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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE BEGRÜNDET VON GUSTAV GRÖBER HERAUSGEGEBEN VON GÜNTER HOLTUS UND WOLFGANG SCHWEICKARD
Band 373
SASCHA DIWERSY
Kookkurenz, Kontrast, Profil Korpusinduzierte Studien zur lexikalisch-syntaktischen Kombinatorik französischer Substantive (mit ergänzenden Betrachtungen zum Deutschen)
De Gruyter
ISBN 978-11-027532-2 e-ISBN 978-11-028092-0 ISSN 0084-5396 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalogue record for this book is available from the Library of Congress. %ibliogra¿scKe ,nforPation Ger DeutscKen 1ationalbibliotKeN Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen NationalbiblioJUD¿HGHWDLOOLHUWHELEOLRJUD¿VFKH'DWHQVLQGLP,QWHUQHWEHUKWWSGQEGQEGHDEUXIEDU :DOWHUGH*UX\WHU*PE+ &R.*%HUOLQ%RVWRQ *HVDPWKHUVWHOOXQJ+XEHUW &R*PE+ &R.**|WWLQJHQ ∞*HGUXFNWDXIVlXUHIUHLHP3DSLHU Printed in Germany www.degruyter.com
Danksagung
Dieser Beitrag wäre ohne das Zutun der im folgenden erwähnten Personen wohl nie in der vorliegenden Form zustande gekommen. An allererster Stelle zu nennen ist Peter Blumenthal, dem ich für sein immenses Engagement bei der Betreuung dieses Projekts, seine Inspirationskraft und vor allem das mir weitergegebene Wissen zu größtem Dank verpflichtet bin. Möge sich diese Arbeit dem mir entgegenbrachten Vertrauen würdig erweisen. Daniel Jacob danke ich für die sehr engagierte und von höchst konstruktiver Kritik begleitete Auseinandersetzung mit dem von mir bearbeiteten Thema. Seine zahlreichen Anregungen haben den vorliegenden Beitrag in entscheidender Weise geprägt. Gleichfalls ist meinen langjährigen Kölner Kollegen Valeriano Bellosta von Colbe und Ludwig Fesenmeier sowie Marco Garcia Garcia, Sebastião Iken und Uli Reich für ihre freundschaftliche Verbundenheit, ihre ständige Diskussionsbereitschaft und so manchen fachlichen Rat zu danken. Die in unzähligen Gesprächen von ihnen vermittelten Einsichten haben meine Arbeit maßgeblich beinflusst. Dirk Siepmann von der Universität Osnabrück sowie Stefan Evert von der TU Darmstadt bin ich für das große Interesse dankbar, das sie als vielfach ausgewiesene Spezialisten in dem von mir bearbeiteten Themenbereich meinem Projekt entgegengebracht haben. Wesentliche Überlegungen, die in dieser Arbeit ihren Niederschlag gefunden haben, gehen auf von ihnen eingebrachte Anregungen zurück. Für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Fertigstellung des Manuskripts gilt mein besonderer Dank Patrick Gililov und Felicitas Keller. Den Herausgebern der ZrP-Beihefte, Günter Holtus und Wolfgang Schweickard, bin ich für die Aufnahme der Arbeit in die von ihnen verantwortete Reihe zu großem Dank verpflichtet. In gleicher Weise möchte ich mich schließlich bei Ulrike Krauß und Norbert Alvermann vom Verlagshaus de Gruyter für die engagierte Betreuung im Rahmen der Buchherausgabe bedanken.
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Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis.................................................................................................IX Abbildungsverzeichnis...........................................................................................XII 1 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit.........................................................................1 2 Kollokationen und das kombinatorische Wortprofil................................................3 2.1 Der deduktiv-taxonomische Kollokationsbegriff...........................................4 2.1.1 Bally.....................................................................................................4 2.1.2 Hausmann.............................................................................................5 2.1.3 Mel’þuk und die Théorie Sens-Texte ....................................................9 2.2 Der induktiv-systemische Kollokationsbegriff.............................................14 2.2.1 Firth, Halliday, Sinclair und die Anfänge kontextualistischer Kollokationsforschung.................................................................................14 2.2.2 Pattern Grammar ..............................................................................21 2.2.3 Hoey und die Theorie des Lexical Priming ........................................29 2.3 Von der Kollokation zum kombinatorischen Wortprofil..............................43 3 Methodische Grundlagen......................................................................................59 3.1 Zusammenstellung und Aufbereitung der verwendeten Korpora.................59 3.1.1 Zusammensetzung der verwendeten Korpora.....................................59 3.1.2 Normalisierung durch dokumentschemabedingte Annotation.............61 3.1.3 Morpho-lexikalische Annotation........................................................64 3.1.4 Identifikator-Zuweisung und Datenbankimport..................................67 3.2 Profilstatistiken............................................................................................70 3.2.1 Signifikanzwerte und Lexikogrammerstellung...................................70 3.2.2 Similaritäts- und Distanzwerte............................................................73 3.2.3 Stereotypie- und Auslastungswerte.....................................................74 3.3 Lexikogramm-Auswertung..........................................................................78 4 Französische Substantive im paradigmatischen Profilvergleich............................83 4.1 Zur Bestimmung des untersuchten Substantivparadigmas...........................83 4.2 Similarität, Profilkontraste und paradigmatische Nähe................................90 4.3 Einzelvergleichsstudien...............................................................................94 4.3.1 Profilvergleich courage – ardeur........................................................94 4.3.2 Profilvergleich courage – héroïsme..................................................102 4.3.3 Profilvergleich courage – obstination...............................................111 VII
4.3.4 Profilvergleich courage – acharnement............................................117 4.3.5 Profilvergleich courage – opiniâtreté...............................................123 4.3.6 Profilvergleich courage – générosité................................................128 4.3.7 Profilvergleich courage – ténacité....................................................141 4.3.8 Profilvergleich courage – audace.....................................................150 4.4 Paradigmabezogene Synthese....................................................................165 5 Kontrastive Analyse der kombinatorischen Profile von Mut und courage..........185 5.1 Differenziertheit, Spezialisierung und Profilauslastung.............................185 5.2 Die lokale Grammatik der Kausativkonstruktionen von courage und Mut unter kontrastiven Gesichtspunkten..........................................................190 5.2.1 Profilinternes Gewicht der kausativen Kollokatoren von courage und Mut.....................................................................................................190 5.2.2 Typologische Divergenzen...............................................................191 5.2.3 Funktionale Konstellationen.............................................................202 5.3 Fazit...........................................................................................................221 6 Zusammenfassung und Ausblick.........................................................................225 Bibliographie.........................................................................................................233 Literatur...........................................................................................................233 Wörterbücher, Datenbanken............................................................................238 Anhang..................................................................................................................239 zu Kapitel 2.3...................................................................................................239 zu Kapitel 3.3...................................................................................................243 zu Kapitel 4.....................................................................................................244 zu Kapitel 4.3.1................................................................................................245 zu Kapitel 4.3.2................................................................................................245 zu Kapitel 4.3.3................................................................................................246 zu Kapitel 4.3.4................................................................................................246 zu Kapitel 4.3.5................................................................................................246 zu Kapitel 4.3.6................................................................................................247 zu Kapitel 4.3.7................................................................................................247 zu Kapitel 4.3.8................................................................................................248 zu Kapitel 5.....................................................................................................249
VIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1: Sprachimmanente Beschreibungsebenen und Bedeutungsdimensionen nach Halliday (1961)..................................................15 Tabelle 2.2.: Strukturschematische Darstellung von Mehrwortsequenzen gemäß Sinclair (2004)....................................................................................................20 Tabelle 2.3.: Übersicht zu prominenten Verb-, Substantiv- und Adjektiv-Patterns im Englischen (gemäß Hunston/Francis 2000, 51ss.).........................................24 Tabelle 2.4.: Übersicht zu den mit dem Pattern verbundenen VerbLexemreihen gemäß Hunston/Francis (2000, 83ss.)...........................................25 Tabelle 2.5.: die mit dem Begriffsfeld ‘Logical relations: be evidence for’ in Verbindung stehenden Verb-Patterns gemäß Hunston/Francis (2000, 112).......27 Tabelle 2.6.: die auf der Grundlage der attributivisch gebrauchten Kollokatoradjektive ermittelbaren semantischen Assoziationen des Nomens consequence nach Hoey (2005, 24ss.)................................................................34 Tabelle 2.7.: vergleichende Übersicht zu den auf der Grundlage der attributivisch gebrauchten Kollokatoradjektive ermittelbaren semantischen Assoziationen der Substantive consequence und result (gemäß Hoey 2005, 68ss.)...................39 Tabelle 2.8.: Strukturbeschreibung der prosodischen Voraktivierungs-Relationen in der Satzpassage In winter Hammerfest is a thirty-ride by bus from Oslo gemäß Hoey (2005, 167)....................................................................................42 Tabelle 3.1.: Kennzahlen des in der vorliegenden Arbeit zu Grunde gelegten französischsprachigen Korpusarchivs.................................................................60 Tabelle 3.2: Kennzahlen des in der vorliegenden Arbeit zu Grunde gelegten deutschsprachigen Korpusarchivs......................................................................61 Tabelle 3.3: 2 × 2-Kontingenztabelle mit Berechnungsparametern zur Ermittlung der Signifikanz eines aus den Lemma-Types L0 und Li zusammengesetzten Bigramms...........................................................................................................71 Tabelle 3.4: Lexikogramm mit den 10 nach Ausweis von LL signifikantesten Begleitern des Bezugsworts courage im französischen Primärkorpus (lm1999/lm2000/lm2002/lfi2002) bei einem satzgrenzenabhängigen span von 5.........................................................................................................................72 Tabelle 3.5: Gewichtsfunktionen zur Similaritätswertberechnung gemäß Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005)...........................................................73 Tabelle 3.6.: Stereotypiewerte zu den auf der Grundlage des französischen Primärkorpus ermittelten Kollokatorprofilen von peur und crainte (Schwellen-Meßpunkte: s = 25, s = 50, s = 75)..................................................78 Tabelle 3.7.: um Angaben zur syntaktischen Kategorie ergänztes Lexikogramm
IX
mit den 5 signifikantesten Adjektiv-, Substantiv- und Verbkollokatoren des Bezugssubstantivs courage im französischen Primärkorpus (Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL)......................................................................................................................80 Tabelle 3.8.: um gid- und Auslastungswerte ergänztes Lexikogramm mit den 5 signifikantesten Adjektiv-, Substantiv- und Verbkollokatoren des Bezugssubstantivs courage im französischen Primärkorpus (Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL)......................................................................................................................81 Tabelle 4.1: Signifikante Koordinationspartner im rechten und linken Kotextbereich von courage (Le Monde 1999 / Le Monde 2000 / Le Monde 2002 / Le Figaro 2002, Span 5).........................................................85 Tabelle 4.2: Zwischen courage und seinen signifikanten Koordinationspartnern bestehende paradigmatische Verbindungen nach Ausweis der Wörterbuchquellen DSC, THELAR, TLFi, PR und GR.....................................87 Tabelle 4.3: Similaritätsberechnungen mit dem Kollokatorprofil von courage als Vergleichsgrundlage...........................................................................................91 Tabelle 4.4: als Grundlage des paradigmatischen Profilvergleichs dienendes Lexikogramm von courage ...............................................................................92 Tabelle 4.5: Profilübereinstimmungen bei courage und ardeur...............................94 Tabelle 4.6: divergenter Kollokatorbestand von ardeur gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage ................................................................94 Tabelle 4.7: Versprachlichung sachverhaltsinhärenter Entwicklung – kategoriellschematische Prägung des Profils von ardeur ...................................................95 Tabelle 4.8: intensitätsbezogene Aspekte der Konzeptualiserung des Handlungsimpulses vor dem Hintergrund der kombinatorischen Profile von courage und ardeur............................................................................................98 Tabelle 4.9: Profilübereinstimmungen bei courage und héroïsme.........................102 Tabelle 4.10: divergenter Kollokatorbestand von héroïsme gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage...............................................................102 Tabelle 4.11: faktischer Status, Normerwartung und Sprechererwartung bei den vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage und héroïsme.......................106 Tabelle 4.12: Konsens- und Dissenskennzeichnung durch die vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage und héroïsme.......................................109 Tabelle 4.13: Profilübereinstimmungen bei courage und obstination....................111 Tabelle 4.14: divergenter Kollokatorbestand von obstination gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage ..............................................................111 Tabelle 4.15: Profilübereinstimmungen bei courage und acharnement.................117 Tabelle 4.16: divergenter Kollokatorbestand von acharnement gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage...............................................................118 Tabelle 4.17: Profilübereinstimmungen bei courage und opiniâtreté.....................123 Tabelle 4.18: divergenter Kollokatorbestand von opiniâtreté gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage...............................................................124 Tabelle 4.19: Profilübereinstimmungen bei courage und générosité.....................128 Tabelle 4.20: divergenter Kollokatorbestand von générosité gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage...............................................................128 X
Tabelle 4.21.: kategorielle Einordnung der kausativen Kollokatoren von courage, ardeur und générosité........................................................................135 Tabelle 4.22: Profilübereinstimmungen bei courage und ténacité ........................141 Tabelle 4.23: divergenter Kollokatorbestand von ténacité gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage ..............................................................141 Tabelle 4.24: konsequenzbezogene Kollokatoren im Rahmen der kombinatorischen Profile von acharnement, générosité, obstination und ténacité.............................................................................................................147 Tabelle 4.25: Profilübereinstimmungen bei courage und audace .........................150 Tabelle 4.26: divergenter Kollokatorbestand von audace gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage ..............................................................151 Tabelle 4.27: Differenzierung der kombinatorischen Profile nach Sachverhaltsperspektiven und Kollokatorklassen.............................................166 Tabelle 4.28: Profilverteilung zustandszentrierender Ausdrucksoptionen..............171 Tabelle 4.29.: Profilverteilung dynamizitätskennzeichnender Ausdrucksoptionen...........................................................................................171 Tabelle 4.30.: Profilverteilung unmittelbar konsequenzbezogener Ausdrucksoptionen...........................................................................................175 Tabelle 4.31.: Profilverteilung vermittelt-evaluativer Ausdrucksoptionen.............177 Tabelle 5.1: Stereotypiewerte zu courage und Mut bei den Schwellenwerten 25, 50 und 75....................................................................................................186 Tabelle 5.2: Gegenüberstellung der bis zu einer Kohäsivitätsschwelle von 25, 50 und 75 % des Gesamtprofils erfassten Kollokatoren von Mut und courage ...........................................................................................................187 Tabelle 5.3: relative Auslastung der kombinatorischen Profile von Mut und courage auf der Ebene der bezüglich der Kollokatoren identifizierten onomasiologischen Bereiche............................................................................189 Tabelle 5.4: Auslastungswerte der den onomasiologischen Bereichen F1 / D1 zuzuordnenden Kollokatoren von courage und Mut.........................................190 Tabelle 5.5: Auslastungswerte der kausativ-inchoativen Kollokatoren von courage und Mut..............................................................................................202 Tabelle 5.6: kausativ-inchoative Kollokatorverben von Mut und die an die entsprechenden prädikativen Syntagmen geknüpften Verursachungsperspektiven..............................................................................205 Tabelle 5.7: absolute und relative Frequenzwerte von frz. encourager und courage sowie dt. ermutigen und Mut in den jeweiligen Primärkorpora...........219 Tabelle 5.8: funktionale Konstellationen der kausativ-inchoativen Kollokatorverben von Mut und courage...........................................................223
XI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: Schematische Einordnung der Begriffe Kollokationscluster, Kollokationsbereich und Kollokationsfeld gemäß Sinclair (1966) [K1,2: Kollokationsknoten; W1-10: Kollokatoren]..........................................................18 Abbildung 2.2: schematische Darstellung der kookkurrenzparadigmatischen Konfiguration [{gravement; grièvement} + {accidenter; atteindre; blesser (VER); blessé (ADJ); brûler; toucher}] (mit Angabe des syntaktischen Relationsmusters) – [ ADV: Adverb; ADJ: Adjektiv; VER: Verb; MOD: Modifikationsbeziehung ]...................................................................................48 Abbildung 3.1: Säulendiagramm zu den 25 signifikantesten Adjektiv-, Substantivund Verbkollokatoren des Bezugsworts peur im Rahmen des französischen Primärkorpus [Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL]................................................................75 Abbildung 3.2: Säulendiagramm zu den 25 signifikantesten Adjektiv-, Substantivund Verbkollokatoren des Bezugsworts crainte im Rahmen des französischen Primärkorpus [Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL]................................................................75 Abbildung 3.3: Stereogramm-Synopse zu den auf der Grundlage des französischen Primärkorpus ermittelten Kollokatorprofilen von peur (schwarze Kurve) und crainte (graue Kurve).............................................78 Abbildung 4.1: Werthaltung und Zustimmungsgrade bei den vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage und héroïsme [ Abkürzungen – fS: faktischer Status; NE: Normerwartung; SE: Sprechererwartung ]....................108 Abbildung 4.2: durch obstination geleistete Konturierung von Handlungssachverhalten (H)............................................................................117
XII
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Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
In bestimmten Kreisen, so Fillmore (1992, 35), stellt man sich unter einem Korpuslinguisten klischeehaft ungefähr Folgendes vor: «He has all of the primary facts that he needs, in the form of a corpus of approximately one zillion running words, and he sees his job as that of deriving secondary facts from his primary facts. At the moment he is busy determining the relative frequencies of the eleven parts of speech as the first word of a sentence versus as the second word of a sentence. (There isn’t anybody exactly like this, but there are some approximations.)»
Wenn nun, so Fillmore weiter, diese Spezies mit introspektiv arbeitenden Sprachwissenschaftlern («armchair linguist[s]») in einen – an sich eher selten stattfindenden – Dialog tritt, so läuft dieser in etwa so ab: «[...] the corpus linguist says to the armchair linguist, ‹Why should I think that what you tell me is true?›, and the armchair linguist says to the corpus linguist, ‹Why should I think that what you tell me is interesting?›» (Fillmore ebd.)
Letzteres ist in der Tat die Frage, zu deren Beantwortung die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten möchte: Kann man, zumal auf dem zerklüfteten, und, wie wir noch hören werden, gar verminten Feld der Wortkombinatorik, durch korpusgeleitete Untersuchungen mehr als nur Anekdotisches zu Tage fördern? Macht ein – auf die Entdeckung systematischer Zusammenhänge ausgerichtetes – unablässiges «Zählen und Sammeln» von Wörtern überhaupt noch Sinn, wo doch das Lexikon bekanntermaßen einen Hort der Idiosynkrasie darstellt, eine Ansammlung von Kuriositäten und notorischen Störfaktoren – zumindest wenn man von Grammatik als kontextfreiem, algorithmischem System ausgeht? Freilich geht es uns nun nicht darum, die Existenz von Grammatik an sich in Frage zu stellen, wohl aber erscheint es uns angebracht, Zweifel am Postulat eines einheitlich geschlossenen und allgegenwärtigen Regelapparates anzumelden, welches dazu zwingt, allzu schnell dort die Suche nach systematischen Zusammenhängen aufzugeben, wo solche, wenn auch in kleineren, lokal verankerten Dimensionen, durchaus zu erkennen wären. Als zentrale These möchten wir hierbei, bezogen auf den Bereich der lexikalischen Kombinatorik, aufzeigen, dass gerade das kombinatorische Verhalten von Wörtern, in sich wie auch in Kontrast zu anderen, in hohem Maße von Kohärenz geprägt ist und dass diese Kohärenz in kondensierter Form erfasst und in ihrem jeweiligen systemischen Zuschnitt kenntlich gemacht werden kann. Zu diesem Zweck haben wir einen umfassenden methodischen
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Rahmen und entsprechende Analysestrategien entwickelt. Diese zur Diskussion zu stellen, ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Der Weg dorthin wird uns über mehrere Zwischenstationen führen, die im Folgenden kurz skizziert seien. In Kapitel 2 werden wir zunächst unseren Untersuchungsgegenstand unter theoretischen Gesichtspunkten eingrenzen. Dabei werden wir uns mit den beiden Hauptrichtungen der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiet der Kollokationsforschung auseinandersetzen und im Anschluss hieran unter Bezugnahme auf den Begriff des «kombinatorischen Wortprofils» unseren eigenen Standpunkt präzisieren. Kapitel 3 dient der Darstellung des methodischen Rahmens unserer Untersuchungen. In dem betreffenden Abschnitt werden vor allem die Zusammensetzung und Aufbereitung der verwendeten Korpora, die eingesetzten kookkurrenzstatistischen Berechnungsverfahren sowie einige Besonderheiten im Hinblick auf die Auswertung des für die Analysen herangezogenen Datenmaterials thematisiert werden. In Kapitel 4 werden wir uns sog. paradigmatischen Profilstudien zuwenden. Hierbei geht es um die Umsetzung eines Analyseformats, das im Zusammenhang mit der Kontrastierung des kombinatorischen Verhaltens verschiedener französischer Substantive, welche der Bezugnahme auf Handlungsdispositionen dienen, entwickelt wurde. Kapitel 5 ist der Analyse von kombinatorischen Profilen aus sprachvergleichender Perspektive gewidmet. Ausgehend von einer Gegenüberstellung der Kookkurrenzprofile eines bereits in Kapitel 4 untersuchten französischen Substantivs und eines seiner deutschen Pendants werden im Rahmen des fraglichen Abschnitts einzelne in salienter Weise divergierende Kombinationsmuster einer detaillierten Fallstudie unterzogen und die betreffenden Divergenzen auf grundlegende Unterschiede hinsichtlich der betrachteten Einzelsprachen zurückgeführt. In Kapitel 6 werden schließlich wesentliche Erkenntnisse des vorliegenden Beitrags in knapper Form zusammengefasst. Dies ist also das bevorstehende Programm. Es gibt (immer noch) viel zu zählen – gehen wir’s an.
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Kollokationen und das kombinatorische Wortprofil
So mancher fiktive oder auch lebendige Fremdsprachenlerner mag «zu seinem Erstaunen» feststellen, dass «derzeit eine Art Krieg stattfindet, ein Terminologiekrieg, der Krieg um die Besetzung des linguistischen Terminus Kollokation. Es stehen sich gegenüber der basisbezogene Kollokationsbegriff, wie er für das Fremdsprachenlernen und die darauf ausgerichtete Lexikographie unverzichtbar ist - und auf der anderen Seite der computerlinguistische Kollokationsbegriff, der damit jede Art von Clusterbildung meint. [...] [Die] Erkenntnis, dass das Nebeneinander der beiden Kollokationsbegriffe eine historisch gewachsene Perversion des wissenschaftlichen Diskurses darstellt, verlangt nach Handeln.» (Hausmann 2004, 320s.)
Was eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Kollokationsforschung in solch deftigen Worten1 zum Ausdruck bringt, gehört inzwischen zu den konventionalisierten Feststellungen, die den Beiträgen zur Wortkombinatorik als Ausgangspunkt für eine auf die Eingrenzung des Kollokationsbegriffs gerichtete Bestandsaufnahme dienen.2 Den von den meisten Autoren unternommenen Klärungsversuchen ist dabei gemeinsam, dass sie das im jeweils anderen Paradigma vertretene Verständnis von Kollokationen mit kaum mehr als einer Randnotiz würdigen. 3 Der vorliegende Beitrag wird eine andere Stoßrichtung einschlagen und im Gefolge von Siepmann (2002) oder auch Klotz (2000) beide Forschungstraditionen gleichermaßen vorstellen. Hierbei wird Abschnitt 2.1 dem «basisbezogenen» (cf. supra) - oder auch deduktiv-taxonomischen - und Abschnitt 2.2 dem «computerlinguistischen» - d.h. induktiv-systemischen - Kollokationsbegriff gewidmet werden. Im Anschluss daran werden wir Hausmanns - freilich an eigenen Gebietsgewinnen orientiertes «Friedensangebot» (2004, 321) zumindest im Sinne einer terminologischen 1
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Deutlich weniger martialisch nimmt sich allerdings die Bestandsaufnahme aus, die diesbezüglich vom gleichen Autor in der unlängst erschienenen Neuauflage einiger Beiträge vorgenommen wird (cf. Hausmann 2007). Der entsprechende Befund fällt allerdings für gewöhnlich weniger dramatisch aus, als in der oben zitierten Weise. So merkt zum Beispiel Siepmann (2002, 241) an, dass sich «[d]ie Diskussion über Kollokationen [...] schon lange im Kreise» dreht, für Williams (2003, 33) sind sie «l’Arlésienne de la linguistique», während Blumenthal (2004, 91) gerade in der «Unschärfe» des Kollokationsbegriffs die Voraussetzung für dessen «Erfolg» sieht, «belässt» sie doch «allen Teilnehmern am Definitionsstreit den hortus conclusus ihrer Privatsprache». Als aktuelle Beispiele hierfür wären u.a. Scherfer (2003), Williams (2003) sowie Grossmann/Tutin (2003) zu nennen.
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Regelung für den deutschen Sprachgebrauch im Bereich der Lexikographie und Fremdsprachendidaktik annehmen, gleichzeitig aber mit dem kombinatorischen Wortprofil eine für unsere Zwecke geeignetere Begrifflichkeit ins Feld führen.
2.1
Der deduktiv-taxonomische Kollokationsbegriff
Im vorliegenden Abschnitt werden wir zunächst im Rahmen eines eher historisch motivierten Exkurses gewisse Überlegungen Ballys zur Wortkombinatorik skizzieren, die in späterer Zeit von Vertretern eines deduktiv-taxonomischen Kollokationsverständnisses entweder aufgegriffen oder in übereinstimmender Weise formuliert wurden (cf. 2.1.1). Sodann werden wir uns etwas genauer mit den von Hausmann (cf. 2.1.2) sowie von Mel’þuk (cf. 2.1.3) entwickelten Modellierungsansätzen beschäftigen, die nach dem heutigen Stand als Referenz für die deduktiv-taxonomisch ausgerichtete Kollokationsforschung gelten können. 2.1.1
Bally
Ein Wort,4 so Bally in seinem 1909 erschienenen Traité de stylistique française, wird nicht als isolierte Einheit erlernt und verwendet, sondern steht über eine Vielzahl gedanklicher Assoziationen immer nur im Verbund mit anderen Wörtern zur Verfügung (cf. 1909, 67). Diese Wortkomplexe (groupements) weisen einen unterschiedlichen Grad an Festigkeit auf. Dabei sind bestimmte Wortkombinationen eher flüchtiger Natur (groupements passagers), andere wiederum sind - sanktioniert durch den Sprachgebrauch - zu untrennbaren Einheiten (unités phraséologiques) verschmolzen, in denen die einzelnen Wörter jegliche Eigenständigkeit verloren haben (cf. Bally 1909, 67s.). Bally (1909, 68) weist nun darauf hin, dass es viele Wortverbindungen gibt, die sich weder den unités phraséologiques noch den groupements passagers eindeutig zuordnen lassen. Er bezeichnet diese als séries5 und fasst sie mit den sog. unités unter dem Oberbegriff der locutions bzw. groupements phraséologiques zusammen (cf. 1909, 68). Das Besondere an den séries besteht darin, dass sie sich, anders als die unités phraséologiques, aus Wörtern zusammensetzen, die ein bestimmtes Maß an Autonomie bewahrt haben, trotzdem aber in ähnlicher Weise dem «Diktat des wiederholten Sprachgebrauchs» als Produkt entspringen – oder um es mit den Worten Ballys in Bezug auf die von ihm modellhaft angeführte Verbindung gravement malade zu sagen: «Pour donner une idée plus nette de ce caractère usuel, et pour montrer combien l’usage est tyrannique, constatons que gravement a un doublet étymologique [...]: grièvement; mais, 4
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Zum Problem der Segmentierung von Elementen des sprachlichen Ausdrucks stellte Bally fest: «[...] [L]’observation des rapports existant entre la parole et la pensée montre que, dans une infinité de cas, le mot «vu» n’est qu’une illusion; l’unité graphique ne recouvre pas toujours une unité de pensée [...] Un mot n’est donc pas forcément une unité lexicologique, si par ce terme on entend ce qui [...] correspond à une unité indécomposable de la pensée» (1909, 65). An anderer Stelle spricht Bally auch von groupements usuels (cf. 1909, 70).
chose curieuse, cet adverbe, appliqué à malade, est incorrect; en revanche, il est l’adverbe consacré pour blessé; l’on ne saurait pourtant prétendre que le sens particulier de cet adverbe soit pour quelque chose dans cette préférence; [...]» (1909, 70).
Es ist unschwer zu erkennen, dass sich hinter den séries phraséologiques das verbirgt, was heutzutage von den Vertretern der in diesem Abschnitt dargestellten Forschungstradition unter Kollokation verstanden wird. Dabei klingt in der zuletzt zitierten Aussage Ballys bereits jenes Postulat an, das später zum Kernbestandteil des deduktiv-taxonomischen Kollokationsbegriffs werden sollte, nämlich das des idiosynkratischen Charakters der als Kollokation zu bezeichnenden Wortkombinationen. Wie vorausschauend Ballys Ausführungen zum Phänomen der séries phraséologiques waren, zeigt sich darüber hinaus an dem von ihm skizzierten Versuch einer semantisch motivierten Klassifizierung der betreffenden Wortverbindungen. So unterscheidet er zwischen séries d’intensité (cf. 1909, 70ss.)6 und séries verbales (cf. 1909, 72s.),7 weist gleichzeitig aber darauf hin, dass eine Vielzahl weiterer Kategorien denkbar wäre (cf. 1909, 73). Es blieb Mel’þuk und anderern Vertretern der sog. Théorie Sens-Texte (siehe Abschnitt 2.1.3 weiter unten) vorbehalten, mit den sog. Lexikalischen Funktionen8 ein differenziertes Raster für die semantische Beschreibung von Kollokationen zu entwickeln.9 2.1.2
Hausmann
Auf die Relevanz der Überlegungen Ballys für die moderne Kollokationsforschung hat nicht zuletzt Hausmann ausdrücklich hingewiesen (cf. 1979, 189s.).10 Die von ihm vorgeschlagene Typologie (cf. Hausmann 1984, 396ss.) geht in analoger Weise11 von der Feststellung aus, dass die Kombinationsfähigkeit von Wörtern 6
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Bei den séries d’intensité handelt es sich laut Bally um die Kombination von semantisch autonomen Verben, Adjektiven oder (abstrakten) Substantiven mit einem gebrauchsmäßig an sie gebundenen modifizierenden Begleitwort, das keine Spezifizierung, sondern eine Intensivierung ihrer Bedeutung zum Ausdruck bringt. Als Beispiel diskutiert er u.a. den Fall der Verbindung chaleur suffocante (intensivierende Funktion des Adjektivbegleiters) in Abgrenzung zu chaleur solaire (spezifizierende Funktion des Adjektivbegleiters). Nach heutigem Verständnis handelt es sich bei den séries verbales um die sog. Stütz- oder Funktionsverbgefüge. Den séries d’intensité entspricht die - häufig in der Literatur als prototypisches Beispiel angeführte - lexikalische Funktion Magn, während die séries verbales von den Funktionen Operi, Funci und Labori abgedeckt werden. Ob Mel’þuk mit den betreffenden Gedanken Ballys vertraut war, entzieht sich unserer Kenntnis. Zumindest findet sich in den frühesten uns vorliegenden Arbeiten zum Konzept der lexikalischen Funktionen (cf. Mel’þuk 1967) kein expliziter Hinweis darauf. Zu den neueren Beiträgen, die ausführlicher auf Bally eingehen, gehören Scherfer (2001) sowie Scherfer (2003). Beide Typologisierungsansätze sind allerdings - wie im Folgenden zu sehen sein wird nicht deckungsgleich. Ein wesentlicher Unterschied betrifft die Grenzziehung auf der obersten Kategorieebene. So fasst Bally die vollständig und teilweise festgelegten Wortverbindungen (unités und séries phraséologiques, siehe oben) unter einem Oberbegriff zusammen, während Hausmann in umgekehrter Perspektive die freien und teilweise festgelegten Wortkombinationen zunächst gemeinsam von den vollständig festgelegten Wortverbindun-
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entweder begrenzten oder unbegrenzten Charakter aufweisen kann und sich nicht immer «mit Hilfe der Semantik - jedenfalls insoweit die Semantik in den Definitionen niedergelegt ist - [...] hinreichend präzisieren läßt» (1984, 396). Hausmann differenziert in einem ersten Schritt zwischen nicht fixierten und fixierten Wortverbindungen (cf. 1984, 398). Bei letzteren handelt es sich um sog. Pseudokombinationen, d.h. phrasemhafte Mehrworteinheiten (Wortzusammensetzungen oder Redewendungen)12 mit einer Gesamtbedeutung, die nicht summarisch auf die jeweiligen Bedeutungen der Einzelbestandteile zurückzuführen ist13 (cf. 1984, 398). Diesen stellt er die Wortkombinationen im eigentlichen Sinne gegenüber, die ihrerseits nach Konter-Kreationen, Ko-Kreationen und Kollokationen untergliedert werden können (cf. Hausmann 1984, 398s.). Der Terminus Konter-Kreation bezieht sich auf jene Fälle, in denen Wörter abweichend von ihren normalerweise gegebenen Kombinationsbereichen miteinander verbunden werden. Wortkombinationen dieses Typs, illustrierbar an der Verbindung des Verbs s’effriter mit dem Substantiv jour, gehören der literarischen Stilebene an und dienen der Erzeugung metaphorischer Effekte (cf. Hausmann 1984, 397, 399). Ko-Kreationen wiederum setzen sich aus Wörtern mit jeweils nahezu unbegrenzt großen Kombinationsbereichen zusammen. Ihr gemeinsames Auftreten gestaltet sich nach Hausmann insofern «frei», als es lediglich durch bestimmte im Sprachsystem angelegte «semantische Mindestregeln» beschränkt wird (cf. 1984, 398). Dies gilt beispielsweise für die Wortverbindungen acheter un livre oder regarder un arbre, bei denen die verbalen Prädikatsausdrücke nicht nur mit den genannten, sondern grundsätzlich mit allen möglichen Substantiven verbunden werden können, die käufliche oder betrachtbare Dinge bezeichnen (cf. Hausmann 1979, 191). Im Unterschied dazu stehen die - mit verschieden großen Kombinationsbereichen ausgestatteten - Kookkurrenzpartner innerhalb einer Kollokation in einem gewissen Affinitätsverhältnis zueinander (cf. Hausmann 1984, 398). Affinität bedeutet hierbei Hausmann zufolge, dass Kollokationen nicht allein auf semantisch motivierte Selektionsbeschränkungen zurückzuführen sind. Zu ihren konstitutiven Merkmalen gehört darüber hinaus ein hohes Maß an Üblichkeit.14 Kollokationen sind anders als Ko-Kreationen «Halbfertigprodukte der Sprache» (1984, 398), sie sind Einheiten der Langue als Norm, nicht der Langue als System (cf. Hausmann 1985, 118). Hausmanns Arbeiten zur Wortkombinatorik orientieren sich an fremdsprachendidaktischen und lexikographischen Belangen. Aus dieser Perspektive heraus liegt der Schwerpunkt seiner Typologiesierungsbemühungen bei der Abgrenzung zwischen
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gen abgrenzt. Darüber hinaus betont Bally den kontinualen Charakter der von ihm vorgenommenen Klassifizierung (cf. 1909, 68), was in dieser Form für Hausmann nicht zutrifft. Als Beispiele hierfür gibt Hausmann die Verbindungen chambre forte bzw. laver la tête à qn an. Zur Kritik an derartigen Definitionsvorschlägen für phrasemartige Mehrwortverbindungen cf. Cruse (1986, 37). Unter diesem Gesichtspunkt hat Hausmann die Unterschiede zwischen den von ihm angesetzten Kombinationstypen zusammenfassend auch auf folgende griffige Formel gebracht: «Kollokationen [sind] Kombinationen von auffallender Üblichkeit, die Ko-Kreationen solche von unauffälliger Üblichkeit und die Konter-Kreationen solche von auffälliger Unüblichkeit» (1984, 399).
Ko-Kreationen und Kollokationen, denn die erstgenannten sind «banale», bei ausreichender Kenntnis des semantischen Regelsystems problemlos bildbare Wortkombinationen, wohingegen die letztgenannten wegen des hohen Maßes an gebrauchsbedingter Idiosynkrasie, das mit ihnen einhergeht, für Fremdsprachenlerner nicht ohne Weiteres erschließbar sind15 (cf. u.a. Hausmann 1989, 1010; 1979, 191) und daher einer exhaustiven Behandlung in Wörterbüchern und im Sprachunterricht bedürfen. Die Frage nach einer für Lexikographie und Didaktik geeigneten Darstellungsweise bestimmt hierbei auch die von Hausmann vorgenommene interne Charakterisierung von Kollokationen. So beschäftigt er sich zum einen eingehend mit der Gerichtetheit des Verhältnisses der Kollokationspartner untereinander und gelangt in diesem Zusammenhang zu einer binär-hierarchischen Gliederung von Kollokationen nach Basis und Kollokator. Die Basis stellt dabei den semantisch autonomen, ko-kreativen Bestandteil einer Kollokation dar, während der gebrauchsmäßig an die Basis gebundene, d.h. zu dieser affine Kollokator seine volle Bedeutung erst innerhalb der Kollokation erhält (cf. u.a. Hausmann 1979, 191s.; 1984, 401; 1989, 1010).16 Im Hinblick auf die Vermittlung aktiver Sprachkompetenz ist Hausmann zufolge stets von der Kollokationsbasis auszugehen, denn «Textproduktion geht über die Basen zu den Kollokatoren. Jemand schreibt über Haar und setzt das passende Adjektiv schütter hinzu. Es kann auch vorkommen, daß er dieses passende Adjektiv schütter sucht, weil es ihm im Augenblick nicht einfällt. Es ist aber unvorstellbar, daß er das Adjektiv schütter vor Augen hat, zu dem ihm etwa die Basis Haar nicht einfiele.» (1985, 119)17 15
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Bezeichnenderweise wird dieser Umstand häufig als praktisches Kriterium für die Unterscheidung von freien Wortverbindungen und Kollokationen herangezogen. So sind nach Hausmann die Kombinationen composer un numéro im Französischen und eine Nummer wählen im Deutschen deswegen als Kollokationen zu betrachten, weil es aus der Sicht der einen Sprache *eine Nummer zusammensetzen sowie aus der Sicht der anderen *choisir un numéro heißen müsste (cf. 1979, 191). Ähnliches gilt beispielsweise für die Fälle se laver les dents vs. sich die Zähne putzen (cf. Hausmann 2004, 309), briser ses chaussures vs. Schuhe einlaufen (cf. Hausmann 1999a,121) etc. Dieses Identifikationskriterium setzt freilich voraus, dass zwischen den lexikalisch-syntaktischen Konstruktionen verschiedener Einzelsprachen im Normalfall ein hohes Maß an Übereinstimmung zu erwarten wäre und misst dadurch sprachtypologischen Unterschieden, wie wir sie etwa für das Deutsche und Französische in Kapitel 5 dieser Arbeit noch ausführlich darlegen werden, per se ein zu geringes Gewicht bei. Hausmann greift die betreffende Unterscheidung später noch einmal unter dem Stichwort «Semiotaxis» auf und kennzeichnet hierbei die Kollokationsbasen als «Autosemantika», die Kollokatoren hingegen als «Synsemantika» (cf. u.a. 1999a, 122). Lexikographisch gesehen, hat dies zur Folge, dass Wörterbücher, denen eine aktive Gebrauchsfunktion zukommt, Kollokatoren stets in den Artikeln zu ihrem Basiswort aufführen sollten (zu einer ausführlichen Kritik an der häufig uneinheitlichen oder gar gegenläufigen lexikographischen Praxis cf. beispielsweise Hausmann (1999b; 2004, 310ss.). Kollokationen unter dem Kollokatorwort zu verzeichnen erscheint demgegenüber nur dann sinnvoll, wenn es darum geht, die Bedeutungsnuancen, die es in Verbindung mit bestimmten Kollokationen aufweist, zu verdeutlichen. Idealerweise werden in Werken, die sowohl den Status eines Produktions- als auch den eines Rezeptionswörterbuchs beanspruchen, beide Eintragsrichtungen berücksichtigt. Ist dies aus Platzgründen nicht möglich, so sind Kollo-
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Zum anderen schlägt Hausmann ein nach syntaktischen Konstruktionsmustern gegliedertes Schema vor, das folgende Kollokationstypen unterscheidet (cf. 1989, 1010; 1999a, 125):18 – Substantiv-Adjektiv-Kollokationen: N + ADJ (célibataire endurci) – Substantiv-Verb-Kollokationen: NSubjekt + V (la colère s’apaise), V + NObjekt (retirer de l’argent), V + PRP + N (rougir de honte)19 – Verb-Adverb-Kollokationen: V + ADV (il pleut à verse) – Adjektiv-Adverb-Kollokationen: ADJ + ADV (grièvement blessé) – Substantiv-Substantiv-Kollokationen: N + PRP + N (une bouffée de colère) Setzt man dieses Schema in Relation zur hierarchischen Unterscheidung nach Basis und Kollokator, so erweisen sich im Falle der Kategorien NSubjekt + V und V + NObjekt die Substantive,20 im Falle der Kategorien V + ADV und ADJ + ADV die Verben bzw. Adjektive sowie im Falle des Typs N + PRP + N die syntaktisch abhängigen Substantive als Kollokationsbasen.21 Weniger klar gestalten sich die Verhältnisse in Zusammenhang mit dem Kollokationstypus V + PRP + N, weil mitunter nicht zu entscheiden ist, ob nun das von dem Verb oder aber das von dem in der PP stehenden Nomen getragene Inhaltssegment näher determiniert wird und somit also der verbale oder aber der nominale Ausdruck Kollkokatorstatus besitzt (cf. Hausmann 1999a, 125).22 Das von Hausmann entwickelte Modell steht, insgesamt gesehen, prototypisch für den deduktiv-taxonomischen Kollokationsbegriff sowie die mit ihm verbundenen Operationalisierungsmöglichkeiten und hat vor allem in der Lexikographie Maßstäbe für die Behandlung der Wortkombinatorik gesetzt. Es wird noch an mehreren Stellen dieses Kapitels Gegenstand unserer Betrachtung sein.
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katoreinträge zu vernachlässigen; denn Kollokationen sind unter dem Gesichtspunkt der Textrezeption als weniger problematisch einzustufen, weil sie trotz ihres idiosynkratischen Charakters ein für das Verständnis ausreichendes Maß an Transparenz aufweisen (cf. Hausmann 1989, 1010; 2004, 311ss.). Die von uns verwendeten Kurzformen weichen etwas von denen Hausmanns ab. Die in Klammern stehenden Beispiele sind den angegebenen Referenztexten entnommen. Die Kategorie V + PRP + N wurde in Hausmann (1999a) als Erweiterung zu dem ursprünglich in Hausmann (1989) entwickelten Schema hinzugefügt. Substantive sind nach Hausmann die Basiswortart par excellence, denn «[sie] sind [es], welche die Dinge und Phänomene dieser Welt ausdrücken, über die es etwas zu sagen gibt» (Hausmann 1985, 119). Kleinere Einordnungsprobleme ergeben sich allerdings in einem Fall wie le bas-côté de la route aufgrund des unklaren Status der Kollokationsbasis (route) (cf. Hausmann 1999a, 125): «[...] route, tout en étant notionellement supérieur, n’est nullement nécessaire au texte en présence» .) Führt man diesen Gedanken konsequent zu Ende, stellt sich die Frage, ob hier überhaupt noch von einer Kollokation im Hausmannschen Sinne die Rede sein kann. Allerdings ist das von Hausmann diskutierte Beispiel rougir de honte u.E. insofern ungünstig gewählt, als es einen Grenzfall zwischen freier und kollokationsartiger Verbindung darstellt. Eindeutiger ist die Lage hinsichtlich der Wortkombinationen mourir de peur oder mourir de faim - mit mourir als Kollokator und den jeweiligen Substantiven als Basis.
2.1.3
Mel’þuk und die Théorie Sens-Texte
Lexikographische Aspekte spielen auch in Verbindung mit der von dem russischen Linguisten I. A. Mel’þuk vertretenen Kollokationsauffassung eine Rolle, diese ist allerdings selbst in ein umfassendes Grammatikmodell, die sog. Théorie Sens-Texte (TST)23 eingebettet. Die TST ist ein Produkt der in den sechziger Jahren in der ehemaligen Sowjetunion betriebenen Forschungen zur maschinellen Übersetzung und hat sich vor allem auf die Formalisierung der Regeln sprachlicher Paraphrase, d.h. des Ableitens unterschiedlicher Ausdrucksformen aus einer gleichbleibenden semantischen Repräsentation (Représentation Sémantique [RSém]24) spezialisiert. Dabei nimmt das Lexikon eine zentrale Stellung 25 ein, denn es liefert diejenigen Einheiten, die in Zusammenhang mit einer Aussage einerseits bestimmte Elemente der mit ihr verbundenen RSém verbalisieren sowie andererseits den syntaktischen Aufbau des die Aussage realisierenden Satzes bestimmen. Die von Mel’þuk und anderen Vertretern der TST vorgeschlagene Typologie der Wortkombinatorik ist mithin vor allem an den Bedürfnissen einer exakten Modellierung des Lexikons orientiert. Sie unterscheidet auf der obersten Ebene freie und feste Wortverbindungen. Letztere lassen sich in pragmatisch, d.h. durch einen bestimmten externen Äußerungskontext festgelegte Wortkombinationen (pragmatèmes)26 und semantisch festgelegte Wortkombinationen (phrasèmes sémantiques) unterteilen (cf. Mel’þuk/Clas/Polguère 1995, 46; Mel’þuk 1998, 28ss.). Bezogen auf die Verbindung der lexikalischen Einheiten A und B mit den Signifikaten ‘A’ und ‘B’ als jeweiliger Bedeutung, werden von Mel’þuk et al. im Bereich der phrasèmes sémantiques nun folgende Kombinationstypen angesetzt:27 (1) phrasème complet: die Verbindung von A und B führt zu einer phraseologischen Einheit AB, deren Bedeutung weder ‘A’, noch ‘B’ umfasst – z.B.: pont aux ânes, rat de cave (Mel’þuk/Clas/Polguère 1995, 46). (2) quasi-phrasème: die Verbindung von A und B führt zu einer phraseologischen Einheit AB, deren Bedeutung über ‘A’ und ‘B’ hinaus ein regulär nicht erwartba23
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Hierbei handelt es sich um die in französischsprachigen Aufsätzen zur TST geläufige Lehnprägung des aus dem Russischen stammenden Terminus Ɍɟɨɪɢɹ «ɋɦɵɫɥ Ɍɟɤɫɬ» [Teorija «Smysl Tekst»], zu dem es darüber hinaus eine englische (MeaningText Theory) und eine deutsche Entsprechung («Smysl Text»- bzw. Inhalt TextModell) gibt. Wir werden im weiteren Verlauf die französischsprachige Bezeichnung und ihre Abkürzung beibehalten, weil das Französische - neben dem Englischen - gegenwärtig die wichtigste Publikationssprache im Bereich der TST darstellt. Bei der sog. Représentation Sémantique (RSém) handelt es sich im Rahmen der TST um ein Netzwerk aus atomaren Bedeutungseinheiten (sémantèmes) und den zwischen diesen bestehenden logisch-semantischen Relationen. Zum Status der TST als lexikalistischer Theorie cf. Mel’þuk/Clas/Polguère (1995, 15). Als Beispiel für ein Pragmatem lässt sich die französische Wortverbindung Stationnement interdit nennen. Obwohl sich aus der an diese Äußerung geknüpften semantischen Repräsentation weitere Kombinationen wie Il est interdit de stationner ici; Défense de garer votre voiture ergeben können, ist Stationnement interdit im Kontext eines offiziell verkündeten Parkverbots die einzig verwendbare. Wir übernehmen hierbei weitgehend die in Mel’þuk/Clas/Polguère (1995, 46) bzw. Mel’þuk (1998, 28ss.) zu findende Notationsweise.
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res28 Signifikat ‘C’ umfasst – Bsp.: donner le sein [à N], centre commercial (1995, 46). (3) semi-phrasème (collocation): die Verbindung von A und B führt zu einer phraseologischen Einheit AB, bei der A unter vollständiger Beibehaltung seiner Bedeutung als eigenständige Komponente fungiert, B jedoch entweder eine durch die Kombination mit A bedingte Bedeutung ‘C’ aufweist,29 oder aber zum Ausdruck seiner Bedeutung ‘B’ auf A als Kombinationspartner festgelegt ist (cf. Mel’þuk/Clas/Polguère 1995, 46; Mel’þuk 1998, 30). Nach Mel’þuk (1998, 30s.) lassen sich hierbei im Einzelnen vier Konstellationen unterscheiden, aus denen sich entsprechende Subtypen von semi-phrasèmes ergeben: (3.1) In der Verbindung mit A ist B von einer solch starken semantischen Ausbleichung betroffen, dass es als nahezu inhaltsleeres Element auftritt. Hiermit sind hauptsächlich jene Fälle erfasst, in denen es sich bei B um ein sogenanntes semi-auxiliaire, d.h. um ein Funktions- oder Stützverb, handelt (cf. Mel’þuk 1998, 30).30 (3.2) B besitzt die Bedeutung ‘C’ ausschließlich in Verbindung mit A (sowie einigen zu A bedeutungsähnlichen lexikalischen Einheiten) – z.B.: caféA noirB, bièreA bien frappéeB (cf. Mel’þuk 1998, 31) (3.3) B bringt eine Bedeutung zum Ausdruck, die in Verbindung mit A nur von ihm und nicht von einem zu B synonymen Lexem realisiert werden kann (cf. Mel’þuk 1998, 31) – z.B.: gravementB (*grièvement) maladeA (3.4) die Bedeutung von B schließt einen großen Teil der Bedeutung von A ein und besitzt hierbei A als einzigen Kombinationspartner (cf. Mel’þuk 1998, 31) – z.B.: le chevalA hennitB Neben der hier dargelegten Typologie von Wortverbindungen31 ist die TST vor 28 29 30 31
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Mel’þuk/Clas/Polguère (1995, 46) sprechen in diesem Zusammenhang von einem «surplus imprévisble» . Man erkennt hier natürlich die u.a. von Hausmann thematisierte Unterscheidung zwischen Auto- und Synsemantika, die von uns weiter oben bereits erwähnt wurde (cf. n. 16, p. 7). Dies entspricht den sog. séries verbales nach Bally (siehe hierzu bereits unsere Ausführungen in Abschnitt 2.1.1 weiter oben). Als weitere Vertreter der TST haben F. Grossmann und A. Tutin in Anlehnung an Mel’þuk eine leicht abweichende Klassifikation von Kollokationen entwickelt, die an dieser Stelle noch kurz Erwähnung finden sollte. Ausgehend von den Kriterien «(Grad der) Idiosynkrasie» und «Idiomatizität» lassen sich nach Grossmann/Tutin (2003, 8) folgende Typen von Kollokationen unterscheiden: – collocations opaques wie z.B. peur bleue und nuit blanche (diese entsprechen dem oben erwähnten Typ (3.2) gemäß Mel’þuk) – collocations transparentes wie z.B. avoir faim, prendre peur und gravement malade (diese stellen aus Sicht der Einteilung von Mel’þuk eine Zusammenfassung der Typen (3.1) und (3.3) dar) – collocations régulières (den Ausführungen von Grossmann/Tutin nach zu urteilen, kann man die collocations régulières in Entsprechung zur Klassifikation von Mel’þuk am ehesten wohl als Mischkategorie ansehen, die zum einen die sog. quasi-phrasèmes sowie zum anderen semi-phrasèmes, d.h. Kollokationen, des oben erwähnten Typs (3.4) umfasst)
allem aber wegen des als wichtige modellinterne Komponente entwickelten Konzepts der lexikalischen Funktionen (LF)32 von Interesse. Dieses stellt, grob gesprochen, einen mit universellem Anspruch versehenen Formalismus zur semantischen Beschreibung lexikalischer Relationen, sowohl auf der Ebene der Substitution, 33 d.h. (weitestgehend) des Paradigmas, als auch auf der Ebene der Kombinatorik, d.h. des Syntagmas, dar, was entsprechenderweise in der Unterscheidung zwischen paradigmatischen (oder auch substitionellen) und syntagmatischen (oder auch parametrischen) LF seinen Niederschlag findet (cf. u.a. Mel’þuk 1996, 46). Die syntagmatischen LF34 dienen im Rahmen der TST nun gerade dazu, die Inhaltsseite der sog. semi-phrasèmes zu modellieren, und bieten somit einen Zugang zu Kollokationen, der über die bloße Einordnung als Wortverbindungstyp hinausgeht. In einem – von Mel’þuk (1996, 39) ausdrücklich intendierten – mathematisch-logischen Sinne bildet hierbei eine LF auf syntagmatischer Ebene eine bestimmte (basale) Begriffseinheit auf verschiedene lexikalische Einheiten ab, indem sie diesen, verstanden als Argument, jeweils verschiedene Kookkurrenzpartner als Wert, d.h. als ausdrucksseitiges Korrelat zur Realisierung der betreffenden Begriffseinheit zuordnet. Aus modelltechnischer Sicht führt also die Anwendung einer lexikalischen Funktion F auf eine lexikalische Einheit L zur Kombination von L mit einem oder mehreren Kollokatorausdrücken K, die ihrerseits in erster Linie der Versprachlichung des – durch F repräsentierten – Konzepts in Verbindung mit L dienen. Eine lexikalische Funktion steht – um es etwas einfacher und in bewusster Anlehnung an den von Bally geprägten Terminus der séries (cf. supra) zu sagen – für nichts anderes, als eine mehr oder weniger umfangreiche35 Kollokatorreihe, die in der Kombination mit einer gleichfalls mehr oder weniger umfangreichen Gruppe von lexikalischen Einheiten stets ein bestimmtes Basiskonzept zum Ausdruck bringen. So verweist etwa die LF Magn(L) = K (von lat. magnus: ‘groß’)36 auf alle Lexikalisierungsoptio32
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Modellintern setzen die LF an der Schnittstelle zur RSém, d.h. in der Tiefensyntaktischen Repräsentation (Représentation Syntaxique Profonde (RSyntP)) an (cf. u.a. Mel’þuk 1996, 52; 60). Am unmittelbarsten nachvollziehbar wird dies am Beispiel der Stützverb-Funktionen Operi, Funci, und Labori, die die semantischen Aktanten, d.h. die Argumente, eines substantivischen Prädikatsausdrucks entsprechenden syntaktischen Aktantenpositionen zuweisen. Über die klassischen Relationen der strukturellen Semantik, d.h. Synonymie, Antonymie und Hyperonymie, hinaus werden hiermit auch derivationelle Beziehungen erfasst. Wenn im Folgenden ohne weitere Einschränkung von lexikalischen Funktionen (bzw. LF) die Rede ist, so sind damit stets die syntagmatischen LF gemeint. Die Anzahl sowohl der in einer Einzelsprache als Funktionswerte bereit stehenden Kollokatorausdrücke wie auch andererseits der als Argumente in Frage kommenden Lexeme dient in der TST als wesentliches Kriterium, nach dem Standard-LF und Nicht-Standard-LF voneinander unterschieden werden (cf. Mel’þuk 1996, 42ss.). So läßt sich beispielsweise im Falle der bereits in Zusammenhang mit dem Kollokationstyp (3.2) erwähnten Kombination café noir im Hinblick auf das attributivische Kollokatoradjektiv keine Standard-LF ansetzen, da für das vom ihm zum Ausdruck gebrachte Konzept ‘ohne Milchzusatz’ im Französischen nur wenige Realisierungsoptionen vorliegen und darüber hinaus auch die Zahl der lexikalischen Einheiten, in Verbindung mit denen die Bezugnahme auf das betreffende Konzept sinnvoll erschiene, eher gering ist. In der TST hat sich hierbei die Konvention etabliert, die Namen für lexikalische Funktio-
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nen K, die in Verbindung mit – und in Abhängigkeit von – L das Konzept ‘Intensität; hohes Maß an; hoher Grad von’ versprachlichen, was nicht zuletzt für die – von Bally (unter dem Stichwort séries d’intensité) oder auch von Hausmann thematisierte – Verwendung von gravement, grièvement, suffocant und endurci als jeweilige Kollokatoren zu malade, blessé, chaleur bzw. célibataire gilt und sich nun mittels des Beschreibungsformalismus der TST folgendermaßen fassen lässt: Magn(chaleur) = ~ suffocante, Magn(malade) = gravement ~, Magn(blessé) = grièvement ~, Magn(célibataire) = ~ endurci. Um der Vielfalt des im Rahmen der TST als Standard angesetzten Inventars an lexikalischen Funktionen37 zumindest ansatzweise gerecht zu werden, seien an dieser Stelle in Anlehnung an die weiter oben zu findende Auflistung der von Mel’þuk angegebenen Subtypen von semiphrasèmes noch einige Beispiele für andere LF genannt:38 (3.1) [semi-auxiliaires:] Oper1(envie) = avoir ~; Oper2(applaudissement) = recueillir [les ~s]; Caus3Func0(applaudissement) = provoquer ART ~; LiquOper1(envie) = priver N de ART ~; LiquFunc1(envie) = ôter à N ART ~. (3.4) Son(cheval) = hennir; Son(chien) = aboyer; Son(Papier) = knistern Die lexikalischen Funktionen bieten nun ihrerseits nicht einfach nur ein ausgeklügeltes Raster zur inhaltsseitigen Beschreibung einer Kollokation, vielmehr eröffnet die durch sie geschaffene Klassifikationsgrundlage auch die Möglichkeit zu weiterreichenden Betrachtungen, wie sie beispielsweise von Mel’þuk (1996, 76) unter dem Stichwort «Generalizing over the Values of LFs» skizziert werden: «In spite of the basically idiosyncratic character of LFs, in many cases a given LF f may have the same values for quite a few different keywords: you take a BATH, a SHOWER, and a REST; you are in ANGER, DESPAIR, LOVE, and RAGE; you follow the RULES, PRESCRIPTIONS, RECOMMENDATIONS, and INDICATIONS. As is clear, the reason is often semantic proximity: semantically related LUs can feature the same values for a given LF. This fact can be accounted for by following the general principle of Lexical Inheritance [...].»
M.a.W.: Kollokationen werden im Rahmen der TST nicht nur als entsprechend typologisierbares Phänomen eingeschränkter – und mithin idiosynkratischer – 37
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nen aus dem Lateinischen – meist durch zusätzliche Verkürzung – abzuleiten. Die Zahl der in der TST allgemein anerkannten paradigmatischen und syntagmatischen lexikalischen Funktionen liegt insgesamt bei ungefähr 60 (cf. u.a. Mel’þuk 1998, 32). Es handelt sich hierbei um den Bestand an sog. einfachen Standard-LF («Simple Standard LFs» nach Mel’þuk (ebd.)). Diese können ihrerseits wiederum in komplexe LF («Complex LFs») oder aber LF-Konfigurationen («configurations of LFs») eingebunden sein (cf. Mel’þuk 1996, 73s.). Auf die interne Klassifikation von lexikalischen Funktionen sind vor allem Alonso Ramos/Tutin (1996) näher eingegangen. In Fontenelle (1997) ist eine ausführliche Diskussion des bestehenden LF-Inventars und möglicher Erweiterungsalternativen zu finden. Bei der betreffenden Auflistung wurde zum einen auf eine Erwähung von Kollokationen der Subklasse (3.3) verzichtet, da diese vor allem die Domäne der bereits hinreichend dokumentierten LF Magn darstellt. Zum anderen wurde der Kollokationstyp (3.2) ebenfalls nicht weiter berücksichtigt, weil zu diesem keine Standard-LF angesetzt werden kann (cf. supra n. 35).
Kombinatorik behandelt, sondern sie werden gleichfalls als Gegenstand einer auf semantische Abstraktion bedachten Analyse erachtet, bei der es nicht zuletzt um die Frage geht, was das Auftreten ein und desselben Kollokators als Träger einer klar eingegrenzten und mit basalem Charakter ausgestatteten Begriffseinheit in Verbindung mit verschiedenen lexikalischen Einheiten über diese selbst sowie über die von ihnen geleistete Strukturierung des semantischen Feldes («semantic field» nach Mel’þuk 1996, 77), das sie besetzen, aussagt.39 Entsprechende Überlegungen bilden dann auch die Grundlage für den beachtenswerten programmatischen Beitrag von Mel’þuk/Wanner (1996), in dem sie am Beispiel der auf Gefühlszustände bezogenen Substantive im Deutschen die Korrelation zwischen Bedeutung und restringierter Kombinatorik einer detaillierten Studie unterziehen.40 Nach den gleichen Prämissen wurde von einer der TST nahestehenden Gruppe am LIDILEM Grenoble ein längerfristiges Forschungsprojekt zum Wortschatz der Gefühlsbezeichnungen im Französischen aufgelegt. Der in diesem Projekt entwickelte Ansatz zur systematischen Differenzierung lexikalischer Einheiten anhand der für sie einschlägigen Kollokationen ist u.a. in Grossmann/Tutin (2005) sowie Tutin/Novakova/Grossmann/Cavalla (2006) ausführlich dargestellt. Die betreffende Herangehensweise besitzt im Übrigen eine gewisse Affinität zur Theorie des sog. lexique-grammaire, in deren Rahmen kombinatorische Restriktionen allerdings nicht nur als diagnostisches Mittel zur Bedeutungsanalyse herangezogen, sondern grundsätzlich auf sog. lokale Grammatiken zurückgeführt werden. Der gemeinsame Nenner der hier vorgestellten Forschungsansätze liegt in der Charakterisierung von Beschränkungen lexikalischer Kombinatorik anhand einer qualitativen Beurteilung der Fixiertheit von Wortverbindungen und einer daraus resultierenden Abgrenzung verschiedener Wortverbindungstypen im Rahmen einer einheitlichen Taxonomie. Ziel der betreffenden Typologisierungsversuche ist vor allem eine eindeutige Bestimmung der (angenommenen) Trennlinie zwischen Grammatik und Lexik, d.h. zwischen Regelhaftigkeit und Idiosynkrasie, um eine möglichst effektive Modellierung des Wortschatzes im Einklang mit den Bedürfnissen der Fremdsprachendidaktik sowie vor allem der (Computer)Lexikographie 41 zu erreichen. Das besondere Interesse, das nun gerade den Kollokationen als einem auf der Stufe zwischen Regelhaftigkeit und Idiosynkrasie angesiedelten Wortverbindungstyp entgegen gebracht wird, reicht allerdings selten über Aspekte der Abgrenzungsproblematik hinaus. In geradezu prototypischer Weise spiegelt sich diese Haltung in den Arbeiten von Hausmann (siehe hierzu Abschnitt 2.1.2 weiter oben) 39
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Umgekehrt kann natürlich ebenso danach gefragt werden, welche Wörter als Realisierungsoption einer bestimmten lexikalischen Funktion eine besonders große Verbreitung haben und somit den Charakter einer generischen Realisierungsoption besitzen (cf. Mel’þuk 1996, 79). Die beachtliche Fülle an Einzelergebnissen, die dieser Untersuchung entnommen werden können, soll an dieser Stelle nicht weiter referiert werden, da uns vor allem an einer würdigenden Erwähnung des Beitrags wegen seiner Ausgangsidee gelegen ist. Hausmann befasst sich hierbei in erster Linie mit der Darstellung von Kollokationen in Print-Wörterbüchern, während es der Théorie Sens-Texte gerade auch um die Belange der maschinellen Sprachgenerierung geht (siehe hierzu bereits unseren einführenden Hinweis weiter oben).
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wider, der zweifellos als einer der wichtigsten – und streitbarsten – Impulsgeber auf dem Gebiet der Kollokationsforschung in den letzten Jahrzehnten gelten kann. Demgegenüber erschließt die Théorie Sens-Texte, die allerdings auch dem anspruchsvollen Ziel der Ausarbeitung eines umfassenden Grammatikmodells verpflichtet ist, mit dem formalen Konzept der lexikalischen Funktionen als onomasiologischem Klassifikationsschema eine zusätzliche Betrachtungsebene,42 auf der gewisse in Form von Kollokationen auftretende kombinatorische Restriktionen nicht nur als eben solche erfasst, sondern vielmehr zu einer fein abgestimmten Bedeutungsdifferenzierung mit Blick auf die jeweils involvierten Lexeme herangezogen werden können. Auf den letztgenannten Aspekt der Kollokationsanalyse, dem sich u.a. Mel’þuk/Wanner (1996) sowie Grossmann/Tutin (2005) gewidmet haben, wird zum gegebenen Zeitpunkt noch einmal eingegangen werden.
2.2
Der induktiv-systemische Kollokationsbegriff
2.2.1
Firth, Halliday, Sinclair und die Anfänge kontextualistischer Kollokationsforschung
Dem von dem polnisch-britischen Anthropologen B. Malinowski beeinflussten und als Wegbereiter der kontextualistisch orientierten Sprachforschung geltenden Linguisten J.R. Firth wird gemeinhin43 das Verdienst zugeschrieben, den Kollokationsbegriff in die Diskussion eingebracht zu haben. Unter Kollokation versteht Firth nun allerdings nicht einen besonderen Wortverbindungstyp, sondern vielmehr ein auf der lexikalischen Ebene generell wirksames Strukturprinzip. Demgemäß bestimmt sich die Bedeutung eines Wortes ausschließlich durch sein Auftreten mit anderen Wörtern in einem gemeinsamen syntagmatischen Umfeld, sie ist mit seiner «Kollokabilität», d.h. seinem sich in rekurrenten Gebrauchsmustern niederschlagenden kombinatorischen Verhalten, oder besser noch: seinem kombinatorischen Potential gleichzusetzen: «Meaning by collocation is an abstraction at the syntagmatic level and is not directly concerned with the conceptual or idea approach to the meaning of words. One of the meanings of night is its collocability with dark, and of dark, of course, collocation with night.» (Firth 1957, 196)
Wie Klotz (2000, 64s.)44 mit Blick auf die hier zitierte Passage zurecht anmerkt, vertritt Firth einen «asemantischen» Kollokationsbegriff, der sich aus der im Kontextualismus Firth’scher Prägung geläufigen, gegen die Annahme vorgängiger Begriffsstrukturen gerichteten Auffassung von Bedeutung ableitet. Von diesem 42
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Immerhin wurde auch von Hausmann die Möglichkeit einer derartigen Beschreibung von Kollokationen in Erwägung gezogen (cf. 1979, 193), sie spielt aber in seiner gesamten Forschungsarbeit auf diesem Gebiet eine marginale Rolle. Cf. hierzu allerdings Bartsch (2004, 28s.), die auf die Verwendung des Ausdrucks collocation bei anderen Autoren vor Firth eingeht. Vor allem im Hinblick auf die Exegese des kontextualistischen Kollokationsbegriffs folgen wir an verschiedenen Stellen der konzisen Darstellung in Klotz (2000, 64ss.).
Standpunkt aus wird die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks als die Gesamtheit der verwendungsspezifischen Funktionen definiert, die er – einerseits in bestimmten situationellen Kontexten als sozialer Dimension – sowie andererseits in einzelnen sprachimmanenten Kontexten, d.h. in bestimmten jeweils auf der phonologischen, grammatischen oder lexikalischen Ebene vorliegenden syntagmatischen und paradigmatischen Relationen, als formaler Dimension aufweist. Auf der Grundlage dieser u.a. in Halliday (1961, 243ss.) vorgenommenen Präzisierung45 des kontextualistischen Bedeutungsbegriffs lässt sich somit unter Kollokation eine in funktionalen Beziehungen auf der syntagmatischen Achse verankerte formale Bedeutungsdimension im Bereich der Lexik verstehen; als ihr paradigmatisches Pendant – und mithin als Gruppierungsebene von Lexemen mit gleichem kombinatorischen Verhalten – kann das sog. «Kollokationsfeld» (set)46 gelten. Kollokation und Kollokationsfeld stehen hierbei nach Halliday (1961, 276) in einem Analogieverhältnis zu Struktur (structure) und System (system) als syntagmatischer bzw. paradigmatischer Bedeutungsdimension im Bereich der grammatischen Formklassen.47 Die auf der Beschreibungsebene der Grammatik (grammar) bzw. Lexik (lexis) jeweils gegebenen funktionalen Dimensionen lassen sich demgemäß in folgender Weise zusammenfassend gegenüberstellen: Tabelle 2.1: Sprachimmanente Beschreibungsebenen und Bedeutungsdimensionen nach Halliday (1961) Beschreibungsebene
Grammatik Lexik
Formale Bedeutungsdimension (differenziert nach Relationsebene) Syntagma
Paradigma
Struktur
System
Kollokation
Kollokationsfeld
Die von Halliday (1961, 247; 273) als vorläufige theoretische Notwendigkeit erachtete Aufteilung der sprachimmanenten Beschreibungsebenen in Grammatik und Lexik hat nun ihrerseits auch weitreichende methodische Konsequenzen für die Erforschung lexikalischer Kombinatorik, wobei das Ausmaß des auf beiden Ebenen jeweils induktiv Erfassbaren als (Unterscheidungs- und) Orientierungskriterium im Vordergrund steht: Dort wo nämlich die Grammatik den Bereich klar umrissener 45
46 47
Der immense Einfluss gewisser Grundpositionen von L. Hjelmslev auf die frühe kontextualistische Theoriebildung ist in diesem Zusammenhang unverkennbar. Hierauf deuten auch verschiedene Anmerkungen seitens Halliday hin (cf. u.a. (1961, 243, n. 7) sowie rückschauend (1985, xxvi)). Mit «Kollokationsfeld» übernehmen wir die von Klotz (2000, 65) eingebrachte Übersetzung für den englischen Terminus (lexical) set. Hierzu gehören gemäß Halliday (1961, 256s.) beispielsweise die Kategorien Subjekt (subject), Prädikat (predicator), Komplement (complement) und Adjunkt (adjunct) auf der Rangstufe (rank) des Satzes (clause) sowie Nominalphrase (nominal group) und Verbphrase (verbal group) auf der Rangstufe der syntaktischen Phrase (group/ phrase).
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und im Rahmen geschlossener Systeme vollständig beschreibbarer, abstrakter Formkategorien abdeckt (cf. Halliday 1961, 246ss.), ist die Lexik auf den Bereich der in offenen, nicht exhaustiv erfassbaren Systemen eingebundenen Ausdrucksoptionen bezogen und macht somit eine quantitative Erschließung der entsprechenden funktionalen Dimensionen – Kollokation und Kollokationsfeld – prinzipiell unabdingbar. Die bei Halliday anklingende Forderung nach einer statistischen Ausrichtung lexikalischer Analysen verbindet letztlich den kontextualistischen Grundsatz, von der Sprachverwendung als primärem Erkenntnisgegenstand auszugehen, mit dem Ziel, eine systematische Erfassung der i.S. von (Firth 1968, 181)48 durch ein gewisses Maß an «gegenseitiger Erwartbarkeit» jeweils kookkurrierender Lexeme bedingten, wegen des offenen Charakters der Lexik aber per se nicht vorhersehbaren kollokationellen Gebrauchsmuster auf einer methodisch gesicherten Basis zu gewährleisten. Als Mittel zur Erschließung der Funktionsprinzipien im Bereich der lexikalischen Kombinatorik besitzt die Statistik nach kontextualistischer Auffassung einen rein diagnostischen Wert und beansprucht keinen definitorischen Status, wie Williams (2003, 37)49 zurecht klarstellt. Die Erarbeitung der methodischen Grundlagen zur Operationalisierung des kontextualistischen Kollokationsbegriffs blieb ihrerseits im Wesentlichen J. Sinclair, einem der Pioniere der britischen Korpuslinguistik (cf. hierzu Williams 2003, 36), vorbehalten. In einem bereits 1966 erschienenen Beitrag bringt Sinclair mehrere Begriffe in die Diskussion ein, die seither zum terminologischen Kanon der korpusgestützten Kollokationsanalyse gehören. Wir werden diese im Folgenden kurz referieren,50 wobei zwischen Parametern mit primär syntagmatischem (1) oder paradigmatischem (2) Bezug differenziert werden kann: (1) Als Kollokationsknoten (node) wird jeweils das Lexem bezeichnet, dessen kombinatorisches Verhalten hauptsächlich untersucht werden soll, die einschlägigen Kombinationspartner werden ihrerseits Kollokatoren (collocates) genannt (cf. Sinclair 1966, 415). Welche Kombinationspartner als Kollokatoren letztlich in die Untersuchung eingehen, hängt von der Kollokationsspanne (span), d.h. der zuvor festgelegten Anzahl der pro Textokkurrenz des Knotens zu berücksichtigenden Wörter in seinem rechten und linken Umfeld, ab (cf. Sinclair ebd.).51 Je nach Bindungsstärke, d.h. der statistisch messbaren Auftretenswahrscheinlichkeit von Knoten und Kollokator innerhalb einer bestimmten Kollokationsspanne,
48
49
50 51
16
Siehe hierzu Firth (ebd.): «The collocation of a word or a ‘piece’ is not to be regarded as mere juxtaposition, it is an order of mutual expectancy. The words are mutually expectant and mutually prehended». So konstatiert Williams (ebd.) in Anlehnung an Clear (1993): «Autrement dit, les statistiques ne définissent pas les collocations mais sont un moyen d’évaluer leur seuil de signification». Die Übersetzungen der englischen Termini gehen auf Klotz (2000, 66s.) zurück, der sich seinerseits teilweise auf Hausmann (1985) stützt. Sinclair (1966, 415) lässt die Frage nach der standardmäßig anzusetzenden Kollokationsspanne zunächst offen. Im Bereich der britischen Korpuslinguistik wird der span inzwischen üblicherweise auf +/- 4 festgelegt (cf. Williams 2003, 37).
kann zwischen zufälligen (casual) und signifikanten (significant)52 Kookkurrenzpaaren unterschieden werden (cf. Sinclair 1966, 417s.). (2) Das Kollokationscluster (cluster) eines Knotens wird nach Sinclair (1966, 417;419) in erster Linie von dessen signifikanten Kollokatoren gebildet. Ein Cluster lässt sich gegebenenfalls in mehrere Kollokationsbereiche (ranges) unterteilen, die hierbei jeweils einer durch interne Konsistenz (internal consistency) gekennzeichneten Kollokatorgruppe entsprechen (cf. Sinclair 1966, 425). Kollokationsbereiche umfassen in der Regel jene Kombinationspartner des Knotens, die ihrerseits selbst in einer unmittelbaren Kookkurrenzbeziehung zueinander stehen (intercollocate) (cf. Sinclair ebd.). Auf einer übergeordneten paradigmatischen Ebene gehen die Übereinstimmungen in den Kollokationsclustern oder, besser gesagt, -bereichen verschiedener Lexeme letztlich in den sog. (und oben bereits erwähnten) Kollokationsfeldern (lexical sets) auf (cf. Sinclair 1966, 427s.).53 Das Verhältnis zwischen Kollokationscluster, -bereich und -feld ließe sich – zum großen Teil in Anlehnung an die in Klotz (2000, 67) zu findende Darstellung – entsprechend der weiter unten aufgeführten Abbildung 2.1 schematisieren. Neben der Initialisierung breit angelegter Korpusprojekte mit Referenzcharakter und der stetigen Verfeinerung der Analysetechniken im Hinblick auf die Auswertung sog. KWIC54-Konkordanzen gingen von Sinclairs Forschungsarbeiten vor allem in einer späteren Phase auch wichtige Impulse für die weitere theoretische Auseinandersetzung mit Phänomenen im Bereich der lexikalischen Kombinatorik aus. So gelangt Sinclair (1991, 109s.) auf der Grundlage einer Reihe von detaillierten Fallstudien zu der – in der Folge viel beachteten – Erkenntnis, dass der Sprachgebrauch, d.h. Textproduktion und -rezeption, von zwei konkurrierenden Prinzipien bestimmt wird, dem sog. «open-choice principle» auf der einen, sowie dem «idiom principle» auf der anderen Seite. Den erstgenannten Begriff führt Sinclair (1991, 109) hierbei in der folgenden Weise ein: «This [the open-choice principle, S.D.] is a way of seeing language text as the result of a very large number of complex choices. At each point where a unit is completed (a word or a phrase or a clause), a large range of choice opens up and the only restraint is grammaticalness. This is probably the normal way of seeing and describing language. It is often called a ‘slot-and-filler’ model evisaging [sic] texts as a series of slots which have to be filled from a lexicon which satisfies local constraints. At each slot, virtually any word can occur. [...]»
Das idiom principle nimmt sich demgegenüber folgendermaßen aus (Sinclair 1991, 110): «It is clear that words do not occur at random in a text, and that the open-choice principle
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In analoger Weise sprach Firth bereits von «habitual collocations» (1968, 180). Sinclair (1966, 428) diskutiert in diesem Zusammenhang auch bereits den Einsatz multivariater Statistiken zur Identifizierung von Kollokationsfeldern. Von engl.: Keyword in Context.
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Abbildung 2.1: Schematische Einordnung der Begriffe Kollokationscluster, Kollokationsbereich und Kollokationsfeld gemäß Sinclair (1966) [K1,2: Kollokationsknoten; W1-10: Kollokatoren]
does not provide for substantial enough restraints on consecutive choices. We would not produce normal text simply by operating the open-choice principle. [...] The principle of idiom is that a language user has available to him or her a large number of semi-preconstructed phrases that constitute single choices, even though they might appear to be analysable into segments. To some extent, this may reflect the recurrence of similar situations in human affairs; it may illustrate a natural tendency to economy of effort; or it may be motivated in part by the exigencies of real-time conversation. [...]»
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Der entscheidende Punkt an Sinclairs Argumentation ist nun, daß er das idiom principle gegenüber dem open-choice principle als vorrangig erachtet (cf. 1991, 11455 sowie die zitierten Textpassagen). D.h.: Der Sprachgebrauch ist zunächst nicht etwa dadurch geprägt, dass hochabstrakte syntaktische Strukturen nach und nach mit lexikalischem Füllmaterial komplettiert oder aber anhand eines solchen dekodiert würden, er baut vielmehr in erster Linie auf konventionalisierten Mehrwortsequenzen auf, die aus einer sich über mehrere paradigmatische Positionen erstreckenden, simultanen Auswahl lexikalischer Elemente einschließlich der sie verbindenden syntaktischen Strukturen resultieren. Im Lichte dieser Erkenntnis ließen sich gerade auch die von gängigen Grammatikmodellen (und hierbei nicht zuletzt jenen generativer Provenienz) vertretenen Annahmen zum Verhältnis von Syntax und Lexik gewissermaßen vom Kopf auf die Füße stellen,56 denn, so Sinclair (1991, 104): «The decoupling of lexis and syntax leads to the creation of a rubbish dump that is called ‘idiom’, ‘phraseology’, ‘collocation’ and the like. If two systems are held to vary independently of each other, then any instances of one constraining the other will be consigned to a limbo for odd features, occasional observations, usage notes etc. But if evidence accumulates to suggest that a substantial proportion of the language description is of this mixed nature, then the original decoupling must be called into question. The evidence now becoming available casts grave doubt on the wisdom of postulating separate domains of lexis and syntax.»
Nach Sinclair stellt die Verschränkung von Syntax und Lexik mithin ein wesentliches Merkmal der im Sinne des idiom principle zu erfassenden Ausdruckssequenzen dar. Deren interner Aufbau zeichnet sich des Weiteren durch ein unterschiedliches Maß an Fixierung der beteiligten lexikalischen Elemente aus, wobei der eigentliche Umfang einer betreffenden Sequenz - abgesehen von der eher seltenen Ausnahme vollständig lexikalisierter Einheiten (cf. Sinclair 2004, 30) – selten in einer vollständig substanziierten Form angegeben werden kann (cf. Sinclair 1991, 111). Auf der Grundlage weiterer Fallstudien entwickelt Sinclair schließlich ein allgemeines
55
56
So nimmt Sinclair (ebd.) zum Beispiel an, dass sich bei der Interpretation der meisten Texte die Hörererwartung primär am idom principle ausrichtet und nur im Falle offensichtlicher Abweichungen ein Wechsel in den Modus des open-choice principle stattfindet. Sinclair wendet sich somit letztlich auch gegen die in den Anfangsjahren kontextualistischer Sprachforschung u.a. von Halliday vertretene Position, es sei zumindest theoretisch zweckmäßig, Grammatik und Lexik getrennt voneinander zu betrachten (siehe hierzu auch unsere Ausführungen weiter oben). Halliday selbst wies hierbei allerdings auf den provisorischen Charakter dieses Standpunkts hin, denn eigentlich bestehe zwischen Grammatik und Lexik ein Kontinuum, das es langfristig in seinem vollen Umfang zu erfassen gelte. Die letzterwähnte Auffassung hat Halliday bei der späteren Ausarbeitung des von ihm maßgeblich entwickelten und unter der Bezeichnung Systemic Functional Grammar (SFG) bekannten Modells weitestgehend bekräftigt, indem er dieses ausdrücklich mit dem Konzept einer Lexikogrammatik (lexicogrammar) verbindet (cf. (1985)). Sinclair hält jedoch seinerseits dieses Konzept weiterhin für unagemessen, geht es doch, vom Standpunkt des idiom principle aus betrachtet, eben nicht um lexicogrammar, sondern um «lexical grammar» (2004, 164).
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Schema, das, losgelöst von gewissen auf rein kolligationelle Präferenzen 57 zurückführbaren Positionen, hauptsächlich drei Strukturbereiche innerhalb der idiomatischen Sequenzen unterscheidet: (1) einen sog. lexical core, der die fixierten oder paradigmatisch wenig variierenden Strukturpositionen umfasst; (2) einen durch semantische Affinitäten (semantic preference) bedingten Strukturbereich, der Ausdrucksoptionen umfasst, die in rekurrenter Weise auf ein bestimmtes konzeptuelles Element bezogen sind; (3) einen durch eine gewisse pragmatische Orientierung (semantic prosody) bedingten Strukturbereich, der Ausdrucksoptionen umfasst, die in rekurrenter Weise auf eine bestimmte evaluative Einstellung bezogen sind. Dieses Schema sei anhand zweier Beispiele aus Sinclair (2004) illustriert: Tabelle 2.2.: Strukturschematische Darstellung von Mehrwortsequenzen gemäß Sinclair (2004) semantic prosody (3)
semantic preference (2)
(colligation)
lexical core (1)
(colligation)
[‘difficulty’]
[‘visibility’]
[PRP]
[the + naked + eye]
-
too faint to
be seen
with
the naked eye
-
in-
visible
to
the naked eye
-
semantic prosody (3)
semantic preference (2)
(colligation)
lexical core (1)
(colligation)
[‘reluctance’ / ‘inability’]
[‘expression’]
ATTR-POSS {PRO | NP + ’s}
[true + feelings]
ATTR-POSS {PP-of}
try to
communicate
our
true feelings
(-)
Zum Ende unserer Schilderung des sog. idiom principle (wie auch der Ursprünge und methodischen Konsequenzen des kontextualistischen Verständnisses von Wortkombinatorik) erscheint es angebracht, die in Abschnitt 2.1 dargelegten Auffassungen der Vertreter eines deduktiv-taxonomischen Kollokationsbegriffs ebenfalls noch einmal in unsere Betrachtung einzubeziehen, zeigen sich doch bei diesen zumindest auf den ersten Blick gewisse Gemeinsamkeiten zu einigen Aussagen Sinclairs. 57
20
Unter Kolligation (colligation) sind gemäß der kontextualistischen Terminologie Gebrauchsmuster auf der Ebene der grammatisch-syntaktischen Formklassen zu verstehen.
Hierbei erinnert zum einen die Bezeichnung der durch das idiom principle bestimmten Mehrwortsequenzen als «semi-preconstructed phrases» (siehe hierzu die weiter oben angeführte Passage aus Sinclair 1991, 110) durchaus an Hausmanns Charakterisierung von Kollokationen als «Halbfertigprodukte der Sprache» oder an Mel’þuks sog. «semi-phrasèmes». Des weiteren ist die von Sinclair vertretene Auffassung von einem Primat der idiomatischen Prägung des Sprachgebrauchs als solche in ähnlicher Weise auch bei Hausmann zu finden.58 Dass in diesem Zusammenhang allerdings sowohl bezüglich des Ansatzes als auch des Erkenntnisinteresses Unterschiede bestehen, sollte keineswegs übersehen werden. So geht die Théorie Sens-Texte ihrerseits zwar von der Annahme aus, dass Syntax und Lexikon eng aufeinander bezogen sind, gleichzeitig postuliert sie jedoch anders als Sinclair einen axiomatischen Regelapparat, der nicht zuletzt auch auf ein System eindeutig abgrenzbarer lexikalischer Einheiten verschiedenen Typs zurückgreift. 59 Im Vergleich zu Hausmann schließlich lässt sich eine vollkommen unterschiedliche Gewichtung der Forschungsinteressen feststellen, denn Sinclair geht es – ganz im Gefolge kontextualistischer Tradition – bei der Betrachtung der lexikalischen Kombinatorik zuallererst um die Aufdeckung grundlegender Funktionsprinzipien der Sprache, nicht aber um taxonomische Einordnung und Verwertung.60 Alleine aus diesem Grund schon sollte Kollokation (verstanden im Sinne von Firths «meaning by collocation» (siehe oben)) nicht mit Kollokationen im Sinne von Hausmann verwechselt werden.61 2.2.2
Pattern Grammar
Unter der Federführung von J. Sinclair hat sich dessen langjährige Wirkungsstätte 58 59 60
61
Hierauf hat bereits Siepmann (2002, 240) hingewiesen. Vom Standpunkt Sinclairs aus betrachtet, entspricht die TST somit eher einem auf das open-choice princple ausgerichteten «slot-and-filler»-Modell (siehe hierzu oben). Dies mag auch der folgende, eher lapidare Kommentar verdeutlichen: «Idioms, proverbs, clichés, technical terms, jargon expressions, phrasal verbs and the like could all be covered by a fairly simple statement» (Sinclair 1991, 111). Hierbei besitzt das englische Substantiv collocation eine gewisse Ambiguität, die dem OED durchaus einen Hinweis (siehe Hervohebung in Fettdruck) wert ist: «[1. a.] The action of setting in a place or position, esp. of placing together with, or side by side with, something else; disposition or arrangement with, or in relation to, others; the state of being so placed. Frequently applied to the arrangement of words in a sentence, of sounds etc. [...] [1. c.] Linguistics. The habitual juxtaposition or association, in the sentences of a language, of a particular word with other particular words; a group of words so associated. Introduced by J. R. Firth as a technical term in modern Linguistics, but not fully separable from examples in sense 1a nor from other uses as exemplified in quot. 1940. [1940] G.L.Trager in Language XVI. 301 Collocation establishes categories by stating the elements with which the element studied enters into possible combinations. Ibid. It is now necessary to establish the collocations of the various forms to see what their functions are.» (OED 1989, s.v. collocation)
21
Birmingham zu einem der wichtigsten Zentren der korpuslinguistisch ausgerichteten Sprachforschung in Europa entwickeln können. Zu den größten Verdiensten der sog. «Birminghamer Schule» (Williams 2003, 36)62 gehört hierbei zweifellos das in lexikologischer wie lexikographischer Hinsicht bemerkenswerte COBUILD-Projekt, das mit dem Aufbau des zeitweise umfangreichsten Referenzkorpus für das Englische63 und der Erstellung eines auf dessen konsequenter Auswertung beruhenden Wörterbuchs, des Collins COBUILD English Dictionary (CCED), einherging. Im Rahmen dieses Projekts legen G. Francis, S. Hunston und E. Manning mit den Collins COBUILD Grammar Patterns schließlich auch eine mehrbändige Grammatik64 vor, in der die für einen Großteil der im CCED verzeichneten Verben, Substantive und Adjektive einschlägigen lexikalisch-syntaktischen Gebrauchsmuster einer exhaustiven Beschreibung unterzogen werden. Das zugrunde gelegte Beschreibungsmodell samt seiner theoretischen und methodischen Vorgaben wird von Hunston/Francis (2000) unter der Bezeichnung «Pattern Grammar» (im Folgenden auch: PG) eingeführt. Hunston/Francis sehen sich hierbei zum einen ausdrücklich in der Tradition des britischen Lexikographen und Sprachdidaktikers A.S. Hornby mit seiner 1954 veröffentlichten Abhandlung A Guide to Patterns and Usage in English (cf. 2000, 4ss.) und stützen des Weiteren die Konzeption der PG hauptsächlich auf die – bereits weiter oben ausführlich dargelegten – Auffassungen Sinclairs zur korpusinduzierten (corpus-driven) Untersuchung der Wortkombinatorik nach Maßgabe des sog. idiom principle (cf. Hunston/Francis 2000, 14ss.). Die im Sinne der PG als konstitutive Analyseeinheiten geltenden lexikalischsyntaktischen Kombinationsmuster oder Patterns charakterisieren Hunston/Francis (2000, 37), wie folgt: «The patterns of a word can be defined as all the words and structures which are regularly associated with the word and which contribute to its meaning. A pattern can be identified if a combination of words occurs relatively frequently, if it is dependent on a particular word choice, and if there is a clear meaning associated with it.»
Obwohl Hunston/Francis, wie oben erwähnt, Sinclairs Position zur Verschränkung von Syntax und Lexik im Grundsatz teilen, lassen sie auf der Beschreibungsebene eine getrennte Darstellung der beiden Bereiche in einem gewissen Maße durchaus
62 63
64
22
Williams (ebd.) spricht von «l’école de Birmingham». Diesen Rang hat das COBUILD-Korpus zu Beginn der neunziger Jahre schließlich an das sog. British National Corpus (BNC) abgegeben. Als zweites großes Referenzkorpus zum Englischen nimmt heutzutage die ebenfalls in Birmingham angesiedelte Bank of English eine gegenüber dem BNC gleichwertige Stellung ein (cf. Williams 2003, 42). Bei den etsprechenden Teilbänden handelt es sich im Einzelnen um: – Collins COBUILD Grammar Patterns 1: Verbs. London: HarperCollins, 1996. – Collins COBUILD Grammar Patterns 2: Nouns and Adjectives. London: HarperCollins, 1998.
zu.65 Innerhalb des von ihnen entwickelten Analysemodells können somit zwei Perspektiven eingenommen werden: (a) vom einzelnen Pattern zu den paradigmatisch eingebundenen Lexemen (cf. Hunston/Francis 2000, 43s.) sowie umgekehrt (b) vom Einzellexem zu den für es typischen Patterns (cf. Hunston/Francis 2000, 37ss.) Die Angabe der Patterns erfolgt ihrerseits anhand von Schemata, die zum einen eine zentrale Strukturposition (core) für die jeweils einschlägigen Lexeme sowie zum anderen bestimmte Komplementstrukturen, d.h. vor allem, kolligationell66 bedingte Sequenzen von dependenten Nominal-, Präpositional-, Adverbial- oder Satzsyntagmen vorsehen (cf. Hunston/Francis 2000, 44s.).67 Die von Hunston/Francis auf der allgemeinsten Beschreibungsebene vorgeschlagenen Strukturschemata besitzen hierbei zweifellos eine stark syntaktisch ausgerichtete Form. Dies mag im Verhältnis zu den von ihnen vertretenen Prämissen (siehe oben) auf den ersten Blick als Widerspruch erscheinen. Letzterer löst sich allerdings weitgehend auf, wenn man bedenkt, dass die betreffenden Patterns als solche nicht postuliert werden, sondern dass ihre Identifizierung im Sinne eines vollständig korpusgeleiteten Ansatzes ausschließlich auf einer Abstraktion des kombinatorischen Verhaltens einer Vielzahl von Lexemen beruht, wodurch die Angabe eines Patterns zuallererst an einschlägige Lexemparadigmen rückgekoppelt oder besser noch durch diese vorgängig motiviert wird. So gesehen, nehmen sich die von Hunston/Francis angeführten allgemeinen Strukturschemata in erster Linie als darstellungsseitiger Kompromiss aus.68 Entsprechend der beiden oben genannten Betrachtungsrichtungen (a) und (b) seien im weiteren Verlauf dieses Abschnitts noch jeweils einige wesentliche Erkenntnisse im Rahmen der PG skizziert. Begeben wir uns zuerst auf den Standpunkt der Pattern-zu-Wort-Perspektive (cf. supra (a)). In Anlehnung an die in Hunston/Francis (2000, 51ss.) zu findende Auflistung sei vorab eine illustrative Übersicht zu einem Teil der wichtigsten Verb-, Substantiv- und Adjektiv-Patterns des Englischen gegeben: 65
66 67
68
Dies mag Williams (2003, 40) zur folgenden Einschätzung und Wiedergabe des Standpunkts von Hunston/Francis bewegt haben: «[...] en d’autres termes, nous choisissons nos mots selon le principe de choix ouvert [d.h. dem open-choice principle nach Sinclair; S.D.], mais l’environnement est restreint par le principe d’idiome». Zum Begriff der Kolligation siehe bereits unsere Anmerkung weiter oben. Eine Beschreibung mittels stärker satzfunktional motivierter Kategorien wie zum Beispiel Objekt oder Adjunkt lehnen Hunston/Francis (ebd.) in Abweichung von der im COBUILDWörterbuch gängigen Kodierungspraxis aus didaktischen Erwägungen letztlich ab. Siehe hierzu auch Hunston/Francis (2000, 81): «In all these examples, then, we have suggested that patterns may be made far more specific than they currently are. Such specificity would not allow simple grammar codes of the type we have used here, however. An increase in information, therefore, would be paid for by a loss of transparency. Groupings would become much more complex. As work at the interface of lexis and grammar progresses, it is possible that other compromises will be reached between specificity and generalisation, between what is accurate and what is simple to represent».
23
Tabelle 2.3.: Übersicht zu prominenten Verb-, Substantiv- und Adjektiv-Patterns im Englischen (gemäß Hunston/Francis 2000, 51ss.)
Pattern-Typ (nach Wortart der Bezugslexeme)
Pattern (Strukturschema)69 Beispiel70
Verb-Pattern
Vn
I broke my left leg.
V adj
He escaped unhurt.
V that
We agreed that she was not to be told.
V of n (V prep)
They conceived of a plan to rob the Kremlin.
Vnn
I wrote him a letter.
V n wh
He showed me where I should go.
V n about n (V n prep)
I warned him about the danger.
it V adj clause
It feels good to have finished a piece of work.
adj N
She’s a smart dresser.
Substantiv-Pattern
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Innerhalb der Strukturschemata werden von Hunston/Francis folgende syntagmenspezifische Kodierungen verwendet:
– – – – – – – – – – –
v – Verbgruppe (verbal group) n – Nominalgruppe (noun group) adj – Adjektivgruppe (adjective group) adv – Adverbialgruppe (adverb group) prep – Präpositionalphrase clause - Komplementsatz that – von that eingeleiteter Komplementsatz einschließlich der konjunktionslosen Konstruktionsvariante (clause introduced by ‘that’ (realised or not)) -ing – Komplementsatz mit Prädikatsteil im Gerund (sog. ing-Form) (clause introduced by an ‘-ing’ form) to-inf – von to eingeleiteter Infintivkomplementsatz (clause introduced by a to-infinitive form) wh – von w-Pronomen (einschließlich how) eingeleiteter indirekter Fragesatz (clause introduced by a wh-word (including ‘how’)) with quote – angeschlossener Satz in direkter Rede (used with direct speech)
(cf. u.a. 2000, 45)
70
24
Als besondere Notationsregeln sind im Rahmen der PG zum einen für das zentrale Struktursegment Großschreibung (z.B.: im Falle der Verb-Patterns) sowie zum anderen für lexikalisch substanziierte Pattern-Elemente Kursivsetzung (cf.: about in ) vorgesehen (cf. Hunston/Francis ebd.). Die angegebenen Beispiele einschließlich der Formatierung sind jeweils Hunston/Francis (2000, 51ss.) entnommen.
Pattern-Typ (nach Wortart der Bezugslexeme)
Adjektiv-Pattern
Pattern (Strukturschema)
Beispiel
on N (prep N)
The film was shot on location in Washington.
N that
There was a suggestion that the whole thing was a joke.
Nn
They have been exercising mob rule.
N of n (N prep)
It was the latest in a series of acts of violence.
ADJ to-inf
The print was easy to read.
ADJ on n (ADJ prep)
He’s always been very dependent on me.
Im Falle des in Tabelle 2.3 erwähnten Patterns 71 lässt sich nun beispielsweise zeigen, dass die Mehrheit der mit ihm verbundenen Verben inhaltsseitig auf eine kleine Zahl homogener onomasiologischer Klassen («meaning groups») eingegrenzt werden kann (cf. Hunston/Francis 2000, 83ss.). Im Einzelnen werden durch das betreffende Verb-Pattern die vier nachstehend angeführten onomasiologischen Bereiche nahezu vollständig abgedeckt:72 Tabelle 2.4.: Übersicht zu den mit dem Pattern verbundenen Verb-Lexemreihen gemäß Hunston/Francis (2000, 83ss.)
Pattern
Onomasiologischer Bereich
Lexeme
V of n
Kommunikationsakte
boast, complain, speak, talk, tell, warn
Mentale Aktivitäten
approve, disapprove, despair, repent, dream, daydream, think, conceive, tire, weary
Sinneswahrnehmungen
reek, smell, stink, smack, taste
Epistemische Zustände bzw. Vorgänge
know, learn, hear
Darüber hinaus lässt sich im Rahmen des Patterns noch eine aus dispose 71 72
Die Notation in spitzen Klammern ist von Hunston/Francis ursprünglich nicht vorgesehen, ermöglicht u.E. allerdings eine bessere Einbindung in den laufenden Text. Wir übernehmen hierbei die von Hunston/Francis (2000, 85) vorgeschlagene Klassifizierung.
