu erteilen. Ähn-

108

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

lieh war es mit der steigenden Anzahl der koptischen Schulen, in denen ebenfalls kein umfassender Religionsunterricht erteilt wurde, weil sie sich hauptsächlich auf moderne akademische Fächer konzentrierten und dem Religionsunterricht lediglich wenig Aufmerksamkeit schenkten. Im Jahre 1918 wurde ein „Projekt des Kindergottesdienstes" unter der Leitung von Habib Girgis, dem damaligen Direktor des koptischen theologischen Seminars, ausgearbeitet. Mit H i l f e einiger junger leitender Persönlichkeiten wurde ein Ausschuß unter dem N a m e n „Allgemeiner Ausschuß f ü r Kindergottesdienst" eingerichtet. Die Ziele dieses Ausschusses bestanden in der Förderung christlicher Kenntnisse und des Glaubensverständnisses bei Kindern, in der Entwicklung moralischer und geistlicher Werte, in der Festigung ihrer Beziehung zur Kirche, die durch regelmäßigen Gottesdienstbesuch erreicht werden sollten 48 . U m diese Ziele zu erreichen, richtete der Ausschuß Kindergottesdienstklassen in den Kirchen in Kairo und anderen Städten ein. Als Lehrer wurden Studenten und Absolventen der Universität in Kairo und des theologischen Seminars eingesetzt. Der Unterricht wurde sonntags nachmittags und freitagmorgens nach den liturgischen Feiern abgehalten. In den dreißiger Jahren war der Kindergottesdienst bereits zu einem wesentlichen Teil des Lebens vieler Kirchen geworden 49 . Wochenlektionen wurden mit bunten Bildern versehen gedruckt und den Kindern jede Woche mitgegeben. Habib Girgis schrieb acht Bücher, die auf den verschiedenen Stufen des Kindergottesdienstes zu benutzen waren sowie auch f ü r den Religionsunterricht in öffentlichen und koptischen Schulen 50 . Bücher und Broschüren über geschichtliche und theologische Themen wurden ebenfalls veröffentlicht und unter den Schülern verteilt. Der Patriarch der koptischen Kirche, Anba Yoanis (Johannes X I X . ) , unterstützte die Kindergottesdienstbewegung und besuchte einige ihrer Tätigkeiten. Im Jahre 1935 ordinierte er 260 Schüler dieser Bewegung und im Jahre 1936 weitere 74 Schüler zu Diakonen 5 1 . Danach fanden Kindergottesdienste überall in Ägypten statt und wurden in Kirchengebäuden, in Sälen der Wohltätigkeitsgesellschaften und sogar in Familien in kleineren Städten und Dörfern abgehalten. In vielen Städten wurden die Eltern auf Konferenzen und öffentlichen Versammlungen aufgefordert, ihre Kinder in den Kindergottesdienst zu schicken. In den fünfziger Jahren wurde die Kindergottesdienstbewegung zu einem starken Faktor der Leitung der kirchlichen Angelegenheiten der

Prägung

der koptischen

109

Identität

koptischen Kirche. G e n e r a t i o n e n von Kindergottesdienstlehrern gingen aus der Universität hervor, u n d viele betrieben weitere Studien u n d h a t t e n v e r a n t w o r t u n g s v o l l e Stellungen auf ihren Fachgebieten inne. Die Sorge u m die U n t e r r i c h t u n g v o n K i n d e r n u n d J u g e n d lichen f ü h r t e auch zu der Erkenntnis, d a ß das Leben der Kirche neu belebt w e r d e n müsse. Eine im J a h r e 1946 gegründete Zeitschrift Magalet

Madaris

al-Ahad

(Kindergottesdienstzeitung)

diente

als

P l a t t f o r m f ü r die V e r b r e i t u n g neuer Ideen über das Leben der Kirche. Die Kindergottesdienste stellten eine a u t o n o m e Bewegung der k o p t i schen Kirche d a r u n d w a r e n kein formeller Teil der kirchlichen O r ganisation. Kindergottesdienstlehrer f ü h r t e n ihre eigene Arbeit in jeder Kirche, je nach den örtlichen Bedingungen und Möglichkeiten, durch. Ihre Beziehung z u r örtlichen Kirchenverwaltung reichte von voller T e i l n a h m e an allen Tätigkeiten der Kirche bis zur gänzlichen T r e n n u n g zwischen Kindergottesdienstunterricht und Diensten in den liturgischen u n d seelsorgerischen Arbeiten der Kirche. Die Macht und Wirksamkeit des Kindergottesdienstes im Leben der koptischen Kirche lag in seiner U n a b h ä n g i g k e i t . Verschiedentlich kamen die Lehrer und Leiter d e r Kindergottesdienste aller Kirchen von K a i r o zusammen, um über einige Fragen ihres gemeinsamen Anliegens hinsichtlich des Lebens der Kirche zu v e r h a n d e l n . I h r e S t i m m e w u r d e bei der Wahl eines neuen Patriarchen oder bei der Ä n d e r u n g der Eheschließungs- und -scheidungsgesetze gehört. O b w o h l sie nicht immer alle angestrebten Ziele erreichten, w a r e n sie doch in der Lage, die K o p t e n auf Fragen hinzuweisen und eine gewisse E r k e n n t n i s ihrer Anliegen zu schaffen. Einige Kindergottesdienstleiter kamen zu dem Schluß, daß sie n u r zur Belebung des Lebens der koptischen Kirche beitragen könnten, i n d e m sie sich selbst f ü r den Dienst in der Kirche weihen ließen. Sie gaben ihre säkularen Berufe als Ingenieure, Rechtsanwälte, Lehrer oder Ä r z te auf u n d w u r d e n ordinierte Priester in den Kirchen von K a i r o u n d anderen G r o ß s t ä d t e n , oder sie gingen in die Klöster u n d w u r d e n Mönche. Seit dem J a h r e 1961 w u r d e n mindestens fünf der letzteren zu Bischöfen geweiht. Sie spielen in der allgemeinen K i r c h e n v e r w a l t u n g u n d als geistliche F ü h r e r der K o p t e n v o n heute eine b e d e u t e n d e Rolle 5 2 . I m J a h r e 1960 w u r d e der Kindergottesdienst u m b e n a n n t u n d zu „Schulen kirchlicher E r z i e h u n g " erklärt. D e r neue N a m e zeigt ebenfalls, d a ß eine V e r ä n d e r u n g in der Beziehung dieser Schulen zu der

Die Orthodoxe

110

Kirche

Ägyptens

K i r c h e e i n g e t r e t e n ist. D e r neue N a m e b e s t ä t i g t , d a ß diese Schulen f ü r das Leben d e r koptischen Kirche wesentlich sind. D e r offizielle P l a t z der Schulen f ü r kirchliche E r z i e h u n g w u r d e in d e r koptischen K i r c h e durch die W e i h e eines Bischofs f ü r theologische A u s b i l d u n g u n d Schulen f ü r kirchliche E r z i e h u n g im J a h r e 1962 bestätigt. H i e r d u r c h e n t steht eine enge V e r b i n d u n g zwischen d e r theologischen

Ausbildung

im koptischen theologischen S e m i n a r u n d d e m R e l i g i o n s u n t e r r i c h t in d e n einzelnen Kirchen. Unterrichtsziele

und

-material

A n f a n g s b e n u t z t e n K i n d e r g o t t e s d i e n s t l e h r e r die T e x t e der S o n n t a g s lesungen (Lesungen aus d e r H e i l i g e n S c h r i f t nach d e m P l a n des l i t u r gischen J a h r e s ) f ü r ihren U n t e r r i c h t . Als H a b i b Girgis d i e o b e n e r wähnten

Bücher f ü r den R e l i g i o n s u n t e r r i c h t h e r a u s g a b , w u r d e n

sie

v o n L e h r e r u n d Schülern w e i t g e h e n d b e n u t z t . In den d r e i ß i g e r u n d f r ü h e n v i e r z i g e r J a h r e n a r b e i t e t e n die L e h r e r d e r einzelnen K i n d e r g o t t e s d i e n s t e i h r e eigenen L e h r p l ä n e u n d U n t e r r i c h t s r a h m e n je nach A n z a h l d e r Klassen u n d Schüler aus. I m J a h r e 1948 k a m ein allgem e i n e r L e h r p l a n heraus, der i m J a h r e 1 9 5 2 u n d 1957 e r n e u t

vom

Ausschuß f ü r K i n d e r g o t t e s d i e n s t ü b e r a r b e i t e t w u r d e . D e r L e h r p l a n v o n 1957 w u r d e im J a h r e 1961 in ü b e r a r b e i t e t e r F o r m h e r a u s g e g e b e n u n d in einem Buch v e r ö f f e n t l i c h t . D i e Richtlinien des L e h r p l a n e s u m f a s s e n vier D i m e n s i o n e n : d i e geistliche u n d ekklesiastische, die soziale, die n a t i o n a l e , die i n t e l l e k t u e l l e u n d psychologische D i m e n s i o n . I m L e h r p l a n w e r d e n in g r o ß e n Linien 52 L e k t i o n e n mit i h r e n biblischen u n d sonstigen R e f e r e n z e n f ü r z w ö l f Klassen a u f g e f ü h r t : Sechs f ü r Volksschulen, drei f ü r V o r b e r e i t u n g s s c h u l e n u n d drei w e i t e r e f ü r h ö h e r e Schulen. E r e n t h ä l t e b e n f a l l s Richtlinien f ü r J u g e n d g r u p p e n , Klassen f ü r A r b e i t e r u n d solche f ü r M ä d c h e n . All das M a t e r i a l g i b t d e n Lehrern Richtlinien f ü r d i e V o r b e r e i t u n g i h r e r U n t e r r i c h t s s t u n d e n . D a s S c h u l j a h r w i r d in v i e r Altersklassen, je nach d e m E n t w i c k l u n g s s t a d i u m der K i n d e r , a u f g e g l i e d e r t : 5 bis 8 J a h r e , 9 bis 14 J a h r e , 15 bis 18 u n d 19 bis 25 J a h r e . Ein n e u e r L e h r p l a n f ü r Volksschulen w u r d e im J a h r e 1965 v o n einem Ausschuß des Bistums f ü r theologische A u s b i l d u n g unterricht

und

Religions-

ausgearbeitet. D e r g e d r u c k t e L e h r p l a n gibt lediglich

die

T h e m e n u n d biblischen R e f e r e n z e n f ü r d i e sechs Volksschulklassen. G e g e n w ä r t i g a r b e i t e n alle orientalischen o r t h o d o x e n K i r c h e n z u s a m m e n , u m einen gemeinsamen L e h r p l a n 5 3 a u f z u s t e l l e n .

Prägung

Die Methode

der

der koptischen

Identität

111

Jüngerschaft

Die Kirche versorgt ihre Christen mit sakramentalem Leben und liturgischem Ausdruck des christlichen Glaubens. Die Brüderlichkeit innerhalb der Glaubensgemeinschaft der Kirche und die christliche Zeugnisablegung in der Welt mit ihren letzten Formen des Märtyrertums geben den Rahmen für das geistliche Wachstum im Leben jedes einzelnen und im Leben der gesamten Kirche. Die koptische Tradition enthält jedoch ein kraftvolles Element der Spiritualität, die keineswegs vom geschriebenen oder gesprochenen Wort abhängt. Die Spiritualität der Kirchenväter wurde durch alle Jahrhunderte hindurch weitergegeben. Der persönliche Einfluß der Kirchenführer, die bestimmte spirituelle Eigenschaften besaßen, machte sich im Leben anderer bemerkbar. Bescheidenheit, Selbstdisziplin, einfache Frömmigkeit und Liebe für alle Menschen sind lediglich einige dieser Eigenschaften. Die Personifikation der Spiritualität der koptischen Väter ist eine Quelle der Stärke und gleichermaßen audi eine der Schwächen im Leben der koptischen Kirche. Fromme Kirchenväter haben zu jeder Zeit Menschen dazu geführt, ein christliches Leben nach ihrem Beispiel zu führen: sie waren nicht durch das, was sie sagten oder taten, bedeutend, sondern durch das, was sie waren. Zuzeiten unterbricht der persönliche Charakter der religiösen Führer das Leben der Kirchen, und zwar dann, wenn letztere unfähig sind, ein solches Zeugnis in ihrem eigenen Leben abzulegen. Kindergottesdienst und Schulen für kirchliche Erziehung wuchsen innerhalb dieser Tradition. Ihre Leitung wurde von einer Generation zur anderen weitergegeben, und zwar nach einer Methode, die man die der Jüngerschaft nennen könnte. Bestimmte Verständnisse und Praktiken des christlichen Lebens wurden den neuen Lehrergenerationen weitergegeben. Die meisten Lehrer waren Universitätsstudenten oder -absolventen, die aus denselben Sdiulen hervorgegangen waren, in denen sie das Lehramt übernehmen sollten, und dort hatten sie bereits eine gewisse, in ihrer Schule vorherrschende Lebensweise als gutes christliches Ideal für ihr Leben angenommen. In einer Schule ist es ζ. B. die Askese, in anderen eine Verpflichtung zur diakonia und zum Dienst an den Bedürftigen und in einer anderen das Interesse an gemeinschaftlichen Angelegenheiten und sozialen Handlungen. Jede Lebensweise drückte ihrer Jüngerschaft einen bestimmten Typus des christlichen Charakters auf, der auch die persönlichen Eigenschaften der Lehrer formte.

112

Die Orthodoxe KirAe

Ägyptens

Die Methode der Jüngerschaft ist insofern wertvoll, als sie Ideale weitergibt und keine stereotypen neuen Lehrergenerationen schafft und soweit sie nidit die Entwicklung der Individualität einer jeden Person beschneidet. Es wurden jedoch Ausbildungskurse für Lehrer eingerichtet, darunter einige allgemeine Kurse für Lehrer der verschiedenen Stadtschulen (besonders in Kairo und Alexandrien wurden solche Kurse eingerichtet). Somit ist eine gemeinsame Orientierungsgrundlage geschaffen, die durch Kontakte zwischen Studentengruppen eines Lehrganges zur größeren Reichweite einer jeden Lehrergruppe beitragen könnte.

5. Mission der koptischen

Kirche in ägyptischen

Dörfern

Der ägyptische Sozialismus macht sich in allen Aspekten des Lebens bemerkbar. Der Sozialismus veränderte die Grundstruktur der ägyptischen Gesellschaft. Das politische Leben wurde von verschiedenen widersprüchlichen Parteiansichten zu gemeinschaftlichen Entscheidungen und Abkommen auf allen Ebenen umgeformt. Die Teilnahme und der persönliche Einsatz für die Gemeinschaft betreffende Ereignisse ist zu einer Notwendigkeit geworden. Das Dorf, die Nachbarschaft, die Stadt, die Provinz und die ganze Gesellschaft der Vereinigten Arabischen Republik wurde in die sozialistische Union integriert. Das ägyptische Dorf hat sich in den letzten achtzehn Jahren radikal verändert. Die Bodenreformgesetze des Jahres 1952 und 1961, nach denen Großgrundbesitzer enteignet wurden, damit das Land unter den fellahin (den ägyptischen Bauern) aufgeteilt werden konnte, haben den „status quo" des traditionellen Dorflebens durchbrochen. Die persönliche Macht der Großgrundbesitzer ist dahingeschmolzen. Der fellah (Bauer), der ehemals Untertan des damaligen Landbesitzers war, ist jetzt Herr seines eigenen Landes, und die Landwirtschaft ist von einer Lebensweise zu einem wahren Geschäft umgewandelt worden. Das ägyptische Dorf ist zu einer unabhängigen Verwaltungseinheit geworden. Ein Dorfrat, der aus den von den fellahin — den Dorfeinwohnern — gewählten Mitgliedern zusammengesetzt ist, ist für die Entwicklung der Programme verantwortlich, die das Dorf benötigt. Neben diesem Rat ist eine Einheit, die aus einem medizinischen Zentrum, einer Schule, einem Sozialdienst und einem landwirtschaftlichen Zentrum besteht, das Werkzeug für die Modernisierung und Verbesserung des Dorflebens. Genossenschaftliche Landwirtschaft,

Prägung der koptischen

Identität

113

Verbesserung des Verkehrswesens, Verstädterung und der Transport vom Dorf in die Stadt und zurück zum Dorf und die Massenkommunikationsmittel — besonders der R u n d f u n k — sind einflußreiche Faktoren f ü r eine Entwicklung, in der sich die fellahin ihrer eigenen Lage bewußt werden und in der sie zur volleren Teilnahme an den Entscheidungen und an der Selbstregierung der dörflichen Angelegenheiten sowie des wirtschaftlichen, sozialen und politischen Lebens des Landes gebracht werden. Ländliche

koptische

Gemeinschaften

Die ländlichen koptischen Gemeinschaften verteilen sich ungefähr auf dreitausend Dörfer in Ober- und Unterägypten. Mehr als vier Millionen Kopten leben in diesen Dörfern verstreut. Häufig leben sie — besonders in Unterägypten — in sehr kleinen Gemeinschaften, die nicht mehr als fünf Familien zählen. Mindestens zweitausend Dörfer, in denen Christen leben, haben keine Kirchen, und die nächste Kirche liegt oft mehr als rund 30 km entfernt. Durch das Leben in kleinen Gruppen befinden sich die koptischen fellahin in einer verwirrten Lage. Als Christen stehen sie abseits der religiösen Tätigkeiten der Dorfgemeinschaft, die vorherrschend mohammedanisch ist, während sie gleichzeitig auch keine Verbindung mit ihrer Kirche haben. Sie wachsen ohne Kenntnis ihres christlichen Glaubens auf, und viele von ihnen sind nicht getauft. Außerdem scheint die flache ägyptische Landschaft f ü r eine homogene Gesellschaft geschaffen zu sein. Alle andersartigen Eigenschaften werden abgelehnt. Denn in diese gleichförmige N a t u r des Landes paßt nichts anderes hinein. Alle Felder sehen gleich aus, Hügel sind nicht in Sichtweite zu finden. Es wurde vermutet, d a ß diese Tatsache sich auf die psychologischen Neigungen der Dorfbewohner auswirkt. Die Bewohner neigen dazu, alles Andersartige als „Hügel" zu betrachten, die in ihrer Gemeinschaft einfach keinen Platz haben. Die obenerwähnten Entwicklungen in den ägyptischen Dörfern schaffen ein neues Interesse f ü r das Dorf selbst, da die Dorfbewohner mehr in ihren eigenen Angelegenheiten zu sagen haben und da Teilnahme und Zusammenarbeit die Grundlage der neuen Dorfgemeinschaft bilden. Die koptischen fellahin müssen daher lernen, wie sie mit den übrigen Dorfbewohnern zusammenarbeiten können. Sie müssen sich selbst nicht als Minderheit sehen, die von den übrigen Dorfbewohnern und dem gemeinsamen Interesse am Dorfleben entfremdet wurden, sondern als Mitglieder der Dorfgemeinschaft, die dieselben Rechte und

114

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

Pflichten wie alle Gemeinschaftsmitglieder haben und die in ihrem christlichen Glauben und Leben gleichzeitig wachsen müssen. Das ländliche

Diakonieprojekt

Einige koptische Gruppen 54 richteten in den dreißiger und vierziger Jahren rund zweihundert ländliche Volksschulen éin, um einen modernen Ersatz für die alten koptischen Schulen zu bieten, die während der letzten Jahre des 19. Jahrhunderts aufgegeben worden waren. Neben dem ordentlichen Lehrplan f ü r Volksschulen wurde der Religionsunterricht hervorgehoben, und die Lehrer boten den Erwachsenen der Dörfer, in denen sie arbeiteten, ebenfalls religiöse Tätigkeiten. Die meisten dieser Schulen wurden geschlossen oder der Regierung übergeben, weil sie nicht in der Lage waren, den Erfordernissen der Volksschulen zu entsprechen. Ein kleineres Programm des Religionsunterrichtes wurde in den Städten durch den Kindergottesdienst im Sommer geboten. In den Sommerferien erteilten Hochschul- und Universitätsstudenten Kindern und Erwachsenen Unterricht in den Dörfern im Umkreis der Städte. Das einflußreichste und weitreichendste gegenwärtige Programm für ländlichen Religionsunterricht ist in dem ländlichen Diakonieprojekt enthalten. Diakone — die meisten von ihnen haben das koptische theologische Seminar besucht ·— ziehen während fünf Tagen der Woche über enge, matschige Straßen — nach einem organisierten Plan — von einem Dorf zum anderen. Am Wochenende finden sie sich im Hauptzentrum ein, wo sie an ihrer wöchentlichen Versammlung teilnehmen, auf der sie die Probleme ihrer Arbeit und das Programm der nächsten Woche diskutieren. Lehre und Predigt werden mit dem Dienst an den Bedürftigen des Dorfes verbunden sowie mit der Hilfe bei der Lösung von besonderen nachbarlichen Problemen. Das ländliche Diakonieprogramm wurde im Jahre 1959 mit fünf Diakonen für 200 Dörfer begonnen. Es wurde von Pater Makry al-Souriany als Tätigkeit der Abteilung f ü r soziale Studien des Institutes f ü r koptische Studien angefangen. Nachdem er zum Bischof f ü r öffentliche, ökumenische und soziale Dienste der koptischen Kirche unter dem Namen Samuel geweiht worden war, wurde dieses Projekt entwickelt und als Hauptanliegen des Bistumes neu organisiert. Im Jahre 1968 erstreckte sich das Projekt auf alle Diözesen in Unterägypten und auf fünf Diözesen Oberägyptens. In jeder Diözese gibt

Prägung

der koptischen

115

Identität

es einen örtlichen Ausschuß für Diakonie, der die finanzielle und a d ministrative Verantwortung

in Zusammenarbeit

mit

dem

Zentral-

ausschuß in K a i r o für dieses P r o j e k t trägt. Ein zweiter Aspekt des ländlichen Diakonieprojektes ist der „mobile A l t a r " . Zusammen mit der Unterrichtung von Kindern und der P r e digt für Erwachsene werden auch die Sakramente denen gebracht, die keine Möglichkeit haben, die mehrere Kilometer entfernten

Kirchen

zu erreichen. Teilnahme an der Liturgie und dem Heiligen

Abend-

mahl ist ein wesentlicher Aspekt des Gottesdienstes, der in sich selbst erzieherisch wirkt. Dorfpriester, die mit tragbarer Ausrüstung für die Liturgiefeier versehen sind, besuchen die verschiedenen Dörfer,

die

weit von Kirchengebäuden entfernt liegen, an Werktagen und zelebrieren dort in einem R a u m der H ä u s e r jedes Dorfes. Hunderte von Liturgien werden jede Woche in solchen abgelegenen D ö r f e r n gefeiert. Ein dritter Aspekt sind die regionalen landwirtschaftlichen

Ausbil-

dungszentren. R u n d 25 junge Leute ( 1 6 bis 22 J a h r e alt) werden im D o r f ausgewählt und in diesen Zentren für ein J a h r ausgebildet. Sie werden vorbereitet, um Leiter ihrer örtlichen Gemeinschaften zu w e r den. Während des Ausbildungsjahres leben sie mit den Direktoren und den Lehrern des Zentrums zusammen. Sie werden in religiösen und sozialen Fächern unterrichtet, die sie für die Leitung und die Praxis eines guten Gemeinschaftslebens ausrüsten sollen. Gleichzeitig werden sie je nach dem in ihren Gebieten zur Verfügung stehenden Material im H a n d w e r k ausgebildet (wie für Handwebstühle, Weben von Decken und Teppichen und in alten koptischen H a n d w e r k e n , z. B. in der Herstellung koptischer Lederkreuze und einfachen Methoden der Nahrungsmittelaufbewahrung). Nach ihrer Ausbildung

ge-

hen sie zurück in ihre Dörfer, um andere Mitglieder der Gemeinschaft auszubilden. W ä h r e n d des Sommers werden Universitätsstudenten aufgerufen, ihre gesamten oder teilweisen Sommerferien für Dienste im D o r f bereitzustellen. Einige ziehen mit einem mit Batterie und Kerosen getriebenen Filmapparat herum, um den D o r f b e w o h n e r n ein Bild von den Lehren zu vermitteln, das sie weitergeben möchten; andere arbeiten zu zweit und leben während des ganzen Sommers in einem D o r f . I m Sommer des J a h r e s 1968 begannen Studentengruppen geistliche und soziale Tätigkeiten und Freizeitgestaltung in 3 6 Siedlungen aufzunehmen. D a s ländliche Diakonieprojekt ist eine neue Strategie im Leben der koptischen Kirche, und die Wirkung auf diese isolierten Gemeinschaften ist deutlich spürbar. Es handelt sich um ein Experiment christ-

116

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

licher Erziehung in der Gemeinschaft ( k o i n o n i a ) und im Dienst (diakonia), wobei Gemeinschaft und Dienst einander ergänzen. U n terricht und Dienst sind integrale Aspekte der christlichen Nahrung. Religionsunterricht wird durch Instruktion für gutes Verhalten eines Bürgers, für gesunde Gewohnheiten und die Inanspruchnahme sozialer, medizinischer, erzieherischer und wirtschaftlicher Einrichtungen des Staates vervollständigt. Abschließend sei gesagt, daß der Religionslehrer sich stets vor der Aufgabe sieht, der koptischen Tradition eine neue Bedeutung zu geben. Wie können Liturgien, Symbole, Sakramente und andere P r a k tiken und Glaubensauffassungen der Vergangenheit für den Menschen der Gegenwart relevant werden? Wenn die Tradition keine zeitgenössische Bedeutung hat, wird sie zu einem archaischen Gespräch über etwas, das nicht mehr zur Gegenwart gehört. Das heißt nicht, daß die koptische Kirche der Tradition entsagen sollte, sondern vielmehr, daß die Tradition lebendig werden und auf neue Möglichkeiten hin untersucht werden muß, um dem modernen Menschen etwas geben zu können. Eine Offenheit gegenüber neuen Ideen muß gleichzeitig mit der Bewahrung der religiösen Tradition zusammenfallen. Der unbewußte und gewohnheitsmäßige Vollzug ritueller Handlungen muß in ein bewußtes Verständnis durch die Teilnahme an der geistlichen Wirklichkeit umgewandelt werden, die der Anwesende im Gottesdienst nur erleben kann, wenn die äußere Handlung verinnerlicht wird.

Kapitel V i l i THEOLOGISCHE AUSBILDUNG UND UND KOPTISCHE KULTUR D r . MAURICE ASSAD

Die theologische Ausbildung und die Erkenntnis der Merkmale der koptischen Kultur bilden die wesentliche Strategie für die Heranbildung eines qualifizierten Klerus und einer leitenden Laienschaft in der koptischen Kirche. Die Schwäche, die die koptische Kirche während des Mittelalters und bis Ende des 19. Jahrhunderts gezeigt hatte, war auf mangelnde theologische Ausbildung der Priester zurückzuführen. Ihr Dienst beschränkte sich meistens auf das Rezitieren der Liturgien in koptischer Sprache, die von den meisten Kopten nicht verstanden wurde. Sehr wenige Priester verfügten über ein T a l e n t zum Lehren oder zum Predigen. Ihre Ausbildung beschränkte sich auf den Unterricht, den sie in den koptischen kirchlichen Schulen jener Zeit erhalten hatten. Während der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hatten sich die führenden Laien der Kirche auf ihren Fachgebieten als Rechtsanwälte, Ärzte, Ingenieure oder Großgrundbesitzer hervorgetan. Die meisten hatten keine Kenntnisse des koptischen Glaubens und der koptischen Kultur. Im 20. Jahrhundert wurden sich die Kopten der Bedeutung der theologischen Ausbildung und der koptischen Kultur bewußt. Die Einrichtung von Institutionen für theologische Ausbildung und koptische Kultur steht im Mittelpunkt der wirksamen Erziehungsstrategien, die in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben wurden. In diesem K a pitel werden die folgenden dieser Institutionen behandelt werden: das koptische theologische Seminar, das koptische Museum, die Gesellschaft für koptische Archäologie und das Institut für koptische Studien. Es werden audi Zeitschriften, Zeitungen und Bücher beschrieben werden. 1. Das koptische theologische

Seminar

Die Katechetensdiule von Alexandrien wird von den Kopten als M o dell für die Erneuerung der theologischen Ausbildung in der kopti-

118

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

sehen Kirche angesehen. Die Lehren der großen Lehrer Alexandriens, wie Klemens, Pantaenus, Orígenes, Kyrill der Große und Athanasius, werden als Grundlage der theologischen Ausbildung in der koptischen Kirche angesehen. Das theologische Seminar, Al-kollia allklirikia, betrachtet sich selbst als Fortführung der ehemaligen Katechetenschule. Zwischen dem 5. und 19. Jahrhundert mußte die koptische Kirche jedoch auf eine theologische Ausbildung verzichten. In dieser Zeit vermittelten hauptsächlich die Klöster theologisches Wissen und Ausbildung. Einzelne waren in der Lage, ihr Wissen auf einigen Gebieten weiterzuentwickeln und hervorragende Schriften über Kirchengeschichte, Lehrsätze oder über das Leben der Heiligen zu verfassen. Der Religionsunterricht und das theologische Wissen beschränkte sich auf die Bewahrung der Liturgien der Kirche. Abba Kyrill IV. richtete eine Schule im Patriarchat ein. Er wählte die Schüler f ü r den Unterricht in dieser Schule selbst aus. Er lud ebenfalls Priester aus Kairo ein, um am Unterricht teilzunehmen, und auch er selbst nahm häufig teil und diskutierte mit den Schülern biblische, theologische und seelsorgerische Fragen. Wegen seines frühen Dahinscheidens konnte seine Schule nicht weitergeführt werden. Eine andere theologische Schule wurde für einige Monate im Jahre 1875 im Patriarchat eröffnet. Das jetzige koptische theologische Seminar wurde im Jahre 1893 eröffnet. Der erste Dekan war der im Jahre 1918 verstorbene Yousef Bey Mankarius. Danadi wurde H a b i b Girgis zum Dekan der Schule ernannt. Er behielt diese Stellung bis zu seinem Tode im Jahre 1951. H a b i b Girgis hatte im Jahre 1899 ein Lehramt in der Schule übernommen. Dank seiner Bemühungen als Lehrer und Dekan der Schule wurde das koptische theologische Seminar zu einer guten theologischen Schule, und ihr Lehrplan war der hochqualifizierteste auf dem Gebiet theologischer und religiöser Studien. In seinem Bericht über die Al-Madrassa al-lklirikia hieß es: „Als ich Schüler und später Lehrer in dieser Schule (dem Seminar) war, sagte eine Stimme in meinem Herzen mir, d a ß idi mich für diese Schule einzusetzen habe und daß ich mein Leben und meine Seele in ihren Dienst zu stellen hätte, um das gesteckte Ziel erreichen zu können . . . Die Ermutigung von selten der Kleriker und Laien gab mir die Kraft, die schwere Last, so gut idi konnte, zu tragen. Als der ehemalige Dekan verschied, wurde ich zum Dekan der Schule ernannt, und das Feuer der H o f f n u n g entbrannte in meiner Brust, und meine Seele entflammte, um die Pflicht zu erfüllen, f ü r die Gott midi geschaffen hatte. Ich habe mir keinen

Theologische

Ausbildung

und koptische

Kultur

119

Augenblick Ruhe g e g ö n n t . . . Idi habe versucht, die Schule in allen Aspekten zu erneuern . . . und idi habe ihr finanzielles, administratives und akademisches Leben reformiert." 1 In den vierziger Jahren setzte sich ein fähiger junger Mann, namens Wahib Ata-Allah Girgis, f ü r das Seminar ein, der als Professor und beigeordneter Dekan die Schule auf ein hohes akademisches Niveau brachte 2 . Im September 1962 weihte Abba Kyrillos VI. Abba Shenouda zum Bischof f ü r theologische und kirchliche Erziehung und machte ihn zum Präsidenten des koptischen theologischen Seminars. Das akademische

Niveau des Seminars

Das koptische theologische Seminar umfaßt gegenwärtig vier Sektionen. In der mittleren Sektion werden die Studenten für einen f ü n f jährigen Studienlehrgang aufgenommen, die ein Zeugnis der Vorbereitungsschulen vorlegen können. Absolventen dieser Sektion erhalten das Diplom der theologischen Ausbildung und haben das Redit, Dorfpriester zu werden. In der zweiten Sektion werden Studenten mit einem Allgemeinen Abschlußzeugnis höherer Schulen zugelassen. Sie müssen vier J a h r e lang studieren® und erhalten den Baccalaureus artium in der Theologie, ethischen und ekklesiastisdien Wissenschaften. Dadurch werden sie befähigt, Priester in Städten zu werden. Die anderen beiden Sektionen umfassen Abendschulen. Die eine ist f ü r Universitätsabsolventen bestimmt, die ihre Kenntnisse in religiösen Angelegenheiten vertiefen möchten. Die Sektion w u r de 1945/46 eingerichtet. Diese Studenten verbringen drei akademische Jahre in der Abendschule, die an vier Abenden der Woche abgehalten wird. Zum Abschluß erhalten sie den Baccalaureus in theologischen und ekklesiologischen Wissenschaften. Einige von ihnen geben ihre Berufe auf und stellen als Priester oder Mönche ihr Leben in den Dienst der Kirche. Zur letzten Sektion werden Studenten zugelassen, die das Zeugnis f ü r höhere Erziehung oder ein Äquivalent vorlegen können. Sie studieren fünf Jahre lang und erhalten zum Abschluß das Diplom f ü r theologische Erziehung 4 . Lehrplan

des Seminars

Der Lehrplan des Seminars u m f a ß t sechs Kategorien der folgenden akademischen Fächer: (1) biblische Studien, einschließlich Archäologie der Bibel; (2) Theologie und Lehre; (3) Ekklesiologie; (4) philosophi-

120

Die Orthodoxe

sehe und soziologische Studien·; (6) alte und moderne Sprachen.

Kirche (5)

Ägyptens Pädagogik

und

Psychologie;

D i e Studenten des Seminars müssen siebenunddreißig Fächer studieren, einige davon verteilen sich auf zwei oder drei Lehrgänge. Professoren arbeiten für jedes Fadi ihre eigenen Lehrgänge aus und schreiben — je nach zur Verfügung stehendem Material — Bücher und Forschungsarbeiten vor. Studenten nehmen ebenfalls durch ihre schriftlichen Arbeiten im Zusammenhang mit den Lehrgängen an dem Ausbildungsprozeß teil. I m folgenden werden die Fächer der Studienlehrgänge am Seminar wiedergegeben 5 :

Philosophische und soziologische Studien:

Biblische Studien: Altes Testament Neues Testament Biblische Auslegung Biblische Archäologie Predigen

Geschichte und Philosophie Logik Soziologie Sozialarbeit Allgemeine Studien Arabische Gesellschaft Geschichte der Nationen des apostolischen Stuhles des Heiligen Markus

Praktische Ausbildung"

Theologische Studien: Dogmatische Theologie Vergleichende Theologie Liturgische Theologie Vergleichende Religion Spirituelle und asketische Theologie Moralische Theologie Seelsorgerische Theologie Wissenschaftliche Theologie Religion

und

Studien in Pädagogik und Psychologie: Psychologie Pädagogik Praktischer Unterricht 7 Sprachen und Literatur: Koptisch Griechisch Arabisch Englisch Französisch Ekklesiastische Studien: Sprüche der Väter Kanonisches Recht Kirchengeschichte Gesetze über persönliche Angelegenheiten Musik und liturgische Gesänge

Theologische Ausbildung und koptische Kultur

121

D e r Lehrplan f ü r theologische Ausbildung in der koptischen Kirche m ü ß t e vielleicht doch wegen der A n z a h l der Lehrgänge, die den Studenten jedes J a h r geboten werden, beschnitten werden. Die Qualität des Lehrplanes ließe sich am besten a n der intellektuellen Reife der Studenten, der Tiefe des Denkens u n d des Verständnisses der studierten Fächer beweisen. Die Studenten müßten nicht n u r weniger Zeit in Klassenräumen verbringen u n d d a f ü r längere Zeit in der Bibliothek, sondern sie sollten auch ermutigt werden, sich von den Fesseln der wörtlichen Auslegung zu lösen, die irrtümlicherweise der Tradition zugeschrieben wird. D e r gegenwärtige Studienplan regt jeden Studenten dazu an, sich auf einem Gebiet zu spezialisieren und diesem seine letzten beiden Theologiestudienjahre intensiver zu widmen. A m besten w ä r e es w a h r scheinlich, wenn das letzte Studienjahr oder mindestens ein Semester zur Abfassung einer Dissertation b e n u t z t werden könnte. Weiterhin muß die theologische Ausbildung in der koptischen Kirche auf ihre Isolierung v o m modernen Leben hin untersucht werden. K o p tische Theologie neigt dazu, Probleme des Menschen in der Gesellschaft außer acht zu lassen. Die meisten Theologiestudenten u n d in der Theologie Promovierten neigen dazu, sich von der heutigen Gesellschaft abzusondern. Das f ü h r t natürlich zu einer Trennung zwischen menschlichen Problemen und dem religiösen Denken. D e r Unterricht in modernen Fächern, wie Psychologie, Soziologie und Pädagogik, die im Seminarlehrplan a u f g e f ü h r t sind, m ü ß t e dazu dienen, die Studenten w a h r h a f t auf ihr künftiges Priesteramt vorzubereiten. Lehrgänge in seelsorgerischer Beratung könnte den Studenten helfen, die Probleme des einzelnen u n d der Familie besser zu verstehen. K u r z gesagt, gilt es, den Lehrplan f ü r theologische Ausbildung im Lichte einer erfolgreichen praktischen Arbeit, die die Absolventen in der religiösen Leitung der koptischen Kirche als Priester und Diakone ausüben, neu zu überprüfen. Lehrer, Studenten

und Tätigkeiten

im

Seminar

D e r Lehrkörper des Seminars besteht aus vierzehn ständigen Professoren u n d Dozenten, sechs Assistenten u n d sechs Dozenten und Professoren, die von den Universitäten u n d anderen Institutionen ausgeliehen wurden. Von den ständigen Stabsmitgliedern haben lediglich drei einen Doktortitel. Dem Bischof des Seminars steht ein theologischer Ausbildungsrat und ein Verwaltungsstab zur Seite.

Die Orthodoxe

122

Kirche

Ägyptens

D i e Tageslehrgänge des Seminars werden von rund 150 und die Abendschulen von rund 80 Studenten besucht. Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der Studenten, die zwischen 1957 und 1964 das koptische theologische Seminar absolviert haben: ABSOLVENTEN DES KOPTISCHEN THEOLOGISCHEN SEMINARS ZWISCHEN 1957 und 1964 Jahr

Mittlere

Höhere

Abendschule

Tagessektion

Tagessektion Absolventen:

Absolventen: b)

Absolventen 1957/58

18

6

1958/59

19

3



1959/60 a)





2





1960/61

9

7

1961/62 1962/63

11 8

7 16

1963/64

14

15

— —

6

a) Die Zahlen für 1959/1960 sind nicht erfaßbar. b) Es ist nicht ganz klar, ob es Absolventen der Abendschule zwischen den Jahren 1959 und 1963 gegeben hat. 8 Das Leben der Studenten im Seminar außerhalb der Unterrichtsstunden gehört mit zur theologischen Ausbildung. Die Teilnahme an Morgen- und Abendandachten wird von allen Studenten verlangt. Sie sitzen ebenfalls in Ausschüssen für die verschiedenen Tätigkeiten der Schule, wie religiöse, soziale und kulturelle Tätigkeiten und Freizeitgestaltung und Athletikkurse. Während der Sommerferien dienen die Seminaristen in den Kirchen ihrer Heimatstadt, oder sie schließen sich kirchlichen Projekten, wie dem ländlichen Diakonieprojekt, an.

2. Die Strategie

der koptischen

theologischen

Ausbildung

Auf dem Gebiet der theologischen Ausbildung in der koptischen K i r che wurden seit der Gründung des koptischen theologischen Seminars im J a h r e 1893 bemerkenswerte Fortschritte erzielt. Geschätzt wird, daß bis zum J a h r e 1965 mehr als 6 0 0 Priester aus dem Seminar hervorgingen. Mehr als 300 von ihnen sind heute noch aktive Priester, die anderen sind verstorben oder heute ältere Priester. In K a i r o sind

Theologische

Ausbildung

und koptische Kultur

123

rund 100 Priester für 3 / 4 Millionen Christen zuständig. D. h., daß es f ü r 20 000 Seelen nur einen Priester gibt. Die Bestrebungen gehen dahin, einen Priester f ü r nicht mehr als 1000 Kopten zu haben 9 . U m dieses Ziel zu erreichen, muß die koptische Kirche ihr Programm f ü r die Priesterausbildung aufgrund der gegenwärtigen Bedürfnisse der über ganz Ägypten verstreuten koptischen Gemeinden neu überarbeiten. Das Seminar müßte audi vergrößert werden, um mehr Studenten aufnehmen zu können. Die Vorbereitung der koptischen Priester, die H a u p t f u n k t i o n des Seminars, erfordert eine Überarbeitung der Lehrmethoden, der Studienlehrgänge und des Seminarlebens. Das kann nur geschehen, wenn das Bild des Priesters, seine Aufgaben und Verantwortungen in der koptischen Gemeinschaft neu bewertet werden. Die priesterliche Leitung kann in dem Amt des Wortes und des Sakramentes zusammengefaßt werden. Aber diese beiden Aufgaben umfassen viel mehr als Predigten und Auslegen der Bibel und Verwaltung und Austeilung der Sakramente. Das Amt der Kirche muß seine Lebensfähigkeit in der Welt von heute beweisen. Die liturgische Austeilung der Sakramente ist insofern relevant, als sie die Gemeinschaft geistlich zu einem lebendigen Leibe Christi werden läßt. Seminaristen müssen ebenfalls auf die Aufgabe vorbereitet werden, das tägliche Leben und die Probleme mit den Menschen zu teilen. Sie müssen in der Praxis der seelsorgerisdien Beratung ausgebildet werden, um ihren Gemeinden bei den Problemen der einzelnen und der Familien helfen zu können. Außerdem muß das koptische Seminar sich mit dem Problem befassen, wie die richtigen Studenten auszuwählen sind. Die unsichere Laufbahn der koptischen Priester hindert einige hochqualifizierte Studenten daran, Antrag auf die Zulassung zum Seminar zu stellen; sie ziehen die Universitäten oder Hochschulen vor. Die Weihe des Bischofes Shenouda, der zum Präsidenten des Seminars ernannt wurde, war ein Schritt in die Richtung der Unabhängigkeit des Seminars. Eine weitere Unterstützung des Seminars von Seiten aller Diözesen ist f ü r seine Fortführung und Vergrößerung von äußerst wichtiger Bedeutung.

3. Institutionen

für koptische

Kultur

Die Kopten des 20. Jahrhunderts interessieren sich stärker für ihre Kultur und werden sidi ihrer mehr bewußt. Dieses Bewußtsein f ü h r t e zur Gründung von drei Institutionen f ü r Bewahrung, Studium und

124

Die Orthodoxe

Kirche

Ägyptens

E n t w i c k l u n g der koptischen K u l t u r ; das koptische Museum, die G e sellschaft für koptische Archäologie u n d das I n s t i t u t f ü r

koptische

Studien. Das koptische

Museum

D a s koptische Museum w u r d e von M o r c o s S i m a i k a ( P a s h a ) im J a h r e 1 9 1 0 gegründet und im J a h r e 1 9 3 1 an die A b t e i l u n g f ü r A n t i q u i t ä ten angeschlossen. Danach w u r d e das Museum in ein im koptischen S t i l gebautes G e b ä u d e in A l t - K a i r o übersiedelt. Es liegt in der N ä h e der M o a l l a k a - K i r c h e und der alten Festung v o n B a b y l o n . I m

Jahre

1 9 4 7 w u r d e die koptische S e k t i o n des ägyptischen Museums in M i d a n a l - T a h r i e r dem koptischen Museum angegliedert. I m koptischen Museum lassen sich S t e i n a r b e i t e n , G r a b s t e i n e ,

Holz-

schnitzereien, M ö b e l , M e t a l l a r b e i t e n , E l f e n b e i n , I k o n e n , T e x t i l i e n , K e r a m i k , P o r z e l l a n und Glas, F r e s k e n - u n d W a n d m a l e r e i e n b e w u n d e r n . D i e Museumsbibliothek e n t h ä l t die schönsten der koptischen P a p y r u s r o l l e n s a m m l u n g e n , O s t r a k a und M a n u s k r i p t e . D i e S a m m l u n g u m f a ß t P a p y r u s r o l l e n v o m 4. bis z u m 18. J a h r h u n d e r t . Sie e n t h ä l t ebenfalls m o d e r n e Studien über koptische K u l t u r u n d L i t e r a t u r 1 0 . Z u s a m m e n mit dem koptischen M u s e u m dienen die alten koptischen K i r c h e n , besonders diejenigen in A l t - K a i r o , den K o p t e n als H i n w e i s e a u f ihr E r b e u n d als A n r e g u n g z u m Suchen neuer Ausdrucksweisen u n d neuer Wege, um die christliche T r a d i t i o n beleben zu k ö n n e n . Die Gesellschaft

für koptische

Archäologie

D i e Gesellschaft f ü r koptische A r c h ä o l o g i e wurde im J a h r e 1 9 3 4 v o n M i r r i t G h a l i als Verein der „ F r e u n d e koptischer K u n s t "

gegründet

u n d erhielt den jetzigen N a m e n im J a h r e 1 9 3 8 . Zwischen den J a h r e n 1 9 3 5 und 1 9 5 9 veröffentlichte die Gesellschaft 15 B ä n d e ihres M i t t e i lungsblattes 1 1 . S i e gab ebenfalls verschiedene Veröffentlichungen über koptische Studien, Archäologie, T e x t e u n d D o k u m e n t e sowie verschied e n e F ü h r e r über koptische D e n k m ä l e r , a l t e Kirchen und K l ö s t e r h e r aus. G e l e h r t e der koptischen Sprache, der L i t e r a t u r u n d K u n s t aus a l l e r W e l t schreiben regelmäßig A r t i k e l f ü r das M i t t e i l u n g s b l a t t u n d die verschiedenen anderen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n der Gesellschaft. D i e B i b l i o t h e k der Gesellschaft f ü r koptische Archäologie, die j e t z t a u f dem G r u n d u n d Boden der S t . - P e t r u s - und S t . - P a u l s - K i r c h e in A b b a s e i a neben dem Institut f ü r koptische Studien und neben

der

neuen K a t h e d r a l e des H e i l i g e n M a r k u s eingerichtet ist, e n t h ä l t die

Theologische Ausbildung und koptische Kultur

125

bedeutendsten Werke über die koptische Kirche, die in europäischen Sprachen geschrieben wurden. V o r einigen J a h r e n hat die Gesellschaft koptische Ausgrabungen in Thebaid in der N ä h e von L u x o r vorgenommen, die zu der Entdeckung des Klosters des Heiligen Phoebamon 1 2 f ü h r t e n . Das Institut

für koptische

Studien

W ä h r e n d das koptische Museum sidi mit E r h a l t u n g und Ausstellung der Gegenstände der koptischen Periode b e f a ß t u n d die Gesellschaft f ü r koptische Archäologie sich auf die Erforschung koptischer K u l t u r beschränkt, w i r d am Institut f ü r koptische Studien Unterricht u n d Ausbildung geboten u n d Forschungsarbeit über koptische Geschichte u n d Tradition betrieben, um diese Fächer zu vertiefen und um Gelehrte auf den verschiedenen Gebieten koptischer Studien heranzubilden. Das Projekt f ü r die Errichtung eines Institutes f ü r koptische Studien w u r d e v o n D r . Aziz S. Atiya 1 3 u n d einigen spezialisierten Universitätsprofessoren vorgeschlagen. D a s Projekt w u r d e vom Majlis alMilli a l - A a m angenommen, u n d d a r a u f h i n w u r d e das Institut im J a h r e 1954 gegründet. Seit seiner G r ü n d u n g ist das Institut f ü r k o p tische Studien im zweiten Stock des Deir al-Anba Ruwais-Gebäudes auf demselben Grundstück untergebracht, auf dem die Neue K a t h e drale des Heiligen Markus errichtet worden ist. Das Institut f ü r koptische Studien w u r d e als eine unabhängige weiterf ü h r e n d e Schule und als Forschungszentrum f ü r die Aspekte der k o p tischen K u l t u r eingerichtet, denen bisher nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt worden war. Hier w u r d e versucht, die Kopten auf ihr Erbe hinzuweisen u n d Mittel zu suchen, damit die koptische Tradition f ü r die Gegenwart lebensfähig gemacht werden k a n n und die Aspekte der koptischen K u l t u r den modernen Bedürfnissen angepaßt w e r d e n können. D a s Institut hat ebenfalls versucht, I n f o r m a t i o n e n und G u t achten mit den an koptischen Studien interessierten Universitäten u n d Institutionen überall in der Welt auszutauschen. Das Institut setzt sich aus den folgenden Abteilungen zusammen: koptische Sprache und Linguistik, Geschichte, soziale Studien, Archäologie, K u n s t , kanonisches Recht, Kirchenmusik, Theologie, äthiopische und afrikanische Studien, Semitistik u n d christliche arabische Literatur, Photographie und Mikrofilme. J e d e Abteilung betreibt auf ihrem Fachgebiet individuelle u n d eigenständige Arbeit. Nach einem dreijährigen akademischen S t u d i u m erhalten die Studenten des Insti-

126

Die Orthodoxe Kirche Ägyptens

tutes das Diplom koptischer Studien ihres Fachgebietes. Absolventen des Institutes können Forschung auf ihrem Fachgebiet der koptischen Studien ausüben. Nach Abschluß ihrer Forschungsarbeit erhalten sie den Grad eines „Fellows" des Institutes für koptische Studien. Neben regelmäßigen akademischen Studien haben einige Abteilungen Forschungs- und Anwendungsprojekte in einigen Aspekten der koptischen Kultur und des koptischen Lebens der Vergangenheit und Gegenwart laufen. Die Abteilung für soziale Studien hat einige große Projekte in der koptischen Gemeinschaft in Gang gesetzt: das ländliche Diakonieprojekt, das Verzeichnis der koptischen kirchlichen Dienste 14 und das Projekt für Kirchenmitgliedschaft 15 . Die Tätigkeiten dieser Abteilung stehen mit der Arbeit des Bischofsitzes für öffentliche, ökumenische und soziale Dienste in Verbindung, da der Bischof, Bischof Samuel, ebenfalls der Abteilung für soziale Studien vorsteht. Die Abteilung für koptische Musik hat ein großes Projekt begonnen, um alle koptischen Kirchenmelodien und die Liturgien aufzunehmen. Ein Chor wurde von dieser Abteilung unter den Studenten des koptischen theologischen Seminars gebildet. Mit ihm wurden die meisten alten koptischen Kirchengesänge aufgenommen, von denen einige bereits auf Schallplatten herausgegeben worden sind. Die Abteilung für Theologie wird als Fortsetzung des koptischen theologischen Seminars angesehen, und der Baccalaureus der Theologie ist Vorbedingung für die Aufnahme. Studien in dieser Abteilung führen zum Magister artium und zum Doktortitel der Theologie. Die Abteilung für Kunst beschäftigt sich damit, die koptische Kunst auf der Grundlage von Untersuchungen früher koptischer Malereien und der Architektur alter koptischer Kirchen wiedererstehen zu lassen. Das Ergebnis dieser Arbeit wurde auf die Bauten der St.-Maria-Kirche in Zamalek und der St.-Georgs-Kirche in Heliopolis/Kairo angewandt. Mitglieder dieser Abteilung beschäftigen sich ebenfalls mit Mosaik- und Freskenarbeiten in der Kathedrale des Heiligen Markus zu Kairo und in einigen Kirchen in Ober- und Unterägypten. Die Bibliothek des Institutes verfügt über eine umfassende Sammlung von Büchern über koptische und religiöse Studien. Sie ist mit Hilfe von Geschenken und Verkäufen aus privaten Bibliotheken bereichert worden. Das Institut gab den ersten Band seines Mitteilungsblattes im Jahre 1958 heraus, doch mußte aufgrund finanzieller Schwierigkeiten auf eine regelmäßige Herausgabe verzichtet werden.

