Kommentar zur Konkursordnung und den Einführungsgesetzen: Band 2 Konkursverfahren (§§ 71–238.) [5. Aufl. Reprint 2020] 9783112388402, 9783112388396


194 87 69MB

German Pages 719 [727] Year 1914

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Kommentar zur Konkursordnung und den Einführungsgesetzen: Band 2 Konkursverfahren (§§ 71–238.) [5. Aufl. Reprint 2020]
 9783112388402, 9783112388396

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

zur

Konkursordnung und den Ginfnhrungrrge setzen mit einem Anhang, enthaltend

das Anfechtungsgesetz, Auszüge ans den Kostengesetzen, Ausführnngsgefetze und Geschäftsordnungen.

Von

Dr. Ernst Äaeger Professor der Rechte zu Leipzig.

Fünfte Auflage.

Zweiter Band.

Berlin 1914. I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H.

Zweites Buch.

Konkursverfahren. (§§ 71-238.)

Erster Titel. Allgemeine Bestimmungen. (§§ 71-101.)

S »1.

Für das Konkursverfahren ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei welchem der Gemeinschuldner seine gewerbliche Niederlassung oder in Er­

mangelung einer solchen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt dasjenige, bei welchem zuerst

die Eröffnung des Verfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus. Ursprünglich § 64. Der frühere Abs. I lautete: Für das Konkursverfahren ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei welchem der Gemeinschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Materialien: Motive I Bd. 2 S. Iff., Motive II S. 293ff., Protokolle S. 59, 161, Kommissionsbericht S. 1954. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat entsprechend einem Beschlusse der Reichs­ tagskommission die primäre Zuständigkeit des Amtsgerichts der Niederlassung aus­ gesprochen. Der Abs. II ist unverändert geblieben.

Während das Gesetz im ersten Buche unter der Überschrift ,Konkursrech^ d a s materielle GinKonkursrecht oder Konkursprivatrecht behandelt, entwickelt es im zweiten Buche „das (cltun°* Konkursverfahren", also das formelle Konkursrecht oder Konkursprozeßrecht. Diese Einteilung, die schon in früheren Konkursgesetzen, namentlich in der preußischen, öster­ reichischen und dänischen KO., eingehalten war, bezeichnen die Motive II S. 12 als die „natur­ gemäße", wenn auch nicht überall streng durchführbare Trennung des Stoffes. Namentlich finden sich auch im zweiten Buche privatrechtliche Normen. Vgl. z. B. § 226 mit §§ 3, 63 oder § 224 mit § 59. Die Stellung einer Vorschrift im ersten oder zweiten Buch ist daher für ihre Zu­ gehörigkeit zum bürgerlichen oder öffentlichen Rechte nicht schlechthin maßgebend. Enthält doch auch die ZPO. selbst eine Reihe privatrechtlicher Sätze (z. B. §§ 804, 806). Andrerseits löst sich mit Ermittlung der Zugehörigkeit zum einen oder anderen Rechtsgebiete noch keineswegs die Frage, ob ein Rechtssatz zwingender oder nachgiebiger Natur ist fAnm. 7].

I. Begriff und Wesen des Konkursverfahrens.

1. Das Konkursverfahren ist eine besondere Art des bürgerlichen Rechts-Anm. i. ganges. Seinen Grund bildet der Bermögensverfall des Schuldners. Reicht das Schuldnervermögen zur Bollbefriedigung der persönlichen Gläubiger nicht mehr aus, dann fordert die Billigkeit, daß jeder Gläubiger zu seinem Teile den Verlust mittrage. Fortab darf weder das willkürliche Belieben des Schuldners noch der zufällige Erstzugriff eines Gläubigers für die Schuldenbereinigung maßgebend sein. Die Einzelvollstreckung muß gemeinschaftlicher Befriedigung weichen. Dementsprechend geht der Zweck des Konkurses dahin, die Haftung der unzulänglichen Bermögensmasse im Wege einer gemeinsamen und grundsätzlich gleichmäßigen Befriedigung aller auf diese Masse angewiesenen Gläubiger zu verwirklichen fsiehe § 12 Einl.j. Diesen Zweck sucht der Konkurs zu erreichen durch die Mittel der Feststellung und des Zwanges. Feststellung und Zwangsbefriedigung haben Jaeger, Kontursordnung. 5. Aufl. Bd. II. 1

Das Konkursverfahren.

2

§ 71.

Anm. 2.

endgültige, nicht bloß vorläufige („summarische") Bedeutung. Freilich obliegt dem Konkurs­ gericht als solchem nur die tabellarische Feststellung des unbestrittenen (§ 145 I), nicht die entscheidende Anerkennung des bestrittenen Konkursgläubigerrechts. Die letztere fällt aus dem Rahmen des Konkursverfahrens heraus (§ 146). Allein auch jene Feststellung wirkt — ganz anders als etwa die Aufnahme einer vollstreckbaren Urkunde (§ 794 Nr. 5 ZPO.) — Rechtskraft, nicht bloß Vollstreckbarkeit (§ 145 II) und zwar keineswegs nur für den Bereich des Konkurses (vgl. §§ 164 II, 194, 206 II). Sie steht daher auch durchaus nicht auf gleicher Stufe mit der Nichtbestreitung eines Realgläubigerrechts im Zwangs­ versteigerungsverfahren. Die Feststellung verknüpft sich als Nebenzweck mit der Haupt­ aufgabe gerechter Gläubigerbefriedigung. Diese Aufgabe gibt dem Konkurs das Gepräge eines Bollstreckungsverfahrens, das neben die „Zwangsvollstreckung" (ZPO. Buch 8, ZBG.) tritt, von dieser aber durch die gleichzeitige Erfassung alles beschlagsfähigen Schuldner­ vermögens (Universalexekution im Gegensatze zur Spezialexekution) und durch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger (Konkursprinzip im Gegensatze zum Präventionsprinzip) unterschieden ist. Daß die Vorstellung gegen den Willen des Schuldners eingeleitet werde, gehört nicht zu ihrem Wesen. Es genügt, daß der staatliche Zwang für den Fall eines Widerstandes zur Verfügung steht (vgl. §§ 101, 106, 125). Auch ist aus dem Grunde, weil dem Schuldner (wie er sein soll) an möglichst vollständiger Befriedigung der Gläubiger gelegen sein muß, weil also insofern ein Jnteressenwiderstreit fehlt, der Bestand eines Parteienverhältnisses im Konkurs ebensowenig zu verneinen als bei der Einzelvollstreckung. Das Parteienverhältnis liegt in der Gegnerschaft zwischen Gläubiger und Schuldner. Im Prüfungstermine (§ 141) verhandeln diese Parteien, wenn auch ihr Verhandeln nicht eine Verhandlung im Sinne des § 128 ZPO. darstellt [§ 73 Anm. 3] und ihre Dispositions­ befugnisse im Interesse der Gläubigergemeinschaft eingeschränkt sind (§ 144). Erstrebt sonach das Konkursverfahren die Feststellung und Verwirklichung von Forderungsrechten mit staatlicher Hilfe, so gehört es schon seinem Begriffe nach dem Zivilprozesse, nicht der freiwilligen Gerichtsbarkeit an. Jedenfalls aber ergibt der Grundsatz ergänzender Maßgeblichkeit der ZPO. und nicht des FGG. (§ 72), daß der Konkurs im Sinne des positiven Rechts ein Prozeßverfahren bildet. Auch hin­ sichtlich der Gebührenbewertung wird der Konkurs als Prozeß behandelt [§ 58 Anm. 3]. Die Konkursordnung ist eine „Prozeßordnung" im Sinne des § 24 GVG., das Konkurs­ verfahren „bürgerlicher Rechtsstreit" im Sinne des § 157 GVG., das „Konkursgericht" wie das „Bollstreckungsgericht" Organ der streitigen Gerichtsbarkeit, dessen Entscheidungen der Beschwerde des Zivilprozesses unterliegen [§ 73 Anm. 7]. Allerdings sind im Konkurse wie bei jeder Vollstreckung auch rechtspolizeiliche Verrichtungen wahrzunehmen. Da es gilt, ein ganzes Vermögen zu sammeln, zu verwerten und aufzuteilen, hat das den Konkurs­ verwalter überwachende und mitunter (etwa nach § 169) selbst in die Verwaltung ein­ greifende Konkursgericht naturgemäß Obliegenheiten zu erfüllen, die denen des Vormund­ schaftsgerichts entsprechend ihrem Begriffe nach der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehören sAnm. 3, 19 f.]. Das alles ändert aber an der Tatsache nichts, daß der Gesamtzweck des Konkurses auf die Zwangsverwirklichung privatrechtlicher Ansprüche mit staatlicher Hilfe gerichtet ist und daß dieser Zweck das Konkursverfahren dem Zivilprozesse zuweist. Denk­ barer Weise wird das Konkursverfahren auf Grund eines Zwangsvergleichs aufgehoben (also nicht rückgängig gemacht), ohne daß irgend eine Tätigkeit der Masseverwaltung erfolgt ist. Vgl. RG. v. 6. 4. 1911 LZ. S. 557; A. S. Schultze Konkursrecht S. 140 ff., ZHR. 25 S. 363, Wach Handbuch §§ 1, 5, 6 Note 11, WeiSmann Zivilprozeßrecht I S. 54 f., Kohler Lehrbuch §§ 1, 81, Seuffert § 1, Eccius GruchotsBeitr. 44 S. 778, Ott GrünhutsZ. 30 S. 331 ff., Rintelen Österr. KRecht S. 19 ff. u. a.; — a b w. Oetker I S. I ff., Kleinfeller LZ. 1911 S. 251 f., Pollak GrünhutsZ. 37 S. 499 ff., Schultzenstein ZZP. 43 S. 328 ff. und Motive II S. 9f., 297 (letztere gelangen S. 10 zu dem Schluffe: das Konkursverfahren als solches sei nicht ein Prozeß, es sei eine unter richterlicher Autorität sich vollziehende Auseinandersetzung des seine Leistungen einstellenden Schuldners mit allen Gläubigern des­ selben).

Siehe auch Hahn Materialien des GBG. (1879) S. 187, 370.

Das Konkursverfahren.

3

2. Der Konkurs des geltenden Rechtes steht unter dem Grundsätze der Selbst- § 71. Verwaltung. Er wird eröffnet nicht von Amts wegen, sondern nur auf Gläubiger- oder Anm. 3. Schuldnerantrag (§ 103); er wird entwickelt nicht durch Amtstätigkeit der Staatsbehörde, sondern durch Selbsttätigkeit der Beteiligten und ihrer Vertreter. Sammlung, Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse sind Aufgaben nicht des Konkursgerichts, sondern des Konkursverwalters (§ 117), der zwar vor wichtigen oder ungewöhnlichen Maßnahmen die Genehmigung eines Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung einholen soll (§§ 133—136), aber keineswegs durch bindende Weisungen des Konkursgerichts geleitet wird. Dieser Gedanke der Selbsthilfe, der in den italienischen Stadtrechten des Mittelalters entwickelt, von der französischen Handelsgesetzgebung übernommen und durch diese in die preuß. KO. von 1855 übertragen worden war, bedeutet gegenüber dem unter spanischem Einfluß ausgeprägten Prinzipe der konkursgerichtlichen Amtstätigkeit, das um die Mitte des 19. Jahrhunderts noch den größten Teil unseres Vaterlandes beherrschte, einen gewaltigen Fortschritt. Allein auch heutzutage geht das Konkursgericht in gewissen Grenzen von Amts wegen vor. Namentlich stellt es die zur Klärung des Konkurses er­ forderlichen Ermittelungen auch ohne Parteianregung an (§ 75). Das Konkursgericht hat den Verwalter zu ernennen und zu beaufsichtigen (§§ 78 ff., 110), einen vorläufigen Gläubiger­ ausschuß zu bestellen (8 87), die Gläubigerversammlung zu leiten (§§ 93 ff., 110) und auf rechtzeitigen Antrag die Ausführung eines dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger widerstreitenden Versammlungsbeschlusses zu untersagen (§ 99). Es hat Sicherungs­ maßnahmen zu treffen (§§ 106, 110, 113). Es hat Termine und Fristen zu bestimmen (§§ 110, 180). Auch bedarf die Vornahme der Schlußverteilung gerichtlicher Zustimmung (§ 161), eine Nachtragsverteilung gerichtlicher Anordnung (§ 166), die Vorauszahlung auf sestgestellte Vorrechtsansprüche gerichtlicher Ermächtigung (§ 170). Nur Abschlagsverteilungen hat der Verwalter ohne gerichtliche Ermächtigung nach dem Prüfungstermine vorzunehmen, so oft ein die Verteilung lohnender Barbestand flüssig ist (§ 149, vgl. § 150). Endlich obliegen dem Konkursgericht einzelne Entscheidungen, die entweder unmittelbar das gemein­ same Verfahren betreffen (z. B. §§ 158, 160, 162, 169, 184) oder „wegen ihres Einflusses auf den Fortgang der Sache mittelbar das Interesse aller berühren und auf den Weg des förmlichen Prozesses nicht verwiesen werden dürfen" (z. B. §§ 95, 96, 176). Dagegen sind Rechtsstreitigkeiten über Aussonderung und Absonderung, Aufrechnung, Anm. 4. Gläubigeranfechtung, Masseansprüche, ja selbst der Streit um das Konkursgläubigerrecht außerhalb des Konkursverfahrens nach allgemeinen Regeln abzuwickeln. Das Konkursgericht hat lediglich die Prüfung der angemeldeten Konkursforderungen zu leiten und das Prüfungsergebnis in der Konkurstabelle zu beurkunden (§ 145). Eine Entscheidung über Bestand und Vorrecht bestrittener Konkursforderungen fällt das Konkursgericht als solches niemals. Nur in der Zuständigkeitsvorschrift des § 146 II, die den Feststellungs­ prozeß je nach seinem Werte dem Amtsgericht oder dem Landgericht des schwebenden Konkurses zuweist, klingt die gemeinrechtliche vis attractiva concursus nach. Diesem noch in der bayer. ProzeßO. v. 1869 (a. 1179—1182) scharf ausgeprägten Prinzip zufolge waren alle mit dem Konkurs im Zusammenhang stehenden und nicht schon anderweit anhängigen Prozesse vom Konkursgericht als solchem zu schlichten (vgl. Schweppe System3 1829 S. 187 f., Fuchs Konkursverfahren 1863 S. 73). Die Zulässigkeit allgemeiner Auszahlungen war von der rechtskräftigen Erledigung sämtlicher Streitigkeiten abhängig. Flüssige Massemittel mußten, schlecht oder gar nicht verzinst, bis zur Konkurs­ beendigung unverteilt bleiben und selbst Gläubigern mit völlig einwandfreien Ansprüchen vorenthalten werden. Solche den Verkehrsbedürfnissen hohnsprechende Grundsätze, das unselige Vermächtnis des Salgado von Somoza, hatten bis zur preußischen KO. von 1855 den größten Teil Deutschlands beherrscht. Ja sie waren in manchen Gebieten, namentlich auch in der sächsischen Staatengruppe, der Heimat des gemeinen Konkursprozesses, bis zum

1. Oktober 1879 in Geltung geblieben. 3. Das Konkursverfahren ist für kaufmäünische und für nichtkaufmännischeAnm. 5. Schuldner einheitlich geregelt. Die mitunter schwierige Frage, ob der Schuldner 1*

4

§71.

Das Konkursverfahren. Kaufmann oder Nichtkaufmann, ob er Boll- oder Minderkaufmann ist, hat also auf die Art der Konkursbehandlung keinen Einfluß. Tonangebende italienische Stadtrechte, namentlich die Statuten von Florenz und Genua, der Napoleonische Code de commerce und zahlreiche ihm nachgebildete Gesetze haben das Konkursrecht als Teil des Handels­ rechts entwickelt. Noch heute kennen Frankreich, Italien, Belgien und andere im Banne des französischen Handelsrechtes stehende Staaten nur einen Konkurs des Kaufmanns. Anderwärts, wie in Österreich, in Ungarn und in Rußland, bestehen Unterschiede zwischen

dem kaufmännischen und dem nichtkaufmännischen Konkurse. Die Vereinheitlichung des Verfahrens ist eine Errungenschaft des englischen Rechts. Ihm folgen die bedeutenden Konkursgesetze der Neuzeit. So außer dem Deutschen Reiche namentlich Dänemark, Holland, die Schweiz und die Bereinigten Staaten. Siehe die Übersicht in der Einleitung

«nm. 6.

«nm. ?.

des I. Bandes. Nur der Einheitskonkurs genügt den Berkehrsbedürfnissen der Gegenwart. Welch große Rolle der Konkurs des Nichtkaufmanns spielt, das zeigt die Konkursstatistik des Deutschen Reiches. So wenig als der Kredit ist der Konkurs ein spezifisch kauf­ männischer Begriff. „Das Konkursrecht ist begrifflich wie tatsächlich ein Gemeingut für alle und gegen jedermann anwendbar" (Motive II S. 11). Da unsere Zwangsvollstreckung im Unterschiede zum französischen Recht auf dem Grundsatz vom Borrange des Erst­ zugreisenden beruht, dieser Grundsatz aber nur bei allgemeiner Möglichkeit des Konkurses und der besonderen Konkursanfechtung (§§ 30, 35) erträglich wird, war die Zulassung des nichtkaufmännischen Konkurses bei unS ein unabweisbares Bedürfnis. Eine zwiespältige Ordnung des kaufmännischen und des gemeinen Konkurses empfiehlt sich nicht. Unter­ scheidungen, wie sie namentlich hinsichtlich der Zulässigkeit einer Konkurseröffnung von Amts wegen, hinsichtlich des Konkursgrundes, der Borrechtsordnung, der Statthaftigkeit eines Zwangsvergleichs und der Wiederbefähigung gemacht werden, sind ohne jeden inneren Halt. Gleichwohl hatte Preußen (1855) die zwiespältige Regelung des Verfahrens über­ nommen, Österreich (1869) die Unterschiede noch verschärft, während Bayern (1869) sie gänzlich hatte fallen lassen. Vgl. Motive II S. 10 ff. Auch eine Scheidung des Konkursverfahrens je nach dem Umfang der Masse und dem Grade ihrer Zulänglichkeit, wie sie nach dem Vorgänge Englands (s. 121 f.) neuestens die Schweiz (a. 231) und Italien (G. v. 24. 5. 1903, ZHR. 55 S. 225 ff., ZPP. 33 S. 176 ff., 204 ff.) ausgebildet haben, ist dem deutschen Rechte fremd. Selbst in ganz geringfügigen Sachen tritt ein Nachlaß an den Förmlichkeiten des Verfahrens, eine vereinfachte (in diesem Sinne „summarische") oder kostenlose (amtliche) Konkursbehandlung nicht ein. Wohl aber gestattet das Gesetz schon im Regelkonkurs eine Abstandnahme von bestimmten Maßregeln (wie von der Bestellung eines Gläubigerausschusses, § 87), sowie eine Abkürzung des Ver­ fahrens durch Terminsverbindung (§§ 110, 180) und knappe Fristbemessung (§§ 138, 179). 4. Das Konkursprozeßrecht d. h. die Ordnung des Konkursverfahrens gehört wie das Zivilprozeßrecht überhaupt dem öffentlichen Recht an. Damit ist aber nicht gesagt, daß alles Konkursprozeßrecht zwingend oder gar daß alles Konkursprivatrecht nach­ giebig (verzichtbar, bloß ermächtigend) wäre. Auch das Prozeßrecht hat nachgiebige (vgl. besonders § 295 ZPO.), auch das Privatrecht hat zwingende Normen (z. B. § 138 BGB.). Der in Theorie und Praxis viel mißbrauchte Satz „die Vorschrift ist öffentlichen Rechts und darum zwingend" beruht auf einer durch den Doppelsinn des Ausdrucks ins publicum veranlaßten falschen Übersetzung. Wo das Gesetz die Natur der Norm nicht

eigens bestimmt (vgl. z. B. §§ 40 H, 56, 2241 ZPO., § 181 KO.), muß auf ihren Zweck zurückgegangen werden: will sie nur eine einzelne Person schützen, so unterliegt sie grund­ sätzlich dem Verzichte dieser Person; dient sie aber ausschließlich oder doch vorwiegend der Allgemeinheit, so hat sie zwingenden Charakter. DieBorschriften deS materiellen und des formellen Konkursrechts dienen in der Hauptsache zum Schutz einer unbestimmten Vielheit von Gläubigern und sind insoweit unnach­ giebig. Darum können z. B. die Vorschriften über die Machtbefugnisse des Konkurs­ verwalters nicht im voraus durch Verträge des Schuldners mit seinen Gläubigern ein­ geschränkt werden (RG. v. 28. 1. 1896 Bolze 22 Nr. 846). Auch ein Vertrag des

Zuständigkeit deS Konkursgerichts.

5

Schuldners mit allen Gläubigern könnte nach geltendem Recht zwar eine außerkonkursmäßige Liquidation regeln, keineswegs aber das Konkursverfahren als solches verändern, auch nicht im Sinne der Vereinfachung. Siehe ferner z. B. § 17 Anm. 40, 63, § 18 Anm. 26, § 19 Anm. 2, § 21 Anm. 1, § 26 Einl., § 43 Anm. 10, § 54 Anm. 16, § 55 Anm. 2, § 61 Anm. 9. Andrerseits kann z. B. ein Gläubiger im voraus auf die Vor­ teile des § 53 KO. mit Wirksamkeit verzichten [§ 53 Anm. 13]; ebenso auf ein Vorrecht [§ 61 Anm. 7], auf Anmeldbarkeit und Antragsbefugnis [§ 103 Anm. 3].

§ 71.

n. Zuständigkeit des Konkursgerichts. 1. Für das Konkursverfahren (Falliment, Gant, Debit-, Diskussions-, Kridaverfahren:Anm. 8. Motivell S. 14) sind nach deutschem Recht die mit Einzelrichtern besetzten Amtsgerichte zuständig (vgl. Z22GBG., 8 165 ZPO.), im Bereiche der Konsular­ gerichtsbarkeit der Konsul (§ 7 Nr. 1 KonsGG.), in den deutschen Schutzgebieten der vom Reichskanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigte Beamte (§ 2 SchutzgebG ). Wie bei der Einzelvollstreckung bestimmte behördliche Verrichtungen dem Amts­ gericht als Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO.), so sind die behördlichen Funktionen in Konkurssachen dem Amtsgericht als Konkursgericht zugeteilt. Das Reichsrecht konnte mit den nach Durchführung des Grundsatzes der Selbstverwaltung und nach Verwerfung der vis attractiva fAnm. 3f.] dem Konkursgericht verbleibenden prozessualen Ausgaben [9lnm. 19] den Einz e lrichter betrauen, da sie den Aufwand einer Kollegial­ entscheidung nicht rechtfertigen, zudem aber nach der Regel des Gesetzes (§ 73 III) einer Nachprüfung im Beschwerdeverfahren zugänglich sind. Tie administrative Tätigkeit des Konkursgerichts eignet sich überhaupt nicht zur erstinstanzlichen Behandlung durch ein Richterkollegium. Vgl. Motive II S. 293f. Richterablehnung: 8 72 Anm. 3.

2. Örtlich zuständig ist in erster Linie das Amtsgericht, in dessen Sprengel der Gemein-Anm. s.

schuldner seine gewerblicheNiederlassung hat, und nur in Ermangelung einer solchen das Amtsgericht im allgemeinen Gerichtsstände des Gemeinschuldners. Sonach geht die gewerbliche Niederlassung dem Wohnsitze der natürlichen und dem Sitze der juristischen Person vor sAnm. 11]. Bis zur Novelle von 1898 war lediglich der allgemeine Gerichts­ stand maßgebend. Die einem Vorschläge des Berliner Anwaltvereins entsprechende (DIZ. 3 S. 133, dagegen ZZP. 25 S. 103 ff.) Änderung wird im Kommissionsbericht S. 1954 so gerechtfertigt: „Es erscheine naturgemäß, den Konkurs bei dem Amtsgericht des Ortes verhängen zu lassen, an welchem der Gemeinschuldner den Mittelpunkt seines wirtschaftlichen Daseins habe. Dies sei namentlich in solchen Fällen wichtig, in welchen die Schuldner in größeren Städten ihre gewerblichen Niederlassungen, indessen in Vororten ihren Wohnsitz hätten. Hier habe es erfahrungsgemäß zu erheblichen Mißständen geführt, daß das Konkursverfahren an von dem Orte der gewerblichen, Niederlassung entfernten Amtsgerichten habe eröffnet werden müssen." Zum Folgenden Jaeger LZ. 1909 S. 662 ff. a) Gewerbliche Niederlassung ist eine zum unmittelbaren und selbständigenAnm.io. Geschäftsabschluß ermächtigte Betriebsstelle, nicht eine Vertragsabschlüsse bloßvermittelnde Agentur, mag sie auch den Namen „Generalagentur" führen, und noch weniger die Einrichtung des technischen — wenn auch noch so großen — Betriebs für sich allein. Maßgebend ist also der Verkehr nach außen, nicht der innere Betrieb. So begründet z. B. eine Fabrik auf dem Lande, die Tausende von Arbeitern beschäftigt, die Konkurszuständigkeit nicht, wenn die äußere Geschäftsleitung ihren Sitz nicht ebenda, sondern vielleicht in der stundenweit entfernten Großstadt hat. Das Erfordernis der Ermächtigung zum „unmittelbaren Geschäftsabschlüsse" war im 8 208 I a. F. noch aus­ drücklich anerkannt und folgt auch fernerhin aus 8 72 KO. mit 8 21 I ZPO. (Jaeger S. 662f. mit Zit.). Wie sich aus dem Worte „seine" gewerbliche Niederlassung — ebenso 8 269II BGB., dagegen §238 KO., 8 21 ZPO. „eine" N. — und aus dem Zwecke des Konkurses, die Gesamtheit der vermögensrechtlichen Beziehungen des Gemein­ schuldners abzuwickeln, wie aus der damit verknüpften Notwendigkeit, den KonkurSgrund nach der Gesamtlage des Schuldnervermögens (nicht nach dem Geschäftsstand

6

§71.

Allm.li.

Anm.12.

Anm.13.

Zuständigkeit des Konkursgerichts.

einer einzelnen Filiale) zu beurteilen, mit Bestimmtheit ergibt, handelt es sich im § 71 um die das ganze Erwerbsleben des Schuldners umfassende, vom Wohnsitze bloß durch das Fehlen des ständigen Aufenthalts der Person unterschiedene Niederlassung. Nur die H auptniederlassung (Zentrale), nicht jede einzelne Zweigniederlassung (Filiale), be­ gründet sonach die Zuständigkeit des Konkursgerichts. Bloße Zweigniederlassungen hier dem Wohnsitze vorgehen zu lassen, wäre eine höchst sachwidrige Regelung. Zust. OLG. Posen v. 15.12. 06 PosMSchr. S. 175; im übr. siehe Jaeger S. 664 f. Daß die Nieder­ lassung in das Handelsregister eingetragen war (§§ 13, 29 HGB.), ist weder er­ forderlich noch genügend. Für den § 21 ZPO. hat das RG. v. 3. 3. 1902 Bd. 50 428 angenommen, der Beklagte müsse die von ihm veranlaßte Eintragung wider sich gelten lassen. In unserem Falle dagegen, wo eine ausschließliche Zuständigkeit in Frage steht, wird das Gericht durch den Registereintrag der Prüfung, ob auch in der Tat von dieser Stelle aus unmittelbar Geschäfte abgeschlossen werden, nicht überhoben. b) Wo der Gemeinschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, bestimmen die §§ 13—19ZPO. Bei natürlichen Personen ist sonach in erster Linie derWohnsitz(§7 BGB.) des Schuldners zur Zeit der Konkurseröffnung (§ 13 ZPO.), in zweiter Linie der Aufenthalt und in dritter Linie der letzte Wohnsitz (§ 16 ZPO.), für den Konkurs einer offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Aktiengesellschaft, einer Genossenschaft, eines Vereins mit oder ohne Rechtsfähigkeit oder eines anderen konkursfähigen Verbandes der Sitz (§ 24 BGB.) maßgebend (§ 17 ZPO.), der meist — wenn auch nicht immer — mit der Hauptniederlassung zusammenfällt (vgl. Staub HGB.s § 33 Anm. 11). c) Hat der Schuldner im Deutschen Reiche zwar „eine" gewerbliche Niederlassung (auch Zweigniederlassung), aber keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist das Amtsgericht dieser Niederlassung als Konkursgericht zuständig, der Konkurs umfaßt aber dann nur das im Jnlande befindliche Vermögen (§ 238 I). Bloße Zweigniederlassungen be­ gründen also die Konkurszuständigkeit nur beim Fehlen eines allgemeinen Jnlandsgerichtsstandes. Hat der Schuldner weder Niederlassung noch allgemeinen Gerichtsstand, aber ein selbstbewirtschaftetes Gut im Deutschen Reiche, so kann bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirke das Gut sich befindet, ein Konkurs über das inländische Vermögen eröffnet werden (§ 238 II). Ist auch ein selbstbewirtschaftetes Gut im Jnlande nicht vorhanden, so ist ein Konkurs über beschlagsfähiges Jnlandsvermögen ausgeschlossen und dieses nur Einzelvollstreckungen zugänglich (abw. v. Völderndorff II S. 15). d) Sind an sich mehrere inländische Gerichte örtlich zuständig, weil z. B. der Gemeinschuldner einen mehrfachen Wohnsitz (§ 7II BGB.) oder als Verband mehrere Sitze (8 17 III ZPO.) im Inland hat, so entscheidet nach Abs. II die Prävention des Antrags (die Zeit des Eingangs dieser Parteierklärung), nicht die Zeit der Konkurseröffnung oder sonst einer Gerichtstätigkeit (z. B. Ladung). Vgl. dagegen für

Anm.14.

das gemeine Recht Schweppe aaO. S. 186. Der Antragsberechtigte hat unter mehreren zuständigen Gerichten die Wahl (vgl. § 72 KO. mit § 35 ZPO.). Die Konkurseröffnung im Auslande schließt die Eröffnung eines Jnlandskonkurses nicht aus. Vgl. §§ 237, 238. Zuständigkeitsstreit: Anm. 18. Wie sonst durch den Parteiakt der Klagerhebung wird hier durch den Parteiakt der Konkursbeantragung (§ 103) die Zuständigkeit des Konkursgerichts fest­ gelegt (vgl. § 72 KO. mit § 263 Nr. 2 ZPO.). Dies bestätigt unser Abs. II, insofern er der ersten Konkursbeantragung — nicht der Einmischung des Konkursgerichts — eine anderweite Zuständigkeiten ausschaltende Wirksamkeit beilegt. Nachträgliche Ver­ änderungen der die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründenden Umstände vermögen daher den Konkursgerichtsstand nicht unmittelbar zu beseitigen. Verlegt der Schuldner in der Zeit zwischen Beantragung und Eröffnung des Konkurses seine Nieder­ lassung (seinen Wohnsitz, seinen Sitz), so bleibt das angerufene Gericht gleichwohl für die Eröffnung des Verfahrens kraft dieses Antrags zuständig (Cöln v. 13. 11. 1908 OLG. 19 S. 218), mag auch die Eröffnung erst vom Beschwerdegericht ausgesprochen werden (vgl. §§ 74, 109). Die Erstreckung der Zuständigkeit dauert bis zur rechts-

Zuständigkeit des Konkursgerichts.

7

kräftigen Abweisung des Konkursantrags. Treten also mehrere Zuständigkeitsgründe § 7L nacheinander ein, dann hält die durch den Konkursantrag bewirkte Festlegung des ersten Gerichtsstandes das Wirksamwerden des zweiten Zuständigkeitsgrundes auf. Auch für die Anordnung von Sicherungsmaßregeln (§§ 106, 113) ist zunächst nur das erstangerufene Gericht zuständig. Ebenso gibt die Zeit der Antragstellung den Ausschlag bei Änderungen von Gerichtsbezirken (Stölzel ZZP. 32 S. 67, 79). Andrerseits genügt es, daß die den Gerichtsstand begründende Tatsache zur Zeit der Entscheidung über den Konkursantrag vorliegt, mag sie auch erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens (vgl. 8 570 ZPO.) eingetreten sein. Näheres Jaeger S. 665 ff. Nicht undenkbar ist übrigens, daß die durch den Erstantrag konzentrierte Zuständigkeit durch den früher in Rechtskraft erwachsenden Eröffnungsbeschluß eines anderen Gerichts beseitigt wird, da die Rechtskraft den Mangel der Zuständigkeit heilt sAnm. 17]. Sollte es zur rechtskräftigen Zuständig­ keitserklärung zweier Gerichte kommen, so würde nach § 36 Nr. 5 ZPO. Abhilfe zu schaffen sein sAnm. 18]. e) Eine — von den Verfassern der Novelle wohl nicht beabsichtigte — Ausnahme vonAnm.io. § 71 bildet die Vorschrift des § 214. Sie ermächtigt zur Eröffnung des Nachlaßkonkurses nicht in erster Linie das Gericht der gewerblichen Niederlassung des Erblassers, sondern das seines allgemeinen Gerichtsstandes im Zeitpunkte des Erbfalls. f) Für die Konkurseröffnung in Konsularbezirken und Schutzgebieten fAnm. 8]Anm.i6. gelten die gleichen Vorschriften. §§ 19 Nr. 1, 79 KonsGG., § 3 SchutzgebG. Daß in solchen Konkursen das Recht der KO., auch das Konkursprivatrecht, in erster Linie und nicht etwa nur ergänzend hinter dem Handelsgewohnheitsrechte gilt, steht jetzt nach der Fassung des § 40 KonsGG. außer Zweifel (für das ältere Recht schon ebenso RG. v. 3. 6. 1885 Bd. 14 144 f.). 3. Die im § 71 verordnete Zuständigkeit ist nach beiden Richtungen aus-Anm.i?. schließlich (Abs. I und II, vgl. §§ 214, 238 II Satz 2 KO.; vgl. auch § 802 ZPO.). Sie ist dementsprechend vonAmts wegen zu berücksichtigen und einer Vereinbarung entzogen (8 40 II ZPO., 8 72 KO.). Stellt das angerufene Gericht seine Unzuständigkeit fest, so hat es den Eröffnungsantrag abzuweisen (Beschwerde: 8 109). Die Berweisungsvorschrift des 8 505 ZPO. ist zu entsprechender Anwendung nicht geeignet. Auch eine Weitergabe des Antrags an das zuständige Gericht, wie sie das OLG. Kiel v. 22. 5. 1908 LZ. 1909 S. 669f. für statthaft erachtet, kennt unsere Prozeßordnung nicht. Doch heilt die Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses den Mangel der Zuständigkeit wie den der gehörigen Antragstellung. Daß nur der Gemeinschuldner, nicht auch ein Gläubiger das Recht hat, den Eröffnungsbeschluß des unzuständigen Gerichts (z. B. des Gerichts einer bloßen Zweigniederlassung) anzufechten, das steht — so unangemessen es ist — nach 8 109 außer Zweifel. Erkennt das Gericht, nachdem es den Beschluß erlassen hat, seine Unzuständigkeit, so darf es gleichwohl die Entscheidung nicht abändern (8 577 III ZPO.). Jaeger S. 668ff. In dem der Konkurseröffnung vorangehenden Verfahren kann der Schuldner die Zuständigkeit nach 8 105 II bemängeln; es kann aber auch jeder andere Interessent, da die Zuständigkeit von Amts wegen zu beachten ist, die Abweisung des Konkursantrages wegen Unzuständigkeit anregen. 4. Durch das im Rechtsmittelzuge zunächst übergeordnete Gericht wird dasAnm.i8. zuständige Konkursgericht in Fällen des 8 36 ZPO., also namentlich bei positivem (Nr. 5) oder negativem (Nr. 6) Zuständigkeitsstreit, bestimmt. Jeder Beteiligte — der Gemeinschuldner, ein Konkurs- oder Massegläubiger, der vom einen' oder anderen Gericht bestellte Verwalter — kann diese Entscheidung beantragen. Der Beschluß, der das zuständige Gericht bestimmt, ist unanfechtbar (8 37 II ZPO.). Ein so für unzuständig erklärtes Gericht hat sich anderer Konkursverrichtungen zu enthalten. Der Eröffnungsbeschluß und alle bereits getroffenen konkursleitenden Maßregeln dieses Gerichts verlieren mit Erlassung des obergerichtlichen Beschlusses von selbst ihre Kraft: Eröffnungsstunde, Ernennung des Verwalters, offener Arrest, Termin der ersten Gläubigerversammlung, Anmeldefrist, Prüfungstermin — alles bestimmt sich ausschließlich nach den Anordnungen des für zuständig

Zuständigkeit des Konkursgerichts.

8

§71.

erklärten Gerichts. Namentlich entscheidet, was die besondere Konkursanfechtung des §30 und die Konkursbeschlagsfolgen der §§ 7, 15, 50, 55 Nr. 3, 56 betrifft, fortab allein der Antrag bei dem für zuständig erklärten Gericht und dessen Eröffnungsbeschluß. Diesem Gericht hat das andere den bereits gesammelten Aktenbestand auf Erfordern auszuliefern. Jaeger S. 671 f., Kohler Lehrb. S. 600, 635.

in. Anm.is.

Anm.20.

Anm.21.

Aufgaben des Konkursgerichts.

1. Begrifflich lassen sich, wie schon die Wissenschaft des gemeinen Rechts (Fuchs Konkurs­ verfahren 1863 S. 70ff.) klar erkannt hat, zwei verschiedenartige Gruppen von Obliegen­ heiten des Konkursgerichts unterscheiden: prozessuale („richterliche" im engeren Sinne) und rechtspolizeiliche („administrative"). Prozessuale Verrichtungen sind namentlich die Eröffnung (§§ 102 ff.), Beendigung (§§ 163, 190, 202 ff.) und Wiederaufnahme (§ 198) des Konkursverfahrens, die Anordnung von Sicherheits- und Zwangsmaßregeln (§§ 101, 106, 110, 113), die Entscheidung über unsichere Stimmrechte (§§ 95, 96) und über Einwendungen gegen die Berteilungspläne des Verwalters (§§ 158, 162). Dagegen gehören begrifflich der freiwilligen Gerichtsbarkeit an die Ernennung und Überwachung des Verwalters (88 78 ff-, 83f., 110), die Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 87), die Honorarfestsetzung (§§ 85, 91), die Berufung und Leitung der Gläubigerversammlungen (88 93 ff., 110, 179), die Untersagung im Sinne der §§99, 130 n, 135 n, die Be­ urkundung des Prüfungsergebniffes (§ 145), die Beaufsichtigung des Vergleichsverfahrens (88 173 ff.) und die Erteilung oder Versagung der Bergleichsbestätigung (§§ 184 ff.). Auf­ klärungen nach § 75 kann das Konkursgericht in Erfüllung von Aufgaben der einen oder anderen Art vornehmen. Nach positivem Recht unterliegen „Entscheidungen im Konkursverfahren", auch soweit sie begrifflich Rechtspolizeiakte darstellen, der sofortigen Beschwerde des Zivil­ prozesses (§§ 73 II, 72 KO., § 577 ZPO.), nicht etwa — wie Beschlüsse des Vormund­ schaftsgerichts — dem Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit fAnm. 2], So z. B. auch die Ernennung des Verwalters (§ 781) und die Bestätigung eines ZwangSvergleichs (§ 189). Ausübung anvertrauter „öffentlicher Gewalt" im Sinne des a. 77 EG.BGB. ist die Wahrnehmung jeder konkursgerichtlichen Tätigkeit, auch der Beurkundung [§ 83 Anm. 3, § 140 Anm. 2]. 2. Scharf zu scheiden von der Tätigkeit des Konkursgerichts als solchen sind Verrichtungen, die „das Amtsgericht, bei welchem das Konkursverfahren anhängig ist", als Bollstreckungsgericht (§ 125) oder als Prozeßgericht (§§ 146 II, 164 206) wahrzunehmen hat. Die §§ 73—75 sind in solchen Fällen unanwendbar.

in,

IV. Der Geschäftsgang in Konkurssachen. «nm.22.

Den Geschäftsgang der Gerichtsschreibereien in „Konkurssachen" regeln die Geschäftsordnungen (Geschäftsanweisungen) für die Gerichtsschreibereien der Amtsgerichte, die auf Grund des § 154 GBG. von den Landesjustizverwaltungen erlassen worden sind. Preußen: GeschO. v. 11. 10. 1906 (JMBl. S. 305) i. F. der AllgBerf. v. 29. 1. 1910 (JMBl. S. 20); Bayern: GeschAnw. v. 2. 3.1910 (Amtliche Sonderausgabe München 1910), Sachsen: GeschO. v. 3. 11.1902 (JMBl. S. 63) in F. d. B. v. 21. 2.1910 (JMBl. S. 27). Die preußischen und bayerischen Vorschriften sind unten S. 660 ff. abgedruckt. Wegen der Konkursstatistik siehe zu § 163 u. S. 666 ff., 682.

«nm.23.

Zusatz. Fremde Rechte. Mit Rücksicht auf die „Wichtigkeit und Schwierigkeit" der dem Konkursgericht obliegenden Aufgaben haben viele Auslandsgesetze seine Verrichtungen nicht Einzel­ richtern, sondern Kollegialgerichten zußewiesen. So Frankreich (a. 440, 635 c. com., tribunal de commerce, das nach a. 451 ff. eures seiner Mitglieder — juge commissaire — mit der administrativen Tätigkeit betraut; so auch für die liquidation judiciaire nach a. 1, 4 G. v. 4. Mai 1889; Lyon-Caen et Renault VII Nr. 74 ff., VIH Nr. 1014, 1075), Belgien (a. 466; Ul. auch a. 12, 39, 49 G. v. 25. März 1876), Italien (a. 685), Österreich (§§ 70 ff., 193, 199; Pollak 6.87ff.: Handelsgericht für protokollierte Kaufleute und Handelsgesellschaften, sonst Landes- oder Kreisgericht), Ungarn (§ 72, mit entsprechender Unterscheidung wie Österreich), Portugal (a. 12 Handelsprozeßordnung, bei Borchardt-Kohler S. 160), Holland (a. 2) u. a. Staaten. Für England (s. 92—94) siehe Sibley bei Borchardt-Kohler S. 717ff. (Hight Court u. Graf-

Das Konkursverfahren als Zivilprozeß.

9

schastsgerichte), für Norwegen Borchardt-Kohler S. 150 ff. (Einzelrichter, Verwalter in einfachen 8 Fällen entbehrlich), für Dänemark ebenda S. 147 f., für die Bereinigten Staaten Schnitzler S. 52 Sauf Überweisung und vorbehaltlich einer Nachprüfung des ordentlichen Gerichts wird ein Konkursälssrichter, referee, tätig: bes. s. 33 ff.), für die Schweiz a. 22 (das kantonale Recht entscheidet, ob „Einzelrichter, Gerichte oder Ausschüsse von solchen zuständig"; örtliche Zuständigkeit: a. 46ff.). Für die örtliche Zuständigkeit ist meist primär der Wohnsitz maßgebend; in Portugal (aaO.) primär die Hauptniederlassung, subsidiär der Wohnsitz. Nach § 44 der österr. Jurisdiktionsnorm v. 1. 8. 1895 muß ein unzuständiges Gericht auch im Konkursverfahren „in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen oder auf Antrag durch Beschluß seine Unzuständigkert aus­ sprechen" und den Konkurs an das zuständige Gericht verweisen. Erwähnung verdient auch, daß in Österreich (§ 58 Satz 2 KO.), Ungarn (§ 72 III), Holland (a. 2 V) und der Schweiz (a. 55 Satz 2) die Priorität der Konkurseröffnung — nicht des Konkursantrags — bei mehr­ facher Zuständigkeit den Ausschlag gibt. Der gemeinrechtliche Grundsatz einer vis attractiva concursus wird im Auslande noch in weitem Umfange anerkannt. So z. B. in Österreich nicht nur für Feststellungsprozeffe, sondern auch für Rechtsstreitigkeiten über Aussonderung, Absonderung und Massegläubigerrechte (§§ 126, 137 f., 237, Ausnahme: § 138 II; entsprechend Ungarn: §§ 145, 152 f.). Siehe Pollak § 24 mit Lit. So ferner z. B. allgemein im § 169 der bulgarischen ZPO. (Borchardt-Kohler S. 7) u. im a. 1436 des argentinischen HGB. (darüber bei Borchardt-Kohler S. 309 f. Note 3). Für Frankreich siehe Lyon-Caen et Renault VÜ Nr. 542ff.

71.

§ Die Vorschriften

der Zivilprozeßordnung finden,

soweit nicht aus den

Bestimmungen dieses Gesetzes sich Abweichungen ergeben, auf das Aonkursverfahren entsprechende Anwendung. Unveränderter § 65 alter Folge. Materialien: Motive II S. 297f., Protokolle S. 59, 161. Das Konkursverfahren als Zivilprozeß.

I. Das Konkursverfahren gehört dem Zivilprozeffe an. Demgemäß finden die Vorschriften Anm. i. der Zivilprozeßordnung auf das Konkursverfahren — nicht aber z. B. auf materiell­ rechtliche Zeitbestimmungen [§ 31 Anm. 31 f., § 33 Anm. 2] — insoweit entsprechende An­ wendung, als sie nicht durch die besonderen Berfahrensvorschriften der Konkursordnung ver­ drängt sind (§ 72). Seuffert S. 3, 115 ff., Kohler Leitfaden S. 57 ff., Fitting S. 307 f. Seit 1. April 1910 ist die Fassung der ZPO. v. 1. Juni 1909 maßgebend (a. IV G. v. 1. Juni 1909, RGBl. S. 475). Die Anwendbarkeit des Gerichtsverfassungsgesetzes auf das Konkursverfahren versteht sich von selbst (Hahn Materialien des GBG. 1879 S. 187, 370). Ebenso selbstver­ ständlich ist, daß auf Prozesse aus Anlaß des Konkurses (z. B. §§ 4, 43, 146) die ZPO. unmittelbare, nicht nur entsprechende Anwendung findet. Besonderheiten für das Konkurs­ verfahren ergeben sich namentlich aus folgenden Grundsätzen: 1. Die Entscheidungen im Konkursverfahren können ohne mündliche Ber-Anm. 2. Handlung ergehen (§ 731). Die mündliche Verhandlung ist freigestellt, sie ist nicht im Sinne des § 128 ZPO. geboten. Darum bleibt für ein Versäumnisverfahren nach Maßgabe der §§ 330 ff. ZPO. kein Raum. Darum sind die Entscheidungen im Konkurs­ verfahren Beschlüsse oder Verfügungen, nicht Urteile, und dementsprechend die Vorschriften der ZPO. über Urteile unanwendbar. Namentlich kommen also Einspruch, Berufung, Revision und Wiederaufnahme des Verfahrens gegenüber den Entscheidungen des Konkurs­ gerichts nicht in Betracht. Soweit diese überhaupt anfechtbar sind, ist die Beschwerde — und zwar die sofortige (§ 577 ZPO.) — das zulässige Rechtsmittel (§ 73 HI). Die Verhandlung vor dem Konkursgericht ist keine Verhandlung vor einem „er­ kennenden" Gericht und darum nicht öffentlich (§ 170 GBG.; Zulassung einzelner Personen: § 176 H GBG.), auch nicht im Prüfungstermine [§ 141 Anm. 10]. Wohl aber ist die Verhandlung vor dem Konkursgericht den allgemeinen Bor-Anm. s. schriften über Prozeßleitung, Sitzungspolizei und Gerichtssprache (ZA 136 bis 144, 156—165 ZPO., §§ 177—185, 186-193 GBG.) unterworfen (vgl. Hahn aaO.). Anwendbar find auch die §§ 157 ff. GBG. über Rechtshilfe. So z. B. auf das Ersuchen

10

§ 72.

Das Konkursverfahren als Zivilprozeß. des Konkursgerichts, dem im Bezirk eines anderen Gerichts krank darniederliegenden oder eingesperrten Gemeinschuldner den Offenbarungseid (§ 125) abzunehmen (§ 72 KO. mit § 4791 ZPO.). Bgl. OLG. Köln v. 11.1.1875 RheinARB. 13 S. 6 ff., Augsburg v. 4.2.1904 OLG. S. 147 f. (Ablehnung des Ersuchens nach g 159II GBG. mangels der Voraussetzungen des § 479 ZPO.). Bgl. auch Freudenthal Recht 9 S. 526 (§ 144 GewUBG.). Ein Ersuchen um Aktenübersendung ist kein Ersuchen um Rechtshilfe im Sinn des § 158 GBG. (Augs­ burg v. 6. 4. 1904 OLG. 9 S. 147), kann aber zum Zwecke des § 75 KO. auf Grund dieser Vorschrift statthaft sein. Anwendbar sind ferner die §§ 159—165, 510 a ZPO. mit §§ 184, 185,187, 192 GBG. über das Protokoll. So besonders für die Verhandlung im Wahl-, Prüfungs-, Schluß- oder Bergleichstermin (§§ 87, 94, 141, 162, 179). Zust. RG. v. 17. 9.1906 Bd. 64 85 (Vergleichsprotokoll). Es ist üblich und zweckmäßig, diese Protokolle den Beteiligten ganz — nicht bloß in den Grenzen des § 162 ZPO. — vorzulesen. Die Termine werden an der Gerichtsstätte abgehalten (§ 219 ZPO.). Siehe Anm. 4. Ent­ sprechend anwendbar sind weiter die Vorschriften über Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen (§§ 41—49). Darum ist ein Richter von der Ausübung des Richteramts in Konkurssachen mit Einschluß des Beschwerdeverfahrens kraft Gesetzes nament­ lich dann ausgeschlossen, wenn er oder ein im § 41 ZPO. bezeichneter Angehöriger von ihm entweder als Gemeinschuldner oder als Gläubiger beteiligt („Partei") ist. Notbehelf: § 36 Nr. 1 ZPO. [§ 71 Anm. 18]. Bgl. OLG. Darmstadt v. 31. 12. 1902 HessRechtspr. 4 S. 50 (Mutter des Ausgeschlossenen ist Gläubigerin), Kohler Leitfaden S. 58. Für das Auftreten der Beteiligten — des Schuldners oder eines Gläubigers — im Konkursverfahren sind die Vorschriften über Prozeßfähigkeit, gesetzliche Ver­ tretung und Prozeßvollmacht sinngemäß anwendbar. Zur Abgabe und Entgegen­ nahme (vgl. z. B. §§ 130, 135) von Erklärungen im Konkursverfahren, besonders zur Antrag­ stellung, Anmeldung, Abstimmung, Einwendung und zur Einlegung der Beschwerde, bedürfen daher Schuldner und Gläubiger der Prozeßfähigkeit. So eignen sich besonders die §§ 56, 81 sunten § 139 Anm. 4], 83, 89, 90, 157 ZPO. zu entsprechender Anwendung. Anwaltszwang besteht nicht (§ 78 I ZPO.). Die Vollmachten sind von Amts wegen zu prüfen (§ 88 II ZPO.). Die Vorschrift des § 224 II ZPO. gilt auch für die Fristen im Konkursverfahren [§ 138 Anm. 5, § 152 Anm. 4]. Aus dem Grundsätze des § 496 II ZPO. läßt sich die Folgerung ableiten, daß der Antrag auf Konkurseröffnung [§ 103 Anm. 1] und jede späterhin beim Konkursgericht außerhalb eines Termins abzugebenden Erklärung eines Beteiligten, wie z. B. die Zurücknahme eines Widerspruchs [§ 141 Anm. 10], eine Einwendung [§ 158 Anm. 5] oder der Vergleichsvorschlag [§ 173 Anm. 20], schriftlich eingereicht oder zu Protokoll,des Gerichtsschreibers angebracht werden kann. Für die Anmeldung ist dies im § 139 ausdrücklich gesagt. In bestimmten Fällen wird jedoch Erklärung „im Termin", also mündliche Erklärung, verlangt [§ 73 Anm. 3]. Daß Gesuche zur Ablehnung eines Richters oder um Bewilligung des Armenrechts fsiehe aber § 10 Anm. 29] und Beschwerden zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt werden können, ergeben die besonderen Vorschriften der §§ 44, 118, 569, 577 ZPO. Der § 299 ZPO. gilt entsprechend für die Konkursakten: außer dem Konkursverwalter und Gemeinschuldner hat jeder einzelne Gläubiger die Rechte einer „Partei" aus Einsichtsgestattung und Abschriftserteilung. So namentlich jeder Gläubiger (auch ein interessierter Masse­ gläubiger) das Recht auf Erteilung einer Abschrift des im § 104 KO. genannten Verzeichnisses [§ 124 Anm. 4]. Der § 299 ZPO. gilt auch für das Protokoll über die Abnahme des Offenbarungseides durch das Amtsgericht des Konkurses nach § 125 KO. Auf eine nach § 75 KO. angeordnete Beweisaufnahme findet der § 375 (mit §§ 397, 402) ZPO. ent­ sprechende Anwendung. Zeugnisverweigerung: § 75 Anm. 3. Als Beteiligte kommen bei Beweisaufnahmen wiederum Gläubiger und Schuldner in Betracht. Der Schuldner wird als Massesubjekt, aber eben auch nur insoweit, durch den Verwalter vertreten. Mit Rück­ sicht auf seine Rechtsstellung außerhalb des Konkurses (z. B. auf konkursfreies Vermögen, auf seine Haftung nach dem Konkurse) muß er auch persönlich das Recht haben, der Be­ weisaufnahme anzuwohnen (Nürnberg v. 18. 6. 1909 OLG. 19 S. 222).

Das Konkursverfahren als Zivilprozeß.

11

2. Der Grundsatz amtlicher Stoffbeschasfung (Offizialprinzip) beherrscht das § 72. Verfahren insofern, als das Konkursgericht durch den § 75 ermächtigt und angewiesen ist, Anm. 4. nicht nur zur Vorbereitung der ihm selbst obliegenden konkursleitenden Maßnahmen (wie der Eröffnung oder Einstellung des Verfahren-), sondern auch zur Klärung anderer den Konkurs beeinflussender Verhältnisse die erforderlichen Ermittelungen, namentlich Beweis­ aufnahmen, von Amts wegen anzuordnen [§ 75 Annt. lf.]. Im Zusammenhänge mit diesem Grundsätze wird das Konkursgericht durch eine Reihe einzelner Vorschriften berechtigt und verpflichtet, von Amts wegen Maßregeln zur Sicherung der Konkursmasse zu erlassen (§§ 101, 106, 110, 118, 121, 197 II). Andrerseits setzen wichtige Anordnungen nach aus­ drücklicher Vorschrift einen Antrag voraus (§§ 84, 99, 103, 121 II, 123, 127, 135, 160, 188, 198, 202, 217). Offizialbetrieb ist mit der Offizialmaxime nicht begriffsnot­ wendig verknüpft. Dem Konkursgericht aber wird zugleich die amtliche Betreibung des Verfahrens in weitem Umfange zur Pflicht gemacht. So sind Termine und Anmeldefrist nach Maßgabe der §§ 110 f., 162, 179 von Amts wegen zu bestimmen und bekannt zu machen (vgl. § 93). Die Beteiligten haben nicht die Macht, die Aufhebung eines Termins wirksam zu vereinbaren (gegen § 227 I ZPO.). Wohl aber kann das Konkursgericht von Amts wegen Termine verlegen, Verhandlungen vertagen und Termine zur Fortsetzung von Verhandlungen anberaumen (§ 228 ZPO.; vgl. auch § 93 II). Entscheidungen des Kon­ kursgerichts, selbst verkündete (anders § 329 ZPO.), sind den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen (§ 73II; siehe namentlich auch §§ 111, 179). Öffentliche Bekanntmachung ersetzt die Einzelzustellungen. Vgl. §§ 76, 77. Auch das Gericht den Konkurs von Amts wegen zwar nicht §§ 111 ff ), wohl aber aufzuheben (§§ 163, 190) oder zustellen hat (§ 204). Siehe namentlich Kleinster LZ.

besteht insofern Amtsbetrieb, als zu eröffnen (amtliche Mitteilung: mangels Massezulänglichkeit ein­ 1911 S. 249 ff.

Nachdem die Prozeßnovelle vom 1. Juni 1909 (RGBl. S. 475) für den Parteiprozeß Anm. 5. in weitem Umfange Amtsbetrieb eingeführt hat (vgl. §§ 496, 497 ZPO ), ist der Unterschied zwischen diesem Verfahren und dem Konkursverfahren erheblich geringer geworden. Nach wie vor freilich bildet das von der Verhandlungsmaxime beherrschte amtsgerichtliche Er­ kenntnisverfahren mit seiner auf Rede und Gegenrede angelegten und auf die Entscheidung über streitige materielle Rechte abzielenden mündlichen Verhandlung [§ 73 Anm. 3] einen schroffen Gegensatz zum Bollstreckungsverfahren, zur Zwangsvollstreckung wie zum Konkurse.

3. Die Sätze der Zwangsvollstreckung sind grundsätzlich unanwendbar. Wenngleich dasAnm. 6. Konkursverfahren ein Vollstreckungsverfahren ist [§ 71 Anm. lf.], so steht es doch als Universalexekution zur „Zwangsvollstreckung", der Singularexekution, geradezu im Gegen­ satze. Zur Anwendung im Konkurs eignen sich daher nur solche Vorschriften des 8. Buches der ZPO-, die mit diesem Gegensatze nichts zu tun haben. So sind anwendbar: der § 705 ZPO. auf die formelle Rechtskraft einer konkursgerichtlichen Entscheidung, der § 766 ZPO. namentlich auf Einwendungen des Gemeinschuldners wegen Wegnahme angeblich konkursfreier Sachen durch den Gerichtsvollzieher, nicht durch den Verwalter [§ 1 Anm. 50], der § 767 besonders in den § 145 Anm. 11 bezeichneten Fällen, die §§ 807, 899—910, 912, 913 ZPO. auf Offenbarungseid und Haft des Gemeinschuldners (§§ 101, 106, 125 KO., Motive II S. 318). Siehe auch die Erläuterungen der §§ 74, 106, 107, 117. II. Auf die Vollstreckung überhaupt — auf Zwangsvollstreckung und Konkurs — haben dieAnm. ?. Gerichtsferien keinen Einfluß. § 204 GBG. Diese Besonderheit gilt indessen für Klagen aus Anlaß des Konkurses, namentlich für Aussonderungs-, Absonderungs-, Anfechtungs- und Feststellungsprozesse (§ 146), ebensowenig als für Klagen aus Anlaß einer Zwangsvollstreckung (z. B. auf Grund der §§ 767, 771 ZPO.). Insoweit bewendet es bei den §§ 202, 203 GBG. mit § 223 ZPO. Auf das Konkursverfahren selbst finden auch die Vorschriften über Unter­ brechung und Aussetzung des Verfahrens (§§ 239ff. ZPO.) keine Anwendung. Tod des Gemeinschuldners: § 214 Anm. 21 ff. Ein Ruhen des Konkurses (§ 251 ZPO.)

kann nicht wirksam vereinbart, geschweige denn einseitig von der Gläubigerversammlung herbeigesührt werden [§ 93 Anm. 2].

12

Freigestellte Mündlichkeit.

§ 72. m Im Bereiche der Konsnlargerichtsbarkeit gelten für das Verfahren in Konkurssachen die Anm. 8. Vorschriften der KO. und der ZPO. (§ 19 Nr. 1 KonsGG.) mit einigen Besonderheiten für. die Beschwerde (vgl. ß 14 Nr. 1, § 44 KonsGG.), für öffentliche Bekanntmachungen (nach § 29 KonsGG. ist Einrückung in den Reichsanzeiger nicht erforderlich) sowie für Termine und Fristen (§ 47 KonsGG., darüber unten zu den §§ 110, 138, 152, 179, 203). Schutzgebiete: § 3 SchutzgebG. Ob die Konsulargerichte zuständig sind, den Konkurs über das Vermögen eigener Staatsangehöriger auch dann zu eröffnen, wenn unter den Gläubigern sich Untertanen des fremden Staates befinden, hängt vom Herkommen und dem Inhalt der Staatsverträge ab (vgl. §11 KonsGG.). Für Bulgarien wird die Frage verneint (BlVerglR. 1 S. 336 f.).

§ »3. Die Entscheidungen im Konkursverfahren sönnen ohne vorgängige münd­ liche Verhandlung erfolgen. Die Zustellung geschieht von Amts wegen. Gegen die Entscheidungen im Konkursverfahren findet, soweit dieses Gesetz

nicht ein anderes bestimmt, die sofortige Beschwerde statt. Unveränderter § 66 alter Folge. Materialien: Motive II S. 298f., Protokolle S. 59 f, 161.

I. Freigestellte Mündlichkeit der Verhandlung (Abs. I). «nm. 1.

«nm. 2.

Entscheidungen im Sinne des Abs. I sind alle ausdrücklichen Dispositiv­ akte des Konkursgerichts, einerlei, ob sie begrifflich [§ 71 Anm. 19] der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder dem Zivilprozeß angehören, ob sie das Gesamtverfahren ordnen oder nur Zwischenfragen erledigen, ob sie prozeßleitenden Inhalt haben, über bestrittene Rechte erkennen oder nur Zweckmäßigkeitsanordnungen sind sAnm. 7]. Entscheidungen sind also nicht nur die Eröffnung, die Beendigung und die Wiederaufnahme des Konkurses, die Zu­ erkennung oder Versagung eines Stimmrechts, die Erledigung der Einwendungen im Ber­ teilungsverfahren, sondern auch die Ernennung und die Maßregelung des Verwalters, die Inhaftnahme des Schuldners, die Anordnung von Sicherungsmaßregeln, die Bestimmung von Fristen und Terminen. Nach der Regel des Gesetzes ist jede Entscheidung von Amts wegen zuzustellen (Abs. 2) und der sofortigen Beschwerde jedes Beteiligten unterworfen (Abs. 3). Doch bestehen Ausnahmen nach beiden Richtungen. Siehe Anm. 4, 7. Keine „Entscheidung" ist einerseits die bloße Untätigkeit des Richters [9lnm. 6], andrerseits eine die Entscheidung selbst nur vorbereitende Richtertätigkeit z. B. die Anordnung einer Vernehmung nach § 75 fstehe § 75 Anm. 2] oder die Zulassung eines Gläubigerantrags [§ 105 Anm. 1]. Keine „Entscheidungen" im Sinne des § 73 sind die Beschlüsse der Gläubigerversammlung und des Gläubigerausschusses. Zwischen gerichtlichen „Beschlüssen" und „Verfügungen" (vgl. § 160 Nr. 5 ZPO.) wird nicht unterschieden. Nach dem Sprachgebrauche der ZPO. sind die Ent­ scheidungen „des Konkursgerichts" (im Gegensatze zu Entscheidungen, die der Amtsrichter als Vorsitzender erläßt) „Beschlüsse". Nur solche werden in der KO. genannt (vgl. z. B. §§ 109,

163, 185, 189, 190, 198, 205). Keine Urteile: Anm. 2. Die Entscheidungen, die „im Konkursverfahren" selbst — nicht etwa in einem aus Anlaß des Konkurses entstandenen besonderen Rechtsstreit [§ 72 Anm. 1] — erlassen werden, also Entscheidungen des Konkursgerichts als solchen können wie Entscheidungen des Bollstreckungsgerichts (§ 764 III ZPO.) ohne mündliche Verhandlung ergehen. DaGericht kann aber auch vor der Entscheidung die mündliche Verhandlung anordnen: fakultativ mündliche Verhandlung. Alsdann hat die angeordnete Verhandlung „nur informatorischen" d. h. nur den Zweck, den bereits in den Akten enthaltenen Stoff zu ergänzen. Dement­ sprechend hat das Gericht auch Schriftsätze zu berücksichtigen, soweit das Gesetz nicht gerade eine mündliche Erklärung verlangt. (Seuffert S. 121; Gaupp-Stein ZPO." § 128 V.)

Zustellungen.

13

Auch wenn daS Gericht die mündliche Verhandlung angeordnet hatte, ergeht, weil die Mündlichkeit nur freigestellt ist, der Regel des Zivilprozesses entsprechend die Entscheidung nicht in Urteilsform. Dementsprechend sind Tatbestand und Gründe nicht wesentlich; ihr Mangel bildet keine Gesetzesverletzung. Doch ist es Amtspflicht des Richters, eine der Be­ schwerde unterliegende Entscheidung behufs Ermöglichung der Nachprüfung mit Gründen zu versehen (vgl. § 25 FGG, § 77 GBO ). Die auf mündliche Verhandlung ergehenden Be­ schlüsse müssen nach § 72 KO. mit § 329 I ZPO., der auch bei freigestellter Mündlichkeit gilt, verkündet werden. Zust. OLG. Braunschweig v. 12.4.1907 OLG. 15 S. 245; siehe Protokolle S. 60; a b w. Fitting § 26 N. 15. Vgl. § 185 Anm. 1. Wegen des § 839 n BGB. siehe § 83 Anm. 3.

§ 73*

Eine mündliche Verhandlung im Sinne des § 129 ZPO. kennt der Konkurs nicht. Zwar Anm. 3. gibt es auch im Konkursverfahren eine gebotene Mündlichkeit, insofern namentlich die Be­ schlußfassung der Gläubiger über den Vorschlag eines anderen Verwalters und über die Bestellung eines Gläubigerausschusses (§ 110), die Prüfung der angemeldeten Forderungen (§ 141), die Angelegenheiten des § 162 (mit § 86) und die Abstimmung über einen ZwangSvergleichsvorschlag des Schuldners (§ 179) nicht durch schriftliche Erklärung der Beteiligten, sondern nur „in Terminen" erledigt werden können, die vorher öffentlich bekannt zu machen sind. Ebenso muß der Antrag des § 99 „in der Gläubigerversammlung" gestellt werden. Allein diese Mündlichkeit ist keine „Verhandlung der Parteien über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht". Sie soll nicht die Grundlage für eine Entscheidung über bestrittene materielle Rechte abgeben. Namentlich hat auch der Prüfungstermin keineswegs diese Be­ deutung. Denn das Konkursgericht ist gerade nicht zur Entscheidung über bestrittene Gläubiger­ rechte, sondern nur zur Beurkundung des Prüfungsergebnisses berufen (§§ 145 I, 146). In anderen Fällen gebietet das Gesetz, die Beteiligten vor der Entscheidung zu hören. Damit wird aber nur gesagt: es muß ihnen vorher Gelegenheit zur münd­ lichen oder schriftlichen Äußerung geboten werden. So nach den §§ 84 H, 95, 101II, 105 II, 121 n, 127 n, 203 n, 208 H, 210 II, 217 II, 218 II, 230 II, 236 Satz 1 u. 4. Wie der § 137 IV GBG. bestätigt, kennt das Reichsrecht auch ein „Hören" mit schriftlichen Äußerungen (vgl. z. B. auch §§ 87, 1308, 1673, 1690, 1826f., 1836, 1847 BGB.). Münd­ lich zu hören sind Gläubiger, Verwalter und Gläubigerausschuß vor Bestätigung des Zwangsvergleichs (§ 184). Siehe auch die §§ 97, 141 ff., 182. H. Zustellungen (Abs. II).

Grundsätzlich sind alle Entscheidungen, die im Konkursverfahren ergehen, auch die ver-Anm. 4. kündeten (Protokolle S. 60; anders § 329 in ZPO.), den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen. Neben dieser Sondervorschrift unseres Abs. II ist für den § 496 I ZPO. kein Raum (vgl. auch § 3 ZBG ). Für das Konkursverfahren gilt die weitere Besonderheit, daß die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt wird (§ 76 ID). Wo öffentliche Bekanntmachung erfolgt, findet daher im Zweifel eine Zustellung überhaupt nicht statt [§ 76 Anm. 1, 2]. Vollzogen wird die Zustellung nach Maßgabe der §§ 208-213 ZPO. Eine entsprechende Anwendung des § 496 IV ZPO. (§ 72 KO.) ist nicht ausgeschlossen. Für Zustellungen neben öffentlicher Bekanntmachung siehe § 77. Die Frage der Vergütung amtlicher Zustellungen regeln nun die §§ 80a, 80b GKG. Auch verkündete unanfechtbare Entscheidungen (z. B- § 95 III) sind von Amts wegen zuzustellen (Seuffert § 19 N. 21). Das Gegenteil lehrt Oetker I S. 106, 502, weil die Zustellung bloß geboten sei, um die Be­ schwerdefrist in Lauf zu setzen. Sie kann aber auch sonst (z. B. im Falle der Abwesenheit des Beteiligten) zweckmäßig sein. Jedenfalls hat die Unterscheidung keinen Ausdruck im Gesetze gefunden. Andrerseits darf unbedenklich angenommen werden, daß eine besondere Zustellung des verkündeten unanfechtbaren Beschlusses (z. B. im Falle des § 95 III) durch die mündliche Mitteilung an anwesende Beteiligte erspart wird, da nun im amtsgericht­ lichen Verfahren eine solche Mitteilung sogar den Akt der Ladung ersetzt (§ 497 n ZPO.). Wem als Beteiligtem zuzustellen ist, das bestimmt die Lage des Falles (Protokolle«nm. 5.' aaO.).

Möglicherweise ist nur ein einzelner Antragsteller, dassen Antrag abgelehnt wurde,

14 § 78.

Die sofortige Beschwerde.

möglicherweise auch die gesamte Gläubigerschaft (so z. B. in den Fällen der §§ 80, 84, 99)

beteiligt. Letzternfalls genügt die Zustellung an den Verwalter allein nicht; diejenige an die sämtlichen Gläubiger aber wird nach § 76III durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt. LH. Die sofortige Beschwerde (Abs. IU). sinnt. 6.

1. Da die Entscheidungen des Konkursgerichts keine Urteile sind fAnm. 2], kommt als einziges Rechtsmittel die Beschwerde in Betracht und zwar nach Abs. III nur die sofortige, also binnen (d. h. vor Ablauf) einer Notfrist von zwei Wochen — regelmäßig seit Zustellung der Entscheidung fAnm. 9] — einzulegende Beschwerde (§ 577 ZPO.). Die Beschwerde gegen eine durch Verkündung erlassene Entscheidung fAnm. 2] kann, wie ein Gegenschluß auf Grund der §§ 516 II, 552 II ZPO. ergibt, schon vor der Zustellung eingelegt werden. Daß die Entscheidung aufgeschoben werden müsse, bis die Beschwerdefrist für alle Beteiligten verstrichen ist, trifft nicht zu (LG. Düsseldorf v. 25. 5. 1905. PucheltsZ. 36 S. 456, OLG. Braunschweig v. 12. 4.1907 OLG. 15 S. 245 f., Saeger LZ. 1908 S. 148 gegen OLG. Jena v. 17. 1. 1895 SeuffA. 51 Nr. 251). Die Befristung ist mitunter wenig angebracht und durch Motive II S. 298 f. nicht für alle Fälle gerecht­ fertigt. Vgl. freilich § 793 ZPO. Die unbefristete Beschwerde (§ 567 ZPO.) kann gegen­ über Entscheidungen, die das Konkursgericht nicht auf Grund der KO. sondern auf Grund be­ sonderer, dieses Rechtsmittel vorsehender Bestimmungen, etwa auf Grund der §§ 380, 390, 409 ZPO. oder des § 183 GBG. erlassen hat, in Frage kommen. Für die durch den Konkurs veranlaßten Rechtsstreitigkeiten, wie z. B. für Konkursfeststellungs- oder Aussonderungs­ prozesse, bewendet es beim Rechtsmittelsysteme der ZPO. [§ 72 Anm. 1]. Keine Entscheidung „im Konkursverfahren" ist ein vom Amtsgericht des Konkurses nach § 576 I ZPO. er­ lassener Beschluß, der auf die Weigerung des Gerichtsschreibers, eine vollstreckbare Tabellausfertigung auf Grund des § 164 II (§§ 194, 206) zu erteilen, entweder die Weigerung für berechtigt erklärt oder die Erteilung der Ausfertigung anordnet. Ein solcher Beschluß ergeht weder „im Konkursverfahren" (was ohne weiteres klar ist nach dessen Beendigung) noch „im Zwangsvollstreckungsverfahren" (§ 793 ZPO., vgl. Gaupp-Stein ZPO." § 724 Anm. III mit Zit.). Er unterliegt daher der unbefristeten Beschwerde, wenn das Gericht das Ersuchen gleichfalls ablehnt (§ 576II mit § 5671 ZPO.). Jaeger Recht 8 S. 590 N. 1; zust. OLG. Frankfurt a. M. v. 26. 4. 1907 LZ. 1908 S. 174 f. Gegenüber der mit der Wirkung eines rechtskräftigen Urteils ausgestatteten Feststellung zur Konkurstabelle (§ 145 II) ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Maßgabe der §§ 578 ff. ZPO. denkbar [§ 145 Anm. 12]. Gegenüber bloßer Untätigkeit des Konkursrichters findet nicht ein Rechtsmittel der ZPO., sondern die landesgesetzlich geregelte Verzögerungs­ beschwerde (Dienstaufsichtsbeschwerde) statt. Preußen § 85 AGzGBG., Bayern: a. 73 f. AGzGBG.; Sachsen: G. v. 20. 3. 1880 (§§65 ff. GeschO.); vgl. § 839II 2 BGB. [§ 78 Anm. 5]. So z. B. wenn der Konkursrichter den Eröffnungsantrag einfach liegen läßt, die erforderliche Gläubigerversammlung nicht einberuft, die notwendigen Termine nicht anberaumt. Hier kann es zur Beschwerde nach Abs. III nur kommen, wenn ein auf Vornahme des Amtsaktes gerichteter Antrag beschlußmäßig zurückgewiesen worden ist. Den § 766 ZPO. (mit Wolff Anm. 1) auf den Konkursrichter anzuwenden, geht nicht an.

Anm. ?.

2. Grundsätzlich unterliegen der sofortigen Beschwerde alle Entscheidungen fAnm. 1], die im Konkursverfahren selbst fAnm. 6] ergehen. Ausnahmen bestehen nach der klaren Fassung des Abs. III nur, soweit sie das Gesetz ausdrücklich verordnet. Für unanfechtbar sind erklärt die Entscheidungen der §§ 95, 96 (Stimmrecht), 163, 190 (Aufhebung des Verfahrens), vgl. auch § 189III KO. (Entscheidung des Beschwerdegerichts auf Beschwerde gegen Bestätigung oder Verwerfung des Zwangsvergleichs), endlich des § 108 HI GenG, (die Entscheidung über Einwendungen wider die Borschußberechnung unterliegt keinem Rechtsmittel, aber der Anfechtungsklage gegen den Konkursverwalter nach den §§ Ulf. GenG.). Dazu tritt die wichtige Beschränkung, daß der Eröffnungsbeschluß nur durch den Gemeinschuldner, die Abweisung des Eröffnungsantrags nur durch den Antragsteller selbst angefochten werden kann (§ 109). Gegen alle übrigen Entfchei-

Die sofortige Beschwerde.

15

düngen des Konkursgerichts steht jedem Beeinträchtigten [9lnm. 8] die sofortige Beschwerde § 73, zu. So namentlich auch gegen Anordnungen, deren Erlaß dem freien Ermessen des Ge­ richts anheimgegeben ist (z. B. in den Fällen der §§ 871, 1291, 135II), und gegen Beschlüsse, durch die nicht über einen vom Antragsteller erhobenen „Anspruch" entschieden wird (z. B. Nichtbestätigung des von der Gläubigerversammlung vorgeschlagenen Ver­ walters, § 80). Eccius Gruchots Beitr. 38 S. 208 ff., Kleinfeller SeuffBl. 58 S. 337 ff., Seuffert § 19 N. 16, vgl. nun auch Fitting S. 313; — abw. Kohler Leitfaden S. 61, 329ff., Oetker I S. 102ff., Hellmann Lehrb. S. 416f. Bon den Grenzen, welche die Gegner dem Rechtsmittel bald nach dieser, bald nach jener Richtung ziehen wollen, weiß das Gesetz nichts. Das gilt besonders von der behaupteten Unanfechtbarkeit einer dem richterlichen Ermessen überlassenen Zweckmäßigkeitsanordnung. So soll die Auf­ stellung einer „bloß (!) tatsächlich unbrauchbaren Persönlichkeit" als Verwalter nach Kohler S. 333 unanfechtbar und die Unanfechtbarkeit „sachgemäß" sein, obwohl man sich kaum ein dringenderes Schutzbedürfnis der Gläubiger, kaum einen triftigeren Beschwerdegrund vorstellen kann. Gleiches gilt z. B. für die Anordnung einer unsicheren Hinterlegungsart im Falle des § 169. Honorarfestsetzung: § 85 Anm. 5. Ob die Befristung sAnm. 6] der Beschwerde gegenüber Zweckmäßigkeitserlassen stets gerechtfertigt ist, mag dahingestellt bleiben. Daß aber eine Korrektur der Erwägungen des Einzelrichters durch das höhere Ermessen des Obergerichts „unzuträglich" wäre, da sich der Konkursrichter „mitten in der Sache bewege", während ihr der höhere Richter ferner stehe (Kohler S. 329 f.), das muß nachdrücklich bestritten werden. In der Mehrzahl der Fälle waren die Mitglieder des Obergerichts früher selbst einmal mit Konkurssachen beschäftigt, vielleicht sämtlich, jeden­ falls der eine oder der andere. Wie mancher junger Amtsrichter wird von vornherein mit Konkurssachen betraut! Nichts natürlicher und angemessener, als daß man die oft außerordentlich schwierigen und folgenschweren Maßnahmen der Konkursleitung auch nach ihrer tatsächlichen Seite der Nachprüfung durch eine Mehrheit erfahrener Richter zugänglich macht. Der Einwurf, die sofortige Beschwerde im ordentlichen Zivilprozesse sei „eine Rechts-, keine Verwaltungsbeschwerde" (Kohler S. 329 N. 1), schlägt fehl. Dem Konkurs­ richter sind eben auch Verwaltungsausgaben zugewiesen und seine Entscheidungen sind ohne Unterschied der Beschwerde unterworfen. Mag die Beschwerde insofern rechts­ polizeilichen Charakter haben, das positive Recht weist sie dem Prozesse zu, eine Erschei­ nung, die uns gerade in Konkurssachen auch anderwärts begegnet [§ 71 Anm. 19]. Die Unzulässigkeit selbständiger Anfechtung einer Kostenentscheidung des Konkursgerichts durch einen zur Anfechtung der Sachentscheidung befugten Beteiligten ergibt sich aus § 72 KO. mit § 991 ZPO. (RG. v. 24. 5. 1894 IW. S. 359 Nr. 4; dazu Laux BayZ. 1907 S. 344 ff.). Auch ist die Beschwerde dessen unzulässig, dessen Antrag (Vorschlag) der angefochtene Beschluß vollkommen entspricht oder dessen Rechtslage die von ihm angeregte Entscheidung in keiner Weise beeinträchtigt. Dieses Erfordernis einer „Beschwer" ergibt sich aus dem Begriffe des Rechtsmittels (Gaupp-Stein ZPO." § 511II, § 567 IV 1). Siehe unten Anm. 8, namentlich aber § 83 Anm. 4 (Disziplinierung des Verwalters). Besonderheit: § 109 Anm. 1. Gegenüber der Bestellung eines vorläufigen Gläubigeraus­ schusses bedarf es einer Anrufung des höheren Gerichts überhaupt nicht, da die Gläubiger nach § 87 aus eigener Machtvollkommenheit und schon in der allerersten Gläubigerver­ sammlung (8 HO) Abhilfe schaffen können (anders 8 80 Satz 2). Öffentliche Bekanntmachung ist hier nicht eigens vorgeschrieben, aber im Hinblick auf 8 73II mit 8 76 UI angemessen [8 76 Anm. 1] und, wenn die Bestellung gleich bei Konkurseröffnung erfolgt, mit den Bekanntmachungen des 8 Hl zu verbinden. Dagegen gebietet der 8 811 die Bekannt­ machung des Namens und damit der Ernennung selbst schon für den ersternannten Ver­ walter ausdrücklich. Der Ernannte, der zur Übernahme des Amts nicht verpflichtet ist, hat ebendarum mangels einer Beschwer kein Rechtsmittel. Im übrigen siehe 8 78 Anm. 9. Streit besteht darüber, ob die im Bereiche des 8 18 SchuldverschrG. [8 93 Anm. 1] zu erlassenden gerichtlichen Entscheidungen der Beschwerde des Zivilprozesses nach Maßgabe der 88 73, 74 KO. (so direkt Könige SchuldverschrG. 8 18 Anm. 7, analog

16

§ 73.

Anm. 8.

Die sofortige Beschwerde.

Seusfert ZZP. 27 S. 114, 117) oder der Rechtspolizeibeschwerde der §§ 19 ff. FGG. unterliegen (so Stern Schuldverschreibungsgläubiger S. 73 mit Lit. u. Rechtspr.). Daraus, daß der § 18 SchuldverschrG. „das Konkursgericht" für zuständig erklärt, ergibt sich die unmittelbare Anwendbarkeit der §§ 72 f. ganz wie die des § 71 KO. Das „Konkurs­ gericht" ist eben Organ der streitigen Rechtspflege. Wird dem Konkursgericht als solchem eine Verrichtung zugewiesen, so ist damit die KO. und nach § 72 KO. ergänzend die ZPO. für anwendbar erklärt, also verordnet, daß die im Bereiche dieser Funktion er­ gehenden Beschlüsse zivilprozessuale Entscheidungen sind, wie umgekehrt die Berufung des „Vormundschaftsgerichts" oder des „Nachlaßgerichts" auf die Anwendbarkeit des FGG. hindeutet. Aus dem Wesen der im § 18 SchuldverschrG. bezeichneten Aufgaben läßt sich ein gegenteiliger Schluß schon deshalb nicht ziehen, weil die begrifflichen Grenzen der streitigen und der freiwilligen Rechtspflege vom positiven Recht aus Zweckmäßigkeits­ gründen vielfach verwischt worden sind. 3. Beschwerdeberechtigt ist grundsätzlich jeder, dessen rechtliche Interessen im einzelnen Falle durch die Entscheidung beeinträchtigt werden (Königsberg v. 3.1.1902, OLG. 4 S. 172; vgl. §20 I FGG.): der Verwalter, der Gemeinschuldner, der einzelne Gläubiger (auch ein Massegläubiger). Wer als „Konkursgläubiger" ein Beschwerde­ recht ausüben will, muß seine Konkursforderung angemeldet haben oder doch jetzt an­ melden [§ 3 Anm. 2]. Geprüft braucht sie nicht zu sein fsiehe § 125 Anm. 2]. Gläubiger­ versammlung oder Gläubigerausschuß haben als solche kein Beschwerderecht, da ihnen das Gesetz eine dahingehende Vertretungsmacht nicht zuerkennt. RG. v. 29. 5. 1895 IW. S. 329 Nr. 20; OLG. Marienwerder v. 3. 5. 1901 SeuffA. 58 Nr. 133, OLG. Cassel v. 2. 12. 1907 LZ. 1908 S. 322 (keine Beschwerde des Ausschusses gegen die Festsetzung des Verwalterhonorars); v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 8, Petersen-Kleinfeller Anm. 9, Fitting § 26 N. 21 u. a. Dagegen erachtet Hullmann Anm. 4 in den Fällen der §§ 80, 99 gegenüber ablehnenden Beschlüssen die Gläubigerversammlung, bei Zurückweisung eines nach § 84 I 2 gestellten Entlassungsantrags die Gläubigerversammlung und den etwaigen Gläubigerausschuß zur Beschwerde für ermächtigt. In letzterer Hinsicht ebenso OLG. Hamburg v. 9. 5. 1906 SeuffA. 61 Nr. 267, weil die Antragsbefugnis des § 84 I 2 auch die Ermächtigung zu solchen Handlungen einschließe, die zur Durchsetzung des An­ trages erforderlich seien. Allein mit der Antragsbefugnis ist keineswegs auch die viel weitergehende Macht, auf Kosten der Konkursmasse zu prozessieren, eingeräumt. Diese Macht hat nur der Verwalter (§ 6 mit § 59 Nr. 1). Ebendeshalb ist die Ansicht von Kohler Leitfaden S. 336 II abzulehnen, daß in Fällen solcher Art auf Antrag der Ver­ sammlung oder des Ausschusses ein „besonderer Vertreter" (wessen?) zur Beschwerde­ führung zu bestellen sei. Die Beschwerde steht hier den einzelnen Gläubigern auf persönliche Rechnung zu. Der Verwalter ist für seine Person ^Beispiel: § 83 Anm. 4] wie für den Bereich der Konkursmasse (sowohl im Gläubiger- als im Schuldner­ interesse), nur eben nicht gegenüber der Genehmigung seiner eigenen Akte und Anträge zur Beschwerde legitimiert: „die Ausübung dieses Rechtes setzt voraus, daß der Konkurs­ verwalter in seinen oder in den von ihm vertretenen Interessen durch die ergangene Ent­ scheidung beschwert worden ist." RG. v. 18. 4. 1898 GruchotsBeitr. 42 S. 1129; Fitting § 26 N. 23. Der Gemeinschuldner ist beispielsweise beschwerdeberechtigt gegenüber dem Beschlusse, der den von ihm gestellten Konkursantrag zurückweist (§ 109), den Ver­ gleich bestätigt oder verwirft (§ 189), die von ihm beantragte Einstellung des Verfahrens

Anm. 9.

versagt (§ 206). 4. Die zweiwöchige Notfrist beginnt mit Zustellung der Entscheidung (§ 577 II ZPO.) oder mit der die Zustellung ersetzenden Bekanntmachung [§ 76 Anm. 2], im Falle des § 158 mit der Niederlegung auf der Gerichtsschreiberei, im Falle des § 189 mit der Verkündung. Fristberechnung: §§ 222ff. ZPO., §§ 187, 188 BGB.; formelle Rechtskraft: §705 ZPO.; Vollstreckbarkeit: § 794 I Nr. 3, vgl. § 570 ZPO.; Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Notfrist: § 236n ZPO. Einlegung der Beschwerde vor Beginn der Notftist ist zulässig. Das ergibt der § 312 mit § 329 II ZPO. und ein Gegenschluß aus den §§ 516II,

Die sofortige Beschwerde.

17

§ 73>

552II ZPO. (Gaupp-Stein ZPO." § 577 II mit Zit.). Eine weitere d. h. eine gegen die auf Beschwerde (wenn auch einer anderen Person: RG. v. 31. 3. 1903 IW. S. 180 f. Nr. 28) ergangene Entscheidung gerichtete fernere sofortige Beschwerde ist nach § 568 ZPO. nur statthaft, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts einen neuen und selbständigen Beschwerdegrund enthält. Neu ist der Beschwerdegrund, wenn ihn die Entscheidung des Untergerichts noch nicht enthält (so z. B. wenn die Beschwerde nach § 574 ZPO. als unzulässig verworfen wurde); selbständig, wenn er für sich allein aus­ reicht, eine Beschwerde zu begründen, was im Konkursverfahren nach der Regel des § 73III ohne weiteres für jede neue Entscheidung gilt (vgl. Fitting § 26 N. 29). Sie ist aus­ geschlossen im Falle des § 189 III KO. Wirksamkeit der Entscheidung des Beschwerde­ gerichts: § 74 KO. Gebühren: des Gerichts § 57 GKG., des Anwalts §§ 41, 58, 59 RAGO. Besonderheiten der Konsulargerichtsbarkeit: § 72 Anm. 8. Nach der heutigen Ordnung des Rechtszuges kann das Reichsgericht in diesem Beschwerdeverfahren nicht mehr zum Spruch kommen. Da es auch an einer dem § 28 II FGG. (§ 79 II GBO.) entsprechenden Schutzwehr fehlt, droht in den bedeutsamen und schwierigen Fragen des Konkursverfahrens eine widerspruchsvolle Anwendung des Gesetzes. Die früher streitige Frage, ob das Untergericht seine — noch nicht rechtskräftige — Anm.io. Entscheidung vor Einlegung der sofortigen Beschwerde abändern dürfe, ist durch den § 577 III ZPO. i. F. v. 1. 6. 1909 endlich geschlichtet worden und zwar im ver­ neinenden Sinne (vgl. § 18II FGG.). 5. Die Beschwerde hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirksamkeit (§ 572,Anm.ii. vgl. § 794 Nr. 3 ZPO.). Dementsprechend setzt der Konkursbeschlag trotz Anfechtbarkeit des Eröffnungsbeschlusses sofort mit der darin bezeichneten Stunde ein [§ 108 Anm. 1J. Auch wirkt der Einstellungsbeschluß sofort vom Vollzüge der Bekanntmachung ab [§§ 205 f. Anm. 4]. Der Aufhebungsbeschluß ist gar nicht anfechtbar (§§ 163, 190). Eine Be­ sonderheit gilt für das Wirksamwerden der Entscheidung des Beschwerdegerichts (§ 74). 6. Schwebt bei Beendigung des Konkurses noch ein Beschwerdeverfahren, so ist es inAnm.12. der Hauptsache als erledigt anzusehen und nur noch im Kostenpunkt auszutragen, es wäre denn die Beschwerde ihrem Gegenstände nach (z. B. als Beschwerde des Verwalters gegen die Bemessung seines Honorars oder gegen eine Ordnungsstrafe) von der Fortdauer des Konkursverfahrens unabhängig. Die Frage kann etwa in Fällen der Einstellung praktisch werden (§§ 202, 204). Selbstverständlich wirkt der Einstellungsbeschluß beschwerde­ erledigend nur unter der Voraussetzung, daß er in Rechtskraft erwächst (vgl. Oetker Wirk­ samkeit der Entscheidungen 1910 S. 32 f.).

§ 'S*. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird erst mit der Rechtskraft wirksam.

Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der

Entscheidung anordnen. Der Paragraph ist neu ein gefügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898 als § 66 a. Die Einstellung wurde erst in der Rerchstagskommission beantragt. Die Vorschrift ist dem § 26 FGG. nachgebildet. Materialien: Kommissionsbericht S. 1954f.

1. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird erst mit Eintritt derAnm. 1. formellen Rechtskraft wirksam (Satz 1). Hat also das Amtsgericht den Konkurs er­ öffnet, das Landgericht auf Beschwerde den Erösfnungsbeschluß aufgehoben, so bleibt dieser gleichwohl solange wirksam, bis der Beschluß des Landgerichts rechtskräftig (§ 705 ZPO.) geworden ist. Bestätigt nun auf weitere Beschwerde [§ 73 Anm. 9] das Oberlandesgericht den amtsgerichtlichen Eröffnungsbeschluß, so bedarf es erneuter Bestellung eines Ver­ walters, erneuter Anordnung der sonstigen bei Konkurseröffnung zu treffenden Maßnahmen und erneuter Bekanntmachung (§§ 110, 111) nicht. Hatte umgekehrt das Amtsgericht die Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. n.

2

18 8 74.

«nm. 2.

«nm. 3.

Anm. 4.

Entscheidung des Beschwerdegerichts.

Konkurseröffnung abgelehnt und erst das Landgericht dem Eröffnungsantrage stattgegeben, so wird auch die Eröffnung an sich [9lnm. 3] erst mit dxr Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses wirksam. So soll — das ist der Zweck des § 74 Satz 1 — ein wiederholter Wechsel in der Wirksamkeit tief einschneidender Beschlüsse verhütet werden. Kommissions­ bericht S. 1954 f., entsprechend einem Vorschläge des Berliner Anwaltvereins, DIZ. 3 S. 133. Nach der Regel des § 572 ZPO. steht die Zulässigkeit der Beschwerde einer sofortigen Wirksamkeit des Beschlusses nicht entgegen [§ 73 Anm. 11]. 2. Das Beschwerdegericht kann jedoch nach s einem Ermessen die sofortige Wirk­ samkeit der Entscheidung anordnen (Satz 2). Diese Anordnung muß gleichzeitig mit der Entscheidung selbst ergehen und kann vom Gerichte dritter Instanz einstweilen wieder außer Kraft gesetzt werden (§ 572 HI ZPO.). Umgekehrt könnte das Oberlandes­ gericht auch die sofortige Wirksamkeit des landgerichtlichen Beschlusses nach § 572 III ZPO. anordnen, wenn das Landgericht selbst diese Anordnung nicht erlassen hätte. Falls das Beschwerdegericht die sofortige Wirksamkeit der Konkurseröffnung angeordnet hatte, sein Beschluß aber in dritter Instanz aufgehoben, also die Konkurseröffnung rechtskräftig ab­ gelehnt worden ist, kann der Schuldner nicht etwa den antragstellenden Gläubiger ent­ sprechend dem Grundsätze des § 945 ZPO. (§ 72 KO.) auf Schadloshaltung belangen (RG. v. 21. 2. 1908 LZ. 1909 S. 303). Denn anders als im Falle des § 945 ZPO. war es hier nicht der Gläubiger, der eine ihm auf seine Gefahr eröffnete vorläufige Zwangs­ möglichkeit verwirklichte, sondern der Richter, der kraft freien Ermessens die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung anordnete. Erläßt das Beschwerdegericht selber den Eröffnungsbeschluß [§ 109 Anm. 7], dann ist die Anordnung sofortiger Wirksamkeit unumgänglich, da vom Aufschub des Konkurs­ beschlags den Gläubigern Gefahr droht, überdies aber die Eröffnungsstunde dem Gebote des § 108 gemäß nur angegeben werden kann, falls die sofortige Wirksamkeit der Ent­ scheidung angeordnet wird [§ 108 Anm. 1]. Selbstverständlich bedarf es des ausdrücklichen Ausspruchs. Zurückziehung des Konkursantrags: § 103 Anm. 3. Solche Rechtsfolgen, die das Gesetz erst an den Eintritt der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses knüpft — Beispiele: §§ 1419, 1543, 1647 BGB. [§ 25 Anm. 12 ff.] —, setzen trotz Anordnung der sofortigen Wirksamkeit erst mit der Rechtskraft (§ 705 ZPO.) ein. 3. Sind Beschlüsse des Konkursgerichts auch materieller Rechtskraft zugänglich, äußern sie also in späteren Rechtsstreitigkeiten eine für den neuen Richter verbindliche Kraft? Mit dem Hinweis auf den Mangel der Klage- und Urteilsform läßt sich die Frage nicht abtun. Auch für die Beurteilung der bindenden Wirksamkeit eines Be­ schlusses ist der Grundsatz des § 322 ZPO. maßgebend. Nur nmß der Inhalt des Beschlusses zur Rechtskraft geeignet sein. Gaupp-Stein ZPO." § 329 Anm. II, § 322 Anm. IV, Hellwig System I S. 793 mit Lit. Die Anwendbarkeit der §§ 322 I, 325 I ZPO. ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Beschluß des Konkursgerichts ein materielles Rechtsverhältnis („Anspruch") unter bestimmten Personen („Parteien") normiert. Diesen Inhalt hat beispielsweise die Festsetzung der Vergütungs- und Ersatzansprüche des Verwalters (§ 85) und der Ausschußmitglieder (§ 91). Zust. nun Kleinfeller Gegenstand der Rechtskraft (1913) S. 19. Würde der rechtskräftig festgesetzte Anspruch in einem späteren Prozesse zwischen Verwalter und Schuldner nach Grund oder Betrag bestritten (etwa im Falle einer Aufrechnung des unberichtigt gebliebenen Anspruchs durch den Ver­ walter oder im Falle einer Kondiktion durch den Schuldner), so wäre das Prozeßgericht an die Festsetzung des Konkursgerichts gebunden. Dagegen enthält der Konkurs­ eröffnungsbeschluß selbst eine Entscheidung über einen unter bestimmten Parteien bestehenden „Anspruch" im Sinne der §§ 322, 325 ZPO. nicht. Die Feststellung der Konkursgläubigerrechte erfolgt in einem späteren Verfahren (§§ 138 ff.). Einen vom Konkursgläubigerrecht verschiedenen „Konkursanspruch" aber, in Ansehung dessen der Eröffnungsbeschluß materielle Rechtskraft wirkte (A. S. Schulze, Konkursrecht S. 11, Oetker I S. 84 mit S. 50 ff.), gibt es nicht [§ 3 Anm. 49]. Allerdings wird ein Mangel der allgemeinen Prozeßvoraussetzung der Zuständigkeit wie ein Mangel der besonderen

Entscheidung des Beschwerdegerichts.

19

Konkursvoraussetzungen (des Konkursgrundes und der ordnungsmäßigen Konkursbeantragung) § 74.. geheilt durch die Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses [§ 109 Anm. 10]. Allein diese Heilung ist eine Äußerung der formellen, nicht der materiellen Rechtskraft, eine Folge der Beschränkung der Anfechtbarkeit auf den Beschwerdeweg. Der Eröffnungsbeschluß bildet (gegen Schulze, Oetker a. a. O.) auch der Sache nach kein richterliches Urteil. Das Gesetz hat den innerlich ungerechtfertigten Standpunkt des Entwurfs einer Gemeinschuldordnung (§§ 104 ff.), demzufolge über den Eröffnungsantrag auf Grund einer kontradiktorischen Parteiverhandlung durch ein von Amts wegen für vollstreckbar zu erklärendes, der Berufung unterliegendes Urteil entschieden werden sollte, verworfen und im § 105 eine ausreichende Gewähr gegen übereilte Erlassung des folgenschweren Eröffnungsbeschlusses zu schaffen geglaubt (vgl. Motive II S. 328). Über die Frage der Vollstreckbarkeit siehe § 108 Anm. 5. Die Bejahung oder Verneinung des Konkursgrundes in rechtskräftigem Beschlusse des Konkursgerichts oder eines ihm übergeordneten Gerichts vermag sonach auch den Prozeß­ richter nicht zu binden, der über Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Antrags­ pflicht [§ 103 Anm. 5] oder wegen vorsätzlicher sittenwidriger Konkurserwirkung (§ 826 BGB.) zu entscheiden hat. Vgl. RG. v. 27. 5. 1913 LZ. S. 630, Hellwig System I S. 772 f. Davon, daß der rechtskräftige Eröffnungsbeschluß den Mangel der Konkurs­ fähigkeit zu heilen vermöchte, kann keine Rede sein. Wie ein Mangel der Parteifähigkeit die Nichtigkeit des Urteils (Gaupp-Stein ZPO." § 50 VII), so zieht ein Mangel der Konkursfähigkeit die Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses nach sich [§ 102 Anm. 1], Ein solcher Eröffnungsbeschluß ist, ungeachtet der Rechtskraft jederzeit von Amts wegen mit der im § 109 Anm. 4 bezeichneten Wirkung aufzuheben. Dahin gehört der Fall, daß der Eröffnungsbeschluß aus eine in Wahrheit nicht bestehende „offene Handelsgesellschaft" als Gemeinschuldnerin lautet und lediglich das Geschäftsvermögen, nicht zugleich das Privatvermögen eines verstorbenen, von Witwe und Kindern beerbten Einzelkaufmanns treffen will (KG. v. 12. 3. 1910 LZ. S. 483 ff.). Daß die Rechtskraft des Eröffnungs­ beschlusses aus der Erbengemeinschaft nicht eine offene Handelsgesellschaft mit einer Teil­ haberhaftung im Sinne des § 128 HGB. machen, daß über diese Frage nicht im Er­ öffnungsverfahren mit Rechtskraftwirkung entschieden werden soll und kann, ist klar. Liegt dagegen lediglich eine irrige Schuldnerbezeichnung vor, war z. B. zur Zeit der Konkurs­ eröffnung das Geschäft einer offenen Handelsgesellschaft, auf deren Firma der Eröffnungs­ beschluß lautet, bereits mit Aktiven und Passiven auf eine Einzelperson übergegangen und die Eröffnung des Konkurses über das Gesamtvermögen des jetzigen Geschäftsinhabers gewollt, dann ist der Beschluß nicht deshalb unwirksam, weil er eine offene Handels­ gesellschaft als Gemeinschuldnerin nennt. Gemeinschuldner ist alsdann der Einzelkaufmann; die unzutreffende Schuldnerbezeichnung kann jederzeit von Amts wegen berichtigt werden (vgl. Naumburg v. 24. 3. 1909 OLG. 19 S. 230). Die Beschlüsse der Aufhebung und Einstellung des Konkursverfahrens (88 163,190, 202, 204) haben keinen der materiellen Rechtskraft zugänglichen Inhalt. Ebensowenig die Bestätigung des Zwangsver­ gleichs nach 8 184 (abw. Kleinfeller aaO. S. 16). Nicht der Bestätigungsbeschluß ist es, der Schuldverhältnisse neu gestaltet (einen Erlaß, eine Stundung, eine Bürgenhaftung be­ gründet), sondern der Zwangsvergleich. Die richterliche Bestätigung ist nur eine gesetzliche Voraussetzung seiner Wirksamkeit. Rechtskraftwirkung hat der Zwangsvergleich so wenig als ein Prozeßvergleich im Sinne des 8 794 Nr. 1 ZPO., die konkursgerichtliche Bestätigung des Zwangsvergleichs so wenig als die obervormundschaftliche eines Mündelvergleichs nach 8 1822 Nr. 12 BGB. Vgl. § 173 Anm. 3, 10, 8 194 Anm. 1. Über die Bedeutung

des Feststellungsvermerks der Konkurstabelle siehe 8 145 Anm. 4 f.

20

Ermittelungen von Amts wegen.

Das Aonkursgericht kann zur Aufklärung aller das Verfahren betreffenden

Verhältnisse die erforderlichen Ermittelungen, insbesondere die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen anordnen. Unveränderter § 67 alter Folge. Materialien: Motivel Bd. 2 S. 6f. (nur für Zeugenvernehmung auf Antrag), Motive II S. 299 f., Protokolle S. 60, 161, Kommissionsbericht S. 1955 (Ablehnung eines Antrages Rintelen, dem Konkursgericht ausdrücklich die Verpflichtung zur Straf­ anzeige auszuerlegen, wenn sich gegen den Gemeinschuldner der Verdacht eines Konkursvergehens ergibt). Ermittelungen von Amts wegen.

Anm. 1. I. Der § 75 unterstellt die Tätigkeit des Konkursgerichts, soweit ein das Verfahren betreffendes Verhältnis aufzuklären und ein Antrag nicht eigens gefordert ist, dem Offizialprinzip [§ 72 Anm. 4]. Durch diesen Grundsatz strebt das Gesetz eine glatte und beschleunigte Ab­ wickelung des Verfahrens an (Motive II S. 299). Die Abweichung gegenüber dem ordent­ lichen Zivilprozesse rechtfertigt sich durch den besonderen Zweck des Konkursverfahrens, das den Interessen einer Vielheit konkurrierender Gläubiger dient. Keineswegs aber sieht das Gesetz zur Ermittelung des „wahren Sachverhalts" eine amtliche Untersuchungstätigkeit des Konkursrichters auch im Prüsungsverfahren vor. Die Gesamtheit der Gläubiger ist dadurch ausreichend geschützt, daß jeder einzelne durch seinen Widerspruch die Feststellung einer an­ gemeldeten Forderung hintanhalten kann, selbst wenn diese vom Schuldner und vom Konkurs­ verwalter anerkannt würde (§§ 144, 146). Wie an anderen Stellen des Gesetzes (z. B. §§ 78II, 101II, 106, 107, 204) bedeutet der Ausdruck „kann" im § 75 eine Ermächtigung, die beim Zutreffen ihrer Voraussetzungen zur Amtspflicht wird. Verantwortlichkeit: § 83 Anm. 3. Die förmliche Zurückweisung einer Anregung unterliegt auch im Bereiche des § 75 der sofortigen Beschwerde [§ 73 Anm. 7]. Beispiel: OLG. Frankfurt a. M. v. 28.1.1908 LZ. S. 555. Die Anordnung einer Beweisaufnahme nach § 75 ist nicht selber schon Ent­ scheidung im Sinne des § 73, sondern nur Vorbereitung einer solchen. Für die Zustellung der Ladungen sind die §§ 377 f., 402 (§§ 208 ff.) ZPO. maßgebend. Anm. 2.II. Positive Voraussetzung des 8 75 ist, daß ein das Verfahren betreffende-Verhältnis der Aufklärung bedarf. Bor allem wird daher dem Konkursgericht die Erforschung solcher Tatsachen zur Amtspflicht gemacht, deren Feststellung erforderlich ist zum Zwecke der dem Gericht obliegenden konkursleitenden Maßnahmen, also zum Zwecke der Er­ öffnung des Verfahrens (vgl. § 105II) und seiner Einstellung mangels Zulänglichkeit der Masse (§ 204), zum Zwecke der Bestätigung oder Verwerfung eines Zwangsvergleichs (§§ 184 ff.), zum Zwecke eines Einschreitens gegen Pflichtwidrigkeiten des Verwalters (§§ 83 f.). Damit erschöpft sich aber die Bedeutung des § 75 noch lange nicht. Er will, wie die Motive II S. 299 hervorheben, „hauptsächlich die Information der Verwaltungs­ organe erleichtern". „Für alle Beteiligten muß es wünschenswert sein, bei der Behandlung schwebender Rechtsgeschäfte, bei der Erhebung von Aussonderungs- und Absonderungs­ ansprüchen, bei der Ausübung des Anfechtungsrechts, bei der Prüfung von Konkursforderungen und bei Entschließungen über Verwertung der Masse nicht ausschließlich aus die oft unzuver­ lässige oder nicht zu erlangende Auskunft des Gemeinschuldners oder auf unsichere Privat­ erkundigungen sich angewiesen zu sehen. Zahlreiche Prozesse können durch eine vorgängige Ermittelung des Gerichts vermieden und dadurch das ganze Ver­ fahren erheblich abgekürzt werden." Die Zweckmäßigkeit einer solchen Vorschrift leuchtet ein. Richtig gehandhabt vermag sie einen großen Aufwand von Kosten und Zeit zu ersparen. Es fragt sich nur, ob die Gedanken der Motive im Gesetze selbst Ausdruck gefunden haben. Diese Frage ist zu bejahen. Denn der § 75 macht in der denkbar weitesten Fassung dem Gericht die Aufklärung aller das Verfahren (den Konkurs) betreffenden Verhältnisse zur Pflicht, der § 100 aber bestätigt, indem er ganz die gleiche Wendung gebraucht, daß nicht

Ermittelungen von Amts wegen.

21

nur die tatsächlichen Voraussetzungen einer dem Gericht obliegenden Entscheidung, sondern § 75. auch die tatsächlichen Voraussetzungen für Maßnahmen des Konkursverwalters Gegenstand der Aufklärung sein sollen. Wohl trifft es im allgemeinen zu, daß der Konkursrichter sich nicht in die Verwaltung, einzumischen hat (Kleinfeller LZ. 1911 S. 253); allein eine solche Einmischung liegt nicht vor, wenn es der Verwalter selbst ist, der zu seiner Information eine konkursgerichtliche Ermittelung erbittet. Mit Recht hat daher das OLG. Frankfurt a. M. (28. 1. 1908 LZ. S. 555) eine amtliche Zeugenvernehmung zwecks Vorbereitung der Ent­ schließung des Verwalters über eine Prozeßführung nach § 75 für zulässig erklärt. Es kann den Konkursverwaltern nur empfohlen werden, weit mehr, als dies bisher geschah, die amtliche Ermittelung in Anspruch zu nehmen (zust. Seyfart DIZ. 18 S. 638f.). III. Zum Zwecke der Aufklärung eines den Konkurs betreffenden Verhältnisses sAnm. 2] ist das «nm. 3. Gericht ermächtigt, Ermittelungen jeder Art in jedem Stadium des Konkurses anzu­ ordnen. Es kann formlos die schriftliche Auskunft von Privatpersonen oder Behörden ein­ holen, um Mitteilung von Akten, etwa einer Entmündigungs- oder Strafsache ^Anm. 5] oder von Registerauszügen ersuchen, namentlich aber Zeugen und Sachverständige (vgl. übrigens § 72 KO. mit § 144 ZPO.) nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung (§§ 375 ff., 404 ff., 478 ff.) vernehmen. So z. B. Angestellte des Schuldners oder einen früheren Ver­ walter über Vorgänge, deren Aufdeckung für die Konkursverwaltung von Belang ist. So auch irgend welche dritten Personen, wenn z. B. der Verdacht besteht, daß sie von Liebhabern der Masse, die deren Preis zu drücken suchen, Abstandgelder erhalten haben. Indem der § 75 „die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen" vorsieht, will er auch die ent­ sprechende Anwendbarkeit der zivilprozessualen Bestimmungen über Erscheinungs-, Aussageund Schwurpflicht, über die Ablehnung eines Sachverständigen, die zulässigen Zwangsmittel (die Zwangshaft nach § 390 II ZPO. kann unserem Paragraphen zufolge von Amts wegen angeordnet werden), die Entschädigung und die Zuziehung der Beteiligten außer Zweifel stellen. Motive II S. 300. Darum ist z. B. nach § 357 (vgl. § 397) ZPO. auch dem Schuldner zu gestatten, daß er persönlich oder durch einen Vertreter einer Beweisaufnahme anwohne (Nürnberg v. 18. 6. 1909 OLG. 19 S. 222). Seine Angehörigen sind nach Maßgabe des § 383 Nr. 1—3 (vgl. §§ 384 Nr. 2, 385, 393 Nr. 3) ZPO. zur Zeugnisverweigerung berechtigt (zust. Stern LZ. 1913 S. 375 f., Stepp BayZ. 1913 S. 146 gegen Henke DIZ. 17 S. 408). So erscheint der Gemeinschuldner im amtlichen Ermittelungsverfahren als „Partei". Das schließt nicht aus, daß er als Auskunftsperson selber Gegenstand der amtlichen Erforschung ist. Die Ermächtigung, ihn von Amts wegen zu verhören, entnimmt das Konkursgericht unmittelbar dem § 75, während seine Auskunftspflicht gegenüber dem Verwalter und der Gläubigerschaft durch den § 100 bestimmt wird (Kleinfeller aaO. S. 254). Ein Verzicht der Beteiligten auf die Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen hat gegenüber dem Offizialprinzip des § 75 keine Wirksamkeit (Seuffert § 19 N. 12). Aus dem gleichen Grunde versagen die Beweisregeln z. B. der §§ 416, 440 ZPO. (Kleinfeller aaO.). Für zu­ geschobene und richterliche Eide ist kein Raum. Offenbarungseid: § 125. Zur Abnahme von Versicherungen an Eidesstatt hat das Konkursgericht keine allgemeine Ermächtigung. Die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige (RGBl. 1898 S. 689) gilt nach ihrem § 1 auch für den Konkurs. Die an Zeugen oder Sachverständige entrichteten Gebühren gehören als bare Auslagen des Gerichts (§ 79 Nr. 4 GKG.) zu den Massekosten des § 58 Nr. 1 [§ 58 Anm. 3]. Wegen der Zuziehung von Sachverständigen im Konkurse siehe für Preußen JMV. v. 16. 6. 1905 Ebert Amtsgerichtl. Dezernat" S. 330. Einer besonderen richterlichen Anordnung wegen Vorlage der Handelsbücher des «nm. 4. Gemein schuldners, wie sie das alte HGB. im a. 40 vorsah, bedarf es bei der heutigen Stellung der Konkursorgane nicht mehr. Vgl. §§ 1 in, 117, 122II KO. Deshalb hat das neue HGB. im § 47 den Fall des Konkurses gestrichen (Denkschrift S. 48). Ein Dritter kann allenfalls nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts zur Gestattung der Einsicht und zur Vorlage seiner Bücher gegenüber dem Verwalter als dem Vertreter des Gemeinschuldners ver­ pflichtet sein (vgl. namentlich §§ 429, 422 ZPO., § 810 BGB.; siehe auch § 142 ZPO., §§ 45 102 HGB ). Keineswegs aber hat das Konkursgericht als solches die Macht, auf Grund des

22

Oeffentliche Bekanntmachungen.

§ 75.

§ 75 die Einsichtnahme oder Vorlage von Handelsbüchern oder sonstigen Urkunden dritter Per­ sonen anzuordnen. Anm. 5. Ob eine Ermittelung erforderlich ist, darüber hat der Konkursrichter vermöge der ihm durch den § 75 erteilten Ermächtigung nach pflichtgemäßem Ermessen zu befinden. Hält er die Einsicht in die Akten einer anderen Behörde (z. B. in Grund- oder Bormundschaftsakten) oder die Erhebung einer Abschrift für geboten, so braucht er nicht etwa noch eigens ein „berechtigtes Interesse" darzutun,' wie es z. B. § 34 FGG, § 11 GBO., §911 HGB. voraus­ setzen. Darum ist im Falle OLG. 9 S. 147 (Nürnberg v. 6. 4. 1904) die Einsicht in Bor­ mundschaftsakten mit Unrecht unter Hinweis auf § 34 FGG. verweigert worden. Rechtshilfe im Sinne der §§ 157 ff. GBG. ist eine solche behördliche Einsichtsgestattung oder Akten­ mitteilung allerdings nicht. Wird das Ersuchen des Konkursgerichts abgelehnt, so findet nicht Beschwerde nach § 160 GBG., sondern die landesrechtlich geordnete Aufsichtsbeschwerde statt (vgl Nürnberg aaO., Schlegelberger GBG. 1910 Vordem. 4 ff. vor § 157). Anm. 6.IV. Die Führung eines Konkursregisters und die Anlegung von Konkursakten regeln die Geschäftsordnungen der Gliedstaaten [§ 71 Anm. 22]. Preußen: § 32 (Aktenvernichtung: AB. v. 6. 9. 1900 JMBl. 569); Bayern: §§ 186, 199ff.; Sachsen: §§ 1445, 1453. Wegen der Konkurstabelle siehe zu § 140.

8 r« Die öffentlichen Bekanntmachungen erfolgen durch mindestens einmalige Einrückung in das zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt; die Einrückung kann auszugsweise geschehen. Die Bekannt­ machung gilt als bewirkt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Ausgabe des die Einrückung oder die erste Einrückung enthaltenden Blattes. Das Gericht kann weitere Bekanntmachungen anordnen. Die öffentliche Bekanntmachung gilt als Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt. Unveränderter § 68 alter Folge. Materialien: MotivelBd. 2 S.29f., MotiveIIS. 300, ProtokolleS. 60f., 161.

Anm. i. I. Öffentliche Bekanntmachungen des Konkursgerichts sind ausdrücklich vorgeschrieben in den §§ 81, 93, 98, 111, 116, 163, 179, 190, 198, 203, 205. Zulässig sind sie, wie aus unserm Abs. III zu folgern ist sAnm. 2], ganz allgemein als Ersatz der durch den § 73II gebotenen Einzelzustellungen. Die Wahl zwischen Bekanntmachung und Zustellung steht im Ermessen des Konkursgerichts. Wo Person oder Wohnort der Beteiligten zweifelhaft oder ihre Zahl groß ist, empfiehlt sich die öffentliche Bekanntmachung. Im § 98 I 4 a. F. (jetzt § 106, siehe dort den alten Text) war die Statthaftigkeit der öffentlichen Bekanntmachung eines Beräußerungsverbotes durch den Wortlaut bestätigt, aber nicht im Sinne einer als Aus­ nahme zu betrachtenden Gestattung. Unzweifelhaft besteht denn auch heute noch für das Beräußerungsverbot die Zulässigkeit der Bekanntmachung, obwohl im jetzigen § 106 jener Satz fehlt. Ebenso ist die öffentliche Bekanntmachung beispielsweise der angemessene und statthafte Weg der Bestimmung besonderer Prüfungstermine (§ 142) und des Schlußtermins (§ 162) sowie der Erlassung von Entscheidungen nach Maßgabe der §§ 80, 87, 99 und der Honorarfestsetzung [§ 85 Anm. 5]. Dem Konkursverwalter obliegen die im § 151 bezeichneten Bekanntmachungen. Für alle Bekanntmachungen des Gerichts und des Konkurs­ verwalters ist nach Abs. I Satz 1 die einmalige Einrückung in das Amtsverkündungsblatt des Konkursgerichts erforderlich und hinreichend. In Preußen ist Amtsverkündungsblatt im Sinne des § 76 der öffentliche Anzeiger des Regierungsamtsblattes (JMBerf. v. 5. 9. 1882). Auch die Einrückung eines auf den wesentlichen Inhalt beschränkten Auszugs genügt. Wieder­ holte Bekanntmachung und Einrückung in den Reichsanzeiger ist zur Kostenersparung, An­ heftung an die Gerichtstafel mit Rücksicht auf die möglicherweise große Zahl von Beteiligten

Oeffentliche Bekanntmachungen.

23

nicht vorgeschrieben (anders §§ 204, 206 ZPO ). Motive II S. 300. Doch müssen einige wichtige Beschlüsse auszugsweise auch im Reichsanzeiger veröffentlicht werden (§§ 111II, 116 Satz 2, 163 in, 190 III, 198 DE, 205II). Konsulargerichtsbarkeit: § 72 Anm. 8. Ferner kann das Gericht nach Abs. II weitere Bekanntmachungen auch durch andere Blätter (z. B. Lokalblätter) und in anderer Weise (z. B. durch Anschlag an die Gerichtstafel oder in der Börse) anordnen. Abgesehen vom § 151 ist die Anordnung einer Bekanntmachung Amtspflicht des Gerichts, ihr Vollzug Aufgabe des Gerichtsschreibers. Geschäftsanweisungen [§ 71 Anm. 22]: Preußen § 35, Bayern §§ 178 ff., Sachsen §§ 446, 620, 1447 s.

§ 7tz.

II. Nach Abs. III wirkt die öffentliche Bekanntmachung als Zustellung an alle Be-Anm. 2. teiligten, also einheitlich von dem in Anm. 4 bestimmten Zeitpunkt ab. Indem der Abs. HI verordnet, daß die öffentliche Bekanntmachung „auch" (sogar) dann als Zustellung an alle Beteiligten zu gelten habe, wenn neben der Bekanntmachung noch — wie in den §§ 111 III, 179 I, 198 II — besondere Zustellung geboten ist, ergibt er zugleich, daß Einzelzustellungen in allen anderen Fällen erst recht durch die Bekanntmachung des Abs. I erspart werden. Der Abs. III enthält sonach in der Form der Fiktion zugleich und zunächst den ebenso wichtigen als zweckmäßigen Rechtssatz, daß es statthaft ist, Einzelzustellungen durch die einheitlich wirkende öffentliche Bekanntmachung zu ersetzen, daß also der Vorschrift des § 73 II auch auf dem Wege des § 76 genügt werden kann. So hat der Konkurs seine eigene, von den Voraussetzungen des § 203 ZPO. unabhängige und gegenüber den §§ 204 ff. ZPO. vereinfachte öffentliche Zustellung. Es ist eine willkürliche, für die Praxis ganz unannehmbare Auslegung, wenn Hellmann Lehrbuch S. 417 behauptet, nur die ausdrücklich vorgeschriebene Bekanntmachung ersetze die Einzelzustellungen (siehe Anm. 1]. Im Ergebnisse zust. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3, Seuffert S. 124, Fitting § 26 N. 16. Das Gebot besonderer Zustellung (Ladung) neben der öffentlichen Bekanntmachung (§§ 111 KI, 1791, 198 II) ist daher stets nur eine Ordnungs- oder Sollvorschrift d. h. eine Dienst­ anweisung für den Konkursrichter, deren Verletzung zwar eine disziplinäre und zivilrechtliche (§ 839 BGB.) Verantwortlichkeit nach sich ziehen kann, aber die Wirksamkeit des kraft gesetz­ licher Fiktion in der öffentlichen Bekanntmachung enthaltenen Zustellungsaktes nicht beein­ trächtigt. Die Einzelzustellung kann durch Aufgabe zur Post bewirkt werden (8 77 1). Die hohe Bedeutung, die der Abs. III der öffentlichen Bekanntmachung beilegt, beruht Anm. 3. auf der (von der Erfahrung freilich nicht immer bestätigten) Annahme, daß die im Abs. I vorgeschriebene Art der Veröffentlichung Gewähr für allgemeine Kenntnisnahme bietet. Motive II S. 300. Darum bezieht sich der Abs. HI aber auch nur auf die nach Abs. I gebotene Bekanntmachung, nicht — wie man nach der Stellung der Vorschrift annehmen könnte — auch auf die „weiteren Bekanntmachungen", die der Abs. II freistellt. Nur jene ist wesentlich. Die frühere Einrückung in ein Lokalblatt oder auch in den Reichsanzeiger (Anm.l]

entscheidet also nicht (zust. Stettin v. 18. 2. 1908 OLG. 19 S. 202). III. Die öffentliche Bekanntmachung und die durch sie ersetzte EinzelzustellungAnm. 4. (Anm. 2] gilt als bewirkt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Ausgabe des die Einrückung oder — bei wiederholter Insertion — die erste Einrückung enthaltenden Amtsverkündungsblattes (Abs. I Satz 2 mit Satz 1). Der Ausgabetag zählt nicht mit. Das ergibt sich unmittelbar aus der Fassung des Gesetzes. Daß der zweite Tag ein Sonn­ oder Feiertag ist, fällt — anders als im Falle des § 222 II ZPO. — nicht ins Gewicht. Es handelt sich nicht um eine Fristberechnung (abw. Wolff KO. § 76 Anm. 2). Ausgabe ist das tatsächliche Erscheinen des Blattes am Ausgabeort, nicht das aufgedruckte Datum. Eine Vordatierung mit Rücksicht auf auswärtige Abonnenten bleibt also außer Betracht. Wenn außer der öffentlichen Bekanntmachung Einzelzustellungen erfolgen, fragtAnm. 5. eS sich, welcher Zeitpunkt maßgebend ist, ob ausschließlich derjenige des Vollzugs der öffent­ lichen Bekanntmachung (Anm. 4] oder derjenige einer früher bewirkten Einzelzustellung. Bon wann ab hört der Konkursbeschlag (§§ 163, 190, 205), im besonderen die Zwangsvertretungs­ macht des Verwalters (§ 6), die Unterbrechung der Prozesse (§ 240 ZPO.) auf? Die Ver­ kehrssicherheit fordert einen gleichmäßig für alle Beteiligten maßgebenden Ausgangspunkt. Nun bietet unser Abs. III aber gerade den Vorteil, daß er es ermöglicht, die Wirksamkeit

Zustellungen und Mitteilungen.

24

§ 77.

gerichtlicher Entscheidungen einheitlich in einem für jeden Interessenten erkennbaren Zeitpunkt eintreten zu lassen. Dem Zwecke des Gesetzes entspricht die Annahme, daß ausschließlich und allgemein die Zeit der öffentlichen Bekanntmachung entscheidet (RG. v. 9. 3. 1889 Bolze 7 Nr. 952; OLG. Dresden v. 3. 12. 1909 LZ. 1911 S. 160 f.). Dieser Zeitpunkt ist auch ein­ heitlich maßgebend für den Beginn der Beschwerdefrist (§ 73 UI), selbst wenn die besondere Zustellung an einen Beteiligten früher erfolgt (Petersen-Kleinfeller Anm. 3 mit Zit.; — abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 4, v. Sarwey-Bossert Anm. 4).

§ 77. Wenn neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben ist, so kann dieselbe durch Aufgabe zur post bewirkt werden.

Liner

Beglaubigung der Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks bedarf es nicht. Die dem Verwalter obliegenden Bkitteilungen können unmittelbar und ohne

besondere Form geschehen. Unveränderter § 69 alter Folge. Materialien: Motivel Bd. 2 S. 30, S. 61 f., 161.

Motive II

S. 300f,

Protokolle

Anm. i. I. Einzelzustellungen, die neben der öffentlichen Bekanntmachung vorgeschrieben sind (§§ 111 III, 179 I), können stets in der einfachen und billigen Form der Aufgabe zur Post nach Maßgabe der §§ 175, 213 ZPO. bewirkt werden (Abs. I Satz 1), auch wenn der Adressat im Sprengel des Konkursgerichts seine Wohnung oder einen Prozeßbevollmächtigten hat (vgl. dagegen §§ 174, 175 I ZPO.). Ersatz: § 76 Anm. 2. Auch für die im Genossenschaftskonkurse nach § 107 I 2 GenG, erforderliche Ladung gilt die Vereinfachung des § 77 (RG. v. 8. 5. 1908 LZ. S. 788). Die Eigentümlichkeit einer Zustellung „durch Aufgabe zur Post" liegt darin, daß hier die Post als empfangsermächtigt behandelt wird, während sie bei Zustellung „durch die Post" (d. h. durch den Postboten: §§ 193ff. ZPO) lediglich als Organ der Zustellung tätig wird. Die Zustellung gilt daher bereits mit der Aufgabe zur Post, also schon mit dem Einwurf in den Briefkasten, bei eingeschriebener Sendung (§ 175II ZPO.) mit der Einlieferung am Postschalter, nicht erst mit Aushändigung des Schriftstücks an den Adressaten als bewirkt (Beginn der Beschwerdefrist) und zwar selbst dann, wenn der Adreßort im Auslande liegt und wenn das Schriftstück tatsächlich niemals an seine Adresse gelangt (§ 175 I Satz 3 ZPO.). Der Adressat wird also nicht mit dem Einwande gehört, das zuzustellende Schriftstück (z. B. die Ladung im Falle des § 179 I KO.) sei ihm nicht ausgehändigt worden. Nach § 213 ZPO. wird — wie auch sonst bei den von Amts wegen zu bewirkenden Zustellungen (§ 73 II KO.) — die Aufnahme einer Zustellungsurkunde (§ 192 ZPO.) ersetzt durch amtlichen Aktenvermerk (abw. Meyer KO. Anm. 1). Ja sogar die sonst bei Zustellungen von Amts wegen erforderliche Beglaubigung durch den Gerichtsschreiber (§§ 210, 170 ZPO.) ist für den Konkurs mit Rücksicht auf die vielleicht große Anzahl der Beteiligten als entbehrlich erklärt (Protokolle S. 61 f.). Die Abschriften können durch Druck hergestellt sein (RG. aaO.). Anm. 2.II. Mitteilungen des Verwalters (z. B. nach den §§ 135, 159) können ohne Inanspruch­ nahme einer Zustellungsperson und in beliebiger Art, also auch unmittelbar durch mündliche Eröffnung erfolgen (Abs. II). Wenn schon die förmliche Einzelzustellung durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann (§ 76III), muß dies um so mehr für die völlig form­ losen Mitteilungen des Verwalters gelten. Fitting § 26 N. 9, Seuffert S. 360; abw. z. B. Wolff § 159 Anm. 3. Geboten ist die öffentliche Bekanntmachung durch den Verwalter im Falle des § 151.

Der Konkursverwalter.

25

§78.

§ vs. Der Aonkursverwalter wird von dem Gerichte ernannt. Das Gericht kann demselben die Leistung einer Sicherheit auferlegen. Unveränderter § 70 alter Folge. Materialien: Motivel Bd. 2 S. 7 ff., Motive II S. 301 ff., Protokolle S. 62, 161, Kommissionsbericht S. 1955, 2028 f.

I. Das Amt des Verwalters.

1. Das „Amt" (§§ 81, 84, 86) des Konkursverwalters ist kein Staatsamt, derAnm. i. Verwalter als solcher kein Staatsbeamter. Zwar wird er vom Konkursgericht ernannt (88 78—80, 110), durch eine Bestallungsurkunde legitimiert (§ 81), beaufsichtigt und ent­ lassen (§§ 83, 84). Allein diese staatliche Fürsorge erfolgt im privaten Interesse der Konkursgläubiger und des Gem einschuldners (vgl. RG. vom 18.10.1894 Bd. 34 29, v. 9. 7. 1902 Bd. 52 140). Im Dienste dieser Privatpersonen, nicht im Dienste des Staates ist der Verwalter angestellt und darum ist er kein Staatsbeamter, sein Amt — entsprechend dem „Amte" des Vormundes, Sequesters, Testamentsvollstreckers und anders als das Amt des Gerichtsvollziehers (§ 155 GVG., § 113 StGB.) — nur ein Privatamt. Treffend betont RG. Strass, v. 19. 3. 1889 Bd. 19 86, der Konkurs­ verwalter sei nicht berufen, „für Staatszwecke als Organ der Staatsgewalt tätig zu sein"; er habe „nicht öffentlichrechtliche Funktionen auszuüben, sondern Privatinteressen wahr­ zunehmen". Die Konkursverwaltung bildet wie die Nachlaßverwaltung eine besonders geregelte Unterart der Pflegschaft (§§ 1915, 1975 BGB., vgl. auch den Wortlaut des § 780 II ZPO.). Die eine wie die andere Sondergutsverwaltung findet zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung und unabhängig vom Willen des Vermögens­ trägers statt. In keinem der beiden Fälle wirkt der Verwalter als „staatliches Organ der Rechtspflege" [§ 6 Anm. 12]. Jaeger DIZ. 5 S. 247 f.; vgl. Rehm AnnDR. 1900 S. 369 ff. und wegen der entsprechenden Rechtsstellung des Verwalters bei der Zwangs­ verwaltung Peiser Verwaltung von Grundstücken2 S. 97 ff., Burchard ZZP. 32 S. 170 ff., Wolff ZBG? § 152 Anm. 1. Bon unserm Standpunkt aus ergibt sich: a) Der Verwalter bekleidet nicht ein öffentliches Amt im Sinne der §§ 33, 34 Nr. 3Anm. 2. StGB. Für Personen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, folgt die Untauglichkeit [Anm. 8] zum Berwalteramt aus § 34 Nr. 6 StGB., da der Konkurs­ verwalter wie der Nachlaßverwalter ein „Pfleger", nach der älteren (durch a. 34 Ziff. I EGzBGB. für die Übergangszeit festgehaltenen) Rechtssprache ein „Kurator" ist. Vgl. RG. Strass, v. 19. 3.1889 Bd. 19 86. Der Verwalter bekleidet vielmehr ein Privatamt. Er steht „im Privatdienste", auch im Sinne des § 196 Nr. 8 BGB. [§ 85 Anm. 4]. Das Annenrechtsverhältnis zwischen ihm und den Beteiligten [tont. 1] ist, wenn es auch nicht auf Vertrag beruht, eine Geschäftsbesorgung und zwar regelmäßig eine entgeltliche, äusnahmeweise eine unentgeltliche. Vgl. für sonstige Fälle der Pflegschaft § 1915 mit § 1835 BGB. Doch kommt eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Geschäftsbesorgungsvertrages nur aushilfsweise, nämlich nur insoweit in Betracht, als ausdrückliche Vorschriften der KO. fehlen und die Besonderheiten des Verwalter­ amtes keine Abweichungen ergeben. Die Verantwortlichkeit des Verwalters gegen­ über den Beteiligten (§ 82), seine Rechenschaftspflicht (§§ 86, 132, 162), die Ansprüche des Verwalters auf „Vergütung für seine Geschäftsführung" und Auslagen­ ersatz (§ 85) find ausdrücklich geregelt. Verjährung und Zurückbehaltung: § 85 tont. 4. Ergänzend aber sind die Grundsätze der Geschäftsbesorgung unbedenklich zu verwerten (gegen Petersen-Kleinfeller § 86 tont. 7). So läßt sich aus entsprechender Anwendung der §§ 670, 675 BGB. (mit § 85 KO.) ein Anspruch des Verwalters auf Vorschüsse, ferner aus entsprechender Anwendung der §§ 666, 667, 675 BGB. (mit § 86 KO.) beim Berwalterwechsel eine vom neuen Verwalter geltend zu machende Auskunfts- und Aus-

26 §78.

Anm. 3.

Der Konkursverwalter. antwortungspflicht des alten (vgl. OLG. Colmar v. 5. 3. 1907 LZ. S. 923), aus ent­ sprechender Anwendung der §§ 627, 671 BGB. endlich der Satz ableiten, daß der Verwalter eine unzeitige Enthebung von dem einmal übernommenen Amte nur aus wichtigen Gründen (z. B. wegen schwerer Erkrankung) fordern darf [§ 84 Anm. 6], Welchen Einfluß die Gläubigerschaft auf „die Geschäftsführung" des Verwalters hat, das bestimmt ausschließlich die Konkursordnung. Sie räumt in den §§ 132 ff. der Gläubiger­ schaft eine — übrigens nur interne (§ 136) — Mitwirkung zu bestimmt bezeichneten ungewöhnlichen oder wichtigen Verwaltungsakten ein und betraut mit der Ausübung dieser Befugnisse die Organe der Gesamtgläubigerschaft, die Gläubigerversammlung und den Gläubigerausschuß. Vgl. auch § 137. Keineswegs aber steht dem einzelnen Gläubiger ein privatrechtlicher, im Klagewege verfolgbarer Anspruch auf Vornahme ihm notwendig oder zweckmäßig erscheinender Verwaltungsakte (z. B. auf eine dem § 123 entsprechende Jnventarerrichtung, auf Heranziehung einzelner Gegenstände zur Masse, auf Erhebung von Ansechtungs- oder Widerspruchsklagen, auf Vollzug einer Verteilung) gegen den Konkursverwalter zu. RG. v. 17. 12. 1886 GruchotsBeitr. 31 S. 1129; OLG. Rostock v. 20. 10. 1898 SeuffA. 55 Nr. 59. Der Gläubiger kann nur durch unverbindliche Anregung das Einschreiten der Aufsichtsbehörde nach § 83 veranlassen ^Ablehnung: § 83 Anm. 4] und auch diese hat dem Verwalter in Zweckmäßigkeitsfragen grundsätzlich nicht hineinzureden [§ 83 Anm. 1]. Sie hat auch nicht die Macht, den Konkursverwalter auf Grund eines Gesetzes, das den Staatsbehörden etwa gegenüber den Vorständen von Berufsgenossenschaften oder den Steuerämtern eine Auskunftspflicht auferlegt, zur Auskunft oder zur Gestattung der Einsicht in die Ge­ schäftsbücher des Gemeinschuldners anzuhalten. Denn der Konkursverwalter ist eben keine Behörde (KG. v. 3. 3. 1906 LZ. 1907 S. 297 f., OLG. Bamberg v. 10.11. 1906 LZ. 1907 S. 364f.). Schadensersatzklagen: § 82 Anm. 3; Ansprüche auf Divi­ dendenauszahlung: § 159 Anm. 5. Bertreterstellung des Verwalters: § 6 Anm. 18 ff., § 36 Anm. 5 ff. b) Der Verwalter ist nicht Beamter im Sinne des Strafgesetzbuchs (§ 359). Darum verübt beispielsweise der Gemeinschuldner nicht Widerstand gegen die Staats­ gewalt nach § 113 StGB., wenn er die Inbesitznahme der Konkursmasse durch den Verwalter (§ 117 KO.) gewaltsam verhindert. Ferner begeht der Gemeinschuldner nicht einen Berstrickungsbruch nach § 137 StGB., wenn er vorsätzlich eine zur Masse gehörende Sache beiseite schafft, mag auch der Verwalter ausdrücklich erklärt haben, daß er Beschlag auf sie lege [§ 3 Anm. 51, § 6 Anm. 12]. Wird der Verwalter in Aus­ übung seiner Pflichten beleidigt oder körperlich verletzt, so finden die §§ 196, 232III StGB, keine Anwendung. Die vom Verwalter bei Ausübung seiner Obliegenheiten verübte Körperverletzung fällt nicht unter den § 340 StGB. Überhaupt kann er die­

jenigen Amtsdelikte, die bgrifflich nur von einem Beamten begangen werden können,

Anm. 4.

