Kompetenzorientiert unterrichten – mit Methode. Methoden entdecken, verändern, erfinden [1. Aufl.] 9783780010896


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Kompetenzorientiert unterrichten – mit Methode. Methoden entdecken, verändern, erfinden [1. Aufl.]
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Schule weiterentwickeln- Unterricht verbessern Hrsg. von Botho Priebe Praxisband der Unterreihe Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsqualität

Gerhard Ziener, Mathias Kessler Kompetenzorientiert unterrichten- mit Methode Methoden entdecken, verändern, erfinden

Klett Kallmeyer

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Impressum Gerhard Ziener, Mathias Kessler Kompetenzorientiert unterrichten - mit Methode Methoden entdecken, verändern, erfinden ln der Reihe: Schule weiterentwickeln - Unterricht verbessern Hrsg. von Botho Priebe 1. Auflage 2012 Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu §52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für lntranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. Fotomechanische oder andere Wiedergabeverfahren nur mit Genehmigung des Verlages. © 2012. Kallmeyer in Verbindung mit Klett Friedrich Verlag GmbH D-30926 Seelze Alle Rechte vorbehalten. www.friedrich-verlag.de

Redaktion: Dirk Haupt, Leipzig Realisation: Stefan Zielasko Druck: Kessler Druck + Medien GmbH & Co. KG, Bobingen Printed in Germany ISBN: 978-3-7800-1089-6 Nicht in allen Fällen war es uns möglich, den Rechteinhaber ausfindig zu machen. Berechtigte Ansprüche werden selbstverständlich im Rahmen der üblichen Vereinbarungen abgegolten.

Schule weiterentwickeln- Unterricht verbessern Hrsg. von Botho Priebe Praxisband der Unterreihe Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsqualität

Gerhard Ziener, Mathias Kessler

Kompetenzorientiert unterrichten- mit Methode Methoden entdecken, verändern, erfinden

Klett I Kallmeyer

Vorwort

..................................................................................................................................................................................................

-

Teil A: Einführung ................................................................................................................................................................· 1 "Gebt uns Methoden!" ...................................................................................................................................................~ 2 Methoden- Begriff und Funktion .................................................................................................................. 0 2.1 Methoden als Instrumente 0 2.2 Methoden als Art und Weise der Fortbewegung 0 2.3 Methoden unterschiedlicher Reichweite ..........................................................................................................

3 Unterschiedliche Gattungen von Methoden und ihre gemeinsame Funktion ....................................................................................................................... 2 3.1 Methoden als Umwege 3 3.1.1 Vielversprechende Umwege 3 3.1.2 Voraussetzungsreiche Umwege 5 3.2 Methoden als Abkürzungen

16

3.3 Zusammenfassung

17

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel ............................................................................................................................. 8 4.1 Was sind Kompetenzen? 9 4.2 Kompetenzen und Standards ..................................................................................................................................-·4.2.1 Bildungsstandards: Input-Standards, Opportunity-To-Learn-Standards, Leistungsstandards ........................................................................................................................................--

.

4.2.2 Bildungsstandards und Kompetenzen ... 4.2.3 Bildungsstandards und Methoden ..

24

. . ··················25

4.3 Kompetenzorientierung und Methoden- oder: Was Lernende können sollen und was Methoden können müssen _

..

.

4.4 Kompetenzorientierte Methoden, Differenzierung und Individualisierung .. 4.5 Kompetenzorientierung und Metakognition .. ...

. .

.

26 . 28 30

5 Kompetenzorientiert unterrichten mit Methode . 5.1 "Though this be madness, yet there is method in't" ...

. 31 .... ········.......................... 31

5.2 Von der Methodenreflexion zum Methodencurriculum: die Aufgabe der Fachkonferenz als Element der Schulentwicklung ...

32

6 Wie dieses Buch "funktioniert" ....................................................................................................................~~

Teil B: Übersicht zu den Methoden . .

.................. ················35

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden ..... 7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über .......................................................................................................................................................~ 8 Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen ............ . . .... ........ 84 9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit. . . . . .

J 12

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren,

bedenken, entscheiden ...................................................................................................................................... 44 11 Das eigene Lernen beobachten, beschreiben, reflektieren und weiterentwickeln (Metakognition) ....................................................... 72

12 Methodische Varianten gestalten und ein Methodencurriculum erstellen ..... . 13 Methodenkompetenz: Kompetenzraster .

···································· 200

Vorwort

Vorwort Die Adressatinnen und Adressaten eines Methodenbuches sind, wie könnte es anders sein: Die Lehrkräfte. Und zwar Lehrende aller Fächer aller Schularten und Jahrgangsstufen; Menschen, deren Profession und Passion darin besteht, anderen, zumeist Jüngeren, etwas beizubringen, sie einzustimmen ins und anzuleiten beim Lernen, ihnen stimulierend, motivierend, inspirierend und moderierend zur Seite zu stehen. Als Methodenbuch nimmt das vorliegende Buch den Auftrag der Lehrenden in den Blick, aus Lernenden, also Lern-Verpflichteten, Lern-Begünstigte werden zu lassen. Es dient also nicht, wie man bei einem Methodenbuch vielleicht vorschnell vermuten mag, der Lehr-Erleichterung der Lehrenden, sondern der LernErleichterung der Lernenden: Es möchte Schülerl-innen das Lernen erleichtern, und zwar auf methodische Weise, und Lehrende für diese Aufgabe und diese Rolle ermutigen und inspirieren. Der Praxisband zeichnet sich dadurch aus, dass er keine Sammlung von ausgearbeiteten Methoden als fertiges Rezept präsentiert, sondern methodische Anleitungen zum Finden und Erfinden, Anpassen und Verändern von Methoden für kompetenzorientiertes Lehren und Lernen gibt. Ausgelöst ist diese Herangehensweise durch die inzwischen in vollem Gange befindliche Diskussion um kompetenzorientiertes Lehren und Lernen im Sinne der verbindlich eingeführten Bildungsstandards. Uns trägt die Überzeugung, dass die vordergründige Frage von Lehrkräften- "Wie könnte man das machen, was leistet welche Methode wofür?" - zu kurz greift und ergänzt werden muss durch die Frage: "Was lernen die Schülerl-innen, indem sie so arbeiten und lernen, wie erwerben die Lernenden die Fähigkeit zu lernen, wie werden sie methodisch kompetent?" Dadurch sollen Methoden aus einer drohenden instrumentellen Engführung- "Welches Vorgehen der Lehrkraft eignet sich für welches Unterrichtsziel wie gut?" -herausgeführt werden in den weiteren Horizont: "Wie werden Schülerl-innen kompetent nicht nur in bestimmten Sachfragen, sondern im Erschließen, Versprachlichen, Gestalten und Reflektieren ihrer Welt, wie entsteht Handlungsfähigkeit in reflektierter Verantwortung und Partizipationsfähigkeit in einer sich wandelnden Gesellschaft und Wirklichkeit?" Auch Methoden können nur exemplarisch vorgeschlagen und vorgestellt werden. Entscheidend ist, ob es gelingt, die Suchbewegung der Lehrkraft hilfreich zu unterstützen und zugleich die methodischen Impulse selbst so zu umreißen, dass sie sich öffnen für Varianten und Variationen, für Lernwege und Lernchancen der Schülerinnen und Schüler, aber auch für die Gestaltungsräume der Lehrkraft. Mit anderen Worten: Dieses Buch zielt, indem es die Handlungsfähigkeit von Lehrkräften erweitern helfen will, im eigentlichen Sinne auf zunehmend eigenverantwortliches und selbstorganisiertes Lernen. Mathias Kessler und Gerhard Ziener TübingeniBad Urach, im Dezember 2012 6

1 "Gebt uns Methoden!"

1 "Gebt uns Methoden!" Methodenreichtum, Methodenvielfalt und Methodenwechsel gelten nach allgemeiner Einschätzung als der Dreh- und Angelpunkt "guten Unterrichts", was immer darunter im Einzelnen und konkret zu verstehen ist- und zwar aus der Sicht aller am Bildungsgeschehen Beteiligten. Aus der Sicht der Lernenden wird durchgängig ein methodisch kreativer und abwechslungsreicher Unterricht als kurzweilig, als anregend oder einfach als weniger langweilig bezeichnet: methodische Vielfalt macht Schülerl-innen offenbar mehr "Spaß". Aber auch aus der Perspektive der Lehrerausbildung und -fortbildung nimmt keiner der Gelingenstaktoren "guten" Unterrichts einen so breiten Raum ein wie die Fähigkeit der Lehrenden, Methoden flexibel, vielfältig, reflektiert sowie sach- und schülergerecht zum Einsatz zu bringen. Nicht zuletzt deshalb fragen und suchen schließlich auch Lehrende fortwährend nach mutmaßlich "neuen" Methoden, das heißt nach einer Erweiterung ihres unterrichtlichen Handlungsrepertoires, und leiden umgekehrt darunter, wenn ihnen methodisch nichts "Neues" mehr einfällt. Sie wollen methodisch kreativer sein und versprechen sich davon einen fließenderen Unterrichtsverlauf und größere Effektivität ihrer Lehrtätigkeit Allen drei Perspektiven - der der Lernenden, der Lehrenden sowie der in der Lehrerbildung Tätigen- ist gemeinsam, dass es fast zu einer Gleichsetzung von Methoden und Unterricht kommt. Der Unterricht, so scheint es, ist immer nur so gut wie seine Methoden. Wie Unterricht "sich anfühlt", was man im Unterricht "macht", was man von Lehrpersonen erwartet bzw. den Lernenden "beibringen will" alle drei Fragen lassen sich scheinbar auf einen Begriff zuspitzen: Es sind die Methoden. Die Dominanz des Methodischen geht schließlich so weit, dass auch die gegenwärtigen schulpädagogischen und didaktischen Herausforderungen- vom kompetenzorientierten Unterrichten über die Frage nach individueller Förderung bis hin zu ganztägigem Lernen und Inklusiver Pädagogikfrüher oder später in die Frage nach geeigneten Methoden münden, sieht man einmal ab von der als mindestens so wichtig empfundenen Frage oder Forderungen nach geeigneten, unterstützenden Strukturen wie Zeit, Ressourcen oder der Größe der Lerngruppe. Spätestens an dieser Stelle erhebt sich die Frage: Können Methoden diesen hohen Ansprüchen genügen, haben Methoden diesen Selbstzweck, geht ihre Funktion darin auf - und kann, in diesem zugespitzten Sinne, dieses Buch die Antwort auf alle Fragen bieten? Es soll deshalb in diesem Basiskapitel um die Klärung der Frage gehen, was Methoden bieten können und sollen, was dieses Buch dafür anbietet und wie man damit arbeiten kann. Zunächst allerdings muss klar sein, in welchem Sinne hier überhaupt von "Methoden" die Rede ist.

9

Teil A: Einführung

2 Methoden - Begriff und Funktion 2.1 Methoden als Instrumente Eine Methode ist- dem ursprünglichen, griechischen Wortsinn nach- ein Weg, genauer: ein Meta-Weg 1 . Das Wort "Meta-Weg" erinnert nicht zufällig an die "Meta-Ebene", die wir immer dann betreten oder konstruieren, wenn wir ein Problem oder einen Sachverhalt aus einer anderen Ebene oder Perspektive betrachten wollen. Und so, wie sich eine Meta-Ebene immer auf eine darunterliegende Sachebene bezieht, so bezieht sich der Meta-Weg auf ein bestimmtes Ziel, das auf einem bestimmten Weg "vermittelt" werden soll. Methoden sind "MittelWege", aber nicht im Sinne eines dritten Weges zwischen zwei Alternativen, sondern eines Vermittlungs-Weges, mit dessen Hilfe ein Ziel eher oder leichter oder überhaupt erst erreichbar erscheint. Die Qualität beziehungsweise Effektivität einer Methode bestimmt sich deshalb in erster Linie danach, wie gut sie dazu verhilft, das angestrebte Ziel zu erreichen. Methoden sind streng auf ein bestimmtes Ziel hin zu wählen und einzusetzen. Aber diese pragmatische, instrumentelle Sicht allein ist noch nicht hinreichend.

2.2 Methoden als Art und Weise der Fortbewegung Methoden, verstanden als Vermittlungswege, sind interessant aus der Perspektive dessen, der gewissermaßen eine Landkarte oder einen Stadtplan ausbreitet und nach geeigneten Wegen sucht. Interessant können oder müssen!- solche Wege aber auch aus der Sicht derer sein, die diese Wege nutzen sollen. Methoden haben nicht nur einen pragmatisch-instrumentellen Charakter, sondern auch einen Erfahrungs- und Erlebniswert Je nach eingeschlagenem Weg, aber auch je nach Fortbewegungsart wird man auf unterschiedlichen Wegen Unterschiedliches sehen und erleben. Zudem wirdjeder und jede, der oder die anderen Wege vorschlägt oder sie dabei begleitet, dies tun in der Hoffnung und Erwartung, dass die betreffende Person diesen Weg nicht nur zielgerichtet nachvollzieht, sondern sich irgendwann zu eigen macht, um den Weg schließlich alleine zu gehen, verschiedene Alternativen zu erproben, um am Ende auch in unbekanntem Gelände selbstständig in der Lage zu sein, Wege zu entdecken und zu nutzen. Und von "Wegen" ist hier bewusst im Plural die Rede. Genau genommen gibt es im didaktischen Zusammenhang immer mindestens zwei Sorten Wege, nämlich einen direkten Weg, der aber aus irgendwelchen Im Wort "Methode" sind die griechischen Wortbestandteile "meta" (gesprochen "meta", deutsch: "mit") und "odoc;" (gesprochen "hodos", [fem.], deutsch: "der Weg") enthalten. Daher rührt auch der Buchstabe "h" im Wort Methode. Der Weg ist im Griechischen weiblich, deshalb hat auch die Methode weibliches Geschlecht.

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2 Methoden - Begriff und Funktion

Gründen nicht gangbar scheint, und einen oder mehrere indirekte, die wir im eigentlichen Sinne als Methode empfinden. Geht es beispielsweise darum, einen schwierigen Sachverhalt verständlich zu machen- oder: einen Gruppenprozess zu eröffnen oder ein Rollenspiel durchzuführen-, so bestünde ja ein "direkter" Weg darin, einen Sachtext oder Lexikonartikel über den Sachverhalt auszuteilen oder gleich zu "sagen, wie es ist" bzw.: die Gruppenmitgliederper Instruktion aufzufordern, sich zu lockern, sich zu organisieren und nun als Gruppe zu agieren. Beide "direkten" Wege wird man aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wählen. Man wird stattdessen beispielsweise den Sachverhalt Schritt für Schritt erarbeiten- sei es durch Rechercheaufträge, ein Gruppenpuzzle oder unter Medieneinsatz- bzw. man wird ein "warming-up", eine Partnerübung, ein Standbild oder eine gruppendynamische Übung durchführen, also indirekt vorgehen. Je weiter ein solcher indirekter Weg sich von der Luftlinie zwischen Ausgangspunkt und Ziel zu entfernen scheint, desto gründlicher muss man bedenken: ~ Wissen die Lernenden, was sie warum tun? Leuchtet der" Umweg" ein? ~ Was müssen sie bereits wissen und können, um diesen Umweg zu bewältigen? ~ Was werden sie bei der Nutzung der einzelnen Wegstrecken lernen und anschließend können? Mit einem Wort: Wie trägt der betreffende Weg nicht nur zur Erleichterung des didaktischen Geschäfts, sondern zum Kompetenzerwerb der Lernenden bei?

2.3 Methoden unterschiedlicher Reichweite Dazu kommt, dass es ja nicht für jedes beliebige Ziel zwangsläufig und einfach eine bestimmte Methode gibt. Methoden, also Vermittlungswege, sind keine ZaubermitteL Das liegt in erster Linie daran, dass Methoden, zumal im Rahmen des Unterrichts, immer nur eine begrenzte Reichweite haben und umgekehrt: das es Ziele gibt, die viel zu groß oder zu weit sind, als dass man sie mit einem einzigen, dem immer gleichen methodischen Schritt schon erreichen könnte. So kann man beispielsweise auf einem Wimmelbild ein bestimmtes Objekt oder in einem Text eine bestimmte Wortart leichter finden durch methodisches Suchen, etwa mit einem untergelegten Blatt Papier oder einer Lupe oder einem aufgelegten Gitternetz. Man wird mit derselben Methode aber kaum eine Vokabel in einem Wörterbuch oder eine Substanz in einem Stoffgemisch suchen. Umgekehrt: Flüssiges und sinnentnehmendes Lesen, die Fähigkeit, literarische Texte rezeptionsgeschichtlich zu analysieren, die Fähigkeit, den Korbwurf im Basketball sachgerecht auszuführen oder ein zielorientiertes Rollenspiel durchzuführen, sind Ziele, die man nicht mit einem einzigen methodischen Schritt erreichen kann, sondern nur in einer ganzen Abfolge von Schritten, für die es womöglich lauter verschiedene Methoden braucht. Auch das gehört zur Passung von Zielen und Methoden: Ich muss mir nicht nur im Klaren sein über die Zielorientierung einer Methode, sondern auch über ihre Reichweite. 11

Teil A: Einführung

Ein zu großes Ziel, wie beispielsweise der Erwerb von Sozialkompetenz, muss in Etappen und Teilziele übersetzt werden. Dabei kann es durchaus sein, dass die Methoden, die mir zur Verfügung stehen, das heißt: die ich kenne und einsetzen kann, bei meiner Formulierung von Teilzielen "mitreden". Ziele, Teilziele und Methoden gehen stets ein dialogisches Verhältnis ein.

3 Unterschiedliche Gattungen von Methoden und ihre gemeinsame Funktion Sind also Methoden immer indirekte, aber immer im Blick auf eine bestimmte Zielsetzung reflektierte und inszenierte Zugangswege, so kann man, um im Bild zu bleiben, noch weiter unterscheiden zwischen verschiedenen Arten oder Gattungen von indirekten Zugangswegen. Dabei wird sogleich deutlich werden: Auch wenn Lehrkräfte immer wieder fragen werden, welche Methoden für welches Ziel geeignet sind, wie man also einen Inhalt "transportiert", so haben Methoden doch immer auch eine eigene didaktische Funktion für die Lernenden. Man könnte fragen: Sind die Zugangswege kurzweilig, sind sie einleuchtend, sind sie mühsam, sind sie überraschend; abervor allem: sind sie transparent, was lernen die Schülerl-innen beim Gehen, wissen sie, was sie tun und warum sie es auf diese Weise tun? Die Abbildung 1 soll die Wege-Varianz und die damitverbundene Kompetenzorientierung verdeutlichen helfen. Die Lerngruppe steht vor einer Exkursion auf den Weihnachtsmarkt. Gemeinsamer Ausgangspunkt ist das Lutherdenkmal am Nordausgang des Neumarkts in Dresden, Ziel- und Treffpunkt ist die Statue König Friedrich Augusts II. am südlichen Ausgang des Platzes. Die erste Frage lautet: Existiert die abgebildete Karte nur in der Hand der Lehrkraft oder dient sie der Vorbereitung der Exkursion gemeinsam mit den Lernenden? Sind Wege bereits vorgegeben und eingezeichnet, entstehen sie während der Vorbereitung oder helfen sie zur Reflexion des Erlebten an Ort und Stelle? Die zweite Frage lautet dementsprechend: Welchen Auftrag erhalten die Schüler/-innen? Sollen sie den Weihnachtsmarkt möglichst umfassend erkunden, um anschließend von ihren Erlebnissen zu berichten? Sollen sie bestimmte Orte finden, sollen sie Entdeckungen machen, Vergleiche anstellen, Beobachtungsaufgaben erfüllen- oder lediglich zur verabredeten Zeit verlässlich am Zielpunkt sein? Oder aber dient die Orientierung auf dem Weihnachtsmarkt mithilfe des Lageplans dem Kartenlesen und der Erkundung fremder Orte? Die hier vorgestellten Methoden lassen sich in einem ersten Zugriff mit den auf dem Stadtplan eingezeichneten Wegen vergleichen. Die Wege fallen auf ~ durch den identischen Start- und Zielpunkt sowie ~ durch ihre unterschiedliche Linienführung und Länge. 12

3 Unterschiedliche Gattungen von Methoden und ihre gemeinsame Funktion

Karte vom Weihnachtsmarkt in Dresden Legende: (a) Umwege

-------------------------~

(b) Abkürzung

········································~

Der gemeinsame Zielpunkt am Standbild des Königs hat - im Bild gesprochen zunächst nur die pragmatische Bedeutung, dass niemand verlorengeht Auf ihren verschiedenen Wegen werden die einzelnen Schülerl-innen höchst unterschiedliche Erlebnisse und Wahrnehmungen machen, jeweils andere Akzente setzen und Ziele verfolgen. Dasselbe gilt für den gemeinsamen Startpunkt: auf den Unterricht bezogen handelt es sich lediglich um eine pragmatische Vereinbarung etwa zu Beginn einer Lernepoche. Daneben werden die Lernenden sich von den unterschiedlichsten Lernausgangslagen aus auf den Weg machen. Mit Ausnahme der Abkürzung (vgl. Kap. 3.2) handelt es sich bei allen Varianten um mehr oderwenigerweit gefasste Umwege (Kap. 3.1.1-3.1.2).

3.1 Methoden als Umwege 3.1.1 Vielversprechende Umwege Als "Umwege ll könnten die hier angedeuteten methodischen Einfälle empfunden werden, weil sie allesamt den schnellen Zugriff verweigern und stattdessen "Meta-Beschäftigungenll anstoßen. Allen diesen "Umwegenll ist gemeinsam, dass man dabei womöglich mitunter das Ziel aus den Augen verliert. Gemeinsam ist diesen Umwegen auch, dass in jedem Falle zu klären und zu bedenken ist, was man bereits wissen und können muss, um den Weg beschreiten zu kön13

Teil A: Einführung

Schülerl-innen arbeiten an einer Gedichtinterpretation. Nehmen wir an, das Gedicht hat ein Versmaß, es bietet Metaphern und andere Stilmittel, es hat einen politischen Inhalt. Statt das Gedicht nun zu lesen, um sich dann über Deutungen und Bedeutungen auszutauschen, werden bestimmte Aufträge erteilt, etwa: das Versmaß zu bestimmen und ein Reimschema herauszufinden; Metaphern zu identifizieren; politische Aussagen und Anspielungen zu notieren; das Gedicht in unterschiedlichen Vortragsstilen zu sprechen; das Gedicht in einen Verlaufstext umzuformulieren; mit Farben, Hervorhebungen, Gliederungen usw. zu arbeiten und vieles mehr. 2. Eine Liedeinführung beginnt die Lehrkraft mit Stimmübungen, rhythmischem Klatschen, Übungen zu Triolen, Kadenzen, Halbtonschritten und anderem mehr. 3. Zur Verdeutlichung der Fließgeschwindigkeit von Elektronen in einem elektrischen Leiter bastelt die Lerngruppe ein Röhrenmodell, das eng mit Tischtennisbällen oder Kugeln gefüllt wird. Fast unmittelbar nach dem Anschieben der hintersten Kugel fällt die erste Kugel aus der Röhre: die (sehr hohe) Fließgeschwindigkeit des Stroms ist nicht zu verwechseln mit der (überraschend geringen) Fließgeschwindigkeit der Elektronen.

nen. Anders ausgedrückt: je weiter der Umweg, desto dringlicher ist der Nachweis, dass er sich am Ende gelohnt haben wird. Und schließlich meldet sich bei solchen "Umwegen u am deutlichsten die Frage nach dem Eigenwert einer Methode: Sind Übungen lästig? Ist der methodisch und handwerkliche Zugang zu Texten mühsam? Ist die Herstellung eines Modells kurzweilig? Dieser unbestreitbare Eigenwert ist nicht zu verwechseln mit der Frage nach dem Lohn ("die Methode ist gut, weil sie den Kindern Spaß macht Jl). Aber der Lohn oder Ertrag eines solchen Umwegs wird natürlich intuitiv in Relation gesetzt zu seinem Eigen- oder Erlebniswert Je geringer die Transparenz und die Einsicht in die Notwendigkeit eines Umwegs, desto geringer wird die Bereitschaft, dafür Mühen in Kauf zu nehmen. Und auch das Umgekehrte gilt: Es gibt so reizvolle methodische Umwege, dass das eigentliche Ziel, beispielsweise das Gewinnen oder Systematisieren von Einsichten und Entdeckungen, nicht als lästiges Raten, Stochern oder Verweilen, sondern als selbst erarbeiteter Gewinn empfunden wird. Kompetenzorientiert sind solche Umwege, wenn sie Lernenden zur Einsicht verhelfen, ~ dass Methoden Erkundungswege sind, die das Sach- und Orientierungswissen anwendungsorientiert vernetzen helfen; ~ dass methodisches Lernen Zeit und Mühe kostet, die sich in Form von selbst erarbeiteten, erfahrungsbezogenen Erträgen niederschlägt; ~ dass methodische Routine die Selbstständigkeit bei der Erschließung von Welt, Wirklichkeit und Sinn unterstützt. 14

3 Unterschiedliche Gattungen von Methoden und ihre gemeinsame Funktion

3.1.2 Voraussetzungsreiche Umwege Beispiele 1. Beim Beispiel der Gedichtinterpretation (s.o.) traten bereits Fragen nach den handwerklichen, aber auch den kognitiven Voraussetzungen für einen solchen Arbeitsschritt auf. Ein Reimschema erstellen kann nur, wer die unterschiedlichen Versmaße identifizieren, benennen und beschreiben kann. Die Schritte einer Textanalyse müssen eingeführt und erprobt sein. Der Umgang mit Nachschlagewerken, einem Wörterbuch, einer Wortkonkordanz usw. muss gekonnt werden, bevor man damit arbeiten kann. 2. Ein Rollenspiel, ein Standbild, eine Pantomime, eine selbst erfundene Spielszene können angemessene Formen der Erschließung von Texten sein. Doch jede der genannten Methoden setzt ein gründliches Nachdenken voraus, was von den Schülerinnen und Schülern für die jeweilige szenische oder darstellende Umsetzung an Fähigkeiten erwartet wird: Sich einen Text, eine Geschichte, eine Szene anzueignen, die darin enthaltenen Rollen zu identifizieren, gegebenenfalls selbst erst zu schaffen, diese Rolle zu übernehmen, sie auszufüllen, sie zu verlassen und sie zu reflektieren: all dies kann man nicht von selbst, sondern muss es zuvor gelernt haben. 3. Das Erstellen von Präsentationen, Referaten oder Kurzvorträgen ist im Unterricht weithin verbreitet. Dabei gilt dasselbe wie im Blick auf Textarbeit oder Rollenspiel (s.o.): die lnformationsgewinnung, die Strukturierung und das Ordnen sowie Unterscheiden zwischen Wichtigem und weniger Wichtigem, das Präsentieren, Reflektieren und zuletzt das Einüben einer Feedback-Kultur setzen Fähigkeiten voraus, die -wiederum mithilfe von Methoden - zuvor eingeführt worden sein müssen.

Die Unterscheidung zwischen "vielversprechenden Umwegen (3.1.1) und "voraussetzungsreichen ist nicht trennscharf. Doch bei der letzteren Gruppe wird noch einmal deutlicher, ~ dass für die Anwendung bestimmter Methoden wiederum bestimmte Kompetenzen erforderlich sind, ~ die wiederum ein methodisches Erlernen erforderlich machen und ~ deren Einübung sich in unterschiedlichsten Anforderungssituationen bewähren kann. Man könnte dabei auch von Methoden zweiter Ordnung sprechen: Methoden für die sinnvolle Nutzung von Methoden. Die im Abschnitt "Varianten für die Lerngruppeil im Methodenteil aufgeführten Impulse lassen sich immer wieder auf diese beiden Formen des indirekten Zugangs zurückführen. Deshalb werden bei den verschiedenen Varianten für unterschiedliche Lerntypen differenzierte Hilfsmittel und Unterstützungsangebote bereitgestellt- bis hin zu regelrechten Abkürzungen. II

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Teil A: Einführung

3.2 Methoden als Abkürzungen Beispiele 1. Der elektrische Widerstand eines Leiters ist proportional zur angelegten Spannung und umgekehrt proportional zur Stromstärke. Das drückt sich aus in der Formel: Widerstand (R) ist gleich Spannung (U) geteilt durch Stromstärke (1), als Bruchgleichung geschrieben: R=U/1. Schüler/-innen, denen die Auflösung dieser Formel nach ihren verschiedenen Variablen schwerfällt, hilft ein Umformungsdreieck, das so zu lesen ist:

Bin ich nach dem oberen Buchstaben gefragt, muss ich die unteren beiden multiplizieren; um R zu berechnen, muss ich die obere Größe durch die Untere teilen oder den Quotienten aus U und I bilden (U : I); und I berechne ich, indem ich U (weil oben stehend) durch R (weil unten stehend), dividiere. Bei der soeben gegebenen Erläuterung wurde deutlich, dass zur Handhabung dieses Dreiecks keinerlei Verständnis erforderlich ist, mit welchen Größen man gerade hantiert. Das macht Abkürzungen wie diese so umstritten. Aber es kann ein Zeit sparender und effektiver Weg sein, was das Rechenergebnis angeht. 2. Das korrekte Wechselgeld bei einem Einkauf mit einem 10-€-Schein und einem Kaufpreis von 5,63 € im Kopf zu berechnen, fällt manchen Lernenden schwer. Stehen ausreichend Münzen oder Spielgeld zur Verfügung, lässt sich das Rückgeld auch von unten nach oben abzählen: 7 ct bis 70, 30 ct bis 6 €, 4 € bis 10. Der zurückgegebene Differenzbetrag ist mit höchster Wahrscheinlichkeit korrekt, ohne das der oder diejenige, der oder die so vorgeht, diesen dabei berechnet hätte. Anders ausgedrückt: mit dieser Rechenmethode kann man sich im Raum bis 1 000 bewegen (1 0 € = 1 000 ct), ohne auch nur den Zehnerübergang beherrschen zu müssen. 3. Eselsbrücken, die ihre Bezeichnung daher haben, dass sie selbst einem sprichwörtlich sturen, wasserscheuen Esel die Überquerung eines Gewässers ermöglichen, sind so alt wie der Unterricht. Ob es die Schlacht zwischen Alexander dem Großen und Dareius 111. im Jahr 333 vor Chr. ist ("Drei, drei, drei bei lssos Keilerei") oder der Merkvers für die Planeten des Sonnensystems ("Mein Vater erklärt mir jeden Samstag unseren Nachthimmel" -früher, als Pluto noch zu den Planeten gerechnet wurde: " ... unsere neun Planeten"): sie erleichtern das Memorieren von sperrigen Einzelheiten, allerdings um den Preis, dass man damit noch längst nicht weiß, ob beispielsweise jene Schlacht etwa vor oder nach Christi Geburt stattgefunden hat.

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3 Unterschiedliche Gattungen von Methoden und ihre gemeinsame Funktion

Allen drei "Abkürzungen" ist gemeinsam, dass sie mehr oder weniger verlässlich zu einem Ziel führen, aber die Mühe des Verstehens oder der verständigen Aneignung und Rekonstruktion verringern oder gar überspringen. Der Reiz solcher "Abkürzungen" besteht auf Seiten der Lernenden im schnellen, mühelosen Zugriff. Abkürzungen oder Unterstützungsmaßnahmen können sein: ~ einzelne Lernende erhalten Textbausteine, Lückentexte oder Lösungsvorschläge; ~ sie recherchieren selbstständig Informationen- andere erhalten Informationsmaterial; ~ Frage- und Problemstellungen werden von ihnen selbst formuliert - oder durch die Lehrkraft vorgegeben.