Theologische Ausbildung und koptische Kultur

127

Außerdem dient das Institut f ü r koptische Studien als Zentrum der ökumenischen Beziehungen zwischen der koptischen Kirche und anderen Kirchen und akademischen Institutionen überall in der Welt. Kirchenväter, Kirchenräte und Professoren verschiedener Länder haben das Institut besucht und Vorträge vor Studenten u n d Professoren des Institutes gehalten 19 . Das Institut f ü r koptische Studien sieht sich jedoch verschiedenen Schwierigkeiten gegenüber, die sein Wachsen verhindern. Obwohl das Institut vom Erziehungsministerium in Ägypten genehmigt wurde, wurde es noch nicht von den ägyptischen Universitäten als weiterführende Schule anerkannt und war folglich nicht in der Lage, den Magister artium- und Doktor-Titel zu verleihen. Wenn das „Diplom" und der Grad „eines Fellows" in allen Abteilungen des Institutes zu wahren Magister artium- und Doktor-Titeln umgewandelt werden könnte, würden vielleicht mehr Studenten kommen, die an den verschiedenen Gebieten koptischer Studien interessiert sind. In diesem Fall müßte der Forschungsarbeit der Studenten größere Bedeutung beigemessen werden als den Vorlesungen der Professoren. Die Studien für den Magister artium in koptischen Studien könnten auf zwei Jahre beschränkt werden, anstatt der drei Jahre, die jetzt für ein Diplom notwendig sind. In diesen zwei Jahren könnte der Student unter Anleitung eines Beraters, der Professor an dem Institut ist, die Hauptverantwortung f ü r seine Forschungsarbeit übernehmen. Wegen der finanziellen Schwierigkeiten verfügt das Institut für koptische Studien über keinen spezialisierten Mitarbeiterstab, und alle Professoren werden von den ägyptischen Universitäten und dem koptischen theologischen Seminar ausgeliehen. Trotzdem bietet die Weihe eines Bischofes f ü r höhere Studien, koptische Kultur und wissenschaftliche Forschung, dem jetzigen Bischof Gregorius, dem Leiter des Institutes für koptische Studien, Gelegenheit für die Anerkennung des Institutes, die Sammlung von Geldern und die Anwerbung von Professoren, die ihre ganzen Bestrebungen in den Dienst des Institutes stellen würden.

4. Zeitschriften,

Zeitungen

und Bücher

Gedrucktes Material ist ein wesentlicher Faktor, um die Kopten ihres Glaubens und ihrer Kultur bewußt werden zu lassen. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die Kopten keine Druckereien, und die meisten in den Kirchen benutzten Bücher waren handschriftliche Manu-

128

Die orthodoxe

Kirche

Ägyptens

skripte. Zu jener Zeit kaufte Abba Kyrill IV., Patriarch der koptischen Kirche, eine Druckmaschine aus Europa, die die erste private Druckerei Ägyptens ausstattete. Einige Arbeiter wurden in der staatlichen Druckerei ausgebildet, um die neue Maschine bedienen zu können. Einige liturgische Dokumente und Biidier f ü r die von Kyrill IV. eröffneten Schulen wurden hier gedruckt. Seine kurze Amtszeit und sein früher Tod brachten sein Projekt zum Stillstand, und die Druckmaschine wurde nach seinem Tod verkauft 1 7 . In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts begannen einige Kopten über religiöse Themen zu schreiben. Der berühmteste unter ihnen war Pater Philothaus Ibrahim' 8 . Das Interesse an Fragen der Erneuerung und der Belebung der koptischen Kirche hat im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts Schlagzeilen f ü r die koptischen Zeitungen geliefert, besonders f ü r Misr, das tägliche Abendblatt. In der ersten H ä l f t e des 20. Jahrhunderts gab es jedoch unter den Kopten immer mehr Autoren. Zahlreiche Bücher über verschiedene religiöse Themen wurden herausgegeben: Theologie, Bibelstudien, geistliche Themen und Meditationen, Liturgien und Riten der koptischen Kirche. Die prominentesten Autoren waren: H a b i b Girgis 19 , Pater Mannasa Yohanna 20 , Pater Ibrahim Luka, Pater Mikhail Mina und Pater Marcos Daoud. Religiöse koptische Zeitschriften boten eine Plattform f ü r den Religionsunterricht. Damit wurden mehr Leser als mit Büchern erfaßt. Im Jahre 1914 gab Habib Girgis die Magalet al-Karma, áls offizielle Veröffentlichung des koptischen Seminars, heraus, die ungefähr 20 Jahre lang erschien. In den zwanziger Jahren erschienen weitere Zeitschriften, unter ihnen die Magalet Asdika' al-Kitab al-Mokaddas und die Magalet al-Yakaza. Im Jahre 1934 erschien die Magalet al-Mahaba zum erstenmal und im Jahre 1946 die Magalet Madaris alAhad. Alle diese Monatszeitschriften erscheinen auch noch heute. Gegenwärtig werden dreizehn Zeitschriften von koptischen Organisationen und Einzelnen herausgegeben. Außerdem erscheint noch eine Wochenzeitung, Watany. Protestantische Kirchen und Organisationen veröffentlichen zehn Zeitschriften, und die katholische Kirche veröffentlicht ebenfalls eine Anzahl 21 . Einige Verlagshäuser haben zum Wachstum der modernen religiösen Literatur beigetragen sowie zum erneuten Druck von liturgischen Büchern und Gebetsbüchern der koptischen Kirche. Einer der Pioniere ist das Verlagshaus Maktabat al Mahaba in Kairo, das viele der Bücher gedruckt hat, die in der ersten H ä l f t e des 20. Jahrhunderts erschienen sind. Gleichzeitig hat es unter den Kopten ein wachsendes

Theologische

Ausbildung und koptische Kultur

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Interesse an den Schriften der frühen Kirchenväter gegeben, die von Einzelnen, Verlagshäusern und örtlichen Kirchen übersetzt und veröffentlicht wurden. Dieses Interesse der Kopten an gedrucktem M a terial zeigt audi das wachsende Interesse der Kopten an der Einrichtung von kirchlichen Büchereien und Buchhandlungen, die es jetzt in vielen Kirchen gibt, besonders in den Großstädten wie Kairo, Alexandrien, T a n t a Mansura und Assiut 82 . Die meisten koptischen Zeitschriften befassen sich jedoch mit mehr allgemeinen religiösen Themen als mit Fachthemen bestimmter Gebiete. Die Nützlichkeit dieser Zeitschriften könnte verstärkt werden, wenn wenigstens einige sich auf die Fachthemen gewisser Gebiete beschränkten. Die Kindergottesdienstzeitschrift — die Magalet Madares al-Ahad — würde z. B . mehr Bedeutung haben, wenn sie sich auf ihr ursprüngliches Thema, nämlich den Religionsunterricht, konzentrierte. Andere Zeitschriften könnten sich auf Fragen und Probleme der Familie und andere auf ländliche Gemeinschaften usw. beschränken. Das heißt allerdings nicht, daß alle Zeitschriften sich auf besondere Gebiete spezialisieren sollten. Allgemeine Zeitschriften werden ebenfalls gebraucht, und ihre Ziele sollten ernsthaft untersucht werden. N u r wenige der Verfasser von Artikeln für koptische Zeitschriften sind Journalisten. Die meisten Artikel sind allgemeiner A r t . Daher ist es schwierig, die wirkliche Bedeutung herauszulesen. Widerspruch im Stil und fehlende Klarheit führen zu schlechten Mitteilungen für den Leser. Wahrscheinlich sollte das Institut für koptische Studien prüfen, ob es nicht Lehrgänge für Journalisten koptischer Zeitschriften durchführen könnte. Experten auf dem Gebiet des Journalismus und der Kommunikation müßten aufgefordert werden, einen Lehrgang aufzubauen und den Unterricht zu übernehmen. Kurz gesagt, die bereits bestehenden Institutionen theologischer Ausbildung und koptischer Kultur in der koptischen Kirche sind wertvolle Werkzeuge zur Heranbildung der notwendigen Leitung in der koptischen Theologie und Kultur. Die Verantwortung für die erforderlichen finanziellen Mittel liegt in Händen der gesamten koptischen Gemeinschaft. Die Diözesen in Ober- und Unterägypten müssen sich der direkten und indirekten Dienste bewußt werden, die ihnen diese Institutionen und deren Absolventen bieten können.

Teil Β Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

Kapitel I DIE ÄTHIOPISCHE KIRCHE HEUTE P r i n c i p a l PAUL VERGHESE

Die äthiopisch-orthodoxe Kirche ist eine der größten und ältesten der Ostkirchen. Unter den Ostkirchen wird sie lediglich von der russischorthodoxen Kirche und von der rumänisch-orthodoxen Kirche übertreffen. Sie ist jedoch größer als die orthodoxen Kirchen Bulgariens, Griechenlands oder Jugoslawiens 1 . Es ist ziemlich schwierig Zahlen zu geben. Nach zurückhaltenden Schätzungen gibt es ungefähr 12 Millionen Christen in Äthiopien und die offizielle Zahl liegt bei 16,5 Millionen. Diese Kirche ist jedenfalls doppelt so groß wie die Mutterkirche, die koptisch-orthodoxe Kirche Ägyptens. Im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung gegründet, hat sie bis ins zwanzigste überlebt und ihre Geschichte ist heldenhaft und bewegt zugleich. Die Karikatur, die in vielen Kreisen von dieser Kirche gegeben wird, verbirgt die Wahrheit ihrer reichen Geschichte und ihrer immer noch pulsierenden Spiritualität. Ein eigentlich gut informierter, zeitgenössischer koptischer Autor schätzt die Anzahl der Kirchen Äthiopiens auf ungefähr 20 000 2 . Aus einer offiziellen Erklärung der äthiopisch-orthodoxen Kirche aus dem Jahre 1969 gehen die folgenden Zahlen hervor, die genauer zu sein scheinen:

Klöster Große Stadtkirchen Dorfkirchen Insgesamt

890 1 058 11 186 13 134

1. Klerus — Anzahl und

Eigenschaft

Weiterhin ergibt sich aus derselben Erklärung folgende Information, die ebenfalls viele vorherrschende falsche Auffassungen berichtigt, nämlich, daß es in Äthiopien einen Priester für je drei Laien gäbe:

134 A n z a h l der A n z a h l der A n z a h l der A n z a h l der Insgesamt

Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens Mönche und N o n n e n Priester Chorsänger (debiere) Diakone

12 60 39 56 168

078 972 010» 687 747

N e h m e n wir die offizielle Schätzung, d. h. 16,5 Millionen Kirchenmitglieder, so stellt der Klerus 1 P r o z e n t der gesamten christlichen Bevölkerung dar. Prof. Atiya schlägt sich somit auf die Seite der Übertreiber, wenn er in seinem sehr gelehrten W e r k über die östliche Christenheit sagt: „Die Anzahl der Geistlichen in Äthiopien w u r d e a u f g r u n d dieser A n n a h m e auf ungefähr 25 Prozent der gesamten männlichen Christen geschätzt". 4 Sogar wenn die Zahl der männlichen Erwachsenen zugrunde gelegt w i r d , kann der Anteil nicht mehr als 3 oder 4 Prozent ausmachen. Dies tut weder der Anzahl noch der Macht der Klerus Abbruch. E r stellt eine herrschende Klasse d a r , mit der bei jedem Versuch, eine R e f o r m in Kirche oder Gesellschaft durchzuführen, geredinet werden muß. Nicht alle wurden aufgrund einer editen Berufung z u m Priestertum g e f ü h r t . D e r zur Verfügung stehende kirchliche Grundbesitz w a r stets eine Hauptversuchung. Die Zulassung zum Priesteramt und D i a k o n a t beschränkte sich stets auf Minimalbedingungen. Das Alphabet, Schreiben u n d Lesen, das Rezitieren der Qene (äthiopische Dichtung) u n d der Zema (liturgische Gesänge) m u ß t e gelernt u n d die Terguame Metsahift (die Fähigkeit die Heilige Schrift in Ge'ez zu lesen und sie ins Amharisdie zu übersetzen) m u ß t e geübt werden. Treibende K r a f t w a r stets die Aussicht auf eine Gashya (ungefähr 40 ha) Land, die m a n unter der Bedingung, ständig ein Familienmitglied Priester werden zu lassen, immer behalten konnte. Es gab eine Zeit, zu der es nur einen A b u n a oder Erzbischof in ganz Äthiopien gab, der immer aus Ä g y p t e n gesandt werden mußte u n d stets Ägypter zu sein hatte, da es jemandem gelungen war, in die äthiopische Fassung der Kanones von Nicäa, die skandalöse Bestimm u n g einzuflechten, nach der ein Äthiopier niemals z u m Bischof gew e i h t werden könne! Der ägyptische Abuna verlangte sogar im 19. J a h r h u n d e r t noch eine feste G e b ü h r f ü r jede von ihm vorgenommene Weihe. Aus sicherer Quelle habe ich erfahren, d a ß jede Priesterweihe f ü n f Maria-Theresien-Taler (jeder w a r ungefähr nach heutiger W ä h r u n g ein US-Dollar in Silber wert) und die Ordination zum D i a k o n a t drei Taler kostete.

Die äthiopische

Kirche

heute

135

Da das Land bis vor kurzem, bevor Fluglinien eingerichtet und Straßen gebaut wurden, weitgehend unzugänglich war, war es nur n a t ü r lich, daß ein Bischof einige der abgelegenen Städte und Dörfer nur ungefähr alle zwanzig Jahre besuchen konnte. U n d es ist nicht verwunderlich, daß in jeder vom Bischof besuchten Gemeinde immer H u n d e r t e von Kandidaten auf die Weihe warteten. Und natürlich konnte er gar nicht genug Zeit aufbringen, um jeden einzelnen Anwärter auf seine Fähigkeiten hin zu prüfen. Auf jeden Fall brauchte der besuchende Prälat Silber, um seinen steigenden Eigenbedarf zu decken und um der Notwendigkeit, etwas davon f ü r seine Mutterkirche abzuzweigen, gerecht zu werden. Die Priester selbst standen ebenfalls nicht auf der Seite der Verlierer, denn sollten sie audi selten die Möglichkeit haben, vor dem Altar zu zelebrieren, so konnten sie doch immer das Land pflügen! Heutzutage sollte man annehmen, da es f ü r die vierzehn Diözesen vierzehn Bischöfe gibt, daß eine bessere Ausbildung und strengere Prüfungen verlangt werden, bevor jemand zum Diakonat oder zum Priesteramt zugelassen wird. Die Fakten sind jedoch nodi immer kompliziert. Wenn der Vater z. B. Priester ist und einer seiner Söhne nicht Priester wird, würde er das Land verlieren und die Familie eventuell hungern müssen. So muß einer der Söhne irgendwie zum Priesterberuf überredet werden. Es ist bedauerlich, daß die Wahl nicht immer auf die begabtesten oder geeignetesten Söhne fällt, wenn es gilt daheim zu bleiben oder ein kirchliches A m t anzunehmen, anstatt auf die modernen Schulen geschickt zu werden. Ist ein Sohn erst einmal auf einer modernen Schule, ist es schwierig ihn f ü r das Priestertum zurückzugewinnen. U n d ist der Junge fähig und begabt, wird er darauf bestehen, die staatliche Schule zu besuchen. Schafft einer die staatliche Schule nicht, so wird er f ü r die kirchliche Schule ausgesucht, damit er mit 10 oder 12 Jahren Diakon und später Priester werden kann. Eine neue Ausbildungsstätte f ü r Priester wurde jetzt in Qolfe in der N ä h e von Addis Abeba eingerichtet. Kirche und Kaiser haben häufig versucht, einen ausgebildeten Klerus heranzuziehen, aber der Erfolg war bisher nicht sehr ermutigend. Grund zur H o f f n u n g auf eine baldige Änderung besteht indes, denn erstens wird die Arbeitslosigkeit unter der gebildeten Schicht bereits zu einem erheblichen Problem in Äthiopien. Tatsache ist, daß es weniger qualifizierte Kandidaten als Arbeitsstellen im säkularen Bereich gab, so daß es f ü r die Kirche schwierig war,'Personen mit guter Ausbildung f ü r ihren Dienst zu finden. Wenn das Arbeitslosenproblem größer wird, könnte es jedoch bald zu einer Änderung kommen. U n d

136

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

zweitens ist jetzt anzunehmen, daß das Eis bald brechen wird. Das niedrige Prestige, das die Priesterklasse in der modernen Gesellschaft Äthiopiens genießt, rührt daher, d a ß beinahe keiner der Priester — bis vor ganz kurzer Zeit jedenfalls nodi — eine Universitätsausbildung erhalten hatte. Jetzt gibt es einige, die sich nach einer modernen Ausbildung f ü r das Priesteramt entschieden haben wie Qes Mikresellassie Wolde Ammanuel. Es gibt ebenfalls einige wenige ausgebildete Laien im Dienst der Kirche wie Ato Adamu Amare, Verwaltungssekretär f ü r Stadt- und Industriemission. Das Erziehungswesen der Kirche liegt in Händen eines Mönches, Abba Gebre-Egziabher Degou, der jahrelang in vielen verschiedenen Ländern lebte, wie in den USA, der UdSSR und Deutschland. Ein anderer theologisch ausgebildeter Laie, Ato Aymro Wondemagenhew, arbeitet f ü r die äthiopisch-orthodoxe Mission, der Liqa Selttanat Habtemariam, steht als Dédiant der Heiligen Dreifaltigkeits-Kathedrale vor und ist Mitglied des Privatkabinetts Seiner kaiserlichen Majestät. Diese Änderung vollzieht sich jedoch sehr langsam, denn bevor die äthiopisch-orthodoxe Kirche nidit mindestens über sechs gebildete Bischöfe und Hunderte von Priestern mit einer modernen Universitätsbildung verfügt, wird sie das 20. Jahrhundert nicht erreicht haben. U n d das wird kaum vor Ende dieses Jahrhunderts eingetreten sein.

2. Liturgische

Reform

Das zweite Hauptelement für den Eintritt der äthiopisch-orthodoxen Kirche in das 20. Jahrhundert wäre eine Reform der Liturgie. Die Liturgie der Eucharistiefeier am Sonntagmorgen wird gegenwärtig nur von wenigen gebildeten Menschen besucht. Diese schwerwiegende Entfremdung vom Mittelpunkt des Lebens der Kirche erfordert sofortige Gegenmaßnahmen. Es scheint wichtig zu sein, daß ein Mindestreformp r o g r a m m eingeführt wird. (a) Die Liturgie sollte häufiger in amharischer Sprache gehalten werden. Gegenwärtig ist das lediglich in einigen Stadtkirdien der Fall und sogar hier werden die meisten Gesänge noch auf Ge'ez gesungen. Diese Zemas sollten bald in amharisdie H y m n e n übersetzt und junge Menschen unterwiesen werden, sie mit Verständnis und Hingabe zu singen. Junge Menschen werden in der Heiligen Dreifaltigkeits-Kathedrale unterrichtet, aber auch hier verstehen sie häufig nicht, was sie singen.

Die äthiopische Kirche

heute

137

(b) Die Länge des Gottesdienstes sollte verkürzt werden. Die Präanaphora dauert heute länger als eine Stunde. Dieser Teil des Gottesdienstes könnte gänzlich hinter dem Vorhang gefeiert werden, während die Laien erst zur Lesung der Bibelabschnitte zur Kirche zu kommen brauchten. Auch einige der Gesänge während des Wortgottesdienstes könnten verkürzt werden. Es ist möglich, die gegenwärtige äthiopisch-orthodoxe Liturgie mit einer kurzen Predigt von zehn Minuten in ungefähr eineinhalb Stunden zu feiern, ohne große Änderungen des Grundtextes vorzunehmen. (c) Die Erwachsenen unter den Kirchenmitgliedern sollten angehalten werden, häufiger am Abendmahl teilzunehmen. Im Augenblick kommen nur Kinder unter zwölf Jahren und einige alte Frauen zum Tisch des Herrn. Es sollte möglich sein, den Menschen zu erklären, daß sie nicht vollkommen ohne Sünde sein können, und daß die Kirche ihre Mitglieder regelmäßig beim Abendmahl sehen möchte. Sie sollten nicht auf ihre eigene RechtschafFenheit bauen, sondern vielmehr auf die Gnade Gottes, durch die uns Vergebung erteilt wird, und durch die Gott uns zu sich bringt. Priester sollten dadurch den Weg zeigen, daß sie jeden Sonntag das Abendmahl feiern, erst dann werden die Kirchenmitglieder diesem Beispiel langsam folgen. Die Gläubigen sollten durch richtigen Unterricht über Sinn und Bedeutung sowie über die Geschichte der Eucharistiefeier für regelmäßige Abendmahlteilnahme vorbereitet werden. (d) Die Qualität der Predigten sollte durch Predigtvorbereitungs- und Predigerkurse für Priester verbessert werden. Die Predigten sollten biblischer und erläuternder als lediglich wortgetreu und ermahnend sein. Der Wortgottesdienst sollte so gehalten werden, daß er der echten Unterweisung der Laien dienen könnte. (e) Die Gemeindeglieder sollten besser auf Gebet und Gottesdienst vorbereitet werden. Ein kleines Gebetbuch für persönliche Zwecke und für regelmäßigen Gebrauch in der Familie müßte ausgearbeitet werden. Während der italienischen Besetzungszeit gab es in den dreißiger Jahren ein solches Büchlein, das für Einzelne für die Zeit des Exils bestimmt war. Dieses Büchlein könnte überarbeitet und mit Auszügen aus der Sa'etat und den Psalmen Davids neu herausgebracht werden. Nur wenn die Kirchenmitglieder eine geeignete Unterweisung im Gottesdienst für Einzelne und Gruppen erhalten haben, wird der öffentliche Gottesdienst durch echte und innige Teilnahme von Seiten der Laien bereichert werden. Die liturgische Erneuerung macht ebenfalls einige Veränderungen in Größe und Bauart der Kirchen erforderlich. Die Rundkirche der Dör-

138

Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

fer ist f ü r eine volle Teilnahme der Laien am kirchlichen Gottesdienst k a u m geeignet. Heute stehen die meisten Laien außerhalb des kleinen R u n d b a u s , im Vorhof, der Qene Mahlet oder in dem R a u m , in dem Gesänge und Gebete v o n dem Chor gesungen werden. D a s Kirchengebäude müßte so angelegt werden, d a ß die Kirchenmitglieder die Priester am Altar sehen können u n d durch deren liturgische Antworten voll am Gottesdienst teilnehmen können. H e u t e betreten nur wenige Laien das Schiff oder die Qeddest einer typischen Dorfkirche. Lediglich diejenigen, die am A b e n d m a h l teilnehmen u n d vielleicht Mitglieder des Adels sind im Inneren des Gebäudes anzutreffen. Sogar in der Qeddest ist es — außer von einigen Plätzen aus — praktisch unmöglich, die Priester am Altar zu sehen. Dies bedeutet, d a ß die Lage des inneren Heiligtums, der maqdas selbst v e r ä n d e r t werden muß, damit den Gottesdienstteilnehmern größtmögliche Sicht gegeben werden kann. Gegenwärtig bleibt dieses innere Heiligtum, in dem die meisten liturgischen H a n d l u n g e n auf dem A l t a r mit dem tabot — der Bundeslade — vorgenommen werden, ein dunkler R a u m , und der A l t a r selbst ist n u r von einem P l a t z aus, direkt vor der T ü r , sichtbar. In größeren K a t h e d r a l e n , die der Heilige Dreifaltigkeit und anderen in Addis Abeba, ermöglicht eine neue Bauweise den Anwesenden mehr Sicht und verstärkte Teilnahme.

3.

Kirchenverwaltung

Die äthiopisch-orthodoxe Kirche w u r d e nach Verhandlungen, die über viele Generationen mit der Mutterkirche Alexandriens g e f ü h r t w u r den, im J a h r e 1959 unabhängig. Erst im 19. J a h r h u n d e r t w a r die ägyptische Kirche bereit, mehr als einen Bischof f ü r ganz Äthiopien zu weihen 5 . Kaiser Johannes IV. (1872—1899) überredete den Patriarchen von Alexandrien vier ägyptische Bischöfe, anstatt n u r einen, wie es bislang üblich w a r , zu weihen. Diese w u r d e n den vier P r o v i n z e n : Tigre-Wollo, Begemeder, G o d j a m u n d Schoa zugeteilt, in denen eine große A n z a h l von Christen lebte. Einige J a h r e vor der italienischen Besetzungszeit — im J a h r e 1929 — überzeugte der jetzige Kaiser H a i l e Selassie den Patriarchen von Alexandrien, fünf äthiopische Bischöfe zu weihen. Einige dieser Bischöfe spielten in der Widerstandsbewegung gegen die Italiener, in der sie etwas f ü r ihre eigenen Zwecke zu gewinnen suchten, eine f ü h rende Rolle und Abuna Petros und A b u n a Michael werden n o d i heute als große Patrioten und M ä r t y r e r verehrt.

Die äthiopische Kirche heute

139

N a c h d e m die italienischen Faschisten des Landes verjagt worden w a ren, u n d als der Kaiser unter T r i u m p h aus dem Exil heimkehrte, w u r den Verhandlungen f ü r die Unabhängigkeit der äthiopischen Kirche auf staatlicher Grundlage wieder aufgenommen. Der Fortschritt machte sich nur langsam bemerkbar. Das erste Übereinkommen aus dem J a h r e 1948° garantierte lediglich, nach dem Tode des herrschenden ägyptischen Abunas, einen äthiopischen Nachfolger zu weihen. A u f g r u n d desselben Übereinkommens w u r d e n fünf äthiopische Bischöfe geweiht, unter ihnen auch der A b u n a Basilios, der erste Patriarch Äthiopiens, der im O k t o b e r 1970 verstarb, sowie der Abuna Theophilos, der jetzige amtierende Patriarch. D i e Verhandlungen wurden bis z u m J a h r e 1959 f o r t g e f ü h r t , als eine Äthiopiens, der im O k t o b e r 1970 verstarb, sowie der Abuna TheoKassa lange Zeit in K a i r o verbrachte, um eine Regelung herbeizuführen. Danach w u r d e Abuna Basilios als Erzbischof und Patriarch eingesetzt u n d befugt, Bischöfe und Erzbischöfe f ü r Äthiopien zu weihen. D i e Autokephalie der äthiopisch-orthodoxen Kirche stammt daher aus dem J a h r e 1959. H e u t e zerfällt die äthiopisch-orthodoxe Kirche in die folgenden D i özesen: Diözese: 1. Shewa (Schoa)

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Arussi Tigre Eritrea Wollo Begemeder u n d Semen Godjam Wollegga Ilubabor Gemu-Gofa Sidamo Bale Harrar Kaffa

Sitz: A d d i s Abeba — der Patriarch ist gleichfalls Erzbischof v o n Schoa. Aselle Aksum Asmara Dessie Gondar D e b r e Markos Lekemti Gore Tschantcha Yirga-Alem Goba Harrar Djimma

D i e Kirche steht unter einer Z e n t r a l v e r w a l t u n g mit Sitz — neben dem Patriarchat — in Addis Abeba, die u n g e f ä h r 400 Mitarbeiter zählt.

140

Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

D e r Patriarch ist Vorsitzender der Heiligen Synode u n d ebenfalls Präsident der Kirchenverwaltung. D i e Verwaltung wird von einem Kirchlichen Verwaltungsausschuß (Yebete Kehrtet Astadader-Ausschuß) mit H i l f e eines Gelehrtenrates (Yeliqawunt Gubae) u n d eines geistlichen Rates (Menfesawi Mekr Bet) überwacht. Die Ausschußmitglieder werden vom Kaiser, mit Z u stimmung des Patriarchen — dem Präsidenten des Ausschusses— ernannt. A n der Spitze der Verwaltung (Bete kehrtet) steht ein Generaldirekt o r , z. Zt. ist es Seine Exzellenz N e b u r e I d Dimitros, ehemaliger Vizepräsident des Senates des äthiopischen Parlamentes. E r h a t den R a n g eines Regierungsministers und w i r d ebenfalls vom Kaiser e r n a n n t ' . A u ß e r d e m gibt es einen stellvertretenden Generaldirektor mit R a n g eines Vizeministers. D i e Verwaltung gliedert sich in verschiedene Abteilungen; die wichtigsten sind: Abteilung f ü r Erziehungswesen, Diözesanbüro f ü r Schoa, Druckerei, Abteilung f ü r Geschichte u n d Antiquitäten, Verwaltung der Ländereien, Abteilung f ü r Forschung, Missionswerk und Abteil u n g f ü r Veröffentlichungen, R a t f ü r Kirchendisziplin u n d V e r w a l t u n g des Klerus. D e r notwendige Wandel in der Kirche kann nur durch eine beträchtliche Verbesserung des Verwaltungssystems und eine Erneuerung des Personals erreicht werden. D e r gegenwärtige Generaldirektor ist ein a k t i v e r u n d erfahrener Priester; seine Unfähigkeit f r e m d e Sprachen — außer Italienisch — zu sprechen u n d sein mangelndes Verständnis der modernen Welt und ihrer A n f o r d e r u n g e n sind jedoch ein schwerwiegender Nachteil. Es trifft allerdings zu, daß wohl k a u m ein Mensch mit moderner Ausbildung gewillt wäre, diese eine Institution in Äthiopien zu ändern, die Bollwerk der Stabilität und Hemmschuh f ü r jedes Erneuerungsprogramm gewesen ist. Viele Projekte wurden ausgearbeitet u n d finanziert, um die Kirche zu erneuern, die Neugetauften zu unterrichten, das Evangelium zu verkündigen und die Priester auszubilden. Wegen fehlendem Verständnis u n d mangelnder Tüchtigkeit der V e r w a l t u n g wurden die Projekte jedoch nur fehlerhaft und zögernd durchgeführt. H e u t z u t a g e scheint es äußerst dringlich zu sein, die Fähigkeiten der Laien auszunutzen. Laien, die in verschiedenen Regierungsministerien arbeiten, sehnen sich nach der Kirche u n d würden gern aufgefordert w e r d e n , der Kirche irgendwie zu helfen und zu dienen. Zwischen ihnen u n d dem leitenden Klerus gibt es jedoch k a u m eine Verständigung.

Die äthiopische Kirche 4. Kirche

und Staat in

heute

141

Äthiopien

A u f der dritten internationalen Konferenz über äthiopische Studien, die 1 9 6 6 in Addis Abeba abgehalten wurde, wies Dr. Sergew H a b l e Sellassie, ein äthiopischer Professor, darauf hin, daß das Christentum in Äthiopien nicht wie in dem römischen und byzantinischen Kaiserreich seine Anfänge nahm, sondern mit dem König begann und auf das V o l k übertragen wurde 8 . Frumentius aus Syrien christianisierte zunächst den Palast und dann wurde der König in gewissem Sinne zum Evangelisten des Landes. Durch diese Tatsache erhielt der König eine Sonderstellung in der äthiopischen Kirche. Einige Autoren sind so weit gegangen zu behaupten, daß der Kaiser das Oberhaupt der äthiopischen Kirdie sei, diese Aussage hat weder theoretisch noch praktisch sicheren Grund. In der überarbeiteten Verfassung von 1955® wurde verankert, daß — falls der künftige Erbe am Sterbetag des Kaisers noch nicht volljährig ist — ein Regentschaftsrat gebildet werden soll, zu dem der Patriarch gehören wird 1 0 . Artikel 16 derselben überarbeiteten Verfassung besagt ausdrücklich, daß diejenigen, die nicht dem äthiopisch-orthodoxen Glauben angehören, nicht als Mitglieder der kaiserlichen Familie angesehen werden können. D e r Patriarch soll den Kaiser krönen und salben und den Mitgliedern des Regentschaftsrates den Eid abnehmen. Nach Artikel 23 hat der Kronprinz bei Besteigung des Kaiserthrones den Eid abzulegen, daß „er sich stets zum Glauben der orthodoxen Kirdie bekennen und diesen verteidigen wird." In Artikel 40 wird jedoch garantiert, daß „keine Einmischung in mit dem Gesetz in Übereinklang stehender Ausübung der Riten irgendeiner Religion oder eines Glaubensbekenntnisses der Bewohner des Kaiserreiches erfolgen soll, unter der Voraussetzung, daß solche Riten nicht für politische Zwecke benutzt werden oder der öffentlichen Ordnung oder Moral schaden". D e r Kaiser besitzt selbstverständlich die Souveränität über Organisation und säkulare Verwaltung der Kirche. D e r Kaiser kann für alle Angelegenheiten — außer für klösterliche, geistliche, lehrmäßige und sakramentale — Dekrete und Edikte für die Verwaltung der Kirche erlassen. Artikel 127 unterstreicht, daß Patriarchen und Bischöfe „mit Zustimmung des Kaisers bei Wahl und Ernennung" ihr Amt antreten können. In Artikel 126 heißt es: „Die äthiopisch-orthodoxe Kirche, die im 4. Jahrhundert auf Grund der Lehren des Heiligen Markus gegründet

142

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

wurde, gilt als etablierte Kirche des Kaiserreiches und wird als solche vom Staat unterstützt. D e r Kaiser hat sich stets zum äthiopisch-orthodoxen Glauben zu bekennen. D e r Name des Kaisers soll in allen G o t tesdiensten erwähnt werden." Der darauffolgende Artikel macht klar, daß die „Organisation und säkulare Verwaltung der etablierten Kirche unter das Gesetz f ä l l t " — d. h., unter das Zivilgesetz des Landes. „Der Kaiser hat das Recht, Dekrete, Edikte und öffentliche Bestimmungen für die Kirche zu erlassen, ausgenommen sind Angelegenheiten des klösterlichen Lebens oder der geistlichen Handlungen." Im Strafrecht (Artikel 7 7 1 ) hat der Staat für Gotteslästerung oder öffentliche Beleidigung irgendeiner Religion oder eines Gottes und sogar für herabmindernde Bemerkungen gegen „religiöse Symbole, Riten oder religiöse Persönlichkeiten", eine Strafe, die über einhundert Dollar (40 US-Dollar) oder H a f t , die über acht Tage nicht hinausgehen soll, festgesetzt. V o r kurzem hat die Regierung die Kirche als eine unabhängige von der Regierung priviligierte Institution anerkannt. Das ist wohl auch der Grund dafür, daß das Oberhaupt der Verwaltung „Generaldirekt o r " genannt wird. Er wird von der Regierung ernannt und hat den R a n g eines Kabinettsministers. Sein Assistent, der sogenannte stellvertretende Generaldirektor, hat den Rang eines Vizeministers. Diese von der Regierung ernannten Minister verwalten das Eigentum der Kirche. Daher meint das Volk, der Kaiser stehe an der Spitze der Kirche. Aus der Verfassung geht jedoch ganz klar hervor, daß der Kaiser in wirklich ekklesiastischen Angelegenheiten, wie der Unterrichtung in Lehren und der Verwaltung der Sakramente, keine Befugnisse hat. Seine Befugnisse sind — obwohl er nicht das Oberhaupt der Kirche ist — doch ziemlich beträchtlich. Aber wie schon im byzantinischen Reich, so auch in Äthiopien, behauptet sich die Kirche manchmal gegen die säkulare Autorität. Es träfe nicht zu, zu behaupten, daß es zwischen Kirche und Staat keine Spannungen gäbe.

}. Laien-

und Missionsbewegungen

in der

Kirche

Die moderne Erziehung, die in Äthiopien erst nach der italienischen Besetzungszeit der dreißiger J a h r e spürbar wurde, hat hauptsächlich zur Entfremdung der gebildeten Laien von der Kirche beigetragen. So findet man die Priester weit entrückt von den Fragen, die die moderne Welt bewegen und unfähig, den Glauben in für den modernen Men-

Die äthiopische Kirche heute

143

sehen verständlichen Begriffen auszulegen vor. Die Priester selbst wurden nodi auf altmodische Art und Weise ausgebildet und haben keine moderne Erziehung genossen. In dieser Lage haben einige Laien selbst die Initiative ergriffen, um sich für den Dienst in der Kirche zu organisieren. Nur einige dieser Organisationen können hier erwähnt werden. Die äthiopisch-orthodoxe Mission ist ein halboffizielles Organ, das hauptsächlich aus Laien besteht und von Liqa Silttanat Habtemariam Worqneh, Dechant an der Heiligen Dreifaltigkeits-Kathedrale, geleitet wird. Hier stellen sich viele einsatzbereite junge Männer und Frauen in den Dienst der Kirche. Dieses Organ wurde 1963 ins Leben gerufen „als Ort der Gemeinschaft, Ausbildung und gemeinsamen Aktion zur Verherrlichung Gottes". Seine Ziele umfassen die Vorbereitung missionarischer Gruppen, die das Evangelium innerhalb und außerhalb des Landes predigen; die Verbesserung sozialer und moralischer Bedingungen der Menschen; Tätigkeiten christlicher Nächstenliebe; Unterricht usw. Hier werden auch Programme für den Rundfunk ausgearbeitet, die von der Radiostation „Stimme des Evangeliums" (Radio Voice of the Gospel) in Addis Abeba ausgestrahlt werden, Bücher und Broschüren veröffentlicht, Gefängnisse und Heime für geistig und körperlich Behinderte besucht, Moralerziehung in höheren Schulen durchgeführt, Kirchengewänder und religiöse Gegenstände hergestellt, Kindergottesdienst und Jugendstunden gegeben, wobei sich die Haupttätigkeit dieses Organs gegenwärtig auf die Hauptstadt beschränkt. Der Mahbere Hawariat oder Apostolische Verband ist eine ältere Missionsorganisation, die hauptsächlich im Norden entlang der Küste des Roten Meeres und der sudanesischen Grenze tätig ist. Das „apostolische" Genie dieses Werkes war Nebure Id Dimitros, der gegenwärtige Generaldirektor der Kirchenverwaltung, zur Zeit als er noch in Eritrea lebte. Mehrere Schulen wurden von dieser Organisation eingerichtet, besonders für den Kunama-Stamm im sudanesischen Grenzgebiet, in dem sie ihre Hauptarbeit konzentriert hatte. Tausende von Heiden wurden getauft und im christlichen Glauben unterwiesen. Kirchen wurden für sie gebaut. Diese Arbeit wurde teilweise vom ö k u menischen R a t der Kirchen unterstützt. Eine andere regionale Missionsorganisation, Kassate Berhan (Offenbarer des Lichtes), arbeitet in Harrar unter den Adal-Stämmen und anderen Heiden, besonders aber unter den Moslems der östlichen Provinz von Harrar. Diese Organisation wurde von dem gegenwärtig amtierenden Patriarchen, Abuna Theophilos, der ebenfalls Erzbischof

144

Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

v o n H a r r a r ist, gegründet. H a r r a r w a r von jeher eine Hochburg des Islams u n d der Fortschritt auf dem Gebiet der Evangelisation der Bevölkerung von H a r r a r ist insoweit sehr begrenzt. Die Kirche v e r f ü g t über ihr eigenes offizielles Missionswerk u n d bildet Evangelisten f ü r die Arbeit unter den Heiden von Sidamo, Bale, G e m u - G o f a , Ilubabor u n d Arussi aus. W ä h r e n d der letzten zwanzig J a h r e w u r d e n — hauptsächlich a u f g r u n d der Initiative des A b u n a Theophilos — mehrere H u n d e r t t a u s e n d e (einige Schätzungen belaufen sich auf eine Million) von H e i d e n von äthiopisch-orthodoxen Priestern getauft. Leider wurden jedoch keine unmittelbaren V o r k e h r u n gen getroffen, um sie zu unterweisen und sie gesellschaftlich und moralisch gesehen auf ein christliches Leben vorzubereiten. Einige Bemühungen f ü r die Unterrichtung der N e u g e t a u f t e n w u r d e n vor k u r z e m angestellt; die wichtigste f ü h r t e z u r Errichtung der missionarischen Ausbildungsstätte am U f e r des Zwai-Sees in der P r o v i n z Arussi. Diese Schule versucht nicht nur in Techniken der Evangelisation u n d der religiösen Unterweisung auszubilden, sondern auch in allgemeinen Programmen f ü r Gemeinwesenplanung und Entwicklung einschließlich Gesundheitswesen, Erziehung, Hygiene, Genossenschaften, neuen Methoden f ü r Agrikultur u n d Ackerbau sowie in Viehzucht u n d H a n d w e r k führend zu sein. Unter der richtigen Leitung k ö n n t e diese Schule ein wichtiges Instrument f ü r die Veränderung verschiedener Teile des ländlichen Äthiopiens werden. Äthiopische Missionare haben ebenfalls im Ausland gewirkt, wie im Sudan, in Britisch-Guyana, Trinidad u n d sogar in der Stadt N e w Y o r k (besonders unter Schwarzen); in diesen Gebieten wurden äthiopisch-orthodoxe Gemeinden mit äthiopischen Priestern gegründet. Diese Gemeinden, von denen es ehemals 35 gab, haben hauptsächlich wegen m a n g e l h a f t e r Leitung und Seelsorge wenig K r a f t und Vitalität entwickelt. Bei einigen sind auch politische Auswirkungen im Spiel, ein Zustand, der nicht immer zu ihrer christlichen Aussagefähigkeit beiträgt.

6. Eine

Studentenorganisation

Zeitweise w a r die bedeutendste unter verschiedenen kirchlichen Bewegungen die Haimanote Abew (Glaube unserer Väter), der äthiopische Studentenverband, der im April 1957 von den Studenten des Universitätskollegs in Addis Abeba gegründet wurde. Zwei äthiopische Universitätsstudenten, unter ihnen A t o Z o w d n e h Yemtatu, der

145

Die äthiopische Kirche heute

später einer der A k t i v s t e n w u r d e , gingen f ü r sechs M o n a t e nach I n dien — m i t finanzieller U n t e r s t ü t z u n g des Kaisers — um die A r b e i t e n der o r t h o d o x e n christlichen S t u d e n t e n b e w e g u n g in Indien k e n n e n z u lernen, d i e d a m a l s bereits über f ü n f z i g j ä h r i g e E r f a h r u n g in der S t u dentenarbeit v e r f ü g t e . D i e anfängliche Begeisterung der Universitätsstudenten gab der O r g a nisation einen g r o ß e n A u f t r i e b , die später die Mitgliedschaft ebenfalls auf Schüler in höheren Schulen ausdehnte. I n den folgenden

Jahren,

als die S t u d e n t e n sich mehr gegen das E s t a b l i s h m e n t der K i r c h e u n d des S t a a t e s auflehnten w u r d e versucht, die L e i t u n g f ü r das E s t a b l i s h m e n t zu g e w i n n e n und diese B e m ü h u n g e n t a t e n der Q u a l i t ä t der geleisteten A r b e i t Abbruch. D e r Haimanote

Abew

ist noch a k t i v und w u r d e v o r k u r z e m (im J a h r e

1 9 6 8 ) M i t g l i e d des Christlichen

Studentenweltbundes.

Seine

Erklä-

rung über Ziele und Zwecke ist ziemlich e i n d r u c k s v o l l : a) D i e A u s ü b u n g , F ö r d e r u n g u n d V e r b r e i t u n g des christlichen G l a u bens vor a l l e m unter U n i v e r s i t ä t s - und Collegestudenten sowie unter Schülern u n d gebildeten jungen Leuten im allgemeinen a n z u r e g e n ; b) sich a u s

diesem

Grunde

für

christlichen

Gottesdienst,

Studien,

Dienst u n d christliches Zeugnis einzusetzen; c) a u f die volle V e r w i r k l i c h u n g der E i n h e i t aller C h r i s t e n h i n z u a r b e i ten, ohne die F ü l l e des christlichen G l a u b e n s zu beeinträchtigen; d) für d i e v o l l k o m m e n e I n a n s p r u c h n a h m e der gottgegebenen

Würde

des Menschen in der Gesellschaft einzutreten u n d z u diesem Z w e c k im K a m p f gegen Rassismus, soziale, wirtschaftliche u n d politische U n g e rechtigkeit m i t z u a r b e i t e n und an k o n s t r u k t i v e n B e m ü h u n g e n , u m das geistliche u n d irdische W o h l e r g e h e n aller Menschen zu erreichen, teilzunehmen; e) durch die Mission, die Jesus Christus der K i r c h e aufgegeben h a t , an durch

Predigt,

U n t e r w e i s u n g , K i n d e r g o t t e s d i e n s t , S o z i a l a r b e i t u n d andere

dem H e i l

der Menschheit

mitzuarbeiten

und z w a r

humani-

täre Tätigkeiten; f) dem L e b e n der U n i v e r s i t ä t besondere A u f m e r k s a m k e i t zu w i d m e n und alles zu tun, um die U n i v e r s i t ä t eng m i t d e m „ P l a n G o t t e s " in V e r b i n d u n g zu b r i n g e n ; g) eine L e i h - u n d S a c h b i b l i o t h e k für die Fächer zu errichten u n d zu u n t e r h a l t e n , die mit den Zielen u n d Zwecken des V e r b a n d e s ü b e r e i n stimmen; h) die B e z i e h u n g des christlichen Glaubens zu anderen akademischen Fachbereichen zu untersuchen u n d zu ü b e r p r ü f e n und die R o l l e der U n i v e r s i t ä t in der Gesellschaft zu studieren;

146

Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

i) sich f ü r Projekte einzusetzen, die auf die direkte Behebung des Leidens abzielen, das Männer und Frauen aufgrund von Armut, schlechten Gesundheitszuständen, Unwissenheit usw. erdulden; j) das öffentliche Bewußtsein hinsichtlich der in der Umwelt bestehenden sozialen Übel zu wecken und zu versuchen, diese auszurotten; k) Projekte zu beginnen und auszuarbeiten, die f ü r den Dienst an der Menschheit bestimmt sind als ein Ausdrude der Liebe Gottes für den Menschen, wie sie durch Jesus Christus offensichtlich wurde; 1) Mitglieder aufzurufen, der Kirche in allen möglichen Weisen zu dienen, wie z. B. im Kindergottesdienst, durch Missionsprojekte usw.; m) an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Gruppen Zweige des Verbandes zu gründen, um seine Ziele und Zwecke zu fördern; n) kulturelle und erzieherische Austausche zu fördern, wie Arbeitslager, Besuche, Seminare usw., um die gegenseitige Verständigung zwischen Menschengruppierungen zu verbessern. Die Studentenorganisation hat heute 21 Zweigstellen in Äthiopien, von denen drei auf Universitätsebene u n d die anderen in höheren Schulen tätig sind. Einige der Zweigstellen, wie die in Debre Berhan und Nazareth, unterhalten literarische Programme und Volksschulen. Sie organisieren ebenfalls Programme für Bibelarbeiten und vierzehntägige öffentliche Vorträge im Patriarchat sowie Seminare und Gemeindeprojekte oder Arbeitslager; sie veröffentlichen zwei Zeitschriften und veranstalten eine Jahreskonferenz, die stets redit gut besucht wird. Der Kaiser war von Anfang an Schutzherr dieser Organisation und der Patriarch ist ihr ehrenamtlicher Vorsitzender. Gegenwärtig ist Seine Exzellenz Ato Akaleworq Habtewold, der Justizminister der äthiopischen Regierung, Präsident der Organisation.

7. Neues

Erwachen

Während andere Laienbewegungen wie Tamero Mastamar (Lerne zu Lehren) und Sewasewa Berhan (Ausstrahlung des Lichtes) praktisch an Ausstrahlungskraft nachgelassen haben, war die vor kurzem stattgefundene Tagung des Zentralausschusses des ökumenischen Rates der Kirche in Addis Abeba eine Gelegenheit f ü r ein neues Erwadien, besonders hinsichtlich der Anteilnahme der Laien. Die Konferenz, die vom 5.—6. Januar 1971 im Gebäude der Haile Selassie I.-Stiftung stattfand, war von dem Ausschuß f ü r zwischenkirchliche Hilfe der äthiopisch-orthodoxen Kirche, mit Hilfe der

Die äthiopische Kommission

für

Kirchlichen

Kirche

heute

147

Entwicklungsdienst

(C. C . P . D . )

des

ökumenischen Rates der Kirchen, veranstaltet worden. Eine Beschreibung der Teilnehmer selbst ist interessant, ganz abgesehen davon, daß sich das T h e m a der K o n f e r e n z auf die Teilnahme der äthiopisch-orthodoxen Kirche an der nationalen Entwicklung bezog. D i e meisten Teilnehmer waren Laien, obwohl die offizielle K i r chenverwaltung ordnungsgemäß durch führende Geistliche vertreten war, wie durch Seine Exzellenz Nebure I d Demetros, Liqaselttanat H a b t e m a r i a m , Hochwürden D r . V . C. Samuel (Dekan der Theologischen F a k u l t ä t ) und Pater Gabregziabher Degou. Belay Abai, Vizeminister der Planungskommission, der D i r e k t o r der Addis Abeba B a n k , Debebe H . Yohannes, verschiedene Laien im R a n g eines Vizeministers oder Ministerassistenten oder Generaldirektors aus den

Ministerien

für

soziale

Angelegenheiten,

Finanzwesen, Agrikultur, Äußere Angelegenheiten,

Erziehungswesen, Kommunikation,

öffentliches Gesundheitswesen, Bodenreform und aus der S t a d t v e r w a l tung von Addis Abeba, sowie verschiedene

Universitätsprofessoren

nahmen an der K o n f e r e n z — nicht in ihrer Eigenschaft als Regierungsbeamte sondern als Laien der äthiopisch-orthodoxen Kirche



teil. D e r größte Teil grundlegender Arbeit wurde von einem der tatkräftigsten äthiopisch-orthodoxen Laien geleistet, dem D i r e k t o r der Stiftung H a i l e Selassie I., A t o Abebe Kebede. Teferra Woldesemait, Leiter der Planungsabteilung im Ministerium für nationale Gemeinwesenentwicklung, sprach in seiner Erklärung über das „Evangelium der E n t w i c k l u n g " , das von der Kirche zu predigen sei, indem die der Kirche zur Verfügung stehende Arbeitskraft einzusetzen sei, damit „qualitativen und quantitativen notwendigen Änderungen

entspro-

chen werden könnte, um dadurch die allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern". D e r L e i t e r der Planungskommission, Staatsminister Belai Abbai



selbst ein eifriger christlicher Laie — sagte u. a. „Es ist mit Sicherheit zu behaupten, daß die

äthiopisch-orthodoxe

Kirche und ihre Lehre einen der hauptsächlichen Aufbaufaktoren der äthiopischen Gesellschaft darstellt. Dadurch f ä l l t der Kirche die größte V e r a n t w o r t u n g zu,

den

Gemeindegliedern

zu helfen,

den

großen

Sprung nach vorne, in die moderne Welt zu tun — wobei die H e r ausforderung darin besteht, für die Erhöhung des Lebensstandards und die Verbesserung der Lebensbedingungen unseres Volkes einzutreten . . . " „Die Kirche, die jederzeit um das Wohlergehen ihrer Mitglieder besorgt war, wird ohne Zweifel ihren großen Einfluß in den Boden-

148

Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

reformbewegungen geltend machen, die auf größere Produktivität abzielen und durch die den Bauern ein angemessener Teil der Früchte ihrer Arbeit zukommen s o l l . . . " „Die äthiopisch-orthodoxe Kirche und ihr Klerus könnte — so meine ich — eine wichtige Rolle spielen, indem sie die Haltungen verändern, die Horizonte erweitern und die zahlreichen Gemeindeglieder weit und breit im Lande zu größerer Tätigkeit anregen helfen . . . " „Die Kirche, die jahrhundertelang unsere Nation belebt hat und führend in ihrer Entwicklung war, sieht sich jetzt vielleicht der stärksten Herausforderung gegenüber, die sicherlich auch ihr größter Augenblick ist. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte muß sie mit einer ständig anwachsenden Bevölkerung in Verbindung bleiben und ihr das volle Leben — auf geistiger, geistlicher und leiblicher Ebene — vermitteln, auf das sie einen legitimen Anspruch h a t . . . " Ein Ausschuß für Nacharbeit wurde bestellt, um die Empfehlungen dieser Konferenz über die kirchliche Teilnahme an der Entwicklung weiter voranzutreiben, und mit Interesse wird auf die zunehmende Teilnahme der Laien am Leben und Amt der Kirche gewartet.

8. Beziehungen

zum ökumenischen

Rat der Kirchen

Die äthiopisch-orthodoxe Kirche ist eines der Gründermitglieder des ökumenischen Rates der Kirchen. Der gegenwärtig amtierende Patriarch, Abuna Theophilos, hat persönlich an allen vier ÖRK-Versammlungen — in Amsterdam im Jahre 1948, in Evanston im Jahre 1954, in Neu-Delhi im Jahre 1961 und in Uppsala im Jahre 1968 — teilgenommen. Im Zentralausschuß des ökumenischen Rates der Kirchen sind zwei äthiopische Mitglieder vertreten. Im Januar 1971 tagte der Zentralausschuß auf Einladung der äthiopisch-orthodoxen Kirche — unter voller Mitarbeit der äthiopischen Regierung — in Addis Abeba. Seit dem Jahre 1962 hat die Kirche einen Sonderausschuß f ü r zwischenkirchliche Hilfe, der vom Patriarchen eingesetzt wurde. Der Ausschuß besteht aus einigen leitenden Laien des Landes und hat bereits Projekte — wie die missionarische Ausbildungsstätte in der Nähe des Zwai-Sees — laufen. Es besteht Grund genug anzunehmen, daß noch viele weitere Entwicklungsprojekte von diesem aktiven Ausschuß durchgeführt werden, wenn genügend finanzielle Hilfe von außen gewährt wird.

