Kompensation von Magnetisierungsabweichungen in Permanentmagnet-Synchronmotoren durch selektive Rotormontage 9783839614617, 3839614619


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Kompensation von Magnetisierungsabweichungen in Permanentmagnet-Synchronmotoren durch selektive Rotormontage
 9783839614617, 3839614619

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STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR PRODUKTIONSFORSCHUNG

DANIEL COUPEK

Kompensation von Magnetisierungsabweichungen in Permanentmagnet-Synchronmotoren durch selektive Rotormontage

STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR PRODUKTIONSFORSCHUNG

BAND 87

Herausgeber: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl Univ.-Prof. Dr.-Ing. Kai Peter Birke Univ.-Prof. Dr.-Ing. Marco Huber Univ.-Prof. Dr.-Ing. Oliver Riedel Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Alexander Sauer Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Alexander Verl Univ.-Prof. a. D. Dr.-Ing. Prof. E.h. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper

Daniel Coupek

Kompensation von Magnetisierungsabweichungen in Permanentmagnet-Synchronmotoren durch selektive Rotormontage

FRAUNHOFER VERLAG

Kontaktadresse: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart Nobelstraße 12, 70569 Stuttgart Telefon 07 11/ 9 70-11 01 [email protected]; www.ipa.fraunhofer.de STUTTGARTER BEITRÄGE ZUR PRODUKTIONSFORSCHUNG Herausgeber: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl1,2 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Kai Peter Birke1,4 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Marco Huber1,2 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Oliver Riedel3 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Alexander Sauer1,5 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Alexander Verl3 Univ.-Prof. a. D. Dr.-Ing. Prof. E.h. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. mult. Engelbert Westkämper1,2 1 Fraunhofer-Institut

für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) der Universität Stuttgart 3 Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) der Universität Stuttgart 4 Institut für Photovoltaik (IPV) der Universität Stuttgart 5 Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart 2 Institut

Titelbild: © Titelbild © iStock by Getty Images Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar. ISSN: 2195-2892 ISBN (Print): 978-3-8396-1461-7 D 93 Zugl.: Stuttgart, Univ., Diss., 2018 Druck: Mediendienstleistungen des Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB, Stuttgart Für den Druck des Buches wurde chlor- und säurefreies Papier verwendet. © by FRAUNHOFER VERLAG, 2019 Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB Postfach 80 04 69, 70504 Stuttgart Nobelstraße 12, 70569 Stuttgart Telefon 0711 9 70-25 00 Telefax 0711 9 70-25 08 E-Mail [email protected] URL http://verlag.fraunhofer.de Alle Rechte vorbehalten Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Bezeichnungen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und deshalb von jedermann benutzt werden dürften. Soweit in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden ist, kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen.

Kompensation von Magnetisierungsabweichungen in PermanentmagnetSynchronmotoren durch selektive Rotormontage

Der Fakultät Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung

von Dipl.-Ing. Daniel Coupek aus Leonberg

Hauptberichter: Mitberichter:

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Alexander Verl Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger

Tag der mündlichen Prüfung:

16.07.2018

Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart

2018

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) der Universität Stuttgart. Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Alexander Verl danke ich herzlichst für die wohlwollende Unterstützung und die wertvollen Anregungen, die zum Gelingen der Arbeit wesentlich beigetragen haben, sowie für die Übernahme des Hauptberichtes. Herrn Prof. Dr.-Ing. Jörg Krüger danke ich sehr für seine Bereitschaft, den Mitbericht zu übernehmen. Weiterhin geht ein großer Dank an alle Kollegen des Forschungsprojektes MuProD, in dessen Rahmen Großteile dieser Arbeit entstanden sind. Namentlich sind dies Arthur Nowak, Jan Aichele, Marcello Colledani und Anteneh Teferi, die immer gute Diskussionspartner in allen Bereichen waren und sind und diese Arbeit fachlich begleitet haben. Weiterhin geht der Dank an alle aktuellen und ehemaligen Mitarbeiter des Institutes für die kollegiale und offene Zusammenarbeit über all die Jahre. Insbesondere danke ich Jens Friedrich, Stefanie Apprich, Dr.-Ing. Alexander Huf sowie Dr.-Ing. Philipp Eberspächer für die kritische Durchsicht dieser Arbeit. Nicht zuletzt danke ich meinen Eltern für ihre Unterstützung, ohne die es nicht möglich gewesen wäre, diese Arbeit fachlich zu erstellen, sowie Johanna Dittrich und meinem Bruder Michael Coupek für wertvolle Korrekturhinweise und den Zuspruch bei der Ausarbeitung.

Daniel Coupek

III

Kurzfassung Die Herstellung elektrischer Antriebe für Elektro- und Hybridfahrzeuge entwickelt sich von der heutigen Kleinserienproduktion hin zur Massenproduktion. Optimierte Ansätze der Qualitätssicherung in der Produktion von Verbrennungsmotoren können aufgrund technologischer Unterschiede nicht direkt auf die Produktion von Elektromotoren übertragen werden. Um die heutigen hohen Ausschussraten zu reduzieren, müssen neue Strategien entwickelt werden. Permanentmagnet-Synchronmotoren sind aufgrund ihrer kompakten Bauweise und hohen Leistungsdichte die am häufigsten eingesetzten Antriebe hybrider und elektrischer Fahrzeuge und müssen hohen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen genügen. Die Magnetisierung der Permanentmagnete unterliegt natürlichen Schwankungen, die durch Prozessregelung nicht verhindert werden können, da der Magnetisierungsprozess bereits im Sättigungsbereich durchgeführt wird. Magnetisierungsabweichungen in den Einzelteilen führen direkt zu Streuungen im montierten Rotor. Diese verringern im Betrieb die Leistung des Elektromotors und verursachen Vibrationen, die wiederum Geräuschemissionen und Verschleiß erhöhen. Eine Reparatur der Rotoren sowie der montierten Motoren am Ende der Produktionslinie ist aufgrund der Aufbauart technisch nicht möglich. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit eine Strategie der selektiven Rotormontage entwickelt, die es erlaubt, unvermeidbare Abweichungen der Magnetisierung zu erkennen und in nachfolgenden Prozessschritten zu kompensieren. Durch Ändern der Reihenfolge und Verdrehen der fehlerhaften Einzelteile soll der zusammengebaute Rotor wieder innerhalb der Toleranz liegen und ein möglichst gleichmäßiges Magnetfeld aufweisen. Eine Herausforderung ist hierbei die Entwicklung geeigneter Methoden zur Vorbehandlung der Magnetisierungs-Messwerte mittels Datenreduktion, Merkmalsselektion und –extraktion. Anschließend erfolgt eine Klassifikation der Merkmalsvektoren durch künstliche neuronale Netzwerke, welche die Grundlage der selektiven Optimierung bildet. Ein Fuzzy Inferenz System wird zur Auswahl der idealen Kombination der Einzelteile eingesetzt. Dabei wird Expertenwissen über den Prozess und die geplante Kompensation mittels Fuzzy Regeln in einer Regelbasis gespeichert. Die Methoden zur Datenanalyse, Klassifikation und Optimierung werden in MATLAB implementiert und anhand von experimentellen und simulativen Daten validiert.

V

Kurzfassung

Mittels selektiver Rotormontage wird somit erreicht, dass die Elektromotoren trotz Magnetisierungsabweichungen in den Einzelteilen innerhalb der gewünschten Toleranzen liegen. Die Toleranzen in den Einzelteilen können dadurch weniger restriktiv gewählt werden. Durch diese Strategie wird die Ausschussrate, sowohl der Einzelteile als auch des montierten Motors, verringert. Dies ermöglicht zukünftig eine wirtschaftlichere Massenproduktion von Permanentmagnet-Synchronmotoren, die die hohen Qualitätsanforderungen erfüllen.

VI

Short Summary Fabrication of electric motors for electric and hybrid vehicles is moving towards mass production as the number of electrified vehicles is constantly growing. As optimized production and inspection processes from conventional combustion engines cannot be transferred directly to the production of electric motors due to different technological challenges, new strategies for quality control must be developed. Permanent magnet synchronous machines are widely used in the automotive industry due to their compactness and high efficiency. The quality and security requirements are very high for vehicle engines and require 100% inspection. However, the magnetization of the permanent magnets shows irregularities and deviations from the target values due to natural raw material properties and defects during handling and assembly. Process control cannot be applied for deviation avoidance as the magnetization process occurs in the saturation area of the magnets. Deviations in the single parts cause magnetization deviations in the assembled rotor. This decreases the motor efficiency and causes vibrations in operation, which increase noise emission and wear. Inline repair of defective parts is not possible without damaging the rotor. Therefore, a new selective rotor assembly strategy for downstream compensation of existing deviations is developed within this work. By rotating and changing the stacking order of single stacks the deviations in magnetization can be compensated yielding a uniform magnetic field of the assembled rotor that is within the desired tolerances. First, the measured magnetization signal must be reduced and the relevant features must be selected and extracted. Then, the stacks can be classified based on the characteristic magnetic properties by artificial neural networks. The optimization algorithm selects stacks from matching bins reducing the solution space of combination. A fuzzy inference system contains the expert knowledge about optimization and compensation of magnetic deviations and finds the best matching stacks to be assembled. Finally, the selective rotor assembly methods for downstream compensation are implemented in MATLAB and verified by using simulated and experimental data. Selective rotor assembly allows to build motors that are within the tolerances although single parts contain magnetization deviations. This approach decreases the amount of scrapped parts in upstream

VII

Short Summary

processes as well as assembled motors at the end of line, enabling mass production of electric motors of high quality in the future.

VIII

Inhaltsverzeichnis Vorwort ......................................................................................................................... III Kurzfassung .................................................................................................................... V Short Summary ........................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................XIII Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... XIV Tabellenverzeichnis ................................................................................................. XVIII Formelzeichen............................................................................................................. XIX 1

2

Einleitung ................................................................................................................. 1 1.1

Problemstellung ............................................................................................... 3

1.2

Zielsetzung ....................................................................................................... 4

Stand der Technik ................................................................................................... 5 2.1

Grundbegriffe des Magnetismus ...................................................................... 5

2.2

Aufbau und Fertigung elektrischer Antriebe ................................................... 7 2.2.1 Aufbau und Funktionsweise ................................................................. 8 2.2.2 Produktionssystem .............................................................................. 10 2.2.3 Qualitätsüberprüfung .......................................................................... 12

2.3

Methoden zur Ausschussreduzierung ............................................................ 16 2.3.1 Prozessregelung und -überwachung ................................................... 16

IX

Inhaltsverzeichnis

2.3.2 Reparatur und Demontage .................................................................. 18 2.3.3 Kompensation in nachfolgenden Prozessschritten ............................. 19 2.3.4 Selektive Montage .............................................................................. 21 2.4

Defizite und Handlungsbedarf ....................................................................... 23

3

Lösungsansatz ........................................................................................................ 24

4

Signalerfassung und Klassifikation...................................................................... 29 4.1

Signalerfassung und Vorverarbeitung ............................................................ 29 4.1.1 Sensorauswahl und Prüfstand ............................................................. 29 4.1.2 Berechnung des Magnetisierungsvektors ........................................... 34 4.1.3 Kompensation von Messfehlern ......................................................... 36 4.1.4 Vermessung von Lamellenpaketen aus der Serienfertigung .............. 39 4.1.5 Erzeugung von Simulationsdaten ....................................................... 42 4.1.6 Identifikation typischer Fehlerfälle .................................................... 43

4.2

Klassifikation mittels Self-Organizing Maps ................................................. 45 4.2.1 Self-Organizing Maps ......................................................................... 46 4.2.2 Anwendung in der Rotormontage ....................................................... 49

5

Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift ...................... 60 5.1

Formulierung des Optimierungsproblems ..................................................... 60 5.1.1 Rotation der Lamellenpakete .............................................................. 60 5.1.2 Reihenfolge der Lamellenpakete ........................................................ 61 5.1.3 Auswahl eines geeigneten Optimierungsverfahrens ........................... 63

5.2

Merkmalsselektion und -extraktion ............................................................... 64 5.2.1 Merkmalsselektion .............................................................................. 65 5.2.2 Merkmalsextraktion ............................................................................ 66

5.3

Optimierung mittels Fuzzy-Systemen ............................................................ 68 5.3.1 Funktionsweise von FIS ..................................................................... 70 5.3.2 Anpassung des FIS an die Rotormontage ........................................... 72 5.3.3 Anwendung zur Ermittlung einer offline Kombinationsvorschrift .... 81

X

Inhaltsverzeichnis

5.3.4 Anwendung zur online Ermittlung der optimalen Kombination der Lamellenpakete im Rotor ................................................................... 86 6

Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse ....................... 90 6.1

Implementierung ............................................................................................ 90 6.1.1 Datenerfassung und Speicherung ....................................................... 91 6.1.2 Klassifikations- und Optimierungsmethoden ..................................... 93

6.2

Validierung..................................................................................................... 95 6.2.1 Elektromagnetische FEM Simulation ................................................. 96 6.2.2 Simulationsergebnisse ........................................................................ 99

6.3

Diskussion und Ausblick ............................................................................. 103 6.3.1 Diskussion der Ergebnisse ................................................................ 103 6.3.2 Zukünftiger Forschungsbedarf.......................................................... 104

7

Zusammenfassung ............................................................................................... 106

8

Literaturverzeichnis ............................................................................................ 110

XI

Abkürzungsverzeichnis ANFIS CAD CO2 DLL EOL EU FEM FIS GSOM HSOM ISP KNN LP PKW PMSM PSO SOM SPC VNS

Adaptive-Network-Based Fuzzy Inference System, dt.: Adaptives Neuro-Fuzzy Inferenz System Computer-Aided Design, dt.: rechnerunterstützte Konstruktion Kohlenstoffdioxid Dynamic Link Library, dt.: dynamische Programmbibliothek End-of-Line, dt.: Ende der Produktionslinie Europäische Union Finite-Elemente-Methode Fuzzy Inferenz System Growing SOM, dt.: wachsende SOM Hierarchische SOM Information Sharing Platform, dt.: Software Plattform zum gemeinsamen Informationszugriff Künstliches neuronales Netz Lamellenpaket Personenkraftwagen Permanentmagnet-Synchronmotor Particle swarm optimization, dt.: Partikelschwarmoptimierung Self-organizing map, dt.: Selbstorganisierende Karte Statistical Process Control, dt.: Statistische Prozessregelung Variable neighborhood search

XIII

Abbildungsverzeichnis Bild 2.1:

Verlauf einer Hysteresekurve nach (Tipler et al. 1994). ...................... 7

Bild 2.2: Bild 2.3:

Aufbau eines PMSM für Hybridfahrzeuge (Coupek et al. 2013). ........ 9 PMSM bestehend aus Rotor und Stator (a), Vergrößerung des Rotors (b) und CAD-Modell eines Lamellenpakets mit eingebetteten Permanentmagneten (c). ............................................... 10

Bild 2.4: Bild 2.5:

Elektromotor-Produktionssystem in der Automobilindustrie. ............ 11 Summenflussmessung von 1.825 Lamellenpaketen in der Serienproduktion in chronologischer Reihenfolge. ............................ 14

Bild 2.6:

Verteilung der normierten Summenflussmessung für 1.825 Lamellenpakete um den Sollwert 1. Lamellenpakete unterhalb von 0,96 sind Ausschuss. .................................................................... 15

Bild 2.7:

Bild 3.1:

Schematische Darstellung der Kompensation von Abweichungen in nachfolgenden Prozessschritten am Beispiel eines Montageprozesses...................................................................... 20 Die Kompensation von Magnetisierungsabweichungen einzelner Magnete ist durch Anpassung der Reihenfolge, Position und Rotation möglich. ............................................................................... 24

Bild 3.2:

Sequentielle Montage eines Rotors bestehend aus vier Lamellenpaketen. ................................................................................ 25

Bild 3.3:

Selektive Montage eines Rotors aufgebaut aus vier Lamellenpaketen. ................................................................................ 27

Bild 4.1:

Bild 4.2: Bild 4.3:

XIV

Aufbau des Prüfstands zur Vermessung einzelner Lamellenpakete sowie zusammengebauter Rotoren (Coupek et al. 2014a). ........................................................................................... 32 Halterung für den Hall-Sensor und den Abstandssensor (Coupek et al. 2014a). ....................................................................................... 32 Rohdaten des magnetischen Profils eines Lamellenpaketes ohne fehlerhafte Magnete. 4.096 Messwerte sind über 0-360° aufgetragen. ........................................................................................ 33

Abbildungsverzeichnis

Bild 4.4:

Vermessung eines zusammengebauten Rotors mittels HallSensor und vertikaler Sensor Zustellung (Coupek et al. 2014a). ....... 34

Bild 4.5:

Aus Rohdaten reduzierter Magnetisierungsvektor eines Lamellenpaketes. ................................................................................ 35

Bild 4.6:

Signal des Hall-Sensors (blau) und des Abstandssensors (orange) für verschiedene Abstände zum Magneten. ......................... 36

Bild 4.7:

Einfluss der sinusförmigen Exzentrizität in der Messachse (rot) auf den Verlauf der Magnetisierungskurve (blau). ............................. 37

Bild 4.8:

Messung mit Störeinfluss der Exzentrizität durch die Messachse (rot) und kompensierte Messung (tatsächlicher Verlauf, blau). ......... 39

Bild 4.9:

Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete LP1 bis LP8, die aus der Serienfertigung entnommen wurden. ..................................... 41

Bild 4.10:

Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete LP9 bis LP12, die aus der Serienfertigung entnommen und manuell mit Magneten

Bild 4.11:

bestückt wurden. ................................................................................. 42 Simulierte Magnetisierung der Lamellenpakete mit einzelnen defekten Magneten (z. B. Bruchfehler). ............................................. 43

Bild 4.12:

Simulierte negative (links) und positive (rechts) Mittelwertfehler

Bild 4.13: Bild 4.14:

Bild 4.15:

Bild 4.16:

zweier Lamellenpakete. ...................................................................... 44 Simulierte Magnetisierungen der Exzentrizitätsfehler sind durch ein überlagertes Sinussignal charakterisiert........................................ 45 Schematischer Aufbau eines KNN bestehend aus einer Eingangsschicht, mehreren verborgenen Schichten und einer Ausgangsschicht. ................................................................................ 47 Aufbau einer einschichtigen SOM beispielhaft im zweidimensionalen Fall. Jedes Neuron steht jeweils für eine eigene Klasse. ..................................................................................... 48 Aufbau einer SOM und Einsatz in der Rotorfertigung zur

Bild 4.17

Klassifikation von Lamellenpaketen. ................................................. 50 Gewichtungsvektoren der neun Neuronen einer SOM mit 100 Trainings-Lamellenpaketen nach 100 Iterationen. ............................. 52

Bild 4.18

Gewichtungsvektoren der neun Neuronen einer SOM mit 10.000 Trainings-Lamellenpaketen nach einer Iteration. ............................... 53

Bild 4.19: Bild 4.20:

Abgeschlossene Trainingsphase mit 18 Klassen nach einer Iteration mit 100.000 Trainingsdaten. ................................................ 56 Häufigkeitsverteilung der 1.000 Lamellenpakete in 18 Klassen. ....... 57 XV

Abbildungsverzeichnis

Bild 4.21:

54 Lamellenpakete mit Magnetbruchfehler sind Klasse 6 zugeordnet........................................................................................... 58

Bild 4.22:

Online Klassifikation von 10.000 Lamellenpaketen (Validierungsdaten) in 18 Klassen. Alle Lamellenpakete einer Klasse liegen innerhalb der hellblauen Hüllkurve um den Gewichtsvektor der jeweiligen Klasse................................................ 59

Bild 5.1:

Merkmalsselektion mittels Toleranzband von +/-0,5 % für LP2 (a). Das reduzierte Signal enthält nur noch Abweichungen vom Sollwert außerhalb des Toleranzbandes (b). ....................................... 66

Bild 5.2:

LP2 weist nach der Merkmalsselektion und anschließenden Merkmalsextraktion ein positives (blau) und ein negatives (rot) Merkmal auf........................................................................................ 68

Bild 5.3:

Aufbau eines Fuzzy Inferenz Systems nach (Mamdani et al. 1975; Mamdani 1977)......................................................................... 70

Bild 5.4: Bild 5.5:

Integration der Fuzzy-Regelung in die selektive Rotormontage. ....... 73 Aufbau des FIS für die selektive Rotormontage................................. 74

Bild 5.6:

Zugehörigkeitsfunktionen der ersten acht Eingangsgrößen mit jeweils drei linguistischen Termen. .................................................... 77

Bild 5.7:

Zugehörigkeitsfunktionen der neunten Eingangsgröße und der beiden Ausgänge „Eignung“ und „Position“ mit jeweils drei

Bild 5.8:

linguistischen Termen. ........................................................................ 78 Vorgehen zur Ermittlung der offline Montagevorschrift für einen Rotor bestehend aus fünf Lamellenpaketen. ............................. 85

Bild 5.9:

Rotor bestehend aus fünf Lamellenpaketen der Klassen 15 und 7. ......................................................................................................... 88

Bild 5.10:

Ergebnis einer online Klassifikation für einen Rotor bestehend aus fünf Lamellenpaketen. .................................................................. 89

Bild 6.1:

Cloud-basiertes Steuerungskonzept für die selektive

Bild 6.2:

Rotormontage. .................................................................................... 91 Aufbau der modularen Software ISP zum Aufzeichnen und Speichern von Daten aus unterschiedlichen Datenquellen. ................ 92

Bild 6.3:

Grafische Benutzeroberfläche des ISP-Viewers mit zwei aktiven Datenaufzeichnungen: Rohdaten der Messung eines LP (oben) und der reduzierte Magnetisierungsvektor (unten). ............................ 93

XVI

Abbildungsverzeichnis

Bild 6.4:

Bild 6.5:

Übersicht und Interaktion der in MATLAB implementierten Softwaremodule, gruppiert in offline (links) und online (rechts) Anwendungen. .................................................................................... 94 Vernetzung der Lamellenpakete eines Rotors im Hüllkörper Luft mittels Hexaeder und Tetraeder Elementen. ....................................... 97

Bild 6.6:

Auswertung eines Lamellenpaketes durch 12 Pfade (links). Die Pfade verlaufen mittig über der Oberfläche des jeweiligen Lamellenpaketes (rechts). ................................................................... 98

Bild 6.7:

Verlauf der magnetischen Feldstärke (Ausschnitt des Lamellenpaketes). ............................................................................... 98

Bild 6.8:

Bild 6.9:

FEM Simulation eines idealen Rotors bestehend aus fünf Lamellenpaketen ohne Magnetisierungsabweichungen als Referenz. ............................................................................................. 99 Ein Magnet von LP5 (oberstes LP) wurde verkehrt herum eingebaut. Die Auswirkungen dieses Fehlers sind in allen LP deutlich messbar. .............................................................................. 100

Bild 6.10:

FEM Simulation eines optimierten Rotors, aufgebaut aus fünf Lamellenpaketen mit Abweichungen in der Magnetisierung. .......... 102

Bild 6.11:

FEM Simulation eines zufälligen Rotors, aufgebaut aus denselben Lamellenpaketen wie zuvor, mit deutlich größeren

Bild 7.1:

Abweichungen. ................................................................................. 102 Beim untersuchten Lösungsansatz handelt es sich um eine optimierte selektive Rotormontage zur Kompensation bereits vorhandener Abweichungen im nachfolgenden Montageprozess. ... 107

XVII

Tabellenverzeichnis Tabelle 1.1:

Auswahl nationaler Zielvorgaben zur Anzahl elektrisch und hybrid angetriebener Fahrzeuge im Jahr 2020 und Anzahl im Jahr 2015 (IEA 2016). .......................................................................... 2

Tabelle 2.1:

Unternehmensstrategien und konkrete Optimierungsalgorithmen von Six Sigma nach (Caine et al. 2003; Kwak et al. 2006). ............... 17

Tabelle 3.1: Tabelle 4.1:

Bewertung der Strategien zur Verbesserung der Rotormontage. ....... 26 Bewertung der Messverfahren für die Erkennung fehlerhafter Permanentmagnete. ............................................................................. 31

Tabelle 4.2:

Einflussgrößen auf die Abstandsmessung sortiert nach Frequenz. .... 37

Tabelle 4.3: Tabelle 4.4:

Vermessene Lamellenpakete aus der Serienproduktion. .................... 40 Häufigkeitsverteilung der Fehler und deren Überlagerungen in

Tabelle 5.1:

einem simulierten Datensatz von 100.000 Lamellenpaketen. ............ 55 Linguistische Terme mit zugehörigen linguistischen Werten des FIS. ..................................................................................................... 76

Tabelle 5.2:

Regelbasis des Fuzzy-Reglers für die selektive Rotormontage basierend auf den beiden Merkmalsvektoren, die dem FIS als Eingang übergeben werden................................................................. 80

Tabelle 5.3:

Übersicht der vom FIS berechneten Eignungswerte für die Kombinationen der 18 Klassen, sortiert nach absteigender

Tabelle 5.4:

Eignung. .............................................................................................. 82 Übersicht der vom FIS berechneten Positionswerte für die Kombinationen der 18 Klassen, sortiert nach absteigender Eignung. .............................................................................................. 83

Tabelle 5.5:

Liste der komplementären Klassen sortiert nach absteigender Eignung. .............................................................................................. 84

Tabelle 5.6:

Kombinationsvorschrift für einen Rotor aus fünf Lamellenpaketen mit aufsteigender Startklasse.................................. 85

XVIII

Formelzeichen ‫ܣ‬

Fläche

‫ܣ‬௜

Ausgangswert des Neurons ݅

ܽ௜ ሺ‫ݔ‬ሻ

Einfluss der Exzentrizität in der Messachse

ܽ௝

Adaptionsrate der SOM

‫ܤ‬

magnetische Flussdichte

‫ܤ‬ௌ

magnetische Sättigungsflussdichte

‫ܤ‬ோ

magnetische Remanenz

ܿ௜

Klasse ݅

‫ܦ‬௜௝

Abstand zwischen Merkmal ݅ und ݆

‫ܧ‬௜

Eingangswert des Neurons ݅

݁‫ݎݎ‬

Fehler der Magnetisierung

‫ܪ‬

Magnetfeld

‫ܪ‬஼

Koerzitivkraft

‫ܪ‬௄

Koerzitivfeld

݃ሺ‫ݔ‬ሻ

gemessener Abstand zwischen Hall-Sensor und Lamellenpaket

݅

Indexvariable, ݅ ‫ א‬Գ

݆

Indexvariable, ݆ ‫ א‬Գ

‫ܮ‬௜

Länge des Merkmals ݅ (Anzahl Magnete)

‫ܮ‬௉

Anzahl der Lamellenpakete eines Rotors

݈ሺ‫ݐ‬ሻ

Fortschritt des Lernvorgangs der SOM

‫ܯ‬

Magnetisierung

‫ܯ‬௜

Prozess oder Vermessung in einem mehrstufigen Produktionssystem, ݅ ‫ א‬ሾͳǡ͹ሿ

‫ܯ‬ெ

diskreter Merkmalsraum der Magnetisierung

‫ܯ‬௉

Anzahl der Permanentmagnete eines Lamellenpaketes XIX

Formelzeichen

݉௜

Magnetisierungswert von Magnet ݅, ݅ ‫ א‬ሾͳǡʹͶሿ

݊

Anzahl an Elementen

݊௝ ሺ‫ݐ‬ሻ

laterale Hemmung zwischen den einzelnen Ausgangsneuronen einer SOM

ܱ

Ursprung

ܲ௜

Maximaler Peak des Merkmals ݅

‫݌‬Ԧ

Gewichtungsvektor der Positionen der Lamellenpakete innerhalb eines Rotors

‫݌‬௜௝

Position des Lamellenpaket-Paares ݆݅ im Rotor

ܴሺ߬ሻ

Kreuzkorrelation zweier zeitkontinuierlicher Signale ‫ݔ‬ሺ‫ݐ‬ሻ und ‫ݕ‬ሺ‫ݐ‬ሻ

ܴ௫௬

Korrelationsindex zweier diskreter Signale ‫ݔ‬௡ und ‫ݕ‬௡

ܴ௜

Rotor ݅

ܵ௣

Anzahl der Lamellenpakete in einem Rotor

‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ

Exzentrizität und Oberflächenabweichungen des Lammelenpaketes

ܶ

Taktzeit einer Produktionslinie

‫ݐ‬

Zeitvariable

ܹଵ

Merkmalsselektion

ܹଶ

Merkmalsextraktion

‫ݓ‬ ሬሬԦ௝

Gewichtungsvektor

‫ݒ‬Ԧ

Merkmalsvektor eines Lamellenpaketes vor der Merkmalsselektion und -extraktion

‫ݔ‬Ԧ௝௞

Eingangssignal des FIS

‫ݕ‬௝௞

Ausgangssignal des FIS

ߙԦ

Rotationsvektor der Lamellenpakete eines Rotors

ߛ෤௝

Erfüllungsgrad der Fuzzy Regel ݆

ߜሺ‫ݐ‬ሻ

Adaptionsradius beim Training einer SOM

ߤ

magnetische Permeabilitätskonstante

ߤ஺ ሺ‫ݔ‬ሻ

ȫఘ

Zugehörigkeitsgrad des Elements ‫ ݔ‬zur Menge ‫ܣ‬ Anzahl aller möglicher Rotoren, die aus den Lamellenpaketen durch Verdrehung und Veränderung der Reihenfolge erstellt werden können Anzahl aller möglichen Permutationen der Reihenfolge der Lamellenpakete

ȫఈ

Anzahl aller möglichen Rotationen der Lamellenpakete

ȫ௚௘௦

XX

Formelzeichen

ߩ

Reihenfolge der Lamellenpakete im Rotor

Ȱோ௢௧௢௥

Magnetischer Summenfluss des Rotors

߶

magnetischer Fluss

ɔ

Drehwinkel, ɔ ‫ א‬ሾͲǡʹɎሿ

ȳ

Lösungsraum aller möglichen Kombinationen bei der optimalen Rotormontage

XXI

1

Einleitung

Nachhaltige Mobilität im Personen- und Güterverkehr gewinnt zunehmend an Bedeutung, um der Knappheit fossiler Rohstoffe und der fortschreitenden Umweltverschmutzung entgegenzuwirken. Im Jahr 2015 verursachte der Energiesektor 68% des weltweiten Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Atmosphäre, wovon 23% auf den Mobilitätssektor entfielen (IEA 2015). Das entspricht für den Straßenverkehr 16% des weltweiten CO2-Ausstoßes im Jahr 2015 und umgerechnet mehr als 5,5 Gt CO2 (IEA 2015). Die Automobilindustrie versucht auf zwei Arten den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen zu senken, einerseits durch die Entwicklung neuer sparsamer Verbrennungsmotoren und andererseits durch den vermehrten Einsatz elektrischer und vor allem hybrider Antriebskonzepte (Bradley et al. 2009; Plötz et al. 2014). Momentan ist der Anteil an Elektrofahrzeugen bezogen auf die gesamte Fahrzeugflotte sehr gering. Im Jahr 2015 waren in Deutschland rund 49.200 Elektrofahrzeuge zugelassen, in den größten Märkten China 312.300, Japan 126.400 und USA 101.000 (IEA 2016). Weltweit überstieg die Anzahl elektrisch angetriebener Fahrzeuge 2015 erstmals den Schwellenwert von einer Million, was beinahe einer Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr entspricht (IEA 2016). Geringe Reichweiten, lange Ladezeiten, Sicherheitsbedenken und hohe Kosten sind zurzeit die größten Nachteile gegenüber konventionellen Verbrennungsmotoren, verlieren durch die Entwicklung leistungsstarker Traktionsbatterien und Schnellladestationen allerdings zunehmend an Bedeutung. Steigende Investitionen in Forschung und Entwicklung führen dazu, dass sich die Kosten von Traktionsbatterien deutlich reduzieren und gleichzeitig die Leistungsdichte steigern lassen (Catenacci et al. 2013). Weitere Treiber der Elektromobilität sind nationale Zielvorgaben und die CO2Gesetzgebung zum Flottenverbrauch. Tabelle 1.1 fasst eine Auswahl nationaler Zielvorgaben zur Anzahl von Elektrofahrzeugen in den jeweiligen Ländern zusammen.