Anm. 5.

wie die passive Bestechung (§§ 331 f.), den Mißbrauch der Amtsgewalt (§ 339), die Amts­ unterschlagung (§ 350), nicht begehen. Die Untreue des „Massenverwalters" ist nicht als Amtsdelikt geregelt, sondern zum Gegenstände der besonderen Strafvorschrift des § 266 Nr. 1 StGB, gemacht. RG. Strass, v. 28. 9. 1894 Bd. 26 108. c) Die dem Konkursverwalter nach § 85 KO. zugebilligte Vergütung gehört nicht unter die „an Beamte für deren Tätigkeit zu zahlenden Beträge" im Sinne des § 79 Nr. 6 GKG. — nicht zu den Massekosten der Nr. 1, sondern der Nr. 2 des § 58 KO. — und ist auch nicht subsidiär aus der Staatskasse zu leisten [§ 57 Anm. 9, § 58 Anm. 3]. d) Eine Schadensersatzverbindlichkeit des Verwalters wegen schuldhafter Pflichtverletzung (§ 82 KO., § 823 BGB.) fällt nicht unter den § 839 BGB. und darum auch nicht unter die auf Grund der a. 77 f. EGzBGB. eine Haftung des Staates vorsehenden Landes­ gesetze. Er verjährt daher auch nicht schon nach § 852 BGB. [§ 82 Anm. 5]. Ebenso­ wenig ist der § HU EGzGBG. mit den dazu erlassenen Landesgesetzen auf den Konkursverwalter anwendbar. Wohl aber gilt der § 839 BGB. (a. 77 f. EGzBGB.) für Amtspflichtverletzungen des Konkursrichters [§ 83 Anm. 3].

Der Konkursverwalter.

27

2. Das Amt des Verwalters beginnt nicht unmittelbar mit der Ernennung, § 78. sondern erst mit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Übernahme«!,«,. 6. des Amtes auf Grund der Ernennung. Eine Vereidigung oder sonst eine förmliche Verpflichtung findet nicht statt (Motive II S. 305). Die Übernahme ist gegenüber der er­ nennenden Behörde zu erklären. Läßt diese eine Übernahme unter aufschiebender Bedingung

oder Befristung zu, so beginnt das Amt, sobald der Vorbehalt sich erledigt. Schon vor der im 8 80 Satz 1 (§ 110 I) bezeichneten Gläubigerversammlung ist eine wirksame Über­ nahme möglich [§ 80 Anm. 1]. a) Die Ernennung erfolgt durch das Konkursgericht (Abs. I) und zwar sofort bei Konkurseröffnung (§ 110 I). Die Gläubiger können, wenn ihnen der Ernannte nicht genehm ist, einen anderen Verwalter Vorschlägen, ohne freilich durch diesen Vorschlag das Gericht zu binden (§ 80). Beschwerde: Anm. 9. Auch steht es ihnen frei, dem Verwalter in einem Gläubigerausschusse Männer ihres Vertrauens als unterstützenden und überwachenden Aufsichtsrat an die Seite zu stellen (§§ 87, 88). Wird das Ver­ walteramt im Laufe des Konkurses erledigt sAnm. 10], so ernennt das Gericht einen neuen Verwalter und beruft zum etwaigen Vorschlag einer anderen Person abermals eine Gläubigerversammlung (§§ 93, 98 mit §§ 78 I, 80). Umfaßt die Verwaltung mehrere Geschäftszweige, so können mehrere Verwalter — aber nur unter Trennung der Geschäftszweige, nicht zu gemeinschaftlichem Handeln — bestellt werden (§ 79). Ein Sonderverwalter für den Einzel fall ist zu ernennen, wenn das private Interesse des Verwalters oder eines nahen Angehörigen von ihm den ihm amtlich anvertrauten Interessen oder wenn bei gleichzeitiger Verwaltung zweier Konkursmassen das Interesse der einen dem der anderen Masse widerstreitet. So die herrschende Lehre z. B. Kohler Leitfaden S. 219, Seuffert S. 159, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2, Petersen-Kleinfeller Anm. 5; abw. Hellmann S. 396f. Die gesetzliche Grundlage für die Bestellung eines solchen Unterpflegers ruht im § 78 KO. mit §§ 1915, 1909 (1795) BGB. sAnm. 1]. Vgl. über die Unterpflegschaft überhaupt, die im Kollisionsfall auch neben einer Nachlaß­ verwaltung erforderlich wird, v. Standinger (Engelmann) BGB? Anm. 26 vor 8 1909, Anm. 9 a zu 8 1909. Kaufverträge, die der Verwalter persönlich über Massegegenstände mit sich im eigenen Namen abschließen würde, wären nach 8 181 BGB. nichtig [8 6 Anm. 21, 8 126 Anm. 3]. Nicht minder aber bedarf es eines Sonderverwalters zur Prüfung einer vom Konkursverwalter geltend zu machenden Konkursforderung sowie bei Erhebung von Absonderungs- oder Aussonderungsansprüchen gegenüber der Masse. Die vom Konkursgericht festgesetzte Auslagen- und Vergütungssumme (§ 85), die der Verwalter als Massegläubiger zu beanspruchen hat (§ 58 Nr. 2), kann er nach § 181 BGB. rechtsgültig an sich selber entrichten. Auch kann ein mit dem Verwalteramt betrauter Notar einseitige Erklärungen dritter Personen an die Masse (an das von ihm vertretene Massesubjekt) beurkunden (vgl. §8 168 Satz 2, 170 Nr. 1, 171 Nr. 2 FGG.). So hat das RG. v. 26. 10. 1901 Bd. 49 128 zutreffend anerkannt: der Konkursverwalter sei als Notar rechtlich nicht verhindert, selber das Kaufpreisanerbieten eines Dritten an die Masse zu beurkunden (die Vertragsannahme erklärte er zu Protokoll eines anderen Notars) und nehme notwendig ein so von ihm beurkundetes Vertragsanerbieten zugleich mit der Beurkundung als Konkursverwalter zur Kenntnis, so daß es einer besonderen Zustellung an ihn als den Konkursverwalter nicht bedürfe. Vgl. Franz das deutsche Notariat (1907) S. 119. Auch Hindernisse tatsächlicher Art können die Ernennung eines besonderen Verwalters notwendig machen, soweit nicht etwaiges Hilfspersonal sAnm. 10] ausreicht. Ein solcher hat für das einzelne Geschäft Befugnisse und Obliegenheiten eines Konkursverwalters. Ein Borschlagsrecht der Gläubigerschaft besteht nicht. Fitting § 29 N. 35, Petersen-Kleinfeller Anm. 5, Seuffert S. 159. b) Befähigt zum Verwalteramt ist im allgemeinen jede geschäftsfähige natürliche Person,Anm. ?. auch eine Frau, auch ein Gläubiger sAnm. 6], auch ein naher Verwandter oder Ver­ schwägerter des Gemeinschuldners (zumal ein solcher vielleicht gegen geringe Vergütung oder unentgeltlich die Verwaltung übernimmt, vielleicht mit den abzuwickelnden Ber-

28

§ 78.

Der Konkursverwalter.

hältnissen besonders vertraut ist; Kommisstonsbericht S. 1955, 2028 s.), nicht aber der Gemeinschuldner selbst (arg. § 6) oder dessen gesetzlicher Vertreter (also nicht z. B. sein Vormund oder einer seiner mehreren Mitvormünder, nicht Mitglieder des Vorstandes oder Liquidatoren einer im Konkurse stehenden juristischen Person oder sonst eines konkursfähigen Verbandes (zust. OLG. Kiel v. 21. 2. 1911 SeuffA. 66 Nr. 196), auch nicht der Träger der Gemeinschuldnerrolle im Sonderkonkurse (z. B. nicht der Erbe im Nachlaßkonkurse, nicht der Gesellschafter im Konkurse der offenen Handelsgesellschaft), nicht eine juristische Person (z. B. nicht eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Juristische Personen (auch Treuhandgesellschaften als solche) sind zum Verwalteramt un­ fähig, weil die von diesem Amte handelnden Vorschriften des Gesetzes einen persönlich verantwortlichen und persönlich mit den Beteiligten wie mit dem Gerichte verkehrenden Verwalter voraussetzen (vgl. z. B. nur die §§ 81—84, 86) OLG. Cöln. v. 1. 7. 1907 LZ. 1908 S. 245 f. (gegen dessen Gründe Geiger Holdheims MSchr. 1908 S. 97 ff.). Zweck­ mäßiger Weise stellt das Gesetz die Frage, welchemBerufskreise (Notar, Rechtsanwalt, Gerichtsvollzieher, Gerichtsschreiber, Geschäftsagent, Kaufmann, Bücherrevisor, Auktio­ nator, Taxator) der Verwalter zu entnehmen sei, ganz dem pflichtmäßigen Ermessen des Konkursrichters anheim. Die Auswahl ist wichtig und oftmals schwer ^Beschwerde: Anm. 9]. Jaeger LZ. 1909 S. 1 ff. (Ergebnisse einer Umfrage bei deutschen Konkursgerichten); vgl. Pollak LZ. 1908 S. 660ff., Simon HessRechtspr. 9 S. Ulfs., Heymann i. d. Festgabe für Güterbock (1910) S. 562 ff. Für Preußen empfiehlt eine Allgemeine Verfügung des Justizministers v. 12. 11. 1897 (JMBl. S. 288), die Handelskammern „um Namhaft­ machung von Personen, die zur Bestellung als Konkursverwalter geeignet sind, im voraus zu ersuchen und die gemachten Vorschläge, soweit nicht besondere Bedenken im Einzelfall entgegenstehen, bei der demnächstigen Ernennung der Konkursverwalter zu berücksichtigen". Nach einer preuß. JMB. v. 26. 7. 1893 (I 3078) sollen Justiz­ subalternbeamte und Gerichtsvollzieher nur beim gänzlichen Mangel anderer geeigneter Personen und nur mit Genehmigung des OLG.Präsidenten zu Konkursverwaltern bestellt werden. Vgl. ferner preuß. AB- v. 27. 3. 1901 JMBl. S. 83 über die Aus­ wahl der Konkursverwalter bei ländlichen Konkursen u. JMB. v. 8. 7. 1902 (I 5283) über die streng vertrauliche Behandlung der von Gerichten erbetenen Auskünfte gewerb­ licher oder landwirtschaftlicher Vertretungen. Ebert Amtsgericht!. Dezernat9 (1910) S. 302. Die Nichtbeachtung einer solchen ministeriellen Empfehlung (auch der Weisung, eine bestimmte Reihenfolge bei Auswahl der Verwalter einzuhalten) macht die Ernennung durch das Konkursgericht, dessen Ermessen gesetzlich nicht gebunden ist, keineswegs un­ wirksam. Dagegen wäre die Ernennung einer geschäftsunfähigen natürlichen (§ 104 BGB.) oder einer juristischen Person geradezu nichtig, so daß Berwaltungshandlungen des Ernannten als solche der Wirksamkeit entbehrten (z. B. eine Prozeßaufnahme den Stillstand nicht beseitigte, Cöln aaO.). Dagegen steht die im § 34 Nr. 6 StGB, an die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte geknüpfte „Unfähigkeit, Pfleger­ oder Kurator zu sein" Mehe Anm. 2] arg. §§ 1781 Nr. 4, 1915 BGB. der Gültigkeit einer Bestellung nicht entgegen. Sie wirkt nur als „Untauglichkeit". Im gleichen Sinne sind beschränkt geschäftsfähige Minderjährige und vorläufig Bevormundete arg. §§ 1781 Nr. 1, 1915 BGB. nur untauglich, wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht Entmündigte aber unfähig zum Berwalteramte (siehe Kohler Leitfaden S. 219, Fitting § 29 N. 4, Seuffert § 26 Note 2, Mandry-Geib S. 94 f.; vgl. auch § 34 Nr. 5 StGB, mit den §§ 1318II, 2237 Nr 2 BGB., §§ 173 Nr. 2, 180 FGG ). Doch bildet der Ehrverlust, mag er erst nach der Ernennung ausgesprochen oder erst nachher bekannt geworden sein, ohne weiteres einen Entlassungsgrund (8 84). Ob Staatsbeamte zur Übernahme des Verwalteramtes einer Erlaubnis der vor­

gesetzten Dienstbehörde bedürfen, entscheidet das Landesrecht. So für Gerichtsvollzieher und Gerichtsschreiber. Für Sachsen z. B. bestimmen die §§ 131,134,139 der GeschO. [§71 Anm. 22], daß Beamte und Bedienstete gegen Entgelt eine Nebenbeschäftigung nur mit Genehmigung des Justizministeriums übernehmen dürfen, und nennen unter den Neben-

Der Konkursverwalter.

29

Besänftigungen dieser Art das Amt eines Konkursverwalters. Die Annahme von § 78. Schönfeld der preuß. GBollz.b (1909) S. 24 (zu § 15 Abs. 2 GBollzO.), daß die Führung der Geschäfte eines Konkursverwalters sich kaum mit der Stellung eines Gerichtsvoll­ ziehers vereinigen lasse, trifft jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu. Ein „öffent­ liches Amt" im Sinne des a. 12 Bayer. NotG., das ein Notar nur mit MinisterialerlauBnis üBernehmen darf, ist das Verwalteramt nicht [tont. 2]. c) Eine Pflicht zur Übernahme des Konkursverwalteramts besteht nach Reichsrecht nichtAnm. 8.

(vgl. für die Nachlaßverwaltung § 1981III BGB.). Landesrechtlich sind nach näherer Maßgabe des a. 1 des württ. AGzKO- die Bezirksnotare verbunden, „der Ernennung zum Konkursverwalter Folge zu leisten". Wer das Amt einmal übernommen hat, darf es im Laufe des Verfahrens nicht ohne gerichtliche Anordnung niederlegen [§ 84 tont. 6]. Es empfiehlt sich, den in Aussicht Genommenen vor der Ernennung über seine Geneigt­ heit zu befragen, wenn diese zweifelhaft ist. d) Gegen die Ernennung (§ 78 I) und gegen die Versagung der Ernennung (§ 80 Satz 2) Anm. 9. — Veröffentlichung der Beschlüsse: § 76 tont, lf., §81 Anm. 1 — steht dem Ge­ meinschuldner und jedem einzelnen Konkursgläubiger die sofortige Beschwerde nach § 73III zu und zwar auch aus dem Grunde bloßer Unzweckmäßigkeit [§ 73 Anm. 7]. Bei dem lebhaften Interesse der Beteiligten an der Person des Verwalters entspricht die Beschwerde unabweisbaren Bedürfnissen. Der Ernannte oder Abgelehnte ist als solcher nicht beschwert [Anm. 8, § 80 tont. 2]. Siehe Motive II S. 303, Pro­ tokolle S. 62; Petersen-Kleinfeller tont. 2, Seuffert § 26 N. 4, Fitting § 29 N. 3; a b w. Kohler Leitfaden S. 333 u. a. Ist die Beschwerde gegen die Ernennung eines vorläufigen Verwalters an sich statthaft, so kann sie schon mit Rücksicht auf die kurze Frist nicht davon abhängig sein, daß das Konkursgericht einem demnächst (gemäß § 80) vorgeschlagenen anderen Kandidaten die Ernennung versagt (abw. LG. Gnesen v. 3. 2.1903 PosMSchr. 1903 S. 28). 3. Das Amt des Verwalters endet mit wirksamer Beendigung des Konkurses [Besonder-Anm.io. heiten: § 116 Anm. 2, § 166 Anm. 12], mit dem Tode, mit dem Wirksamwerden der (einerlei, aus welchem Grunde) ausgesprochenen Entmündigung des Verwalters (arg. §§ 1885, 1915 BGB., vgl. §§ 661, 683 ZPO.), mit seiner Entlassung (§ 84) oder Ent­ hebung [tont. 2 u. 8], nicht mit einseitiger Niederlegung [§ 84 Anm. 6], und im Falle des § 80 mit rechtswirksamer Ernennung eines neuen Verwalters [§ 80 tont. 1]. Die Haftung aus früherer Pflichtverletzung (§ 82) dauert fort. Wechselt (z. B. infolge Todes) die Person des Verwalters während des Konkurses, so dauert die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem Vorgänger vorgenommenen Rechtshandlungen in der Person des Nachfolgers fort. So bleibt z. B. die gegenüber dem ersten Verwalter als dem Zwangs­ vertreter des Drittschuldners nach § 829 III ZPO. vollzogene Pfändung einer Konkurs­ forderung auch gegenüber dem zweiten wirksam (LG. Freiberg v. 21. 12. 1907 SARpfl. 3 S. 273). Schlußrechnung: § 86. Einfluß auf Prozesse: § 10 tont. 12, § 36 Anm. 10, § 146 Anm. 28. Daß der Verwalter sein Amt int ganzen nicht auf einen anderen übertragen darf, versteht sich von selbst. Vgl. auch für das Jnnenrechtsverhältnis die §§ 613, 664 I 1 BGB. [tont. 2]. Der Verwalter kann als solcher weder Prokura erteilen [§ 23 tont. 8] noch seine gesetzliche Zwangsvertretungsmacht als Anwalt auf einen Anwalts­ substituten (generalbevollmächtigten Sozius oder amtlich bestellten Anwaltsvertreter) über­ tragen (vgl. Friedländer RAO. 1908 § 25 Anm. 25). Ebenso gewiß ist es andrerseits, daß er einzelne interne Verrichtungen einem Gehilfen überlassen kann. Für ihn hat er alsdann nach Maßgabe der §§ 278, 831 BGB. einzustehen. Motive II S. 306. Nach außen kann als Verwalter nur auftreten, wer vom Konkursgericht allgemein oder für den Einzelfall [Anm. 6] dazu berufen ist. Das folgt aus der Wichtigkeit der in Frage stehenden Amtsgeschäfte und aus der Erwägung, daß die in der gerichtlichen Ernennung des Verwalters liegende Gewähr hinfällig würde, wenn dieser nach Belieben Vertreter mit Wahrnehmung seiner Geschäfte betrauen dürfte. Unhaltbar ist namentlich die Ansicht, der Verwalter könne sich im Prüfungstermine durch eigenmächtig bestellte Bevollmächtigte ver-

30

§ 78.

Der Konkursverwalter. treten lassen [§ 141 Anm. 6f.]. Petersen-Kleinfeller §§ 78 ff. Anm. 4f., §§ 141 ff. Anm. 7; abw. z. B. v. Bölderndorff II S. 373f. Aus dem § 664 BGB. läßt sich (gegen Wolff § 141 Anm. 1) das Erfordernis gerichtlicher Genehmigung der Vollmacht nicht abteiten, da die Vorschrift nur das Jnnenrechtsverhältnis regelt fAnm. 2]. Die §§ 41 ff. I 13 ALR. (a. 78 EGzBGB.) sind unanwendbar, weil es sich nicht um Geschäfte eines „öffentlichen" Amtes handelt (abw. Dernburg BürgRecht I3 § 164 N. 14). Andrerseits lassen sich die §§ 79, 81 ZPO. zugunsten der Annahme freier Vertretbarkeit nicht verwerten. Die Ansicht, daß im Prüfungstermine sowie in anderen Terminen neben dem Verwalter, nicht an seinerstatt, ein Rechtsanwalt als Beistand erscheinen kann (§ 90ZPO.), unter­ liegt keinem Bedenken (vgl. Protokolle S. 92 oben).

DE. Die Sicherheitsleistung des Verwalters (Abs. II). Anm.li.

Anm. 12.

1. Das Konkursgericht ist nach § 78 II ermächtigt und darum erforderlichen Falles auch bei persönlicher Verantwortlichkeit gegenüber den Beteiligten verpflichtet [§ 75 Anm. 1], den Verwalter zur Leistung einer Sicherheit anzuhalten. Ob.und wann eine Sicherheitsleistung geboten erscheint, in welcher Art und in welchem Umfange sie zu bewirken ist, darüber befindet das Konkursgericht nach freiem Ermessen. Vgl. 88 1844, 1915 BGB. Auch dieses Ermessen aber unterliegt der Nachprüfung des Beschwerdegerichts. Beschwerde­ berechtigt (8 73 III) ist jeder Beeinträchtigte, besonders der Antragsteller, dessen Ersuchen rechtsförmlich zurückgewiesen worden ist (Hullmann S. 227, Fitting 8 29 N. 20). Eine gesetzlich gebotene allgemeine Kautionspflicht ^siehe Anm. 15 Ziff. 5] hätte abgesehen von der Massesicherung den Vorteil, daß sie jeden Verwalter antreiben würde, die Konkurs­ abwickelung zu beschleunigen, um die Kaution möglichst bald frei zu machen. Daraus, daß das Konkursgericht nach freiem Ermessen bestimmt, ob, in welcher Art und in welchem Umfange der Verwalter Sicherheit zu leisten hat, läßt sich folgern:

a) Daß weder der 8 108 ZPO. (abw. Wengler Anm. 5, vgl. auch Seuffert 8 19 N. 6, 8 26 N. 5) noch der 8 232 BGB. hinsichtlich der Art und des Umfanges der Sicher­ heit den Richter bindet. Namentlich kann er in erster Linie Bürgenstellung fordern und genügen lassen. Siehe 8 49 Anm. 8. b) Daß das Konkursgericht während der ganzen Dauer des Verwalteramts jederzeit selbständig die Leistung, Erhöhung, Minderung oder Aufhebung (Rückgabe) der Sicherheit anordnen kann (vgl. 8 18441 Satz 3 mit 8 1915 BGB). Hullmann aaO., Petersen-Kleinfeller Anm. 11, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 6, Fitting aaO.; abw. Wolff Anm. 7 u. a. Der durch Anerkennung der Schluß­ rechnung (8 86) entlastete Verwalter hat ein Recht darauf, daß das Konkursgericht alsbald die Rückgabe der Sicherheit anordnet, und demgemäß gegen einen den Rückgabe­ antrag ablehnenden Beschluß die sofortige Beschwerde (8 73III). c) Daß ein durch Klage verfolgbarer „Anspruch" der Gläubigerschaft und des Gemein­ schuldners auf Sicherheitsleistung nicht besteht. War eine solche nicht schon zur Be­ dingung der Ernennung gemacht, sondern erst nachträglich angeordnet worden (Motive H S. 305), so kann sie durch Ordnungsstrafe (§ 841 Satz 1) oder durch Androhung der Entlassung (8 84 I Satz 2) erzwungen werden. Andrerseits gibt die nachträgliche Anordnung dem Verwalter kein Recht auf Entlassung.

Anm.is.

Anm. 14.

2. Die Kosten der Sicherheitsleistung, ihrer Änderung oder ihrer Aufhebung gehören zum allgemeinen Aufwande der Verwaltung und bilden dementsprechend Massekosten im Sinne des 8 58 Nr. 2. Vgl. § 1844 III mit 8 1915 BGB. 3. Die Sicherheit soll Ansprüche der Beteiligten aus der Amtsführung des Verwalters (8 82), nicht wohl auch Ordnungsstrafen (8 84) decken (abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 5). Ein Pfandrecht der Beteiligten im Sinne des 8 233 BGB. entsteht aber auch im Falle der Geldhinterlegung nicht, da die Sicherheit nicht auf den Namen von bestimmten Berechtigten geleistet, sondern der Verfügung des Gerichts — wenngleich zu gunsten der Beteiligten — überlassen wird (abw. Senst Konkursrichter3 S. 93). Dementsprechend bedarf auch die Rückgabe der Sicherheit einer Zustimmung der Beteiligten nicht.

Der Konkursverwalter. Zusatz.

31 § 78.

Fremde Rechte.

1. Bezeichnung des Verwalters. Den Ausdruck Verwalter gebrauchen beispielsweise Oster-Anm.i5. reich und Ungarn (Masseverwalter), Portugal (administrador) und die Schweiz (Konkurs­ verwaltung), curator (curateur, curatore) Belgien, Holland, Italien, syndic (syndico) Frankreich und Spanien, trustee England, Vereinigte Staaten. 2. Anzahl der Verwalter. Der Vorzug einer Einheitlichkeit der Verwaltung liegt auf der Hand. Darum wird auch in solchen Ländern, in denen gesetzlich mehrere Verwalter zu gemeinschaft­ lichem Handeln bestellt werden können, tatsächlich üt aller Regel nur ein Verwalter — eine Mehrheit z. B. bei Konkursen großer Aktiengesellschaften — ernannt. So z. B. Dänemark (§ 67), Österreich (§ 74 KO.; siehe Frankl Revision S. 23ff., Pollak S. 139, 147), Frankreich (a. 462, 46ö c. com.; Lyon-Caen et Renault VII Nr. 439), Belgien (a. 450), Schweiz (a. 237 II), Portugal (a. 214 ff., Borchardt-Kohler S. 167), England (s. 84). Selbständige Sonderverwalter für einzelne Geschäftszweige, besonders zur Verwaltung von Liegenschaften und Bergwerken sind bestellbar z. B. in Österreich (§ 82), Ungarn (§ 98), Holland (a. 70). Eine Verwaltermehrheit ist z. B. vorgeschrieben in Spanien (drei: Borchardt-Kohler S. 91). Die Bereinigten Staaten verlangen einen Verwalter oder deren drei (s. 44, 47 b). 3. Die Bestellung des Verwalters ist a) Sache der Gläubiger z. B. in England (s. 21, Schirrmeister I S.342), in der Schweiz fa. 237), in Spanien (Borchardt-Kohler S. 91) und grundsätzlich auch in Dänemark (§ 66). Bis zur Wahl des trustee wird in England als vorläufiger Verwalter der vom Handels­ gericht bestellte official receiver tätig (Organ dieses Gerichts); der receiver wirkt auch noch neben dem trustee (s. 66—71) und fungiert in kleinen Ganten (smal bankruptcies) regelmäßig anstatt des letzteren (s. 121). Der englische trustee bedarf gerichtlicher Be­ stätigung, die aus bestimmten Gründen z. B. bei zweifelhafter Unparteilichkeit versagt werden kann (s. 21 Nr. 2). Subsidiär ist das Handelsgericht selbst berechtigt, den Ver­ walter zu ernennen (ib. Nr. 6). In den Vereinigten Staaten wird der Verwalter gleich­ falls primär durch die Gläubigerschaft mit bestimmter Mehrheit, subsidiär durch das Gericht berufen (s. 44). Auch der receiver kommt vor. Siehe über diesen und den zur einstweiligen Bermögensverwahrung bestellten Gerichtsbeamten (marshal) Schnitzler S. 51 f. — In der Schweiz (a. I ff.) sind für die einzelnen „Konkurskreise" kantonale „Konkurs­ ämter" organisiert. Das Konkursamt besorgt die Verwaltung und Verwertung bis zur ersten beschlußfähigen Gläubigerversammlung. Diese entscheidet, ob sie das Konkursamt oder eine besondere Konkursverwaltung, bestehend aus einer oder mehreren von der Ver­ sammlung zu wählenden Personen, einsetzen will (a. 236, 237). In Dänemark (§ 66) kann die Gläubigerversammlung beschließen, einen Konkursverwalter nicht zu bestellen; alsdann hat das Konkursgericht die Masse zu behandeln (§ 80). Dieses kann selbst den Verwalter endgültig ernennen, wenn in der Versammlung mcht mindestens ein Drittel der bekannten Forderungen vertreten ist (§ 66 III). Über die eigentümliche Einrichtung des russischen Rechts (Konkursverwalter, Konkursverwaltung und Kuratoren) siehe Klibanski S. 47, 51 ff. b) Sache des Gerichts z. B. in Belgien (a. 466), Portugal (a. 214ff.), Ungarn (§§ 88, 94), Brasilien (a. 61). c) Sache des Gerichts, aber unter Borschlagsrecht der Gläubigerschaft namentlich in Frankreich (a. 462, 536; Lyon-Caen et Renault VII Nr. 426ff.) und Österreich (§§ 73ff.; Frankl Revision S. 25ff.; Pollak S. 140ff. u. in GrünhutsZ. 24 S. 336ff., Rintelen S. 84ff.). In Italien (a. 719) kann die zum Vergleichsabschluß erforderliche Mehrheit die Ersetzung des vom Gericht ernannten Verwalters (a. 691, 715, 717) durch eine andere Person erzwingen. 4. Für die Befähigung zum Berwalteramt gelten vielfach besondere Vorschriften. Nahe Angehörige des Kridars sind beispielsweise ausgeschlossen in Österreich (aber nur bei der Wahltagfahrt nach § 75 III, nicht endgültig, vgl. § 143, Pollak LZ. 1908 S. 660), Ungarn (§ 97), Frankreich (a. 463), Dänemark (§§ 53, 66), Italien (a. 714), während der Verwalter anderwärts grundsätzlich den Gläubigern entnommen wird (z. B. Spanien Borchardt-Kohler S. 91, Brasilien a. 61 Nr. 1). In Ungarn (§ 95) muß der Masseverwalter ein im Sprengel des Konkursgerichts wohnender Advokat fein. Im übrigen siehe wegen der Berufsstellung LZ. 1909 S. 14 f. (Noten). In den Vereinigten Staaten sind auch Korpo­ rationen zum Berwalteramte befähigt (s. 45). 5. Sicherheitsleistung ist nicht vorgesehen z. B. in Österreich (Pollak S. 147) und Frankreich (siehe aber Lyon-Caen et Renault VII Nr. 434), fakultativ z. B. in Dänemark (§ 70), obligatorisch z. B. in England (s. 21), Portugal (a. 216) und in den Bereinigten Staaten (s. 50).

§»». Wenn die Verwaltung verschiedene Geschäftszweige umfaßt, so können mehrere Konkursverwalter ernannt werden. Jeder von ihnen ist in seiner Geschäftsführung selbständig.

32

§ 79.

Mehrere Verwalter. Unveränderter § 71 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 14, Motive II S. 305 f., Protokolle S. 62,161.

Anm. 1. I. Umfaßt die Verwaltung verschiedene Geschäftszweige, so kann für die einzelnen, in sich abgeschlossenen Geschäftszweige je ein selbständiger Verwalter bestellt werden. So z. B. wenn der Schuldner eine Mehrheit von Niederlassungen hat, für die einzelne Niederlassung; wenn er eine Fabrik und ein Ladengeschäft, ein Bergwerk und eine Bier­ brauerei hat, für jeden einzelnen dieser Betriebe. Wie die Geschäftsführung ist die Ver­ antwortlichkeit (§ 82) des einen Verwalters unabhängig von der des anderen. Kollektivverwaltungen unter gemeinsamer Haftbarkeit der Mitverwalter kennt das deutsche Recht nicht (anders z. B. Frankreich a. 465, Dänemark § 67). Sonderverwalter für den Einzelfall: § 78 Anm. 7. Einen Zuständigkeitsstreit hat das Konkursgericht zu schlichten, da ihm die Ernennung und damit die Abgrenzung der Wirkungskreise zusteht (§ 78 I). Anm. 2.n. Bedient der Verwalter sich eines Gehilfen (Motive II S. 305f.), so haftet er für schuld­ hafte Erfüllungshandlungen des Gehilfen nach § 278 BGB. (vgl. § 664 I Satz 3 BGB.) und für dessen Delikte nach § 831 BGB. Siehe oben § 6 Anm. 22, § 78 Anm. 10. Anm. 3. in. Ist der Gewerbebetrieb des Gemeinschuldners ein einheitliches Unternehmen, also z. B. ausschließlich Apothekenbetrieb, dann trifft der § 79 nicht zu. Das Konkursgericht kann daher nicht aus dem Grunde, weil dem Konkursverwalter die etwa erforderliche Eignung als gewerblicher Stellvertreter fehlt, für ein und denselben Betrieb einen weiteren persönlich ge­ eigneten Verwalter als gewerblichen Vertreter bestellen. Noch weniger kann dies der gewerbe­ rechtlich ungeeignete Konkursverwalter selber tun. Schultzenstein ZZP. 33 S. 491 ff. mit Lit. Anm. 4.IV. Nicht selten verwaltet umgekehrt ein und derselbe Verwalter gleichzeitig mehrere Kon­ kurse. In Fällen dieser Art hat die irrige Vorstellung, als sei der Verwalter selbst Träger der Masserechte und Masseverbindlichkeiten, zu dem ganz unhaltbaren Schluffe verleitet, er dürfe gegenüber einer Person, die Konkursgläubigerin der Masse A und zugleich Schuldnerin der Masse B ist, die im Konkurse A fälligen Dividenden eigenmächtig zur Masse B abführen. In Wahrheit bleibt ihm bei persönlicher Verantwortlichkeit (§ 82) nichts anderes übrig, als auf Grund eines rechtzeitig zugunsten der Masse B erwirkten Titels die Konkursforderung zu pfänden, gegebenen Falles mit Arrest zu belegen oder die Dividende auszuzahlen.

8 so. In der auf die Ernennung eines Verwalters folgenden Gläubigerversammlung können die Konkursgläubiger statt des Ernannten eine andere Person wählen. Das Gericht kann die Ernennung des Gewählten versagen. Unveränderter § 72 alter Folge. Materialien: Motie IBd.2S.9ff., MotiveIIS.302ff., ProtokolleS.62, 161.

Anm. 1. I. Die erste (§ 110) und jede weitere etwa im Laufe des Konkurses notwendig werdende Er­ nennung eines Verwalters [§ 78 Anm. 7] steht beim Konkursgericht (§ 78 I). Die Gläubigerschaft hat lediglich ein Borschlagsrecht d. h. sie darf in der unmittelbar auf die gerichtliche Ernennung folgenden Versammlung (vgl. § 1101) durch Mehrheitsbeschluß (§ 94) eine andere Person wählen und deren „Ernennung" zum Verwalter beantragen (Satz 1). Insofern hat jede gerichtliche Ernennung, auch die erst nach Wegfall des ersten Ver­ walters notwendig gewordene, zunächst eine bloß vorläufige Bedeutung. In einer späteren Versammlung könnte die Gläubigerschaft nur „Entlassung" des Verwalters beantragen (§§ 84, 93 f.). Die Entscheidung über den Vorschlag der Gläubigerschaft ist dem pflicht­ mäßigen Ermessen des Gerichts anheimgestellt (Satz 2). Angabe der Ablehnungsgründe im Beschluß ist nicht ausdrücklich vorgeschrieben (Motive H S. 303, Protokolle S. 62), aber mindestens angemessen [§ 73 Anm. 2]. Entspricht das Gericht einem nach Satz 1 erfolgten Vor­ schläge, so endet ohne weiteres mit der wirksamen sAnm. 2] Ernennung des neuen das Amt des vorläufig bestellten Verwalters. Sonst wird dessen Ernennung endgültig, sei es nun, daß ein anderer Vorschlag nicht oder nicht rechtzeitig gemacht oder daß er abgelehnt wird. Über-

Bestellung des Verwalters.

33

nehmen kann der Ernannte das Amt bereits im Stadium der Vorläufigkeit seiner Ernennung § 80. [§ 78 Anm. 6]. Bon da ab hat er die Befugnisse und die Verantwortlichkeit eines Konkurs­ verwalters (vgl. z. B. Dresden v. 14. 5. 1904 Sächs. OLG. 26 S. 172). Sein Amt endet, wenn nun ein anderweiter Vorschlag im Sinne des § 80 durchdringt, mit der Ernennung deS neuen Verwalters ex nunc, nicht ex tune. II. Die Entscheidung des Konkursgerichts — Ernennung wie Ablehnung — unterliegt der so-Anm. 2. fertigen Beschwerde (§ 73 III). Wirksamwerden der Entscheidung des Beschwerde­ gerichts: § 74. Beschwerdeberechtigt ist der Gemeinschuldner und jeder einzelne Konkurs­ gläubiger, auch ein solcher, der bei der Abstimmung nicht zugegen war (Protokolle S. 62), nicht aber Gläubigerversammlung oder Gläubigerausschuß als solche [§ 73 Anm. 8]. Gläubiger, die gegen den Vorschlag gestimmt haben, können die Ablehnung, solche die für den Vorschlag gestimmt haben, können die Ernennung nicht anfechten, da sie durch den Beschluß nicht beschwert sind [§ 73 Anm. 7]. Vgl. auch § 20 II FGG. Wer zum Verwalter vorgeschlagen, aber abgelehnt wurde, hat gleichfalls keine Beschwerde, da er um eine bloße Aussicht gebracht, nicht in rechtlichen Interessen beeinträchtigt ist (vgl. §201 FGG.). Ebensowenig steht dem durch die endgültige Ernennung verdrängten vorläufigen Verwalter die Beschwerde zu, da ihm das Gesetz selbst nur eine provisorische Stellung zuerkennt. Der Ernannte, der ab­ lehnen kann [§ 78 Anm. 8], ist durch die Ernennung nicht beschwert. Sie stellt ihm gegen­ über nur ein ablehnbares Anerbieten dar. Einer besonderen konkursgerichtlichen Anerkennung, gegen deren Versagung Beschwerde in Betracht kommen könnte, bedarf die Ablehnung nicht. Vgl. Petersen-Kleinfeller Anm. 2; abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2.

§ 81Der Name des Verwalters ist öffentlich bekannt zu machen. Dem Verwalter ist eine urkundliche Bescheinigung seiner Ernennung zu erteilen. Er hat dieselbe bei der Beendigung seines Amts dem Gerichte zurückzureichen. Unveränderter § 73 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 13, Motive II S. 305, Protokolle S. 62, 161. Eine be- Anm. 1.

I. Das Amt des Verwalters beginnt mit formloser Übernahme [§ 78 Anm. 6].

sondere Verpflichtung, wie sie bei Bestellung des Vormundes erfolgt (§ 1789 BGB.: Hand­ schlag an Eidesstatt), kennt das deutsche Konkursrecht nicht. Anders z. B. Österreich § 75IV

(Handschlag), Belgien a. 460 (Beeidigung). Im Interesse des Verkehrs und zur Erleichterung des Ausweises schreibt jedoch der § 81 die öffentliche Bekanntmachung (§ 76) des Namens des Verwalters und damit zugleich der Ernennung selbst (des Beschlusses) sowie die Aushändigung einer Bestallungsurkunde an ihn vor (Motive II S. 305). Dies gilt für den ersten (§ 110) wie für jeden folgenden Verwalter (§ 80) und bei einer gleich­ zeitigen Mehrheit von solchen (§ 79) für jeden einzelnen, aber unter Angabe der Grenzen seines Wirkungskreises. Der Name des ersten Verwalters wird sofort mit der Konkurseröfinung (§ 111) bekannt gemacht [§ 111 Anm. 1]. „Name" ist der bürgerliche Name. Wird ein Kaufmann zum Konkursverwalter ernannt, der eine von seinem Namen verschiedene Firma führt, dann genügt die Angabe der Firma nicht. Der Abs. I setzt eine natürliche Person voraus [§ 78 Anm. 7]. Der Ausdruck „Bestallung" ist der KO. selber fremd (vgl. dagegen §§ 1791, 1881, 1893, 1915 BGB.), aber angebracht und üblich. Das preußische Formular sagt im Anschluß an unsern Abs. II „Bescheinigung". II. Die Bestallung hat wie die des Vormunds (§ 1791 BGB.) nur die Bedeutung eines «nm. s. gerichtlichen Zeugnisses darüber, daß die durch die Urkunde ausgewiesene Person als Ver­ walter bestellt ist. Die gesetzliche Bertretungsmacht des Verwalters hängt von der Erteilung dieser Urkunde nicht ab. Sie wird aber durch diese als durch eine öffentliche Urkunde z. B. auch im Sinne des § 29 Satz 2 GBO. (bei Anträgen für Rechnung der Konkursmasse) dargetan. Schutzvorschriften zugunsten gutgläubiger auf die Bestallung vertrauender Dritter, wie sie für die Vollmacht (§§ 170 ff. BGB.) und für den gerichtlichen Ausweis des TestamentsJaeger, KonkurSordnung.

5. Aufl.

Bd. II.

3

34 881.

Persönliche Verantwortlichkeit des Verwalters.

Vollstreckers (§ 2368 mit §§ 2365 ff.) gelten, bestehen für die Bestallung des Verwalters ebenso­ wenig wie für diejenige des Vormunds. Wer mit einem angeblichen Konkursverwalter kontrahiert, hat also auf eigene Gefahr den Bestand der Bertretungsmacht zu prüfen. Vgl.

M. IV S. 1079 ff., P. IV S. 752 f. und 834. An Stelle einer abhanden gekommenen Bestallung kann ohne weiteres eine neue — als solche zu bezeichnende — ausgefertigt werden. Eine Kraftloserklärung der ersten ist nicht vorgesehen (vgl. § 176 BGB.). Einfluß der Aufhebung des Eröffnungsbeschluffes auf Geschäfte des Verwalters: § 109 Anm. 4. «nm. 3. ni. Zur Verhütung mißbräuchlicher Benutzung gebietet das Gesetz dem Verwalter, die Bestallung „bei" Beendigung seines Amtes dem Konkursgerichte zurückzugeben (Abs. n Satz 2). Vgl. § 1893II BGB. Zur Rückgabe kann das Konkursgericht den Verwalter durch Ordnungs­ strafe anhalten (§ 84). Denn diese Rückgabe ist noch eine Amtspflicht des Verwalters [§ 83 Anm. 2]. Vgl. Endemann S. 420, Senst Handbuch für Konkursrichter2 S. 72, Fitting § 29 N. 9; abw. z. B. Petersen-Kleinfeller Anm. 8. Ein im Klagewege verfolgbarer, von einem späteren Verwalter (so die herrschende Lehre) und etwa vom Gemeinschuldner persönlich (so Wolff Anm. 1: „selbst während des Verfahrens") auszuübender Herausgabeanfpruch wird kaum zu konstruieren sein. Weder die Masse als solche noch der Schuldner in Person wird durch mißbräuchliche Fortbenutzung der Bestallung geschädigt, da diese redlichen Dritten keinen Schutz bietet Mnm. 2]. Vgl. P. IV S. 834. «nm. 4. Kontrahiert der bisherige Verwalter nach Beendigung seines Amtes für die Masse, so wird er — auch wenn er die Bestallung noch in Händen hat — als falsus procurator tätig. Es finden daher die §§ 177—179 BGB. Anwendung.

§ 8*. Der Verwalter ist für die Erfüllung der ihm obliegenden pflichten allen Beteiligten verantwortlich. Der frühere § 74 lautete: Der Verwalter hat die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters anzuwenden. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 14, Motive II S. 306, Protokolle S. 62, 161, Begründung S. 37. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat die Fassung der Vorschrift mit § 154 Satz 1 ZBG. in Einklang gebracht.

Die Verantwortlichkeit des Konkursverwalters. «nm. i. I. Die einem Konkursverwalter obliegenden Pflichten werden in erster Linie durch die Konkursordnung selbst und durch konkursrechtliche Sondergesetze (z. B. §§ 98 ff. GenG ), ergänzend durch das allgemeine bürgerliche Recht bestimmt [§ 78 Anm. 2]. Zu einem er­ heblichen Teile beruhen diese Obliegenheiten auf ausdrücklichen gesetzlichen Geboten (z. B. §§ 1711, 57, 86, 117, 123 f., 128, 131 ff., 150 f., 157, 159, 166 f., 169, 191 mit 116, 205II). In anderen Fällen find sie das mittelbare Ergebnis gesetzlicher Ermächtigungen. Wenn z. B. das Gesetz den Verwalter ermächtigt, die Gläubigeranfechtung auSzuüben (§ 36), legt es ihm zugleich die Pflicht auf, jede Anfechtung zu versuchen, die er nach gewissenhafter Sach­ prüfung und Erkundigung (dem Laienkonkursverwalter wird gerade hier die juristische Begut­ achtung oftmals unentbehrlich sein) für aussichtsreich und lohnend halten muß. Schuldhaftes Unterlasten der Anfechtung oder der zur Ermittelung der Anfechtbarkeit dienlichen Nach­ forschung macht ihn daher der Maste fAnm. 3] verantwortlich (zust. RG v. 17. 6.1912 LZ. S. 689 ff). Die Versagung der Prozeßgenehmigung durch den Gläubigerausschuß (§ 133 Nr. 2) nimmt dem Verwalter die Verantwortlichkeit nicht unter allen Umständen ab ^Anm. 6]. Wenn das Gesetz dem Verwalter gebietet, das zur Konkursmasse gehörende Vermögen und nur dieses zu sammeln, zu verwerten und zu verteilen (§ 117), verpflichtet es ihn zugleich, im Vollzüge des Gebots auf die ihm erkennbaren Rechte dritter Personen (z. B. auf Pfandrechte an Maffesachen) Rücksicht zu nehmen [§ 4 Anm. 6]. Als „Behörde" auskunftpflichtig ist er nicht [§ 78 Anm. 2]. Daß er als Geschäftsbesorger (vgl. §§ 666, 675 BGB.) alle Anfragen der einzelnen Beteiligten, etwa jede Anfrage eines Konkursgläubigers über den Zeitpunkt der

Persönliche Verantwortlichkeit des Verwalters.

35

nächsten Verteilung, zu beantworten hätte, trifft ebenfalls nicht zu. Mit einer gedeih- §82«, lichen Erfüllung seiner Aufgaben wäre diese Verbindlichkeit unvereinbar (vgl. KG. v. 3. 3.1906 LZ. 1907 S. 297 f.; Haberstumpf ebenda S. 213). Rechnung hat er nur der Gläubiger­ gemeinschaft abzulegen (§§ 86, 132, 162). Gegen Treu und Glauben freilich darf er keines­ falls verstoßen. Arglist und Schikane im Tun oder Unterlassen sind ihm nicht erlaubt (KG. aaO.). Daher auch nicht die Verweigerung von Auskünften, die ohne Nachteil für die Masse möglich und durch den geschäftlichen Anstand geboten sind. Der § 82 bestimmt nun zunächst, daß der Verwalter bei Erfüllung aller seiner Obliegenheiten verantwortlich d. h. persönlich (mit seinem eignen Vermögen) haftbar ist. Da das Gesetz keine Schranke zieht, hat der Ver­ walter bei seiner Geschäftsführung alles Verschulden, Vorsatz und Fahrlässigkeit d. h. jede Fahrlässigkeit zu verantworten. Fahrlässig handelt er, wenn er die im Verkehr erforder­ liche — nicht „übliche" — Sorgfalt außer acht läßt. Die Vorschrift des § 827 BGB. findet Anwendung. § 276 BGB. Das Unterlassen einer Anfrage beim Gemeinschuldner oder seinen Angestellten gereicht dem Verwalter nicht zum Borwurfe, wenn er Grund zur Annahme hatte, hier eine zuverlässige Auskunft nicht zu erhalten. Unanwendbarkeit des § 839 BGB. auf den Verwalter: § 78 Anm. 5; Hilfspersonen: § 78 Anm. 10. Eine Beschränkung der Verant­ wortlichkeit auf diejenige Sorgfalt, die der Verwalter in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist nicht einmal für den Fall vorgesehen, daß er sein Amt unentgeltlich führt. Rechts­ irrtum kann — namentlich bei Bestrittenheit der in Betracht kommenden Rechtsfrage — ent­ schuldbar sein (RG. v. 5. 7. 1897 Bd. 39 97 mit Rechtspr., v. 16. 6. 1899 Gruchots Beitr. 45 S. 1182; P. I S. 188), zumal wenn der Konkursverwalter Laie ist (RG. v. 15.12. 1899 IW. 1900 S. 73 Nr. 8). Vgl. auch RG. vom 28. 11. 94 Bolze 19 Nr. 809. Der Umstand allein, daß eine Handlung des Verwalters unvorteilhaft, unzweckmäßig, nachteilig war, be­ gründet keine Ersatzverbindlichkeit des Verwalters: ohne Verschulden keine Haftung. Vgl. RG. v. 7. 11. 1895 IW. 1896 S. 34 Nr. 23. n. Die persönliche Verantwortlichkeit des Konkursverwalters besteht, wie die allgemeine Fassung Anm. 2. des § 82 weiterhin ergibt, gegenüber „allen Beteiligten". Für das ältere Recht war der Kreis der Beteiligten bestritten. Siehe RG. v. 18.10.1894 Bd. 34 29 mit Lit. (unentschieden), v. 15. 11. 1895 Bd. 36 96 (bejaht für Haftung gegenüber Massegläubigern); vgl. RG. v. 5. 7. 1897 Bd. 39 94. Die Novelle von 1898 hat den Wortlaut unserer Vorschrift dem § 154 Satz 1 ZBG. angepaßt, ohne daß anscheinend eine sachliche Änderung bezweckt worden wäre. Aus den §§ 154, 9 ZBG. glaubt nun RG. v. 12. 10. 1910 Bd. 74 258 folgern zu sollen, daß „grundsätzlich" zu den Beteiligten im Sinne des § 82 KO. „nur die am Konkurs­

verfahren Beteiligten" zu zählen seien, stellt aber ungeachtet der §§ 4 II, 43 KO. ausdrücklich dahin, ob Aus- und Absonderungsberechtigte zu den Beteiligten gehören und ob etwa zugunsten anderer Personen, denen gegenüber das Gesetz dem Konkursverwalter durch besondere Vor­ schriften Pflichten auserlege, eine Ausnahme zu machen sei (S. 261 mit Lit.). Allein der Hinweis auf die §§ 154, 9 ZVG. kann umso weniger befriedigen, als in der KO. eine dem § 9 ZBG. entsprechende allgemeine Vorschrift fehlt, die uns sagt, wer außer Gläubigern und Schuldner als Konkursbeteiligter zu gelten habe. Eine entsprechende Verwertung des 8 9 ZVG. müßte aber gerade dahin führen, Aus- und Absonderungsberechtigte zu den Konkursbeteiligten zu rechnen. Der § 82 KO. ist aus sich selbst und aus seinem Zusammen­ hänge mit dem Konkursgesetze zu erklären. Als Beteiligte im Sinne dieser Vor­ schrift sind alle Personen anzusehen, denen gegenüber dem Verwalter als solchem „Pflichten obliegen" sAnm. 1]. „Allen" diesen Beteiligten, nicht bloß „den am Konkursverfahren Beteiligten" soll der Verwalter nach Wortlaut und Sinn des § 82 verantwortlich sein. So vor allem dem Gemeinschuldner selbst (als solchem auch dem Erben im Nachlaßkonkurse). Denn fraglos hat der Verwalter im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabe das objektiv zu würdigende Interesse des Schuldners zu wahren. Wenn etwa der Verwalter in einem Falle überstürzter Konkurseröffnung bei einer Gesamtschuldenlast von 100000 das Geschäft des Gemeinschuldners, für das bei Anwendung der von einem gewissen­ haften Verwalter zu erwartenden Sorgfalt 125000 zu erzielen wären, um 105000 veräußert, macht er sich dem Schuldner persönlich haftbar. Zu den Beteiligten des § 82 gehören 3*

36 §82*

Anm. 3.

Persönliche Verantwortlichkeit des Verwalters. zweifellos weiter die Konkursgläubiger (mit Einschluß aller Borrechtsgläubiger), wenn sie als Einzelne durch Pflichtwidrigkeiten des Verwalters geschädigt worden sind. Nicht minder aber auch andere Personen, deren Interessen der Verwalter kraft seines Amtes zu berück­ sichtigen hat. Dahin gehören die Massegläubiger, deren Ansprüche zu decken der Konkursverwalter nach näherer Maßgabe der 88 57, 60, 191 1 (116, 204), 205II kraft seines Amtes verpflichtet ist [8 57 Anm. 6]. So auch RG. v. 15. 11. 1895 oa£).; OLG. Karls­ ruhe v. 16. 3. 1904 BadRpr. S- 234; OLG. Cöln v. 26.1.1909 LZ. S. 406; OLG. Colmar v. 8. 3. 1912 LZ. S. 489 ff. Auch Angehörige des (vielleicht flüchtigen) Gemeinschuldners können nach 8 58 Nr. 3 mit 8 132 als Massegläubiger beteiligt sein (vgl. Hörle LZ. 1910 S. 351). Ferner Ab- und Aussonderungsberechtigte, da der Verwalter nur dem Gemeinschuldner gehörendes Vermögen zur Masse zu ziehen und darum ihm bekannte sremde Rechte bei Erfüllung seiner Aufgabe zu beachten hat sAnm. 1]. So betont z. B. neuestens RG. v. 6. 7. 1910 Bd. 74 109: „der Konkursverwalter hat, wie vom RG. wiederholt her­ vorgehoben worden ist (Bd. 42 87, Bd. 69 90), nicht bloß die Rechte der Konkursgläubiger, sondern auch die der absonderungsberechtigten Hypothekengläubiger wahrzunehmen"; im übrigen siehe die Rechtsprechung zu 8 4 Anm. 6, 8 43 Anm. 57, Naumburg v. 2. 1. 1907 OLG. 15 S. 240, ferner Seuffert S. 161, Fitting 8 29 N. 19, Kohler Leitfaden S. 214 N. 3, S. 217 N. 2, Petersen-Kleinfeller Anm. 2. Im Genossenschaftskonkurse gehören zu den Beteiligten im Sinne des 8 82 mit Rücksicht auf die vom Verwalter geltend zu machende Hast- und Nachschubpflicht auch die Genossen, wiewohl sie nicht Träger der Gemeiuschuldnerrolle sind (RG. v. 13. 4. 1907 IW. S. 370 Nr. 20). Kann der Zwangsvergleichsbürge sich auf Grund des 8 62 an den Konkursverwalter halten, etwa auch wegen Pflichtwidrig­ keiten aus der Zeit vor der Bürgschaftsübernahme? Die Frage bejaht RG. v. 12. 10. 1910 aaO. (gegen Breslau v. 5. 10. 1909 OLG. 21 S. 176) uneingeschränkt, weil der Bergleichs­ bürge am Zwangsvergleichsverfahren unmittelbar beteiligt sei. Allein die Vorfrage ist die, ob dem Konkursverwalter als solchem gegenüber einem Vergleichsbürgen „Pflichten obliegen". Der Verwalter, der im Vergleichsverfahren selbst nur eine untergeordnete Nolle spielt (vgl. 88 176, 179, 184 II), hat im Verhältnisse zu den Bergleichsbürgen besondere Befugnisse oder Obliegenheiten nicht wahrzunehmen. Wohl muß er eine Auskunft, die er über den Stand der Masse gibt, wahrheitsgemäß erteilen. Daß er aber bei Sammlung der Masse und im Prüfungsverfahren schon das Interesse etwaiger künftiger Vergleichsbürgen ins Auge zu fassen hätte (aaO. S. 262), ist eine schiefe Vorstellung, die zur Quelle ärgerlicher Prozesse der Bergleichsbürgen gegen den Verwalter zu werden droht. Deliktshastung: Anm. 7. Gleichzeitige Haftung der Masse: 8 59 Anm. 1; gleichzeitige Haftung des Konkursrichters: 8 63 Anm. 3. Jedenfalls muß ein Verschulden des Verwalters vorliegen sAnm. 1]. Ein solches wurde beispielsweise verneint im Falle der Nichtberücksichtigung eines behaupteten, aber vom Prätendenten selbst nicht ernsthaft aufrechterhaltenen Masseanspruchs, den der Ver­ walter nach pflichtmäßiger Prüfung für unbegründet erachtete (OLG. Colmar v. 8. 3. 1912 LZ. S. 491). Hat bei Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so greift der 8 254 BGB. Platz, demzufolge die Ersatzpflicht des Verwalters gemindert oder ganz aufgehoben sein kann (zust. RG. v. 10. 5. 1912 LZ. S. 696, OLG. Augsburg v. 9. 10. 1912 SeuffA. 68 Nr. 30). Jede Haftung des Verwalters hat das OLG. Colmar v. 14. 2. 1902 Recht 6 S. 131 in einem Falle verneint, in dem ein Absonderungs­ berechtigter durch sein Verhalten die Annahme erweckte, daß er sein Absonderungsrecht wegen einer nach 8 30 Nr. 2 drohenden Konkursanfechtung aufgebe. Jeder einzelne Beteiligte, der durch schuldhaftes Tun oder Lassen des Verwalters geschädigt ist, kann diesen in Person auf Schadensersatz belangen. Ansprüche wegen Schädigung der Konkursmasse (z. B. wegen Veruntreuung von Massegeldern, Versäumung der Konkursanfechtung) werden, solange der Konkurs schwebt, nur für Rechnung der Masse selbst (des Massesubjekts) vom neuen Verwalter, nicht vom Gemeinschuldner und nicht von einem einzelnen Gläubiger geltend gemacht (arg. 88 3, 6). Vgl. RG. v. 17. 12. 1886 GruchotsBeitr. 31 S. 1129, v. 17. 6. 1912 LZ. S. 689. Der einzelne Gläubiger kann also während des Konkurses nur wegen individueller Schädigung Ersatzansprüche wider den Ber-

Persönliche Verantwortlichkeit des Verwalters.

37

Walter erheben. Auf die Vornahme notwendig oder zweckmäßig erscheinender Berwaltungs- §82* Handlungen steht ihm ein Anspruch wider den Verwalter nicht zu [§ 78 Anm. 2]. Gläubiger­ ausschuß und Gläubigerversammlung sind als solche zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen Schädigung der Konkursgläubiger nicht ermächtigt. Nach Konkursbeendigung unterstehen die Ansprüche auf Ersatz wegen schuldhafter Schädigung der Masse freier Ver­ fügung des bisherigen Gemeinschuldners. So auch im Falle des Zwangsvergleichs (§ 192), zumal nach bloßer Zwangsstundung. Das Reichsgericht (25.11.1911 Bd. 78 186 ff.) erkennt dies auch an für den Fall des Zwangserlasses. Doch muß hier dem Verwalter der Nachweis Vorbehalten sein, daß bei größerem Umfang der Masse nur ein geringerer Erlaß bewilligt worden wäre, daß also insoweit der Schaden für den Schuldner ausgeglichen ist. Der Beweis der Verschuldung obliegt dem ersatzbeanspruchenden Kläger. Vgl. RG. v. Anm. 4.

7. 11. 1895 IW. 1896 S. 34 Nr. 23. Die Befreiungstatsachen des § 827 Satz 1 u. 2 BGB. sAnm. 1] sowie des § 254 BGB. [9Inm. 2] hat der Verwalter zu beweisen. Die Schadensersatzverbindlichkeit bemißt sich nach den §§249ff.BGB. NamentlichAnm. 5. ist der § 252 für den Umfang dieser Verpflichtung, der § 254 im Falle einer Mitschuld des Beschädigten maßgebend fAnm. 2]. Freie Beweiswürdigung: §§ 286, 287 ZPO. Der Ersatzanspruch aus § 82 unterliegt, da er unmittelbar im Gesetze, nicht etwa aus einem Beamtendelikt im Sinne der §§ 839, 852 BGB. beruht [§ 78 Anm. 2, 5], der Regelver­ jährung von dreißig Jahren (§§ 195, 187, 188 BGB.; zust. RG. v. 25. 11. 1911 Bd. 78 190, v. 10. 5.1912 LZ. S. 695). Die Konkursbeendigung als solche läßt ihn nicht erlöschen. Masseschädigungen verfolgt nun der bisherige Gemeinschuldner fAnm. 3], Verletzungen eines Absonderungsrechtes der Absonderungsberechtigte (KG. v. 24. 4. 1900 OLG. 1 S. 440). Ob ein übergangener Konkursgläubiger wegen schuldhafter Nichtaufnahme seiner Forderung in das Schlußverzeichnis noch Ansprüche aus § 82 erheben kann, wenn er es versäumt hat, nach § 162 Einwendungen gegen „das Schlußverzeichnis" vorzubringen, ist. streitig. Die Ansschlußfolge besteht nur darin, daß der Säumige einen Anspruch auf Sicherstellung oder Befriedigung aus der Konkursmasse (vgl. § 12) nicht mehr hat. Ob und inwieweit aber die persönliche Verantwortlichkeit des Verwalters durch eigenes Verschulden des Be­ schädigten oder seines Vertreters (z. B. Unterlassung der Einsicht und Beanstandung des lückenhaften Schlußverzeichnisses) gemindert wird sAnm. 2], das hängt nach § 254 BGB. von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Verwalterhastung kann daher teilweise, aber auch in vollem Umfange fortdauern. Vgl. Celle v. 29. 1. 1908 OLG. 19 S. 224, LG. Offenburg v. 30. 3. 1906 BadRpr. 1908 S. 144, OLG. Augsburg v. 9. 10. 1912 SeuffA. 68 Nr. 30; — abw. Dresden v. 9. 2. 1903 OLG. 6 S. 366 mit Zit. u. v. 2. 1. 1909 LZ. S. 710f., OLG. Hamm v. 30. 11. 1912 LZ. 1913 S. 327 ff. Dawider unten § 86 Anm. 8]. m. W ird der Konkursverwalter dadurch der eigenen Verantwortung enthoben,Anm. 6. daß Gläubigerausschuß oder Gläubigerversammlung eine vom Verwalter geplante Berwaltungshandlung gutheißen? Die Frage ist grundsätzlich zu be­ jahen für solche Fälle, in denen das Gesetz (wie in den §§ 132 ff., 162) der Entschließung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung eine — wenn auch nur innen­ rechtlich (§ 136) — maßgebende Bedeutung zuerkennt. Auch hier aber kann eine persönliche Verantwortlichkeit des Verwalters aus besonderen Umständen erwachsen. So namentlich, wenn er selber den Beschluß des Gläubigero?gans (etwa durch arglistige Vorspiegelung oder Verschweigung) pflichtwidrig herbeiführt oder wenn er es pflichtwidrig unterläßt, ein gerichtliches Beto gegen die Anordnung der Gläubigerversammlung (§ 99) zu erwirken. Siehe im übrigen § 90 Anm. 3, § 95 Anm. 6, § 99 Anm. 3. Solche Maßnahmen, die der Verwalter der Regel des Gesetzes entsprechend unabhängig vom Willen des Gläubigerausschuffes und der Gläubiger­ versammlung zu treffen hat,werden einer Verantwortung im Sinne des § 82 auch dadurch nicht entrückt, daß der Verwalter die vorgängige Zustimmung des Ausschusses oder der Versammlung einholt. Vgl. einerseits OLG. Cöln v. 26. 1. 1909 LZ. S. 406, andrerseits Celle v. 8. 4. 1908 OLG. 19 S. 223. Persönliche Haftbarkeit der Ausschußmitglieder: § 89. IV. Eine weitergehende Verantwortlichkeit des Verwalters wegen unerlaubter HandlungAnm. ?. (§§ 823, 826 BGB.) — etwa bei zufälligem Untergang unterschlagener Massewerte (§ 848

38

§82.

Aufsichtsgewalt des Konkursgerichts. BGB.) — wird durch den § 82 nicht berührt. Ob und gegenüber wem eine Deliktshaftung besteht, bestimmt das allgemeine bürgerliche Recht. Sie kann gegenüber Personen begründet sein, denen gegenüber besondere konkursmäßige Obliegenheiten des Verwalters nicht vorgesehen sind. So etwa gegenüber Vergleichsbürgen (siehe Anm. 2], gegenüber Aktionären der im Konkurse stehenden Aktiengesellschaft, gegenüber der mit dem Gemeinschuldner in Güter­

gemeinschaft lebenden Ehefrau (§ 2). Verjährung: § 852 BGB. Strafbarkeit des Verwalters wegen Untreue: § 78 Anm. 3. «nm. 8. V. Ansprüche aus § 82 richten sich gegen den Verwalter persönlich. Er selber ist der rechte Beklagte des Schadensprozesses, er selber trägt beim Unterliegen die Kosten. Ansprüche gegen den Verwalter als solchen richten sich wider eine andere Person, wider das Massesubjekt, vertreten durch den Verwalter. Das ist von Belang für die Fälle der Häufung und des Wechsels der Ansprüche (OLG. Colmar v. 23. 11. 1911 LZ. 1912 S. 247). Die gesetzliche Verantwortlichkeit aus § 82 bildet eine Haftpflicht im Sistne des § 149 BVG., gegen die sich der Konkursverwalter für seine persönliche Rechnung durch HaftpflichtVersicherung decken kann.

§ Sä». Der Verwalter steht unter der Aufsicht des Aonkursgerichts. Unveränderter § 75 alter Folge. Materialien: Motive II S. 306f., Protokolle S. 62, 162. Die Aufsichtsgewalt des Konkursgerichts.

Anm. i. I. Das Konkursgericht hat die gesamte Amtstätigkeit des Verwalters zu beaufsichtigen (nicht zu „leiten") und gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote ein­ zuschreiten. Aus dem Aufsichtsrechte folgt die Befugnis, jederzeit Auskunft über die Ge­ schäftsführung des Verwalters zu verlangen. Das Konkursgericht nimmt gegenüber dem Verwalter in dieser Hinsicht eine entsprechende Stellung ein wie das Vormundschaftsgericht (§§ 1837, 1915 BGB.) gegenüber einem anderen Pfleger [§ 78 Anm. 1]. Kraft seiner Aufsichtsgewalt kann das Gericht — und zwar auch von Amts wegen (OLG. Rostock v. 9. 1. 1894 SeuffA. Bd. 50 Nr. 72) — den Verwalter beispielsweise zum gesetzmäßigen Voll­ züge der Verteilungen (LG. Dresden v. 22. 11. 1882 ZZP. 8 S. 492 f.), zur Inventar­ errichtung nach § 124, zur Unterlassung einer unter Verstoß gegen § 127 II beabsichtigten Verwertung pfandbelasteter Sachen [§ 127 Anm. 2 u. 6] und zur Ausführung von Beschlüssen der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses anhalten, auch durch Anfragen nach dem Stande des Konkurses auf dessen Beschleunigung hinwirken, keineswegs aber in Zweckmäßigkeitsfragen das Ermessen des Verwalters durch bindende Weisungen beeinflussen. Es kann dem Verwalter die Einbeziehung von Gegenständen in die Masse, die Abstandnahme von dieser Einbeziehung, die Genehmigung oder Nichtgenehmigung eines nach § 7 unwirksamen Aktes, die Verwertung eines Gegenstandes in den Formen der Zwangs­ vollstreckung (§§ 126, 127), die Wahl der Erfüllung oder der Nichterfüllung (§ 17) und die Erhebung einer Anfechtungs- oder Widerspruchsklage nur gebieten, wenn das gegenteilige Handeln geradezu als Pflichtwidrigkeit'erscheint. Ob aber in einem Tun oder Lassen

des Verwalters eine Pflichtwidrigkeit liegt, das entscheidet das Konkursgericht auf Grund der Rechtfertigung des Verwalters nach pflichtmäßigem Ermessen. Vgl. Motive II S. 306; RG. v. 30. 5. 1892 Bd. 29 83; LG. Dresden v. 14. 4. 1883 ZZP. 8 S. 491 f., OLG. Rostock v. 20. 10. 1898 SeuffA. 55 Nr. 59; KG. v. 3. 3. 1906 LZ. 1907 S. 297; OLG. Bamberg v. 10. 11. 1906 LZ. 1907 S. 365; Gläubigeranfechtung: § 36 Anm. 1, Aussonderung § 43 Anm. 57. Eine allgemeine Befugnis des Konkursgerichts, in die Verwaltung einzugreifen, so oft ihm eine Maßnahme des Verwalters unzweckmäßig erscheint, besteht (gegen Wolff Anm. 1) nicht. Die Sondervorschriften der §§ 99, 188 Nr. 2 rechtfertigen keineswegs den Rückschluß auf einen derartigen Grundsatz. Zuzugeben ist nur, daß die Unterlassung einer zweifellos zweckmäßigen oder die Vornahme einer zweifellos unzweckmäßigen Handlung in

Aufsichtsgewalt des Konkursgerichts.

39

der Regel eine Pflichtwidrigkeit enthalten wird. Beschwerde: Anm. 4. Rechtsstreitigkeiten H88. zwischen Schuldner und Verwalter hat das Konkursgericht als solches keinesfalls zu entscheiden. Daher kann es z. B. dem Verwalter nicht gebieten, daß er dem Schuldner eine nach dessen Behauptung versprochene, nach Behauptung des Verwalters aber nichtgeschuldete Vergütung auszahle. Vgl. LG. Düsseldorf v. 29. 8. 1903 PucheltsZ. 34 S. 687. Streit über Masse­ zugehörigkeit: § 1 Anm. 50. Als Aufsichtsbehörde ist das Konkursgericht ermächtigt und verpflichtet, durch ge-Anm. 2. eignete Gebote und Verbote gegen Pflichtwidrigkeiten des Verwalters einzuschreiten. Es kann ihm jederzeit die Leistung einer Sicherheit auferlegen (§ 78 II), namentlich aber nach näherer Maßgabe des § 84 Ordnungsstrafen gegen ihn verhängen und ihn des Amtes entlassen. Vgl. auch §§ 130 II, 135II, 160. Die Aufsichtsgewalt des Konkursgerichts gegenüber einem be­ stimmten Verwalter beginnt und endet mit dem Berwalteramt [§ 78 Anm. 6, 10]. Da die Rückgabe der Bestallung und die Ablegung der Schlußrechnung „bei", nicht „nach" Beendigung des Berwalteramtes zu erfolgen haben (§§ 81II 2, 86 Satz 1 mit § 163 I 1), stellen diese Pflichten noch Amtsobliegenheiten dar, die im Aufsichtsweg erzwungen werden können. II. Die staatliche Beaufsichtigung des Konkursverwalters bildet als Ausfluß der Gerichtsbarkeit Anm. 3. eine öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 77 EG BGB., deren Ausübung Recht und Pflicht des Konkursrichters ist (vgl. RG. v. 14. 12. 1903 IW. 1904 S. 8'5 Nr. 1). Verletzt

dieser vorsätzlich oder auch nur fahrlässig die ihm obliegende Aufsichtspflicht oder eine andere konkursgerichtliche Obliegenheit (etwa aus Grund der §§ 99, 135 II, 160), so wird er persönlich — landesrechtlich statt seiner oder neben ihm der Staat [§ 140 Anm. 2] — dem Verletzten nach Maßgabe des § 839 I, III BGB. schadensersatzpflichtig. Die Beschränkung des § 839 II BGB. kommt dem Konkursrichter nicht zustatten, weil seine Entscheidungen keine „Urteile" sind [§ 73 Anm. lf.]. Siehe auch § 1848 (§ 1915) BGB.; RG. v. 6. 2. 1906 Bd. 62 369. Eine Amtspflicht des Konkursgerichts oder seines Gerichtsschreibers, 'Mit­ teilungen, die — wie z. B. ein Nachweis im Sinne des § 153 — nach dem Gesetz dem Konkursverwalter zu machen sind, an diesen weiter zu leiten, besteht nicht (OLG. Dresden v. 12. 3. 1913 SARpfl. S. 380 ff.). Jedenfalls aber muß ein Verschulden des Richters vor­ liegen. Ein solches kann im Unterlassen des Einschreitens gegen den Verwalter (der etwa Masseeinkünfte veruntreut hat) nicht erblickt werden, wenn der Konkursrichter von der Pflicht­ widrigkeit des Verwalters keine Kenntnis hatte (RG. v. 20. 12. 1904 HessRspr. 6 S. 65). Haftel dem Verletzten der Konkursverwalter nach § 82 KO. oder § 823 (§ 826) BGB. und gleichzeitig der Konkursrichter wegen Versäumung der Aufsichtspflicht (vgl. §§ 839 I 2, 8401 BGB.), so steht nach § 841 BGB. dem Konkursrichter der Rückgriff gegen den Verwalter offen. Verjährung: § 852 BGB.; Gerichtsstand: § 32 ZPO. HI. Jeder Beteiligte kann das Einschreiten des aussichtssührenden Konkursgerichts anregen,Anm. 4. also das Vorhaben oder Verhalten des Konkursverwalters dem Konkursgericht anzeigen und dieses dadurch zu der ihm schon von Amts wegen obliegenden Prüfung veranlassen, ob in der Tat eine Pflichtwidrigkeit vorliegt. Das Ersuchen (z. B. des Schuldners), gegen den Ver­ walter vorzugehen, ist, auch wenn es als „Beschwerde" bezeichnet wird, kein Rechtsmittel, sondern Bitte um die erste gerichtliche Entscheidung. Es kann daher nicht vom Konkurs­ gericht dem Landgericht zur Entscheidung unterbreitet werden. Lehnt das Konkursgericht ab, gebietend oder verbietend wider den Verwalter einzuschreiten, so steht dem Anregenden die Beschwerde des § 73III auch bei förmlicher Zurückweisung regelmäßig wohl deshalb nicht zu, weil es an einem durch die Zurückweisung beeinträchtigten individuellen Rechte des Gesuchstellers fehlen wird, also in Ermangelung einer „Beschwer". So im Ergebnis eine ständige Praxis (z. B. OLG. Rostock v. 9. 1. 1894 SeuffA. 50 Nr. 72, OLG. Dresden v. 30. 8.1906 SeuffA. 62 Nr. 274, v. 12. 2.1907 OLG. 15 S. 244, OLG. Cassel v. 9. 6.1908 LZ. 1910 S. 91). Ebendarum ist eine Beschwerde gegen die auf Beschwerde des Verwalters beschlossene Aufhebung einer vom Konkursgericht verhängten Ordnungsstrafe unzulässig. (Königsberg v. 3. 1. 1902 OLG. 4 S. 172; vgl. auch RG. v. 9.1.1900 IW. S. 132 Nr. 10). Gegen ein auf Grund des § 83 erlassenes Gebot oder Verbot steht dem Konkursverwalter selbst das Recht der Beschwerde zu (§ 73III).

40

884.

Aussichtsgewalt des Konkursgerichts.

§ 84. Das Gericht kann gegen den Verwalter Ordnungsstrafen bis zu zweihundert Mark festsetzen. § 172 Anm. 3. Der Verwalter vertritt also auch hier den Gemeinschuldner und verdrängt ihn für den Bereich der Konkursverwaltung (§ 6) aus der Ausübung

142 §126.

Anm. 3.

Zwangsverwertung von Liegenschaften.

der Befugnisse, die dem Schuldner als „Beteiligtem" im Sinne des § 9 zustehen. Daher kann z. B. nur der Konkursverwalter, nicht auch der Gemeinschuldner persönlich das dem Gemeinschuldner als Beteiligtem zustehende Beschwerderecht gegenüber der Erteilung des Zuschlags ausüben, einerlei, ob der Konkursverwalter selbst oder ob ein Realgläubiger die Versteigerung des (nicht freigegebenen) Grundstücks betrieben hat (§ 97 ZBG). Zust. Breslau v. 30. 3. 1907 OLG. 16 S. 338, LG. Karlsruhe v. 27. 12. 1902 BadRpr. 1903 S. 223. Ebenso ist zwar ein Widerspruch des Konkursverwalters gegen den Teilungs­ plan [9lnm. 14], nicht aber ein persönlicher Widerspruch des Gemeinschuldners zu beachten. Vgl. RG. v. 2. 3. 1901 ZBlFG. 3 S. 425 ff. Dagegen hat das OLG. Bamberg v. 17. 5. 1913 BayZ. S. 309 f. in einem Falle, da ungeachtet eines Jnteressenwiderstreits der Konkursverwalter zum Zwangsverwalter bestellt worden war, dem Gemeinschuldner das Recht der Beschwerde gegenüber der Auswahl des Zwangsverwalters zuerkannt, weil diese Beschwerde in die gesetzlichen Machtbefugnisse des Konkursverwalters nicht eingreife. Dem Verwalter, nicht dem Gemeinschuldner persönlich ist zuzustellen. Der Verwalter, nicht der Gemeinschuldner persönlich wird zu den Terminen zugezogen. Das alles gilt keineswegs, wie man vielfach lehrt, weil der Gemeinschuldner überhaupt nicht „Beteiligter" wäre (ist er doch als Eigentümer des Grundstücks, als „Schuldner" im Sinne des § 9 ZBG., geradezu der eine Hauptbeteiligte); sondern deshalb, weil er im Konkursverwalter seinen Zwangsvertreter hat. Andrerseits nimmt der Verwalter Rechte und Obliegenheiten eines betreibenden Gläubigers wahr (z. B. nach den §§ 7 III, 10 Nr. 1, 22 II, 25, 28 ff., 37 Nr 4, 45 I, 64, 67 II, 97, 153 I, 161III ZBG.). Im übrigen siehe Anm. 14. Die Betreibung erfolgt im Interesse der Gesamtgläubigerschaft. Eine Einlösung durch Befriedigung „des Gläubigers" (§ 268 BGB.) würde daher nur durch Befriedigung sämtlicher Konkursgläubiger geschehen können. Nur sie würde dem § 161II ZBG. ge­ nügen. Demgemäß findet, wenn der Gemeinschuldner bei einer vom Verwalter betriebenen Zwangsversteigerung als Bieter auftritt (Anm. 14], der § 68 III ZBG. „entsprechende" Anwendung dahin, daß der Gemeinschuldner auf Verlangen des Verwalters Sicherheit für den ganzen Betrag des Bargebots zu leisten hat (soweit damit nicht etwa ein Über­ schuß über die Bolldeckung der Konkursforderungen erzielt würde). Vgl. Wolff ZBG.^ § 68 Anm. 3, Fischer-Schaefer ZAG.? § 172 Anm. 4 gegen Jaeckel-Güthe ZBG> § 172 Anm. 3, 5. Da die Interessenten der vom Verwalter betriebenen Vollstreckung, die Konkursgläubiger, bereits durch den allgemeinen Konkursbeschlag (§§ 6, 7) gegen nach­ teilige Verfügungen des Schuldners gesichert sind, entfällt hier das Bedürfnis nach einem besonderen Beschlagnahmevorrecht (§ 20 mit § 101 Nr. 5 ZBG.). § 173 Satz 1 ZBG. Siehe Anm. 7ff.; auch § 127 Anm. 9. Die Zwangsverwertung nach Maßgabe der §§ 126, 127 KO. steht, was die Frage der gesetzlich ausgeschlossenen Käufer betrifft, als „Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung" unmitttelbar unter der Vorschrift des § 456 (§ 458) BGB. Nimmt der Konkursverwalter dagegen eine freiwillige Veräußerung vor, so findet nach § 457 der § 456 BGB. entsprechende Anwendung, falls der Konkursverwalter nicht selber, sondern durch eine dritte Person veräußert, also z. B. das Grundstück durch einen dritten Notar (siehe § 78 Anm. 6], Wertpapiere durch einen Börsenmakler versteigern läßt. In beiden Fällen wird zwar dem Bersteigerungsbeamten und seinem Gehilfen, nicht aber dem Verwalter selbst (dem Auftraggeber oder Antragsteller) das An­ steigern für sich persönlich oder für das von ihm vertretene Subjekt der Konkursmasse ver­ boten. Der § 134 Nr. 2 KO. hat die Statthaftigkeit einer Ansteigerung für Rechnung der Masse ausdrücklich klargestellt [§ 134 Anm. 4; vgl. § 126 Anm. 14, § 127 Anm. 8]. Der § 181 BGB. ist durch die besonderen Vorschriften der §§ 456—458 BGB. verdrängt. Würde dagegen der Verwalter im Wege freiwilliger Veräußerung persönlich an sich selbst verkaufen, so wäre nach § 181 BGB. der Kaufvertrag unheilbar nichtig. PlanckGreiff BGB.» § 457 Anm. 2; vgl. Turnau-Förster Liegenschastsrecht» I S. 473; abw. Dernburg BürgRecht» H § 171 zu Note 19 (der die §§ 457, 458 BGB. auch anwendeu will, wenn der Verwalter den Verkauf in Person vollzieht).

Zwangsverwertung von Liegenschaften.

143

n. Die Zwangsverwertung von Gegenständen der Liegenschastsvollstreckung im besonderen (§ 126). §126* 1. Unbewegliche Gegenstände im Sinne des § 126 sind solche, die der Zwangsvoll-Anm. 4. streckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (§ 47), d. h. außer den Grund­ stücken die Berechtigungen, die unter den für Grundstücke maßgebenden Rechtssätzen stehen, und die im Schiffsregister eingetragenen Schiffe (§ 864 ZPO.); desgleichen

diejenigen Sachen und Rechte, auf die sich bei Grundstücken und Berechtigungen die Hypothek, bei Schiffen das eingetragene Pfandrecht erstreckt (§ 865 ZPO.). Näheres § 47 Anm. 16ff.; Bahneinheit: ebenda Anm. 17. Ist der Gemeinschuldner Miteigentümer eines Grundstücks zu einem Bruchteile, so kann der Konkursverwalter diesen Bruchteil im Zwangswege verwerten (§ 864 II ZPO.). Vgl. §§ 16, 51 KO. mit §§ 180 ff. ZBG. (Wolff ZBG.^ § 172 Anm. 9, § 181 Anm. 12). Schiffsparten zählen zum beweglichen Bollstreckungsvermögen (§ 858 ZPO. mit § 127 KO.). 2. Auf das Verfahren finden die regelmäßigen Vorschriften der ersten beiden Abschnitte des Anm. 5. Reichsgesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (RGBl. 1898 S. 713) eine entsprechende, aber durch die §§ 173, 174 modifizierte Anwendung. § 172 ZBG. Dabei ist indessen zu beachten, das dieses Reichsgesetz am 1. Januar 1900 schlechthin nur hinsichtlich der Schiffe in Kraft getreten ist. Im übrigen setzt seine Geltung voraus, daß für den einzelnen Grundbuchbezirk das Grundbuch bereits als angelegt erklärt ist. § 1 EGzZBG., vgl. a. 186 EGzBGB., § 82 GBO. Bis dahin bewendet es bei den landesrechtlichen Subhastationsbestimmungen. Von Schiffen wird im Folgenden abgesehen (vgl. §§ 162—171 ZBG.). Der § 174 ZVG. sAnm. 10] hat arg. § 169 ZBG. für die Zwangsversteigerung von Schiffen ohnehin keine Bedeutung. Eine Zwangsverwaltung von Schiffen ist ausgeschlossen (§ 870 II ZPO.). a) Zur Stütze seines Antrags auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eines Anm. 6. Grundstücks hat der Konkursverwalter dem Bollstreckungsgerichte (§ 1 ZBG.) nach­ zuweisen, daß er zum Konkursverwalter ernannt und daß der Gemeinschuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen oder daß er der Erbe des eingetragenen Eigentümers ist. §§ 17, 146 ZBG. Der für die Durchsetzung verbuchter Ansprüche geltende § 147 ZVG. paßt hier nicht. Den Nachweis der Berwaltereigenschaft erbringt die Bestallungsurkunde (§ 81 II KO.). Einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses bedarf es nicht. Denn eine „Zwangsvollstreckung" steht nicht in Frage sAnm. 2]. Tas Gesetz (§ 126 KO. mit § 172 ZBG.) verleiht dem Konkursverwalter als solchem für Rechnung aller Konkursgläubiger — deren Ansprüche im einzelnen vielleicht noch der Feststellung harren — ein Betreibungsrecht, das den Gläubigern selbst nur auf Grund von Vollstreckungstiteln zukommt. Von der Er­ zwingung eines im Eröffnungsbeschluffe liegenden Gebotes an den Schuldner kann hier jedenfalls ssiehe § 117 Anm. 13] keine Rede sein. Im Ergebnis übereinstimmend v. Sarwey-Bossert Anm. 3, Seuffert S. 305, Fitting § 20 N. 12 und die Kom. d. ZBG. (Wolff 2 § 172 Anm. 4 mit Zit.); a bw. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, Kohler Leitfaden S. 243 u. a. Ältere Gesetze (wie die bayer. SubhO. a. 171 Nr. 1) halten

ausdrücklich bestimmt, daß der Verwalter seinem Anträge die urkundliche Bescheinigung seiner Ernennung beizufügen habe. Die Massezugehörigkeit eines für den Ge­ meinschuldner eingetragenen Grundstücks bedarf, da die Eintragung den Zeitpunkt des Erwerbs ergibt (§ 1 KO.), keines besonderen Nachweises. Daß der (nur deklarative) Konkursvermerk (§ 113) noch nicht verbucht ist, steht der Zulässigkeit einer Betreibung nach § 126 nicht im Wege. Eine Freigabe (§ 114) hebt die Betreibungsmacht des Ver­ walters auf. Die Betreibung Dritter richtet sich fortab gegen den Gemeinschuldner in Person [§ 6 Anm. 44]. Vgl. dazu Wolff ZBG.^ § 172 Anm. 5 mit Zit. Für den Fall vorgängiger Konkursanfechtung siehe oben § 37 Anm. 14. Bei ererbten Grund­ stücken muß der Verwalter einen vor Konkursbeginn liegenden Anfall und die Annahme des Gemeinschuldners, soweit sie nicht gerichtskundig, nachweisen [§ 9 Anm. 8, 10]. Will der Verwalter mehrere in verschiedenen Gerichtsbezirken belegene Grundstücke zusammen versteigern lassen, so kann ein einzelnes Amtsgericht als Bollstreckungsgericht

144

§126.

Anm. 7.

Anm. 8.

Anm. S.

Zwangsverwertung von Liegenschaften.

für das gemeinsame Verfahren nach Maßgabe des § 2 ZBG. bestellt werden (RG. v. 21. 6. 1902 IW. S. 402 Nr. 46). In der Bersteigerungsankündigung nach § 37 Nr. 3 ZBG. heißt es, wenn der Konkursverwalter die Verwertung betreibt: „auf Antrag des Konkursverwalters". Der Verwalter kann auch einem bereits ein­ geleiteten Verfahren beitreten (§§ 27, 151II ZBG.). Das schwebende Verfahren wird durch den Konkurs nicht unterbrochen, der Absonderungsberechtigte — als solcher auch der Beschlagnahmegläubiger [§ 13 Anm. 8 ff., § 14 Anm. 9] — an der Fortsetzung der Exekution nicht gehindert (§ 4 II). Tritt der Konkursverwalter dem von anderer Seite betriebenen Verfahren nicht bei, so kommt er für dieses Verfahren lediglich als Zwangsvertreter des exequendus d. h. des Gemeinschuldners in Betracht (siehe Anm. 2, 11J. Umgekehrt kann auch ein Absonderungsberechtigter dem auf Antrag des Konkurs­ verwalters angeordneten Verfahren beitreten. Ebenso ein Massegläubiger, nicht aber ein bloßer Konkursgläubiger (§ 14 KO.). Zieht der Konkursverwalter seinen Antrag zurück, so wird das Verfahren aufgehoben, wenn er allein es betrieben hat (§ 29 ZBG ). Sonst nimmt es hinsichtlich der Mitbetreibenden seinen Fortgang. Konkurriert die Betreibung des Verwalters mit einer wahren Zwangsbetreibung (eines Absonderungs­ oder Massegläubigers), so geht die letztere vor (näheres Wolff LZ. 1911 S. 17 ff.), b) Der dem Anträge des Konkursverwalters stattgebende, demVerwalter zuzustellende Beschluß gilt nach § 173 Satz 1 ZBG. nicht als Beschlagnahme (Anm. 2]. Gleichwohl wird der Beschlagnahmevermerk (§ 19 ZBG.) durch den Konkurs­ vermerk (§ 113 KO.) nicht erübrigt, weil er (namentlich nach Maßgabe der §§ 9 Nr. 1, 37 Nr. 4, 45, 110, 114 ZBG.) seine besondere Wirksamkeit hat. Da der auf Antrag des Verwalters erlassene Einleitungsbeschluß keine Beschlagswirkung äußert, hindert er den Konkursverwalter bis zum Zuschläge nicht an Verfügungen über das Grundstück und die mithaftenden Gegenstände. Nach wie vor übt also der Verwalter das Recht des Gemeinschuldners, mithastende Gegenstände in den gesetzlichen Grenzen haftungsfrei zu machen, zugunsten der Konkursmasse aus (Anm. 11]. Sollte der Verwalter das Grund­ stück selbst veräußern und gleichwohl seinen Versteigerungsantrag nicht zurücknehmen, so würde die Unzulässigkeit seiner weiteren Betreibung von Amts wegen zu berücksichtigen sein (88 28, 83 Nr. 6 ZBG.). Wolff ZBG.- 8 173 Anm. 1 mit Lit. Neue Be­ lastungen wären, da hier der 8 23 ZBG. keine Anwendung findet, nach Maßgabe der 88 44, 45 (vgl. 88 10 Nr. 4, 155 II) ZBG. in das geringste Gebot sAnm. 10] auf­ zunehmen. Der auf Antrag eines Gläubigers erlassene und dem Konkursverwalter zugestellte Einleitungs- oder Beitrittsbeschluß (Anm. 6] wirkt zugunsten des Antrag­ stellers auch dem Konkursverwalter gegenüber nach 8 23 ZBG. als Veräußerungs­ verbot. In zweifacher Hinsicht bedarf es auch bei Betreibung durch den Verwalter

eines Ersatzes für die Beschlagnahme des 8 20 ZBG. Nach § 173 Satz 2 ZBG. gilt nämlich die Zustellung des Beschlusses an den Konkursverwalter im Sinne des 8 13 und im Sinne des § 55 ZBG. als Beschlagnahme: a) Im Sinne des 8 13 ZBG. Dementsprechend nehmen die laufenden Beträge wiederkehrender Leistungen (z. B. Zinsen, Renten) ihren Anfang vom letzten Fällig­ keitstermine vor der Zustellung des Beschlusses an den Konkursverwalter; die Rück­ stände werden von demselben Zeitpunkte zurückgerechnet. Diese Abgrenzung ist für die Anwendung des 8 101 Nr. 2—4 ZBG. [8 47 Anm. 23] von Wichtigkeit. ß) Im Sinne des 8 55 ZBG. Dementsprechend erwirbt der Ersteher (8 9011 ZBG.) außer dem Grundstück alle diejenigen Gegenstände, wie z. B. Früchte, Zubehörstücke [8 47 Anm. 19], die als mitversteigert gelten würden, wenn die regelmäßige Zwangs­ versteigerung angeordnet und der Beschlagnahmebeschluß dem Schuldner in dem Zeitpunkte zugestellt worden wäre, in dem die Zustellung an den Konkursverwalter erfolgt ist. Auf Gegenstände, über die letzterer vor dem Bersteigerungstermin ander­ weit verfügt hatte, erstreckt sich die Versteigerung nicht sAnm. 11]. Vgl. OLG. Cassel v. 14. 5.1908 ZZP. 39 S. 533 ff. Auch können solche Gegenstände — ausgenommen das Zubehör — inzwischen von Nichtkonkursgläubigern (8 14 KO.) wirksam gepfändet

Zwangsverwertung von Liegenschaften.

145

worden sein (§ 865II ZPO.), da eben der nur vom Verwalter erwirkte Bersteigerungs- § 12g. beschluß im allgemeinen nicht als Beschlagnahme gilt. Entsprechend werden auch bei der Zwangsverwaltung die in den Machtbereich des Zwangsverwalters fallenden Gegenstände (§§ 148, 152 ZBG.) durch die Zustellung des Zwangsverwaltungs­ beschlusses an den Konkursverwalter bestimmt (vgl. Fischer-Schaefer ZBG.? § 173 Anm. 2, Peiser Zwangsverwaltung2 S. 210 f.). Durch Erwirkung der Zwangs­ verwaltung begibt sich aber der Konkursverwalter der Befugnis, selber die Nutzungen des Grundstücks zu ziehen und über Miet- oder Pachtzinsen zu verfügen (v. d. Pfordten ZBG. S. 522, Wolff ZBG.3 § 173 Anm. 1). Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Konkursverwalter und Zwangsverwalter sind nach § 766 ZPO. auszutragen (vgl. KG. v. 4. 7. 1907 OLG. 15 S. 33, Naumburg v. 19. 1. 1909 OLG. 19 S. 199 Wolff ZBG.3 § 152 Anm. 11). c) Nach dem die Zwangsversteigerung beherrschenden Deckungsprinzip darf der Zuschlag Anm.lv. (§§ 81, 82 ZBG.) nur auf ein Gebot erteilt werden, das außer den Versteigerungs­ kosten alle Bormänner des betreibenden Gläubigers deckt (§§ 44, 71 ZBG.). Dieses Gebot ist „das geringste (Schot", das angenommen werden darf. Betreibt der Konkursverwalter die Versteigerung, so muß das geringste Gebot außer den Ver­ fahrenskosten und den Ansprüchen des § 10 Nr. 1—3 ZBG. alle am Grundstück bestehenden Rechte decken, eingeschlossen eine Eigentümergrundschuld der Masse fAnm. !]• Denn alle diese Rechte gehen bloßen Konkursforderungen vor, die Betreibung des Ver­ walters aber erfolgt zugunsten der Konkursgläubiger. Nun kann jedoch ein Real­ gläubiger (§ 10 ZBG.), dem der Gemeinschuldner zugleich persönlich haftet, nach § 64 KO., wenn er nicht aus sein Absonderungsrecht verzichten will, aus der Konkursmasse Befriedigung lediglich für den Betrag seines Ausfalls verlangen und auch das nur, wenn er den Ausfall rechtzeitig nachweist [§ 64 Anm. 12]. An baldiger Verwertung des Grundstücks hat sonach der Realgläubiger ein lebhaftes Interesse. Allein Grundstücke eines Gemeinschuldners sind meist überlastet und darum schwer ver­ käuflich. Gebote, die alle Lasten decken, lassen sich erfahrungsgemäß selten erzielen. Darum laufen Realgläubiger, die noch auf eine Teilbesriedigung aus dem Grundstücke rechnen dürfen, beim Betreiben des Zwangsverfahrens durch den Verwalter Gefahr, den im § 153 KO. geforderten Nachweis ihres Ausfalls nicht rechtzeitig erbringen zu können, falls der Zuschlag nach der Regel des § 44 ZBG. nur auf ein sämtliche Realgläubiger deckendes Gebot erteilt werden darf. Dieser Gefahr will die Ausnahmevorschrift des § 174 ZBG. vorbeugen. Sie kommt namentlich einem solchen Realgläubiger zugute, dessen Ansprüche nicht bereits vollstreckbar und darum nicht durch eigene Betreibung oder Beitritt verfolgbar sind, und ermächtigt ihn, wenn der Konkursverwalter die Versteigerung betreibt, „bis zum Schluffe der Verhandlung im Bersteigerungstermine" (vgl. § 74 ZBG.) zu verlangen, daß das Grundstück doppelt ausgeboten werde: einmal nach der Regel und einmal so, daß das geringste Gebot nur die Bormänner des Antragstellers zu decken braucht. Damit ver­ zichtet der Antragsteller auf Deckung, ohne einer Zustimmung der ihm gleich- oder nach­ stehenden Gläubiger zu bedürfen, obgleich diese vielleicht ihr Recht ersatzlos einbüßen (vgl. dagegen § 59 I 1 ZBG ). Vorausgesetzt wird nur, daß der Antragsteller zu­ gleich persönlicher Gläubiger des Gemeinschuldners — die Forderung wird, wenn sie betagt ist, nach § 65 KO. fällig — und daß sein Absonderungsrecht vom Verwalter ausdrücklich oder stillschweigend (wäre es auch nur für einen Teilbetrag) anerkannt ist. Das Anerkenntnis wirkt arg. § 136 KO. auch ohne die nach § 133 Nr. 2 KO. erforderliche Genehmigung des Gläubigerausschuffes und wird erübrigt durch eine gegen­ über dem Verwalter erstrittene rechtskräftige Feststellung des Absonderungsrechtes [§ 4 Anm. 9ff.]. Andrerseits wird der Antragsteller als solcher aber auch nicht betreibender oder beitretender Gläubiger. Das Verfahren ist daher nach § 29 ZBG. aufzuheben, wenn der Konkursverwalter den Bersteigerungsantrag zurücknimmt, ohne daß ein Beitritt erfolgt war. RG. v. 3. 1. 1911 Bd. 75 138. Wird bei doppelter Ausbietung Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. II.

10

146

§126.

Anm 11.

Anm. 12.

Zwangsverwertung von Liegenschaften.

ein nach § 44 ZBG. annehmbares Gebot nur auf die regelmäßige oder nur auf die regelwidrige Ausbietung abgegeben, so muß der Zuschlag erteilt werden. Wie aber, wenn auf jede der beiden Ausbietungen ein an sich zulässiges Gebot gelegt wird? Alsdann dürfte der Zuschlag dem Meistgebote zu erteilen sein, das auf die vom Gläubiger beantragte (also auf die regelwidrige) Ausbietung erfolgt ist. Denn der Zweck des § 174 ZBG. geht dahin, dem Absonderungsberechtigten den alsbaldigen Nachweis seines Ausfalls zu ermöglichen. Damit, daß die Belastung etwa beim Erwerbe durch einen persönlich leistungsunfähigen Ersteher fortdauert, ist ihm keineswegs gedient. Die Annahme aber (Wolff ZBG? § 174 Anm. 6), daß die Schranke des § 64 KO. falle, sobald der belastete Gegenstand konkursmäßig mit der Belastung an einen Dritten veräußert werde, ist mit dem Zwecke dieser Vorschrift [§ 64 Anm. 9] unvereinbar. Die Forderung wird im Falle des § 64 „als Konkursforderung" nur in Höhe des Ausfalls festgestellt [§ 64 Anm. 11]. Damit, daß der belastete Gegenstand vom Verwalter veräußert oder freigegeben wird, tritt keineswegs die Rechtslage ein, die besteht, wenn der belastete Gegenstand gar nicht zur Konkursmasse gehört hat [§ 64 Anm. 3, 4]. Zu einem Verzicht auf abgesonderte Befriedigung endlich, auf den v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 6 verwiesen, wird der Gläubiger nur genötigt, wenn weder die regelmäßige noch die regelwidrige Ausbietung Erfolg hat. Jaeckel-Güthe ZBG? § 174 Anm. 10 mit Lit., Steiner ZBG? § 174 Anm. 3; während andere (namentlich Wolff aaO. mit Lit., v. Wilmowski aaO.) das „höchste Gebot" entscheiden lassen und wieder andere (Fischer-Schaefer ZBG? § 174 Anm. 4 mit Lit.) dem Gläubiger ein Wahlrecht zugestehen wollen. Der § 174 ZBG. versagt, wenn der Verwalter die Zwangsversteigerung nicht betreibt, sei es, weil er zunächst von jeder Veräußerung absieht oder weil er einen freihändigen Verkauf vorzieht oder weil er das Grundstück freigibt. Anträge, dem Absonderungsgläubiger ein Mittel an die Hand zu geben, um den Verwalter zur Zwangsversteigerung zu nötigen, sind mit Recht abgelehnt worden (Protokolle S. 84 ff., Kommissionsbericht S. 1960 f.). Der Absonderungsgläubiger mag solchenfalls selber die Zwangsversteigerung betreiben. Ist seine Konkursforderung betagt, so kommt ihm der Grundsatz des § 65 KO. zustatten, zu dessen Zweckbereich auch die Ausfallermittelung gehört [§ 65 Anm. 4; siehe auch § 47 Anm. 10]. 3. Bor Anordnung der Beschlagnahme zugunsten eines Absonderungs­ gläubigers steht dem Konkursverwalter die Befugnis der Verwaltung und Verfügung auch hinsichtlich der mit Absonderungsrechten belasteten Liegenschaften zu (§§ 6, 117). Soweit außerhalb des Konkurses der Eigentümer des belasteten Grundstücks nach Maßgabe der §§ 1120—1130 BGB. berechtigt ist, noch nicht zugunsten des Realgläubigers in Beschlag genommene mithaftende Gegenstände aus der Pfandhaftung zu lösen, soweit muß auch der Konkursverwalter des Eigentümers als dessen Zwangsvertreter (§ 6) ermächtigt sein, die Lösung zu vollziehen. Eine Verfügung des Verwalters kann demnach eine Schadensersatz- oder Bereicherungshaftung der Konkursmasse (§ 59 Nr. 1, 3) dann nicht im Gefolge haben, wenn dieselbe Verfügung, außerhalb des Konkurses vom Eigentümer vorgenommen, diesen gegenüber dem Realgläubiger nicht verpflichten würde. Siehe oben § 4 Anm. 5, § 14 Anm. 10, § 47 Anm. 19. Eine „Beschlagnahme" der mit dem Grundstücke haftenden Gegenstände kann der Realgläubiger sowohl im Wege der Liegen­ schaftsvollstreckung (§§ 21 ff., 148 ZBG.), auch durch Beitritt zu der auf Antrag des Verwalters angeordneten Zwangsverwertung sAnm. 7], als — mit Ausnahme des Zubehörs und der bereits vom Liegenschaftsbeschlag erfaßten Gegenstände — im Wege „der Pfändung" (§§ 808ff., 865, 938 ZPO.) erwirken. Davon, daß der im Gesamt­ interesse der persönlichen Gläubiger wirkende Konkursbeschlag eine Beschlagnahme zugunsten des einzelnen Realgläubigers enthalte, kann keine Rede sein. Früchte auf dem Halm: § 49 Anm. 32, 37, 51 ff. Die beiden Arten der Liegenschaftsbeschlagnahme haben ver­ schiedene Grenzen: a) Der Zwangsversteigerungsbeschlag zugunsten eines Absonderungs­ gläubigers beläßt dem Schuldner und damit seinem Konkursverwalter innerhalb der

Zwangsverwertung von Liegenschaften.

147

Grenzen ordnungsmäßiger Wirtschaft die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks § 126(§§ 23—25 ZBG). Er erstreckt sich überhaupt nicht auf Miet- und Pachtzinsen noch auf wiederkehrende Leistungen aus subjektiv-dinglichen Rechten und ergreift auch land- und forst­ wirtschaftliche Erzeugnisse des Grundstücks (einschließlich ihrer Versicherung) nur vor der Trennung oder als Grundstückszubehör im Sinne des §98 Nr. 2 BGB. (§211, II ZBG ). b) Der Zwangsverwaltungsbeschlag zugunsten eines Absonderungs-Anm.is. gläubigers erfaßt die Gegenstände des § 21 I, II ZBG. auch insoweit, als sie der Versteigerungsbeschlag unberührt läßt, und entzieht dem Schuldner und damit seinem Konkursverwalter auch innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Wirtschaft die Ver­ waltung und Benutzung des Grundstücks sowie die Verfügung über mithaftende be­ wegliche Sachen (§ 148 ZVG.). Für die Verfügung über Miet- und Pachtzinsforde­ rungen kommt der § 22 II (§ 148) ZBG. mit 1124 BGB. in Betracht: an den Konkurs­ verwalter kann der Mieter oder Pächter mit Wirksamkeit gegenüber den Realgläubigern nur soweit zahlen, als er außerhalb des Konkurses an den Schuldner selber zahlen könnte (Fuchs Grundbuchrecht I S. 421 f.). Verwaltung und Benutzung gehen auf einen gerichtlich bestellten Zwangsverwalter über (§§ 150 ff. ZBG.). Zum Zwangsverwalter kann freilich auch der Konkursverwalter bestellt werden (Peiser S. 94). Hat dieser selbst eine Zwangsverwaltung nach § 172 ZVG. erwirkt, so wird er trotz des § 173 Satz 1 ZBG. durch einen anderen Zwangsverwalter aus der Verfügungsmacht verdrängt fAnm. 9]. Wohnt der Schuldner im Zeitpunkte der Beschlagnahme zur Zwangs­ verwaltung (§§ 22, 151 ZBG.) auf dem Grundstücke, so müssen ihm nach § 149 I ZBG. die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume „belassen" werden (Ausnahme: § 149 II ZBG.). Ob diese Vorschrift auch zugunsten eines Gemeinschuldners gilt, ist zweifelhaft. Der § 172 ZBG. erledigt die Frage nicht. Im frühern preußischen Recht ist sie für den Fall einer vom Konkursverwalter betriebenen Zwangsverwaltung bejaht worden (RG. v. 14. 4. 1896 Bolze 22 Nr. 845). Indessen hat die KO. die Frage der Unterstützung des Schuldners und damit auch der Wohnungsüberlassung mit Rücksicht auf die besondere Lage des Konkurses eigens geordnet (§§ 129, 132 KO.). Ein Recht auf Wohnungseinräumung hat danach der Gemeinschuldner nicht [§ 129 Anm. 2]. Sollte er durch den zugunsten eines Realgläubigers oder vom Verwalter zugunsten der Konkursgläubiger erwirkten Zwangsverwaltungsbeschlag ein solches Recht erwerben? Das dürfte kaum zu rechtfertigen sein. Zust. Wolff ZBG? § 149 Anm. 2a; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 5, Seuffert § 48 N. 30. 4. In gesetzlicher Vertretung desSchuldners nimmt der Konkursverwalter, einerlei, ob er Wnm.u. selbst oder ob ein Gläubiger (Absonderungs- oder Massegläubiger) die Zwangsverwertung betreibt. Schuldnerrechte und Schuldnerobliegenheiten wahr. Zugleich hat er, wenn er das Verfahren selbst betreibt, Befugnisse und Pflichten eines betreibendenGläubigers. Siehe Anm. 2, llff. Bietet der Konkursverwalter (§ 59 Nr. 1 KO.) bei der Zwangs­ versteigerung für Rechnung der Konkursmasse fAnm. 3], so muß er die dem bietenden Eigentümer („Schuldner") obliegende Sicherheit leisten (§ 68 III ZBG.), falls dies ein Gläubiger der entweder das Verfahren selbst betreibt oder dem vom Verwalter betriebenen Verfahren beigetreten ist, beantragt (Jaeckel-Güthe ZBG? §§ 67 ff. Anm. 11, Wolff LZ. 1911 S. 101 f.). Ebenso findet der § 68 III ZBG. Anwendung, wenn der Gemeinschuldner — was rechtlich nicht ausgeschlossen — in Person als Bieter auftritt (Fischer-Schaefer ZBG? §§ 67 ff. Anm. 6 c). So auch, falls der Verwalter betreibt fAnm. 2]. Nur die bei sonstiger Zwangsverwertung nach Befriedigung der Realgläubiger dem Schuldner ver­ bleibenden Überschüsse hat der Konkursverwalter für die Masse zu beanspruchen. In

Wahrnehmung der Obliegenheiten eines betreibenden Gläubigers muß der Konkursverwalter beispielsweise die in den §§ 25 Satz 2, 161 m ZBG. bezeichneten Vorschüsse aus der Konkursmasse (§ 59 Nr. 1) leisten (Peiser S. 211). Widersprüche gegen den Teilungsplan (§ 115 ZVG.) kann der Konkursverwalter sAnm. 2] darauf stützen, daß ein in den Plan aufgenommenes Recht überhaupt nicht begründet oder wegen Anfechtbar­ keit des Erwerbs zugunsten der Konkursmasse wieder aufzugeben sei [§ 29 Anm. 27] oder 10*

Zwangsverwertung von Liegenschaften.

148 §126»

Wnm.i5.

Anm. io.

daß es nicht dem Anmelder, sondern als Recht des Gemeinschuldners der Konkursmasse zustehe [§ 47 Anm. 4]. Aus besonderen Gründen kann die Konkursmasse auch daran ein den Widerspruch des Verwalters rechtfertigendes Interesse haben, daß eine Hebung dem einen und nicht dem anderen von mehreren dritten Prätendenten gebührt. So z. B. wenn nur der andere zugleich Konkursgläubiger und darum in der Lage ist, seinen Ausfall auf die Konkursmasse (§ 64) abzuladen (RG. v. 2. 3. 1901 ZBlFG. 3 S. 425 ff.). Der Konkursverwalter übt das Widerspruchsrecht des „Schuldners" aus (vgl. § 115IIIZBG). Betreibt er die Zwangsverwertung selbst, so steht ihm der Widerspruch als GläubigerWiderspruch offen (vgl. § 115 I ZBG. mit § 878 ZPO.). Eine besondere Rolle weist der g 178 ZBG. dem Nachlaßkonkursverwalter zu. Nach den die Vorschriften über das Aufgebot der Nachlaßgläubiger (88 1970 ff. BGB., 88 989 ff. ZPO.) ergänzenden 88 175—179 ZBG. kann nämlich der Erbe (der die Erbschaft angenommen, aber das Recht der Haftungsbeschränkung nicht im allgemeinen verwirkt hat) und jeder, der sonst noch das Aufgebot beantragen darf, die Zwangsversteigerung belaste ter Nachlaßgrundstücke betreiben, um zu ermitteln, ob und in welcher Höhe der Nachlaßgläubiger einen aus dem übrigen Nachlaßvermögen zu deckenden Ausfall erleidet. Ist ein solches Bersteigerungsverfahren angeordnet, so wird es durch Eröffnung des Nachlaßkonkurses, obgleich nun der Zweck einer Nachlaßseststellung hinfällig wird, nicht aufgehalten (anders 8 993 II ZPO.). Es geht vielmehr nur die Rolle des Antragstellers von Rechts wegen auf den Nachlaßkonkursverwalter über, weil dieser belastete Massegrundstücke ohnehin im Wege der Zwangsvollstreckung zu verwerten pflegt, "die Einleitung eines neuen Verfahrens also nur unnütze Kosten und Verzögerungen im Gefolge hätte (8 178 II ZBG.). Erscheint dem Verwalter die Verwertung im Zwangs­ weg unangebracht, so kann er den Bersteigerungsantrag zurücknehmen (88 29, 33 ZBG.) und das Grundstück im Wege freiwilliger Veräußerung versteigern lassen oder aus freier Hand (88 134 Nr. 1, 135, 136 KO.) verkaufen. Treffen Konkursantrag und Ber­ steigerungsantrag zeitlich zusammen, so soll die Zwangsversteigerung nicht angeordnet werden (ebenso 8 993 I ZPO.), da die Anordnung möglicherweise umsonst erfolgen würde. 8 178 I ZBG. Solchenfalls bleibt es dem Konkursverwalter Vorbehalten, die Versteigerung nach 8 172 zu beantragen, wenn er nicht eine andere Berwertungsart vorzieht. Denkschrift zu 8 178 ZBG.; Wolff LZ. 1911 S. 96f. Über den Fall einer Konkursbeendigung vor

Durchführung des Bersteigerungsverfahrens siehe Wolff ZBG? 8 178 Anm. 5 mit Lit. 5. Die Kosten einer vom Verwalter betriebenen Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung (8 126) sind als Ausgaben für die Verwertung von Massegegenständen Massekosten nach § 58 Nr. 2. Die Kosten des Zuschlags trägt der Ersteher (8 58 ZBG.). Die Gerichts­ gebühr ist nicht in der Bauschgebühr für das Konkursverfahren begriffen, sondern wird zufolge 8 55 GKG. nach den Vorschriften über die Gebührenerhebung für Zwangsvoll­ streckungen besonders erhoben. Die Kosten sind nicht durch das GKG., sondern durch die Landesgesetze geregelt (Preußen: 88 H9, 124 preuß. GKG., Bayern: a. 22 Nr. 1 mit a. 7 ff. GebG.). Borwegnahme aus der Teilungsmasse: 88 109, 155 ZBG. Im übrigen siehe Wolff LZ. 1911 S. 100 f. Für die Zwangsverwertung beweglichen Vermögens durch den Verwalter (§ 127) kommen die 88 35 Nr. 2, 46 (mit 8 55) GKG. in Betracht. — Vergütung der Berwaltertätigkeit: 8 85 Anm. 3.

8 Der Verwalter ist berechtigt,

die Verwertung eines zur Nasse gehörigen

beweglichen Gegenstandes, an welchem ein Gläubiger ein durch Rechtsgeschäft bestelltes Pfandrecht oder ein diesem gleichstehendes Recht beansprucht, nach

Naßgabe der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung oder über den Pfand­

verkauf zu betreiben.

Der Gläubiger kann einer solchen Verwertung nicht wider­

sprechen, vielmehr seine Rechte nur auf den Erlös geltend machen.

Verwertung von Fahrnis.

149

Ist der Gläubiger befugt, sich aus dem Gegenstände ohne gerichtliches 8127. Verfahren zu befriedigen, so kann auf Antrag des Verwalters das Aonkursgericht dem Gläubiger nach dessen Anhörung eine Frist bestimmen, innerhalb welcher er den Gegenstand ;u verwerten hat. Nach dem Ablaufe der Frist findet die Vorschrift des ersten Absatzes Anwendung. Ursprünglich § 117. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat im Abs. I Satz 1 wie im § 48 die Worte „ein durch Rechtsgeschäft bestelltes Pfandrecht" an Stelle von „ein Faustpfandrecht" gesetzt und die Worte „oder über den Pfandverkauf" neu bei­ gefügt. Die Änderung war bereits in der Bundesratsvorlage der Novelle vorgesehen. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 79ff., Motive II S. 348f., S. 86 f., 170, Begründung S. 41, Kommissionsbericht S. 1960f., 2034.

Protokolle

in. Die Verwertung von Fahrnis im besonderen (8 127).

1. Die Voraussetzungen § 127 sind:

der Verwertungsbefugnis des Konkursverwalters nachAnm. i.

a) Ein zur Masse gehörender beweglicher G egenstand, genauer: Sachen oder Rechte der Masse, die im Sinne der Geldvollstreckung nicht zum unbeweglichen Ver­ mögen zählen (§ 47 KO., §§ 864, 865 ZPO.). Denn die Zwangsverwertung von Gegenständen der letzteren Art, auch von eingetragenen Schiffen, fällt in den Geltungsbereich des § 126 [§ 126 Anm. 4]. Eingetragene Schiffe kann daher der Ver­ walter auch dann im Wege der Zwangsversteigerung (§ 870 II ZPO.) verwerten, wenn daran ein Absonderungsrecht nicht beansprucht wird sAnm. 2]. Nichteingetragene Schiffe unterliegen dagegen dem § 127. Verwertung von Früchten auf dem Halm: Anm. 9. Jedenfalls muß der Gegenstand, wenn der Konkursverwalter zur Veräuße­ rung nach § 127 befugt sein soll, an sich ein verwertbarer Massebest and teil sein. Würde er (wie z. B. ein bloßes Gesälligkeitsakzept) unbelastet in der Hand des Gemein­ schuldners selbst einen veräußerlichen Wert nicht darstellen, so ändert daran auch der § 127 nichts (RG. v. 20. 1. 1911 Bd. 75 156). Denn diese Vorschrift verleiht dem Verwalter lediglich die Befugnis zu einer besonderen Berwertungsart sAnm. 2J. b) Ein Gegenstand, an dem ein Gläubiger ein durch Rechtsgeschäft bestelltes Pfandrecht Anm. 2. im Sinne des § 48 oder ein diesem nach § 49 gleichstehendes Recht, namentlich ein gesetzliches Pfandrecht oder ein Pfändungspfandrecht oder aber auch z. B. das in § 49 Anm. 1 bezeichnete Abgabenvorrecht, beansprucht. Sicherungsübereignung: §48 Anm. 13. Ob der erhobene Absonderungsanspruch vom Verwalter anerkannt wird oder nicht, das ist (im Unterschiede z. B. vom Falle des § 174 ZBG.) für die An­ wendbarkeit des § 127 ohne Belang (OLG. Königsberg v. 27. 7. 1901 PosMSchr. S. 167). Mobilien, an denen Absonderungsrechte auf Grund der §§ 48, 49 nicht geltend gemacht werden, kann der Verwalter — anders als Immobilien [§ 126 Anm. 1] — nur im Wege freiwilliger Veräußerung (öffentliche Versteigerung, freihändiger Ver­ kauf) verwerten. Andrerseits kann der Verwalter zweifellos auch Fahrnis, an der ein Absonderungsrecht geltend gemacht wird, in den Formen der freiwilligen Ver­ äußerung — wenn auch nicht mit den Rechtsfolgen des Abs. I Satz 2 sAnm. 12] — verwerten (gegen Königsberg aaO.). Denn wie der § 126 begründet auch der § 127 seinem klaren Wortlaut und Sinne nach für den Verwalter eine Befugnis, nicht aber eine Beschränkung in der Ausübung von Rechten des Gemeinschuldners. Die

Bedeutung der §§ 126, 127 liegt darin, daß sie dem Verwalter zu Berwertungsarten ermächtigen, die dem Eigentümer selbst nicht offen stehen (vgl. Motive II S. 349). Eine Zwangsverwertung bietet gewisse Vorteile, namentlich den der Pfandentlastung sArrm. 7]. Die freiwillige Veräußerung ist dafür einfacher und billiger, in der Regel auch ergiebiger. Soweit sie außerhalb des Konkurses dem Schuldner freisteht, bleibt sie auch im Konkurse seinem Verwalter gestattet (§ 6).

Daher darf der Konkursverwalter

150

§127.

Anm. 3.

Anm. 4.

Anm. 5.

Verwertung von Fahrnis.

z. B. eine verpfändete Sache nach § 931 (Fortdauer der Belastung: § 936) BGB. ver­ äußern. Die freihändige Veräußerung von Massesachen, die bereits wirksam gepfändet sind (z. B. des schon gepfändeten Warenlagers), ist dem Verwalter - nur auf Grund einer besonderen gerichtlichen Gestattung nach § 825 ZPO. möglich. Darum hängt schon die Wirksamkeit des Kaufvertrags von dieser Gestattung ab. OLG. Cöln v. 9. 10. 1907 LZ. 1908 S. 627, bestätigend RG. v. 25. 2. 1908 ebenda S. 612. Daß der Verwalter durch Nichtberücksichtigung geltend gemachter Absonderungsrechte sich selber und die Konkursmasse haftbar machen kann, ist eine Sache für sich. Darüber oben § 4 Anm. 6, 9, § 82 Anm. 2; Naumburg v. 2. 1. 1907 OLG. 15 S. 240. Die Wahl zwischen freiwilliger und Vovstreckungsmäßiger Verwertung steht dem pflicht­ mäßigen Ermessen des Verwalters anheim [§ 82 Anm. 3, § 83 Anm. 1]. „Gläubiger" im Sinne des § 127 kann auch ein Nichtkonkursgläubiger, besonders ein Massegläubiger sein. So z. B. der Vermieter, der mit dem Verwalter den Miet­ vertrag fortsetzt oder neu abgeschlossen hat [§ 49 Anm. 27, § 57 Anm. 10, § 63 Anm. 12, § 64 Anm. 2]. RG. v. 19. 5. 1885 Bd. 14 3. Zur Verwertung pfandbelasteter Gegenstände, deren Aussonderung ein Dritter zu beanspruchen hat, ist der Verwalter nicht befugt (RG. v. 24. 6. 1890 Bolze 10 Nr. 881). Der dritte Eigentümer der pfandbelasteten Sachen kann, wenn der Verwalter im Einverständnisse mit ihm oder in Unkenntnis seines Rechtes (vgl. § 82) eine Ver­ wertung in den Formen der Zwangsvollstreckung oder des Pfandverkaufs durchgeführt hat, eine Ersatzaussonderung nach § 46 oder einen Masseschuldanspruch nach § 59 Nr. 1 oder Nr. 3 geltend machen. Diesen Ansprüchen des bisherigen Eigentümers geht aber der Anspruch des bisherigen Pfandgläubigers, der sich gleichfalls auf die §§ 46, 59 (Nr. 1 oder Nr. 3) gründet, vor. Im Ergebnis ebenso RG. v. 28. 5. 1909, LZ. 1910 S. 229 (unter Anwendung des § 127 I 2). Wegen der Anwendbarkeit des § 771 ZPO. siehe Anm. 9. Als Aussonderungsrecht fällt auch der Nießbrauch [§ 43 Anm. 26] nicht unter den § 127. Herausgabe zum Zwecke der Verwertung kann der Verwalter vom Nießbraucher nicht verlangen. Vgl. §§ 931, 936 III BGB. c) Wenn der Absonderungsgläubiger sich ohne gerichtliches Verfahren aus dem ihm haftenden Gegenstände der Masse befriedigen darf, ist der Konkursverwalter zu einer Verwertung in der Art und mit der Folge des Abs. I nicht ohne weiteres, sondern nur unter der ferneren Voraussetzung ermächtigt, daßderAbsonderungsgläubiger eine ihm zur Selbstverwertung bestimmte Frist fruchtlos hat ver­ streichen lassen (Abs. II). Insofern geht das Berwertungsrecht des Gläubigers vor. Bei rechtzeitiger Ausübung bleiben ihm die Vorteile der eigenen und privaten Ver­ äußerung (der Ausnutzung der ihm günstig erscheinenden Berkaufsgelegenheit, die Er­ sparung eines höheren Kostenaufwands) gewahrt. Nach Reichsrecht bildet nun aber im Gegensatze zur Mehrzahl der beim Erlasse der KO. geltenden Landesgesetze (Gierke Privatr. II S. 968) die Befugnis des Gläubigers, seine abgesonderte Befriedigung aus Gegenständen des beweglichen Vermögens ohne gerichtliches Verfahren (d. h. ohne Mitwirkung oder Ermächtigung durch ein Gericht) zu betreiben, die Regel. Damit hat sich das Verhältnis der beiden Absätze des § 127 umgekehrt. Der im Abs. I ausgesprochene Grundsatz einer Ermächtigung des Verwalters zur Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung und des Pfandverkaufs — ein Grundsatz, der den Verwalter die Wahl des Zeitpunktes der Verwertung vorzubehalten bezweckt sAnm. 7 — gilt jetzt nur noch als Ausnahme. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle] steht heute dem Konkursverwalter die besondere Berwertungsbefugnis des Abs. I bloß subsidiär zu, nämlich erst dann, wenn der Gläubiger die Selbstverwertung verzögert, und mit dem Zwecke, die Nachteile einer solchen Verzögerung zu beseitigen. Im neuen Recht stellt also der Abs. II die Regel dar. Zu beachten ist, daß der § 127 sich überhaupt nur auf Gegenstände bezieht, die in Ansehung der Geldvollstreckung zum beweglichen Vermögen gehören. Pfandrechte an eingetragenen Schiffen kommen also hier nicht in Betracht sAnm. 1]. Das sonstige Sachpfandrecht aber gewährt heutzutage dem

Verwertung von Fahrnis.

151

Gläubiger die Befugnis zur außergerichtlichen Verwertung [§ 47 Anm. 10]. Wegen H127. des Fälligkeitserfordernisses (§§ 1228, 1257 BGB.) siehe § 65 Anm. 4. Auch das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht verleiht eine außergerichtliche Berkaufsbefugnis [§ 49 Anm. 45, Titelerfordernis: § 47 Anm. 10 mit Zit.], während das nichtkauf­ männische an sich der Berwertungsbefugnis ermangelt und insofern unmittelbar dem Abs. I unterliegt. Näheres § 49 Anm. 43; siehe auch dort Anm. 6. Für das Lombarddarlehen der Reichsbank erkennt der § 20 BankG. ausdrücklich an, daß die Bank berechtigt ist, den Pfandverkauf „ohne gerichtliche Ermächtigung oder Mitwirkung" (unter Umständen durch einen ihrer Beamten) vornehmen zu lassen, und zwar auch „gegenüber der Konkursmasse des Schuldners". Wenn Breit BankG. (1911) S. 199 dieses vor Erlassung der KO. geschaffene Recht als Ausnahme vom § 127 KO. bezeichnet, so ist das ungenau. Der § 127 II gilt auch für das Pfandrecht der Reichsbank. Wegen der früheren Reichsbeamtenkaution siehe § 3 Note 3 EGzKO. Besonderheiten ergeben sich für das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters und Verpächters [§ 49 Anm. 20—22]. Desgleichen für das Absonderungsrecht des Gemeinschaftsgenossen, insofern der § 51 die Anwendbarkeit der §§ 126, 127 verdrängt [§ 51 Anm. 2, 5]. Beim Pfandrecht an einem Rechte ist der Gläubiger zwar nach § 1277 BGB. auf eine Befriedigung im Bollstreckungsweg angewiesen. Allein in den wichtigsten Fällen hat er nach Maßgabe der §§ 1282, 1293, 1294, 1295 BGB. die Befugnis zur Befriedigung ohne gerichtliches Verfahren im Sinne unseres Abs. II. Außerdem läßt der § 1277 BGB. die vertrags­ mäßige Einräumung einer nichtgerichtlichen Berwertungsmacht zu. Wichtiger ist, daß in den Fällen, in denen schon das Gesetz eine nichtgerichtliche Pfandverwertung vorsieht, durch Übereinkunft nach § 1245 BGB. Vereinfachungen zugelassen werden können, die

auch für die Verwertung im Konkurse maßgebend bleiben. So z. B. die Gestattung freihändigen Verkaufs verpfändeter Fahrnis. Da ein solcher meist ergiebiger verläuft als eine öffentliche Versteigerung, wird eine Anfechtung der Abrede mangels einer Benachteiligung der Masse selten Erfolg haben. Gestattet der Konkursverwalter selbst dem Gläubiger den Freihandverkauf (§ 134 Nr. 2 trifft hier natürlich nicht zu), so kann in dieser Gestattung ein stillschweigender Verzicht auf die Anfechtbarkeit [§ 36 Anm. 3] liegen. RG. v. 4. 7. 1902 Gruchots Beitr. 48 S. 409 ff. Umgekehrt kann übrigens auch die Selbstverwertungsbefugnis des Gläubigers mit einer noch im Konkurse maßgebenden Wirksamkeit nach § 1245 BGB. ausgeschlossen werden. Als ein Ab­ sonderungsrecht, das der Gläubiger nicht ohne gerichtliches Verfahren verwerten könne, pflegt man das Pfändungspfandrecht unmittelbar unter unsern Abs. I zu stellen (vgl. KG. v. 8. 12. 1906 LZ. 1907 S. 296, OLG. München v. 25. 9.1908 LZ. 1909 S. 88). Allein der Pfändungspfandgläubiger (§ 49 Nr. 2) führt, vom § 14 nicht behindert, seinen Zwangszugriff nach Maßgabe der §§ 814 ff., 835 ff. ZPO. durch, soweit ihm nicht die Konkursanfechtung (§§ 30, 35) entgegensteht. Ein „gerichtliches" Verfahren im Sinne des Abs. II ist die Versteigerung gepfändeter Sachen durch den Gerichts­ vollzieher (§ 814 ZPO.) ebensowenig als diejenige verpfändeter Sachen durch ihn (§ 1235 mit § 383 III BGB.). War vor Konkurseröffnung eine wirksame Pfändung unter Belassung der Pfandsachen im Schuldnergewahrsam erfolgt, so kann der Gerichts­ vollzieher die Vollstreckung auch unter Zwangsanwendung gegen den Konkursverwalter durchführen (KG. aaO.), ohne eine Entscheidung des Verwalters abwarten zu müssen. Es wäre ein sachlich ganz ungerechtfertigter Eingriff in das Verwertungsrecht des Pfändungspfandgläubigers gwesen, wenn — wie das neuestens angeregt war (Reichstag II. Session 1909/11 Drucksache Nr. 731 S. 2, 4) — im § 1101 vorgeschrieben worden wäre: „Die Termine auf Steigerung (!) von gepfändeten beweglichen Gegenständen sind offiziell (!) von dem Gerichtsvollzieher aufzuheben." Ist die Pfändung anfechtbar, dann haftet der Gläubiger nach der Versteigerung auf vollen Wertersatz. Ist sie es nicht, so muß (unbeschadet des § 127 II) dem Gläubiger die Durchführung der Exekution frei­ stehen. Dem Gerichtsvollzieher obliegt nach § 118 als unmittelbarem Besitzer weg­ genommener Pfandsachen die Anzeige [§ 118 Anm. 4], nicht aber die Pflicht der Aus-

152

§127.

Anm. 6.

Anm. 7.

Verwertung von Fahrnis. antwortung an den Verwalter.

Vgl. auch Kleinfeller LZ. 1911 S. 413.

Die Über­

weisung gepfändeter Rechte (§§ 835, 857 ZPO.) ist zwar eine gerichtliche Tätigkeit (§ 828 ZPO.), die Einziehung überwiesener Rechte aber nicht sAnm. 10]. Das Arrestpfandrecht gewährt als solches überhaupt keine Verwertungsmacht, sondern zunächst nur eine Sicherung (vgl. OLG. Cassel v. 21. 1. 1909 LZ. S. 490), die — ihre Unanfechtbarkeit voraus­ gesetzt — sich im Falle einer vom Verwalter nach Abs. I Satz 1 betätigten Verwertung des Arrestgegenstandes am Erlöse fortsetzt (Abs. II Satz 2), während sie bei freihändiger Veräußerung des Gegenstandes auf diesem weiter lastet sAnm. 12]. Nach alledem ist das unmittelbare Anwendungsgebiet unseres Abs. I sehr gering. Der Schwerpunkt liegt heute in der Schutzmaßregel des Abs. II. Die Fristbestimmung nach Abs. II erfolgt auf Antrag des Verwalters und nach Anhörung [§ 73 Anm. 3] des Absonderungsberechtigten, dessen Interesse bei der Fristbemessung nicht außeracht gelassen werden darf, durch Beschluß des Konkursgerichts. Der Beschluß kann vom Verwalter und vom Absonderungsberechtigten mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§ 73 III). Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung (§ 577 II ZPO.), die nach § 73 II von Amis wegen zu erfolgen hat. Wolff Anm. 5. Mit fruchtlosem Ablauf der Berwertungsfrist verliert der Gläubiger das Recht, einer Verwertung des Verwalters nach Abs. I zu widersprechen (Abs. II Satz 2 mit Abs. I), nicht aber die Befugnis, seinerseits die Verwertung zu betreiben sAnm. 7]. Ja er kann selbst nach Ablauf der Frist auch sein Privatverwertungsrecht noch so lange ausüben, bis ihm der Verwalter durch eigene Betreibung die Möglichkeit einer Privat­ verwertung tatsächlich abgeschnitten hat (vgl. Seuffert § 47 N. 30). Nach Wolff aaO. soll der Gläubiger sein Berwertungsrecht schon dann einbüßen, wenn ihm der Verwalter nach Ablauf der Frist den Willen, nach Abs. I zu verwerten, kund gibt. Bor Ablauf der Frist ist eine vom Verwalter auf dem Wege des Abs. I unternommene, nicht aber auch eine freiwillige Veräußerung sAnm. 2] gesetzwidrig. Siehe § 83 Anm. 1. Solange der Verwalter eine Fristsetzung nicht erwirkt hat, bleibt das Recht des Gläubigers zu bestimmen, ob und wann die Verwertung erfolgen solle, unbeschränkt. Eine Frist nach Abs. II kann dem Gläubiger nicht nur für die Veräußerung belasteter Sachen, sondern namentlich auch für die Einziehung verpfändeter oder gepfändeter Forderungen gesetzt werden ssiehe Anm. 6, 10]. Durch fruchtlose Aufforderung zur Vorzeigung des Pfandes (§ 120) wird die Fristbestimmung nicht erübrigt. Vgl. OLG. Dresden v. 23. 1. 1912 LZ. S. 868 f. 2. Sind die unter 1 genannten Voraussetzungen gegeben, so hat der Konkursverwalter die Befugnis — nicht die Pflicht sAnm. 2] —, die Verwertung entweder im Wege der Zwangsvollstreckung oder im Wege des außergerichtlichen Pfand­ verkaufs zu betreiben (Abs. I Satz 1). Die Wahl der einen oder anderen Berwertungsart ist dem pflichtmäßigen Ermessen des Verwalters überlassen. Für ihn ist der Vorteil der Masse entscheidend. Der Absonderungsgläubiger darf, auch wenn er den Gegenstand besitzt, einer Verwertung dieser Art nicht widersprechen, sondern lediglich Borzugs­ befriedigung aus dem Erlöse verlangen (Abs. I Satz 2). Das frühere Konkursrecht eröffnete dem Verwalter nur die Möglichkeit einer Verwertung im Bollstreckungsweg. Erst die Novelle von 1898 hat, da „diese Art der Verwertung erfahrungsgemäß nicht selten zu ungünstigen Ergebnissen führt" (Begründung S. 41), den einfacheren und ergiebigeren Weg des Pfandverkaufs erschlossen. Die Vorteile einer Verwertung durch den Verwalter nach Abs. I, mag sie ihm unmittelbar oder infolge fruchtloser Fristsetzung (Abs. II) gestattet sein, liegen darin: daß die Versilberung der Masse nicht durch Säumnis der Absonderungs­ berechtigten verschleppt werden, vielmehr der Verwalter eine für die Masse günstige Berkaufsgelegenheit ausnützen kann (vgl. Motive II S. 348, M. III S. 819; RG. v. 10.11. 1890 IW. 1891 S. 11 Nr. 28); ferner aber darin, daß beide Verwertungs­ arten die Übertragung eines pfandfreien Rechtes unter Ausschluß einer Ge­

währpflicht der Masse wegen eines Rechts- oder Sachmangels ermöglichen. Daß der nach Abs. I Satz 1 veräußerte Gegenstand pfandfrei auf den Erwerber übergeht, be-

Verwertung von Fahrnis.