25
und drain bestehende Verbreihe ausmachen, während im Hinblick auf fünf weitere Lexeme (cf. beware, come, die, partake, permit) nach Hunston/Francis keine kohärente Klassifizierung vorgenommen werden kann (cf. 2000, 85). Auf der Grundlage der hier vorgestellten Analyse kommen Hunston/Francis (2000:85s.) zu dem Schluss, dass sich zwar innerhalb jedes Patterns unter semantischen Gesichtspunkten grundsätzlich klare Gruppierungstendenzen feststellen lassen, eine 1:1-Beziehung zwischen Pattern und Bedeutung (der involvierten Lexeme) jedoch nicht anzunehmen ist.73 Diese Auffassung wird von Hunston/Francis in zweierlei Hinsicht präzisiert: – Bestimmte Patterns (wie z.B. ) weisen an ihrer zentralen Strukturposition (core) insofern diffuse lexikalisch-semantische Beschränkungen auf, als die dort eingebundenen Lexeme insgesamt ein inhaltlich sehr disparates Paradigma bilden (cf. u.a. Hunston/Francis 2000, 85). In dem Maße, wie hierbei die inhaltliche Kontur des lexikalisch fundierten core verschwimmt, nimmt die der Gesamtstruktur des Patterns zu, d.h. letztere erlangt in diesem Fall bedeutungsseitig ein höheres Maß an Autonomie. – Der Gesamtbestand der mit einem Pattern verbundenen Lexeme zeichnet sich unter quantitativen Gesichtspunkten gemeinhin durch eine gewisse Heterogenität aus. Einigen frequentiell fest etablierten und in diesem Sinne zentralen Lexemen steht in der Regel eine Vielzahl peripherer, d.h. eher okkasionell eingebundener Lexeme gegenüber. Das Vorkommen solch peripherer Lexeme lässt sich laut Hunston/Francis (2000, 96ss.) in den meisten Fällen auf Analogiebeziehungen zu jeweils bedeutungsähnlichen zentralen Lexemen zurückführen.74 Gelegentlich ist das Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie innerhalb des lexikalischen Bestands eines Patterns stärker nivelliert, was vor allem bei den Patterns mit einer ausgeprägten bedeutungsseitigen Autonomie (siehe oben) wie u.a. oder beobachtet werden kann (cf. Hunston/Francis 2000, 105). In Anbetracht dieser Umstände lehnen Hunston/Francis (2000, 104) letztlich den Versuch, die lexikalische Variation im Rahmen eines Patterns über ein Regelsystem mit eindeutigen Ausschlusskriterien zu erfassen, als wenig zielführend ab und plädieren demgegenüber für Tendenzaussagen auf der Grundlage sorgsamer probabilitischer Abwägungen. In einem weiteren Induktionsschritt schlagen Hunston/Francis schließlich eine semantische Klassifizierung der vorhandenen Patterns anhand von sog. «notional groups» oder Begriffsfeldern vor (2000, 109), die ihrerseits auf die verschiedenen in
73
74
26
In diesem Zusammenhang wenden sich Hunston/Francis (ebd.) auch ausdrücklich gegen allzu deterministische Positionen, wie sie u.a. von B. Levin anhand ihrer auf Alternanzrelationen beruhenden Verbklassifizierung vertreten werden. So erklärt sich zum Beispiel nach Hunston/Francis (ebd.) die okkasionielle Verwendung der Verben attempt, confess und neglect innerhalb des Patterns möglicherweise durch den gleichzeitig zentralen Status der jeweils zu ihnen bedeutungsähnlichen Verben try, admit und omit.
die Patterns jeweils eingebundenen Lexemklassen (meaning groups) zurückgehen.75 So lassen sich beispielsweise mit dem Begriffsfeld ‘Logical relations: be evidence for’ folgende Pattern-Lexem-Konstellationen in Verbindung bringen (cf. Hunston/Francis 2000, 112): Tabelle 2.5.: die mit dem Begriffsfeld ‘Logical relations: be evidence for’ in Verbindung stehenden Verb-Patterns gemäß Hunston/Francis (2000, 112) Pattern
Lexemreihe
Beispiel
Vn
confirm, indicate, mark, mean, prove, reflect, reveal, show u.a.
The latest experiments have also confirmed earlier results.
V that
confirm, demonstrate, denote, illustrate, imply, indicate u.a.
The large size implies that the gaps were created by a star rather than a planet.
V wh
confirm, demonstrate, illustrate, indicate, prove, reveal, show, signal, underline, underscore
The incident underlines how easily things can go wrong on holiday.
V to n
attest, point, testify
...all the evidence points to her guilt.
V amount about n / V amount about -ing
reveal, say
The way you present information says a lot about the way you do business.
Nach der Meinung von Hunston/Francis (2000, 129) lässt sich die Verbindung eines oder mehrerer Patterns mit einem Begriffsfeld auch als lokale Grammatik («local grammar») verstehen, die sich auf eindeutige funktionale Kopplungen von Struktursegementen und konzeptuellen Elementen in Form von Partizipantenrollen 76 stützt. Gerade vom Standpunkt der – weiter oben unter (b) als zweite Analyserichtung gekennzeichneten – Wort-zu-Pattern-Perspektive her betrachtet, bietet sich in diesem Zusammenhang eine geeignete Möglichkeit, die strukturschematische Darstellung um eine semantische Ebene zu erweitern, wie in Anlehnung an Hunston/Francis (2000, 136ss.) noch kurz mit Blick auf die für das Adjektiv difficult sowie das Substantiv difficulty jeweils einschlägigen Patterns gezeigt werden soll. Die betreffenden Lexem-Pattern-Konfigurationen sind hierbei allesamt auf das Begriffsfeld ‘Evaluation’ bezogen, wodurch im Rahmen der entsprechenden lokalen 75 76
Über die in seinem Rahmen auftretenden Lexemreihen kann ein Pattern folglich mehreren Begriffsfeldern zugeordnet werden. Ausgangspunkt für die Überlegungen von Hunston/Francis sind die von Halliday im Rahmen der SFG vorgeschlagene Modellierung der experientiellen, d.h. primär sachverhaltsbezogenen Ebene eines Satzes (clause) auf der Grundlage sog. process types und entsprechender Partizipantenrollen.
27
Grammatik hauptsächlich die folgenden semantischen Rollen als inhaltlich-funktionale Korrelate in Frage kommen:77 AFFECTED ENTITY, EVALUATED ENTITY, EVALUATION LIMITER, EVALUATOR und EVALUATIVE CATEGORY . Während die letztgenannte stets an den durch difficult bzw. difficulty substanziierten core gekoppelt ist, gestaltet sich die funktionale Anbindung der verbleibenden Rollen an die außerhalb des core liegenden Strukturpositionen erwartungsgemäß recht variabel, sodass in Zusammenhang mit den fraglichen Patterns verschiedene Rollenkonstellationen zu beobachten sind. Einige dieser Konstellationen seien abschließend anhand einschlägiger Beispiele vorgestellt: – EVALUATIVE CATEGORY (+ Ø) EVALUATIVE CATEGORY
is likely to increase...
– EVALUATIVE CATEGORY + EVALUATED ENTITY
< it It
v-link is
EVALUATIVE CATEGORY
to see the future. difficult EVALUATED ENTITY in -ing > in making the policy tradeoffs...
– EVALUATIVE CATEGORY + EVALUATED ENTITY + AFFECTED ENTITY EVALUATED ENTITY Life
< v-link is
AFFECTED ENTITY
Most women
< [ have ] have
EVALUATIVE CATEGORY ADJ difficult EVALUATIVE CATEGORY N some sort of difficulty
AFFECTED ENTITY for for
with with
n> males with a family in tow. EVALUATED ENTITY n> food.
– EVALUATIVE CATEGORY + EVALUATED ENTITY + EVALUATION LIMITER EVALUATED ENTITY City governments in Poland
77
28
< v-link can be
EVALUATIVE CATEGORY EVALUATION LIMITER ADJ n> business partners. difficult
Die vorliegenden Rollenbezeichnungen haben wir dem Wortlaut nach von Hunston/Francis (2000, 136ss.) übernommen. In Abänderung des Originalformats wurde allerdings eine Setzung in Kapitälchen bevorzugt, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten.
EVALUATED ENTITY < v-link are
The materials
EVALUATIVE CATEGORY EVALUATION LIMITER ADJ to-inf > to find. difficult
– EVALUATIVE CATEGORY + EVALUATED ENTITY + EVALUATOR EVALUATOR
Some people
a difficulty.
Insgesamt gesehen, erweist sich die Pattern Grammar zweifellos als einer der am breitesten angelegten Versuche, die im Sinne des Kontextualismus rein korpusinduzierte Erforschung der lexikalisch-syntaktischen Kombinatorik auf die Grundlage eines kohärenten wie vielschichtigen Analysemodells zu stellen. 78 Obwohl sich Hunston/Francis (2000) hierbei vom Grundsatz her auf Sinclairs methodische und theoretische Auffassungen berufen, weichen sie in einigen darstellungsbezogenen Fragen doch deutlich von diesen ab. Vor allem steht die Architektur des im Rahmen der Pattern Grammar entwickelten Beschreibungsmodells mit seinen verhältnismäßig zahlreichen lexikalischen und syntaktischen Segmentierungs- und Abstraktionsebenen etwas im Widerspruch zu dem Primat einer ganzheitlichen, die Trennung von Syntax und Lexik relativierenden Betrachtung, wie es von Sinclair (1991) nach Maßgabe des idiom principle postuliert wird. Dennoch hat Sinclairs wohl bedachte Vorgehensweise bislang kaum über programmatische Einzelfallstudien mit durchaus erhellenden Ergebnissen hinausgeführt (cf. hierzu vor allem Sinclair 2004), wohingegen die bei der Konzeption der Pattern Grammar vertretenen Kompromisslösungen einen kompakten Ansatz hervorgebracht haben, durch den der auf Exhaustivität ausgerichtete Anspruch einer korpusinduzierten und grammatikographisch verwertbaren Bestandsaufnahme der wesentlichen lexikalisch-syntaktischen Kombinationsmuster des Englischen letztlich eingelöst werden konnte. 2.2.3
Hoey und die Theorie des Lexical Priming
Die in Hoey (2005) vorgelegte Theorie des Lexical Priming resultiert aus dem Bemühen, die Erkenntnisse der kontextualistisch orientierten Kollokationsforschung im Rahmen eines einheitlichen Erklärungsmodells zu bündeln. Hoey lehnt ähnlich wie Sinclair die auf einer grundsätzlichen Trennung von Syntax und Lexik beruhenden Theorien als inadäquat ab, da die meisten unter ihnen seiner Auffassung nach Sprache lediglich unter dem Gesichtspunkt der Grammatikalität, d.h. des regelhaft Möglichen, betrachteten, den weitaus wichtigeren Aspekt der 78
Weitere im Rahmen dieses Abschnitts nicht referierte Ergebnisse des Beitrags von Hunston/Francis betreffen besondere Wortklassen («word classes») wie etwa die der sog. shell nouns (cf. 2000, 185ss.; zu einer eingehenden Untersuchung dieser Substantivklasse siehe darüber hinaus vor allem Schmid 2000) und die Einbindung von Patterns auf der Textebene (cf. 2000, 199ss.).
29
Natürlichkeit («naturalness»),79 d.h. die Frage nach den Bedingungen typischen Sprachgebrauchs jedoch vernachlässigten (cf. 2005, 2). Hoey zufolge zeigt sich die Relevanz dieser Frage, deren Klärung im Zentrum seines Forschungsinteresses liegt, allerdings alleine schon am Phänomen der Kollokation, das, allgemein verstanden als Rekurrenz lexikalischer Kombinationsmuster, ein ubiquitäres («pervasive») Charakteristikum von Sprache, gleichzeitig aber auch eine ernsthafte Herausforderung im Hinblick auf deren adäquate Modellierung darstellt (cf. 2005, 2s.).80 Dem in dieser Hinsicht einzulösenden Anspruch, Kollokation ihrem Wesen entsprechend als inhärentes Strukturprinzip der Sprache zu erfassen, werden nun nach Hoeys Meinung weder rein kotextbezogene, noch statistisch orientierte Definitionsversuche 81 gerecht, da die erstgenannten keine klare Eingrenzung zuließen, während den letztgenannten in erster Linie nur ein diagnostischer Status82 zukomme (cf. 2005, 3).83 Notwendig sei vielmehr ein psycholinguistisch fundierter Kollokationsbegriff, demgemäß sich die statistisch ermittelbaren Rekurrenzphänomene in kognitionstheoretisch angemessener Weise erklären lassen (cf. vor allem Hoey 2005, 7).84 Als Grundlage für einen entsprechenden Erklärungsansatz dient Hoey das in der kognitiven Psychologie im Bereich der Assoziationsexperimente gängige Konzept des Priming (dt. auch: Bahnung (cf. Anderson 1989, 141)), das er folgendermaßen einführt (2005, 8): «We can only account for collocation if we assume that every word is mentally primed for collocational use. As a word is acquired through encounters with it in speech and writing, it becomes cumulatively loaded with the contexts and co-texts in which it is encountered, and our knowledge of it includes the fact that it co-occurs with certain other words in certain kinds of context. The same applies to word sequences built out of these words; these too 79 80
81 82 83 84
30
Es geht hierbei allerdings nicht um «naturalness» im Sinne der Natürlichkeitstheorie. Hierzu führt Hoey (ebd.) aus: «A key factor in naturalness [...] is collocation, and this is therefore an appropriate place to start such an explanation. Collocation is, crudely, the property of language whereby two or more words seem to appear frequently in each other’s company [...]. [...] Collocations – recurrent combinations of words – are both pervasive and subversive». Hoey (2005, 3) stützt sich in diesem Zusammenhang auf Partingtons Unterscheidung von kotextbezogenen («textual»), statistischen und psychologischen Kollokationsdefinitionen. Auf diesen Aspekt wurde bereits in Abschnitt 2.2.1, p. 16 hingewiesen. Hoey (ebd.) revidiert in dieser Hinsicht auch seine in früheren Arbeiten vertretenen Positionen. Hierbei fasst Hoey (ebd.) u.a. mit Verweis auf C. Butler seine soeben geschilderten Standpunkte folgendermaßen zusammen: «I imagine many readers will not have needed convincing of the pervasiveness of collocation; it has been much noted in the literature and Sinclair (1991), in particular, has teased out some of its less obvious and more interesting properties. The subversiveness of collocation has however rarely been given much attention. The reason that it is subversive of existing descriptions of the lexicon is that the pervasiveness requires explanation and many current theories cannot do this. Butler (2004) argues for a greater awareness in corpus linguistics of the need for a more powerful and cognitively valid theory, while showing that existing theories have an even greater obligation to test and modify their claims against corpus data. A good starting point for a cognitively valid theory would seem to be the pervasiveness of collocation».
become loaded with the contexts and co-texts in which they occur. I refer to this property as nesting, where the product of a priming becomes itself primed in ways that do not apply to the individual words making up the combination.»
Kollokation lässt sich in ihren Ausmaßen als sprachliches Strukturprinzip also nur dann begreifen, wenn man davon ausgeht, dass der Gebrauch eines jeden Wortes85 an kognitiv voraktivierte («primed»),86 durch kontext- und kotextspezifisches Erfahrungswissen bedingte lexikalische Kombinationsmuster gebunden ist. Entsprechend etablierte Wortverbindungen können ihrerseits ebenso Gegenstand von Voraktivierungen sein, die sie dann als Ganzes im Hinblick auf die Kombination mit anderen Wörtern oder Wortsequenzen betreffen.87 Das fragliche Erfahrungswissen ist per se nicht auf kollektiver Ebene lokalisierbar, sondern welche Gebrauchsmuster für ein bestimmtes Wort voraktiviert sind, ist zunächst von Einzelsprecher zu Einzelsprecher verschieden. Sprachliche Kommunikation vollzieht sich, so gesehen, stets in einem Spannungsfeld von Reproduktion, Antizipation und Adaptation jener Interaktionsroutinen, die für den Sprecher und den Hörer anhand individueller Erfahrungen im Umgang mit einem gegebenen Kound Kontext jeweils einschlägig sind. Die Existenz generalisierter oder gar angeborener Sprachstrukturen im Sinne einer Universalgrammatik ist hierbei grundsätzlich auszuschließen.88 Hoey (2005, 9) weist vielmehr darauf hin, dass die bei einem Einzelsprecher jeweils voraktivierten Gebrauchsmuster eines Wortes aufgrund ihrer Erfahrungsbedingtheit keinen endgültigen Charakter besitzen, sondern mit jeder weiteren einschlägigen Verwendungssituation entweder gestärkt oder geschwächt oder gar vollständig außer Kraft gesetzt («overridden») werden können. Die bei einem Einzelsprecher gegebenen Voraktivierungen und hierbei letztlich auch die Funktion der betroffenen Wörter und an sie gebundenen Gebrauchsmuster sind somit über dessen gesamte Lebenszeit hinweg permanenten Verschiebungstendenzen («drift in the priming», Hoey ebd.) ausgesetzt. Kommen entsprechende Veränderungen bei einer größeren Anzahl von Mitgliedern einer Sprechergemeinschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt unter gegenseitiger Beeinflussung in gleicher Weise zum Tragen, kann dies insgesamt zu einem Sprachwandelprozess führen. Unter Umständen wird auf die Veränderung oder Etablierung von Voraktivierungen 85 86
87
88
Hierunter sind sowohl Inhalts- als auch Funktionswörter subsumiert. Um einen allzu inflationären Gebrauch von Anglizismen in diesem Beitrag zu vermeiden, werden wir im Folgenden als Alternative zu engl. priming den Ausdruck «Voraktivierung (von Gebrauchsmustern bei einem Einzelsprecher X)» verwenden. Wir weichen hiermit auch von der deutschsprachigen Terminologie im Bereich der kognitiven Psychologie ab, weil dort von «Priming» oder «Bahnung» in erster Linie in Zusammenhang mit Assoziationsexperimenten die Rede ist (cf. u.a. Anderson 1989, 141ss.), es also vorrangig um geplante Elizitierungsprozesse geht. Der von uns präferierte Ausdruck «Voraktivierung» hebt stärker auf den Gesichtspunkt des Voraussetzungscharakters und mithin auf etwas tendenziell Zuständliches (wenn auch Veränderbares) ab, was u.E. eher mit Hoeys Position in Einklang zu bringen ist. So ist die Kombination von engl. in und winter innerhalb des Präpositionalsyntagmas in winter in bestimmten Kontexten für die Verwendung mit dem Kopulaverb to be vorgeprägt (cf. Hoey 2005, 11). Hoey (2005, 9) beruft sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch auf P. Hoppers Konzept der «emergenten Grammatik» (emergent grammar, cf. u.a. Hopper 1987).
31
bewusst hingewirkt, was bei den betroffenen Sprechern mit einer größeren Destabilisierung oder gar Inkonsistenz («crack in the priming», Hoey 2005, 11) der erlernten Routinen einhergehen kann. In einem solchen Falle spielen Kontroll- und Harmonisierungsinstanzen wie etwa die verschiedenen Bildungseinrichtungen (qua Sprachunterricht) oder aber auch der Einzelsprecher (qua Selbstreflexion) eine bedeutende Rolle (cf. Hoey ebd.). Ihrer grundsätzlichen Kontextgebundenheit (cf. Hoey 2005, 9s.) entsprechend lassen sich schließlich zwei Arten von Voraktivierungen unterscheiden. Die sog. produktiven Voraktivierungen («productive primings», Hoey 2005, 11) treten in Zusammenhang mit jenen Diskurssituationen auf, in denen der Einzelsprecher eine Möglichkeit zur aktiven Teilnahme besitzt und er sich Interaktionspartnern gegenübersieht, die er als sympathisch oder als vorbildlich empfindet. Rezeptive Voraktivierungen («receptive primings», Hoey 2005, 11) hingegen treten in jenen Diskurssituationen ein, in denen der Einzelsprecher von einer aktiven Beteiligung ausgeschlossen ist und er mit Interaktionspartnern konfrontiert ist, zu denen eine größere soziale oder emotionale Distanz besteht (cf. Hoey 2005, 11s.). Ausgehend von den hier geschilderten allgemeinen Eigenschaften der lexikalischen Voraktivierungen, formuliert Hoey (2005, 12s.) zehn Hypothesen, die sich im Einzelnen entweder (a) auf bestimmte linguistisch relevante Beschreibungsebenen oder (b) auf die Position der Theorie des Lexical Priming im Verhältnis zu Fragestellungen der strukturellen Semantik einerseits und zu generativ wie auch systemischfunktional ausgerichteten Grammatikmodellen andererseits beziehen.89 Der erstgenannte Hypothesenkomplex betrifft sowohl lokale, d.h. in etwa: satzbezogene,90 als auch textuelle Erscheinungsformen der lexikalischen Voraktivierung und wird von Hoey (2005, 13) folgendermaßen ausgeführt: (1) Jedes Wort ist im Hinblick auf sein Auftreten in Kombination mit bestimmten anderen Wörtern (in seinem näheren Umfeld) voraktiviert. Letztere können als seine Kollokatoren («collocates», Hoey ebd.) bezeichnet werden. (2) Jedes Wort ist im Hinblick auf sein Auftreten in Verbindung mit bestimmten semantischen Klassen («semantic sets», Hoey ebd.) von Wörtern voraktiviert. Letztere stehen für dessen typische semantische Assoziationen («semantic associations», Hoey ebd.). (3) Jedes Wort ist im Hinblick auf sein Auftreten im Zusammenhang mit bestimmten pragmatischen Funktionen voraktiviert. Aus letzteren ergeben sich dessen typische pragmatische Assoziationen («pragmatic associations», Hoey ebd.). (4) Jedes Wort ist dahingehend voraktiviert, dass es in Kombination mit bestimmten grammatischen Funktionsklassen sowie in bestimmten Satzfunktionen bevorzugt auftritt oder diese umgekehrt meidet. Die jeweils entsprechenden Gebrauchsmus89 90
32
Wir weichen bei der folgenden Darstellung etwas von der in Hoey (2005, 13) zu findenden Reihenfolge ab. Cf. Hoey (2005, 114).
ter machen zusammengenommen seine Kolligationen («colligations», Hoey ebd.) aus. (5) Jedes Wort ist dahingehend voraktiviert, dass es in Zusammenhang mit bestimmten Typen von Kohäsionsbeziehungen innerhalb eines Textes bevorzugt auftritt oder diese generell meidet. Bei den entsprechenden Gebrauchsmustern handelt es sich um seine Textkollokationen («textual collocations», Hoey ebd.). (6) Jedes Wort ist im Hinblick auf sein Auftreten in bestimmten semantischen Relationen innerhalb eines Textes voraktiviert. Hierbei handelt es sich um seine text-semantischen Assoziationen («textual semantic associations», Hoey ebd.). (7) Jedes Wort ist dahingehend voraktiviert, dass es an bestimmten Positionen innerhalb eines Textes bevorzugt auftritt oder diese umgekehrt meidet. Die entsprechenden Gebrauchsmuster bilden seine Textkolligationen («textual colligations», Hoey ebd.) ab. Was die Hypothesen zu den lokalen Erscheinungsformen der lexikalischen Voraktivierung (cf. (1)–(4)) anbelangt, so weist Hoey zunächst darauf hin, dass die Auseinandersetzung mit den kollokationellen Gebrauchsmustern eines Wortes einen methodisch notwendigen, des Weiteren jedoch unzureichenden Schritt darstellt, um das eigentliche Wesen der lexikalischen Voraktivierungen als hauptsächliches sprachliches Funktionsprinzip angemessen zu erfassen. 91 Hoey (2005, 16ss.) zufolge stehen die signifikanten92 Kollokationen eines Wortes vielmehr für abstraktere Kombinationsmuster, die auf der regelmäßigen Verknüpfung semantischer Klassen, d.h. auf den präferentiellen semantischen Assoziationen (siehe weiter oben (2)) des betreffenden Wortes aufbauen. So verbirgt sich beispielsweise hinter der durch die – zumindest nach Ausweis des von Hoey herangezogenen Referenzkorpus93 als solche vorhandenen – kollokationellen Voraktivierungen von hour und ride bedingten Wortsequenz a half-hour train ride das Assoziationsschema NUMBER-TIME-JOURNEYby VEHICLE, vor dessen Hintergrund wiederum die Bildung seltener oder singulärer Verbindungen wie a 27-hour meander by sledge unmittelbar Plausibilität erlangt (cf. Hoey 2005, 17). Die kollokationellen Gebrauchsmuster bieten mithin in ihrer Substanz lediglich Aufschluss über den Status quo sprachlicher Routine, während die davon abstrahierbaren semantischen Assoziationsmuster (wie auch weitere Formen der Voraktivierung) die kreativitätsbedingten und -bedingenden 94 Aspekte 91
92 93
94
Siehe hierzu u.a. Hoey (2005, 16): «If lexical priming only operated with regard to collocations, it would be an anomalous but not especially interesting characteristic of language. It would have nothing to say about linguistic creativity and be of little or no theoretical importance». Ganz in kontextualistischer Tradition bestimmt sich Signifikanz hierbei nach statistischen Kriterien (cf. u.a. Hoey 2005, 5). Als Referenzkorpus dienen Hoey ein kleinerer Teilbstand des BNC sowie vor allem eine Sammlung von Artikeltexten aus der britischen Tageszeitung The Guardian in einem Gesamtumfang von mehr als 98 Mio. laufenden Token (cf. 2005, xi)). Hoey weist hierbei darauf hin, dass die von ihm auf der Grundlage des betreffenden Korpus eruierten Analyseergebnisse nach strikter Auslegung seiner theoretischen Prämissen lediglich Aussagen über die bei den Lesern sowie den Autoren der betreffenden Texte gegebenen Voraktivierungen zulassen (cf. u.a. 2005, 26). Hoey grenzt sich hierbei deutlich gegenüber der Vorstellung von sprachlicher Kreativität,
33
des Sprachgebrauchs betreffen.95 Die Tragweite der auf semantischen Assoziationen beruhenden Voraktivierungen demonstriert Hoey schließlich anhand einer ausführlicheren Fallstudie zum englischen Nomen consequence (cf. 2005, 24ss.), in der er nachweist, dass ungefähr 90 %96 der als attributivisches Adjektiv («premodifying adjective») verwendeten Kookkurrenzpartner auf nicht mehr als vier semantische Klassen zurückgeführt werden können. Die folgende, an den Angaben in Hoey (ebd.) orientierte Tabelle, bietet hierzu einen Überblick: Tabelle 2.6.: die auf der Grundlage der attributivisch gebrauchten Kollokatoradjektive ermittelbaren semantischen Assoziationen des Nomens consequence nach Hoey (2005, 24ss.) Semantische Assoziation97 Kollokatoradjektive (Auswahl)
Anteil an der Gesamtheit der Kollokatoradjektive
ZWANGSLÄUFIGKEIT («logic»)98 logical, ineluctable, direct, probable, natural, inevitable
59 %
NEGATIVE BEWERTUNG («negative evaluation»)
awful, dire, appalling, sad, doleful, disastrous
15 %
AUSMASS («seriousness»)
serious, important, siginificant, modest
11 %
UNERWARTBARKEIT («unexpectedness»)
unintended, odd, strange, surprising
6%
Gemäß der weiter oben unter (3) aufgeführten Hypothese kommt der Voraktivierung der Gebrauchsmuster eines Wortes nicht nur eine semantische, sondern auch eine pragmatische Dimension zu. Die betreffenden Assoziationsmuster illustriert Hoey
95 96
97
98
34
wie sie als zentrales Konzept im Rahmen der generativen Grammatik vertreten wird, ab (cf. hierzu vor allem die Ausführungen in Hoey 2005, 153). Hautpsächliche Quelle sprachlicher Kreativität sind seiner Meinung nach die lexikalischen Voraktivierungen und kein allgemeiner Regelapparat. Ferner stellt die von Hoey entworfene Theorie den Versuch dar, Kreativität und Routine aufeinander zu beziehen. Siehe hierzu Hoey (2005, 17): «[W]hereas collocation can only account, by definition, for the routine, the notion of semantic association can account for some aspects of creativity». Die fraglichen Ergebnisse stützen sich hierbei auf 456 Belege für die entprechende Attributivkonstruktion mit dem Nomen consequence, von dem Hoey wiederum, ausgehend von seinem Guardian-Referenzkorpus (siehe auch n. 93 in diesem Abschnitt) sowie der sog. Bank of English (siehe. bereits n. 63, p. 22), insgesamt 1817 Vorkommen betrachtet hat (cf. 2005, 24). Mit der Setzung der vorliegenden Angaben in Kapitälchen folgen wir der von Hoey für die Darstellung der semantischen Assoziationen weitestgehend gewählten Notationsweise. Ihrer besseren Nachvollziehbarkeit wegen haben wir den ins Deutsche übertragenen Bezeichnungen ihre im englischen Originaltext zu findenden Entsprechungen in Klammern hinzugefügt. Des Weiteren schlägt Hoey (2005, 25) in diesem Zusammenhang eine Einteilung der betreffenden Assoziationsklasse in drei Unterklassen vor: UNAUSWEICHLICHKEIT («necessity»), UNMITTELBARKEIT («directness») und VORHERSEHBARKEIT («naturalness»). Letztere steht in einem direkten Zusammenhang mit der unter der Bezeichnung UNERWARTBARKEIT ausgewiesenen Assoziationsklasse (cf. Hoey 2005, 26).
zum einen am Beispiel des Zahlworts sixty,99 das innerhalb seines The GuardianKorpus signifikant häufig in Verbindung mit Vagheitspartikeln wie about, around oder nearly verwendet wird (cf. 2005, 26ss.). Zum anderen diskutiert Hoey (2005, 28s.) den Fall des Substantivs reason, dessen pragmatische Assoziationen sich dahingehend gestalten, dass es vorrangig im Zusammenhang mit negierten Aussagen, wie sie etwa in den folgenden, von Hoey (2005, 28) angeführten Korpusexzerpten zu verzeichnen sind, auftritt:100 Really I see no reason why I should be obliged to ... That’s not the reason why ...
Als letzter Beschreibungsebene im Hinblick auf die lokalen Erscheinungsformen der lexikalischen Voraktivierung wendet sich Hoey (2005, 39ss.) schließlich den kolligationellen Gebrauchsmustern von Wörtern (siehe Hypothese (4) weiter oben) zu. Wie bereits in Zusammenhang mit dem Bereich der sog. semantischen Assoziationen beschäftigt sich Hoey auch hier mit den Voraktivierungen des Substantivs consequence, dem er eine äußerst detaillierte Einzelfallstudie widmet (cf. 2005, 44ss.). Für unsere Zwecke mag es an dieser Stelle genügen, auf einige wenige Teilergebnisse der betreffenden Kolligationsanalyse einzugehen. So stellt Hoey u.a. fest, dass consequence im Kontrast zu anderen Substantiven wie preference, aversion oder question vor allem im Rahmen von Nominal- und Präpositionalphrasen auftritt, die auf der Satzebene als sog. Complement101 oder Adjunct fungieren, während es die Position des Object tendenziell meidet (cf. 2005, 46s.).102 Des Weiteren sind laut Hoey (2005, 49) die kolligationellen Voraktivierungen von consequence dadurch bestimmt, dass es weitaus seltener als die bereits erwähnten Substantive preference, aversion und question in prä- oder postmodifizierender Attributsfunktion («premodifier»; «postmodification»)103 innerhalb einer Nominalphrase verwendet wird. Speziell in Subject-Funktion neigt consequence zudem dazu, deutlich häufiger mit einem indefiniten Determinierer (wie a, another oder one) verbunden zu werden, als dies für preference, aversion und question zutrifft (cf. Hoey 2005, 56). Darüber hinaus führt Hoey schließlich auch Belege für 99
100 101
102 103
Hoey weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich seine Aussagen auf die ausgeschriebene Wortform sixty, nicht aber auf die Ziffernfolge 60 beziehen, für die andere Voraktivierungen zu verzeichnen seien (cf. 2005, 27). Die hier für die angegebenen Passagen gewählte Formatierung weicht von der in Hoey (ebd.) vorzufindenden Darstellungsweise größtenteils ab. Hinsichtlich der für seine Analyse jeweils einschlägigen syntaktischen Kategorien orientiert sich Hoey weitestgehend am Modell der Systemisch-funktionalen Grammatik (SFG), wie es u.a. von Halliday (1985) dargelegt wird. In Abweichung zur SFG differenziert Hoey auf der Satzebene allerdings zwischen den Funktionen Object und Complement. Die erstgenannte (und von Halliday im Übrigen nicht vorgesehene) Kategorie entspricht hierbei dem, was in aller Regel als direktes oder indirektes (wie gelegentlich auch präpositionales) Objekt aufgefasst wird, wohingegen mit der zweitgenannten anders als bei Halliday ausschließlich Prädikativergänzungen gemeint sind (cf. Hoey 2005, 45). Bezüglich der Position des Subject sind bei allen genannten Substantiven die gleichen Verteilungstendenzen zu beobachten (cf. Hoey ebd.). Zu Hoeys Orientierung an den syntaktischen Kategorien innerhalb des Modells der Systemisch-funktionalen Grammatik siehe bereits den ersten Teil unserer Anmerkungen in der vorausgehenden Fußnote 101 in diesem Abschnitt.
35
bestimmte mit consequence als Bestandteil gebildete Wortkombinationen an, die über eigene kolligationell voraktivierte Gebrauchsmuster verfügen. So tritt etwa das üblicherweise als Adjunct fungierende Präpositionalsyntagma as a consequence vorwiegend in thematischer Position am Satzanfang auf, wobei consequence selbst ohne prä- oder postmodifizierende Elemente verwendet wird (cf. Hoey 2005, 55). Im selteneren Fall einer Verwendung des betreffenden Syntagmas in rhematischer Position am Satzende besteht gleichzeitig wiederum die gegenläufige Tendenz, das eingebettete Substantiv consequence mit einem postmodifizierenden Attribut zu verknüpfen (cf. Hoey ebd.). Sieht man einmal von der etwas stärkeren Gewichtung der kolligationellen Ebene ab, so weist das mit Blick auf die lokalen Erscheinungsformen der lexikalischen Voraktivierung entworfene Beschreibungsmodell deutliche Ähnlichkeiten zu dem von Sinclair eingebrachten Schema der Strukturbereiche von Mehrwortsequenzen auf (siehe hierzu bereits Abschnitt 2.2.1, p. 19s.). Hoey selbst macht in diesem Zusammenhang an mehreren Stellen darauf aufmerksam (cf. 2005, 22ss.; 157), dass sein Ansatz zur Betrachtung semantischer und pragmatischer Assoziationsmuster größtenteils mit dem von Sinclair unter den Stichworten «semantic preferences» sowie «semantic prosody» formulierten Konzept der semantischen und pragmatischen Kombinationsaffinitäten übereinstimmt.104 Jener Aspekt, durch den die Theorie des Lexical Priming jedoch weit über Sinclairs Modell hinausreicht, ist die Dimension der textbezogenen Gebrauchsmuster, auf die wir im nun Folgenden zu sprechen kommen werden. Die Betrachtung von Erscheinungsformen der lexikalischen Voraktivierung auf der Textebene fußt im Wesentlichen auf einem kohäsionsbezogenen Kollokationsbegriff, der von Halliday/Hasan (1976), aber auch von Hoey selbst (cf. 1991) entscheidend mitgeprägt wurde (cf. u.a. Hoey 2005, 115s.).105 Das Konzept der sog. Textkollokation, wie es von Hoey gemäß der weiter oben in Punkt (5) angeführten Hypothese vertreten wird, betrifft hierbei in erster Linie die grundlegende Tendenz von Wörtern, sich entweder in Kohäsionsketten («cohesive chains») bzw. kohäsive Verknüpfungen («cohesive links»)106 zu integrieren oder aber diese eher zu meiden (cf. Hoey 2005, 117). Zusätzlich kann in diesem Zusammenhang eine Differenzierung nach der Art der jeweils einschlägigen lexikalischen Kohäsionsrelation (Rekurrenz, partielle Rekurrenz oder Substitution) vorgenommen werden. Unter diesen 104
105
106
36
Hoey (2005, 22s.) zufolge ging hierbei allerdings ein unmittelbarer Einfluss auf die Entwicklung seines Modells zunächst von Beiträgen wie u.a. Stubbs (1995a; 1995b) aus, die ihrerseits hauptsächlich auf Sinclairs Begriff der semantic prosody aufbauen. Die betreffenden Arbeiten wenden Hoeys Meinung nach diesen Begriff jedoch zu eingeschränkt oder zu ungenau an und übersehen in diesem Zusammenhang vor allem die von Sinclair vorgeschlagene Differenzierung zwischen semantic preferences und semantic prosody. Siehe hierzu ebenso Williams (2003, 36), der auf den unmittelbaren Bezug früherer Beiträge von Hoey zu den Ideen des britischen Textlinguisten E. Winter verweist. Zu einer kritischen Würdigung des von Halliday/Hasan (1976) vertretenen Kollokationsbegriffs cf. darüber hinaus Klotz (2000:75). Als kohäsive Verknüpfung (cohesive link) gelten nach Hoeys Definition alle transphrastischen Verbindungen, die genau zwei Worttoken umfassen. Verbindungen größeren Umfangs werden als Kohäsionskette (cohesive chain) bezeichnet (cf. Hoey 2005, 117).
Gesichtspunkten analysiert Hoey beispielsweise das Adjektiv asinine, zu dem er feststellt, dass es bei einer Gesamtzahl von 32 Okkurrenzen nur ein einziges Mal als Bestandteil einer Kohäsionskette auftritt und folglich im Rahmen des The GuardianKorpus dahingehend voraktiviert ist, dass es Kohäsionsbeziehungen tendenziell meidet (cf. 2005, 120). Den umgekehrten Fall einer positiven Voraktivierung im Hinblick auf die Bildung von Textkollokationen demonstriert Hoey u.a. am Beispiel der Temporalpartikel ago, die vorwiegend in durch einfache Rekurrenz bedingten kohäsiven Verknüpfungen anzutreffen ist (cf. 2005, 121), sowie am Beispiel des Substantivs planet, bei dem sich zeigt, dass es eine starke Affinität zu Kohäsionsketten (wie etwa planet – Uranus – Saturn – planets – Pluto) besitzt, die in erster Linie auf (ko-)hyponymischen Substitutionen beruhen (cf. 2005, 121s.). Über die Dimension der Textkollokationen hinaus setzt Hoey, analog zum Bereich der lokalen Erscheinungsformen der lexikalischen Voraktivierung, eine Ebene der text-semantischen Assoziationen (siehe Hypothese (6)) an. Hierbei geht es ihm in erster Linie um Gebrauchsmuster, die hinsichtlich der Kopplung eines Wortes an bestimmte logisch-semantische Bezüge (wie Gegensatz («contrast»), Vergleich («comparison»), Ursache-Folge u.a.) auf der Diskursebene bestehen (cf. Hoey 2005, 122s.). So zeigt Hoey (2005, 123) beispielsweise, dass die Temporalpartikel ago in thematischer Position hauptsächlich innerhalb von Textpassagen auftritt, die einen Gegensatz oder einen Vergleich zum Ausdruck bringen. In gleicher Weise ist auch das Substantiv side, sofern es am Satzanfang in Kombination mit einem attributiven Adjektiv und dem bestimmten Artikel the verwendet wird, tendenziell an Aussagen gebunden, in denen es um eine Gegensatzbeziehung geht, die sich häufig in einen Parallelismus einbettet (cf. Hoey ebd.). Als dritte und letzte Ebene der textbezogenen Voraktivierungen sieht Hoey (2005, 129ss.) schließlich die Dimension der sog. Textkolligationen vor (siehe hierzu Hypothese (7) weiter oben). Hierunter sind jene Gebrauchsmuster zu verstehen, die durch die Affinität eines Wortes zu bestimmten Textpositionen bedingt sind. Hoey führt hierbei u.a. den Fall des Zahlworts sixty an, das zumindest nach Ausweis seines Referenzkorpus in signifikant häufiger Weise dazu tendiert, zu Beginn einer texteröffnenden Sequenz aufzutreten, sofern es mit Substantiven wie year, nicht aber mit percent kollokiert (cf. 2005, 131s.).107 Des Weiteren stellt Hoey (2005, 139s.) in einer Pilotstudie zur textkolligationellen Voraktivierung von Nachnamen (wie Blair, Major u.a.) auf der Grundlage des von ihm herangezogenen Zeitungskorpus fest, dass diese auf einer lokalen Ebene zwar tendenziell die Themaposition am Satzanfang meiden, in den abweichenden Fällen aber regelmäßig zu Beginn eines Abschnitts auftreten, was seiner Auffassung nach darauf hinweist, dass sich Satz-108 und Textkolligationen durchaus gegenläufig zueinander verhalten können. Die vielfältigen auf die Ausarbeitung, Begründung und Illustration seines Beschreibungsansatzes abzielenden Einzelanalysen, deren Faktenreichtum wir in 107
108
Wie im Falle der pragmatischen Assoziationsmuster (siehe hierzu bereits n. 99, p. 35) kommen der Ziffernfolge 60 auch auf der Ebene der Textkolligationen andere Voraktivierungen als der ausgeschriebenen Wortform sixty zu. Gemeint sind in diesem Zusammenhang jene kolligationellen Gebrauchsmuster, die die Verwendung eines Wortes in Thema- oder Rhemaposition betreffen.
37
diesem Abschnitt gewiss nur bedingt gerecht werden konnten, ergänzt Hoey um eine stärker theoretisch ausgerichtete Perspektive, dergemäß er zum einen auf zentrale Fragestellungen der strukturellen Semantik sowie zum anderen auf wesentliche Aspekte verschiedener (generativer, aber auch systemisch-funktionaler) Grammatikmodelle eingeht. Seine in dieser Hinsicht einschlägigen Standpunkte formuliert Hoey hierbei anhand der folgenden Hypothesen (cf. 2005, 13): (8) Ko-Hyponyme und Synonyme unterscheiden sich im Hinblick auf ihre kollokationellen, semantischen und kolligationellen Kombinations- und Assoziationsmuster. (9) Polysemen Wörtern kommen je nach Lesart unterschiedliche Voraktivierungen auf der kollokationellen, semantischen und kolligationellen Ebene zu. (10) Jedes Wort ist im Hinblick auf seine Verwendung in bestimmten grammatischen Funktionen («grammatical roles») voraktiviert. Hieraus ergeben sich die für das betreffende Wort einschlägigen grammatischen Kategorien. Bei der vergleichenden Betrachtung der Voraktivierungen von Ko-Hyponymen und Synonymen (cf. Hypothese (8)) geht es Hoey nicht zuletzt um die Frage, inwiefern sich kollokationelle, semantische sowie kolligationelle Gebrauchsmuster nicht nur einzelnen Wörtern, sondern auch ganzen semantischen Klassen zuschreiben lassen. Hoeys Befund fällt in dieser Hinsicht vorwiegend negativ aus, da er anhand einer Reihe von Detailanalysen zu der Erkenntnis gelangt, dass sich auch bei Vorliegen einer ko-hyponymischen oder synonymischen Beziehung die auf den verschiedenen Ebenen zu beobachtenden Gebrauchsmuster trotz partieller Übereinstimmungen in ihrer jeweiligen Gesamtkonstellation von Wort zu Wort unterscheiden (cf. 2005, 79).109 Als Beispiel für die schwach ausgeprägte Konvergenz der Voraktivierungen von Ko-Hyponymen führt Hoey den Fall der Berufs- und Funktionsbezeichnungen accountant, actor, actress, architect und carpenter an, bei denen neben unterschiedlichen kollokationellen und semantischen Kombinationspräferenzen (cf. 2005, 65) vor allem starke Abweichungen im Hinblick auf die für sie einschlägigen kolligationellen Gebrauchsmuster zu verzeichnen sind. Diese betreffen Hoey (2005, 65s.) zufolge u.a. die Tendenz, gemäß der die fraglichen Substantive in Verbindung mit dem unbestimmten Artikel (überdurchschnittlich hohe Voraktivierung bei carpenter), mit Possessivattributen (hohe Voraktivierung bei accountant; niedrige Voraktivierung bei actor, actress und carpenter), mit klassifizierenden Nominalattributen (hohe Voraktivierung bei accountant; niedrige Voraktivierung bei carpenter) oder innerhalb von parenthetischen Konstruktionen (hohe Voraktivierung bei carpenter; niedrige Voraktivierung bei actor) verwendet werden. In gleicher Weise wie Ko-Hy109
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Hoey (ebd.) führt hierzu aus: «All the evidence in this chapter supports the view that primings are distinctive to the word. Tucker [...] holds a similar position with respect to antonyms. [...] The assumption in this book has of course been that what is primed is the word, not the meaning of the word, and while semantic sets may, through abstraction from parallel primings, be themselves primed, the discovery that semantic sets, whether or not they make use of synonymy, co-hyponymy or antonymy, share only a limited range of collocations, semantic associations and colligations is simply confirmatory of that original assumption».
ponyme weisen zudem auch synonyme Wörter eher divergierende Voraktivierungen auf, was Hoey (2005, 68ss.) am Beispiel der Substantive consequence und result hinreichend dokumentiert. So kann zum einen festgestellt werden, dass sich die semantischen Assoziationsmuster beider (Quasi-)Synonyme sowohl in ihrer qualitativen Ausprägung als auch in ihrer quantitativen Gewichtung recht unterschiedlich gestalten, wie sich der folgenden, auf den Ausführungen Hoeys beruhenden Synopse zu den semantischen Klassen, die jeweils durch die attributivischen Adjektivkollokatoren der betreffenden Substantive repräsentiert sind,entnehmen lässt: Tabelle 2.7.: vergleichende Übersicht zu den auf der Grundlage der attributivisch gebrauchten Kollokatoradjektive ermittelbaren semantischen Assoziationen der Substantive consequence und result (gemäß Hoey 2005, 68ss.) Semantische Assoziation
consequence
result
Verhältnis consequence : result
ZWANGSLÄUFIGKEIT
59 %
37 %
1,6 : 1
NEGATIVE BEWERTUNG
15 %
8%
1,9 : 1
POSITIVE BEWERTUNG
3%
22 %
1 : 7,3
AUSMASS
11 %
2%
5,5 : 1
UNERWARTBARKEIT
6%
4%
1,5 : 1
0,7 %
4%
1 : 5,7
-
5%
0:1
EXAKTHEIT / KORREKTHEIT ÜBEREINSTIMMUNG / UNTERSCHIED
Anteil der Kollokatoradjektive
Des Weiteren sind nach Hoeys Angaben auch bestimmte Abweichungen im Bereich der kolligationellen Voraktivierungen beider Substantive zu beobachten (cf. 2005, 71ss.). Am auffälligsten ist hierbei, dass consequence vorwiegend in Verbindung mit indefiniten Determinierern anzutreffen ist, wohingegen result eine besonders starke Affinität zu definiten Determinierern besitzt. Im Hinblick auf die Voraktivierung polysemer Wörter vertritt Hoey die bereits unter (9) weiter oben referierte Auffassung, dass Lesartenunterschiede eng an die Ausprägung deutlich voneinander unterscheidbarer Gebrauchsmuster auf kollokationeller, semantischer und kolligationeller Ebene gekoppelt sind; Mehrdeutigkeiten entstünden immer dann, wenn die Verwendung eines Wortes in einer bestimmten Lesart nicht den einschlägigen Gebrauchsmustern gemäß erfolgt (cf. 2005, 81).110 Seine Hypothese diskutiert Hoey u.a. am Beispiel des Substantivs consequence in Verbindung mit den Lesarten ‘result’ (im Folgenden: consequence1) und ‘importan-
110
Hoey (ebd.) merkt in dieser Hinsicht an: «More precisely, I shall argue in this chapter that the collocations, semantic associations and colligations a word is primed for will systematically differentiate its polysemous senses and that ambiguity (or humour) will always result from our use of a word in ways not in accordance with these primings».
39
ce’ (consequence2)111 (cf. 2005, 83ss.). Hierbei kann den Angaben in Hoey (2005, 87) zufolge in erster Linie festgehalten werden, dass: – sich einerseits consequence1 von consequence2 auf der Ebene der semantischen Assoziationsmuster dahingehend unterscheidet, dass es eine stark ausgeprägte Affinität zu attributivisch verwendeten Adjektiven besitzt, die entweder auf das Konzept ZWANGSLÄUFIGKEIT oder NEGATIVE BEWERTUNG bezogen sind. – sich andererseits consequence2 von consequence1 insbesondere durch seine pragmatischen Assoziationspräferenzen abhebt, wobei es im Unterschied zu diesem signifikant häufig in Verbindung mit einer Negation anzutreffen ist.112 – consequence1 schließlich auch hinsichtlich seiner kolligationellen Voraktivierungen mit consequence2 insofern kontrastiert, als es bevorzugt innerhalb von Nominalphrasen verwendet wird, die auf der Satzebene als Subject oder Complement113 fungieren. Die besagte Affinität zu Nominalphrasen in Subject-Funktion bedingt gleichzeitig ein häufiges Auftreten von consequence1 in thematischer Position. Im Falle der in Punkt (10) angeführten Hypothese geht es Hoey schließlich um die Frage nach der Essenz grammatischer Kategorien im Lichte der von ihm vertretenen Charakterisierung der lexikalischen Voraktivierung als eines maßgeblichen Funktionsprinzips von Sprache. Hierbei stellt nach seiner Auffassung jede auf ein bestimmtes Wort bezogene kategorielle Zuschreibung nichts anderes als eine von 111
Hoey weist im Übrigen darauf hin, dass consequence1 zumindest innerhalb des von ihm herangezogenen The Guardian-Korpus die weitaus häufiger anzutreffende Lesart sei (cf. 2005, 82). Was hierbei den Zusammenhang zwischen den voraktivierten Gebrauchsmustern eines Wortes und der Geläufigkeit seiner jeweiligen Lesarten anbelangt, so formuliert Hoey (ebd.) zwei Teil-Hypothesen, auf die wir aufgrund des für diesen Abschnitt insgesamt geplanten Argumentationsaufbaus im weiteren Verlauf nicht näher eingehen werden:
– Besteht zwischen den Lesarten eines Wortes ein deutlicher Frequenzunterschied, so be-
112 113
40
steht im Falle der Vewendung des Wortes in einer selteneren Lesart die Tendenz, die hinsichtlich der häufigeren Lesarten voraktivierten Gebrauchsmuster zu meiden. Umgekehrt kann es bei der Verwendung des Wortes in einer häufig anzutreffenden Lesart gelegentlich zu Überschneidungen mit den für die seltener auftretenden Lesarten voraktivierten Gebrauchsmustern kommen. (Als Beispiel führt Hoey in diesem Zusammenhang den Fall der Substantive consequence (‘result’ vs. ‘importance’) (cf. 2005, 83ss.) und reason (‘cause’ vs. ‘logic, rationality’) (cf. 2005, 88ss.) an.) – Besteht zwischen den Lesarten eines Wortes kein gravierender Frequenzunterschied, so sind bei der Verwendung des Wortes in der Regel keine Überschneidungen zwischen den im Hinblick auf die einzelnen Lesarten jeweils voraktivierten Gebrauchsmustern zu erwarten. (Die betreffende Teil-Hypothese illustriert Hoey anhand einer Fallstudie zum Substantiv immunity (‘legal’ vs. ‘medical’) (cf. 2005, 104ss.).) In diesen Zusammenhang gehört auch die seitens Hoey (2005, 87) konstatierte besondere kollokationelle Affinität von consequence2 zum indefiniten Pronomen any. Zu der von Hoey zugrundegelegten Definition der betreffenden funktionalen Kategorien siehe bereits unsere Anmerkungen auf Seite 35.
den etablierten kollokationellen und kolligationellen Gebrauchsmustern des betreffenden Wortes ausgehende Verallgemeinerung dar (cf. 2005, 154). Bezieht man die phonologische und morphologische Ebene mit ein, so erweist sich Grammatik in dieser Hinsicht schlicht als komplexe Gesamtheit aller Voraktivierungen der geläufigsten Laute, Silben und Wörter einer Sprache (cf. Hoey 2005, 159).114 Von einem anderen, etwas stärker auf Hoeys Prämissen zu Spracherwerbs- und -lernprozessen abgestimmten Standpunkt aus betrachtet, lässt sich unter Grammatik in erster Linie ein je nach Einzelsprecher unterschiedlich ausgeprägtes und durch sein stets wachsendes kontextbedingtes Erfahrungswissen angereichertes System verstehen, das dieser auf der Grundlage der ihm voraktiviert zur Verfügung stehenden kollokationellen sowie der hiervon abstrahierten semantischen und kolligationellen Gebrauchsmuster und ihrer Vernetzungen in einer für ihn praktikablen Weise (hierbei auch durch gegebenenfalls notwendige selbst-reflexive Anpassung) konstruiert. Hoey (2005, 159s.) führt hierzu genauer aus: «From another perspective, what we think of as grammar is the product of the accumulation of all the lexical primings of an individual’s lifetime. As we collect and associate collocational primings, we create semantic associations and colligations (and grammatical category primings). These nest and combine to an incomplete, inconsistent and leaky, but nevertheless workable, grammatical system (or systems). [...] [This] perspective attends [...] to the semantic and grammatical systems a speaker builds up in their lifetime. For some (though not necessary all) speakers, these systems may in self-reflexive fashion be brought to bear on the lexical primings that gave rise to them and some of the primings may be adjusted to accommodate them to the semantic and grammatical systems that the speaker has built / inferred from others.»
Hoeys sprachtheoretischer Standpunkt ist also – wie bereits an anderer Stelle (cf. p. 31) erwähnt – weit entfernt von der Vorstellung eines in sich geschlossenen, vollständig kohärenten Systems, das jedem Sprecher in gleicher Weise und womöglich anhand universell verankerter Strukturalgorhitmen zur Verfügung steht. Dem vor allem in Chomskyscher Tradition gepflegten Verständnis von Kreativität als der grundsätzlichen Fähigkeit eines Sprechers zur Bildung aller möglichen systemkonformen Sätze seiner Sprache setzt Hoey unter dem Stichwort «priming prosody» einen an das Konzept der Natürlichkeit gekoppelten Kreativitätsbegriff entgegen, der das Hervorbringen einer sprachlichen Äußerung in seinem Kern als eine gewissermaßen konzertierte Verwendung von Wörtern und Wortsequenzen ausweist, deren kollokationelle, semantische, kolligationelle sowie textuelle Voraktivierungen zueinander kompatibel sind und gleichzeitig in geeigneter Weise zur Herstellung von Kohärenz im Einklang mit den gegebenen kommunikativen Notwendigkeiten beitragen (cf. Hoey 2005, 166). Nach Hoey (2005, 167) lassen sich die durch
114
Oder um es mit den Worten Hoeys (ebd.) zu sagen: «What we count as grammar is the accumulation and interweaving of the primings of the most common sounds, syllables and words of the language. So grammar is, in such terms, the sum of the collocations, colligations and semantic associations of words like it, was, the, a and of, syllables like ing, er and ly, and sounds like [t] (at the end of syllables) an [s] and [z] (likewise at the end of syllables)».
41
priming prosody bestimmten Beziehungen innerhalb eines Satzes am Beispiel der aus einer Reiseerzählung stammenden Anfangspassage115 In winter Hammerfest is a thirty-hour ride by bus from Oslo ... abschließend in etwa folgendermaßen schematisieren:116 Tabelle 2.8.: Strukturbeschreibung der prosodischen Voraktivierungs-Relationen in der Satzpassage In winter Hammerfest is a thirty-ride by bus from Oslo gemäß Hoey (2005, 167) Voraktivierungsebene
[in] winter 117
Kollokation
+ BE
+ BE
+ ORTSNAME
+ ORTSNAME
Hammerfest
thirty-hour ride
+ (ZEITLICHES ODER RÄUMLICHES) DISTANZMASS
+ (ZEITLICHES ODER RÄUMLICHES) DISTANZMASS semantische Assoziationen
Oslo
+ ALLGEMEIN
+ WENIGER
BEKANNTER
BEKANNTER
ORTSNAME
ORTSNAME + TRANSPORTMITTEL
Subject-Funktion + relationales Verb
+ relationales Verb + Präposition
Kolligation
Subject-Funktion + relationales Verb
+ relationales Verb + Präposition
+ Verb im Präsens
115
116
117
42
Bei der betreffenden Reiseerzählung, deren Anfangspassage von Hoey an mehreren Stellen (cf. u.a. 2005, 5s.; 2005, 16) zu Illustrationszwecken herangezogen wird, handelt es sich um das von Bill Bryson 1991 veröffentlichte Buch mit dem Titel Neither Here Nor There (cf. Hoey 2005, 6). Die von Hoey vorgeschlagenen Strukturbeschreibungen werden im Rahmen der folgenden Darstellung in veränderter Anordnung sowie in einer inhaltlich gekürzten sowie ins Deutsche übertragenen Fassung wiedergegeben. Des Weiteren werden die prosodischen Voraktivierungs-Relationen nicht durch Linien, sondern durch hellgraue Unterlegung gekennzeichnet. Wir beschränken uns in diesem Zusammenhang auf die Voraktivierungen, die in Hoey (2005, 167) für die Sequenz in winter angegeben werden.
Voraktivierungsebene
[in] winter
Hammerfest
thirty-hour ride
Oslo
Textanfang
Textanfang
Abschnittsanfang
Abschnittsanfang
Textkolligation
Es dürfte anhand unserer Schilderungen in diesem Unterabschnitt mehr als deutlich geworden sein, dass sich Hoeys Standpunkt vom Mainstream der kontextualistisch geprägten Korpuslinguistik vor allem durch den Anspruch abhebt, deren zahlreiche, vorrangig an methodischen und deskriptiven Aspekten orientierte Erkenntnisse innerhalb eines mehrere Phänomenbereiche umfassenden Analysemodells zu synthetisieren und dieses gleichzeitig mit einem sprachtheoretisch klar konturierten Erklärungsansatz zu verbinden. Die Lexical Priming-Theorie geht hierbei nicht zuletzt über die eher programmatisch angelegten Arbeiten Sinclairs, die aufgrund ihres Pionierstatus durchaus als Maßstab gelten können, weit hinaus, zumal sie die auf eine rein lokale Ebene bezogene Betrachtung der Wortkombinatorik um die Dimension textinterner Gebrauchsmuster ergänzt und somit eine Brücke zur kontextualistischen Textlinguistik in der – nicht minder wirkungsmächtigen – Tradition von Halliday/Hasan (1976) schlägt. Insgesamt – dies als knappes Fazit unserer Ausführungen zum kontextualistischen Kollokationsbegriff – zeigt die in Hoey (2005) entwickelte Theorie des Lexical Priming in exemplarischer Weise, wie der im ursprünglichen Sinne Firths auf die exakte Erfassung der syntagmatischen (wie auch paradigmatischen) Bedeutungsdimension118 von Wörtern ausgelegte Ansatz einer korpusinduzierten Analyse lexikalischer Kombinatorik zu einem integrierten, lexikologisch fundierten Beschreibungs- und Erklärungsmodell ausgebaut werden kann.
2.3
Von der Kollokation zum kombinatorischen Wortprofil
Kehrt man zu der anfänglich zitierten Ausrufung des Kriegszustands durch Hausmann zurück und läßt hierbei die in Abschnitt 2.1 und 2.2 dargelegten Ansätze zur Betrachtung von Phänomenen im Bereich der Wortkombinatorik noch einmal Revue passieren, so drängt sich durchaus die Frage auf, ob die Frontstellung der vermeintlichen Kombattanten tatsächlich auf demselben Schlachtfeld zu lokalisieren ist und somit auf eine unmittelbare Gegnerschaft in der Frage der richtigen Begriffs(be)setzung hindeutet. Zu unterschiedlich sind doch in beiden Fällen Methode und Erkenntnisinteresse, als dass man dem jeweils anderen per se eine terminologische Fehlleistung vorhalten könnte. Jenseits aller begrifflichen Scharmützel ist also vielmehr eben dieses Erkenntnisinteresse – kurzum: das, was man sich von einer Auseinandersetzung mit Wortkombinatorik überhaupt verspricht – der springende Punkt: die Frage, was denn eigentlich Kollokationen seien, d.h. was sie 118
Siehe hierzu bereits unsere Ausführungen in Abschnitt 2.2.1, p. 14s.
43
gegenüber anderen Typen von Wortkombinationen auszeichnet, mag jene eher nur am Rande beschäftigen, die Kollokation, d.h. das kombinatorische Verhalten eines Wortes, als Ausgangspunkt zur Bestimmung von dessen funktionalem Status erachten. So gesehen, kann man die von Hausmann gewünschte terminologische Flurbereinigung zumindest mit Blick auf das Deutsche ohne Umschweife in seinem Sinne zu Ende führen und ihm das Label «Kollokationen» zur Bezeichnung einer begrifflichen Größe innerhalb einer Taxonomie von Wortverbindungen gerne überlassen. Man mag nun an diesem Akt der Kapitulation recht schnell erkennen, dass wir mit der vorliegenden Arbeit nicht beabsichtigen, einen weiteren Merkmalskatalog zu erstellen, der dazu geeignet wäre, ein Begriffssystem zu Wortverbindungstypen unter besonderer Berücksichtigung des Terminus «Kollokationen» zu entwerfen. Dies hat zunächst einen recht trivialen Grund: Die Nachfrage an entsprechenden Definitionsversuchen erscheint dank der Vielzahl an einschlägigen wie erkenntnisreichen Beiträgen, für die nicht zuletzt Hausmann sowie in jüngerer Zeit auch andere Autoren119 verantwortlich zeichnen, mehr als gesättigt – eine Studie, die hingegen im Sinne einer alternativen Betrachtungsweise zur Wortkombinatorik, wie sie in Abschnitt 2.2 geschildert wurde, einen Ausschnitt des französischen (wie auch des deutschen) Wortschatzes primär auf der Grundlage rekurrenter lexikalisch-syntaktischer Kombinationsmuster einer eingehenden Strukturanalyse zu unterziehen versucht, ist, abgesehen von einigen neueren Beiträgen Blumenthals120 oder Siepmanns, bis jetzt noch eher Mangelware.121 Unser Ansinnen, mit der Erforschung von Wortkombinatorik ein zum taxonomisch-deduktiven Ansatz alternatives Erkenntnisinteresse zu verknüpfen, ist jedoch auch der Tatsache geschuldet, dass der Entwurf einer Typologie, wenn sie denn ein überschaubares und mithin operationalisierbares Modell erbringen soll, in einem Maße der Vereinfachung Vorschub leistet, dass man schnell dazu geneigt ist, dort klare Grenzen zu ziehen, wo diese eher fließend sind. Klotz (2000, 88ss.) liefert in dieser Hinsicht anhand einer empirischen Überprüfung der von Hausmann vorgeschlagenen Taxonomie einige stichhaltige Indizien, indem er aufzeigt, dass zwischen Kollokationen und Ko-Kreationen nicht nur ein Gradient besteht, was die Klassifizierung an sich noch nicht in Frage stelle, sondern dieser gleichzeitig Ausmaße besitzt, die ihn zu folgender Feststellung veranlassen: «Wenn [...] wie im vorliegenden Falle, deutlich wird, daß ein beträchtlicher Teil der zu klassifizierenden Elemente sich nicht eindeutig zuordnen läßt, so ergeben sich berechtigte Zweifel an der vorgeschlagenen Klassifikation» (Klotz 2000, 90). Einer solchen Situation könnte man, den Wunsch nach Aufrechterhaltung der Typologie vorausgesetzt, nun natürlich mindestens auf zweierlei Art begegnen:
119
120 121
44
Weitreichende – und ebenso wegweisende – Versuche einer Modellierung von Kollokationen als besonderem Wortverbindungstyp wurden hierbei mit Blick auf das Englische von Bartsch (2004) sowie – mit Blick auf die romanischen Sprachen – von Bischof (2008) für das Französische und von Konecny (2010) für das Italienische unternommen. Cf. hierzu vor allem Blumenthal (2002a), (2006a), (2006b). Anders sieht es freilich im Bereich der anglistischen Sprachwissenschaft aus, sofern die betreffenden Forschungsarbeiten eine gewisse Affinität zur Tradition des britischen Kontextualismus besitzen.
– entweder man passt – dies gewiss als klassischste Variante – die Typologie den empirischen Fakten an, und gelangt, wenn man sich, zumindest wie in Klotz (2000, 88ss.) geschildert, einer Vielzahl von Graubereichen gegenübersieht, zu einer feinkörnigeren Klassifikation, deren Etablierung allerdings schnell zu Lasten der eigentlich angestrebten Übersichtlichkeit und Operationalisierbarkeit gehen (und hierbei schlimmstenfalls auch zum Selbstzweck geraten)122 kann – oder man gelangt schließlich wie Hausmann zu der – so auch von Siepmann (2002) zitierten – Feststellung, alles sei letztlich in irgendeiner Weise Kollokation, was die (von Hausmann weiterhin vertretene) Unterscheidung zwischen Kollokationen und Ko-Kreationen in gehörigem Maße relativiert und gerade ihre ursprüngliche Motivierung – nämlich die idiosynkratischen, spezifischen Wortverbindungen von den banalen, nach allgemeinen Regeln gebildeten Wortverbindungen zu trennen und somit als Ausnahmefall kenntlich zu machen – insofern widersprüchlich erscheinen lässt, als sich plötzlich das eigentlich Banale als Randphänomen, das eigentlich Besondere hingegen als Normalfall entpuppt. Zugespitzt formuliert, stellt sich dann allerdings schon die Frage nach der Ausrichtung eines Ansatzes, der unter dem Stichwort «semantische Mindestbedingungen» für den Bereich der Wortkombinatorik von der Existenz eines Regelsystems mit allgemeinem Erklärungsanspruch ausgeht, gleichzeitig aber fast nur Ausnahmen zu diesem findet (die es ihrerseits dann freilich aufzulisten gilt). Vor diesem Hintergrund skizziert Klotz (2000, 91) zweifellos eine vertretbare Alternative, wenn er angesichts des von ihm festgestellten Gradienten zwischen Kollokation und Ko-Kreation vorschlägt, Wortverbindungen stets nach dem Ausmaß an Restriktivität der jeweils involvierten Kollokationsbereiche (oder auch Kookkurrenzparadigmen, wie wir im Folgenden sagen werden) zu beurteilen. Wichtiger noch ist in diesem Zusammenhang die mit Klotz’ Vorschlag einhergehende Auffassung, dass Wortkombinationen, die vermeintlich allgemeinen Selektionsbeschränkungen zuwiderlaufen, nicht per se als irregulär gelten müssen, wobei sich ihre Regularität nun in erster Linie nach dem Kriterium der semantischen Kohärenz auf der Ebene kookkurrenzparadigmatischer Klassen bestimmt. Eine vorschnelle, über ein pauschales Taxieren kaum hinausreichende Einengung des Blicks auf die rein syntagmatische Substanz einer Wortverbindung, wie sie vor allem von Hausmanns Ansatz123 u.E. befördert wird, lässt sich auf diesem Wege vermeiden. Gleichzeitig 122
123
Diesen Gesichtspunkt scheint durchaus auch Sinclair (1991, 111) mit der von uns bereits in Abschnitt 2.2.1, n. 60 zitierten lakonischen Aufzählung «[i]dioms, proverbs, clichés, technical terms, jargon expressions, phrasal verbs, and the like» im Sinn gehabt zu haben. In einem seiner ersten Beiträge zur Kollokationsforschung hat Hausmann durchaus die Möglichkeit der Berücksichtigung größerer Kookkurrenzparadigmen und mithin einer systemisch motivierten Zusammenschau gesehen (cf. in diesem Zusammenhang seine Bemerkungen zu avoir des doutes und exiger l’obéissance (1979, 193s.)). Gleichwohl geht dieser Aspekt auf dem Wege der Weiterentwicklung seines Ansatzes verloren. Deutlich wird dies beispielsweise an dem von Siepmann (2002, 253) geäußerten Einwand bezüglich der in Hausmann (1993) vorgeschlagenen Einordnung der Verbindung Angst übertönen als KoKreation, da in dem betreffenden Fall durchaus eine kookkurrenzparadigmatische Eingren-
45
bedeutet dies aber auch, sich von dem A priori eines durch einen allgemeingültigen Regelapparat bestimmten Systems bis auf Weiteres zu verabschieden und Wortkombinationen unter vorrangiger Heranziehung der jeweils involvierten Kollokationsbereiche zunächst auf eine lokal, d.h. kookkurrenzparadigmatisch eingrenzbare Systematik hin zu untersuchen. D.h. es geht – ganz im Sinne des in Abschnitt 2.2 dargelegten induktiv-systemischen Kollokationsbegriffs – um die Abkehr von einer Herangehensweise, dergemäß der Inhalt eines Wortes mittels referenzsemantischer Einschätzungen zunächst als absolute paradigmatische Größe angesetzt und erst in einem zweiten Schritt auf einschlägige syntagmatische Fakten bezogen wird, was nicht selten dazu führt, dass die Kombination zweier Wörter a und b anhand der Begründung als idiosynkratisch beurteilt wird: a habe in Verbindung mit b nicht «seine eigentliche Bedeutung».124 Eben eine solche Herangehensweise verfolgen nicht zuletzt auch Mel’þuk/Wanner (1996) bei ihrem Versuch, eine von ihnen für verschiedene deutsche Substantive im Bereich der Gefühlsbezeichnungen als begriffliches Ordnungssystem angesetzte Merkmalsmatrix nachgängig einem Abgleich mit einer auf sog. lexikalischen Funktionen (LF)125 beruhenden Klassifikation der zu den betreffenden Substantiven gehörenden Kollokatoren zu unterziehen, um schließlich ein höchst eingeschränktes Maß an Korrelierbarkeit zu konstatieren: 126
«At leat in the field of German emotion lexemes, useful generalizations over GPs [Governement Patterns]127 and LF values along semantic lines are possible. However, the application of Lexical Inheritance principle128 is strongly limited. Thus, often it is impossible to find correlations between lexical co-occurrence of the keywords and their semantic features. After all, language is notoriously capricious and inconsistent.» (Mel’þuk/Wanner 1996, 241)
Genau in dieser Hinsicht möchten wir für einen Perspektivwechsel plädieren.129 Bevor wir uns aber der in dem zuletzt genannten Punkt bereits anklingenden Frage nach dem Verhältnis von Syntagmatik und Wortbedeutung genauer zuwenden werden, möchten wir unsere bisherigen Überlegungen noch durch eine Fallstudie ergänzen. Konkret geht es uns um die Wortverbindung grièvement blessé, die bereits von Bally, so auch wiedergegeben in Hausmann (1979, 189), als prototypisches
124
125 126 127 128 129
46
zung möglich wäre, die freilich bei einer rein deduktiven Betrachtung schnell aus dem Blick geraten kann. Siehe hierzu nochmals die in Abschnitt 2.1.2 geschilderte Argumentationsweise von Hausmann sowie die in Abschnitt 2.1.3 angführte Definition der sog. semi-phrasèmes gemäß Mel’þuk (1998). Siehe hierzu Abschnitt 2.1.3, p. 10ss. Die abschließende Aussage in der hier zitierten Passage spricht freilich für sich. Über die sog. Governement Patterns werden im Rahmen der TST die syntaktischen Realisierungen der semantischen Aktanten eines Lexems angegeben. Siehe hierzu bereits Abschnitt 2.1.3, p. 12. Abgesehen von unserem Plädoyer für eine Umkehrung der Betrachtungsperspektive bei der Beurteilung des Verhältnisses von kombinatorischem Verhalten und Bedeutung, stellt das mit den lexikalischen Funktionen zusammenhängende semantische Beschreibungsraster der TST für unsere späteren Analysen eine wichtige Inspirationsquelle dar.
Beispiel für eine Kombination mit idiosynkratischem Charakter angeführt wurde (cf. Abschnitt 2.1.1, p. 4).130 Die entsprechende Einschätzung stützt sich hierbei im wesentlichen auf das Argument, dass sich grièvement zwar mit blessé, nicht aber wie das zu ihm bedeutungsgleiche Adverb gravement mit dem zu blessé wiederum bedeutungsähnlichen Adjektiv malade verbinden könne. Insofern ließe sich also die fragliche Wortkombination als Sonderfall ad Acta legen und – je nach bevorzugter Typologie – ohne weiteres der Liste der mit blessé gebildeten «groupements usuels», «Kollokationen», «semi-phrasèmes» oder auch «collocations transparentes»131 hinzufügen. Allerdings gibt es gerade bezüglich des kombinatorischen Verhaltens von grièvement einiges mehr zu sagen, als es in diesem Zusammenhang zunächst scheint. Um sich dies zu vergegenwärtigen, genügt bereits ein kurzer Blick auf jene Adjektive und Verben, die im Rahmen des für diese Arbeit herangezogenen französischen Referenzkorpus als statistisch signifikante Kookkurrenzpartner von grièvement auftreten132 und hierbei von diesem modifiziert werden. Die entsprechende Liste133 umfasst im Einzelnen die folgenden Ausdrücke: blesser (VER), blessé (ADJ), brûler, atteindre, toucher, mordre, accidenter Anhand der vorliegenden Zusammenstellung lässt sich nun unschwer erkennen, dass blessé lediglich eine von mehreren Ausdrucksoptionen innerhalb eines semantisch klar umrissenen Kookkurrenzparadigmas darstellt. Dieses ist durch Verben und Adjektive konstituiert, die sich auf verschiedene Formen der Beeinträchtigung körperlicher Integrität beziehen, diesen Sachverhalt aber vor allem als eine von außen bewirkte Veränderung bzw. als das Ergebnis einer solchen ausweisen. Hierin unterscheiden sie sich jedoch auch eindeutig von dem rein zustandsbezogenen malade, das seinerseits weder nach introspektivem Befund (siehe beispielsweise die bereits erwähnte Feststellung von Bally) noch nach Ausweis unseres französischen Referenzkorpus134 als Kombinationspartner von grièvement in Frage zu kommen scheint. Dies lässt, entgegen der Annahme eines vollständig idiosynkratischen Kombinationsverhaltens von grièvement, vor allem den folgenden Schluss zu: Daß grièvement sich bevorzugt mit blessé verbindet, malade hingegen als Kombinationspartner meidet, hat mit semantisch bedingten Kombinationspräferenzen zu tun, die sich in dem geschilderten Kontrast zwischen Zustands- und Veränderungsbezogen130 131 132 133
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Das fragliche Fallbeispiel wird auch in Grossmann/Tutin (2003, 8) thematisiert. Cf. die bereits in Abschnitt 2.1.3, n. 31 erwähnte Klassifikation von Grossmann/Tutin (2003, 8). Nähere Angaben über das verwendete Referenzkorpus sowie das von uns eingesetze Verfahren zur Bestimmung der Signifikanz einer Wortverbindung sind in Kapitel 3 zu finden. Aus Gründen der Darstellungsökonomie begnügen wir uns an dieser Stelle mit einer einfachen Aufzählung der betreffenden Kookkurrenzpartner von grièvement. Das vollständige Lexikogramm mit den jeweils ermittelten Kohäsionswerten und sonstigen Angaben wird durch die im Anhang angeführte Tabelle A wiedergegeben. Der generelle Aufbau der im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Lexikogramme wird seinerseits in Abschnitt 3.2.1 näher erläutert. Für die Verbindung von grièvement und malade konnte auf der Basis des betreffenden Korpus kein Beleg ermittelt werden.
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heit, wie er bei malade im Verhältnis zu blessé und allen anderen Ausdrucksoptionen des zu grièvement gehörenden Kookkurrenzparadigmas zu Tage tritt, kristallisieren. An dieser Stelle bietet sich eine vergleichende Betrachtung zum kombinatorischen Verhalten des gemeinhin als Synonym von grièvement geltenden Adverbs gravement an. Legt man die von uns ermittelten Kookkurrenzdaten135 zugrunde, so fällt auf, dass zu den signifikanten Kombinationspartnern von gravement nicht nur das Adjektiv malade, sondern – in Übereinstimmung mit grièvement – auch Ausdrücke wie blesser, atteindre oder brûler gehören, wodurch vor allem zweierlei ersichtlich wird: – Zum einen begründen die betreffenden Adverbien dank der weitgehenden Übereinstimmung eines bestimmten Kollokationsbereichs eine gemeinsame kookkurrenzparadigmatische Konfiguration, zu deren Exponenten nicht zuletzt auch die Kombination grièvement blessé gezählt werden kann, was anhand der folgenden Abbildung deutlich wird:
Abbildung 2.2: schematische Darstellung der kookkurrenzparadigmatischen Konfiguration [{gravement; grièvement} + {accidenter; atteindre; blesser (VER); blessé (ADJ); brûler; toucher}] (mit Angabe des syntaktischen Relationsmusters) – [ ADV: Adverb; ADJ: Adjektiv; VER: Verb; MOD: Modifikationsbeziehung ]
– Gleichzeitig integriert die semantische Kombinationsspezifik von gravement jedoch im Unterschied zu jener von grièvement ebenso das oben erwähnte Kontrastverhältnis zwischen zustands- und verursachungsbezogenen Ausdrucksoptionen wie malade und blesser. Alles in allem betrachtet, belegt diese – zugegebenermaßen immer noch recht grobe – Analyseskizze bereits in hinreichendem Maße, dass das kombinatorische Verhalten von grièvement durch eine semantisch, und eben nicht nur hinsichtlich der 135
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Siehe hierzu das im Anhang unter Tabelle B angeführte Lexikogramm.
lexikalischen Substanz abgrenzbare Spezifik bedingt ist, dergemäß auch eine Verbindung wie grièvement blessé in nachvollziehbarer Weise erfasst und mithin in einen größeren Zusammenhang gestellt werden kann. Es gilt hierbei zu beachten, dass die im Einklang mit dem von uns favorisierten Analyseansatz getroffenen Feststellungen zur Kombinationsspezifik eines Wortes stets als Tendenzaussagen zu dessen kombinatorischem Verhalten und nicht etwa als exakte Konformitätsurteile aufzufassen sind, durch die die Möglichkeit des Auftretens einer bestimmten Wortverbindung von vorneherein ausgeschlossen werden soll. Dass die meist apodiktisch formulierten Einschätzungen zur Konformität (oder auch «Korrektheit») einer Kombination mitunter zu kurz greifen können, soll abschließend anhand eines kurzen Experiments gezeigt werden. So wird gemeinhin die Verbindung von grièvement mit dem Adjektiv malade, wie bereits weiter oben erwähnt, als generell abweichend beurteilt, was sich der Tendenz nach auch durch die von uns ermittelten Kookkurrenzdaten bestätigen lässt. Geht man allerdings über die Grenzen eines wohl definierten Korpus hinaus und unternimmt beispielsweise eine Recherche unter Verwendung des internetbasierten Konkordanzprogramms WebCorp (cf. < http://www.webcorp.org.uk/wcadvanced.html >, Konsultationsdatum: 05.10.2007), 136 so lassen sich durchaus mehrere Belege für die Wortsequenz grièvement malade finden. Gewiss kann man, salopp gesagt, im Internet irgendwie alles ausfindig machen, aber dennoch wäre es verfrüht, das Auftreten der fraglichen Kombination als schlichte Kuriosität oder gar als Ergebnis einer Fehlleistung abzutun. Betrachtet man nämlich die im weiteren Umfeld vorhandenen Kookkurrenzpartner, so fällt auf, daß malade in der Hälfte aller 20 Belegfälle gleichzeitig zusammen mit tomber als 136
Ausgehend von dem unter der angegebenen Adresse vorzufindenden Abfragformular, haben wir eine Recherche anhand der folgenden Parameter durchgeführt:
– – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Search term: grièvement malade* Search Engine: google Case Options: Case Insensitive Output Format: HTML Web Addresses (URLs): Show for concordance lines Concordance Span: 5 (word(s) to left and right) Full sentences ? : Number of Concordance Lines: Unlimited Site Domain: .fr (Anm.: Beschränkung auf Internetseiten, die mit der Kennung für Frankreich (fr) ausgwiesen sind) Newspaper Domains: None selected Textual Domain (Select Open Directory category): All Word Filter: Pages Last Modified: All Collocation - External Collocates: Collocation - Internal Collocates (for phrase internal search): Collocation - Exclude Stopwords: One concordance line per web site: Exclude link text: Exclude wildcard match to e-mail address:
Nähere Erläuterungen zu dem betreffenden Abfrageformular sind unter der Adresse < http://www.webcorp.org.uk/guide > (Konsultationsdatum: 05.10.2007) zu finden.
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inchoativem Kopulaverb auftritt, was sich u.a. anhand der beiden folgenden Beispiele dokumentieren läßt: (2-1) Mais un jour, le petit frère de Rose tomba grièvement malade. Alors Rose décida de voir si dans la bibliothèque, elle ne trouverait pas une solution. Elle chercha et ses yeux tombèrent sur un livre intitulé: HISTOIRE DE LA LICORNE GUERISSEUSE. En lisant, elle apprit que la licorne habitait près d’un lac vert. Elle décida de s’y rendre. (WebCorp/Google: < http://www.ac-versailles.fr/etabliss/Toussaint/labct2/cendrillon/conte1.htm >, Konsultationsdatum: 05.10.2007) (2-2) Pour réaliser ses bijoux, principalement d’inspiration «Rennaissance» il n’utilise que des matières de très haute qualité. [...] Larry, son fils et succésseur tombe grièvement malade en 1981, la fabrication de bijoux est arrêtée. [...] Aujourd’hui les puristes et les collectionneurs sont toujours à la recherche d’un bijou FLORENZA... (WebCorp/Google: < http://cgi.ebay.fr/MAGNIFIQUES-B.O-BARROQUES-Sign%C3%A9es-%22FLORENZA %22_W0QQitemZ110170738477QQcmdZViewItem >, Konsultationsdatum: 05.10.2007)
Die Verbindung von grièvement und malade innerhalb der fraglichen inchoativen Kopulakonstruktion entspricht ihrerseits aber ohne Weiteres den oben dargelegten semantischen Kombinationspräferenzen dieses Adverbs, da in dem betreffenden Rahmen gleichfalls auf eine Zustandsveränderung Bezug genommen wird. Bei dem in dieser Arbeit vertretenen Ansatz geht es nun nicht nur um eine stärker empirisch ausgerichtete Erfassung des kombinatorischen Verhaltens von Wörtern, sondern wir folgen hiermit auch der von kontextualistischer Seite eingebrachten Auffassung, dass die rekurrenten syntagmatischen Gebrauchsmuster eines Wortes einen konstitutiven Bestandteil von dessen sprachimmanenter Bedeutung darstellen (siehe hierzu bereits unsere ausführliche Schilderung in Abschnitt 2.2.1, insbesondere p. 14ss.). Die Bedeutung eines Wortes leitet sich dieser Auffassung gemäß nicht als referenzsemantisch oder logisch autonome Größe aus einem außersprachlichen begrifflichen Ordnungssystem ab, sondern wird ihrem Wesen nach durch ein Zusammenspiel syntagmatischer und paradigmatischer Relationen begründet, die den funktionalen Status des betreffenden Wortes bedingen. Das, was ein Wort als sprachsystematisch erfassbare Größe ausmacht, ist seine jeweilige Stellung als Ausdrucksoption in unmittelbarem Kontrast zu anderen Wörtern im Rahmen eines übereinstimmenden syntagmatischen Umfelds. Freilich wird ein in diesem Sinne formaler Bedeutungsbegriff, zumal in der Praxis der Bedeutungsbeschreibung, selten ohne Rekurs auf referenzsemantische Bestimmungen auskommen,137 diese unterliegen jedoch einer vorgängigen Eingrenzung auf der Grundlage kookkurrenzparadigmatisch wirksamer Verteilungsmuster. 137
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Bei strikter Auslegung der mit einer asemantischen Bedeutungsauffassung verknüpften Prämissen stellt der Rückgriff auf Erkenntnisse, die durch Intuition gewonnen werden, zweifellos ein erhebliches Problem dar. Cf. zu diesem kritischen Punkt aus kontextualistischer Perspektive Klotz (2000, 69ss.) sowie Hoey (2005, 29ss.). Sofern wir bei unseren Profilstudien in den Kapiteln 4 und 5 hinsichtlich bestimmter Konstellationen auf Analyseansätze anderer Autoren zurückgreifen, die ihrerseits ein begriffliches Ordnungssystem voraussetzen, so geschieht dies, weil sie uns in dem fraglichen Einzelfall geeignet erscheinen, die vorgefundene Distribution in plausibler Weise nachträglich erfassbar zu machen.
Die semantische Charakterisierung des funktionalen Status eines Wortes erweist sich somit in erster Linie als rekonstruktive Erfassung inhaltlicher Ähnlichkeiten oder Differenzen, die sich aus der durch rekurrente Gebrauchsmuster etablierten Distribution des betreffenden Wortes ergeben. Möchte man dem funktionalen Status ein stärker inhaltsbezogenes Korrelat zur Seite stellen, so bietet sich hierfür der von Blumenthal (2006a) ins Feld geführte Begriff der «Leistung» an. Unter der Leistung eines Wortes ist hierbei Folgendes zu verstehen: «Wörter stellen das, worauf sie referieren, in einer ganz bestimmten Weise dar, sie bieten eine durch ihren Inhalt und ihre übliche Kombinatorik bedingte Sichtweise von Wirklichkeit. Die Leistung entspricht dem, was wir «Konzeptualisierung» nennen [...]. Konzeptualisierungen sind gleichsam Dienstleistungsangebote der Sprache an den Sprachbenutzer. Ihre Leistungen bestehen u.a. darin, dass sie (a) (b)
eine diffuse und komplexe Wirklichkeit nach bestimmten Kriterien ordnen, [...] komplizierte Zusammenhänge in ökonomischer Weise «auf einen Begriff» zu bringen vermögen.» (Blumenthal 2006a, 17)
Vor diesem Hintergrund wird der vielleicht paradox anmutende und u.a. in Bergenholtz (1980), Blumenthal (2006b),139 Heringer (1999) und Hoey (2005)140 dokumentierte Umstand, dass Wörter, die nach referenzsemantisch-propositionalen Kriterien inhaltsseitig (mehr oder weniger) übereinstimmen, d.h. im Sinne der strukturellen Semantik (quasi-)synonym sind, nach Maßgabe der für sie einschlägigen Distribution(smuster) und somit ihres funktionalen Status bisweilen allerdings deutlich voneinander abweichen können, unter semantischen Gesichtspunkten erfassbar: Wörter, die wie beispielsweise surprise und étonnement (cf. Blumenthal 2006b), peur und crainte (cf. Blumenthal 2002a), Angst und Furcht (cf. Blumenthal ebd.; Bergenholtz 1980; Heringer 1999) oder consequence und result (cf. Hoey 2005) eine funktional unterschiedliche Bedeutung aufweisen, indem sie innerhalb vieler durch ein bestimmtes syntagmatisches Umfeld gebundener Paradigmen keine kommutierbaren Ausdrucksoptionen darstellen, leisten eine jeweils unterschiedliche Konzeptualisierung. Oder verkürzt gesagt: Funktionale Differenzen (in dem besprochenen Sinn) sind, semantisch gesehen, Konzeptualisierungsdifferenzen, wobei wir – teilweise in Übereinstimmung mit Blumenthal (2006b), teilweise aber auch über diesen hinausgehend – unter Konzeptualisierung die Bündelung verschiedener auf die sprachliche Darstellung ausgerichteter Denkschemata verstehen, die die Bezugnahme auf (a) Sachverhalte und Sachverhaltszusammenhänge, (b) auf das Verhältnis des Sprechers zu
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Ein stärker an methodischen Fragen ausgerichteter Vorläufer dieses Beitrags, in dem bereits erste Hinweise auf das divergente Kombinationsverhalten von (Quasi-)Synonymen zu finden sind, stellt Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) dar. Siehe hierzu bereits die in Abschnitt 2.2.3, p. 38 unter (8) aufgeführte Lexical Priming-Hypothese von Hoey sowie deren Schilderung auf Seite 38s.
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anderen Kommunikationsteilnehmern sowie (c) auf textorganisatorische Aspekte betreffen können.141 Folgt man unserer Argumentation zur Wortkombinatorik bis zu dieser Stelle und bezieht die oben zitierte Auffassung Blumenthals zum essentiellen Verhältnis von Kombinatorik und Konzeptualisierung mit ein, so ließe sich nun die Erwartung formulieren, dass sich durch die Analyse der über rekurrente Gebrauchsmuster etablierten Kombinationspräferenzen eines Wortes ein wesentlicher Teil der von ihm geleisteten Konzeptualisierung erschließen lässt. In dieser Hinsicht wegweisend – und dies gilt auch für die vorliegende Arbeit – ist der von Blumenthal (2002a) eingeführte Begriff des kombinatorischen Profils (profil combinatoire), das in einer ursprünglichen, noch recht programmatisch gehaltenen Fassung definiert wird als «structure schématique du voisinage syntaxique et sémantique d’un mot telle qu’elle se manifeste dans un vaste corpus» (Blumenthal 2002a, 116). Ausgehend hiervon seien im Folgenden einige Termini vorgestellt, die jeweils im Hinblick auf die in Kapitel 4 und 5 durchgeführten Profilstudien vornehmlich als deskriptiv-analytische Größe eine Rolle spielen. Wie unsere bisherige Standortbestimmung in diesem Abschnitt und des Weiteren auch die methodischen Implikationen der soeben angegebenen Definition des kombinatorischen Profils nahe legen, orientieren wir uns hierbei in erster Linie an begrifflichen Festlegungen aus dem kontextualistischen Forschungsparadigma, wie sie von J. Sinclair (siehe Abschnitt 2.2.1, p. 16ss.) oder aber in dessen Gefolge vorgenommen wurden. Was den analytischen Status der Elemente einer Wortverbindung betrifft, so soll zunächst folgende Unterscheidung getroffen werden: Jenes Wort, dessen kombinatorisches Profil Gegenstand der Betrachtung ist, werden wir als Bezugswort (cf. Kollokationsknoten (node) nach Sinclair 1966; siehe Abschnitt 2.2.1, p. 16) und seine jeweiligen Kookkurrenzpartner als Kollokatoren (oder auch Begleiter) bezeichnen.142 Die nach Maßgabe des zu Grunde gelegten statistischen Modells (cf. Kapitel 3) signifikanten Kollokatoren sollen ihrerseits auch spezifische Begleiter genannt werden. Ferner wird in Bezug auf eine nach inhaltlichen (konzeptuellen) Kriterien konsis141
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Die hier vorgeschlagene dreifache Differenzierung orientiert sich an dem von Halliday (1978) eingeführten Konzept der sprachlichen Metafunktionen (metafunctions), die er in ideational (experiential-logical) (cf. (a)), interpersonal (b) und textual (c) unterteilt (siehe hierzu Halliday 1985, 158) sowie ausführlich Matthiessen 1995). Den Ausdruck ‘Bezugswort’ haben wir dem auf Sinclair zurückgehenden Terminus ‘Kollokationsknoten’ (collocational node) vorgezogen, weil er aus Sicht der deutschen Standardsprache stilistisch neutraler wirkt und zudem unter morphologischen Aspekten im etwaigen Falle der Bildung von Komposita wie ‘Bezugssubstantiv’, ‘Bezugsverb’ etc. einfacher zu «handhaben» ist. Gleichzeitig soll er die noch in Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) anzutreffende Bezeichnung ‘Basiswort’ ersetzen, um so eine Verwechslung mit der von Hausmann geprägten Terminologie zu vermeiden. Letzteres wurde allerdings im Falle des von uns als Variante zu ‘Begleiter’ angesetzten Terminus ‘Kollokator’ in Kauf genommen, wobei wir uns zum einen unmittelbar auf Sinclair berufen möchten und zum anderen praktische Erwägungen hinsichtlich der erleichterten Kompositabildung eine Rolle spielen.
tente Klasse von Kollokatoren (cf. Kollokationsbereich (range) nach Sinclair 1966; siehe Abschnitt 2.2.1, p. 16) – der im vorliegenden Abschnitt bereits eingeführten Sprachregelung entsprechend (cf. p. 45) – von Kookkurrenzparadigma oder alternativ von Kollokatorreihe die Rede sein. Die von einer bestimmten Kollokatorreihe in Verbindung mit einem oder gleichzeitig auch mehreren Bezugswörtern begründete komplexe Einheit wird hierbei als kookkurrenzparadigmatische Konfiguration bezeichnet. Soll über die Betrachtung der lexikalischen Kombinatorik hinaus die Ebene jeweils zugrundeliegender syntaktischer Relationen als zusätzliches Eingrenzungskriterium stärker berücksichtigt werden, so wird von lexikalisch-syntaktischen Mustern die Rede sein. Hiermit nähern wir uns zweifellos dem Pattern-Begriff von Hunston/Francis (2000) an (siehe hierzu Abschnitt 2.2.2, p. 22), dessen Definition im Übrigen deutliche Parallelen zu der von Blumenthal eingebrachten Kennzeichnung des kombinatorischen Profils (cf. supra p. 52) aufweist. Freilich liegt bei Hunston/Francis eine etwas anders gelagerte Zielsetzung vor, denn es geht ihnen um den Entwurf eines grammatischen Modells anhand einer generellen Inventarisierung von Patterns, die ihrerseits vorrangig aus der Perspektive abstrakter syntaktischer Strukturschemata mit jeweils dazugehörigen Lexemreihen betrachtet werden. Uns geht es hingegen143 – in ähnlicher Weise wie im Übrigen Hoey (2005) – eher um eine feinkörnige Analyse der Gebrauchsmuster einzelner Lexeme sowie um deren Kontrastierung. Wir machen uns somit das in Heringer (1999) hinsichtlich der Grundlegung einer distributiven Semantik explizierte und ebenso von Blumenthal (2002a; 2006a; 2006b) verfolgte Anliegen zu eigen, insbesondere für eine vergleichende Betrachtung der Kombinationsspezifik von Wörtern adäquate Deutungs- und Darstellungsformate im Rahmen einer korpuslinguistisch fundierten Lexikologie bereitzustellen. Hierzu möchte die vorliegende Arbeit durch die Entwicklung entsprechender Analysestrategien einen angemessenen Beitrag leisten. Die vergleichende Betrachtung von Kombinationspräferenzen kann, wie bereits in Schmid (2000, 54) durch die Ansetzung der Kenngrößen «attraction» und «reliance» angedeutet, von zwei Standpunkten aus vorgenommen werden, die sich gegenseitig zwar nicht ausschließen, gleichzeitig aber mit unterschiedlichen Akzentsetzungen verbunden sind: (1) Im Falle des paradigmatischen Profilvergleichs geht es zunächst um die Bestimmung der «semantischen Identität» einzelner Lexeme auf dem Wege einer externen Abgrenzung ihrer jeweiligen Kombinationsspezifik (cf. hierzu Blumenthal/Diwersy/Mielebacher 2005, 52). Einschlägige Untersuchungen wie Heringer (1999, 102ss.), Blumenthal (2006b) oder Hoey (2005, 64ss.)144 zeichnen sich in diesem Zusammenhang, theoretisch gesehen, durch die Vornahme eines Perspektivwechsels zwischen einer referenzsemantischen und einer formalen Bedeutungsauffassung (siehe hierzu weiter oben) aus, wobei die letztgenannte den Zielpunkt der Betrachtung markiert, d.h. die betreffenden Studien sind dahingehend angelegt, dass sie Wortfelder oder einzelne durch semantische 143 144
Gewiss wird auch der von Hunston/Francis entwickelte Analyseansatz im Rahmen dieser Arbeit teilweise Berücksichtigung finden (cf. infra p. 55). Siehe hierzu bereits die Ausführungen in Abschnitt 2.2.3, p. 38ss.