Die äthiopische Kirche heute 9. Die

finanzielle

Lage der

149

Kirche

Viele meinen, die Kirche sei unheimlich reich. Diese Meinung scheint auf der A n n a h m e zu beruhen, daß ein D r i t t e l des Landes der Kirche gehöre. V o r z e i t e n mag es zutreffend gewesen sein, heute ist es jedoch nicht mehr unbedingt der Fall. Das L a n d , das der Kirche einmal gehörte, ist heute größtenteils in Händen

d e r Feudalaristokratie,

die als T r e u h ä n d e r des kirchlichen

Besitzes eingesetzt w o r d e n w a r . H e u t z u t a g e gibt es drei A r t e n von kirchlichem Grundbesitz: ( a ) L a n d , das der K i r c h e direkt gehört und von ihr bestellt w i r d ; (b) L a n d , das im Besitz der örtlichen Kirchen i s t und den Priestern zur Bestellung übergeben w i r d ; und (c) L a n d , für das die Kirche Steuern erhält, das aber praktisch im Besitz von Privateigentümern ist. N a c h den im J a h r e 1 9 6 1 veröffentlichten Zahlen erhielt die Kirche eine G r u n d - und Bodensteuer, die sich insgesamt auf rund eine Million U S - D o l l a r p r o J a h r (2 4 4 0 1 7 4 , 3 3 äthiopische D o l l a r ) belief. M e h r als 2 0 0 0 0 0 U S - D o l l a r dieser Summe waren Erziehungssteuern, die für den U n t e r h a l t von kirchlichen Schulen ausgegeben werden

mußten.

Z u jener Z e i t verfügte die Kirche über 5 3 9 Schulen mit rund 4 0 0 0 0 Schülern, aber nur 8 6 6 Lehrern. Das Durchschnittsgehalt eines Lehrers in einer kirchlichen Schule betrug pro M o n a t 2 8 , 2 2 äthiopische D o l l a r oder weniger als 12 U S - D o l l a r ! Das Durchschnittsmonatsgehalt eines v o n der Kirche angestellten P r i e sters ist ebenfalls beklagenswert niedrig — nämlich 2 U S - D o l l a r im Monat! Die Kirche beschäftigt ungefähr 1 5 0 Evangelisten, rund 4 0 v o n ihnen erhalten ein durchschnittliches Monatsgehalt von 5 0 U S - D o l l a r , w ä h rend rund 1 1 5 lediglich 5 U S - D o l l a r erhalten. Die G e s a m t z a h l der direkt von der kirchlichen

Zentralverwaltung

Angestellten belief sich im J a h r e 1961 auf 5 1 6 4 , unter ihnen gab es 3 7 1 7 Priester. D e r g r ö ß t e Teil des Einkommens aus den kirchlichen Ländereien wird von Verwaltungskosten

verschlungen, so daß

nahe nichts für h u m a n i t ä r e und wohltätige Zwecke übrigbleibt.

bei-

Kapitel II DIE FRÜHGESCHICHTE DER KIRCHE P r i n c i p a l PAUL VERGHESE

1.

Ursprünge

Die Ursprünge der orthodoxen Kirche Äthiopiens wurden von frühen Kirchengeschichtlern gut beschrieben und können mit ziemlicher Genauigkeit auf die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts zurückgeführt werden. Vor dieser Zeit scheinen die Äthiopier des Nordens eine semitische Form praktiziert zu haben, die wir wegen Ermangelung eines besseren Ausdruckes „heidnische Formen" nennen, obwohl sie nicht ohne Einfluß der Religion des Alten Testamentes 1 sowie des griechischen Pantheons blieben. Die vorchristliche Kultur Äthiopiens blühte. Grundmauern und Ruinen großer Gebäude, die mindestens aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. stammen, wurden bei Ausgrabungen gefunden. Inschriften im alten Ge'ez oder in Äthiopisch stammen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Welches die Grundlage der Legende audi sein mag, nach der die Königin von Saba und das salomonische Geschlecht mit Äthiopien identifiziert wird, wir wissen, daß die äthiopische Sprache eine eng mit dem Sabäischen verbundene südsemitische Sprache ist. Der erste christliche König, dessen Münzen uns überliefert wurden, war Ezana. Ludolfus datiert die christliche Staatsreligion auf ungefähr 330 n. Chr., der Zeit der Könige zu Aksum. Er bezieht sein Wissen natürlich von Rufinus2, dessen Berichte aus erster Hand stammen, da er persönlich mit dem Mitbegründer der Kirche, Ädesius, bekannt war. Laut Rufinus unternahm Meropius, ein Philosoph aus Tyre (SyrienLibanon) mit zwei ganz jungen Anhängern aus Syrien, Frumentius und Ädesius eine Seereise nach Indien. Auf der Rückreise machte ihr Schiff in einem Hafen am Roten Meer — in dem Gebiet des heutigen Somalia — fest, um Wasser und Nahrung an Bord zu nehmen. Das in diesem Land ansässige Volk war dem römischen Reich feindlich gesinnt und besetzte das Schiff. Meropius und alle Passagiere kamen bei dem Zwischenfall ums Leben.

Die Frühgeschichte der Kirche

151

Laut Rufinus entkamen die beiden Knaben jedoch unverletzt, ließen sich unter einem Baum nieder und lasen ihre Bücher, wie das von guten Studenten und künftigen Philosophen erwartet werden kann. Den „Barbaren" taten die Knaben leid und sie brachten sie weit ins Landesinnere zum König. Ädesius wurde des Königs Mundschenk und Frumentius sein Sekretär und Zahlmeister. Die Knaben wuchsen im Palast auf und waren bei der königlichen Familie und dem Volk des Landes beliebt. Bald darauf starb der König und ließ seinen kleinen Sohn als Erben zurück. Vor seinem Tode gab er den beiden jungen Leuten die Freiheit, damit sie in ihr Land zurückkehren konnten. Nach seinem Tode bat die verwitwete Königin sie jedoch zu bleiben und ihr zu helfen, das Land im Namen ihres minderjährigen Sohnes zu regieren. Frumentius gewann großen Einfluß in der Regierung und war in der Lage, versprengte syrische und griechische christliche Kaufleute um sich zu versammeln. Er organisierte eine kleine christliche Gemeinschaft, die zum Gebet und zur Studie der Heiligen Schrift zusammenkam. Als der junge König mündig wurde, kehrte der jüngere und anspruchslosere Ädesius mit seiner Erlaubnis nach Tyre zurück. Frumentius ging nach Alexandrien, wo Athanasius bald nach dem Konzil von Nicäa (325 n. Chr.) Erzbischof geworden war. Er berichtete letzterem von dem christlichen Gemeindekern in Äthiopien, der inzwischen bereits ziemlich groß geworden war und bat den Erzbischof, einen ehrwürdigen Mann als Bischof zu senden. Athanasius dachte über diese Bitte nach und erwägte in seiner Versammlung von Presbytern, was zu tun sei. Es wurde entschieden, Frumentius selbst zum Bischof zu weihen. „Ich kenne diese Tatsachen", schreibt Rufinus, „nicht aus gewöhnlichen Berichten, sondern aus Ädesius Munde, der Frumentius' Gefährte war und später zum Priester in Tyre geweiht wurde." 3 Frumentius kehrte darauf nach Äthiopien als erster Bischof der äthiopischen Kirche zurück und wurde vom Volk „Abba Salama" d. h. „Vater des Friedens" genannt 4 . Soweit Rufinus Bericht, der ziemlich glaubwürdig erscheint. Aus anderen Quellen ist uns überliefert, daß Ezana der junge König war, unter dessen Herrschaft Äthiopien christlich wurde. In der äthiopischen Uberlieferung wird jedoch die Einführung des Christentums in Äthiopien zwei Königen zugeschrieben, den Brüdern Abreha und Atsbeha. Die beiden Überlieferungen wurden jedoch von einigen Gelehrten miteinander verbunden, indem sie die Namen Abreha (der Erleuditer) und Atsbeha (der Dämmerung Einleitende) zu den Taufnamen von

152

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

E z a n a und Shaiazana werden ließen. Jedenfalls wird in der äthiopischen Liturgie der beiden Könige unter den Namen „Abreha" und „Atsbeha" gedacht. Es gibt ein Schreiben des Kaisers Konstantin an die beiden Könige: „Victor Constantin Maximus zu Ezana und Shaiazana", in dem er sie auffordert, „Bischof Frumentius so rasch wie möglich nach Ägypten zum ehrwürdigen Bisdiof Georg und anderen Bischöfen in Ägypten zu senden, die befugt sind, die Weihe der Ordination zu verleihen". Georg der Kappadokier war der arianische Betrüger, der von K o n stantin den bischöflichen Sitz von Alexandrien erhalten hatte, nachdem Athanasius davongejagt worden war. Konstantin stellt die Weihe des Frumentius in Frage, die Athanasius vorgenommen hatte . . . „der sich tausend Verbrechen schuldig gemacht hat, die durch keinerlei Vorgaben des Angeklagten gerechtfertigt werden können, der heute seines Amtes enthoben und in keinem O r t sich aufhalten kann, der für menschliches Leben geeignet ist. E r zieht als Vagabund von einer Region zur anderen, beinahe so wie ein flüchtiger Verbrecher" 5 . Offensichtlich nahmen die Könige Äthiopiens von diesem Schreiben keine Notiz. Frumentius ging nicht zu Georg, um eine erneute Weihe zu empfangen. U n d die äthiopische Kirche hat seit der Zeit keine sehr freundlichen Gefühle gegenüber dem griechisch-römischen Christentum. 2. Die Aksum-Periode

(4.—9.

Jahrhundert)

D i e ersten Jahrhunderte des christlichen Äthiopiens waren für Staat und Kirche ein goldenes Zeitalter. Die erste bedeutende archäologische Erforschung dieser Periode wurde von der Deutschen Aksum-Expedition 6 von Enno Littmann, T. von Lupke und D . Krencker in den J a h ren 1905 bis 1 9 1 0 durchgeführt. Das Jahrhundert nach der Herrschaft des ersten christlichen Königs ist nur dunkel bekannt. Es ist wohl möglich, daß es zu einer zeitweiligen Verfinsterung kam, als Äthiopien unter die Macht yemenitischer oder arabischer Könige geriet, die wahrscheinlich einer Religionsform Israels folgten und die Religion unterstützten, die in den Tagen Salomos nach Äthiopien eingedrungen war. D e r hochverehrte Kaiser Ella Atzbeha herrschte von 514 bis 5 4 2 n. Chr. in der Periode, die auf das Konzil von Chalcedon folgte. E r war zunächst ein großer Soldat, der die Christen Südarabiens von ihren Verfolgern befreite und nachdem er die Schlachten gegen seinen

Die Frühgeschichte

der Kirche

153

eigenen rebellierenden Vizekönig in Arabien, der ebenfalls Christen verfolgte, gewonnen hatte, ging er nach Äthiopien zurück, dankte ab und wurde Mönch mit dem Namen Kaleb 7 . Kaleb ist ein allgemein anerkannter Heiliger, der von griechischen, lateinischen und arabischen Chronisten erwähnt wird und seine N a mensvettern im zaristischen Rußland inspirierte. Die Deutsche AksumExpedition grub die Reste zweier Kirchen aus, die über den Gräbern Kalebs und seines Sohnes und Nachfolgers Gabre-Maskal errichtet worden waren. Bauart und Architektur lassen sich mit der besten griechischen Architektur vergleichen. Kosmas Indikopleutes, der berühmte alexandrienische Weltreisende des 6. Jahrhunderts, hat einen Bericht 8 über den äthiopischen Seehafen Adulis und die Hauptstadt Aksum hinterlassen, in dem er die Städte um 520 n. Chr., zur Zeit der Herrschaft von Ella Atsbeha (Kaleb), beschreibt. Kosmas selbst wurde im fortgeschrittenen Alter, als er an seiner „Christlichen Ortskunde" schrieb, Mönch. Adulis war das Handelszentrum zwischen Äthiopien, Yemen, Persien, Indien und Ceylon. Kosmas hat vor lauter Bewunderung der Kirchen und Paläste in Aksum und Adulis große Verblüffung gezeigt. Prokopio, der byzantinische Chronist, berichtet über das Vorhaben des byzantinischen Kaisers Justinian (483—565), ein Bündnis mit den Äthiopiern und den Himjaren Südarabiens f ü r einen Feldzug gegen die Perser zu schließen. Viele der entscheidendsten Merkmale der äthiopischen Kirche bildeten sich während des 6. Jahrhunderts heraus. Ihre Christologie (der sogenannte Monophysitismus), ihr Klosterleben, ihre Bibelübersetzungen, ihre liturgische Tradition, ihre Kirchenmusik und sogar einige Elemente ihres sogenannten Judaismus stammen aus dieser Zeit. Die starke Entwicklung des äthiopischen Klosterlebens im 4. Jahrhundert, die auf Antonius, Makarius und Pachomius zurückgeht, wurde in Äthiopien leichter als in Syrien oder im Westen angenommen, w o die Basilius-Tradition entscheidender war.

3. Die Ankunft

der Neun

Heiligen

Hinter all den verschiedenen Entwicklungen steht die Ankunft der Neun Heiligen. Sie kamen wahrscheinlich aus Syrien oder Kleinasien, w o sie der melchitischen Verfolgung derjenigen entgingen, die sich weigerten, das Konzil von Chalcedon und die dort angenommene christologische Formel der zwei N a t u r e n anzunehmen.

154

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

Die Neun Heiligen waren Mönche und ihre Namen verraten nichts über ihre Nationalität: Za-michael Aragawi, Pantaléwon, Yetshaq Garima, Aftse, Guba, Alef oder Ots, Yemata, Liqanos und Tsehma. Es gibt mehrere äthiopische Chroniken über das Leben dieser Heiligen. Die Chronik über Abba Aragawi besagt, er habe das Mönchsgewand in dem berühmten Kloster Pachomius in Oberägypten angelegt und daß sich die anderen, durch die Heiligkeit seines Lebens beeindruckt, um ihn sammelten. Diese Mönche kamen aus Ägypten und fühlten sich, laut Chronik, zu den, dem Rufe nach christlichen, Königen von Äthiopien hingezogen. Über ihre Flucht vor der Verfolgung wird nichts verlautbart (das würde ja auch wirklich nicht zu ihren Gunsten sprechen). Die Neun Heiligen trennten sich jedenfalls, um Klöster in verschiedenen Teilen des Landes zu gründen. Das war in dem Zeitalter, als sich das Christentum durch diese Klosterzentren, die überall im Land verstreut lagen, nach Süden ausdehnte. Es scheint, daß zwei andere Gruppen von Mönchen aus Teilen des byzantinischen Reiches kamen, wahrscheinlich aus Syrien und Ägypten. Ein berühmter Einzelmönch, der zu dieser Zeit kam, war Matta (die syrische Form des Namens Matthäus), der Líbanos (der äthiopische N a m e für den Libanon) genannt wurde. In den Chroniken wird er als derjenige dargestellt, der vor der Ehe mit der Tochter des Kaisers des byzantinischen Reiches flüchtete u n d in dem Kloster des Pachomius in Oberägypten Zuflucht suchte. Er war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Syrer, der libanesisch sprach. I h m wird zugeschrieben, die ganze Küste des Roten Meeres, das heutige Eritrea, christianisiert zu haben. Er studierte Altägyptisch und übersetzte das Matthäus-Evangelium in diese Sprache. Er wurde von dem koptischen Abuna Elias nach Aksum, der H a u p t stadt, eingeladen. Er w a r jedoch über die Gebühren, die der Abuna f ü r die Priesterweihen verlangte, empört. Kaiser Za-gabaz war gezwungen, ihn aus der Stadt zu weisen, da er durch seine moralische Strenge peinliche Situationen hervorrief. Die Chroniken besagen, daß G o t t die Stadt mit einer dreijährigen Dürre strafte, die zur wahren Bekehrung des Königs und des Abunas führte. Obwohl Abba Matta Líbanos die Gunst des Kaisers Gabre-Maskel erlangte, wanderte er von Ort zu Ort, um Einsamkeit f ü r seine Meditationen zu finden. Während Lebzeiten brachte er viele zu einem reicheren christlichen Leben und nach seinem Tode wurden ihm zu Ehren von dem Kaiser und der Kaiserin verschiedene Klöster errichtet, die jeweils „Debre Líbanos" genannt wurden. Es ist nicht leicht, die Echtheit dieser äthiopischen Chroniken hinsieht-

Die Frühgeschichte

der

Kirche

155

lieh des Einflusses der missionierenden Mönche, die aus Kleinasien und Syrien über Ägypten kamen, zu beurteilen. Es scheint jedoch über alle Zweifel erhaben zu sein, daß die äthiopische Kirche im 6. J a h r h u n d e r t einen starken Impuls von meistens aus Syrien und Asien stammenden Mönchen erhielt, die sich stark gegen das K o n z i l wandten.

Laut

der Kirchengeschichte

von

des Philostorgius

Chalcedon gab es

in

Äthiopien eine syrische Kolonie, die sich bereits im 4. J a h r h u n d e r t östlich von Aksum niedergelassen hatte. J e a n Doresse, der französische Archäologe, der eine bedeutende R o l l e bei den jüngsten Ausgrabungen in Nordäthiopien spielte, berichtet zur heiligen Literatur Äthiopiens, daß für alle besonders christlichen Ausdrücke in der äthiopischen Sprache eher syrische als koptische W o r t e benutzt werden :

„Rien n'y porte la marque de l'Egypte. Tous ces mots spécialisés, désignant la divinité, le Messie et les anges, la prière et le péché, les psaumes et l'eucharistie, viennent du syriaque Dies ist ebenfalls die Zeit, in der das byzantinische Kaiserreich zwischen dem Glaubenssatz der zwei Naturen Christi und dem der einen N a t u r hin und her gerissen ist. D i e Äthiopier, die wenig K o n t a k t e mit dem griechisch-byzantinischen Reich hatten, vereinten sich natürlicherweise mit der afro-asiatischen prä-chalcedonischen Christenheit. D i e Schriften von K y r i l l von Alexandiren, Severus von Antiochien und sogar von Julius von Kalikarnassos wurden während des 6.

und

7. Jahrhunderts ins Äthiopische übersetzt. D i e Tatsache, daß die Perser (die sogenannte Nestorianer waren) die Äthiopier

bekämpften,

mag Äthiopien ebenfalls veranlaßt haben, die entgegengesetzte H a l tung zu beziehen. Es ist interessant zu bemerken, daß während der Jugendzeit des P r o pheten M o h a m m e d die Spitze der K a a b a , der heilige Schrein Moslems

zu M e k k a ,

mit M a r m o r ,

Holz

und Metall

der

ausgebessert

wurde und kurz danach das Schiff, mit dem der byzantinische Kaiser ihn zu den Äthiopiern in Südarabien schickte, von den Arabern geplündert wurde, um eine christliche Kirche, die von den Persern zerstört worden w a r , mit der Beute wieder aufzubauen.

4. Die Entstehung der

Kirchenmusik

W ä h r e n d dieser Zeit entstand in Äthiopien audi die Kirchenmusik. D e r D i a k o n , der nicht nur eine neue F o r m der H y m n e n improvisierte,

156

Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

sondern auch ein Notationssystem schuf, w a r Yared, v o n dem angenommen wird, d a ß er im 6. J a h r h u n d e r t w ä h r e n d der Herrschaft Gabre-Maskels gelebt habe. Die Sammlung der äthiopischen Kirchenmusik — die sogenannte D a g w e — w i r d der Komposition nach ihm zugeschrieben, obwohl das meiste tatsächlich aus einer viel späteren Periode stammt. Yared scheint von dem koptischen Dichter Cyriac von Behnesa u n d von dem syrischen Dichter Simon dem T ö p f e r inspiriert worden zu sein. 5. Der Aufstieg

des

Islams

Die arabischen Stämme w u r d e n gegen die christlichen Byzantiner u n d gegen die Römer immer aufsässiger, die ihr L a n d und ihren Besitz ständig plünderten und raubten. H a r t e anti-europäische G e f ü h l e vereinten sich mit starken anti-persischen u n d anti-äthiopischen, die in eine allgemeine Reaktion gegen das Christentum in allen Formen ausarteten. In diesem allgemeinen Milieu w a r der P r o p h e t M o h a m m e d mit seiner einfachen u n d beeindruckenden Botschaft über den einen G o t t in der Lage, die arabischen Stämme unter dem Banner des Islams zu vereinen und sie f ü r Jehad oder den islamischen K r e u z z u g gegen die N a t i o n e n im N o r d e n u n d Westen vorzubereiten. Die Syrer und Ägypter — die ebenfalls bittere Gefühle gegen die R ö mer und gegen die Griechen hegten — begrüßten den Islam als Feind ihrer Feinde. Diese Gefühle, die durch das Konzil von Chalcedon u n d die späteren Verfolgungen von Ägyptern und Syrern wegen ihres Glaubens an die eine göttliche N a t u r Christi entstanden waren, kamen in den religiösen Eroberungskriegen zum Ausdruck, die von dem ehemals unterdrückten Volk, den Arabern, geführt w u r d e n . In Syrien und Ägypten waren die Moslems wohl in der Minderheit, aber wegen der politischen Macht und des sozialen Einflusses gelang es den Moslems, immer mehr Angehörige der christlichen Bevölkerung zu bekehren. Palästina u n d Syrien w a r e n v o m moslemischen Heer im J a h r e 636 und Ägypten in den Jahren 640—642 besetzt. Nubien, das erst vor u n g e f ä h r einem J a h r h u n d e r t christlich geworden w a r , blieb ein unbekanntes, doch christliches L a n d an der nordwestlichen Grenze Äthiopiens. Wenn Äthiopien sich auch a n nördlicher u n d westlicher Grenze zu verteidigen hatte, so w a r es doch kaum denkbar, d a ß es einem mächtigen Angriff des Islams standgehalten hätte. Als die Araber die Küste des Roten Meeres zu erobern begannen, w u r d e Äthiopien isoliert und eingeschlossen u n d der Rest der Welt

Die Frühgeschichte

der Kirche

157

konnte keineswegs herausfinden, was dort vorging. Laut Gibbon 10 , der sicherlich übertreibt, „schliefen die Äthiopier beinahe tausend Jahre, umgeben von den Feinden ihrer Religion, vergaßen die Welt, die auch sie vergessen hatte". Die einzigen Kontakte hielten sie mit den Christen in Ägypten. Die Äthiopier entwickelten keine freundlichen Beziehungen zu ihren nächsten Nachbarn, den Nabatäern, den Makorianern und Alodianern des Sudans. Die Nubier stritten untereinander und es gelang dem koptischen Patriarchen Isaak (686—689) nicht, die uneinigen christlichen Nationen des Sudans und Äthopiens zu vereinen. Wären sie nur vereint gewesen, so hätten sie eine große Macht in der ganzen Geschichte Afrikas dargestellt. Abgeschnitten vom Roten Meere, verfiel das aksumitische Reich. Die Kaufleute verließen Aksum, da ein Handel nicht länger möglich war, weil seinetwillen feindliches Land durchquert werden mußte, das von den kriegerischen Bedja-Stämmen bewohnt war, deren Mitglieder meist Anhänger des Islams waren. Mohammed selbst war Äthiopien jedoch ganz günstig gesinnt. Der Koran enthält verschiedene Anspielungen auf Äthiopien und einige äthiopische Wörter. Der Prophet verkündete seinen Anhängern, daß Äthiopien ein Land der Gerechten sei, in dem die Verfolgten, seien sie Moslems oder nicht, Zuflucht finden könnten. U n d bereits im f ü n f t e n Jahr nach der Berufung Mohammeds, im Jahre 615 n. Chr., überquerten vom Quraish verfolgte Moslems aus Mekka das Rote Meer und fanden Zuflucht bei Baher-Nagash oder dem Vizekönig des Küstengebietes von Äthiopien, ein die Moslems beschützender Christ. Kein Wunder, daß einige dieser moslemischen Flüchtlinge Christen wurden 11 . Mitte des 7. Jahrhunderts triumphierte der Islam in Arabien und im Jahre 640 wanderte eine Kolonie Juden aus Hedjaz, Bene-Israel, nach Äthiopien ein und gewann dort viele Anhänger — besonders unter dem Agau-Volk — für die Religion Israels. Die Äthiopier zogen sich auf ihre Berge zurück, wo es zur Ausbreitung lediglich gen Süden Raum gab. Und während der Wanderung nach Süden heirateten die semitischen Äthiopier häufig in hamitische Stämme Afrikas, die in diesen Regionen ansässig waren. In der Zwischenzeit verbreitete sich der Islam gen Süden unter den Bedja-Stämmen der östlichen Ebenen. Somit gibt es eine dreifach Parallelbewegung im 7. Jahrhundert: aksumitisches Christentum, den Bedja-lslam und den Agau-Judaismus. Zeitweise schienen alle drei Religionen nur ein dünner Anstridi auf einer tiefgreifenden Schicht alter heidnischer Kulte zu sein. Äthiopien war der einzige organisierte

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

Staat, der aus vielen Stämmen bestand und er hatte noch viele jüdische, moslemische und heidnische Untertanen, obwohl die Regierung eindeutig christlich war. Das Bild veränderte sich gegen Ende des 10. Jahrhunderts. Die AgauStämme, einige unter ihnen waren heidnisch, andere moslemisch und andere jüdisch, rebellierten gegen die christlichen Herrscher Äthiopiens. Der äthiopische König mußte nunmehr Georg, König von Nubien, um Hilfe gegen die plündernde Agau-Königin bitten, die ihn jagte und Kirchen zerstörte. Die Küste des Roten Meeres, über die Äthiopien vor kurzem die Oberhand gewonnen hatte, ging erneut an die Araber verloren.

Kapitel I I I D I E K I R C H E V O N 700 BIS 1600 N . C H R . P r o f e s s o r TADDESA T A M R A T

1. Der Aufstieg

des Islams und seine Auswirkungen

auf

Äthiopien

Die Periode nach dem Aufstieg und der raschen Ausbreitung des Islams im N a h e n u n d Mittleren Osten w a r f ü r das christliche Königreich v o n A k s u m eine sehr kritische. Die gesamte Zivilisation und K u l t u r v o n Aksum sowie das Wirtschaftsleben b e r u h t e auf den internationalen Seebeziehungen. Seitdem die P t o l e m ä e r ein wissenschaftliches u n d wirtschaftliches Interesse an dem Gebiet des R o t e n Meeres gezeigt h a t t e n , w a r A k s u m z u m integralen Teil der hellenistischen Welt geworden. A k s u m h a t t e dieselbe Stellung bereits w ä h r e n d der römischen und byzantinischen Kaiserreiche inne. Es w a r daher nicht zufällig, d a ß A k s u m die Kirche, u n m i t t e l b a r nachdem der Kaiser K o n s t a n t i n das C h r i s t e n t u m z u r Staatsreligion in seinen b y z a n t i n i schen Staatsgebieten e r n a n n t hatte, ebenfalls a n e r k a n n t e . Es k a n n jetzt kein Zweifel bestehen, d a ß viele einzelne äthiopische und ausländische Christen bereits v o r der eigentlichen offiziellen Errichtung der Kirche im aksumitischen Königreich ansässig w a r e n . D e r entscheidende Schritt Ezanas, die neue Religion a n z u n e h m e n u n d diese zur Religion der Staatskirche zu erklären, w u r d e jedoch erst nach einer ähnlichen kaiserlichen Entscheidung K o n s t a n t i n s getan. Aus demselben Gebiet des östlichen Mittelmeerbereiches k a m e n a u d i die ersten christlichen Missionare nach Aksum. A b u n a S a l a m a u n d andere — wie die N e u n Heiligen — k a m e n aus der byzantinischen Welt u n d gaben der aksumitischen Kirche ihre erste Prägung. Diese regelmäßigen K o n t a k t e w u r d e n bis z u m 7. J a h r h u n d e r t f o r t g e f ü h r t u n d jede bedeutende wirtschaftliche, politische u n d religiöse Entwicklung d e r b y z a n tinischen W e l t spiegelte sich ebenfalls in A k s u m wider. Mit der raschen moslemischen E r o b e r u n g der Gebiete w u r d e n diese historischen Verbindungen jedoch beinahe ganz abgebrochen. N u r mit d e r Kirche A l e x a n d r i e n s unterhielt das christliche Äthiopien K o n t a k t e , die jedoch sehr unbeständig w a r e n . Vor dem Aufstieg des Islams w a r A k s u m ein großes seefahrendes und handeltreibendes Kaiserreich. In seiner Blütezeit herrschte es übet

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

viele Bezirke in dem südwestlichen Teil der arabischen Halbinsel am gegenüberliegenden Ufer des Roten Meeres. Es hatte ebenfalls das Land der Bedja-Stämme unter Kontrolle. Dieses Volk w a r in N o r d Eritrea und dem nordöstlichen Teil der jetzigen sudanesischen Republik heimisch. Im 4. Jahrhundert n. Chr. hatte der politische und militärische Einfluß des aksumitischen Reiches bereits das Niltal erreicht und über den Takazzefluß hinaus fiel der Bezirk Semyen und wahrscheinlich auch das an den Tana-See grenzende Gebiet in seine territorialen Grenzen. Im Süden, in den vorwiegend von Agau-Stämmen bevölkerten Gebieten von Tigre, Wa'ag, Lasta, Angot und Amhara, faßte das Erbe Aksums jedoch die tiefsten Wurzeln. Als das Königreich von Aksum beinahe gänzlich vom H a n d e l am Roten Meer ausgeschlossen war und seine internationale Seefahrertätigkeit aufgeben mußte, konzentrierte es sich auf das Binnenland der AgauStämme und machte diese Gebiete während Jahrhunderten zum Zentrum einer deutlich christlich gekennzeichneten Kultur. Bevor die christliche Kirche im Königreich errichtet wurde, hatte das aksumitische Reich bereits in dem Zentralhochland Fuß gefaßt. Zahlreiche Kriegs- und Eroberungsexpeditionen wurden in diesem Gebiet unternommen, aus dem Tribut gezollt und ständiger Nachschub an Elfenbein, Gold und Sklaven kam. Der aksumitische Gouverneur f ü r die Gebiete der Agau-Stämme richtete die lange Karavenenstrecke bis Sassou, in der Nähe von Fazogli im östlichen Sudan, ein, einer Gegend, aus der Aksum viel Gold bezog. Diese kostbaren Güter wurden für den internationalen Handel mit Gebieten jenseits des Roten Meeres benutzt, den das aksumitische Reich außerordentlich rege betrieb. Nach ihrer Bekehrung zum Christentum festigten die Könige von Aksum ihre Macht durch Errichtung von Kirchen und militärischen Kolonien im Zentralhochland. In Tigre und Lasta gibt es noch heute mehrer Kirchen — von denen viele in Fels gehauen sind — die auf die frühen christlichen Könige von Aksum zurückgehen. Diese Kirchen und militärischen Siedlungen wurden Zentren für weitere Wanderbewegungen kleiner Familiengruppen aus den dichter besiedelten Gebieten Nordäthiopiens. So kam es, daß diese Bevölkerungswanderungen langsam Gebiete so weit südlich wie das nördliche Schoa erreichten, örtlich zu findende Traditionen lassen darauf schließen, daß isolierte kleine christliche Familien bereits im 10. und 11. Jahrhundert in den Distrikten von Menz, Merhabite, Muger und Bulga im nördlichen Schoa lebten. Das aksumitische Reich mag seine Fühler sogar noch weiter nach Süden und Osten ausgestreckt haben. Dies läßt sich aus

Die Kirche von 700 bis 1600 η. Chr.

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der geographischen Verteilung einiger der semitischen Sprachen Äthiopiens schließen: Amharisch, Argobba, Harari, Gugare und Gafat. Alle Regionen, in die das aksumitische Reich übergriff, waren ehemals heidnische Gebiete und die Menschen sprachen verschiedene Abarten der kuschitischen Sprache. Historisch ist nichts überliefert, um zu zeigen, wie diese Menschen lebten und wie sie sozial und politisch vor der aksumitischen Herrschaft organisiert waren. Mit der Eroberung durch das aksumitische Reich wurde ihnen jedoch auch Religion, Sprache und politische Organisation aufgezwungen. Die Einwirkung des aksumitischen Reiches auf die Agau- und Sidamo-Stämme im Landesinneren Äthiopiens führte zur Entstehung einer Anzahl kleiner vorwiegend heidnischer Königreiche, von denen etwas in den Überlieferungen aus dem frühen und späteren Mittelalter in Äthiopien anklingt. Unter ihnen gab es die politischen Einheiten wie die Athagaw (AgauStämme), die in den von aksumitischen Königen angefertigten Inschriften erwähnt werden und gegen die lange Kriege des Widerstandes geführt wurden; die Semenoi (die Einheimischen von Semyen), die ebenfalls kämpften und von dem aksumitischen Reich erobert wurden; das heidnische Königreich von God jam (ebenfalls agauischer Abstammung), das erst im 4. Jahrhundert in das christliche Königreich von Äthiopien eingegliedert wurde und das sagenumwobene Königreich Damot (wahrscheinlich von süd-kuschitischen oder Stämmen aus Semyen bewohnte Gebiete), das noch im 10. und 13. Jahrhundert in der ganzen südlichen und südwestlichen Gegend von Schoa sehr mächtig war.

2. Die Anfänge

der

Zagwe-Dynastie

Eine dieser politischen Einheiten, das Königreich Bugna in Lasta, wurde im 12. Jahrhundert zur vorherrschenden Einzelmacht in der Region und übernahm die Kontrolle des binnenländischen Kaiserreiches, das einst von Aksum aus regiert worden war. In der äthiopischen Geschichte sind die neuen Herrscher gemeinsam unter dem Namen „Zagwe-Dynastie" bekannt. Sie regierten über das gesamte christliche Königreich bis zum letzten Viertel des 13. Jahrhunderts. Die Macht des aksumitischen Reiches verfiel und die Vorrangstellung im Handel, den es im Gebiet des Roten Meeres geführt hatte, wurde zunächst von den Persern und später von dem riesigen moslemischen Kaiserreich übernommen, das den ganzen Nahen Osten und Nordafrika umfaßte. Die Nachfahren der ehemaligen Herrscher von Aksum verloren somit

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

i h r e H ä f e n a m R o t e n M e e r u n d viel v o n d e m K ü s t e n s t r e i f e n d e r H a l b w ü s t e . Sie schienen ihre B e m ü h u n g e n auf d i e P r o v i n z e n im L a n d e s i n n e r e n südlich von A k s u m k o n z e n t r i e r t z u h a b e n . S o g a r A k s u m w u r d e scheinbar im 9. J a h r h u n d e r t als politisches Z e n t r u m a u f g e g e b e n u n d d e r S c h w e r p u n k t des christlichen Königreiches v e r l a g e r t e sich in d a s G e b i e t des südlichen T i g r e u n d in den nördlichen Teil des heutigen Wollo. U b e r r u n d drei J a h r h u n d e r t e h i n d u r c h blieb dieses Gebiet M i t t e l p u n k t des Königreiches, das nochmals m i t einer n e u e n I d e n t i t ä t als v o m M e e r abgeriegeltes christliches Kaiserreich eine Blütezeit erlebte. Es m a c h t e eine n e u e P e r i o d e der E r o b e r u n g u n d A u s d e h n u n g durch u n d g e w a n n — n a c h einem a r a b i s d i e n Geschichtsschreiber des 10. J a h r h u n d e r t s zu schließen — politischen E i n f l u ß in d e n R e g i o n e n v o n H a r r a r u n d Z e i l a . Derselbe Geschichtsschreiber berichtet jedoch, d a ß d a s Königreich M i t t e des 10. J a h r h u n d e r t s m e h r e r e militärische N i e d e r l a g e n h i n z u n e h m e n h a t t e u n d d e r südliche Teil des T e r r i t o r i u m s v o n einer wahrscheinlich heidnischen K ö n i g i n , d e r K ö n i g i n des B a n u a l - H a m u i y y a Volkes, e r o b e r t w u r d e , die diplomatische B e z i e h u n g e n z u dem moslemischen Königreich v o n Y e m e n u n t e r h i e l t u n d m i t i h m H a n d e l trieb. Die neue politische L a g e scheint zu einer P e r i o d e des V e r f a l l s u n d des i n t e r n e n K o n f l i k t e s im christlichen Königreich g e f ü h r t zu h a b e n . Es hielt jedoch seine n ö r d l i c h e n T e r r i t o r i e n bis — w i e bereits e r w ä h n t — M i t t e des 12. J a h r h u n d e r t s d i e neuen Z a g w e H e r r s c h e r die M a c h t ü b e r n a h m e n . D i e B e z e i c h n u n g „ Z a g w e - D y n a s t i e " b e d e u t e t D y n a s t i e der A g a u S t ä m m e . W i e bereits e r w ä h n t , k a m e n die H e r r s c h e r aus L a s t a , d e m D i s t r i k t v o n B u g n a . I h r e H e i m a t w a r scheinbar eines d e r b e d e u t e n d sten B o l l w e r k e des A g a u - V o l k e s , d a s j a h r h u n d e r t e a l t e B e z i e h u n g e n m i t d e m semitisierten A g a u - K ö n i g r e i c h v o n A k s u m u n t e r h i e l t , d e n n in dieser G e g e n d stießen die aksumitischen H e r r s c h e r bei ihrer A u s d e h n u n g nach Süden auf s t a r k e W i d e r s t a n d s b e w e g u n g e n . H i e r w a r wahrscheinlich auch der H a u p t s i t z des aksumitischen G o u v e r n e u r s d e r A g a u - S t ä m m e u n d von d o r t aus schützte er d e n e n t f e r n t e n G o l d h a n del, d e n A k s u m w ä h r e n d des 6. J a h r h u n d e r t s f ü h r t e . Alle D i a l e k t g r u p p e n des A g a u - V o l k e s sahen diese G e g e n d als das L a n d ihrer V o r f a h r e n a n u n d als A u s g a n g s p u n k t i h r e r V ö l k e r w a n d e r u n g s t r a d i t i o n . Es w a r d a h e r kein Z u f a l l , d a ß die A g a u - D y n a s t i e des christlichen Ä t h i o p i e n s g e r a d e aus diesem G e b i e t s t a m m t e . D i e A g a u - V ö l k e r von W a ' a g u n d L a s t a lebten bereits seit den ersten J a h r h u n d e r t e n d e r christlichen Ä r a im aksumitischen Königreich. W i e bereits e r w ä h n t , w u r d e n viele K i r c h e n dieses Gebietes den ersten

Die Kirche von 700 bis 1600 η. Chr.

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christlichen Königen von Aksum zugeschrieben. Im südlichen Tigre und in Angot (dem nördlichen Wollo), angrenzend an W a - a g und Lasta, hatte das christliche Königreich während drei Jahrhunderte nach dem Verfall und Niedergang von Aksum audi sein politisches Zentrum. Die Agau-Völker dieser Gebiete waren daher weitgehend von dem aksumitischen Königreich assimiliert und kulturell beeinflußt worden und hatten sogar die christliche Religion angenommen. Daher waren auch die Agau-Könige der Zagwe-Dynastie von Anfang an alle christlich. Einer vollständigen Assimilierung — besonders auf sprachlicher Ebene — hatten sie jedoch erfolgreich Widerstand geleistet. Obwohl feststeht, daß sie Ge'ez als Gottesdienstsprache benutzten, sprachen sie im Alltag scheinbar weiterhin ihre Agau-Muttersprache. Zeichen dieser Zweisprachigkeit ergeben sich klar aus Landurkunden, die von den Zagwe-Königen in Ge'ez ausgestellt wurden. In den Hauptaspekten ihrer Herrschaft führten die Zagwe-Könige jedoch das kulturelle und politische Erbe des aksumitischen Reiches fort.

3. Neubelebung

der Kirche

(1200—1526)

Die Hauptstadt des Zagwe-Königreiches war Adefa, der jetzige Ort Lalibela. Von hier aus setzten die Könige die aksumitisdie kaiserliche Tradition der Eroberung und der Ausbreitung des Christentums fort. In Adefa empfingen und unterhielten sie viele Delegationen des Patriarchates von Alexandrien und wahrscheinlich audi der moslemischen Herrscher Ägyptens. König Y i m r h a und König Lalibela, die größten Könige der Zagwe-Dynastie, hatten viele solcher Kontakte mit dem östlichen Mittelmeerraum und besonders mit Ägypten. Viele Anspielungen auf solche internationalen Beziehungen gehen aus Chroniken über den Bau der herrlichen Kirchen von Yimrahanne Kristos und der in den Fels gehauenen Kirchen der Lalibela-Gruppe hervor. Die Bauweise dieser religiösen Monumente ist jedoch in ihren charakteristischen Aspekten im wesentlichen den besten Traditionen der aksumitischen architektonischen Kunst treu geblieben. Obwohl vermutet werden kann, daß die Zagwe-Könige eventuell Handwerker aus dem östlichen Mittelmeerbereich verdingten, ist der Bauplan jedoch offensichtlich einheimisch und geht zweifelsohne auf das aksumitisdie Erbe der Zagwe-Dynastie zurück. Es wird ebenfalls behauptet, daß während dieser Zeit viele religiöse Werke aus dem Arabischen ins Ge'ez übersetzt wurden. T r o t z späterer Überlieferungen zeigen die Errungenschaften zu Lebzeiten der Zagwe-Könige ganz klar, daß eine Zeit

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Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

der kulturellen und literarischen Belebung im christlichen Königreich angebrochen w a r .

4. Die „salomonische"

Dynastie

Diese D y n a s t i e wurde v o n Y i k u n n o - ' A m l a k , einem Krieger aus A m h a r a , der Zentralprovinz des heutigen Wollo, dem südlichen Teil des Zagwe-Königreichs, gestürzt. Außer Y i k u n n o - ' A m l a k s erfolgreicher Revolte gegen den Zagwe-König, verursachten verschiedene ausschlaggebende historische Faktoren diesen drastischen politischen U m s t u r z im christlichen Königreich. Schon zu Beginn des Aufstieges des Islams in Mekka, im 7. J a h r h u n dert, h a t t e das aksumitische Königreich seine ehemaligen H ä f e n u n d Inseln an die immer stärker im Roten Meer dominierenden moslemischen K a u f l e u t e verloren. W ä h r e n d des ganzen frühen Mittelalters trieben diese von den Marktflecken der Küste aus H a n d e l mit der christlichen Bevölkerung des Hochlandes. Langsam bekehrten sie eine A n z a h l der Einheimischen z u m Islam, hauptsächlich in größeren Marktflecken u n d entlang der K a r a w a n e n r o u t e n . Das Recht, öffentlichen Gottesdienst zu halten und freien H a n d e l zu treiben, w u r d e diesen zum Islam bekehrten Einheimischen zugesprochen u n d es w u r d e heftig v o n den moslemischen Herrschern Ägyptens verteidigt, die stets durch das Patriarchat von Alexandrien auf die äthiopischen christlichen Könige Druck ausüben konnten. Uberliefert wurde, d a ß es bis zum 10. J a h r h u n d e r t nicht sehr viele einheimische Moslems gab und daß sie lediglich H a n d e l trieben. Nach dem 10. J a h r h u n d e r t jedoch w u r d e n sie zahlreicher u n d viele moslemische Siedlungen wurden gegründet. Diese zunächst nur mit dem H a n d e l beschäftigten moslemischen Siedlungen erreichten langsam politische Bedeutung. Diese historische Entwicklung zeichnete sich besonders im H i n t e r l a n d des Hafens Zeila ab, der z u m wichtigsten H a n d e l s p l a t z f ü r das äthiopische Gebiet geworden war. Im 12. und 13. J a h r h u n d e r t gab es bereits mehrere kleinere moslemische Sultanate entlang der H a n d e l s r o u t e von Zeila in das äthiopische Landesinnere. Die wichtigsten unter ihnen waren Schoa, Ifat, D a w a r o u n d Bali. D a diese moslemischen Kleinstaaten alle südlich und südwestlich des äthiopischen Zentralhochlandes lagen, w u r d e das Zagwe-Königreich immer isolierter und h a t t e keinen N u t z e n aus dem H a n d e l , der auf der Ausbeut u n g der reichen Gebiete Südäthiopiens beruhte. Die Provinz A m h a r a lag zwischen dem Sitz der Zagwe-Herrscher in Lasta und den reichen

Die Kirche von 700 bis 1600 η. Chr.

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G e b i e t e n , so d a ß es m i t d e r R e v o l t e Y i k u n n o - ' A m l a k s in A m h a r a z u r vollkommenen Isolierung der Zagwe-Herrscher k a m . D i e v o n Y i k u n n o - ' A m l a k im J a h r e 1270 g e g r ü n d e t e D y n a s t i e w i r d die „ s a l o m o n i s c h e " g e n a n n t . Diese B e n e n n u n g e r g a b sich aus e i n e m Geschichtsprozeß, d e r wahrscheinlich im f r ü h e n M i t t e l a l t e r b e g a n n . N a c h d e m V e r f a l l v o n A k s u m w a r das christliche K ö n i g r e i c h v o n islamischen u n d heidnischen N a c h b a r n u m g e b e n u n d v o n d e r ü b r i g e n christlichen W e l t , a u ß e r v o n d e r Kirche A l e x a n d r i e n s , g e t r e n n t . W ä h r e n d dieser g a n z e n Zeit w a r das wichtigste religiöse Buch, d a s sich im Besitz d e r Ä t h i o p i e r b e f a n d , die H e i l i g e Schrift, v o n d e r sie sich beeinflussen ließen. Wegen eines ähnlichen B e l a g e r u n g s z u s t a n d e s i d e n t i fizierten sie sich wahrscheinlich mit Israel u n d b e g a n n e n absichtlich viele d e r im A l t e n T e s t a m e n t e r w ä h n t e n I n s t i t u t i o n e n n a c h z u a h m e n u n d a n z u n e h m e n . Diese H a l t u n g f a n d ihren wichtigsten A u s d r u c k in einer s t u f e n w e i s e n I d e n t i f i z i e r u n g des äthiopischen H e r r s c h e r h a u s e s m i t d e r S i p p e des K ö n i g s S a l o m o v o n Israel. Diese Ü b e r l i e f e r u n g l ä ß t sich aus der K e b r a N a g a s t aus d e m 13. J a h r h u n d e r t e n t n e h m e n , in d e r die äthiopische Fassung der Sage d e r K ö n i g i n v o n S a b a e r z ä h l t w i r d . D i e salomonische T r a d i t i o n e r l a n g t e , n a c h d e m Y i k u n n o - ' A m l a k seine D y n a s t i e g e g r ü n d e t h a t t e , b e s o n d e r e B e d e u t u n g . A l l e seine N a c h f a h r e n n a h m e n d e n N a m e n „ v o m H a u s e Israels" a n u n d w ä h r e n d des g a n z e n S p ä t m i t t e l a l t e r s k o n n t e j e m a n d , der nicht z u diesem H a u s e g e h ö r t e , keineswegs d e n T h r o n besteigen. Mit A u s n a h m e des h e r r s c h e n d e n M o n a r c h e n u n d seiner m i n d e r j ä h r i g e n S ö h n e w u r d e n alle m ä n n l i c h e n N a c h k o m m e n Y i k u n n o - ' A m l a k s u n t e r s t a r k e r Bew a c h u n g a u f d e m G i p f e l des u n z u g ä n g l i c h e n Berges Geshen g e h a l t e n . Als d e r K ö n i g s t a r b , w u r d e u n t e r den auf d e m Berg G e s h e n l e b e n d e n P r i n z e n d e r N a c h f o l g e r g e w ä h l t . Dieser a u s g e k l ü g e l t e P l a n g a b d e m christlichen Königreich politische S t a b i l i t ä t , die w ä h r e n d dieser Zeit i n t e n s i v e r K ä m p f e m i t zahlreichen moslemischen S u l t a n a t e n im s ü d lichen u n d südöstlichen Teil des äthiopischen Gebietes besonders wichtig w a r . Y i k u n n o - ' A m l a k s E n k e l , d e r K ö n i g A m d e - S e y o n ( 1 3 1 4 — 4 4 ) , ergriff w i r k s a m e M a ß n a h m e n gegen die K ö n i g e dieser islamischen K l e i n s t a a t e n a u f seinem T e r r i t o r i u m . Sein Streit m i t ihnen w a r nicht n u r religiöser A r t . E r w o l l t e i h r e H a n d e l s t ä t i g k e i t d u r c h E r o b e r u n g d e r a n den H a n d e l s r o u t e n gelegenen G e b i e t e u n t e r K o n t r o l l e b r i n g e n u n d somit die j a h r e l a n g e I s o l i e r u n g seines Reiches durchbrechen. In einer R e i h e l a n g e r K r i e g e e r o b e r t e er I f a t , D a w a r o , Bali, H a d y a u n d die westlich u n d südwestlich d e r moslemischen H a n d e l s z e n t r e n gelegenen heidnischen Gebiete. V o n dieser Z e i t a n k o n n t e d a s christliche K ö n i g -

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

reich seine dominierende Stellung bis ins 16. Jahrhundert hinein halten. W i e bereits in der vorangegangenen Periode der Zagwe-Dynastie waren die Hauptaspekte der sozialen, kulturellen und militärischen O r ganisation dieses christlichen Königreiches des Mittelalters wiederum direkte Abbilder des aksumitischen Königreiches. Die „salomonische" Dynastie des mittelalterlichen Äthiopiens behielt die kaiserlichen T r a ditionen des alten Aksum-Reiches bei, w o auch ihr kulturelles und religiöses Zentrum bis zum Ende dieser Periode blieb. Zum Unterschied der Könige von Aksum bauten sie jedoch keine festen Stadtzentren oder H a u p t o r t e . Sie verwalteten ihr riesiges unwegsames Kaiserreich von mehreren mobilen königlichen Lagern aus, die dieselben Funktionen wie feste Orte oder Städte hatten. Dadurch wurde die Beweglichkeit des königlichen Hofes verstärkt und das christliche Heer im K a m p f gegen örtliche Aufstände erfolgreicher. In einem so großen Kaiserreich mit zahlreichen breiten Flüssen, hohen Bergen und tiefen Tälern, ohne Straßen und Brücken, wäre es den äthiopischen Königen des Mittelalters sonst gar nicht möglich gewesen, eine Kontrolle über die verschiedenartigsten Untertanen auszuüben.

5. Klosterleben

und Ausbreitung

des

Christentums

Innerhalb dieser historischen Entwicklung machte die Kirche ihren Einfluß im äthiopischen Binnenland geltend. I m I I . Kapitel wurde bereits berichtet, daß die Neun Heiligen die ersten Klöster im aksumitischen Königreich gründeten. Es ist klar, daß die ältesten Klöster zusammen mit später in Tigre und Lasta eingerichteten Klostergemeinschaften weiterhin die kulturellen Zentren Äthiopiens darstellten. Bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts boten sie Unterrichtsmöglichkeiten für das gesamte christliche äthiopische Hochland. Aus Überlieferungen über die Laufbahn der christlichen Oberhäupter des Mittelalters in Amhara und im nördlichen Schoa geht klar hervor, daß jeder ehrgeizige junge Mann bis nach Nordäthiopien reisen mußte, um einen ordentlichen Unterricht in Religion und Literatur zu erhalten. Bei Rückkehr in die Geburtsorte eröffneten einige dieser jungen Männer kleine Schulen, in denen sie den Kindern des Ortes das Lesen und Schreiben beibrachten. Es scheint jedoch so, als habe bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts keine dieser kleineren örtlichen Schulen im Süden — neben dem elementaren Unterricht für eine Handvoll Kinder des Dorfes — eine besondere Bedeutung erlangt.

Die Kirche voti 700 bis 1600 η. Chr.