153

stimmt unser Abs. I Satz 2 mittelbar selbst, indem er die Belastung vom veräußerten § 127* Gegenstand auf den Erlös überträgt [Sinnt. 12]. Was aber die Gewährfreiheit be­ trifft, so muß zwischen Bollstreckungs- und Psandverkauf unterschieden werden. Beim

Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung besteht ein Anspruch weder wegen Rechts­ mangels noch wegen Sachmangels, weder gegenüber dem Gläubiger noch gegenüber dem Schuldner, auch wenn das Pfand aus freier Hand verkauft (§§ 820 f., 825 ZPO.), auch wenn es bei der Versteigerung nicht als Pfand bezeichnet worden ist (§ 806 ZPO., vgl. auch § 1244 mit § 1233 II BGB.). M. II S. 238. Beim Pfandverkaufe dagegen ent­ fällt die Gewährpflicht wegen eines Mangels der Sache zwar im Regelfälle der öffent­ lichen Versteigerung (§ 461 BGB ), nicht aber in den Fällen der §§ 1235 II, 1240II (vgl. §§ 1245 s.) BGB. Die Rechts Mängelgewähr wird beim Pfandverkaufe deswegen keine Rolle spielen, weil sie nur gegenüber dem gutgläubigen Erwerber begründet ist (§ 439 BGB.), ein solcher aber nach Maßgabe des § 1244 BGB. — sogar an gestohlenen und verlorenen Sachen (der § 1244 hat die Ausnahme des § 935 I BGB. nicht über­ nommen) — freies, vom Rechte des Veräußerers unabhängiges Eigentum erwirbt. M. III S. 832. Durch diese Befugnisse des Verwalters wird nun aber keineswegs das eigene Betreibungsrecht der Absonderungsgläubiger ausgeschlossen [§ 14 Sinnt. 9, § 47 Sinnt. 9 ff.]. Sie brauchen nicht abzuwarten, bis es dem Verwalter gefällt, die Verwertung zu betreiben. Er hat die Befugnisse des § 127, um einer Ver­ schleppung der Psandverwertung vorzubeugen, nicht, damit er seinerseits die Verwertung nach Gutdünken hinauszögern kann. Die außergerichtliche Befriedigungsbefugnis eines Absonderungsberechtigten geht ja sogar nach Abs. II der Berwertungsbefugnis des Ver­ walters vor [Sinnt. 5]. Auch hängt die Berwertungsbefugnis der Gläubiger durchaus nicht von einer Anerkennung des Verwalters ab. Darum kann keine Rede davon sein, daß der Verwalter beim Bollstreckungsgericht oder gar beim Konkursgericht als solchem die Ein­ stellung der vom Pfandgläubiger betriebenen Zwangsverwertung aus dem Grunde zu er­ wirken befugt wäre, weil er die Zeit für ungünstig hält (Königsberg v. 3. 5. 1901 OLG. 3 S. 58), noch davon, daß der Verwalter sich der Durchführung einer vor dem Konkurse wirksam eingeleiteten Vollstreckung nach § 771 ZPO. widersetzen könnte (vgl Gaupp-Stein ZPO." § 771 N. 47 mit Zit.). Erinnerungen gegen die Art und Weise der vom Gläubiger betriebenen Zwangsvollstreckung bringt der Verwalter im Wege des § 766 ZPO. vor (RG. v. 2. 3. 1888 IW. S. 136 Nr. 5). Andrerseits ist es gewiß unrichtig, wenn das KG. v. 22. 2. 1911 LZ. S. 315 behauptet, die Verwertung nach § 127 nehme der Konkurs­ verwalter „zugunsten der Realgläubiger zwecks Realisierung der Absonderungsrechte" vor [siehe § 126 Sinnt. 11 mit Verweisungen]. Sowohl beim Bollstreckungs-' als beim Pfandverkaufe ergeben sich Besonderheiten Anm. 8. daraus, daß der Konkursverwalter die Verwertung in Zwangsvertretung des Massesubjekts betreibt. Dadurch erübrigt sich z. B. die gegenüber dem „Eigentümer" erforderliche Androhung des Pfandverkaufs nach § 1234 BGB. und die Benachrichtigung des „Eigentümers" nach den §§ 1237, 1241 BGB. Absonderungsgläubiger sind als Drittberechtigte im Sinne des § 1237 Satz 2 zu benachrichtigen. Zust. Wolff Sinnt. 4, Petersen-Kleinfeller Sinnt. 8. Bietet der Verwalter für Rechnung der Konkursmasse, so darf sein Gebot zurückgewiesen werden, wenn der Betrag nicht bar erlegt wird. § 1239 H BGB., § 816 IV ZPO. [siehe § 126 Sinnt. 14]. Daß der geschäftsfähige Gemeinschuldner in Person mitbietet, ist rechtlich nicht ausgeschlossen. Zeit und Ort der Versteigerung erfährt er auf dem Wege des § 1237 Satz 1 BGB. Gesetzlich ausgeschlossene Käufer: § 126 Anm. 3. Kosten: 8 126 Anm. 16. a) Verwertung „nach Maßgabe der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung". Eine Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen entwickelt sich regelmäßig auf den «nm. 9. drei Stufen des Beschlags („Pfändung" oder „Beschlagnahme"), der Verwertung und der Verteilung (§§ 803—882 ZPO. mit §§ 1—171 ZBG). In den „besonderen Fällen" der §§ 126, 127 KO. können diese Zwangsvollstreckungsvorschristen nur eine der Sachlage „entsprechende" Anwendung finden. So ausdrücklich der § 172 ZBG.

154

§127.

Verwertung von Fahrnis. Die wichtigsten Eigentümlichkeiten ergeben sich daraus, daß der die Zwangsverwertung betreibende Konkursverwalter die Rolle eines gesetzlichen Schuldnervertreters und die des betreibenden Teiles (hier zugunsten der gesamten Konkursgläubigerschast) vereinigt und daß der Konkursbeschlag weitere Beschlagswirkungen erübrigt [§ 126 Anm. 2]. Darum verordnet der § 173 ZBG., daß die vom Verwalter erwirkte Beschlagnahme nur in zwei Punkten als Beschlagnahme gelten soll [§ 126 Anm. 7]. Namentlich tritt der sonst an den Liegenschaftsbeschlag geknüpfte Erwerb eines Beschlagnahmevorrechts [§ 13 Anm. 9] hier zugunsten der Gläubigerschaft als vollkommen entbehrlich nicht ein. Ebensowenig brauchte eine vom Verwalter veranlaßte „Pfändung" mässe* zugehöriger Fahrnis ein Pfändungspfandrecht für die Gläubigerschaft zu begründen. Da die §§ 803 ff. ZPO. nur entsprechend anwendbar sind, würde diese Besonderheit wohl verständlich sein. Der Beschlagsakt wäre darum doch „Pfändung", wie er auch im Falle des § 126 KO. eine rechtsförmliche, wenngleich beschränkter als sonst wirkende „Beschlagnahme" darstellt. Es fragt sich aber, ob im Falle des § 127 über­ haupt eine Pfändung zu erfolgen hat. Die Frage ist zu verneinen: einmal, weil der § 127 (im Unterschied vom § 126) nicht vom Betreiben der Zwangsvoll­ streckung im allgemeinen, sondern nur vom Betreiben „der Verwertung" nach den Vor­ schriften über die Zwangsvollstreckung spricht, also den Beschlagsakt und die Anwend­ barkeit aller für das Vollstreckungsverfahren vor der Verwertung maßgebenden Rechtssätze ausschaltet; sodann aber, weil eine besondere Beschlagnahme entbehrlich und die einfachere Rechtsgestaltung im Zweifel vorzuziehen ist. RG. v. 1.12.1903 Bd. 58 12, v. 15.12.1905 Bd. 62 232 (gegen unsere früheren Auflagen und gegen Wolff Anm. 3). Der § 127 hat also den Sinn, daß er dem Konkursverwalter die besondere gesetzliche Ermächtigung verleiht, eine Verwertung nach den Sätzen der Geldbeitreibung ohne vorgängige Pfändung zu betreiben. Einerseits bedarf es also der Pfändungsformen nicht. Es genügt, daß der Konkursverwalter die zu veräußernden Sachen ^Forderungen: Anm. 10] dem Gerichtsvollzieher mit der Weisung übergibt, sie wie gepfändete Sachen zu veräußern. Andrerseits aber kann der Verwalter diese zur pfandfreien Übereignung führende Zwangsverwertung auch nur „betreiben", also nur durch das Vollstreckungs­ organ vornehmen lassen, nicht selber vornehmen. Seine eigene Veräußerung überträgt nur das belastete Eigentum [tont. 2, 12]. RG. 62 333. Eine „Betreibung" im Sinne des Abs. I liegt auch nicht schon darin, daß der Verwalter den Gerichtsvollzieher, der eine Pfändung vorgenommen hatte, ersucht, den Bersteigerungserlös zu hinterlegen, da die Pfändung angefochten werde (OLG. München v. 25. 9. 1908 LZ. 1909 S. 88). Gegenüber einem zur Herausgabe nicht bereiten Pfandgläubiger muß der Verwalter die Herausgabe erst im Prozeßweg erzwingen [Anm. 11]. Dabei ist immer wieder zu betonen, daß ein der Regel entsprechend zur außergerichtlichen Pfandverwertung berechtigter Gläubiger vor dem Ablauf einer ihm nach Abs. II gesetzten Frist eine Zwangsverwertung durch den Verwalter gar nicht zu dulden braucht [tont. 5]. Hat der Gerichtsvollzieher Besitz ergriffen, so vollzieht sich die Verwertung nach Maßgabe der §§ 814, 816 II—IV, 817, 819—825 ZPO. Dabei hat der Gerichtsvollzieher An­ ordnungen des Verwalters nur insoweit zu folgen, als er bei der Vollstreckung für Einzelgläubiger deren Weisungen zu beachten berechtigt und verpflichtet ist. Eine regelwidrige Verwertung (z. B. ein regelwidriger Freihandverkauf) kann, wenn anders eine Zwangsverwertung im Sinne des Abs. I vorliegen soll, nicht etwa vom Konkursverwalter bindend vorgeschrieben, wohl aber auf seinenAntrag vom Boll­ streckungsgericht (nicht vom Konkursgericht als solchem) bewilligt werden (§ 825 ZPO ). Bei solcher Anordnung kann dem Verwalter ausdrücklich auferlegt werden, den Erlös zunächst (z. B. bis zur Erledigung einer gegen den Gläubiger schwebenden Anfechtungsklage) gesondert zu verwahren [siehe tont. 12]. Einer Befristung der ab­ weichenden Verwertungsart bedarf es nicht. OLG. Dresden v. 26. 3.1912 LZ. S. 944 f. Daß für eine Verwertung im Sinne unseres Abs. I die Schonzeit des § 8161 ZPO. nicht maßgebend ist, das gilt den Motiven H S. 349 als selbstverständlich. In

Verwertung von Fahrnis.

155

der Tat hätte der dort vorgesehene Aufschub keinen Zweck. Da der Konkursverwalter tz 127. zugleich betreibender Teil und Schuldnervertreter ist, ersetzt überdies sein Wille eine „Einigung" im Sinne des § 816 I ZPO. Daß die vom Konkursverwalter betriebene Zwangs Verwertung gegenüber Dritten, denen das Gesetz eine Widerspruchs- oder Vorzugsrecht (§§ 771, 805 ZPO.) einräumt, als „Zwangsvollstreckung" wirkt, erkennt das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung an (v. 13. 10./6. 11. 1886 IW. S. 414

Nr. 3, v. 19. 5. 1885 Bd. 14 1, v. 12. 11. 1898 Bd. 42 89, v. 17. 6. 1908 Bd. 69 92 u. ö.). Doch ist zu beachten, daß der § 127 KO. für seinen Bereich den § 805 ZPO. verdrängt und ersetzt sAnm. 12]. Durch eine gegen den Verwalter zu richtende Klage nach § 771 ZPO. kann namentlich der dritte Eigentümer einer mit Unrecht als Massegegenstand der Zwangsverwertung unterstellten Sache Widerspruch erheben ssiehe Anm. 4]. Unser Abs. I Satz 2 entzieht das Widerspruchsrecht nur dem Absonderungs­ gläubiger und auch diesem nur gegenüber einer Verwertung in den Formen des Abs. I Satz 1 und nur vorbehaltlich des Abs. II. Auch Forderungen und andere Vermögensrechte fallen unter den § 127. Anm. 10. Der umfassende Ausdruck „Gegenstand" läßt darüber keinen Zweifel (Protokolle S. 82). Es fragt sich nur, ob eine Zwangsverwertung pfandbelasteter Rechte für die Masse von Vorteil ist. Auch hier sei zunächst klargestellt, daß dem Gläubiger die Befugnis zur außergerichtlichen Befriedigung, besonders zur Einziehung (§§ 1282, 1294 BGB., § 835 ZPO.), auch nach Konkurseröffnung verbleibt, daß also insoweit der Abs. II, nicht un­ mittelbar der Abs. I maßgebend ist (ungenau RG. v. 1. 12. 1903 Bd. 58 20). Eine dem Gläubiger an Zahlungsstatt überwiesene Forderung ist überhaupt nicht mehr Massebestandteil. Eine Zwangsverwertung von pfandbelasteten Forderungen des Gemein­ schuldners durch den Verwalter kann in Frage kommen, wenn der Gläubiger die Ein­ ziehung verschleppt (Abs. II), aber etwa auch bei gepfändeten, jedoch nicht schon über­ wiesenen Forderungen (also direkt nach Abs. I). Zum Zwecke der Zwangsverwertung durch den Verwalter würde es nun nach Anm. 9 einer Pfändung d. h. hier der Er­ wirkung und Zustellung eines Pfändungsbeschlusses nicht bedürfen. Wäre damit auch die Überweisung erübrigt? In den Protokollen aaO. heißt es: „die zivilprozessualen Vorschriften über Zwangsvollstreckung finden Anwendung, nur daß es der Überweisung der beizutreibenden Forderung an den Verwalter nicht bedarf, da die Forderung schon zur Konkursmasse gehört" (ebenso RG. aaO.). Indessen ist zu beachten: daß die Masse­ zugehörigkeit einer wirksam verpfändeten Forderung für sich allein an einer nach Maßgabe der §§ 1282, 1294 BGB. eingetretenen Verpflichtung des Drittschuldners, ausschließlich an den Psandgläubiger zu leisten, nichts ändert; daß sie ferner auch einen Pfändungspfandgläubiger, dem die Forderung wirksam überwiesen ist, an der Ein­ ziehung nicht hindert; daß endlich auch der offene Arrest (§§ 111, 118) dem Dritt­ schuldner nur die Leistung an den Gemeinschuldner, nicht an einen Pfandgläubiger verbietet (vgl. Wolff Anm. 3, Petersen-Kleinfeller Anm. 13). Nun behauptet das RG. aaO.: die vom Konkursverwalter selbst betätigte öffentliche Versteigerung einer vor dem Konkurse wirksam gepfändeten und überwiesenen Forderung des Gemeinschuldners sei „Verwertung nach Maßgabe der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung"; zu ihr sei der Verwalter schon nach § 127 KO. und nicht etwa erst auf Grund einer An­ ordnung nach § 844 ZPO. ermächtigt. Dieser Standpunkt ist zweifellos unzutreffend und auch schon im Urteil v. 15. 12. 1905 Bd. 62 232 aufgegeben. Dort wird mit

Recht betont, daß nur die Notwendigkeit der Pfändung entfällt, akt selbst aber, wenn anders er das Recht des Pfandgläubigers den Formen der ZPO. abwickeln muß". Von diesen Formen Überweisungserfordernis streicht, auch hinsichtlich der Verwertung

daß „der Verwertungs­ beeinflussen soll, sich in bleibt, wenn man das nicht die Spur. Freilich

ist nun klar, daß der Verwalter zur Abtretung einer Forderung des Gemeinschuldners schon nach § 6 ermächtigt ist. Allein diese Abtretung ist eben keine Verwertung „nach Maßgabe der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung" und ermangelt darum einer Wirksamkeit im Sinne des Abs. I Satz 2 ganz ebenso wie die Übereignung gepfändeter

156

§127.

Verwertung von Fahrnis.

Sachen durch den Verwalter selbst (RG. 62 233).

In Wahrheit liegen die Dinge so,

daß die Zwangsverwertung bei Forderungen gegenüber den einfacheren Verwertungs­ arten, die dem Verwalter nach § 6 freistehen (Einziehung, Abtretung), in der Regel keinen besonderen Vorteil bietet und deshalb unterbleibt. Wo sie erfolgt, bedarf es einer gerichtlichen Überweisung oder einer Anordnung im Sinne des § 844 ZPO. Siehe Anm.11.

Anm.12.

übrigens auch Anm. 13. Einer Verwertung nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung oder über den Pfandverkauf fAnm. 13ff.] „kann der Gläubiger nicht widersprechen" (Abs. I Satz 2). Die Tragweite dieser Vorschrift ist mit Rücksicht auf das die Regel bildende Selbstverwertungsrecht des Gläubigers (Abs. II) gering, ihr Sinn nicht zweifelsfrei. In den Motiven II S. 348 wird die Versagung des Widerspruchsrechtes im wesentlichen so begründet: der (jetzige) § 805 ZPO. ermächtige allerdings den besitzenden Ab­ sonderungsgläubiger zum Widerspruch gegen eine Pfändung der Sache für andere Gläubiger; allein im Konkurse müsse die gesetzliche Kautel der Vorzugsbefriedigung aus dem Erlöse genügen (vgl. schon §§ 264, 376 preuß. KO.), weil sonst „die Abwickelung des Konkurses durch Hinhaltung der Realisierung des Psandstücks von Seiten des Pfandbesitzers ungebührlich verzögert werden könnte". Offensichtlich lehnt sich denn auch unser Abs. I Satz 2 an den Wortlaut des § 805 I ZPO. an. Es wäre aber ein über­ eilter Schluß aus diesem Zusammenhänge zu folgern, daß ein vom Konkursverwalter mit der Verwertung betrauter Gerichtsvollzieher die angeblich massezugehörige Sache dem Pfandbesitzer auch wider seinen Willen wegnehmen dürfte. Darin läge eine unerträgliche Erschütterung der Rechtssicherheit. Auch kann von einer Erzwingung der Herausgabe auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses (§ 794 Nr. 3 ZPO.) hier jedenfalls keine Rede sein, da der Eröffnungsbeschluß dem dritten Pfandbesitzer gegenüber einen Leistungsbefehl auch mittelbar nicht enthält. Während der § 805 I ZPO. einem nichtbesitzenden Pfandgläubiger, besonders dem Ver­ mieter und Verpächter, gegenüber dem Vorgehen des Gerichtsvollziehers das Widerspruchsrecht (§§ 766, 771 ZPO.) versagt, verpflichtet unser Abs. I Satz 2 auch den Pfandbesitzer zur Duldung einer nach Satz 1 befugter Weise vom Konkurs­ verwalter betriebenen Verwertung, einerlei, ob dabei ein Gerichtsvollzieher tätig wird oder nicht. In der Duldungspflicht liegt die Pflicht zu einer die Zwangsverwertung ermöglichenden Herausgabe. Erforderlichen Falles hätte der Konkursverwalter aus Abs. I Satz 2 auf die erforderliche Herausgabe zu klagen und das erstrittene Urteil nach § 883 ZPO. zu vollstrecken. Die Kosten des Prozesses werden den Dritten von einer ungerechtfertigten Herausgabeverweigerung abhalten. So im Ergebnis die herrschende Lehre vgl. z. B. Wolff Anm. 3, Petersen-Kleinfeller Anm. 13, Seuffert § 47 N. 26, Fitting § 20 N. 13. Eine ordnungsmäßige Zwangsverwertung nach Abs. I Satz 1 läßt das Recht des Gläubigers am Absonderungsgegenstande selbst erlöschen und gewährt ihm —

einerlei, ob er im Besitze war oder nicht — zum Ersatz einen Anspruch auf rangmäßige Befriedigung aus dem nach Abzug der Berwertungskosten ver­ bleibenden Reinerlöse. Beides ergibt Abs. I Satz 2. Vgl. RG. v. 10. 11. 1890 IW. 1891 S. 11 Nr. 28, v. 26. 1. 1897 IW. S. 135 Nr. 19, v. 12. 11. 1898 Bd. 42 90, v. 28. 5. 1909 LZ. 1910 S. 228. Siehe auch §§ 1242 II, 1247 BGB. Eine dem Abs. I Satz 1 nicht entsprechende Beräußerungsart überträgt den Gegenstand nur mit seiner Belastung (RG. v. 1. 12.1903 Bd. 58 16, v. 15.12.1905 Bd. 62 233), soweit nicht etwa Schutzvorschriften des allgemeinen bürgerlichen Rechts (wie der § 936 BGB.) die Belastung mit Rücksicht auf den guten Glauben des Erwerbers untergehen lassen. Das Recht am Erlös ist zunächst noch das Absonderungsrecht selbst. Es besteht als solches fort, solange der Erlös unterscheidbar vorhanden ist, namentlich während einer Hinterlegung. Der Konkursverwalter hat das ihm gegenüber geltend gemachte Absonderungsrecht [§ 4 Anm. 6] dadurch zu berücksichtigen, daß er den erforderlichen Deckungsbetrag (wenn auch nicht gerade die erlösten Geld-

Verwertung von Fahrnis.

157

stücke in Natur) gesondert bereit hält. Verletzt er diese Pflicht, so erwächst demKI27. Gläubiger ein Masseschuldanspruch nach Maßgabe des § 59 Nr. 1 oder Nr. 3 (§ 172) KO. und bei Verschuldung des Verwalters nach Maßgabe des § 82 ein Schadens­ ersatzanspruch (vgl. § 60) gegen diesen (Jg 4 Anm. 6 u. 9, § 47 Anm. 13, § 82 Anm. 2]. Zust. Naumburg v. 2. 1. 1907 OLG. 15 S. 239, OLG. Dresden v. 26. 3. 1912 LZ. S. 945. Rangstreit der Realgläubiger kann Anlaß zur Hinterlegung nach § 372 Satz 2 BGB. bieten (vgl. KG. v. 22. 5. 1912 KGBl. 1913 S. 11). Zweifellos irrig ist da­ gegen die Behauptung von Grünebaum Recht 6 S. 35, der Anspruch auf Vorzugs­ befriedigung sei im Konkurs anzumelden, was grundsätzlich bis zum Schlußtermine geschehen könne. Konkursforderung ist der Anspruch als solcher niemals. Auch braucht der Absonderungsgläubiger keineswegs zugleich Konkursgläubiger zu sein. Die Be­ schränkungen des § 63 Nr. 1, 2 greifen nicht Platz. Siehe auch § 162 Anm. 5. Die Ersatzansprüche des Gläubigers beruhen auf Abs. I Satz 2. Sie sind nach den für Absonderungs- und Masseansprüche geltenden Sätzen des Konkursrechts zu verfolgen. Für eine entsprechende Anwendung des § 805 ZPO. ist kein Raum sAnm. 9]. Weder gilt die Zuständigkeitsvorschrift des § 805 I (abw. Seuffert S. 310) noch kann kraft des § 805 IV eine Hinterlegung angeordnet werden (abw. LG. Bückeburg v. 5. 4. 1898 ZZP. 26 S. 372). Daß der Gläubiger im Wege einer einstweiligen Verfügung (§ 935 ZPO.) vorläufigen Schutz, namentlich die Anordnung einer Hinterlegung, erwirkt, ist nicht ausgeschlossen (vgl. Begemann ZZP. 26 S. 373 ff ). Zur Hinterlegung des Er­ löses mit anschließendem Verteilungsverfahren kann ein Streit mehrerer Ab­ sonderungsprätendenten unter einander führen. Vgl. §§ 827, 853 f., 872 ff. ZPO., Motive II S. 349. b) Verwertung „nach Maßgabe der Vorschriften über den Pfandverkauf". Der Pfandverkauf erfolgt nach Maßgabe der §§ 1235—1240 BGB. [firije Anm. 8). Anm.i3. Nur die Vorschriften über den Befriedigungsverkauf (§§ 1228, 1233 BGB.), nicht die­ jenigen über den Sicherungsverkauf (§§ 1219—1221 BGB.) kommen für die Verwertung durch den Verwalter in Betracht. Bewegliche Sachen und Jnhaberpapiere können hiernach ohne gerichtliche Ermächtigung, ohne Bollstreckungstitel, ohne Beobachtung der Bollstreckungsformen im Wege öffentlicher Versteigerung d. h. öffentlich und durch eine öffentlich bestellte Person (z. B. Gerichtsvollzieher, Notar) versilbert werden. §§ 383 III, 1235 I, 1293 BGB. Markt- oder börsengängige Pfänder — einschließlich der Inhaber- und Orderpapiere — können zwar freihändig d. h. ohne öffentliche Ausbietung, jedoch nur durch einen Handels- oder Kursmakler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person verkauft werden (§§ 1235 II, 1293, 1295 mit § 1221 BGB., § 34 BörsenG ). Eine entsprechende Verwertung ist im Falle des § 1240 II BGB. für Gold- und Silberwaren vorgesehen. Wegen der Gewährleistung beim Verkauf aus freier Hand: oben Anm. 7. Der Pfandverkauf erfolgt in der Regel am Orte der Pfandverwahrung und gegen sofortige Barzahlung (§§ 1236—1238 BGB ). Gebot des Verwalters: Anm. 8. Die Psandverwertung von Rechten hat das Gesetz — abgesehen von Inhaber- und Orderpapieren (§§ 1293, 1295 BGB.) — nicht den Sätzen des Pfandverkaufs unterstellt. Der § 1282 BGB. ergibt, daß eine „Verwertung nach Maßgabe der Vorschriften über den Pfandverkauf" auch die Einziehung der pfand­ belasteten Forderung des Gemeinschuldners durch den Verwalter sein kann (vgl. Protokolle S. 87). Zu einer solchen Einziehung ist aber der Verwalter schon nach § 6 ermächtigt. Das geltend gemachte Absonderungsrecht muß er im einen wie im anderen Falle berücksichtigen. Ein besonderer Vorteil ergibt sich unter dem Gesichtspunkte des „Pfand­ verkaufs" für die Masse nicht. Der im Wege öffentlicher Versteigerung erfolgende „Pfand­ verkauf" durch einen Gerichtsvollzieher bildet immerhin eine „freiwillige" Veräußerung im begrifflichen Gegensatze zur Verwertung „nach Maßgabe der Vorschriften über die

Zwangsvollstreckung" [§ 134 Anm. 1J. Insofern ist es ganz gerechtfertigt, wenn neuere Geschäftsordnungen der Gliedstaaten diesen Verkauf unter den „freiwilligen Ver­ steigerungen" aufführen (z. B. § 100 Nr. 16 d preuß. GAnw. f. GB. v. 8. 4. 1903

158 § 127*

Anm.14.

«nm. 15.

Verwertung von Fahrnis.

JMBl. S. 82). Verfehlt aber ist es, darum auch die vom Gerichtsvollzieher nach den Sätzen der ZPO. ausgeführten Versteigerungen als „freiwillige" zu kennzeichnen (so Stephan Recht 7 S. 548). Vgl. z. B. die Fassung der sächs. GeschO. [§ 71 Anm. 22] §§ 1591, 1660, 1716 Nr. 6, 1732 Nr. 13. Daß der Verwalter die in seinen Händen befindlichen Sachen auch persönlich und durch nichtöffentliche Versteigerer veräußern lassen kann, daß aber eine solche Ausübung der schon dem Schuldner selbst zustehenden Rechte (§§ 6, 117) nicht unter den § 127 fällt, ist bereits dargelegt sAnm. 2, 9]. Kann der Konkursverwalter durch Vertrag mit den Absonderungsberechtigten eine von den Vorschriften der §§ 1235—1240 BGB. abweichende Verwertungs­ art vereinbaren? Die Frage ist zu bejahen (Wolff Anm. 4; vgl. auch OLG. Hamburg v. 26. 4. 1910 SeuffBl. 75 S. 655). Der Abs. I verweist zwar mit den Worten „nach den Vorschriften über den Zwangsverkauf" auf den gesetzlichen Berwertungsmodus, bestimmt aber nur, daß dieser Beräußerungsart kein Absonderungsberechtigter wider­ sprechen darf. Bewilligt der Absonderungsgläubiger selbst eine andere Verwertung, so steht der § 127 nicht entgegen. Namentlich kann durch Vereinbarung zwischen Gläubiger und Verwalter dem letzteren die freie Verfügung gegen das Versprechen vor­ gehender Befriedigung des Gläubigers aus dem Erlöse zugestanden werden [§ 4 Anm. 8]. Ansprüche aus solchen Verträgen deS Verwalters fallen unter § 59 Nr. 1. Andrerseits bleibt eine unanfechtbare Übereinkunft, die zwischen dem Pfandgläubiger und dem nach­ maligen Gemeinschuldner vor dem Konkurse gemäß § 1245 BGB. zugunsten des Pfandgläubigers abgeschlossen worden war (z. B. Vereinbarung der Befugnis zum Freihandverkauf), auch dem Konkursverwalter gegenüber wirksam. RG. v. 4. 7. 1902 GruchotsBeitr. 48 S. 409ff. ssiehe Anm. 5]. Auch die Anwendbarkeit des 8 1246 BGB. ist nicht zu bestreiten. Dementsprechend kann dem Verwalter auf seinen Antrag ein den Interessen der Beteiligten entsprechender Freihandverkauf in Abweichung von den §§ 1235ff. BGB. gerichtlich bewilligt werden. Die Bewilligung ist Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 166 FGG.) und setzt voraus, daß dem Erfordernisse unseres Abs. II genügt ist. Solange unter den Beteiligten Streit darüber besteht, ob der Konkursverwalter ein Recht zur Verwertung hat, muß das Gericht des § 166 FGG., das nach § 1246 BGB. nur die Art des Pfandverkaufs zu bestimmen hat, die beantragte Bewilligung ablehnen. LG. Tilsit v. 14. 1. 1902, KG. v. 10. 3. 1902 ZBlFG. 3 S. 116 ff., 182 ff. Einem Psandverkauf in gesetzlicher Form, zu dem der Konkursverwalter nach Abs. I Satz 1 (also vorbehaltlich des Abs. II) berechtigt ist, kann auch der besitzende Ab­ sonderungsgläubiger nicht widersprechen (Abs. I Satz 2). Er ist dem Konkurs­ verwalter gegenüber zur Gestattung dieser Verwertung verpflichtet und nötigenfalls darauf im ordentlichen Prozeßwege zu verklagen sAnm. 11]. Vgl. auch § 371IV HGB. Für den Anspruch auf Borzugsbefriedigung aus dem Erlöse bestehen keine prozessualen Besonderheiten. Der § 805 ZPO. ist hier erst recht nicht entsprechend anwendbar (abw. Seuffert S. 310). Siehe Anm. 12.

§ 1*8. Ist der Gemeinschuldner Vorerbe, so darf der Verwalter die zur Erbschaft gehörigen Gegenstände nicht veräußern, wenn die Veräußerung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach ß 2ss5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nach­

erben gegenüber unwirksam ist. Der Paragraph ist als § 117a neu eingefügt durch die Novelle vom 17.Mai 1898. Materialien: Motive V S. 116f. (Entw. e. BGB. I. Les. § 1829), P. V S. 112 ff.1) P. VI S. 92, 756, Begründung S. 41 mit Begründung zu § 690b des Entw. der Zivilprozeßnovelle. *) Die im jetzigen § 2115 Satz 2 BGB. verordneten Ausnahmen waren auch im § 1829

Der Gemeinschuldner als Vorerbe.

L Ratio legis.

159

Der Gemeinschuldner als Borerbe.

§128.

Der Erblasser kann nach § 2100 BGB. einen Erben in der Weise einsetzen, daß dieser erst «nm. i. Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist. Der zunächst Berufene heißt Bor erbe, der nach ihm Berufene Nach erbe. Mit dem Eintritte des Falles der Nach­ erbfolge — d. h. mit dem Eintritte des vom Erblasser bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses (§ 2105, vgl. § 2109 BGB.) und im Zweifel mit dem Tode des Borerben (§ 2106 BGB.) — löst der Nacherbe den Borerben kraft Gesetzes in seiner Erbenstellung ab (§ 2139 BGB ). Bis zu diesem Augenblick ist der Vorerbe wahrer Erbe, Subjekt des erbschaftlichen Ver­ mögens, also besonders Eigentümer der Nachlaßsachen und Gläubiger der Nachlaßforderungen. Allein das Recht des Vorerben an den Nachlaßgegenständen ist, wie die geschichtliche Ent­ wickelung und der Zweck des Instituts der Nacherbfolge beweisen, nur das Herrschafts­ recht eines Treuhänders: die Form des Vollrechts soll dem Borerben Genuß und Verwaltung erleichtern. Seine Berfügungsmacht findet — so bemerken die P. V S. 113 treffend — ihre „Schranke einmal in der persönlichen Haftung des Borerben dafür, daß die Erbschaft in dem Zustande herausgegeben werde, welcher einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, daß insbesondere ausscheidende Stücke nicht ohne Ersatz bleiben, und ferner in den weiter gehenden Ansprüchen des Nacherben auf Sicherheitsleistung und äußersten Falles auf Entziehung der Verwaltung. Diese Beschränkungen des freien Berfügungsrechts sind von der Art, daß sie eine kausale Bestimmung desselben erkennen lassen; aus der letzteren aber ergibt sich, daß es ein Mißbrauch wäre, wenn die Gläubiger des Vorerben dessen Berfügungsrecht zu ihren Zwecken ausbeuten dürften". Der Form des Rechtes nach ist der Borerbe Herr der Erbschaft; sachlich ist er nur ein Nutznießer. Darum wird den Eigengläubigern des Vorerben der Zugriff auf den Stamm des ererbten Vermögens grundsätzlich verwehrt. Nur der pfändbare Ertrag der Erbschaft gebührt ihnen und auch dieser lediglich bis zum Eintritte des Falles der Nach­ erbfolge. Diesem Gedanken fiduziarischer Nutzberechtigung des Borerben würde am voll­ kommensten ein Aussonderungsrecht des Nacherben in Ansehung des erbschaftlichen Stammvermögens, also eine Beschränkung des Konkursbeschlags auf die vor Eintritt der Nacherbfolge verfallenden Erträgnisse entsprochen haben. In der Tat wollen denn auch Dernburg-Engelmann BürgRecht V3 (1911) S. 174 dem Nacherben diesen Anspruch schon vor Eintritt der Nacherbfolge zuerkennen. Allein das positive Recht hat anders entschieden (vgl. jetzt auch Planck-Strohal BGB.3 Anm. 4 d vor § 2100, Anm. 2 zu § 2115). Der § 128 setzt unverkennbar voraus, daß der Konkursverwalter des Borerben die Gegenstände der Bor­ erbschaft zur Konkursmasse zu ziehen und sie für Rechnung dieser Masse zu nutzen hat. Sonst hätte es keinen Sinn, dem Verwalter be st im mt e Verfügungen über Erbschaftsgegenstände zu verbieten. Rechtlich gehört zunächst auch das Stammvermögen zur Masse, wenngleich es im tat­ sächlichen Ergebnis unveräußerlich und dem Gemeinschuldner nach Durchführung des Konkurses zurückzugewähren ist. Erst vom Eintritte der Nacherbfolge ab steht dem Nacherben die Aussonderung zu fAnm. 8]. Einwandfrei ist diese Regelung freilich nicht fsiehe Anm. 4, 7].

H. Inhalt des 8 128. 1. Zunächst [tont 1] gehören die beschlagsfähigen (§ 1) Gegenstände der Borerbschaft zur Anm. a. Konkursmasse des Borerben. Allein der Konkursverwalter darf sie nur insoweit veräußern, als die Veräußerung beim Eintritte der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber nach § 2115 BGB. wirksam ist. Dies ist der Fall:

a) soweit die Veräußerung das Recht des Nacherben nicht vereitelt oder beeinträchtigt; b) wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers (§ 1967 BGB.) durchgeführt wird; c) wenn ein an einem Gegenstand der Vorerbschaft bestehendes und dem Nacherben gegen-

n. Entw. erster Les. vorgesehen. Hier bezogen sie sich, wie Stellung und Fassung des Abs. II deutlich ergeben, auf beide Sätze des Abs. I, also auch auf den Konkursfall. Auch nach ß 1829 dieses Entwurfs sollte daher bte Veräußerung im Konkurse des Borerben nicht schlechthin ver­ boten sein. Siehe auch P. V S. 113.

160 §128. Anm. 3.

Anm. 4.

An"u 5.

Der Gemeinschuldner als Borerbe.

über wirksames Recht z. B. eine mit Zustimmung des Nacherben bestellte Hypothek geltend gemacht wird (P. V S. 112). 2. Was den Fall unter a betrifft, so ist klar, daß der Konkursverwalter über das erbschaftliche Stamm vermögen nur mit Vorbehalt der Rechte des Nacherben verfügen könnte. Vgl. M. V S. 117. Eine solche bedingte Veräußerung ist nicht gerade undenkbar — namentlich, wenn zu erwarten steht, daß der Nacherbe die Erbschaft ausschlägt (BGB. § 2142) —, jedoch von verschwindender praktischer Bedeutung. Dagegen kann der Verwalter über den Ertrag der Erbschaftsgegenstände, namentlich im Wege der Verpachtuug (§ 2135 mit § 1056 BGB.) oder der Zwangsverwaltung (§§ 126, 127 KO., § 172 ZVG., § 857IV ZPO.), für Rechnung der Konkursmässe verfügen. Es fragt sich nur, ob die dem Borerben gebührenden Nutzungen schlechthin, oder ob sie bloß vorbehaltlich der Schranke des § 8501 Nr. 3 ZPO. zur Konkursmasse gehören, also bloß insoweit, als der Borerbe ihrer zur Bestreitung des „notdürftigen" Unterhalts für sich, seinen Ehegatten und seine noch unversorgten Kinder nicht bedarf. Unbedenklich können die Erbschaftserträgnisse in ihrer Gesamtheit als „fort­ laufende Einkünfte" gelten. Auch beruhen sie doch jedenfalls regelmäßig (vgl. freilich § 21051 BGB.) auf der „Fürsorge und Freigebigkeit" des Erblassers. Entscheidend ist, ob als Einkünfte im Sinne des § 8501 Nr. 3 ZPO. nur solche Erträgnisse anzusehen sind, auf deren Leistung der Bezugsberechtigte einen Anspruch gegen Dritte hat, oder aber auch Zuwendungen dem Rechte nach, wenn dem Bedachten sachlich nur die Einkünfte des Rechtes zukommen. Das Reichsgericht (v. 16. 1. 1889 Bolze 7 Nr. 1213, v. 16. 4. 1896 ebenda 22 Nr. 822) hat für das alte Recht den letzteren Standpunkt ver­ treten. Für das neue Recht wird indessen aus dem Umstande, daß nun für den besonderen Fall der Anordnung einer Nacherbfolge zum Zwecke fürsorglicher Pflichtteilsbeschränkung (§ 2338 BGB.) im § 8631 ZPO. eine eigene Begrenzung der Beschlagssähigkeit vor­ gesehen ist [§ 1 Anm. 25], zu folgern sein, daß die Borerbenrechte nicht schon im all­ gemeinen der Beschränkung des § 8501 Nr. 3 ZPO. unterliegen. Zwingend ist dieser Schluß allerdings nicht, da die Beschränkungen des § 863 weiter gehen als die des § 8501 Nr. 3 ZPO. Vgl. P. V S. 574 f., Planck-Strohal BGB.« Anm. 4 a vor 8 2100, GauppStein ZPO? § 850 Anm. II 3 a, Seuffert ZPO." § 850 Anm. 5 mit Lit. Streitigkeiten zwischen dem Borerben und dem Konkursverwalter über die Pfändbarkeit der Einkünfte sind im Wege des Prozesses auszutragen [§ 1 Anm. 50]. Die Grenzen für die Wirksamkeit der Verfügungen des Konkursverwalters (§ 2115 BGB.) und des Vorerben selbst (§§ 2112—2114 BGB.) decken sich nach der Fassung des Gesetzes nicht vollkommen. Obgleich der Vorerbe außerhalb des Konkurses und im Falle der Freigabe über bewegliche Sachen und Ichlichte Forderungsrechte selbst im Widersprüche mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung endgültig d. h. mit Wirksamkeit auch gegenüber dem Nacherben verfügen kann, wird die Veräußerung durch den Konkursverwalter (abgesehen von § 2115 Satz 2 BGB.) mit dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge unwirksam sAnm. 9]. Die rechtliche Möglichkeit, daß der Borerbe seine Treuhändermacht mißbraucht, soll eben der Ausnutzung durch seine Gläubiger entzogen sein. Diesen Gedanken spricht für die Einzelvollstreckung der § 773 ZPO., für den Konkurs der § 128 KO. aus. Küntzel GruchotsBeitr. 41 S. 591 ff. Der Unterschied zwischen den Befugnissen des Vorerben und des Konkursverwalters äußert sich besonders in den Fällen der Anm. 7, aber auch im Regelfälle. Hatte z. B. der Borerbe eine zur Erbschaft gehörende bewegliche Sache vor dem Konkurse verkauft, so ist der Verwalter genötigt, trotz des § 17 den beiderseits uner­ füllten Vertrag abzulehnen, auch wenn er noch so günstig wäre. Vgl. Strohal Erbrecht8

§ 28 N. 33; Zuwiderhandlung: Anm. 9. 3. Ausschließlich zur Durchsetzung der Nachlaßverbindlichkeiten sAnm. 2 Fall d] dient der Nachlaßkonkurs, nicht der hier in Frage stehende Konkurs über das Gesamt­ vermögen des Borerben. Nur wenn die Konkursgläubiger des Borerben ohne Ausnahme Nachlaßgläubiger wären, würde der Verwalter ermächtigt sein, die Erbschaftsgegenstände für Rechnung der Masse zu verwerten. Treffen aber (wie das doch in aller Regel der Fall

Der Gemeinschuldner als Borerbe.

161

sein wird) mit den Nachlaßgläubigern Eigengläubiger des Erben zusammen, so würde eine § 128* Veräußerung von Erbschaftsgegenständen für gesonderte Rechnung der Nachlaßgläubiger eine mehrfache Massebildung im Konkurse des Borerben notwendig machen (siehe Seuffert S. 302 f.). Allein eine solche Prozedur dürfte, ganz abgesehen von der Frage der Zu­ lässigkeit, weder im Interesse der Masse noch in dem der Nachlaßgläubiger angezeigt sein. Warum soll der Konkursverwalter sich mit der Versilberung von Gegenständen befassen, wenn er nicht einmal den nach Deckung der Nachlaßschulden verbleibenden Erlös zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger verwenden darf? Und tun die Nach­ laßgläubiger ihrerseits nicht besser daran, eine Gütersonderung — durch Erwirkung der Nachlaßverwaltung oder des Nachlaßkonkurses — herbeizuführen, wenn sie aus Nachlaß­ mitteln befriedigt sein wollen? Veräußerungen durch den Konkursverwalter zum Zwecke der Erfüllung von Nachlaßverbindlichkeiten dürften sonach kaum praktisch werden. 4. Das auch dem Nacherben gegenüber wirksame Recht eines Dritten an einemAnm. 6. Erbschaftsgegenstande fAnm. 2 Fall c] kann im Konkurs als Aussonderungs- oder als Absonderungsrecht wirken. Die Anerkennung derartiger Ansprüche durch den Konkurs­ verwalter ist aber keine „Veräußerung" (Seuffert § 47 N. 4). Eine solche wäre zwar hinsichtlich der mit Zustimmung des Nacherben verpfändeten Erbschastsgegenstände nach Maßgabe der §§ 126 f. KO. zulässig als Verfügung zur Durchführung eines auch gegen den Nacherben wirksamen Rechtes. Allein, da der Übererlös doch nicht unter die Konkurs­ gläubiger verteilt werden darf, hat der Konkursverwalter kaum Anlaß, die Pfand­ verwertung zu betreiben. Im Gegenteil, diese Veräußerung kann dahin führen, daß den Konkursgläubigern nur noch der Zins des Übererlöses anstatt der Erträgnisse des Brutto­

wertes der Pfandsache zugute kommt. 5. Im Konkurse des Vorerben darf das erbschaftliche Stammvermögen auch dann nicht unter Anm. ?. die Konkursgläubiger verteilt werden, wenn der Erblasser den Borerben mit einer den regelmäßigen Machtbereich übersteigenden Bersügungssreiheit ausgestattet oder den Nacherben schlechthin auf den Überrest beschränkt hat (§§ 2136 f. BGB.). Denn der § 2115 BGB. begrenzt — wie bereits betont wurde — die Befugnisse des Vorerben und die Zugriffsrechte seiner Gläubiger nicht auf ein und dasselbe Maß. Vielmehr werden Vollstreckungen dieser Gläubiger in den Nachlaß für unwirksam erklärt ohne Rücksicht darauf, ob der Borerbe selbst endgültig über den von der Vollstreckung be­ troffenen Gegenstand hätte verfügen können oder nicht fAnm. 4]. Da sonach die Schranken der Bersügungssreiheit des Vorerben für die Bestimmung des § 2115 nicht maßgebend sind, wird letzterer auch im § 2136 nicht angezogen. Das will sagen: durch die dem Borerben eingeräumte größere Bersügungssreiheit werden die Machtbefugnisse seines Konkursverwalters nicht erweitert; besonders kommen auch bei der Nacherbfolge auf den Überrest den Konkursgläubigern des Borerben nur die pfändbaren Erträgnisse der

Erbschaft und auch diese nur bis zum Eintritte des Falles der Nacherbfolge zu Mnm. 8]. Anders für das frühere preuß. Recht RG. v. 28. 1. 1896 Bd. 36 123 und für das neue Recht Turnau Förster Liegenschastsrechts I S. 462 (der Verwalter sei beim Nachweis

entsprechender Befreiung des Vorerben zur Verfügung ermächtigt). 6. Tritt, während der Konkurs über das Vermögen des Borerben schwebt, der Fall der Anm. s. Nacherbsolge ein fAnm. 1], so endet die Zugehörigkeit der Erbschaft zur Konkursmasse (arg. § 2139 BGB.). Jetzt, aber auch erst jetzt ^Anm. 1] kann der Nacherbe die Erbschaft — Stamm und späteren Ertrag — aus der Konkursmasse aussondern (§ 2130 BGB.; zust. OLG. Dresden v. 11. 5. 1909 LZ. S. 796, Schimmelbusch RheinA. 107 S. 45). Eine Ausnahme wird gegen RG. aaO. S. 126, Wolff KO. § 7 Anm. 2 selbst dann nicht anzuerkennen sein, wenn das den Eintritt der Nacherbsolge bestimmende Ereignis als Wiederverheiratung auf den Willen des Borerben abgestellt ist. Denn die Bor­ erbschaft gehört von Konkursbeginn an nur mit dieser Beschränkung zur Konkursmasse. Unanfechtbarkeit: § 29 Anm. 41. Läuft beim Eintritte der Nacherbfolge eine vom Ver­ walter in Ansehung von Erbschastsgegenständen abgeschlossene Miete oder Pacht noch, so greift § 2135 mit § 1056 BGB. Platz. Über den Fall, daß der Borerbe Gläubiger des Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl.

Bd. II.

11

162 K128.

Anm. 9.

Der Gemeinschuldner als Borerbe.

Erblassers war, siehe § 3 Anm. 33. Ist die Nacherbfolge während des Konkurses nicht eingetreten, so muß dem Borerben das erbschaftliche Stammvermögen bei Konkursbeendigung wiederum ausgeliefert werden (vgl. §§ 192, 206). „Nicht verwertbare Bermögensstücke" im Sinne des § 162, über die im Schlußtermine von der Gläubigerschaft zu beschließen wäre, bilden die Gegenstände der Borerbschaft nicht, da der § 128 eine rechtliche Unveräußerlichkeit festlegt fsiehe § 162 Anm. 6]. Verfällt vor dem Eintritte der Nacherbfolge auch der Nacherbe in Konkurs, so gehören zu dessen Konkursmasse zunächst nur die in der Anwartschaft des Nach­ erben begründeten Ansprüche auf dereinstige Herausgabe (§§ 2130, 2139 BGB.) und auch sie nur vorbehaltlich seiner Ausschlagungsbefugnis (§ 2142 BGB., § 9 KO.). Vgl. Dresden aaO., Kretzschmar Recht 14 S. 440 f. 7. Der § 128 enthält für den Konkursverwalter des Borerben ein gesetz­ liches Beräußerungsverbot: er „darf nicht veräußern". Die Folge des Verstoßes gegen ein solches Gebot ergibt sich im allgemeinen aus § 135 BGB. Der § 2115 BGB. be­ stimmt in einer besonderen Vorschrift diese Folge näher dahin, daß eine verbotswidrige Verfügung des Konkursverwalters „im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam ist, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde". Entfällt also das Recht des Nacherben, so wird die Verfügung vollwirksam. Die Fassung des § 128 KO. steht mit der des § 2115 BGB. nicht so recht im Einklang, da ersterer auf letzteren ausdrücklich Bezug nimmt, letzterer aber bereits die Verfügungen „durch den Konkursverwalter" erwähnt, die doch nur im Konkurse des Borerben denkbar sind (vgl. P. VI S. 92 s.). Das Verhältnis ist so zu deuten, daß der § 128 KO. dem Konkurs­ verwalter solche Verfügungen, die nach § 2115 BGB. unwirksam sind, noch ausdrücklich verbietet. Nach § 135 II BGB. greisen, wenn auch der § 2115 selbst eine dem § 2113 HI entsprechende Vorschrift nicht enthält, bei verbotswidriger rechtsgeschäftlicher Verfügung durch den Konkursverwalter die Vorschriften zum Schutze des gutgläubigen Dritterwerbs Platz (so namentlich die §§ 892 f., 932 ff. BGB.). Im Ergebnis ebenso Planck-Strohal aaO. § 2115 Anm. 4 (unter Heranziehung des § 161III BGB.); abw. Kipp Erbrecht (1911) S. 250. Für solche Fälle hat die Verantwortlichkeit, die der Konkursverwalter durch schuldhafte Verletzung des Verbots sich selbst (§ 82) und der Konkursmasse (§ 59 Nr. 1) gegenüber dem Nacherben ausbürdet, besondere Bedeutung. Nach Seuffert S. 303, Fitting § 23 N. 12 soll gegen verbotswidrige Veräußerung der Borerbe nach Analogie des § 766 ZPO., der Nacherbe nach Analogie des § 773 mit § 771 ZPO. aufkommen können. Vgl. Voß DIZ. 8 S. 495, aber auch ZZP. 34 S. 231 f. Die Verfügung des Konkurs­ verwalters ist als solche keine „Zwangsvollstreckung" fsiehe § 1 Anm. 50]. Der § 773 ZPO. wird allerdings anwendbar, wenn der Verwalter eine Verwertung nach den Vorschriften der Zwangsvollstreckung betreibt (§§ 126, 127 KO.); andere Verwertungsakte des Ver­ walters dagegen fallen unter den Begriff der freiwilligen Veräußerung [§ 126 Anm. 2, § 127 Anm. 9, 13]. Einschreiten der Aufsichtsbehörde: § 83 Anm. 1. Jedenfalls hängt die Wirksamkeit des gesetzlichen Verbots gegenüber dem Konkursverwalter nicht davon ab, daß im Grundbuch (§ 52 GBO.) das Recht des Nacherben eingetragen war. Vgl. RG. v. 2. 7. 1900 Bd. 46 165. Ist aber dieser Eintrag unterblieben, so schützt der § 892 (§ 135II) BGB. den gutgläubigen Dritterwerber, dem der Konkursverwalter das Grund­ stück verbotswidrig aufgelassen hat. Der Nacherbe kann zu seinem Schutze eine sachdienliche (vgl. § 938 ZPO.) einstweilige Verfügung erwirken.

§ 1S9. Bis zur Beschlußfassung durch eine Gläubigerversammlung kann der Ver­ walter mit Genehmigung des Gerichts oder, wenn von dem Gerichte ein Gläubiger­ ausschuß bestellt ist, mit dessen Genehmigung dem Gemeinschuldner und der Familie desselben notdürftigen Unterhalt aus der Aonkursmasse gewähren.

Vorläufige Maßnahmen.

163

Bis zur Beschlußfassung durch eine Gläubigerversammlung hat der Der- § 129. Walter nach seinem Ermessen das Geschäft des Gemeinschuldners zu schließen oder fortzuführen und die Gelder, Wertpapiere und Kostbarkeiten nach Anordnung des Gerichts zu hinterlegen. Ist von dem Gerichte ein Gläubigerausschuß be­

stellt, so beschließt dieser über die Schließung oder die Fortführung des Geschäfts und über die Hinterlegung der Gelder, Wertpapiere und Kostbarkeiten. Unveränderter § 118 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 82ff., Motive II S. 350f., Protokolle S. 87, 89 f., 170.

Vorläufige Maßnahmen.

I. Der § 129 ermächtigt den Konkursverwalter und den Gläubigerausschuß zur vorläufigenAnm. i. Regelung gewisser dringlicher Angelegenheiten: Unterstützung des Gemeinschuldners, Schließung seines Geschäfts und Hinterlegung von Wertsachen. Zur endgültigen Ent­ scheidung dieser Fragen ist „die" d. h. eine jede Gläubigerversammlung und nur eine solche berufen (§ 132). Meist erfolgt die endgültige Regelung schon durch die erste Gläubiger­ versammlung. Geschieht das nicht, so dauert das Provisorium solange fort, bis eine spätere Gläubigerversammlung eingreift. II. Notdürftigen Unterhalt kann der Verwalter dem Gemeinschuldner und seiner Familie aus Anm. 2. der Konkursmasse gewähren (Abs. I) und zwar auch noch nach der ersten Gläubigerversammlung (vielleicht tritt das Unterstützungsbedürfnis erst hinterher ein), aber stets nur vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung einer späteren Versammlung fAnm. 1]. Hörle LZ. 1910 S. 348 ff. Der Schuldner soll nicht ohne weiteres der Armenpflege einheimfallen (Motive II S..350), aber einen Anspruch auf Bewilligung des Unterhalts nach § 129 oder einer Unterstützung nach § 132 hat er nicht (Protokolle S. 89f.). Eine Klage auf die Be. willigung wäre daher unbegründet. Als Aufsichtsbehörde könnte das Konkursgericht nur gegen eine offenbar pflichtwidrige Verweigerung oder Gewährung des Unterhalts durch den Verwalter einschreiten [§ 83 Anm. 1]. Im Zweifelsfalle wird es die alsbaldige Beschluß­ fassung einer Gläubigerversammlung veranlassen (§§ 93, 132 I). Hörle aaO. S. 351. Die Bewilligung kann übrigens schon zu dem Zwecke geboten sein, um dem Gemeinschuldner das Verbleiben am bisherigen Wohnorte (vgl. § 1011) zu ermöglichen. Die einmal bewilligte Unterstützung zählt zu den Massekosten (§ 58 Nr. 3) und nimmt unter den Masseverbindlich­ keiten die letzte Rangstelle ein (§ 60). Siehe § 58 Anm. 8; dort auch über den Unter» Haltsanspruch des früheren Rechts. Auch einem des Bankbruchs schuldigen Kridar kann eine Unterstützung bewilligt werden. Vgl. Kohler Lehrbuch S. 390 f. N. 3. Im Konkurs einer juristischen Person kommt eine Unterhaltsbewilligung nicht in Frage. Dienstbezüge der Organe für Tätigkeit während des Konkurses: §§ 207 f. Anm. 10. 1. Die Bewilligung vorläufigen Unterhalts ist dem pflichtmäßigen (§ 82) Ermessen des Ber-Anm. 3. Walters überlassen. Weder^ Gericht noch Gläubigerausschuß können die Unterhalts­

gewährung anordnen. Andrerseits entscheidet der Verwalter nicht selbständig. Er bedarf einer Genehmigung des Konkursgerichts, wenn aber ein Gläubigerausschuß bestellt ist, seiner Genehmigung. Das Gericht ist nur anstatt eines Ausschusses, nicht neben einem solchen für die Genehmigung zuständig. Der Gesetzgeber redet im Abs. I — anders nun § 1301 — nur von einem gerichtlich bestellten Ausschüsse, weil er den Regelfall endgültiger Entscheidung durch die erste Gläubigerversammlung im Auge hat. Nimmt man mit uns an, daß die vorläufige Zuständigkeit des Verwalters so lange dauert, bis irgend eine Gläubigerversammlung eingreift, so muß man auch zugeben, daß für die Ermächtigung des Verwalters zu vorläufiger sAnm. 1] Unterhaltsgewährung der von der Gläubiger­ schaft erwählte Ausschuß dem gerichtlich bestellten gleichsteht. Denn es ist nicht einzusehen, warum der definitive Ausschuß (§ 87 II) minder maßgebend sein sollte als der provisorische (§ 87 I). Freilich steht die Möglichkeit baldiger Einberufung einer Gläubigerversammlung offen (§ 93). Allein es handelt sich hier um dringliche Maßnahmen, vielleicht um die 11*

164

§ 129.

Anm. 4.

Anm. 5.

Anm. e.

Anm. 7.

Anm. 8.

Anm. 9.

Vorläufige Maßnahmen.

Notwendigkeit sofortiger Unterstützung, und es fragt sich überdies sehr, ob die Angelegenheit bedeutsam genug ist, die Einberufung einer Gläubigerversammlung zu rechtfertigen. Vgl. v. Sarwey-Bofiert Anm. 1, Fitting § 23 N. 49, Seuffert § 48 N. 31, Hörle aaO. S. 354; abw. Kohler Lehrbuch S. 415 N. 1, der nach der ersten Gläubigerversammlung gerichtliche Genehmigung für erforderlich hält und auch diese nur in Notfällen genügen lassen will. „Genehmigung" ist hier im Sinne von Zustimmung überhaupt, nicht bloß von nachträglicher Zustimmung (vgl. § 184 BGB.) zu verstehen. Ja sie bedeutet, wie im Bormundschaftsrecht — vgl. z. B. § 1829 („nachträgliche Genehmigung") und § 1831 („Genehmigung") gegen § 111 BGB. („Einwilligung") — in erster Linie die vor­ gängige Erlaubnis (anders § 183 BGB). Siehe Hoelder BGB. § 184 Anm. 1, P. IV S. 799. Gewährt der Verwalter Unterhalt aus der Masse, ohne zuvor die erforderliche Ermächtigung eingeholt zu haben, so läuft er Gefahr, daß ihm das Konkurs­ gericht die Verrechnung seiner Auslagen als Massekosten versagt (§ 85). Vgl. Seuffert S. 320. Verweigert der Gläubigerausschuß die Zustimmung, so kann nur bei der Gläubiger­ versammlung Abhilfe gesucht werden (§ 132). Lehnt das Gericht die vom Verwalter beantragte Ermächtigung ab, so ist der Antragsteller (abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, Fitting § 23 N. 50) aber auch nur dieser, nicht auch der Gemeinschuldner und jedes prozeßfähige Familienmitglied (abw. Hörle aaO. S. 354) beschwerdeberechtigt (vgl. § 20II FGG ). Nur dem Verwalter ist der Ablehnungsbescheid zuzustellen (§ 73II). Vgl. Seuffert S. 320. Solange die vorläufige Zuständigkeit des Verwalters dauert (Anm. 1], kann er — aber nur mit der für die Bewilligung erforderlichen Genehmigung — die Unterstützung erhöhen, mindern und ganz entziehen. 2. Der Verwalter darf nur den notdürftigen d. h. den zur Befriedigung der einfachsten Lebensbedürfnisse gerade noch ausreichenden „Unterhalt" zubilligen. Die Gläubiger­ versammlung dagegen (§ 132) kann eine „Unterstützung" [§ 132 Anm. 1] in weiterem Umfange gewähren und sonach auch eine standesgemäße d. h. der Lebensstellung des Schuldners Rechnung tragende Alimentation bewilligen. Vgl. §§ 1610, 1611 BGB.-, M. IV S. 698; siehe auch § 1 Anm. 44. Wer darüber zu befinden hat, ob Unterhalt zu gewähren ist, der entscheidet auch über die Art der Gewährung (ob in Geld oder in Natur), über die Höhe der Beiträge, über die Zeit ihrer Entrichtung. Kohler Lehrbuch S. 391, Seuffert S. 318. Zum notdürftigen Unterhalte gehört auch der unerläßliche Aufwand einer Erziehung oder Krankenpflege und eine Wohnung. Motive II S. 350. Wegen des 8 149 ZBG. siehe § 126 Anm. 13. Miete des Gemeinschuldners: §§ 19 f. Bei Bemessung des Unterhalts kommen auch die Bedürfnisse der Familie des Gemeinschuldners in Betracht. Die „Familie" umfaßt außer dem Ehegatten diejenigen Angehörigen, die mit dem Schuldner verwandt — das uneheliche Kind ist mit dem Erzeuger nicht verwandt (§ 1589 II BGB.) — oder verschwägert sind und von ihm unterhalten werden müssen. Siehe Hörle aaO. S. 352, Stieglitz Anm. II, v. Sarwey-Bossert Anm. 4, Wolff Anm. 1; weiter Petersen-Kleinfeller Anm. 1, Fitting § 23 N. 46. Ist der Gemein­ schuldner abwesend (Flucht), so kann der Unterhalt von vornherein ausschließlich seiner Familie zugebilligt werden. Wenn er stirbt, ist eine Fortentrichtung und wohl auch eine Neubewilligung des Unterhalts an die Hinterbliebenen statthaft [8 214 Anm. 11]. Motive II S. 350. Der „Anspruch" der Familienangehörigen des Erblassers aus 8 1969 BGB. (Recht des Dreißigsten) rangiert als gesetzliches Vermächtnis (8 1969 II BGB.) im Nachlaß­ konkurs unter den minderberechtigten Konkursforderungen des 8 226 Nr. 5 KO. ui. Über Schließung oder Fortführung des Geschäfts hat endgültig die Gläubiger­

versammlung zu entscheiden (8 1321). Zur provisorischen Maßnahme ist der Verwalter und zwar selbständig (ohne Genehmigung) nach pflichtmäßigem Ermessen, wenn jedoch bereits ein Gläubigerausschuß vorhanden ist (Anm. 3], ausschließlich dieser berufen. Für die provisorische Schließung (nicht Fortführung) gilt die besondere Vorschrift des 8 130. Die Fortführung erstrebt — wenn nicht etwa gerade auf eine Gesamtveräußerung zum Weiterbetriebe hingearbeitet wird — nach dem Zwecke des Konkurses eine Ab­ wickelung des Geschäfts, nicht die Erhaltung der produktiven Seite (RG. v. 25. 3.1899

Vorläufige Maßnahmen.

165

IW. S. 305 Nr. 15). Ob das „Geschäft" ein kaufmännischer oder ein nicht kaufmännischerz Gewerbebetrieb ist, begründet für die Anwendbarkeit des § 129 keinen Unterschied (Schultzenstein ZZP. 33 S. 466 f., 469). Siehe dazu § 1 Anm. 4, § 6 Anm. 29. Jedenfalls aber muß eine zur Konkursmasse gehörende Geschäftseinrichtung (Betriebsstätte) vorhanden sein. Aus einem Gewerbebetrieb, der — weil er etwa ausschließlich wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen darbietet (z. B. die eines Arztes oder Malers) oder aus sonstigen Gründen sich in persönlicher Tätigkeit erschöpft (wie z. B. bei Agenten, Maklern, Kaminkehrern) — einer solchen Unterlage ermangelt, wird der Gemeinschuldner durch den Konkurs nicht verdrängt (siehe auch § 811 Nr. 5, 7 ZPO. mit § 11 KO.). Hier steht weder dem Verwalter noch der Gläubiger­ schaft eine Entscheidung über den Fortbetrieb zu. Vgl. Lobe Unlauterer Wettbewerb I (1907) S. 219 ff.

129.

Führt der Verwalter trotz der vom Gläubigerausschusse (§ 129) oder der Gläubiger- Anm.io. Versammlung (§ 132) verfügten Schließung das Geschäft fort, so macht er sich einer Pflicht­ widrigkeit schuldig, die ihn zum Schadensersätze gegenüber allen Beteiligten verpflichtet (§ 82) und durch Ordnungsstrafe geahndet werden kann (§§ 83, 84). Gleichwohl sind seine Ver­ äußerungen rechtsbeständig. Kohler Lehrbuch S. 414. Nicht minder aber sind dies Verbind­ lichkeiten, die der Verwalter in Fortführung des Geschäfts für Rechnung der Masse neu übernommen hat, wie z. B. Warenbestellungen, Miete von Geschäftsräumen, Anstellung von Personal. Denn diese Rechtshandlungen liegen im Rahmen der gesetzlichen Bertretungsmacht des Verwalters (§ 6), wenngleich ihn das interne Dienstverhältnis [§ 78 Anm. 2] zur Beobachtung gewisser Weisungen der Gläubigerschaft verpflichtet. Seuffert S. 321; abw. Kohler aaO.; vgl. auch § 136. IV. Über die Hinterlegung von Geldern, Wertpapieren und Kostbarkeiten beschlietztAnm.il. endgültig die Gläubigerversammlung (§ 132 I). Vorläufig ist die — den Verwalter bindende — Anordnung des Konkursgerichts und, falls ein Gläubigerausschuß besteht [tont. 3], dessen Weisung maßgebend. In der Auswahl der Hinterlegungsstelle hat das zur Anordnung er­ mächtigte Gläubigerschaftsorgan oder Gericht freie Hand. Die Wahl kann auf eine staatliche oder kommunale, aber auch auf eine private Hinterlegungsstelle fallen. Die private bildet sogar die Regel. Motive II S. 352f., Protokolle S. 88. Den Wertpapieren sind nach dem Zwecke der Vorschrift verwahrungsbedürftige unselbständige Rechtsträger gleichzubehandeln. So namentlich Versicherungsscheine. Kostbarkeiten im Sinne der §§ 129 II, 1321 sind nicht bloß Gold- und Silberwaren und andere Gegenstände von besonders wertvollem Stoffe („Pretiosen"), sondern auch Sachen von erheblichem Kunst- oder Altertumswerte (z. B. Gemälde, alte Handschriften). Vgl. RG. v. 7. 3. 1885 Bd. 13 38 (jetzt nennt § 429 II HGB. die Kunstgegenstände neben den Kostbarkeiten). Die „Anlegung" von Geldern steht zwar im § 132 I, nicht aber im § 129 H in Frage. In der Regel freilich wird auch für „hinter­ legtes" Bargeld von nichtgerichtlichen Hinterlegungsstellen ein mäßiger „Depositalzins" gewährt. Vgl. z. B. für Bayern §§ 8 II, 47 II der Hinterlegungsordnung v. 18. 12. 1899 GuVBl. S. 1033), § 4 der Bekanntm. v. 28. 12. 1899, Besorgung des gerichtl. Hinterlegungswesens durch die Kgl. Bank bett. (JMBl. S. 1116) § 4. Zusatz. Fremde Rechte. Das Bedürfnis nach einer Unterstützung des Gemeinschuldners Anm.is. aus der Masse macht sich im ausländischen Recht um so fühlbarer, als dort auch der Neuerwerb zur Konkursmasse fließt, [§ 1 Anm. 73]. Darum sehen auch die meisten Konkursgesetze eine solche Unterstützung vor. In Österreich (§ 5) und in Ungarn (§ 5) ist der Arbeitsverdienst des Gemeinschuldners insoweit konkurssrer, als er zum Unterhalte des Schuldners und zur Erfüllung seiner gesetzlichen Alimentationspflichten erforderlich ist; Unterhalt aus der Masse hat der Schuldner nicht zu beanspruchen; die Bewilligung hängt von der Zustimmung aller Gläubiger ab. Siehe Pollak S. 116f., 298f. In Frankreich wird die vorläufige (bis zur union zu gewährende) Unterstützung auf Vorschlag der Verwalter vom Richterkommissär bestimmt (a. 474); die end­ gültige (nach der union zu gewährende) Unterstützung setzt dagegen die Zustimmung der Mehrheit der im Termin anwesenden Gläubiger voraus, und zwar entscheidet die Gläubigerschaft über das an, das Gericht auf Vorschlag der Verwalter über das quantum (a. 530). Lyon-Caen et Renault VII Nr. 524, VIII Nr. 679. Entsprechend Belgien (a. 476). Auch in Italien „kann" dem Schuldner eine Unterstützung — eine weitere mit Gläubigergenehmigung — zugebilligt werden (a. 752). Ebenso „kann" in der Schweiz (a. 229 II, III) die Konkursverwaltung einen

166

Vorläufige Schließung des Geschäfts.

8130. billigen Unterhaltsbeitrag gewähren; sie bestimmt auch, wie lange der Schuldner mit seiner Familie in der bisherigen Wohnung zu belassen ist. Dieselben Befugnisse hat in Dänemark (§ 83) das Konkursgericht nach Einvernahme der Gläubigerversammlung. Siehe noch Kohler Lehrbuch S. 154 N. 2. Wegen der Fortführung oder Schließung des Geschäfts: unten § 132 Anm. 3.

§ 130. Soll nach § [29 das Geschäft des Gemeinschuldners geschlossen werden, so hat der Verwalter vor der Beschlußfassung des Gläubigerausschusses oder,

wenn ein Gläubigerausschuß nicht bestellt ist, vor der Schließung des Geschäfts dem Gemeinschuldner, sofern derselbe ohne Aufschub ;u erlangen ist, von der beabsichtigten Maßregel Mitteilung zu machen. Das Gericht kann auf Antrag des Gemeinschuldners die Schließung des Geschäfts untersagen, wenn der Gemeinschuldner einen Zwangsvergleichsvorschlag

eingereicht hat. Der Paragraph ist als § 118a neu eingefügt durch die Novelle vom 17.Mai 1898. Materialien: Begründung S. 41 f.

Anm. i. I. Die Schließung des Geschäfts kann endgültig von jeder Gläubigerversammlung und nur von einer solchen (§ 132 I), vorläufig aber, d. h. solange eine Gläubigerversammlung nicht entschieden hat, vom Verwalter und, falls ein Gläubigerausschuß vorhanden ist, aus­ schließlich von diesem verfügt werden (§ 129 II). Siehe § 129 Anm. 1, 9, 10. Die von der Gläubigerversammlung angeordnete Schließung kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 99 verbieten. Gegenüber einer vorläufigen Schließung war früher nur bei der Gläubigerversammlung Abhilfe zu suchen. Bevor aber diese zu Wort kommt, kann eine übereilte Schließung des Geschäfts zu erheblicher Entwertung der Masse führen. Das wider­ streitet, namentlich wenn Aussicht auf das Zustandekommen eines Zwangsvergleichs besteht, ebenso dem Interesse der Gläubigerschaft als dem des Schuldners. Vorbeugenden Schutz soll unsere dem § 135 nachgebildete Vorschrift gewähren. Sie verordnet für den Fall der vorläufigen Schließung des Geschäfts: Anm. 2. 1. Der Verwalter hat die Amtspflicht (§ 82), vor der Beschlußfassung des Gläubiger­ ausschusses (§ 129 II 2) und, wenn ein solcher nicht bestellt ist, ehe er selbst — der Ver­ walter — das Geschäft schließt, den Gemeinschuldner mündlich oder schriftlich (§ 77 II) von der „beabsichtigten" Schließung — nicht erst „bei" dieser — zu benachrichtigen. Die Mitteilung unterbleibt, wenn sie einen für die Konkursmasse nachteiligen Aufschub der Schließung verursachen würde. Abs. I. Anm. 3. 2. Auf Antrag des Gemeinschuldners, mag er nach Abs. I verständigt sein oder nicht, kann das Gericht die vorläufige Schließung verbieten, falls der Schuldner einen Bergleichs­ vorschlag eingereicht hat. Abs. II. Das Verbietungsrecht schließt die Befugnis ein, die sofortige Wiedereröffnung des Geschäfts anzuordnen, falls die Schließung in der Zwischen­ zeit bereits erfolgt ist. Die richterliche Weisung bildet im einen wie im andern Falle einen unter Abweichung vom Grundsätze der Selbstverwaltung gestatteten Eingriff in die Verwaltertätigkeit, aber stets nur eine einstweilige Anordnung sAnm. 4]. Sie verpflichtet den Konkursverwalter, das Geschäft [§ 129 Anm. 9] zunächst fortzuführen. Daß er sich dabei der Hilfe des Gemeinschuldners zu bedienen habe, kann das Gericht dem Verwalter nicht vor­ schreiben. Noch weniger, daß er dem Schuldner die Fortführung selber, die Betriebsleitung, zu überlassen habe. Das darf der Verwalter gar nicht. Jaeger LZ. 1907 S. 134. Anm. 4.II. Die Entscheidung nach Abs. II ist dem pflichtmäßigen (§ 839 BGB.) Ermessen des Konkursgerichts anheimgestellt. Das Gericht wird dem Anträge des Gemeinschuldners namentlich dann stattgeben, wenn der eingereichte Bergleichsvorschlag Aussicht auf Annahme hat (Begründung S. 42). Es ist andrerseits nicht genötigt, den Antrag zurückzuweisen.

Bericht des Verwalters.

167

wenn sich der Gläubigerausschuß in seinem Gutachten (§ 177) gegen den Vergleichsvorschlag K1A1. ausgesprochen hat. Noch weniger wird, was Wolff zu § 130 behauptet, das gerichtliche Verbot von selbst hinfällig, sobald der Ausschuß den Bergleichsvorschlag für unannehmbar erklärt. Das Verbot hat, da es nur einer vorläufigen Maßregel Einhalt gebietet, selbst nur vorläufige Wirksamkeit: endgültig befindet die Gläubigerversammlung (§ 132 I). Da aber möglicher Weise bis zur Tagung der nächsten Gläubigerversammlung längere Zeit ver­ streicht, kann inzwischen eine Anfechtung des Gerichtsbeschlusses durch sofortige Beschwerde (§ 73 III) zweckmäßig erscheinen. Die Beschwerde steht gegen die Zurückweisung des Antrags dem Antragsteller (Gemeinschuldner), gegen das Schließungsverbot dem Konkursverwalter zu. Über ihre Statthaftigkeit in Ermessensfragen: § 73 Anm. 7.

8 131. In der ersten Gläubigerversammlung hat der Verwalter über die Ent­ stehung der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners, über die Lage der Sache

und über die bisher ergriffenen Maßregeln zu berichten. Unveränderter § 119 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 84, Motive II S. 351 f., Protokolle S. 87, 170, Kommissionsbericht S. 1961 f., 2034.

Der Konkursverwalter muß der ersten Gläubigerversammlung (§ 110) über dieAnm. i. Ursachen der Entstehung des Konkursgrundes (wie es zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung

gekommen ist), über die Lage der Sache (namentlich über den Stand der Aktiven und Passiven) und über die bisher ergriffenen Maßregeln Bericht erstatten und sich zu diesem Behufe sofort nach Übernahme seines Amtes eingehend unterrichten. Bei kaufmännischen Konkursen schließt das Referat über die Lage der Sache auch die Auskunft über Buchführung und Bilanzziehung des Schuldners ein. Kommissionsbericht S. 1964; Näheres Senst Konkursverwalter« S. 64 f. Der Bericht muß mündlich — wenn auch zweckmäßiger Weise an der Hand eines vom Verwalter verfaßten und den Konkursakten einzuverleibenden Schriftstücks — erstattet werden. Zu schriftlicher Berichterstattung ist der Verwalter nicht verpflichtet. An den Vortrag kann sich eine Erörterung schließen. Dem Gericht und jedem Konkursgläubiger steht die Befugnis zu, Aufklärung über einzelne Punkte des Berichts zu verlangen. Zweckmäßiger Weise folgen auf den Vortrag des Verwalters die Wahlen nach den §§ 80, 87 und auf diese die Beschlüsse nach § 132. Motive II S. 351 f. Wegen der Protokollierung siehe Bad. JMB. v. 21. 3. 1908 BadRpr. S. 93; vgl. auch Lubowski Konkursverfahren (1911) S. 35ff. Weitere Berichte: § 132 Anm. 2.

Zusatz. Fremde Rechte ordnen mitunter eine schriftliche Berichterstattung an. So haben Anm. 2. z. B. in Frankreich a. 482 (darüber Lyon-Caen et Renault VII Nr. 502) und Belgien (a. 494) die Verwalter binnen 14 Tagen seit ihrer Amtsübernahme „un memoire ou compte sommaire de l’etat apparent de la faillite, de ces principales causes et circonstances et des caract&res qu’elle parait avoir“ beim Gericht einzureichen, das dann seinerseits den Bericht mit Be­ merkungen versieht und an die Staatsanwaltschaft weitergibt.

8 MS. Die Gläubigerversammlung beschließt über eine den: Gemeinschuldner

und dessen Familie ;u bewilligende Unterstützung, über die Schließung oder die Fortführung des Geschäfts und über die Stelle, bei welcher, sowie über die Bedingungen, unter welchen die Gelder, Wertpapiere und Achtbarkeiten hinter­ legt oder angelegt werden sollen. Die Gläubigerversammlung beschließt, in welcher Weife und in welchen Zeiträumen der Verwalter ihr oder einem Gläubigerausschusse über die Ver­ waltung und Verwertung der Blasse Bericht erstatten und Rechnung legen soll.

168

§132.

Beschlüsse der Gläubigerversammlung. Unveränderter § 120 alter Folge. Materialien: Motive T Bd. 2 S. 84ff., S. 87, 170.

Motive H

S. 352 f.,

Protokolle

«nm. i. I. Der Abs. 1 ermächtigt „die" d. h. eine jede „Gläubigerversammlung" [§ 93 Knm. 2] zur endgültigen Entschließung über die im § 129 bezeichneten dringlichen Angelegenheiten. Solange diese endgültige Ordnung nicht erfolgt, bleiben Maßnahmen nach § 129 zulässig und wirksam. Die Kompetenz der Gläubigerversammlung geht aber auch gegenständlich über den Rahmen des § 129 hinaus. Die Versammlung kann nämlich nicht nur „notdürftigen", sondern auch standesgemäßen Unterhalt, nicht nur „Unterhalt", sondern auch Unter­ stützungen sonstiger Art bewilligen, namentlich auch zur Maffe gehörende Haushaltungs­ gegenstände an den Schuldner überlassen. Selbstverständlich bewilligt auch sie — wie im Falle des § 129 I der Verwalter — die Gewährung „aus der Konkursmasse" (§§ 58 Nr. 3, 60). Sie beschließt nicht nur über die „Hinterlegung", sondern auch über die Anlegung d. h. über das Nutzbarmachen der Gelder (Protokolle S. 88; RG. v. 31. 3. 1903 Bd. 54 211). Anlegung in mündelsicheren Wertpapieren ist nicht vorgeschrieben, aber unter Umständen ratsam. Die Gläubigerversammmlung kann die ihr im Abs. I eingeräumte Ermächtigung auf den Gläubigerausschuß oder auf den Konkursverwalter übertragen. Motive II S. 352, Seuffert S. 321, 322. Ankündigung der Tagesordnung: § 98. Das Gericht vermag die Bewilligung oder die Erhöhung einer Unterstützung im Sinne des § 132 nicht zu erzwingen. Wohl aber kann es unter den Voraussetzungen des § 99 einer übermäßigen Bewilligung entgegentreten (vgl. Hörle LZ. 1910 S. 350). Gebietet die veränderte Sachlage eineÄnderung der nach § 132 beschlossenen Maßnahmen, so hat der Verwalter die Berufung einer neuen Gläubigerversammlung zu erwirken (§ 93) und bei persönlicher Verantwortlichkeit (§ 82) den Vollzug des durch die Ereignisse überholten Versammlungsbeschlusses zunächst zu unterlassen [§ 82 Anm. 6]. Der Gläubigerausschuß hat nicht die Macht, eine im Rahmen des § 132 getroffene Anordnung der Gläubigerversammlung aufzuheben. Ein solcher Aufhebungsbeschluß dürfte als gesetzwidrig vom Verwalter nicht befolgt werden (§§ 82, 84). Im übrigen siehe die Erläuterungen zu § 129.

«nm. 2.II. Zufolge Abs. II kann die Gläubigerversammlung nach ihrem Ermessen eine wieder­ kehrende Berichterstattung und Rechnungslegung durch den Verwalter anordnen. Bei größeren Konkursen empfiehlt es sich, dem Verwalter die periodische (monatliche oder vierteljährliche) Einreichung schriftlicher Berichte über den Fortgang der Verwaltung und Verwertung aufzugeben und diese Berichte in der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Be­ teiligten aufzulegen. So werden die Gläubiger auf dem Laufenden gehalten, der Verwalter zu unausgesetzter Tätigkeit angespornt und der Schlußbericht vereinfacht. Der einzelne Gläubiger hat kein Recht auf Berichterstattung (vgl. Haberstumpf LZ. 1907 S. 213 f.). Siehe § 86 Anm. 1 (Rechnungslegung), § 88 Anm. 2 (Überwachungspflicht der Ausschuß­

mitglieder), § 131 (obligatorischer erster Bericht). Das Gericht kann den Verwalter zur Er­ füllung der ihm nach Abs. II auferlegten Pflichten durch Ordnungsstrafen anhalten (§ 84). «nm. 3.

Zusatz. Fremde Rechte ordnen mitunter ausdrücklich an, daß der Schuldner auch durch Überlassung von Hausrat unterstützt werden kann. So namentlich Belgien (a. 4761), auch Dänemark § 83. Für die Fortführung des Geschäfts verlangt das französische Recht den Beschluß einer Dreiviertelmehrheit nach Kopfzahl und Forderungsbeträgen (a. 532; Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 680ff.). Ebenso Italien (a. 794). Belgien (a. 529) begnügt sich mit der Zwangsvergleichsmehrheit. In Holland (a. 98) bedarf der Verwalter zur Geschäftssortführung der Zustimmung des Gläubigerausschusses, in Ermangelung eines solchen der des Richterkommissärs; in England (s. 57 Nr. 1), soweit die Fortführung zu vorteilhafter Abwickelung des Konkurses nötig ist. der Zustimmung des committee of inspection. Für die Schweiz siehe a. 237 ÜI Nr. 2 (Zuständigkeit des Gläubigerausschusses), a. 238 (der Gläubigerversammlung); vgl. auch a. 298 (Fortbetrreb deS Geschäfts durch den Schuldner während der „Nachlaßstundung").

Genehmigung durch den Gläubigerausschuß.

Der Verwalter fyat, falls ein Gläubigerausschuß bestellt ist,

169

dessen Ge­

nehmigung einzuholen: V wenn

Gegenstände, deren Verkauf ohne offenbaren Nachteil für die

Masse ausgesetzt werden kann und nicht durch die Fortführung des

Geschäfts veranlaßt wird, verkauft werden sollen, bevor der allgemeine Prüfungstermin abgehalten

oder ein vor dem Schluffe desselben ein­

gereichter Zwangsvergleichsvorschlag erledigt ist;

2. wenn die Erfüllung von Rechtsgeschäften des

Gemeinschuldners ver­

langt, Prozesse anhängig gemacht, deren Aufnahme abgelehnt, vergleiche

oder Schiedsverträge geschlossen, Aussonderungs-, Absonderungs- oder

Masseansprüche anerkannt, Pfandstücke eingelöst, oder Forderungen ver­ äußert werden sollen, und es sich in diesen Fällen um einen lvert-

gegenstand von mehr als dreihundert Mark handelt. Unveränderter § 121 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 87ff., Motive II S. 354ff., Protokolle S. 87 f., 170.

Genehmigungsbedürftige Berwaltungshandlnngen. I. Gemeinsam für die gg 133, 134 gilt: 1. Mit Rücksicht auf „die Wichtigkeit, Tragweite oder Ungewöhnlichkeit" einzelner Verfügung--Anm. i. alte fordert das Gesetz in den §§ 133, 134 ein Zusammenwirken des Verwalters und der Gläubiger. Der Verwalter bedarf daher zur Vornahme dieser Akte derGenehmigung des Gläubigerausschusses, des vorläufigen oder des endgültigen [§ 87 Anm. 4f.J. Ist zur Zeit kein Gläubigerausschuß bestellt [§ 87 Anm. 3], so muß der Verwalter zu bestimmten Akten die Genehmigung derGläubigerversammlung einholen (g 134). In einzelnen Fällen jedoch, in denen die „umständlichere, weniger diskrete" Einberufung und Beschlußfassung der Gesamtgläubigerschaft nachteilige Folgen haben könnte, darf der Verwalter beim Fehlen eines Gläubigerausschuffes selbständig handeln (g 133). Die Unter­ scheidung beruht auf Erwägungen der Zweckmäßigkeit. MotiveII S. 354. Konkurrieren die §§ 133, 134, so hat die strengere Norm des § 134 den Vorzug. Daß die KO. in den §§ 133, 134 der Schenkung durch den Verwalter nicht Anm. s. gedenkt, beruht zweifellos darauf, daß Schenkungen ihrer Natur nach dem Wirkungskreise des Verwalters entrückt sind [§ 6 Anm. 42]. RG. v. 10. 5.1886 SeuffA. Bd. 42 Nr. 85, v. 30. 5. 1892 Bd. 29 82, v. 16. 12. 1902 Bd. 53 193, v. 16. 3. 1904 Bd. 57 199 mit Zit. Nur solche Freigebigkeiten, die auch in der Konkurslage durch Rücksichten des Anstandes geboten erscheinen, liegen im Bereiche der Vertretungsmacht des Ver­ walters. Das rechtfertigt sich aus einem in den §§ 534, 814, 1446, 1641, 1804, 2113, 2205, 2330 BGB. anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsatze. Trinkgelder und Fest­ geschenke an das Personal des für die Masse fortbetriebenen Geschäfts kann der Verwalter beispielsweise selbständig bewilligen. Soweit die Freigabe massezugehöriger Gegenstände eine Schenkung an den Gemeinschuldner darstellte, würde sie unwirksam sein. Unter die §§ 133ff. fällt die Freigabe nicht [§ 6 Anm. 43]. 2. „Genehmigung" [§ 129 Anm. 4] im Sinne der §§ 133, 134 ist, wie der Wortlaut — Anm. 3. „wenn" gewisse Handlungen vorgenommen „werden sollen" — klar ergibt, die vor­ herige Erlaubnis. Das Gesetz gebietet dem'Verwalter, die Genehmigung einzuholen, ehe er zur Handlung schreitet. Sonst würden diese Schutzvorschriften ihren Zweck verfehlen. Rechtzeitiger Widerruf steht ursprünglicher Versagung gleich. Daß die Genehmigung un­ widerruflich wäre, ist nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht anzunehmen. Genehmigung

170

§133.

Anm. 4.

Genehmigung durch den Gläubigerausschuß.

und Widerruf sind Beschlüsse im Sinne der §§ 90, 94 ff., selbstverständlich aber nicht Ent­ scheidungen im Sinne des § 73. Verfügt der Verwalter eigenmächtig, so ist zwar das Geschäft nach außen wirksam fAnm. 6], er selbst aber setzt sich einer Inanspruchnahme aus Schadensersatz (§ 82) und disziplinarischer Maßregelung aus (§§ 83, 84). Solcher Ver­ antwortlichkeit ist er auch dann nicht ledig, wenn er auf nachträgliche Zustimmung gerechnet hat. Sein Verschulden liegt im bewußten Unterlassen der Anfrage. Hat er aus triftigen Gründen auf nachträgliche Zustimmung rechnen dürfen, so kann allerdings im Einzelfall, besonders bei dringenden Maßnahmen, Verschulden und Verantwortlichkeit aus­ geschlossen sein. Immerhin bleibt zu erwägen, daß es ja dem Verwalter freistand, daeiner Bedingung zugängliche Rechtsgeschäft ausdrücklich unter die Bedingung späterer Konsenserteilung zu stellen, also zur eignen Deckung gegen eine Inanspruchnahme wegen des Geschäftsabschlusses zu vereinbaren, daß das Geschäft gar nicht zustandekommen solle, wenn die (sonst bloß innenrechtlich bedeutsame) Genehmigung versagt werde [§ 136 Anm. 4]. Sonach muß der Satz der Motive II S. 356, es bleibe dem Verwalter unbenommen, in dringenden Fällen die Erlaubnis hinterher einzuholen, mit aller Vorsicht verstanden werden: der ungenehmigte Akt geschieht auf Verantwortung des Verwalters. Andrerseits genügt die nachträgliche Genehmigung insofern, als sie die Verantwortlichkeit für die im ungenehmigten Handeln liegende Eigenmacht aushebt. Pflichtwidrigkeiten des Verwalters deckt freilich weder der vorgängige noch der nachträgliche Konsens. So z. B. nicht eine bewußtermaßen zum Nachteil der Konkursmasse, etwa aus Eigennutz, erklärte Wahlbetätigung nach § 17. Die Ausschußmitglieder machen durch Genehmigung pflichtwidriger Akte zwar auch sich selber haftbar (§ 89), sie nehmen aber damit keineswegs dem Verwalter alle Verantwortlichkeit ab. Denn die Handlung des Verwalters entspringt seinem freien Willen. Gläubigerausschuß und Gläubigerversammlung können ihm die Vornahme der in den §§ 133, 134 bezeichneten Akte nicht anbefehlen. Siehe § 82 Anm. 6, § 90 Anm. 3, § 95 Anm. 6, § 99 Anm. 3. Gläubigerausschuß und Gläubigerversammlung können ihre Zustimmung für Fälle der §§ 133, 134 auch allgemein erteilen, zumal einem Verwalter von erprobter Zu­ verlässigkeit. Motive II S. 356, Kohler Lehrbuch S. 423; abw. Wolff Anm. 1. Daß die Erteilung eines solchen Generalkonsenses möglicherweise eine schuldhafte Außeracht­ lassung der gebotenen Vorsicht bedeutet, also die Ausschußmitglieder nach § 89 verant­ wortlich macht, schließt seine Statthaftigkeit an sich nicht aus. Zweifellos kann der Konsens der Gläubigerschaftsorgane nicht ersetzt werden durch gerichtliche Genehmigung (zust. z. B. LG. Freiberg v. 22. 2.1910 SARpfl.b S. 188). Veto: Anm. 5. Es fragt sich aber, ob die im Einzelfall erforderliche Genehmigung des Gläubigerausschusses (§ 133) ersetzt und umgangen werden kann durch eine Genehmigung der Gläubigerversammlung. Die Frage bejaht Seuffert S. 314 mit der Begründung, die Versammlung sei das dem Aus­ schüsse vorgesetzte Organ der Gläubigerschaft. Dann müßte sie auch berechtigt sein, positive Ausschußbeschlüsse zu ändern und aufzuheben. Allein von einer solchen Überordnung weiß

das Gesetz nichts [§ 90 Anm. 2]. Sie läßt sich auch nicht aus § 135 II ableiten. Die Gläubigerversammlung hat vielmehr nur die ihr ausdrücklich zugewiesene Zuständigkeit [§ 93 Anm. 2]. Sie hat, wie ein Vergleich der §§ 133, 134 ergibt, zwar in den Fällen des § 134, aber nicht in denen des § 133, eine ergänzende Genehmigungsmacht und auch diese in den Fällen des § 134 nur, wenn ein Ausschuß nicht bestellt ist. Sie ist keines­ wegs in der Lage, die Mitglieder des Ausschusses (vielleicht Nichtkonkursgläubiger) von der gesetzlichen Verantwortlichkeit (§ 89) zu entbinden. Keineswegs kann daher der nach § 133 oder nach § 134 zuständige Ausschuß, wenn ihm eine Entschließung zu heikel ist (z. B. die Genehmigung zu einer Klagerhebung), sich der Abstimmung enthalten und die Entscheidung der nicht verantwortlichen Gläubigerversammlung zuwälzen. Den Antrag, zu diesem Zweck eine Gläubigerversammlung einzu'berufen, hätte daher das Konkursgericht abzulehnen LG. Darmstadt v. 16. 1. 1906 HessRspr. 8 S. 20 für den § 134 beim Vorhandensein eines Ausschusses). Kommt ein Genehmigungsbeschluß nicht zustande, dann fehlt es eben am Erfordernisse der Genehmigung, mag nun der Ausschuß oder mag die Versammlung

Genehmigung durch den Gläubigerausschuß. gesetzlich zur Genehmigung berufen Gläubiger: § 136 Anm. 2.

sein



93

Anm. 2].

171 Ausbleiben allerHizz.

3. Vor der Vornahme der in den §§ 133, 134 bezeichneten Rechtshandlungen muß der Anm. 5. Gemeinschuldner verständigt werden. Auf seinen Antrag kann das Gericht die Vornahme verbieten. Näheres § 135. Die Ausführung eines genehmigenden Beschlusses der Gläubigerversammlung kann das Gericht nach Maßgabe des § 99 untersagen. Gegen die vom Gläubigerausschuß erteilte Genehmigung steht dem Gericht ein Beto bloß im Falle des § 135 II zu. 4. Die §§ 133—135 sind, was der § 136 ergibt, „nur Kautelen für den innerenAnm. 6. Geschäftsgang". Motive II S- 356. Ihre Verletzung macht den Verwalter ver­ antwortlich (§§ 82—84). Nach außen aber wirken die Vorschriften nicht. Sie ziehen der gesetzlichen Vertretungsmacht des Verwalters (§ 6) keine Schranken. Darum hat weder das Prozeßgericht noch das Grundbuchamt sich um die Genehmigung zu kümmern. Auch auf den guten Glauben des Dritten ist die Wirksamkeit des Geschäfts nicht abgestellt. Näheres § 136.

II. Die einzelnen Fälle des § 133. 1. Nach Nr. 1 hat der Verwalter die Genehmigung eines etwa vorhandenen Gläubiger-Anm. ?. ausschusses zu Veräußerungen vor dem allgemeinen Prüfungstermin (§ 138) und vor Erledigung eines noch in diesem Termin eiugereichten zulässigen (§ 175) Vergleichsvorschlages einzuholen. Günstige Aussichten eines Zwangs' Vergleichs sollen nicht durch überstürzte Versilberung der Masse vereitelt werden. Motive II S. 354. Die Genehmigung soll der Verwalter schon vor dem Abschluß des Verpflichtungsgeschäftes, des Kaufvertrags, einholen. Schon dieses macht die Masse haftbar (§ 59 Nr. 1). „ Gegenstände" im Sinne der Nr. 1 sind Sachen und Rechte. Der Verkauf von Forderungen im Werte von mehr als dreihundert Mark bedarf jedoch nach Nr. 2 über die in Nr. 1 bestimmte Zeit hinaus der Genehmigung. Beachte auch § 134 Nr. 1. „Erledigt" ist der Vergleichsvorschlag jedenfalls mit rechtskräftiger gerichtlicher Zurückweisung (§ 176), mit endgültiger Ablehnung durch die Gläubigerschaft (§§ 182 f.) und mit rechtskräftiger gerichtlicher Verwerfung (§§ 186 f), arg. § 177 II aber auch schon, wenn der Gläubigerausschuß den Vorschlag für unannehmbar erklärt hat (v. Völderndorff II S. 323). Der Verwalter ist, auch wenn ein Gläubigerausschuß besteht, zu selbständiger Veräußerung schon vor Ablauf der in Nr. 1 gesetzten Zeitschranke er­ mächtigt: erstens, wenn ein Aufschub offenbar nachteilig für die Masse wäre (so etwa wenn es sich um Fleisch, Obst, Gemüse, Eier oder andere leicht verderbliche Waren, um die Er­ sparung erheblicher Verwahrungs- oder Unterhaltungskosten, z. B. bei Pferden oder Rind­ vieh, oder endlich um die Verhütung eines Verlustes durch Entwertung handelt, etwa bei drohendem Kursrückgang), zweitens, wenn der Verkauf durch „die Fortführung" des Ge­ schäfts veranlaßt wird. Zu Ausverkäufen vor den erwähnten Zeitpunkten bedarf daher der Verwalter regelmäßig der Genehmigung. Besondere gewerbepolizeiliche Beschränkungen der Masseverwertung im Interesse „der ansässigen Geschäftsleute" bestehen nicht (Kommissions­ bericht S. 1960). Ein „Konkursmasse-Ausverkauf" ist aber nur die Veräußerung der Masse durch den Verwalter selbst. Die öffentliche Ankündigung eines „KonkursmasseAusverkaufs" durch den Dritten, der die Masse vom Konkursverwalter erstanden hat und sie nun im ganzen oder im einzelnen weiterveräußert, fällt jetzt unter das ausdrückliche Verbot des 8 6 G. gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG.) v. 7. 6. 1909 (RGBl. S. 499). Diese Vorschrift bestimmt:

Wird in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, der Verkauf von Waren angekündigt, die aus einer Konkursmasse stammen, aber nicht mehr zum Bestände der Konkurs­ masse gehören, so ist dabei jede Bezugnahme auf die Herkunft der Waren aus einer Konkursmasse verboten. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift werden mit Geldstrafe bis zu einhundert­ fünfzig Mark oder mit Haft bestraft.

172

§133.

Anm. 8.

Anm. S.

Anm. 10.

Genehmigung durch den Gläubigerausschuß. Die Angabe der Herkunft aus einer Konkursmasse wird sonach als solche verboten, auch wenn sie der Wahrheit entspricht und auch wenn die Ankündigung klar erkennen läßt, daß die Waren schon vom Konkursverwalter in eine dritte Hand übergegangen sind. Ge­ flissentliche Erweckung des Anscheins, als ob die Waren noch Bestände einer Konkursmasse wären, fällt unter das strengere Verbot des § 4 (§ 3) UWG. Die Vorschrift des § 6 UWG. soll namentlich den Kleingewerbebetrieb gegen die Gefahren der Ankündigung eines Konkurslager-Verkaufs schützen. Die Kehrseite dieses Schutzes ist eine Schädigung der Konkursgläubiger. Sie liegt darin, daß der Ankauf einer Konkursmasse seine wesentlichste Zugkraft verloren hat, nachdem der Weiterveräußerer nicht einmal mehr eine wahr­ heitsgemäße Herkunftangabe zur Reklame verwerten darf. So ist die Nachfrage gesunken und mit ihr der Preis der Konkurswaren. Nur der Konkursverwalter darf also fortab einen „Konkurswarenausverkauf", den „Verkauf eines Konkurslagers", die Ver­ steigerung von „Waren der falliten Firma N. N." ankündigen. Er verstößt gegen das Verbot des § 4 UWG., wenn er Massebestände zusammen mit Waren anderer Herkunft (z. B. mit Waren aus einer Liquidationsmasse) als Konkurswaren öffentlich anbietet. Die weit über das Ziel des UWG. hinausschießende, sogar die wahrheitsgemäße Angabe der Herkunft aus einer Konkursmasse verbietende Fassung des § 6 UWG. beruht auf Beschlüssen des Reichstags (siehe über den richtigeren Standpunkt des Entwurfs Lobe LZ. 1908 S. 181, Chr. Finger UWG.a 1910 S. 130). Über Umgehungsversuche Goldstein IW.

1912 S. 676 f., Fuld Recht 16 S. 516 ff. Ganz verfehlt waren die noch weitergehenden Vorschläge, die zur Einschränkung der mit dem Konkursmasseverkauf verknüpften Gefahren von der oberbayerischen Handwerkskammer unterm 3. 5. 1909 an den Reichstag gerichtet worden sind (Drucks. II. Sess. 1909/11 Nr. 731 S. 1, 3, 4). So namentlich die Vorschläge örtlicher und zeitlicher Beschränkung der Zulässigkeit des Masseverkaufs. Siehe die treffende Widerlegung von Kleinfeller LZ. 1911 S. 409 ff. Läßt der Konkursverwalter die Masse an einem vom Niederlassungsorte des Gemeinschuldners verschiedenen Platze (vielleicht in einer benachbarten größeren Stadt) verkaufen, so ist darum die Masse nicht als „Wander­ lager" zu besteuern. Wegen der Besteuerung des Weiterveräußerers siehe Stern LZ. 1907 S. 423 ff. Ausverkaufsverordnungen der Verwaltungsbehörden, die auch Konkurs­ verwaltern gebieten, den Ausverkauf binnen bestimmter Frist vor dem Beginn an­ zuzeigen, sind durch die reichsgesetzliche Vorschrift des § 7 II UWG. gedeckt (Fuld Recht 17 S. 360f.). Wie der § 7 gilt der § 8 UWG. (Bor- und Nachschubverbot) auch für den Konkursmasseausverkauf. 2. Die Nr. 2 beschränkt den Verwalter nur in der Verfügung über erheblichere Werte, näm­ lich über Gegenstände, die nach der pflichtmäßigen Schätzung des Verwalters (vgl. §§ 3—9 ZPO.) zur Zeit in Wahrheit — nicht nominell — mehr als dreihundert Mark wert sind. Unter dieser Voraussetzung bedarf er der Genehmigung des Ausschusses: a) Zum Erfüllungsbegehren auf Grund der §§ 17ff., weil dieses eine Masseschuld begründet (§ 59 Nr. 2). Motive II S. 354. Die Erfüllungsablehnung steht dem Verwalter selbständig frei. So auch die Aufkündigung — im Gegensatze zur aus­ drücklich oder stillschweigend erklärten Fortsetzung — der Miet- und Pachtverträge (Motive aaO.). Das „Erfüllungsverlangen" des Verwalters ist im technischen Sinne des § 17 (§ 59 Nr. 2) gemeint. Es bezieht sich, wie der Zweck der Vorschrift ergibt, nicht auf das Einfordern von Ausständen auf Grund einer schon vor Konkursbeginn vollzogenen Erfüllung des Gemeinschuldners. b) ZurAnhängigmachung von Rechtsstreitigkeiten, besonders von Anfechtungs­ prozessen [§ 36 Anm. 1]. Die Verwickelung der Konkursmasse in einen neuen Prozeß bedarf ihrer Wichtigkeit wegen — die Kostenverbindlichkeit wird beim Unterliegen des Verwalters Masseschuld [§ 59 Anm. 2] — bei Streitgegenständen im Werte von mehr als dreihundert Mark der Genehmigung. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der prozessuale Angriff durch Klage oder durch Widerklage erfolgt (Petersen-Kleinfeller Anm. 11, Fitting 8 23 N. 26; abw. Endemann S. 475). Auch die Zustellung eines Zahlungsbefehls ist ein „Anhängigmachen" im Sinne unserer Vorschrift (§ 693

Genehmigung durch den Gläubigerausschuß.

173

ZPO.). Genehmigungsfrei ist die Einlassung des Verwalters in eine gegen ihn § 133* erhobene Klage, die Aufnahme eines schon anhängigen Prozesses (§§ 10f., § 146 VI mit III KO., § 13 II AnfG.) — anders die Ablehnung der Aufnahme fAnm. 11] — und das Unterlassen der Klagerhebung als solches (Protokolle S. 87 f.). Dagegen braucht der Prozeß nicht, wie vielfach behauptet wird (so z. B. Motive II S. 354, Kohler Lehrbuch S. 421), die Aktivmasse zu betreffen. Auch eine nicht durch Aufnahme geschehene Widerspruchsverfolgung nach § 146 IV bedarf der Genehmigung. Andrerseits steht die „Aufnahme" eines Prozesses selbst dann der selbständigen Entschließung des Verwalters anheim, wenn sie sich mit der Einlegung des Einspruchs oder eines Rechts­ mittels verbindet (abw. Seuffert § 48 N. 4). Das Kostenrisiko bürdet der Verwalter durch jede Aufnahme der Masse auf, mag sie mit einem besonderen Rechtsbehelfe ver­ bunden sein oder nicht. Ob die Ausschaltung der Aufnahme de lege ferenda gerecht­ fertigt ist, das allerdings fragt sich sehr. Das Prozeßgericht hat die Genehmigung nicht zu prüfen [§ 136 Anm. 3]. c) Zur Ablehnung der Ausnahme eines Prozesses (§§ 10, 11 KO., § 13 II AnfG ).Anm.ii. Denn hier steht eine Schmälerung der Masse in Frage. Ist die Ablehnung einer Prozeßausnahme genehmigungspflichtig, so muß es auch der Verzicht auf Klage oder Rechtsmittel und die Freigabe nach einer Aufnahme sein. Aus dem gleichen Grunde wie die Prozeßablehnung ist weiter ausdrücklich für genehmigungspflichtig erklärt: die Schließung eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs (§ 779 BGB), besonders hinsichtlich massezugehöriger Außenstände (RG. v. 28. 5. 1906 Bd. 63 212 f), auch eines Zwangsvergleichs oder eines Schiedsvertrags (§ 1025 ZPO.), ferner die gerichtliche oder außergerichtliche, ausdrückliche oder stillschweigende Anerkennung (nicht auch die Bestreitung) von Aussonderungs-, Absonderungs- oder Masseansprüchen fsiehe aber § 57 Anm. 10], nicht von Konkursforderungen, und endlich die Einlösung von Absonderungsgegenständen fsiehe § 4 Anm. 8, § 127 Anm. 14]. Auch Vergleiche und Schiedsverträge brauchen nicht gerade die Aktivmasse zu betreffen. Sie können sich besonders auch auf Konkursforderungen be­ ziehen. Zweifel sind darüber ausgetaucht, welcher Wert bei Vergleichen maß­ gebend ist: der Wert des dem Vergleich unterliegenden Rechtes im ganzen oder der Wert des Gegenstandes der Ungewißheit (des Streites) oder der Wert des im Ver­ gleiche bewilligten Nachgebens? Im Gesetz heißt es: „wenn Vergleiche geschlossen werden sollen, und es sich um einen Wertgegenstand von mehr als dreihundert Markhandelt." Der Wortlaut läßt die erste und die zweite Auslegung, nicht wohl aber die dritte zu (abw. Harburger Anm. 5). Die dritte würde auch schwer durchführbar sein, da es eben ungewiß ist, wieviel in der Tat ausgegeben wird. Mit dem Sinne des Gesetzes ist nur die zweite vereinbar. Die erste führt zu ganz unannehmbaren Schlüssen. Danach wäre z. B. bei einer Forderung des Schuldners auf gerade 300 Mark der Vergleich konsensfrei, wenn über 200 Mark Streit besteht und 100 nachgelassen werden sollen, während bei einer Forderung auf 400 der Vergleich einer Genehmigung bedürfte, wenn auch nur 10 bestritten sind und 5 nachgelassen werden sollen. Man wird daher sagen müssen, daß wie im Falle des § 1822 Nr. 12 BGB. der Gegenstand des Streites oder der Ungewißheit maßgebend ist und zwar mit seinem Kapital­ werte zur Zeit des Bergleichsabschlusses. d) Zur Veräußerung von Forderungen als zu einer ungewöhnlichen Art derAnm.12. Forderungsverwertung. „Veräußerung" bedeutet in diesem Zusammenhang die Ver­ wertung durch entgeltliche Abtretung, wie sie etwa bei streitigen Ansprüchen, bei Ab­ wesenheit oder Unsicherheit des Drittschuldners angezeigt sein kann. Nach dem Zwecke des § 133 fällt schon die Verpflichtung des Verwalters zur Abtretung, der Verkauf, unter das Genehmigungserfordernis (§ 59 Nr. 1). Daß in Nr. 1 vom „Verkaufen", in Nr. 2 vom „Veräußern" gesprochen wird, steht nicht entgegen. Unentgeltlicher Verzicht: Anm. 2; Vergleich: Anm. 11. Nicht ist „Veräußerung" im Sinne der Nr. 2 die normale Berwertungsart der Einziehung (auch Zwangsbeitreibung) und die Verkehrs-

174

§134.

Genehmigung durch den Gläubigerausschuß oder die Gläubigerversammlung.

übliche Begebung eines Wechsels oder Schecks. Auch die Aufrechnung ist keine „Veräußerung" der Forderung. Darum wird die Aufrechnung von Masseaktiven mit Konkursforderungen der Genehmigung nicht bedürfen. Vgl. Kohler Leitfaden S. 223, Fitting § 23 N. 31, Lang Aufrechnung S. 231; abw. Seuffert § 48 N. 10. Die Aufrechnung gegen einen Masseanspruch fällt unter Anm. 11, da sie als Erfüllungsersatz eine stillschweigende Anerkennung einschließt. Die Überweisung einer auf verkehrs­

üblichem Wege nicht verwertbaren Forderung an einen einzelnen Gläubiger svgl. § 162 Anm. 6] ist als ungewöhnlicher Verwertungsakt genehmigungspflichtig. Vgl. Motive II S. 354f.; abw. Wolff Anm. 8. Hypothekforderungen: § 134 Anm. 2.

§ 134. Der Verwalter hat die Genehmigung des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, die Genehmigung einer Gläubigerversammlung einzuholen: (. wenn ein unbeweglicher Gegenstand aus freier Hand, oder das Geschäft oder das Warenlager des Gemeinschuldners im ganzen, oder das Recht auf den Bezug wiederkehrender Einkünfte veräußert werden soll; 2. wenn Darlehen ausgenommen, fremde Verbindlichkeiten übernommen, zur Masse gehörige Gegenstände verpfändet, oder Grundstücke erstanden

werden sollen. Früher § 122. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat in Nr. 1 die Worte „oder das Warenlager" neu eingefügt (Zweck: Schutz der Konkursgläubiger) und die bisher der Nr. 2 vorausgehenden Worte „wenn Erbschaften oder Vermächtnisse für die Masse aufgegeben oder" gestrichen (Grund: § 9). Materialien: Motive I Bd. 2 S. 88 s., Motive II S. 355 f., Protokolle S. 88, 170, Begründung S. 42, Kommissionsbericht S. 1962, 2034. III. Die einzelnen Fälle des § 134.

Anm. 1.

Der Konkursverwalter ist verpflichtet, die Genehmigung sForm: § 90 Anm. 1] des Gläubigerausschusses und — im Unterschiede vom § 133—, wenn ein Ausschuß nicht vorhanden ist, aber auch nur dann [§ 133 Anm. 4], der Gläubiger Versammlung sBeschlußfaffung: § 94 Anm. 3 ff.; Ausbleiben der Gläubiger: § 136 Anm. 2] einzuholen, ehe er die folgenden Rechtshandlungen vornimmt: 1. Die freihändige Veräußerung unbeweglicher Gegenstände [§ 47 Anm. 16f.], nicht (nach dem Zwecke der Vorschrift) die gesonderte Veräußerung von Früchten oder Zubehör [§ 126 Anm. 11]. Hypotheken: Anm. 2. Wie in den Fällen des § 133 bedarf nach dem Schutzzwecke des Gesetzes als Veräußerung schon der Abschluß des Kaufvertrags der Genehmigung [§ 133 Anm. 7, 12]. „Freihändige Veräußerung" heißt Freihandverkauf. Die freiwillige Veräußerung bildet nach § 21III den Gegensatz zur Zwangsversteigerung (§ 126), die freihändige Veräußerung aber den Gegensatz zur öffentlichen Versteigerung im Sinne des § 383 HI mit § 156 BGB. Ohne zwingenden Grund darf nicht zu­ gegeben werden, daß die dem neuen Reichsrecht angepaßte KO. die Veräußerung aus freier Hand anders als das BGB. (z. B. in den §§ 385, 1221), die ZPO. (§ 820) und das HGB. (§ 373II) in Gegensatz zur Veräußerung in den Formen der Zwangs­ vollstreckung stellt. Freihändig ist vielmehr nur die nichtöffentliche (wenn auch notarielle; vgl. § 313 BGB.) Veräußerung, nicht aber auch die freiwillige öffentliche Ver­ steigerung. Daß eine freiwillige gerichtliche (a. 66 ff. preuß. FGG.) oder eine notarielle öffentliche Versteigerung (a. 2 Nr. 3 bayer. NotG.) keine ausreichende Garantie für die Ordnungsmäßigkeit der Verwertung bieten sollte, wird niemand behaupten wollen. Ist doch landesrechtlich (in Süddeutschland) auch die Ausführung der Zwangsversteigerung

Notaren übertragen (§ 13 EGzZBG.).

Den Ausschlag muß der Zweck des Gesetzes geben.

Genehmigung durch den Gläubigerausschuß oder die Gläubigerversammlung.

175

Eine vorgängige Genehmigung der Gläubigerschaft wird zum Freihandverkauf einer Liegen- §134. schäft deshalb gefordert, weil bei ihm anders als bei öffentlicher Versteigerung der Preis nicht durch eine Konkurrenz der Interessenten emporgetrieben wird, sondern die Gefahr einer Abgabe unter dem Werte droht. Auch die freiwillige „öffentliche" Versteigerung wird daher (entgegen einer ungenauen Bemerkung der Motive II S. 355) als konsensfrei gelten müssen. Zust. LG. Zweibrücken v. 14. 7. 1908 LZ. 1909 S. 92; Petersen-Kleinfeller Anm. 15, Fitting § 23 N. 35, Endemann § 72 Nr. 45, Pasquay IHR. 66 S. 74; abw. Seuffert § 48 N. 14, v. Sarwey-Bossert Anm. 3, Wolff Anm. 3, v. WilmowskiKurlbaum Anm. 1, Schäfer SeuffBl. 71 S. 207 ff. Daß Belastungen nicht Veräußerungen im Sinne der Nr. 1 sind, ergeben deutlich die Worte „aus freier Hand". Vgl. Kohler Lehrbuch S. 422 N. 3; siche jedoch unten Anm. 3. 2. Die Veräußerung des Geschäfts oder (Novelle)des Warenlagers im ganzen, Anm. 2. auch des Geschäfts oder Warenlagers einer einzelnen Niederlassung (Begründung S. 42); ferner die Veräußerung des Rechts auf den Bezug wiederkehrender Einkünfte z. B. einer Leibrente [§ 1 Anm. 37] oder der Ausübung eines Nießbrauchs [§ 1 Anm. 39]. Das „Geschäft" gehört als Inbegriff von Vermögenswerten rechtlicher (Eigentum, Forderungen usw.) und tatsächlicher Art (wie Bezugsquellen, Kundschaft, Betriebsgeheimnisse) zur Konkursmasse. Sonst könnte der Konkursverwalter zu einer Veräußerung des Geschäfts im ganzen (§§ 117, 134 Nr. 2) nicht ermächtigt sein. Zugunsten der Konkursgläubiger­ gemeinschaft wird also eine Ausnutzung von Werten ermöglicht, die dem Zwangszugriff des einzelnen Gläubigers unzugänglich sind. Vgl. RG. v. 17.1. 1908 Bd. 68 51, v. 26. 1. 1909 Bd. 70 227; Pisko Unternehmen als Gegenstand des Rechtsverkehrs (Wien 1907) S. 137 ff. u. GrünhutsZ. 37 S. 699 ff. Wegen der Unanwendbarkeit des § 25 HGB. siehe § 1 Anm. 7; daselbst wegen der Firma. Freihandverkauf eines gepfändeten Waren­ lagers: § 127 Anm. 9. Der Verkauf des Geschäfts im ganzen (auf einmal) ist vom „Ausverkauf" im Sinne einer allmählichen Masseverwertung wohl zu unterscheiden Hierher § 133 Anm. 7]. Vgl. Motive II S. 355. Die einheitliche Veräußerung einer Gesamt­ heit von Hypothekenforderungen (z. B. der Deckungsmasse im Konkurs einer Hypotheken­ bank) fällt nicht unter den § 134, sondern unter den § 133 Nr. 2. 3. Die Aufnahme eines Darlehens (8 607, vgl. § 700 BGB.), die Erfüllungs- undAnm. 3. die Schuldübernahme (§§ 329, 414—416 BGB.) sowie die Bürgschaft (§ 765 BGB.) und die Verpfändung beweglicher oder unbew?glicher Massegegenstände. In allen diesen Fällen handelt es sich um eine ungewöhnliche Haftungsübernahme. Die Auf­ nahme von Kapitalien zu Zwecken der Konkursverwaltung (§ 59 Nr. 1) wird namentlich dann erforderlich, wenn alles Vermögen liegendes Gut und die Überwindung einer Grund­

stückskrise abzuwarten ist. 4. Den entgeltlichen Grundstückserwerb, da auch er einen im Konkurs ungewöhnlichenAnm. 4. Vorgang bildet. „Erstehung" ist auch der Erwerb bei freiwilliger Veräußerung, nicht bloß der Erwerb in der Zwangsversteigerung (zust. ObLG. v. 7. 6. 1907 SeuffBl. 72 S. 795). Wie in den anderen Fällen der §§ 133, 134 bedarf bereits der Abschluß der Verpflichtungs­ geschäftes, des Kaufvertrags (hier des Ankaufens), der Genehmigung fAnm. 1]. Die Vor­ schrift soll, wie die Motive II S. 356 ausführen, Übelstände beseitigen, die sich dadurch

ergaben, daß die preußische Praxis dem Konkursverwalter die Befugnis zum Bieten ab­ gesprochen hatte. Sie soll den Konkursverwalter vornehmlich instand setzen, für den Gemeinschuldner eingetragene Hypotheken [§ 47 Anm. 4] zu retten, wenn die Zwangs­ versteigerung wegen eines dem Eigentümergrundpfandrechte vorgehenden Realrechts betrieben wird. „Besteht das Geschäft des Gemeinschuldners in einer Vermittelung des Realkredits oder besteht sonst das Vermögen desselben wesentlich aus Hypotheken", so würde der Aus­ schluß des Verwalters vom Bieten „zu einer Preisgebung der Konkursmasse führen" (Motive aaO.). Im neuen Recht kommen die §§ 181, 456 ff. BGB. in Frage. Siehe

§ 126 Anm. 3, 14; § 127 Anm. 8.

176

§185.

Borgängige Verständigung des Gemeinschuldners.

§ 135. Der Verwalter hat in den Fällen der §§ J33, (3^ vor der Beschluß­ fassung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung, und in den

Fällen des § }33, wenn ein Gläubigerausschuß nicht bestellt ist, vor der Vor­ nahme der Rechtshandlung dem Gemeinschuldner, sofern derselbe ohne Aufschub zu erlangen ist, von der beabsichtigten Maßregel Mitteilung zu machen.

Das Gericht kann auf Antrag des Gemeinschuldners, sofern nicht die Gläubigerversammlung die Genehmigung erteilt hat, die Vornahme der Rechts­ handlung vorläufig untersagen und zur Beschlußfassung über die Vornahme eine Gläubigerversammlung berufen. Unveränderter § 123 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 89f., Motive II S. 356f. (§ 125), Proto­ kolle S. 88 ff., 171 (§ 123).

Anm. 1. I. Die vorgängige Verständigung des Gemeinschuldners (Abs. I) soll diesem Ge­ legenheit bieten, seine Bedenken zu äußern und in den wichtigen Angelegenheiten der §§ 133, 134 auf eine sachgemäße Entschließung hinzuwirken. Mittelbar bezweckt die Vorschrift zu­ gleich den Schutz der Gläubiger. Beiden Interessentenkreisen wird daher der Verwalter schadensersatzpflichtig, wenn er den Gemeinschuldner nicht benachrichtigt, obgleich dessen Verständigung und Äußerung ohne einen für die Masse nachteiligen Aufschub des Aktes möglich wäre (§ 82). Dritten gegenüber ist jedoch die Rechtshandlung des Verwalters auch dann wirksam, wenn dieser die Mitteilung an den Schuldner pflichtwidrig versäumt hatte (§ 136). Motive II S. 356 f. Im Konkurse von Verbandspersonen hat der Verwalter die Organe (z. B. die Direktoren der verganteten Aktiengesellschaft) zu verständigen. Zu diesem Zwecke genügt Anzeige an einen der Gesamtvertreter [§§ 207 f. Anm. 12]. Nachlaß­ konkurs: § 214 Anm. 11. Eine Form für die Mitteilung schreibt das Gesetz nicht vor. Sie kann schriftlich oder mündlich erfolgen (§ 77 II). Anm. 2.II. Auf Antrag des Gemeinschuldners — nicht von Amts wegen — kann das Konkursgericht die Vornahme einer nach den §§ 133, 134 genehmigungsbedürftigen Rechtshandlung vor­ läufig untersagen. Unzulässig ist dieses einstweilige Eingreifen des Konkursgerichts dann, wenn die Gläubigerversammlung zur Genehmigung gesetzlich berufen ist und die Genehmigung auch erteilt hat. Gegenüber einem Beschlusse der Gläubigerversammlung bewendet es bei der allgemeinen und endgültigen Einspruchsbefugnis des Gerichts nach § 99. Daß der Gläubigerausschuß den Akt bereits genehmigte, steht dem Veto des Gerichts nach Abs. II nicht entgegen. In Fällen vorläufiger Untersagung nach Abs. II muß das Gericht zur Beschlußfassung eine Gläubigerversammlung einberufen. So auch, wenn der Verwalter eine der im § 133 aufgesührten Handlungen beabsichtigt, mag nun ein Ausschuß bestellt sein und genehmigt haben oder nicht. Die Berufung der Gläubigerversammlung hat von Amts wegen zu geschehen, nicht etwa nur auf Antrag des Schuldners (zust. Pasquay ZHR. 66 S. 88). Wenn nun die Gläubigerversammlung die Maßregel gutheißt, kommt wiederum ein richterlicher Einspruch nach § 99 in Frage. Auf Antrag des Schuldners freilich kann ein solcher nicht ergehen. Seine Interessen nimmt der antragsberechtigte Ver­ walter wahr. Beschließt andrerseits die Gläubigerversammlung, daß die Genehmigung ver­ sagt werde, so verliert damit eine schon vom Ausschuß erteilte Genehmigung ihre Kraft. Alsdann geht also kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung der Bersammlungsbeschluß dem Ausschußbeschlusse vor. Eine über den Bereich des § 135 hinausgehende Macht zur Um* stoßung von Ausschußbeschlüssen oder gar zur Fassung von Beschlüssen, die ein Ausschuß, wenn er bestellt wäre, zu fassen hätte, kommt der Gläubigerversammlung nicht zu (ab w. Seuffert S. 315). Siehe § 133 Anm. 4. Anm. 8. Der Beschluß des Gerichts (Ermessensfrage) unterliegt der sofortigen Beschwerde (§ 73III). Das Rechtsmittel steht dem Gemeinschuldner zu, wenn dessen Antrag zurück-

177

Rechtswirksamkeit nach außen.

gewiesen worden ist; sonst dem Verwalter. Siehe § 130 Anm. Vorschlags kann das Gericht die „Verwertung der Masse" (§ wenn der Gläubigerausschuß den Vorschlag für unannehmbar andere als Masseverwertungsakte gilt diese Einschränkung nicht

4. Wegen eines Vergleichs- H188. 133 Nr. 1) nicht verbieten, erklärt hat (§ 177 II). Für (abw. Wolfs § 135 Anm. 2,

§ 177 Anm. 2).

§ 136. Durch die Vorschriften der §§ (33—(35 wird die Gültigkeit einer Rechts-

Handlung des Verwalters dritten Personen gegenüber nicht berührt. Unveränderter § 124 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 87 u. 89f. (hiernach sollten nur die Vor­ schriften der jetzigen §§ 133 Nr. 1, 135 Berwaltungsinterna sein), Motive II S. 356 (§ 123), Protokolle S. 88, 170 (§ 124). I. Der Rechtsbestand einer Handlung des Konkursverwalters hängt von ihrer tatsächlichen Anm. i. Vorteilhaftigkeit nicht ab, findet aber eine rechtliche Schranke in der Aufgabe des Verwalters, die Konkursmasse zur Befriedigung der Gläubiger gesetzmäßig zu verwerten (§§ 3, 6, 117). Handlungen, die außerhalb dieses durch den Zweck der Konkursverwaltung begrenzten Machtbereiches des Verwalters liegen, sind unwirksam [§ 6 Anm. 41 f. mit Rechtspr.j. Handlungen im Rahmen seiner gesetzlichen BertretungSmacht dagegen sind auch dann vollwirksam, wenn sie ohne die erforderliche Genehmigung oder ungeachtet ihrer Versagung (§§ 133, 134), wenn fie ohne zuvorige Ver­ ständigung des Gemeinschuldners (§ 135 I) oder ungeachtet eines gerichtlichen Vetos (§§ 99, 135 II) vorgenommen worden sind: die 88 133—135 sind nur Maßregeln der internen Verwaltung. Anwendungsfälle: RG. v. 8.10.1895 Bolze 21 Nr. 871, v. 28. 9. 1896 IW. S. 601 Nr. 20, v. 4. 7. 1902 IW. S. 444 f. Nr. 8, v. 1. 11. 1904 SächsA. 15 S. 203, v. 25. 4. 1906 Bd. 63 213. Gegensatz: 8 137 Anm. 2. „Unmöglich", so bemerken die Motive II S. 356 „kann dem Publikum die Prüfung zugemutet werden, ob ein Gläubiger­ ausschuß bestellt, ob vorschriftsmäßig die Gläubigerversammlung berufen, ob ordnungsmäßig der Beschluß des Ausschusses oder der Versammlung zustande gekommen ist, in welcher Lage der Konkurs sich befindet, welche Gründe zu einem Verkaufe drängen, ob das in Rede stehende Rechtsgeschäft zu der einen oder zu der anderen oder zu keiner der beiden Kategorieen der 88 133, 134 zu rechnen ist usw. Die Nichtbeobachtung der 88 133—135 hat lediglich zivilrechtliche und diS-Anm. 2. ziplinäre Folgen für den Verwalter. Er wird dem Gemeinschuldner und den Gläubigern schadensersatzpflichtig (8 82); er kann mit Ordnungsstrafe belegt und seines Amtes enthoben werden (8 84). Nicht selten wird der Verwalter dadurch zu einer nichtgenehmigten, aber durch den Konkurszweck gebotenen Maßregel gedrängt, daS in der Gläubißerversammlung trotz ordnungsmäßiger Berufung kein Gläubiger erscheint. Nur allzuoft ist in der ersten Gläubigerversammlung wie im Schlußtermine der Verwalter allein anwesend. Sein auf der Tagesordnung stehender Antrag, den Verkauf des Geschäfts im ganzen (8 134 Nr. 1) oder die Überweisung uneinziehbarer Außenstände (8 162) zu ge­

nehmigen, kommt alsdann überhaupt nicht zur Verhandlung. Das Konkursgericht ist außer­ stande, die Genehmigung durch Gerichtsbeschluß zu ersetzen. Der Verwalter aber muß Maßregeln, die er nach pflichtmäßigem Ermessen zur ordnungsmäßigen Erfüllung seiner Aufgabe für geboten hält, auf eigne Verantwortung vollziehen (88 82, 117). Er darf die Hände nicht in den Schoß legen. Der Borwurf der Eigenmacht trifft ihn solchenfalls nicht. Die Wirksamkeit der Handlung selbst wird durch den Mangel der Genehmigung über­ haupt nicht berührt sAnm. 1]. In Fällen des § 132 verlängert sich, bis daß ein gültiger

Bersammlungsbeschluß zustande kommt, das Provisorium deS 8 129. n. Da die Vorschriften der 88 133—135 nur innenrechtliche Bedeutung haben, braucht derAnm. s. Verwalter ihre Beobachtung weder seinem Geschäfts- oder Prozeßgegner noch dem Prozeß- oderBollstreckungsgericht,dem Grund buch amt [8 114 Jaeger, Konkursordnung. 6. Aufl. Bd. n. Ha

178

8136»

Anm. 4.

Erhebung hinterlegter Werte.

Anm. 3] oder einer sonstigen Behörde gegenüber uachzuweiseu. Im Prozesse kann daher weder der Gegner noch das Gericht den Mangel des Konsenses (§ 133 Nr. 2) oder der vorgängigen Verständigung des Gemeinschuldners (§ 135 II) beanstanden: der Konsens (Internum) hat nicht die Bedeutung einer „besonderen Ermächtigung zur Prozeßsührung" (Externum) im Sinne der §§ 51, 56 ZPO. (RG. v. 28. 1. 1888 Bd. 20 110). So können im Konkurs einer Berbandsperson die vom Verwalter auf Zahlung rückständiger Beiträge verklagten Mitglieder den Mangel der erforderlichen Prozeßgenehmigung nicht mit Erfolg beanstanden, Mitglieder einer im Konkurse stehenden Genossenschaft auch dann nicht, wenn der Gläubigerausschuß, der die Prozeßgenehmigung zu erteilen hat, dem Gebote des § 103 GenG, zuwider gar nicht bestellt worden ist (OLG. Jena v. 24.11. 1908 LZ. 1910 S. 330). Selbst eine positive Kenntnis des Geschäftsgenossen von der Verletzung der §§ 133—135 beeinträchtigt die Gültigkeit eigenmächtiger Rechtshandlungen des Verwalters nicht. Der andere Teil darf sich dabei beruhigen, daß der Verwalter die Verantwortung für seine Eigenmacht auf sich nimmt [§ 133 Anm. 3]. Für die Annahme, daß der Konsensmangel nur „gutgläubigen" Dritten unschädlich sei, läßt die uneingeschränkte Fassung des § 136 keinen Raum. Auch würde jeder Anhalt dafür fehlen, ob nur positive Kenntnis oder auch fahrlässige oder wenigstens grobfahrlässige Unkenntnis den guten Glauben ausschließen sollte. Daß der Dritte (besonders als Teilnehmer an einer unerlaubten Handlung) schadensersatz­ pflichtig werden kann, ist eine Sache für sich. Hat der Konkursverwalter ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer nachträglichen Billigung durch den Gläubigerausschuß oder die Gläubigerversammlung abgeschlossen, so fragt es sich, was der Sinn dieses Vorbehalts ist. Er hat regelmäßig die Bedeutung einer ausschiebenden Bedingung im Sinne des § 158 BGB. Ein solcher Vorbehalt würde freilich bedingungsfeindliche Rechtsgeschäfte, etwa im Falle des § 134 Nr. 1 die Auslassung, ohne Rücksicht auf die Genehmigung unwirksam machen (§ 925 II BGB.). Das wirksam bedingte Rechtsgeschäft dagegen kommt nur dann nicht zustande, wenn die als Bedingung gesetzte Zustimmung versagt wird. Denkbar ist aber auch, daß der Vorbehalt nicht den Sinn einer Bedingung hat. Dann läßt die Versagung des Konsenses den Rechtsbestand deS Geschäfts unberührt. So liegt die Sache, wenn der Verwalter die Verantwortung für sein eigenmächtiges Handeln auf sich nimmt und im Vor­ behalte lediglich anerkennt, daß er sich um die Erwirkung nachträglicher Zustimmung be­ mühen werde. Bei arglistiger Täuschung des Geschäftsgenossen kann der § 123 BGB. an­ wendbar sein.

8

ist.

Wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, und die Gläubigerversammlung nicht ein anderes beschließt, bedürfen Quittungen des Verwalters über den Empfang von Geldern, Wertpapieren oder Aostbarkeiten von der Hinterlegungs­ stelle und Anweisungen des Verwalters auf die Hinterlegungsstelle zu ihrer Gültigkeit der Mitzeichnung eines Mitgliedes des Gläubigerausschusses. Unveränderter § 125 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 86 (Erhebung nur im Wege der Anweisung), Motive II S. 353 (§ 124), Protokolle S. 88, 171 (§ 125).

Erhebung hinterlegter Maffewerte. Anm. 1. I. Der § 137 will Gewähr bieten gegen mißbräuchliche Erhebung hinterlegter Massewerte durch den Konkursverwalter. Die Vorschrift bezieht sich nur auf den Verkehr des Verwalters mit der nach den §§ 129II, 1321 ^Anm. 2] bestimmten — privaten oder amtlichen — Hinterlegungsstelle, also auf die Abhebung von Geldern, die der Verwalter für Rechnung der Masse eingenommen und alsdann nach Maßgabe der §§ 129, 132 hinter­ legt hatte, nicht auf die Beitreibung von Außenständen der Masse, also nicht auf den Verkehr

Erhebung hinterlegter Werte.