1

1.1 Problemstellung Tabelle 1.1: Auswahl nationaler Zielvorgaben zur Anzahl elektrisch und hybrid angetriebener Fahrzeuge im Jahr 2020 und Anzahl im Jahr 2015 (IEA 2016). Land China Dänemark Deutschland Frankreich Großbritannien Indien Irland Japan Niederlande Österreich Portugal Spanien Südkorea USA Summe

Anzahl 2015 312.300 8.100 49.200 54.300 49.700 6.000 2.000 126.400 87.500 5.300 2.000 6.000 4.300 101.000 814.100

Zielvorgabe 2020 4.600.000 200.000 1.000.000 2.000.000 1.600.000 300.000 100.000 1.000.000 300.000 200.000 200.000 200.000 200.000 1.200.000 13.100.000

Der Flottenverbrauch wird den Automobilherstellern von der Europäischen Union, beziehungsweise der US-Regierung vorgeschrieben, um den CO2-Ausstoß von Kraftfahrzeugen zu verringern. Im Jahr 2020 darf im Mittelwert jeder neu zugelassene PKW eines Automobilherstellers einen maximalen CO2-Ausstoß von 95 g/km nicht überschreiten (Müller-Görnert et al. 2016). Im Jahr 2015 lag dieser Wert für Neuwagen in Deutschland mit 128,8 g/km unter der damaligen EU-Vorgabe von 130 g/km, jedoch wurde dieser Wert nur unter Einbeziehung elektrischer und hybrider Fahrzeuge erreicht. Für Elektroautos werden so genannte Supercredits vergeben, sodass der Verkauf eines Elektroautos den gesamten Flottenverbrauch überproportional senkt (Müller-Görnert et al. 2016). Die Zielvorgabe von 2020 wird nicht ohne eine zunehmende Zahl elektrischer und hybrider Fahrzeuge zu erreichen sein (Müller-Görnert et al. 2016). Aus diesen Gründen steigt die Zahl der Fahrzeuge mit elektrischen und hybriden Antrieben stetig an, von derzeit unter einer Million Fahrzeuge bis über 13 Millionen im Jahr 2020 (Tabelle 1.1).

2

1 Einleitung

1.1 Problemstellung Aufgrund des erwarteten Zuwachses elektrischer und hybrider Fahrzeuge muss zukünftig die Kleinserienproduktion von elektrischen Antrieben durch Mittelserien- und Massenproduktion ersetzt werden. Da die optimierten Fertigungs- und Prüfverfahren von Verbrennungsmotoren nicht direkt auf die Produktion von Elektromotoren übertragen werden können, ist die Rohstoff- und Materialeffizienz in der Produktion von Elektromotoren für die Automobilindustrie nicht optimal und muss im Hinblick auf Massenproduktion verbessert werden. In der vorliegenden Arbeit wird die Produktion von Permanentmagnet-Synchronmotoren betrachtet, die wegen ihrer hohen Leistungs- und Drehmomentdichte, sowie ihrer kompakten Bauform im Antriebsstrang elektrischer und hybrider Fahrzeuge weit verbreitet sind (Butov et al. 2014a). Problematisch bei diesen Elektromotoren ist, dass die Materialeigenschaften der Permanentmagnete natürlichen Schwankungen unterliegen wodurch Magnetisierungsabweichungen entstehen. Es ist nicht möglich die Permanentmagnete vor der Magnetisierung zu vermessen, um Rückschlüsse auf ihre magnetischen Eigenschaften zu gewinnen. Die Magnetisierung erfolgt im Sättigungsbereich der Magnetisierungskurve, sodass Prozessparameter keinen Einfluss auf die Schwankungen der Magnetisierung besitzen und diese folglich nicht ausregeln können (König 2014; Cassing et al. 2015). Da sich Fehler in den Einzelteilen zu einer Gesamtabweichung aufsummieren, müssen die Toleranzen eng gewählt werden, was zu erhöhtem Ausschuss der Einzelteile führt (Coenen et al. 2013). Nach erfolgreicher Montage, durchläuft jeder Motor eine vollständige Prüfung, bei welcher er einem Funktionstest unterzogen wird. Die Nachteile dieser Qualitätskontrolle ergeben sich durch den späten Zeitpunkt der Überprüfung. Tritt ein Fehler in einem frühen Prozessschritt auf, so wird ein fehlerhaftes Lamellenpaket weiter bearbeitet, welches letztendlich zum Ausschuss führen wird. Auf diese Weise werden wertvolle Ressourcen verschwendet, wie zum Beispiel Energie, Zeit und Material. Zusätzlich werden Maschinen unnötig belegt, um diese fehlerhaften Teile zu bearbeiten. Durch die späte Fehlererkennung wird die Diagnose der Fehlerursache erschwert und eine Reparatur des Motors ist technisch nicht mehr möglich. Die aktuell eingesetzten Strategien eignen sich somit nicht für die zukünftige Massenproduktion.

3

1.2 Zielsetzung

1.2 Zielsetzung Abgeleitet aus der Problemstellung ist das Ziel dieser Arbeit die Entwicklung von Methoden zur Reduktion von Ausschuss der Einzelteile als auch der fertig montierten Motoren. Magnetisierungsabweichungen sollen frühzeitig erkannt werden, um wertvolle Ressourcen einzusparen und die Rohstoff- und Materialeffizienz in der Produktion von Elektromotoren zu erhöhen. Gleichzeitig soll der Eingriff mit möglichst geringer Anpassung existierender Prozesse und Maschinen im mehrstufigen Produktionssystem erfolgen. Die Integration zusätzlicher Bearbeitungs- und Vermessungsstationen erhöht die Kosten und senkt die Akzeptanz in der Industrie, vor allem im Hinblick auf die geplante Massenproduktion. Daraus lässt sich folgende Fragestellung formulieren, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit beantwortet werden soll: Wie lassen sich Magnetisierungsabweichungen innerhalb des mehrstufigen Produktionssystems von Elektromotoren identifizieren und mittels bestehender Anlagen kompensieren, um Ausschuss während und am Ende der Fertigung zu reduzieren?

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2

Stand der Technik

Basierend auf der Zielsetzung dieser Arbeit werden im folgenden Kapitel Grundbegriffe erklärt und der Stand der Technik diskutiert. In Kapitel 2.1 wird nach (Tipler et al. 1994), (Stöcker 2000) und (Bumiller et al. 2016) zunächst eine kurze Einführung und Definition der Grundbegriffe des Magnetismus gegeben, um ein besseres Verständnis der Arbeit zu ermöglichen. Anschließend werden der Aufbau und die Produktionslinie der elektrischen Antriebe, die Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind, beschrieben und Methoden zur Ausschussreduzierung diskutiert. Aus den Defiziten des Standes der Technik werden schließlich der Handlungsbedarf und der Lösungsansatz hergeleitet.

2.1 Grundbegriffe des Magnetismus Permanentmagnete besitzen dauerhaft magnetische Kräfte und benötigen im Gegensatz zu Elektromagneten keinen elektrischen Strom zur Erzeugung des Magnetfeldes. Die Stärke des Magnetfeldes hängt von den Materialeigenschaften und vom Magnetisierungsprozess ab. Durch mechanische Erschütterung, thermische Einwirkung oder starke äußere Magnetfelder ist eine Entmagnetisierung von Permanentmagneten möglich (Jewon Lee et al. 2013; Moosavi et al. 2014). Permanentmagnete werden häufig aus seltenen Erden hergestellt, da solche Magnete eine hohe magnetische Remanenzflussdichte und eine hohe magnetische Koerzitivfeldstärke besitzen. Sie bestehen hauptsächlich aus Eisen, Kobalt oder seltener Nickel und Seltenerdmetallen (Neodym, Samarium, Praseodym, Dysprosium, Terbium, Gadolinium, Yttrium) (Cullity et al. 2009). Ferromagnetische Stoffe wie Eisen, Nickel, Kobalt, deren Legierungen sowie Gadolinium, Dysprosium und Erbium werden zum Verstärken von Magnetfeldern eingesetzt. Werden diese Materialien einem Magnetfeld ausgesetzt, dann richten sich die Elementarmagnete im Material nach dem äußeren Magnetfeld aus. Für weichmagnetische Stoffe genügt bereits ein schwaches äußeres Magnetfeld, um alle Teilchen im Inneren zu ordnen. Liegt das äußere Magnetfeld nicht mehr an, dann bleibt nur eine

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2.1 Grundbegriffe des Magnetismus geringe Menge an Teilchen ausgerichtet. Weichmagnetische Stoffe werden in den Lamellenpaketen von Elektromotoren zur Verstärkung des Magnetfeldes eingesetzt. Die Remanenz ‫ܤ‬ோ gibt die Stärke des verbleibenden Magnetfeldes an, nachdem das äußere Magnetfeld entfernt wurde. Mechanische Erschütterung, thermische Einwirkung und starke äußere Magnetfelder können die Remanenz beeinflussen. Die magnetische Flussdichte ‫ ܤ‬ist eine gerichtete Größe und beschreibt die Dichte und Richtung der magnetischen Feldlinien durch ein Flächenelement. Über die Permeabilitätskonstante ist die magnetische Flussdichte indirekt auch ein Maß für die Stärke des ሬሬറ wird über das magnetische Moment ݉ ሬሬറሾ‫݉ܣ‬ଶ ሿ definiert. Magnetfeldes ‫ܪ‬. Die Magnetisierung ‫ܯ‬ Das magnetische Moment kann analog zur elektrischen Ladung der Elektrizitätslehre gesehen werden und die Magnetisierung als Summe aller magnetischen Momente pro Materialvolumen. Somit ergibt sich: ሬሬറ ൌ ‫ܯ‬

ሬሬറ ݀݉ ܸ݀

(1)

Die Konstitutionsrelation beschreibt den Zusammenhang zwischen den Feldern ‫ ܤ‬und ‫ ܪ‬und der Magnetisierung ‫ܯ‬: ሬറ ൌ ߤ଴ ൫‫ܪ‬ ሬറ ൅ ‫ܯ‬ ሬሬറ ൯ ‫ܤ‬

(2)

Die magnetische Permeabilitätskonstante ߤ଴ ist materialspezifisch und gibt die Durchlässigkeit eines Materials für den magnetischen Fluss an. ߤ଴ ൌ Ͷߨ ή ͳͲି଻

ܸ‫ݏ‬ ‫݉ܣ‬

(3)

Für ferromagnetische Materialen, z. B. Eisen, nimmt sie hohe Werte an und kennzeichnet somit eine Verstärkung des Magnetfeldes, sodass das induzierte Magnetfeld häufig deutlich größer ist als das angelegte äußere Feld. Die magnetische Flussdichte ‫( ܤ‬im Innern des Magneten) aufgetragen über das äußere Magnetfeld ‫ܪ‬ ergibt eine Hysterese-Kurve (Bild 2.1). Die Magnetisierungs- und Entmagnetisierungskurve der Hysterese-Kurve sind für permanentmagnetische Materialien von Bedeutung, da sich die Stärke und Eigenschaften eines Permanentmagneten durch sie beschreiben lassen. Der entmagnetisierte Zustand ist im Ursprung ܱ dargestellt (‫ ܪ‬ൌ Ͳ und ‫ ܤ‬ൌ Ͳ). Wird ein äußeres Magnetfeld angelegt, das heißt 6

2 Stand der Technik

Bild 2.1:

Verlauf einer Hysteresekurve nach (Tipler et al. 1994).

H erhöht, dann steigt die magnetische Flussdichte bis zur Sättigungsdichte ‫ܤ‬ௌ . Die gestrichelte Kurve ist hierbei die Neukurve von zuvor nicht magnetisierten Stoffen. Wird das äußere Feld entfernt, dann sinkt die magnetische Flussdichte bis auf den Wert der Remanenz ‫ܤ‬ோ . Der Verlauf ist analog für die umgekehrte Polarität. Wird die Sättigungsflussdichte während des Magnetisierungsprozesses nicht erreicht, dann bleibt eine kleinere Remanenz zurück. Dieser Fehler kann während des Magnetisierungsprozesses eines Permanentmagneten auftreten was dann zu einem schwächeren Magneten führt. Das Koerzitivfeld ‫ܪ‬௄ ist das notwendige äußere Magnetfeld, um einen Permanentmagneten wieder zu entmagnetisieren.

2.2 Aufbau und Fertigung elektrischer Antriebe In diesem Kapitel werden zunächst der Aufbau und die Funktionsweise elektrischer Antriebe erläutert, die in elektrischen und hybriden Fahrzeugen verwendet werden. Anschließend wird der Aufbau des mehrstufigen Produktionssystems vorgestellt und die einzelnen Prozesse dargestellt. Den Abschluss dieses Kapitels bildet die Diskussion von Methoden zur Qualitätsüberprüfung, die heutzutage in der Fertigung elektrischer Antriebe eingesetzt werden.

7

2.2 Aufbau und Fertigung elektrischer Antriebe 2.2.1

Aufbau und Funktionsweise

Für den Einsatz als Traktionsmaschine in der Automobilindustrie werden hohe Anforderungen an Elektromotoren gestellt bezüglich sehr hoher Leistungskennwerte sowie bestmöglicher Eigenschaften in Bezug auf Geräuschemissionen und Vibrationen (Franke 2011; Peter et al. 2013). Da die momentan eingesetzten Traktionsbatterien verglichen mit herkömmlichen Benzintanks einen deutlich geringeren Energiegehalt haben, müssen die elektrischen Komponenten mit hoher Effizienz arbeiten, ein niedriges Gewicht besitzen und eine kleine Bauform aufweisen. Es wird zwischen verschiedenen Bauformen und Wirkungsmechanismen von elektrischen Antrieben unterschieden: Gleichstrommaschinen, Asynchronmaschinen und Synchronmaschinen. Wegen ihrer hohen Leistungs- und Drehmomentdichte, sowie ihrer kompakten Bauform konnten sich Permanentmagnet-Synchronmotoren (PMSM) im Antriebsstrang elektrischer Fahrzeuge durchsetzen (Dorrell et al. 2010; BMBF 2013; Butov et al. 2014a; Naumoski et al. 2014). Bild 2.2 zeigt einen PMSM, der in Hybridfahrzeugen eingesetzt wird und Gegenstand der Untersuchungen in dieser Arbeit ist. Dieser Elektromotor besteht aus einem Gehäuse und den beiden Aktivteilen Rotor und Stator. Der Stator befindet sich außen und ist mit Kupferdrahtspulen umwickelt. Der Rotor enthält eingebettete Permanentmagnete, die überwiegend aus Seltenerdlegierungen hergestellt werden. Dies birgt den Vorteil, dass sie sehr dünn gefertigt werden können und gleichzeitig hohe magnetische Feldstärken erzeugen. Der Rotor ist aus einzelnen Lamellenpaketen (LP) aufgebaut, wobei in jedem Lamellenpaket eine bestimmte Anzahl von Permanentmagneten (‫ܯ‬௉ ) eingebettet ist (Bild 2.3). Die Lamellenpakete bestehen zur Verstärkung des Magnetfeldes aus weichmagnetischen Stoffen. Dieser Aufbau ist im Bereich der Automobilindustrie weit verbreitet, wobei die Anzahl der Lamellenpakete und Magnete je nach Bauart und Einsatzgebiet variiert. Leistungsklassen von 15 bis 120 kW führen zu großen Unterschieden bei Gewicht, Länge und Durchmesser der einzelnen Bauteile, sodass das Rotorgewicht zwischen 2 und 30 kg variieren kann (Butov et al. 2014a). Die hier betrachteten Lamellenpakete besitzen folgende Maße: Außendurchmesser 113 mm, Innendurchmesser 97,5 mm und Breite 11 mm. Die 24 Magnete je Lamellenpaket sind jeweils 25 mm lang, 10,5 mm breit und 5 mm hoch.

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2 Stand der Technik

Gehäuse Stator • Eisenkern • Kupferspulen Rotor • Lamellenpaket • Permanentmagnet

Bild 2.2:

Aufbau eines PMSM für Hybridfahrzeuge (Coupek et al. 2013).

Fließt Strom durch die Kupferdrähte des Stators entstehen Magnetfelder, die auf das Magnetfeld des Rotors wirken. Elektromechanische Kräfte, beschrieben durch die Gesetze von Faraday und Lorentz, veranlassen den Rotor dazu sich bei Rotation des Magnetfeldes im Stator synchron mit zu rotieren. Die Bewegung des Motors ist synchron zur angelegten Wechselspannung, wobei die Drehzahl über die Polpaarzahl mit der Frequenz der Wechselspannung verknüpft ist (Bumiller et al. 2016).

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2.2 Aufbau und Fertigung elektrischer Antriebe a)

Bild 2.3:

b)

c)

PMSM bestehend aus Rotor und Stator (a), Vergrößerung des Rotors (b) und CADModell eines Lamellenpakets mit eingebetteten Permanentmagneten (c).

2.2.2 Produktionssystem Für die Fertigung dieser Art von Elektromotoren in der Automobilindustrie sind etwa 50 Prozesse bzw. Teilschritte notwendig (Butov et al. 2014a; Colledani et al. 2016). Die Produktionslinien zur Herstellung des Gehäuses, des Rotors und des Stators laufen parallel ab und werden in MontageStationen miteinander verknüpft. In Bild 2.4 sind die Abläufe des mehrstufigen Produktionssystems stark vereinfacht schematisch dargestellt. So sind aus Gründen der Übersichtlichkeit die Produktionslinien zur Herstellung des Stators und des Gehäuses nur angedeutet und Pufferplätze zwischen den einzelnen Prozessen vernachlässigt. Die Rotorfertigung besteht aus sechs Prozessen, wobei die Bestückung der einzelnen Lamellenpakete mit Permanentmagneten (‫ܯ‬ଶ ) und die anschließende Magnetisierung dieser Lamellenpakete (‫ܯ‬ଷ ) parallel ablaufen und die Schlüsselprozesse darstellen (Butov et al. 2014a). Die unbestückten Lamellenpakete sind Zukaufteile (‫ܯ‬ଵ ), ebenso wie die unmagnetisierten Permanentmagnete. Die Magnetisierung wird aus folgenden Gründen innerhalb der Produktionslinie durchgeführt, vor allem im Hinblick auf eine angestrebte Massenproduktion (Cassing et al. 2015):

10

2 Stand der Technik

LP von Zulieferer

Magnetmontage

LP Magnetisierung

Heizstation

M1,1

M2,1

M3,1

M4,1

M1,2

M2,2

M3,2

M4,1









M1,N

M2,N

M3,N

M4,N

Rotormontage

Wuchtstation

M5

M6

Motormontage

EOL Qualitätskontrolle

M7

M8

Rotor Linie Ausschuss

Stator Linie

Gehäuse Linie Mx Prozess x

Bild 2.4:

LP: Lamellenpaket

EOL: End-Of-Line Inspektion

Elektromotor-Produktionssystem in der Automobilindustrie.

x

geringere Beschaffungskosten der unmagnetisierten Permanentmagnete,

x

geringere Transport- und Verpackungskosten, aufwändige Transporteinrichtungen zum Trennen der magnetisierten Magnete entfallen ebenso wie Beschränkungen im Lufttransport,

x

keine Verschmutzung durch Anziehen magnetischer Verunreinigungen bei Transport und Lagerung,

x

geringere Verletzungsgefahr als bei der Handhabung magnetischer Einzelteile.

Im Prozess ‫ܯ‬ଶ werden die Permanentmagnete ausgerichtet, mit Klebstoff beschichtet und über Greifer in die vorgesehenen Lücken im Lamellenpaket eingesetzt. Anschließend wird das vollständig bestückte Lamellenpaket mittels eines Magnetfeldimpulses magnetisiert (‫ܯ‬ଷ ) (Naumoski et al. 2014). Hierbei werden Magnetisierspulen am Rotor angelegt und mit einem Strom beaufschlagt, welcher ein Magnetfeld erzeugt, um eine Sättigung der Magnetisierung zu erreichen (König 2014).

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2.2 Aufbau und Fertigung elektrischer Antriebe Nach dem Magnetisierungsprozess härtet der Kleber in einer Heizstation (‫ܯ‬ସ ) vollständig aus. Die Temperatur der Heizstation liegt deutlich unterhalb der kritischen Entmagnetisierungstemperatur und besitzt somit keinen negativen Einfluss auf die Magnetisierung. Je nach Motortyp besteht der Rotor aus unterschiedlich vielen Lamellenpaketen. Diese werden in ihrer zufälligen Fertigungsreihenfolge aufeinander gestapelt und zu einem Rotor montiert (‫ܯ‬ହ ). In der Wuchtstation ‫ ଺ܯ‬wird der Rotor ausgewuchtet, um ungleichmäßiges Laufverhalten im zusammengebauten Zustand zu vermeiden. Abschließend erfolgt die Motormontage aus Stator, Rotor, Gehäuse und elektrischer Verkabelung (‫) ଻ܯ‬. Die Taktzeit ܶ, auch Arbeitstakt oder Takt, ist die durchschnittliche Zeit in der eine Mengeneinheit pro Bearbeitungsschritt fertiggestellt und weitergereicht wird und beträgt in diesem Produktionssystem ܶ ൌ ͸Ͳ‫ݏ‬.

2.2.3 Qualitätsüberprüfung Zwischen den einzelnen Prozessen existieren starke Abhängigkeiten und entlang der Prozessketten kommt es zu Fehlerfortpflanzungen. Durch die Vielzahl an Prozessen können unterschiedliche Fehler auftreten, wobei unterschieden wird in magnetische Fehler im Rotor (defekte Permanentmagnete), elektrische Fehler im Stator (Wicklungen, Kurzschlüsse, etc.) und mechanische Fehler (Lager, Unwucht, Montagefehler, etc.) (Ebrahimi et al. 2009). In dieser Arbeit werden Abweichungen der Magnetisierung im Rotor betrachtet, die durch fehlerhafte Magnete oder Lamellenpakete hervorgerufen werden und für die bisher keine Kompensationsstrategien existieren. Bei der Handhabung können Magnete thermisch (Entmagnetisierung) oder physikalisch beschädigt werden (Brüche, Risse). Risse können im Betrieb des Motors bei hoher Geschwindigkeit zum Zerfallen des Magneten führen (Pal 1991). Zusätzlich unterliegen die magnetischen Werkstoffe sowie der Magnetisierungsprozess einer natürlichen Streuung, welche Inhomogenität des Magnetfeldes verursachen können (Jewon Lee et al. 2013; Moosavi et al. 2014). Eine fehlerhafte Magnetisierung des Rotors führt zu Vibrationen, Geräuschentwicklungen und Drehmomentschwankungen des Motors (Le Roux et al. 2007; Ruschetti et al. 2010). Asymmetrische Magnetisierungen können im späteren Betrieb des Motors durch Messung des Stator-Stromes nachgewiesen werden (Flach et al. 2011). In einem PMSM wurden testweise Teile eines Magnetes (5,2 %) entfernt und durch nicht magnetisiertes Material ersetzt, um eine Unwucht zu vermeiden. Dieser fehlerhafte Magnet konnte im Frequenzspektrum des Stator-Stromes für unterschiedliche Drehzahlen und Lastfälle nachgewiesen werden (Le Roux et al. 2007).

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2 Stand der Technik In heutigen Produktionssystemen werden auf Prozessebene die Summenflussmessung und auf Systemebene die End-of-Line Kontrolle zur Überprüfung der Elektromotoren eingesetzt (Colledani et al. 2016). Diese werden in den folgenden beiden Kapiteln diskutiert. 2.2.3.1 Summenflussmessung Stand der Technik bei der Beurteilung des Magnetisierungsprozesses einzelner Lamellenpakete ist eine Summenflussmessung mit mindestens einer Sensorspule (Naumoski et al. 2014). Diese misst den gesamten Magnetfluss des Rotors (Summenfluss), sodass sich entmagnetisierte Magnete leicht detektieren lassen. Nachteilig bei diesem Verfahren ist, dass unvollständig magnetisierte Magnete des Rotors bei einer Summenflussmessung keinen signifikanten Unterschied zu den vollständig magnetisierten Magneten erkennen lassen, sodass es immer wieder zu Ausschuss im späteren Verlauf der Produktion oder im schlimmsten Fall zu einem Ausfall der Elektromotoren nach der Auslieferung kommt (Naumoski et al. 2014). Um diesen gravierenden Nachteil zu umgehen, wurde ein neues Verfahren entwickelt, welches es erlaubt teilmagnetisierte Magnete im Rotor frühzeitig und zuverlässig zu erkennen (Naumoski et al. 2014). Nach dem Magnetisieren der Permanentmagnete über den ersten Magnetfeldimpuls wird vor der Summenflussmessung ein zweiter Magnetfeldimpuls zur Erzeugung eines entmagnetisierenden Feldes auf die Magneten aufgebracht. Dies bewirkt bei nur teilweise magnetisierten Magneten eine Entmagnetisierung, während die vollständig magnetisierten Magneten auf diesen Impuls nicht reagieren. Wird anschließend die Summenflussmessung durchgeführt, dann ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen einem Rotor mit vollständig magnetisierten Magneten und einem, bei dem ein oder mehrere Magnete nur teilweise magnetisiert waren und nach dem zweiten Magnetfeldimpuls deutlich entmagnetisiert sind.

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2.2 Aufbau und Fertigung elektrischer Antriebe

Bild 2.5:

Summenflussmessung von 1.825 Lamellenpaketen in der Serienproduktion in chronologischer Reihenfolge.

Um in der heutigen Produktion Magnetisierungsfehler zu erkennen, wird das bestückte Lamellenpaket direkt nach dem Magnetisierungsvorgang einer konventionellen Summenflussmessung unterzogen (‫ܯ‬ଷ ) (Colledani et al. 2016). Der Wert des Summenflusses muss dabei innerhalb eines Toleranzbandes liegen, im betrachteten Fall in einem Bereich von േͶ % um den Sollwert, was einer Vorgabe des Herstellers entspricht. Die Ausschussrate bei dieser Überprüfung liegt bei etwa 0,5 % und ist für eine geplante Massenproduktion zu hoch. In Bild 2.5 sind Messungen des Summenflusses für 1.825 Lamellenpakete in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Die senkrechten Trennlinien markieren einzelne Chargen, die in einer Schicht gefertigt und vermessen wurden. Innerhalb einer Charge führen hauptsächlich Streuung der Materialeigenschaften und Defekte (Brüche bzw. Risse) der Permanentmagnete zu erkennbaren Schwankungen. Zum Teil unterscheiden sich einzelne Chargen erheblich voneinander. Das Histogramm (Bild 2.6) verdeutlicht, dass der Großteil der normierten Summenflusswerte leicht unterhalb des Sollwertes von 1 liegt. Obwohl die Magnetisierung im Sättigungsbereich stattfindet, sind die Permanentmagnete eher zu schwach als zu stark magnetisiert. Bis zur unteren Toleranzgrenze

14

2 Stand der Technik

Bild 2.6:

Verteilung der normierten Summenflussmessung für 1.825 Lamellenpakete um den Sollwert 1. Lamellenpakete unterhalb von 0,96 sind Ausschuss.

von 0,96 gibt es vereinzelte Ausreißer, die deutlich schwächer magnetisiert sind. Die Streuung der Einzelteile im Toleranzband von േͶ % um den Sollwert wirkt sich aufgrund der zufälligen Kombination in der Rotormontage direkt auf die Eigenschaften des Rotors aus. Im ungünstigsten Fall können fünf Lamellenpakete nahe der unteren Toleranzgrenze zusammengebaut werden, wodurch der Rotor letztendlich zu schwach magnetisiert sein kann, obwohl alle Lamellenpakete innerhalb der Toleranz liegen. Dies resultiert in einer geringeren Leistung des Motors im Betrieb (Le Roux et al. 2007; Casadei et al. 2009) und wird in der Endkontrolle als Ausschuss deklariert. Nachteilig bei der Summenflussmessung ist, dass die fehlerhaften Magnete nicht identifiziert und lokalisiert werden können, da dieses Verfahren nur eine Kategorisierung in Ausschuss- und Gutteile erlaubt. Somit kann die zufällige Montage in einem ungleichmäßigen Magnetfeld des Rotors resultieren, was im Betrieb zu höheren Vibrationen führt. Da eine Kontrolle der einzelnen Lamellenpakete mittels Summenflussmessung nicht automatisch die Qualität des Rotors und somit des Motors garantieren kann, wird der montierte Motor am Ende der Prozesslinie einer weiteren Überprüfung unterzogen. Hierbei handelt es sich um die End-of-Line Kontrolle, auf die im Folgenden eingegangen wird.

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2.3 Methoden zur Ausschussreduzierung 2.2.3.2 End-of-Line Kontrolle Im betrachteten Produktionssystem wird als letzter Prozessschritt eine End-of-Line (EOL) Kontrolle durchgeführt, in welcher der fertige Motor einem Funktionstest unterzogen wird (‫) ଼ܯ‬. Hierbei wird unterschieden zwischen aktiver und passiver EOL Prüfung (Hillenbrand 2010; Butov et al. 2014b). Bei der aktiven EOL Prüfung wird der elektrische Antrieb sowohl im Motor- als auch Generatorbetrieb getestet. Im Motorbetrieb werden unterschiedliche Betriebspunkte und Lastfälle überprüft. Im Generatorbetrieb können Strom, Spannung, Resolver Signal und die Temperatur der Statorspulen vermessen werden. Bei der passiven EOL Prüfung wird der Antrieb ausschließlich im Generatorbetrieb getestet. Eine fehlerhafte Magnetisierung des Rotors kann in der EOL- Kontrolle nachgewiesen werden, diese äußert sich durch ein hohes Rastmoment, hohe Geräuschemission und eine geringe elektromotorische Kraft (Meyer et al. 2016). Jedoch wird der Motor lediglich in Ausschuss und Gutteile klassifiziert, ein korrigierender Eingriff erfolgt nicht.