3.3 Zusammenfassung Im nun zurückgelegten Abschnitt kamen indirekt bereits drei Methoden zum Einsatz. Zum einen handelte es sich bisher um die Methode des Vortrages oder der Darstellung, vergleichbar mit dem frontalen Vortrag einer Lehrerin oder eines Lehrers. Diese Form der Darbietung wird sich auch im weiteren Verlauf dieses Buches nicht ändern, obgleich es anders vorstellbar wäre: Ein Methodenbuch könnte selbst in methodisch-didaktischer Weise aufgebaut sein. Jeder Absatz könnte mit einer Problemstellung beginnen und mit einer Form der Ergebnissicherung enden; zwischen den Abschnitten könnten Arbeits- und Reflexionsaufgaben stehen. Wir haben uns anders entschieden. Immerhin bediente sich dieser frontale Vortrag einer Metapher, und zwar der des Weges. Dieses sprachliche Bild wurde schließlich zur Vertiefung mithilfe der Methode der Visualisierung ergänzt. Man könnte dieses ganze Vorgehen durchaus als "Umweg" (s.o.) bezeichnen, der aber einigermaßen voraussetzungslos beschritten werden konnte. Selbstverständlich bedurfte es der Fähigkeit, den Text sinnverstehend zu lesen- und nicht zuletzt der Geduld. Das bedeutet: 1. Man könnte- im Anschluss an die Formulierung von Paul Watzlawick2 , ein Mensch könne "nicht nicht kommunizieren" - entsprechend formulieren: man kann nicht nicht methodisch handeln. Aber es gibt geeignete und weniger geeignete Methoden- und es gibt vor allem bewusstes und unbewusstes oder unüberlegtes methodisches Vorgehen, es gibt methodisches Vorgehen mit und ohne Methodenbewusstsein. Der Einsatz einer Methode ist immer eine Entscheidung, die man bedenken und treffen muss.

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Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation. Formen. Störungen. Paradoxien. Bern 19744, S. 53.

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Teil A: Einführung

2. Als Umweg wird den vorangegangenen Abschnitt und womöglich auch die folgenden Abschnitte vor allem derjenige Leser, diejenige Leserin empfinden, dessen/deren Ziel primär im raschen Zugriff auf möglichst viele Methoden besteht. Das ist jedoch nicht die hier verfolgte Zielsetzung, die im Abschnitt 5 diese Einführung genauer erläutert wird. Die Wahl einer geeigneten Methode beginnt nicht mit dem Blättern in einer Methodensammlung, sondern mit der Frage, für welches Ziel diese Methode geeignet sein soll.

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel Methoden sind auf eine bestimmte Zielsetzung hin reflektierte und inszenierte Meta- oder Zugangswege. Je nachdem, ob das Ziel "Informationsgewinnung", "-deutung", "Anwendung eines Rechenweges" oder "Präsentation" lautet, werden sich die Wege zu diesem Ziel unterscheiden. Seit der flächendeckenden Einführung von Bildungsstandards als Instrument der Qualitätssteuerung von schulischer Bildung lassen sich Bildungsziele sehr viel präziser benennen, als dies soeben geschehen ist. Schulische Bildung zielt auf den Erwerb verbindlich formulierter Kompetenzen auf Seiten der Lernenden. Die Form, in der solche Bildungsziele verbindlich formuliert sind, sind die mittlerweile in allen Bundesländern eingeführten Bildungsstandards. Bildungsstandards benennen Ziele gelingender Bildung in Form von Kompetenzbeschreibungen. Diese beginnen mit dem grammatikalischen Subjekt der Lernenden und beschreiben oder benennen die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten und bisweilen auch die dafür erforderlichen Einstellungen und Haltungen, über die die Lernenden am Ende einer bestimmten Lernzeit verfügen sollen. Die Botschaft der Bildungsstandards an die Lehrenden lautet deshalb: Das sind die für alle verbindlichen Ziele - Sie als Lehrperson finden und gestalten die dafür geeigneten Wege, wobei die Vokabel "Weg" hier mehr bedeutet als die oben gebrauchte Metapher für Methode. Das Wort "Weg" bedeutet in diesem Zusammenhang "Lernweg", der wiederum in seiner lateinischen Übersetzung Eingang in unsere Sprache gefunden hat: Lernwege sind "Curricula". Doch solche Lernwege oder Curricula bestehen aus unzähligen Etappen und Pfaden oder Schritten von Etappe zu Etappe. Diese Lernwege brauchen vor allem inhaltliche Konkretisierungen und zeitliche Sequenzierungen, in deren Verlauf wiederum bestimmte Methoden zur Anwendung kommen. Kompetenzen entstehen allerdings in aller Regel nicht von Unterrichtsstunde zu Unterrichtsstunde, aber jede Unterrichtsstunde kann auf ihre Weise dazu beitragen, schrittweise irgendwann bestimmte, vorgegebenen Kompetenzen zu erwerben, einzuüben oder zu vertiefen. Dafür bedarf es reflektierter, gestalteter und inszenierter methodischer!- Wege. Methoden gehören in den Zusammen18

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel

hangeiner zeitlich begrenzten Lernsequenz und sind insofern auf den Kompetenzerwerb ausgerichtet. Methoden "machen" Lernende nicht automatisch kompetent, aber sie ermöglichen Schritte auf dem Weg zum Kompetenzerwerb. Die methodische Doppelfrage lautet deshalb: Wenn die Lernenden an der nächsten Etappe ihres Lernweges dies oder jenes können sollen- welcher Zugangsweg könnte ihnen dazu verhelfen, solches Können (solche Kompetenz!) anzubahnen, zu erwerben oder zu vertiefen? Und: Was leistet- und was erfordert!- eine bestimmte Methode im Blick auf die Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen (kurz: die Kompetenzen) der Lernenden? Wie das methodisch gelingen kann, soll nun Schritt für Schritt vorgestellt werden. Dazu ist es allerdings zunächst erforderlich und hilfreich, sich darüber zu vergewissern, was in pädagogischer Hinsicht unter "Kompetenzen" und "Bildungsstandards" zu verstehen ist.

4.1 Was sind Kompetenzen? Was im zurückliegenden Abschnitt theoretisch formuliert wurde, nämlich den Einstieg in die Methodensuche mit der Klärung von Lehr-, Lern- und Bildungszielen, lässt sich mithilfe einer Übung veranschaulichen und klären. Die folgende Übung baut auf die bereits gewonnene Einsicht, dass die Effektivität einer Methode sich ableitet aus der Passung zwischen Methode und Ziel. Um eine geeignete Methode zu finden, brauche ich Zielklarheit Um überhaupt beurteilen und entscheiden zu können, ob und inwiefern eine Methode zielführend ist, muss ich mir darüber klar werden, worin mein Ziel besteht. Für diese Zielklärung dient der folgende Doppelschritt Dieser Doppelschritt wird hier so erläutert, dass gleich darauf deutlich wird, wie man ihn abkürzen und modifizieren kann- und vor allem, was diese Übung für das gesamte Buch austrägt.

1. Besinnen Sie sich bitte zunächst auf einen Unterrichtsgegenstand, einen Inhalt, ein Thema Ihrer Wahl - einen Sachverhalt, den Sie unterrichten wollen oder sollen. Notieren Sie diesen Sachverhalt und gegebenenfalls einige wenige zentrale inhaltliche Stichworte, die den Sachverhalt oder das Thema eingrenzen oder konkretisieren. 2. Formulieren Sie nun - ausgehend von dem von Ihnen gewählten Thema oder Sachverhalt- das Ziel, das Sie mit diesem Thema auf Seiten der Schülerl-innen nach einer bestimmten Lernzeit zu erreichen hoffen. Damit es Ihnen leichter fällt, "kompetenzorientiert" zu formulieren, benutzen Sie für Ihre Zielformulierung bitte folgenden Halbsatz und ergänzen ihn: "Am Ende von Stunden Unterricht über das Thema _ _ _ _ _ __ erwarte (erhoffe) ich/möchte ich erreicht haben, dass die Lernenden _ _ _ _ _ __

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Teil A: Einführung

Wie werden die Satzergänzungen lauten, die Sie gefunden haben? Diese Frage lässt sich im fiktiven Dialog mit der Leserin und dem Leser durch Beispiele dieser Übung aus der Fortbildungsarbeit beantworten. Diese Beispiele können nur per Zufall mit den von Ihnen gefundenen Satzergänzungen übereinstimmen. Ähnlichkeiten werden jedoch unübersehbar sein. Beispiele: ~ Sport, Thema: Der Korbleger im Basketball: {Am Ende ... erwarte/erhoffe ich, dass die Schülerl-innen]

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den regelkonformen Bewegungsablauf vom Anlauf, Absprung und Wurf erfassen und ihn mit dem ihnen möglichen Einsatz umsetzen und gegebenenfalls korrigieren können. Sachunterricht, die Frühblüher: {Am Ende ... erwarte/erhoffe ich, dass die Schülerl-innen]- Frühblüherinder Natur (oder auf Abbildungen) erkennen und benennen und den Aufbau einer Blumenzwiebel beschreiben können; ... staunen und sich freuen können sowie Respekt vor der Natur zeigen. Moderne Fremdsprachen, Sprachmittlung: [Am Ende ... erwarte/erhoffe ich, dass die Schülerl-innen]- sich fremdsprachliche Texte lexikalisch und grammatikalisch erschließen sowie zwischen Mutter- und Fremdsprache hin und her wechseln können; Religion, die Welt als Gottes Schöpfung: {Am Ende ... erwarte/erhoffe ich, dass die Schülerl-innen]- verschiedene Weltbilder auch hinsichtlich ihrer historischen Bedingtheit unterscheiden können.

Welche Gemeinsamkeiten lassen sich aus diesen Satzergänzungen ablesen? 1.Allen Satzergänzungen ist gemeinsam, dass sie die Schülerl-innen am Ende oder am Ziel einer bestimmten Lernzeit oder -sequenz in den Blick nehmen. Entstanden sind Zielformulierungen gelingender Lernprozesse aus Sicht der Lernenden. Es handelt sich in diesem Sinne3 um schülerorientierte Lern- oder Bildungsziele. Das heißt umgekehrt: wer in dieser Weise von den Schüler/- innen aus Ziele formuliert, wird unmittelbar auf die Frage treffen, was diese denn bereits an Voraussetzungen mitbringen, worin ihr Förderbedarf besteht, was sie bereits können. Das heißt für die Methodenreflexion nichts anderes als den konsequenten Bezug auf die Lernenden und ihre Voraussetzungen, Fähigkeiten, Motivationslagen, sozialen Fähigkeiten und ihre Anstrengungsbereitschaft, um nur einige präzisierende Hinsichten zu nennen. 3

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Diese Einschränkung ist notwendig, weil "Schülerorientierung" im pädagogischen Sinne, also die Planung und Konzeption von Lernprozessenaufgrund von Lebenswelt, Fragestellungen, Bedürfnissen und Interessen der Lernenden, deutlich mehr und anderes bedeutet als die Konstruktion von Sätzen, deren grammatikalisches Subjekt sie selber sind.

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel

2. Die genannten Zielformulierungen sind auf den ersten Blick höchst unterschiedlich und mögen da und dort unvollständig sein. Sie zeichnen aber in ihrer Gesamtheit ein Bild eines gebildeten Menschen, das drei durchgängige und übereinstimmende Merkmale trägt. Zur Bildung, so erfährt man aus diesen Zielformulierungen, gehören immer (a) bestimmte Kenntnisse, ein Bescheid-Wissen und Sich-Auskennen wie etwa Vokabelkenntnis, die Kenntnis von Sachverhalten, Regeln oder Abläufen; (b) bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten wie etwa die Anwendung grammatikalischer Regeln, das Reproduzieren, Deuten und Bewerten von Sachverhalten oder das sachgerechte Durchführen von Bewegungsabläufen sowie (c) bestimmte Einstellungen und Haltungen wie beispielsweise Respekt oder Sorgfalt, aber auch Interesse, Offenheit oder Neugier. Bei diesem Zusammenspiel von Kenntnissen, Fertigkeiten und Haltungen handelt es sich um nichts anderes als um das, was im allgemeinen Sprachgebrauch, aber auch in der pädagogischen Diskussion, als "Kompetenz" bezeichnet wird. Dasselbe Ensemble von Kenntnissen, Fertigkeiten und Haltungen findet sich mit etwas anderen Formulierungen auch in der gegenwärtig durchweg herangezogenen Definition von Kompetenzen durch Franz-Emmanuel Weinert. Nach Weinert sind Kompetenzen "die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können" 4 . Auf die Komplexität dieses umfassenden Kompetenzbegriffs und die damit verbundene Frage nach der Leistungsfähigkeit teilweise sehr kleinschrittiger Methoden muss weiter unten noch einmal eingegangen werden. Festhalten lässt sich jedoch bereits jetzt: ~ nicht auf den Begriff, aber auf die Sache der Kompetenzbeschreibungen stoßen Lehrende gewissermaßen wie von selbst, sobald sie sich die Frage beantworten, welche Bildung sie durch ihr Tun vermitteln, was sie Lernenden beibringen oder auf welches Ziel sie ihr didaktisches Handeln ausrichten. ~ Kompetenzen beschreiben, so kann man einfacher formulieren, das, was ein Mensch "kann", weil und indem er sachkundig, handlungs-und reflexionsfähig ist. ~ Kompetenzorientiert ist zunächst einmal jeglicher Unterricht, dessen Zielsetzung oder Orientierung eben darin besteht, Lernenden zu Kenntnissen, Fertigkeiten und Haltungen zu verhelfen. Für die Methodenwahl bedeutet dies eine erste Spur: Die Methodenwahl beginnt mit der Klärung der Frage, auf welchen Kompetenzerwerb oder auf wel4

Franz E. Weinert (Hrsg.): Leistungsmessungen an Schulen. Weinheim 2002 2 , S. 27f.

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Teil A: Einführung

chen Schritt zum Kompetenzerwerb der Unterricht oder die jeweilige Lernsequenz zielt. Benötige ich eine Methode oder einen Vermittlungsweg, der vor allem auf den Erwerb oder die Vertiefung von Kenntnissen und Sachwissen zielt? Sollen Fertigkeiten bis hin zum sicheren Umgang mit Arbeitsmethoden erworben werden oder geht es um die Reflexion im weitesten Sinne, also etwa eine Perspektivübernahme, die Begründung einer Position, eine Deutung oder eine Bewertung? 3. Allen oben genannten Zielformulierungen ist schließlich gemeinsam, dass siemit einer Umstellung des Prädikats - in Hauptsätze überführt werden können, die beschreiben, was die Schülerl-innen am Ende einer bestimmten Lernzeit wissen, können und tun, wozu sie in der Lage sind und worauf sie sich einlassen. Strukturell sind diese Sätze identisch mit Bildungsstandards, manchmal sogar bis hin zu wörtlichen Übereinstimmungen mit einzelnen Sätzen, die sich genau so in den verbindlichen Lehrplänen oder Kerncurricula finden. Schon deshalb- und aufgrundder Vorgabe des Halbsatzes: Am Ende ... erwarte/erhoffe ich, das~ die Schülerl-innen ... -sind diese Zielformulierungen allesamt und genau wie die Bildungsstandards in aller Regel keine kurzfristigen Stundenziele. Was heißt das für die bereits wiederholt geforderte Passung zwischen Methoden und Kompetenzen, zwischen Methoden und Bildungszielen, wie sie in den Bildungsstandards formuliert und vorgegeben sind? Sind Methoden gewissermaßen der Königsweg zum Kompetenzerwerb und damit zur Erfüllung von Bildungsstandards? Zur Beantwortung dieser Frage lohnt es sich, einen Blick auf Bildungsstandards, Kompetenzen und ihr Verhältnis zu Methoden (s. u., Kap. 4.2) zu werfen. 4.Abschließend verdient folgender Hinweis zu dieser Übung Erwähnung: Die Ergänzung des Halbsatzes "Am Ende von Stunden Unterricht über das Thema erwarte ich, dass die Schülerl-innen ... " war nicht nur ein weiterer methodischer Impuls im Rahmen dieses Kapitels. Diese Methode der Satzergänzung eignet sich auch hervorragend für die kompetenzorientierte Planung von Lernsequenzen und für die Generierung von Zielformulierungen für eine Unterrichtsskizze. Dieselbe Übung kann außerdem methodisch im Unterricht eingesetzt werden (vgl. Teil C, Lernzielgespräche (I) und (II), 11.2 und 11.3).

4.2 Kompetenzen und Standards 4.2.1 Bildungsstandards: Input-Standards, Opportunity-To-Learn-Standards, Leistungsstandards Die Schule als Teil des Bildungssystems lebt von einer ganzen Reihe von Standards im Sinne von ordnenden, transparenten und gesellschaftlich kontrollier22

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel

baren Verlässlichkeiten. Die Einhaltung solcher Standards macht aus der Fülle von Bildungsangeboten geradezu das, was wir ein Bildungssystem nennen. Standardisiert, das heißt festgelegt, überprüfbar und einklagbar sind beispielsweise Zugangsbedingungen und Teilnahmepflicht an schulischem Unterricht, aber auch Zugangsbedingungen zum Lehrberuf, eine bestimmte Ausstattung mit Räumen und Sachmitteln, ein bestimmter Fächerkanon und entsprechende curriculare Vorgaben oder Lehrpläne. Festgelegt und transparent müssen Prinzipien der Leistungsbewertung und der Notenfindung, aber auch der Klassenteiler und viele andere Rahmenbedingungen sein. All diese Bestimmungen, mit denen sich Lehrende und Lernende konfrontiert sehen und auf die sie sich verlassen können müssen, sobald sie die Schwelle eines Schulgebäudes überschreiten, kann und muss man Standards nennen. Weil sie Voraussetzungen und "Zutaten" gelingender Bildung beschreiben, nennt man sie auch "Input-Standards". Schon schwieriger mit der Transparenz und der Verlässlichkeit ist es um Anforderungen und Regelungen bestellt, die etwa den Verlauf und die Qualität des konkreten Unterrichts betreffen. Auch hier sollten Standards gelten wie beispielsweise eine Kultur der Ermutigung, eine Kultur der Mitverantwortung von Lehrenden und Lernenden sowie die Transparenz von Leistungserwartungen. Im Unterschied zu den erstgenannten, die sich auf Rahmenbedingungen von Schule und Unterricht beziehen, handelt es sich bei den zuletztgenannten Standards, welche die Gelingensbedingungen von Lehr-Lernprozessen fokussieren, um Opportunity-To-Learn-Standards. Kompetenzen im Sinne der oben gefundenen Könnens-Beschreibungen tauchen hier allenfalls auf der Seite der Lehrenden auf. Die Frage, was Lehrende verlässlich können sollten, gehört zu den spannenden Fragen der Opportunity-To-Learn-Standards und spielt in einem Methodenbuch immer auch eine wenigstens implizite Rolle: natürlich erfordert auch der Umgang und der Einsatz von Methoden ein Können, und zwar auf Seiten der Lehrenden. Um Bildungsstandards im Sinne des bisher geschilderten handelt es sich bei diesen Könnens-Anforderungen aber nicht, sondern um Standards der Lehrerbildung. Die von der Kultusministerkonferenz und inzwischen auch von allen Bundesländern veröffentlichen Bildungsstandards beschreiben hingegen das, was Lernende lernen und können sollen. Sie standardisieren das anzustrebende Können, die im Unterricht anzustrebenden Kompetenzen. Sie beschreiben weder die Rahmenbedingungen, noch die für das erfolgreiche Lernen nötigen Prozesse, sondern benennen zu erbringende Lernleistungen und sind deshalb als Leistungsstandards anzusprechen. Gleichwohl wird man auch unter der Perspektive der von den Lernenden zu erbringenden Leistungen immer fragen, welche Rahmenbedingungen dafür erforderlich, förderlich oder hinderlich sind und welche Lerngelegenheiten und Prozesse erforderlich sind, um solche Lernziele oder eben Kompetenzen anzustreben. Alles, was man längst weiß und was im Hinblick auf lernförderliche Strukturen und Prozesse empirisch belegt ist - etwa die "Zehn 23

Teil A: Einführung

Merkmale guten Unterrichts~~s; die Auswahlkriterien des Deutschen Schulpreises oder die von Andreas Helmke zusammengetragenen Merkmale für Unterrichtsqualität6 -, gilt natürlich unverändert. Kompetenzbeschreibungen sind nun allerdings für die Reichweite einer Unterrichtsstunde in aller Regel buchstäblich zu groß und meistens zu komplex. Eine Unterrichtssequenz wird immer nur und bestenfalls einen Schritt auf dem Weg des Kompetenzerwerbs leisten können.

4.2.2 Bildungsstandards und Kompetenzen Die Standards für schulischen Unterricht beschreiben, was Schülerl-innen nach Abschluss einer bestimmten Lernzeit "können sollen. Bei näherer Betrachtung stellt sich allerdings heraus, dass das, was in den veröffentlichten Bildungsstandardsals "Kompetenz~~ oder "Kompetenzbeschreibungll gilt, derharten Überprüfung an der Kompetenz-Definition von Franz Emanuel Weinerfi' nicht standhält. Man kann mit Wolfgang Hallet den Kompetenzbegriff, der den Bildungsstandards zugrundeliegt, zurecht als unsystematisch und vor allem an keinem Kompetenzmodell ausgewiesen bezeichnen.a In der Tat liegt für die Bildungsstandards in ihrer Gesamtheit, aber auch in den einzelnen Fächern, kein erkennbares und hinreichend geklärtes Kompetenzmodell vor. Viele der Könnens-Beschreibungen, wie sie in den Bildungsstandards vorliegen, sind gar keine Kompetenzen im umfassenden Sinne, sondern allenfalls Teilkompetenzen oder "skillsll. "Gesprächsregeln einhalten "eine Mitschrift anfertigen oder "Formulare ausfüllen -alles Beispiele aus dem Fach Deutsch, Mittlerer Bildungsabschluss, laut KMK-Beschluss vom 04.12.2003- sind Könnensbeschreibungen, die erst im Bündel mit anderen oder angereichert durch kognitive oder interaktionale oder diskursive Kontexte als Kompetenzen gelten mögen. Gleichwohl wird man kaum bestreiten können, dass gerade solche "skillsll für den Kompetenzaufbau der Lernenden unverzichtbar sind und insofern auf den umfassenden und komplexen Kompetenzerwerb ausgerichtet, also "kompetenzorientiert zu lesen und zu verstehen sind. In der vorliegenden Abhandlung werden deshalb alle Bildungsstandards als Kompetenzen oder, im eben geschilderten Sinne, kompetenzorientiert verstanden. Diese Entscheidung hat, eingedenk ihrer theoretischen Unschärfe, einen eminent praktischen Sinn. Jl

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Vgl. Hilbert Meyer: Was ist guter Unterricht? Berlin 2004. Vgl. Andreas Helmke: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze 2009. Vgl. Franz E. Weinert (Hrsg.): Leistungsmessungen an Schulen. Weinheim 20022, S. 27f. Vgl. Wolfgang Hallet: Lernen fördern Englisch. Kompetenzorientierter Unterricht in der Sekundarstufe I. Seelze 2001, S. 42.

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel

4.2.3 Bildungsstandards und Methoden Gerade die teilweise nur sehr schmal und eng formulierten Teilkompetenzen oder auf Kompetenzerwerb ausgerichteten "skills" befinden sich sehr viel näher am alltäglichen Unterricht, für den die Lehrkräfte nach Methoden suchen, als etwa komplexe Kompetenzen wie Sozialkompetenz oder Hörverstehen. Für die Suche nach Methoden auf dem Weg zu Kompetenzerwerb können die einzelnen Lernschritte im Grunde gar nicht klein genug sein. Man muss geradezu unterstreichen: Kompetenzen im umfassenden, komplexen Sinne, sind für mittelfristige methodische Schritte gar nicht zugänglich. Kompetenzen im eigentlichen Sinne sind keine Stundenziele. Sie sind nicht nur für einzelne Methoden, sondern auch für einzelne Unterrichtsstunden viel "zu groß". Aber einzelne Unterrichtsstunden müssen auf den Erwerb, die Einübung und Vertiefung von Fertigkeiten und Fähigkeiten zielen, deren Ausrichtung und Orientierung in bestimmten Kompetenzen besteht. Das heißt im Umkehrschluss, dass man komplexe und umfassende Kompetenzen zu allererst in ihrer Komplexität reduzieren muss. Für die Wahl und den Einsatz von Methoden bedeutet dies: vor der Methodenwahl steht die Analyse, was die Lernenden können, wenn sie über eine bestimmte Kompetenz verfügen ("Kompetenzexegese")9- sei es, "Gesprächsregeln einzuhalten", sei es, "Möglichkeiten zur politischen Gestaltung und Einflussnahme unter Berücksichtigung verschiedener Handlungsalternativen im Sinne von Perspektivwechsel [zu] formulieren und [zu] vertreten" po- und wie sich dieses Können stuft oder entwickelt. Diese Kompetenzexegese ist mindestens so lange erforderlich, als es in den wenigsten Fächern so ausgearbeitete und reflektierte Kompetenzraster wie den Europäischen Referenzrahmen für Fremdsprachen gibt.11 Was dies für die in vielen Schulen bereits begonnene Arbeit an Kompetenzrastern bedeutet, wird weiter unten noch einmal aufzugreifen sein. Zusammenfassend lässt sich für das Verhältnis von Kompetenzorientierung und Methodenwahl folgendes festhalten: ~ Methoden sind Vermittlungswege, genauer: Kompetenz-Vermittlungswege. Methoden können Kompetenzen aber immer nur Schritt für Schritt vermitteln. Keine Methode führt vom Nichtwissen zum Wissen, sondern: ermöglicht Schritte des Wissenserwerbs; keine Methode führt von der Sprachunfähigkeit zur kommunikativen Kompetenz, sondern: bietet Hilfestellungen für Schritte des Spracherwerbs oder der Vertiefung von Sprachfähigkeit; keine Methode führt von der Handlungsunfähigkeit zur Kunstfertigkeit, sondern: Metho9 10 11

Vgl. Gerhard Ziener: Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten. Seelze 2012, S.46ff. Hessisches Curriculum Politik und Wirtschaft, Realschule, 2011, S. 23, vgl. www.kultusministerium. hessen.de/ Downloadbereich, Zugriff am 01.09.2012. Vgl. Council of Europe (Hrsg.): Common European Framework of Reference for Languages. Strasbourg 2011.

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Teil A: Einführung

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den helfen, Handlungsfähigkeit aufzubauen, zu entwickeln oder einzuüben, dasselbe gilt für Einstellungen, Haltungen und Reflexionsfähigkeit Methoden sind vor allem in diesem Sinne in aller Regel Umwege zum Kompetenzerwerb. Etliche Methoden setzen voraus, dass Lernende sie zu allererst erwerben. Es sind voraussetzungsreiche Umwege, deren Erlernen wiederum methodische Schritte erfordern. Einzelne Methoden mögen schon beinahe als Nicht-Methoden erscheinen, welche aber durchaus ihre Bedeutung für den Lernweg haben: die Abkürzung bis hin zur direkten Instruktion. Sind Methoden kleinschrittig und vielfältig genug, eröffnen sie zudem den Blick auf die Individualisierung von Unterricht. Individualisierender Unterricht wird entweder mehrere Methoden bei entsprechendem Lernarrangement und mit entsprechenden Sozialformen anbieten oder die gewählte Methode selbst bietet Öffnungen für Lernende mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Methoden sind nicht zu verwechseln mit Lernarrangements und Sozialformen des Lernens. Gruppenarbeit, Lerntheken oder Offener Unterricht sind keine Methoden, sondern Sozialformen oder Lernarrangements, die für bestimmte Methoden besonders geeignet sind. Etliche dieser Sozialformen und Lernarrangements bedürfen wiederum der methodischen Einführung. Solche Methoden zum Erlernen von Methoden könnte man auch als Meta-Methoden oder Methoden zweiter Ordnung bezeichnen.

4.3 Kompetenzorientierung und Methoden -oder: Was Lernende können sollen und was Methoden leisten müssen Die im vorletzten Abschnitt (S. 19 ff.) gebotenen Zielformulierungen im Sinne von erwarteten oder erhofften Lernerträgen führten zu einer ersten Systematik zum Auffinden geeigneter Methoden: die Suche nach Methoden zum Wissenserwerb, zum Erwerb von Fertigkeiten und zur Einübung von Reflexion oder von Haltungen. Dieses Raster lässt sich verfeinern, sobald man die Bildungsstandards hinzunimmt. Die Fülle der veröffentlichten Bildungsstandards ergibt natürlich ein umfassenderes und differenzierteres Bild von Leistungsanforderungen oder Bildungszielen, für deren Erlangung Methoden zu finden sind. Dieses Gesamtbild von Bildungszielen lässt sich beschreiben und systematisieren durch einen Blick auf die Könnens- oder Kompetenzbeschreibungen in den Bildungsstandards. Man könnte von vier Kategorien von Kompetenzen sprechen. Diese vier Kategorien werden sogleich als Suchhilfe für die geeignete Methodenwahl erkennbar.

Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über Quer durch alle Fächer, Schulstufen und Schularten sowie durch alle Bundesländer findet sich eine erste Gruppe von Könnens-Anforderungen, die sich um Prä26

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel

dikate versammeln, die in der Überschrift teilweise genannt sind. Diese sind erkennbar Könnens-Leistungen, die dem kognitiven Bereich zuzuordnen sind. Es geht dabei um Kenntnisse und Wissensbestände, über die die Lernenden sachgerecht verfügen sollen.

Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen Ebenfalls quer durch alle Bereiche ziehen sich Verben aus dem sprachlich-kommunikativen Bereich. Die Arbeit am Sprachverständnis und am aktiven Gebrauch der Sprache ist offensichtlich eine Kernaufgabe kompetenzorientierten Unterrichts in allen Fächern und Jahrgangsstufen. Dabei wird insbesondere darauf zu achten sein, wie sich Spracherwerb und -gebrauch von Fach zu Fach unterscheiden und spezifizieren: Wie rezitiert man ein Gedicht, wie erläutert man einen technischen Zusammenhang oder einen Lösungsweg in der Mathematik? Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit Wiederum durch alle Fächer und Jahrgangsstufen hindurch lassen sich Kompetenzbeschreibungen mit handlungsorientierten Verben beobachten: Spielideen im Sportunterricht sollen entwickelt und erprobt werden; Texte sollen erschlossen, analysiert und interpretiert werden; argumentative, beschreibende oder erzählende Texte sollen verfasst werden. Die Schülerl-innen sollen lernen dürfen, wie sie Gewusstes anwenden, Dinge herstellen, Neues entwickeln oder erschließen. Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden Die letzte Spur schließlich entsteht aus Tätigkeiten und Lernleistungen im reflexiven Verhältnis der Lernenden. Reflexion schließt immer die eigene Position und Perspektive mit ein, aber auch die der anderen. Es handelt sich also um Fähigkeiten aus dem personalen und dem sozialen Feld. Diese vierte und letzte Spur kann sich sowohl auf inhaltliche Zusammenhänge- Was ist sachgerecht? Was ist situationsangemessen?- als auch auf Lernprozesse richten: Was hilft mir beim Lernen? Welche Lernzuwächse kann ich beobachten, wie arbeiten wir effektiv zusammen? Damit schließt diese vierte und letzte Kategorie von Kompetenzen auch die Metakognition mit ein. Diese vier Kategorien des Könnens sind selbstverständlich nicht trennscharf voneinander abzugrenzen. Das ist aber sogar von Vorteil, da selten nur eine der vier Kategorien im Blick sein wird: die kognitive Dimension wird beijedem Vollzug mit beteiligt sein. "Sprechen über" oder "Fragen nach" setzt Verstehen voraus; erläutern und anwenden kann ich nur, was ich verstanden habe. Dasselbe gilt für die Anwendung von Methoden. Entscheidend ist, ob es gelingt, sich einen Fokus oder Schwerpunkt bewusst zu machen und dementsprechend nach Methoden zu suchen und sich begründet für einen Vermittlungsweg zu entscheiden. Gegenüber dem ersten Raster- Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungensind bei der soeben vorgetragenen Unterscheidung von vier Kategorien des Kön27

Teil A: Einführung

nens zwei weitere Fortschritte zu verzeichnen. Zum einen ist es das besondere Augenmerk auf die sprachlich-kommunikativen Fähigkeiten. Die Arbeit an der Sprachfähigkeit und die Sprachpflege ist so prominent im Anspruch des kompetenzorientierten Unterrichtens verankert, dass Sprache und Sprachpflege weder unter "Handlungsfähigkeit" oder "Fertigkeit" subsummiert werden, noch einfach pauschal an den Deutschunterricht delegiert werden können. Zum anderen fehlt in den vier Kategorien ganz offensichtlich eine eigene Kategorie "Einstellungen und Haltungen", die nicht etwa mit der 4. Kategorie in eins zu setzen sind. Einstellungen und Haltungen fundieren vielmehr alle anderen Könnens-Bereiche. Sie äußern sich in der Art und Weise, wie ich mich einem unbekannten Sachverhalt annähere und öffne, sie zeigen sich im Sprachgebrauch und im Hörverstehen, in meiner Bereitschaft, mich auf Texte, Musik oder Medien einzulassen, die nicht meinen eigenen Hör- und Sehgewohnheiten entsprechen. Einstellungen und Haltungen zeigen sich im Umgang mit Sachen, mit Anforderungen und Problemen, sie zeigen sich in Perspektivenübernahme und in Bewertungsprozessen. Einstellungen und Haltungen sind allen anderen Könnensbereichen implizit und werden deshalb auch in den Bildungsstandards kaum benannt.

vier Grundformen oder Kategorien von Kompetenzen bilden den Schlüssel für die einzelnen Methoden im Methodenteil (S. 51 ff.) dieses Buches. Der Schlüssel soll zur Orientierung dienen, wofür eine Methode gesucht und eingesetzt werden soll, genauer: zu welchem Kompetenzerwerb die entsprechende Methode geeignet sein kann. Zur Veranschaulichung des Kompetenzerwerbs auf Seiten der Lernenden, der der jeweiligen Methode zugetraut wird, findet sich deshalb zu Beginn jeder Methode ein eigener Absatz, in dem ausgeführt wird, was die Schülerl-innen können, wenn sie in der beschriebenen Weise vorgehen.