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U m 1248 jedoch kam ein junger Mönch, Iyasus-Mo'a (ungef. 1211 bis 1 2 9 2 ) zum H a y q - S e e , wo er eine kleine Kosterschule in der Inselkirche des Heiligen Stephan einrichtete. Iyasus-Mo'a erblickte das Licht der W e l t in D a h n a , einem kleinen D i s t r i k t in Lasta, am T a k a z z e Fluß. Als kleiner J u n g e schon verließ er seinen Heimatdistrikt und wanderte nach Nordtigre, um in das berühmte Kloster D e b r e D a m o einzutreten. Hier studierte er lange J a h r e unter Anweisung des Abtes, A b b a Y o h a n n i , der ihn später zum Mönch machte. Iyasus-Mo'a w a r ein beflissener Student und erwies sich besonders als hervorragender K a l l i g r a p h . E r kopierte offensichtlich viele Bücher während

seines

Aufenthaltes in Debre D a m o und wurde wegen seiner großen M a n u skriptensammlung berühmt, die er im J a h r e 1292 bei seinem T o d e am H a y q - S e e hinterließ. D i e von ihm gegründete Inselschule im H a y q See wurde als erstes Zentrum höherer christlicher Erziehung im Süden von Lasta berühmt. Viele junge Leute aus den umliegenden christlichen Gemeinden kamen in seine Schule. Aus der hagiographischen Überlieferung über ihn ist ersichtlich, daß der Begründer der „salomonischen" Dynastie, König Y i k u n n o - ' A m l a k ( 1 2 7 0 ) , hier einer seiner Schüler w a r und es gibt noch weitere verläßliche Hinweise darauf, daß das Inselkloster im H a y q - S e e eines der wichtigsten kulturellen Zentren in der Zeit der „salomonischen" Könige bis zum Zeitpunkt der Machtergreifung durch Achmed G r a n , in der ersten H ä l f t e des 16. Jahrhunderts, war. Viele Schüler von Iyasus-Mo'a erlangten später als mönchische Leiter der äthiopischen Kirche beträchtlichen

R u h m . Abba

Hiruta-Amlak

wird für den Gründer des bedeutenden Inselklosters von D a g a Istifanos im T a n a - S e e gehalten. V o n vielen anderen wird berichtet, daß sie im Mittelalter ähnliche Klostergemeinschaften in A m h a r a und in Zentralbegemder gründeten. A b b a T e k l e - H a i m a n o t von Schoa (starb 1 3 1 3 ) w a r einer der hervorragendsten Schüler von Iyasus-Mo'a, E r scheint in Iyasus-Mo'as Schule als M a n n mittleren Alters eingetreten zu sein, nachdem er viele J a h r e im geistlichen Dienst in Schoa gestanden hatte. E r verbrachte neun J a h r e bei Iyasus-Mo'a, der ihm seine erste richtige christliche

Ausbildung

vermittelte.

Nachdem

er

das

Mönchsgelübde vor Iyasus-Mo'a abgelegt hatte, beschloß T e k l e - H a i manot, die alten Klosterzentren in Nordäthiopien zu besuchen. Er ging nach Debre D a m o und in andere Klöster in Tigre, w o er über zehn J a h r e verbrachte. In der Zwischenzeit nahm er weiteren U n t e r richt in religiösen und klösterlichen Fächern und erreichte offensichtlich eine tiefere Einsicht in die historischen und kirchlichen T r a d i t i o nen Äthiopiens. Nach seinem langen Aufenthalt in Tigre kehrte er mit

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

vielen Anhängern an den Hayq-See zurück. Darauf riet Iyasus-Mo'a ihm, in seinen Heimatdistrikt Schoa zurückzukehren und dort ein neues Klosterzentrum zu errichten. Tekle-Haimanot ging nach Schoa und gründete dort — nach vielen Jahren evangelistischer Arbeit — das Kloster Debre Líbanos, das zu einem der bedeutendsten religiösen Zentren des christlichen Äthiopiens wurde. In Nordäthiopien gab es während dieser Zeit mehrere solcher Oberpriester an Klöstern, die neue kulturelle Zentren einrichteten. Abba Ewostatewos (starb 1352) verdient besondere Erwähnung. Er wurde wahrscheinlich in Gar'alta in Zentraltigre geboren und studierte unter Anweisung seines eigenen Onkels, Abba Daniel, dem Abt des Debre Maryam Klosters. Hernach verließ er Gar'alta und widmete sich einer Lehrtätigkeit in Sara'e, der heutigen Provinz von Eritrea. Er hatte viele Studenten, die später ihre eigenen Klosterzentren in diesem Gebiet gründeten. Ewostatewos selbst wurde von seinen Kollegen in der äthiopischen Kirche verfolgt, weil er den biblischen Brauch des Sabbats für richtig und wichtig hielt. Darauf verließ er sein Land, um nach Ägypten, Palästina, Zypern und Armenien zu gehen, wo er nach vierzehn Jahren selbstauferlegtem Exilleben starb. Einige seiner Schüler begleiteten ihn auf seinen Auslandsreisen und verschiedenen gelang es, nach seinem Tode nach Äthiopien zurückzukehren. Gemeinsam mit den Kollegen, die in Nordäthiopien geblieben waren, konnten die Anhänger Ewostatewos sich richtig organisieren und ein oder zwei äthiopische Kirchenklöster errichten (Ein anderes ist das Kloster des Tekle-Haimanots in Schoa). Später wurden wichtige kulturelle Zentren und Ausbildungsstätten wie Debre Maryam in Qohain und Debre Bizan (am östlichen Ausläufer der Hamasen-Hochebene) von den Anhängern Abba Ewostatewos gebaut. Somit gab es bei Anbruch des 15. Jahrhunderts zahlreiche Klöster an vielen einschlägigen Orten vom nördlichen Hamasen bis zum Zwai-See im Süden, von den östlichen Ausläufern der äthiopischen Hochebene bis weit über den TanaSee im Westen hinaus. Und geradeso wie die alten, von den Neun Heiligen errichteten Klöster, waren audi die neuen Kostergemeinschaften die einzigen Ausbildungsmöglichkeiten, die es im christlichen Hochland gab.

6. Entwicklung

der christlichen

Literatur

Je nach Größe und Mitteln unterhielt jedes Kloster verschiedene Schulen. Ein älteres Mitglied der Gemeinschaft, das sich wegen seiner Ge-

Die Kirche von 700 bis 1600 η. Chr.

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lehrtheit und seines beispielhaften Charakters besonders hervorgetan hatte, wurde mit der Leitung einer der Schulen betraut. Die äthiopischen Klöster wetteiferten untereinander, um bekannte Lehrer für sich zu gewinnen und der Ruhm und das Prestige eines Klosters hing weitgehend von der Qualität der dort tätigen Lehrer ab. An jeder Schule wurde natürlich vor allem religiöser Unterricht erteilt, dessen Qualität von dem allgemeinen Niveau der Schule abhing. Es gab hauptsächlich vier Unterrichtsstufen in diesen Klostergemeinschaften. In der ersten Stufe wurde den Kindern das Lesen beigebracht. Sie begannen mit dem äthiopischen Alphabet und wurden geschult, eine Reihe von immer schwierigeren Absätzen zu lesen. Verstehen und Verständnis war in dieser Phase bedeutungslos. Es handelte sich lediglich um eine „Lese"-Übung. Nach Sonnenuntergang — nach einer Abendandacht und dem gemeinschaftlichen Abendessen — wurde den Kindern der „Leseschule" beigebracht, eine Reihe von stets schwierigeren Gebeten auswendig zu lernen und zu rezitieren. Diese „Auswendiglernübung" dauerte oft bis Mitternacht. Die nächste Stufe umfaßte gewöhnlich Lehrgänge in den verschiedenen Schwierigkeitsgraden der Kirchenmusik. Seit den Tagen Yareds — von dem man annimmt, er sei göttlich inspiriert gewesen, um die ersten Noten einer wirklich äthiopischen Kirchenmusik im 6. J a h r hundert aufschreiben zu können — war ein sehr sorgfältiges System von Lehrgängen auf diesem Gebiet ausgearbeitet worden. Wahrscheinlich befand sich dieses komplizierte Programm musikalischer Studien im 15. und 16. Jahrhundert auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung. Die Degwa, die Sammlung der Hymnen, die nach der Überlieferung Yared zugeschrieben wurde, war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Sammelprodukt vieler Jahrhunderte. Ein Hauptaspekt der äthiopischen Kirchenmusik ist der rituelle Tanz, der stete Begleiter der liturgischen Gesänge. Monneret de Villard, ein berühmter Student äthiopischer christlicher Kunst und Geschichte des Niltales, meint, daß der liturgische Tanz eventuell seinen Ursprung im alten Ägypten haben könnte. Der heutige Ausdruck einer religiös-musikalischen Darbietung der äthiopischen Priester erinnert jedoch stark an den Tanz und die Freude der Leviten vor der Lade Gottes (s. 2. Samuel 6, Verse 2 — 5 ) . Ein gelegentlicher Blick auf die von den Priestern gespielten Musikinstrumente zeigt klar, daß die Äthiopier sich von dem Alten Testament beeinflussen ließen. Die ganze Atmosphäre, die während eines Gottesdienstes in Äthiopien entsteht, läßt an die alt-testamentliche Szene denken, die im letzten Psalm des Buches der Psalter überliefert wird:

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Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

„Lobet ihn mit Posaunen; lobet ihn mit Psalter u n d H a r f e ! Lobet ihn mit Pauken u n d Reigen; Lobet ihn mit Saiten und Pfeifen. Lobet ihn mit hellen Zimbeln; Lobet ihn mit wohlklingenden Zimbeln." D i e dritte Unterrichtsstufe bestand gewöhnlich aus einer „Dichtungsschule". Weder konnten die wirklichen Ursprünge dieser Schule herausgefunden, noch ihre Entstehungszeit bestimmt werden. Es w i r d jedoch nicht bezweifelt, d a ß sie bereits im 15. J a h r h u n d e r t bestand u n d eine der höheren Stufen der Erziehung im christlichen Äthiopien d a r stellte. I n erster Linie zielte diese Schule darauf ab, dem kirchlichen Absolventen ein besseres Verständnis zu vermitteln und ihn z u m Meister der äthiopischen G r a m m a t i k zu machen. Wesentlich in der Ausbildung w a r , die Schüler zu lehren, Gedichte verschiedener Schwierigkeitsgrade zu verfassen. Abends m u ß t e der Schüler die Gedichte, die Früchte einer Tagesarbeit, vor seinem Meister aufsagen, der d a n n die F o r m u n d die ästhetische Eigenschaft der Gedichte kommentierte. Wenn der Schüler einigermaßen perfekte Arbeit geleistet hatte, w u r d e er v o m Meister in die nächst höhere Klasse versetzt. Nachdem alle Schüler ihre Gedichte rezitiert hatten, versammelten sie sich um den Meister, der dann gewöhnlich eine Reihe v o n Originalgedichten spontan verf a ß t e . Es handelte sich hier häufig u m solche, die wegen ihrer hervorstechenden Schönheit der Form u n d des Inhalts bekannt wurden, um deren N a c h a h m u n g und Beherrschung die Schüler d a n n wetteiferten. N a c h der Rezitation eines jeden Gedichtes erklärte der Meister die Bedeutung aller Gedichtszeilen u n d d a n n analysierten Schülergruppe u n d Meister sorgfältig jedes W o r t auf jeder Zeile, u m die Bedeutung der Einzelheiten in der G r a m m a t i k u n d Syntax herauszufinden. Diese Z u s a m m e n k u n f t dauerte beinahe jeden T a g bis weit nach Mitternacht u n d f ü r einen Schüler w a r es eine besondere Ehre, wenn ihm die persönliche H i l f e des Meisters zuteil w u r d e . U m die acht oder neun Klassen dieser „Dichtungsschule" zu durchlaufen, m u ß t e ein Schüler o f t über zwei J a h r e in ihr verbringen. Beabsichtigte der Schüler jedoch, selbst Meister zu werden, verbrachte er häufig bis zu zehn Jahren mit den Besuchen so vieler verschiedener Meister wie nur möglich. Es galt als vornehmstes Prestige, die „Dichtungsschule" besucht zu haben und ihre Schüler konnten auf die höchsten Stellungen in Kirche und Staat hoffen.

Die Kirâe

171

von 700 bis 1600 η. Chr.

In der nächsten und letzten S t u f e w u r d e auf die Beherrschung

der

Auslegung aller kanonischen

Bücher der K i r c h e hingearbeitet.

Der

äthiopische K l e r u s

ein k o m p l i z i e r t e s

durchlief

System

analytischer

Studien f ü r jedes einzelne Buch des A l t e n und N e u e n

Testamentes.

D i e K a n o n e s der K i r c h e wurden ebenfalls auf dieselbe peinlich genaue A r t mit viel rechtlicher H a a r s p a l t e r e i studiert. Diese Studien gingen so in Einzelheiten, d a ß es manchmal einen besonderen M e i s t e r

für

jedes einzelne Buch des A l t e n und N e u e n T e s t a m e n t s sowie auch für die a p o k r y p h e n W e r k e der Kirche g a b . So

sahen

die

Äthiopien

verschiedenen

aus. O b w o h l

Ausbildungsstufen

im

mittelalterlichen

der I n h a l t des P r o g r a m m e s streng

religiös

w a r , w u r d e dadurch zweifellos das wesentliche P r o b l e m gelöst, d. h. die intellektuellen F ä h i g k e i t e n des Schülers k o n n t e n entwickelt und er k o n n t e a u f die spezifischen R o l l e n vorbereitet werden, die es in der äthiopischen Gesellschaft des M i t t e l a l t e r s zu spielen galt. Wesentlich ist auch, d a ß die Schüler der Klosterschulen nicht ausschließlich v o n der K i r c h e beschäftigt wurden, sondern in allen möglichen a d m i n i s t r a tiven, gerichtlichen und sonstigen staatlichen Diensten. Auch besuchten die Schüler diese Schulen nicht mit der begrenzten Aussicht auf eine leitende Stellung in der Kirche. Es ist uns b e k a n n t , d a ß viele der K r o n p r i n z e n , die später den T h r o n besteigen sollten, K ö n i g e wie D a wit

(1380—1412),

Zar'a

Ya'iqob

(1434—68)

und

Na'od

(1494

bis 1 5 0 8 ) , solche Schulen besuchten. Besonders K ö n i g Z a r ' a und

König

Autoren

Na'od

waren

als

große

zahlreicher einzigartiger

Autoren

vieler

Gigorgis

von

Schriften, Gascha

15. J a h r h u n d e r t s

wie

gingen

Gelehrte

Schriften König

aus

den

Sie

in äthiopischer

Zar'a großen

hervor. Hervorragendes

bekannt. Ya'iqob

Ya'iqob waren Sprache.

und

Abba

Klosterschulen

des

w u r d e an L i t e r a t u r

und

K u n s t in Ä t h i o p i e n im M i t t e l a l t e r geleistet. Aus dieser Z e i t datieren viele Übersetzungen w e r k e in G e ' e z . E i n

aus dem Arabischen sowie zahlreiche

Orginal-

k u r z e r Besuch im Museum des Institutes

für

äthiopische Studien, das zur H a i l e Selassie I . - U n i v e r s i t ä t gehört, gibt ebenfalls einen Einbilde in die W e r k e christlicher K u n s t aus dieser Z e i t . D i e B i b l i o t h e k e n der zahlreichen K l ö s t e r auf den Inseln

und

dem F e s t l a n d des christlichen Äthiopiens bezeugen sogar heute noch den G l a n z des kulturellen Lebens w ä h r e n d des Mittelalters.

7. Verfolgungen

und religiöse

Kontroversen

N a c h der H e r r s c h a f t v o n K ö n i g Z a r ' a Y a ' i q o b ( 1 4 3 4 — 6 8 ) und der seines u n m i t t e l b a r e n N a c h f o l g e r s B a ' i d a M a r y a m ( 1 4 6 8 — 7 8 ) gab es

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

im christlichen Königreich Äthiopiens eine Reihe von minderjährigen Königen, die zu jung waren, um die Staatsaffären in eigene H ä n d e zu nehmen. Daher erlangten einige ehrgeizige Staatsbeamte als Vormund der Krone zeitweilige Vorherrschaft. Diese Beamten hatten jedoch viele Gegner, die ihnen die Macht abspenstig machen wollten und das Königreich erlebte eine Zeit der politischen Konflikte und des Bürgerkrieges, die rund fünfzig Jahre andauerte. Diese Wirren führten zu einer langsamen Schwächung des christlichen Heeres und zur Lockerung des Grenzverteidigungssystems. Während des langen Kampfes mit dem moslemischen Königreich von Adal kam es zu einer plötzlichen Verlagerung in dem Mächtegleichgewicht zwischen Christentum und Islam.

8. Von Achmed Gran geführte

Kriege

Als die Ottomanen den ganzen Nahen und Mittleren Osten erobert hatten, bekam der Islam in dem Gebiet des Roten Meeres und des Goldenen H o r n s besonderes Gewicht. Die islamischen Gemeinschaften in Äthiopien wurden immer aggressiver, besonders in ihren Beziehungen zum christlichen Kaiserreich. Viele türkische und arabische, mit den besseren Waffen des ottomanischen Reiches ausgerüstete Söldner kamen über das Rote Meer. Daher war auch die moslemische Invasion des äthiopischen Hochlandes im 16. Jahrhundert äußerst erfolgreich. Während dieses Konfliktes war der Führer der moslemischen Heere der Iman Ahmad ibn Ibrahim oder Gran, wie er in den äthiopischen Chroniken genannt wird. Seine Chronik, unter dem Titel Futuh alHahascha (d. h. „die Eroberung von Abessinien"), erzählt, wie die mohammedanische Invasion teilweise auf die Zerstörung der Kirche im äthiopischen Hochland gerichtet war. Als Zentrum der mittelalterlichen christlichen Kultur Äthiopiens und als Aufbewahrungsort von legendären Schätzen wurde die Kirche von den islamischen T r u p pen mit besonderer Raserei angegriffen. Geblendet von dem Reichtum der Kirchen und Klöster, brandmarkten und plünderten die moslemischen Truppen rund fünfzehn Jahre lang und zerstörten das mittelalterlichen Erbe des christlichen Äthiopiens beinahe gänzlich. Folgender Absatz gibt eine lebhafte Beschreibung der Plünderung des Inselklosters im Hayq-See und der H a l t u n g der islamischen Heere während ihrer erfolgreichen Jahre von 1531 bis 1543: „Sie trugen das Gold davon . . . es waren viele, viele Kreuze aus Gold, Bücher in Gold gebunden und in goldenen Kassetten aufbewahrt und

Die Kirche von 700 bis 1600 η. Chr.

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unzählige goldene I d o l e ; jeder Moslem t r u g über 800 G r a m m G o l d d a v o n u n d h a t t e genug G o l d w a r e n , u m drei M ä n n e r zufriedenzustellen. Sie entwendeten ebenfalls sehr viel Stoff und Seide . . . A m nächsten Morgen sandte der (islamische Führer) dem I m a n drei mit Gold, Silber u n d Seide beladene Flöße; es w a r e n n u r f ü n f M ä n n e r an Bord, zwei v o r n e und drei hinten, der restliche R a u m des Floßes w a r mit Reichtümern beladen, o b w o h l es 150 Leute h ä t t e tragen können. Die L a d u n g w u r d e vor dem I m a n abgeladen, der dabei alle Schätze, die er je z u v o r gesehen hatte, vergaß. D a s Floß k e h r t e zur Insel zurück und w a r d ein zweites Mal mit Reichtümern beladen. Sie f u h r e n dreimal u n d k a m e n stets beladen zurück; dann f u h r es erneut zur Insel, um die M ä n n e r an Bord zu holen u n d sie zum Festland zurückzubringen. Am nächsten T a g verteilte Achmed die Beute: einen Teil gab er den A r a bern u n d . . . einen den T r u p p e n , die über das Wasser gefahren w a r e n u n d den Rest verteilte er unter den Moslems." Auf diese A r t w u r d e das materielle u n d geistliche Erbe des mittelalterlichen Äthiopiens durch die Kriege v o n Achmed G r a n zerstört. Viele E i n w o h n e r der islamisch besetzten Gebiete wurden gezwungen, der Kirche abzusagen und den Islam a n z u n e h m e n . O b w o h l einige es auf sich nahmen, f ü r ihren Glauben zu sterben, willigte die Mehrheit der Bauern ein, wenigstens den Islam dem N a m e n nach a n z u n e h m e n .

9. Das Dilemma

der äthiopischen

Beziehungen

zu

Europa

Nach dem Tode von Achmed G r a n (1543) und der Niederlage, die seinem H e e r von Kaiser G a l a w d e w o s (1540—59) mit wirksamer H i l f e der Portugiesen zugefügt wurde, lebte das äthiopische Königreich wieder auf. Beziehungen zu den Portugiesen w u r d e n bereits gegen E n d e des 15. J a h r h u n d e r t s a u f g e n o m m e n und zwischen Lissabon und dem äthiopischen H o f waren G e s a n d t e ausgetauscht worden. Die Äthiopier waren v o n den Berichten über technische Fortschritte in E u r o p a beeindruckt u n d wollten an dieser materiellen Zivilisation teilhaben. Bei der ersten K o n t a k t a u f n a h m e mit E u r o p a zeigten die Ä t h i o p i e r bereits ihr Verlangen, europäische Techniker u n d H a n d w e r k e r zu empfangen, u n d die Könige w a r e n besonders an Feuerw a f f e n interessiert. Bereits im L a u f e des 15. J a h r h u n d e r t s h a t t e n einige europäische A b e n t e u r e r — sogar v o r den Portugiesen — Ä t h i o pien erreicht u n d die Könige hatten sie als M a u r e r , H a n d w e r k e r u n d A m a t e u r - M a l e r v e r d i n g t . Als später offizielle Beziehungen zu den Portugiesen hergestellt w u r d e n , hatten die Äthiopier gerade dieses

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Kirche

Äthiopiens

Interesse an der materiellen Zivilisation in E u r o p a v o r Augen. Kaiser Libna-Dingil forderte Künstler, H a n d w e r k e r u n d M ä n n e r , die G e w e h r e f ü r ihn herstellen k o n n t e n . Er h a t t e ebenfalls den Wunsch, einen starken militärischen B u n d mit den Portugiesen zu schließen. N e b e n diesen kulturellen und diplomatischen K o n t a k t e n beseelte die E u r o p ä e r jedoch ein gänzlich anderes Interesse an den Beziehungen z u m christlichen Äthiopien. Sie sahen die geistliche Selbstgenügsamkeit Äthiopiens und die Größe ihrer Verpflichtung z u r Kirche des Heiligen M a r k u s nicht. D a die Portugiesen somit die Geschichte u n d das geistliche Erbe der äthiopischen Kirche v o l l k o m m e n ignorierten, versuchten sie, als Agenten des Heiligen Stuhles z u R o m zu fungieren. D a s f ü h r t e zu viel unnötigem Blutvergießen w ä h r e n d der ersten H ä l f t e des 17. J a h r h u n d e r t s u n d f ü h r t e im J a h r e 1632 unter Kaiser Fassiladas zur Ausweisung der Mission d e r Jesuiten. Die E r f a h r u n g mit den Jesuiten w a r f ü r die äthiopische Kirche sehr bitter u n d f ü h r t e ganz natürlich auf lange Zeit zu starken A n t i p a thien gegen die Europäer. W ä h r e n d ihres k u r z e n A u f e n t h a l t e s in Äthiopien hatten die Jesuiten der äthiopischen Kirche viel Schaden zugefügt und ihre geistliche Stabilität ernstlich gestört. Somit gab es u n m i t t e l b a r nach der offiziellen Ausweisung der Mission der Jesuiten eine sehr lange Zeit intensiver Lehrauseinandersetzungen in der K i r che selbst, die über zwei J a h r h u n d e r t e a n d a u e r t e n . In der rechten historischen Perspektive gesehen, ist es g a n z klar, d a ß sich diese Auseinandersetzungen aus d e r N o t w e n d i g k e i t ergaben, die Lehre d e r K i r che zu ü b e r p r ü f e n und die Kirche v o n allen ä u ß e r e n Einflüssen zu befreien, die noch nach Ausweisung der Missionare versteckt v o r h a n d e n waren. Diese Auseinandersetzungen f ü h r t e n zu einer starken literarischen u n d intellektuellen Belebung des Königreiches von G o n d a r . Beeindruckend ist, d a ß die äthiopische Kirche t r o t z des Verfalls der Monarchie und der Auflösung des Staates in eine A n z a h l von regionalen Einheiten ihre g r u n d l e g e n d e Einheit a u d i w ä h r e n d der sogenannten Ä r a der Prinzen w a h r e n konnte. U n d als die Monarchie in der Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s wieder zum Zuge kam, begann die Kirche ihre historische Rolle als stärkster einender F a k t o r des christlichen Äthiopiens wieder a u f z u n e h m e n .

Kapitel IV DER GLAUBE DER K I R C H E Professor D r . V. C. 1. Zur

SAMUEL

Einführung

Die äthiopische Kirche ist Mitglied der Familie der orientalischen orthodoxen Kirchen und bekennt sich im wesentlichen zu dem gemeinsamen Glauben dieser Kirchen. Nach Meinung der Kirche geht dieser Glaube auf die apostolische Sukzession u n d das Zeugnis zurück, das im N e u e n Testament auf der Grundlage des Alten Testamentes abgelegt wird. So wurde es von den Kirchenvätern auf den ersten Konzilien und in den Lehren erklärt. Audi heute nodi besteht dieser Glaube als lebendige Wirklichkeit im gottesdienstlichen Leben, den Predigten und der Disziplin der Kirche f o r t . K u r z gesagt, die äthiopische Kirche ist eine Gemeinschaft, die sich auch heute nodi zu dem historischen christlichen Glauben bekennt, wie er von J a h r h u n d e r t zu J a h r h u n d e r t überliefert wurde. Es ist keine einfache Aufgabe einen Beitrag über den Glauben der Kirche, als Kapitel eines Buches zu schreiben. Es kann daher hier lediglich versucht werden, eine kurze E i n f ü h r u n g in den Glauben der Kirche von Äthiopien zu geben. Der Glaube der Kirche als lebendige Wirklichkeit wird hauptsächlich in ihrer Liturgie bewahrt. U n d dort wiederum ist die heilige Eucharistiefeier auf bezeichnende Weise der Mittelpunkt des Glaubens.

2. Die

Glaubensbekenntnisse

Der Gottesdienst der Heiligen Eucharistie selbst beginnt mit der Rezitation des Glaubensbekenntnisses. In der äthiopisch-orthodoxen Kirche werden zwei Glaubenserklärungen benutzt. Die eine ist ein ziemlich langes Bekenntnis, von d e m angenommen wird, d a ß es apostolischen Ursprungs ist, und bei der anderen h a n d e l t es sidi u m das Nicaenoconstantinopolitanum. Die Rezitation des Glaubensbekenntnisses zu Beginn jeder Eudiaristiefeier bedeutet, d a ß der Gottesdienst lediglich f ü r diejenigen bestimmt ist, die sich zu diesem Glauben bekennen.

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

Die einzelnen Punkte, die im apostolischen Glaubensbekenntnis hervorgehoben werden, können folgendermaßen aufgeführt werden: a. Es gibt einen einigen G o t t . E r ist der Schöpfer aller Dinge und „der Vater unseres Herrn, unseres Gottes und Erlösers Jesus Christus". O b wohl ewiglich und transzendent, offenbart er sich selbst und übt seine Allmacht auf alle Geschöpfe aus. b. Mit dem einen Gott, dem Vater, ist der eine Gott, der Sohn, von dem Vater aller Schöpfung kommt und dem Vater gleich ist. Sohn nahm in den letzten Tagen „Gestalt an von unserer Herrin ria, der Heiligen Jungfrau ohne Zutun eines Mannes und wurde ein Mensch, jedoch ohne Sünde und ohne das Böse."

der Der Mawie

c. Er litt, starb im Fleisch, erstand am dritten Tage auf von den Toten und fuhr gen Himmel zum Vater, der ihn gesandt hat. E r gab uns den Heiligen Geist, der vom Vater ausgeht und der gleich ewig ist mit dem Vater und dem Sohne. All dies tat er für unser Heil. d. Alle Geschöpfe sind gut und es ist nichts in ihnen, das verwerflich ist. Ehe und Zeugung von Kindern sind rein und unbefleckt, „denn G o t t schuf Adam und E v a , um Kinder zu gebären". Unserem Leib wohnt eine unsterbliche Seele inne, die nicht mit unserem Leib vergeht. e. Es gibt die Auferstehung der Toten, der Gerechten und der Sünder und ein Gericht, in dem jeder Rechtfertigung durch seine Werke erlangen wird. f. Christus ist keineswegs wegen seiner Inkarnation untergeordnet. E r ist unveränderbar. Er ist Gott, das Wort, das für unser Heil Wirklichkeit wurde. Ihm sei Ehre, Lob und Dank. Das andere Glaubensbekenntnis ist gut bekannt und bedarf hier deswegen keiner Zusammenfassung. Beide Glaubensbekenntnisse fußen auf der Bestätigung des Glaubens an Gott, an die Inkarnation und das menschliche Heil. 3. Gott,

die Heilige

Dreieinigkeit

Gott ist einig und ewig. Über Zeit, Raum und alle Begrenzungen hinaus bleibt er von Anfang und ohne Ende. „Du hast keinen A n f a n g " , heißt es im Gebet des äthiopischen Priesters, der die Anaphora des Heiligen Johannes feiert, „aber Du bringst alle Dinge zu ihrem Ende. D u bist unbegrenzt, doch hast Du für alles Grenzen gesetzt." Gott ist der Schöpfer aller Dinge. Da er alles schuf, tritt er fortwährend für alles ein. „Der Herr ist groß", heißt es in der Anaphora. U n d doch „wurde alles durch seine Gnade geschaffen und alles lebet

Der Glaube der Kirche

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durch seine Güte". Vollendet in sich selbst, bringt er seine Geschöpfe fortwährend der Vollendung nahe. Einzelne und der ganze geschichtliche Prozeß stehen letztlich unter seiner Allmacht. Gott ist weder passive Vollendung nodi abstraktes Ideal, sondern eine dynamische Wirklichkeit, die stets gegenwärtig ist und durch die alles Bestehende der endgültigen Bestimmung zugeführt wird, die er für jedes Geschöpf und die gesamte kreatürliche Welt bereit hat. Gott ist Einer in Drei und Drei in Einem. Die Einheit Gottes ist nicht in einer mathematischen Ziffer vorstellbar oder in einer einzigen Kondition, sondern in einer allumfassenden Vollendung. Somit ist der einige Gott Drei in alle Ewigkeit. So wird er in der Anaphora bestätigt: „Drei Personen und ein Wesen." Die Einheit Gottes wird als Einheit der Gottheit — Meiekot ist das Wort, das in Äthiopien benutzt wird — bekannt. In der einen Gottheit sind die drei Personen gleich und ewiglich — Akal, wie es in Äthiopien heißt. Wie in anderen Teilen der christlichen Welt gab es auch in Äthiopien Männer, die diese Lehre auf verschiedene Arten auszulegen suchten. Es gab z. B. Personen, die sich weigerten, die persönlichen Unterscheidungen in der einen Gottheit anzunehmen und andere, die darauf beharrten, daß die drei Personen drei Götter seien. Diese beiden Ansichten wurden jedoch von der Kirche verworfen. Gott ist ewig Vater, ewig Sohn und ewig Heiliger Geist. „Der Vater gab seinen Sohn ohne Tag oder Stunde und als er ihn gab, trennte der Vater sich nicht von ihm." Über alle Zeiten hinaus ist Gott der Ewige. Dieser Eine ist Vater, Sohn und Heiliger Geist. Keine der drei Personen ist zeitlich gesehen den anderen gegenüber vorrangig. „Der Eine war nicht vor dem Anderen", heißt es in der Anaphora, „und der Zweite war nicht vor dem Dritten." Aber „wir verkündigen, daß der Vater mit seinem Sohn und daß der Sohn mit seinem Vater vor der Schöpfung und bevor Himmel und Erde gemacht wurde, lebte". In dieser Dreieinigkeit, in der alle gleichermaßen ewig sind, ist der Vater die ewige Quelle des Sohnes und des Heiligen Geistes. Der Sohn wurde vom Vater gegeben und der Heilige Geist geht vom Vater aus. Während bestätigt wird, daß der Sohn und der Heilige Geist einzeln ihr Wesen ewiglich vom Vater erhalten, wird darauf hingewiesen, d a ß „der Vater seinen Sohn nicht gab, bevor die Welt geschaffen wurde, auf daß er ihm beim Schöpfungswerk helfe und daß der Heilige Geist nicht bestehe, um Beitrag an Weisheit und Werk zu leisten". Mit der Gottheit verhält es sich nicht wie mit Abraham, der älter war als Isaak, oder Isaak der älter war als Jakob, sondern vielmehr so,

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

d a ß der V a t e r nicht älter ist als der Sohn, und der Sohn nicht älter ist als der Heilige Geist, und der Heilige Geist nicht jünger als der Sohn, und der Sohn audi nicht jünger als sein V a t e r ist. D e r V a t e r unterscheidet sich lediglich v o m Sohn und dem Heiligen Geist dadurch, daß er allein der V a t e r ist. D e r Sohn allein ist Sohn und der Heilige Geist allein lebt in uns und zeigt uns G o t t . S o betet der Priester, der die Anaphora

des Heiligen Johannes zelebriert: „ N u r

Dein lebendiger Heiliger Geist ergründet die T i e f e Deiner Gottheit. E r hat uns Deine Natur offenbart und uns über Deine Einheit berichtet. E r lehrte uns Deine Einheit und h a l f uns, Deine Dreieinigkeit zu k e n n e n . " D i e eine G o t t h e i t ist deswegen in der Vollendung im V a t e r . D e r Sohn empfängt vom V a t e r — durch seine ewige G a b e



dieselbe G o t t h e i t in Vollendung und es ist auch vom Vater, d a ß der Heilige Geist die Gottheit in Vollendung erhält. Gleichzeitig wird ebenso heftig bestätigt, d a ß „der V a t e r nicht größer als der Sohn und nicht weniger als sein V a t e r ist", und der Heilige Geist weder mehr noch weniger als entweder V a t e r oder Sohn ist. Somit wird die Einheit Gottes durch das Bekenntnis bestätigt, d a ß es eine einige Gottheit gibt, die ewig im V a t e r ist. D e r Sohn und der Heilige

Geist empfangen

dieselbe Gottheit

ewiglich und in

Voll-

endung v o m Vater. A n anderer Stelle wird die göttliche Einheit gleichbedeutend betont. H i e r wird bestätigt, daß Vater, Sohn und Heiliger Geist ewig und unzertrennbar sind. Bei jedem Werk des Vaters sind der Sohn und der Heilige Geist mit ihm tätig, und an allen Werken des Sohnes nehmen der V a t e r und der Heilige Geist mit ihm und an allen W e r k e n des Heiligen Geistes nehmen V a t e r und Sohn ebenfalls teil. Es wird bestätigt, d a ß „vom Vater, als Vater, an den Sohn keine Befehle ergehen und daß der Sohn, als Sohn, nicht erhaben und daß der Heilige Geist ihnen gleich sei. D e r göttliche V a t e r , der Sohn und der Heilige Geist sind jedoch ein G o t t , ein Reich, eine Autorität und eine M a c h t " . U m noch einmal zu unterstreichen, der Begriff „ V a t e r " im Hinblick auf G o t t , bedeutet die göttliche Wirklichkeit, von der alles ausgeht; der Sohn verweist auf die göttliche Wirklichkeit mit dem Verständnis, daß alles begonnen hat und der Heilige Geist bedeutet die göttliche Wirklichkeit, die allen Geschöpfen innewohnt und dadurch einzeln und gemeinschaftlich mit G o t t verbunden sind. Wie bereits erwähnt, ist der ewige Gott die allumfassende Vollendung.

Er

schafft

alle

Dinge, tritt für sie ein und führt sie der letzten Bestimmung zu. D a G o t t unendliche Liebe ist, schafft und erhält er die W e l t und alles, was darin ist. E r ist G o t t der Vater, der alles hervorbringt, was jedoch

Der Glaube der

Kirche

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in W i r k l i c h k e i t v o m Sohn vollbracht und vom H e i l i g e n Geist v o l l endet w i r d . Alles dies ist ein W e r k Gottes, das aus verschiedenen Aspekten besteht. Begründet i m Sohn, erhalten u n d vollendet im H e i l i g e n Geist, gehört die geschaffene W e l t dem V a t e r . In seiner Liebe hat Gott, der V a t e r , seinen eingeborenen Sohn in die W e l t gesandt, u m ihr H e i l zu e r f ü l l e n ; u n d in derselben Liebe k a m Gott, der Sohn u n d arbeitete a n dem H e i l der W e l t und in derselben Liebe w i e d e r u m vollendet der H e i l i g e Geist das so gegebene H e i l . Dies sind alles Offenbarungen der verschiedenen Ebenen des einen W e r k e s , das Gott in der W e l t v o l l bringt. 4. Die

Inkarnation

D i e F l e i s d i w e r d u n g Gottes, des Sohnes, dient in erster Linie dem H e i l der W e l t . H e i l bedeutet Wiederherstellung der W e l t f ü r ihre d i r e k t e u n d ungestörte Beziehung zu Gott. So w i e Gott die W e l t geschaffen hatte, w a r sie sehr gut. A b e r das Böse f a n d Zugang zu ihr. Gott, der die W e l t schuf, ist stets um sie besorgt u n d a m W e r k , u m sie den Klauen des Bösen zu entreißen u n d sie f ü r die letzte Bestimmung wiederherzustellen, f ü r die sie geschaffen w u r d e . D i e I n k a r n a t i o n ist Gottes größte H e i l s t a t f ü r d i e W e l t . Gott, der Sohn, betrat das Erdreich in einer e i n z i g a r t i g e n Weise, i n d e m er selbst eine g a n z echte Menschengestalt a n n a h m . Dies ist die I n k a r nation, mit der Gott, der V a t e r — der die W e l t durch Gott, den Sohn, schuf und durch Gott, den H e i l i g e n Geist, vollendete — seine H e i l s t a t f ü r die W e l t durch den Sohn offenbart u n d im Heiligen Geist v o l l b r i n g t . So w i e die Schöpfung Gottes W e r k ist, ist die Erlösung ebenfalls Gottes W e r k . Gott, der Schöpfer der Erde, machte den Menschen z u r Krone seiner Schöpfung. Geschaffen nach dem Bildnis Gottes u n d m i t kreatürlichei Freiheit u n d Eigenständigkeit ausgestattet, sucht der Mensch Gott u n d d e n k t über Gottes Wesen und N a t u r nach. A l s der Mensch seinen freien W i l l e n mißbrauchte, k a m E l e n d u n d Leiden sowie Sünde u n d Böses auf ihn u n d die W e l t im allgemeinen. Das H e i l der W e l t e r f o r dert d a h e r v o r r a n g i g die H e i l u n g des Menschen. Die Kirche g l a u b t , d a ß die I n k a r n a t i o n d a r a u f abziele, diese H e i l u n g herbeizuführen. Durch die I n k a r n a t i o n v e r b a n d Gott, der Sohn, sich m i t der w a h r e n u n d echten menschlichen N a t u r . E m p f a n g e n von der J u n g f r a u M a r i a durch den H e i l i g e n Geist w u r d e er als w a h r e r Mensch in die W e l t geboren. I m Augenblick seiner E m p f ä n g n i s , durch das W e r k des H e i l i -

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gen Geistes, entstand im Schoß der Jungfrau eine menschliche Einzelnatur in Vereinigung mit Gott, dem Sohne. Somit vereinigte Gott, der Sohn, sich selbst mit der menschlichen Natur, die von der menschlichen Mutter stammte und somit wurde er im echten Sinne als wahrer Gott und wahrer Mensch geboren. Somit ist Christus, der fleischgewordene Gott, der Sohn, eine Person, nämlich ewig Gottheit und ewig Menschheit. In ihm bestehen Gottheit und menschliche Natur fort — jede in ihrer Integrität und Vollendung — und in einem Zustand untrennbarer und unvermischter Vereinigung. Auf dieser Grundlage bestätigt die äthiopische Kirche zusammen mit anderen orientalischen orthodoxen Kirchen, daß Jesus Christus nicht zwei Naturen, sondern eine fleischgewordene Natur Gottes, des Wortes, habe. „Eine" bedeutet nicht, daß die dynamische Weiterführung der Gottheit oder der Menschheit in dem einen Christus ignoriert werde, sondern, daß die wahre Inkarnation hierdurch bestätigt wird, durch die Gott, der Sohn, als Mensch in unsere Welt kam. Er ist in der Tat Gott, der fleischgewordene Sohn, auch wenn er die Schwachheit der menschlichen Natur zu ertragen hatte. Da er ein Leben ungebrochener Vereinigung mit Gott lebte, war er gänzlich ohne Sünde. Indem er seine Vereinigung mit Gott im ureigensten und wahrsten Sinne beibehielt, trat er als Mensch in unseren Kampf mit der Sünde und dem Bösen ein und wurde ein Opfer unseres Todes. Durch sein Leiden und seinen schmachvollen Tod am Kreuz siegte er über die Macht des Bösen und durch seine Auferstehung von den Toten lebt er ewiglich in seiner natürlichen Einheit und in ungebrochener, unzertrennbarer Vereinigung mit Gott, dem Vater, mit Gott, dem Heiligen Geist und mit der menschlichen Natur. In Jesus Christus haben wir somit den fleischgewordenen, gekreuzigten und verherrlichten Gott, den Sohn, der selbst unser Bruder ist und auf die letzte, die Menschheit erwartende Bestimmung hinweist. Über die Person Jesu Christi hat es ebenfalls ernste Diskussionen in Äthiopien gegeben. Die Kirche hält jedoch an der Ansicht fest, daß er Gott, der Sohn, in seinem fleischgewordenem Zustande ist. Er wurde von Gott, dem Vater, als Gott, der Sohn, auf ewig gegeben und von der jungfräulichen Mutter als wahrer Mensch geboren. In der Anaphora gibt es eine Anzahl von Bestätigungen über Jesus Christus, von denen einige hier zu erwähnen wären: a. Jesus Christus wurde von unserer Herrin Maria für unser Heil geboren. Wer nicht an seine Geburt durch die Heilige Maria glaubt, soll mit dem Kirchenbann belegt werden.

Der Glaube der

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b. So wurde nach Empfängnis der Jungfrau, Gott, der Sohn, als Mensch geboren. Durch diese Empfängnis wurde Gott, der Sohn, Fleisch und „nahm unsere N a t u r " an. Der Sohn wurde vom Vater ohne Mutter gegeben und als Mensch ohne Vater geboren. „Er wurde sterbliches Fleisch und machte es unsterblich", und er k a m wahrhaftig in die Welt „in der Gestalt, die er von uns annahm". c. Seine menschliche Geburt w a r ein einzigartiges Ereignis, durch das Gott, der Sohn „durch den Willen seines Vaters herabstieg und Mensch wurde". Seine Menschheit w a r nicht untergeordneter Art, weil er keinen Vater hatte, um von ihm gezeugt zu werden." Dies ist die Inkarnation, durch die Gott, der Sohn, in den historischen Bereich eintrat, um ihn auf ewig zu retten. d. In der Inkarnation vereinte Gott, der Sohn, die menschliche Natur mit sich selbst und „machte sie eins mit seiner Gottheit ohne Mischung oder Vermischung und Teilung oder Veränderung". Daher „wurde seine Gottheit nicht von seiner menschlichen Natur getrennt, weder für eine Stunde noch für den Augenblick eines Lidschlages". e. Gott, der Sohn, k a m zu uns „ohne von seiner Gottheit getrennt zu sein". Nachdem er geboren war, „ w a r d er wie ein Kind und wuchs langsam bis er Reife erlangte, wie ein Mensch. Im Alter von dreißig Jahren wurde er im Jordan getauft". Er wurde vom Teufel versucht; „er hungerte und durstete"; er zog umher, „um das Evangelium des Himmelreiches zu predigen". Dadurch wandelte er — der vollendet wie Gott, der Vater, und seinem Bildnis gleich ist — unter uns und ist unserem Bildnis gleich. f. „Er litt und starb freiwillig für uns und um unseretwillen. Er w a r hungrig wie ein Mensch und speiste viele mit sehr wenigen Laiben Brot. Er w a r durstig wie ein Mensch, der stirbt, aber er verwandelte Wasser in Wein, da er fähig war, allen das Leben zu geben. Sie schlugen ihn wie einen Knecht und er befreite sie von dem Joch der Sünde als der Herr aller. Er erduldete alles. Er heilte die Blinden mit seinem Speichel und gab uns den Heiligen Geist, indem er sich von den Unreinen bespeien ließ. Er, der Sünde vergibt, wurde als Sünder von ihnen angeklagt. Der Richter der Richter wurde von ihnen gerichtet. Er wurde am Baum gekreuzigt, um die Sünde zu vernichten; er wurde mit den Sündern gekreuzigt, um bei den Gerechten zu sitzen. Er starb nach seinem Willen und ließ es geschehen, begraben zu werden. Er starb des Todes; er starb, um die Toten zum Leben zu erwecken. Er wurde begraben, um die Begrabenen auferstehen zu lassen, um die Lebenden zu behüten, die Unreinen zu reinigen, die Sün-

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Äthiopiens

der zu rechtfertigen, die Verstreuten zu sammeln und die Sünder zu Herrlichkeit und Ehren zu bringen." Solche Absätze der Anaphora sind zu zahlreich, um sie hier wiedergeben oder in diesem Rahmen audi nur erwähnen zu können. Sie zeigen, daß Jesus Christus ohne Trennung und Vermischung Gott und Mensch zugleich war. Derselbe Christus, Gott, der fleischgewordene Sohn, gab dem göttlichen Werk sowie der menschlichen Tätigkeit Ausdruck. Er ist der eine Christus, in dem Gott und Mensch unzertrennbar vereint sind. g. Über die absolute Wirklichkeit des Leidens und des Todes gibt es beinahe unzählige Absätze. Hier werden lediglich zwei wiedergegeben. Der eine aus der Anaphora des Heiligen Jakobus von Sarug und der andere aus der Anaphora des Heiligen Dioskus. Der Priester, der die erstere der beiden Anaphoren zelebriert, sagt im Gebet: „O Herr, Dich haben die Hände eines Knechtes getroffen, die Dich mit Stöcken geschlagen, mit einem Speer durchstochen haben. Dich haben sie mit ein wenig Galle mit Essig vermischt getränkt. Während Du Gott warst, fähig, sie davon abzuhalten, hast Du sie nicht gehindert und Du erduldetest sogar den Tod; all dies hast Du angenommen, um der Liebe zu den Menschen willen." Die Anaphora des Heiligen Dioskus enthält die folgenden Absätze, die sich auf den hier zur Debatte stehenden Punkt beziehen. Der Priester sagt im Gebet: „Er wurde in eine Krippe im Stall gebettet und empfing die Gaben seines Reiches; er weinte auf Kleinkinderart und forderte Nahrung aus der Brust seiner Mutter." Besonders auf Leiden und Tod bezogen haben wir Absätze wie den folgenden: „Sie kreuzigten ihn am Baum, schlugen ihn mit Nägeln fest, trafen sein Haupt mit Stöcken, durdistachen seine Seiten mit einem Speer. Ihm, der Israeliten aus einem Fels zu trinken gab, gaben sie Galle und Myrthenwasser gegen seinen Durst. Der Unsterbliche starb, starb, um den Tod zu überwinden, starb, um die Toten zu erlösen, wie er ihnen durch das Wort versprochen hatte." h. Der Tod war nicht das Ende seines Schicksals. „Er ist auferstanden von den Toten — ganz ohne Verderbnis — und befreite uns vom Joch der Sünde." Der auferstandene Christus fuhr auf gen Himmel und ist bei Gott, dem Vater. Er hat über Tod und Verfall triumphierend gesiegt. Dieser und viele andere Absätze in der Liturgie zeigen, daß die menschliche Natur Christi ganz echt und vollkommen war. Aber über-

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all wird die Einheit Jesu Christi unterstrichen. Es wird bestätigt, d a ß er Gott, der Sohn, in seinem fleischgewordenen Z u s t a n d ist. Hinsichtlich der I n k a r n a t i o n wird klar gezeigt, daß er im Leib der J u n g f r a u empfangen u n d als w a h r e r Mensch geboren wurde. Im Augenblick, da er durch den Heiligen Geist e m p f a n g e n wurde, entstand seine eigentliche menschliche N a t u r durch die menschliche M u t t e r in Vereinigung mit sich selbst. Er, der so empfangen wurde, w a r d von der J u n g f r a u geboren. D a h e r ist Christus u n t r e n n b a r eins. Die beiden N a t u r e n der Gottheit und Menschheit, die sich in ihm vereinigten, bestehen in dem einen Christus fort, jede in ihrer absoluten Integrität u n d Vollendung mit den jeweiligen Eigenschaften u n d z w a r unveränderlich und untrennbar. Jede von ihnen besteht weiter in ihrer dynamischen W i r k lichkeit und z w a r in einem unzertrennbaren Zustand, so d a ß Christus G o t t und Mensch zugleich ist. Die Kirche Äthiopiens hat sich zusammen mit den anderen orientalischen orthodoxen Kirchen geweigert, die Glaubensformel von Chalcedon anzunehmen, nämlich, d a ß Christus „sich in zwei N a t u r e n offenb a r t habe". Sollten die Kirchen, die diese Definition annehmen, d a r unter lediglich verstehen, daß Gottheit und Menschheit in dem einen Christus dynamisch fortbestehen, so entspricht dieses Verständnis der Lehre der äthiopisch-orthodoxen Kirche. Sollte andererseits diese Formel jedoch in dem Sinne verstanden werden, daß Gottheit u n d Menschheit in Christus lediglich in moralischer Vereinigung fortbestehen, so besteht in dieser Frage ein grundlegender Unterschied zwischen den Kirchen der chalcedonischen Tradition u n d der Kirche Äthiopiens, der zur Kenntnis genommen werden sollte.