2.3 Methoden zur Ausschussreduzierung Ausschuss während und am Ende der Produktionslinie lässt sich auf mehrere Arten reduzieren. Oft kann die Entstehung von Abweichungen durch Methoden der Prozessregelung bereits auf Prozessebene verhindert werden. Falls dennoch Abweichungen auftreten, müssen diese auf Systemebene in weiteren Prozessschritten korrigiert werden. Fehlerhafte Werkstücke können innerhalb der Produktion repariert werden, bevor sie zur nächsten Bearbeitungsstation weitergereicht werden. Diese Ansätze werden im Folgenden diskutiert. 2.3.1

Prozessregelung und -überwachung

Das Ziel der Prozessregelung ist die Vermeidung der Fehlerentstehung auf Prozessebene. Um eine möglichst hohe Produktivität zu erreichen, werden in der Produktionstechnik Maschinen häufig bis an ihre Grenzen belastet, was eine Überwachung der Prozessstabilität zur Senkung von Ausschuss unumgänglich macht (Weck et al. 2006). Voraussetzung der Prozessregelung ist, dass Sensorsignale zur Verfügung stehen, um Abweichungen vom Sollwert sowie Eingriffsmöglichkeiten frühzeitig zu erkennen, um den Abweichungen entgegenwirken zu können (Teti et al. 2010). In der subtraktiven Fertigung ist die Prozessregelung weit verbreitet, zum Beispiel zur Optimierung von Fräsoperationen

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2 Stand der Technik (Masory et al. 1985; Elbestawi et al. 1987; Seethaler et al. 2000). Das Vorgehen ist dabei in folgende Teilschritte gegliedert (Weck et al. 2006): Signalerfassung, Vorverarbeitung, Merkmalsberechnung, Entscheidung, Diagnose und Reaktion. Six Sigma ist in diesem Kontext eine Vorgehensweise der statistischen Prozessoptimierung, die seit Jahrzehnten in den Sektoren Produktionstechnik, Finanzbranche, Gesundheitswesen, Bauwesen, Forschung und Entwicklung erfolgreich eingesetzt wird, um Produktivität zu steigern und Ausschuss zu reduzieren (Harry et al. 2005; Kwak et al. 2006). Six Sigma wurde um 1980 das erste Mal von Motorola erfolgreich eingesetzt und hat sich anschließend in der Industrie etabliert. Die statistische Definition von Six Sigma besagt, dass maximal 3,4 Fehler in einer Million Teile auftreten dürfen, dies entspricht einer Ausschussrate von 0,0003%. Die weniger restriktive Methode Three Sigma bedeutet, dass weniger als 66.800 Fehler in einer Million Teile erzielt werden (7% Ausschuss). Erreicht werden sollen diese Ziele durch neue Unternehmensstrategien und konkrete Optimierungsalgorithmen auf Prozessebene (Tabelle 2.1). Six Sigma ist ein Oberbegriff und keine universelle Lösung aller Qualitäts-Probleme innerhalb eines Unternehmens, das heißt, es müssen geeignete Strategien und Ansätze je nach Problemstellung übernommen und ggf. angepasst werden. Hauptfokus von Six Sigma liegt auf Management und Planungsprozessen (Kwak et al. 2006). Für die vorliegende Problematik führt Six Sigma zu weit, da nicht die gesamten Planungsprozesse und -strukturen überarbeitet werden sollen. Tabelle 2.1: Unternehmensstrategien und konkrete Optimierungsalgorithmen von Six Sigma nach (Caine et al. 2003; Kwak et al. 2006). Unternehmensstrategie

Optimierungsalgorithmus

Projektmanagement Datenbasierte Entscheidungsfindung Prozessleittechnik Datenerfassung und -auswertung Rangkennzeichen (Gürtelfarbe) Define-Measure-Analyze-Improve-Control Methodik

Statistische Prozessregelung (SPC) Statistische Versuchsplanung Robustes Design Regressionsanalyse Analyse von Mittelwerten und Varianzen Statistischer Test (Hypothesentest, Signifikanztest) Fehler-Ursachen-Analyse

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2.3 Methoden zur Ausschussreduzierung Einzelne Komponenten von Six Sigma wie die Analyse von Mittelwerten und Varianzen und die Fehler-Ursachen-Analyse sind Instrumente, die in der vorliegenden Arbeit eingesetzt werden. Statistische Prozessregelung (engl.: Statistical Process Control, SPC) wird in der Industrie erfolgreich eingesetzt, um Veränderungen des Prozesses oder der Werkstücks-Qualität zu detektieren (Cai et al. 2001; Jiang et al. 2006). Allerdings eignet es sich nicht zur Qualitätsüberwachung einzelner Werkstücke und entstandene Abweichungen können nicht behoben werden. Darüber hinaus müssen korrigierende Eingriffsmöglichkeiten im Prozess vorhanden sein. Diese Voraussetzung ist beim Magnetisierungsprozess nicht erfüllt, da der Prozess immer im Sättigungsbereich stattfindet. Klassische Methoden der Prozessregelung lassen sich auf die Magnetisierung von Lamellenpaket und Rotor somit nicht anwenden. Folglich kann die Entstehung von Magnetisierungsabweichungen durch Prozessregelung nicht verhindert werden, das bedeutet unvermeidbare Abweichungen müssen repariert oder auf Systemebene korrigiert werden.

2.3.2

Reparatur und Demontage

Eine Möglichkeit zur Korrektur fehlerhafter Werkstücke stellt die Reparatur in derselben Bearbeitungsstation dar. Eine Abweichung des Werkstückmerkmals vom Sollwert wird dabei im aktuellen Prozess sowohl detektiert als auch behoben (Yandayan et al. 1997). Hierfür wird das Werkstück im eingespannten Zustand während oder direkt nach der Bearbeitung vermessen. Kann das Werkstück nicht direkt korrigiert werden, dann ist eine Demontage in Einzelteile notwendig (Duflou et al. 2008). Da die Demontage häufig manuelle Operationen und einen geringen Automatisierungsgrad aufweist, sind solche Eingriffe kosten- und zeitintesiv und somit häufig nicht wirtschaftlich durchführbar (Colledani et al. 2014b). Aus diesem Grund werden Produkte nur dann demontiert, wenn die Einzelteile wiederverwendet oder die Rohstoffe verkauft werden können (Li et al. 2013; Colledani et al. 2014b). Wird im Fall der Elektromotorproduktion ein fehlerhafter Magnet im magnetisierten Lamellenpaket detektiert, dann muss er entfernt und ersetzt werden. Für Motortypen bei denen die Permanentmagnete auf der Rotoroberfläche aufgeklebt sind, wurde bereits eine Anlage zur automatisierten Demontage der Magnete entwickelt und prototypisch aufgebaut (Klier et al. 2013b; Klier et al. 2013a). Hier ist das Entfernen der Permanentmagnete ohne Beschädigung der Lamellenpakete möglich.

18

2 Stand der Technik Für eingebettete Permanentmagnete, wie im vorliegenden Fall, wurde ein Konzept zum Herauspressen mittels Stempel vorgestellt, jedoch nicht umgesetzt (Klier et al. 2013a). Da die Permanentmagnete in ihren Taschen fest verklebt sind, um den hohen Fliehkräften im Betrieb zu widerstehen, lassen sie sich nicht ohne Beschädigung des Lamellenpaketes herauspressen. Beim Entfernen kommt es zum Verbiegen oder zur Delamination der Blechpakete, eine Beschädigung des Permanentmagneten (Splittern, Bruch, Riss, etc.) ist ebenfalls möglich. Wird ein Magnetisierungsfehler erst in der EOL Prüfung erkannt, dann kann eine Reparatur erst nach erfolgter Demontage durchgeführt werden (Colledani et al. 2014b; Colledani et al. 2016). Hierfür muss der gesamte Motor inklusive Stator und Rotor demontiert werden, um ein Einzelteil (Lamellenpaket oder Permanentmagnet) auszutauschen. Daher werden fehlerhafte Lamellenpakete und Rotoren heutzutage aufgrund hoher Kosten und technischer Komplexität nicht repariert, sondern als Ausschuss behandelt und recycelt.

2.3.3

Kompensation in nachfolgenden Prozessschritten

Der Ansatz der Kompensation in nachfolgenden Prozessschritten bedeutet, dass Abweichungen vom Sollwert sofort erkannt aber erst später kompensiert oder korrigiert werden. Dabei handelt es sich um eine Feedforward Regelung auf Systemebene (Izquierdo et al. 2007), die in mehrstufigen Produktionssystemen hauptsächlich für Abweichungen geometrischer Merkmale bei der spanenden Fertigung eingesetzt wird. Beispielsweise existieren Ansätze, fehlerhafte Fräsoperationen durch Anpassen der Einspannposition bei nachfolgenden Operationen zu kompensieren (Abellan-Nebot et al. 2012). Untersuchungen zur Modellierung von Fehlerfortpflanzung unter dem Gesichtspunkt der Feedforward Regelung finden sich in zahlreichen Arbeiten (Ding et al. 2000; Huang et al. 2000; Huang et al. 2002; Colledani et al. 2014b; Youxiang et al. 2014). Die Kompensation von Abweichungen in nachfolgenden Prozessschritten hat den Vorteil, dass Toleranzen im vorgelagerten Prozess weniger restriktiv gewählt werden können, da die Information über Art und Ausprägung der Abweichung vom Sollwert im nachgelagerten Prozess zur Kompensation genutzt wird, sodass das Endprodukt wiederum innerhalb der gewünschten Toleranzen liegt (Bild 2.7). Durch weniger restriktive Toleranzen wird somit bereits Ausschuss in vorgelagerten Prozessen reduziert (Coenen et al. 2013). Es kann also ein Endprodukt mit gewünschter Qualität erreicht werden, obwohl die Einzelteile Abweichungen oder Fehler aufweisen. 19

2.3 Methoden zur Ausschussreduzierung Der weitere Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass keine zusätzlichen Maschinen oder Prozessschritte notwendig sind um eine Abweichung zu kompensieren, da die nachfolgenden Prozesse in der Prozesskette ohnehin vorgesehen sind. Dadurch kommt es im Gegensatz zur sofortigen Reparatur zu keiner negativen Beeinflussung der Bearbeitungsdauer und folglich der Taktzeit. Allerdings müssen zur Anwendung dieser Methode gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, sodass sie nicht auf alle Prozesse und Fehlerarten angewendet werden kann. Grundvoraussetzung für die Kompensation in nachgelagerten Prozessen ist, dass die relevanten Regelgrößen messbar sind und durch Stellgrößen nachgelagerter Prozesse beeinflusst werden können. Die Berechnung von Kreuzkorrelationen zwischen allen Produktionsschritten erlaubt es, relevante Prozesse für die Kompensation von Abweichungen zu identifizieren (Coupek et al. 2014c). Die Kreuzkorrelation trifft dabei Aussagen über die Ähnlichkeit der beiden Signale und deren zeitliche Verschiebung und ist für zwei Zeitfunktionen ‫ݔ‬ሺ‫ݐ‬ሻ und ‫ݕ‬ሺ‫ݐ‬ሻ folgendermaßen definiert (Girod et al. 2007): ஶ

ܴሺ߬ሻ ൌ න ‫ݔ‬ሺ‫ݐ‬ሻ‫ݕ‬ሺ‫ ݐ‬൅ ߬ሻ݀‫ݐ‬

(4)

ିஶ

Da die Messwerte nicht als mathematische Funktionen sondern als diskrete Signale vorliegen, muss die diskrete Kreuzkorrelation berechnet werden:

Prozess 1.1

Prozess 2.1





Prozess 1.n

Prozess 2.n

Abweichung

Regler

Montage

Prozess 4

Anpassung der Montageparameter

Datenbank b

Bild 2.7:

Schematische Darstellung der Kompensation von Abweichungen in nachfolgenden Prozessschritten am Beispiel eines Montageprozesses.

20

2 Stand der Technik ேିଵ

ܴ௫௬ ሺ݉ሻ ൌ ෍ ‫ݔ‬௡ ή ‫ݕ‬௡ା௠

(5)

௡ୀ଴

Der Korrelationsindex ܴ௫௬ ሺͲሻ zweier diskreter Signale ‫ݔ‬௡ und ‫ݕ‬௡ ist ein Spezialfall der allgemeinen Kreuzkorrelationsfunktion. Hierbei wird nur der Wert ohne zeitliche Verschiebung betrachtet, da ausschließlich die Messwerte eines Werkstücks aus unterschiedlichen Prozessschritten miteinander korreliert werden. Zusätzlich wird der Term mithilfe der Effektivwerte der Signale normiert, sodass alle Korrelations-Indizes im Intervall ሾെͳǢ ͳሿ liegen. ܴ௫௬ ሺͲሻ ൌ

σேିଵ ௡ୀ଴ ‫ݔ‬௡ ή ‫ݕ‬௡ ேିଵ ଶ ଶ ඥσேିଵ ௡ୀ଴ ሺ‫ݔ‬௡ ሻ ή σ௡ୀ଴ ሺ‫ݕ‬௡ ሻ

(6)

Der Korrelationsindex kann jeweils nur für zwei Signale berechnet werden. Wird dies für alle möglichen Kombinationen im mehrstufigen Produktionssystem durchgeführt, dann ergibt sich eine Korrelations-Matrix (Coupek et al. 2014c). Bei den Einträgen handelt es sich um die Korrelationswerte, wobei alle Einträge auf der Hauptdiagonalen den Wert 1 besitzen. Dies liegt daran, dass es sich um die Autokorrelationen des jeweiligen Signals mit sich selbst handelt. Alle anderen Werte liegen im Intervall ሾെͳǢ ͳሿ. Werte im Betrag nahe 1 bedeuten, dass die beiden Signale eine sehr starke lineare Abhängigkeit aufweisen. Ist der Korrelationsindex hingegen nahe 0, so sind die beiden Signale voneinander unabhängig. Bei der Matrix handelt es sich um eine grafische Darstellung, die dem Benutzer die Identifikation relevanter Kreuzkorrelationen erleichtert. Bei Prozessen, die relevante Kreuzkorrelationen aufweisen, können Kompensationsmethoden in nachfolgenden Prozessen eingesetzt werden. Einen Spezialfall der Kompensation in nachfolgenden Prozessen stellt die selektive Montage dar, die im folgenden Kapitel beschrieben wird. 2.3.4 Selektive Montage Selektive Montage lässt sich unterteilen in eine Klassifikation der Einzelteile und die anschließende Kombination dieser aus verschiedenen Klassen in der Montage. Die selektive Montage eignet sich insbesondere bei Teilen, deren einzelne Toleranzen sich zu einer Gesamttoleranz addieren. Ohne selektive Montage müssten die einzelnen Toleranzen sehr restriktiv gewählt werden, was hohe Kosten und Ausschusszahlen verursacht (Mease et al. 2004). In einigen Anwendungsfällen ist es unmöglich die geforderten Toleranzen während der Fertigung einzuhalten, was einen Einsatz selektiver Montage 21

2.3 Methoden zur Ausschussreduzierung sogar zwingend erfordert (Thesen et al. 1999). Mittels selektiver Montage können qualitativ hochwertige Produkte aus Einzelteilen mit Abweichungen zusammengebaut werden. Selektive Montage kann als vorwärts gerichtete Regelung (Feedforward Regelung) betrachtet werden, da ein Fehler korrigiert wird, bevor er in der Montagestation entsteht. Diese Art der Fehlerkompensation ist nur in mehrstufigen Produktionssystemen möglich, da eine Abweichung aus einem vorhergehenden Prozess durch Anpassen eines nachfolgenden Prozesses kompensiert wird (Izquierdo et al. 2007; AbellanNebot et al. 2012). Selektive Montage wird in der Industrie hauptsächlich bei der Montage mechanischer Komponenten eingesetzt, wobei die Klassifizierungsmerkmale geometrische Abweichungen sind (Mansoor 1961; Colledani et al. 2013). Typisches Anwendungsbeispiel der klassischen selektiven Montage sind Bohrungen, in welche Stifte eingeführt werden (Tan et al. 2012). Beide Bauteile werden aufgrund ihrer gemessenen geometrischen Eigenschaften (beispielsweise Durchmesser) klassifiziert und sortiert. In der Montage werden dann die passenden Teile ausgewählt und montiert. Bei geometrischen Merkmalen liegen lineare Zusammenhänge vor, im Beispiel der Bohrungen und Stifte addieren sich die Durchmesser. Bestehende Verfahren der selektiven Montage nutzen verschiedene Clustering Algorithmen, um Gruppen passender Einzelteile zu erzeugen. Die Auswahl der relevanten Merkmale und die Anzahl der gewählten Klassen besitzt einen großen Einfluss auf die zu erzielende Qualität und die Performanz der Strategie (Liu et al. 1998; van der Heijden 2004). Der Einsatz der selektiven Montage unterliegt jedoch Beschränkungen, die eine direkte Übertragung auf den hier vorliegenden Fall nicht erlauben. Die Anzahl der montierten Teile ist in den meisten Methoden auf zwei (maximal auf drei) begrenzt (Fang et al. 1995; Colledani et al. 2012; Iyama et al. 2013). Im vorliegenden Fall werden mehr als drei Bauteile miteinander kombiniert, in der Regel fünf bis zehn Stück. Lediglich der Ansatz der allgemeinen selektiven Montage untersucht die Erweiterung bestehender Methoden auf eine beliebige Anzahl montierter Werkstücke, jedoch ebenfalls nur für geometrische Merkmale und nur für verschiedene Einzelteile (Tan et al. 2012). Für die Rotormontage muss hingegen die Magnetisierung der Lamellenpakete über mehrere Magnete hinweg betrachtet werden, wodurch sich nichtlineare Zusammenhänge in der Optimierungsfunktion ergeben. Die Erweiterung auf mehrere identische Komponenten wird dabei ausdrücklich als zukünftiges Forschungsthema benannt und soll im Rahmen dieser Arbeit erfolgen.

22

2 Stand der Technik

2.4 Defizite und Handlungsbedarf Ein für die Qualität des Motors entscheidender Prozess, der immer natürlichen Schwankungen unterliegt, ist der Magnetisierungsprozess der Permanentmagnete im Rotor. Abweichungen von der Sollmagnetisierung resultieren aus Schwankungen in den Materialeigenschaften und führen zu einem ungleichmäßigen magnetischen Feld, das sich wiederum auf die Laufeigenschaften des Motors auswirkt. Aus dem Stand der Technik ist ersichtlich, dass die heutige Produktion von Elektromotoren in der Automobilindustrie mit der eingesetzten Summenflussmessung der Lamellenpakete und der EOL Prüfung des Motors den Qualitätsanforderungen hinsichtlich Massenproduktion nicht genügt. Die Ausschussraten sind zu hoch und korrigierende Eingriffe zur Reparatur bei Überprüfung des fertig montierten Motors sind je nach Fehlerart entweder unwirtschaftlich oder technisch nicht durchführbar. Die EOL Prüfung weist gravierende Nachteile auf und muss ersetzt oder um vorgelagerte Strategien ergänzt werden. Prozessregelung kann nicht eingesetzt werden, da der Magnetisierungsprozess bereits im Sättigungsbereich stattfindet und Magnetisierungsabweichungen somit nicht verhindert werden können.

23

3

Lösungsansatz

Da sich der Magnetisierungsprozess auf Prozessebene nicht weiter optimieren lässt, müssen Strategien auf Systemebene entwickelt werden, wie sich die Auswirkungen unvermeidbarer Schwankungen der Magnetisierung während der Rotormontage kompensieren lassen. Nach dem Magnetisierungsprozess wird das Lamellenpaket vermessen, sodass zu schwach oder zu stark magnetisierte Bereiche identifiziert werden können. Basierend auf dieser Messung kann der Montageprozess des Rotors angepasst werden, um trotz fehlerhafter Einzelteile ein gleichmäßiges magnetisches Feld des Rotors zu erhalten. Ein Magnet kann eine zu starke oder zu schwache Magnetisierung aufweisen, also eine positive oder negative Abweichung vom Sollwert. Zu beachten ist zudem die Polarität, da sich innerhalb des Lamellenpakets Plus- und Minuspole abwechseln. Um ein homogenes magnetisches Feld zu erhalten, müssen Magnete gleicher Polarität aber gegensätzlicher Abweichung nah beieinander positioniert werden. Hierfür können die Reihenfolge und die Verdrehung der Lamellenpakete zueinander verändert werden. In Bild 3.1 wird beispielhaft das zweite und vierte Lamellenpaket verdreht, um den schwachen Magneten unterhalb des starken zu positionieren. Diese Verdrehung kann durch einen Rotationsvektor ߙԦ beschrieben werden. Gleichzeitig wird die Reihenfolge ߩ verändert, sodass die beiden fehlerhaften Magnete nah beieinander liegen. Um ein

ܵ௉ ൌ ͷ Lamellen -pakete

+ + + + +

-

+ + + + +

-

+ + + + +

-

Rotation ߙ Reihenfolge ߩ

+ + + + +

-

+ + + + +

-

+ + + + +

-

‫ܯ‬௉ ൌ ʹͶ Magnete

Bild 3.1:

Die Kompensation von Magnetisierungsabweichungen einzelner Magnete ist durch Anpassung der Reihenfolge, Position und Rotation möglich.

24

3 Lösungsansatz

Prozess: Lamellenpaket Magnetisierung

zu geringe Magnetisierung

zu hohe Magnetisierung Puffer ff

Bild 3.2:

Prozess: Rotor Montage

online Optimierung

gleichmäßiges magnetisches Feld

Sequentielle Montage eines Rotors bestehend aus vier Lamellenpaketen.

gleichmäßiges magnetisches Feld des Rotors zu erhalten, muss folglich für die Rotormontage eine optimale Kombination, Reihenfolge und Verdrehung der Lamellenpakete ermittelt werden. Diese Kompensation benötigt eine ortsaufgelöste Messung der Lamellenpaket-Magnetisierung. Die Summenflussmessung ist dafür nicht geeignet, da sie keine lokalen Informationen enthält, sondern nur einen Messwert pro Lamellenpaket liefert. Kern der Ausarbeitung wird sein, ein Messverfahren zu bestimmen um ortsaufgelöste Informationen zu erhalten und diese so auszuwerten und aufzubereiten, dass damit ein Rotor mit gleichmäßigem Magnetfeld zusammengebaut werden kann. Der Ansatz der Kompensation in nachfolgenden Prozessschritten ist geeignet um unvermeidbare Abweichungen in den Einzelteilen zu erkennen und in einem späteren Prozess zu kompensieren. Für die optimierte Rotormontage gibt es zwei Möglichkeiten: sequentielle oder selektive Montage. Die Kompensation in nachfolgenden Prozessschritten ohne Klassifikation wird im Folgenden als sequentielle Montage bezeichnet (Bild 3.2). Es wird die Anzahl an Lamellenpaketen magnetisiert und vermessen, die zum Zusammenbau genau eines Rotors notwendig ist. Daraus ergibt sich ein sehr kleiner Puffer, welcher der Montagestation vorgelagert werden muss. Dieser ist im aktuellen Produktionssystem bereits vorhanden, sodass keine anlagentechnische Anpassung der Produktion notwendig ist. Für die im Puffer gelagerten Lamellenpakete wird online ein Optimierungsproblem gelöst, um die optimale Kombination zu ermitteln, sodass der Rotor, bestehend aus diesen vorliegenden Lamellenpaketen, innerhalb der Toleranzen ist. Nachteilig ist, dass die online Optimierung hohe Rechenzeit in Anspruch nehmen kann. Zudem kann es vorkommen, dass keine Lösung existiert, sodass der Rotor als Ausschuss behandelt werden muss.

25

3 Lösungsansatz Wenn beispielsweise nur schwach magnetisierte Lamellenpakete vorliegen, dann wird die Rotormagnetisierung unter dem geforderten Sollwert liegen, da keine zu stark magnetisierten Lamellenpakete existieren, die zur Kompensation verwendet werden können. Aufgrund dieser Nachteile muss eine Vorauswahl der Lamellenpakete getroffen werden, was dem Prinzip der selektiven Montage entspricht. Dies verringert die online Rechenzeit und erlaubt es, im Gegensatz zur sequentiellen Montage, das globale Optimum aus allen zur Verfügung stehenden Lamellenpaketen zu bestimmen. Einziger Nachteil im Vergleich zu anderen Strategien ist die Notwendigkeit von größeren Pufferplätzen, um alternative Lamellenpakete zwischenzulagern. Vorteil der selektiven Montage gegenüber anderen Methoden ist die hohe Qualität des zusammengebauten Produktes bei gleichzeitig geringer online Rechenzeit. In Tabelle 3.1 sind die Strategien zur Verbesserung der Rotormontage gegenübergestellt und bewertet.

Tabelle 3.1: Bewertung der Strategien zur Verbesserung der Rotormontage. Prozessebene

Systemebene

Summenflussmessung

Prozessregelung

EOL Kontrolle

Reparatur

Online Rechenzeit

-

-

-

-

Qualität der Korrektur

-

-

-

-

Sequentielle Montage

Selektive Montage

Fehlererkennung

Identifikation der Ursache Kein Puffer notwendig Korrekturmöglichkeit

Eignung für Rotormontage voll erfüllt

26

nicht erfüllt

-

nicht verfügbar

3 Lösungsansatz

Prozess: Lamellenpaket Magnetisierung

zu geringe Magnetisierung

zu hohe Magnetisierung

Datenerfassung und -analyse

Bild 3.3:

Klassen

Prozess: Rotor Montage

gleichmäßiges magnetisches Feld

Klassifikation

Optimierung der Montagevorschrift

Selektive Montage eines Rotors aufgebaut aus vier Lamellenpaketen.

Es ist ersichtlich, dass die selektive Montage das größte Verbesserungspotential in der Rotorfertigung liefern kann. Für die Rotorfertigung wird eine neue selektive Montage basierend auf Magnetisierungswerten entwickelt, um Abweichungen der Magnetisierung einzelner Lamellenpakete kompensieren zu können. Um die Anzahl der Rotoren zu minimieren, deren Magnetfeld außerhalb der Toleranz liegt und die deshalb als Ausschuss klassifiziert werden, sollen somit neue Methoden der selektiven Rotormontage entwickelt werden. Bei dieser selektiven Rotormontage werden die einzelnen Lamellenpakete nacheinander magnetisiert, vermessen und klassifiziert (Bild 3.3). Erster Schritt ist die Datenerfassung und die Analyse der Messwerte (Kapitel 4.1), welcher die Grundlage der anschließenden Klassifizierung bildet (Kapitel 4.2). Es werden sowohl experimentelle als auch simulierte Datensätze verwendet. Die Klassifizierung ordnet die Werkstücke mittels künstlicher neuronaler Netzwerke nach Art und Stärke der Magnetisierungsabweichung in verschiedene Klassen. Für Elemente der unterschiedlichen Klassen wird einmalig und offline eine optimale Montagevorschrift ermittelt, die online nur noch angewendet werden muss (Kapitel 5). Diese Vorschrift bildet eine Anleitung, wie Lamellenpakete aus unterschiedlichen Klassen miteinander kombiniert und gegeneinander verdreht werden müssen, sodass das magnetische Feld des zusammengebauten Rotors gleichmäßig ist und innerhalb der vorgegebenen Toleranzen liegt. Die entwickelten Strategien werden anschließend implementiert und validiert (Kapitel 6).

27

3 Lösungsansatz Das Ziel dieser Arbeit ist folglich die Entwicklung einer selektiven Rotormontage, die es erlaubt, Rotoren zu montieren, die innerhalb vorgegebener Toleranzen liegen obwohl Einzelteile (Lamellenpakete) Abweichungen in der Magnetisierung aufweisen. Auf diese Weise soll der Anteil von Ausschussteilen einzelner Lamellenpakete im vorgelagerten Prozess sowie montierter Motoren in der EOL Überprüfung gesenkt werden. Dies stellt eine notwendige Voraussetzung für die zukünftige Massenproduktion elektrischer Antriebe in der Automobilindustrie dar.

28

4

Signalerfassung und Klassifikation

Um das im vorherigen Kapitel definierte Ziel einer optimalen selektiven Rotormontage zu erreichen, müssen die Messwerte und folglich die Eigenschaften der einzelnen Lamellenpakete untersucht und bewertet werden. Ausgehend von Messungen wird daher zunächst eine geeignete Darstellungsform der einzelnen Lamellenpakete gesucht und typische Fehlerfälle identifiziert. Anschließend werden Methoden untersucht, um die Lamellenpakete entsprechend ihrer magnetischen Eigenschaften zu klassifizieren. Dieses Kapitel gliedert sich deshalb in die beiden Bereiche Signalerfassung und Klassifikation. Ziel ist es, die Daten so aufzubereiten, dass die anschließende Verwertung durch Optimierungsalgorithmen ermöglicht wird.

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung Dieses Kapitel befasst sich mit der Auswahl geeigneter Sensorik zur Vermessung der Magnetisierung und der anschließenden Auswertung der Messwerte. Dazu gehören die Berechnung von Magnetisierungsvektoren sowie die Kompensation von Messfehlern. Zur Charakterisierung typischer Fehlerfälle werden experimentelle Daten analysiert, die aus der Vermessung von Serienteilen gewonnen werden. Basierend auf den experimentellen Daten ist es möglich zusätzliche Simulationsdaten zu erzeugen, mit denen im weiteren Verlauf die entwickelten Algorithmen validiert werden. 4.1.1 Sensorauswahl und Prüfstand Die Magnetisierung von Permanentmagneten kann durch folgende drei Verfahren vermessen werden: magneto-optische Sensoren, Fluxmeter und Hall-Sensoren (Tremel et al. 2012). Magneto-optische Sensoren basieren auf dem Faraday-Effekt und ermöglichen es, das Magnetfeld und dessen Verteilung direkt über der Magnetoberfläche optisch zu erfassen, wodurch sie sich für zweidimensionale Vermessungen eignen (Koschny et al. 2016). Zur Auswertung der Magnetfelder kann konventionelle bildverarbeitende Software eingesetzt werden. Nachteilig ist, dass größere Datenmengen und längere 29

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung Rechenzeiten anfallen als bei Fluxmetern und Hall-Sensoren. In industriellen Anwendungen finden magneto-optische Sensoren daher wenig Verbreitung (Tremel et al. 2012). Fluxmeter werden eingesetzt, um den magnetischen Fluss ‫ ܤ‬zu vermessen, indem in der Messspule eine Messspannung induziert wird, deren Integral über der Zeit die Änderung des magnetischen Flusses ergibt (Michalowsky 2006). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Flussdichte eines konstanten Magnetfeldes nicht gemessen werden kann. Hall-Sensoren sind die in der Industrie am weitesten verbreiteten Sensoren zur Messung von Magnetfeldern (Ramsden 2006). Sie messen mittels Hall-Effekt Magnetfelder in leitfähigen Werkstoffen, beispielsweise Halbleitermaterialien (Koschny et al. 2016). Wird ein vom Strom durchflossener HallSensor in ein senkrecht dazu verlaufendes Magnetfeld gebracht, liefert er eine Ausgangsspannung, die proportional zum Produkt aus magnetischer Feldstärke und Strom ist (Ramsden 2006). Zum Vermessen von Lamellenpaketen kann der Hall-Sensor in geringem Abstand und senkrecht zur Oberfläche platziert werden. Durch Rotieren des Lamellenpaketes kann so ein ortsaufgelöster Verlauf der Magnetisierung aufgezeichnet werden, wie bereits in (Coupek et al. 2014a) gezeigt wurde. Sollen ganze Rotoren vermessen werden, dann kann der Hall-Sensor auf einer Achse montiert und in der Höhe verfahren werden (z-Achse). Denkbar ist ebenfalls der Einsatz mehrerer Hall-Sensoren als Sensor-Array, wodurch eine vertikale Zustellung entfällt (Tremel et al. 2012). Es ist sogar möglich, aus mikroskopisch kleinen Hall-Sensoren eine Art magnetische Kamera aufzubauen, mit der Magnetfelder direkt als drei-dimensionale Objekte dargestellt werden können. Bei der MagCam sind beispielsweise mehr als 16.000 Mikro-Sensoren auf einer Fläche von 13 mm mal 13 mm verbaut (Vervaeke 2011). Sollen größere Bereiche vermessen werden, so muss auch diese Kamera über Messachsen bewegt werden. Messverfahren mit Ortsinformation wie magneto-optische Sensoren, Fluxmeter und Hall-Sensoren werden heutzutage noch nicht in der Rotorfertigung eingesetzt, da diese zusätzlichen Informationen nicht ausgewertet werden. Zudem sind nicht alle Verfahren gleichermaßen für den Einsatz in der Elektromotorenproduktion geeignet. Größter Nachteil der Fluxmeter ist, dass eine Driftkompensation notwendig ist. Bei magneto-optischen Verfahren fallen sehr große Datenmengen an, die hohe Rechenzeiten erfordern. Hall-Sensoren eignen sich sehr gut für die vorliegende Problematik, da ortsaufgelöste Messungen zur Detektion zu schwacher und zu starker Magnete gewonnen werden können. Der einzige Nachteil ist, dass die anfallende Datenmenge größer ist als bei Summenflussmessungen. 30

4 Signalerfassung und Klassifikation

Tabelle 4.1: Bewertung der Messverfahren für die Erkennung fehlerhafter Permanentmagnete. Summenfluss

Fluxmeter

Optomagnetisch

Hall-Sensor

Geringe Datenmenge der Rohdaten

+

-

0

0

Geringe Rechenzeit zur Auswertung

+

-

0

0

-

+

+

+

Detektion unvollst. Magnetisierung

+

+

-

+

Ortsinformation enthalten

-

+

+

+

Eignung für Rotormontage

-

-

0

+

Driftkompensation

voll erfüllt

nicht erfüllt

Die Datenmenge ist jedoch kleiner als bei magneto-optischen Sensoren und vergleichbar mit Fluxmetern. Dies erfordert eine Vorbehandlung der Daten und wird in diesem Kapitel untersucht. Die Bewertung der einzelnen Messverfahren ist in Tabelle 4.1 zusammengefasst. Die Bewertungen der Detektion unvollständiger Magnetisierung sowie Ortsauflösung der Messung fließen mit doppelter Gewichtung in die Berechnung der Gesamteignung ein, da dies unverzichtbare Informationen für die Kompensationsalgorithmen der selektiven Rotormontage sind. Zur Untersuchung der tatsächlichen Magnetisierungskurven und der Zusammenhänge bei der Kompensation werden experimentelle Messwerte aus der Serienfertigung benötigt. Daher wurde zum Vermessen einzelner Lamellenpakete sowie des zusammengebauten Rotors ein neuer Prüfstand entwickelt und aufgebaut (Coupek et al. 2014a). Dieser besteht aus zwei linearen und einer rotatorischen Achse und ermöglicht somit ortsaufgelöste Messungen der Magnetisierung (Bild 4.1). Die x-Achse dient zum Verstellen des Abstandes zwischen Sensor und Prüfkörper, sodass Rotoren mit unterschiedlichen Durchmessern vermessen werden können. Die z-Achse positioniert den Sensor vertikal bei der Messung eines gesamten Rotors. Der Prüfkörper wird zentrisch auf einer Rotationsachse befestigt und während der Vermessung rotiert.