4.4 Kompetenzorientierte Methoden, Differenzierung und Individualisierung Alles, was man kann oder können sollte, kann man in unterschiedlichem Maße und auf unterschiedliche Weise, genau genommen: immer nur auf die je eigene Weise. Die Frage, was man kann, wenn man etwas kann (Kompetenzexegese) 12 , ist nicht zu trennen von der Frage, was man wie, und das heißt: je auf seine Weise kann. Um einen Blick auf die Vielfalt des Können-Könnens zu werfen, dient folgende, um einen wichtigen Gedanken erweiterte Übersicht über die vier Kategorien von Kompetenzen. Die vier Kategorien des Könnens werden hier auf je drei Anforderungsniveaus13 beschrieben: 12 13

28

Vgl. Gerhard Ziener: Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten. Seelze 2012. Ebd. S. 66f.

4 Der Ausgangspunkt: das Ziel

Niveau A (Reproduktion)

Niveau B (Rekonstruktion)

Niveau C (Transfer)

Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über(- Kap. 7) Die im Unterricht erhaltenen bzw. bereits erarbeiteten Informationen in wesentlichen Grundzügen erfassen (wiederholen, wiedergeben).

Die im Unterricht u. U. auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhaltenen Informationen verknüpfen und Bezüge herstellen.

Informationen selbstständig reorganisieren/strukturieren und in einen veränderten Zusammenhang einordnen.

Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen. (- Kap. 8) Sachbezogen und situationsgerecht Sachverhalte (Beobachtungen, Gefühle, Einsichten ... ) formulieren; eine Redeweise (Sprachspiel) wiederholen bzw. nachahmen.

Eigene sprachliche Äußerungen in einen Dialog mit anderen bringen; reagieren, Redeweisen reflektieren und gestalten.

Auch andere (fremde) sprachliche Redeweisen (Sprechweisen, Sprachspiele) wahrnehmen, reflektieren, probeweise übernehmen.



Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit (.:....;. Kap. 9) Identische Aufgaben mit veränderten Variablen oder Parametern durchführen; einen Plan umsetzen; einen Schritt anwenden.

Strukturverwandte Aufgaben (Anforderungen) bearbeiten; eine Methode anwenden; einen Plan entwerfen und umsetzen.

Aufgaben mit anderen (komplexen, zusammengesetzten) Anforderungen analysieren und sachgerecht bearbeiten.

Vergleichen, bewer.ten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden(- Kap.10) ..

Bekannte Gesichtspunkte, die ein Urteil begründen, nennen und von widersprechenden unterscheiden; eigene Wahrnehmungen und Deutungen formulieren.

Wahrnehmungen und Deutungen unterscheiden (eigene Positionen begründen, mit anderen . vergleichen, abwägen, hinterfragen).

Wahrnehmungen und Deutungen anderer probeweise einnehmen (auch wenn sie nicht den eigenen Wahrnehmungen/ Deutungen entsprechen).

Es kommt bei dieser Übersicht nicht darauf an, ob sie wissenschaftlich und empirisch valide ist, also zu einer "objektiven" Messung und Bewertung von Schülerleistungen taugt. Das ist in unserem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Es geht vielmehr um eine verfeinerte Suchhilfe für geeignete :tvlethoden mit jeweils begrenzter Reichweite. Anders ausgedrückt: es geht abermals um die Frage, worin das eigene didaktische Ziel besteht und welcher Weg, welche Methode den 29

Teil A: Einführung

Lernenden helfen könnte, dieses Ziel zu erreichen. Hinzugekommen ist nun ein differenzierter Blick auf beides, das Ziel und die möglichen Wege. Ein Kugellagerspiel mit einem Interview zu einer gegenseitig (nach- )erzählten Geschichte (vgl. Erzählinterview im Teil C, 8.2; 8.5; 8.6) ermöglicht den Lernenden, die Geschichte entweder eins zu eins zu reproduzieren oder sie interpretierend auszuschmücken und zu rekonstruieren, lässt sie aber beispielsweise keine eigene Geschichte erfinden - es sei denn, der Arbeitsauftrag lautete entsprechend. Im Interview-Schritt (vgl. 8.5) werden die Lernenden je nach Art der Fragen und nach ihrem Vermögen gegenständlich-sachbezogen Auskunft geben, aber keine Rolle oder Perspektive übernehmen, es sei denn, eine solche Anforderung würde ausdrücklich in die Interviewfragen einbezogen. Das bedeutet ein Letztes: Methoden bedürfen der Modifikation, womöglich innerhalb derselben Lerngruppe. Können alle Schülerl-innen mithilfe einer Mindmap (Teil C, 9.3) eine Lernlandkarte (Teil C, 7.3) entwerfen, benötigen einige dafür Hilfsmittel, Stichworte, die sie zuordnen, wählen oder ausschließen, erläutern odervernetzen dürfen? Bedeutsam ist dabei auch: Wissen nicht nur die Lehrkräfte, auf welchen Weg sie die Lernenden begleitend schicken; wissen auch die Lernenden, was sie mit welchem Ziel auf welchen Wegen tun?

Die "Varianten für die Lerngruppe" bei jeder Methode verstehen sich in erster Linie als Angebot zur Differenzierung und Individualisierung von Lernwegen zum Kompetenzerwerb. Das Kapitel12 zeigt Schritte auf, nach denen Lehrkräfte vorhandenes Material wie ein Arbeitsblatt oder Arbeitsaufträge schrittweise differenzieren und individualisierend erweitern können.

4.5 Kompetenzorientierung und Metakognition Die zuletzt formulierte Frage- "Wissen auch die Lernenden, was sie mit welchem Ziel auf welchen Wegen tun?"- zielt auf einen Gelingensfaktor, einen Prozess-Standard gelingenden Lernens, der in jüngster Zeit immer deutlicher ins Bewusstsein der Schulpädagogik rückt. Sei es ein konstruktivistisches Lernverständnis, seien es die Perspektive der Lernpsychologie, die Einsichten der Neurobiologieoder schließlich die Frage nach nachhaltigem, sinnstiftendem Lernen: Alle genannten Perspektiven und Ansätze stoßen früher oder später auf den Lernenden und seine Bewusstheit und seine Fähigkeit zur Reflexion, also sein "Mitwisserschaft" im Lernprozess selbst. Gelingendes Lernen kann auf ein Nachdenken über das Lernen nicht verzichten, Kognition erfordert Metakognition. Neuere curriculare Vorgaben tragen dem Rechnung, indem sie nicht nur Lernleistungen standardisieren, sondern auch den Umgang mit den eigenen Lernwegen. Dies geschieht entweder durch die Integration metakognitiver Standards in das Fachcurriculum ("können auf geeignete Weise ihren eigenen Lernprozess dokumen30

5 Kompetenzorientiert unterrichten mit Methode

tierenund darstellen- zum Beispiel Produktreihe, Portfolio)" 14 oder durch vorgeschaltete, allgemeine und überfachliche Kompetenzbeschreibungen, die über alle Fächer hinweg identisch sind ("Die Lernenden [... ] reflektieren ihre Lernprozesse und Ergebnisse und setzen sich selbst Ziele;[ ... ] [sie] nutzen Strategien zur Lösung von Aufgaben, wählen Arbeitsmethoden anforderungsbezogen aus und wenden sie sachgerecht an". 15 Besonders der zuletzt zitierte Standard zeigt- im Hinblick auf Methoden! eine ausdrückliche Korrespondenz zwischen dem, was Lehrende können sollten und dem, was Schülerl-innen lernen bzw. können sollten und wie beides mit einander verknüpft ist. Für solche metakognitiven Kompetenzen lässt sich zusätzlich zum jeweils sachbezogenen Wissen, Kommunizieren, Gestalten und Reflektieren eine weitere Kategorie ausmachen und klassifizieren, die sich in einem eigenen Abschnitt (Kap. 11) mit entsprechenden methodischen Anregungen niederschlägt Eigenelernprozesse·beobachten, beschreiben, retlektieren.und entwickeln (-;..·Kap.11) Eigene Lernergebnisse, auch Zwischenergebnisse, Lernstände und Lernhindernisse mit der Aufgaben- oder Problemstellung vergleichen.

Eigene Lernwege, Einsichten, Erschwernisse beschreiben und benennen; Schlussfolgerungen für sach- und zielgerechtes Arbeiten formulieren.

Eigene Lernergebnisse und Lernwege kritisch überprüfen, Alternativen benennen; mit Lernergebnissen und -wegen anderer vergleichen und daraus Schlüsse für die eigene Arbeit bzw. sachgerechtes Arbeiten ziehen.

5 Kompetenzorientiert unterrichten mit Methode 5.1 "Though this be madness, yet there is method in't" "[Ist es auch Wahnsinn], so hat es doch Methode." Dieser Satz, den William Shakespeare in seinem Drama Harnlet (2. Akt, 2. Szene) den Polonius sprechen lässt, hat in unseren Sprachgebrauch eine besondere Redewendung eingeführt. Dass etwas "Methode hat", meint mehr, als eine Methode anzuwenden. Es meint, methodisch zu handeln im Sinne eines systematischen, durchdachten, reflektierten und planvollen Vorgehens. Diese Beschreibung ist das positi14 15

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (Hrsg.): Bildungsplan 2010, Werkrealschule, Stuttgart 2010, S. 105. Hessisches Curriculum Politik und Wirtschaft, Realschule, 2011, S. 10, vgl. www. Kultusministerium. hessen.de/Downloadbereich, Zugriff 01.09.2012.

31

Teil A: Einführung

ve Gegenstück zu der zuvor getroffenen Feststellung, man könne im Unterricht im Grunde genommen nicht nicht-methodisch vorgehen. Kompetenzorientierter Unterricht ist nicht eine Unterrichtsmethode, sondern eine Fokussierung des Lehrens und Lernens auf das Kind und seine vorhandenen Kompetenzen. Ferner eine Ausrichtung oder Orientierung am Kind und seinen zu erwerbenden Kompetenzen. Kompetenzorientierter Unterricht stellt demnach das Kind in den Mittelpunkt. Kompetenzen, so wurde festgestellt, sind keine Stundenziele, aber Unterrichtsstunden zielen auf Schritte des Weges zum Kompetenzerwerb. Schritte eines Weges, zumal eines Lernweges, müssen systematisch und planvoll auf einander bezogen sein. Zu unterrichten mit dem Ziel, Kindern und Jugendlichen zu helfen, Kompetenzen zu erwerben, und dafür geeignete Methoden einzusetzen, ist das eine. Einen erfolgversprechenden Lernweg systematisch zu planen und darin mit Methode vorzugehen, ist die eigentliche Herausforderung. Am Anfang der Methodensuche stehe nicht das Blättern in einer Methodensammlung, wurde eingangs formuliert. Es geht vielmehr stets um die Passung zwischen dem angestrebten Kompetenzerwerb und der gewählten Methode. Kompetenzorientiert unterrichten mit Methode heißt deshalb: Methoden kriterienorientiert und systematisch auszuwählen, sie zu modifizieren und differenziert und individualisierend einzusetzen, miteinander zu vernetzen, zu wiederholen und zu üben.

5.2 Von der Methodenreflexion zum Methodencurriculum: die Aufgabe der Fachkonferenz als Element der Schulentwicklung Kompetenzen entwickeln sich an konkreten Inhalten und Themen, Methoden bewähren sich an konkreten Herausforderungen und durch spezifische Ergebnisse oder Produkte. Diese Feststellung steht nicht im Widerspruch zu einem zweiten Satz: Kompetenzen weisen immer über die konkrete Anforderungssituation16 in "variablen Situationen" 17 hinaus. Methoden sind nur Mittelwege, nur Vermittlungswege für die unterschiedlichsten Anwendungsfelder. Anders ausgedrückt: Die Arbeit am Erwerb, dem Aufbau, der Einübung und der Performanz von Kompetenzen ist ohne eine fächerübergreifende, abgestimmte und vernetzende Arbeit gar nicht denkbar. Dasselbe gilt für den Einsatz und das Erlernen von Methoden, die letztlich dafür sorgen sollen, dass die Lernenden befähigt werden, Wissen, Handlungs- und Reflexionsfähigkeit auszubilden und zu bereichern. 16 17

32

Vgl. Gabriele Obst: Kompetenzorientiertes Lehren und Lernen im Religionsunterricht Göttingen 2008, 8.146. Eckhard Klieme u. a.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise, hrsg. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Bonn 2003, S. 72.

6 Wie dieses Buch "funktioniert"

Um bestimmte Methoden anzuwenden, so wurde gesagt, muss man bereits etwas können. Um ein Rollenspiel durchzuführen, müssen Schülerl-innen eine Geschichte, eine Problemstellung oder eine vorgestellte Situation erfassen; sie müssen Rollen identifizieren und gestalten, Perspektiven wechseln und übernehmen, sowie Szenarien erfassen. Sie müssen Rollen spielen, eigene und fremde Rollen reflektieren, Rollen verlassen und veränderte Konstellationen wiederum reflektieren, um nur einige Fragen zu nennen, die sich stellen, sobald man fragt: Was kann jemand, der ein Rollenspiel durchführen kann- und was muss man bereits können, um das zu können? Und folgerichtig wird man fragen: Mit welchen Methoden befördert man solches Können? Der Ort, solche Fragen zu beantworten, ist nicht die Unterrichtsvorbereitung der einzelnen Lehrperson. Denn dies führte im schlechten Fall dazu, dass dieselbe Methode in jedem Fach zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt wird; im schlechtesten Falle führte es nicht nur zu Ungleichzeitigkeit und Doppelung, sondern zu widersprüchlichen, widerstreitenden Arbeitsformen und Regeln von Fach zu Fach, von Jahrgangsstufe zu Jahrgangsstufe. Die Anforderung an den methodischen, systematisch-vernetzenden, aufbauend-abgestimmten Erwerb von Kompetenzen lautet deshalb: Welcher Weg führt zu welcher Methode, auf welchen Wegen erwerben die Lernenden diejenigen methodischen Voraussetzungen, um kenntnisreich, Wissen erwerbend oder vernetzend sprach-, handlungs-und reflexionsfähig- also: kompetent- zu werden? Die kurze Antwort lautet: mithilfe eines eigenen, aber dem sachbezogenen Unterricht nicht fremden, sondern darin integrierten Methodencurriculums.

Das Kapitel 13 (Vorschlag zur Gestaltung eines schuleigenen Methodencurriculums) schließt den Praxisteil ab. Da ein Methodencurriculum nur das Ergebnis vieler einzelner Methoden und Schritte sein kann, wird der Vorschlag eines Methodencurriculums gewissermaßen rückwärts gelesen zu einem methodischen Kompetenzraster.

6 Wie dieses Buch "funktioniert" Das vorliegende Methodenbuch hat sich zum Ziel gesetzt, Methoden für die unterschiedlichsten Kompetenzbereiche anzubieten und dabei der Kompetenzorientierung unter zwei Perspektiven Ausdruck zu verleihen. Durchgängig wird aus der Perspektive der Lehrkraft der Blick auf die Lernenden gerichtet, um von dieser Perspektive aus zu fragen: Welche Kompetenzen sollen die Lernenden erwerben, und welcher Zugangsweg könnte ihnen dabei behilflich sein. Gleichzeitig sollen Methoden nicht nur auf einzelne Fächer beschränkt werden, sondern prinzipiell in jedem Fach zur Geltung kommen und damit schließlich einem schulischen Methodencurriculum folgen können. Um das schulische Lernen und Arbei33

Teil A: Einführung

ten, das durch Zielbestimmungen in Form von Kompetenzen beschrieben wird, abzubilden haben wir die Methoden unter folgenden Überschriften eingeordnet: 7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über 8 Sprechen, Kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen 9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit 10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden 11 Das eigene Lernen beobachten, beschreiben, reflektieren und weiterentwickeln (Metakognition) 12 Methodische Varianten und ein Methodencurriculum erstellen 13 Methodenkompetenz: Kompetenzraster Die Kapitel 7-10 verstehen sich als Grundlagen, um durch Methoden kompetenter zu werden. In Kapitel 11 geht es vornehmlich um die Reflexion des eigenen Lernens, also die Fähigkeit, metakognitiv den Prozess des eigenen Lernens zu beobachten und zu reflektieren. Dabei verhalten sich die Kapitel 7-10 zum Kapitel11 jedoch nicht etwa wie "materielle Bildung" zu "formaler Bildung", sondern sind stets auf einander zu beziehen. Kapitel 12 orientiert sich auf die Lehrkraft unter der Fragestellung: Wie entwickle ich eine Routine für die situative oder die strukturelle Differenzierung von Lernangeboten und Arbeitsaufträgen? Das Kapitel 13 könnte man als Quintessenz des gesamten Buches verstehen. Wir haben die Methoden deshalb so formuliert, dass bei jeder Methode dieselben tragenden Elemente auftauchen: 1. Die Kompetenzen, über die Lernende durch den Gebrauch der Methoden verfügen bzw. zu deren Erwerb die Methode eingesetzt werden kann. 2. Die Anleitung, wie eine Methode eingeführt, variiert und vertieft werden kann. 3. Der fachliche und überfachliche Anwendungsort 4. Die Kompetenzen in schülergerechter Sprache. 5. Die Anschlüsse an den Einsatz der jeweiligen Methode (Weiterführung). Ein besonderer Fokus sollte bei der Nutzung des Buches auf den Anleitungen und Varianten liegen. Die Anleitung befördert die Auswahl, aber vor allem immer die Passung und Differenzierung einer Methode und zwar im strengen Sinne der Kompetenzorientierung: Methoden sollen dafür sorgen, dass Schülerl-innen verlässlich etwas können bzw. solches Können erwerben dürfen. Dazu bedarf es gezielter und häufiger Anleitung. Bis etwas gekonnt wird, ist stetiges und variantenreiches Üben eine unerlässliche Voraussetzung. Gleichzeitig sollen die Methoden auch als Werkzeugkasten dienen, mit dem sie während ihrer Schulzeit- und darüber hinaus!- auf Wissen zugreifen, dieses organisieren und dabei selbst Methoden variieren können, um sie zielgerichtet für ihre individuellen Lernprozesse zu nutzen. Lernen, Kompetenz und Bildung sind dann erfolgreich, wenn aus gekonntem, reflektiertem und schließlich selbstorganisiertem Lernen Nachhaltigkeit entsteht. 34

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über (~ Kap. 7)

Um etwas zu können, muss man auch etwas wissen. Kompetenzorientiertes Unterrichten ist mitnichten eine Abkehr von Unterrichtsinhalten. Der Aufbau von Kompetenzen am Ende einer bestimmten Lernzeit kann nicht verzichten auf den kumulativen und vernetzenden Aufbau von inhaltlichem Wissen. Aber Unterrichtsinhalte werden konsequent danach befragt, was man daran lernen und für welches Können sie notwendig, hilfreich, sinnvoll oder exemplarisch sein können. Die nachfolgenden Methoden zum Aufbau und Erwerb von Kenntnissen und von Wissen bedürfen in aller Regel der Anschlüsse an andere Methoden, durch die das erworbene Wissen sichtbar wird. Man spricht auch von der Performanz, durch die eine Kompetenz überhaupt erst sichtbar wird. Name der Methode 7.1 ABC-Methode Seite 54

Kompetenzen der Schüler/-innen: Sie können



• 7.2 Befragung von Expert(inn)en Seite 56 7.3 Lernplakat (Lernlandschaft) Seite 58

• • •

Beschreibung

Wissensbestände zu einem Thema oder Fachgebiet mithilfe eines selbst und individuell erstellten alphabetischen Glossars oder einer Begriffesammlung sammeln, sortieren, systematisieren und vernetzen; eigene Ergebnisse auf die sachliche Richtigkeit prüfen und sie mit den Ergebnissen und Kenntnissen anderer vergleichen.

Schülerl-innen erstellen in Einzelarbeit ihr eigenes Glossar.

Expert(inn)en eines bestimmten Fachgebietes zielgerichtet befragen und die Antworten zur eigenen Informationsgewinnung systematisch nutzen.

Schülerl-innen erarbeiten lnterviewfragen, führen Befragung durch und ordnen die Antworten systematisch.

bereits Gelerntes auf einem Plakat so darstellen, dass Sachverhalte und Zusammenhänge, Begründungen und Vernetzungen erkennbar werden; ausgehend von einem Sachverhalt oder einer Anforderungssituation einen Lernweg planen und ihren Zugewinn an Einsichten und Zusammenhängen kontinuierlich dokumentieren und reflektieren.

Auf einem Plakat bilanzieren und strukturieren Schüler/ -innen bereits Gelerntes - oder sie entwerfen und planen Lernwege und beobachten und reflektieren Lernentwicklungen.

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Teil B: Übersicht zu den Methoden

7.4 Fragen und Antworten (1): Bingo Seite 62

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7.5 Fragen und Antworten (II): Fragenzirkel Seite 66

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7.6 Schreibgitter (Piacemat-Activity; Think-Pair-Share) Seite 68 7.7 Mitschreiben (Protokoll) Seite 70

7.8 Texte bearbeiten und nutzen{/): POZEK Seite 74 7.9 Texte bearbeiten und nutzen (II): Visualisieren Seite 76

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Gelerntes gemeinsam rekapitulieren und Wissensbestände vergleichen; eigene Fragen zu einem Thema generieren und sich Partnerinnen und Partner suchen, die diese Fragen beantworten; Antworten auf gemeinsam formulierte Fragen sachgerecht vergleichen und prüfen.

Spielerische Methode, bei der die Schülerl-innen sich Lernpartnerl-innen suchen, die ihnen Antworten geben auf vorgegebene Fragen bzw. auf Fragen, die in der Lerngruppe selbst formuliert wurden.

ein Thema oder Sachgebiet durch Fragen aufschließen, Fragen formulieren und gemeinsam mit anderen nach Antworten suchen; die gefundenen Antworten miteinander vergleichen und auf ihre sachliche Richtigkeit oder auf ihre Schlüssigkeit hin überprüfen; Gelerntes gemeinsam rekapitulieren und Wissensbestände vergleichen.

Schülerl-innen formulieren Fragen und Problemstellungen, die reihum zunächst in Gruppenarbeit, dann im Plenum bearbeitet und reflektiert werden.

vorgegebene oder selbst formulierte Fragen oder Problemstellungen in einem kooperativen Prozess gemeinsam beantworten, auf Lösungsversuche anderer eingehen und gemeinsam Ergebnisse aushandeln.

Kooperativer Umgang mit (selbst formulierten) Fragen, auf die schrittweise Antworten gesucht und Ergebnisse ausgehandelt werden.

eine Unterrichtsphase (einen Gesprächsvorgang) mitschreiben und ein strukturiertes Protokoll erstellen; eigene Strategien zur Protokollierung von Unterrichtsphasen entwickeln.

Eine angeleitete Form, um einem Hörtext oder einer Diskussion wesentliche Informationen zu entnehmen und sie zu protokollieren.

einer Erzählung konzentriert und strukturiert zuhören und der Geschichte Erzählstrukturen entnehmen; eigene Erzählungen systematisch aufbauen.

Methode für die strukturierte Erarbeitung und Weiterverarbeitung von Erzähltexten.

einen gelesenen Text in eine grafische Darstellung überführen; ein Textgefüge mit grafischen Mitteln deuten und damit spielen.

Visualisieren oder "Grafisieren" von Textabläufen oder -Strukturen für deren besseres Verständnis.

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten

7.10 Texte bearbeiten und nutzen (II/): Lesen, exzerpieren und zusammenlassen (Drei-SchrittMethode) Seite 78 7.11 Anleitungen schreiben Seite 82

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einen Text strukturierend und sinnentnehmend lesen; einem Text wesentliche Informationen entnehmen; mit einem Text weiterarbeiten; über das Gelesene Auskunft geben.

Durch drei Schritte strukturierte Methode zum selbstständigen Lesen von zusammenhängenden Texten.

regelmäßig wiederkehrende Abläufe, Vorgänge oder Handlungsregeln beobachten; in sachlicher und präziser Sprache das Funktionieren oder den Ablauf solcher Vorgänge beschreiben, sodass andere sich den Ablauf vorstellen können, auch wenn sie ihn nicht sehen oder kennen.

Schülerinnen und Schüler beobachten und beschreiben regelmäßig wiederkehrende Abläufe, wie das Funktionieren einer Maschine oder die Zubereitung einer Speise (Vorgangsbeschreibung oder Anleitung).

Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen

(~Kap.

8)

Man kann nicht nicht kommunizieren- aber man kann unterschiedlich sachgerecht, adressatengerecht und situationsangemessen kommunizieren. Auf dem Feld der Kommunikation wirken sich Unterschiede hinsichtlich der Generationen, der Milieus und der Sprachpflege besonders eindrücklich aus. Festzustellen, dass die nachwachsende Generation unter einem Sprachverlust leide, bedeutet keineswegs, dass junge Menschen heute nicht mehr sprechen, im Gegenteil. Doch die Sprachkulturen heutiger Heranwachsender unterscheiden sich zunehmend von Hoch-, Kultur- und Schulsprache. Sprachpflege heißt deshalb: Kinder und Jugendliche aufzusuchen bei ihren sprachlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten, Sprachgebrauch zu fördern, zu moderieren und einzuüben sowie auch fremde Sprach- und Rollenspiele zu analysieren und zu erproben. Name der Methode 8.1 Lexikon-Spiel Seite 84

Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler: Sie können ~

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sich spielerisch die Sprachform eines Nachschlagewerkes erarbeiten, diese Sprachform aktiv einüben und ihre Ergebnisse kriterienorientiert reflektieren; ihr Vorwissen zu bestimmten Sachtragen und Themen überprüfen.

Beschreibung Nachahmung von Lexikonartikeln, Spiel mit richtigen und falschen Worterklärungen

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Teil B: Übersicht zu den Methoden

8.2 Gesprächsarrangements (1): Kugellager Seite 86 8.3 Gesprächsarrangements (//): Verabredungsuhr Seite 88 8.4 Gesprächsarrangements (111): Aquarium Seite 90 8.5 Erzählinterview (Kugellager) Seite 92 8.6 Tabu-Spiel (Kugellager) Seite 94 8.7 Situatives Sprechen, Rollenhüte (Aquarium) Seite 96 8.8 Doppeln im Rollenspiel Seite 98

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sich ohne Zeitaufwand und persönliche Vorlieben in wechselnde Zweiergruppen sortieren; sich auf wechselnde, nicht selbst gewählte Lernpartner einstellen.

Kugellager-Methode als Form der kurzfristigen, unaufwendigen Bildung von Zweiergruppen mit Gesprächsaufgaben.

sich ohne Zeitaufwand und persönliche Vorlieben in wechselnde Zweiergruppen sortieren; sich auf wechselnde, nicht selbst gewählte Lernpartner einstellen.

Verabredungsuhr als Form der kurzfristigen, wenig aufwendigen Bildung von Zweiergruppen mit Gesprächsaufgaben.

miteinander über ein Thema sprechen und anderen beim Sprechen zuhören; sich sach- und situationsangemessen in ein Gespräch einschalten; ihr eigenes Gesprächsverhalten sowie das Gesprächsverhalten anderer reflektieren.

Das Aquarium als Arrangement für Gespräche mit wechselnden Partnerl-innen in unterschiedlichen Rollen.

einen gehörten Text nacherzählen, ihre eigene Erzählweise reflektieren und sie in der Lerngruppe vergleichen.

Form des konzentrierten und reflektierten Partnergesprächs mithilfe von Interviews.

einen Begriff oder Sachverhalt möglichst anschaulich und verständlich definieren und dabei bestimmte Regeln einhalten; einen vorgestellten Begriff oder Sachverhalt aus der Schilderung erschließen.

Begriffserläuterungen unter Vermeidung bestimmter Begriffe.

sich in emotionale Haltungen hineinversetzen; probeweise unterschiedliche Emotionen und Haltungen zu einem bestimmten Konflikt oder Sachverhalt zum Ausdruck bringen; Ausdrucksmittel erproben und deren Wirkungen reflektieren.

Fiktive Rollen werden konturiert, übernommen und reflektiert, Sprachspiele und Redegattungen werden erprobt.

eine Entscheidungssituation als solche erkennen und die widersprüchlichen Sichtweisen in Worte fassen; auf Sichtweisen anderer eingehen und neue Perspektiven eröffnen.

Schnelle und spontane Perspektivübernahme in einem gespielten Konflikt.

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten

8.9 Philosophieren/ Theologisieren Seite 100

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8.10 Kurzvortrag Seite 104

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8.11 Aktives Zuhören Seite 106

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8.12 Mündliches Feedback Seite 110

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über ihre eigenen existentiellen Fragen gemeinsam mit anderen nachdenken; über Fragen anderer, auch wenn sie unentscheidbar sind, sich gemeinsam austauschen; aufeinander hören und abweichende Meinungen und Einschätzungen aushalten.

Methode zur Diskussion unentscheidbarer Fragen und zur Förderung des existentiellen Nachdenkens.

einen Kurzvortrag (ca. 5 Minuten) vorbereiten und halten; Regeln eines guten Vortrags anwenden; eigene Strategien zur Erstellung eines Kurzvortrags entwickeln.

Im Kurzvortrag präsentieren die Schülerl-innen selbst vorbereitete und ausgearbeitete monologische oder gemeinsame Kurzreferate von max. 5 Minuten Dauer.

in Gesprächen ihre verbalen und nonverbalen Wahrnehmungen kommunizieren; achtsam und wertschätzend miteinander umgehen; ihre Selbstwirksamkeit reflektieren.

Eine Übung zur sensiblen Wahrnehmung eines Gegenübers im Gespräch und eine Form der wohlwollenden dialogisehen Rückmeldung im Gesprächsverlauf.

anderen eine angemessene und wertschätzende Rückmeldung geben; eine Rückmeldung annehmen und selbstständig entscheiden, wie sie damit weiterarbeiten werden.

Kriterienorientiertes, konstruktives Rückmeldeverfahren zwischen Lehrkraft und Schüler/ -innen sowie der Lernenden untereinander.

Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit(~ Kap. 9) Kompetenzorientierung ist nicht identisch mit Handlungs- und Anwendungsbezug, aber auch nicht davon zu trennen. Kompetenzen erweisen sich durch ihre Performanz in wechselnden Anforderungssituationen. Unter dieser Perspektive berühren sich handlungsorientierte Methoden am stärksten mit Anforderungssituationen und Aufgabenstellungen. Die hier versammelten Methoden sind unter dem Gesichtspunkt zusammengestellt, dass sie Lernenden helfen wollen, selbst initiativ zu werden und eigene Lernprozesse zu gestalten. Was für alle Methoden gilt, wird hier besonders sichtbar: Methoden sollen sich sukzessive vom Handwerkszeug der Lehrkraft in das Handwerkszeug der Schüler/-innen verwandeln. Das Ziel des Einsatzes von Methoden im Unterricht ist nicht in erster Linie die Erleichterung des Unterrichts für die Unterrichtenden, sondern die Erleichterung des Lernens für die Lernenden. Sie sollen wissen und verstehen, was ihnen beim Lernen hilft und wie sie solche Hilfsmittel gezielt, selbstständig und variabel ein41

Teil B: Übersicht zu den Methoden

setzen können. Dazu ist die Methodenreflexion und Metakognition unerlässlich. Somit wird spätestens mit diesem Kapitel 9 nicht nur der Übergang zu Kapitel 11 markiert, sondern auch der Schritt zum Aufbau der Methodenkompetenz der Schüler/-innen. Name der Methode 9.1 Arbeitsplan: Erarbeitung und Präsentation Seite 112

9.2 Gedichtpartitur Seite 116

Kompetenzen der Schüler/-innen: Sie können ~

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9.3 Mindmap Seite 120

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9.4 Text verdoppeln Seite 124

9.5 Texte erden Seite 126

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Beschreibung

sich eine Fragestellung erarbeiten oder ein vorgegebenes Problem bearbeiten mithilfe eines vorstrukturierten, selbst zu gestaltenden Arbeitsplans; die Schritte und die Ergebnisse ihrer Arbeit so präsentieren, dass die zugrundeliegende Fragestellung, die Schritte der Erarbeitung und die Ergebnisse erkennbar und zur Reflexion zur Verfügung gestellt werden.