5. Menschliches

Heil

Die Inkarnation besteht in erster Linie und vor allem f ü r das Heil der Welt. Das H e i l der Welt bedeutet vorrangig die Erlösung der Menschheit. Die Heilstat Gottes, die durch die I n k a r n a t i o n vollbracht wird, müssen die Menschen sich einzeln und gemeinschaftlich zu eigen machen. Ist dies einmal im Hinblick auf die ganze Menschheit erfolgt, w i r d das Werk f ü r das Heil der Welt abgeschlossen sein. G o t t selbst ist hier durch den Heiligen Geist am Werk. I m menschlichen Leben u n d der menschlichen Existenz gibt es individuelle u n d gemeinschaftliche Dimensionen. Die H e i l s t a t Gottes, die durch die I n k a r n a t i o n vollbracht w u r d e , sollte deshalb von diesen beiden Dimensionen assimiliert u n d vollendet werden. Die Kirche ist von

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Die Orthodoxe Kirche

Äthiopiens

G o t t für dieses göttliche Werk eingesetzt worden. Der fleischgewordene, gekreuzigte und auferstandene Christus ist in der Kirche anwesend, die durdi das Werk des Heiligen Geistes sein Leib auf Erden ist. D e r Heilige Geist ist durch einzelne Mitglieder und durch die Gemeinschaft als ganzes in der Kirche am Werk, um ihnen die Heilstätigkeit Gottes kenntlich zu machen. Dies erfolgt durch die verschiedenen Sakramente, durch Predigt und Lehre. Dadurch werden Einzelpersonen angeregt, ihr Leben hinzugeben und Einzelne und Gemeinschaften werden geführt, um das Amt Jesu Christi zum Wohlergehen des Menschen und der ganzen Welt vorwärtszutragen und zwar auf sozialer, wirtschaftlicher und politischer Ebene sowie in anderen Sphären des menschlichen Lebens. Diesem Anliegen wird in den Anaphoren der äthiopischen Kirche dadurch Rechnung getragen, daß Gebete für alle diese Lebensbereiche der Welt eingeschlossen werden. So werden Gebete für Regen gesprochen, auf daß Gott ihn dort senden möge, wo er gebraucht wird; für die Wasser der Flüsse, auf daß „Gott sie in richtigem Maß und in Grenzen füllen möge"; für die Früchte der Erde, daß „Gott der Erde Früchte für Saat und Ernte geben möge"; und dafür, daß den Menschen ein Geist des Friedens gegeben werden möge. Gleichzeitig gibt es in jeder liturgischen Feier Fürbitten für den Kaiser als Staatsoberhaupt und für kirchliche Würdenträger. Außerdem wird der Kaufleute, Bauern, Handwerker, der Bedürftigen, Kranken und Unterdrückten besonders gedacht. Gebete werden ebenfalls für diejenigen gesprochen, die auf irgendeine Art der Sünde verfallen sind. All das zeigt, daß der ganze Bereich der Natur und alle Bedingungen der Männer und Frauen bei jedem Gottesdienst in göttlichen Schutz und göttliche Obhut befohlen werden. Die Hoffnung auf ein gesegnetes Leben in der kommenden Welt ist nicht nur letztliches Anliegen im Leben eines Christen. Andererseits heißt es, daß diese Welt Gott gehöre. Das Vorhandensein des Bösen im natürlichen und moralischen Bereich wird zugegeben. Das Heil ist eine gegenwärtige Erfahrung, die aus dem völligen Vertrauen des Menschen zu Gott und aus seiner gänzlichen Vereinigung mit ihm sowie aus einem Leben vollständigen Friedens und perfekter Harmonie mit den Mitmenschen besteht. Dieser Zustand sollte der unserige hier und jetzt sein und anwachsen, bis er den letztlichen Höhepunkt im Ewigen erreicht hat. Somit ist das Heil eine gegenwärtige Wirklichkeit, die sich auf die Zukunft bezieht. Die Kirche hat die Verantwortung, ihre Mitglieder zur Arbeit für das Wohlergehen der Lebe-

Der Glaube der Kirche

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wesen in d e r W e l t hier u n d jetzt a n z u h a l t e n , u n d die H o f f n u n g auf ewiges L e b e n in d e r k o m m e n d e n W e l t z u v e r k ü n d e n . In dieser W e l t h a t d e r Mensch A n s p r u c h auf i n d i v i d u e l l e Freiheit, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliches A u s k o m m e n u n d a n d e r e Rechte, die ihn b e f ä h i g e n , seine G a b e n f ü r sein W o h l e r g e h e n u n d das der a n d e r e n zu entwickeln. Als O r g a n i s a t i o n sollte die Kirche f ü r die volle Z u b i l l i g u n g dieser Rechte e i n t r e t e n . D i e Kirche Ä t h i o p i e n s ist jedoch nicht d a m i t e i n v e r s t a n d e n , d a ß das Anliegen eines C h r i s t e n lediglich in der A r b e i t f ü r das W o h l e r g e h e n des Menschen in dieser W e l t bestehe. Diese W e l t u n d unser irdisches Leben sind lediglich v o r ü b e r g e h e n d e r A r t . N i e m a n d w e i ß m i t Sicherheit, w a s m o r g e n geschehen w i r d . U n d a u ß e r d e m f ü h r t m a t e r i e l l e r Reichtum in der Regel nicht z u einem friedlichen Leben, w e d e r f ü r den Einzelnen noch f ü r V ö l k e r u n d N a t i o n e n . Auf jeden Fall ist die Kirche Ä t h i o p i e n s nicht der Ansicht, d a ß ihre Mission lediglieli in d e r E r r i c h t u n g der s ä k u l a r e n S t a d t bestehe. D i e H o f f n u n g auf ein Leben in d e r k o m m e n d e n W e l t ist i n t e g r a l e r Teil ihres G l a u b e n s . In d e m apostolischen G l a u b e n s b e k e n n t n i s , das in der Kirche Ä t h i o piens b e n u t z t w i r d , gibt es drei f ü r unser Anliegen z u t r e f f e n d e A b sätze. In d e m ersten w i r d unterstrichen, d a ß „alle G e s c h ö p f e G o t t e s gut sind u n d nichts in ihnen v e r w e r f l i c h ist u n d d a ß d e r Geist u n d das Leben des Leibes in allem rein u n d heilig seien". Das g e s a m t e Reich d e r N a t u r w u r d e rein u n d heilig durch G o t t sowie auch alles, was z u m r e g e l m ä ß i g e n G e b r a u c h des Menschen b e s t i m m t ist. In d e m z w e i ten A b s a t z heißt es, d a ß „ E h e rein sei u n d K i n d e s g e b u r t unbefleckt, d a G o t t A d a m u n d E v a geschaffen habe, auf d a ß sie sich v e r m e h r e n " . D a s ist eine k l a r e E r k l ä r u n g , aus der h e r v o r g e h t , d a ß die menschliche Gesellschaft — nach d e m G l a u b e n der äthiopischen Kirche — g ö t t licher S c h ö p f u n g ist u n d d a ß soziale, wirtschaftliche, politische u n d a n d e r e ähnliche B e d i n g u n g e n v o n G o t t gegeben sind. I m d r i t t e n A b satz w i r d b e k a n n t , d a ß „ w i r an die A u f e r s t e h u n g der T o t e n , d e r G e rechten u n d d e r S ü n d e r g l a u b e n ; u n d an d e n T a g des jüngsten G e richtes, a n d e m jeder f ü r seine W e r k e R e c h t f e r t i g u n g e r l a n g e n w i r d " . Diese E r k l ä r u n g b e s t ä t i g t d i e eschatalogische H o f f n u n g im G l a u b e n d e r Kirche. Z u s a m m e n f a s s e n d k a n n zu diesen drei G e d a n k e n g ä n g e n gesagt w e r den, d a ß — nach d e m G l a u b e n d e r äthiopischen Kirche — d e r N a t u r bereich v o n G o t t geschaffen w u r d e u n d G o t t selbst den Menschen als ein M i t g l i e d der Gesellschaft in die W e l t gestellt h a t . Es gibt eine l e t z t e B e s t i m m u n g , die den Menschen e r w a r t e t u n d diese w i r d er im a u f e r s t a n d e n e n Leben in d e r k o m m e n d e n W e l t erreichen. Angesichts

186

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

des Bösen und der Sünde in dieser Welt h a t G o t t das Heil des Menschen durch seinen fleischgewordenen Sohn ausgearbeitet, der von den Toten z u m ewigen Leben auferstanden ist u n d uns die Gewißheit gegeben hat, d a ß seine Auferstehung auch die unsere sein wird.

6. Zum

Abschluß

Der ewige und dreieinige G o t t , der außerhalb von Zeit und R a u m ist, schuf die Welt in Zeit u n d R a u m . Er hat die Welt erlöst und ist weiterhin am Werk, um diese Heilstat zu vollenden. Das Heil w u r d e von G o t t durch Leiden, Tod und Auferstehung seines fleischgewordenen Sohnes vollbracht und w i r d durch den Heiligen Geist vollendet werden. Das Heilswerk Gottes w i r d in jeder Feier der Heiligen Eucharistie dargestellt, bei der es sich nicht nur um eine Erinnerungsfeier handelt, in der T o d u n d Auferstehung Jesu Christ gedacht werden. In der Eucharistiefeier bietet die Kirche sich selbst u n d die ganze erlöste Menschheit zusammen mit dem irdischen Naturbereich dem dreieinigen G o t t dar. Aus diesem G r u n d e gedenkt die Kirche in der Feier der Heiligen Eucharistie u n d ebenfalls in ihren verschiedenen anderen Gottesdiensten der Lebenden u n d Verstorbenen der Gemeinschaft der Heiligen. Dies geschieht im R a h m e n des Gedenkens an die Heilstaten Gottes, nicht nur als Ereignisse der Vergangenheit, sondern als Ereignisse, die wirklich im historischen Bereich geschehen, und die das weitergehende W e r k Gottes f ü r das Heil der Welt bedeuten. Die Feier der Heiligen Eucharistie bringt uns vor allem die Gewißheit der eschatologischen Dimension des christlichen Glaubens. „Wir verkündigen Deinen T o d , H e r r , und Deine heilige Auferstehung, wir glauben an Deine Auferstehung und Deine W i e d e r k u n f t . Wir verherrlichen Dich. Wir beten zu Dir und flehen Dich an, unser H e r r u n d unser Gott. Gib uns, H e r r , Deinen Willen zu tun und immerdar zu Deinem Gefallen zu sein und vermerke unsere N a m e n mit allen Heiligen und M ä r t y r e r n im Buch des Lebens im Himmelreich durch Jesum Christum, unseren H e r r n , durch ihn sei Dir, I h m u n d dem Heiligen Geist Herrlichkeit und Macht jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen."

Kapitel V DIE ÄTHIOPISCHE LITURGISCHE TRADITION P r i n c i p a l PAUL VERGHESE

Die jetzige liturgische S a m m l u n g der äthiopisch-orthodoxen Kirche ist sicher das Ergebnis einer viele j a h r h u n d e r t e l a n g e n und m a n n i g f a l t i gen E n t w i c k l u n g ; o b w o h l ihr die entscheidende Form w ä h r e n d der R e f o r m e n unter König Z a r a Y a ' q o b , der v o n 1434—1468 herrschte, gegeben w u r d e . W ä h r e n d seiner d e n k w ü r d i g e n H e r r s c h a f t wurden viele liturgische und theologische Bücher aus dem Koptischen, Arabischen und möglicherweise auch aus dem Syrischen in die Landessprache Ge'ez übersetzt. Ge'ez —• ebenfalls äthiopisch genannt — ist immer noch die offizielle liturgische Sprache, die gegenwärtig in praktisch allen Kirchen benutzt wird, mit der Ausnahme einiger Stadtkirchen, in denen durch die Bemühungen des Kaisers amharisch, die m o d e r n e äthiopische Sprache, eingeführt wurde.

1. Liturgische

Bücher

Die H a u p t q u e l l e n f ü r den äthiopischen Gottesdienst werden Sunodos genannt, hierzu gehören die (apostolischen Kanones) Metshafe-Kidan, (das T e s t a m e n t des H e r r n ) Didaskalia Fetsha Negest, (der N o r a o kanon) Ser'at-we-tezaz (die Riten und Instruktionen), Mets'hafe Bah'ri (das Buch der N a t u r ) ; Te-aqebe Mestir (Haushalterschaft des Mysteriums). Die liturgische Ü b e r a r b e i t u n g im 17. J a h r h u n d e r t f ü h r t e zu vier hauptsächlichen liturgischen Büchern — Mets'hafe Qe'ddase (Meßbuch), Mets-hafe Nuzaze ( H a n d b u c h über die Buße), Mets-haje Taklil (Ehe) und Mets'hafe Qandil ( H a n d b u c h über die Ö l u n g der K r a n k e n ) . D a s Meßbuch besteht aus zwei Teilen, der eine enthält 16 bis 20 A n a p h o r e n (Qeddase) und der a n d e r e enthält die Psalmengesänge f ü r die Eucharistie (Zemmare), die häufig von besonders ausgebildeten Chören gesungen werden. A u ß e r d e m gibt es noch vier weitere Bücher f ü r die täglichen kanonischen Tagesoffizien — (a) Deggwa oder die vier a n t i p h o n a l e n Gesänge f ü r das ganze liturgische J a h r mit A u s n a h m e der Passionszeit;

188

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

(b) die Tsomedeggwa enthält die Passionsgesänge, mit Ausnahme derjenigen für die Heilige Woche; (c) die Mawaseet ist eine andere Form für die Tagesoffizien, die weniger häufig benutzt wird und (d) die Meeraf ist die normale Tagesoffizienordnung. Es wären ebenfalls paraliturgische Werke, die in den Klöstern geschrieben wurden, wie die Wuddase Mariam (Lobgesänge Mariä) und die Anqatse-Berhan (Tor des Lichtes) zu erwähnen.

2. Eucharistische

Anaphoren

Zwanzig verschiedene Anaphoren sind unter den folgenden Namen bekannt: (a) Die Apostel, (b) Unser Herr Jesus Christus, (c) Unsere Herrin Maria (von Cyriacus oder Qirqos), (d) der Heilige Disoskoros, (e) Der Heilige Johannes Chrysostomus, (f) Der Heilige Johannes, der Evangelist, (g) Der Heilige Jakobus, der Herrnbruder, (h) Die Hosianna-Liturgie des Heiligen Gregorius, (i) Die Weihnachtsliturgie des Heiligen Gregorius, (j) die weitere Marienanaphora des Heiligen Gregorius, (k) Die 318 Rechtgläubigen Väter von Nicäa, (1) Der Heilige Basilius, (m) Der Heilige Athanasius, (n) Der Heilige Ephiphanius, (o) Die längere Anaphora des Heiligen Kyrill, (p) Die kürzere Anaphora des Heiligen Kyrill, (q) Der Heilige Jakobus von Sarug, (r) Der Heilige Markus, (s) und eine weitere Anaphora unserer Lieben Frau Maria. Marcos Daoud, der ägyptische Laie, der erste Dekan der theologischen Fakultät in Addis Abeba, veröffentlichte im Jahre 1954 eine englische Version der Prä-anaphora und der 14 Anaphoren (Apostel; Unser Herr; der Heilige Johannes, der Evangelist; die Heilige Maria; die 318 Rechtgläubigen Väter; der Heilige Athanasius; der Heilige Basilius; der Heilige Gregorius; der Heilige Ephiphanius; der Heilige Johannes Chrysostomus; der Heilige Kyrill; der Heilige Jakobus und Sarug; der Heilige Dioskus und der Heilige Gregor II). Die äthiopischen und amharischen Texte dieser Anaphoren wurden ebenfalls veröffentlicht. Viele der Anaphoren sind syrischen Ursprungs und gehen möglicherweise auf das syrische Kloster Skete in Ägypten zurück. Die Liturgie des Heiligen Markus wird in der koptischen Kirche von Ägypten (Kyrill, Gregorius und Basilius) nicht häufig benutzt. Daher besteht kein Grund zur Annahme, daß die äthiopische Kirche die ägyptische liturgische Praxis einfach nachahme. Elemente der koptischen, syrischen und byzantinischen liturgischen Gepflogenheiten lassen sich in der äthiopischen Tradition finden, aber letztere hat doch ihre eigenen Merkmale.

Die äthiopische

3. Die Struktur

liturgische

Tradition

der eucharistischen

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Liturgie

Die äthiopische Liturgie hat zwei Hauptteile: (1) die Präanaphora, die bei allen Anaphoren gleich ist und die (2) eigentliche Anaphora. Die Prä-anaphora ist ungewöhnlich lang und besteht aus sechs Psalmen (25, 61, 102, 103, 130, 131), Gebeten für die Reinigung der Zelebranten und der Gefäße, Gebeten für das Ankleiden, der Prothesis der Elemente (die mit Psalm 117 endet), der Enarxis (die Opfergebete, die Gebete für die Umhüllung, die Absolutionsgebete und eine lange Fürbittlitanei enthält), und dann folgen die Katechumenatenliturgie (Beweihräucherung der Elemente, Fürbittgebete für Lebende und Verstorbene, Beweihräucherung der Priester und des Volkes, die drei Lesungen aus den Paulusbriefen, den katholischen Briefen und aus der Apostelgeschichte), das an Christus gerichtete Trisagion, das mit Inkarnationsephiteten ausgeschmückt ist, Gebet aus dem Evangelium, Singen eines Antiphon aus den Psalmen, Segnung der vier Himmelsrichtungen, Beweihräucherung des Evangelienbuches und dann die Lesung aus dem Evangelium und eine Predigt. Die Prä-anaphora endet mit einer langen Fürbittlitanei für die Kirche, die Katechumenen und das Volk, besonders für die Armen, der Entlassung der Katechumenen, einem Credo oder einem Bekenntnis des Glaubens an das Mysterium der Heiligen Dreieinigkeit, an die volle Göttlichkeit und Menschlichkeit Christi, an das Gute aller geschöpften Dinge, an die unbefleckte Natur der Ehe und der Geburt; eine Verwerfung der Beschneidung usw.; danadi folgt das Lavaho, das Grußgebet und der Friedenskuß. Die äthiopischen Anaphoren sind sehr unterschiedlich in ihrer Struktur. Die Grundstruktur ist die folgende: a) Das eucharistische Dankesgebet verläuft bis zu den Einsetzungsworten parallel zum westlichen Kanon, b) es folgen Fürbittgebete und Abschluß des Dankesgebetes, c) Sanctus (der in ein oder zwei Anaphoren fehlt), d) berichtende Einsetzung (die in der Anaphora des Jakobus von Sarug durch ein Gebet ersetzt wird), e) Anamnese, Epiklese, f) Brotbrechung und Vermischung, g) das Vaterunser und weiterführendes Gebet, h) Senkung des Hauptes und Bußgebet vor dem Abendmahl, i) Erhebung des Leibes und des Blutes zur Anbetung, j) Abendmahl, unterdessen wird Psalm 150 gesungen, k) Dankesgebet nach dem Abendmahl und ein besonderes Gebet, das „Führer der Seele" genannt wird, 1) Segen und Entlassung durch Handauflegung des Priesters.

190

Die Orthodoxe

4. Der

Kirche

Äthiopiens

Wortgottesdienst

Der vorbereitende Gottesdienst, der in allen 14 Liturgien gleich ist, ist durch seine Feierlichkeit und Frömmigkeit beeindruckend. Die Rubrik gibt klar an, daß der vorbereitende Gottesdienst von „unseren Ägyptischen Vätern" geweiht wurde. Die Vorbereitung beginnt damit, daß der Priester oder Diakon eine Ermahung an die Gemeinde liest, die wie folgt beginnt: „ O Bruder, gedenke deiner Sünden und bitte um Vergebung, auf daß du Gnade erlangen mögest, bevor du diese Kirche verläßt, in der das reine Opfer in seinem und deinem Namen dargebracht wird." Wenn der Priester das Heiligtum betritt, fällt er vor dem Schleier, der das Heiligtum vom Altar trennt, nieder und betet: „ O Herr, unser Gott und unser Schöpfer, Du, der Du alles durch Dein Wort geschaffen hast und uns erlaubest in dieses Mysterium einzutreten, Du, der Du den Menschen durch Deine Weisheit geschaffen hast u n d ihn zum Herrscher über alle Kreatur eingesetzt hast, um sie in Rechtschaffenheit und Wahrheit zu regieren. Gib uns die Weisheit, die in Deinen Schätzen wohnet, schaff in uns ein reines Herz, o Herr. Vergib uns unsere Schuld, heilige unsere Seelen und Leiber, mach uns bereit, Dein Heiligtum zu betreten, auf daß wir Dir ein Opfer und einen geistlich angenehmen Weihrauch f ü r die Vergebung der Sünden Deines Volkes darbringen mögen. O unser H e r r und unser Gott und unser Heiland Jesus Christus, der D u uns von der Erde gehoben und uns aus dem Staub erlöst, um uns mit Deinen Engeln und den Prinzen Deines Volkes sitzen zu lassen: Mache uns des Dienstes am Wort Deines Heiligen Evangeliums wert, durch Deine Liebe und die Vielfalt Deines gütigen Erbarmens und stärke uns, Deinen Willen in dieser Stunde zu erfüllen. Wir bieten Dir ein süßes Opfer und die geistliche Frucht dar, die Deiner Güte zu Gefallen sei. Gib uns Vergebung und erbarme Dich unser und empfange dieses unbefleckte O p f e r und sende Deinen Heiligen Geist auf uns und unsere Gaben nieder, auf daß sie verherrlicht werden. O Du eingeborener Sohn, unser Herr, unser Gott und unser Heiland Jesus Christus, Ehre sei Dir jetzt und immerdar. Amen." In der Rubrik wird verlangt, daß die Bischöfe oder Priester, die die Eucharistie feiern, die folgenden drei Bücher gut kennen sollten: a) die Mashafe Qedart oder das Buch des Bundes. Es handelt sich um eine Art von Christologie, in der „Lehren enthalten sind, die Christus

Die äthiopische

liturgische

Tradition

191

w ä h r e n d der vierzig Tage nach seiner Auferstehung an die Apostel weitergab". b) die Synods oder das Buch der Konzilien mit den Kanones und Dekreten der verschiedenen Konzilien einschließlich einiger Kanones, die den Aposteln zugeschrieben werden. c) die Didaskalia oder die Lehre der Apostel; die äthiopische Version der Didaskalia enthält einige Absätze, die in der syrischen Version nicht zu finden sind. Die Rubrik besagt, daß, falls der Bischof oder Priester die drei Bücher nicht gründlich kennt, er den Altar zu verlassen habe und die Eucharistie überhaupt nicht feiern solle. Es ist zu befürchten, d a ß — falls diese Bestimmung heute in K r a f t gesetzt wird — gut 90 Prozent der gegenwärtig ordinierten Kleriker der äthiopisch-orthodoxen Kirche die Liturgie überhaupt nicht feiern könnten. Gewänder Die G e w ä n d e r des Priesters müssen wie in der koptischen Kirche weiß oder golden sein. In Äthiopien müssen mindestens drei Priester und zwei D i a k o n e f ü r die Feier der Eucharistie anwesend sein, obwohl in der Rubrik diese Zahl nicht genannt wird und es lediglich heißt, der Priester solle sich vergewissern, d a ß ein Diakon zugegen ist, bevor er mit der Ankleidung f ü r den Gottesdienst beginnt. In der Liturgie sind jedoch Funktionen und W o r t e f ü r einen assistierenden Priester und einen assistierenden Diakon vorgesehen. Der Vorbereitungsgottesdienst dauert häufig zwei bis drei Stunden, je nach dem T e m p o der Gesänge. Stadtpriester versuchen ihn viel kürzer zu fassen. Darbringung

des

Weihrauches

N a c h verschiedenen Gebeten und Litaneien, die von den Priestern und Diakonen gesprochen werden und nach einem langen Absolutionsgebet, w ä h r e n d dem die ganze Gemeinde zu Boden fällt (ob sie in der Kirche oder a u ß e r h a l b der Kirche steht), beginnt die Segnung des Weihrauchs. D e r Priester nimmt einige Körner des Weihrauchs, u n d nachdem er das Weihrauchfaß gesegnet hat, legt er die K ö r n e r auf die Kohle im Weihrauchfaß. Er bringt den Weihrauch am A l t a r der Heiligen Dreieinigkeit als einen „lieblichen D u f t " dar und fleht f ü r die ganze Gemeinde um die Vergebung der Sünden.

Die Orthodoxe

192

Kirche

Äthiopiens

Darauf beräuchert er den Altar und geht dreimal um ihn herum, indem er einem Diakon folgt, der ihm mit einer brennenden Wachskerze vorausschreitet und Johannes den Vorläufer symbolisiert. D e r assistierende Diakon trägt das die Paulusbriefe enthaltende Buch und folgt der Prozession. Dann geht der Priester mitten durch die Gemeinde zur westlichen T ü r und beräuchert den Klerus und das Kirchenvolk. Bei Rückkehr zum Altar beräuchert er dreimal die Lade oder tahot auf dem Altar. Briefe

und

Apostelgeschichte

D e r Diakon verliest einen Absatz aus den Paulusbriefen. Nach bestimmten Gebeten liest der assistierende Diakon aus den katholisdien Briefen. In der Rubrik heißt es, daß sich der Diakon bei der Lesung der Paulusbriefe gen Westen richten soll, weil Paulus der Apostel des Westens sei. Für die katholischen Briefe solle sich der assistierende Diakon gen Norden drehen. Bei der dritten Lesung — und z w a r aus der Apostelgeschichte — hat sich der assistierende Priester gen Süden zu wenden 1 . Lesung

des

Evangeliums

Nach den drei Lesungen zeichnet sich eine Erregung in der Liturgie in Erwartung des Evangeliums ab. An den Sonntagen zwischen Ostern und Pfingsten singt der Priester dreimal: „Christus ist erstanden! Durch den T o d hat er den Tod zertreten und denen im Grabe ewiges Leben gegeben!" Darauf folgt ein lauter Gesang Qiddus

(Heilig), der vom Priester an-

gestimmt wird. Das Kirchenvolk erwidert mit einem dreimal wiederholten:

„Heiliger

Gott,

Heiliger

Allmächtiger,

Heiliger

Unsterb-

licher", das sidi zunächst an G o t t richtet, der von der Jungfrau geboren ward, zweitens an Gott, der getauft und gekreuzigt ward und drittens an Gott, der wieder auferstanden ist. A u f diese Lobpreisung der Heiligen Dreieinigkeit und der Inkarnation folgt das Gebet des Evangeliums und danach singen die Diakone ein Antiphon aus den Psalmen. Dann segnet der Priester die vier Enden der Welt, auf daß die Menschen auch dort das Evangelium hören mögen.

Die äthiopische liturgische

Tradition

193

D a r a u f f o l g t ein weiteres G e b e t z u r V o r b e r e i t u n g auf das E v a n g e lium: „ H e r r , u n s e r G o t t u n d E r l ö s e r u n d W o h l t ä t e r der Menschen, D u hast D e i n e H e i l i g e n J ü n g e r u n d D i e n e r u n d D e i n e reinen A p o s t e l a n alle W e i t e n d e n g e s a n d t , u m d a s E v a n g e l i u m D e i n e s Reiches z u p r e d i gen u n d z u lehren u n d alle S ü n d e n u n d alle K r a n k h e i t e n d e r M e n schen z u heilen u n d d a s M y s t e r i u m zu v e r k ü n d e n , das bereits v o r A n f a n g der W e l t v e r b o r g e n w a r . N u n , unser H e r r u n d unser G o t t , l a ß D e i n Licht u n d D e i n e G e r e c h t i g keit auf u n s h e r n i e d e r k o m m e n u n d erleuchte die A u g e n unserer H e r zen u n d u n s e r V e r s t e h e n ; mach uns bereit d a s W o r t Deines heiligen E v a n g e l i u m s z u h ö r e n u n d l a ß es uns nicht n u r h ö r e n , s o n d e r n auch t u n , was w i r h ö r e n , auf d a ß es gute F r ü d i t e in u n s t r a g e n möge, auf d a ß es nicht n u r eines bleibe, s o n d e r n sich d r e i ß i g - , sechzig- u n d h u n d e r t f a c h v e r s t ä r k e n m ö g e ; u n d vergib uns u n s e r e Schuld, als D e i n V o l k , auf d a ß w i r des H i m m e l r e i c h e s w e r t seien." D a n a c h b e g i n n t d i e Prozession m i t d e m E v a n g e l i u m . D e r P r i e s t e r , dem der l i c h t t r a g e n d e V o r l ä u f e r v o r a n s c h r e i t e t , g e h t v o r d e m assistier e n d e n Priester, d e r das E v a n g e l i u m t r ä g t , u m d e n A l t a r h e r u m u n d dabei findet ein D i a l o g zwischen den beiden P r i e s t e r n s t a t t , in d e m sie d e r H e i l i g e n D r e i e i n i g k e i t f ü r das E v a n g e l i u m d a n k e n . D a r a u f f o l g t ein neuer f r e u d i g e r Dialog, a n d e m d e r Priester, d e r D i a k o n u n d das K i r c h e n v o l k t e i l n e h m e n , die sich dabei noch i m m e r auf die L e s u n g des E v a n g e l i u m s v o r b e r e i t e n . Erst d a n a c h w i r d d a s E v a n g e l i u m verlesen. K ö n n t e n n u r Priester u n d K i r c h e n v o l k wirklich die herrliche V o r f r e u d e auf das E v a n g e l i u m erf a h r e n u n d d e r Lesung m i t G l a u b e n u n d V e r s t ä n d n i s f o l g e n , w i e es in der R u b r i k g e f o r d e r t w i r d , welchen U n t e r s c h i e d w ü r d e es im L e b e n der Menschen m a c h e n ! N a c h der Lesung k ü ß t jeder d a s E v a n g e l i u m . Fürbitten N a c h d e m E v a n g e l i u m f o l g t eine lange R e i h e v o n F ü r b i t t e n f ü r alle Menschen, f ü r Vieh u n d Vögel, f ü r den T a u u n d d i e F r ü c h t e d e r E r d e , die P f l a n z e n u n d S a a t e n sowie f ü r alle E n t s c h l a f e n e n . 5,

Sakramentsgottesdienst

N a c h Lesung des E v a n g e l i u m s w e r d e n die K a t e c h u m e n e n entlassen. In der R u b r i k h e i ß t es a u s d r ü c k l i d i , d a ß k e i n e r der G e t a u f t e n v o r

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Die Orthodoxe Kirche Äthiopiens

dem E n d e der Eucharistie fortgehen soll. Dies ist der Augenblick f ü r neue Fürbitten f ü r den Frieden der Heiligen Apostolischen Kirche, f ü r das Wohlergehen des ganzen Volkes Gottes, f ü r die Patriarchen, Bischöfe u n d Kleriker u n d „die ganze Gemeinde der einen Heiligen Universellen Kirche". Rezitation

des apostolischen

Credos

Die Version des apostolischen Credos lautet folgendermaßen : „Wir glauben an einen Gott, Schöpfer aller Dinge, den V a t e r unseres H e r r n u n d unseres Gottes Jesus Christus, unseren H e i l a n d ; dessen N a t u r unergründlich ist. Wie schon v e r k ü n d e t , lebt er v o n Ewigkeit zu Ewigkeit; er ist ohne A n f a n g und Ende. E r ist das unauslöschliche Licht u n d niemand kann sidi seiner Gegenwart nähern 2 . Es gibt weder Zweiten noch Dritten und er kann nicht hinzugefügt werden. Er allein ist einig, ewig, denn er ist nicht verborgen, so d a ß er nicht erk a n n t werde, wir wissen gewiß durch das Gesetz u n d die Propheten, d a ß er der Herrscher aller ist und die Macht über die ganze Schöpfung hat. Einig ist G o t t , der Vater unseres H e r r n u n d Heilandes Jesus Christus, der vor Schöpfung der Welt eingeboren w a r d , gleich mit dem Vater, einziger Sohn, Schöpfer aller himmlischen Heerscharen, Fürstentümer u n d Mächte. D e m es in diesen letzten Tagen wohlgefällig w a r , Mensch zu werden u n d ohne Z u t u n des Mannes leibhaftig w u r d e von unserer Lieben Frau Maria, der Heiligen J u n g f r a u ; er wuchs auf als Mensdi ohne Sünde u n d ohne Vergehen, ohne verräterische Rede aus seinem Munde. Danach litt er im Fleisch und starb und ist a m dritten Tage auferstanden von den Toten und aufgefahren gen H i m m e l zum Vater, der ihn sandte; er sitzet zur Rechten des Allmächtigen, er sandte uns den Parakleten, den Heiligen Geist, der vom Vater ausgeht u n d die ganze E r d e erlöste und der gleich mit dem Vater und dem Sohne ist." 3 Dieser interessanten Version werden noch die folgenden Klauseln hinzugefügt: „Weiter sagen wir, daß alle Geschöpfe Gottes gut sind u n d nichts in ihnen ist, das verwerflich ist und daß Geist, Leben und Leib rein und heilig sind. U n d wir sagen, daß die Ehe rein ist u n d Kindergeburt unbefleckt, denn G o t t schuf Adam und Eva, um K i n d e r zu gebären. Wir wissen

Die äthiopische liturgische

Tradition

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weiter, daß unserem Leib eine unsterbliche Seele innewohnt, die nicht mit unserem Leib vergeht. Wir verwerfen alle Werke der Häretiker und alle Schismen und Gesetzesübertretungen, denn sie sind für uns unrein. Wir glauben ebenfalls an die Auferstehung der Toten, der Gerechten und der Sünder; und an das jüngste Gericht, wenn jeder Rechtfertigung seiner Werke erlangen wird. Wir glauben auch, daß Christus wegen seiner Inkarnation keineswegs untergeordnet ist, sondern, daß er Gott, das Wort, ist, der wahrlich Mensch wurde und die Menschheit mit Gott versöhnt hat, da er Hoherpriester des Vaters ist. Laßt uns von nun an nicht beschnitten werden wie die Juden. Wir wissen, daß er in Erfüllung des Gesetzes und der Weissagungen der Propheten bereits gekommen ist. Ihm, auf dessen Kommen alles Volk sich freute, ihm, Jesus Christus, der aus dem Geschlechte Juda, aus der Wurzel Jesse stammte, und dessen Herrschaft auf seiner Schulter 4 ist; Ihm sei Ehre, Dank, Größe, Segen, Lob, Gesang jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen." Lavabo Darauf wäscht sich der Priester die Hände, wie Pilatus es tat — steht gegen die Gemeinde gerichtet und sagt zu ihr, daß er nicht verantwortlich sei, wenn sie sich dem Altar Gottes als Unwerte nähert. Friedenskuß Darauf folgt der Friedenskuß, wo die Priester einander umarmen und die Diakone ebenfalls; wo die Männer die Männer und die Frauen die Frauen grüßen, indem sie sich auf beide Wangen oder auf die Schultern küssen. Die Anaphora

oder Liturgie der

Eucharistie

Jetzt beginnt die eigentliche Eucharistie. Nach dem Sursum Corda, der Segnung des Kirchenvolkes und dem Gedenken an die ganze Kirche, mahnt der Diakon das Kirchenvolk, ordentlich zu stehen. Die Einsetzungsworte sind in jeder Anaphora unterschiedlich. So verhält es sich auch mit der Form der Epiklese. In der Liturgie der Apostel lautet die Epiklese — nach den Einsetzungsworten — folgendermaßen:

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Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

„Wir bitten Dich, o Herr, und flehen Dich an, D u mögest Deinen Heiligen Geist und die K r a f t herabsenden auf dieses B r o t und diesen Kelch, damit er sie verwandle in den Leib und in das Blut unseres Herrn und unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus in alle Ewigkeit." In der Anaphora folgt:

des Johannes Boanerges lautet die Epiklese

wie

„Mach hoch die Tore des Lichtes und die Türen der Herrlichkeit und l a ß Deinen Heiligen Geist kommen, herabsteigen, scheinen, verharren und bleiben und die Gabe dieses Brotes segnen und diesen Kelch heiligen und madie dieses Brot zur Kommunion mit Deinem Leib, Geber des Lebens, und madie diesen Kelch ebenso zur Kommunion mit Deinem Blute, Spender des Erbarmens." In der Anaphora der Heiligen Maria und in der des Heiligen Athanasius gibt es keine voll ausgeführte Epiklese. In diesen beiden sowie in der des Heiligen Basilius, des Heiligen Gregorius, des Heiligen J a kobus von Sarug betet der Priester nach der Anamnese zum Herrn, auf daß er ihn, den Diakon und das Kirchenvolk segnen und heiligen möge und sdiließt darauf mit den W o r t e n : „Gib uns durch den Heiligen Geist vereinigt zu sein und heile uns durch dieses Opfer, auf daß wir ewig in D i r leben mögen." D i e Gemeinde wiederholt die vom Priester gesprochenen Worte. In der Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomus ist die Epiklese am ausführlichsten: „Wir beten zu Dir und flehen Dich an, auf daß Du, wie Du Deinen Heiligen Geist auf Deine heiligen Jünger und Apostel gesandt hast, uns ebenfalls Deinen Heiligen Geist senden mögest, auf daß er unsere Seelen, unsere Leiber und unseren Geist heilige, auf daß wir durch ihn all unserer Sünde rein werden und nahe sein werden, um Dein göttliches Mysterium zu empfangen, denn Dein ist das Reich und die K r a f t und die Herrlichkeit in Ewigkeit. H e r r , erinnere Dich des Bundes Deines Wortes, den Du mit unseren Vätern und Deinen Heiligen Aposteln schlössest, um uns Deinen Heiligen Geist zu senden, den die Welt nicht empfangen kann. D u hast uns gelehrt, damit wir Dich anrufen können, indem wir sagen: ,Vater unser, der D u bist im Himmel, geheiligt werde Dein Name, Dein Reich komme'. Möge dieser Heilige Geist, der weder ergründbar nodi untergeordnet ist, vom hohen Himmel kommen, um dieses (auf das B r o t weisend) B r o t zu segnen und diesen (auf den Kelch weisend) Kelch zu heiligen, um dieses Brot zur Kommunion mit Deinem lebenspendenden Leib

Die äthiopische

liturgische

Tradition

197

(einmalige Segnung des Brotes) und um diesen Kelch ebenfalls zur Kommunion mit Deinem erbarmungsvollen Blut (Segnung des Kelches und nochmalige Segnung des Brotes und des Kelches) werden zu lassen." Darauf folgt dieselbe Anrufung wie in der Anaphora der Heiligen Maria, der des Heiligen Athanasius, der des Heiligen Basilius und der des Heiligen Gregorius. Die Einsetzungworte sind ebenfalls in den verschiedenen Liturgien unterschiedlich. Die seltsamste der Anaphoren ist wahrscheinlich die der Heiligen M a ria. Diese Anaphora ist zweifellos die Frucht der mariologischen Überspitzungen, die ihren gemeinsamen Ursprung in allen alten K i r chen haben, d. h. in der Zölibaten Frömmigkeit der Klöster. Für einen orthodoxen Theologen ist diese Liturgie geschmacklos, trotz seines großen Respektes vor der Gesegneten Jungfrau Maria, denn sie muß in einer Zeit geschrieben worden sein, zu der das Verständnis der Eucharistie als Teilhabe an dem einzigartigen Opfer Christi bereits verwischt worden war. Der Text dieser Liturgie wird im Anhang wiedergegeben, damit der Leser sich ein eigenes Urteil bilden kann. Hier sollen lediglich die Worte wiedergegeben werden, die an die Jungfrau — vor den eigentlichen Einsetzungsworten — gerichtet sind: „O Jungfrau, die Du die Frucht gabst, die gegessen werden kann und den Quell, aus dem getrunken werden kann; O Brot, von Dir empfangen, das Leben spendet und Heil denen, die davon im Glauben essen. O Brot, von Dir empfangen, das so hart wie der Stein Admas ist, der von denen nicht gekaut werden kann, die nicht davon im Glauben essen. O Kelch, von Dir empfangen, der denen hilft, die davon im Glauben trinken, die Weisheit zu erhalten und der ihnen Leben spendet. O Kelch, von Dir empfangen, der die, die nicht im Glauben davon trinken, vergiftet, sie zum Stolpern und zu Fall bringt und ihnen die Sünde aufhäuft, anstatt ihnen die Sünde zu vergeben!"

6. Hymnodie

und

Musik

Syrio-byzantinische und koptische Musikinstrumente müssen bereits im 5. Jahrhundert nach Äthiopien gekommen sein. Ein Jünger der „Neun Syrischen Heiligen", die im 6. Jahrhundert einwanderten,

198

Die orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

namens Yared, ist jedoch der Urheber der echt äthiopischen H y m nodie und Musiklehre. In der äthiopischen Uberlieferung wird er als A u t o r aller göttlichen Offizien und des äthiopischen Gesangsystems, der Zema, mit den drei verschiedenen Typen der Melodik unter den N a m e n : Ge'ez, Ezle und Ararat beschrieben. Yared wird ebenfalls die Urheberschaft des äthiopischen Musiknotationssystems zugeschrieben, in dem Buchstaben des Alphabetes über jeder Silbe angeführt werden, um die Note anzugeben.

7. Das liturgische

Jahr

D i e äthiopische Kirche folgt dem Julianischen Kalender. Das J a h r wird in 13 Monate aufgeteilt, 12 mit je 30 Tagen und einer mit 5 oder 6. Das J a h r beginnt am 1. Maskaram, der auf den 11. oder 12. September im Gregorianischen Kalender fällt. Mit der Jahresrechnung ist man 7 oder 8 J a h r e hinter der westlichen Jahresrechnung zurück (1970 n. Chr. wäre 1962 oder 1963 im äthiopischen Kalender). D i e Hauptkirchenfeste sind: a) Neun Feste unseres H e r r n : Inkarnation, Passion, Auferstehung, Erscheinung vor Thomas, Himmelfahrt, Pfingsten, Verklärung, Ge burtsfest Epiphanias, Taufe und das Wunder zu K a n a n . b) Sechs zweitrangige Feste: Kreuzerhöhung, Beschneidung des Herrn, Speisung der 5000, Darstellung im Tempel, Kreuzauffindung, Aufenthalt Jesu in Ägypten, c) 32 Marienfeste, die vom König Zar'a Ya'iqob im 15. Jahrhundert eingeführt wurden, d) 50 Hauptfeste der Heiligen des Alten und Neuen Testamentes, der universellen und nationalen, einschließlich der Erzengel Michael, Gabriel und Raphael. Eine Besonderheit der äthiopischen Kirche ist der liturgische Monat, mit den 18 Gedenkfeiern im M o n a t : vier für unseren Herrn, sechs für M a r i a und acht für andere Heilige. Fasten: Die folgenden Fastenzeiten werden in Äthiopien sehr streng eingehalten. Die große Passionszeit ( 5 5 Tage vor Ostern), Adventsfastenzeit (40 Tage), Fastenzeit der Apostel (einen Tag nach Pfingsten bis zum Fest der Apostel,) Fastenzeit Marias, Fastenzeit von Ninive und jeden Mittwoch und Freitag. Tagesoffizien5: Die Formen der Tagesoffizien sind äthiopischen U r sprungs. Sie lehnen sich an die traditionellen Strukturformen aller alten Kirchen an. Es gibt Formen für Vigilien (Wazema), für Sonntagsoffizien (Mawaddes), für Offizien besonderer Heiligenfeste (Ke-

Die äthiopische liturgische

Tradition

199

stat-'aryam), f ü r Offizien der Passionszeit (Za-atswam), f ü r tägliche Morgenandachten (Sebhate-nage zazawoter), Morgenandachten f ü r Hauptfeste (Sebhate-nage zaba'alat 'abiyan). Jedes Offizium besteht aus: a) Lobpreisungen aus der Heiligen Schrift — den 150 Psalmen und 15 biblisdien Hymnen des Alten und Neuen Testamentes b) Sondergebeten f ü r Feste und Jahreszeiten c) Dichterischen und hymnodisdien Elementen (Qene) d) Lesungen aus der Heiligen Sdirift e) Gebeten und Anrufungen.

Kapitel V I B E Z I E H U N G E N ZU A N D E R E N K I R C H E N UND A U S L Ä N D I S C H E N M I S S I O N E N IN Ä T H I O P I E N P r i n c i p a l PAUL

VERGHESE

Beziehungen zu anderen Kirchen w a r niemals eine besondere S t ä r k e der äthiopisch-orthodoxen Kirche. Die Gründe hierfür sind verständlich. Mißtrauen gegenüber anderen Kirchen und Völkern ist zu einer C h a rakteristik des äthiopischen Volkes geworden. Aus guten

Gründen

schrieb auch der Kaiser H a i l e Selassie I. bereits im J a h r e 1 9 2 6 an den V ö l k e r b u n d in G e n f : „ I m L a u f e seiner Geschichte hat das äthiopische V o l k selten Ausländer getroffen, die nicht von dem Wunsch beseelt waren, von dem äthiopischen Territorium Besitz zu ergreifen und seine Unabhängigkeit zu beenden . . . Aus diesem Grunde ist Vorsicht geboten, wenn wir unser V o l k überzeugen wollen, daß Ausländer . . . wahrhaftig frei von jeglichen versteckten politischen Absichten seien". 1 Einer der Vorgänger H a i l e Selassies, der Kaiser Theodoras ( 1 8 5 5 bis 1 8 6 8 ) , hatte es noch offener ausgesprochen — „Zuerst der Missionar, dann der Konsul und dann der S o l d a t " . 2 Natürlich gibt es einige geltende historische Gründe für diese H a l tung; denn diese Geschichte hat bereits mit den Anfängen des Christentums in Äthiopien begonnen. Athanasius von Alexandrien weihte im 4. J a h r h u n d e r t den ersten äthiopischen Bischof Frumentius oder A b b a Salama. K a u m war er geweiht, als audi schon der byzantinische Kaiser, der zu diesem Zeitp u n k t Athanasius bereits des Amtes enthoben und durch Georg den K a p p a d o k i e r ersetzt hatte, von dem äthiopischen

Kaiser

forderte,

daß Frumentius nach Alexandrien zurückkehren sollte, um sich erneut von

dem

arianischen

Häretiker

und

unrechtmäßigen

Machthaber

Georg, weihen z u lassen. Natürlich w a r den Äthiopiern von A n f a n g an klar, daß die Annahme einer universellen Religion, besonders wenn es sich dabei auch noch um die einiger mächtiger N a t i o n e n handelt, unweigerlich politische Konsequenzen hat. Ein anti-griechischer Geist

Beziehungen

zu anderen Kirchen in

Äthiopien

201

machte sich bald unter den christlichen Äthiopiern bemerkbar, der durch die nach-chalcedonischen Kontroversen noch verschärft wurde.

1. Beziehungen

zur griechisch-orthodoxen

Kirche

Sogar nodi heute hegen die Äthiopier der griechischen Kirche gegenüber ein starkes Mißtrauen, das nur noch verstärkt wird durch die Gegenwart und Tätigkeiten eines griechisch-orthodoxen Prälaten, der sich als Erzbischof von Aksum ausgibt, als sei er das wahre H a u p t der äthiopisch-orthodoxen Kirche. Der jetzige Amtsträger, ein verbindlicher, auffällig vielsprachiger Erzbischof, Dr. Methodios Fouyas, der seinen Sitz in einem Palast direkt neben der Residenz des Kronprinzen hat, gründete einen Verband f ü r äthiopisch-hellenistische Studien unter der Schutzherrschaft des Kronprinzen und dem Vorsitz des amtierenden Patriarchen, Abuna Theophilos. Der Verband veröffentlicht eine akademische Revue unter dem Namen Abba Salama (dem ekklesiastischen Namen des Begründers der äthiopischen Kirche). Zahlreiche griechische Gelehrte bilden den Herausgeberausschuß. Es werden Artikel veröffentlicht, die zu zeigen versuchen, daß die Äthiopier von den Griechen stark beeinflußt wurden und daß sie tief in ihrer Schuld stehen. Die äthiopische Kirche vermutet natürlich, daß alles dies etwas nach byzantinischem Imperialismus aussieht, der diesmal von dem absterbenden griechisch-orthodoxen Patriarchat von Alexandrien kommt, das heute praktisch keine Anhänger in Ägypten mehr hat. Audi sind die Äthiopier nicht in der Lage, den Ägyptern volles Vertrauen zu schenken. Denn sie waren diejenigen, die in alter Zeit den Kanon erdichteten, der in die Sammlung von Nicäa eingefügt wurde u n d durch den den Äthiopiern verboten wurde, Bischof in ihrem eigenen Lande zu sein. Wie viel Wohlwollen und Achtung die gegenwärtige koptische Kirche auch den Wünschen des Kaisers gegenüber zeigen mag, der alte Eindruck bleibt bestehen und zwar, daß ein Begehren nach Beherrschung und manchmal auch ein Herabschauen von Seiten der Mutterkirche bestehe.

2. Beziehungen

zur römisch-katholischen

Kirche

Die äthiopische H a l t u n g gegenüber der römisch-katholischen Kirche ist wahrscheinlich die am stärksten politisch bedingte. Eine Erfahrung, die f ü r die äthiopische Nation und das Volk ausschlaggebend war,

202

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

w a r der K o n t a k t mit den portugiesischen und spanischen Jesuiten im 15. und 16. J a h r h u n d e r t . A u f europäischer S e i t e bestand ein echter Wunsch, K o n t a k t e mit dem b e r ü h m t e n christlichen K ö n i g , dem P r i e ster J o h a n n e s , aus A f r i k a a u f z u n e h m e n , der in der Legende als K a i s e r v o n Ä t h i o p i e n beschrieben u n d im V o l k s g l a u b e n als dieser identifiz i e r t wurde. A u f äthiopischer Seite wurden diese Ausländer mit ihren überlegenen

Kriegswaffen

als

willkommene

Verbündete

aufgenom-

m e n , da das L a n d den steten A n g r i f f e n der islamischen H e e r e aus dem O s t e n ausgesetzt w a r . A u f lange Sicht erwies sich diese Begegnung jedoch als nicht so beglückend wie erwartet. D i e J e s u i t e n w a r e n eher d a r a n

interessiert,

päpstliche Vorherrschaft in Ä t h i o p i e n einzuführen, als das L a n d gegen moslemische E r o b e r e r zu verteidigen. A m 9. J u l i 1 5 4 1 schickten die Portugiesen ein K o n t i n g e n t b e w a f f n e t e r S o l d a t e n sowie

Rüstungen,

um den Ä t h i o p i e r n in ihrem K a m p f gegen den islamischen E i n d r i n g ling Achmed G r a n zu helfen. I n der entscheidenden Schlacht zu A m b a A l a g i (April 1 5 4 2 ) gelang es d e m äthiopischen K a i s e r Claudius a u f g r u n d der überlegenen Geschicklichkeit und T e c h n i k der Portugiesen (8 K a n o n e n , 1 0 0 Flinten und S o d a t e n ) , die Moslems in die Flucht zu schlagen und Achmed zu v e r w u n d e n und einige J a h r e später k o n n t e er den Sieg davontragen und A c h m e d erschießen. 6 0 J a h r e später, im J a h r e 1 6 1 3 , gelang es den Jesuiten, den K a i s e r Susenyus dazu zu bringen, sich dem P a p s t zu beugen und den römischkatholischen G l a u b e n a n z u n e h m e n . Aus Furcht v o r öffentlichen V e r g e l t u n g s m a ß n a h m e n wurde die B e k e h r u n g sieben oder acht J a h r e geheimgehalten.

A l s die B e k e h r u n g

dem äthiopischen

Volke

bekannt

wurde, rebellierte es überall i m L a n d gegen den K a i s e r u n d die J e suiten. Diese U n r u h e n wurden noch durch die U n e m p f i n d s a m k e i t des lateinischen

Patriarchen

Mendez

verstärkt,

der

Gewalt

anwenden

wollte, um ganz Äthiopien z u m römisch-katholischen G l a u b e n zu bekehren, alle äthiopischen Christen erneut taufen lassen und die ä t h i o pische L i t u r g i e durch die römische Messe ersetzen w o l l t e . S o k a m es z u m B ü r g e r k r i e g , in dem T a u s e n d e ihr L e b e n lassen m u ß t e n . Schließlich d a n k t e der K a i s e r ab. Es w a r eine heroische T a t ,

zum

römisch-katholischen Glauben zu stehen und gleichzeitig dem V o l k die F r e i h e i t zu geben, seinen eigenen traditionellen G l a u b e n zu w ä h l e n . S e i n e A b d a n k u n g s e r k l ä r u n g w a r äußerst b e w e g e n d : „ H ö r t , hört, W i r haben euch diesen G l a u b e n gegeben, weil W i r dachten er sei gut. U n z ä h l i g e Menschen sind jedoch erschlagen w o r d e n



J u l i u s , G a b r i e l , T e k l e Giorgis, S a r s a K r i s t o s u n d j e t z t diese B a u e r n . Aus diesem G r u n d e geben W i r euch den G l a u b e n eurer V o r v ä t e r z u -

Beziehungen

zu anderen Kirchen m

Äthiopien

203

rück. Laßt die ehemaligen Geistlichen in die Kirchen zurückkommen, laßt sie die Altäre wieder aufrichten, laßt sie ihre eigene Liturgie feiern. Und freuet euch." 3 Die Ereignisse hinterließen einen unauslöschlichen Eindruck im äthiopischen Nationalgedächtnis; daher haben audi katholische und protestantische Missionen — trotz des armseligen Zustandes der orthodoxen Kirche — ziemlich wenig Erfolg in Äthiopien gehabt. Der Missionar wird im allgemeinen als im Dienst imperialistischer Absichten seines Landes stehend betrachtet und sich ihm anzuschließen wird noch von vielen f ü r Verrat am eigenen Land gehalten. U n d doch haben westliche Missionen in Äthiopien Fuß fassen können und zwar weil der Bahar Negash, der Vizekönig der Seegebiete von Eritrea, dem Kaiser von Äthiopien häufig widersprach und die Eritreer ihre eigenen Handelsinteressen vertraten, die manchmal die Oberhand über das nationale Anliegen f ü r die Integrität Äthiopiens bekamen. Die römisch-katholischen Patres de Jacobes und Stella kamen Mitte des 19. Jahrhunderts nach Eritrea und richteten hier langsam eine katholische Kirche ein.

3. Beziehungen

zu anderen Kirchen und

Missionen

Gegen 1870 begannen lutherische Missionare aus Schweden ihre Arbeit unter den Heiden von Eritrea. Im Jahre 1904 erhielten die Schweden Erlaubnis, nach Addis Abeba zu ziehen und dort begannen sie, die heutige Mekane Yesus Kirche evangelisch-lutherischen Bekenntnisses zu gründen. Da die Schweden weder kulturelle Arroganz, nodi politische Motivation zeigten, waren sie der äthiopischen Regierung und dem Volk eher annehmbar. Im Jahre 1914 begann die Bibelgesellschaft (die britische und die ausländische) mit ihrer Arbeit. Der jetzige Kaiser ermutigte die Missionare bereits, als er noch Regent war. Er zeigt besonderes Interesse an der Arbeit der Bibelgesellschaft. Die presbyterianische Kirche der Südstaaten von Amerika hatte bereits im Jahre 1923 drei Missionsstationen, einschließlich eines Spitals in Addis Abeba. Der amerikanische Arzt Lambie war nodi während der ersten H ä l f t e der italienischen Besetzungszeit ein beliebter Missionsarzt. Eine Mission der finnischen Pfingstbewegung entstand im Jahre 1914 in Gafersa. Eine andere skandinavische Mission — eine schwedische — (Missionssällskapet Bibel - trögner Vaenner), die ihre Arbeit im Jahre

204

Die orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

1914 in Eritrea begonnen hatte, kam 1921 nach Äthiopien. Im Jahre 1922 begannen die Adventisten des Siebenten Tages ihre Arbeit in Akaki bei Addis Abeba, sowie in Dessie und Wollega. Die Sudan Interior Mission, eine „Glaubensmission", die von freiberuflichen Fundamentalisten aus Amerika und Kanada gegründet worden war, kam im Jahre 1927 und hatte rund 15 Stationen eingerichtet, als sie zur Zeit der italienischen Besatzung das Land verlassen mußte. Sie hinterließ ungefähr 50 evangelische Christen — meist bekehrte Heiden — als sie Äthiopien verließ. Bei ihrer Rückkehr im Jahre 1942 mußte sie feststellen, daß ihre kleine Schar während ihrer Abwesenheit und ohne Hilfe von außen ungeheuer gewachsen war. Allein die evangelische Kirche in der Wallamo Region hatte bereits einige Tausend Mitglieder. Im Jahre 1934 kam die „Bible-Churchman" - Missionsgesellschaft mit Alfred Buxton und einer Gruppe junger Missionare. Ihre Strategie sah zunächst eine Infiltration der äthiopisch-orthodoxen Kirche vor, um sie von Innen her zu ändern. Durch ihr beinahe völliges Unverständnis der orthodoxen Tradition und ihre Unempfindsamkeit gegenüber den äthiopischen Gefühlen, kam es zu verschiedenen Zusammenstößen mit den ekklesiastischen Stellen. Es war nicht ohne Interesse für die Äthiopier, daß die Italiener die meisten skandinavischen Missionen auflösten, während der Amerikaner, Dr. Lambie, und der Brite, Buxton, bleiben durften, jedenfalls doch zu Anfang. Gegen 1937 waren beinahe alle nicht italienischen Missionen ausgewiesen worden. Sogar die französischen Katholiken mußten das Land verlassen und wurden durch Italiener ersetzt. Die Deutschen der „Hermannsburger Mission" durften bleiben, wurden aber im Jahre 1941 heimgeschickt. Ihre Arbeit unter den Gallas hatte ebenfalls Wurzel gefaßt. Nach der italienischen Besetzungszeit kam eine große Anzahl evangelischer Missionen ins Land. Hier brauchen nur einige Namen erwähnt zu werden: American Baptist Generalconference Mission (1942), Norwegian Lutherian Mission (1948, meist ehemalige Missionare aus China), Danish Ethiopian Mission (1949), American Lutheran Mission (1951), Church Mission to Jews (1948), Middle East Mission, Philadelphia Church Mission, Swedish Industrial Mission, Read Sea Mission, Baptist Felloship Mission, American Faith Mission, Church of Christ Mission, Scripture Publishers to Every Nation, Eastern Mennonite Mission, Christian Mission in many lands, „Victory" Baptist Mission, The Society for the Propagation of the Gospel usw.