179

des Verwalters mit dem Publikum (z. B. auf die einem privaten Drittschuldner erteilte § 1K7. Quittung), aber auch nicht auf die Einziehung der schon zur Zeit der Konkurseröffnung bei amtlichen Stellen (z. B. einem staatlichen Hinterlegungsamte) für den Gemeinschuldner im Verwahr befindlichen Gelder (vgl. Motive II S. 353, Protokolle S- 88, Neumann Recht 8 S. 279). Sie greift nur beim Vorhandensein eines Gläubigerausschusses Platz [§ 87 Anm. 3] und kann, auch wenn ein solcher besteht, durch Beschluß der Gläubigerversammlung (Einspruch des Gerichts: § 99), nicht durch den Ausschuß selbst und nicht etwa durch Vereinbarung des Verwalters mit der Hinterlegungsstelle, ganz oder teilweise (z. B. für Erhebungen bis zu einem bestimmten Betrag) außer Anwendung gesetzt werden. Ist ein Gläubigerausschuß nicht bestellt, so kann die Gläubigerversammlung dem Verwalter eine dem § 137 entsprechende Bindung nicht auferlegen. Denn die Gläubigerversammlung hat nur die ihr ausdrücklich zugewiesenen Befugnisse [§ 93 Anm. 2). Der Verzicht auf die Bestellung eines Gläubiger­ ausschusses bedeutet also zugleich einen Verzicht auf den Schutz des § 137 (Motive aaO.). II. Das Gesetz geht, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend, von der Annahme aus, daß Anm. 2. die Hinterlegungsstelle nur gegen Quittung oder auf schriftliche Anweisung zahlt, und verschärft zur Verhütung mißbräuchlicher Erhebungen dieses — als selbst­ verständlich betrachtete — Erfordernis dahin, daß jede Erhebung zu ihrer Wirksamkeit der durch ein Ausschußmitglied gegengezeichneten Quittung oder Anweisung des Verwalters bedarf (Seuffert S. 323). „Quittung" und „Anweisung" stellt der § 137 auf eine Stufe. Das will sagen: wie die eigene Erhebung durch den Verwalter bedarf die von ihm einem Dritten erteilte Ermächtigung, auf Konto der Masse zu erheben, „zu ihrer Gültigkeit" der Mitzeichnung eines Ausschußmitglieds. Leistet die Hinterlegungsstelle ohne Beobachtung dieser Form, dann leistet sie auf ihre Gefahr. Sie hat also zu gewärtigen, daß sie zur Konkursmasse noch einmal leisten muß, wenn der Konkursverwalter (mag er auch seinerseits nach § 82 KO., § 823 BGB. haftbar werden) den abgehobenen oder über­ wiesenen Betrag, statt ihn der Konkursmasse zuzuführen, veruntreut. Indem der § 137 einer Quittierung durch den Verwalter allein die Gültigkeit abspricht, schränkt er im Unterschiede von den §§ 133—135 (136) die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters (§ 6) ein und versagt damit der eigenmächtig von ihm quittierten Zahlung selbst die befreiende Wirksamkeit, keineswegs nur (wie Hellmann S. 463 meint) der Quittungsurkunde die Beweiskraft. Das ergibt mit Bestimmtheit der Schutzzweck unserer Vorschrift, der nicht erreicht würde, wenn die Hinterlegungsstelle sich durch jeden sonstigen Beweis der Zahlung an den Verwalter zu entlasten vermöchte. Sie muß sich also entweder der Mitunterschrift eines Ausschußmitglieds — mündliche Ermächtigung genügt nicht (abw. Kohler Lehrbuch S. 416) — oder des Nachweises versichern, daß zur Zeit der Erhebung (nicht der Hinterlegung) kein Gläubiger­ ausschuß vorhanden oder aber der Verwalter von der Gläubigerversammlung zu selbständigem Handeln ermächtigt ist (Motive II S. 353). Den Nachweis führt der die Gelder abhebende Verwalter am einfachsten durch Vorlegung einer Bescheinigung des Konkursgerichts. Auskunft darüber, ob ein Gläubigerausschuß bestellt und aus welchen Personen er zusammengesetzt ist, haben Konkursgericht und Verwalter der Hinterlegungsstelle zwar auf Anfrage zu erteilen; von Amts wegen sind sie jedoch zur Anzeige nicht verpflichtet (Fitting § 23 N. 54; abw. hinsichtlich des Gerichts v. Bölderndorff II S. 348, hinsichtlich des Verwalters Seuffert S. 325). Das Reichsgericht (III. ZivSen. v. 31. 3. 1903 Bd. 54 209) läßt die Streitfrage unentschieden (S. 213). Dagegen hatte dieses Urteil arg. § 132 I und mit Rücksicht auf die weitgehende Haftbarkeit, die aus § 137 für die Hinterlegungsstelle folgt, gefordert, daß „sie durch Beschluß des Konkursgerichts oder der Gläubigerschaft als Hinterlegungsstelle bestimmt" und daß dieser Beschluß, „um ihr gegenüber wirksam zu sein", ihr mitgeteilt wurde (S. 212), andrerseits freilich anerkannt (S. 211 f.), daß die so bestimmte „Hinterlegungsstelle" auch zu verzinslicher Anlegung benutzt werden und gegenüber dem § 137 einen Vordruck ihres Kontobuchs wonach sie an dessen Borzeiger ohne Prüfung seiner Legitimation zu zahlen befugt sei, nicht anrufen könne ssiehe Anm. 1]. Nun ergibt allerdings der Zusammenhang des Gesetzes, daß der § 137 eine nach Maßgabe des 8 129II (Satz 1: vom Gericht, Satz 2: vom Gläubigerausschuß) oder des § 132 I (von der Gläubigerversammlung) angeordnete

11a*

180

§137.

Erhebung hinterlegter Werte.

Hinterlegung voraussetzt. Sonst aber verlangt das Gesetz nichts weiter, als daß infolge einer solchen Anordnung wirklich auch Gelder, Wertpapiere oder Kostbarkeiten erkennbar als Bestandteile einer Konkursmasse hinterlegt worden sind. Daß die Beschlüsse der §§ 120II, 1321 noch eigens der Hinterlegungsstelle mitgeteilt werden müssen, ist nirgends gesagt und auch „aus allgemeinen Grundsätzen" (so RG. aaO.) nicht abzuleiten. Neuestens hat denn auch das Reichsgericht (III. ZivSen. v. ö. 7. 1912 Bd. 80 37 ff.) seinen bisherigen Standpunkt aufgegeben. Es nimmt nun an, daß jede — einerlei, wie; einerlei, ob vor oder nach Einzahlung die Gelder erlangte — Kenntnis der Hinterlegungsstelle von dem Beschlusse des § 1321 oder von der Anordnung des § 129II die Anwendbarkeit des § 137 rechtfertigt (S. 39), ja daß „eine Haftung der Hinterlegungsstelle wegen Verstoßes gegen § 137 unter Umständen selbst dann bejaht werden müsse, wenn ihr eine solche Kenntnis nicht „nachgewiesen werden könne"; sie sei verpflichtet, Erkundigungen einzuziehen (S. 40). Selbstverständlich unterliegt die Bertretungsmacht des Verwalters der Schranke deS § 137 auch dann, wenn er die angeordnete Hinterlegung bei einer anderen als der ihm vorgeschriebenen Stelle betätigt hat. Nachweis der Berwaltereigenschaft: § 81II KO. Wegen der beschränkten Anwendbarkeit

des § 33 preuß. HinterlO. siehe Neumann aaO. S. 280. Für den Fall, daß vorschrifts­ widrig abgehobenen Beträge „tatsächlich für die Masse verwendet worden sind", nimmt RG. 80 41 Befreiung der Hinterlegungsstelle an. Das entspricht dem Gedanken der allgemeinen Arglisteinrede (vgl. Enneccerus BürgR." I § 208III 2) und der Ausnahme des 8 81 KO. Im Anschluß an die Fassung des letzteren dürfte daher genauer zu sagen sein: die Hinterlegungsstelle wird befreit, soweit das Geleistete in die Konkurs­ masse gekommen ist. Die Beweislast trägt wie im Falle des § 81 der Leistende, also die Hinterlegungsstelle. Anm. 3. Die Gläubigerversammlung und nur sie kann zwar die Gewähr des § 137 ganz beseitigen oder abschwächen [tont. 1], nicht aber — da es sich um den dritten Verwahrer handelt — das gesetzliche Erfordernis der Mitunterschrift eines d. h. irgend einest Aus­ schußmitglieds noch verschärfen. Sie kann weder die Mitzeichnung mehrerer noch die­ jenige von individuell bestimmten Mitgliedern für notwendig erklären (Kohler Lehrbuch S. 415). Hat der Ausschuß bei der Geschäftsverteilung die Gegenzeichnung bestimmten Mit­ gliedern zugewiesen [§ 90 Anm. 1], so sind der Hinterlegungsstelle gegenüber doch auch die übrigen zeichnungsermächtigt, selbst wenn der Ausschuß die Hinterlegungsstelle verständigt hat (abw. Seuffert S. 324). Das gegen die Geschäftsordnung zeichnende Mitglied kann aber nach § 89 schadensersatzpflichtig werden (Petersen-Kleinfeller Anm. 3). Anm. 4.Hi. Anweisungen im Sinne unserer Vorschrift können unstreitig auch Schecks oder kauf­ männische Anweisungen (§§ 363 ff. HGB.) sein. Sie können aber auch in Gestalt von Wechseln erfolgen, die der Verwalter auf die Hinterlegungsstelle zieht (v. Bölderndorff H S. 347 unter e, Fitting aaO-, Endemann 8 68 N. 31, Kohler Lehrbuch S. 416, Seuffert S. 324; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, v. Sarwey-Bossert Anm. 3). Die Schutzvorschrift des 8 137 wäre mit Leichtigkeit zu umgehen, wenn sie gerade den Hauptfall der Anweisung nicht treffen würde. Auch spricht der Umstand, daß die im 8 1361 des Entwurfs einer Gemeinschuldordnung vorgesehene Berweisung auf die a. 301, 303, 305 (jetzt 88 363—365 HGB.) keine Ausnahme in das Gesetz gefunden hat, für unsere Auffassung. Die Hinter­ legungsstelle darf daher bei Gefahr doppelter Inanspruchnahme nur die von einem AuSschußmitgliede gegengezeichnete Tratte des Verwalters honorieren. Wechselmäßig verpflichtet wird die Hinterlegungsstelle freilich auch durch die Annahme eines vom Verwalter allein gezogenen Wechsels. Vgl. Anm. 1. x) Der Entwurf einer Gemeinschuldordnung wollte „wenigstens eines" Ausschußmitgliedes vorschreiben.

im

8

136 n

die

Mitzeichnung

181

Anmeldefrist.

§138. Vierter Titel.

Schuldenmaffe. (88 138-148.)

§ 138. Die Frist zur Anmeldung der Aonkursforderungen beträgt zwei Wochen bis drei Monate. Der Zeitraum zwischen dem Ablaufe der Anmeldefrist und dem allgemeinen Prüfungstermine soll mindestens eine Woche und höchstens zwei Monate betragen. Früher § 126. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat die Mindestdauer der Anmeldefrist von drei auf zwei Wochen herabgesetzt fGrund: Anm. 3 Note 1]. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 90ff., Motive II S. 357ff., Protokolle S. 90, 171 f., Begründung S. 42 f. I. Begriff der Schuldenmaffe.

Schuldenmasse im Sinne der §§ 138—148 ist die Gesamtheit der als Konkurs-Anm. i. forderungen zu berücksichtigenden Ansprüche gegen den Gemeinschuldner. Aussonderungs­ ansprüche (§§ 43 ff.), Absonderungsansprüche als solche (§§ 47 ff.) und Massekosten- oder Masse­ schuldansprüche (§§ 57 ff.) gehören nicht zur Schuldenmasse im Sinne des vierten Titels: dem Anmeldungs-, Prüfungs- und Feststellungsverfahren der §§ 138 ff. sind diese Ansprüche nicht unterworfen. Vorbild der reichsgesetzlichen Regelung waren die §§ 164 ff. der preußischen KO. v. 1855, die ihrerseits auf dem französischen Recht beruhten (a. 491 ff. c. com., Koch Preuß. KO.? S. 160) und als „die Glanzpunkte" des preußischen Gesetzes galten (Motive II S. 357). Das gemeinrechtliche Verfahren zur „Konstituierung der Passivmasse" (Fuchs Konkursverfahren 1863 S. 105 ff.) hatte sich als völlig unbrauchbar erwiesen. Namentlich lehnt das Reichsrecht im Gegensatze zum gemeinen Recht die Ausschließung säumiger Anmelder (samt der durch sie gebotenen Wiedereinsetzung) und die Feststellung aller Passiven in einem einheitlichen Erkenntnis ab. Wegen der Verwerfung der vis attractiva concursus siehe § 71 Anm. 4. Alle Konkursforderungen und nur Konkursforderungen sind nach MaßgabeAnm. 2. der §§ 138ff. anzumelden, zu prüfen und festzustellen. Begriff der Konkurs­ forderungen: § 3 Anm. Iff.; Anmeldung durch Gesamtgläubiger und Pfandgläubiger: § 67 Anm. 8f. Inhalt der Anmeldung: § 139. Konkursforderungen müssen angemeldet werden, einerlei, ob sie bürgerlichen oder (wie z. B. Steueransprüche) öffentlichen Rechtes (ObLG. v. 28. 9.1903 Z. f. d. Notariat 1903 S. 217 f., LG. Konstanz v. 27. 2. 1902 BadRpr. 1903 S. 163), einerlei, ob sie einfach oder bevorrechtet (§ 139) sind und ob sie im zweiten Falle ein allgemeines oder ein besonderes Borrecht [§ 61 Anm. 1] genießen. Ansprüche aus dinglichen Rechten sind anmeldbar, sofern sie Konkursforderungen bilden, etwa als Schadensersatzansprüche (vgl. §§ 902, 989 ff. BGB.). „Feststellung" unanmeldbarer An­ sprüche: § 145 Anm. 7. Schuldverschreibungsgläubiger: § 139 Anm. 5 und 8. Wer auf­ rechnen kann, braucht nicht anzumelden [§ 53 Anm. 30]. II. Anmeldefrist. Die Anmeldefrist, die nach § 110 I KO. schon „bei" Eröffnung des Konkurs-Anm. s. verfahrens zu bestimmen ist, hat mindestens zwei*) Wochen und höchstens drei x) Ursprünglich betrug die Mindestfrist drei Wochen. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat sie — mit Wirkung für die nach dem 1. Januar 1900 eröffneten Konkurse (a. V EGzKNov.) — aus zwei Wochen herabgesetzt, um auch bei strenger Einhaltung der gesetzlichen Schranken eine Verbindung des Wahltermins und des Prüfungstermins [§ 110 Anm. 2] zu erleichtern. Eine

Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. n.

12

182 §138.

Anm. 4.

Anmeldefrist.

Monate zu betragen (Satz 1). Innerhalb dieser Grenzen waltet das freie Ermessen des Konkursgerichts [siehe aber Anm. 6]. Die Frist ist öffentlich bekannt zu machen und überdies Gläubigern mit bekanntem Wohnort durch besondere Zustellung mitzuteilen (§ 111). Sie kann aus zweierlei Art anberaumt werden: entweder wird nur der Endpunkt der Frist festgelegt („Konkurs­ forderungen sind bis zum 22. September l. Js. einschließlich beim unterzeichneten Gericht anzumelden") oder ein Zeitraum bestimmt, der dann zufolge § 76 I mit Ablauf des zweiten Tages nach der ersten öffentlichen Bekanntmachung beginnt und dessen Ende nach Maßgabe des § 200 ZPO. (§ 72 KO.) mit § 188 BGB. zu berechnen ist („Konkursforde­ rungen sind binnen drei Wochen beim unterzeichneten Gericht anzumelden"). Die erstere Art der Fristbestimmung erspart dem Gläubiger die Berechnung und verdient entschieden den Vorzug. Sie bildet in der Praxis auch die Regel. Bestimmt das Gericht den Endtermin, so muß es berücksichtigen, daß die Mindestfrist erst von der nach § 76 I bewirkten Bekannt­ machung des Konkurses ab ihren Laus beginnt. Die Zweiwochenfrist erweitert sich also um den Zeitraum, der vom Tage der Terminsbestimmung (§ 110) bis zur „Bewirkung" der Bekanntmachung noch verstreicht. Anmeldungen können übrigens wirksam — besonders mit der Rechtsfolge der Verjährungsunterbrechung [§ 25 Anm. 15 ff.] — bereits in der Zeit zwischen der Eröffnung des Konkurses und dem Wirksamwerden der Bekanntmachung (§ 76 I) betätigt werden. Bor Konkursbeginn aber, also z. B. gleichzeitig mit der Beantragung des Konkurses, wäre eine Anmeldung unwirksam. Besonderheit: § 229 (§ 236). Der Gerichtsschreiber hat verfrühte Anmeldungen alsbald mit dem Beifügen zurückzusenden, daß Konkurs nicht (noch nicht) eröffnet sei. Steht freilich die Eröffnung unmittelbar bevor, so wird die Anmeldung behufs demnächstiger Erledigung zu den Akten zu nehmen, als Anmeldungstag aber der Eröffnungstag anzusehen sein. Die Anmeldefrist ist keine Notfrist: gegen ihre Versäumung findet keine Wieder­ einsetzung nach § 233 ZPO. statt. Die Gerichtsferien haben allerdings auch aus die Anmelde­ frist keinen Einfluß, aber nicht zufolge § 223 II ZPO., sondern zufolge § 204 GVG. Die Anmeldefrist ist ferner keine Präklusivfrist: auch verspätet angemeldete Forderungen werden im Konkurse berücksichtigt. Im allgemeinen Prüfungstermine müssen aber nur die rechtzeitigen Anmeldungen geprüft werden. Darum hat der Nachzügler — wenigstens bei gesetzentsprechender Fristbestimmung [§ 142 Anm. 5] — die Kosten eines besonderen Prüfungs­ termins zu gewärtigen (§ 142 III). Auch muß er die dermalige Konkurslage (z. B. Gläubiger­ schaftsbeschlüsse, die er bei rechtzeitiger Anmeldung hätte vereiteln können, Entscheidungen des Konkursgerichts, die er hätte anfechten können) gegen sich gelten lassen. Endgültig geschlossen ist der Kreis der Konkursteilnehmer, sobald die „Ausschlußfrist" für die Schlußverteilung abgelaufen ist (§§ 152, 155), dann auch für etwaige Nachtragsverteilungen (§ 166 Satz 1). Konkursgläubiger, die ihre Forderungen jetzt erst anmelden, werden im schwebenden Konkurse nicht mehr berücksichtigt.

in. Zwischenfrist. Anm. 5.

Zwischen dem Ablaufe der Anmeldefrist und dem allgemeinen Prüfungstermine (§ 110) soll [«nm. 6] ein Zwischenraum von mindestens einer Woche und höchstens zwei

bei einfacher Sachlage zweckmäßige — Verbindung war bis dahin nur in seltenen Fällen Denn es sollte einerseits der Wahltermin spätestens einen Monat nach Konkurseröffnung (§ 1101), andrerseits der Prüfungstermin frühestens eine Woche nach Ablauf der Anmelde­ frist stattfinden (Satz 2); die Anmeldefrist aber endete frühestens drei Wochen nach der Konkursbekanntmachung, die ihrerseits erst mit Ablauf des zweiten Tages nach Aus­ gabe des Amtsverkündungsblattes als bewirkt gilt (§ 76 I). Das ergab: einerseits 1 Monat, andrerseits 4 Wochen und mindestens 2 Tage außer dem Tage der Konkurseröffnung. Die Einhaltung der gesetzlichen Schranken war sonach nur möglich, wenn das Blatt noch am Tage der Konkurseröffnung zur Ausgabe gelangte, der Monat 31 Tage hatte und der letzte Tag der Anmeldefrist wie des Zwischenraums nicht auf einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag fiel (§ 222 n ZPO.). Die Praxis hatte bisher durch Herabsetzung der im Satz 2 bestimmten Zwischenfrist unter das gesetzliche Mindestmaß einen Ausweg gesucht. Vgl. Begründung S. 42 f.; stehe übrigens schon Protokolle S. 171 f. solche — möglich. 1. 2.

Anmeldungserfordernisse.

183

Monaten liegen (Satz 2). Der Zwischenraum ist so weit zu bemessen, daß einerseits ber § 138* Gerichtsschreiber innerhalb des ersten Drittels die Tabelle fertigstellen und sie dem Verwalter in Abschrift mitteilen (§ 140 II), daß andrerseits der Verwalter sich ausreichend informieren kann. Im Bereiche der Konsulargerichtsbarkeiien soll nach § 47 UI KonsGG. der Zwischenraum mindestens zwei Wochen und höchstens drei Monate betragen. Das gilt auch für die Schutzgebiete: § 3 SchutzgebG. Terminsverbindung: §§ 110, 180. IV. Abweichende Fristbestimmung.

Eine Verletzung der im § 138 — auch im Satz 1 — abgesteckten GrenzenAnm. 6. durch das Gericht macht das weitere Verfahren nicht unwirksam. Ist aber die Anmeldefrist (Satz 1) zu kurz oder zu lang bemessen, so kann jeder Beteiligte (Gemeinschuldner, Verwalter, Konkursgläubiger), der nach Lage des Falles beeinträchtigt ist, im Wege der sofortigen Beschwerde (§ 73 Ul) die Einhaltung der gesetzlichen Schranken erzwingen (§ 224 U ZPO.). Die Ausmessung des im zweiten Satze bezeichneten Zwischenraums unter­ liegt zwar dem Ermessen des Konkursrichters, dieses aber der Nachprüfung des Beschwerde­ gerichts [§ 73 Anm. 7]. Andrerseits ergibt die Fassung des zweiten Satzes als bloße Soll­ vorschrift, daß das Konkursgericht an den gesetzlichen Rahmen der Frist (vgl. § 224II ZPO.) nicht unter allen Umständen gebunden ist und daß es daher auch nachträglich die Verlegung des zu nahe oder zu fern angesetzten Prüfungstermines auf Anregung eines Beteiligten oder von Amts wegen beschließen kann (§§ 227 II, 228 ZPO.). Es muß die Möglichkeit bestehen, in besonders großen Konkursen und bei besonders schwierigen oder wichtigen Verhältnissen dem Konkursverwalter im Interesse der Gesamtgläubigerschaft die zur Prüfung erforder­ liche Borbereitungszeit auch über die im Satz 2 bezeichnete Höchstgrenze hinaus offen zu halten.

Zusatz. Fremde Rechte. Die Vorschriften des code de commerce über die verification des Anm. 7. creances (a. 491 ff.) sind wie für unser Reichsrecht so für die meisten Auslandsgesetze vorbildlich geworden. So z. B. für Belgien (a. 496 ff.), Holland (a. 108 ff.), Italien (a. 758 ff.), Spanien (Borchardt-Kohler S. 95 ff.), Portugal (a. 236 ff.), Österreich (§§ 103 ff., Rintelen S. 249 ff.), Ungarn (§§ 125 ff.). Für die Schweiz siehe a. 244 ff. (231 UI, 232 II Nr. 2), für England Sibley bei Borchardt-Kohler S. 833 g., für Rußland a. 487 ff., für die Bereinigten Staaten (s. 57) J. Walker Magrath bei Borchardt-Kohler S. 39 ff.

§ 130. Die Anmeldung hat die Angabe des Betrages und des Grundes der Forderung sowie des beanspruchten Vorrechts zu enthalten. Sie kann bei dem Gerichte schriftlich eingereicht oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers an­ gebracht werden. sind beizufügen.

Die urkundlichen Beweisstücke oder eine Abschrift derselben

Unveränderter § 127 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 92f., Motive U S. 359f., Protokolle S. 90 f., 172. I. Wesentliche Anmeldungserfordernisse. 1. Wesentlicher d. h. die Wirksamkeit einer Anmeldung bedingender JnhaltAnm. i. ist unserm Satz 1 zufolge die genaue Bestimmung des Anspruchs nach Grund, Betrag und Borrecht.

a) Grund der Forderung ist wie im Falle des § 253 II Nr. 2 ZPO. „der Grund des erhobenen Anspruchs", also der Tatbestand, der nach materiellem Recht für die Ent­ stehung der behaupteten Konkurssorderung wesentlich ist. Er muß so bestimmt ange­ geben werden, daß die Forderung nach ihrer Identität bezeichnet („individualisiert") wird (RG. v. 23. 12. 1899 SeuffBl. 65 S. 457). Beispiele: Darlehen vom 1. Oktober 1900, Kaufpreis für folgende am 1. Oktober 1900 gelieferte Waren, Wechselakzept vom . . . ., Grundsteuer für . . . ., Leibrente [§ 3 Anm. 20, § 69 Anm. 3] laut .... 12*

184

§139.

Anm. 2.

Anm. 3.

Anm. 4.

Anmeldungserfordernisse.

Dieser Grund ändert sich dadurch nicht, daß die Forderung im Konkurs in anderer Art und an einem anderen Orte zu erfüllen ist. Wird eine den Anspruch anerkennende Urkunde z. B. ein Urteil miteingereicht fAnm. 8], so genügt die darin enthaltene Grund­ angabe. Bei Wahlschulden im Sinne des § 262 BGB. darf der Gläubiger nur alternativ anmelden: den Geldwert (Anm. 2] der einen oder der anderen Leistung. Der Konkursverwalter übt das Wahlrecht des Schuldners aus. b) Der Betrag ist wie der Grund für jede einzelne Forderung gesondert anzugeben und hat auf eine in Reichswährung ausgedrückte bestimmte Geldsumme zu lauten (§ 69). Sind im Falle sachlicher Klagenhäufung (§ 260 ZPO.) mehrere Ansprüche zuerkannt worden, so genügt die Angabe der Urteilsgesamtsumme nicht. Dagegen ist beim Kontokurrent (§ 355 HGB.) der bereits festgestellte Saldo als solcher anzumelden und nach Satz 3 zu belegen. Auch die Nebenansprüche (§ 62) sind in genau bestimmbaren Geldbeträgen zu bezeichnen. Beispiel: Hundert Mark Darlehen mit 4°/0 Zinsen seit 1. Oktober 1900 bis zum Tage der Konkurseröffnung. Ausgerechnet brckucht die Zinsensumme nicht zu sein. Die Feststellung hat auch so eine hinreichend bestimmte Unterlage. Das Begehren eines „angemessenen" oder „billigen" Betrags (z. B. in den Fällen der §§ 847, 1300 BGB.) ermangelt der erforderlichen Bestimmtheit. Doch wird bei Forderungen, deren Höhe erst noch in einem besonderen Verfahren (wie etwa im Umlage­ verfahren der §§ 749 ff. Reichsversicherungsordnung v. 19. 7. 1911) zu ermitteln ist, eine Anmeldung des in bestimmt bezeichneter Weise festzustellenden Betrags genügen [§ 3 Anm. 29]. Ein Widerspruch gegen den ziffermäßig angegebenen oder einer be­ stimmten Bezifferung vorbehaltenen Forderungsbetrag ist nach § 146 auszutragen. c) Das Vorrecht muß beansprucht d. h. ausdrücklich begehrt werden (v. Völderndorff II S. 357 ff.). Bon Amts wegen werden Vorrechte nicht berücksichtigt. Motive II S. 359 f. Das Verlangen eines Vorrechts überhaupt genügt nicht; es muß ein durch Hinweis auf den Borrechtstatbestand bestimmtes Vorrecht beansprucht werden. Vgl. RG. v. 24. 6. 1890 Bolze 10 Nr. 885. Beispiel: „Ich melde hundert Mark Honorar für ärztliche Behandlung des Gemeinschuldners während des Jahres 1910 an und beanspruche bevorrechtigte Befriedigung." Der die mündliche Anmeldung aufnehmende Gerichtsschreiber wird in der Regel durch Belehrung die ausdrückliche Geltendmachung des Vorrechts veranlassen und im Protokoll die einschlägige Gesetzesstelle anführen: „und beanspruche das Vorrecht des § 61 Nr. 4." Vom Gläubiger wird der Hinweis auf das Gesetz nicht verlangt. Ein irrtümliches Zitat schadet dem bestimmten Vorrechts­ begehren nicht. Anzumelden ist das allgemeine wie das besondere Vorrecht (siehe Anm. 5], nicht aber das Absonderungsrecht. Der Grundsatz des § 64 schließt eine An­ meldung und Feststellung des vollen Betrags der Konkursforderung nicht aus [§ 64 Anm.11]. 2. Die wesentliche Form der Anmeldung ist schriftliche Einreichung beim Konkursgericht oder Protokollerklärung vor dem Gerichtsschreiber dieses Gerichts (Satz 2). Die Anmeldung geht also — im Gegensatze zu einem von den späteren Gesetzen meist verworfenen Grundsätze des französischen Rechts (a. 492 c. com.) und im Unterschied von der Geltendmachung eines Aussonderungs-, Absonderungs- oder Masse­ anspruchs — n i ch t an den Verwalter. Denn eine behördliche Feststellung der Anmeldungszeit erscheint schon wegen der Berjährungsunterbrechung (Anm. 9] als erwünscht; auch darf das Gesetz den Beteiligten nicht (was übrigens auch der a. 492 c. com. nicht tut) Aus­ händigung der Belege an den Verwalter zumuten (Motive II S. 359). Gibt der Ver­ walter eine bei ihm eingegangene Anmeldung weiter, so wird sie mit dem Einlaufe bei Gericht ex nunc wirksam. Verbindung von Anmeldung und Aufrechnung: § 53 Anm. 25. Eine Widerklage gegen den Konkursverwalter ersetzt die Anmeldung nicht, auch wenn der Verwalter den Anspruch des Widerklägers anerkennt (OLG. Colmar v. 27. 5.1898 SächsA. 9 S. 586). Der Gerichtsschreiber hat auf jeder beim Gericht einlaufenden Anmeldung den Zeitpunkt des Eingangs genau zu vermerken, da dieser nicht nur für die Wahrung der Anmeldefrist (§ 138), sondern (wie bemerkt) namentlich auch für die Unterbrechung der Verjährung von Wichtigkeit ist. Die Anmeldung kann durch einen Vertreter ge-

Anmeldungserfordernisse.

185

schehen. Anwaltszwang besteht nicht (§§ 78, 79 ZPO.). Die Anwaltsgebühr lediglich § 139* für eine Anmeldung beträgt zwei Zehnteile der Normalgebühr, berechnet nach dem Nennwerte der Forderung (§§ 57, 59 U, vgl. § 61II RAGO). Sie ist nicht selber anmeldbar [§ 63 Anm. 3]. Den Mangel der Vollmacht Hai „das Gericht" nach § 88 II ZPO. von Amts wegen zu berücksichtigen [§ 141 fern.3]. Die Prozeßvollmacht als solche erstreckt sich nicht auf den Konkurs, obgleich dieser ein Vollstreckungsverfahren ist. Denn der § 81 ZPO. will nach dem festen Sprachgebrauche des Gesetzes mit dem Worte „Zwangs­ vollstreckung" die im Gegensatz zum Konkurse stehende Einzelvollstreckung bezeichnen [§ 71 Anm. 1, § 72 Anm. 6]. Zudem aber erfolgen Anmeldung, Prüfung und Feststellung der unbestrittenen Forderung unabhängig vom schwebenden Prozesse. Wach Handbuch I § 50 N. 24, Gaupp-Stein ZPO." § 81 N. 16, Rosenberg Stellvertretung im Prozeß (1908) S. 784 N. 3, Boß LZ. 1908 S. 746 u. a.; abw. Seuffert ZPO." § 81 Anm. 2, Kohler Leitfaden S. 58, Förster-Kann ZPO? § 81 Anm. 3d. Die Bollmachtsformulare pflegen daher „die Vertretung im Konkurs über das Vermögen des Gegners" ausdrücklich einzu­ schließen (siehe z. B. Stein Aktenstücke7 S. 5). Andrerseits findet nach § 72 KO. der § 81 ZPO. entsprechende Anwendung auf eine für den Konkurs im allgemeinen („für die Ver­ tretung im Konkursverfahren": § 55 RAGO.) erteilte Vollmacht. Eine solche ermächtigt daher zur Zurücknahme der Anmeldung, zum Verzicht und zum Vergleiche hinsichtlich der Forderung selbst („Streitgegenstand"), besonders zur Abstimmung in dem einen Bestandteil des Konkursverfahrens bildenden Vergleichsverfahren (vgl. RG. v. 6. 4. 1911 LZ. S. 557). Sie ermächtigt ferner zur Bestreitung im Prüfungs­ termine, nicht aber als solche zugleich, wenn die Forderung des Machtgebers selbst bestritten wird, zu dessen Vertretung im Feststellungsprozesse (abw. Kohler Lehrbuch S. 324). Denn der Feststellungsprozeß ist ein außerhalb des Konkursverfahrens auszutragender, selbständiger Rechtsstreit. Es fragt sich sehr, ob der Anmelder auch das Wagnis eines Feststellungsprozesses übernehmen will (anders natürlich bei ent­ sprechend weiter Fassung der Vollmacht, wie im Falle RG. v. 30. 3. 1894 IW. S. 193f. Nr. 4). Unzweifelhaft wird die Tätigkeit des Anwalts im Feststellungsprozesse besonders entlohnt (Walter-Joachim RAGO? S. 372 und 378). Andrerseits schließt (gegen Kohler aaO. und Fitting § 38 N. 5) die uneingeschränkte Ermächtigung „zur Vertretung im Konkursverfahren" auch die Vollmacht zur Empfangnahme der Konkursdividende ein, weil das Berteilungsverfahren nach dem Zwecke des Konkurses und nach der Fassung des Gesetzes nur einen unselbständigen Bestandteil des Konkursverfahrens bildet. Insoweit ist für den § 81 ZPO. gar kein Raum, weil ja eine ausdrückliche Ermächtigung für das ganze Konkursverfahren vorliegt. Dies gilt, da eine Beschränkung auf Rechtsanwälte, wie sie der § 164 Entw. I (Motive I Bd. 2 S. 122 f.) vorgesehen hatte, im Gesetze nicht aus­ gesprochen ist, auch für andere Bevollmächtigte. Nach der Fassung der RAGO. hat der Anwalt des Gläubigers neben der Gebühr des § 56 Nr. 3 auch die Erhebungsgebühr des § 87 zu beanspruchen (Walter-Joachim S. 372, 379). Im Sinne des preuß. Stempel­ steuergesetzes v. 31. 7. 1895 (GSlg. S. 413) Tarif Nr. 73 Abs. 4 zählt die Vollmacht zur Vertretung eines Gläubigers im Konkursverfahren zu den „Prozeßvollmachten" (vgl. KG. v. 14. 3. 1904 OLG. 11 S. 215). Der § 31 Nr. 2 RAO. (vgl. § 356 StGB.) schließt nicht aus, daß ein Rechtsanwalt die allgemeine Konkursvertretung für mehrere Gläubiger in ein und demselben Verfahren übernimmt (jedenfalls dann nicht, wenn alle von ihm geltend zu machenden Konkursforderungen außer Zweifel stehen), wohl aber, daß er zugleich als allgemeiner Konkursvertreter eines Gläubigers und als Prozeßbevollmächtigter eines Anfechtungsbeklagten tätig wird (vgl. Friedländer RAO. 1908 S. 136; teilweise abw. Lichenheim IW. 1905 S. 69 f.). Die bloße Forderungsanmeldung erzeugt freilich den Kollisionsfall noch nicht. Sie dient zunächst nur zur Information der Beteiligten, zur Vorbereitung des Prüfungsverfahrens. Darum steht es dem Konkursverwalter frei eine eigene Forderung zum Konkurs anzumelden. Ebendarum erscheint es im all­ gemeinen nicht als Verstoß gegen § 31 RAO. oder gegen § 356 StGB., falls ein zum Konkursverwalter bestellter Rechtsanwalt die Forderung, die er für einen Gläubiger

"

186

§139,

«nm. 5.

Anmeldungserfordernisse.

eingeklagt hatte, noch selber zum Konkurs anmeldet, wenn er auch seiner Sachwalter­ pflicht gewiß schon durch Veranlassung rechtzeitiger Anmeldung genügte. Bei kleinen Amtsgerichten würden Anwälte, die zur Zeit der Konkurseröffnung nicht gerade einen Prozeß wider den Schuldner führen, als Verwalter häufig gar nicht zur Verfügung stehen. Ein Widerstreit zwischen dem Interesse des einzelnen Gläubigers und dem vom Konkursverwalter zu wahrenden Interesse der Gesamtgläubigerschaft kann namentlich im Prüfungsverfahren eintreten. Darum ist es unzulässig, daß der Konkursverwalter bei der Prüfung einer eigenen Forderung als Verwalter tätig wird fSonderverwalter: § 78 Anm. 6], sowie daß er im Prüsungstermin zugleich einen dritten Gläubiger vertritt. Zwangsvergleich: § 182 Anm. 5. Der Ehrengerichtshos für Rechtsanwälte (U. v. 16. 5. 1908 EGH. Entsch. 14 S. 48 f.) hat es daher mit Recht als einen groben Verstoß gegen die Berufspflichten bezeichnet, daß im Falle einer Anwaltssozietät ein Anwalt im Prüfungstermine den anderen als Konkurs­ verwalter fsiehe übrigens § 78 Anm. 10] und zugleich einige Konkursgläubiger vertrat, und es überhaupt für unzulässig erklärt, daß der eine der verbundenen Anwälte das Amt eines Konkursverwalters übernehme, während der andere im Konkursverfahren Konkursgläubiger vertrete. Vgl. auch noch DRAZ. 1912 S. 22f., 37. Die Forderungen juristischer Personen werden durch das verfassungsgemäß berufene Organ angemeldet. Wegen der Anmeldung von Gemeindeausständen in Baden siehe BadRechtspr. 1904 S. 52 s. Die gemeinsame Vertretung einer Gläubigervielheit ist — namentlich für die Pfandbriefgläubiger im Konkurse der Hypothekenbank — durch die §§ 18, 19 des Schuldverschreibungsgesetzes v. 4. 12. 1899 (RGBl. S. 691) vorgesehen. Seuffert ZPO. 27 S. 119 ff., Könige ebenda 28 S. 423 ff. Die Schuldverschreibungs­ gläubiger müssen als Konkursgläubiger ihre Forderungen und das beanspruchte Vorrecht nach § 139 KO. anmelden. So auch die Psandbriefgläubiger [§ 61 Anm. 2ff.]. Diese Anmeldung vor allem kann der in den §§ 18, 19 SchuldverschrG. bezeichnete „gemein­ same Vertreter" für Rechnung sämtlicher (auch unbekannter) Schuldverschreibungs­ gläubiger bewirken, ohne daß es alsdann einer Vorlage der Schuldverschreibungen bedarf fAnm. 8]. Bestellung: § 93 Anm. 3. Gesetzlich geboten ist weder seine Bestellung (Stern Schuldverschreibungsgläubiger S. 76 mit Lit.) noch seine Ausstattung mit einer die selbständige Rechtsverfolgung der einzelnen Gläubiger ausschließenden Machtbefugnis. Die offenbare Zweckmäßigkeit einer solchen Bestellung bedeutet noch keine gesetzliche Notwendigkeit. Auch wird (gegen Könige aaO.) durch die Bestellung für den Konkurs nicht schon stillschweigend die Befugnis zur Einzelversolgung ausgeschlossen. Aus § 72 KO. mit § 14 IV Schuld­ verschrG. läßt sich dieser Satz schon deshalb nicht ableiten, weil der § 14 IV voraussetzt, daß der Vertreter „für die Gesamtheit der Gläubiger" handelt, was in unserm Fall gerade die Frage ist. Immerhin empfiehlt es sich zur Vermeidung von Schwierigkeiten und Ver­ wickelungen dringend, dem Vertreter eine die Einzelverfolgung ausschließende Machtvoll­ kommenheit einzuräumen (§ 14 II mit § 11 II SchuldverschrG.: qualifizierte Mehrheit). Nur die Befugnis zu selbständiger Erhebung der Konkursdividende kann dem einzelnen Gläubiger nicht entzogen werden (§ 19 Satz 2 Halbs. 2 SchuldverschrG.). Das Protokoll über den nach ß 18 HI SchuldverschrG. gefaßten Beschluß kommt zu den Konkursakten (vgl. Könige SchuldverschrG. § 18 Anm. 7). Dem Konkursgerichte gegenüber bedarf alsdann der gemeinsame Vertreter keines besonderen Ausweises. Für das Konkursverfahren verlieren arg. §§ 63 Nr. 1, 65 KO. die in Bezug auf Verzinslichkeit und Fälligkeit bestehenden Unterschiede der einzelnen Serien von Schuld­ verschreibungen ihre Bedeutung. Insoweit ermöglicht sich eine einheitliche Abstimmung durch einen einzigen Vertreter. Wohl aber kann die Aufstellung ver­ schiedener Vertreter für verschiedene Arten von Schuldverschreibungen notwendig werden, also z. B. im Konkurse der Hypothekenbank für Psandbriefgläubiger, für Kommunal­ obligationäre, für Kleinbahnobligationäre und für Rentenbriefgläubiger. Für solche Ver­ treter verschiedener Gläubigergruppen gilt der § 14 V SchuldverschrG. nicht; jeder handelt selbständig, während mehrere Vertreter derselben Schuldverschreibungsart im Zweifel nur zusammen handeln können. Vgl. Stern S. 76 f., Könige SchuldverschrG. § 14 Anm. 7.

Anmeldungserfordernisse.

187

Zur Abstimmung für einen Zwangsvergleich bedarf der gemeinsame Vertreter,§ 139, mag nun der Vergleich einen Verzicht auf Kapital (Zwangserlaß) oder auf Zinsen (ZwangSstundung oder Herabsetzung des Zinsfußes) enthalten, ausdrücklicher Ermächtigung nach § 14 HI SchuldverschrG. Für wie viele Personen der Vertreter zu zählen hat, wenn es bei der Abstimmung aus die Kopfzahl ankommt (§§ 94 in, 182 Nr. 1 KO.), und die Zahl der Verschreibungsgläubiger — wie das zumeist der Fall — unbekannt ist, entscheidet das Konkursgericht nach freiem Ermessen. Anders als durch eine solche Analogie aus § 96 KO. wird die Lücke des Gesetzes kaum auszufüllen sein. Begründung des SchuldverschrG. (Reichstagsdrucksachen 1898/99 Nr. 105) S. 28, Könige aaO. § 18 Anm. 7, Stern S. 79f.; abw. zählt nach Seuffert aaO. S. 120 N. 18 die Gesamtheit der Berschreibungsgläubiger stets nur für eine Person (aber der Vertreter hat die Befugnisse der einzelnen Gläubiger und, wie oben bemerkt, nicht einmal rechtsnotwendig aller einzelnen Gläubiger aus­ zuüben). Siehe auch § 96 Anm. 3. Der „für das Konkursverfahren" ausgestellte Vertreter ist als solcher auch zur Bestreitung im Prüfungstermin ermächtigt. Für Feststellungsprozesse bedarf er einer ausdrücklichen Ermächtigung. Ein gemeinsamer gesetzlicher Vertreter ist der Pfleger der Versicherten im Kon-Anm. 6. kurs einer Lebensversicherungsanstalt. Der § 62 des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen v. 12. 5. 1901 (RGBl. S. 139) bestimmt nämlich mit Rücksicht auf das oben § 61 Anm. 5 erörterte Konkursvorrecht der Versicherten:

Das Konkursgericht hat den Versicherten zur Wahrung der ihnen nach § 61 zustehenden Rechte einen Pfleger zu bestellen. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Bormundschaftsgerichts das Konkursgericht. Dem Pfleger liegt ob, den Umfang des vorhandenen Prämienreservefonds fest­ zustellen sowie die den Versicherten zustehenden Ansprüche zu ermitteln und an­ zumelden. Der Pfleger hat die Versicherten soweit tunlich vor der Anmeldung zu hören und von der erfolgten Anmeldung zu benachrichtigen, ihnen auf Verlangen auch sonst über die für ihre Ansprüche erheblichen Tatsachen Auskunft zu erteilen. Das Recht des einzelnen Versicherten zur Anmeldung bleibt unberührt. Soweit mit der Anmeldung des Versicherten eine Anmeldung des Pflegers in Widerspruch steht, gilt bis zur Beseitigung des Widerspruchs die dem Versicherten günstigere Anmeldung. Der Konkursverwalter hat dem Pfleger die Einsichtnahme aller Bücher und Schriften des Gemeinschuldners zu gestatten und ihm auf Verlangen den Be­ stand des Prämienreservefonds nachzuweisen. Der Pfleger kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen. Die ihm zu erstattenden Auslagen und die Vergütung fallen dem Prämienreservefonds zur Last. Bor der Bestellung des Pflegers und vor der Festsetzung der Vergütung ist die Aufsichtsbehörde zu hören.

Nach Abs. I ist die Bestellung dieses Vertreters geboten. Sein gesetzlicher Wirkungskreis wird durch Abs. II—IV genau begrenzt. Zur Abstimmung (abw. Könige PBG.2 § 62 Anm. 2), zum Vorrechtsverzichte, zur Bestreitung im Prüfungstermin und zur Führung von Feststellungsprozessen bedarf er einer eigenen Ermächtigung. Für den Bereich einer solchen Ermächtigung ist er aber nicht Pfleger und gesetzlicher Vertreter, sondern gewillkürter Geschäftsbesorger (§ 675 BGB.) und Bevollmächtigter. Daher findet besonders auf eine von ihm erhobene Feststellungs- oder Widerspruchsklage der § 53 ZPO. keine Anwendung. Die Verwaltung und Verwertung der Bestände des Prämienreserve­ fonds steht ausschließlich beim Konkursverwalter. Daß der Pfleger die Versicherten von der eigenen Anmeldung nicht ausschließt, wird im Abs. HI besonders hervorgehoben. Die An­ meldung des Vorrechts durch den Pfleger kommt nach Abs. IH Satz 3 auch solchen Ver­ sicherten zustatten, die selber abngemeldet, aber die ausdrückliche Beanspruchung des Vorrechts versehentlich unterlassen haben. Zu den nach Abs. n vom Pfleger anzumeldenden An­ sprüchen gehören auch etwaige nichtbevorrechtete Forderungen aus dem Versicherungs­ verhältnis [§ 61 Anm. 5]. Die Kosten der Vergütung des Pflegers als solchen (Abs. V)

188

§139«

Anmeldungserfordernisse.

lasten als besondere Massekosten auf dem Prämienreservefonds [§ 58 Anm. 6]. Im übrigen vgl. Thaler AnnDR. 1902 S. 832 ff., Manes ZHR. 52 S. 118 f. Anm. 7. Da auch der schriftliche Verkehr mit den Gerichten ausschließlich in deutscher Sprache stattfindet (8186 GBG.), werden Anmeldungen in fremder Sprache (trotz des §51) nicht berücksichtigt. Vgl. RG. v. 2. 10. 1893 Bd. 31 429. Wohl mag es der Richter als nobile officium betrachten, die in fremder (z. B. polnischer) Sprache verfaßte Anmeldung mit dem Anheimstellen der Einreichung in deutscher Sprache zurückzugeben. Das Gesetz schreibt dies nicht vor. Die schriftliche Anmeldung in fremder Sprache ist unwirksam und unterbricht daher auch in dringenden Fällen die Verjährung nicht [Anm. 10). PetersenKleinfeller Anm. 3, Fitting § 38 N. 5. Dolmetscher: § 187 GVG. Die schriftliche Ein­ reichung kann durch Telegramme geschehen, wenn nur die Urschrift des Telegramms erkennbar vom Gläubiger oder für diesen aufgegeben ist [tont. 8]. Vgl. RG. Straff, v. 6. 3. 1883 Entsch. Bd. 8 92, v. 16. 10. 1884 Rechtsprechung VI S. 624, v. 21. 2. 1888 Entsch. Bd. 10 176 (Urkundenfälschung, Strafantrag nach § 156 II StPO., Revisions­ einlegung). Petersen-Kleinfeller Anm. 3; abw. Kohler Leitfaden S. 246. II. Unwesentliches Anmeldungserfordernis. Anm. 8. Ein die Wirksamkeit der Anmeldung nicht bedingendes Erfordernis stellt Satz 3 aus: dieBeifügung der etwa vorhandenen urkundlichen Beweisstücke in Urschrift oder Abschrift. Solche „Beweisstücke" sind besonders Schuldscheine, Wechsel, Schecks, Kauf­ briefe, Urteile, Arrestbefehle (vgl. RG. v. 23. 4.1903 Bd. 54 314), Abtretungsurkunden (KG. v. 11. 2. 1902 OLG. 5 S. 144). Die Abschrift braucht nicht beglaubigt zu sein. Nach dem Prüfungsverfahren sind die urkundlichen Belege dem Anmelder mit dem etwaigen Fest­ stellungsvermerke (§ 145 I 2) zurückzugeben. Unwesentlich ist wohl auch die Unter­ zeichnung der schriftlichen Anmeldung durch den Gläubiger. Es genügt, daß sie erkennbar von ihm ausgeht. Meldet der gemeinsame Vertreter der Schuldverschreibungs­ gläubiger [Anm. 5] für die Gesamtheit an, so bedarf es der Beifügung der Schuldver­ schreibungen nicht. Zahl und Betrag der ausgegebenen Verschreibungen sind aus den Büchern des Gemeinschuldners ersichtlich, die konkursmäßige Feststellung also auf dieser Grundlage möglich. Darauf, daß vielleicht einzelne Verschreibungen abhanden gekommen, aber noch nicht für kraftlos erklärt sind, wird zunächst kein Gewicht gelegt. Vorlage der Verschreibungen wird erst bei Erhebung der Dividenden verlangt, dann aber auch von dem zur Erhebung ermäch­ tigten Vertreter. § 19 SchuldverschrG. mit Begründung, Seuffert ZZP. 27 S. 120, Könige SchuldverschrG. § 19 Anm. 13. Wegen Abrechnung „eigener Schuldverschreibungen" der Bank siehe Stern S. 56ff. Einer Glaubhaftmachung des Anspruchs bedarf es im Anmeldungs­ verfahren nicht [siehe § 141 Anm. 2, 14]. HL Wirkungen der Anmeldung. Anm. 9. Eine ordnungsmäßige Anmeldung ermöglicht die A b st i m m u n g in der Gläubigerversamm lung [§ 95 Anm. 5]. Sie führt zur Prüfung und Feststellung [§ 146 tont. 21] und damit zur Teilnahme an der konkursmäßigen Befriedigung sowie zu den Vorteilen, die aus der Feststellung für die außerkonkursmäßige Rechtsverfolgung (§§ 164, 194, 206) er­ wachsen. Sie unterbricht die Verjährung des angemeldeten und anmeldbaren Anspruchs [§ 25 Anm. 15—28]. Rechtshängigkeit begründet die Anmeldung nicht. Vgl. RG. v. 11. 11. 1896 Gruchots Beitr. 41 S. 1200, OLG. Dresden v. 16. 9.1891 ZZP. 6 S. 501 ff., OLG. Frankfurt v. 26. 3. 188 Franks. Rundsch. 1889 S. 100f.; abw. Hellwig Lehrbuch m S. 218 f. Daß die Anmeldung eines Anspruchs dessen Rechtshängigkeit (im Sinne des § 263 ZPO.) nicht begründet, ergibt sich ohne weiteres daraus, daß ja auch ein bereits rechtshängiger Anspruch angemeldet werden kann und muß. Keineswegs bildet die Anmeldung die „an Stelle der Klage" tretende Form der gerichtlichen Geltendmachung. Nach der Anmeldung kann noch immer die Klage erforderlich sein (§ 146). Auch rechtskräftig zuerkannte Ansprüche, deren Einklagung mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses gar nicht zulässig wäre, bedürfen der Anmeldung. Das Konkursgericht als solches aber wird selbst bei noch nicht rechtshängigen Ansprüchen zur „Entscheidung" nicht berufen (§ 146 H, HI). Der Feststellungsvermerk bei allseitig anerkannten Ansprüchen ist zwar ein vollwertiger Urteils-

Anmeldungserfordernisse.

189

ersatz (§ 145II), aber eben kein Urteil. Alle prozeßrechtlichen Äußerungen der Rechtshängigkeit Hl Zg. fehlen.

Unanwendbar bleibt für das Konkursverfahren nicht nur der § 263, sondern auch der

§ 265 ZPO. Namentlich bedarf der Erwerber einer nach der Anmeldung abgetretenen Konkurs­ forderung, um am Konkursverfahren teilzunehmen, besonders um auf Grund der vorher oder nachher festgestellten Forderung des Zedenten an dessen Stelle abzustimmen und Anteile zu beziehen, keiner Einwilligung des „Gegners" (anderer Gläubiger oder des Verwalters). Die Kenntnis der Abtretung muß, was die Schutzvorschriften der §§ 406 ff. BGB. betrifft, beim Verwalter als Zwangsvertreter des Schuldners vorliegen; ihm ist die Urkunde des § 410 BGB. auszuhändigen. Siehe § 142 Anm. 4 mit Verweisen. Auch der § 264 ZPO. kommt gegen­ über dem § 146 IV nicht in Betracht. Bon den materiellrechtlichen Wirkungen der Klag­ erhebung ist eine einzelne, die Unterbrechung der Anspruchsverjährung, und zwar in selb­ ständiger Regelung auch als Rechtsfolge der Anmeldung anerkannt. Unbedenklich darf ferner nach dem Zwecke der §§ 847, 1300 BGB., § 852 ZPO. deren entsprechende Anwendbarkeit bejaht, also angenommen werden, daß auch in der Anmeldung eine Rechtsverfolgung liegt, durch die der Anspruch seine höchstpersönliche Natur abstreift, obwohl er durch die Anmeldung nicht „rechtshängig" wird. Dagegen bleibt z. B. der § 291 BGB. unanwendbar: es ist nicht etwa nur die Verfolgung des Zinsanspruchs im Konkurs ausgeschlossen (§ 63 Nr. 1); ein Prozeßzinsenanspruch als solcher entsteht infolge der Anmeldung überhaupt nicht. Ebensowenig greifen z. B. die §§ 1407 Nr. 1 (1525 II, 1550 II), 1454 (1549) BGB. Platz, wenn die Gläubigerin nach der Anmeldung heiratet: für den nachher neu zu beginnenden Feststellungs­ prozeß wird ihr durch die Anmeldung allein die Sachlegitimation nicht erhalten, ja selbst für die Konkursteilnahme (Bergleichsabstimmung, Dividendenbezug) nicht fsiehe Anm. 12]. Auch eine Zurücknahme der Anmeldung steht nun der Ehefrau nicht mehr einseitig frei. Die durch Anmeldung begründete Rechtslage entspricht sonach zwar in mancher Hinsicht der Rechtshängig­ keit, deckt sich aber keineswegs mit dieser. Unzulässigkeit einer Klage gegen den Schuldner: § 12 Anm. 6. Dem Verbote der Sondervollstreckung (§ 14) und den Wirkungen des Zwangs­ vergleichs (§ 193) unterliegt auch der nichtanmeldende Konkursgläubiger [§ 3 Anm. 1]. Die Anmeldungsfolgen, besonders die Unterbrechung der Verjährung, treten in dem Zeitpunkt ein, in dem die Anmeldung bei Gericht eingereicht oder protokolliert wird. Wirksam ist aber nur eine Anmeldung, die den wesentlichen Erforder-Anm.io. nissen genügt. Nur eine solche wird in die Tabelle eingetragen (§ 140 II) und geprüft (§ 141). Unwirksam ist daher eine nicht nach Grund und Betrag individualisierte, nicht an das Konkursgericht gelangte oder nicht in deutscher Sprache verfaßte Anmeldung. Beispiel: Unwirksam ist nicht nur die bloße Anmeldung von „1000 Mk.", sondern auch die Anmeldung einer Kaufpreis- oder Wechselsorderung von 1000 Mk., wenn die Angabe des anspruch­ begründenden Tatbestands (welche Warenlieferung, welcher bestimmte Wechsel?) fehlt. RG. v. 12. 4. 1897 Bd. 39 37ff. (bes. S. 45). Das Begehren bevorrechtigter Befriedigung fAnm. 3] ist in dem Sinne wesentlich, daß der Mangel die Nichtbeachtung des Vorrechts zur Folge hat (vgl. RG. v. 24. 6. 1890 Bolze 10 Nr. 885). Bloße Verspätung macht die An­ meldung noch nicht unwirksam (§ 142). Die Mangelhaftigkeit braucht im Prüfungstermine nicht ausdrücklich gerügt zu werden. Anm.ii. Verwalter und Gläubiger sind zur Beanstandung berechtigt, nicht verpflichtet (RG. 39 46). Eine Heilung wesentlicher Mängel kann nur durch Ergänzungen und Berichtigungen er­ folgen, die beim Konkursgericht eingereicht, zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt oder im Prüfungstermine bewirkt werden (RG. aaO. S. 47). Ergänzungen und Ände­

rungen — die Angabe eines anderen Grundes und die Erhöhung des Betrags — sind als neue, ex nunc wirkende Anmeldungen zu behandeln und kommen daher, wenn die Verjährungsfrist inzwischen abgelaufen ist, zu spät. Vgl. § 142 II; Motive H S. 359, Seuffert § 42 N. 4, Fitting § 38 N. 6; abw. Hullmann Anm. 6, Petersen-Kleinfeller Anm. 6, die den § 268 Nr. 2 ZPO. entsprechend anwenden. Neuanmeldungen sind zufolge § 142 m auch nach dem allgemeinen Prüfungstermine statthaft; der Nachzügler hat jedoch die Kosten eines besonderen Prüfungstermins zu tragen [§ 138 Anm. 4]. Wird die berichtigte Anmeldung zur Prüfung zugelassen und festgestellt, so wird selbst ein wesentlicher Anmeldungs-

190 § 138.

Anmeldungserfordernisse.

mangel durch die Rechtskraft des § 145 n geheilt. Die Feststellung eines auch jetzt noch der Grundangabe ermangelnden Anspruchs würde der Rechtskraft gar nicht zugänglich sein [§ 145 Anm. 5]. Ist die nachträgliche Anmeldung neuer Forderungen zulässig, so muß erst recht die versäumte Inanspruchnahme eines Vorrechts bei Festhaltung des bisher behaupteten Rechtsgrundes auch dann noch gestattet sein, wenn die ohne Vorrecht angemeldete Forderung bereits in der Tabelle als unstreitig fest gestellt worden ist. Denn das Vorrecht kann, da es als nicht beansprucht gar nicht zur Erörterung stand (§ 1411), ebensowenig als ab­ erkannt wie als anerkannt gelten. Wird es nun bestritten, so besteht derselbe Zwiespalt, wie wenn eine von vornherein mit Vorrecht angemeldete Forderung als Forderung anerkannt, hinsichtlich des Vorrechts aber bestritten wird, was oft genug vorkommt. Kohler Lehrbuch S. 558, Baltzer Nachträgliche Inanspruchnahme des Konkursvorrechts (Leipz. Diss. 1912), jetzt auch v. Wilmowski-Kurlbaum § 145 Anm. 9; abw. RG. v. 13. 1. 1888 Bd. 20 412, v. 30. 12. 1896 Bd. 38 419 und wie dieses eine verbreitete Lehre (z. B. Petersen-Kleinfeller § 61 Anm. 3, Oetker ZZP. 25 S. 67 f., welch letzterer die Verwirkung des Vorrechts schon mit „Zulassung" der Anmeldung eintreten läßt). Zur Begründung führen die Gegner meist die vom RG. 38 420 selbst als bedenklich bezeichnete, auf die Motive H S. 364 gestützte Be­ hauptung an, die Feststellung (§ 144) wirke Rechtskraft (§ 145II) auch gegen den Anmelder?) Indessen hat die der Eintragung einer unbestrittenen Forderung im § 145 II (§ 1441) bei­ gelegte Wirksamkeit, wie der Gegensatz des § 147 zeigt, ausschließlich zuerkennenden, nicht aberkennenden Inhalt. Die „Rechtskraft" steht darum auch nicht, wie Bang SARpfl. 5 S. 4 ff. meint, insofern entgegen, als sie die „Feststellung eines neuen Tatbestands" aus­ schließt. Wenn 500 Mk. Schadensersatz angemeldet und anerkannt worden sind, der Schaden aber, wie sich nun herausstellt, 800 Mk. beträgt, können aus demselben Rechtsgrunde weitere 300 Mk. angemeldet und nach Maßgabe des § 142 zur Feststellung gebracht werden. Nun ist freilich das Vorrecht, obwohl es zu einer ausgiebigeren Befriedigung führt, nicht ein Teil, sondern eine besondere Eigenschaft des Anspruchs. Allein seine nachträgliche Inanspruchnahme muß nach Wortlaut und Zweck des § 142II nicht minder zulässig sein als die Anmeldung eines weiteren Forderungsbetrages. Die Rechtskrastwirkung des § 145 II KO. beschränkt sich wie die des § 322 ZPO. auf die in Anspruch genommene Rechtsfolge des als Anspruchs­ grund behaupteten Tatbestands (vgl. § 139 Satz 1 „beanspruchtes" Vorrecht). Inanspruch­ nahme der Forderung und Inanspruchnahme des Vorrechts sind im Sinne des § 322 ZPO. zwei verschiedene „Ansprüche", obwohl das Vorrecht nicht — wie z. B. das Pfandrecht — ein eigenes Nebenrecht, vielmehr nur eine besondere Wirksamkeit des Anspruchs darstellt. Die Rechtslage ist bei freiwilliger Feststellung die gleiche wie bei erzwungener: Wird ein Gehalts­ anspruch ohne Vorrecht angemeldet und dem Betrag oder Grunde nach bestritten, daraufhin durch rechtskräftigen Richterspruch als Konkursforderung festgestellt, so schließt auch das Urteil eine nachträgliche Inanspruchnahme des Vorrechts nicht aus, da es sich über die Borrechts­ eigenschaft des zuerkannten Anspruchs nicht äußert. Bon unbilliger Benachteiligung der übrigen Konkursgläubiger kann keine Rede sein; denn es steht ihnen ja nun die Bestreitung des Vorrechts frei. Andrerseits wird, wie die Erfahrung lehrt, durch die Gegenansicht sehr häufig der kleine Mann hart getroffen, der des Gesetzes unkundig, seine Forderung ohne ausdrückliche Vorrechtsinanspruchnahme (schriftlich) angemeldet hat und erst nach dem Prüfungs­ termin aufgeklärt wird. Man beachte wohl, daß sich an der tatsächlichen Behauptung gar nichts zu ändern pflegt. Wollte dagegen der Anmelder einen anderen Rechtsgrund geltend machen und daraus ein Vorrecht ableiten, also z. B. die als Darlehensanspruch an­ gemeldete und festgestellte Forderung nun als Gehaltsanspruch mit Vorrecht zur Feststellung bringen, so würde es der Anmeldungsrücknahme und Neuanmeldung bedürfen. Eine Zurücknahme nach Feststellung des Anspruchs aber ist unzulässig (Anm. 14].

*) Dieser Satz ist aus den Motiven I Bd. 2 S. 98 in die Motive II S. 364 übergegangen. Allein dort diente er zur Rechtfertigung des an den § 174 der preuß. KO. angelehnten § 144 Entw. einer Gemeinschuldordnung („Für eine geprüfte Forderung kann nachträglich ein Vorrecht nicht in Anspruch genommen werden"), der nicht Gesetz geworden und aus allgemeinen Rechts­ sätzen nicht abzuleiten ist. Die Tatsache dieser Streichung wird von den Gegnern nicht gewürdigt.

Anmeldungserfordernisse.

191

IV. Einfluß des ehelichen Güterrechts.

§139*

Beim gesetzlichen Güterstande der Verwaltung und Nutznießung kann die Ehefrau ihreAnm.12. zum eingebrachten Gute gehörenden Forderungen, wie aus dem zu eng gefaßten Grunsatze des § 1400 II BGB. zu folgern ist, regelmäßig nur mit Zustimmung des Mannes anmelden. Die Zustimmung bedarf der gleichen Form wie die Anmeldung (§ 139 Satz 2). Entbehrlich ist diese Zustimmung in den Fällen der §§ 1401, 1405, 1407 Nr. 2 u. 3 BGB. Die besonderen Umstände, welche (wie z. B. Abwesenheit des Mannes und Berzugsgefahr im Falle des § 1401 BGB.) die selbständige Anmeldungsbefugnis der Ehefrau ergeben, sind als Zulassungserfordernisse Gegenstand amtlicher Vorprüfung [§ 141 Anm. 2J. Wieruszowski Eherecht II (1904) S. 538 N. 99. Wegen des § 1407 Nr. 1 siehe Anm. 9. Der Ehemann kann Forderungen des eingebrachten Gutes der Frau auch im Konkursverfahren selbständig und eigenen Namens geltend machen (§ 1380 BGB.). Er ist daher selbständig zu der zunächst unerläßlichen Anmeldung (gegen Meikel SeuffBl. 65 S. 155), zum Widerspruch im Prüfungstermin und zur Führung des Feststellungsprozesses als Anmelder oder als Widersprechender legitimiert. Daß der die eingebrachte Forderung der Frau verfolgende Mann im Falle des § 146 VI KO. die Beklagtenrolle einnimmt, steht der Anwendbarkeit des § 1380 Satz 1 BGB. nicht entgegen: auch dieser Rechtsstreit ist ein Aktivprozeß. Zur Verfügung über eingebrachte Forderungen und dementsprechend zur Abstimmung für einen Zwangs­ vergleich bedarf der Mann einer schriftlich vorzulegenden oder zu Protokoll zu erklärenden Zustimmung der Frau (§ 1375 BGB ). Eine Verfügung über die eingebrachte Forderung liegt auch in der Empfangnahme von Konkursdividenden; auch zu ihr benötigt daher der Mann grundsätzlich die Zustimmung der Frau. Bei der allgemeinen Gütergemeinschaft ist der Ehemann und nur dieser berechtigt, eine zum Gesamtgute gehörende Forderung eigenen Namens im Konkursverfahren geltend zu machen (§ 1443 I BGB.). Ausnahmen ergeben sich aus § 1450 und aus § 1452 mit § 1405 BGB. Bei fortgesetzter Gütergemein­ schaft steht die selbständige Geltendmachung dem überlebenden Ehegatten zu (§ 14871 BGB.). Entsprechendes gilt für die Anmeldung einer zum eingebrachten Gute oder zum Gesamtgute gehörenden Forderung bei den Güterständen der Errungenschafts- und der Fahrnisgemeinschaft (§§ 1519 II, 1525 II, 1549, 1550 II BGB.). Siehe § 94 Anm. 4, § 182 Anm. 3. Gesamtgläubiger, Pfandgläubiger, Nießbraucher: § 67 Anm. 8f., § 182 Anm. 3.

V. Zurücknahme der Anmeldung. Wie die Anmeldung eines Anspruchs im Konkurse gleich einer Klagerhebung die An-Anm.is. spruchsverjährung unterbricht, so hat die Zurücknahme der Anmeldung gleich einer Klagezurücknahme die Folge, daß die Unterbrechung als nicht eingetreten gilt (§ 214 II mit § 212 I BGB.). Im einen wie im andern Falle ist die Zurücknahme eine Prozeß­ handlung. Hier wie dort steht sie als bloße Prozeßhandlung in Frage. Der § 214 H BGB. gilt also nur für die reine Anmeldungsrücknahme. Liegt ihr eine Übereinkunft zwischen

Anmelder und Konkursverwalter zugrunde, die den Sinn einer Anerkennung des Anspruchs durch den Verwalter (§ 208 BGB.) oder einer Anspruchstilgung durch Leistung an Erfüllungsstatt (§ 364 BGB.) oder der primären Verweisung des Anmelders auf einen Deckungsanspruch hat (§§ 202, 205 BGB.), dann greift der § 214 H BGB. nicht Platz (vgl. RG. v. 10. 11. 1908 Bd. 70 35). Für die Form der Zurücknahme sind, da diese eine Prozeßhandlung ist, die VorschriftenAnm. 14. des bürgerlichen Rechts über den Verzicht (etwa § 397 BGB.) nicht maßgebend (abw. PetersenKleinfeller Anm. 11). Die Zurücknahme kann vielmehr durch Schriftsatz oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers wie die Anmeldung selbst, aber auch mündlich im Prüfungs- oder Bergleichstermin erklärt werden. Sie steht demjenigen Ehegatten zu, der zur Anmeldung legitimiert ist sAnm. 9, 12]. Zurücknahme durch einen Bevollmächtigten: Anm. 4. Sie ist eine einseitige Handlung. Auch nach einer Bestreitung des Anspruchs bedarf sie (anders als eine Klagezurücknahme, § 271 ZPO.), mag sie noch im Prüfungstermine selbst oder späterhin erklärt werden, irgend einer Bewilligung der Gegenseite (des Widersprechenden,

Konkurstabelle.

192

§140. .

des Gemeinschuldners, des Konkursverwalters) nicht. Ihrer Wirkung nach bildet sie keinen Verzicht auf den angemeldeten Anspruch, sondern nur einen Verzicht auf die durch die Anmeldung erworbene Stellung im Konkursverfahren. Namentlich scheidet eine vor der Prüfung zurückgenommene Anmeldung für den Prüfungstermin aus. Eine Wiederanmeldung steht dem Gläubiger frei, auch wenn die zurückgenommene Anmeldung bereits zugelassen war [§ 141 Anm. 2]. Seuffert S. 254; abw. Oetker I S. 370 N. 3. Den Rechtsfolgen der §§ 14, 193 entgeht der Konkursgläubiger bei Anmeldungsrücknahme so wenig als beim Unterlassen der Anmeldung. Sobald einmal die angemeldete Konkursforderung als sestgestellt in die Tabelle eingetragen ist, kann die Anmeldung als solche nicht mehr zurückgenommen werden, weil die Rechtskraft (§ 145II) dem Parteiverzicht nicht unterliegt. Die Unterlassung fernerer Konkursbeteiligung steht dem Gläubiger natürlich frei. Eine nachträgliche Abschwächung oder Tilgung des festgestellten Anspruchs selber (z. B. nach § 397 BGB.), würde im Wege des § 767 ZPO- geltend zu machen sein. Vgl. OLG. Königsberg v. 27. 4. 1905 PosMSchr. S. 100; andere (z. B. Seuffert aaO.) lassen die Zurücknahme bis zur Konkursbeendigung zu.

VI. Besonderheit im Nachlaßkonkurse siehe zu 229 (§ 236).

§ 140. Die Anmeldungen sind in der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Be­ teiligten niederzulegen. Der Gerichtsschreiber hat jede Forderung sofort nach der Anmeldung der­ selben in der Rangordnung des beanspruchten Vorrechts in eine Tabelle ein­ zutragen, welche innerhalb des ersten Dritteils des zwischen dem Ablaufe der Anmeldefrist und dem prüfungstermine liegenden Zeitraums auf der Gerichts­ schreiberei zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen und abschriftlich dem Ver­

walter mitzuteilen ist. Unveränderter § 128 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 93f., Motive II S. 360f., Protokolle S. 91, 171 f.

I. Einsichtsrecht der Beteiligten (Abs. I). Anm. 1.

Alle beim Konkursgericht schriftlich eingereichten oder zu Protokoll erklärten An­ meldungen (§ 139 Satz 2) müssen auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Inter­ essenten (des Gemeinschuldners, des Verwalters, der Ausschlußmitglieder als solcher, der Konkursgläubiger) oder ihrer Vertreter niedergelegt werden. Als Träger der GemeinschuldnerRolle haben im Konkurse der offenen Handelsgesellschaft alle Mitglieder, im Nachlaßkonkurs alle Miterben einzeln das Recht der Einsicht. Abschriften werden, auch an den Verwalter, nur auf Antrag erteilt. Vgl. § 299 I ZPO. mit § 72 KO.; Motive II S. 361, Protokolle S. 91. Schreibgebühren: §§ 80, 86 II, 97 GKG. Erhebt der Verwalter die Abschrift, so bildet die Gebührenpflicht (wie bei der Prozeßführung des Verwalters) eine Masseschuld nach § 59 Nr. 1 (siehe § 58 Anm. 5J. . II. Eintragung in die Tabelle (Abs. II).

Anm. 2.

1. Sofort nach der Anmeldung hat der Gerichts sch reib er die Forderung in eine Tabelle einzutragen. Als „Gerichtsschreiber" ist hier, wie sonst auch (z. B. für die Aufgaben der §§ 111, 112, 122 II, 145 I), nicht nur der erste Beamte der Gerichtsschreiberei, sondern jeder zur selbständigen Ausführung dieser Obliegenheit „an sich befähigte und dienstlich berufene" Beamte, als solcher auch ein Gerichtsschreibergehilfe oder ein auf der Gerichts­ schreiberei beschäftigter Rechtsbeflissener zuständig. RG. v. 27. 6. 1895 IW. S. 385 Nr. 26. Die dem Gerichtsschreiber nach Abs. II obliegende Eintragung ist eine selb­ ständige, die vorgängige Weisung des Konkursrichters nicht voraussetzende, aber andrer-

Konkurstabelle.

193

seits nur eine beurkundende, nicht eine entscheidende Tätigkeit. Der Gerichtsschreiber H140. hat dementsprechend weder die wesentlichen Erfordernisse der Anmeldung (abw. PetersenKleinfeller § 139 Anm. 10) noch die Anmeldbarkeit der Forderung nachzuprüfen. Über die Zulassung der letzteren zur Prüfung entscheidet das Gericht, aber nicht notwendig jetzt schon, sondern möglicherweise erst im Prüfungstermine [§ 141 Anm. 2]. Dieser Ent­ scheidung greift der Eintrag in die Tabelle nicht vor. Denn zu prüfen sind nicht nur die eingetragenen, sondern alle ordnungsmäßig „angemeldeten" Forderungen (RG. vom 22. 10. 1885 SeuffA. 41 Nr. 272) und nur diese (RG. v. 12. 4. 1897 Bd. 39 39). Daß der Gerichtsschreiber dem Anmelder etwaige Bedenken mitteilt, ihn etwa auf die Not­ wendigkeit ausdrücklicher Vorrechtsinanspruchnahme hinweist [§ 139 Anm. 3, 10 f.], ist an­ gemessen, aber nicht gesetzlich geboten. Wohl aber hat der Amtsrichter im Prüfungstermin erschienene Anmelder zu sachdienlicher Antragstellung anzuhalten (§ 72 KO. mit § 502 I ZPO.; vgl. § 142 II KO.). Wegen schuldhaften Unterlassens der Eintragung ist der Ge­ richtsschreiber und wegen schuldhafter Nichtberücksichtigung einer bei den Akten liegenden, wenngleich nicht eingetragenen Anmeldung auch der Konkursrichter (RG. v. 22. 10. 1885 aaO., v. 14. 12. 1893 IW. 1894 S. 63 Nr. 10, v. 14. 12. 1903 IW. 1904 S. 85 f. Nr. 1) verantwortlich. Landesrechtlich haftet neben dem Beamten (Sachsen) oder an dessen Stelle (Preußen, Bayern) dem Verletzten der Staat, da der Gerichtsschreiber wie der Amts­ richter in Ausübung der staatlichen Gerichtsbarkeit, einer öffentlichen Gewalt im Sinne des a. 77 EGzBGB., tätig werden (vgl. RG. v. 14. 12.1903 aaO.). Soweit diese Gerichts­ personen Reichsbeamte sind [§ 71 Anm. 8], greift das Reichsgesetz v. 22. Mai 1910 (RGBl. S. 798) Platz. Da der Gerichtsschreiber über die Zulassung nicht zu „entscheiden" hat, gibt es auch kein Rechtsmittel gegenüber der Eintragung oder Nichteintragung, weder unmittelbar (§ 73 III KO.) noch auf dem Umwege des § 576 ZPO. Seuffert S. 254 f.; abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2 (die den § 576 ZPO. anwenden). Wohl aber unterliegt die gerichtliche Zulassungsversagung sofortiger Beschwerde [§ 141 Anm. 2]. Eine Dienst­ aufsichtsbeschwerde an den Amtsvorstand des die Eintragung verweigernden Gerichtsschreibers ist nicht ausgeschlossen.

Der Gerichtsschreiber hat die Forderung „in der Rangordnung des beanspruchtenAnm. 3. Vorrechts" einzutragen. Wird ein Vorrecht nicht ausdrücklich begehrt, so kann die Forderung nur als einfache in die Tabelle ausgenommen werden ssiehe Anm. 2]. 2. Die Tabelle muß innerhalb des ersten Dritteils des zwischen dem Ablaufe der Anmelde-Anm. 4. frist und dem Prüfungstermin liegenden Zeitraums auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Beteiligten sAnm. 1] niedergelegt und dem Verwalter von Amts wegen — anderen Beteiligten nur auf Antrag und entgeltlich [Dgl Anm. 1] — in Abschrift mitgeteilt werden. Wird die Frist nicht eingehalten, so kann der Prüfungstermin auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen und zwar auf Kosten des Gerichtsschreibers, wenn ein grobes Verschulden desselben vorliegt, vertagt werden (§ 72 KO. mit § 102 ZPO.). Motive II S. 360, Fitting § 38 N. 10, Seuffert S. 255; abw. verlangen Petersen-Kleinfeller Anm. 4 eine Klage des Verwalters wider den säumigen Gerichtsschreiber auf Ersatz.

UL Die Einrichtung der Tabelle. Die Einrichtung der Tabelle ist den Landesjustizverwaltungen über-Anm. 5. lassen (Motive aaO.). Siehe die Geschäftsordnungen [§ 71 Anm. 22] für Preußen § 33, für Bayern §§ 189—194, für Sachsen §§ 1454 s.; ferner Lubowski Konkursverfahren (1911) S. 68 ff. Im wesentlichen stimmen diese Vorschriften überein, namentlich auch hinsichtlich des Formulars der Konkurstabelle. Diese wird in zwei Abteilungen hergestellt, deren erste für die bevorrechtigten und deren zweite für die gewöhnlichen Konkursforderungen bestimmt ist. Eine teils bevorrechtigte teils nicht bevorrechtigte Konkursforderung (z. B. Lohnrückstand für mehrere Jahre) muß in jeder Abteilung besonders aufgeführt werden (vgl. z. B. Sachsen § 1454 Abs. 5). Jede Forderung erhält eine eigene Nummer. Doch sind die Nebenansprüche des § 62 der Nummer des Hauptanspruchs einzureihen (Preußen § 33 Nr. 5, Bayern § 193 I). Beide Abteilungen enthalten zehn Längsspalten, deren Inhalt das auf Seite 195 abgedruckte

194 §U0.

Anm. 6.

Anm. 7.

Anm. 8.

Konkurstabelle.

Muster (eine Ergänzung des preußischen Formulars) ersehen läßt. In Bayern fehlt die be° sondere Borrechtsspalte (Spalte 1 des preußischen Formulars). Die Spalten 1—9 des baye rischen Formulars entsprechen ganz den Spalten 2—10 des preußischen. Jedenfalls bilder die verschiedenen Spalten der Tabelle ein einheitliches Ganzes (RG. v. 25. 1. 190< Gruchots Beitr. 46 S. 1117). Die Wirksamkeit eines Vermerks wird durch Eintragung ü eine unrichtige Spalte nicht ausgeschlossen. Ergänzend sei zu den Vorschriften der Geschäftsordnungen noch bemerkt: 1. Im Nachlaßkonkurs und im Konkurs über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemein schäft empfiehlt sich die Aufnahme einer dritten Abteilung für die minderberechtigter Forderungen (§§ 226, 236). In diesen Fällen ist auch zu beachten, daß unter den Vor aussetzungen des § 229 im Aufgebotsverfahren angemeldete Forderungen einer besonderer Anmeldung im Konkurse nicht bedürfen. Im Konkurse des Versicherungsvereins a. G. it

§ 61 Anm. 6 zu beachten. 2. In der Berichtigungsspalte (Preußen: 9, Bayern: 8) sind einmal Berichtigunger von Schreibfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten der Einträge zu vermerke: [§ 145 Anm. 3], sodann aber auch eine Berichtigung der Anmeldung (z. B. die nach trägliche Inanspruchnahme eines Vorrechts) und des Prüfungsergebnisses, besonders auch die Zurückziehung und der nachträgliche Wegfall eines Widerspruchs [§ 141 Anm. 3

u. 10, § 146 Anm. 31]. In die Bemerkungsspalte (Preußen: 10, Bayern: 9) gehören alle zur Aufnahne in die übrigen Spalten nicht geeigneten Vermerke, besonders der persönliche Widerspruy des Gemeinschuldners (Motive II S. 362; also nicht in die Spalte „Ergebnis dr Prüfungsverhandlungen") sowie die Beseitigung dieses Widerspruchs, die Herabsetzurg oder Zurücknahme der Anmeldung einer Forderung oder eines Vorrechts sowie die zur Übesicht nötigen Verweisungen und Angaben über die Gewährung eines Stimmrechts uib deren Änderung. Wird ein nachträglicher Gläubigerwechsel (Erbfolge, Abtretung

Anm. 9.

Anm.io.

in der Tabelle vermerkt, so gehört der Vermerk in diese Spalte. Es fragt sich aber seh, ob die Konkurstabelle für eine solche Beurkundung da ist. Notwendig ist jedenfalls wedr eine Anmeldungsergänzung noch ein Tabellvermerk, mag die Rechtsnachfolge vor odr nach der Feststellung eintreten. Der Rechtsnachfolger hat sich dem Verwalter gegenübr auszuweisen [§ 149 Anm. 7]. Die Erteilung einer vollstreckbaren Tabellausfertigung nt den Rechtsnachfolger regelt sich nach Maßgabe der §§ 164 II, 194, 206 II KO. mit §§ 721, 730 f. ZPO., setzt also sogar einen rechtsförmlichen Nachweis des ForderungsübergangS voraus (vgl. LG. Berlin v. 6. 2 1907 KGBl. S. 36, LG. Leipzig v. 10. 8. 1919 LZ. S. 959). Dieses Erfordernis gilt nicht für die Eintragung der Rechtsnachfolge n die Tabelle selbst. Daraus hat man gefolgert (Berlin aaO.), daß letztere ohne besondern Nachweis statthaft sei. Welchen Zweck hätte aber ein Umschreibvermerk, der auf unsicherr Grundlage ruht und zur Ausübung des Forderungsrechts durch den Nachfolger nicht oenügt? Zweifellos ist in der Bemerkungsspalte klarzustellen, daß eine Forderung mr nach Maßgabe des § 64 (absonderungsberechtigter Konkursgläubiger) oder des § 67 (arfschiebende Bedingung) am Konkurse teilnimmt. Siehe § 64 Anm. 11 und Bayern § 1)3 V. Auch eine Wiedereinsetzung nach § 165 ist hier zu vermerken. 3. In die Tabelle sind nur Konkursforderungen, nicht also Aussonderungs-, 2bsonderungs- und Maffeansprüche aufzunehmen. Wegen der Absonderungsansprüche siche Anm. 7 und oben § 4 Anm. 10. 4. Die Eintragung der angemeldeten Forderungen obliegt nach 8 140II KO. dem Gerichts­ schreiber fAnm. 2]. Dagegen ist das Ergebnis der Prüfungsverhandlung nach § 115 KO. vom „Gericht" in die Tabelle einzutragen. Dementsprechend werden die las Prüfungsergebnis enthaltenden Einträge samt den dazu gehörenden Berichtigungen md Bemerkungen vom Konkursrichter und vom Gerichtsschreiber unterschriebm. Desgleichen der Eintrag eines nach § 95 durch Einigung oder durch Gerichtsbeschluß ge­ währten Stimmrechts (Bemerkungsspalte). Den Vermerk über die Erteilung eines vill­ streckbaren Tabellauszugs (Bemerkungsspalte) unterzeichnet der Gerichtsschreiber allein.

Tabelle der in dem Konkursverfahren über das Vermögen des Kaufmanns Franz Faller in Gantheim angemeldeten Forderungen. Bean­ spruch­ tes Bor­ recht

1.

Lau­

Name, Beruf

fende Num­

und Wohnort

Vertreter des

Tag

An­

Genaue Bezeichnung des

Gläubigers,

der

gemeldeter

Grundes der Forderung

Hinweis auf

Anmel­

und der urkundlichen Beweisstücke

verhandlung

7.

8.

mer

deS Gläubigers

die Vollmacht

dung

2.

3.

4.

5.

1.

Helfreich, Hans, Handlungsgehilfe hier.

Mark

Pf.

6.

Ergebnis der Prüfungs­

Berichtigung

9.

Bemerkungen

10.

Abteilung 1.

I.

25. 9. 1909. Bl. 12.

2.



1.

Gehaltsrückstand für Betrag und Vorrecht Die Forderung ist Ge­ daS erste Vierteljahr festgestellt. haltsrückstand für das 1909. erste Halbjahr 1909. Gantheim, 20. 10. 1909. Urteil des Amtsgerichts Gantheinl, 20. 10. 1909. Gantheim v. 14. 7. 1909 Richter. Schreiber. Richter. Schreiber. Bl. 13.

Abteilung 2.

1.

Eller, Emil, Tuchfabrikant hier.

Rechtsanwalt Ritter hier. Vollmacht Bl. 22.

30. 9. 1909. Bl. 20.

Rechtsanwalt Roth hier. Vollmacht Bl. 25.

30. 9. 1909. Bl. 23.



Darlehensforderung, Festgestellt. Schuldschein v. 1. 5.1909 Gantheim, 20. io. 1909. Bl. 21. Richter. Schreiber. Zinsrückstand bis zur Konkurseröffnung.

1000



Wechsel vom 15. 8.1909 Bl. 24.



Hypothekdarlehen, einge­ Festgestellt, als Konkurs­ tragen Abt. III Nr. 1 forderung in Höhe des Grundbuch Gantheim Ausfalls. Bd. 1 Bl. Nr. 100, Gantheim, 20. 10. 1909. Notariatsakt vom 10.12. Richter. Schreiber. 1907.

200 40

2.

Gebr. Goldberg, Bankgeschäft hier.

3.

Reich, August, Rentner hier.

30. 9. 1909. Bl. 25,

10000

4.

Krämer, Karl, Kaufmann hier.

30. 9. 1909. Bl. 27.

500

Bestritten vom Ver­ walter in Höhe von 500 Mark. Gantheim, 20. 10. 1909. Richter. Schreiber.

Warenkaufpreisforderung Vom Gläubiger unter 3 laut Rechnung vom zum ganzen Betrage 1. 7. 1909. bestritten. Bl. 28. Gantheim, 20. 10. 1909. Richter. Schreiber.

Vom Gemeinschuldner in Höhe von 30 M. bestritten. Gantheim, 20. 10. 1909. Richter. Schreiber. Widerspruch des Schuld­ ners durch Urteil des Landgerichts Gantheim v. 1. 12. 1909 rechtskräftig verworfen. Gantheim, 5. 12. 1909. Richter. Schreiber.

Vollstreckbare Ausferti­ gung ist dem Gläubiger heute erteilt worden. Gantheim, 1. 5. 1910. Schreiber. Der Verwalter hat seinen Widerspruch zurückgenommen. Gantheim, 10. 11. 1909. Richter. Schreiber.

Vom Gemeinschuldner nachträglich bestritten. Gantheim, 25. 11. 1909. Rich ter. Schreiber. Absonderungsrecht vom Verwalter anerkannt. Be­ friedigung nur wegen des Ausfalls verlangt. Aus­ fall nachgewiesen in Höhe von 500 M. Gantheim, 20. 12. 1909. Richter. Schreiber.

Durch Urteil des Land­ gerichts Gantheim v. 15. 2. 1910 zum ganzen Betrage festgestellt. Gantheim, 20. 2. 1910. Richter. Schreiber.

Bleibendes Stimmrecht durch Gerichtsbeschluß für 300 gewährt. Gantheim, 20. 10. 1909. Richter. Schreiber.

Konkurstabelle.

II. III. IV. V.

100

196

Prüfungstermin.

§UL

8 141. In dem Arüfungstermine werden die angemeldeten Forderungen ihrem Betrage und ihrem Vorrechte nach einzeln erörtert. Der Gemeinschuldner hat sich über die Forderungen zu erklären. Unveränderter § 129 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 94ff., S. 91, 172.

Motive H S. 361 f., Protokolle

I. Der Zweck des Prüfungstermins. Anm. i.

Bei der Eröffnung des Verfahrens bestimmt das Konkursgericht sogleich den allgemeinen, nicht zu nahe anzuberaumenden [§ 138 Anm. 5] Prüsungstermin (§ 110). Im allgemeinen und in etwaigen besonderen Prüfungsterminen (§ 142) werden die angemeldeten Konkurs­ forderungen einzeln nach Betrag und Vorrecht erörtert. Die Erörterung hat einen doppelten Zweck: sie soll das Gläubigerrecht des Anmelders für die Rechtsverfolgung inner­ halb und außerhalb des Konkurses klarstellen. In ersterer Hinsicht (Hauptzweck) kommt lediglich eine Bestreitung des Verwalters oder eines Konkursgläubigers in Betracht (§ 1441). Die Erklärung des Gemeinschuldners (Abs. II) dient innerhalb des Konkurses nur als Auskunft (§ 100). Für seine Inanspruchnahme nach dem Konkurs ist sie von erheblicher Bedeutung (§§ 144 n, 164 n, 194, 206). Dementsprechend hat die Aussage des Schuldners ihrerseits wieder eine zwiespältige Bedeutung, eine tatsächliche und eine rechtliche. Als Auskunft setzt sie Prozeßfähigkeit nicht voraus und kann dementsprechend wirksam auch von einem be­ schränkt geschäftsfähigen (z. B. minderjährigen oder wegen Verschwendung entmündigten) Gemeinschuldner erteilt werden ssiehe § 100 Anm. 5]. Den die Vollstreckbarkeit des § 164II (§§ 194, 206) abwendenden Widerspruch im Prüfungsverfahren kann dagegen nur ein prozeßfähiger Gemeinschuldner in Person erklären oder durch einen Bevollmächtigten (etwa in Krankheitsfällen) erklären lassen. Für den prozeßunfähigen Gemeinschuldner hat dessen allgemeiner gesetzlicher Vertreter (Gewalthaber, Vormund, Bereinsvorstand usw.) zu wider­ sprechen. Vgl. Fitting § 12 N. 7f., § 38 N. 19 u. 33. Im übrigen siehe § 144 Anm. 3 ff.

II. Die Zulaffung angemeldeter Ansprüche. Anm. 2.

Anm. 3.

Der Erörterung durch die Beteiligten geht eine amtliche Vorprüfung voraus. Diese hat die formale Zulässigkeit der Anmeldungen, zu klären [§ 139 Anm. 1 ff.], nicht etwa den Bestand der Forderungen vorläufig festzustellen. Zu diesem Zwecke muß der Konkursrichter bei persönlicher Verantwortung [§ 140 Anm. 2] die ein­ gelaufenen Anmeldungen durchsehen. Die Durchsicht kann noch im Prüfungstermine selbst erfolgen, wenn auch eine frühere Durchsicht sowohl zur Vorbereitung des Richters als im Interesse der Anmelder zweckmäßig erscheint. Zugelaffen wird der Anspruch dadurch, daß ihn das Gericht der Erörterung unterstellt. Eine spätere Zurückweisung wegen nachträglich aufgedeckter Mängel steht darum doch noch frei. Läßt aber das Gericht einen Anspruch zu, dessen Anmeldbarkeit bekämpft wird, so braucht der Gegner nur zu widersprechen. Der Streit über die Anmeldbarkeit sAnm. 9] wird dann im Feststellungsprozeß ausgetragen. Zulassung verspäteter Anmeldung: § 142 Anm. 1. Versagt wird die Zulassung durch förm­ lichen Beschluß, der dem Anmelder von Amts wegen zuzustellen und mit sofortiger Be­ schwerde anzufechten ist ssiehe unten Anm. 4]. Die Vorprüfung der Zulässigkeit darf man nicht denken als einen äußerlich gesonderten Verfahrensabschnitt, sondern als eine Richter­ aufgabe, die begriffsnotwendig der Erörterung des einzelnen Anspruchs durch die Beteiligten voranzugehen hat. Vgl. Oetker I § 8, ZZP. 25 S. 53 ff., Seuffert S. 260, Fitting S. 379 f., Voigt Einfluß des Konkurses auf schwebende Prozesse (1903) S. 169 N. 1, Wolff § 140 Anm. 2; grundsätzlich abw. Petersen-Kleinfeller § 139 Anm. 10, §§ 141 ff. Anm. 2 u. a. DurchBeschluß als unzulässigzurückzuweisensind jedenfallsAnmeldüngen, die den wesentlichen Erfordernissen nicht genügen [§ 139 Anm. 1—7], besonders

197

Prüfungstermin.

auch Anmeldungen in fremder Sprache oder in ausländischer Währung und solche, die von H141. einer nichtprozeßfähigen Partei oder einem nichtlegitimierten Vertreter herrühren. Die prozeßunfähige Partei oder der nichtlegitimierte gesetzliche Vertreter kann nach § 72 KO. mit § 56II ZPO. bei Berzugsgefahr, namentlich bei drohender Verjährung, unter Vor­ behalt der Beseitigung des Mangels einstweilen zur Geltendmachung der Forderung im Konkurse zugelassen werden. Auch einen Bevollmächtigten, der den von Amts wegen zu fordernden Nachweis der Vollmacht (§§ 80, 8811 ZPO.) im Prüfungstermine nicht zu führen vermag, „kann" das Konkursgericht nach § 72 KO. mit §891 ZPO. einstweilen zu­ lassen. Stellt das Gericht den Mangel schon vor dem Prüfungstermine fest, so wird es Be­ seitigung „spätestens im Prüfungstermine" fordern und widrigenfalls alsdann die Anmeldung zurückweisen [Anm. 4]. Ergibt sich der Mangel erst im Prüfungstermine, so ist die einst­ weilige Zulassung (§§ 56II, 891 ZPO.) nicht ausgeschlossen (zust. OLG. Dresden v. 24. 6.1908 LZ. 1909 S. 248; abw. Oetker I S. 279 f.). Ein Recht auf diese einstweilige Zulassung be­ steht freilich nicht. Wird sie versagt, so hat der Anmelder die Kosten des damit notwendig gewordenen besonderen Prüfungstermines nach § 142 HI zu tragen, weil die vom voll­ machtlosen Vertreter abgegebene Erklärung als Anmeldung nicht rechtzeitig wirksam ge­ worden war, sondern erst mit dem Vollmachtsnachweis ex nunc wirksam wird (Dresden aaO.). Streitig ist, ob eine Forderung auch dann von Amts wegen zurückgewiesen werden muß, wenn sich aus der eigenen Darlegung des Anmelders ergibt, daß sie im Konkurse nicht geltend gemacht werden kann, also namentlich erst nach Konkursbeginn entstanden (§ 3) oder nicht erzwingbar [§ 3 Anm. 13 ff.] oder zufolge § 63 unanmeldbar ist. Wie ein Widerspruch gegen das Begründetsein der Forderung wird der Widerspruch gegen ihre Konkurssorderungseigenschaft den Beteiligten zu überlassen sein. Oetker I S. 278 f., Fitting S. 380, Seufsert S. 259; abw. Endemann S. 526. Siehe auch § 146 Anm. 2 (titulierte An­ meldung). Wird dieselbe Forderung von mehreren Prätendenten (die z. B. mit ein­ ander über die Beerbung des ursprünglichen Gläubigers streiten) angemeldet, so müssen alle Anmeldungen — ihre Ordnungsmäßigkeit vorausgesetzt — vom Gerichtsschreiber eingetragen und alle nebeneinander vom Konkursrichter zur Prüfung zugelassen werden. Es ist Sache der Beteiligten, nicht des Gerichts, einer mehrfachen Feststellung einer einzigen Schuld durch rechtzeitigen Widerspruch vorzubeugen (abw. Oetker I S. 379ff. für „alternative Zulassung"). Wirksamkeit der Feststellung: § 145 Anm. 8. Zur vorsorglichen Bestreitung kann der Ver­ walter sich schon dann veranlaßt sehen, wenn ein angeblicher Zessionar oder Indossatar an­ gemeldet hat, ohne die nach § 410 BGB. erforderliche Urkunde oder den Wechsel beizubringen (vgl. KG. v. 11. 2. 1902 OLG. 5 S. 144; RG. v. 14. 12. 1895 Bd. 37 4), mag auch ein anderer Prätendent gar nicht auftreten. Den Mangel einer nach § 410 BGB. oder nach a. 39 WO. gebotenen Aushändigung oder Vorlegung der Schuldurkunde würde aber der Verwalter trotz vorbehaltloser Feststellung noch gegenüber dem Begehren der Konkursdividende einwenden können [§ 149 Anm. 7; siehe auch § 142 Anm. 4]. Gesamtgläubiger, Pfand­ gläubiger, Nießbraucher: § 67 Anm. 8f., § 182 Anm. 3. Die Zurückweisung erfolgt — im Prüfungstermin oder vor diesem — durch aus-Anm. 4. drücklichen Beschluß, der dem Anmelder von Amts wegen zuzustellen ist und der sofortigen Beschwerde unterliegt (§ 73). War die Forderung bereits in die Tabelle ausgenommen, so muß sie bei Zurückweisung wieder gelöscht werden. Der Grund dieser Löschung wird in der Spalte „Bemerkungen" anzugeben sein. Hat der Zurückweisungsbeschluß die Rechtskraft erlangt, so steht fest, daß die an eine zulässige Anmeldung geknüpfte Rechtsfolge der Ver­ jährungsunterbrechung [§ 25 Anm. 15 ff.] nicht eingetreten ist. III. Die Widerspruchsberechtigten. Die zugelassenen Anmeldungen werden — auch wenn sie nicht in die Tabelle ein-Anm. 5. getragen sind [§140 Anm. 2] — im Prüfungstermine dadurch zur „Erörterung" gebracht, daß sie der Konkursrichter einzeln aufruft, Grund, Betrag und Vorrecht bezeichnet und den Beteiligten Gelegenheit zur Bestreitung bietet. Gegenstand der Erörterung sind lediglich Konkursforderungen, nicht Aussonderungs-, Absonderungs- und Masseansprüche [vgl. § 4 Anm. 10, § 140 Anm. 9]. Jaeger, Konkursordnung.

5. Aufl.

Bd. II.

13

198

§141. Anm. e.

Anm. ?.

Anm. «.

Prüfungstermin.

1. B estreitungsberechtigt ist vor allem der Konkursverwalter und zwar in seiner Eigenschaft als Zwangsvertreter des Gemeinschuldners als solchen, nicht der Konkursgläubiger [Sinnt. 8]. In dieser seiner Eigenschaft vereinigt der Verwalter die im gemeinen Konkursrecht getrennten, aber nicht durch innere Gegensätzlichkeit geschiedenen Stellen eines curator bonorum und eines contradictor (Motive II S. 17; Fuchs, Konkurs­ verfahren S. 64f.; v. Wilmowski-Kurlbaum § 139 Anm. 1, § 141 Anm. 5; abw. Oetker I S. 483 ff., Seuffert S. 260). Daß der Schuldner zugleich eine persönliche Be­ streitungsbefugnis hat, kann unserer Annahme nicht entgegengehalten werden. Denn ihn vertritt der Verwalter nur als den Träger des konkursbefangenen Sondervermögens, der persönliche Widerspruch des Schuldners aber hat lediglich für seine Inanspruchnahme außerhalb des Konkurses und nach diesem Bedeutung [Anm. 1]. Durch schuldhafte Unterlassung des Widerspruchs macht der Verwalter sich persönlich haftbar (§ 82). In der Erklärung des Verwalters liegt „der Schwerpunkt" des Prüfungsverfahrens. Die Erfahrung lehrt, daß die Gläubiger (schon aus Scheu vor dem Kostenrisiko) und daß der Schuldner in Person nur selten eine Anmeldung bestreiten. Der Verwalter hat ein Wider­ spruchsrecht auch dann, wenn kein Gläubiger widerspricht (Protokolle S. 91). Eine Stellung­ nahme des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung bindet und entlastet ihn nicht. Die Anwesenheit des Verwalters im Prüfungstermin ist dement­ sprechend unerläßlich. Er kann zur Erfüllung dieser Amtspflicht, also zum persön­ lichen Erscheinen, im Aufsichtswege gezwungen werden (§§ 83, 84). Vgl. Motive II S. 362. Keineswegs steht es in seinem Belieben, einen Bevollmächtigten mit Ausübung des Berwaltersamts im Prüfungstermine zu betrauen [§ 78 Anm. 10]. Die Bestellung eines Sonderverwalters kann namentlich in Kollisionsfällen geboten sein [§ 78 Anm. 6, § 139 Anm. 4]. Sie steht wie die Zulassung eines Bevollmächtigten arg. § 781 beim Konkursgericht. Bleibt der Verwalter unversehens (etwa wegen plötzlicher Erkrankung) aus, so muß der Termin vertagt werden. Die Voraussicht seiner Verhinderung kann zu einer Terminsverlegung Anlaß geben. § 72 KO. mit § 228 ZPO. Anwesenheit des Gemeinschuldners ist nicht unerläßlich, aber im Interesse der Aufklärung (§ 100) erzwingbar. Daß ein Gläubiger und im besonderen der Anmelder selbst der Prüfung anwohne, wird nicht erfordert (§ 143). 2. Bestreitungsberechtigt ist ferner jeder einzelne Konkursgläubiger, dessen Anmeldung zugelassen ward, und zwar eigenen Namens und kraft eigenen Rechts, nämlich kraft seines Rechts auf Befriedigung aus der Masse. Der widersprechende Einzelgläubiger handelt nicht in Vertretung der Gesamtgläubigerschaft. Darum kann er auch gegen den ausgesprochenen Willen aller übrigen Gläubiger und des Verwalters bestreiten. Darum kann er nach Gutdünken die Verfolgung feines Widerspruchs aufgeben. Gelingt es freilich dem einzelnen Gläubiger, einen Konkurrenten abzuschütteln, so vergrößert sich nicht nur seine Dividende, sondern auch die der anderen Teilnehmer (vgl. § 147). Insoweit sind eben Einzelinteresse und Gesamtinteresse untrennbar mit einander verknüpft. RG. v. 4. 7. 1904 Bd. 58 374; Kohler Lehrbuch S. 559 f., Wach (Laband) zur Lehre v. d. Rechts­ kraft (1899) S. 19, 80, Oetker I S. 311 ff., Seuffert S. 262. Überläßt aber das Gesetz

jedem einzelnen Konkursgläubiger die Ausübung des Bestreitungsrechtes, dann hat die Annahme, daß der bestreitende Konkursverwalter die Gläubiger vertrete, keinen Halt. Die gesetzliche Anerkennung eines neben den Einzelbestreitungsrechten stehenden gemeinschaft­ lichen Bestreitungsrechtes der Gesamtgläubigerschaft wäre vollkommen zwecklos. Die Be­ streitung auf Grund einer noch nicht zugelassenen Forderung wird wirksam erst mit der Zulassung und ist darum erst einzutragen, nachdem die Zulassung erfolgt ist. Jnsolange bleibt die Wirksamkeit der Bestreitung in der Schwebe. Während der Schwebe freilich darf auch die Feststellung des bestrittenen Anspruchs nicht eingetragen werden. Daß die zugelassene Anmeldung unbestritten bleibt, ist nicht Bedingung des Bestreitungsrechtes. Allein eine Bestreitung wird unwirksam, sobald dem Widersprechenden das eigene Konkursgläubigerrecht rechtskräftig a b e r k a n n t ist. Damit hört er auf, Beteiligter im Sinne

Prüfungstermin.

199

der §§ 141, 144 f. zu sein, und kann darum auch nicht mehr berechtigt sein, der Konkurs-K141. beteiligung eines anderen zu widersprechen. Eben deshalb wird ein Widerspruch auch dann unwirksam, wenn der Widersprechende nachträglich auf seine Forderung oder auch nur auf die Konkursteilnahme verzichtet oder wenn er infolge einer Vollbefriedigung, sei es durch Erfüllung oder durch Erfüllungsersatz (z. B. Aufrechnung, Hinterlegung) oder infolge einer Bereinigung von Forderung und Schuld aufhört, Konkursgläubiger zu sein. Der Widerspruch des Gläubigers wird unmittelbar infolge des Erlöschens seiner Forde­ rung entkräftet: die vom Anmelder zu erwirkende Berichtigung der Tabelle [§ 140 Anm. 7] hat nur deklarative Kraft. Übrigens kommt dem Anmelder der nachträgliche Wegfall der Konkursgläubigereigenschaft des Widersprechenden nur dann zu statten, wenn er zu einer Zeit eintritt, in der die Prozeßlage noch die Möglichkeit gewährt, den Untergang der Widerspruchsbefugnis geltend zu machen. Kohler Lehrbuch S. 560, Seuffert S. 263, Fitting § 12 N. 10. Für die Lösung der Frage, wie der Wegfall der Konkursgläubiger-Eigenschaft des Widersprechenden auf den bereits anhängigen Feststellungsprozeß wirkt, ist entscheidend, daß fortab ein Widerspruchsrecht nicht mehr besteht, der Widerspruch also jetzt jedenfalls un­ begründet erscheint. Dementsprechend muß nun die vom Anmelder geführte Feststellungs­ klage als begründet zuerkannt, die gegen ihn schwebende Widerspruchsklage als unbegründet aberkannt werden. Die Entscheidung ergeht zur Hauptsache, nicht nur im Kostenpunkt; als Sachurteil (falls nur die allgemeinen Sachurteilserfordernisse gegeben sind), nicht als Prozeßurteil. Die von Lang Aufrechnungsrecht (1906) § 16 N. 6 geltend gemachten Be­ denken bestehen nicht. Wechselseitiger Widerspruch (A bestreitet die Forderung des B, B diejenige des A) veranlaßt wechselseitige Feststellungsprozesse (des B gegen A und des A gegen B). Wenn aber einmal das Konkursgläubigerrecht des A rechtskräftig ver­ neint ist, so nützt es dem A nichts mehr, daß nachträglich auch dem B (vielleicht auf Widerspruch eines Dritten) dieses Recht und damit die Legitimation zur Bestreitung rechts­ kräftig abgesprochen wird. Wird andrerseits das Konkursgläubigerrecht des B anerkannt, also der Widerspruch des A verworfen, so spielt die Frage der Legitimation des A keine Rolle mehr. Der Widerspruch verliert seine Kraft, wenn die Forderung des Widersprechen­ den un ter geht, nicht aber, wenn sie durch Gesamt- oder Sonderrechtserwerb (Abtretung, Indossierung) auf einen anderen übergeht. Wegen der Passivlegitimation des Er­ werbers für den Feststellungsprozeß s. § 146 Anm. 21. Zurücknahme des Wider­ spruchs: Anm. 10. Dem einzelnen Schuldverschreibungsgläubiger kann die Ausübung des Bestreitungsrechtes entzogen sein: § 139 Anm. 5. Versicherungspfleger: ebenda Anm. 6.

IV. Die Widerspruchsgründe.

Bei der Erörterung nach Abs. I ist zu erklären und daraufhin nach § 1451 in der Tabelle Anm. s. als „Ergebnis der Prüfungsverhandlung" zu vermerken, ob und von wem der Bestand über­ haupt oder ein bestimmter Betrag oder das beanspruchte Vorrecht oder endlich die Konkurs­ forderungs eigen schäft (88 3, 5H, 63) des angemeldeten Anspruchs bestritten worden ist. „Soweit" ein Widerspruch unterbleibt, gilt die Forderung als festgestellt (8 144II). Sie kann z. B. nach Bestand und Betrag unstreitig, dem Vorrechte oder der Anmeldbarkeit nach streitig bleiben. Da sich aus solcher Verschiedenheit der Richtung des Widerspruchs eine grundsätzliche Verschiedenheit der ferneren Behandlung ergeben kann [8 146 Anm. 23], bildet die Angabe der Widerspruchsrichtung einen wesentlichen Teil des tabellarisch zu beurkunden­ den Prüfungsergebnisses. Dagegen braucht der Grund, aus dem Bestand, Betrag, Vorrecht oder Anmeldbarkeit bestritten wird, im Prüfungstermine selbst nicht angegeben zu werden. Erfolgt eine Grundangabe, so hat sie keine bindende Kraft für das Feststellungsverfahren. Fitting 8 38 N. 25; Besonderheit: 8 201 Anm. 6. Ver­ walter und Gläubiger können einen gegen den Bestand der angemeldeten Forderung ge­ richteten Widerspruch im Feststellungsverfahren auf die Behauptung gründen, die Forderung sei nie entstanden oder bereits erloschen, sie stehe nicht dem Anmelder, sondern z. B. einem anderen als Erben, einem Zessionar oder Indossatar zu, sie sei nur bedingt begründet [8 67 13*

200 §141.

Prüfungstermin.

Sinnt. 2], sie werde unter Ausschluß des nur eventuell berechtigten Anmelders vom Haupt­ gläubiger geltend gemacht [§ 67 Sinnt 5]. Der Verwalter, nicht aber auch ein Gläubiger, kann die Durchführung des Widerspruchs auch auf die Konkursanfechtung [§ 36 Sinnt. 2] oder auf die Aufrechnung einer zur Masse gehörenden Gegenforderung [§ 53 Sinnt. 24], nicht etwa auch der Gegenforderung eines Gläubigers (vgl. ObLG. v. 3. 5. 1904 SeuffA. 60 Nr. 179), stützen. Die Ausübung der dem Gemeinschuldner zustehenden Einreden im Sinne des BGB. ist gleichfalls dem Verwalter (§ 6) vorbehalten (vgl. v. Tuhr AllgTeil § 17 N. 16). Doch gilt diese Schranke wohl nicht gegenüber einem mit der Verjährungseinrede behafteten Anspruch [§ 3 Sinnt. 14]. Die Stundungseinrede entfällt im Bereiche des § 65. Unzutreffend ist die in den Protokollen S. 92 vertretene und vielfach gebilligte Ansicht, daß ein bevorrechtigter Gläubiger die Forderungen nachstehender Anmelder in Ermangelung eines rechtlichen Interesses an der Feststellung nicht wirksam bestreiten könne. Der Bevorrechtigte hat ohne Zweifel ein Interesse daran, dem Unberechtigten jede Beeinflussung des Verfahrens (Abstimmung in den Gläubigerversammlungen) unmöglich zu machen. Peterseu-Kleinfeller Sinnt. 6, Oetker I S. 491, Fitting 8 12 N. 10; — abw. Seuffert S. 263, Kohler Lehrbuch S. 560, v. Sarwey-Bossert Sinnt. 4. Darum sind auch vollberechtigte einfache Konkursgläubiger zur Bestreitung minderberechtigter Forderungen (§§ 226, 236) befugt. Vgl. dagegen unten

§ 158 Sinnt. 2. V. Das Prüfungsverfahren. sinnt.io. Das Prüfungsverfahren ist mündlich in dem Sinne, daß nur ein im Prüfungstermine selbst und vor der Beurkundung des Prüfungsergebnisses (arg. § 145II) erklärter Widerspruch die Forderung im Sinne des § 146 „streitig" macht. Schriftlicher Widerspruch wäre unzureichend. Nicht dagegen ist die Prüfung mündliches Verhandeln „vor dem erkennenden Gericht" im Sinne des § 129 ZPO. Darum besteht auch keine Öffentlichkeit im Sinne des § 170 GVG. Der Widerspruch des § 144 I kann als solcher in einem späteren Termine nicht nachgeholt werden, auch nicht kraft einheitlicher Übereinkunft der übrigen Gläubiger und des Verwalters. Ein Tabellvermerk

Anm.ii.

nachträglicher Bestreitung durch den Verwalter oder durch Konkursgläubiger würde gegen­ über festgestellten Forderungen wirkungslos sein (RG. v. 3. 3. 1904 Bd. 57 274). Nur der durch unabwendbares Hindernis abgehaltene Genteinschuldner kann seinen persönlichen, die Konkursteilnahme nicht verschränkenden Widerspruch nach § 165 nachholen sBermerk: § 140 Sinnt. 8]. Dagegen kann der erhobene Widerspruch auch nach dem Termine durch Erklärung gegenüber dem Anmelder oder dem Konkursgericht (Schriftsatz oder zu Protokoll des Gerichts­ schreibers: § 72 Sinnt. 3) zurückgenommen werden. Ersternfalls hat der Anmelder die Be­ richtigung der Tabelle [§ 140 Sinnt. 7] zu erwirken; letzternfalls schließt die Erklärung des Zurücknehmenden selbst den Berichtigungsantrag ein. Vgl. Oetker I S. 367, Seuffert S. 265, A. Meyer DIZ. 9 S. 262; — abw. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum § 144 Sinnt. 3, Petersen-Kleinfeller §§ 144 f. Sinnt. 2 (die Protokollerklärung sei erst noch dem Anmelder zu­ zustellen und diesem die Erwirkung der Berichtigung zu überlassen). Obwohl der Widerspruch des Verwalters oder eines einzelnen Gläubigers allen Gläubigern zustatten kommt, steht die Zurücknahme im einseitigen Belieben des Widersprechenden. Es kann keine Rede davon sein, daß, wenn der Verwalter seinen Widerspruch fallen läßt, den Gläubigern in einem neuen Termine Gelegenheit zur Aufnahme des Widerspruchs zu bieten wäre. Hat doch jeder einzelne Gläubiger ein eigenes Widerspruchsrecht, dessen Ausübung er nur auf die Gefahr der Feststellung unterlassen kann. Freudenthal Recht 8 S. 526. Wirksam wird die Zurücknahme, sobald die Erklärung dem Gläubiger oder dem Konkursgerichte zugegangen, nicht erst, wenn die Tabelle berichtigt ist (vgl. OLG. Karlsruhe v. 24.10.1903 BadRechtspr. S. 339). Nimmt der Verwalter seinen Widerspruch erst zurück, nachdem die dadurch ver­ anlaßte Feststellungsklage erhoben worden ist, so bildet die Prozeßkostenverbindlichkeit eine Masseschuld [§ 59 Sinnt. 2]. Dresden v. 24. 1. 1906 OLG. 15 S. 250; Näheres Schulze, Jaeger LZ. 1912 S. 57 ff. Im Prüfungstermin ist zugleich das Stimmrecht streitig gebliebener Forderungen nach Maßgabe des § 95 klar zu stellen. Zum Zwecke gütlicher Erledigung von Wider-

Prüfungstermin.

201

sprächen kann eine Verhandlung und eine „sofort vornehmbare" Ermittelung (§ 75,H141. Motive II S. 361) im Termine stattfinden. Eine Beweisaufnahme unter Vertagung an­ zuordnen, ist der Konkursrichter nicht befugt (Fitting S. 380f.). Die Feststellung streitiger

Forderungen ist Sache des Prozeßgerichts (§ 146).

Läßt sich die Prüfung aller Anmeldungen in einem Termine nicht erledigen, so hat das Anm.12. Gericht von Amts wegen einen Termin zur Fortsetzung der Verhandlung zu bestimmen und zu verkünden (§ 72 KO. mit §§ 136 IU, 228 ZPO.). Öffentlicher Bekanntmachung des sofort verkündeten neuen Termins bedarf es nicht (§ 93 II 2).

Über die Prüfungsverhandlung wird ein Protokoll ausgenommen [§ 72 Anm. 3).sinm.is. Die Tabelle bildet eine Anlage und zwar einen integrierenden Bestandteil des Protokolls, also einen Teil der gerichtlichen Konkursakten. Die vom Verwalter in Ausübung seines Amtes erhobene Tabellabschrift wird Maffebestandteil [§ 85 Anm. 4]. Das Protokoll gibt den Gang der Verhandlung bloß im allgemeinen an (§ 160 I ZPO.) und braucht nur den im § 159 II ZPO. bezeichneten Inhalt zu haben. Die im § 160 II Nr. 1 und 2 ZPO. genannten Erklärungen werden als Prüfungsergebnisse in die Tabelle eingetragen (§ 145 KO.) und arg. § 162 ZPO. den Beteiligten vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt. Das Protokoll wird vom Richter und vom Gerichtsschreiber unterschrieben (§ 163 ZPO ). Beispiel bei Ebert Amtsgerichtliches Dezernat« S. 313f.

Zusatz. Fremde Rechte. Einzelne Gesetze verlangen, daß der Gläubiger eine feierliche Anm. 14. Beteuerung seines Anspruchs abgibt. So z. B. Frankreich (a. 497, Strafdrohung a. 593 II c. com., dazu Lyon-Caen et Renault VII Nr. 538), Belgien (a. 498), England (s. 39, Sibley bei Borchardt-Kohler S. 833 ff., Anhang II zu s. 39 daselbst S. 918 ff.), Holland (a. 119 ff.) und die Bereiniaten Staaten (s. 57, J. Walker Magrath bei Borchardt-Kohler S. 39). Motive II S. 362, Kohler Lehrbuch S. 553 ff. Nach italienischem Recht (a. 761—763) hat der Konkursrichter eine be­ grenzte Entscheidungsmacht im Prüfungsverfahren. In der Schweiz (a. 244ff.) hat die Konkursverwaltung die Anmeldungen zu prüfen und über ihre Anerkennung zu entscheiden. Jeder Gläubiger kann jedoch den von der Konkursverwaltung entworfenen Berteilungsplan durch Klage gegen die Masse (auf Anerkennung seiner Ansprüche) oder gegen einen Mitgläubiger (auf Abweisung) anfechten. Auch in Portugal entscheidet das Konkursgericht über bestrittene An­ meldungen (a. 236 ff., bes. a. 249). Für Spanien siehe Borchardt-Kohler S. 95 ff. Die öster­ reichische KÖ. gesteht das Bestreitungsrecht nur solchen Gläubigern zu, deren Forderungen bereits festgestellt oder in dem vom Gemeinschuldner überreichten Schuldenverzeichnis aufgeführt sind (§§ 96, 119 H; Pollak S. 197s.). Ebenso Ungarn § 139 II. In Frankreich batte der Code von 1807 das Bestreitungsrecht nur den festgestellten Anmeldungen beigelegt. Jetzt (a. 494) kann widersprechen „tont creancier verifie ou porte au bilan“ (Lyon-Caen et Renault VII Nr. 536). Desgleichen Belgien a. 503 I. Siehe dagegen Motive II S. 362, aber auch Seuffert § 43 N. 6. In Österreich (§ 114) und in Ungarn (§ 133) ist ausdrücklich aus­ gesprochen, daß der Masseverwalter oder sein vom Gericht ernannter Stellvertreter persönlich im Prüfungstermine erscheinen muß.

8 148. In dem Prüfungstermine sind auch diejenigen Forderungen, welche nach dem Ablaufe der Anmeldefrist angemeldet sind, zu prüfen, wenn weder der Ver­ walter noch ein Konkursgläubiger hiergegen Widerspruch erhebt; anderenfalls ist auf Kosten des Säumigen ein besonderer Prüfungstermin zu bestimmen.

Auf nachträglich beanspruchte Vorrechte und sonstige Änderungen der Anmeldung findet die vorstehende Bestimmung entsprechende Anwendung. Gläubiger, welche Forderungen nach dem Prüfungstermine anmelden, tragen die Kosten des besonderen Prüfungstermins. Unveränderter § 130 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 103, Motive n S. 358f., 361, Protokolle S. 91, 172.

202 §142. Anm. 1.

Anm. 2.

Anm. 3.

Prüfungstermin.

'. Der besondere Prüfungstermin.

Verspätete Anmeldungen können zur Anberaumung eines zweiten oder ferneren Prüfungstermins nach dem allgemeinen (§ 141) Anlaß geben. Eine Anmeldung ist verspätet, wenn sie erst nach dem Ablauf der Anmeldefrist (§ 138) eingereicht oder zu Protokoll erklärt wird. Verspäteter Bollmachtsnachweis: § 141 Anm. 3. Die Verspätung hat aber nicht nur nicht schlechthin den Ausschluß der Konkursteilnahme zur Folge [§ 138 Anm. 4]. Sie macht nicht einmal stets die Anberaumung eines „besonderen" Prüfungstermins not­ wendig. Solche Regelung wäre zweckwidrig, wo immer noch die Möglichkeit ausreichender Erkundigung für die Beteiligten besteht. Die Motive II S. 358 f. bemerken: „Nachträgliche Anmeldungen werden in Bezug auf ihre Behandlung den rechtzeitig eingegangenen voll­ ständig gleichgestellt. Es bedarf weder eines Entschuldigungsnachweises für die Verspätung noch einer förmlichen Restitution. Auch ihre Prüfung im allgemeinen Prüfungstermin ist zugelassen, sofern es einer weiteren Vorbereitung nicht bedarf. Die Anberaumung eines besonderen Termins ist nicht unbedingt (preuß. KO. § 176) vorgeschrieben. Nur wenn der Verwalter oder ein Konkursgläubiger der sofortigen Prüfung widerspricht, und selbst­ verständlich wenn die Anmeldung erst später ein geht, findet ein nachträglicher Termin statt. Die Folgen nicht rechtzeitiger Anmeldung bestehen also nur darin, daß die Nachzügler den Konkurs in der Lage, in welcher er sich befindet, zu übernehmen und die Kosten des besonderen Prüfungstermins d. h. des ganzen nachträglichen Prüfungsverfahrens einschließlich der öffentlichen Bekanntmachung fAnm. 3] zu tragen haben. Dadurch wird ein genügender Druck auf eine rechtzeitige Anmeldung ausgeübt. Die Frage, innerhalb welcher Frist der besondere Prüfungstermin anzusetzen ist, läßt die KO. offen; die Vorschrift des § 138 ist darauf nicht anwendbar. Das Gericht wird sich durch das Interesse der Beteiligten leiten lassen und daher nicht immer sofort für jede einzelne Anmeldung einen Termin bestimmen, vielmehr, wenn nicht eine Verteilung oder andere wichtige Verhandlungen nahe bevorstehen, bis zum Eingang anderer nachträglicher Anmeldungen warten und für diese gemeinsam den besonderen Prüfungstermin ansetzen." Der Prüfung einer innerhalb der Anmeldefrist eingelaufenen ordnungsmäßigen Anmeldung kann sich weder der Verwalter noch ein Konkurs­ gläubiger (etwa aus dem Grunde unzureichender Information) widersetzen. Nur auf Ver­ spätung des Anmeldens darf der Widerspruch des Abs. I gegründet werden. In der Praxis spielt er eine geringe Rolle. Sollte aber das Gericht trotz gerechtfertigten Wider­ spruchs die Prüfung zulassen, so steht dem Widersprechenden gegen die Verwerfung seines Widerspruchs die Beschwerde des § 73 III offen. Wegen des Zustellungsmangels siehe § 145 Anm. 1. Der besondere Prüfungstermin hat für die verspäteten Anmeldungen denselben Zweck wie der allgemeine für die rechtzeitigen (§ 141). Eine zeitliche Grenze für das Nach­ holen versäumter Anmeldungen hat das Gesetz nicht abgesteckt. Wenn freilich ein Nachzügler sich so spät meldet, daß eine Prüfung vor Ablauf der Ausschlußsrist für die Schlußverteilung nicht mehr erfolgen kann, wird er bei dieser und darum auch bei etwaiger Nachtrags­ verteilung nicht mehr berücksichtigt (§§ 152, 161, 166). Fortab hat eine Feststellung des. Konkursteilnahmerechtes keinen Zweck mehr. Immerhin läßt sich im Hinblick auf die Rechts­ folge des § 164 II ein Interesse des Nachzüglers auch an späterer Feststellung denken. Man wird daher eine nachträgliche Prüfung bis zur Konkursbeendigung für zulässig erachten dürfen, sofern nur die letztere dadurch keinen Aufschub erleidet. Vgl. Fitting § 38 N. 15, Oetker I S. 285, aber auch v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3, Petersen-Kleinfeller Anm. 18. Die besondere Tagfahrt ist von Amts wegen anzuberaumen und — anders als diejenige zur Fortsetzung des allgemeinen Prüfungstermins [§ 141 Anm. 12] — als neuer Termin im Interesse aller Beteiligten (auch der bei der allgemeinen Prüfung nicht erschienenen) nach Maßgabe der §§ 76, 111 öffentlich bekannt zu machen. Petersen-Kleinfeller Anm. 21, Fitting § 38 9t. 15; abw. v. Sarwey-Bossert Anm. 3. Beispiel: BierhausWeizsäcker Formularbuch I S. 205. Stehen die Kosten des erforderlichen besonderen Termins außer Verhältnis zur Höhe der nachträglich angemeldeten Forderung, so ist es üblich und

Prüfungstermin.

203

angemessen, dem Anmelder durch rechtzeitige Verständigung die Zurücknahme der Anmeldung tz 142. oder den Verzicht auf die besondere Prüfung nahe zu legen sAnm. 5]. Den Neuanmeldungen werden durch Abs. II nachträgliche wesentliche Änderungen «nm. 4.

der Anmeldung, besonders die Erhöhung des Betrags, die Änderung des das Wesen der Forderung bestimmenden Schuldgrundes und die nachträgliche Beanspruchung eines Vorrechts gleichgestellt. Vgl. dazu § 139 Anm. 11. Wird eine angemeldete Forderung von einem anderen Prätendenten (etwa im Falle eines Erbstreits) in Anspruch genommen, so bedarf es einer besonderen Anmeldung. Wer aber kraft Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge eine bereits fest gestellte Forderung erwirbt, rückt damit ohne weiteres in die Konkurs­ gläubiger-Rechtsstellung seines Vorgängers ein, kann also dessen Stimm- und Dividenden­ bezugsrechte ausüben, ohne daß es einer erneuten Anmeldung und Prüfung, einer Einwilligung anderer Gläubiger, des Konkursverwalters oder etwa des Rechtsvorgängers und einer Um­ schreibung der Tabelle bedarf (vgl. § 1451 2). Nur muß der Nachfolger sich als solcher ausweisen. Siehe § 140 Anm. 8, § 141 Anm. 3, § 145 Anm. 2, § 149 Anm. 3. Vollzieht sich der Gläubigerwechsel schon in der Zeit zwischen Anmeldung und Feststellung, so kann die Feststellung gleichwohl aus den Namen des Vorgängers (z. B. Erblassers, Zedenten) geschehen. Auch in diesem Fall übt der Erwerber, der sich als solcher legitimiert, ohne weiteres das festgestellte Konkursgläubigerrecht aus. Wird die vom Vormann an­ gemeldete Forderung bestritten, so kann der Nachmann den Feststellungsprozeß (§ 146) führen, ohne daß es erneuter Anmeldung und Prüfung bedarf. Siehe darüber § 146 Anm. 21. Die vom obsiegenden Nachmann zu erwirkende Tabellberichtigung (§ 146 VII) braucht mit einer Umschreibung auf seinen Namen nicht verknüpft zu sein. Nötig wird eine Neuanmeldung durch den Nachmann nur beim Prätendentenstreit.

II. Die Kosten der Nachprüfung. Die Kosten eines besonderen Prüfungstermins trägt der ihn veranlassende Nachzügler, Anm. 5. mag seine Säumnis auf Verschulden beruhen oder nicht. Zu diesen Kosten gehören die Gebühren (§ 54 GKG.; Gebührenvorschuß: § 82 Nr. 2 GKG.) und Auslagen des Konkurs­ gerichts, eine besondere Vergütung für den Verwalter sowie die Auslagen, die dem Verwalter und den einzelnen Gläubigern durch Teilnahme an diesem Termin erwachsen (arg. § 95 ZPO.; Fitting aaO., Petersen-Kleinfeller Anm. 20, Wolff Anm. 3; abw. hinsichtlich der Gläubiger­ auslagen v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 6 mit ungerechtfertigter Berufung auf § 63 Nr. 2 KO.). Die Gerichtsgebühr kommt für jede einzelne Forderung nach der ausdrücklichen Vor­ schrift des § 54 GKG. voll, aber mit einer dem § 148 KO. entsprechenden Wertberechnung in Ansatz (vgl. Schönfeld DIZ. 9 S. 802f.). Zeit der Erhebung der Gebühr: §9511 GKG.; Eintritt der Fälligkeit und Verjährungsbeginn: OLG. Frankfurt a. M. v. 8. 3.1907 ZZP. 38 S. 269ff. Im übrigen halten mehrere Nachzügler, deren Forderungen in demselben Termin erörtert werden (auch wenn sie erst nach der Terminsbestimmung angemeldet wurden) nach Kopfteilen für die Kosten des Termins (arg. § 100 I ZPO., § 91 GKG.; abw. Wolff aaO.). Die Kostenpflicht nach § 54 GKG. tritt auch dann ein, wenn der besondere Termin mit einem anderen Termine (z. B. Bergleichstermine) verbunden wird. Dagegen bestehl keine Haftung für die Terminskosten, wenn die Anmeldungen der Nachzügler nicht in einem besonderen Termine, sondern in Fortsetzung des allgemeinen Prüfungstermins sAnm. 3] er­ örtert werden. Rittmann GKG? § 54 Anm. 1, 2. Wenn der Nachzügler seine Anmeldung noch vor der Anberaumung des besonderen Prüfungstermins zurücknimmt oder noch vorher den Verzicht auf besondere Prüfung erklärt, wird keine Gebühr erhoben. Motive zu § 54 GKG. Konnte die nachträgliche Anmeldung im allgemeinen Prüfungstermine nur deshalb nicht Anm. e. mehr erörtert werden, weil der Zeitraum des § 138 Satz 2 zu kurz bemessen war, so entfällt der Rechtsgrund für die Anwendung unseres Abs. HI. Petersen-Kleinfeller § 138 Anm. 2 mit LG. Chemnitz v. 11. 3. 1886 in Wengler's Archiv Bd. 7 S. 417. Eine Gebühr für besondere Prüfung erwächst auch dann nicht, wenn eine Berufsgenossenschaft im Konkurse des Mitglieds nachträglich einen Umlagebetrag anmeldet. Denn auch diese Anmeldung

Prüfungstermin.

204

§143.

(die Einziehung der Umlage) bildet als gesetzliche Obliegenheit des Genossenschaftsvorstandes ein im Vollzüge des Gesetzes an eine öffentliche Behörde (das Konkursgericht) ergehendes Ersuchen, eine „Rechtshilfe" in dem besonderen Sinne der §§ 115 ff. ReichsversichO. v. 19. 7. 1911. Für die dabei entstehenden Kosten haben die Bersicherungsträger nach gesetz­ licher Sondervorschrift (§ 117 daselbst) nur aufzukommen, soweit es sich um bare Auslagen handelt; Gebühren haben sie nicht zu tragen. So auch für den entsprechenden § 144 GewUBG. i. F. v. 1900 LG. Düsseldorf v. 21. 4. 1904 PucheltsZ. 35 S. 308 ff., LG. München v. 19. 4. 1905 SeuffBl. 70 S. 399f., OLG. Colmar v. 31. 12. 1909 LZ. 1912 S. 412; abw. Freudenthal Recht 9 S. 526.

§ 143. Die Prüfung einer angemeldeten Forderung findet statt, wenngleich der anmeldende Gläubiger im Prüfungstermine ausbleibt. Unveränderter § 131 alter Folge. Materialien: Motive H S. 361, Protokolle S. 91, 172.

Ausbleiben des Anmelders im Prüfungstermin. Anm. 1.

Eine Anmeldung wird im — allgemeinen oder besonderen — Prüfungstermin auch dann erörtert (§ 141 II), wenn der Anmelder ausbleibt. Der Anmelder kann sich durch jede prozeßfähige Person als Bevollmächtigten vertreten lassen (Anwaltsgebühr: § 56 Nr. 1 RAGO ). Siehe § 139 Anm. 4, § 141 Anm. 3. Eine erneute Erörterung in besonderem Termine kann der ausgebliebene Gläubiger auch auf seine Kosten nicht erlangen (abw. nur v. Bölderndorff Anm. c). Ist seine Forderung bestritten, so findet der § 146 Anwendung. Eine amtliche Nachricht über das Prüsungsergebnis erhält der Säumige nicht. Anwesenheit des Verwalters: § 141 Anm. 7.

§ 144. Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermine ein Widerspruch weder von dem Verwalter noch von einem Konkursgläubiger erhoben wird, oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist.

Ist die Forderung vom Gemeinschuldner im Prüfungstermine bestritten, so kann ein Rechtsstreit, welcher über dieselbe ;ur Feit der Eröffnung des Konkursverfahrens anhängig war, gegen den Gemeinschuldner ausgenommen werden. Unveränderter § 132 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 94ff., Motive H S. 363f., Protokolle S. 91 f., 98 ff., 172. I. Feststellungserforderniffe (Abs. I). Anm. i.

Nach Abs. I gilt eine zur Prüfung gelangte Forderung insoweit für "festgestellt", als sie im Prüfungstermin (§§ 141, 142) unwidersprochen bleibt oder, sei es noch im Termin oder nachher, des Widerspruchs entledigt wird. Der Wortlaut des § 1441 ergibt mit Bestimmtheit, daß die „Feststellung" unmittelbar an das Unterlassen des Widerspruchs oder an dessen Beseitigung anknüpft. Diese Rechtsfolge ist als „Ergebnis" der Erörterung der Beteiligten nach § 1451 in die Konkurstabelle ein-utragen. Erst mit der „Eintragung" der Feststellung aber verbindet das Gesetz im § 145II eine besondere Rechtskraftwirkung. Siehe § 145 Anm. 3, § 146 Anm. 7 ff. Der Teilnahme am Verfahren kann wirksam nur der Konkursverwalter oder ein zugelassener Anmelder

Prüfungstermin.