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Relationen wie Synonymie, Antonymie oder (Ko-)Hyponymie gekennzeichnete Wortpaare im Hinblick auf den (seinerseits distributionell bedingten) funktionalen Status der beteiligten Lexeme analysieren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird, was die Zusammenstellung der Fallbeispiele anbelangt, auf rein referenzsemantisch motivierte Vorgaben etwa in Form von Synonymenpaaren verzichtet, gleichwohl aber bei der endgültigen Festlegung des von uns exemplarisch zu untersuchenden Lexemparadigmas eine gemischte Strategie verfolgt (siehe hierzu Abschnitt 4.1). Auf dieser Grundlage werden wir für eine Reihe von Vergleichspaaren, bei denen im Übrigen ein Lexempartner konstant gehalten wird, eine kontrastive Analyse der jeweils betreffenden kombinatorischen Profile vornehmen und vor allem die hierbei auftretenden funktionalen, d.h. kookkurrenzparadigmatischen Divergenzen zur Bestimmung (eines Teils) der Konzeptualisierungsleistung145 der fraglichen Bezugslexeme und in diesem Sinne auch ihrer semantischen Identität heranziehen. Hierbei genügt es u.E. nicht, sich auf die bloße Feststellung des Vorhandenseins oder Fehlens dieser oder jener Kollokatorreihe zu beschränken. Vielmehr kommt es darauf an, die in den Grenzen einer bestimmten Vergleichskonstellation zu Tage tretenden kombinatorischen Übereinstimmungen und Abweichungen im Lichte der gleichzeitig zwischen den einzelnen Kollokatorreihen innerhalb der jeweiligen Profile bestehenden Relationen zu beurteilen und somit profilinterne und -externe Kontraste unmittelbar aufeinander zu beziehen.146 Im Zuge dieser zweifachen Abgrenzung wird dann einerseits die für eine bestimmte Kollokatorreihe vorliegende konzeptuelle Ausrichtung, andererseits aber auch die mögliche klassenübergreifende Rekurrenz einzelner Konzeptsegmente Gegenstand des Interesses sein. Die eingrenzende Betrachtung von im kookkurrenzparadigmatischen Kontext relevanten Konzeptsegmenten und ihren Relationen soll letztlich Aufschluss über die den untersuchten kombinatorischen Profilen jeweils zu Grunde liegende kategoriellschematische Prägung bieten, die u.E. gewissermaßen das Gerüst der von den betreffenden Bezugslexemen erbrachten Konzeptualisierungsleistung darstellt. Die bis hierhin skizzierte Analysestrategie erfordert nicht zuletzt von Seiten des Lesers einen gewissen Vorschuss an Geduld, da sich das kontrastierende Herausarbeiten der kategoriell-schematischen Prägung der einzelnen kombinatorischen Profile zunächst auf eine Vielzahl kleinteiliger Beobachtungen stützen wird. Diesen aus verschiedenen Paarvergleichen bestehenden Zwischenetappen soll freilich am Ende eine Synthese folgen,147 die eine Extrapolation der eruierten 145
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Zum Zusammenhang zwischen dem funktionalem Status eines Wortes und der von ihm geleisteten Konzeptualisierung siehe nochmals unsere Ausführungen auf Seite 51s. weiter oben. So lässt sich auch die funktionale Differenz im weiter oben diskutierten Falle der Adverbien grièvement und gravement nur dann ihrem eigentlichen Wesen nach erfassen, wenn man in Rechnung stellt, dass das kombinatorische Profil von gravement von einer internen Kontrastkonstellation zwischen zustands- und verursachungsbezogenen Ausdrücken geprägt ist, wohingegen die Kombinationspräferenzen von grièvement ausschließlich verursachungsbezogenen Ausdrücken gelten (siehe hierzu unsere Ausführungen auf Seite 46s.). Didaktisch gesehen erschiene es zweifellos wünschenswerter, den im Verlauf unserer Profilkontrastierungen entwickelten Kategorienapparat vorab im Rahmen einer einleitenden
Verteilungsmuster auf die Gesamtheit des herangezogenen Paradigmas von Bezugslexemen wagt und hierbei in Form mehrerer kleiner systemischer Netzwerke die von den einschlägigen Kollokatoren repräsentierten semantischen Dimensionen zu erfassen sucht, welche die mit den in Frage stehenden Bezugslexemen verbundenen Konzeptualisierungen in ihrem Verhältnis zueinander bestimmen (und somit den Konzeptualisierungs(spiel)raum des gesamten Paradigmas strukturieren). (2) Eine etwas andere Stoßrichtung als im Falle des unter (1) beschriebenen paradigmatischen Vergleichs ergibt sich bei der jeweils auf ein einzelnes kombinatorisches Profil gerichteten Betrachtung des internen Gewichts bestimmter Kollokatoren oder Kollokatorreihen.148 Eine der in diesem Zusammenhang gegebenen Analysemöglichkeiten besteht zum Beispiel in der Bestimmung des funktionalen Status besonders dominanter Kollokatoren oder Kollokatorreihen sowie der mit ihnen verbundenen Konzeptualisierungsaspekte innerhalb des Gesamtprofils. Konzentriert man sich hierbei auf einen ganz bestimmten Kollokator, so bietet sich eine weitergehende Betrachtung der Kontexteinbettung im Sinne der von Sinclair im Hinblick auf Mehrwortsequenzen vorgeschlagenen Schematisierung (cf. Abschnitt 2.2.1, p. 19s.) mit dem betreffenden lexikalischen Kombinationsmuster als sog. lexical core an. Hebt man andererseits auf die Verhältnisse innerhalb einer bestimmten Kollokatorreihe ab und bezieht hierbei auch syntaktische Beziehungen mit ein, so lassen sich die entsprechenden lexikalisch-syntaktischen Muster – durchaus in Annäherung an die von Hunston/Francis eher beiläufig behandelte Lexem-Pattern-Perspektive (siehe hierzu Abschnitt 2.2.2, p. 27s.) – als Ausgangspunkt für die Eruierung einer lokalen Grammatik in Bezug auf den betreffenden Profilausschnitt heranziehen. Wir haben uns in dem vorliegenden Beitrag für die letztgenannte Analyseoption entschieden und verbinden diese darüber hinaus mit einer sprachvergleichenden Untersuchung. Die sich hier abzeichnende Vielfalt der Betrachtungsmöglichkeiten lässt, um der Klarheit der Darstellung willen, einige Einschränkungen im Hinblick auf die in Kapitel 4 und 5 vorzustellenden Pilotstudien unabdingbar erscheinen. Hatte Hoey (2005) in durchaus überzeugender Manier die Nützlichkeit der Einbeziehung verschiedener Phänomenbereiche und Beschreibungsebenen aufgezeigt (siehe hierzu unsere Ausführungen in Abschnitt 2.2.3, p. 32ss.), so bleiben wir gegenüber dem von ihm entworfenen Gesamtmodell doch in einigen Punkten zurück, da wir uns im Wesentlichen auf den Bereich der sachverhaltsbezogenen (ideationellen) Konzeptualisierungen,149 d.h. der semantischen Assoziationen im Sinne von Hoey (cf. Abschnitt 2.2.3, p. 33ss.), beschränken und unsere Analysen gelegentlich um
148 149
Synopse darzulegen. Allerdings widerspricht eine solche Vorgehensweise der von uns gewählten und für diese Arbeit als wesentlich erachteten induktiven Ausrichtung der Analysestrategie. Cf. hierzu u.a. die in Blumenthal (2006a, 283ss.) zu findenden Pilotstudien zur profilbezogenen Stereotypie. Siehe hierzu nochmals auf Seite 51 die von uns in Anlehnung an Halliday vorgenommene Unterscheidung von sachverhaltsbezogenen, interaktionsbezogenen (interpersonellen) und textbezogenen (textuellen) Konzeptualisierungen.
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Betrachtungen zu kolligationellen Aspekten (cf. Abschnitt 2.2.3, p. 35s.) ergänzen werden, die Ebene der transphrastischen, d.h. vor allem textweit wirksamen, Gebrauchsmuster (cf. Abschnitt 2.2.3, p. 36ss.) hingegen kaum Berücksichtigung finden wird. Ebenso wird, was in Punkt (2) weiter oben bereits angedeutet wurde, eine eingehende Untersuchung der Kontexteinbettung einzelner Wortsequenzen, wie sie von Hoey (2005) unter dem Stichwort «collocational nesting», vor allem aber auch von Sinclair eingefordert wird, ein in der vorliegenden Arbeit nicht eingelöstes Desiderat bleiben. Dies betrifft aufgrund des von uns gewählten methodischen Rahmens (siehe hierzu Kapitel 3) schließlich auch die Einbeziehung von Kombinationsmustern, die über binäre Wortverbindungen hinausgehen.150 Bevor wir uns im Anschluss an unsere theoretischen Vorüberlegungen im nun folgenden Kapitel den methodischen Grundlagen der in Abschnitt 4 und 5 zu findenden Profilstudien zuwenden werden, möchten wir bereits an dieser Stelle auf die zweifellos heikle Frage nach der Generalisierbarkeit der von uns später präsentierten Detailergebnisse eingehen. Uns wie auch dem kritischen Leser ist bewusst, dass die im Rahmen unserer konkreten Untersuchungen getroffenen Aussagen aufs Engste an die in den herangezogenen Korpora vorzufindende Datenlage gebunden sind. Weitreichende Verallgemeinerungen sind letztlich nur auf dem Wege korpusvergleichender Studien zu erwarten, was seinerseits nach unserem Dafürhalten ein auch stärker experimentell ausgerichtetes Vorgehen151 voraussetzt, welches wir allerdings notgedrungen anderen Beiträgen überlassen werden, da es uns mit der vorliegenden Arbeit in allererster Linie um die Entwicklung von Strategien und Formaten zur Analyse und Darstellung von kombinatorischen Profilen geht, die dann freilich auch im Zuge eines Korpusvergleichs zur Anwendung kommen können. Diese Zielstellung und ein großes Maß an Behutsamkeit und kritischem Bewusstsein vorausgesetzt, erscheinen die von uns vorgenommenen datenseitigen Einschränkungen vertretbar. Den Apologeten einer primär deduktiv ausgerichteten Sprachforschung wird freilich nur auf der Ebene einer Grundsatzdiskussion zu begegnen sein, die wir an diesem Punkt angesichts des für unseren Beitrag abgesteckten Rahmens für wenig zielführend halten. Bemerkenswerter (und möglicherweise auch provokanter) sind in diesem Zusammenhang dann schon eher die (Selbst)Zweifel ausgewiesener Korpuslinguisten wie etwa Hoey, der die Erwartung, der auf der Basis einer – wie auch immer gearteten – Textsammlung eruierte Querschnitt an Gebrauchsmustern habe seine genaue Entsprechung im sprachlichen Wissen jedes einzelnen Mitglieds einer betreffenden Sprachgemeinschaft, als illusorisch erachtet, da eben dieses Wissen schlechthin nicht eruierbar ist: «A corpus, whether general – like the British National Corpus or the Bank of English – or 150
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Zu dieser und den anderen von uns nicht weiter berücksichtigten Analysemöglichkeiten etwa auch im Hinblick auf transphrastisch verankerte «Distanzkollokationen» siehe im Übrigen die höchst bedenkenswerten Vorschläge in Siepmann (2002, 258ss.). Eine stärkere experimentelle Ausrichtung liegt u.a. in Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) vor. In diesem Zusammenhang sei ebenso auf die am Romanischen Seminar der Universität zu Köln entstandenen Staatsexamensarbeiten von R. Dudziak und S. Nottebaum sowie auf die laufenden Dissertationsprojekte derselben Autorinnen hingewiesen.
specialised – such as the Guardian corpus used in this work – represents no one’s experience of the language. Not even the editor of the Guardian reads all the Guardian, I suppose, and certainly only God (and corpus linguists) could eavesdrop on all the many different conversations included in the British National Corpus. On the other hand, the ‘personal’ corpus that provides a language user with their lexical primings is by definition irretrievable, unstudiable and unique. We have therefore a problem: we have a posited feature of language acquisition and use, one of whose characteristics is that it is differently actualised for every language user.» (2005, 14)
Man mag dies im extremsten Fall als glatte Kapitulationserklärung auffassen, aber möglicherweise zielt die Frage nach der realen Erscheinungsform sprachlichen Wissens und ihrer exakten Bestimmung (bzw. Lokalisierung) genauso wie die Auffassung von seinem monolithischen Charakter in eine falsche Richtung (und führt letztlich an einen Punkt, an dem – um es mit Hoey zu sagen – nur noch göttliche Weisheit zu helfen vermag). Dass dem so sein könnte, legt der folgende Gedanke in Heringer (1999, 22) nahe: «[...] beide Seiten [Ausdrucks- und Inhaltsseite gemäß Saussure] wie das ganze Zeichen sind Schematisierungen. Der Ausdruck ist nicht das physikalische Lautereignis, der Inhalt ist nicht das je Gemeinte [...]. Die Schemata sind konventionell, sie haben ihr individuelles Pendant, insofern sie im sprachlichen Wissen einzelner Individuen sind. Das semantische Wissen eines Individuums besteht also in der Kenntnis der jeweiligen Konvention – oder besser in Hypothesen über die Konvention. Oder noch besser: Die Konventionen sind solche Hypothesen.» [Einfügung von S.D.]
Was wir also in unserem konkreten Fall auf der Grundlage eines aus mehreren aufeinander folgenden Jahrgängen verschiedener überregionaler Tageszeitungen zusammengestellten pressesprachlichen Korpus an Tendenzen erfassen, entspricht zuallererst jenen Regularitäten, die (gewissermaßen als virtuelle Einflussgröße) den Erwartungshorizont der Autoren und (durchschnittlich immerhin mehr als einer halben Million) Leser der betreffenden Zeitungen in dem fraglichen Zeitraum bestimmt haben. Nicht mehr – aber auch nicht weniger. Mit unseren Detailanalysen in Kapitel 4 und 5 hoffen wir, diesen Erwartungshorizont zumindest in Ansätzen umreißen zu können. Auf dem Weg dorthin gilt es allerdings zunächst, unsere konkreten methodischen Vorgaben offenzulegen.
57
3
Methodische Grundlagen
Im vorliegenden Kapitel werden wir näher auf die methodischen Grundlagen der von uns durchgeführten Profilanalysen eingehen. Die Darstellung wird hierbei in drei Schritten erfolgen. Zunächst wird in Abschnitt 3.1 eine Übersicht zur Zusammenstellung und Aufbereitung der von uns herangezogenen Korpora gegeben. In Abschnitt 3.2 beschäftigen wir uns dann mit den eingesetzten statistischen Berechnungsverfahren. Abschnitt 3.3 dient schließlich der Erläuterung unseres Vorgehens bei der Auswertung der ermittelten Lexikogramm-Daten.
3.1
Zusammenstellung und Aufbereitung der verwendeten Korpora
3.1.1
Zusammensetzung der verwendeten Korpora
Die in dieser Arbeit durchgeführten Profilstudien stützen sich auf Korpusmaterial, das im Wesentlichen aus pressesprachlichen sowie zu einem geringen Teil aus literarischen Texten besteht. Zum Aufbau der als hauptsächliche Berechnungsbasis dienenden Primärkorpora konnte sowohl für das Französische, als auch für das Deutsche gleich auf mehrere Jahrgänge verschiedener überregionaler Tageszeitungen zurückgriffen werden. Im Falle des Französischen handelt es sich hierbei um Le Monde (1999, 2000, 2002) und Le Figaro (2002), woraus sich ein Gesamtumfang von 230.379 Texten und ca. 105.844.000 laufenden Wort-Token ergibt. Im Falle des Deutschen standen uns jeweils ein Jahrgang der Frankfurter Rundschau (1999), der Süddeutschen Zeitung (2000) und der F.A.Z. (2002) zur Verfügung, wobei sich der aus dieser Zusammenstellung resultierende Korpusumfang mit 305.336 Texten und ca. 109.481.000 laufenden Wort-Token ungefähr in den Größenordnungen der französischsprachigen Textbasis bewegt. Der im Hinblick auf die Untersuchungen zum Französischen aufgebaute Textbestand konnte dank einer Forschungskooperation mit dem in Nancy angesiedelten traditionsreichen CNRS-Institut Analyse et Traitement Informatique de la Langue Française (ATILF, früher INALF) um ein zu Kontrollzwecken eingesetztes literarisch ausgerichtetes Sekundärkorpus ergänzt werden, welches die in der seitens des ATILF angebotenen Datenbank Frantext1 enthaltenen Romane, Erzählungen und Theaterstücke der Jahre 1950 bis 2000 umfasst. Zum Zeitpunkt unserer Materialaus1
Ein (kostenpflichtiger) Internet-Zugang besteht über die Adresse (< http://www.frantext.fr/ >, Konsultationsdatum: 28.10.2007).
59
wertung stand allerdings für das Deutsche kein äquivalentes Sekundärkorpus in der benötigten Form zur Verfügung. Die wichtigsten Kenndaten zu unserem französischsprachigen Korpusarchiv seien noch einmal in der folgenden Übersicht zusammengefaßt: Tabelle 3.1.: Kennzahlen des in der vorliegenden Arbeit zu Grunde gelegten französischsprachigen Korpusarchivs Korpus
Signatur
Kurzbeschreibung
Status
Lfd. Wort-
Textanzahl
Token
Le Monde 1999
lm1999
Artikeltexte aus der
Primärkorpus
26.111.000
57.263
Primärkorpus
26.789.000
57.318
Primärkorpus
25.949.000
52.635
Primärkorpus
26.995.000
63.163
Sekundärkorpus
16.478.000
230
überregionalen Tageszeitung
Le
Monde – Jahrgang 1999 Le Monde 2000
lm2000
Artikeltexte aus der überregionalen Tageszeitung
Le
Monde – Jahrgang 2000 Le Monde 2002
lm2002
Artikeltexte aus der überregionalen Tageszeitung
Le
Monde – Jahrgang 2002 Le Figaro 2002
lfi2002
Artikeltexte aus der überregionalen Tageszeitung
Le
Figaro – Jahrgang 2002
Frantext Romans
- frantextrom Romane, Erzählungen
und
Theaterstücke
aus
dem Zeitraum 1950– 2000
(Teilbestand
der
Korpusbasis
Frantext)
Die nachstehend angeführte Tabelle enthält die entsprechenden Angaben zum deutschsprachigen Korpusbestand:
60
Tabelle 3.2: Kennzahlen des in der vorliegenden Arbeit zu Grunde gelegten deutschsprachigen Korpusarchivs Korpus
Signatur
Kurzbeschreibung
Status
Lfd. Wort-
Textanzahl
Token
Frankfurter
fru1999
Artikeltexte aus der
Rundschau
überregionalen
1999
Tageszeitung
Primärkorpus
36.821.000
106.987
Primärkorpus
39.983.000
105.965
Primärkorpus
32.677.000
92.384
Frankfurter Rundschau – Jahrgang 1999 Süddeutsche
sz2000
Zeitung 2000
Artikeltexte aus der überregionalen Tageszeitung Süddeutsche Zeitung – Jahrgang 2000
F.A.Z. 2002
faz2002
Artikeltexte aus der überregionalen Tageszeitung F.A.Z. – Jahrgang 2002
3.1.2
Normalisierung durch dokumentschemabedingte Annotation
Die Berechnung unserer Kookkurrenzstatistiken wurde im Rahmen einer eigenständigen Datenbankanwendung2 durchgeführt,3 die eine vielfältige Aufbereitung des vorhandenen Korpusmaterials einschließlich dessen Normalisierung notwendig machte. Die einzelnen Bearbeitungsschritte seien im Folgenden in der gebotenen Kürze dargestellt. Zunächst galt es, die jeweils unterschiedlichen Ausgangsformate der bereit gestellten Korpusdateien einer Vereinheitlichung zu unterziehen. Hauptsächlich ging es hierbei – zum einen um die Abgrenzung der Einzeltexte und die Kennzeichnung bestimmter Textbereiche wie Titelzeilen, Überschriften und einfacher Textabschnitte 2
3
An der Konzeption sowie der Implementierung der sog. Kölner französischen Korpusdatenbank (KFKDB), die auch in anderen Beiträgen wie etwa Blumenthal (2006a; 2006b) oder Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) bereits Verwendung gefunden hat, waren neben dem Verfasser der vorliegenden Arbeit ebenso J. Mielebacher und D. Davison beteiligt, denen an dieser Stelle ein herzlicher Dank für ihre Mitarbeit an dem betreffenden korpustechnologischen Projekt ausgesprochen sei. Zur Dokumentation der in Kapitel 4 und 5 zu Grunde gelegten Kookkurrenzstatistiken wurde mit Blick auf den vorliegenden Beitrag unter der Adresse < https://santenay.rom.uni-koeln.de/colloc/kokosd/ > ein Zugang zu der betreffenden Datenbankanwendung geschaffen. Diese kann über den Benutzernamen ‘dissuser’ sowie das Passwort ‘B4se5C10d2’ aufgerufen werden.
61
sowie – zum anderen um die Markierung und Ausblendung verschiedener den Texten ursprünglich beigefügter Metadaten, d.h. insbesondere Datums-, Seiten-, Autoren-, Rubrik -und Genreangaben, die ihrerseits bei einer späteren Profilberechnung nicht berücksichtigt, gleichwohl aber zur Belegdokumentation herangezogen werden sollten. Zu diesem Zweck wurde von unserer Seite ein kompaktes Dokumentschema entworfen, demgemäß die Ausgangsdateien in eine einheitliche Form überführt wurden. Für die Annotation der aus Zeitungstexten bestehenden Primärkorpora wurde in diesem Zusammenhang die nachstehend angeführte Schema-Definition (DTD) zu Grunde gelegt:
–
id:
Listing 3.1: Dokumentschemadefinition (DTD) der verwendeten Zeitungskorpora (lm1999, lm2000, lm2002, lfi2002, fru1999, sz2000, faz2002)
Im Falle des französischsprachigen Sekundärkorpus frantextrom waren die Ausgangsdateien bereits mit Textmarkierungen versehen, die auf dem seitens des ATILF (INALF) entwickelten Stella-Annotationsschema beruhen. Nach einigen unseren Bedürfnissen entsprechenden Anpassungen ergab sich auf der betreffenden Grundlage folgende Schemadefinition:
Abgrenzung
der
Einzelseiten;
–
id:
Listing 3.2: Dokumentschemadefinition (DTD) des literarischen Korpus frantextrom
Die konkrete Umsetzung der hier vorgestellten Dokumentschemata sei schließlich anhand eines kurzen Ausschnitts aus dem französischsprachigen Primärkorpus lm2002 illustriert:4
[...]
Les Français retrouvent le goût du voyage
Les professionnels ont fait preuve de patience et d'imagination pour sortir de la crise ouverte par les attentats du 11 septembre. Objet de nombreuses offres décotées, l'Europe a supplanté les destinations lointaines
[...]
[...]
Listing 3.3: mit Textobjekt-Markierungen versehenes Korpusdokument (illustriert an einem Auszug aus lm2002)
3.1.3
Morpho-lexikalische Annotation
Die in der geschilderten Art und Weise normalisierten Korpusdokumente wurden in 4
64
Der vorliegende Korpusauszug wird zu Illustrationszwecken in einer hinsichtlich der Zeichenkodierung nicht vollständig XML-konformen Fassung wiedergegeben.
einem nächsten Schritt einer morpho-lexikalischen Annotation unterzogen, d.h. sie wurden zum einen im Hinblick auf Wortarten getaggt sowie des Weiteren lemmatisiert. Bei dem zu diesem Zweck eingesetzten Annotierungsprogramm handelte es sich um den vom IMS Stuttgart entwickelten und kostenfrei zur Verfügung gestellten TreeTagger,5 der, die entsprechenden Lexikondateien6 vorausgesetzt, sowohl auf französisch-, als auch auf deutschsprachige Texte angewendet werden kann. Die Aufbereitung der Korpusdokumente unter Verwendung des TreeTagger gestaltete sich in unserem Falle folgendermaßen: – Zunächst wurden die Texte anhand eines vorgeschalteten Segmentierungsprogramms7 in Wort- und Interpunktionstoken zerlegt, wobei die auf die Dokumentschema-Definitionen zurückzuführenden Textobjekt-Markierungen als eigenständige Segmente behandelt wurden. – Das entsprechenderweise segmentierte Korpusmaterial wurde sodann zur Weiterverarbeitung an TreeTagger übergeben. Gemäß der von uns gewählten Programmeinstellungen blieben die vorhandenen Textobjekt-Markierungen von einer Annotation ausgeschlossen, wurden aber gleichwohl in der Ausgabedatei beibehalten. – Abschließend wurden die von TreeTagger im Einzelnen vorgenommenen Wortarten- und Lemmakennzeichnungen in zweifacher Hinsicht einer Nachbereitung unterzogen: Zum einen wurde die Annotierung von Eigennamen auf der Grundlage einer von uns zu diesem Zweck erstellten Lexikondatei überprüft und gegebenenfalls modifiziert; zum anderen wurden die für das Deutsche und
5
6
7
Die Linux-Version des Programms kann über die TreeTagger-Homepage unter der Internetadresse < http://www.ims.uni-stuttgart.de/projekte/corplex/TreeTagger/DecisionTreeTagger.html > (Konsultationsdatum: 31.10.2007) heruntergeladen werden. Zu den Grundlagen des TreeTagger cf. Schmid (1994) sowie mit besonderer Berücksichtigung des Französischen Stein/Schmid (1995). Die Lexikon- oder auch Parameterdateien für das Französische wurden uns seinerzeit von Prof. A. Stein (Romanisches Seminar der Universität Stuttgart) zur Verfügung gestellt, wofür wir uns herzlich bedanken möchten. Die Parameterdatei für die Annotierung der deutschsprachigen Texte wurde ihrerseits von den Internetseiten des IMS Stuttgart (Stand: Juli 2004) heruntergeladen. Die jeweils aktuellen Versionen der deutschen sowie der französischen Parameterdatei können kostenfrei über < ftp://ftp.ims.uni-stuttgart.de/pub/corpora/german-big-par-linux-3.1.bin.gz > bzw. < ftp://ftp.ims.uni-stuttgart.de/pub/corpora/french-par-linux-3.1.bin.gz > (Konsultationsdatum: 31.10.2007) bezogen werden. Im Hinblick auf die Verarbeitung der französischsprachigen Korpustexte wurde eine von D. Davison überarbeitete Fassung des von A. Stein erstellten und unter der Adresse < http://www.uni-stuttgart.de/lingrom/stein/forschung/scripts/tokenise.pl > beziehbaren Tokenisierungsskripts verwendet. Die Tokenisierung des deutschsprachigen Korpusmaterials wurde mit Hilfe des zusätzlich zu TreeTagger mit gelieferten Segmentierungsprogramms durchgeführt.
65
Französische seitens des TreeTagger zunächst jeweils angesetzten Wortartenangaben8 bezüglich ihrer Notationsform soweit wie möglich vereinheitlicht.9 Die im Zuge des beschriebenen Annotierungsprozesses transformierten Korpusdokumente wurden ihrerseits so formatiert, dass jedem Token zusammen mit den jeweils einschlägigen Wortarten- und Lemmaangaben eine eigenständige Datensatzzeile zugewiesen wurde. Das Ergebnis der mit der morpho-lexikalischen Annotierung verbundenen Verarbeitungsschritte stellt sich im Hinblick auf den weiter oben angeführten Korpusauszug, wie folgt, dar:
[...]
Les DET:ART:masc:pl le Français NAM:DIV Français retrouvent VER:pres:3:pl retrouver le DET:ART:masc:sg le goût NOM:masc:sg goût du PRP:det:masc:sg du voyage NOM:masc:sg voyage
Les DET:ART:masc:pl le professionnels NOM:masc:pl professionnel ont VER:aux:pres:3:pl avoir fait VER:pper:masc:sg faire preuve NOM:femi:sg preuve de PRP de patience NOM:femi:sg patience et KON et d' PRP de imagination NOM:femi:sg imagination pour PRP pour sortir VER:infi sortir de PRP de la DET:ART:femi:sg le crise NOM:femi:sg crise ouverte ADJ:femi:sg ouvert par PRP par les DET:ART:masc:pl le attentats NOM:masc:pl attentat du PRP:det:masc:sg du 11 NUM @card@ 8
9
66
Die für beide Sprachen vorhandenen Parameterdateien beruhen hinsichtlich der Wortartenkennzeichnung auf unterschiedlich konzipierten Annotationsschemata (Tagsets). Die fraglichen Unterschiede sind zum einen, vor allem was den Umfang des jeweiligen Tagsets anbelangt, gewiss auf einzelsprachenbedingte Besonderheiten zurückführen, betreffen in manchen Fällen jedoch lediglich die gewählten Notationsformen. So ist beispielsweise für Substantive im französischen Tagset die Angabe , im deutschen Tagset hingegen die Notation vorgesehen. Weitere Einzelheiten zu den im Rahmen von TreeTagger für das Deutsche sowie für das Französische zu Grunde gelegten Annotationsschemata können den jeweils unter < http://www.ims.uni-stuttgart.de/ftp/pub/corpora/stts_guide.ps.gz > bzw. < http://www.ims.uni-stuttgart.de/~schmid/french-tagset.html > (Stand: 31.10.2007) abrufbaren Übersichtsdarstellungen entnommen werden. Als Orientierungsgrundlage diente hierbei das für das Französische vorgegebene Tagset.
septembre .
NOM:masc:sg SENT
septembre .
[...]
[...]
[...]
Listing 3.4: morpho-lexikalisch annotiertes Korpusdokument (illustriert an einem Auszug aus lm2002)
3.1.4
Identifikator-Zuweisung und Datenbankimport
Vor ihrer endgültigen Übertragung in die Korpusdatenbank wurden die segmentierten und morpho-lexikalisch annotierten Dokumente einer vielfältigen Indexierung unterzogen. In diesem Zusammenhang wurde jeder Token-Datensatz um eine Reihe von Identifikatoren erweitert, die einen späteren datenbankinternen Zugriff auf das entsprechende Token unter verschiedenen Gesichtspunkten gewährleisten sollten. Bei den betreffenden Identifikatoren handelt es sich im Einzelnen um: – eine Token-Kennziffer (Token-Id), über die sich die eindeutige Position des Token innerhalb des jeweiligen Einzelkorpus bestimmt. – eine Lemma-Kennziffer (Lemma-Id), die die aus Wortarten- und Lemmaangabe bestehende Dateneinheit innerhalb der für jede Sprache angelegten Datenbasis einzelkorpusunabhängig als Wort-Type charakterisiert;10 Interpunktionstoken wurden, da sie von der Berechnung der Kookkurrenzstatistiken ausgeschlossen bleiben sollten, generell mit der Kennziffer -1 versehen. – eine Satz-Kennziffer (Satz-Id), die den das betreffende Token enthaltenden Satz innerhalb des jeweiligen Einzelkorpus eindeutig ausweist; in diesem Zusammenhang wurden, über die seitens des TreeTagger mittels der Angabe vorgenommenen Auszeichnungen hinausgehend, auch Semikola und Doppelpunkte als Satzbegrenzer gewertet. – eine Absatz-Kennziffer (Absatz-Id), die den das betreffende Token enthaltenden Absatz innerhalb des jeweiligen Einzelkorpus eindeutig ausweist; die Bestimmung der fraglichen Kennziffer orientierte sich hierbei an den – gemäß der weiter oben angeführten Dokumentschema-Definitionen (cf. p. 63, 64) – für Absätze vorgegebenen Textobjekt-Markierungen (
10
Vor der Zuweisung der Lemma-Kennziffer wurden die Wortartenangaben auf die allgemeinste der von TreeTagger jeweils vorgegebenen Klassifizierungsebenen (z.B. von zu ) reduziert. Im Falle der Wortarten-Kennzeichnungen für präpositionale Portmanteau-Morpheme und für Auxiliarverben wurde insofern abweichend vorgegangen, als diese in die Notationsform bzw. überführt wurden (zur ursprünglichen Notation siehe Listing 3.4).
67
[...]
);11 letztere wurden in der Folge aus den Datenbankimportdateien entfernt. – eine Text-Kennziffer (Text-Id), die den das betreffende Token enthaltenden Text innerhalb des jeweiligen Einzelkorpus eindeutig ausweist; die Bestimmung der fraglichen Kennziffer orientierte sich hierbei – analog zur Ermittlung der AbsatzIds – an den für Einzeltexte vorgegebenen Textobjekt-Markierungen ([...] im Falle der Primärkorpora bzw. [...] im Falle von frantextrom); letztere wurden in der Folge gleichfalls aus den Datenbankimportdateien gelöscht. Die im Zuge der beschriebenen Identifikatorzuweisung vollzogenen Veränderungen ergaben ein Dokumentformat, das sich – wiederum anhand eines Teils der in Listing 3.3 und 3.4 weiter oben präsentierten Korpusauszüge – folgendermaßen illustrieren lässt: TokenId
Token
Wortart
Lemma
Lemma- Satz-Id Absatz- Text-Id Id Id
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
6212624
Les
DET
le
6212625 professionnels
NOM
[...]
[...]
[...]
63888 252888
91471
11776
professionnel 68247 252888
91471
11776 11776
6212626
ont
VER:aux
avoir
47136 252888
91471
6212627
fait
VER
faire
46910 252888
91471
11776
6212628
preuve
NOM
preuve
91471
11776
6547
252888
6212629
de
PRP
de
39956 252888
91471
11776
6212630
patience
NOM
patience
29955 252888
91471
11776
6212631
et
KON
et
28759 252888
91471
11776
6212632
d'
PRP
de
39956 252888
91471
11776
6212633
imagination
NOM
imagination
28876 252888
91471
11776
6212634
pour
PRP
pour
33002 252888
91471
11776
6212635
sortir
VER
sortir
15218 252888
91471
11776
6212636
de
PRP
de
39956 252888
91471
11776
6212637
la
DET
le
63888 252888
91471
11776
6212638
crise
NOM
crise
54883 252888
91471
11776
6212639
ouverte
ADJ
ouvert
45184 252888
91471
11776
6212640
par
PRP
par
55192 252888
91471
11776
6212641
les
DET
le
63888 252888
91471
11776
6212642
attentats
NOM
attentat
67886 252888
91471
11776
6212643
du
PRP
du
60135 252888
91471
11776
6212644
11
NUM
@card@
48576 252888
91471
11776
6212645
septembre
NOM
septembre
14886 252888
91471
11776
6212646
.
SENT
.
-1
252888
91471
11776
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
[...]
Listing 3.5: datenbankinterne Korpustabelle (illustriert an einem Auszug aus lm2002) 11
68
Im Falle des frantextrom-Korpus wurde keine Absatz-Id vergeben, da über das entsprechende Dokumentschema keine auf Absätze bezogenen Textobjekt-Markierungen zur Verfügung standen.
Die so transformierten Korpusdokumente wurden schließlich in Datenbanktabellen mit einer entsprechend definierten Datensatzstruktur übertragen. Auf ihrer Grundlage wurden gleichzeitig in Bezug auf die durch Lemma-Kennziffer repräsentierten Wort-Types und ggf. unter Einbeziehung der Satz-Id Parametertabellen mit einfachen Frequenzangaben sowie mit fenster- und satzgrenzenabhängigen Kookkurrenzwerten erstellt, die bei der Berechnung der Profilstatistiken Verwendung finden sollten.12 Ebenso wurden mit Blick auf eine spätere Belegausgabe unter Rückgriff auf die mit Textobjekt-Markierungen versehenen Korpusfassungen (siehe hierzu Abschnitt 3.1.2 weiter oben) die über die -Elemente verfügbaren einzeltextbezogenen Daten extrahiert und in einer hierfür bereit gestellten Parametertabelle in der Datenbank gespeichert. Die erwähnten datenbankinternen Parametertabellen seien abschließend in Auszügen dokumentiert: Lemma-Id
Lemmaform
Wortart
Frequenz (absolut)
Frequenz (relativ)
Korpus-Id
[...] 29955
[...] patience
[...] NOM
[...] 367
[...] 3
29955
patience
NOM
303
[...]
[...]
[...]
[...]
[...] 1.359477128 05678e-05 1.167666685 19005e-05 [...]
4 [...]
Listing 3.6: Parametertabelle mit Frequenzwerten (illustriert am Beispiel der Angaben zum Lemma-Type patience (NOM) in den Korpora lfi02 und lm2002) Lemma-Id Lemmaform Wortart Kookkurrenz Kookkurrenz Fenster Korpuswerte werte (satzgrenId (linkes (rechtes zenabhängig Fenster) Fenster) ) [...] 29955 29955 29955 [...] 29955 29955 29955 [...]
[...] patience patience patience [...] patience patience patience [...]
[...] NOM NOM NOM [...] NOM NOM NOM [...]
[...] 352 973 1521 [...] 299 861 1372 [...]
[...] 278 809 1261 [...] 232 676 1063 [...]
[...] 1 3 5 [...] 1 3 5 [...]
[...] 3 3 3 [...] 4 4 4 [...]
Listing 3.7: Parametertabelle mit Kookkurrenzwerten (illustriert am Beispiel der Angaben zum Lemma-Type patience (NOM) in den Korpora lfi02 und lm2002)
12
Die aus der Fusion des bestimmten Artikels mit einer Präposition jeweils hervorgegangenen Portmanteau-Morpheme wie frz. du oder dt. im liegen durch die Annotation mittels TreeTagger zunächst als eigenständige Lemma-Types vor (siehe hierzu beispielsweise Listing 3.4 bzw. 3.5: + ). Sie wurden bei der Frequenz- und Kookkurrenzwert-Berechnung dahingehend verarbeitet, da für die betreffende Präposition sowie den bestimmten Artikel je ein Vorkommen gezählt wurde. Die in Abschnitt 3.1.1 für die Korpora angegebenen Gesamt-Tokenzahlen sind ebenfalls unter Einbeziehung dieses Verfahrens errechnet worden.
69
Text-Id KorpusId [...] [...] 11776 4
[...]
[...]
Titel
Autor
Datum
[...] [...] [...] Les Français FRANÇOIS 15/03/2002 retrouvent le BOSTNAVARON goût du voyage [...] [...] [...]
Seite [...] 30
[...]
Listing 3.8: Parametertabelle mit Textmetadaten (illustriert am Beispiel der Angaben zu dem unter Listing 3.3 - 3.5 angeführten Korpusauszug aus lm2002)
3.2
Profilstatistiken
Der vorliegende Abschnitt dient der Schilderung jener statistischen Verfahren, die über die mit der Korpusdatenbank13 verbundene Anwendung bereit stehen14 und anhand derer die jeweilige Datengrundlage für die in Kapitel 4 und 5 durchgeführten Profilstudien geschaffen wurde. In diesem Zusammenhang werden wir uns in Abschnitt 3.2.1 zunächst mit der Berechnung der Signifikanzwerte befassen, die Auskunft über die (statistische) Spezifität einer Wortverbindung geben und mithin als Ausgangspunkt im Hinblick auf alle weiterreichenden Profilstatistiken dienen. In Abschnitt 3.2.2 werden wir dann auf die Berechnung von Profilähnlichkeiten eingehen. Im Rahmen von Abschnitt 3.2.3. werden wir uns schließlich mit der Bestimmung von profilbezogenen Stereotypie- und Auslastungswerten auseinandersetzen. 3.2.1
Signifikanzwerte und Lexikogrammerstellung
Die Berechnung der Signifikanzwerte beruht in unserem Fall auf der kookkurrenzstatistischen Auswertung von datenbankintern erstellten KWIC-Konkordanzen (von engl.: keyword in context) zu verschiedenen in Form von Lemma-Types 15 abgefragten Bezugswörtern. Hierbei wurden zunächst durch Gruppierung und Zählung der in einem zuvor hinsichtlich seiner Größe festgelegten Fenster oder span16 zur linken 13
14 15 16
70
Neben der Kölner französischen Korpusdatenbank gibt es noch einige vorwiegend frei über das Internet zugängliche Datenbankanwendungen für verschiedene Sprachen wie etwa das Deutsche und Englische. Es handelt sich dabei u.a. um das Korpusarchiv COSMAS des IdS Mannheim (< http://www.ids-mannheim.de/cosmas2/ >, Konsultationsdatum: 31.10.2007; zu einer älteren Version von COSMAS cf. Teubert (1999:309s.)), das Wortschatz-Projekt der Universität Leipzig (< http://wortschatz.uni-leipzig.de/ >, Konsultationsdatum: 31.10.2007), das DWDS-Projekt der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (< http://www.dwds.de/ >, Konsultationsdatum: 31.10.2007) sowie die aus der WASPBENCH der Universität Brighton (< http://www.itri.brighton.ac.uk/projects/wasps/ >, Konsultationsdatum: 31.10.2007) hervorgegangene und inzwischen kostenpflichtige Sketch Engine von A. Kilgarriff (< http://www.sketchengine.co.uk/ >, Konsultationsdatum: 31.10.2007). Eine Bestandsaufnahme zu computergestützten Verfahren und Anwendungen im Bereich der Kollokationsforschung aus kontextualistischer Perspektive stellt Clear (1993) dar. Zu einer möglichen Kritik an kookkurrenzstatistischen Berechnungen auf der Grundlage lemmatisierter Daten siehe u.a. Hoey (2005, 5). Dieser Ausdruck geht auf Sinclair (1966) zurück (siehe hierzu unsere Ausführungen in Ab-
und rechten Seite des Bezugsworts auftretenden Lemma-Types17 sowie unter Einbeziehung der korpusweit ermittelten Frequenz- bzw. Kookkurrenzdaten vier Basisparameter errechnet, anhand derer sich die zusammengestellten Kookkurrenzpaare oder auch Bigramme sowohl in Bezug auf ihre Bestandteile als auch in Relation zum Gesamtkorpus beschreiben lassen. Zu den betreffenden Parametern gehören im Einzelnen: – die Häufigkeit des gemeinsamen Auftretens des Bezugsworts L0 mit dem Begleiter Li innerhalb des festgelegten span, oder anders gesagt: die korpusinterne Anzahl der Bigramme, die, bezogen auf einen bestimmten span, sowohl L0, als auch Li enthalten, d.h.: a = F(L0 ∧ Li) – die korpusinterne Anzahl der Bigramme, die, bezogen auf einen bestimmten span, L0, nicht aber Li enthalten, d.h.: b = F(L0 ∧ ¬Li) – die korpusinterne Anzahl der Bigramme, die, bezogen auf einen bestimmten span, Li, nicht aber L0 enthalten, d.h.: c = F(¬L0 ∧ Li) – die korpusinterne Anzahl der Bigramme, die, bezogen auf einen bestimmten span, weder L0, noch Li enthalten, d.h.: d = F(¬L0 ∧ ¬Li) Dargestellt in Form einer sog. 2 × 2-Kontingenztabelle (cf. hierzu u.a. Manning/Schütze 2000, 169) ergibt sich somit folgendes Bild: Tabelle 3.3: 2 × 2-Kontingenztabelle mit Berechnungsparametern zur Ermittlung der Signifikanz eines aus den Lemma-Types L0 und Li zusammengesetzten Bigramms Li
¬Li
L0
a
b
¬L0
c
d
Auf Grundlage dieser Parameter lässt sich nun durch Anwendung eines bestimmten Assoziationsmaßes für jedes der ermittelten Bigramme eine Signifikanzwertberechnung durchführen. Bei dem von uns gewählten Assoziationsmaß18 handelt es sich um die von Dunning (1993) ins Feld geführte log likelihood-Funktion (LL), der in
17 18
schnitt 2.2.1, p. 17). Zur Behandlung von Portmanteau-Morphemen wie frz. au bzw. dt. am siehe noch einmal unseren Hinweis in n. 10, Abschnitt 3.1.4 weiter oben. Gewiss stellt LL nicht das einzige Assoziationsmaß dar, welches bisher zum Zwecke kookkurrenzstatistischer Berechnungen auf dem Gebiet der Korpuslinguistik herangezogen wurde. So fanden beispielsweise in den jeweils als Pionierleistung geltenden Beiträgen von Berry-Rogghe (1973) und Church/Hanks (1990) der sog. Z-Score bzw. mutual information Verwendung. Eine einführende Darstellung bieten in diesem Zusammenhang Manning/Schütze (2000, 151ss.) sowie Oakes (1998, 170ss.). Eine exzellente Übersicht zu den im Bereich der Kookkurrenzstatistik einsetzbaren Assoziationsmaßen und ihren mathematischen Implikationen kann darüber hinaus der Dissertation von S. Evert (2005) entnommen werden.
71
der von Oakes (1998, 172) angegebenen Fassung19 in Bezug auf die erwähnten Basisparameter folgende Berechnungsformel entspricht: LL = 2 x (a log a + b log b + c log c + d log d – (a + b) log(a + b) – (a + c) log(a + c) – (b + d) log(b + d) – (c + d) log(c + d) + (a + b + c + d) log(a + b + c + d)) [log – Logarithmus zur Basis e] Die gemäß dieser Formel errechneten Signifikanz- oder auch Kohäsionswerte wurden abschließend datenbankintern in je einer Ergebnistabelle pro angegebenem Bezugswort, zu Grunde gelegter Korpusauswahl und voreingestelltem Span gespeichert. Neben dem log likelihood-Wert eines jeden Begleiters sowie Angaben zu dessen Lemma-Type (Grundform und Wortart) enthalten die entsprechenden Lexikogramme 20 ebenso Informationen über den Fensterbereich (rechts (R) oder links (L) vom Bezugswort), die Häufigkeit des gemeinsamen Auftretens von Bezugswort und Begleiter (cf. Parameter a der unter 3.3 aufgeführten Kontingenztabelle) und den log-likelihood-Rang. So ergibt sich zum Beispiel für das Bezugswort courage (Lemma-Type: + ) auf der Grundlage des aus Le Monde 1999, Le Monde 2000, Le Monde 2002 und Le Figaro 2002 zusammengesetzten französischen Primärkorpus bei einer satzgrenzenabhängig festgelegten Fenstergröße von 5 das nachstehend im Hinblick auf die 10 signifikantesten Begleiter präsentierte Lexikogramm: Tabelle 3.4: Lexikogramm mit den 10 nach Ausweis von LL signifikantesten Begleitern des Bezugsworts courage im französischen Primärkorpus (lm1999/lm2000/lm2002/lfi2002) bei einem satzgrenzenabhängigen span von 5. Rang
Lemmaform - Wortart Begleiter Begleiter
Fensterbereich
Kohäsion Kookkurrenzen (log likelihood)
1 2
avoir de
VER PRP
L R
3575,204 1902,425
806 2027
3 4
le et
DET KON
L R
1896,447 1080,362
2503 636
5 6 7
falloir politique saluer
VER ADJ VER
L R L
989,276 873,258 868,745
196 168 96
8 9
de preuve
PRP NOM
L L
576,133 559,251
1435 79
10
il
PRO
L
518,228
345
Die so beschaffenen Lexikogramme bildeten die Datengrundlage für die in Kapitel 4 und 5 durchgeführten Kollokatoranalysen. Als «Kollokatoren» wurden in diesem 19 20
72
Eine Alternativversion der vorliegenden Berechnungsvorschrift ist in Manning/Schütze (2000, 173ss.) sowie in Dunning (1993) zu finden. Bei diesem Ausdruck handelt es sich um eine Entlehnung des in Heiden (2004) geprägten französischen Terminus lexicogramme.
Rahmen die datensatzseitig durch die Lemma-Types (Grundform + Wortart) der Begleiter und die für sie einschlägigen Fensterbereiche definierten Einheiten gewertet. Die Spezifitätsschwelle wurde bei allen Analysen auf einen LL-Wert von 10,8321 gesetzt. Die hier getroffenen Festlegungen gelten auch für die im Folgenden zu beschreibenden weiterführenden Berechnungsverfahren. 3.2.2
Similaritäts- und Distanzwerte
Zur Berechnung der für den Profilvergleich herangezogenen Similaritäts- und Distanzwerte22 wurden die gemäß dem in Abschnitt 3.2.1 geschilderten Verfahren erstellten Lexikogramme auf sog. Profilvektoren abgebildet. Letztere setzen sich aus den Gewichtswerten zusammen, die im Einzelnen jedem Kollokator ki eines Bezugsworts pj im Verhältnis zu dem jeweils aus dem Lexikogramm von pj ausgewählten Kollokatorbestand Kj gemäß einer bestimmten Gewichtsfunktion g(ki;pj) als Vergleichsparameter zugeordnet werden können. Für die nach Maßgabe der Funktion g(ki;pj) ermittelten Gewichtswerte gilt im Allgemeinen: k i {K j o gƎ k i ; p j Ə¢0 k i |K j o gƎ k i ; p j Ə0 wobei, ausgehend von Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005:60), im Einzelnen folgende Gewichtsfunktionen zur Anwendung gelangen konnten: Tabelle 3.5: Gewichtsfunktionen zur Similaritätswertberechnung gemäß Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) Name
g(ki; pj) =
Beschreibung
gLL
wj(ki)
Gewichtung mit dem log likelihood-Wert
1 Ǝr j Ǝk i ƏƏ
g1/R gGAUSS
expƎ4 gID
1
Gewichtung mit dem Reziproken des Ranges
Ǝ
Ə
2
r j Ǝk i Ə1 Ə r j , max
Gewichtung auf Grundlage des Ranges
Gleichgewichtung Übereinstimmungen
für
alle
Aus Gründen, die in Abschnitt 3.3 näher erläutert werden, haben wir uns mit Blick auf die im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchzuführenden Similaritätswertberechnungen für die Gewichtsfunktion gID entschieden. Somit kann der aus den
21 22
Bei dem Wert von 10,83 handelt es sich um das 0,1%-Quantil der Chi²-Verteilung mit einem Freiheitsgrad (cf. Manning/Schütze 2000, 610). Das in diesem Abschnitt vorzustellende Verfahren wurde in Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) entwickelt. Eine detaillierte Schilderung der mathematischen Grundlagen wie auch der aus der Anwendung auf verschiedene Testreihen hervorgegangenen Ergebnisse kann dem betreffenden Beitrag entnommen werden.
73
Gewichtswerten der Einzelkollokatoren ki...n eines Bezugsworts pj zusammengesetzte Profilvektor mƌ j in unserem Falle folgendermaßen definiert werden:
Ǝ Ə
g ID Ǝ k 1 ; p j Ə g ID Ǝk 2 ; p j Ə mƌ j g ID Ǝ k 3 ; p j Ə ... g ID Ǝk n ; p j Ə
Die Ähnlichkeit sim(pa,pb) der zu den Bezugswörtern pa und pb gehörenden Kollokatorprofile ergibt sich schließlich nach Maßgabe des von uns gewählten Verfahrens aus dem sogenannten normierten Skalarprodukt der entsprechenden Vektoren mƌa und mƌb , welches anhand der folgenden Berechnungsvorschrift ermittelt wird: n
simƎ p a , pb Ə
À mƌ1 , mƌ2 Á mƌ1mƌ2
m1,i m2,i
Ɓ
i1
n
Ɓ
n
m1,i 2· m2,i2 i1
i 1
n
g IDƎ k i ; p1Ə g IDƎ k i ; p2Ə
Ɓ
i 1
n
Ɓ
n
g IDƎ k i ; p 1Ə2· g IDƎ k i ; p 2Ə2 i 1
i 1
Der Wertebereich des so definierten Ähnlichkeitsmaßes sim(pa,pb) entspricht dem Intervall [0;1]. Wird hierbei gemäß sim(pa,pb) ein Wert von 0 erreicht, so bedeutet dies, dass zwischen den zu Grunde gelegten Kollokatorprofilen der Bezugswörter pa und pb keine Übereinstimmung zu verzeichnen ist. Nimmt sim(pa,pb) hingegen den Wert 1 an, so liegt der – gewiss eher seltene – Fall maximaler Übereinstimmung vor. Eine umgekehrte Betrachtungsperspektive kann in dieser Hinsicht im Übrigen über das Distanzmaß dist(pa,pb) eingenommen werden, das sich als dist(pa,pb) = 1 - sim(pa,pb) definieren lässt. Similaritäts- bzw. Distanzwerte werden im Zusammenhang mit den in Kapitel 4 anstehenden paradigmabezogenen Profilvergleichsstudien eine Rolle spielen. 3.2.3
Stereotypie- und Auslastungswerte
Bei der Berechnung von Stereotypie- und Auslastungswerten geht es, grob gesagt, um die Charakterisierung der internen Gewichtung eines Kollokatorprofils. Dass es in dieser Hinsicht durchaus große Unterschiede gibt, lässt sich bereits anhand eines kurzen Blicks auf den Kurvenverlauf der beiden folgenden Säulendiagramme erahnen, die in hierarchischer Reihenfolge den auf die 25 signifikantesten Adjektiv-, Nomen- und Verbbegleiter begrenzten Kollokatorbestand23 der Bezugswörter peur 23
74
Die Ermittlung der betreffenden Kollokatoren und ihrer Kohäsionswerte erfolgte auf der Grundlage eines Span von 5 unter gleichzeitiger Differenzierung nach Fensterbereich. Bei dem zur Berechnung herangezogenen Assoziationsmaß handelte es sich, wie bei allen anderen Analysen auch, um log likelihood.
und crainte innerhalb des aus lm1999, lm2000, lm2002 und lfi2002 zusammengesetzten französischsprachigen Primärkorpus abbilden: PROFIL COMBINATOIRE 16000
INDICE DE COHESION
14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0
repr
ventr
faire
avoir
dre pren 25 − e arm gend 24 − t mor 23 − oche repr 22 − at clim 21 − dire 20 − bleu r 19 − onte surm 18 − être 17 − cre vain 16 − voir 15 − e vivr 14 − r joue 13 − rien 12 − isse ango 11 − ir fallo 10 − gens 9− ue paniq 8− peur 7− peur 6− re perd 5− le ésail
4−
3−
2−
1−
e
COLLOCATIFS
Abbildung 3.1: Säulendiagramm zu den 25 signifikantesten Adjektiv-, Substantiv- und Verbkollokatoren des Bezugsworts peur im Rahmen des französischen Primärkorpus [Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL]
PROFIL COMBINATOIRE
INDICE DE COHESION
1000
800
600
400
200
0
susc
r ime niste tion
expr
infla
er
er
saille
é repr
raviv
r ime
apais
voir
expr
rrir nou 25 − fier justi 24 − tion infla 23 − lier 22 − eur stiss inve 21 − être 20 − veau nou 19 − r ente alim 18 − riste terro 17 − n raiso 16 − r orce renf 15 − ue bog 14 − irer insp r 13 − irme conf 12 − iter susc 11 − tat atten 10 − iper diss iter
9−
8−
7−
6−
5−
4−
3−
2−
1−
COLLOCATIFS
Abbildung 3.2: Säulendiagramm zu den 25 signifikantesten Adjektiv-, Substantiv- und Verbkollokatoren des Bezugsworts crainte im Rahmen des französischen Primärkorpus [Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL]
Zur mathematischen Erfassung dieses Phänomens, das bereits in Blumenthal
75
(2006a) Gegenstand einer ersten ausführlicheren Betrachtung war, 24 wurde ein Verfahren entwickelt,25 bei dem Kohäsionswert und Rang eines Kollokators gemeinsam in ein Verhältnis zum jeweils zu Grunde gelegten Gesamtprofil gesetzt werden. Die Bestimmung der entsprechenden Stereotypie- und Auslastungswerte stützt sich hierbei konkret auf die folgenden Ausgangsparameter: – den zu den Einzelkollokatoren jeweils ermittelten normierten Rang ri, durch den ein gegebener Kollokatorbestand auf eine einheitliche Rang-Skala abgebildet wird. Zu Grunde gelegt werden hierbei der nicht normierte bereinigte26 Rang rpi , das bestandsinterne nicht normierte Rang-Maximum rpmax mit rpmax = 1 sowie das entsprechende Rang-Minimum rpmin. Unter der Voraussetzung, dass rp minź1 , ergibt sich für die Berechnung von ri:
Ǝ
r i
Ə Ǝ
Ə
rp irp max rp i 1 ·100 ·100 rp min rp max rp min 1
Gemäß der betreffenden Normierungsvorschrift liegt ri in einem Wertebereich von [0;100]. Dem ersten Kollokator des ausgewählten Profilbestands kommt entsprechenderweise der Normrang 0, dem letzten der Normrang 100 zu. – den normierten Kohäsionswert li, zu dessen Berechnung, bezogen auf einen gegebenen Kollokatorbestand, der einem bestimmten Kollokator ki zukommende nicht normierte Kohäsionswert lpi, das bestandsinterne nicht normierte Kohäsionswert-Maximum lpmax sowie das der von uns angesetzten Spezifitätsschwelle27 entsprechende Kohäsionswert-Minimum lpmin mit lpmin = 10,83 herangezogen lp maxźlp min , ergibt sich für die werden. Unter der Voraussetzung, dass Berechnung von li: li
lp ilp min lp i10.83 lp maxlp min lp max10.83
Nach Maßgabe dieser Normierungsvorschrift wird li einem Wertebereich von [0;1] zugeordnet. Der Kollokator mit dem höchsten Kohäsionswert innerhalb des ausgewählten Profilbestands erhält hierbei den Wert 1, während die Spezifitätsschwelle auf den Wert 0 gesetzt wird. – die kumulierte Fläche ai, die der Summe aller Teilflächen ƚa i vom ersten bis zum i-ten Kollokator-Element eines ausgewählten Profilausschnitts entspricht. Legt man die in Abb. 3.1 bzw. 3.2 angegebenen Diagramme zu Grunde, so lässt sich ƚa i anschaulich auch als Säulenfläche eines bestimmten Einzelkollokators ki auffassen. Die Säulenfläche ƚa i eines Kollokators ki ergibt sich hierbei als Produkt aus dem normierten Kohäsionswert li und der
24 25 26 27
76
In ähnliche Richtung weisen auch die in Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005, 72ss.) vorgenommenen Betrachtungen zur Kompaktheit sogenannter «Profilkonturen». Hauptverantwortlich hierfür zeichnet J. Mielebacher, dem an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn durch Filterung bzw. Eingrenzung des Profils Abweichungen zwischen laufender Nummer und Rang entstehen. Cf. supra Abschnitt 3.2.1.
über ki sowie dem auf ihn folgenden Kollokator ki+1 gebildeten Normrang-Differenz rdiff(ri+1;ri), d.h.: ƚa i l i·r diff Ǝr iŸ1 ; ri Ə l i·Ǝ ri Ÿ1 ri Ə Für die kumulierte Fläche ai gilt entsprechenderweise: i
a i ƚ ai k 1
Durch eine auf den Wertebereich [0;100] abzielende Normierung der zu dem Kollokator ki gegebenen Säulenfläche ƚa i im Verhältnis zu der bezüglich des ausgewählten Kollokatorbestands k1 ... kn vorliegenden Gesamtfläche apmax kann nun der zu ki gehörende profilinterne Auslastungswert ƚ wi 28 bestimmt werden:29 ƚ wi
Ǝ Ə
ƚ ai ·100 apmax
Ǝ Ə ƚ ai
n
ƚa k
·100
k 1
Der Stereotypie-Index stereo(s;pi) bietet seinerseits schließlich Auskunft darüber, bei welchem Normrang rs die den kumulierten Auslastungswerten entsprechende Fläche awi einen bestimmten Anteil s der zu einem Kollokatorprofil pi gegebenen Gesamtfläche erreicht hat. Er wird in unserem Falle durch lineare Interpolation gemäß stereo(s;pi) =
rs ri Ÿ
r iŸ1 ri Ǝ saw i Ə aw iŸ1 awi
ermitteltet. Der Wertebereich des Stereotypie-Indexes entspricht hierbei dem Intervall [0;100]. Angewandt auf den oben erwähnten Beispielfall der Kollokatorprofile von peur und crainte, lässt sich nun auch der durch die Betrachtung der Säulendiagramme in Abb. 3.1 und 3.2 zu gewinnende Eindruck anhand der jeweiligen Indices zu den Schwellenwerten s = 25, s = 50 und s = 75 mathematisch bestätigen: insgesamt verhält sich das Profil von peur wesentlich stereotyper als jenes von crainte, was sich an den erheblich niedrigeren (interpolierten) Normrängen zeigt, die für peur bei den angesetzten Messpunkten erreicht werden:30
28 29
30
Von engl.: weight (Gewicht). Geht es bei einer Analyse nur um die Betrachtung der Auslastungswerte. So kann alternativ ƚw i wird dann dem bei deren Berechnung auf den Faktor 100 verzichtet werden. Wertebereich [0;1] zugeordnet. Dass sich hierbei die Stereotypie-Werte beider Profile mit steigender Schwellenfläche immer stärker annähern, hat schlicht damit zu tun, dass sich dann, wenn die Gesamtfläche schließlich «aufgebraucht» ist, auch bezüglich der Normränge ein «natürlicher» Endpunkt einstellt, denn die Profilgesamtfläche wird freilich von allen zum ausgewählten Profilbestand gehörenden Kollokatoren (von Normrang 0 bis 100) abgedeckt.
77
Tabelle 3.6.: Stereotypiewerte zu den auf der Grundlage des französischen Primärkorpus ermittelten Kollokatorprofilen von peur und crainte (Schwellen-Meßpunkte: s = 25, s = 50, s = 75)
pi
r25 (= stereo(25;pi)) r50 (= stereo(50;pi)) r75 (= stereo(75;pi))
peur crainte
0
0,1004
4,7721
1,0743
4,7836
16,539
Der im Vergleich zu crainte steilere Kurvenverlauf bei peur in der folgenden Stereogramm-Synopse vermag dies abschließend zu verdeutlichen: INDICE DE STEREOTYPIE 100
80
SURFACE
60
40
20
peur crainte
0
0
20
60
40
80
100
RANG
Abbildung 3.3: Stereogramm-Synopse zu den auf der Grundlage des französischen Primärkorpus ermittelten Kollokatorprofilen von peur (schwarze Kurve) und crainte (graue Kurve)
Die Betrachtung von Stereotypie- und vor allem von Auslastungswerten, die ihrerseits im Übrigen nicht nur Einzelkollokatoren, sondern auch Kollokatorreihen zugeordnet werden können, wird den Ausgangspunkt für die in Kapitel 5 zu präsentierende sprachvergleichende Profilstudie darstellen.
3.3
Lexikogramm-Auswertung
Im vorliegenden Abschnitt werden wir auf einige Besonderheiten bei der Auswertung der datenbankseitig erstellten Lexikogramme31 eingehen, die uns als Grundlage für die in Kapitel 4 und 5 durchgeführten Profiluntersuchungen gedient haben. Unseren Ausführungen vorangestellt sei hierbei eine Anmerkung in Fontenelle
31
78
Zu dem hierbei eingesetzten Verfahren siehe Abschnitt 3.2.1 weiter oben.
(2003, 86s.), die unser «Credo» hinsichtlich des Umgangs mit automatisch generierten Kollokatorlisten zweifellos auf den Punkt bringt: «[...] tous ces outils libèrent le linguiste de la nécessité de passer par une analyse manuelle fastidieuse et chronophage de milliers de citations et concordances. De plus en plus, les outils qui sont mis à sa disposition lui fournissent des fragments d’entrée. Il s’agit ensuite, [...], d’identifier les cadres associés à certains mots, de dégager les éléments de ces cadres, de repérer les combinaisons d’éléments récurrentes, licites et illicites, de consigner les relations collocationnelles et lexico-sémantiques. Le travail de repérage et d’extraction n’est [...] qu’une étape préliminaire, qui doit être accompagnée d’un véritable travail d’interprétation et de modélisation des données.»
Als Teil der notwendigen Modellierungsarbeit sowie vor allem als vorbereitender Schritt hin zu den letztlich durchgeführten Profilstudien wurden angesichts des Umstands, dass uns zum Zeitpunkt unserer Analysen lediglich morpho-lexikalisch annotierte,32 aber nicht geparste Korpora33 zur Verfügung standen, die extrahierten Lexikogramme einer manuellen Klassifizierung nach syntaktischen Kriterien unterzogen und um jene Kollokatoren bereinigt, deren gemeinsames Auftreten mit dem fraglichen Bezugswort nicht durch eine syntaktische Relation zu diesem bedingt war. 34 Da es uns im Rahmen dieser Arbeit um die Kombinatorik von Substantiven geht, wurde hierbei das in Blumenthal (2007a, 46) speziell für diese Wortklasse in Bezug auf das Französische vorgeschlagene Analyseraster 35 (freilich mit gewissen Anpassungen an das Deutsche) zu Grunde gelegt. 36 Nach dem betreffenden Bearbeitungsschritt hatte beispielsweise das auf den Bestand der signifikanten Adjektiv-, Nomen- und Verbkollokatoren eingegrenzte Lexikogramm37 zum französischen Bezugssubstantiv courage, welches im Übrigen bei den kommenden Analysen noch eine wichtige Rolle spielen wird, die folgende (hier in Auszügen präsentierte) Form angenommen: 32 33
34
35
36 37
Siehe hierzu Abschnitt 3.1.3 weiter oben. Die entsprechende Neubearbeitung des in unserer Datenbank versammelten französischsprachigen Korpusmaterials anhand solcher Programme wie Cordial Analyseur, die auch eine syntaktische Annotierung vorsehen, ist inzwischen in Planung. Freilich ist auch in diesem Fall eine Sichtung der automatisch generierten Lexikogramme aufgrund einer gewissen beim Parsen unvermeidlichen Fehlerrate zu Kontrollzwecken notwendig. Zu einem Plädoyer für diese Vorgehensweise cf. die empirisch fundierten Ausführungen in Klotz (2000, 72ss.), die er mit einer generellen Kritik an einem offenen, d.h. von syntaktischen Beziehungen absehenden Kollokationsbegriff, wie er etwa in Halliday/Hasan (1976) vertreten wird, verknüpft. Weitere (mehr oder weniger umfangreiche) Klassifikationen allgemeinerer Art wurden – wenn auch unter dem Vorzeichen recht unterschiedlicher Kollokationsbegriffe – u.a. von Hausmann (siehe hierzu bereits Abschnitt 2.1.2, p. 8), Benson/Benson/Ilson (1986) sowie Siepmann (2002, 255ss.) in die Diskussion eingebracht. Die vollständige französischsprachige Version des betreffenden Analyserasters ist im Anhang angegeben. Dieses wurde auf der Grundlage des aus lm1999, lm2000, lm2002 sowie lfi2002 zusammengesetzten Primärkorpus erstellt. Als Berechnungsparameter wurden das Signifikanzmaß log likelihood sowie eine Fenstergröße von 5 angesetzt.
79
Tabelle 3.7.: um Angaben zur syntaktischen Kategorie ergänztes Lexikogramm mit den 5 signifikantesten Adjektiv-, Substantiv- und Verbkollokatoren des Bezugssubstantivs courage im französischen Primärkorpus (Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL)
Rang Kollokator
Kohäsion Kookkurrenzen Syntaktische (log Konstruktion 38 likelihood)
Lemma
Wortart
Bereich
1
avoir
VER
L
3575,204
806
6.1
2 3 4
falloir politique saluer
VER ADJ VER
L R L
989,276 873,258 868,745
196 168 96
6.1 1.1 6.1
5
preuve
NOM
L
559,251
79
3.2
Zwei methodische Probleme sollten an dieser Stelle nicht verschwiegen werden: – Da die datenbankseitig erstellten Lexikogramme aufgrund der bereits erwähnten fehlenden Annotationsalternativen zunächst nur nach morpho-lexikalischen Angaben gefiltert wurden, enthielten sie gelegentlich auch Kollokatoren, deren Vorkommen mit dem Bezugswort nur zum Teil auf eine syntaktische Beziehung zu diesem zurückzuführen war. In den betreffenden Situationen wurde so verfahren, dass jene Begleiter, bei denen in mehr als einem Drittel der Fälle keine syntaktisch motivierte Verbindung zum Bezugswort zu verzeichnen war, für die Profilstudien keine weitere Berücksichtigung fanden. – Sporadisch war bei der Auswertung der Lexikogramme zu konstatieren, dass durch die Annotierung seitens TreeTagger den Okkurrenzen ein und desselben Lexems verschiedene Lemma-Types zugewiesen wurden. Dies galt beispielsweise für das französische Verb bénéficier, das im Lexikogramm des Bezugssubstantivs générosité sowohl durch das Lemma-Type + als auch durch + repräsentiert wurde. In einem solchen Fall wurde eine manuelle Korrektur vorgenommen, die damit verbunden war, die ursprünglich getrennten Einheiten auf der Lexikogramm-Ebene unter dem zutreffenden Lemma-Type zusammenzufassen. Die einschlägigen Kohäsionswert- und Rangangaben konnten hierbei freilich nicht als datensatzseitig distinkte Angabepositionen aufrecht erhalten werden, was uns dazu veranlasste, bei den Similaritätsberechnungen (cf. Abschnitt 3.2.2) auf die entweder mit Rang- oder Kohäsionswerten als distinkten Positionen operierenden Gewichtsfunktionen gLL, g1/R und gGAUSS zu verzichten und stattdessen die auf das lexikogramminterne Vorkommen als solches abzielende (und mithin gleichgewichtende) Funktion gID gewissermaßen als «konservative» Variante heranzuziehen. Als weniger problematisch erwies sich hingegen die Zusammenfassung der jeweils auf die Säulenfläche zurückgehenden Auslastungswerte (cf. Abschnitt 3.2.3) für die betreffenden Kollokatoreinheiten. 38
80
Klartext zu den Klassennummern: 1.1 – adjectif antéposé 3.2 – mot pivot = complément du nom (nom + préposition + ) 6.1 – mot pivot = complément direct, indirect ou prépositionnel
Die nach Maßgabe der geschilderten Besonderheiten überarbeiteten Lexikogramme lagen abschließend in einer Fassung vor, die sich, wie folgt, dokumentieren lässt: Tabelle 3.8.: um gid- und Auslastungswerte ergänztes Lexikogramm mit den 5 signifikantesten Adjektiv-, Substantiv- und Verbkollokatoren des Bezugssubstantivs courage im französischen Primärkorpus (Span: 5; Differenzierung nach linkem und rechtem Fensterbereich; Assoziationsmaß: LL) Kollokator Lemma Wortart
Bereich
avoir falloir politique saluer preuve
L L R L L
VER VER ADJ VER NOM
Kohäsion gid-Wert Auslastungs- Syntaktische (log wertKonstruktion likelihood) ( ƚw ) 3575,204 1 0,248 6.1 989,276 1 0,068 6.1 873,258 1 0,06 1.1 868,745 1 0,06 6.1 559,251 1 0,038 3.2
In dieser Form bildeten sie die Datengrundlage für unsere verschiedenen Profilstudien, auf die nun in den kommenden Abschnitten en détail eingegangen werden wird.
81
4
Französische Substantive im paradigmatischen Profilvergleich
4.1
Zur Bestimmung des untersuchten Substantivparadigmas
Die Konzeption des kombinatorischen Profils kann gewiss vor allem dann ihre Nützlichkeit für lexikologische Studien offenbaren, wenn sie zur Kontrastierung bedeutungsnaher lexikalischer Einheiten verwendet wird. Der Begriff des Kontrasts selbst ist bereits durch die Wahl des Terminus «Profil» impliziert, wie auch die Entwicklung der Konzeption exemplarisch an Analysen gekoppelt wurde, die im Bereich der distinktiven Synonymik und des Sprachvergleichs (cf. Blumenthal 2002a) zu verorten sind. In diesem Abschnitt wird es uns vor allem darum gehen, zunächst einen klar umrissenen paradigmatischen Ausschnitt aus dem Bestand französischer Substantive zu bestimmen, der dann im weiteren Verlauf dieser Arbeit einer eingehenden Fallstudie zu unterziehen sein wird. Als Ansatz zu einer solchen Bestimmung bieten sich u.E. vorwiegend zwei Möglichkeiten an: zum einen der Rückgriff auf allgemein zugängliches lexikographisch aufbereitetes Material, wie es etwa in Thesauri oder einsprachigen Wörterbüchern zu finden ist, sofern in diesen explizite Angaben zu paradigmatischen Relationen wie beispielsweise Synonymie oder Antonymie angeboten werden, sowie andererseits die Heranziehung von Daten, die auf eine statistische Auswertung des von uns zu Grunde gelegten Primärkorpus zurückgehen. Wir haben uns für die letztgenannte Option entschieden, nicht zuletzt weil diese der für die vorliegende Arbeit insgesamt gewählten methodischen Orientierung am ehesten entspricht. An diesem Punkt stellt sich die berechtigte Frage, inwiefern sich auf dem Wege einer primär korpusorientierten Herangehensweise überhaupt das Vorliegen einer nach linguistischen Maßstäben relevanten semantischen Relation zwischen mehreren lexikalischen Einheiten und mithin eines von diesen umrissenen Paradigmas feststellen lässt. Ein mögliches Verfahren könnte in diesem Zusammenhang nun darin bestehen, über der Gesamtheit der zu den Lexemeinheiten in einem Korpus ermittelten Lexikogramme Schnittmengen zu bilden und die sich hierbei ergebenden Kookkurrenzparadigmen in weiteren Schritten gegeneinander zu gewichten – ein gewiss vielversprechender, über die Belange dieses Beitrags allerdings auch weit hinausreichender Ansatz. Eine sich etwas bescheidener ausnehmende – und die letztlich von uns präferierte – Alternative, welche vor allem für den Bereich der Substantivlexeme durchaus tragfähig erscheint, bildet demgegenüber die Auswertung eines bestimmten Lexikogramms hinsichtlich der in ihm enthaltenen signifikanten Kollo-
83
katoren, die zu dem betreffenden Bezugswort in einer Koordinations- bzw. Juxtapositionsbeziehung (im Folgenden zusammenfassend Koordinationsbeziehung genannt) stehen. Dieses Vorgehen fußt auf der recht einfachen Arbeitshypothese, dass im Rahmen einer Koordinationsbeziehung vorrangig Wörter zueinander treten, die – abgesehen von ihrer Zugehörigkeit zur selben Formklasse – eine weitgehende Übereinstimmung ihrer inhaltlichen Komponenten, d.h. eine hohe semantische Affinität aufweisen. Für diese Annahme spricht allein schon der Umstand, dass in dem prominenten Fall der gemeinhin unter dem Stichwort «Zeugma» diskutierten Phänomene die als Abweichung empfundenen Effekte auf eine Verletzung der unter semantischen Gesichtspunkten an die Verwendung koordinativer Konstruktionen – gewissermaßen im Sinne des Gestaltprinzips der guten Fortsetzung – geknüpften Wohlgeformtheitserwartungen zurückzuführen sind. Obgleich sich die hier vorgeschlagene Methode also linguistisch durchaus sinnvoll begründen lässt, sollte einer ihrer gewichtigsten Nachteile ebensowenig verschwiegen werden: Macht man die von einem bestimmten Lexem mitgetragenen koordinativen Konstruktionen zum Ausgangspunkt der Bestimmung eines lexikalischen Paradigmas, so kann es passieren, dass ein nicht unerheblicher Teil, wenn nicht gar die Gesamtheit seiner Synonyme letztlich unberücksichtigt bleibt. Dass nämlich synonyme Wörter in einer signifikant messbaren Weise miteinander koordiniert werden, dürfte, abgesehen von der im unmarkierten Fall bestehenden Tendenz zur Vermeidung pleonastisch wirkender Ausdruckseffekte, auch insofern nicht ohne Weiteres erwartbar sein, als die im Rahmen koordinativer Syntagmen eröffneten lexikalisch besetzbaren Strukturpositionen im Regelfall extern gemeinsam geteilte Kookkurrenzpartner bedingen, signifikant häufig durch Koordination verbundene Wörter mithin eine Konvergenz ihrer Kookkurrenzparadigmen erwarten lassen, wohingegen gerade synonyme Lexeme – dies konnte an anderer Stelle bereits gezeigt werden (cf. Blumenthal/Diwersy/Mielebacher 2005) – hinsichtlich ihrer kombinatorischen Profile zur Divergenz neigen, und somit umgekehrt die Wahrscheinlichkeit einer durch gemeinsam geteilte Kollokatoren vermittelten koordinativen Verknüpfung eher gering ist. Diesen möglichen «blinden Fleck» kann die von uns vertretene Herangehensweise nun allersdings dadurch in einem angemessenen Maße kompensieren, dass sie eine prinzipiell andere Perspektive als eine auf synonyme Wortpaare konzentrierte Betrachtung bietet, denn dort, wo letztere auf eine gewissermaßen nach innen gerichtete, mikroskopische Abgrenzung einer kleinen Gruppe von Wörtern hinausläuft, eröffnet die kontrastierende Analyse von Lexemen mit ihren signifikanten Koordinationspartnern den Blick auf ein weiter gefasstes lexikalisches Paradigma, welches einem zusammenhängenden semantischkonzeptuellen Bereich Kontur verleiht, dessen Dimensionen sich im Zusammenspiel divergierender und konvergierender Profilsegmente deutlich abzeichnen. Nach diesen einführenden Bemerkungen soll es im Folgenden um die konkrete Bestimmung des Lexemparadigmas gehen, das uns im weiteren Verlauf dieses Beitrags noch eingehender beschäftigen wird. Wir nehmen dabei in Einklang mit der weiter oben dargelegten Verfahrensweise das Substantiv courage und die im linken und rechten Spanbereich zu findenden signifikanten Kollokator-Substantive, mit denen es koordiniert ist, zum Ausgangspunkt unserer Betrachtungen. Die nachste84
hende Tabelle liefert den entsprechenden Ausschnitt aus dem auf Grundlage unseres Primärkorpus und einer Spangröße von 5 erstellten Lexikogramm: Tabelle 4.1: Signifikante Koordinationspartner im rechten und linken Kotextbereich von courage (Le Monde 1999 / Le Monde 2000 / Le Monde 2002 / Le Figaro 2002, Span 5) Lemma lucidité force volonté dignité ténacité intelligence honnêteté audace imagination abnégation détermination foi sincérité sang-froid clairvoyance énergie lâcheté talent engagement dévouement solidarité endurance esprit patriotisme humilité motivation compétence amour fraternité duplicité rapidité peur générosité intégrité sagesse persévérance fermeté honneur culot conscience fierté fidélité intransigeance beauté obstination loyauté résistance orgueil
Bereich L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L L
Kohäsion 163,152 95,690 92,947 84,689 77,204 74,191 68,601 61,385 58,289 49,980 46,384 44,890 43,963 42,655 39,284 36,274 33,201 32,964 26,996 24,397 23,820 23,617 22,761 21,807 20,391 20,000 19,804 19,404 19,023 17,480 16,879 16,645 16,483 16,183 15,839 15,673 15,368 15,358 15,062 14,266 14,107 13,956 13,560 13,151 12,447 12,386 11,046 11,033
Lemma dévouement détermination lucidité abnégation ténacité volonté audace honnêteté inconscience obstination endurance force peur lâcheté panache dignité constance patience clairvoyance liberté persévérance imagination sacrifice honneur loyauté amour intelligence talent humour résistance héroïsme civisme énergie générosité intégrité sagesse sang-froid patriotisme fidélité acharnement perspicacité humilité habileté curiosité ardeur capacité respect opiniâtreté
Bereich R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R R
Kohäsion 320,305 201,842 196,130 179,996 150,647 129,929 116,958 99,968 73,750 62,964 54,404 49,579 48,537 42,881 41,867 39,968 39,947 39,220 38,401 37,812 36,555 32,296 30,560 30,312 29,728 28,513 28,363 26,285 25,945 25,598 25,536 25,079 24,563 23,745 23,378 23,042 21,875 21,622 20,910 20,174 20,019 19,552 19,481 19,277 18,785 18,714 18,550 18,224
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Lemma
Bereich
Kohäsion Lemma engagement solidarité folie humanité probité fermeté indépendance professionnalisme
Bereich R R R R R R R R
Kohäsion 18,127 18,113 16,972 16,743 15,780 15,425 13,511 11,515
Eine erste Annäherung an die hier zusammengestellten Daten führt zu der recht einfachen Feststellung, dass sich nahezu alle signifikanten Koordinationspartner von courage ohne Weiteres einer jeweils größeren Klasse von Substantiven zuordnen lassen, die ihrerseits wiederum einen Teilaspekt der inhaltlich-konzeptuellen Makrobereiche CHARAKTEREIGENSCHAFTEN, GEISTIGE FÄHIGKEITEN und TUGENDEN versprachlichen, so zum Beispiel: – – – –
KLUGHEIT – lucidité, clairvoyance, intelligence, sagesse ANSTAND – dignité, honnêteté, honneur, sincérité AUSDAUER – constance, fermeté, patience, ténacité WILLENSSTÄRKE – détermination, force, volonté
Einen Sonderfall bilden in dieser Hinsicht gewiss die Substantive peur und lâcheté, die beide in einem Gegensatzverhältnis zu courage stehen. Obwohl sich anhand der für courage signifikanten koordinativen syntagmatischen Muster insgesamt ein unter semantisch-konzeptuellen Gesichtspunkten durchaus kohärentes Bild skizzieren lässt, besteht gleichzeitig der Eindruck, dass ein Teil der hier angeführten Substantive wie audace, patience und volonté dem Kernbereich des paradigmatischen Umfelds von courage angehören, während anderen wie zum Beispiel amour, solidarité oder auch talent ein diesbezüglich eher peripherer Status zukommt. Daher erscheint es gerade auch im Sinne einer kontrollierten Auswertung der zu Grunde gelegten Korpusbefunde vor einer endgültigen Festlegung des in der Folge näher zu untersuchenden Susbstantivparadigmas geboten, einen zusätzlichen Verfahrensschritt durchzuführen, bei dem es darum geht, den in Tabelle 4.5 vorgegebenen Substantivbestand mit den in verschiedenen Wörterbüchern verzeichneten Angaben zu den zwischen courage und anderen Lexemen bestehenden paradigmatischen Relationen zu vergleichen und somit eine gezielte Eingrenzung vorzunehmen. 1
Bei den zu diesem Zweck herangezogenen lexikographischen Quellen handelt es sich im Einzelnen um die 2001 veröffentlichte elektronische Fassung des Nouveau Petit Robert (PR), das am ATILF Nancy kompilierte und vom CRISCO in Caen im Internet zugänglich gemachte Dictionnaire des synonymes (DSC),2 die Printfassung 1
2
86
Dass sich der betreffende Verfahrensschritt auf extern gewonnenes, d.h. lexikographisch erarbeitetes Datenmaterial stützt, steht u.E. - angesichts der sich aus seiner vorwiegenden Kontrollfunktion ergebenden Nachgeordnetheit - nicht im Widerspruch zu dem im Rahmen dieser Arbeit vertretenen Primat einer vorgängigen Korpusorientierung. Im Internet erreichbar über die Adresse < http://www.crisco.unicaen.fr/dicosyn.html > (Stand: 19.01.2006).
der letzten Auflage des Thésaurus Larousse (THELAR), den am ATILF Nancy realisierten Trésor de la Langue Française informatisé (TLFi)3 sowie um die kürzlich in digitalisierter Form erschienene Neuauflage des Grand Robert (GR). In Abhängigkeit von der für die betreffenden Wörterbücher jeweils gegebenen Mikrostruktur wurden unsere Korpusvorgaben hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit den Daten aus folgenden Angabeklassen (AK) untersucht: – AK 1: die über die Datenbank des DSC generierbaren Synonym- und Antonymlisten zum Suchwort «courage» – AK 2: die Lexemangaben innerhalb der jeweiligen Unterartikel des THELAR, in denen courage verzeichnet ist, sowie andererseits die den Substantivlexemen gewidmeten Unterartikel innerhalb des mit ‘Courage’ als Konzeptbezeichnung versehenen Gesamteintrags – AK 3: die Synonymen-, Antonymen- und sonstigen paradigmatischen Verweisangaben (renvois analogiques) im Rahmen der zu courage verfassten Einträge des PR, GR und des TLFi – AK 4: die im PR, GR oder TLFi über die Lemmaangabe erschließbaren Lexeme, in deren Artikel courage seinerseits als Bestandteil einer Synonymen-, Antonymen- und sonstigen paradigmatischen Verweisangabe auftritt – AK 5: die «Ko-Lexeme» aus dem Gesamtbestand der Synonymen-, Antonymenund sonstigen paradigmatischen Verweisangaben, in denen courage im Rahmen des PR, GR und TLFi jeweils aufgeführt wird Die entsprechenden Vergleichsanalysen führen zu den nachstehend in der Synopsetabelle 4.2 zusammengestellten Ergebnissen: Tabelle 4.2: Zwischen courage und seinen signifikanten Koordinationspartnern bestehende paradigmatische Verbindungen nach Ausweis der Wörterbuchquellen DSC, THELAR, TLFi, PR und GR Lemma abnégation acharnement amour ardeur audace beauté capacité civisme clairvoyance compétence conscience constance culot curiosité détermination 3
AK 1 + + + + + -
AK 2 + + + + + + + + +
AK 3 + + + -
AK 4 + + + + -
AK 5 + + + + + +
Zugänglich über die Adresse (Stand: 19.01.2006).
87
Lemma dévouement dignité duplicité endurance énergie engagement esprit fermeté fidélité fierté foi folie force fraternité générosité habileté héroïsme honnêteté honneur humanité humilité humour imagination inconscience indépendance intégrité intelligence intransigeance lâcheté liberté loyauté lucidité motivation obstination opiniâtreté orgueil panache patience patriotisme persévérance perspicacité peur probité professionnalisme
88
AK 1 + + + + + + + + + -
AK 2 + + + + + + + + + + -
AK 3 + + + + + + + + -
AK 4 + + + + + + + + -
AK 5 + + + + + + + + + + + + + + -
Lemma rapidité résistance respect sacrifice sagesse sang-froid sincérité solidarité talent ténacité volonté
AK 1 + +
AK 2 + + + +
AK 3 + +
AK 4 +
AK 5 + + + + +
Legt man in diesem Zusammenhang eine anhand von mindestens zwei Angabeklassen nachweisbare Übereinstimmung als entscheidendes Auswahlkriterium zu Grunde, ergibt sich für unsere weiteren Untersuchungen abschließend folgendes Lexemparadigma (Auflistung in alphabetischer Reihenfolge): acharnement, ardeur, audace, conscience, constance, culot, détermination, endurance, énergie, fermeté, force, générosité, héroïsme, lâcheté, obstination, opiniâtreté, patience, persévérance, peur, résistance, sang-froid, ténacité, volonté Die hier angeführten Substantive dienen in ihrer Gesamtheit der Lexikalisierung eines semantisch-konzeptuellen Bereichs, den wir in Anlehnung an den von Meunier (1999) vorgeschlagenen Begriff der sog. qualités psychologiques agentives eingrenzend als HANDLUNGSIMPULSBEZOGENE DISPOSITIONEN bezeichnen möchten. In dieser Hinsicht lässt sich den betreffenden Lexemen ein gemeinsames Sachverhaltsmakroschema zuordnen, demzufolge sie auf die Relation – einer handlungsbefähigten Instanz X – zu einem aktuellen oder potentiellen Handlungssachverhalt Y, – in den diese als AGENS (AGONIST )4 involviert ist bzw. involviert sein wird Bezug nehmen. In den folgenden Abschnitten werden wir uns in detaillierter Weise der Frage zuwenden, welcher Beitrag zur sprachlichen Dimensionierung dieses Bereichs durch einen Teil der betreffenden Substantive und die von ihnen mitgetragenen lexikalisch-syntaktischen Muster geleistet wird.
4
Die Rollenbezeichnung AGONIST entstammt dem in Talmy (2000a) entwickelten Force Dynamics-Modell und entspricht einer der darin vorgeschlagenen Basiskomponenten (cf. ibd. 414). Sie ist u.E. mit der Vorstellung von einem (POTENTIELLEN) AGENS vor allem im Hinblick auf die ihm zuschreibbaren Handlungsimpulse in hohem Maße kompatibel. Sofern nicht anders angegeben, werden die Ausdrücke AGONIST und AGENS als Rollenbezeichnungen im weiteren Verlauf unserer Ausführungen gleichbedeutend verwendet, wobei der erstgenannte von uns weitgehend den Vorzug erhält.
89
4.2
Similarität, Profilkontraste und paradigmatische Nähe
In diesem Abschnitt möchten wir uns einer detaillierten Analyse des ausgehend von courage und seinen signifikanten Koordinationspartnern ermittelten Substantivparadigmas (siehe hierzu weiter oben) unter dem Aspekt der im Wortprofilvergleich feststellbaren Übereinstimmungen und Abweichungen widmen. Die folgenden sprachtheoretischen Prämissen liegen dabei unseren Ausführungen zugrunde: – In signifikantem Maße nachgewiesene kookkurrenzparadigmatische Konfigurationen, an denen ein Lexem L als Element eines der eingebundenen Kookkurrenzparadigmen beteiligt ist, spiegeln kognitiv verankerte (regelmäßige) semantisch-kategorielle Assoziationen5 wider, vor deren Hintergrund L sein Distinktionspotential gegenüber anderen Lexemen aus dem gleichen Kookkurrenzparadigma einbringt. – Je größer die Anzahl der gemeinsam geteilten Kookkurrenzpartner der Lexeme L1 ... Ln, desto breiter die semantisch-kategorielle Basis, auf der die Aktivierung ihres Distinktionspotentials relevant wird. – Paradigmatische Nähe ist zunächst (sprachsystematisch) in diesem Sinne zu verstehen. Sie ist nicht zwangsläufig gleichzusetzen mit paradigmatischen Relationen wie Synonymie, Antonymie u.a.6 Als Maßzahl für die Bestimmung paradigmatischer Nähe bzw. Distanz und mithin als wesentliche Orientierungsgrundlage für den hier angestrebten Wortprofilvergleich dient uns der sogenannte Ähnlichkeitswert sim. Das entsprechende Berechnungsverfahren wurde in Anlehnung an Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) in Kapitel 3.2.2 bereits ausführlich dargelegt. Die nachfolgend angeführte Tabelle 4.3 enthält die anhand der Gewichtsfunktion gID berechneten Ähnlichkeits- und Distanzwerte,7 die bei einem Vergleich des kombinatorischen Profils von courage mit den jeweiligen Profilen eines Teils der Substantive8 aus dem in Frage kommenden lexikalischen Paradigma (cf. Abschnitt 5 6 7
8
90
Dies ist im Sinne von Hoeys «semantic associations» (cf. u.a. 2005, 16ss.) zu verstehen. Siehe hierzu auch die in Blumenthal/Diwersy/Mielebacher (2005) anhand mehrer Fallstudien getroffenen Feststellungen. Die in Tabelle 4.3 verzeichneten Ähnlichkeits- und Distanzwerte sind freilich unter dem Vorbehalt zu sehen, dass bei der zu ihrer Berechnung eingesetzten Gewichtsfunktion gID die jeweils in Verbindung mit einem bestimmten Bezugswort gegebene Anzahl an signifikanten Kollokatoren keine Berücksichtigung findet. Dies kann in jenen Fällen, in denen zwei Lexikogramme von deutlich unterschiedlichem Umfang einer Similaritätsmessung unterzogen werden, zu gewissen Verzerrungen führen. Um diesem Nachteil entgegenzuwirken, wäre der Einsatz alternativer Gewichtsfunktionen, die wie gLL, g1/R oder gGAUSS eine Normalisierung auf der Grundlage von Kohäsions- und/oder Rangwerten ermöglichen (siehe hierzu Tab. 3.5 in Abschnitt 3.2.2), in Frage gekommen. Hiervon wurde allerdings aufgrund gewisser methodischer Einschränkungen, welche auf der Ebene der Kollokatordaten vorlagen (cf. Abschnitt 3.3, p. 80), zugunsten der Gewichtsfunktion gID abgesehen. Einige der in Abschnitt 4.1 verzeichneten Substantive werden im Folgenden keine Berücksichtigung finden. Dies gilt zum einen aus methodischen Gründen für conscience, endurance, énergie, force
4.1) auf Grundlage des Primärkorpus ermittelt werden konnten. Berücksichtigt9 wurden hierbei die nicht als hapax legomena10 verzeichneten, signifikanten Adjektiv-, Substantiv- und Verbkollokatoren aus einem nach linkem und rechtem Bereich differenzierten Span von max. 5, zu denen die jeweiligen Bezugswörter in einem durch die Valenz des Kollokators bedingten syntaktischen Dependenzverhältnis11 stehen:12 Tabelle 4.3: Similaritätsberechnungen mit dem Kollokatorprofil von courage als Vergleichsgrundlage
9 10
11
12 13 14 15
Ausgangsprofil
Vergleichsprofil
courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage
patience audace fermeté sang-froid ténacité persévérance constance culot générosité détermination
simID 13 0,303 0,302 0,255 0,238 0,238 0,233 0,229 0,202 0,197 0,192
diffID 14 Wertebereich ( simID )15 0,697 1 0,698 1 0,745 1 0,762 2 0,762 2 0,767 2 0,771 2 0,798 2 0,803 3 0,808 3
und résistance, bei denen im Falle des Vorliegens klarer Lesartdivergenzen gleichzeitig ein Zuordnungsproblem hinsichtlich verschiedener spezifischer Begleiter bestand, das nicht – wie etwa bei patience, ténacité, fermeté, constance und détermination, durch eine entsprechende «Säuberung» der betreffenden Ergebnislisten gelöst werden konnte. Als Beispiel sei in diesem Zusammenhang das signifikante Kollokatorverb déployer aus dem Lexikogramm von force genannt, das sowohl in Verbindung mit force1 (‘force morale’, cf. PR (2001) s.v. force I.2) als auch mit force2 (‘forces militaires’, cf. PR (2001) s.v. force II.2) ungefähr gleich häufig zu verzeichnen war. Da nun die von uns gewählte Methode der Similaritätsberechnung nicht an ein Clusterungsverfahren gekoppelt wurde, haben wir uns um der Konsistenz der zu ermittelnden Similaritätsdaten willen als «konservative» Lösungsvariante dafür entschieden, die betreffenden Substantive vorerst nicht zu berücksichtigen. Die Untersuchung der Substantive peur und lâcheté bleibt ihrerseits einer erweiterten Fassung des vorliegenden Beitrags vorbehalten. Zu unserer Vorgehensweise im Hinblick auf die Lexikogrammauswertung siehe ebenso die Ausführungen in Abschnitt 3.3. Als hapax legomena wurden jene Begleiter behandelt, die entweder mit einem Kookkurrenzwert von 1 zu verzeichnen waren oder aber in nur einem Quelltext bzw. in Texten ein und desselben Autors belegt werden konnten. Gemäß dem zu Grunde gelegten syntaktischen Analysereaster handelt es sich hierbei um die Kategorien 3.2, 4.1, 5.1, 6.1 und 6.2 (genauere Angaben sind der im Anhang angeführte Tabelle C zu entnehmen). Wenn im Folgenden ohne weitere Spezifizierung von ‘Kollokator’ gesprochen wird, so sind jene Begleiter damit gemeint, die den hier angeführten Kriterien entsprechen. Similaritätswert gemäß der Gewichtsfunktion gID (zum Berechnungsverfahren cf. Abschnitt 3.2.2). Distanzwert gemäß der Gewichtsfunktion gID (zum Berechnungsverfahren cf. Abschnitt 3.2.2, sowie zu seinen methodischen Nachteilen cf. supra n. 7, p. 90). Die Zuweisung der Similaritätsindices zu den einzelnen Wertbereichen erfolgte anhand der Quartile Q25 = 0,13, Q50 = 0,2 sowie Q75 = 0,24.
91
Ausgangsprofil
Vergleichsprofil
simID
diffID
courage courage courage courage courage courage
volonté opiniâtreté acharnement obstination héroïsme ardeur
0,174 0,143 0,104 0,095 0,095 0,056
0,826 0,857 0,896 0,905 0,905 0,944
Wertebereich ( simID ) 3 3 4 4 4 4
Es sei an dieser Stelle an die vorrangige Zielsetzung unseres Beitrags erinnert, geeignete Deutungs- und Darstellungsformate für die Erforschung kombinatorischer Profile herauszuarbeiten (siehe u.a. Abschnitt 2.3, p. 55). Daher werden wir uns, um ein gewisses Maß an Übersichtlichkeit zu gewährleisten, unter Berücksichtigung der verschiedenen Wertbereiche auf eine Reihe von Pilotstudien zu Profilen eher mittleren Umfangs konzentrieren. Unsere Untersuchungen haben somit in erster Linie exemplarischen Charakter und sollten entsprechend der entwickelten Grundzüge in Folgebeiträgen auf die Gesamtheit des angegebenen Paradigmas ausgeweitet werden. Im Hinblick auf unser weiteres Vorgehen empfiehlt es sich, die Analyse mit jenem Substantiv zu beginnen, für das im Vergleich zu courage der niedrigste Ähnlichkeitswert errechnet wurde, d.h. in diesem Falle mit ardeur. Sollte nämlich die Annahme zutreffen, dass ein niedriger Ähnlichkeitswert Ausweis für ein hohes Maß an paradigmatischer Distanz im oben dargelegten Sinne ist, so sind gerade von einer Kontrastierung der abweichenden Kollokatorbestände weitreichende Aufschlüsse darüber zu erwarten, welche konzeptuellen Einheiten insgesamt zur Dimensionierung der semantisch-kategoriellen Basis beitragen, vor deren Hintergrund courage und die verbleibenden Substantive in sprachsystematisch relevanter Weise überhaupt zueinander in Relation gesetzt werden können. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass in den folgenden Abschnitten dieses Kapitels für courage jeweils nur der mit den Profilen der Vergleichssubstantive übereinstimmende Kollokatorbestand anhand entprechender Synopsetabellen dokumentiert wird. Zur besseren Orientierung sei daher bereits an dieser Stelle die vollständige Version des Lexikogramms von courage wiedergegeben: Tabelle 4.4: als Grundlage des paradigmatischen Profilvergleichs dienendes Lexikogramm von courage
Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
avoir falloir saluer preuve manquer manque hommage donner trouver leçon louer redonner
VER VER VER NOM VER NOM NOM VER VER NOM VER VER
L L;R L L;R L;R L L L L L L L
92
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,44753 0,12677 0,10772 0,06933 0,0523 0,04853 0,01877 0,0174 0,01474 0,01424 0,01374 0,01023
Bezugssubstantiv courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage
Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
admirer exiger montrer demander armer admiratif absence admiration témoigner défaut souhaiter exemple reprendre admirable féliciter nécessiter vanter besoin puiser reconnaître parler signe hymne perdre réclamer apprécier insuffler impliquer respect_2 opposer_1;2 manifester symbole distinguer dénuer incarner supposer consister
VER VER VER VER VER ADJ NOM NOM VER NOM VER NOM VER ADJ VER VER VER NOM VER VER VER NOM NOM VER VER VER VER VER NOM VER VER NOM VER VER VER VER VER
L L L L L L L L L;R R L L L L L L L L L L L L L L L L R L L L R L L L L L R
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,00681 0,0055 0,00501 0,00368 0,00342 0,00315 0,00282 0,00253 0,00243 0,0024 0,00239 0,00217 0,0018 0,00164 0,00156 0,00132 0,00101 0,00096 0,00089 0,00089 0,00086 0,00085 0,00073 0,00073 0,00061 0,00038 0,00033 0,00032 0,00032 0,00023 0,00022 0,00022 0,00018 0,00018 0,00017 1e-05 1e-06
Bezugssubstantiv courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage
Die Gesamtheit der in den Abschnitten 4.3.1 bis 4.3.8 herangezogenen Ergebnislisten kann im Übrigen den jeweils in Form einer um Kookkurrenz- und Kohäsionswerte ergänzten Lexikogrammversion aufgeführten Tabellen D bis L im Anhang entnommen werden.16
16
Letztere sind zudem über die eingeschränkte Dokumentationsversion der KFKDB (< https://santenay.rom.uni-koeln.de/colloc/kokosd/ >) zugänglich.
