160 52 12MB
German Pages 151 [152] Year 1973
Konkursund Vergleichsrecht von
Dieter Eickmann Regierungsamtmann im Bayer. Staatsministerium der Justiz Lehrbeauftragter an der Bayer. Reditspflegersdiule Starnberg
w DE
Sammlung Gösdien Band 6002
Walter de Gruyter Berlin • New York • 1973
ISBN 3 11 004170 7 © C o p y r i g h t 1973 by W a l t e r de G r u y t e r & Co., vormals G. J . G ö s c h e n ' s c h e V e r l a g s h a n d l u n g , J. G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g , G e o r g Reimer, Karl J . T r ü b n e r , Veit & C o m p . , 1 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der V e r v i e l f ä l t i g u n g u n d V e r b r e i t u n g sowie der Übers e t z u n g , v o r b e h a l t e n . K e i n Teil des W e r k e s darf in i r g e n d e i n e r F o r m ( d u r c h F o t o k o p i e , Mikrofilm oder ein anderes V e r f a h r e n ) o h n e schriftliche G e n e h m i g u n g des Verlages reproduziert oder u n t e r V e r w e n d u n g elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz u n d D r u c k : Saladruck, 1 Berlin 36.
Vorwort Das Konkurs- und Vergleichsrecht ist nicht nur wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung der durch es geregelten Vorgänge für den Juristen wichtig, es sollte überdies wegen seiner starken Verflechtung mit dem Schuld- und Sachenrecht sowie mit vielfältigen prozeß- und handelsrechtlichen Grundsätzen das Interesse des jungen Juristen finden, weil es wie kaum ein anderes Reditsgebiet „tiefe Einsichten in grundlegende Prinzipien unserer Rechtsordnung" (Grimm) vermittelt. Es konnte bei dem zur Verfügung stehenderi Raum nicht der Ehrgeiz des Verfassers sein, eine umfassende Darstellung dieser weit verzweigten Materie unter lückenloser Nachweisung der zu den vielfältigen Fragen vorhandenen Judikatur und Literatur zu geben. Entsprechend der Konzeption der „Sammlung Göschen" habe ich jedoch versucht, den Gang der Verfahren, die wichtigsten dabei auftretenden Probleme und die dazu vertretenen Lehrmeinungen darzustellen. Die Rechtsprechungs- und Literaturhinweise sollen demjenigen, der die eine oder andere Frage einer vertiefenden Betrachtung zuführen möchte, Hilfestellung geben. Die von anderen Lehrbüchern des Insolvenzredits abweichende Gliederung und Reihenfolge des Stoffes sowie die häufig von Beispielen ausgehende Darstellung sind aus den Erfahrungen meiner mehrjährigen Lehrtätigkeit auf diesem Gebiet entstanden. Das Buch wendet sich in erster Linie an den Lernenden; es mag aber auch dem Praktiker in der einen oder anderen dogmatischen oder systematischen Frage hilfreich sein. Mein Dank gilt Herrn Justizamtmann Hans Mohn, München, dem erfahrenen Konkurspraktiker, für manchen nützlichen Hinweis; insbesondere aber gilt er meiner Frau für die Besorgung des Manuskripts und für manches aufmunternde Wort.
4
Vorwort
An Hinweisen und Anregungen der Leser bin ich immer interessiert. München, im Oktober 1972
Dieter
Eickmann
Inhalt Literatur- und Abkürzungsverzeichnis
9
T e i l l : Das Konkursverfahren 1. Der Konkurs als Zwangsvollstredtungsverfahren besonderer Art . 2. Die Insolvenz in wirtschaftlicher Sicht 2.1 Die Ursachen der Insolvenz 2.2 Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Insolvenz .
13 .
13
.
16 16 18
3. Das Verfahren bis zur Eröffnung 3.1 Die Einleitung des Verfahrens 3.1.1 Die Zuständigkeit 3.1.2 Die Konkursfähigkeit 3.1.3 Der Konkursgrund 3.1.4 Der ordnungsgemäße Antrag 3.2 Die Zulassung des Antrages 3.3 Die Sicherungsmaßnahmen
19 19 20 20 21 23 24 25
4. Das Eröffnungsverfahren 4.1 Die Abweisung mangels Masse 4.2 Die Eröffnung 4.2.1 Die Ernennung des Konkursverwalters 4.2.2 Die Terminbestimmung 4.2.3 Der offene Arrest 4.2.4 Die Anmeldefrist 4.3 Die funktionelle Zuständigkeit im Konkursverfahren . . . 4.4 Die Bekanntmachung der Eröffnung
26 26 27 27 30 30 30 30 32
5. Die Folgen der Konkurseröffnung 5.1 Grundsatz 5.2 Die Verfügungsbeschränkungen des § 7 5.3 Der Gutglaubensschutz 5.4 Die Regel des § 15 5.5 Leistungen an den Gemeinschuldner nach Eröffnung (§ 8) .