205

widersprechen. Näheres § 141 Anm. 1, 5—8. „Soweit ein Widerspruch von dieser H144. Seite nicht erfolgt, gilt die Forderung als festgestellt. Vielleicht wird nur ein Teilbetrag, vielleicht nur das Vorrecht bestritten; vielleicht erfolgt nur ein einziger, vielleicht auch eine Mehrheit von Widersprüchen. Es bedarf keiner ausdrücklichen Anerkennung der Feststellungs­ gegner: das Nichtbestreiten wirkt als stillschweigendes Anerkenntnis (RG. v. 1. 7. 1903 Bd. 55 160). Diese Wirkung tritt auch gegenüber solchen Konkurrenten ein, die nicht er­ schienen waren oder noch gar nicht angemeldet hatten [§ 145 Anm. 5]. Das Nichtbestreiten kann sich auf einen Teilbetrag beschränken oder unter Vorbehalt erfolgen, besonders unter dem Vorbehalt einer Sicherheitsleistung oder des Nachweises der Legitimation (RG. v. 14. 12. 1895 Bd. 37 4). Nicht selten wird die Anerkennung ausdrücklich auf den noch zu erweisenden Ausfall (§ 64) beschränkt fsiehe aber § 64 Anm. 11]. Jedenfalls braucht der Ausfall zur Zeit der Feststellung noch nicht bestimmt zu sein (RG. v. 5. 7. 1890 Bd. 26 112). Das im Vorbehalte liegende Bestreiten ist erforderlichenfalls im Fest­ stellungsprozesse (§ 146) auszutragen. Nur ein „im Prüfungstermine" selbst er­ klärter — nicht ein schriftlich eingereichter — Widerspruch hindert die Feststellung [§ 141 Anm. 10]. Versehentliche Prüfung von Masse-, Aus- oder Absonderungsansprüchen: § 145 Anm. 7. Beseitigt werden kann der Widerspruch durch gütlichen Ausgleich noch im Termine Anm. 2. [§ 141 Anm. 11], durch Zurücknahme sebenda Anm. 10], durch Erlöschen der Forderung des Bestreitenden febenda Anm. 8] oder durch siegreiche Niederkämpfung aller Widersprüche (§§ 146, 147, vgl. Protokolle S. 92, 175). II. Bekämpfung von Widersprüchen des Gemeinschuldners (Abs. II). Ein Widerspruch des Gemeinschuldners oder seines Vertreters [§ 141 Anm. 1] schließt Anm. 3. die Feststellung und deren Eintragung nicht aus, verhindert aber, daß die Feststellung nach dem Konkurs und außerhalb desselben Rechtskraft und Vollstreckbarkeit gegen den Schuldner erlangt (§§ 164II, 194, 206II). Auf die Rechtsverfolgung im Konkurse hat der Schuldner­ widerspruch keinen Einfluß. Darum kann er sich auch nicht gegen die Anmeldbarkeit und das Vorrecht der Forderung richten. Für die außerkonkursmäßige Rechtsverfolgung aber hat der Schuldnerwiderspruch neben der Bestreitung des Verwalters oder eines Gläubigers selbständigen Wert. Wird diese beseitigt (§§ 146, 147,), dann tritt zugleich die außerkonkursmäßige Wirksamkeit der Feststellung ein, es wäre denn noch eigens ein Widerspruch des Schuldners selbst in der Tabelle vermerkt. Um auch die außerkonkursmäßige Wirksamkeit der festgestellten, aber vom Gemeinschuldner bestrittenen Forderung zu erzwingen, darf der Gläubiger schon während des Konkurses Klage wider den Gemeinschuldner er­ heben (arg. Abs. II, RG. v. 23. 3. 1889 Bd. 24 407) und einen Rechtsstreit, der bereits vor Konkursbeginn über die Forderung anhängig und durch den Konkurs unterbrochen worden war [§ 12 Anm. 1], wider den Gemeinschuldner aufnehmen (Abs. II; vgl. § 250 ZPO.). Der Abs. n stellte außer Zweifel, daß die Aufnahme des Prozesses gegen die Person des Gemeinschuldners die Konkursmasse nicht betrifft, und beugt damit einem auf § 240 ZPO. gestützten Einwande gegen die Prozeßaufnahme vor. Vgl. Protokolle S. 99. Eben­ darum kann, wenn zugleich der Verwalter oder ein Gläubiger widersprochen hat, also die Forderung nicht im Sinne des Abs. I „festgestellt", sondern im Sinne des § 146 „streitig geblieben" ist (eine ebenfalls durch unsern Abs. II gedeckte Möglichkeit: Protokolle S. 98 ff.), die Aufnahme auch gegenüber diesen Opponenten erfolgen (§ 146UI), so daß der Rechtsstreit sich nun in eine Mehrheit von Prozessen verzweigt. Vgl. v. Sarwey-Bossert Anm. 6, auch ObLG. v. 13. 10. 1898 SeuffA. 54 Nr. 203. Dabei besteht die Möglichkeit, daß im Prozeß um das Konkursgläubigerrecht und in demjenigen gegen die Person des Ge­ meinschuldners widersprechende Entscheidungen ergehen. Werden also beide Prozesse ver­ bunden — was nach § 59 ZPO. zulässig ist, da die Ansprüche auf demselben Grunde be­ ruhen —, so sind der Gemeinschuldner und der Opponent nur einfache Streitgen offen im Sinne des § 61 ZPO. RG. v. 23. 1. 1885 Bd. 13 315, v. 23. 3. 1889 Bd. 24 407, v.

206

Prüfungstermin.

§144.

22. 4. 1895 IW. S. 266 Nr. 15; Voigt Einfluß des Konkurses (1903) S. 180; abw. v. Wilmowsi-Kurlbaum Anm. 6.

Anm. 4.

Der Abs. n gestattet bloß eine Prozeßaufnahme gegen den Gemeinschuldner, nicht durch diesen. Das Gesetz hat dem Schuldner die Befugnis zur Prozeßaufnahme absichtlich nicht eingeräumt. Seine Prozeßaufnahme würde daher durch ein (hier gebotenes) Zwischen­ urteil (§ 303 ZPO.) kostenfällig für unzulässig zu erklären sein. Protokolle S. 98ff.; RG. v. 24. 6. 1886 Bd. 16 360, v. 24. 3. 1908 LZ. S. 540 f. Nr. 29, v. 6. 3. 1909 Bd. 70 371; Voigt S. 178 N. 1 mit Lit. Entsprechend wäre eine im Laufe des Konkurses vom Gemein­ schuldner neu erhobene Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der angemeldeten Konkurs­ forderung als unzulässig abzuweisen, einerlei, ob die Forderung im Sinne des Abs. I „fest­ gestellt" wurde oder nicht. Denn es fehlt, abgesehen von der Legitimation, für eine solche Feststellungsklage des Schuldners das im § 256 ZPO. geforderte Interesse. Seinem persön­ lichen Rechtsschutzbedürfnisse genügt die im Abs. II anerkannte Bestreitungsbefugnis, durch deren Ausübung er die außerkonkursmäßige Vollstreckbarkeit abwendet; für den Konkurs­ bereich aber wird er durch den Verwalter verdrängt (§ 6). Zust. auch LG. Flensburg v. 7. 7. 1903 ZZP. 33 S. 294f. Ob der Verwalter eine negative Feststellungsklage erheben kann, das ist eine andere Frage [§ 146 Anm. 13]. Auch gestattet der Abs. II die Prozeß­ aufnahme nur gegen den widersprechenden Gemeinschuldner. War die Forderung vom Verwalter oder einem Gläubiger, nicht aber auch vom Gemeinschuldner persönlich bestritten, so ist eine Prozeßaufnahme zugleich gegen den Schuldner selbst unzulässig (abw. Fitting § 12 N. 35). Insoweit wäre die Aufnahme zwecklos, da ja der Gläubiger durch Erwirkung der „Feststellung" von selbst auch gegenüber der Person des Schuldners eine rechtskräftige und vollstreckbare Anspruchsanerkennung nach § 164 II (§§ 194, 206 II) erzielt. Diese Wirksamkeit gegenüber dem Schuldner [§ 164 Anm. 3 ff.] tritt auch dann ein, wenn er im Prozesse vor Konkursbeginn die Forderung bestritten hat, aber den Widerspruch im Prüfungstermin unterläßt. Die Einttagung des allseitigen Anerkenntnisses macht den Prozeß gegenstandslos. Eine Aufnahme zur Herbeiführung „der formellen Rechtskraft" ist weder erforderlich noch statthaft (abw. RG. v. 3. 4. 1891 Bd. 27 117, wo die Feststellung zur Tabelle mit Unrecht einer außergerichtlichen Anerkennung gleichgestellt und die Not­ wendigkeit einer förmlichen Berufungszurücknahme nach § 515 ZPO. behauptet wird). Im übrigen siehe § 12 Anm. 3 ff., § 146 Anm. 30, § 164 Anm. 6.

Anm. 5.

Der Antrag einer auf Grund des Abs. II aufgenommenen oder neu erhobenen Klage wider den Schuldner braucht nicht auf Leistung (nach Konkursbeendigung und unter Ab­ zug des im Konkurs erlangten oder durch Zwangsvergleich erlassenen Betrags) gerichtet zu werden (vgl. RG. v. 22. 1. 1892 Bd. 29 76: auf Verlangen des auf Leistung belangten Schuldners ist die Verurteilung dahin einzuschränken, daß die Zwangsvollstreckung erst nach Konkursbeendigung erfolgen darf). Vielmehr wird ein Antrag auf Feststellung der Forderung gegenüber dem Schuldner oder auf Feststellung, daß sein Widerspruch unbegründet sei, genügen. Denn eine derartige Feststellung vermittelt, wenn auch das Feststellungsurteil selber keinen Vollstteckungstitel bildet, sobald die rechtskräftige Beseitigung des Schuldner­ widerspruchs in der Tabelle vermerkt ist, die Rechtslage des § 164 n und damit die Rechts­ kraft und Vollstreckbarkeit des Tabelleintrags gegenüber dem Schuldner. RG. v. 23. 3.1889 Bd. 24 407; vgl. Protokolle S. 100. Mit Rücksicht auf diese Folge bedarf das Feststellungs­ interesse keines besonderen Nachweises. Der tabellarische Vermerk rechtskräftiger Über­ windung des Schuldnerwiderspruchs [§ 140 Anm. 8] kann, da er für die Zeit nach dem Konkurse wirkt, auch noch nach dessen Beendigung eingetragen werden. Siehe § 145 Anm. 3 und das Beispiel S. 195.

Eintragung des Prüfungsergebnisses.

207

§ 145. Das Gericht hat nach der Erörterung einer jeden Forderung das Ergebnis in die Tabelle einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Lchuldurkunden ist von

dem Gerichtsschreiber die Feststellung zu vermerken. Die Eintragung in die Tabelle gilt rücksichtlich der festgestellten Forde­ rungen ihrem Betrage und ihrem Vorrechte nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber allen Konkursgläubigern. Unveränderter § 133 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 96ff., S. 92, 172.

Motive II S. 363 f.,

Protokolle

I. Beurkundung des Priifungsergebniffes (Abs. I). Das Ergebnis der Erörterung im Sinne der §§ 141 ff. wird nach Abs. I Satz 1 vom «nm. i. „Gericht" d. h. vom Gerichtsschreiber unter Leitung des Konkursrichters fAnm. 3, 10] un­ mittelbar nach der Erörterung jeder Anmeldung in die dafür bestimmten Spalten [§ 140 Anm. 5ff.] der Tabelle eingetragen, sodann einzeln unter Angabe des Orts- und Zeit­ datums vom Richter und Gerichtsschreiber unterschrieben [§ 140 Anm. 10] und am Schlüsse der Prüfungsverhandlung mit den übrigen Resultaten vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt [§ 141 Anm. 13]. Zu dem in der Tabelle zu beurkundenden Prüfungsergebnisse gehört die Erklärung, ob Bestand, Betrag, Borrecht oder Konkurs­ forderungseigenschaft des angemeldeten Anspruchs streitig geblieben sind. Im Falle recht­ zeitiger [§ 141 Anm. 10] Bestreitung muß die Person des Widersprechenden und der Umfang des Widerspruchs [§ 144 Anm. 1], nicht auch ein etwa geltend gemachter Be­ streitungsgrund [§ 141 Anm. 9] vermerkt werden. Die Gewährung eines bleibenden oder vorläufigen Stimmrechts (§§ 95, 96) ist unter Angabe seines Charakters und mit etwaigen Änderungen in der Bemerkungsspalte, die Zurücknahme oder Änderung einer

Anmeldung und die Zurückziehung eines Widerspruchs gegen die Konkursteilnahme in der Berichtigungsspalte einzutragen. Widersprüche des Gemeinschuldners und deren Erledigung gehören in die Bemerkungsspalte. Siehe § 140 Anm. 7 s., § 141 Anm. 1 und die Beispiele auf Seite 195. Verweigert das Gericht die ihm nach Abs. I Satz 1 obliegende Eintragung einer Feststellung, so steht dem Anmelder die sofortige Beschwerde nach § 73 III zu. Denn die Ablehnung ist „Entscheidung im Konkursverfahren". Vgl. OLG. Karlsruhe v. 3.10.1889 BadAnn. 56 S. 113ff.; Petersen-Kleinfeller Anm. 11, Kohler Leitfaden S. 334; abw. Oetker I S. 287 ff., 304 ff. Da die Beschwerde im Gegensatze zur Berufung und Revision (§§ 516 II, 552 II ZPO.) schon vor Beginn der Notfrist [§ 73 Anm. 9] eingelegt werden kann, hindert sie der Mangel förmlicher Beschlußzustellung nicht. Über den umgekehrten Fall des

Eintrags einer „Feststellung" trotz Bestreitung siehe Anm. 3. Durch den im Abs. I Satz 2 vorgeschriebenen Feststellungsvermerk auf Wechseln, Schecks Anm. 2. und sonstigen Schuldurkunden (also auch auf bloßen Beweispapieren z. B. einem Darlehens­ schuldscheine) soll dem Gläubiger die Übertragung erleichtert werden. Der Vermerk

erfolgt durch den Gerichtsschreiber [§ 140 Anm. 2] und ist mit dem Gerichtssiegel zu ver­ sehen. Motive II S. 363. II. Wirksamkeit der Eintragung in die Tabelle (Abs. II).

1. Nach § 144 I gilt eine Forderung als festgestellt, soweit sie im Prüfungstermin un-Anm. 3. widersprochen bleibt, oder der Widerspruch beseitigt wird. Nach § 145 II hat der Ein­ trag dieser Feststellung in die Tabelle eine bestimmte Rechtskraftwirkung. So regelt der § 144 I die Feststellungserfordernisse, der § 145 II den Feststellungsabschluß. Erst die eingetragene Feststellung hat erweiterte Urteilskraft. Demnach kommt dem Eintrag, sofern er die von den Parteien vorgenommene Feststellung beurkundet, eine dekla-

208 §U5.

Eintragung des Prüfungsergebnisses. rative, sofern er aber die besondere Gesetzesfolge des § 145 n auslöst, eine konstitutive Bedeutung zu. Für die Anwendbarkeit der §§ 144 II, 164II (§§ 194, 206II) genügt es nicht, daß alle gesetzlichen Erfordernisse der Eintragung erfüllt waren. Diese muß selber geschehen sein. RG. v. 20. 10. 1888 Bd. 22 155; Oetker I S. 268, Gallinger Rechts­ stellung des Konkursverwalters (Erl. Diss. 1896) S. 38. Die Eintragung des Prüfungs­ ergebnisses (Abs. I) ist, mag dieses Anerkennung oder Bestreitung sein, an sich eine rein beurkundende Tätigkeit, nicht — wie etwa die bei positiver Feststellungsklage auf An­ erkenntnis des Beklagten ergehende Verurteilung (§ 307 ZPO.) — eine Entscheidung über Bestand, Betrag und Vorrecht der Forderung. Dem Konkursgericht als solchem, das unser Abs. I mit der Eintragung betraut, fehlt seiner ganzen Stellung nach und im Gegensatze zu dem im § 146 II bezeichneten Prozeßgericht die Ermächtigung, über bestrittene materiellrechtliche Ansprüche zu erkennen ^siehe § 72 Anm. 2, § 141 Anm. 10]. Es kann auch nicht etwa zum Zwecke der Forderungsfeststellung nach § 75 Ermittelungen von Amts wegen vornehmen oder eigne amtliche Kenntnis verwerten. Vielmehr hat es nur zu konstatieren, wie die Beteiligten sich im Prüfungsverfahren verhalten haben. Die Partei­ erklärung allein ist für den Eintrag maßgebend. So bedeutet also der Vermerk „fest­ gestellt" nicht etwa, daß das Gericht irgend eine Anerkennung ausgesprochen, sondern daß die Bestreitungsberechtigten nicht bestritten haben, wie ja auch der gegenteilige Eintrag „bestritten von . . ." nur das Parteiverhalten klarlegt. Vgl. RG. v. 17. 4. 1896 Bd. 37 388; Förster-Eccius I § 115 N. 6, Kohler Leitfaden S. 250, Niepage Irrtümliche Fest­ stellung (Rostocker Diss. 1901) S. 14ff.; abw. bes. Oetker I S. 288, 306, vgl. auch PetersenKleinfeller Anm. 11, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2, 5. Es ist eine durch Zweckmäßigkeitserwägungen gerechtfertigte und auf einer ganz eigenartigen Vorschrift des Gesetzes (Abs. II) beruhende Besonderheit, daß der Eintrag des ausdrücklichen oder stillschweigenden Anerkenntnisses [§ 144 Anm. 1], also der Vermerk der sofort oder nachträglich erfolgten freiwilligen Feststellung, für ein Urteil und zwar alsbald für ein rechts­ kräftiges Urteil über Betrag und Vorrecht der Forderung gegenüber allen Konkurs­ gläubigern gelten soll. Wirksamkeit der erzwungenen Feststellung: § 147. Diese positiv­ rechtliche Wirksamkeit des Feststellungsvermerkes setzt bereits mit dem Vollzüge der Eintragung d. h. mit der Unterschrift der Gerichtspersonen ein ^Anm. 1], ohne einer Verkündung oder Zustellung zu bedürfen. Sie knüpft sich andrerseits nur an die Eintragung des Ergeb­ nisses, d. h. des wahren Ergebnisses, also nur an die richtige Eintragung. Wie nun, wenn trotz rechtzeitiger Bestreitung durch den Verwalter oder einen Gläubiger die Forderung als „festgestellt" beurkundet, wenn ein Schuldnerwiderspruch nicht vermerkt, wenn eine gar nicht erfolgte Bestreitung eingetragen wird? Daß in Fällen dieser Art ein Berichtigungsbedürfnis besteht, leuchtet ohne weiteres ein. Doch bietet die herrschende Lehre keine ausreichende Abhilfe. Sie geht davon aus, daß die Eintragung arg. Abs. II mit § 318 ZPO. eine für das Konkursgericht bindende Entscheidung sei, die nur unter den Voraussetzungen einer Urteilsänderung berichtigt werden dürfe. So gelangt sie zur Anwendbarkeit des § 319 ZPO. (vgl. z. B. Petersen-Kleinfeller Anm. 10, Seuffert S. 266). Die Vorschrift bezieht sich aber nur auf offenbare Unrichtigkeiten. Sie träfe also z. B. den Fall, daß es bei einer Anmeldung von 5000 Mk. infolge eines Schreibfehlers in der Prüfungsspalte heißt „Bestritten vom Verwalter in Höhe von 10000", während in der Bemerkungsspalte steht „Vom Gemeinschuldner gleichfalls in Höhe von 1000 bestritten". Eine Berichtigung von Amts wegen stände hier allerdings frei, da sie ja sogar gegenüber rechtskräftiger Feststellung zulässig wäre. So auch, wenn das Protokoll [§ 141 Anm. 13] Schreib- oder Rechenfehler offenbar macht. Die Hauptfälle unrichtiger Beurkundung bleiben aber unerledigt. Auch muß bei Anwendung des § 319 ZPO. nach dessen Abs. III, der als besondere Vorschrift den allgemeinen Satz des § 73 III KO. verdrängt, die Ab­ lehnung der Berichtigungsbitte als unanfechtbar betrachtet werden (vgl. Petersen-Kleinfeller aaO. gegen Wolff Anm. 4). Oetker I S. 289 hält sogar die Berichtigung für unanfecht­ bar. Das OLG. Stuttgart v. 27. 5. 1902 (OLG. 5 S. 217 ff.) glaubt nun durch Heran­ ziehung des § 320 ZPO. helfen zu sollen. Allein diese Annahme unterliegt angesichts der

Eintragung des Prüfungsergebnisses.

209

Voraussetzungen der Tatbestandsberichtigung schweren Bedenken und würde abgesehen von § 145. der Unanfechtbarkeit des Beschlusses auch deshalb wenig befriedigen, weil sie bei jedem Wechsel im Konkursrichteramt versagte. Ob der Schuldner, wenn sein Widerspruch nicht vermerkt ist, darauf gleichwohl Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungs­ klausel nach § 732 ZPO. gründen kann, ist fraglich (vgl. Niepage S. 24 ff.). Alle diese Schwierigkeiten dürsten zu vermeiden sein. Hat nämlich das Gericht einen Widerspruch eingetragen, der in Wirklichkeit nicht erfolgt war, so steht unser Abs. II der Berichtigung überhaupt nicht im Wege, da eben insoweit die Feststellung fehlt. Allein er trifft, wie betont, auch den positiven Eintrag nicht, wenn das Eingetragene in Wahrheit nicht das Prüfungsergebnis ist. Nach dieser Seite bestehen gegen die Zulässigkeit eines Beschwerde­ verfahrens zum Zwecke der Berichtigung keine Bedenken. Liegt aber eine „Entscheidung im Konkursverfahren" vor, wie sie der § 73 voraussetzt? Die Eintragung als solche ist keine Entscheidung, auch nicht als Bewilligung einer Beurkundung; noch weniger ist es das bloße Vergessen der Eintragung eines Widerspruchs. Trotzdem wollen das OLG. Dresden v. 17. 6. 1899 Sächs. OLG. 21 S. 540 ff., Petersen-Kleinfeller Sinnt. 11, Kohler Leitfaden S. 250, 334, 338 eine direkte Beschwerde zulassen. Es wird aber vielmehr der Opponent, dessen Widerspruch die Tabelle irrtümlich nicht vermerkt oder als zurück­ genommen bezeichnet, und der Anmelder, bei dessen Forderung irrtümlich ein Widerspruch steht, im Termine selbst oder nachher einen förmlichen Berichtigungsantrag zu stellen haben. Erst die daraufhin ergehende, nötigenfalls nach § 75 vorzubereitende Entscheidung des Konkursgerichts, die den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen ist (§ 73 II), unterliegt der sofortigen Beschwerde (§ 73 III). Eine beschwerdefähige Entscheidung würde auch darin zu erblicken sein, daß das Gericht die Berichtigung ohne förmliche Erlassung eines Be­ schlusses versagte [Sinnt. 1]. Die Frage, ob die Berichtigung der Tabelle auch noch nach Konkursbeendigung erwirkt werden könne, wird vom RG. 22 155 und vom OLG. Dresden aaO. mit allgemeiner Begründung verneint. Allein das Gesetz rechnet sicherlich mit der Möglichkeit, daß Feststellungsprozesse erst nach Konkursbeendigung entschieden werden (vgl. §§ 166, 168 Nr. 1), ordnet aber uneingeschränkt eine daraufhin zu erwirkende Tabellberichtigung an (§ 146 VII). Mit Rücksicht auf die den Konkurs überdauernde Wirksamkeit der tabellarischen Feststellung [Sinnt. 6] besteht für nachträgliche Berichtigungen ein ausreichendes Bedürfnis. Das gilt nicht minder bei ursprünglichem Eintragungsversehen und späterer Widerspruchsrücknahme als beim Sieg im Feststellungsprozeß. In jedem Falle gehört die nachträgliche Berichtigung der Konkurstabelle noch zum Konkursverfahren. 2. Der Eintrag des Feststellungsergebnisses durch das Konkursgericht wirkt, was Bestand,Anm. 4. Betrag und Rang der Forderung und im besonderen die Konkursteilnahmebefugnis des Anmelders, also sein Recht zur Abstimmung in den Gläubigerversammlungen (§§ 95 ff.) sowie zur Bestreitung im Prüfungsverfahren (§ 144 I) und auf Berücksichtigung bei den Verteilungen (§§ 152 ff.) betrifft, wie ein rechtskräftiges Urteil. Sonach wird der freiwilligen Feststellung (§ 145 II) die gleiche Kraft beigelegt, wie sie nach § 147 Satz 1 einer durch Einspruch oder Rechtsmittel nicht oder nicht mehr anfechtbaren Entscheidung des Prozeßgerichts zukommt. Im einen wie im anderen Falle wirkt die Feststellung nur rechts­ anerkennend, aber unter grundsätzlichem Slusschluß einer versäumten oder (int zweiten Falle zu Recht oder zu Unrecht) verworfenen Bestreitung [§ 3 Anm. 2]. Beidemal beschränkt sich die Urteilswirkung nicht auf das Konkursverfahren, wohl aber auf bestimmte Personen [Sinnt. 5,6]. RG. v. 1. 7. 1903 Bd. 55 160 (Königsberg v. 5. 11. 1902 OLG. 6 S. 68 bestätigend), v. 7. 10. 1910 IW. 1911 S. 118 Nr. 55. Im Falle der erzwungenen Feststellung wird das Bestehen der Forderung vom Prozeßgericht bejaht wie bei freiwilliger Feststellung durch Anerkenntnis der Parteien: das Konkursgericht hat wie im zweiten [Sinnt. 3] so auch im ersten Falle lediglich ein „Ergebnis" zu beurkunden (zu deklarieren), im zweiten dadurch, daß es nach Maßgabe des Feststellungsurteils (auf Antrag) die Tabelle „berichtigt" (8 146 VII). Siehe Anm. 10. Der Eintragungsvermerk wirkt in seinem positiven Inhalte „gegenüber allenAnm. 5. Konkursgläubigern", mögen sie nun angemeldet und dem Prüfungstermin angewohnt

210

§145.

Anm. 6.

Sinnt. 7.

Eintragung des Prüfungsergebnisses.

haben oder nicht (Motive II S. 364, RG. v. 14. 12. 1895 Bd. 37 2). Die Rüge eines Verstoßes gegen den § 139 kann daher, wenn die Berichtigung auch erst im Prüfungs­ termine selbst erfolgt war, weder von erschienenen noch von ausgebliebenen (wenngleich durch unabwendbare Hindernisse abgehaltenen) Gläubigern gegenüber der Eintragung nach­ geholt werden. Zur Rechtskraft eignet sich aber nur die Feststellung eines Anspruchs aus bestimmtem Tatbestände. Wäre nicht wenigstens bei der Prüfung der Anspruchsgrund an­ gegeben worden, so würde für eine Rechtskraftwirkung kein Raum sein (vgl. Gaupp-Stein ZPO.10 § 322 V 2 mit Zit.). Der Satz, daß die Eintragung zur Tabelle auch den Ver­ stoß gegen wesentliche Anmeldungserfordernisse heile, muß also mit Vorsicht ausgenommen werden. Bei Ansprüchen, die schon vor Konkursbeginn rechtskräftig gegenüber dem Schuldner festgestellt worden waren, knüpft sich an den Feststellungsvermerk nach Abs. II eine Erstreckung der Rechtskraft auch auf das Verhältnis zu „allen Konkursgläubigern". Die Eintragung wirkt aber nur gegen die übrigen „Konkursgläubiger", nicht gegen jeden Dritten sAnm. 8] und nicht gegen den Anmelder selbst fAnm. 9]. Doch steht die zum Nachteil der konkurierenden Gläubiger verordnete Rechtskraft auch einer Nach­ holung des Widerspruchs durch den Konkursverwalter — namentlich einer nachträg­ lichen Konkursanfechtung ssiehe jedoch Anm. 12] — entgegen, weil ein solcher Widerspruch notwendig den Konkursgläubigern zustatten käme. Der Verwalter muß daher die fest­ gestellte Forderung in das Schlußverzeichnis aufnehmen (§ 162 mit § 158 II). RG. v. 13. 3. 1891 Bd. 27 92, v. 28. 11. 1893 SeufsA. 49 Nr. 227, AG. Nürnberg v. 21. 3. 1911 LZ. S. 837. Ebendarum hat aber auch der Anmelder, dessen Forderung eingetragen wurde, kein Interesse an einer Klage aus Feststellung dieser Forderung wider den Ver­ walter: der Zweck einer solchen Klage ist bereits erreicht [§ 146 Anm. 21]. Geltendmachung eines Vorrechts nach der Feststellung: § 139 Anm. 11. Gegenüber dem Gemeinschuldner persönlich wirkt die Eintragung Rechtskraft und außerkonkursmäßige Vollstreckbarkeit, wenn von seiner Seite kein Widerspruch erhoben oder der erhobene durch Zurücknahme oder rechtskräftigen Richterspruch beseitigt ist (§§ 164 II, 194, 206 II; Nachholung: § 165). Siehe § 144 Anm. 5. Alsdann gewährt der Feststellungseintrag dem Anmelder den nach § 2 AnfG. zur Einzelansechtung er­ forderlichen Titel auch schon für die in den Grenzen des § 13 V AnfG. verstattete Gläubigeransechtung während des Konkurses [§ 14 Anm. 2, § 164 Anm. 3]. RG. v. 24. 5. 1895 Bd. 35 80 ff., v. 8. 1. 1897 IW. (5.110 s. Nr. 20; ObLG. v. 27. 9.1895 SeuffA. 51 Nr. 265; OLG. Düsseldorf v. 29. 10. 1908 RheinA. 107 S. 311. Ansprüche, die durch konkursmäßige Feststellung gegen den Schuldner vollstreckbar geworden sind, verjähren nach § 218 BGB. stets erst in 30 Jahren seit der Feststellung. Eintragungen eines deutschen Konsuls oder Schutzgebietsgerichtes als Konkursgerichts [§ 71 Anm. 8] äußern ihre außerkonkursmäßige Wirksamkeit, soweit nicht besondere Schranken gezogen sind [§ 50 Anm. 5], auch im Reichsgebiet. Diese Gerichte sind im Sinne der §§ 328, 722 f. ZPO. keine „ausländischen" Gerichte. Vgl. Hamburg v. 29. 3. 1905 OLG. 13 S. 154. 3. Der Abs. II trifft die allgemeinen wie die besonderen Vorrechte der Konkursforderungen. Er bezieht sich aber auch nur auf Konkursforderungen. Darum nimmt der Ta-bellvermerk über die Anerkennung von Absonderungsrechten durch den Konkursverwalter an der Rechtskraftwirkung nicht teil [§ 4 Anm. 10 mit Rechtspr.], während die durch ein Absonderungsrecht gesicherte Konkursforderung zuur vollen Betrag, nicht nur in Ausfallhöhe, nach Abs. II der Rechtskraft zugänglich ist [§ 64 Anm. 11]. Ein irrtümlich angemeldeter Massekosten- oder Masseschuldanspruch [§ 57 Anm. 10 mit Rechtspr.], Aussonderungs- oder Ersatzaussonderungsanspruch (vgl. RG. v. 4. 3. 1890 Bolze 9 Nr. 942, ObLG. v. 14. 5. 1897 SeuffA. 53 Nr. 207, OLG. Cöln v. 6. 2. 1904 PucheltsZ. 35 S. 534, KG. v. 1. 6. 1907 LZ. S. 679 f.) wird durch die Anmeldung und Feststellung nicht zur Konkursforderung und darum weder seines Ranges beraubt noch den §§ 14, 193 unterworfen noch andrerseits stimm- und bestreitungsberechtigt fAnm. 4]. Entsprechendes gilt für einen nach § 63 unanmeldbaren

Eintragung des Prüfungsergebnisses.

211

Anspruch und für unanmeldbare Prozeßkostenansprüche [§ 3 9lnm. 31]. Vgl. München v H145. 16. 2. 1910 OLG. 21 S. 172; Oetker I S. 446, Kohler Lehrbuch S. 386, 558 sstehe unten Anm. 9]. In der Anmeldung des Aussonderungsanspruchs kann ein Verzicht auf die Aus­ sonderung unter Verwandlung des Anspruchs in eine Konkursforderung schon deshalb nicht liegen, weil der Aussonderungsberechtigte garnicht die Macht hat, statt des massefremden Gegen­ standes eine Zahlung aus der Masse zu verlangen (anders § 64). Darum bedarf es keines Vorbehalts zur Erhaltung seines stärkeren Rechtes. Zu einer rechtskräftigen Anerkennung des Anspruchs als Konkursforderung führt aber die Eintragung nicht, weil der § 145 sich nur auf Konkursforderungen bezieht (vgl. § 43). Aus einer Abfindungs-Übereinkunft zwischen dem Aussonderungsprätendenten und dem Verwalter würde für ersteren ein Masse­ schuldanspruch (§ 59 Nr. 1) erwachsen. Aussonderungsberechtigten oder Massegläubigern, die nach irrtümlicher Anmeldung und Eintragung ihres unanmeldbaren Anspruchs kraft ihres besseren Rechts vom Verwalter Erfüllung begehren würden, ohne die Löschung des Eintrags zu bewilligen, hätte der Verwalter eine exceptio doli entgegenzustellen (vgl. RG. v. 8.10.1909 Bd. 71 435). Den „festgestellten" Forderungen dürfen die bestrittenen, aber mit vollstreckbaren Schuldtiteln ausgestatteten (§ 146 VI) Forderungen nicht gleich­ gestellt werden. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, v. Wilmowski-Kurlbaum § 144 Anm. 4; a b w. Oetker I S. 270. 4. Die Rechtskraft wirkt nur den Feststellungsgegnern sAnm. 5], nicht einem ab-Anm. 8. sonderungsberechtigten Nichtkonkursgläubiger und nicht einem Prätendenten gegenüber, der die festgestellte Forderung — z. B. als wahrer Erbe, als Indossatar, als Zessionar, als Pfandgläubiger (etwa kraft Pfändung und Überweisung zur Einziehung) — für sich

in Anspruch nimmt. Die im Abs. II und im § 147 Satz 1 genannten übrigen „Konkurs­ gläubiger" sind nach dem Zwecke des Gesetzes die Träger anderer Konkursforderungen, die sich die festgestellte Konkurrenz gefallen lassen müssen. Über den Wortlaut und den Sinn des Gesetzes hinaus darf die ohnehin regelwidrige Ausdehnung der Rechtskraft nicht erstreckt werden. Keineswegs kann sich der Bormann (Zedent, Indossant, Verpfänder), wenn er die Konkursdividende kraft des auf seinen Namen lautenden Tabelleintrags empfangen hat, einem Erstattungsbegehren des Nachmanns (etwa auf Grund eines Kaufes der Forderung, aus ungerechtfertigter Bereicherung, unerlaubter Handlung) auf die Rechts­ kraft der Konkursfeststellung berufen. So auch nicht im Konkurse des Bormanns. Hier nimmt der Nachmann die schon vor Konkursbeginn an den Vormann entrichtete Dividende als Konkursgläubiger, die Forderung selbst als Aussonderungsberechtigter in Anspruch. Eine Abtretung ist insoweit weder notwendig noch überhaupt möglich. Dieser schon in unserer 1. Auflage vertretenen Ansicht haben sich nun RG. VI. ZivSen. v. 4. 7. 1904 Bd. 58 369, 372 ff. (Dresden v. 11. 5. 1903 SächsOLG. 25 S. 551 aufhebend), Stettin v. 12. 3. 1909 OLG. 19 S. 150 u. Lippmann ThürBl. 53 S. 253 ff. angeschlossen im Gegensatze zu RG. I. ZivSen. v. 14. 12. 1895 Bd. 37 Iff. (wie letzteres Petersen-Klein­ feller §§ 141 ff. Anm. 3, v. Sarwey - Bossert Anm. 3 und in völligem Mißverständnis unserer Ausführungen v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 6). Gewiß hat auch die Masse eine einzige Schuld nur einmal zu bezahlen. Es liegt aber wie außerhalb des Konkurses am Schuldner selbst, so im Konkurs am Verwalter und den widerspruchsberechtigten Gläubigern, darüber zu wachen, daß eine zur Doppelberücksichtigung führende Doppel­ feststellung unterbleibt. Wenn der Erbe des Zedenten A und der Zessionar B dieselbe Forderung angemeldet haben, ohne daß vielleicht einer um die Anmeldung des andern weiß, der Schuldner flüchtig oder gestorben ist, der (wie so oft) allein im Prüfungstermin erscheinende Verwalter aber die Identität der Anmeldungen nicht erkennt, kommt es eben zu einer widerspruchsvollen Feststellung. Daß hier die zufällige Priorität der Eintragung oder gar der Anmeldung einen Ausschluß des anderen Prätendenten bewirken sollte, läßt

sich nicht begründen. Ebensowenig hat der frühere Ausgang des einen von beiden Fest­ stellungsprozessen diesen Erfolg. Vgl. Lippmann S. 255 ff. Andrerseits kann man auch nicht sagen, daß in der Doppelanmeldung eine wechselseitige Bestreitung [§ 141 Anm. 8] liege, die eine Eintragung der Ansprüche als festgestellt (§ 145 II) ausschließe. Denn

212

Eintragung des Prüfungsergebnisses.

§145,

als Bestreitung wirkt nur der ausdrückliche mündliche Widerspruch im Termine selbst [§ 141 Anm. 10]. Noch weniger kann von einer nachträglichen Entkräftung der irrtümlichen Doppelanerkennung auf dem Wege der §§ 119, 121, 142 ff. BGB. die Rede sein [Sinnt. 10]. Stehen zwei Gläubiger im Verhältnisse der Eventualberechtigung, wie Hauptgläubiger und Bürge, dann wird ein Widerstreit verhütet, indem der Eventual­ anspruch als solcher (als gesetzlich bedingter im Sinne des § 67) festgestellt wird [siehe § 67 Anm. 5]. Vgl. Henneberg LZ. 1911 S. 276f. Im übrigen siehe wegen des Prätendentenstreits § 141 Sinnt. 3. Die Feststellung wirkt auch nicht gegenüber den einlagepflichtigen Kommanditisten der im Konkurse stehenden Gesellschaft dahin, daß sie ihnen den Einwand abschneidet, es seien keine oder weniger Gesellschaftsschulden da (RG. v. 12. 2. 1902 Bd. 51 40).

Anm. s.

Keinen Anhalt im Gesetze hat die verbreitete Ansicht (z. B. RG. v. 13. 1. 1888 Bd. 20 413f.), der Eintrag äußere auch gegen den Anmelder selbst die negative Wirkung, daß diesem die nachträgliche Anmeldung eines Vorrechts [§ 139 Anm. 11] oder die nachträgliche Erhöhung des Forderungsbetrages durch Neuanmeldung (z. B. eines Schadenersatzanspruchs ohne Änderung des Grundes) versagt wäre. Siehe dagegen § 144 I verb. „soweit", ferner § 145 II verb. „gegenüber" verglichen z. B. mit § 193 Satz 1 verb. „für und gegen" (das „gegenüber" in unserm Abs. II ist nicht neutral wie im § 147 Satz 1, weil nur die positive, nicht wie dort zugleich die negative Feststellung in Frage steht); vgl. auch RG. v. 30. 12. 1896 Bd. 38 420 erster Absatz. Im Falle RG. v. 17. 5. 1898 Gruchots Beitr. 42 S. 1127ff. liegt die Anspruchserweiterung vor der Fest­ stellung.

III. Anfechtbarkeit der Eintragung.

Anm.io.

1. Rechtsbehelfe gegenüber der Eintragung des wirklichen Prüfungs­ ergebnisses sind — im Unterschiede zur Berichtigung irriger Vermerke [Anm. 3] — mit Rücksicht auf die Rechtsfolge des Abs. II nur insoweit zulässig, als sie gegenüber einem rechtskräftigen Urteile statthaft sein würden. Durch Nachholung des Widerspruchs in einem späteren Termine kann die Rechtskraftwirkung der Einträge durch den Verwalter oder einen Gläubiger nicht beseitigt werden. Der Vermerk eines solchen nachträglichen Widerspruchs wäre nichtig. RG. v. 3. 3. 1904 Bd. 57 274. Das Gesetz kennt nur eine Nachholung des Schuldnerwiderspruchs (§ 165). Das Unterlassen der Prozeßhandlung des Widerspruchs ist kein Rechtsgeschäft, das wegen Willens­ mangels (besonders wegen Irrtums) nach den Sätzen des bürgerlichen Rechts angefochten werden könnte (gegen Harburger Sinnt. 5). Betrug: Sinnt. 12. Sollte nach rechtskräftiger Erledigung des Feststellungsprozesses (§ 147) die Berichtigung der Tabelle (§ 146 VH) im Widersprüche mit dem erwirkten Urteil erfolgen, so kann jeder Interessent die Un­ richtigkeit noch im Einwendungsverfahren her §§ 158, 162 geltend machen [§ 146 Sinnt. 31]. Richter und Gerichtsschreiber sind in jedem Falle als Urkundspersonen ver­ antwortlich. § 839 BGB.; §§ 348, 349 StGB. Haftung des Staates: § 140 Sinnt. 2.

9irim.ii.

2. Die Tatsache nachträglichen Erlöschens oder nachträglicher Abschwächung der festgestelltenForderung selb st (nicht der rechtskräftigen Feststellung), namentlich die nachträgliche Erfüllung, Leistung an Erfüllungsstatt, Hinterlegung, Aufrechnung [§ 53 Anm. 25], der nachträgliche Eintritt einer auflösenden Bedingung [§ 66 Anm. 2] oder eines Verzichts, sind im Wege der Bollstreckungsgegenklage nach Maßgabe des § 767 ZPO., nicht aber im Verfahren nach § 158 (§ 162) KO. geltend zu machen. RG. v. 24. 2.1888 Bd. 21 336, v. 3. 3. 1904 Bd. 57 271. Die Klage kann nur auf Einwendungen gestützt werden, deren Gründe nach der Feststellung entstanden sind. Die entsprechende Anwendung des § 767 II ZPO. weist auf den Zeitpunkt der Feststellung als den der letzten Möglichkeit eines Vorbringens der Einwendung hin. Mit dem Schluffe des allgemeinen oder besonderen Prüfungstermins, in dem die Anmeldung erörtert worden ist, braucht dieser Zeitpunkt im Falle späterer Zurücknahme eines zunächst erklärten Widerspruchs sich nicht zu decken. Die Zeitschranke ist von großer Wichtigkeit für die Aufrechnung.

213

Eintragung des Prüfungsergebnisses.

Ihr Grund liegt bereits mit Eintritt der Aufrechenbarkeit, nicht erst nach Erklärung der H145. Aufrechnung vor [§ 53 Anm. 24]. Bestand die Aufrechnungsmöglichkeit bereits vor der Feststellung zur Tabelle, so wird dieser gegenüber nun eine erfolgreiche Durchführung der Aufrechnung abgeschnitten. Hat also der Konkursverwalter die rechtzeitige Aufrechnung versäumt, dann steht der § 767 II ZPO. seiner eigenen späteren Aufrechnung gegenüber der Konkursteilnahme des Gläubigers, aber auch derjenigen des bisherigen Gemein­

schuldners gegenüber der Vollstreckung nach § 164 II (§§ 194, 206 H) KO. entgegen. RG. v. 28. 6. 1907 LZ. S. 835 ff., v. 14. 12. 1909 LZ. 1910 S. 231 f.; OLG. Dresden v. 29. 11. 1905 SächsARpfl. 1 S. 539 f.; OLG. Karlsruhe v. 3. 7. 1909 BadRpr. 1910 S. 257; vgl. Lang Aufrechnung (1906) S. 108 ff. Alle zur Zeit der Klagerhebung möglichen Einwendungen müssen zusammen geltend gemacht werden (§ 767III ZPO.). Aus­ schließlich zuständig ist das Amtsgericht des Konkurses, bei landgerichtlichem Streitgegenstände das übergeordnete Landgericht, keineswegs aber das Konkursgericht, das als solches (vgl. § 73) nie Prozeßgericht ist. Dies folgt aus entsprechender Anwendung des § 164III (§ 146 II) KO., die umsomehr gerechtfertigt erscheint, als das genannte Amts- oder Landgericht auch als „Prozeßgericht erster Instanz" (§ 767 I ZPO.) für die zum Zwecke der Feststellung erforderliche Niederkämpfung eines Widerspruchs gegen die Forderung in Betracht kommen würde. Vgl. AG. Nürnberg v. 21. 3. 1911, LG. Nürnberg v. 10. 5. 1911 LZ. S. 838, 839; Oetker I S. 213; abw. Seuffert S. 266. Zur Klage befugt ist der Konkurs­ verwalter und jeder einzelne Konkursgläubiger, da jeder ein selbständiges Widerspruchsrecht hat. Seuffert S. 267; abw. (nur Verwalter) Oetker aaO. Gemeinschuldner: Anm. 14. Die Klage des Konkursverwalters geht nicht aus eine nach § 894 ZPO. zu erledigende Verurteilung zur Anmeldungsrücknahme, sondern auf die richterliche Feststellung, daß das eingetragene Konkursgläubigerrecht (bei Vorrechtsverzicht das Vorrecht) nicht mehr oder nur noch in bestimmten Grenzen besteht. Auf Antrag eines Beteiligten — nicht von Amts wegen, auch nicht auf Ersuchen des Prozeßgerichts, dem dazu jede Ermächtigung fehlt — wird nach rechtskräftiger Zuerkennung der Vollstreckungsgegenklage die Tabelle berichtigt [§ 146 Anm. 31, § 151 Anm. 3]. Durch einstweilige Anordnung des Prozeßgerichts kann die Auszahlung schon während des Prozesses eingestellt werden (§ 769 ZPO.). Von Amts wegen hat der Konkursverwalter die Anteile nicht zurückzuhalten [§ 168 Anm. 6]. Wie nun aber, wenn die Schuldtilgung vor dem Prüfungsverfahren liegt? Wenn z. B. der Konkursgläubiger schon vorher aus dem Vermögen eines Mit­ schuldners oder eines Dritten volle Befriedigung erhielt, wenn sein Anspruch schon vorher durch Aufrechnung getilgt ward, wenn er die Feststellung durch Betrug erschlichen hat? Im Falle des Betrugs kann eine Restitutionsklage nach § 580 Nr. 4 ZPO. Abhilfe schaffen fAnm. 12]. Im übrigen bleibt zu beachten, daß durch Anfechtung des Unterlassens der Bestreitung hier nicht zu helfen ist (Anm. 10]. Einer vorsätzlich sittenwidrigen Aus­ nutzung des Tabelleintrags wird aber trotz unseres Abs. II der § 826 BGB. entgegen­ stehen. Die Streitfrage kann hier nicht ausgetragen werden. Vgl. Gaupp-Stein ZPO." § 322 VIII 2, IX mit Zit.; für den besonderen Fall der Aufrechnung vor dem Prüfungs­ termine Lang aaO. S. 109 ff. 3. Auch eine Wiederaufnahme des Verfahrens in entsprechender Anwendung der §§ 578 ff. Anm.12. ZPO. kommt gegenüber der Rechtskraftwirkung des Tabelleintrags in Betracht. Motive II S. 364, RG. v. 17. 4. 1896 Bd. 37 386, v. 3. 3. 1904 Bd. 57 271 und herrschende Lehre, namentlich Petersen Gruchots Beitr. 38 S. 293ff.; abw. Oetker I S. 393. An­ ordnung einstweiliger Dividendenzurückhaltung: § 707 ZPO. (vgl. Anm. 11]. Seuffert ZPO." § 707 Anm. 6. So findet bespielsweise gegenüber der Eintragung die Restitutionsklage (§ 580 Nr. 2, 4, 7 ZPO.) statt, wenn die Widerspruchsberechtigten durch Kollusion zwischen Anmelder und Gemeinschuldner z. B. durch einen die Anfechtbar­ keit verdeckenden Akt des Betrugs oder der Urkundenfälschung getäuscht worden sind (vgl. Kohler Lehrbuch S. 556), wenn der Gläubiger die Feststellung durch arglistiges Ver­ schweigen des bereits erfolgten Erlöschens der Forderung erschlichen hat, wenn der Konkursverwalter in betrüglichem Einvernehmen mit dem Anmelder dessen nicht bestehenden

Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. II.

14

214

Eintragung des Prüfungsergebnisses.

§145.

Anspruch anerkannte (vgl. Schöninger Leistungsgeschäfte 1906 S. 65), wenn neue, den Widerspruch stützende Urkunden aufgefunden werden (RG. v. 17. 4. 1896 aaO.; Frist­ beginn ebenda S. 389). Die bloße Unkenntnis deS Anfechtungsrechtes bildet keinen allgemeinen Restitutionsgrund (Cosack Anfechtungsrecht S. 352 f.). Ob im Unterlassen des Widerspruchs gegenüber einer anfechtbaren Forderung ein Verzicht auf das Anfechtungs­ recht liegt, ist Tatfrage [§ 36 Anm. 3]. Eine Nichtigkeitsklage ist etwa dann denkbar, wenn der den Prüsungstermin leitende Konkursrichter von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war [stelle § 72 Anm. 3]. Zwar bildet die Ein­ tragung des Prüfungsergebnisses nicht eine erkennende, sondern eine beurkundende Richtertätigkeit. Allein die entsprechende Anwendung des § 579 Nr. 2 ZPO. rechtfertigt sich im Hinblick auf die Wirksamkeit der Eintragung nach Abs. II. Daß nicht alle Wiederaufnahmegründe passen, bedarf kaum der Erwähnung.

Anm. iS.

Zur Klage befugt ist der Verwalter und jeder Konkursgläubiger sAnm. 11], auch der im Prüfungstermin ausgebliebene, besonders der gewaltsam am Erscheinen verhinderte (§ 580 Nr. 4 ZPO. mit §§ 239 f. StGB.). Gemeinschuldner: Anm. 14. Das un­ verschuldete Ausbleiben an sich begründet die Wiederaufnahme nicht (abw. v. Bölderndorff II S. 393, der die Nichtigkeitsklage auf Grund des § 579 Nr. 4 zulassen will). Wegen der Wiedereinsetzung: Anm. 14. Die Wiederaufnahmeklage geht auf eine richterliche Auf­ hebung der Feststellung. Damit wird die Forderung „streitig" und neuerdings prüfungs­ bedürftig (§ 146). Ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht des Konkurses, bei land­ gerichtlichem Streitgegenstände das übergeordnete Landgericht (arg. § 584 II ZPO.). AG. Karlsruhe BadAnn. 58 (1892) S. 94 (ohne Angabe des Datums), OLG. Darmstadt v. 29. 1. 1904 HessRechtspr. 5 S. 59; Petersen-Anger ZPO? § 584 Anm. 4; Haberling Recht 8 S. 278; andere halten stets das Amtsgericht für zuständig (so z. B. PetersenKleinfeller Anm. 7). Siehe auch Anm. 11.

Anm.li.

4. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach einer durch höhere Gewalt verursachten Versäumung des Prüfungstermins kommt gegenüber einer Feststellung im Sinne des § 144 I nicht in Betracht. Die preußische KO. v. 1855 hatte im § 178 aus­ drücklich bestimmt: „Jeder Gläubiger muß dasjenige, was im Konkurse, nach ergangener gehöriger Aufforderung oder Vorladung, ohne seine Teilnahme gesetzlich verhandelt, be­ schlossen oder festgestellt worden ist, ebenso gegen sich gelten lassen, als wenn er dabei zu­ gezogen worden wäre. Eine Restitution gegen diesen Rechtsnachteil findet nicht statt." Entsprechend z. B. §§ 255 f. österr. KO. Der Sache nach gilt dieser den ungestörten und schleunigen Fortgang des Verfahrens gewährleistende Grundsatz auch nach Reichsrecht ssiehe § 138 Anm. 1, 4]. Eines ausdrücklichen Ausschlusses der Wiedereinsetzung bedurfte es nicht, da die §§ 233 ff. ZPO. nur für die Versäumung von Fristen, nicht von Terminen gelten. Die Novelle von 1898 hat nun aber dem Gemeinschuldner selbst und nur ihm (also nur mit Wirksamkeit für die außerkonkurSmäßige Rechtsverfolgung) die Möglich­ keit einer Wiedereinsetzung durch besondere Vorschrift erschlossen (§ 165). Er persönlich kann eine Bollstreckungsgegenklage — vorbehaltlich der auch ihm gezogenen Schranke des § 767 n ZPO. [§ 165 Anm. 1 mit § 164 Anm. 8] — oder eine Wiederaufnahmeklage nur erheben, wenn er die Forderung nicht bestritten hat. Denn andernfalls wirkt die Fest­ stellung nur für den Konkurs sAnm. 6]; hinsichtlich der Konkursmasse aber verdrängt der Verwalter den Gemeinschuldner (§ 6). Vgl. Seuffert S. 267. Einwendungen aus § 732 ZPO.: Anm. 3.

Feststellung bestrittener Forderungen.

215

§ 146. (I) Den Gläubigern streitig gebliebener Forderungen bleibt überlassen, die Feststellung derselben gegen die Bestreitenden zu betreiben. Zu diesem Behufe hat das Gericht den Gläubigern einen Auszug aus der Tabelle in beglaubigter Form zu erteilen. (II) Auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben. Für die Klage ist das Amtsgericht, bei welchem das Konkursverfahren an­

hängig ist und, wenn der Streitgegenstand zur Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht gehört, das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirke der Bezirk des Konkursgerichts gehört. (III) War zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung derselben durch Aufnahme des Rechtsstreits zu verfolgen. (IV) Die Feststellung kann nur auf den Grund gestützt und nur auf den Betrag gerichtet werden, welcher in der Anmeldung oder öent Prüfungstermine angegeben ist. (V) Die Bestimmungen des ersten, dritten und vierten Absatzes finden auf Forderungen, für deren Feststellung ein besonderes Gericht, eine Verwaltungs­ behörde oder ein Verwaltungsgericht zuständig ist, entsprechende Anwendung. (VI) Der Widerspruch gegen eine Forderung, für welche ein mit der Voll­ streckungsklausel versehener Schuldtitel, ein Endurteil oder ein Vollstreckungs­ befehl vorliegt, ist von dem Widersprechenden zu verfolgen. (VII) Die obsiegende Partei hat die Berichtigung der Tabelle zu erwirken. Unveränderter § 134 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 98ff., Motive II S. 364ff., Protokolle S. 92 f., 173 ff. Literatur: M. Jonas, die Konkurssestellung in ihrer prozessualen Durchführung (Hallenser Dissertation, 1907). Feststellung streitiger Konkursforderungen.

I. Die Feststellung im allgemeinen. 1. „Streitig geblieben" ist für den Konkurs eine Forderung insoweit, als gegen sieAum. i. im Prüfungstermin ein Widerspruch vom Verwalter oder einem Konkursgläubiger erhoben und nicht durch Zurücknahme oder infolge Wegfalls des Widerspruchsrechtes beseitigt worden ist (§ 1441). Der Widerspruch des Gemeinschuldners stellt das Konkursgläubigerrecht des Anmelders nicht in Frage [§ 144 Anm. 3]. Unter den streitig gebliebenen Forderungen erfahren die titulierten und die nicht titulierten eine verschiedene Behandlung (Oetker I § 8). Tituliert sind Forderungen, für die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits ein Bollstreckungstitel oder doch ein — wenngleich noch nicht vollstreckbares — Endurteil (ein Titel int weiteren Sinne des Abs. VI) vorliegt sAnm. 22]. Auch die titulierte Forderung, selbst eine schon rechtskräftig zuerkannte, muß angemeldet und geprüft werden. Auch sie wird streitig durch den Widerspruch des Verwalters oder eines Gläubigers. Allein beim Borliegen eines Titels hat der Widersprechende den Widerspruch (Abs. VI), andernfalls der Anmelder die Feststellung zu betreiben (Abs. I—V). Der titu­ lierten Forderung wird trotz des Widerspruchs die Teilnahme am Konkurs unter auflösender Bedingung verstattet, nämlich mit dem Vorbehalte, daß der Widersprechende nicht ein seinen 14*

216

§146.

Anm. 2.

Anm. s.

Feststellung bestrittener Forderungen. Widerspruch für begründet erklärendes Urteil erstreitet. Der nicht titulierte Anmelder dagegen wird zur Konkursbeteiligung nur unter der aufschiebenden Bedingung zugelassen, daß es ihm gelingt, jeden Widerspruch zu beseitigen. Der Antrieb zur Klagerhebung liegt beim Widerspruch gegen eine titulierte Forderung darin, daß die auf sie entfallenden Anteile zunächst trotz des Widerspruchs ausbezahlt und erst nach Erhebung der Wider­ spruchsklage zurückbehalten werden müssen (§ 168 Nr. 1); beim Widerspruch gegen eine nichttitulierte Forderung aber darin, daß der Anmelder bei Verteilungen nur im Falle rechtzeitiger Erhebung der Feststellungsklage berücksichtigt wird (§§ 152, 155, 168 Nr. 1). Durch Unterlassung der Klage streift er die Eigenschaft eines Konkursgläubigers (§§ 14,193) nicht ab. Für die unterschiedliche Behandlung titulierter und nicht titulierter Ansprüche ist nach Abs. VI (wie nach § 152 Satz 1) das Borliegen eines Titels entscheidend, also dessen Dasein, nicht dessen Behauptung oder Zulassung. Die Ansicht von Oetker (I S. 294 f., ZZP. 25 S. 55f.), daß schon im Zulassungsverfahren [§ 141 Anm. 2ff.] über das Vor­ handensein eines Titels bindend zu entscheiden sei, hat keine Stütze im Gesetz. Voigt Ein­ fluß des Konkurses (1903) S. 169 N. 1. Andrerseits kann (gegen v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 15) nicht zugegeben werden, daß der Titel für sich Gegenstand der Prüfung und Bestreitung und daß eine nachträgliche Geltendmachung des Titels unter § 142 n zu rechnen wäre. Vgl. auch RG. v. 23. 4. 1903 Bd. 54 314. Anzumelden und festzustellen ist die Konkursforderung als solche. Der Titel gehört zu den urkundlichen Belegen im Sinne des § 139 Satz 3, die der Anmeldung beigefügt werden sollen und in der Tabelle (Spalte 7 des preuß. Formulars) zu bezeichnen sind. Keineswegs zwar hat das Konkursgericht dem Anmelder auf Grund des Titels eine Vorzugsstellung „einzuräumen" (wie Jonas S. 75 sagt), weshalb der Titel gegenüber dem Gericht geltend zu machen sei. Eine Scheidung titulierter und nichttitulierter Ansprüche enthält die Tabelle nicht. Kommt es zur tabellarischen Feststellung des titulierten Anspruchs, dann spielt der Titel als solcher weiter keine Rolle. Immerhin aber liegt es schon deshalb im Interesse des Anmelders, der Anmeldung den Titel als Beleg beizufügen, weil er dadurch vielleicht einer Bestreitung vorbeugt. Wenn er trotz der Bestreitung mit Hinweis auf seinen Titel Auszahlung der Anteile beansprucht, muß er den Verwalter vom Dasein des Titels unterrichten, den Titel nötigenfalls durch rechtzeitige Einwendung gegen das Verteilungsverzeichnis (§§ 158, 162) zur Anerkennung bringen und so im berichtigten Verzeichnis dem Widersprechenden die Möglichkeit der Kenntnisnahme bieten. Auch durch eine nachträgliche Aufdeckung des Titels wird die Anwendbarkeit des Abs. VI klargestellt. Vgl. AG. Chemnitz v. 7.10.1901 ZPO. S. 124ff., Jonas S. 75f., während nun v. Wilmowski-Kurlbaum aaO. bestreiten, daß der Titel noch im Einwendungsverfahren zur Geltung gebracht werden könne. Boß LZ. 1909 S. 455 ff. behauptet, der Anmelder müsse vor der Offenlegung des Gläubigerver­ zeichnisses (§ 151) dem Verwalter den Titel unterbreiten, widrigenfalls er fortab nur noch als nichttitulierter Gläubiger Berücksichtigung verlangen könne. Diese Ansicht hat keinen positiven Halt und führt, da der titulierte Gläubiger gerade durch seinen Titel (z. B. ein rechtskräftiges Urteil) an der Erfüllung der Berücksichtigungserfordernisse des § 152 ge­ hindert werden kann, unter Umständen zu völliger Entrechtung. Der Titel kann für sich allein beseitigt und damit die Rechtslage des Abs. I geschaffen werden sAnm. 26]. Wird eine titulierte Forderung zur Tabelle fest gestellt (§ 144), so gibt fortab der allen Konkursgläubigern gegenüber wirksame Tabellvermerk (§ 145II) den Ausschlag. Er allein, nicht zugleich und nicht nur der frühere Titel, ist auch für die Vollstreckung des fest­ gestellten Anspruchs nach dem Konkurse maßgebend (§§ 164, 194, 206). Das wird bei Abweichungen der konkursmäßigen Feststellung vom ersten Titel bedeutsam. Siehe § 164 Anm. 7 mit Lit. Die im Absatz VI anerkannte Begünstigung titulierter Anmeldungen reicht nur soweit als 'der Titel selbst. Es muß, wie das Gesetz sich ausdrückt, ein Titel „für" die Forderung vorliegen (§§ 146 VI, 152). Richtet sich der Widerspruch gegen eine Eigenschaft des angemeldeten Anspruchs, die der Titel gar nicht feststellt, wie dies

Feststellung bestrittener Forderungen.

217

der Fall sein kann beim Widerspruch gegen das vom Anmelder behauptete Borrecht des K146. Anspruchs oder gegen seine Eigenschaft als Konkursforderung, dann muß der Wider­ spruch vom Anmelder niedergekämpft werden. Insoweit greift Abs. I, nicht Abs. VI Platz. Siehe Anm. 23. Denn der Titel kann die bevorzugte Stellung des Abs. VI nur insoweit verleihen, als er eine dem Widerspruch entgegenstehende Feststellung enthält. Hier aber läßt der Widerspruch den Titel unangefochten. Mit diesem Erfolge kann der Verwalter und jeder Konkursgläubiger beispielsweise die Anmeldbarkeit eines rechtskräftig zuerkannten Anspruchs, unter der Begründung bestreiten, der Anspruch beruhe auf einer verdeckten Freigebigkeit des Gemeinschuldners (§ 63 Nr. 4). Das gilt besonders für den die Frei­ gebigkeit verdeckenden Wechsel [§ 63 Anm. 5]. Auch dann versagt der Abs. VI, wenn der im Titel anerkannte Anspruch nach § 69 einer Abschätzung (nicht einer bloßen Um­ rechnung) bedurft hat, was den Betrag der Anmeldung betrifft. Die Richtung des Wider­ spruchs muß im Prüfungsverfahren klargestellt werden [§ 141 Anm. 9]. 2. Der Feststellungsstreit wickelt sich außerhalb des Konkurses ab. Eine vissinm. 4. attractiva hat der Konkurs nicht mehr [§ 71 Anm. 4]. Nur insofern, als der Abs. II (vgl. §§ 164 HI, 194, 206 II) die nicht vom Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten ausgeschlossenen und auch nicht bereits vor Konkursbeginn anhängig gewordenen Sachen vor das im Einzelfalle für den Ort des Konkurses dem Gegenstände nach zuständige Gericht verweist, klingt die ehemalige Anziehungskraft des Konkurses nach. Diese Regelung empfiehlt sich aus Zweckmäßigkeitsgründen. Denn sie beugt, wie die Motive IIS. 365 betonen, einer allzu großen Zersplitterung der Streitigkeiten und Entscheidungen vor und macht zugleich für die Fälle, wo die Klage gegen mehrere Opponenten mit verschiedenem allgemeinen Gerichtsstände zu erheben sein würde, die Schaffung eines gemeinschaftlichen Gerichtsstandes auf Grund des § 36 Nr. 3 ZPO. überflüssig. Die sachliche Zuständigkeits­ verteilung zwischen Amts- und Landgerichten bleibt unberührt. Auf die Geltendmachung von Absonderungsrechten als solchen bezieht sich der Gerichtsstand des Abs. II nicht [§ 4 Anm. 11]. Einzelheiten Anm. 14 ff., 24. Der Feststellungsstreit wird im Klageweg ausgetragen, weil bei der Wichtigkeit derAnm. 5. Streitfrage die mündliche Verhandlung unentbehrlich erscheint. Freilich hat die große Zahl langwieriger und kostspieliger Feststellungsprozesse das Verlangen nach einer verein­ fachten und beschleunigten Streiterledigung wachgerufen (Laux DIZ. 6 S. 327). Durch die Worte: „auf die Feststellung ist im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben" (Abs. II Satz 1) soll lediglich der gemeinrechtliche Grundsatz der Hereinziehung des Feststellungs­ streites in den Konkurs abgelehnt werden. Auf diesen Sinn der Vorschrift weist klar der Gang der Rechtsentwicklung hin. Ihn bestätigen die Motive II S. 364. Das „ordentliche Verfahren" steht also hier im Gegensatze zum Konkursverfahren. Keineswegs schließt jener Rechtssatz, wie früher das RG. v. 9. 11. 1893 Bd. 32 231 angenommen hat und mit ihm die gemeine Lehre behauptet, die besondere Berfahrensart des Urkundenund Wechselprozesses aus. Demgegenüber läßt sich nicht einwerfen, diese Berfahrens­ art sei ungeeignet für den Konkursfeststellungsstreit, weil sie nur für Ansprüche auf Zahlung (§§ 592, 708 Nr. 4 ZPO.) vorgesehen sei und überdies beim Widersprüche des Beklagten kein endgültiges Ergebnis liefere. Einerseits führt die hier in Frage stehende Feststellung durch Bermittelung der Tabelle (§§ 144, 146 VII, 147) ja gerade zur Befriedigung, sogar zur Zwangsvollstreckung nach dem Konkurse (§§ 164, 194, 206); das der Zulässigkeit gewöhnlicher Feststellungsklagen entgegenstehende Hindernis bleibt also völlig außer Betracht. Andrerseits genügt es, daß die Möglichkeit endgültiger Erledigung besteht. Auch bietet das Gesetz nicht den mindesten Anhalt dafür, daß der nach Abs. III aufzunehmende besondere Prozeß in das ordentliche Verfahren übergeleitet werden müsse oder auch nur — unab­ hängig von den sonst bestehenden Schranken — übergeleitet werden könne. Die unlösbaren Schwierigkeiten, in welche die Gegner bei Schwebe des Urkundenprozesses geraten (der Übergang zum gewöhnlichen Verfahren steht nach § 596 ZPO. nur dem Kläger und auch diesem nur in erster Instanz frei, die Kosten des bisherigen Verfahrens würden am An­ melder hängen bleiben), machen die herrschende Meinung unannehmbar. Das Aushilfs-

218

§U6.

Anm. 6.

Feststellung bestrittener Forderungen.

mittel von Jonas S. 45 ff., der dem — wie er bekennt — „im höchsten Maße unbilligen Ergebnisse" dadurch auszuweichen sucht, daß er erklärt, der anhängige Prozeß gehe von Rechts wegen in das ordentliche Verfahren über, ist ebenso bequem als haltlos. Diese Rechtsfolge müßte eben das Gesetz verordnen. Die von Jonas S. 51 N. 1 angezogene Entscheidung des preuß. Obertribunals v. 30. 5. 1861 Striethorst 42 S. 87 nimmt eine in der Antragsänderung zu erblickende Abstandnahme vom Urkundenprozeß an, nicht einen Berfahrenswechsel von Rechts wegen. Kohler Lehrbuch S. 564, Voigt S. 192ff.; — abw. z. B. Petersen-Kleinseller Anm. 9, v. Sarwey-Bossert Anm. 6, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 6, 12, Stein Urkundenprozeß 1887, S. 356 s., Seuffert § 44 N. 3, 7, Oetker I S. 344, Hellmann S. 477 f., Jonas S. 17 ff. mit weiterer Lit. Ein gleichfalls abweichendes Urteil des KG. v. 11. 7.1901 OLG. 3 S. 60 f. wurde aufgehoben vom RG. (22. 2. 1902) Bd. 50 412, das nach S. 414 f. unserer Ansicht offenbar nicht mehr ablehnend gegenüber steht. Inzwischen hat auch das OLG. Hamburg (30. 7. 1906 HansGZ. 1907 Beibl. 25) erkannt, daß eine im Urkundenprozeß erhobene Klage nach Abs. HI in Fortsetzung des Urkundenprozesses mit dem Antrag auf Feststellung des Anspruchs als Konkurs­ forderung durchzuführen sei. Siehe ferner KG. v. 29. 6. 1911 LZ. 1912 S. 172. Wer einmal zugibt, daß die Austragung des Urkundenprozesses zum Zwecke der Konkurs­ feststellung statthaft ist (so auch Fitting § 12 N. 53, Wolff Anm. 5), muß folgerecht an­ erkennen, daß sich die Natur dieser besonderen Berfahrensart mit dem Zwecke der Konkurs­ feststellung verträgt. Selbstverständlich wählt der Anmelder den Urkundenprozeß nur, wenn er Aussicht hat, mit den hier zulässigen Beweismitteln zum Ziele zu gefangen. Wegen des Mahnverfahrens: Anm. 19. Die Worte „im ordentlichen Verfahren" schließen auch eine schiedsrichterliche Entscheidung nicht aus. (Kleinfeller Recht 16 S. 33ff.; abw. Braunschweig v. 4. 4.1902 OLG. 5 S. 203). Zunächst ist es unbedenklich statthaft, daß Anmelder und Fest­ stellungsgegner ein schiedsrichterliches Verfahren zum Zwecke der Austragung des Widerspruchs vereinbaren. Denn über diesen Streitgegenstand könnten sie auch durch Anmeldungs- und durch Widerspruchsrücknahme wirksam verfügen (§ 1025 ZPO.), solange der Widerspruch noch nicht rechtskräftig für begründet erklärt ist [§ 147 Anm. 2). Schieds­ vertrag des Verwalters: § 133 Nr. 2 (§§ 135, 136). Zust. nun auch v. Wilmowski-Kurl­ baum Anm. 10). Ferner aber bleibt jedenfalls im Verhältnis zwischen dem wider­ sprechenden Verwalter und Anmelder ein unanfechtbarer Schiedsvertrag des Gemein­ schuldners mit letzterem maßgebend (§ 274 Nr. 3 ZPO.). Der § 17 findet auf den Schiedsvertrag keine Anwendung. Das bei Konkursbeginn schwebende Schiedsver­ fahren wird im Zweifel durch den Konkurs nicht unterbrochen (RG. v. 7. 11. 1905 Bd. 62 24: Wirksamkeit der an den Gemeinschuldner gerichteten Zustellung eines vor Konkursbeginn gefällten Schiedsspruches.) Der Widersprechende rückt für die Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens in die Parteistellung des Gemeinschuldners ein. Der Schiedsspruch wirkt gegen diesen unter denselben Voraussetzungen wie das im Feststellungs­ prozeß ergehende Urteil [§ 147 Anm. 3]. Hamburg v. 8. 7. 1905 OLG. 11 S. 362 (vgl. 29. 10. 1904 ebenda 13 S. 246); Kohler Beiträge zum Zivilprozeß S. 226 ff., Seuffert 8 44 N. 3, Gaupp-Stein ZPO? § 1033 Hl u. a.; abw. OLG. Braunschweig aaO., v. Wilmowski - Kurlbaum aaO., v. Sarwey - Bossert Anm. 5, Jonas S. 22 (gegen ihn Th. Wolff JurLitBl. 1908 S. 165). Auf Grund des Schiedsspruchs selber wird wie auf Grund des rechtskräftigen Urteils als solchen die Tabelle nach Abs. VH berichtigt (§ 1040 ZPO.). Eines Bollstreckungsurteils (§ 1042 ZPO.) bedarf es zu diesem Zweck ebensowenig als einer vollstreckbaren Urteilsausfertigung (abw. Jonas S. 23). Auch

für die Rechtsverfolgung gegen den bestreitenden Gemeinschuldner (§ 144 II) bleibt das Schiedsverfahren zulässig. RG. v. 11. 11. 1896 Gruchots Beitr. 41 S. 1200. Des­ gleichen wirkt die Schiedsrichterklausel nach dem Konkurs in der Person des Schuldners weiter; auch wenn das Gericht die prozeßhindernde Einrede des Verwalters versehentlich verworfen oder der Verwalter sie gar nicht geltend gemacht hat (OLG. Hamburg v. 3. 2.

Feststellung bestrittener Forderungen.

219

1909 LZ. S. 708 f., Kleinfeller S. 37 f.). Über die auf einem Schiedsspruch beruhende H 14k. Titulierung siehe Anm. 22, 24. 3. Sind mehrere Feststellungsgegner (§ 144 I) vorhanden, so ist die Konkurs-Anm. 7. teilnahme nur durch Überwindung aller Widersprüche zu erzwingen.

Protokolle S. 92, 176. Der Sieg eines einzigen Gegners vereitelt die Konkursbeteiligung des Anmelders und kommt darum notwendig allen konkurriernden Gläubigern zustatten. Weiterer Siege bedarf es nicht. Es besteht nun zwar keine Zwangsstreitgenossen­ schaft derart, daß alle Widersprechenden zusammen klagen (Abs. VI) oder zusammen ver­ klagt werden (Abs. I—V) müßten, daß also nur die Gesamtheit der Widersprechenden zur Sache legitimiert wäre. Vielmehr können auch Einzelklagen stattfinden und beim Mangel einheitlicher Zuständigkeit geboten sein; geboten nicht nur in Fällen des Abs. VI, sondern unter Umständen auch in Fällen des Abs. II, wenn der eine Widerspruch zur amtsgerichtlichen, der andere zur landgerichtlichen Zuständigkeit gehört sAnm. 14]. Vgl. RG. v. 17. 3. 1902 Bd. 51 97, Braunschweig v. 12. 4.1907 OLG. 15 S. 246 u. herrschende Lehre (z. B. Wach Handbuch S. 624, Petersen-Kleinfeller Anm. 5, Lux Notwendigkeit der Streitgenossenschaft 1906 S. 113, Gaupp-Stein ZPO.'° § 62 N. 48, Jonas S. 28f.); — abw. Fitting § 12 N. 46, Schultze S. 101, 104ff., Wolff § 147 Anm. 1, Kiehl im ArchZivPrax. 89 S. 357 ff. Ob sich die gesonderte Rechtsverfolgung empfiehlt, das ist eine ganz andere Frage. Zweifellos wären vermeidliche Einzelklagen des titellosen Anmelders unzweckmäßig, da der einzelne Sieg noch nicht zur Feststellung führt und darum durch Erhebung gesonderter Klagen die Feststellung nur verteuert und hinausgezögert würde. Das Gericht kann mehrere bei ihm (vgl. Abs. II) anhängige Prozesse nach § 147 ZPO. verbinden. Keine Streitwertaddition: § 148 Anm. 5. Werden mehrere Widersprüche nach einander oder neben einander ausgetragen, so mag Anm. 8. es wohl geschehen, daß der eine für begründet, der andere (etwa wegen wirksamer Zurück­ nahme, wegen Erlöschens der Konkursgläubigereigenschaft des Widersprechenden) für un­ begründet zu erklären ist. Allein über den Bestand der Konkursforderung selbst kann insofern nur einheitlich entschieden werden, als schon der Sieg eines einzigen Opponenten „die Feststellung" im Sinne der §§ 144 I, 146, 147 vereitelt und damit Rechtskraft zugunsten al ler Konkursgläubiger wirkt. Bon diesem Standpunkt aus ergibt sich: a) Getrennte Prozesse. Wenn der Anmelder in dem mit einem der mehreren Oppo-Anm. s. nenten gesondert geführten Rechtsstreit obsiegt, wirkt das Urteil nur unter den Par­ teien und darf darum, so lange andere Widersprüche noch unausgetragen sind, nicht schlechthin auf Feststellung des Konkursgläubigerrechts lauten, sondern zunächst nur den einzelnen Widerspruch für unbegründet erklären. Dem­ entsprechend hat der Anmelder seinen Antrag zu fassen, also bei der Einzelklage Ver­ werfung des einzelnen Widerspruchs als unbegründet und nur bei der Klage gegen sämtliche oder gegen den alleinigen (Normalfall) oder allein noch übrigen Opponenten Feststellung schlechthin zu beantragen. Vgl. Hullmann S. 278 f. Siehe Anm. 12. Schon die rechtskräftige Überwindung eines von mehreren Opponenten führt zur Tabellberichtigung nach Abs. V, aber eben nur zum Vermerke der Beseitigung dieses einzelnen Widerspruchs. Entsprechendes gilt, wenn ausschließlich das Vorrecht von mehreren bestritten ward. Unterliegt der Anmelder gegenüber einem der Widersprechenden, dann werden mit der Rechtskraft des Urteils die übrigen Prozesse in der Hauptsache gegenstandslos: das Konkursgläubigerrecht (wenn nur das Vorrecht bestritten war, dieses) ist dem Anmelder endgültig aberkannt. Daß die anderen Prozesse nun alle zur Abweisung des Anmelders in der Hauptsache spruchreif geworden wären (so Jonas S. 27), daß der Fall einer erlaubten exceptio de iure tertii vorläge (so Mendelssohn Rechtskraft S. 338f.), trifft nicht zu. Denkbar ist vielmehr, daß der Widerspruch des einen oder anderen (z. B. mangels eines Konkursgläubigerrechts des Widersprechenden) hätte verworfen werden müssen. Davon hängt die noch ausstehende Kostenentscheidung ab. Teilwidersprüche und Teilsiege haben nur beschränkte Wirksamkeit. Wenn z. B. eine Schadensersatz-

220

§146.

Feststellung bestrittener Forderungen. forderung auf 3000 Mk. vom Verwalter zum Überschuß über 1000, von einem Gläubiger

ganz bestritten worden ist, stellt der (frühere) Sieg des Verwalters fest, daß jedenfalls nicht über 1000 zu berücksichtigen sind. Nach Überwindung des Verwalters wäre immer noch volle Aberkennung des Konkursgläubigerrechts, nach Überwindung des wider­ sprechenden Gläubigers Aberkennung nur noch von höchstens 2000 möglich. Ent­ sprechendes gilt, wenn das Urteil eine Vollbestreitung für einen Teilbetrag als gerecht­ Anm.10.

Anm.11.

fertigt anerkennt. b) Streitgenossenschaft. Wenn mehrere Feststellungsgegner zusammen klagen oder verklagt werden, sind sie Streitgenossen im Sinne der §§ 62, 472 ZPO. (besondere Streitgenossenschaft). Denn das Bestehen des streitigen Rechtsverhältnisses d. h. einer Konkursforderung bestimmten Betrags (Vorrechts) sAnm. 12] kann nur einheit­ lich bejaht werden, da eine einzige Verneinung notwendig, wenn auch erst nachträglich, zugunsten aller Konkursgläubiger die Feststellung vereitelt, mögen nun die mehreren Widersprüche verschieden begründet sein oder nicht. Die Besonderheit der Streitgenossen­ schaft (§ 62 I Fall 1 ZPO.) hat also ihren Grund in der RechtskrafLerweiterung, die dem einen Widerspruch für begründet erklärenden Urteil zukommt (§ 147). Für diese Wirksamkeit macht es keinen Unterschied, ob das Konkursgläubigerrecht wegen Nicht­ bestehens oder wegen Unanmeldbarkeit der Forderung verneint wird. Protokolle S. 91 ff., 173ff.; RG. v. 29. 9. 1881 Bd. 5 414 und herrschende Lehre z. B. Hachen­ burg Besondere Streitgenossenschaft (1889) S. 124, Kisch Bes. Streitgen. (1899) S. 9, Wach 55, N. 32, Kohler Prozeß als Rechtsverhältnis S. 104, Petersen - Kleinfeller Anm. 4, Gallinger Rechtsstellung des Konkursverwalters S. 44 ff., Gaupp-Stein ZPO." § 62 N. 19, Jonas S. 31. Abweichend wird von einzelnen Schriftstellern (z. B. von Oetker I S. 328 ff., Seuffert Konkursprozeßrecht S. 269 f., Struckmarrn - Koch ZPO? I S. 65, vgl. auch Voigt S. 165 f.) eine besondere Streitgenossenschaft nur für den Fall der Identität der Widerspruchsgründe angenommen (also z. B. nicht, wenn der eine Gegner den Widerspruch auf §31, der zweite ihn auf § 63 stützt), von anderen, wie von Wachenfeld Notw. Streitgenossensch. (1894) S. 79 ff., Hellwig Lehrb. HI S. 176 f. mit S. 106 f., Hellmann S. 479, schlechthin geleugnet. Siehe übrigens für die Klage wider den „Gemeinschuldner" und einen Konkursopponenten § 144 Anm. 3. Hat der eine Konkursopponent (§ 144 I) das Bestehen einer Konkursforderung, der andere nur deren Vorrecht bestritten, so fehlt es bei gemeinsamer Ausklagung an den Voraus­ setzungen des § 62 ZPO., weil die Verneinung des Vorrechts noch keine Verneinung der Konkursforderung bedeutet. Wohl kommt die Aberkennung des Konkursgläubiger­ rechts auch dem Vorrechtsbestreiter zustatten; allein „das streitige Rechtsverhältnis" ist in beiden Fällen nicht das gleiche (dort die Konkursforderung, hier das Vorrecht). Die Streitgenossenschaft ist daher solchenfalls auch nur unter dem Gesichtspunkte des § 60 ZPO. wegen Gleichartigkeit der Widerspruchsziele statthaft und eine einfache im Sinne des § 61 ZPO. Vgl. Petersen-Kleinfeller aaO. mit Zit.; abw. Jonas S. 31 f. (der eine einseitig notwendige Streitgenosfenschaft annimmt). c) Intervention. Wirkt das einen Widerspruch als begründet anerkennende Urteil Rechtskraft zugunsten aller Konkursgläubiger (§ 147), dann muß jeder von ihnen als solcher (er mag gleichfalls widersprochen haben oder nicht) zur Nebenintervention und zwar als streitgenössischer Intervenient im Prozesse eines anderen Konkursoppo­ nenten (des Verwalters oder eines Gläubigers) berechtigt sein. Denn eine solche Rechts­ kraftwirkung erfüllt einmal die Voraussetzung des „rechtlichen Interesse" (§ 66 I ZPO.) und zum andern die einer „Wirksamkeit" der Entscheidung im Sinne des § 69 ZPO. Vgl. Seuffert ZPO." § 66 Anm. 2 c« (in Berichtigung von Seuffert Konkursprozeßrecht S. 272 § 69 Anm. 1), Gaupp-Stein ZPO." § 66 IV 1, § 69 I, Petersen-Kleinfeller Anm. 6 u. a.; abw. Wach S. 624, Voigt S. 166, v. Sarwey-Bossert Anm. 4, die dem nichtbestreitenden Gläubiger ein Jnterventionsinteresse absprechen, Oetker I S. 331 f., der auch die Inter­ vention eines Opponenten für unzulässig hält (vgl. auch Jonas S. 33 f.), endlich Wals­ mann Streitgenöss. Nebeninterv. (1905) S. 185, Hellwig Lehrbuch II S. 488 N. 70,

Feststellung bestrittener Forderungen.

221

Hellmann S. 481, die den § 69 für unanwendbar erklären. Der Gemeinschuldner §146. kann weder dem Verwalter ssiehe § 6 Anm. 33] noch einem Gläubiger als Intervenient beitreten. Wohl hat er ein rechtliches Interesse daran, daß ein unberechtigter Anmelder von der Konkursteilnahme ausgeschlossen wird, schon mit Rücksicht auf seine Nachhaftung für den dadurch steigenden Ausfall der wahren Gläubiger (§ 164). Allein trotzdem versagt ihm das Gesetz jeden persönlichen Einfluß bei Feststellung der Schuldenmasse (§ 144 I), indem es davon ausgeht, daß der Konkursverwalter bei eigener Verantwort­ lichkeit (§ 82) auch das Interesse des Schuldners zu wahren habe. An dieser Eigen­ tümlichkeit des konkursrechtlichen Feststellungsverfahrens scheitert die Interventions­ möglichkeit. Im Ergebnis ebenso RG. v. 16. 9. 1891 Bd. 28 422, v. 1. 6. 1893 IW. S. 343 Nr. 6, v. 24. 2. 1902 IW. S. 213 Nr. 3 (mit einer Ausnahme für den besonders gelagerten Fall des Konkurses der offenen Handelsgesellschaft); Boigt S. 181, Walsmann aaO. S. 168, Kleinfeller Recht 16 S. 38f., Petersen-Kleinfeller aaO., Seuffert ZPO." § 66 Anm. 2b; abw. für den Fall des Schuldnerwiderspruchs KG. v. 4. 2.1910 OLG. 20 S. 297, allgemein Jonas S. 36 f., Hellwig aaO., Hellmann aaO. 4. Die Natur der Klage „auf die Feststellung" (so Abs. II), „der Feststellungs-Anm.is. klage" (so § 152 Satz 1), ist außerordentlich bestritten. Die Klage ist ganz das, was die Gesetzesworte besagen, Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Freilich hat sie bedeutsame Eigentümlichkeiten. So gelten besondere Zuständigkeitsvorschriften (Abs. II). Auch folgt das Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO.) von selbst aus wirksamer Bestreitung (§§ 144, 146 I, VI) und bedarf darum keines weiteren Nachweises (vgl. RG. v. 8. 1. 1892 Bd. 34 410 N. 1). Ferner kommt dem auf die Feststellung erkennenden Urteil eine erweiterte Rechtskraft zu (§ 147). Namentlich aber geht der Zweck der Klage nicht nur dahin, künftig Rechtsgewißheit über ein streitiges Rechtsverhältnis zu schaffen, sondern die Teilnahme am Konkurs zu erschließen und nebenher auch eine außerkonkursmäßige Vollstreckbarkeit gegenüber dem Schuldner, dessen persönlicher Widerspruch unter­ blieben oder beseitigt worden ist, zu begründen (§§ 164 II, 194, 206). Allein gerade dieser Zweck wird durch eine richterliche Feststellung und die ihr folgende Tabellberichtigung er­ reicht. Es ist ganz verfehlt, aus dem Befriedigungsbedürfnisse des festzustellenden An­ spruchs zu schließen, daß die Klage auf Verurteilung zu einer Leistung gerichtet wäre. Diejenige Leistung, deren konkursmäßige Erfüllung der Anmelder bezweckt, könnte einem bestreitenden Gläubiger gar nicht anbefohlen werden; höchstens ließe sich dessen Verurteilung zur Duldung der Konkursteilnahme des Anmelders denken. Die Sache liegt einfach so: Die Teilnahme an der konkursmäßigen Befriedigung, deren Vollzug dem Schuldner selbst aus der Hand genommen ist, setzt nach der Ordnung des Konkurses nicht einen Leistungsbefehl an den Schuldner, sondern lediglich eine Feststellung des Konkursgläubigerrechts voraus. Wie die freiwillige Anerkennung des Konkurs­ gläubigerrechts eine durch Eintragung in die Konkurstabelle zu vollziehende Feststellung ist (§§ 144,145), so auch die erzwungene. Das ganze Prüfungsverfahren läuft darauf hinaus, festzustellen, ob und mit welchem Betrag und Rang die Anmelder befugt sind, Konkurs­ gläubigerrechte im Verfahren auszuüben. Der Anspruch auf Befriedigung (auf Berück­ sichtigung bei den Verteilungen durch Auszahlung oder Hinterlegung der Anteile) ist nur eines, wenngleich das wichtigste, dieser Rechte. Zu ihnen gehört auch das sehr bedeutsame . Stimmrecht (zumal im Vergleichsverfahren), das Bestreitungs-, Antrags- und Beschwerde­ recht eines Konkursgläubigers (siehe z. B. §§ 188 f.), sowie das Recht der Einstellungs­ bewilligung (§ 202). Jedes dieser Rechte bildet wie das Recht auf Auszahlung der Anteile nur einen unselbständigen Ausfluß der Forderung, diese selbst den Gegenstand der Feststellung. Es leuchtet ein, daß die Feststellung eines solchen Inbegriffs von Befugnissen gar nicht Inhalt eines Leistungsbefehles sein kann, zumal wenn sich der Streit nur um das Vorrecht dreht. Allein auch die Statthaftigkeit einer Berücksichtigung bei den Konkursverteilungen und einer Zwangsvollstreckung außerhalb des Konkurses wird erst durch den mit be­ sonderer Wirksamkeit ausgestatteten Tabelleintrag vermittelt (§§ 145 H, 146 VII, 164II, 194, 206II). Eine Verurteilung der Konkursmaffe zur Zahlung würde

222

§U6.

Feststellung bestrittener Forderungen.

daher — ganz abgesehen von den im Hinblick auf § 59 Nr. 1 erwachsenden Bedenken (Hamburg v. 5. 3. 1909 OLG. 21 S. 177) — nicht nur unzulässig, sondern selbst dann, wenn ein persönlicher Widerspruch des Schuldners unterblieben war, zur außerkonkursmäßigen Voll­ streckung unzureichend sein. Das Urteil ist Feststellungs-, nicht Leistungs­ urteil (abw. Weismann Feststellungsklage 1879 S. 142 ff., Wach Feststellungsanspruch 1888 S. 41 f., Voigt S. 159 f. N. 2). Die Klage ist auch nicht etwa als Leistungsklage auf eine nach Z 894 ZPO. zu behandelnde Verurteilung zur Zurücknahme des Widerspruchs (so Hellmann S. 476) oder als Gestaltungsklage auf die richterliche Widerspruchsbeseitigung zu denken (wie sie Oetker I S. 309 ff., 576 ff., Pollak Zivilprozeßrecht 1 1903 S. 7 aufsaffen). Vielmehr bewirkt die rechtskräftige Feststellung des Konkursgläubigerrechts (oder Vorrechts) ganz von selbst die „Beseitigung" des erhobenen Widerspruchs (§ 144 I). Durch jene Fest­ stellung wird der Widerspruch als unbegründet erwiesen (vgl. RG. v. 5.1.1907 Bd. 65 66). Die Widerspruchsentkräflung ist die Kehrseite der Feststellung. Der Anmelder beantragt, die Forderung als Konkursforderung „fest zu stellen", der Gegner aber „den Widers pruch für begründet zu erklären", jener begehrt eine positive, dieser eine n egative Feststellung. Soweit der Richter bei bloßem Teilsiege die Feststellung versagt, erklärt er zugleich den Widerspruch für begründet. Dem enlspricht der Wortlaut des § 147 Satz 1. Dem auch die „Berichtigung" der Tabelle (Abs. VII) als unmittelbar zu verwirklichende Folge des Obsiegens der einen oder der anderen Partei. Unhaltbar ist aber endlich auch die Ansicht, Gegenstand der Feststellung sei eine von der Konkursforderung verschiedene össentlichrechtliche Konkursteilnahmebefugnis. Weil der Widerspruch trotz Anerkennung des Bestandes der Forderung erfolgen und ausschließlich gegen die Anmeldbarkeit, den Rang oder die Berechnung der Forderung gerichtet werden kann, soll ein vom materiellen Schuldverhältnis verschiedenes prozeßrechtliches Verhältnis Feststellungsgegen­ stand sein. So z. B. Stein Voraussetzungen des Rechtsschutzes (1903) S. 134 f., Jonas S. 9ff. (der S. 5, 7, 11 in Wahrheit unseren Ausführungen folgt); vgl. auch Langheineken Urteilsanspruch (1899) S. 187 ff., der ausführt, nicht die Forderung, sondern der „Konkurs­ anspruch des Klägers nach Existenz und Umfang" sei Gegenstand der Feststellung fsiehe jedoch oben § 3 Anm. 49]. Wenn das RG. gelegentlich (z. B. 23. 3. 1889 Bd. 24 405) „die Teilnahmeberechtigung der angemeldeten Forderung an der Befriedigung aus der Konkursmasse" als Gegenstand der Feststellungsklage des § 146 bezeichnet, so meint es damit offenbar nur eine Funktion dieser Forderung. Die Fassung ist überdies schon darum zu eng, weil das Konkursteilnahmerecht (wie bemerkt) auch andere Befugnisse einschließt. Mit aller Bestimmtheit erkennt denn auch das RG. im Urteil v. 1. 7.1903 Bd. 55 160 (ebenso KG. v. 4. 2. 1910 OLG. 20 S. 298) an: Gegenstand der Feststellung ist nicht etwa bloß dasRecht der Teilnahme am Konkurse, sondern die Fordemng selbst und zwar (wie beizufügen) in einer bestimmten Wirksamkeit, eben in derjenigen, die durch die Anmeldung (vgl. § 69) geltend gemacht wird. Diese Auffassung allein läßt sich mit der Fassung des Gesetzes vereinbaren, besonders mit den die sedes materiae bildenden Vorschriften der §§ 144, 146, 147, in denen durchaus von einer Feststellung „der Forderung" die Rede ist, und mit der Aufrechterhaltung derjenigen Zuständigkeiten, die für die Zuerkennung des materiellen Anspruchs außerhalb des Konkurses maßgebend geworden sind (Abs. m, V). Namentlich aber spricht es der § 168 Nr. 1 mit aller wünschenswerten Deutlichkeit aus, daß es „die Forderung" selber sei, die infolge des Widerspruchs „im Prozesse befangen ist". Es geht nicht an, die Fassung der grundlegenden Gesetzesvorschriften als „inkorrekte Ausdrucksweise" beiseite zu schieben. Auch richtet sich der den Bestand der Forderung dahinstellende, die Anmeldbarkeit, den Rang oder die Berechnung betreffende Widerspruch in Wahrheit gegen die Forderung selbst. Anmeldbarkeit und Vorrecht sind (gegen Stein aaO.) nicht besondere prozessuale Rechtsverhältnisse, sondern nur Eigenschaften des materiellen Anspruchs. Gegenstand der Feststellung ist eben der Anspruch wider den Schuldner als eine mit bestimmtem Vorrecht ausgestattete oder als eine nichtbevorrechtete Konkursforderung bestimmten Betrags. Endlich scheitert die Annahme, daß lediglich ein gegenüber den Konkurrenten bestehendes Beteiligungsrecht fest-

Feststellung bestrittener Forderungen.

223

gestellt werde, an der Tatsache, daß der Vermerk dieser Feststellung zugleich für die Rechts- § Verfolgung außerhalb des Konkurses Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der Forderung selbst vermittelt, falls der Schuldner nicht auch seinerseits widersprochen hatte (§§ 164II, 194, 206II). Gegenstand der Feststellung ist sonach beim Gläubigerwiderspruch ssiehe § 141 Anm. 6, 8] allerdings kein Rechtsverhältnis zwischen Anmelder und Opponent, sondern ein Rechtsverhältnis zwischen Anmelder und Schuldner. Auch sonst braucht die Feststellungs­ klage nicht gerade ein Rechtsverhältnis der Parteien unter einander zum Gegenstände zu haben. Der Aufstellung einer besonderen Klagekategorie bedarf es insoweit nicht (abw. Rocholl ZZP. 8 S. 346 f. „Konfliktsklage", dawider R. Leonhard ebenda 15 S. 358 f.). Andererseits ist es nicht ganz genau, wenn man in unserm Fall nur von der Feststellung eines „privatrechtlichen" Verhältnisses spricht. Denn die Konkursforderung kann auch dem öffentlichen Rechte angehören (z. B. § 61 Nr. 2, 3). Im wesentlichen übereinstimmend Motive II S. 366, Petersen-Kleinfeller Anm. 17, 18 u. 20, Wolff Anm. 1, Kohler Lehr­ buch S. 561 N. 1, Hellwig Anspruch § 55 N. 61, § 56 N. 5, § 59 N. 92, Flechtheim ZZP. 25 S. 435, Gmelin Vollstreckbarkeit (1898) S. 59, Kisch Beiträge zur Urteilslehre (1903) S. 151, Rintelen Österr. Konkursrecht S. 269. Grundsätzlich hat sonach der Antrag der Feststellungsklage (Abs. I), und die Formel des ihr stattgebenden Urteils aus Feststellung der Forderung als Konkurssorderung zu lauten, die Formel beispielsweise so:

„Der vom Kläger im Konkurs über das Vermögen des Kaufmanns Franz Faller in Gantheim angemeldete Anspruch auf Entlohnung im ersten Halbjahr 1909 ge­ leisteter Dienste (Abteilung 1 Nr. 1 der Tabelle) wird zum Betrage von hundert Mark als Konkursforderung mit dem Vorrechte des § 61 Nr. 1 KO. festgestellt." Bon diesem Normalfalle geht das Gesetz in den §§ 146,147 aus. Sollte aber trotz mehr­ facher Bestreitung die Klage nur gegen einen Opponenten gerichtet werden, so ist nach Anm. 9 nicht eine unbeschränkte, sondern zunächst nur eine beschränkte Feststellung zu er­ zielen. Antrag und Urteilsformel lauten alsdann zweckmäßig aus Erklärung des einzelnen Widerspruchs als unbegründet. Da meist nur der Konkursverwalter widerspricht, bei mehr­ facher Bestreitung aber die einheitliche Ausklagung aller Opponenten jedenfalls die Regel bilden wird, hat die Ausnahme eine ganz geringe, vorwiegend theoretische Bedeutung. Keinesfalls ist der § 147 dahin zu verstehen, daß durch Überwindung des einzelnen Wider­

spruchs auch die übrigen Widersprüche niedergekämpst werden: „die Feststellung" des § 147 ist die gegen „die" Bestreitenden (§ 146 I), also gegen alle Opponenten erwirkte Feststellung. Vgl. RG. v. 4. 6. 1902 IW. S. 397 Nr. 30; abw. Mendelssohn Rechtskraft (1900) S. 486 ff. (gegen letzteren auch Boethke Gruchots Beitr. 46 S. 452). Erlischt die Forderung während des Feststellungsprozesses, so ist damit auch die Feststellung des § 146 unmöglich geworden (ObLG. v. 10. 10. 1888 SeuffA. 45 Nr. 157). Auch die Beschränkung der festzustellenden Schuld auf eine Leistungspflicht Zug um Zug kann in der urteilsmäßigen Feststellung zum Ausdruck gelangen. So z. B. wenn der Verwalter gegenüber einer aus einmal zu erfüllenden Vorrechtsforderung nach § 274 BGB. eine Zurückbehaltungsbefugnis auszuüben hat (OLG. Dresden v. 25. 9. 1907 LZ. 1908 S. 88).

II. Feststellung nicht titulierter Ansprüche (Abs. I—V). 1. Die Betreibung der Feststellung ist Sache des Anmelders fAnm. 1, Antrag:Anm.is. Anm. 12]. Ihm ist nach Abs. I die Initiative Vorbehalten. Er überzeugt sich vielleicht selbst von der Undurchführbarkeit seines Anspruchs und unterläßt deshalb die Betreibung. Dann wird er (der nichttitulierte Anmelder) bei den Verteilungen überhaupt nicht, auch nicht durch Zurückhaltung der Anteile, berücksichtigt sAnm. 1]. An seiner Ab­ wehr haben also der widersprechende Verwalter oder Gläubiger (der Schuldner persönlich ist an der Konkursfeststellung unbeteiligt) anders als bei titulierter Anmeldung sAnrn. 27] kein Interesse. Auch ist bei solcher Sachlage eine Zulassung des Anmelders zu ferneren Abstimmungen nicht zu besorgen, jedenfalls aber nicht der Feststellungsstreit, sondern die Erwirkung eines gerichtlichen Beschlusses über die Stimmberechtigung (§ 95) der Weg, um das Interesse an der Verhütung unberechtigter Stimmabgabe zu wahren. Die Opponenten

224 §146.

Anm. 14.

Feststellung bestrittener Forderungen.

sind daher außerstande, den nichttitulierten Anmelder zur Prozeßführung zu nötigen, in­ dem sie selber die Klage mit negativem Antrag erheben oder nach Abs. III ausnehmen. Das wäre ja auch kein „Betreiben der Feststellung" im Sinne des Abs. I. Die gleichwohl auf Abs. I oder HI gestützte Klage oder Aufnahme des Opponenten ist durch Endurteil als unzulässig abzuweisen. Motive II S. 49, 364, 366, Protokolle S. 99, 148; RG. v. 24. 6. 1886 Bd. 16 360; v. 27. 2. 1894 IW. S. 172 f. Nr. 7; v. 1. 10. 1896 IW. S. 602 Nr. 22 (zugegeben, daß der Rechtsstreit als vom Gläubiger ausgenommen gelten müsse, wenn die Aufnahmeerklärung des Verwalters die Fortsetzung des Prozesses zwischen ihm und dem Gläubiger zur tatsächlichen Folge gehabt habe); v. 26. 6. 1903 IW. S. 315 Nr. 12; OLG. Dresden v. 30. 1. 1903 ZZP. 32 S. 386 ff.; OLG. Hamm v. 17.12.1906 SeuffA. 62 Nr. 101; abw. Wolff Anm. 1, 5, Hellmann S. 279. Desgleichen darf, wenn der nachmalige Gemeinschuldner die negative Feststellungsklage gegen den Forderungs­ prätendenten erhoben hatte, der Rechtsstreit nur von diesem (als nicht tituliertem Anmelder) nach Maßgabe der §§ 146III, 144II ausgenommen werden (RG. v. 6. 3. 1909 Bd. 70 371). Ebenso steht dem Verwalter, wenn der Gläubiger mit seinem Anspruch abgewiesen und auf Widerklage des nachmaligen Gemeinschuldners verurteilt worden war, die Aufnahme­ initiative zwar zur Widerklage nach § 101, nicht aber zur Klage zu (RG. v. 12. 6.1906 Bd. 63 366). Dagegen schließt der 8 146 nicht aus, daß der Verwalter unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 256 ZPO. eine negative Feststellungsklage erhebt. So etwa, wenn der Dritte Schuldner der Masse ist und dem Zahlungsbegehren des Verwalters die Behauptung einer ausrechenbaren Forderung entgegenstellt, einerlei ob er sie angemeldet hat oder nicht. Nur muß eben hier der Verwalter das Feststellungsinteresse dartun. Die bloße Behauptung des Dritten, Gläubiger des Gemeinschuldners zu sein, und die An­ meldung des behaupteten Anspruchs reichen für sich allein nicht aus. Auch gilt für die Klage keine besondere Zuständigkeit und für das Urteil keine erweiterte Rechtskraft (Anm. 12). Im Ergebnis übereinstimmend RG. v. 22. 3. 1900 IW. S. 393 f. Nr. 13; v. 26. 6.1903 IW. S. 315 Nr. 12; Karlsruhe v. 18. 10. 1905 OLG. 11 S. 371; vgl. noch Hamburg v. 13. 10. 1902 OLG. 6 S. 239 (Genossenschaftskonkurs). Für den Anmelder liegt im Widerspruch zugleich Rechtsschutzbedürfnis und Klageveranlassung (§ 93 ZPO.). Der widersprechende Verwalter oder Gläubiger nimmt also durch den Widerspruch das Prozeßkostenrisiko aus sich. Auch der Verwalter kann nur auf diese Ge­ fahr hin (§ 59 Nr. 1) „vorsorglich" bestreiten. Er hat sich vor dem Prüfungstermin zu informieren und bei verspäteter Anmeldung die Verweisung in einen besonderen Prüfungs­ termin zu erwirken (§ 142). KG. v. 29. 9. 1906 LZ. 1907 S. 298 Nr. 7; vgl. auch LZ. 1912 S. 57 ff. und oben 8 141 Anm. 10. 2. Für die Erhebung der Feststellungsklage besteht nach Abs. II ein besonderer Gerichtsstand (Grund: Anm. 4] beim Amtsgerichte des schwebenden Konkurses und für landgerichtliche Streitgegenstände beim übergeordneten Land­ gericht (88 23, 70 GVG.). Das Konkursgericht als solches ist zur Feststellung des streitigen Gläubigerrechts ebensowenig berufen als im Verteilungsstreite der Zwangsvoll­ streckung das Bollstreckungsgericht (8 879 1 ZPO.). Der Streitwert wird nach 8 148 festgesetzt, nicht durch den Bestreitungsbetrag allein bestimmt. Wird dieselbe Forderung mehrfach, aber in verschiedener Höhe bestritten, so fehlt es möglicherweise (vom Falle der Prorogation abgesehen) an einer einheitlichen sachlichen Zuständigkeit. Der Anmelder muß also unter Umständen gegen den einen Opponenten beim Landgericht, gegen den anderen beim Amtsgericht des Konkurses die Feststellung betreiben. Eine Zusammenrechnung nach 8 5 ZPO. findet nicht statt [8 148 Anm. 5]. Die örtliche — nicht auch die sachliche — Zuständigkeit ist ausschließlich. Nur die örtliche ist also der Parteivereinbarung ent­ zogen (8 40II ZPO.). Die Ausschließung einer sachlichen Prorogation würde dem Prozeßkonzentrierungszwecke des Abs. II (Anm. 4] zuwiderlaufen. LG. Wiesbaden v. 4. 7. 1900 ZZP. 29 S. 247 f. Nur die Rüge des Mangels der örtlichen Zuständigkeit ist unverzicht­ bar im Sinne des 8 274 m (vgl. aber 88 528 I 2, 549 II) ZPO. Das Gesetz schaltet die Kammern für Handelssachen nicht aus. Gewiß besteht doch auch, wie Kohler

Feststellung bestrittener Forderungen.

225

Lehrbuch S. 563 N. 4 mit Recht geltend macht, kein Anlaß, den Prozeß derjenigen Kammer § 148. zu entziehen, von der eine besonders sachgemäße Entscheidung zu erwarten ist. Gleichwohl wird häufig gelehrt, die Feststellungsklage könne vor der Kammer für Handelssachen weder erhoben noch (Abs. III) fortgeführt werden. So z. B. Petersen-Kleinfeller Anm. 8, Oetker I S. 333, Jonas S. 16 f. mit den Motiven II S. 365. Dagegen (außer Kohler) Seuffert § 44 N. 5, jetzt auch Fitting § 12 N. 50, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 7. Da der Feststellungsprozeß den angemeldeten Anspruch selber zum Gegenstände hat, nicht etwa ein davon verschiedenes prozeßrechtliches Verhältnis sAnm. 12], unterliegt namentlich die An­ wendbarkeit des § 101 GBG. keinem Bedenken. Nicht einmal dessen Nr. 1 ist (wie meist behauptet wird) auszunehmen. Denn sie setzt nur voraus, daß der im Prozesse festzu­ stellende materielle Anspruch aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft herrührt und gegen einen Kaufmann geltend gemacht wird. Das ist jedenfalls dann denkbar, wenn der Wider­ spruch (wie üblich) vom Verwalter ausgeht, da dann der Gemeinschuldner als solcher auch Partei ist oder bleibt ssiehe noch § 6 Anm. 29]. Bei Ansprüchen aus einem Wechsel (§ 101 Nr. 2 GBG.) oder Scheck (§ 28 I ScheckG.) braucht keine der Prozeßparteien Kaufmann zu sein oder gewesen zu sein. Ebensowenig ist aber einzusehen, warum für die Feststellung bestrittener Ansprüche Anm. is. aus dem gewerblichen Arbeitsverhältnisse die Gewerbegerichte (§§ 1, 4, 5 GGG.), für Ansprüche aus dem kaufmännischen Dienstverhältnisse die Kaufmannsgerichte (§§ 1, 5 KGG.) unzuständig sein sollten, zumal durch die Zuständigkeit dieser Gerichte die­ jenige der ordentlichen Gerichte ausgeschlossen wird (§ 6 GGG., § 6 KGG.). Nach Abs. V finden Abs. I, III u. IV auf Forderungen, für deren Feststellung ein Sondergericht (§ 14 GBG.) zuständig ist, entsprechende Anwendung, und die Motive II S. 365 bemerken dazu, der Gerichtsstand des Abs. II gelte nicht für die „vom Rechtswege vor den ordentlichen Gerichten ausgeschlossenen Sachen". Wenn auch der Anmelder den widersprechenden Ver­ walter oder Gläubiger, nicht den Schuldner selbst auf Feststellung der Forderung zu ver­ klagen hat, so handelt es sich doch um eine angebliche Verbindlichkeit des Gemein­ schuld ers, die mit Rücksicht auf ihren besonderen Charakter vor einem sachkundigen Sondergerichte geltend zu machen ist. Diese Eigenschaft hat die Forderung durch den Konkurs des Schuldners nicht eingebüßt. Subjekt des festzustellenden Schuldverhältnisses ist nach wie vor der Gemeinschuldner. Was die Zuständigkeit der Kaufmannsgerichte be­ trifft, so hat die Fassung des § 1 I KGG. außer Zweifel gestellt, daß der Streit nicht unter den ursprünglichen Vertragsparteien zu bestehen braucht, daß die Vertragsparteien nicht auch Prozeßparteien sein müssen. In dieser genaueren Bestimmung der Zuständig­ keitsmerkmale gegenüber dem Wortlaute des § 11 GGG. erblicken wir, da eine verschieden­ artige Kompetenzbegrenzung bei der innigen Verwandtschaft beider Sondergerichte voll­ kommen widersinnig sein würde, eine authentische Interpretation des 8 11 GGG. Das Bedürfnis, dem Gewerbe- und Kaufmannsgerichte ihre Entstehung verdanken, das Ver­ langen nach einer Entscheidung durch sachkundige Richter, nach einer Beschleunigung und Verbilligung des Verfahrens, macht sich im Konkurse des Schuldners nicht in vermindertem, sondern in erhöhtem Maße geltend. Es wäre unverständlich und mit Abs. V schlechterdings unvereinbar, wenn die vor Konkurseröffnung vor dem Gewerbe- oder Kaufmannsgericht anhängig gewordene Lohnklage unter erneutem und gesteigertem Aufwand vor den ordentlichen Gerichten erhoben werden müßte, andrerseits aber auch eine unerträgliche Unebenheit, wenn die Fortführung des Prozesses vor diesen Sondergerichten statthaft, die Neuklage unstatt­ haft oder wenn gar bei gleichzeitigem Widerspruch von Verwalter und Schuldner mit letzterem vor dem Sondergericht, mit ersterem vor dem ordentlichen Gericht zu prozessieren wäre. Vielmehr muß ohne Unterschied zwischen aufgenommenen und neuen Klagen, zwischen der Bestreitung durch den Konkursverwalter und durch einen Konkursgläubiger, zwischen Gewerbegerichten und Kaufmannsgerichten die Zuständigkeit des Sondergerichts bejaht werden. Wer freilich als Feststellungsgegenstand ein prozeßrechtliches Verhältnis ansieht, wird auch hier zu praktisch unannehmbaren Schlüssen gedrängt. Jaeger BayZ. 1905 S. 5, LZ. 1907 S. 210f., 924f. (gegen OLG. Hamburg v. 7.6.1907, gegen dieseLauch

226 §146.

Anm.16.

Feststellung bestrittener Forderungen. Ritter Recht 11 S. 1306), 1908 S. 140 f.; ferner OLG. Karlsruhe v. 28. 6. 1895 ZZP. 22 S. 425 ff. (u. dazu Harder S. 427 f.), Dresden v. 30. 11. 1906 OLG. 15 S. 37 f. mit Zit., ebenso die Praxis der Kaufmannsgerichte (LZ. 1907 S. 156, 280 mit Bemerkung von Stern, 1910 S. 492 ff., Schulz, Jahrbuch des KaufmG. Berlin I S. 190 ff., H S. 302 f.) und in neuerer Zeit auch der Gewerbegerichte (Prenner GGG.3 6.5 mit Zit.), ferner Petersen-Kleinfeller Anm. 11, Wolff Sinnt. 7, Fitting § 12 N. 55, Kohler Leitfaden S. 252; — abw. Oetker I S. 346f., Hellmann S. 482, Seuffert § 44 N. 10, nun auch v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 8 (obwohl die letzteren den Verwalter als gesetzlichen Ver­ treter des Schuldners betrachten). Unbedenklich haben Gewerbe- und Kaufmannsgerichte (gegen Dresden v. 2. 5. 1906 OLG. 15 S. 43f.) auch über das Vorrecht des § 61 Nr. 1 zu erkennen. Ohnehin muß der ganze Tatbestand, als dessen Rechtsfolge das Vor­ recht sich darstellt, von dem Sondergericht bei der Frage nach dem Bestand eines Lohn­ anspruchs geprüft und festgestellt werden. Die Zuständigkeit beider Gerichte wäre zweck­ widrig abgegrenzt, wenn sie die Vorrechtsseststellung nicht mitumfaßte. Zu einer derart unangemessenen Auslegung nötigt aber auch der Wortlaut des Gesetzes nicht. KaufmG. Braunschweig v. 5. 7. 1909 LZ. 1910 S. 493f. Bon den Gemeindegerichten, die zurzeit nur in Württemberg und Baden bestehen, sind die Württembergischen durch a. 3 AGzZPO. (RegBl. 1899 S. 545) ausdrücklich für unzuständig erklärt worden (vgl. dazu RG. v. 1. 7. 1891 IW. S. 416 Nr. 25). — Schiedsgerichte: Anm. 6. Unberührt bleibt nach Abs. V auch die Kompetenz einer Verwaltungsbehörde oder eines Verwaltungsgerichts, die reichs- oder landesgesetzlich für die Feststellung der streitig gebliebenen Forderung zuständig sind. Hier kommen namentlich Ansprüche auf Steuern, kirchliche Abgaben, Gebühren öffentlichrechtlicher Verbände, Kassenbeiträge, Wege­ baukosten usw. in Frage. Dabei ist wohl zu beachten, daß im Verwaltungszwangsverfahren das einfache Geheiß der Vollziehungsbehörde (z. B. eines Steueramts) als Titel im Sinne unseres Abs. VI wirken kann. Liegt ein solcher Titel bei Konkursbeginn vor, so hat der Widersprechende den Widerspruch in dem für die Anfechtung des Verwaltungs­ bescheids nach sonstigen Vorschriften (Reichs- oder Landesrecht) maßgebenden Verfahren zu verfolgen. Vgl. Protokolle S. 93, OLG. Dresden v. 28. 2. 1901 SächsOLG. 23 S. 344, OLG. Hamm v. 6. 12. 1909 LZ. 1910 S. 250, LG. Freiburg i. B. v. 18. 1. 1910 BadRpr. S. 63, Kohler Lehrbuch S. 565 N. 2, Adam PrBerwBl. 24 S. 472. Es ist nach § 13 GBG., § 4 EGzGBG. rechtlich keineswegs ausgeschlossen, daß auch der Streit über den konkursmäßigen Rang (Borrecht) eines Anspruchs durch die Landesgesetzgebung der ordentlichen Gerichtsbarkeit entrückt wird, soweit das Reichsrecht nicht ausdrücklich eine Schranke gezogen hat (wie z. B. im 8 4 EGzZPO.). Vgl. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 9, v. Sarwey-Bossert Anm. 8, Gaupp-Stein ZPO." I S. 5f.; abw. Oetker I S. 485, Seuffert S. 273. Wo solche Vorschriften fehlen, ist die Borrechtsfrage (vgl. § 61 Nr. 2, 3) vor den ordentlichen Gerichten auszutragen. Siehe die Urteile bei § 61 Anm. 20. So kann ein zwiespältiges Verfahren notwendig werden. Beispiels­ weise wird, wenn die Beitragsforderung einer Berufsgenoffenschaft (§ 61 Nr. 3) nach Betrag und Vorrecht bestritten ist, über die Beitragshöhe nach Maßgabe der §§ 754 ff., 1014 ff., 1165 ff. ReichsversicherungsO. v. 19. 7. 1911 (RGBl. S. 509), über das Vorrecht im Wege des ordentlichen Zivilprozesses entschieden (LG. Konstanz v. 27. 2. 1902, Bad. Rechtspr. 1903 S. 163). Nach § 25 Postgesetz v. 28. 10. 71 (RGBl. S. 347) kann die Postanstalt zwar ihren Ansprüchen auf „unbezahlt gebliebene Beträge an Personen­ geld, Porto und Gebühren" eine den Rechtsweg vorbehaltende Vollstreckbarkeit selbst ver­ leihen und sich damit die Vorteile der titulierten Anmeldung (Abs. VI) sichern, die Fest­ stellung der bestrittenen Ansprüche aber nur im Prozeßweg erwirken. Auf die Einziehung der Telegraphengebühren einschließlich der Fernsprechgebühren findet der § 25 PostG. An­ wendung (§ 8 II FernsprechgebührenOrdnung v. 20. 12. 1899, RGBl. S. 711). AG. Chemnitz v. 19. 10. 1901 ZZP. 31 S. 121 ff. u. Reichel daselbst. Daß Verwaltungs­ behörde oder Berwaltungsgericht für die Feststellung des Anspruchs selber (nicht auch des Vorrechts) zuständig bleiben, wenn das Verfahren bei Konkursbeginn bereits schwebt, er-

Feststellung bestrittener Forderungen.

227

gibt der den Abs. IU, nicht aber den Abs. n anziehende Abs. V. Ob es freilich immer H146. angemessen ist, wenn die Borrechtsfrage im Rechtsweg ausgetragen werden muß, obwohl die Feststellung von Grund und Betrag im Berwaltungsverfahren oder Berwaltungsstreitverfahren erfolgt, das fragt sich sehr. Unangemessen wäre es jedenfalls, wenn die Ver­ waltung für den neuen, nicht aber auch für den bereits schwebenden Streit ausgeschaltet wäre (wie Hellmann S. 482 will). Unter den Abs. V fallen nicht die Strafgerichte, da sie keine besonderen Ge-Anm.i?. richte sind. Die Feststellung eines bestrittenen Anspruchs auf Buße kann nicht im Straf­ prozesse (vgl. §§ 443—446 StPO.), sondern nur im Zivilprozesse nach Abs. II erzwungen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Anmelder bereits vor Konkursbeginn im Straf­ prozesse Zuerkennung einer Buße beantragt hatte. Der Abs. III ist unanwendbar, da das Strafverfahren durch den Konkurs nicht unterbrochen wird. Vgl. Kohler ArchZivPrax. 81 S. 413f., Oetker I S. 164, 345 f., Petersen-Kleinfeller Anm. 12; abw. will Wolff Anm. 7 die Betreibung der Feststellung im Strafprozesse gestatten, übersieht aber dabei, daß in diesem Verfahren der Opponent als solcher nicht belangt werden kann. Liegt zur Zeit des Widerspruchs bereits ein Bußurteil wider den Beschuldigten vor, so liefert es, auch wenn es noch nicht rechtskräftig ist, einen Titel im Sinne des Abs. VI. Ob und wie etwa der Widersprechende einem solchen Urteil beikommen kann, ist zweifelhaft. Nach Oetker Ge­ richtssaal 66 S. 54 f. (in Berichtigung der Grundbegriffe I S. 350 s.) soll der Opponent gegenüber dem Bußurteil eine Widerspruchsklage haben und zwar selbst noch gegenüber dem rechtskräftigen Bußurteil „nach Art der Restitutionsklage des Zivilprozesses". Für diesen Rechtsbehelf und seine Durchführung gegenüber dem Urteil des Strafrichters fehlt im Gesetz jeder Anhalt. Die Zulassung einer so allgemeinen und unbestimmten Wieder­ aufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens müßte in hohem Maße befremden. Demgegenüber erscheint die Ansicht, der Widersprechende könne das noch nicht rechtskräftige Urteil, soweit es die Buße betrifft, mit den Rechtsmitteln des Gemeinschuldners angreifen (ebenso v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 21), jedenfalls als minder bedenklich, zumal wenn die Rechtsmittel gegenüber dem Bußentscheid als solchem ausschließlich den Privatbeteiligten, nicht der Staatsanwaltschaft zustehen (Oetker aaO. S. 83 f.). Im Gerichtsstände der schwebenden Feststellungsklage kann eine Widerklage nachAnm.18. Maßgabe des § 33 ZPO. erhoben werden. So z. B. auf Feststellung des Vorrangs, den angeblich der Kläger dem beklagten Opponenten eingeräumt habe (RG. v. 18. 1. 1886 Bd. 16 118). Andrerseits ist es denkbar, daß die Konkursfeststellung selber den Gegenstand einer Widerklage bildet, die ein Schuldner der Masse gegenüber der Klage des Verwalters erhebt. Nur muß eben bereits bei der Prüfung des Gegenanspruchs die Bestreitung des Verwalters, die das Feststellungsinteresse erst auslöst, erfolgt sein (vgl. RG. v. 4. 6. 1902 IW. S. 397 Nr. 30). 3. War schon bei Konkursbeginn ein Rechtsstreit über die Forderung beiAnm.i9. einem inländischen Gericht anhängig, so ist die Feststellung nach Abs. III durch Aufnahme des Rechtsstreites, also dadurch zu betreiben, daß der Anmelder ohne Rücksicht auf seine bisherige Parteirolle dem oder den Widersprechenden einen Schriftsatz zustellt (§ 250 ZPO.) oder aber in der mündlichen Verhandlung dem anwesenden Opponenten gegenüber den Willen der Prozeßfortführung bestimmt und klar zum Ausdruck bringt (RG. v. 17. 3.1902 Bd. 51 97). Letzternfalls kann es nach § 295 ZPO. zu einem wirksamen Verzicht auf das Schriftsatzerfordernis des § 250 ZPO. kommen. So etwa, wenn der widersprechende Verwalter versehentlich selber, der zur „Aufnahme" gegenüber dem nicht titulierten Anmelder keine Ermächtigung hat sAnm. 13], die Ladung erwirkt hätte. So auch, wenn ein Rechtsmittel ohne vorgängige Ausnahme eingelegt war (vgl. RG. v. 22.10.1907 Bd. 66 401; für die frühere Form der Rechtsmitteleinlegung siehe KG. v. 29.6.1911 LZ. 1912 S. 172). Doch setzt der Verzicht auf das Rügerecht nach § 295 ZPO. vor aus, daß d er Nichtrügende den Mangel erkannt hat (OLG. Hamm v. 17.12.1906 SeuffA. 62 Nr. 101; vgl. Gaupp-Stein ZPO." § 250 I mit Zit.)/ Im amtsgerichtlichen Verfahren ist die Aufnahme-Erklärung zwecks der von Amts wegen zu bewirkenden Zustellung schriftlich ein-

228

§146.

Feststellung bestrittener Forderungen. zureichen oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers zu erklären (§ 496 I, II ZPO.). Der Verhandlungstermin wird hier von Amts wegen bestimmt (§ 497 ZPO.). Geht der Widerspruch nicht vom Verwalter in Zwangsvertretung des Massesubjekts, sondern von einem Gläubiger aus, dann vollzieht sich mit der Prozeßaufnahme durch den Wider­ sprechenden ein Parteiwechsel: der Opponent rückt anstelle des Schuldners in das Prozeß­ verhältnis, nicht aber in das materielle Schuldverhältnis ein. Im Pegelsalle der Be­ streitung durch den Verwalter findet kein Parteiwechsel statt. Über die Prozeßkostenlast der Masse beim Widerspruch des Verwalters siehe Anm. 13 sowie oben § 59 Anm. 2. Für die Aufnahme besteht die bisherige Zuständigkeit, auch diejenige von Sonder­ gerichten und Verwaltungsstellen fAnm. fort: die Zuständigkeitsvorschrift deS Abs. II gilt nicht für den Abs. III. Motive II S. 367; RG. v. 21. 6. 1902 Bd. 52 55. Das bisher zuständige Landgericht bleibt zuständig, auch wenn sich jetzt nach Maßgabe des § 148 oder wegen bloßer Teilbestreitung nur. ein amtsgerichtlicher Streitwert ergibt (§ 263 Nr. 2 ZPO.). Im übrigen siehe § 148 Anm. 3. Wechfelprozeß und Schieds­ verfahren: oben Anm. 5f. Der Klagantrag wird im Sinne der Anm. 12, also grund­ sätzlich auf Feststellung der Forderung als Konkursforderung aufrechterhalten oder, wenn er auf Verurteilung zur Leistung gerichtet war, umgestellt. Motive II S. 366, Protokolle S. 92 f. So auch noch im Läuterungsverfahren die Folge der Eidesleistung (Dresden v. 7. 12. 1906 OLG. 15 S. 249). In dieser Umstellung liegt keine Klagänderung (arg. § 268 Nr. 2 ZPO.). Anspruch und Klagegrund bleiben dieselben (abw. Jonas ©. 39 ff.). Entsteht zugleich Streit über die außerhalb des Konkurses noch nicht zur Erörterung gelangte Rechtsfolge der Bevorrechtigung des Anspruchs, so kann der Anmelder den Klagantrag entsprechend erweitern (§ 268 Nr. 2 ZPO.), vorausgesetzt, daß die Prozeßlage eine solche Erweiterung noch zuläßt. Im Revisionsverfahren ist sie nach § 561 ZPO. unstatthaft (RG. v. 21. 1. 1909 LZ. 1912 S. 400). Der Anmelder bleibt also in diesem Falle auf den Weg der Neuklage angewiesen. Wird lediglich das Vorrecht be­ stritten, so bedarf es stets einer Neuklage. Denn der bisherige Prozeß hat alsdann (was Jonas S. 57 verkennt) durch die Feststellung zur Tabelle eine vollständige Erledigung gesunden. Vorrechtsstreit bei titulierten Ansprüchen: Anm. 23. Soweit andrerseits eine „Aufnahme" des bisherigen Prozesses zulässig ist, steht diese Zulässigkeit der Zulässigkeit einer Neuklage entgegen. Der Abs. III hat die Aufnahme zum Zwecke der Konkurs­ feststellung bei schwebenden Prozessen nicht wahlweise, sondern ausschließlich vorgeschrieben: „so ist die Feststellung durch Aufnahme zu betreiben." Damit will das Gesetz einerseits den erneuten Aufwand von Kosten, Mühen und Zeit ersparen, andrerseits aber auch Gunst und Ungunst der bisherigen Prozeßlage festhalten. Die Unzulässigkeit der Neuklage ist nach der kategorischen Fassung des Abs. III von Amts wegen, nicht etwa nur auf die prozeßhindernde Einrede der Rechtshängigkeit hin (§ 263 II Nr. 1 ZPO.), sondern auch im Ausnahmefalle des Parteiwechsels (also bei Gläubigerbestreitung) zu berücksichtigen. Sie besteht auch dann, wenn das ursprüngliche Klagebegehren zum Zwecke der Geltend­ machung des Anspruchs im Konkurse (besonders nach Maßgabe der §§ 26, 69 KO.) gegen­

ständlich verändert werden mußte (§ 268 Nr. 3 ZPO.). Vgl. RG. v. 30.1.1907 Bd. 65 133; OLG. Breslau v. 18. 12. 1906 Recht 11 Nr. 80, OLG. Posen v. 21. 9. 1908 PosMSch. S. 143 f., OLG. Colmar v. 19. 5. 1909 LZ. S. 875 f.; Seuffert S. 271. Unzulässigkeit persönlicher Ausklagung des nicht widersprechenden Schuldners: oben § 12 Anm. 6ff., LG. Leipzig v. 25. 1. 1907 LZ. S. 525ff., OLG. Hamm v. 14. 6. 1909 LZ. S. 868 ff. — Das auf das Unterbleiben der Anspruchsbestreitung angelegte Mahnverfahren ist nach Zweck und Gestaltung ungeeignet zur Feststellung einer streitigen Konkursforderung. Hatte der Schuldner schon vor Konkursbeginn Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl erhoben, so hatte damit das Mahnverfahren als solches sein Ende gefunden, aber unter Fortdauer der Rechtshängigkeit (§ 695 ZPO ). Die Zustellung des Zahlungsbefehls wirkt als Klagerhebung und zwar (seit der Prozeßnovelle vom 1. Juni 1909) auch dann, wenn der Anspruch zur Zuständigkeit des Landgerichts gehört, letzternfalls vorbehaltlich einer Überleitung (§§ 696, 697 ZPO.). Nun ist infolge deS

Feststellung bestrittener Forderungen.

229

Konkurses eine Prozeßunterbrechung eingetreten (§ 240 ZPO., Dresden v. 28. 11. 1903 § 146. SächsOLG. 26 S. 169). Kommt es also zur Bestreitung der vom Gläubiger anzumeldenden Forderung im Prüfungstermin, so ist die Feststellung gegen den Konkursopponenten wie gegen den etwa auch persönlich widersprechenden Schuldner im Wege der „Aufnahme" des ordentlichen Verfahrens zu betreiben (§§ 144 II, 146 III KO. mit §§ 696, 697 ZPO.). Für die Zuständigkeit unseres Abs. n bleibt insoweit kein Raum. Hatte der Schuldner vor dem Konkurse noch keinen Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl erhoben, erfolgt aber eine Bestreitung der nun angemeldeten Forderung im Prüfungstermin, so wirkt diese Bestreitung entsprechend einem Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl nach § 695 ZPO. Auch hier also ist die Feststellung, da die durch Zustellung des Zahlungs­ befehls eingetretene Rechtshängigkeit des Anspruchs (§ 693 II ZPO.) nicht unbeachtet bleiben darf, durch Aufnahme des ordentlichen Verfahrens zu betreiben (§§ 144II, 146 Hl KO. mit §§ 696, 697 ZPO.). Freilich nicht durch Aufnahme des Mahnverfahrens, denn in diesem könnte (von der Bestreitung ganz abgesehen) eine „Feststellung" der Forderung als Konkursforderung nicht erzielt werden: ein Bollstreckungsbefehl, also ein vollstreckbarer „Zahlungsbefehl" (§ 699 ZPO.) auf Feststellung wäre ein Unding. Siehe nun JonaS S. 52 ff., bes. S. 56; andrerseits Voigt S. 194 ff. mit Lit. Hatte der Anmelder schon vor Konkursbeginn ein Endurteil oder einen Vollstreckungstitel (z. B. Bollstreckungsbefehl) erwirkt, so ist nicht Abs. HI, sondern Abs. VI maßgebend. Gleichzeitige Aufnahme wider den Gemeinschuldner: § 144 Anm. 3. — Schließlich sei auf die eigenartigen Spaltungen hingewiesen, die bei der Aufnahme eines durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Prozesses [§ 10 Anm. 1 ff.] eintreten können. Angenommen: A hat bei B Wertpapiere hinterlegt und den B auf Herausgabe verklagt (§ 695 BGB.); darauf verfällt B in Konkurs und nun stellt sich heraus, daß er die eine Hälfte der Papiere veruntreut hat; die andere zieht der Verwalter zur Masse. Hier gilt für die Prozeßaufnahme gegen den die Herausgabe der noch vorhandenen Papiere verweigernden Konkursverwalter der Grundsatz des § 11 [§ 43 Anm. 29], während der Schadensersatzanspruch wegen Ver­ untreuung anzumelden (§ 12) und im Bestreitungsfalle durch Prozeßaufnahme gegen den Opponenten nach Abs. III (§ 268 Nr. 3 ZPO.) zur Feststellung zu bringen ist. Der Aussonderungsanspruch geht durch versehentliche Anmeldung nicht verloren [§ 145 Anm. 7]. Steht bei Konkursbeendigung nur noch die Kostenentscheidung aus, so kann der Anmelder des Kostenerstattungsanspruchs [§ 3 Anm. 31] durch den Widerspruch zur Auf­ nahme nach Abs. III genötigt werden, wenngleich das Urteil nur über die Verteilung der Kostenlast zu erkennen, also ein Kostenfestsetzungsverfahren ihm noch nachzufolgen hat (KG. v. 13. 7. 1907 OLG. 15 S. 249f.). 4. Die neuerhobene oder aufgenommene Feststellungsklage muß auf den Grund gestütztAnm.so. und auf den Betrag beschränkt werden, der in der Anmeldung oder im Prüfungstermin angegeben worden ist (Abs. IV mit § 139 Satz 1 u. § 142). Um die Übereinstimmung des Antrags und Urteils mit der Anmeldung zu sichern, schreibt Abs. I Satz 2 vor, daß dem Anmelder ein beglaubigter Auszug aus der Tabelle zu erteilen ist. Motive II S. 365. Daß der Auszug von Amts wegen zu erteilen sei, verordnet zwar z. B. der § 1454 der sächsischen Geschäftsordnung [§ 71 Anm. 22], nicht aber das Gesetz (vgl. dagegen § 229 preuß. KO.). Da sich der Anmelder vielleicht beim Widersprüche beruhigt oder letzterer gütlich erledigt wird, wäre die Erteilung von Amts wegen kaum angemessen. Vgl. Fitting § 12 N. 45, Voigt S. 168. Der Auszug dient dem Anmelder zugleich als Ausweis über Anmeldung, Prüfung und Widerspruch, besonders über die Person des Gegners sAnm. 21]. Nach dem Zwecke des Gesetzes muß er im Falle titu­

lierter Anmeldung auch dem Widersprechenden (Abs. VI) erteilt werden. Formular: VierhausWeizsäcker^ S. 204. Ist eine Forderung nach Grund und Betrag streitig geblieben, so besteht auch im Konkursfeststellungsprozesse die Statthaftigkeit einer Vorabentscheidung über den Grund nach § 304 (§ 5381 Nr. 3) ZPO. (OLG. Cöln v. 30.10.1909 RheinA. 107 S. 300).

Der Grundsatz des Abs. IV, demzufolge die Feststellung sich innerhalb der durch denAnm.si. Prüfungstermin abgesteckten Grenzen der Anmeldung halten muß, wird in den Motiven II Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. II. 15

230

§146.

Feststellung bestrittener Forderungen.