31

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung

Z-Achse X-Achse Adapterplatte Hall-Sensor Rotationsachse mit Haltevorrichtung

Bild 4.1:

Aufbau des Prüfstands zur Vermessung einzelner Lamellenpakete sowie zusammengebauter Rotoren (Coupek et al. 2014a).

AbstandsSensor

Justierung Hall-Sensor

Bild 4.2:

Halterung für den Hall-Sensor und den Abstandssensor (Coupek et al. 2014a).

Als Sensor wird aus den oben genannten Gründen ein Hall-Sensor verwendet, der zusammen mit einem Abstandssensor auf einem Adapter befestigt ist (Bild 4.2). Über Zentriervorrichtungen wird die optimale Ausrichtung zum Prüfkörper sichergestellt. Der Ablauf der Vermessung eines Lamellenpaketes ist in mehrere Schritte unterteilt. Zunächst wird das Lamellenpaket auf der Haltevorrichtung befestigt und zentriert. Danach positioniert die x-Achse den Sensor im gewünschten Abstand vor dem Lamellenpaket. Für den optimalen Abstand unter Berücksichtigung der Magnetisierung und

32

4 Signalerfassung und Klassifikation der Sensitivität des Hall-Sensors wurde experimentell ein Wert von 0,5 mm ermittelt. Anschließend wird die Rotationsachse auf die Messgeschwindigkeit beschleunigt. Alle 360° wird ein Triggersignal an die Auswertelektronik gesendet, sodass eine vollständige Rotation ohne Beschleunigungsvorgänge aufgezeichnet wird. Die Rohdaten umfassen bei der verwendeten Sensorik 4.096 Messwerte der Magnetisierung über dem Umfang eines Lamellenpaketes (0°-360°) für eine feste z-Position (vertikal zentriert). Das resultierende Messsignal ‫ܤ‬ሺ߮ሻ mit ߮ ‫ א‬ሾͲǡʹߨሿ einer beispielhaften Messung ist in Bild 4.3 dargestellt. Die Vermessung eines zusammengebauten Rotors erfolgt analog zur Vermessung eines Lamellenpaketes. Wird ein einziger Hall-Sensor verwendet, dann muss eine vertikale Zustellung erfolgen, kontinuierlich oder diskret Lamellenpaket für Lamellenpaket (Bild 4.4). Die gewählte Strategie beeinflusst lediglich die Auswertung der Messsignale. Die Adapterplatte erlaubt auch die Anbringung eines Sensorarrays, wodurch eine vertikale Zustellung entfällt.

Bild 4.3:

Rohdaten des magnetischen Profils eines Lamellenpaketes ohne fehlerhafte Magnete. 4.096 Messwerte sind über 0-360° aufgetragen.

33

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung

Bild 4.4:

Vermessung eines zusammengebauten Rotors mittels Hall-Sensor und vertikaler Sensor Zustellung (Coupek et al. 2014a).

4.1.2

Berechnung des Magnetisierungsvektors

Das Magnetisierungsprofil besteht aus 4.096 Werten und wird für die Klassifizierungs- und Optimierungsalgorithmen auf einen Wert pro Magneten reduziert, was den Vergleich der Lamellenpakete und der Magnete untereinander erleichtert und die Rechenzeit verringert. Die Reduzierung liefert folglich ‫ܯ‬௉ Werte pro Lamellenpaket. Die durchschnittliche magnetische Feldstärke ‫ܤ‬௜௝ von Magnet ݅ im Lamellenpaket ݆ wird aus dem Messsignal ‫ܤ‬ሺ߮ሻ berechnet. Der Winkel, der von einem Magnet überdeckt wird berechnet sich zu ʹߨȀ‫ܯ‬௉ rad oder ͵͸ͲιȀ‫ܯ‬௉ Grad. Für ein Lamellenpaket mit ‫ܯ‬௉ ൌ ʹͶ Magneten beträgt dieser Winkel ߨȀͳʹ rad oder 15° und die diskrete Feldstärke lautet: ௜ήగȀଵଶ

‫ܤ‬௜ǡ௝ ൌ

‫׬‬ఝୀሺ௜ିଵሻήగȀଵଶ ‫ܤ‬ሺ߮ሻ݀߮ ߨȀͳʹ

ǡ ‫ ݅׊‬ൌ ͳǡ ǥ ǡ ʹͶ

(7)

Gleichung (7) transformiert das quasikontinuierliche Signal ‫ܤ‬ሺ߮ሻ in einen Vektor aus 24 Werten, einen für jeden Magnet. Ausgehend von diesen Werten ‫ܤ‬௜௝ wird der magnetische Fluss jedes Magneten berechnet. Die normale Fläche ‫ܣ‬௜௝ zu jedem Magneten kann für alle gleich angenommen werden (‫)ܣ‬. Der magnetische Fluss ist das Produkt aus mittlerer magnetischer Flussdichte und der Fläche ‫ܣ‬: ߶௜ǡ௝ ൌ ‫ܤ‬௜ǡ௝ ൈ ‫ܣ‬

(8)

Der magnetische Fluss eines einzelnen Lamellenpaketes ݆ berechnet sich demnach zu:

34

4 Signalerfassung und Klassifikation ெ೛

߶௝ௌ ൌ ෍ ߶௜ǡ௝

(9)

௜ୀଵ

Damit kann der Summenfluss (Ȱோ௢௧௢௥ ) eines Rotors aus einer ortsaufgelösten Messung berechnet werden: ௌ೛ ெ೛

Ȱோ௢௧௢௥ ൌ ෍ ෍ ߶௜ǡ௝ ௝

(10)



Der Magnetisierungsvektor ߶ሬԦ௝ eines Lamellenpaketes ݆ besteht aus 24 Werten die mittels des Sollwertes ߶௦௢௟௟ normiert sind und wird im Folgenden für die Darstellung von Lamellenpaketen sowie für die Klassifikations- und Optimierungsmethoden verwendet (Bild 4.5). ߶ሬԦ௝ ሺ݅ሻ ൌ

Bild 4.5:

߶௜ǡ௝ ߶௦௢௟௟

(11)

Aus Rohdaten reduzierter Magnetisierungsvektor eines Lamellenpaketes.

35

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung 4.1.3 Kompensation von Messfehlern Abweichungen in der Rundheit der Lamellenpakete beeinflussen die Messung des magnetischen Profils negativ, da eine Veränderung des Abstandes zwischen Sensor und Permanentmagnet verfälschte Werte liefert. Ist der Sensor näher am Magnet, so steigt die magnetische Flussdichte und der gemessene Wert ist höher. Aus diesem Grund wird neben dem Hall-Sensor mit möglichst geringem Winkelversatz ein Abstandssensor positioniert, der kontinuierlich den Abstand zwischen Hall-Sensor und Oberfläche des Lamellenpakets misst. In Bild 4.6 ist der nichtlineare Zusammenhang zwischen dem Abstand und dem Messsignal des Hall-Sensors aufgetragen. Es wurden vier Effekte identifiziert, die einen Einfluss auf die Abstandsmessung mittels Lasersensor haben (Tabelle 4.2). Der Effekt des hochfrequenten Messrauschens wird durch Filterung beseitigt. Oberflächenfehler (z. B. Dellen) und Exzentrizität des Lamellenpaketes beeinflussen ebenfalls das Abstandssignal. Da beide Effekte Eigenschaften der Lamellenpakete und somit tatsächliche Abweichungen darstellen, müssen sie für die weitere Optimierung betrachtet werden und werden nicht innerhalb der Abstandsmessung beseitigt. Somit stellt nur der vierte Effekt, die Exzentrizität der Messachse eine Störung dar, die kompensiert werden muss, da es sich hierbei um eine Eigenschaft der Prüfeinrichtung handelt. Die Exzentrizität der Messachse lässt sich konstruktionstechnisch nicht

Bild 4.6:

Signal des Hall-Sensors (blau) und des Abstandssensors (orange) für verschiedene Abstände zum Magneten.

36

4 Signalerfassung und Klassifikation

Tabelle 4.2: Einflussgrößen auf die Abstandsmessung sortiert nach Frequenz. Einflussgröße

Frequenz

Kompensation

1 2

Messrauschen Oberflächenfehler

> 100 Hz 10-40 Hz

3

Exzentrizität LP

~1 Hz

4

Exzentrizität Messachse

~1 Hz

Filterung durch Mittelwertbildung Keine Kompensation, da es sich um eine Eigenschaft des LP handelt Keine Kompensation, da es sich um eine Eigenschaft des LP handelt Kompensation mittels Regressionskurve

Bild 4.7:

Einfluss der sinusförmigen Exzentrizität in der Messachse (rot) auf den Verlauf der Magnetisierungskurve (blau).

vollständig beseitigen und verursacht einen sinusförmigen Verlauf des Abstandes zwischen Sensor und Lamellenpaket. Dadurch wird die gemessene Magnetisierung ebenfalls sinusförmig verändert und entspricht nicht dem tatsächlichen Verlauf (Bild 4.7).

Der gemessene Abstand zwischen Hall-Sensor und Oberfläche des Lamellenpaketes kann als Signal ݃ሺ‫ݔ‬ሻ beschrieben werden, das sich aus folgenden Größen zusammensetzt: ݃௜ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ ൅ ܽ௜ ሺ‫ݔ‬ሻǡ ݅ ൌ ͳǡʹ

(12)

37

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung Das Signal ‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ ist der Abstand bedingt durch die Geometrie des Lammelenpaketes (Exzentrizität und Oberflächenabweichungen) und ܽ௜ ሺ‫ݔ‬ሻ ist der Einfluss der Unrundheit in der Messachse. Zur Kompensation der Achs-Exzentrizität sind zwei Messungen mit unterschiedlichen Startpunkten notwendig (݅ ൌ ͳǡ ʹ). Nach der ersten Messung wird das Lamellenpaket auf der fixierten Messachse um 180° versetzt angebracht, sodass der Startmagnet vor dem Hall-Sensor ein anderer ist. Zur Kompensation wird das Messsignal so verschoben, dass alle ݃௜ ሺ‫ݔ‬ሻ mit demselben Magneten beginnen, sodass ‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ für alle Messungen dasselbe Signal darstellt. Die Exzentrizität der Messachse ܽ௜ ሺ‫ݔ‬ሻ hängt nur von der Startposition und nicht vom Startmagneten ab, sodass die Messung je nach Startposition verschoben werden muss. Unter der Annahme einer sinusförmigen Störung kann die Unrundheit der Achse folgendermaßen definiert werden: ܽ௜ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ‫ ܣ‬ή •‹൫‫ ݔ‬൅ ߠ ൅ ߨ ή ሺ݅ െ ͳሻ൯ ǡ݅ ൌ ͳǡʹ

(13)

Die beiden um 180° verschobenen Messungen sind somit: ݃ଵ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ ൅ ܽଵ ሺ‫ݔ‬ሻ  ฻ ‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ݃ଵ ሺ‫ݔ‬ሻ െ ܽଵ ሺ‫ݔ‬ሻ

(14)

݃ଶ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ ൅ ܽଶ ሺ‫ݔ‬ሻ

(15)

Ineinander eingesetzt ergibt sich ݃ଶ ሺ‫ݔ‬ሻ െ ݃ଵ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ܽଶ ሺ‫ݔ‬ሻ െ ܽଵ ሺ‫ݔ‬ሻ

(16)

ܽଵ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ‫ ܣ‬ή •‹ሺ‫ ݔ‬൅ ߠሻ

(17)

ܽଶ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ‫ ܣ‬ή •‹ሺ‫ ݔ‬൅ ߠ ൅ ߨሻ

(18)

Unter Verwendung des Additionstheorems ergibt sich der Zusammenhang: ܽଶ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ‫ ܣ‬ή •‹ሺ‫ ݔ‬൅ ߠሻ ή …‘•ሺߨሻ ൅ ‫ ܣ‬ή …‘•ሺ‫ ݔ‬൅ ߠሻ ή •‹ሺߨሻ

(19)

ܽଶ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ െ‫ ܣ‬ή •‹ሺ‫ ݔ‬൅ ߠሻ ൌ െܽଵ ሺ‫ݔ‬ሻ

(20)

Eingesetzt in (16) ergibt sich: ݃ଶ ሺ‫ݔ‬ሻ െ ݃ଵ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ െʹܽଵ ሺ‫ݔ‬ሻ

38

(21)

4 Signalerfassung und Klassifikation

Bild 4.8:

Messung mit Störeinfluss der Exzentrizität durch die Messachse (rot) und kompensierte Messung (tatsächlicher Verlauf, blau). ͳ ܽଵ ሺ‫ݔ‬ሻ ൌ ሺ݃ଵ ሺ‫ݔ‬ሻ െ ݃ଶ ሺ‫ݔ‬ሻሻ ʹ

(22)

Unter der Annahme einer sinusförmigen Störung aufgrund der Exzentrizität in der Messachse, kann das Störsignal ܽ௜ ሺ‫ݔ‬ሻ in der Abstandsmessung mittels (22) aus zwei um 180° gedrehten Messungen ݃௜ ሺ‫ݔ‬ሻ direkt berechnet werden. Gleichzeitig kann der Abstand bedingt durch die Form des Lamellenpaketes ‫ݏ‬ሺ‫ݔ‬ሻ einen beliebigen Verlauf annehmen. Nach einmaliger Bestimmung der Unrundheit in der Messachse kann mittels der Kalibrierungskurve in Bild 4.6 der Einfluss der Messachse auf die Magnetisierungskurve kompensiert werden. Aus diesem Grund, werden im Folgenden nur noch Signale ohne den störenden Einfluss der Messachse betrachtet (Bild 4.8).

4.1.4 Vermessung von Lamellenpaketen aus der Serienfertigung Aus der eingangs beschriebenen Produktionslinie wurden insgesamt zwölf Lamellenpakete entnommen, teilweise modifiziert und vermessen. Die ersten acht (LP1-LP8) stammen unverändert aus der Serienfertigung und wurden bis auf LP3 in der Summenflussmessung als innerhalb der Toleranz deklariert.

39

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung Bei LP3 lag der gemessene Summenfluss unter dem unteren Grenzwert, das bedeutet, mindestens ein Magnet war deutlich zu schwach magnetisiert. Eine detailliertere Fehlerdiagnose war innerhalb der Produktionslinie aufgrund der Summenflussmessung nicht möglich. Die ortsaufgelöste Messung ergab, dass insgesamt 20 der 24 Magnete zu schwach magnetisiert waren. Aus LP8 wurde nachträglich ein Magnet entfernt, um einen künstlichen Fehler (fehlender Magnet, vollständige Entmagnetisierung) in einem Serienteil zu simulieren. Für LP9 bis LP12 wurden Blechpakete aus der Serienfertigung vollständig manuell mit Permanentmagneten bestückt, um besondere Fehlerfälle einbauen zu können. LP9 und LP10 bestehen aus zu schwachen Magneten mit jeweils 96% und 86% der nominellen Magnetisierung. In LP11 wurde zusätzlich zu den schwachen Magneten ein Magnet entfernt. LP12 enthält lediglich drei zu schwache Magnete. Diese zwölf Lamellenpakete und ihre Eigenschaften sind in Tabelle 4.3 zusammen getragen. In Bild 4.9 und Bild 4.10 sind die normierten Magnetisierungsvektoren, bestehend aus 24 Werten, für alle Lamellenpakete grafisch dargestellt. Die Messergebnisse veranschaulichen die künstlich eingebrachten Effekte und zeigen bei guten Serienteilen, dass alle einzelnen Magnete innerhalb der Toleranz liegen. Daher eignen sich die Messungen für die Identifikation typischer Fehlerfälle und die Erzeugung von zusätzlichen simulierten Signalverläufen. Tabelle 4.3: Vermessene Lamellenpakete aus der Serienproduktion. LP LP1 - LP2 LP3 LP4 - LP7 LP8 LP9 LP10 LP11 LP12

40

Herstellung Serienteil Serienteil Serienteil Serienteil Manuell montiert Manuell montiert Manuell montiert Manuell montiert

Besonderheiten Summenfluss innerhalb der Toleranz Summenfluss außerhalb der Toleranz (Ausschuss) Summenfluss innerhalb der Toleranz Entfernen eines Magneten Alle Magnete zu schwach magnetisiert Alle Magnete zu schwach magnetisiert Entfernen eines Magneten Drei Magnete zu schwach magnetisiert (1, 13, 14)

4 Signalerfassung und Klassifikation

Bild 4.9:

Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete LP1 bis LP8, die aus der Serienfertigung entnommen wurden.

41

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung

Bild 4.10:

Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete LP9 bis LP12, die aus der Serienfertigung entnommen und manuell mit Magneten bestückt wurden.

4.1.5 Erzeugung von Simulationsdaten Auf simulierte Datensätze muss dann zurückgegriffen werden, wenn nicht genügend experimentelle Daten zur Verfügung stehen. Simulationen eignen sich besonders dafür, mit geringem Aufwand große Datenmengen zu erzeugen, um beispielsweise künstliche neuronale Netzwerke zu trainieren, die tausende Lamellenpakete als Trainingsdaten benötigen. Die einfachste Möglichkeit künstliche Datensätze zu simulieren besteht darin, Zufallsdaten mit konstruierten Fehlerfällen zu erzeugen. Der Einbau systematischer Fehler erlaubt die Beurteilung und Bewertung der Klassifikations- und Optimierungsmethoden. Grundlage der simulierten Signale bilden Messreihen, bei denen ein normalverteiltes Rauschen um den Magnetisierungssollwert erzeugt wird. Diese Daten werden im Folgenden auch als Rauschsignal

42

4 Signalerfassung und Klassifikation bezeichnet. Dem Rauschsignal werden systematische Fehler mit bestimmten Eintrittswahrscheinlichkeiten überlagert, sodass auch mehrere Fehlerarten innerhalb eines Signals auftreten können. So können große Datenmengen mit realistischen Signalverläufen generiert werden. Diese basieren allerdings nur auf Beobachtung experimenteller Daten und erlauben keine Rückschlüsse auf physikalische Effekte. Somit eignen sich diese Daten nur zum Testen einzelner Teilfunktionen, die unabhängig von physikalischen Effekten, also rein signalbasiert sind.

4.1.6

Identifikation typischer Fehlerfälle

Im Folgenden werden drei Hauptfehlerarten beschrieben, die in experimentellen Daten-sätzen identifiziert wurden und somit für die weitere Betrachtung von großer Bedeutung sind und in simulierte Datensätze integriert werden. Diese drei Hauptfehler können einzeln aber auch überlagert auftreten, wodurch gemischte Fehler entstehen. Die Ausprägungen können zudem unterschiedlich stark ausfallen.

4.1.6.1 Magnetbruch Durch fehlerhafte Rohmaterialien aber auch durch Handhabungsprozesse während der Produktion können einzelne Permanentmagnete beschädigt werden (Brüche, Risse), was eine Verringerung der Magnetisierung dieses Magnetes zur Folge hat. In Messreihen äußert sich dies als negativer Ausreißer

Bild 4.11:

Simulierte Magnetisierung der Lamellenpakete mit einzelnen defekten Magneten (z. B. Bruchfehler).

43

4.1 Signalerfassung und Vorverarbeitung (Bild 4.11). Simuliert wird dieser Fehlerfall indem der Magnetisierungswert einzelner Permanentmagnete herabgesetzt wird. Im Extremfall kann so ein fehlender oder vollständig unmagnetisierter Magnet simuliert werden.

4.1.6.2 Mittelwertfehler Bedingt durch den Herstellungsprozess, bei dem einzelne Magnete aus einem gesinterten Permanentmagnetblock herausgeschnitten werden, kann die ganze Charge bestimmte magnetische Eigenschaften aufweisen (Meyer et al. 2016). Die Rohmaterialeigenschaften hängen dabei von der Position innerhalb des Permanentmagnetblocks ab. Dadurch kann es zu einer zu starken oder zu schwachen Magnetisierung aller Magnete kommen, was im Folgenden als Mittelwertfehler bezeichnet wird. Hierfür wird das Rauschsignal, d.h. alle Magnete, mit einem positiven oder negativen Offset beaufschlagt (Bild 4.12). Zusätzlich zu den schwankenden Rohmaterialeigenschaften können auch Störungen im Magnetisierungsprozess diesen Effekt verstärken.

Bild 4.12:

Simulierte negative (links) und positive (rechts) Mittelwertfehler zweier Lamellenpakete.

4.1.6.3 Exzentrizität Geometrische Abweichungen der Lamellenpakte von einer perfekten Kreisform führen zu periodischen Exzentrizitätsfehlern. Durch veränderlichen Abstand der Magnete zum Stator wird die Laufeigenschaft des Motors beeinflusst, obwohl die einzelnen Magnete exakt dem Sollwert entsprechen

44

4 Signalerfassung und Klassifikation

Bild 4.13:

Simulierte Magnetisierungen der Exzentrizitätsfehler sind durch ein überlagertes Sinussignal charakterisiert.

(Bild 4.13). Die Exzentrizität der Messachse wird explizit nicht betrachtet, da es sich nicht um ein Merkmal des Lamellenpaketes handelt.

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps Ziel der Klassifikation ist es, Lamellenpakete mit ähnlichen magnetischen Eigenschaften in Klassen einzuteilen. Für die Festlegung wirkungsvoller Klassen ist immer Expertenwissen bzw. die Erfahrung entsprechender Fachleute notwendig (Weck et al. 2006). Aufgrund unterschiedlicher Fehlerfälle aus der Serienproduktion, deren Ausprägungen und Überlagerungen können die Magnetisierungsvektoren sehr stark variieren. Da Lamellenpakete unterschiedlicher Klassen unterschiedliche Eigenschaften besitzen, lassen sich bezogen auf die Klasseneigenschaften allgemeine Kombinationsvorschriften ableiten. Bei der eigentlichen Kombination müssen dann nur noch die Lamellenpakete aus komplementären Klassen, die sich optimal kompensieren, betrachtet werden. Der Vorteil einer Klassifikation ist folglich eine Reduzierung der Lösungsmenge durch Treffen einer Vorauswahl, was sich unmittelbar auf eine Reduzierung der Rechenzeit auswirkt. Es wird zwischen einer offline Lern- oder Parametrierungsphase sowie einer online Klassifikationsphase unterschieden (Weck et al. 2006). Dadurch vereinfacht sich der Produktionsprozess auf die Zuordnung der Lamellenpakete zu einer Klasse und den Zusammenbau nach hinterlegten Regeln. Die

45

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps rechenzeitintensive Erstellung einer Klassifikationsvorschrift sowie die Entwicklung der Kombinationsvorschrift werden aus der Produktionslinie ausgelagert (offline). Durch die Informationsreduktion des Rotors mit der Magnetisierungskurve zu einer Klassenzugehörigkeit und dem Zusammenbau mit einer offline erstellten Kombinationsvorschrift verringert sich der online Rechenaufwand erheblich. 4.2.1 Self-Organizing Maps Um die Form der Merkmale zu berücksichtigen und die automatische Erzeugung von Klassen zu ermöglichen, werden künstliche neuronale Netze (KNN) untersucht, die natürliche neuronale Netzwerke aus biologischen Vorbildern nachmodellieren. KNN eignen sich besonders gut für die beaufsichtigte aber vor allem auch für die unbeaufsichtigte Klassifikation von Datensätzen (Bezdek 1981; Kaufman et al. 2005) und sind weniger rechenzeitintensiv als statistische Methoden. Sie bestehen aus einer Vielzahl künstlicher Neuronen, die zumeist auf dem Neuronen-Modell von McCulloch und Pitts von 1943 basieren (McCulloch et al. 1943). Die Ein- und Ausgänge der einzelnen Neuronen sind über Verbindungen miteinander vernetzt und stellen die Knotenpunkte im KNN dar. KNN bestehen häufig aus mehreren Schichten von Neuronen, die sich unterteilen lassen in Eingangsschicht, verborgene Schicht und Ausgangsschicht (Bild 4.14). Lernverfahren beeinflussen das KNN durch eine oder mehrere der folgenden Strategien: Entwicklung oder Löschen von Verbindungen, Ändern der Gewichtung von Verbindungen, Hinzufügen oder Löschen von Neuronen und Anpassen der inneren Schwellenwerte der Neuronen. In der Industrie gewinnt die Anwendung von intelligenten Sortier- und Strukturierungsalgorithmen zunehmend an Bedeutung (Mertens et al. 2012). Besonders gut geeignet für die unbeaufsichtigte Klassifikation von Datensätzen sind sogenannte Self-Organizing Maps (SOM), eine spezielle Form von KNN, die zur selbständigen Analyse, Klassifikation und Visualisierung von hochdimensionalen Daten verwendet werden. Einsatzbereiche von SOM sind sehr vielfältig, darunter beispielsweise Spracherkennung und Wetteranalysen (Kohonen 2001). Im Bereich der Elektromobilität wurden SOM bereits für die Fehlerklassifikation von Motoren anhand von Vibrationsmustern in verschiedenen Frequenzen untersucht (Aroui et al. 2009). Die auftretenden Kennlinien wurden mittels SOM klassifiziert und verschiedenen Ursachen zugeordnet. Auf demselben Prinzip basiert die Untersuchung kinematischer Kräfte an fertig montierten Motoren bei verschiedenen Frequenzen und Belastungen zur Bestimmung der restlichen Nutzungsdauer (Amarowicz et al. 2014). In (Tallam et al. 2000) wurden SOM zur Klassifikation von Fehlern in Stator-Windungen eingesetzt, um daraus einen 46

4 Signalerfassung und Klassifikation

… E1 …

A1



E2











Am

En …

Eingangsneuronen Ex

Bild 4.14:

Verborgene Neuronen

Ausgangsneuronen Ax

Schematischer Aufbau eines KNN bestehend aus einer Eingangsschicht, mehreren verborgenen Schichten und einer Ausgangsschicht.

möglichst schonenden Betrieb abzuleiten. Diese Arbeiten befassen sich hauptsächlich mit dem möglichst optimalen Betrieb bei schon entstandenen Fehlern, wohingegen der Ansatz, SOM zur Klassifikation in der Rotorproduktion einzusetzen, bisher noch nicht untersucht wurde. SOM transformieren nichtlineare, statistische Beziehungen der höherdimensionalen Daten in einfachere, meist zweidimensionale Karten, wobei die wichtigsten topologischen Beziehungen erhalten bleiben (Martin et al. 2010). SOM sind einschichtige KNN deren Eingangsneuronen den Ausgangsneuronen entsprechen. Das anliegende Eingangssignal bewirkt am Ausgangsneuron einen bestimmten Gewichtungsfaktor. Zusammengefasst ergeben alle Faktoren eines Ausgangsneurons einen Gewichtungsvektor ‫ݓ‬ ሬሬԦ௝ . Im Gegensatz zu anderen KNN sind alle Ausgangsneuronen vollständig miteinander vernetzt und können sich gegenseitig hemmen. Jedes Ausgangsneuron steht jeweils direkt für eine Klasse bei der Klassifikation und gibt durch einen Aktivierungswert die Zugehörigkeit des Eingangs zu dieser Klasse an. Die Gewichtungsvektoren werden bei SOM zum Vergleich der Eingangssignale verwendet und nicht zu deren Weiterleitung. Die Gewichtungsfaktoren eines Ausgangsneurons entsprechen somit dem Zustand, bei dem das Eingangssignal anliegen muss, um zu der Klasse des Ausgangsneurons zu gehören. Bild 4.15 veranschaulicht dieses Prinzip beispielhaft für eine zweidimensionale topologische Karte. Jedes Neuron steht für eine Klasse, sodass der Eingangsvektor im gezeigten Beispiel einer von 16 Klassen zugeordnet wird.

47

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps

E1 E2 …

En Eingangsvektor

Bild 4.15:

Aktivierte Ausgangsneuronen

Aufbau einer einschichtigen SOM beispielhaft im zweidimensionalen Fall. Jedes Neuron steht jeweils für eine eigene Klasse.