32 32 32 33 34 35
6. Die Ermittlung der Masse 6.1 Der Massebegriff 6.1.1 „Ist"-Masse und „Soll"-Masse 6.1.2 Die unpfändbaren Gegenstände 6.1.3 Der Neuerwerb des Gemeinsdiuldners 6.2 Die Aussonderung 6.3 Die Absonderung (abgesonderte Befriedigung) 6.4 Sonderfälle 6.41 Das Sicherungseigentum 6.4.2 Der verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt, die Vorausabtretung
37 37 38 38 39 39 40 41 41 42
Inhalt
6 6.5 6.6
D i e Ersatzaussonderung D i e Freigabe von Massegegenständen durch den Verwalter
.
44 46
7. Massekosten und Masseschulden 7.1 Die Massekosten 7.2 Die Masseschulden 7.2.1 D i e Ansprüche aus Verwaltertätigkeit 7.2.2 D i e Ansprüche aus notwendiger Vertragserfüllung . . . . 7.2.3 D i e Ansprüche aus Massebereicherung
47 47 48 48 48 49
8. D i e Abwicklung gegenseitiger Verträge im Konkurs 8.1 Grundsätzliches 8.2 Das Wahlrecht des Verwalters 8.3 D e r Sukzessivlieferungsvertrag und das Wiederkehrschuldverhältnis 8.4 D e r K a u f unter Eigentumsvorbehalt 8.5 D i e Vormerkung 8.6 D i e Behandlung von Dauerschuldverhältnissen 8.6.1 Das Dienstverhältnis im Konkurs 8.6.2 Das Mietverhältnis im Konkurs 8.6.3 D e r Auftrag und der Geschäftsbesorgungsvertrag im Konkurs
50 50 50
9. D e r Einfluß des Konkurses auf Prozesse und Einzelzwangsvollstreckungsverfahren 9.1 Die Unterbrechung der Prozesse 9.2 D i e Aufnahme unterbrochener Verfahren 9.3 D i e Folgen der Aufnahme 9.4 D i e Wirksamkeit von Einzelzwangs Vollstreckungsmaßnahmen 9.5 Die Rechtsbehelfe gegen unzulässige Vollstreckungsmaßnahmen
52 54 55 55 56 56 58 59 59 60 61 62 63
10. D i e Aufrechnung im Konkurs
64
11. Die Anmeldung der Konkursforderung 11.1 D e r Begriff der Konkursforderung 11.2 D i e Anmeldung 11.3 D i e Rangordnung des § 61 11.4 D i e Konkurstabelle 11.5 Die Behandlung der absonderungsberechtigten Gläubiger . 11.6 D e r Grundsatz der Doppelberücksichtigung
67 67 67 68 70 71 71
.
12. D i e Termine 12.1 D e r Wahltermin 12.2 D e r Prüfungstermin 12.2.1 Die gerichtliche Vorprüfung der Anmeldungen 12.2.2 Die Prüfungsverhandlungen
72 72 73 73 73
13. D i e Bedeutung der Ergebnisse des Prüfungsverfahrens 13.1 Die Feststellungswirkung 13.2 Die Feststellung bestrittener Forderungen 13.3 D i e Tabellenberichtigung
74 74 76 78
14. D i e Konkursanfechtung 14.1 Das Wesen der Anfechtung
78 78
Inhalt
7
14.2 Die Voraussetzungen der Anfechtung 14.3 Die einzelnen Anfeditungstatbestände 14.3.1 Die besondere Konkursanfechtung des § 30 14.3.2 Die Absichtsanfechtung 14.3.3 Die Schenkungsanfechtung 14.4 Die Durchführung der Anfechtung 15. Die Verteilungen 15.1 Die verschiedenen Verteilungsverfahren 15.2 Die Grundsätze der Verteilung 15.3 Das Gläubigerverzeichnis 15.4 Der Sdilußbericht
80 81 82 86 87 89 91 91 92 93 95
16. Der Zwangsvergleich 16.1 Der Sinn des Zwangsvergleichs 16.2 Die Verhandlung und Abstimmung im Vergleichstermin . . 16.3 Das Bestätigungsverfahren 16.4 Rechtsnatur und Wirkungen des Zwangsvergleichs . . . . 16.5 Die Beseitigung des Zwangsvergleichs
96 96 97 99 100 102
17. Die Beendigung des Verfahrens 17.1 Die einzelnen Fälle der Aufhebung und Einstellung 17.2 Die Wirkungen der Verfahrensbeendigung
103 103 103
18. Der Nachlaßkonkurs 18.1 Allgemeines 18.2 Die Masse im Nachlaßkonkurs 18.3 Die Konkursgläubiger 18.4 Die Wirksamkeit von Zwangsvollstreckungen 18.5 Besonderheiten bei unbeschränkter Erbenhaftung
.