93
4.3
Einzelvergleichsstudien
4.3.1
Profilvergleich courage – ardeur
Wie der niedrige Ähnlichkeitswert von 0,056 erwarten lässt, halten sich die Profilübereinstimmungen bei ardeur und courage in einem sehr überschaubaren Rahmen, was die nachstehend angeführte Tabelle zu bestätigen vermag: Tabelle 4.5: Profilübereinstimmungen bei courage und ardeur Kollokator Lemma preuve manquer
Wortart NOM VER
Bereich L;R18 - L L;R - L
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht)17 courage ardeur 0,06933 1e-05 0,0523 0,00149
So teilen sich ardeur und courage mit manquer und preuve gerade einmal zwei Kollokatoren, die zudem in Verbindung mit fast jedem der hier zu untersuchenden Substantive19 in signifikantem Maße zu verzeichnen sind. Manquer und preuve bilden – wenn man so möchte – eine «kookkurrenzparadigmatische Klammer» im Hinblick auf die Gesamtheit des in Frage kommenden Substantivparadigmas. Im derzeitigen Stadium unserer Argumentation ist eine eingehende Analyse der betreffenden Kollokatoren jedoch als wenig zielführend zu erachten. Vielversprechender erscheint demgegenüber – wie bereits erwähnt – eine genauere Betrachtung der nach Ausweis des Ähnlichkeitswerts mehr als deutlich ausgeprägten Profildivergenzen. Letztere stellen sich, ausgehend von ardeur, im Vergleich zu courage folgendermaßen dar: Tabelle 4.6: divergenter Kollokatorbestand von ardeur gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage Kollokator
Wortart
Bereich
calmer refroidir tempérer freiner doucher
VER VER VER VER VER
L L L L L
17
18
19
94
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,25927 0,23956 0,15208 0,15078 0,039
Bezugssubstantiv ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur
Im Falle der Zusammenführung von Kollokatorangaben, die im Rahmen der automatisch generierten Lexikogrammversionen zunächst als distinkte Datensätze vorlagen (siehe hierzu Abschnitt 3.3 sowie die nachfolgende Fußnote 18), wurde eine Aufsummierung der betreffenden Auslastungswerte vorgenommen. Begleiter, die sowohl im linken, als auch im rechten Spanbereich des Bezugssubstantivs auftreten, ohne dass sich dessen Argumentstatus verändert, werden als eine Kollokatoreinheit aufgeführt. Eine Ausnahme hierzu stellt héroïsme dar, zu dessen Profil weder manquer noch preuve als signifikante Kollokatoren zu zählen sind. Preuve tritt des Weiteren in nicht signifikanter Weise in der Verbindung mit culot auf. Ein vergleichsweise höheres Maß an Defektivität weisen die hier untersuchten Profile schließlich in Bezug auf manquer als signifikantem Kollokator auf; dies gilt – abgesehen von héroïsme – für die Profile von acharnement, obstination, opiniâtreté, persévérance und ténacité.
Kollokator
Wortart
Bereich
réveiller redoubler rivaliser modérer canaliser ralentir renouveler stimuler contenir calciner décupler rafraîchir ranimer plein mettre mélange atténuer regain éteindre
VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER ADJ VER NOM VER NOM VER
L L L L L L R L L R L L L L L L L L L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,03381 0,03257 0,03097 0,01243 0,00954 0,00617 0,00429 0,00374 0,00304 0,00286 0,00283 0,00278 0,00265 0,00245 0,00232 0,00211 0,00125 0,00104 0,00095
Bezugssubstantiv ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur
An den vier gewichtigsten Kollokatoren, auf die im Übrigen etwas mehr als vier Fünftel der Profilauslastung20 entfällt, lassen sich bereits jene konzeptuellen Klassen / Sachverhaltsperspektivierungen ablesen, die die kategoriell-schematische Prägung des kombinatorischen Profils von ardeur beinahe ausschließlich bestimmen. Es handelt sich hierbei im Einzelnen um die Kategorien ZYKLIZITÄT, DYNAMIZITÄT, KAUSALITÄT sowie INTENSITÄT. Zur Illustration21 sei die folgende, auf einen größeren Teilbestand der in Tabelle 4.7 verzeichneten Kollokatoren bezogene Übersicht gegeben: Tabelle 4.7: Versprachlichung sachverhaltsinhärenter Entwicklung – kategoriellschematische Prägung des Profils von ardeur
Kollokator calmer refroidir tempérer freiner doucher redoubler modérer renouveler stimuler calciner décupler rafraîchir 20 21
DYNAMIZITÄT + + + + + + + + + + + +
KAUSALITÄT + + + + + + + + + +
ZYKLIZITÄT + + +
INTENSITÄT + + + + + + + + + + + +
Zum Begriff der Profilauslastung siehe Abschnitt 3.2.3. Die betreffende Zusammenstellung dient Demonstrationszwecken und erhebt hierbei keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
95
Kollokator atténuer plein
DYNAMIZITÄT + -
KAUSALITÄT + -
ZYKLIZITÄT -
INTENSITÄT + +
Nun liegen die Unterschiede zum kombinatorischen Profil von courage nicht etwa darin begründet, dass im Rahmen des letztgenannten kein einziger Kollokator zum Ausdruck zumindest eines Teils der hier genannten Kategorien zu finden wäre. Entscheidender ist vielmehr, in welcher Kombination die betreffenden Kategorien durch bestimmte Kollokatoren zu komplexeren Schemata gebündelt werden, welche zusätzlichen Kategorien hierbei gegebenenfalls hinzutreten und mit welchen Implikationen bzw. Präsuppositionen sie verbunden sind. Besonders gut lässt sich dies am jeweiligen Status der Kategorien DYNAMIZITÄT, KAUSALITÄT und INTENSITÄT innerhalb der Profile von ardeur und courage verdeutlichen. Alle drei verbinden sich beispielsweise im Falle der bereits erwähnten, zum Profil von ardeur gehörenden Kollokatoren calmer, refroidir, tempérer, freiner (und einiger anderer) zu einem Schema, das man auf einer etwas abstrakteren Ebene als SKALARE TRANSITION bezeichnen könnte. Das kombinatorische Profil von courage enthält hingegen – zumindest nach Ausweis des zugrunde liegenden Primärkorpus 22 – keinen Kollokator, der die besagten Kategorien in vergleichbarer Weise auf sich vereinigen würde. Vielmehr findet man in Verbindung mit courage eine Reihe von Begleitern, die wie etwa avoir,23 trouver, (re)donner, armer, reprendre, puiser, perdre und insuffler die Kategorien DYNAMIZITÄT und/oder KAUSALITÄT mit einer EXISTENZ-bezogenen Sachverhaltsperspektive koppeln und hierbei eine Schematisierung leisten, die nicht als SKALARE, sondern als ABSOLUTE TRANSITION zu betrachten ist.24 Dies lässt wiederum darauf schließen, dass der konzeptuellen Einheit INTENSITÄT im Hinblick auf die kategoriell-schematische Prägung des kombinatorischen Profils von courage eine grundsätzlich anders gelagerte Rolle zukommt als in Zusammenhang mit ardeur. Hierfür spricht vor allem der Umstand, dass zum Bestand des hier untersuchten Typs von Kollokatoren im Rahmen des Profils von courage mit Verben wie falloir, exiger, demander und nécessiter vorrangig solche Begleiter gehören, bei denen die Versprachlichung der Kategorie INTENSITÄT an eine – hierbei dominierende – deontische, d.h. auf den Voraussetzungscharakter des mit courage bezeichneten Sachverhalts verweisende Perspektive geknüpft ist. Mit anderen, etwas plakativeren 22
23 24
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Auf Grundlage des Kontrollkorpus Frantext-romans lassen sich allerdings in Verbindung mit courage auch Kollokatoren nachweisen, die die betreffenden Kategorien DYNAMIZITÄT, KAUSALITÄT und INTENSITÄT gleichermaßen bündeln. Hierbei handelt es sich um das ebenfalls in Kombination mit ardeur zu findende ranimer (cf. supra) sowie um raidir. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass gerade die gewichtigsten Kollokatoren innerhalb des Profils von ardeur – calmer, refroidir, tempérer und freiner – eine im Vergleich zu ranimer und raidir umgekehrte skalare Orientierung zum Ausdruck bringen. Dies gilt allerdings nur für die Verwendung des betreffenden Verbs in einer Form des accompli. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das kombinatorische Profil von ardeur vor allem mit réveiller und éteindre zwei Kollokatoren aufzuweisen hat, deren Schematisierungsleistung im Grenzbereich zwischen SKALARER vs. ABSOLUTER TRANSITION angesiedelt ist. Kollokatoren wie donner, armer und trouver sind demgegenüber jedoch deutlicher auf eine existenzbezogene Sachverhaltsperspektive festgelegt.
Worten: Im Falle von courage geht es um ein «notwendiges Minimum» an Intensität (eine Konzeptualisierung, die sich darüber hinaus leicht in Richtung einer existenzbezogenen Sachverhaltsperspektive (siehe oben) erweitern lässt), im Falle von ardeur hingegen um ein «Mehr oder Weniger»,25 wobei das Vorliegen des «notwendigen Minimums» stets präsupponiert ist. Das soeben Gesagte legt die Hypothese nahe, dass sich anhand der Kategorie der INTENSITÄT und der jeweiligen Art ihrer über signifikante Kollokationsmuster erfolgenden Versprachlichung eine Dimension aufzeigen lässt, die als paradigmatische Trennlinie die im Rahmen dieses Abschnitts zu analysierenden Substantive und die durch sie gegebenen Lexikaliserungsoptionen grundlegend voneinander unterscheidet. Dies ist insofern keine Überraschung, als die betreffenden Substantive allesamt – wenn auch in unterschiedlicher Perspektive – der Bezeichnung HANDLUNGS I M P U L S BEZOGENER DISPOSITIONEN (siehe oben) dienen und die Vorstellung eines Impulses nicht sinnvoll von der seiner Stärke, d.h. eben seiner Intensität zu trennen ist. Im Hinblick auf die kommenden Analyseschritte erscheint es daher sinnvoll, zunächst den Begriff der Intensität noch etwas zu präzisieren: INTENSITÄT stellt ein Konzept mit grundsätzlich skalarem Charakter dar und setzt als solches sowohl die Vorstellung eines Norm- bzw. Referenzpunktes als auch einer Orientierung (Absinken/Regression vs. Ansteigen/Progression) voraus. Unter Berücksichtigung unserer bisherigen Ausführungen lassen sich diese Aspekte für die kombinatorischen Profile der beiden in Frage stehenden Substantive folgendermaßen fassen: – Im Falle von courage fällt der Referenzpunkt mit dem notwendigen Minimum (siehe oben) zusammen. Gleichzeitig ist die skalare Schematisierung des Handlungsimpulses allerdings soweit in den Hintergrund gedrängt, dass das Perspektivzentrum ausschließlich bei dem genannten Referenzpunkt verbleibt. Wie weiter oben festgestellt wurde, trifft dies insbesondere in Zusammenhang mit Begleitern wie donner, trouver, perdre u.ä. zu. Die Art der von ihnen in der Kombination mit courage geleisteten Schematisierung hatten wir dabei als ABSOLUTE TRANSITION bezeichnet. Die von den betreffenden Kollokatoren zum Ausdruck gebrachte Orientierung ist hierbei vornehmlich26 progressionsbezogen (cf. donner, redonner,27 trouver, armer gegenüber regressivem perdre). – Im Falle von ardeur ist der Referenzpunkt weit oberhalb des notwendigen Minimums angesiedelt. Letzteres ist, wie bereits erwähnt, präsupponiert und stellt somit einen sekundären Referenzpunkt dar, wodurch sich insgesamt auf der Basis des kombinatorischen Profils von ardeur in dieser Hinsicht eine komplexe25 26
27
Durch die ranghöchsten Kollokatoren im Profil von ardeur (calmer, refroidir, tempérer, freiner) wird deutlich, dass es dabei vor allem um ein «Weniger» geht. Innerhalb des Profils von courage übertrifft das relative Gewicht der progressionsbezogenen Kollokatoren (donner, redonner, trouver, armer) jenes der regressionsbezogenen Kollokatoren (perdre) um etwas mehr als das 65-fache. Die Verhältnisse in diesem Zusammenhang sind in Bezug auf redonner zugegebenermaßen etwas vereinfacht dargestellt, da mit diesem Verb aufgrund der von ihm zusätzlich realisierten zyklischen Sachverhaltsperspektive eine komplexere Konzeptualisierung als im Falle von donner, trouver, armer oder perdre verbunden ist.
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re Konzeptualisierung ergibt als im Falle von courage. Die von uns vorgeschlagene ad-hoc-Paraphrase des «Mehr oder Weniger» ließe sich, so gesehen, auch im Sinne eines «Mehr als Nötig» fassen. Hiermit steht auch in Zusammenhang, dass die Vorstellung von Skalarität über das Profil von ardeur vollständig zur Entfaltung kommt, wobei die betreffenden Kollokatoren auf die Intensitätsentwicklung in ihrer Bandbreite jenseits des notwendigen Minimums verweisen. Wir hatten diesbezüglich auch von SKALARER TRANSITION gesprochen. Die überwiegende Mehrheit der in Frage kommenden Begleiter bringt hierbei eine regressive Orientierung zum Ausdruck – so z.B. calmer, refroidir, tempérer, freiner, doucher u.a. im Unterschied zu den progressionsbezogenen redoubler oder auch réveiller. Die folgende Tabelle fasst die dargelegten Kontraste noch einmal zusammen: Tabelle 4.8: intensitätsbezogene Aspekte der Konzeptualiserung des Handlungsimpulses vor dem Hintergrund der kombinatorischen Profile von courage und ardeur. Bezugssubstantiv
Transitionstyp
Referenzpunkt
Orientierung
courage
absolut
M
Progression
ardeur
skalar
>> M
Regression
Abkürzungen und Symbole – M: notwendiges Minimum; >>: im oberen Skalenbereich lokalisierbar
Die unterschiedliche Konzeptualisierung von INTENSITÄT, die sich vor dem Hintergrund der kombinatorischen Profile von ardeur und courage abzeichnet, gibt nicht zuletzt Anlass dazu, sich etwas eingehender mit der Perspektive zu beschäftigen, die die betreffenden Substantive auf das über den Begriffskomplex HANDLUNGSIMPULS an sie geknüpfte Sachverhaltsschema (cf. Abschnitt 4.1, p. 89) mit den semantischen Aktanten oder Partizipantenrollen AGONIST / AGENS28 (in der Folge auch X-Partizipant) und HANDLUNG (Y-Partizipant) jeweils eröffnen. Die in Zusammenhang mit dem Profil von courage gegebene Fokussierung des notwendigen Minimums besitzt, wie bereits mehrmals erwähnt wurde, eine besondere Affinität zu einer existenzbezogenen Sachverhaltssicht. Dies betrifft zunächst gewiss die Existenz des mit courage bezeichneten Sachverhalts, geht aber gleichzeitig mit einer wichtigen Implikation hinsichtlich des zum situationellen Schema dieses Substantivs gehörenden Y-Partizipanten einher: So ist nämlich die Vorstellung des mit courage bezeichneten Sachverhalts aufs Engste an die essentielle Frage nach der Existenz, oder besser gesagt, dem Stattfinden einer bestimmten, dem YPartizpanten entsprechenden Handlung gebunden. Eben diese Frage bleibt im Falle von ardeur ausgeblendet: Das Stattfinden einer Handlung gilt hier als vorausgesetzt. Das heißt m.a.W.: Während sich courage auf die Voraussetzungen für eine 28
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Bei der Einführung der betreffenden Rollenbezeichnungen im Zusammenhang mit dem für den konzeptuellen Bereich der HANDLUNGSIMPULS-DISPOSITIONEN vorgeschlagenen allgemeinen Sachverhaltsschema wurde bereits darauf hingewiesen, dass beide Ausdrücke im Verlauf unserer Ausführungen gleichbedeutend verwendet werden sollen, die Bezeichnung AGONIST jedoch weitgehend präferiert werden wird (siehe hierzu n. 4, Abschnitt 4.1).
bestimmte Handlung unter dem Aspekt des Übergangs von Nicht-Handeln zu Handeln bezieht und letztere auf demselben Wege gleichsam charakterisiert, bezieht sich ardeur eher auf die verhaltensmäßigen Umstände29 eines hinsichtlich seines Stattfindens präsupponierten Handlungssachverhalts. Hieraus ergeben sich gleichzeitig Unterschiede im Hinblick auf die Konturierung des Y-Partizipanten: so ist courage mit einer limitativ-transzendenten, auf eine bestimmte Einzelhandlung als Element einer folgenbehafteten Ereignissequenz abzielenden Perspektive, ardeur hingegen mit einer szenisch-immanenten30 Perspektive verbunden.31 Der hier dargelegte Unterschied lässt sich insbesondere auch an den folgenden Divergenzen zwischen den kombinatorischen Profilen beider Substantive festmachen: – Courage bildet mit den teilweise hoch spezifischen Kollokatorverben avoir, trouver, donner und redonner lexikalisch-syntaktische Muster, in die der Y-Partizipant unmittelbar ausdrucksseitig über ein attributivisches Infinitivkomplement eingebunden ist. Die diesem Konstruktionsmuster entsprechenden satztragenden Syntagmen avoir le courage de V-inf,32 trouver le courage de V-inf etc. 29
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Dies sollte allerdings nicht so missverstanden werden, als eigneten sich courage und ardeur in einem grundlegend unterschiedlichen Ausmaß zur Verwendung im Rahmen eines zirkumstantiellen Syntagmas. So kommt zum Beispiel (linksstehendem) avec als spezifischstem präpositionalen Begleiter in zirkumstantieller Funktion innerhalb der Profile von courage und ardeur mit 393,02 bzw. 442,8 jeweils ein beträchtlich hoher Kohäsionswert zu. Diese Bezeichnungen sind der Terminologie der auf das Französische bezogenen frankophonen Aspekt- und Tempusforschung entlehnt. Dabei entsprechen die Termini ‘transzendent’ bzw. ‘immanent’ dem von G. Guillaume geprägten Begriffspaar ‘transcendent’ vs. ‘immanent’, für das üblicherweise die Bezeichnungen ‘accompli’ vs. ‘inaccompli’ verwendet werden. ‘Limitativ’ und ‘szenisch’ entsprechen ihrerseits der Unterscheidung ‘limitatif’ vs. ‘non-limitatif’(alternativ auch ‘non-sécant’ vs. ‘sécant’). Wir verwenden deshalb den Ausdruck ‘szenisch’, weil sich weder non limitatif noch sécant besonders gut für eine direkte Entlehnung ins Deutsche eignen. Wir beziehen uns mit dieser Unterscheidung bewusst auf das System des französischen Verbalaspekts, weil hier u.E. durchaus gewisse Analogien zu der von beiden Substantiven in Bezug auf den Y-Partizipanten jeweils geleisteten Perspektivierung gesehen werden können. So ist mit courage insofern eine limitativ-transzendente Perspektive verbunden, als es – ähnlich wie im Falle des passé composé – einerseits (limitativ) den dem Y-Partizipanten entsprechenden Handlungssachverhalt in seiner Ganzheitlichkeit als Ausgangspunkt einer Sequenz von (implizierten) Folgeereignissen identifiziert und andererseits (transzendent) auf den Übergang von nicht Handeln zu Handeln und dem daraus, d.h. aus dem Überschreiten der «kritischen Impulsschwelle», resultierenden Eintreten und Bestehen des Handlungssachverhalts abhebt. Ardeur hingegen leistet dahingehend eine szenisch-immanente Perspektivierung, dass es – in analoger Weise zum imparfait – (szenisch) den dem Y-Partizipanten entsprechenden Handlungssachverhalt von innen heraus, d.h. ohne Einbeziehung seiner existenzrelevanten Grenzen (und jenseits davon liegender Sachverhalte), erfasst und (immanent) auf diesen in seinem bloßen Ablauf bezogen bleibt. Der hier angesprochene essentielle Bezug von courage zu einem bestimmten Handlungsereignis lässt sich im Übrigen auch bei dem ebenfalls mit avoir als Kollokatorverb gebildeten satztragenden Muster avoir du courage ausmachen. So besteht nämlich in Verbindung mit diesem eine gewisse Tendenz, den Y-Partizipanten als Element eines logisch-semantischen
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lassen in geradezu exemplarischer Weise den essentiellen Bezug deutlich werden, der mittels des Substantivs courage zu einem spezifischen Handlungesereignis hergestellt wird. Sie besitzen hierbei die Funktion einer Modalkonstruktion.33 – Anders als im Falle von ardeur weist das kombinatorische Profil von courage mit den deontisch ausgerichteten Kollokatoren demander, nécessiter und exiger sowie dem evidenzkennzeichnenden témoigner oberhalb der Spezifizitätsschwelle34 eine Reihe von Verben auf, durch die für die Kodierung des Y-Partizipanten die Position des Satzsubjekts eröffnet wird. In Verbindung mit courage ergeben sich somit auf der Ebene der prädikativen Syntagmen im Unterschied zum kombinatorischen Profil von ardeur einige Ausdrucksoptionen, die es ermöglichen, ein bestimmtes Handlungsereignis zu topikalisieren und folglich mit einem hohen Maß an diskursiver Salienz zu versehen. – Zum Profil von courage gehört mit consister – wenn auch nur am Rand zur Spezifizitätsgrenze – ein kopulatives Verb, welches auf Satzebene einen elaborierend-spezifierenden Bezug zwischen dem auf ein bestimmtes Handlungsereignis verweisenden Y-Partizipanten und courage herstellt. Dies verdeutlicht der folgende Korpusausschnitt: (4-1) Le courage politique consiste à faire des choix et à les faire assez tôt pour éviter d’avoir à prendre sous la pression de mauvaises décisions. Il consiste aussi à dire à nos concitoyens que leurs choix d’aujourd’hui conditionnent ceux de demain, et parfois hypothèquent l’avenir. (Le Monde 2000: Sortir de la schizophrénie pétrolière, 08/09/2000, p. 16)
Die Verbindung zwischen consister und ardeur lässt sich ihrerseits hingegen weder auf der Basis unseres Primärkorpus, noch auf der unseres Sekundärkorpus Frantext-romans belegen,35 was u. E. wiederum ein deutliches Indiz für den Komplexes in elaborierend-exemplifizierender Funktion im nachfolgenden Kotext zu verprachlichen. Dies lässt sich u.a. an dem folgenden unserem Primärkorpus entnommenen parataktischen Satzgefüge verdeutlichen:
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Ils ont du courage à France 2: prenant à la lettre l’axiome selon lequel il n’y a pas que le football dans la vie, les responsables de la chaîne publique ont permis à Arlette Chabot et à Alain Duhamel, avec leur émission «Mots croisés», de perturber l’europhorie générale en abordant un sujet grave. (Le Monde 2000: Dialogue de sourds, 28/06/2000, p. 36) Wir schließen uns somit der Einschätzung von Meunier (1999, 113s.) bezüglich des prädikativen Syntagmas avoir le courage de V-inf grundsätzlich an, halten diese darüber hinaus aber auch hinsichtlich der analog mit trouver, donner und redonner gebildeten lexikalischsyntaktischen Muster für zutreffend. Für die Kombination von ardeur mit den in Frage stehenden Begleitern wurden unter Berücksichtung einer Trennung nach linkem (L) und rechten (R) Spanbereich folgende Spezifitätswerte ermittelt: témoigner: 7,08 (L), 2,63 (R); exiger: 2,24 (L), 2,64 (R); demander: 0,11 (L), 0 (R). Die Verbindung von ardeur und nécessiter ist auf Basis des Primärkorpus nicht belegt. Auch eine erweiterte Kontrollrecherche auf der Grundlage von WebCorp/Google (Stand: 04.08.2006) anhand des Suchmusters < ardeur * consiste > lieferte keinen Beleg für die betreffende Kombination.
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szenisch-immanenten Charakter des konzeptuellen Verhältnisses zwischen ardeur und dem dem Handlungsereignis entsprechenden Y-Partizipanten darstellt. Zum Abschluss des Vergleichs der Profile von ardeur und courage soll ein weiterer Aspekt nicht unerwähnt bleiben, der, obgleich er das kombinatorische Potential von courage gegebenüber jenem von ardeur in deutlichem Maße abgrenzt, bisher nicht zur Sprache gekommen ist, im Lichte der herausgearbeiteten primären Abweichungstendenzen besehen, aber nachvollziehbar erscheint. Es handelt sich hierbei um die ausgeprägt (inter)subjektive Dimension des Profils von courage, die getragen wird von Kollokatorausdrücken vermittelter und unmittelbarer wertender Stellungnahme. Zu nennen wären in dieser Hinsicht vor allem die expressiven Sprechaktverben saluer und louer, die Sprechakt-Nominalisierung hommage36 sowie schließlich andere evaluative Ausdrücke wie admirer oder souhaiter.37 Dieselben bzw. entsprechende Kollokatoren sind in Verbindung mit ardeur oberhalb der Spezifitätsgrenze auf Grundlage unseres Primärkorpus nicht nachzuweisen. Der Status des Konzepts EVALUATION als eine der Hauptachsen der kategoriellschematischen Prägung des kombinatorischen Profils von courage sowie der in dieser Hinsicht gleichzeitig defektive Charakter des Profils von ardeur lassen sich nun durchaus in einen Zusammenhang mit der an die beiden Substantive jeweils gekoppelten Schematisierung von DYNAMIZITÄT und INTENSITÄT und dem dabei festgestellten Gegensatz zwischen einer einerseits skalaren sowie andererseits (existenzbezogen) bipolaren Ausrichtung38 bringen. So besitzt nämlich die durch das kombinatorische Profil von courage gestützte Konzeptualisierung des Handlungsimpulses im Sinne eines notwendigen Minimums an Intensität (siehe oben) eine eindeutig deontische Komponente, wobei eine deontische Sachverhaltsperspektive ihrerseits wiederum stets auch eine wertende Stellungnahme voraussetzt. So gesehen, stellt die anhand des kombinatorischen Profils von courage zu beobachtende Ko-Präsenz evaluativer und deontisch modalisierender Kollokatoren als Aussdrucksoptionen hinsichtlich zweier gleichermaßen profiltragender und zueinander affiner Dimensionen keine Überraschung dar. Diesbezüglich jedoch zugleich auf eine Korrelation im
36 37
38
Die Verbindung von hommage und courage ergibt sich ihrerseits in der Regel über das lexikalisch-syntaktische Muster rendre hommage à. Darüber hinaus wären in diesem Zusamnenhang auch noch attributiv verwendete evaluative Adjektive wie admirable (Kohäsionswert: 32,59/Spanbereich: Rechts), exceptionnel (23,46/R) oder remarquable (15,35/R) zu nennen, die allerdings als signifikante Kollokatoren mit courage einen Typ von lexikalisch-syntaktischen Mustern bilden, der im Rahmen des hier angestrebten Profilvergleichs keine weitere Berücksichtigung finden soll (siehe hierzu bereits unsere einführenden Bemerkungen zu diesem Kapitel). Interessant ist in diesem Zusammenhang die auf die Entwicklung der europäischen Geistesgeschichte bezogene Feststellung Kleinschmidts, dass im naturwissenschaftlich-philosophischen Diskurs des 18. Jahrhunderts gegenüber den bis dahin vorherrschenden bipolaren, gänzlich der Differenz von Existenz und Nicht-Existenz verpflichteten Wahrnehmungsund Beschreibungsmodellen mit dem Konzept ‘Intensität’ eine vornehmlich auf Graduierung und Skalarität abhebende alternative Denkfigur bewusst herausgearbeitet und etabliert wird (cf. u.a. Kleinschmidt 2004, 15ss.).
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strengen Sinne zu schließen, wäre dem jetzigen Stand unserer Analyse gemäß gewiss verfrüht. 4.3.2
Profilvergleich courage – héroïsme
Für das kombinatorische Profil von héroïsme haben die am Profil von courage ausgerichteten Similaritätsberechnungen ein Ergebnis geliefert, das im Hinblick auf die Gesamtheit des in unsere kontrastive Analyse einzubeziehenden Substantivparadigmas, wie im Falle von ardeur, im unteren Wertebereich anzusiedeln ist (cf. Tab. 4.3). Die beiden folgenden Tabellen dokumentieren einerseits die bei courage und héroïsme festzustellenden Profilübereinstimmungen sowie andererseits den im Vergleich zu courage abweichenden Bestand an signifikanten Kollokatoren von héroïsme: Tabelle 4.9: Profilübereinstimmungen bei courage und héroïsme Kollokatoren Lemma hommage vanter
Wortart NOM VER
Bereich L L
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage héroïsme 0,01877 0,23536 0,00101 0,20403
Tabelle 4.10: divergenter Kollokatorbestand von héroïsme gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
oublier exalter éloge nostalgie notion conception avoir_2 (il y a)
VER VER NOM NOM NOM NOM VER
L L L L L L L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,15456 0,11943 0,10762 0,07943 0,03908 0,03692 0,02357
Bezugssubstantiv héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme
Anhand der signifikanten Begleiter, die es mit courage gemeinsam teilt, wird ersichtlich, dass héroïsme eine besondere Stellung innerhalb des zu untersuchenden lexikalischen Paradigmas einnimmt. So sind nämlich die verbleibenden Substantive ausnahmslos alle über einen der Kollokatoren falloir, manquer oder preuve mit courage in jeweils umfangreichere kookkurrenzparadigmatische Konfigurationen 39 39
Das von preuve als signifikantem Kollokator mitkonstituierte Kookkurrenzparadigma ist hierbei am umfangreichsten und umfasst neben courage die Substantive acharnement, ardeur, audace, constance, détermination, fermeté, générosité, obstination, opiniâtreté, patience, persévérance, sang-froid, ténacité und volonté. Das Verb manquer bildet seinerseits mit courage sowie ardeur, audace, constance, culot, détermination, fermeté, générosité, patience, sang-froid und volonté die zweitgrößte kookkurrenzparadigmatische Konfiguration.
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eingebunden (siehe hierzu auch bereits n. 19, p. 94), während héroïsme im Hinblick auf sein kombinatorisches Potential lediglich zu den Profilen drei weiterer Substantive, zu denen neben courage noch persévérance und ténacité gehören, eine Übereinstimmung aufweist und mit diesen, vermittelt über die Kollokatoren hommage, vanter und oublier erwartungsemäß auch nur jeweils kleinere Kookkurrenzparadigmen bildet.40 In diesem Zusammenhang erscheint nun bemerkenswert, dass die kookkurrenzparadigmatische Einbindung von héroïsme vorrangig durch Kollokatoren bedingt ist, die eine wertende Stellungnahme zum Ausdruck bringen und mithin der Versprachlichung des Konzepts EVALUATION dienen. Wie im Folgenden noch etwas detaillierter zu zeigen sein wird, hat man es hier mit einer Kollokatordimension zu tun, auf deren Basis die Profile von courage und héroïsme bei aller Gemeinsamkeit zu durchaus unterschiedlichen Akkzentsetzungen neigen. Zunächst aber soll in der gebotenen Kürze auf weitere Divergenzen größeren Ausmaßes eingegangen werden, die hinsichtlich der kombinatorischen Profile von courage und héroïsme zu beobachten sind. Diese betreffen vor allem: – das bereits erwähnte Fehlen von primär evidenzkennzeichnenden und deontischen Kollokatoren (wie z.B. preuve, témoigner, montrer bzw. falloir, exiger oder auch manquer) im Rahmen des Profils von héroïsme – den vollständig defektiven Charakter des Profils von héroïsme hinsichtlich einer Versprachlichung der Kategorien DYNAMIZITÄT / KAUSALITÄT und INTENSITÄT. Die letztgenannten spielen – darauf wurde in vorausgegangenen Abschnitten ausführlich hingewiesen – eine tragende Rolle in Zusammenhang mit der unterschiedlichen Ausprägung des kombinatorischen Potientials von Substantiven wie courage und ardeur. Mit héroïsme liegt nun aber innerhalb des hier zu untersuchenden lexikalischen Paradigmas der Fall eines Substantivs vor, dessen Profil sich dem Einfluss der betreffenden Kategorien gewissermaßen «entzieht». Dies (wie auch das Fehlen von Kollokatoren mit deontischer Ausrichtung) zeigt, dass der Impuls-Gedanke bei héroïsme insgesamt klar im Hintergrund steht. Aus unseren bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass das Konzept EVALUATION als maßgebliche Dimension zur kategoriell-schematischen Prägung des kombinatorischen Profils von héroïsme beiträgt, und es erscheint daher lohnenswert, die Kollokatorbestände von courage und héroïsme gerade im Hinblick auf diesen Konzeptbereich etwas eingehender miteinander zu kontrastieren. In diesem Zusammenhang fällt nun zunächst auf, dass durch die in Frage kommenden spezifischen Begleiter bei beiden Substantiven ausnahmslos eine positive Sachverhaltsbewertung versprachlicht wird. Im Falle von courage handelt es sich dabei um Verben, Substantive und Adjektive, die entweder auf einen Sprechakt
40
Auch durch falloir wird mit courage, audace, culot, détermination, obstination, opiniâtreté, patience, persévérance und ténacité eine größere Zahl der von uns zu untersuchenden Substantive kookkurrenzparadigmatisch eingebunden. Die verbleibenden Kollokatorausdrücke bilden mit den betreffenden Substantiven jeweils kleinere Konfigurationen. Bei den entsprechenden kookkurrenzparadigmatischen Konfigurationen handelt es sich im Einzelnen um [{hommage} + {courage; héroïsme; persévérance; ténacité}], [{vanter} + {courage; héroïsme}] sowie [{oublier} + {héroïsme; ténacité}].
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(cf. saluer, hommage, louer, féliciter, vanter, reconnaître, hymne) oder aber auf einen mentalen Zustand (cf. admirer, admiratif, admiration, admirable,41 apprécier, respect) Bezug nehmen. Unter den zum Profil von courage gehörenden Sprechaktausdrücken dominieren wiederum (erwartungsgemäß) die Expressive; mit souhaiter ist allerdings auch – obschon in einem nahezu vernachlässigbaren Maße – ein direktives Verb42 vertreten. Im Unterschied zu courage enthält das Profil von héroïsme seinerseits keine rein auf mentale Zustände bezogenen evaluativen Kollokatoren, es ist vielmehr mit hommage, vanter, exalter und éloge auf Verben und Substantive festgelegt, die der Bezeichnung eines expressiven Sprechakts dienen. Auf die letztgenannte Gruppe von Kollokatoren werden wir uns – nicht zuletzt um einer möglichst deutlichen Kontrastierung beider kombinatorischen Profile willen – im Folgenden konzentrieren. Es wird uns in diesem Zusammenhang auf Kriterien ankommen, die sich größtenteils aus dem im Rahmen des (seinerzeit am IdS Mannheim angesiedelten) Projekts ESKA (Erklärende Synonymik kommunikativer Ausdrücke des Deutschen) entwickelten konzeptuellen Ordnungssystem (cf. insbesondere Harras et al. 2004 sowie Winkler 2001) ableiten lassen. Bei diesen Kriterien handelt es sich im Einzelnen um: (1) die Homogenität des Verhältnisses von aktuellem und besprochenem Äußerungssachverhalt, d.h. von Verwendungs- und Bezugssituation43 (VS/BS) gemäß Harras et al. 2004, 10),44 wobei es vor allem um die Frage nach der Deckungsgleichheit der jeweiligen Perspektive des Sprechers in VS, d.h. des locuteur einerseits sowie des Sprechers in BS, d.h. des protagoniste45 andererseits geht. 41 42
43 44
45
Es geht uns hierbei um die Verwendung von admirable im Rahmen des lexikalisch-syntaktischen Musters (être) admirable de courage. Direktive Ausdrücke enthalten neben einer voluntativ-deontischen ebenfalls eine evaluative Komponente. Sie unterscheiden sich von den Expressiven dadurch, dass sie auf die Welt des Hypothetischen bzw. Kontrafaktischen bezogen sind, während die letztgennanten die Faktizität des bewerteten Sachverhalts voraussetzen. Souhaiter steht im Übrigen aufgrund seiner deontischen Prägung in einer deutlichen Nähe zu den innerhalb des Profils von courage in prominenterer Weise vertretenen Kollokatoren falloir, nécessiter, supposer, impliquer, demander, exiger und réclamer. Gerade die zuletzt genannten drei Verben treten über ihren in Kombination mit courage zu verzeichnenden subjektivierten Gebrauch hinaus auch in nicht-subjektivierter, objektiver Verwendung auf, wobei sie dann wiederum als direktive Sprechaktverben fungieren. Äquivalent hierzu kommen auch die Termini Diskurssituation und Rekurssituation zur Verwendung (cf. Winkler 2001, 196). Es handelt sich hierbei um eine – nicht zuletzt im Hinblick auf explizit evaluative Ausdrücke – in der linguistischen Analyse (alt)bewährte Differenzierung, der bereits Bally mit seiner Unterscheidung zwischen «modus» und «dictum» (cf. 1965, 35ss.) große Bedeutung zumisst. Zu den neueren Arbeiten, die einen vergleichbaren Ansatz propagieren, gehört neben dem Beitrag von Harras et al. die 2005 erschienene Abhandlung von Verhagen (cf. für Sprechaktverben insbesondere 104ss.), der in Anlehnung an die von Langacker (1991, 215) unter dem Stichwort «construal relation» getroffene Unterscheidung «subject of conception» vs. «object of conception» zwischen «Subject of conceptualization» und «Object of conceptualization» differenziert. Die betreffenden terminologischen Kennzeichnungen sind einem der Klassiker der französischen Grammatikschreibung, Damourette/Pichon (1911–1936, 177; §1709), entlehnt.
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Die in Frage kommenden Kollokatoren eröffnen in diesem Zusammenhang Realisierungsoptionen, die es dem locuteur erlauben, im Sinne einer Dissensoder Konsensmarkierung gegenüber dem besprochenen Äußerungsakt und mithin dem protagoniste entweder eine distanzierte oder eine neutrale46 Einstellung zu signalisieren. (2) die kommunikativen Einstellungen des protagoniste,47 bei denen dem ESKAModell zufolge auf einer weiteren Ebene zwischen der propositionalen Sprechereinstellung, der intentionalen Sprechereinstellung und den Vorannahmen des Sprechers unterschieden werden kann (cf. Winkler 2001, 200ss.). Was die Kontrastierung des in Verbindung mit den gegebenen kommunikativen Ausdrücken zu beobachtenden kombinatorischen Verhaltens der Substantive courage und héroïsme anbelangt, so liefert vor allem die Betrachtung der propositionalen Sprechereinstellung sowie der Sprechervorannahmen die entscheidenden Anhaltspunkte. Das von uns vorzuschlagende Analyseraster weicht allerdings insofern deutlich von der im Rahmen von ESKA entwickelten Merkmalsmatrix ab, als es gewisse im Hinblick auf eine detaillierte Untersuchung expressiv-evaluativer Ausdrücke notwendige Erweiterungen vornimmt.48 Kern unserer Überlegungen ist hierbei die recht schlicht anmutende Erkenntnis, dass jeglichem Akt der Bewertung – zumal nach dem Schema «gut - schlecht» – das konstitutive Moment einer normativen Orientierung innewohnt. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, über die an evaluative Ausdrücke primär geknüpfte Präsupposition, dass der bewertete Sachverhalt P eine Tatsache darstellt, hinauszugehen und zusätzlich nach zwei (sprecherseitig evozierten) Erwartungshaltungen zu differenzieren, die im Akt des Bewertens mit dieser gewissermaßen koordiniert werden.49 Bei den betreffenden Erwartungshaltungen handelt es sich um: (a)
die (seitens des Sprechers inszenierte) Normerwartung bezüglich des Eintretens von P im Verhältnis zu dessen Faktizität (b) die persönliche Erwartung des Sprechers in Bezug auf das Eintreten von P unter den im Vorfeld von P gegebenen Umständen50
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48
49
50
Grundsätzlich würde sich für die hier zu treffende Unterscheidung auch das im Gefolge von Ducrot (1984) entwickelte Polyphonie-Konzept anbieten. Dieses reicht jedoch in seinen Implikationen weit über die im Rahmen dieses Abschnitts verfolgten Ziele hinaus. Dies stellt unseres Erachtens den Default-Fall dar. Sollte im Rahmen der nun folgenden Ausführungen von ‘Sprecher’ die Rede sein, so ist – soweit nicht anders angegeben – damit die Perspektive des Sprechers der Bezugssituation, d.h. also des protagoniste, gemeint. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich das im Rahmen von ESKA entwickelte konzeptuelle Ordnungssystem einem wesentlich allgemeineren Anspruch verpflichtet sieht. Dieses ist nämlich in erster Linie auf die Entwicklung einer Basistypologie aller im Deutschen vorzufindenden Sprechaktverben ausgerichtet, von denen die sogenannten Expressive eben nur eine Unterklasse darstellen. Im Einklang mit dem Polyphonie-Konzept ließe sich auch sagen, dass in dem betreffenden Fall die Standpunkte dreier sog. énonciateurs (e1-e3) in Szene gesetzt werden, wobei e 1 der primären Präsupposition ‘P ist der Fall’, d.h. dem faktischen Status von P, sowie e2 und e3 jeweils den im Folgenden zu benennenden Erwartungshaltungen (a) und (b) zugewiesen werden können. Uns ist bewusst, dass bei dem Ausdruck «Erwartung» im Wesentlichen zwei Lesarten –
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(3) den von den Kollokatoren jeweils ausgedrückten Grad an positiver Bewertung, der von dem Fall bloßer Zustimmung bis hin zu extrem ausgeprägter Begeisterung reicht. Dieses sowie die unter (2) angeführten Analysekriterien stehen – wie sich sogleich zeigen wird – in einer deutlichen Korrelationsbeziehung. Betrachten wir zunächst die in Verbindung mit den expressiv-evaluativen Kollokatoren von courage und héroïsme hinsichtlich der Analysekategorien (2) und (3) gegebenen Merkmalsausprägungen: Tabelle 4.11: faktischer Status, Normerwartung und Sprechererwartung bei den vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage und héroïsme
Kollokator faktischer Status (bewerteter Sachverhalt) éloge P exalter P hommage P hymne P vanter P féliciter P louer P reconnaître P saluer P
Normerwartung Sprechererwartung Bezugssubstantive (deontisch) (epistemisch) nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P P P P P
nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P nicht-P
héroïsme héroïsme courage, héroïsme courage courage, héroïsme courage courage courage courage
Aus der vorangehenden Zusammenstellung lassen sich zwei Merkmalskonstellationen ablesen, die durch jeweils eine Gruppe von Kollokatoren abgedeckt sind. Das Grundgerüst dieser Konfiguration ergibt sich dabei einerseits aus dem Kontrastverhältnis von faktischem Status und Sprechererwartung als Konstante sowie andererseits aus deren jeweiligem Verhältnis zur Normerwartung als entscheidender Variationsgröße. Im Einzelnen gestalten sich die betreffenden Merkmalskonstellationen, wie folgt: (1) Abweichung der Normerwartung gegenüber dem faktischen Status von P bei gleichzeitiger Konvergenz mit der Sprechererwartung – Die entsprechende Kollokatordimension umfasst die Verb- bzw. Substantivkollokatoren éloge, exalter, hommage, hymne und vanter (2) Übereinstimmung der Normerwartung mit dem faktischen Status von P bei gleichzeitiger Divergenz mit der Sprechererwartung – Die entsprechende Kollokatordimension wird abgedeckt von den Verbkollokatoren féliciter, louer, reconnaître sowie saluer eine deontische sowie eine epistemische – unterschieden werden können. Das unter (2a) erwähnte Kriterium (Normerwartung) ist hierbei in einem eher deontischen, das unter (2b) erwähnte Kriterium (Sprechererwartung) hingegen in einem eher epistemischen Sinn zu verstehen. Im Falle des letztgenannten geht es vor allem um die Einschätzung des Sprechers hinsichtlich des Eintretens von P unter Einbeziehung seines Wissens um mögliche Geschehensverläufe und Ereignisalternativen.
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Zusammengefasst erschließen sich aus den zuvor angeführten Konstellationen zwei komplementäre Werthaltungen, die wir in der Folge auch als admirativ bzw. satisfaktiv bezeichnen wollen. Beide lassen die Normabweichung wie die Einhaltung der Norm gleichermaßen zum Gegenstand eines positiven Werturteils werden, weisen hinsichtlich des Verhältnisses von faktischem Status, Normerwartung und Sprechererwartung allerdings eine unterschiedliche Akzentsetzung auf. Im Fall der Konstellation (I), die einer admirativen Werthaltung entspricht, ist die positive Beurteilung durch die Außergewöhnlichkeit des bewerteten Sachverhalts motiviert; salient ist in diesem Zusammenhang also das Divergenzverhältnis von faktischem Status und Normerwartung. Im Fall der Konstellation (II), d.h. einer satisfaktiven Werthaltung, wiederum stellt nicht nur die Einhaltung der Norm an sich, sondern vielmehr auch das Nicht-Eintreten der negativen, d.h. skeptischen Sprecherwartung das Movens der positiven Bewertung dar; mithin steht hierbei der Kontrast zwischen Norm- und Sprechererwartung im Vordergrund. Mit beiden Merkmalskonstellationen gehen schließlich, wie bereits zuvor angedeutet wurde, auch Unterschiede hinsichtlich der zum Ausdruck gebrachten Zustimmungsintensität (siehe hierzu das Analysekriterium (3) weiter oben) einher. Dabei wird durch die der Merkmalskonstellation (II) entsprechenden Kollokatoren ein gemäßigter (saluer) bis hoher (féliciter, louer), durch die der Merkmalskonstellation (I) zuzuschreibenden Kollokatoren ein sehr hoher (éloge, hommage, vanter) bis extremer (exalter, hymne) Grad an positiver Bewertung versprachlicht. Bemerkenswert im Hinblick auf das kombinatorische Verhalten der beiden hier in Frage stehenden Substantive ist nun, dass – das Profil von héroïsme, was die vermittelt evaluativen Ausdrücke anbelangt, eindeutig auf Kollokatoren festgelegt ist, die im Sinne der Merkmalskonstellation (I) auf eine admirative Werthaltung verweisen, – sich das Profil von courage hingegen bezüglich der Ausdrucksoptionen, die sich aus beiden Konstellationen jeweils ergeben, neutral verhält, wobei allerdings den Kollokatoren, die einer satisfaktiven Werthaltung entsprechen,51 insgesamt ein höheres profilinternes Gewicht zukommt.52
51
52
In diesem Zusammenhang ist auch die Affinität von courage zu dem direktiven Sprechaktverb souhaiter insofern nachvollziehbar, als dieser Kollokator ähnlich dem Ausdruck einer satisfaktiven Werthaltung in erster Linie auf das Verhältnis von Sprechererwartung und faktischem Status abhebt. Letzteres ist freilich – wie bei allen Direktiven – in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit projiziert, sodass die positiv-voluntative Einstellung des Sprechers, die durch souhaiter zum Ausdruck gebracht wird, auf das eventuelle Eintreten eines von seiner Seite momentan nicht unbedingt für möglich gehaltenen Sachverhalts bezogen ist. Die entsprechenden Auslastungswerte betragen, bezogen auf die Gesamtheit der in den kontrastierenden Profilvergleich einbezogenen Begleiter von courage, für saluer 0,10772, für louer 0,01374, für reconnaître 0,00089 sowie für féliciter 0,00156. Sie übersteigen hierbei das profilinterne Gewicht der admirativ-evaluativen Kollokatoren – hommage (Auslastungswert: 0,01877), vanter (0,00101) und hymne (0,00073) - in einem Verhältnis von ca. 6:1.
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Unsere bisherigen Erkenntnisse lassen sich anhand der folgenden Abbildung 53 zusammenfassen:
Abbildung 4.1: Werthaltung und Zustimmungsgrade bei den vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage und héroïsme [ Abkürzungen – fS: faktischer Status; NE: Normerwartung; SE: Sprechererwartung ]
Über den Aspekt der von den hier diskutierten Kollokatoren gekennzeichneten Sprechereinstellungen, d.h. zum einen der von diesen dem protagoniste zugeschriebenen Werthaltungen (Kriterium (2)) sowie zum anderen der jeweils ausgedrückten Zustimmungsintensität (Kriterium (3)), hinausgehend, möchten wir uns gemäß dem unter (1) veranschlagten Analysekriterium in einem nächsten Schritt der Frage zuwenden, auf welche Weise das Verhältnis zwischen locuteur, dem Sprecher der Verwendungssituation, und protagoniste, dem Sprecher der Bezugssituation, anhand der in Verbindung mit courage und héroïsme verwendeten vermittelt evaluativen Ausdrücke kodiert wird. Die folgende Tabelle liefert hierzu einen Überblick:
53
Die Art der Darstellung orientiert sich weitestgehend an den in Proost (2001, 123s.) zu findenen Abbildungen. Die Positionierung der Kollokatoren entlang der Skalenachse ist hierbei in erster Linie dem Bemühen geschuldet, die von ihnen ausgedrückten unterschiedlichen Zustimmungsgrade (v.l.n.r.: ‘gemäßigt’, ‘hoch’, ‘sehr hoch’, ‘extrem’) in ihrer Reihenfolge und Zuordnung zu den einzelnen Werthaltungen so übersichtlich wie möglich abzubilden. Das Ergebnis mag vor allem, was die Darstellung des Skalenwerts ‘hoch’ anbelangt, kontraintuitiv sein.
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Tabelle 4.12: Konsens- und Dissenskennzeichnung durch die vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage und héroïsme
Kollokator éloge exalter féliciter hommage hymne louer reconnaître saluer vanter
Verhältnis Sprecher VS (locuteur) – Sprecher BS (protagoniste)54 neutral distanziert neutral neutral neutral neutral neutral neutral distanziert
Bezugssubstantive héroïsme héroïsme courage courage, héroïsme courage courage courage courage courage, héroïsme
Was nun den Aspekt der Konsens- bzw. Dissensmarkierung 55 durch die betreffenden vermittelt evaluativen Kollokatoren anbelangt, so divergieren die kombinatorischen Profile von courage und héroïsme gewiss nicht in einer solch gravierenden Weise, wie dies im Falle der kategoriellen Einheiten WERTHALTUNG (des protagoniste) und ZUSTIMMUNGSGRAD zu verzeichnen war. Nichtsdestoweniger lässt sich feststellen, dass héroïsme eine etwas stärkere Affinität als courage zu dissenskennzeichnenden Kollokatoren besitzt, was vor allem am relativen Gewicht zu ersehen ist, welches den in Frage stehenden Verben exalter und vanter im Rahmen des Profils von héroïsme zukommt.56 Der sich hier andeutende Kontrast zu courage nimmt sogleich schärfere Konturen an, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass zum kombinatorischen Profil von héroïsme mit den Substantiven notion und conception ebenso in signifikantem Maße Kollokatoren gehören, die es dem locuteur auf einer metasprachlichen Ebene ermöglichen, das Vorhandensein verschiedener Meinungsträger mit einem jeweils unterschiedlichen auf héroïsme bezogenen Begriffsverständnis zu evozieren. Hierbei verweist notion in Verbindung mit héroïsme auf eine eher kollektive (siehe hierzu das Nominalsyntagma in Beispiel (4-2) mit einer hinsichtlich des EXPERIENCERS ungesättigten semantischen Valenz), conception hingegen auf eine eher individuelle Form der Meinungsträgerschaft. Die betreffenden Tendenzen seien anhand der folgenden Korpusausschnitte illustriert: (4-2) La dérive romanesque ou dramatique du terme de héros l’affadira au point qu’il désigne communément le personnage central d’une intrigue. En fin de compte, la notion 54 55
56
Zu der betreffenden Unterscheidung cf. supra p. 104. Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass die hier angeführten dissensmarkierenden Verben exalter und vanter beide eine admirative Werthaltung sowie einen besonders hohen Zustimmungsgrad zum Ausdruck bringen. Die dissenskennzeichnenden Kollokatorverben vanter und exalter besitzen in Verbindung mit héroïsme, bezogen auf den für unsere Analyse relevanten Typ von Kollokatoren, jeweils einen profilinternen Auslastungswert von 0,20403 bzw. 0,11943 (cf. Tabelle 4.9 bzw. 4.10). Der betreffende Auslastungswert von vanter innerhalb des Profils von courage liegt demgegenüber bei 0,00101. Die Kombination von exalter und courage ist ihrerseits auf der Basis des Primärkorpus nicht oberhalb der Spezifitätsgrenze belegt.
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d’héroïsme se cristallisera autour de deux caractères: l’emploi d’une énergie exceptionnelle au service du bien collectif, et une aptitude au sacrifice qui va généralement jusqu’à la mort, au bénéfice d’autrui (la patrie, la vie des hommes, la science...). (Le Monde 1999: Ethiquette, 10/07/1999, p. 1) (4-3) Le Milosevic embrasse ses victimes avec brutalité. On reconnaît aussi le Milosevic aux tas de cendres qui jalonnent sa piste. On dirait qu’il les multiplie exprès pour que le monde entier prenne bien la mesure de sa conception de l’héroïsme. On ne peut le traquer sans avancer d’horreurs en horreurs. Les nouvelles découvertes macabres confirment ce que l’on pressentait sur ses moeurs. (Le Monde 1999: Une battue au Milosevic, 17/06/1999, p. 42)
Die kombinatorische Präferenz von héroïsme für Ausdrücke, die wie notion, conception und auch exalter (Letztgenanntes übrigens in einer ausgeprägteren Weise als das ebenfalls dissenskennzeichnende vanter) auf das Vorhandensein verschiedener (mitunter auch konträrer) mit ihm verbundener Begriffsauffassungen abheben, lässt u.E. den Schluss zu, dass héroïsme tendenziell den Charakter einer Benennung besitzt, deren Angemessenheit gegebenenfalls explizit zur Disposition gestellt werden kann. Héroïsme ist somit abstrakter, d.h. stärker auf die ihm eigene Begrifflichkeit hin orientiert als courage. Dies zeigt sich gerade auch an den deutlich voneinander abweichenden Konstruktionsmustern, die sich jeweils bei courage und héroïsme in Kombination mit avoir als signifikantem Kollokatorverb ergeben. So eröffnen die satztragenden Syntagmen avoir du courage und avoir le courage de V-inf einerseits (teilweise zentrale) syntaktische Positionen zur Realisierung der dem AGONISTEN bzw. dem HANDLUNGSSACHVERHALT entsprechenden X- bzw. Y-Partizipantenrolle. Hingegen wird héroïsme durch avoir über den prädikativen Ausdruck il y a57 in eine unpersönliche Konstruktion eingebunden, bei der die Realisierung des X-Partizipanten per se zunächst einmal blockiert ist. Angesichts des restringierten Verhältnisses zwischen semantischer Valenz und konstruktionsseitig gegebener syntaktischer Realisierungsoptionen weist héroïsme innerhalb der mit avoir gebildeten satztragenden Syntagmen eine größere Sättigung als courage auf, was u.E. als Indiz für eine stärkere Begriffsfixiertheit in dem oben skizzierten Sinne gewertet werden kann. Zumindest ergibt sich durch die – gelegentlich zu verzeichnende – Erweiterung der von avoir und héroïsme konstituierten unpersönlichen Konstruktion um ein mit à angeschlossenes Infinitivkomplement mit il y a quelque/de l’héroïsme à V-inf ein satztragendes Syntagma, das eine Versprachlichung des Y-Partizipanten erlaubt und es dem locuteur auf diesem Wege gleichzeitig ermöglicht, ein bestimmtes Begriffsverständnis bezüglich des mit héroïsme bezeichneten Sachverhalts in den Vordergrund zu bringen: (4-4) Ce sont des allégories, des mascarades, des apparitions, des fantasmagories, figurées dans un style qui ne s’interdit aucune référence, ni à la peinture vénitienne ni au surréalisme, au Greco et à Dali. Il y a quelque héroïsme à braver les habitudes de pensée actuelles 57
Auf Grundlage der herangezogenen Korpora lässt sich ebenfalls die Kombination von il y a und courage nachweisen. Sie tritt allerdings, insgesamt gesehen, gegenüber den lexikalisch-syntaktischen Mustern avoir du courage und avoir le courage de V-inf in einem vernachlässigbaren Ausmaß auf.
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et à se déclarer peintre avec tant de vigueur en un temps où, paraît-il, la peinture serait morte - en France du moins, car elle se porte bien en Allemagne, aux Etats-Unis, à peu près partout. (Le Monde 1999: A propos de la peinture et de sa mort, 08/03/1999, p. 26)
Insgesamt erklärt sich anhand der hier dargelegten Tendenz zur Begriffsfixiertheit letztlich auch die deutlich ausgeprägte Atemporalität des kombinatorischen Profils von héroïsme, welche vor dem Hintergrund eines generellen Fehlens signifikanter dynamizitäts-, kausalitäts-, intensitäts- und phasenbezogener Kollokatoren ersichtlich wird (siehe hierzu bereits unsere Ausführungen weiter oben). 4.3.3
Profilvergleich courage – obstination
Zwischen den kombinatorischen Profilen von courage und obstination besteht nach Ausweis des für sie errechneten und hierbei im unteren Wertebereich zu lokalisierenden Similaritätsindex’ (cf. Tabelle 4.3) ein ebenfalls nur geringes Maß an Übereinstimmung. Diese ist zudem mit dem deontischen Kollokatorverb falloir sowie dem evidenzkennzeichnenden Kollokatornomen preuve (siehe hierzu Tabelle 4.13) durch spezifische Begleiter bedingt, die zu den meisten der von uns untersuchten Substantive in gleicher Weise kompatibel sind und sich somit – wie zuvor mehrmals erwähnt (siehe u.a. n. 39, Abschnitt 4.3.2) – im Hinblick auf die Gesamtheit der zu berücksichtigenden kookkurrenzparadigmatischen Konfigurationen durch ein besonders hoch einzustufendes Integrationspotential auszeichnen: Tabelle 4.13: Profilübereinstimmungen bei courage und obstination Kollokator Lemma falloir preuve
Wortart VER NOM
Bereich L;R - L L;R - L
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage obstination 0,12677 0,2350 0,06933 0,08751
Unserer bisherigen Analysestrategie folgend, möchten wir uns im weiteren Verlauf dieses Abschnitts den bei beiden Substantiven im Vergleich zueinander abweichenden Kollokatorbeständen zuwenden. Nimmt man hierbei das kombinatorische Profil von obstination als Bezugspunkt, so lassen sich die in der nachstehendend angeführten Tabelle zusammengefassten Unterschiede beobachten: Tabelle 4.14: divergenter Kollokatorbestand von obstination gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
comprendre payer_2 dénoncer exaspérer récompenser protester permettre_2
VER VER VER VER VER VER VER
L R L L L L R
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,21785 0,20501 0,12513 0,07529 0,03541 0,00979 0,00902
Bezugssubstantiv obstination obstination obstination obstination obstination obstination obstination
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Zunächst sollen anhand eines kurzen Überblicks jene konzeptuellen Bereiche zur Sprache kommen, bezüglich derer das Profil von obstination gegenüber dem kombinatorischen Potential von courage ein mehr oder weniger großes Maß an Defektivität aufzuweisen hat. Hierbei kann festgestellt werden, dass 1) das kombinatorische Profil von courage über die dank falloir und preuve hinsichtlich der deontischen sowie evidenzmarkierenden Kollokatoren gegebenen Gemeinsamkeiten zu obstination (siehe hierzu Tabelle 4.13) hinaus oberhalb der Signifikanzschwelle eine Vielzahl weiterer Ausdrucksoptionen zu bieten hat, zu denen u.a. spezifische Begleiter wie demander, exiger, nécessiter oder réclamer bzw. témoigner, montrer, signe oder manifester gehören.58 2) dem kombinatorischen Profil von obstination – in gleicher Weise wie héroïsme (siehe Abschnitt 4.3.2) – eine deutlich atemporale Prägung zukommt, da es im Unterschied zu courage (wie im Übrigen auch zu ardeur) keine dynamizitätsund phasenbezogenen Kollokatoren umfasst. In einem nächsten Schritt möchten wir uns etwas detaillierter mit der Spezialisierung des kombinatorischen Potentials von obstination befassen, die sich vor dem Hintergrund der Divergenzen zum Kollokatorbestand von courage abzeichnet. In diesem Zusammenhang fällt zunächst auf, dass EVALUATION als konzeptuelle Größe im Hinblick auf die kategoriell-schematische Prägung des Profils von obstination eine tragende Rolle spielt. Für sich genommen, erscheint dieser Umstand als wenig bemerkenswert, gilt er doch – wenn auch in einem etwas eingeschränkteren Maße59 – ebenso für das Profil von courage. Hinsichtlich des bezeichneten Ereignistyps kann insofern eine Übereinstimmung zwischen den einschlägigen Kollokatoren beider Substantive beobachtet werden, als diese gleichermaßen entweder auf mentale Zustände60 oder auf Sprechakte 61 bezogen sind.62 Ein entscheidender Unterschied 58
59
60
61
62
Für die Verbindung von obstination mit den betreffenden Kollokatoren wurden unter Berücksichtung einer Trennung nach linkem (L) und rechtem (R) Spanbereich folgende Spezifizitätswerte ermittelt: demander: 6,67 (L); témoigner: 9,1 (L). Ein gemeinsames Auftreten von obstination mit exiger, nécessiter, réclamer, montrer, signe und manifester in einer für diese Untersuchung relevanten syntaktischen Relation ist auf Basis des Primärkorpus nicht belegt. Die vermittelt evaluativen Kollokatoren teilen sich hierbei mit den dynamizitäts- und phasenbezogenen, den deontischen sowie den evidenzmarkierenden Kollokatoren im Wesentlichen die Prägung des Profils von courage. Ihr profilinternes Gewicht liegt bei 0,163 und wird beispielsweise von dem der dynamizitäts- und phasenbezogenen Kollokatoren mit 0,497 im Verhältnis 3:1 übertroffen. Im Falle von courage handelt es sich hierbei um die Kollokatorausdrücke admirer, admiratif, admiration, admirable, apprécier und respect sowie im Falle von obstination um die Verben comprendre und exaspérer. Zu den im Rahmen des kombinatorischen Profils von courage entsprechend zu verzeichnenden Sprechaktausdrücken gehören saluer, hommage, louer, féliciter, vanter, reconnaître und hymne, während das Profil von obstination in dieser Hinsicht die Kollokatoren protester und dénoncer aufzuweisen hat. Dies gilt ebenfalls für die hinsichtlich des zum Ausdruck gebrachten Bewertungsakts gegebene Bezugs- und Zuschreibungsebene (direkte vs. vermittelte Evaluation). So umfassen die Profile beider Substantive in gleicher Weise auch direkt evaluative Kollokatoren wie
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zwischen den Profilen von courage und obstination besteht jedoch in der polaren Ausrichtung der durch die in Frage kommenden spezifischen Begleiter zum Ausdruck gebrachten Sachverhaltsbeurteilung. Während nämlich die vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage allesamt auf eine positive Stellungnahme abheben, beziehen sich die entsprechenden Kollokatoren von obstination ihrerseits vorrangig auf eine negative Sachverhaltsbewertung. Letzteres gilt insbesondere für die Verben dénoncer, exaspérer und protester. Etwas komplexer verhält es sich in dieser Hinsicht mit dem tendenziell positiv ausgerichteten comprendre, welches allerdings eine negative Beurteilung als konzessives Antezedens präsupponiert (siehe hierzu auch unsere Ausführungen weiter unten). An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, über die Darlegung des soeben festgestellten grundsätzlichen Unterschieds in der polaren Orientierung hinaus die vermittelt evaluativen Kollokatoren von obstination unter Einbeziehung eines Teils der bereits anlässlich des Vergleichs der Profile von courage und héroïsme vorgeschlagenen Kriterien (siehe Abschnitt 4.3.2, p. 104) noch etwas genauer zu betrachten. Zum einen kann unter dem Gesichtspunkt der Bewertungsintensität festgehalten werden, dass das kombinatorische Profil von obstination anhand der einschlägigen Kollokatoren die verschiedenen Bereiche der Graduierungsskala in ähnlich differenzierter Weise abdeckt wie das Profil von courage. So ist comprendre – gewiss unter dem Vorzeichen einer positiven Orientierung – auf einen gemäßigten Grad an Bewertungsintensität bezogen, worin es im Übrigen den zum Profil von courage gehörenden Kollokatorverben saluer und reconnaître entspricht. Dénoncer und protester verweisen ihrerseits auf einen hohen bzw. sehr hohen, exaspérer gar auf einen extremen Grad an (nunmehr) negativer Bewertung. Vergleichbare Realisierungsoptionen in Bezug auf die letztgenannten Graduierungsbereiche sind im Rahmen des Profils von courage u.a. anhand der Kollokatoren louer und féliciter, admirer, vanter und hommage sowie hymne gegeben. Ein etwas schärfer konturierter Kontrast zwischen den kombinatorischen Profilen beider Substantive ergibt sich zum anderen hinsichtlich der durch die betreffenden vermittelt evaluativen Kollokatoren im Einzelnen geltend gemachten Werthaltungen, d.h. genauer gesagt der über sie inszenierten Konfiguration des Verhältnisses von faktischem Status zu Norm- und Sprechererwartung. Hierbei sind, vom Standpunkt des Profils von obstination aus betrachtet, vor allem zwei Besonderheiten zu erwähnen: – Das positiv ausgerichtete Kollokatorverb comprendre hebt in gleicher Weise wie die zum Profil von courage gehörenden vanter, hommage und hymne auf das abweichende Verhältnis von faktischem Status und Normerwartung ab. Allerdings lässt sich dabei im Hinblick auf die der positiven Beurteilung zu Grunde liegende argumentative Orientierung ein bedeutender Unterschied feststellen. die jeweils attributiv gebrauchten Adjektive admirable, exceptionnel und remarquable im Falle von courage (siehe bereits n. 37, Abschnitt 4.3.1) bzw. déraisonnable (Kohäsionswert: 66,91/Spanbereich: Rechts), injustifiable (25,47/R) und incompréhensible (18,75/R) im Falle von obstination. Die betreffenden Kollokatoren stehen hierbei allerdings für einen Typ von lexikalisch-syntaktischem Muster, der – wie bereits mehrmals erwähnt – im Rahmen des vorliegenden Beitrags keiner eingehenden Analyse unterzogen werden wird.
113
Während nämlich die mittels vanter, hommage und hymne bezeichnete admirative Werthaltung in einer kausalen Relation zur Divergenz von Norm und faktischem Status steht (P wird positiv beurteilt, gerade weil es von der Norm abweicht), herrscht umgekehrt in Zusammenhang mit dem durch comprendre zum Ausdruck gebrachten Werturteil eine konzessive Perspektive vor (P wird positiv beurteilt, obwohl es von der Norm abweicht). Die von comprendre evozierte Werthaltung ließe sich im Übrigen als empathisch bezeichnen. – Bei einem Teil der zum kombinatorischen Profil von obstination gehörenden vermittelt evaluativen Verben ist im Vergleich zu den einschlägigen Kollokatoren von courage eine Verschiebung der auf die Sprechererwartung bezogenen zeitlichen Perspektive zu verzeichnen. Ausgangspunkt für unsere Überlegungen ist hierbei die Feststellung, dass gerade dem mit obstination verbundenen Sprechaktverb protester nicht nur eine expressive, sondern auch eine deutlich komissive Komponente zukommt. D.h.: Mit protester wird auf einen Äußerungsakt Bezug genommen, in dessen Rahmen der Sprecher (hier im Sinne von protagoniste)63 seine Absicht verdeutlicht, eine von ihm vorgenommene negative Sachverhaltsbewertung auch künftig beizubehalten und demgemäß zu handeln. Hiermit geht nun u.E. implizit einher, dass dem protagoniste die über dessen Äußerungs- und Bewertungsakt hinausreichende Erwartung zugeschrieben wird, der inkriminierte Sachverhalt (und seine Folgen) könnte fortbestehen oder sich aber in vergleichbarer Form wiederholen. Ähnlich verhält es sich in Bezug auf die betreffende zeitliche Orientierung auch mit dem im Profil von obstination vertretenen Kollokatorverb exaspérer. Dieses verweist auf einen mentalen Zustand, der sich einerseits aus der nicht erfüllten Hoffnung auf das Ausbleiben oder die Beendigung des beurteilten Sachverhalts sowie andererseits aus der daraus wiederum resultierenden Erwartung eines Fortbestehens bzw. erneuten Eintretens desselben ergibt. Darüber hinaus impliziert exaspérer in analoger Weise zu protester eine der negativen Beurteilung gemäße Folgehandlung seitens des protagoniste, die im Übrigen nicht unbedingt verbaler Natur64 sein muss. Besonders schön verdeutlicht dies die folgende Korpuspassage, in der das (passivisch konstruierte) prädikative Syntagma (être) exaspéré par als Antezedens eines kausalen Satzgefüges fungiert: (4-5) [...] goal, blessé, doit quitter le terrain. Comme c’est un match amical et qu’il n’y a personne pour le remplacer, on fait naturellement appel au «petit Julien». Il refuse, on insiste, mais il refuse encore. Exaspéré par son obstination, un solide arrière luxembourgeois le prend à bras-le-corps et le mène d’autorité dans les buts de Fola-Esch. Là, Julien Da Rui, qui n’arrive pas à toucher la barre en sautant, fait face pendant un quart d’heure, jusqu’au [...] (Le Monde 2002: 2 - Julien Da Rui le premier des modernes, 13/06/2002, p. 7)
Dass nun der Aspekt der Zukunftsbezogenheit, wie er gerade in Zusammenhang mit den vermittelt evaluativen Kollokatoren protester und exaspérer skizziert wurde, 63 64
Zur Unterscheidung von locuteur und protagoniste siehe unsere Ausführungen in Abschnitt 4.3.2, insbesondere n. 44. So gesehen, ließe sich der mittels exaspérer bezeichnete mentale Zustand auch als psychischer Hintergrund des mittels protester bezeichneten Äußerungsakts auffassen.
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insgesamt für die schematisch-kategorielle Prägung des kombinatorischen Potentials von obstination eine wesentliche Rolle spielt, wird vor allem auch an dem Vorhandensein spezifischer Begleiter wie payer, récompenser und permettre deutlich, die allesamt explizit auf die Nachgeschichte des mit obstination bezeichneten Sachverhalts bezogen sind. Durch die Verben payer und récompenser werden die zu dieser Nachgeschichte gehörenden Konsequenzen seitens des locuteur zusätzlich als positiv für den involvierten AGONISTEN gekennzeicht. Wie ist diese Einschätzung ihrerseits motiviert? Sie stützt sich u.E. im Wesentlichen auf die (an die betreffenden Verben gekoppelte) Präsupposition, dass der AGONIST vor Eintritt der besagten Folgen in seinem Handeln größeren Widerständen ausgesetzt war und dessen ungeachtet sein Handlungsziel weiterverfolgte. Hier aber schließt sich der Kreis, und es zeichnet sich vor dem Hintergrund des kombinatorischen Profils von obstination eine (mehrere Sequenzen umfassende) makroschematische Konzeptualisierung65 ab, die sowohl von den negativ evaluativen und hierbei insbesondere auf eine oppositive Werthaltung abhebenden Verben dénoncer, protester und exaspérer als auch von den konsequenzbezogenen Kollokatoren permettre, payer und récompenser getragen und – zusammengefasst in zwei Kernpropositionen – folgendermaßen durch diese modelliert wird: (a) Der im Vollzug einer HANDLUNG Y begriffene AGONIST X bewirkt mit seinem Bestreben zur Fortsetzung oder Vollendung von Y eine ablehnende Haltung bei einer Person bzw. Gruppe von Personen Z,66 die sich ihrerseits aktiv den Bestrebungen zur Fortsetzung oder Vollendung von Y widersetzt. (b) Überwindet X den von Z ausgehenden Widerstand, kann er mit für ihn vorteilhaften, d.h. vor allem seinen Zielsetzungen entsprechenden Konsequenzen rechnen. Hiervon ausgehend, ergeben sich nun im Hinblick auf courage und dessen kombinatorisches Profil einige bemerkenswerte Kontraste: – Die in Verbindung mit obstination gegebene Konzeptualisierung des Handlungsimpulses umfasst in ihrem Kern die Vorstellung eines gleichzeitig auf diesen gerichteten Gegenimpulses, der von einer dritten Instanz initialisiert ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass dieser Gegenimpuls nicht in seiner direkten Einwirkung betrachtet wird. So ermöglicht keiner der spezifischen Kollokatoren von obstination eine unmittelbare Bezugnahme auf sachverhaltsinhärente Entwicklungsphasen.67 Auch wird der mit obstination bezeichnete Sachverhalt anhand der einschlägigen Kollokatoren vielmehr selbst als Bewirkungsinstanz in Szene gesetzt, sei es im Hinblick auf bestimmte Werthaltungen oder andere Nachfolgeereignisse. Zusammengefasst lässt sich mithin feststellen, dass durch das kombinatorische Profil von obstination eine eindeutig externe
65 66 67
Man könnte im Sinne der kognitionswissenschaftlichen Tradition auch von script sprechen. Nach dem von Talmy entworfenen Force-Dynamics-Modell ließe sich Z auch als ANTAGONIST bezeichnen. An anderer Stelle (siehe Seite 112) wurde dies von uns bereits als atemporale Prägung des Profils von obstination ausgewiesen.
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Sachverhaltsperspektive68 getragen wird. Hierzu aber stehen die kombinatorischen Präferenzen von courage in einem deutlichen Kontrast, deckt doch ein prominenter Teil seines Profils – repräsentiert durch die (von uns bereits mehrmals angeführten) spezifischen Kollokatoren avoir, trouver, donner u.a. – gerade umgekehrt eine interne, d.h. auf sachverhaltsinhärente Phasen abzielende Perspektive ab, bei der gewissermaßen der Konflikt zwischen handlungsbeförderndem und handlungsbehinderndem Impuls als vollständig in die Erlebnissphäre des AGONISTEN verlagert erscheint. Mit donner, redonner, armer und insuffler sind hierbei nicht zuletzt auch Ausdrucksoptionen zu verzeichnen, anhand derer der mit courage bezeichnete Sachverhalt nicht etwa – wie im Falle von obstination – als über sich hinaus auf ein Folgeereignis verweisender Ausgangspunkt im Sinne einer Bewirkungsinstanz, sondern vielmehr als Ziel- bzw. Bezugspunkt im Sinne eines Bewirkungshorizonts in kausale Zusammenhänge eingeordnet wird. Über die von den betreffenden Nominalverben69 in Verbindung mit courage konstituierten Kausativkonstruktionen wird entsprechenderweise eine auf den agonistischen Handlungsimpuls gerichtete Bewirkungsinstanz in ihrem unmittelbaren und zugleich synergetischen Einfluss auf diesen zur Geltung gebracht. Der zuletzt erwähnte Teilaspekt einer synagonistischen Orientierung ist im Übrigen ebenfalls bei den – nunmehr allerdings einer externen Sachverhaltsperspektive verpflichteten – vermittelt evaluativen Kollokatoren von courage gegeben. – Die anhand der einschlägigen Kollokatoren rekonstruierbare (und in Form der Kernpropositionen (a) und (b) weiter oben skizzierte) makroschematische Prägung des Profils von obstination erlaubt auch gewisse Rückschlüsse auf die Unterschiede, die hinsichtlich der von beiden Substantiven jeweils geleisteten Konturierung des in dem durch sie bezeichneten Sachverhaltsschema angelegten und hierbei einem bestimmten Handlungsereignis entsprechenden Y-Partizipanten bestehen. An anderer Stelle (siehe insbesondere Abschnitt 4.3.1, p. 98) wurde bereits ausführlich dargelegt, dass bei courage im Sinne eines essentiellen Bezugs die Frage nach dem Bestehen oder Nicht-Bestehen eines bestimmten Handlungssachverhalts an sich im Vordergrund steht. Im Falle von obstination hingegen ist das Vorliegen eines solchen Handlungssachverhalts präsupponiert, und es geht im Kern vielmehr um die Möglichkeit seines künftigen Fortbestehens oder aber seiner Wiederholung.70 Die auf den Y-Partizpanten bezogene 68
69
70
Dieser Befund gilt in der gleichen Weise auch für das kombinatorische Profil von héroïsme, insbesondere was das (bemerkenswert große) Gewicht der in ihm enthaltenen vermittelt evaluativen Kollokatoren anbelangt. Der betreffende Begriff geht auf v. Polenz (1988, 85) zurück. Neben den Kopula-Verben werden hierzu vor allem Streck- sowie Funktionsverben (letztere i.S. der engen Begriffsauffassung gemäß v. Polenz) gezählt. Abgesehen von den Kopula-Verben umfasst der Begriff «Nominalverb» weitestgehend das, was im Rahmen der Théorie Sens-Texte unter «verbe support» verstanden wird (cf. u.a. Mel’þuk/Clas/Polguère 1995, 138ss.). Neben den bereits dargelegten kombinatorischen Präferenzen von obstination lässt sich diese Aussage auch anhand der Tatsache stützen, dass die syntaktische Realisierung des YPartizipanten in der Regel über ein mit der Präposition à angeschlossenes Infinitivkomplement erfolgt.
116
Perspektive ist somit in Verbindung mit obstination gewissermaßen «zweigeteilt», was sich abschließend anhand des folgenden Schemas illustrieren lässt:
Abbildung 4.2: durch obstination geleistete Konturierung von Handlungssachverhalten (H)
4.3.4
Profilvergleich courage – acharnement
Acharnement und courage setzen die Reihe jener Vergleichspaare fort, bei denen die von uns durchgeführten Similaritätsberechnungen einen als niedrig einzustufenden Wert ergeben haben. Die Übereinstimmungen lassen sich hierbei auf die evidenzkennzeichnenden Kollokatoren preuve und manifester – womit im Hinblick auf diesen konzeptuellen Bereich immerhin mehr als eine gemeinsame Ausdrucksoption71 vorliegt – sowie auf das repräsentative Sprechaktverb parler zurückführen. Einen Überblick hierzu liefert Tabelle 4.15: Tabelle 4.15: Profilübereinstimmungen bei courage und acharnement Kollokator Lemma preuve parler manifester
Wortart NOM VER VER
Bereich L;R - L L-L R-R
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage acharnement 0,06933 0,03386 0,00086 0,01269 0,00022 0,00745
Wie schon zuvor an mehreren Stellen ausgeführt wurde (siehe u.a. Abschnitt 4.3.1, p. 94 sowie n. 19), erweist sich preuve unter kookkurrenzparadigmatischen Gesichtspunkten als besonders integrationsfähig, während manifester und parler andererseits in Verbindung mit den insgesamt in den Profilvergleich einbezogenen Substantiven nur jeweils kleinere Konfigurationen bilden.72 71 72
Dies ist bei den bisher untersuchten Substantiven ardeur, héroïsme und obstination im Übrigen so nicht der Fall. Die durch manifester konstituierte kookkurrenzparadigmatische Konfiguration umfasst zu-
117
Bildet man die Differenz der bei beiden Substantiven vorhandenen Kollokatorbestände, so sind für das kombinatorische Profil von acharnement die in der nachstehenden Tabelle aufgeführten Abweichungen zum Profil von courage zu verzeichnen: Tabelle 4.16: divergenter Kollokatorbestand von acharnement gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
dénoncer victime mettre expliquer refus comprendre évoquer critiquer agacer pratiquer objet fasciner subir relever
VER NOM VER VER NOM VER VER VER VER VER NOM VER VER VER
L L R L L L L L R L L L L L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,31046 0,24694 0,09876 0,08436 0,05038 0,04748 0,03691 0,02518 0,0099 0,00965 0,00964 0,00838 0,00762 0,00035
Bezugssubstantiv acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement
Betrachten wir auch hier zunächst die in Kontrast zu courage vorliegenden Lücken im kombinatorischen Potential von acharnement. Zusammengefasst lassen sich diese im Wesentlichen zurückführen auf: – das Fehlen einer primär deontisch ausgerichteten Kollokatordimension, wie sie im Falle von courage anhand der spezifischen Begleiter falloir, demander, exiger, nécessiter u.a. in hinreichendem Umfang gegeben ist. – den Mangel an dynamizitäts- und phasenbezogenen Kollokatoren, wodurch acharnement in gleicher Weise wie héroïsme und obstination jenem Kreis von Substantiven zuzurechnen ist, deren Profil eine atemporale und mithin der Versprachlichung sachverhaltsinhärenter Entwicklung entgegenstehende Prägung aufzuweisen hat. Ausgehend von dem zuletzt genannten Gesichtspunkt, kann nun umgekehrt festgestellt werden, dass die Spezialisierung des Kollokatorprofils von acharnement in Abgrenzung zu den kombinatorischen Präferenzen von courage vor allem in der Vermittlung einer ausschließlich externen Sachverhaltsperspektive besteht. Dementsprechend tragen die auf den konzeptuellen Bereich EVALUATION bezogenen spezifischen Begleiter in bedeutender Weise zur kategoriell-schematischen sätzlich zu courage und acharnement auch die Substantive audace, détermination, fermeté und volonté. Parler hingegen eröffnet ein Kookkurrenzparadigma, dem neben acharnement und courage kein weiteres der für unsere Untersuchung relevanten Substantive angehört.
118
Prägung des kombinatorischen Profils von acharnement bei. In diesem Zusammenhang fällt zunächst auf, dass die in Frage kommenden vermittelt evaluativen Kollokatoren – zu denen im Übrigen, vom bezeichneten Ereignistyp her betrachtet, bei beiden Substantiven sowohl Ausdrücke für Sprechakte als auch für mentale Zustände gehören – im Rahmen des kombinatorischen Profils von acharnement hinsichtlich der polaren Orientierung des ausgedrückten Werturteils ein insgesamt breiteres Spektrum an Realisierungsoptionen abdecken. So besitzt acharnement im Unterschied zu courage einerseits mit dénoncer, critiquer, refus und agacer spezifische Begleiter, die der Bezugnahme auf eine negative Sachverhaltsbewertung dienen. Andererseits umfasst das kombinatorische Profil dieses Substantivs aber ebenso Kollokatoren, die wie fasciner und – mit gewissen Abstrichen – auch das in einem Übergangsbereich anzusiedelnde comprendre73 auf ein positives Werturteil verweisen. Ein eher uneinheitliches Bild zeigt sich des Weiteren im Hinblick auf die von den einschlägigen Kollokatoren evozierte Bewertungsintensität. Die zum kombinatorischen Profil von courage gehörenden vermittelt evaluativen Ausdrücke verteilen sich hierbei – wie an anderer Stelle schon mehrfach dargelegt wurde (cf. Abschnitt 4.3.2, p. 108 sowie Abschnitt 4.3.3, p. 113) – entlang der gesamten, d.h. von einem gemäßigten über einen hohen und sehr hohen bis hin zu einem extremen Grad an Zustimmung reichenden Skala positiver Sachverhaltsbeurteilung. Die positiv orientierten Kollokatoren von acharnement besetzen hingegen lediglich die grenzseitigen Bereiche der betreffenden Skala, wobei mittels comprendre ein gemäßigter, mittels fasciner jedoch ein extremer Zustimmungsgrad gekennzeichnet wird. Wendet man sich schließlich unter diesem Aspekt den auf ein ablehnendes Werturteil verweisenden spezifischen Begleitern von acharnement, d.h. also dénoncer, critiquer, refus und agacer, zu, so fällt auf, dass sich diese umgekehrt auf einen einzigen – diesmal einem hohen Maß an negativer Sachverhaltsbeurteilung entsprechenden – Graduierungsbereich konzentrieren.74 Um nun den spezifischen Beitrag der vermittelt evaluativen Substantive und Verben zur kategoriellen Prägung des kombinatorischen Profils von acharnement aus makroschematischer Sicht angemessen würdigen zu können, ist es notwendig, sich etwas eingehender mit einigen Besonderheiten zu befassen, die in Bezug auf die von bestimmten Kollokatoren zum Ausdruck gebrachten Werthaltungen gegeben sind. Für unsere weitere Argumentation spielen hierbei die Kollokatoren refus, comprendre und expliquer eine wichtige Rolle, und zwar in folgender Hinsicht: – Die durch das expressiv-kommissive Substantiv refus evozierte Werthaltung stützt sich in entscheidender Weise auf die Präsupposition, dass der besprochene Handlungssachverhalt P seitens des protagoniste einer genauen Abwägung vor 73
74
Hierauf wurde bereits in Zusammenhang mit obstination (cf. Abschnitt 4.3.3, p. 113) hingewiesen. Auf die bezüglich des Status von comprendre innerhalb des Profils von acharnement gegebenen Besonderheiten wird im weiteren Verlauf unserer Ausführungen noch einzugehen sein. In diesem Zusammenhang kann übrigens ein leichter Unterschied zum Profil von obstination verzeichnet werden, denn dieses umfasst mit exaspérer auch einen auf ein extremes Maß an negativer Sachverhaltseinschätzung bezogenen Kollokator (cf. Abschnitt 4.3.3).
119
dem Hintergrund zweier konkurrierender Normerwartungen unterzogen wird, wobei refus darauf abhebt, dass der protagoniste den betreffenden Sachverhalt im Ergebnis als für ihn geeignete Handlungsalternative bewusst ausschließt. Im Hinblick auf die noch folgenden Ausführungen bleibt nun vor allem festzuhalten, dass refus über die mit ihm verknüpfte Präsupposition auf zwei grundlegende Aspekte menschlichen Handelns verweist: Autonomie und Verantwortung. So gesehen, bezeichnet refus einen Akt der Stellungnahme, anhand dessen sich der Sprecher darauf festlegt, von der Inanspruchnahme und Umsetzung einer zur Verfügung stehenden Handlungsoption aufgrund nachteiliger75 und in diesem Sinne nicht zu verantwortender Konsequenzen abzusehen. – Im Verlauf des dem Vergleich der Profile von courage und obstination gewidmeten Abschnitts (cf. 4.3.3) wurde dargelegt, dass die mittels comprendre bezeichnete Werthaltung in ihrem Kern durch das konzessive Verhältnis zwischen der mitgeteilten positiven Sachverhaltsbeurteilung seitens des protaganiste und einer präsupponierten negativen Sachverhaltsbeurteilung von Seiten Dritter charakterisiert ist. Aufbauend auf diesem Argumentationsgefüge besagt comprendre im Detail, dass sich der protagoniste über ein ihm bewusstes ablehnendes Werturteil zugunsten der – letztlich seine positive Einschätzung bedingenden – Annahme hinwegsetzt, dass dem AGENS der vermeintlich inkriminierbaren Handlung triftige, d.h. rational nachvollziehbare, einer Unterlassung derselben entgegenstehende Gründe zuzuschreiben sind. Dies geht seinerseits mit der Implikation einher, dass der protagoniste stellvertretend für den in die Pflicht genommenen AGENS einen Rechtfertigungsakt vollzieht, was im Übrigen durch das ebenfalls zum Kollokatorprofil von acharnement gehörende expliquer anhand der in dieser Verbindung jeweils einschlägigen Konstruktionsmuster76 explizit zum Ausdruck gebracht wird. Mit dem Aspekt der Rechtfertigung erweitern comprendre und expliquer den durch refus eröffneten thematischen Horizont um eine Facette, die insofern in einem engen Zusammenhang mit der von diesem Kollokator evozierten Vorstellung von Autonomie und Verantwortung steht, als die Konsequenzen, die sich aus der Zuweisung und Übernahme von Verantwortung für ein bestimmtes Handeln ergeben, unmittelbar von Erwägungen zu dessen Rechtfertigbarkeit abhängen. Sowohl refus als auch comprendre und expliquer stellen letztlich Ausdrucksoptionen dar, die mit der ihnen jeweils eigenen Schwerpunktsetzung auf Kernfragen der ethischen Betrachtung einer Handlung verweisen. Die bei refus, comprendre und expliquer anklingende Ausrichtung auf ethische Kernfragen findet ihren Widerhall in der semantischen Prägung einer weiteren, die Substantive bzw. Verben victime, pratiquer, objet und subir umfassenden Gruppe von Kollokatoren, die vorrangig die direkte Auswirkung des mittels acharnement gekennzeichten Handlungsvollzugs auf die Intaktheit der einer dritten Person 75 76
Dabei muss es sich u.E. nicht unbedingt um Konsequenzen handeln, die ausschließlich für den protagoniste von Nachteil sind. Auch Dritte können hiervon betroffen sein. Hierzu gehören in erster Linie die reflexivische Konstruktion mit menschlichem Subjektreferenten sowie die nicht-reflexivische Konstruktion, deren Subjektposition für einen unmittelbar sachverhaltsbezogenen, das Begründungsmotiv bezeichnenden Ausdruck offensteht.
120
berechtigtermaßen zustehenden Existenz- und Gestaltungssphäre thematisieren. Hierbei dient das Kollokatornomen victime der Bezugnahme auf eine extreme Form der Beeinträchtigung der von dem Handlungsvollzug betroffenen Person, indem es diesen Vollzug als ursächlich für die Beschädigung ihrer physischen, psychischen oder aber sozialen Integrität ausweist. Ähnliches gilt auch für das Verb subir, welches gleichzeitig allerdings in einem stärkeren Maße als victime auf den dominanten Charakter abhebt, den der Handlungsvollzug aufgrund dauerhafter Einwirkung gegenüber der von ihm betroffenen Person erlangt. Die beiden Aspekte Permanenz und Dominanz stehen ihrerseits schließlich sowohl bei pratiquer als auch bei objet77 deutlich im Vordergrund. Zum Zwecke der Illustrierung lassen sich folgende Korpusbelege anführen: (4-6) «Les noms d’autres élus du Var sont cités dans ces conversations, mais on ne s’est intéressé qu’à Maurice Arreckx», affirme Me Andreani. L’ancien sénateur-maire de Toulon aurait donc subi un acharnement, à en croire son conseil, qui rappelle qu’au moment de sa mise en cause, les faits reprochés à M. Arreckx étaient qualifiés de «corruption». «Parce que ça marque les esprits», dit-il. L’avocat soutient encore que M. Arreckx est la victime d’une «dérive politique» née des lois de décentralisation. (Le Monde 2000: La défense de Maurice Arreckx reconnaît les faits mais dénonce les «dérives» de la procédure, 25/03/2000, p. 16) (4-7) -- Je travaille pour la Chine, au Moyen-Orient et en Afrique depuis que mon contrôle judiciaire me le permet. Je suis donc parti pour affaires au Liban, le lundi 25 février et je devais rentrer le jeudi soir 28. -- Vous continuez d’affirmer faire l’objet d’un acharnement judiciaire ? -- Je veux que l’on fasse la lumière sur les rapports justice-gouvernement. J’ai demandé à mes avocats de saisir la Chancellerie pour savoir ce qui s’est passé à l’hôpital au Liban. Mais cela ne s’arrête pas là. Je me demande si, pendant huit ans, la Chancellerie n’a pas manipulé, orchestré tout ce qui m’est arrivé. (Le Figaro 2002: ELF - L’ancien PDG, de retour en France, évoque sa maladie, 08/04/2002, )78 (4-8) Il faut multiplier les unités de soins palliatifs encore trop peu nombreuses. Elles sont l’une des réponses les plus dignes à notre égoïsme. Il faut enfin, bien entendu, refuser cer taines formes d’acharnement thérapeutique. Il est indécent de pratiquer l’acharnement thérapeutique vis-à-vis de certains malades ou de vieillards, que l’on maintient artificiellement en vie. (Le Monde 2000: Refuser l’euthanasie active légalisée, 07/03/2000, p. 18)
Um ein noch exakteres Verständnis dafür zu gewinnen, worin der Kern der von acharnement im Zusammenspiel mit seinen spezifischen Begleitern geleisteten Schematisierung des HANDLUNGSIMPULS-Konzepts liegt, bietet es sich an, einen Teil der Erkenntnisse zum kombinatorischen Profil von obstination (siehe Abschnitt 4.3.3) in unsere Überlegungen einzubeziehen. Hierbei kommt es uns vor allem auf den Status der zum Profil von obstination gehörenden Kollokatoren payer, récompenser und permettre an, die im Vergleich zu den soeben besprochenen victime, subir, objet und pratiquer in dreifacher Hinsicht eine unterschiedliche Perspektivset77 78
Die von acharnement und objet gebildeten prädikativen Syntagmen können sowohl être als auch faire als satzintegrierende Verben aufweisen. Im Falle des Teilkorpus lfi2002 standen uns keine Seitenangaben als Metadaten zu den Einzeltexten zur Verfügung. Dies ist entsprechenderweise durch das Kürzel «k.A.» («keine Angabe») gekennzeichnet.
121
zung bedingen, und zwar in Bezug auf (a) den Charakter der Ausübung des Handlungsimpulses, (b) die Art der daraus resultierenden Folgen sowie (c) den hauptsächlichen Träger derselben. So gesehen, verweisen die jeweils einschlägigen Kollokatoren – im Falle von obstination auf (a) die konfliktbehaftete Aufrechterhaltung79 des Handlungsimpulses (b) zum Nutzen (c) des AGONISTEN, der sich auf diesem Wege weitere Handlungsspielräume eröffnet oder diese bewahrt. – im Falle von acharnement hingegen auf (a) die dominante Aufrechterhaltung des Handlungsimpulses (b) zum Schaden (c) Dritter, deren Handlungsspielräume auf diesem Wege vollständig eingeschränkt sind. Grob zusammengefasst lässt sich also feststellen, dass der seitens des AGONISTEN ausgehende Impuls in Verbindung mit dem Substantiv acharnement als auf Dritte unmittelbar antagonistisch einwirkende Kraft in Szene gesetzt wird. Welch wichtige Rolle die Vorstellung von Dominanz bei acharnement spielt, wird im Übrigen noch in einem anderen – auf den ersten Blick eher unerwarteten – Zusammenhang deutlich. Die Rede ist von der im Fall von acharnement zu verzeichnenden kombinatorischen Affinität zu einem Verb wie fasciner, welches den Dominanz-Gedanken, übertragen auf den Bereich rein mentaler Zustände, gewissermaßen reproduziert, indem es nämlich den Aspekt der von einem bestimmten Phänomen ausgehenden Einschränkung und Beherrschung des Wahrnehmungs- und Urteilsvermögens einer Person in besonderer Weise hervorhebt.80 Zum Abschluss unserer Betrachtungen möchten wir noch kurz darauf eingehen, wie sich in Verbindung mit acharnement die Konturierung des in dem von ihm bezeichneten Sachverhaltsschema mit Bezug auf ein bestimmtes Handlungsereignis verankerten Y-Partizipanten gestaltet. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass sich acharnement in diesem Punkt trotz der im Detail hinsichtlich des kombinatorischen Profils bestehenden Divergenzen (siehe hierzu weiter oben) kaum von obstination unterscheidet, da es gleichermaßen in vollständigem Kontrast zu courage eine Perspektive eröffnet, die prinzipiell auf die Frage nach dem Fortbestehen eines bereits im Verlauf begriffenen (und mithin in seiner Existenz präsupponierten) Handlungssachverhalts abzielt. Ein kleiner Unterschied zu obstination besteht zumindest dahingehend, dass im Falle von acharnement im Hinblick auf die Realisierung des Y-Partizipanten über die bloße Möglichkeit der Verwendung eines Infinitivkomplements hinaus mit relationalen Adjektiven wie thérapeutique,
79 80
Dies ergibt sich vor allem aus den an die Verben payer und récompenser geknüpften Präsuppositionen (siehe hierzu Abschnitt 4.3.3, p. 114). Dies wird auch anhand der im Nouveau Petit Robert (PR (2001)) sowie im Trésor de la Langue Française informatisé (TLFi) zur einschlägigen Lesart von fasciner aufgeführten Bedeutungsparaphrasen und onomasiologischen Verweise sehr schön deutlich: «Fig. Éblouir par la beauté, l’ascendant, le prestige. => captiver, charmer, émerveiller, hypnotiser, séduire. [...]» (PR (2001) s.v. fasciner 2 2) «Au fig. Subjuguer, tenir sous son empire, sous sa domination, sous son influence. [...] En partic. Éblouir, charmer vivement, plaire. [...]» (TLFi s.v. fasciner B)
122
judiciaire u.a. teilweise hoch signifikante81 Ausdrucksoptionen82 zu verzeichnen sind, die sich gegenüber der infinitivischen Konstruktionsvariante durch ein höheres Maß an Implizitheit auszeichnen. Dies sei abschließend anhand der folgenden Belegstellen dokumentiert: (4-9) «Je ne peux accepter ce texte», a déclaré fermement le professeur René Schaerer (ancien président de l’association Jalmav) qui dans un courrier au ministre, avait déjà dénoncé ce projet. «Vous pourriez promettre à nos concitoyens ce qu’ils attendent en réalité le plus: l’engagement de ne pas être victimes d’acharnement thérapeutique». (Le Figaro 2002: FIN DE VIE - Bernard Kouchner a proposé une réflexion sur l’évolution des pratiques d’assistance aux malades aux portes de la mort - Tir groupé contre l’euthanasie, 17/04/2002, ) (4-10) S’il y a eu malentendu, alors Leonardo Marino ment: mais s’il a menti sur sa rencontre avec Sofri, tout l’édifice de ses accusations et de ses pseudo-aveux s’effondre. Détails, dira-t-on. Mais c’est sur ces détails que s’est décidé le sort de trois personnes. Elles ont été, durant plus de dix ans, l’objet d’un acharnement judiciaire où la férocité s’alliait à l’incurie, dont les argumentations ont violé, comme cela a été mis en évidence à de multiples reprises (y compris par le signataire de ces lignes), les règles de la logique la plus élémentaire. Pourquoi cet acharnement? Les racines de cette affaire judiciaire hors normes plongent, nous l’avons vu, dans un terrain obscur, trouble, sanglant. (Le Monde 2000: Le cas Sofri: un jugement honteux, 04/02/2000, p. 1)
4.3.5
Profilvergleich courage – opiniâtreté
Als letztes Vergleichspaar, bezüglich dessen durch die im Rahmen dieser Arbeit vorgenommenen Similaritätsberechnungen ein dem unteren Wertebereich zuzuordnendes Ergebnis ermittelt werden konnte, sind courage und opiniâtreté zu nennen. Durchaus bemerkenswert ist zunächst, dass sich bei den Profilübereinstimmungen dieselbe Konstellation verzeichnen lässt wie im Falle von courage und obstination (cf. Abschnitt 4.3.3, p. 111). D.h. auch opiniâtreté teilt sich mit courage das deontisch ausgerichtete Verb falloir sowie das evidenzmarkierende Substantiv preuve als spezifische Kollokatoren, wie der in Tabelle 4.17 zu findenden Übersicht unschwer zu entnehmen ist: Tabelle 4.17: Profilübereinstimmungen bei courage und opiniâtreté Kollokator Lemma falloir 81 82
Wortart VER
Bereich L;R - L
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage opiniâtreté 0,12677 0,17003
Die Adjektive thérapeutique und judiciaire weisen in ihrer Verwendung als Attribut zu acharnement einen Spezifitätswert von 677,77 (Spanbereich: Rechts) bzw. 222,45 (R) auf. Gerade auch im Hinblick auf unsere weiter oben zu findenden Überlegungen, die auf die durch acharnement im Zusammenspiel mit seinem kombinatorischen Profil getragene Konzeptualisierung des Handlungsimpulses bezogen sind, ist besonders erhellend, dass die betreffenden Adjektive jeweils auf Handlungszusammenhänge mit deutlich einseitigen Abhängigkeits- und in diesem Sinne auch Dominanzverhältnissen (z.B. im Falle von judiciaire: Strafverfolger / Richter vs. Verdächtigter / Angeklagter) verweisen.