Bei der Klassifikation mittels SOM wird die Zugehörigkeit des Eingangssignals ‫ݔ‬Ԧ zu einer Klasse ሬሬԦ௝ des jeweiligen Ausgangsneurons ݆ bestimmt über die Ähnlichkeit zu den Gewichtungsvektoren ‫ݓ‬ indem der euklidische Abstand (Amann et al. 2010) berechnet wird: ଶ





ฮ‫ݔ‬Ԧ െ ‫ݓ‬ ሬሬԦ௝ ฮ ൌ ටቀ൫‫ݔ‬ଵ െ ‫ݓ‬௝ଵ ൯ ൅ ൫‫ݔ‬ଶ െ ‫ݓ‬௝ଶ ൯ ൅ ‫ ڮ‬൅ ൫‫ݔ‬௡ െ ‫ݓ‬௝௡ ൯ ቁ

(23)

Das globale Minimum aller euklidischen Abstände bestimmt das Ausgangsneuron mit der höchsten Aktivierung, das als Gewinnerneuron bezeichnet wird. Der Gewichtungsvektor des Gewinnerneurons ähnelt dem Eingangsvektor am meisten und wird diesem weiter angepasst. Gleichzeitig werden alle Neuronen in der unmittelbaren Umgebung ebenfalls an dieses Eingangssignal angepasst, allerdings schwächer als das Gewinnerneuron. Auf diese Weise bilden sich topologische Karten in denen ähnliche Signale nah beieinander gruppiert werden (Kohonen 2001; Martin et al. 2010). Es gibt neben der klassischen SOM verschiedene Ausprägungen, wovon die beiden relevantesten kurz erläutert werden. Ein in der Forschung untersuchter Ansatz zur Dimensionierung von SOM ist die Growing SOM (GSOM) (Alahakoon et al. 1998; Se Won Kim et al. 2013). Hierbei wird die Klassenanzahl automatisch solange erhöht bzw. verringert, bis das Eingangsproblem möglichst gut abgedeckt wird (Alahakoon et al. 2000). Dies kann zu einer besseren Repräsentation des Eingangsraumes führen, als mit einer fest vorgegebenen Klassenanzahl. Das Wachstum der Klassen wird über vorgegebene Parameter gesteuert, die wiederum an das jeweilige Klassifikationsproblem angepasst

48

4 Signalerfassung und Klassifikation werden müssen. Da der Eingangsraum anfangs unbekannt ist, müssen diese Parameter ebenfalls iterativ angepasst werden. Dadurch bietet der Ansatz der GSOM keinen Vorteil für den vorliegenden Fall der Rotormontage gegenüber der direkten Einstellung der Klassenzahl. Die einmalige manuelle Einstellung der Klassenanzahl ist folglich zielführender und einfacher zu bewerkstelligen. Neben GSOM gibt es in der Literatur hierarchische SOM (HSOM) (Lampinen et al. 1992; Shimada et al. 2008; Xing Wang et al. 2008). HSOM liefern bessere Klassifikationen als klassische ClusteringAlgorithmen wie beispielsweise der k-Means-Algorithmus (MacQueen 1967). HSOM erlauben es, Elemente einer Klasse in beliebig viele hierarchische Unterklassen zu unterteilen. So werden ausgehend von Hauptfehlern verschiedene Ausprägungen und Überlagerungen erkannt und die Lamellenpakete entsprechend klassifiziert. Im Fall der Rotormontage besteht die Schwierigkeit darin, die Anzahl der Haupt- und Unterklassen zu bestimmen, sodass alle Fehler abgedeckt und redundante Klassen vermieden werden. Da die Anzahl der zu erwartenden systematischen Fehler vom jeweiligen Produktionssystem abhängt, muss dieser Vorgang während der Trainingsphase einmal manuell durchgeführt werden. Je nach Ausprägung der Magnetisierungsabweichungen kommt es jedoch zwangsläufig zu redundanten Klassen. Außerdem müssen mehr Trainingsdaten bereitgestellt werden, um ausreichend viele Trainingsdaten für jede einzelne Unterklasse zu besitzen. Aus diesen Gründen werden im Folgenden klassische SOM verwendet, da weder GSOM noch HSOM Vorteile für das vorliegende Klassifizierungsproblem aufweisen.

4.2.2

Anwendung in der Rotormontage

Ziel dieser Arbeit ist es, mittels SOM die Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete automatisch in Klassen zu unterteilen, die für die anschließende Optimierung der Montage genutzt werden können. Hierbei werden durch die SOM unüberwacht Muster in den Signalen identifiziert, sodass auch momentan unberücksichtigte und unbekannte Fehler oder Abweichungen sowie deren Überlagerungen erkannt und klassifiziert werden können. Es wird unterschieden in eine offline Trainingsphase und anschließend eine online Klassifikation der Lamellenpakete in der Produktion. In der Trainingsphase bekommt die SOM den Magnetisierungsvektor eines Lamellenpaketes mit ‫ܯ‬௉ Einträgen als Eingangsgröße ‫ݔ‬Ԧ des nicht überwachten Lernens überreicht. Jedes Neuron besitzt einen Gewichtsvektor mit ebenfalls ‫ܯ‬௉ Werten, der vor dem ersten Lernschritt mit einem zufälligen Rauschsignal initialisiert wird. Im ersten Schritt wird dann für jedes Neuron der euklidische Abstand 49

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps

m1

m2 …

Zugeordnete Klasse

m24

Lamellenpaket

Bild 4.16:

Magnetisierungsvektor

SOM

Aufbau einer SOM und Einsatz in der Rotorfertigung zur Klassifikation von Lamel-

lenpaketen. ሬሬԦ berechnet und eine sortierte zwischen dem Magnetisierungsvektor ‫ݔ‬Ԧ und dem Gewichtungsvektor ‫ݓ‬ Liste erstellt. Das Neuron mit dem geringsten euklidischen Abstand besitzt die höchste Aktivierung und ist somit das Gewinnerneuron und gleichzeitig die zum Eingangsvektor zugehörige Klasse. Dieses Prinzip ist in Bild 4.16 veranschaulicht. Dargestellt ist eine zweidimensionale einschichtige SOM mit 16 Neuronen und folglich 16 Klassen. Je dunkler das Neuron in dieser Grafik dargestellt ist desto höher ist die Aktivierung ausgelöst durch das Eingangssignal. Im zweiten Trainingsschritt findet das eigentliche Lernen statt, indem die Gewichtungsvektoren der Gewinnerklasse sowie ihre unmittelbare Umgebung an das Eingangssignal angepasst werden (Kohonen 1993; Kohonen 2001; Martin et al. 2010): ‫ݓ‬ ሬሬԦ௝ ሺ‫ ݐ‬൅ ͳሻ ൌ ‫ݓ‬ ሬሬԦ௝ ሺ‫ݐ‬ሻ ൅ ܽ௝ ή ൫‫ݔ‬Ԧሺ‫ݐ‬ሻ െ ‫ݓ‬ ሬሬԦ௝ ሺ‫ݐ‬ሻ൯

(24)

Der angepasste Gewichtungsvektor ‫ݓ‬ ሬሬԦ௝ ሺ‫ ݐ‬൅ ͳሻ besteht aus dem vorherigen Gewichtungsvektor ‫ݓ‬ ሬሬԦ௝ ሺ‫ݐ‬ሻ und einer Verschiebung, sodass der Abstand zum Eingangssignal ‫ݔ‬Ԧሺ‫ݐ‬ሻ verringert wird. Die Stärke dieser Anpassung hängt von der Adaptionsrate ܽ௝ ab, die sich während des Trainingsprozesses ändert (Kohonen 1993; Kohonen 2001). ܽ௝ ൌ ݊௝ ሺ‫ݐ‬ሻ ή ݈ሺ‫ݐ‬ሻ

(25)

Für ܽ௝ ൌ ͳ wird der Gewichtungsvektor in Gleichung (24) vollständig dem Eingangsvektor angepasst, im Fall ܽ௝ ൌ Ͳ findet keine Adaption statt. Der Term ݊௝ ሺ‫ݐ‬ሻ steht für die laterale Hemmung zwischen den einzelnen Ausgangsneuronen und nimmt mit zunehmender Distanz des trainierten Neu-

50

4 Signalerfassung und Klassifikation rons vom aktivierten Neuron (Gewinnerneuron) ab. Auf diese Weise steigt die Ähnlichkeit benachbarter Neuronen und es entsteht ein topologischer Zusammenhang des Eingangsraums in der SOM. Die laterale Hemmung berechnet sich zu (Kohonen 2001):

݊௝ ሺ‫ݐ‬ሻ ൌ ݁

ି

ௗ௜௦௧ሺ௞೔ ǡ௞ೢ ሻమ ଶή൫ఋሺ௧ሻ൯



(26)

Das Distanzmaß ݀݅‫ݐݏ‬ሺ݇௜ ǡ ݇௪ ሻ in Gleichung (26) bestimmt den Abstand zwischen aktuellem Ausgangsneuron und Gewinnerneuron. Der Adaptionsradius ߜሺ‫ݐ‬ሻ erlaubt anfangs eine Beeinflussung von weit entfernten Klassen und klingt im Verlauf des Trainings ab, um die gelernte Struktur nicht negativ zu beeinflussen und um eine Konvergenz zu erlauben. ௧

ߜୣ୬ୢ ௧೘ೌೣ  ߜሺ‫ݐ‬ሻ ൌ ߜ଴ ή ൬ ൰ ߜ଴

(27)

Der zweite Faktor in Gleichung (25) ist der Fortschritt des Lernvorgangs ݈ሺ‫ݐ‬ሻ. Zu Beginn wird eine hohe Lernrate ‫ܮ‬଴ gefordert, die im Laufe des Trainings abnimmt bis ‫ܮ‬௘௡ௗ . ௧

‫ܮ‬௘௡ௗ ௧೘ೌೣ ݈ሺ‫ݐ‬ሻ ൌ ‫ܮ‬଴ ή ൬ ൰ ‫ܮ‬଴

(28)

Nach einer bestimmten Anzahl an Trainingsdaten und Iterationen konvergiert die SOM, das heißt, es stellen sich schließlich Klassen mit spezifischen Eigenschaften ein und die Gewichtungsvektoren ändern sich nicht mehr. Da der Gewichtungsvektor einer Klasse dieselbe Struktur aufweist wie ein Magnetisierungsvektor, kann er als „Muster-Lamellenpaket“ der jeweiligen Klasse angesehen werden.

4.2.2.1 Offline Trainingsphase SOM besitzen mehrere Parameter, die während der Trainingsphase einen Einfluss auf das zu erzielende Ergebnis besitzen: x

Dimension: Anzahl der Output-Neuronen und somit Anzahl der Klassen,

x

Trainingsschritte: Wiederholungen mit dem identischen Trainingsdatensatz,

51

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps x

anfängliche Nachbarschaftsgröße ߜ଴ und Grenzwert ߜ௘௡ௗ ,

x

Lernraten ‫ܮ‬଴ und ‫ܮ‬௘௡ௗ ,

x

Art der Distanzfunktion, z. B. euklidischer Abstand.

Die Dimension der SOM ist ein Parameter der iterativ bestimmt werden muss. Im Fall der Rotormontage ist eine zu geringe Klassenzahl kritischer als eine zu hohe, da bei zu wenigen Klassen gemischte Fehler in einer gemeinsamen Klasse zusammengefasst werden müssen. Bei zu hoher Klassenanzahl kommt es zu redundanten Klassen, die sehr ähnliche Magnetisierungsverläufe enthalten können. Diese können mittels offline Kombinationsvorschrift berücksichtigt oder gegebenenfalls wieder reduziert werden. Es wird jedoch sichergestellt, dass alle relevanten und signifikanten Verläufe und Überlagerungen erkannt werden. Eingangsdaten mit systematischen Fehlern (Bruch, Mittelwert, Sinus) und deren Überlagerungen erlauben eine einfache Überprüfung, ob die SOM die Hauptfehler

Normierte Magnetisierung

sowie gemischte Fehler eindeutig identifizieren und erfolgreich klassifizieren kann.

Magnetnummer

Bild 4.17

Gewichtungsvektoren der neun Neuronen einer SOM mit 100 Trainings-Lamellenpaketen nach 100 Iterationen.

52

Normierte Magnetisierung

4 Signalerfassung und Klassifikation

Magnetnummer

Bild 4.18

Gewichtungsvektoren der neun Neuronen einer SOM mit 10.000 Trainings-Lamellenpaketen nach einer Iteration.

Die Rechenzeit steigt linear mit der Anzahl der Trainingsdaten an, dabei ist unerheblich ob diese Anzahl durch tatsächlich vorhandene Messwerte oder die Anzahl der Trainingsschritte erreicht wird. Auf die Qualität des Ergebnisses hat dies jedoch einen signifikanten Einfluss. In Bild 4.17 sind die Gewichtungsvektoren einer SOM mit neun Neuronen (3x3) für 100 Trainings-Lamellenpakete und 100 Iterationen dargestellt, insgesamt liegen also 10.000 Trainingsdaten vor. Aus Platzgründen wurden die Achsbeschriftungen entfernt. Die x-Achse bezeichnet die Magnetnummer und die y-Achse die normierte Magnetisierung. Vier Klassen haben den Magnetbruch gelernt, zwei einen leichten Sinus. Alle weiteren Gewichtungsvektoren haben lediglich ein verrauschtes Signal um den Mittelwert gelernt, was daran liegt, dass die Häufigkeit der markanten Fehler im Datensatz von 100 Lamellenpaketen zu gering war. Der Mittelwertfehler wurde überhaupt nicht erkannt. Wird ein Trainingsdatensatz von 10.000 Lamellenpaketen bei einer Iteration verwendet, ergeben sich die Gewichtungsvektoren aus Bild 4.18. In diesem Fall werden die tatsächlich zugrunde liegenden Fehler Mittelwertverschiebung, Magnetbruch und Sinusüberlagerung identifiziert und von der SOM 53

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps gelernt. Problematisch ist die mehrfache Erkennung einiger Hauptfehler, die durch Verschiebung im rotationssymmetrischen Lamellenpaket zustande kommt. Sinusfehler werden mehrfach erkannt, da das Signal phasenverschoben sein kann. Bei Mittelwertfehlern tritt dieser Effekt nicht auf und einzelne Magnetbrüche werden zum Teil überhaupt nicht erkannt, da hierfür 24 Klassen notwendig wären. Aus diesem Grund wird eine Vorverarbeitung der Daten durchgeführt. Da die Lamellenpakete rotationssymmetrisch sind, wird nicht nur das Rohsignal als Eingangssignal der SOM verwendet, sondern unter Beachtung der Polarität auch alle zwölf Verschiebungen. Somit kann das Eingangssignal unter Berücksichtigung aller möglichen Rotationen optimal klassifiziert werden. Dies liefert ein besseres Ergebnis, allerdings steigt dadurch auch die Rechenzeit. Da die offline Trainingsphase von der eigentlichen online Klassifizierung in der Produktion entkoppelt ist, ist die Erhöhung der Rechenzeit unerheblich. Die Erhöhung der online Rechenzeit ist für ein Lamellenpaket vernachlässigbar klein. Ein grundsätzliches Problem der SOM ist die Dimensionierung der Auflösung des Eingangsraumes durch die Anzahl an Klassen. Die gewählte Klassenanzahl sollte groß genug sein um alle Abweichungen und deren Kombinationen zu detektieren, aber wiederum klein genug, um nicht Fehler der gleichen Art als unterschiedliche Klassen zu bestimmen. Zur Untersuchung der Klassenanzahl wird ein Datensatz mit folgenden Fehlerarten zugrunde gelegt: x

keine Abweichung vom Sollwert

x

Sinusförmige Störung aufgrund der Exzentrizität des Lamellenpaketes

x

Magnetbruch beider Polaritäten (gerader/ungerader Index)

x

Mittelwertabweichung positiv und negativ

Die Auftrittswahrscheinlichkeit der drei Hauptfehler Sinus, Magnetbruch und Mittelwertabweichung wird zu 0,4 gewählt, um ausreichend viele Kombinationen für die Trainingsphase zu erhalten. In einem Datensatz mit 100.000 Lamellenpaketen ergibt sich die in Tabelle 4.4 dargestellte Häufigkeitsverteilung.

54

4 Signalerfassung und Klassifikation Tabelle 4.4: Häufigkeitsverteilung der Fehler und deren Überlagerungen in einem simulierten Datensatz von 100.000 Lamellenpaketen. Fehlerart Keine Abweichung Sinus Magnetbruch Mittelwertabweichung Sinus + Magnetbruch Sinus + Mittelwertabweichung Magnetbruch + Mittelwertabweichung Sinus + Magnetbruch + Mittelwertabweichung

Anzahl [-] 21.590 14.392 14.373 14.492 9.487 9.570 9.524 6.572

Da alle möglichen Kombinationen der oben genannten Abweichungen auftreten können (inklusive Unterscheidung in Nord- und Südpol sowie positive und negative Mittelwertabweichung), sind insgesamt 18 mögliche Überlagerungen denkbar. Folglich sind genau 18 Klassen notwendig, unter der Voraussetzung, dass keine weiteren unbekannten Fehlerarten existieren. Mit 18 Klassen kann jede Kombination erfasst werden, allerdings nur in einer Ausprägung (Bild 4.19). Sollen unterschiedlich starke Ausprägungen in eigenen Klassen klassifiziert werden, dann muss die Anzahl der Klassen weiter erhöht werden. Die Bewertung der notwendigen Klassenzahl erfolgt im weiteren Verlauf dieser Arbeit in der simulativen Validierung, wenn der Effekt der Klassenzahl und -größe quantifiziert werden kann. Hierfür muss das Optimierungsproblem gelöst werden, was im Kapitel 5 untersucht wird.

55

Normierte Magnetisierung

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps

MB

MS

M

MB

M

B

S

B

M

M

MB

S

-

-

MS

B

S

B

Magnetnummer Legende:

Bild 4.19:

M Mittelwertfehler B Magnetbruch S Sinusfehler

Abgeschlossene Trainingsphase mit 18 Klassen nach einer Iteration mit 100.000 Trainingsdaten.

56

Sollwert Magnetisierung

4 Signalerfassung und Klassifikation 4.2.2.2 Online Klassifikation Nach abgeschlossener offline Trainingsphase der Trainingsdaten werden der SOM im online Betrieb Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete als Eingangsvektor zur Klassifikation übergeben. Es wird der minimale euklidische Abstand zwischen dem Eingangsvektor und den bereits gelernten Gewichtungsvektoren aller Neuronen gesucht. Im Gegensatz zur Trainingsphase erfolgt keine Anpassung der Gewichte. Das Gewinnerneuron entspricht der Klasse, in welches das Lamellenpaket zugeordnet wird. Zur Überprüfung der online Klassifikation mittels SOM wird analog zu den Trainingsdaten ein neuer Validierungsdatensatz erstellt. Es wird zunächst eine Puffergröße von 1.000 Lamellenpaketen im Produktionssystem angenommen, sodass 1.000 Lamellenpakete klassifiziert werden müssen. Der Einfluss der Puffergröße auf die erreichbare Qualität der Kompensation hängt von der Fehlerverteilung im realen Produktionssystem ab und muss jeweils angepasst werden. Da hierfür keine Messwerte vorliegen, wird der Effekt in dieser Arbeit nicht untersucht. Nach der Klassifikation der Validierungsdaten ergibt sich die in Bild 4.20 dargestellte Häufigkeitsverteilung. Die höchste Anzahl an Lamellenpaketen entfällt auf die beiden Klassen ohne signifikante Abweichungen, Klasse 13 (158 LP) und Klasse 14 (269 LP). Klasse 17 (leichter Sinus) enthält 111 Lamellenpakete, alle weiteren Werte liegen zwischen 8 und 57 Stück.

Bild 4.20:

Häufigkeitsverteilung der 1.000 Lamellenpakete in 18 Klassen.

57

4.2 Klassifikation mittels Self-Organizing Maps In Bild 4.21 ist eine Klasse mit ihren zugehörigen Lamellenpaketen beispielhaft dargestellt. Es handelt sich hierbei um einen Magnetbruch-Fehler. Der Gewichtungsvektor der Klasse ist dunkelblau dargestellt, die Magnetisierungsvektoren der 54 Lamellenpakete in dieser Klasse sind hellblau. Alle Magnetisierungsvektoren liegen innerhalb der flächig eingefärbten Hüllkurve. Die Hüllkurven aller 18 Klassen zeigen, dass einzelne Lamellenpakete Abweichungen vom Gewichtsvektor der zugeordneten Klasse aufweisen können, hauptsächlich verursacht durch Magnetbruchfehler (Bild 4.22). Gleichzeitig zeigen die Hüllkurven, dass Lamellenpakete innerhalb einer Klasse nicht beliebig austauschbar sind, da zufällig ungünstige Kombinationen bei der Montage resultieren können. Somit stellt die Klassifikation eine notwendige Vorsortierung dar, für die Montage muss die optimale Kombination jedoch noch ermittelt werden. Nach der Klassifikation wird die Klassennummer zusammen mit dem Magnetisierungsvektor gespeichert, sodass im Optimierungsschritt Lamellenpakete komplementärer Klassen kombiniert werden können. Die Berechnung komplementärer Klassen (offline Kombinationsvorschrift) und die Auswahl geeigneter Lamellenpakete aus diesen Klassen erfolgt im nächsten Kapitel nach Einführung des Optimierungsalgorithmus.

Bild 4.21:

58

54 Lamellenpakete mit Magnetbruchfehler sind Klasse 6 zugeordnet.

Normierte Magnetisierung

4 Signalerfassung und Klassifikation

Magnetnummer

Bild 4.22:

Online Klassifikation von 10.000 Lamellenpaketen (Validierungsdaten) in 18 Klassen. Alle Lamellenpakete einer Klasse liegen innerhalb der hellblauen Hüllkurve um den Gewichtsvektor der jeweiligen Klasse. 59

5

Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift

Nach der Vorverarbeitung und Klassifikation der Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete im vorherigen Kapitel, wird eine Strategie zur Ableitung einer optimalen Montagevorschrift für den Rotor entwickelt. Zuerst wird das Optimierungsproblem der selektiven Rotormontage einschließlich der Stell- und Regelgrößen hergeleitet. Zum Lösen dieses kombinatorischen Optimierungsproblems stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung, die sich hinsichtlich Rechenzeit und Lösungsqualität unterscheiden. Nach Auswahl eines geeigneten Optimierungsverfahrens, wird es im letzten Teil dieses Kapitels angepasst und angewendet, um eine optimale Kombinationsvorschrift zu erhalten.

5.1 Formulierung des Optimierungsproblems Zur Kompensation von Abweichungen der Magnetisierung im Rotor müssen komplementäre Magnete nahe beieinander positioniert werden. Dies beinhaltet die Verdrehung ߙ der Lamellenpakete zueinander und eine Anpassung der Reihenfolge ߩ im Rotor. Komplementär bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Magnete dieselbe Polarität (Nord- bzw. Südpol) und entgegengesetzte Abweichungen (positiv bzw. negativ) besitzen.

5.1.1

Rotation der Lamellenpakete

Das Problem der optimalen Rotation kann folgendermaßen beschrieben werden: ȟ‫ܤ‬ఈ ൫ߙԦ௢௣௧ ൯ ൌ ‹ሼȟ‫ܤ‬ሺߙԦሻሽ ሬԦ‫א‬ஐ ఈ

(29)

ο‫ܤ‬ఈ ist die Abweichung der Magnetisierung des Rotors vom Sollwert für einen bestimmten Rotationsvektor ߙԦ aus dem gesamten Lösungsraum ȳ. Die Einträge des Rotationsvektors sind ganzzahlige Werte, die angeben um wie viele Magnete das Lamellenpaket gegen den Uhrzeigersinn verdreht wurde. Da die Polarität der Magnete beachtet werden muss, sind bei 24 Magneten maximal 12 Verschiebungen möglich, bis redundante Kombinationen erreicht werden. Das erste Lamellenpaket des 60

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift Rotors muss aus rotationssymmetrischen Gründen nicht verdreht werden und wird als Referenzachse festgelegt, sodass stets gilt ߙଵ ൌ Ͳ. Der Rotationsvektor nimmt somit folgende Form an: Ͳ ߙଶ ߙԦ ൌ ൦ ൪ ‫ڭ‬ ߙௌು

(30)

Die Anzahl möglicher Permutationen ȫ௥௢௧ für einen Rotor aus ܵ௉ Lamellenpaketen mit jeweils ‫ܯ‬௉ Permanentmagneten ergibt sich somit zu: ‫ܯ‬௉ ௌು ିଵ ȫఈ ൌ ൬ ൰ ʹ

(31)

Daraus folgt, dass die Anzahl möglicher Rotationen und somit der Lösungsraum mit der Zahl der verbauten Lamellenpakete exponentiell wächst. Für den vorliegenden Fall ܵ௉ ൌ ͷ ergeben sich 20.736 Möglichkeiten, bei einer Verdoppelung der Zahl der Lamellenpakete sind mehr als 5 Milliarden Kombinationen möglich. Ziel der Rotationsoptimierung ist es, den Rotationsvektor ߙԦ௢௣௧ zu finden, für den die Magnetisierungsabweichung ο‫ܤ‬ఈ minimal wird. 5.1.2

Reihenfolge der Lamellenpakete

Neben der Rotation ist die Reihenfolge ߩ der Lamellenpakete entscheidend für die Kompensation unterschiedlich starker Magnetfelder. Bei der Bestimmung der Montagereihenfolge werden zwei Ziele verfolgt. Erstens sollen komplementäre Magnete und somit Lamellenpakete möglichst nah beieinander positioniert werden, also in direkter Nachbarschaft. Gleichzeitig sollen Lamellenpakete mit starken Schwankungen bzw. Abweichungen möglichst mittig im Rotor platziert werden, um eine Kompensation aus beiden Richtungen zu erlauben. Qualitativ hochwertige Lamellenpakete mit geringer Abweichung sollen jeweils am oberen und unteren Rand des Rotors positioniert werden. Die beiden Teilziele werden zunächst in separaten Optimierungsproblemen formuliert und schließlich gewichtet in einer Optimierungsfunktion zusammengefasst. Um eine optimale Kompensation komplementärer Magnete zu erreichen, muss folgendes Optimierungsproblem gelöst werden:

61

5.1 Formulierung des Optimierungsproblems ௌು ିଵ

ο‫ܤ‬ሺߩீଵ ሻ ൌ ෍ ο‫ܤ‬௜ǡ௜ାଵ

(32)

௜ୀଵ

ο‫ܤ‬௜ǡ௜ାଵ ist die Magnetisierungsabweichung an der Schnittstelle zwischen Lamellenpaket ݅ und Lamellenpaket ݅ ൅ ͳ. Um stark abweichende Lamellenpakete mittig im Rotor zu positionieren wird ein Positionsvektor ‫݌‬Ԧ eingeführt. Bei einer ungeraden Anzahl von Lamellenpaketen wird das mittlere Gewicht mit dem Wert null beaufschlagt, bei einer geraden Anzahl die beiden mittleren Gewichte. Zum Rand des Rotors nehmen die Gewichtsfaktoren zu. Der resultierende Gewichtungsvektor der Positionen lautet folglich: ‫݌‬ଵ ‫ݓ‬௬ ‫݌ ۍ‬ଶ ‫ݓۍ ې‬௫ ‫ې‬ ‫ۑ ڭ ێ ۑ ڭ ێ‬ ‫ێ‬ ‫ۑ ێ ۑ‬ ‫݌‬Ԧ ൌ ‫݌ ێ‬௠ ‫ ۑ‬ൌ ‫ۑ Ͳ ێ‬ ‫ۑ ڭ ێ ۑ ڭ ێ‬ ‫݌ێ‬ௌು ିଵ ‫ݓێ ۑ‬௫ ‫ۑ‬ ‫݌ ۏ‬ௌು ‫ݓۏ ے‬௬ ‫ے‬

(33)

Mithilfe des Gewichtungsvektors kann die Abweichung der Rotor-Magnetisierung für eine bestimmte Reihenfolge ߩீଶ unter Berücksichtigung der Position des jeweiligen Lamellenpaketes berechnet werden: ௌು

ȟ‫ܤ‬ሺߩ

ீଶ ሻ

ൌ ෍ ‫݌‬௜ ή ο‫ܤ‬௜

(34)

௜ୀଵ

ο‫ܤ‬௜ ist die Magnetisierungsabweichung des Lamellenpaketes ݅: ெು

ο‫ܤ‬௜ ൌ ෍ห߶௜ǡ௝ െ ߶௦௢௟௟ ห ǡ‫ ݅׊‬ൌ ͳǡ ǥ ǡ ܵ௉ ௝ୀଵ

Das gesamte Optimierungsproblem für die Montagereihenfolge ߩ lautet somit: ȟ‫ܤ‬ఘ ൫ߩ௢௣௧ ൯ ൌ ‹ሼȟ‫ܤ‬ሺߩீଵ ሻ ൅ ȟ‫ܤ‬ሺߩீଶ ሻሽ ఘ‫א‬ஐ

(35)

Die Anzahl möglicher Permutationen der Reihenfolge ȫ௥௘௜ von ܵ௉ Lamellenpaketen ist deutlich geringer als die Anzahl möglicher Rotationen und ergibt sich zu:

62

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift ȫఘ ൌ ܵ௉ Ǩ

(36)

5.1.3 Auswahl eines geeigneten Optimierungsverfahrens Zur Lösung kombinatorischer Optimierungsprobleme steht eine Vielzahl an Algorithmen zur Verfügung, wovon jedoch nicht alle für das vorliegende Problem der Rotormontage geeignet sind. Der erste Ansatz ist das Brute-Force Verfahren zur vollständigen Exploration des Lösungsraums ȳ (Paar et al. 2009), der vor allem in der Informatik und Kryptographie zum Einsatz kommt (Paar et al. 2009). Da alle möglichen Kombinationen berechnet und miteinander verglichen werden, eignen sich BruteForce Verfahren zum Ermitteln des globalen Optimums. Allerdings ist ihre Rechenzeit proportional zur Anzahl möglicher Lösungen, wodurch eine praktische Nutzung häufig unmöglich wird. Zusätzlich benötigen sie die Angabe einer Kostenfunktion, die minimiert werden soll. Die exakte Angabe einer Kostenfunktion ist für die Magnetisierungsabweichung ο‫ ܤ‬nicht möglich. Denkbar wäre eine Approximation über ein detailliertes Modell des magnetischen Feldes des Rotors und der Interaktion mit den Statorspulen. Heutige Modelle besitzen jedoch nicht den erforderlichen Detaillierungsgrad und weisen den Nachteil hoher Rechenzeiten auf, was einen Einsatz für die Optimierung unmöglich macht. Ein weiteres Optimierungsverfahrens ist die variable neighborhood search (VNS), eine Metaheuristik aus der Informatik zur näherungsweisen Lösung von kombinatorischen Optimierungsproblemen (Mladenović et al. 1997; Hansen et al. 2001). VNS sucht lokal ein Optimum und bewegt sich im Lösungsraum in unmittelbarer Nachbarschaft zur nächstbesseren Lösung. Dies setzt ein differenzierbares und konvexes Optimierungsproblems voraus, das im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Durch Veränderung der Rotation oder der Reihenfolge der Lamellenpakete kann sich der Wert der Kostenfunktion schlagartig ändern, sodass dieser Algorithmus sowie allgemein alle Gradientenverfahren nicht angewendet werden können, da sie sonst nur lokale Optima finden. Die Partikelschwarmoptimierung (particle swarm optimization, PSO) ist ein Optimierungsverfahren in der Informatik, das nach dem Vorbild des biologischen Schwarmverhaltens eine Lösung für ein Optimierungsproblem sucht (Dorigo et al. 2008). Eine Population von Lösungskandidaten bewegt sich durch den Lösungsraum deren Position mit jedem Rechenschritt aktualisiert wird. Jeder Partikel

63

5.2 Merkmalsselektion und -extraktion folgt einer mathematischen Vorgabe der Position und Geschwindigkeit, die von den gefundenen Lösungen aller Partikel beeinflusst werden, sodass sich der gesamte Schwarm dem Optimum annähert. PSO ist kein Gradientenverfahren und setzt somit keine Differenzierbarkeit voraus. Es handelt sich hierbei um eine Metaheuristik, die auf das aktuelle Optimierungsproblem angepasst werden muss. Ein Nachteil von Metaheuristiken ist, dass kein Nachweis über Konvergenz des Verfahrens existiert. Evolutionäre Algorithmen, zu denen auch die genetischen Algorithmen zählen, stellen keine besonderen Anforderungen an das Optimierungsproblem und sind wie die PSO biologisch inspiriert (Mitchell 1997). Durch Mutationen entsteht genetische Variabilität, die bewertet wird. Besonders erfolgreiche Varianten setzten sich durch, wodurch der Algorithmus mit der Zeit zum Optimum konvergiert. Nachteilig im praktischen Einsatz sind hohe Rechenzeiten und eine geringe Robustheit der Evolutionsparameter. Im vorliegenden Fall der selektiven Rotormontage ist Expertenwissen aus der Produktion vorhanden und kann zur Lösung des Optimierungsproblems eingesetzt werden. Da PSO und evolutionäre Algorithmen kein zusätzliches Expertenwissen berücksichtigen sind sie als Lösungsalgorithmen nicht geeignet. Für den Fall, dass die direkte Vorgabe einer Kostenfunktion nicht möglich ist, jedoch Expertenwissen zum Lösen des Problems bekannt ist, eignen sich besonders Fuzzy Systeme. Diese können auch kombinatorische Optimierungsprobleme, die nicht differenzierbar sind, lösen. Für das Fuzzy System muss zunächst die Komplexität des Datensatzes reduziert werden, was in der Merkmalsselektion und -extraktion stattfindet (Kapitel 5.2). Anschließend erfolgt die Auslegung und Umsetzung des Fuzzy Systems (Kapitel 5.3).