.
.
. . . .
19. Der Konkurs der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft 19.1 Der Konkurs der Gesellschaft 19.2 Der Konkurs eines Gesellschafters 19.3 Das Nebeneinander von Gesellschafts- und Gesellschafterkonkurs 19.4 Die Stellung des Kommanditisten im Konkurs der K G . . Teil I I : Das Vergleichsverfahren
105 105 105 108 109 109 110 110 112 113 114 116
1. Der Zweck des Vergleichsverfahrens
116
2. Grundsätze des Vergleichsverfahrens 2.1 Der Amtsermittlungsgrundsatz 2.2 Erlaß und Zustellung von Entscheidungen 2.3 Anfechtung von Entscheidungen
117 117 118 118
3. Die Voraussetzungen des Verfahrens 3.1 Der Vergleichsantrag 3.2 Der Vergleichsvorschlag
119 119 120
4. Das Verfahren bis zur Eröffnung 4.1 Die Ermittlungen 4.2 Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen
121 121 121
Inhalt
8 4.3 4.4
Die Einstellung anhängiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Die Ablehnung des Vergleidisantrages
5. Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens 5.1 Die funktionelle Zuständigkeit im Vergleichsverfahren 5.2 Der Eröffnungsbescfiluß
.
122 123
.
124 124 124
6. Die Wirkungen der Eröffnung 6.1 Das Konkursverbot 6.2 Das Vollstreckungsverbot
124 124 125
7. Die Stellung des Schuldners 7.1 Allgemeines 7.2 Die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen 7.2.1 Das besondere Veräußerungsverbot 7.2.2 Das allgemeine Veräußerungsverbot
126 126 127 127 129
8. Die Stellung des Verwalters
130
9. Die Vergleichsgläubiger 9.1 Der Begriff des Vergleichsgläubigers 9.2 Die Sperrfrist des § 28 9.3 Die Gläubiger nach § 29 9.4 Die Behandlung der Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen . 9.5 Das Ablehnungsrecht des Vergleichsschuldners
131 131 132 134 134 135
10. Das Zustandekommen des Vergleichs 10.1 Grundsatz 10.2 Die Verhandlung und Abstimmung im Vergleichstermin .
.
136 136 137
11. Die Wirkungen des Vergleichs 11.1 Die Rechtsnatur des Vergleichs 11.2 Die Vergleichs Wirkungen 11.3 Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich
140 140 141 142
12. Die Aufhebung des Vergleichsverfahrens 12.1 Die einzelnen Fälle der Verfahrensaufhebung 12.2 Das fortgesetzte Verfahren
143 143 144
13. Das Wiederaufleben der Gläubigerforderungen Schuldners 13.1 Grundsatz 13.2 Die Behandlung bestrittener Forderungen
bei Verzug
des
144 144 145
14. Der Anschlußkonkurs 14.1 Die Fälle des Anschlußkonkurses 14.2 Besonderheiten des Verfahrens
146 146 147
Sachverzeichnis
149
A
Literatur- und Abkürzungsverzeichnis
a. A. (A. A.) AktG AP
anderer Ansicht Aktiengesetz Arbeitsgerichtliche Praxis, Nachschlagewerk der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Arnold/Meyer-Stolte Kommentar zum Redhitspflegergesetz, 2. Aufl., 1972 A 2 P (AcP) Archiv für die zivilistische Praxis (Band ß u. Seite)
BAG Bundesarbeitsgericht Bartholomeyczik Erbrecht, Lehrbuch, 9. Aufl. 1971 Baumbach-Lauterbach Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 30. Aufl. 1970 Baur Lehrbuch des Sachenrechts, 6. Aufl. 1970 Baur, Fälle Fälle u. Lösungen zum Zwangsvollstrekkungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, 2. Aufl. 1969 BB Der Betriebsberater (Jahr und Seite) Betr. Der Betrieb (Jahr u. Seite) BFH Bundesfinanzhof BGH Bundesgerichtshof -St Entscheidungen des —s in Strafsachen (Band u. Seite) -Z Entscheidungen des —s in Zivilsachen (Band u. Seite) Bl-M Bley-Mohrbutter, Kommentar zur Vergleichsordnung, 3. Aufl. 1968/72 Boehmer Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, 1952 B-St Böhle-Stamschräder, Kommentar zur Konkursordnung, 10. Aufl. 1971 ab Fußn. 239: Kommentar zur Vergleichsordnung, 7. Aufl. 1968