Die Orthodoxe Kirche

205

Äthiopiens

I m J a h r e 1962 unterhielten die evangelischen Missionen 138 Schulen u n d die katholischen 33. Die evangelischen Kirchen beschäftigten 705 A u s l ä n d e r u n d die katholische 130. D i e L u t h e r a n e r organisierten eine eigene unabhängige äthiopische Kirche u n t e r dem N a m e n M e k a n e Yesus Kirche; die V i t a l i t ä t dieser Kirche o d e r auch der anderen evangelischen (die amerikanische presbyterianische Kirche organisierte die evangelische Bethel-Kirche und die Sudan Innere Mission hat ebenfalls ihre eigene evangelisdie Kirche) ist nicht viel stärker als die der äthiopisch-orthodoxen Kirche. Auch zeigen diese evangelischen Kirchen nicht viel Interesse f ü r einander. I h r e T e i l n a h m e an der ökumenischen Bewegung ist alles andere als begeistert zu nennen. Die „Siebenten T a g e s - A d v e n t i s t e n " haben u n g e f ä h r zehn Stationen und k o n z e n t r i e r e n sich auf medizinische u n d erzieherische Arbeit. Sie haben ebenfalls eine kleine äthiopische Kirche. D i e jüngste Initiative der evangelischen Kirchen f ü h r t e zur E r ö f f n u n g einer R u n d f u n k s t a t i o n u n t e r dem N a m e n „Radio Voice of the Gospel („Stimme des E v a n g e l i u m s " ) . Diese Station, die seit 1960 in Betrieb ist, sendet religiöse P r o g r a m m e und Nachrichtenberichte nicht n u r f ü r Äthiopien u n d viele Teile O s t a f r i k a s , sondern auch f ü r Indien u n d andere ostasiatische L ä n d e r . D e r technische Stab besteht h a u p t sächlich aus deutschen u n d skandinavischen L u t h e r a n e r n , o b w o h l der Leiter Atl E m m a n u a l Gabresellassie, ein p r o m i n e n t e r evangelischer Ä t h i o p i e r , ist. D i e römisch-katholische Kirche hat sich ziemlich langsam ausgebreitet, a u ß e r in Eritrea, w o sie mehrere T a u s e n d e von Mitgliedern zählt. Sie h a t auch in W a l l a m o u n d K a f f a einigen Fortschritt zu verbuchen, aber weniger in Tigre u n d H a r r a r . Die meisten der K a t h o l i k e n in Addis A b e b a sind Eritreer. Die Zahl der Mitglieder der römisch-katholischen Kirche in Äthiopien m a g u n g e f ä h r bei 50 000 liegen, w ä h r e n d es rund 200 000 evangelisdie Kirchenmitglieder gibt. Die beiden G r u p p e n zusammen stellen also 1 P r o z e n t der G e s a m t b e v ö l k e r u n g dar.

4. Beziehungen

zu anderen

orientalischen

orthodoxen

Kirchen

D i e äthiopisch-orthodoxe Kirche gehört z u r Familie der orientalischen o r t h o d o x e n Kirchen, die das Konzil v o n Chalcedon nicht a n e r k e n n t u n d die eine Christologie vertritt, nach d e r es eine vereinte göttlichmenschliche N a t u r Christi gibt, die o f t fälschlich Monophysitismus gen a n n t w i r d . Sie ist d a h e r in Gemeinschaft mit vier a n d e r e n Kirchen: d e r koptisch-orthodoxen Kirche Ägyptens, der syrisch-orthodoxen Kir-

206

Die Orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

che, der a r m e n i s c h e n Kirche u n d d e r s y r i s c h - o r t h o d o x e n Kirche v o n I n d i e n . I h r e K o n t a k t e m i t allen diesen Kirchen, a u ß e r mit der k o p t i schen, w a r e n ziemlich spärlich u n d unsicher. A r m e n i e r lebten u n d a r b e i t e t e n bereits j a h r h u n d e r t e l a n g in Ä t h i o p i e n u n d verschiedene armenische F a m i l i e n w a n d e r t e n w ä h r e n d d e r z w e i t e n H ä l f t e des 19. J a h r h u n d e r t s — nach d e n armenischen M a s s a k e r n in d e r T ü r k e i — nach Ä t h i o p i e n aus. Verschiedene ägyptische F a m i l i e n f a n d e n auch A s y l im L a n d . M i t Syrien h a t es in letzter Zeit ziemlich w e n i g K o n t a k t e gegeben. Seit 1947 h a b e n I n d e r in d e r äthiopischen R e g i e r u n g gedient u n d seit 1954 w a r e n d i e R e k t o r e n des Theologischen S e m i n a r s stets i n d i s c h - o r t h o d o x e P r i e s t e r ( H o c h w ü r d e n D r . Κ . M . Simon, H o c h w ü r d e n D r . K . C . Joseph u n d H o c h w ü r d e n D r . V. C . Samuel), w ä h r e n d der erste R e k t o r ein äthiopischer K o p t e ( P a t e r M a r c o s D a o u d ) war. D i e B e z i e h u n g e n zwischen den f ü n f orientalischen o r t h o d o x e n K i r c h e n erreichten m i t d e r K o n f e r e n z d e r O b e r h ä u p t e r d e r orientalischen o r t h o d o x e n K i r c h e n , die v o m K a i s e r im J a n u a r 1965 in A d d i s A b e b a e i n b e r u f e n w u r d e , einen n e u e n H ö h e p u n k t . A u f dieser K o n f e r e n z w a r e n alle f ü n f P a t r i a r c h e n a n w e s e n d u n d t r a f e n ä u ß e r s t eindrucksv o l l e E n t s c h e i d u n g e n , d i e zeigten, d a ß sie sich d e r P r o b l e m e der K i r che in d e r zeitgenössischen W e l t durchaus b e w u ß t sind. Leider e n t s p r a chen auf d e r T a g u n g gezeigte Begeisterung u n d Weisheit jedoch nicht d e r F ä h i g k e i t , die beschlossenen M a ß n a h m e n in die P r a x i s u m z u setzen. Ein s t ä n d i g e r Ausschuß d e r orientalischen o r t h o d o x e n Kirchen w u r d e v o n den P a t r i a r c h e n eingerichtet, f ü r den jede K i r c h e zwei M i t g l i e d e r e r n a n n t e . E i n i g e r Fortschritt w u r d e bei d e r g e m e i n s a m e n A u s a r b e i t u n g eines L e h r p l a n g e r i p p e s f ü r den U n t e r r i c h t v o n K i n d e r n u n d Jugendlichen in allen f ü n f Kirchen erzielt. E n g e B e z i e h u n g e n w u r d e n e b e n f a l l s zwischen d e r ä t h i o p i s c h - o r t h o d o x e n Kirche u n d den chalcedonischen o r t h o d o x e n Kirchen g e k n ü p f t , die in G e m e i n s c h a f t mit dem P a t r i a r c h a t v o n K o n s t a n t i n o p e l stehen. D e r Kaiser ergriff die I n i t i a t i v e u n d s a n d t e viele äthiopische S t u d e n t e n z u r theologischen A u s b i l d u n g auf Schulen nach K o n s t a n t i n o p e l (Halki) und Griechenland (Athen und Salonikki). Später w u r d e n Stud e n t e n e b e n f a l l s auf russische u n d rumänische A k a d e m i e n sowie auf theologische F a k u l t ä t e n in D e u t s c h l a n d , G r o ß b r i t a n n i e n u n d A m e r i k a geschickt. Es ist eine t r a u r i g e Tatsache, d a ß n u r w e n i g e v o n i h n e n z u r ü c k k o m m e n , u m der Kirche z u dienen. Die ü b e r w ä l t i g e n d e M e h r heit f a n d k e i n e geeigneten A r b e i t s p l ä t z e in d e r Kirche u n d a r b e i t e t j e t z t in d e n Ministerien d e r R e g i e r u n g .

Beziehungen

ζκ anderen Kirchen in Äthiopien

207

In jüngster Zeit haben viele offizielle Besuche zwischen der äthiopischorthodoxen Kirche und den chalcedonischen orthodoxen Kirchen stattgefunden. Der wichtigste war der Besuch des Patriarchen Justinian von Rumänien im Jahre 1968. Bischöfe der äthiopischen Kirche haben Rußland, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Griechenland usw. besucht. Äthiopien nahm regelmäßig an inoffiziellen Gesprächen zwischen Theologen der orientalischen orthodoxen und denen der orthodoxen Ostkirchen teil (in Aarhus 1964, in Bristol 1967, in Genf 1970, in Addis Abeba 1971; vgl. Anhang: Dokumentation, S. 246 ff.).

5. Beziehungen

zum

Westen

Die Beziehungen zu den westlichen Kirchen waren ebenfalls sehr herzlich. Beobachter aus Äthiopien nahmen an dem Zweiten Vatikanischen Konzil teil. Der Kaiser führte im Jahre 1970 ein persönliches Gespräch mit Papst Paul VI. in Genf. Zwischenkirchlidie Hilfe von deutschen und amerikanischen evangelischen Kirchen wurde für verschiedene Projekte der äthiopisch-orthodoxen Kirche zur Verfügung gestellt. Vertreter des „Church-World Service" aus den USA sowie die des Programmes „Brot für die Welt" der deutschen und der schwedisch-lutherischen Kirchen haben im Zusammenhang mit dieser zwischenkirchlichen Hilfe die äthiopische Kirche verschiedentlich besucht. Die im Januar 1971 in Addis Abeba stattgefundene Tagung des Zentralausschusses des ökumenischen Rates der Kirchen war ebenfalls eine weitere Gelegenheit, die Bande zwischen der äthiopisch-orthodoxen Kirche und den westlichen Kirchen, die im Zentralausschuß vertreten sind, enger zu knüpfen.

Anhang

ANMERKUNGEN Zu Teil A Anmerkungen

zu Kapitel

I

Die Geschichte hat viele Abwandlungen. Die Venezianer erfanden sogar Legenden, nach denen Markus eigentlich von Petrus nach Venedig gesandt wurde, um dort das Evangelium zu predigen. Diese Geschichten sind uns erst vom 9. Jahrhundert an überliefert. Eine Version geht hervor aus: P. Angelo M. Caccin O . P., St. Mark's, The Basilica of Gold, Venedig. I Die Theorie der zwei parallel laufenden Traditionen in Alexandrien wurde von Arnold Ehrhardt, Origen, Theologian in the Cataclysm of the Ancient World, dargelegt und über sie wurde von T . F. Torrance, AlexandrinoScotica, in: Ekklesiastikos Pharos, Addis Abeba, Band L 11 (1970) I I — I I I , S. 186 ff. berichtet. Für diese Einsicht bin idi Professor Torrance zu Dank verpflichtet. 3 P. Evdokimoff, L'Orthodoxie, Neudiâtel, 1959, S. 20. 4 H . Lietzmann, Geschichte der alten Kirche, Bd. 4; Die Zeit der Kirchenväter, 2. Auflage, 1953, S. 26. 5 A. Atiya, A History of Eastern Christianity, London, 1968, S. 70. • H . Lietzmann, a.a.O., S. 32. 7 Socrates, Historia ecclesiastica, Gerlach und Beckenstein, 1677, Bd. V I I , Kap. X V . 8 Socrates, a.a.O., Kap. X I V . 9 Johannes, Bisdiof von Nikui berichtete um 670 in seiner Geschichte des Christentums: „Und jedermann sagte, daß die Ausweisung (der Anhänger des griechisch-römisdien Reiches) und der Sieg der Moslems auf die Boshaftigkeit des Kaisers Herakleios und seiner Verfolgung der Orthodoxen durdi den Patriarchen Kyrus zurückzuführen sei. Das war die Ursache des Verfalls des griediisch-römischen Reiches und der Unterwerfung Ägyptens durch die Moslems." — John of Nikiou, Chronicle, hrsg. von R . H . Charles, 121.2 zitiert von W. H . C. Frend, Religion in the Middle East, Bd. I, S. 261 f. (Hrsg. A. J . Arberry), Cambridge 1969. 1

10

A. Atiya, A History of Eastern Christianity, London, 1968, S. 77.

II

A. Atiya, a.a.O., S. 83.

12

Als Beweis s. Α. Dietrich, Arabische Briefe aus der Papyrus-Sammlung der Hamburger Staats- und Universitäts Bibliothek, Hamburg, 1955. Vgl. S. Graf, Geschichte der Christlichen arabischen Literatur, B d II. Das nubische Königreich, eines der glorreichsten der „monophysitischen" diristlichen Königreiche, verfiel im Jahre 1324, nach einer Blütezeit, die im 7. Jahrhundert begonnen hatte. Siehe W. H . C. Frend, Christianity in the Middle East, in: Religion in the Middle East, hrsg. von A. J . Arberry, Cambridge, 1969, Band I, S. 260.

15 14

15

212

Anhang Anmerkungen

z« Kapitel

II

C. Bigg, Christian Platonists of Alexandria, Oxford, 1968, S. 25. A. Roberts, The Ante-Nicene Fathers, Bd II, S. 165. 3 C. Bigg, a.a.O., S. 26. 4 C. Bigg, a.a.O., S. 68 f. 5 A. A. King, The Rites of Eastern Christendom, S. 341. » W. Gauche, Didymus the Blind, S. 36. 7 C. Bigg, a.a.O., S. 67. 8 E. L. Butdier, The Story of the Church of Egypt, Bd I, S. 43. ' Stromateis, I, 9. 10 Gauche, a.a.O., S. 57; Stromateis, VI, 15. 11 Orígenes: Brief an Gregor. Gaudie, S. 67. 12 Ebenda. 13 Siehe Kapitel V. 11 Worrell, A Short Account of the Copts, Ann Arbor, 1945, S. 17. 15 Butdier, a.a.O., S. 146. 18 Y. Abd'el Massih, The Faith and Practises of the Coptic Church, S. 17. 17 Die Liturgie des Heiligen Basilius läßt die Priester erklären: „. . . Ich glaube, ich glaube, idi glaube und bekenne bis zum letzten Atemzug, daß dies ist der Leib, der lebendig macht, den dein einiger Sohn, unser Herr, Gott und Erlöser Jesus Christus von unser aller Herrin und Königin angenommen hat, der heiligen reinen Mutter Gottes Maria; er machte ihn eins mit seiner Gottheit ohne Vermengung, Vermischung oder Veränderung." 18 A. v. Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, Leipzig, 3. Auflage, 1915. 19 Harnadi, a.a.O. 20 Eusebius, a.a.O., V. 10. 21 Eusebius, a.a.O., V. 10. 22 Trimingham, Islam in the Sudan, S. 50. 23 A. v. Harnack, a.a.O., II, S. 180. 24 Trimingham, a.a.O., S. 49. 25 Ebenda. 28 Eusebius, a.a.O., V. 10. 27 A. v. Harnadi, a.a.O., II, S. 154. 28 A. v. Harnack, a.a.O., II, S. 277. 29 Siehe: Die Fresken im Frauenmünster, v. Amt für Stadtarchive, Zürich, S. 5. 32 St. L. Poole, The Story of Cairo, S. 62. 33 Wolley, Coptic Offices, S. XIV. 34 Worrell, a.a.O., S. 17. 1

2

Anmerkungen 1

ζκ Kapitel

111

Das Studium des Gottesdienstes der koptischen Kirche wurde durch die Veröffentlichung des Buches: Ο. Η. E. Burmester, The Egyptian or Coptic Church — A Detailed Description of Her Liturgical Services, the Rites and Cermonies — observed in the Administration of Her Sacraments;

Anmerkungen

2

3 4

zu Teil A und zu Teil Β

Veröffentlichungen der Société d'archéologie copte, Kairo, 1967, erleichtert. Dieses Kapitel verdankt dem Buch sehr viel. E. Renaudot, Liturgiarum Orientaiium Collectio, Bd I, F r a n k f u r t , 1847, S. 57—148. Burmester, a.a.O., S. 47 f. Die Psalmodie findet jetzt in drei täglichen Andachten statt: morgens, abends und um Mitternacht.

Anmerkungen 1

213

zu Kapitel

IV

Worrell, A Short Account of the Copts, S. 10. De Lacy, O'Leary, The Coptic Church and Egyptian Monasticism; in: The Legacy of Egypt, ed. von S. R. K. Glanville, O x f o r d , 1942, S. 317. 3 Vgl. A. v. Harnack, Das Mönditum, seine Ideale und seine Geschichte. Eine kirchenhistorische Vorlesung, Gießen, 8.—10. Aufl., 1921, S. 6 f. 4 R. T. Meyer in der Einleitung seiner Übersetzung von St. Athanasius, The Life of Saint Antony, Maryland, 195C, S. 8. 5 Siehe O'Leary, a.a.O., S. 218; W. H . Mackean, Christian Monasticism, in: Egypt to the Close of the Fourth Century, N e w York, 1920, S. 131. 6 O'Leary, a.a.O., S. 323. 7 O'Leary, a.a.O., S. 326. 8 O'Leary, a.a.O., S. 323—326. 9 J. O ' H a n n a y , The Spirit and Origin of Christian Monasticism, London, 1903, S. 91 und 109. 10 Harnack, a.a.O., S. 23 zählt Orígenes zu „den wirklichen Vätern des christlichen Mönchtums". 11 H a n n a y , a.a.O., S. 101. 12 T. Merton, The Wisdom of the Desert: Sayings of the Desert Fathers, N o r f o l k , 1960, S. 5—11. 13 Palladius, The Lausiac History, übers, von Robert T. Meyer, London, 1965; W. Budge, The Wit and Wisdom of the Christian Fathers of Egypt, London, 1934; H . Waddell, The Desert Fathers (mit einer Einführung aus dem Lateinischen übersetzt) Ann Arbor, 1957. 14 Merton, a.a.O., S. 13. 15 St. Athanasius, a.a.O., S. 37. " J . Lacarrière, Men Possessed by G o d : The Story of the Desert Monks of Ancient Christendom, übers, von Roy Monckom, Garden City, 1964, S. 68—73. 17 Mackean, a.a.O., S. 78—90. 18 Die folgende Geschichte veranschaulicht diese Methode: „Ein Schüler kam eines Tages zu Makarius, dem Ältesten und sagte: ,Makarius, was muß ich tun, um meine Seele zu retten?' Makarius antwortete: ,Gehe und beleidige die Toten.' Der Schüler ging zum Friedhof, beleidigte die Toten und kam zu Makarius zurück. ,Was haben die Toten gesagt?', fragte Makarius. .Nichts haben sie gesagt.', antwortete der Schüler. D a r a u f hieß Makarius ihn zum Friedhof zurückkehren, um die Toten zu segnen. Der Schüler tat desgleichen und kam zu Makarius zurück. ,Was haben die Toten gesagt?', fragte Makarius. ,Nichts haben sie gesagt', entgegnete der Schüler. ,Sei wie 2

214

Anhang

die T o t e n ' , sagte Makarius, ,richte n i e m a n d e n und lerne zu schweigen' . . (Lacarrière, a.a.O., S. 205). 19 Lacarrière, a.a.O., S. 205—215. 20 Lacarrière, a.a.O., S. 211. 21 D a s W o r t „koinobitisch" stammt aus dem Lateinischen „coenobium" (Gemeinschaft). 22 Ü b e r das Leben des Heiligen Pachomius, s. Lacarrière, a.a.O., S. 73—81 u n d Mackean, a.a.O., S. 91—96. 23 Lacarrière, a.a.O., S. 82. 24 A t i y a , A H i s t o r y of Eastern Christianity, L o n d o n , 1968, S. 64. 25 Lacarrière, a.a.O., S. 83. 27 Siehe Mackean, a.a.O., S. 96—108. 26 A t i y a , a.a.O., S. 64 f. 28 Ebenda. 2 » A t i y a , a.a.O., S. 63. 30 W o r r e l l , a.a.O., S. 10. 31 A t i y a , a.a.O., S. 66 f.; K a m i l H a d a r a t Misr fi al'Asr al-Kibti, S. 212—214. 32 H . I. Bell, E g y p t and the B y z a n t i n e E m p i r e ; i n : T h e Legacy of E g y p t , ed. v o n S. R . Κ . Glanville, O x f o r d , 1942, S. 3 3 9 — 3 4 2 ; O ' L e a r y , a.a.O., S. 327. 33 S o b h y , Education in E g y p t , 1943, S. I l l u n d 114. 34 Bischof Samuel, The C o n t r i b u t i o n of t h e C o p t i c Church t o universal C h r i s t i a n i t y ; i n : St. M a r k a n d the C o p t i c C h u r d i , ed. v o n Bischof G r e gorius, Kairo, 1968, S. 114. 35 P a t r i a r d i K y r i l l starb im M ä r z 1971. 36 S. O . F. A. Meinardus, Monks and Monasteries of the E g y p t i a n Deserts, K a i r o , 1961, S. 327—329. 37 M e i n a r d u s , a.a.O., S. 279—281. 38 L e a d e r , Modern Sons of the P h a r a o h s , L o n d o n , 1918, S. 265—304.

Anmerkungen 1 2 3 4 5 9 7 9 10

11

13

zu Kapitel

V

W o r r e l l , A Short A c c o u n t of the Copts, S. V I I I . S. Ps. 78, 51; 106, 22. L e a d e r , Modern Sons of the P h a r a o h s , S. 333. A . A t i y a , A H i s t o r y of Eastern C h r i s t i a n i t y , L o n d o n , 1968, S. 103. A . Butler, School and Society in the V a l l e y of the Nile, S. 48. A l A k k a d , T h e H i s t o r y of Saad Zaghloul. E b e n d a , S. 273—287. A . A t i y a , a.a.O., S. 100. S t r o t h m a n n , R., Die koptische Kirche in der N e u z e i t , Tübingen, 1932, S. 118; Isodorus, II, 521. Iscarous, II, T., N a w e b i g h al Agbat, A r a b i c Biographies of f a m o u s C o p t s in the 19th C e n t u r y , K a i r o , 1910/13, B d . II., 198—279; S t r o t h m a n n , a.a.O., S. 116 f.; Isodorus, II, S. 520 f. H e g o m e n u s : A b b o t . N a b i a , The Monasteries of the T a y y a m , Chicago, 1937.

Anmerkungen

zu Teil A und zu Teil Β

215

Iscarous, II, S. 85; Isodorus II, S. 520 f. Prospekt des koptischen Lehrplanes, S. 41.

Anmerkungen

zu Kapitel

VI

Abdel Messeeh Saleeb, Tohfat el Sailain, S. 137. Agreement between the Coptic and Ethiopien Churches, in: Ecumenical Review, Bd X I I , N r . 1, Oktober 1959. Seine Exzellenz Bischof Athanasius von Beni Suef wurde von Seiner Heiligkeit dem Papst Kyrill VI. in die Kirche der Erscheinung gesandt, um einen in Einzelheiten gehenden Bericht zu geben. Er besuchte zunächst die Kirche und verbrachte die ganze Nacht vom 29. zum 30. April 1968 in ihr. Aus seinem Zeugnis soll der folgende kurze Absatz wiedergegeben werden: „Um 2.45 U h r morgens erschien die Gesegnete J u n g f r a u in einer völlig leuchtenden Gestalt, wie eine strahlende phosphoreszierende Statue und blieb bis 5 Uhr, bis zum Morgengrauen. Die Szene war überwältigend und herrlich. Die Erscheinung schritt gen Westen, bewegte ab und an die H ä n d e zum Segen und verbeugte sich manchmal wiederholt. Ein Heiligenschein aus Licht umgab ihr Haupt. Ich sah ebenfalls glitzernde Wesen um die Erscheinung herum. Sie sahen wie Sterne aus und waren ziemlich blauer Farbtönung . . ." Im 9. Jahrhundert waren die Gebeine des Heiligen Markus von venetianischen Seeleuten von Alexandrien nach Venedig gebracht worden. Der Schädel wurde in Alexandrien gelassen, wo er sich noch heute in der Kathedrale von Alexandrien befindet. Guettee, Histoire de l'Eglise, Bd VI, Einführung, S. III—IV. Die Konfessoren in der Kirche sind diejenigen, die Folterungen und Verfolgungen erlitten, ohne die Krone des Märtyrertums erlangt zu haben. Anmerkungen

zu Kapitel

VII

Gelehrte sind damit einverstanden, daß die Wörter „Kopte" und „koptisch" sich aus dem griechischen Wort „Aigiptos" ableiten lassen. Es wurde ebenfalls darauf hingewiesen, daß sich das Wort auf den Namen der Stadt „Coptos" oder „ Q u f t " in Oberägypten beziehen könnte oder, daß es eine Verstümmelung des Wortes „ H a - k a - P a t h " , dem altägyptischen Namen für Memphis, sei. Die Araber nannten Ägypten „dal-al-Qibt" (Heim der Kopten). S. G. W. „Kibt", in The Encyclopaedia of Islam, 1927, II, S. 990; A. J. Butler, Copts; in Encyclopaedia Britannica, 11. Ausgabe, VII, S. 113; Aziz S. Atiya, A History of Eastern Christianity, London, 1968, S. 16. A. S. Atiya, a.a.O., S. 25—27. Iris Habib Al-Masri, Kissat-al-Kanissa alKibtia: Wahia Tarikh al-Kanisa al-Orthodoxia al-Mistria Allati Assasaha Marcos al-Bashir. (Geschichte der koptischen Kirche ist die Geschichte der orthodoxen ägyptischen Kirche, die von dem Heiligen Markus, dem Evangelisten, gegründet wurde) I, Kairo, S. 19—31 Eusebius Pamphili, Ecclesiastical History, übersetzt von Roy J. Deferrari, Bd I (Kirchenväter), New York, 1953, S. 110 f. und 131. Die wichtige Rolle, die der Hl. Mar-

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Anhang

kus im Leben der koptischen Kirche spielte, wurde durch die Feierlichkeiten des 1900. Jahrestages des Heiligen M a r k u s im Juni 1968 klar bezeugt. William H . Worrell, A Short Account of the Copts, Ann A r b o r , 1945. A. S. Atiya, a.a.O., S. 31. Siehe D e Lacy o'Leary, The Saints of E g y p t , N e w York, 1937, S. 34—59. Der Heilige Athanasius (ungefähr 296—373 η. Chr.), der 20. Papst und Patriarch der koptischen Kirche, w u r d e f ü n f m a l von seinem Sitz exiliert, das erste Mal von Kaiser Konstantin selbst. Die sinnloseste Verfolgung wurde von Kalif a l - H a k u m (996—1020 n. Chr.) durchgeführt. G. W., „Kibt", a.a.O., S. 998. Murad Kamil, H a d a r a t Misr fi al-Asr al-Kibti (Zivilisation in Ägypten w ä h r e n d des koptischen Zeitalters), Kairo, 1967, S. 72; aus einigen anderen Quellen geht hervor, d a ß die koptische Sprache nach dem 13. J a h r h u n d e r t nicht mehr gesprochen wurde, s. G. W., „Kibt", a.a.O., S. 1001. Gory Sobhy, The Survival of Ancient Egypt, in: Bulletin de la société d'Archéologie Copte, IV (1938), S. 59—70. G . Sobhy, „Koptisches Erziehungswesen in Ägypten während der christlichen Periode, in: Bulletin de la Société d'Archéologie Copte I X (1943), S. 120. Jack Tager, Akbat wa-Muslimum N o n d h al-Fath al Arabi ila Aam, (Kopten und Mohammedaner vom Zeitpunkt der arabischen Eroberung bis 1922), Kairo, 1951, S. 300—306. H . A. R. Gibb und H a r o l d Bowen, Islamic Society and the West, Bd I, Teil II, Islamic Society in the Eighteenth Century, London, 1957, S. 259. M. C. F. Volney, Voyage en Syrie et en Egypte, Pendant les Années 1783, 1784, 1785, Paris, 1792, I, S. 47—51. C. S. Sonninni, Travels in Upper and lower Egypt, übers, von H e n r y E. W. Lane, Manners and Customs of the Modern Egyptians, London, 1894, S. 533—557; Stanley Lane-Poole, Social Life in Egypt: A Description of the C o u n t r y and Its People, London, 1883, S. 62—66. V. Edouard Dor, L'Instruction Publique en Egypte, Paris, 1872, S. 183. H . A. R. Gibb and H a r o l d Bowen, a.a.O., S. 259. A. S. Atiya, a.a.O., S. 99 f.; Gibb und Bowen a.a.O., S. 259. Gabriel Baser, Social Change in E g y p t ; 1800—1914, in Political and Social Change in M o d e m Egypt: Historical Studies from the O t t o m a n Conquest to the United A r a b Republic, hersg. von P. M. H o l t , London, 1968, S. 144—146, 160 f. Baser weist darauf hin, d a ß es am Ende des 19. und A n f a n g des 20. Jahrhunderts noch Viertel gab, die beinahe ausschließlich von Muslimen bew o h n t waren, wie die Viertel Khalifa und Sayyeda Zaynab in Kairo oder Minat al-Basal in Alexandrien; im Jahre 1897 gab es von 195 sechsundf ü n f z i g shiyakhat (kleinere Viertel in Kairo, in denen jeweils weniger als 10 Kopten lebten und in Alexandrien waren es 34 von 108. S. Gabriel Baser, a.a.O., S. 146. G. Baser, a.a.O., S. 146. J. Tager, a.a.O., S. 327—343; Mikhail, Copts and Moslems under British Control, S. 28—30. Lofti al-Kholi, Al Aram, Kairo, 1964 (Übersetzung des Verf.). Unter den Schriften von Salama Musa gibt es die folgenden : Al-Ishtirakiya

Anmerkungen

zu Teil A und zu Teil Β

217

(Sozialismus), 2. Ausgabe, Kairo, 1962; Al Shakhsiya al N a g i a Kitabi Iii— Shaba (Hervorragende Personalität: Ein Buch f ü r Jugendliche), 5. Ausgabe, Kairo, 1965; Al-Balagha al Asriya (Zeitgenössischer Autorenstil), Kairo, 1961); AI Abab lil-shab (Literatur f ü r das Volk), Kairo, 1961; The Education of Salama Musa, übers, von L. O . Schuman, Leiden, 1961; siehe ebenfalls Henri Riyad, Salama Musa w a l - H a n h a j al-Ishtiraki (Salama Musa und die sozialistische Methode), Beirut, 1962; M a h m u d al-Sharqawi, Salama Musa al M u f a - k i r wal-Insam (Salama Musa: Der Denker und der Mensch), Beirut, 1965; Ghali Shukri, Salama Musa w a - A z m a t al-Damir al-Arabi (Salama Musa und die Krise des arabischen Gewissens) Kairo, 1962. 24 Siehe Christina Phelps Harris, Nationalism and Revolution in Egypt: The Role of the Muslim Brotherhood, Stanford, 1964. 25 Vereinigte Arabische Republik Informationsabteilung, Verfassung, S. 75. 26 Ebenda. 27 Gamal Abdul Nassers Rede bei der Grundsteinlegung f ü r die koptische Kathedrale am 24. Juli 1965 „Christen und Moslems haben stets als Brüder gelebt" (vervielfältigt). 28 Murad Kamil, H a d a r a t Misr fi al-Asr al-Kibti (Ägyptische Zivilisation im koptischen Zeitalter), Kairo, 1967, S. 176. 29 Der Verfasser dieses Kapitels kennt eine Familie, in der der Vater zehn Jahre als Regierungsangestellter in einem Dorf in Unterägypten arbeitete. Die nächste Kirche lag rund 30 km von dem Dorf entfernt und ein regelmäßiges Verkehrsmittel war nicht vorhanden. Die Familie konnte praktisch — außer zweimal im Jahr, zu Weihnachten und zu Ostern — nicht zur Kirche gehen. U n d doch hatte die Familie niemals das Gefühl, von der Kirche abgeschnitten zu sein, denn sie hatte die Kirche in ihrem Heim. Morgen- und Abendgebete und Bibellesungen fanden regelmäßig statt. Der Vater konnte gut Geschichten auf so dramatische Weise erzählen, d a ß sie sie niemals vergessen konnten. Das religiöse Leben in ihrem Heim pflanzte in ihren Herzen eine tiefe Liebe zur Kirche, und wenn sie ihre Verwandten in Kairo besuchten, so suchten sie stets zuerst die Kirche auf. 30 Siehe O . H . E. Burmester. The Egyptian or Coptic Church: A Detailed Description of H e r Services and the Rites and Ceremonies, Observed in the Administration of H e r Sacraments, Kairo, 1967, S. 96—107. 31 Siehe S. H . Leader M o d e m Sons of the Pharaohs, A. Study of the Manners and Customs of the Copts of Egypt, London, 1918, S. 136—145. J. W. McPherson, The Moulids of E g y p t : Egyptian Saints-Days, Poccala, 1940. 32 Die Stadtbevölkerung Ägyptens ist von 6,2 Millionen (30,6 % der Gesamtbevölkerung) im Jahre 1950 auf 9,4 Millionen (36,4 % der Gesamtbevölkerung) gestiegen. S. Vereinte Nationen, Urban and Rural G r o w t h 1920—1960 with Projections, Dokumente 1967/48263 — Arbeitsdokument N r . 15, Tabelle IV. 33 Dieses Dokument w u r d e in Al-Anba Shenouda veröffentlicht Shariat: alZawga al-Wahida fi al-Masihia (Monogamie im Christentum) Kairo, 1967, S. 114—120. 34 Ein die ganze Familie umfassendes Erziehungsexperiment w u r d e vom Verfasser dieses Kapitels in den koptischen Kirchen Kairos durchgeführt. Die teilnehmenden Familien trafen sich alle zwei Wochen in der Kirche, um

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Anhang

einen Vortrag zu hören, dem eine Diskussion über das betreffende Thema folgte, an der alle Mitglieder der G r u p p e teilnahmen. Die Zuhörer erfreuten sich einer wachsenden Gemeinschaft der Familien und engeren Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer jeden Familie im einzelnen. Unter diesen Veröffentlichungen befinden sich Morris T a w a d r o s : AI Osra fi D a w ' I l m a l - N a f s al-Fardi (Die Familie im Lichte der individuellen Psychologie) Kairo, 1968; Oskofiat al-Khadamat al-'Amma Latnat alOsra, Al-Bina'al Rohi wal-Igtimai lil-Osra al Masihia (die geistliche und soziale Struktur der christlichen Familie) eine Serie von Artikeln, die in Madaris al Abab, einer Zeitschrift, erschienen ist. Die zwischen 1966 und 1968 erschienenen Artikel wurden in einem Buch veröffentlicht. E. W. Lane, Manners und Customs of the Modern Egyptians, London, 1894, S. 541. J. H e y w o r t h - D u n n e , An Introduction to the H i s t o r y of Education in Modern Egypt, London, 1938, S. 85 (Weiter unten „Introduction") Clot Bey wies ebenfalls darauf hin, d a ß „les Coptes ont beaucoup d'ecoles". Apercu Général sur l'Egypte Paris, 1840, II, S. 139. J. H e y w o r t h - D u n n e , Education in Egypt and the Copts, in: Bulletin de la Société d'Archéologie Copte, IV (1940), Kairo, S. 92 f. ders., Introduction, S. 86. Ahmag Ezzat Abd al Karim, T a r k h al-Talim fi Misr min Mihayat H o m M o h a m a d Ali ila Awail H o k m T w a f i k 1848—1882, Bd. II, Asr Ismail wal-Sanawat al-Motasila bi-Hai min H o k m T a w f i k 1863—1882 (Geschichte des Erziehungswesens unter Ismail in Ägypten 1863—1882) Kairo, 1946, S. 833—836. J. H e y w o r t h - D u n n e , Introduction, übersetzt von H o race Eaton, Bureau of Education, in: Circulars of Information of the Bureau of Education, Washington, N o . 3—1875, S. 85 f. Kyrii w u r d e 1816 geboren und starb am 30. J a n u a r 1891. Atiya, a.a.O., S. 104 und 106. J. H e y w o r t h - D u n n e , Introduction, S. 338 und 406 und 420 f. Erziehungsministerium, Abteilung allgemeine Statistiken, Statistique scolaire/Année Scolaire 1948/49, Kairo, 1951, S. 254 f. J. Tager, a.a.O., S. 239 f. Ders., a.a.O., S. 241 (Übersetzung des Verf.). Zitiert in J. H e y w o r t h - D u n n e , Introduction, S. 368. Mohammed Khairy H a r b y und El-Azzawi, El-Sayed Mohammed, Education in Egypt (U. A. R.) in the Twentieth Century, Kairo, 1960, S. 60; Arabisches Informationszentrum, Education in the A r a b States, New York, 1966; Education in the United A r a b Republic, Informationsdokument 25 (XII), S. 275. W a z a r a t al-Rarbia wal-Talim, Lagnat al-Din al-Masihi. Al-Usus alati Ruiat fi Tatwir Monhat al-Din al-Masihi (Grundlagen f ü r die Entwicklung des Lehrplanes f ü r die christliche Religion), Kairo, 1965; Maschinengeschriebener Bericht unterschrieben von Yousef Khalil Yousef, Mokarir al-Lagna, S. 1. H a b i b Girgis, Al-Madrasa al-Iklirikia al Kibtia al-orthodoxia bain alMadi w a l - H a d e r 1893—1938 (Die koptischen orthodoxen Klerikerschulen zwischen Vergangenheit und Gegenwart [1893—1938]) Kairo, 1938, S. 134 f. Es gab 85 Zweigstellen 20 in Kairo, 18 in Unterägypten, 44 in Ober-

Anmerkungen

50

51 52

53

54

zu Teil A und zu Teil Β

ä g y p t e n und 3 im S u d a n . Die Zahl der Studenten belief sich auf 10 000. Siehe H . Girgis, a.a.O., S. 136. Diese Bücher sind A l - M a b a d i al-Masihia a l - O r t h o d o x i a l i - T a l a m i d h alM a d a r i s a l - I b t i d a i y a w a l - T h a n a w i a (Prinzipien des o r t h o d o x e n Christent u m s f ü r Schüler in Volksschulen und höheren Schulen) K a i r o , 1931 —1935. H . Girgis, a.a.O., S. 135 f. Diese Bischöfe sind Bischof Athanasius von Beni Sweif, Bischof D o m a d i u s v o n G i n z a , Bischof Samuel für öffentliche, ökumenische und soziale D i e n ste, Bischof S h e n o u d a f ü r theologische und religiöse Erziehung und Bischof G r e g o r i u s f ü r höhere Studien und Forschungsarbeit. Allagna al-Olia li-Madaris a l - T a r b i a al-Kanseia a l - O r t h o d o x i a , A l m a n h a g a l - A a m (der allgemeine Lehrplan), Kairo, 1961. U n t e r diesen G r u p p e n befinden sich der „ F r a u e n v e r b a n d f ü r Christen", die „Frauen als F r e u n d e der Bibel"; und „Die Gesellschaft f ü r koptische E r z i e h u n g in G i z a " . Priester M a k a r y el-Securiany (jetzt Bischof Samuel), Ancient and C o n t e m p o r a r y Christian E d u c a t i o n in the C o p t i c Church of E g y p t ( U n v e r ö f f e n t l i c h t e Dissertation), Princeton, 1955, S. 144—147.

Anmerkungen 1

2

3

219

zu Kapitel

Vili

Η . Girgis, A l - M a d r a s a al-Iklirikia, K a i r o , 1938, S. 30 f. (Übersetzung vom Verf.). Nach Entlassung aus dem koptischen Seminar studierte W a h i b A t a - A l l a h Girgis in der U n i v e r s i t ä t in K a i r o und erhielt den baccalaureus artium in Philosophie und den magister artium in der Archäologie. An einer U n i v e r sität in E n g l a n d e r w a r b er seinen D o k t o r t i t e l . Nachdem er Mönch geworden w a r , f ü h r t e er als P a t e r P a k o u m a l - M o h a r a k i seine Arbeit als beigeo r d n e t e r D e k a n am Seminar f o r t . Im J a h r e 1967 w u r d e er unter dem N a m e n Gregorius zum Bischof f ü r höhere Studien, koptische K u l t u r und wissenschaftliche Forschungsarbeit geweiht.

D e r Studienlehrgang w u r d e kürzlich auf eine D a u e r von f ü n f J a h r e n verlängert. 4 Bischof Gregorius, Die Katedietenschulen v o n Alexandrien, S. 78 f. 5 Girgis (jetzt Bischof Gregorius), T a k r i r 'an-al K o l l i a ; in: Al-Kollia alIklirikia lil-Akbat a k - O r t h o d o x , A l - I h t i f a l bi Y a u m al-Iklirikia (Feier des Jahrestages des Seminars und der Seminaristen, K a i r o , 1964, S. 16—18 und 20—21. β A n Wochenenden predigen und dienen die Seminaristen in den D o r f k i r chen in der N ä h e von K a i r o . 7 D i e Seminaristen w e r d e n in verschiedene Schulen in K a i r o geschickt, um d o r t Religionsunterricht w ä h r e n d ihrer Lehrgänge in christlicher Religion zu übernehmen. 8 A u f G r u n d v o n Absolventenlasten. 9 Girgis, ebd., S. 22 f. 10 M e i n a r d u s Christian E g y p t , S. 240—243. Atiya, A H i s t o r y of Eastern C h r i s t i a n i t y , L o n d o n , 1968, S. 117 f. " Bulletin de la Société d'Ardiéologie C o p t e . 12 M e i n a r d u s , a.a.O., S. 440; Atiya, a.a.O., S. 118. 13 G e g e n w ä r t i g ist Professor Aziz S. Atiya ein b e r ü h m t e r Geschiditsprofessor

220

Anhang

an der U n i v e r s i t ä t U t a h . E r w a r der erste D i r e k t o r des Instituts f ü r k o p tische S t u d i e n . 14

D r e i z e h n verschiedene F r a g e b o g e n wurden ausgearbeitet, um I n f o r m a t i o nen über K i r c h e n , Wohltätigkeitsgesellschaften Schulen, Spitäler, W a i s e n häuser usw. zu sammeln. D a s M a t e r i a l w u r d e in den J a h r e n 1 9 6 2 und 1 9 6 3 von den koptischen K i r c h e n und Institutionen in ganz Ä g y p t e n gesammelt. D i e I n f o r m a t i o n e n w u r d e n von der A b t e i l u n g für soziale S t u d i e n b e a r b e i t e t , das P r o j e k t ist jedoch nodi nicht abgeschlossen.

15

Ein in einigen Kirchen durchgeführtes E x p e r i m e n t f ü r die R e g i s t r a t i o n aller K i r c h e n m i t g l i e d e r und für die Festigung der Gemeinschaft i n n e r h a l b der Kirche.

16

U n t e r den internationalen Besuchern des Institutes für koptische S t u d i e n w a r e n : der versorbene D r . F r a n k l i n C l a r k F r y , der ehemalige L e i t e r der Lutherischen K i r c h e in A m e r i k a , D r . R . H . E d w i n E s p y , G e n e r a l s e k r e t ä r des n a t i o n a l e n R a t e s der K i r c h e n Christi in den U S A ; Präses Scharf, d a maliger R a t s v o r s i t z e n d e r der Evangelischen K i r c h e in D e u t s c h l a n d ; Bischof M a k a r i u s v o n Z y p e r n ; P a t r i a r c h Alexis v o n M o s k a u ; Patriarch Ignatius Y a c o u b , der syrisch-orthodoxen K i r c h e ; D r . W . A . Visser't H o o f t , ehemaliger G e n e r a l s e k r e t ä r des ö k u m e n i s c h e n R a t e s der Kirchen und sein N a c h f o l g e r D r . Eugene C a r s o n B l a k e ; P r o f e s s o r J o h n S. B a d e a u von der C o l u m b i a U n i v e r s i t ä t (zu j e n e r Zeit Präsident der amerikanischen U n i v e r sität in K a i r o ) ; Professor H e l e n M . Edick v o n der H a r t f o r d S e m i n a r - S t i f tung.

17

A b d al K a r i m , a.a.O., S. 8 3 5 f . A I - K o m m a s Philothaus I b r a h i m , A l k i r a z a , i n : T o s d i r o h a a l - K o l i y a alI k l i r i k i a (Zeitschrift des koptischen Theologischen S e m i n a r s ) I , N r . 2 — 3 , 1 9 6 5 , S. 8 0 — 8 2 .

18

„ H a b i b G i r g i s " , Alkiraza, i n : T o s d i r o h a a l - K o l i y a a l - I k l i r i k i a , I I I , N r . 7, 1 9 6 7 , S. 4 1 f. 20

21

22

„ A l - K i s M a n n a s a Y o h a n n a " , in : A l k i r a z a T o s d i r o h a a l - K o l i y a a l - I k l i r i k i a , I , N r . 5, 1 9 6 5 , S . 41 f. I n f o r m a t i o n e n über alle Zeitschriften w u r d e n v o n dem Bischofssitz für ö f f e n t l i c h e , ökumenische und soziale Dienste der k o p t i s c h - o r t h o d o x e n K i r che in K a i r o f ü r den Verfasser dieses K a p i t e l s v o r b e r e i t e t . Einige K i r c h e n geben ihre eigenen Veröffentlichungen heraus u n d v e r ö f f e n t lichen Bücher f ü r ihre eigenen G e m e i n d e n sowie f ü r die allgemeine k o p tische Ö f f e n t l i c h k e i t . D i e b e m e r k e n s w e r t e s t e dieser K i r c h e n ist die S t . Georgskirche in S p o r t i n g / A l e x a n d r i e n , die einige der frühen patristischen Schriften u n d Bücher über die koptische Kirchengeschichte und Bibelstudien veröffentlicht hat.

Zu Teil Β Anmerkungen 1

zu Kapitel

l

D i e russisch-orthodoxe K i r c h e ist neben der römisch-katholischen K i r c h e die größte in der Welt und z ä h l t nach außen hin u n g e f ä h r 5 0 M i l l i o n e n

Anmerkungen

zu Teil A und zu Teil Β

221

Mitglieder, jedoch auf keinen Fall weniger als 30 Millionen. Die Zahl der Mitglieder der rumänisch-orthodoxen Kirche liegt bei ungefähr 18 Millionen. In Bulgarien, Griechenland und Serbien (Jugoslawien) leben jeweils ungefähr 7 bis 8 Millionen orthodoxe Christen. A. S. Atiya, A History of Eastern Christianity, Methuen, London, 1968, S. 159. Diese Schätzung mag nicht der Wirklichkeit entsprechen. Es gibt genug Gründe, um anzunehmen, daß die Gesamtzahl der Chorsänger im Lande 50 000 übersteigt. A. S. Atiya, a.a.O., S. 159. Zur Zeit des Kaisers Zar'a Ya'eqob (1434—1468) gab es drei ägyptische Bischöfe. Siehe The Ethiopian Orthodox Church, hrsg. von Aymro Wondmagegnehu und Joachim Motovu, Addis Abeba, 1970, S. 176 ff. Das heißt nicht, daß der Kaiser H a u p t der Kirche ist, wie viele ausländische Journalisten anzunehmen scheinen. Er ist lediglich Schutzherr der Kirche. Proceedings of the Third International Conference of Ethiopiean Studies, 1966, hrsg. vom Institut für äthiopische Studien an der Haile Selassie I. Universität, Addis Abeba, 1969. Die erste Verfassung stammt vom 16. Juli 1931 und wurde dem Volk vom Kaiser Haile Selassie ausdrücklich zugebilligt. Siehe Verfassung Äthiopiens aus dem Jahre 1955, Art. 10.

Anmerkungen

zu Kapitel

II

Nach der Kebra Nagast (Chronik der Könige) brachte der Sohn des Königs Salomo und der Sönigin von Saba Menelik I., die Bundeslade mit den Gesetzestafeln Moses Anfang des ersten Jahrtausends v. Chr. nach Äthiopien. Ca. 345—410 n. Chr. S. Rufinus, Historia Ecclesiae Patrologia Latina. Rufinus, a.a.O. Er wird auch „Kassate Berhan" oder „Offenbarer des Lichtes" genannt. Der vollständige Text des Schreibens findet sich in: J. Ludolphus, A New History of Ethiopia, 1684, und in englischer Sprache: E. S. Pankhurst, Ethiopia, A Cultural History, Essex, 1955, S. 58. In französischer Sprache J. Doresse, L'Empire du Prêtre Jean, Pion, 1957, Bd I, S. 151 f. Siehe Enno Littmann u. a., Deutsche Aksum-Expedition, 5 Bände, Berlin, 1913. J. Ludolphus, a.a.O., S. 165 wird Kalebs N a m e zusammen mit Frumentius und Tekle-Heimanot im römischen Kalender am 27. Oktober erwähnt. Christliche Ortskunde. J. Doresse, a.a.O., Vol. I, S. 191 f. übersetzt „Nichts trägt das Zeichen Ägyptens. Alle diese spezialisierten Ausdrücke für die Göttlichkeit, den Messias und die Engel, das Gebet und die Sünde, die Psalmen und die Eucharistie stammen aus dem Syrischen." Gibbon, Decline and Fall, Kapitel X / V I I . Siehe J. S. Trimingham, Islam in Ethiopia, O U P , 1952, S. 45 f.

222

Anhang Anmerkungen

1

2 3

zu Kapitel

VI

J . S. T r i m i n g h a m , The Christian C h u r d i and Missions in E t h i o p i a , London, 1950, S. 26. Ebenda. Α . H . M. Jones und E. Monroe, A H i s t o r y of Ethiopia, O x f o r d , 1960, S. 98.

C H R O N O L O G I E DER O R T H O D O X E N K I R C H E ÄGYPTENS Zu Teil A 48 n. Chr. 68 n. Chr. 30 v.Chr.—641 n . C h r . ca. 54—305 n. C h r . 284—305 n. Chr. 251—356 n. Chr. ca. 290—346 n. Chr.

325 n. Chr. 330 n. Chr. ca. 333—451 n. Chr. 357 n. Chr.

381 n. Chr. 431 n. Chr. 444 n. Chr. 444—454 n. Chr. 449 n. Chr. 451 n. Chr. 454—477 n. Chr. 477—499 n. Chr. 567 n. Chr. 575 n. Chr.

Der Evangelist Markus bringt das Evangelium nach Ägypten. Markus stirbt in Alexandrien den Märtyrertod. Zeit der römischen Herrschaft in Ägypten. Christenverfolgungen durch die römischen Herrscher. Regierungszeit Kaiser Diokletians. Der H l . Antonius, Begründer des Einsiedlerbundes. Der H l . Pachomius. Er gründete in Oberägypten zahlreiche koinobitische Gemeinschaften und setzte im Mönchtum strenge monastische Regeln durch, ökumenisches Konzil von Nicäa. Frumentius wird zum ersten Bischof Äthiopiens geweiht. Der H l . Schenute von Atripe, Abt des Weißen Klosters. Der H l . Athanasius verfaßt „Das Leben des Heiligen Antonius" auf Griechisch und macht damit die westliche Welt mit dem koptischen Mönchtum bekannt, ökumenisches Konzil von Konstantinopel, ökumenisches Konzil von Ephesus. Tod des H l . Cyril von Alexandrien. Amtszeit des Patriarchen Dioscur. Konzil von Ephesus. Exkommunikation Flavians. Konzil von Chalcedon. Patriarch Timotheus „Aelurus". Patriarch Peter Mongus. Peter IV. wird zum Patriarchen geweiht. Longius evangelisiert unter den Völkern N u -

224

6 2 6 — 6 6 5 η. Chr. 631 η. Chr.