Methodisch strukturierte Schritte für die Erarbeitung eines bestimmten Themas bzw. die Bearbeitung einer bestimmten Frage oder einer Problemstellung.

ein Gedicht kreativ erschließen und damit eine Merkhilfe ("Partitur") für den Gedichtvortrag erstellen; das Gedicht mithilfe ihrer Partitur und zunehmend auch ohne die Partitur auswendig vortragen.

Verfahren zur Aneignung und zum auswendigen Vortragen von Gedichten.

ein Thema durch eine Mindmap, durch über- und untergeordnete Schlüsselbegriffe strukturieren; eine Mindmap als Vorlage eines Vortrages nutzen; nach längerer Zeit eine Mindmap als Erinnerungsstütze hervorholen und erklären bzw. ein Thema strukturieren; einen Lernweg mitverfolgen und reflektieren

Die Schülerl-innen erstellen eine systematisch geordnete "Gedankenlandkarte".

einen schwierigen poetischen oder deklaratorischen Text assoziativ umschreiben; aus einem vorhandenen Text einen neuen, eigenen Text mit ihren Einfällen und Gedanken erstellen.

Eine assoziative Form, um poetische oder deklaratorisehe Texte in eigene Formulierungen zu überführen.

auf kreative Weise einen schwierigen, ungegenständlichen poetischen Text bearbeiten; gemeinsam zur Deutung eines Textes beitragen.

Eine kreative Form zur "Auslegung" von poetischen, nicht gegenständlichen Texten.

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten

9.6 Kreativ Schreiben Seite 128

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9.7 Texte umschreiben (Schreibwerkstatt: Textgattung ändern) Seite 132

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9.8 Gruppenpuzzle Seite 134

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9.9 Präsentieren Seite 136

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9.10 Eine Methode erklären Seite 142

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ein Wort, ein Motto, einen einprägsamen Satz auf kreative Weise gestalten und so Deutungen zum Ausdruck bringen; kreative Gestaltungen von Wort-Bildern lesen, deuten und Vorschläge zu deren Überarbeitung formulieren.

Kurze, prägnante Sätze werden wortmalerisch und farblieh nachgeschrieben und dadurch interpretiert.

selbstständig einen Text nach bestimmten Gattungsmerkmalen verfassen; unterschiedliche Textgattungen an ihren Merkmale erkennen und entscheiden, für welche Schreibabsichten welche Gattungen geeignet sind; den Zusammenhang zwischen Form und Inhalt, Sitz im Leben und Addressat(inn)en reflektieren und für die Gestaltung nutzen; einen Text umschreiben und dabei bewusst kreative Momente in einen Text eintragen.

Die Schülerl-innen entdecken und nutzen unterschiedliche Textgattungen sowie den Zusammenhang zwischen Form und Inhalt und verfassen und überarbeiten Texte in verschiedenen Textgattungen.

zu einem komplexen Sachverhalt in Gruppen arbeiten; ihre Arbeitsergebnisse erfassen, aufbereiten, dokumentieren und präsentieren; ihre Arbeitsergebnisse mit den Ergebnissen anderer Gruppen verknüpfen.

Methode zur Erarbeitung von komplexen Sachverhalten durch zwei Phasen, nämlich die Erarbeitung von Teilaspekten in (Stamm-) Gruppen und die anschließende Zusammenführung in neu zusammengesetzten Gruppen.

ein vorgegebenes oder wahlfreies Thema in anschaulicher und dem Thema sowie dem Auditorium angemessener Weise vortragen; geeignete Möglichkeiten der Visualisierung einsetzen um ihren Vortrag zu verstärken und abwechslungsreich zu gestalten.

Die Schülerl-innen sollen immer wieder darstellen und zeigen, was sie erarbeitet und gelernt haben. Dafür gibt es erlernbare Regeln und hilfreiche Fragestellungen.

Methoden und Vorgehensweisen für bestimmte Problemstellungen benennen und anwenden; ihr Vorgehen für sich und für andere erklären und daraus eine Methodenanleitung erstellen.

Die Schülerl-innen erklären sich und anderen, wie "etwas geht", und reflektieren damit Methoden und eigene Methodenkompetenz.

43

Teil 8: Übersicht zu den Methoden

Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden (-7 Kap. 10)

Die Fähigkeit, Texte, Verfahren, Vorgänge, Sachverhalte, Beobachtungen und Prozesse zu deuten, zu vergleichen, zu bewerten und sich zu positionieren, ist auf dem Weg zum Kompetenzerwerb immer wieder erforderlich und deshalb konstitutiver Bestandteil der Bildungsstandards aller Fächer, Schularten und Jahrgangsstufen. In diesem Abschnitt geht es um Methoden für das sach- und inhaltsbezogene Deuten und Reflektieren, das noch einmal zu unterscheiden ist von der Beobachtung und Reflexion von Lernprozessen (Metakognition, Kapitel11). Gleichwohl sind die meistensachbezogenen Methoden zum Vergleichen, Bewerten, Deuten und Urteilen auch für metakognitive Prozesse geeignet- und umgekehrt. Auch die bisher vorgeschlagenen methodischen Impulse mündeten immer wieder in das Reflektieren und Abwägen. Im Kapitel 10 stehen solche Lernprozesse methodisch im Vordergrund. Name der Methode 10.1 Ampelmethode (1): Positionsfarben Seite 144

10.2 Aufstellungsübungen Seite 148

Kompetenzen der Schüler/-innen: Sie können ~

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10.3 Erlebnispädagogisehe Schritte (1): Roulette-Spiel Seite 150

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Beschreibung

zu einer strittigen Frage sowohl Befürchtungen und Widerstände, als auch Irritationen und positive Einschätzungen formulieren: ihre eigene Position und deren Veränderung beobachten, beschreiben und gemeinsam mit anderen reflektieren.

Die Schülerl-innen unterscheiden in den Farben einer Ampel ihre Einschätzungen nach "ablehnend", "skeptisch", "zustimmend" und beobachten die Entwicklung und Klärung von Positionen.

spontan zu einer Problem- oder Fragestellung eine Position einnehmen; ihre Sichtweisen und deren Begründung erläutern; uneindeutige Fragestellungen reflektieren und überarbeiten; zur Klärung von schwierigen Entscheidungen beitragen.

Die Schülerinnen und Schüler üben, eigene Positionen zu beziehen und zu fremden Positionen in eine Relation zu setzen.

eine Spielidee unter Einhaltung selbst provozierender Regeln durchführen; mit Enttäuschungserfahrung umgehen; Erfahrungen und Eindrücke aus einem Spielverlauf beschreiben und vergleichen; zwischen Spiel und Wirklichkeit Analogien herstellen.

Anhand einer überraschenden und dynamischen Spielidee werden existentielle Grundfragen erfahrbar und für die Reflexion zugänglich.

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten

10.4 Erlebnispädagogisehe Schritte (II): Vier-Ecken-Übung Seite 156

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10.5 Gewissensspiel Seite 160

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10.6 Zwei Perspektiven Seite 164

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10.7 Debattenspiel (Pro-/KontraDebatte) Seite 168

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10.8 DilemmaSituationen Seite 170

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wählen zwischen unterschiedlichen Positionen gegenüber einer Problemstellung, die Position beziehen und sie begründen; ihre eigene Entscheidung gegenüber der Entscheidung anderer abwägen; die Sachgemäßheit von formulierten Positionen zu einem Sachverhalt reflektieren und eigene Formulierungen erproben.

Gelenkte Form der Positionierung und der Begründung von Überzeugungen der Schüler/-innen.

sich in schwierige Entscheidungssituationen hineinversetzen und Entscheidungen treffen; über die Entscheidungen anderer Vermutungen anstellen; über Entscheidungskonflikte und deren Kriterien reflektieren.

Entscheidungssituationen mit Ja-Nein-Charakter werden wechselseitig eingeschätzt und reflektiert.

unterschiedliche Perspektiven auf ein Problem, einen Sachverhalt oder eine Person identifizieren und beschreiben; Vermutungen anstellen über eine Person und ihren Standpunkt hinter einer bestimmten Sichtweise; unterschiedliche Perspektiven einnehmen und vertreten; selbst Texte aus einer bestimmten Perspektive verfassen.

Die Schülerl-innen werden mit zwei entgegengesetzten Perspektiven auf einen strittigen Sachverhalt konfrontiert.

Argumente für unterschiedliche Positionen aus vorgegebenen Informationsmaterial entnehmen; ihre Position stringent darstellen und gegen andere Positionen verteidigen; auch solche Positionen probeweise übernehmen, die nicht ihre eigenen sind.

Austausch von Argumenten mit Übernahme von wechselnden Perspektiven.

eine unentscheidbare Situation (DilemmaSituation) von einer schwierigen Entscheidung unterscheiden; die Ausweglosigkeit eines Dilemmas beschreiben und selbst eine Dilemmasituation erfinden; einen Ausweg aus einem Dilemma finden.

Methodische Anleitung zur Konstruktion und zum Erproben unentscheidbarer Positionen.

45

Teil B: Übersicht zu den Methoden

Das eigene Lernen beobachten, beschreiben, reflektieren und weiterentwickeln (Metakognition) (-7 Kap. 11) Lernen ist immer ein reflexiver Vorgang, und zwar in zweifacher Hinsicht: Ganz gleich, ob wir uns kognitiv, handelnd oder fühlend einer Sache annähern, sind wir in Gedanken, also denkend dabei; und wer sich in einem Lernprozess befindet, denkt, empfindet und beobachtet sich dabei. Letzteres geschieht allerdings häufig eher beiläufig und unsystematisch, indem man etwa rätselt, warum etwas so schwerfällt oder staunt, was man zuwege gebracht hat. Wenn aber der Satz gilt, dass zwar niemand jemals alles können wird, aber auch niemand nichts kann, wir uns beim Lernen folglich immer auf einem Wegstück oder in einem Prozess befinden, ist es für gelingendes und nachhaltiges Lernen geradezu unverzichtbar, dem Nachdenken über das eigene Lernen einen eigenen Raum einzuräumen und so das Lernen selbst zum Gegenstand des Lernens zu machen. So verstandene Metakognition, also das systematische Nachdenken über die Bedingungen und die Möglichkeiten des eigenen und des gemeinsames Lernens, ist nicht ein Beiwerk zum Lernen, sondern selbst Bestandteil des nachhaltigen Kompetenzerwerbs. Metakognition ist zudem ein unverzichtbares Element des eigenverantwortlichen und selbstorganisierten Lernens. Dafür sollen die zusammengestellten methodischen Impulse in Kapitel 11 dienen. Name der Methode 11.1 Ampelmethode (//): Prisma Seite 172

11.2 Lernzielgespräch (I) Seite 174

Kompetenzen der Schüler/-innen: Sie können ~

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Beschreibung

Eindrücke, Verständnis, Fragen oder Unverständnis mithilfe eines Farbsymbols zurückmelden; für sich und gemeinsam als Lerngruppe Phasen des Lernwegs reflektieren und Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen.

Die Schülerl-innen geben spontane Rückmeldungen mithilfe eines selbst hergestellten Farbprismas.

Bildungsstandards lesen, verstehen und für ihr Lernen nutzen; mit eigenen Worten beschreiben, was es in einem bestimmten Lernabschnitt zu lernen gibt; ihre eigene Lernentwicklung beobachten, beschreiben und reflektieren.

Die Schülerl-innen analysieren verbindlich vorgegebene Bildungsstandards zur Herstellung der Transparenz von Leistungserwartungen.

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten

11.3 Lernzielgespräch (II): Kompetenzerwartung Seite 178

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11.4 Das Lernklima reflektieren (1): Klassenrat Seite 182

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11.5 Das Lernklima reflektieren (II): Anerkennungsrunde Seite 184

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11.6 Das Lernklima reflektieren (111): Das Blatt wenden Seite 186

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11.7 SMS Schreiben Seite 188

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ausgehend von einem Thema, einem Fach oder einem Arbeitsvorhaben (Projekt) ihre eigenen Lernerwartungen formulieren; eigene Lernerwartungen mit anderen sowie mit verbindlichen Standards vergleichen; Indikatoren und Anforderungssituationen für die Performanz von Kompetenzen formulieren; ihren eigenen Lernprozess mitgestalten und reflektieren.

Die Schülerl-innen formulieren Lernvorhaben unter der Perspektive ihres Kompetenzerwerbs.

eigene oder an sie herangetragene Anliegen wahrnehmen, verstehen, formulieren und diskutieren; eigene Anliegen begründet vortragen und auf die Anliegen und Begründungen anderer eingehen; Kompromisse aushandeln, mit Frustrationen umgehen und so zu demokratischem Leben und Lernen beitragen.

Eine strukturierte und verlässlich verabredete Form der Reflexion von Lernbedingungen, Lernchancen und Lernerleichterungen.

unter Einhaltung von Gesprächsregeln wertschätzend auf einander zugehen; Beobachtungen, Gefühle, Lob und Kritik gegenüber einzelnen Mitschülerinnen und Mitschülern situationsangemessen formulieren; mit Lob und Kritik umgehen und daraus Konsequenzen ziehen.

Eine besondere, durch Symbolkarten unterstützte Form der anerkennenden Rückmeldung.

Erschwernisse für das Lern- und Unterrichtsklima benennen; Bedingungen eines angenehmen, respektvollen und lernförderlichen Unterrichtsklimas beschreiben; Prozesse zur Verbesserung des Unterrichtsklimas nachvollziehen und gestalten.

Erlebnispädagogik im Klassenzimmer: Konflikte werden thematisiert und symbolisch und real bearbeitet.

spontan, sachbezogen, und situationsangemessen knappe Rückmeldungen formulieren; eigene und fremde Einschätzungen mit einander vergleichen; Lehr-Lern-Prozesse reflektieren und ihre Einschätzungen austauschen.

Kurze, blitzlichtartige Rückmeldung unter Beteiligung aller Schüler/ -innen.

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Teil B: Übersicht zu den Methoden

11.8 Gruppen-Feedback (/): Zielscheibe Seite 190

11.9 Gruppen-Feedback (/): Stimmungskurve (Stimmungsbarometer) Seite 194

11.10 Lerntagebuch (Lernjournal) Seite 196

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11.11 Schatzkiste (Lernerfolgsmappe) Seite 198

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individuell sowie kriterien- und sachbezogen zu einem Prozess oder einem Vorgang ein Feedback geben; ein gemeinsames Feedback einer Gruppe analysieren und Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Einschätzungen, Erfahrungen und Erwartungen zu bestimmten Fragen werden visualisiert.

individuell sowie kriterien- und sachbezogen einen Prozess und dessen Verlauf analysieren und auf einem symbolischen Maßstab abbilden; einzelne Abschnitte eines Prozesses differenziert betrachten und unterscheiden; ein gemeinsames Feedback einer Gruppe analysieren und Schlussfolgerungen daraus ziehen.

Der Verlauf eines Prozesses über einen kürzeren oder längeren Zeitraum wird grafisch dargestellt.

ein Arbeitsvorhaben und einen Arbeitsprojekt begleitend dokumentieren und reflektieren sowie aus ihren Beobachtungen Schlüsse für die weitere Arbeit ziehen; die eigenen Reflexionen mit denen anderer zusammenführen.

Lernwegbegleitende Selbstbeobachtung und -reflexion der Schüler/ -innen.

sowohl Lernergebnisse, als auch Lernprozesse darstellen, begründet auswählen und in einem Portfolio dokumentieren; Stationen ihrer eigene Lernentwicklung begründet auswählen und für ein Bewerbungsportfolio aufbereiten.

Individuelles Ablage- und Sammelsystem zur Dokumentation von Arbeitsprodukten, Materialien, Prozessen unter dem Gesichtspunkt ihrer Bedeutsamkeit.

Kurzbeschreibungen und tabellarische Übersichten

Methodische Varianten gestalten und ein Methodencurriculum erstellen (----+ Kap. 12)

Methoden sind Vermittlungswege für Lernprozesse, die zu einem bestimmten Ziel führen sollen. Effektiv können Methoden nur sein, wenn sie "passen /I, und zwar sowohl zum Ziel, als auch zu denen, die die Wege zum Ziel gehen sollen, also den Lernenden und den Lerntypen. Die Passung zwischen Ziel und Methode ist der Schlüssel der Kapitel 7-11. In Form der "Varianten für die Lerngruppe die bei jeder Methode angeboten werden, ist immer auch schon die Passung zwischen Methode und Lerntypus im Blick. Kompetenzorientiert zu unterrichten, und zwar "mit Methode /I, heißt aber auch, in konkreten Unterrichtssituationen in der Lage zu sein, kurzfristig und spontan differenzierte Angebote für die Lernenden parat zu haben. Ebenjene Kompetenz können Lehrende, die sich zunehmend als Lernbegleiterl-innen verstehen, erlernen. Dafür werden in diesem Kapitel methodische Anregungen angeboten: methodische Schritte der Variierung und der Differenzierung- für Lehrende. 11

,

Name der Methode 12.1 Ein Arbeitsblatt überarbeiten: methodische Varianten erstellen Seite 200 12.2 Mit Vielfalt methodisch umgehen Seite 206 12.3 Fragen an ein Methodencurricu/um Seite 209

Kompetenzen der Lehrkräfte: Sie können ~

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Beschreibung

anhand eines vorliegenden Arbeitsblattes differenzierte Arbeitsaufträge entwickeln; Schülerl-innen differenziert wahrnehmen und fördern.

Eine Methode sowie ein Merkblatt zur Differenzierung von Arbeitsaufträgen anhand eines Arbeitsblattes.

ihr eigenes Bild eines differenzierenden und individualisierenden Lehr-Lernbetriebs reflektieren und angemessene Lernarrangements bereitstellen.

Unterschiedliche Modelle für die schrittweise Ablösung des "G-7 -Unterrichts" durch die "V-B-Begleitung".

ihr schuleigenes Methodencurriculum in Fachschaft und Kollegium aushandeln, konzipieren und überarbeiten.

Reflexionsfragen für die Entwicklung eines schuleigenen Methodencurriculums.

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Teil B: Übersicht zu den Methoden

Methodenkompetenz: Kompetenzraster (-7 Kap. 13) Die Methoden, Varianten, Vertiefungen und Anschlüsse innerhalb der Kapitel 7-11 dienen dazu, den Schüler/ -innen Lernstrategien anzubieten. Das Ziel ist, dass sie zunehmend selbstständig Wissen erwerben und vernetzen sowie sprachfähig, handlungs-und reflexionsfähig werden: Richtungspunkt ist demnach der Erwerb von Methodenkompetenz auf Seiten der Schüler/-innen. Doch wie bei allen Lernprozessen werden sie auch im Blick auf ihre Methodenkompetenz unterschiedliche Grade entwickeln. Hier gilt es, unterschiedliche, individuelle Lernangebote zu machen, um die Methodenkompetenz der Schülerl-innen jeweils weiterzuentwickeln. Voraussetzung dafür ist, dass die Lehrkräfte nicht nur beobachten können, wie sich Lernergebnisse entwickeln, sondern auch über ein Instrument verfügen, um methodische Kompetenz zu beobachten, zu beschreiben und zu begleiten. Genau dies ist die Funktion eines Kompetenzrasters- für Methodenkompetenz, wie es in diesem abschließenden Kapitel vorgestellt wird.

50

C Kompetenzorientierte Methoden

Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden Das eigene Lernen beobachten, beschreiben, reflektieren und weiterentwickeln (Metakognition) Methodische Varianten gestalten und ein Methodencurriculum erstellen Methodenkompetenz: Kompetenzraster

53

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über 7.1 ABC-Methode (Glossar) Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

gering

Die Schülerl-innen können ~ Wissensbestände zu einem Thema oder Fachgebiet mithilfe eines individuell erstellten alphabetischen Glossars oder einer Begriffesammlung sammeln, sortieren, systematisieren und vernetzen; ~ eigene Ergebnisse auf. die sachliche Richtigkeit prüfen und mit denen anderer vergleichen.

Mithilfe der ABC-Methode sammeln, sortieren und vernetzen die Lernenden sukzessive und individuell Informationen, die sie im Unterrichtsverlauf erarbeiten oder erhalten. Die ABC-Methode führt zu einem individuellen oder auch zu einem gemeinsamen Glossar aller Schüler/-innen. Vorgehen Zu Beginn einer Unterrichtseinheit fertigen die Schüler/ -innen eine Liste mit den Buchstaben des Alphabets an. Hinter jedem Buchstaben ist ausreichend Platz für Begriffe und selbst formulierte Begriffserklärungen. Möglich ist auch eine Kartei, die aber schwieriger aufzubewahren und in Ordnung zu halten ist. Für bestimmte Formen der Weiterarbeit ist eine Kartei allerdings hilfreich. Regelmäßig im Verlauf der Unterrichtszeit erhalten die Schülerl-innen Zeit, an ihrer individuellen ABC-Liste zu arbeiten. Mindestanforderungen können festgelegt oder vereinbart werden, z. B.: ~ pro Arbeitsphase muss mindestens ein Wort neu hinzukommen; für die Formulierung der Worterklärung gibt es Hilfsmittel. ~ Wie und durch wen werden Unklarheiten beseitigt oder Widersprüche geklärt? ~ Gibt es eine vorgegebene oder vorgeschlagene Form zur Formulierung der Erklärung? Anwendungsort Die ABC-Methode bietet sich dort an, wo die Kenntnis von Begriffen für die Durchdringung eines Themas notwendig ist.

Lernkompetenz Du kannst ~ Begriffe und Sachverhalte, die dir für ein Thema wichtig sind, selbst erklären; ~ Zusammenhänge herstellen und dein Wissen ordnen; ~ beobachten, wie sich dein Wissen verändert und deine Erklärungen überarbeiten.

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7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Die Schülerl-innen vergleichen ihre Glossareinträge untereinander. ~ Die individuelle ABC-Liste kann zur gemeinsamen Ergebnissicherung genutzt werden: Begriffe, die in jedem Glossar vorkommen müssen, können gemeinsam bearbeitet werden. Eine gemeinsame Kartei entsteht. ~ Präsentation: In bestimmten zeitlichen Abständen kann die ABC-Liste für Kurzvorträge (Kurzreferate) herangezogen werden. ~ Leistungsmessung-Aufgabe: "Nenne drei Begriffe deiner Wahl aus deiner persönlichen ABC-Liste. Erläutere ihre Bedeutung und stelle Zusammenhänge zwischen den Begriffen her." ~ Akrostichon- von (griech.) akros: die Spitze und stichos: der Vers- ist eine Anordnung von Versanfängen, deren erste Buchstaben einen Begriff ergeben. Man kann das Verfahren auch umkehren: Welche Begriffe ergeben das Wort "Mathematik"? (etwa: "Multiplizieren- Addieren- Teilen- Halbieren -Erweitern- Modellieren- Algebra- Term- Irrationale Zahlen- Kommutativgesetz"). Aufgabe: "Definiere deine wichtigsten Begriffe zu Geschichte (Respekt, Nationalismus, Helfen, Revolution, Gerechtigkeit ... )." ~ Eselsbrücken herstellen: Gelingt es, aus einer schwer einprägsamen Regel ein Merkwort oder einen Merksatz zu generieren? Ein Beispiel sind die Planeten des Sonnensystems (vgl. S. 16: "Mein Vater erklärt mir ... "). Könnte das Merkwort zum vierfachen Schriftsinn (literal, allegorisch, moralisch und anagogisch) nicht "LAMA" lauten; gibt es ein Merkwort zum Jahreskreis, zum Kürzen von Brüchen oder zum Zitratzyklus? Vertiefung Weiterarbeit am Glossar: Überarbeitung der Begriffe, Vergleich mit dem Glossar anderer. Eigene Recherchen, Querverweise und Vernetzungen. Im späteren Verlauf: Vergleich mit Glossaren zu anderen Themen. Zusammenführen zu einem themenübergreifenden Fachlexikon. Anschlüsse Für bestimmte Methoden ist es hilfreich, wenn die Schülerinnen und Schüler bereits Kenntnisse über Fachbegriffe haben, um damit weiterzuarbeiten. Die ABCMethode bietet Vertiefungsmöglichkeiten: Lexikonspiel (vgl. 8.1), Fragenzirkel (vgl. 7.5, Varianten).

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Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

7.2 Befragung von Expert(inn)en Sozialform

Gruppenarbeit, Plenum

Materialaufwand

gering

Die Schülerl-innen können ~ Expert(inn)en für ein bestimmtes Thema (Fachgebiet) zielgerichtet befragen und die Antworten zur eigenen Informationsgewinnung systematisch nutzen.

Expert(inn)en können die Informationsbeschaffung der Lernenden erheblich und ganz anders bereichern als etwa eine Literaturrecherche, die Arbeit mit einem Lexikon oder eine Recherche im Internet. Bei der Befragung von und dem Gespräch mit Expert(inn)en findet Begegnung statt, spontane Rückfragen sind möglich. Entscheidend für die möglichst effektive Befragung von Expert(inn)en sind deshalb sowohl die Vorbereitung als auch die Durchführung und die Auswertung des Gesprächs. Vorgehen

Fragen zur Vorbereitung: ~ Worin besteht die Expertise der Expert(inn)en? Kann es sich auch um Mitschülerl-innen handeln, um die Befragung im Anschluss an eine Epochenarbeit? Geht es um eine (Berufs- )Erkundung oder um eine Vorbereitung zu einer solchen? ~ Was ist überhaupt interessant, wichtig, klärungsbedürftig im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt, ein Thema? Wer definiert das Interesse, wie sind die Schülerl-innen daran zu beteiligen? ~ Geht es um die Gewinnung von Informationen oder um die Überprüfung von bereits erhaltenen oder erarbeiteten Informationen? Geht es um die Evaluierung am Ende eines Lernweges (Stimmt unsere Einschätzung? Wie stellt sich das Gelernte in der Realität bzw. in der Praxis dar?) ~ Werden Expert(inn)en von der Lehrkraft vorgegeben oder von den Schüler/- innen gefunden, kontaktiert, auf das Interview vorbereitet? ~ Gibt es vorbereitete, strukturierte (Mindmap!) Fragen, Anfangsvermutungen, Vorerfahrungen, Vorwissen Fragen zur Durchführung ~ Wird das Gespräch offen durchgeführt oder gibt es vorbereitete Rollen, Statements, Impulse o.Ä. aus der Mitte der Schüler/-innen? ~ Gibt es ein Protokoll, eine Stichwortsammlung, Kartenabfragen, einen Mitschnitt?

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7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

Fragen zur Auswertung Ist jede und jeder der Anwesenden selbst verantwortlich für die Gewinnung und Dokumentation von Informationen? Istjede undjeder nur für die eigenen Fragen bzw. Antworten verantwortlich oder gibt es eine gemeinsame Dokumentation? Mögliches Vorgehen Die Gruppe sammelt Gesichtspunkte und Fragestellungen auf Karten, ggf. sortiert in einer Mindmap (vgl. 9.3). Die Stichworte bzw. die Fragen werden formuliert und in der Gruppe verteilt. Anwendungsort Die Expertenbefragung eignet sich überall dort, wo Personen identifizierbar sind, ("Expert(inn)en"), die in der Lage sind, Fragen, die für den weiteren Lernfortschritt von Belang sind, sach- und schülergerecht zu beantworten.

Lernkompetenz Du kannst ~ dir Informationen zu einem Thema (einer Fragestellung) besorgen durch ein Gespräch mit einem Experten/einer Expertin; ~ das Gespräch mit einer Expertin/einem Experten vorbereiten, durchführen und auswerten; ~ beobachten und beschreiben, welche Informationen du hinzugewonnen hast.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Die Expertin oder der Experte wird von der Lehrkraft vorgegeben; die Lerngruppe informiert sich ggf. über die entsprechende Expertenschaft und bereitet das Gespräch inhaltlich vor. ~ Einzelne Schülerl-innen oder die ganze Lerngruppe suchen unter einer bestimmten Fragestellung bzw. mit einem selbst formulierten Interesse nach einer Expertin bzw. einem Experten und arrangieren ein Interview. ~ Zwischen den Schülerl-innen werden Rollen für das Expert(inn)engespräch gefunden und verteilt (Begrüßung? Eröffnung? Einführung? Gesprächsführung? Zeitwächter? Protokollant!-in? ... ). Vertiefung ~ Zum selben oder zu verwandten Themen werden unterschiedliche Expert(inn)en befragt; die Ergebnisse werden verglichen und reflektiert. ~ Es wird von Anfang an eine Expert(inn)enrunde geplant. Damit ändern sich ggf. die Rollen der Schülerl-innen (Gesprächsführung, Moderation ... ). ~ Die Erfahrungen und Zugewinne beim Expert(inn)engespräch münden in spätere Kurzvorträge (vgl. 8.10). 57

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

7.3 Lernplakat (lernlandschaft) Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit Plenum

Material

M 7.3 To-Do-Liste

Die Schüler/-inrien können ~ bereits Gelerntes auf einem Plakat so darstellen, dass Sachverhalte und Zusammenhänge, Begründungen und Vernetzungen erkennbar werden; ~ ausgehend von einem Sachverhalt oder einer Anforderungssituation einen Lernweg planen und ihren Zugewinn an Einsichten und Zusammenhängen kontinuierlich dokumentieren und reflektieren.

Auf einem Plakat planen oder resümieren die Schülerl-innen die Sachstruktur eines Themas. Neben der Vergewisserung über Sachzusammenhänge, Begründungszusammenhänge und Vernetzungsstrukturen (Was hängt ab wovon? Was ist über-, was ist untergeordnet? Was folgt woraus? ... ) können mit dem Lernplakat so auch Lernwege geplant, beobachtet, dokumentiert und reflektiert werden. Vorgehen Zu Beginn einer längeren Lernsequenz oder an einer Gelenkstelle zu aufbauendem Lernen sammeln und sortieren die Schüler/-innen, was sie bereits wissen, welche Fragen und Interessen sie haben, was ihnen klar und was ihnen unklar ist. Den Einstieg bildet ein Brainstorming, bei dem die Begriffe noch unsortiert gesammelt werden. Der Aufhänger kann ein Begriff, ein Thema oder eine Fragestellung sein. Es empfiehlt sich, mit einer Kartenabfrage zu beginnen und den Ort der gefundenen Begriffe und Fragen auf dem Plakat noch variabel zu halten (Haftzettel, Pins, Magnete, S. 60). Dient das Lernplakat einer Lernwegeplanung, können aus den Begriffen und ihrer Zuordnung To-Do-Listen für Einzelne oder für die ganze Lerngruppe (vgl. M 7.3) entstehen. Anwendungsort Ein Lernplakat kann dazu dienen, "Neuland" zu betreten und einen ganz fremden Sachverhalt oder Themenbereich zu erschließen. In diesem Fall wird das Lernplakat zu einem Begleitmedium, das mit dem Lernweg wächst und modifiziert wird. Das Lernplakat kann aber auch helfen, bereits Gelerntes und Gewusstes zu resümieren und in einem Zusammenhang darzustellen.