10
Literatur- und Abkürzungsverzeidinis
BVerfGE
D
DRZ E Eickmann-Riedel
G
E - L (N) Grudi
H
Herbst HRR
J
J - L (W) JMB1. -NRW JurBl. JurBüro JuS
JR
JZ K
KTS KuT
L
Larenz
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band und Seite) Deutsche Rechts-Zeitschrift (Jahr u. Seite) Kommentar 1971
zum
Rechtspflegergesetz,
Enneccerus-Lehmann (Nipperdey), Lehrbuch des bürgerlichen Rechts, Band I u. II 1958/60 Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, Begr. v. Gruchot (Band u. Seite) Kommentar zum Rechtspflegergesetz, 1971 Höchstrichterliche Rechtsprechung (Band u. Seite) Jaeger, Kommentar zur Konkursordnung; bearbeitet von Lent (L) und Weber (W), 8. Aufl. seit 1955 Justizministerialblatt — des Landes Nordrhein-Westfalen Juristische Blätter (Jahr u. Seite) Das juristische Büro (Jahr u. Seite) Juristische Schulung (Jahr u. Seite) Juristische Rundschau (Jahr u. Seite) Juristenzeitung (Jahr u. Seite) Konkurs-, Treuhandund Schiedsgerichtswesen (Jahr u. Seite) Konkurs und Treuhandwesen (später: KTS) Lehrbuch des Schuldrechts, Band I u. II, 10. Aufl. 1970/71
Literatur- und Abkürzungsverzeidinis
Lehmann-Hübner Lent-Jauernig LM
11
Allgemeiner Teil des BGB, Lehrbuch, 15. Aufl. 1966 Zwangsvollstreckungs- und Konkursredit, Kurzlehrbuch, 11. Aufl. 1969 Nachschlagewerk der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, herausgegeben von Lindenmaier u. Möhring
M MDR M-K Mohrbutter MohrbutterHaarmann Mot. O OVG
P Palandt-Danckelmann (Degenhart, Heinridis, Keidel, Lauterbadi, Putzo, Thomas) PflVersG P-Gr
R
R RG -Z Rosenberg-Schwab Rpfleger
Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr u. Seite) Mentzel-Kuhn, Kommentar zur Konkursordnung, 1962 Handbuch des gesamten Vollstreckungsund Insolvenzrechts, 1965 Leitfaden für Vergleichs- und Konkursverwalter 1969 Begründung des Entwurfs einer Konkursordnung (Beratungen des Bundesrats) Oberverwaltungsgeridit Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch 31. Aufl. 1972
Pflichtversicherungsgesetz Pagenstecher-Grimm, Der Konkurs, Kurzlehrbudi, 4. Aufl. 1968 Das Redit (Jahr u. Seite) Reichsgericht Entscheidungen des —s in Zivilsachen (Band u. Seite) Lehrbuch des Zivilprozeßrechts 10. Aufl., 1969 Der Deutsche Rechtspfleger (Jahr u. Seite)
12
RpflG RpflJB
s
Serick SeuffArdi. Soergel-Siebert
Sch Schönke-Baur
Literatur- und Abkürzungsverzeidinis
Rechtspflegergesetz Rechtspfleger-Jahrbudi Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Band I — I I I , 1963/70 Seufferts Ardiiv für Entscheidungen der obersten Gerichte (Band u. Seite) Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 10. Aufl. 1967/71 Zwangsvollstreckung-, KonkursVergleichsrecht, Lehrbuch, 1970
und
St St-C (W, N, R, S, L) Staudinger-Coing (Weber, Nipperdey, Ring, Seuffert, Lehmann), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 10., teilw. 11. Aufl. 1954/71 Stein-Jonas-Schönke- Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., 1967/70 Pohle ständige Rechtsprechung st. T Rspr. Th-P
V V-N W Warn. Westermann WirtschPr. WM Wolff
z
ZZP
Thomas-Putzo, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 5. Aufl., 1971 Vogels-Nölte, Kommentar gleichsordnung, 1952
zur
Ver-
Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts (Band u. Seite) Lehrbuch des Sachenrechts, 6. Aufl. 1969 Der Wirtschaftsprüfer (Jahr u. Seite) Wertpapier-Mitteilungen (Jahr u. Seite) Kommentar zur Konkursordnung, 2. Aufl. 1921 Zeitschrift für den deutschen Zivilprozeß (Band u. Seite)
Teil I. Das Konkursverfahren (Zitierte Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind soldie der Konkursordnung)
1. Der Konkurs als Zwangsvollstreckungsverfahren besonderer Art 1.1. Im zivilprozessualen Erkenntnisverfahren ist es die Aufgabe des Gerichts, über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch zu entscheiden und dem Kläger zu einem vollstreckbaren Titel über diesen Anspruch zu verhelfen. Im anschließenden Vollstreckungsverfahren haben die Vollstreckungsorgane (Vollstreckungsgericht, Gerichtsvollzieher) die Aufgabe, den titulierten Anspruch zwangsweise gegen den Schuldner durchzusetzen. Auch im Konkurs werden Gläubigerforderungen zwangsweise durchgesetzt, er ist somit ein Verfahren der Zwangsvollstreckung. Er unterscheidet sich jedoch von den anderen Vollstreckungsverfahren in verschiedener Hinsicht: U m am Konkursverfahren teilnehmen zu können, braucht ein Gläubiger, im Gegensatz zu den anderen Vollstreckungsverfahren (vgl. § 750 Abs. 1 Z P O ) keinen Vollstreckungstitel; die Forderungen der Gläubiger können im Verfahren selbst mit Wirkung f ü r dieses und f ü r die Zukunft tituliert werden 1 . Das Konkursverfahren beinhaltet somit auch Elemente eines Erkenntnisverfahrens, es „gewährt Rechtsschutz durch Feststellung und Zwangsvollstreckung" (Seuffert). Nach dem sog. Priortiäts- oder Präventionsgrundsatz (§ 804 Abs. 3 Z P O ) wird in den anderen Zwangsvollstreckungsverfahren die Durchsetzbarkeit der Pfandrechte und damit der Erfolg der Vollstreckungsmaßnahme wesentlich vom Rang des Pfandrechts beeinflußt — der rangbessere Gläubiger wird voll 1
Vgl. unten Abschn. 13.
14
Teil I. Das Konkursverfahren
vor dem rangschlechteren befriedigt. Die Rechtfertigung dieses Grundsatzes sah der Gesetzgeber in der Möglichkeit des zu kurz gekommenen Gläubigers, auf andere Vermögensgegenstände des Schuldners zuzugreifen. Wird jedoch in einem Vollstreckungsverfahren das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet, wie das im Konkurs geschieht, so würde die strikte Durchführung des Prioritätsgrundsatzes zu Ungerechtigkeiten führen, weil derjenige Gläubiger, der — wegen besonderer Redits- oder Situationskenntnis oder der größeren Zugriffsnähe — der Schnellere ist, Befriedigung finden könnte, während andere unter Umständen für längere Zeit auf die Realisierung der Forderungen verzichten müßten. Deshalb gilt im Konkurs nicht der Prioritätsgrundsatz, sondern der sog. Grundsatz der Verlustgemeinschaft. Vorbehaltlich gewisser Ausnahmen 2 gilt nämlich der Grundsatz, daß im Konkurs alle Gläubiger des gemeinsamen Schuldners ( = Gemeinschuldner) zusammengefaßt („concursus creditorum"!) und anteilig befriedigt werden. Den Verlust, der durch die Unzulänglichkeit des schuldnerischen Vermögens entsteht, tragen sie dann gemeinsam. 1.2. § 72 ordnet das Konkursverfahren, seiner Funktion als Vollstreckungsverfahren entsprechend, der streitigen Gerichtsbarkeit zu 3 , indem er die Vorschriften der Z P O für anwendbar erklärt, soweit sich aus der K O keine Sonderregelungen ergeben. Anwendbar sind ferner die Vorschriften des GVG, insbesondere über Rechtshilfe und Sitzungspolizei. Im Gegensatz zu dem die Z P O beherrschenden Grundsatz der Verhandlungsmaxime gilt im Konkurs der Amtsbetrieb. § 75. Das Konkursgericht kann also, ohne an Anträge gebunden zu sein, zur Aufklärung der ihm wichtig erscheinenden Fragen alle Ermittlungen anstellen, die es für erforderlich erachtet 4 . Das Konkursgericht trifft seine Entscheidungen wie das Voll2