123
Kollokator Lemma preuve
Wortart NOM
Bereich L;R - L
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage opiniâtreté 0,06933 0,06632
Die Abweichungen im Verhältnis zum Kollokatorbestand von courage stellen sich aus Sicht des kombinatorischen Profils von opiniâtreté folgendermaßen dar: Tabelle 4.18: divergenter Kollokatorbestand von opiniâtreté gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage
Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
compter_2 connaître
VER VER
L L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,41527 0,34838
Bezugssubstantiv opiniâtreté opiniâtreté
Was nun die konzeptuellen Bereiche anbelangt, hinsichtlich derer sich das Kollokatorprofil von opiniâtreté im Kontrast zum kombinatorischen Potential von courage als defektiv erweist, so sind bis auf einen wesentlichen, weiter unten noch zu erörternden Punkt ähnliche Tendenzen zu verzeichnen wie in Verbindung mit den Profilen von héroïsme, obstination und acharnement. Im Einzelnen kann hierzu festgehalten werden, dass – das kombinatorische Profil von opiniâtreté analog zu jenem von obstination über falloir hinaus keine weiteren deontisch orientierten Ausdrucksoptionen umfaßt, wie sie andererseits im Rahmen des Profils von courage etwa anhand der Kollokatorverben demander, nécessiter und exiger gegeben sind. – courage im Unterschied zu opiniâtreté wie im Übrigen auch zu obstination neben dem Substantiv preuve oberhalb der Spezifizitätsschwelle eine Reihe anderer unmittelbar evidenzbezogener Kollokatoren wie témoigner, manifester und montrer besitzt. Nichtsdestoweniger spielt der Gesichtspunkt des Evidenzbezugs für das kombinatorische Potential von opiniâtreté keine unwesentliche Rolle, wie sich an den zum divergenten Kollokatorbestand gegenüber dem Profil von courage gehörenden Verben compter und connaître (cf. supra Tabelle 4.18) zeigt. Auf diese wird im Verlauf des vorliegenden Abschnitts noch genauer einzugehen sein. – das kombinatorische Profil von opiniâtreté in gleicher Weise wie die Profile von héroïsme, obstination und acharnement keine dynamizitäts- und phasenbezogenen Kollokatoren enthält und somit im Gegensatz zum Profil von courage ebenfalls eine grundsätzlich atemporale Prägung aufweist. – unter den spezifischen Begleitern von opiniâtreté kein einziger vermittelt evaluativer Ausdruck83 zu finden ist. Diesbezüglich unterscheidet sich opiniâtreté in seinem kombinatorischen Verhalten nicht nur grundlegend von courage, sondern auch von der Mehrzahl der anderen bisher untersuchten Substantive. Lediglich 83
Bemerkenswerterweise sind in Verbindung mit opiniâtreté – anders als etwa bei courage (cf. Abschnitt 4.3.1, n. 37) oder obstination (cf. Abschnitt 4.3.3, n. 62) – oberhalb der Spezifizitätsgrenze ebenfalls keine evaluativen Adjektive in attributivischer Funktion zu verzeichnen.
124
im Hinblick auf das Kollokatorprofil von ardeur konnte diesselbe Tendenz verzeichnet werden. Freilich ist dieses im Unterschied zum kombinatorischen Profil von opiniâtreté auf eine interne Sachverhaltspektive festgelegt. Wenden wir uns der in Abweichung zu den kombinatorischen Präferenzen von courage gegebenen Spezialisierung des Profils von opiniâtreté zu. Im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang einschlägigen Kollokatoren compter und connaître fällt zunächst auf, dass diese im Wesentlichen auf den epistemischen Status des mittels opiniâtreté bezeichneten Sachverhalts abheben. Dies bringt sie unzweifelhaft in eine recht große inhaltliche Nähe zum gleichermaßen dem Kollokatorprofil von courage und opiniâtreté angehörenden evidenzmarkierenden Substantiv preuve; jedoch leisten sie eine andere Perspektivsetzung als dieses. So ermöglicht einerseits preuve84 dem Sprecher der Verwendungssituation (locuteur)85 auf unmittelbarem Wege, seine eigene – einer vorausgegangenen Erfahrung geschuldete – Erkenntnis zum Bestehen des mit opiniâtreté bezeichneten Sachverhalts der präsupponierten Ungewißheit bezüglich eben dieses Bestehens entgegenzusetzen. Connaître und compter verlagern ihrerseits hingegen im Prinzip die Perspektive auf die Erkenntnissphäre eines Dritten (den wir, unserer bisherigen Sprachregelung folgend, protagoniste nennen möchten), sei es, indem sie auf den ihm zur Verfügung stehenden Wissensbestand oder eher auf seine Erwartungen verweisen. Die von opiniâtreté mit beiden Verben jeweils gebildeten prädikativen Syntagmen sind dabei mit ganz bestimmten Inferenzen verbunden, auf die wir, ausgehend von den folgenden Korpusbelegen, noch kurz zu sprechen kommen möchten: (4-11) Il y a quelque paradoxe à saluer comme un aboutissement le début d’une entreprise éditoriale telle que la publication de cette copieuse anthologie des OEuvres de Jean Jaurès. Et pourtant, au vu de la genèse du projet, fuyant et mythique comme un serpent de mer, on pouvait craindre qu’il ne pût être mené à bien. C’était compter sans l’opiniâtreté de l’historienne Madeleine Rebérioux, qui s’était juré de conduire à terme ce formidable chantier. (Le Monde 2000: Deux aventures éditoriales démesurées, 18/02/2000, p. 2) (4-12) Le sort de Roger Lemerre semble avoir été scellé pratiquement au coup de sifflet final du France-Danemark perdu à Incheon, qui boutait l’équipe de France hors du Mondial asiatique. Restait donc à fixer les modalités de son départ. Depuis trois semaines, l’affaire s’est considérablement compliquée. Certains prédisaient une démission «d’honneur» de l’ancien entraîneur du bataillon de Joinville, devant la Berezina constatée. C’était compter sans l’opiniâtreté d’un Roger Lemerre bien décidé à ne pas rendre les armes sans lutter. «Roger n’est pas du tout prêt à démissionner. Il a envie de continuer jusqu’en 2004», explique-t-on dans l’entourage de l’équipe de France. (Le Monde 2002: Le football français veut régler le cas Lemerre, 05/07/2002, p. 24) (4-13) Mao avait décidé que Shanghai ne serait qu’une grande usine. Le pouvoir, à la fin de chaque année, confisquait la caisse. Enfin, le grand fauve romantique de la Chine moderne est mort en 1976. Mao a failli. Le paradis rouge a toujours ses pauvres, ses opprimés, ses 84 85
Das kombinatorische Profil von courage umfasst mit den Verben témoigner und montrer noch weitere Kollokatoren, für die die betreffende Aussage in gleicher Weise gilt. Zur Unterscheidung von Verwendungs- und Bezugssituation siehe bereits unsere Ausführungen in Abschnitt 4.3.2, p. 104 sowie n. 44 - 45.
125
crève-la-faim. Deng Xioaping hérite d’un Etat en faillite. Il connaît son peuple, son opiniâtreté, sa force, son courage, sa volonté d’en sortir, il lance le slogan «S’enrichir est glorieux !». Il mobilise les milliardaires de Hongkong pour tester, dans le delta des Perles, le «socialisme à économie de marché», qui enterre le collectivisme, mais pas le dirigisme. Lui aussi oublie Shanghai. (Le Figaro 2002: LE YANGZI (3) A l’embouchure se dresse Shanghai, cupide, vulgaire et fascinante : le capitalisme servi cru - Le charme perdu du lotus d’or, 21/08/2002, ) (4-14) A ce poste, elle fera ses armes dans le combat contre la criminalité organisée et le trafic des stupéfiants en développant l’entraide judiciaire internationale. En 1988, elle échappe à un attentat en Sicile, alors qu’elle enquêtait dans une affaire de blanchiment d’argent, la «pizza connection», avec le juge italien Giovanni Falcone, qui sera assassiné plus tard. Déjà connue pour son opiniâtreté, Carla Del Ponte acquerra une réputation internationale par les actions qu’elle mène tambour battant depuis qu’elle a été portée à la tête du ministère public fédéral en 1994. (Le Monde 1999: Une magistrate de choc spécialisée dans les enquêtes financières aux méthodes controversées, 13/08/1999, p. 2)
Für die Verbindung von opiniâtreté mit dem Kollokatorverb compter ist innerhalb unseres Primärkorpus ausschließlich die stereotype satzartige Wendung c’est compter sans l’opiniâtreté de X (qui Y)86 belegt. Diese setzt den mittels opiniâtreté bezeichneten Sachverhalt dergestalt in Szene, dass er als Faktor erscheint, der einen eigentlich fest erwarteten 87 Ereignisablauf (gewissermaßen «im letzten Moment») in entscheidender Weise beeinflussen oder aber gar in sein Gegenteil verkehren kann. Dabei kann es sich um einen Umschwung in der Ereignistendenz handeln, der sowohl vom Negativen zum Positiven als auch vom Positiven zum Negativen verläuft: So wird beispielsweise in Beleg (4-11) eine Situation geschildert, in der das vielen kaum noch abwendbar erscheinende Scheitern eines Projekts dank der Handlungsdisposition des Agonisten verhindert wird, während umgekehrt eben diese 86
87
Nach Ausweis des herangezogenen Primärkorpus besteht die Tendenz, das betreffende lexikalisch-syntaktische Muster in einen logisch-semantischen Komplex mit einem elaborierenden Relativsatz einzubinden, der der Explizierung des von der semantischen Valenz des Substantivs opiniâtreté her als Partizipant implizierten und durch dieses gleichsam charakterisierten Handlungssachverhalts dient. Zudem fällt an den unter (4-11) und (4-12) angeführten Beispielen auf, dass die zur Versprachlichung eben dieses Sachverhalts gewählten Verbsyntagmen jeweils über einen modalisierenden Ausdruck (cf. se jurer in (4-11) bzw. (être) décidé in (4-12)) eingebettet sind, der seinerseits eine Wiederaufnahme des Substantivs opiniâtreté leistet. Der Umstand, dass es sich bei c’est compter sans l’opiniâtreté de X um eine unpersönliche Konstruktion handelt, bringt ein gewisses Maß an Vagheit in Bezug auf den von compter implizierten Experiencer-Referenten mit sich. Dieser ist in der Regel anhand des näheren ko-textuellen Umfelds erschließbar, jedoch verweist das betreffende prädikative Syntagma letztlich nicht nur auf die Erwartungshaltung eines der in das geschilderte Geschehen involvierten Protagonisten, sondern setzt u.E. zudem auch als rhetorisches Mittel explizit einen Kontrapunkt zu der in der vorausgehenden Textpassage aufgebauten Lesererwartung. Es operiert mithin sowohl auf einer objektiven, den besprochenenen Sachverhalt als Bezugssituation betreffenden, als auch auf einer subjektiven, die Verwendungssituation (d.h. das Verhältnis zwischen Sprecher und Hörer) betreffenden Ebene. In dieser Hinsicht sind auch die weiter oben von uns in Abgrenzung zu preuve gemachten Ausführungen zu relativieren.
126
Handlungseinstellung nach der in Korpusauszug (4-12) zu findenden Darstellung zu beträchtlichen Komplikationen bei der Umsetzung eines eigentlich als «Formalität» angesehenen Vorhabens führt. Die Kombination von opiniâtreté mit dem Verb connaître bedingt ihrerseits je nach Konstruktion leicht unterschiedliche Inferenzen. Im Falle des kanonisch transitiven satztragenden Syntagmas mit opiniâtreté in der Position eines C.O.D. wird darauf abgehoben, dass der mit opiniâtreté bezeichnete Sachverhalt eine Einflussgröße darstellt, von der der protagoniste (nach gesicherter Erfahrung) ausgehen und hierbei u.a., wie in Belegausschnitt (4-13) impliziert, bei der Planung und Umsetzung eines komplizierten Vorhabens letztlich profitieren kann. Im Falle der mit connaître gebildeten passivischen Partizipialkonstruktion88 (cf. Belegstelle 4-14) erscheint die durch opiniâtreté gekennzeichnete Handlungsdisposition schließlich als eine Verhaltenskonstante, die in einem solchen Maße verlässlich ist, dass sie als «Markenzeichen» einer bestimmten Person gelten kann. Unseres Erachtens weist die in Verbindung mit compter und (teilweise auch) connaître89 evozierte Vorstellung von der durch opiniâtreté bezeichneten Handlungsdisposition als einer für bestimmte Ereignisabläufe entscheidenden Einflussgröße starke Ähnlichkeit zu den von obstination bzw. acharnement und ihren jeweiligen Kollokatorprofilen geleisteten Konzeptualisierungen des Handlungsimpulses als in psychisch-(inter)aktionellen Zusammenhängen maßgeblicher Bewirkungsinstanz90 auf, wenngleich die entsprechenden Perspektivierungen im Falle von compter und connaître – anders als bei den einschlägigen Kollokatoren von obstination und acharnement – in erster Linie inferentiell bedingt sind. In dieser Hinsicht erscheint es zudem naheliegend, davon auszugehen, dass durch opiniâtreté der im Rahmen des mit ihm verknüpften semantischen Valenzschemas zur Bezugnahme auf einen bestimmten Handlungssachverhalt angelegte YPartizipant in gleicher Weise wie durch obstination und acharnement konturiert wird. Dass opiniâtreté im Unterschied zu courage auf eine bereits bestehende Handlung unter dem Gesichtspunkt ihrer Persistenz verweist, wird nicht zuletzt anhand morphosyntaktischer Indizien deutlich. So wird die ausdrucksseitige Einbindung des besagten Y-Partizipanten in Form eines Infinitivkomplements in Verbindung mit opiniâtreté auch durch die Verwendung der Präposition à, und nicht etwa de wie im Falle von courage, gewährleistet. Der folgende Korpusbeleg vermag dies abschließend zu dokumentieren: (4-15) [...] dès le premier tour du tournoi de Monte-Carlo, il vient de perdre pour la neuvième fois consécutive contre Boris Becker (6-4, 5-7, 6-4). Le joueur allemand en semi-retraite mais tout récent finaliste du tournoi de Hongkong a joué un match solide, sans plus, mais 88 89 90
Gleiches trifft auf das ebenfalls zu verzeichnende, periphrastisch konstruierte prädikative Syntagma se faire connaître pour son opiniâtreté zu. Dies gilt allerdings nicht für die mit connaître gebildete Partizipialkonstruktion (siehe hierzu weiter oben). Siehe diesbezüglich unsere Ausführungen zur Ausgestaltung einer externen Sachverhaltsperspektive bei acharnement und obstination in Verbindung mit den Kollokatorausdrücken dénoncer, critiquer, agacer, fasciner, victime, objet, subir (cf. Abschnitt 4.3.4, p. 118ss.) bzw. dénoncer, protester, exaspérer, permettre, payer und récompenser (cf. Abschnitt 4.3.3, p. 112ss.).
127
avec ces étincelles de son talent qui ornent encore son jeu: service impeccable, volée toujours ample et cette curieuse opiniâtreté à ne pas vieillir qui en déroute toujours quelques-uns et surtout l’infortuné Cédric Pioline. C’est tout simple, Cédric n’a jamais battu Boris. (Le Monde 1999: A Monte-Carlo, Boris Becker sape le moral de Cédric Pioline, 21/04/1999, p. 30)
4.3.6
Profilvergleich courage - générosité
Der für die Profile von courage und générosité ermittelte Similaritätsindex kann mit Blick auf die Gesamtheit der von uns durchgeführten Vergleichsberechnungen dem unteren Segment des mittleren Wertebereichs zugeordnet werden. Die beiden nachstehend aufgeführten Tabellen liefern einerseits eine Übersicht zu den zwischen beiden Profilen bestehenden Übereinstimmungen: Tabelle 4.19: Profilübereinstimmungen bei courage und générosité Kollokator Lemma saluer preuve manquer manque témoigner consister
Wortart VER NOM VER NOM VER VER
Bereich L-L L;R - L L;R - L L-L L;R - L R-R
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage générosité 0,10772 0,10732 0,06933 0,105 0,0523 0,03775 0,04853 0,06652 0,00243 0,00998 1e-06 0,04368
sowie andererseits eine Zusammenstellung der aus Sicht des Kollokatorbestands von générosité gegebenen Abweichungen zu courage: Tabelle 4.20: divergenter Kollokatorbestand von générosité gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
appel bénéficier plein excès animer mêler susciter empreindre capable étonner valoir rivaliser déborder
NOM VER ADJ NOM VER VER VER VER ADJ VER VER VER VER
L L L L R L L L L L R L L
128
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,37619 0,05744 0,05074 0,04473 0,02936 0,01737 0,01733 0,01068 0,00788 0,00646 0,00501 0,0038 0,00278
Bezugssubstantiv générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité
Auf der Grundlage der hier präsentierten Daten lassen sich, was die im Vergleich des kombinatorischen Potentials von générosité und courage aufscheinenden Kontraste und hierbei insbesondere die jeweils profilseitig abgedeckten onomasiologischen Bereiche anbelangt, in einer ersten Annäherung folgende Tendenzen ausmachen: 1) Im Falle der evidenzbezogenen spezifischen Begleiter teilen sich die kombinatorischen Profile von courage und générosité nicht nur das im Hinblick auf die im Rahmen dieser Arbeit insgesamt untersuchten Kookkurrenzparadigmen nahezu ubiquitäre Kollokatorsubstantiv preuve (siehe u.a. Abschnitt 4.3.1, n. 19 sowie Abschnitt 4.3.3), sondern sie besitzen mit témoigner eine weitere Übereinstimmung. Eine ähnliche Konstellation konnte bereits beim Vergleich der Profile von courage und acharnement verzeichnet werden, wenngleich in diesem Zusammenhang an Stelle von témoigner das Kollokatorverb manifester involviert war (cf. Abschnitt 4.3.4). Letzteres gehört, was nun die evidenzmarkierenden Kollokatoren von courage und générosité anbelangt, u.a. neben montrer und signe zu jenen Ausdrucksoptionen, durch die das kombinatorische Profil von courage gegenüber jenem von générosité divergiert. 2) Dank dem Sprechaktverb saluer weisen die Profile von courage und générosité auch hinsichtlich der vermittelt evaluativen Kollokatoren zumindest eine Gemeinsamkeit auf. Dies war mit Ausnahme von héroïsme bei keinem der bisher mit courage kontrastierten Substantive der Fall.91 Darüber hinaus ist jedoch zu konstatieren, dass courage nicht zuletzt in diesem konzeptuellen Bereich über ein weitaus stärker differenziertes kombinatorisches Potential als générosité verfügt, dessen Profil neben saluer keinen weiteren vermittelt evaluativen Kollokatorausdruck jenseits der Signifikanzschwelle umfasst. Demgegenüber ergibt sich anhand der einschlägigen Kollokatoren von courage eine beträchtliche Variationsbreite im Hinblick auf – den bezeichneten Ereignistyp: Mit saluer, louer oder auch vanter gehören zum kombinatorischen Profil von courage einerseits vermittelt evaluative Ausdrücke, die auf Sprechakte verweisen, andererseits sind jedoch ebenso spezifische Begleiter wie admirer zu verzeichnen, die auf mentale Zustände bezogen sind. – das zum Ausdruck gebrachte Maß an Bewertungsintensität: Zusätzlich zu saluer und reconnaître, die jeweils auf einen gemäßigten Grad an positiver Sachverhaltsbeurteilung abheben, besitzt courage mit louer, féliciter, hommage oder auch vanter eine Reihe von Kollokatoren, die auf ein hohes bzw. sehr hohes Maß an Zustimmung verweisen. – sowie schließlich die evozierte Werthaltung: Es handelt sich hierbei um eine Kollokatordimension, die – wie bereits in Abschnitt 4.3.2 ausführlich dargestellt – den Kontrast der Profile von courage und héroïsme in entscheidender 91
Im Falle von obstination und acharnement gehen die diesbezüglich im Vergleich zum kombinatorischen Profil von courage zu beobachtenden Differenzen vor allem auf die polare Ausrichtung der einschlägigen Kollokatoren zurück (siehe hierzu die Abschnitte 4.3.3 bzw. 4.3.4). Die Kollokatorprofile von ardeur und opiniâtreté haben ihrerseits in vollständigem Kontrast zu courage keine vermittelt evaluativen Ausdrücke aufzuweisen.
129
Weise bestimmt. Das kombinatorische Potential von courage zeichnet sich nun dadurch aus, dass die Möglichkeit zur Kennzeichnung einer admirativen oder aber einer satisfaktiven Werthaltung anhand von Kollokatoren wie hommage, hymne und vanter bzw. saluer, reconnaître und féliciter profilseitig gleichermaßen gegeben ist.92 Die Konstellationen, die sich in dieser Hinsicht jeweils aus den in Relation zu courage vorliegenden Profilabweichungen von héroïsme und générosité ergeben, verhalten sich gewissermaßen spiegelbildlich zueinander: So ist das kombinatorische Profil von héroïsme gänzlich auf admirativ ausgerichtete Ausdrucksoptionen93 festgelegt, wohingegen générosité mit saluer lediglich einen vermittelt evaluativen Kollokator besitzt, der seinerseits der Bezugnahme auf eine satisfaktive Werthaltung dient. 3) Was die deontisch ausgerichteten Kollokatoren anbelangt, so ist das Verhältnis der kombinatorischen Profile von courage und générosité ebenfalls sowohl von Übereinstimmungen als auch von Abweichungen geprägt. Das Profil von courage unterscheidet sich dabei gegenüber jenem von générosité im Wesentlichen durch das Vorhandensein deontisch-dynamischer Kollokatoren wie falloir, demander oder auch exiger, während zum gemeinsamen Kollokatorbestand beider Substantive die defizienzbezogen-kontrafaktischen94 Ausdrücke manquer und manque95 zu zählen sind. Die hier vorliegende Konstellation ist mit der aus dem Kontrast der Kollokatorprofile von courage und ardeur resultierenden – bis
92
93
94
95
Wie bereits in Abschnitt 4.3.2 vermerkt wurde, kommt den satisfaktiven Kollokatoren um saluer im Rahmen des kombinatorischen Profils von courage insgesamt ein deutlich höheres Gewicht als den admirativen Kolloktorausdrücken zu. Die betreffenden Auslastungswerte stehen hierbei in einem Verhältnis von ungefähr 6:1 (cf. n. 52). Bei den entsprechenden Kollokatorausdrücken innerhalb des Profils von héroïsme handelt es sich um die Verben vanter und exalter sowie um das Substantiv éloge (cf. Abschnitt 4.3.2). Die von den deontisch-dynamischen sowie den defizienzbezogen-kontrafaktischen Kollokatoren jeweils bezeichneten Konzepte stehen in einem engen Kontiguitätsverhältnis, das sich ganz im Sinne der Sachverhaltsschematisierungen («métascénario[s]») erfassen lässt, die von Koch (2002, 77ss.) bezüglich der für afrz. falir angenommenen Lesarten ‘manquer’ und ‘être l’objet d’un besoin’ vorgeschlagen werden. In dieser Hinsicht umfassen die in Frage stehenden konzeptuellen Einheiten die gleichen Komponenten, d.h. Teilschemata, unterscheiden sich jedoch maßgeblich durch deren jeweilige Figur-Hintergrund-Anordnung. Hierbei heben nun u.E. die defizienzbezogen-kontrafaktischen Ausdrücke (cf. manquer, manque etc.) vorrangig auf das Nicht-Bestehen eines Sachverhalts S1 ab, während sie gleichzeitig dessen Voraussetzungscharakter in Bezug auf einen anderen (noch) nicht bestehenden Sachverhalt S2 präsupponieren. Im Falle der deontisch-dynamischen Ausdrücke (cf. falloir, exiger etc.) steht umgekehrt gerade das Voraussetzungsverhältnis zwischen S1 und S2 im Vordergrund, während das Nicht-Bestehen von S1 impliziert ist. Über manquer und manque hinaus enthält das kombinatorische Profil von courage mit absence und défaut noch weitere Ausdrucksoptionen, die im Rahmen des Profils von générosité nicht gegeben sind.
130
auf eine kleine Ausnahme96 – identisch.97 Im Hinblick auf die konzeptuelle Prägung des kombinatorischen Profils von générosité spielen die defizienzbezogen-kontrafaktischen Kollokatorausdrücke manquer und manque im Übrigen eine wichtige Rolle, auf die in der Folge noch näher einzugehen sein wird. 4) Eine weitere Gemeinsamkeit der kombinatorischen Profile von courage und générosité besteht schließlich darin, dass sie spezifische Begleiter aufzuweisen haben, über die eine interne Sachverhaltspektive vermittelt wird. Deren jeweilige Ausgestaltung erweist sich jedoch bei beiden Substantiven als unterschiedlich, wie ein erster Blick auf die einschlägigen Kollokatoren – z.B. trouver, perdre und donner im Falle von courage bzw. susciter und rivaliser im Falle von générosité – erahnen lässt. Dieser Gesichtspunkt wird im weiteren Verlauf dieses Abschnitts ebenfalls Gegenstand einer vertiefenden Betrachtung sein. Im Folgenden möchten wir den im Vergleich zum kombinatorischen Profil von courage divergierenden Kollokatorbestand von générosité (cf. supra Tabelle 4.20) etwas detaillierter in unsere Ausführungen einbeziehen. Ausgangspunkt unserer Überlegungen sollen die bereits unter 3) thematisierten Tendenzen sein, die hinsichtlich der deontisch ausgerichteten spezifischen Begleiter beider Substantive zu verzeichnen sind. Hierbei kann zunächst festgehalten werden, dass sich die Profile von courage und générosité mit manquer und manque zentrale Ausdrucksoptionen im Bereich der defizienzbezogen-kontrafaktischen Kollokatoren teilen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch ebenso deutlich, dass die betreffende Kollokatorgruppe in jeweils unterschiedlich gelagerte profilinterne Relationen eingebunden ist. So stehen die defizienzbezogen-kontrafaktischen Ausdrücke innerhalb des Profils von courage in einem unmittelbaren Kontrastverhältnis zu den deontisch-dynamischen Verben um falloir und demander, die – wie bereits erwähnt – gerade nicht zu den spezifischen Begleitern von générosité gehören. Im Rahmen des kombinatorischen Profils von générosité kontrastieren manquer und manque hingegen mit einer Gruppe primär intensitätsbezogener Kollokatoren, welche die – ihrerseits wiederum nicht dem Kollokatorbestand von courage zuzurechnenden – Ausdrücke rivaliser, plein, empreindre, déborder und excès umfasst. Die hier dargelegeten profilinternen Konstellationen lassen gleichzeitig jeweils unterschiedliche Inhaltsnuancen der Kollokatorausdrücke manquer und manque in den Vordergrund treten, wobei im Falle von générosité der Gesichtspunkt der Defizienz, im Falle von courage jedoch der der Nicht-Existenz (und somit des Kontrafaktischen) dominiert. Sie sind letztlich Ausweis für die unterschiedlichen kategoriellen Prägungen der kombinatorischen Potentiale von générosité und courage und geben hinreichend Aufschluss über die 96
97
Im Fall der Profile von courage und ardeur beziehen sich die Gemeinsamkeiten bei den deontisch ausgerichteten Kollokatoren auf das defizienzbezogen-kontrafaktische Verb manquer, nicht aber auf das entsprechende Substantiv manque (siehe hierzu Abschnitt 4.3.1). Die umgekehrte Profil-Konstellation, d.h. eine auf das Vorhandensein gemeinsam geteilter deontisch-dynamischer Kollokatoren zurückzuführende Übereinstimmung bei gleichzeitiger Divergenz im Bereich der defizienzbezogen-kontrafaktischen Kollokatorausdrücke, lässt sich für courage im jeweiligen Kontrast zu obstination (cf. Abschnitt 4.3.3) und opiniâtreté (siehe Abschnitt 4.3.5) verzeichnen.
131
profilseitig jeweils geleistete Perspektivierung des allgemeinen HANDLUNGSIMPULS-Szenarios, auf das sich die Gesamtheit der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Substantive bezieht. Im hier diskutierten Fall werden nun grundlegende konzeptuelle Differenzierungen deutlich, die bereits im Zusammenhang mit dem kombinatorischen Profil von ardeur (siehe Abschnitt 4.3.1) ein wichtige Rolle spielten und die sich, umgemünzt auf die bei courage und générosité zu beobachtenden Profilkontraste, folgendermaßen darstellen: – Das kombinatorische Profil von courage – dies wurde in Abschnitt 4.3.1, p. 96 ss. ausführlich dargelegt – hebt auf die Polarität von Existenz und Nicht-Existenz des mit diesem Substantiv bezeichneten Sachverhalts ab. Vor allem anhand der einschlägigen dynamizitäts-/kausalitätsbezogenen Kollokatoren avoir,98, 99 trouver, donner, redonner, armer, reprendre und perdre wird die Entwicklung des Handlungsimpulses als ABSOLUTE TRANSITION schematisiert. Das für die Vorstellung von Handlungsdispositionen wesentliche Konzept der Impulsstärke wird vor dem Hintergrund des Kollokatorprofils von courage primär auf die Frage nach dem unmittelbaren Erreichen oder Unterschreiten eines notwendigen Minimums eingeengt. Der Aspekt des Erreichens ist hierbei, was die Anzahl und das profilinterne Gewicht entsprechender Ausdrucksoptionen wie avoir, trouver oder auch donner anbelangt, im Falle von courage etwas deutlicher als der des Unterschreitens100 akzentuiert. – Das kombinatorische Profil von générosité ist demgegenüber in ähnlicher Weise wie das Profil von ardeur einer primär intensitätsbezogenen Sachverhaltsperspektive verpflichtet. Anders jedoch als im Falle von ardeur (und – sieht man von dem hier diskutierten grundlegenden Unterschied zwischen Existenz- und Intensitätsbezug ab – auch von courage) dominieren im Hinblick auf Anzahl und Auslastungswerte101 die statischen Kollokatorausdrücke (cf. plein, empreindre,102 98 99
100
101
102
Dies betrifft den Gebrauch von avoir in einer Form des accompli (siehe unsere Anmerkungen in n. 23, Abschnitt 4.3.1). Hierbei ist zu beachten, dass die Verbindung von générosité mit avoir auch im Rahmen unseres Primärkorpus durchaus nachgewiesen werden kann. Die in Frage kommenden statistischen Kennwerte entsprechen jedoch letztlich nicht den von uns zu Grunde gelegten Auswahlkriterien. So konnte zwar für die betreffende Kombination ein Spezifizitätswert von 13,31 gemessen werden, gleichzeitig besteht aber bei weniger als der Hälfte der automatisch ermittelten Bigramme tatsächlich eine direkte syntaktische Beziehung zwischen avoir und générosité. Auf die von générosité in Verbindung mit avoir gebildeten prädikativen Syntagmen wird im Verlauf dieses Abschnitts allerdings in einem anderen Zusammenhang noch eingegangen werden. Als einzige Ausdrucksoption ist in dieser Hinsicht das terminative Nominalverb perdre zu nennen. Wie bereits in Abschnitt 4.3.1 (n. 26) festgestellt werden konnte, wird dessen relatives Gewicht innerhalb des Profils von courage von dem der inchoativen Verben (cf. trouver, donner, armer u.a.) um mehr als das 65-fache übertroffen. Das profilinterne Gewicht der statischen intensitätsbezogenen Kollokatoren von générosité übersteigt mit einem Gesamtwert von 0,207 das der dynamischen (0,007) in einem Verhältnis von ungefähr 30:1 (zu den einzelnen Gewichtswerten von plein, excès, manquer etc. siehe die Tabellen 4.19 und 4.20). Empreindre tritt in Kombination mit générosité stets im Rahmen des über sein participe passé gebildeten prädikativen Syntagmas empreint de générosité auf.
132
excès, manquer, manque) gegenüber den dynamizitätskennzeichnenden Begleitern103 (cf. rivaliser, déborder),104 wodurch das kombinatorische Potential von générosité insgesamt weniger auf das konzeptuelle Schema der SKALAREN TRANSITION , als vielmehr der SKALARITÄT105 schlechthin ausgelegt ist. Tendenziell wird somit die Vorstellung von Impulsstärke über das Profil von générosité nicht wie bei ardeur106 auf einen skalaren Orientierungspunkt jenseits des notwendigen Minimums, sondern unmittelbar auf dieses selbst bezogen. Die im Rahmen des Profils von générosité aufscheinende Differenz zwischen den beiden Kollokatorgruppen um manquer und manque auf der einen, sowie um plein, empreindre, rivaliser, déborder und excès auf der anderen Seite verweist hierbei in ausgeprägter Weise auf das Spannungsverhältnis zweier einander entgegengesetzter Graduierungsbereiche, die, für sich genommen, unter umgekehrten Vorzeichen eine Abweichung vom notwendigen Minimum als «rechtem Maß» an Impulsstärke bedeuten. Auch bei den auf eine externe Sachverhaltsperspektive abhebenden Kollokatoren von générosité lässt sich im Übrigen mit dem auf einen mentalen Zustand evaluativen Charakters107 bezogenen Verb étonner ein Ausdruck anführen, der ein weiteres Indiz dafür liefert, dass der Gesichtspunkt der Intensität gegenüber dem der Existenz des mit générosité bezeichneten Sachverhalts vorrangig ist. So stellt bereits Lafaye (1869, 977s.) bei seinem (ob der gegebenen Einsichten beachtlichen) Versuch einer Unterscheidung von étonner/étonnement und surprendre/surprise fest:
103
104
105 106
107
In diese Betrachtungen ist allerdings das ebenfalls auf eine sachverhaltsinterne Entwicklung ausgerichtete Kollokatorverb susciter nicht einbezogen. Auf dieses wird aufgrund seines unterschiedlich gelagerten Status an anderer Stelle noch ausführlich einzugehen sein. Im Hinblick auf die vorliegenden Kollokatorausdrücke ist zwischen den kombinatorischen Profilen von ardeur und générosité durchaus eine Übereinstimmung gegeben, jedoch stehen die betreffenden spezifischen Begleiter plein, manquer und rivaliser im Falle von ardeur vorrangig in einem profilinternen Kontrast zu kausativ intensitätsbezogenen (und ihrerseits nicht dem Kollokatorbestand von générosité angehörenden) Ausdrücken wie calmer, refroidir oder tempérer, gegenüber denen sie zudem, was ihre Auslastungswerte anbelangt, eine eher untergeordnete Rolle spielen (siehe zu letzterem die Zusammenstellung in Tabelle 4.7 sowie die daran anschließenden Bemerkungen). «Skalarität» ist hierbei nicht im eng gefassten Sinne der Pragmatik (cf. skalare Implikatur o.ä.) zu verstehen. Während nämlich das kombinatorische Profil von générosité keinerlei kausativ intensitätsbezogene Kollokatoren umfasst, tragen diese im Falle des Profils von ardeur in herausragender Weise zu dessen kategoriell-schematischer Prägung bei (cf. Abschnitt 4.3.1) und bedingen somit vor allem die hier angesprochenen Perspektivierungsunterschiede. Es soll in diesem Zusammenhang nicht bestritten werden, dass die vorgeschlagene Einordnung von étonner als vermittelt-evaluatives Verb auch angezweifelt werden kann, da es sich bezüglich der Markierung einer polaren Orientierung im Sinne einer negativen bzw. positiven Sachverhaltsbewertung als neutral erweist. Allerdings besteht zwischen étonner und vermittelt evaluativen Ausdrücken wie admirer u.ä. immerhin insofern ein enger inhaltlicher Zusammenhang, als letztere eine nicht erfüllte Erwartung seitens des protagoniste voraussetzen.
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«Une chose nous surprend ou nous étonne, nous cause de la surprise ou de l’étonnement lorsqu’elle frappe inopinément notre âme ou notre esprit. Mais surprendre et surprise sont plus relatifs à l’imprévu de la chose; étonner et l’étonnement le sont davantage à la force de l’impression. [...] La nouveauté ou l’apparition subite d’une chose nous surprend; pour nous étonner, il faut qu’une chose soit, de plus, grande, importante, extraordinaire, il faut qu’elle nous émeuve, qu’elle nous trouble beaucoup. [...] L’étonnement, [...], n’a rien que de grand et de fort, c’est une surprise mêlée de stupeur, d’effroi ou de ravissement: ce qui étonne n’est pas quelque chose d’inopiné, d’insolite et d’inouï, qui trouble, parce qu’on ne s’y attend pas, c’est quelque chose de puissant, d’insurmontable, de terrible ou d’admirable dont la vue confond, renverse ou transporte.»
Mit anderen Worten: Anders als bei surprendre geht es im Falle von étonner nicht primär um die schlichte Existenz eines unerwartet eingetretenen Sachverhalts, sondern vielmehr um dessen Quälität, d.h. genauer sein Ausmaß und mithin auch seine Intensität (cf.: «une chose [...] grande», «quelque chose de puissant» in der oben zitierten Passage).108 Dass nun étonner zum Bestand der spezifischen Begleiter von générosité gezählt werden kann, mag angesichts des prominenten profilinternen Status der auf einen hohen bis extremen Intensitätsgrad verweisenden Kollokatorausdrücke wie déborder, plein oder excès kaum verwundern, findet dieser doch seinerseits in der kombinatorischen Affinität von générosité zu étonner eine deutliche Resonanz. Über unsere soeben angestellten Überlegungen zu den hinsichtlich der Ausgestaltung einer internen Sachverhaltsperspektive bei courage und générosité profilseitig gegebenen Unterschieden hinaus verdient das zum Kollokatorbestand von générosité gehörende kausative Verb susciter eine gesonderte Betrachtung. Stellt man einen Vergleich mit jenen auf das Konzept KAUSALITÄT verweisenden Kollokatorverben an, denen wir bislang, d.h. in Verbindung mit den kombinatorischen Profilen von courage und ardeur, begegnet sind, so fällt auf, dass die in letztgenanntem Zusammenhang als grundlegend zu erachtende Unterscheidung zwischen Existenzund Intensitätsbezug im Falle von susciter schlicht nicht zum Tragen kommt. Dieses bezieht sich nämlich weder auf den Übergang zwischen Stadien der Existenz und Nicht-Existenz noch auf einen Wechsel zwischen verschiedenen Skalenbereichen, sondern hebt seinerseits vielmehr auf die Verwirklichung eines als grundsätzlich vorhanden betrachteten Potentials gemäß dem konzeptuellen Schema einer REAKTIVEN TRANSITION ab. Letztlich kann somit festgestellt werden, daß die einschlägigen kausativen Kollokatorausdrücke von courage, ardeur und générosité, im Einklang mit der von ihnen jeweils geleisteten Konzeptualisierung des Handlungsimpulses im Sinne einer ABSOLUTEN, SKALAREN oder aber REAKTIVEN TRANSITION , der Bezugnahme auf unterschiedliche Typen von Kausalität dienen, die wir entsprechenderweise als Effizie108
Wie aus der in seinem Artikel zu findenden Detailanalyse hervorgeht, hatte Lafaye mit seiner grundlegenden Feststellung, étonner/étonnement seien im Unterschied zu surprendre/surprise vorrangig auf «la force de l’impression» bezogen, letztlich zweierlei im Blick: Zum einen ging es ihm zweifelsohne um die Intensität des mit étonner/étonnement bezeichneten psychischen Zustands an sich, zum anderen aber ebenso um die Qualität des involvierten Stimulus-Referenten, wobei diese gewiss in einem engen Wirkungszusammenhang zu sehen sind.
134
rung, Affizierung und – in Anlehnung an die Ausführungen Blumenthals (2006, 28s.) zu provoquer, susciter und déclencher als Verben zur Bezeichnung einer «causalité réactionnelle» – als Aktivierung bezeichnen möchten. Die folgende Tabelle liefert hierzu einen zusammenfassenden Überblick: Tabelle 4.21.: kategorielle Einordnung der kausativen Kollokatoren von courage, ardeur und générosité Substantiv
Bezugsgröße
Transitionstyp
courage
EXISTENZ
absolut
Kausalitätstyp Kollokatoren Effizierung
donner, redonner, insuffler, armer
ardeur
INTENSITÄT
skalar
Affizierung
calmer, refroidir, tempérer, freiner, doucher u.a.
générosité
POTENTIAL
reell
Aktivierung
susciter
Die hier im Hinblick auf die kausativen Kollokatoren von courage und générosité konstatierte Differenz zwischen Existenz- und Potentialbezug spiegelt sich noch in einem weiteren Kontrast wider, der die im Rahmen des kombinatorischen Profils der beiden Substantive (wenn auch nur in sehr spärlicher Anzahl)109 jeweils vorliegenden Kollokatorausdrücke zur Bezeichnung direktiver Sprechakte (cf. souhaiter bzw. appel) betrifft. So stützt sich zum einen das in Kombination mit courage auftretende Sprechaktverb souhaiter auf die Implikation, dass auf Seiten des protagoniste bezüglich des Eintretens des von ihm für wünschenswert gehaltenen Sachverhalts ungeachtet der tatsächlichen Kapazitäten des Adressaten Ungewissheit herrscht. Das zum Kollokatorprofil von générosité gehörende Substantiv appel ist seinerseits hingegen mit der Präsupposition verbunden, dass der protagoniste seinen Adressaten grundsätzlich dazu in der Lage sieht, den eingeforderten Sachverhalt herbeizuführen. Welch prominente Rolle der Gedanke des Potentials im Übrigen im Hinblick auf die konzeptuelle Prägung des kombinatorischen Profils von générosité spielt, lässt sich darüber hinaus auch daran ersehen, dass der Kollokatorbestand des besagten Substantivs mit dem Adjektiv capable einen Ausdruck umfasst, der in unmittelbarer Weise auf das betreffende Konzept bezogen ist. Der folgende Belegsatz zeigt die für unser Primärkorpus gängige Realisierungsweise des von générosité und capable gebildeten lexikalisch-syntaktischen Musters: (4-16) Ils connaissent mieux désormais, grâce à la campagne et aux commentaires de la presse écrite, les caractères de leurs présidents potentiels: l’un, Al Gore, compétent et péremptoire, à la gesticulation ample, qui appelle les Américains à s’engager derrière lui pour contrecarrer l’influence des intérêts spéciaux et des grandes entreprises; l’autre, George W. 109
Nichtsdestoweniger handelt es sich bei dem in der Folge zu erwähnenden Substantiv appel um den Kollokator mit dem höchsten Spezifitätswert im Rahmen des kombinatorischen Profils von générosité. Das relative Gewicht von appel beträgt hierbei 0,376 (cf. supra Tabelle 4.20). Das seinerseits dem Kollokatorbestand von courage angehörende Verb souhaiter belegt demgegenüber lediglich einen der hinteren Profilränge. Ihm kommt ein profilinterner Auslastungswert von 0,0024 zu.
135
Bush, plus effacé mais déterminé, capable de générosité et d’humour, qui propose aux Américains de dépasser leurs clivages politiques pour rechercher en commun des solutions aux problèmes concrets du pays. Mais cela est leur problème. (Le Monde 2000: L’Europe ne doit pas avoir peur de George W. Bush, 06/11/2000, p. 1)
In einem direkten Zusammenhang mit susciter steht u.E. ebenso das zu den spezifischen Begleitern von générosité zu zählende Verb animer, welches auf die Nachgeschichte des mittels susciter bezeichneten Aktivierungsprozesses Bezug nimmt. Animer lässt hierbei die durch générosité bezeichnete Handlungsdisposition als selbst tragenden Impuls erscheinen, der unvermittelt auf den Agonisten einwirkt und diesen in seinem Verhalten – gewissermaßen als Motivationsfaktor – nachdrücklich beeinflusst: (4-17) Sur le tournage, la générosité qui animait l’équipe française, empreinte de gratitude, témoignait à sa manière de l’avancée de ce travail plus tardivement entrepris dans notre pays. Comme si le temps de se confronter à ce passé refoulé pour «retrouver la mémoire» arrivait enfin. (Le Monde 2002: Marceline Loridan-Ivens retrouve sa mémoire à Auschwitz-Birkenau, 10/07/2002, p. 26)
Man betrachte demgegenüber das im Rahmen des Profils von courage als signifikantester Kollokator auftretende Nominalverb avoir, das zwar in gleicher Weise wie animer direkt auf die Relation zwischen Handlungsimpuls und Agonisten bezogen ist, anders als dieses jedoch vorrangig auf die Existenz (bzw. die Entstehung)110 des Sachverhalts, nicht aber auf seine Rolle als motivierendes Moment abhebt. Für unsere weiteren Überlegungen bleibt festzuhalten, dass susciter auf ein hohes Maß an aktiver (Mit)Beteiligung des Agonisten am unmittelbaren Verursachungsprozess und mithin auf eine gesteigerte Kontrolle seinerseits in dem Sinne verweist, dass der bewirkte Sachverhalt als vorab gegebenes Potential in seiner Verfügungsgewalt liegt. Dies spiegelt sich, gewissermaßen vom anderen Ende der Kausalitätskette her betrachtet, auch bei bestimmten Kollokatorausdrücken wider, die einer externen Perspektive gemäß auf den mit générosité bezeichneten Sachverhalt als Bewirkungsinstanz Bezug nehmen und hierbei dem Agonisten eine dominierende bzw. autonome Rolle zuschreiben. Zu nennen sind in dieser Hinsicht zum einen das bereits weiter oben eingehend behandelte étonner111 sowie zum anderen das auf unmittelbar interaktionelle Zusammenhänge bezogene Verb bénéficier, welches insofern auf ein bei dem Agonisten liegendes Verfügungspotential (und somit ein von seiner Seite ausgehendes Dominanzgefälle) verweist, als es die Begünstigung eines Dritten in Abhängigkeit von der Handlungsbereitschaft des Agonisten bezeichnet:112 110
111
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Wie bereits mehrmals erwähnt, kann avoir, sofern es in einer Form des accompli verwendet wird, auch als inchoatives Nominalverb zu courage fungieren (siehe hierzu u.a. die Anmerkungen in Abschnitt 4.3.1, n. 23). Wir stützen uns hierbei vor allem auf die folgende Feststellung von Lafaye (1869, 977): «un événement imprévu nous étonne quand il nous dépasse, quand il est au-dessus de notre intelligence et de nos forces». Hierin besteht u.E. im Übrigen einer der wesentlichen Unterschiede gegenüber dem zu bénéficier bedeutungsähnlichen Verb profiter.
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(4-18) Volontaire, elle est aussi généreuse. Et c’est cette générosité qui a ouvert des pistes aux enquêteurs. Depuis qu’elle est revenue aux Philippines avec Alfred Sirven, elle a aidé ses enfants et d’autres membres de sa famille; elle a voulu les faire profiter de sa chance en les sortant de l’ornière de la pauvreté. M[arife], sa demi-soeur, a bénéficié de cette générosité, et sa vie éclaire la première partie de celle de Vilma. (Le Monde 2000: Alfred et Vilma en cavale, 31/03/2000, p. 16)
Im Rahmen des von uns herangezogenen Primärkorpus lassen sich darüber hinaus auch Fälle wie der in Belegauszug (4-19) dokumentierte finden, in denen das von générosité und bénéficier konstituierte satztragende Syntagma in Erweiterung des soeben skizzierten konzeptuellen Musters auf eine Art «Dopplungseffekt», d.h. auf die bewusste Begünstigung eines Dritten durch den Agonisten zu dessen und seinem eigenen Nutzen (getreu dem Motto «eine Hand wäscht die andere») Bezug nimmt: (4-19) Les médias sont considérés à Munich comme une industrie de pointe: tout a été fait pour hisser la capitale bavaroise parmi les cités les plus actives d’Allemagne dans ce domaine. Le groupe Kirch, avec ses quelque 10 000 salariés dans la région, a joué un rôle incontestable de locomotive et a d’ailleurs largement bénéficié de la générosité de la Landesbank bavaroise. (Le Monde 2002: La débâcle du groupe Kirch jette une lumière crue sur le système CSU, 26/02/2002, p. 4)
Insgesamt ergeben sich anhand der beiden zuletzt besprochenen Kollokatoren étonner und bénéficier im Übrigen interessante Parallelen zum kombinatorischen Profil von acharnement. So besitzt dieses Substantiv zum einen mit fasciner einen auf mentale Ereignisse bezogenen spezifischen Begleiter, der wie étonner auf die besonders dominante Rolle der als Stimulus fungierenden Instanz abhebt113 (siehe hierzu Abschnitt 4.3.4, p. 122). Zum anderen umfasst das Profil von acharnement mit victime, subir, objet und pratiquer eine Gruppe von Kollokatoren, die mit dem zum Profil von générosité gehörenden Verb bénéficier dahingehend in Kontrast stehen, dass sie auf die vollständige Einschränkung der Handlungsspielräume eines Dritten zu dessen Schaden verweisen,114 während sich bénéficier umgekehrt auf die Gewährung von Handlungsspielräumen gegenüber einem Dritten zu dessen Nutzen bezieht. Trotz der gewiss wichtigen Unterschiede im Detail heben sich générosité und acharnement in den hier dargelegten Zusammenhängen gleichermaßen von courage ab. Zum Ende des vorliegenden Abschnitts möchten wir uns vor dem Hintergrund des kombinatorischen Verhaltens von générosité mit der Frage nach der Realisierung des zu dem mit générosité verbundenden Sachverhaltsschema gehörenden und hierbei einem Handlungsereignis entsprechenden Y-Partizipanten beschäftigen. In diesem Zusammenhang zeigen sich zunächst unter qualitativen Gesichtspunkten durchaus gewisse Übereinstimmungen zum kombinatorischen Profil von courage. 113
114
Allerdings besteht zwischen étonner und fasciner ein klarer Unterschied bezüglich der zum Ausdruck gebrachten polaren Orientierung. Während sich étonner als in dieser Hinsicht neutrale Ausdrucksoption erweist (siehe hierzu bereits n. 107, p. 133), dient fasciner der Bezeichnung einer positiven Sachverhaltsbewertung. Zu dem in dieser Hinsicht bestehenden Kontrast zwischen den Profilen von acharnement und obstination siehe Abschnitt 4.3.4, p. 121.
137
So ist zum einen im Falle beider Substantive mit consister ein signifikantes Kollokatorverb zu verzeichnen, das den Y-Partizipanten unmittelbar in eine spezifizierende Relation zu der durch courage bzw. générosité bezeichneten Handlungsdisposition setzt und hierbei auf einen essentiellen Bezug zwischen beiden verweist. 115 Zum anderen lassen sich auf der Grundlage unseres Primärkorpus durchaus Belege für die Einbindung des Y-Partizipanten als über die Präposition de eingeleitetes Infinitivkomplement im Rahmen eines von générosité in Kombination mit dem Nominalverb avoir konstituierten satztragenden Syntagmas finden, wie anhand des folgenden Textauszugs deutlich wird: (4-20) Voici un livre dont on aimerait pouvoir dire du bien. L’auteur est familier de l’Allemagne, où il a vécu de nombreuses années, notamment comme correspondant de la télévision française. Il fait montre d’une vaste culture qu’il a la générosité de partager avec son lecteur. Il connaît parfaitement l’allemand, à tel point qu’il propose même de véritables exercices de thèmes et de versions. Malheureusement, toutes ces bonnes dispositions sont mises au service d’une thèse difficile à accepter [...]. (Le Monde 2000: Du déterminisme allemand, 01/09/2000, p. 10)
Freilich bestehen, was den letztgenannten Fall anbelangt, insofern gravierende Tendenzunterschiede, als das einschlägige Konstruktionsmuster in Verbindung mit générosité einen eher marginalen Status besitzt, 116 wohingegen es sich in Verbindung mit courage (siehe hierzu die Belegsätze 4-21, 4-22 und 4-23) als äußerst stabil und in sich variierbar erweist. Dies lässt sich über die bloße Beobachtung von Abweichungen in der absoluten Vorkommenshäufigkeit117 hinaus vor allem an zwei Aspekten festmachen: – Das im Hinblick auf das betreffende Konstruktionsmuster als syntaktischer Kopf fungierende Nominalverb avoir stellt im Falle von courage den Begleiter mit dem höchsten Spezifizitätswert dar, während es im Falle von générosité nicht zu dessen signifikanten Kollokatoren gezählt werden kann. Zudem steht avoir, was die Konstituierung des hier diskutierten prädikativen Syntagmas anbelangt, innerhalb des kombinatorischen Profils von courage in einem direkten paradigmatischen Kontrast zu den inchoativen bzw. kausativ-inchoativen Nominalverben trouver, donner und redonner, die ihrerseits nicht dem kombinatorischen
115
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Der betreffende Status von consister als Kollokatorverb wurde bereits im Hinblick auf eine Abgrenzung des kombinatorischen Verhaltens von courage und ardeur in Abschnitt 4.3.1 angesprochen. Siehe hierzu bereits unsere in n. 99, p. 132 zu findenden Anmerkungen zum kombinatorischen Verhalten von générosité in Bezug auf avoir in der Funktion als Nominalverb. So schlägt beispielsweise das prädikative Syntagma avoir le courage de V-inf im Rahmen unseres Primärkorpus mit 605 Okkurrenzen zu Buche, wohingegen für avoir la générosité de V-inf lediglich eine absolute Frequenz von 5 bestimmt werden konnte, was einem Verhältnis von ca. 1 : 120 enstpricht.
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Profil von générosité angehören.118 Dies sei durch die nachfolgend angeführten Korpusbelege dokumentiert: (4-21) [...] pour Emmanuelli, «le repositionnement du PS passe par un positionnement clair sur la mondialisation». Européen de conviction, le président de la commission des finances pense qu’il «faut avoir le courage de dire non» à l’Union européenne lorsque celle-ci se fait «le bras armé du libéralisme». En juillet il organisera un colloque avec des ONG antimondialisation, certain que c’est là que se situe «le réservoir militant et idéologique». (Le Figaro 2002: LEGISLATIVES - Tout en se préparant au «débat» interne au PS qui suivra le scrutin de juin - Emmanuelli soupçonne Fabius de jouer la défaite de la gauche, 16/05/2002, ) (4-22) Deux semaines après le départ du Tour de France 1998, Le Monde avait demandé l’arrêt de l’épreuve, irrémédiablement gâchée par les révélations consécutives à l’arrestation du soigneur Willy Voet, l’un des prévenus du procès de Lille. «Le peloton doit mettre pied à terre et procéder à un examen de conscience», écrivions-nous. Nous ajoutions: «Qui trouvera le courage de dire stop, de décider que l’on en a trop vu, trop fait, et surtout trop caché ?» Quelques-uns ont eu ce courage. Le moment est donc venu de désigner les vrais coupables afin de procéder aux changements nécessaires. (Le Monde 2000: La vérité sur le dopage, 26/10/2000, p. 17) (4-23) Quand un de vos confrères que vous désignez par ses initiales (...) vous a téléphoné pour vous dire que la grâce d’un innocent avait été refusée par le président de la République de l’époque, vous avez su trouver les mots pour lui donner le courage d’en trouver d’autres propres à faire supporter au désespoir l’insupportable. Ces moments terribles où le mensonge n’est plus permis, seuls les avocats qui les ont vécus, et Hugo qui les a imaginés, ont su les décrire. (Le Figaro 2002: Lettre à une «avocate irrespectueuse», 08/03/2002, )
– Des Weiteren besitzt courage eine beträchtliche Anzahl signifikanter (und hierbei semantisch recht unterschiedlicher) Kollokatorverben, die – wie dire, affronter, aller,119 reconnaître, prendre120 und assumer (um nur die spezifischsten zu nennen)121 – die für die Y-Partizipantenrolle im Rahmen des mit ihm 118
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Wie bereits weiter oben an mehreren Stellen ausführlich dargelegt wurde, liegt hinsichtlich des Profils von générosité gerade im Fehlen solcher existenzphasenbezogenen Kollokatoren (bei gleichzeitiger Salienz intensitätsbezogener Ausdrucksoptionen) einer der Hauptunterschiede zum kombinatorischen Potential von courage. Aller ist hierbei wiederum zum Teil in eine periphrastische Konstruktion eigebunden, wie sich beispielhaft an der folgenden Belegstelle zeigen lässt: Ce scrutin peut cependant résoudre quelques problèmes, et c’est là, semble-t-il, une raison suffisante pour que des centaines de milliers de gens ordinaires trouvent l’incroyable courage d’aller voter dans un tel climat de terreur. (Le Figaro 2002: INDE - Les violences au Cachemire indien ont fait plus de trente morts en quarante-huit heures, 03/10/2002, ) Prendre tritt in diesem Zusammenhang häufig in der Verwendung als Nominalverb zu den Substantiven décision, mesure, responsabilité, risque und parole auf. Insgesamt beträgt die Anzahl der betreffenden Kollokatorverben innerhalb des kombinatorischen Profils von courage 27. Für die hier angeführten konnten auf der Grundlage unseres Primärkorpus die folgenden Spezifizitätswerte ermittelt werden: dire – 340,93 (Spanbereich: Rechts), affronter – 232,85 (R), aller – 138,14 (R), reconnaître – 106,89 (R), prendre – 63,47 (R) sowie assumer – 56,7 (R).
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verbundenen Infinitivkomplements eröffnete Strukturposition als syntaktischer Kopf füllen können, während in Verbindung mit générosité gemäß der von uns zugrunde gelegten statistischen Kriterien kein einziges Verb in der entsprechenden Funktion zu verzeichnen ist.122 Immerhin bietet sich im Rahmen des kombinatorischen Profils von générosité mit dem relationalen Adjektiv verbal eine auf den Y-Partizipanten bezogene signifikante123 Ausdrucksoption, die sich gleichzeitig allerdings gegenüber der infinitivischen Konstruktionsvariante durch größere Implizitheit auszeichnet: (4-24) Il jure, il murmure, il hurle. On a souvent parlé de la générosité verbale de Jean Vautrin, entre Rabelais et Céline. Ce cisèlement dans l’excès réjouit le lecteur de ce recueil de nouvelles, patchwork de rééditions et d’inédits. Mais il faudrait revenir, en deçà de la force toute physique du style, sur la consistance de son univers fictionnel et éthique. (Le Monde 1999: Lambeaux de vies, 09/07/1999, p. 2)
Die hier dargelegeten Tendenzunterschiede weisen letztlich darauf hin, dass générosité im Hinblick auf die Realisierung des Y-Partizipanten insgesamt ein höheres Maß an Sättigung124 aufweist, als dies für courage der Fall ist. Dies steht u.E. in einem engen Zusammenhang mit der Tatsache, dass die kategorielle Prägung des kombinatorischen Profils von générosité vorrangig durch dessen Affinität zu intensitätsbezogenen Kollokatoren bestimmt ist. In dem Maße nämlich, wie die Frage nach der vorhandenen Intensität des Handlungsimpulses in den Vordergrund rückt, verliert die bloße Feststellung eines essentiellen Bezugs zu einem bestimmten Handlungssachverhalt, die ihrerseits mit der Notwendigkeit zu einer expliziten Benennung desselben einhergeht, an Relevanz. Wir hatten hierauf bereits anlässlich unserer Ausführungen zum kombinatorischen Verhalten von ardeur in Abgrenzung zu courage hingewiesen (siehe Abschnitt 4.3.1) und möchten nun unter Einbeziehung unserer Beobachtungen zu générosité folgende Präzisierung vornehmen: Im Einklang mit der im Rahmen seines kombinatorischen Profils gegebenen Salienz einer existenzbezogenen Perspektive dient courage der Charakterisierung eines Handlungssachverhalts unter besonderer Bezugnahme auf den unmittelbaren Vollzug desselben (d.h. auf den Übergang von Nicht-Handeln zu Handeln), wohingegen générosité das Vorliegen eines solchen Handlungssachverhalts zum einen impliziert, darüber hinaus aber vor allem der Kennzeichnung wesentlicher Rahmenbedingungen eines anderen, mit dem implizierten nicht identischen Sachverhalts dient. Geradezu exemplarischen Charakter haben in diesem Zusammenhang die von générosité in Verbindung mit den intensitätsbezogenen Kollokatoren plein bzw. empreindre gebildeten lexikalisch-syntaktischen Muster, deren Verwendung abschließend durch die folgenden Korpusbelege dokumentiert sei: 122
123 124
So ließ sich zwar einerseits für die Verbindung von générosité mit dem Verb partager im rechten Fensterbereich ein Spezifizitätswert von 14,27 ermitteln, dieses tritt jedoch andererseits lediglich in zwei von insgesamt vier automatisch zusammengestellten Bigrammen als Bestandteil eines von générosité abhängigen Infinitivkomplements auf. Das Adjektiv verbal weist in seiner Verwendung als Attribut zu générosité einen Spezifitätswert von 23,47 (Spanbereich: Rechts) auf. Zu dem an Frege angelehnten Begriff der Sättigung (frz.: saturation) vergleiche die Ausführungen in Blumenthal (2002a, 124).
140
(4-25) Reconnaissons que c’est un acteur hors pair qui joue aussi bien Machiavel que Méphisto. Mais j’en reviens une fois encore aux adieux pleins de générosité de Levi Marrero. Après un bref bilan des dégâts causés par la guerre de Fidel Castro contre les Cubains, il affirma sa confiance en la capacité de Cuba, de tous les Cubains, pour surmonter les désastres de la paix [...] (Le Monde 2002: Cuba: ce 20-Mai qui nous manque, 24/05/2002, p. 1) (4-26) Elle est enseignante et dit: «Etre petite m’a fait vivre des choses extraordinaires.» Son fiancé, nain lui-même, se demande: «Où puise-t-elle sa force?» Dans l’amour d’une mère, mais pas seulement. Empreint d’une générosité très américaine, mais sans excès ni compassion obligée, ce film sollicite notre regard. Avec intelligence et sensibilité, il met à l’épreuve notre grandeur - ou notre petitesse - d’âme. (Le Monde 2002: Nous, les nains, 16/11/2002, p. 12)
4.3.7
Profilvergleich courage – ténacité
Der auf Grundlage der kombinatorischen Profile von courage und ténacité errechnete Ähnlichkeitswert kann unter Berücksichtigung aller für die vorliegende Studie herangezogenen Vergleichspaare in der oberen Hälfte des mittleren Wertbereichs verortet werden. Zu Beginn unserer Ausführungen gilt es wie gewohnt, zunächst das Datenmaterial zu dokumentieren, welches uns im Hinblick auf eine kontrastierende Betrachtung des kombinatorischen Verhaltens von courage und ténacité zur Verfügung steht. Die nachfolgende Zusammenstellung bezieht sich hierbei auf jene spezifischen Begleiter, die beiden Substantiven gemeinsam sind: Tabelle 4.22: Profilübereinstimmungen bei courage und ténacité Kollokator Lemma falloir saluer preuve hommage admirer exiger
Wortart VER VER NOM NOM VER VER
Bereich L;R - L L-L L;R - L L-L L-L L-L
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage ténacité 0,12677 0,09637 0,10772 0,13238 0,06933 0,17547 0,01877 0,03912 0,00681 0,02242 0,0055 0,10985
Tabelle 4.23 liefert ihrerseits einen Überblick zu den im Vergleich zum kombinatorischen Profil von courage betehenden Divergenzen innerhalb des Kollokatorbestands von ténacité: Tabelle 4.23: divergenter Kollokatorbestand von ténacité gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
récompenser réputer fruit sous-estimer
VER VER NOM VER
L;R L L L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,20343 0,06942 0,04508 0,03949
Bezugssubstantiv ténacité ténacité ténacité ténacité
141
Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
récompense compter_2 oublier
NOM VER VER
L L L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,03434 0,01819 0,01443
Bezugssubstantiv ténacité ténacité ténacité
Als Einstieg in eine weiterführende Analyse möchten wir zunächst die augenfälligsten Tendenzen skizzieren, die sich hinsichtlich der jeweils profilseitig abgedeckten konzeptuellen Bereiche aus den soeben angeführten Kollokatordaten ergeben. Hiernach lässt sich das Verhältnis der kombinatorischen Profile von courage und ténacité folgendermaßen charakterisieren: 1) Bezüglich der vorhandenen deontischen Kollokatorausdrücke lassen sich durchaus Übereinstimmungen im kombinatorischen Verhalten beider Substantive feststellen. Diese betreffen im Einzelnen die deontisch-dynamischen Verben falloir und exiger. Gleichzeitig weist jedoch das kombinatorische Profil von courage gegenüber jenem von ténacité in zweifacher Hinsicht eine stärkere Differenzierung auf: – Zum einen besitzt courage über exiger hinaus eine Reihe weiterer deontischdynamischer Kollokatorverben, die wie u.a. demander oder nécessiter die satzseitige Realisierung des in dem allgemeinen semantischen Valenzrahmen der von uns untersuchten Substantive verankerten und hierbei dem Konzept HANDLUNG entsprechenden Y-Partizipanten in Subjektfunktion ermöglichen. – Zum anderen gehören mit manquer, manque und absence mehrere defizienzbezogen-kontrafaktische Ausdrücke zu den spezifischen Begleitern von courage. Diese stehen – wie bereits in Abschnitt 4.3.6 dargelegt wurde – in einem direkten Kontrastverhältnis zu der Gruppe der deontisch-dynamischen Kollokatoren (cf. falloir, demander, exiger etc.) und sind somit an einer profilinternen Relation beteiligt, die gerade im Falle von ténacité nicht gegeben ist. Alles in allem betrachtet, ergibt sich bei courage und ténacité – sieht man einmal von der hinsichtlich exiger gegebenen Übereinstimmung ab – im Bereich der deontischen Kollokatoren die gleiche Profilkonstellation wie im Falle von obstination (cf. Abschnitt 4.3.3) und opiniâtreté (siehe Abschnitt 4.3.5). 2) Was die vermittelt evaluativen Kollokatorausdrücke anbelangt, so besteht in den wesentlichen Punkten eine deutliche Konvergenz zwischen den kombinatorischen Profilen beider Substantive. Die einschlägigen spezifischen Begleiter von ténacité, die im Übrigen in ihrer Gesamtheit auch dem Kollokatorbestand von courage zuzurechnen sind, verweisen hierbei nicht nur ausschließlich auf eine positive Sachverhaltsbewertung,125 sondern bedingen darüber hinaus auch 125
In dieser Hinsicht ist eine ähnliche Profilkonstellation wie im Vergleich zu générosité (siehe Abschnitt 4.3.6) und héroïsme (siehe Abschnitt 4.3.2) zu verzeichnen. Eindeutige Divergenzen bestehen demgegenüber sowohl im Verhältnis zu obstination und acharnement, deren einschlägige Kollokatoren nahezu in ihrer Gesamtheit auf ein negatives Werturteil bezogen sind (siehe hierzu die Abschnitte 4.3.3 und 4.3.4), als auch zu ardeur und opi-
142
hinsichtlich der jeweils bezeichneten Werthaltung mit admirer und hommage auf der einen, sowie saluer auf der anderen Seite den gleichen profilinternen Kontrast zwischen admirativer und satisfaktiver Sachverhaltseinschätzung, der sich für das kombinatorische Potential von courage – wie bereits im Vergleich zum Profil von héroïsme (siehe Abschnitt 4.3.2) ausführlich dargelegt werden konnte – als grundlegend erweist. Zweifelsohne sind aus Sicht des kombinatorischen Profils von ténacité auch gewisse Abweichungen zu verzeichnen, wobei courage dank solcher Kollokatoren wie féliciter, louer, vanter u.a. insgesamt eine größere Anzahl an vermittelt evaluativen Ausdrücken als spezifische Begleiter aufzuweisen hat. In diesem Zusammenhang zeigt sich im Übrigen, dass das kombinatorische Verhalten von courage im Hinblick auf die profilseitige Markierung bestimmter Grade an Bewertungsintensität im Vergleich zu jenem von ténacité etwas differenzierter ausfällt, da courage anders als ténacité mit dem Substantiv hymne ebenso einen – wenn auch eine eher marginale Rolle spielenden126 – Kollokator besitzt, der der Bezugnahme auf ein extremes Maß an Zustimmung dient. 3) Einen der zweifellos wichtigsten Unterschiede in der Relation der kombinatorischen Profile beider Substantive stellt das Fehlen signifikanter kausalitäts-/dynamizitätsbezogener Ausdrücke im Rahmen des Kollokatorbestands von ténacité dar.127 Aufgrund des damit tendenziell gegebenen atemporalen Charakters seines kombinatorischen Profils, d.h. aufgrund von dessen mehr oder weniger exklusiven Festlegung auf eine externe Sachverhaltsperspektive steht ténacité in einer Reihe mit den Substantiven héroïsme und acharnement sowie vor allem obstination und opiniâtreté, zu denen es zudem – wie weiter oben unter 1) dargelegt wurde – im Bereich der deontischen Kollokatoren weitgehende Übereinstimmungen aufzuweisen hat. Bezieht man an dieser Stelle jene Tendenzen ein, die im Verlaufe der bisher vorgelegten Profilvergleiche zu beobachten waren, so kann festgehalten werden, dass der Kontrast zwischen externer und interner Sachverhaltsperspektive und mithin zwischen einer profilseitig getragenen Konzeptualisierung des Handlungsimpulses als Bewirkungsin-
126
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niâtreté, die ihrerseits keine vermittelt-evaluativen Kollokatoren als spezifische Begleiter besitzen (siehe die Abschnitte 4.3.1 und 4.3.5). Der Auslastungswert des Substantivs hymne im Rahmen des kombinatorischen Profils von courage beträgt hierbei lediglich 0,0007. Dem spezifischsten vermittelt-evaluativen Kollokator von courage, dem Verb saluer, kommt demgegenüber ein profilinternes Gewicht von 0,1077 zu, was einem Verhältnis von ca. 150:1 entspricht. In diesem Zusammenhang sollte nicht übersehen werden, dass nach Ausweis des herangezogenen Primärkorpus die Verwendung von avoir und donner als dynamizitäts-/kausalitätsbezogene Nominalverben von ténacité nicht ausgeschlossen werden kann. In beiden Fällen erfüllen die einschlägigen statistischen Kennwerte allerdings nicht die angesetzten Auswahlkriterien. Hierbei ist zwar zum einen für die Verbindung von avoir und ténacité ein Spezifizitätswert von 11,32 zu verzeichnen, gleichzeitig beruht jedoch lediglich die Hälfte der betreffenden automatisch ermittelten Bigramme auf einer direkten syntaktischen Beziehung. Im Falle von donner konnte zum anderen lediglich ein Kohäsionswert von 5,05 – und dies auch nur auf Grundlage einer Hapax-Okkurrenz – gemessen werden. Die von ténacité in Verbindung mit avoir gebildete Nominalverbkonstruktion wird immerhin zum Ende dieses Abschnitts noch einmal bei unseren Ausführungen eine gewisse Rolle spielen.
143
stanz oder aber als Bewirkungshorizont128 eine der wesentlichen Differenzierungsachsen im Hinblick auf das kombinatorische Potential aller dem von uns zu untersuchenden Paradigma zugehörigen Substantive konstituiert. Entlang dieser Differenzierungsachse sind ténacité – dies im Verbund mit Substantiven wie acharnement, obstination und opiniâtreté – und courage an den einander entgegensetzten Polen zu verorten. Darüber hinaus ist jedoch daran zu erinnern, dass courage – dessen kombinatorisches Verhalten stets den Ausgangspunkt der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Vergleichsanalysen darstellt – noch in eine weitere Kontrastkonstellation eingebunden ist, die ihrerseits auf der lediglich im Falle einer Ausrichtung auf eine interne Sachverhaltsperspektive zur Geltung kommende Differenz zwischen Existenz- und Intensitätsbezug beruht und damit in erster Linie das Verhältnis von courage zu Substantiven wie ardeur (siehe Abschnitt 4.3.1) oder générosité (cf. Abschnitt 4.3.6), nicht aber zu ténacité129 betrifft. 4) Die kombinatorischen Profile von courage und ténacité sind im Hinblick auf die jeweils vorliegenden evidenzkennzeichnenden Kollokatoren ebenfalls weitgehend divergent. Die einzige Übereinstimmung ist in diesem Zusammenhang dank des nahezu bei allen in diesem Beitrag einem Profilvergleich zu unterziehenden Substantiven als kookkurrenzparadigmatische Klammer130 fungierenden Kollokatornomens preuve gegeben. Darüber hinaus verfügt courage jedoch über eine Vielzahl spezifischer Begleiter, die – wie beispielsweise montrer, témoigner, manifester, symboliser oder auch signe – nicht dem Bestand der evidenzkennzeichnenden Kollokatoren von ténacité zuzurechnen sind. Dies gilt umgekehrt in ähnlicher Weise für ténacité, dessen kombinatorisches Profil seinerseits anhand von Kollokatorverben wie sous-estimer oder auch compter bezüglich des betreffenden konzeptuellen Bereichs gegenüber jenem von courage abweicht. In diesem Punkt zeigen sich im Übrigen deutliche Parallelen zu der im Falle von courage und opiniâtreté zu verzeichnenden Profilkonstellation (cf. Abschnitt 4.3.5). Hierauf wird im weiteren Verlauf unserer Betrachtungen zum kombinatorischen Profil von ténacité noch einmal einzugehen sein. Ausgehend von dieser ersten Bestandsaufnahme möchten wir uns im Folgenden etwas genauer mit den Besonderheiten des kombinatorischen Verhaltens von ténacité befassen, die sich vor dem Hintergrund der nicht zum Profil von courage gehörenden spezifischen Begleiter (siehe hierzu Tabelle 4.23) abzeichnen. Dabei wird in erster Linie der Frage nachzugehen sein, welche Nuancierungen die profilseitig auf eine externe Sachverhaltsperspektive ausgerichtete Konzeptualisierung der durch ténacité bezeichneten Handlungsdisposition anhand der betreffenden Kollokatoren im Einzelnen erfährt. 128
129 130
Zu einer weitergehenden Betrachtung der betreffenden Konzeptualisierungsdifferenzen siehe unsere Ausführungen innerhalb des dem Vergleich der kombinatorischen Profile von courage und obstination gewidmeten Abschnitts 4.3.3. Gleiches gilt darüber hinaus für die Relation des kombinatorsichen Profils von courage zu jenen von acharnement, héroïsme, obstination und opiniâtreté. Siehe hierzu bereits u.a. unsere Anmerkungen in Abschnitt 4.3.2, n. 39 sowie in Abschnitt 4.3.3.
144
Unser Interesse gilt zunächst der Kollokatorgruppe um récompenser, récompense und fruit, deren gemeinsamer Nenner in der Bezugnahme auf die unmittelbare Nachgeschichte des mittels ténacité zum Ausdruck gebrachten Sachverhalts und mithin auf ein ihn einschließendes Interaktionsgefüge zu finden ist. Die nachfolgend aufgeführten Korpusbelege dienen der Illustration der einschlägigen lexikalisch-syntaktischen Muster:131 (4-27) Pour bâtir leur dispensaire, qui inclura une salle d’opération, l’équipe d’Ümit 2000 doit se battre pour réunir les fonds, avec l’aide d’associations franco-turques. Les volontaires doivent aussi s’initier aux techniques locales de négociations pour gagner la confiance des autorités et obtenir un terrain où placer leur bâtiment. Leur patience et leur ténacité ont finalement été récompensées: le 2 août, Ümit 2000 signait un protocole avec le gouverneur de la province. (Le Monde 2000: Une équipe française construit le premier dispensaire en dur à Düzce, 18/08/2000, p. 3) (4-28) Tout Rufenacht est là, dans ce flegme britannique, cette discrétion recherchée de provincial. Longtemps, ce grand bourgeois protestant agaça Chirac par son indépendance. Que le président confie à l’élu normand resté volontairement à l’écart de la ronde de ses «premiers ministrables» la direction de sa campagne, c’est à la fois la récompense d’une longue ténacité et le signe du poids grandissant du cercle des amis de Bernadette Chirac. (Le Figaro 2002: Le futur directeur de campagne est un fidèle du couple présidentiel - Antoine Rufenacht, la force du consensus, 26/01/2002, ) (4-29) La seconde moitié du XXe siècle est dominée par le débat sur la dissuasion nucléaire - bien expliqué - auquel participe la «bande des quatre» - Etats-Unis, URSS, Grande-Bretagne et France - rivaux malgré l’alliance affichée. Lancé en 1967 à Cherbourg, fruit de la ténacité de De Gaulle pour forcer la mainmise paralysante de Washington, Le Redoutable est le premier sous-marin français à réacteur nucléaire. Aujourd’hui, plus de quarante sous-marins nucléaires lance-engins (SNLE) sillonnent les océans. (Le Monde 2000: Engins de mort, 13/11/2000, p. 33)
Anhand der hier in Frage stehenden spezifischen Begleiter lässt sich feststellen, dass das kombinatorische Profil von ténacité im Bereich der unmittelbar konsequenzbezogenen Kollokatorausdrücke eine recht große Ähnlichkeit zu jenem von obstination (cf. Abschnitt 4.3.3, p. 114) aufzuweisen hat. Über die in Zusammenhang mit dem Kollokatorverb récompenser gegebene Deckungsgleichheit hinaus stimmen die Profile von ténacité und obstination in ihrer Grundausrichtung vor allem dahingehend überein, dass sie ausschließlich Kollokatoren umfassen, die der Bezugnahme auf positive Handlungsfolgen dienen. Während ein Großteil der einschlägigen spezi131
Die hier zu findenden Korpusauszüge offenbaren überdies eine recht große Variationsbreite hinsichtlich der sprachlichen Realisierung des von den betreffenden Kollokatorausdrücken implizierten Folgesachverhalts. In (4-29) liegt zum einen die Verwendung eines mit fruit und ténacité gebildeten prädikativen Syntagmas in (appositiv-)rahmengebender Funktion vor. Im Unterschied dazu dokumentiert Belegausschnitt (4-27) die Einbindung eines von récompenser und ténacité konstituierten satztragenden Syntagmas in einen elaborierenden Satzkomplex, wobei dieses als logisch-semantische Expansionsbasis fungiert. Bei Belegstelle (4-28) haben wir es schließlich mit einem Fall zu tun, in dem das Substantiv récompense in Verbindung mit ténacité als prädikativer Kopf im Rahmen einer Pseudocleft-Konstruktion verwendet wird, die im Übrigen auch die Bezugnahme auf den Folgesachverhalt über eine exponiert thematische Position ermöglicht.
145
fischen Begleiter hierbei den Agonisten als begünstigte Instanz identifizieren, kann dem Kollokatorbestand beider Substantive sowohl mit dem Verb permettre (im Falle von obstination) als auch mit dem Nomen fruit (im Falle von ténacité) gleichzeitig jeweils eine in dieser Hinsicht variable bzw. neutrale Ausdrucksoption zugerechnet werden.132 In einem Punkt besteht jedoch zwischen den kombinatorischen Profilen von obstination und ténacité ein wesentlicher Kontrast: – Aufgrund der – bei ténacité im Übrigen nicht gegebenen – profilinternen KoPräsenz bestimmter vermittelt evaluativer Kollokatorausdrücke mit negativer Polarität wie zum Beispiel protester oder dénoncer sind die konsequenzbezogenen Kollokatoren von obstination über eine grundsätzlich anders gelagerte Konstellation in das konzeptuelle Gefüge von dessen kombinatorischem Profil eingebunden. Die beiden betreffenden Kollokatorreihen stehen in einem engen Implikationsverhältnis zueinander und tragen gemeinsam zur Vermittlung einer spezifischen «Interaktionslogik» bei, die auf die Abfolge des antagonistischen Wirkens einer dritten Instanz und dessen letztlicher Überwindung seitens des Agonisten abzielt.133 – Demgegenüber weisen jene signifikanten Begleiter von ténacité, die in ihrer Funktion als vermittelt evaluative Ausdrücke gleichermaßen die Reaktion eines Dritten ins Spiel bringen, diesen allesamt entsprechend ihrer Bezugnahme auf eine positive Sachverhaltsbeurteilung (siehe hierzu weiter oben) als synagonistisch wirkende Instanz aus. Insbesondere die Kollokatoren saluer und hommage stehen hierbei in keinem ausgeprägten Implikationsverhältnis zu den konsequenzbezogenen Kollokatorausdrücken von ténacité, sie verorten vielmehr das durch sie bezeichnete (Reaktions)Ereignis auf derselben Zeitstufe wie die letztgenannten, nämlich in der Nachgeschichte des durch ténacité bezeichneten Sachverhalts. In Zusammenhang mit den verbleibenden Substantiven des von uns zu untersuchenden Paradigmas, zu deren kombinatorischem Profil ebenfalls konsequenzbezogene Kollokatoren gehören, lassen sich sowohl im Vergleich zu ténacité als auch zu obstination weiter reichende Differenzen verzeichnen. So besitzt zum einen générosité mit dem Kollokatorverb bénéficier134 zwar einerseits einen spezifischen Begleiter, der gleichermaßen dem Ausdruck positiver Handlungsfolgen verpflichtet ist. Diese werden jedoch andererseits über den betreffenden Kollokator stets einer dritten Instanz zugeschrieben, wobei zudem der Agonist als dominante (weil verfügungsbefähigte) Instanz ausgewiesen wird. In den letztgenannten Punkten sind zum anderen wiederum aus Sicht des Profils von générosité deutliche Parallelen zum 132
133 134
Permettre ermöglicht über die in seinem syntaktischen Valenzrahmen angelegte, hierbei aber nicht obligatorisch zu realisierende Position des C.O.I. eine variable – d.h. implizite wie explizite, den Agonisten oder aber Dritte betreffende – Bezugnahme auf die begünstigte Instanz. Fruit erweist sich demgegenüber als neutrale Ausdrucksoption, da es vorrangig auf das Bestehen der positiven Handlungsfolgen an sich abhebt und mithin die Frage nach der begünstigten Instanz offen lässt. Dies war bereits in Abschnitt 4.3.3, p. 115 Gegenstand einer detaillierten Schilderung. Das Verb bénéficier stellt im Übrigen den einzigen unmittelbar konsequenzbezogenen Ausdruck im Rahmen des kombinatorischen Profils von générosité dar.
146
kombinatorischen Verhalten von acharnement gegeben. Dessen Kollokatorbestand unterscheidet sich allerdings grundlegend von dem aller anderen an der hier betrachteten Profilkonstellation beteiligten Substantive, indem er ausschließlich spezifische Begleiter zum Ausdruck negativer, den Handlungsspielraum eines Dritten eingrenzender Konsequenzen umfasst. Unsere Betrachtungen lassen sich anhand der folgenden Übersicht zusammenfassen: Tabelle 4.24: konsequenzbezogene Kollokatoren im Rahmen der kombinatorischen Profile von acharnement, générosité, obstination und ténacité Bezugssubstantiv Kollokatoren
Wirkungsqualität
Betroffene Instanz
Wirkungsstatus (Agonist)
positiv
Agonist
Persistenz
ténacité récompenser obstination ténacité
récompense
obstination
payer
générosité
bénéficier
positiv
Dritte
Dominanz
obstination
permettre
positiv
Agonist oder Dritte135
Persistenz
ténacité
fruit
positiv
- (neutral)
Persistenz
acharnement
victime, subir, objet, pratiquer
negativ
Dritte
Dominanz
Die zweite Kollokatorreihe im Rahmen des kombinatorischen Profils von ténacité, die einen Kontrast zum Profil von courage bedingt, setzt sich aus spezifischen Begleitern zusammen, die allesamt auf epistemische Einstellungen bzw. den Kenntnisstand eines Dritten bezogen sind. Hierbei handelt es sich im Einzelnen um die Verben compter, oublier, réputer und sous-estimer. In dieser Hinsicht haben wir es mit einer Konstellation zu tun, die weitgehend das Kontrastverhältnis der kombinatorischen Profile von courage und opiniâtreté (cf. Abschnitt 4.3.5, p. 124) widerspiegelt. Dies zeigt sich nicht zuletzt an dem Umstand, dass ténacité in Übereinstimmung zu opiniâtreté das Kollokatorverb compter als spezifischen Begleiter besitzt, mit dem es überdies in analoger Weise in die stereotype satzartige Wendung c’est compter sans la ténacité de X eingebunden ist. Letzteres sei anhand des Korpusausschnitts in (4-30) belegt, wie auch die von ténacité mit den verbleibenden epistemi135
Siehe hierzu die auf permettre und fruit bezogenen Ausführungen weiter oben sowie die näheren Erläuterungen in n. 132, p. 146.
147
schen Verben oublier, réputer und sous-estimer gebildeten satztragenden Syntagmen unter Heranziehung entsprechender Belegstellen aus unserem Primärkorpus im Folgenden kurz zu dokumentieren sein werden (siehe die Exzerpte (4-31) - (4-33)). Hierbei fällt im Übrigen auf, dass oublier als Kollokatorverb von ténacité analog zu compter im Rahmen einer von c’est eingeleiteten Präsentativkonstruktion auftreten kann (siehe Belegauszug (4-31)), während sich im Falle der Kombination von ténacité und réputer (siehe Belegauszug (4-32)) wiederum insofern gewisse konstruktionsseitige Parallelen zu den aus opiniâtreté und connaître bestehenden prädikativen Syntagmen zeigen, als hier gleichermaßen die Tendenz zur Verwendung einer passivischen Partizipialkonstruktion gegeben ist: (4-30) Autre duel, celui qui oppose Suez et Vivendi dans l’eau et l’électricité. Le très médiatique Jean-Marie Messier, PDG de Vivendi, a voulu combler son retard dans le traitement des eaux en frappant un grand coup: en mars, il met 6,6 milliards de dollars sur la table pour racheter UsFilter, la plus grosse acquisition d’un Français aux Etats-Unis. C’était compter sans la ténacité de Gérard Mestrallet, le patron de Suez. Il reprend son leadership mondial en acquérant les groupes de traitement d’eau américains Calgon et Nalco pour près de 4,5 milliards d’euros, puis le distributeur United Water pour 1 milliard. Dans l’électricité, avantage aussi à Suez, qui a lancé une OPA de 7,5 milliards d’euros sur sa filiale belge Tractebel, premier électricien privé européen. (Le Monde 2000: Ces patrons qui mènent l’offensive, 01/01/2000, p. 14) (4-31) IL S’EN EST FALLU de peu que la Saint-Vincent tournante subisse le même sort que la grenouille voulant se faire aussi forte que le boeuf: à force d’enfler... Le gigantisme de ces dernières années trop de monde, avec près de cent mille personnes présentes en deux jours, et trop de frais, avec un budget dépassant le million d’euros avait fini par effrayer les petits bourgs de la côte. Tant et si bien qu’au lendemain de l’édition 2002, à Montagny, aucun ne se porta candidat auprès de la Confrérie des chevaliers du tastevin. Mais c’était oublier la ténacité de la «gardienne du temple», bien décidée à perpétuer la tradition. La Saint-Vincent tournante de Bourgogne aura bien lieu. (Le Figaro 2002: CELEBRATION La Saint-Vincent fait tourner les têtes, 04/10/2002, ) (4-32) ELLE POSE son visage dans sa serviette et reprend son souffle encore court de son effort et de son émotion. Amélie Mauresmo est en demi-finales des Internationaux d’Australie, elle vole, sa victoire est belle. Au terme d’une rencontre âpre, la jeune Française a battu, mardi 26 janvier, la Belge Dominique Van Roost, tête de série no 11 du tournoi, réputée pour son extrême ténacité (6-3, 7-6 [7/3]). «Il ne fallait jamais que je lui fasse jouer la même balle, elle qui adore jouer en cadence a fini par péter les plombs», a expliqué Amélie Mauresmo. (Le Monde 1999: Candide et puissante, Amélie Mauresmo trouve sa place en demi-finales des Internationaux d’Australie, 27/01/1999, p. 24) (4-33) [...] l’article assène: «Du point de vue politique, militaire et humanitaire, le bombardement intensif de cibles en Yougoslavie a échoué à atteindre le principal objectif de l’OTAN: protéger les habitants du Kosovo de la brutalité serbe. (...) La guerre en Yougoslavie a été une erreur de stratégie. Les pays de l’OTAN ont sous-estimé non seulement la ténacité de Milosevic, mais aussi le poids de l’histoire serbe qui étaye et, pour de nombreux Serbes, justifie ses actions. La campagne de l’OTAN a renforcé et non affaibli la base politique de Milosevic.» (Le Monde 1999: «The Lancet» prononce un sévère réquisitoire contre l’OTAN, 16/04/1999, p. 36)
Wie bereits in Zusammenhang mit dem kombinatorischen Profil von opiniâtreté in
148
Abschnitt 4.3.5 hinreichend dargelegt wurde, liegt der besondere Konzeptualisierungsbeitrag von evidenzkennzeichnenden Ausdrücken wie u.a. compter in ihrer Funktion als Kollokatoren handlungsimpulsbezogener Substantive darin begründet, dass sie die durch die entsprechenden Substantive jeweils bezeichnete Handlungseinstellung als eine maßgeblich auf Ereignisabläufe einwirkende und diese gegebenfalls in ihrer Tendenz umkehrende Einflussgröße ausweisen. Im Falle von ténacité leisten dies die einschlägigen Kollokatorverben gewiss mit einem unterschiedlichen Grad an inhaltlicher Granularität. So sind vor allem sous-estimer, aber auch réputer in der hier besprochenen Hinsicht expliziter als compter oder oublier, bei denen stärker konstruktionsbedingte Inferenzen zum Tragen kommen. Alles in allem betrachtet, kann festgehalten werden, dass die bezüglich des kombinatorischen Verhaltens von courage und ténacité gegebenen Kontraste in vielfacher Hinsicht den in der Konstellation der Profile von courage, obstination und opiniâtreté vorliegenden Verhältnissen entsprechen. Dies hat sich jeweils in Zusammenhang mit den vorhandenen deontischen, konsequenzbezogenen sowie evidenzkennzeichnenden Kollokatorausdrücken sehr deutlich gezeigt. Wenn wir uns nun zum Ende dieses Abschnitts in gewohnter Weise der Frage nach der Kodierung des vom allgemeinen semantischen Valenzschema der für uns relevanten Substantive her implizierten, auf Handlungssachverhalte bezogenen YPartizipanten sowie nach dessen hiermit einhergehender Konturierung zuwenden, drängt sich angesichts unserer bisherigen Erkenntnisse die Vermutung auf, dass die in diesem Zusammenhang zu verzeichnenden kombinatorischen Affinitäten von ténacité kaum gegenüber jenen von obstination und opiniâtreté abweichen dürften. Diese Erwartung wird durch die zur Verfügung stehenden Primärkorpusdaten auch teilweise bestätigt, wobei sich inbesondere die ebenso im Falle von obstination und opiniâtreté gegebene Möglichkeit zur Realisierung des Y-Partizipanten in Form eines von der Präpositon à eingeleiteten Infinitivkomplements ins Feld führen lässt: (4-34) Mais à force de décortiquer et d’analyser toutes les déclarations de Jacques Chirac, Hollande n’aurait-il pas conçu une sorte de fascination pour sa principale source d’inspiration, pour celui qu’il surnomma un jour de «Kennedy du plateau de Millevache»? Ne s’inspirerait-il pas des méthodes Chirac? Cette même convivialité, ce sens du contact, cette ténacité à vouloir s’installer sur des terres arides et éloignées, ce culot doublé d’une véritable pudeur... Selon François Bachy, «rien n'irrite davantage le premier secrétaire du PS que la comparaison avec le chef de l'Etat». (Le Figaro 2002: Hollande, contempteur en chef du président, 14/01/2002, )
Diese Realisierungsoption sowie die damit verbundene Konturierung des entsprechenden Handlungssachverhalts als bereits bestehendes und gegebenenfalls fortwirkendes Faktum entspricht gewiss der durch die spezifischen Begleiter von ténacité bedingten Ausrichtung von dessen kombinatorischem Profil auf eine eindeutig externe Sachverhaltsperspektive. Allerdings sollte nicht übersehen werden, dass die Kombination von ténacité mit der hier dokumentierten Art von Infinitivkomplement unter frequentiellen Gesichtspunkten einen lediglich marginalen Status besitzt,136 136
Die betreffende Konstruktion ist im Rahmen unseres Primärkorpus insgesamt lediglich 3 x belegt.
149
was für ein insgesamt hohes Maß an Sättigung von ténacité im Hinblick auf die Realisierung des Y-Partizipanten spricht.137, 138 Daneben lässt sich anhand des zu Grunde gelegten Primärkorpus gleichermaßen ein zu der prinzipiellen Ausrichtung des Profils von ténacité durchaus gegenläufiges Phänomen nachweisen. Die Rede ist von der – ihrerseits freilich ebenso auf Hapax-Niveau zu verortenden – Verwendung von ténacité innerhalb eines mit avoir139 gebildten Nominalverbgefüges bei gleichzeitiger Einbindung des Y-Partizipanten über ein von de abhängiges Infinitvsyntagma – einer Konstruktion, die eigentlich eher in Einklang mit dem in Abgrenzung zu ténacité charakteristischsten Aspekt der kategoriellen Prägung des kombinatorischen Profils von courage, d.h. seinem über hochspezifische Kollokatoren wie avoir, trouver und donner vermittelten Existenzbezug und der entsprechenden, auf sachverhaltsinhärente Entwicklungen abzielenden Perspektivierung, steht und die abschließend unter Anführung des folgenden Korpusausschnitts dokumentiert sei: (4-35) «[...] L’efficacité de la stratégie arrêtée ne pourra s’apprécier qu’avec le temps. Vous savez que notre détermination est entière. M. Milosevic devra céder. (...) Les effets recherchés sont d’une double nature: militaire - réduire le pouvoir de destruction des forces serbes - et politique - abattre les piliers sur lesquels repose ce régime. Il faut donc avoir la ténacité et le sang-froid d’appliquer cette stratégie jusqu’à faire ployer ce régime, et reculer ses milices. (...)» (Le Monde 1999: «Intervenir au sol dans l’urgence, c’était prendre des risques considérables», 29/04/1999, p. 5)
4.3.8
Profilvergleich courage – audace
Bezogen auf die Gesamtheit der von uns berücksichtigten Vergleichskonstellationen konnte für die kombinatorischen Profile von courage und audace der zweithöchste Ähnlichkeitswert gemessen werden. Bevor wir uns der eigentlichen Profilanalyse zuwenden, sei zunächst ein Überblick zu den Kollokatordaten gegeben, auf welche sich unsere Argumentation im weiteren Verlauf dieses Abschnitts stützen wird. Die im Falle von courage und audace zu verzeichnenden Profilübereinstimmungen lassen sich der folgenden Zusammenstellung entnehmen: Tabelle 4.25: Profilübereinstimmungen bei courage und audace Kollokator Lemma avoir falloir 137
138
139
Wortart VER VER
Bereich L-L L;R - L
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage audace 0,44753 0,20922 0,12677 0,04163
Dies umso mehr, als das kombinatorische Profil von ténacité kein relationales Kollokatoradjektiv umfasst, das gegebenenfalls als Versprachlichungsoption in Bezug auf den Y-Partizipanten in Frage käme. Auf das Phänomen der Sättigung hinsichtlich der Versprachlichung des Y-Partizipanten wurde bereits in Zusammenhang mit générosité eingegangen (siehe Abschnitt 4.3.6, p. 140). Als Kollokatorverb von ténacité kommt avoir hierbei jedoch – wie bereits in n. 127, p. 143 erwähnt – aufgrund der vorliegenden statistischen Kennwerte nicht der Status eines spezifischen Begleiters zu.
150
Kollokator Lemma saluer preuve manquer manque admirer absence souhaiter signe apprécier manifester distinguer consister
Wortart VER NOM VER NOM VER NOM VER NOM VER VER VER VER
Bereich L-L L;R - L L;R - L L-L L-L L-L L-L L-L L-L R - L;R L-L R-R
Bezugssubstantive – Auslastungswerte (Rel. Gewicht) courage audace 0,10772 0,03715 0,06933 0,16305 0,0523 0,13465 0,04853 0,10311 0,00681 0,01794 0,00282 0,00253 0,00239 0,00082 0,00085 0,00215 0,00038 0,00161 0,00022 0,00447 0,00018 0,00021 1e-06 0,00231
Demgegenüber illustriert die nachstehend angeführte Tabelle die in Bezug auf courage bestehenden Divergenzen innerhalb des Kollokatorbestands von audace: Tabelle 4.26: divergenter Kollokatorbestand von audace gegenüber dem kombinatorischen Profil von courage
Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
rivaliser autoriser pousser permettre capable surprendre plein payer mélange effrayer comble interdire valoir défier étonner conjuguer encourager récompenser mêler coutumier plaire émerveiller insensible
VER VER VER VER ADJ VER ADJ VER NOM VER NOM VER VER VER VER VER VER VER VER ADJ VER VER ADJ
L L L L L L L L L L L L R R L L L R L R R L L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,04588 0,03969 0,02675 0,02472 0,02321 0,01767 0,01677 0,01568 0,01458 0,00537 0,0047 0,00438 0,00419 0,0041 0,00338 0,00323 0,00295 0,00291 0,00278 0,0023 0,00203 0,00198 0,00186
Bezugssubstantiv audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace
151
Kollokator-Lemma
Wortart
Bereich
redoubler affoler emballer favoriser multiplier permettre oser
VER VER VER VER VER VER VER
L L L L L R L
Auslastungswert (Rel. Gewicht) 0,00186 0,00173 0,00145 0,0014 0,00076 0,00064 0,00022
Bezugssubstantiv audace audace audace audace audace audace audace
Bereits eine erste Sichtung des zur Verfügung stehenden Datenmaterials offenbart einen beträchtlichen Facettenreichtum, was die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Zusammenhang mit der jeweils durch die Profile von courage und audace geleisteten Abdeckung bestimmter konzeptueller Bereiche anbelangt. Hierbei lassen sich im Wesentlichen die folgenden Tendenzen herausarbeiten: – Hinsichtlich der vorhandenen evidenzbezogenen Kollokatoren weisen die Profile von courage und audace gleich mehrere Übereinstimmungen auf. Diese betreffen nicht nur das in Verbindung mit den allermeisten Substantiven des zu analysierenden Paradigmas als spezifischer Begleiter auftretende, gleichsam aber wenig gebrauchsdifferenzierende preuve, sondern auch das Nomen signe sowie die Verben (se) distinguer und manifester. Das letztgenannte Kollokatorverb begründet eine kookkurrenzparadigmatische Konfiguration kleineren Umfangs, der neben courage und audace im Übrigen auch das bereits in Abschnitt 4.3.4 besprochene Substantiv acharnement angehört (siehe zudem unsere Anmerkungen in n. 72, p. 117). Trotz der im Vergleich zu den bislang untersuchten Profilkonstellationen140 durchaus großen Anzahl an gemeinsam geteilten evidenzbezogenen Kollokatoren sollte gleichzeitig nicht übersehen werden, dass sich das kombinatorische Profil von courage im Hinblick auf den betreffenden Konzeptbereich gegenüber jenem von audace durch das Vorhandenensein zusätzlicher Ausdrucksoptionen abgrenzt, von denen vor allem die Verben témoigner und montrer (in Erweiterung zu preuve, signe und manifester) sowie die Substantive leçon und exemple (in Erweiterung zu (se) distinguer) zu erwähnen wären. – Auch der jeweilige Bestand an vermittelt evaluativen Kollokatoren im Rahmen der kombinatorischen Profile von courage und audace zeichnet sich durch gewisse Gemeinsamkeiten aus. Diese sind konkret auf die Verben apprécier, admirer und saluer zurückzuführen. Im Falle von saluer ergibt sich dabei die gleiche Konstellation, die bereits im Verhältnis des Profils von courage zu générosité (siehe Abschnitt 4.3.6) und ténacité (cf. Abschnitt 4.3.7) anzutreffen war. Bezogen auf das zuletzt erwähnte Substantiv lassen sich sogar noch weiter reichende Parallelen feststellen, denn genauso wie ténacité besitzt audace in Übereinstimmung zu courage mit admirer einen spezifischen Begleiter, der in Kontrast zu saluer eine profilseitige Differenzierung hinsichtlich der Zuschrei140
Abgesehen von audace und acharnement weist lediglich noch générosité – in diesem Fall mit dem Verb témoigner – eine über preuve hinausgehende Übereinstimmung zu courage im Bereich der evidenzkennzeichnenden Kollokatorausdrücke auf (cf. Abschnitt 4.3.6).