S. 366 folgendermaßen gerechtfertigt: „Soll jedem Konkursgläubiger die entscheidende Mitwirkung bei der Feststellung der übrigen Konkursforderungen gesichert bleiben, so darf keine Konkursforderung zur Klage gestellt werden, welche nicht der vor­ schriftsmäßigen Prüfung unterworfen ist. Dies würde aber der Fall sein, nicht nur, wenn man in dem Spezialprozeß eine Erweiterung der Forderung nach ihrem Betrag oder Vorrecht, sondern auch dann, wenn man in demselben eine Änderung des das Wesen der Forderung bestimmenden Schuldgrundes zuließe." Der Zweck des Grundsatzes geht also dahin, jedem Widerspruchsberechtigten die Gelegenheit zur Prüfung und Bestreitung zu wahren. Hatte ein Anmelder seinen Anspruch unrichtig be­ gründet, so steht ihm nur der Weg einer neuen Anmeldung offen. Auf ihn ist er auch angewiesen, wenn er seine streitig gebliebene Forderung dem Betrag oder Vorrecht nach erweitern will (vgl. §§ 12,142). So werden im Prüfungsverfahren Streitgegenstand und Parteien festgelegt. Damit sind die Grenzen des nun folgenden Prozesses in objektiver und subjektiver Hinsicht abgesteckt. Motive II S. 364; RG. v. 14. 11. 1893 IW. 1894 S. 16 Nr. 35, v. 12. 3. 1894 Bolze 18 Nr. 766, v. 10. 1. 1897 IW. S. 111 Nr. 22, v. 12. 4. 1897 Bd. 39 48, v. 17. 2. 1908 LZ. S. 391, v. 19. 9. 1911 LZ. S. 863. Sonach enthält das Verbot des Abgehens von den Prüfungsgrundlagen zugleich einen Zwang zur Neuanmeldung. Wie eine vor der Prüfung und Bestreitung der Konkursforderung erhobene Feststellungsklage mangels eines Bedürfnisses nach dieser Art des Rechtsschutzes als unzulässig abgewiesen werden muß, so auch diejenige Feststellungs­ klage, die aus einen anderen als den im Prüfungsverfahren unterstellten Grund gestützt, auf einen Mehrbetrag gerichtet oder zur Geltendmachung eines gar nicht an­ gemeldeten Vorrechts erhoben wird. Auch in den Fällen der zweiten Gruppe fehlt für die Feststellungsklage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil dieses erst durch Wider­ spruch gegen die Anmeldung ausgelöst wird: ohne Anmeldung keine Bestreitung, ohne Bestreitung kein Feststellungsinteresse. Das gilt wie für die Klage so für die Widerklage des Gläubigers ^siehe § 53 Anm. 23], wie für die Neuerhebung der Feststellungsklage so auch für eine Aufnahme (Abs. HI) zum Zwecke der Feststellung. Auch sie ist unzulässig vor der Bestreitung, unzulässig für einen anderen Grund und für einen höheren Betrag. Das Rechtsschutzbedürfnis ist von Amts wegen zu beachten: ein ausdrücklicher oder stillschweigender Parteiverzicht wirkt nicht.. Vgl. RG. v. 17. 3.1902 Bd. 51 97, v. 4. 6. 1902 IW. S. 397 Nr. 30 (die vor dem Prüfungstermin auf Feststellung einer angemeldeten Forderung erhobene Widerklage ist trotz Einlassung des widerbeklagten Verwalters „als dermalen noch unzulässig" abzuweisen); OLG. Jena v. 11. 5. 1911 LZ. 1912 S. 409. Es genügt jedoch, wenn das Rechtsschutzbedürfnis (die Bestrittenheit im Sinne des § 146) zur Zeit des Urteils vorliegt. Vgl. RG. v. 17. 5. 1898 IW. S. 417 f. Nr. 10. Andrerseits wäre die Klage auf Feststellung einer bereits nach § 145 festgestellten Forderung von Amts wegen als unzulässig abzuweisen (insofern unhaltbar RG. aaO.; siehe dagegen RG. v. 8. 5. 1890 Bolze 10 Nr. 879, v. 28. 11. 1893 SeuffA. 49 Nr. 227: es fehlt für den Gläubiger „jede Veranlassung, ja sogar das Recht zu einer Feststellungsklage, da er den mit dieser Klage verfolgten Zweck, nämlich die Feststellung seiner Forderung und den dieser ent­ sprechenden Eintrag in die Tabelle schon erreicht hat"). In der Rechtsprechung des Reichsgerichts kehrt des öftern die Wendung wieder, die Identität des geprüften und des im Feststellungsprozesse verfolgten Anspruchs sei eine von Amts wegen zu beachtende „Prozeßvoraussetzung", deren Mangel anders als eine Klagänderung nicht durch Ein­ willigung des Gegners behoben werde (so z. B. RG. v. 30. 12. 1905 ElsLothrZ. 31 S. 349 ff., v. 21. 6. 1909 LZ. 1910 S. 408, v. 3. 1. 1911 LZ. S. 231). Da der Begriff der Prozeßvoraussetzung nicht gesetzlich feststeht, läßt der Ausdruck sich auch in einem das Rechtsschutzinteresse einschließenden, alle Erfordernisse der Klagezulässigkeit umfassenden Sinn gebrauchen. Jedenfalls führt die Berücksichtigung eines Verstoßes gegen Abs. IV ebensowenig als etwa die des Mangels der Zuständigkeit zu einer Aberkennung des An­ spruchs als unbegründet, also nicht zu einem Urteil „in der Sache selbst" (§ 212 I BGB ),

Feststellung bestrittener Forderungen.

231

sondern nur zu einer Abweisung der Klage oder der Aufnahme als unzulässig (vgl. RG. v. 4. 6. 1902 aaO.). Ein solches Prozeßurteil spricht sich über die Frage, ob der Widerspruch begründet war (§ 147), nicht aus und steht daher auch der nach ordnungs­ mäßiger Prüfung erfolgten Neuklage oder Neuaufnahme nicht entgegen. Vgl. Jaeger ZZP. 40 S. 124 f. gegen die Polemik von Jonas S. 25, die auf dem doppelten Irrtum beruht, daß vom Vorhandensein der Prozeßvoraussetzungen die „Entstehung" des Prozeß­ rechtsverhältnisses abhänge und daß das Rechtsschutzbedürfnis zum Klagegrund gehöre ssiehe auch § 12 Anm. 6 mit Sit.]. Dagegen würde selbstverständlich die Klage, einen Anspruch als Konkursforderung festzustellen, dann durch Sachurteil abzuweisen, also der Widerspruch für begründet zu erklären sein (§ 147), wenn das Gericht die Anmeldbarkeit (§§ 3, 63) verneint. Auch vom Standpunkte der Vertretung des Massesubjekts durch den widersprechenden Verwalter läge hier keineswegs der Mangel einer Prozeßvoraussetzung im Sinne des § 274 II Nr. 7 ZPO. vor, da ja der den Zugriff des Nichtkonkursgläubigers auf die Masse abwehrende Widerspruch in Verteidigung des Massesubjekts als solchen er­ folgt (gegen Jonas S. 26). Was die Reihenfolge der vom Prozeßrichter zu erledigenden Zulässigkeitsfragen betrifft, so hat er zunächst die Prozeßvoraussetzungen im eigentlichen Sinne (wie die Zuständigkeit) und dann das Rechtsschutzbedürfnis (Beobachtung des Abs. IV) zu prüfen. Bejaht er auch dieses, dann hat er auf den Punkt einzugehen, gegen den der Widerspruch sich richtete. Beim Streit über Grund und Anmeldbarkeit hat er zunächst zu untersuchen, ob der Anspruch, wenn er besteht, eine Konkursforderung ist. Das Urteil, das die Anmeldbarkeit verneint und darum den Widerspruch für begründet erklärt, steht der außerkonkursmäßigen Rechtsverfolgung nicht entgegen. Grund ist wie im Falle des § 139 der für die Entstehung des Anspruchs wesentliche Tatbestand. Er wird in einer nach Abs. IV unzulässigen Weise geändert, wenn z. B. von einem Kauf­ preis-, Mietzins- oder Gehaltsanspruch zu einer Schadensersatzforderung (wäre es auch gleicher Höhe und kraft des gleichen Vertrags) übergegangen wird (OLG. Königsberg v. 4. 7. 1908 LZ. 1909 S. 164, Karlsruhe v. 3. 6. 1905 OLG. 11 S. 363) oder vom Anspruch aus einem Gesellschaftsvertrag zu einer Darlehnsforderung (KG. v. 1. 10. 1908 OLG. 19 S. 227) oder von einer „Warenforderung" zur Behauptung eines Schuld­ anerkenntnisses (KG. v. 21. 6. 1909 OLG. 21 S. 178). Zulässig ist dagegen die Be­ richtigung unwesentlicher Tatbestandsangaben und rechtlicher Anführungen (vgl. § 268 Nr. 1 ZPO.) und dementsprechend unanfechtbar die Entscheidung (als Zwischenurteil oder im Endurteil), daß eine nach Abs. IV unzulässige Änderung nicht vorliege (arg. § 270 ZPO.). RG. v. 23. 12. 1899 SeuffBl. 65 S. 456 ff., v. 21. 6. 1909 LZ. 1910 S. 408, v. 3. 1. 1911 LZ. S. 231, v. 10. 2. 1911 LZ. 1912 S. 236. Dahin gehört besonders die bloße Berichtigung der Anspruchsbenennung, wenn der Anmelder sich nur im Aus­ druck vergriffen hat. So, wenn das Entgelt für eine Gutsüberlassung in der Anmeldung als Kaufpreis bezeichnet worden war. Denn es genügt dem Zwecke des Abs. IV, daß die Gläubiger durch den näheren Inhalt der Anmeldung die Möglichkeit der Erkennung des wahren Schuldgrundes erlangt hatten. RG. v. 17. 2. 1908 LZ. S. 391. Zulässig er­ scheint nicht minder der Übergang von abstrakter zu konkreter Schadensberechnung (OLG.

Braunschweig v. 14. 4. 1908 LZ. 1909 S. 84), der Nachtrag einer nach § 65 unerheblichen Fälligkeitsbehauptung (OLG. Königsberg v. 28. 10. 1908 LZ. 1909 S. 570), die Nach­ bringung des Titels sAnm. 2] oder anderer urkundlicher Belege im Sinne des § 139 Satz 3 (vgl. RG. v. 23. 4. 1903 Bd. 54 314). Stets gibt der in der ursprünglichen oder ergänzten Anmeldung, nicht der in der Tabelle angegebene Grund den Ausschlag, wenn ein Zwiespalt zwischen Anmeldung und Tabelle besteht (KG. v. 21. 6. 1909 aaO.). Die Erhöhung des in der Anmeldung angegebenen Betrags bleibt (unbeschadet der Möglichkeit einer Neuanmeldung) nach Abs. IV endgültig unzulässig. Wenn also auf Widerspruch die Feststellungsklage erhoben worden ist, kann der Kläger nun nicht etwa unter Berufung auf den § 268 Nr. 2 ZPO. seinen Anspruch erweitern. Einer Beschränkung des Betrags dagegen würde der Schutzzweck des Abs. IV nicht im Wege stehen (vgl. RG. v. 10. 2.1911 aaO.). Daß der § 268 ZPO. Anwendung findet, wenn eine schon vor dem 15*

§148.

232 §146.

Feststellung bestrittener Forderungen,

Konkurs erhobene Forderungsklage infolge Widerspruchs ausgenommen und nun der ver­ änderten Lage angepaßt, also z. B. auf die Vorrechtsfeststellung erstreckt (§ 268 Nr. 2) oder auf Schadensersatz wegen Erfüllungsablehnung gerichtet wird (§ 268 Nr. 3), ist bereits zu Anm. 19 erörtert. Die öfters mißverstandene Entscheidung RG. v. 20.10.1906 Bd. 64 207 sagt keineswegs, daß statt des vor dem Konkurs erhobenen Kaufpreisanspruchs nach der Erfüllungsablehnung nicht ein Schadensersatzanspruch durch Aufnahme zur Fest­ stellung gebracht werden könne fsiehe vielmehr § 17 Anm. 44]. — Zum Anspruchsgrunde gehört auch die persönliche Rechtszuständigkeit (die Sachlegitimation). Daß „Grund" im Sinne des Abs. IV nicht nur der objektive, sondern auch der subjektive Anspruchsgrund ist, wird wohl allgemein angenommen. Vgl. Motive n S. 364 (durch die Prüfung seien Rechtsstreit und Parteien festgelegt); RG. v. 14.11.1893 IW. 1894 S. 16 Nr. 35, v. 19. 9. 1911 LZ. S. 862 f. Bon diesem Standpunkt aus ergibt sich zunächst, daß der Gläubiger, der eine Forderung bestritten hat und als „Bestreitender" in die Tabelle eingetragen worden ist, für den Feststellungsprozeß passiv legitimiert bleibt, auch wenn er unterdessen seine eigene Forderung einem Dritten abgetreten hat. Der Zedent behält die Befugnis zur Widerspruchsrücknahme; er trägt das Prozeßkostenrisiko. Dies entspricht dem Wortlaute des Abs. I Satz 1 („gegen den Bestreitenden") und dem Zweck der im Ms. I Satz 2 verordneten Erteilung eines Tabellauszugs. Dies fordert auch die Billigkeit. Denn der Gläubigerwechsel kann sich der Wahrnehmung des Gegners entziehen. Wäre der Bestreitende in der Lage den zwischenzeitlichen Forderungs­ übergang mit dem Erfolge der Klagabweisung geltend zu machen, so wäre der Anmelder schutzlos der Arglist preisgegeben. Was für die Abtretung gilt, muß auch für andere Fälle der Sonderrechtsnachsolge gelten, während der Erbe des Bestreitenden an dessen Stelle rückt. Der obsiegende Teil erwirkt nach Abs. VH die Berichtigung der Tabelle. Damit wird der siegreiche Anmelder auch gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger des Be­ streitenden sichergestellt. Umgekehrt dauert nach der herrschenden Ansicht für den Fest­ stellungsprozeß die Aktivlegitimation des Anmelders, dessen Konkursgläubigerrecht im Prüfungstermine bestritten worden ist, auch im Falle der Abtretung fort (RG. aaO.). Die Gesetzesfassung (Abs. I Satz 1), die von der Betreibung des Feststellungsprozesses durch „den Gläubiger" (nicht gerade durch den Anmelder) redet, wäre freilich auch mit der Annahme vereinbar, daß derjenige auf Feststellung der streitig gebliebenen Konkursforderung zu klagen hat, der7zurzeit der Klagerhebung „Gläubiger" ist. Zudem läßt sich kaum behaupten, daß Rücksichten auf den Bestreitenden zur Aufrechterhaltung der Aktivlegitimation des Zedenten nötigen. Erkennt man aber an, daß der „Grund" des Abs. IV auch subjektive Anspruchsbeziehungen umfaßt, so wird folgerecht die Fortdauer der aktiven wie die der passiven Sachlegitimation bejaht werden müssen. Doch dürfte aus Abs. I die Einschränkung abzuleiten sein, daß der Rechtsnachfolger zur Erhebung der Feststellungsklage legitimiert ist, wenn er dem Konkursgericht den Forderungserwerb nachgewiesen und so seine Ein­ tragung in die Tabelle erwirkt hat (RG. LZ. 1911 S. 863). Es besteht kein triftiger Anlaß, dem Nachmanne, der durch Abtretung oder durch Pfändung und Überweisung das

Einziehungsrecht erworben hat, die eigne BetreibungSbefugniS abzuerkennen. Keinesfalls zwingt der Abs. IV zu der Annahme, der Erwerber einer streitig gebliebenen Forderung könne nur kraft neuer Anmeldung und Prüfung die Aktivlegitimation für die Feststellungs­ klage erwerben. Soweit geht der Zweck dieser Vorschrift nicht, da es den Konkurrenten einerlei sein kann, ob derselbe Anspruch von A oder von B ausgeübt wird. Nur dürfen ihn beide nicht nebeneinander verfolgen. Daß der Erbe des Anmelders lediglich die Erb­ folge nachzuweisen, nicht abermals anzumelden braucht, leuchtet ein. Auch in Fällen der Sonderrechtsnachfolge macht nur ein Prätendentenstreit die Neuanmeldung nötig [§ 142 Anm. 4]. Eine Einwilligung des Opponenten setzt der Eintrag des Rechtsnachfolgers in die Tabelle nicht voraus. Wird die streitig gebliebene Forderung erst nach Erhebung der Feststellungsklage abgetreten, so findet der § 265 ZPO. Anwendung (abw. Jonas S. 37). Hatte der Bormann die Klage schon vor Konkursbeginn erhoben und die Forderung noch vor der Anmeldung abgetreten, so hat er damit trotz der Rechtshängigkeit die Legitimation

Feststellung bestrittener Forderungen. zur Geltendmachung im Konkurse verloren. 840 ff.

233

Vgl. im übrigen Boß LZ- 1908 S. 743 ff., Alt«.

HI. Feststellung titulierter Ansprüche (Abs. VI). 1. Die Feststellung tttulierter Ansprüche hat nicht der Anmelder zu betreiben;Anm.ss. vielmehr ist es am Gegner, den Widerspruch zu verfolgen [Sinnt. 1]. Eine titulierte Forderung hat den Rechtsschein für sich. Berwaltungsstreitverfahren: Anm. 16; Strafverfahren: Anm. 17; Tabellauszug: Sinnt. 20. Vorausgesetzt wird, daß „für die Forderung", wie sie angemeldet und bestritten worden ist, ein Titel vorliegt. Denn die Vergünstigung, die das Gesetz dem Anmelder einer titulierten Forderung ein­ räumt, rechtfertigt sich nur insoweit, als der Titel inhaltlich die Anmeldung deckt und darum dem Widerspruch entgegensteht. Unter dieser Voraussetzung kommen nach Abs. VI drei Arten von Titeln (in dem besonderen Sinne unserer Vorschrift) in Betracht: a) Mit Bollstreckungsklausel versehene Schuldtitel wider den Gemeinschuldner (§§ 724 ff. ZPO.), auch solche, die nur für vorläufig vollstreckbar erklärt (§§ 708 ff. ZPO.) oder überhaupt keine „Urteile" sind, wie die Titel der §§ 794, 801 ZPO., §§ 164 II, 194, 206 KO., namentlich auch die Anordnungen zuständiger Finanzverwaltungsstellen [Anm. 16]. Eine Bergleichsabschließung (§ 794 Nr. 1, 2) oder Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (§ 794 Nr. 5) könnte der Gemeinschuldner während des Konkurses mit Wirksamkeit „gegenüber den Konkursgläubigern" nicht mehr er­ klären (§ 7). Der bloßen Erteilung einer Vollstreckungsklausel dagegen steht weder der § 7 noch der § 14 [siehe § 14 Sinnt. 16] entgegen. Der Abs. VI verlangt nicht, daß der Titel schon bei Konkursbeginn mit der Klausel versehen ist (Falkmann Zwangs­ vollstreckung 2 S. 481; abw. z. B. Seuffert § 44 N. 12). Wegen der Urteilserlassung nach Konkursbeginn siehe b. b) Endurteile als solche (§§ 300f. ZPO.). Dieser Fall hat eine selbständige Be­ deutung für Urteile, die zwar den Anspruch, wie er angemeldet ist, feststellen, aber keine Schuldtitel im Sinne von a bilden. Hierher gehört also das noch nicht rechts­ kräftige, noch auch für vorläufig vollstreckbar erklärte Leistungsurteil, und zwar als Bersäumnisendurteil auch dann, wenn schon vor Konkursbeginn Einspruch eingelegt war, da trotz der im § 342 ZPO. verordneten Restitution der Einspruch selbst nicht schon den Titel beseitigt, sondern — wie namentlich die §§ 343, 719 (717) ZPO. ergeben — nur die Möglichkeit seiner Beseittgung eröffnet (RG. v. 22. 2. 1902 Bd. 50 415). Desgleichen bloße Feststellungsurteile, die eine richterliche Anerkennung des Anspruchs, wie er angemeldet ist, enthalten (§ 256 ZPO.). Ferner auch Borbehaltsurteile (§§ 302, 529, 540, 599 ZPO.), nicht aber bedingte Eidesurteile nach § 460 ZPO., da diese selbst den Anspruch noch nicht zuerkennen (RG. v. 24. 6. 1886 Bd. 16 361, v. 24. 3. 1908 LZ. S. 540 f., Dresden v. 7. 12. 1906 OLG. 15 S. 248), und nicht Zwischenurteile, auch nicht die bejahende Borabentscheidung über den Grund des An­ spruchs nach § 304 ZPO., da sie den angemeldeten Betrag nicht stützt. Rechtskräftige Urteile nichtdeutscher Gerichte kommen nach b (nicht nach a) als Titel in Betracht, wenn sie den angemeldeten Anspruch (vgl. § 5) mit einer nach § 328 ZPO. für den deutschen Richter bindenden Wirksamkeit anerkennen, mag auch ein inländisches Boll­ streckungsurteil (§ 722 ZPO.) noch nicht erwirkt sein (für das frühere Recht vgl. freilich Borchardt Gruchots Beitr. 33 S. 612 ff., 625 ff.). Dasselbe gilt nach § 1040 ZPO. für den Schiedsspruch als solchen [Anm. 6]. Der Urteilszüstellung bedarf es für die

Zwecke des Abs. VI nicht. Die Urteilsverkündung kann im Falle des § 249 HI ZPO. unbedenklich noch nach Konkurseröffnung, ja sogar nach dem Prüfungstermin erfolgt sein (zust. Braunschweig v. 28. 2. 1911 OLG. 23 S. 307 mit DIZ. 17 S. 352). Allein auch eine sonstige Urteilserlassung trotz der (dem Gericht unbekannten) Prozeß­ unterbrechung verleiht, wenn sie den angemeldeten Anspruch zuerkennt, vorbehaltlich der Wiederbeseitigung [Anm. 26] einen Titel im Sinne unseres Abs. VI, da der Richter­ spruch (vielleicht ein Urteil letzter Instanz) keineswegs nichtig und darum nicht außer

234

§146.

«nm.23.

Feststellung bestrittener Forderungen.

acht zu lassen, sondern lediglich anfechtbar ist [§ 12 Anm. 5]. Die gegenteilige herrschende Lehre (z. B. Jonas S. 65) wird weder durch die Fassung unseres Abs. VI noch durch den § 12 gestützt. c) Bollstreckungsbefehle (§§ 699, 700 ZPO.). Ihre besondere Erwähnung neben den „mit der Vollstreckungsklausel versehenen Schuldtiteln" soll klarstellen, daß auch im Zweckbereiche des Abs. VI Erteilung einer Bollstreckungsklausel — aber doch wohl vor­ behaltlich des § 796 I ZPO. — nicht vorausgesetzt wird. Der Vorzug des Titels versagt', soweit der Inhalt des Titels dem Widerspruch nicht entgegensteht sAnm. 3]. Das gilt vor allem für den Widerspruch, der sich nur gegen das Vorrecht des titulierten Anspruchs richtet. So z. B. wenn im Titel ein vor Konkursbeginn entstandener Anspruch der Staatskasse auf Gerichtsgebühren an­ erkannt ist, der Widersprechende aber bestreitet, daß diesem Anspruch das vom Staat begehrte Abgabenvorrecht des § 61 Nr. 2 zustehe [§ 61 Anm. 20]. Unmöglich kann der Titel Vorteile gegenüber einer Bestreitung gewähren, die seinen Inhalt völlig un­ angefochten läßt. Sonach hat der Anmelder, es mag sich um Gebühren eines Zivil­ prozesses oder eines Strafprozesses, der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit handeln, der Richterspruch mag noch anfechtbar oder rechtskräftig sein, eine selbständige Klage auf Feststellung des Vorrechts zu erheben (Abs. I). Er hätte diese Feststellung ebensowenig durch Aufnahme (Abs. III) zu betreiben (gegen Jonas S. 76 mit S. 61 f.), als er gegenüber einem über das Vorrecht nichts enthaltenden rechtskräftigen Richter­ spruch auf die regelmäßig versagende Wiederaufnahme beschränkt ist. Wie sollte auch die Jnstanzenverkümmerung für eine noch gar nicht entschiedene Sache zu rechtfertigen sein? Der Borrechtsstreit ist ein neuer Prozeß. Ist der alte durch Nichtbestreitung von Bestand und Betrag der Forderung erledigt, dann bildet der Kostenerstattungs­ anspruch des Anmelders eine Konkursforderung [§ 3 Anm. 31]. Richtet sich der Widerspruch zugleich gegen Bestand oder Betrag der Forderung, dann kann der Vor­ rechtsstreit, wenn das schwebende Verfahren dies zuläßt, im Wege einer Antrags­ erweiterung zur Entscheidung verstellt werden fAnm. 15, 16, 19]. Sonst entwickelt sich um das Vorrecht ein neuer Prozeß. Da mit der Verneinung des Grundes zugleich der Vorrechtsanspruch fällt, kann es alsdann bei gleichzeitiger Bestandsbestreitung zu einer Aussetzung des Borrechtsprozesses kommen (§ 148 ZPO.). Eine entsprechende Rechtslage ergibt sich, wenn der Bestreitende dem angemeldeten Anspruch die Eigen­ schaft einer Konkursforderung (§§ 3, 5 II, 63) abspricht. So z. B. wenn eine durch Urteil zuerkannte Forderung aus rechtsbeständigem Schenkungsversprechen des Gemeinschuldners angemeldet, aber die Anmeldbarkeit bestritten worden ist (§ 63 Nr. 4), mag auch die Freigebigkeit durch einen Wechsel verdeckt sein [§ 63 Anm. 5]. Mit Un­ recht will Jonas S. 77 f. hier den Widersprechenden auf Abs. VI verweisen. Das hieße, gegenüber rechtskräftiger Zuerkennung den Widerspruch wider die Anmeldbarkeit vereiteln. Daß der Widerspruch sich gegen die Konkursforderungseigenschaft richtet, muß allerdings bei der Borrechtsbestreitung im Prüfungsverfahren festgesteüt werden [§ 141 Anm. 9]. Endlich versagt die Anwendbarkeit des Abs. VI, wenn der titulierte Anspruch nicht auf einen bestimmten Geldbetrag gerichtet, deshalb eine nach § 69 vom Gläubiger abgeschätzte Summe angemeldet und dieser Betrag bestritten worden ist. Denn der Titel deckt die Forderung nur in ihrer ursprünglichen, für die Liquidation im Konkurs ungeeigneten Gestalt, nicht auch die Schätzung. Darum muß im Streitfälle der Gläubiger die Feststellung betreiben (Abs. I—V). Bedarf es lediglich einer Um­ rechnung [§ 69 Anm. 5], so ist Abs. VI unbedenklich anwendbar. Oetker I S. 306 f., Seuffert § 44 N. 12 a. F/; vgl. auch Kohler Lehrbuch S. 566 (der aber verkennt, daß die Forderung in ihrer ursprünglichen Gestalt nach § 69 nicht angemeldet, darum auch nach § 141 I nicht erörtert und festgestellt werden darf). Siehe noch § 164 Anm. 10. War ein Saldo als solcher angemeldet und teilweise bestritten worden, so verleiht der für einen einzelnen in diesem Saldo berücksichttgten Posten bestehende Titel (z. B. ein Wechselurteil) dem Anmelder die Vorzugsstellung nach Abs. VI nicht,

Feststellung bestrittener Forderungen.

235

weil jener Posten selbständiger Bedeutung entbehrt (KG. v. 18. 12. 1911 LZ. 1912 § Uß,

S. 331 f.). 2. Der Prozehgegenstand ist bei Verfolgung des Widerspruchs gegen eine titu-«nm.24. lierte Anmeldung kein anderer als bei Geltendmachung eines streitig gebliebenen untitulierten Anspruchs. Im einen wie im anderen Falle handelt es sich um die Feststellung eines Konkursgläubigerrechts. Der Widerspruch gegen titu­ lierte Ansprüche führt zum negativen, die Verfolgung untitulierter zum positiven Feststellungsprozeß. Hier wie dort bildet der materielle Anspruch selber (die Konkursforderung, das Konkursgläubigerrecht), nicht ein von ihm verschiedenes prozessuales Rechtsverhältnis den Gegenstand der Feststellung. Für beide Fälle sagt der § 168 Nr. 1 bestimmt und klar: die Forderung selbst sei infolge des Widerspruchs im Prozesse befangen (abw. Jonas S. 66 ff.). Im schwebenden Rechtsstreit ändern sich auch bei Verfolgung des Wider­ spruchs nach Abs. VI nicht Anspruch und Klagegrund, sondern lediglich der Klagantrag und möglicherweise (wenn einmal nicht der Verwalter, sondern ein Gläubiger widerspricht) die Partei. Näheres Anm. 12. Der Antrag des in die Angreiferrolle gedrängten Opponenten geht dahin, unter Verneinung des Konkursgläubigerrechts den Widerspruch für begründet zu erklären (8 147), der Gegenantrag auf Verwerfung des Wider­ spruchs (ein Fall der „Beseitigung" im Sinne des § 144 I). Das Feststellungsinterefse (Rechtsschutzbedürfnis) liegt für den Angreifer in der Verhütung ungerechtfertigter Aus­ zahlungen, wie sie sonst arg. §§ 152, 168 Nr. 1 an den Anmelder erfolgen müßten, der einen Titel für sich hat. Auch für den Gegner (den Anmelder) kann hier ein Betreibungs­ interesse bestehen fAnm. 27]. Dabei muß wohl beachtet werden, daß der Abs. VI überhaupt keine Anwendung findet, wenn der Widerspruch im Titel nicht auf eine gegenteilige Fest­ stellung stößt fAnm. 23]. Ferner bildet der nur vom Konkursverwalter zu verfolgende (§ 36) Anfechtungsrückgewähransprnch (§ 37) ein positives Recht, das auch gegenüber rechtskräftiger Zuerkennung eines Anspruchs, namentlich in Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen, die der Schuldner über sich hat ergehen lassen, nicht versagt (§ 35). Bei Verfolgung eines auf die Konkursanfechtung gestützten Widerspruchs handelt es sich somit um die Geltendmachung eines selbständigen materiellen Anspruchs, nicht eines schon außerhalb des Konkurses dem Schuldner zustehenden Berteidigungsmittels. Die Konkurs­ anfechtung spielt also eine besondere Rolle. Der Rückgewähranspruch kann im Wege einer eigenen, vom Verfahren der Titelerwirkung unabhängigen Klage verfolgt werden. Zeit­ schranke: § 41 Anm. 9. Keinesfalls aber hat der Abs. VI den Sinn, daß er beim Wider­ spruch gegen eine titulierte (z. B. in rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners anerkannte) Forderung ganz allgemein die Möglichkeit einer neuen, im Gerichtsstände des Abs. II zu erhebenden Klage erschließt, durch die der Widersprechende den bereits erledigten Rechtsstreit über Grund und Betrag des Anspruchs noch einmal heraufbeschwört (abw. Hellmann S. 484 ff.). Vielmehr hat der Abs. VI, wie die herrschende Lehre (z. B. Fitting S. 149) im Einklang mit der Begründung des Gesetzes (Motive II S. 366 f., Protokolle S. 92 f.) anerkennt, den Sinn: der widersprechende Verwalter oder Gläubiger muß, wenn er die Auszahlung von Anteilen auf die titulierte Forderung hintanhalten will, den Widerspruch mit den Mtteln verfolgen, die nach der Art des Titels diesem gegenüber etwa noch in Betracht kommen. Das sind — den durch die KO. selbst geordneten Rückgewähranspruch der §§ 29 ff. ausgeschaltet — nur solche Rechtsschutzmittel, die dem Schuldner persönlich, wenn kein Konkurs eröffnet wäre, zu Gebote ständen. Es wäre ja doch auch ein höchst befremdliches und mit dem Wesen der Rechtskraft unverein­ bares Ergebnis, wenn der Verwalter, nachdem der Anmelder unter Erschöpfung des Rechts­ mittelzugs die richterliche Anerkennung seines Anspruchs erstritten hätte, nun den Prozeß über Grund und Betrag des Anspruchs (darum würde es sich — von der Gläubigeranfech­ tung abgesehen — auch bei der von Hellmann befürworteten Klage auf „Zurücknahme der Anmeldung" handeln) wiederum von vorne beginnen könnte. Wenn der Opponent in dem Falle, daß der vorliegende Titel ein noch berufungsfähiges Urteil erster Instanz ist, unstreitig auf die Berufung angewiesen, also vorbehaltlich einer nach allgemeiner Regel

236 8U6.

Anm.25.

Feststellung bestrittener Forderungen. statthaften Zurückverweisung auf den Rest der Instanzen beschränkt bleibt, muß es doch auch unmöglich sein, ihm nach Erschöpfung der Instanzen, also gegenüber rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners, die völlige Prozeßerneuerung zu gestatten. So erkennt denn auch Jonas S. 78 f., obwohl von seinem Standpunkt aus die Begründung ihre Schwierig­ keiten hat, mit uns an, daß der Opponent gegen den Titel nur unter denselben Voraus­ setzungen anzukämpfen vermag wie der Schuldner persönlich. Ebenso Colmar v. 29. 3. 1905 OLG. 11 S. 364, das die Unzulässigkeit einer auf die bloße Bestandsbestreitung ge­ stützten negativen Teststellungsklage gegenüber rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners anerkennt. Der Opponent hat nur die Rechtsbehelfe des Schuldners und er hat sie, selbst als widersprechender Gläubiger, alle, wie er ja auch beim Widerspruch gegen eine nicht titulierte streitbefangene Forderung in die prozessuale Rechtslage des Schuldners einrückt (Abs. m). So kann es wohl auch Vorkommen, daß die Voraussetzungen für die Anwend­ barkeit des Abs. VI durch eine Entscheidung in Beschlußform (etwa nach Maßgabe der §§ 732, 797 in ZPO.) beseitigt werden; allein das Konkursgläubigerrecht wird damit noch nicht aberkannt, sondern der Anmelder nur auf die eigene Betreibung der Feststellung an­ gewiesen sAnm. 26]. Im einzelnen kommen als Mittel der Widerspruchsverfolgung namentlich in Betracht: Gegenüber noch nicht rechtskräftigen Urteilen, die den nach Grund oder Betrag be­ strittenen Anspruch feststellen, Einspruch, Berufung und Revision unter Aufnahme des Verfahrens (RG. v. 11. 10., v. 5. 11. 1890 Bd. 27 352), wobei der Anmelder gegenüber einer Aufnahmeverzögerung zwar nicht durch eine dem § 239 II ZPO. (§ 10 I 2 KO.) entsprechende Vorschrift (RG. v. 7. 1. 1895 Bd. 34 409), wohl aber durch seine eigene Betreibungsbefugnis geschützt ist sAnm. 27]; gegenüber rechtskräftigen Urteilen (immer abgesehen von der Konkursanfechtung) die etwa dem Schuldner offenstehende Wiederauf­ nahme des Verfahrens (§§ 578 ff. ZPO., Colmar v. 29. 3. 1905 OLG. 11 S. 364) oder Bollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO.; RG. v. 6. 7. 1894 IW. S. 426 f. Nr. 23). Wenn beispielsweise die in rechtskräftiger Verurteilung des Schuldners anerkannte Forderung schon vor der Prüfung (vielleicht durch die von einem Angehörigen des Schuldners ge­ leistete Zahlung) erloschen war, kann der Widersprechende mit der im Gerichtsstände des § 767 ZPO. zu erhebenden Bollstreckungsgegenklage verlangen, daß sein Widerspruch für begründet erklärt wird. Der Antrag ist dem besonderen Falle anzupassen (§ 147), die Er­ hebung der Klage verhindert nach der hier allein maßgebenden Vorschrift des § 168 Nr. 1 fernere Auszahlungen. Gegenüber der Rechtskraft sind in der Regel auch die Opponenten machtlos. Ein Bollstreckungsbefehl kann nach Maßgabe der §§ 700, 796 II, HI ZPO., eine vollstreckbare Urkunde nach § 797 V ZPO., ein Schiedsspruch nach § 1041 ZPO. angreifbar sein. Für die Rüge der Unzulässigkeit einer Bollstreckungsklausel kommen die §§ 732, 796, 797 ZPO. in Betracht. Die Frage der Anfechtbarkeit von Berwaltungsentscheidungen (Beschwerde, Wiederaufnahme, Anfechtungsklage usw.) beantwortet sich nach den Vorschriften des Berwaltungsrechts ^Anm. 16] Der im Abs. II für die Klage auf Feststellung vorgesehene Gerichtsstand gilt nicht auch für ihr Gegen­ stück, für die Widerspruchsverfolgung des Abs. VI. Das kommt (vom Wortlaut abgesehen) in der Stellung beider Vorschriften zum Ausdruck. Motive II S. 367, Protokolle S. 93 und herrschende Lehre (z. B. Petersen-Kleinfeller Anm. 29); abw. Hellmann S. 486 f., Jonas S. 79 f. Ohne weiteres leuchtet ein, daß für den Gerichtsstand des Abs. II kein Raum ist, soweit die Widerspruchsverfolgung im Wege der Aufnahme zu ge­ schehen hat. Insoweit wird Abs. n auch für untitulierte Ansprüche durch Abs. HI ver­ drängt. Entsprechend liegt die Sache für die Zuständigkeit der §§ 584, 767, 768, 796, 797 ZPO. Es wirkt nur verwirrend, wenn Jonas S. 79 die Behauptung der Unechtheit des vorgelegten Titels, des Mangels der Identität der angemeldeten mit der im Titel anerkannten Forderung und der Unanmeldbarkeit des Anspruchs sAnm. 23] hierher stellt und für diese Fälle die Anwendbarkeit des Abs. II behauptet. Denn überall steht hier ein Widerspruch gegen den titulierten Anspruch selbst, wie ihn der Abs. VI voraussetzt, gar nicht in Frage. Der Streit über die Echtheit der Urkunde im besonderen kann Anlaß zu einer

Feststellung bestrittener Forderungen.

237

Feststellungsklage nach den allgemeinen Vorschriften des § 266 ZPO. bieten, gehört aber tz 146. nicht in den Bereich des Abs. VI. In Betracht kommt hier als selbständige Klage zwar der Rückgewähranspruch nach § 37, die der Verwalter in Verfolgung seines Widerspruchs gegen eine titulierte Anmeldung erhebt; allein auch diese Klage ist nicht an den Gerichts­ stand des Abs. II gebunden. Das wäre weder angemessen, noch mit der im Anfechtungs­ titel selbst (§§ 29 ff.) unterlassenen Einführung eines ausschließlichen Gerichtsstandes ver­ einbar. Der in den Protokollen aaO. vom Verfasser des Entwurfs ausgesprochenen Ansicht muß daher beigepflichtet werden. Wird der Titel umgestoßen, ohne daß es zur Entscheidung über den Rechts-Anm.ss. bestand der Forderung kommt, also z. B. das Urteil im Rechtsmittel- oder Wieder­ aufnahmeweg aus dem Grunde des Mangels einer Prozeßvoraussetzung aufgehoben, so wird damit der Anwendbarkeit des Abs. VI die Unterlage entzogen: fortab hat der Anmelder die Feststellung zu betreiben (Abs. I). So auch, wenn es dem Widersprechenden gelingt, die nach Abs. VI maßgebende Bollstreckungsklausel durch Einwendungen nach § 732 (§ 768) ZPO. zu beseitigen. Vgl. Petersen-Kleinfeller Anm. 27, Fitting § 12 N. 69, Seuffert S. 275, Voigt S. 175; abw. Oetker I S. 353, ZZP. 25 S. 59. Durch die Be­ seitigung der Titulierung (Abs. VI) allein, also z. B. durch eine rechtskräftige absolutio ab instantia, die der Opponent im Rechtsmittelzuge wegen Unzuständigkeit des Gerichts erwirkt hat, wird freilich die Frage, ob „der Widerspruch begründet" war, nicht im Sinne des § 147 entschieden (gegen Voigt aaO.). Sonst könnte ja von künftiger Anwendbarkeit unseres Abs. I keine Rede sein. 3. Einem titulierten Anmelder werden die Dividenden ausbezahlt, solange der Wider-Anm.27. sprechende den Widerspruch nicht betreibt. Das folgt aus § 168 Nr. 1 mit Gegenschluß aus § 152. Doch kann der Nachweis der Betreibung noch unmittelbar vor der Auszahlung erbracht, diese also noch in letzter Stunde hintertrieben werden. Motive II S. 387. Ein einstweiliges gesetzliches Stimm recht hat der Anmelder trotz des Titels nicht. Ob und inwieweit er mitstimmen darf, bestimmt vielmehr mangels Einigung der Beteiligten das Gericht (§ 95 II). Da auch ein titulierter Anmelder gewärtigen muß, daß die Aus­ zahlung der ihm gebührenden Anteile noch unmittelbar vor der Verteilung hintertrieben wird, hat er unter Umständen ein lebhaftes Interesse an alsbaldiger Beseitigung der durch den Widerspruch verursachten Unsicherheit seiner Rechtslage. Deshalb wäre es unangemessen, ihm die Initiative der Betreibung zu entziehen. Die Vorschrift des Abs. VI nötigt zu einer solchen Auslegung nicht. Sie will den titulierten Gläubiger begünstigen, nicht beschränken. Das Gebot „der Widerspruch ist von dem Widersprechenden zu ver­ folgen" bedeutet: hier muß im Gegensatze zum Abs. I der Widersprechende vorgehen, da­ mit eine Borenthaltung der Anteile gegenüber dem Anmelder zulässig wird (§ 168 Nr. 1). „Der Liquidant darf," so erläutern die Motive H S. 367, „nicht verpflichtet sein, die Feststellung seiner Forderung gegen den Widersprechenden zu betreiben, sondern es muß dem letzteren anheimgegeben werden, seinen Widerspruch gegen jenen zu verfolgen." Durch Abs. VI wird daher dem titulierten Anmelder die Betreibungsbesugnis

nicht entzogen.

Der Fall liegt wesentlich anders als bei untitulierter Anmeldung. Dort hat der Gegner dessen, dem das Gesetz die Betreibung anheimstellt (Abs. I), also der Wider­ sprechende, schon durch den Widerspruch allein die Berücksichtigung des Anmelders bis zum Nachweise der Feststellungsbetreibung durch diesen ausgeschaltet und darum an eigener Be­ treibung kein Interesse sAnm. 13]. Bon einer im Sinne des § 12 unzulässigen Sonder­ verfolgung der Konkursforderung kann keine Rede sein. Eine andere Frage ist aber die, ob er nach der Gestaltung des Prozeßrechts ein Mittel zu dieser Betreibung hat. Die Frage darf unbedenklich insoweit bejaht werden, als noch eine Prozeßaufnahme möglich ist. Der Anmelder kann daher z. B. ein vor dem Konkurs erwirktes, aber noch berufungs­ fähiges Urteil in Verbindung mit der Prozeßaufnahme dem Opponenten zustellen und damit die Rechtsmittelfrist in Lauf setzen, um den Schutz einer rechtskräftigen Entscheidung zu er­ langen sAnm. 24]. So auch RG. v. 8. 1. 1892 Bd. 34 410 N. 1, v. 7. 1. 1895 ebenda im Texte, v. 16. 1. 1901 IW. S. 162 Nr. 12, v. 17. 3. 1902 Bd. 51 97; KG. v. 5. 1.

238

§146.

Feststellung bestrittener Forderungen.

1909 OLG. 19 S. 135, Braunschweig v. 28. 2.1911 OLG. 23 S. 308 und die herrschende Lehre (z. B. Seuffert S. 275, Boigt S. 170ff., Jonas S. 68ff.); abw. Oetker I S. 504f., ZZP. 25 S. 61 ff., Hellmann S. 484 N. 1. War aber die Forderung des Gläubigers bereits in einem rechtskräftigen Leistungs- oder Feststellungsurteil anerkannt, so bleibt zu erwägen, daß die Bestreitungsberechtigten gegen ein rechtskräftiges Urteil nur unter besonderen Umständen anzukämpfen in der Lage sind sAnm. 24 f.] und daß die ihnen solchenfalls zu Gebote stehenden Rechtsbehelfe (Wiederaufnahme, Bollstreckungsgegenklage, Anfechtung) nur gegen, nicht für den Anmelder als Mittel der Feststellungsbetreibung in Betracht kommen. Keinesfalls vermag hier der Anmelder selbst durch neue Klage den Jnstanzenzug abermals aufzurollen. Liegt das erforderliche Rechtsfchutzbedürsnis (§ 256 ZPO.) vor, so kann er eine Feststellungsklage erheben, aber nur einen mit der Rechtskraft des vorliegenden Urteils im Einklang stehenden Antrag stellen. So etwa dann, wenn der Verwalter gegen die im rechtskräftigen Urteil anerkannte Forderung eine vom Anmelder geleugnete Gegenforderung der Masse aufgerechnet und der daraufhin erfolgten Anmeldung widersprochen hatte, nun aber die Erhebung der Vollstreckungsgegenklage [§ 145 Anm. 11] hinauszögert. Alsdann wäre, wenn ein Interesse an alsbaldiger Feststellung vorliegt, eine Klage auf Feststellung, daß die rechtskräftig zuerkannte Forderung noch besteht (nicht durch Aufrechnung erloschen ist) denkbar. Die Rechtskraft hindert eben nur die inhaltlich abweichende Neuentscheidung, nicht die Zulässigkeit einer Neuklage, für die ein Rechtsschutz­ bedürfnis besteht. Vgl. RG. v. 6. 7. 1894 Gruchots Beitr. 38 S. 1172, auch v. 8.1.1892 aaO.; Gaupp-Stein ZPO."> I S. 588, 803 mit Zit.

IV. Konkursbeendigung vor Erledigung des Feststellungsprozeffes.

Anm.28.

1. Schwebt bei Aufhebung des Konkursverfahrens auf Grund derSchlußverteilung(8 163) noch ein positiver (Abs. I, III) oder negativer (Abs. VI) Konkursfeststellungsprozeß, so wird er unter den bisherigen Parteien — einerlei, ob der Verwalter oder ein Gläubiger und ob zugleich der Schuldner persönlich widersprochen hat oder nicht — um die nach § 168 Nr. 1 zurückbehaltenen Anteile ausgetragen. Indem das Gesetz diese Zurück­ behaltung, wie der § 166 ergibt, über die Dauer des Konkursverfahrens hinaus vorschreibt, erkennt es zugleich an, daß die vom § 168 Nr. 1 betroffenen positiven und negativen Fest­ stellungsprozesse auch nach der Aufhebung des Konkursverfahrens (§ 163) durchzuführen sind. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht beiderseits fort. Die zurückbehaltenen Anteile gebühren, wenn der Anmelder unterliegt, den Konkursgläubigern, denen sie im Wege einer Nachtragsverteilung zuzuführen sind (§ 166), und nicht etwa dem Schuldner, der für den Bereich dieser Verteilung durch den Verwalter verdrängt wird. Obsiegt der Anmelder, so erwirkt er auf Grund des sein Gläubigerrecht feststellenden Urteils die Be­ richtigung der Tabelle (Abs. VH) und verschafft sich so nicht nur das Anrecht auf Aus­ zahlung der zurückbehallenen Anteile, sondern auch gegenüber dem Schuldner, dessen persön­ licher Widerspruch unterblieben oder beseitigt ist, einen Titel zur außerkonkursmäßigen Rechtsverfolgung nach § 164 II (mit § 144). Vgl. RG. v. 17. 9. 1891 Bd. 28 70; KG. v. 18. 6. 1909 KGBl. S. 104; Jaeger LZ. 1908 S. 614 (zu RG. v. 24. 1. 1908), Boigt S. 189, Fitting S. 153, Kohler ArchZivPrax. 81 S. 411, Seuffert S. 273, Jonas S. 86. Der Umstellung des Klagantrags bedarf es nicht ssiehe Anm. 29]. Eine Fortführung des Prozesses wegen der zurückbehaltenen Anteile kommt nach der Konkursaufhebung auch dann in Betracht, wenn der Streit sich nicht um Grund und Betrag, sondern nur um Anmeldbarkeit oder Vorrecht dreht. Für eine Neuerhebung der bloßen Feststellungsklage würde dagegen nach Konkursaufhebung das Rechtsschutzintereffe fehlen (abw. Jonas aaO.). Hätte beispielsweise der Verwalter der in einem Titel anerkannten, aber nachträglich bereits erfüllten Forderung widersprochen, jedoch die Widerspruchs­ verfolgung fAnm. 26] zunächst mangels Beweises unterlassen und dementsprechend die Anteile ausbezahlt, so könnte nach Konkurseröffnung eine Leistungsklage (etwa eine condictio indebiti oder ein Deliktsanspruch), aber nicht mehr eine Klage auf Begründeterklärung des Widerspruchs in Betracht kommen. Die Klage wäre vom

Feststellung bestrittener Forderungen.

239

bisherigen Gemeinschuldner und nur kraft einer Anordnung nach § 166 vom Verwalter §148. zu erheben. In den Fällen der Konkursaufhebung kraft Zwangs Vergleichs (§ 190) und der An m.ss Konkurseinstellung (§§ 202, 204) gestaltet sich die Rechtslage umdeswillen anders, weil hier eine Nachtragsverteilung (§ 166) und die für ihre Zwecke fortdauernde Ver­ tretungsmacht des Konkursverwalters außer Betracht bleibt, auch eine den Konkurs überdauernde Zurückbehaltung von Anteilen (§§ 156, 168 f.) nicht stattfindet. Auch ist es ausgeschlossen, daß beim Zwangsvergleich nach § 192 die „gesetzliche" Vertretungs­ macht des Konkursverwalters als solche aufrecht erhalten wird ssiehe § 192 Anm. 1]. Der bisherige Gemeinschuldner erlangt in Ansehung der Masse die Berfügungs- und Prozeßführungsbefugnis wieder [§ 10 Anm. 12 mit git.]. Einen um Grund oder Betrag der Forderung auf Widerspruch des Verwalters erhobenen oder aufgenommenen Prozeß führt nun der Anmelder mit dem Schuldner persönlich durch. Es tritt weder eine Prozeßunterbrechung ein noch ein Parteiwechsel, sondern lediglich ein Erlöschen der Bertretungsmacht des Verwalters. Eine von diesem erteilte Prozeßvollmacht bleibt bestehen. Vgl. RG. v. 13. 4. 1908 LZ. S. 705 f., v. 3. 5. 1910 Bd. 73 314, v. 1. 10. 1910 LZ. 1911 S. 153. Hält man eine Tabellberichtigung (Abs. VII) nach dem Konkurse für unzu­ lässig ssiehe § 144 Anm. 5], dann veranlaßt das veränderte Rechtsschutzbedürsnis eine Umstellung des Feststellungs- in einen Leistungsantrag, die arg. § 268 Nr. 2 ZPO. ebenso unbedenklich ist als die gegenteilige Umstellung im Falle des Abs. HI sAnm. 19]. War neben dem Verwalter der Schuldner persönlich verklagt, so tritt nun eine Bereinigung der Prozesse ein, die wiederum der Prozeßspaltung im Falle des § 144 II mit § 146 III ent­ spricht. Hat der Konkurs eine Körperschaft (z. B. eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH.) in den Auflösungszustand versetzt [§ 25 Anm. 6], so besteht, auch wenn es nach der Konkursbeendigung nicht zu einer Fortsetzung der Gesellschaft kommt, doch noch insolange, als unverteiltes Vermögen vorhanden ist, ein Abwickelungsverein fort, dessen Organe — wie sonst der Schuldner in Person — den Rechtsstreit auszutragen haben. Mit dem völligen Erlöschen der Rechtspersönlichkeit des Schuldners müßte auch der Prozeß erlöschen. Es ist unzutreffend, daß solchenfalls der Verwalter zur Fortführung des Prozesses (für wessen Rechnung?) ermächtigt sei, wie Kiel v. 3.10.1908 OLG. 19 S. 231 annimmt (um welche Art von Rechtsstreit und um welche Art der Konkursbeendigung es sich handelt, ergibt der unzulängliche Tatbestand nicht). Galt der bekämpfte Widerspruch nicht dem Grund oder Betrag, sondern lediglich der Anmeldbarkeit des Anspruchs, dann wird der Feststellungsprozeß gegen den Verwalter — ähnlich wie dessen Anfechtungsklage — in der Hauptsache gegen­ standslos. Einer ausdrücklichen richterlichen Erledigungserklärung bedarf es nicht. Der Antrag auf eine solche hätte weder den Sinn einer Klagezurücknahme nach § 271 ZPO. noch den eines Verzichts nach § 306 ZPO. OLG. Colmar v. 23. 5. 1905 PucheltsZ. 37 S. 598 ff. Für den Kostenpunkt gilt entsprechend das zu § 29 Anm. 24 Bemerkte. Drehte sich der Feststellungsstreit ausschließlich um das Vorrecht, so ist er im Falle des § 191 II um den hinterlegten Betrag zwischen Anmelder und Schuldner auszutragen. — Hat nicht der Konkursverwalter, sondern ein Gläubiger durch seinen Widerspruch den Feststellungsprozeß veranlaßt, so wird der Rechtsstreit in den Fällen der Konkursbeendigung infolge Zwangsvergleichs oder durch Einstellung der Hauptsache nach gegenstandslos. Im Kostenpunkt ist er mit dem widersprechenden Gläubiger, der durch seine Bestreitung das Kostenrisiko auf sich genommen hat, auszutragen. Der Anmelder hat nicht etwa um des­ willen, weil ihm der Sieg auch die außerkonkursmäßige Rechtsverfolgung erschließen würde (§§ 194, 206 II mit § 164 II), ein Recht auf Durchführung des Prozesses mit dem Wider­ sprechenden (abw. Oetker I S. 507). Denn die Erwirkung der außerkonkursmäßigen Voll­ streckbarkeit bildet nicht den Zweck des Feststellungsprozesses, sondern lediglich eine mittel­ bare Folgeerscheinung seiner siegreichen Durchführung. Die Ergebnisse der bisherigen Prozeßführung, besonders der Beweiserhebung, können auch dem Schuldner gegenüber tat­ sächlich von hohem Werte sein. Für einen Eintritt des Schuldners in die Prozeßrolle des Gläubigers, der doch eigenen Namens und kraft eigenen Rechts widersprochen hatte,

240 §146.

Anm.30.

Feststellung bestrittener Forderungen.

fehlt aller gesetzliche Anhalt (gegen Seuffert S. 273). Es würde auch unbillig sein, dem Schuldner, der seinerseits die Forderung gar nicht bestritt, nun die Kostenlast aufzubürden. Grundsätzlich abweichende Ansichten entwickelt einerseits Jonas S. 85 ff., andrerseits Hell­ mann S. 548 ff. 2. Endet das Konkursverfahren, ehe die Aufnahme eines unterbrochenen Passivprozesses nach Abs. III erfolgt war, so endet von selbst auch die Unterbrechung [§ 10 Anm. 12ff.J. Die allseitige Anerkennung der streitbefangenen Forderung nach Hauptsumme, Rang und Nebenansprüchen (§ 144) führt, da ihre Eintragung einen vollwertigen Ersatz rechts­ kräftiger Verurteilung bildet, zum Erlöschen des Prozesses. Bon einer Aufnahme nach Absatz in kann daher keine Rede sein. Ein Prozeßerledigungs-Erkenntnis ergeht nicht. Siehe § 12 Anm. 4.

V. Berichtigung der Tabelle (Abs.

VII).

«nm.31.

Die Berichtigung der Tabelle hat der obsiegende Teil zu erwirken. Das gilt gleicher­ maßen für den Fall der Anerkennung wie für den der Aberkennung des bestrittenen KonkurSgläubigerrechtS. Der Vermerk, daß ein Widerspruch rechtskräftig für begründet erklärt worden sei, schließt die fernere Aufnahme des Anmelders in eine Berteilungsliste aus. Bon Amts wegen erfolgt die hier in Rede stehende Berichtigung nicht. Auch mutet das Gesetz dem Ver­ walter nicht zu, sich um den Ausgang der gegen einzelne Gläubiger geführten Feststellungs­ prozesse zu kümmern. Auch in ähnlichen Fällen — so bei Zurücknahme oder sonstigem Weg­ fall eines Widerspruchs [§ 141 Anm. 10, § 144 Anm. 2] — hat der die Tabellberichtigung zu erwirken, in dessen Interesse sie liegt. Zu diesem Behuf hat der Interessent beim Konkursgericht einen Berichtigungsantrag zu stellen Aorm: § 72 Anm. 3] und die Antrags unterlagen, also z. B. eine Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils fAnm. 32] vorzulegen. Bon den Umständen des Falles hängt es ab, ob dem Anträge ohne oder nach Anhörung der Beteiligten (§ 73 I) stattzugeben ist. Motive n S. 367. Hat freilich der Verwalter einen Widerspruch erhoben und später zurückgenommen, so ist er bei persönlicher Verantwortlichkeit (8 82) gehalten, in einer zur Tabellberichtigung ausreichenden Weise den Antrag des Gläubigers zu unterstützen oder selber die Berichtigung zu beantragen (vgl. OLG. Frankfurt a. M. v. 21. 6. 1905 FrankfRundsch. 39 S. 156; A. Meyer DIZ. 9 S. 262). Auf den Berichtigungs­ antrag ergeht eine Entscheidung des Konkursgerichts, die entweder den Antrag ablehnt oder die Berichtigung anordnet. Beispiele Ebert Amtsgerichtl. Dezernat9 S. 314, Schellhas Konkurssachen S. 129. Der Ablehnungsbeschluß ist dem Antragsteller von Amts wegen zuzu­ stellen und seiner sofortigen Beschwerde unterworfen (§ 73 II, IH). Die Berichtigung anordnung stellt, auch wenn sie ohne Anhörung der Beteiligten ergeht, stets eine aktenmäßige Verfügung dar, von der jedenfalls Antragsteller und Verwalter (vgl. §§ 95, 152) zu benach­ richtigen sind. Lang Aufrechnungsrecht (1906) S. 105 ff. mit Lit. Die Berichtigung selbst ist wie die Eintragung des § 145 keine Entscheidung, sondern bloße Beurkundung und aus diesem Grunde der Beschwerde unzugänglich. Widerstreitet sie inhaltlich dem für sie maßgebenden Urteile, so kann der Verwalter und jeder beeinträchtigte Gläubiger (auch noch im Verfahren der §§ 158, 162) die Richtigstellung beantragen und einen ablehnenden Beschluß mit der sofortigen Beschwerde angreifen. Überwindung eines von mehreren Widersprüchen: Anm. 9.

Anm.32.

Der berichtigende Vermerk einer freiwilligen oder im Prozeßweg erstrittenen Wider­ spruchsbeseitigung (8 144 I) vermittelt gegenüber dem Schuldner, der nicht auch persönlich widersprochen hatte, die Vollstreckbarkeit der §§ 164 II, 194, 206 II. Die Berichtigung selbst aber ist nicht Bollstreckungsakt, das feststellende Urteil nicht Bollstreckungstitel. Vgl. Falkmann Zwangsvollstreckung § 10 N. 5, Gmelin Vollstreckbarkeit S. 7; abw. Jonas S. 23. Der Vorlage einer vollstreckbaren Ausferttgung des obsiegenden Urteils bedarf es zur Berichttgung nicht. Es genügt, daß die Urteilsausfertigung mit dem Zeugnisse der Rechtskraft (8 706 ZPO.) versehen ist. Schiedsspruch: Anm. 6.

«nm.33.

Die Berichtigung nach Abs. VH wird — wie die davon wesentlich verschiedene Richtig­ stellung einer von vornherein unrichttgen Eintragung [§ 145 Anm. 3] — in der Berichtigungs­ spalte vermerkt und vom Konkursrichter und Gerichtsschreiber unterschrieben [§ 140 Anm. 7,

Feststellung bestrittener Forderungen (Rechtskraft; Kostenersatz).

241

195]. Beispiel: Seite 195. Eine Gebühr wird für die Berichtigung nicht erhoben. Für die § 147. Kosten des Antrags hat der im Feststellungsprozeß unterliegende Teil, bei fteiwilliger Wider­ spruchsrücknahme der Widersprechende aufzukommen. Berichtigungen nach Konkursbeendigung sind nicht ausgeschlossen [§ 144 Anm. 5].

§ 147. Soweit durch ein Urteil rechtskräftig eine Forderung festgestellt oder ein Widerspruch für begründet erklärt ist, wirkt dasselbe gegenüber allen Konkurs­ gläubigern.

War der Prozeß nur gegen einzelne Gläubiger geführt, so können

diese den Ersatz ihrer Prozeßkosten aus der Konkursmasse insoweit verlangen,

als der letzteren durch das Urteil ein Vorteil erwachsen ist. Unveränderter § 135 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 102, Motive II S. 368, Protokolle S. 93ff., 173 ff.

Die Wirksamkeit freiwilliger positiver Feststellung gegenüber den Konkurrenten regelt der Em§ 145 II. Der § 147 dagegen bestimmt die Wirksamkeit des auf den Feststellungsprozeß (§ 146)Ieitun8* ergehenden Urteils, also die Wirksamkeit der erzwungenen Feststellung, der positiven (des „die Forderung seststellenden" Urteils) und der negativen (des „den Widerspruch für begründet er­ klärenden" Urteils), gegenüber den Konkurrenten. Siehe wegen des Wortlauts § 146 Anm. 12. Die auf Grund des Feststellungsurteils erfolgende Berichtigung der Tabelle (§ 146 VH) ist bloße Beurkundung [§ 146 Anm. 31], nicht Voraussetzung für den Eintritt der im § 147 verordneten Rechtskraft; aber nur sie vermittelt die Konkursteilnahme sAnm. 1] und die außer­ konkursmäßige Vollstreckbarkeit gegen den Schuldner fAnm. 3].

I. Rechtskraft des auf den Feststellungsstreit ergehenden Urteils. 1. Sind mehrere Widersprüche erhoben, so ist die Feststellung nur durch Überwindung aller Anm. i. Gegner zu erzielen (8 144 I). Der Sieg eines einzigen Opponenten vereitelt die Feststellung. An diesem Grundsatz ändert die — zu eng gefaßte — Vorschrift des § 147 nichts. Sie geht vom Normalfalle des einheitlichen Feststellungsprozesses aus („so­ weit durch ein Urteil") und muß im Zusammenhalte mit § 144 I ausgelegt werden. Durch den Sieg gegenüber einem von mehreren Opponenten wird eine bestrittene Forderung noch nicht „festgestellt" in dem objektiven Sinne des § 147. Näheres § 146 Anm. 7 ff., 12. Dementsprechend ist die positive Feststellung einer bestrittenen Konkursforderung nach Grund, Betrag und Vorrecht erzwungen, soweit ein Urteil den einzigen oder den letzten oder die sämtlichen Widersprüche rechtskräftig (§ 705 ZPO.) verworfen hat. Dieses Urteil „wirkt" gegen alle Konkursgläubiger, auch gegen die nichtwidersprechenden. Die „Wirksamkeit" ist Rechtskraftwirkung im technischen Sinne des § 325 I (§ 69) ZPO., keineswegs nur die gesetzliche Anerkennung des nachteiligen Einflusses einer Tatbestands­ änderung. Der 8 147 verordnet also eine Erweiterung der Rechtskraft. Zust. z. B. Gaupp-Stein ZPO." § 325 VI 3, abw. z. B. Walsmann Streitgenöff. Nebeninterv. (1905) S. 185 mit Lit.; siehe auch oben 8 146 Anm. 11. Die Erweiterung ist positiv­ rechtlicher Art. Sie ergibt sich nicht etwa schon aus einer Vertretung der Nichtwider­ sprechenden durch den Widersprechenden; denn dieser widerspricht eigenen Namens und kraft eigenen Rechts [8 141 Anm. 8]. Sie rechtfertigt sich aber aus der Erwägung, daß es undurchführbar sein würde, das Konkursgläubigerrecht eines Anmelders gegenüber einem Teile der Konkurrenten anzuerkennen, gegenüber anderen nicht. Mit der Über­

windung der Widersprüche ist die Rechtslage dieselbe geworden, als wäre im Prüfungs­ termin überhaupt keine Bestreitung erfolgt (Motive n S. 368), für welchen Fall das Gesetz dem Tabellvermerk Wirksamkeit gegenüber allen Beteiligten beilegt (8 145II). Inhalt­ lich beschränkt die Rechtskraft sich weder hier noch dort auf das Recht der Konkursteil-

242

§U7.

Sinnt. 2.

Sinnt. 3.

Feststellung bestrittener Forderungen (Rechtskraft; Kostenersatz).

nähme oder gar nur des Dividendenbezugs. Vielmehr wird die Forderung selbst, wie das Gesetz ausdrücklich bestimmt, gegenüber allen Konkursgläubigern — freilich nicht auch gegen­ über dem Prätendenten derselben Forderung [§ 145 Anm. 8] — festgestellt. RG. v. 1. 7. 1903 Bd. 55 160, v. 4. 7. 1904 Bd. 58 375. Der Konkursverwalter hat die erstrittene Feststellung im Konkurs erst zu berücksichtigen, wenn der obsiegende Anmelder die Be­ richtigung der Tabelle erwirkt hat [§ 146 Anm. 31]. Umgekehrt wirkt das rechtskräftige Urteil, das einen einzigen Widerspruch für be­ gründet erklärt fsiehe § 146 Anm. 21, 25], zugunsten aller Gläubiger, auch der nicht widersprechenden, auch der nicht mitverklagten Opponenten. Das Gesetz sagt zwar nur, die rechtskräftige Begründeterklärung des Widerspruchs wirke „gegenüber" allen Konkursgläubigern. Allein das Wort „gegenüber" ist hier im neutralen Sinne gebraucht und bedeutet soviel als „im Verhältnisse zu", adversus, nicht contra creditores. So er­ läutern denn auch die Motive n S. 368 unsere Vorschrift dahin: der unterlegene An­ melder scheide endgültig aus dem Kreise der Teilnahmeberechtigten aus; „dies müsse allen übrigen Gläubigern zu gute kommen". Da sie gemeinschaftlich aus derselben Masse zu befriedigen sind (§ 3), würde eine andere Regelung wie zum Vorteil fAnm. 1] so auch zum Nachteil der übrigen Gläubiger undurchführbar sein [§ 141 Anm. 8]. Vgl. Wach (Laband) Rechtskraft (1899) S. 18 f., 38 s., 80. Nach dem Sieg eines einzigen Gegners braucht daher auch für titulierte Anmelder (§ 146 VI) eine Dividende gemäß den §§ 152, 168 Nr. 1 nicht mehr ausgeworfen zu werden. Protokolle S. 175 f. Da die Rechtskraft mit Rücksicht auf das ihr zu Grunde liegende öffentliche Interesse von Amts wegen beachtet werden muß (Gaupp-Stein ZPO." § 322 II 6 mit Zit ), die Rechtsfolge des § 147 aber an das rechtskräftige Urteil selber, nicht erst an den Tabellvermerk (§ 146 VII), anknüpft, kann der Widerspruchserfolg durch eine spätere Zurücknahme des Widerspruchs nicht mehr beseitigt werden. Ebendarum wird man aber auch anderen Gläubigern und dem Verwalter die Befugnis zuerkennen müssen, auf Grund des zugunsten der Allgemein­ heit wirkenden Sieges die Tabellberichtigung zu erwirken. Das rechtfertigt sich aus dem Zusammenhalte des § 146 VII mit § 147. Nebenintervention des einen Opponenten im Prozesse des anderen: § 146 Anm. 11. 2. Gegenüber dem Gemeinschuldner erlangt das positive Feststellungsurteil eine durch die Tabelle vermittelte Rechtskraft dann, wenn er die Forderung nicht ausdrücklich bei der Prüfung bestritten hatte (arg. §§ 164 II, 194, 206 II KO.; vgl. §§ 122 V, 141 GenG.). Andrerseits kommt die negative Feststellung insofern auch dem nicht bestreitenden Gemein­ schuldner zustatten, als sie die Befriedigung aus seinem konkursgebundenen Vermögen und den Eintritt der außerkonkursmäßigen Vollstreckbarkeit des Anspruchs vereitelt. Vgl. Seuffert S. 277, Wach aaO. S. 18. Rechtskraft zugunsten des Gemeinschuldners er­ langt eine vom Verwalter erstrittene negative Feststellung, soweit sie das Bestehen des Anspruchs verneint. Denn der Verwalter ist auch im Feststellungsprozesse gesetzlicher Ver­ treter des Massesubjekts [§ 141 Anm. 6], Gegenstand der Feststellung aber die Forderung selbst, nicht ein von ihr verschiedenes Konkursteilnahmerecht [§ 146 Anm. 12]. Auch kann keine Rede davon sein, daß der § 147 durch die Worte „gegenüber allen Konkursgläubigern" eine Beschränkung der Rechtskraft, nämlich ihren Ausschluß gegenüber dem Schuldner, verordnen wollte. Vgl. Dernburg Preuß. Privatrecht II § 115 N. 22; abw. die herr­ schende Lehre z. B. Petersen-Kleinfeller § 164 Anm. 10, Seuffert S. 393 f. Ob das vom Verwalter erstrittene Urteil den Bestand der Forderung verneint, das ist eine Frage, für deren Lösung nicht nur die Urteilsformel, sondern auch die Entscheidungsgründe maßgebend sind: „Tenor und Gründe zusammen bilden die Entscheidung" im Sinne des §322 ZPO. (RG. BZS. v. 4. 6. 1894 Bd. 33 4). Aus einem vom Verwalter erwirkten Urteil, das lediglich die Anmeldbarkeit (§§ 3, 5 II, 63) des Anspruchs oder im Sinne des § 29 dessen Wirksamkeit „gegenüber den Konkursgläubigern" verneint, erwächst freilich, da es den Anspruch weder ganz noch teilweise dem Bestände nach aberkennt, auch keine die Anspruchs­ verneinung außerhalb des Konkurses stützende Rechtskraft. Wohl aber kann der Schuldner die rechtskräftige Verneinung der Konkursforderungseigenschaft eines Anspruchs anrufen,

Feststellung bestrittener Forderungen (Rechtskraft; Kostenersatz).

243

wenn nach Konkursbeendigung kraft Zwangsvergleichs für diesen Anspruch die Zwangs- § 147. Vergleichsvorteile begehrt werden (§ 193). Das von einem Widerspruchsgläubiger erstrittene Urteil wirkt als solches niemals Rechtskraft zugunsten des Schuldners, weil der Gläubiger kraft eigenen Rechtes, nicht als Vertreter des Schuldners widerspricht [§ 141 Anm. 8]. Die „Tatbestandswirkung" (Wach Handbuch S. 626) eines vom Gläubiger er­ strittenen, den Bestand der Forderung verneinenden Urteils kann auch für den Schuldner von hohem Werte sein.

II. Kostenersatz aus der Masse. 1. Wer die Kosten des Feststellungsprozesses zu tragen hat, bestimmt sich nach allgemeinenAnm. 4. Grundsätzen (§§ 91 ff. ZPO.). Unterliegt der Verwalter, dann ist die Kostenverbindlich­ keit eine Masseschuld (§ 59 Nr. 1). Der Erstattungsanspruch beim Obsiegen des Ver­ walters bildet ein Masseaktivum. Obsiegt ein widersprechender Gläubiger, so kann er nach § 91 ZPO. vom unterlegenen Anmelder Kostenerstattung fordern. Für den Fall nun, daß „nur einzelne Gläubiger" — einer oder mehrere, als Kläger oder Be­ klagte, aber nicht zugleich der Konkursverwalter — einen Widerspruch siegreich gegen den Anmelder durchgefochten haben, sollen sie nach Satz 2 — unbeschadet ihres Erstattungs­ anspruchs gegen den Anmelder — insoweit Ersatz ihrer Prozeßkosten „aus der Konkursmasse" (d. h. als Masseschuld im Sinne des § 59 Nr. 3) verlangen können, als ihr Sieg der Masse Vorteil gebracht hat. Das Gesetz geht dabei, wie der Wortlaut („Ersatz") und die Motive II S. 368, 378 erkennen lassen, von dem Gedanken einer nütz­ lichen Verwendung aus und versagt darum den Anspruch gegen die Masse, wenn auch der Verwalter als Opponent am Prozesse beteiligt war. Bei diesem Ausschlüsse muß es nach der Fassung des Gesetzes schlechthin bewenden sAnm. 8]. Der Masseschuldanspruch des Gläubigers ist wie andere Masseansprüche unabhängig vom Berteilungsversahren dem Konkursverwalter gegenüber zu verfolgen [§ 57 Anm. 10]. Vgl. §§ 172, 1911, 205II. Der Anspruch unterliegt übrigens einer doppelten Schranke:

«.) Er besteht nur für die aufgewendeten Prozeßkosten. Damit sind andereAnm. Aufwendungen aus Anlaß des Prozesses ausgeschlossen. b) Er besteht nur bis zum Belaufe des der Masse erwachsenen Vorteils.Anm. Den Vorteil bildet die Ersparung der Dividende, die dem Anmelder beim Unterbleiben des Widerspruchs zugekommen sein würde. War lediglich ein Vorrecht abgestritten worden, so besteht der Vorteil in dem Unterschiede zwischen der vom Anmelder be­ anspruchten und der ihm nach Durchführung des Widerspruchs gewordenen Befriedigung. Der Umfang des Vorteils steht zur Beweislast des ersatzbegehrenden Gläubigers („insoweit als").

5.

2. Soweit die Masse dem einzelnen Gläubiger die Prozeßkosten ersetzt, kann sie die Ab-Anm. tretung des Erstattungsanspruchs verlangen, der dem Opponenten wider den unterlegenen Anmelder zusteht. Sonst würde er sich ohne rechtlichen Grund auf Kosten der Masse bereichern. Seuffert S. 278, Fitting § 12 N. 71. Dagegen nehmen Wolff Anm. 2 und mit ihm Petersen-Kleinfeller Anm. 2 auf Grund des § 426 II BGB. einen Übergang kraft Gesetzes an. Allein ein Gesamtschuldverhältnis der Masse und des An­

7.

6.

melders im Sinne des § 421 BGB. liegt nicht vor. Zwar schulden beide dem siegreichen Opponenten die Kostenerstattung; aber der Opponent, der seinen Erstattungsanspruch noch nicht abgetreten hat, ist auch dann noch „berechtigt", eigenen Namens die Kosten vom An­ melder zu fordern, wenn sie ihm bereits aus der Masse ersetzt sind. 3. Hat der Verwalter mitprozessiert, so besteht, wie das Wort „nur" klarstellt,Anm. kein Kostenersatzanspruch gegen die Masse sAnm. 4]. Es bleibt also unberücksichtigt, daß die Streitgenossen des Verwalters den Kostenaufwand mitgetragen haben (Hullmann Anm. 2). Desgleichen, daß der Widerspruchsgläubiger gerade die Aufwendungen gemacht hat, denen der Erfolg des Prozesses zu verdanken ist, daß er also z. B. die ausschlag­ gebenden Beweise beschafft hat. Anders Wolff a. a. O. unter Berufung auf § 59 Nr. 3.

8.

244

Feststellung bestrittener Forderungen ((Streitwert).

§148.

8 148. Der Wert des Streitgegenstandes eines Prozesses über die Richtigkeit oder das Vorrecht einer Forderung ist mit Rücksicht auf das Verhältnis der Teilungs-

zur Schuldenmasse von dem Prozeßgerichte nach freiem Ermessen festzusetzen. Unveränderter § 136 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 102 f., Mottve II S. 368, Protokolle S. 95f., 178.

Streitwert im Feststellungsprozeffe. Anm. i.I. In Feststellungsprozessen des § 146 ist der Streitwert mit Rücksicht auf das Verhältnis der Teilungsmasse zur Schuldenmasse vom Prozeßgericht nach freiem Ermessen zu bestimmen. Für die sachliche Zuständigkeit (ZH 23, 70 GBG.; Verweisungen: §§ 276, 505; Verbindlichkeit der Zuständigkeitsverneinung: § 11 ZPO.), für die Zulässigkeit der Revision sAnm. 2, 3] und für die Kostenberechnung (§§ 9, 54 GKG., §§ 10, 59 RAGO.) ist somit nicht der volle Betrag des bestrittenen Anspruchs, sondern die zu erwartende Dividende maßgebend. Nicht also das, was der Gläubiger beansprucht, sondern das, was er voraussichtlich aus der Konkursmasse erhalten wird, bestimmt den Streitwert. Diese Besonderheit bedeutet gegenüber der Regel des Gesetzes eine bettächtliche Einengung der landgerichtlichen Zuständigkeit sowie der Revisionszulässigkeit und läßt die sekundäre Wirksam­ keit der Konkursfeststellung für die außerkonkursmäßige Rechtsverfolgung (§§ 164II, 194, 206) ganz außer Ansatz. Sie gilt für Prozesse „über die Richtigkeit oder das Vorrecht einer Forderung" d. h. für den Streit darüber, ob eine Forderung als Konkursforderung mit dem vom Anmelder behaupteten Inhalt oder Vorrecht besteht (§ 146). Sie gilt nicht für Stteitigkeiten über Aus- oder Absonderungsrechte [§ 4 Anm. 11], über Massekosten- oder Masseschuldansprüche, nicht für die Verfolgung einer unangemeldeten Konkursforderung nach dem Konkurse (Marienwerder v. 9. 10. 1911 OLG. 25 S. 79). Auch in dem gegen den Schuldner persönlich erhobenen oder aufgenommenen Prozesse (§ 144II) ist, selbst wenn zugleich der Konkursopponent verklagt wird, als Streitwert nicht nur die vermutliche Dividende, sondern der ganze Nennwert des Anspruchs anzusetzen. Vgl. RG. v. 17.11.1890 SeuffA. 46 Nr. 235, Karlsruhe v. 14. 2. 1906 OLG. 15 S. 50. Andrerseits findet der § 148 auf Rechtsstreitigkeiten, die ihrem Wesen nach Feststellungsprozesse im Sinne des § 146 sind, auch dann Anwendung, wenn der Klagantrag ungehörigerweise nicht auf Fest­ stellung, sondern auf Verurteilung zur Zahlung oder zu einer sonstigen Leistung gerichtet ist. Es kann daher namentlich die Zulässigkeit der Revision sAnm. 2, 3] nicht durch die ungenaue Antragsfassung erschlichen werden. Vgl. RG. v. 11. 4. 1907 SeuffA. 62 Nr. 266 (Klage auf Zahlung), OLG. Jena v. 11. 12. 1902 ThürBl. 50 S. 203 (Rückgewähranspruch auS § 37 gegenüber dem Verwalter des selbst im Konkurse stehenden Anfechtungsgegners), KG. v. 4. 2.1905 OLG. 11 S. 43 f. (Antrag auf Schuldbefreiung). Auch ist für die Feststellung der durch ein Absonderungsrecht gesicherten Konkursforderung — im Gegensatze zur Geltend­ machung des Absonderungsrechtes selbst — der § 148 KO., nicht der § 6 ZPO. maßgebend (RG. v. 18. 4. 1887 Bolze 4 Nr. 1069). Der Redaktor des Gesetzes (Hagens) hat in der Reichstagskommission von 1875 die Besonderheit des § 148, die eine Ergänzung der §§ 3f. ZPO. bildet, folgendermaßen erläutert:

„Der § 148 enthalte eine Ausdehnung der amtsgerichtlichen Kom­ petenz. Der Gläubiger, welcher eine Forderung von 1000 Mark angemeldet habe, werde sich zu fragen haben, wieviel ungefähr im Konkurse liege, welche Divi­ dende zu erwarten stehe. An das ihm hiernach kompetent erscheinende Gericht werde er sich zu wenden und in der Klage auch eine Angabe über die vermutliche Höhe der Dividende zu machen haben. Das angegangene Gericht werde dann seine Zuständigkeit prüfen müssen. Finde das Amtsgericht in dem angeführten Beispiels daß mehr als 30 Prozent zu erwarten seien, so würde es sich für unzuständig zu erklären, andernfalls aber den Feststellungsprozeß über die 1000 Mark entscheiden haben. Sollte im letzteren Falle der Gemeinschuldner die Forderung nicht bestritten

245

Feststellung bestrittener Forderungen (Streitwert).

gehabt haben, so würde die Feststellung der Forderung auch über den Konkurs A148. hinaus in Gemäßheit des § 164 dem Gemeinschuldner gMenüber und zwar nach der vollen Höhe von 1000 Mark wirksam sein." Protokolle S. 95 f. Diese Erläuterungen gehen von der neu erhobenen Feststellungsklage des nicht titulierten An­ melders (§ 146 I) aus, müssen aber ebenso für die Prozeßaufnahme des nicht titulierten An­ melders (§ 146 III) und für Klagen oder Aufnahmen gegen titulierte Anmelder (§ 146 VI) gelten. Wenn also der Anmelder für seine Forderung vor Konkursbeginn ein noch der Berufung unterliegendes Urteil erstritten hatte und nun der Opponent durch Aufnahme in die Prozeßrolle des Schuldners einrückt, kommt — für die künftige Streitwertberechnung, nicht etwa rückwirkend (Anm. 3] — die dem Anmelder bei Mitberücksichtigung seines Anspruchs (Anm. 2] in Aussicht stehende Dividende, keineswegs aber nur der Betrag in Ansatz, um den sich bei erfolgreichem Widerspruch die Dividende des Widersprechenden erhöhen würde (abw. Wolff S. 356 und ihm folgend Petersen-Kleinfeller Anm. 3). Die Gegenansicht versagt völlig gerade für den Hauptfall, in dem der Konkursverwalter, nicht ein Gläubiger wider­ sprochen hat, und verkennt, daß auch beim Widerspruch eines Gläubigers das Einzelinteresse untrennbar mit dem Gesamtinteresse aller Konkurrenten verknüpft ist. Gleichgültig ist ferner der Grund der Bestreitung. Namentlich gilt der § 148 auch dann, wenn der Konkurs­ verwalter seinen Widerspruch auf die Gläubigeranfechtung (§§ 29 ff.) stützt. Übersteigt die zu erwartende Dividende die amtsgerichtliche Zuständigkeit, so hat das angerufene Amtsgericht sich (auf Antrag unter gleichzeitiger Verweisung nach § 505 ZPO.) für unzuständig zu er­ klären, aber eben nur, wenn es nicht etwa bereits nach § 39 ZPO. zuständig geworden ist fsiehe § 146 Anm. 14]. Wäre für den Anspruch das Landgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig (etwa für einen unter § 70 III GBG. fallenden Anspruch gegen einen im Konkurse stehenden Beamten), so käme der § 148 zwar für die Gebühren­ bewertung, nicht aber für die Zuständigkeit und die Revision (§ 547 Nr. 2 ZPO.) in Betracht. Der Streitwert bestimmt sich nach dem Verhältnis der Teilungsmasse d. H.Anm. a. hier der schließlich noch für die Konkursgläubiger selbst verbleibenden Aktiven [§ 117 Anm. 1] zur Schuldenmasse d. h. zur Summe der zu berücksichtigenden Konkurssorderungen. Über dieses Verhältnis wird vor allem der Konkursverwalter, zu dessen ersten Obliegenheiten

die Ausstellung einer Bilanz gehört (§ 124), sachkundigen Aufschluß erteilen können. Wird der Feststellungsprozeß nicht von ihm oder gegen ihn geführt, so wird seine Auskunft als Sachverständigen-Gutachten eingeholt (§§ 3, 402 ff. ZPO.). Prozessiert er selber, so hat er sich als gesetzlicher Vertreter über den Massestand zu äußern. Auch eine solche, durch Belege gestützte Aussage wird bei persönlicher Vertrauenswürdigkeit des Verwalters für das richter­ liche Ermessen von hohem Einflüsse sein. Vgl. OLG. Karlsruhe v. 21. 1. 1885 ZZP. 12 S. 153. Daß sich bei der Streitwertermittelung mitunter erhebliche Schwierigkeiten ergeben, unterliegt keinem Zweifel. Trotzdem hat der Standpunkt des Gesetzes, der es der Freiheit des richterlichen Ermessens (vgl. auch § 3 ZPO.) überläßt, im Einzelfall eine der Billigkeit entsprechende Wertbestimmung zu treffen, den Vorzug vor einer auf den Nennbetrag der Forderung abgestellten Regelung, wie sie Marcuse PosMSchr. 1906 S. 73 ff. (mit dem Zu­ satz, Gerichts- und Anwaltskosten in Konkursfeststellungsprozessen allgemein etwa auf die Hälfte zu ermäßigen) empfiehlt. Dem Geiste des Gesetzes entspricht es, falls eine Konkurs­ dividende bei'Prozeßbeginn überhaupt nicht zu erwarten steht, die Klage der niedersten Werts­ klasse einzureihen, keineswegs aber sie mit Null anzusetzen oder gar sie mangels eines „Objekts" (vgl. Marcuse S. 75) abzuweisen. Der Streitwert kann nicht höher sein als der Geldbetrag, den der Anmelder im günstigsten Falle bei Durchführung des Konkurses zu erwarten hat. Darum muß auch die den Gegenstand des Feststellungsprozesses bildende Forderung selbst unter die Passiven eingerechnet werden (RG. v. 1. 10. 1896 IW. S. 602 Nr. 22), andrer­ seits ein von einer dritten Person zur Ermöglichung eines Zwangsvergleichs angebotener Massezuschuß außer Ansatz bleiben (OLG. Colmar v. 1. 4. 1903 Recht 7 S. 240). Ebenso sind „mit einer der Wahrscheinlichkeit einigermaßen entsprechenden Teilquote" auch andere streitige Forderungen in Ansatz zu bringen (RG. v. 11. 2. 1899 IW. S. 288 Nr. 17). Steht die Revisionsfähigkeit der Sache in Frage, so hat der Revisionskläger glaubhaft zu Jaeger, KonkurSordnung. 5. Aufl. Bd. n.

16

246 8148.

Anm. 3.

Feststellung bestrittener Forderungen (Streitwert).

machen, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes d. h. der Bermögenswert, um den er durch die angefochtene Entscheidung verkürzt zu sein behauptet und deren Abänderung beantragt, den Betrag von viertausend Mark übersteigt (§ 546 ZPO. i. F. v. 22. 5. 1910). Auch bei Ermittelung dieses Wertes findet der § 148 entsprechende Anwendung. Bgl. RG. v. 26. 5.1883 Bd. 10 68, v. 7.12. 1893 IW. 1894 S. 17 Nr. 37, v. 21. 5. 1900 IW. S. 526 Nr. 18; ObLG. v. 12. 4.1887 Sammlung a. F. 11 S. 628. Für die Wertbestimmung ist diejenige Dividende maßgebend, die im Zeitpunkte der Klagerhebung zu erwarten steht (arg. § 4 ZPO., § 9 GKG.). Eine spätere Änderung

im Stande des Massevermögens (Zufluß neuer Aktiven, Anmeldung weiterer Passiven, Wert­ steigerung, Wertminderung) bleibt daher einflußlos (RG. v. 6. 4. 1899 Gruchots Beitr. 43 S. 1217 f.), es sei denn, daß sie schon zur Zeit der Klagerhebung hätte vorausgesehen werden können (insoweit zutreffend RG. v. 12. 2. 1894 ebenda 38 S. 1180). Das gilt auch für die folgenden Instanzen, auch bei späterer Anlegung eines strengeren Bewertungsmaßstabes (OLG. München v. 2.5.1910 BayZ. S. 289). War der Rechtsstreit schon bei Konkursbeginn anhängig, so bleibt zwar die zur Zeit der Klagerhebung begründete Zuständigkeit bestehen [§ 146 Anm. 19] und der bisherige Streitwert für die Berechnung der bereits entstandenen Kosten maßgebend. Wenn aber nun der Prozeß nach § 146 III ausgenommen wird, gilt für die Berechnung der künftig erwachsenden Kosten und des Wertes des Be­ schwerdegegenstandes einer künftig einzulegenden Revision sAnm. 2] die Beschränkung des § 148 (vgl. RG. v. 18. 1. 1893 IW. S. 126 Nr. 8; v. 31. 1. 1894 IW. S. 114 Nr. 7). So auch dann, wenn der Klagantrag von vornherein auf bloße Feststellung lautete und dementsprechend keiner Umstellung bedurfte. Fällt die Konkurs­ eröffnung in die mit Rücksicht auf die Geschäftslast des Reichsgerichts erhebliche Zwischen­ zeit zwischen Einlegung und Verhandlung der Revision, dann gibt, wie das RG. v. 19. 5. 1911 Bd. 76 292 (II. ZivSen.), v. 3. 4. 1912 LZ. S. 473 f. (V. ZivSen.) mit Recht annimmt, die Stellung der Revisionsanträge in der mündlichen Verhandlung dahin den Aus­ schlag, daß für die Berechnung der fortab erwachsenden Gebühren die Norm des § 148 maßgebend wird. Andrerseits soll nun aber nach RG. 76 294 die Revisionszulässigkeit ohne Rücksicht auf den § 148 nach der Zeit der Revisionseinlegung beurteilt werden, weil der Beschwerdegegenstand derselbe geblieben sei, nur die Wertbemessung sich geändert habe. Die Begründung des zweiten Erkenntnisses ist bedenklich. Der § 546 ZPO. stellt die Zulässigkeit der Revision auf den „Wert" des Beschwerdegegenstandes ab. Ist dieser im maßgebenden Zeitpunkt auf 4000 oder darunter gesunken, dann ist die Revision unzulässig geworden. Nie kann er höher sein als der Wert des Streitgegenstandes. Damit steht die Maßgeblichkeit des § 148 fest. Es fragt sich nur, ob es nicht genügt, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes zur Zeit der Revisionseinlegung den Betrag von 4000 Mk. überstieg, wenn der Revisionsantrag selbst in der mündlichen Verhandlung nicht eingeschränkt wird. Diese Frage ist zu bejahen, im Ergebnis also auch jener zweiten Ansicht beizupflichten. Daß die bei­ läufige Wirksamkeit der Feststellung für die Rechtsverfolgung außerhalb des Konkurses vom § 148 geflissentlich ignoriert wird, ist schon oben (Anm. 1] bemerkt. Amn. 4.II. Dreht sich der Streit um das beanspruchte Vorrecht allein, so ist der Streitwert gleich

dem Unterschiede zwischen der mit dem Vorrecht und der ohne das Vorrecht zu erwartenden Befriedigung. Sind Forderung und Vorrecht streitig, so fällt der Streitwert'mit dem Nenn­ werte der Forderung zusammen, wenn die Gläubiger des vom Anmelder beanspruchten Ranges Bollbefriedigung zu gewärtigen haben. Solchenfalls sind die dem Anmelder ganz oder teilweise zur Last fallenden Kosten auch dann nach dem vollen Betrag seines Anspruchs zu berechnen, wenn das Gericht die Forderung anerkennt, das Vorrecht aber aberkennt (§ 92 ZPO.) oder wenn es Forderung und Vorrecht verneint (§ 91 ZPO.), mag auch der Anmelder schließlich weniger als die Kosten oder gar nichts aus der Masse erhalten. Abzulehnen ist die Ansicht von Schönfeld DIZ. 9 S. 803, daß der Streitwert für bevorrechtete und nicht­

bevorrechtete Forderungen unterschiedslos zu berechnen sei. Anm. 5.HI. Wird mit einer Mehrheit von Opponenten um ein und dieselbe Forderung in einer Klage gestritten [§ 146 Anm. 7], so findet keine Zusammenrechnung nach § 5 ZPO.

Zeitpunkt der Verteilungen.

247

statt, weil nicht eine mehrfache, sondern nur eine einmalige Befriedigung angestrebt wird. § 14g. Das ist besonders auch wegen der sachlichen Zuständigkeit von Belang [§ 146 Anm. 7, 14] und gilt für titulierte wie für nicht titulierte Forderungen, weil beidemal die dem An­ melder in Aussicht stehende Dividende maßgebend ist sAnm. 1]. Beispiel: Wird eine Forderung von 1000 angemeldet und dem Grunde nach sowohl vom Verwalter als von einem Gläubiger bestritten, so beläuft sich der Streitwert auf 500 (amtsgerichtliche Zu­ ständigkeit), wenn voraussichtlich eine Gesamtdividende von 500 auf die Forderung entfallen würde, einerlei, ob nun der Anmelder die beiden Gegner zusammen (vgl. § 100 ZPO., § 91 GKG.) oder nacheinander verklagt. Die gemeinschaftliche Ausklagung führt sonach zu einer Kostenersparung. Vgl. Wach Handbuch § 31 N. 42, Gaupp-Stein ZPO.10 § 5 9t. 7; abw. Wolff S. 356, Petersen-Kleinfeller Anm. 3, Jonas S. 29 9t. 2.

Fünfter Titel.

Verteilung. (§§ 149-172.)

§ 14». Nach der Abhaltung des allgemeinen Prüfungstermins soll, so oft hin­ reichende bare Masse vorhanden ist, eine Verteilung an die Konkursgläubiger erfolgen. Unveränderter § 137 alter Folge. Materialien: Motivel Bd. 2 S. 103ff., Motive H S. 369f., Protokolle S. 100, 178.

I. Die Verteilungen im allgemeinen.

1. Das Gesetz unterscheidet Abschlagsverteilung, Schlußverteilung und Nachtrags-Anm. i. Verteilung. Aus festgestellte Borrechtsforderungen kann der Verwalter mit gerichtlicher Genehmigung unabhängig von den Verteilungen Zahlung leisten (§ 170). a) Abschlagsverteilungen bilden die Regel. In rasch verlaufenden Konkursen sind sie entbehrlich. Sie finden nach dem Prüfungstermine statt, so bald und so oft hin­ reichende Barmittel vorhanden find (§ 149). d) Die Schlußverteilung erfolgt, sobald die Versilberung der Massegegenstände beendigt ist (§ 161 I). In ihr findet die Ausschüttung der Masse ihren regelmäßigen Abschluß, das Konkursverfahren den feinem Zweck entsprechenden Beendigungsgrund. c) Zu einer Nachtragsverteilung kann es kommen, wenn nach Beginn des Voll­ zugs der Schlußverteilung weitere Aktiven verfügbar werden (§ 166). 2. Alle Verteilungen sind vom Verwalter vorzubereiten, anzukündigen (§ 151) und zu Anm. 2. vollziehen (§ 167). Zur Vornahme einer Abschlagsverteilung hat er nur die Zustimmung eines etwaigen Gläubigerausschusses, zur Vornahme der Schlußverteilung auch die Zu­ stimmung des Gerichts einzuholen (§§ 150, 161). Eine Nachtragsverteilung setzt gerichtliche Anordnung voraus (§ 166). Berücksichtigt werden die festgestellten und von den be­ strittenen die titulierten Anmeldungen (§ 146 VI). Sonstige bestrittene Forderungen ge­ langen nur zum Zuge, wenn der Anmelder dem Verwalter binnen einer kurzen Ausschluß­ frist die Betreibung des Feststellungsprozesses nachweist (§ 152). Die Berücksichtigung besteht in der Auszahlung oder der einstweiligen Zurückbehaltung der Anteile. Auf Forderungen, die im Feststellungsprozesse befangen, bedingt, aber nicht gerade aussichtslos sAnm. 4] oder mit einem Absonderungsanspruche verbunden sind, werden nach § 168 die Dividenden vorläufig zurückbehalten. Übernahme unverwertbarer Gegenstände: § 162 Anm. 6; gesetzwidrige Befriedigung: § 6 Anm. 42.

Zeitpunkt der Verteilungen.

247

statt, weil nicht eine mehrfache, sondern nur eine einmalige Befriedigung angestrebt wird. § 14g. Das ist besonders auch wegen der sachlichen Zuständigkeit von Belang [§ 146 Anm. 7, 14] und gilt für titulierte wie für nicht titulierte Forderungen, weil beidemal die dem An­ melder in Aussicht stehende Dividende maßgebend ist sAnm. 1]. Beispiel: Wird eine Forderung von 1000 angemeldet und dem Grunde nach sowohl vom Verwalter als von einem Gläubiger bestritten, so beläuft sich der Streitwert auf 500 (amtsgerichtliche Zu­ ständigkeit), wenn voraussichtlich eine Gesamtdividende von 500 auf die Forderung entfallen würde, einerlei, ob nun der Anmelder die beiden Gegner zusammen (vgl. § 100 ZPO., § 91 GKG.) oder nacheinander verklagt. Die gemeinschaftliche Ausklagung führt sonach zu einer Kostenersparung. Vgl. Wach Handbuch § 31 N. 42, Gaupp-Stein ZPO.10 § 5 9t. 7; abw. Wolff S. 356, Petersen-Kleinfeller Anm. 3, Jonas S. 29 9t. 2.

Fünfter Titel.

Verteilung. (§§ 149-172.)

§ 14». Nach der Abhaltung des allgemeinen Prüfungstermins soll, so oft hin­ reichende bare Masse vorhanden ist, eine Verteilung an die Konkursgläubiger erfolgen. Unveränderter § 137 alter Folge. Materialien: Motivel Bd. 2 S. 103ff., Motive H S. 369f., Protokolle S. 100, 178.

I. Die Verteilungen im allgemeinen.

1. Das Gesetz unterscheidet Abschlagsverteilung, Schlußverteilung und Nachtrags-Anm. i. Verteilung. Aus festgestellte Borrechtsforderungen kann der Verwalter mit gerichtlicher Genehmigung unabhängig von den Verteilungen Zahlung leisten (§ 170). a) Abschlagsverteilungen bilden die Regel. In rasch verlaufenden Konkursen sind sie entbehrlich. Sie finden nach dem Prüfungstermine statt, so bald und so oft hin­ reichende Barmittel vorhanden find (§ 149). d) Die Schlußverteilung erfolgt, sobald die Versilberung der Massegegenstände beendigt ist (§ 161 I). In ihr findet die Ausschüttung der Masse ihren regelmäßigen Abschluß, das Konkursverfahren den feinem Zweck entsprechenden Beendigungsgrund. c) Zu einer Nachtragsverteilung kann es kommen, wenn nach Beginn des Voll­ zugs der Schlußverteilung weitere Aktiven verfügbar werden (§ 166). 2. Alle Verteilungen sind vom Verwalter vorzubereiten, anzukündigen (§ 151) und zu Anm. 2. vollziehen (§ 167). Zur Vornahme einer Abschlagsverteilung hat er nur die Zustimmung eines etwaigen Gläubigerausschusses, zur Vornahme der Schlußverteilung auch die Zu­ stimmung des Gerichts einzuholen (§§ 150, 161). Eine Nachtragsverteilung setzt gerichtliche Anordnung voraus (§ 166). Berücksichtigt werden die festgestellten und von den be­ strittenen die titulierten Anmeldungen (§ 146 VI). Sonstige bestrittene Forderungen ge­ langen nur zum Zuge, wenn der Anmelder dem Verwalter binnen einer kurzen Ausschluß­ frist die Betreibung des Feststellungsprozesses nachweist (§ 152). Die Berücksichtigung besteht in der Auszahlung oder der einstweiligen Zurückbehaltung der Anteile. Auf Forderungen, die im Feststellungsprozesse befangen, bedingt, aber nicht gerade aussichtslos sAnm. 4] oder mit einem Absonderungsanspruche verbunden sind, werden nach § 168 die Dividenden vorläufig zurückbehalten. Übernahme unverwertbarer Gegenstände: § 162 Anm. 6; gesetzwidrige Befriedigung: § 6 Anm. 42.

248

§149.

Zeitpunkt der Berteilungen.

3. Bor einer Abschlagsverteilung und vor der Schlußverteilung hat der Konkursverwalter ein Verzeichnis der zu berücksichtigenden Forderungen, ihren Gesamtbetrag und den ver­ fügbaren Massebestand öffentlich bekannt zu machen (§ 151). Daran reiht sich ein zeitlich begrenztes Einwendungsverfahren (§§ 158, 162) und an dieses die Bestimmung des auszuzahlenden Betrags, der für Abschlagsverteilungen in Prozenten festzusetzen (§ 159), für die Schlußverteilung aber durch vollständige, verhältnismäßige Aufteilung der Rest­ aktiven zu ermitteln ist. Auch Masseansprüche werden bei der jeweiligen Verteilung nur berücksichtigt, wenn sie dem Verwalter rechtzeitig bekannt geworden sind (§ 172). Anm. 4. 4. Gegenüber dem gemeinen Recht und zahlreichen in seinem Banne stehenden Landesgesetzen bedeutet die reichsgesetzliche Gestaltung des Berteilungsverfahrens einen erheblichen Fortschritt. Gemeinrechtlich wird in der Regel nur einmal verteilt und zwar erst dann, wenn alle Aktiven versilbert, alle Passiven mit ihrer verwickelten Borrechtsordnung festgestellt sind. Bis dahin werden flüssige Massemittel, nicht oder nur unzulänglich ver­ zinst, auch Gläubigern mit unzweifelhaften Ansprüchen vorenthalten. Die Verteilungs­ anweisung ergeht in einem besondern Distributionsbescheid des Konkursgerichts (Fuchs Konkursverfahren S. 118 ff., daselbst über Vorauszahlungen unter Vorbehalt an Gläubiger mit feststehendem Vorrecht und über die Ausnahmefälle wiederholter Verteilung). Dem­ gegenüber geht der zur Weltherrschaft gelangte Grundsatz des französischen Rechts dahin, daß Verteilungen stattfinden können, sobald und so oft ein die Verteilung lohnender Massebestand flüssig geworden ist fAnm. 8]. Ihm folgt die preußische KO. v. 1855 (§ 239 mit § 253). Auch sie aber leidet noch an manchen Mißständen, die erst das Reichsrecht überwunden hat (darüber eingehend Motive n S. 369ff.). Die Novelle von 1898 hat im Berteilungsversahren zwei Neuerungen eingeführt. Sie schließt auffchiebend be­ dingte Forderungen mit aussichtsloser Anwartschaft, aber auch nur noch solche, von der Berücksichtigung bei der Schlußverteilung aus (§§ 154 II, 156, 171) und ermöglicht dem Gemeinschuldner eine Wiedereinsetzung gegen unabwendbare Versäumung des PrüfungStermines (§ 165). Ein vor dem 1. Januar 1900 eröffneter Konkurs wird nach früherem Recht erledigt (a. V EGzKNov.). II. Die Abschlagsverteilung. Anm. 5. Bor dem allgemeinen Prüfungstermine (§ 141) dürfen Verteilungen über­ haupt nicht stattfinden, da sich erst aus den Prüfungsverhandlungen ergibt, welche Forderungen bei einer Verteilung zu berücksichtigen sind. Nach diesem Prüfungstermine „soll" der Verwalter Abschlagsverteilungen vornehmen, so oft und so bald hinreichende Barmittel vorhanden sind (§ 149). Gläubiger mit festgestellten Forderungen brauchen daher nicht mehr auf Befriedigung zu warten, bis die ganze Masse verwertet und alle Fest­ stellungsprozesse erledigt sind fAnm. 4]. Das Gebot des § 149 enthält aber nur eine Berwaltungsmaßregel. Es begründet keinen im Wege des Prozesses wider den Verwalter er­ zwingbaren Anspruch der Gläubiger auf Auszahlung. Unterläßt der Verwalter pflicht­ widrig eine Abschlagsverteilung, obwohl der Gläubigerausschuß sich nicht widersetzt oder ein Ausschuß gar nicht vorhanden ist (§ 150), so hat daS Konkursgericht gegen ihn als Aufsichts­ behörde von Amts wegen oder auf Anregung eines Beteiligten einzuschreiten (§§ 83, 84). Auch können Verwalter (§ 82) und Ausschußmitglieder (§§ 150, 89) schadensersatzpflichtig werden. RG. v. 27. 2. 1890 Gruchots Beitr. 34 S. 1201; OLG. Naumburg v. 19. 4.1901 NaumbAK. S. 82 f. Die dem Gesetz entsprechende Berücksichtigung einer Konkursforderung bei stattfindenden Verteilungen ist gegenüber dem Widerspruch oder der Säumnis des Ver­ walters im Einwendungswege der §§ 158, 162 zu erwirken. Immer aber muß die Initiative zur Abschlags- oder Schlußverteilung vom Verwalter ausgehen. Weder das Gericht noch die Gläubigerschaft können anstatt des Verwalters die Vornahme einer solchen Verteilung anordnen. Vgl. Motive n S. 373 f., Protokolle S. 100. Eine unzweckmäßige Abschlags­ verteilung kann das Gericht nur in dem besonderen Falle des § 160 aussetzen. Siehe auch § 150 Anm. 2. Anm. 6. Daß „hinreichende" Barmittel von einem bestimmten Prozentsatz ab svgl. Anm. 8] gegeben seien, hat das Gesetz absichtlich nicht bestimmt (Motive aaO.). Maßgebend ist das Anm. 3.

Zustimmung des Ausschusses.

249

Interesse der Gesamtgläubigerschaft im einzelnen Falle. Die Deckung bekannter Masse-tz ansprüche ist natürlich in Borabzug zu bringen (§§ 57, 172). Bevorrechtigte Forderungen:

149.

§ 170. Die Zahlung der auf eine Wechselforderung entfallenden Dividende kann nur gegen Anm. 7. Vorlegung des Wechsels und Abschreibung auf demselben verlangt werden (a. 39 WO.). RG. v. 14.12.1895 Bd. 37 5. Auch auf einem Scheck kann der Verwalter Teilquittierung verlangen (vgl. Lessing ScheckG. 1908 § 13 Anm. III). Wird eine Konkursforderung vom bisherigen Gläubiger abgetreten, so braucht der Konkursverwalter die auf sie entfallenden Anteile nur gegen Aushändigung einer vom bisherigen Gläubiger über die Abtretung aus­ gestellten Urkunde zu entrichten, es sei denn, daß der bisherige Gläubiger dem Schuldner (im Konkurse seinem Verwalter, vgl. RG. v. 16. 10. 1888 IW. S. 418 f. Nr. 33) die Ab­ tretung schriftlich angezeigt hat (§ 410 BGB.). Vgl. KG. v. 11. 2. 1902 OLG. 5 S. 144. Auch die sonstigen Vorschriften zur Sicherung des debitor cessus (§§ 406 ff. BGB.) greifen im Konkurse desselben Platz. Bei Ungewißheit über die Person des Gläubigers schützt der Konkursverwalter die Masse durch Hinterlegung nach § 372 BGB. [§ 168 Anm. 1]. Im übrigen siehe § 139 Anm. 9, § 140 Anm. 8, § 141 Anm. 3, § 142 Anm. 4, § 145 Anm. 8. Zusatz. Fremde Rechte. Der Grundsatz alsbaldiger Verteilung des verfügbaren Masse-Anm. 8. bestandes beherrscht bereits die Konkursgesetze des französischen Systems (a. 566 c. com., Belgien a. 561 n, Italien a. 809, Rumänien a. 819, Griechenland a. 572: nach diesen Rechten hat aber der Richterkommissär die.. Abschlagsverteilungen anzuordnen und die Dividende zu bestimmen). Er hat namentlich auch in Österreich (§§ 168 ff., 185), Ungarn (§§ 178 ff., 194), Holland (a. 179), Portugal (a. 265: Abschlagsverteilungen von mindestens 5 Prozent ab), Dänemark (§ 124: Ab­ schlagsverteilungen von 10 Prozent ab), England (s. 58: erste Abschlagsverteilung womöglich binnen 4 Monaten seit der ersten Gläubigerversammlung, spätere mangels triftiger Gegengründe in Zwischenräumen von höchstens 6 Monaten), in der Schweiz (a. 266) und in den Vereinigten Staaten (s. 65, J. Walker Magrath bei Borchardt-Kohler S. 47 f.) Eingang gefunden.

§ 150. Zur Vornahme einer Verteilung hat der Verwalter, wenn ein Gläubiger­ ausschuß bestellt ist, dessen Genehmigung einzuholen. Unveränderter § 138 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 109 f., Motive in S. 373 f., Protokolle S. 100, 178.

Ausschuhgenehmigung.

Die Initiative zu einer Abschlagsverteilung oder zur Schlußverteilung steht beim Konkurs-Anm. i. Verwalter [§ 149 Anm. 5]. Ist aber ein Gläubigerausschuß vorhanden [§ 87 Anm. 3), so hat der Verwalter dessen Genehmigung einzuholen. Zur Schlußverteilung und nur zu dieser ist außerdem die Genehmigung des Konkursgerichts erforderlich (§ 161II). „Genehmigung" bedeutet beidemal — wie auch an anderen Stellen [§ 129 Anm. 4] — nach dem Zwecke des Gesetzes in erster Linie die vorgängige Zustimmung. Eine auch nicht durch nachträgliche Zu­ stimmung gebilligte Verteilung ist, wenn sie sonst den gesetzlichen Vorschriften entspricht, arg. § 136 gleichwohl eine vollwirksame Verteilung im Sinne der KO. (abw. Seuffert S. 347). Davon, daß etwa die Empfänger lediglich aus dem Grunde des Mangels der Ausschuß­ genehmigung zur Rückgewähr verpflichtet wären, kann keine Rede sein. Der eigenmächtig ver­ teilende Verwalter aber macht sich nach § 82 verantwortlich. Die Macht, eine vom Verwalter geplante Abschlagsverteilung hintanzuhalten, hat das Konkursgericht nur im Falle des § 160 (Förderung eines Zwangsvergleichs). Versagt der Ausschuß pflichtwidrig die erbetene Erlaubnis, so werden seine MitgliederAnm. 2. nach § 89 verantwortlich und können nach § 92 ihres Amtes enthoben werden. Das Konkurs­ gericht kann diese Enthebung bei einer nach § 93 zu berufenden Gläubigerversammlung anregen.

Ankündigung einer Verteilung (Berteilungsliste).

250

8151. Dagegen

hat die Gläubigerversammlung nicht die Macht, durch ihren Beschluß die nach § 150 erforderliche Ausschußgenehmigung zu ersetzen [§ 133 Anm. 4]. Oetker I S. 405, v. WilmowskiKurlbaum Anm. 2; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, Seuffert S. 347, Fitting § 40 N. 7.

8 151. Vor der Vornahme einer Verteilung hat der Verwalter ein Verzeichnis der bei derselben zu

berücksichtigenden Forderungen auf der Gerichtsschreiberei

zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen und die Summe der Forderungen sowie

den zur Verteilung verfügbaren Massebestand öffentlich bekannt zu machen. Unveränderter § 139 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 110, S. 100, 178.

Motive II S. 374, Protokolle

Ankündigung einer Verteilung.

EinBor dem Vollzug einer Abschlagsverteilung oder der Schlußverteilung obliegt dem Bere ng* Walter nach § 151 eine doppelte Pflicht. Er muß nämlich 1. ein Verzeichnis der zu berücksichtigenden Forderungen auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts auslegen sowie 2. die Summe dieser Forderungen und den zur Verteilung verfügbaren Massebestand öffentlich bekannt machen. Der Zweck der Vorschrift, die gleich dem § 149 eine bloße Verwaltungsmaßregel bildet [§ 149 Anm. 5), besteht nach den Motiven II S. 374 darin, einen festen Boden für die Ausführung der Ver­ teilungen zu schaffen. „Zugleich wird den mit der Anmeldung oder weiteren Verfolgung ihrer Rechte säumig gewesenen Gläubigern Anlaß gegebenen, das Versäumte nachzuholen, insbesondere die schleunige Prüfung nachträglich angemeldeter oder die prozessualische Geltendmachung be­ strittener Forderungen, sowie die raschere Erledigung anhängig gemachter Streitigkeiten, vielleicht aus dem Wege des Vergleichs oder Kompromisses, herbeizuführen. Die Angabe der disponiblen Teilungsmasse und der bereits teilnahmeberechtigten Forderungssumme befähigt jeden zu der Prüfung, ob es für ihn rätlich ist, sich noch die Berücksichtigung bei der bevorstehenden Ver­ teilung zu sichern." §§ 152 ff. I. Berteilungsliste,

«nm. 1.

1. Für die Aufstellung des Verzeichnisses dient die Tabelle als Grundlage (§§ 140 II, 145, 146 VII).1) Motive aaO. Das Verzeichnis steht jedem „Beteiligten" d. h. jedem, der eine Konkursforderung angemeldet hat (§ 149), zur Einsicht offen und bietet ihm Ge­ legenheit, sich über die geplante Verteilung zu informieren und rechtzeitig eine Berichtigung oder Ergänzung zu erwirken. Es wird unwiderruflich, sobald die zur Erhebung von Einwendungen bestimmte Frist (§ 158: Abschlagsverteilung) oder der dazu bestimmte Termin (§ 162: Schlußverteilung) abgelaufen ist. Nichtaufgenommene Forde­ rungen bleiben bei der jeweiligen Verteilung unberücksichtigt. Die 0 Dabei sind selbstverständlich die Berichtigungen der Tabelle zu beachten. Das Rang­ verhältnis der Konkursforderunyen wird zweckmäßig dadurch hervorgehoben, daß zuerst die be­ vorrechtigten, dann die gewöhnlichen, im Nachlaß- und Gesamtgutskonkurs an dritter Stelle die minderberechtigten Forderungen (§§ 226 f 236) aufgeführt werden. Mehrere Forderungen des­ selben Gläubiger- werden, wenn sie beim Vollzüge der Verteilung gleichmäßig zu behandeln sind, zweckmäßigerweise mit ihrer Gesamtsumme eingestellt. Der Massebestand, der im Konkurs einer Hypothekenbank oder Lebensversicherungsanstalt den Gläubigern mit besonderem Vorrecht zur Borausbefriedigung dient [§ 61 Anm. 2 ff., 5 f.], käme für die allgemeinen Verteilungen nur als etwa verbleibender Aktivüberrest in Frage. Die Gläubiger mit solchen besonderen Vorrechten erscheinen daher nur als Ausfallgläubiger in der allgemeinen Berteilungsliste sAnm. 6]. Da aber auch die Verwertung und Verteilung der besonderen Vorrechtsmassen (anders als die der Absonderungsgegenstände) dem Konkursverwalter obliegt, bedarf es insoweit oer Aufstellung eines eigenen Terlungsplanes nach § 151. Für etwaige Änderungen (§§ 157f.) ist eine Be-

Ankündigung einer Berteilung (Verteilungsliste).

251

Präklusion wird endgültig, sobald die Ausschlußfrist für Einwendungen gegen das Schluß- § 151. Verzeichnis abgelaufen ist (§ 162). Unterschied des Verzeichnisses vom Teilungsplane des früheren preußischen Rechts: Motive H S. 370 ff. 2. Aufzunehmen sind in das Verzeichnis die nach Maßgabe der §§ 152—156 zuAnm. 2. „berücksichtigenden" Konkursforderungen — nicht Masseansprüche (vgl. §§ 149, 172) — und zwar ohne Unterschied zwischen solchen, die durch Auszahlung, und solchen, die zunächst nur durch Zurückbehaltung der Anteile zu berücksichtigen sind. Die Frage, ob die Berücksichtigung der ausgeführten Ansprüche in der Auszahlung oder in der Zurück­ behaltung der Anteile zu bestehen hat (§§ 168, 169), ist auf dieser Stufe des Berteilungs­ verfahrens (§§ 152—157) noch nicht zu lösen und wäre nicht vom Konkursgericht nach § 158, sondern vom Prozeßgericht zu entscheiden. Vermerke dieses Inhalts gehören daher nicht in das Verzeichnis. Im einzelnen sind aufzunehmen: a) Alle fest gestellten Konkursforderungen (§ 152), mag die Feststellung schon im Anm. 3. Prüfungstermin oder nachträglich, freiwillig oder erzwungen geschehen sein. Ein Widerspruch lediglich des Gemeinschuldners schließt die „Feststellung" nicht aus (§ 144 I). Behauptet der Verwalter, eine zur Tabelle festgestellte Konkursforderung sei inzwischen (z. B. durch Verzicht oder Befriedigung) erloschen, so muß er sie mangels Zu­ stimmung des Gläubigers gleichwohl in das Verzeichnis aufnehmen. Sonst kann der Gläubiger eine Berichtigung nach § 158 n (§ 162) verlangen, ohne daß das Konkurs­ gericht über das behauptete Erlöschen entscheiden dürfte. Der Streit über diese materiell­ rechtliche Frage kann nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO.) aus­ getragen werden. Auf Grund eines so erstrittenen Urteils hat der Verwalter die Berichtigung der Tabelle zu erwirken. RG. v. 24. 2.1888 Bd. 21 337; v. 28.11. 1893 Bolze 17 Nr. 859. b) Streitige, aber titulierte Anmeldungen (§ 152, § 146VI). Ist der Titel als solcherAnm. 4. wieder beseitigt, so wird die Anmeldung als nicht titulierte behandelt [§ 146 Anm. 22, 26]richtigungsspalte erforderlich (Hullmann Anm. 5), für Nachträge muß Raum zwischen den einzelnen Klassen freibleiben.

Verteilungsliste für die erste Abschlagsverteilung im Konkurs über den Nachlaß des Kaufmanns Franz Faller. Laufende Nr.

Gläubiger.

Nr. der Tabelle.

Zu berücksichtigender Betrag.

I. Bevorrechtigte Forderungen. 1 2

3 Summe

1000 Mark

II. Gewöhnliche Forderungen.

1 2 3 Summe

90000 Mark

m. Minderberechtigte Forderungen.

1 2 3 Summe

2000 Mark

Datum und Unterschrift.

Berichtigungen.

Ankündigung einer Verteilung (Berteilungsliste).

252

§151. Anm. 5.

Anm. 6.

Nichtgeprüfte Forderungen sind trotz eines Titels nicht aufnahmefähig [§ 152 Anm. 2]. Motive H S. 375, Seuffert S. 349, Fitting § 40 N. 8. c) Andere streitige Forderungen nur dann, wenn dem Verwalter die Betreibung der Feststellung (§ 152) bei Anfertigung des Verzeichnisses [tont. 7] bereits nachgewiesen ist [stelle § 152 Anm. 1]. Sie schon früher mit dem Vorbehalte einer Nachbringung dieses Beweises innerhalb der Ausschlußfrist einzustellen, wäre ungehörig [Anm. 7]. d) Auch die bedingten Forderungen und die Ausfallforderungen der absonderungs­ berechtigten Konkursgläubiger (§ 64) oder der Gläubiger mit besonderen Vorrechten [Anm. 1 Note 1] sind dann und nur dann in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn die Voraussetzungen unter a, b und c vorliegen [siehe § 153 Anm. 1]. Überdies aber wird erfordert:

a) bei auflösend bedingten Forderungen, daß die Bedingung noch nicht eingetreten ist (§ 66, vgl. § 168 Nr. 4); ß) bei aufschiebend bedingten Forderungen, daß die Anwartschaft nicht aussichtslos ist; sonst sind sie von der „Schlußverteilung" ausgeschlossen (§§ 154, 171); y) bei Ausfallforderungen, daß der Nachweis des § 153 rechtzeitig geführt ist; sonst dürfen sie nicht berücksichtigt, also auch nicht in die Liste ausgenommen werden. Über die hierher gehörenden Fälle: § 153 Einl. Anm. 7.

3. Die Voraussetzungen der Aufnahme [Anm. 2—6] müssen im Zeitpunkte der Herstellung des Verzeichnisses erfüllt sein. Eine Aufnahme vorbehaltlich des erforderlichen Nach­ weises ist unzulässig (abw. v. Bölderndorff Anm. b). Für jede Verteilung ist der fest­ gestellte Betrag in ganzer Höhe, nicht unter Abzug bereits entrichteter Dividenden ein» zustellen, da die Befriedigung nach Prozenten erfolgt. Nachträgliche Änderung des Ver­

zeichnisses: § 157. n. Die öffentliche Bekanntmachung. Anm. 8.

Der Verwalter hat zunächst das Verzeichnis auf der Gerichtsschreiberei des Konkurs­ gerichts zur Einsicht der Beteiligten [tont. 1] niederzulegen. Ist das geschehen, so hat er — nicht das Konkursgericht — die Summe der als teilnahmeberechtigt auf­ genommenen Forderungen — nach Klassen [Note 1 zu Anm. 1] — und die Summe des verfügbaren d. h. des flüssigen und nicht zur Deckung von Massegläubigern erforderlichen Massebestandes gemäß § 76 öffentlich bekannt zu machen. Danach kann jeder einzelne Gläubiger die zu erwartende Dividende veranschlagen. Die Tatsache der Niederlegung des Berteilungsverzeichnisses bedarf keiner ausdrücklichen Veröffentlichung. Wie und binnen welcher Frist eine Berichtigung oder Ergänzung des Verzeichnisses zu erwirken ist, wird nicht bekannt gemacht.

Beispiel: „Im Konkurs über den Nachlaß des Kaufmanns Franz Faller in Gantheim soll eine Abschlagsverteilung stattfinden. Die verfügbare Masse beträgt 10000 Mark. Zu berücksichtigen sind 1000 Mark bevorrechtigte, 90000 Mark einfache und 2000 Mark minderberechtigte Konkursforderungen" (Datum; Unterschrift des Verwalters).

Daß die minderberechtigten Gläubiger (§ 226) int Beispielsfalle offenbar leer ausgehen, be­ rechtigt den Verwalter nicht zur Ausschließung derselben vom Berteilungsverzeichnis und der Bekanntmachung.

m. Verstöße gegen § 151. Anm. 9.

Wenn der Konkursverwalter eine teilnahmeberechtigte Forderung nicht in das Ver­ zeichnis einstellt oder bei der Verteilung nicht berücksichtigt, haftet er nach § 82 persönlich auf Schadensersatz [§ 82 Anm. 5]. Möglicherweise kann die Einbuße bei späteren Verteilungen ausgeglichen werden (§ 155). Ob ein Bereicherungsanspruch gegen die über Gebühr berücksichtigten Konkurrenten besteht, darüber siehe § 158 tont. 10.

Nachweis der Feststellungsbetreibung (Ausschlußfrist).

253

§ 158Konkursgläubiger, deren Forderungen nicht festgestellt sind und für deren Forderungen ein mit der Vollstreckungsklausel versehener Schuldtitel, ein End­ urteil oder ein Vollstreckungsbefehl nicht vorliegt, haben bis zum Ablaufe einer

Ausschlußfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung dem Verwalter den Nachweis zu führen, daß und für welchen Betrag die Fest­ stellungsklage erhoben oder das Verfahren in dem früher anhängigen Prozesse ausgenommen ist. Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so werden die Forderungen bei der vorzunehmenden Verteilung nicht berücksichtigt. Unveränderter § 140 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 110ff., Motive II S. 374ff., Protokolle S. 100, 178, Kommissionsbericht S. 1962 (§ 141 a).

I. Die grundsätzliche Bedeutung des § 152. Die bei der Prüfung streitig gebliebenen, nicht ir.i Sinne des § 146 VI titulierten Ansprüche Anm. i. werden von vornherein in die Verteilungsliste (§ 151) ausgenommen, wenn sie bereits bei deren Herstellung nachweislich im Feststellungsprozeffe befangen sind. Sie können aber auch noch im Wege einer Ergänzung der Liste (§ 157) zur Berücksichtigung gelangen, wenn der Betreibungsnachweis hinterher binnen einer bestimmten Aus­ schlußfrist erbracht wird. Dies ist der Sinn des § 152, der den Nachweis „bis zum Ablaufe" nicht „innerhalb" einer zweiwöchigen Ausschlußfrist verlangt (abw. Wolff Anm. 1). Ob die Forderung bevorrechtet ist oder nicht, gilt gleich. In der Behandlung der bei der Prüfung streitig gebliebenen Ansprüche besteht ein tief- Anm. 2. greifender Unterschied, je nachdem der Anspruch tituliert (d. h. in einem mit Bollstreckungs­ klausel versehenen Titel, in einem Endurteil oder in einem Bollstreckungsbefehl anerkannt) oder nicht tituliert ist. Ersternsalls obliegt dem Widersprechenden (§ 146 VI), letzternfalls dem Anmelder (§ 146 I) die Betreibung der Feststellung. Der titulierte Anspruch wird bei den Verteilungen berücksichtigt, bis der Widerspruch für begründet erklärt ist. Solange der Widersprechende also mit der Widerspruchsverfolgung säumt, wird der Anspruch trotz der Bestreitung wie ein festgestellter durch Auszahlung der auf ihn entfallenden Anteile (in den Fällen des § 168 Nr. 2—3 durch deren Zurückbehaltung) berücksichtigt. Im Falle der Ver­ folgung des Widerspruchs ändert sich lediglich die Art der Berücksichtigung, insofern fortab die auf den streitigen titulierten Anspruch entfallende Dividende zurückbehalten werden muß (§ 168 Nr. 1). Keineswegs hört nun jede Berücksichtigung aus. Das ergibt ein Gegen­ schluß aus § 152. Nicht titulierte Ansprüche aber finden, solange der Anmelder gegenüber dem Widersprechenden die Feststellung nicht betreibt, nach Satz 2 überhaupt keine Be­ rücksichtigung. Bon der nachgewiesenen Betreibung ab werden sie berücksichtigt, aber eben zunächst nur durch Zurückbehaltung der Anteile, nicht durch Auszahlung (§ 168 Nr. 1). Alle noch gar nicht geprüften Forderungen, also auch die titulierten, bleiben un­ berücksichtigt: ohne Prüfung keine Berücksichtigung. Deutlicher war in dieser Hinsicht die Fassung des Entwurfs einer Gemeinschuldordnung § 152: „Bei den Verteilungen werden außer den unstreitigen diejenigen Gemeinforderungen berücksichtigt, von welchen dem Verwalter . . . nachgewiesen ist." Eine sachliche Änderung war aber insoweit nicht gewollt, wie ein Vergleich der Motive I Bd. 2 S. 111 mit Motiven n S. 375 ergibt. Auch be­ stätigt der Grundgedanke der §§ 12, 138, 142, 149, daß der § 152 und sein Gegenschluß nur geprüften Forderungen gilt. Ebenso die herrschende Lehre (z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1, Petersen-Kleinfeller Anm. 3) gegen v. Bölderndorff n S. 433 f. n. Die Ausschlußfrist.

Der Nachweis der Feststellungsbetreibung muß vor Ablauf einer ZweiwochenfristAnm. s. geführt werden. Diese Frist ist „die" Ausschlußfrist des Berteilungsverfahrens. Sie ist,

254

§152*

Anm. 4.

Nachweis der Feststelkungsbetreibung (Ausschlußfrist).

obwohl das Gesetz dies nicht eigens bestimmt, auch in den §§ 153, 155, 157, 158, 160 ge­ meint. Die Fassung sollte daher, entsprechend z. B. dem §3 1, lauten: „bis zum Ablauf einer Frist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung (Ausschlußfrist)." Die Frist beginnt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach Ausgabe desjenigen AmtSverkündungsblattes, das die Einrückung oder die erste Einrückung der Berteilungsansage (§ 151) enthält. §761 Satz 2. Die Frist fängt also erst mit „Beginn" des dritten Tages nach jener Ausgabe zu laufen an. Dementsprechend endigt sie mit Ablauf desjenigen Tages der zweiten Woche, der dem in seiner Benennung dem Anfangstage der Frist entsprechenden Tage vorhergeht; wenn aber dieser Tag ein Sonn- oder Feiertag ist, erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags. § 222 I ZPO. mit §§ 187 II, 188 H BGB.; § 222 H ZPO. Beispiel: Ist das Blatt am 3. September 1912 ausgegeben worden, so hat die Ausschluß­ frist mit Beginn des 6. September 1912 (Freitag) zu laufen begonnen und mit Ablauf des 19. September 1912 (Donnerstag) geendigt (abw. Wolff Anm. 1). Die Ausschlußfrist ist eine gesetzliche Frist und kann als solche, da ihre Änderung

vom Gesetze nicht ausdrücklich gestattet ist, durch das Konkursgericht nicht verlängert werden (§ 224 n ZPO.). Eine Erstreckung nach § 224 I ZPO. ist ausgeschlossen, da „Parteien" im Sinne dieser Vorschrift nicht vorhanden sind (Seuffert § 51 N. 21; abw. Wolff Anm. 1). Die Gerichtsferien haben auf den Laus der Ausschlußfrist keinen Einfluß (§ 204 GBG.). Da sie nicht als Notfrist bezeichnet ist (§ 223 HI ZPO.), findet gegen ihre Versäumung keine Wiedereinsetzung statt (§ 233 I ZPO.). Ein Antrag, die Gläubiger mit bestrittenen und mit Ausfall-Forderungen gegen das Übersehen der öffentlichen Bekanntmachung durch besondere

Anzeige zu schützen, fand keine Ausnahme in das Gesetz. Kommissionsbericht S. 1962. In den Konkursen der deutschen Konsular- und Schutzgebietsgerichtsbarkeit beträgt die Ausschlußfrist einen Monat und kann (mit Ausnahmen für die Konsulargerichtsbarkeit) gerichtlich bis auf zwei Monate verlängert werden (§ 47 IV KonsGG., § 3 Satz 2 SchutzgebG.).

in. Nachweis der Betreibung. Anm. 5.

«nm. 6.

Der Nachweis ist dem Konkursverwalter, nicht dem Konkursgerichte zu führen und erübrigt sich, wenn der Verwalter selbst Parteivertreter im Feststellungsprozeß ist. Motive II S. 376, Celle v. 29. 1. 1908 OLG. 19 S. 223. Ein beim Konkursgericht ein­ gereichter Nachweis wird erst mit der Abgabe an den Verwalter wirksam. Oetker I S. 512 f.; abw. v. Bölderndorff II S. 435f. N. 10. Eine bestimmte Form des Nachweises ist nicht vor­ geschrieben. Er wird in der Regel durch Vorlegung (Zusendung) der Klageschrift oder des die Klage enthaltenden Protokolls (§§ 2531, 496II, 498II ZPO.) mit Zustellungsurkunde, im Falle des § 146 III KO. durch Vorlegung der Aufnahmeerklärung mit Zustellungsurkunde erbracht (§ 250 ZPO.). Sind mehrere Widersprüche erhoben worden, so muß die Betreibung wider alle Gegner nachgewiesen werden, weil „die Feststellung" nur durch Überwindung sämtlicher Widersprüche zu erreichen und nach Satz 1 „die" d. h. eine zur Erzwingung der Berücksichtigung geeignete Feststellungsklage nachzuweisen ist. Hullmann Anm. 5 (wo es nur statt „erfolgt" heißen muß „betrieben"), Oetker I S. 512, Seuffert § 51 N. 15, Wolff Anm. 2; abw. z. B. v. Sarwey-Bossert Anm. 4 unter Berufung auf die Vorschrift des § 168 Nr. 1, die aber selbst aus den §§ 146, 152 zu erläutern ist. Die Zurücknahme oder sonstige Erledigung eines Widerspruchs [§ 141 Anm. 8] beseitigt die Notwendigkeit der Feststellungsklage. In­ soweit genügt also der Nachweis jener Erledigung. Streitigkeiten über ordnungsmäßige Führung des Nachweises sind auf Einwendung vom Konkursgerichte zu entscheiden (§ 158). Schuldhafte Unterlassung der Aufnahme in das Verzeichnis (§ 157) macht den Verwalter persönlich haftbar [§ 82 Anm. 5]. Eigen- an­ zuzeigen braucht der Verwalter dem Gläubiger die nachträgliche Aufnahme nicht. Der Gläubiger mag selber nachsehen, ob das Verzeichnis berichtigt ist.

IV. Die Ausschlußfolge. «nm. ?.

Der Ausschluß bezieht sich auf die „vorzunehmende" (Satz 2) d. h. zunächst nur auf die jeweilige Verteilung („tatsächliche und relative Ausschließung", Motive II S. 376).

Absonderungsberechtigte Konkursgläubiger.

255

Eine erst nach Ablauf der Ausschlußfrist, wenngleich noch vor dem Vollzüge der Verteilung § 153* geprüfte Forderung muß unberücksichtigt bleiben, selbst wenn sie allseitig anerkannt wird (arg. § 157). Doch ist eine nachträgliche Ausgleichung möglich (§ 155). Vgl. auch § 170. Erst die Versäumung der Ausschlußfrist für die Schlußverteilung bewirkt einen endgültigen Ausschluß von der Konkursbeteiligung und zwar auch für etwaige Nachtragsverteilungen (arg. § 166 Satz 1 „auf Grund des Schlußverzeichnisses"). Der Ausschluß tritt als un­ mittelbare gesetzliche Wirkung der Säumnis ein. Deshalb sind die infolge des Aus­ schlusses zu höheren Dividenden gelangenden Gläubiger gegen einen Bereicherungsanspruch der Nachzügler geschützt. Motive II S. 374, 376; vgl. §§ 155 („aus der Restmasse"), 172; Fitting § 40 N. 23, Schöninger Leistungsgeschäfte (1906) S. 64; anders ausdrücklich der

§ 878 II ZPO.

§ 153. Gläubiger, von welchen abgesonderte Befriedigung beansprucht wird, haben bis zum Ablaufe der Ausschlußfrist dem Verwalter den Nachweis ihres Verzichts oder ihres Ausfalls nach Maßgabe des § zu führen. Wird der Nachweis nicht rechtzeitig geführt, so werden die Forderungen bei der vorzunehmenden Verteilung nicht berücksichtigt. Zur Berücksichtigung bei einer Abschlagsverteilung genügt es, wenn bis zum Ablaufe der Ausschlußfrist dem Verwalter der Nachweis, daß die Ver­ äußerung des zur abgesonderten Befriedigung dienenden Gegenstandes betrieben ist, geführt und der Betrag des mutmaßlichen Ausfalls glaubhaft gemacht wird. Unveränderter § 141 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 112f., Motive II S. 376, Protokolle S. 86, 100ff., 178ff.; Kommissionsbericht S. 1962 (oben § 152 Anm. 4]. Absonderungsberechtigte Konkursgläubiger im Berteilungsverfahren.

Absonderungsberechtigte Konkursgläubiger dürfen zwar ihre Forderungen voll etnanmelden und zur Feststellung bringen, bei den Verteilungen aber nur mit dem Betrage be- Icltung* rücksichtigt werden, zu dem sie auf abgesonderte Befriedigung verzichtet oder bei dieser Be­ friedigung einen Ausfall erlitten haben (§ 64). Ist die Konkursforderung eines solchen Gläubigers bestritten, so findet zunächst der § 152 Anwendung. Wenn und soweit aber hiernach eine Berücksichtigung in Frage kommt, greifen die besonderen Beschränkungen des § 153 Platz. Im Folgenden wird davon ausgegangen, daß die persönliche Forderung feststeht. Eine ent­ sprechende Anwendung des § 153 (wie der §§ 155, 156, 168 Nr. 3) ist in den §§ 234, 236 KO. sowie int § 35 II HypBankG. und int § 61 m PrivBUntG. fsiehe Anm. 7 ff.] vor­ gesehen. Siehe auch § 212 II KO.