638 η. Chr. 640 η. Chr. 7 0 6 η. Chr. 9 6 9 — 1 1 7 1 η. Chr. 11. Jhdt. 1324 η. Chr. 1437—42 η. Chr. 1789—1801 η. Chr. 1805—1848 η. Chr.

1789—1802 η. Chr. 1802—1844 η. Chr. 1815—1899 η. Chr. 1829—1914 η. Chr. 1837—1904 η. Chr. 1847—1853 η. Chr.

1854—1862 η. Chr. 1865 η. Chr. 1867—1927 η. Chr. 1874 η. Chr. 1882—1922 η. Chr.

Anhang

biens und bekehrt viele zum christlichen Glauben. Patriarch Benjamin I. Kyrus (610—641) wird von Kaiser Herakleios zum Oberhaupt der Kirche und der Zivilverwaltung ernannt. Kaiser Herakleios veröffentlicht die „Ekthesis". Die Araber besiegen endgültig bei Heliopolis (Ägypten) das griechisch-byzantinische Heer. Die koptische Sprache wird im Amtsbereich durch die arabische ersetzt. Kalifat der Fatimiden. Verlegung des Patriarchats von Alexandrien nach Kairo. Verfall des nubischen Königreiches. Konzil von Florenz-Ferrara. Gründung einer unierten Gemeinde in Ägypten. Napoleon in Ägypten. Regierungszeit Mehmed Alis. Modernisierung des wirtschaftlichen, administrativen und militärischen Systems. Papst Markus I X . (108. Sukzession). Papst Butrus V I I . , „El Gawli" (109. Sukz.). Anba Basilius. 1867 zum Erzbischof von Jerusalem geweiht. Anba Abraham, Bischof von Faijum, „Bischof der Armen". Hegoumenus Filotheus wird 1874 Rektor einer neuen Mönchsschule. Papst Kyrillos IV. (110. Sukz.), koptischer Reformator. Errichter verschiedener Bildungsstätten, u. a. eines theologischen Seminars und einer koptisch-orthodoxen Hochschule. Papst Dimitrios II. (111. Sukz.). Assuit wird zum Hauptsitz der protestantischen Kirche in Ägypten gewählt. Papst Kyrillos V. (112. Sukz.). Einrichtung der koptischen millet-Räte. Britische Besetzung.

Chronologie zu Teil A und zu Teil Β 1883 η. C h r . 1894 η. C h r . 1908 η. C h r . 1911 η. C h r . 1919 η. C h r . 1928—1942 η. Chr. 1934 η. C h r .

1944—1945 η. Chr. 1946—1956 η. Chr. 1952 η. C h r . 1954 η. C h r . 1959—1971 η. Chr.

1962 η. C h r .

1963 η. C h r .

1965 η. C h r .

1967 η. C h r . 1968 η. C h r . 1968 η. C h r .

225

Errichtung eines allgemeinen koptischen Gemeinderates. Errichtung des jetzigen theologischen koptischen Seminars. E i n f ü h r u n g eines koptischen Kindergottesdienstes. Koptischer K o n g r e ß in Assuit. Revolution ( „ Ä g y p t e n den Ä g y p t e r n " ) . Papst Younnis X I X . (113. Sukz.). G r ü n d u n g der Gesellschaft f ü r koptische Archäologie, der spätere Verein der „Freunde koptischer K u n s t " . Papst Makarius I I I . (114. Sukz.). Papst Yousab I I . (115. Sukz.). Revolution unter Nasser. Errichtung eines Instituts f ü r die Erforschung des Koptentums. Papst Kyrillos V I . (116. Sukz.), Patriarch, Katholikos von Äthiopien. Abba Shenouda I I I . w i r d von A b b a K y r i l los V I . zum Bischof f ü r theologische und kirchliche Erziehung geweiht. Schaffung der Bischofssitze f ü r ökumenische und soziale Dienste und f ü r theologische und erzieherische Institutionen. Präsident Nasser legt den Grundstein f ü r die patriarchalische St.-Markus-Kathedrale in Kairo. Einrichtung eines Bischofsamtes f ü r höhere Studien und koptische K u l t u r . Erste Erscheinung der J u n g f r a u Maria in der Zeitoun-Kirche in Kairo. Ü b e r f ü h r u n g der Reliquien des H I . Markus von Venedig nach Kairo. Abba Shenouda I I I . besucht Papst Paul VI. im Vatikan und lädt ihn zu einem Gegenbesuch in Ägypten ein. Durch die Rückgabe der Reliquien des H l . Athanasius w i r d die 1500jährige Kirchenfehde beendet.

226

Anhang Z u Teil Β

ca. 330 η. C h r .

ca. 500 n. C h r .

514—542 n. C h r . 565 n. C h r .

615 n. C h r . 640 n. C h r .

1270 n. C h r . 1313 n. C h r . 1314—44 n. C h r .

1352 n. C h r . 1434—1468 n. Chr. 1468—1478 n. Chr. 1507 n. C h r . 1508—1540 n. Chr. 1531—1543 n. Chr. 1542 n. C h r . 1543 n. C h r . 1540—1549 n. Chr.

Frumentius (Abba Salama) w i r d der erste Bischof Äthiopiens, u n d König A i z a n a bek e h r t sich zum Christentum. A n k u n f t der „Neun Heiligen" u n d Ausbreit u n g der äthiopischen Kirche unter syrischem Einfluß. Blütezeit der äthiopischen Übersetzungen patristischer Literatur u n d N e u k o m position äthiopischer Kirchenmusik. H e r r s c h a f t des späteren Mönches Ella Atsbaha. Besuch des Cosmas Indicopleustes. T o d des byzantinischen Herrschers Justinian, der sich — erfolglos — um eine Wiedervereinigung mit der äthiopischen Kirche bemüht hatte. Verfolgte Moslems finden Asyl im christlichen Äthiopien. W a n d e r u n g der verfolgten Juden, die ebenfalls A u f n a h m e und Schutz in Äthiopien finden. Beginn der Zagwe-Dynastie u n d K o n solidierung des Christentums. Y i k u n n o Amlak regiert u n d begründet die Salomonische Dynastie. T o d des Abba Takle H a y m a n o t . H e r r s c h a f t des Königs A m d e Siyon u n d seines w a n d e r n d e n Hofes. Blütezeit der christlichen Literatur. T o d des Abba Eustathius. Regierungszeit der Z a r ' a Ya'eqob. H e r r s c h a f t des Ba'eda M a r y a m . D e r Negus bittet in Portugal um H i l f e gegen die moslemischen Eindringlinge. Regierungszeit des Königs Labna Dengel ( D a v i d II.). Äthiopien wird von den Moslems erobert. Schlacht bei A m b a Alagi zwischen Moslems u n d Christen. T o d des Ahmed G r a g n . D e r Eroberer Galawdeos gewinnt mit p o r t u -

Chronologie zu Teil A und zu Teil Β

1613 η. C h r . 1632 η. C h r . 1702 η. C h r . 1855—1868 η. C h r . 1870 η. C h r .

1893 η. C h r .

1914 η. C h r .

1923 η. C h r . 1937 η. C h r . 1951 η. C h r . 1957 η. C h r . 1964 η. C h r .

1965, 15.—21. J a n . 1968 n. C h r . 1970 n. C h r . 1971 n. C h r .

227

giesischer U n t e r s t ü t z u n g Äthiopien wieder zurück. Der Herrscher Susenyos wird römisdi-katholisch. Die Jesuiten werden v o m Regierenden Fasiladas aus dem L a n d e gewiesen. A n k u n f t einiger Missionare der Franziskaner. Regierungszeit des Theodore. Die Schwedisch-Lutherischen Missionen beginnen ihre Arbeit in Eritrea. A b u n a (das koptische O b e r h a u p t der Kirche) verlegt seinen Sitz von G o n d a r nach Addis Abeba. Die British a n d Foreign Bible Society n i m m t ihre Tätigkeit in Äthiopien auf. D i e H a u p t last der Arbeit w i r d jedoch von den skandinavischen Missionen getragen. Die Presbyterianer des amerikanischen Südens engagieren sich missionarisch. Die italienischen Besatzer erklären die A u t o kephalie der äthiopischen Kirche. Abuna Basilios w i r d der erste reguläre äthiopische Erzbischof. Abuna Basilios w i r d z u m Patriarchen von Äthiopien geweiht. Gespräche in A a r h u s ( D ä n e m a r k ) zwischen chalcedonischen u n d nidit-dialcedonischen orthodoxen Kirchen. Konferenz der O b e r h ä u p t e r der Orientalischen O r t h o d o x e n Kirchen in Addis Abeba. Besuch des Patriarchen Justinian von R u mänien. Kaiser Haile Selassie I. trifft in Genf mit Papst Paul V I . zusammen. Tagung des Zentralkomitees des Weltkirchenrates in Addis Abeba.

DIE ORTHODOXE KIRCHE ÄGYPTENS Gliederung, Leitung, Anschriften Patriarchat von Kairo und Alexandria

A n b a Roueis-Haus, RamsesStraße, Abbaseya, K a i r o

Diözesen

Sitz:

und

Erzbistum Erzbistum Erzbistum Sheikh Erzbistum Erzbistum Zone Erzbistum Erzbistum Erzbistum Erzbistum Erzbistum Erzbistum Bahnassa

Bistümer:

von Behera u n d Pentapolis von Gharbis von Damietta und K a f r e l von Dakahlia von Sharkia u n d K a n a l von von von von von von

Menoufia Kalyoubia Memphis Giza Fayoum Beni Souef u n d

Erzbistum von Minia und Ashmounein Erzbistum von Dairout Erzbistum von Manfalout Erzbistum von Assiut Erzbistum von Abu Teej Erzbistum von Sohag und Minshah Erzbistum von Balyana Erzbistum von Akhmim Erzbistum von Girga Erzbistum von Kena Erzbistum von Luxor und Assuan Bischofsamt f ü r ökumenische u n d öffentliche Angelegenheiten Bischofamt f ü r höhere koptische Studien

Damanfour Tanta Damietta Mansourah Zagazig Shebin E l - K o m Benha Helwan Giza Fayoum Beni Souef Minia Dairout Manfalout Assiut Abu Teej Sohag Balyana Akhmim Girga Kena Luxor Anba Roueis-Haus, RamsesStraße, Abbaseya, K a i r o Koptisches Institut f ü r höhere Studien, Anba RoueisHaus, Ramses-Straße, Abbaseya, K a i r o

Adressenliste

zur Orthodoxen

Kirche

Ägyptens

229

General-Bischöfe, Assistenz-Bischöfe

A n b a Roueis-Haus, Ramses-

für den Papst und Patriarchen

Straße, Abbaseya, K a i r o

Erzbistum von Jerusalem und dem

Koptisdies Patriarchat,

Osten

Jerusalem

Erzbistum von Omdurman, A t b a r a

O m d u r m a n , Sudan

und N u b i a Erzbistum von K h a r t o u m und U g a n d a

K h a r t o u m , Sudan

Koptisdies Bistum von K a n a d a

Z. Zt. ohne selbständige

Koptisches Bistum von U S A

Bischöfe, direkt vom

Koptisches Bistum von Australien

Patriarchat in K a i r o aus

Bischof Abbot von Deir Es-Souriani

Wadi N a t r o u n , Ägypten

verwaltet (Neue Bistümer werden wahrscheinlich in naher Zukunft geschaffen werden) Klöster

und

Konvente

Kloster von El M o h a r r a k

Kousia

Kloster des H l . Antonius

ö s t l i c h e Wüste, Naser

Kloster des H l . Paul

ö s t l i c h e Wüste, Naser

Kloster des H l . Samuel

Gebel el Kalamoun —

(Ex.-Boush) (Ex.-Boush) Maghagha Kloster der H l . J u n g f r a u

Wadi Natroun

(El Baromous) Kloster der H l . J u n g f r a u

Wadi N a t r o u n

(El Souriani) Kloster des H l . Pishoy

Wadi N a t r o u n

Kloster des H l . Makarios

Wadi Natroun

Kloster des H l . Menas

Maryout

K o n v e n t der H l . M a r i a

H a r e t Zuela, K a i r o

K o n v e n t des H l . Georg

H a r e t Zuela, K a i r o

K o n v e n t des H l . Georg

Alt-Kairo

K o n v e n t des Abu Sefein

A b u Sefein K o n v e n t ,

K o n v e n t des H a r e t E l R o o m

H a r e t E l R o o m , E l Azhar,

Alt-Kairo Kairo K o n v e n t der H l . D a m i a n a

Bilkas

K o n v e n t der Töchter der H l . M a r i a

Beni Souef

(Diakonissen, eine neue F o r m von aktiven N o n n e n )

DIE ORTHODOXE KIRCHE ÄTHIOPIENS Gliederung, Leitung, Anschriften Die orthodoxe Kirche Äthiopiens hat jede der 14 Provinzen, in die das Reichsgebiet eingeteilt ist, in den Rang einer Diözese erhoben und einen Erzbischof oder Bischof in der jeweiligen Provinzhauptstadt eingesetzt. Die 14 äthiopischen Provinzen sind: Shoa, Godjam, Begemder, Tigre, Erythrea, Wollo, Ogaden,

Bali, Arussi, Sidamo, Gomugofa, Kafa, Ilubabor, Wollega.

Der Patriará der äthiopischen Kirche, Abuna Tewoflos, lange Zeit als amtsführender Patriarch in Vertretung des erkrankten Patriarchen Baselyos, wurde 1972 zum Patriarchen gewählt. Er ist gleichzeitig Etchege, das heißt, Oberhaupt der Klöster, die der Mönchsfamilie des Takla Haimanot zugehören. Er ist audh Erzbischof der zentralen Provinz Shoa, in welcher die H a u p t s t a d t Addis Abeba liegt. Der Patriarchatsverwaltung gehören zwei Vikarbischöfe an: Abuna Samuel, seit Juni 1973 beauftragt mit der Wahrnehmung der Auslandsbeziehungen, und Abuna Makarios, beauftragt mit der Aufsicht der 827 Klöster. Die orthodoxe Kirche Äthiopiens hat jedoch vermieden, die in der griechischen Kirche kanonisch umstrittenen Titularbischöfe zu kreieren. Stattdessen hat man Abuna Samuel den A v r a j a Kambatta bischöflich unter Leitung des zuständigen Provinzbischofs zu verwalten gegeben und dem Abuna Makarios 3 Avraja unter Aufsicht des Erzbischofs Josef von K a f a . Die Bischöfe der drei traditionell majoritär orthodoxen Provinzen Godjam, Begemder und Tigre, die insofern eine weit höhere Verantwortung tragen als die Hierarchen der anderen Provinzen, als in an-

Die orthodoxe

Kirche

Äthiopiens

231

deren Provinzen der muslimische und heidnische Bevölkerungsteil stark ins Gewicht fällt, sind die folgenden: Für Godjam Abuna Marqos in Debra Marqos, für Begemder Abuna Endreyas in Gondar, wegen häufiger Erkrankung jedoch meist im Amt vertreten durch den Liqa Kahnat der bischöflichen Verwaltung von Gondar, Mamher Belai Mersha, für Tigre Abuna Yohannes in Makalle. Im Ausland wirken zwei äthiopische Bischöfe, seit langer Tradition der Erzbischof von Jerusalem (Josef) und seit 1971 der Bischof von Haiti. In der Patriarchatsverwaltung wirkt als Leiter der Administration der Nebure Ed (Würdetitel des höchsten Geistlichen der alten Kaiserstadt Aksum) Ermyas Kebede. Als Hof geistlicher des Kaisers, Vorsteher der Hofkirche „Hl. Dreieinigkeit" und gleichzeitig Leiter der Abteilung „Religiöse Angelegenheiten" im Privatkabinett des Kaisers wirkt Liqa Seltanat Habte Mary am Worqneh. Der Theologischen Fakultät im Rahmen der Haile Selassie I. Universität in Addis Abeba, dem Holy Trinity College, steht als Rektor Abba Samuel vor. Sein Assistent ist: Dean Ques Mikre Selassie. Anschriften: Patriarchat, Addis Abeba, PO Box 1283. Liqe Siltanat Habte Maryam, P O Box 3137. Tel. 112616. Unter den Klöstern sind die bedeutendsten : Debra Líbanos in Shoa, Debra Abbai,

Debra Damo, Gunda Gundie in Tigre, Waldebba in Begemder, Dima Giyorgis und Debra Worq in Godjam, Amba Geshen in Wollo, Debra Bizen und Tsad Amba in Erythrea. H i n z u k o m m e n die Inselklöster

im Tana-See, und im Zwai-See. (Zusammenstellung: Prof. Dr. Friedrich Heyer, Heidelberg)

DOKUMENTATION KONFERENZ DER OBERHÄUPTER DER ORIENTALISCHEN O R T H O D O X E N K I R C H E N Von der Konferenz der Kirchenhäupter und -delegierten angenommene Entscheidüngen, Addis Abeba, 15.—21. J a n u a r 1965: PRÄAMBEL 1. Es ist uns eine große Freude, in einer Konferenz beisammen zu sein, die von Seiner kaiserlichen Majestät Haile Selassie I., Kaiser von Äthiopien, einberufen wurde, um Mittel und Wege zu suchen, die Verbindungen der Einheit zwischen unseren Schwesterkirchen zu stärken u n d ihre geistliche Kraft zu entdecken, auf d a ß besseres Zeugnis f ü r Gott, unseren himmlischen Vater, abgelegt werde aufgrund des Gehorsams gegenüber unserem gemeinsamen H e r r n Jesus Christus und durch die Macht des Heiligen Geistes. 2. Wir sind der Ansicht, daß diese Konferenz der Beginn einer neuen Ä r a unserer Geschichte ist. Es ist unsere feste Hoffnung, daß mit unserem Treffen hier wirklich ein neues Zeitalter der künftigen Konzilien anbricht, die unsere Kirchen näher zur Einheit bringen wird, der sie sich während der Zeit der drei alten ökumenischen Konzilien von Nicäa, Konstantinopel und Ephesus erfreuten und die sie mit erneuter K r a f t und Vitalität befähigen werden, das erlösende Werk Gottes in der Welt voranzubringen. 3. In unseren Verhandlungen auf dieser Konferenz sind wir übereingekommen, die von einem von uns eingesetzten Ausschuß unserer Theologen vorgelegten Ergebnisse und Empfehlungen zu überprüfen. Somit widmeten wir unsere Aufmerksamkeit den gemeinsamen A u f gaben unserer Kirchen in Verbindung mit den sechs besonderen Themen, die gegenwärtig von äußerster Wichtigkeit sind. Nachstehend werden unsere Entscheidungen aufgeführt:

I. Die moderne Welt und unsere a)

Kirchen

Einführung

1. Die Welt, in der wir leben, war stets und ist auch heute radikalem Wandel ausgesetzt, der das Leben der Menschen stark beeinflußt.

Dokumentation

233

Männer und Frauen finden neue Ideen, werden von neuen Ideologien angezogen, erleben neue Lebensstile und schaffen neue Formen der Kultur. Beinahe überall wird unser Kirchenvolk vom Strudel einer säkularen Bewegung erfaßt. Wir sind uns alle des sich vergrößernden Abgrundes zwischen der Kirche und den gebildeten modernen Menschen, besonders den Jugendlichen, bewußt. Wir wissen, daß das Hauptproblem in der Überbrückung dieses Abgrundes besteht. Da es sich um ein Hauptproblem handelt, haben wir beschlossen, die folgenden Anregungen, die uns von dem Ausschuß der Theologen dargelegt wurden, ernst zu nehmen. 2. Hinsichtlich der Probleme, die sich für die Gläubigen im 20. Jahrhundert durch neue Standpunkte, geistliche, dogmatische und exegetische oder neue materialistische und atheistische Ideologien ergeben, bestätigt die Konferenz der orientalischen orthodoxen Kirchen erneut ihre Zugehörigkeit zum orthodoxen Glauben und zur orthodoxen Lehre, die ihre Grundlagen in der Heiligen Bibel und der Heiligen Tradition haben. Neue Theorien oder Erklärungen über das Leben und die Lehre unseres Herrn Jesus Christus, seine Inkarnation oder seine Kreuzigung, — ob sie von Einzelnen oder Gruppen stammen — sind ganz besonders auf Grundlage der Texte der Heiligen Bibel und der patristischen Lehren zu beurteilen. „Und das sollt ihr für das erste wissen, daß keine Weissagung in der Schrift geschieht aus eigener Auslegung. Denn es ist nodi nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht, sondern die heiligen Menschen Gottes haben geredet, getrieben von dem Heiligen Geist" (2. Petr. 1, 20—21). „Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit, daß ein Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Werk geschickt" (2. Tim. 3, 16—17). Jede unserer Kirchen wird einen Ausschuß einberufen, um die Einzelheiten der Probleme zu studieren, die durch solche neuen Ansichten und Ideologien entstanden sind, um die erforderlichen Antworten zu geben und um ihre Schlußfolgerungen dem ständigen Ausschuß mitzuteilen, damit sie auf einer künftigen Konferenz weiter behandelt werden können. b)

Jugend

3. Eine beträchtliche Anzahl gebildeter Jugendlicher scheint von aktiver Teilnahme am kirchlichen Leben Abstand zu nehmen. Dies macht

234

Anhang

sich besonders dadurch bemerkbar, daß die meisten Kolleg- und Universitätsabsolventen nicht gewillt sind, das Priestertum als mögliche Berufung zu betrachten. Es ist nicht ungewöhnlich festzustellen, daß sehr junge Leute — die sich der Kirche gegenüber zögernd verhalten — begeistert in bestimmten ideologischen oder sozialen Gruppen mitarbeiten, die ihre Vorstellungskraft befriedigen und ihre Loyalität beanspruchen. Einer der Gründe scheint zu sein, daß sie meinen, die Kirche lebe in einem vergangenen Zeitalter und befasse sich mehr mit geschichtlichen Lehrsatzfragen als mit den realeren Problemen des modernen Menschen. Die Kirchen — so meinen sie — seien hauptsächlich besorgt, „den einmal den Heiligen übermittelten Glauben" zu bewahren und den gebräuchlichen Gottesdienstaufbau beizubehalten. Anders ausgedrückt, haben Predigt und Praxis der Kirchen für viele gebildete Menschen im Zeitalter der Wissenschaft und Technologie weniger Bedeutung. c) Integration

des Menschen in das Leben der

Kirdoe

4. Deswegen ist es dringend notwendig, den modernen Menschen im allgemeinen und die gebildeten Jugendlichen im besonderen, in das Leben der Kirchen zu reintegrieren. Den Bedürfnissen der Menschen, die in städtischen und industriellen Gebieten leben, sollte besonders Rechnung getragen werden. Unsere Kirdien sollten unmittelbar Fragen aufgreifen, die sich auf geeignete Änderungen gewisser Gepflogenheiten beziehen, die irt direkter Verbindung zur Teilnahme der Menschen am Leben der Kirche stehen. So müßten ζ. B. die Fastenregeln und die Idee der Fastentage der Passionszeit neu betrachtet und überarbeitet werden. Die echten spirituellen Werte solcher Praktiken sollten den Gläubigen beigebracht werden, damit sie für sie an Bedeutung gewinnen. Die Dauer, Sprache und Zeiten des Gottesdienstes sollten überprüft werden, indem Methoden der Vereinfachung und Anpassung untersucht werden, ohne dem Mysterium und der tiefen, darin enthaltenen Spiritualität Abbruch zu tun. Den Laien, Männern und Frauen, müssen verantwortungsvolle Stellungen und Sitze im Leben der Kirche gegeben werden. Besonders der Jugend muß mehr Verantwortung in der Teilnahme am Leben und an der Arbeit unserer Kirchen gegeben werden. Die Jugend muß nicht als Gruppe am Rande der Kirche angesehen und behandelt werden, sondern muß in das Zentrum des kirchlichen Lebens gebracht werden. Da diese Punkte ganz unerläßlich für die Integration des modernen Menschen in das kirchliche Leben sind, beschließen wir, daß jede unserer Kirchen einen

Dokumentation

235

Expertenausschuß einberufen sollte, um diese Probleme in dem eigenen Rahmen zu untersuchen und besondere Maßnahmen und Schritte zu empfehlen über die die anderen Kirchen zu informieren wären. In diesem Zusammenhang nehmen wir zur Kenntnis, daß die syrischorthodoxe Kirche von Antiochien und Indien sowie die armenischorthodoxe Kirche bereits einige endgültige Änderungen in ihren Bestimmungen über Fastenzeiten und die Passionszeit eingeführt haben. d) Familienleben

und spirituelle

Erneuerung

5. Christliche Heime sind grundlegende Einheiten im Leben der Kirche und es ist äußerst dringlich, eine Erziehung für das Familienleben zu bieten. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Unterweisung junger Paare vor und nach der Eheschließung gewidmet werden. Die Frage der Familienplanung, der Auflösung der Ehe und der damit verbundenen Probleme sollten sorgfältig untersucht und seelsorgerisch äußerst ernst genommen werden. 6. Das Lesen der Bibel, die täglichen Gebete, das Familiengebet, die regelmäßige Teilnahme an kirchlichen Gottesdiensten, die häufige und ordentlich abgelegte Beichte und eine bewußte Teilnahme an der H e i ligen Eucharistie sollten auf alle möglichen Arten ermutigt werden. Es sollte in einen engeren Zusammenhang mit dem sozialen Anliegen für die Armen und die Leidenden gebracht werden. Die geistlichen durch die Gnade Gottes empfangenen Gaben sollten in Tätigkeiten der Nächstenliebe und opferbringende Hingabe für das Wohlergehen der Bedürftigen und in die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit umgeformt werden. Die Beichte sollte wieder zu einer wahrhaftigen und wirklichen Quelle geistlicher und moralischer Leitung und Beratung werden. Alles dies erfordert eine neue Ausrichtung des seelsorgerischen Amtes unserer Kirchen. e) Christliche

Erziehung

7. Die christliche Erziehung unserer Kinder und Jugend ist ein echtes Interesse und Anliegen unserer Kirchen. Wir beschließen einen Sonderausschuß von Experten zu ernennen, der aus Lehrern, Geistlichen und Laien bestehen soll, um eine allgemeine Richtlinie für einen Lehrplan christlicher Erziehung auszuarbeiten, der von unseren Kirchen — je nach Tradition und Lage jeder Kirche — mit den notwendigen Abänderungen zu benutzen ist. 8. Bereits seit den frühesten Anfängen waren Schriften für die christliche Kirche von größtem Nutzen. Von unseren Kirchenvätern wurde

236

Anhang

uns ein äußerst reiches schriftliches E r b e auf dem Gebiet biblischer, theologischer, hagiographischer, liturgischer und historischer Studien und Schriften überliefert. Aber wir können uns nicht auf das uns aus der Vergangenheit Überlieferte beschränken und es als einzige Quelle unserer geistlichen Nahrung betrachten. D i e schriftliche T ä t i g k e i t unserer Kirchen sollte ein fortwährender V o r g a n g sein, der einen neuen und frischen Geist in das Leben unserer Kirchen bringen könnte. W i r benötigen ( I ) biblische und liturgische K o m m e n t a r e ; ( I I ) theologische Bücher

für

eine

klare und anschauliche Darlegung

christlichen Glaubens; ( I I I ) Schriften f ü r den Zweck, den

unseres Heraus-

forderungen der modernen Ideologien, soziologischen Theorien und neuen psychologischen Trends in Beziehung auf die Lehre des Evangeliums nachzukommen; ( I V ) populär gehaltene, in leicht lesbarer Sprache und einfachem Stil geschriebene christliche R o m a n e und T r a k t a t e für einfachere Menschen; (V) Informationsmaterial, das ausführlich und genau den historischen Hintergrund und die gegenwärtige Lage unserer Kirchen darlegt und in einer gerechten und wahrheitsgetreuen Weise sowie in einem Geiste der Selbstkritik, anstatt der Selbstverherrlichung, zu dem wir manchmal in unseren Schriften neigen, abgef a ß t ist; ( V I ) eine Zeitschrift für alle unsere Kirchen, die aus örtlichen Zeitschriften

stammende

Informationen

über

unsere

verschiedenen

Kirchen bringt und in der über die Tätigkeiten unserer Ausschüsse und das Sekretariat berichtet wird. f)

Mönchtum

9. D a s Mönchtum muß in unseren Kirchen neu belebt werden. W ä h rend das Hauptgewicht weiterhin in allen Orden auf kontemplatives Leben, auf körperliche Arbeit und Studien gelegt werden sollte, ist es notwendig, verschiedene Typen von O r d e n zu entwickeln, die den unterschiedlichen Anliegen besondere Aufmerksamkeit schenken, damit aktiv an der Arbeit unserer Kirchen teilgenommen werden kann. Sorgfältige Auswahl und richtige Ausbildung der Kandidaten sind die grundlegenden Vorbedingungen für eine erfolgreiche Erneuerung des Mönchtums. 10. Die Wiedereinführung der religiösen sorgfältig

betrachtet und ernsthaft

Orden für Frauen

bearbeitet

werden.

Die

sollte Kirche

wird sehr viel durch die Frömmigkeit solcher Frauen gewinnen, die die Berufung haben, ihr ganzes Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Unsere Kirchen sollten ernstlich die F r a g e eines gegenseitigen tausches von Mönchen und Nonnen erwägen.

Aus-

Dokumentation

g)

237

Kirdoenverwaltung

11. O b w o h l

die S y s t e m e der K i r c h e n v e r w a l t u n g

in den

jeweiligen

Kirchen sehr unterschiedlich sind, sind w i r doch der Ansicht, d a ß es n o t w e n d i g ist, sie neu zu ü b e r p r ü f e n und neu zu organisieren. Z w e i P u n k t e sind v o r r a n g i g zu b e h a n d e l n : ( I ) D a s H a u p t g e w i c h t sollte a u f der seelsorgerischen N a t u r und der B e r u f u n g z u m E p i s k o p a t liegen. Bischöfe sollten durch ein so w i r k sames V e r w a l t u n g s s y s t e m b e f ä h i g t werden, die Seelsorge f ü r die i h n e n a n v e r t r a u t e n G l ä u b i g e n v e r s t ä r k t durchführen zu k ö n n e n . ( I I ) E i n S y s t e m sollte ausgearbeitet werden, nach dem allen S p a r t e n des K l e r u s u n d der Laienschaft V e r a n t w o r t u n g u n d gut k o o r d i n i e r t e Teilnahme

am

L e b e n und Zeugnis

der K i r c h e

übertragen

werden

k a n n . D i e S t a r r h e i t m u ß einer gewissen F l e x i b i l i t ä t P l a t z machen, u m eine jeweilige Anpassung z u erreichen, d a m i t kirchliche D i e n s t e allen

Situationen

des menschlichen

Lebens

wirksam

Hilfe

in

bringen

können.

h)

Kirchenkalender

12. U n s e r e K i r c h e n sollten sich m i t der F r a g e befassen, o b es n o t w e n dig ist, unseren K i r c h e n k a l e n d e r zu überarbeiten. Ein identischer K a lender w ü r d e unsere E i n h e i t nach außen hin bezeugen. D a h e r

be-

schließen w i r , einen Expertenausschuß einzusetzen, der in E i n z e l h e i t e n die Ursachen der daraus entstehenden Unterschiede u n d

Schwierig-

keiten untersucht und uns über seine Ergebnisse z u r B e r a t u n g u n d geeigneter H a n d l u n g berichten w i r d . W i r b e m e r k e n an dieser Stelle, d a ß die syrisch-orthodoxe K i r c h e v o n Antiochien u n d Indien sowie

die

armenische K i r c h e eine Ä n d e r u n g ihres t r a d i t i o n e l l e n K a l e n d e r s durch die A n n a h m e des Gregorianischen K a l e n d e r s v o r g e n o m m e n h a b e n .

11. Zusammenarbeit

au} dem Gebiet theologischer

Ausbildung

a) Einführung 1. W i r e r k e n n e n alle an, d a ß die theologische Ausbildung eine der unerläßlichsten A u f g a b e n der K i r c h e ist. D i e K i r c h e braucht M ä n n e r , die einerseits bereit sind, dem R u f des H e i l i g e n Geistes, der in der K i r c h e a m W e r k ist, zu f o l g e n u n d die andererseits f ä h i g sind, den Bedürfnissen des Menschen in der modernen Z e i t n a c h z u k o m m e n . D i e theologische Ausbildung ist das geeignetste M i t t e l mit dem die K i r c h e

238

Anhang

versuchen kann, solche Menschen vorzubereiten. Obwohl das erste Ziel der theologischen Ausbildung die Heranbildung von Priestern und anderer kirchlicher Arbeitskräfte ist, sollte sie ebenfalls Ausbildung der Laien einschließen, damit diese in ihren respektiven Berufungen ein wirksames Zeugnis des christlichen Glaubens ablegen können. b) Inhalt

der theologischen

Ausbildung

2. Durch die theologische Ausbildung versucht die Kirche, ihre Mitglieder und zwar in erster Linie ihren Klerus in Glaubensfragen so zu unterrichten, daß es der Wirklichkeit in jedem Zeitalter entspricht. Der Glaube der Kirche hat seinen Mittelpunkt in der Person und dem Werk Jesu Christi, dem fleischgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Herrn und in der steten Führung des Heiligen Geistes, der Jesus Christus und sein Heilswerk als eine zeitgenössische Wirklichkeit in jedem Zeitalter gegenwärtig werden läßt. Dieser Glaube ist die Zeugnisablegung für die Heiligen Schriften und hat die Heilige Tradition der Kirche geformt. Die theologische Ausbildung sollte daher genügend Zeit für Bibelstudien — die jeder Generation stets neue Inspiration vermittelt haben — sowie für die christliche Geschichte als dynamische Erfahrung unseres gemeinsamen Glaubens und der gottgegebenen Mission ermöglichen. Diese Ausbildung sollte in einer Atmosphäre des Gottesdienstes, der religiösen Verpflichtung und in Beziehung auf das intellektuelle Klima unseres Zeitalters durchgeführt werden. Somit sollte die Kirche durch die theologische Ausbildung befähigt werden, Menschen heranzuziehen, die in „dem einmal den Heiligen gegebenen Glauben" tief verwurzelt und gefestig sind und die ihn ihrer Generation wirksam verkündigen werden. 3. Während die geistlichen und intellektuellen Aspekte somit betont werden, sollten jedoch die seelsorgerischen nicht übersehen werden. Daher sollte ein praktisches Ausbildungsprogramm für christliche Tätigkeit ebenfalls zu jeder theologischen Ausbildung gehören. Studenten der theologischen Ausbildungsstätten sollte Gelegenheit gegeben werden, mit der eigentlichen Welt in Berührung zu kommen, die ihr Tätigkeitsgebiet während ihrer Amtszeit sein wird. Außerdem sollte ihnen der anfängliche Zugang zum Leben und zur Arbeit in der Gemeinde durch direkte Teilnahme erleichtert werden, wodurch sie die verschiedenen Aspekte und Probleme des kirchlichen Lebens kennenlernen können.

Dokumentation c) Gemeinsamer

239

Lehrplan

4. Unter Berücksichtigung aller dieser Fakten sind wir der Ansidit, daß es notwendig ist, in unseren Kirchen einen umfassenden Lehrplan der Theologiestudien auszuarbeiten, der von jeder Kirche mit den jeweiligen Änderungen — aufgrund der besonderen Tradition und der örtlichen Bedürfnisse — angenommen werden könnte. d) Praktische

Zusammenarbeit

5. Im Hinblidc auf die besonderen Fragen der Zusammenarbeit unserer Kirchen auf dem Gebiet der theologischen Ausbildung sehen wir uns zwei Problemen gegenüber. Erstens macht die Tatsache, daß der Unterricht in unseren einzelnen theologischen Seminaren in verschiedenen Sprachen abgehalten wird, eine Zusammenarbeit äußerst schwierig. Zweitens besteht ein Problem darin, daß unsere Kirchen weder dieselben Liturgien nodi dieselben ekklesiastischen Gepflogenheiten haben. Wir beschließen daher, Möglichkeiten zu untersuchen, um folgende Wege f ü r die Zusammenarbeit zu ebnen: (I) Wir sollten den Austausch von solchen Studenten, vorzugsweise auf fortgeschrittener Ebene, fördern, die die notwendige Sprache erlernen können und denen von der betreffenden Institution Möglichkeit gegeben wird, ihre ausgewählten Studienprogramme durchzuführen. Austausch von Professoren wird leichter sein als der von Studenten, besonders wenn sie Gelehrte oder Experten auf einem bestimmten Studiengebiet sind. (II) Beim Aufbau eines gemeinsamen Zentrums für fortgeschrittene Studien und Forschungsarbeit sollten wir zusammenarbeiten, um einen O r t höherer Studien f ü r unsere Kirchen zu schaffen. Hierbei sollte es sich um eine Institution handeln, die den Universitätsabsolventen Möglichkeiten für besondere Studien in Geschichte, Theologie und anderen mit unseren orthodoxen Kirchen verbundenen Fächern auf höherer Ebene bieten. Studenten mit Universitätsabschluß, die von unseren Kirchen empfohlen werden und Professoren mit hoher akademischer Bildung oder Experten auf den jeweiligen Gebieten könnten den Stab vervollständigen. Um einen hohen akademischen Standard zu halten, sollte es mit anderen ähnlichen Instituten in anderen Teilen der Welt zusammenarbeiten. e) Studien im

Ausland

6. Da ausländische Universitäten, Seminare und andere Institute Theologiestudien auf hoher Ebene bieten, beschließen wir, daß unsere

240

Anhang

Kirchen fähige Personen auswählen und sie f ü r von uns bestimmte Institutionen empfehlen sollten. Wir sollten dabei darauf achten, daß diese Männer ihr Studium im eigenen Land bereits abgeschlossen haben und reif genug sind, um ihre Studien in einem anderen Weltteil weiterzuführen. Sie sollten tief in ihrer eigenen Tradition verwurzelt sein und gleichzeitig ein echtes Verständnis f ü r andere Traditionen mitbringen. f) Theologische

Bücher

7. Wir beschließen ebenfalls, d a ß unsere Kirchen bei der Herausgabe von theologischen Büchern und Lehrbüchern zusammenarbeiten sollten. Wenn das vorgeschlagene Zentrum f ü r höhere theologische Studien und Forschungsarbeit eingerichtet sein wird, kann diese Arbeit mit ihm verbunden werden. Die so veröffentlichten Bücher könnten in die verschiedenen Sprachen unserer jeweiligen Kirchen übersetzt werden, so daß die Sprache kein Hindernis f ü r eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet mehr darstellt.

III. Zusammenarbeit a)

auf dem Gebiet der

Evangelisation

Einführung

1. Die Evangelisation ist ein anderes Gebiet, auf dem — unserer Ansicht nach — unsere Kirchen' zusammenarbeiten könnten. Die E v a n gelisation ist ein Teil unseres gemeinsamen Erbes und wir verweisen auf die großen Erfolge, die unsere Kirchen in der Vergangenheit auf diesem Gebiet erzielt haben. Gleichzeitig leben wir aber in einem Zeitalter, in dem die Evangelisationsmethoden neu zu bewerten sind. D a her sollten wir die Erfahrungen der verschiedenen Missionswerke unserer Kirchen untersuchen, um unsere Evangelisationsbemühungen eventuell koordinieren zu können. b) Die Grundlage

der

Evangelisation

2. Die Grundlage der Evangelisation liegt im Wesen und Zweck der Inkarnation Christi, wie sie in seinem Leben und seiner Lehre offenbart wurde. Es ist nicht unbedingt der menschliche Wunsch, die Zahl der Mitglieder der eigenen Gemeinschaft zu erhöhen. Auch handelt es sich nicht um einen formellen Gehorsam gegenüber Christi Gebot: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker". In seinem hohen-

Dokumentation

241

priesterlichen Gebet spricht unser Herr zum Vater: „Gleichwie du mit gesandt hast in die Welt, so sende ich sie auch in die Welt" (Joh. 17, 18). Unser Herr sandte seine Jünger in die Welt, so wie sein Vater ihn in die Welt gesendet hat, um sich selbst mit der Menschheit in all ihrer Not zu identifizieren, um die Sünden zu tragen und für sie am Kreuze zu sterben. Das Apostolat der Kirche besteht darin, den Meister zu vertreten, „der kam zu dienen und nicht, um bedient zu werden und der sein Leben gab für viele". Daher besteht die Rolle der Kirche darin, die Heilsbotschaft der Welt zu überbringen und darin, als guter Samariter die Wunden der zerbrochenen Welt zu verbinden, indem die Kirche versucht, Gottes Liebe denen nahezubringen, für die sie sonst unwirklich ist. Hier handelt es sich nicht um nur eine unter vielen Tätigkeiten der Kirche, sondern um diejenige, die ihr zentrales Anliegen und ihre Hauptsorge sein sollte. 3. Auf dem Gebiet der evangelisierenden Zeugnisablegung unserer Kirchen brauchen wir gut ausgebildete und einsatzbereite Prediger und Arbeiter. Verstärkte Bemühungen auf dem Gebiet der Evangelisation bedeuten jedoch nicht nur die Ausbildung einer größeren Anzahl von redegewandten Predigern und die Aussendung dieser in die Welt, indem man ihnen das nötige Rüstzeug mitgibt; es handelt sich ebenfalls darum, daß alle Mitglieder der Kirche von Gottes erlösender Liebe erfaßt werden und daß sie denjenigen Hilfe bringen, die überall in geistlichen und materiellen Nöten leben. Die Frage stellt sich daher wie folgt: was können unsere Kirchen tun, um diesen evangelisierenden Geist des Lastentragens — um der Liebe Gottes willen· — unter unseren Mitgliedern zu stärken und um die Verkündigung der frohen Botschaft über Gottes Liebe einer bedürftigen Welt widerfahren zu lassen? c) Gottesdienst

und

Evangelisation

4. Das Gottesdienstleben der Gemeinschaft ist ein wesentliches Zeugnis, das die Kirche für ihren auferstandenen Herrn ablegt. Liebende Identifizierung mit der Menschheit und erlösende Liebe für die Menschen, für die unser Herr gestorben ist, wird im Gottesdienst durch evangelisierende Fürbitte zum Ausdruck gebracht. Eine solche Fürbitte — ein Gebet für die Welt und die christliche Arbeit, in dem das Anliegen der Kirche Ausdrude findet — kann ebenfalls dazu beitragen, daß die Mitglieder unserer Kirchen sich ihrer apostolischen oder missionarischen Berufung stärker bewußt werden. Diese Art der evangelisierenden Fürbitte muß ein integraler Teil unserer Liturgien und unse-

242

Anhang

rer Familiengebete werden. Die Fürbitten müssen in unseren Gottesdiensten erweitert und ein Einführungsprogramm zur Unterrichtung unserer Gemeinden zu diesem Zweck eingeführt werden. d) Evangelisation

und stärkeres

geistliches

Leben

5. Durch die Evangelisation sollten unsere Kirchen zu besseren Werkzeugen des Heiligen Geistes in allen Aspekten des kirchlichen Lebens werden. Dieses ist die wahre Quelle der Erneuerung unserer Kirchen. Evangelisation enthält den ernsthaften Versuch, das Mitgefühl Christi den Bedürftigen zur Realität werden zu lassen. Dies erfordert nicht nur ein Mitgefühl, das sich in Gabe von Almosen ausdrückt, sondern ebenfalls eine aufopfernde Darbringung der Dinge, mit denen Gott uns gesegnet hat. Unserem Kirchenvolk sollte das Prinzip und die Praxis einer Selbsthingabe durch persönlichen Einsatz gezeigt werden. Im Leben unseres Kirchenvolkes gibt es entchristianisierte Bereiche, die es zu evangelisieren gilt. Dabei müssen alle Mittel der Gnade voll ausgenutzt werden. e) Evangelisation

der

Außenstehenden

6. Wir müssen uns gemeinsam um die besonderen Gebiete bemühen, in denen eine Evangelisation von äußerster Dringlichkeit ist. Bereiche, in denen Männer und Frauen die Evangeliumsbotschaft des neuen Lebens besonders brauchen, sollten unsere unmittelbare Aufmerksamkeit erhalten. Die Botschaft des Evangeliums muß ebenfalls denen dargebracht werden, die mit dem Atheismus, dem Materialismus und anderen Philosophien und Ideologien sympathisieren, auf daß diese in aufrichtiger und eindeutiger Form mit der Wahrheit Jesu Christi konfrontiert werden. 7. In diesem Zusammenhang sollte besonders darauf hingewiesen werden, daß ein Zeugnis für Christus nicht bedeutet, Männern und Frauen anderer Länder unsere Landeskultur aufzuzwingen. Denjenigen, die zu Christus kommen, muß geholfen werden, ein Zeugnis für Christus in ihrem eigenen Volk abzulegen. Daher gilt es, eventuell neue Arten des Gottesdienstes im Einklang mit der Umwelt auszuarbeiten, damit einheimische Kirchen geschaffen werden können. f)

Evangelisationsmethoden

8. Es gilt, die verschiedenen Evangelisationsmethoden, die benutzt wurden und werden, um Christus den Bedürftigen näherzubringen,

Dokumentation

243

zu untersuchen. W i r müssen M e t h o d e n vermeiden, die mit dem christlichen Geist der Nächstenliebe u n d den moralischen Idealen der E v a n gelisation nicht zu vereinbaren sind. Unsere Kirchen sollten sich ebenfalls — w e n n möglich — die modernen K o m m u n i k a t i o n s m e d i e n u n d Bildungsmaterialien, wie p o p u l ä r e s Schriftgut, K i n o u n d R u n d f u n k , f ü r die V e r k ü n d i g u n g des Evangeliums z u n u t z e machen. g) Ausbildung

in der

Evangelisationsarbeit

9. O b w o h l alle Christen Evangelisten sein müssen, ist es doch n o t wendig, eine große A n z a h l v o n ihnen voll u n d ganz in der Evangelisation zu beschäftigen. Sie benötigen eine besondere Ausbildung. W o n u r möglich, sollten unsere Kirchen missionarische Ausbildungszentren u n t e r h a l t e n , in denen vollamtliche Evangelisten u n d auch a n d e r e M e n schen ausgebildet w e r d e n . Es w ä r e v o n g r ö ß t e r H i l f e , w e n n unsere Kirchen gemeinsam ein Missionsinstitut errichten k ö n n t e n .

IV. Unsere Beziehungen a)

zu anderen

Kirchen

Einführung

1. Wir sind erfreut, d a ß es in der Welt unserer Zeit überall eine große Sehnsucht nach der W i e d e r g e w i n n u n g christlicher Einheit gibt, die ebenfalls in unseren Kirchen gehegt w i r d . G o t t will die Einheit der Menschheit in seiner Kirche. Die christliche Welt ist jedoch in viele O r g a n e aufgespalten. Diese Tatsache verursacht uns viel T r a u e r . So stellen w i r uns die Frage, wie unsere Beziehungen zu den vielen K i r chen der christlichen W e l t aussehen sollten. Die Kirchen k ö n n e n in drei Kategorien eingeteilt w e r d e n : Die o r t h o d o x e n Ostkirchen 1 , die römisch-katholische Kirche u n d die nicht-orthodoxen Mitgliedskirchen des ö k u m e n i s c h e n R a t e s der K i r chen. b) Beziehungen

zu den orthodoxen

Ostkirchen

2. O b w o h l w i r bei unserem Anliegen f ü r die Wiedervereinigung des Christentums an die E i n h e i t aller Kirchen v o m S t a n d p u n k t einer engeren V e r b u n d e n h e i t im G l a u b e n u n d einer geistlichen V e r w a n d t schaft m i t uns denken, müssen w i r v o n uns aus ebenfalls unsere Beziehungen zu ihnen ä n d e r n . Diese Betrachtung f ü h r t uns zu d e r ersten Frage nach den Beziehungen zu den o r t h o d o x e n Ostkirchen. Bis z u m

244

Anhang

Konzil von Chalcedon im Jahre 451 hatten wir denselben Glauben und waren in Kommunion mit ihnen, danach kam es zu einer Spaltung. 3. Im Hinblick auf die christologischen Kontroversen, die diese Spaltung heraufbeschworen, hoffen wir, daß gemeinsame Studien in einem Geist des gegenseitigen Verstehens helfen werden, unsere jeweiligen Ansichten besser verstehen zu können. Deshalb beschließen wir, formell eine neue Studie der christologischen Lehre in ihrem historischen Rahmen von unseren Gelehrten durchführen zu lassen, indem frühere Studien über dieses Thema und die informellen Konferenzen, die in Verbindung mit Tagungen des ökumenischen Rates der Kirchen abgehalten wurden, berücksichtigt werden. In der Zwischenzeit sind wir einverstanden, daß unsere Kirchen versuchen, in engere Beziehung zu den orthodoxen Ostkirchen zu treten und mit ihnen in praktischen Angelegenheiten zusammenarbeiten. c) Beziehungen

zur römisch-katholischen

Kirche

4. Bis zum Konzil von Chalcedon im Jahre 451 hatten wir denselben Glauben wie die Kirche von Rom und waren mit ihr in Kommunion, danach kam es zu einer Spaltung. Wir freuen uns über das neue Bewußtsein in der römisch-katholischen Kirche hinsichtlich der Notwendigkeit, die anderen Kirchen, besonders die orientalischen orthodoxen Kirchen, anzuerkennen. Mit diesem neuen Geist vor Augen meinen wir auch, daß wir von uns aus bereit sein sollten, mit der römischkatholischen Kirche Gespräche aufzunehmen, um einander besser verstehen zu können. Das Prinzip des Dialoges zwischen den Kirchen müßte angenommen werden. In diesem Zusammenhang sollten wir auch die römisch-katholische Kirche bitten, ihre Theorie und Praxis hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Unierten Kirchen zu überprüfen sowie die Gepflogenheit, Mitglieder unserer Kirchen zu bekehren. 5. Wir freuen uns, daß auch die orthodoxen Ostkirchen eine positive Haltung gegenüber dem Dialog mit der römisch-katholischen Kirche gezeigt haben, und wir hoffen, daß es unseren Kirchen möglich sein wird, in Zusammenarbeit mit ihnen vorgehen zu können. d) Beziehungen der Kirchen

zu anderen Mitgliedskirchen

des Ökumenischen

Rates

6. Zu den nicht-orthodoxen Mitgliedskirchen des ökumenischen Rates der Kirchen unterhalten wir herzliche Beziehungen durch den letzteren, und wir hoffen und beten, daß Gott den Weg für gegenseitiges

Dokumentation

245

Verstehen und für Zusammenarbeit — wo immer möglich — öffnen möge. U n t e r diesen Kirchen gilt es, die Altkatholische Kirche und die anglikanischen Kirchen besonders zu erwähnen. D i e

anglikanischen

Kirchen haben ζ. B. stets ihre Achtung gegenüber den orientalischen orthodoxen Kirchen gezeigt, und wir sind sicher, daß diese Tatsache zu einem fruchtbaren Dialog zwischen ihnen und anderen

Kirchen

führen wird. Unsere Kirchen haben ebenfalls K o n t a k t e mit den anderen Mitgliedskirchen des ökumenischen Rates der Kirchen. I n unseren gegenseitigen Beziehungen gab es und gibt es audi noch heute Schwierigkeiten, die sich aus Proselytismusversuchen ergeben, die von einigen protestantischen

Kirchen angestellt werden. W i r hoffen, daß

diese

Versuche eingestellt werden. W i r glauben, daß G o t t , der unsere K i r chen und die anderen Mitgliedskirchen des ökumenischen Rates der Kirchen durch letzteren in freundliche Beziehungen gebracht hat, uns helfen wird, zu einer Gemeinschaft zusammenzuwachsen und uns die Fülle der Einheit zu seiner Zeit und auf seine Art wiedergeben wird.

e) Die ökumenische

Bewegung

7. Abschließend möchten wir der ganzen ökumenischen Bewegung



wie sie durch den ökumenischen R a t der Kirchen ihren Ausdruck findet — unseren aufrichtigen D a n k aussprechen. D e r neue Geist der G e meinschaft, des gegenseitigen Verstehens und der Zusammenarbeit, der von der ökumenischen Bewegung gefordert wurde, hat günstige Auswirkungen auf das Leben aller beteiligten Kirchen gehabt. 8. W i r hoffen und beten, daß G o t t jede Bemühung stärken möge, die für das Fortschreiten der ökumenischen Bewegung gemacht wird, um die Kirchen zu befähigen, ihre Mission durch gemeinsame und abgestimmte Bemühungen in immer größer werdender Treue zu unserem gemeinsamen H e r r n , Jesus Christus, erfüllen zu können.