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7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

Lernkompetenz Du kannst ~ dein Vorwissen zu einem Thema auf einem Plakat anordnen; ~ Fragen zu einem Thema formulieren und so zur Gestaltung deines Lernwegs beitragen; ~ auf dem Lernplakat deinen Lernweg beschreiben und Lernergebnisse darstellen.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Lernplakat als Resüme: Im Zentrum steht ein Sachverhalt, ein stummer Impuls, oder eine Anforderungssituation (z. B.: "Gläubige Muslime essen keine Gelatineprodukte. "). Worin besteht das Problem (Fragen formulieren, z. B.: "Woher wissen wir, in welchen Produkten Gelatine enthalten ist?")? Über welche Informationen verfügen wir bereits (Sachverhalte formulieren, z. B.: "Gelatine wird aus Bestandteilen von Schweinen hergestellt."- "Der Genuss von Schweinefleisch ist für Muslime nicht möglich.") Was konnten wir klären, was ist noch zu klären? Entsprechendes Vorgehen mit anderen Themen und Anforderungen: Haustiere und Verantwortung; Funktionen des Dativs im Lateinischen; gesellschaftliche Bedeutung der Ammoniak-Synthese; ... ~ Schülerfragenorientiertes Vorgehen: Nach einem Eingangsimpuls (einer Geschichte, einer Reportage, einem Hörbeispiel, einem Filmclip u. v. a. m.) werden Karten im Format DIN-A5 ausgeteilt, von denen die einen ein großes Fragezeichen, die anderen ein großes Ausrufezeichen tragen (vgl. 8.9). Das Fragezeichen steht für eine Frage, die die Schülerl-innen individuell für sich formulieren, das Ausrufezeichen für eine Einsicht oder eine Entdeckung. Beides, Einsichten und Entdeckungen, werdenunsortiert auf einem gemeinsamen Plakat angebracht. ~ Die Schülerl-innen sortieren: Überschneidungen, Doppelungen, Gemeinsamkeiten; Fragen, für deren Beantwortung es Informationen braucht (welche?), und solche, die unterschiedliche Antworten zulassen oder womöglich gar nicht beantwortbar sind. ~ Sie verständigen sich über Teilaspekte oder Einzelfragen, die sie bearbeiten wollen, und erstellen individuelle To-Do-Listen (vgl. M 7.3). Vertiefung Das Lernplakat wächst und/oderverändert sich. Einzelne Schülerl-innen wählen einen Ausschnitt (einen besonderen Teilaspekt, einen besonderen Zusammenhang, eine besondere Fragestellung) und erstellen ein eigenes Lernplakat, das später mit den anderen Plakaten wieder zusammengeführt werden kann. Anschlüsse Bestimmte Lernplakate, etwa zu einer geschichtlichen Epoche oder zu einem 59

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

literarischen Werk, können für die Erarbeitung einer weiteren Epoche bzw. eines anderen literarischen Werkes vergleichend herangezogen werden. Auf einer Metaebene können Fragen wie: "Strukturen historischer Veränderungen"; oder: "Naturwissenschaft und Ethik"; oder: "Rezeptionsgeschichte literarischer Werke u reflektiert werden.

Essgewohnheiten von Jugendlichen

Salatbuttet?

Transporlwege

J

Preise bzw. Subventionen für Schüleressen?

Unterschiede "gesunde"/ "ungesunde" Ernährung

Beispiel1: Gesunde Ernährung in der Schulmensa

Zusammensetzung der Moscheegemeinde Kinder- und Jugendarbeit der Moscheegemeinde

interreligiöser Dialog

Rolle der Frauen

Kontakt zur Nachbarschaft

Beispiel 2: Expertenbefragung zum Islam (Imam einer benachbarten Moschee) 60

J

7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

M 7.3 To-Do-Liste Lernplakat To-Do-Liste I. Fach, Thema

Schwerpunkte für die Lernlandschaft

Fragen: Was muss ich wissen? Wofür muss ich das wissen? Wie und woher erhalte ich Informationen? Was mir sonst noch einfällt.

Meine To-Do-Liste: Problem, Aufgabe

Vorgehen

bis wann

erledigt (Nachweis)

61

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

7.4 Fragen und Antworten (I): B.ing.o Sozialform

Gruppenarbeit, Plenum

Material

M 7.4 .1 Bingo; M 7.4. 2 Antwortkarten

Die Schülerl-innen können ~ Gelerntes gemeinsam rekapitulieren und Wissensbestände. vergleichen; ~· eigene Fragen zu einem Thema generieren und sich Partnerl-innen suchen, die diese Fragen beantworten; ~ Antworten auf gemeinsam formulierte Fragen sachgerecht vergleichen und prüfen.

Zu Lernprozessen gehören nicht nur Antworten auf gestellte Fragen, sondern auch die Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen. Im Frage- und Antwortspiel "Bingo" haben sowohl Antworten, als auch selbst formulierte Fragen ihren Raum. Das Spiellässt sich in einer etwas sportlicheren Variante auf Zeit spielen und mit dem Ruf "Bingo!" abschließen. Es kann aber auch so lange durchgeführt werden, bis alle Fragen bearbeitet sind. Vorgehen Die Vorbereitung des Spiels besteht darin, zu einem Thema mindestens so viele Fragen zu finden, wie es Schülerl-innen in der Lerngruppe gibt. Diese Fragen werden in einem Formular quadratisch angeordnet, beispielsweise 16 Fragen in vier mal vier bzw. 25 Fragen in fünf mal fünf Zeilen. Alle Fragen sind überschrieben mit "Ich finde jemanden, der oder die ... " (vgl. M 7.4.1). Alle Schülerl-innen erhalten denselben Fragebogen und müssen in einervorgegebenen Zeit eine Zeile oder eine Spalte oder eine Diagonale des Fragebogens durch Mitschülerl-innen beantworten lassen. Die Fragen sollten nicht selbst beantwortet werden und kein(e) Partner/-in sollte zweimal befragt werden. Wer als erstes die Zeile, die Spalte oder die Diagonale gefüllt, also auf vier oder fünf Fragen eine Antwort erhalten hat, ruft "Bingo!". Wird eine Frage nicht beantwortet, muss eine neue Antwort-Partnerin oder ein neuer Antwort-Partner gesucht werden. Anwendungsort Es gibt drei klassische Anwendungsorte für das Frage-Antwort-Spiel "Bingo": ~ eine Lerngruppe, deren Mitglieder einander noch fremd sind; Ziel ist es, die Gruppenmitglieder in ihrer Individualität und Vielfalt zu entdecken. Die Fragen sind offen formuliert: " ... jemanden, der/die mir eine lustige Geschichte erzählt; ... mehr als zwei Geschwister hat; ... schon einmal in einem Land südlich des Äquators war"; ... ); ~ die Eröffnung ergebnisoffener Gesprächszusammenhänge bzw. schwer- oder unbeantwortbarer Fragen (vgl. 8.9); 62

7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

~

die Sicherung von Lernergebnissen nach einer bestimmten thematischen Sequenz. Die Fragen sind von der Lehrkraft gesteuert oder werden von den Lernenden selbst entwickelt.

Lernkompetenz Du kannst ~ zu einem Thema Fragen formulieren und gemeinsam mit anderen nach Antworten suchen; ~ überprüfen, ob die gefundenen Antworten richtig sind; ~ gemeinsam mit anderen überprüfen, ob ihr alles verstanden habt, was ihr gelernt habt.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Die Mitglieder der Lerngruppe haben in einem vorausgegangenen Schritt Eigenschaften oder Fähigkeiten aufgeschrieben, an denen man sie (mutmaßlich, nach ihrer eigenen Einschätzung) erkennen kann. Diese Eigenschaften tauchen im Bingo-Spiel wieder auf: "Jemanden, der besonders gut ... kann.". Dabei spielt es keine Rolle, ob die "richtigen" Mitschülerl-innen gefunden werden. ~ Sicherung von Lernergebnissen: Die Lehrkraft entscheidet, welche Fragen im Bingo-Spiel auftauchen. Die Fragen können vollkommen geschlossen sein (z. B. die Errechnung eines Produktes, die Nennung von Jahreszahlen oder Schreibweisen oder Daten), sie können offener sein ("Mindestens drei stoffliche Eigenschaften der Atemluft", "Mindestens fünf der Grundrechte im Grundgesetz", "Ein biblisches Gebot in einem aktuellen ethischen Kontext") oder vollkommen offen ("Konflikte in der Lerngruppe und Lösungsmöglichkeiten"). Die Namen der Antwortenden sowie ihre Antworten werden von den jeweils Fragenden notiert. ~ Die Fragen können auch von den Schülerinnen und Schülern selbst generiert werden. Im Anschluss an die Frage-Antwort-Runde werden die Antworten präsentiert und gemeinsam auf ihre sachliche Richtigkeit überprüft. Vertiefung Aus den Fragen und den gemeinsam gefundenen bzw. überarbeiteten Antworten kann eine Lernkartei entstehen. Diese Lernkartei kann sowohl individuell ("Das möchte ich mir merken; das kann ich mir so schwer merken"), als auch für die gesamte Lerngruppe erstellt werden. Anschlüsse ~ Reorganisation/Rekonstruktion von Wissen; bei der Vernetzung von WissensInseln oder beim Erstellen eines Kurzvortrags (vgl. 8.10); ~ Erstellung einer (individuellen oder gemeinsamen) Lernkartei (Lernkarten; vgl. Varianten, 7.5). 63

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

M 7.4.1 Bingo (Teilansicht)

Ich finde jemanden, der oder die ... 1.

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2.

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3....

4.

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Name:

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Nachweis: siehe Antwortkarte 1

Nachweis: siehe Antwortkarte 2

Nachweis: siehe Antwortkarte 3

Nachweis: siehe Antwortkarte 4

5....

6.

7.

8.

Name:

Name:

Name:

Name:

Nachweis: siehe Antwortkarte 5

Nachweis: siehe Antwortkarte 6

Nachweis: siehe Antwortkarte 7

Nachweis: siehe Antwortkarte 8

9.

10.

11.

12.

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Nachweis: siehe Antwortkarte 9

Nachweis: siehe Antwortkarte 10

Nachweis: siehe Antwortkarte 11

Nachweis: siehe Antwortkarte 12

Aufgabe: Finde in möglichst kurzer Zeit mindestens vier Antworten ~ in einer Zeile (z. B. 1.-4. oder 9.-12.), in einer Spalte (z.B. 1., 5., 9., 13.) oder einer Diagonalen (z. B. 4., 7 ., 10., 13.), ~ die du auf den entsprechenden Antwortkarten kurz notierst.

Überlege dir vorher, wen du fragen willst. Wer dir nicht antworten will, gibt weiter. ~ Du sollst keine Antwort selbst geben (auch nicht, wenn du sie weißt). ~ Schreibe eine Antwort auch dann auf, wenn du sie für unvollständig oder für falsch hältst. ~ Suche dir für jede Antwort eine neue Mitschülerirr bzw. einen neuen Mitschüler.

64

7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

Antwortkarten (M 7.4.2 Bingo)

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Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

7.1 0 Texte bearbeiten und. nutzen· (lU): Lesen, exzerpieren und zusammenfassen Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

M 7.1 0 Dreischrittmethode

Die Schülerf-innen können ~ über das Gelesene Auskunft geben.

Das Erschließen von Texten gleich welcher Gattung beginnt mit dem Lesen. Das Lesen beginnt mit der Wahrnehmung des Textes, seiner Gattung, seiner Struktur und seines Inhaltes, und zielt auf die sachgerechte Sinnentnahme bzw. die Entnahme von Inhalten, Botschaften und Stimmungen, also seiner Aussageabsicht im weitesten Sinne. Das Verfahren zum sinnentnehmenden Lesen, das mit den Schülerl-innen eingeübt werden soll, hängt nicht zuletzt ab von der Form, in der der Text vorliegt. Handelt es sich um einen Ausdruck oder eine Kopie in Papierform, so können die Erarbeitungs- und Bearbeitungsschritte wie Anstreichen, Unterstreichen oder Randnotizen im Text selbst erfolgen. Handelt es sich um ein Buch aus einer Bibliothek oder um ein Schulbuch, in das nicht hineingeschrieben werden darf, sind separate Notizen erforderlich. Vorgehen Drei Schritte zum sinnentnehmenden Lesen: 1. Erste Eindrücke, Erwartungen, Fragen (überfliegendes Lesen, dem Text begegnen) Thema, Inhalte, Kontexte: ~ Fragen: Wovon handelt der Text? Was sagt mir das Thema, was weiß ich bereits, welche Erwartungen werden in mir geweckt, welche Fragen entstehen? Textgattung: Handelt es sich um einen Bericht, eine Abhandlung, eine Darstellung, einen parteilichen Text, eine Anleitung, einen werbenden Text, einen Appell, eine Aufforderung? Textgestalt: Gibt es Bilder, Veranschaulichungen, Schaubilder? Gibt es eine Überschrift, Zwischenüberschriften, Absätze, eine Einleitung, eine Zusammenfassung (Schlusssatz)? ~ Verfahren: Anstreichen, Unterstreichen bzw. Herausschreiben von zentralen Stichwörtern, Aufzählungen, strukturierenden Sätzen; bei Textvorlagen in beschreibbarer Kopie (auf genügend Rand achten!): Verwendung von vorgegebenen oder eigenen Zeichen, Symbolen, Kürzeln o. Ä. am Textrand 78

7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

~

Ziel: Eine erste mündliche Zusammenfassung "Der Text handelt von ... " - Er" bezieht Stellung für ... /gegen ... "; Er" begründet, warum ... " "Ich bin gespannt, wie ... ", "Ich muss genauer lesen, um herauszufinden, ob ... ", "Ich frage mich, wie ... "

2. Lesen und Verstehen: den Text rekonstruieren ~ Fragen: Wie ist das Thema formuliert (In Frageform? Thetisch? In einem Zitat?) Wie lauten Schlüsselbegriffe? Welche Begriffe sind mir unbekannt? Wo finden sich Argumente, Beispiele, Aufzählungen, Begründungen, Schlussfolgerungen ... ? Lassen sich einzelne Argumente (Gedanken, Fortschritte, Einsichten) mit eigenen Worten zusammenfassen? ~ Verfahren: Anstreichen bzw. Herausschreiben, hilfreiche Zeichen oder Abkürzungen (Pfeil, der Zeile markiert; unterschiedliche Farben für bekannte und unbekannte Begriffe; Fragezeichen, Ziffern am Rand bzw. auf dem Notizblatt; Fragen, die implizit oder explizit im Text enthalten sind ["Der Autor fragt sich, wie die Erinnerungen an den 17. Juni 1953 auf heutige Jugendliche wirken?"] bzw. die beim Lesen entstehen ["Was ist am 17. Juni 1953 passiert?"]. ~ Ziel: Eine detaillierte Rekonstruktion des Textes; wie "funktioniert" der Text, mit welchen sprachlichen Mitteln transportiert er seine Botschaft? 3. Zusammenfassen: den Text neu konstruieren ~ Fragen: Was sagt der Text und was sagt er mir? Welche (neuen) Informationen habe ich erhalten? Wie kann ich dasselbe mit meinen Worten sagen? Welche sprachlichen Mittel gebraucht der Text? Wo ist der Text überzeugend? Wie helfen mir Beispiele, Argumente, Begründungen? ~ Verfahren: Die sinngebenden und strukturierenden Textelemente (Begriffe, Satzteile, Aufzählungen ... ) werden herausgeschrieben und mit eigenen Kategorien versehen ("Ausgangspunkt: ... "; "These: ... "; "Beispiele: ... "; "Begründungen: ... "; "Schlussfolgerung: ... " usw.) ~ Ziel: Eine eigenständige Rekonstruktion bzw. Zusammenfassung des Textes und seiner Botschaft sowie seine Deutung. 79

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

Anwendungsort Die Drei-Schritt-Lesemethodebietet sich grundsätzlich überall dort an, wo Texte als Texte eine Bedeutung haben, also weniger bei Erzähltexten (vgl. 7.8), bei Handlungsanweisungen oder bei Aufgabenstellungen. Doch auch letztere können mit strukturierenden Hinweisen ("Gegeben: ... "; "Vorbereitung: ... "; "Aufgabe: ... "; "Ziel: ... " usw.) versehen werden. Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Die drei Schritte zum sinnentnehmenden Lesen werden nacheinander und getrennt eingeübt. Die jeweiligen Fragen an den Text werden gemeinsam mit der Lerngruppe entwickelt. ~ Aus den drei Schritten, die an unterschiedlichen Texten geübt werden, entsteht ein Merkblatt für die Hand der Schülerl-innen (vgl. M 7.9). Die Schülerl-innen arbeiten zunehmend selbstständig. Vertiefung Die Arbeit an Texten beginnt mit ausgedruckten bzw. vervielfältigten Texten in Papierform. Die Einträge und Bearbeitungen durch Schülerhand finden im Text statt. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln eigene Strukturierungshilfen (Kürzel, Zeichen, Symbole). Weitere Fragen: Wie unterscheiden sich die erschließenden Fragen bei geisteswissenschaftlichen Texten von denen bei naturwissenschaftlichen, historischen usw. Texten? Helfen mir Farben? Wie kann ich meine Exzerpte konzentrieren, anstatt Passagen abzuschreiben? Die Schülerl-innen arbeiten zuletzt auch an und mit Texten, in denen selbst keine handschriftlichen Notizen möglich sind. Anschlüsse Die eigenständige Erschließung von Wissen aus schriftlichen Quellen gehört zu den maßgeblichen Kompetenzen, die Lernende während ihrer Schulzeit erwerben sollten. Dafür ist nach wie vor das Lesen die zentrale Kulturtechnik. Die Recherche in Zeitungen, in Fachliteratur oder im Internet wird sich deshalb nicht nur durch alle Bildungsbereiche, sondern auch durch die gesamte Lernbiografie von Schülerl-innen bis hin zur beruflichen Bildung hindurchziehen.

80

7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

M 7.10: Drei-Schritt-Lesemethode Schritt

Umsetzung

I. Erste Eindrücke, Erwartungen, Fragen: dem Text begegnen (Thema, Inhalte, Kontexte)

überfliegendes Lesen Überschrift und Signalwörter

Fragen: - Wovon handelt der Text? - Welche Erwartungen werden in mir geweckt, welche Fragen entstehen, was weiß ich bereits? - Um welche Textsorte handelt es sich? - Gibt es Bilder und Veranschaulichungen? Gibt es eine Überschritt, Zwischenüberschriften, Absätze, eine Einleitung, eine Zusammenfassung (Schlusssatz)?

Verfahren: Anstreichen bzw. Herausschreiben von zentralen Stichwörtern, AufzähIungen, strukturierenden Sätzen

Ziel: Ich kann das Thema aus dem Text herauslesen; beschreiben, um was für einen Text es sich handelt; benennen, was ich von diesem Thema bereits weiß; erste Fragen zum Thema formulieren. II. Lesen und Verstehen: den Text rekonstruieren

den Text in seine Bestandteile zerlegen

Fragen: - Wie ist das Thema formuliert (ln Frageform? Thetisch? ln einem Zitat?) - Wie lauten Schlüsselbegriffe? Unbekannte Begriffe Wo finden sich Argumente, Beispiele, Aufzählungen, Begründungen, Schlussfolgerungen ... ? - Kann ich Gedanken aus dem Text wiedergeben?

Verfahren: Anstreichen und anmerken, hilfreiche Zeichen oder Abkürzungen (Pfeil, der eine Zeile markiert; Farben; Fragezeichen, Ziffern am Rand bzw. auf einem Notizblatt; Fragen, die im Text enthalten sind)

Ziel: Ich kann zeigen, wie der Text aufgebaut ist; Auskunft geben, welche Fragen der Text beantwortet, und selbst Fragen aus dem Text heraus formulieren; schrittweise durch den Text gehen und zeigen, wie er "funktioniert". 111.

Zusammenfassen: den Text neu konstruieren

Fragen: - Was sagt der Text und was sagt er mir? - Welche (neuen) Informationen habe ich erhalten? - Wie kann ich dasselbe mit meinen Worten sagen? - Welche Mittel gebraucht der Text? - Wo ist der Text überzeugend? Wie helfen mir Beispiele, Argumente, Begründungen? Lassen sich einzelne Argumente (Einsichten) mit eigenen Worten zusammenfassen?

den Text wieder zusammenbauen Verfahren: Zentrale und strukturierende Textelemerite (Begriffe, Satzteile, AufzähIungen ... ) werden herausgeschrieben ("Ausgangspunkt: ... "; "These: ... "; "Beispiele: ... "; "Begründungen: ... "; "Schlussfolgerung: ... " usw.)

Ziel: Ich kann einen Text lesen, verstehen und mein eigenes Verständnis des Textes in Worte fassen; einen Text zusammenfassen und seinen Inhalt sowie seine leitenden Gedanken formulieren.

81

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

7.11 Anleitungen schreiben Sozialform

Einzelarbeit, Plenum

Materialaufwand

Bereitstellung von beobachtbaren Abläufen

Die Schülerl-innen ~ beobachten regelmäßig wiederkehrende Abläufe, Vorgänge oder Handlungsregeln; ~ beschreiben in sachlicher und präziser Sprache das Funktionieren oder den Ablauf solcher Vorgänge, sodass andere sich den Ablaufvor$tellen können, auch wenn sie ihn nicht sehen oder kennen.

Bei der Anleitung oder Vorgangsbeschreibung üben die Lernenden eine klare, lückenlose und übersichtliche Darstellung eines Ablaufs in sachlicher Sprache. Dabei werden Abläufe beschrieben, die immer gleich sind, z. B. das Funktionieren einer Maschine, die Bauanleitung für ein Regal oder der Versuchsaufbau eines Experiments. Die Anleitung oder Vorgangsbeschreibung ermöglicht dem "zweiten" Leser und der "zweiten" Leserin, den beschriebenen Vorgang vor dem inneren Auge ablaufen zu lassen, ohne ihn selbst zu sehen. Vorgehen Es gelten dieselben Grundregeln wie bei Gegenstandsbeschreibungen: Genaues Beobachten, die Erfassung der zeitlichen Abläufe und kausalen Zusammenhänge, ordnen der Informationen um sie für die Leserin und den Leser klar, verständlich und nachvollziehbar darzustellen. Arbeitsschritte: ~ Genaues Beobachten. Was sieht man, was sieht man nicht? Was verändert sich? Braucht es Hilfsmittel (Maßstab, Lupe, Messgeräte)? ~ Stichworte für die Details des Ablaufs und Fachbegriffe notieren. ~ Einzelheiten ordnen nach Zweck und Zielgruppe der Anleitung (Für wen schreibe ich? Was muss ich erklären?). ~ Verfassen eines genauen, klar gegliederten und anschaulichen Textes. Wichtig: ~ Überlegen: Schreibe ich, was eine Person nacheinander tut oder tun soll oder was nacheinander geschieht? ~ Einzelne Schritte deutlich kennzeichnen, die Abfolge beachten. ~ Klare, kurze Sätze verfassen. ~ Die Übergänge von einem Schritt zum nächsten abwechslungsreich gestalten. (Nicht immer "Dann macht er ... " wiederholen, sondern ausdrucksstarke Verben und Formulierungen finden, z. B. "Nachdem ... ", "Im Anschluss an ... ") ~ Im Präsens schreiben. 82

7 Wissen, verstehen, durchdringen, sich auskennen mit, informiert sein über

Anwendungsort Die Fähigkeit, eine Anleitung/eine Vorgangsbeschreibung zu erstellen, eignet sich vor allem in naturwissenschaftlichen und technischen Themenfeldern (Wie arbeitet eine Maschine? Wie verläuft ein Experiment? Bewegungsabläufe im Sport). Gleichzeitig ist es aber auch möglich, Gebrauchsanweisungen wie Kochrezepte oder Spieleanleitungen zu formulieren.

Lernkompetenz Du kannst ~ einen Vorgang oder eine Anleitung durch klare, lückenlose und übersichtliche Darstellung eines Ablaufs formulieren; ~ aufgrund einer Vorgangsbeschreibung oder Anleitung einen Vorgang oder eine Tätigkeit verstehen und ausführen.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Vorübung: Gegenstandsbeschreibung; Unterscheidung zwischen Beobachtung und Interpretation bzw. Deutung oder Erläuterung. ~ Zunächst werden Anleitungen zu selbst hergestellten Produkten formuliert. ~ Wichtig ist, dass auch bei komplexer werdenden Anleitungen die Lernenden eine Beobachtungsgrundlage haben. Die Beobachtungsgrundlage kann auch in einem Medium bestehen (Dokumentarfilm, Sachbuch): die Entstehung von Pfahlbauten; die Pflege von Haustieren; die Phasen eines Verbrennungsmotors -Möglichkeiten der Überprüfung von Anleitungen: - Die Schülerl-innen führen einen Ablauf streng nach der beschriebenen Anleitung durch. Entspricht das Produkt der Intention der Verfasserin bzw. des Verfassers? Wo gibt es Missverständnisse, Unklarheiten, Fehler? - Was macht eine Anleitung zu einer guten Anleitung? Schritte weglassen, austauschen, eine unbrauchbare Anleitung schreiben. Vertiefung Die Vorgangsbeschreibung bzw. Anleitung hat Ähnlichkeiten mit dem Erklären einer Methode (vgl. 9.10). Während aber eine Methode immer nur eine von mehreren Zugangswegen darstellt, die wiederum selbst unterschiedliche Varianten zulassen, ist ein bestimmter Ablauf mehr oder weniger festgelegt. Anschlüsse ~Eine Methode erklären (vgl. 9.10).

83

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

8 Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen 8.1 Lexikonspiel Sozialform

Gruppenarbeit, Plenum

Materialaufwand

Wörterbücher (Duden, Schülerduden, Schülerlexika) je nach Schüler/~innenzahl

Die Schülerl-innen ~ erarbeiten sich spielerisch die Sprachform eines Nachschlagewerkes, üben diese Sprachform aktiv ein und reflektieren ihre Ergebnisse kriterienorientiert; ~ überprüfen ihr Vorwissen zu bestimmten Sachtragen und Themen.

Das Lexikonspiel dient dem Erwerb und der Einübung von kurzen, allgemein verständlichen und selbst erklärenden Worterläuterungen im Sprachstil von kurzen Artikeln aus Lexika, Nachschlagewerken oder Wörterbüchern. Der spielerische Reiz entsteht durch "bewusste Fälschungen", also absichtlichen Irreführungen, die umso glaubhafter sind, je besser sie den Stil eines Wörterbuches imitieren. Vorgehen

Die Schüler/~innen arbeiten in Gruppen zu je 4-6 Personen. Jede Gruppe verfügt über ein Wörterbuch. Das Spiel beginnt, indem ein Schüler im Wörterbuch einen Begriff auswählt, der nach Möglichkeit nicht allen unmittelbar bekannt ist. Es ist sinnvoll, sich auf Substantive zu beschränken. Der betreffende Schüler nennt den Mitspielenden den gewählten Begriff und notiert aus seiner Nachschlagequelle die sachlich richtige Erläuterung, am besten in einem Satz. Die Mitspielenden notieren auf eigenen Zetteln im lexikalischen Stil Erläuterungen des ausgewählten Begriffs, die bewusst sachlich unrichtig sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie die richtige Bedeutung des Begriffs kennen oder zu kennen meinen. Sind alle "Erklärungen" notiert, sammelt der Schüler bzw. die Schülerin, welche(r) den Begriff ausgewählt hat, die Zettel der Mitspielenden ein, mischt sie und liest die Erklärungen möglichst nüchtern und unparteiisch vor. Anschließend ist zu erschließen, welche der Erläuterungen aus dem Nachschlagewerk stammt und also zutreffend ist und welche erfunden wurden. Nun wandert das Lexikon weiter. Das Ziel der Methode besteht zum einen darin, Wissen zu erschließen; zum anderen üben die Schülerl-innen ihren eigenen Umgang mit der Sprache, indem sie ein Sprachspiel erproben, das nicht ihrer Alltagssprache entspricht. Anwendungsort

Der deutliche Akzent auf Sprachgebrauch und Sprachanalyse macht die Methode geeignet für den Deutschunterricht Darüber hinaus eignet sie sich zur Eröffnung eines neuen Sachthemas sowie zur Vertiefung eines Wissensgebiets. 84

8 Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen

Lernkompetenz Du kannst ~ die Sprache eines Nachschlagewerks erkennen, untersuchen, verstehen und selbst in dieser Sprache formulieren; ~ SaGhinformationen im Lexikonstil auf ihre Richtigkeit überprüfen.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Eröffnung eines Sachthemas: Lehrkraft gibt eine Wörterliste aus Themengebieten vor (Biologie, Geschichte ... ). Es kann sich auch um Begriffe handeln, die im zurückliegenden Unterricht erarbeitet wurden und eigentlich allen bekannt sein müssten. ~ Die Auswahl der zu erläuternden und zu erratenden Begriffe kann näher bestimmt bzw. ein- oder ausgegrenzt werden auf Fremd- und Lehnworte, auf Verben, auf Adjektive, auf Namen usw. Die Form der Erläuterung kann mithilfe von Satzanfängen näher bestimmt werden ("Unter ... versteht man ... ") oder durch die Aufgabe, das fragliche Wort in einen sinnvoll anmutenden Beispielsatz zu überführen. ("Unter Fotosynthese versteht man die Umwandlung von Kohlendioxid und Wasser in Kohlenhydrate und Sauerstoff durch Pflanzen unter Lichteinwirkung." - "Der Sauerstoffgehalt der Luft verdankt sich der Fotosynthese." bzw. "Fotosynthese nennt man das Zusammensetzen und Bearbeiten von digitalen Fotografien am PC. Deshalb sagt man auch bei einer verwackelten Aufnahme: Da hilft nur noch Fotosynthese.") ~ Variante im Plenum: Die Lehrkraft wählt den Begriff und notiert die zutreffende Erläuterung aus dem Lexikon. Die Schülerl-innen üben sich in möglichst seriös und glaubwürdig klingenden falschen oder als richtig vermuteten Erläuterungen. Jeder und jede kennt immer nur die eigene Erläuterung. Nach dem Verlesen durch die Lehrkraft und der gemeinsamen Auflösung durch die Klasse werden Merkmale einer sachlichen, verstehbaren, präzisen Worterläuterung zusammengetragen. Vertiefung Aus lexikalischen Kurzbeschreibungen werden kurze Darstellungen oder Abhandlungen oder Geschichten (z. B.: aus den Artikeln über "Passat", "Monsun" und" Chirocco" wird ein Text über Klimazonen). Anschlüsse Die Analyse von weiteren Sprachgattungen kann sich an die Analyse des Lexikonstils anschließen. ~ Texte umschreiben (Schreibwerkstatt: Textgattungen ändern, vgl. 9.7).

85

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

8.2 Gesprächsarrangements (I): Kugellager Sozialform

Partnerarbeit

Materialaufwand

gering

Die Schülerl-innen ~ sortieren sich ohne Zeitaufwand und persönliche Vorlieben in wechselnde Zweiergruppen; ~ können sich auf wechselnde, nicht selbst gewählte Lernpartner einstellen.

Sprachpflege durch zielgerichtetes und aufgabengelenktes Sprechen setzt aktive, zugewandte und hörbereite Zuhörerinnen und Zuhörer voraus. Dafür helfen schnell zu treffende Gesprächsarrangements, deren Zustandekommen nicht von persönlichen Vorlieben oder Abneigungen gelenkt wird. Für größere Klassen und Lerngruppen ist dafür das Kugellager besonders geeignet. Vorgehen Die Lerngruppe wird in zwei Hälften aufgeteilt, bei einer ungeraden Zahl von Schülerl-innen teilt sich die Lehrkraft der kleineren Gruppe zu. Die beiden Gruppen bilden zwei konzentrische Kreise, also einen Innen- und einen Außenkreis, am besten im Stehen. Die Lernenden im Innenkreis blicken nach außen, die im Außenkreis blicken nach innen. Auf diese Weise haben alle gleichzeitig mit dem Aufstellen ein festes Gegenüber. Das Kugellager vollzieht sich immer in mehreren Phasen oder Schritten. Die erste Aufgabenstellung wird beispielsweise von innen nach außen erledigt. Es kann sich dabei um eine Erzählung, aber auch um ein Statement, eine Frage, eine persönliche Vorstellung o. Ä. handeln. Im nächsten Schritt werden Innenkreis und Außenkreis wie in einem Kugellager gegeneinanderverdreht Damit neue Partnerschaften entstehen, ist es nicht erforderlich, dass sich beide Kreise drehen. Die Überraschung, wem ich mich im nächsten Schritt gegenüber sehe, wird aber größer, wenn sich beide Kreise selbstverständlich in entgegengesetzter Richtung! - drehen. Die Drehung wird durch die Anzahl der Personen vorgegeben: "Zuerst gehen alle im Innenkreis um drei Personen nach links (bzw. gegen den Uhrzeigersinn). Anschließend gehen alle im Außenkreis um zwei Personen nach rechts (im Uhrzeigersinn)". Anwendungsort Das Kugellager bietet sich dort an, wo ohne großen Aufwand wechselnde Partnerschaften zur Erledigung einer Aufgabe erforderlich sind. Im Unterschied zur Verabredungsuhr (vgl. 8.3) ist das Kugellager ein Arrangement, in dem mehrere Arbeitsschritte hintereinander zu erledigen sind. Einmal aufgelöst, lässt sich dasselbe Kugellager kaum mehr rekonstruieren. 86

8 Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen

Lernkompetenz Du kannst ~ mit einer Partnerin oder einem Partner arbeiten, den du dir nicht ausgesucht hast; ~ dich auf alle Schülerl-innen deiner Lerngruppe einlassen.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Alle Schülerl-innen haben eine Aufgabe (Kopfrechnen, Definition eines Begriffs, Erzählauftrag ... ) in den Händen, die sie abwechselnd bearbeiten. ~ Dem Kugellager ist eine Arbeitsphase vorangegangen, in der die Lernenden individuell etwas erarbeitet haben. Im Kugellager wird über die Arbeitsergebnisse berichtet, sich ausgetauscht, Ergebnisse gesichert. Nach einer bestimmten Anzahl von Drehungen, bei der niemand seinem Gegenüber ein zweites Mal begegnet, verfügen alle Schülerl-innen über eine große Zahl von Informationen. ~ Die Ergebnisse werden im Plenum zusammengetragen (mündlicher Vortrag, Galerie ... ).