5.2 Merkmalsselektion und -extraktion In dieser Arbeit soll der Magnetisierungsvektor so aufbereitet werden, dass Fuzzy Verfahren zur Optimierung auf den Datensatz angewendet werden können. Um den Rechenaufwand der Optimierung zu reduzieren, ist es generell sinnvoll, die Anzahl der Merkmale einer Messkurve zu reduzieren (van der Heijden 2004). Ein Datensatz wird durch eine Menge an Elementen beschrieben, die wiederum Merkmale besitzen. Jedes Element dieses Datensatzes kann somit durch einen n-dimensionalen Merkmalsvektor dargestellt werden.

64

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift Der Magnetisierungsvektor eines Lamellenpaketes stellt einen Datensatz dar, der aus 24 Elementen (Magneten) besteht. Jedes Element besitzt in diesem Fall genau ein Merkmal, nämlich die Magnetisierung, die Werte innerhalb eines diskreten Wertebereichs ‫ܯ‬ெ annehmen kann. Der Merkmalsraum ist durch ݉௠௜௡ und ݉௠௔௫ beschränkt und aufgrund der Messauflösung des Sensors diskret. Ein Lamellenpaket wird somit durch einen Vektor ‫ݒ‬Ԧ mit 24 Einträgen dargestellt. ‫ݒ‬Ԧ ൌ ሾ݉ଵ

‫ڮ‬

݉ଶସ ሿ் ǡ ‫ܯ‬ெ ൌ ሼ݉௜ ‫ א‬Թȁ݉௠௜௡ ൑ ݉ ൑ ݉௠௔௫ ሽ

(37)

Die beiden Transformationen Merkmalsselektion ܹଵ und Merkmalsextraktion ܹଶ verändern den ursprünglichen Datensatz, um die Optimierung mittels Fuzzy Systemen zu vereinfachen.

5.2.1 Merkmalsselektion Methoden der Merkmalsselektion wählen aus der n-dimensionalen Menge an Merkmalen eine Teilmenge aus, sodass nicht relevante Merkmale entfernt werden. Ein Toleranzband wird eingesetzt, um nur Magnete mit signifikanter Abweichung als defekt zu behandeln. Auf diese Weise können Messrauschen aber auch natürliche Schwankungen geringer Amplitude aus dem Signal entfernt werden. Alle Magnetisierungsabweichungen innerhalb des Toleranzbandes werden dabei zu Null gesetzt. Das Ausgangssignal besitzt genauso viele Magnete wie das Eingangssignal, wobei die Anzahl der relevanten Einträge reduziert wurde, da Nulleinträge erzeugt wurden. ܹଵ ǣ ‫ݒ‬Ԧ հ ‫ݓ‬ ሬሬሬሬԦǡ ଵ

‫ ݖ‬െ ‫ݖ‬௦௢௟௟ ൅ ‫ݖ‬௧௢௟  ǡ െ‫ݖ‬௧௢௟ ൒ ‫ ݖ‬െ ‫ݖ‬௦௢௟௟ ܹଵ ሺ‫ݒ‬Ԧሻ ൌ ൝ ‫ ݖ‬െ ‫ݖ‬௦௢௟௟ െ ‫ݖ‬௧௢௟  ǡ ‫ݖ‬௧௢௟ ൑ ‫ ݖ‬െ ‫ݖ‬௦௢௟௟ Ͳ ǡ ‫ݐݏ݊݋ݏ‬

(38)

Durch Verwendung normierter Größen vereinfacht sich (38) zu:

ܹଵ ǣ ‫ݒ‬Ԧ հ ‫ݓ‬ ሬሬሬሬԦǡ ଵ

‫ ݖ‬െ ͳ ൅ ‫ݖ‬௧௢௟  ǡ െ‫ݖ‬௧௢௟ ൒ ‫ ݖ‬െ ͳ ܹଵ ሺ‫ݒ‬Ԧሻ ൌ ൝ ‫ ݖ‬െ ͳ െ ‫ݖ‬௧௢௟  ǡ ‫ݖ‬௧௢௟ ൑ ‫ ݖ‬െ ͳ Ͳ ǡ ‫ݐݏ݊݋ݏ‬

(39)

Für die Merkmalsselektion wird auf Basis der experimentellen Messwerte ein Toleranzband von േͲǡͷΨ der normierten Magnetisierung verwendet, sodass nur signifikante Abweichungen für die spätere Merkmalsextraktion berücksichtigt werden und das Messrauschen keinen negativen Einfluss auf die Optimierung bewirkt. In Bild 5.1 ist die Merkmalsselektion beispielhaft für LP2 dargestellt.

65

5.2 Merkmalsselektion und -extraktion

Bild 5.1:

Merkmalsselektion mittels Toleranzband von +/-0,5 % für LP2 (a). Das reduzierte Signal enthält nur noch Abweichungen vom Sollwert außerhalb des Toleranzbandes (b).

Bild 5.1 b) zeigt nur noch die Abweichungen vom Sollwert für alle Werte außerhalb des Toleranzbandes. Werte innerhalb der Toleranz wurden zu Null gesetzt.

5.2.2

Merkmalsextraktion

Im Gegensatz zur Merkmalsselektion werden bei der Merkmalsextraktion neue Merkmale über eine Transformation in einen neuen Vektorraum aus dem Alten extrahiert (Liu et al. 1998): ܹଶ ǣ ሺܽଵ ܽଶ ܽଷ ǥ ܽ௡ ሻ հ ൫ܾଵ ܾଶ ܾଷ ǥ ܾ௝ ൯

ሺ݊ ൐ ݆ሻ

(40)

In der Produktionstechnik werden häufig folgende Signalauswertungen zur Merkmalsextraktion eingesetzt (Weck et al. 2006): absolute und gewichtete Werte, Trends, Ableitungen der Mittelwertverläufe, statistische Parameter (Mittelwert, Häufigkeitsverteilung, Varianz, etc.), Spektralanalysen und Abweichungen von Sollwerten (Residuen). Für die optimale Rotormontage werden absolute Werte sowie Abweichungen vom Sollwert der Magnetisierung untersucht. Neben der Höhe der Abweichung einzelner Magnete vom Sollwert ist auch die Anzahl der nebeneinander liegenden Magnete mit gleicher Abweichung relevant. Diese Bereiche von Magneten werden als Merkmal zusammengefasst. Die Merkmalsextraktion identifiziert die beiden dominanten Merkmale des Magnetisierungsvektors, um Kombinationen der vorher eingeführten

66

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift Fehlerfälle erfassen zu können. Ist nur ein Merkmal ausgeprägt, dann wird nur dieses ausgewählt. Die Merkmale eines Lamellenpaketes werden durch folgende Eigenschaften definiert: x

Fläche ‫ܣ‬௜ ,

x

maximaler Peak ܲ௜ ,

x

Länge (Anzahl Magnete) ‫ܮ‬௜ .

Hinzu kommt noch der Abstand ‫ܦ‬ଵଶ zwischen zwei Merkmalen, definiert durch den euklidischen Abstand der beiden Schwerpunkte. Die Merkmalsextraktion ܹଶ extrahiert aus den 24 Messwerten die Eigenschaften der zwei dominanten Merkmale. Das relevanteste Merkmal hat über seine Länge integriert die größte Abweichung vom Sollwert. Das trifft auch auf Magnetbrüche zu, da dort ein sehr kurzer sehr hoher Peak zu einem hohen Fehlerintegral führt. Die Merkmalsextraktion ist eine TransሬሬሬሬԦଵ auf den Vektor ‫ݓ‬ ሬሬሬሬሬԦ: formation des Merkmalsvektors nach der Merkmalsselektion ‫ݓ‬ ଶ ܹǣ ሬሬሬሬԦ ‫ݓ‬ଵ ՜ ሬሬሬሬሬԦǡ ‫ݓ‬ଶ ‫ݓ‬ ሬሬሬሬԦଵ ‫ א‬Թଶସ ǡ ‫ݓ‬ ሬሬሬሬሬԦଶ ‫ א‬Թ଻ ‫ݓ‬ଶ ൌ ሾ‫ܣ‬ଵ ሬሬሬሬሬԦ

ܲଵ

‫ܮ‬ଵ

‫ܦ‬ଵଶ

‫ܣ‬ଶ

ܲଶ

‫ܮ‬ଶ ሿ்

(41) (42)

In Bild 5.2 ist beispielhaft LP2 mit seinen zwei Hauptmerkmalen dargestellt. Das linke Merkmal ist positiv (zu starke Magnete) und besteht aus acht Magneten (݉ଶଷ െ ݉଺ ). Das rechte Merkmal ist hingegen negativ (zu schwache Magnete) und umfasst zehn Magnete (଼݉ െ ݉ଵ଻ ). Der zugehörige Merkmalsvektor lautet: ‫ܣ‬ଵ Ͳǡͳͷ͵ ‫ۍ ې ܲۍ‬ ͲǡͲ͵ͷ ‫ې‬ ‫ ێ‬ଵ‫ێ ۑ‬ ‫ۑ‬ ‫ܮ‬ ‫ ێ‬ଵ‫ ێ ۑ‬ͺ ‫ۑ‬ ‫ݓ‬ଶ ൌ ‫ܦێ‬ଵଶ ‫ ۑ‬ൌ ‫ۑ ͳͳ ێ‬ ሬሬሬሬሬԦ ‫ܣ ێ‬ଶ ‫ێ ۑ‬െͲǡͳͳͺ‫ۑ‬ ‫ܲ ێ‬ଶ ‫ێ ۑ‬െͲǡͲʹͶ‫ۑ‬ ‫ܮ ۏ‬ଶ ‫ے Ͳͳ ۏ ے‬

(43)

67

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen

Bild 5.2:

LP2 weist nach der Merkmalsselektion und anschließenden Merkmalsextraktion ein positives (blau) und ein negatives (rot) Merkmal auf.

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen Die Fuzzy Mengenlehre basiert auf (Zadeh 1965) und ermöglicht Berechnungen von Systemen, die sich aufgrund ihrer Komplexität oder unbekannter Zusammenhänge mathematisch nicht exakt beschreiben lassen (Lutz et al. 2014). Es lassen sich auch menschliche Verhaltensmuster und Expertenwissen nachbilden. Unterschieden wird dabei in scharfe und unscharfe Zugehörigkeiten zu Mengen. In der klassischen Mengenlehre werden scharfe Zuordnungen verwendet, das bedeutet, die Zugehörigkeit ߤ஺ ሺ‫ݔ‬ሻ eines Elements ‫ ݔ‬zur Menge ‫ ܣ‬kann nur die Werte 0 oder 1 annehmen. ߤ஺ ǣ ‫ ݔ‬՜ ሼͲǡͳሽ

(44)

In der unscharfen (engl. fuzzy) Mengenlehre der Fuzzy Logik kann hingegen die Zugehörigkeitsfunktion beliebige Werte zwischen 0 und 1 annehmen: ߤ஺ ǣ ‫ ݔ‬՜ ሾͲǡͳሿ

(45)

Der Zugehörigkeitsgrad ermöglicht der Fuzzy Logik unscharfe Zusammenhänge maschinell zu verarbeiten und linguistische Terme zu verwenden.

68

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift Eine Vielzahl von Anwendungen verwendet die Fuzzy Mengenlehre im Bereich der Klassifikation (Xu et al. 1989; Zhang et al. 1992; Ben-Arieh et al. 2010; Nguyen et al. 2013). In (Jeevanantham et al. 2013) wurde ein evolutionäres Fuzzy-Programmierverfahren entwickelt, um die beste Kombination aus Bauteilen verschiedener Gruppen für Montageprozesse aus Kolben- und Zylinderanordnung zu ermitteln. Weitere beispielhafte Anwendungen von Fuzzy Systemen in der Praxis sind die Wiederherstellung von Daten (Nakamura et al. 1982) oder die Erstellung von Fahrplänen im öffentlichen Personennahverkehr (Garibaldi et al. 2003). Im Bereich der Regelungstechnik hat sich das Mamdani Fuzzy-Inferenz-System (FIS) als anerkannte Methode zur Reglerauslegung entwickelt, vor allem wenn ein Modell nicht verfügbar oder zu komplex ist (Mamdani et al. 1975; Mamdani 1977). Fuzzy-Regler bieten eine Vielzahl an Vorteilen, die ihre Verbreitung in industriellen, vor allem verfahrenstechnischen Anlagen begründen. Fuzzy-Regler sind Kennfeldregler und werden zur Regelung nichtlinearer dynamischer Prozesse eingesetzt. Mathematische Modelle des Prozesses sind hierfür nicht erforderlich, denn es wird ein unscharfes Modell des Prozesses durch Beobachtung und Erfahrungen (Expertenwissen) erstellt und in der Regelbasis gespeichert. Fuzzy-Regler weisen eine hohe Robustheit gegenüber Parameterschwankungen auf (Lutz et al. 2014) und können von Anlagenbedienern leicht verstanden und parametriert werden. Die Nachteile von Fuzzy-Reglern besitzen im Fall der Rotormontage keinen Einfluss. Fuzzy-Regler sind statische Systeme, die für eine exakte Regelung dynamischer Prozesse wegen fehlender dynamischer Anteile einem linearen Standard-Regler unterlegen sind. Das Problem der optimalen Rotormontage besitzt jedoch keine Systemdynamik, die berücksichtigt werden muss. Abhängig von der Anzahl der Variablen und der Anzahl der verwendeten Fuzzy-Mengen pro Variable, kann die Anzahl der Produktionsregeln exponentiell anwachsen. Dies ist bei der Auslegung der Regelbasis und der linguistischen Terme zu beachten, um eine unübersichtliche Fuzzy-Regelbasis zu vermeiden. Im folgenden Kapitel wird auf den Aufbau aus Fuzzifizierung, Inferenz (Datenbasis, Regelbasis) und Defuzzifizierung sowie auf die Funktionsweise eines FIS eingegangen, bevor anschließend die Anwendung in der Rotormontage untersucht wird.

69

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen 5.3.1

Funktionsweise von FIS

Der Aufbau eines klassischen FIS bestehend aus Fuzzifizierung, Inferenz und Defuzzifizierung ist in Bild 5.3 dargestellt. Die scharfen Eingänge ‫ݔ‬Ԧ௝௞ werden in der Fuzzifizierung mittels der Zugehörigkeitsfunktionen zunächst fuzzifiziert, das heißt, es werden die Zugehörigkeitsgrade (unscharf) der Eingänge zu den linguistischen Termen bestimmt. Im Inferenz-Block wird auf Grundlage der Regelbasis die Entscheidung des Fuzzy-Reglers getroffen. Hierfür wird die Prämisse ausgewertet (Implikation) und abhängig vom Erfüllungsgrad entsteht ein unscharfer Ausgang. Die unscharfen Ausgänge aller Regeln aus der Regelbasis werden akkumuliert und ergeben eine unscharfe Ausgangsverteilung‫ݕ‬௙ . Zur Bestimmung eines scharfen Ausgangswertes ‫ݕ‬௝௞ , wird anschließend eine Defuzzifizierung durchgeführt. Die einzelnen Komponenten werden im Folgenden detailliert erläutert.

5.3.1.1 Fuzzifizierung In der Fuzzifizierung werden aus exakten scharfen Eingangswerten unscharfe Aktivierungsgrade der Zugehörigkeitsfunktionen bestimmt. Die Zugehörigkeitsfunktionen können unterschiedliche Formen annehmen, solange sie zwischen 0 und 1 liegen. In MATLAB sind elf Zugehörigkeitsfunktionen bereits implementiert (Sivanandam et al. 2007; The MathWorks 2016): trianguläre Funktionen (trimf), trapezförmige Funktionen (trapmf), Glockenkurven (gaussmf, gauss2mf, gbellmf), S- (sigmf, dsigmf, psigmf) und Z-förmige (zmf, pimf, smf) Funktionen. Für die logische Verknüpfung von Fuzzy-Mengen stehen verschiedene Operatoren zur Verfügung, darunter der MIN und MAX Operator.

Zugehörigkeitsfkt. ‹‰ƒ‰

‫ݔ‬Ԧ௝௞

Fuzzifizierung

Regelbasis ‫ݔ‬Ԧ௙

Inferenz

‫ݕ‬௙

Defuzzifizierung

‫ݕ‬௝௞

Ausgang

FIS

Bild 5.3:

70

Aufbau eines Fuzzy Inferenz Systems nach (Mamdani et al. 1975; Mamdani 1977).

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift 5.3.1.2 Fuzzy Inferenz Das vollständige Wissen über das Systemverhalten des Prozesses ist in einem FIS in der Regelbasis enthalten. Die Fuzzy-Regeln bestimmen unscharfe Ausgangsvariablen (unscharfe Stellgrößen) aus unscharfen Eingangsvariablen. Die Regeln bestehen jeweils aus einer Prämisse (Vorbedingung) und einer Konklusion (Folgerung): ܹ‫ۄ݊݋݅ݏݑ݈݇݊݋ܭۃܰܰܣܦۄ݁ݏݏ݅݉¡ݎܲۃܰܰܧ‬

(46)

Werden in der Prämisse mehrere Eingänge miteinander verknüpft, dann nimmt die Regel folgende Form an: ܹ‫݁ܰܰܧ‬ଵ ൌ ܽଵ௜ ܷܰ‫݁ܦ‬ଶ ൌ ܽଶ௜ ܷܰ‫ ܦ‬ǥ ‫ ݕܰܰܣܦ‬ൌ ‫ݑ‬௜

(47)

Die UND-Verknüpfung (t-Norm) sowie ODER-Verknüpfung (t-Conorm) können auf unterschiedliche Arten realisiert werden (Sivanandam et al. 2007). Wie stark eine Regel in die Berechnung des scharfen Ausgangswertes des FIS eingeht bestimmt der Erfüllungsgrad, der von den Zugehörigkeitsgraden der Eingangsgrößen, der Wahl der t-Norm und t-Conorm abhängt. Die Regelbasis eines FIS setzt die Einhaltung folgender Randbedingungen voraus: x

Vollständigkeit: Alle Eingangskombinationen besitzen einen zugehörigen Ausgangswert.

x

Widerspruchsfreiheit: Regeln mit derselben Prämisse besitzen die gleiche Konklusion und dürfen sich nicht widersprechen.

x

Kontinuität: Die Fuzzy-Mengen der Ausgänge benachbarter Regeln besitzen eine nichtleere Schnittmenge.

Die Anzahl der benötigten Regeln ݊ோ௘௚௘௟ wächst exponentiell mit der Anzahl der verwendeten linguistischen Terme ்݊௘௥௠ und deren Variablen ݊௏௔௥ : ݊ோ௘௚௘௟ ൌ ்݊௘௥௠ ௡ೇೌೝ

(48)

Um die Rechenzeit des FIS gering zu halten, sollte eine geringe Anzahl der Variablen linguistischer Terme gewählt werden. In der Implikation wird aus jeder Regel ݆ ein unscharfer Ausgangswert ‫ݕ‬௝ berechnet, indem für jede Regel der Erfüllungsgrad ߛ෤௝ auf die Zugehörigkeitsfunktion des Ausgangs

71

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen übertragen wird. In der Literatur ist der MIN-Operator für die Implikation, auch Fuzzy-Schließen genannt, weit verbreitet und wird daher in dieser Arbeit eingesetzt. Dieser bewirkt ein Abschneiden der Zugehörigkeitsfunktion vom Ausgang auf Höhe von ߛ෤௝ .

5.3.1.3 Defuzzifizierung Das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz sind unscharfe Ausgangsmengen ‫ݕ‬௝ , die durch einen ODEROperator, beispielsweise mittels MAX-Methode, zu einer Gesamtausgangsmenge aggregiert werden. Die unscharfe Gesamtausgangsmenge ‫ݕ‬௚௘௦ wird in der anschließenden Defuzzifizierung in einen scharfen Ausgangswert überführt. Weit verbreitete Methoden der Defuzzifizierung sind die Schwerpunktmethode, Bisektor-Methode oder die Mittelwert-Maximum-Methode (mom-Methode) (Sivanandam et al. 2007). Die Schwerpunktmethode liefert den scharfen Ausgangswert ‫ݕ‬௝௞ , indem der Schwerpunkt der Ausgangsfläche berechnet wird: ‫ݕ‬௝௞ ൌ

‫ݕ ׬‬௚௘௦ ή ߤ൫‫ݕ‬௚௘௦ ൯݀‫ݕ‬௚௘௦ ‫ݕ ׬‬௚௘௦ ݀‫ݕ‬௚௘௦

(49)

Nachteilig ist der hohe Rechenaufwand dieser Methode. Vorteilhaft ist, dass bei der Schwerpunktmethode alle aktiven Regeln in die Berechnung von ‫ݕ‬௝௞ eingehen und geringe Änderungen der Ausgangsfläche ‫ݕ‬௚௘௦ nur geringe Änderungen von ‫ݕ‬௝௞ bewirken. Aus diesen Gründen wird zur Defuzzifizierung im Folgenden die Schwerpunktmethode verwendet.

5.3.2 Anpassung des FIS an die Rotormontage Das allgemeine FIS aus Bild 5.3 wird in diesem Kapitel für die Rotormontage angepasst und besitzt folgende zwei Aufgaben: x

Ermittlung der offline Kombinationsvorschrift der Klassen

x

Ermittlung der online Kombination vorhandener Lamellenpakete aus zugehörigen Klassen

Die Kombinationsvorschrift der zusammengehörenden Klassen wird mittels Merkmalsvektoren bestimmt, die aus den Gewichtsvektoren der Neuronen der SOM berechnet werden. Diese Vorschrift

72

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift LP Magnetisierung

Rotor Montage

gleichmäßiges magnet. Feld Datenerfassung und -vorverarbeitung

Bild 5.4:

Klassifikation mittels SOM

Merkmalsselektion und -extraktion

Optimierung der Montagevorschrift mittels FIS

Integration der Fuzzy-Regelung in die selektive Rotormontage.

gibt an, welche Klassen gut für eine Kompensation von Magnetisierungsabweichungen geeignet sind und wird einmal offline ermittelt. Anschließend erfolgt im Betrieb eine online Kombination von Lamellenpaketen aus Klassen, die laut Kombinationsvorschrift für eine Kompensation geeignet sind. Die Auswahl der optimalen Kombination von Lamellenpaketen erfolgt mittels Merkmalsvektoren, die aus den Magnetisierungsvektoren berechnet werden. Das FIS kann in die Rotormontage integriert werden, indem es der Klassifikation nach- und der Montage vorgeschaltet wird (Bild 5.4). Für die Rotormontage werden im folgenden Abschnitt die Eingangs- und Ausgangsgrößen sowie der in Bild 5.5 dargestellte Aufbau untersucht. Dies beinhaltet die Definition der Zugehörigkeitsfunktionen und den Aufbau der Regelbasis.

5.3.2.1 Eingangs- und Ausgangsgrößen Dem FIS wird ein Eingangsvektor mit neun Einträgen übergeben, der sich aus den Merkmalsvektoren der zu kombinierenden Klassen oder Lamellenpakete berechnet: ‫ݔ‬Ԧ௝௞ ൌ ሾ‫ݔ‬ଵ

‫ݔ‬ଶ

ǥ

‫ݔ‬ଽ ሿ்

(50)

Der erste Eintrag ist der Absolutwert der summierten Fläche des ersten Merkmals:

73

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen

5 dA1 Input 5

10

medium

large

0.6 0.4 0.2 0 0

2

4

6

dP2

Merkmals- ‫ݓ‬௝ vektor ݆

Input 3 large

0.2 0 0

small 1

2

4 dP1 Input 6

6

medium

large

0.8 0.6 0.4 0.2 0 0

5

10 dL2

15

small 1

Input 4

medium

large

0.8 0.6 0.4 0.2 0 0

5

10 dL1 Input 7

smallmedium 1

medium

large

0.6 0.4 0.2 0 0

50 dA2 Output 1

0.6 0.4 0.2 0 10 dS

small 1

0.8

15

large

0.8

0

Degree of membership

medium

0.6 0.4

20

Degree of membership

0

small 1

0.8

small 1

0.8

Degree of membership

0

Degree of membership

Input 2 large

0.2

Degree of membership

medium

0.6 0.4

Degree of membership

Degree of membership

Degree of membership

Input 1 small 1

0.8

poor 1

medium

good

0.5 suitness

1

0.8 0.6 0.4 0.2 0 0

Zugehörigh keitsfkt. ‫ݔ‬Ԧ௝௞

Fuzzifizierung

Merkmalsvektor ݇ ‫ݓ‬௞

Regelbasis ‫ݔ‬Ԧ௙

‫ݕ‬௝௞ ‫ݕ‬௙

Inferenz dA1 small

Suitability uitability ability good

1

10

20

30

40

50

0

0.2 0

dA1 medium

0.5

1

0

0.4

0.2

0.2

0

0

0

30

40

50

1

1 0.8 0.6

0.4

0.2 20

0.5

Clipped Output

1 0.8 0.6

0.4

10

0.8 0

Suitability medium

1 0.8 0.6

0

1

0.6

Position P

0.4

0.2 0

Eignung

centroid

0.8

0.6 0.4

0.2

‫݌‬௝௞

Aggregated Outpu Outp Output Distribution

1

0.8

0.6 0.4

0

Clipped Output

1

0.8

Defuzzifizierung

0

0.5

1

0.6

0.4 0

0.5

1

0.2

FIS

Bild 5.5:

0

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

Aufbau des FIS für die selektive Rotormontage. ‫ݔ‬ଵ ൌ ȁ‫ܣ‬ଵǡ௝ ൅ ‫ܣ‬ଵǡ௞ ȁ

(51)

Dieser Wert bestimmt maßgeblich, wie gut sich zwei Merkmalsvektoren zur Kompensation überlappen. Die niedrigste summierte Fläche erreichen Merkmale mit unterschiedlichem Vorzeichen. Merkmale mit gleichem Vorzeichen verstärken die Abweichung und eignen sich somit nicht zur Kompensation. Analog wird der zweite Eintrag aus den maximalen Peaks des ersten Merkmals berechnet: ‫ݔ‬ଶ ൌ ȁܲଵǡ௝ ൅ ܲଵǡ௞ ȁ

(52)

Hier gilt ebenfalls, dass sich Peaks unterschiedlicher Vorzeichen gut kompensieren. Dies ist dann der Fall, wenn zu schwache Magnete in der Nähe zu Starker positioniert werden. Der dritte Eintrag ist die Längendifferenz des ersten Merkmals beider Merkmalsvektoren: ‫ݔ‬ଷ ൌ ȁ‫ܮ‬ଵǡ௝ െ ‫ܮ‬ଵǡ௞ ȁ

(53)

Da beide Längen positive Zahlenwerte sind, wird der Absolutwert der Differenz gebildet. Eine kleine Längendifferenz ist erforderlich, da ein kurzer hoher Peak nur schlecht eine lange Abweichung kompensieren kann, obwohl ‫ݔ‬ଵ für diesen Fall einen kleinen Wert annehmen kann. Die Eingänge ‫ݔ‬ସ bis ‫ ଺ݔ‬berechnen sich analog zu:

74

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift ‫ݔ‬ସ ൌ ȁ‫ܣ‬ଶǡ௝ ൅ ‫ܣ‬ଶǡ௞ ȁ

(54)

‫ݔ‬ହ ൌ ȁܲଶǡ௝ ൅ ܲଶǡ௞ ȁ

(55)

‫ ଺ݔ‬ൌ ȁ‫ܮ‬ଶǡ௝ െ ‫ܮ‬ଶǡ௞ ȁ

(56)

Neben der Länge der Merkmale ist der Abstand zwischen Merkmal 1 und Merkmal 2 ebenfalls zu berücksichtigen. ‫ ଻ݔ‬ൌ ȁ‫ܦ‬ଵଶǡ௝ െ ‫ܦ‬ଵଶǡ௞ ȁ

(57)

Ein kleiner Wert für ‫ ଻ݔ‬bedeutet, dass beide Merkmale beider Merkmalsvektoren sich gut überdecken und somit gut kompensieren können. Bei einem großen Wert sind die beiden Merkmalsvektoren für eine Kompensation nicht geeignet. Die letzten beiden Einträge im Eingangsvektor des FIS beinhalten den Absolutwert der Peaks von Merkmal 1: ‫ ଼ݔ‬ൌ ܲଵǡ௝

(58)

‫ݔ‬ଽ ൌ ܲଵǡ௞

(59)

Der Eingangsvektor ‫ݔ‬Ԧ kann sowohl aus den Gewichtsvektoren der SOM als auch aus den Magnetisierungsvektoren einzelner Lamellenpakete berechnet werden. Basierend auf den Einträgen dieses Eingangsvektors, gibt es neun linguistische Terme mit jeweils drei Werten als Eingangsgrößen. Um die Größe der Regelbasis nicht unnötig wachsen zu lassen, werden die drei Tendenzen „klein“, „mittel“ und „groß“ als linguistische Werte gewählt. Nach Fuzzifizierung, Inferenz und Defuzzifizierung werden zwei scharfe Ausgänge ausgegeben und an die Montagestation weitergeleitet (Bild 5.5). Der erste Ausgang beschreibt die Eignung ‫ݕ‬௝௞ zweier Merkmalsvektoren ݆ und ݇ zur Kompensation, der zweite Wert ‫݌‬௝௞ gibt an, an welcher Position dieses Paar im Rotor positioniert werden sollte. Die beiden Ausgänge des FIS sind somit die linguistischen Terme „Eignung“ und „Position“ ebenfalls mit jeweils drei linguistischen Werten. Alle Ein- und Ausgangsgrößen sind in Tabelle 5.1 mit ihren linguistischen Termen zusammengefasst.

75

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen

Tabelle 5.1: Linguistische Terme mit zugehörigen linguistischen Werten des FIS.

࢞૚ ࢞૛ ࢞૜ ࢞૝ ࢞૞ ࢞૟ ࢞ૠ ࢞ૡ ࢞ૢ ࢟࢐࢑ ࢖࢐࢑

Linguistische Variable Flächendifferenz von Merkmal 1 Höhendifferenz von Merkmal 1 Längendifferenz von Merkmal 1 Flächendifferenz von Merkmal 2 Höhendifferenz von Merkmal 2 Längendifferenz von Merkmal 2 Abstandsdifferenz der Merkmale ܲଵǡ௝ : Höhe von Merkmal 1 von ݆ ܲଵǡ௞ : Höhe von Merkmal 1 von ݇ Eignung von ݆ und ݇ Position des Paares im Rotor

Linguistische Werte klein - mittel - groß klein - mittel - groß klein - mittel - groß klein - mittel - groß klein - mittel - groß klein - mittel - groß klein - mittel - groß klein - mittel - groß klein - mittel - groß gut - mittel - schlecht innen - mittig - außen

Art Eingang Eingang Eingang Eingang Eingang Eingang Eingang Eingang Eingang Ausgang Ausgang

5.3.2.2 Zugehörigkeitsfunktionen Als Zugehörigkeitsfunktion stehen, wie in Kapitel 5.3.1.1 beschrieben, elf mögliche Kurven zur Auswahl, die in der Praxis eingesetzt werden (Garibaldi et al. 2003). Dreiecksfunktionen sind sehr simpel, erlauben allerdings nicht die Implementierung von Plateaus und eignen sich somit schlecht für asymmetrische Verteilungen. Glockenkurven erlauben keine asymmetrischen Verteilungen und sind somit gänzlich ungeeignet für den vorliegenden Fall. S- und Z-förmige Funktionen sind prinzipiell geeignet, aufgrund ihrer komplexeren Beschreibung und Auswertung und somit höheren Rechenzeit werden sie jedoch in diesem Fall nicht eingesetzt. Stattdessen werden im weiteren Verlauf trapezförmige Funktionen eingesetzt, welche sehr simpel in ihrer Beschreibung und Berechnung sind und sich im Gegensatz zu triangulären Kurven sehr gut für asymmetrische Datensätze eignen. Für jeden linguistischen Wert existiert genau eine Zugehörigkeitsfunktion, insgesamt werden also 33 Zugehörigkeitsfunktionen benötigt. Die resultierenden Zugehörigkeitsfunktionen sind in Bild 5.6 und Bild 5.7 dargestellt.