152
bung einer satisfaktiven oder aber admirativen Werthaltung141 ermöglicht. Über die hier angesprochenen Gemeinsamkeiten hinaus konvergieren die Profile von courage und audace zudem bezüglich der von den einschlägigen signifikanten Begleitern geleisteten Abdeckung der das Ausmaß an Bewertungsintensität betreffenden Graduierungsskala. In Verbindung mit beiden Substantiven lassen sich hierbei Kollokatoren verzeichnen, die einen gemäßigten, hohen oder extremen Grad an Zustimmung zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig weist das kombinatorische Verhalten von courage und audace in Zusammenhang mit den jeweils vorhandenen vermittelt evaluativen Kollokatoren jedoch auch unter verschiedenen Gesichtspunkten deutliche Abweichungen auf: – So verfügt courage, was die Bezeichnung bestimmter Ereignistypen in dem betreffenden Konzeptbereich anbelangt, mit féliciter, louer, hommage, hymne und vanter als zusätzliche Ausdrucksoptionen zu saluer über eine erheblich höhere Anzahl an sprechaktbezogenen Kollokatoren als audace. Dessen kombinatorisches Profil ist hingegen durch ein Übergewicht an Kollokatoren gekennzeichnet, die wie zum Beispiel étonner, surprendre, effrayer, émerveiller, plaire und affoler der Bezugnahme auf emotionale Zustände dienen. – Andererseits kann audace, was die polare Ausrichtung seiner vermittelt evaluativen spezifischen Begleiter anbelangt, mit einem weitaus differenzierteren kombinatorischen Profil als courage aufwarten. Während nämlich dessen kombinatorisches Potential ausschließlich auf die Kennzeichnung einer positiven Sachverhaltseinschätzung festgelegt ist, besitzt audace darüber hinaus auch signifikante Kollokatoren, die entweder wie effrayer und affoler auf eine negative Sachverhaltsbeurteilung bezogen sind oder aber wie étonner und surprendre im Hinblick auf den Ausdruck einer polaren Orientierung als neutral gelten können. Die hier zuletzt erwähnten Kollokatoren von audace werden im Übrigen an anderer Stelle noch einmal ausführlich zur Sprache kommen. – Bezüglich des Bestands an deontischen Kollokatoren lassen sich bei den Profilen von courage und audace bemerkenswerte Konvergenzen feststellen. Besondere Aufmerksamkeit verdient hierbei der Umstand, dass das kombinatorische Verhalten beider Substantive dank der gemeinsam geteilten spezifischen Begleiter, zu denen einerseits falloir sowie andererseits manquer, manque und absence gehören, in übereinstimmender Weise durch einen profilinternen Kontrast zwischen deontisch-dynamischen und defizienzbezogen-kontrafaktischen Kollokatorausdrücken geprägt ist. In der Relation zu audace vervollständigt sich somit die Reihe der aus Sicht von courage möglichen Profilkonstellationen im Bereich der signifikanten deontischen Begleiter, wobei sich beide Substantive gleichermaßen von obstination, opiniâtreté und ténacité durch das Vorhandensein defizienzbezogen-kontrafaktischer Kollokatoren (cf. Abschnitt 4.3.3, 4.3.5 und 4.3.7), von ardeur und générosité hingegen durch das Vorhandensein deontisch-dynamischer Kollokatoren abgrenzen (siehe Abschnitt 4.3.1 und 4.3.6). Eine vollständige Differenz ist schließlich im Verhältnis von audace und courage zu achar141
Zu der betreffenden Unterscheidung siehe insbesondere die Ausführungen in Abschnitt 4.3.2.
153
nement und héroïsme gegeben, deren jeweiliges kombinatorisches Profil überhaupt keine deontischen Kollokatorausdrücke umfasst (siehe Abschnitt 4.3.4 bzw. 4.3.2). Losgelöst von der gerade skizzierten grundsätzlichen Übereinstimmung ihres kategoriellen Gefüges zeichnen sich die Kollokatorprofile von courage und audace im Hinblick auf den hier besprochenen Konzeptbereich allerdings ebenso durch gewisse Unterschiede aus. Diese gehen im Wesentlichen auf das höhere Maß an Differenziertheit zurück, welches das kombinatorische Profil von courage bezüglich der vorhandenen deontisch-dynamischen Kollokatoren insofern gegenüber jenem von audace aufzuweisen hat,142 als es mit demander, exiger, nécessiter u.a. eine ganze Reihe zusätzlicher Ausdrucksoptionen einschließt, die gewissermaßen als Kollokatorverb-Alternanzen zu dem unpersönlich konstruierten falloir eine durchaus wichtige Funktion in Zusammenhang mit der syntaktischen Realisierung des courage zugrunde liegenden semantischen Valenzschemas143 erfüllen. – Eine der mit Blick auf die bisher untersuchten Vergleichspaare zweifellos bedeutsamsten Übereinstimmungen zwischen den kombinatorischen Profilen von courage und audace ist bezüglich des existenzzentrierenden Nominalverbs avoir gegeben, das im Übrigen für beide Substantive den Begleiter mit dem höchsten Signifikanzwert darstellt.144 Gleichzeitig ist avoir allerdings mit jenen Kollokatoren, die wie zum Beispiel donner, trouver und perdre im Falle von courage sowie rivaliser, pousser und redoubler im Falle von audace jeweils der Vermittlung einer internen Sachverhaltsperspektive verpflichtet sind, in recht unterschiedliche profilinterne Konstellationen eingebunden. Die in diesem Zusammenhang im Rahmen des einschlägigen Kollokatorbestands von courage und audace aufscheinenden Kontraste bedingen beträchtliche Konzeptualisierungsdifferenzen, die im Folgenden Gegenstand einer detaillierten Schilderung sein werden. In Anknüpfung an das soeben Gesagte möchten wir uns schwerpunktmäßig den aus Sicht des kombinatorischen Profils von audace bestehenden Abweichungen gegenüber dem Profil von courage zuwenden. Hierbei fällt zunächst auf, dass unter den spezifischen Begleitern von audace mit rivaliser, pousser, redoubler, plein und comble eine Kollokatorreihe zu finden ist, die entsprechend der von ihnen vorrangig geleisteten Bezugnahme auf die Kategorie der INTENSITÄT einen unmittelbaren Kontrast in der Relation zu dem seinerseits von existenzbezogenen Kollokatorausdrücken geprägten kombinatorischen Potential von courage begründen. Diese Profilkonstellation ist in analoger Weise bereits im Verhältnis von courage sowohl zu ardeur (siehe Abschnitt 4.3.1) als auch zu 142
143 144
Auch bei den defizienzbezogen-kontrafaktischen Kollokatoren besitzt courage im Übrigen anders als audace mit dénuer eine zusätzliche Ausdrucksoption, die ihrerseits allerdings im Verhältnis zu manquer, manque und absence eine eher geringfügige Rolle spielt. Es sei gleichwohl daran erinnert, dass sich dieses in seinen Grundzügen nicht von dem der anderen handlungsimpulsbezogenen Substantive wie audace unterscheidet. Avoir kommt im Rahmen der kombinatorischen Profile von audace und courage ein jeweiliger Auslastungswert von 0,209 bzw. 0,448 zu (cf. Tabelle 4.25). Sein relatives Gewicht ist somit im Falle von courage ungefähr doppelt so hoch wie in Verbindung mit audace.
154
générosité (cf. Abschnitt 4.3.6) anzutreffen gewesen und weist nun in Zusammenhang mit audace folgende Nuancen auf: – Im Unterschied zu générosité kommt den dynamizitätsbezogenen Kollokatoren bei audace (cf. rivaliser, pousser und redoubler) ein höheres profilinternes Gewicht als den statischen (cf. plein und comble) zu.145 Das kombinatorische Potential von audace ist somit, was die Konzeptualisierung des bezeichneten Handlungsimpulses anbelangt, im Vergleich zu générosité stärker dem Schema der SKALAREN TRANSITION, als dem der einfachen SKALARITÄT verpflichtet.146 In diesem Punkt bestehen wiederum durchaus Parallelen zum kombinatorischen Profil von ardeur, in dessen Rahmen gleichzeitig allerdings eine noch wesentlich ausgeprägtere Dominanz dynamischer und hierbei zudem kausativer Kollokatorverben gegeben ist.147 – Mit den soeben beschriebenen Schematisierungstendenzen geht einher, dass in Verbindung mit audace die Bezugnahme auf einen jenseits des notwendigen Minimums an Impulsstärke gelegenen Graduierungsbereich als skalaren Orientierungspunkt genauso wie im Falle von ardeur überwiegt. Während jedoch die spezifischen Begleiter des letztgenannten Substantivs vorrangig eine Impulsabschwächung zum Ausdruck bringen, verweisen die einschlägigen dynamischen Kollokatoren von audace ohne Ausnahme auf eine Impulsentwicklung hin zu einem extremen Skalenbereich, für dessen unmittelbare Bezeichnung das kombinatorische Profil von audace mit dem Substantiv comble zudem eine geeignete Ausdrucksoption bereithält. Insofern die Vorstellung von einem extremen Grad an Impulsstärke durchaus über das Profil von audace gestützt wird, ergibt sich wiederum eine gewisse Analogie zum kombinatorischen Verhalten von générosité, obgleich dessen Kollokatorprofil – wie in Abschnitt 4.3.6 dargelegt werden konnte – das Spannungsverhältnis zwischen Intensitätsstadien im Extrem- und im Normalbereich der Impulsskala in weitaus prononcierterer Weise zur Geltung bringt. Im Unterschied zu générosité – und auch zu ardeur – besitzt audace im Übrigen mit dem Verb pousser eine interessante Kollokatorvariante, die das Verhältnis zwischen extremer Impulsstärke und dem Vollzug einer Handlung dahingehend expliziert, dass sie das Erreichen eben dieses Intensitätsstadiums mit dem Übergang von Nicht-Handeln zu Handeln gleichsetzt, wie sich anhand des nachstehend zu findenden Korpusausschnitts sehr schön zeigen lässt:148 (4-36) A l’occasion de la tuerie de Nanterre, nombreux sont ceux qui, à la radio et à la télévision, ont cru intelligent et «dans le vent» de nous parler de «la maire» de ce chef-lieu du département des Hauts-de-Seine malgré les récentes mises en garde de l’Académie française contre les abus d’une féminisation incontrôlée du vocabulaire français. Dans ce 145
146 147 148
Die profilinternen Auslastungswerte der dynamizitätsbezogenen Kollokatoren rivaliser (0,046), pousser (0,027) und redoubler (0,002) stehen zu denen der statischen Kollokatorausdrücke plein (0,017) und comble (0,005) in einem Gesamtverhältnis von ca. 3,5 : 1 (siehe die Zusammenstellung in Tabelle 4.26). Vergleiche in diesem Zusammenhang unsere Ausführungen zum kombinatorischen Profil von générosité in Abschnitt 4.3.6. Siehe hierzu bereits die Anmerkungen in Abschnitt 4.3.1. Auf das betreffende lexikalisch-syntaktische Muster wird an anderer Stelle noch einmal einzugehen sein.
155
vaste domaine, le désordre et l’arbitraire se donnant libre cours, Le Petit Robert pousse l’audace jusqu’à proposer «autrice» comme féminin du nom auteur, tout en refusant «écrivaine», beaucoup moins surprenant. Et pourtant, pour préciser le sexe, n’existe-t-il pas «femme de lettres», qui fait fort bien l’affaire? (Le Figaro 2002: Madame «la» maire ?..., 12/04/2002, )
Nun ist mit dem Hinweis auf den wesentlichen Anteil der Kategorie INTENSITÄT am konzeptuellen Gefüge des kombinatorischen Profils von audace die Ausgestaltung des Kontrasts zum Profil von courage gewiss noch nicht hinreichend erfasst, denn in Übereinstimmung zu courage verfügt audace – wie weiter oben unter 4) bereits festgestellt werden konnte – mit avoir ebenso über einen hochspezifischen Kollokator, der der Vermittlung einer existenzbezogenen Sachverhaltsperspektive dient. Gleichwohl hat das kombinatorische Potential von courage im Vergleich zu audace, was die Möglichkeiten der Bezugnahme auf bestimmte Existenzphasen anbelangt, ein weitaus höheres Maß an Differenziertheit aufzuweisen, und zwar gilt dies in zweifacher Hinsicht: – Zum einen umfasst der Kollokatorbestand von courage über das vorrangig existenzzentrierende avoir hinaus mit trouver149 und reprendre auf der einen sowie perdre auf der anderen Seite sowohl inchoative, als auch terminative Nominalverben, wobei den erstgenannten ein insgesamt höheres profilinternes Gewicht zukommt.150 – Zum anderen ist im Rahmen des Kollokatorprofils von courage eine größere Anzahl kausativer Ausdrucksoptionen vertreten, zu denen u.a. die Verben donner, redonner151 und armer gehören.152 In Zusammenhang mit den kausativen Kollokatorausdrücken von courage eröffnet sich im Übrigen in der Relation zum kombinatorischen Profil von audace eine weitere Differenzierungsachse, auf die wir später noch einmal genauer zu sprechen kommen werden. Nutzen wir an dieser Stelle zunächst die Gelegenheit zu einer kurzen Zwischenbilanz zum Status der auf eine interne Sachverhaltsperspektive ausgerichteten Kollokatorausdrücke innerhalb des kombinatorischen Profils von audace. Zieht man das 149
150
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Es gilt in diesem Zusammenhang jedoch zu beachten, dass die Verwendung von trouver in der Funktion eines Nominalverbs von audace nach Ausweis unseres Primärkorpus nicht ausgeschlossen werden kann. Gleichwohl kann das betreffende Verb angesichts seines – weit unterhalb der angesetzten Spezifizitätsgrenze liegenden – Kohäsionswerts von 5,11 nicht zu den signifikanten Begleitern von audace gezählt werden. Zum Verhältnis der im Rahmen des Profils von courage bezüglich der inchoativen und terminativen Nominalverben jeweils vorliegenden Auslastungswerte siehe bereits die Ausführungen in Abschnitt 4.3.1. An dieser Stelle sollte allerdings nicht verschwiegen werden, dass die Kombination von audace mit donner und redonner als kausativen Varianten von avoir innerhalb des herangezogenen Primärkorpus durchaus nachgewiesen werden kann. Aufgrund des jeweils für sie berechneten Spezifizitätswerts von 8,96 bzw. 2,81 sind sie jedoch nicht als signifikante Kollokatoren von audace zu erachten und finden daher bei unseren weiteren Überlegungen in dem hier diskutierten Zusammenhang keine wesentliche Berücksichtigung. Im Falle von courage handelt es sich hierbei im Übrigen ausnahmslos um kausativ-inchoative Kollokatorausdrücke.
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kombinatorische Potential aller Substantive in Betracht, die an der vor dem Hintergrund der hier einschlägigen Kollokatoren bestehenden Profilkonstellation beteiligt sind, so ergibt sich im Hinblick auf audace eine besondere Situation, denn sein kombinatorisches Profil besitzt im Unterschied sowohl zu courage, als auch zu ardeur und générosité insofern einen hybriden Charakter, als es den Kontrast zwischen Existenz- und Intensitätsbezug unmittelbar in sich vereinigt. Mit anderen Worten: Das Kollokatorprofil von audace grenzt sich gegenüber dem der drei verbleibenden Substantive gewissermaßen nach zwei Seiten hin ab: im Verhältnis zu courage dank der Einbindung intensitätsbezogener Ausdrucksoptionen, im Verhältnis zu ardeur und genérosité hingegen dank des durch das Nominalverb avoir gegebenen Existenzbezugs, obgleich dieser ein eher geringes Maß an Differenzierung aufweist.153 Die im Falle des Profils von audace durch die Opposition zwischen existenzund intensitätsbezogenen Kollokatoren bedingte Tendenz zur Hybridität tritt vor allem dann sehr deutlich zu Tage, wenn man das kombinatorische Potential von audace mit jenem von générosité vergleicht, das seinerseits auf eine eindeutig intensitätsbezogene Sachverhaltsperspektive ausgerichtet ist. Zwei Fakten sind dabei von besonderem Interesse: – Im Bereich der deontischen Ausdrucksoptionen verfügt générosité (wie im Übrigen auch ardeur) ausschließlich über defizienzbezogen-kontrafaktische spezifische Begleiter, während audace darüber hinaus mit falloir ebenso ein deontisch-dynamisches Kollokatorverb besitzt, worin wiederum eine Übereinstimmung zu dem auf eine existenzbezogene Sachverhaltsperspektive festgelegten kombinatorischen Profil von courage besteht:154 – Audace teilt sich mit générosité u.a. auch das Kollokatorverb étonner. Die kombinatorische Affinität zu étonner hatten wir im Falle von générosité als klares Indiz dafür gewertet, dass hinsichtlich der kategoriellen Prägung von dessen kombinatorischem Potential dem Konzept der Intensität eine tragende Rolle zukommt. Unsere Einschätzung stützte sich hierbei im Wesentlichen auf Erkenntnisse von Lafaye (1869, 977ss.), demzufolge étonner vorrangig die Qualität, d.h. u.a. Ausmaß und Intensität einer unerwartet eingetretenen Situation als ursächlich für den von ihm bezeichneten mentalen Zustand ausweist. Hier liegt nach Lafaye dann auch der Hauptunterschied zwischen étonner und dem zu ihm bedeutungsähnlichen Verb surprendre, das seinerseits weniger die Qualität, sondern vielmehr die bloße Existenz der betreffenden Situation als auslösendes Moment in den Vordergrund rückt.155 In diesem Zusammenhang ist nun äußerst 153 154
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Dies konnte zuvor im Vergleich zu courage bereits festgestellt werden. In diesem Zusammenhang ist allerdings auch darauf hinzuweisen, dass das kombinatorische Profil von courage gleichzeitig eine weitaus höhere Anzahl deontisch-dynamischer Kollokatoren als das Profil von audace umfasst (siehe hierzu nochmals unsere vorherigen Ausführungen unter 3.)). Zur Erinnerung sei noch einmal auf Lafaye verwiesen, der feststellt: «La nouveauté ou l’apparition subite d’une chose nous surprend; pour nous étonner, il faut qu’une chose soit, de plus, grande, importante, extraordinaire, il faut qu’elle nous émeuve, qu’elle nous trouble beaucoup» (1869, 977). Siehe hierzu auch das erweiterte und in bestimmten Punkten abweichende Zitat in Abschnitt 4.3.6, p. 133.
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bemerkenswert, dass surprendre zwar nicht den spezifischen Begleitern von générosité, wohl aber jenen von audace zugerechnet werden kann und auf diese Weise gemeinsam mit étonner eine profilinterne Gegensatzrelation begründet, in der sich der für die kategorielle Prägung des kombinatorischen Potentials von audace grundlegende Kontrast zwischen Existenz- und Intensitätsbezug widerspiegelt. Am Rande sei im Übrigen darauf hingewiesen, dass das Kollokatorprofil von audace mehrere Ausdrucksoptionen umfasst, die in Erweiterung zu étonner und surprendre zum einen, wie affoler, effrayer, émerveiller und emballer, eine Differenzierung nach der polaren Ausrichtung des mit dem mentalen Zustand einhergehenden Werturteils ermöglichen oder aber zum anderen, wie das Adjektiv insensible, eine Unterscheidung im Hinblick auf die Frage nach dem Vorliegen bzw. Ausbleiben einer Reaktion gewährleisten. Über die durch den internen Kontrast zwischen Existenz- und Intensitätsbezug bedingte Hybridität hinaus ist dem kombinatorischen Profil von audace im Vergleich zu jenem von courage und allen anderen Substantiven, die über spezifische Begleiter zur Vermittlung einer internen Sachverhaltsperspektive verfügen, eine weitere Besonderheit zueigen, die das Paradigma der kausalitätsbezogenen Ausdrucksoptionen betrifft. So setzt nämlich das Profil von audace mit den Verben permettre,156 autoriser, interdire und favoriser den jeweils im Falle von courage, ardeur und générosité kollokatorseitg gestützten Konzepten der Effizierung, Affizierung und Aktivierung157 das Konzept einer admissiven Verursachung entgegen, das sich von den zuvor genannten insofern grundlegend unterscheidet, als es hierbei gewissermaßen um eine Verursachung «ex negativo» geht, die zum einen das Bestehen zweier Wirkungsalternativen vorraussetzt und sich des Weiteren aus dem Eintreten derjenigen ergibt, die der Entfaltung einer gleichzeitig in der Gesamtsituation vorherrschenden Ereignisdynamik nicht zuwider läuft. 158 Letzteres bedeutet nun mit Blick auf die in Verbindung mit audace gebildeten Admissivkonstruktionen, dass diese das Bestehen einer eindeutigen Handlungstendenz auf Seiten des Agonisten präsupponieren, während die jeweils einschlägigen kausalitätsbezogenen 156
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Vorrangig geht es um die Okkurrenzen von permettre im linken Spanbereich von audace, d.h. also um jene Fälle, in denen audace als C.O.D. dieses Verbs verwendet wird (siehe auch Korpusbeleg (4-37)). Für rechtsstehendes permettre konnte im Übrigen mit 12,228 ein ebenfalls oberhalb der Spezifizitätsgrenze anzusiedelnder Kohäsionswert gemessen werden. Die betreffenden Bigramme lassen sich jedoch funktional nicht eindeutig zuordnen, da sie sowohl den Gebrauch der Passiv- als auch den der Aktivivform von permettre abdecken. Der zuletzt genannte Fall, d.h. die aktivische Verwendung von permettre mit audace in Subjektfunktion, ist insofern bemerkenswert, als dadurch deutlich wird, dass audace in Verbindung mit dem betreffenden Verb nicht nur ein Bewirkungsziel, sondern auch eine Konsequenzen auslösende, Handlungsspielräume eröffnende Instanz kennzeichnen kann (auf die konsequenzbezogenen Kollokatoren von audace wird übrigens im weiteren Verlauf dieses Abschnitts noch einzugehen sein). Zur Unterscheidung von Effizierung, Affizierung und Aktivierung als Kausationstypen siehe unsere Überlegungen in Abschnitt 4.3.6 sowie insbesondere die Übersicht in Tabelle 4.21. Auf das Verb interdire als inhärent negierte Variante von permettre, autoriser und favoriser trifft in diesem Punkt natürlich das Gegenteil zu.
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Konstruktionen auf der Präsuppositionsebene bei courage auf das vollständige Fehlen einer Handlungstendenz, bei ardeur auf einen bereits stattfindenden Handlungsvollzug sowie bei générosité auf das Vorliegen eines grundsätzlich aktivierbaren Handlungspotentials verweisen. Hierbei gleicht sich das kombinatorische Potential von audace und générosité zumindest in der Hinsicht, dass dem Agonisten in beiden Fällen ein hohes Maß an aktiver Beteiligung am Transitionsprozess zugeschrieben wird.159 Der letztgenannte Aspekt kommt seinerseits im Rahmen des Profils von audace noch durch einen weiteren verursachungsbezogenen Kollokator zum Tragen. Es handelt sich dabei um das nicht admissive encourager, das als kausative Kollokatoralternante im Hinblick auf das in kognater Relation zu audace stehende Nominalverb oser fungiert. Ein abschließender Überblick zu den Kontruktionsmustern, die bei audace in Kombination mit den einschlägigen verursachungsbezogenen Kollokatorausdrücken anzutreffen sind, lässt sich den folgenden Belegstellen aus unserem Primärkorpus entnehmen:160 (4-37) Avec «Capital», «Zone interdite» et plus récemment «Hors Stade», M 6, en revanche, a fait le bon choix éditorial. En quelques années, ces magazines ont façonné l’image de cette chaîne au public plutôt jeune, et l’ont rendue respectable aux yeux des décideurs. «Je ne me suis inspiré d’aucune autre émission de télé. J’ai eu la chance de me retrouver sur une chaîne qui pouvait se permettre toutes les audaces et au sein de laquelle existe une culture du risque», se rappelle Emmanuel Chain, concepteur de «Capital». (Le Monde 2000: Le retour de l’investigation, 03/01/2000, p. 4) (4-38) Stéphane Breitwieser commence sa carrière, il y a sept ans, par de menus vols. A force de fréquenter les brocantes et les salles de vente, il s’aperçoit que la foule et les conditions de sécurité parfois défaillantes autorisent les plus folles audaces. Intoxiqué au risque, mû par le désir de possession, il profite de ses allées et venues en Suisse, où il travaille comme serveur dans des restaurants, pour se familiariser avec les lieux de culture. (Le Monde 2002: L’incroyable butin d’un amateur d’art retrouvé dans le canal Rhin-Rhône, 20/05/2002, p. 9) (4-39) INÉDITE en 1986, la cohabitation se répète et se banalise. Les acteurs politiques s’y habituent. Les Français la plébiscitent: ils voient en effet, dans la présence des deux 159
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Der Kollokatorbestand von audace umfasst im Übrigen ebenfalls das Adjektiv capable, welches unmittelbar auf das Konzept des Potentials bezogen ist. Bei diesem geht es gleichermaßen um eine grundsätzlich aktive Beteiligung des Agonisten, und es spielt vor allem im Rahmen des kategoriellen Gefüges von générosité eine bedeutsame Rolle, wie bereits in Abschnitt 4.3.6 gezeigt wurde. Hierbei sind, was die aus der Verbindung von audace mit permettre, autoriser und interdire hervorgehenden lexikalisch-syntaktischen Muster anbelangt, gleich mehrere Konstruktionsvarianten gegeben. So sind zum einen prädikative Syntagmen mit reflexiver Verbform zu verzeichnen, die ihrerseits eine intentionale, vom Agonisten ausgehende Sachverhaltsbewirkung zum Ausdruck bringen. Im Falle der nicht-reflexiven Konstruktionsvariante kann zum anderen eine generelle Tendenz zur Verwendung von Nominalphrasen mit unbelebtem Refereten in Subjektposition beobachtet werden, wodurch die entsprechenden satztragenden Syntagmen auf die Vermittlung einer situationellen, d.h. das Vorliegen von Intentionalität ausschließenden Bewirkungsperspektive festegelegt sind. Unabhängig von der Frage einer möglichen Reflexivierung lässt sich in Verbindung mit permettre, autoriser und interdire zudem insgesamt ein häufiger Gebrauch des Plurals von audace feststellen. Hierauf wird am Ende dieses Abschnitts noch einmal eingegangen werden.
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«camps» antagonistes à la tête de l’exécutif, la garantie d’une représentation plus équilibrée, comme le démontre l’étude du Cecop (Centre d’études et de connaissances de l’opinion publique) réalisée pour Le Monde. Tout démontre pourtant que la cohabitation est un système trompeur, qui accentue les risques de blocage, paralyse les volontés, bride les initiatives, interdit les audaces. Au lieu de permettre les solutions de synthèse, il favorise surenchère et confusion. (Le Monde 1999: La cohabitation est-elle bonne pour la France ?, 09/01/1999, p. 1) (4-40) Plus de 3 000 jeux vidéos seront édités cette année dans le monde. Ils devraient être vendus à plus de 400 millions d’exemplaires [...]. Mais, comme dans la musique, le cinéma ou l’édition, environ 10 % d’entre eux réalisent 90 % du chiffre d’affaires du secteur. Une règle implicite qui ne favorise pas forcément l’audace créatrice mais incite plutôt à miser sur des valeurs sûres et à se cantonner aux genres classiques: sports, course automobile, combat et «tire sur tout ce qui bouge» (appelés en anglais des «shoot’em up»), stratégie et jeux de rôle. (Le Monde 2002: Les éditeurs jouent les valeurs sûres plutôt que la création, 28/05/2002, p. 20) (4-41) Se faire interpeller par la Guardia Civil sur une plage, à cause d’un trop petit bikini, ou montrer du doigt pour l’échancrure d’un corsage, alors que le reste de l’Europe, dérivait, en minijupe, sur la vague du «sea, sex and sun», n’encourageait guère l’audace et la créativité. Aussi, dans ce désert esthétique où la valeur la plus sûre était de ne pas se faire remarquer, les génies de la couture espagnole, tel Balenciaga, étaient-ils partis ailleurs chercher fortune et permissivité. (Le Monde 1999: L’Espagne de la mode se pique de classicisme, 11/09/1999, p. 24)
Betrachtet man die zum Kollokatorprofil von audace gehörenden admissiven Verben autoriser, permettre und interdire noch etwas genauer, so fällt auf, dass diese nicht nur eine eindeutige Handlungsabsicht seitens des Agonisten präsupponieren, sondern auch mit der Implikation verbunden sind, dass dieser durch einen möglichen Handlungsvollzug Schaden erleiden kann. Es ist in dieser Hinsicht ohne jeglichen Zweifel als Zeichen profilinterner Kohärenz zu werten, dass audace in Differenz zu courage mit payer,161 récompenser, valoir und permettre162 gleich mehrere signifikante Kollokatoren besitzt, die eine explizite Bezugnahme auf bestehende Handlungsfolgen gewährleisten. Im Vergleich zu jenen Substantiven, deren Profil ebenfalls konsequenzbezogene Kollokatorausdrücke umfasst, sind in Zusammenhang mit audace vor allem zwei Besonderheiten zu beobachten: – Was die Kennzeichnung verschiedener Wirkungsqualitäten anbelangt, so ist im 161
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An dieser Stelle sind die satztragenden Syntagmen gemeint, innerhalb derer audace als C.O.D. von (im linken Fensterbereich auftretendem) payer fungiert (siehe hierzu Tabelle 4.26 sowie Belegausschnitt 4-43). Wie bereits in Zusammenhang mit obstination zu beobachten war, kann payer jedoch auch als rechtsstehendes Kollokatorverb verwendet werden, bei dem das jeweils betreffende Substantiv dann die Funktion des Satzsubjekts besetzt. Mit diesem syntaktischen Unterschied ist nun gleichzeitig eine vollständige Umkehrung der Polarität verbunden, da payer in dem einen Fall der Bezeichnung positiver, in dem anderen Fall aber der Bezeichnung negativer Handlungsfolgen dient (zur entsprechenden Verwendung von payer in Verbindung mit obstination siehe unsere Ausführungen in Abschnitt 4.3.3). Zur Verwendung von permettre als Kollokatorverb im rechten Fensterbereich von audace siehe vor allem auch die Anmerkungen in n. 156, p. 158.
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Rahmen des kombinatorischen Profils von audace durch payer einerseits sowie récompenser und permettre andererseits eine unmittelbare Kontrastrelation zwischen Kollokatoren zur Bezeichnung positiver oder aber negativer Handlungsfolgen gegeben. Alle anderen Substantive sind diesbezüglich in ihren kombinatorischen Präferenzen einseitig festgelegt. So verfügen obstination, ténacité163 und générosité ausschließlich über spezifische Begleiter, die auf das Bestehen positiver Handlungsfolgen verweisen, während der Kollokatorbestand von acharnement nur Ausdrucksoptionen zur Kennzeichnung negativer Konsequenzen bereithält. Zudem besitzt audace mit valoir eine in der betreffenden Hinsicht neutrale Kollokatorvariante, bei der sich die Art der thematisierten Auswirkungen nur in Abhängigkeit von der inhaltlichen Füllung der im syntaktischen Valenzschema vorgegebenen Positionen des C.O.D. oder Infinitivkomplements erschließen lässt:164 (4-42) Oswaldo Paya avait 17 ans, en 1969, lorsqu’il a laissé échapper, devant quelques camarades étudiants, une remarque sceptique, sinon anticastriste. Cette audace lui a valu trois ans de camp de travail dans la canne à sucre, à raison de dix heures par jour. De cet emprisonnement, il a retiré «une foi plus grande» sur le fait que «les choses peuvent changer». Trente ans après, Oswaldo Paya est toujours en lutte pour les libertés à Cuba. (Le Monde 2002: Oswaldo Paya, 30 ans d’opposition, 13/05/2002, p. 3)
– Bei den Kollokatoren, die der Bezeichnung negativer Handlungsfolgen dienen, ergibt sich aus Sicht des kombinatorischen Profils von audace zusätzlich eine externe Differenz im Verhältnis zum Profil von acharnement. Diese bezieht sich konkret auf die von den einschlägigen Kollokatorausdrücken jeweils geleistete Identifizierung der betroffenenen Instanz. Während nämlich diese Rolle in Verbindung mit acharnement stets einem Dritten zugeschrieben wird, weisen die in Frage kommenden spezifischen Begleiter von audace umgekehrt ausnahmslos den Agonisten selbst als Betroffenenen aus. Die entsprechende Funktion der von audace in Verbindung mit dem Verb payer gebildeten satztragenden Syntagmen sei anhand des Korpusbelegs (4-43) verdeutlicht: (4-43) Quand Luther arrive sur le «marché», il a déjà une clientèle captive. La fiscalité pontificale, l’inconduite du clergé, l’accumulation des biens ecclésiastiques de l’empire et autres abus de l’Eglise sont depuis longtemps dans le collimateur d’un Savonarole, d’un Jan Hus, qui paieront leur audace dans les flammes. Au XVIe siècle, le climat est plus favorable. Grâce à Erasme de Rotterdam ou à Thomas More d’Oxford, les cercles humanistes - que le jeune Luther a fréquentés à Erfurt - suscitent une autre «Renaissance» [...]. (Le Monde 1999: Les sermons de Luther font trembler Rome et l’Empire, 21/07/1999, p. 10)
Dass der – über konsequenzbezogene und admissive Ausdrucksoptionen gleichsam 163
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Durch das Kollokatorverb récompenser weist audace in seinen kombinatorischen Präferenzen eine Übereinstimmung sowohl zu obstination als auch zu ténacité auf (siehe die Abschnitte 4.3.3 bzw. 4.3.7). Générosité besitzt demgegenüber mit bénéficier lediglich einen konsequenzbezogenen Kollokatorausdruck, der zudem bei keinem der zuvor genannten Substantive als signifikanter Begleiter auftritt (siehe Abschnitt 4.3.6). Im vorliegenden Beispielfall (4-42) stützt sich auf das als C.O.D. realiserte Nominalsyntagma trois ans de camp de travail [...] die Inferenz, dass der Agonist von negativen Konsequenzen betroffen ist.
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vermittelte – Gedanke der direkten Einbindung in Interaktions- und Wirkungszusammenhänge unter aktiver Beteiligung des Agonisten in Zusammenhang mit audace in besonders ausgeprägter Weise zum Tragen kommt, wird schließlich auch durch die kombinatorische Präferenz dieses Substantivs zu Verben wie (dem weiter oben erwähnten) oser und vor allem défier bestätigt, die vorrangig auf den konfrontativen Charakter der vom Agonisten offensiv vertretenen Durchsetzung165 seiner Handlungsabsichten abhebt. In diesem Punkt offenbart sich im Übrigen ein weiterer interessanter Kontrast zum kombinatorischen Verhalten von courage, dessen Kollokatorprofil seinerseits mit opposer einen spezifischen Begleiter aufzuweisen hat, der im Gegensatz zu défier dem Agonisten eine defensive Ausgangsposition166 zuschreibt, aus der heraus ein Handeln gewissermaßen nur unter dem «Druck der Verhältnisse» erfolgt. Die hier dargelegten Perspektivierungsdifferenzen seien unter Heranziehung der folgenden beiden Korpusauszüge dokumentiert: (4-44) Et Goethe fut. [...] Car le mythe de Faust est véritablement né avec Goethe. Lessing n’a fait que l’esquisser, Weidmann lui a offert la conversion et le salut, les précurseurs du romantisme (Müller et Klinger) en ont fait un titan révolté, dont l’audace défie morale, société et religion. Pour Goethe, c’est l’oeuvre d’une vie, de la version primitive (dite Urfaust), au texte définitif de 1808, puis au Second Faust terminé, en 1832, quelques mois avant sa mort. (Le Monde 1999: Un mythe sur toutes les portées, 05/05/1999, p. 30) (4-45) une barbarie on ne peut plus moderne, celle de l’exterminateur (avec ou sans Etat, avec ou sans Dieu) qui se permet tout et celle des braves gens qui le regardent faire. On risque ainsi, tranche par tranche, le crépuscule de l’humanité. - Quels sont, ou quels seraient, les remèdes? - Les remèdes relèvent du domaine public et du pense-bête: opposer le courage aux tueurs, la volonté de vivre libre aux plaisirs de la servitude volontaire, aider les démocrates et les tolérants. Eût-on soutenu Massoud, Kaboul aurait été libéré plus tôt et les tours de New York tiendraient peut-être debout. (Le Monde 2002: «Le nihiliste escamote méthodiquement le mal et la cruauté», 11/01/2002, p. 10)
Welche Auswirkung, so ließe sich am Ende dieses Abschnitts fragen, haben die zuvor geschilderten kombinatorischen Tendenzen nun auf die Versprachlichung des sachverhaltsschematisch bei audace und courage hinsichtlich der Bezugnahme auf ein bestimmtes Handlungsereignis angelegten Y-Partizipanten? Aufgrund des zentralen Status, der dem existenzbezogenen avoir im Rahmen der kombinatorischen Profile beider Substantive zukommt, stellt es zunächst keine Überraschung dar, dass die Verwendung der mit dem betreffenden Kollokator gebildeten Nominalverbkonstruktion unter Einbindung des Y-Partizipanten in Form eines von de einge165
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Hierbei lässt sich durchaus eine Parallele zum kombinatorischen Potential von acharnement erkennen, wenngleich die Perspektive stärker noch auf die Beeinträchtigung Dritter durch Einschränkung deren Handlungsspielräume ausgerichtet ist, wohingegen im Falle von audace der Agonist als die zentrale Figur der Nachgeschichte erscheint (siehe hierzu weiter oben). Genau dieser Aspekt hat – darauf wurde an geeigneter Stelle bereits hingewiesen – einen wesentlichen Anteil an den hinsichtlich der Konzeptualiserung von Kausalität bestehenden Unterschieden, wie sie sich im Verhältnis der verursachungsbezogenen Kollokatoren von courage (cf. donner, redonner, armer u.a.) und audace (cf. permettre, autoriser, interdire etc.) ergeben.
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leiteten Infinitivkomplements auch im Falle von audace als wesentliche Realisierungsoption anzutreffen ist. Darüber hinaus lassen sich innerhalb unseres Primärkorpus die entsprechenden Konstruktionsvarianten167 mit dem kausativen Nominalverb donner sowie dem inchoativen Pendant trouver ebenso in Verbindung mit audace nachweisen, obwohl die betreffenden Kollokatoren – anders als bei courage – nicht den spezifischen Begleitern dieses Substantivs zuzurechnen sind (cf. n. 151 sowie n. 149 in diesem Abschnitt): (4-46) En réalité, le candidat du PS poursuit une politique de rupture avec la Ve République. Sans le claironner, il s’est engagé sur une série de réformes de la Constitution qui, toutes, visent à chambouler les vieux équilibres. Ainsi, outre l’accélération de la décentralisation, projette-t-il de réformer le Sénat et le Conseil constitutionnel, qui ont eu l’audace de se mettre en travers de son gouvernement. Ce Jospin-là n’a pas clairement levé son masque. (Le Figaro 2002: Le masque de Jospin, 08/04/2002, ) (4-47) Le groupe compte aussi sur le lancement des Peugeot Partner et Berlingo avec porte latérale coulissante, le restyling de la 406 et, enfin, sur le lancement des moteurs HDI, un diesel plus économe et plus propre. Le tryptique croissance-rentabilité-innovation est désormais en place. Cette situation donne à M. Folz l’audace d’aborder une question jusque-là tabou chez PSA: celle d’une possible fusion-acquisition. (Le Monde 1999: Le groupe PSA a renoué avec les bénéfices en 1998, 04/03/1999, p. 20)
Im Vergleich zu courage (und allen anderen bisher untersuchten Substantiven) sind, was die Realisierung des Y-Partizipanten anbelangt, allerdings auch einige Besonderheiten im kombinatorischen Verhalten von audace zu beobachten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang zum einen die aus der Kombination von audace mit dem Kollokatorverb pousser hervorgehenden satztragenden Syntagmen, in deren Rahmen die Einbettung des Y-Partizipanten über ein durch jusqu’à angebundenes Infinitivkomplement in der syntaktischen Funktion eines präpositionalen Objekts erfolgt. Die vorliegende Konstruktion steht u.E. gänzlich im Einklang mit dem durch den profilinternen Kontrast zwischen Intensitäts- und Existenzbezug bedingten hybriden Charakter des kombinatorischen Potentials von audace, da sie die Vorstellung des Erreichens maximaler Impulsstärke und die des essentiellen Übergangs von Nicht-Handeln zu Handeln unmittelbar miteinander verknüpft. Der zuletzt genannte Aspekt fand bereits an anderer Stelle Erwähnung und soll hier durch das folgende Belegbeispiel noch einmal dokumentiert werden: (4-48) «S’il ne fait pas campagne, a précisé l’ancien premier ministre, c’est pour ne pas «apparaître comme foncièrement hostile à la politique générale du président de la République». A droite, il y a ceux qui, par discipline, ne pousseront pas l’audace jusqu’à voter «non» et qui «iront à la pêche». (Le Monde 2000: La mosaïque des «non» et des abstentionnistes, 07/07/2000, p. 6)
Im Hinblick auf die Realisierung des Y-Partizipanten verdient zum anderen ein 167
In diesem Punkt unterscheidet sich audace im Übrigen von générosité, das seinerseits nach Ausweis unseres Primärkorpus zwar sporadisch im Rahmen eines mit avoir gebildeten Nominalverbgefüges, nicht aber in Verbindung mit den betreffenden Konstruktionsvarianten auftritt (siehe hierzu bereits Abschnitt 4.3.6).
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Phänomen besondere Beachtung, das in Verbindung mit courage höchst selten anzutreffen ist. Es handelt sich hierbei um die Verwendung von audace im Rahmen einer definiten Nominalphrase in Pluralform. Die betreffenden Nominalsyntagmen sind in dem hier diskutierten Zusammenhang vor allem deshalb von Interesse, weil sie qua metonymischer Verschiebung der Bezugnahme auf ein Handlungsereignis als solches oder aber ein bestimmtes Handlungsresultat dienen,168 wie sich unschwer an den folgenden Belegfällen erkennen lässt: (4-49) Stéréotype ou ambition, l’exception dont peut se prévaloir la France se décline de mille façons, tantôt pour pointer ses archaïsmes, tantôt pour saluer ses audaces, ses manières touchantes ou agaçantes de vouloir se distinguer. De l’Etat-providence à la protection de la culture, l’exception reste une réalité vivace de notre pays [.] (Le Monde 2002: La France est-elle un pays d’exception, 15/04/2002, p. 13) (4-50) [...] en France il est toujours trop tôt ou trop tard pour réformer une fiscalité dont chacun s’accorde pourtant à reconnaître, depuis longtemps, qu’elle est trop lourde - tous prélèvements confondus -, trop complexe, du même coup, inéquitable. (...) Laurent Fabius a donc quelques raisons d’être prudent. Toutefois, la pression européenne et la bonne santé de l’économie devraient lui permettre quelques audaces si, toutefois, Lionel Jospin, qui a les yeux très logiquement rivés sur les prochaines échéances électorales, lui en donne l’autorisation. (Le Monde 2000: DANS LA PRESSE, 30/06/2000, p. 32)
Gerade auch in dieser Verwendungsweise spiegelt sich die kategorielle Prägung des kombinatorischen Profils von audace insofern wider, als dieses – wie bereits in Abgrenzung zu courage festgestellt werden konnte – in nicht unerheblichem Maße auf die Nachgeschichte eines zuvor erfolgten Handlungsvollzugs abhebt. Dass dabei die admissiven Kollokatorausdrücke permettre, autoriser und interdire häufig in Verbindung mit der Pluralform von audace auftreten, mag, so gesehen, kaum noch verwundern, stellen diese Verben doch einen klaren Bezug zur Nachgeschichte her, indem sie das mögliche Eintreten negativer Handlungsfolgen implizieren. Im Zusammenhang mit dem pluralischen Gebrauch von audace ist schließlich auch das Kollokatorverb multiplier zu erwähnen, das seinerseits das Konzept der Iterativität in das konzeptuelle Gefüge des kombinatorischen Profils von audace einbringt. In diesem Punkt zeigt sich ein gewisser Kontrast zu courage, das tendenziell stärker auf ein Einzelereignis ausgerichtet ist. Demgegenüber hat audace – zumal im Rahmen der hier besprochenen Nominalsyntagmen – insgesamt ein höheres Maß an Saturiertheit aufzweisen. Das von audace in der Kombination mit dem Verb multi-
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Außer bei audace ist im Übrigen lediglich noch im Falle von ardeur eine deutliche Tendenz zur Verwendung des Plurals zu beobachten. Allerdings besitzt die Pluralform, was die Partizipantenkonturierung anbelangt, bei beiden Substantiven eine höchst unterschiedliche Funktion: Während sie nämlich im Falle von audace auf konkrete Handlungsakte eines Einzelnen (samt ihrer Ergebnisse) bezogen ist, verweist sie in Zusammenhang mit ardeur umgekehrt auf ein sich in nicht näher spezifiziertem Handeln niederschlagendes Verhalten mehrerer Personen, das gewissermaßen die (Hinter)Grundstimmung in einem größeren Ereigniszusammenhang bestimmt. Genau hierin besteht die Diffusität des Handlungsbezugs, die im Hinblick auf ardeur bereits in Abschnitt 4.3.1 festgestellt und in Abgrenzung zu courage eingehend diskutiert wurde.
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plier begründete Konstruktionsmuster sei abschließend anhand des nachstehend angeführten Korpusauszugs illustriert: (4-51) Il n’en reste pas moins que les films qu’il réalise à cette époque ont aujourd’hui leur place dans l’histoire du cinéma: de La Jeunesse de la bête à La Marque du tueur, jugé complètement incompréhensible par le président de la Nikkatsu, qui le congédie sur le champ, Seijun Suzuki multiplie les audaces et invente un cinéma iconoclaste, délirant et stylisé, qui regorge d’idées de mise en scène et de pieds de nez aux codes établis du film de genre. (Le Monde 2002: Seijun Suzuki, le cinéma d’un provocateur, 07/11/2002, p. 34)
4.4
Paradigmabezogene Synthese
Im vorliegenden Abschnitt gilt es, die anhand der durchgeführten Vergleichsanalysen herausgearbeiteten Profilkontraste in ihren Grundzügen noch einmal zu umreißen. Schwerpunkt und Leitfaden unserer Überlegungen wird hierbei die Frage nach den ereignisontologisch verankerten Dimensionen sein, die einen wesentlichen Beitrag zur Differenzierung des kombinatorischen Potentials der von uns untersuchten Substantive leisten. Es wird mit anderen Worten bei unseren Betrachtungen im Folgenden also vor allem darum gehen, wie sich die Konzeptualiserung des durch die betreffenden Substantive jeweils bezeichneten Sachverhalts in seiner Rolle als Bestandteil bestimmter Entwicklungs- und Wirkungszusammenhänge auf der Grundlage der einschlägigen Kollokatorprofile im Einzelnen gestaltet. Motiviert ist diese Schwerpunktsetzung nicht zuletzt durch die Erkenntnis, dass sich die anlässlich der vorgenommenen Profilvergleiche analysierten spezifischen Begleiter grundlegend danach voneinander unterscheiden, ob sie die mittels ihres Bezugssubstantivs bezeichnete Handlungseinstellung im Sinne einer internen Sachverhaltsperspektive als Bewirkungshorizont oder aber gemäß einer externen Sachverhaltsperspektive als eigenständige Bewirkungsinstanz ausweisen.169 Vor dem Hintergrund der entsprechenden Perspektivierungsdifferenzen lassen sich in Zusammenhang mit den für uns relevanten kombinatorischen Profilen nun drei Konstellationen beobachten: – Es gibt einerseits eine Reihe von Substantiven, deren Kollokatorprofil auf eine rein externe Sachverhaltsperspektive ausgerichtet ist. Dies gilt im Einzelnen für héroïsme (siehe Abschnitt 4.3.2), obstination (siehe Abschnitt 4.3.3), acharnement (siehe Abschnitt 4.3.4), opiniâtreté (siehe Abschnitt 4.3.5) und ténacité (siehe Abschnitt 4.3.7). – Darüber hinaus ist auch der umgekehrte Fall einer profilseitigen Festlegung auf eine ausschließlich interne Sachverhaltsperspektive anzutreffen. Dieser tritt aller-
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Das betreffende Begriffspaar wurde bereits in Abschnitt 4.3.3, p. 115 eingeführt. Die Begriffssetzung erfolgte hierbei allerdings nicht in Analogie zu der von Anscombre (1995, 46ss.) getroffenen Unterscheidung zwischen noms (psychologiques) endogènes und noms (psychologiques) exogènes. Ebensowenig ist eine Entsprechung zu der von demselben Autor thematisieren Opposition hinsichtlich der Bezeichnung von états internes und états externes (cf. Anscombre 2005, 150ss.) beabsichtigt.
165
dings, was das von uns zu Grunde gelegte Paradigma anbelangt, nur einmal auf und betrifft hierbei das Substantiv ardeur (cf. Abschnitt 4.3.1). – Schließlich lassen sich mehrere Substantive anführen, über deren kombinatorisches Profil sowohl eine interne, als auch eine externe Sachverhaltsperspektive vermittelt wird. Dies ist konkret bei dem als Ausgangspunkt unserer Vergleichsanalysen dienenden courage und des Weiteren auch bei générosité (cf. Abschnitt 4.3.6) und audace (cf. Abschnitt 4.3.8) der Fall. Die auf dem fraglichen Abstraktionsniveau gegebenen Profildifferenzen erstrecken sich über mehrere Kollokatorklassen, die ihrerseits auf bestimmte konzeptuelle Bereiche spezialisiert sind. Die entsprechende Auffächerung der soeben angeführten Profilkonstellationen nach Konzeptbereich stellt sich im Überblick folgendermaßen dar: Tabelle 4.27: Differenzierung der kombinatorischen Profile nach Sachverhaltsperspektiven und Kollokatorklassen Sachverhaltsperspektive
Konzeptuelle Einordnung der Kollokatorklassen
Bezugssubstantiv
Einzelkollokatoren (Auswahl)170
intern
existenzbezogen
courage
avoir, trouver, donner u.a.
audace
avoir
audace
rivaliser, pousser, plein, comble u.a.
ardeur
calmer, refroidir, tempérer, freiner u.a.
générosité
plein, rivaliser, excès u.a.
générosité
susciter, capable
intensitätsbezogen
potentialbezogen
170
Diese Rubrik dient – nicht zuletzt aus Platzgründen – in erster Linie der Illustration des Bestands an spezifischen Begleitern, die in Verbindung mit dem betreffenden Bezugssubstantiv den jeweils einschlägigen Kollokatorklassen und Differenzierungsparametern als Realisierungsoption entsprechen. Sofern mehr Kollokatoren als die hier angegebenen vorhanden sind, wird dies durch das Kürzel «u.a.» gekennzeichnet. Das gilt in gleicher Weise für die nachfolgenden Tabellen, sollten sie die fragliche Rubrik enthalten.
166
Sachverhaltsperspektive
extern
171
172
173
174
Konzeptuelle Einordnung der Kollokatorklassen
Bezugssubstantiv
Einzelkollokatoren (Auswahl)
audace
capable
admissiv
audace
permettre (L), 171 autoriser, interdire
konsequenzbezogen
audace
récompenser, payer (L),172 valoir
obstination
récompenser, payer (R),173 permettre (R)174
acharnement
victime, subir, objet u.a.
ténacité
récompenser, récompense, fruit
générosité
bénéficier
Diese Angabe betrifft die lexikalisch-syntaktischen Muster, die auf eine Verwendung des vorliegenden Kollokatorverbs im linken Spanbereich (L) des seinerseits als C.O.D. fungierenden Bezugssubstantivs zurückzuführen sind. Es geht in diesem Zusammenhang um die transitive Verwendung von payer, d.h. also um jene Fälle, in denen das Bezugssubstantiv als C.O.D. zu dem betreffenden Verb auftritt. Zur der in Klammern zu findenden Notation siehe den Hinweis in der vorausgehenden Fußnote 171. Es handelt sich hierbei um die über seine intransitive Konstruktionsvariante erfolgende Verwendung von payer im rechten Fensterbereich (R) des seinerseits in Subjektfunktion zu diesem auftretenden Bezugssubstantivs. An dieser Stelle sind die Fälle gemeint, in denen permettre als rechtsstehender Kollokator des betreffenden Bezugssubstantivs anzutreffen ist, welches somit gleichzeitig die von diesem Verb eröffnete Subjektposition besetzt.
167
Sachverhaltsperspektive
Konzeptuelle Einordnung der Kollokatorklassen
Bezugssubstantiv
Einzelkollokatoren (Auswahl)
vermittelt-evaluativ
courage
saluer, louer, hommage, admirer u.a.
audace
saluer, étonner,175 surprendre, emballer, effrayer u.a.
acharnement
dénoncer, comprendre, fasciner u.a.
générosité
saluer, étonner
héroïsme
hommage, vanter, éloge u.a.
obstination
comprendre, protester, exaspérer u.a.
ténacité
saluer, hommage, admirer
opiniâtreté
compter, connaître
ténacité
compter, oublier, sous-estimer, réputer
vermittelt-epistemisch
Der vorliegenden Zusammenstellung in Tabelle 4.27 ist unschwer zu entnehmen, daß sich die weitere profilseitige Ausgestaltung sowohl einer internen, als auch einer externen Sachverhaltsperspektive in Verbindung mit den von uns untersuchten Substantiven durch ein erhebliches Maß an Variation auszeichnet. Diesen Differenzierungsnuancen gilt im Folgenden unser Interesse. 175
Etonner wie auch surprendre könnten ebenso als vermittelt-epistemische Verben aufgefasst werden, da sie sich bezüglich der Kennzeichnung des bei den vermittelt-evaluativen Ausdrücken üblicherweise vorhandenen Merkmals einer negativen oder positiven polaren Orientierung neutral verhalten (siehe hierzu auch bereits die Anmerkungen in Abschnitt 4.3.6, n. 107).
168
Was zunächst die der Vermittlung einer internen Sachverhaltsperspektive dienenden Kollokatoren anbelangt, so lassen sich die einschlägigen Profilgrenzen im Wesentlichen auf zwei Parameterkomplexe abbilden. Es handelt sich dabei im Einzelnen um: – die der Konzeptualiserung des Sachverhalts und seiner inhärenten Entwicklungsstadien zugrundeliegende Bezugsgröße, unterschieden nach EXISTENZ, INTENSITÄT, POTENTIAL und IMMINENZ – unmittelbare Eigenschaften der Sachverhaltsentwicklung. Sofern dem Sachverhalt Dynamizität als solche zugeschrieben wird, ergeben sich im Wesentlichen zwei Differenzierungsmöglichkeiten, und zwar im Hinblick auf: – die Angabe der Impulsorientierung mit der Unterscheidung von Progression vs. Regression176 und einer eventuell daran anschließenden Kennzeichnung von Zyklizität sowie – die – letztlich die Frage nach der Einbindung einer dritten Instanz betreffende – Markierung von Kausalität,177 wobei in diesem Fall zusätzlich der Aspekt einer aktiven Mitbeteiligung des Agonisten am Bewirkungsprozess ausdrucksoptionell Berücksichtigung finden kann. Entsprechend den dargelegten Differenzierungsparametern zeichnen sich hinsichtlich der kombinatorischen Präferenzen der in dem hier diskutierten Zusammenhang einschlägigen Substantive courage, ardeur, audace und générosité hauptsächlich folgende Konstellationstendenzen ab: – Sowohl der Kollokatoranzahl, als auch den bestandsinternen Auslastungswerten nach zu urteilen, spielt auf der Ebene der das konzeptuelle Bezugssegment (Parameter (1)) betreffenden Kontraste die profilseitige Differenzierung gemäß der Kategorien INTENSITÄT vs. EXISTENZ zweifellos die bedeutsamste Rolle. Den deutlichsten Gegensatz weisen hierbei die kombinatorischen Profile von courage und ardeur mit ihrer jeweils einseitigen Festlegung auf existenz- bzw. intensitätsbezogene Kollokatoren auf. Demgegenüber lässt sich in Verbindung mit générosité ein profilinterner Kontrast zwischen intensitäts- und potentialbezogenen spezifischen Begleitern verzeichnen, wodurch es sich in seinem kombinatorischen Verhalten vollständig von courage sowie partiell von ardeur abgrenzt. Das höchste Maß an Komplexität besteht allerdings im Falle der kategoriellen Prägung des kombinatorischen Potentials von audace, dessen Profil sich im Wesentlichen durch die Integration des Gegensatzes zwischen Existenz-, Intensitäts-, Potential- und Imminenzbezug auszeichnet und somit in vielseitige Kontrastrelationen zu den Profilen von courage, ardeur und générosité eingebunden ist. – Im Hinblick auf die Bezeichnung von primären Eigenschaften der Sachverhalts176 177
Weiterreichende Ausführungen hierzu sind u.a. in den Abschnitten 4.3.1 und 4.3.6 zu finden. Ein entsprechender Ansatz zur Typologisierung von Kausalität unter Einbeziehung der einschlägigen kombinatorischen Profile wurde vor allem in den Abschnitten 4.3.6 (p. 134f.) und 4.3.8 (p. 158f.) skizziert.
169
entwicklung (Parameterkomplex (2)) kann zunächst insofern eine deutliche Konvergenz der Profile von courage, ardeur, audace und générosité festgestellt werden, als alle betreffenden Substantive gleichermaßen sowohl über rein zustandsbezogene, als auch über dynamizitäts- und kausalitätsmarkierende Kollokatoren verfügen. Auf einer tiefer reichenden Differenzierungsebene zeichnen sich jedoch gleichzeitig zwei divergierende Profilkonstellationen ab: – Im Gegensatz zu audace und générosité, deren Kollokatorbestand bis auf eine Ausnahme178 lediglich spezifische Begleiter umfasst, die auf eine Progression des Handlungsimpulses abheben, stellen die kombinatorischen Profile von courage und ardeur eine Reihe von (kausativen wie nicht kausativen) Ausdrucksoptionen bereit, die eine Differenzierungsmöglichkeit hinsichtlich der Bezugnahme auf die Impulsorientierung sowie der Markierung von Zyklizität bieten. Allerdings verhält sich die Profilauslastung in diesem Punkt bei beiden Substantiven nicht vollkommen deckungsgleich, da im Falle von courage den progressionsbezogenen, im Falle von ardeur hingegen den regressionsbezogenenen Kollokatoren eine dominante Stellung zukommt. – Umgekehrt weisen die kombinatorischen Profile von générosité und audace gegenüber courage und ardeur gewisse Besonderheiten bei der Kopplung der Vorstellung von Sachverhaltsbewirkung mit einer der unter (1) genannten konzeptuellen Bezugsgrößen auf. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sich die betreffenden Kollokatoren beider Substantive in Abweichung zu jenen von courage und ardeur durch Einbeziehung der Konzepte POTENTIAL bzw. IMMINENZ auf Kausalitätstypen von insgesamt komplexerer Gestalt beziehen, da sie nicht zuletzt auf einen besonderen Beteiligungsstatus des Agonisten abheben, indem sie diesem eine aktive Rolle im unmittelbaren Ablauf des Bewirkungsprozesses zuschreiben. Interessant ist hieran auch, dass im Rahmen der kombinatorischen Profile von générosité und audace die durchaus präsenten intensitäts- bzw. existenz- oder intensitätsbezogenen Ausdrucksoptionen anders als im Falle von courage und ardeur jeweils keine kausativen Kollokatoralternanzen oberhalb der Signifikanzgrenze179 einschließen. Im Anschluss an das soeben Gesagte erscheint es sinnvoll, die bei den Substantiven courage, ardeur, audace und générosité im Hinblick auf die Schematisierung sachverhaltsinhärenter Entwicklung profilseitig gegebenen Differenzierungsoptionen gemäß ihrer den angesetzten Parametern entsprechenden Verteilung noch einmal in kompakter Form zusammenzufassen. Eine Übersicht zu den zustandszentrierenden Kollokatoren der betreffenden Substantive ist hierbei zunächst der folgenden Tabelle zu entnehmen:
178 179
Es handelt sich dabei um das zum kombinatorischen Profil von audace gehörende admissive Kollokatorverb interdire (siehe auch Tabelle 4.27). Allerdings ist die Verbindung von audace mit donner als existenzbezogenem kausativem Nominalverb nach Ausweis unseres Primärkorpus nicht völlig ausgeschlossen (siehe hierzu die etwas detaillierteren Angaben in Abschnitt 4.3.8, Fn.151).
170
Tabelle 4.28: Profilverteilung zustandszentrierender Ausdrucksoptionen
Konzeptuelle Bezugsgröße
Konzept-Schema
Bezugssubstantiv
Kollokatoren (Auswahl)
EXISTENZ
BIPOLARITÄT
courage
avoir
audace
avoir
ardeur
plein
audace
plein, comble
générosité
plein, excès, empreint
audace
capable
générosité
capable
INTENSITÄT
SKALARITÄT
POTENTIAL
AKTUALITÄT
Die in Zusammenhang mit den dynamizitäts-/ kausalitätskennzeichnenden Kollokatoroptionen von courage, ardeur, audace und générosité gegebenen Profilkonstellationen lassen sich ihrerseits anhand der in Tabelle 4.29 zu findenden Synopse erschließen: Tabelle 4.29.: Profilverteilung dynamizitätskennzeichnender Ausdrucksoptionen Konzeptuelle Konzept-
Impuls-
Zykli Kausalität
Bezugsgröße
Schema
richtung
zität
EXISTENZ
ABSOLUTE
Progression
TRANSITION
(inchoativ)
-
Mitwir- Bezugskung
-
+/-
Kollokatoren
substantiv
(Auswahl)
courage
avoir,180 trouver
+
-
audace
avoir
courage
donner, armer, insuffler
+
Regression
-
+/-
courage
reprendre
+
-
courage
redonner
-
-
+/-
courage
perdre
-
-
+/-
ardeur
(terminativ)
INTENSITÄT
SKALARE TRANSITION
180
Progression
rivaliser, redoubler
Im Falle der Verwendung in einer Form des accompli kommt avoir die Funktion eines inchoativen Nominalverbs zu. Hierauf wurde bereits an verschiedenen Stellen – so u.a. in Abschnitt 4.3.1, n. 23 – hingewiesen.
171
Konzeptuelle Konzept-
Impuls-
Zykli Kausalität
Bezugsgröße
richtung
zität
Schema
Mitwir- Bezugskung
Kollokatoren
substantiv
(Auswahl)
audace
rivaliser, pousser, redoubler
générosité
rivaliser, déborder
+
+
-
ardeur
stimuler
-
+/-
ardeur
regain
+
-
ardeur
rafraîchir, renouveler, réveiller
Regression
-
+
-
ardeur
calmer, tempérer, freiner
POTENTIAL
REELLE
+
+
-
ardeur
refroidir
Progression
-
+
+
générosité
susciter
Progression
-
+
+
audace
autoriser,
TRANSITION
IMMINENZ
INHIBITION DESINHIBITION
permettre (L)
Regression
-
+
+
audace
interdire
Ganz im Einklang mit der im Rahmen dieser Arbeit vertretenen Hypothese einer nach innen wie außen gegebenen profilimmanenten Systematik möchten wir unsere Ausführungen zu den primär auf die Vermittlung einer internen Sachverhaltsperspektive ausgerichteten Kookkurrenzpartnern der von uns untersuchten Substantive abschließend um die Frage nach Regularitäten in der profilseitigen Ko-Präsenz bestimmter auf kontige Konzeptbereiche bezogener Kollokatorklassen erweitern. In den Blick geraten hierbei vor allem die vorhandenen deontischen Kollokatorausdrücke, deren Profilverteilung mit den beiden folgenden Korrelationstendenzen einhergeht:
172
– Jene Kollokatorbestände, die zwar einen Intensitäts-, nicht aber einen Existenzbezug gewährleisten, weisen ausschließlich defizienzbezogen-kontrafaktische Ausdrucksoptionen wie manquer, manque u.a. auf. Dies trifft im Einzelnen auf die kombinatorischen Profile von ardeur und générosité zu. – Umfasst ein Kollokatorbestand andererseits existenzbezogene spezifische Begleiter, so ist gleichzeitig ein profilinterner Kontrast zwischen defizienzbezogen-kontrafaktischen und deontisch-dynamischen Ausdrucksoptionen (cf. falloir u.a.) zu beobachten. Dies gilt für die kombinatorischen Profile von courage und audace, wobei im Falle des letztgenannten Substantivs gewissermaßen parallel zu dem die deontischen Kollokatoren betreffenden Kontrastverhältnis auch ein profilinterner Gegensatz zwischen existenz- und intensitätsbezogenen Ausdrucksoptionen besteht. Ähnliche Regularitäten hinsichtlich der Ko-Präsenz deontischer Kollokatorausdrücke sind im Übrigen auch bei einem Teil der auf eine externe Sachverhaltsperspektive festgelegten kombinatorischen Profile – denen unmittelbar im Anschluss unser weiteres Interesse gelten wird – zu verzeichnen. So spielen nämlich in Verbindung mit den Substantiven obstination, opiniâtreté und ténacité defizienzbezogenkontrafaktische Begleiter insgesamt keine Rolle; die betreffenden Profile umfassen ausschließlich deontisch-dynamische Kollokatoren.181 Die ebenso hier zu erwähnenden Substantive acharnement und héroïsme besitzen ihrerseits überhaupt keine kombinatorische Affinität zu deontischen Ausdrücken. Wenden wir uns im Folgenden also vollständig der durch die untersuchten kombinatorischen Profile jeweils geleisteten Ausgestaltung einer externen Sachverhaltsperspektive zu. Diese wird – wie man Tabelle 4.27 entnehmen kann – im Wesentlichen von konsequenzbezogenen, vermittelt-evaluativen, sowie vermittelt-epistemischen Kollokatorausdrücken getragen. Abgesehen von ardeur, innerhalb dessen Kollokatorbestands keine entsprechenden Ausdrucksoptionen vertreten sind, ergeben sich mit Blick auf das zugrunde gelegte Substantivparadigma die nachstehend angeführten Profilkonstellationen: – Bei einem Teil der betreffenden Substantive liegt hinsichtlich der Vermittlung einer externen Sachverhaltsperspektive eine einseitige Festlegung der kombinatorischen Präferenzen auf eine bestimmte Kollokatorklasse vor. So verfügen courage und héroïsme lediglich über vermittelt-evaluative, opiniâtreté hingegen nur über vermittelt-epistemische spezifische Begleiter. – Bei einer größeren Reihe von Substantiven ist eine profilinterne Differenzierung zwischen rein konsequenzbezogenen und vermittelt-evulativen Ausdrucksoptionen gegeben. Dies gilt im Einzelnen für acharnement, audace, générosité und obstination. – Das in dem hier diskutierten Zusammenhang komplexeste katergorielle Gefüge kommt schließlich dem kombinatorischen Profil von ténacité zu, das sowohl 181
Im Falle von obstination und opiniâtreté handelt es sich hierbei zudem lediglich um das Kollokatorverb falloir. Innerhalb des Kollokatorbestands von ténacité ist darüber hinaus noch das Verb exiger vertreten.
173
konsequenzbezogene als auch vermittelt-evaluative und vermittelt-epistemische Kollokatoren umfasst. Was ihre Anzahl sowie den funktionalen Variationsgrad anbelangt, stellen die konsequenzbezogenen und die vermittelt-evaluativen Kollokatoren innerhalb der analysierten kombinatorischen Profile die weitaus wichtigsten Ausdrucksoptionen zur Realisierung einer externen Sachverhaltsperspektive dar. Sie werden daher nahezu ausschließlich Gegenstand unserer weiteren Ausführungen sein. Die einschlägigen konsequenzbezogen Kollokatoren lassen sich nun ihrerseits im Wesentlichen nach zwei Kriterien unterscheiden, und zwar: – hinsichtlich der bezeichneten Wirkungsqualität, wobei es sich entweder um positive oder negative Handlungsfolgen drehen kann sowie – in Bezug auf die Frage, ob dem Agonisten oder aber einem Dritten der Status als betroffene Instanz zugewiesen wird, was im Übrigen eine gewisse Perspektivumkehrung in Analogie zu der bei den auf sachverhaltsinhärente Entwicklungsstadien abhebenden Kollokatoren möglichen Markierung von Kausalität182 darstellt. Entsprechend den vorliegenden Differenzierungsparametern fächern sich die weiter oben aufgeführten Profilkonstellationen im Hinblick auf die Verteilung der insgesamt vorhandenen konsequenzbezogenen Ausdrucksoptionen folgendermaßen auf: (1) Im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Wirkungsqualität sind drei Profilvarianten gegeben. Die kombinatorischen Präferenzen der Substantive générosité, obstination und ténacité bleiben hierbei auf Kollokatoren beschränkt, die der Bezugnahme auf positive Handlungsfolgen dienen, wohingegen die einschlägigen spezifischen Begleiter von acharnement ausnahmslos negative Konsequenzen thematisieren. Das Kollokatorprofil von audace weist seinerseits einen Kontrast beider Differenzierungsmöglichkeiten auf und umfasst zudem mit valoir eine in der betreffenden Hinsicht neutrale Ausdrucksoption. (2) Die Identifizierung der betroffenen Instanz bedingt etwas andere Profilgruppierungen als jene, die im Hinblick auf die Kennzeichnung der Wirkungsqualität zu beobachten sind. So stimmen die nach Maßgabe des ersten Parameterbereichs vollständig divergenten kombinatorischen Profile von acharnement und générosité darin überein, dass sie Ausdrucksoptionen bereithalten, mittels derer die (negativen bzw. positiven) Handlungsfolgen stets einem Dritten zugeschrieben werden. Die einschlägigen Kollokatoren von audace, obstination und ténacité sind demgegenüber vorrangig auf den Agonisten als betroffene Instanz ausgerichtet; gleichwohl liegt im Falle von audace und obstination dank permettre ebenso eine variable, im Falle von ténacité wiederum mit dem Kollokatorsubstantiv fruit auch eine neutrale Realisierungsoption vor. Letztlich sorgen die Kopplung der fraglichen Differenzierungsaspekte und hiermit einhergehend die verschiedenen Profilverteilungsmuster im Bereich der konsequenzbezogenen Kollokatorausdrücke für ein recht facettenreiches Bild. Lediglich das auf 182
Siehe hierzu Tabelle 4.29 weiter oben.
174
den Agonisten als Begünstigten gegebener Handlungsfolgen verweisende Kollokatorverb récompenser begründet hierbei eine verhältnismäßig große kookkurrenzparadigmatische Konfiguration, in die ihrerseits die Substantive audace, obstination und ténacité eingebunden sind. Eine kompakte Zusammenfassung der dargelegten Profilkonstellationen bietet die folgende Tabelle: Tabelle 4.30.: Profilverteilung unmittelbar konsequenzbezogener Ausdrucksoptionen Wirkungsqualität
Betroffene Instanz
Bezugssubstantiv
Kollokatoren (Auswahl)
positiv
Agonist
audace
récompenser
obstination
récompenser, payer (R)183
ténacité
récompenser, récompense
Dritte
générosité
bénéficier
Agonist oder Dritte (variabel)
audace
permettre (R)
obstination
permettre (R)
- (neutral)
ténacité
fruit
Agonist
audace
payer (L)
Dritte
acharnement
victime, subir u.a.
Agonist
audace
valoir
negativ
- (neutral)
Als zweite wichtige Kollokatorklasse in Zusammenhang mit der profilseitigen Ausgestaltung einer externen Sachverhaltsperspektive werden die vermittelt-evaluativen spezifischen Begleiter der analysierten Substantive im Folgenden Gegenstand unserer Betrachtungen sein. Entsprechend der in diesem Abschnitt schwerpunktmäßig verfolgten Zielsetzung einer Einordnung der einschlägigen Kollokatorausdrücke
183
Zur entsprechenden Notation siehe bereits unsere Anmerkungen in n. 173, 172, 174 und 171 in diesem Abschnitt.
175
nach primär ereignisontologisch erfassbaren Aspekten sind für uns vor allem zwei Differenzierungsparameter von Interesse: (a) die – positive oder negative – Polarität der bezeichneten Sachverhaltsbeurteilung. Ereignisontologisch gewendet, lässt sich in dieser Hinsicht auch von einem der beurteilenden Instanz zugeschriebenen Reaktionsimpuls sprechen, der entweder als synagonistisch oder als antagonistisch184 ausgewiesen werden kann. (b) der durch die bezeichnete Sachverhaltsbeurteilung repräsentierte Ereignistyp, wobei es sich entweder um einen mentalen Zustand oder aber um die von der beurteilenden Instanz initiierte Externalisierung des Reaktionsimpulses in Form eines Kommunikationsakts handeln kann. Vor dem Hintergrund der betreffenden Differenzierungsmöglichkeiten lassen sich bezüglich der Verteilung der in Frage kommenden vermittelt-evaluativen Kollokatorausdrücke im Wesentlichen die folgenden Profilkonstellationen bestimmen: (1) Im Falle der Substantive courage, héroïsme und ténacité besteht eine einseitige Festlegung des kombinatorischen Profils auf Kollokatoren, die der Bezugnahme auf einen synagonistischen Reaktionsimpuls dienen. Der Kollokatorbestand von générosité umfasst seinerseits wiederum mit saluer einen auf eine synagonistisch ausgeprägte Sachverhaltsbewertung bezogenen spezifischen Begleiter sowie mit étonner eine in der betreffenden Hinsicht neutrale Ausdrucksoption. Demgegenüber weisen die Profile von acharnement und obstination einen Kontrast zwischen Kollokatoren zur Bezeichnung eines synagonistischen und Kollokatoren zur Bezeichnung eines antagonistischen Reaktionimpulses auf, wobei die letztgenannten in Verbindung mit beiden Substantiven eine insgesamt stärkere Präsenz besitzen.185 Dasselbe profilinterne Kontrastverhältnis wie bei acharnement und obstination zeigt sich schließlich ebenso – wenn auch mit einer ausgeglicheneren Gewichtung – im Falle von audace, zu dessen spezifischen Begleitern mit étonner und surprendre darüber hinaus auch zwei neutrale Kollokatorausdrücke gehören. (2) Was den bezeichneten Ereignistyp anbelangt, so decken fast alle in Frage stehenden kombinatorischen Profile die beiden vorhandenen Differenzierungsoptionen gleichermaßen ab. Die einzige Ausnahme stellt in diesem Zusammenhang das Kollokatorprofil von héroïsme dar, welches lediglich Ausdrucksoptionen bereithält, die auf Kommunikationsakte bezogen sind. Die Kollokatorbestände der verbleibenden Substantive umfassen, wie bereits angedeutet, ebenso spezifische Begleiter zur Bezeichnung emotionaler Zustände, weisen hierbei allerdings 184
185
Hierauf wurde vor allem im Zuge der den kombinatorischen Profilen von courage und obstination gewidmeten Vergleichsanalyse in Abschnitt 4.3.3 etwas ausführlicher eingegangen. Dies gilt in erster Linie für die Anzahl der auf einen antagonistischen Reaktionimpuls bezogenen Ausdrucksoptionen, im Falle von acharnement zudem auch für deren profilinterne Auslastungswerte. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das bei beiden Substantiven einschlägige Kollokatorverb comprendre gerade auch auf den Gegensatz zwischen einer (letzlich assertierten) synagonistisch ausgerichteten und einer antagonistisch ausgerichteten Sachverhaltsbewertung verweist (siehe hierzu u.a. Abschnitt 4.3.3, p. 113).
176
im Einzelnen unterschiedliche Gewichtungsverhältnisse einschlägigen Differenzierungsoptionen auf.186
hinsichtlich
der
Eine Übersicht zu den im Falle der vermittelt-evaluativen Ausdrucksoptionen profilseitig gegebenen Verteilungsmustern kann der nachstehend angeführten Tabelle entnommen werden: Tabelle 4.31.: Profilverteilung vermittelt-evaluativer Ausdrucksoptionen Reaktionsimpuls (Polarität)
Ereignistyp
Bezugssubstantiv
Kollokatoren (Auswahl)
synagonistisch (positiv)
Kommunikationsakt
courage
saluer, louer, hommage, vanter u.a.
audace
saluer
générosité
saluer
héroïsme
hommage, éloge, exalter u.a.
ténacité
saluer
courage
apprécier, admirer u.a.
acharnement
comprendre, fasciner
audace
apprécier, émerveiller, emballer u.a.
obstination
comprendre
ténacité
admirer
mentaler Zustand
186
Diesbezüglich gegebene Abweichungen konnten beispielsweise anlässlich des Vergleichs der Kollokatorprofile von audace und courage festgestellt werden, wobei im Falle von audace eine Dominanz der auf einen mentalen Zustand verweisenden Ausdrucksoptionen, im Falle von courage hingegen ein Übergewicht der kommunikationsbezogenen signifikanten Begleiter zu verzeichnen war (siehe hierzu Abschnitt 4.3.8).
177
Reaktionsimpuls (Polarität)
Ereignistyp
Bezugssubstantiv
Kollokatoren (Auswahl)
antagonistisch (negativ)
Kommunikationsakt
acharnement
dénoncer, critiquer
obstination
dénoncer, protester
acharnement
agacer
audace
affoler, effrayer u.a.
obstination
exaspérer
audace
étonner, surprendre
générosité
étonner
mentaler Zustand
neutral
mentaler Zustand
Es ist nun gewiss nicht zu bestreiten, dass das von uns angesetzte Merkmalsraster die bei den vermittelt-evaluativen Ausdrucksoptionen im Rahmen der untersuchten kombinatorischen Profile insgesamt vorliegenden Unterschiede nur sehr grobkörnig erfasst. Wichtige Differenzierungsaspekte wie der von den Kollokatoren ausgewiesene Grad an Bewertungsintensität oder die durch sie bezeichnete Werthaltung haben in diesem Zusammenhang beispielsweise keine Berücksichtigung gefunden, gleichwohl wurden sie im Verlauf dieses Kapitels auch nicht vollständig ausgeblendet. So sei an dieser Stelle zumindest darauf verwiesen, dass wir – in Anlehnung an das seinerseits auf Kommunikationsverben abzielende Beschreibungsmodell des am IDS Mannheim angesiedelten ESKA-Projekts – durchaus einen die genannten Faktoren integrierenden Analyseansatz als wesentliche Grundlage im Hinblick auf die Kontrastierung der Profile von courage und héroïsme entwickelt haben.187 Anlässlich dieser Detailuntersuchung wurde im Übrigen auch der Frage nachgegangen, auf welche Weise die betreffenden vermittelt-evaluativen Kollokatorausdrücke das Verhältnis zwischen Rekurs- und Diskurssituation, d.h. also zwischen objektiver und subjektiver Äußerungsebene, koordinieren. Die hier anklingenden diskurspragmatischen Aspekte des kombinatorischen Verhaltens der analysierten Substantive 187
Die wichtigste Differenz in der vorliegenden Profilkonstellation betrifft die funktional einseitige Ausrichtung des kombinatorischen Potentials von héroïsme auf Kollokatoren, die sich auf eine admirative Werthaltung beziehen, während im Falle von courage hinsichtlich der Unterscheidung zwischen einer admirativen oder aber satisfaktiven Werthaltung jeweils entsprechende Ausdrucksoptionen unter den spezifischen Begleitern bereitstehen. Eine ausführliche Analyse der im Verhältnis von courage und héroïsme bestehenden Profilkontraste kann Abschnitt 4.3.2 entnommen werden. Hierbei wurde auch auf die im Vergleich zu courage stärker ausgeprägte Begriffsfixiertheit von héroïsme eingegangen.
178
sowie die in dieser Hinsicht zentrale Rolle der evidenzkennzeichnenden und vermittelt-epistemischen Kollokatoren sind zugunsten einer primär ereignisontologisch ausgerichteten Betrachtung im Rahmen dieser Arbeit zugegebenermaßen recht stark vernachlässigt worden. Die diskurspragmatische Leistung der einschlägigen Kollokatorausdrücke und die Frage nach der subjektiven Aufladung der von uns untersuchten handlungseinstellungsbezogenen Substantive stellen einen vielschichtigen Betrachtungsgegenstand dar, der gewiss eine weiterführende Auseinandersetzung in einem eigenständigen Beitrag erforderte. Unter Berücksichtigung der zuvor ausgeführten Einschränkungen sei im Folgenden das Zusammenwirken der vermittelt-evaluativen Kollokatoren mit anderen Kollokatorklassen bei der Herausbildung des bestimmten kombinatorischen Profilen zu Grunde liegenden kategoriellen Gefüges in eher summarischer Form anhand einiger interessanter Einzelfälle dokumentiert: – Das Vorkommen der vermittelt-evaluativen Kollokatorverben étonner und surprendre innerhalb eines kombinatorischen Profils, das gleichzeitig auch Ausdrucksoptionen zur Vermittlung einer internen Sachverhaltsperspektive bereithält, ist eng damit korreliert, welcher sachverhaltsinhärente Aspekt bei den letztgenannten als konzeptuelles Bezugssegment fungiert. Entsprechend der von Lafaye (1869, 977ss.) den beiden betreffenden Verben zugeschriebenen Differenz spiegelt sich hierbei in der kombinatorischen Affinität zu étonner oder surprendre die Intensitäts- oder Existenzbezogenheit eines Kollokatorprofils wider, wie konkret im Falle der Profile von générosité und audace nachgewiesen werden kann.188 – Das auf synagonistisch ausgerichtete Äußerungsakte (und hierbei wiederum auf eine satisfaktive Werthaltung) bezogene Verb saluer189 tritt tendenziell in Verbindung mit jenen Substantiven auf, bei denen gleichzeitig avoir die Funktion eines existenzzentrierenden Nominalverbs zukommt. Dies gilt insbesondere für die kombinatorischen Profile von courage und audace, die beide avoir als jeweils hochsignifikanten Kollokator aufweisen, lässt sich interessanterweise aber auch im Falle der Substantive générosité und ténacité beobachten, bei denen allerdings lediglich saluer, nicht jedoch avoir der Status eines spezifischen Begleiters zugesprochen werden kann.190 – Die einschlägigen vermittelt-evaluativen Kollokatoren sind je nach Substantiv in unterschiedliche profilinterne Implikationsbeziehungen eingebunden, die auf
188
189
190
So umfasst das auf intensitätsbezogene Ausdrucksoptionen beschränkte Kollokatorprofil von générosité entsprechenderweise nur das Verb étonner, wohingegen sich bei audace der profilinterne Kontrast zwischen Intensitäts- und Existenzbezogenheit im gemeinsamen Auftreten von étonner und surprendre als signifikante Kollokatorverben widerspiegelt (siehe hierzu die Abschnitte 4.3.6, p. 133 und 4.3.8, p. 157). Saluer besitzt bezogen auf die Gesamtheit der in den von uns untersuchten Profilkonstellationen einschlägigen vermittelt-evaluativen Kollokatoren den höchsten Verbreitungsgrad, wobei es in Verbindung mit 4 von 9 Substantiven (nämlich courage, audace, générosité und ténacité) als spezifischer Begleiter auftritt. Siehe hierzu die in Abschnitt 4.3.6, n. 99 sowie Abschnitt 4.3.7, n. 127 zu findenden Ausführungen.
179
makroschematischer Ebene zur Ausprägung bestimmter Interaktionsszenarien beitragen. So verweisen im Falle von obstination die vermittelt-evaluativen Kollokatoren auf einen gegen die Bestrebung des Agonisten zur Aufrechterhaltung seiner (nicht konformen) Handlungsabsicht gerichteten Reaktionsimpuls, während die entsprechenden konsequenzbezogenen Kollokatorausdrücke die persistente Haltung des Agonisten in ihren positiven Auswirkungen für diesen thematisieren.191 In Verbindung mit acharnement192 wird wiederum über die einschlägigen spezifischen Begleiter die Vorstellung eines doppelten Antagonismus vermittelt, wobei zum einen die konsequenzbezogenen Kollokatoren dem vom Agonisten ausgehenden Handlungsimpuls eine die Handlungsspielräume Dritter beeinträchtigende sowie deren Integrität zuwiderlaufende Wirkung zuschreiben, und zum anderen die vermittelt-evaluativen Kollokatorausdrücke auf das Bestehen einer dem agonistischen Verhalten entgegengesetzten Reaktion Bezug nehmen. Im Rahmen des kombinatorischen Profils von courage werden schließlich Aspekte der Vor- und Nachgeschichte dahingehend miteinander in Beziehung gebracht, dass einerseits entsprechende dynamizitätskennzeichnende Ausdrucksoptionen vorliegen, die insbesondere die Überwindung einer dem Agonisten zugeschriebenen Neigung zur Handlungsvermeidung thematisieren und andererseits vermittelt-evaluative Kollokatoren vorhanden sind, die auf einen synagonistischen, d.h. den letztlich erfolgten Handlungsvollzug zusätzlich unterstützenden Reaktionsimpuls von Seiten Dritter abheben. Nach unserem Gesamtüberblick zu den funktionalen Verteilungsmustern, die in Bezug auf die ereignisontologisch relevanten Kollokatorklassen profilseitig gegeben sind, möchten wir noch kurz auf die – im Verlauf unserer Detailanalysen stets auch am Rande angesprochenen – kolligationellen Aspekte des kombinatorischen Verhaltens der untersuchten Substantive bilanzierend eingehen. Dabei interessiert uns insbesondere der Zusammenhang zwischen der kategoriellen Prägung der einschlägigen Kollokatorprofile und der in Verbindung mit den betreffenden Substantiven zu beobachtenden Realisierung des in ihrem semantischen Valenzschema als auf ein Handlungsereignis bezogenene Argumentvariable verankerten Y-Partizipanten. In dieser Hinsicht lassen sich im Wesentlichen die folgenden Realisierungstendenzen193 anführen: 1) Bei courage und audace, deren jeweiliges kombinatorisches Profil im Unterschied zu den anderen untersuchten Substantiven194 signifikante existenzphasen191 192 193
194
Siehe hierzu nochmals unsere ausführliche Darstellung in Abschnitt 4.3.3. Siehe hierzu ebenfalls die entsprechenden Ausführungen in Abschnitt 4.3.4. Wir beschreiben an dieser Stelle in erster Linie kolligationelle Präferenzen; die Möglichkeit eines gelegentlichen Auftretens der betreffenden Ausdrucksoptionen bei anderen Susbtantiven als den jeweils hervorgehobenen soll somit nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Nach Ausweis des herangezogenen Primärkorpus ist die im Folgenden angesprochene Konstruktionssvariante sporadisch auch in Verbindung mit dem Substantiv générosité anzutreffen (siehe Abschnitt 4.3.6), während im Falle von ténacité lediglich ein Hapax-Beleg
180
bezogene Ausdrucksoptionen wie etwa das Nominalverb avoir aufweist, wird der Y-Partizipant vorrangig in Form eines von der Präposition de angeschlossenen Infinitivkomplements realisiert, womit nicht selten eine Einbettung der entsprechenden Nominalsyntagmen in eine mit avoir (oder einer seiner inchoativen bzw. kausativen Varianten) gebildete Nominalverbkonstruktion einhergeht. Das betreffende Konstruktionsmuster bringt hierbei ganz in Übereinstimmung mit der Existenzbezogenheit der einschlägigen Kollokatorprofile die essentielle Abhängigkeit eines Handlungsereignisses vom konkreten Vorliegen der bezeichneten Handlungsdisposition zum Ausdruck. 2) Im Falle von obstination und opiniâtreté, die beide über ein Kollokatorprofil verfügen, welches im Wesentlichen auf eine externe Sachverhaltsperspektive festgelegt ist, stellt dagegen die Verwendung eines mit à angeschlossenen Infinitvsyntagmas die geläufigste Option im Hinblick auf die Versprachlichung des Y-Partizipanten dar. Dies steht seinerseits durchaus in Einklang mit der kategoriell-schematischen Ausrichtung der fraglichen Profile, bei der der Gedanke der Persistenz und mithin der möglichen Fortdauer (oder Wiederholung) eines Handlungssachverhalts im Vordergrund steht. Letzteres gilt im Grunde auch bezüglich der kombinatorischen Präferenzen des Substantivs ténacité, in Verbindung mit dem die hier angesprochene Realisierungsoption allerdings weitaus seltener als bei obstination und opiniâtreté Berücksichtigung findet, was umgekehrt für ein höheres Maß an Sättigung hinsichtlich der Explizierung des Y-Partizipanten spricht. 3) Bei einigen der analysierten Substantive ist schließlich eine deutliche Tendenz entweder zur Verwendung von Ausdrucksformen mit stärker implizitem Charakter (wie etwa relationalen Adjektiven) oder aber gar zur Nicht-Explizierung des Y-Partipanten gegeben, was von uns an verschiedenen Stellen auch als Ausweis für einen hohen Sättigungsgrad angesehen wurde. In dieser Hinsicht sind in erster Linie die Substantive ardeur, acharnement, héroïsme und générosité – sowie mit gewissen Abstrichen auch ténacité – zu nennen. Ein allgemeiner Zusammenhang zwischen einem ausgeprägten Maß an Sättigung und einer bestimmten kategoriellen Ausrichtung der ensprechenden kombinatorischen Profile kann indes nicht ohne Weiteres festgestellt werden. Vielmehr erscheint eine nach Bezugssubstantiv differenzierte Analyse der hier angesprochenen Realisierungstendenzen geboten, was im Folgenden kurz im Hinblick auf die Verwendung definiter Nominalphrasen im Plural als Realisierungsmuster exemplarisch skizziert werden soll. Letztere stellt nun ihrerseits neben der Einbettung des Y-Partizipanten über ein von de eingeleitetes Infinitivkomplement (siehe oben) die am häufigsten anzutreffende Realisierungsoption in Verbindung mit audace dar. Die Pluralform des betreffenden Substantivs steht hierbei für mehrere spezifische Handlungen eines Agonisten oder deren Ergebnisse, worin sich durchaus die bei einer Reihe der spezifischen Begleiter von audace zu verzeichnende Ausrichtung auf die Nachgeschichte195 widerspiegelt. Dem Gebrauch der Pluralform kommt gleich-
195
angeführt werden kann (cf. Abschnitt 4.3.7). Siehe in diesem Zusammenhang die entsprechenden Ausführungen zum kombinatorischen
181
zeitig allerdings bei ardeur, das im Übrigen in seiner kombinatorischen Affinität zu intensitätsbezogenen Kollokatorausdrücken durchaus mit audace übereinstimmt, eine vollkommen andere Funktion zu, da die betreffenden Nominalsyntagmen in diesem Fall auf ein nicht näher spezifizierbares Handeln eines oder mehrerer Agonisten bezogen sind, das hierbei in erster Linie als Hintergrundfacette eines größeren Ereigniszusammenhangs ausgewiesen wird. Kehren wir am Ende dieses Kapitels noch einmal zum kombinatorischen Profil von courage und den in Bezug auf dieses ermittelten Similaritätswerten als Ausgangspunkt unserer paradigmatischen Vergleichsanalyse zurück. Vor dem Hintergrund der in diesem wie auch den vorherigen Abschnitten herausgearbeiteten Profilverteilungen und der in dieser Hinsicht aufscheinenden Kontraste lässt sich nun die Frage nach der paradigmatischen Nähe oder Distanz zu courage insgesamt in folgender Weise erfassen: – Die größten Differenzen bestehen – mit einer gewissen Varianz – im Verhältnis zu ardeur, héroïsme, obstination, acharnement und opiniâtreté. Bedingt sind diese jeweils: – im Falle von ardeur durch die in überaus salientem Maße hervortretende profilseitige Ausrichtung auf die Kategorie der INTENSITÄT sowie durch das gleichzeitge Fehlen existenzbezogener und vermittelt-evaluativer Ausdrucksoptionen – bei héroïsme durch das Fehlen sowohl von spezifischen Begleitern zur Bezeichnung sachverhaltsinhärenter Entwicklungsstadien als auch von deontischen und evidenzgezogenen Kollokatoren sowie durch die gleichzeitig wiederum im Falle der vermittelt-evaluativen Kollokatoren vorhandene profilseitige Beschränkung auf Ausdrucksoptionen, die der Bezugnahme auf eine admirative Werthaltung dienen – im Falle von obstination, acharnement und opiniâtreté durch die einseitige Ausrichtung des kombinatorischen Profils auf eine externe Sachverhaltsperspektive bei gleichzeitigem Bestehen einer vollständigen Divergenz im Bereich der vermittelt-evaluativen Ausdrucksoptionen sowie einer nur geringen Übereinstimmung innerhalb des Bestands an deontischen und evidenzbezogenen Kollokatoren – Eine mittlere bis eingeschränkte Distanz ist im Verhältnis zu générosité und ténacité gegeben. Die wesentlichen Abweichungen betreffen hierbei: – zum einen im Falle von générosité hinsichtlich der auf eine interne Sachverhaltsperspektive ausgerichteten Kollokatoren die kombinatorische Präferenz zu intensitäts- und potentialbezogenen Ausdrucksoptionen sowie das gleichzeitige Fehlen existenzbezogener spezifischer Begleiter – zum anderen im Falle von ténacité die Beschränkung des kombinatorischen Profils auf Kollokatorausdrücke zur Vermittlung einer externen Sachverhaltsperspektive Profil von audace in Abschnitt 4.3.8.
182
Demgegenüber besteht bei beiden Substantiven in der Relation zu courage eine jeweilige Übereinstimmung bezüglich bestimmter aus Sicht von courage zentraler Ausrucksoptionen im Bereich der deontischen, evidenzkennzeichnenden und vermittelt-evaluativen Kollokatoren. – Eine vergleichsweise große paradigmatische Nähe kann schließlich im Verhältnis zu audace verzeichnet werden. Diese ist vor allem auf Konvergenzen bei den deontischen, evidenzkennzeichnenden und existenzbezogenen Kollokatorausdrücken zurückzuführen. Gleichzeitig weicht audace allerdings von courage zum einen im Bereich der auf eine interne Sachverhaltsperspektive verweisenden Ausdrucksoptionen durch seine Affinität zu intensitäts- und imminenzbezogenen Kollokatoren sowie zum anderen im Bereich der auf eine externe Sachverhaltsperspektive ausgerichteten Ausdrucksoptionen durch eine starke profilseitige Einbindung konsequenzbezogener Kollokatoren ab. Ziehen wir ein kurzes Fazit. Es ist eines der Hauptanliegen dieser Arbeit, zu zeigen, dass die unstrittig sinnvollen Bemühungen um den Entwurf einer allgemeinen Taxonomie von Wortverbindungen der Tragweite der lexikalischen Kombinatorik als wesentliches grammatisches Organisationsprinzip nur eingeschränkt gerecht werden. So greift beispielsweise die Zuordnung der Kombination von courage und avoir oder auch von courage und manquer zu einem bestimmten Wortverbindungstyp – sei es nun als «Kollokation» oder «Ko-Kreation» im Sinne von Hausmann – insofern zu kurz, als hierbei allzu leicht übersehen wird, dass das kombinatorische Verhalten von courage – und somit auch seine kombinatorische Affinität zu den betreffenden Verben – einer in Bezug auf die Gesamtheit seiner (signifikanten) Kookkurrenzpartner vorherrschenden Systematik unterliegt. Aus dieser bestimmt sich letztlich auch sein Status als Lexikalisierungsoption, deren Distinktionspotential stets erst vor einem bestimmten – seinerseits syntagmatisch wirksam werdenden – konzeptuellen Hintergrund zur Entfaltung kommt. Eben diese konzeptuelle Folie, die in der kategoriellen Prägung des kombinatorischen Profils eines Lexems ihren Niederschlag findet, lässt sich nur durch eine konsequente Betrachtung der Relationen erfassen, die – intern zwischen den an der Profilzusammensetzung beteiligten Kollokatorausdrücken sowie – extern im Hinblick auf übereinstimmende und kontrastierende Segmente anderer Kollokatorprofile bestehen und damit in ein profilübergreifendes systemisches Netzwerk verschiedener kookkurrenzparadigmatischer Konfigurationen einfließen. Der Offenlegung – zumindest von Ausschnitten – eines solchen Netzwerks diente die in diesem Abschnitt präsentierte Analyse der kombinatorischen Affinitäten einiger exemplarisch ausgewählter handlungsdispositionsbezogener Substantive des Französischen. Der hierbei entwickelte Ansatz beruhte auf der stringenten Gegenüberstellung der aus den einschlägigen Kollokatorprofilen hervorgehenden lexikalisch-syntaktischen Muster und hat uns schließlich in die Lage versetzt, ihre jeweilige Differenzierungs-
183
leistung danach einzugrenzen, welche Perspektivsetzungen sie bei der Bezugnahme auf Handlungseinstellungen bedingen und so diesen den Menschen als agierende Instanz betreffenden Erfahrungsausschnitt gemäß den – in Texten überregionaler Zeitungen zu Tage tretenden – standardsprachlichen Regularitäten des Französischen parzellieren.