Vgl. unten Absdin. 7 und 11. Vgl. allgemein zur systematischen Einordnung der Zwangsvollstreckungsverfahren Gaul Rpfleger 71, 1/41/81 (hier: 51). * Nach BGHSt. 3, 311 kann auch der Gemeinschuldner als Partei vernommen werden. Dagegen bestehen Bedenken, da die §§ 445 ff. ZPO wohl auf den Zweiparteienstreit zugeschnitten sind, vgl. auch J—W, § 75 Anm. 3 a. 3
Konkurs als Zwangsvollstreckungsverfahren
15
streckungsgericht (§ 764 Abs. 3 Z P O ) ohne vorhergehende mündliche Verhandlung (§ 73 Abs. 1); die vom Gesetz vorgeschriebenen Termine (§§ 93, 110, 129, 141, 162, 179) dienen nicht der Vorbereitung von Entscheidungen, sondern dem Verfahrensbetrieb durch die sog. Gläubiger-Selbstverwaltung®. In einigen Fällen ist die Anhörung von Beteiligten vor einer Entscheidung ausdrücklich vorgeschrieben (vgl. §§ 84, 95, 105, 121, 127, 184, 203, 208, 210, 217, 218, 230), darüber hinaus ergibt sie sich aus dem Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 G G ) . Auch der Grundsatz des Amtsbetriebes (Untersuchungsgrundsatz) macht die Einhaltung von Art. 103 Abs. 1 G G nicht entbehrlich, da sich das Wesen des rechtlichen Gehörs nicht in der Aufklärung des Verfahrensstoffes erschöpft 8 . Die Entscheidungen ergehen als Beschluß; eine Begründungspflicht ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz, wird jedoch allgemein angenommen 7 . Alle Entscheidungen des Konkursgeridits, auch wenn sie mündlich verkündet worden sind, müssen von Amts wegen zugestellt werden (§ 73 Abs. 2), die Vorschrift des § 329 Abs. 2 Z P O ist im Konkurs unanwendbar. Eine öffentliche Bekanntmachung (§ 76) gilt als Zustellung an alle Beteiligten, eine Rechtsbehelfsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Bekanntmachung als bewirkt gilt (vgl. § 76 Abs. 1 S. 2). 1.3. Während bei den anderen Vollstreckungsverfahren die Beteiligung des Gläubigers sich regelmäßig mit der einleitenden Antragstellung erschöpft, haben die Gläubiger im Konkursverfahren vielfältige Informations-, Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte. Die Abwicklung des Verfahrens selbst liegt weitgehend in den Händen des Konkursverwalters 8 , der grundsätzlich nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen zu handeln, jedoch zu bestimmten Maßnahmen die Gläubiger beizuziehen hat. Über gewisse zentrale Fragen (Feststellung von Forderungen, Annahme 5 S. dazu unten Absdin. 1.3. • BVerfGE 7, 57/281. Vgl. dazu auch Maunz-Dürig, GG, Art. 103 Rdn. 32. 7 M—K, § 73 Anm. 5. 8 Vgl. unten Abschn. 4.2.1.
16
Teil I. Das Konkursverfahren
eines Zwangsvergleichs) ist in eigens dafür bestimmten Terminen eine Mehrheitsentscheidung der Gläubiger herbeizuführen 9 . Dem Gericht obliegen neben einer Reihe wichtiger Entscheidungen insbesondere Überwachungs-, Beratungs- und Steuerungsaufgaben. Diese eigenartige Verfahrenskonstruktion wird häufig als Gläubigerselbstverwaltung bezeichnet 10 , sie dürfte — obwohl die K O eines der ältesten Reichsjustizgesetze ist — in nahezu idealer Weise moderne Forderungen nadh größtmöglicher Transparenz gerichtlicher Verfahren und nach weitgehender Einflußnahme der Betroffenen verwirklichen.
2. Die Insolvenz in wirtschaftlicher Sicht Die dem Juristen heute weitgehend no