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Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

8.12 Mündliches Feedback Sozialform

Einzelarbeit Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

M 8.12 "Give me five"

Die Scltüler/-innen können ~ angemessenes Feedback geben; ~ nach verabredeten Kriterien Feedback formulieren; ~ Feedback entgegennehmen.

Feedback geben und damit umgehen zu können, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Entwicklung der Teamfähigkeit Das Einüben von Feedback liegt bestimmten Feedbackregeln zugrunde, die zu Beginn geklärt und visualisiert werden müssen. Vorgehen Feedback-Regeln

Für den Feedback-Geber: ~ Feedback bezieht sich auf konkrete und beobachtbare Einzelheiten. ~ Feedback ist präzise. ~ Feedback vermeidet moralische Bewertungen und allgemeine Deutungen. ~ Feedback ist nicht verletzend, sondern konstruktiv. ~ Feedback beinhaltet positive Wahrnehmungen und Gefühle.

Für den Feedbacknehmer ~ Aufmerksam zuhören und gegebenenfalls nachfragen. ~ Verteidigungen und Rechtfertigungen vermeiden. ~ Es geht beim Feedback nicht um Recht zu haben, sondern um das Mitteilen von persönlichen Wahrnehmungen. ~ Du entscheidest, ob und was du verändern willst. Die Einübung geschieht über das regelmäßige Feedback-Geben, der Lehrerin/ dem Lehrer gegenüber Schülerl-innen sowie der Schülerl-innen untereinander. Dabei sollte das Feedbackgeben und-nehmenjeweils reflektiert werden. Zu Beginn des Einübens ist es wichtig, auf einem Plakat zu visualisieren, welche Formen beim Feedback zu beachten sind: Stimmen Mimik, Gestik, Inhalt, Kontakt mit den Zuhörern? Worauf bezieht sich das Feedback? Anwendungsort Feedback geben kann im Anschluss an jegliche Form der Präsentation von Lehrer- oder Schülerseite aus gegeben werden. Zum einen wird dabei die Fähigkeit Feedback zu geben und zu nehmen geschult, zum andern verbessert sich die Atmosphäre der Lerngruppe durch den wertschätzenden Umgang miteinander. 110

8 Sprechen, kommunizieren, berichten, erzählen, erfragen

Lernkompetenz Du kannst ~ anderen eine angemessene und wertschätzende Rückmeldung geben; ~ eine Rückmeldung annehmen und selbstständig entscheiden, wie du damit weiterarbeiten willst.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Geführtes oder offenes Feedback: Bestimmte, z. B. inhaltliche Kriterien und Hinsichten sind verabredet bzw. vorgegeben (Inhalt, Vollständigkeit, Gliederung, Anschaulichkeit). Oder: Keine Kritik ohne einen konstruktiven Hinweis. Ziel ist eine Feedback-Kultur ohne Reglementierung. ~ Der Feedback-Nehmer erbittet Rückmeldungen zu ganz bestimmten Aspekten. Blitzlicht: Alle Anwesenden geben reihum eine mündliche Rückmeldung. Diese Rückmeldungen werden nicht kommentiert. Ein abschließendes Statement des Feedback-Nehmers ist möglich. ~ "Give me five" (vgl. M 8.12): Jeder entscheidet, welchen der "Finger" er oder sie ansprechen möchte. Vereinfachte Form: Daumen nach oben und nach unten. ~ Schriftliches, kreatives, gestalterisches Feedback: vgl. Zielscheibe (vgl. 11.8), Stimmungskurve (vgl. 11.9). Vertiefung Die Feedback-Kultur kann ausgebaut werden zu einem Bestandteil des Sozialcurriculums einer Schule.

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Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit 9.1 Arbeitsplan: Erarbeitung und Präsentation Sozialform

Einzelarbeit, Gruppenarbeit

Materialaufwand

M9.1 Reflexionsbogen, M 9.2 Projektuhr

Die Schülerl-innen können ~ sich eine Fragestellung erarbeiten oder ein vorgegebenes Problem mithilfe eines vorstrukturierten, selbst zu gestaltenden, Arbeitsplanes bearbeiten; ~ die Schritte und die Ergebnisse ihrer Arbeit so präsentieren, dass die zugrundeliegende Fragestellung, die Schritte der Erarbeitung und die Ergebnisse erkennbar und zur Reflexion zur Verfügung stehen.

Ein Arbeitsplan kann helfen, ein größeres, komplexeres (Arbeits-)Vorhaben, einen Forscherauftrag, eine Recherche oder eine komplexe Informationsbeschaffung samt Präsentation oder ein Experiment samt Planung, Durchführung und Präsentation zu strukturieren. Die Arbeitsschritte werden zuerst in einem groben Raster beschrieben. Zur Planung kann eine Visualisierung ("Projektuhr") mit Elementen einer Mindmap hilfreich sein. I. Klärungen ~

~ ~

Wie lautet der Auftrag bzw. welche Frage steht am Beginn? Was will ich (wollen wir) herausfinden, klären, darstellen, prüfen ... ? Wie lautet mein (unser) Thema, am besten in Frageform? - Was uns neugierig macht (eine Beobachtung, eine Alltagserfahrung, ein Problem). - Eine Vermutung, ein Verdacht, eine Hypothese ... - Eine Idee, wie sich die Vermutung, der Verdacht, die Hypothese überprüfen ließe. - Ein Arbeitsvorhaben (Versuchsaufbau) und die Indikatoren (Woran werden wir erkennen, dass wir unser Vorhaben umgesetzt, unsere Ausgangsfrage beantwortet, unser Ziel erreicht haben?).

II. Vorarbeiten ~ ~

~ ~

Welche Fragestellungen, Themen und Sachverhalte sind berührt? Was wissen wir bereits? Welche Sachtragen stellen sich? Welche Quellen sind heranzuziehen?

111. Erarbeitung ~

Was ist zuerst zu klären und zu tun?

112

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

~

Sammeln von Informationen

~ Überprüfung von Informationen ~ ~

Verknüpfung von Informationen Strukturierung und Aufbereitung von Informationen

IV. Von der Erarbeitung zur Präsentation ~ Gibt es einen roten Faden von unserer Ausgangsfrage über die Bearbeitung der Frage hin zur Schlussfolgerung? ~ Welche Struktur benötigt unsere Ausarbeitung? ~ Kann man unsere Ausführungen verstehen, wenn man nicht an der Erarbeitung beteiligt war? ~ Beziehen wir unseren Erarbeitungsprozess mit in die Präsentation ein? ~ Berichten wir über andere, mögliche Zugangswege? V. Präsentation (vgl. Kurzvortrag, 8.1 0; Präsentation) ~ Ist unsere Präsentation anschaulich und verständlich? ~ Benötigen wir Medien (Bilder, Texte, Grafiken, Filmbeispiele, Hörbeispiele, Gegenstände ... ?) ~ Gibt es ein Handout (Inhaltsverzeichnis, Struktur unserer Präsentation, wichtige Texte, Bilder, Grafiken, Aufgaben ... ?) ~ Richten wir Fragen oder Aufgaben an die Zuhörerschaft? ~ Welche Fragen könnten an uns gerichtet werden? Wie beantworten wir diese Fragen? Anwendungsort Einen individuellen oder gemeinsamen Arbeitsplan sollten die Schülerl-innen vor allem dort erstellen, wo selbstorganisiertes, eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten eingeübt werden soll und wo es um längere, komplexe und mehrstufige Arbeitsprozesse wie Informationsbeschaffung, Verarbeitung, Aufbereitung und Präsentation geht. An erster Stelle stehen deshalb Projektformen und -prüfungen.

Lernkompetenz Du kannst ~ ein Arbeitsvorhaben planen und in einzelnen Schritten vorausdenken; ~ deinen Plan während der einzelnen Arbeitsschritte überdenken und auch korrigieren; ~ mithilfe deines Planes deine Arbeit kontrollieren und reflektieren; ~ deine Erfahrungen und Entscheidungen innerhalb deiner Ergebnispräsentation beschreiben und begründen.

113

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

Varianten im Blick auf die Lerngruppe Der Arbeitsplan kann individuell erstellt werden oder gemeinsam in der Gruppe. Bei einem Gruppenplan kommen die Gesichtspunkte der Aufgabenverteilung und der Zusammenführung von Einzelergebnissen hinzu. Vertiefung Der Arbeitsplan wird zunächst in einer klar strukturierten Form ausgefüllt (vgl. Projektuhr, M 9.2 oder in Form eines "Flussdiagramms"). Ziel ist die zunehmende Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler bei der Notation ihres Arbeitsvorhabens. Anschlüsse Beim Arbeitsplan steht die Perspektive auf ein Vorhaben im Vordergrund, reale Verläufe, Reflexion über Prozesse und Ausblicke kann er nicht abbilden. Sinnvollerweise wird der Arbeitsplan deshalb ergänzt durch eine Dokumentation wie im ~ Lerntagebuch (vgl. 11.10); ~ Schatzkiste (Lernerfolgsmappe, vgl. 11.11).

M 9.1 Reflexionsbogen

Das habe ich mir heute vorgenommen

Datum

Das ist mir gelungen

Das werde ich anders machen

So habe ich mich bei der Arbeit erlebt: ++ Ausdauer:

114

Selbstständigkeit:

Teamarbeit:

+

- -Genauigkeit:

Arbeitsfreude:

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

M 9.1 Projektuhr

Einstieg: Film über Polarexpedition Handout: - Versuchsaufbau - Temperaturkurve Klasse über möglichen Versuchsausgang abstimmen lassen

Versuchsaufbau zeichnen? Fotografieren?

Welche lsoliermaterialien kennen wir? Welche wollen wir vergleichen? Wie lautet unsere Vermutung? Womit könnten wir unsere Vermutung begründen (Hypothese: Je dicker die lsolierschicht, desto besser die Isolation)? Wir fragen: Stimmen Herstellerangaben? Was sind eigentlich Daunen, gibt es verschiedene Arten und wie unter scheiden sie sich? Wie werden Daunen gewonnen und verarbeitet? Versuchsaufbau "warm", Versuchsaufbau "kalt" Geräte, Materialien: Eis, kochendes Wasser, Thermometer, Uhr ...

115

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

9.2 Gedichtpartitur Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Material

M 9.2 Gedichtpartitur

Die Schülerl-innen können ~ ein Gedicht kreativ erschließen und damit eine Merkhilfe ("Partitur") für den Gedichtvortrag erstellen; ~ das Gedicht mithilfe ihrer Partitur und zunehmend auch ohne die Partitur auswendig vortragen.

Die Gedichtpartitur ist eine visualisierte Merkhilfe für das Auswendiglernen von Gedichten. Die Schülerl-innen erstellen ihre Partitur individuell und lösen sich beim Gedichtvortrag allmählich von ihren Notizen. Vorgehen

Ein Gedicht - zum Einstieg ein Text mit harmonischen Rhythmen, Endreimen und anschaulichen Bildern (vgl. M 9.2)- wird den Schülerl-innen zunächst vorgetragen, dann in schriftlicher Form ausgeteilt. Ihnen wird dann das Vorhaben erläutert: "Ihr werdet am Ende dieser Doppelstunde ein ganzes Gedicht in drei Strophen auswendig vortragen. Dabei hilft euch eine besondere Form von Notizen, die ihr selbst anfertigen werdet. Wir nennen diese Notizen unsere Partitur. Das ist so etwas wie ein Fahrplan für ein ganzes Konzert. Ihr werdet feststellen (bzw.: habt bereits festgestellt): Dieses Gedicht ist voller Bilder und voller Gegenstände, die man sich gut vorstellen kann. Deshalb werdet ihr für eure Partitur kaum Worte brauchen. Ihr könnt die Partitur zeichnen. Jeder und jede kann das auf seine Weise. Ihr allein entscheidet, wie viele Bilder ihr braucht, um euch das Gedicht merken zu können ... " Das Arbeitsblatt der Schülerl-innen beschränkt sich auf ein mindestens DIN-A4großes Blatt Papier im Querformat. Eventuell kann eine Tabelle in Spalten angedeutet sein, je nach Anzahl der Gedichtstrophen. Auch Zeilen innerhalb der Spalten können hilfreich sein. Die Lernenden beginnen mit einer 15-minütigen Phase der Einzelarbeit, die mit einem akustischen Signal a bge brachen wird. Die sich anschließende Phase von etwa fünf Minuten dient dem Vergleich an Tischgruppen: Was lässt sich übernehmen, welche Anregungen kann ich weitergeben? Die Phasen von Einzelarbeit und Austausch wechseln so lange, bis alle Schüler/- innen am Ende des Gedichts angelangt sind. Nun beginnen sie, einander ihre Ergebnisse vorzustellen, indem sie anhand ihrer Partitur das Gedicht vortragen. Schon nach dem zweiten oder dritten Versuch werden sie ihre Partituren kaum mehr benötigen. 116

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

Ein Beispiel zu einem Gedicht von Ilse Kleberger und ihrem Gedicht "Sommer" findet sich unterM 9.2. Anwendungsort Die Gedichtpartitur hilft Kindern und Jugendlichen jeden Alters, sich Gedichte, aber auch Merkverse über den Deutschunterricht hinaus, auswendig zu merken

Lernkompetenz Du kannst ~ dir eine Merkhilfe ("Partitur") für ein Gedicht selbst herstellen; ~ entscheiden, wie viel Hilfe du brauchst; ~ das Gedicht mit und ohne Partitur auswendig vortragen.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Zumindest jüngere Schülerl-innen könnten eine Heranführung an das Erstellen ihrer Partitur benötigen, damit sie nicht auf die Idee kommen, das Gedicht mehr oder weniger vollständig abzuschreiben. Wortkarten wie aus einer Alllauttabelle können helfen. Gedichte mit Endreimen sind leichter zu bearbeiten als Gedichte oder Texte ohne Reim. ~ Nach Fertigstellung der Partitur können die Ausarbeitungen der Schülerl-innen untereinander getauscht werden. ~ Fremdsprachliche Gedichte können mit derselben Methode bearbeitet werden. ~ Poetische Texte mit schwierigerem Rhythmus oder ohne Endreim; Psalmen, Texte moderner Autorinnen und Autoren können ebenfalls bearbeitet werden. ~ An die Stelle der gezeichneten Partitur können auch Gesten oder unterstützende Körperbewegungen treten: "Das Quadrat (abgewinkelte Daumen und Zeigefinger beider Hände bilden ein Quadrat) über der Hypotenuse (eine Hand zieht eine Linie in Bauchhöhe) ist gleich der Summe (gekreuzte Zeigefinger) der Quadrate (s.o.) über den Katheten (Unterarme bilden ein Dach über dem Kopf)". Vertiefung Zum Auswendiglernen gehört ein entsprechender Gedichtvortrag. Entsprechende Zeichen können bereits in der Partitur angebracht werden (Pausen, Hebungen, laut und leise ... ). Auch das auswendige Vortragen von Theaterrollen kann mit Partituren unterstützt werden.

117

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

M 9.2 Gedichtpartitur

Sommer 1. Weißt du, wie der Sommer riecht? Nach Birnen und nach Nelken, nach Äpfeln und Vergissmeinnicht, die in der Sonne welken, nach heißem Sand und kühler See und nach nassen Badehosen, nach Wasserball und Sonnenkrem, nach Straßenstaub und Rosen.

2.

Weißt du, wie der Sommer schmeckt? Nach gelben Aprikosen und Walderdbeeren, halb versteckt zwischen Gras und Moosen, nach Himbeereis, Vanilleeis und Eis aus Schokolade, nach Sauerklee vom Wiesenrand und Brauselimonade.

3. Weißt du, wie der Sommer klingt? Nach einer Flötenwiese, die durch die Mittagsstille dringt: Ein Vogel zwitschert leise, dumpf fällt ein Apfel in das Gras, der Wind rauscht in den Bäumen. Ein Kind lacht hell, dann schweigt es schnell und möchte lieber träumen. llse Kleberger llse Kleberger: Sommer: Aus: Die Stadt der Kinder. Hrsg. Von Hans-Joachim Gelberg. Georg Bitter Verlag. Recklinghausen 1969.

118

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

119

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

9.3 Mindmap erstellen Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

M 9.3 Mindmap (Beispiel)

Die Schülerl-innen können ~ ein Thema durch eine Mindmap, durch über- und untergeordnete Schlüsselbegriffe strukturieren; ~ eine Mindmap als Vorlage eines Vortrages nutzen; ~ nach längerer Zeit eine Mindmap als Erinnerungsstütze hervorholen und erklären bzw. ein Thema strukturieren; ~ einen Lernweg mitverfolgen und reflektieren.

Beim Mindmapping notieren die Lernenden ihre Gedanken nicht wie üblich hinter- oder untereinander. Stattdessen schreiben sie das Hauptthema oder ein zentrales Stichwort, einen Sachverhalt oder ein Thema auf die Mitte eines größeren, leeren Blattes und notieren ihre Gedanken als Schlüsselwörter auf Linien, die von der Mitte der Mindmap ausgehen. Dadurch entsteht eine bildhafte Darstellung von Gedanken, also so etwas wie eine Gedankenlandkarte ( "Map of Minds"), auf der Zusammenhänge und Vernetzungen, aber auch Über- und Unterordnungen, also die Sachstruktur eines Themas, sichtbar wird. Eine Mindmap muss keinen künstlerischen Anforderungen genügen oder besonders akkurat gezeichnet sein. Wenn man seine Ansprüche zu hoch schraubt, behindert man sich damit selbst. Es geht auch nicht darum, dass andere Menschen mit der eigenen Mindmap weiter arbeiten können müssen. Eine Mindmap ist ein persönliches und individuelles Werkzeug, das einem ganz persönlich dabei helfen soll, seine Gedanken zu ordnen. Vorgehen in vier Schritten 1. Das zentrale Thema aufschreiben: Die Schülerl-innen beginnen eine Mind-

map immer, indem sie ihr zentrales Thema in die Mitte eines leeren Blattes schreiben. Das Papier sollte mindestens DIN-A4 besser noch ein größeres Format haben, weil zu Beginn der Arbeit die Größe der Verzweigungen meist noch nicht abschätzbar ist. 2. Schlüsselwörter sammeln: Die Schülerl-innen sammeln so viele Wörter, wie ihnen zu einem Thema einfallen und konstruieren damit ihre erste Mindmap. 3. Oberbegriffe finden und Schlüsselwörter einsortieren: Um Ordnung in ihre Gedanken zu bringen, suchen die Lernenden Überbegriffe und sortieren ihre Schlüsselwörter unter diesen Überbegriffen ein. 4. Mindmaps verfeinern: Zum Schluss "feilen" die Schülerl-innen noch ein wenig an ihrer Mindmap, damit sie diese auch nach einiger Zeit noch verstehen können. 120

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

Anwendungsort Die Methode Mindmap eignet sich in besonderer Weise dazu, eigene Gedanken, Erkenntnisse oder einen Vortrag zu strukturieren. Nachdem die grundsätzlichen Regeln erworben wurden, wird die Mindmap eine Methode, die die Einzelnen auch individuell etwa zur Vorbereitung einer Diskussion, zur Einstimmung in ein Thema, zur ersten Strukturierung eines Arbeitsvorhabens (vgl. Projektplan, 9.1 !) oder eines Prüfungsthemas nutzen können.

Lernkompetenz Du kannst ~ dir aus einem Thema Schlüsselbegriffe zu einer Mindmap zusammenstellen; ~ die Struktur eines Themas durch eine Mindmap erfassen und sichtbar darstellen; ~ mit einer Mindmap ein Arbeitsvorhaben planen; ~ eine Mindmap zur Gliederung deines Wissens nutzen; ~ aus einer Mindmap einen Vortrag erstellen.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Eine Mindmap entsteht gemeinsam mit der ganzen Lerngruppe, etwa an der Tafel. Davor kann ein unstrukturiertes Sammeln von Einfällen und Assoziationen (Brainstorming) stattfinden. Die Lehrkraft notiert die Einfälle oder die Schülerl-innen übernehmen dies. ~ Die Schlüsselbegriffe, aus denen die Mindmap entstehen soll, dürfen entweder aus allen Wortarten und Sprachformen bestehen - Substantive, Verben, Fragen, Aufzählungen oder sie werden auf bestimmte Wortarten begrenzt, was allerdings vom Thema abhängen kann: Eine Mindmap zum Thema "Fußball" wird andere Begriffe und Wortarten benötigen wie eine Mindmap zum Thema "Gerechtigkeit" oder "Kohlenwasserstoffe". ~ Nachdem das zentrale Stichwort notiert ist, wird das Blatt aufgeteilt in eine bestimmte Grobstruktur, sodass auf dem Blatt Segmente entstehen, beispielsweise das Stichwort "Fußball" wird aufgeteilt in die Segmente "Perspektive der Spielerinnen und Spieler"; "Perspektive des Publikums" ; "Sport und Politik"; "Sport und Ökonomie". ~ Die Mindmap kann auch statt der Strukturierung eines Inhalts der Visualisierung einer Kompetenz dienen (s. u. M 9.3 zum Mindmapping). Vertiefung Wenn die Schülerl-innen mit dem Mindmapping vertraut sind und es bereits einige Zeit einsetzen, werden sie einen eigenen Stil entwickeln. Vielleicht schreiben sie ihre Gedanken dann von Beginn an unter entsprechende Oberbegriffe und ziehen so den zweiten und dritten Schritt zusammen. Die Schülerl-innen 121

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

können selbst experimentieren und dabei die für sie passende Vorgehensweise finden. Jeder benutzt Mindmaps anders und jeder hat eine eigene Art. Um das Mindmapping jedoch zu erlernen, ist es sinnvoll, in den vorgeschlagenen Schritten vorzugehen. Anschlüsse Mindmapping unterstützt das selbstorganisierte, eigenverantwortliche Lernen. Bei allen Lernschritten, bei denen die Lernenden individuell oder gemeinsam Wissen oder Einsichten generieren oder vernetzen, kann immer wieder eine Planungsphase mithilfe einer Mindmap eingesetzt werden. Das Mindmapping kann deshalb Anschluss finden beispielsweise bei ~ Kurzvortrag (vgl. 8.10); ~ Debattenspiel (vgl. 10.7); ~ Arbeitsplan (vgl. 9.1); ~ Präsentieren (vgl. 9.9); ~ Eine Methode erklären (vgl. 9.10); ~ Kompetenzanalyse (Lernzielgespräch I und II, vgl. 11.2 und 11.3).

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9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

M 9.3 Mindmap - am Beispiel Mindmapping SCHLÜSSELWÖRTER

OBERBEGRIFFE

ANTWORTEN

FRAGEN EINSORTIEREN VERBESSERN

MITSCHREIBEN

FINDEN GEHIRNFORSCHUNG DARSTELLEN

123

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

9.4 Text verdoppeln Sozialform

Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Plenum

Materialaufwand

Ein poetischer Text in Sinneinheiten untergliedert auf einzelnen Textkarten in zweifacher Ausführung

Die Schülerl-innen können ., einen schwierigen poetischen oder deklaratorischen Text assoziativ umschreiben; ., aus einem vorhandenen Text einen neuen, eigenen Text mit ihren Einfällen und Gedanken erstellen.

Bei der Text-Verdoppelung geht es darum, einen poetischen Text Zeile für Zeile assoziativ neu zu schreiben, sodass er amEndein einerneuen Gestalt aus der Feder der Schülerl-innen vorliegt. Die Methode eignet sich insbesondere für poetische Texte ohne Reim undim Unterschied zur Gedichtpartitur (vgl. 9.2)- für wenig gegenständliche, man könnte auch sagen: für als ausgesprochen "schwierig" empfundene Texte. Vorgehen

Der Text wird von der Lehrkraft in Sinneinheiten untergliedert und auf einzelne Textkarten verteilt. Die Zahl der Textkarten sollte mindestens der Zahl der Schülerl-innen entsprechen, die Textkarten werden durchnummeriert. Die Karten sollten mindestens das Format DIN-A5 haben und auf festem Papier oder Fotokarton ausgedruckt sein. Sie sind in zweifacher Ausfertigung vorzubereiten. Zu Beginn wird der Text ein- oder zweimal vorgelesen, aber weder kommentiert noch besprochen. Für den nächsten Schritt werden die Textkarten gemischt und verdeckt an die Schülerl-innen verteilt, die über einen dicken Stift verfügen. Die jeweilige Textkarte soll zunächst leise gelesen werden, anschließend verfassen die Schülerl-innen auf der Rückseite der Karte einen kurzen Kommentar, vielleicht auch nur eine Frage oder ein Wort, höchstens ein Satz. Es sollte sich um möglichst spontane Schreibideen handeln. Mehr als drei Minuten sollten dafür nicht anberaumt werden. Im Anschluss an die Schreibarbeit der Schülerl-innen sind unterschiedliche Präsentationen des Ergebnisses denkbar (siehe unten: Varianten). Anwendungsort

Die Methode der Textverdoppelung eignet sich für jede Jahrgangsstufe und für jedes Fach, in dem Schülerl-innen poetischen oder gestalteten Texten begegnen. Das sind neben dem Deutschunterricht vor allem auch die Fächer Religion und Ethik (Werte und Normen, Philosophie); aber auch gesellschaftswissenschaftliehe Unterrichtsgegenstände wie Kinderrechte, Verfassungstexte, Bekenntnistexte, ein Streikaufruf oder eine Präambel sind geeignet. 124

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

Lernkompetenz Du kannst ~ ein schwieriges Gedicht Zeile für Zeile mit deinen Gedanken und Einfällen umschreiben; ~ gemeinsam mit anderen ein neues Gedicht herstellen und so das ursprüngliche Gedicht deuten.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe Auflösungen der Schreibarbeit ~ Die Schülerl-innen stellen sich in der Reihenfolge der Nummern auf ihrer Textkarte auf. Die Lehrkraft beginnt mit der Karte Nr. 1 und liest den ursprünglichen Text. Daraufhin "antwortet" die Schülerin oder der Schüler, der oder die diesen Textabschnitt für sich umgeschrieben hat, mit dem eigenen Text. Danach wird Karte 2 im Wechsel zwischen Lehrkraft und Schülerl-ingelesen und so fort. ~ Der ursprüngliche Text wird zuerst am Stück vorgelesen, anschließend lesen die Schülerl-innen der Reihenfolge nach ihre Texte vor. Nun entstehen Zusammenhänge zwischen den Texten, die beim Schreiben nicht planbar waren. ~ Die beiden Höreindrücke werden miteinander verglichen. Wie verändert sich ein Beitrag dadurch, dass er nun ein oder zwei unerwartete "Nachbarn" erhalten hat? ~ Die Schülerl-innen stellen sich in der Reihenfolge ihrer Textkarten in einer Reihe auf. Die Lehrkraft legt die unbearbeiteten Karten nacheinander auf dem Boden aus und liest dabeijeweils die Textabschnitte. Die Schülerl-innen legen nach und nach ihre Texte mit der beschrifteten Seite nach oben neben die Textkarten der Lehrkraft. Auch sie lesen jeweils ihren Text vor. Am Ende liegt der ursprüngliche Text "verdoppelt" vor aller Augen am Boden. Jeder solcher "Auslegungsvorgänge" ist ein Unikat. Vertiefung Weiterarbeit der Schülerl-innen mit dem Gedicht (Textarbeit): ~ In Einzel- oder Gruppenarbeit werden zu dem gemeinsam erarbeiteten, "neuen" Text kleine Essays verfasst. ~ Selbstständige Erprobung der Textverdopplung, indem sie selbst entscheiden, wie sie einen Text aufteilen und dann zu jedem Textabschnitt ihren eignen Einfall verfassen. Nun kann das neu entstandene Gedicht überarbeitet werden, sodass ein Dialog zwischen Vorlage und Bearbeitung entsteht. Anschlüsse Die oben beschriebenen Variationen der Darbietung von ursprünglichem und neuem Text eignen sich auch für die Präsentation des Textes in Form einer Sprechmotette. Bei religiösen Texten können ursprünglicher und neuer Text in einer Feier oder einem Gottesdienst vorgetragen werden. 125

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

9.5 Texte erden Sozialform

Einzelarbeit, Plenum

Materialaufwand

ein faustgroßes.Stück Ton pro Schüler/-in, (Natur-)Material für eine gestaltete Mitte, Unterlagen für die Arbeit mit Ton (je ein größeres Blatt Papier)

Die Schülerl-innen ~ bearbeiten auf kreative Weise einen schwierigen, ungegenständlichen poetischen Text; ~ tragen gemeinsam zur Deutung eines Textes bei.

Texte "erden" ist im wörtlichen wie im übertragenen Sinn zu verstehen, ebenso wie das Wort "Auslegung": Es geht um die kreative Umsetzung von gehörten Texten in Form von individuellen Arbeiten mit Ton, die in einer Textspur am Boden ausgelegt werden und so einen ganz neuen Blick auf den Text ermöglichen. Die Methode eignet sich besonders für ungegenständliche, auch symbolische Texte und für alle Altersstufen ab Klassenstufe 5. Die Gruppengröße sollte die Zahl10 nicht unterschreiten, nach oben gibt es keine Grenze. Vorgehen

Zur Vorbereitung erhalten alle Schülerl-innen einen Klumpen Ton, den sie zwischen den Händen kneten und anwärmen. Als Unterlage genügt ein DIN-A3 großes Stück festes Papier, am besten Zeichenpapier. Zu Beginn der Übung steht die Gruppe im Kreis. Als Bodenbild (gestaltete Mitte) sollte eine Spiralform von etwa 2m Durchmesser angedeutet sein. Bei größeren Gruppen muss die Spirale entsprechend größer sein. Ruhige Musik im Hintergrund kann für die Kreativität und eine störungsfreie Atmosphäre hilfreich sein. Die Schülerl-innen halten ihren Ton in der Hand, während die Lehrkraft kurz in die bevorstehende Arbeit einführt. Der Text wird zunächst zweimallangsam vorgelesen. "Ihr wisst aus eigener Erfahrung: Wenn wir zuhören, hören wir dazwischen auch immer wieder weg, weil unsereGedankenirgendwo hängenbleiben oder abschweifen. Dieses Weghören wollen wir uns heute zunutze machen." Nach dem zweiten Lesen wird den Schülerl-innen der Fortgang erläutert: "Ihr werdet unweigerlich an einer Textstelle hängenbleiben. Ihr werdet gleich anschließend versuchen, eure Gedanken mit diesem Tonklumpen auszudrücken. Jeder undjede von euch wird ein Kunstwerk erstellen. Ihr sucht euch einen Platz im Raum und arbeitet für euch alleine und ohne zu sprechen. Nach etwa fünf Minuten werde ich euch ein Signal geben, dann kommt ihr zurück in den Kreis." Es geht bei diesem Arbeitsgang nicht um perfekte Kunstwerke, sondern um individuelle Eindrücke. Beim Arbeiten sollte nicht gesprochen werden, vor allem sollten die Arbeiten nicht gegenseitig kommentiert werden. 126

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

Sobald die Gruppe wieder im Kreis versammelt ist, beginnt eine weitere Lesung desselben Textes. Beim Zuhören werden die Schülerl-innen diejenige Textstelle wiedererkennen, bei der sie verweilt sind und auf die sich ihre Tonarbeit bezieht. Sobald die entsprechende Textstelle erreicht ist, löst sich die Person mit ihrem Kunstwerk aus dem Kreis und legt wortlos ihr Produkt auf dem Boden ab, und zwar entlang der Spirale, beginnend an der engsten Stelle. Die Lehrkraft wiederholt ggf. die letzten Worte und fährt fort. Vielleicht werden da und dort mehrere Personen an derselben Textstelle ihre Werke ablegen. Irgendwann ist der ganze Text verlesen undamBoden "ausgelegt". Erstaunlicherweise bedarf es keinerlei Regieanweisung dafür, dass sich die Exponate immer auf den ganzen Text verteilen. Aber selbst wenn alle Beteiligten sich auf dieselbe Textstelle bezögen, wäre dies eine angemessene Auslegung. Bei einer abschließenden Lesung wandern die Augen der Schülerl-innen mit dem Ohr am Text von Exponat zu Exponat. Zur Auswertung beschreiben sie, was sie sehen, und was ihnen anhand der Kunstwerke am Text aufgegangen ist. Einzelne Exponate zu "erklären", ist überflüssig, denn sie erklären sich spätestens durch ihren Textbezug. Anwendungsort Einen Text auf die beschriebene Weise zu "erden", kann überall dort Anwendung finden, wo es darum geht, Texte auszulegen, also zu interpretieren und zu deuten. Zum Hören des Textes kommt so dessen eigene Verarbeitung und Mitgestaltung oder "Performanz".