184
5
Kontrastive Analyse der kombinatorischen Profile von Mut und courage
5.1
Differenziertheit, Spezialisierung und Profilauslastung
Ein erster Vergleich der mit courage und Mut1 verbundenen prädikativen Syntagmen2 offenbart ein großes Maß an Übereinstimmung hinsichtlich der onomasiologischen Bereiche, denen sich die in Zusammenhang mit diesem Typ von lexikalischsyntaktischen Mustern relevanten spezifischen Begleiter beider Substantive jeweils zuordnen lassen. In einzelnen dieser Bereiche zeigen sich jedoch bei genauerer Betrachtung bemerkenswerte Abweichungen, die Gegenstand der folgenden Ausführungen sein werden. Dabei werden wir uns nicht mit der bloßen Feststellung begnügen, diese oder jene Sachverhaltsperspektive erfahre im Rahmen des kombinatorischen Profils der von uns untersuchten Substantive keine Realisierung, sondern wir werden vielmehr versuchen, den Blick für die betreffenden qualitativen Befunde durch das Einbringen einer zusätzlichen quantitativen Analysekomponente zu schärfen. Zu den lexikometrischen Verfahren, deren wir uns zu diesem Zwecke bedienen, gehört einerseits die Bestimmung der profilinternen Kohäsivitätsprogression,3 bei welcher die Verteilung der zu den einzelnen spezifischen Kollokatoren ermittelten Kohäsionswerte linear in Relation zur Profilbreite gesetzt und somit quantifiziert wird, in welchem Ausmaß die Verwendung eines Basisworts auf eine bestimmte (zuvor natürlich bereits als spezifisch identifizierte) syntagmatische Umgebung 1
2
3
Bei der Auswahl des zu analysierenden Kollokatorbestands wurden grosso modo die gleichen Kriterien wie im Falle der in Kapitel 4 präsentierten Profilstudien zu Grunde gelegt (cf. Abschnitt 4.2, p. 91), dies allerdings mit der Ausnahme, dass im Hinblick auf die Zusammenstellung der spezifischen Begleiter des Substantivs Mut keine Differenzierung bezüglich des Fensterbereichs vorgenommen wurde, womit dem Umstand Rechnung getragen werden sollte, dass sich vor allem die Satzstellung der Verben im Deutschen im Unterschied zum Französischen durch ein weitaus höheres Maß an Variabilität auszeichnet. Der für die folgenden Analysen herangezogene Datenbestand kann seinerseits in vollständigem Umfang den im Anhang aufgeführten Lexikogrammen entnommen werden (cf. Tabelle M und N). Wenn im Folgenden die Ausdrücke ‘kombinatorisches Profil des Wortes X’, ‘Gesamtprofil des Wortes X’ u.ä. zur Verwendung kommen, so stellt dies insofern eine verkürzte Sprechweise dar, als lediglich jene Teilmenge von spezifischen Kollokatoren aus dem kombinatorischen Profil des Wortes X darunter zu verstehen ist, die den betreffenden Typus lexikalisch-syntaktischer Muster ausmacht. Zu den Einzelheiten des von J. Mielebacher entwickelten und in Blumenthal (2006a) erstmals angewandten Verfahrens siehe Kapitel 3.2.3.
185
festgelegt ist. Um unserer Darstellung einen weniger technisch anmutenden Anstrich zu verleihen, werden wir uns bei unserer Interpretation auf die in Blumenthal (2006a) eingeführten Begriffe des (quantitativ) differenzierten und nicht-differenzierten, d.h. stereotypen4 Gebrauchs stützen. Ein weiteres, mit der Berechnung des Stereotypiewerts eng verwandtes5 Verfahren stellt der Vergleich des Kohäsivitätsanteils bestimmter Kollokatoren innerhalb des Gesamtprofils dar. Es ist stärker auch auf qualitative Aspekte ausgerichtet und gibt nicht zuletzt unter Einbeziehung einer onomasiologisch motivierten Klassifikation Aufschluss darüber, welche Sachverhaltsperspektive in Verbindung mit dem kombinatorischen Profil eines gegebenen Substantivs in besonderem Maße dominiert. Die Frage nach der relativen Profilauslastung durch verschiedene Kollokatoren oder Kollokatorklassen liefert – wie sich im Folgenden zeigen wird – wichtige Hinweise für die von uns vorzunehmenden kontrastierenden Betrachtungen zu den kombinatorischen Profilen der im Rahmen dieses Abschnitts untersuchten Substantive. Den Ausgangspunkt unserer Analyse bildet die folgende Gegenüberstellung der zu courage und Mut ermittelten Stereotypie-Indices bei einem Schwellenwert von jeweils 25, 50 bzw. 75 % der Gesamtkohäsivität: Tabelle 5.1: Stereotypiewerte zu courage und Mut bei den Schwellenwerten 25, 50 und 75 Schwellenwert (% Kohäsivität)
Stereotypie-Index (% Profilbreite) courage
Mut
25
0,000
0,000
50
0,806
4,406
75
5,778
13,453
Die hier angeführten Daten lassen zunächst den recht einfachen Schluss zu, dass courage im Unterschied zu dem deutschen Vergleichswort Mut6 stärker auf seine syntagmatische Umgebung festgelegt, sein Gebrauch in diesem Sinne also als stereotyper anzusehen ist. Wir wollen dieser Feststellung sogleich etwas mehr Kontur verleihen, indem wir der naheliegenden Frage nachgehen, welche spezifischen Begleiter sich hinter den entsprechenden Stereotypiewerten verbergen und es in diesem Zusammenhang auch nicht versäumen, sie mit der zusätzlichen Angabe zu versehen, welchen konzeptbasierten Kollokatorklassen sie zuzuordnen sind. Ausgehend von einer Unterscheidung nach – existenzbezogenen (F1/D1), 4
5
6
Unsere Verwendung des Begriffs «stereotyp» besitzt in diesem Zusammenhang keine besonderen sprachphilosophischen oder an eine bestimmte linguistische Theorie gebundenen Implikationen. Diese Aussage ist vor allem durch den Umstand gerechtfertigt, dass sich beide Verfahren auf den jeweiligen Kohäsivitätsanteil der einzelnen Kollokatoren innerhalb des Gesamtprofils als Datengrundlage beziehen. Die Berechnung des Stereotypiewerts ist ihrerseits allerdings fest an die Rangfolge der Kollokatoren gebunden. Dabei gilt zu beachten, dass die für Mut ermittelten Stereotypiewerte ebenfalls als recht hoch einzustufen sind.
186
– deontischen (F2/D2), – evidenzkennzeichnenden (F3/D3), – vermittelt-evaluativen (F4/D4) sowie – konsequenzbezogenen (D5) Kollokatoren, ergibt sich hierbei folgendes Bild:7 Tabelle 5.2: Gegenüberstellung der bis zu einer Kohäsivitätsschwelle von 25, 50 und 75 % des Gesamtprofils erfassten Kollokatoren von Mut und courage Kollokator
avoir falloir saluer preuve manque -
courage Profilbreite kumulierte Kollokator- Kollokator (%) Kohäsivität klasse (%) 0,000 44,754 F1 machen 1,887 57,039 F2 aufbringen 3,774 67,811 F4 haben 5,660 74,697 F3 fehlen 7,547 79,550 F2 beweisen schöpfen zusprechen erfordern
Mut Profilbreite kumulierte Kollokator(%) Kohäsivität klasse (%) 0,000 31,454 D1 2,083 40,799 D1 4,167 49,095 D1 6,250 56,974 D2 8,333 64,382 D3 10,417 68,940 D1 12,500 73,297 D1 14,583 77,019 D2
Der Kohäsivitätsverlauf bis zum Schwellenwert 25 vermag nun auf den ersten Blick wenig spektakuläres zu offenbaren: Er wird im Falle von Mut und courage von jeweils einem einzigen Kollokator (machen bzw. avoir) abgedeckt,8 der überdies übereinstimmenden onomasiologischen Bereichen entstammt. Bedenkt man zudem, dass die dem betreffenden Bereich angehörenden Kollokatoren in der Regel Nominalverben darstellen, die wiederum unbestritten in einem häufig besonders starken Affinitätsverhältnis zu ihrem Basis-Substantiv stehen und somit den Löwenanteil der Kohäsivität innerhalb des Gesamtprofils ausmachen können, scheinen wir es hier mit einem eher «alltäglichen» Phänomen zu tun zu haben. Zumindest lässt sich nun insofern eine Kontrastnuance feststellen, als frz. avoir und dt. machen zwar eine, von unserer Gesamtklassifikation her gesehen, sehr eng verwandte, nichtsdestoweniger aber divergente Sachverhaltsperspektive kodieren, wobei sich diese Abweichung über das Gegensatzpaar ‘existenzzentriert’ (avoir) vs. ‘kausativ-inchoativ’ (machen) fassen lässt. Dass sich dieser Umstand seinerseits – um weitere Indizien aus unserem lexikometrisch gewonnenen Datenbestand ergänzt – noch als bemerkenswert erweisen wird, werden unsere nächsten beiden Analyseschritte verdeutlichen. Betrachtet man nämlich jene Kollokatoren, die im Rahmen der kombinatorischen Profile von Mut und courage bis zu den Schwellenpunkten 50 und 75 erfasst sind, so ergibt sich zum einen, dass der Profilbestand von Mut in beträchtlicher Weise auf den Bereich D1 festgelegt ist: Neben machen treten nicht nur Kollokatoren zum Ausdruck einer existenzzentrierten (haben) oder aber inchoativen Perspektive (aufbringen, schöpfen) auf, sondern es liegt zudem mit zusprechen ein weiteres kausativ-inchoatives Nominalverb vor. Die syntagmatische Umgebung von 7 8
Die bis zu den angesetzten Schwellenwerten jeweils abgedeckten Profilbereiche sind durch unterschiedliche Grauabstufung gekennzeichnet. Dies wird eben durch die hohen Stereotypiewerte für Mut und courage entsprechenderweise signalisiert.
187
courage gestaltet sich hingegen unter onomasiologischen Gesichtspunkten im Vergleich zu der von Mut um Einiges ausgewogener. Gewiss ist dabei die D1 entsprechende Kollokatorklasse F1 mit avoir, wie oben gesehen, in besonders salienter Weise vertreten, im weiteren Profilverlauf bis zur höchsten hier angesetzten Kohäsivitätsschwelle von 75% des Gesamtprofils finden sich aber auch Kollokatoren, die den verbleibenden Bereichen F2, F3 und F4 zuzuordnen sind. Mehr noch: Ein mit machen vergleichbarer Ausdruck ist in Verbindung mit courage innerhalb der betreffenden Profilspanne nicht erfasst,9 und das existenzzentrierte und somit im Hinblick auf den Bereich F1 (aber natürlich ebenso in analoger Betrachtung zu machen) perspektivisch neutrale Verb avoir ist der einzige Vertreter seiner Klasse, während wiederum sein onomasiologisches Pendant haben neben dem kausativ-inchoativen machen das syntagmatische Umfeld von Mut entscheidend mitprägt. Das heißt zusammengefasst: Dort wo für die Nuancierung einer einzigen - hier auf die Existenzphasen des Sachverhalts konzentrierten - Sicht eine größere Zahl von Ausdrucksmitteln an prominenter Stelle innerhalb des kombinatorischen Profils von Mut ausgewiesen ist, weist das Profil von courage umgekehrt eine mehr in die Breite reichende Nuancierung nach verschiedenen onomasiologischen Bereichen und somit eine in dieser Hinsicht größere (qualitative) Differenziertheit auf. Oder um es auf einen etwas plakativeren begrifflichen Nenner zu bringen: Das kombinatorische Profil von courage zeichnet sich durch stärkere Diversifizierung, das von Mut hingegen durch stärkere Spezialisierung aus. In diesem Zusammenhang zeigt sich im Übrigen, dass sich die intuitiv naheliegende Erwartung, es bestehe ein proportionales Verhältnis zwischen quantitativer und qualitativer Fixierung, nicht unbedingt bestätigen muss. Die Gegenhypothese aber, dass sich Stereotypie und Spezialisierung – wie es sich im Falle der kombinatorischen Profile von courage und Mut abzeichnet – umgekehrt proportional zueinander verhalten, harrt erst recht einer Verifizierung, die sich nur im Rahmen einer weitreichenden (von unserer kontrastiven Zielsetzung eher wegführenden) empirischen Untersuchung10 leisten ließe. Es erscheint an dieser Stelle daher sinnvoll, die bisher eingenommene, auf den linearen Profilverlauf bezogene Perspektive etwas abzuändern und sich der – im Hinblick auf die Notwendigkeiten des Sprachvergleichs zusätzliche Einsichten versprechenden – Frage nach der relativen Profilauslastung in Abhängigkeit von den zugrunde gelegten Kollokatorklassen zuzuwenden. Die folgende Übersicht vermag dabei die Dimension der bezüglich der Profile von courage und Mut weiter oben festgestellten Diversifizierungs- bzw. Spezialisierungstendenzen vollends zu erfassen: 9
10
Innerhalb des Profils von courage lässt sich der spezifischste Kollokator zum Ausdruck einer kausativ-inchoativen Sachverhaltsperspektive (es handelt sich hierbei um das Nominalverb donner) erst bei einer Kohäsivitätsschwelle von 87,295 % ermitteln. Wichtige Differenzierungsparameter einer solchen Untersuchung wären u.a. die onomasiologische Zugehörigkeit der analysierten Substantive sowie die Homogenität ihres Semantismus, wobei gerade im Falle starker Polysemie der Einfluss onomasiologisch-kategorieller Divergenzen zwischen den vorhandenen Kollokatorklassen besonders berücksichtigt werden müsste (in Zusammenhang mit dem hier diskutierten Beispiel sollte nämlich nicht übersehen werden, dass die innerhalb des Profils von courage und Mut identifizierten Kollokatorklassen in einem immerhin noch sehr engen Implikationsverhältnis stehen).
188
Tabelle 5.3: relative Auslastung der kombinatorischen Profile von Mut und courage auf der Ebene der bezüglich der Kollokatoren identifizierten onomasiologischen Bereiche
courage Bereich F1
Mut Auslastung Kollokatoren Bereich (%) (Auswahl) 49,707 avoir, donner, D1 trouver
F2
24,537
falloir, D2 manque, exiger
F3
9,505
F4
16,251
preuve, montrer, témoigner saluer, hommage, louer -
-
-
D3
Auslastung Kollokatoren (%) (Auswahl) 67,601 machen, aufbringen, haben 18,712 fehlen, erfordern, brauchen 9,568 beweisen, zeugen, zeigen
D4
3,3
D5
0,818
bewundern, würdigen, loben belohnen, auszahlen
Anhand dieser Zusammenstellung zeigt sich nicht nur die im Vergleich zu courage besonders starke inhaltliche Festlegung der syntagmatischen Umgebung von Mut auf eine existenzphasenbezogene Perspektive, sondern es wird u.a. ebenfalls deutlich, dass die Klasse der deontischen Kollokatoren (F2/D2) sowohl bei courage als auch bei Mut, von ihrer Relevanz her gesehen, profilintern den gleichen Status besitzt, wie auch die Klasse der evidenzkennzeichnenden spezifischen Begleiter (F3/D3) in vergleichbarer Weise das Profil des jeweiligen Bezugsworts auslastet. Eine auffällige Divergenz liegt sicherlich hinsichtlich der für den Konzeptbereich F4/D4 ermittelten Auslastungswerte vor, wobei gerade das Gewicht, welches den vermittelt-evaluativen Kollokatoren innerhalb des kombinatorischen Profils von courage zukommt, einen der wesentlichen Gründe für dessen im Vergleich zum Profil von Mut insgesamt niedrigeren Spezialisierungsgrad darstellt. Die Präsenz konsequenzbezogener Ausdrucksoptionen (D5) innerhalb des Kollokatorbestands von Mut sowie das gleichzeitige Fehlen der entsprechenden Kollokatorklasse im Falle von courage schlagen ihrerseits schließlich zumindest unter dem Gesichtspunkt der Profilauslastung in kaum nennenswerter Weise zu Buche.11 Aus den in den vorangegangenen Abschnitten anhand der jeweiligen Stereotypie- und Auslastungswerte gewonnenen Erkenntnissen ergibt sich für unser weiteres Vorgehen im Rahmen des angestrebten Sprachvergleichs als Schwerpunktsetzung, dass wir uns vorrangig mit jenen lexikalisch-syntaktischen Mustern beschäftigen 11
Gleichwohl böte sich hier unter primär qualitativen Gesichtspunkten gewiss ein Anknüpfungspunkt für weitere Untersuchungen. Eine interessante Fragestellung wäre in diesem Zusammenhang, wie man das betreffende Divergenzverhältnis unter Einbeziehung der im Hinblick auf konsequenzbezogene Ausdrucksoptionen ebenso konstatierten Kontrastkonstellation zwischen den kombinatorischen Profilen der französischen Substantive courage und audace (cf. Abschnitt 4.3.8, p. 160ss.) zu beurteilen hätte.
189
werden, über die in Zusammenhang mit Mut bzw. courage eine auf die Existenzphasen des bezeichneten Sachverhalts gerichtete Perspektive zum Ausdruck gebracht wird. Im Vordergrund werden hierbei wiederum die prädikativen Syntagmen mit kausativ-inchoativem Charakter stehen, weil die als Grundlage unserer Betrachtungen herangezogenen lexikometrischen Daten, wie wir noch sehen werden, gerade in diesem Punkt eine besonders große Diskrepanz zwischen den kombinatorischen Profilen von Mut und courage signalisieren.12
5.2
Die lokale Grammatik der Kausativkonstruktionen von courage und Mut unter kontrastiven Gesichtspunkten
5.2.1
Profilinternes Gewicht der kausativen Kollokatoren von courage und Mut
Wir wollen den Weg, der von uns methodisch eingeschlagen wurde, weiterverfolgen und die Analyse der lexikalisch-syntaktischen Muster, die mit einer existenzbezogenen Perspektive verbunden sind, ausgehend von einer Zusammenstellung der Auslastungswerte vornehmen, die für die betreffenden Kollokatoren innerhalb der Profile von Mut und courage im Einzelnen ermittelt werden konnten: Tabelle 5.4: Auslastungswerte der den onomasiologischen Bereichen F1 / D1 zuzuordnenden Kollokatoren von courage und Mut courage Kollokator
avoir donner trouver redonner armer reprendre puiser perdre insuffler consister -
12 13
Mut Auslastung –Auslastung Auslastung –Auslastung Kollokator Gesamtprofil – Teilprofil Gesamtprofil – Teilprofil (%)13 F1 (%) D1 (%) (%) 44,754 90,036 machen* 32,265 47,728 1,740 3,500 aufbringen 9,345 13,824 1,474 2,965 haben 8,296 12,271 1,023 2,058 zusprechen* 5,169 7,646 0,342 0,688 schöpfen* 4,666 6,902 0,180 0,361 fassen 3,176 4,698 0,089 0,180 verlassen 1,917 2,836 0,073 0,147 verlieren 0,663 0,98 0,032 0,065 finden 0,63 0,932 1e-06 1e-06 besitzen 0,443 0,655 zusammennehmen* 0,403 0,595
Siehe hierzu vor allem die weiter oben zu findenden Ausführungen zum Status des Nominalverbs machen innerhalb des Profils von Mut. Im Unterschied zu der an die Rangabfolge gebundenen Stereotypieindexberechnung wurden bei der (ihrerseits rangunabhängigen) Zusammenstellung der Auslastungsdaten die Gewichtswerte jener Kollokatoren aufsummiert, die im Rahmen der automatisch generierten Lexikogrammversionen zunächst als distinkte Dateneinheiten aufgeführt wurden (siehe hierzu auch Abschnitt 3.3). Die betreffenden Kollokatoren wurden in der vorliegenden Tabelle durch ‘*’ gekennzeichnet.
190
courage Kollokator
-
Mut Auslastung –Auslastung Kollokator Gesamtprofil – Teilprofil F1 (%) (%) antrinken zureden einreden rauben sinken mitbringen
Auslastung –Auslastung Gesamtprofil – Teilprofil D1 (%) (%) 0,356 0,526 0,072 0,106 0,068 0,101 0,059 0,087 0,052 0,078 0,021 0,031
Im einführenden Abschnitt wurde bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass den kausativ-inchoativen Ausdrucksmitteln im kombinatorischen Profil von Mut ein beträchtliches Gewicht zukommt. Dies lässt sich unter Einbeziehung der voranstehend angeführten lexikometrischen Daten nun dahingehend präzisieren, dass die in Frage kommenden Kollokatoren im Falle des Substantivs Mut – machen, zusprechen, einreden, zureden und antrinken – das auf den onomasiologischen Bereich D1 bezogene Teilprofil zu mehr als der Hälfte (56,11 %) auslasten. Deutlich anders gestalten sich demgegenüber die Verhältnisse in Zusammenhang mit courage: Hinsichtlich des entsprechenden onomasiologisch konstituierten Profilsegments kann für die Kollokatoren kausativ-inchoativen Charakters – donner, redonner, armer, insuffler - zusammengenommen lediglich eine Auslastung von 6,31 % ausgewiesen werden. Dabei ist besonders bemerkenswert, dass das kombinatorische Profil von Mut gleich zwei auf die Realisierung einer kausativ-inchoativen Sachverhaltsperspektive ausgerichtete Kollokatoren aufzuweisen hat, die, für sich alleine genommen, diesen Wert entweder bei Weitem übertreffen (machen) oder aber ihm zumindest gleichkommen (zusprechen). An welche Gegebenheiten in den von uns untersuchten Einzelsprachen lassen sich die hier statistisch diagnostizierten Symptome rückkoppeln? Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir zwei Analysestränge verfolgen. Es wird dabei erstens auf typologische Unterschiede einzugehen sein, die das Französische und das Deutsche in ihrem Status als romanische bzw. germanische Sprache betreffen (cf. Abschnitt 5.2.2). Zweitens werden wir uns, daran anschließend, mit einigen Besonderheiten der funktionalen Konstellationen beschäftigen, in die die eingeschlägigen lexikalisch-syntaktischen Muster eingebunden sind (cf. Abschnitt 5.2.3). 5.2.2
Typologische Divergenzen
Der erste Teil unserer Analyse nimmt den Fall des letzterwähnten Nominalverbs zusprechen sowie den der analog einzustufenden Kollokatoren einreden, zureden und antrinken aus dem Profil des deutschen Bezugssubstantivs Mut zum Ausgangspunkt. Da unserer grundsätzlichen Auffassung nach die Betrachtung kausativer Konstruktionen dem komplexen Charakter von Kausalität als Relation zwischen
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zwei oder mehreren Sachverhalten von vornherein Rechnung tragen sollte, 14 erscheint es hierbei sinnvoll, unsere Überlegungen u.a. an der Frage auszurichten, in welcher Form in Verbindung mit den betreffenden Verbbegleitern auf den Bewirkungssachverhalt Bezug genommen wird. Im konkreten Fall der von Mut und den Kollokatorverben zusprechen, einreden, zureden und antrinken konstituierten satztragenden Muster kann nun in dieser Hinsicht als Besonderheit festgestellt werden, dass gerade die Art des Bewirkungssachverhalts unmittelbar über den Stamm der betreffenden Nominalverben expliziert wird – ein Befund, der im Gegensatz dazu nur in höchst eingeschränkter Weise auf die mit courage gebildeten kausativen Syntagmen zutrifft, wie ein Blick auf den einschlägigen Kollokatorbestand erkennen lässt. Die betreffenden Lexikalisierungstendenzen stellen insofern keine Überraschung dar, als es sich dabei um ein Phänomen handelt, das in den ausführlicheren Beiträgen zur kontrastiven Analyse des Französischen und des Deutschen nahezu standardmäßig zur Illustration der fundamentalen Unterschiede zwischen beiden Sprachen herangezogen wird. An dieser Stelle seien zunächst zwei Klassiker der stylistique comparée zitiert. So kommt schon Bally (1965, 167) zu der Erkenntnis: «On peut, selon moi, expliquer par une figure, autrement dit par l’hypostase, tout un ensemble de formations verbales très familières aux langues germaniques et slaves, mais dont les langues romanes usent très discrètement. Soit l’expression allemande eine Wunde schlagen, littéralement «faire une blessure en frappant»: on voit qu’un verbe, non exprimé, révèle sa signification – très générale: ici «faire» - grâce à la présence d’un autre verbe qui détermine la manière dont l’action s'effectue ou le moyen employé pour la produire. [...] Mais si le français connaît cette forme, la plus simple, il ignore les types plus complexes que nous offre l’allemand (et bien d’autres langues: l’anglais, le russe etc.)».
In ähnlicher Weise äußert sich auch Malblanc (1966, 89): «Bien que l’allemand pose en face de faire deux verbes, machen et tun [...], il y a des cas nombreux où l’allemand ne rendra pas faire par un de ces deux verbes, justement là où celui-ci implique simplement un jugement causal ou bien lorsqu’il est réduit au rôle de verbe outil, simple copule, l’allemand le rendant alors souvent par un verbe plus coloré, ou lui opposant un verbe image vigoureux».
Unser forschungsgeschichtlicher Exkurs ließe sich mühelos anhand weiterer Werke wie Hilty (1965), Hilty (1974, 242ss.) oder auch Wandruszka (1969, 459ss.) fortsetzen, die sich des hier zu diskutierenden Phänomens vorrangig unter dem Aspekt der im Französischen und Deutschen (sowie auch in anderen romanischen und germanischen Sprachen) vorzufindenden Divergenzen beim Ausdruck von Bewegung und Lokalität annehmen.15 Wir wollen es allerdings mit einem etwas ausführlicheren Hinweis auf Talmy (2000b) bewenden lassen, der, ebenfalls von der Frage nach der 14
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So ist auch bei einfachen (zirkumstantlosen) Sätzen agentivischen Charakters zu bedenken, dass der Bewirkungssachverhalt in maximal kondensierter Form – über das auf den AGENS referierende Nominalsyntagma – kodiert ist. Zu einer weitreichenden Grundlegung dieser Betrachtungsweise bezüglich kausaler Sachverhaltskomplexe cf. u.a. Talmy (2000d). Dies gilt natürlich gleichermaßen für die zuvor zitierten Werke von Bally und Malblanc.
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Versprachlichung von Bewegungssachverhalten («Motion Events») ausgehend, zu einer global angelegten (und nach aktuellem Diskussionsstand viel beachteten) Sprachtypologie gelangt, die von ihrem vorgegebenen Geltungsanspruch her gewiss über die meisten der zuvor zitierten kontrastiven Charakterisierungen hinausreicht.16 Dabei zeigt Talmy anhand einer eingehenden Analyse von Bewegungsverben in einer Reihe von Einzelsprachen, dass hinsichtlich der Art und Weise, wie die von ihm postulierten Elemente des sogenannten Motion Event-Schemas – MOTION, FIGURE, GROUND , PATH und CO-EVENT – im Verbstamm kodiert werden, grundsätzlich drei Lexikalisierungsmuster vorliegen, von denen jeweils eins im Wortschatz einer bestimmten Einzelsprache in besonderem Maße dominiert (cf. 2000b, 25ss.). Bei den betreffenden Mustern handelt es sich im Einzelnen um die integrierte Realisierung von (1) MOTION und CO-EVENT, (2) MOTION und PATH sowie (3) MOTION und FIGURE, worauf sich schließlich die typologischen Kennzeichnungen MANNER TYPE-, PATH TYPE- und FIGURE TYPE-Sprache beziehen lassen. Wie Talmy am Beispiel des Englischen auf der einen sowie des Spanischen auf der anderen Seite hinreichend illustriert,17 sind die germanischen Sprachen hierbei dem erstgenannten, die romanischen Sprachen aber dem zweitgenannten Typ zuzuordnen.18 Um nun wieder die Brücke zu dem im Rahmen dieses Abschnitts anvisierten Profilvergleich zu schlagen, möchten wir die Lexikalisierungstendenzen, die hinsichtlich der Realisierung einer kausativ-inchoativen Sachverhaltsperspektive bei den hier untersuchten Substantiven festgestellt werden konnten, weitgehend im Sinne der von Talmy vorgelegten Typologie als MANNER TYPE-Phänomene im Falle des deutschen Mut sowie als PATH TYPE-Phänomene im Falle von courage interpretieren. In diesem Lichte besehen, erweist sich gerade auch die auf Auslagerung und gleichzeitige Einbindung in einen logisch-semantischen Satzkomplex beruhende Explizierung des Bewirkungssachverhalts, die sich in Verbindung mit den von courage und den Nominalverben donner bzw. redonner konstituierten prädikativen Syntagmen beobachten lässt, als die für das Französische aufgrund seines PATH TYPECharakters naheliegendste Realisierungsoption. Das folgende Belegbeispiel mag diese Form der Komplexbildung ein weiteres Mal in allgemeiner Weise illustrieren: (5-1) Les soldats étaient ivres, disent les habitants. Ils se sont mis à tirer dans tous les sens. Un chef de famille tchétchène commente : «Les Russes tirent inutilement, pour se donner 16
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Nichtsdestoweniger gilt es darauf hinzuweisen, dass Talmy die seit einigen Jahrzehnten für diesen Phänomenbereich vorliegenden Erkenntnisse – darunter vor allem die für ihre Zeit von einer beträchtlichen Weitsicht zeugenden Feststellungen Ballys – zumindest nicht explizit in seine Ausführungen einbezieht. Dies mag mit der von einer größeren Zurückhaltung geprägten Rezeptionseinstellung einiger nordamerikanischer Sprachwissenschaftler gegenüber den Autoren des europäischen Strukturalismus zusammenhängen. Als einschlägiges Beispiel wäre hier u.a. das kontrastive Satzpaar (EN) The bottle floated out of the cave vs. (ES) La botella salió de la cueva (flotando) zu nennen (cf. Talmy 2000b, 49). FIGURE -TYPE-Lexikalisierungsmuster werden von Talmy anhand der in Nordkalifornien zu findenden Indianersprache Atsugewi eingehend dargestellt (cf. 2000b, 57ss.). Eine Übersichtsdarstellung zu verschiedenen Sprachfamilien und ihrer jeweiligen typologischen Einordnung ist darüber hinaus in Talmy (2000b, 60) zu finden.
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du courage. La nuit, ils mitraillent autour de leurs postes parce qu’ils ont peur que quelqu’un s’approche. Ils arrosent d’obus les forêts près de Stari Atchkhoï.» (Le Monde 1999: Les soldats russes ont peur, 22/12/1999, p. 12)
Bezüglich der für das Deutsche zu erwartenden MANNER TYPE-Tendenzen lässt sich demgegenüber das innerhalb des kombinatorischen Profils von Mut – neben den ebenfalls einschlägigen Kollokatoren zusprechen und einreden – ausgewiesene Verb antrinken geradezu als Paradebeispiel anführen. Schon der schlichte Versuch einer spontanen Übertragung des betreffenden lexikalisch-syntaktischen Musters sich Mut antrinken in das Französische liefert einigen Aufschluss über die zwischen beiden Sprachen bestehenden Lexikalisierungsdivergenzen. Und sofern anhand der zu Rate gezogenen französischen Primär- und Sekundärkorpora eine Versprachlichung der entsprechenden Bewirkungshandlung, für die sich an dieser Stelle etwa die Glosse ‘X nimmt eine gewisse Menge alkoholischer Getränke Y zu sich’ vorschlagen ließe, nachgewiesen werden kann, ist stets – wie bereits weiter oben erwähnt – deren Realisierung auf dem Wege einer zirkumstantiellen Expansion zu verzeichnen. Die in Frage stehenden Kontraste lassen sich mit Hilfe der Belegstellen (5-2) und (5-3) dokumentieren: (5-2) Die Ausrüstung demonstriert höhere Ansprüche an Technik und Fahrstil. Konsequenterweise gibt es oben keine Einkehrstätte, in der man sich vor dem Start notfalls noch stärken oder Mut antrinken könnte. Und kaum einer nimmt sich Zeit für die Aussichtsplattform mit dem phantastischen Blick in alle vier Himmelsrichtungen. (Frankfurter Rundschau 1999: Im Zentrum der großen Pässe, 16.01.1999, p. 3) (5-3) [...] un ambulancier de La Rochelle qui avait rédigé son avis de décès, enregistré des messages, prévu le repas funèbre au champagne et la dispersion de ses cendres au large de l’île de Ré, puis manqué son suicide en s’enivrant pour se donner du courage. (Le Monde 1999: EN VUE, 17/09/1999, p. 35)
An dieser Stelle soll nun keinesfalls der Eindruck erweckt werden, die beiden zuvor angeführten Korpusauszüge böten eine genaue Übersetzungsanleitung der Art «sich Mut antrinken ist mit s’enivrer pour se donner du courage wiederzugeben». Dass Letzterem nicht so ist, lässt sich recht einfach daran zeigen, dass im Falle des Belegbeispiels (5-2) eine Konstruktion wie prendre un verre pour se donner du courage eine gewiss adäquatere Wiedergabeoption darstellen würde, während für den Fall einer Übertragung des Belegbeispiels (5-3) die Verwendung des prädikativen Syntagmas sich Mut antrinken zumindest dessen Erweiterung um einen quantitätsbezogenen (und hierbei auf die Exzesshaftigkeit19 des Alkoholgenusses verweisenden)
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Siehe hierzu die Bedeutungsparaphrasen des als Ableitungsbasis von enivrer fungierenden Adjektivs ivre im PR (2001): «Qui n’est pas dans son état normal, pour avoir trop bu d’alcool; [...]» (s.v. ivre 1) sowie im TLFi: «Qui est physiquement et mentalement troublé par l’absorption excessive de boissons alcoolisées» (s.v. ivre A)
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Ausdruck wie etwa das Indefinitpronomen zuviel20 oder auch das Präpositionalsyntagma im Übermaß erfordern würde. Es kommt uns in diesem Zusammenhang lediglich darauf an, die zu beobachtenden Versprachlichungsstrategien greifbar zu machen, wozu im Übrigen das soeben angedeutete Übersetzungsexperiment ebenfalls beitragen kann. Aus einer deutsch-französischen Perspektive fällt hierbei insbesondere auf, dass die Ausdifferenzierung des Verursachungskomplexes durch die Explizierung der Bewirkungshandlung als Bestandteil eines zirkumstantiell expandierten Satzgefüges hinsichtlich des Ausdrucks der letztgenannten eine grundsätzlich größere Flexibilität und gewiss auch die Möglichkeit einer Nuancierung des logisch-semantischen Bezugs (finaler oder auch instrumentaler Art) 21 bedingt. Für das hier diskutierte Fallbeispiel heißt dies m.a.W.: Mit der Verwendung eines schlichten boire ist es bei Weitem nicht getan, sondern es ist vielmehr mit einer ganzen Reihe zueinander in einem Kontiguitätsverhältnis stehender Formen der Sachverhaltsrepräsentation zu rechnen, die, für sich genommen, jeweils der Bezugnahme auf einen ganz bestimmten Ausschnitt aus dem durchaus weiter zu fassenden konzeptuellen Bereich des Konsums alkoholischer Getränke und anderer Rauschmittel entsprechen. Dieser Facettenreichtum wird anhand der folgenden Belegstellen aus unserem literatursprachlichen Sekundärkorpus Frantext-romans mehr als deutlich: (5-4) À Paris, il l’emmènerait écouter un guitariste tzigane prodigieux, un certain «Django Reynolds». Plus il y réfléchissait, plus les seins de cette Suzanne Mercier avaient l’air de se tenir très bien... Victoire vida la flasque pour se donner du courage. (Frantext-romans: Bertrand Poirot-Delpech: L’Été 36, 1985). (5-5) Pour se redonner du courage, il se verse une forte rasade de whisky... le Chivas Regal cul sec ! (Frantext-romans: Alphonse Boudard: Les Enfants de choeur, 1984) (5-6) Voilà que le jugement de quelqu’un qui n’a jamais écrit m’apprend qu’ils ne valent rien et qu’en quelques heures n’importe qui peut faire beaucoup mieux. Et pour se consoler, pour se redonner du courage, il buvait coup sur coup toute une série de doubles Tom Collins. (Frantext-romans: Jean d’Ormesson, Tous les hommes en sont fous, 1989)
Nach dem zuvor Gesagten wollen wir uns in einer Art Umkehrung der Betrachtungsperspektive im Folgenden der Frage zuwenden, welche Besonderheiten aus Sicht des Französischen bezüglich einer weiterreichenden Nuancierung des Bewirkungssachverhalts in Verbindung mit dem prädikativen Muster sich Mut antrinken gegeben sind. Dabei gilt es zunächst zu bedenken, dass das kombinatorische Profil von Mut mit dem Kollokator machen ein in höchstem Maße spezifisches Nominalverb kausativ-inchoativen Charakters aufzuweisen hat, welches, was den expliziten Ausdruck der Verursachungshandlung anbelangt, neutraler als antrinken ist und eine Verwendung der mit diesem Verb gebildeten lexikalisch-syntaktischen Muster als 20
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Die Verwendung des Indefinitpronomens zuviel hätte in diesem Zusammenhang allerdings den Nachteil, dass bezüglich dessen syntagmeninternen Skopus eine gewisse Ambiguität bestehen würde. Die lexikalisch-syntaktischen Muster se donner du courage und se redonner du courage scheinen allerdings - soweit sich dies mit Hilfe unserer Korpusrecherchen feststellen lässt auf eine finale Expansion festgelegt zu sein.
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Bestandteil eines logisch-semantischen Komplexes ähnlich, wie dies zuvor im Hinblick auf se donner du courage bzw. se redonner (du) courage dargelegt wurde, per se nicht ausgeschlossen werden kann. Freilich lässt sich die betreffende Konstruktion in Zusammenhang mit dem hier in Frage stehenden speziellen Typ von Bewirkungshandlung anhand des untersuchten Korpusmaterials nicht nachweisen, was nicht zuletzt auch auf die deutlich zu verzeichnende Tendenz zurückzuführen sein mag, dergemäß die anhand des Nominalverbs machen in Verbindung mit Mut gebildeten prädikativen Syntagmen vornehmlich zur Bezeichnung eines im Bereich des kommunikativen Handelns angesiedelten Bewirkungssachverhalts verwendet werden.22 Was nun das lexikalisch-syntaktische Muster sich Mut antrinken anbelangt, so mag es kaum verwundern, dass einhergehend mit der lexikalischen Kondensierung der Verursachungshandlung über den Stamm des Kollokatorverbs insgesamt eine wesentlich grobkörnigere – oder auch globalere – Sicht auf den gesamten Kausalkomplex vermittelt wird, d.h. im Unterschied zu den für das Französische in Zusammenhang mit se donner du courage bzw. se redonner (du) courage weiter oben verzeichneten Versprachlichungsstrategien verbleiben bestimmte dem Handlungsszenario ALKOHOL TRINKEN zuweisbare Teilhandlungen (siehe die Beispiele (5-4) und (5-5)) oder auch aktionsartliche Gesichtspunkte (wie der der Iterativität in Beispiel (5-6)) auf der Ebene des Impliziten bzw. Inferierbaren. Sofern es in Verbindung mit sich Mut antrinken überhaupt zu einer Explizierung weiterer sachverhaltsschematisch spezifischer Komponenten kommt, bleibt diese nach Ausweis unseres Primärkorpus auf den Ausdruck des Frameelements KONSUMIERTES GETRÄNK beschränkt. Dieser kann – wie der folgende Belegausschnitt zeigt – über die Integration in das betreffende satztragende Syntagma in Form einer Instrumentalangabe erfolgen: (5-7) Nachdem er sich mit Apfelwein Mut angetrunken hat, geht er in Friedberg und Umgebung auf Tour. (Frankfurter Rundschau 1999: Hilfsbereitschaft hinterhältig ausgenutzt, 09.01.1999, p. 5)
An dieser Stelle sei abschließend noch ein kurzer Blick über die Grenzen des von uns gewählten Primärkorpus hinaus gestattet, der einen klaren Hinweis auf die Exemplarität des hier diskutierten lexikalisch-syntaktischen Musters hinsichtlich der für das Deutsche angenommenen MANNER TYPE-Lexikalisierungstendenzen (siehe oben) zu liefern vermag. Eine vorwiegend über WebCorp23 durchgeführte Recher-
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Hierauf wird in Abschnitt 5.2.3 noch einzugehen sein. Bei dem am Research and Development Unit for English Studies der Birmingham City University (ehemals University of Central England) beheimateten WebCorp-Projekt (< http://www.webcorp.org.uk/wcadvanced.html >) handelt es sich um ein on-line frei zugängliches Programm, welches in Form einer Schnittstelle zu den Suchmaschinen Google, Altavista, Metacrawler und AllTheWeb die Erstellung von KWIC-Konkordanzen auf der Grundlage von Internetseiten ermöglicht. Es fand im Rahmen dieser Arbeit bereits anlässlich einer Pilotstudie in Abschnitt 2.3, p. 49f. Verwendung.
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che24 im Internet25 lässt dabei zum einen deutlich werden, dass sich Mut antrinken seinerseits gewissermaßen als konzeptuell wirksame Blaupause für andere innovativ gebildete satztragende Syntagmen erscheint, die im Zuge einer metonymischen Transposition weitere dem Oberbereich RAUSCHMITTELGENUSS angehörende, kontige Handlungssachverhalte zum Ausdruck bringen: (5-8) Ihre Pupillen sind riesig, sie kiffen sich Mut an, johlen und schießen großspurig in die Luft, wenn sie die Tagesparole fordern. (WebCorp/Google: < www.welt.de/daten/2002/03/15/0315au320396.htx >, Konsultationsdatum: 28.01.2005) (5-9) Carlos will Carolina nach Südamerika mitnehmen. Als Sandra durch Raul von diesem Vorhaben erfährt, ist sie besorgt. Trotzdem stimmt Sie [sic] einem Gespräch mit Carlos zu. Der kokst sich Mut an und scheint im ersten Moment einsichtig zu sein. Doch als die Wirkung der Line nachlässt, wird Carlos Sandra gegenüber gewalttätig. (WebCorp/Google: < http://www.daserste.de/marie/folgenarchiv_dyn~folge,2302~cm.asp >, Konsultationsdatum: 28.01.2005)
Darüber hinaus lassen sich unter dem Aspekt einer vorrangig formal-syntaktischen Analogie vor dem Hintergrund des auf einer etwas höheren Abstraktionsebene gelagerten Konstruktionsschemas 26 andererseits auch prädikative Syntagmen ermitteln, die, onomasiologisch betrachtet, hinsichtlich der ausgedrückten Bewirkungshandlung eine größere Distanz zu sich Mut antrinken aufweisen, in deren Rahmen gleichzeitig aber Handlungssachverhalte versprachlicht werden, die zu den über die lexikalisch-syntaktischen Muster j-m. Mut zusprechen, sich Mut einreden etc. realisierten in einem teilweise deutlichen Kontiguitätsverhältnis27 stehen. Dies gilt insbesondere für das – im Übrigen auch unter kulturvergleichendem Gesichtspunkt bemerkenswerte28 – Syntagma sich Mut ansingen (siehe Belegsatz (524
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Als Abfragekriterium wurde in dem betreffenden Zusammenhang das Suchmuster < sich Mut an* > verwendet. Alle weiteren Rechercheparameter blieben gegenüber den in Abschnitt 2.3, n. 136 bereits präzisierten Angaben unverändert. Dass die unsupervisierte Korpusrecherche im World Wide Web unter quantitativ-empirischen Gesichtspunkten als durchaus problematisch angesehen werden kann, ist uns bewusst. Daher kommt auch dem Internet, hier verstanden als die Gesamtheit der zu einem gegebenen Zeitpunkt über Suchmotoren wie Google etc. offen zugänglichen Webseiten, im Rahmen unserer Analyse nicht der Status eines Primär- oder Kontrollkorpus zu, sondern es findet lediglich als Ad-Hoc-Korpus (von frz. corpus de circonstance) im Sinne von Williams (1999:< http://perso.wanadoo.fr/geoffrey.williams/thesis/lexique.htm >) Verwendung. Der Validität der im Folgenden angeführten Belegstellen, die der weiterführenden Diskussion über zuvor auf einer empirisch kontrolliert ermittelten Datenbasis konstatierte Phänomene dienen, tut dies u.E. keinen Abbruch, zumal es sich um Belege «realen» Sprachgebrauchs, und nicht etwa um zu Illustrationszwecken vom interessierten Beobachter selbst konstruierte «in vitro»-Beispiele handelt. Gewiss ist mit dem angeführten Konstruktionsschema noch nicht das höchste Abstraktionsniveau erreicht. Für die Belange der in diesem Abschnitt erfolgenden Argumentation mag der gewählte Abstraktionsgrad allerdings ausreichend erscheinen. Diese konzeptuelle Nähe ist u.E. insofern gegeben, als SINGEN und SPRECHEN beide als Handlungen mit einer verbalen Verhaltenskomponente gelten können. So können auch in Verbindung mit courage ähnliche (stereotype ?) Vorstellungen hinsichtlich der geeigneten Bewirkungshandlung zum Ausdruck kommen. Der folgende, auf das
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10)), welches seinerseits wiederum als Ausgangspunkt sowohl syntaktischer (siehe Beispiel (5-11)) als auch inhaltlich-konzeptueller (cf. Beispiel (5-12)) Weiterentwicklung angesehen werden kann: (5-10) Ängstliche Menschen, denen der Aufenthalt hier zu fürchterlich ist, können sich ein bisschen Mut ansingen!!! (WebCorp/Google: < http://home.tonline.de/home/psychiatrie/angst.htm >, Konsultationsdatum: 28.01.2005) (5-11) Troubadix möchte den Dorfbewohnern Mut ansingen, die sich im Haus von Majestix versammelt haben, als es gerade donnert. (WebCorp/Google: < http://www.comedix.de/lexikon/special/barde.php >, Konsultationsdatum: 28.01.2005)29 (5-12) In einer Art Tarantella in vorweg genommenen roten Garibaldi-Uniformen tanzen die Revoluzzer sich Mut an. (WebCorp/Google: < http://www.morricone.de/forum/showtopic.php?threadid=79 >, Konsultationsdatum: 28.01.2005)
Wagen wir in der gebotenen Kürze eine Zwischenbilanz. Die hinsichtlich der kausativ-inchoativen Kollokatorverben in den kombinatorischen Profilen von Mut und courage festzustellenden Kontraste lassen sich zu einem nicht unerheblichen Teil auf divergente Lexikalisierungsstrategien zurückführen, deren Ursprung in bestimmten typologischen Unterschieden zwischen den beiden hier untersuchten Sprachen liegt. Die in Anlehnung an das von Talmy vorgelegte dreiteilige Modell der lexicalization patterns entwickelte Analyse zeigte dabei, dass sich, was den sprachlichen Ausdruck des Bewirkungssachverhalts anbelangt, zwei Tendenzen gegenüberstehen: die Explizierung der Verursachungshandlung über den Stamm des Kollokatorverbs im Falle des Substantivs Mut einerseits sowie andererseits im Falle von courage die Einbindung der mit diesem Substantiv gebildeten lexikalisch-syntaktischen Muster in einen (final) expandierten Satzkomplex. Die betreffenden Phänomene der lexikalischen Kondensierung bzw. der aggregativen Auslagerung wurden in der langen Tradition des französisch-deutschen Sprachvergleichs gewiss schon häufig thematisiert. Dem Kenner der stylistique comparée dürfte allerdings nicht entgangen sein, dass wir bewusst auf die ebenso lexikalisch-syntaktische Muster se donner du courage bezogene Korpusbeleg mag dies dokumentieren:
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[...] geste d’amour aussi, dont naîtra sa fille aînée. L’humour est peut-être simple, pas les humoristes. Celui-ci cite quelque part l’Italien Pitigrilli : «Les humoristes sont comme des enfants qui, en traversant d’obscurs couloirs, chantent pour se donner du courage.» (Le Monde 2000: Daninos ou l’humour comme sauve-qui-peut, 29/12/2000, p. 30) Ein interessantes Phänomen ist in diesem Zusammenhang sicherlich die im Vergleich zu dem in Belegstelle (5-10) aufgeführten satztragenden Syntagma festzustellende Veränderung der syntaktischen Valenz von einem reflexiven (sich Mut ansingen) zu einem nicht reflexiven indirekten Objekt (j-m Mut ansingen). Dies mag durch eine Analogie zu einem der nicht-reflexivischen lexikalisch-syntaktischen Muster wie j-m. Mut zusprechen einerseits sowie zu den mit einem kognaten Objekt und einem auf einen Benefizienten referierenden, nicht-reflexiven indirekten Objekt gebildeten Konstruktionen des Verbs singen (z.B. j-m ein Lied singen) andererseits induziert sein.
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häufig vorgetragene und letztlich auf globale mentalitätsgeschichtliche Unterschiede abzielende Hypothese verzichtet haben, die entsprechenden Lexikalisierungsmuster seien Ausweis für den «abstrakten», «analytischen» Charakter des Französischen im Gegensatz zum «konkreten», «synthetischen» Charakter des Deutschen. Vielmehr möchten wir uns hier der diesbezüglich skeptischen Meinung Mario Wandruszkas anschließen, der seinerzeit angesichts des im Deutschen und Englischen – anders als in den romanischen Sprachen – weit verbreiteten Phänomens der an die Verwendung sogenannter Partikeln wie an, ab, out, down etc. geknüpften Verbalkomposition unter dem Stichwort «Explikation und Implikation» feststellte: «Die Richtung, in der die Bewegung geht [...] wird in den romanischen Sprachen durch das Verb bezeichnet [...], die Art der Bewegung [...] bleibt in den romanischen Sprachen unausgedrückt; sie ergibt sich hier von selbst, sie ist eindeutig implizit mitverstanden. Man sollte deshalb nicht voreilig von einem »abstrakteren Charakter« der romanischen Sprachen, einem »konkreteren Charakter« der germanischen sprechen: Implikation ist noch lange nicht Abstraktion» (Wandruszka 1969, 460).
Im weiteren Verlauf seiner Darstellung merkt Wandruszka unter anderem mit Blick auf die anhand englischer30 «Allerweltsverben» wie to get oder to put gebildeten Verb-Partikel-Konstruktionen im Übrigen an: «Die Verbalkompostion kann die Verwendung besonders spezifischer, konkreter, anschaulicher Verben begünstigen: to switch on, to flick on the lamps, to pinch out, to snuff out a cigarette, verglichen mit f. allumer und éteindre [...] – aber to put on, to put out wäre dann noch abstrakter, noch unspezifischer, noch unanschaulicher als das Französische! Gerade diese Paradoxie der Unanschaulichkeit der englischen Allerweltsverben und ihrer Kompositionen müßte man erst besser bedenken, bevor man, immer mit einem Seitenblick auf den berühmten französischen Kartesianismus und Rationalismus, der französischen Sprache einen besonders »abstrakten Charakter« zuschreibt – und dabei geflissentlich übersieht, daß das Spanische sich hier genauso verhält wie das Französische, man aber dem hispanischen Genius schon sehr viele Qualitäten zugeschrieben hat, jedoch noch nie eine besondere Neigung zu einem abstrakten Rationalismus. Noch kläglicher versagt hier natürlich der so oft behauptete »analytische Charakter« des Französischen: soweit »analytisch« und »synthetisch« überhaupt brauchbare Begriffe zur Beschreibung von Sprachen sind, muß man doch hier die germanische Verbalkomposition, e. to switch on so gut wie to put on, als das »analytische« Verfahren bezeichnen, verglichen mit dem »synthetischen« romanischen Einzelwort, f. allumer» (1969, 467).
Auf zwei Aspekte sei von unserer Seite in Zusammenhang mit den hier zitierten Ausführungen Wandruszkas noch etwas detaillierter eingegangen. Erstens lässt sich anhand der ermittelten Profildaten recht mühelos zeigen, dass die Behauptung, das Französische besäße gegenüber dem Deutschen einen besonders analytischen Charakter, in der Tat nicht so einfach aufrechtzuerhalten ist. Hierzu genügt bereits 30
Es sollte hierbei nicht übersehen werden, dass das Englische, welches im Laufe seiner Entwicklung bekanntermaßen unter massivem romanischen Einfluss stand, im Vergleich zu anderen germanischen Sprachen einen recht hybriden Charakter aufweist (cf. hierzu u.a. Talmy 2000b, 66).
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ein Hinweis auf die von courage und dessen kausativem Kollokatorverb redonner31 konstituierten prädikativen Syntagmen und ihre mit dem deutschen Substantiv Mut gebildeten Entsprechungen, anhand derer ersichtlich wird, dass dort, wo der Ausdruck des Wiedereintretens des mit den betreffenden Substantiven jeweils bezeichneten Sachverhalts einerseits wie im Falle von courage und redonner an ein – überdies nur bedingt produktives, 32 und hierbei in Verbindung mit anderen Verbstämmen inzwischen deutlich lexikalisiertes – gebundenes Morphem (re-) gekoppelt ist, dieselbe Art von Sachverhalts-Zyklizität andererseits wie in Zusammenhang mit Mut auf vergleichsweise «analytischerem» Wege, d.h. durch die Verwendung einer adverbialen Partikel (wieder) oder aber gar eines adjektivischen Nominalattributs (neu)33, versprachlicht wird. Die folgenden Korpusauszüge mögen dies dokumentieren: (5-13) ON a assez culpabilisé les mères des enfants autistes [...] pour ne pas saluer ce document qui ouvre des perspectives capables de redonner courage aux parents. (Le Monde 1999: Journal intime du corps humain, 09/08/1999, p. 18) (5-14) Und diese Freiheit kannte und nutzte wohl auch ruckzuck der alte, neue Verehrer Agassi, der in Paris beim gemeinsamen Grand Slam-Sieg bereits geschwärmt hatte: «Steffi ist eine tolle Frau. Ihr großartiges Comeback hat mir wieder Mut gemacht und mich inspiriert.» (Frankfurter Rundschau 1999: «Es ist Wahnsinn, was da läuft», 01.10.1999, p. 22) (5-15) sei die SG Höchst an die Grenze gestoßen, «realistisch gesehen haben wir da oben keine Chance mehr. «Mittlerweile hört sich das moderater an. Denn ausgerechnet das Spitzenspiel zwischen Darmstadt und Aschaffenburg, dieses maue 1:0 für die «Lilien», hat dem Coach neuen Mut gemacht. (Frankfurter Rundschau 1999: Zorn verraucht nur langsam, 31.03.1999, p. 41)
Zweitens nimmt der in Wandruszka (1969) zu findende Abschnitt zur Verbalkomposition vor allem mit seinen ausdrücklichen Hinweisen auf die besondere Rolle der Verbpartikeln im Deutschen und im Englischen die von Talmy komplementär zur PATH, MANNER und FIGURE TYPE-Klassifizierung (siehe oben) entwickelte VERB FRAMED-/ SATELLITE FRAMED-Typologie (cf. hierzu 2000b, 221ss.) in ihren wesentlichen Aussagen bereits vorweg. Die letztgenannte Perspektive, die, ausgehend von der 31
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Die im Folgenden zu findenden Feststellungen lassen sich so auch mutatis mutandis mit Bezug auf dessen inchoatives Pendant reprendre sowie dessen deutsche Entsprechungen fassen bzw. schöpfen treffen. Dies ist natürlich in Verbindung mit dem – zumal im Kontrast zum Deutschen – insgesamt deutlich defektiven Charakter des Verbpräfixsystems im Französischen zu sehen. Bezeichnenderweise spielen Adjektive wie nouveau oder anderere inhaltlich vergleichbare Ausdrücke in attributivischer Funktion im kombinatorischen Profil des französischen Substantivs courage keine Rolle. Bemerkenswert erscheint im Falle der hier angesprochenen inhaltlichen Komponente der Sachverhalts-Zyklizität im Übrigen auch der Umstand, dass sich das prädikative Syntagma j-m. neuen Mut machen, was die semantischen und syntaktischen Modifikationsverhältnisse anbelangt, verglichen mit den französischen Entsprechungen durchaus «kongruent verhält», denn zum Ausdruck gebracht wird in diesem Zusammenhang schließlich das erneute Eintreten der durch die betreffenden Susbtantive bezeichneten Sachverhalte, nicht aber deren wiederholte Verursachung.
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bezüglich des kombinatorischen Profils von Mut vorgefundenen Datenlage, im bisherigen Verlauf unserer Darstellung keine Berücksichtigung gefunden hat, ist vorrangig auf die Lexikalisierungsmuster gerichtet, anhand derer sich die Versprachlichung der Basiskomponenten des sogenannten «framing events» eines Sachverhaltskomplexes (nach Talmy «macro event»)34 vollzieht. Mit Blick auf die in den vorangegangenen Abschnitten angebotene Analyse geht es also, anders gesagt, um die Frage, wie der Kern des Kausalkomplexes, das bewirkte Eintreten des Zustandssachverhalts selbst, in Verbindung mit den hier diskutierten prädikativen Syntagmen zum Ausdruck gebracht wird. Dabei lassen sich die nach Talmys zweigliedrigem Modell anzunehmenden typologischen Divergenzen zwischen dem Deutschen und dem Französischen in ihrem jeweiligen Status als SATELLITE FRAMEDbzw. VERB FRAMED-Sprache35 dahingehend präzisieren, dass das Kausalitätsverhältnis im Falle der über die Nominalverben donner, redonner und armer in Verbindung mit courage gebildeten lexikalisch-syntaktischen Muster direkt über den Verbstamm, bei den von Mut und den Kollokatoren antrinken, zusprechen, zureden und einreden konstituierten prädikativen Syntagmen jedoch über die abtrennbare Verbpartikel (d.h. im Sinne von Talmy über einen «Satelliten») versprachlicht wird. Es sollte an dieser Stelle allerdings nicht übersehen werden, dass das letztgenannte Substantiv gerade in Kombination mit dem in seinem Profil bei Weitem spezifischsten kausativ-inchoativen Nominalverb machen im Rahmen von satztragenden Mustern auftritt, die einen VERB FRAMED- Charakter besitzen. Diese werden in den nächsten Abschnitten noch ausführlich zur Sprache kommen. 34
35
Talmy zufolge besteht ein sogenannter macro event als konzeptuelle Einheit aus den drei Komponenten FRAMING EVENT, CO-EVENT und einer sog. SUPPORT RELATION (z.B. MANNER, PRECURSION, SUBSEQUENCE) zwischen den beiden erstgenannten (cf. u.a. 2000c, 220s.). Der FRAMING EVENT setzt sich seinerseits aus den Elementen FIGURE , GROUND, ACTIVATING PROCESS und ASSOCIATION FUNCTION zusammen. Die Letzterwähnte bestimmt die Relation zwischen FIGURE und GROUND, und bildet gemeinsam mit der GROUND-Entität das sogenannte CORE SCHEMA (cf. Talmy ebd). Die VERB FRAMED-/ SATELLITE FRAMED-Differenzierung zielt genau auf die Frage ab, ob das besagte CORE SCHEMA in einer bestimmten Einzelsprache tendenziell über den Verbstamm oder aber über einen «Satelliten», d.h. über eine Partikel, ein Präpositionalsyntagma etc. zum Ausdruck kommt (cf. 2000c, 221ss.). Im Falle von Bewegungssachverhalten («motion events»), die nach Talmys Meinung neben den Sachverhalten aus den konzeptuellen Bereichen temporal contouring, state change, action correlating und realization zu den Basistypen von macro events gehören, lassen sich beispielsweise die sich bewegende (oder auch verharrende) Entität als FIGURE und jene Entität, relativ zu der sich die Position der erstgenannten bestimmt, als GROUND erachten. Der ACTIVATING PROCESS ist hierbei eine transitorische Bewegung oder aber ein stationärer Zustand. Dem CORE SCHEMA entspricht schließlich der von der FIGURE - relativ zur GROUND-Entität beschriebene Weg (PATH). Sprachen, in denen nun zum Beispiel – wie u.a. im Deutschen – diese PATHKomponente vorrangig mittels einer Partikel versprachlicht wird, weisen demgemäß einen SATELLITE FRAMED-Charakter auf. In einer Zusammenschau beider Typologisierungsansätze ergibt sich im Übrigen, dass sowohl FIGURE als auch MANNER TYPE-Sprachen – und damit auch das Deutsche – zum SATELLITE FRAMED-Pol, PATH TYPE-Sprachen (wie das Französische und andere romanische Sprachen) wiederum zum VERB FRAMED-Pol tendieren. Der Status des Englischen lässt sich vor allem im Rahmen der letztgenannten, zweiteiligen Typologie weniger deutlich bestimmen.
201
5.2.3
Funktionale Konstellationen
Da unsere bisherigen Ausführungen vor allem den lexikalisierungstypologisch bedingten Unterschieden zwischen den mit courage und Mut gebildeten kausativ-inchoativen Mustern galten, blieb mit dem ebenfalls zu den kausativen Ausdrucksoptionen innerhalb des Profils von Mut gehörenden Nominalverb machen bisher ein Kollokator am Rande unserer Betrachtungen, der allein schon aufgrund des für ihn in Bezug auf den betreffenden onomasiologischen Profilbereich ermittelten Auslastungswerts von 47,73 % eine gewisse Aufmerksamkeit verdient hat. Zur Verdeutlichung dieses Umstands seien noch einmal die einschlägigen Daten aus der in Abschnitt 5.1 zu findenden Übersicht auszugweise angeführt: Tabelle 5.5: Auslastungswerte der kausativ-inchoativen Kollokatoren von courage und Mut courage Kollokator
Mut Auslastung – Auslastung Kollokator Gesamtprofil – Teilprofil F1 (%) (%)
Auslastung – Auslastung Gesamtprofil – Teilprofil D1 (%) (%)
donner redonner
1,740 1,023
3,5 2,058
machen zusprechen
32,265 5,169
47,728 7,646
armer insuffler
0,342 0,032
0,688 0,065
antrinken zureden
0,356 0,072
0,526 0,106
-
-
einreden
0,068
0,101
-
Um den auf die kausativ-inchoativen Kollokatoren bezogenen Profilvergleich so umfassend und aufschlussreich wie möglich zu gestalten, erscheint es daher geboten, die von Mut und machen konstituierten satztragenden Syntagmen in prominenter Weise in unsere weiteren Überlegungen mit einzubeziehen. Als Einstiegspunkt bietet sich in diesem Zusammenhang an, zunächst den profilinternen Status des Kollokatorverbs machen von dem der anderen für das Substantiv Mut spezifischen kausativ-inchoativen Nominalverben abzugrenzen. Dabei soll es nicht so sehr um die offenkundig divergierenden Lexikalisierungsmuster gehen, die den betreffenden Syntagmen zu Grunde liegen, als vielmehr um die Frage, welche Art von Bewirkungsperspektive oder, anders gesagt, welcher Typ von Verursachungssachverhalt (nachfolgend auch kurz: Kausalitätstyp) im Sinne der von Wanner (1997) sowie von Talmy (2000d) vorgeschlagenen Beschreibungsmodelle36 in Kombination mit den jeweiligen Kollokatorverben versprachlicht wird und welche Realisierung hierbei der semantische Valenzrahmen erfährt, der sich aus dem an Mut gebundenen Sachverhaltsschema ergibt. Als erste Beschreibungsgrundlage dienen uns die nachstehend angeführten Belegbeispiele (5-16)-(5-25): (5-16) Mit ihrem traditionellen Mailaufen hat die oberbayerische Gemeinde Antdorf [...] 36
Die in Wanner (1997:294) zu findenden Ausführungen nehmen direkt Bezug auf einen älteren Beitrag von Talmy.
202
am Sonntag den Wonnemonat Mai begrüßt. Vor hunderten Zuschauern starteten die Dorfschönheiten zum Wettlauf um den knackigsten Burschen. Diese hatten sich bereits lange vor dem Startschuss den notwendigen Mut angetrunken und warteten auf einer Bank sitzend auf die heranstürmenden jungen Frauen. (Süddeutsche Zeitung 2000: Besen ersetzt beim Tanz die Frauen, 08.05.2000, p. 7) (5-17) Mit gemischten Gefühlen gehen die drei hessischen Vereine der A-Junioren-Regionalliga ihre jeweilige Aufgabe am 15. Spieltag an. Der SV Darmstadt 98 hat doch einigen Bammel, während sich die Offenbacher Kickers Mut einreden. Einzig die Frankfurter Eintracht geht die Aufgabe optimistisch an. (Frankurter Rundschau 1999: Trotz Derby kommt kein Prickeln auf, 05.03.1999, p. 41) (5-18) Der bei der USA-Reise der A-Nationalmannschaft noch gelobte Stürmer des 1. FC Kaiserslautern wirkte im Spiel gegen die Schotten phasenweise lustlos und desinteressiert. Die Rückversetzung in die Olympia-Auswahl scheint der 21 Jahre alte Offensivspieler noch nicht verkraftet zu haben. «Wir müssen ihm helfen, damit er aus dem Tief herauskommt», meinte Löhr. Der Trainer hatte Reich vor und nach der Begegnung schon beiseitegenommen, ihm Mut zugeredet und Ratschläge gegeben. (Frankurter Rundschau 1999: Talent Reich als Sorgenkind, 29.04.1999, p. 19) (5-19) Intel Capital verwaltet zur Zeit ein Portfolio von 500 Beteiligungen im Wert von 1,7 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr wurden allerdings nur rund 350 Millionen Dollar investiert, im Jahr 2000 waren es noch 1,4 Milliarden Dollar. Wer die Wertentwicklung der Beteiligungen von Intel-Capital in der jüngsten Vergangenheit vergleicht, könnte dann auch auf die Idee kommen, daß Leglise sich selbst Mut zusprechen muß. (F.A.Z. 2002: , 02/2002, )37 (5-20) Angesichts sinkender Popularitätswerte hatte Premierminister Tony Blair seiner Labour-Partei zuvor neuen Mut zugesprochen. Labour müsse sich weiter für die «Neue Mitte» einsetzen, sagte Blair. (Süddeutsche Zeitung 2000: Krise beherrscht Parteitag in Brighton, 26.09.2000, p. 7) (5-21) Schumacher hat dazu viele Gelegenheiten, denn seit er am vergangenen Sonntag in Magny-Cours seinen fünften Titel einfuhr, haben sich eine Menge Leute darangemacht, ihn zu charakterisieren und einzuordnen, ihm den angemessenen Platz im Leben und in der Geschichte zuzuweisen. Nicht nur seine Kollegen, wie etwa der Schotte David Coulthard, der sich mit der Beschwörung Mut machte, Schumacher sei «ein menschliches Wesen und deshalb schlagbar». Auch die Profis in den Redaktionen. (F.A.Z. 2002: , 07/2002, ) (5-22) «Unsere Aufgabe ist es primär, Anstöße für ein gesundheitsbewusstes Leben zu geben», umreißt Diplom-Pädagogin Ursula Latka-Kiel die Zielsetzung von MAG’s, «wir wollen den Leuten Mut machen, Dinge selbst in die Hand zu nehmen.» (Süddeutsche Zeitung 2000: Blumenau: Blick hinter die Kulissen der Münchner Aktionswerkstatt G’sundheit -- MAG’s ist putzmunter, 26.07.2000, p. 4) (5-23) Vor drei Jahren schwer krebskrank, jetzt Sieger der Tour de France: Der US-Amerikaner Lance Armstrong hat mit seiner Geschichte vielen Krebspatienten Mut gemacht. (Frankfurter Rundschau 1999: Armstrongs doppelter Sieg, 29.07.1999, p. 36) (5-24) Und noch in diesem Monat spricht Brunner auf einem Informationstag zu Interes37
Im Falle des Teilkorpus faz2002 standen uns keine Titel- und Seitenangaben als Metadaten zu den Einzeltexten zur Verfügung. Dies ist entsprechenderweise durch das Kürzel «k.A.» gekennzeichnet.
203
senten aus ganz Deutschland darüber, wie man der «feindlichen Übernahme» der einheimischen Gastronomie trotzen kann, ohne Geld zu verlieren. Darüber hinaus hat der Erfolg Brunner und seinen Mitstreitern so viel Mut gemacht, daß «Unser Wirtshaus» die Eroberung der anderen bayerischen Landesteile vorbereitet. (F.A.Z. 2002: , 02/2002, ) (5-25) Die ersten Unternehmen werden ihre Zahlen zum ersten Quartal in der zweiten Aprilwoche veröffentlichen. Mut macht, daß sich die Stimmung in den amerikanischen Unternehmen in den vergangenen Monaten kontinuierlich gebessert hat. (F.A.Z. 2002: , 03/2002, )
Wie unschwer zu erkennen ist, sind die mit den Kollokatorverben antrinken, einreden, zureden und zusprechen gebildeten Muster allesamt auf den Ausdruck einer individuellen sowie intendierten, d.h. intentional-agentivischen38 Verursachung weitestgehend festgelegt. Im Falle der Verwendung von antrinken erscheint hierbei ausschließlich die Realisierung einer intern-reflexiven 39 Verursachungsperspektive möglich (cf. Belegsatz (5-16)). Letztere ist auch in Verbindung mit einreden (siehe Beispiel (5-17)) tendenziell gegeben. Anhand der von zusprechen konstituierten satztragenden Syntagmen wiederum kann darüber hinaus auch eine externe Bewirkung zum Ausdruck gebracht werden (cf. Belegsatz (5-20)), was seinerseits – zumindest nach der gegebenen Korpuslage40 – als grundsätzliche Tendenz ebenso für zureden (siehe Beispiel (5-18)) zu gelten scheint. Demgegenüber deckt nun das Nominalverb machen in Verbindung mit Mut insgesamt ein deutlich breiteres Spektrum von Kausalitätstypen ab. So dienen die entsprechenden lexikalisch-syntaktischen Muster nicht nur der Versprachlichung aller wesentlichen Spielarten einer individualisierten Verursachungsperspektive, die hierbei sowohl eine interne wie externe agentivisch-intentionale (siehe die Korpusauszüge (5-21) bzw.(5-22)) als auch eine agentivisch-nicht intentionale, d.h. agentivisch-stimulative41 Bewirkung (siehe Belegsatz (5-23)) umfassen,42 sondern sie bieten – wie sich an den Belegbeispielen (5-24) und (5-25) ersehen läßt – zudem die Möglichkeit zum Ausdruck situationeller43 Kausalitätsrelationen. Unbestritten steht 38 39 40
41
42 43
Wir beziehen uns hiermit auf die von Wanner (1997, 294) sowie von Talmy (2000d, 472) eingeführten Termini «agentive causation» bzw. «Agent causation». Zur Unterscheidung von interner («internal») und externer («external») Bewirkungsperspektive siehe Wanner (1997, 297). Diese Aussage steht insofern unter Vorbehalt, als für die Kookkurrenz von Mut und zureden eine sehr geringe Belegzahl ermittelt werden konnte. Ähnliches gilt auch für das Verb einreden. Dies entspricht dem von Wanner (1997, 294) bzw. Talmy (2000d, 472) vorgeschlagenen Terminus «Author causation». Zu einer weiterführenden Unterscheidung zwischen Author und Agent causation cf. Talmy (2000d, 514ss.). Hierauf wird im Übrigen im weiteren Verlauf unserer Ausführungen noch näher einzugehen sein. Zur grundlegenden Unterscheidung von situationeller («situational») und individualisierter («individualized») Verursachungsperspektive siehe Wanner (1997, 283): «‘Situational’ stands for ‘Situation S happened or took place. Because of S something happened, took place or was made’. ‘Individualized’ stands for ‘The individual I acted in the situation S. Because of S something happened, took place or was made’.»
204
diese «Vielseitigkeit» dabei in einem engen Zusammenhang mit dem besonders hohen Gewicht, das für machen gegenüber den anderen kausativ-inchoativen Kollokatorverben innerhalb des kombinatorischen Profils von Mut ermittelt werden konnte. Als kurze Zwischenbilanz unserer einführenden Darstellung seien die Realisierungsoptionen, die sich anhand der betreffenden Kollokatorverben hinsichtlich der jeweiligen Kausalitätstypen beobachten lassen, noch einmal in der folgenden Tabelle zusammengefasst: Tabelle 5.6: kausativ-inchoative Kollokatorverben von Mut und die an die entsprechenden prädikativen Syntagmen geknüpften Verursachungsperspektiven Kollokator
antrinken
Verursachungsperspektive individualisiert situationell intentional intern + -
stimulativ extern -
-
einreden zureden
+ (-)
(-)44 +
-
-
zusprechen machen
+ +
+ +
+
+
Schließen wir an die vorausgegange Schilderung im Sinne einer notwendigen Präzisierung sogleich aber auch einige Betrachtungen zu den im Falle der diskutierten prädikativen Syntagmen gegebenen Möglichkeiten der Valenzrealisierung an. Ausgehend von der in Abschnitt 5.2.2 bereits dargelegten Annahme, dass die Vorstellung von Kausalität stets das Vorliegen einer auf einem Ursache-Folge-Verhältnis beruhenden komplexen Einheit aus mindestens zwei Sachverhalten – einer oder mehrerer Bewirkungssituationen SU sowie einer Ergebnissituation S – impliziert und mithin im Rahmen kausativer Konstruktionen mit der ausdrucksseitigen Verschränkung von mindestens zwei Sachverhaltsschemata zu rechnen ist, wird im Folgenden zu fragen sein, in welcher Form das von Mut bezeichnete Sachverhaltsschema (mit den Partizipantenrollen AGONIST sowie HANDLUNG)45 als auf die Ergebnissituation SF bezogenes Teilschema einerseits sowie die an die jeweiligen Kollokatorverben geknüpften Sachverhaltsschemata als auf die Bewirkungssituation SU bezogene Teilschemata andererseits insgesamt auf die entsprechenden satzkonstituierenden Syntagmen transponiert werden. Kaum Anlass zur Überraschung bietet in dieser Hinsicht die Versprachlichung der aus dem situativen Schema von Mut stammenden AGONISTEN-Rolle, der innerhalb F
44 45
Der situationelle Kausalitätstyp wird von Talmy (2000d, 472) als «event causation» bezeichnet. Aufgrund der geringen Belegzahl ist diese Aussage unter Vorbehalt zu sehen (siehe hierzu auch bereits Fußnote 40 in diesem Abschnitt). Da das Substantiv Mut in ähnlicher Weise wie courage der Bezeichnung einer Handlungsdisposition dient, erscheint es uns angebracht, ein übereinstimmendes semantisches Valenzschema anzusetzen. Letztgenanntes wurde bereits Abschnitt 4.1, p. 89 eingeführt.
205
der in Frage kommenden Kausativkonstruktionen der Status eines BENIFIZIENTEN zukommt und die hierbei syntaktisch als indirektes Objekt im Dativ realisiert wird. Abgesehen von speziellen Kontextbedingungen (siehe hierzu die telegrammstilartige Überschrift in Beispiel (5-26) weiter unten) scheint deren Realisierung in Verbindung mit einreden, zureden, zusprechen und antrinken dem Regelfall zu entsprechen. Dies trifft insbesondere auf das letztgenannte Kollokatorverb zu, worauf im Übrigen die weiter oben zu findende Aussage, die mit antrinken gebildeten lexikalisch-syntaktischen Muster seien auf eine interne, agentivisch-intentionale Verursachungsperspektive festgelegt, bereits einen Hinweis lieferte; denn andersherum betrachtet, ist der Ausdruck einer solchen Perspektive nicht zuletzt an die – typischerweise mittels eines Reflexivpronomens erfolgende – obligatorische Realisierung eines mit dem AGENS koreferenten BENIFIZIENTEN gebunden.46 Auch hier lässt sich nun insgesamt wiederum feststellen, dass das größte Maß an Fakultativität und somit auch die weitreichenderen Realisierungsoptionen in Zusammenhang mit den von Mut und machen konstituierten prädikativen Syntagmen gegeben sind, wobei dies tendenziell für jene Syntagmen gilt, über die eine situationelle Verursachungsperspektive zum Ausdruck gebracht wird. Zur Dokumentation des soeben Gesagten seien abschließend folgende Belegausschnitte angeführt: (5-26) Sorgen ausreden, Mut einreden - Prüfungsängste mit simplen Methoden bekämpfen (Frankfurter Rundschau 1999: Sorgen ausreden, Mut einreden, 08.06.1999, p. 32) (5-27) Für großzügige Wohltaten hat der Staat schlichtweg kein Geld. Mut macht, dass immer mehr Bürger diese ernüchternde Analyse nicht mehr in Zweifel ziehen. (Süddeutsche Zeitung 2000: Das Thema des Tages -- Nichts übrig für Wahlgeschenke, 11.09.2000, p. 32)
Etwas komplizierter stellen sich die Verhältnisse hinsichtlich der sprachlichen Realisierung des für die Verursachung maßgeblich verantwortlichen Partizipanten aus SU und demnach hinsichtlich der Kodierung des dafür primär47 bereitstehenden Subjektslots innerhalb der hier diskutierten satztragenden Muster dar. Die Art der betreffenden Kodierung ist dabei für das Vorliegen einer bestimmten Verursachungsperspektive von größter Bedeutung, denn ob man es mit einer individualisierten oder aber situationellen Perspektive zu tun hat, hängt, vom Standpunkt der erstgenannten aus betrachtet, entscheidend davon ab, inwiefern im Rahmen des versprachlichten Bewirkungssachverhalts die bewirkende Instanz als verantwortlich und bewusst handelnde Instanz identifiziert und interpretiert werden soll oder kann. Mit fallendem Identifizierungs- bzw. Wahrnehmbarkeitsgrad bewegt man sich hierbei von einem Bereich agentivisch-intentionaler Kausalität hin zu einem Bereich rein stimulativer Verursachung, weswegen es für unsere weiteren Ausführungen sinnvoll erscheint, mit Blick auf die kausative Gesamtkonstruktion entsprechenderweise zwei Partizipantenrollen zu unterscheiden: AGENS und STIMULUS. Dass nun zwischen den soeben skizzierten Polen durchaus Übergangsbereiche 46
47
Die konstruktionelle Einbindung des Verbstamms trink- (neben einer Präfigierung) erscheint darüber hinaus gerade dadurch und in zusätzlicher Kopplung mit einer Präfigierung erst möglich. Wie weiter unten deutlich wird, können auch andere syntaktische Positionen innerhalb und außerhalb der betreffenden Muster in Frage kommen.
206
und Grauzonen gegeben sind, wird sich sogleich zeigen. Eine wichtige Rolle wird hierbei spielen, ob der Ausdruck des Bewirkungssachverhalts SU – und vor allem der der Bewirkungsinstanz – auf die Subjektposition innerhalb eines satztragenden Musters beschränkt bleibt oder aber auf eine im Rahmen desselben oder außerhalb eröffnete syntaktische Strukturposition zusätzlich «verteilt» wird. Betrachten wir hierzu zunächst die folgenden Korpusbelege: (5-28) Dieser Papst, dieser von Alter und Krankheit geplagte Mann, gibt selbst ein Beispiel. Er lächelt den Menschen durch die Schmerzen hindurch zu. Er trägt sein Kreuz in Geduld, mit Würde und macht allein damit Verzweifelten Mut. Vielleicht ist der «Schmerzensmann» Wojtyla, der nicht aufgibt, sogar noch überzeugender als der sportliche Medienstar im Papstornat vergangener Jahre. (F.A.Z. 2002: , 08/2002, ) (5-29) Elke Wosik vom TV Busenbach hatte im Viertelfinale gegen die spätere Zweitplatzierte Fan Ying die Chance zum Sieg, konnte aber eine 3:0-Führung nach Sätzen nicht nutzen. Eigentlich hat in Magdeburg nur Tamara Boros Europa mit ihrem Sieg Mut gemacht. (F.A.Z. 2002: , 10/2002, ) (5-30) Auch nachdem er seine Forschung abgeschlossen hat, kommt Sauter, Vater zweier Kinder, nicht zur Ruhe: Vorträge, Aufsätze - er ist jetzt gefragt. Inzwischen arbeitet er als Pädagogik-Dozent an der Uni. Und das, obwohl ihm eine Frau aus dem Folkloreclub wenig Mut gemacht hatte: «Wenn du hier rauskommst, kannst du Türkisch, hast aber deinen Doktor nicht.» (Frankfurter Rundschau 1999: Gehör für die Frankfurter Türken, 19.05.1999, p. 37) (5-31) Wittmann beschwichtigt. «Man liest häufig nur über die negativen Stimmen», sagt er. Die gebe es natürlich, aber viele Kollegen, auch Amerikaner, würden den Führungswechsel als Chance sehen. Überall in den Fabriken hat der Konzern die Bildschirme des DC TV aufgestellt, und am Montag ist Dieter Zetsche, der neue Chef, aufgetreten, um den Mitarbeitern Mut zu machen. (Süddeutsche Zeitung 2000: Wer der Boss ist, ist den Arbeitern ziemlich egal, 25.11.2000, p. 31) (5-32) Maria Rauch-Kallat, die Generalsekretärin des Koalitionspartners ÖVP, bezeichnete Klimas Aussagen als äußerst peinlich. Klima sei offensichtlich in «Weinlaune» gewesen: «Wenn er die Problematik erkannt hat, sollte er den Österreichern mehr Mut zum Kind machen.» (Frankfurter Rundschau 1999: Zitat über Ausländer bringt Klima in die Bredouille, 06.08.1999, p. 2) (5-33) Bundeskanzler Schröder versuchte in der Sitzung der SPD-Fraktion, den Abgeordneten Mut zu machen, und forderte sie zum Kampf auf. Die Kanzlerkandidatur des CSUVorsitzenden Stoiber bezeichnete Schröder als eine «unfreundliche Übernahme» der größeren Unionspartei durch die kleinere. (F.A.Z. 2002: , 01/2002, ) (5-34) Politische Börsen haben kurze Beine. Mit dieser, wie sich nun zeigt, richtigen Börsianer-Weisheit haben sich Wiener Aktienhändler vor einer Woche Mut gemacht, als die kleine Wiener Börse unter starken Druck geraten war. (Süddeutsche Zeitung 2000: Internationale Börsen: Wien - Ein «Schwarzer Freitag» löst keine Panik aus, 12.02.2000, p. 32) (5-35) Das hat es länger nicht gegeben in der Fußball-Bundesliga: Der SC Freiburg hat mal wieder ein Spiel gewonnen. Nach sechs Niederlagen in Folge besiegte der Sportclub am Sonntag den 1. FC Kaiserslautern 3:1 und machte sich damit selbst wieder Mut im Kampf um den Klassenverbleib. (F.A.Z. 2002: , 04/2002, ) (5-36) «[...] Als stehend der erste daneben ging, habe ich mir gesagt: ‹Mensch, reiß dich
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zusammen›. Dann hat’s besser geklappt», bekannte der Thüringer. Bundestrainer Frank Ullrich machte dem Weltcup-Spitzenreiter Mut: «Auch bei ‹Fisch› weist der Trend eindeutig nach oben. In den vorherigen Wettkämpfen lagen die ersten Schüsse oft weit daneben. Heute waren es nur Millimeter. Er bewegt sich deutlich aufs Zentrum zu.» (Frankfurter Rundschau 1999: Gelungene Aufholjagd von Groß und Fischer, 18.01.1999, p. 21) (5-37) Rückhalt bekommt er von einem prominenten Mitspieler. «Es wird kein nettes Ambiente für Luis, aber das ist es nie, wenn Real im Nou Camp spielt. Ich denke nicht, dass er blockiert sein wird, wie viele glauben», macht Raul dem Mittelfeldspieler Mut. (Süddeutsche Zeitung 2000: Barcelona gegen Real - Figos Hassspiel, 21.10.2000, p. 50) (5-38) Noch eine Wahl kann Höppner in der Haltung des ewigen Wende-Opfers nicht gewinnen. Deshalb heißt es jetzt in der Magdeburger Staatskanzlei, die Stellenausschreibung für den Ministerpräsidenten habe sich geändert, Höppner setze mehr positive Akzente, mache Mut und begegne dem ostdeutschen «Sofortismus» mit Appellen an die Geduld der Wähler. (F.A.Z. 2002: , 04/2002, ) (5-39) Unter deren Anleitung üben die Blinden sowohl Einkaufsgänge mit dem Blindenstock als auch Tätigkeiten wie Kaffeekochen oder das Sortieren der Wäsche. Das Training soll Mut machen, sich wieder freier zu bewegen und mit weniger Hilfe zurecht zu kommen. (Süddeutsche Zeitung 2000: Irgendwann werden die Bilder zu Worten, 01.08.2000, p. 7)
Anlässlich unserer Ausführungen zu den sog. MANNER- und PATH TYPE-Lexikalisierungsmustern wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine der möglichen Strategien zu einer weitergehenden Präzisierung des Bewirkungssachverhalts in der Bildung komplexer Satzgefüge oder aber in der Verwendung eines zusätzlichen zirkumstantiellen Elements im Rahmen des satztragenden Musters selbst besteht. Diese Möglichkeit wird gerade auch in Zusammenhang mit den bezüglich SU unterspezifizierten PATH TYPE-Konstruktionen, welche durch das Nominalverb machen konstituiert sind, in umfangreichem Maße genutzt, was seinerseits wiederum insbesondere für jene Fälle gilt, in denen anhand der betreffenden Muster eine individualisierte Sachverhaltsperspektive versprachlicht wird. Je nach Art der Spezifizierung des Bewirkungssachverhalts kommt es nun zu interessanten Verschiebungen bei der Interpretation des Agentivitätsgrades oder, genauer gesagt, der Intentionsausrichtung und Einflusssphäre des vermittels der Subjektposition kodierten Referenten. So hat man es beispielsweise in den Korpusauszügen (5-28) und (5-29) durchaus mit einem belebten und zielbewusst vorgehenden AGENS zu tun, allerdings kann die hier zum Ausdruck gebrachte Situation nur so verstanden werden, dass das Eintreten des durch Mut bezeichneten Ergebnissachverhalts SF nicht zu den Handlungsabsichten des AGENS gehörte, sondern vielmehr ein außerhalb seiner Kontrolle angesiedeltes «Nebenprodukt» darstellt. Es liegt also – um eine von uns bereits in die Diskussion eingeführte Begrifflichkeit zu verwenden – anstelle einer agentivisch-intentionalen eine agentivisch-stimulative Verursachungsperspektive vor, die ihrerseits in einem Übergangsbereich zu einer rein situationellen Verursachungsperspektive liegt, mit der sie in Bezug auf das schismatische48 Verhältnis zwischen Bewirkungs- und Ergebnissachverhalt übereinstimmt, hinsichlich der Natur des Subjektreferenten aber abweicht.49 Ausdrucksseitig gestützt oder zumindest ermöglicht wird die Lesart einer 48 49
Zu dieser sehr treffenden Kennzeichnung cf. van Voorst (1995, 24). Mit der Abnahme der prototypischen Agentivitätsmerkmale beim Subjektreferenten steigt
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agentivisch-stimulativen Verursachung durch die Einbindung einer modalen Umstandsangabe in das prädikative Syntagma (cf. damit in Beleg (5-28) sowie mit ihrem Sieg in Beleg (5-29)) sowie durch den Gebrauch von Elementen mit negativer Polarität (siehe hierzu die Verwendung des quantifizierenden Ausdrucks wenig in Beispielsatz (5-30)). Demgegenüber liegt eine agentivisch-intentionale Verursachungsperspektive selbstverständlich stets bei einer Verwendung des prädikativen Syntagmas in Form eines expandierenden Bestandteils eines Finalsatzgefüges (Beispiel (5-31)), einer Modifizierung des prädikativen Syntagmas durch deontische bzw. volitive Modal- und andere Kontrollverben (Beispiele (5-32) und (5-33)) sowie im Regelfall auch bei referentieller Identität von AGENS und BENIFIZIENTEN, d.h. also einer zusätzlich internen Verursachungsperspektive (Beispiel (5-34)) vor, wozu allerdings der Belegsatz (5-35) eine – wenn auch sich auf Hapaxniveau bewegende – Ausnahme darstellt. Wird das von Mut und machen konstituierte lexikalisch-syntaktische Muster des Weiteren im Rahmen eines lokutiven logisch-semantischen Satzkomplexes50 als projizierendes Element zur Anbindung direkter oder indirekter Rede51 an den gegebenen Diskurs verwendet und kommt hierbei keiner der bisher genannten Faktoren zum Tragen, so ergibt sich im Hinblick auf die beiden hier diskutierten Kausalitätstypen im Falle einer Voranstellung unter Umständen ein gewisser Interpretationsspielraum (cf. Belegstelle (5-36)), wohingegen sich im Falle einer Nachstellung wie beispielsweise in Belegstelle (5-37) die Lesart einer agentivisch-intentionalen Verursachung durchsetzt.52 Eine deutliche Tendenz zur letztgenannten Verursachungsperspektive liegt nach Ausweis unseres Primärkorpus (cf. Beispielsatz (5-38)) zudem auch dann vor, wenn das betreffende satztragende Muster ohne eine über die Kodierung des AGENS hinausreichende Präzisierung bezüglich der Bewirkungshandlung zur Verwendung kommt, wobei es in diesem Fall implizit einen Sprechakt bezeichnet. Schließen wir unsere Betrachtungen zu den hinsichtlich des Bereichs agentivischer Kausalität gegebenen Interpretationsverschiebungen mit dem Hinweis ab, daß eine primär situationelle Verursachungsperspektive ebenso einen gewissen Anstrich von Agentivität erhalten kann, und zwar geschieht dies in jenen Fällen, in denen wie in Belegbeispiel (5-39) gleichzeitig zu einer Realisierung der STIMULUS-Rolle in der Subjektposition des kausativen Syntagmas die Modalisierung desselben durch ein Verb wie sollen53 erfolgt.
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u.E. im Übrigen das Gewicht des Merkmals ‘Belebtheit’ bei dem mit der BENIFIZIENTENbzw. (vom Standpunkt des Ergebnissachverhalts aus betrachtet) AGONISTEN -Rolle versehenen Referenten. Das hier diskutierte Kontinuum könnte man entsprechenderweise auch dahingehend charakterisieren, dass es sich über eine Bandbreite von aktiver zu reaktiver Verursachung erstreckt. Die entsprechende Charakterisierung orientiert sich an Halliday (1985, 196ss.; 228ss.). In diesem Zusammenhang kann anhand des herangezogenen Korpusmaterials lediglich die konjunktionslose Nebensatzkonstruktion mit einer konjunktivischen Verbform nachgewiesen werden. Diese Unterschiede könnten darauf zurückzuführen sein, dass bei einer Voran- bzw. Nachstellung eine jeweils andere Mitteilungsgewichtung vorliegt. So wird im erstgenannten Fall der ausgedrückte Verursachungssachverhalt weitergehend als Sprechakt charakterisiert, während im zweitgenannten Fall umgekehrt ein gegebener Sprechakt nachträglich über die zum Ausdruck gebrachte Bewirkungshandlung als ebendiese gekennzeichnet wird. Diese Aussage gilt für die deontische, nicht aber für die epistemische Lesart von sollen.
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Die soeben vorgenommene Bestandsaufnahme sollte ein weiteres Mal die bei der von Mut in Kombination mit machen gebildeten Kausativkonstruktion gegebene Vielfalt an Verwendungsoptionen verdeutlichen, eine Vielfalt, die in einem engen Zusammenhang mit dem PATH TYPE-Charakter des betreffenden lexikalisch-syntaktischen Musters zu sehen ist, welcher seinerseits ein großes Maß an Flexibilität im Hinblick auf die Versprachlichung des Bewirkungssachverhalts bedingt. Im Unterschied hierzu sind die Möglichkeiten einer Präzisierung der Bewirkungssituation im Falle der durch die Kollokatorverben antrinken, einreden, zureden und zusprechen begründeten MANNER TYPE-Konstruktionen stärker eingeschränkt, weil sich anders als bei dem als reinen Kausaloperator zu verstehenden machen die semantische wie auch die syntaktische Valenz der in die Gesamtkonstruktion eingebundenen Verben deutlicher auswirkt. Die betreffenden prädikativen Muster können dabei gewiss auch durch zirkumstantielle Komponenten erweitert werden oder aber als Bestandteil eines logisch-semantischen Satzkomplexes fungieren – wie sich dies anhand der weiter oben angeführten Belegstelle (5-7) (cf.: Nachdem er sich mit Apfelwein Mut angetrunken hat [...]) bzw. des Beispielsatzes (5-40) zeigen lässt, insgesamt ist aber, zumindest nach Ausweis des zu Rate gezogenen Primärkorpus, eine größere Homogenität im Zusammenspiel von Kodierung semantischer Valenz und realisierter Verursachungsperspektive zu verzeichnen. So wird nämlich in Verbindung mit den hier angesprochenen Verben nahezu ausschließlich eine agentivisch-intentionale Perspektive zum Ausdruck gebracht. Eine der wenigen Ausnahmen hierzu stellt lediglich der in (5-41) angegebene Beispielsatz dar, bei dem über die Subjektstelle des lexikalisch-syntaktischen Musters, abweichend von der allgemein zu beobachtenden Tendenz, ein als STIMULUS aufzufassender Referent realisiert wird – dies allerdings in Kombination mit einer modalisierenden Konstruktion, die im Übrigen zwei Effekte zeitigt: Zum einen wird anstelle einer rein situationellen Verursachung – gewissermaßen durch die «Hintertür» – ein höherer Agentivitätsgrad ausgedrückt (siehe hierzu bereits oben); zum anderen kommt es metonymiebedingt zu einer Ausbleichung des verwendeten Kollokatorverbs zusprechen, welches in dem betreffenden Fall zwar immer noch einen Kommunikationsakt, jedoch nicht mehr einen verbalen Charakters bezeichnet.54 Das soeben Gesagte sei anhand der folgenden Korpusauszüge zusammenfassend dokumentiert: (5-40) Sofris stupende Bildung kommt unauffällig daher, er gleicht einem Arzt, der sich geduldig und genau über einen Kranken beugt, seine Herztöne abhorcht, ihn tröstet und ihm Mut zuspricht. Alle diese Aufsätze sind geprägt von der Wärme einer Empathie, die etwas zu tun hat mit Menschenliebe, auch wenn er selbst dies Wort wahrscheinlich als zu groß empfände. (Frankfurter Rundschau 1999: Die Herztöne abhorchen, 04.12.1999, p. 4) (5-41) Wohl auch, weil durch die Fernsehkameras der «Kandidatenkonvent» selbst zu einem Teil des öffentlichen Wahlkampfes wurde, wurde auch an Stellen geklatscht, die des Beifalles in einer internen Sitzung nicht würdig gewesen wären. Doch hatte das Klatschen auch die Funktion, sich selbst Mut zuzusprechen, und diese Stimmung sprachen Schröder und Müntefering an. (F.A.Z. 2002: , 07/2002, )
54
Dieser metonymiebedingte Effekt lässt sich auf ein zwischen den konzeptuellen Bereichen BEIFALL und SPRECHEN bestehendes Kontiguitätsverhältnis zurückführen.
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Als letztem Aspekt unserer Analyse der in Verbindung mit den hier in Frage stehenden Kausativkonstruktionen anzutreffenden Valenzrealisierungen widmen wir uns der Versprachlichung der in dem von Mut bezeichneten Sachverhaltsschema angelegten HANDLUNGSEREIGNIS -Rolle. In diesem Zusammenhang lassen sich grundsätzlich vier Ausdrucksoptionen unterscheiden: die Verwendung eines Infinitivkomplements bzw. einer Präpositionalphrase in jeweils attributivischer Funktion zu Mut, die Erweiterung der entsprechenden prädikativen Muster durch ein zirkumstantielles Präpositionalsyntagma sowie schließlich deren Einbettung in ein hypo- oder parataktisches Satzgefüge. Eine Grundlage für unsere weiteren Betrachtungen liefern die folgenden Korpusauszüge: (5-42) Die Ausrüstung demonstriert höhere Ansprüche an Technik und Fahrstil. Konsequenterweise gibt es oben keine Einkehrstätte, in der man sich vor dem Start notfalls noch stärken oder Mut antrinken könnte. Und kaum einer nimmt sich Zeit für die Aussichtsplattform mit dem phantastischen Blick in alle vier Himmelsrichtungen. (Frankfurter Rundschau 1999: Im Zentrum der großen Pässe, 16.01.1999, p. 3)55 (5-43) Die neue CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat ihrer Partei Mut gemacht, nach der tiefen Krise wegen des Finanzskandals mit Siegeswillen in die Zukunft zu gehen. «Wir wollen wieder Nummer eins werden in Deutschland», sagte sie am Montag auf dem Parteitag in Essen. (Süddeutsche Zeitung 2000: Essener Parteitag im Zeichen der Spendenaffäre Merkel appelliert an Siegeswillen der CDU, 11.04.2000, p. 1) (5-44) Mit Mühe und offenbar nicht in guter gesundheitlicher Verfassung suchte die Nordirland-Ministerin am Freitag den Beteiligten Mut zu einem Neuanfang zu machen. Mowlam wird allerdings bei der nächsten Runde kaum dabeisein, da Premier Blair sie in wenigen Tagen, zur jährlichen Londoner Kabinettsumbildung, aus Belfast abberufen will. (Frankfurter Rundschau 1999: Nach dem Schiffbruch betretene Blicke auf die Trümmer, 17.07.1999, p. 2) (5-45) Den deutschen Spielern hat die 87:104-Niederlage am Freitag abend im RCA Dome von Indianapolis jedenfalls viel Mut gemacht für die am Montag beginnende Zwischenrunde und sogar darüber hinaus. Der Berliner Jörg Lütcke, der bislang nicht gerade als übermütig galt, fühlte sich schon an die Fußball-WM 1954 erinnert, als Deutschland dem großen Favoriten Ungarn in der Vorrunde 3:8 unterlag. (F.A.Z. 2002: , 09/2002, ) (5-46) Wollen Hiddinks Profis das Technikkombinat aus dem Süden Europas nachhaltig erschüttern, dürfen sie mit ihrem Actionkick nicht so viele Platzpatronen wie gegen die Amerikaner verballern. «Wir haben in den letzten Tagen viel Schußtraining absolviert», sagt Hiddink, der seinen Spielern immer nur Mut zuspricht, alles zu wagen und sich nicht nach den ersten Fehlversuchen zu verstecken. (F.A.Z. 2002: , 06/2002, )
Die hier angeführten Belegstellen dokumentieren, dass in Verbindung mit den einzelnen Kollokatorverben durchaus verschiedene Präferenzen hinsichtlich der Realisierung der betreffenden semantischen Valenzstelle des Substantivs Mut vorherrschen. So besteht beispielsweise im Falle der Kausativkonstruktion sich Mut antrinken die überaus deutliche Tendenz, die zum Ausdruck gebrachte Verursachungssituation über eine zirkumstantielle Präpositionalphrase (siehe Beleg (5-42): 55
Dieser Korpusbeleg wurde weiter oben bereits in einem anderen Zusammenhang angeführt.