V. Schaffung einer Einrichtung für die Aufrechterhaltung ständiger Beziehungen zwischen den Kirchen 1. U m die Beschlüsse dieser K o n f e r e n z auszuführen und um die von den verschiedenen Kirchen in dieser Hinsicht angestellten Bemühungen zu koordinieren, beschließen wir, eine ständige Organisation zu schaffen. W i r werden einen ständigen Ausschuß ernennen, der aus zwei von jeder Kirche empfohlenen Vertretern besteht und der die folgenden Pflichten haben w i r d :

246

Anbang

( a ) N a c h a r b e i t dieser K o n f e r e n z z u leisten; (b)

Einsetzung

v o n Sonderausschüssen,

um F r a g e n

hinsichtlich

der

Entschließungen dieser K o n f e r e n z untersuchen z u lassen; ( c ) I n E i n z e l h e i t e n gehende Ü b e r p r ü f u n g der geeigneten und w i r k samen W e g e und M i t t e l für die Schaffung einer ständigen O r g a n i s a t i o n und eines S e k r e t a r i a t e s unserer K i r c h e n . 2 . D i e M i t g l i e d e r des somit e r n a n n t e n ständigen Ausschusses s i n d : Alexandrien

Anba Samuel A n b a Athanassius

Antiochien

Seine E m i n e n z M a r M a l a t i u s B a r n a b a

Äthiopien

M e l a k e Selam S a m u e l T e r r e f e

Seine E m i n e n z M a r Serverius Z a k k a Dr. Getachew H a i l e Priester D r . K . C . J o s e p h

Indien

Priester D r . V . C . S a m u e l 3. F ü r die Zeit zwischen dieser K o n f e r e n z und der E r r i c h t u n g einer ständigen O r g a n i s a t i o n und eines S e k r e t a r i a t e s — die nicht länger als sechs M o n a t e sein sollte — sind wir m i t der E r n e n n u n g v o n A t o Seifu M e t a f e r i a zum vorläufigen S e k r e t ä r einverstanden. Sein N a m e w u r d e dieser K o n f e r e n z von unserer Schwesterkirche, der

äthiopisch-ortho-

d o x e n Kirche, aufgrund unserer A n f r a g e , vorgeschlagen. E r w i r d die praktische A r b e i t in dieser u n m i t t e l b a r folgenden P h a s e erledigen. D e r ständige Ausschuß sollte auf seiner ersten Sitzung die V e r a n t w o r t u n g des vorläufigen

S e k r e t ä r s festlegen

und einen A r b e i t s p l a n

für

die

Zwischenzeit ausarbeiten.

VI. Erklärung über Friede und Gerechtigkeit

in der Welt

D i e O b e r h ä u p t e r und V e r t r e t e r der orientalischen o r t h o d o x e n

Kir-

chen, die auf der K o n f e r e n z in A d d i s A b e b a im J a n u a r

ver-

1965

s a m m e l t sind, möchten ihrem tiefen Wunsch nach F r i e d e n und G e rechtigkeit f ü r alle V ö l k e r und N a t i o n e n der W e l t Ausdruck geben. Unser

Herr

und Erlöser, Jesus Christus,

der F r i e d e f ü r s t ,

gebietet

„ F r i e d e a u f E r d e n und den Menschen ein W o h l g e f a l l e n " . D i e W e l t unserer Z e i t w i r d jedoch ständig v o n der Angst v o r dem K r i e g bed r o h t . I n dem A t o m z e i t a l t e r k a n n j e d e r K r i e g z u r Zerstörung

der

g a n z e n Z i v i l i s a t i o n und sogar zu einer weltweiten Vernichtung des menschlichen L e b e n s überhaupt f ü h r e n . Alles nur Mögliche m u ß u n t e r nommen

werden,

um den Ausbruch

W e l t t e i l z u verhüten.

eines Krieges

in

irgendeinem

Dokumentation

247

Der Friede ist jedoch nicht lediglich ein kriegsloser Zustand. Friede bedeutet vielmehr, daß alle Völker und Nationen der Welt in H a r monie und Zusammenarbeit auf die Errichtung des Reiches Gottes auf Erden hinstreben. In einem solchen Zustand menschlichen Lebens müssen die Rechte des Einzelnen, der Gemeinschaften und der Nationen voll anerkannt werden. In Gottes Augen sind alle Menschen gleich. Alle sind Kinder des himmlischen Vaters. Gottes Gaben der N a t u r sind für alle Menschen — ohne Rücksicht auf Rasse, Religion, Farbe, Klasse oder Geschlecht — bestimmt. Daher müssen alle Menschen, Gemeinschaften, Völker und Nationen auf der Grundlage der Gewissensfreiheit, der Gleichheit und Gerechtigkeit behandelt werden. Unsere Kirchen sind durch den Gehorsam zu Gott verpflichtet, f ü r die Gerechtigkeit f ü r alle zu arbeiten. Wir wollen untereinander und ebenfalls mit allen Weltorganisationen, die auf Gerechtigkeit und Frieden in der Welt abzielen, zusammenarbeiten, und wir rufen alle Völker, Nationen und Staaten der Welt auf, das gleiche zu tun. Möge Gott alle zu diesem Zweck angestellten Bemühungen — von welcher Seite sie auch kommen mögen — segnen und fördern. 1. 2. 3. 4. 5.

Koptisch-orthodoxe Kirche Syrisch-orthodoxe Kirche Armenisch-orthodoxe Kirche Äthiopisch-orthodoxe Kirche Syrisch-orthodvxe Kirche von Indien

(unterzeichnet) (unterzeichnet) (unterzeichnet) (unterzeichnet) (unterzeichnet)

K O N F E R E N Z DER O B E R H Ä U P T E R D E R O R I E N T A L I S C H E N ORTHODOXEN KIRCHEN 1.

Entschließung

Wir, die Oberhäupter der orientalischen orthodoxen Kirchen, die wir mit unseren Delegationen auf dieser Konferenz versammelt sind, erklären Seine kaiserliche Majestät Haile Selassie I., Kaiser von Äthiopien, feierlich zum „Verteidiger des Glaubens". 2.

Entschließung

Wir, die Oberhäupter der orientalischen orthodoxen Kirchen, die wir mit unseren Delegationen auf dieser Konferenz versammelt sind,

Anhang

248

schätzen uns bei dem erfolgreichen Abschluß unserer Sitzungen glücklich, Seiner kaiserlichen Majestät, Haile Selassie I. D a n k zollen zu können, der aufgrund seiner Initiative und Voraussicht diese Tagung ermöglicht hat. Dadurch folgt seine kaiserliche Majestät der Tradition anderer großer und inspirierter Herrscher, die ihre Rolle im Christentum gespielt und den Titel „Verteidiger des Glaubens" verdient haben. Die Konferenz dankt Seiner kaiserlichen Majestät und der äthiopischorthodoxen Kirche für die Arbeit und die Bemühungen, die für die Organisation dieser Konferenz nötig waren. Sie dankt dem Sekretariat und seinem hervorragenden Generalsekretär für die äußerst gute Durchführung dieser Konferenz. D i e Teilnehmer der Konferenz haben sich sehr gefreut, das herrliche äthiopische Land besuchen zu können und sein gläubiges und frommes V o l k kennenzulernen. W i r danken Gott, dem Allmächtigen, für diese in Liebe und Brüderlichkeit verlaufene Tagung. W i r sind sicher, daß dieser Tagung mit dem Segen der göttlichen Voraussehung andere folgen werden, auf denen die so glückliche, hier geschaffene Grundlage zugunsten unserer Kirchen und des Christentums erweitert und gefestigt werden wird. (Aus dem Englischen, in: Decisions

[Broschüre], Herausgegeben vom

Sekretariat ad interim der Konferenz der orientalischen orthodoxen Kirchen.)

ERSTE INOFFIZIELLE KONSULTATION ZWISCHEN THEOLOGEN DER NICHT-CHALCEDONISCHEN DER CHALCEDONISCHEN ORTHODOXEN

UND

KIRCHEN

Aarhus/Dänemark, 14. August 1964 Eine gemeinsame

Erklärung

Bereits seit dem 2. Jahrzehnt unseres Jahrhunderts sind sich Vertreter unserer orthodoxen Kirchen, von denen einige sieben ökumenische Konzilien und andere drei anerkennen, häufig auf ökumenischen T a gungen begegnet. Während all dieser J a h r e ist der Wunsch, einander kennenzulernen und unsere Einheit in der einen Kirche Christi wiederherzustellen, stärker geworden. Unsere gemeinsame Tagung in Rhodos auf der Pan-Orthodoxen Konferenz des Jahres 1961 hat diesen Wunsch bestätigt.

Dokumentation

249

Daraus haben sich unsere inoffiziellen Versammlungen mit fünfzehn Theologen von beiden Seiten ergeben. Es handelt sich diesmal um ein dreitägiges Gespräch im Zusammenhang mit der Tagung der K o m m i s sion für Glauben und Kirchenverfassung in Aarhus in D ä n e m a r k . W i r haben miteinander in der Offenheit der Nächstenliebe und mit der Überzeugung der W a h r h e i t gesprochen. J e d e r von uns hat von dem anderen gelernt. Unsere ererbten Mißverständnisse haben sich zu klären begonnen. W i r erkennen gegenseitig den einen

orthodoxen

Glauben der Kirche. Fünfzehn Jahrhunderte der Entfremdung haben uns nicht von dem Glauben unserer V ä t e r entfernt. In unserer gemeinsamen Untersuchung des K o n z i l s von

Chalcedon

stand der bekannte Ausspruch unseres gemeinsamen Vaters in C h r i stus, des Heiligen K y r i l l von Alexandrien: mia

hypostasis)

ton Theou logou sesarkomene

physis

(oder

(die eine physis oder

mia

hypo-

stasis Gottes, des fleischgewordenen Wortes) mit seinen Auswirkungen im Mittelpunkt unserer Gespräche. Ü b e r den K e r n des christologischen Dogmas erzielten wir volle Übereinstimmung. H i n t e r den unterschiedlichen Terminologien beider Seiten erblickten wir die gleiche W a h r heit. D a wir ohne Vorbehalt übereinstimmten, die Lehre des Eutyches sowie diejenigen des Nestorius zu verwerfen, bedeutet die A n e r k e n nung oder Nicht-Anerkennung des Konzils von Chalcedon, nicht die Annahme der einen oder anderen Häresie. Beide Seiten folgten grundlegend der christologischen Lehre der einen ungeteilten Kirche, wie sie vom Heiligen K y r i l l dargelegt wurde. W i r haben gesehen, daß das K o n z i l von Chalcedon ( 4 5 1 ) lediglich als Bestätigung der Entscheidungen von Ephesus ( 4 3 1 ) und am besten im Lichte des späteren Konzils von Konstantinopel ( 5 5 3 ) zu verstehen ist. Wir haben erkannt, daß alle Konzilien als Stadien einer integralen Entwicklung zu sehen, und daß weder Konzilien noch Dokumente v o n einander isoliert zu untersuchen sind. D i e bedeutende Rolle, die politische, soziologische und kulturelle F a k toren im Entstehen von Spannungen zwischen den Fraktionen

der

Vergangenheit gespielt haben, sollte gemeinsam anerkannt und untersucht werden. Diese Faktoren sollten uns jedoch nicht weiterhin trennen. W i r sehen die Notwendigkeit eines gemeinsamen Fortschreitens. D i e auf dem Spiele stehenden Fragen sind für alle Kirchen in Ost und West sowie für die Einheit der ganzen Kirche Jesu Christi von äußerster Wichtigkeit. D e r Heilige Geist, der in der Kirche Jesu Christi lebt, wird uns gemeinsam zur Fülle der Wahrheit und Liebe führen. Zu diesem Zweck

250

Anhang

unterbreiten wir unseren Kirchen respektvoll die Früchte unserer dreitägigen gemeinsamen Arbeit. Viele praktische Probleme warten auf ihre Lösung, aber der gleiche Geist, der uns hier gemeinsam geleitet hat, wird — so glauben wir — unsere Kirchen auch weiterhin auf die gemeinsame Bereinigung dieser Probleme hinführen.

Chalcedonische orthodoxe Teilnehmer: Bischof Emilianos von Meloa (ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel) Professor G. Florovsky (Griechisch-orthodoxe Erzdiözese von Nord- und Südamerika, ökumenisches Patriarchat) Professor J. S. Romanides (Griechisch-orthodoxe Erzdiözese von Nord- und Südamerika, ökumenisches Patriarchat)

Erzpriester Vitaly Borovoy (Russisch-orthodoxe Kirche) Professor J. Meyendorff (Russisch-orthodoxe-Griechisch katholische Kirche von Nordamerika) Professor J. Karmiris (Kirche von Griechenland) Professor G. Konidaris (Kirche von Griechenland)

Nicht-chalcedonische Teilnehmer: Erzbischof Mar Severius Zakka Iwas von Mosul (Syrisch-orthodoxe Kirche) Metropolit Mar Thoma Dionysius (Orthodoxe syrische Kirche des Ostens) Rev. Dr. N. J. Thomas (Orthodoxe Syrische Kirche des Ostens)

Like Siltanat (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) (Koptisch-orthodoxe Kirche) Habte Mariam Worqineh Professor V. C. Samuel (Orthodoxe syrische Kirche des Ostens) Dr. Karam Nazir Khella Dr. Getachew Haile (Äthiopisch-orthodoxe Kirche)

(Aus dem Englischen, in: The Greek Orthodox Theological Vol. X, Nr. 2, Brookline/USA, Winter 1964/65, S. 14—15.)

Review,

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Dokumentation ZWEITE INOFFIZIELLE KONSULTATION ZWISCHEN THEOLOGEN DER NICHT-CHALCEDONISCHEN UND DER CHALCEDONISCHEN ORTHODOXEN KIRCHEN Bristol/England, 29. J u l i 1 9 6 7 Eine gemeinsame

Erklärung

1. Wir danken Gott, daß wir mit dem Segen der Leitungen unserer jeweiligen Kirchen ein zweites M a l als Studiengruppe zusammenkommen konnten. In Aarhus haben wir viel Gemeinsames entdeckt, um engere Verbindungen zwischen unseren Kirchen herstellen zu können. In Bristol haben wir verschiedene neue Gebiete gefunden, auf denen wir übereinstimmen. Es bleiben noch viele Fragen zu untersuchen und zu regeln. Es ist jedoch unser Wunsch, einige gemeinsame Erklärungen abzugeben. I. 2. Gottes unendliche Liebe für die Menschheit, durch die er uns gleichermaßen geschaffen und erlöst hat, ist unser Ausgangspunkt für das Verständnis des Geheimnisses der Vereinigung der vollkommenen Gottheit und der vollkommenen menschlichen Natur in unserem Herrn Jesus Christus. Für unser Heil ist Gott, das Wort, zu unseresgleichen geworden. Somit wurde er, der wesensgleich mit dem V a t e r ist, durch die Inkarnation ebenfalls wesensgleich mit uns. Durch seine unendliche Gnade hat Gott uns berufen, seine ungeschöpfte Herrlichkeit zu erreichen. Gott wurde durch die N a t u r zum Menschen, auf daß der Mensch durch die Gnade G o t t werden kann. Die menschliche Natur Christi enthüllt und verwirklicht somit die wahre Berufung des Menschen. G o t t bezieht uns in die Fülle der Gemeinschaft mit sich selbst im Leib Christi ein, auf daß wir von Herrlichkeit zu Herrlichkeit verklärt werden. In dieser soteriologischen Perspektive haben wir die christologische Frage behandelt. 3. Wir wurden erneut an unsere gemeinsamen V ä t e r der universalen Kirche — an den Heiligen Ignatius und den Heiligen Irenaus, den Heiligen Antonius und den Heiligen Athanasius, den Heiligen Basilius und den Heiligen Gregor von Nyssa und den Heiligen Johannes Chrysostomus, den Heiligen Ephraim den Syrier und den Heiligen Kyrill von Alexandrien und an viele andere des verehrenswürdigen Gedenkens werte Väter erinnert. Aufgrund ihrer Lehre sehen wir die

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Anhang

integrale Beziehung zwischen Christologie und Soteriologie und ebenfalls die enge Verbindung beider mit der Lehre von Gott u n d der vom Menschen, mit der Ekklesiologie und der Spiritualität sowie mit dem ganzen liturgischen Leben der Kirche. 4. Seit dem 5. Jahrhundert haben wir bereits verschiedene Formeln für das Bekenntnis unseres gemeinsamen Glaubens an den einen H e r r n Jesus Christus, den vollkommenen Gott und vollkommenen Menschen, benutzt. Einige von uns bestätigen zwei in dem einen H e r r n Jesus Christus hypostatisch vereinigte Naturen, Willen und Energien. U n d einige von uns bezeugen eine vereinte göttlich-menschliche N a t u r , einen Willen und eine Energie in demselben Christus. Beide Seiten sprechen von einer Vereinigung ohne Vermischung, ohne Veränderung, ohne Teilung und ohne Trennung. Die vier Beiwörter gehören zu unserer gemeinsamen Tradition. Beide bestätigen die dynamische Beständigkeit der göttlichen und der menschlichen N a t u r mit allen ihren natürlichen Eigenschaften und Fähigkeiten in dem einen Christus. Diejenigen, die von „zweien" sprechen, trennen und teilen dadurch nicht. Diejenigen, die von „einer" sprechen, vermischen und verändern dadurch nicht. Der Begriff „ohne Teilung, ohne Trennung" derjenigen, die von „zweien" sprechen und die Aussage „ohne Veränderung, ohne Veränderung" derjenigen, die von „einer" sprechen, muß betont werden, damit wir einander verstehen können. 5. In diesem Geist haben wir ebenfalls die Kontinuität der Lehre auf den Kirchenkonzilien diskutiert und besonders die monergistischen und monotheletischen Streitigkeiten des 7. Jahrhunderts. Alle von uns waren einverstanden damit, daß der menschliche Wille vom göttlichen Logos weder aufgesogen, noch unterdrückt wird und audi damit, daß weder der eine noch der andere zueinander im Gegensatz stehen. Die ungeschaffene und geschaffene N a t u r in der Fülle ihrer natürlichen Eigenschaften und Fähigkeiten wurden ohne Verwirrung oder Trennung vereinigt und kommen weiterhin in dem einen Christus, unserem Heiland, zum Ausdruck. Die Stellung derer, die von dem einen göttlichen-menschlichen Willen und der ohne Vermischung oder Trennung vereinten Energie sprechen, scheint deshalb nicht unvereinbar mit der Entscheidung des Konzils von Konstantinopel (680—681) zu sein, die zwei in ihm unteilbar, unveränderbar, untrennbar und unvermischbar bestehende natürliche Willen und zwei natürliche Energien erklärt. 6. Wir haben versucht, verschiedene Fragen zu formulieren, die weiterer Studien bedürfen, bevor die volle Kommunion unserer Kirchen wiederhergestellt werden kann. Wir wurden jedoch durch die gemeinsamen Ansichten, die wir über grundlegende Fragen haben, zur

Dokumentation

253

Weiterführung unserer gemeinsamen Studienaufgabe in der H o f f n u n g bestärkt, daß •—• trotz der Schwierigkeiten, denen wir begegnet sind, — uns der Heilige Geist zur vollen Übereinstimmung führen werde. II. 7. Unsere gegenseitigen Kontakte in der letzten Vergangenheit haben uns überzeugt, daß es f ü r unsere Kirchen von erstrangiger Bedeutung ist, vordringlich geeignete Schritte f ü r die Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft zwischen unseren Kirchen zu unternehmen, die leider jetzt bereits seit Jahrhunderten unterbrochen ist. Unsere Gespräche in Aarhus im Jahre 1964 und in Bristol im Jahre 1967 haben gezeigt, daß unsere Kirchen zunächst einige vorläufige Aufgaben erfüllen müssen, um dieses Ziel mit der Gnade Gottes zu erreichen. 8. Das bemerkenswerte Ausmaß an Übereinstimmung, das bisher zwischen den Theologen über die christologische Lehre unserer Kirchen erreicht wurde, sollte bald zur Formulierung einer gemeinsamen Erklärung führen, in der wir zusammen die Formel unseres gemeinsamen Glaubens an den einen H e r r n Jesus Christus zum Ausdruck bringen, den wir alle als vollkommenen Gott und als vollkommenen Menschen anerkennen. Diese Formel, die nicht den Status eines Glaubensbekenntnisses oder eines Credos haben wird, sollte von einer offiziell von den Kirchen beauftragten Gruppe von Theologen ausgearbeitet werden und den Kirchen zur formellen und maßgeblichen Annahme oder zu Anregungen f ü r Änderungen vorgelegt werden, die dann von der Kommission — vor Annahme eines endgültigen Textes von Seiten der Kirchen — berücksichtigt werden müssen. 9. Zusätzlich zum Vorschlag f ü r eine Übereinstimmungsformel über den grundlegenden christologischen Glauben an die N a t u r , den Willen u n d die Energie unseres einen H e r r n Jesus Christus, wird die gemeinsame theologische Kommission ebenfalls die kanonischen, liturgischen und jurisdiktioneilen Probleme zu überprüfen haben — wie audi die Anathemata und die liturgischen Mißbilligungen von Theologen von Seiten einiger Kirchen, die von anderen als Lehrer und H e i lige der Kirche angesehen werden, die Anerkennung oder NichtAnerkennung der Konzilien und die vor der formellen Wiederherstellung der Kommunion notwendigen jurisdiktionellen Erklärungen und Ubereinstimmungen. 10. In großer Demut und tiefer Hochachtung unterbreiten wir diese gemeinsame Erklärung den Leitungen und Mitgliedern unserer Kir-

Anhang

254

dien. Als Studiengruppe sehen wir unsere Aufgabe lediglich darin, gemeinsame Möglichkeiten aufzudecken, die die Tätigkeit der Kirchen erleichtern werden. Es bleibt uns und den Kirchen noch viel zu tun, um die Einheit, für die unser Herr gebetet hat, im Leben der Kirchen zur Wirklichkeit werden zu lassen. Gezeichnet:

Chalcedonische Teilnehmer:

orthodoxe

Metropolit Emilianos von Kalabrien (ökumenisches Patriarchat) Professor Gr. Florovsky (ökumenisches Patriarchat) J. S. Romanides (ökumenisches Patriarchat) Erzpriester Vitaly Borovoy (Russisch-orthodoxe Kirche) Professor J. Meyendorff (Russisch-orthodoxe Griechischkatholische Kirche in Amerika) Archimandrit Damaskinos Papandreou (Kirche von Griechenland) Professor G. Konidaris (Kirche von Griechenland) Professor N. Nissiotis (Kirche von Griechenland) Professor N. Chitescu (Rumänisch-orthodoxe Kirche) Bischof Nikodim Stiven (Bulgarisch-orthodoxe Kirche) Professor E. Tsonievsky (Bulgarisch-orthodoxe Kirche)

Nicht-chalcedonische

Teilnehmer:

Vardepet A. Berberian (Armenisch-apostolische Kirche Etdimiadzin) Dr. K . N. Khella (Koptisch-orthodoxe Kirche) Vardepet Mesrob Krikorian (Armenisch-apostolische Kirche Etchmiadzin) Ato Merke Selassie Gebre Ammanuel (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Metropolit Philippos Mar Theophilos (Syrisch-orthodoxe Kirche von Indien) Professor V. C. Samuel (Syrisch-orthodoxe Kirche von Indien) Bischof Samuel (Koptisch-orthodoxe Kirche) Principal Paul Verghese (Syrisch-orthodoxe Kirche von Indien)

(Aus dem Englischen, in: The Greek Orthodox Theological Review, Vol. X I I I , Nr. 1, Brookline/USA, Frühjahr 1968, S. 133—136.)

Dokumentation

255

DRITTE INOFFIZIELLE KONSULTATION ZWISCHEN T H E O L O G E N DER N I C H T C H A L C E D O N I S C H E N U N D DER C H A L C E D O N I S C H E N O R T H O D O X E N K I R C H E N Genf, 21. August 1970 Zusammenfassung

und

Schlußfolgerungen

1. Die dritte inoffizielle Konsultation zwischen den Theologen der orientalisch-orthodoxen Kirche u n d der orthodoxen Ostkirche f a n d v o m 16.—21. August 1970 im Cénacle in Genf in einer A t m o s p h ä r e der Offenheit und des Vertrauens statt, die d a n k der vorherigen Gespräche in Aarhus (1964) und in Bristol (1967) entstanden war.

Erneute Bestätigung

der christologischen

Übereinstimmung

2. Wir haben unsere Übereinstimmung von Aarhus und Bristol über die Substanz unserer gemeinsamen Christologie erneut bestätigt. T r o t z f ü n f z e h n J a h r h u n d e r t e n der T r e n n u n g finden sich unsere zwei T r a d i tionen über das Wesen des christologischen Dogmas noch in voller u n d tiefer Übereinstimmung mit der universalen Tradition der einen ungeteilten Kirche. Die Lehre des gesegneten Kyrill über die hypostatische Vereinigung der beiden N a t u r e n in Christus wird von uns beiderseitig anerkannt, obwohl wir unterschiedliche Terminologien benutzen mögen, um diese Lehre zu erklären. Wir lehren beiderseitig, d a ß er, der wesensgleich mit dem Vater a u f g r u n d der Gottheit ist, auch wesensgleich mit uns aufgrund der Menschheit durch die Fleischwerdung wurde, u n d d a ß er, der vor allen Zeiten v o m Vater gezeugt w u r d e , f ü r uns und f ü r unser Heil in diesen letzten Zeiten von der gesegneten J u n g f r a u M a r i a geboren wurde, und d a ß in ihm die beiden N a t u r e n in der einen Hypostase des göttlichen Logos vereint sind, und z w a r ohne Vermischung, ohne Veränderung, ohne Teilung und ohne T r e n nung. Jesus Christus ist vollkommener G o t t u n d vollkommener Mensch mit all den Eigenschaften und Fähigkeiten, die zur Gottheit u n d zur Menschheit gehören. 3. D e r menschliche Wille und die menschliche Energie Christi werden weder aufgesogen noch unterdrückt durch seinen göttlichen Willen u n d seine göttliche Energie, wie audi erstere nicht zu letzteren im Widerspruch stehen, sondern beide sind in vollkommener H a r m o n i e u n d ohne Teilung oder Vermischung vereinigt. Sein Wille und seine

256

Anhang

T a t e n gehen stets aus der einen Hypostase des fleisdigewordenen L o gos hervor. Einer ist Immanuel, G o t t und Mensch, unser H e r r und Heiland, den wir preisen und anbeten, und der dodi einer von uns ist. 4. W i r sind nun überzeugt, daß unsere Übereinstimmung über die christologische Lehre hinausführt, um sich ebenfalls auf andere Aspekte der authentischen Tradition zu erstrecken, obwohl wir nicht alle Probleme in Einzelheiten diskutiert haben. Durch gegenseitige Besuche und durch Studien unserer jeweiligen liturgischen Traditionen, unserer jeweiligen theologischen und geistlichen Schriften haben wir mit einem Dankesgefühl Gott gegenüber unsere gemeinsame Übereinstimmung in unserer gemeinsamen Tradition der einen Kirche in allen wichtigen Angelegenheiten wieder entdeckt, wie in der Liturgie und Spiritualität, in der Lehre und kanonischen Praxis, in unserem V e r ständnis der Heiligen Dreifaltigkeit, der Inkarnation, der Person und dem Werk des Heiligen Geistes, dem Wesen der Kirche als Gemeinschaft der Heiligen mit ihren Ämtern und Sakramenten und dem Leben der kommenden Welt, wenn unser H e r r und Heiland in all seiner Herrlichkeit kommen wird. 5. W i r beten, daß der Heilige Geist fortfahren möge, uns zusammenzubringen, damit wir unsere volle Einheit in dem einen Leib Christi finden können. Unsere gemeinsame Übereinstimmung ist nicht nur verbal oder begrifflich, sondern eine tiefgreifende Übereinstimmung, die uns zwingt, unsere Kirchen zu bitten, unsere Übereinstimmung zum Abschluß zu bringen, indem die beiden Traditionen wieder zusammengeführt werden, die aus historischen Gründen so lange voneinander getrennt waren. W i r arbeiten in der Hoffnung, daß unser H e r r uns volle Einheit geben möge, so daß wir diese Einheit zusammen in der gemeinsamen Eucharistie feiern mögen. Das ist unser großer Wunsch und unser Endziel. Einige

Unterschiede

6. T r o t z unserer Übereinstimmung hinsichtlich der Substanz der T r a dition, hat die lange Trennungszeit gewisse Unterschiede in dem formellen Ausdruck dieser Tradition mit sich gebracht. Diese Unterschiede beziehen sich auf drei grundlegende ekklesiologische Fragen — (a) Bedeutung und Stellung gewisser Konzilien im Leben der Kirche, (b) Anathematisierung oder Heiligerklärung gewisser strittiger Lehrer in der Kirche und (c) Fragen der Jurisdiktion, die sich auf die Einheit der Kirche auf örtliche, regionaler und internationaler Ebene beziehen.

Dokumentation

257

(a) Theologen der orthodoxen Ostkirche haben darauf hingewiesen, daß die Kirche f ü r sie lehre, daß die von ihnen anerkannten sieben ökumenischen Konzilien eine innere Kohärenz und Kontinuität darstellen, die sie zu einem einzigen unteilbaren Komplex machen, der in seiner gesamten dogmatischen Definition zu sehen ist. Theologen von der orientalisch-orthodoxen Kirche sind jedoch der Ansicht, daß die authentische christologische Tradition bislang f ü r sie in den drei ökumenischen Konzilien begründet war und durch die liturgische und patristische Tradition der Kirche ergänzt worden sei. Wir hoffen, daß weitere Studien und die Entscheidung unserer Kirchen zur Lösung dieses Problèmes führen wird. Hinsichtlich der Konzilien und ihrer Autorität f ü r die Tradition sind wir alle der Ansicht, daß die Konzilien vielmehr als charismatische Geschehen in dem Leben der Kirche anzusehen sind und weniger als eine Autorität, die über der Kirche steht. Dort, wo einige Konzilien als echte — entweder als ökumenische oder örtliche — von der Tradition der Kirche anerkannt werden, muß ihre Autorität als vom Heiligen Geist ausgehend angesehen werden. Es muß nicht nur zwischen den Lehrdefinitionen und der kanonischen Gesetzgebungen eines Konzils unterschieden werden, sondern auch zwischen der wahren Intention der dogmatischen Definition eines Konzils und der besonderen Terminologie, die benutzt wurde, da letztere weniger Autorität als die Intention hat. (b) Die Wiedervereinigung der beiden Traditionen, die ihre eigene getrennte Kontinuität haben, bringt gewisse Probleme im Hinblick auf einige Lehrer mit sich, die von der einen Familie geehrt und von der anderen verurteilt oder anathematisiert wurden. Es mag nicht formell notwendig sein, diese Anathemata aufzuheben oder diese Lehrer von der verurteilenden Seite als Heilige anerkennen zu lassen. Die Wiederherstellung der Kommunion verlangt jedoch offensichtlich u. a., daß formelle Anathemata und Verurteilungen geehrter Lehrer der anderen Seite aufgehoben werden sollten, wie im Falle von Leo, Dioskurus, Severus und anderen. (c) Es ist anerkannt, daß die Jurisdiktion nicht nur als Verwaltungsangelegenheit zu sehen ist, sondern daß sie sich ebenfalls in einigen Aspekten auf Fragen der Ekklesiologie bezieht. Das traditionelle System der territorialen Autonomie oder Autokephalie verfügt über eine eigene pragmatische wie auch theologische Rechtfertigung. In den ersten Jahrhunderten zeigte sich die örtliche Einheit durch einen Bischof, der mit seinem Kollegium von Presbytern in einer Eucharistie vereinigt war. In modernerer Zeit wurde es aus pragmatischen Grün-

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den jedoch notwendig, in einigen Fällen von dem Prinzip des einen Bischofs und der einen Eucharistie in einer Stadt abzuweichen. Es ist jedoch wichtig, die Norm, die durch das Wesen der Kirche erforderlich ist, wenigstens prinzipiell zu wahren und in eucharistisdier Gemeinschaft und in örtlichen Konziliarstrukturen zum Ausdruck zu bringen. 7. Die universale Tradition der Kirche erfordert keine Uniformität in allen Einzelheiten der Lehrformulierung, der Gottesdienstformen und kanonischen Praxis. Auf dem Gebiet der Gottesdienstformen, der Terminologie, in der der Glauben ausgedrückt wird, der Spiritualität, der kanonischen Praxis, der Verwaltungs- oder Jurisdiktionssysteme und der anderen Strukturen oder Formen der Tradition, einschließlich der Namen der Lehrer und Heiligen der Kirche, müssen jedoch die Grenzen der pluralistischen Unterschiedlichkeit klarer umrissen werden. Schritte zur

Versöhnungserklärung

8. Wir bestätigen erneut die Anregung, die auf der Konsultation in Bristol gemacht wurde, nach der der nächste Schritt darin bestehen soll, daß die Kirchen unserer beiden Familien eine offizielle gemeinsame Kommission einsetzen sollen, die die Angelegenheiten, die uns in der Vergangenheit getrennt haben, untersuchen, unsere gegenseitigen Übereinstimmungen und Meinungsverschiedenheiten diskutieren und die herausfinden soll, ob der Grad an Übereinstimmung ausreicht, um eine erläuternde Versöhnungserklärung zu rechtfertigen, die nicht den Status einer gemeinsamen Glaubenserklärung oder einer dogmatischen Definition haben wird, sondern die eine Grundlage sein könnte, auf der die Kirchen die notwendigen Schritte unternehmen könnten, um uns in einer gemeinsamen Eucharistie zu vereinen. Wir haben einige der Anliegen behandelt, über die offiziell in einer solchen Versöhnungserklärung entschieden werden müßte. Der grundlegende Inhalt würde natürlich die gemeinsame christologische Übereinstimmung sein. Es sollte klar gemacht werden, daß es sich hierbei um keine Neuheit auf irgendeiner Seite handelt, sondern lediglich um eine Erläuterung der jahrhundertelangen Auffassungen beider Seiten, wie sie in den liturgischen und patristischen Dokumenten bestätigt sind. Das gemeinsame Verständnis der Christologie ist die grundlegende Basis für das Leben, die Orthodoxie und Einheit der Kirche. Eine solche Versöhnungserklärung könnte sich der Theologie des Heiligen Kyrill von Alexandrien sowie des Inhaltes der Formula Concordia, die von dem Heiligen Kyrill und von Johannes von Antiochien

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im J a h r e 4 3 3 angenommen wurde, bedienen und sich auf die Terminologie der vier späteren Konzilien und der patristischen und liturgischen Schriften beider Seiten berufen. Diese Terminologie sollte nicht zweideutig benutzt werden, um die wahren Meinungsverschiedenheiten zu verwischen, sondern helfen, die Übereinstimmung aufzuzeigen, die wirklich besteht.

Einige praktische

Schritte

9. Die K o n t a k t e zwischen den Kirchen der beiden Familien haben sich auf ermutigende Weise entwickelt. Gegenseitige Besuche der Kirchenoberhäupter, der Bischöfe oder der Theologen haben dazu beigetragen, weiteren Fortschritt auf dem Gebiet des wachsenden

gegenseitigen

Vertrauens, Verständnisses und der Übereinstimmung zu erreichen. Theologiestudenten aus den orientalisdi-orthodoxen Kirdien studieren bereits seit einiger Zeit in Insitutionen der orthodoxen

Ostkirche.

J e t z t sollten besondere Bemühungen bemacht werden, damit mehr Studenten der orthodoxen Ostkirche in orientalisch-orthodoxen K i r dien studieren können. Ein stärkerer Austausch von Theologieprofessoren und kirchlichen Würdenträgern sollte ebenfalls angestrebt werden. Wir hoffen und beten, damit eine stärkere offizielle Tätigkeit von Seiten der beiden Kirchenfamilien die Weiterführung dieser Reihe von inoffiziellen Gesprächen unnötig macht. Es bleibt jedoch noch viel Arbeit zu erledigen und ein Teil davon kann auf informeller Ebene begonnen werden. 10. Unter diesen Berücksichtigungen werden auf dieser dritten inoffiziellen

Tagung von Theologen der beiden Familien folgende Gre-

mien eingerichtet: (a) ein Fortsetzungsausschuß, der aus allen Teilnehmern an den drei Gesprächen, die in Aarhus, Bristol und Genf stattfanden, als korrespondierenden Mitgliedern besteht und (b) ein besonderer Exekutivausschuß dieses Fortsetzungsausschusses, der aus den folgenden

Mitgliedern

Funktionen bestehen soll: 1. Metropolit Emilianos von Kalabrien 2. Erzpriester Vitaly Borovoy 3. Vardapet Mesrob Krikorian 4. Professor Nikos Nissiotis 5. Principal Paul Verghese

mit nachstehend

aufgeführten

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Funktionen: (a) Abfassung und Veröffentlichung eines Berichtes über diese dritten Gespräche sowie Information der Kirchen durch The Greek Orthodox journal of Theologie; (b) Zusammenfassung der Hauptpunkte der drei inoffiziellen Gespräche auf der Grundlage einer gemeinsamen Erklärung, über deren Inhalt auf dieser Tagung Übereinstimmung erzielt wurde, in der Art, daß sie von den verschiedenen autokephalen Kirchen diskutiert, untersucht und befolgt werden kann; (c) Veröffentlichung eines Handbuches mit statistischer, historischer, theologischer und anderer Information über die verschiedenen autokephalen Kirchen; (d) Erforschung der Möglichkeiten für Gründung eines Verbandes theologischer Fakultäten, in dem alle Seminare, Akademien und theologischen Fakultäten der verschiedenen autokephalen Kirchen beider Familien Mitglied sein können; (e) Veröffentlichung einer Zeitschrift, die weiterhin Informationen über die autokephalen Kirchen gibt und weitere Diskussionen über theologische, historische und ekklesiologische Anliegen verfolgt; (f) Bekanntmachung der Kirchen mit ersten Quellen für eine informierte und genaue Studie der historischen Entwicklungen der gemeinsamen Theologie und Spiritualität sowie der gegenseitigen Beziehungen unserer Kirchen; (g) Schirmherrschaft und Ermutigung theologischer Konsultationen auf örtlicher, regionaler und internationaler Ebene, um unser eigenes Verständnis und unsere Behandlung moderner Probleme — besonders hinsichtlich unserer Teilnahme an der ökumenischen Bewegung — zu vertiefen; (h) Erforschung von Möglichkeiten und Leistung der Vorarbeit für die Errichtung eines oder mehrerer Forschungszentren, in denen theologische und historische Studien in Zusammenhang mit der universalen orthodoxen Tradition weiter entwickelt werden können; (i) Erforschung der Möglichkeit für Veröffentlichung von gemeinsamen Material und von theologischen Handbüchern für die Unterweisung unserer Gläubigen, einschließlich der Kinder und Jugendlichen. Chalcedonische Teilnehmer:

orthodoxe

Dr. Athanase Arvanitis

Professor Bojan Piperov (Bulgarisch-orthodoxe Kirche) John S. Romanides (Kirche von Griechenland)

Dokumentation

261

(Kirdie von Griechenland) Erzpriester Vitaly Borovoy (Russisch-orthodoxe Kirche) Professor Nicolae Chitescu (Rumänisch-orthodoxe Kirdie) Metropolit Emilianos von Kalabrien (ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel) Professor Georges Florovsky (ökumenisches Partriarchat) Metropolit Georges vom Berg Libanon (Griechisch-orthodoxes Patriarchat von Antiochien) Metropolit Nikodim von Sliwen Bulgarien (Bulgarisch-orthodoxe Kirche) Professor N. A. Nissiotis (Kirche von Griechenland) Archimandrit Damaskinos Papandreou (ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel) Abba G. E. Degou (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Bischof Anba Gregorius (Koptisch-orthodoxe Kirche von Ägypten) Metropolit Severius Zakka Iwas (Syrisch-orthodoxe Kirche) Dr. K. C. Joseph (Syrisch-orthodoxe Kirche von Indien)

Professor L. Voronov (Russisch-orthodoxe Kirdie) Bischof Pierre von Chersonese (Russisch-orthodoxe Kirche) Professor J . Karmiris (Kirche von Griechenland) Professor Dr. Gerassimos I, Konidaris (Kirche von Griechenland) Professor John Meyendorff (Orthodoxe Kirche in Amerika) Professor N. Zabolotzky (Russisch-orthodoxe Kirche) Dr. J. D. Zizioulas (Kirche von Griechenland) Professor Dr. Ilia Zonewski (Bulgarisch-orthodoxe Kirche)

Dr. Mesrob Krikorian) (Armenisch-apostolische Kirche) Metropolit Mar Theophilus Philipos (Syrisch-orthodoxe Kirche von Indien)

Berater:

Nicht-chalcedonische

Teilnehmer:

Kahali Alemu C. (Äthiopisch-orthodoxe Kirdie) Nerses Bozabalian (Armenisch-apostolische Kirche) Principal Paul Verghese (Syrisch-orthodoxe Kirche von Indien) Liqe Selttanat Habte Mariam Worqneh (Äthiopisch-orthodoxe Kirdie)

Dr. Lukas Vischer (Vertreter des Sekretariats für Glauben und Kirchenverfassung des ökumenischen Rates der Kirchen)

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(Aus dem Englischen, in: The Greek Orthodox Theological Review, Vol. X V I , Nr. 1 und 2, Brookline/USA, Frühjahr und Herbst 1971, S. 3—9.)

VIERTE INOFFIZIELLE KONSULTATION ZWISCHEN T H E O L O G E N DER N I C H T - C H A L C E D O N I S C H E N U N D CHALCEDONISCHEN ORTHODOXEN KIRCHEN Addis Abeba/Äthiopien, 22. und 23. Januar 1971 Schlußfolgerungen Die folgenden Schlußfolgerungen und Fragen haben sich aus unseren inoffiziellen Diskussionen in Addis Abeba über die Aufhebung der Anathemata und die Anerkennung der Heiligen ergeben: 1. Wir stimmèn überein, daß die Aufhebung der von der einen Seite ausgesprochenen Anathemata gegen diejenigen, die von der anderen Seite als Heilige und Lehrer anerkannt werden, einen unerläßlichen Schritt auf dem Weg zur Einheit unserer beiden Traditionen ist. 2. Wir stimmen ebenfalls überein, daß die Aufhebung der Anathemata zum Ziel hat, die Kommunion zwischen unseren beiden Traditionen wieder herzustellen und daß diese die wesentliche Einheit unserer beiden Traditionen im Glauben zur Vorbedingung hat. Um die Anathemata aufzuheben, scheint es somit notwendig zu sein, daß beide Parteien offiziell verkünden, daß in der Tat eine solche wesentliche Einheit im Glauben besteht, deren Grundlage in den Berichten der vorherigen Gespräche in Aarhus, Bristol und Genf dargelegt wurde. 3. Wir stimmen weiterhin überein, daß — wenn die Anathemata gegen gewisse Personen erst einmal aufgehoben sind — es nicht nötig sein wird, die Anerkennung als Heilige von denen zu fordern, die sie ehemals verurteilt haben. Die verschiedenen autokephalen Kirchen haben unterschiedliche liturgische Ordnungen und Heiligenlisten. In dieser Hinsicht ist es nicht notwendig, auf Uniformität zu dringen. Über die Stellung dieser Persönlichkeiten in der künftigen vereinten Kirche kann nach der Vereinigung diskutiert und entschieden werden. 4. Bedarf es einer formellen Erklärung oder Zeremonie für die Aufhebung der Anathemata? Viele unter uns waren der Meinung, daß es viel einfacher sei, die Anathemata nach und nach ohne Aufsehen fallen zu lassen, so wie einige Kirchen es bereits getan haben. Jede Kirche

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sollte das V e r f a h r e n wählen, daß ihr am geeignetsten erscheint. M a n könnte dann im Augenblick der Vereinigung offiziell erklären, d a ß diese A n a t h e m a t a aufgehoben wurden. 5. W e m obliegt die Aufhebung der A n a t h e m a t a ? W i r stimmen überein, daß die Kirche von ihrem H e r r n berufen wurde, Bindungen und Lösungen vorzunehmen. D i e Kirche, die die A n a t h e m a t a aus seelsorgerischen oder anderen Gründen zu jener Zeit verhängt hat, hat ebenfalls die Macht, sie aus denselben seelsorgerischen oder anderen Gründen in unserer Zeit wieder aufzuheben. D a s gehört zur H a u s halterschaft oder Ökonomie der Kirche. 6. Stellt die Aufhebung eines von einem ökumenischen K o n z i l auferlegten Anathemas die U n f e h l b a r k e i t der Kirche in Frage? H e i ß t diese Aufhebung, daß ein Konzil sich im wesentlichen geirrt habe und folglich fehlbar sei? W o liegen die spezifischen Grenzen, in denen die U n fehlbarkeit

der Kirche mit ihrer göttlich-menschlichen

Ausdruck k o m m t ? W i r

stimmen überein, daß

Natur

zum

die Aufhebung

der

Anathemata sich vollkommen in dem Autoritätsbereich der Kirche befindet

und keineswegs die Unfehlbarkeit in wesentlichen

Glaubens-

fragen kompromittiert. W i r haben uns eingehend gefragt, ob lediglich ein anderes ökumenisches K o n z i l das Anathema eines vorherigen ö k u menischen Konzils aufheben kann? Allgemein stimmten wir überein, daß ein K o n z i l lediglich eines der Hauptelemente ist, das die A u t o r i tät der Kirche zum Ausdruck bringt, und daß die Kirche immer die notwendige Autorität besitzt, um die Entscheidungen eines Konzils aufgrund seiner wahrhaften

Intentionen klären zu können.

Keine

Konzilsentscheidung kann von der Gesamttradition der Kirche isoliert werden. Jedes K o n z i l hebt einen besonderen Aspekt der einen W a h r heit hervor oder unterstreicht ihn und sollte deswegen als eine Phase im Suchen nach einem volleren Ausdruck der W a h r h e i t gesehen werden. D i e dogmatischen Definitionen eines jeden Konzils sind durch die nachfolgenden Konzilsentscheidungen und Definitionen zu verstehen und zu klären. 7. Die Aufhebung der A n a t h e m a t a sollte durch eine sorgfältige Studie der Lehre dieser Männer, der gegen sie vorgebrachten Anschuldigungen, der Umstände, unter denen sie anathematisiert wurden und der wahren Intention ihrer Lehre vorbereitet werden. Eine solche Studie sollte mitfühlend sein und von dem Wunsch geprägt werden, zu verstehen und deshalb Irrtümer zweitrangiger O r d n u n g übergehen. E b e n falls müßte eine genaue vollständige Aufstellung der Personen von beiden Seiten gemacht werden, die Studienobjekt sein sollen. In dieser Studie müßten auch geprüft werden, wie die A n a t h e m a t a in der V e r -

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gangenheit aufgehoben wurden. Es würde dann klar werden, daß die A n a t h e m a t a in der Vergangenheit in vielen Fällen ohne irgendeine formelle Handlung aufgehoben wurden und daß eine einfache gegenseitige A n n a h m e von den entfremdeten Parteien aufgrund ihres gemeinsamen Glaubens genügte. Durch eine solche Studie würden die sehr unterschiedlichen Verfahrensweisen zutage kommen, nach denen A n a t h e m a t a ausgesprochen und aufgehoben wurden. 8. Es m u ß ebenfalls ein Erziehungsprozeß in den Kirchen v o r und nach Aufhebung der Anathemata vorgenommen werden, besonders in Kirchen,

die A n a t h e m a t a

und Verurteilungen

in ihre

liturgischen

T e x t e und H y m n e n aufgenommen haben. Die Gläubigen sollten v o r bereitet werden, die T e x t e und H y m n e n in Überarbeiter F o r m und v o n Verurteilungen bereinigt annehmen zu können. J e d e Kirche sollte durch Kirdienzeitungen und andere Medien die Gläubigen seelsorgerisch vorbereiten. 9. Ein anderes wichtiges Element dieser Erziehung ist die Überarbeitung der Kirchengeschichte, der Schulbücher, der theologischen H a n d bücher und des katechetischen Materials. Denn gerade auf dem Gebiet der Kirchengeschichte hat sich die Versuchung beider Seiten gezeigt, die Quellen mit Vorurteilen zu interpretieren. Eine gemeinsame Studie der Quellen, die von einer neuen O b j e k t i v i t ä t und einer unvoreingenommenen friedlichen H a l t u n g durchdrungen ist, kann zu gemeinsamen T e x t e n führen, die von unseren beiden Familien benutzt werden können. D a es sich um ein schwieriges und langwieriges P r o j e k t handelt, sind wir nicht gezwungen, den Abschluß abzuwarten, bevor wir an die Aufhebung der Anathemata oder sogar an die Wiederherstellung der Kommunion denken können. 10. Die Neufassung der liturgischen T e x t e und der H y m n e n , um die Verurteilungen auszulassen, stellt nur einen Teil der liturgischen E r neuerung dar. W i r müssen ebenfalls die unendliche V i e l f a l t und Fülle unserer liturgischen Traditionen nutzen, damit jede Kirche durch das E r b e der anderen bereichert werden k a n n . 11. Es scheint notwendig zu sein, die F r a g e „Was ist ein H e i l i g e r ? " genauer zu untersuchen. W e d e r die Kriterien der Heiligkeit, noch die V e r f a h r e n der Heiligsprechung sind in den

orientalisch-orthodoxen

und

Kirchenhistoriker

orthodoxen

Ost-Traditionen

identisch.

und

Theologen könnten eine Studie über die bestehenden Unterscheidungen zwischen universalen, nationalen und örtlichen Heiligen

sowie

über die Verfahren, durch die sie als solche anerkannt wurden, durchführen. Z u r Aufhebung der A n a t h e m a t a müssen nicht unbedingt die

Dokumentation

265

Ergebnisse einer solchen Studie abgewartet werden; diese können jedoch als notwendige Klärung der Tradition in bezug auf die Auffassung von der Heiligkeit dienen. 12. Diese Erklärung sollte vielleicht mit der Bemerkung abgeschlossen werden, daß diese Gespräche die vierten der inoffiziellen waren, die in einer Zeitspanne von sieben Jahren abgehalten wurden. Wir hoffen, daß die Arbeit, die auf inoffizieller Ebene getan wurde, bald von unseren Kirchen offiziell übernommen werden kann, damit das vom Heiligen Geist begonnene Werk unserer Begegnung eine volle ekklesiastische Antwort bekommen kann. In dieser Hoffnung unterbreiten wir unseren Kirchen diesen vierten Bericht.

Chalcedonische

Teilnehmer:

Metropolit Parthenions von Karthago (Patriarchat von Alexandrien) Metropolit N i k o d i m von Leningrad (Moskauer Patriarchat) Metropolit Nikodim von Attika (Kirche von Griechenland) Metropolit Methodios von Akum (Patriarchat von Alexandrien) Erzpriester L. Voronov (Moskauer Patriarchat) Professor Sabas Agouridis (Kirche von Griechenland) Professor N. Nissiotis (Kirche von Griechenland) Professor Todor Sabev (Kirche von Bulgarien) Erzpriester V. Borovoy (Russisch-orthodoxe Kirche) Professor Panayotis Fouyas (Kirche von Griechenland) D r . Andreas Mitsides (Kirche von Zypern) Pater Sergii Hackel (Russisch-orthodoxe Kirche)

Like Seltanat Habte Mariam Workineh (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Professor Mikre Selassie Gebre Ammanuel (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Archimandrit Nerses Bosabalian (Armenisch-apostolische Kirche ) D r . Κ. M. Simon (Syrisch-orthodoxes Patriarchat) Ato. Abebaw Yigzaw (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Ato. Adamu Amare (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Ato. Aberra Bekele (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Ato. Wolde Selassie (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Ato. Ayele Gülte (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Erzpriester Memher Ketsela (Äthiopisch orthodoxe Kirche) Melake Berhanat Tesfa von Borana (Äthiopisch-orthodoxe Kirche)

Anbang

266 Pater Nikolas Osolin (Russisch-orthodoxe Kirche)

Nicht-chalcedoniscbe

Teilnehmer:

Bischof Samuel (Koptisch-orthodoxe Kirche) Bischof Karekin Sarkissian (Armenisch-apostolische Kirche) Principal Paul Verghese (Syrisch-orthodoxe Kirche von Indien)

Die folgenden

Berater: Dr. Lukas Vischer (Vertreter des Sekretariats für Glauben und Kirchenverfassung des ökumenischen Rates der Kirchen)

Protokollführer: Pastor Philip Cousins

Personen waren ebenfalls

anwesend:

Dejazmatch Amha Aberra (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Pater Nessibu Taffesse (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) Pater Gebre Ighziabher Degou (Äthiopisch-orthodoxe Kirche) (Aus dem Englischen, in: The Greek Orthodox Theological Review, Vol. X V I , Nr. 1 und 2, Brookline/USA, Frühjahr und Herbst 1971, S. 211—214.)

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Anbang

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