Lernkompetenz Du kannst ~ mit deinen Gedanken auf kreative Weise zur Auslegung eines schwierigen Textes beitragen; ~ einer Gruppe helfen, dass kein Auslegungsbeitrag verlorengeht und jeder Beitrag aus der Gruppe gewürdigt wird.

Anschlüsse Die zuletzt beschriebene "Performanz" ist ein Ausdruck der individuellen Auslegungskompetenz jedes Mitglieds der Lerngruppe. Performanz ist in einem weiteren Sinne auch zu verstehen als Darstellung und Präsentation. Die Methode des Text-Erdens ist anschlussfähig für Gruppenpräsentationen einer Arbeit an einem Gedicht, aber auch als meditative Übung oder als gottesdienstliche Form.

127

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

9.6 Kreativ Schreiben Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

M 9.6.1 Beispiele; M 9.6.2 Rezept Zuckerkreide

Die Schülerl-innen können ~ ein Wort, ein Motto, einen einprägsamen Satz auf kreative Weise gestalten und so Deutungen zum Ausdruck bringen; ~ kreative Gestaltungen von Wort-Bildern lesen, deuten und Vorschläge zu deren Überarbeitung formulieren.

"Kreativ schreiben" ist- im Gegensatz zum Kreativen Schreiben (vgl. 9.7, Texte umschreiben)- kein eigentliches (Weiter-)Schreiben oder Formulieren von Texten, sondern besteht darin, vorhandene oder erfundene, kurze und prägnante Texte als Wort-Bilder auf kreative Weise zu gestalten. Diese Form der kreativen, deutenden Gestaltung von Wörtern und Texten knüpft an bei der Freude und Lust von- zumeist jüngeren- Schüler/-innen, den eigenen Namen oder einzelne Worte in großen oder verzierten und verzerrten Lettern zu malen. Jugendliche verfügen häufig über erstaunliche Fähigkeiten, mit Faserstiften oder Spraydosen fabrizierte "Tags" bis hin zur malerischen Ausgestaltung ganzer Schriftzüge herzustellen. Kreatives Schreiben zielt auf das Deuten und Interpretieren von Wörtern und Texten durch Wort-Bilder.

~ 10 JY u

. . . über mein Thema verständlich und vollständig informieren: ich weiß, was alles zu unserem Thema gehört und kann es eingrenzen; ... überprüfen, ob alles, was ich sage, auch wirklich stimmt; ... mich gut ausdrücken und zentrale Fachbegriffe, auch Fremdwörter, gebrauchen und erklären; ... darstellen, wie unser Thema mit anderen Themen zu tun hat; ... auf Rückfragen antworten;

methodische Kompetenz: Ich kann ... ... meine Präsentation gliedern, mich mit den anderen absprechen und den Ablauf erklären; ... so sprechen, dass andere mich verstehen; ... schwierige Zusammenhänge anschaulich machen;

personale Kompetenz: Ich kann ... . . . vor einer Klasse stehen und reden; ... sagen, was das Thema mir persönlich bedeutet und warum ich mich dafür entschieden habe;

soziale Kompetenz: Ich kann ... .. . mit anderen zusammenarbeiten; ... anderen helfen und für mich selber Hilfe annehmen; ... bei Konflikten und Problemen nach Lösungen suchen. Gesamteindruck: Auf was ich noch besonders achten muss:

141

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

9.10 Eine Methode erklären - Methodenplakat erstellen Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

gering

Die Schülerl-innen können ~ Methoden und Vorgehansweisen für bestimmte Problemstellungen benennen und anwenden; ~ ihr Vorgehen für sich und für andere erklären und daraus eine Methodenanleitung erstellen.

Das Ziel kompetenzorientierten Unterrichts, nämlich dass Lernende zu einem bestimmten Zeitpunkt etwas Bestimmtes "können", lässt sich umso sicherer erreichen, wenn die Lernenden nicht nur wissen, was sie können (sollen), sondern auch beschreiben können, wie "etwas geht". Dies üben die Schülerl-innen dadurch ein, dass sie für sich oder für andere Methoden-Erklärungen verfassen. Vorgehen

Das Verfügen über bestimmte Fertigkeiten und deren Anwendung ist vom kompetenzorientierten Lernen nicht zu trennen. In diesem allgemeinen Sinne wird man feststellen, dass keine Schülerin und kein Schüler "nichts kann". Deshalb gilt es in einem ersten Schritt, sie darauf hinzuweisen, was sie bereits können. Bei dem Versuch, eine solche Anleitung zu formulieren, werden sich drei verschiedene Probleme einstellen. Ziel ist, die Sprach- und Handlungssicherheit der Lernenden zu entwickeln sowie einzuüben und dabei gleichzeitig Formen des kooperativen Lernens und wechselseitigen Lehrensund Lernens (WELL) zu verfestigen. Reflexion: Was macht eine Methodenerklärung zu einer "guten" (verständlichen, hilfreichen) Methodenerklärung? Wie klar, strukturiert, übersichtlich, allgemein gültig muss sie sein, wie ausführlich? Gibt es "Tricks" (Abkürzungen!)? Was muss man wissen, um eine methodische Anleitung- etwa zum Auffinden einer Bibelstelle, zum NachschlagBn in einem Wörterbuch oder in einer Formelsammlung- überhaupt anwenden zu können? Anwendungsorte

Die Methode "Methoden erklären" ist für sich genommen eine sprachlich-kognitive Übung. Sie dient dem Erwerb und der Einübung einer ganz bestimmten Sprachform. Zu wissen, "wie etwas geht", ist gleichzeitig ein Grunderfordernis jedes problem-und handlungsorientierten Lernens. Jemandem etwas erklären zu können und vonjemandem eine hilfreiche Anleitung erfragen und annehmen zu können, trägt auf elementare Weise dazu bei, etwas zu verstehen und sich auf etwas zu verstehen. Besonders dort, wo es um Routinen geht, ist das Beherrschen von Fertigkeiten unverzichtbar. Alle Methoden dieses Buches können prinzipiell auch darauf befragt werden, ob sie von den Schülerl-innen nicht erst dann sinn142

9 Erarbeiten, herstellen, gestalten, methodisch umgehen mit

voll und mit Verständnis eingesetzt werden, wenn sie sie erklären und andere darin anleiten können.

Lernkompetenz Du kannst ~ bei einem Problem Hilfestellung geben und anderen bei der Lösung helfen; erklären, wie man eine bestimmte Methode oder eine bestimmte Handlungsweise zielgerichtet anwendet; anderen erklären und andere fragen und dir erklären lassen, wie etwas geht.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Lernende wählen zu einem bestimmten Fach oder Stoffgebiet etwas aus, was sie sicher beherrschen, und erklären, was zu tun ist. Sie versuchen, ihrer Erklärung eine strukturierte, verbale Form zu geben, beispielsweise in nummerierten Schritten. ~ Zur Ergebnissicherung nach einer bestimmten Lernsequenz formulieren alle Schülerl-innen eine Anleitung zu einem bestimmten methodischen Schritt oder einer Problemlösung. Die Anleitung wird an einem konkreten Beispiel vorgeführt. Unterschiedliche Lösungsvorschläge werden reflektiert auf Zweckmäßigkeit und Richtigkeit. ~ Nach der Methode Fragenzirkel (vgl. 7.5) konstruieren die Schülerl-innen Probleme oder die Lehrkraft gibt solche vor. Nach mehreren Durchgängen entstehen entweder identische Anleitungen, mehr oder weniger zweckmäßige Varianten oder auch falsche Anleitungen. Vertiefung Im Laufe einer längeren Lernsequenz entsteht ein "Anleitungsplakat" oder ein "Handbuch" (für den Mathematikunterricht, für chemische Analyseverfahren, für Texterschließungsverfahren usw.). Anschlüsse Bestimmte Lernschritte sind nur dann durchführbar, wenn ein Grundverständnis oder Grundfertigkeiten bei allen Schülerl-innen vorhanden sind. Aus Anleitungen können sie wiederum Probleme (Aufgaben) konstruieren.

143

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden 10.1 Ampelmethode (I): Positionsfarben Sozialform

Plenum

Materialaufwand

Handzettel mit Satzanfängen in den Farben rot, gelb und grün jeweils mindestens in der Anzahl der Teilnehmenden

Die Schülerl-innen können ~ zu einer strittigen Frage sowohl Befürchtungen und Widerstände, als auch Irritationen und positive Einschätzungen formulieren; ~ ihre eigene Position und deren Veränderung beobachten, beschreiben und gemeinsam mit anderen reflektieren.

Die Ampelmethode ist eine Form, die den Schülerl-innen ermöglicht, individuell unterschiedliche Einschätzungen oder Erwartungen zu einem strittigen Thema zu Papier zu bringen. Leitend dafür sind die "Signalfarben" rot für Widerstand, Widerspruch, Einspruch, Bedenken, die Farbe gelb für Fragen, Zweifel oder Klärungsbedarf sowie die Farbe grün für positive Einschätzungen oder Erwartungen. Allen Schülerl-innen stehen alle drei Farben zur Verfügung. Dadurch können auch komplexe Sachverhalte, zu denen nicht nur eine Einschätzung vorliegt, bearbeitet werden. Außerdem ermöglicht die Ampelmethode nicht nur Momentaufnahmen, sondern auch die Beobachtung und Reflexion von Entwicklungen und Prozessen sowohl beim Einzelnen als auch in einer Gruppe. Vorgehen

Im Zentrum dieser Methode steht ein strittiger Sachverhalt oder eine entscheidungsoffene Fragestellung. Die Lehrkraft hat Zettel in den Farben rot, gelb und grün vorbereitet, auf denen in Stichworten der fragliche Sachverhalt ("Selbstständig arbeiten im Lernatelier"; "Umstellung auf biodynamische Ernährung in der Schulmensa"; "Klassenfahrt gemeinsam mit der Parallelklasse" usw.) angedeutet ist. Zusätzlich wird auf jeder Farbe die entsprechende Einschätzung sowie eine Aufforderung zur Äußerung notiert ("Da sehe ich rot! Das sind meine Bedenken ... "-"Da blinkt bei mir ein gelbes Warnlicht!" -"Da gebe ich grünes Licht!" ... ). Alle Schülerl-innen erhalten Zettel in allen drei Farben. Sie notieren in Einzelarbeitihre Gedanken und Einschätzungen den Farben entsprechend. Anschließend bringen sie ihre Zettel nach Farben sortiert auf drei Stellwänden an. Alle Zettel sollten gut lesbar sein. Nach der Lektüre aller Zettel durch alle Beteiligten sind folgende Reflexionen möglich: ~ Wie groß ist die Übereinstimmung (in der Ablehnung, bei den Zweifeln und bei den Hoffnungsperspektiven)? 144

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

~

~

~

Welche Einschätzungen sind in zwei oder gar drei Farben anzutreffen? Beschreibt und erklärt diesen Sachverhalt. Wer konnte ausschließlich rote oder gelbe Zettel beschriften, bei wem waren es ausschließlich gelbe oder grüne Zettel? Welche der roten Positionen wollen wir (wie) bearbeiten?

Im Verlauf eines längeren Prozesses oder an dessen Ende werden die verschiedenen Positionen beobachtet. Die Frage lautet: Welche Positionen haben sich inzwischen verändert? Gelingt es uns, alle roten Zettel in grüne oder zumindest in gelbe zu verwandeln? Können einige Zettel inzwischen wieder abgehängt werden, ist es gelungen, Fragen befriedigend zu klären- oder sind Gewissheiten erschüttert worden? Wie gehen wir damit um, wenn auch am Ende immer noch rote Zettel hängen bleiben? Anwendungsort Klärungen, Reflexionen, Einschätzungen und Bewertungen stehen im schulischen Zusammenleben immer wieder an. Solche Klärungs- und Reflexionsprozesse können durch inhaltliche Impulse ausgelöst sein, sie können dazu dienen, einem vollzogenen Entschluss -entweder innerhalb der Lerngruppe, aber auch dem Entschluss einer literarischen oder einer historischen oder fiktiven Person nachzusinnen oder über einen möglichen Entschluss Vermutungen anzustellen. Besonders geeignet sind moralisch-ethische Fragestellungen. Aber auch in metakognitiven Anforderungen, bei denen es um Alternativen geht, zu denen die Schülerl-innen sich emotional oder situativ unterschiedlich verhalten können, sind geeignet. Deshalb könnte die Ampelmethode auch Kapitel 11 (Metakognition, über das Lernen nachdenken) zugeordnet werden. Lernkompetenz Du kannst ~ zu einem Problem, bei dem es unterschiedliche und widersprüchliche Meinungen gibt, eigene Sichtweisen formulieren; ~ auf die gemeinsamen und die unterschiedlichen Sichtweisen anderer eingehen und über Lösungen nachdenken; ~ andere besser verstehen und dich in sie hineinversetzen; ~ beschreiben, wie sich ein Problem lösen lässt- oder warum es sich nicht lösen lässt. Varianten in der Lerngruppe - Beispiele: ~ Umstellung der Schulmensa auf gesunde, biodynamische Ernährung

145

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

'

I

. . he Ernährung in der Schulmensa Gesunde, blodynamlsc

Da sehe ich rot!

.

Einwände, Widerstände, Widerspruch •

Immer nur Körner? Wem soll das schmecken?

• •

Unbezahlbar\ . · ht So viele unterschiedliche Speisen gibt es gar mc



Schmeckt nicht

Gesunde, biodynamische Ernährung in der Schulmensa

Da gebe ich grünes licht!

Hoffnungen, Erwartungen, Gewinn

~ ~ ~ ~

~

Das .schmeckt hervorragend und da gibt es inzwischen so VIele unterschiedliche Rezepte Dann werden meine Eitern mich endlich auch in der Schule essen lassen Wir könnten selbst im Schulgarten Gemüse anbauen

Weitere inhaltliche Beispiele und Möglichkeiten: - Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Energien. - Durchführung des nächsten Klassenausflugs gemeinsam mit den Klassen 8 a, bundc. - "Michael Kohlhaas und der Junker Wenzel von Tronka vor dem Gericht in Dresden": Welchem Gerechtigkeitsideal soll er folgen?; "Martin Luther vor dem Reichstag in Worms": Widerrufen oder standhalten? usw.: Was würde die Person gewinnen, riskieren oder verlieren? - "Leistungsfeststellung nur noch mithilfe von Referaten (Vorträgen, Präsentationen)?"

146

-

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

~

~

~

~

~

Die Ampelmethode dient zur begleitenden Reflexion einer längeren Unterrichtssequenz oder eines längeren Klärungsprozesses. Dazu werden die Zettel vor dem Ausfüllen von den Schülerl-innen mit ihrem Namenskürzel gekennzeichnet. So können die Betreffenden im Verlauf der Problembearbeitung ihre (ursprünglichen) Positionen wiederfinden, sie überdenken, neue Zettel in anderen Farben ausfüllen, Zettel abhängen oder umhängen. So können sowohl individuelle als auch gemeinsame Veränderungsprozesse bewusst und sichtbar gemacht werden. Die Zettel werden auf jeder Stellwand inhaltlich in Clustern sortiert. Entsteht eine Hierarchie bzw. eine Systematik von Gesichtspunkten? Fehlen Gesichtspunkte? Welche Positionen bedürfen der Informationen (welcher?), welche Positionen sind schwer zu beeinflussen? Die Positionen auf den einzelnen Stellwänden werden bepunktet: Die Schülerl-innen erhalten drei Punkte pro Stellwand, die sie je nach Einschätzung (Welche Position steht an erster Stelle? Welche Position hat welches Gewicht?) vergeben. Planung eines gemeinsamen Vorgehens: Welche Einwände müssen in jedem Falle bearbeitet bzw. beseitigt werden? Mit welchen Bedenken und Einwänden können wir leben? Welcher Befund ist am Ende des Prozesses festzustellen: Welche Perspektiven und Befürchtungen sind "rot" geblieben? Haben "grüne" Perspektiven "abgefärbt" oder dazu verholfen, Befürchtungen zu verringern? Wie geht die Gruppe mit den "unlösbaren" Widersprüchen um?

Anschlüsse Die Ampelmethode dient sowohl dem Erfassen von komplexen, mehrperspektivischen Entscheidungssituationen, als auch deren Bearbeitung. Schülerinnen und Schüler, die mehrfach solche Wege gegangen sind, erwerben die Kompetenz, fremde Positionen und Sichtweisen empathisch zu benennen und probeweise einzunehmen. Diese Fähigkeit hilft in allen diskursiven Prozessen und zunehmend auch ohne den "Umweg" über die drei Ampelfarben. Sie kann weitergeführt und vertieft werden beim ~ Debattenspiel (Pro/Kontra-Debatte, vgl. 10.7) ~ Aktiven Zuhören (vgl. 8.11) ~ Situativen Sprechen (vgl. 8.7) ~ Zwei Perspektiven (vgl. 10.6)

147

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

10.2 Aufstellungsübungen Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

ein Seil oder eine andere bewegliche Abtrennung

Die Schülerl-innen können ~ spontan zu einer Problem- oder Fragestellung eine Position einnehme!T,/ / -~ ihre Sichtweisen und deren Begründung erläutern; ~ _ uneindeutige Fragestellungen reflektieren und überarbeiten; ~ zur Klärung von schwierigen Entscheidungen beitragen.

"Sich positionieren" kann man im übertragenen Sinne, aber auch ganz buchstäblich im Raum. Die einfachste Form besteht in einer Ja/Nein- oder einer ProKontra-Alternative, komplexere Fragestellungen benötigen eine ganze Fläche mit unterschiedlicher Distanz zu einer Mitte. Vorgehen Am Beginn einer Aufstellungsübung steht immer eine Problem- oder Fragestellung sowie eine bestimmte "Codierung" des Raumes. Dieser wird durch ein Seil oder KlebestreifenamBoden in eine Ja- und eine Nein-Seite aufgeteilt. Die Beantwortung der Fragen ergibt die Positionierung im Raum. Eine Enthaltung ist eigentlieh nicht vorgesehen oder kann als Variante eingeführt werden (s. u.). Eine komplexere Form der Aufstellung besteht darin, dass nicht nur die Positionen "Ja" und "Nein" zu beziehen sind, sondern auch die relative Nähe oder Ferne gegenüber einer Position. Bei begrenztem Raumangebot können die Positionen auch durch Figürchen eingenommen werden, die bereitzustellen sind. Mit Figürchen können auch mehrere Positionen in einem Zug eingenommen werden, die Fragestellung muss sich entsprechend ändern (s.u. sowie Gruppenfeedback, vgl. 10.8; Zielscheibe, vgl. 11.8.1). Anwendungsort Aufstellungsmethoden eignen sich dort, wo möglichst schnell und für alle übersichtlich, womöglich auch polarisierend, Position bezogen werden soll. Es lassen sich aber auch inhaltliche Fragen durch eine Aufstellungsübung klären.

Lernkompetenz Du kannst ~ eine Fragestellung erfassen und für dich Position beziehen; ~ deine Position erklären und mit anderen vergleichen.

148

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

Varianten im Blick auf die Lerngruppe Anwendung auf inhaltliche Fragestellungen: ~

~

~

Ja-/Nein- oder Pro-/Kontra-Optionen zu einer vorgegebenen Frage werden wie oben beschrieben im Raum lokalisiert. Mehrere Durchgänge hintereinander sind möglich. Ja und Nein bzw. Pro und Kontra kommen miteinander ins Gespräch. Dabei gelten bestimmte Gesprächsregeln (Aktives Zuhören/Echomethode, vgl. 8.11). Wo ist meine Herkunft? Das Klassenzimmer (Flur, Schulhof) ist eine fiktive Landkarte, einzelne zentrale Orte oder auch nur der aktuelle Schulort sind auf dem Boden markiert. Die Schülerl-innen platzieren sich je nach ihrem Geburtsort (Herkunftsort [der Familie], Urlaubsort usw.). Kulturvergleich Die Schülerl-innen stehen an einer gemeinsamen Startlinie. Sie beantworten die nachfolgenden Fragen entweder auf ihrem eigenen kulturellen Hintergrund oder mithilfe von zuvor erarbeiteten, fremden soziokulturellen Hintergründen (arm/reich; Kulturen der Einen Welt; Mädchen/Jungen usw.). Die Fragen könnten lauten: Höhe des Familieneinkommens; durchschnittliche Kinderzahl; Lebenserwartung; usw. Vor jeder Entscheidungsfrage wird definiert, wie viele Schritte die Schülerl-innen zu gehen haben, beispielsweise: Für jedes Jahrzehnt an Lebenserwartung einen Schritt nach vorn für jedes Familienmitglied einen Schritt zurück; pro 1 000 € Familieneinkommen einen Schritt nach vorn; usw. Wer ist als erstes im "Ziel"? Ist es berechtigt, für die Familiengröße rückwärts zu gehen, oder gibt es Kulturen, für die die Größe der Familie einen Schritt nach vorne bedeutet?

Metakognitive Anwendung: ~

Lernfortschritte Entweder in Distanz und Nähe oder relativ zu einem Maßstab (Anfang, Mitte, Endphase) platzieren sich die Schülerl-innen und beraten sich über ihre Lern- oder Arbeitsfortschritte.

~Methoden

Die Lernenden positionieren sich im Raum zu ihrer Einschätzung über die Angemessenheit und Effektivität bestimmter Methoden. Welche Methode erlaubt den größten Fortschritt, durch welche Methoden gelang es, Rückstände aufzuholen, welche Lernunterstützung könnte mir helfen? Vertiefung Die Schülerl-innen ~ entwerfen eigene Positionen und benennen die Orte im Raum; ~ benennen Gesichtspunkte, die nicht berücksichtigt wurden; ~ entscheiden, ob es bei Ja-/Nein-Optionen auch Enthaltungen, sowohl als auch oder dritte Positionen gibt. 149

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

10.3 Erlebnispädagogische Schritte. (I): Roulette-Spiel Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Plenum

Materialaufwand

M 10.3.1 Spielplan in vierfacher Ausfertigung M 10.3.2 Gewinnplan Spieleinsätze (Chips) ().

Die Schülerl-innen können ~ eine Spielidee unter Einhaltung selbst provozierender Regeln durchführen; ~ mit Enttäuschungserfahrung umgehen; ~ Erfahrungen und Eindrücke aus einem Spielverlauf beschreiben und vergleichen; ~ zwischen Spiel und Wirklichkeit Analogien herstellen.

Das Roulette-Spiel ist zunächst nur eine überraschende Spielidee, deren didaktische Zielsetzung erst in der Reflexionsphase erkennbar wird. Voraussetzung ist eine Lerngruppe ab etwa Klassenstufe 7, die groß genug ist, um etwa vier gleich große Gruppen zu bilden, und die bereit ist, sich auf die Spielidee einzulassen. Ideal ist eine Gruppe von ca. 20 Personen, eine Altersgrenze nach oben gibt es nicht. Vorgehen

Die Spielanleitung ist am besten zunächst nur sehr überblicksartig zu geben, da sich Sinn, Ablauf und Pointe des Spiels zumeist erst durch das Spielen einer Proberunde erschließen. Die Einführung könnte lauten: "Wir spielen nun Roulette. Wie bei jedem Roulette-Spiel gibt es Einsätze, die man auf bestimmte Gewinnchancen verteilen kann. Wir spielen in mehreren Runden. Bei jeder Runde kann man gewinnen oder verlieren. Wir brauchen dafür vier Gruppen .... Ihr werdet jetzt die Spielregeln kennenlernen, indem wir einfach zu spielen beginnen .... Ihr habt in der ersten Proberunde nichts anderes zu tun, als euch innerhalb einer Minute zu entscheiden, ob ihr auf ,rot' oder auf ,schwarz' setzen wollt. Jede Gruppe muss mindestens einen Chip und darf höchsten zehn Chips auf die gewählte Farbe setzen. Sobald ihr euch entschieden habt, notiert ihr eure Entscheidung in der ersten Zeile eures Spielplans." Spielanleitung

Es empfiehlt sich, zur nachstehenden Anleitung den Spiel- und den Gewinnplan hinzuzuziehen. Das Spiel heißt Roulette, weil es in verschiedenen Runden gespielt wird, die darin bestehen, dass jede Gruppe sich für eine Gewinnoption entscheidet, die sich allerdings auf die Wahlmöglichkeit zwischen "rot" und "schwarz" beschränkt. Zusätzlich zur Wahl der Farbe entscheidet sich die Gruppe bei jedem Spielzug für die Höhe ihres Einsatzes. Dafür muss die Spielleitung eine hohe Zahl an Spieleinsätzen, beispielsweise Kaubonbons, bereitstellen. Die gewählte Farbe sowie die Höhe des Einsatzes werden auf dem Spielplan 150

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

(vgl. M 10.3. 1), der jeder Gruppe vorliegt, notiert. Nach Abschluss jedes Einsatzes ("Rien ne va plus") wird das Ergebnis der Wahlentscheidung festgestellt. Alle vier Gruppen zusammengenommen sind bei vier Gruppen und zwei Optionen (rot oder schwarz) fünf Ergebnisse möglich: 1. alle vier Gruppen haben "rot" gewählt; 2. drei Gruppen haben "rot", eine Gruppe hat sich für "schwarz" entschieden; 3. zwei Gruppen haben "rot", die anderen beiden Gruppen haben "schwarz"; 4. drei Gruppen "rot", ein Gruppe "schwarz" oder 5. alle vier Gruppen haben sich für "schwarz" entschieden. Diese fünf möglichen Ergebnisse sind auf dem Gewinnplan (vgl. M 10.3.2) sichtbar. Die entscheidende Information des Gewinnplans besteht jedoch darin, wie sich jeweils Gewinn und Verlust auf die Farbe rot oder die Farbe schwarz verteilen, und zwar je nachdem, welches der fünf oben genannten Ergebnisse eingetreten ist. Die Pointe dieser Verteilung von Gewinn und Verlust besteht darin, dass sie "asymmetrisch" man könnte auch sagen: hinterlistig ist. Kurz gefasst besteht die Grundidee darin, dass die Kooperation zwischen den Gruppen belohnt wird, das heißt beispielsweise: Haben alle Gruppen "rot" gewählt, gewinnen alle Gruppen. Viel höher ist der Gewinn allerdings für diejenige Gruppe, die als einzige schwarz wählt. Für diesen Fall- dreimal "rot", einmal "schwarz" -verdoppelt die eine Gruppe ("schwarz") sogar den erhofften Gewinn, während die drei "roten" Gruppen heftig verlieren. Solche und ähnliche Entdeckungen werden die Schülerl-innen bereits nach der Proberunde anhand des Gewinnplans machen. Sie werden über ihre Gewinnaussichten bei bestimmtem Entscheidungsverhalten spekulieren - und schnell entdecken, dass sie für sich allein nicht über Gewinn und Verlust entscheiden können, da je nach Gesamtergebnis man mit beiden Farben sowohl gewinnen als auch verlieren kann.

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151

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

Aus diesem Grund gibt es in den 5-7 Spielrunden (siehe Spielplan!) immer wieder "Sonderrunden und zwar in zweifacher Hinsicht: zum einen kann eine Runde durchgeführt werden, bei der vor der endgültigen Gruppenentscheidung eine zeitlich begrenzte Absprache zwischen allen vier Gruppen stattfindet. Zum anderen kann bei einzelnen Spielrunden auch die Obergrenze des Einsatzes, der in normalen Runden zehn Chips nicht übersteigen darf, freigegeben werden. Die ansonsten geltende Obergrenze des Einsatzes hat nicht zuletzt den Sinn, die Bank in der Hand der Spielleitung vor dem bankrott zu bewahren. Zu Beginn erhalten alle Gruppen jeweils zehn Chips; die Bank sollte mindestens über 500 Chips verfügen. II,

Bei einer Sonderrunde mit Absprachemöglichkeit lautet die Anweisung etwa:

"Bei der nun folgenden Runde gilt folgende Regel: Ihr habt zunächst 5 Minuten Zeit, untereinander Absprachen zu treffen, auf welche Farbe ihr in dieser Runde setzen werdet. Ihr dürft dazu auch aufstehen und von Gruppe zu Gruppe gehen. Nach fünf Minuten gebe ich ein Signal. Ihr geht wieder an euren Gruppenplatz und erhaltet dann eine Minute Zeit, eure Wahl geheim aufzuschreiben. Diese nochmalige Unterscheidung zwischen der öffentlichen Absprache zwischen den Gruppen und der darauffolgenden geheimen Notation in den Gruppen hat in der Regel eine ganz eigene Dynamik zur Folge. Die Mitspielerl-innen vermuten bzw. entdecken: ~ die unausgesprochene Einladung bzw. Versuchung, im Geheimen anders zu notieren als soeben verabredet; ~ den zu erwartenden Vertrauensbruch der anderen; ~ die Neigung, selbst wortbrüchig zu werden. Die Spielleitung hat deshalb jeden entsprechenden Kommentar zu unterlassen und lediglich auf die Zeit und den entsprechenden Auftrag hinzuweisen. Jede der vier Gruppen hat abzuwägen zwischen ~ dem Interesse, gemeinsam mit den anderen drei Gruppen die Bank zu sprengen; ~ der Lust, den eigenen Gewinn zu steigern- und gleichzeitig die anderen verlieren zu sehen; ~ der "höheren Moralität von Treue, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit- bei begrenzten, aber kalkulierbaren Gewinnchancen; ~ der "geringeren Moralität~~ von Wortbruch, Hinterlist und Schadenfreudebei möglicherweise höheren, aber eben auch trügerischen Gewinnchancen. Die besondere Perfidie und Asymmetrie des Gewinnplans besteht deshalb nicht nur darin, dass der einzelne Wortbruch- einmal schwarz, dreimal rot- "belohnt wird, während bereits dann, wenn zwei Gruppen sich für den Wortbruch entscheiden- zweimal schwarz, zweimal rot, obwohl viermal rot verabredet war- es sich für die Wortbrüchigen schon nicht mehr lohnt. II

11

II

152

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

Nicht wenige Gruppen versuchen auch, solche Unwägbarkeiten durch zusätzliche Regeln zu begrenzen, indem sie Verhandlungen anbieten: Die Gruppe, die durch (den erlaubten!) Wortbruch besonders hohe Gewinne macht, muss den Gewinn teilen ("Reichensteuer"); alle, die mehr als die ursprünglichen zehn Chips haben, zahlen in einen Not-Fonds ein ("Sozialversicherung"); wer zahlungsunfähig ist, kann bei der Bank Schulden machen ( "Kreditsystem" -mit und ohne Verzinsung) usw. Anwendungsort Das Roulette-Spiel wirkt durch Verblüffung. Es gibt nicht unmittelbar preis, "zu welchem Zweck" es eingesetzt wird, und sollte deshalb auch nicht- und schon gar nicht moralisch!- "verzweckt" werden. Es ist im besten Sinne ein erlebnispädagogisches Selbst-Erfahrungsspiel, weil es einer Lerngruppe Erlebnisse und Erfahrungen ermöglicht, die man selbst gemacht haben muss, um sie zu bearbeiten.

Die Schülerl-innen ~ erleben die Sinnhaftigkeit, aber auch die Willkür, Unzulänglichkeit und "Ungerechtigkeit" von Spielregeln; ~ beobachten an sich oder anderen den Reiz und die Versuchung, Regeln egoistisch oder" unfair" zu nutzen; ~ erleben die Grenzen von Konsensbildung, sobald der Konsens eigene Interessen berührt und sich nachteilig auswirken kann; ~ erleben die mangelnde Verlässlichkeit von Verabredungen; ~ können Modelle zur Schadensbegrenzung oder zum Gerechtigkeitsausgleich nachvollziehen. Solche Erlebnisse sind in vielfältiger Weise anschlussfähig-von gesellschaftlichen, betriebswirtschaftliehen und psychologischen Fragen bis hin zu juristischen, ethisch-moralischen und religiösen Kategorien wie Gerechtigkeit, Fairness, Schuld, Rechtfertigung und Recht, Spiel und Ernst.