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vor dem Start) oder die Bildung eines logisch-semantischen Satzkomplexes (siehe hierzu den Korpusauszug (5-7)) in eine sequentielle, d.h. temporal-konsekutive Beziehung zu einem korrelierbaren Handlungssachverhalt zu setzen. Bei den mit machen gebildeten satztragenden Syntagmen wird die zum situativen Schema von Mut gehörende HANDLUNGSEREIGNIS-Rolle hingegen vorwiegend in Form eines in die Nominalphrase integrierten Infinitivkomplements (siehe Beispiel (5-43)) oder einer entsprechenden, durch den Gebrauch eines attributivischen Präpositionalsyntagmas mit zu erfolgenden Nominalisierung (cf. Belegstelle (5-44)) ausgedrückt. Die beiden letztgenannten Konstruktionen vermitteln eine Sachverhaltsperspektive, über die ein unmittelbar charakterisierender Bezug zu einer konkreten Einzelhandlung hergestellt und dem Substantiv Mut somit eine modalisierende Funktion zugewiesen wird. Darin unterscheiden sie sich sowohl von den meisten mit für gebildeten zirkumstantiellen Präpositionalphrasen (siehe hierzu Beispielsatz (5-45)) als auch von den in Zusammenhang mit dem Kollokatorverb antrinken zu verzeichnenden Realisierungsmustern, anhand derer jeweils ein in Frage kommendes Handlungsereignis größtenteils lediglich implizit durch die Angabe eines weiter gefassten Handlungsrahmens und dies heißt auch, mit einem größeren Grad an Unbestimmtheit 56 versprachlicht wird. Was die verbleibenden Kollokatorverben anbelangt, so läßt sich zum einen feststellen, daß im Falle von zusprechen (cf. Belegsatz (5-46)) ähnliche Realisierungsoptionen wie in Verbindung mit machen gegeben sind, wenn auch mit einer, im Verhältnis betrachtet, wesentlich geringeren Häufigkeit. Im Hinblick auf einreden und zureden liegen zum anderen auf der Grundlage unseres Primärkorpus keine nennenswerten Befunde vor. An anderer Stelle wurde bereits erwähnt, dass sich die deutlichen Profilunterschiede bei courage und Mut, die hinsichtlich der Gesamtauslastung durch die kausativen Nominalverben festgestellt werden können, nur zum Teil mit den im Deutschen und Französischen aufgrund ihrer unterschiedlichen typologischen Beschaffenheit vorherrschenden Lexikalisierungspräferenzen erklären lassen. Wir werden im Folgenden versuchen, das Bild anhand unserer bisher einzelsprachenbezogenen Detailuntersuchungen zu den in Verbindung mit den betreffenden Kollokatorverben jeweils zu verzeichnenden Verursachungsperspektiven und Valenzrealisierungen zu vervollständigen. Dabei werden wir in einem ersten Schritt noch einmal kurz auf die zum Profil von Mut gehörenden MANNER-TYPE-Konstruktionen eingehen und sie unter den beiden letztgenannten Gesichtspunkten in den Gesamtzusammenhang unserer kontrastiven Profilanalyse einordnen. Danach werden wir uns allerdings, was das kombinatorische Profil von Mut anbelangt, ausschließlich den mit machen gebildeten lexikalisch-syntaktischen Mustern zuwenden. Ein erneuter Rückgriff auf die zur Verfügung stehenden lexikometrischen Daten wird schließlich dazu führen, die mit den in Frage stehenden Substantiven morphologisch verwandten kausativen Verben ermutigen bzw. encourager ebenfalls in unsere Ausführungen einzubeziehen. Betrachten wir also zunächst die MANNER-TYPE-Kollokatorverben aus dem Profil 56
Wir beziehen uns hierbei auf das in Blumenthal (1997, 75) – wenn auch in einem anderen Beschreibungszusammenhang – vorgeschlagene Begriffsmodell.
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von Mut. Abgesehen von den bereits hinlänglich diskutierten lexikalisierungstypologischen Divergenzen, lassen sich in Zusammenhang mit diesen Verben, was die Ausdrucksmöglichkeiten im Bereich der Verursachungsperspektiven und semantischen Valenzpotentiale betrifft, innerhalb des kombinatorischen Profils von courage durchaus Parallelen finden. Dies gilt insbesondere für jene prädikativen Syntagmen, die mit dt. antrinken und frz. armer gebildet sind. So sind beide Kollokatorverben zum einen auschließlich (antrinken) oder nahezu auschließlich (armer) auf die Vermittlung einer intern-reflexiven Sicht auf den Bewirkungssachverhalt festgelegt. Zum anderen – und dies ist noch wichtiger – implizieren beide stets eine zweckmäßige Orientierung hin zu dem im Sachverhaltsschema von Mut bzw. courage verankerten Handlungsereignis sowie eine konsekutive Verankerung desselben in einen weiter gefassten Geschehenszusammenhang. Dies lässt sich bei allen für antrinken aufgeführten Belegstellen beobachten (cf. (5-7), (5-16), (5-42)) und sei mit Blick auf armer anhand der Korpusauszüge (5-47) und (5-48) ebenso dokumentiert: (5-47) Le GHB peut donc être considéré comme pain bénit par les avocats des agresseurs, qui peuvent à tout moment argumenter que le dossier est vide, qu’aucune preuve formelle ne vient étayer la thèse du viol. Les victimes doivent donc s’armer de courage pour se lancer dans une procédure. L’instruction peut durer plusieurs années. (Le Figaro 2002: Le GHB, poudre inodore et sans saveur, qui annihile toute volonté et toute mémoire, se répand désormais dans les boîtes de nuit - Alerte à la «drogue des violeurs», 12/07/2002, ) (5-48) Alors pour conjurer le sort et surtout pour «ne pas devenir folle», elle se réfugie dans Edouard Glissant et JMG Le Clézio. Elle évite Céline car, dit-elle, son propre voyage «est déjà suffisamment au bout de la nuit comme ça». Puis, s’armant de courage, elle affronte enfin la peur de ne pas être à la hauteur de ses admirations littéraires, et commence à écrire. (Le Monde 2000: La mésange menteuse, 02/06/2000, p. 5)
Es erscheint an dieser Stelle angebracht, eine wichtige Unterscheidung zu treffen, die uns im weiteren Verlauf des angestrebten Profilvergleichs noch mehrmals beschäftigen wird. Diese betrifft die von den verschiedenen satztragenden Syntagmen jeweils geleistete Sachverhaltszentrierung.57 Mit dieser Beschreibungskategorie soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in Zusammenhang mit bestimmten lexikalischen Einheiten sowie den von ihnen konstituierten Konstruktionen eine unterschiedliche Aufmerksamskeitssteuerung hinsichtlich der im Sachverhaltsschema der betreffenden Einheiten angelegten Partizipantenrollen erfolgen kann. Hierbei geht es vor allem um die besonderen Präsuppositionen oder Implikationen, mit denen die einzelnen Partizipanten belegt sind sowie um die verschiedenen Prominenzgrade, die diese Partizipanten im Verhältnis zueinander besitzen. Um dies an den soeben angeführten lexikalisch-syntaktischen Mustern zu demonstrieren: Insofern die prädikativen Syntagmen sich Mut antrinken und s’armer de courage mit der Implikation einer finalen und konsekutiv-sequentiellen Einbindung eines Handlungsereignisses verknüpft sind, ermöglichen sie die Zentrie57
Ausgangspunkt unserer diesbezüglichen Überlegungen war das in Blumenthal (2002b) in Bezug auf Verb-Prädikate entwickelte Konzept der «Subjekt-» bzw. «Objektzentrierung» sowie der im Rahmen verschiedener framesemantischer Ansätze diskutierte Begriff des sog. windowing of attention (cf. hierzu einführend Ungerer/Schmid 2002, 218ss.).
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rung der sowohl bei Mut als auch bei courage sachverhaltsschematisch gegebenen HANDLUNGS-Rolle. Diese Art der Zentrierung im Hinblick auf das mit Mut bzw. courage verbundene Sachverhaltsschema werden wir in der Folge aufgrund ihres vorverweisenden Charakters auch als prospektive (extraspektive) Zentrierung bezeichnen. Umgekehrt weisen die kombinatorischen Profile beider Substantive natürlich ebenso lexikalisch-syntaktische Muster auf, die eine Zentrierung des AGONISTEN ermöglichen und dabei vor allem auf dessen Innenwelt, d.h. auf dessen aus vorgängigen Erfahrungen und Erlebnissen resultierenden seelischen Zustand abheben, weshalb es angemessen erscheint, in diesem Fall von einer retrospektiven Zentrierung zu sprechen. Unter den zum kombinatorischen Profil von Mut gehörenden kausativen MANNER TYPE-Kollokatoren ist es vor allem das Verb zusprechen, welches – abgesehen von dem seltenen Fall einer Erweiterung des entsprechenden lexikalisch-syntaktischen Musters durch ein Infinitivkomplement – weitestgehend in retrospektiv zentrierender Funktion zur Verwendung kommt. In Verbindung mit den von Mut und machen konstituierten Kausativkonstruktionen wiederum sind beide Zentrierungsarten zu verzeichnen, wobei allerdings auch hier, wenngleich in einem geringeren Maße als im Falle von zusprechen, ein Übergewicht zugunsten einer retrospektiven Zentrierung festgestellt werden kann. Das kombinatorische Profil von courage hat seinerseits mit donner ein weiteres kausatives Kollokatorverb neben armer aufzuweisen, das eine prospektive Zentrierung leisten kann, während den mit redonner gebildeten prädikativen Syntagmen umgekehrt eine retrospektiv zentrierende Funktion zukommt. Einen zusammenfassenden Überblick zu den verschiedenen Zentrierungsarten und den entsprechenden lexikalisch-syntaktischen Mustern liefern fürs Erste die folgenden Korpusauszüge: (5-49) Die Frauen suchen als erstes Ansprechpartner, beispielsweise von Tagesmüttern oder Tagesstätten, wo die Kinder gut versorgt werden. Auch bei anderen Problemen - wo finde ich die richtige Arbeitsstelle, wie schreibe ich meine Bewerbung und wie komme ich mit der Bürokratie bei An- und Verträgen zurecht - stehe ich den Teilnehmerinnen zur Seite. Gerade in der Gruppenberatung werden aber auch persönliche Probleme gemeinsam gelöst, indem sich die Frauen gegenseitig Mut zusprechen, sich einfach das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind. (Frankfurter Rundschau 1999: «Gegenseitig Mut zusprechen», 25.10.1999, p. 8) (5-50) «Vor so einem Spiel spricht er zwei, drei Tage vorher mit einem», sagte er. Damit man sich einstellen, mit der Situation vertraut machen kann. Aber Bode mußte sich am Dienstag morgen nicht auf die Kameruner Verteidiger und seine Aufgabe auf der linken Seite einstellen. Er mußte nur mit seiner Enttäuschung umgehen. Zwar hatte ihm Völler weiter Mut gemacht, aber was heißt das schon für einen, dem bei dieser WM mit jedem Spiel das letzte Stündlein als Nationalspieler, als Fußballprofi schlagen kann ? «Ich hatte immer den Traum, eingewechselt zu werden und ein Tor zu machen», sagte Bode, «aber ich habe nicht mehr so recht daran geglaubt.» (F.A.Z. 2002: , 06/2002, ) (5-51) Im «Geschenkten Gaul» rechnete sie ab mit dem geifernden Pharisäertum der Adenauer-Ära, das 1951 nach einer Sekunde entblößter Brust in Willy Forsts «Sünderin» Pfarrer gegen sie wettern ließ und pöbelnden Kleinbürgern Mut machte, herauszuschreien, was zuvor dem Stammtisch vorbehalten gewesen war: Hildegard Knef, die einen GI geheiratet und im fettlebigen Hollywood gedreht hatte, derweil Deutschland in Ruinen darbte, war ih-
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nen «ein Flittchen» und, wie so viele über den großen Teich geflohene «Frolleins», eine «Vaterlandsverräterin». (F.A.Z. 2002: , 02/2002, ) (5-52) Dans son école aussi, on n’est pas peu fier de compter dans ses rangs celle qui vient d’éblouir le monde par sa découverte. L’article et la photo parus dans le Times le lendemain de sa récompense s’affichent haut sur la porte vitrée de l’entrée. Histoire, sans doute, de donner du courage à tous ses petits camarades avant d’attaquer les cours. «Tous mes amis sont contents de ce qui m’arrive, reconnaît Sarah. Il n’y a aucune jalousie de leur part, au contraire.» (Le Monde 1999: La maîtresse des codes, 10/02/1999, p. 4) (5-53) Et au cours de son existence, il a croisé un John Silver qui a joué un rôle important dans sa vie. «A dix-sept ans, j’étais joueur de football américain. Au cours d’un match essentiel, l’entraîneur m’a mis sur la touche pour placer son favori. J’étais dévasté. Un autre entraîneur, Mickey Ryan, est venu me réconforter, m’a redonné courage. Et lorsque Silver dit à Jim: ‹Tu as en toi les prémices de la grandeur›, je me suis souvenu de Ryan.» Sur sa table à dessiner, il a écrit une phrase tirée de la Bible qui l’a inspirée (sic) pendant quatre ans: «Là où est ton trésor, là sera ton coeur.» C’était le thème du film. (Le Figaro 2002: DESSIN ANIME - Dessinateur de «La Planète au Trésor» - Le trait de Glen Keane, 27/11/2002, )
Unsere bisherigen Beobachtungen zur Zentrierung bestätigen die bereits in anderen Zusammenhängen getroffene Feststellung, dass sich die mit dem Nominalverb machen gebildeten satztragenden Syntagmen von den restlichen durch das kombinatorische Profil von Mut abgedeckten Kausativkonstruktionen nicht zuletzt aufgrund ihres ausgeprägt polyfunktionalen Charakters abheben. Diesen Umstand gilt es in der Folge auch unter sprachvergleichendem Gesichtspunkt näher zu beleuchten. Hierbei werden wir im Hinblick auf das Profil von courage vor allem die Kollokatorverben donner und redonner in unsere Analyse einbeziehen.58 Unter Berücksichtigung der oben zu findenden Erkenntnisse kann zunächst für den Bereich der Sachverhaltszentrierung ein Kontrast ausgemacht werden, der sich aus einer im Falle der beiden letztgenannten Verben gegebenen klaren «Arbeitsteilung» einerseits sowie der angesprochenen Polyfunktionalität von machen andererseits ergibt. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass donner und redonner – obwohl sie u.E. durchaus als distinkte Einheiten gelten können – in einem unmittelbaren und semantisch in hohem Maße transparenten Ableitungsverhältnis stehen. Die über das französische Präfix re- zum Ausdruck gebrachte Sachverhaltszyklizität, die selbstverständlich stets mit einer retrospektiven Zentrierung einhergeht, wird hierbei – dies wurde bereits in Abschnitt 5.2.2 gezeigt – in Kombination mit dem deutschen Kollokatorverb machen auf einem anderen Wege, nämlich durch die 58
Da wir im Folgenden die Kollokatorverben machen und armer keinem weitreichenden Vergleich mehr unterziehen werden, sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber kurz auf die wesentlichsten Unterschiede hingewiesen. So leisten beide Verben zum einen zwar übereinstimmend eine prospektive Zentrierung, jedoch bindet die mit machen gebildete Kausativkonstruktion in der Regel die im Sachverhaltsschema von Mut verankerte Handlungsrolle unmittelbarer, d.h. modalisierend, ein. Darüber hinaus kann machen auch in retrospektiv zentrierender Funktion verwendet werden. Was zum anderen die in Verbindung mit beiden Kollokatorverben versprachlichten Kausalitätstypen anbelangt, so ist vor allem die Beschränkung von armer auf eine interne, agentivisch-intentionale Verursachungsperspektive als auffälligste Divergenz zu nennen.
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adverbiale Verwendung der Partikel wieder bzw. durch die attributivische Verwendung des Adjektivs neu,59 versprachlicht, wie die folgenden Belegbeispiele noch einmal illustrieren: (5-54) difficiles « avec la droite qui dispose de tous les pouvoirs», et pronostique «des actions et des luttes qui permettront de résister». Puis il reste planté devant ses amis, un sourire figé sur les lèvres. Larmes aux yeux, ses camarades lui font une longue ovation. L’Internationale s’élève péniblement de plusieurs coins de la salle, avant de s’imposer, redonnant un peu de courage à cette assemblée de coeurs brisés. (Le Monde 2002: Dans les Bouches-duRhône, les communistes passent des pleurs de joie aux larmes de chagrin, 18/06/2002, p. 7) (5-55) Der Belgier und der Schweizer wollen den Pfälzern wieder Mut machen, sportliche wie finanzielle Großprojekte zu stemmen. Während Gerets seinen Job, den verunsicherten Lauterer Profis wieder das kleine Einmaleins des Fußballs beizubringen, eher hemdsärmlig zu meistern versucht, will der Basler Geschäftsmann mit Charme und Chuzpe darangehen, die Millionenfragen an der Baustelle Fritz-Walter-Stadion zu lösen [...]. (F.A.Z. 2002: , 09/2002, ) (5-56) Der beste Transfer aber, findet der Mann am Zaun, ist der dritte: Der von Andreas Möller zu Schalke 04. «Dieser Abgang ist die größte Verstärkung, die ich mir denken kann.» Einer muss schließlich die Sprüche klopfen, die neuen Mut machen. Das ordentliche 2:0 beim Premier-Ligisten FC Middlesbrough, im letzten Jahr Zwölfter in England, wird in Dortmund deshalb mit Genugtuung gefeiert, weil man insgeheim gar nicht recht weiß, wo man steht. (Süddeutsche Zeitung 2000: Sammer bringt Dortmund Hoffnung - Der Wunderheiler, 10.08.2000, p. 34)
Bemerkenswert erscheint nun, dass die von Mut und machen konstituierten Kausativkonstruktionen gerade auch dann, wenn keine zyklische Sachverhaltsperspektive an sie gekoppelt ist, ebenso häufig eine retrospektive Zentrierung leisten können. Die betreffende Konstellation – eine retrospektive Zentrierung bei gleichzeitigem Verzicht auf die Explizierung von Sachverhaltszyklizität – ist in Verbindung mit den für courage signifikanten kausativen Kollokatorverben jedoch nicht in gleichem Maße gegeben, denn das im Gegensatz zu redonner nicht an den Ausdruck von Sachverhaltszyklizität gebundene donner wird – wie bereits erwähnt – insgesamt weitaus seltener in retrospektiv zentrierender Funktion verwendet. Das kombinatorische Profil von courage ist also, anders gesagt, in den genanntem Punkt tendenziell defektiver. Welche Versprachlichungsoptionen das lexikalische System des Französischen für den entsprechenden Fall dennoch bereit hält, wird weiter unten noch einmal Gegenstand unserer Ausführungen sein. Zunächst aber werden wir uns der kontrastiven Betrachtung der Kausalitätstypen und Valenzrealisierungen zuwenden, welche bei den mit machen bzw. donner und redonner gebildeten lexikalisch-syntaktischen Mustern jeweils anzutreffen sind. Hierbei fällt auf, dass das Kollokatorverb machen, abgesehen von den gewiss vorhandenen und nicht unerheblichen Unterschieden hinsichtlich des Ausdrucks von 59
Die Versprachlichung von Sachverhaltszyklizität mittels der Partikel wieder sowie des Adjektivs neu ist allerdings noch wesentlich häufiger in Verbindung mit schöpfen und fassen, den nicht kausativen Pendants von machen, anzutreffen. Deren innerhalb des Profils von courage zu findende Entsprechung reprendre weist ihrerseits einen geringeren Auslastungswert als das kausative redonner auf.
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Zyklizität, eine größere Übereinstimmung zu redonner aufweist als zu donner. Dies gilt vor allem für das zahlenmäßige Verhältnis der anhand der betreffenden Verben im Einzelnen vermittelteten Verursachungsperspektiven. So wird durch die von courage und redonner bzw. Mut und machen gebildeten prädikativen Syntagmen vorwiegend eine individualisierte Bewirkungsperspektive realisiert, wohingegen in Verbindung mit donner die Versprachlichung einer situationellen Verursachung überwiegt. Der wesentliche Grund hierfür ist in dem Umstand zu finden, dass donner, sofern die entsprechenden lexikalisch-syntaktischen Muster nicht in eine reflexivische Konstruktion60 bzw. einen Finalsatz eingebunden oder durch ein Modal- bzw. Kontrollverb modifiziert sind, im Gegensatz zu redonner und machen nicht zur Versprachlichung agentivisch-intentionaler Kausalität verwendet wird. Man betrachte hierzu die folgenden Beispielsätze: (5-57) Am Dienstag hatte diese Zeitung das Protokoll einer vertraulichen Unterrichtung der Bundesregierung zur deutschen Beteiligung am Anti-Terror-Einsatz veröffentlicht. (Siehe Seite 7.) Einen Regierenden Bürgermeister zu stürzen und durch Wahlen eine neue Mehrheit zu etablieren war eine vergleichsweise leichte Übung. Viele haben der Berliner SPD dabei Mut gemacht, sie angefeuert und auch noch beim Zieleinlauf geklatscht, als statt des erhofften rot-grünen ein rot-roter Senat das Rennen machte. (F.A.Z. 2002: , 03/2002, ) (5-58) Mais surtout, après avoir consacré la première séance à définir vos besoins, souvent un affinement des fessiers chez les femmes et de la musculation chez les hommes, Frédéric Bredel vous fait progresser au fur et à mesure des séances. Il ne se contente pas de vous montrer les exercices, il repositionne votre corps en cas de faux mouvement, vous redonne du courage quand vous n’avez plus envie de faire des pompes et écoute, à la façon d’un coach, vos espoirs et vos craintes. (Le Figaro 2002: Relax - Un coach sportif à domicile, 09/12/2002, ) (5-59) Née à Québec dans une famille de la classe moyenne où il était de règle que l’aînée travaille, elle doit interrompre assez vite ses études. Elle n’y perd pas le goût d’écrire et décide envers et contre tout d’entreprendre une carrière d’écrivain. «J’ai commencé à publier quelques années après Françoise Sagan. C’est elle qui m’a donné le courage de le faire. Elle avait pourtant des critiques sévères. On disait qu’elle était amorale. On n’aimait pas beaucoup à l’époque que les jeunes filles écrivent.» (Le Monde 2002: Par des voix singulières, 12/04/2002, p. 2)
In diesem Zusammenhang sollte aus kontrastiver Sicht nicht unerwähnt bleiben, dass die mit Mut und machen gebildete Kausativkonstruktion im Falle sowohl einer direkten als auch indirekten, d.h. durch die oben erwähnten Kotextfaktoren gestützten, agentivisch-intentionalen Verwendung eine deutliche Tendenz zur impliziten Kennzeichnung der Bewirkungshandlung als Sprechakt aufweist (siehe hierzu u.a. p. 209). Dies aber trifft umgekehrt nicht auf donner zu, welches somit im Vergleich zu machen insgesamt als semantisch-konzeptuell «neutralerer» Kausaloperator fungiert. Die hier angesprochene Tendenz zeigt sich nicht zuletzt auch an der recht 60
In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Realisierung einer internen, d.h. auf Selbstbezüglichkeit bzw. Reziprozität verweisenden Verursachungsperspektive im Regelfall mit der Versprachlichung agentivisch-intentionaler Kausalität unmittelbar einhergeht.
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großen Affinität der mit machen gebildeten satztragenden Syntagmen zu lokutiven Satzkomplexen, in denen sie als Projektionsbasis hinsichtlich der Anbindung sog. direkter bzw. indirekter Rede dienen: (5-60) Auch die Sanierung des alten Backhauses und eine Attraktivitätssteigerung des Wittgenborner Weihers stehen ganz oben auf der Wunschliste. «Es sind schon Bootsanlegestege gefördert worden, wenn sie dem Tourismus dienen», macht Klemm Mut. (Frankfurter Rundschau 1999: Dörfliche Tradition und technische Innovation, 20.01.1999, p. 2)
Die betreffende Konstruktion ist in dieser Form im Französischen nicht anzutreffen, allerdings können auf Grundlage der herangezogenen Korpusdaten – wenn auch sporadisch – Satzkomplexe nachgewiesen werden, die zumindest auf konzeptuell-inhaltlicher Ebene als Entsprechung gelten können, wie sich anhand des folgenden aus unserem französischen Sekundärkorpus stammenden Belegsatz zeigen lässt: (5-61) Ça faisait un sacré bout de chemin pour rentrer à la baraque. Je me donnais du courage en me disant que pour aller au Ciel, ça devait être encore pire. J’enfonçais mes mains dans mes poches, je relevais mon col et on partait à l’attaque, le petit génie avait la cervelle vide et les pieds douloureux. (Frantext-romans: Philippe Djian, 37°2 le Matin, 1989)
Der zuletzt angeführte Beispielsatz ist im Übrigen in kontrastiver Hinsicht auch insofern von Interesse, als er einen der seltenen Fälle dokumentiert, in denen die von donner und courage konstituierten kausativen Syntagmen im Rahmen eines logischsemantischen Komplexes als Expansionsbasis zu einem der Explizierung der Bewirkungshandlung dienenden elaborierenden Teilsatz in Form eines gérondif auftreten. In Verbindung mit dt. machen sind dessen konstruktionelle Entsprechungen – welche sich aus der Erweiterung des betreffenden lexikalisch-syntaktischen Musters anhand einer von mit regierten Präpositionalphrase oder aber eines von der Konjunktion indem eingeleiteten Nebensatzes ergeben – hingegen weitaus häufiger zu verzeichnen.61 Fassen wir in der gebotenen Kürze zusammen: Die kombinatorischen Profile der Substantive Mut und courage sind im Hinblick auf den funktionalen Status der in ihrem Rahmen vertretenen PATH TYPE-Kausativkonstruktionen nicht vollständig deckungsgleich. Der Vielfalt an Versprachlichungsoptionen, die anhand der mit Mut und machen gebildeten lexikalisch-syntaktischen Muster gegeben sind, stehen in Zusammenhang mit den kausativen Kollokatorverben von courage – donner und redonner – gewisse funktionale «Lücken» gegenüber. Dies gilt in erster Linie für jene Fälle, in denen es um die Realisierung einer agentivisch-intentionalen und/oder retrospektiv zentrierenden Bewirkungsperspektive ohne gleichzeitige Versprachlichung von Sachverhaltszyklizität62 geht und bezieht sich hierbei vor allem auf das 61
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Insgesamt lässt sich feststellen, dass die von Mut und machen konstituierten satztragenden Syntagmen im Hinblick auf die verschiedenen Typen logisch-semantischer Satzkomplexe wesentlich differenzierter verwendet werden, als die mit courage und donner gebildete Kausativkonstruktion. Im Falle der letztgenannten ist demgegenüber eine eindeutige Präferenz zugunsten von Finalsatzgefügen gegeben. Wie bereits dargestellt, sollte allerdings nicht übersehen werden, dass der Ausdruck einer
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im Vergleich zu machen deutlich eingeschränkte Verwendungsspektrum von donner. Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang an unsere ursprüngliche Motivation zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den durch die kombinatorischen Profile von Mut und courage abgedeckten Kausativkonstruktionen. Wir waren von der datenseitig gestützten Beobachtung ausgegangen, dass die Profile beider Substantive unter quantitativen Gesichtpunkten gerade hinsichtlich des Ausdrucks von Kausalität deutlich voneinander abweichen und konnten dies unter anderem dem besonders hohen profilinternen Gewicht zuschreiben, welches für das Kollokatorverb machen ermittelt wurde und dabei mit 47,73 die Auslastungswerte von donner (3,5), redonner (2,06) und armer (0,69) innerhalb des Profils von courage um ein Vielfaches übertrifft. Die Hintergründe dieser auffälligen Divergenz konnten durch unsere bisherige Analyse in einigen Punkten herausgearbeitet werden, und dennoch bleibt offen, ob die funktionale Konstellation, an der die verschiedenen Kausativkonstruktionen, die in Verbindung mit den hier untersuchten Substantiven zu verzeichnen sind, partizipieren, bereits in ihrer Gänze erfasst wurde. In diesem Zusammenhang stellt sich nicht zuletzt auch die weiter oben angedeutete Frage, welche lexikalischen Mittel im Französischen bereitstehen, um die im Hinblick auf das kombinatorische Profil des deutschen Substantivs Mut festgestellten Lücken zu kompensieren. Nun enthält der Wortschatz sowohl des Deutschen als auch des Französischen mit ermutigen bzw. encourager jeweils ein kausativ-inchoatives Verb, das mit den in Frage kommenden Substantiven morphologisch eng verwandt ist63 und in zumindest einer Hauptlesart64 den mit donner bzw. machen gebildeten Nominalverbkonstruktionen auf inhaltlicher Ebene nahekommt. Richtig bemerkenswert wird dieser Umstand vor allem dann, wenn man die in Verbindung mit beiden Verben sowie den Substantiven Mut und courage ermittelten Frequenzwerte einander gegenüberstellt. Dabei lässt sich nämlich konstatieren, daß die relative Vorkommenshäufigkeit von encourager nicht nur deutlich über der von courage, sondern gerade auch über der von ermutigen liegt: Tabelle 5.7: absolute und relative Frequenzwerte von frz. encourager und courage sowie dt. ermutigen und Mut in den jeweiligen Primärkorpora Lemma
Frequenz (absolut)
Frequenz (relativ)
encourager
4710
0,00004450
courage
3253
0,00003073
63 64
zyklischen Sachverhaltsperspektive in Verbindung mit machen nur auf dem Wege einer konstruktionellen Erweiterung der betreffenden lexikalisch-syntaktischen Muster erreicht wird. Hierbei steht frz. encourager zu dem Substantiv courage, dt. ermutigen hingegen zu dem (seinerseits von Mut derivierten) Adjektiv mutig in einem Ableitungsverhältnis. Die betreffenden Lesartunterschiede sind bei der Einschätzung der weiter unten angeführten Frequenzwerte freilich zu berücksichtigen.
219
Lemma ermutigen Mut
Frequenz (absolut)
Frequenz (relativ)
761
0,00000695
4082
0,00003728
Die hier aufgeführten Daten lassen – bei aller Vorsicht, die in Anbetracht der nur bedingt kohärenten Vergleichsgrundlage unter statistischem Aspekt hinsichtlich ihrer Interpretation geboten erscheint – eine gewisse Umkehrung des im Falle der Kollokatorverben machen und donner beobachteten Kräfteverhältnisses erkennen. Sie geben durchaus Anlass zu der Vermutung, dass encourager zumindest einen Teil der in Zusammenhang mit den von donner und courage konstituierten satztragenden Syntagmen nicht vorhandenen Realisierungsoptionen abdeckt, worauf die folgenden Belegbeispiele eindeutig hinweisen: (5-62) Mère et fils complotent, ne se quittent pas. Il lit ses poèmes, elle applaudit. Quand, à treize ans, il commence son diary, elle l’encourage: «Mon Borinka , il faut tenir ton journal intime, tu te sentiras moins seul.» Car l’adolescent n’a pas d’amis. (Le Monde 2000: Boris Schreiber écrivain-Narcisse, 09/06/2000, p. 6) (5-63) Karoly avait tout compris. Jamais il ne réprimandait son élève quand elle ratait un exercice. Tout au contraire, Karoly l’encourageait, la motivait, sans élever la voix. Le contraste était total avec les autres équipes nationales sur les tapis voisins: au moindre échec, les petites se faisaient méchamment engueuler. (Le Monde 2000: Un pédagogue du tir pour Jean-Pierre Amat, 23/09/2000, p. 7)
In den betreffenden Fällen ist nämlich zu beobachten, dass encourager, anders als die mit donner und courage gebildete Nominalverbkonstruktion, auch dann die Bezugnahme auf eine agentivisch-intentionale Verursachung leisten kann, wenn keine stützenden Kontextfaktoren wie etwa die Einbindung in ein Finalsatzgefüge oder eine Modifikation durch Modalverben (siehe weiter oben) vorliegen. Besonders deutlich wird dies durch den Kontrast der Belegstellen (5-62) sowie (5-63) und (559). Dass nun umgekehrt jedoch redonner in Verbindung mit courage zur Vermittlung einer agentivisch-intentionalen Verursachungsperspektive nicht der einschlägigen Kontextfaktoren bedarf (siehe Korpusbeleg (5-58) weiter oben), mag wohl auch damit zusammenhängen, dass das Verb rencourager als zyklizitätsbezogene Variante von encourager seinerseits höchst selten Verwendung findet.65 Aus kontrastiver Sicht ist nun in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass der Unterschied zwischen der aus Mut und machen bestehenden Kausativkonstruktion und dem Einzelverb ermutigen gerade nicht die Möglichkeit der Bezugnahme auf eine agentivisch-intentionale Verursachung betrifft. Letztere ist bei beiden gleichermaßen gegeben, zumal die fragliche Nominalverbkonstruktion – hierin im Übrigen den Verben dt. ermutigen und frz. encourager nicht unähnlich – der Bezeichnung 65
So lassen sich dann auch für ein Vorkommen von rencourager zumindest im Rahmen unseres Primär- sowie Sekundärkorpus keine Belege finden.
220
eines Sprechaktes dienen kann (cf. supra p. 217). Die Trennlinie zwischen ermutigen und den durch Mut und machen konstituierten prädikativen Syntagmen liegt eher auf der Ebene der jeweiligen Zentrierungsleistung, wobei das betreffende Einzelverb, anders als die – in dieser Hinsicht polyfunktionale – nominale Konstruktionsvariante (siehe oben), bis auf wenige Ausnahmen prospektiv zentrierend verwendet wird: (5-64) Binnen eines Jahres hätte Saddam Hussein über Nuklearwaffen verfügt. Da der irakische Diktator auch jetzt wieder seine chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen fortzuentwickeln und sich doch noch in den Besitz von Atomwaffen zu bringen versuche, dürfe man ihm dazu gerade nicht die Zeit lassen. Als «Herr über zehn Prozent der Ölreserven» würde er sich die amerikanischen Verbündeten in der Region und die Vereinigten Staaten selbst mit dem Mittel der «nuklearen Erpressung» gefügig machen können, warnt Cheney. Dem irakischen Diktator jetzt nicht in den Arm zu fallen hieße, ihn zu ermutigen und die Suche nach Alliierten und Freunden gegen ihn zu erschweren. (F.A.Z. 2002: , 08/2002, ) (5-65) Mitmachen bringe die Befriedigung, nicht nur zu meckern, sondern auch etwas zu tun. Und es mache Spaß, beteuert Barbara Dlugosch, die von sich glaubt, daß ihre Begeisterung für politische Arbeit ansteckend wirke: «Ich ermutige jede Frau, in die Politik einzusteigen.» Wenn da bloß nicht ein Problem wäre, das auch so typisch weiblich ist. Während Männer zumeist vorgeben, nicht mal zu merken, wenn sie «unterhalb der Gürtellinie» Volltreffer landen, ist das weibliche Wesen um ein Vielfaches empfindsamer als das männliche Pendant. (Frankfurter Rundschau 1999: «Ich ermutige jede Frau, in die Politik einzusteigen», 24.04.1999, p. 5)
Wir können also abschließend festhalten, dass nicht nur die funktionale Konstellation, in der die kausativen Kollokatorverben von Mut und courage jeweils profilintern zueinander stehen, einen unterschiedlichen Zuschnitt besitzt, sondern dass dies darüber hinaus auch das jeweilige Verhältnis zu den mit den fraglichen Substantiven morphologisch verwandten kausativen Einzelverben ermutigen bzw. encourager betrifft.
5.3
Fazit
Im Folgenden gilt es, noch einmal auf die wesentlichen Punkte der hier vorgestellten kontrastiven Profilstudie einzugehen. Ausgangspunkt unserer Untersuchungen war die als methodische Option gegenüber der in Kapitel 4 durchgeführten Similaritätsbestimmung angesetzte Berechnung von Stereotypie- und Auslastungswerten (cf. Abschnitt 3.2.3), die in unserem konkreten Fall auf die Kollokatorprofile von frz. courage und dt. Mut angewendet wurde. Die für einen Teilbestand ermittelten Profildaten ließen hierbei zunächst zweierlei erkennen: Zum einen ist das kombinatorische Verhalten von courage im Hinblick auf die Stellung seiner Einzelkollokatoren wesentlich stereotyper ausgeprägt, als jenes von Mut (cf. Abschnitt 5.1, p. 186); andererseits zeigt sich für das Profil des letztgenannten Substantivs unter semantischen Gesichtspunkten eine stärkere Spezialisierung auf gewisse Kollokatorreihen, als dies im Falle von courage
221
(cf. Abschnitt 5.1, p. 188) zu beobachten ist. Die fraglichen Spezialisierungsdifferenzen konnten ihrerseits nicht zuletzt auf die höhere Profilauslastung zurückgeführt werden, welche insgesamt anhand der existenzbezogenen spezifischen Begleiter von Mut im Vergleich zu den einschlägigen Kollokatoren von courage gegeben ist (cf. Abschnitt 5.1, Tabelle 5.3). Innerhalb dieser Kollokatorklasse war schließlich u.a. ein deutliches Gefälle zwischen den Auslastungswerten der kausativen Nominalverben beider Substantive festzustellen, was wir letztlich zum Anlass genommen haben, unser Augenmerk insbesondere auf die betreffende Kollokatorreihe zu richten und somit die lokale Grammatik der Kausativkonstruktionen von courage und Mut in ihren Grundzügen aus kontrastiver Sicht näher zu beleuchten (siehe Abschnitt 5.2.1). Grundlegende Divergenzen zwischen den kausativen Kollokatorverben von Mut und courage konnten in einem ersten Schritt im Hinblick auf die in Verbindung mit ihnen bestehenden Möglichkeiten einer Explizierung des Bewirkungssachverhalts ausgemacht werden (cf. Abschnitt 5.2.2). Unsere Analyse orientierte sich dabei vor allem an dem von Talmy (2000b) vorgelegten sprachtypologischen Modell der sog. lexicalization patterns und führte zu der Feststellung, dass das kombinatorische Profil von courage entsprechend der für das Französische vorhergesagten Lexikalisierungstendenzen dank donner, redonner und armer nahezu ausschließlich Nominalverben zur Bildung von Kausativkonstruktionen mit PATH TYPE-Charakter umfasst, wohingegen im Falle von Mut nicht nur mit machen ein PATH TYPE-, sondern darüber hinaus mit zusprechen, zureden, einreden und antrinken auch eine größere Reihe von MANNER TYPE-Kollokatorverben vorliegen, womit also über das kombinatorische Profil des betreffenden deutschen Substantivs insgesamt eine höhere Variabiltät hinsichtlich der Explizierung des Bewirkungssachverhalts im Rahmen der entsprechenden kausativen lexikalisch-syntaktischen Muster gegeben ist. Die aus sprachtypologischer Sicht komplexere Ausprägung des kombinatorischen Profils von Mut war für uns Anlass, in einem nächsten Schritt die hinsichtlich des kausativen PATH TYPE-Nominalverbs machen und seiner MANNER TYPE-Varianten bestehende funktionale Konstellation einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen (cf. Abschnitt 5.2.3, p. 202ss.). In diesem Zusammenhang ging es zum einen um die in Verbindung mit den betreffenden Kollokatorverben gegebenen Möglichkeiten der Realisierung des an Mut gekoppelten semantischen Valenzschemas (cf. Abschnitt 5.2.3, p. 205ss.) sowie zum anderen – in Anlehnung an Talmy (2000d) und Wanner (1997) – um die anhand der entsprechenden Kausativkonstruktionen jeweils vermittelte Verursachungsperspektive (cf. Abschnitt 5.2.3, p. 202ss.). Im Anschluss an die fraglichen Analysen haben wir schließlich aus kontrastiver Sicht die einschlägigen Nominalverben von courage in unsere Überlegungen mit einbezogen. Bei der sprachvergleichenden Gegenüberstellung der jeweiligen profilinternen Konstellationen spielte neben der Frage nach der zum Ausdruck gebrachten Verursachungsperspektive zusätzlich auch die in Kombination mit den betreffenden Einzelkollokatoren geleistete Zentrierung des durch die Bezugssubstantive bezeichneten Sachverhalts eine wichtige Rolle. Die gemäß der beiden genannten Differenzierungsaspekte zu verzeichnenden Verteilungstendenzen seien unter Einbeziehung der weiter oben erwähnten lexikalisierungstypologischen Kriterien an dieser Stelle noch einmal im Rahmen einer Synopsetabelle wiedergegeben: 222
Tabelle 5.8: funktionale Konstellationen der kausativ-inchoativen Kollokatorverben von Mut und courage Substantiv Kollokator
Mut
courage
antrinken einreden zureden zusprechen machen armer donner redonner insuffler
Verursachungsperspektive Lexikalisierungstyp Zentrierung individualisiert situationell intentional stimulativ intern extern retrospektiv prospektiv + MANNER + + MANNER + + MANNER + + + + MANNER + + + + + + PATH + + PATH + + + PATH + + + + + PATH + + + MANNER + -
Angesichts der im Vergleich zu dem polyfunktionalen PATH TYPE-Kollokator machen bestehenden tendenziellen Einschränkungen des Funktionsradius von frz. donner, die vor allem dessen Verwendung im Hinblick auf die Vermittlung einer externen agentivisch-intentionalen Verursachungsperspektive sowie einer retrospektiven Zentrierung betreffen (siehe hierzu ausführlich Abschnitt 5.2.3, p. 215ss.), wurde die durchgeführte kontrastive Profilstudie um Betrachtungen zu den mit courage und Mut morphologisch verwandten kausativen Einzelverben encourager und ermutigen ergänzt. In diesem Zusammenhang konnte letztlich festgestellt werden, dass encourager die tendenziell eingeschränkte Rolle der durch donner und courage konstituierten Kausativkonstruktion insofern kompensiert, als es einerseits zur Bezeichnung einer externen intentionalen Verursachung und andererseits zum Ausdruck einer retrospektiven (wie auch prospektiven) Zentrierung verwendet werden kann, während sich der Unterschied zwischen ermutigen und den von Mut in Verbindung mit machen gebildeten prädikativen Syntagmen unter den genannten Gesichtspunkten auf die Ebene der Zentrierungsleistung beschränkt, wobei das betreffende Einzelverb stärker darauf festgelegt ist, prospektiv zentrierend verwendet zu werden. Zum Ende dieses Kapitels soll unter Berücksichtigung der in Abschnitt 5.1 angesprochenen Auslastungsdifferenzen in Form eines kurzen Ausblicks auf weitere mögliche Schwerpunkte einer Kontrastierung der kombinatorischen Profile von courage und Mut eingegangen werden. So wäre es über die in diesem Kapitel erfolgte Analyse der kausativ-inchoativen Konstruktionsmuster hinaus sicherlich angebracht, sich gleichfalls mit den verbleibenden existenzbezogenen Kollokatoren (inchoativer wie terminativer Prägung) zu beschäftigen und hierbei nicht zuletzt die defektive Ausformung des kombinatorischen Profils beider Substantive im Hinblick auf die sprachliche Realisierung einer kausativ-terminativen Sachverhaltspersktive zum Gegenstand einer weiterführenden Betrachtung zu machen. Ebenso würde sich eine detaillierte Untersuchung der im Rahmen der Kollokatorprofile von Mut und courage gegebnen vermittelt-evaluativen Ausdrucksoptionen anbieten, was vor allem dadurch begründet wäre, dass sich beide Substantive hinsichtlich der relativen Profilauslastung durch die entsprechenden Kollokatoren,
223
ähnlich wie im Falle der existenzbezogenen spezifischen Begleiter, in recht deutlichem Maße voneinander unterscheiden. Des Weiteren wäre das Fehlen von konsequenzbezogenen Kollokatorausdrücken in Verbindung mit courage stärker zu würdigen, was letztlich mit der Frage nach dem Verhältnis der Kombinationspräferenzen von Mut und audace verbunden werden könnte, dessen Profil bekanntermaßen in der betreffenden Hinsicht keinen defektiven Charakter aufweist. Zur Vervollständigung des mit Blick auf die Substantive Mut und courage vorgenommenen Profilvergleichs wäre schließlich eine konstrastive Skizze zu den über die einschlägigen deontischen wie auch evidenzkennzeichnenden Kollokatoren gebildeten lexikalisch-syntaktischen Mustern denkbar, was seinerseits einen geeigneten Ausgangspunkt für die – im Rahmen dieser Arbeit generell vernachlässigte – diskurs-semantische Einordnung des kombinatorischen Verhaltens der fraglichen Substantive bilden könnte.
224
6
Zusammenfassung und Ausblick
Fassen wir zusammen. Im Mittelpunkt unseres Beitrags stand die Frage, inwiefern das kombinatorische Verhalten eines jeden Wortes in seiner Gesamtheit auf eine überschaubare Zahl an Regularitäten zurückgeführt und die ihm eigene systemische Dimensionierung im Verhältnis zu den einschlägigen kombinatorischen Gebrauchsmustern anderer Wörter offen gelegt werden kann. Ihre Klärung wurde hierbei mit dem konkreten Ziel verbunden, einen entsprechenden methodischen Rahmen zu entwerfen und, von diesem ausgehend, geeignete Analyseformate zu entwickeln. Die Umsetzung dieser Vorgaben wurde über mehrere Zwischenschritte angestrebt, die an dieser Stelle im Einzelnen noch einmal rekapituliert seien. In Kapitel 2 ging es uns zunächst um eine theoretische Standortbestimmung. Ausgangspunkt hierfür war ein ausführlicher Überblick zu den zwei Hauptströmungen auf dem Gebiet der gegenwärtigen Kollokationsforschung, die wir unter der jeweiligen Bezeichnung «deduktiv-taxonomisch» (cf. Abschnitt 2.1) bzw. «induktivsystemisch» (cf. Abschnitt 2.2) einander gegenübergestellt haben. Wie wir in diesem Zusammenhang feststellen konnten, besteht der wesentliche Unterschied zwischen beiden darin, dass gemäß dem kontextualistisch geprägten, induktiv-systemischen Ansatz unter Kollokation eine sprachimmanente syntagmatische Strukturdimension im Bereich der Lexik verstanden wird, wohingegen es aus deduktiv-taxonomischer Sicht in erster Linie darum geht, Kollokationen als einen besonderen Typus von Wortverbindungen einzugrenzen. Diesen Unterschied haben wir auf die mit beiden Kollokationsbegriffen verbundenen gegensätzlichen Auffassungen zum Verhältnis von lexikalischer Bedeutung und Wortkombinatorik zurückgeführt (cf. Abschnitt 2.3), wobei im Einzelnen deutlich wurde, dass im Rahmen des deduktiv-taxonomischen Ansatzes von Bedeutung als vor allem referenzsemantisch bestimmbarer, autonomer paradigmatischer Größe ausgegangen wird und syntagmatische Gegebenheiten im Nachhinein mit den betreffenden paradigmatischen Vorgaben korreliert werden, während umgekehrt nach induktiv-systemischem Verständnis die kombinatorischen Gebrauchsmuster eines Wortes einen konstitutiven Bestandteil seiner Bedeutung, d.h. seines funktionalen Status als Audrucksoption vor dem Hintergrund eines syntagmatisch übereinstimmenden Umfelds darstellen. Wir haben letztlich i.S. des induktiv-systemischen Ansatzes dafür plädiert, die durch das erwähnte Zusammenspiel von Syntagmatik und Paradigmatik konstituierten Distributionsmuster von vorneherein als die eigentlich relevante Größe zur Bedeutungsbestimmung anzusetzen und die (gleichwohl gegebenen) referenzsemantischen Bedeutungsaspekte vorrangig ihrer distributionellen Einhegung gemäß zu charakterisieren (cf. Abschnitt 2.3, p. 50s.). In Anlehnung an Blumenthal (2006a; 2006b) haben wir hierbei den 225
Gedanken ins Spiel gebracht, dass als semantisches Korrelat des (distributionell bedingten) funktionalen Status eines Wortes dessen Konzeptualisierungsleistung aufgefasst werden kann und somit die syntagmatischen Gebrauchsmuster des Wortes in Gestalt seines kombinatorischen Profils, d.h. der kookkurrenzparadigmatisch ausgeformten Struktur seines typischen lexikalisch-syntaktischen Umfelds einen entscheidenden Faktor dieser Konzeptualisierungsleistung darstellen (cf. Abschnitt 2.3, p. 51s.). Auf diesem Wege haben wir schließlich im Einklag mit den oben formulierten Thesen zur lexikalischen Kombinatorik das kombinatorische Wortprofil als zentralen Gegenstand unserer weiteren Untersuchungen bestimmt und in diesem Zusammenhang zwei Analyseformate vorgeschlagen, die mit unterschiedlichen, letztlich aber durchaus kombinierbaren Betrachtungsperspektiven verbunden sind. So haben wir zum einen für die Durchführung paradigmatischer Vergleichsanalysen plädiert, bei denen es im Kern um die Erfassung profilinterner und -externer Kontrastkonstellationen gehen sollte (cf. Abschnitt 2.3, p. 53s.). Zum anderen haben wir als zweite Analysemöglichkeit eine (zunächst) auf Einzelprofile beschränkte Fokussierung besonders salienter Profilsegmente zur Diskussion gestellt und dies als Grundlage für die Herausarbeitung einer lokalen Grammatik i.S. von Hunston/Francis (2000, 129) gekennzeichnet. Mit Blick auf die skizzierten Varianten der Profilanalyse haben wir einen differenzierten Methodenapparat entwickelt, der im Folgenden noch einmal zusammenfassend dargestellt werden wird. Den methodischen Implikationen unserer theoretischen Vorgaben entsprechend wurde für den vorliegenden Beitrag eine Analyseumgebung geschaffen, die auf die Erfordernisse einer korpusinduzierten (engl.: corpus-driven) Untersuchung von Wortkombinatorik zugeschnitten wurde. Dies wurde in Kapitel 3 ausführlich besprochen. Hierbei sind wir zunächst auf die Zusammensetzung des verwendeten Korpusmaterials (cf. Abschnitt 3.1.1), seine dokumentschemagebundene Normalisierung (cf. Abschnitt 3.1.2), seine morpho-lexikalische Annotation mittels TreeTagger (cf. Abschnitt 3.1.3) sowie seine Überführung in eine eigens erstellte Datenbank-Anwendung (cf. Abschnitt 3.1.4) eingegangen. In einem nächsten Schritt wurden dann die eingesetzten kookkurrenzstatistischen Verfahren dargestellt, wobei im Einzelnen die Bestimmung der Kohäsionsstärke von Kookkurrenzpaaren auf der Grundlage des Assoziationsmaßes log likelihood (cf. Abschnitt 3.2.1), das Format der datenbankseitig als Ergebnislisten bereitgestellten Lexikogramme (cf. Abschnitt 3.2.1), die Ermittlung der für die paradigmatischen Vergleichsstudien vorgesehenen Similaritäts- und Distanzwerte (cf. Abschnitt 3.2.2) sowie die Berechnung der auf die Erkennung salienter Profilausschnitte ausgerichteten Stereotypie-Indices und Auslastungswerte (cf. Abschnitt 3.2.3) thematisiert wurden. In Abschnitt 3.3 wurden schließlich einige Besonderheiten der Lexikogramm-Auswertung angesprochen, die zum einen durch das grundsätzliche Fehlen einer im Hinblick auf die Profilanalyse letztlich unverzichtbaren syntaktischen Annotationsebene sowie zum anderen durch unzutreffende Wortarten- oder Lemmazuweisungen seitens des eingesetzten Annotierungspramms bedingt waren. Wir haben die fraglichen Schwierigkeiten dergestalt zu kompensieren versucht, dass wir die datenbankintern generierten Lexikogramme vor ihrer Weiterverwendung im Rahmen der unter 3.2.2 und 3.2.3 geschilderten komplexen Berechnungsverfahren wie auch als allgemeine Datengrundlage unserer einzel226
nen Profilstudien einer eingehenden Sondierung und manuellen Überarbeitung zur Fehlerkorrektur und Ergänzung linguistisch relevanter Angaben unterzogen haben. Als erstem der beiden in Abschnitt 2.3 skizzierten Analyseformate haben wir uns in Kapitel 4 dem paradigmatischen Profilvergleich zugewandt. Die Untersuchungsgrundlage bildete in diesem Zusammenhang eine Gruppe von französischen Substantivlexemen, die sich aus courage und einigen seiner (nach Ausweis unseres Primärkorpus) signifikanten Koordinationspartner zusammensetzte, wobei als semantisches Eingrenzungskriterium die Bedingung formuliert wurde, dass die betreffenden Substantive gleichermaßen der Bezugnahme auf Handlungsdispositionen dienen sollten (cf. Abschnitt 4.1). Hinsichtlich des im Einzelnen aus ardeur, heroïsme, obstination, acharnement, opiniâtreté, générosité, ténacité und audace bestehenden Teil-Paradigmas wurden dann jeweils mit courage als Vergleichsbasis die Similaritätswerte zu den entsprechenden Profilkonstellationen bestimmt. Die Berechnungsergebnisse wurden hierbei aus linguistischer Sicht als Indikatoren für die paradigmatische Nähe bzw. Distanz zwischen den fraglichen Bezugslexemen interpretiert (cf. Abschnitt 4.2), womit gleichzeitig die Einschätzung verbunden war, dass gerade eine Kontrastierung der divergentesten Kollokatorprofile am ehesten Aufschluss über die im Hinblick auf das kombinatorische Verhalten aller untersuchten Substantive zentralen Differenzierungsachsen und mithin auch die konzeptualisierungsgebundene Struktur des zu Grunde gelegten Substantivparadigmas bieten könnte. Entsprechenderweise haben wir unsere zunächst auf Paarvergleiche gestützte Bestandsaufnahme bei ardeur als jenem Substantiv begonnen (cf. Abschnitt 4.3.1), dessen kombinatorisches Profil in Anbetracht der ermittelten Similaritätsindices die geringste Übereinstimmung im Verhältnis zu courage aufzuweisen hatte. Ausgehend hiervon wurden weitere Profilvergleichsstudien zu courage in Relation zu anderen Substantiven aus den verschiedenen nach Quartilen eingeteilten Wertebereichen durchgeführt (cf. Abschnitt 4.3.2–4.3.8). Die betreffenden Paarvergleiche folgten hierbei dem immer gleichen Argumentationsaufbau: Zunächst wurden die aus Sicht des Profils von courage bestehenden Übereinstimmungen sowie Divergenzen in einem jeweils etwas kürzeren Vorlauf gewürdigt und mit Fortschreiten der Untersuchungsreihe auf vorherige Profilkonstellationen bezogen; dann wurden in einem zweiten Schritt die in Abweichung zu courage gegebenen Besonderheiten im kombinatorischen Verhalten des jeweiligen Vergleichssubstantivs einer eingehenden Analyse unterzogen. Die in dieser Art gestalteten Paarvergleiche mündeten schließlich in eine Synthese (cf. Abschnitt 4.4), in deren Rahmen versucht wurde, die zuvor anlässlich der Einzelstudien eruierten Erkenntnisse auf die Gesamtheit des untersuchten Substantivparadigmas zu extrapolieren. Schwerpunkt und Leitfaden unserer Darstellung war dabei die Frage nach den ereignisontologisch verankerten Dimensionen, die im Wesentlichen zur Differenzierung des kombinatorischen Potentials der miteinander verglichenen Substantive beitragen. Es wurde also vor allem darauf eingegangen, wie sich die Konzeptualiserung des durch die betreffenden Substantive jeweils bezeichneten Sachverhalts in seiner Rolle als Bestandteil bestimmter Entwicklungsund Wirkungszusammenhänge auf der Basis der einschlägigen Kollokatorprofile im Einzelnen gestaltet. Diese Schwerpunktsetzung erfolgte anhand der Erkenntnis, dass 227
die im Rahmen der Paarvergleiche analysierten spezifischen Begleiter grundlegend danach voneinander unterschieden werden können, ob sie die mittels ihres Bezugssubstantivs bezeichnete Handlungseinstellung – entweder im Sinne einer internen Sachverhaltsperspektive als Bewirkungshorizont – oder aber gemäß einer externen Sachverhaltsperspektive als eigenständige Bewirkungsinstanz ausweisen. Im Falle der auf die Vermittlung einer internen Sachverhaltsperspektive ausgerichteten Kollokatoren konnte festgestellt werden, dass sich die einschlägigen Profilgrenzen im Wesentlichen auf zwei Parameterkomplexe abbilden lassen, und zwar betreffen diese (1) die der Konzeptualiserung des Sachverhalts und seiner inhärenten Entwicklungsstadien zugrundeliegende Bezugsgröße, unterschieden nach Existenz, Intensität, Potential und Imminenz (z.B.: avoir + {courage, audace}; plein + {ardeur, audace, générosité}; capable + {audace, générosité}; permettre + audace) (2) bestimmte unmittelbare Eigenschaften der Sachverhaltsentwicklung, wobei sich im Falle der Zuschreibung von Dynamizität weitere Differenzierungsmöglichkeiten im Hinblick auf a) die Angabe der Impulsorientierung (Progression vs. Regression und ggf. Kennzeichnung von Zyklizität – z.B.: perdre + courage; reprendre + courage; redoubler + {ardeur, audace}; regain + ardeur) sowie b) die Markierung von Kausalität (mit einer zusätzlichen Unterscheidung nach dem Gesichtspunkt einer aktiven Mitbeteiligung des Agonisten am Bewirkungsprozess – z.B.: {donner, redonner} + courage; {calmer, freiner} + ardeur; susciter + générosité; {permettre, autoriser, interdire} + audace) ergeben. In Zusammenhang mit der profilseitigen Ausgestaltung einer externen Sachverhaltsperspektive spielten vor allem unmittelbar konsequenzbezogene sowie vermittelt-evaluative spezifische Begleiter der analysierten Substantive als zentrale Kollokatorklasse eine Rolle. Wie hierbei zu beobachten war, betreffen die einschlägigen Differenzierungsoptionen im erstgenannten Fall: (1) die Bezeichnung der Wirkungsqualität (positive vs. negative Handlungsfolgen – z.B.: récompenser + {audace, obstination, ténacité}; victime + acharnement) sowie (2) die Zuweisung des Status als betroffene Instanz (Agonist vs. Dritte – z.B.: bénéficier + générosité; valoir + audace) Im Bereich der vermittelt-evaluativen Kollokatoren konnte unter primär ereignisontologisch erfassbaren Gesichtspunkten schließlich jeweils eine Differenzierungsebene bezüglich
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(1) der Polarität der thematisierten Sachverhaltsbeurteilung (synagonistischer vs. antagonistischer Reaktionsimpuls – z.B.: saluer + {audace, courage, générosité}; dénoncer + {acharnement, obstination}; exaspérer + obstination) sowie (2) des bezeichneten Ereignistyps (mentaler Zustand vs. Kommunikationsakt – z.B.: admirer + {courage, ténacité}; étonner + {audace, générosité}; {éloge, exalter} + héroïsme; protester + obstination) ermittelt werden. Über die auf der Grundlage der hier skizzierten lokalen systemischen Netzwerke strukturierten Verteilungsmuster hinaus wurde ebenso auf verschiedene Regularitäten hinsichtlich der profilseitigen Ko-Präsenz bestimmter Kollokatorreihen eingegangen, wobei u.a festgestellt wurde, dass die profilinternen Konstellationen, in denen deontisch-dynamische Kollokatorausdrücke wie falloir, nécessiter, demander etc. sowie defizienzbezogen-kontrafaktische Ausdrucksoptionen wie manquer oder défaut auftreten, davon abhängen, ob der betreffende Profilbestand gleichzeitig existenzbezogene spezifische Begleiter (cf. avoir, donner u.a.) oder intensitätsbezogene spezifische Begleiter (cf. plein, redoubler u.a.) umfasst, was im erstgenannten Fall ein gemeinsames Auftreten der beiden deontisch ausgerichteten Kollokatorreihen (cf. courage, audace), im letztgenannten Fall jedoch eine profilseitige Beschränkung auf defizienzbezogen-kontrafaktische Ausdrucksoptionen (cf. ardeur, générosité) bedingt. In ähnlicher Weise konnte mit Blick auf die kombinatorische Affinität von générosité zu étonner sowie von audace zu étonner und surprendre festgehalten werden, dass sich in der betreffenden Verteilungskonstellation – entsprechend jener Differenz, die den beiden vermittelt-evaluativen Verben bereits von Lafaye (1869) zugeschrieben wurde – die jeweilige Intensitäts- bzw. Intensitäts- und Existenzbezogenheit des Profils von générosité bzw. audace widerspiegelt. Die beiden zuletzt erwähnten Fälle können abschließend gewiss als emblematische Beispiele dafür gelten, dass auf dem Wege einer korpusinduzierten paradigmatischen Profilanalyse mehr über Zusammenhänge des kombinatorischen Verhaltens von Wörtern herausgefunden werden kann, als es zunächst aus der Perspektive einer deduktiv-taxonomischen Herangehensweise (cf. supra p. 225) den Anschein haben mag. Kapitel 5 stand seinerseits im Zeichen sprachvergleichender Profilstudien. Wir haben uns zu diesem Zweck für die Berechnung von Stereotypie- und Auslastungswerten als methodische Option entschieden und diese auf die Kollokatorprofile von frz. courage und dt. Mut angewandt. Aus den betreffenden Profildaten wurde zunächst Folgendes ersichtlich: Einerseits lässt sich für courage bezüglich der Stellung seiner Einzelkollokatoren ein wesentlich stereotyper ausgeprägtes kombinatorisches Verhalten beobachten als für Mut (cf. Abschnitt 5.1, p. 186); andererseits zeichnet sich das Profil des letztgenannten Substantivs im Unterschied zu courage unter semantischen Gesichtspunkten durch eine stärkere Spezialisierung auf gewisse Kollokatorklassen aus. Als Ursache für diese Spezialisierungsdifferenzen ließ sich nicht zuletzt die höhere Profilauslas-
229
tung ausmachen, die in Zusammenhang mit den existenzbezogenen Kollokatorausdrücken von Mut im Vergleich zu den einschlägigen Ausdrucksoptionen bei courage vorliegt. Im Rahmen dieser Kollokatorklasse waren schließlich beträchtliche Divergenzen zwischen den Auslastungswerten der kausativen Nominalverben beider Substantive zu beobachten. Deshalb erschien es uns sinnvoll, eben diese Kollokatorreihe eingehender zu betrachten und die lokale Grammatik der Kausativkonstruktionen von courage und Mut in ihren Grundzügen herauszuarbeiten (siehe Abschnitt 5.2). In einem ersten Schritt konnten wir dann einige wesentliche Abweichungen im Hinblick auf die in Verbindung mit den kausativen Kollokatorverben von Mut und courage gegebenen Möglichkeiten einer Explizierung des Bewirkungssachverhalts feststellen (cf. Abschnitt 5.2.2). Auf Grundlage des in Talmy (2000b) entwickelten sprachtypologischen Modells der lexicalization patterns war zu erkennen, dass im Rahmen des kombinatorischen Profils von courage entsprechend der für das Französische zu erwartenden Lexikalisierungstendenzen mit donner, redonner und armer nahezu ausschließlich Nominalverben zur Bildung von Kausativkonstruktionen mit PATH TYPE-Charakter vorliegen, während in Verbindung mit Mut durch machen bzw. zusprechen, zureden, einreden und antrinken ebenso PATH TYPE- wie MANNER TYPEAusdrucksoptionen in prominenter Weise zu verzeichnen sind. Aufgrund der komplexeren Ausprägung des kombinatorischen Profils von Mut haben wir in einem nächsten Schritt die hinsichtlich des kausativen PATH TYPE-Nominalverbs machen und seiner MANNER TYPE-Varianten bestehende funktionale Konstellation genauer untersucht (cf. Abschnitt 5.2.3, p. 202ss.). Im Mittelpunkt unserer Betrachtungen standen dabei zum einen die in Verbindung mit den betreffenden Kollokatorverben gegebenen Möglichkeiten der Realisierung des semantischen Valenzschemas von Mut (cf. Abschnitt 5.2.3, p. 205ss.) sowie zum anderen die anhand der entsprechenden Kausativkonstruktionen vermittelten Verursachungsperspektiven (cf. Abschnitt 5.2.3, p. 202ss.). Hierauf aufbauend haben wir schließlich aus kontrastiver Sicht die einschlägigen Nominalverben von courage in unsere Überlegungen mit einbezogen. Bei der Gegenüberstellung der profilinternen Konstellationen erwiesen sich die Frage nach der zum Ausdruck gebrachten Verursachungsperspektive wie auch die in Kombination mit den betreffenden Einzelkollokatoren geleistete Zentrierung des durch die Bezugssubstantive bezeichneten Sachverhalts (cf. Abschnitt 5.2.3, pp. 212ss.) als zentrale Differenzierungsaspekte. Anhand der in dieser Hinsicht zu verzeichnenden Verteilungstendenzen ergab sich vor allem, dass im Vergleich zu dem polyfunktionalen PATH TYPE-Kollokatorverb machen gewisse Einschränkungen des Funktionsradius von frz. donner bestehen und dass diese vor allem dessen Verwendung zur Kennzeichnung einer externen agentivisch-intentionalen Verursachungsperspektive sowie einer retrospektiven Zentrierung (siehe hierzu ausführlich Abschnitt 5.2.3, p. 215ss.) betreffen. Daraufhin wurde die kontrastive Profilstudie um Betrachtungen zu den mit courage und Mut morphologisch verwandten kausativen Einzelverben encourager und ermutigen abschließend ergänzt. Als Ergebnis wurde dabei festgehalten, dass encourager die tendenziell eingeschränkte Rolle der durch donner und courage konstituierten Kausativkonstruktion in zweifacher Hinsicht kompensiert, da es einerseits zur Bezeichnung einer externen intentionalen Verursachung sowie andererseits zum 230
Ausdruck einer retrospektiven (wie auch prospektiven) Zentrierung verwendet werden kann. Der Unterschied zwischen ermutigen und der in Verbindung mit Mut und machen gebildeten Nominalverbkonstruktion beschränkt sich seinerseits auf die Zentrierungsleistung, wobei das betreffende Einzelverb stärker darauf festgelegt ist, in prospektiv zentrierender Funktion aufzutreten. Der vorliegende Beitrag wäre in mancherlei Hinsicht noch auszubauen. So war es zum einen unserer vorrangigen Zielsetzung, tragfähige Analyseformate für die Erforschung kombinatorischer Profile zu entwerfen, geschuldet, dass weder das in Kapitel 4 zunächst eruierte Lexemparadigma, noch der in Kapitel 5 herangezogene Datenbestand in der jeweils vielleicht wünschenswerten Exhaustivität besprochen wurden. Ebenso wäre in diesem Zusammenhang gewiss auch die Ausweitung unserer Profilstudien auf andere, als die verwendeten pressesprachlichen Korpora angezeigt gewesen. Gleichwohl vertreten wir die Ansicht, dass die hier in exemplarischer Form präsentierten Beschreibungsansätze in nachvollziehbarer Weise die weiteren Schritte zu einer Komplettierung unserer in Anbetracht des Gesamtumfangs der zur Verfügung stehenden Profildaten vorerst fragmentarisch wirkenden Untersuchungen aufzeigen. Zum anderen wäre über die anlässlich der Profilstudien in Kapitel 4 und 5 gesetzten Betrachtungsschwerpunkte hinaus an eine Einbeziehung zusätzlicher Phänomenbereiche und Beschreibungsebenen zu denken gewesen, wie sie etwa in dem von Hoey (2005) entworfenen Analysemodell der Lexical Priming-Theorie vorgesehen sind. Insbesondere wären in diesem Zusammenhang Profiluntersuchungen zu den mit bestimmten Wörtern verbundenen interaktionsbezogenen (interpersonellen) Konzeptualisierungen (den sog. pragmatischen Assoziationen gemäß Hoey 2005) wie auch zur Ebene der transphrastischen, d.h. vor allem textweit wirksamen, Gebrauchsmuster vorstellbar, was seinerseits zu einem integrierten diskurs-semantischen Beschreibungsansatz führen würde, auf dessen Grundlage nicht zuletzt in Anlehnung an die von Sinclair (1991; 2004) im Sinne des idiom principle vorgeschlagenen Schematisierungen die Kontexteinbettung einzelner Wortsequenzen (d.h. u.a. sog. Distanz- oder Satzfragmentkollokationen nach Siepmann 2002, 258s.) einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden könnte. Die letztgenannte Analyseperspektive würde gleichzeitig einen Ausbau des von uns gewählten methodischen Rahmens hin zur Erfassung von Kombinationsmustern, die über binäre Wortverbindungen hinausgehen, notwendig machen. Die Verwendung geparster, d.h. im Hinblick auf syntaktische Gruppierungsebenen gekennzeichneter Korpora wäre nicht nur angesichts der strukturbezogenen Ungenauigkeit morpho-lexikalischer Annotierungen (siehe u.a. Seite 226 weiter oben), sondern ebenso in dem hier erwähnten Zusammenhang zweifellos bedenkenswert. Aber auch bezüglich der Verarbeitung binärer Wortverbindungen wären verschiedene methodische Varianten zu den von uns vorgeschlagenen Verfahren der Similaritäts- und Stereotypieberechnung denkbar, wobei es sich beispielsweise um den Einsatz multivariater Methoden wie der sog. Multidimensionalen Skalierung (MDS) (cf. hierzu ausblickend Sinclair 1966 sowie die jeweilige Umsetzung in Heringer 1999, 64ss. bzw. Blumenthal 2007b) oder um die Anwendung netzwerkund clusterbasierter Techniken wie etwa im Rahmen des am Institut des Sciences 231
Cognitives (ISC) in Lyon angesiedelten Contexonym-Projekts (< http://dico.isc.cnrs.fr/dico/context/search >, Konsultationsdatum: 22.11.2007) handeln könnte. Vor diesem Hintergrund eröffnen sich – zumal in Anbetracht der noch zu erwartenden Entwicklung der Computertechnologie – einige interessante Perspektiven zur dauerhaften Etablierung einer experimentellen Lexikologie. Uns bleibt an dieser Stelle nur, der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, der Leser möge diesem Beitrag einige Denkanstöße zur methodischen, deskriptiven und theoretischen Erschließung von Phänomenen im Bereich der lexikalischen Kombinatorik entnommen haben. Gewiss: «das Verfahren schockt und lockt» (Heringer 1999, 7) noch immer, und es harren bereits Korpora in einem Umfang von zigmillionen laufenden Token einer baldigen Auswertung. Jedoch muss – frei nach Fillmore (1992) – auch für diese Arbeit gelten: Jedes Zählen hat einmal ein Ende.
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Anhang
zu Kapitel 2.3 Tabelle A: durch grièvement modifizierte Adjektiv- und Verbbegleiter (Korpus: Le Monde 1999/ Le Monde 2000/ Le Monde 2002/ Le Figaro 2002; Fenstergröße: 5; Assoziationsmaß: log likelihood) Kollokator
Wortart
Bereich
blesser blesser blessé blessé brûler atteindre toucher mordre accidenter
VER VER ADJ ADJ VER VER VER VER VER
R L R L R R R R R
Kohäsionswert (log likelihood) 6853,88 1476,175 1116,274 571,76 269,42 149,33 87,972 27,234 23,499
Tabelle B: durch gravement modifizierte Adjektiv- und Verbbegleiter (Korpus: Le Monde 1999/ Le Monde 2000/ Le Monde 2002/ Le Figaro 2002; Fenstergröße: 5; Assoziationsmaß: log likelihood) Kollokator
Wortart
Bereich
malade blesser atteindre endommager nuire blesser brûler toucher compromettre blessé affecter menacer endommager perturber perturber handicaper compromettre déstabiliser menacer blessé
ADJ VER VER VER VER VER VER VER VER ADJ VER VER VER VER VER VER VER VER VER ADJ
R R R R L L R R L R R R L L R R R L L L
Kohäsionswert (log likelihood) 1551,849 922,929 596,439 575,313 473,416 318,991 230,918 229,183 192,937 176,816 162,826 162,634 149,755 145,86 123,576 118,78 113,77 101,965 94,824 86,21
239
Kollokator
Wortart
Bereich
affecter intoxiquer polluer altérer détériorer interroger altérer affaiblir entraver préoccuper pénaliser toucher violer sous-estimer dégrader hypothéquer handicaper tromper léser affaiblir diffamatoire handicapé déstabiliser entamer léser nuisible pénaliser déséquilibrer ternir déficitaire pâtir myope attentatoire accidenter opiner négligé irradier contrevenir violer préjudiciable détériorer coupable entacher entacher brûler erroné insulter malmener irresponsable contrarier sous-estimer embarrasser failli
VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER ADJ ADJ VER VER VER ADJ VER VER VER ADJ VER ADJ ADJ VER VER ADJ VER VER VER ADJ VER ADJ VER VER VER ADJ VER VER ADJ VER VER VER ADJ
L R R R R L L R L R L L R R R L L L R L R R R R L R R R L R L R R R L R R L L R L R R L L R R R R L L R R
240
Kohäsionswert (log likelihood) 86,042 78,409 75,316 70,712 69,378 67,857 59,026 51,236 50,805 49,351 45,364 44,679 43,701 43,615 43,275 42,342 40,634 39,408 38,559 33,144 33,129 31,832 28,627 28,28 28,21 28,109 27,424 26,386 25,365 23,978 23,465 23,074 22,927 21,408 21,009 20,412 18,545 18,377 17,695 16,838 15,684 15,615 15,419 15,36 15,282 14,899 14,84 14,542 14,528 14,186 13,757 13,294 13,049
Kollokator
Wortart
Bereich
fragiliser manquer nuire manquer troubler troubler restreindre
VER VER VER VER VER VER VER
L R R L R L R
Kohäsionswert (log likelihood) 12,418 12,407 12,377 11,71 11,491 11,317 11,13
Belegliste WebCorp-Recherche (Zeichenkette: < grièvement malade* > Abfragedatum: 05.10.2007) http://forums.paragon.fr/viewtopic.php?p=11562
[…] l’hiver 1978 où Elena tomba grièvement malade, après être allé chez tout [...] http://citoyens.villeneuvedascq.fr/france-roumanie/realisations/journee_cinema_roumain.htm
[…] Securitate, tombé en disgrâce et grièvement malade. A la mort de son [...] http://www.lejdd.fr/cmc/culture/200723/cheb-mami-l-idole-deraille_25797.html […] ma vielle mère, 87 ans, grièvement malade et déprimée. Il fallait à [...] http://www.larousse.fr/demo/nom-commun-nom/c/cacologie.htm
[…] défectueuse (par exemple Il est grièvement malade). Encyclopédie Larousse Ce contenu est [...] http://www.ac-versailles.fr/etabliss/Toussaint/labct2/cendrillon/conte1.htm
[…] petit frère de Rose tomba grièvement malade. Alors Rose décida de voir […] http://cgi.ebay.fr/MAGNIFIQUES-B.O-BARROQUES-Sign%C3%A9es-%22FLORENZA%22_W0QQitemZ110170738477QQcmdZ...
[…] son fils et succésseur tombe grièvement malade en 1981, la fabrication de […] http://www.loria.fr/LORIA/Inforum/Inforum19/Inforum.19.html
[…] sa vie, il a été grièvement malade d’un cancer des intestins. Le […] http://www.halldulivre.fr/cgi-bin/db2www.cgi/nancy.mac/show_book?book_index=9782714442482
[…] cinq ans, lorsque celle-ci tombe grièvement malade, il décide de travailler pour […] http://perso.orange.fr/soutienperteanimaldomestique/wen.htm
[…] pas savoir qu’elle était si grièvement malade… Je me croyais maudite pour […] http://www.musique.lycos.fr/musique/actualite/cheb-mami-rxe9clame-un-procxe8s-en-algxe
[…] mère, 87 ans, qui était grièvement malade et déprimée. (...) Alors, je suis […] http://pichot.sylvestre.club.fr/dvfich6.html
[…] ensuite que vous aviez été grièvement malade ici, à la suite de […]
241
http://www.ville-la-courneuve.fr/5_regards/journal.php?id=631
[…] volonté qui compte. J’ai été grièvement malade, mais j’ai lutté pour poursuivre […] http://longchaumois.free.fr/miracle/miracle.html
[…] un jour,la femme tomba grièvement malade. la nuit tombée, la malheureuse […] http://www.france5.fr/cdanslair/008100/21/137562.cfm
[…] savoir plus Mort ou grièvement malade ? Des rumeurs courent à nouveau […] http://francoib.chez-alice.fr/kara/k3_page2.htm
[…] injustice cependant, le pacha tomba grièvement malade. Les autres aghas, soucieux d’amuser […] http://membres.lycos.fr/laphilosophie/ebook/Lettres%20%e9crites%20de%20la%20montagne.htm
[…] cité au consistoire ; c’est qu’étant grièvement malade et entre les mains des […] http://ultimatecomics.free.fr/xmen/resumes/resume06.htm
[…] Xavier. Sur Terre, Xavier tombe grièvement malade. À la suite des déclarations […] http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/france_829/label-france_5343/les-numeros-label-france_5570/lf36-mus...
[…] « madame Guilbert », tombée grièvement malade en 1909, se consacre exclusivement […] http://pichot.sylvestre.club.fr/dvfich5.html
[…] que vous aviez été assez grièvement malade pendant vingt-quatre heures. - Alors, disje […] http://www.imprescriptible.fr/documents/naayem/samsoun.htm
[…] une de nos soeurs tombe grièvement malade ; elle meurt le lendemain à […] http://www.florilege.free.fr/florilege/sicaud/index.htm
[…] préface d’. Puis elle tomba grièvement malade. Elle mourut à 15 ans […] http://perso.orange.fr/72emeRI/crbst_6.html
[…] janvier 1917 après être tombé grièvement malade. En septembre 1917, promu Lieutenant […] http://board.bitefight.fr/thread.php?threadid=16379
[…] sa mère qui était malade, grièvement malade. Il devait a tout pris […]
242
zu Kapitel 3.3 Tabelle C: französischsprachige Fassung des Analyserasters gemäß Blumenthal (2007a:46) Kategoriegruppe 1. Fonction épithète et apposition
2. Nom de base + complément déterminatif
3. Nom de base = complément du nom
Kennzahl Kategorie 1.1 adjectif antéposé 1.2 1.3
adjectif ou participe postposé groupe nominal sans préposition
2.1
génitif subjectif
2.2 2.3 2.4
autres arguments nominaux infinitif complétive
2.5 2.6
autres constructions nominales relative caractéristique du mot de base
3.1
nom + préposition + mot de base (quantification) nom + préposition + mot de base (sauf quantification)
3.2 3.3
constructions sans préposition
4. Nom de base = complément de l’adjectif/adverbe
4.1 4.2
adjectif + mot de base adverbe + mot de base
5. Sujet grammatical
5.1
sujet grammatical - verbes non attributifs sujet grammatical - constructions attributives
5.2
6. Complément essentiel
6.1 6.2
7. Complément circonstanciel
8. Autres constructions
complément direct, indirect ou prépositionnel complément d’objet - constructions attributives
7.1
complément circonstanciel sans préposition
7.2
groupes prépositionnels, simples ou complexes
8.1 8.2
coordination exemples non classés
243
zu Kapitel 4 Tabelle D: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von courage Kollokator - Lemma
Wortart
Bereich
avoir falloir
VER VER
saluer preuve
VER NOM
manquer
VER
L L R L L R L
manque hommage donner trouver leçon louer redonner admirer exiger montrer demander armer admiratif absence admiration témoigner
NOM NOM VER VER NOM VER VER VER VER VER VER VER ADJ NOM NOM VER
défaut souhaiter exemple reprendre admirable féliciter nécessiter vanter besoin puiser reconnaître parler signe hymne perdre réclamer apprécier insuffler impliquer respect opposer manifester symbole distinguer dénuer incarner supposer consister
NOM VER NOM VER ADJ VER VER VER NOM VER VER VER NOM NOM VER VER VER VER VER NOM VER VER NOM VER VER VER VER VER
244
R L L L L L L L L L L L L L L L R L R L L L L L L L L L L L L L L L L R L L L R L L L L L R
Kookkurrenz
Kohäsion
806 196 22 96 79 6 55 5 14 54 26 53 43 20 17 14 10 13 20 20 8 4 10 5 8 5 7 13 13 11 4 6 5 4 9 4 10 11 7 3 10 7 5 2 5 5 7 5 4 4 2 4 4 4
3575,204 989,276 42,02 868,745 559,251 14,588 339,643 57,755 51,563 397,347 160,308 149,376 128,218 124,262 120,246 92,301 65,086 54,584 50,718 40,147 38,052 35,96 33,252 30,983 28,548 12,461 29,974 29,872 28,167 25,14 23,858 23,286 21,31 18,871 18,44 17,938 17,896 17,718 17,638 16,654 16,641 15,669 13,887 13,417 13,382 13,361 12,633 12,581 12,549 12,287 12,211 12,139 10,933 10,83
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,44753 0,12677
Bezugssubstantiv
courage courage
0,10772 0,06933
courage courage
0,0523
courage
0,04853 0,01877 0,0174 0,01474 0,01424 0,01374 0,01023 0,00681 0,0055 0,00501 0,00368 0,00342 0,00315 0,00282 0,00253 0,00243
courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage
0,0024 0,00239 0,00217 0,0018 0,00164 0,00156 0,00132 0,00101 0,00096 0,00089 0,00089 0,00086 0,00085 0,00073 0,00073 0,00061 0,00038 0,00033 0,00032 0,00032 0,00023 0,00022 0,00022 0,00018 0,00018 0,00017 1e-05 1e-06
courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage courage
zu Kapitel 4.3.1 Tabelle E: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von ardeur Kollokator - Lemma
Wortart
Bereich
calmer refroidir tempérer freiner doucher réveiller redoubler rivaliser modérer canaliser ralentir renouveler stimuler contenir calciner décupler rafraîchir ranimer plein mettre mélange manquer atténuer regain éteindre preuve
VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER ADJ VER NOM VER VER NOM VER NOM
L L L L L L L L L L L R L L R L L L L L L L L L L L
Kookkurrenz
Kohäsion
66 52 40 42 10 13 10 11 6 4 4 4 3 4 2 2 2 2 5 10 3 4 2 2 2 3
904,474 836,557 535,029 530,552 145,274 127,383 123,085 117,581 53,685 43,704 32,107 25,612 23,716 21,299 20,697 20,592 20,418 19,955 19,278 18,814 18,114 15,953 15,136 14,414 14,113 10,875
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,25927 0,23956 0,15208 0,15078 0,039 0,03381 0,03257 0,03097 0,01243 0,00954 0,00617 0,00429 0,00374 0,00304 0,00286 0,00283 0,00278 0,00265 0,00245 0,00232 0,00211 0,00149 0,00125 0,00104 0,00095 1e-05
Bezugssubstantiv
ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur ardeur
zu Kapitel 4.3.2 Tabelle F: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von héroïsme Kollokator - Lemma
Wortart
Bereich
hommage vanter oublier exalter éloge nostalgie notion conception avoir
NOM VER VER VER NOM NOM NOM NOM VER
L L L L L L L L L
Kookkurrenz
Kohäsion
4 3 4 2 2 2 2 2 10
30,651 28,012 23,846 20,888 19,893 17,519 14,121 13,939 12,815
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,23536 0,20403 0,15456 0,11943 0,10762 0,07943 0,03908 0,03692 0,02357
Bezugssubstantiv
héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme héroïsme
245
zu Kapitel 4.3.3 Tabelle G: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von obstination Kollokator - Wortart Lemma
Bereich
falloir comprendre payer dénoncer preuve exaspérer récompenser protester permettre
L L R L L L L L R
VER VER VER VER NOM VER VER VER VER
Kookkurrenz
Kohäsion
11 8 6 5 4 2 2 2 5
37,496 35,55 34,093 25,029 20,76 19,373 14,848 11,941 11,854
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,235 0,21785 0,20501 0,12513 0,08751 0,07529 0,03541 0,00979 0,00902
Bezugssubstantiv
obstination obstination obstination obstination obstination obstination obstination obstination obstination
zu Kapitel 4.3.4 Tabelle H: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von acharnement Kollokator - Wortart Lemma
Bereich
dénoncer victime
VER NOM
L L
mettre expliquer refus comprendre évoquer preuve critiquer parler agacer pratiquer objet fasciner subir manifester relever
VER VER NOM VER VER NOM VER VER VER VER NOM VER VER VER VER
R L L L L L L L R L L L L R L
Kookkurrenz
Kohäsion
20 17 2 16 12 5 8 6 5 4 5 2 3 4 2 3 3 3
143,04 112,375 14,443 52,886 46,756 32,287 31,048 26,547 25,25 21,555 16,233 15,045 14,94 14,936 14,398 14,074 14,002 10,979
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,31046 0,24694 0,09876 0,08436 0,05038 0,04748 0,03691 0,03386 0,02518 0,01269 0,0099 0,00965 0,00964 0,00838 0,00762 0,00745 0,00035
Bezugssubstantiv
acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement acharnement
zu Kapitel 4.3.5 Tabelle I: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von opiniâtreté Kollokator - Lemma
Wortart
Bereich
compter connaître falloir
VER VER VER
L L L
246
Kookkurrenz
Kohäsion
4 4 4
23,196 21,204 15,893
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,41527 0,34838 0,17003
Bezugssubstantiv
opiniâtreté opiniâtreté opiniâtreté
Kollokator - Lemma
Wortart
Bereich
preuve
NOM
L
Kookkurrenz
Kohäsion
2
12,805
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,06632
Bezugssubstantiv
opiniâtreté
zu Kapitel 4.3.6 Tabelle J: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von générosité Kollokator - Lemma
Wortart
Bereich
appel saluer preuve manque bénéficier
NOM VER NOM NOM VER
L L L L L
plein excès consister manquer
ADJ NOM VER VER
L L R L
animer mêler susciter empreindre témoigner capable étonner valoir rivaliser déborder
VER VER VER VER VER ADJ VER VER VER VER
R L L L L L L R L L
Kookkurrenz
Kohäsion
33 10 12 8 7 4 9 5 6 6 2 5 4 5 2 4 4 3 4 2 2
204,831 66,172 64,977 45,135 29,799 21,483 36,995 33,894 33,356 23,386 17,741 25,97 19,789 19,766 16,338 15,974 14,893 14,159 13,417 12,791 12,266
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,37619 0,10732 0,105 0,06652 0,05744
Bezugssubstantiv
générosité générosité générosité générosité générosité
0,05074 0,04473 0,04368 0,03775
générosité générosité générosité générosité
0,02936 0,01737 0,01733 0,01068 0,00998 0,00788 0,00646 0,00501 0,0038 0,00278
générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité générosité
zu Kapitel 4.3.7 Tabelle K: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von ténacité Kollokator - Wortart Lemma
Bereich
récompenser
VER
preuve saluer exiger falloir réputer fruit sous-estimer hommage récompense admirer compter oublier
NOM VER VER VER VER NOM VER NOM NOM VER VER VER
R L L L L L L L L L L L L L
Kookkurrenz
Kohäsion
4 3 7 5 5 9 3 3 2 3 2 2 4 3
37,338 25,819 46,622 37,834 33,238 30,488 24,991 20,025 18,885 18,809 17,834 15,404 14,541 13,773
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,20343 0,17547 0,13238 0,10985 0,09637 0,06942 0,04508 0,03949 0,03912 0,03434 0,02242 0,01819 0,01443
Bezugssubstantiv
ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité ténacité
247
zu Kapitel 4.3.8 Tabelle L: im Rahmen des paradigmatischen Profilvergleichs zu Grunde gelegtes Lexikogramm von audace Kollokator - Lemma
Wortart
Bereich
avoir preuve manquer
VER NOM VER
L L L
manque rivaliser falloir autoriser saluer pousser permettre capable admirer surprendre plein payer
NOM VER VER VER VER VER VER ADJ VER VER ADJ VER
mélange effrayereffrayer comble manifester interdire valoir défier étonner conjuguer encourager récompenser mêler absence consister coutumier signe plaire émerveiller insensible redoubler affoler apprécier emballer favoriser souhaiter multiplier permettre oser distinguer
VER VER VER VER VER VER VER VER NOM VER ADJ NOM VER VER ADJ VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER
248
Kookkurrenz
Kohäsion
L L L L L L L L L L L L
170 49 42 2 31 12 34 17 14 13 24 12 7 9 12 6
NOM VER
L L
7 3
464,74 364,565 291,725 22,059 234,527 110,375 101,154 96,938 91,427 68,86 64,458 61,178 49,749 49,166 47,213 35,65 20,031 42,453 22,475
NOM VER
L L R L R R L L L R L L R R L R L L L L L L L L L R L L
3 5 4 6 6 3 4 3 4 3 4 5 4 2 5 3 2 2 2 2 4 2 4 6 4 9 3 3
21,024 17,995 13,36 20,335 19,918 19,727 18,164 17,837 17,224 17,139 16,863 16,316 15,839 15,823 15,507 15,234 15,121 14,875 14,864 14,583 14,315 13,969 13,877 12,616 12,468 12,228 11,31 11,286
Auslastung (Rel. Gewicht) 0,20922 0,16305 0,13465
Bezugssubstantiv
audace audace audace
0,10311 0,04588 0,04163 0,03969 0,03715 0,02675 0,02472 0,02321 0,01794 0,01767 0,01677 0,01568
audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace
0,01458 0,00537
audace audace
0,0047 0,00447
audace audace
0,00438 0,00419 0,0041 0,00338 0,00323 0,00295 0,00291 0,00278 0,00253 0,00231 0,0023 0,00215 0,00203 0,00198 0,00186 0,00186 0,00173 0,00161 0,00145 0,0014 0,00082 0,00076 0,00064 0,00022 0,00021
audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace audace
zu Kapitel 5 Tabelle M: als Grundlage für die Stereotypieberechnung herangezogenes Lexikogramm von courage Kollokator
Wortart Bereich
avoir falloir saluer preuve manque manquer hommage donner trouver leçon louer redonner admirer manqué exiger manquer montrer falloir demander armer admiratif absence admiration défaut souhaiter témoigner exemple reprendre admirable féliciter nécessiter vanter besoin puiser reconnaître parler signe hymne perdre réclamer preuve apprécier insuffler impliquer respect opposer manifester symbole témoigner distinguer dénuer incarner supposer consister
VER VER VER NOM NOM VER NOM VER VER NOM VER VER VER NOM VER VER VER VER VER VER ADJ NOM NOM NOM VER VER NOM VER ADJ VER VER VER NOM VER VER VER NOM NOM VER VER NOM VER VER VER NOM VER VER NOM VER VER VER VER VER VER
L L L L L L L L L L L L L L L R L R L L L L L R L R L L L L L L L L L L L L L L R L R L L L R L L L L L L R
Kohäsion Norm. Rang Kumulierte Auslastung Kollokator Fläche -Klasse 3575,204 0 44,754 44,754 F1 989,276 1,887 57,039 12,285 F2 868,745 3,774 67,811 10,772 F4 559,251 5,66 74,697 6,886 F3 397,347 7,547 79,55 4,853 F2 339,643 9,434 83,679 4,129 F2 160,308 11,321 85,556 1,877 F4 149,376 13,208 87,295 1,74 F1 128,218 15,094 88,769 1,474 F1 124,262 16,981 90,193 1,424 F3 120,246 18,868 91,567 1,374 F4 92,301 20,755 92,59 1,023 F1 65,086 22,642 93,271 0,681 F4 57,755 24,528 93,861 0,589 F2 54,584 26,415 94,41 0,549 F2 51,563 28,302 94,921 0,511 F2 50,718 30,189 95,422 0,501 F3 42,020 32,075 95,814 0,392 F2 40,147 33,962 96,182 0,368 F2 38,052 35,849 96,524 0,342 F1 35,960 37,736 96,839 0,316 F4 33,252 39,623 97,121 0,282 F2 30,983 41,509 97,374 0,253 F4 29,974 43,396 97,614 0,24 F2 29,872 45,283 97,853 0,239 F4 28,548 47,17 98,076 0,222 F3 28,167 49,057 98,294 0,218 F3 25,140 50,943 98,473 0,18 F1 23,858 52,83 98,637 0,164 F4 23,286 54,717 98,793 0,156 F4 21,310 56,604 98,925 0,132 F2 18,871 58,491 99,026 0,101 F4 18,440 60,377 99,121 0,096 F2 17,938 62,264 99,211 0,089 F1 17,896 64,151 99,299 0,089 F4 17,718 66,038 99,386 0,086 F4 17,638 67,925 99,471 0,085 F3 16,654 69,811 99,544 0,073 F4 16,641 71,698 99,617 0,073 F1 15,669 73,585 99,678 0,061 F2 14,588 75,472 99,725 0,047 F3 13,887 77,358 99,764 0,038 F4 13,417 79,245 99,796 0,032 F1 13,382 81,132 99,828 0,032 F2 13,361 83,019 99,86 0,032 F4 12,633 84,906 99,883 0,023 F3 12,581 86,792 99,905 0,022 F3 12,549 88,679 99,926 0,022 F3 12,461 90,566 99,947 0,02 F3 12,287 92,453 99,965 0,018 F3 12,211 94,34 99,982 0,017 F2 12,139 96,226 99,999 0,016 F3 10,933 98,113 99,999 0,001 F2 10,830 100 100 1e-06 F1
249
Tabelle N: als Grundlage für die Stereotypieberechnung herangezogenes Lexikogramm von Mut Kollokator
Wortart Bereich
machen aufbringen haben fehlen beweisen schöpfen zusprechen erfordern brauchen fassen verlassen bewundern gehören zeugen sprechen machend zeigen belohnen verlieren finden fordern würdigen mangelnd besitzen loben antrinken zusammennehmend bedarf verlangen mangeln abverlangen zusammennehmen wünschen Mangel gratulieren Zeichen geschöpft bewiesen zureden einreden rauben sinken plädieren Anerkennung applaudieren verlangt mitbringen auszahlen voraussetzen
VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER VER ADJ VER VER VER VER VER VER ADJ VER VER VER ADJ VER VER VER VER VER VER NOM VER NOM ADJ ADJ VER VER VER VER VER NOM VER ADJ VER VER VER
250
L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R L/R
Kohäsion Norm. Rang Kumulierte Auslastung Kollokator Fläche -Klasse 2246,3688 0 31,454 31,454 D1 675,0501 2,083 40,799 9,345 D1 600,4296 4,167 49,095 8,296 D1 570,8872 6,25 56,974 7,88 D2 537,3241 8,333 64,382 7,408 D3 334,7875 10,417 68,94 4,558 D1 320,5142 12,5 73,297 4,357 D1 275,3767 14,583 77,019 3,722 D2 257,8807 16,667 80,495 3,476 D2 236,5639 18,75 83,671 3,176 D1 147,1093 20,833 85,589 1,917 D1 146,1536 22,917 87,493 1,904 D4 120,5289 25 89,036 1,543 D2 91,2019 27,083 90,167 1,131 D3 68,5492 29,167 90,979 0,812 D1 68,5057 31,25 91,791 0,811 D1 68,4326 33,333 92,601 0,81 D3 68,0984 35,417 93,407 0,806 D5 57,9248 37,5 94,069 0,663 D1 55,6219 39,583 94,7 0,63 D1 51,5041 41,667 95,272 0,572 D2 49,2757 43,75 95,813 0,541 D4 44,5161 45,833 96,287 0,474 D2 42,3225 47,917 96,73 0,443 D1 40,4331 50 97,146 0,417 D4 36,1111 52,083 97,502 0,356 D1 27,8119 54,167 97,741 0,239 D1 27,6377 56,25 97,978 0,236 D2 26,9104 58,333 98,204 0,226 D2 26,6319 60,417 98,426 0,222 D2 24,3410 62,5 98,616 0,19 D2 22,4692 64,583 98,78 0,164 D1 22,2513 66,667 98,941 0,161 D4 21,0177 68,75 99,084 0,143 D2 20,2099 70,833 99,216 0,132 D4 19,7535 72,917 99,342 0,126 D3 18,5293 75 99,45 0,108 D1 17,5102 77,083 99,544 0,094 D3 15,9277 79,167 99,616 0,072 D1 15,6631 81,25 99,684 0,068 D1 15,0026 83,333 99,742 0,059 D1 14,5574 85,417 99,795 0,052 D1 14,5399 87,5 99,847 0,052 D4 14,5357 89,583 99,899 0,052 D4 13,8006 91,667 99,941 0,042 D4 12,5397 93,75 99,965 0,024 D2 12,3359 95,833 99,986 0,021 D1 11,6725 97,917 99,998 0,012 D5 10,9758 100 100 0 D2