I. Die Regelung im allgemeinen.

1. Für die Behandlung der absonderungsberechtigten KonkursgläubigerAnm. i. int Berteilungsverfahren gelten folgende Grundsätze: a) Zur Berücksichtigung bei Abschlagsverteilungen genügt schon der Nachweis des Betreibens der Pfandverwertung unter Glaubhaftmachung des mutmaßlichen Ausfalls (§ 153 H). Die Berücksichtigung des mutmaßlichen Ausfalls besteht in einstweiliger Zurückbehaltung der Anteile (§ 168 Nr. 3). Ausbezahlt werden auch bei Abschlags­ verteilungen Anteile nur auf den feststehenden Ausfall- oder Berzichtbetrag. b) Bei der Schlußverteilung dagegen wird der Gläubiger nur insoweit berücksichtigt, als er entweder auf abgesonderte Befriedigung verzichtet oder den bei dieser Befriedigung erlittenen wirklichen Ausfall nachgewiesen hat (§ 153 I). Die Berücksichtigung erfolgt durch Auszahlung der auf den Verzicht- oder Ausfallbetrag treffenden Anteile.

256

§158.

Anm. 2.

Absonderungsberechtigte Konkursgläubiger.

c) Die Voraussetzungen unter 1 und 2 müssen vor Ablauf der im § 152 bestimmten Ausschlußfrist dem Verwalter gegenüber dargetan sein. Sonst werden bei Abschlags­ verteilungen Anteile nicht zurückbehalten, für die Schlußverteilung aber früher zurück­ behaltene Anteile wieder frei (§ 156). Eine nachträgliche Berücksichtigung ist in den Grenzen des § 155 zugelassen. Andrerseits hat der Verwalter, wenn den Voraus­ setzungen des § 153 rechtzeitig genügt ist, die Forderung vorbehaltlos in die Ber­ teilungsliste einzustellen. Er muß sie entweder als beachtlich aufnehmen oder nicht auf­ nehmen. Eine bedingte Aufnahme unter Ossenlassung der Frage, ob dem § 153 ent­ sprochen ist oder nicht, würde gesetzwidrig und durch Einwendung (§§ 158, 162) zu beanstanden sein. OLG. Dresden v. 22. 6. 1906 SeuffA. 61 Nr. 215. 2. Demnach erhält der absonderungsberechtigte Konkursgläubiger überhaupt keine Deckung aus der Konkursmasse, wenn ihm die rechtzeitige Ermittelung seines Ausfalls — namentlich wegen augenblicklicher Unverwertbarkeit der Psandsache — nicht einmal soweit gelingt, daß er einen sicheren Anhalt für die Berzichterklärung findet. Das kann zu empfindlichen Härten führen, besonders für nachstehende Realgläubiger. So, wenn selbst das in § 174 ZBG. zugelassene geringste Gebot bei der Zwangsversteigerung nicht erreicht wird [§ 126 Anm. 10], wenn der Anspruch des Gläubigers bedingt und ihm darum die Pfand­ verwertung zunächst versagt ist oder wenn der Gläubiger sich für seine fällige Forderung aus dem Fahrnispsande deshalb nicht befriedigen kann, weil sich die Psandsache im Besitze eines vorgehenden Pfandgläubigers befindet (§ 1232 BGB.). Auch ist die Anwendung des § 153 auf das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht nicht unbedenklich [§ 49 Anm. 48]. Für die Liegenschaftsvollstreckung hatten einige Landesgesetze dem Gläubiger ein außer­ ordentliches Betreibungsrecht gewährt. So bayer. G. v. 23. 2. 1879 a. 169, sächs. G. v. 15. 8. 1884 § 179 II, Mecklenburg. B. v. 24. 5. 1879 § 91. Die Konkursnovelle lehnt — einem Anträge der bayerischen Regierung entgegen (Zusammenstellung der Äußerungen der Bundesregierungen S. 20 ff.) — derartige Schutzvorschristen ab. S. 101 ff., 178 ff.

Siehe schon Protokolle

II. Nachweis des Verzichts. Anm. s.

1

Verzicht auf abgesonderte Befriedigung ist Aufgabe des Absonderungsrechtes. Seine Form bestimmt sich nach den für dieses Recht maßgebenden Borschristen. Siehe § 64 Anm. 14. Besteht hiernach die Aufgabe in einer Erklärung gegenüber dem Verwalter, so fallen Verzicht

und Nachweis zusammen. Notwendig aber decken sich die Begriffe nicht. Ein besonderer Nachweis gegenüber dem Verwalter kann auch dann erforderlich werden, wenn die Aufgabe des Rechts schon vor dem Konkurs erklärt worden war. Soweit der Gläubiger auf ab­ gesonderte Befriedigung „verzichtet", „beansprucht" er sie nicht. Insofern ist der Wortlaut des Abs. I Satz 1 nicht einwandfrei.

m. Nachweis des Ausfalls. Anm. 4.

Ausfall ist der Betrag, zu dem die Forderung des Gläubigers bei der abgesonderten Befriedigung ungedeckt bleibt [§ 64 Anm. 17]. Der wirkliche Ausfall läßt sich daher erst nach dem Vollzüge der Verwertung des Absonderungsgegenstandes nachweisen. Durch den Beweis, das der Pfandwert eine gewisse Höhe nicht übersteigt, kann der Nachweis des wirklichen Ausfalls im Sinne unseres Abs. I nicht ersetzt werden (RG. v. 7. 12. 1906 Bd. 64 427). Für die Schlußverteilung bewendet es bei dem strengen Erfordernisse der Nachweisung des wirklichen Ausfalls. Wird ihm nicht vor Ablauf der für die Schluß­ verteilung maßgebenden Ausschlußfrist genügt, so bleibt der Ausfall — nicht der Verzicht für den zu erwartenden Ausfall [§ 64 Anm. 15] — endgültig unberücksichtigt (OLG- Dresden v. 12. 7. 1905 SARpfl. S. 392ff.). Dagegen soll es bei Abschlagsverteilungen unbeschadet des für die Schlußverteilung geltenden Grundsatzes des § 156 zu einer vorsorglichen, in einstweiliger Zurückbehaltung der Anteile bestehenden (§ 168 Nr. 3) Berücksichtigung nach Abs. II genügen, wenn dem Verwalter vor Ablauf der Ausschlußfrist (§ 152) die Be­ treibung der Verwertung nachgewiesen und die Höhe des zu erwartenden Ausfalls glaubhaft gemacht wird.

Absonderungsberechtigte Konkursgläubiger.

257

Daß dieBetreibung gerade vom Anmelder ausgehe, verlangt der Abs. n nicht. Sie kann § 153* auch von einem anderen Realgläubiger oder vom Verwalter selbst veranlaßt werden. Letzternfalls ginnt, s. erübrigt sich der Nachweis der Betreibung. Die Folgerung, es sei grundsätzlich eigene Betreibung des Gläubigers zu fordern, weil ein anderer die von ihm ausgehende Betreibung fallen lassen könne (v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 5), ist nicht schlüssig. Der Gläubiger kann ja auch seine eigene Betreibung wieder aufgeben. Das Gesetz verlangt nur, daß sie zur Zeit nachweislich im Gange ist. Durch eine Fristsetzung nach § 127 H wird dem Absonderungs­ berechtigten die Betreibung aufgegeben; eine Betreibung durch den Verwalter liegt aber im Anträge des § 127 II nicht (Wolff Anm. 3, Seuffert § 51 N. 33; abw. z. B. v. SarweyBossert Anm. 6). Bedarf der Absonderungsberechtigte zur Betreibung eines vollstreckbaren Titels [§ 47 Anm. 10], so bildet eine auf Erwirkung dieses Titels gerichtete Handlung noch keinen Betreibungsakt im Sinne unserer Vorschrift. Denn es steht immer noch dahin, ob der Gläubiger von seinem Titel auch Gebrauch machen wird (Seuffert S. 358f.; abw. v. Wilmowski-Kurlbaum aaO.). Unter den Begriff der „Veräußerung" fällt auch die Ein­ ziehung der Pfandforderung (§ 1282 BGB ). Da auch die Glaubhaftmachung des mutmaßlichen Ausfalls dem Verwalter, nichtAnm. 6. dem Gerichte gegenüber zu geschehen hat, kommt der § 294 ZPO. nur entsprechend zur An­ wendung. Auch wenn das Gericht auf Einwendung (§ 158 II) Streitigkeiten darüber zu schlichten hat, ob dem Erfordernisse der Glaubhaftmachung genügt war, fragt eS sich, ob diese gegenüber dem Verwalter geführt war. Doch unterliegt die entsprechende Ver­ wertung des § 294 ZPO. keinem Bedenken. Vgl. Wolff Anm. 5. IV. Anwendung auf Borrechtsgläubiger.

1. Im Konkurs einer Hypothekenbank oder einer LebensversicherungsanstaltAnm. ?. sollen auf die Geltendmachung der besonderen Vorrechte, die den Pfandbriesgläubigern oder den Versicherten zustehen [§ 61 Anm. 2 ff., 5f.J, nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift be­ stimmte Absonderungsgrundsätze, nämlich die §§ 64, 153, 155, 156, 168 Nr. 3 KO., entsprechende Anwendung finden (§ 35 II HypBankG., § 61 in PrivBUntG.). Im schroffen Gegensatze zur abgesonderten Befriedigung (§ 4 II KO.) sind nun aber die mit diesen Vorrechten behafteten Sondermassen innerhalb des Konkursverfahrens durch den Verwalter zu verwerten und zu verteilen. Eigene Berteilungsliste: § 151 Anm. 1 Note 1. Daraus ergeben sich für die entsprechende Anwendung der genannten Ab­ sonderungsgrundsätze starke Abweichungen. Bor allem haben die Borrechtsgläubiger, da auch die Verwertung der Deckungsmasse zu den Obliegenheiten des Konkursverwalters gehört, nicht wie Absonderungsberechtigte ^Anm. 2] zu besorgen, daß die Konkursbeendigung der Ausfallermittelung zuvorkommt. Eben darum hat es keinen Sinn, von den Borrechts­ gläubigern wie von den selbst verwertungsbefugten Absonderungsberecktigten zu verlangen, daß sie dem Verwalter ihren Ausfall noch besonders nachweisen (Abs. I) oder glaubhaft machen (Abs. II). Denn der Verwalter, der die Deckungsmasse im ganzen oder stückweise versilbert hat, muß selbst am besten wissen, wie hoch der Ausfall sich beläuft. Waren die Borrechtsansprüche nicht schon festgestellt, so würde zunächst nicht der § 153, sondern der § 152 maßgebend sein. Denkbar ist freilich auch, daß der Verwalter kraft der ihm zu­ stehenden Verfügungsmacht (§ 6) den Vorrechtsgläubigern die Verwertung der Deckungs­ masse überläßt, was namentlich hinsichtlich der dem Vorrecht der Pfandbriesgläubiger unterliegenden Hypotheken in Fällen einer noch zu überwindenden Grundstückskrise für alle Beteiligten vorteilhaft sein kann. Bei einer solchen Übereinkunft werden aber die Borrechtsgläubiger ganz oder zu einem von vornherein bestimmten Teilbetrag auf die Ausfallhaftung der allgemeinen Masse verzichten müssen. Die Verzichtsmöglichkeit steht den Borrechtsgläubigern wie Absonderungsberechtigten offen. Der Verzicht ist während des Konkurses gegenüber dem Verwalter mündlich oder schriftlich zu erklären. 2. Im einzelnen führt sonach die entsprechende Anwendung der Vorschriften des Berteilungs- Anm. 8. verfahrens zu folgenden Ergebnissen: a) Bei einer allgemeinen Verteilung sind die Borrechtsgläubiger zu berücksichtigen, soweit

258 §153.

Bedingte Konkursforderungen.

ste vor Ablauf der Ausschlußfrist dem Verwalter den Verzicht erklärt haben oder soweit sich vorher ergeben hat, daß sie bei gefallen sind (§ 153 I). Bei Abschlagsverteilungen genügt es der allgemeinen Masse, daß vor Ablauf der Ausschlußfrist zu bestimmender Höhe wahrscheinlich geworden ist (§ 153 II).

auf Borzugsbefriedigung dieser Befriedigung aus­ zur Berücksichtigung aus ein Ausfall in ungefähr

Anm. 9.

b) Borrechtsgläubiger, die bei einer, allgemeinen Abschlagsverteilung keine Berücksichtigung gefunden haben, weil damals ein Ausfall nicht zu vermuten war, können, wenn sich nachträglich ein Ausfall ergibt, die bisher verteilte Dividende aus dem Rest der all­ gemeinen Masse nachfordern, soweit diese ausreicht und nicht infolge Ablaufs der Ausschlußfrist für eine neue Verteilung zu verwenden ist (§ 155).

Anm. io.

c) Die Berücksichtigung des mutmaßlichen Ausfalls

erfolgt durch

einstweilige Zurück­

behaltung der Anteile (§ 168 Nr. 3). So zurückbehaltene Anteile werden aber für die allgemeine Schlußverteilung frei, soweit die Deckungsmasse sich nachträglich doch als zulänglich erweist (§ 156). Siehe zum ganzen Seusfert ZZP. 27 S. 108ff., Stern Schuldverschreibungsgläubiger (1904) S. 80 f. Fremde Rechte: § 64 Anm. 18.

§ 154. Forderungen unter aufschiebender Bedingung werden bei einer Abschlags­ verteilung zu dem Betrage berücksichtigt, welcher auf die unbedingte Forderung

fallen würde. Bei der Schlußverteilung ist die Berücksichtigung ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung eine so entfernte ist, daß die bedingte Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswert nicht hat. Ursprünglich § 142.

Der Abs. H alter Fassung lautete:

„Bei der Schlußverteilung findet ihre Berücksichtigung nur statt, sofern dem Verwalter bis zum Abläufe der Ausschlußfrist der Eintrit der Bedingung nach­ gewiesen wird, oder soweit der Gemeinschuldner zu einer Sicherheitsleistung ver­ pflichtet war." Materialien: Motivel Bd. 2 S. 120 ff., Motive II S. 376, Protokolle (5.104, 183, M. I S. 258, I>. I S. 181 ff. VI S. 766, Begründung S. 43 ff. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat aus den oben § 67 Anm. 3 dargelegten Erwägungen eine grundsätzliche Änderung des Abs. II vorgenommen.

Aufschiebend bedingte Konkursfordernngen im Berteilungsverfahren. Anm. 1.1. Ist eine bedingte Konkursforderung bestritten oder durch ein Absonderungsrecht ge­

deckt, so kommen zunächst die §§ 152, 153 zur Anwendung. Steht aber fest, daß die be­ dingte Forderung berücksichtigt werden muß, so greift im Falle aufschiebender Bedingung der § 154 Platz. Art der Feststellung: § 67 Anm. 2. Forderungen unter auflösender Bedingung werden wie unbedingte berücksichtigt (arg. § 66) und sind dementsprechend in die Berteilungsliste aufzunehmen (§ 151). Mit Eintritt der Bedingung erlischt ihr Konkurs­ teilnahmerecht. Ein Streit über den Eintritt ist nach § 158 H (§ 162 II) auszutragen. Der Verwalter trägt die Beweislast. Eine Zurückbehaltung der auf die auflösend bedingte Forde­ rung entfallenden Anteile findet unter den Voraussetzungen des § 168 Nr. 4 statt. aufschiebend bedingte Forderung wird während der Schwebe der Bedingung ver­ schieden behandelt, je nachdem eine Abschlagsverteilung oder die Schlußverteilung stattfindet

Anm. 2.II. Die

^früheres Recht: § 67 Anm. 3].

1. Bei Abschlagsverteilungen wird sie zu dem Betrage berücksichtigt, der auf die un­ bedingte Forderung entfallen würde (Abs. I). Die Berücksichtigung besteht aber, da die auffchiebend bedingte Forderung als solche nur zur Sicherung berechtigt (§ 67), nicht in

259

Nachzügler.

der Auszahlung, sondern in vorläufiger Zurückbehaltung der Anteile (§ 168 Nr. 2). Vgl. § 154. 8 120 ZBG. 2. Bei der Schlußverteilung findet in der Regel gleichfalls eine Berücksichtigung zuAnm. 3. dem Betrage statt, der auf die unbedingte Forderung entfallen würde. Die Anteile werden hinterlegt (§ 169) und bei Eintritt der Bedingung ausbezahlt. Fällt die Bedingung aus, so kann es zu einer Nachtragsverteilung kommen (§ 166). Eine Ausnahme machen aussichtslose Anwartschaften. Sie werden zwar beiAnm. 4. Abschlagsverteilungen ssiehe § 67 Anm. 2 mit Note), nicht aber bei der Schlußverteilung berücksichtigt (Abs. II). Bereits zurückbehaltene Anteile werden für die Schlußverteilung frei (88 156, 171). Ob die Anwartschaft aussichtslos ist oder nicht, entscheidet auf Ein­ wendung das Konkursgericht (8 162 n mit 8 158 II). Dabei hat nach der Fassung des Abs. II der Verwalter die Aussichtslosigkeit („wenn"), nicht der Anwärter das Gegenteil darzutun. Ergibt sich die Aussichtslosigkeit der Anwartschaft erst, nachdem noch bei der Schlußverteilung die Anteile zurückbehalten worden waren, so eröffnet sich schon damit wie beim Ausfälle der Bedingung sAnm. 3] die Möglichkeit einer Nachtragsverteilung (8 166). Vgl. 8 916 II ZPO.; siehe auch 8 1986 II BGB.

Fremde Rechte: 8 66 Anm. 5, 8 67 Anm. 10.

8 155. Gläubiger, welche bei einer Abschlagsverteilung nicht berücksichtigt worden sind, können nachträglich, sobald sie die Vorschriften der §§ [52, |53 erfüllt haben, die bisher festgesetzten Prozentsätze aus der Restmasse verlangen, soweit diese reicht und nicht infolge des Ablaufs einer Ausschlußfrist für eine neue

Verteilung zu verwenden ist. Unveränderter 8 143 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 114ff., S. 104, 183.

Motive II S. 376ff.,

Protokolle

Die Nachzügler im Berteilungsverfahren. I. Grundsatz. Konkursgläubiger, die bei einer Abschlagsverteilung unberück-Anm. i. sichtigt bleiben mußten, können zwar einen Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung gegen die berücksichtigten Gläubiger nicht erheben [§ 152 Anm. 7], wohl aber die Zuweisung ihrer Anteile, Borrechtsgläubiger unter Umständen volle Vorausbefriedigung sAnm. 6], aus der noch verfügbaren Restmasse sAnm. 4] verlangen, wenn sie rechtzeitig sAnm. 5] vor der neuen Verteilung den Erfordernissen der 88 152, 153 genügen. Ob eine oder mehrere Abschlagsverteilungen vorausgegangen sind, ob die rechtzeitige Betreibung un­ verschuldet oder verschuldet unterlassen ward, gilt gleich. Zum Verständnisse des Hinweises auf den 8 152 ist zu beachten, daß zufolge des in dieser Vorschrift enthaltenen Gegenschlusses titulierte Anmeldungen (8 146 VI) auch im Bestreitungsfall ohne weiteres zu berücksichtigen sind [8 152 Anm. 2]. Eine nachträgliche Vorwegbefriedigung nach 8 155 kann daher bei titulierten Ansprüchen durch nachträgliche Anmeldung, bei nichttitulierten durch nachträgliche Anmeldung und Feststellung erwirkt werden (viel zu eng Hellmann S. 502 f., 504 zu N. 4). Der 8 155 sagt übrigens gar nicht: „Gläubiger, welche nicht berücksichtigt worden sind, weil sie die Vorschriften der 88 152, 153 nicht erfüllt hatten." Wortlaut und Zweck des Gesetzes decken jeden Fall, in dem eine Berücksichtigung nach dem Gesetz noch nicht zulässig war. Erst recht aber muß ein Anspruch auf nachträgliche Ausgleichung einem solchen Gläubiger zustehen, der gesetzwidrig (Versehen, Rechtsunkenntnis des Verwalters) bei früherer Ver­ teilung unberücksichtigt geblieben war, sofern der Irrtum vom Verwalter oder ihm gegenüber rechtzeitig aufgedeckt wird (OLG. Dresden v. 28. 12. 1882 in Wengler's Archiv n. F. Bd. 4 S. 417, Tränkner ArchZivPrax. 70 S. 161 f.). Seuffert S. 365 spricht dem nur aus Ver­ sehen unbeachtet gebliebenen Gläubiger einen Anspruch auf Borwegberücksichtigung aus der

260

§155«

Nachzügler.

Restmasse ab, weil der Gläubiger durch Einwendung gegen das Verzeichnis seine Berück­ sichtigung habe erzwingen können. Allein das Übersehen der Bekanntmachung des § 161 ist

kein Verschulden und jedenfalls kein Grund, den zu Unrecht übergangenen Gläubiger schlechter zu stellen als einen Nachzügler. Auf den umständlichen und auch rechtlich mindestens un­ sicheren Weg der Bereicherungsklage gegen die einzelnen Zuvielempfänger [§ 158 Anm. 10] darf man ihn nicht verweisen. Wird der Irrtum des Verwalters rechtzeitig aufgedeckt, so ist die nachträgliche Borwegberücksichtigung seine Amtspflicht, während sie im unmittelbaren Anwendungsbereiche des § 155 nur auf Verlangen erfolgt sAnm. 3].

Anm. 2. n. Vorbedingungen. Die Nachtragsberücksichtigung muß, auch wenn sie nicht im Anschluß an eine neue Abschlagsverteilung oder an die Schlußverteilung, sondern (was statthaft) selbständig voll­ zogen wird, nach Maßgabe des § 151 vorbereitet und angekündigt und von einem etwaigen Gläubigerausschusse nach § 150 genehmigt werden. Nur so wird den Nachzüglern selbst und anderen Gläubigern das auch hier nicht zu entbehrende Einwendungsverfahren (§§ 158, 162) offen gehalten und die gleichmäßige Befriedigung aller rechtzeitig sAnm. 5] aufgetretenen Nachzügler gesichert. Vgl. RG. v. 26. 10. 1889 Bolze 8 Nr. 1050, Kohler Lehrbuch § 95, Seuffert S. 366 f., Fitting § 40 N. 22; a b w. eine verbreitete Lehre, die den § 151 entweder mit den Motiven II S. 378 *) nur nach Ermessen des Verwalters (so z. B. v. Sarwey-Bossert Anm. 2) oder überhaupt nicht für anwendbar hält (so Wolff Anm. 3). Im Interesse der Kostenersparung und Geschäftsvereinsachung empfiehlt es sich allerdings, die Nachzahlung bis zur folgenden Verteilung aufzuschieben. Anm. 3.

Durch die Worte „können v e r l a n g e n" soll — nach den Motiven II S. 378 — zum Ausdrucke kommen, daß der Konkursverwalter die Nachzahlung nicht von Amts wegen zu leisten hat. Die nachträgliche Anmeldung sAnm. 1] ersetzt das besondere Verlangen der Borwegberücksichtigung nicht. Durch Klage können die Gläubiger hier sowenig als sonst [§ 149 Anm. 5, § 159 Anm. 5] die Vornahme der Verteilung erzwingen (RG. v. 27. 2. 1890 Gruchots Beitr. 34 S. 1201; OLG. Karlsruhe v. 12. 6. 1894 SeuffA. 51 Nr. 84), auch nicht, wenn sich der Verwalter anschickt, unter Nichtachtung der Nachzügler eine neue Verteilung vorzunehmen (abw. Oetker I S. 516). Gegen pflichtwidrige Weigerung bieten die §§ 83, 84 und das Einwendungsversahren (§§ 158, 162) Schutz. Auch macht sich der Verwalter nach § 82 persönlich haftbar (zust. LG. Dresden v. 23. 6. 1910 LZ. S. 714).

Anm. 4.HI. Schranken.

Das Recht auf Nachzahlung unterliegt einer doppelten Beschränkung:

1. Es gilt nur für die noch ausreichende „Restmasse". Restmasse ist die Teilungs­ masse, soweit sie nicht bereits durch vorausgegangene Verteilungen erschöpft ist. Zu ihr gehören schon früher flüssig gemachte, unverteilt gebliebene Werte, aber auch solche, die in­ zwischen für die Masse frei geworden oder an diese zurückgefallen (§§ 156, 166; Motive II S. 378) oder durch neuerliche Versilberung flüssig gemacht worden sind. Die zur Deckung bekannter Massegläubiger erforderlichen Mittel sind für die Nachzügler nicht verfügbar. Maßgebend ist der Restmaffestand zur Zeit der nachträglichen Berücksichtigung, nicht zur Zeit ihres Begehrens. Konkurrenz der Nachzügler untereinander: Anm. 6. Anm. 5,

2. Es gilt nur, wenn das Gesuch samt den erforderlichen Nachweisen rechtzeitig d. h. vor Ablauf der für die nächste Abschlagsverteilung oder äußersten Falles für die Schluß­ verteilung maßgebenden Ausschlußfrist (§ 152) beim Verwalter gestellt wird. Wer von der Schlußverteilung ausgeschlossen ist, bleibt auch bei einer etwaigen Nachtragsverteilung un­ berücksichtigt, weil diese „auf Grund des Schlußverzeichniffes" erfolgt (§ 166 I). Siehe auch § 138 Anm. 4, § 152 Anm. 7.

1) Die Stelle der Motive lautet: „Ob dem Antrag ohne weiteres stattzugeben oder eine neue Verteilung abzuwarten ist, hängt von den Umständen ab. Wenn die augenblicklich dis­ ponible Masse für eine neue allgemeine Verteilung nicht ausreichen und eine solche nicht südlich abzuwarten sein sollte, zugleich aber die Besorgnis vorliegt, auf die Restmaffe nicht präkludrerte Massegläubiger (§ 172) ourch Zuweisung der nachträglichen Dividenden zu verkürzen, so wird es nicht unzulässig sein, derselben nach Analogie des § 151 eine Bekanntmachung vorher­ gehen zu lassen, um Regresse und Kondiktionen seitens dieser Gläubiger zu vermeiden."

Freiwerdende Reserven.

261

IV. Vollzug. Die nachträgliche Ausgleichung wird dadurch bewirkt, daß den Nachzüglern alle § 155. bisher verteilten Dividenden aus der verfügbaren Restmasse sAnm. 4] vorweg nach «nm. e. Maßgabe ihres Ranges (§ 61) nachbezahlt oder in Fällen des § 168 reserviert werden. Waren beispielsweise zwei Abschlagsverteilungen vorausgegangen, in denen 15 und 10 Prozent auf ein­ fache Konkursforderungen zur Berteilung gelangten, so erhält der nichtbevorrechtigte Nachzügler nun aus der für einfache Konkursforderungen verfügbaren Masse vorweg 25 Prozent; am Reste nimmt er neben den anderen einfachen Konkursgläubigern Teil. Konkurrieren mehrere Nachzügler gleichen Ranges, so beschränken sie einander verhältnismäßig, wenn die Restmasse zur vollständigen Nachzahlung der früher verteilten Dividenden nicht ausreicht.

V. Entsprechende Anwendung des § 155 auf Borrechtsgläubiger: § 153 Anm. 9.

Zusatz. Fremde Rechte. Die Mehrzahl der ausländischen Konkursgesetze geht, wie das Anm. 7. deutsche Gesetz, von dem Grundsätze aus, daß alle früher verteilten Dividenden nach Maßgabe der vorhandenen Masse an die Nachzügler nachgezahlt werden. So z. B. Frankreich (a. 503 Lyon-Caen et Renault VH Nr. 549), England s. 61, Ungarn § 195, Schweiz a. 251, „Holland a. 191; mit Beschränkung auf die ohne Teilungsplan vorgenommenen Verteilungen auch Österreich (§ 186 IV, Pollak S. 377) und unter der Voraussetzung des Nachweises der Unmöglichkeit rechtÄ Geltendmachung Belgien (a. 508) und Italien (a. 814). Bgl. Motive II S. 376, Kohler ch S. 330 f.

§ 15«. Die Anteile, mit welchen Gläubiger bei Abschlagszahlungen nach Maß­ gabe des § (53 Abf. 2 oder des § (5H Abs. ( berücksichtigt worden sind, werden für die Schlußverteilung frei, wenn bei dieser die Voraussetzungen des § (53 Abs. ( nicht erfüllt sind oder nach Maßgabe des § (5H Abs. 2 die Berücksichtigung der bedingten Forderung ausgeschlossen ist. Der frühere § 144 lautete: Die Anteile, mit welchen Gläubiger nach Maßgabe des § 141 Abs. 2 oder des § 142 Abs. 1 bei Abschlagsverteilungen berücksichtigt worden sind, werden für die Schlußverteilung frei, wenn bei dieser die Voraussetzungen des § 141 Abs. 1 oder des § 142 Abs. 2 nicht erfüllt sind. Die Änderung (Novelle vom 17. Mai 1898) hängt mit der Neufassung des § 154 II zusammen. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 120, Motive II S. 378, Protokolle S. 100 ff., 183, Begründung S. 44. Freiwerden von Anteilen für die Schlußverteilung. Für die Schlußverteilung (§ 161) werden frei d. h. zugunsten anderer Ansprüche verfügbar Anm. i. solche Anteile, die bei Abschlagsverteilungen vorläufig auf eine durch ein Absonderungsrecht (§§ 153 n, 168 Nr. 3) oder besonderes Vorrecht [§ 153 Anm. 10] gedeckte oder auf eine aufschiebend be­

dingte Konkursforderung (§§ 1541,168 Nr. 2) zurückbehalten worden waren, wenn der Deckungs­ berechtigte nicht rechtzeitig den wirklichen Ausfall oder Verzicht nachweist (§§ 153 I, 152) oder wenn die Anwartschaft des bedingt Berechtigten ganz aussichtslos erscheint (§ 154 II). Siehe § 153 Anm. 1, § 154 Anm. 4. Zweifel darüber, ob zurückbehaltene Anteile wirklich für die Schlußverteilung freigeworden sind, können noch bei der Schlußverteilung zu fernerer Zurück­ behaltung Anlaß bieten [§ 168 Anm. 8]. Das Freiwerden kommt nicht nur Konkursgläubigern, sondern auch Massegläubigern zugute (§ 172). Daß die Verfasser der Novelle von 1898 anstelle des bisherigen Wortlauts „Abschlags- «nm. 2. Verteilungen" den dem Gesetz fremden und mit Rücksicht auf den § 168 (Nr. 2, 3) unpassenden Ausdruck „Abschlagszahlungen" gesetzt haben, beruht auf bloßer Flüchtigkeit. Gemeint sind, wie die angezogenen Vorschriften (§§ 153 II, 154 I) ergeben, die Abschlagsverteilungen.

Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl.

Bd. II.

17

262

Aenderung der Verteilungsliste.

§157.

8 157. Binnen drei Tagen nach dem Ablaufe der Ausschlußfrist hat der Ver­ walter die auf Grund der vorstehenden Bestimmungen erforderlichen Änderungen des Verzeichnisses zu bewirken. Unveränderter § 145 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 118, Motive II S. 378f., Protokolle S. 105 f., 183. Berichtigung der Berteilnngsliste.

Anm. i.

„Auf Grund der vorstehenden Bestimmungen": die Nachträge auf Grund der §§ 152—156 und nur sie sind in der Berichtigungsspalte der Berteilungsliste (§ 151) vom Ver­ walter zu vermerken; sonstige Änderungen — abgesehen etwa noch von der Berichtigung offenbarer

Irrtümer (Motive H S. 379) — würden dem Zwecke des § 151 zuwiderlaufen und sind daher dem Verwalter verwehrt. Auch Vermerke darüber, daß die Art der Berücksichtigung sich ge­ ändert hat, sind nicht einzutragen, 'da die Liste diese Frage offen läßt [§ 151 Anm. 2]. Enthält sie also z. B. eine aufschiebend bedingte Forderung [§ 151 Anm. 6], so gehört die Tatsache des Eintritts der Bedingung nicht zu den Berichtigungen des § 157. Wenn aber eine aufschiebende Bedingung ausfällt oder eine auflösende eintritt, und darum die in das Verzeichnis auf­ genommene Forderung fernerhin überhaupt unberücksichtigt bleiben muß, wird sie der Verwalter arg. §§ 154, 157 zu streichen haben. Der Fall, daß der Verwalter einen Titel oder eine Fest­ stellung versehentlich unbeachtet gelassen hat [§ 155 Anm. 1], gehört arg. § 155 hierher (abw. Boß LZ. 1909 S. 459 f.). Anm. 2. „Binnen drei Tagen nach dem Ablaufe der Ausschlußfrist" (§ 152): nachher ist dem Verwalter jede Änderung verboten. Der Zeitraum ist so kurz bemessen, damit auch gegen daabgeänderte Verzeichnis noch rechtzeitig Einwendungen erhoben werden können. Spätere Listen­ änderungen durch den Verwalter sind gesetzwidrig (abw. Hellmann S. 494 f.) und können — ab­ gesehen von den §§ 82, 84 — durch Einwendungen der Beteiligten angefochten (§§ 158, 162), nicht aber von Amts wegen durch das Konkursgericht berichtigt werden (vgl. Seuffert § 51 N. 22). Der Gerichtsschreiber hat gar nicht die Befugnis, also auch nicht die Amtspflicht, spätere Ände­

rungen des Verwalters zu verhindern (abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 8, Fitting § 40 N. 24). Mit Erledigung des Einwendungsverfahrens (§§ 158, 162) wird das Verzeichnis endgültig maßgebend. Anm. 3. Die abgeänderte Berteilungsliste ist nach § 151 auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen (Motive aaO.). Eine besondere Anzeige der Änderung an die Be­ teiligten oder eine öffentliche Bekanntmachung erübrigt sich damit.

§ 158. Bei einer Abschlagsverteilung sind Einwendungen gegen das Verzeichnis bis zum Ablaufe einer Woche nach dem Ende der Ausschlußfrist bei dem Aonkurs-

gerichte zu erheben. Das Gericht entscheidet über die Einwendungen. Die Entscheidung, durch welche eine Berichtigung des Verzeichnisses angeordnet wird, ist auf der Gerichts­ schreiberei niederzulegen. Die Beschwerdefrist beginnt mit dem Tage, an welchem die Niederlegung der Entscheidung erfolgt ist. Unveränderter § 146 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 118, Motive II S. 379f., Protokolle S. 105f., 183.

Einwendungen gegen die Abschlagsverteilungsliste.

263

Die §§ 158—160 gelten ausschließlich für Abschlagsverteilungen, die §§ 161,§158* 162 für die Schlußverteilung. Der § 158 betrifft Einwendungen gegen eine Abschlags- Emverteilungsliste, gegen die ursprüngliche (§ 151) wie gegen die abgeänderte (§ 157). DieseIcitund* Einwendungen sind an eine Präklusivfrist gebunden fAnm. 3], während Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis im Schlußtermine vorgebracht werden müssen (§ 162 I). Die Entscheidung erfolgt in beiden Fällen nach denselben Vorschriften (§§ 158 II, 162 II).

Einwendungsverfahren vor Abschlagsverteilungen. I. Grundsatz.

Über den Widerspruch eines Konkursgläubigers gegen die Ber-Anm. i.

teilungsliste wird nicht im Wege eines förmlichen Prozesses, sondern — zum Zwecke rascherer Erledigung — auf kurzfristige Einwendung vom Konkurs­ gericht als solchem entschieden. Ob der Widerspruch sich gegen die Nichtberück­ sichtigung des Einwendenden oder gegen die Berücksichtigung eines Konkurrenten richtet, gilt gleich. Jede Bemängelung der Liste selbst, besonders die Behauptung, es sei unter Verstoß gegen die §§ 152—155 eine Forderung in die Liste eingestellt oder nicht eingestellt oder mit unrichtigem Betrag oder Vorrecht oder ohne das ihr gebührende Vorrecht an­ gesetzt, muß daher im Verfahren des § 158 ausgetragen werden. Eine Klage ist in­ soweit unzulässig, eine Schranke, die freilich keine Unzulässigkeit des Rechtswegs im Sinne des § 274 II Nr. 2 ZPO. bedeutet. Vgl. Motive II S. 379, RG. v. 27. 2. 1890 Gruchots Beitr. 34 S. 1201; Beispiele: Ebert Amtsgerichtl. Dezernat9 S. 315 f., Lubowski Konkursverfahren (1911) S. 46 f. II. Einwendungsberechtigt ist nur, wer an dem Inhalte dieser Berteilungsliste ein (vermögens- Anm. 2. rechtliches) Interesse hat, wer also ein Konkursgläubigerrecht für sich in An­ spruch nimmt, mag auch seine Anmeldung bestritten worden sein. Anmeldung ist unerläß­ lich, Prüfung dagegen nicht (abw. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2). Es leuchtet ein, daß ein Konkursgläubiger, auch wenn er selber seine Berücksichtigung bei der bevorstehenden Verteilung nicht zu erzielen vermag, an der Streichung nicht zu berücksichtigender Passiven ein lebhaftes Interesse haben kann. Nicht einwendungsberechtigt ist dagegen ein Masse­ gläubiger, da dessen Befriedigung unabhängig von der Berteilungsliste erfolgt (§ 172); nicht der Gemeinschuldner, da er hinsichtlich der Konkursmasse vom Verwalter vertreten wird. Das Interesse an der Ausscheidung des angeblich mit Unrecht Berücksichtigten fehlt dem Be­ vorrechtigten gegenüber einem einfachen (§ 61 Nr. 6), dem einfachen gegenüber einem minderberechtigten (§§ 226 II, 236) Konkursgläubiger, weil in diesen Fällen keine Konkurrenz droht. Gegenüber der Einwendung hat der Verwalter die Richtigkeit des Verzeichnisses zu verfechten und zwar als Zwangsvertreter des Massesubjekts, zugleich aber im gemeinschaft­ lichen Interesse der Konkursgläubigerschaft. Alle Einzelgläubiger, die durch die einwendungsweise begehrte Listenänderung benachteiligt würden, beim Antrag auf Einstellung einer bisher nicht berücksichtigten Forderung also sämtliche Konkursgläubiger, sind am Ausgange des Ein­ wendungsverfahrens beteiligt. Damit ist aber nicht gesagt, daß sie alle zugezogen werden

müßten ^Anm. 5 f.]. III. Die Einwendungsfrist ist gleich der Ausschlußfrist des § 152 eine gesetzlicheAnm. 3. Präklusivfrist (§§ 224 II, 230, 231 ZPO.), keine Notfrist (8 223 HI ZPO.). Siehe § 152 Anm. 4. Die Einwendungsfrist beträgt eine Woche, fängt mit dem Beginne des auf den Ablauf der Ausschlußfrist folgenden Tages zu laufen an und endet mit Ablauf desjenigen Tages der zweiten Woche, der dem durch seine Benennung dem Anfangstage der Einwendungs­ frist entsprechenden Tage vorhergeht (§ 222 I ZPO. mit §§ 187 II, 188 II BGB.). Ist der so ermittelte Endtag ein Sonntag oder allgemeiner Feiertag, so läuft die Einwendungsfrist erst mit dem darauf folgenden Werktag ab (§ 222 II ZPO.). Die Erhebung einer Ein­ wendung vor Beginn der eigentlichen Einwendungsfrist erklärt das Gesetz nicht für unstatt­ haft. Auch besteht dazu kein innerer Grund. Die Einwendung muß daher selbst dann für zulässig erachtet werden, wenn eine die Ausschlußfrist in Lauf setzende Berteilungsankündigung gar nicht erfolgt ist. Mit dem Ablaufe der Einwendungsfrist ist die Bemängelung der Liste endgültig ausgeschlossen.

264

Einwendungen gegen die Abschlagsverteilungsliste.

§ 158tIV- Inhalt der Einwendung kann nur eine Beanstandung der Verteilungsliste «nm. 4. sein. Die Einwendung muß „gegen das Verzeichnis" ursprünglicher (§ 151) oder berichtigter (§ 157) Fassung erhoben werden. Dahin gehört die Behauptung, daß der Verwalter die Forderung des Einwendenden unter Verletzung der §§ 152—155 nicht oder nicht zum ge­ bührenden Betrag oder Range (§§ 61, 226, 236) berücksichtigt, daß er unter Verletzung dieser Vorschriften die Forderung eines Konkurrenten ausgenommen oder mit einem ihr nicht zu­ kommenden Betrag oder Range eingestellt habe. Auch die Rüge, daß der Verwalter die ihm obliegende Listenberichtigung (§ 157) gesetzwidrig unterlassen habe, fällt unter den § 158. So z. B. dann, wenn ein Gläubiger mit Unrecht bei einer früheren Verteilung übergangen war und darum nach § 155 eine Nachdividende zu beanspruchen hat (vgl. RG. v. 27. 2. 1890 aaO.). Dagegen kann im Wege der Einwendung nicht geltend gemacht werden, daß die zur Berücksichtigung erforderlichen Nachweise nach Ablauf der Ausschlußfrist erbracht worden feien; sonst wäre die Einwendungsfrist in Wahrheit eine Verlängerung der Ausschlußfrist. Noch weniger läßt sich auf diesem Wege die Wirksamkeit einer Feststellung beanstanden. Daß eine festgestellte Forderung inzwischen (z. B. durch Zahlung eines Bürgen) getilgt worden sei, kann nicht von einem Gläubiger nach § 158 KO., sondern nur vom Verwalter nach § 767 ZPO. geltend gemacht werden. RG. v. 24. 2.1888 Bd. 21 336. Siehe oben § 145 Anm. 6, 10 ff. Ob für die Forderung zugleich ein Absonderungsrecht beansprucht wird oder nicht, macht in dieser Hinsicht keinen Unterschied. Der Beschluß des OLG. Dresden v. 22. 6. 1906 SeuffA. 61 Nr. 215 sagt keineswegs das Gegenteil. Er erkennt lediglich und durchaus zu­ treffend an, daß eine unter Umgehung der dem Verwalter nach § 153 obliegenden Prüfung erfolgende Aufnahme unter Vorbehalt wie eine Nichtaufnahme in das Verzeichnis im Ein­ wendungsverfahren zu rügen ssiehe § 153 Anm. 1], nicht aber, daß in diesem Verfahren über Grund und Betrag der Forderung zu erkennen sei (abw. Landau LZ. 1911 S. 118 ff., 837 ff.). Gegen die Vornahme der Verteilung selbst steht den Konkursgläubigern ein Einwendungsrecht nicht zu (vgl. übrigens § 160). «nm. 5. V. Das Verfahren unterliegt, da es sich vor dem Konkursgericht als solchem abspielt, den Be­ sonderheiten der §§ 73—75 (ergänzt durch unsern Abs. II). Dementsprechend kann die Ein­ wendung, die schriftlich beim Konkursgericht einzureichen oder zu Protokoll des Gerichts­ schreibers zu erklären ist [§ 72 Anm. 3], ohne mündliche Verhandlung beschieden werden (§ 73 I). Eine — schriftliche oder mündliche — Anhörung der Beteiligten und die Sach­ klärung durch Ermittelungen von Amts wegen ist dem pflichtmäßigen Ermessen des Konkurs­ gerichts anheimgestellt (§ 75). Das Gericht wird, ehe es die begehrte Streichung eines andern Gläubigers verfügt, diesen in aller Regel hören. Daß es aber sämtliche Interessenten, beim Antrag auf Einstellung einer Forderung in die Liste, somit alle Gläubiger auch nur regel­ mäßig zu hören hätte, davon kann keine Rede sein. In der Praxis pflegt das auch nicht zu geschehen. Die Entscheidung ergeht als förmlicher Beschluß. Bei ihrem Erlaß ist das Gericht an die Begründung des Einwendenden nicht gebunden. Eine besondere Gebühr wird für die Beschlußfassung nicht erhoben [§ 58 Anm. 3]. Anm. 6. 1. Der Abweisungsbeschluß wird dem Einwendenden, dem Verwalter sowie den etwa beteiligten Einzelgläubigern sAnm. 2] von Amts wegen zugestellt und unterliegt der so­ fortigen Beschwerde (§ 73 II, III). Die Notfrist beginnt mit der Zustellung (§ 577 n ZPO.). Beschwerdeberechtigt ist nur der Abgewiesene (abw. Wolff Anm. 3: auch ein bis­ her am Streite nicht beteiligter Konkursgläubiger). «nm. ?. 2. Nach der Regel des §7311 wäre auch der die begehrte Änderung der Berteilungs­

liste anordnende Beschluß sämtlichen'Interessenten, also im Falle der Neuaufnahme des Einwendenden in die Liste der Gesamtheit aller gleich- oder nachstehenden Gläubiger zuzustellen. Zur Vereinfachung des Verfahrens und zur Gewinnung einer einheitlich laufenden Beschwerdefrist bestimmt nun aber der Abs. II: diese Zustellung wird ersetzt durch Niederlegung des die Berichtigung anordnenden Beschlusses auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts; mit der Niederlegung beginnt die Be­ schwerdefrist. Eine Zustellung (§ 73 II) neben der Niederlegung findet sonach nicht statt. Kohler Lehrbuch S. 577, Oetker I S. 410, Seuffert S. 355, Fitttng

Einwendungen gegen die Abschlagsverteilungsliste.

265

S. 393, Petersen - Kleinfeller Anm. 4; abw. v. Sarwey - Bossert Anm. 7, Wolff § 158* Anm. 3, v. Wilmowski-Kurlbaum 4. Die Gegenansicht läßt sich im Hauptfalle des An­ trags auf Einstellung einer Forderung in die Liste, da hieran alle übrigen Gläubiger be­ teiligt sind, kaum durchführen und nur mit Hilfe der Ersatzbekanntmachung des § 76 HI retten. In der Praxis hat sie keinen Boden gewonnen. Auch Billigkeitsgründe recht­ fertigen sie nicht, da der Antragsteller und ein doch vor der etwa begehrten Streichung zu hörender Konkurrent sAnm. 5] sich erkundigen werden, wie sie Kenntnis vom Aus­ gange des Verfahrens erhalten. Eine Bekanntmachung der Niederlegung ist nicht vorgeschrieben, aber auch nicht verboten und unter Umständen recht zweckmäßig (vgl. Kohler aaO. N. 1). Daß die Niederlegung unmittelbar nach der Beschlußfassung zu erfolgen hat, muß als selbstverständlich gelten. Beschwerdeberechtigt ist vor allem der Konkurs­ verwalter selbst, da er doch die Liste entworfen und zu vertreten hat, deren Abänderung nun angeordnet wird, keineswegs bloß der einzelne benachteiligte Gläubiger. Zust. OLG. Dresden aaO., Fitting § 41 N. 6, Endemann S. 558, Kohler S. 577; abw. Oetker aaO., Seuffert S. 356. 3. Wird der Einwendung teilweise entsprochen (z. B. eine Forderung neu eingestellt, aber Anm. 8. nicht mit dem begehrten Betrag oder Rang), so muß Zustellung an die Beteiligten und Niederlegung auf der Gerichtsschreiberei erfolgen, weil der Beschluß zugleich abweist und stattgibt (Seuffert aaO. gegen Oetker aaO.). Die Notfrist zur Beschwerde wegen Abweisung beginnt daher mit der Zustellung an den Einwendenden, diejenige zur Beschwerde wegen Berichtigung mit der Niederlegung des Beschlusses. 4. Entsprechend gestaltet sich das Verfahren vor dem Beschwerdegericht: der die Ein-Anm. 9. Wendung abweisende Beschluß wird zugestellt, der die Berichtigung anordnende Beschluß wird niedergelegt und zwar — da er zur berichtigten Liste gehört — auf der Gerichts­ schreiberei des Konkursgerichts, nicht des Beschwerdegerichts. Oetker I S. 412, Seuffert S. 356. Dementsprechend beginnt die Frist für eine weitere Beschwerde [§ 73 Anm. 9] im ersten Falle mit der Zustellung, im zweiten mit der Niederlegung. VI. Sobald die Einwendungsfrist ungenutzt abgelaufen ist oder die erhobenen EinwendungenAnm.io. durch Zurücknahme oder rechtskräftige Entscheidung (§ 705 mit § 577 II ZPO.) erledigt sind, steht der Kreis der teilnahmeberechtigten Konkursgläubiger und der zu berück­ sichtigende Betrag jeder einzelnen Forderung für die bevorstehende Verteilung endgültig fest. Motive H S. 379. Zwar braucht arg. § 572 ZPO. (§ 72 KO.) die Abschlagsverteilung nicht bis zur Rechtskraft der Entscheidungen hinausgeschoben zu werden, falls dies nicht nach § 572 II oder III ZPO. angeordnet wird (vgl. Protokolle S. 105 f.). Allein der Prozentsatz (§ 159) einer solchen vor Eintritt der Rechtskraft stattfindenden Ver­ teilung muß so bemessen werden, daß auch für den Fall einer Berichtigung der Liste Mittel verfügbar bleiben. Sonst setzt der Verwalter sich selbst einer Verantwortung nach § 82 und die zuvielempfangenden Gläubiger einem Bereicherungsanspruch aus, es sei denn, daß bei späteren Verteilungen der Verlust des übergangenen Gläubigers vollständig ausgeglichen wird [§ 155 Anm. 1]. Durch das Abwarten der Rechtskraft werden Rückgriffe vermieden, und gerade darin liegt der Vorteil des Präklusivverfahrens fsiehe § 161 Anm. 6]. Ob ein im Einwendungsverfahren nicht aufgedeckter Irrtum der Verteilung (z. B. die versehent­ liche Nichtaufnahme einer fest gestellten Forderung in die Verteilungsliste oder die ver­ sehentliche Streichung einer solchen Forderung aus der Liste) auch dann einen Bereicherungs­ anspruch des irrtümlich übergangenen Gläubigers gegen die Zuvielempfänger begründet, wenn die Verteilung auf Grund des endgültig festgestellten Verzeichnisses vollzogen wird, ist streitigSo empfindlich die Rechtssicherheit durch eine unbeschränkte Zulassung der Bereicherungsklage berührt würde, so hart wäre deren allgemeine Verneinung. Es entspricht aber dem Zwecke der gesetzlichen Präklusionsvorschriften, daß sie eine endgültige Rechtslage schaffen fsiehe § 57 Anm 7]. Darum wird der Bereicherungsanspruch jedem zu versagen sein, der die rechtliche Möglichkeit hatte, im Einwendungsverfahren seine Berücksichtigung zu erwirken. So nicht nur dem Gläubiger einer gar nicht oder zu spät angemeldeten [§ 152 Anm. 7], sondern auch dem Gläubiger einer festgestellten, aber irrtümlich nicht in die Liste aufgenommenen Forderung.

266

§159,

Prozentsatz bei Abschlagsverteilungen.

Denn das Verzeichnis wird offengelegt (§ 151), damit es jeder Beteiligte nachprüfen kann; die Einwendungen aber werden zeitlich begrenzt (§§ 158, 162), um das Verteilungsergebnis sicher zu stellen. Wer dagegen in der Liste eingetragen war, aber gleichwohl unberücksichtigt geblieben ist und wer erst zu einer Zeit aus der Liste gestrichen wurde, in der Einsichtnahme und Einwendung ausgeschlossen waren, den treffen die gesetzlichen Ausschlußvorschriften ihrem Zwecke nach nicht. Ihm muß daher die Möglichkeit gewahrt sein, den auf seine Kosten an die übrigen Gläubiger verteilten und nicht aus einer etwaigen Restmasse (§ 155) nach­ zahlbaren Betrag im Wege der Bereicherungsklage gegen die Zuvielempfänger zu verfolgen. Die herrschende Lehre bejaht grundsätzlich den Bereicherungsanspruch. Vgl. Motive H S. 247, 376; RG. v. 13. 3. 1889 Bd. 23 61, v. 27. 2. 1890 Gruchots Beitr. 34 S. 1201; LG. Offenburg v. 30. 3.1906 BadRpr. 1908 S. 144; Kohler S. 578 f., Seuffert S. 375 f., Fitting S. 126 f., Jung Bereicherungsansprüche (1902) S. 151 f., v. Mayr Bereicherungsanspruch (1903) S. 198, 436, Schöninger Leistungsgeschäfte (1906) S. 64; grundsätzlich verneinend RG. v. 22. 10. 1885 SeuffA. 41 Nr. 272, Stuttgart v. 7. 4. 1905 OLG. 11 S. 366 ff. Möglicher­ weise ist der Verwalter selbst in der Lage, seine Auszahlung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung anzufechten (§§ 119, 123, 142 BGB.) und sie daraufhin für Rechnung der Masse zurückzufordern (§ 812 BGB ). Der Annahme aber, daß der Verwalter die Be­ reicherungsansprüche der Gläubiger auszuüben ermächtigt sei, fehlt jeder gesetzliche Anhalt. Unterschlägt der Konkursverwalter die einem Gläubiger gebührenden Anteile, so ist der Gläubiger auf den Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter beschränkt (AG. u. LG. Karls­ ruhe v. 27. 7. u. 16. 8. 1910 BadRpr. 1911 S. lös.). Nichtausnahme einer angemeldeten Forderung in die Tabelle: § 140 Anm. 2.

§ 159. Für eine Abschlagsverteilung bestimmt der Verwalter und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, dieser auf Antrag des Verwalters den zu zahlenden Prozentsatz.

Der Verwalter hat den Prozentsatz den berücksichtigten Gläubigern mit­ zuteilen. Unveränderter § 147 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 113 f., Motive II S. 379f., Protokolle S. 106, 183.

Prozentsatz bei Abschlagsverteilungen.

I. Bestimmung. «nm. 1.

«nm. 2.

Der Prozentsatz für eine Abschlagsverteilung sSchlußverteilung: § 162 Anm. 8] muß im voraus bestimmt werden. Wann diese Bestimmung zu geschehen hat, sagt uns das Gesetz nicht. Zweckmäßig ist es, wenigstens den Ablauf der Einwendungs­ frist abzuwarten, damit eine etwaige Änderung der Verteilungsliste in Rücksicht gezogen

werden kann [§ 158 Anm. 10]. Die Bestimmung erfolgt durch den Konkursverwalter und, wenn ein Gläubiger­ ausschuß bestellt ist, durch diesen auf Antrag des Verwalters. „Antrag" bedeutet hier gut­ achtlichen, nicht bindenden Vorschlag des Verwalters. Denn die „Bestimmung" des aus­ zuwerfenden Prozentsatzes selbst weist das Gesetz dem Ausschüsse zu. Die Annahme, daß der Ausschuß keinen höheren (so z. B. Petersen-Kleinfeller Anm. 6, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1, Oetker I S. 413) oder weder einen höheren noch einen niedrigeren (Seuffert S. 359) als den vom Verwalter gebilligten Prozentsatz bestimmen dürfe, steht mit der klaren Fassung des Gesetzes im Widerspruch. Fitting § 41 N. 10, v. Sarwey-Boffert Anm. 2, Wolff Anm. 2, Kohler Lehrbuch S. 401. Zweifellos freilich machen sich die Ausschußmitglieder — nicht minder als der Verwalter (§ 82) — durch pflichtwidrige Ausmessung des Prozentsatzes den Beteiligten verantwortlich (§ 89, namentlich für Zinsentgang).

Prozentsatz bei Abschlagsverteilungen.

267

Die Bestimmung der Höhe des Prozentsatzes bildet eine Frage der Zweckmäßigkeit und § 159. bleibt darum gerichtlicher Beeinflussung grundsätzlich entzogen [§ 83 Anm. 1]. Jedenfalls ist Anm. 3. eine Einwendung nach Analogie des § 158 ausgeschlossen (Oetker I S. 414, Seusfert S. 359; abw. v. Böldendorff Anm. c). Doch besteht — für den Verwalter wie für den Ausschußdie Schranke, daß nicht mehr als der nach § 151 bekannt gemachte Barbestand verteilt werden darf (denn nur auf diesen beziehen sich Ausschluß- und Einwendungsfrist mit ihren Präklusionen: §§ 152, 153, 158) und daß dieser Bestand auf alle Gläubiger gleichen Ranges gleichmäßig zu verteilen ist. Unterdessen flüssig gewordene Beträge müssen einer späteren Verteilung Vorbehalten werden. Andrerseits kann der verfügbare Massebestand seit der Be­ kanntmachung des § 151 eine Minderung erlitten haben, namentlich durch unvorher­ gesehene Verwaltungsausgaben, durch nachträglich — aber vor Festsetzung des Prozentsatzes (§ 172) — bekannt gewordene Masseansprüche und durch Nachzahlungen nach § 155. Daß der verfügbare Massebestand bei der Abschlagsverteilung vollständig aufgehe, ist durchaus nicht erforderlich. Eine Abrundung ist gestattet und zweckmäßig. Motive II S. 379 f. II. Mitteilung. Die Festsetzung des Prozentsatzes wird wirksam, sobald sie wenigstensAnm. 4. einem der berücksichtigten Gläubiger mitgeteilt ist. Vorher unterliegt sie als innere Berwaltungsangelegenheit freier Abänderung durch das nach Abs. I zur Festsetzung berufene Organ. Vgl. Oetker I S. 413, Kohler Lehrbuch S. 580. Die Wirksamkeit bedeutet aber nicht schlechthin Unabänderlichkeit ^Anm. 5]. Die Mitteilung soll die einzelnen Gläubiger instand setzen, die ihnen gebührende Dividende zu erheben (Motive II S. 380). Holschuld: § 167 Anm. 1. Sie ist Sache des Verwalters und an eine bestimmte Form nicht gebunden (§ 77 II). Sie kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden [§ 77 Anm. 2]. Jeden­ falls ist die Bekanntmachung beim Vorhandensein einer größeren Gläubigerzahl der einfachste und billigste Weg der Mitteilung. An die Mitteilung knüpfen sich — abgesehen von Anm. 4 — die RechtsfolgenAnm. 5. des § 172 KO. und des § 51 Nr. 3 GKG. Dagegen darf nicht zugegeben werden, daß die Mitteilung den Gläubigern festgestellter und in die Berteilungsliste aufgenommener Forderungen einen durch Klage wider den Verwalter verfolgbaren Anspruch auf Auszahlung oder Hinter­ legung des ganzen in der Mitteilung bezeichneten Prozentsatzes verleiht. Einen solchen An­ spruch hat der einzelne Gläubiger auf den Berteilungsvollzug (§ 167) sowenig als auf die Vornahme einer sonstigen Verwaltungshandlung. Möglicherweise erleidet die verfügbare Teilungsmasse eine unvorhergesehene Minderung, die eine andere Prozentsatzbestimmung unter erneuter Anwendung des § 159 nötig macht. So auch, wenn der Verwalter sich bei der Berechnung geirrt hat. In dieser Hinsicht besteht kein Unterschied zwischen rechtzeitig und zwischen nachträglich angemeldeten Forderungen [§ 155 Anm. 3]. Gegenüber pflichtwidrigem Verhalten des Verwalters hat der Gläubiger Abhilfe im Aufsichtswege (§§ 83, 84) zu erwirken. Freilich ist das Konkursgericht als Aufsichtsbehörde außerstande, die Rechtsfrage eines vom Verwalter behaupteten, vom Gläubiger bestrittenen Erlöschens der festgestellten und in das Verzeichnis aufgenommenen Forderung zu entscheiden. Wohl aber hat es den Verwalter darauf hinzuweisen, daß er eine solche Forderung berücksichtigen muß, solange er das streitige Erlöschen (Beispiele: nachträgliche Erfüllung durch einen Mitschuldner oder Aufrechnung durch den Verwalter) nicht im Wege des § 767 ZPO. zur prozeßgerichtlichen Anerkennung gebracht hat [§ 158 Anm. 4]. Auch kann der benachteiligte Gläubiger eine Klage auf Schadens­ ersatz wider den Verwalter persönlich erheben [§ 78 Anm. 2, § 82 Anm. 3]. Vgl. RG. v. 27. 2. 1890 Gruchots Beitr. 34 S. 1201; OLG. Karlsruhe v. 12. 6. 1894 SeuffA. 51 Nr. 48, OLG. Naumburg v. 19. 4.1901 NaumbAK. 1901 S. 82, LG- Dresden v. 23. 6.1910 LZ. S. 714; Kohler Leitfaden S. 217 N. 3, Wolff § 159 Anm. 1, § 167 Anm. 1; abw. Oetker I S. 201, Seuffert S. 374, Fitting § 41 N. 17, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 5, Petersen-Kleinfeller § 167 a. E.

268

Aussetzung einer Abschlagsverteilung.

8160.

§ 160. Das Gericht kann auf Antrag des Gemeinschuldners, wenn derselbe einen Zwangsvergleich vorgeschlagen hat, die Aussetzung einer Abschlagsverteilung anordnen, sofern nicht schon die Ausschlußfrist abgelausen ist. Unveränderter § 148 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 108, Motive II S. 372f., Protokolle S. 106 f., 183.

Aussetzung einer Abschlagsverteilung. Anm. 1. I. Boraussetzungen. Zum Zwecke einer Förderung des Abschlusses von Zwangsvergleichen ver­ leiht der § 160 dem Konkursgericht die in sein freies Ermessen gestellte Befugnis („kann"), eine Abschlagsverteilung auszusetzen, aber nur unter einer dreifachen Voraussetzung:

1. Der Gemeinschuldner muß bereits einen den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden, zu­ lässigen Vergleichsvorschlag bei Gericht eingereicht oder zu Protokoll des Gerichts­ schreibers erklärt haben (§§ 174, 175; Protokolle S. 106 f.). 2. Der Gemeinschuldner muß die Aussetzung beantragen. Auch dieser Antrag kann schriftlich eingereicht oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt werden [§ 72 Anm. 3]. 3. Zur Zeit des Aussetzungsantrages darf die Ausschlußfrist (§ 152) noch nicht abgelaufen sein. Der Wortlaut des § 160 scheint freilich zu fordern, daß die Ausschlußfrist beim Erlasse oder doch zur Zeit der Abfassung des Aussetzungsbeschlusses noch läuft. Allein dies kann der Sinn des Gesetzes nicht sein, weil sonst auch eine be­ gründete Beschwerde erfolglos bleiben müßte sAnm. 2]. Vgl. v. Sarwey-Bossert Anm. 2, Petersen-Kleinfeller Anm. 8, Seuffert S. 360, nun auch Fitting S. 397; abw. Oetker I S. 414, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1, Hellmann S. 501 N. 4. Anm. 2.II. Beschwerde. Der den Aussetzungsantrag zurückweisende Beschluß ist dem Gemeinschuldner von Amts wegen zuzustellen und kann von diesem mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§ 73). So die herrschende Lehre, nun auch Fitting aaO. N. 20; abw. Oetker aaO.

Anm. 3.

foben § 73 Anm. 7]. Das Beschwerdegericht darf die Aussetzung auch noch anordnen, wenn inzwischen die Ausschlußfrist abgelaufen ist (abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2). Sonst hätte die Beschwerde keine praktische Bedeutung ^Anm. 1]. Der Aussetzungsbeschluß ist dem Schuldner, dem Verwalter, den Mitgliedern eines Gläubigerausschusses (vgl. § 159), aber auch allen beteiligten Gläubigern zuzustellen. Eine Zustellung an die Gläubiger wird zweckmäßig nach § 76 in durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die sofortige Beschwerde steht dem Verwalter und den beteiligten Gläubigern zu. Seuffert S. 361; abw. Oetker aaO., der das Beschwerderecht der Gläubiger verneint. Die Beschwerde­ frist beginnt mit der Einzelzustellung oder der sie ersetzenden Bekanntmachung [§ 73 Anm. 9, § 76 Anm. 2].

Anm. 4. m. Rechtsfolge«. „Ausgesetzt" wird nicht das Konkursverfahren überhaupt, sondern lediglich das Berteilungsverfahren (vgl. Deumer LZ. 1909 S. 306). Die Aussetzung bedeutet einen einstweiligen Aufschub der geplanten Abschlagsverteilung. Die Vorschriften des § 249 I, H ZPO. über die Wirkungen einer Aussetzung des Verfahrens sind (gegen v. WilmowskiKurlbaum Anm. 3) unbedenklich nach § 72 entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, daß Ausschluß- und Einwendungsfrist (§§ 152, 158 I) zu laufen aufhören und nach Beendigung der Aussetzung sAnm. 5] von neuem zu laufen beginnen (entsprechend dem § 249 I ZPO.), daß eine trotz der Aussetzung vollzogene Verteilung unwirksam wäre (entsprechend dem § 249 n ZPO.). Vgl. v. Sarwey-Bossert Anm. 2, Seuffert S. 361 f., Oetker I S. 415. «nm. 5. IV. Beendigung. Die Aussetzung hört (abgesehen von einer Aufhebung im Beschwerdeweg) von selbst auf, sobald der Bergleichsvorschlag von der Gläubigerschaft abgelehnt (§§ 182 f.) oder vom Gericht rechtskräftig verworfen ist (§§ 184—189). Nun nimmt das Berteilungsverfahren

269

Schlußverteilung.

seinen Fortgang. Eine vor der Aussetzung erlassene Berteilungsankündigung des Verwalters § 181. im Sinne des § 151 braucht als solche allerdings nicht wiederholt zu werden, sondern es fängt nun die durch diese Ankündigung in Lauf gesetzte, aber durch die Aussetzung unterbrochene Ausschlußfrist des § 152 fAnm. 4] von selbst wieder zu laufen an (Deumer aaO. S. 307). Allein nach öffentlicher Bekanntmachung der Aussetzung wird nun.das Gericht auch den Fortgang des Verfahrens öffentlich bekannt machen müssen. Oetker aaO., Fitting aaO. R. 21; abw. Deumer S. 308. Mit der Bestätigung des angenommenen Zwangsvergleichs wird das Konkursverfahren im ganzen beendet und damit auch die ausgesetzte Verteilung

gegenstandslos. Ein Beispiel bei Ebert Amtsgerichtl. Dezernat9 S. 314 f.

§ 161. Die Schlußverteilung erfolgt, sobald die Verwertung der Masse beendigt ist. Die Vornahme der Schlußverteilung unterliegt der Genehmigung des Gerichts. Unveränderter § 149 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 117f., S. 107, 183.

Motive II

S. 380f.,

Protokolle

Die Schlußverteilung. I. Zeitpunkt (Abs. I). 1. Schlußverteilung ist die Ausschüttung der gesamten, nach dem Vollzug etwaiger Anm. i. Abschlagsverteilungen noch verfügbaren Teilungsmasse. Das Gesetz (Abs. I) gebietet dem Verwalter, dessen Initiative es auch den Vollzug der Schlußverteilung vorbehält fAnm. 6], deren Genehmigung (Abs. II, § 150) zu erwirken, sobald die Verwertung der überhaupt verwertbaren Masse beendigt ist. Nun muß, wie die Motive II S. 380 aus­ führen, auch dann ohne Verzug zur Schlußverteilung geschritten werden, wenn noch Feststellungsprozesse über streitige Konkursgläubigerrechte schweben, da für die Anmelder unter der Voraussetzung des § 152 Vorsorge zu treffen ist, der Schuldner aber nach dem Vollzüge der Verwertung ein Recht darauf hat, an der Wieder­ aufnahme freier Erwerbstätigkeit durch Prozesse der TeilungSintereffenten nicht länger behindert zu werden. Ebenso stark wiegt das Interesse der Konkursgläubiger am Fort­ falle der Unzulässigkeit des Sonderzugriffs auf den Neuerwerb (§ 14). Die auf die streit­ befangene Konkursforderung entfallenden Anteile sind zurückzubehalten (§§ 168 Nr. 2, 169 mit § 166), desgleichen bei Prozeßführung des Verwalters aber auch ein zur vollen Deckung der etwaigen Masseschuld auf Kostenerstattung (§ 59 Nr. 1) ausreichender Betrag. Denn der Verwalter hat alle ihm bekannten Masseansprüche, sie seien bedingt oder unbedingt, von ihm anerkannt oder nicht, von Amts wegen durch Erfüllung oder Sicherstellung zu berücksichtigen (§ 172, vgl. § 191 I). Fortdauer der Bertretungsmacht des Verwalters: Anm. 3. «,) Daß die Unverwertbarkeit einzelner Massegegenpände — besonders Pfand-Anm. 2. überlasteter Sachen, uneinbringlicher Ausstände — nicht zur Hinausschiebung der Schluß­ verteilung nötigt, folgt aus dem § 162 („Beschlußfassung über die nicht verwertbaren BermögenSstücke"). Überzeugt sich aber das Konkursgericht nicht von der Unverwert­ barkeit, so darf es die ihm nach Abs. II vorbehaltene Genehmigung zur Vornahme der Schlußverteilung nicht geben, da insolange die gesetzliche Voraussetzung für die Zu­ lässigkeit der Schlußverteilung (Abs. I) nicht feststeht fAnm. 8]. Freigabe: §6 Anm. 43 f., § 83 Anm. 1, § 93 Anm. 1, § 117 Anm. 5, § 162 Anm. 6. b) Die Anhängigkeit eines Feststellungsprozesses hindert zweifellos die Schluß-Anm/.s. Verteilung nicht fAnm. 1]. Streitig ist dagegen, ob der schwebende Prozeß über ein Masseaktivum die Vornahme der Schlußverteilung hindert, wenn keine Freigabe des Streitgegenstandes an den Gemeinschuldner beabsichtigt wird. Das Gesetz steht

270

Schlußverteilung.

§ 181.

nicht entgegen. Das Interesse des Schuldners an der Wiederaufnahme seiner Erwerbs­ tätigkeit, aber auch berechtigte Interessen der Konkursgläubiger — z. B. am Zugriff auf etwaigen Neuerwerb ihres Schuldners (§ 14) — können zu rascher KonkurSbeendigung drängen und das Gericht noch vor Erledigung des anhängigen AktivprozesseS zur Genehmigung der Schlußverteilung veranlassen. Wie im Falle der Fortdauer eines vom Verwalter oder gegen ihn geführten Konkursfeststellungsprozesses muß bei Fort­ dauer deS Aktivprozesses die etwaige Kostenschuld der Masse sichergestellt werden [Anm. 1]. Hier wie dort liegt in der Genehmigung der Schlußverteilung bei Fort­ dauer des Prozesses von selbst (also auch stillschweigend) der Vorbehalt einer Nach­ tragsverteilung, die arg. § 166 II statthaft sein muß. Die Vertretungsmacht des Verwalters dauert für den schwebenden Prozeß trotz Konkursbeendigung fort. Vgl. RG. v. 17. 9. 1891 Bd. 28 68; Oetker ZZP. 25 S. 45, Jaeger LZ. 1908 S. 613, Seusfert S. 371 (freilich auch S. 184); abw. z. B. v. Sarwey-Bossert Anm. 1. Siehe § 166 Anm. 12.

Anm. 4.

2. Wenn der Verwalter sich nicht zur Vornahme der Schlußverteilung anschickt, obgleich die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit erfüllt sind, so kann das Einschreiten der Aufsichts­ behörde nach Maßgabe der §§ 83, 84 angeregt werden. Siehe § 83 Anm. 1. Auch macht er sich persönlich (etwa für den Zinsentgang) haftbar nach 8 82. Umgekehrt wird er schadensersatzpflichtig, wenn er unter Täuschung des Gerichts die Genehmigung der Schlußverteilung erwirkt, obwohl er weiß, daß noch zu verwertende Massegegenstände un­ verwertet sind. Stellt sich nach Erteilung der Genehmigung, aber vor dem Beginne deS „Vollzugs" der Schlußverteilung [§ 162 Anm. 8, § 166 Anm. 8] das Vorhandensein weiterer verwertbarer Massegegenstände voraus, so sind diese, wie ein Gegenschluß auS § 166 bestätigt, noch für die Schlußverteilung flüssig zu machen. So etwa Gegenstände, die der Schuldner bisher verheimlicht hatte, oder Forderungen, die jetzt erst beigetrieben werden können. Auch die Einbeziehung solcher Werte in die Schlußverteilung ist Amts­ pflicht des Verwalters. Da nach Abs. II die Vornahme der Schlußverteilung im ganzen vom Willen des Gerichts getragen sein muß, kann dieses durch Widerruf der Genehmigung dem Berteilungsvollzug entgegen treten [Anm. 9].

Anm. 5.

3. Die Vorschriften der §§ 150—152, 153 I [siehe § 153 Anm. 1], 154 II [siehe § 154 Anm. 3f.], 155—157, 158 II (162 II), 167—171 — nicht aber auch des § 160 — sind neben den §§ 161, 162 für die Schlußverteilung maßgebend. Daraus folgt namentlich, daß diese zunächst von einem etwaigen Gläubigerausschusse zu genehmigen (§ 150) und erst dann vom Verwalter nach § 151 anzukündigen ist, wenn auch das Gericht seine Zustimmung zur Vornahme der Schlußverteilung gegeben hat. Der § 155 gilt zwar nur nach einer Abschlagsverteilung, aber auch vor und gelegentlich der Schluß­ verteilung [siehe § 155 Anm. 2]. Die Berteilungsliste („das Schlußverzeichnis", §§ 162, 166) muß wie bei Abschlagsverteilungen niedergelegt (§ 151) und auf Grund rechtzeitiger Nachträge geändert werden (§ 157). Motive II S. 380. Einwendungen:

§ 158 Ginl., § 162 Anm. 4.

II. Gerichtliche Genehmigung (Abs. II). Anm. 6.

1. Da die Schlußverteilung unmittelbar zur Konkursbeendigung führen soll (§ 163), bewirkt sie den endgültigen, nicht wieder rückgängig zu machenden Ausschluß aller bis dahin nicht nach Vorschrift des Gesetzes geltend gemachten Ansprüche gegenüber der Konkursmasse [irrtümliche Übergehung ordnungsmäßig geltend

gemachter Ansprüche: § 158 Anm. 10]. „ES würde bedenklich sein, eine solche Präklusion lediglich dem Befinden von Interessenten zu überlassen." Motive n S. 380. AuS diesen Gründen hat das Gesetz (Abs. H) die Vornahme der Schlußverteilung nicht bloß wie die­ jenige einer Abschlagsverteilung an die Billigung eines etwaigen Gläubigerausschusses [Sinnt. 5], sondern überdies an die Genehmigung des Konkursgerichts gebunden. Sobald auch die gerichtliche Genehmigung erteilt ist, endet die Zulässtgkeit eines ZwangSvergleichSverfahrens (§ 173). Der Verwalter hat bei der Stellung des Antrags auf Ge-

Schlußverteilung.

271

nehmigung der Schlußverteilung das Schlußverzeichnis (§ 162) und die erforderlichen Be- § 161. lege einzureichen. Regelmäßig verbindet sich damit die Einreichung der Schlußrechnung sAnm. 8]. Das Konkursgericht hat nach Abs. II die dem Verwalter obliegende Vornahme der Schlußverteilung (vgl. auch §§ 150, 151) lediglich zu „genehmigen", nicht aber sie an­ zuordnen. Ein Antrag des Verwalters wird also stets vorausgesetzt. Verzögert der Ver­ walter die Antragstellung pflichtwidrig, so hat sie das Gericht im Aufsichtswege zu ver­ anlassen sAnm. 4]. 2. Die Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung der Schlußverteilung erfolgt bei Anm- ?. freigestellter Mündlichkeit durch Beschluß, der dem Verwalter — in der Praxis meist auch dem Gemeinschuldner, nicht auch den Gläubigern — zugestellt (§ 73 I, II), aber als solcher nicht nach § 76 bekannt gemacht wird. Die Gläubiger erhalten von der Genehmigung durch die Bekanntmachung des Schlußtermins (§ 162) Kenntnis. a) Gegen die Versagung der Genehmigung steht dem Verwalter als abgewiesenem Antragsteller binnen zwei Wochen seit der an ihn bewirkten Zustellung die sofortige Beschwerde zu (§ 73 HI). b) Die Erteilung der Genehmigung ist unanfechtbar. Der Verwalter hat kein Be­ schwerderecht, weil seinem Anträge stattgegeben wurde; der einzelne Gläubiger nicht, weil er, wenn auch vielleicht an einer Abänderung der Verteilungsliste ^Einwendungen: Anm. 5], so doch nicht am Verteilungsaufschub als solchem interessiert und auch durch die Vorschriften der §§ 162, 166 geschützt ist ssiehe Anm. 9]; der Gemeinschuldner nicht, weil ihm — von der auf die Schlußverteilung nicht erstreckbaren Ausnahme des § 160 abgesehen — jede Einwirkung auf den Fortgang des Verfahrens versagt bleibt und weil demgegenüber auch sein Interesse am Fortbestände der Vergleichsmöglichkeit sAnm. 6] nicht durchschlägt. Vgl. KG. v 4. 1. 1908 OLG. 19 S. 221; Seuffert S. 363, Fitting 8 42 N. 3; a b w. Petersen - Kleinfeller Anm. 3 mit Anm. 2 (die Beschwerde­ frist soll mit der Bekanntmachung des § 151 beginnen) und, was die Gläubiger betrifft, auch Protokolle S. 107 (Hagens). Verantwortlichkeit des vorzeitig zur Verteilung schreitenden Verwalters: Anm. 4. 3. Was hat der Konkursrichter zu prüfen, ehe er die Schlußverteilung genehmigt?Anm. 8. Während im § 166 I 2 mit Rücksicht auf die Möglichkeit des Wegfalls der Gläubiger­ schaftsorgane dem Konkursrichter die Prüfung der über Verwaltung und Verteilung der Nachtragsmasse erstatteten Rechnung ausdrücklich zur Pflicht gemacht wird, fehlt eine solche Vorschrift für die Schlußverteilung. Es ist Sache „der Beteiligten", die Schlußrechnung des Verwalters anzuerkennen oder zu beanstanden (§§ 86, 162). Damit ist aber keines­ wegs gesagt, daß der Konkursrichter die Schlußrechnung nicht durchzusehen hätte. Diese Durchsicht obliegt ihm vor allem in seiner Eigenschaft als Aussichtsorgan (§ 83). Sie befähigt ihn, im Schlußtermin auf sachdienliche Antragstellung hinzuwirken (§ 72 KO., § 502 I ZPO.). Sie ermöglicht ihm endlich auch die nach unserem Abs. II zu treffende Entscheidung. Denn ehe er die Vornahme der Schlußverteilung genehmigt, muß der Konkursrichter — abgesehen vom § 150 — jedenfalls feststellen, daß die Voraus­ setzungen des Abs. I erfüllt sind. Würde ihm der erforderliche Nachweis nicht durch die Schlußrechnung und ihre Beilagen geboten, so müßte der Verwalter eine eigene Sachdarstellung geben und belegen. Es ist daher angemessen und einwandfrei, wenn die Schlußrechnung in der Praxis vom Verwalter schon bei Beantragung der im Abs. II ge­ forderten Genehmigung eingereicht und vor dieser Genehmigung vom Konkursrichter geprüft wird. Vgl. Senst Konkursrichter8 S. 131 f., 134 ff., Schellhas Konkurssachen

4.

S. 153ff.; preuß. JMB. v. 16. 6. 1905 [§ 86 Anm. 3]. Der Sinn des Genehmigungserfordernisses ist wohl der, daß der Verwalter die Schluß-Anm. s. Verteilung mit Rücksicht auf ihre große Tragweite sAnm. 6] wider den Willen des Gerichts weder beginnen noch durchführen soll. Der Zweck des Gesetzes würde nur unvollkommen erreicht, wenn das Gericht außerstande wäre, seine Genehmigung zu widerrufen, falls es vor dem Vollzüge der Schlußverteilung — etwa bei den Verhandlungen im Schluß­ termin (§ 162) — feststellt, daß die Voraussetzung des Abs. I nicht oder nicht mehr vorliegt.

272 §161.

Anm.io.

Schlußtermin.

Würde aber der Verwalter ohne gerichtliche Genehmigung oder ungeachtet des Widerrufs die Verteilung vornehmen, so wäre sie darum allein noch keineswegs nichtig (abw. Hellmann S. 505), so wenig als beim Mangel der Genehmigung des Gläubiger­ ausschusses (§ 151). Die Handlung des Verwalters wäre pflichtwidrig und würde ihn nach § 82 persönlich gegenüber allen Beteiligten ersatzpflichtig machen, aber sie läge nicht außerhalb des Rahmen- seiner gesetzlichen Obliegenheiten fsiehe § 6 Anm. 41 f.]. Sollte eine die Verkehrssicherheit so stark gefährdende Rechtsfolge wie die Nichtigkeit der Handlung eintreten, so müßte das Gesetz dies bestimmt aussprechen. Hier würde die Nichtigkeit weit über das Ziel hinausschießen, da die noch unerledigte Verteilung auf dem Wege des § 166 — nötigenfalls durch einen anderen Verwalter — nachgeholt werden kann. 5. Das gesetzliche Schlußverteilungsverfahren (§§ 161, 162) muß auch dann beobachtet werden, wenn die Masse durch Nachzahlungen nach § 155, durch Befriedigung von Massegläubigern oder durch Wertverluste vollkommen erschöpft [§ 162 Anm. 2] oder aber umgekehrt durch unerwarteten Wertzuwachs (z. B. Lotteriegewinn) vollkommen zulänglich ge­ worden ist (vgl. § 52 II GKG ), es sei denn, daß eine Einstellung des Verfahrens nach Maßgabe der §§ 202 ff. erfolgt. Vgl. Fitting § 42 N. 1.

§ 1«*. Zur Abnahme der Schlußrechnung, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Vermögensstücke bestimmt das Gericht einen Schlußtermin, welcher nicht unter drei Wochen und nicht über einen Monat hinaus an-

zuberaumen ist. Die Bestimmungen des § (58 Abs. 2 finden auf die Schlußverteilung Anwendung. Unveränderter § 150 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 118f., S. 107, 183.

Motive II S. 380f.,

Protokolle

Der Schlußtermin.

Anm. 1. I. Genehmigt das Gericht die Vornahme der Schlußverteilung (§ 161 II), so hat es von Amts wegen den Schlußtermin anzuberaumen. Der Schlußtermin ist eine Gläubiger­ versammlung und dementsprechend vom Gericht öffentlich bekannt zu machen (§§ 93 II, 76), zweckmäßig unter Angabe der festgesetzten Gebühren und Auslagen des Verwalters [§ 85 Anm. 5]. Zwischen dem Tage der Bewirkung dieser Bekanntmachung (§ 76 I) und dem Schlußtermine muß ein Zeitraum von mindestens drei Wochen und höchstens einem Monat frei bleiben (Abs. I), damit die Fristen der §§ 152, 157 [$nm. 4] noch vor dem Termin ab­ laufen können. In der Praxis finden besondere Zustellungen der Terminsbestimmung an den Verwalter und an den Gemeinschuldner statt; vorgeschrieben sind sie nicht (vgl. § 76 III). Beispiel bei Ebert Amtsgericht!. Dezernat« S. 317. Im Falle einer Terminsverlegung (§ 72 KO. mit §§ 224II, 225, 227 II, 228 ZPO.) ist auch der neue Termin öffentlich bekannt zu machen. Wird der Schlußtermin vertagt (etwa wegen Ausbleibens des Ver­ walters), so ist der neue Termin zu verkünden und darum eine öffentliche Bekanntmachung nicht erforderlich (§ 72 KO. mit § 218 ZPO.). Seuffert S. 383. Anm. 2. II. Der Schlußtermin hat einen dreifachen Zweck. Er dient zur Abnahme der Schluß­ rechnung, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichnis und zur Beschluß­ fassung über unverwertbare Massegegenstände. Dementsprechend wird der Schlußtermin auch abgehalten, wenn die Restmasse durch Nachzahlung von Dividenden (§ 155), durch Berichtigung von Masseansprüchen oder durch Wertverluste gänzlich aufgezehrt ist [§ 161 Anm. 10]. Seine „Förmlichkeiten, welche sich alsdann als ein Teil der Rechnungslegung auffassen lassen, werden zugleich mit Rücksicht auf die Eventualität des § 166 sNachtragsverteilung], zu

Schlußtermin.

273

beobachten sein. Am zweckmäßigsten dürste es jedoch sein, in einem solchen Falle die Nach- § 162. Zahlung selbst nur in den Formen einer Schlußverteilung vorzunehmen". Motive II S. 381; Fitting § 42 N. 15, 21. 1. Für die Schlußrechnung des Verwalters sind die Vorschriften des § 86 maß-«nm. s. gebend. Einwendungen der Beteiligten sind nur im Termine möglich und im ordentlichen Rechtsweg auszutragen. Näheres zu § 86. 2. Das Schlußverzeichnis hat der Verwalter nach Maßgabe des § 151 anzufertigen —Anm. 4. alle festgestellten Forderungen müssen ausgenommen werden [§ 145 Anm. 5, vgl. ebenda Anm. 11 ff.] — und auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen unter Bekanntmachung der Schuldensumme und des Massebestands. Diese Bekanntmachung des Verwalters bestimmt den Beginn der für die Schlußverteilung maßgebenden Ausschlußfrist (§ 152). Siehe § 161 Anm. 5. Einwendungen gegen die Schlußverteilungsliste — zu unterscheiden von den Einwendungen gegen die Schlußrechnung (Anm. 3] — sind anders als bei Ab­ schlagsverteilungen (§ 158 I) nicht binnen einer Frist, sondern im Schlußtermine selbst zu erheben und können darum nur mündlich, nicht auch schriftlich (gegen Wolff Anm. 3), von den persönlich erschienenen Gläubigern oder ihren Vertretern vorgebracht werden [§ 86 Anm. 5]. Sie können sich besonders auch gegen die Annahme der Aussichtslosigkeit einer als Konkursforderung geltend gemachten Anwartschaft richten (§ 154 II). Mit dem Schlüsse des Termins sind sie präkludiert. Die Erfahrung lehrt, daß Gläubiger mit festgestellten Forderungen im Vertrauen auf eine dem Gesetz entsprechende Berücksichtigung weder das Schlußverzeichnis einzusehen noch im Schlußtermine zu erscheinen pflegen Auch sie büßen daher, wenn sie im Schlußverzeichnis übergangen sind, gegenüber der Konkursmasse ihre Rechte ein. Der Verwalter persönlich aber wird damit nicht entlastet (ß 82 Anm. 5]. Siehe freilich Bogel LZ. 1910 S. 673 ff. Veruntreuung von Dividenden durch den Verwalter: § 158 Anm. 10. Über die im Schlußtermin erhobenen Einwendungen

hat das Konkursgericht zu entscheiden (Abs. II mit § 158 II). Die Entscheidung kann sofort im Termine verkündet werden. Durch die Verkündung wird aber weder die Zustellung [§ 73 Anm. 4] noch die Niederlegung nach § 158 II entbehrlich. Im übrigen siehe § 158 Anm. 5 ff. Einwendungsberechtigt sind nur Konkursgläubiger [§ 158 tont. 2].Anm. 5. Doch knüpft sich an die Beendigung des Schlußtermins nach Maßgabe des § 172 auch für Massegläubiger eine Rechtseinbuße. Die Tatsache, daß der Erlös eines Absonderungs­ gegenstandes unter Nichtachtung des Absonderungsrechtes zur Masse gezogen wurde, ist nicht Gegenstand einer nur noch im Schlußtermine statthaften Einwendung gegen das Schlußverzeichnis, sondern selbständig geltend zu machen. RG. v. 17.12. 1886 IW. 1887 S. 41 (siehe § 127 Anm. 12]. Wohl aber gehört hierher die Einwendung eines ab­ sonderungsberechtigten Konkursgläubigers, daß er trotz rechtzeitiger Nachweisung des wirklichen Ausfalls (§ 1531) in das Schlußverzeichnis keine Aufnahme gefunden hat. OLG. Dresden v. 22. 6. 1906 SeuffA. 61 Nr. 215. [oben § 158 Anm. 4]. 3. Möglicherweise sind Massegegenstände — Sachen oder Rechte — zwar rechtlich (Gegensatz: Anm. e. § 117 tont. 19, § 128 tont. 8], nicht aber tatsächlich verwertbar, also auch im Wege einer ungewöhnlichen Verwertung (etwa als Forderungen durch Verkauf, § 133 Nr. 2) nicht zu gunsten der Masse auszubeuten. Dies kann besonders vorkommen bei Sachen, die mit Pfandrechten überlastet sind, bei Forderungen an zahlungsunfähige oder abwesende Schuldner, bei streitbefangenen Maffeaktiven, bei überlaßbaren Nutzungsrechten [§ 1 Anm. 39] und bei massezugehörigen Anwartschaften [§ 1 tont. 57]. Die Freigabe unverwertbarer Massegegenstände an den Gemeinschuldner ist dem pflichtmäßigen Ermessen des nach § 6 allein verfügungsbefugten Verwalters überlassen [§ 6 Anm. 43 f., § 83 tont. 1, § 93 tont. 1, § 117 tont. 5, § 161 Anm. 2J. Steht aber die Unverwertbarkeit nicht fest, so muß sich der Verwalter gegen persönliche Inanspruchnahme (8 82) dadurch sicherstellen, daß er eine Entschließung der Gläubigerschaft veranlaßt. Diesen Sinn einer Entlastung des Verwalters hat die im Abs. I bezeichnete Beschlußfassung. Die Gläubigerschaft kann die Freigabe gutheißen und tut das stillschweigend, wenn sie sich

274

§162,

Schlußtermin. nicht für irgend eine Art der Verwertung des als massezugehörig bekannten — also nicht etwa verborgen gebliebenen (§ 166 II) — Gegenstandes entscheidet. RG. v. 7. 6. 1888 IW. S. 288. Erscheint, wie das häufig der Fall ist, trotz ordnungsmäßiger Berufung überhaupt kein Gläubiger im Schlußtermin, so kann auch keiner den Verwalter wegen der von ihm nach pflichtmäßigem Ermessen vorgenommenen Freigabe zur Verantwortung ziehen (§ 82). Bleibt nach dem Konkurs ein Schuldner nicht übrig, wie dies nach der Durchführung des Konkurses juristischer Personen der Fall zu sein pflegt, so wird nach § 117 Anm. 19 a. E. zu verfahren sein. Die im Termin anwesenden Gläubiger können den Verwalter auch anweisen, nachträglich noch einen Berwertungsversuch zu machen (vielleicht unter Vorschlag einer bestimmten Berwertungsart), und zur Berichterstattung über das Ergebnis dieses Versuchs die Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung der Schlußverhandlung erwirken (§ 72 KO. mit § 228 ZPO.). Diese Ermächtigung erteilt das Gesetz der Gläubigerversammlung, indem es ganz allgemein bestimmt, daß die Gläubiger über die (nämlich nach dem Berichte des Verwalters) nicht verwertbaren Bermögensstücke Beschluß zu fassen haben. Vgl. Seuffert S. 381; ab w. Hellmann S. 507. Die Gläubiger­ schaft kann auch die Übernahme eines nicht anders verwertbaren Gegenstandes durch einen oder mehrere Gläubiger bewilligen (Motive II S. 381). Das bedeutet: der Gegenstand soll dem Übernehmer auf seinen Antrag zu einem bestimmten Preise (z. B. eine Forderung für zehn Prozent ihres Nennbetrags) unter Anrechnung dieses Preises auf die dem Über­ nehmer gebührende Konkursdividende überlassen werden. Der Beschluß bedarf stets noch der Ausführung (durch Übereignung, Abtretung, Anweisung an den Übernehmer), die

Ausführung aber ist, wie die §§ 6II, 117 I ergeben, Sache des Verwalters, der auch diese Verwertung als Vertreter des Gemeinschuldners vornimmt (abw. Wolff Anm. 4). Der Verwalter schließt also mit dem Übernehmer-Gläubiger einen Vertrag auf Hingabe

und Annahme an Erfüllungsstatt ab. Die nichtgeschuldete Leistung braucht sich der Gläubiger hier so wenig als sonst aufdrängen zu lassen (§ 3641 BGB.; Kohler Lehrbuch S. 389, 390, 570). Übernimmt ein Gläubiger bewußt (unter dem Nennwert) einen

Anm. ?.

Ausstand gegen einen unsicheren Schuldner, so übernimmt er damit auch die Gefahr der Beitreibbarkeit. Stellt sich aber nachträglich heraus, daß die übernommene Forderung gar nicht oder nicht mehr bestand, so hat der Gläubiger (abgesehen von einem Anspruch auf Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte nach Maßgabe der §§ 365, 433 ff. BGB., § 59 Nr. 1 KO.) das Recht, die Erfüllungsannahme wegen Irrtums anzufechten (§ 119 BGB.). Anfechtungsgegner ist nach Konkursbeendigung der bisherige Gemein­ schuldner (§ 143 BGB.). Infolge der Anfechtung des Gläubigers lebt der durch Annahme an Ersüllungsstatt getilgte Teil seiner Konkursforderung wieder auf (§ 142 BGB., § 164 KO.). Vgl. auch Kohler Lehrbuch S. 579. Würde der Konkursverwalter durch eigen­ mächtige Abtretung eines Masseaktivums einen Konkursgläubiger vor den übrigen be­ vorzugen, so wäre die Abtretung konkurszweckwidrig und dementsprechend unwirksam [§ 6 Anm. 41 f.J. Die Beschlüsse der Gläubigerversammlung unterliegen dem Beto des Konkurs­ gerichts, wenn sie dem gemeinsamen Interesse der Gläubiger Widerstreiten und der Ver­ walter oder ein überstimmter Gläubiger noch im Schlußtermine das Beto beantragt. § 99.

Anm. 8 m. Eine förmliche Festsetzung und Mitteilung des zur Verteilung gelangenden Prozentsatzes ist — anders als für Abschlagsverteilungen (§ 159) — für die Schlußverteilung nicht vorgeschrieben. Die Bekanntmachung nach § 151 [o6en Anm. 4] ermöglicht es den Gläubigern, die Schlußdividende zu veranschlagen. Motive II S. 381. Doch hat der Ver­ walter in Erfüllung seiner Aufgabe nach Erledigung etwaiger Einwendungen die auf die einzelnen Forderungen treffenden Beträge zu berechnen und den Gläubigern mitzuteilen. Diese Mitteilung bildet den Beginn des Vollzugs der Schlußverteilung (vgl. § 166). Fitting § 42 N. 21, § 43 N. 1, »Seuffert S. 364, 369.

Aufhebung des Konkurses nach dem Schlußtermine.

275

§ 163. Nach der Abhaltung des Schlußtermins beschließt das Gericht die Auf­ hebung des Konkursverfahrens. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluß und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen. Die Vorschriften der §§ m Abs. 2, \\2, (J3 finden entsprechende An­ wendung. Unveränderter § 151 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 182f.z S. 107 f., 183.

Motive II

S. 381,

Protokolle

Die Aufhebung des Konkursverfahrens.

Der Konkurs wird „eröffnet" und „beendigt" (§ 2141 BGB.) durch Beschlüsse des Konkurs- Tingerichts. Die Beendigung ist entweder Aufhebung oder Einstellung. „Aufgehoben" wird das Icltun0,

Verfahren nach Abhaltung des Schlußtermins (§ 163) und nach rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsvergleichs (§ 190). Die „Einstellung" des Konkurses wird beschlossen in den Fällen des Konkursverzichts (§§ 202f.) und der Unzulänglichkeit der Masse zur Kostendeckung (§ 204). Zu einer „Aufhebung des Verfahrens" führt nach § 116 auch die rechtskräftige Aushebung des zu Unrecht erlassenen Eröffnungsbeschlusses. Diese Aufhebung hat aber den Sinn einer Rück­ gängigmachung des Konkurses [§ 109 Anm. 4). Ihr entspricht „die Einstellung" des § 75 I PrivBUntG. [§ 103 Anm. 11]. Im weitesten Sinne >des Wortes spricht der § 240 ZPO. von einer „Aufhebung des Konkursverfahrens" [§ 10 Anm. 13]. Ebenso der § 3611 3 BerlG. [§ 17 Anm. 56, 58]. Auch im Falle des § 1647 n BGB. begreift der Ausdruck „Auf­ hebung des Konkurses" zugleich die Fälle der Einstellung (§§ 202, 204 KO.); eine Aufhebung des Eröffnungsbeschluffes steht dort zufolge § 1647 I BGB. („Rechtskraft") nicht in Frage [§ 25 Anm. 13].

I. Voraussetzung der Aufhebung. Das Konkursgericht kann die Aufhebung des VerfahrensAnm. i. beschließen, sobald der Schlußtermin (§ 162) abgehalten ist. Daß die Schlußver­ teilung bereits vollzogen sei, wird nicht vorausgesetzt. Denn ihr Vollzug gehört nicht zu den Aufgaben des Schlußtermins [§ 162 Anm. 2], die Schlußrechnung aber kann schon vor der Verteilung abgenommen werden. Vgl. Seuffert S. 383, Fitting S. 403f.; abw. z. B. v. Sarwey-Boffert Anm. 1. Noch weniger fordert das Gesetz, daß die im Schlußtermin er­ hobenen Einwendungen bereits rechtskräftig erledigt oder daß alle Feststellungsprozeffe ent­ schieden sind [§ 146 Anm. 28, § 161 Anm. 1]. Doch kann es sich empfehlen, die Erledigung der Einwendungen und den Vollzug der Schlußverteilung abzuwarten. Dazu ist das Gericht ermächtigt, da der Abs. I die Beschlußfassung über die Aufhebung nach Abhaltung des Schluß­ termins dem Gericht anheimstellt (vgl. Protokolle S. 107 f.). Würde der Schlußtermin er­ geben, daß der Verwalter seine Aufgabe (§ 117) unvollkommen gelöst habe, daß also noch weitere Masse (etwa im Wege der §§ 29 ff.) zu beschaffen oder zu verwerten sei, so müßte das Konkursgericht die Genehmigung der Schlußverteilung (§ 161II) und darum auch die Er­ lassung des Aufhebungsbeschlusses (§ 1631) ausschieben, nötigenfalls unter Ersetzung des un­ tauglichen durch einen tauglichen Verwalter (§ 84 mit § 78). Verschleppt das Konkursgericht die Aufhebung des Verfahrens, so sind die Beteiligten auf den Weg der Verzögerungs­ beschwerde gewiesen [§ 73 Anm. 6]. Der AufhebungSbeschluß ist für unanfechtbar erklärt, weil die Beteiligten kaum einAnm. 2. Interesse am Aufschub der Konkursbeendigung haben können. Protokolle S. 107. Zudem ist einzige Voraussetzung der Aufhebung die Abhaltung des Schlußtermins. Ein Aufhebungs­ beschluß, der dem Gesetze zuwider schon vor dem Schlußtermin erlassen würde, wäre nichtig (Seuffert S. 383), also außerstande, den Konkurs zu beendigen.

Aufhebung des Konkurses nach dem Schlußtermine.

276

Z163.H. Fassung des AufhebungsbeschluffeS. Anm. 3.

In einfachster Gestalt lautet der Beschluß:

„Das Konkursverfahren über das Vermögen des Kaufmanns Franz Faller in Gantheim wird nach Abhaltung des Schlußtermins hiermit aufgehoben. Gantheim, den 3. Mai 1912.

Kgl. Amtsgericht." Den Grund der Aufhebung (Abs. DE) enthält bei diesem Wortlaute die Wendung „nach Abhaltung des Schlußtermins". Daß im preußischen Formular (Ebert Amtsgericht!. Dezernat« S. 318) als Grund der Aufhebung lediglich die Abhaltung des Schlußtermin-, nicht auch der Vollzug der Schlußverteilung angegeben wird, ist nach Anm. 1 nicht zu be­ anstanden (gegen Senft Konkursrichter« S. 143). Der Beschluß kann auch die (bekannt zu machende) Festsetzung der Ansprüche von Mitgliedern eines Gläubigerausschusses enthalten fsiehe § 91 Anm. 3]. Beispiel: Lubowski Konkursverfahren (1911) S. 53.

Der Aufhebungsbeschluß muß nach Abs. n öffentlich bekannt gemacht werden. Für diese Bekanntmachung ist nach Abs. III der § 111II (nicht auch der be­ sondere Zustellungen gebietende §111111) maßgebend. Sie erfolgt demnach durch mindestens einmalige Einrückung in das Amtsverkündungsblatt des Konkursgerichts und in den Reichsanzeiger. Sie gilt als bewirkt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Ausgabe des die (erste) Einrückung enthaltenden Amtsverkündungsblattes (§ 76 I). Damit ist der Beschluß erlassen. Erst mit diesem Wirksamwerden der Bekanntmachung, nicht schon mit der Fassung des Beschlusses (abw. v. Sarwey-Bossert Anm. 2, Fitting aaO. N. 26, Breslau v. 4. 4. 1910 OLG. 21 S. 180, das Fassung und Erlassung verwechselt, gelegentlich auch RG. v. 5. 10. 1899 Bd. 45 326) tritt die Aufhebung des Kon­ kurses in Kraft und zwar einheitlich für alle Beteiligten, auch (gegen v. Bölderndorff II S. 482) für den Gemeinschuldner. Bis dahin bildet der Beschluß noch ein Internum des Gerichts. Die Besonderheit des § 108 fsiehe dort Anm. 1] kommt hier nicht in Betracht. Offenbar fehlt auch im Falle der Konkursaufhebung das Bedürfnis einer Be­ schleunigung, wie sie für den Fall der Konkurseröffnung geboten erscheint. In diesem Sinne betonen die Motive II S. 421, der Konkursbeschlag falle mit dem Augenblicke fort, in dem die Aufhebung des Verfahrens als bekannt gemacht gelte; mit diesem Augenblick erhalte der Gemeinschuldner kraft des Gesetzes die Versügungsfreiheit wieder fsiehe § 25 Anm. 39]. DaS gilt, da nach Abs. n nur die öffentliche Bekanntmachung wesentlich ist, auch dann, wenn die nicht gebotene, aber übliche besondere Zustellung an den Schuldner oder Verwalter früher erfolgt [§ 76 Anm. 5]. Übereinstimmend die herrschende Ansicht (z. B. OLG. Dresden

Anm. 4. HI. Bekanntmachung.

Anm. 5.

v. 20. 12.1904 SARpfl. 1 S. 103, v. 3.12.1909 LZ. 1911 S. 160 f., Colmar v. 11. 7. 1906 OLG. 15 S. 251; v. Mlmowski-Kurlbaum Anm. 2, Petersen-Kleinfeller Anm. 4, Wolff S. 371 f., Seuffert S. 384, Boigt Einfluß des Konkurses S. 186, Mothes Beschlagnahme S. 48). Nach Abs. III hat der Gerichtsschreiber beglaubigte Abschriften des Aufhebungsbeschlusses den im § 112 bezeichneten Registerbehörden und der Dienstbehörde des Gemeinschuldners mitzuteilen. Der Konkursvermerk wird im Grundbuch — gebührenfrei (§ 115) — gelöscht (Abs. III mit § 113), soweit er nicht schon während des Verfahrens gelöscht wurde. Das Konkursgericht hat nach Abs. IH mit § 113 n um diese Löschung von Amts wegen nach­ zusuchen. Im übrigen siehe § 114 Anm. 4 (Löschungsantrag des Verwalters und des Schuldners). Eintragung in das Handelsregister: § 112 Anm. 2; Mitteilung an die Börse: § 112 Anm. 7. War eine Postsperre (§ 121) erlassen und noch nicht aufgehoben, so hat das Konkursgericht — was freilich nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist — auch die Verkehrs­ anstalten von der Aufhebung zu benachrichtigen. IV. Die Rechtsfolgen der Aufhebung ^Zeitpunkt des Eintritts: Anm. 4] bestehen nament­ lich darin:

«nm. 6.

1. Der Konkursbeschlag [§ 3 Anm. 51] endet. Das liegt im Begriffe der Konkurs­ aufhebung. Er endet, wie im Falle der Aufhebung kraft Zwangsvergleichs, für die Zukunft,

Aufhebung des Konkurses nach dem Schlußtermine.

277

nicht rückwirkend [§ 192 Anm. 4f.]. Bon nun ab steht also dem Schuldner in Ansehung H163. eines etwaigen Masseüberschusses, wie er verbleiben kann, wenn die Masse von vornherein nicht überschuldet war oder nachträglich (vielleicht durch Glücksfälle) zulänglich geworden ist, die freie Verfügung zu. Die gesetzliche Bertretungsmacht des Verwalters hört damit auf. Desgleichen endigen die Obliegenheiten eines Gläubigerausschusses und seiner Mit­ glieder sowie die der Gläubigerversammlung. Die Ausantwortung des Masseüberrests kann der bisherige Gemeinschuldner im Prozeßwege vom Verwalter fsiehe § 78 Anm. 2] wie von einem etwaigen Drittbesitzer verlangen. Prozesse über einen nun der freien Ver­ fügung des Schuldners unterliegenden Gegenstand führt der Schuldner persönlich weiter. Prozeßhandlungen können fortab nur ihm, nicht dem Verwalter gegenüber wirksam vor­ genommen werden (RG. v. 26. 4. 1910 LZ. 1911 S. 785: unwirksame Zustellung an den Verwalter). Eine Prozeßunterbrechung tritt nicht ein. Eine vom Verwalter erteilte Prozeßvollmacht dauert fort, bis sie der Schuldner als die nun persönlich zur Prozeß­

führung befugte Partei widerruft. RG. v. 13. 4. 1908 LZ. S. 705 f., v. 3. 5. 1910 Bd. 73 314, v. 1. 10. 1910 LZ. 1911 S. 153; Jaeger LZ. 1908 S. 706, DIZ. 13 S. 1268 ff. Vollmacht zu Rechtsgeschäften: § 6 Anm. 19. Wegen der Prozesse siehe im übrigen § 10 Anm. 12 ff. (Allgemeines), § 29 Anm. 24, § 36 Anm. 10 (Anfechtungs­ prozesse), § 57 Anm. 12 (Masseansprüche), § 146 Anm. 28 (Konkursfeststellung). Staats­ bürgerliche Wiederbefähigung: § 25 Anm. 39, 41 f., 46 f. Anders liegen die Dinge hinsichtlich solcher Gegenstände der Konkursmasse, die derAnm. 7. noch zu vollziehenden Schlußverteilung Vorbehalten sAnm. 1] oder für die Zwecke einer Nachtragsverteilung nach Maßgabe der §§ 166, 168f. verstrickt bleiben. In­ soweit bewendet es für Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten bei der gesetzlichen Ber­ tretungsmacht der Verwalters. Insoweit bleibt der Schuldner Gemeinschulduer, also nach § 6 der Berfügungsbefugnis entkleidet und nach § 100 zur Auskunft verpflichtet. In­ soweit bestehen auch die Aufgaben des Konkursgerichts weiter. Näheres § 166 Anm. 7. Eine Fortdauer der Zwangsvertretungsmacht des Verwalters muß, weil seine Aufgabe in­ soweit noch unerledigt ist, auch dann angenommen werden, wenn er eine zur Masse gehörende Forderung eingeklagt und während des Prozesses zum Zwecke der Verwertung (§ 117) kaufweise abgetreten, der verklagte Drittschuldner aber dem Einrücken des Käufers in den Rechtsstreit widersprochen hatte (§ 265 ZPO., vgl. § 437 BGB. mit § 59 Nr. 1 KO.). Der Verwalter und nicht etwa der bisherige Gemeinschuldner, der die Verfügung über den streitbefangenen Anspruch hier nicht zurückerlangt, hat also den schwebenden Prozeß auszutragen. Dresden v. 22. 4. 1907 Sächs. OLG. 29 S. 188 f. 2. Die Unterbrechung der Anspruchsverjährung durch Anmeldung [§ 25 Anm. 18, Aus-«nm. 8. nähme: Anm. 22] und die konkursmäßige Unterbrechung von Prozessen hören nun von selbst auf [§ 10 Anm. 12ff.]. Die den Konkursgläubigern gezogenen Schranken der Rechtsverfolgung (§§ 12, 14) fallen. Näheres zu § 164. Dagegen wird das Er­ löschen eines Rechtsverhältnisses, wie z. B. einer Gesellschaft [§ 25 Anm. 6f.], eines Geschäftsbesorgungsvertrags und der auf ihm beruhenden Vollmacht [§ 23 Anm. 9], eines ehelichen Güterstandes oder einer elterlichen Vermögensverwaltung [§ 25 Anm. 12 f.J oder eines Versicherungsverhältnisses, das nach Maßgabe des § 13 VVG. geendet hat, im Falle der Aufhebung des durchgeführten Konkursverfahrens — anders als bei erfolgreicher Anfechtung des Eröffnungsbeschlusses [§ 109 Anm. 4] — nicht etwa wieder rückgängig. Solche Änderungen der materiellen Rechtslage sind endgültig. Desgleichen die Verwandlung eines

gegenseitigen Schuldverhältnisses, die infolge der Erfüllungsablehnung des Verwalters ein­ getreten ist [§ 17 Anm. 50, Gegensatz: daselbst Anm. 54]. Wegen der Wirksamkeit der 88 65, 69, 70 siehe zu 8 164 Anm. 10 f. Zusatz. Konkursstatistik. Das Kaiserliche Statistische Amt veröffentlicht seit 1895 in seinen Anm. 9. Vierteljahresheften zur Statistik des Deutschen Reichs auf Grund eines Bundesratsbeschlusses v. 29. 11. 1894 (Bierteljahrshefte 1895 I 3 ff.) eine Konkursstatistik für das Reich. Sie wird nach Zählkarten bearbeitet, die bei den Amtsgerichten ausgefüllt, nach Landgerichtsbezirken ge­ sammelt und vierteljährlich an das Statistische Amt eingesandt werden. Anweisungen der GliedJaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. n. 18

278

Aufhebung des Konkurses nach dem Schlußtermine.

8163. staaten: Anm. 16. Aus den endgültigen Ergebnissen für das Jahr 1910 (Bierteljahrshefte 1911 m 1—41) und aus den früheren Berichten sei in aller Kürze hervorgehoben: Anm. 10.

1. Im Jahre 1910 wurden 8387 Konkurse eröffnet (gegen 6554,6 im Durchschnitt der Jahre 1895—1899 und 8630 im Jahre 1909). Zur Statistik der Antragsabweisung siehe oben § 107 Anm. 9, der Bestellung von Gläubigerausschüssen oben § 87 Anm. 3. Bon den im Jahre 1910 beendeten 8150 (1909 : 8555) Konkursen wurden

a) aufgehoben 67,7% nach Abhaltung des Schlußtermins (1895—1899 durchschnittlich 66%, 1909: 66,7%) und 22,3% nach bestätigtem Zwangsvergleich (1895—1899 durch­ schnittlich 25,2%, 1909 : 22,9%); b) eingestellt 2,0% (1894—1899: 2,5%, 1909: 1,8%) wegen Konkursverzichts und 8,0% (1895—1899: 6,3%, 1909: 8,6%) wegen Unzulänglichkeit der Masse zur Kosten­ deckung. Antragsabweisung mangels Masse: § 107 Anm. 9. Von den Millionenkonkursen, die im Jahre 1910 beendet wurden (22), sind 16 (1909: 17) nach Ausschüttung der Masse, 4 (1909: 11) infolge Zwangsvergleichs auf­ gehoben worden. Der Zwangsvergleich ist verhältnismäßig häufiger bei größeren, die Masseausschüttung bei kleineren Konkursen. Vgl. Bierteljahreshefte 1911III 4 f.

Anm.ii.

2. Was die Dauer der Konkurse betrifft, so hatten von den im Jahre 1910 beendeten Konkursen eine Dauer von weniger als drei Jahren 92,3% (1895—1899: durchschnittlich 94,4%, 1909: 93,0%). Acht (1895—1899: durchschnittlich sechs, 1909: zwanzig) unter den 1910 beendeten Konkursen — also nicht etwa acht Prozent — haben länger als zehn Jahre gedauert. In sämtlichen Berichtsjahren hat sich das volkswirtschaftlich erhebliche, wenn auch wohl erklärliche Ergebnis gezeigt, daß die Beendigungsart des Zwangsvergleichs viel rascher zur Konkurserledigung führt als die Ausschüttung der Masse. Es dauerten nämlich a) unter den durch Schlußverteilung beendeten Konkursen 47,0% (1895—1899: durchschnittlich 57,1%, 1909 : 52,0%) unter einem Jahr, 30,9% (27,4% bezw. 29,2%) ein bis (ausschließlich) zwei Jahre, 12,7 % (8,4% bezw. 10,4%) zwei bis drei Jahre, 9,4% (7,1% bezw. 8,4%) drei und mehr Jahre; b) unter den durch Zwangsvergleich beendeten 72,8% (1895—1899: durchschnittlich 83%, 1909: 77,7%) weniger als ein Jahr — darunter 39,5% (49,6 bezw 40,4%) weniger als 6 Monate —, 18,5% (12,5% bezw. 16,1%) ein bis (ausschließlich) zwei Jahre, 5,7% (2,6% bezw. 3,1%) zwei bis drei Jahre und 3,0% (1,9% bezw. 3,3%) drei Jahre und länger.

Anm.12.

3. Das finanzielle Ergebnis. Massegläubiger und bevorrechtigte Konkursgläubiger wurden in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle voll gedeckt und zwar 1910 die Masse­ schulden in 99,0% (1895-1899: durchschnittlich 99,3%, 1909: 98,4%), die Massekosten in 94,2% (97,6% bezw. 94,0%) und die bevorrechtigten Forderungen in 88,2% (94,4% bezw. 89,4%). Die nicht bevorrechtigten Konkursforderungen dagegen wurden 1910 und 1909 nur in je 7,0% (1895—1899 in durchschnittlich 7,8%) zu einem die Hälfte übersteigenden Betrage gedeckt. Gar keine Dividende haben die nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger 1910 in 13,7%, 1909 in 13,4%, 1895—1899 durchschnittlich in 7,1%,

Bolldeckung hingegen (also 100 Prozent) 1910 in 2,1%, 1909 in 1,9%, 1895—1899 durchschnittlich in 1,9% der zum Gegenstände des Berichts gemachten Konkurse erhalten. 1910 sind in 79,8%, 1909 in 79,5% höchstens 30% der nicht bevorrechtigten Forde­ rungen gedeckt werden. Gänzlich ausgefallen sind sie 1910 in 13,7%, 1909 in 13,4% aller beendeten Konkurse des Berichts. Antragsabweisung mangels Masse: § 107 Anm. 9. Bolle Befriedigung der Konkursgläubiger ergeben nach der Natur des Verfahrens zahl­ reiche Genossenschaftskonkurse, aber meist auch nur diese. ig

nm*

*

Bon den beiden Aushebungsarten liefert wiederum der Zwangsvergleich das relativ günstigere Ergebnis. Abgesehen davon, daß beim Zwangsvergleich ein gänzlicher Ausfall der nicht bevorrechtigten Gläubiger ausgeschlossen ist, wurden nämlich an die einfachen Konkursgläubiger ausbezahlt oder bedungen:

279

Aufhebung des Konkurses nach dem Schlußtermine.

Prozente der nicht bevor­

Prozente der

rechtigten Konkursforderungen

durchgeführten Konkurse

Prozente der kraft Zwangs­ vergleichs beendeten Konkurse 1910

1909

1910

1909

50 bis über 40

3,6

3,8

9,8

8,8

40 „



6,6

7,0

17,2

17,1

30 „

„20

12,2

13,5

27,0

31,8

20 „



24,3

25,7

28,6

26,4

30

10

In diesem Zusammenhang sei eine beachtenswerte Verordnung des österreichischen Anm. 14. Justizministeriums vom 25. 10. 1898 (JMBl. Nr. 32) erwähnt, die unter 7 hervorhebt: Das finanzielle Konkursergebnis stehe im umgekehrten Verhältnisse zur Dauer des Verfahrens und zwar namentlich deshalb, weil nach Konkurseröffnung die Entwertung der Aktiven rapid fortschreite. Darum habe der Konkursverwalter wie das Konkursgericht mit allen sachgemäßen Mitteln auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken. 4. Die Kosten des Konkursverfahrens [§ 58 Anm. 3] betrugen bei den 1910 be-Anm.15. endeten Konkursen 8 910599 (1909 : 9 393135, 1902 : 8 078 231, 1901: 6316 033) Mark. Vergütung und Auslagen des Verwalters und Gläubigerausschusses: § 91 Anm. 2 mit § 85 Anm. 2. Im Verhältnisse zur Summe der Teilungsmassen haben sich die Konkurs­ kosten 1910 auf 9,8°/0,1909 auf 10,l°/o, 1902 auf 6,81 °/0, 1901 auf 10,62 °/0) belaufen. 1910 betrugen die Kosten bei den durchgeführten Konkursen 10,1 °/0, bei den kraft Zwangs­ vergleichs beendeten 9,0°/0 der Teilungsmaffe. Dabei bleibt zu beachten, daß die Gebühr im Vergleichsfalle um zwei Zehnteile geringer ist (§ 51 Nr. 1, 2 GKG.). 5. Über die Ausfüllung der zur Herstellung der Konkursstatistik dienenden Zählkarten haben Anm.16.

die Gliedstaaten Anweisungen erlassen. Preußen: Allg. Verf. v. 10. 12. 1894 (JMBl. S. 341); Bayern: JMB. v. 22. 12. 1894 (JMBl. 1895 S. 12, 17); Sachsen: Geschäftsordnung [§ 71 Anm. 22] §§ 1843—1846; Württemberg: V. v. 17. 12. 1894 (JBABl. S. 76). Literatur: A. Wirminghaus Art. Konkurs (Statistik) im Handwörterbuch der Staatswissenschaften Bd. 6 (3. Aust. 1910) S. 102 ff. mit Zit. S. 108, dazu E. Herz­ felder Problem der Kreditversicherung (Heft 20 der Schanz'schen Wirtschafts- und Ver­ waltungsstudien, 1904) S. 135 ff. (hier auch Auslandsstatistik und Berbefferungsvorschläge).

§ 1*4. Nach der Aufhebung des Konkursverfahrens können die nicht befriedigten

Konkursgläubiger ihre Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. Für die Gläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht von dem

Gemeinschuldner im Prüfungstermine ausdrücklich bestritten worden sind, findet gegen, den Schuldner aus der Eintragung in die Tabelle die Zwangsvollstreckung unter entsprechender Anwendung der §§ 72^—793 der Zivilprozeßordnung statt. Für Klagen auf Erteilung der Vollstreckungsklausel, sowie für Klagen, durch welche die die Forderung selbst betreffenden Einwendungen geltend ge­ macht werden, oder der bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommene Eintritt der Tatsache, von welcher die Vollstreckung aus der Eintragung in die Tabelle abhängt, oder die als eingetreten angenommene 18*

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses.

280

8164. Rechtsnachfolge bestritten wird, ist

das

im § ^6 Abs. 2 dieses Gesetzes be­

zeichnete Gericht zuständig. Unveränderter § 152 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 189f., Motive H S. 382ff., Protokolle S. 108, 183, Kommissionsbericht S. 1962.

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses. L Grundsatz der freien Nachforderung (Abs. I).

Anm. i.

Anm. 2.

1. Die Schranken, die der Konkurs mit Rücksicht auf den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger der Rechtsverfolgung des Einzelnen zieht (§§ 12, 14), fallen, sobald die Aufhebung des Verfahrens in Wirksamkeit tritt [§ 163 Anm. 4]. Soweit also ein Konkursgläubiger zu dieser Zeit noch unbefriedigt ist, steht ihm die Sonderverfolgung seines Anspruchs wie vor dem Konkurse frei, einerlei, ob er sich am Verfahren beteiligt hat oder nicht. Solche Werte zwar, die Gegenstand der bei Aushebung des Verfahrens etwa noch nicht vollzogenen Schlußverteilung oder für die Zwecke einer Nachtragsverteilung gebunden sind [§ 163 Anm. 7], bleiben dem Sonderzugriffe verschlossen. Dagegen wird der Schuldner weder von der Restverbindlichkeit befreit, noch kommt ihm auf Grund des Konkurses die Rechtswohltat des Notbedarfs zu. Motive II S. 382 ff. (hier das ältere Recht), Protokolle S. 108; über das beneficium competentiae des römischen und gemeinen Rechts siehe Karlowa Röm. Rechtsgeschichte II § 178, Windscheid Pandekten o II §§ 266—268. Fremde Rechte: Anm. 13f. Ob freilich ein „Schuldner" übrig bleibt, gegen den die Restforderung verfolgt werden könnte, das ist eine vom § 164 nicht berührte Frage. Einmal muß man beachten, daß juristische Personen als Schuldner infolge des Konkurses zu erlöschen pflegen [§ 25 Anm. 6, 9]; zum andern, daß die Verantwortlichkeit eines Erben, der das Recht der Haftungsbeschränkung nicht etwa verwirkt hat, nach Durchführung des Nachlaßkonkurses regelmäßig erschöpft ist [§ 230 Anm. 4]. Bleibt aber ein Schuldner nach, so schwächt sich seine Haftung nur aus besonderen Gründen ab. So infolge eines Zwangsvergleichs (§§ 173 ff.) wie auch infolge freiwilliger Erlassung oder Stundung. 2. Das Recht freier Nachforderung hat der Konkursgläubiger, soweit er „nicht befriedigt" ist. Gläubiger, die am Verfahren nicht teilgenommen haben, dürfen sonach ihre volle Forderung unbeschränkt geltend machen, einerlei, ob sie im bürgerlichen oder (z. B. als Abgabenanspruch, § 61 Nr. 2) im öffentlichen Recht begründet ist. Ebenso steht der Zugriff auf das nun der freien Verfügung des Schuldners unterworfene Vermögen fortab solchen Gläubigern offen, deren Ansprüche erst während des Konkurses entstanden sind (§ 3) oder nach Maßgabe des § 5 II oder des § 63 unanmeldbar waren. Namentlich können die seit Konkursbeginn erwachsenen Zinsen [§ 63 Anm. 2] und die vom Gemeinschuldner nach allgemeinen Grundsätzen zu erstattenden Kosten der Teilnahme am Verfahren (§ 72 KO. mit §§ 91, 788 ZPO.) jetzt in Verbindung mit der noch ungetilgten Hauptforderung oder nach vollständiger Erfüllung der letzteren (z. B. einer Borrechtsforderung) selbständig geltend gemacht werden. Motive II S. 242; RG. v. 30. 1. 1886 Bd. 15 117; Seuffert S. 388. Das Recht der Nachforderung besteht ohne Rücksicht darauf, ob das Schuld­ verhältnis im Konkurs unberührt geblieben oder nach Maßgabe der §§ 17 ff. in einer Schadensersatzforderung aufgegangen ist (RG. v. 23. 2.1901 IW. S. 253 Nr. 11). Siehe

auch Anm. 10. II. Die Urteilskraft der Feststellung gegenüber dem Gemeinschuldner (Abs. II, UI).

Anm. 3.

1. Unter der Voraussetzung, daß gegen eine geprüfte Forderung vom Schuldner nicht aus­ drücklich im Prüfungstermin oder durch zulässige Nachholung (§ 165) Widerspruch erhoben oder daß ein solcher Widerspruch überwunden worden ist (§ 144II), liefert der Fest­ stellungsvermerk der Konkurstabelle (§ 145) einen Titel zur außerkonkurs­ mäßigen Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner (Abs. II; vgl. §§ 194, 206II). Ob die Feststellung bereits im Prüfungstermin oder erst hinterher, ob sie in Anwesenheit oder in Abwesenheit des Schuldners, ob sie freiwillig oder gezwungen [§ 144 Anm. 1, 2, 5]

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses.

281

erfolgte, gilt gleich. Auch genügt es, daß „die Forderung" „festgestellt" (Abs. II mit H184. § 144II) und nach Bestand oder Betrag vom Schuldner selbst nicht bestritten ist: ein nur gegen den vom Anmelder im Konkurse beanspruchten Rang gerichteter Widerspruch berührt die Rechtsverfolgung außerhalb des Konkurses nicht und kann vom Schuldner persönlich auch für den Konkursbereich nicht wirksam erklärt werden. Ist der Widerspruch, an dem die Feststellung scheiterte, vom bestreitenden Verwalter oder Gläubiger auf die Behauptung der Unanmeldbarkeit (§§ 3, 5II, 63) gegründet worden, ohne daß Bestand und Betrag der Forderung angezweifelt worden sind, so versagt doch die Anwendbarkeit unseres Abs. II, weil es eben am Erfordernis der „Feststellung" fehlt. Die Feststellung des Anspruchs als Konkursforderung (§ 144 I), die im Tabelleintrage „gegenüber allen Konkurs­ gläubigern" die Wirksamkeit eines rechtskräftigen Urteils erlangt hat (§ 145 H), wird durch unsern Abs. II bei Unterlassung oder Überwindung des Schuldnerwiderspruchs auch gegenüber dem Schuldner p ersönlich mit der Wirksamkeit rechtskräftiger Verurteilung ausgestattet. Der Feststellungsvermerk wirkt kraft Gesetzes wie ein rechtskräftiges Leistungsurteil (vgl. RG. v. 24. 5. 1895 Bd. 35 83, OLG. Karlsruhe v. 28. 11. 1906 LZ. 1907 S. 921). Freilich redet der § 164 nur von der Vollstreck­ barkeit gegen den Schuldner. Allein der innere Zusammenhang mit dem § 145 II er­ gibt, daß diejenige endgültige Vollstreckbarkeit gemeint ist, die ein rechtskräftiges Urteil erzeugt (§ 704 I ZPO.). Offenbar hat der Tabelleintrag den Konkursgläubigern und dem Schuldner gegenüber dieselbe Art der Wirksamkeit. Daß es sich im § 164 nicht um eine nur vorläufige Vollstreckbarkeit handelt, ist klar. Eine andere als die urteilsmäßige Vollstreckbarkeit kommt aber hier überhaupt nicht in Frage. Die Ausstattung des Fest­ stellungsvermerks mit Urteilskraft findet den rechtfertigenden Grund in der ausdrücklichen oder stillschweigenden Anerkennung des Anspruchs durch die Beteiligten. Der Schuldner im besonderen hat die Pflicht, sich über die angemeldeten Forderungen im Prüfungstermine zu erklären (§ 141II). Sein Nichtbestreiten ist stillschweigende Anerkennung. Er ist Partei im Feststellungsverfahren und gibt, was die Verhältnisse außerhalb des Konkurses betrifft, seine Erklärungen selbständig ab [§ 141 Anm. 1]. Da er aber für den Bereich des Konkurses durch den Verwalter vertreten und dieser vorwiegend durch ihn unterrichtet ist, darf sich der Schuldner bei der Bestreitung des Verwalters beruhigen, freilich nur auf die Gefahr hin, daß die gegenüber dem Verwalter erzwungene Feststellung ohne weiteres auch außerhalb des Konkurses gegen das Schuldnervermögen wirkt. Gleichen Schutz ge­ währt ihm nach der Fassung des Gesetzes der Widerspruch eines Gläubigers. Mit Recht erkennt daher das RG. v. 6. 4. 1886 Bd. 16 35, v. 24. 5.1895 Bd. 35 81, v. 8.1.1897 IW. S. 110 f. Nr. 20, v. 1. 3. 1900 Bd. 46 10, v. 27. 6. 1910 Bd. 74 63 u. ö. an, daß die ohne Widerspruch des Gemeinschuldners erfolgte Eintragung nach dem Willen des Gesetzgebers von Anfang an einem gegen den Gemeinschuldner erlassenen rechtskräftigen Urteile gleichsteht. Desgleichen OLG. München v. 28.10.1907 LZ. 1908 S. 474 s. und die herrschende Lehre (Schultze S. 70 ff., 101, Seuffert S. 388, Fitting S. 132, Kohler Leitfaden S. 255, Petersen-Kleinseller Anm. 6). Ebenso gehen die Motive II S. 383 ff. erkennbar davon aus, daß unser Abs. II die Rechtskraft des Feststellungsvermerkes auch dem Schuldner gegenüber anerkennt, was, wenn auch nicht durch die juristische Konsequenz, so doch durch praktische Bedürfnisse geboten sei. Dem entspricht endlich auch der Einfluß des dem Schuldner gegenüber vollstreckbaren Eintrags auf die Verjährung nach § 218 I BGB. [§ 25 Anm. 24]. Sonach enthält der vom Schuldner nicht bestrittene Feststellungseintrag (§§ 164II, 194, 206II) auch dem Schuldner gegenüber eine rechtskräftige Fest­ stellung des Anspruchs nach Grund und Betrag. So z. B. im Sinne der §§ 729, 738 und besonders (was unser Abs. III bestätigt) im Sinne des § 767 ZPO[tont. 8]. Damit wird also dem Schuldner die Möglichkeit verschlossen, in einem späteren Rechtsstreit mit Erfolg geltend zu machen, daß der Anspruch zur Zeit der Feststellung nicht oder nicht in der sestgestellten Höhe begründet gewesen sei. Der künftige Richter ist an den Inhalt der Feststellung gebunden. Andrerseits bleibt zu beachten, daß die Rechts­ kraft ihrem Wesen nach nicht eine abermalige, sondern nur eine inhaltlich abweichende

282 §164.

Nnm. 4.

Anm. 5.

Sinnt. 6

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurse-. Entscheidung ausschließt und darum an sich der Zulässigkeit einer späteren Klage nicht entgegensteht (Gaupp-Stein ZPO." § 322 mit Zit.). Diese Zulässigkeit bedarf aber der Rechtfertigung durch den Nachweis eines besonderen, trotz der rechtskräftigen Feststellung begründeten Rechtsschutzbedürfnisses, also eines rechtlichen Interesse an erneuter richterlicher Entscheidung. Daran wird es regelmäßig fehlen, mag nun der Gläubiger (was ihm alle­ zeit freisteht) die vollstreckbare Tabellausfertigung bereits erwirkt haben oder nicht (zust. OLG. München aaO.). Immerhin kommen Ausnahmelagen vor. Vgl. RG. v. 29. 10. 1890 IW. S. 411 Nr. 8 (Betrag ungewiß), v. 8. 1. 1897 IW. S. 110 f. Nr. 20 (späteres Erlöschen behauptet); OLG. Karlsruhe v. 21. 10. 1901 BadRpr. 1901 S. 318 (Änderungen in der Sachlegitimation oder im Forderungsbestande). Fehlt aber

das erforderliche Rechtsschutzinteresse, dann muß die neue Klage als unzulässig von Amts wegen abgewiesen, nicht etwa (wie für einen ähnlichen Fall RG. v. 17. 5. 1898 IW. S. 417 Nr. 10 angenommen hat) unter Anwendung des § 93 ZPO. zuerkannt werden. Siehe § 12 Anm. 6 mit Lit. Wirksamkeit negativer Feststellungen zugunsten des Schuldners: § 147 Anm. 3. Der prozeßfähige Schuldner kann wirksam durch einen Bevollmächtigten be­ streiten lassen. Bei Prozeßunfähigkeit des Schuldners wendet nur der Widerspruch des gesetzlichen Vertreters die Rechtskraftwirkung gegenüber dem Schuldner ab. So kommt im Konkurs einer Aktiengesellschaft der Widerspruch des Vorstandes der nach Konkurs­ beendigung fortgesetzten Gesellschaft [§§ 207 f. Anm. 32] zu statten. Siehe § 141 Anm. 1. Offene Handelsgesellschaft: Anm. 9; Nachlaßkonkurs: § 214 Anm. 12, 18, 19. 2. Im einzelnen sei bemerkt: a) Die Urteilskraft der Feststellung gegenüber dem Schuldner beginnt unmittelbar mit dem Vollzüge der Eintragung in die Konkurstabelle, nicht erst mit Konkursbeendigung, und erlischt mit dieser Eintragung [§ 145 Anm. 10ff.]. Sie wirkt im Einzel­ interesse der Gläubiger. Darum kann auch ein Gläubiger mit vollstreckbarer Tabell­ ausfertigung die Unwirksamkeit einer Verfügung des Gemeinschuldners über einen Masse­ gegenstand (§ 7) nach Konkursbeendigung nicht zu seinen Gunsten anrufen. Denn diese Unwirksamkeit besteht nur im Interesse der Gläubigergemeinschaft [§ 7 Anm. 10]. Abw. Stettin v. 18. 2. 1908 OLG. 19 S. 202. b) Die vom Gemeinschuldner nicht bestrittene Eintragung bildet ihm gegenüber einen Bollstreckungstitel. Der Gläubiger kann vom Gerichtsschreiber beim Amtsgericht des Konkurses eine mit der Vollstreckungsklausel versehene Aus­ fertigung des Tabelleintrags verlangen (§§ 299, 724, 732 ZPO., Motive II S. 385). Vermerk der Erteilung in der Tabelle: § 140 Anm. 10. Für ein Rechtskrastzeugnis im Sinne des § 706 ZPO. ist, auch wenn die zur Tabelle festgestellte Forderung in einem bis dahin noch nicht rechtskräftigen Urteil anerkannt war, kein Raum. Der Tabelleintrag allein ist nun maßgebend sAnm. 7]. Siehe den Fall RG. v. 3. 4. 1891 Bd. 27 117 und dazu oben § 144 Anm. 4, § 146 Anm. 30. Die Ausfertigung des durch einen für das Konkursverfahren zuständigen Deutschen Konsul oder Schutzgebiets­ richter vollzogenen Tabelleintrags bildet unmittelbar einen zur Vollstreckung im Reiche genügenden Titel. Eines Vollstreckungsurteils (§ 722 ZPO.) bedarf es nicht [§ 145 Anm. 6]. Auf Grund einer vollstreckbaren Tabellausfertigung kann der Gläubiger seine Konkursforder.ung als solche zu dem noch unberichtigten Teile allerdings erst nach Konkursbeendigung aus dem Schuldnervermögen beitreiben (§ 14). Allein, da die Urteilskraft der Feststellung sofort mit der Eintragung beginnt sAnm. 5], da ferner die Erteilung der Bollstreckungsklausel nicht schon den Beginn der Zwangsvollstreckung bedeutet und auch noch anderen Zwecken dient, darf der Gläubiger die vollstreckbare Ausfertigung bereits vor Konkursbeendigung verlangen. Der Feststellungsvermerk wirkt auch als Titel zur Ko st en fest setz ung (8 1031 ZPO. i. F. v. 1909) und zur außerkonkurs­ mäßigen Gläubigeranfechtung (§§ 2, 13 V AnfG.). Siehe namentlich RG. v. 24. 5. 1895 Bd. 35 80 sowie oben § 12 Anm. 4, § 14 Anm. 2, 16, § 145 Anm. 6 mit weiterer Rechtsprechung. Der Absonderungsgläubiger darf in dieser seiner

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses.