Lernkompetenz Du kannst ~ ein Spiel nach vorgegebenen Regeln durchführen und dabei gezielt auf bestimmte Erfahrungen, Gefühle und Erlebnisse achten; ~ solche Erfahrungen und Erlebnisse beschreiben, begründen und bewerten und dich mit anderen darüber austauschen; ~ Vergleiche anstellen zwischen dem Spiel und der gesellschaftlichen Wirklichkeit.

153

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

Varianten im Blick auf die Lerngruppe Die Varianten ergeben sich aus den Spielregeln: ~ Es müssen nicht alle auf dem Spielplan vorgesehenen Spielrunden durchgeführt werden, es können auch einzelne Runden übersprungen werden. Ist die Bank zahlungsunfähig, ist das Spiel vorzeitig zu Ende. ~ Manche Gruppen verzichten nach den ersten negativen Erfahrungen mit Abspracherunden auf weitere Absprachen ("Die halten sich bzw. wir halten uns sowieso nicht daran! ").Die Spielleitung entscheidet. ~ Die Reflexion solcher Erfahrungen ist unabdingbar; die Gruppen werden in aller Regel aber bereits von sich aus ihre Erfahrungen darlegen und besprechen. Dies kann in offener Form, geschehen: Was habt ihr an euch und an anderen beobachtet? Was war der Reiz, was war enttäuschend? Was hat euch geholfen bzw. was hätte euch geholfen? ~ Die Reflexion kann auf bestimmte Fragestellungen fokussiert werden. Einige Stichworte zur Auswahl wurden oben bereits genannt. ~ Das Spiel mit einer Video-Kamera aufnehmen und dokumentieren. Übungen zur Selbst- und Fremdwahrnehmung. Worauf gründet sich Misstrauen gegenüber anderen ("Ich habe gleich erkannt, dass die es nicht ehrlich meinen!")? Anschlüsse Etliche der im Roulette-Spiel zu beobachtenden und zu erlebenden Mechanismen haben Analogien in gesellschaftlichen Prozessen und Strukturen. Dazu gehört zum Beispiel die empirisch belegbare Neigung vieler Menschen, statt einer hohen, aber gleichen Einkommenssicherung für alle, ein noch höheres Einkommen für sich allein bei niedrigerem Einkommen aller anderen zu bevorzugen: "Statt 80.000 € Jahreseinkommen für alle, lieber 90.000 € für mich und 45.000 € für die anderen." Andere Fragestellungen wurden bereits angedeutet: Wie gehen wir um mit Schuld und Schulden? Stichwort: Mikrokredite, Überschuldung oder Schuldenschnitt? Oder: Welche Regeln braucht- oder bräuchte!- eine Gesellschaft? Wie verhalten sich Legalität und Legitimität zueinander usw. Die Schülerl-innen erhalten den Auftrag, solche Analogien zu entdecken, um daran beispielsweise amBegriff der Gerechtigkeit zu arbeiten in Form von ~ Text umschreiben (Erfahrungsbericht, Essay, Traktat, Appell ... ; vgl. 9.7); ~ Debattenspiel (vgl. 10.7); ~ Mindmap (vgl. 9.3).

154

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

M 10.3.1 Spielplan Roulette: Spielplan Runde

Farbe Rot (Zahl eintragen!)

Farbe Schwarz (Zahl eintragen!)

Proberundei

1 2 31

4 52

6

73

M 10.3.2 Gewinnplan GewinneNerluste für alle diejenigen, die

• • • •

• • •

• •



gesetzt haben

GewinneNerluste für alle diejenigen, die schwarz gesetzt haben Einsatz + 15 Chips

Einsatz + 2mal19

- 2ma12o

Einsatz + 1mal21

-1mal

Einsatz -2 mal22

+ 4Q23 alle Einsätze zurück + 25

19 20 21 22 23

Die Gruppe erhält ihren Einsatz zurück und bekommt die doppelte Anzahl von Chips dazu. Die Gruppe verliert ihren Einsatz und gibt zusätzlich die doppelte Anzahl Chips an die Bank ab. D. h.: die Gruppe erhält ihren Einsatz zurück und bekommt dieselbe Anzahl von Chips dazu. Wie Fußnote 2! Alle Gruppen erhalten ihren Einsatz und dazu 40 Chips aus der Bank, unabhängig vom Einsatz!

155

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

10.4 Erlebnispädagogische Schritte (II): Vier-Ecken-Übung Sozialform

Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit Plenum

Materialaufwand

M 10.4 Positionskarten

Die Schülerl-innen ~ wählen zwischen unterschiedlichen Positionen gegenüber einer Problemstellung, beziehen die Position und begründen sie; ~ wägen ihre eigene Entscheidung gegenüber der Entscheidung anderer ab; ~ reflektieren die Sachgemäßheit von formulierten Positionen zu einem Sachverhalt und erproben eigene Formulierungen.

Damit Lernende zu einem strittigen Sachverhalt Position beziehen können, braucht es unterscheidbare Alternativen, Sichtweisen oder Positionen, die sie einnehmen können. Bei der Vier-Ecken-Übung werden solche Positionen von der Lehrkraft angeboten und auf vier Orte (Ecken) im Raum verteilt. Die Schüler/ -innen müssen in mehreren Durchgängen denjeweiligen Ort einnehmen. Vorgehen

Die Übung ist nur dann sinnvoll, wenn es mehrere Durchgänge, sprich: Entscheidungsfragen und entsprechende Positionen, gibt. Für eine einzelne Entscheidungsfrage würde man eine andere Methode wählen. Der Raum braucht vier Orte, an denen auch eine größere Anzahl von Schülerl-innen stehen kann. Diese vier Orte sind zu kennzeichnen, am besten durch die Buchstaben A, B, C und D, die auf Augenhöhe angebracht sind. Der Einstieg vollzieht sich im Sitzen am jeweiligen Platz. Jede Runde wird eröffnet durch eine bestimmte Frage, eine Problemstellung, eine These o. Ä. ImAnschluss daran werden vier deutlich voneinander zu unterscheidende Positionen verlesen (vgl. Beispiele M 10.4: Positionskarten), und zwar jeweils als "Position A: ... "Position B: ... usw. Es ist hilfreich, wenn die vier Positions-Aussagen visualisiert werden durch eine Folie. Nun entscheiden sich die Schüler/-innen, wo sie stehen wollen. Die Position "Sitzplatz existiert nicht, alle nehmen eine bestimmte Position ein. Wenn sie ihre Position eingenommen haben, gibt es verschiedene Formen der Weiterarbeit, die unter den Varianten beschrieben werden. II,

II

II

Anwendungsort

Die Methode eignet sich für jede Art von Entscheidungsfragen, sofern eine ausreichende Anzahl von Alternativen formulierbar ist. Sollte es sich nur um JaNein-Alternativen handeln, wäre das Arrangement etwas zu verändern. Wo immer Schülerl-innen nach einer Einschätzung und Positionierung und deren Begründung gefragt sind, und zwar sowohl im inhaltlichen, als auch im 156

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

metakognitiven Sinn, kann die Vier-Ecken-Übung eingesetzt werden, unabhängig vom jeweiligen Alter. Die reine Abfrage der Positionen sowie die Positionierung dauert nur wenige Minuten und eignet sich deshalb auch für eine "Schnell-Abfrage". Die Weiterarbeit an und mit den Positionen dauert entsprechend länger. Die Gruppengröße spielt für die Vier-Ecken-Übung nahezu keine Rolle, es gibt eher eine Grenze nach unten. Sofern es räumlich möglich ist, können sich in dieser Weise aber auch Großgruppen positionieren und so "mit den Füßen abstimmen".

Lernkompetenz Du kannst ~ über eine Entscheidungsfrage nachdenken und Position beziehen; ~ deine Position erläutern und begründen und über die Positionen anderer nachdenken; ~ eine eigene Position zu einem Problem formulieren.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe Die Vier-Ecken-Übung steht und fällt mit der Schlüssigkeit der jeweils vier Positionen. Das heißt, die Positionen müssen so authentisch wie möglich sein, es sollten reale Alternativen ohne Polarisierung sein. Keine Position sollte von vornherein so formuliert sein, dass jemand, der sie wählt, das Gesicht verliert oder sich sofort ins Abseits begibt. ~ Grundform: Die Übung vollzieht sich in mindestens drei bis fünf Durchgängen. Auf eine Fragestellung, einen Impuls, eine These o. Ä. erfolgen vier von der Lehrkraft bereitgestellte PositionenAbis D. Die Schülerl-innen positionieren sich. Das Minimum der Weiterarbeit erfolgt in Form der gemeinsamen Wahrnehmung des Ergebnisses. Es kommt immer wieder vor, dass Einzelne sich zwischen zwei oder mehreren Positionen aufstellen wollen. Es werden entweder alle zu einer klaren Positionierung aufgefordert, um anschließend ihren Entscheidungskonflikt zu beschreiben (s. u.), oder aber es dürfen auch Zwischenpositionen eingenommen werden, die in besonderer Weise zu begründen sind. ~ Je nach Verteilung der Schülerl-innen auf die Positionen führt die Lehrkraft Interviews in den vier Ecken durch, bei denen sie aufgefordert werden ihre Standpunkte und ihre Entscheidungen zu begründen; zu beschreiben, welche Abwägungen sie treffen mussten, um sich schließlich für die eingenommene Position zu entscheiden ("Wo hättest du unter Umständen auch stehen können?"); die Position zu erläutern, die für sie unter keinen Umständen infrage kommen würde; 157

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

~

~

ihre Position mit einem Beispiel, einem Erlebnis, einer Erfahrung zu illustrieren; zu erklären, warum auf dieser Position so viele (so wenige) zu finden sind; an jemanden auf einer anderen Position eine Frage zu richten; Vermutungen anzustellen über die Gründe, die zu einer anderen Positionierung geführt haben könnten. Die Lernenden, die bei einer Position aufeinandertreffen, tauschen sich aus. Anschließend verteidigen sie ihre Position vor der Gesamtgruppe. Nach Klärung und Erklärung der jeweils eingenommenen Positionen bewegen sich alle Beteiligten im Uhrzeigersinn eine Position weiter. Das kann umso reizvoller sein, wenn sie sich dabei in Positionen hineinversetzen müssen, die vorher von niemandem eingenommen wurden.

Vertiefung Die Positionen, zischen denen man sich entscheiden muss, sind nicht zwingend von der Lehrkraftvorzuge ben, sondern können auch in einem zuvor erfolgten Arbeitsschritt von den Schülerl-innen formuliert sein. Gegenstand des Interviews an den Positions-Ecken können auch die vorliegenden Formulierungen der Positionen sein: Wie müsste man die Position ggf. umformulieren, variieren, erweitern, entschärfen usw., sodass möglichst viele (möglichst wenige) dort stehen? Welche Position fehlt? Anschlüsse Die Vier-Ecken-Übung lebt von der Niedrigschwelligkeit beim Einnehmen von Position sowie von der Unausweichlichkeit der Ortsveränderung: niemand steht nirgends. Die Übung kann zur Vorbereitung aller weiteren Urteils- und Begründungskompetenz dienen, bei der die Schülerinnen und Schüler selbstständig Positionen formulieren und argumentativ verteidigen müssen, u. a. für ~ Debattenspiel (Pro/Kontra-Diskussion, vgl. 10.7); ~ Kurzvortrag (vgl. 8.10).

158

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

M 10.4 Positionskarten: Beispiele Sollte man immer die Wahrheit sagen? A Dann müsste man erst einmal darüber streiten, was überhaupt "Wahrheit" ist. "Die Wahrheit" kann man gar nicht sagen, nur aushandeln. ("Was ist überhaupt Wahrheit?") c Zur Wahrheit gibt es keine Alternative: Ja, ohne Einschränkung.

B Die Wahrheit ist den meisten Menschen gar nicht erwünscht. in Wahrheit wollen die meisten Menschen belogen werden.

D Nein, es muss auch Notlügen geben. Notlügen sind barmherziger als die sogenannte Wahrheit.

Für den Spielverlauf kann es hilfreich sein, wennjede Position durch ein markantes Stichwort oder eine prägnante Kurzfassung noch einmal auf den Punkt gebracht wird, also beispielsweise: "A: Was ist überhaupt Wahrheit?" - B: "Menschen wollen belogen werden!"- C: "Ja, immer die Wahrheit!"- D: "Notlügen sind barmherziger. " Wenn ich über meine Zukunft als Erwachsener nachdenke A ... dann freue ich mich vor allem darauf, wenn ich einmal mündig und erwachsen bin und alle Dinge selbst entscheiden darf.

c

("Möglichst schnell mündig werden.") ... dann bin ich froh, dass ich bis dahin noch lange Zeit habe und ich erst Schritt für Schritt erwachsen werden muss. ("Zum Glück noch ein langer Weg.")

B ... dann wird mir Angst und bange, vor allem, was die Umwelt angeht.

("Sorgen um die Zukunft der Umwelt.") D ... dann bin ich sicher, dass wir über viele "Probleme" von heute schmunzeln werden, weil sie bis dahin längst gelöst sein werden. ("Die Probleme von heute werden gelöst sein.")

Gruppenarbeit im Mathematikunterricht A Bringt mir am meisten, weil ich mich untereinan- B Bringt mir überhaupt nichts, weil immer nur der mehr zu fragen traue und die Antworten dieselben arbeiten und dieselben abschreiben. besser verstehe. (" ... ") (" ... ")

c

Hätte ich gern häufiger, aber mit klareren Regeln für alle. (" ... ")

D Möchte ich nur in Ausnahmen. (" ... ")

159

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

10.5 Gewissensspiel Sozialform

Einzelarbeit, Plenum

Materialaufwand

M 10.5.1 Ereigniskarten M 10.5.2 Entscheidungskarten

Die Schülerl-innen können ~ sich in schwierige Entscheidungssituationen hineinversetzen und Entscheidungen treffen; ~ über die Entscheidungen anderer Vermutungen anstellen; ~ über Entscheidungskonflikte und deren Kriterien reflektieren.

Das Gewissensspiel ist eine Übung zur Selbst- und Fremdeinschätzung in JaNein-Entscheidungssituationen. Es erfordert Empathie, aber auch den Schutz der Freiheit von Gewissensentscheidungen. Es eignet sich zur Bearbeitung konkreter Entscheidungssituationen, aber auch zur Metareflexion über das Zustandekommen von Gewissensentscheidungen. Vorgehen

Die Schülerl-innen sitzen nach Möglichkeit im Kreis. Alle Teilnehmenden außer der Spielleitung halten je eine Ja- und eine Nein-Karte sowie je eine Ereigniskarte in den Händen. Das Spiel dauert eine Runde, bei der jeder und jede zum Zug kommt. Eine Ereigniskarte (vgl. M 10.5.1) wird vorgelesen. Die darin geschilderte Entscheidungssituation richtet sich an die Schülerin bzw. den Schüler auf dem Platz links daneben. Die Ereignissituationen sollten altersangemessen sein, sie müssen aber nicht von der betreffenden Person real erlebt sein. (Z. B.: .,Bei einer Wanderung im Hochgebirge fällt ein fremdes Kind in einen reißenden, eiskalten Bach. Würdest du hineinspringen?" Diese Frage ist auch dann tauglich, wenn der oder die Betreffende noch nie im Hochgebirge unterwegs war.) Der oder die Betreffende erhält Zeit, die Entscheidungsfrage für sich mit Ja oder mit Nein zu beantworten. Dies geschieht durch die Wahl der entsprechenden Entscheidungskarte, die verdeckt vorgeschoben oder auf das eine Knie gelegt wird, und zwar so, dass niemand die Entscheidung einsieht und die Karten nicht nachträglich noch ausgetauscht werden können. Nun stellen die übrigen Schülerl-innen stumme Vermutungen darüber an, welche Entscheidung die befragte Person nun getroffen haben könnte - und nicht, wie sie selbst in derselben Situation entschieden hätten! Haben alle entschieden, decken zunächst die Mitspielerinnen und Mitspieler ihre Karte auf bzw. halten sie hoch, danach macht die befragte Person ihre Entscheidung bekannt. Reflexionen können nach jedem Spielereignis oder auch erst am Ende des gesamten Durchgangs durchgeführt werden, es geht auch beides. 160

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

Wie bei der Vier-Ecken-Übung (vgl. 10.4) kommt es darauf an, dass die Entscheidungsalternativen reell sind und nicht moralisch oder durch soziale Erwünschtheit polarisieren. Anwendungsort Das Gewissensspiel eignet sich im engeren Sinne zur Bearbeitung der Gewissensthematik, darüber hinaus aber für alle Themen etwa ab der Sekundarstufe I, bei denen es um Empathie, um Entscheidungen und deren Begründung und Bewertung geht.

Lernkompetenz Du kannst ~ einen Gewissenskonflikt erkennen und über Entscheidungsmöglichkeiten nachdenken; ~ dich in die Entscheidungssituation eines anderen Menschen hineinversetzen; ~ darüber nachdenken, wie ein anderer sich entscheiden könnte und für dich selbst eine Entscheidung treffen; ~ beschreiben, was einen Gewissenskonflikt ausmacht und welche Stimmen im Gewissen miteinander streiten.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ Spielerische Variante: Die Schülerl-innen führen Strichlisten darüber, wie häufig sie mit ihrer Vermutung im Blick auf die Entscheidung anderer richtig lagen und wie häufig sie sich getäuscht haben. Sie werden immer dann, wenn sie sich anders entschieden haben als die befragte Person, von selbst Vermutungen darüber anstellen, ob deren Entscheidung "ehrlich" war ("Das sagt der/die nur, weil ... ; In Wahrheit hätte er/sie eigentlich ... "). ~ Deutlich zu unterscheiden ist die Spielanweisung, bei der nicht Vermutungen über die eine befragte Person und ihre mögliche Entscheidung angestellt werden, sondern jeder gefragt ist: Wie würdest du dich entscheiden? Von Ereignisfrage zu Ereignisfrage können kurze Gesprächsphasen in Partnerarbeit ("Murmelgruppen") eingeschoben werden. ~ Reflexion: Was ist das Gewissen? "Das Gewissen ist ein innerer Gerichtshof." Wie lässt sich dieses Bild (diese Metapher) auf die gespielten Entscheidungssituationen übertragen? Was zeichnet Gewissenskonflikte aus, wodurch entsteht ein "schlechtes Gewissen"? Den Lernenden fallen selbst solche Entscheidungssituationen ein, die sie im Anschluss an eine gespielte Runde aufschreiben und damit ggf. eine weitere Runde durchführen. 161

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

Vertiefung Welche Überlegungen stellen wir an, wenn wir schwierige, unsere Person betreffende, Entscheidungen zu treffen haben? Welche Gesichtspunkte ziehen wir heran, wenn wir über die Entscheidungen anderer Vermutungen anstellen? ~ Stichworte: soziale Erwünschtheit, Political Correctness, Übertragung Anschlüsse Wie alle kleinschrittigen und niedrigschwelligen Übungen kann auch das Gewissensspiel vorbereitend eingesetzt werden: für den Aufbau von personaler Kompetenz, Beurteilungs- und Begründungskompetenz, entsprechende Übungen und Methoden wie ~ Debattenspiel (Pro/Kontra-Diskussion, vgl. 10.7); ~ Kurzvortrag (vgl. 8.10). M 10.5.1 Ereigniskarten (Beispiele) Im Verlauf des Schulvormittags wurde an der Garderobe etwas gestohlen. Du warst auf der Toilette und hast eine Freundin aus der Parallelklasse auf dem Flur gesehen. Würdest du ihren Namen nennen?

Party bei einem Freund, die Eltern sind nicht zu Hause. Am nächsten Morgen ist ein großer Saftfleck auf dem Teppich. Die Eltern verlangen, dass die Reinigungskosten auf alle Anwesenden verteilt werden. Du hast den ganzen Abend nur Wasser getrunken. Beteiligst du dich mit 10 €?

Ein Mitschüler bietet für 50 € nagelneue Handys an, die irgendwie "vom Lastwagen gefallen" sind. Würdest du dich auf den Kauf einlassen?

Du bist mit dem Fahrrad bei Rot über die Ampel gefahren und dabei von einer Polizeistreife beobachtet worden. Jetzt sollst du 25 € Strafe bezahlen. Der Vater eines Mitschülers ist Polizist. Würdest du deine Eltern bitten, bei dem Polizisten anzurufen, um die Strafe abzuwenden?

ln der Klasse gibt es Streit. Dein bester Freund hat sich ins Unrecht gesetzt, die anderen Streitenden sind nicht gerade deine Freunde. Würdest du deinen Freund auf sein Unrecht hinweisen?

Eine unbeliebte Mitschülerin bietet dir eine Karte zu einem tollen Konzert an. Voraussetzung ist natürlich, dass du das Konzert mit ihr besuchst. Würdest du die Karte annehmen?

Eine Mitschülerin wird wegen ihrer Kleidung lächerlieh gemacht. Schreitest du ein?

Deiner Lehrerin wird die Geldbörse aus ihrer Schultasche gestohlen. Du hast einen Verdacht. Sprichst du ihn aus?

Im Unterricht sind Handys verboten. ln der Bank vor dir werden SMS verschickt. Sprichst du deine Mitschüler an?

Dein Banknachbar schreibt in einer Klassenarbeit bei dir ab und bekommt eine bessere Note als du. Lässt du ihn das nächste mal wieder abschreiben?

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10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

Deine Klasse beschließt, sich bei der Lehrprobe der Referendarin daneben zu benehmen. Gibst du der Referendarin einen Hinweis?

Im Schullandheim trinken alle auf deinem Zimmer trotz Alkoholverbot heimlich Wodka. Trinkst du mit?

Jemand wird in der U-Bahn beim Schwarzfahren erwischt. Bietest du der Person an, dass sie auf deiner Gruppenkarte mitfahren kann?

Kinder aus den unteren Klassen werden auf dem Schulhof gemobbt. Schreitest du ein?

Die Verkäuferin in der Bäckerei hat dir versehentlich das Rückgeld auf 20 € herausgegeben. Du hattest aber mit einem 5-€-Schein bezahlt. Machst du die Verkäuferin darauf aufmerksam?

Auf der Liste mit den Gemeinschaftsaufgaben für die Klasse fehlt dein Name. Meldest du dich freiwillig?

Am Wochenende werden die Uhren umgestellt. Die Mehrheit der Klasse schlägt vor, am Montag eine Stunde später zur Schule zu kommen und zu behaupten, ihr hättet die Zeitumstellung verpasst. Machst du mit?

Hältst du dich für intelligenter als der Durchschnitt der Bevölkerung?

M 10.5.2 Entscheidungskarten

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Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

10.6 . Zwei Perspe~tiven Sozialform

Eiozelarbeit;Partnerarbeit,. Plenum

Material

M 1R6 Textkc:uten

Die Schülerl-innen .können ~ unterscoiedliche Perspektiven auf ein Problem, einen Sachverhalt oder eine Pers.on identifizieren und beschreiben; ~ Vermutungen anstellen .über eine Person und ihren Standpunkt zu einer bestimmten Sichtweise; ~ unterschi.edlich.e Perspektiven einnehmen und vertreten; ~ selbst Texte aus einer bestimmten Perspektive verfassen.

Dass unterschiedliche Menschen auf denselben Sachverhalt unterschiedliche Perspektiven haben können, ist eine Binsenweisheit: Menschen sind im Blick auf ein und denselben Sachverhalt entweder Leidtragende oder Nutznießer, entweder Parteigänger oder Gegner, entweder Zeitgenossinnen und Zeitgenossen oder Nachgeborene, aber auch Freunde oder Feinde, Jungen oder Mädchen, Alte oder Junge. Spannend werden solche Perspektiven für den Lernprozess des empathischen Vergleichens, Bewertens, Deutens, Bedenkens und Entscheidens dann, wenn die unterschiedlichen Perspektiven zunächst noch gar nicht bekannt sind, sondern lediglich festgestellt werden muss: Wir haben unterschiedliche Meinungen. DieMethode "Zwei Perspektiven" arbeitet deshalb mit einem Überraschungseffekt Vorgehen Die Lehrkraft bereitet zwei Texte zu einem bestimmten Sachverhalt, einem Problem oder zur Einschätzung einer Person vor (vgl. M 10.6). Die Texte haben eine Form- Größe des Textblattes, Überschrift und Länge der Texte- die sie auf den ersten Blick identisch erscheinen lassen. Beide Texte sind in gleicher Anzahl vorhanden. Sie werden gleichmäßig gemischt und so an die Schülerl-innen ausgeteilt, sodass nach Möglichkeit keine zwei Nachbarn denselben Text bekommen. Sie werden aufgefordert, ihren Text zu lesen und sich anschließend zu äußern: ~ Wovon handelt euer Text? ~ Gebt einige Eindrücke wider! ~ Was ist die Botschaft oder die Kernaussage des Textes?

Spannend ist, wie lange es dauert, bis die Jugendlichen entdecken, dass sie unterschiedliche Texte erhalten haben. Deshalb sollten die unterschiedlichen Texte nicht zu früh untereinander ausgetauscht oder gezeigt, sondern möglichst lange vor einander verborgen und nur beschrieben werden. Vor einem Tausch der Texte sollten die Perspektiven benannt und beschrieben werden ("Hier schreibt bzw. spricht jemand, der ... "- "In unserem Text schreibt oder spricht jemand, der ... "). 164

10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

Die nächsten Schritte lauten deshalb: ~ Worin besteht das je Eigene eurer Texte? ~ Welche Sichtweisen (Perspektiven, Standpunkte) kommen jeweils zum Ausdruck? ~ Wer könnte der Verfasser oder dieVerfasserindes einen, wer der- oder diejenige des anderen Textes sein? ~ Woran erkennt man Sichtweisen, Standpunkte oder Perspektiven? Anwendungsort Die Methode "Zwei Perspektiven" eignet sich überall dort, wo unterschiedliche Perspektiven eingenommen werden können und wo solche Perspektiven und Standpunkte sich identifizieren und beschreiben lassen. Es geht also nicht um zwei Meinungen zu einer Frage, sondern um ein ganzes Bündel von Meinungen, Einschätzungen und auch Sprachformen.

Lernkompetenz Du kannst ~ erkennen und verstehen, wie unterschiedlich man eine Sache sehen, verstehen, darstellen und deuten kann; ~ hinter einer Sichtweise eine Person, ihre Geschichte, ihre Rolle, ihre Verwicklung in die betreffende Sache entdecken; ~ probeweise verschiedene Sichtweisen einnehmen und miteinander vergleichen.

Varianten im Blick auf die Lerngruppe ~ In der Grundform dieser Methode werden verschiedene Perspektiven in Form von Texten vorgegeben. Die Schülerinnen und Schüler sollen die jeweilige Perspektive erfassen und beschreiben (Wie kommt ein Mensch zu dieser Sichtweise?). ~ Bei einzelnen Fragestellungen, Problemen, Themen und Personen sind auch mehr als zwei Perspektiven denkbar. Dadurch wird es umso schwieriger, die Perspektiven zu unterscheiden, zu identifizieren und zu beschreiben. ~ Einzelne Schülerl-innen verfassen zu einer Fragestellung ihre eigene Sichtweise. Ihre Texte werden vervielfältigt und verteilt. ~ Die Schülerl-innen verfassen zu einer Fragestellung unterschiedliche, nicht notwendig eigene Sichtweisen. ~ Die Schülerl-innen gestalten eine fiktive Geschichte, in der unterschiedliche Personen sich mit verschiedenen Sichtweisen auf eine Sache beziehen (Untergang der Titanic, der Fall der Mauer ... ).

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Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

Vertiefung Die Lernenden können die ihnen vorgelegte Perspektive "ausbauen", indem sie ~ Recherchen anstellen zur jeweiligen Position; ~ Vermutungen darüber anstellen, wie sich die jeweilige Perspektive auf andere, ähnliche Fragestellungen auswirken wird, um anschließend zu überprüfen, ob die Vermutung zutreffend war; ~ die Texte und damit die Perspektiven tauschen und nun jeweils eine veränderte Perspektive einnehmen; ~ selbst aus einer vorgegeben oder frei gewählten Perspektive einen Text verfassen, um sich damit in fremde Sichtweisen und die entsprechenden Sprachspiele einzufühlen. Anschlüsse Fremde oder unterschiedliche Perspektiven zu durchdenken und probeweise zu übernehmen, ist eine ideale Vorübung für jeden Diskurs. Gleichzeitig werden durch die Perspektivübungen die Empathiefähigkeit, das aktive Zuhören (vgl. 8.11) sowie die soziale Kompetenz gestärkt, da die probeweise Perspektivenübernahme auch immer die eigene Position verändert und möglicherweise auch erweitert.

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10 Vergleichen, bewerten, beurteilen, reflektieren, bedenken, entscheiden

M 10.6 Zwei Perspektiven Was am Anfang war Am Anfang war- Nichts. Darum hat Gott einen Anfang gesetzt, weil er allein mit nichts etwas anfangen kann. Das Erste, was er gemacht hat, war das Wasser. Und dann ging Gott zu Werk. Man kann sich Gottes Werk vorstellen wie eine Woche aus lauter Tagen: Erst schuf Gott das Licht, damit die Finsternis begrenzt wird (Tag 1). Dann trennte Gott das Wasser vom Festland, damit man auftreten kann (Tag 2). Danach ließ Gott auf dem Land Samen aufgehen: erste Pflanzen, Kraut und Bäume, die Früchte tragen. Das braucht man zum Leben (Tag 3). Die Welt ist größer als die Erde, auf der wir leben. Gott machte den gesamten Kosmos: Sonne, Mond und Sterne (Tag 4). Im Wasser wimmelte schon Leben und am Himmel flogen schon Vögel: Ungetüme, Saurier, Schlangen und Kröten (Tag 5). Und dann ging es Schlag auf Schlag: Herdentiere, Kriechendes, Wild, Behaartes und Geschupptes, und am Ende: uns Menschen, wie wir sind. Mann und Frau, aber nicht als Tiere, sondern: gesegnet. Das fand Gott gut, und wir eigentlich auch (Tag 6). Dann ruhte Gott sich aus. Alles war geschafft. Am Ende war ein Fest, das noch andauert. Gott feiert die Welt, und wir arbeiten noch daran. Am Anfang war der Wasserstoff. Was davor war, wissen wir nicht. Wir wissen heute, dass der Grundstoff der Welt das Atom ist. Das einfachste Atom ist der Wasserstoff: Ein Proton und ein Elektron. Die erste Materie war das Wasser. Ohne Materie ist Chaos. Alles Leben kommt aus dem Wasser. Zuerst waren Lebewesen im Wasser. Erst einzelne Zellen, dann kompliziertere Geschöpfe, also Tiere, die dann an Land gingen. Das war durch die Abkühlung der Gestirne entstanden. An Land brauchten die Lebewesen Nahrung. Die ersten Lebewesen ernährten sich von Pflanzen. Einige der Lebewesen blieben an Land und entwickelten Lungen. Wieder andere konnten fliegen, fliegende Saurier. Und wieder andere bekamen ein Fell, mit dem sie auch kalte Jahreszeiten überstehen konnten: die Säugetiere. Ganz zuletzt kam der Mensch. Er ist eine Art höher entwickeltes Säugetier, und doch ganz anders: Er kann denken und hat ein Bewusstsein. Menschen fragen sich, woher sie kommen und wofür sie da sind. Das unterscheidet uns Menschen von allen Tieren. Aber manchmal merkt man das gar nicht. Gerhard Ziener

Weitere Beispiele ~ Die Person Konrad Adenauers (Willy Brandts, Alice Schwarzers, Mahatma Gandhis, Martin Luthers ... ) aus der Sicht von Parteigängern und von Gegnern; ~ Wettkampfspiele aus der Sicht von Gewinnern und Verlierern; ~ Windkraftwerke aus der Sicht von Verbrauchern, von Landwirten und von Energieunternehmen ... 167

Teil C: Kompetenzorientierte Methoden

10.7 Debattenspiel Sozialform

Gruppenarbeit.•·Pienum

Materialaufwand

tnforiTiatioRsmaterialien zu eir~em koRtraversen Thema

Die·SchülerJ·