76

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift

Bild 5.6:

Zugehörigkeitsfunktionen der ersten acht Eingangsgrößen mit jeweils drei linguistischen Termen.

Das Vorgehen zur Auslegung der Zugehörigkeitsfunktionen ist bei allen neun Eingangsgrößen gleich. Nur sehr kleine Differenzen in den Merkmalen zweier Lamellenpakete sollen für die Eignung als gut 77

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen

Bild 5.7:

Zugehörigkeitsfunktionen der neunten Eingangsgröße und der beiden Ausgänge „Eignung“ und „Position“ mit jeweils drei linguistischen Termen.

bewertet werden. Große Steigungen der Kurven und kurze Plateaus für die linguistischen Werte „klein“ und „mittel“ sind die unmittelbare Folge. Der Übergang zwischen „mittel“ und „groß“ ist mit einer deutlich geringeren Steigung realisiert, um eine kontinuierliche Verteilung der Ausgangsgröße zu erreichen. Abschließend wird ein großer Bereich des möglichen Wertebereiches dem Wert „groß“ zugeordnet, um große Abweichungen in den Merkmalen mit hoher Gewichtung zu bewerten, sodass der Eignungswert dieser Lamellenpakete klein ausfällt. Die Zugehörigkeitsfunktionen der Ausgangsgröße „Eignung“ wurden analog festgelegt. Der Bereich der hohen Eignung wurde kleiner gewählt als „mittel“ und „schlecht“, um besonders gut geeignete Lamellenpakete hervorzuheben. Die Ausgangsgröße „Position“ besitzt die linguistischen Werte „innen“, „mittig“ und „außen“.

78

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift 5.3.2.3 Regelbasis Nach Festlegung der Zugehörigkeitsfunktionen wird die Regelbasis durch Befragung von Experten (Entwickler, Maschinenbediener, etc.) mit Expertenwissen aus der Produktion aufgebaut. Die Regeln weisen die Form in Gleichung (46) auf und sind in Tabelle 5.2 mit der zugehörigen Gewichtung zusammengefasst. Die Bedeutung der einzelnen Regeln wird im Folgenden erläutert. Abweichungen der Flächen beider Merkmale wurden als wichtigstes Kriterium der Kompensation identifiziert und somit am stärksten gewichtet. Die Kompensation einzelner Peaks ist nach der Fläche das zweitwichtigste Kriterium, da einzelne kurze Peaks den Betrieb des Motors weniger stark beeinträchtigen als große integrale Abweichungen. Die ersten 21 Regeln behandeln jeweils einen linguistischen Term der sieben Eingangsgrößen ‫ݔ‬ଵ bis ‫ ଻ݔ‬, nach demselben Prinzip. Kleine Abweichungen bewirken eine gute Eignung, mittlere Abweichungen eine mittlere Eignung und große Abweichungen führen zu einer schlechten Eignung. Die Feineinstellung erfolgt mittels der Zugehörigkeitsfunktionen und der Gewichtungen der Regeln und wird iterativ eingestellt. Die beste Eignung wird erreicht, wenn alle Differenzen zwischen den beiden Merkmalsvektoren möglichst klein sind (Regel 22). Sind die Längen der Merkmale oder deren Abstand groß, dann kann keine gute Kompensation erfolgen, weil die zu kompensierenden Merkmale nicht übereinander liegen (Regel 23). Die besondere Gewichtung kleiner Abweichungen in den Flächen wird in Regel 24 realisiert. Anschließend folgen sieben Regeln zur Festlegung der Position innerhalb des Rotors. Mit steigenden Absolutwerten der Merkmalpeaks rückt das Lamellenpaket in die Mitte des Rotors, wohingegen Lamellenpakete mit sehr geringen Abweichungen außen positioniert werden (Regeln 25-28). Bei guter Kompensation und somit guter Eignung zweier Lamellenpakete, hängt die Position innerhalb des Rotors nur von den Absolutwerten ab (Regeln 29-31). Die Gewichtungen der Regeln erlauben eine unterschiedlich starke Berücksichtigung von Eingangsgrößen des Fuzzy-Reglers bei der Berechnung des scharfen Ausgangssignals und dienen somit der Feineinstellung des Systems. Es gibt keine allgemeingültigen Einstellregeln, vielmehr basiert die Auswahl der Gewichte auf der Erfahrung des Experten und kann iterativ angepasst werden.

79

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen Tabelle 5.2: Regelbasis des Fuzzy-Reglers für die selektive Rotormontage basierend auf den beiden Merkmalsvektoren, die dem FIS als Eingang übergeben werden. Nr.

Prämisse

Konklusion

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

ȟ‫ܣ‬ଵ ist klein ȟ‫ܣ‬ଵ ist mittel ȟ‫ܣ‬ଵ ist groß οܲଵ ist klein οܲଵ ist mittel οܲଵ ist groß ο‫ܮ‬ଵ ist klein ο‫ܮ‬ଵ ist mittel ο‫ܮ‬ଵ ist groß ȟ‫ܣ‬ଶ ist klein ȟ‫ܣ‬ଶ ist mittel ȟ‫ܣ‬ଶ ist groß οܲଶ ist klein οܲଶ ist mittel οܲଶ ist groß ο‫ܮ‬ଶ ist klein ο‫ܮ‬ଶ ist mittel ο‫ܮ‬ଶ ist groß ȟ‫ܦ‬ଵଶ ist klein ȟ‫ܦ‬ଵଶ ist mittel ȟ‫ܦ‬ଵଶ ist groß (ȟ‫ܣ‬ଵ ist klein) und (οܲଵ ist klein) und (ο‫ܮ‬ଵ ist klein) und (ȟ‫ܣ‬ଶ ist klein) und (οܲଶ ist klein) und (ο‫ܮ‬ଶ ist klein) und (ȟ‫ܦ‬ଵଶ ist klein) (ο‫ܮ‬ଵ ist groß) oder (ο‫ܮ‬ଶ ist groß) oder (ȟ‫ܦ‬ଵଶ ist groß) (ȟ‫ܣ‬ଵ ist klein) und (ȟ‫ܣ‬ଶ ist klein) (ܲଵǡ௝ ist klein) und (ܲଵǡ௞ ist klein) (ܲଵǡ௝ ist mittel) und (ܲଵǡ௞ ist mittel) (ܲଵǡ௝ ist groß) und (ܲଵǡ௞ ist groß) (ܲଵǡ௝ ist mittel) oder (ܲଵǡ௞ ist mittel) (ȟ‫ܣ‬ଵ ist klein) und (οܲଵ ist klein) und (ȟ‫ܣ‬ଶ ist klein) und (οܲଶ ist klein) und (ܲଵǡ௝ ist klein) und (ܲଵǡ௞ ist klein) (ȟ‫ܣ‬ଵ ist klein) und (οܲଵ ist klein) und (ȟ‫ܣ‬ଶ ist klein) und (οܲଶ ist klein) und (ܲଵǡ௝ ist mittel) und (ܲଵǡ௞ ist mittel) (ȟ‫ܣ‬ଵ ist klein) und (οܲଵ ist klein) und (ȟ‫ܣ‬ଶ ist klein) und (οܲଶ ist klein) und (ܲଵǡ௝ ist groß) und (ܲଵ௞ ist groß)

Eignung ist gut Eignung ist mittel Eignung ist schlecht Eignung ist gut Eignung ist mittel Eignung ist schlecht Eignung ist gut Eignung ist mittel Eignung ist schlecht Eignung ist gut Eignung ist mittel Eignung ist schlecht Eignung ist gut Eignung ist mittel Eignung ist schlecht Eignung ist gut Eignung ist mittel Eignung ist schlecht Eignung ist gut Eignung ist mittel Eignung ist schlecht Eignung ist gut

23 24 25 26 27 28 29

30

31

80

Eignung ist schlecht Eignung ist gut Position ist außen Position ist mittig Position ist innen Position ist mittig Eignung ist gut und Position ist außen

Gewichtung 1 1 1 0,9 0,9 0,9 0,5 0,5 0,5 1 1 1 0,9 0,9 0,9 0,5 0,5 0,5 0,8 0,4 0,4 1 0,5 0,8 1 1 1 0,8 0,8

Eignung ist gut und Po- 0,8 sition ist mittig Eignung ist gut und Po- 0,8 sition ist innen

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift 5.3.3 Anwendung zur Ermittlung einer offline Kombinationsvorschrift Nach der Auslegung des FIS wird es im Folgenden eingesetzt, um einerseits eine offline Kombinationsvorschrift auf Klassenebene zu ermitteln und andererseits online die beste Kombination von Lamellenpaketen aus kombinierbaren Klassen zu bestimmen. 5.3.3.1 Bestimmung komplementärer Klassen Zur Reduzierung des Lösungsraums und folglich der Rechenzeit während der online Optimierung wird zunächst eine offline Kombinationsvorschrift auf Basis der Klasseneigenschaften hergeleitet. Nach der Klassifikation mittels SOM (Kapitel 4.2.2.1) liegen 18 Klassen mit ihren zugehörigen Gewichtungsvektoren vor (Bild 4.19). Alle Kombinationen dieser Gewichtsvektoren werden miteinanሬሬԦ௝ die Merkmale des der mittels FIS verglichen und bewertet. Das FIS erhält als ersten Eingang ‫ݓ‬ Gewichtsvektors der ersten Klasse. Anschließend werden die Merkmale der Gewichtsvektoren aller ሬሬԦ௞ übergeben. Als weiteren Klassen (inklusive der ersten Klasse selbst) dem FIS als zweiter Eingang ‫ݓ‬ Ergebnis liefert das FIS zur ersten Klasse 18 Eignungen und 18 Positionen innerhalb des Rotors. Diese Ergebnisse werden nach absteigender Eignung sortiert und sind in Tabelle 5.3 zusammengefasst. Jede Spalte steht für eine der 18 Klassen und enthält in den Zeilen die Eignungswerte der zugeordneten Klassen, inklusive der eigenen Klasse. Somit besitzt die Matrix für 18 Klassen die Dimension 18x18. Zur besseren Übersicht, sind die Eignungswerte eingefärbt: hohe Eignung nahe 1 (grün), mittlere Eignungswerte (gelb) und schlechte Eignung nahe 0 (rot). Jeder Klasse werden so mehrere komplementäre Klassen in absteigender Reihenfolge bezüglich Eignung zugeordnet. Die sechs Klassen mit den schlechtesten maximalen Eignungswerten enthalten jeweils einen Magnetbruchfehler in ihrem Signalverlauf (Klasse 1, 6, 8, 11, 16 und 18 in Bild 4.19). Dies liegt daran, dass Magnetbrüche nur bedingt durch positive Magnetisierungsabweichungen kompensiert werden können. Sehr gut zur Kompensation geeignet sind Klassen ohne Abweichungen (Klasse 13 und 14) sowie Klassen mit Mittelwertabweichungen (Klasse 3, 4, 5, 9 und 10).

81

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen Tabelle 5.3: Übersicht der vom FIS berechneten Eignungswerte für die Kombinationen der 18 Klassen, sortiert nach absteigender Eignung. Klassennummer 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

0,62 0,80 0,80 0,84 0,86 0,63 0,66 0,56 0,84 0,86 0,58 0,76 0,86 0,86 0,66 0,63 0,76 0,56 0,60 0,63 0,65 0,70 0,70 0,63 0,64 0,56 0,66 0,66 0,57 0,63 0,71 0,71 0,60 0,63 0,63 0,56 0,54 0,63 0,62 0,63 0,65 0,63 0,61 0,56 0,64 0,63 0,57 0,60 0,63 0,63 0,60 0,63 0,59 0,56 0,52 0,61 0,62 0,63 0,64 0,63 0,60 0,55 0,63 0,62 0,57 0,56 0,63 0,63 0,57 0,63 0,59 0,53 0,51 0,56 0,56 0,62 0,63 0,57 0,59 0,51 0,62 0,59 0,56 0,56 0,59 0,59 0,57 0,57 0,59 0,51 0,51 0,56 0,56 0,57 0,57 0,56 0,58 0,51 0,59 0,56 0,56 0,56 0,57 0,57 0,56 0,56 0,58 0,51 0,51 0,56 0,56 0,57 0,56 0,56 0,57 0,51 0,58 0,56 0,56 0,55 0,56 0,57 0,56 0,56 0,57 0,51 0,51 0,55 0,56 0,57 0,56 0,56 0,56 0,51 0,57 0,56 0,56 0,55 0,56 0,56 0,56 0,56 0,57 0,51 0,51 0,55 0,56 0,57 0,55 0,56 0,56 0,51 0,57 0,56 0,56 0,55 0,56 0,56 0,56 0,56 0,56 0,51 0,51 0,54 0,56 0,56 0,55 0,56 0,56 0,51 0,57 0,56 0,56 0,55 0,56 0,56 0,56 0,56 0,56 0,51 0,51 0,53 0,56 0,56 0,55 0,56 0,56 0,51 0,56 0,56 0,56 0,55 0,56 0,56 0,56 0,56 0,56 0,51 0,51 0,51 0,56 0,56 0,55 0,55 0,56 0,51 0,56 0,55 0,56 0,55 0,56 0,56 0,56 0,56 0,53 0,51 0,50 0,51 0,56 0,56 0,53 0,53 0,56 0,50 0,56 0,55 0,56 0,55 0,56 0,56 0,51 0,52 0,53 0,50 0,50 0,50 0,54 0,56 0,51 0,52 0,56 0,50 0,56 0,53 0,56 0,54 0,56 0,56 0,51 0,51 0,53 0,50 0,50 0,50 0,53 0,56 0,51 0,51 0,56 0,50 0,54 0,53 0,56 0,53 0,55 0,55 0,51 0,51 0,52 0,50 0,50 0,50 0,51 0,51 0,51 0,51 0,53 0,50 0,51 0,53 0,51 0,43 0,50 0,50 0,51 0,51 0,50 0,50 0,50 0,49 0,50 0,50 0,51 0,51 0,51 0,50 0,50 0,52 0,51 0,40 0,50 0,50 0,51 0,51 0,50 0,50 0,48 0,48 0,49 0,50 0,50 0,51 0,50 0,49 0,50 0,51 0,49 0,40 0,50 0,50 0,50 0,51 0,48 0,49

Neben den Eignungswerten berechnet das FIS die Position der kombinierten Klassen innerhalb des Rotors. Diese Werte sind in Tabelle 5.4 für die gleiche Sortierung nach absteigender Eignung dargestellt. Werte nahe bei 1 (blau) bedeuten, dass die kombinierten Klassen geringe Abweichungen aufweisen und außen im Rotor platziert werden können. Dies gilt für Kombinationen mit geringen Abweichungen, in diesem Fall Klasse 13 und 14. Werte nahe 0 (rot) stehen für Kombinationen mit großen Abweichungen, die mittig im Rotor platziert werden müssen, um eine gute Kompensation durch benachbarte Lamellenpakete zu erreichen. Dies trifft hauptsächlich auf Klassen mit Magnetbrüchen zu, da hier besonders hohe Peaks auftreten.

82

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift Tabelle 5.4: Übersicht der vom FIS berechneten Positionswerte für die Kombinationen der 18 Klassen, sortiert nach absteigender Eignung. Klassennummer 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

0,38 0,46 0,46 0,64 0,50 0,50 0,50 0,38 0,64 0,50 0,70 0,50 0,87 0,87 0,50 0,50 0,70 0,38 0,38 0,46 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,38 0,54 0,54 0,50 0,50 0,87 0,87 0,50 0,50 0,50 0,38 0,38 0,45 0,50 0,62 0,50 0,50 0,46 0,38 0,68 0,46 0,64 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,72 0,38 0,37 0,46 0,38 0,45 0,50 0,50 0,38 0,37 0,50 0,54 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,72 0,37 0,13 0,45 0,50 0,54 0,50 0,50 0,50 0,33 0,50 0,54 0,50 0,50 0,72 0,72 0,50 0,50 0,72 0,13 0,29 0,45 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,13 0,50 0,54 0,50 0,50 0,70 0,70 0,50 0,50 0,50 0,13 0,13 0,45 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,13 0,70 0,50 0,45 0,50 0,64 0,64 0,50 0,50 0,50 0,13 0,38 0,45 0,50 0,64 0,50 0,50 0,50 0,13 0,70 0,50 0,54 0,50 0,85 0,85 0,50 0,50 0,50 0,13 0,38 0,45 0,50 0,64 0,50 0,50 0,50 0,13 0,70 0,50 0,85 0,50 0,54 0,54 0,50 0,50 0,64 0,13 0,13 0,45 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,38 0,69 0,54 0,85 0,50 0,45 0,45 0,50 0,50 0,72 0,38 0,38 0,45 0,38 0,64 0,50 0,50 0,50 0,37 0,50 0,54 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,70 0,37 0,38 0,37 0,50 0,64 0,50 0,50 0,38 0,37 0,50 0,37 0,46 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,54 0,37 0,13 0,37 0,38 0,50 0,50 0,50 0,50 0,13 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,13 0,13 0,46 0,50 0,50 0,38 0,50 0,38 0,13 0,50 0,54 0,72 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,50 0,13 0,37 0,46 0,50 0,50 0,38 0,50 0,50 0,13 0,45 0,37 0,50 0,50 0,50 0,50 0,38 0,50 0,45 0,13 0,37 0,37 0,50 0,33 0,50 0,50 0,50 0,27 0,29 0,50 0,85 0,50 0,13 0,13 0,38 0,50 0,27 0,27 0,33 0,46 0,50 0,33 0,38 0,46 0,50 0,29 0,70 0,37 0,85 0,38 0,87 0,87 0,38 0,46 0,27 0,29 0,27 0,46 0,50 0,33 0,46 0,38 0,50 0,13 0,70 0,50 0,15 0,46 0,87 0,87 0,46 0,38 0,27 0,13

Um die Klassen miteinander kombinieren zu können, sind in Tabelle 5.5 die Nummern der jeweils komplementären Klassen nach absteigender Eignung aufgetragen. Klassen ohne Abweichungen lassen sich am besten mit sich selbst kombinieren (Klasse 13 und 14). Eine negative Mittelwertabweichung (Klasse 5) lässt sich beispielsweise mit einer positiven Mittelwertabweichung kombinieren (Klasse 4 und 10). Negative Peaks der Magnetbrüche lassen sich wie oben erwähnt nur bedingt kompensieren. So wird beispielsweise ein starker negativer Peak (Klasse 8) durch eine positive Mittelwertabweichung (Klasse 3) oder einen Sinus (Klasse 7) kompensiert. Allerdings sind die besten Eignungswerte mit jeweils 0,56 gering. Die drei vorgestellten Tabellen enthalten mit der Eignung, Position und Klassennummer alle Informationen, die für die Ableitung der offline Kombinationsvorschrift auf Klassenebene notwendig sind. Die Vorgehensweise hierfür wird im folgenden Kapitel erläutert und durchgeführt.

83

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen Tabelle 5.5: Liste der komplementären Klassen sortiert nach absteigender Eignung. Klassennummer 1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

3

3

2

9

10

6

15

3

4

5

9

12

13

14

7

6

17

7

7

10

5

5

4

13

5

7

10

9

15

17

14

13

17

13

12

3

12

4

9

4

3

14

2

12

9

2

4

15

6

6

12

14

15

12

10

7

1

2

7

16

1

10

5

4

5

7

16

16

4

16

13

10

18

11

11

10

9

17

9

4

3

10

3

4

17

17

11

17

14

4

9

14

15

15

11

4

17

6

7

11

7

11

9

9

10

7

7

6

8

13

4

7

13

7

4

16

11

15

2

6

4

4

3

10

16

16

15

6

6

14

14

10

11

15

13

16

10

13

11

11

9

9

6

15

5

16

16

11

6

11

16

1

14

6

14

8

10

10

14

4

4

1

1

9

13

6

16

9

6

5

17

14

13

18

2

2

13

3

11

5

16

17

8

13

12

3

12

11

16

13

6

14

5

15

6

11

9

11

6

8

14

17

5

12

18

2

15

8

11

16

3

3

16

12

10

2

14

18

18

16

17

5

13

18

6

12

16

10

7

5

15

15

3

18

13

15

12

3

18

15

8

13

12

17

17

3

15

7

5

5

5

13

2

5

17

12

8

8

14

8

2

18

12

9

12

12

18

8

2

8

11

1

10

8

15

18

10

17

1

7

18

5

1

1

8

18

8

17

4

2

7

18

1

2

7

9

18

1

8

1

18

18

1

2

18

9

17

12

3

1

2

1

3

14

8

3

1

2

8

8

2

1

1

14

5.3.3.2 Ableiten der Montagevorschrift In diesem Abschnitt wird eine Vorschrift zur Kombination von Klassen ermittelt, um unter Berücksichtigung der Eignung und der Position einen optimalen Rotor zu erhalten. Das Vorgehen wird anhand eines Rotors, der aus fünf Lamellenpaketen aufgebaut ist, veranschaulicht (Bild 5.8). Diese Strategie ist unter Einführung zusätzlicher Fallunterscheidungen jedoch auf beliebig große Rotoren erweiterbar. Für die Ermittlung der Kombinationsvorschrift werden die zuvor definierten Strategien zugrunde gelegt. Es werden die beiden Klassen ܿ௝ und ܿ௞ (aus Tabelle 5.5) mit der höchsten Eignung ‫ݕ‬௝௞ (aus Tabelle 5.3) kombiniert. Je höher der Positionswert ‫݌‬௝௞ , (aus Tabelle 5.4) desto weiter außen im Rotor wird das Klassenpaar positioniert. Für das erste Lamellenpaket wird eine beliebige Klasse ܿଵ als Startwert ausgewählt und die komplementäre Klasse ܿଶ mit höchster Eignung aus Tabelle 5.5 ermittelt. Anschließend wird die komplementäre Klasse von ܿଶ bestimmt und als Klasse ܿଷ gespeichert.

84

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift

Auswahl der Startklasse ܿଵ

Bild 5.8:

Bestimmen der komplementären Klasse ܿଶ zu ܿଵ

‫݌‬ଵଶ ൐ ‫݌‬ଶଷ

ܿଵ ܿଶ ܴ ൌ ܿଷ ܿଶ ܿଵ

‫݌‬ଵଶ ൑  ‫݌‬ଶଷ

ܿଷ ܿଶ ܴ ൌ ܿଵ ܿଶ ܿଷ

Bestimmen der komplementären Klasse ܿଷ zu ܿଶ

Vorgehen zur Ermittlung der offline Montagevorschrift für einen Rotor bestehend aus fünf Lamellenpaketen.

Zur Festlegung der Montagereihenfolge innerhalb des Rotors werden die vom FIS ermittelten Positionen ‫݌‬ଵଶ und ‫݌‬ଶଷ verglichen. Die Paarung mit dem höheren Positionswert wird aufgrund der Definition des linguistischen Terms außen im Rotor positioniert. Somit ergeben sich zwei mögliche Montagereihenfolgen ߩଵ und ߩଶ für den Rotoren ܴଵ und ܴଶ , Gleichung (60) und (61). ܴଵ ൌ ሾܿଵ

ܿଶ

ܿଷ

ܿଶ

ܿଵ ሿ்

݂ò‫݌ݎ‬ଵଶ ൐ ‫݌‬ଶଷ

(60)

ܴଶ ൌ ሾܿଷ

ܿଶ

ܿଵ

ܿଶ

ܿଷ ሿ்

݂ò‫݌ݎ‬ଵଶ ൑ ‫݌‬ଶଷ

(61)

Dieser Algorithmus wird auf alle Klassen angewendet, sodass für jede Startklasse automatisch eine Zusammenbauvorschrift berechnet wird. Für die 18 Klassen aus dem vorherigen Abschnitt ergeben sich auf diese Weise die in Tabelle 5.6 dargestellten Montagereihenfolgen. Tabelle 5.6: Kombinationsvorschrift für einen Rotor aus fünf Lamellenpaketen mit aufsteigender Startklasse.

‫ܲܮ‬ଵ ‫ܲܮ‬ଶ ‫ܲܮ‬ଷ ‫ܲܮ‬ସ ‫ܲܮ‬ହ

ܴଵ ܴଶ ܴଷ ܴସ 2 2 3 4 3 3 2 9 1 2 3 4 3 3 2 9 2 2 3 4

Startklasse und Rotornummer ܴହ ܴ଺ ܴ଻ ଼ܴ ܴଽ ܴଵ଴ ܴଵଵ ܴଵଶ ܴଵଷ 5 6 7 2 9 10 11 12 13 10 6 15 3 4 5 9 12 13 5 6 7 8 9 10 4 12 13 10 6 15 3 4 5 9 12 13 5 6 7 2 9 10 11 12 13

ܴଵସ 14 14 14 14 14

ܴଵହ 15 7 15 7 15

ܴଵ଺ 6 6 16 6 6

ܴଵ଻ 17 17 17 17 17

ܴଵ଼ 15 7 18 7 15

85

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen Die Startklasse ist in jedem Rotor hellblau unterlegt. Aufgrund der automatisch ermittelten Eignungsund Positionswerte sind nach der offline Kombinationsvorschrift unterschiedliche Aufbauten von Rotoren möglich: x

ܿଵ ് ܿଶ ് ܿଷ ǣ Rotor bestehend aus drei unterschiedlichen Klassen (ܴଵ , ଼ܴ , ܴଵଵ und ܴଵ଼ ),

x

ܿଵ ൌ ܿଶ ് ܿଷ oder ܿଵ ് ܿଶ ൌ ܿଷ ǣ Rotor bestehend aus zwei unterschiedlichen Klassen (ܴଶ , ܴଷ , ܴସ , ܴହ , ܴ଻ , ܴଽ , ܴଵ଴ , ܴଵହ und ܴଵ଺ ),

x

ܿଵ ൌ ܿଶ ൌ ܿଷ ǣ Rotor bestehend aus einer Klasse (ܴ଺ , ܴଵଶ , ܴଵଷ , ܴଵସ und ܴଵ଻ ).

Anschließend müssen zu einem ausgewählten Start-Lamellenpaket online passende und verdrehte Lamellenpakete aus den komplementären Klassen mittels FIS ausgewählt werden. Dieser Vorgang wird im nachfolgenden Kapitel beschrieben.

5.3.4 Anwendung zur online Ermittlung der optimalen Kombination der Lamellenpakete im Rotor Die offline ermittelte Kombinationsvorschrift gibt vor, in welcher Reihenfolge ߩ die Klassen in einem Rotor aufeinander gestapelt werden. Welche Lamellenpakete aus den jeweiligen Klassen verbaut werden, wird online mittels FIS berechnet. Es werden alle Kombinationen des Start-Lamellenpaketes mit allen Lamellenpaketen aus der komplementären Klasse berechnet und nach ihrer Eignung sortiert. Das ausgewählte Lamellenpaket bildet den Startpunkt für die nächste Kombination. Dieser Vorgang wird so lange durchgeführt, bis der Rotor vollständig aufgebaut ist. In Bild 5.9 ist ein beispielhafter Rotor aus fünf Lamellenpaketen zusammengesetzt. Begonnen wurde der Algorithmus zufällig mit ‫ܲܮ‬ଷ aus Klasse ܿଵହ . Alle weiteren Lamellenpakete sind durch die vom FIS berechnete Eignung vorgegeben. Die komplementären Klassen ergeben sich aus der offline Kombinationsvorschrift, in diesem Fall lautet diese ܴଵହ ൌ ሾܿଵହ

ܿ଻

ܿଵହ

ܿ଻

ܿଵହ ሿ. Auf diese Weise

wird der Rotor iterativ mit optimalen Lamellenpaket-Kombinationen aufgebaut. In einer dreidimensionalen Ansicht der Magnetisierungsvektoren der einzelnen Lamellenpakete ist die Kompensationsstrategie ersichtlich (Bild 5.10). Es sind die Messungen der einzelnen Lamellenpakete unabhängig voneinander dargestellt, das resultierende Magnetfeld des montierten Rotors ist in dieser Grafik nicht dargestellt. Zu starke und zu schwache Bereiche sind alternierend angeordnet, 86

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift sodass sich die Abweichungen nach außen hin kompensieren. Die Farbskala bezieht sich auf die normierte Magnetisierung. Zu starke Magnete sind rot eingefärbt, zu schwache blau. Die gestrichelte schwarze Linie stellt den Sollwert der Magnetisierung für jedes Lamellenpaket dar.

87

5.3 Optimierung mittels Fuzzy-Systemen

Bild 5.9:

88

Rotor bestehend aus fünf Lamellenpaketen der Klassen 15 und 7.

5 Optimierungsverfahren zum Ableiten einer Montagevorschrift

Bild 5.10:

Ergebnis einer online Klassifikation für einen Rotor bestehend aus fünf Lamellenpaketen.

89

6

Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse

Dieses Kapitel behandelt die Implementierung, Validierung und Diskussion der Lösungsstrategien, die in den vorherigen Kapiteln entwickelt wurden. Zuerst wird die Implementierung der Datenerfassung aus der Produktion und der Klassifikations- und Optimierungsalgorithmen beschrieben. Anschließend erfolgt eine Validierung der Funktionsweise durch Finite-Elemente-Methode (FEM) Simulationen der zusammengebauten Rotoren. Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit einer Diskussion der Ergebnisse und einem Ausblick auf den zukünftigen Forschungsbedarf.

6.1 Implementierung Zur Implementierung der in dieser Arbeit entwickelten Lösungsstrategie im Produktionssystem eignen sich Cloud-basierte Steuerungsarchitekturen nach (Mell et al. 2011; Lee et al. 2015). Diese eignen sich für Anwendungen mit hoher Rechenzeit oder wenn Informationen an verschiedenen Stellen erzeugt bzw. genutzt werden (Keinert et al. 2012; Verl et al. 2013). Die Datenaufzeichnung erfolgt lokal und dezentral an den lokalen Prozess- und Maschinensteuerungen, während die Auswertung und Speicherung zentral in der Cloud stattfindet. Angewendet auf das vorliegende Problem der Rotormontage ergibt sich die in Bild 6.1 dargestellte und bereits veröffentlichte Struktur (Coupek et al. 2016). Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass auf der zentralen Recheneinheit eine hohe Rechenleistung und Speicherkapazität zur Verfügung stehen, die eine Implementierung und Berechnung der KNN und FIS ermöglichen. Die Umsetzung der einzelnen Softwarekomponenten zur Datenerfassung und Lösung des optimalen Kombinationsproblems wird im Folgenden näher erläutert.

90

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse

Optimale Montagevorschrift

Cloud basiertes Steuerungssystem

Messung LP 1

M1

M1

M3

M4



LP SP

M2

M2

M5 M3

M4

M6

EOL M7

Stator Linie

M8

Vertrieb

Ausschuss

Gehäuse Linie

Mx Prozess x

Bild 6.1: 6.1.1

LP: Lamellenpaket

EOL: End-Of-Line Inspektion

Cloud-basiertes Steuerungskonzept für die selektive Rotormontage.

Datenerfassung und Speicherung

Zur Erfassung, Anzeige und Speicherung von Daten unterschiedlichster Datenquellen in einem Produktionssystem wurde die Information Sharing Platform (ISP) entwickelt und veröffentlicht (Coupek et al. 2014b). Die Implementierung dieser Software erfolgte in C++ mit Qt für die grafische Benutzeroberfläche. Die Architektur ist modular und somit auch auf andere Anwendungsfälle mehrstufiger Produktionssysteme anpassbar und erweiterbar. Die ISP besteht aus den drei Komponenten Collector, DataStore und Viewer (Bild 6.2). Der Collector stellt über verschiedene dynamische Programmbibliotheken (engl.: Dynamic Link Library, DLL) Anbindungen an Steuerungen oder weitere Softwareapplikationen zur Verfügung und leitet die Daten weiter. Der DataStore empfängt die Daten vom Collector und speichert die Rohdaten als Binärdatei ab. Die Metadaten mit Informationen zur Messung werden in einer SQLite Datenbank abgelegt.

91

6.1 Implementierung

Bediener

Bediener

Viewer

ISP

txt csv

DataStore

offline Export

Collector

offline Import

Analyse Methoden

Bild 6.2:

Interface

online Import

online Export

Steuerung

Datenerzeuger

Datennutzer



Datenbank

xml

mat Software

Maschine/ Sensor

Aufbau der modularen Software ISP zum Aufzeichnen und Speichern von Daten aus unterschiedlichen Datenquellen.

Die Komponenten der ISP können als verteiltes System über Ethernet miteinander kommunizieren. So ist es möglich, mehrere Collectoren gleichzeitig zu verwenden um parallele Prozesse messtechnisch zu erfassen und die Daten gebündelt auf einem Datenserver in der Cloud zu speichern. Den Kompensations- und Optimierungsalgorithmen können Messwerte mittels DLL über verschiedene Export-Formate (txt, csv, xml, mat, etc.) zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise kann die Rechenleistung außerhalb der Produktionslinie bereitgestellt werden. Die Ergebnisse der Optimierung (Stellgrößen) fließen dann über die ISP wieder zurück in den Montageprozess. Der Viewer bietet eine grafische Benutzeroberfläche zur Steuerung von Collector und DataStore und zur Anzeige der Signale (Bild 6.3).

92

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse

Bild 6.3:

Grafische Benutzeroberfläche des ISP-Viewers mit zwei aktiven Datenaufzeichnungen: Rohdaten der Messung eines LP (oben) und der reduzierte Magnetisierungsvektor (unten).

6.1.2

Klassifikations- und Optimierungsmethoden

Die Klassifikation mittels SOM und die Optimierung mittels FIS nutzen exportierte Daten aus der ISP und sind auf einem zentralen Rechner in MATLAB implementiert. Die Module Datenanalyse, Klassifikation, Merkmalsselektion, Merkmalsextraktion und FIS Optimierung sind getrennte Unterprogramme (Bild 6.4). Es wird unterschieden in eine offline Trainingsphase der SOM (links) und einen online Betrieb zur Kombination der Lamellenpakete in der Produktion (rechts).

93

6.1 Implementierung

Messwerte aus Produktion

Trainingsdaten

Datenanalyse nana

Normierte Magnetisierung SOM g Training

O Offline

Gewichtsvektoren der Klassen

Merkmalsrkm selektion

Offline Montagevorschrift

Merkmalsrkma extraktion aktion Merk Merkmalsvektor

Normierte Magnetisierung SOM K Klassifikation Klassen

Online

Datenanalyse nana

Merkmalsrkm selektion Merkmalsrkm extraktion Merkmalsvektor

F FIS

FIS Montagevorgabe für den Rotor

Bild 6.4:

Übersicht und Interaktion der in MATLAB implementierten Softwaremodule, gruppiert in offline (links) und online (rechts) Anwendungen.

Das Modul „Datenanalyse“ importiert entweder simulierte Daten oder reale Messwerte aus der ISP und erzeugt normierte Magnetisierungsvektoren der Lamellenpakete. In den Modulen „SOM Training“ und „SOM Klassifikation“ ist eine SOM nach den Gleichungen aus Kapitel 4.2.2 ohne KNN Toolboxen implementiert, um eine detailliertere Beeinflussung der Parameter und eine Verschiebung der rotationssymmetrischen Eingangsvektoren zu ermöglichen. Die SOM erhält als Eingangsgröße den normierten Magnetisierungsvektor und gibt in der Trainingsphase eine Matrix der Gewichtvektoren zurück. In der online Klassifikationsphase wird lediglich die Nummer des Gewinnerneurons und somit die zugeordnete Klasse als Ausgang ausgegeben.

94

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse Nach der Klassifikation erfolgt eine Merkmalsselektion und -extraktion der normierten Magnetisierungsvektoren. Dem FIS werden anschließend die beiden Hauptmerkmale als Eingangsgrößen übergeben. Die Optimierung mittels FIS ist mit der Fuzzy-Toolbox von MATLAB realisiert. Diese erlaubt die Implementierung eines Mamdani FIS und Einstellung der Regelbasis sowie sämtlicher Parameter über grafische Benutzeroberflächen, wodurch der Implementierungs- und Einstellungsaufwand reduziert wird. Im „Rule Viewer“ wird ersichtlich, wie hoch der Erfüllungsgrad einer Regel für einen bestimmten Eingang ist und wie diese Regel den scharfen Ausgangswert beeinflusst. Dies dient zur visuellen Überprüfung und zur gezielten Erweiterung oder Veränderung der Regelbasis. Das FIS wird zunächst dafür verwendet, die offline Montagevorschrift zu ermitteln, indem die Gewichtsvektoren der Klassen der SOM miteinander kombiniert werden. Diese offline Montagevorschrift wird in Form von Tabellen gespeichert. Im online Betrieb wird das FIS eingesetzt, um optimale Kombinationen von Lamellenpaketen aus komplementären Klassen zu bestimmen. Basierend auf der offline ermittelten Kombinationsvorschrift werden die Lamellenpakete aus den entsprechenden Klassen ausgewählt und dem FIS übergeben. Es wird eine Liste aller möglichen Kombinationen des StartLamellenpaketes mit allen komplementären Lamellenpaketen ausgewertet und in sortierten Tabellen abgespeichert (Eignung und Position). Die Kombination mit der höchsten Eignung wird ausgewählt und bestimmt das nächste Start-Lamellenpaket. Ergebnis der Optimierung ist eine Vorgabe der Auswahl, Rotation und Reihenfolge der Lamellenpakete, die im Montageprozess umgesetzt wird.

6.2 Validierung Die Funktionsweise der Kompensation durch Veränderung der Reihenfolge und Rotation wurde in Voruntersuchungen experimentell nachgewiesen. Allerdings eignet sich die geringe Anzahl von zwölf Lamellenpaketen nicht zur vollständigen Validierung der entwickelten Methoden. Da Messwerte aus der Serienproduktion geheimes Firmen Knowhow darstellen und Wettbewerbsvorteile sichern, wurden zur Validierung der entwickelten Methoden simulativ gewonnene Signale herangezogen. Diese Simulationen basieren auf den Messwerten der zwölf Lamellenpakete aus der Serienfertigung, die auf dem neu entwickelten Prüfstand vermessen wurden (Kapitel 4.1). Für die statische Analyse des Rotormagnetfeldes ohne äußere Einwirkungen wird FEM eingesetzt. Dieses Vorgehen erlaubt es, realistische Datensätze zu erzeugen, die auf physikalischen Effekten basieren und experimentelle Daten approximieren.

95

6.2 Validierung 6.2.1 Elektromagnetische FEM Simulation Der Ansatz der FEM Simulation ist die Zerlegung komplexer Bauteile, wie die Lamellenpakete mit ihren zugehörigen Magneten, in einzelne Elemente einfacher Geometrie (Hexaeder, Tetraeder, Pyramiden). Diese sind über Knoten an den Eckpunkten aber auch an den Verbindungslinien miteinander verbunden. Die physikalischen Effekte in den Elementen lassen sich durch Gleichungen darstellen, sodass Teillösungen berechnet werden können. Die Teillösungen aller Elemente ergeben zusammen eine Näherung des Ergebnisses für das komplexe Bauteil. Die Qualität der Annäherung hängt von der Anzahl, Form und Verknüpfung der Elemente ab. Um realitätsnahe Datensätze für die entwickelten Klassifikations- und Optimierungsverfahren zu erzeugen, wurde eine dreidimensionale FEM Simulation des magnetischen Feldes erstellt. Die Permanentmagnete, die dem Sollwert entsprechen, werden als linear hartmagnetisches Material mit Remanenz ‫ܤ‬ோ ൌ ͲǡͻͶͷܶ und Koerzitivkraft ‫ܪ‬஼ ൌ ͺ ή ͳͲହ ‫ܣ‬Τ݉ gewählt. Für die Lamellenpakete wird das weichmagnetische Material Vacoflux48 verwendet, da dieses üblicherweise bei Hochleistungsmotoren zum Einsatz kommt. In der Materialdatenbank wird die Hysteresekurve dieses Materials hinterlegt, um die nichtlinearen magnetischen Eigenschaften zu modellieren. Um das Lamellenpaket herum wird ein Hüllkörper aus Luft definiert. Im Fall eines Rotors mit fünf Lamellenpaketen besteht das Simulationsmodell somit aus 126 Körpern: 120 Magneten, fünf Lamellenpaketen und einem Hüllkörper. Alle im Modell enthaltenen Körper müssen durchgängig vernetzt sein, sodass die Simulation der Feldausbreitung erfolgreich durchgeführt werden kann. Nur wenn sich die Knoten der Elemente von Lamellenpaket und Magnet berühren, ist ein Austausch von Informationen möglich.

96

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse

Bild 6.5:

Vernetzung der Lamellenpakete eines Rotors im Hüllkörper Luft mittels Hexaeder und Tetraeder Elementen.

Um eine hohe Auflösung im relevanten Simulationsbereich zu erhalten, werden über den Magneten mehrere Schichten an Elementen eingesetzt. Der Luftkörper besteht ausschließlich aus Tetraeder Elementen mit zusätzlichen Elementmittelknoten zur Erhöhung der Genauigkeit. Mittels passender Wachstumsrate wird ein kontinuierlicher Übergang der Elemente des Luftkörpers erreicht (Bild 6.5). Die Magnete und Lamellenpakete sind durch Hexaeder vernetzt. Das Netz besitzt 1,8 Millionen Knoten und 1,1 Millionen Elemente. Zur Erzeugung simulierter Daten analog zur experimentellen Vermessung, wird entlang des Lamellenpaketes ein Pfad definiert, der der Position des Hall-Sensors im Prüfprozess entspricht (Bild 6.6). Der Abstand des virtuellen Sensors kann dem Abstand des realen Sensors am Prüfstand angepasst werden. Da ein Pfad maximal 202 Simulationspunkte enthalten kann, werden für jedes Lamellenpaket 12 Pfade definiert, um eine hohe Auflösung zu erhalten. Somit stehen je Lamellenpaket 2.424 Werte zur Verfügung. Ein Magnet enthält 90 Werte, die Lücke zwischen zwei Magneten 11 Werte. Für einen Rotor, aufgebaut aus fünf Lamellenpaketen, liefern 60 Pfade somit insgesamt 12.120 simulierte Sensorwerte. Diese werden analog zu den experimentellen Messungen umgerechnet, sodass jedes Lamellenpaket durch einen simulierten Magnetisierungsvektor mit 24 Einträgen dargestellt wird.

97

6.2 Validierung

Bild 6.6:

Auswertung eines Lamellenpaketes durch 12 Pfade (links). Die Pfade verlaufen mittig über der Oberfläche des jeweiligen Lamellenpaketes (rechts).

Das Ergebnis der FEM Simulation in der Softwarelösung Ansys ist für den Querschnitt eines Lamellenpaketes in Bild 6.7 dargestellt. Die Vektordarstellung der magnetischen Feldstärke verdeutlicht die alternierende Polung der Permanentmagnete und erlaubt die Bestimmung der Magnetisierungsvektoren mittels Sensorpfaden.

Bild 6.7:

98

Verlauf der magnetischen Feldstärke (Ausschnitt des Lamellenpaketes).

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse 6.2.2

Simulationsergebnisse

In diesem Kapitel werden Rotoren mit verschiedenen Eigenschaften aufgebaut und ausgewertet. Ziel ist die Überprüfung der optimalen Rotormontage mittels SOM Klassifikation und FIS Kombination. Als Referenzbauteil zum Vergleichen aller Simulationen wird ein Rotor ܴ௥௘௙ ohne Abweichungen aufgebaut und ausgewertet. Aufgrund der Approximation der Bauteilgeometrie in der Vernetzung kommt es auch beim perfekten Rotor in der Simulation zu einer geringen Abweichung. Diese wird im Folgenden als Fehlersumme berechnet: ௌು ெು

݁‫ ݎݎ‬ൌ ෍ ෍ห݉௦௢௟௟ െ ݉௜௝ ห

(62)

௜ୀଵ ௝ୀଵ

Bild 6.8:

FEM Simulation eines idealen Rotors bestehend aus fünf Lamellenpaketen ohne Magnetisierungsabweichungen als Referenz.

99

6.2 Validierung Der Fehler des Referenzrotors beträgt ݁‫ݎݎ‬ோೝ೐೑ ൌ Ͳǡ͵ͷͷ bezogen auf die normierte Magnetisierung mit ݉௦௢௟௟ ൌ ͳ. Bild 6.8 stellt die Ergebnisse der FEM Simulation in einer dreidimensionalen Ansicht dar. Die Farbskala ist für alle weiteren Grafiken gleich gewählt, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die Simulation eines Rotors ܴ௩௘௥ , in dem ein Magnet verkehrt herum eingebaut ist, verdeutlicht den Einfluss einer fehlerhaften Magnetisierung auf alle weiteren Lamellenpakete. Der erste Magnet ݉ଵ von ‫ܲܮ‬ହ in ܴ௥௘௙ wurde verkehrt herum eingesetzt, was in der Bestückungsanlage bei einem fehlerhaften Ablauf geschehen kann. Die Magnetisierung entspricht dem Sollwert und ist identisch zu allen anderen Magneten. Obwohl der Fehler außen im Rotor auftritt, ist eine Beeinflussung der Magnetisierung in allen fünf Lamellenpaketen über mehrere Magnete hinweg deutlich zu erkennen (Bild 6.9). Der Fehler beträgt in diesem Fall ݁‫ݎݎ‬ோೡ೐ೝ ൌ ͳǡ͹ͳʹ.

Bild 6.9:

Ein Magnet von LP5 (oberstes LP) wurde verkehrt herum eingebaut. Die Auswirkungen dieses Fehlers sind in allen LP deutlich messbar.

100

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse Zur Validierung der optimalen Rotormontage wird der in Kapitel 5.3.4 vom FIS ermittelte Rotor ܴ௢௣௧ simuliert (Bild 6.10). Der Fehler beträgt ݁‫ݎݎ‬ோ೚೛೟ ൌ ͲǡͷͶʹ. Zum Vergleich werden aus denselben Lamellenpaketen zufällige Rotoren aufgebaut. Die Anzahl möglicher Kombination ergibt sich zu: ȫ௚௘௦ ൌ ȫ௥௢௧ ή ȫ௥௘௜

‫ܯ‬௉ ௌು ିଵ ൌ൬ ൰ ൅ ܵ௉ Ǩ ʹ

(63)

Aufgrund der hohen Anzahl an möglichen Kombinationen von ȫ௚௘௦ ൌ ʹǤͶͺͺǤ͵ʹͲ und einer Simulationsdauer von etwa 30 Minuten, können nicht alle Varianten simuliert werden (> 140 Jahre Simulationsdauer). Dies ist gleichzeitig der Grund, weshalb eine FEM Simulation nicht verwendet werden kann, um das Optimierungsproblem online mit allen möglichen Kombinationen zu lösen. Eine beispielhafte Kombination ist in Bild 6.11 dargestellt. Aufgrund der zufälligen Reihenfolge und Verdrehung der Lamellenpakete zueinander, kommt es zu einem ungleichmäßigen Magnetfeld des Rotors. Bereiche zu starker (rot) und zu schwacher (blau) Magnetisierung sind deutlich erkennbar. Der summierte Fehler ist mit ݁‫ݎݎ‬௓௨௙ ൌ Ͳǡͺʹͺ signifikant höher (152,8%) als beim optimierten Rotor, bestehend aus denselben Lamellenpaketen.

101

6.2 Validierung

Bild 6.10:

FEM Simulation eines optimierten Rotors, aufgebaut aus fünf Lamellenpaketen mit Abweichungen in der Magnetisierung.

Bild 6.11:

FEM Simulation eines zufälligen Rotors, aufgebaut aus denselben Lamellenpaketen wie zuvor, mit deutlich größeren Abweichungen.

102

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse

6.3 Diskussion und Ausblick Abschließend erfolgt eine Diskussion der erzielten Ergebnisse und es wird ein Ausblick auf mögliche Forschungsfelder gegeben, die sich an die vorliegende Arbeit anschließen lassen. 6.3.1

Diskussion der Ergebnisse

Die Datenanalyse sowie Herleitung typischer Fehlerfälle basieren auf Messwerten von zwölf Lamellenpaketen aus der heutigen Serienfertigung von Elektromotoren für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Die Funktionsfähigkeit der lokalen Kompensation durch Verdrehung und Änderung der Montagereihenfolge wurde sowohl experimentell als auch simulativ (FEM) verifiziert. Zur Entwicklung und Validierung der Klassifikation mittels SOM und Optimierung mittels FIS wurden simulative Daten auf Basis der Experimente verwendet. Zum Trainieren und Einstellen der SOM und des FIS wurden große Datensätze (mehrere Tausend Lamellenpakete) benötigt, die experimentell nicht zur Verfügung standen. Die Funktionsweise der gesamten Strategie der selektiven Rotormontage wurde simulativ erfolgreich nachgewiesen. Es wurde eine optimale Kombination von Lamellenpaketen ermittelt, welche die Schwankungen der Magnetisierung um bis zu 35% kompensierten, verglichen mit zufälligen Kombinationen derselben Lamellenpakete. Werden zufällige Kombinationen anderer LP betrachtet, dann sind noch höhere Kompensationen möglich. Durch die Auswertung der ortsaufgelösten Information über das Magnetfeld der einzelnen Lamellenpakete, können somit die Toleranzen weniger restriktiv gewählt werden und folglich wird Ausschuss der Einzelteile reduziert. Zur Quantifizierung der Ausschussreduktion muss diese Strategie in die Serienproduktion integriert und experimentell validiert werden. Die Ausschussrate von montierten Motoren in der EOL-Kontrolle, die durch fehlerhafte Magnetisierung der Rotoren verursacht wird, kann mittels selektiver Rotormontage vollständig vermieden werden, da zufällige Kombinationen von Lamellenpaketen ausgeschlossen werden. Damit wurden die eingangs gestellten Ziele dieser Arbeit vollständig erreicht.

103

6.3 Diskussion und Ausblick 6.3.2

Zukünftiger Forschungsbedarf

Zukünftig sollte der Einfluss der entwickelten Methoden zur selektiven Rotormontage auf das mehrstufige Produktionssystem innerhalb einer Serienfertigung untersucht werden. Die Rechenzeit der Algorithmen sowie die Anzahl benötigter Pufferplätze beeinflussen den Durchsatz, die Taktzeit sowie die Ausschussrate des Produktionssystems. Erste Untersuchungen am hier vorgestellten Produktionssystem der Elektromotoren wurden in Voruntersuchungen bereits durchgeführt und veröffentlicht (Colledani et al. 2014a; Colledani et al. 2015; Colledani et al. 2016). Zusätzlich gilt es, den Einfluss der Verteilung der Abweichungen in den Lamellenpaketen zu berücksichtigen. Allgemein wird der Einfluss der Verteilungen der Einzelteile auf die selektive Montage in (Thesen et al. 1999) untersucht. Der Einfluss von leeren Klassen, denen keine Bauteile zugeordnet werden, sowie möglichen Deadlocks wird in (Kannan et al. 2002) untersucht und sollte auf die vorgestellte selektive Rotormontage angewandt werden. Das Problem leerer Klassen wird in der vorgestellten Lösung gelöst, indem in der offline Montagevorschrift eine sortierte Reihenfolge passender Klassen berechnet wird. Ist die am besten geeignete Klasse leer, d.h. dieser Klasse werden online keine LP zugeordnet, dann können LP aus der zweitbesten Klasse gewählt werden. Insgesamt stehen somit 17 alternative Klassen sortiert nach absteigender Eignung zur Verfügung. Anschließend kann eine Optimierung des Produktionssystems hinsichtlich Termintreue, Lagerkosten, Auslastung von Maschinen und Puffern und Durchlaufzeit durchgeführt werden (Ortega et al. 2004; Gruber et al. 2011). In (Scholz-Reiter et al. 2008) werden KNN eingesetzt um eine Kostenfunktion bestehend aus Durchlaufzeit, Auslastung der Puffer und Einhaltung von Terminvorgaben zu minimieren. Dies führt zu einer optimalen Auslastung der einzelnen Arbeitsstationen bei minimaler Vorhaltung von Einzelteilen im Puffer. Diese Strategie eignet sich vor allem zur Anwendung in Stationen, die Engpässe darstellen. Um die Qualität der Optimierung mittels FIS weiter zu erhöhen und die Parametereinstellung zu automatisieren, kann zukünftig ein adaptives FIS eingesetzt werden. Der Hauptnachteil des FIS aus Kapitel 5.3, die iterative subjektive Parametereinstellung durch Experten, kann umgangen werden, indem KNN zum Lernen der Parameter auf Basis realer Messwerte eingesetzt werden (Barros Vieira et al. 2003; Vieira et al. 2004; Neher 2012). Dies wird als Adaptive-Network-Based Fuzzy Inference

104

6 Implementierung, Validierung und Diskussion der Ergebnisse System (ANFIS) bezeichnet (Jang 1993). Während die Parameter eines FIS manuell angepasst werden müssen, erfolgt die Anpassung bei ANFIS algorithmisch auf Basis von Trainingsdaten. Als KNN wird im ANFIS System ein Feedforward-Netz mit Shortcut-Möglichkeit eingesetzt (Jang et al. 1995). Die Ausgabe eines Neurons aus einer Schicht richtet sich stets an die nächsttiefere Schicht und die Shortcut-Möglichkeit erlaubt es, eine oder mehrere Schichten zu überspringen. Der Ansatz der ANFIS Systeme kann untersucht werden, wenn aus der realen Produktion genügend Datensätze der EOL-Prüfung zur Verfügung stehen, um die FIS Parameter an die tatsächliche Produktion anzupassen. Abschließend ist die Integration in eine industrielle Produktionsanlage und Validierung der Optimierung im realen Betrieb erforderlich. Auf diese Weise können die Parameter der SOM und des FIS an reale Produktionsbedingungen und -anforderungen angepasst werden. Schließlich können die Auswirkungen der Kompensation auf den montierten Motor und sein Laufverhalten im Fahrzeug experimentell quantifiziert werden.

105

7

Zusammenfassung

Der steigende Bedarf elektrischer Antriebe für Elektro- und Hybridfahrzeuge kann zukünftig nur durch eine Massenproduktion gedeckt werden. Die momentan eingesetzten Prüf- und Korrekturmethoden in der Kleinserienproduktion führen zu hohen Ausschussraten und müssen folglich optimiert werden, da in der Automobilindustrie sehr hohe Anforderungen an Qualität und Sicherheit der Elektromotoren gestellt werden. Die bereits perfektionierten Verfahren aus der Produktion von Verbrennungsmotoren können aufgrund neuer technologischer Herausforderungen und Fertigungsprozesse nicht direkt übertragen werden, sodass neue Strategien zur Qualitätssicherung entwickelt werden müssen. Permanentmagnet-Synchronmotoren werden aufgrund ihrer Kompaktheit und hohen Leistungsdichte in elektrischen und hybriden Fahrzeugen überwiegend eingesetzt und sind Gegenstand dieser Untersuchungen. Die Magnetisierung der Lamellenpakete im Rotor wurde als kritische Größe identifiziert, da sich Abweichungen nicht vermeiden lassen, diese aber einen direkten Einfluss auf die Eigenschaften des Motors besitzen (Leistung, Vibrationen, Geräuschemissionen, etc.). Die Abweichungen in der Magnetisierung entstehen durch natürliche Schwankungen der Materialeigenschaften des Rohmaterials sowie durch Beschädigungen während des Montageprozesses und der Handhabung der Magnete. Der Magnetisierungsprozess lässt sich nicht weiter optimieren, da er bereits im Sättigungsbereich der Permanentmagnete stattfindet. Somit kann die Entstehung der Abweichungen, beispielsweise durch Prozessregelung, nicht verhindert werden. Stattdessen müssen die entstandenen Magnetisierungsabweichungen vom Sollwert korrigiert werden. Eine Reparatur der Lamellenpakete nach dem Magnetisieren und Verkleben der Permanentmagnete ist nicht ohne Beschädigung der Blechpakete möglich und kann somit nicht durchgeführt werden. In der vorliegenden Arbeit wurde eine Methode der selektiven Rotormontage entwickelt, um entstandene Abweichungen im nachfolgendenden Prozessschritt zu kompensieren (Bild 7.1).

106

7 Zusammenfassung

Rotormontage

Entstehung von Abweichungen verhindern

Entstandene Abweichungen korrigieren

Reparatur innerhalb der Produktion

Kompensation in nachfolgenden Prozessen Sequentielle Montage

Selektive Montage

Bild 7.1:

Beim untersuchten Lösungsansatz handelt es sich um eine optimierte selektive Rotormontage zur Kompensation bereits vorhandener Abweichungen im nachfolgenden Montageprozess.

Da die Entstehung der Magnetisierungsabweichungen im Magnetisierungsprozess nicht verhindert werden kann, müssen die vorhandenen Abweichungen im weiteren Verlauf der Produktion kompensiert werden. Hierfür eignet sich der Prozess der Rotormontage, in welchem mehrere Lamellenpakete zu einem Rotor zusammengebaut werden. Durch Verändern der Reihenfolge, Position und Verdrehung der Lamellenpakete zueinander können starke Magnete in unmittelbarer Nähe zu schwachen positioniert werden, wodurch sich das magnetische Feld nach außen hin ausgleicht. Diese Strategie basiert auf der in der Industrie häufig eingesetzten selektiven Montage, die jedoch nur zur Kompensation von geometrischen Merkmalen eingesetzt wird. Somit wurden in dieser Arbeit eine Vorbehandlung der Messwerte sowie eine Anpassung der selektiven Montage an den vorliegenden Fall der Rotormontage durchgeführt. Mittels ortsaufgelöster Vermessung der Lamellenpakete durch einen Hall-Sensor kann ein kontinuierliches Magnetisierungsprofil über den gesamten Umfang erhalten

107

7 Zusammenfassung werden. Dieses Signal wird durch Datenreduktion auf einen Wert pro Magnet reduziert, um die Berechnung der Klassifikation und Optimierung zu vereinfachen und zu beschleunigen. Ein spezielles künstliches neuronales Netz, die Self-Organizing Map, wird zur Klassifikation der Lamellenpakete eingesetzt, um den Lösungsraum der späteren Optimierung zu beschränken und folglich die Rechenzeit zu verringern. Es wird unterschieden zwischen einer offline Trainingsphase zum Ermitteln der Klassen-Gewichtsvektoren und der online Klassifikation, die Lamellenpakete in der Produktionslinie in entsprechenden Klassen einordnet. Nach abgeschlossener Trainingsphase wird eine offline Kombinationsvorschrift ermittelt, die vorgibt, welche Klassen für eine Kompensation geeignet sind und an welcher Position im Rotor sie positioniert werden sollten. Hierfür wird ein Fuzzy System eingesetzt. Durch diese Methode ist es möglich, Expertenwissen über die magnetische Kompensation in einer Regelbasis abzubilden wodurch die Herleitung einer Kostenfunktion entfällt. Als Eingangsgröße werden dem Fuzzy System Merkmalsvektoren der Lamellenpakete übergeben. Diese enthalten nach einer Merkmalsselektion und -extraktion die beiden relevanten Merkmale der magnetischen Eigenschaften aus dem Magnetisierungsvektor. Im online Betrieb werden Lamellenpakete durch die Self-Organizing Map klassifiziert und nach der offline ermittelten Kombinationsvorschrift montiert. Hierbei werden mittels Fuzzy System die Kombinationen von Lamellenpaketen aus komplementären Klassen ermittelt, welche die höchsten Eignungswerte aufweisen. Diese Vorgehensweise ermöglicht somit die Herstellung eines homogenen magnetischen Feldes des finalen Rotors. Die Algorithmen zur Datenvorbehandlung, Klassifikation und Optimierung wurden in MATLAB implementiert. Die Aufzeichnung der Messwerte erfolgte durch eine eigens in C++ entwickelte Software (Information Sharing Platform), wodurch es möglich ist, die selektive Rotormontage auf einer Cloud-basierten Steuerungsarchitektur in der realen Produktionsanlage zu integrieren. Zum Erfassen der Messwerte sowie Kommandieren der Stellgrößen kann die Information Sharing Platform verwendet werden, während die Optimierungsalgorithmen als Cloud-Dienst außerhalb der Linie ablaufen. Zur Validierung der entwickelten Strategien wurde eine Finite-Elemente-Methode Simulation der einzelnen Lamellenpaketen sowie der montierten Rotoren aufgebaut. Auf diese Weise konnte die Querbeeinflussung der Magnete verschiedener Lamellenpakete und somit die Kompensation quanti-

108

7 Zusammenfassung tativ untersucht werden. Durch die Klassifikation mittels Self-Organizing Map und Optimierung mittels Fuzzy Systemen konnte eine Verringerung der Magnetisierungsabweichungen im Bereich von über 35 % erreicht werden. Es wurde nachgewiesen, dass durch die entwickelte Lösungsstrategie, trotz fehlerhafter Lamellenpakete, ein gleichmäßiges Magnetfeld des Rotors erreicht werden kann. Dadurch können die Toleranzen der Einzelteile weniger restriktiv gewählt werden, wodurch die Ausschussrate im vorgelagerten Magnetisierungsprozess reduziert wird. Durch Kenntnis und Optimierung der ortsaufgelösten Magnetisierung werden zufällige und unvorteilhafte Kombinationen von Lamellenpaketen vermieden, sodass durch das Magnetfeld bedingter Ausschuss am Ende der Linie vollständig vermieden wird. Somit wurde das Ziel der Ausschussreduzierung sowohl im vorgelagerten Magnetisierungsprozess als auch im End-of-Line Test vollständig erreicht, was eine Voraussetzung für die zukünftige Massenproduktion der elektrischen Antriebe darstellt.

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In dieser Arbeit wird die Strategie der selektiven Rotormontage für Elektromotoren vorgestellt. Dabei werden unvermeidbare Abweichungen der Magnetisierung identifiziert und in nachfolgenden Prozessschritten kompensiert. Die Klassifikation der Einzelteile erfolgt durch künstliche neuronale Netzwerke und ein Fuzzy-Inferenz-System wird zur Auswahl der idealen Kombination der Einzelteile eingesetzt. Mittels selektiver Rotormontage wird erreicht, dass die Elektromotoren trotz Magnetisierungsabweichungen in den Einzelteilen innerhalb der gewünschten Toleranzen liegen. Durch diese Strategie wird die Ausschussrate, sowohl der Einzelteile als auch des montierten Motors, verringert.

ISBN 978-3-8396-1461-7

9 783839 614617

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