283

Eigenschaft von dem in der Eintragung erzielten Bollstreckungstitel schon während des H184. Konkurses zum Zwecke der nach 8 4 unabhängig vom Konkursverfahren erfolgenden Pfandverwertung und Ausfallermittelung (§ 64) sowie zum Zwecke der ihm als solchem verstatteten Gläubigeranfechtung Gebrauch machen. Zust. OLG. Karlsruhe v. 28.11.1906 LZ. 1907 S. 921 f., OLG. Cassel v. 21. 1. 1909 LZ. S. 489 ff. (Erwirkung einer ÜberWeisung zur Einziehung auf Grund der Tabelleintragung behufs Verwertung eines Forderungsarrestpfandes), LG. München v. 26. 1. 1910 LZ. S. 715ff. (Anfechtung); siehe § 14 Anm. 9 mit weiteren Zitaten. Auch zum Zwecke der Zwangsverwertung des (wegen Überlastung) vom Verwalter freigegebenen Pfandgegenstandes kann der

Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung schon während des Konkurses erwirken (Schwabe DIZ. 15 S. 1229). Nach alledem ist es unzutreffend, wenn verschiedene Geschäftsordnungen [§ 71 Anm. 22], denen nur die Beitreibung der unberichtigt gebliebenen Konkurssorderung als solcher vorschwebt, die Erteilung einer vollstreck­ baren Ausfertigung in den Fällen der §§ 164, 194, 206 KO. erst dann für zu­ lässig erklären, „wenn die öffentliche Bekanntmachung der Aufhebung oder der Ein­ stellung des Verfahrens nach § 76 Abs. 1 KO. für bewirkt gelte und eine gegen den Einstellungsbeschluß zulässige Beschwerde innerhalb der. gesetzlichen Frist nicht erhoben sei" (so Preußen § 33 Nr. 13, Bayern § 197 II, Hessen § 40 Nr. 1, nicht z. B. Sachsen § 1455). Diese (vereinzelt auch in der Literatur, z. B. von Wolff Anm. 3, Fitting § 12 N. 15, K. Meyer BayZ. 1905 S. 39 f. gebilligten) Ministerialerlasse stellen eine dem Gesetz unbekannte und darum unverbindliche Beschränkung aus. Mit der Rechtsprechung namentlich des Reichsgerichts sind sie unvereinbar. Daß der Tabellausfertigung der Zusatz „das Konkursverfahren ist noch nicht beendet" beigefügt wird, unterliegt keinem Bedenken. Vgl. LG. München v. 26. 1. 1910 LZ. S. 715 ff. (mit Rechtspr. in Note 2), Stern LZ. 1912 S. 130 f. (gegen einen die Dienstanweisung als bindend erachtenden Beschluß des AG. Würzburg v. 22. 9. 1911). Versagt der Gerichtsschreiber die beantragte Ausfertigung, so hat das Amtsgericht des Konkurses nach § 576 I ZPO. zu entscheiden. Der Beschluß des Gerichts unterliegt der einfachen Beschwerde [§ 73 Anm. 6]. Aus dem Grunde, weil der Gläubiger nach der Feststellung zur Tabelle auf „Befriedigung aus der Konkursmasse" verzichtet habe, darf der Gerichts­ schreiber die Tabellausfertigung nicht verweigern. Der Streit über die Tatsache und Tragweite eines solchen Verzichts würde in einem Prozesse zwischen Schuldner und Gläubiger nach § 767 ZPO. auszutragen sein. Vgl. OLG. Frankfurt a. M. v. 26. 4. 1907 LZ. 1908 S. 175 f. Für die Erteilung der Bollstreckungsklausel und für das weitere Vollstreckungs-Anm. ?. verfahren sind die §§ 724—793 ZPO. maßgebend (Abs. II). Für eine Forderung, die als aufschiebend bedingt festgestellt ist, darf daher die Bollstreckungsklausel nur unter Beobachtung der §§ 726 I, 730 f. ZPO. erteilt werden. Für die Erteilung zu­ gunsten eines Rechtsnachfolgers des ursprünglichen Konkursgläubigers sind die §§ 727, 730 f. ZPO. maßgebend fsiehe § 140 Anm. 8]. Der nach § 7501 ZPO. in der Bollstreckungsklausel mit Namen zu bezeichnende gegenwärtige Schuldner ist beim Nachlaßkonkurse der Erbe (zust. LG. Berlin v. 7. 4. 1908 KGBl. S. 57f.). Ein früherer Bollstreckungstitel des Gläubigers (§ 146 VI) wird durch den vollstreckbaren Tabelleintrag verdrängt: fortab wirkt im Bereiche der tabellarischen Fest­ stellung ausschließlich der neue Titel, weder nur der alte (so Kohler ArchZivPrax. 81 S. 390) noch der alte neben dem neuen, so daß der Gläubiger zwischen beiden die Wahl hätte (wie OLG. Jena v. 26. 11.1888 SeuffA. 45 Nr. 149, PetersenKleinfeller Anm. 4, 6, K. Meyer BayZ. 1905 S. 38 f. annehmen). Die Gegenmeinungen sind unvereinbar mit dem Wesen der Rechtskraft, um die es sich doch beim Feststellungs­ vermerk der Tabelle handelt. Daß bei inhaltlichem Zwiespalt zwischen altem Titel und Tabelleintrag der letztere vorgeht, erkennen auch Petersen-Kleinfeller Anm. 6, K. Meyer S. 39 an. Dieser Borrang aber erklärt sich gerade aus der alleinigen Maßgeblichkeit der jüngsten rechtskräftigen Zuerkennung des Anspruchs. Auch wird, wie K. Meyer

284

§164.

Anm. 8.

Anm. S.

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses. aaO. zugibt, unsere Ansicht den Bedürfnissen der Praxis am meisten gerecht. Zust. OLG. München v. 22. 12. 1905 BayZ. 1906 S. 145; Falkmann Zwangsvollstreckung S. 11 ff. Die Erteilung des vollstreckbaren Tabellenauszugs ist auch keine „weitere" vollstreckbare Ausfertigung im Sinne des § 733 ZPO. (abw. Oetker I S. 442 f. u. a.), sondern die erste Ausfertigung eines neuen Titels (Falkmann S. 131). Den aus den Konkursakten ersichtlichen Vollzug von Abschlagszahlungen hat der Gerichtsschreiber auf der Tabellausfertigung zu vermerken (vgl. § 757 ZPO.). Eine nach der Feststellung erfolgte Tilgung des Anspruchs, besonders eine Teil- oder Bollzahlung, kann nur im Wege der Bollstreckungsgegenklage nach Maßgabe des § 767 ZPO. geltend gemacht werden sAnm. 8]. Vgl. Falkmann S. 80 f. Für Klagen auf Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 731 ZPO.), für Boll­ streckungsgegenklagen (§ 767 ZPO.) und für Klagen gegen die Zulässigkeit der Boll­ streckungsklausel, die auf den Nichteintritt der die Vollstreckbarkeit der Tabelle bedingen­ den Tatsache oder der bei Erteilung der Klausel angenommenen Rechtsnachfolge gegründet werden (§ 768 ZPO.), ist nach Abs. III ausschließlich — Berücksichtigung von Amts wegen, keine Prorogation (§ 40 II ZPO.)! — das Amtsgericht, bei dem der Konkurs schwebt, und bei landgerichtlichem Streitgegenstände das übergeordnete Land­ gericht zuständig. Die Ausschließlichkeit ergibt sich aus der Verweisung auf den § 146 EL Der § 802 ZPO. bestätigt das Ergebnis. Wie das Amts- oder Landgericht des Kon­ kurses in diesen Fällen der §§ 731, 767, 768 ZPO. anstelle des „Prozeßgerichts" erster Instanz tritt, so muß sein Gerichtsschreiber auch die sonst dem Gerichtsschreiber des Prozeßgerichts erster Instanz zukommende Zuständigkeit zur gesonderten Festsetzung der Bollstreckungskosten haben. Vgl. §§ 788, 103 ZPO. (i. F. v. 1909); Celle v. 19. 2. 1908 OLG. 17 S. 200f.; abw. Gaupp-Stein ZPO." § 103 N. 35 (das „Konkursgericht" trete hier anstelle des Prozeßgerichts); zweifelnd Seuffert ZPO." § 788 Anm. 1 a. E. Die Bollstreckungsgegenklage kann arg. § 767 II ZPO. nur auf Gründe gestützt werden, die nach der Feststellung sAnm. 5] entstanden sind. Ein in der Reichstagskommission von 1898 gestellter Antrag, diese Beschränkung für unanwendbar zu erklären, wurde mit Recht abgelehnt unter dem Hinweis auf die Gefahr mißbräuchlicher Ausübung des nachträglichen Bestreitungsrechtes durch den Schuldner (Kommissionsbericht S. 1962). Eine solche Vorschrift hätte auch die üble Nebenwirkung gehabt, das persönliche Interesse des Schuldners am Erscheinen im Prüfungstermin ab­ zuschwächen. Zur Frage entsprechender Anwendbarkeit des § 768 ZPO. bei aufeinander folgenden Vollpfändungen einer Konkursforderung vgl. Stettin v. 12. 3. 1909 OLG. 19, 148 ssiehe auch § 145 Anm. 8]. Im Konkurse der offenen Handelsgesellschaft liegt die Sache nach neuem Recht folgendermaßen. Als Mitträger der Gemeinschuldner-Rolle kann arg. §§ 210, 211 KO. jeder Gesellschafter — bei der Kommanditgesellschaft jeder persönlich haftende Teilhaber — widersprechen: der Widerspruch eines einzigen wendet die Säumnisfolge der §§ 164 II, 194, 206II KO. ab ssiehe §§ 209 f. Anm. 11]. Hat kein Gesellschafter der Feststellung widersprochen, so erlangt diese zwar — mag sie freiwillig oder er­ zwungen sein sAnm. 3] — Vollstreckbarkeit nur gegenüber der nach Konkursbeendigung fortgesetzten (§ 144 HGB.) oder liquidierenden Gesellschaft, nicht aber auch gegenüber den einzelnen Mitgliedern (arg. § 129 IV HGB., KG. v. 1. 4. 1909 KGBl. S. 75). Doch stellt der auf allseitiger Anerkennung beruhende Feststellungseintrag das Bestehen einer Gesellschaftsschuld für den Zeitpunkt der Feststellung mit Rechtskraftwirkung auch gegenüber jedem Teilhaber fest: nur persönliche Einwendungen bleiben ihm gewahrt (§ 129 I HGB.). Staub HGB.« § 124 Anm. 24, § 131 Anm. 12; im Ergebnis über­ einstimmend auch KG. v. 29. 5. 1900 OLG. 1 S. 230 f. War im Gesellschaftskonkurs eine Gesellschaftsschuld von ursprünglich kürzerer als fünfjähriger Verjährung ohne Widerspruch der Gesellschafter festgestellt worden, so soll es nach RG. BZS. v. 27. 6. 1910 Bd. 74 63 (mit II. ZivSen. v. 23. 2. 1909 Bd. 70 323) für die gegen daEigenvermögen der Gesellschafter gerichteten Ansprüche zufolge § 1591 HGB. bei jener

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses.

285

kürzeren Verjährung bewenden, während eine mehr als fünfjährige Verjährung sich auf § 184. fünf Jahre herabmindern soll (abw. Jaeger LZ. 1910 S. 26 ff.). c) Die auf Grund der §§ 65, 69, 70 eingetretenen Änderungen erlangenAmn.io.

infolge der Urteilswirkung des Feststellungseintrags dem Schuldner wie dem Gläubiger gegenüber eine dauernde Maßgeblichkeit. Somit bleibt die ursprünglich betagte Forderung fällig und bei Unverzinslichkeit um den Zwischen­ zins gemindert (§ 65), die in Geld geschätzte Sachforderung auf Geld (§ 69) und der Rentenanspruch auf Kapital gerichtet (§ 70). Es kann weder der Gläubiger noch der Schuldner auf die ursprüngliche Gestalt der Forderung zurückgreifen, solange die Fest­ stellung nicht etwa wirksam [§ 145 Anm. 12] umgestoßen worden ist. Das wäre, was die §§ 69, 70 betrifft, bei Unteilbarkeit der ursprünglichen Leistung lediglich unter Rück­ gabe der Dividende durchzuführen und jedenfalls mit dem Zwecke des Gesetzes (Abs. II) unvereinbar. Denn ohne Ausnahme wird zur Ersparung eines Prozesses gegen den Schuldner diesem gegenüber, wenn ein Widerspruch von ihm nicht erhoben oder über­ wunden worden ist, „die Eintragung in die Tabelle" einer rechtskräftigen Ver­ urteilung gleich behandelt. Damit ist klargestellt, daß fortab unterschiedslos, mag der Anspruch von vornherein auf Geld gerichtet gewesen oder nur für den Konkurszweck als Geldanspruch angemeldet worden sein, für die Rechtsverfvlgung gegen den Schuldner der Tabelleintrag maßgebend ist. Ein Zurückgreifen auf den ursprünglichen Forderungs­ inhalt und bei titulierter Anmeldung (§ 146 VI) auf den ursprünglichen Titel sAnm. 7] wird damit ausgeschlossen. Für ein Wahlrecht des Gläubigers fehlt jeder gesetzliche Anhalt. Es würde in seiner Durchführung auf erhebliche Bedenken stoßen und, nach­ dem der Gläubiger doch einmal durch Teilnahme am Verfahren Befriedignng in Geld begehrt hat, nicht zu rechtfertigen sein. Auch die Ablehnung der Empfangnahme von Anteilen ändert an dieser Rechtslage nichts. So auch die herrschende Lehre, namentlich Fitting § 12 N. 14, Oetker I S. 446 ff., Seuffert § 52 N. 33, Hellmann S. 213, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 5, Petersen-Kleinfeller Anm. 6, v. Sarwey-Bossert Anm. 9; — abw. v. Bölderndorff II S. 489ff., Schultze S. 79ff., Förster-Eccius I7 S. 812, Rintelen ZHR. 61 S. 165 ff., 174 ff. An die Stelle von Wiederkehransprüchen (z. B. auf Leibrenten) ist sonach endgültig die festgestellte Forderung auf den an­ gemeldeten Einheitsbetrag getreten. Der § 323 ZPO. kann — ganz abgesehen davon, daß er die Verurteilung zu künftig verfallenden Wiederkehrleistungen voraussetzt, während bar Tabelleintrag als Verurteilung zu einmaliger Zahlung wirkt — schon deshalb gegen­ über der Feststellung des geschätzten Kapitalanspruchs nicht in Frage kommen, weil die Schätzung den wirklichen Verlauf der Dinge außer Betracht stellt, indem sie den wahr­ scheinlichen zugrunde legt [§ 69 Anm. 4]. Mit der Feststellung zur Tabelle wird diese Berechnung endgültig maßgebend. Es kann daher auch keine Rede von einem Be­ reicherungsanspruche des Schuldners sein, wenn der Rentengläubiger nach Empfang der auf die Schätzungssumme entfallenen Anteile vor dem Ende der als wahrscheinlich angenommenen Lebenszeit verstirbt. Hier trägt der Schuldner den Schaden, wie ihn bei tatsächlich längerer Lebensdauer der Gläubiger trägt. Dieses Risiko liegt im Wesen der Schätzung. Unhaltbar Sepp Leibrentenvertrag (1905) S. 77 ff., 82 ff. Nur durch Übereinkunft zwischen Gläubiger und Schuldner kann die ursprüngliche Gestalt der Forderung wieder hergestellt werden. Die Festlegung der konkursmäßigen Anspruchs­ änderungen, besonders der Fälligkeit und der Umwandlung in eine Geldschuld, kann auch für eine künftige Aufrechnung von Einfluß sein. Lang Aufrechnung (1906) S. 235 f. Forderungen, die nicht „festgestellt" worden sind (§ 144 I), bewahren ihrenAnm.ii. ursprünglichen Inhalt. Darum kann besonders ein Gläubiger, der sich am Konkurs

überhaupt nicht beteiligt hatte, nach Konkursbeendigung den Anspruch in seiner außer­ konkursmäßigen Gestalt und nur in dieser gegen den Schuldner verfolgen. Wie aber, wenn die Forderung zwar „festgestellt", jedoch vom Gemeinschuldner bestritten worden war? Der Gläubiger kann den Widerspruch des Schuldners noch im Laufe

286 8184.

Anm. iS.

Anm.i3.

Rechte der Gläubiger nach Aufhebung des Konkurses.

des Konkurses rechtskräftig Niederkämpfen (§ 144 II) und damit die Anwendbarkeit unseres Abs. II herbeiführen. Mit Rücksicht auf die nachhaltige Wirksamkeit der Fest­ stellung zur Tabelle hat der Schuldner alles Interesse, der nach § 69 vom Gläubiger angemeldeten Schätzungssumme zu widersprechen. Auch gegenüber diesem Widerspruch muß die Möglichkeit der Erhebung wie der Aufnahme einer Klage gegen den Schuldner nach § 144 II bestehen. Sie geht dahin, daß der Schuldnerwiderspruch für unbegründet erklärt werde [§ 144 Anm. 5], nicht aber auf Verurteilung desselben zur Natural­ leistung (gegen Rintelen aaO. S. 177, 182). Nicht anders liegt die Sache, wenn das obsiegende Urteil erst nach dem Konkurs erstritten wird. Auch dann steht die Urteils­ kraft der Feststellung dem einseitigen Zurückgreifen des Gläubigers oder Schuldners aus den ursprünglichen Forderungsinhalt entgegen. Dieser Schluß wird schon durch praktische Erwägungen geboten, namentlich für den Fall, daß auf eine Forderung mit ursprünglich unteilbarem Gegenstände Dividenden bezahlt worden sind. Vgl. Fitting S. 305, Oetker I S. 448 f.; grundsätzlich abw. eine verbreitete Lehre (z. B. v. SarweyBossert Anm. 5, Petersen - Kleinfeller Anm. 9, Wolff S. 373, Seuffert aaO.). Jeden­ falls vermag eineBerwahrung des Schuldners dahin, daß außerhalb des Konkurses die Forderung nur in ursprünglicher Gestalt verfolgt werden dürfe, die Urteilskraft der Feststellung nicht abzuwenden. Das Gesetz kennt einen solchen Vorbehalt nicht. Seine Eintragung in die Tabelle würde daher unzulässig und wirkungslos sein. Vgl. Schultze S. 81; abw. Hullmann Anm. 3 a. E. Ob ein Widerspruch des Schuldners erfolgt ist, ergibt die Tabelle [§ 140 Anm. 8]. Versäumte Eintragung: § 145 Anm. 3. Völlig verfehlt würde es sein, aus § 164 ZPO. ssiehe § 141 Anm. 13] zu folgern, daß beim Mangel der Eintragung nur der Nachweis der „Fälschung" zulässig wäre. Denn es handelt sich bei dieser Eintragung nicht um eine Förmlichkeit des Verfahrens, sondern um eine sachliche Feststellung. 3. Der Widerspruch des Gemeinschuldners hat Bedeutung nur für die Rechtsverfolgung außerhalb des Konkurses. Für den Konkurs handelt der Verwalter als Zwangs­ vertreter des Schuldners [§ 141 Anm. 6]. Die Möglichkeit, dieser Zwangsvertretung nachträglich ihre Wirksamkeit zu entziehen, eröffnet sich der Schuldner auch durch seinen Widerspruch gegen die konkursmäßige Feststellung nicht. Eine condictio indebiti gegen den Gläubiger auf Rückerstattung der nach der Behauptung des Schuldners zu Unrecht geleisteten Dividende ist also auch dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner recht­ zeitig widersprochen hat. Fitting § 12 N. 40, Seuffert S. 394, Oetker S. 423, Wolff Anm. 2, Petersen-Kleinfeller Anm. 11, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 10; abw. v. Bölderndorff II S. 493ff., Seligsohn ZZP. 9 S. 410, v. Sarwey-Bossert Anm. 9. Nur, wenn die rechtskräftige Feststellung wieder beseitigt worden ist [§ 145 Anm. 12], kann es zu einer Rückforderung unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung kommen und zwar während des Konkurses durch den Verwalter, nachher durch den Schuldner selbst.

Zusatz. Fremde Rechte. Das freie Nachforderungsrecht der Gläubiger, die nicht durch freiwilligen oder erzwungenen Erlaß einen Teil ihrer Forderung verloren haben, ist in der überwiegenden Mehrheit der ausländischen Konkursgesetze anerkannt. So z. B. in Frankreich (Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 725 ff., daselbst über die excusabilite der a. 539, 540 c. com.). Die cessio bonorum der a. 1265 ff. c. civ. ist für Kaufleute durch die Novelle v. 17. 7. 1856 — a. 541 c. com. — beseitigt und durch die excusabilite ersetzt worden. Jene beschränkte das Nachforderungsrecht nicht — das beneficium competentiae ist dem französischen Recht un­ bekannt —, sondern befreite nur wie jetzt die Entschuldbarkeitserklärung von oer contrainte par corps. Seit die Schuldhaft für Zivil- und Handelssachen aufgehoben ist — a. 25 des Gesetzes v. 4. 3.1889 —, hat auch die Entschuldbarkeitserklärung nur noch „une certaine valeur morale; eile atteste officiellement la bonne foi du failli“. Lyon-Caen et Renault Nr. 726 mit Recht­ sprechung; vgl. auch Zachariä-Crome Franz. Zivilrecht II § 291 II). So ferner in Österreich (88 54 ff-, Pollak § 77 II), Ungarn (§§ 237ff.), Dänemark (§ 134), Holland (a. 195ff.). In der Schweiz kann der Gläubiger auf Grund des Berlustscheins, der ihm für den ungedeckten Betrag seiner Forderung ausgestellt wird, eine neue Betreibung erst anheben, wenn der Schuldner zu neuem Vermögen gekommen ist (a. 265; dazu C. Jaeger' II S. 275 ff.). In Italien kann der Schuldner Sonderexekutionen dadurch abwenden, daß er unter Anbietung von mindestens einem

Wiedereinsetzung gegen Versäumnis des Prüfungstermins.

287

Zehntel der noch ungedeckten Forderungen und unter Sicherheitsle istung für die Kosten eine 8164» Wiedereröffnung des Konkurses beantragt (a. 815). Nach englischem (G. v. 1883 s. 28ff., G. v. 1890 8. 8, Borchardt-Kohler S. 873 ff., 928 f.) und amerikanischem Recht (s. 14—17 i. d. Fassung der Novelle v. 5. 2. 1903, eingehend J. Walker Magrath bei Borchardt-Kohler S. 55ff.) kann der Schuldner auch ohne Zwangsvergleich von der Nachzahlungspflicht durch einen gericht­ lichen Entlastungsbeschluß — Order of dis Charge — befreit werden, der aber nur unter bestimmten Einschränkungen erlassen werden darf. Vgl. Kohler Lehrbuch S. 440ff., ZHR. 52 S. 431 f., ArchZivPrax. 95 S. 355, Schnitzler S. 56 ff. Die Vollstreckbarkeit der konkursmäßigen, Feststellung gegenüber dem nicht wider-Anm.i4. sprechenden Schuldner ist ausdrücklich anerkannt in Österreich, insofern die Auszüge aus einem Liquidierungsprotokoll, demzufolge auch der Schuldner nicht widersprochen hat, „wie gericht­ liche Vergleiche exekutionsfähig sind" (§§ 55, 121 KO-, 8 1 Nr. 7, § 4 Nr. 4 ExekO. v. 1896). Doch beschränkt die Praxis des Obersten Gerichtshofes die Bollstreckungsfähigkeit auf den Fall der Anwesenheit des nicht widersprechenden Schuldners bei der Prüfungstagfahrt (da­ wider Rintelen ZHR. 61 S 176 N. 35). Die Vollstreckbarkeit erkennen ferner an z. B. Ungarn (§§ 238, 139: nur Vollstreckbarkeit) und Holland (a. 196 f. mit a. 121, 126: Rechtskraft und Vollstreckbarkeit; als Bestreitung wirkt nur ein mit Angabe von Gründen erklärter und auf die ganze Forderung oder einen genau bezeichneten Teil gerichteter Widerspruch). Ähnlich gilt in der Schweiz der Berlustschein (Anm. 13], wenn der Gemeinschuldner die Forderung anerkannt hat, als Schuldanerkennung, auf Grund deren „die provisorische Rechtsöffnung verlangt werden kann" (a. 265 I mit a. 82). Wegen des französischen Rechts siehe Motive II S. 383 N. 4. Ob der Feststellungsvermerk im Prüfungsverfahren von einem nicht deutschen GerichtAnm.15. (Konsular- und Schutzgebietsgerichtsbarkeit: Anm. 6] im deutschen Reiche der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit zugänglich ist, darüber entscheiden die §§ 328, 722 f. ZPO. Einem „Urteil" im Sinne dieser Vorschriften kann der ausländische Feststellungsvermerk nur gleichgeachtet werden, wenn er — wie bei uns (Anm. 3] — mit der Rechtskraft eines Richterspruchs ausgestattet ist, nicht schon, wenn er — wie in Österreich (Anm. 14] — nur die Vollstreckbarkeit eines gerichtliche^ Vergleichs hat. Diesen Punkt scheint RG. v. 24. 4. 1896 Bolze 22 Nr. 823 zu übersehen (vgl. auch Gaupp-Stein ZVO. § 722 II). Eine österreichische JMV. v. 21. 12. 1899 RGBl. Nr. 253 erklärt „die mit der Wirkung der Vollstreckbarkeit ausgestatteten amtlichen Auszüge aus den bei einem deutschen Gerichte während des Konkursverfahrens aufgenommenen Liquidierungsprotokollen" in Österreich für vollstreckbar. Vgl. dazu und dagegen Sperl Vollstreckungsrechtshilfe zwischen Österreich und Deutschland (Wien 1909) S. 6, 21 f. mit Zit. Auch die Berlustscheine des schweizerischen Rechts genügen ihrem Wesen nach (Anm. 13 f.] den Anforderungen der §§ 328, 722 f. ZPO. nicht. OLG. Karlsruhe v. 21. 1. 1903 BadRpr. S. 266. Holland gegenüber, wo die protokollierte Anerkennung Rechtskraft und Vollstreckbarkeit erlangt (Anm. 14], fehlt cs am Gegenseitigkeitserfordernisse des § 328 Nr. 5 ZPO. (vgl. Gaupp-Stein ZPO." § 328 N. 117).

8 1*5. Hat der Schuldner den Prüfungstermin versäumt, so ist ihm auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ;u erteilen. Die Vorschriften des

§ 252 Abs. 2 und der §§ 233—236 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Der den Antrag auf Wiedereinsetzung enthaltende Schriftsatz ist

dem Gläubiger zuzustellen, dessen Forderung nachträglich bestritten werden soll. Das Bestreiten in diesem Schriftsätze steht, wenn die Wiedereinsetzung erteilt wird, dem Bestreiten im Prüfungstermine gleich und ist in die Tabelle einzutragen. Neueingefügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898, entsprechend einem Bundesratsbeschlusse. Materialien: Begründung S. 44, Kommissionsbericht S. 1962. Literatur: M. Teichmann, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand int Falle der Versäumung des Prüfungstermins (Leipzig. Dtss. 1911). Wiedereinsetzung gegen Versäumung des Prüfungstermins. I. Ratio legis. Die Feststellung einer Konkursforderung zur Tabelle wirkt gegen den Schuldner Anm. 1. wie eine rechtskräftige Verurteilung, falls er nicht ausdrücklich Widerspruch im Prüfungstermin erhoben hat (§§ 164 II, 194, 206II). Diese Säumnisfolge stellt sich als

288

Wiedereinsetzung gegen Versäumung des Prüfungstermins.

§ 165♦

ungerechtfertigte Härte dar, wenn der Schuldner durch unabwendbare Ereignisse am Erscheinen verhindert worden ist. Darum gewährt ihm die Novelle auf Antrag eine Wiedereinsetzung gegen die Terminsversäumung entsprechend den Grundsätzen über die Wiedereinsetzung gegen versäumte Notfristen. DaS Schutzmittel gilt, obgleich die §§ 194, 206 II nicht ausdrücklich auf den im Titel „Verteilung" stehenden § 165 verweisen, nach Fassung und Zweck des letzteren ohne Zweifel auch für die Fälle des Zwangs­ vergleichs und der Einstellung. Ein Antrag, dem Schuldner gegen den Bollstreckungs­ titel die Bollstreckungsgegenklage mit freiem — d. h. an die Schranke des § 767 II ZPO. nicht gebundenen — Widerspruchsrecht einzuräumen, fand keine Aufnahme in das Gesetz [§ 164 Anm. 8). War der Gemeinschuldner im Prüfungstermin anwesend und verhandlungs­ fähig sAnm. 2], so hat er kein Mittel, die unterlassene Bestreitung nachzuholen. Andrerseits findet die Wiedereinsetzung nach § 165 zugunsten des abwesenden Schuldners auch dann statt, wenn der Verwalter anwesend war und bestritten hatte. Auch hier besteht das Wieder­ einsetzungsbedürfnis, weil die Beseitigung des Verwalter-Widerspruchs, der sich vielleicht nur gegen die Anmeldbarkeit richtete oder auf die Konkursanfechtung gründete, zugleich für die außerkonkursmäßige Rechtsverfolgung wirkt [§ 144 Anm. 3]. Anm. 2.II. Als Wiedereinsetzungsgrund kommt nur die Verhinderung durch höhere Gewalt in Betracht (§ 233 I ZPO.). Die entsprechende Anwendung des § 233 I ZPO. ergibt den Rechtssatz: „Dem Schuldner, welcher durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle verhindert worden ist, den Prüfungs termin wahrzunehmen, ist auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen." Die §§ 233 II, 235 ZPO. sind ihren Voraussetzungen nach unanwendbar (abw. Wolff Anm. 1). Eine Verhinderung durch höhere Gewalt liegt in einem Ereignisse — Naturvorgang (z. B. Überschwemmung) oder Menschenhandlung (z. B. Freiheitsberaubung) —, dessen Wirkung bei aller nach Lage des Einzelfalles vernünftigerweise zu erwartenden Vorsicht nicht unschädlich gemacht werden konnte. Vgl. besonders RG. v. 5. 11. 1880 Bd. 2 426, v. 22. 5. 1901 (BZS.) Bd. 48 411; Gaupp-Stein ZPO.10 § 233 II mit Zit. Es genügt also einerseits der Mangel eines Ver­ schuldens nicht; andrerseits wird nicht absolute Unabwendbarkeit gefordert. Untersuchungs­ haft (namentlich wegen betrüglichen Bankerutts, § 239) kann als obrigkeitliche Anordnung eine unabwendbare Verhinderung darstellen, wenn der Schuldner trotz aller Bemühungen auch einen Vertreter nicht zu erlangen vermochte (vgl. Teichmann S. 29 ff.). Für den Konkurs kommt — anders als für das Erkenntnisversahren (§§ 239, 246 ZPO.) — auch der plötzliche Tod des Schuldners in Betracht, weil dadurch der Konkurs nicht unterbrochen wird. Der Erbe ist solchenfalls als Gemeinschuldner zum Wiedereinsetzungsantrage berufen. Eine Ver­ hinderung, die den vor Gericht erschienenen Schuldner während des Termins vom Verhandeln oder Weiterverhandeln abhält (etwa eine Ohnmacht), steht der Verhinderung des Erscheinens gleich (vgl. § 333 ZPO.). Anm. 3. Durch Verweisung auf den § 232 II ZPO. stellt unser Satz 2 klar, daß gegen Termins­ versäumungen, die im Verschulden eines Vertreters — des gesetzlichen (z. B. Vor­ munds, Organs einer juristischen Person) oder des gewillkürten [§ 141 Anm. 1] — ihren Grund haben, keine Wiedereinsetzung gewährt wird. Wohl aber kann die unabwendbare Verhinderung ^Anm. 2] des Vertreters genügen und zwar auch die eines Bevollmächtigten (z. B. bei Unkenntnis des Schuldners vom plötzlichen Verhinderungsfall oder bei schwerer Erkrankung des Schuldners). War es dem Schuldner möglich, durch Bevollmächtigung oder Neubevollmächtigung für die Wahrnehmung seiner Rechte zu sorgen, dann liegt keine un­ abwendbare Verhinderung vor. Anm. 4. UL Wiedereinsetzungsfristen. Die Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen seit Hebung deS Hindernisses und jedenfalls noch binnen eines Jahres seit Ablauf des versäumten Termins „beantragt" werden (§ 234 ZPO.). Fristwahrung: Anm. 6. Weder die Beteiligten (die „Parteien" des Wiedereinsetzungsverfahrens, also der Schuldner als Antragsteller und der im Satz 3 bezeichnete Gläubiger oder eine Mehrheit solcher als Antragsgegner) noch das Gericht können diese Grenze erweitern (§§ 224 U, 234 II ZPO.). Ihre Einhaltung bildet daher ein von Amts wegen zu prüfendes Erfordernis für die Zulässigkeit der Wiedereinsetzung. Vgl.

Wiedereinsetzung gegen Versäumung des Prüfungstermins.

289

Seuffert S. 390; abw. Wolff Anm. 1 (allein § 234 II ist an sich anwendbar und mitzitiert; § 165« das genügt). Die Zweiwochenfrist des § 234 I ist keine Notfrist (§ 223HI). Gegen ihre Versäumung findet daher keine Wiedereinsetzung statt (vgl. RG- v. 7. 7.1893 IW. S. 382 f. Nr. 5 gegen Wolff Anm. 1). Gleichwohl wird — abweichend von der Regel des § 223 I ZPO. (RG. v. 17. 4. 1899 IW. S. 336 Nr. 6) — der Lauf der Wiedereinsetzungsfrist durch die Ferien nicht gehemmt, weil die Wiedereinsetzung noch ein Akt des Konkursverfahrens sAnm. 8] und dieses von den Gerichtsferien nicht beeinflußt ist (§ 204 GBG., § 223II ZPO.). Zust. Teichmann S. 42 f.; siehe oben § 72 Anm. 7. Ist die Ausschlußfrist des § 234 in ZPO. bei Konkursbeendigung noch nicht abgelaufen, Anm. 5. so kann der Wiedereinsetzungsantrag auch noch nach dem Konkurse gestellt werden. Daraus, daß das „Konkursgericht" über den Antrag zu entscheiden hat sAnm. 8], folgt das Gegenteil nicht. Zust. Teichmann S. 50 ff., Seuffert S. 391, Fitting § 12 N. 20; abw. Kleinseller ZZP. 25 S. 112. IV. Wiedereinsetzungsverfahren. Für die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung soll nach Anm. 6. Satz 2 der § 236 ZPO. maßgebend sein. Allein der in der Neufassung des § 236 ZPO. (Novelle vom 1. Juni 1909) an die Spitze gestellte Grundsatz, daß die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung sich nach der Form der versäumten Prozeßhandlung richtet, paßt auf die Nachholung des Widerspruchs nicht, da für ihn („die versäumte Prozeßhandlung") eine Form, wie sie dem § 236 I 1 ZPO. vorschwebt, nicht vorgeschrieben ist. Der Widerspruch wird mündlich im Prüfungstermin, also weder durch Zustellung noch durch Einreichung einer Schrift erklärt. Da nun der Antrag sich an das Konkursgericht sAnm. 8], also an ein Amtsgericht, wendet, müssen mangels besonderer Bestimmungen die allgemeinen Regeln über die Behandlung zustellungsbedürstiger (Satz 3) Anträge im amtsgerichtlichen Verfahren, d. h. die Vorschriften des § 496 I, II ZPO. (i. F. v. 1909) entsprechende Anwendung finden (§ 72). Der Wiedereinsetzungsantrag ist daher entweder schriftlich beim Konkursgericht einzureichen oder mündlich zum Protokolle des Gerichtsschreibers dieses Gerichts anzubringen (§ 496 I11 ZPO.). Das Konkursgericht hat daraufhin eine vom Antragsteller nach § 496 II 2 ZPO. mit einzureichende Abschrift des Parteischriftsatzes oder eine Protokollabschrift von Amts wegen (§ 496 I ZPO.) dem Gläubiger zuzustellen, dessen Forderung nachträglich bestritten werden soll (Satz 3 unseres § 165). „Beantragt" im Sinne der Fristbestimmungen des § 234 ZPO. sAnm. 4] ist aber die Wiedereinsetzung schon mit Einreichung oder Protokollerklärung des Antrags, nicht erst mit dessen Zustellung. Der § 496 HI ZPO. bleibt daher außer Betracht. Das Ergebnis ist durchaus angemessen (teilw. abw. Teichmann S. 55 ff.). Soll die versäumte Bestreitung gegenüber verschiedenen Gläubigern nachgeholt werden, so ist der Antrag jedem einzelnen zuzustellen (Einreichung von Abschriften in erforderlicher Zahl: § 496 II 2 ZPO.). Ist dem Konkursgericht bekannt, daß ein beteiligter Gläubiger zu seiner Vertretung im Konkursverfahren [§ 139 Anm. 4] einen Bevollmächtigten bestellt hat (vgl. § 88 II ZPO.), so muß die Zustellung an diesen erfolgen (§§ 208, 176 ZPO.). Die im Satz 2 verordnete Anwendbarkeit des § 236 ZPO. beschränkt sich darauf, daß Anm. 7. für den Inhalt des Antrags auf Wiedereinsetzung der § 236 I 2 ZPO. maßgebend ist. Danach müssen Parteischriftsatz oder Protokollerklärung angeben: 1. die den Antrag begründenden Tatsachen Mnm. 2], 2. die Mittel ihrer Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO.), 3. die Forderung, die bestritten werden soll, und die Nachholung des Bestreitens (der „ver­ säumten Prozeßhandlung"). Der Antragsteller muß also eine bestimmte Forderung oder eine Mehrheit von solchen benennen und ausdrücklich erklären, daß und inwieweit er sie bestreite. Widerspruchsgründe brauchen hier so wenig angegeben zu werden als im Prüfungstermine selbst. Auch eine Ladung verbindet sich mit dem Anträge nicht sAnm. 8]. Die Formerfordernisse des 8 236 12 ZPO. aber sind von Amts wegen nachzuprüfende Voraussetzungen der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags. Zuständig zur Entscheidung über den Antrag ist das Konkursgericht als solches.Anm. s. Denn ihm obliegt diejenige Eintragung, deren Rechtsfolge durch den nachgeholten Widerspruch rückgängig gemacht werden soll (§ 145 KO.; vgl. § 237 ZPO.). Auch fehlt jeder Anhalt

290

§ 185.

Anm. 9.

Anm.io.

Anm.li.

Anm.12.

Nachtragsverteilung.

für die Zuständigkeit eines anderen Gerichts (Kleinfeller ZPO. 25 S. 111). Sonach sind die §§ 73—75 anwendbar. Die Entscheidung ist, auch wenn sie nach Konkursbeendigung ergeht sAnm. 5] noch ein Akt des Konkursverfahrens und kann dementsprechend ohne münd­ liche Verhandlung erlassen werden (§ 731). Eine Anhörung des Gegners wird kaum ver­ anlaßt sein, da ja der Schuldner seinen Widerspruch nicht begründen muß. Die causa restitutionis sAnm. 2] braucht er nur glaubhaft zu machen (§§ 236 I 2 Nr. 2, 294 ZPO.). Daß auch die Rechtzeitigkeit des Antrags, eine von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeits­ voraussetzung, nur glaubhaft zu machen wäre, sagt das Gesetz nicht (abw. Teichmann S. 63). Der Beschluß ist stets dem Gemeinschuldner, und dem beteiligten Gläubiger von Amts wegen zuzustellen und kann im Falle der Abweisung vom Gemeinschuldner, sonst vom Gläubiger mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§ 73). Der Konkurs­ verwalter ist unbeteiligt, da die Wiedereinsetzung keinen Einfluß auf die Konkursmasse äußert. Wird die Wiedereinsetzung gewährt, so ersetzt das im Restitutionsgesuch nachgeholte Bestreiten den im Prüfungstermin unterbliebenen Widerspruch. Die nachträglich bestrittene Feststellung verliert also ihre Wirksamkeit gegenüber der Person des Schuldners (§§ 164 II, 194, 206 II), nicht auch gegenüber der Masse. Sobald der dem Anträge stattgebende Be­ schluß rechtskräftig geworden ist, hat der Konkursrichter die Nachtragung des Widerspruchs in der Bemerkungsspalte der Tabelle [§ 140 Anm. 8] von Amts wegen zu veranlassen. Satz 4. Der Antrag auf Wiedereinsetzung hemmt für sich allein die Vollstreckbarkeit des Tabellvermerks nicht, aber das Konkursgericht kann auf Antrag des Schuldners die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung [§ 164 Anm. 6] anordnen (§§ 707, 775 Nr. 2 ZPO.). Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt arg. § 238 III ZPO. mit § 72 KO. der Gemeinschuldner, soweit sie nicht etwa durch unbegründeten Widerspruch des Gegners ent­ stehen. Gebühren: § 26 Nr. 5 GKG., § 20 RAGO. Vgl. Teichmann S. 81 f.

8 i««. Wenn nach dem Vollzüge der Schlußverteilung Beträge, welche von der Masse zurückbehalten sind, für dieselbe frei werden, oder Beträge, welche aus der

Masse gezahlt sind, zur Masse zurückfließen, so sind dieselben von dem Verwalter nach Anordnung des Aonkursgerichts auf Grund des Schlußverzeichnisses zur nachträglichen Verteilung zu bringen. Die über die Verwaltung und Verteilung solcher Beträge abzulegende Rechnung unterliegt der Prüfung des Aonkursgerichts. Dasselbe gilt, wenn nach der Schlußverteilung oder der Aufhebung des Verfahrens zur Konkursmasse gehörige Vermögensstücke ermittelt werden. Unveränderter § 153 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. S. 108, 183.

119, Motive II S. 386, Protokolle

Nachtragsverteilung. Der § 166 regelt die Nachtragsverteilung, die als Zusatz zur Schlußverteilung ertung. jn der Einzahl oder Mehrzahl Vorkommen kann. Sie ist nur möglich bei Abwickelung des

Ein-

Konkurses durch Ausschüttung der Masse, nicht in Fällen des Zwangsvergleichs oder der Ein­ stellung sAnm. 9]. Eigentümlicher Art sind die Nachtragsverteilungen im Genossenschafts­ konkurse (§§ 115, 129 GenG.) und im Konkurs eines Bersicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (§§ 52, 53 PrivBUntG.). Darüber unten zu §§ 207 f. I. Die Voraussetzungen einer Nachtragsverteilung sind: Anm. 1.

1. Es müssen Gegenstände für eine nachträgliche sAnm. 8) Verteilung verfügbar werden, eine solche also mangels vollständiger Befriedigung aller Konkursgläubiger auch

Nachtragsverteilung.

291

noch erforderlich sein. Das Gesetz unterscheidet drei Fälle: nachträgliches Freiwerden,§166. Zurückfließen, Ermitteln. Die Auslegung darf nicht am Buchstaben haften. a) Freiwerden (Abs. I Satz 1) können von der Konkursmasse zurückbehaltene Beträge: Anm. 2. wenn ein Anmelder im Feststellungsprozeß unterliegt oder seine Anmeldung zurück­ nimmt (§§ 152, 168 Nr. 1); wenn die aufschiebende Bedingung einer durch Hinter­ legung der Anteile (§§ 154, 168 Nr. 2) oder durch Sicherstellung nach § 54 HI (vgl. § 171) berücksichtigten Konkursforderung ausfällt oder erst nach der Schlußverteilung aussichtslos wird [§ 154 Anm. 3, 4]; wenn die auflösende Bedingung im Falle des § 168 Nr. 4 eintritt; wenn ein sichergestellter Masseanspruch [§ 57 Anm. 6, 10, § 172 Anm. 1] sich ganz oder teilweise als nicht bestehend erweist. Siehe wegen der Ausfallgläubiger § 168 Nr. 3 mit § 156 [§ 168 Anm. 8]. Als „freigeworden" im weiteren Sinne unterliegen einer Nachtragsverteilung aber auch solche Gegenstände, die wegen einstweiliger Unverwertbarkeit — so besonders bedingte oder streitige Rechte — durch Beschluß der Gläubigerversammlung (§ 162) absichtlich einer Nachtragsverteilung Vorbehalten und nun verwertbar geworden sind. RG. v. 17. 9. 1891 Bd. 28 70, v. 27. 3. 1893 Bd. 31 42; Kohler Lehrbuch S. 585 N. 1, Fitting § 42 N. 13, Oetker ZZP. 25 S. 45, Seuffert S. 371; abw. v. Sarwey-Bossert § 161 Anm. 1, § 166 Anm. 7, weil hier kein nachträgliches „Ermitteln" (Abs. II) vorliege. Auch die nach­ trägliche Verteilung nichterhobener Beträge nach § 169 Anm. 4 gehört hierher. Jeden­ falls aber muß ein Freiwerden „für die Masse" erfolgt sein. Wer die Aktivmasse in Bausch und Bogen vom Konkursverwalter käuflich erwarb, hat damit auch einen für Rechnung der Masse hinterlegten Streitgegenstand erworben. Darum gebührt ein solcher Gegenstand beim Unterliegen der andern Partei dem Erwerber der Masse, nicht den Konkursgläubigern. Insoweit ist für eine Nachtragsverteilung und dementsprechend für eine trotz Konkursbeendigung bestehende Vertretungsmacht des Verwalters sAnm. 12] kein Raum. KG. v. 14. 3. 1903 OLG. 6 S. 368. Vgl. §§ 265, 266 ZPO. u. oben § 163 Anm. 6f. Noch weniger ist der nach unserm Rechte konkursfreie Neuerwerb [§ 1 Anm. 53 ff., § 9 Anm. 10] Gegenstand einer Nachtragsverteilung. b) Ein Zurückfiiehen (Abs. I Satz 2) zur Konkursmasse kann stattfinden: wenn Beträge Anm. 3. auf Konkursforderungen oder Masseansprüche irrtümlich ausbezahlt waren (Beispiele: die Ausfallforderung eines Absonderungsgläubigers war bei der Schlußverteilung zu hoch veranschlagt worden, ein Zuvielempsang ist im Falle des § 68 Anm. 8 zurück­ zugewähren); wenn auflösend bedingte Forderungen durch Zahlung oder Aufrechnung berücksichtigt waren und nun die auflösende Bedingung eintritt [§ 54 Anm. 5]; wenn auf eine titulierte Forderung Anteile ausbezahlt worden waren und erst hinterher die Widerspruchsklage erhoben und gewonnen wird [§ 146 Anm. 1]; wenn die tabellarische Feststellung, auf Grund deren eine Auszahlung erfolgt war, durch Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigt und die Zahlung zurückverlangt wird [§ 145 Anm. 12 f.]; wenn ein angeblicher Masseanspruch, der durch Auszahlung berücksichtigt worden war, sich hinterher als unbegründet erweist. Vgl. Seuffert S. 370 s. c) Nachträglich als Massebestandteile ermittelt werden (Abs. II) können Gegenstände, deren Anm. 4. Zugehörigkeit zur Konkursmasse der Verwalter (vgl. § 117 I) während des Konkurses nicht erkannt oder wieder vergessen hatte. Daß der Verwalter auch um ihre Existenz nicht wußte, wird also nicht vorausgesetzt. Vielmehr fallen als nachträglich ermittelt nicht bloß verheimlichte oder beiseite geschaffte (§§ 239 Nr. 1, 242 Nr. 1), sondern z. B. auch solche Bermögensstücke unter Abs. H, die der Verwalter irrtümlich als mit anderen veräußert ansah (RG. v. 6. 11. 1889 Bd. 25 10); desgleichen Ausstände, die der Verwalter nur deshalb nicht eingezogen hat, weil er sie irrtümlich durch Gegen­ forderungen für aufgezehrt hielt (RG. v. 2. 11. 1895 Bd. 36 23). Ob der Irrtum entschuldbar war oder nicht, ist vollkommen bedeutungslos (RG. aaO. S. 24). Als Subjekt der nachträglichen Ermittelung kommt namentlich der bisherige Konkursverwalter in Betracht. Denkbar ist aber auch, daß die Ermittelung von der Gläubiger- oder Schuldnerseite ausgeht oder von irgend einem Dritten, der durch Mitteilung an das

292 §166.

Anm. 5.

Anm. 6.

Anm. 7.

Nachtragsverteilung. Konkursgericht dessen Eingreifen anregt. So z. B. nach dem Tode des Verwalters. So aber auch bei Veruntreuung von Massewerten durch den Verwalter oder sonst einer pflichtwidrigen Handlung, die einen zur Masse gehörenden Schadensersatzanspruch gegen ihn selber auslöst [§ 82 Anm. 3]. Solchenfalls kann die Bestellung eines neuen Verwalters schon zum Zwecke der Untersuchung darüber notwendig werden, ob wirklich ein die Nachtragsverteilung veranlassender Ersatzanspruch besteht (OLG. Stuttgart v. 13. 9. 1911 LZ. S. 872 f.). Andrerseits muß zur Aufdeckung der Massezugehörigkeit die tatsächliche und rechtliche Erreichbarkeit des Gegenstandes hinzutreten ssiehe § 1 Anm. 72]. Nachträglicher Eintritt der Erreichbarkeit steht bei Vermögensstücken, deren Massezugehörigkeit bereits bekannt war, der Ermittelung im Sinne des Abs. n gleich. Auch die nachträgliche Ermittelung einer vom Gemeinschuldner während des Konkurses vorgenommenen, nachß? unwirksamen Verfügung kann Anlaß zu einer Nachtragsverteilung geben, da hier der veräußerte Gegenstand infolge Unwirksamkeit der Verfügung fortdauernd „zur Konkursmasse gehört hat" (abw. Wolff Anm. 1, der ent­ gegen seinen Ausführungen zu 8 7 Anm. 6 behauptet, auch im Falle des § 7 sei nur eine Kondiktion, nicht eine Vindikation durch den Verwalter statthaft). Auch die nach­ trägliche Aufdeckung einer Anfechtbarkeit im Sinne der §§ 29ff., 42 rechtfertigt eine Anwendung unseres Abs. II. Denn der Rückgewähranspruch des 8 37 bedeutet einen der Konkursmasse zugute kommenden Wert. Das muß nach dem Zwecke des Gesetzes genügen. Jaeger AnfG. 8 13 Anm. 33 mit Lit. (daselbst über den RG. 31 42 in Frage stehenden, hier nicht in Betracht kommenden Fall des Zwangsvergleichs). Gegenstände, die als massezugehörig bekannt, aber dem Gemeinschuldner aus der Masse freigegeben worden sind, können auch dann nicht als nachträglich „ermittelt" gelten, wenn die Freigabe in irrtümlicher Annahme der Unverwertbarkeit, besonders der Überlastung, erfolgte. RG. v. 6. 11. 1889 Bd. 25 8. Die nachträgliche Ermittelung ehemaliger Massezugehörigkeit erfolgt zu spät und ermöglicht daher eine Heranziehung zur Nachtragsverteilung nicht mehr hinsichtlich solcher Gegenstände, die zur Zeit der Ermittelung bereits wirksam aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden waren. Die Ausscheidung kann nach Konkursbeendigung namentlich durch Verfügung des bisherigen Gemeinschuldners (Übereignung, Abtretung usw.) oder infolge des Zwangszugriffes seiner Gläubiger, auch bisheriger Konkurs­ gläubiger, vollzogen worden sein. Denn die in den 88 6, 7, 14, 15 festgelegten Berfügungs- und Erwerbsschranken hatten, sobald die vorbehaltlose Konkursaufhebung wirksam geworden war, ihr Ende erreicht. Keineswegs überdauern sie den Konkurs in Ansehung solcher Vermögensstücke, deren Massezugehörigkeit unaufgedeckt blieb. Ein solcher Fortbestand des Konkursbeschlags auf unabsehbare Zeit (bis zur Vollbefriedigung aller Gläubiger des aufgehobenen Konkurses) würde die Verkehrssicherheit ganz un­ erträglich erschüttern und müßte jedenfalls durch ausdrückliche Gesetzesvorschrift ver­ ordnet sein. Die Verstrickung nachträglich ermittelter Massegegenstände wirkt also nicht über den Konkurs hinaus weiter; sie setzt vielmehr infolge der nach Konkurs­ beendigung ergehenden Anordnung einer Nachtragsverteilung von neuem und ohne rückwirkende Kraft ein sAnm. 10, 12f.]. Im Ergebnis übereinstimmend RG. v. 6. 11. 1889 Bd. 25 9 (vgl. auch RG. v. 7. 6. 1888 Bolze 6 Nr. 1297), OLG. Stutt­ gart v. 29. 1. 1909 DIZ. 14 S. 1154, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 4 u. a.; abw. Seuffert 8 51 N. 60 u. S. 382, Fitting 8 43 N. 4, ferner mit eingehender Begründung Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 733, sowie der Pariser Kassationshof v. 20. 12. 1886 (Sirey 87, I 411). Auch die Kenntnis der Möglichkeit einer Nachtragsverteilung macht (gegen RG. v. 6. 11. 1889 aaO.) die Sondervollstreckung nicht unwirksam [§ 14 Anm. 20]. Jedenfalls darf die Fortdauer des Konkursbeschlags nur einheitlich bejaht oder verneint werden. Ob Bermögensentäußerungen, die in der Zeit zwischen Konkurs­ beendigung und Anordnung der Nachtragsverteilung zum Schaden der Nachtragsmasse erfolgt sind, vom Verwalter dieser Masse angefochten werden können, ist zweifelhaft. Die Frage dürfte in Ansehung solcher Gegenstände, auf die sich die Anordnung erstreckt,

Nachtragsverteiluyg.

293

grundsätzlich zu bejahen sein. So für den Fall absichtlicher Verschleuderung oder Ber- §166. schenkung (auch Belastung) vor der drohenden Anordnung entsprechend den §§ 31, 32 mit § 42 Satz 2. Darum wird die Anordnung der Nachtragsverteilung hinsichtlich eines zwischenzeitlich veräußerten, aber durch Anfechtung wiederzugewinnenden Gegen­ standes nicht ausgeschlossen sein. Wegen der nachträglichen Aufdeckung einer schon während des Konkurses zulässigen Anfechtbarkeit siehe Anm. 5. 2. Die Gegenstände dürfen erst nachttäglich verfügbar werden, und zwar muß nachAnm. 8. den Worten des Gesetzes das Freiwerden und das Zurückfließen „nach dem Vollzüge" der Schlußverteilung (Abs. I), das Ermitteln „nach der Schlußverteilung oder der Auf­ hebung des Verfahrens" erfolgen. Die Fassung ist mangelhaft und der Sinn des Gesetzes dementsprechend streitig. Zunächst steht fest, daß Nachtragsverteilungen in allen Fällen sowohl vor als nach der Aufhebung des Verfahrens! [§ 163 Anm. 4] angeordnet werden können. Motive II S. 386, Endemann S. 565. Weiterhin ist gegen Stieglitz Anm. II anzunehmen, daß die Ausdrücke „nach dem Vollzüge der Schlußverteilung" (Abs. I) und „nach der Schlußverteilung" (Abs. II) gleichbedeutend sind, daß also die Worte „nach der Schlußverteilung" nur eine kürzer gefaßte Wiederholung der ersten Wendung sein sollen. „Vollzogen" ist nun eine Verteilung dem strengen Wortsinne nach erst, wenn der Ver­ walter sie ausgeführt, wenn er also die Anteile ausbezahlt oder hinterlegt hat. Es kann aber offenbar nicht die Absicht des Gesetzgebers sein, die in der Zeit zwischen dem Beginn und dem Ende der Schlußverteilung verfügbar werdenden Bermögensstücke einer Nachtrags­ verteilung zu entziehen und damit entweder die endgültige Ausantwortung dieser Werte an den Schuldner zu verordnen oder eine verwickelte Umrechnung des Schlußverteilungs­ planes notwendig zu machen. Darum erklärt die überwiegende Mehrheit der Schriftsteller mit Recht den Beginn des Vollzugs der Schluß Verteilung d. h. den Zeitpunkt für entscheidend, da die Berechnung der Schlußdividende durch Mitteilung an mindestens einen der teilnahmeberechtigten Gläubiger unabänderlich geworden ist. So Fitting § 43 N. 1; ihm folgen z. B. Endemann S. 565, Oetker I S. 417, Seuffert S. 369. Nach PetersenKleinfeller Anm. 1 entscheidet die Zeit der Berechnung der Schlußdividende, nach Kohler Lehrbuch S. 584 N. 3 die gerichtliche Hinterlegung des Schlußverzeichnisses, nach Wolff Anm. 2 der Schlußtermin (ebenso jetzt v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1 unter Berufung auf den § 172). Vorher verfügbar gewordene Werte hat der Verwalter bei persönlicher Verantwortlichkeit (§ 82) noch in der Schlußverteilung auszuschütten. Der § 166 gilt, wie seine Fassung und seine Stellung im Systeme des Gesetzes Anm. s. ergeben, nur für den Fall der Konkursbeendigung durch Ausschüttung der Masse. Kommen neue Aktiven zum Vorschein, nachdem das Verfahren wegen Konkursverzichts oder Masse­ mangels eingestellt worden ist (§§ 202, 204), so kann nur ein neuer Konkurs nach den allgemeinen Vorschriften eröffnet werden. Im Falle des Zwangsvergleichs können die §§ 196 ff. anwendbar werden. 3. Die Nachtragsverteilung muß vom Konkursgericht eigens angeordnet Anm. io. werden. Einer besonderen Anordnung bedarf es auch dann, wenn Gegenstände aus­ drücklich oder stillschweigend der Nachtragsverteilung Vorbehalten worden waren, etwa bei Genehmigung der Schlußverteilung vor Erledigung eines Aktivprozesses [§ 161 Anm. 3, § 169 Anm. 4]. Aus eigner Machtvollkommenheit darf der Verwalter nicht zur Nachtrags­ verteilung schreiten. Die gerichtliche Anordnung ergeht von Amts wegen oder auf An­ regung eines Beteiligten ssiehe Anm. 4] und bestimmt zugleich den Gegenstand der Nach­ tragsverteilung. Eine solche ist nur anzuordnen, wenn sie sich verlohnt, also nur dann, wenn die Kosten der nachttäglichen Verwertung und Verteilung in angemessenem Verhältnisse zu den auf die Gläubiger entfallenden Beträgen stehen. Auch kann das Gericht das Berfügbarwerden weiterer Gegenstände abwarten. Endemann S. 568. Der Ablehnungsbeschluß ist dem Antragsteller, der Anordnungsbeschluß dem Schuldner und dem Verwalter als den Beteiligten zuzustellen und ihrer Beschwerde unterworfen (§ 73). Seuffert S. 372, Fitting § 43 N. 6. Dagegen erklärt Oetker I S. 419 diese Beschlüsse für unanfechtbar ^siehe § 73 Anm. 7]; Hellmann S. 511 will dem Schuldner die Beschwerde Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. II. 19

Nachtragsverteilung.

294

§166.

gegen Anordnung der Nachtragsverteilung versagen. Bestimmte zeitlicheGrenzen für die Zulässigkeit einer Nachtragsverteilung bestehen nicht.

II. Das Berteilungsverfahren.

Anm.li.

Anm.12.

Die Nachtragsverteilung bildet nur einen Anhang zur Schlußverteilung und erfolgt daher nach Abs. 1 „auf Grund des Schlußverzeichnisses" (§§ 162, 167). Der Verwalter hat den für die Nachtragsverteilung verfügbaren Massebestand nach § 151 bekannt zu machen — im übrigen ist der Vorschrift des § 151 bereits gelegentlich der Schlußverteilung genügt (Motive H S. 386, Protokolle S. 108 ff.) — und jedem teilnahme­ berechtigten Konkursgläubiger die auf ihn fallende Summe mitzuteilen fsiehe § 162 Anm. 8]. Damit beginnt der Vollzug der Nachtragsverteilung. Fitting S. 409. Die an den Ablauf der Ausschlußfrist gegen das Schlußverzeichnis geknüpfte Präklusion von Konkursforderungen (§§ 152, 153 I, 154 II) wirkt auch für die Schlußverteilung. Es gibt keine neue Ausschluß­ frist, kein neues Einwendungs- und Beschwerdeverfahren. Darum bleibt die Nachtragsmasse auch solchen Nachzüglern verschlossen, die nun in der Lage wären, alle zu ihrer Berücksichtigung erforderlichen Beweise zu erbringen. Wohl aber sind Masseschulden und Massekosten, die zwar nach Beendigung des Schlußtermins, aber noch vor wirksamer Bekanntmachung der Nachtragsverteilung zur Kenntnis des Verwalters gelangen, aus der Nachtragsmasse zu decken (§ 172 mit § 761). So besonders die Kosten einer Verwertung der Nachtragsmasse selbst. Die Verwertung und Verteilung der Nachtragsmasse obliegt in der Regel dem bis­ herigen Konkursverwalter. Seine Bertretungsmacht dauert für die zum Zwecke der Nachtragsverteilung erforderlichen Rechtsgeschäfte und Prozesse (RG. v. 17. 9. 1891 Bd. 28 68, v. 10. 1. 1903 Bd. 53 265), auch für erst noch zu erhebende Klagen (z. B. für die Ein­ klagung nachträglich ermittelter Außenstände), kraft der richterlichen Berteilungsanordnung sAnm. 10] trotz Aufhebung des Konkurses fort und wird, wenn diese Anordnung erst nach dem Konkurs ergeht, neu durch sie begründet. War die Bestallung bereits nach § 81 II 2 zurückgereicht worden, so ist sie für die Zwecke der Nachtragsverteilung wiederum auszu­ händigen oder erneut auszustellen. Die Nachtragsverteilung gehört noch zu den Amtspflichten (§ 82) des Verwalters (vgl. Abs. I Satz 1: „sind vom Verwalter zur Verteilung zu bringen"). Ist der bisherige Verwalter nicht mehr zu haben, also z. B. gestorben oder in Geisteskrankheit verfallen [§ 78 Anm. 10], oder besteht der nachträglich ermittelte Massewert in einem Ent­ schädigungsanspruch wider den bisherigen Verwalter ^Anm. 4], so hat das Konkursgericht für die Zwecke der Nachtragsverteilung einen andern Verwalter zu bestellen. Förmlicher Entlassung des ungetreuen alten Verwalters bedarf es nur zu einer Zeit, da dessen Ber­ tretungsmacht noch nicht infolge wirksamer Konkursbeendigung erloschen ist (insofern abw. Stuttgart aaO.). Die Zubilligung eines weiteren Honorars (§ 85) kann auch bei Beibehaltung des bisherigen Verwalters veranlaßt sein. Der Verwalter hat dem Konkursgerichte Rechnung über die Verwaltung und Verteilung der Nachtragsmasse abzulegen (Abs. I Satz 2). Die Motive n S. 386 begründen diese Vorschrift mit den Worten: „Da die Gläubigerversamm­ lung und der etwa bestellt gewesene Gläubigerausschuß zu funktionieren aufgehört haben." Dies trifft aber nicht zu, wenn die Nachtragsverteilung vor Konkursbeendigung erfolgt fAnm. 8]. Alsdann können Ausschuß und Versammlung besonders noch nach § 134 Nr. 1 zuständig sein. Allein auch für den Fall, daß die Nachtragsverteilung vor Konkurs­ beendigung erfolgt, überweist das Gesetz die Prüfung der Rechnung ausschließlich dem Konkurs­ gericht. Der § 86, namentlich das hier geregelte Einwendungsverfahren, ist unanwendbar (abw. Wolff Anm. 4). m. Grenzen der Beschlagsnachwirkung.

Anm.is.

Die Anordnung einer Nachtragsverteilung bedeutet nicht eine Wiederaufnahme des wirksam beendeten Verfahrens. Vielmehr bewendet es bei der Aufhebung des Konkurses. Der Konkursbeschlag setzt nur insoweit wieder ein, als dies für die Zwecke der Nachtragsverteilung erforderlich ist. Dementsprechend wird dem Schuldner die Verfügungs­ macht nur hinsichtlich der Nachtragsmaffe entzogen (§ 6) und zwar mit der Zustellung der Anordnung an ihn fAnm. 10]. Von da ab wird auch das Verbot einer Sondervollstreckung

Vollzug der Verteilungen durch den Verwalter.

295

in die Nachtragsmasse neuerdings wirksam (§ 14). Für den Bereich der Nachtragsmasse H Itztz. besteht die Auskunftpflicht des § 100 und die Zulässigkeit eines Zwanges nach § 101 TL

Zusatz. Fremde Rechte. Eine unserem § 166 entsprechende Vorschrift fehlt im französischen sinm.u. Recht fsiehe Anm. 7] und in der Mehrzahl der übrigen Konkursgesetze des Auslandes. Aus­ drückliche — aber gleichfalls höchst dürftige — Vorschriften über Nachtragsverteilungen enthalten: der § 190 des österreichischen (Pollak § 79 III, Rintelen § 60), der § 237 des ungarischen, der a. 194 des holländischen (der brsherige Verwalter verteilt aus gerichtliche Anordnung) und a. 269 des schweizerischen Konkursgesetzes (formlose Verwertung und Verteilung durch das Konkursamt). Nach Auslandsrecht kommt für die Nachtragsverteilung auch Neuerwerb in Frage [§ 1 Anm. 73], aber nur solcher, aus der Zeit vor Beendigung des Konkurses (vgl. Rintelen S. 320 N. 2).

§ 1*7. Der Vollzug einer jeden Verteilung erfolgt durch den Verwalter. Unveränderter § 154 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 85f., 119f., Protokolle S. 108, 183.

Motive II S. 353, 386f.,

Berteilungsvollzug.

I. Art und Weise. DerBollzug einer Verteilung besteht in der Au szahlung oderAnm. i. Zurückbehaltung (Reservierung) der Anteile. Die Konkursgläubiger haben Bar­ zahlung zu beanspruchen. Nur mit ihrem Willen könnten sie durch „Anweisungen des Verwalters auf die Hinterlegungsstelle" (§ 137) befriedigt werden. Der Entwurf einer Gemeinschuldordnung (§ 136, Motive I Bd. 2 S. 86) hatte vorgeschlagen: abgesehen von lausenden Verwaltungsausgaben sollen Zahlungen aus der Konkursmasse nur im Wege von Anweisungen auf die Hinterlegungsstelle bewirkt werden und diese Anweisungen sollen behufs leichter Begebbarkeit auf Order gestellt werden dürfen. Das Gesetz hat es indessen mit Rücksicht auf das Fehlen geeigneter Bankgeschäfte an kleineren Orten und mit Rücksicht auf die Provisionskosten abgelehnt, den Anweisungsverkehr zu gebieten. Ausgeschlossen hat es ihn nicht. Eine Gewähr gegen mißbräuchliche Anweisungen enthält der § 137. Siehe Motive II S. 353, 387. Befriedigung durch Übernahme von Massegegenständen: § 162 Anm. 6. Den Beginn des Vollzugs bildet bei Abschlagsverteilungen die Mitteilung des Prozentsatzes nach § 159 II (§ 51 Nr. 3 GKG.), bei Schluß- und Nachtragsverteilungen die Mitteilung der auf den einzelnen Gläubiger treffenden Summe [§ 166 Anm. 8, 11]. Rechtsfolgen der Mitteilung: § 159 Anm. 4, 5. Den gesetzlichen Erfüllungsort für die Leistung der Dividende bildet nach dem Zwecke des Konkurses und insofern nach „der Natur des Schuldverhältnisses" (§ 269 I BGB.), das nun der Konkursverwalter als Zwangsvertreter des Schuldners (nicht als der Schuldner selbst) gegenüber dem einzelnen Konkursgläubiger zu erfüllen hat, der Sitz der Konkursverwaltung: die zahlbaren Anteile sind beim Verwalter „zu erheben" (§ 169), die Schuld ist grundsätzlich Holschuld (vgl. auch § 19 SchuldverschrG.). Für die nur „im Zweifel" platzgreifende Vorschrift des § 270 I BGB. ist hier kein Raum. Eine Zusendung des Geldes an den Gläubiger geschieht auf dessen Kosten und Gefahr. Vgl. Motive II S. 380, Seuffert S. 375, Fitting § 44 N. 4. Dementsprechend gerät der Gläubiger in Annahmeverzug, wenn er der Mitteilung des Verwalters un­ geachtet sich in angemessener Frist nicht zur Empfangnahme der Dividende beim Verwalter einfindet (§ 295 BGB.). Folge: § 168 Anm. 1. Vgl. auch schon Motive I Bd. 2 S. 123. II. Vollzugsorgan. Verteilungen aller Art sind zu „vollziehen" (d.h. auszuführen)Anm. 2. vom Konkursverwalter. Die Vollziehung bildet eine selbständige Tätigkeit des Verwalters, während die Vorfrage, ob eine Verteilung „vorzunehmen" sei, nur für Ab­ schlagsverteilungen und auch für diese nur beim Mangel eines Gläubigerausschusses der alleinigen Entschließung des Verwalters anheimsteht (§§ 150, 161II, 1661). Gegen pflicht­ widrigen Aufschub der Vollziehung hat das Konkursgericht im Aussichtsweg einzuschreiten (88 83 f.). Die Motive II S. 386 bemerken, es handle sich beim Berteilungsvollzug um einen Akt der Exekutive, der nach Ausscheidung des Gerichts aus der Administration nur 19*

Zurückbehaltung der Auteile.

296

8167.

Anm. 3.

dem Verwalter übertragen werden könne. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß der Ver­ walter die Verteilung als staatliche Vollstreckungsbehörde zu vollziehen habe. Er wird auch insoweit als Zwangsvertreter des Massesubjekts tätig. In dieser Eigenschaft hat er Streitigkeiten mit einem Gläubiger auszutragen, die sich beim Vollzüge der Verteilung über die Rechtsfrage ergeben, ob Anteile auszuzahlen oder zurückzubehalten sind. Die Aus­ tragung erfolgt im ordentlichen Prozesse (vgl. RG. v. 11.11. 1895 IW. 1896 S. 34 Nr. 20). Siehe auch § 168 Anm. 8. Gegen die Versagung rangentsprechender Aufnahme in die Berteilungsliste (§§ 151, 157) hat der Gläubiger im Einwendungsverfahren (§§ 158, 162) Abhilfe zu suchen. Siehe auch § 151 Anm. 9, § 159 Anm. 5. Da der Verwalter nicht in Person Schuldner der zahlbaren Konkursforderung ist, richtet sich auch das bei Pfändung dieser Forderung wider den Drittschuldner zu erlassende Verbot des § 8291 ZPO. nicht an den Verwalter persönlich, sondern an ihn als Zwangsvertreter des Drittschuldners. Ein späterer Wechsel im Verwalteramt läßt die Wirksamkeit einer so vollzogenen Pfändung und Überweisung (§ 835 ZPO.) unberührt. Auch der neue Verwalter hat die Anteile dem Pfändungspfandgläubiger auszuzahlen und sie nicht etwa nun wegen Ungewißheit der Person des Gläubigers zu hinterlegen. Der in der Praxis der unteren Gerichte nicht selten zu beobachtende Unfug, daß der Verwalter persönlich als Schuldner des Konkursgläubigers oder als Gläubiger einer zur Masse gehörenden Forderung behandelt wird, hat bei Pfändungen schon wiederholt zu Schwierigkeiten geführt. Siehe z. B. LG. Freiberg v. 21. 12. 1907 SARpfl. 3 S. 273 ff. Im übrigen siehe wegen der Ungewißheit des Gläubigers und wegen des Gläubigerwechsels § 149 Anm. 7 mit Verweisungen.

§ 168. Die Anteile (. auf Forderungen, welche infolge eines bei der Prüfung erhobenen Wider­ spruchs im Prozesse befangen sind, 2. auf Forderungen, welche von einer aufschiebenden Bedingung abhängen, 3. auf Forderungen, für welche eine abgesonderte Befriedigung beansprucht und der Vorschrift des § (53 Abs. 2 genügt ist, H. auf Forderungen unter auflösender Bedingung, sofern der Gläubiger zu einer Sicherheitsleistung verpflichtet ist und die Sicherheit nicht leistet, werden zurückbehalten. Unveränderter § 155 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 120ff., Motive II S. 387f., S. 108, 183.

Protokolle

Zurückbehaltung der Anteile. allgemeinen. Im Regelfälle werden die Anteile dem Gläubiger aus bezahlt. Ist die Person des Gläubigers ungewiß, weil mehrere Prätendenten die Konkursforderung für sich in Anspruch nehmen, so darf der Verwalter in Ausübung des dem Schuldner nach § 372 Satz 2 BGB. zustehenden Rechtes die Anteile hinterlegen. Das gilt gerade für Forderungen, die an sich durch Auszahlung zu berücksichtigen, also uneingeschränkt „festgestellt" sind. Für andere Fälle der Ungewißheit bestimmt der § 168 KO. wann im Regelkonkurse die Anteile bei den verschiedenen Verteilungen nicht aus­ bezahlt werden dürfen, sondern zurückzubehalten sind. Der § 168 regelt sonach eine besondere Amtspflicht des Konkursverwalters und bezieht sich nur auf die Zurück­ behaltung von Anteilen auf Konkursforderungen, die im Berteilungsverfahren zu berücksichtigen sind. Die Zurückbehaltung von Beträgen zur Deckung streitiger Masseansprüche steht hier außer Frage [§ 166 Anm. 2]. Allein auch für Konkursforderungen ist die Auf­ zählung des § 168 nicht erschöpfend sAnm. 8]. Schicksal der auszahlbaren, aber unerhobenen

Anm. 1. I. Die Zurückbehaltung im

Zurückbehaltung der Anteile.

297

Anteile: Anm. 2 u. § 169 Anm. 4. Streitigkeiten zwischen Gläubiger und Verwalter über H188. die Frage, ob ein Betrag auszubezahlen oder zurückzubehalten ist, sind nicht im Ein­ wendungsverfahren der §§ 158, 162, sondern im Prozeßweg auszutragen [§ 167 Anm. 2], Pflichtwidriges Verzögern der Auszahlung macht den Verwalter schadensersatzpflichtig (§ 82) und bietet Anlaß zum Einschreiten der Aufsichtsbehörde (§§ 83 f.). Die bei Abschlagsverteilungen nach § 168 zurückbehaltenen Beträge gehören zurAnm. 2. Konkursmasse und werden oder bleiben wie andere Massegelder und mit diesen (ungesondert) für Rechnung der Masses verzinslich angelegt [§ 129 Anm. 11, § 132 Anm. 1]. Der Gläubiger erhält zunächst keine Zinsen. Dies gilt auch für solche Beträge, die bei einer Abschlagsverteilung nicht erhoben worden sind, obgleich sie hätten ausbezahlt werden dürfen. Diejenigen Beträge aber, die bei der Schlußverteilung oder einer sie ergänzenden Nachtragsverteilung zurückzubehalten oder trotz Zahlbarkeit unerhoben geblieben sind, hat der Verwalter auf Anordnung des Gerichts für Rechnung — also auf Kosten und Gefahr, aber auch zu Gunsten — der Beteiligten zu hinterlegen (§ 169). II. Die einzelnen Zurückbehaltungsgründe, die übrigens mit einander konkurrieren könnenAnm. 3. (Motive II S. 388), sind:

1. Nach Nr. 1 werden die Anteile auf solche Forderungen, die infolge eines bei der Prüfung erhobenen Widerspruchs im Prozesse befangen sind, zurück­ behalten. Die Nr. 1 gilt für Verteilungen aller Art. Namentlich sind auch noch bei der Schlußverteilung die Anteile auf streitbefangene Forderungen zurückzubehalten, die von vornherein in das Schlußverzeichnis ausgenommen worden sind, oder kraft einer auf Einwendung des Anmelders ergangenen Anordnung des Konkursgerichts (§§ 162, 158II) aufzunehmen waren. Die Nr. 1 trifft zwei verschiedenartige Fälle.

a) Dem titulierten Anmelder (§ 146 VI) werden nämlich die Anteile ungeachtetAnm. 4. eines Widerspruchs ausbezahlt, es sei denn, daß noch vor dem Vollzüge der Verteilung der Widersprechende dem Verwalter die Verfolgung des Widerspruchs nachweist. Der Nachweis ist an die Ausschlußfrist des § 152 nicht gebunden (Motive II S. 387) und erübrigt sich, wenn der Verwalter einen eigenen Widerspruch erhoben und zu verfolgen begonnen hat. Im Falle mehrfacher Bestreitung ist den Voraussetzungen der Nr. 1 genügt, wenn auch nur ein Opponent die Widerspruchsklage erhoben hat. Denn der Sieg eines einzigen Opponenten vereitelt die Feststellung [§ 146 Anm. 7 ff.]. Da aber die Anteile auf titulierte Forderungen nur bei Prozeßbefangenheit zurückzubehalten sind, müssen sie ausbezahlt werden, sobald der einzige geltend gemachte Widerspruch rechts­ kräftig verworfen ist. Sobald ein Widerspruch rechtskräftig für begründet erklärt ist, werden die reservierten Anteile für die Masse frei. Nachtragsverteilung: § 166 Anm. 2. b) Der nicht titulierte Anmelder (8 146 I—V) wird nur berücksichtigt, wenn recht-Anm. 5. zeitig der im § 152 geforderte Nachweis erbracht worden ist. Mehrheit von Wider­ sprüchen: tz 152 Anm. 5. Die Berücksichtigung besteht vorläufig nur im Zurückbehalten der Anteile. Wird die Feststellungklage rechtskräftig aberkannt oder zurückgenommen, so werden die dem Kläger reservierten Anteile für die Konkursmasse frei. Nachtrags­ verteilung: § 166 Anm. 2. Die Nr. 1 setzt einen im Prüfungsverfahren erhobenen Widerspruch voraus. Auf Anm. «. festgestellte Forderungen kann sie daher auch dann nicht bezogen werden, wenn der Verwalter im Wege der Bollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO.) die nachträgliche Tilgung der Forderung geltend macht [§ 145 Anm. 11]. Oetker I S. 374, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2b, Seuffert S. 377; — abw. RG. v. 24. 2. 1888 Bd. 21 339 (für entsprechende Anwendung), Kohler Lehrbuch S. 557. Doch kann das Prozeßgericht auf Grund des § 769 ZPO. die einstweilige Zurückbehaltung der Anteile anordnen. 0 Der Entwurf einer Gemeinschuldordnung wollte im § 165 I ausdrücklich vorschreiben, daß die Zinsen der bei Abschlagsverteilungen zurückbehaltenen oder nicht erhobenen Anteile bis zu einem vom Gläubigerausschusse zu bestimmenden Teilungstage der Masse zuwachsen sollten.' Vgl. dazu Motive I Bd. 2 S. 123.

298 §168.

Anm. 7.

Anm. 8.

Anm. 9.

Hinterlegung zurückbehaltener Anteile.

2. Die Nr. 2 bestimmt in Konsequenz der §§ 67, 154, 156, daß die Anteile aufschiebend bedingter Forderungen zurückzubehalten sind, solange die Bedingung schwebt. Auf die Schlußverteilung und darum auch auf eine etwaige Nachtragsverteilung (§ 166) findet die Nr. 2 nur Anwendung, wenn die Anwartschaft nicht aussichtslos ist (§§ 154 H, 156). 3. Die Nr. 3 stellt klar, daß die unter den Voraussetzungen des § 153II erfolgende „Be­ rücksichtigung" absonderungsberechtigter Konkursgläubiger bei Abschlagsverteilungen im Zurückbehalten der Anteile besteht. Wie lange diese Zurückbehaltung dauert, bestimmt der § 156. Aus ihm folgt, daß die Nr. 3 für die Schlußverteilung und darum auch für eine etwaige Nachtragsverteilung (§ 166) nicht mehr in Betracht kommt. Besteht aber Streit darüber, ob der Ausfallgläubiger, wie er behauptet, die Voraussetzungen des § 1531 erfüllt und darum Auszahlung der Anteile bei der Schluß­ verteilung zu beanspruchen hat, so kann aus diesem im § 168 nicht vorgesehenen Grunde noch bei der Schlußverteilung eine Zurückbehaltung der dem Gläubiger im Falle des Zutreffens seiner Behauptung gebührenden Anteile und späterhin im gegenteiligen Falle eine Nachtragsverteilung nach § 1661 1 veranlaßt sein (OLG. Dresden v. 12. 7. 1905 SARpfl. 2 S. 393). Die Schwebe eines solchen Rechtsstreites bildet nicht schlechthin ein Hindernis der Schlußverteilung ssiehe auch § 161 Anm. 1 ff.]. Eine entsprechende Anwendung unserer Nr. 3 ist in den §§ 234, 236 KO., im § 35II HypBankG. und im § 61 m PrivVUntG. verordnet ssiehe § 153 Anm. 10]. Vgl. auch § 212II KO. 4. Nach Nr. 4 sind endlich die Anteile auflösend bedingter Forderungen bei Ver­ teilungen aller Art zurückzubehalten, wenn der Gläubiger zu einer Sicherheitsleistung verpflichtet ist und die Sicherheit nicht leistet. Die Bedingung steht, da von ihr die Zurückbehaltungsbefugnis abhängt, im Rechtsstreit über die Berechtigung der Zurück­ behaltung sAnm. 1] zur Beweislast des Verwalters. Im übrigen siehe § 66 Anm. 3, § 154 Anm. 1.

§ 169. Die Beträge, welche bei dem Vollzüge der Schlußverteilung zurückzubehalten sind, oder welche bis zu diesem Zeitpunkte nicht erhoben werden, hat der Ver­

walter nach Anordnung des Gerichts für Rechnung der Beteiligten zu hinterlegen. Unveränderter § 156 alter Folge. Materialien: MotiveI Bd. 2 S. 124, Motive H S. 388, ProtokolleS. 108,183.

Hinterlegung zurückbehaltener und nicht erhobener Anteile. Anm.

i. I- Anwendungsbereich des § 169. Beträge, die aus den im § 168 Nr. 1, 2 u. 4 bezeichneten Gründen beim Vollzüge der SchlußVerteilung oder einer sie ergänzenden Nachtrags­ verteilung nicht ausbezahlt werden durften, sondern zurückbehalten werden mußten, und Beträge, die bei irgend einer Berteilung zahlbar waren, aber bis zum Ende des Vollzugs der Schluß- oder Nachtragsverteilung (Fitting Z45N. 14, Seuffert S. 380; a b w. v. SarweyBoffert Anm. 2) durch den Gläubiger oder einen ausreichend legitimierten Vertreter nicht erhoben, d. h. nicht abgeholt worden sind [§ 167 Anm. 1], hat der Verwalter nach Anordnung des Gerichts für Rechnung der Beteiligten sAnm. 5] zu hinterlegen. Der 8 169 bezieht sich nicht auf Abschlagsverteilungen. Zinsen der bei Abschlagsverteilungen zurückbehaltenen oder nicht erhobenen Anteile wachsen bis zur Schlußverteilung der Konkursmasse zu [§ 168 Anm. 2]. — Dem Gantverfahren der bayrischen ProzeßO. v. 29. 4. 1869 war Hinterlegung im Sinne unserer Vorschrift fremd. Näheres

Anm.

2.H. Hinterlegungsanordnung. Das Konkursgericht hat das Hinterlegungsgebot von Amts wegen zu erlassen und zugleich darüber zu befinden, wo und in welcher Weise sAnm. 4] die Beträge hinterlegt werden sollen. Insoweit greift das Konkursgericht in die KonkurSverwaltung ein. Um dieser seiner Aufgabe entsprechen zu können, muß es ermächtigt sein, vom

ObLG. v. 24. 9. 1909 BayZ. 5 S. 457.

Hinterlegung zurückbehaltener Anteile.

299

Konkursverwalter einen Bericht über den Vollzug der Schlußverteilung einzuholen. ErstHltzg. daraus ergibt sich, ob und inwieweit die Voraussetzungen für eine Anordnung im Sinne des § 169 gegeben sind. Die Hinterlegung wird meist bei der ordentlichen Amtsstelle für Hinter­ legungen anzuordnen sein (vgl. a. 144 EGzBGB.; Preußen: regelmäßig Bezirksregierung nach §§ Iss. der preuß. Hinterlegungsordnung v. 14. 3. 1879 i. d. Fassung nach a. 84 AGzBGB.; Bayern: Amtsgerichte und Kgl. Bank nach a. 167 Nr. XXII AGzBGB., Hinterlegungsordnung v. 18. 12. 1899). Doch kann auch anderswo hinterlegt werden. So etwa bei der Reichsbank, aber beispielsweise auch bei zuverlässigen Privatbanken oder Spar­ kassen (abw. v. Mlmowski-Kurlbaum Anm. 4 a. E.). Ausschlaggebend ist in erster Linie die Sicherheit, in zweiter Linie die Rentabilität der Hinterlegung. Die Anordnung unterliegt nach § 73in der sofortigen Beschwerde (abw. Oetker IAnm. s. S. 420). Diese steht dem Konkursverwalter und jedem Beteiligten (am Freiwerden des Betrags interessierten) Gläubiger zu, also nicht bloß dem Bezugsberechtigten selbst. DaS Beschwerdegericht kann Ort und Art der Hinterlegung ändern, nicht aber darüber entscheiden, ob der Verwalter auszuzahlen oder zu hinterlegen hat [§ 168 Anm. 1]. HI. Art und Weise der Hinterlegung. Der § 169 enthält eine nach Zweck und Bor-Anm. 4. aussetzungen eigenartige Hinterlegung, die vom Konkursgericht anzuordnen, vom Verwalter nach näherer Maßgabe dieser Anordnung auszuführen ist. Die Sätze der Hinter­ legung zum Zwecke der Schuldbefreiung (§§ 372 ff. BGB.) sind für die Hinterlegung des § 169 nicht maßgebend (a b w. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 4). Das leuchtet — ab­ gesehen von der Möglichkeit einer nichtamtlichen Hinterlegung sAnm. 2] — ohne weiteres ein für diejenigen Anteile, die aus Gründen des § 168 KO. zurückbehalten werden mußtenInsoweit ist ein Verzicht des Verwalters auf das Rücknahmerecht (§§ 376II Nr. 1, 378, 382 BGB.) wegen des stillschweigenden Vorbehalts einer Nachtragsverteilung gar nicht zulässig. Allein auch hinsichtlich solcher Beträge, die bei der Schlußverteilung zahlbar gewesen, aber tat­ sächlich nicht abgeholt worden sind, führen die allgemeinen Grundsätze der Hinterlegung zu unangemessenen Ergebnissen. Nicht selten bleiben Gläubiger festgestellter Forderungen der Person nach unbekannt oder an unbekannten Orten abwesend. Namentlich kann es, wie der Konkurs der Grundschuldbank gelehrt hat, vorkommen, daß auf Schuldverschreibungen, die durch den gemeinsamen Vertreter mit angemeldet und zur Feststellung gebracht worden sind [§ 139 Anm. ö], Anteile niemals erhoben werden. Vgl. Stern Schuldverschreibungsgläubiger S. 53. Sachgemäß erscheint in allen Fällen des § 169 (vgl. §§ 3, 166) nur eine nicht allzuferne Zuweisung der unerhobenen Beträge an diejenigen Gläubiger, denen der Wegfall des unbekannten Konkurrenten zunächst zustatten kommt. Dem nicht entlasteten Schuldner gebühren die Depositen nicht. Als juristische Person wird er durch den Konkurs ohnedies regelmäßig ohne Nachfolger hinweggefegt und, auch wenn er den Konkurs überdauert, würde er bei Anwendbarkeit des § 382 BGB. (a. 1451 2 EGzBGB.) frühestens nach 30 Jahren zur Rücknahme berechtigt sein. Eine so weit herausgerückte Nachtragsverteilung wäre ein Unding. Vollends unangemessen erscheint ein Verfall zugunsten der Staatskasse (a. 1451 EGzBGB., vgl. §§ 53ff. preuß., §§ 35ff. bayer. HintlO.). Siehe schon Motive I Bd. 2 S. 133. Zu der allein befriedigenden Lösung führt die Annahme, daß der § 169 das Konkursgericht ermächtigt, eine Hinterlegung der unerhobenen (aber zahlbaren) Beträge auf bestimmte Zeit und unter Vorbehalt einer nach fruchtlosem Fristablaufe stattfindenden Nachtragsverteilung (§ 166) anzuordnen. Die allgemeine Fassung des Gesetzes berechtigt zu dieser Annahme. Denn es weist das Konkursgericht an, nach freiem

— wenn auch im Beschwerdeverfahren kontrollierbaren sAnm. 3] — Ermessen die Hinter­ legung „anzuordnen", also deren Ort und Art und damit auch die zeitlichen Grenzen der Auslieferung an die Bezugsberechtigten in einer für den vollziehenden Verwalter maßgebenden Weise vorzuschreiben. Das Gesetz selber ergibt nur, unter welchen Voraus­ setzungen bisher zurückzubehaltende Beträge zahlbar werden. Offenbar in diesem Sinne bemerken auch die Motive II S. 388: der § 169 übertrage die auf die Hinterlegung bezüglichen Anordnungen dem Konkursgericht, um eine Kontrolle des Verwalters zu sichern für die demnächstige Auszahlung der Beträge an die Berechtigten oder ihre Verwendung zu einer

300 §169*

Anm. 5.

Außerordentliche Zahlungen an Borrechtsgläubiger.

nachträglichen Verteilung (§ 166). Nur diese Alternative wird in Rechnung gezogen. Auch redet der § 1661 1 unterschiedslos von Beträgen, die „zurückbehalten sind", einerlei, ob sie aus Gründen des § 168 zurückbehalten werden mußten (§ 169 erster Fall) oder nichtabgeholt und nur darum von der Masse übrig geblieben sind (§ 169 zweiter Fall). Die dem Konkurs­ gericht eingeräumte Anordnungsbefugnis muß sich also auf die beiden Hinterlegungsanlässe erstrecken, die §§ 372 ff. BGB. aber würden jedenfalls auf den ersten nicht passen. Daß die Hinterlegung für Rechnung der Beteiligten erfolgt, bestimmt der § 169 selbst. Dementsprechend trägt der Bezugsberechtigte Kosten und Gefahr der Hinterlegung; andrerseits gebühren ihm vom Tag der Hinterlegung ab die Zinsen. Die Beträge sind zinsbar zu hinterlegen. Das bestätigen gerade die Worte „für Rechnung der Beteiligten". Ist also die Hinterlegungsstelle nicht selber eine Kreditanstalt, so werden doch die Anteile bei einer Bank (Sparkasse) gegen Empfangsscheine zinsbar einzubezahlen und die Scheine bei der zu­ ständigen Stelle zu hinterlegen sein ^Anm. 2]. Die Hinterlegung des § 169 erfolgt für Rechnung, nicht aber auch im Namen der Beteiligten. Vielmehr hat der Verwalter im Bereiche des § 169 namens der Konkursmasse (des Massesubjekts), selbstverständlich nicht etwa auf seinen eigenen Namen, je nach der Anordnung des Konkursgerichts sAnm. 4] mit der Maßgabe zu hinterlegen, daß der Gläubiger die Anteile nur auf Anweisung entweder des Verwalters oder des Konkursgerichts erheben kann. Sollte der Verwalter vor Erfüllung seiner Obliegenheiten versterben, so wäre ein neuer Verwalter zu bestellen ssiehe § 166 Anm. 12]. Ein Pfandrecht am hinterlegten Betrage nach § 233 BGB. erwirbt daher der berücksichtigte Gläubiger auch dann nicht, wenn er tut Sinne des § 67 ein Recht auf Sicherung hat. Wie diese Sicherung zu vollziehen ist, bestimmen eben die besonderen Vorschriften des Konkursrechts (§§ 168 Nr. 2, 169).

§ ITO. Zahlungen auf festgestellte bevorrechtigte Forderungen kann der Verwalter

mit Ermächtigung des Gerichts unabhängig von den Verteilungen leisten.

Unveränderter § 157 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 109, S. 108, 183, 214.

Motive II S. 373, 388, Protokolle

Außerordentliche Zahlungen an Borrechtsglaubiger.

Anm. i. I. Grundsätzlich sind auch die bevorrechtigten Gläubiger sAnm. 3] an den Gang des Berteilungsverfahrens gebunden. Doch gestattet das Gesetz aus Billigkeitsgründen, daß der Verwalter Borrechtsgläubiger (etwa die Arbeiter eines großen Betriebs mit ihren Lohnrück­ ständen, § 61 Nr. 1) ganz oder teilweise unabhängig vom Berteilungsverfahren befriedige, wenn ihre Forderungen nach Betrag und Vorrecht fest gestellt sind und das Konkursgericht die Ermächtigung zur Vornahme der außerordentlichen Zahlung erteilt hat. Die Ermächtigung muß sich auf bestimmt bezeichnete Borrechtsforderungen beziehen und darf nur erteilt werden, wenn die richterliche Prüfung ergibt, daß dem Erfordernisse der Feststellung genügt sAnm. 4] und eine Gefährdung gleich oder besser berechtigter Gläubiger (besonders der Massegläubiger) nicht zu besorgen ist. Da auch die Borrechtsgläubiger nur in etwa 90 °/0 der Konkurse Bollbefriedigung erhalten [§ 163 Anm. 12], muß der Konkursrichter Anm. 2.

alle Vorsicht walten lassen. Berantworlichkeit: § 83 Anm. 3. Die „Ermächtigung" begründet, wie schon der Wortlaut besagt, k e i n e Z a h l u n g s p f li ch t des Verwalters, keinen Anspruch der Bevorrechtigten auf Berücksichtigung außer der Reihe. Sie ist Erlaubnis, nicht Befehl und bedeutet auch als Erlaubnis eine Ausnahme vom Grundsätze der Selbstverwaltung [§ 71 Anm. 3]. Stellt sich heraus, daß die außerordentliche Zahlung unangemessen wäre, so hat sie der Verwalter trotz der Ermächtigung zu unterlassen („kann"). Motive II S. 373. Darum können aber doch die Borrechtsgläubiger — nicht minder al- der Verwalter selbst — beantragen, daß das Gericht den Verwalter zur Zahlung

Außerordentliche Zahlungen an Borrechtsgläubiger.

301

ermächtige (abw. Seuffert S. 368), und auch sie können wie der Verwalter den abschläg iflenglTO. Bescheid mit sofortiger Beschwerde anfechten (abw. Oetker I S. 493). Petersen-Kleinfeller zu § 170, Fitting § 39 N. 5. Da der § 170 einen förmlichen Antrag nicht voraussetzt, kann die Ermächtigung auch von Amts wegen erteilt werden. Gegen die Erteilung der Ermächtigung haben die durch den Masserest nicht mehr mit Sicherheit gedeckten gleich und bester berechtigten Gläubiger — unter letzteren auch die Massegläubiger — das Beschwerderecht. Seuffert aaO., Petersen-Kleinfeller aaO. u. a.; abw. Oetker aaO., v. Sarwey-Bostert Anm. 1 (unanfechtbar), Wolff Anm. 1 (jeder Konkursgläubiger, nicht aber ein Massegläubiger sei anfechtungsberechtigt), Hellmann S. 490 (nicht die Massegläubiger). Der Ermächtigungs­ beschluß ist jedenfalls dem Verwalter zuzustellen (§ 73 II), da ihm die Ermächtigung erteilt wird. Öffentliche Bekanntmachung empfiehlt sich, wo eine größere Zahl Beschwerde­ berechtigter in Frage kommt (§ 76III).

n. Bevorrechtigt im Sinne des § 170 sind die im § 61 Nr. 1—5 aufgeführten Forderungen. Anm. 3. Für die aus einer gesonderten Masse zu deckenden Vorrechte der Schuldverschreibungs­ gläubiger im Konkurse der Hypothekenbank und der Versicherten im Konkurse der Lebensversicherungsanstalt [§ 61 Anm. 1 ff.] versteht sich die Zulässigkeit einer vom allgemeinen Verteilungsverfahren unabhängigen Ausschüttung der Borrechtsmaste von selbst. ES bedarf daher keiner gerichtlichen Ermächtigung im Sinne des § 170, wenn der Konkurs­ verwalter gleichmäßig zu gunsten aller festgestellten Sondervorrechtsansprüche Verteilungen aus der Sondermasse vornehmen will (Petersen-Kleinfeller S. 315; abw. v. WilmowskiKurlbaum Anm. 2). III. Nimmt der Konkursverwalter außerordentliche Zahlungen ohne gerichtliche Ermächtigung Anm. 4. vor, so handelt er auf persönliche Verantwortung (§ 82). So auch dann, wenn ihn das Gericht schon vor dem Prüfungstermin, also vor der Feststellung, etwa in besonders dringlichen Fällen (rückständige Arbeiterlöhne) zur Auszahlung ermächtigen würde. Denn der § 170 ergibt mit Bestimmtheit, daß eine solche Ermächtigung in keiner Form statthaft ist, auch nicht — was die Praxis versucht hat — als einstweilige Verfügung. Ebensowenig ent­ lastet den Verwalter eine Weisung des Gläubigerausschusses. Der Ersatzanspruch aus § 82 steht den einzelnen Gläubigern zu, die infolge der gesetzwidrigen Verteilung einen Schaden erlitten haben. Neben diesen Forderungen gegen den Verwalter bestehen Bereicherungs­ ansprüche der Benachteiligten gegen die außer der Reihe befriedigten Borrechtsgläubiger (§ 812 BGB.) nicht. Ein vom Verwalter oder seinem Nachfolger für Rechnung der all­ gemeinen Masse auszuübender Bereicherungsanspruch würde gegenüber solchen Empfängern begründet sein, deren Forderung oder Vorrecht überhaupt nicht begründet oder doch nach dem Stande der Masse nicht zu berücksichtigen war. In verschiedener Hinsicht abw. Wolff

Anm. 1, Seuffert S. 369.

§ in Beträge, welche zur Sicherstellung eines bedingt zur Aufrechnung befugten

Gläubigers nach Maßgabe des § 5^ Abf. 3 hinterlegt worden sind, fließen für die Schlußverteilung zur Konkursmasse zurück, wenn die Möglichkeit des Eintritts

der Bedingung eine so entfernte ist, daß die bedingte Forderung einen gegen­ wärtigen Vermögenswert nicht hat. Ursprünglich § 158: Beträge, welche zur Sicherstellung eines bedingt zur Aufrechnung befugten Gläubigers nach Maßgabe des § 47 Abs. 3 hinterlegt worden sind, fließen zur Konkursmasse zurück, sofern nicht bis zum Ablaufe der Ausschlußfrist für die Schlußverteilung dem Verwalter der Einttitt der Bedingung nachgewiesen wird, oder soweit nicht der Gemeinschuldner zu einer Sicherheitsleistung verpflichtet war.

Materialien: Mottve II S. 389, Protokolle S. 108, 183, 214, P. VI S. 766, Begründung S. 44, Kommissionsbericht S. 1953 s.

302

Ausschließung von Massegläubigern.

8171.

Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat aus den für die Änderung des § 154n maßgebenden Gründen die Vorschrift entsprechend dem in P. VI S. 766 formulierten Beschlusse neu gefaßt.

i.

Hat ein Schuldner der Masse eine aufschiebend bedingte Gegenforderung, so kann er nach § 54 HI die Aufrechnung erst beim Eintritte der Bedingung vollziehen, aber alsbald gegen Zahlung der eignen Schuld Sicherstellung des Erfolgs der späteren Aufrechnung bean­ spruchen [§ 54 Anm. 6]. Eine so hinterlegte Kaution wird gleich der Sicherstellung einer auf­ schiebend bedingten Konkursforderung (88 67, 154 II) für die Schlußvert eilung frei, wenn die Möglichkeit des Bedingungseintritts so ferne liegt, daß die bedingte Forderung alles

Aussichtslose Auftechnungsanwartschast. Anm.

Gegenwartswertes entbehrt [§ 154 Anm. 4, § 166 Anm. 2].

§ 172. Masseansprüche, welche nicht bis zu der Festsetzung des Prozentsatzes oder der Beendigung des Schlußtermins oder der Bekanntmachung einer Nachtrags­

verteilung zur Kenntnis des

Verwalters gelangt sind, können nicht auf den

Massebestand geltend gemacht werden,

welcher zur Auszahlung des festgesetzten

Prozentsatzes erforderlich ist oder den Gegenstand der Schlußverteilung oder der Nachtragsverteilung bildet. Unveränderter 8 159 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 112f., Motive II S. 376, 389, Protokolle S. 108 f., 111, 183, 214.

Ausschließung von Massegläubigern. Anm. 1. I. Masseansprüche — Massekosten- wie Masseschuldansprüche [8 57 Anm. 1] — sind unabhängig vom Konkursverteilungsverfahren zu decken [8 57 Anm. 10]. Der Verwalter hat sie, auch als bedingte, dem Betrage nach noch unbestimmte oder von ihm bestrittene Ansprüche, vonAmts wegen bei persönlicher Verantwortlichkeit zu berücksichtigen [8 57 Anm. 6], Bei unbedingten und unstreitigen Masseansprüchen besteht die Berücksichtigung in der Erfüllung (z. B. Geldzahlung), bei bedingten, dem Betrage nach noch unbestimmten oder bestrittenen in der Sicherstellung (vgl. 88 191 I, 205 II). So z. B. bei schwebenden Prozeßkostenschulden [§ 161 Anm. 1]. Die Berücksichtigungspflicht setzt Kenntnis des Verwalters voraus ^Anm. 6]. Um nun die ordnungsmäßig berücksichtigten Konkursgläubiger „vor jeder Rückforderung zu sichern, gleichviel von wem diese ausgeht und unter welchem Rechtstitel sie auftritt", erstreckt der § 172 den Grundsatz „der tatsächlichen relativen Präklusion" — freilich unter wesentlichen Einschränürngen fAnm. 5] — auch auf die

Anm.

Anm.

Massegläubiger. Motive II S. 376. Was die Konkursgläubiger infolge dieser gesetzlichen Ausschließung eines Massegläubigers durch Auszahlung oder Sicherstellung erwerben, das wird nicht „ohne rechtlichen Grund erlangt" und ist daher einer Rückforderung durch den Massegläubiger unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung (8 812 BGB.) nicht ausgesetzt. Siehe 8 57 Anm. 7. 2.II. Eine Masseverbindlichkeit gelangt rechtzeitig zur Kenntnis sAnm. 6] des Verwalters, wenn dieser davon erfährt: 1. Bei Ab schlagsVerteilung en bis zu der nach außen wirksamen Festsetzung des Prozentsatzes d. h. bis zu dessen Mitteilung an mindestens einen Konkursgläubiger [§ 159 Anm. 4f.]. Die Ausschließung beschränkt sich aber auf denjenigen Massebestand, der zur Auszahlung oder Zurückbehaltung bei dieser Abschlagsverteilung erforderlich ist; sie erstreckt sich nicht auf den wegen Unvollständigkeit der Aufteilung verbleibenden und nach 8 155 verwendbaren Rest (Motive n S. 376). 3. 2. Bei der Schlußverteilung bis zur Beendigung des Schlußtermins (8162), d. h. bis die Verhandlung nach 8 136 IV ZPO. vom Konkursrichter geschlossen ist. Eine Wieder-

Ausschließung von Massegläubigern.

303

erösfnung der Terminsverhandlung (§ 156 ZPO.) nur zum Zwecke nachträglicher Zulassung § 172. von Masseverbindlichkeiten ist unstatthaft. Die Ausschließung gilt für „den Gegenstand der Schlußverteilung" d. h. für diejenigen Beträge, die bei der Schlußverteilung auszu­ bezahlen oder zurückzubehalten sind, nicht auch für die nach dem Beginn des Vollzug- der Schlußverteilung verfügbar werdende Nachtragsmasse ^Anm. 4]. 3. Bei Nachtragsverteilungen bis zur wirksamen Bekanntmachung des verfügbarenAnm. 4. Massebestands durch den Verwalter [§ 166 Anm. 11], also bis zum Ablaufe des zweiten Tages nach der Ausgabe des die Bekanntmachung enthaltenden Amtsverkündungsblattes (§ 76 I). Die Ausschließung erstreckt sich auf die bei der jeweiligen Nachtragsverteilung auszuzahlenden oder zurückzubehaltenden Beträge. Protokolle S. 108 f., 111. Die Haftung des Schuldners in Person kann weiter dauern [§ 57 Anm. 5]. Hieraus sAnm. 2—4] ergibt sich, daß die Präklusion der Massegläubiger gegenüber Anm. 5. derjenigen der Konkursgläubiger erheblich abgeschwächt ist. Namentlich wird die Geltend­ machung von Masseansprüchen durch die Ausschlußfrist des § 152 nicht berührt und ein bei der Schlußverteilung präkludierter Massegläubiger damit nicht auch von einer etwaigen Nachtragsverteilungsmasse ausgeschlossen. Auch können Massegläubiger, deren Ansprüchen der Verwalter die Anerkennung versagt, einen Arrest auf Massegegenstände — also gegen den Verwalter — erwirken, weil das Drohen einer Verteilung als zureichender Arrestgrund gelten darf (§§ 917 I, 920 ZPO.). Motive H S. 389; siehe auch § 57 Anm. 10. UI. Für die Kenntnis des Verwalters ist es gleichgültig, wie und von wem er Kunde erhält.Anm. 6. Einer Anmeldung [§ 57 Anm. 10] oder auch nur formlosen Benachrichtigung gerade durch den Massegläubiger selbst bedarf es nicht. Dem Kennen ist das Kennenmüssen nicht gleich­ gestellt. Doch wird der Verwalter persönlich schadensersatzpflichtig (§ 82), wenn er die Kenntnisnahme schuldhaft vereitelt, also etwa die Anzeige eines Gläubigers ungelesen in den Papierkorb wirft. Masseansprüche, die er kennt, hat der Verwalter zu beachten, auch wenn er sie bestreitet sAnm. 1]. Die Berücksichtigungspflicht und persönliche Haftung des Verwalters setzt nicht einmal voraus, daß der Prätendent den von ihm erhobenen Masseanspruch glaubhaft macht. Dies ergibt ein Gegenschluß aus § 191 I gegen § 191 II. Die Nichtbeachtung behaupteter Massegläubigerrechte geht auf Gefahr des Verwalters. Doch trifft ihn eine Ver­ antwortlichkeit nach § 82 nur im Falle des Verschuldens. Wenn der Prätendent seinen An­ spruch in keiner Weise belegt, kann die Verantwortlichkeit des den Anspruch ignorierenden Verwalters mangels eigenen Verschuldens entfallen, aber auch wegen mitwirkenden Ver­ schuldens des Prätendenten ausgeschlossen oder vermindert sein [§ 82 Anm. 2]. In Zweifels­ fällen kann eine negative Feststellungsklage des Verwalters (§ 256 ZPO.) veranlaßt sein. IV. Die Schranken des § 172 bestehen für Masseansprüche aller Art [§ 57 Anm. 1], aber auch Anm. 7. nur für Maffeansprüche. Der Entwurf einer Gemeinschuldordnung wollte im § 153 die Präklusion auch auf Aus- und Absonderungsansprüche erstrecken. Motive I Bd. 2 S. 112 f. Die Motive II S. 376 bemerken dagegen: Für diese Ansprüche ergebe sich der Grundsatz des § 172 „schon aus der Natur der Sache". „Denn, solange der Gegenstand

selbst, auf welchen der Aus- oder Absonderungsanspruch sich bezieht, in der Masse noch vor­ handen ist, eignet sich derselbe nicht dazu, als Objekt einer Verteilung mit in Betracht zu kommen. Befindet sich derselbe aber, sei es, weil er vom Verwalter versilbert ist oder infolge einer sonstigen Ursache nicht in der Masse, so kann derjenige, der die Aussonderung oder die abgesonderte Befriedigung hätte beanspruchen können, sofern ihm den Konkursgläubigern gegenüber überhaupt ein Anspruch verblieben ist, seine Rechte nur als Massegläubiger oder unter Umständen als Konkursgläubiger geltend machen, so daß sodann die in Rede stehenden Vorschriften auf ihn gleichfalls Anwendung finden." Sind Aus- oder Ab­ sonderungsrechte in Masseansprüche übergegangen, dann greift allerdings der § 172 Platz ssiehe § 43 Anm. 13]. Ungenau aber ist es, wenn man (wie z. B. v. Völderndorff I S. 435) lehrt, auch der Aussonderungsanspruch falle unter den § 172. Die Vorschrift gilt als solche weder für die ursprüngliche Aussonderung noch für die Ersatzaussonderung des § 46; eben­

sowenig für die Absonderung.

304

Zwangsvergleich.

§178. Sechster Titel.

Zwangsvergleich. (§§ 173-201.)

§ 173. Sobald der allgemeine Prüfungstermin abgehalten und so lange nicht die Vornahme der Schlußverteilung genehmigt worden ist, kann auf den Vorschlag des Gemeinschuldners zwischen diesem und den nicht bevorrechtigten Ronkursgläubigern ein Zwangsvergleich geschloffen werden. Unveränderter § 160 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 125ff., 141 f., Motive H S. 390ff., 403f., Protokolle S. 111, 183, 214. Abhandlungen: Oetker Konkursrechtliche Fragen (Rostocker Festschrift für Windscheid 1888) S. 33ff., Joseph Loehr Rechtliche Natur des Zwangsvergleichs ZgP. 16 S. 335ff. (1891), Stefan Ciuntu Zwangsvergleich im Konkurs (Berliner Diff. 1892), Felix Wach Zwangsvergleich (Leipz. Diss. 1896), Rocco il concordato nel fallimento e prima del fallimento (Turin 1902; dazu Kohler ZZP. 30 S. 553ff.), M. Schopper Wirkungen des Zwangsvergleichs (Leipz. Diff. 1903), Thr. G. Petimesas Zwangsvergleich mit besonderer Berücksichtigung des griechischen Rechts (1906), St. Heimann Rechtliche Natur des Zwangsvergleichs (Leipz. Diss. 1907), Cohn Rechtsnatur des Zwangsvergleichs (Rostocker Diff. 1910), Schlote Wirkungen des Zwangs­ vergleichs (Leipz. Diss. 1911).

I. Begriff, Zweck und Wesen des Zwangsvergleichs. Anm. 1.

Anm. 2.

1. Zwangsvergleich ist der vom Konkursgericht genehmigte Bertrag des Ge­ meinschuldners mit den nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern über eine bestimmte anstelle der Konkursverteilungen tretende Befriedigung dieser Gläubiger. Im Normalfall enthält der Vergleich einen Teil erlaß unter Sicherstellung der nicht erlassenen Schuld durch Bergleichsbürgen (Verwandte oder Freunde des Schuldners). Wesentlich ist aber weder jener Erlaß noch diese Sicherstellung. Namentlich kann der Vergleich auch eine bloße Stundung*) festsetzen. Meist ist er zugleich Erlaßund Stundungsvertrag. Näheres zu § 174. Auch die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger gehört nicht zum wesentlichen Bergleichsinhalt, da mit Zustimmung der Zurück­ gesetzten ein anderes vereinbart werden kann (§ 181). Dem römischen Recht nur als Präventivakkord sAnm. 15] und zwar nur als Zwangs­ erlaß zur Abwendung eines Nachlaßkonkurses bekannt, hat der Zwangsvergleich sich gemein­ rechtlich zu einem allgemeinen Konkursaufhebungsgrund entwickelt (stehe namentlich Fuchs Konkursverfahren 1863 S. 80ff.), nachdem schon vorher einzelne italienische Stadtrechte den Zwangsvergleich anerkannt hatten (vgl. Hellmann S. 17, 25, 35, 51, 524 f.). Andrerseits verwirft die Landesgesetzgebung des 18. und 19. Jahrhunderts vielfach den Zwang. So fordert noch a. 1316 der bayerischen ProzeßO. v. 1869 zur Bergleichsschließung „Zustimmung sämtlicher in dem Gantverfahren aufgetretener Gläubiger, insofern der Akkord Einfluß auf *) Nach der Statistik des Deutschen Reichs haben von allen in den Jahren 1909 und 1910 auf Grund eines Zwangsvergleichs beendeten Konkursen nur je 0,2 °/0, nämlich je drei Konkurse, ohne Teilerlaß, also mit 100°/0, abgeschlossen. Für den Durchschnitt der Jahre 1895—1899 betrug die BerhältniSzahl 0,3 °/0; ebenso in den Jahren 1901 und 1902. Bierteljahreshefte 1900 IV 9, 38f.; 1903 IV 11, 40f.; 1911 m 11, 27 f. — Weitere statistische Nachwerse siehe zu § 163 Anm. 9 ff.

Zwangsvergleich.

305

deren Befriedigung üben soll" (Motive II S. 391 f.). Dagegen hat die preußische KO. v. §173. 1855 im Anschluß an das französische Recht den „Akkord" zugelassen (§§ 181 ff.). Ihren Grundsätzen folgt das Reichsgesetz (Motive II S. 401). Heute bildet der Zwangsvergleich eine von allen Kulturstaaten anerkannte Rechtseinrichtung fAnm. 26]. 2. Die Zweckmäßigkeit des Zwangsvergleichs liegt auf der Hand. Die GläubigerAnm. 3. erhalten in aller Regel mehr (Angehörige des Schuldners gewähren Zuschüsse, leisten Bürgschaft usw.) und werden rascher befriedigt als im Falle der Durchführung des Kon­ kurses; der Schuldner aber wird früher und unter Ersparung erheblicher Kosten und Wertverluste, wie sie mit der konkursmäßigen Vermögensverwertung verknüpft sind, der freien Erwerbstätigkeit zurückgegeben (Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit, Fortfall der Konkurs­ schranken, Erleichterung der Schuldenlast). Er kann als juristische Person bei Bestand erhalten werden. Die Verkehrsstockung, die oftmals weite Kreise des Geschäftslebens in Mit­ leidenschaft zieht, wird beseitigt. So pflegt der Zwangsvergleich den Gläubigern und dem Schuldner, aber auch dem Gemeinwesen Vorteil zu bringen (Motive II S. 392). Freilich büßen die Gläubiger im Normalfalle des Zwangserlasses endgültig etwas von ihren Rechts­ ansprüchen ein. Allein dieser Teil ihrer Forderungen wäre regelmäßig in absehbarer Zukunft doch nicht zu verwirklichen. Immerhin gilt es, einer Übervorteilung der Gläubiger vorzubeugen.

Darum hat das Gesetz eine Reihe von Schutzvorschristen aufgestellt und namentlich bestimmt, daß der Vergleich unter den Augen des Richters abzuschließen ist (§ 179) und nur mit richterlicher Genehmigung wirksam werden kann (§ 184). 3. Erblickt nun aber der Gesetzgeber im Zwangsvergleich einen erwünschteren Ausgang des Anm. 4. Konkurses als in der Ausschüttung der Masse, so muß er Sorge tragen, daß der Ver­ gleichsabschluß nicht durch den unverständigen, selbstsüchtigen oder boshaften Widerspruch einer Gläubigerminderheit vereitelt werden kann. Vgl. Motive II S. 18. Darum erklären die Konkursgesetze den Beschluß einer — meist verschärften — Mehrheit für ausreichend: die Minderheit der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger, d. h. die überstimmten, die nichtstimmberechtigten und die am Konkursverfahren im allgemeinen oder am Vergleichs­ abschlüsse im besonderen nicht teilnehmenden Gläubiger werden durch den Willen der Mehrheit gebunden (§§ 182f., 193). Diese Bindung ist es, die den Vergleich zum Zwangsvergleiche macht. Vgl. auch Anm. 21. 4. Die Bindung der Minderheit sowie das Erfordernis und die Wirkungen der gerichtlichen Anm. 5. Bestätigung haben zu lebhaftem Streit über die rechtliche Natur des Zwangsvergleichs Anlaß gegeben, zu einem Streite, der keineswegs der praktischen Bedeutung ermangelt fsiehe z. B. unten Anm. 13, 23, 24, § 184 Anm. 3, § 193 Anm. 6]. Man hat geltend gemacht, ein erzwungener Vertragswille sei überhaupt kein Wille, und hat darum der Bertrags­ theorie eine Urteilstheorie gegenübergestellt. Zwischen beiden Ansichten sucht man in verschiedener Weise zu vermitteln. Die Urteilstheorie hat zu ihrem Begründer A. S. Schultze Konkursrecht S. 114ff. (auch ZHR. Bd. 25 S. 350ff.). Auf ihrem Boden stehen namentlich Pasquay ZHR. 66 S. 76 ff., Eccius Preuß. Privatrecht I § 120 und Gruchots Beitr. 46 S. 727, Pollak Österr. Konkursrecht § 72 (mit den Abweichungen, die sich für Pollak aus der Einreihung des Konkursverfahrens in die freiwillige Gerichtsbarkeit ergeben), in den älteren Auslagen auch v. Wilmowski Vordem. a) Die Urteilstheorie lehrt: „Der sogen. Zwangsvergleich ist überhaupt kein Ber-Anm. 6. trag, mithin auch kein Vergleich, sondern er ist ein richterliches Urteil. Und zwar ein richterliches Urteil, welches den Konkursanspruch unter den in ihm selbst festgesetzten Modalitäten für erledigt erkennt. Dieses richterliche Urteil bedarf, wie ein jedes, eines darauf gerichteten Antrags, d. i. der sog. Vergleichsvorschlag. Das Urteil kann nur ausgesprochen werden nach vorheriger causae cognitio. Bei dieser causae cognitio bildet naturgemäß der in gewissen Formen konstatierte Wille der Mehrzahl der Konkursgläubiger ein wichtiges tatsächliches Moment, aber keineswegs das einzige oder auch nur ein stets maßgebendes" „Die Willensäußerung der Mehrheit ist nicht Bertragswille, sondern lediglich Erkenntnisquelle für den Richter, nichts als Material für seine causae cognitio." Die Abstimmung hat nur „informa-

306 §173»

Anm. ?.

Anm. 8.

Zwangsvergleich.

torische", nicht „dispositive" Bedeutung. Der Richter muß wohl die Bestätigung versagen, wenn nicht mindestens die gesetzlich geforderte Mehrheit erzielt wird; allein selbst die einstimmige Gläubigerannahme nötigt ihn nicht zur Bestätigung, wenn er sie „aus irgendwelchen Gründen für ungerechtfertigt, für unsittlich oder dem Interesse der nicht erschienenen Gläubiger nicht entsprechend achtet" .... „Die Minderheit wird gebunden nicht durch einen ihr abgenötigten oder ihr aufgedrungenen oder bei ihr fingierten Bertragswillen, sondern durch richterliches Urteil." Schultze S. 120, 121, 128; Pasquay S. 79ff. Dem fügen v. Wilmowski^, Eccius und Pollak aaO. bei, der Bestätigungsbeschluß verleihe dem Vergleich eine vom Anträge des Schuldners und der Zustimmung der Gläubiger unabhängige Wirksamkeit. Daß der Schuldner (bei Schuldnermehrheit die Gesamtheit) den Vorschlag in Wahrheit nicht gemacht oder daß die erforderliche Mehrheit der Gläubiger nicht für den Vorschlag gestimmt habe, könne nur durch Rechtsmittel gegen den Bestätigungsbeschluß geltend gemacht werden. „Die Willensübereinstimmung hat darüber hinaus keine selbständige Bedeutung, wie solche bei einem der gerichtlichen Bestätigung unterliegenden Vertrage angenommen werden müßte. Vielmehr ist der Beschluß des Gerichts als richterliches Judikat in einem eigentümlichen prozessualischen Verfahren anzusehen, in dem dasRecht desSchuldners fest gestellt wird, seine Gläubiger in einer Weise, die von den Formen des Konkurs­ verfahrens gelöst ist, zu befriedigen." Eccius Preuß. Privatr. I S. 817. b) Unter dem Einflüsse dieser Gründe erklärte Loehr aaO., die Vertragstheorie treffe in der Tat nur für die Bindung der Gläubigermehrheit zu. Die Minderheit werde nicht durch Rechtsgeschäft, aber auch nicht durch Richterspruch, sondern kraft Rechtssatzes unterworfen. Der Vergleich habe also keine einheitliche Natur. Nun lehrt auch Fitting § 45, der Zwangsvergleich enthalte zwei wesensverschiedene Bestandteile; er sei prozeß­ rechtlicher Vertrag, soweit er die Konkurserledigung anstrebe, während die Neugestaltung materieller Rechte auf staatlichem Machtspruch beruhe. Dementsprechend seien die Sätze über den wirklichen Vergleich unanwendbar. Im Gegensatze zu dieser Spaltung führt Oetker Konkursr. Fragen S. 30 ff., Grundbegriffe I S. 223 aus, der Vergleich sei ein für alle Beteiligten einheitlicher Rechtsakt, aber weder Vertrag noch Urteil, sondern ein eigenartiger Tatbestand, der sich zusammensetze aus dem Vorschläge desSchuldners, dem Gläubigerbeschlusse und dem Bestätigungsdekrete. c) Die Bertragstheorie — „der Zwangsvergleich ist ein Vertrag" — ist trotz dieser Angriffe herrschende Lehre geblieben. Sie zählt zu ihren Anhängern fast sämtliche Schriftsteller des Konkursrechts: Petersen-Kleinfeller S. 557 f., v. Sarwey-Bossert Vordem. S. 440, Stieglitz S. 616, v. Bölderndorff (für die lex lata) II S. 527 f., Meyer KO. S. 264, Willenbücher-Günther KO? § 173 Anm. 1, Wolff Anm. 2, Fuchs S. 143, Endemann § 91, Seuffert § 53 unter 4, Hellmann S. 644 ff., Rintelen Österr.

Konkursrecht S. 355 f., Schellhas S. 172, F. Wach § 12, Ciuntu §§ Iff., Schopper § 8, Rocco aaO, Heimann S. 23ff., Schlote S. Uff., jetzt auch v. Wilmowski-Kurlbaum Vordem. 2 vor § 173; ferner A. Wach Handbuch I 8 6 N. 21, v. Canstein GrünhutsZ. Bd. 9 S. 463, 490, Windscheid Pandekten o n § 358 unter b, Regelsberger Pandekten I § 171 zu Note 4, Dernburg Preuß. Privatrecht II § 125 N. 2, Daubenspeck Vor­ bereitungsdienst (1900) S. 362, Paul Vergleich im Zivilprozeß (1898) S. 66 f., Angerer Vergleich (1902) S. 22 ff. Auch Kohler Lehrbuch § 72, Leitfaden S. 279, ZZP. 30 S. 554 ff. betont, der Zwangsvergleich sei Vertrag, aber nicht ein zivilrechtlicher (bei einem solchen sei die Mehrheit außerstande, die Minderheit zu binden), sondern ein prozessualer Vertrag über die Aufhebung des Konkurses unter bestimmten Voraus­ setzungen und Folgen (ihm folgt durchaus Petimesas S. 49 ff.). Das Reichsgericht V. ZS. v. 15. 11. 1911 Bd. 77 404 hat sich in wörtlichem Anschlüsse an die Begriffs­ bestimmung unserer 2. Auflage x) mit aller Entschiedenheit auf den Boden der Bertrags-

0 Die Wendung „unter Aufhebung des Konkurses" ist in unseren folgenden Auflagen verdeutlicht durch die Worte „anstelle Der Konkursverteilungen tretende" (Anm. 1], da die Konkursaufhebung nicht Gegenstand, sondern Folge des Zwangsvergleichs ist.

Zwangsvergleich.

307

theorie gestellt. Im Grundsatz ebenso RG. VII. ZS. v. 6. 4. 1911 LZ. S- 556. Siehe §173. endlich Lit. zu Anm. 14. a) Zunächst steht außer Streit, daß die Motive (II S. 390, 396) von der Vertrags- Anm. s. theorie ausgehen, daß bei den Beratungen der KO. keine andere Ansicht geltend gemacht worden und daß die Fassung des Gesetzes nur mit dieser Theorie zu vereinbaren ist: ein „Zwangsvergleich" oder schlechthin ein „Vergleich" wird „geschlossen zwischen dem Gemeinschuldner und den nichtbevorrechtigten Konkursgläubigern" (§ 173); er wird „angenommen" durch die Gläubiger (§§ 177, 182, 184) und nur „bestätigt" durch das Gericht (§ 184); der „vergleichsmäßige Erlaß" ist wegen Betrugs „anfechtbar" (§ 196). Vom Standpunkte der Urteilstheorie sind diese Ausdrücke freilich „übel gewählt" (Schultze S. 135). Allein es weist — was man keineswegs unterschätzen darf — nicht bloß die Ausdrucksweise der deutschen KO., sondern auch diejenigen der wichtigsten ausländischen Gesetze deutlich auf den Bertrags­ charakter des Instituts hin: Zwangsausgleich (Österreich), Nachlaßvertrag

(Schweiz), Akkord (akkord: Dänemark, Norwegen; ackord: Schweden; akkord: Holland), concordat (Frankreich, Belgien), concordato (Italien), concordata (Portugal), convenio (Spanien), ov pß ißaapos (Griechenland), composition und arrangement (England, Verein. Staaten). ß) Was sodann die richterliche Mitwirkung betrifft, so stellt diese weder der FormAnm.w. noch der Sache nach ein Urteil dar. Sie ist, wie das Gesetz klar und unzwei­ deutig sagt, die Bestätigung eines Vergleichs (§§ 184ff.). Als solche enthält sie freilich nicht nur die Beurkundung eines Rechtsgeschäfts, sondern eine Entscheidung. Ihrem Begriffe nach gehört diese Entscheidung als staatliche Försorgetätigkeit wie die obervormundschaftliche Genehmigung (vgl. § 1822 Nr. 12 BGB.) der freiwilligen Gerichtsbarkeit an. Denn ihr Zweck ist Schutz der Gläubiger, namentlich der Minderheit, Verhütung von Mißbrauch und Übervorteilung (gegen Voß ZZP. 33 S. 422). Das positive Recht aber hat die Bestätigung dem Konkursgericht und damit dem Konkursverfahren zugewiesen, sie also in zivilprozessuale Formen ein­ gekleidet [§ 71 Anm. 20]. Der den Vergleich bestätigende Gerichtsbeschluß stellt fest, daß der Vergleich in einer dem Gesetz entsprechenden Weise zustandegekommen ist. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so m u ß der Richter das Übereinkommen bestätigen. Fehlen sie, so muß er es verwerfen. Aus eigener Machtvollkommenheit darf er der Vereinbarung kein Jota zusetzen oder abstreichen. Nicht der Richterspruch, sondern der Parteiwille bestimmt den Inhalt und bildet das Wesen des Zwangsvergleichs. Es ist daher unrichtig, dem Parteiübereinkommen nur informatorische Bedeutung zuzuerkennen fsiehe auch § 189 Anm. 5]. Unrichtig ferner, als Inhalt des bestätigenden Richterspruchs die Erledigung des angeblichen Konkursanspruchs [§ 3 Anm. 49] zu bezeichnen, da dieser offenbar erst durch den Aufhebungsbeschluß des § 190 erledigt würde. Unrichtig, von einem wirksamen Zwangsvergleich zu reden, wenn in Wahrheit ein Bergleichsvorschlag gar nicht erfolgt ist [§ 184 Anm. 3]. Unrichtig endlich, daß der Bestätigungsbeschluß mit der Rechtskraft eines Urteils ein „Recht" des Schuldners zu bestimmter Befriedigung seiner Gläubiger feststelle. Das Urteil müßte ein unmittelbar die Forderungsrechte der Gläubiger verändernder, rechtsgestaltender Richterspruch sein; ein neben der Schuldnerpflicht stehendes Schuldnerrecht zur Gläubigerbefriedigung gibt es nicht. Es kann aber gar keine Rede davon sein, daß der Konkursrichter durch den Bestätigung-beschluß in rechtskraftfähiger Weise über die Forderungen der Gläubiger erkennt. Die Bestätigung wirkt als solche in Ansehung dieser Forderungen weder Rechtskraft noch Vollstreckbarkeit. Nur die anderweit „festgestellten" Forderungen sind in den Grenzen des bestätigten Zwangsvergleichs gegen den Schuldner und etwaige Bergleichsbürgen vollstreckbar (§ 194). Die Voll­ streckbarkeit aber ist mit der rechtsgeschäftlichen Natur des Vergleichs durchaus vereinbar (vgl. § 794 Nr. 1, 2, 5 ZPO.). Nach alledem hat die Bestättgung des § 184 KO. einen ganz anderen Sinn als die Verurteilung auf Grund des § 307 ZPO.,

308

§173.

Anm.li.

Zwangsvergleich. wenngleich auch diese nach Maßgabe der Parteiwillenserklärung ergeht. Daß der rechts­ kräftig bestätigte Zwangsvergleich nur aus bestimmten gesetzlichen Gründen (§§ 195 bis 197 KO.) und namentlich nicht wegen Simulation oder Irrtums umgestoßen

werden kann [§ 184 Anm. 3, § 196 Anm. 3], das beruht auf einer durch die Bedürfnisse der Praxis gerechtfertigten positiven Regelung. Der Gesetzgeber erschwert eben aus Gründen der Rechtssicherheit mit Absicht die Aufhebung dieses für weite Kreise wichtigen Willensaktes. Wie sollte man sich auch die Möglichkeit der „An­ fechtung des vergleichsmäßigen Erlasses wegen Betrugs" (§ 196) erklären, wenn der Erlaß nicht ein Rechtsgeschäft darstellte? Gegenüber einem rechtskräftigen Urteil wäre diese Art der Anfechtung undenkbar. y) Die Urteilstheorie macht weiter noch geltend, von der Annahme eines Vertrags aus könne die Bindung der Minderheit an den Mehrheitsbeschluß nicht erklärt werden. Ein der Minderheit von der Mehrheit aufgenötigter Wille sei kein Wille. Indessen vermag die Urteilstheorie diese Schwierigkeit auch nicht besser zu lösen. Wie kommt der Richter dazu, die Forderungen der Minderheit zu schmälern? Auch eine dahingehende Machtbefugnis des Konkursgerichts wäre nur als Ausfluß besonderer gesetzlicher Ermächtigung zu erklären. In Wahrheit liegt die Sache nicht anders als bei sonstigen Beschlüssen der Gläubigerversammlung. Gelten auch für den Vergleichstermin, was die Berufung, die Teilnahmeberechtigung und die Abstimmung betrifft (§§ 179, 182, 183, 230), einige abweichende Vorschriften, so hat doch diese besondere Gläubigerversammlung, der engere Interessentenkreis (§ 173), bei der Ab­ stimmung über den Vergleichsvorschlag wie die allgemeine Gläubigerversammlung bei der Abstimmung über Verwaltungsangelegenheiten die gesetzlich gewährleistete Macht, einen einheitlichen Willen durch den Beschluß einer (hier verstärkten) Mehrheit kundzutun [§ 93 Anm. 1]. Das Abstimmungsgesamtergebnis offenbart den Gläubiger­ willen, nicht die einzelne Stimme. Es bringt, wenn die gesetzliche Mehrheit erreicht wird, als einheitliche Annahme des einheitlichen Vorschlags vorbehaltlich der Bestätigung ein einheitliches Rechtsgeschäft zustande sAnm. 12]. Die Gemeinschaft der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger wird auf diesem Wege befähigt, dem wohlverstandenen Interesse der Gesamtheit unter Überwindung einzelner Widersprüche Anerkennung zu verschaffen: „gleicher Vorteil, gleicher Zwang" (Motive II S. 392). Insofern läßt sich von einer Zwangsvertretung aller nichtbevorrechtigten Konkurs­ gläubiger durch die Gläubigerversammlung reden: der Versammlungsbeschluß stellt den ausschlaggebenden Willen der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger dar. Daß der einzelne überstimmte Gläubiger nach § 1881 Nr. 2 die Verwerfung eines Vergleichs beantragen kann, der dem Gemeinintereffe widerstreitet, steht unserer Konstruktion keineswegs entgegen (wie Oetker ZHR. 66 S. 194 meint); denn einen solchen Antrag kann ja auch stellen, wer für den Vergleich gestimmt hatte. Insoweit erkennt das Gesetz zweckmäßigerweise Sonderrechte der Gläubiger an. Ebenso bildet unter den nach dem Gesetze für jeden einzelnen Gläubiger selbständig zu beurteilenden Voraussetzungen des § 196 n die Betrugsanfechtung ein Sonderrecht (gegen v. WilmowskiKurlbaum Vordem. 2 vor § 173). Damit schränkt eben das Gesetz selber die

Anm.12.

Wirksamkeit der Versammlungsbeschlusses ein. ö) Mit der Bertragstheorie stimmt aber auch überein, daß der — zunächst nur für besondere Fälle zugelassene — Zwangsvergleich zur Abwendung des drohenden Konkurses sAnm. 15f.] in Ermangelnng eines gerichtlichen Bestätigungsverfahrens offenbar nicht als Urteil aufgefaßt werden kann. Vgl. §§ 11—13 SchVG. Sollten wirklich der Vergleich vor dem Konkurs und derjenige im Konkurs eine grundverschiedene Natur haben? Wie sie beide Rechts­ geschäfte sind, bilden sie auch beide — der Konkursabwendungsvergleich wenigstens im Normalfalle (Gareis LZ. 1912 S. 646) — einheitliche Rechtsgeschäfte ssiehe Anm. 11], nicht eine Vielheit von Vergleichen (abw. Heimann S. 34 ff. mit Lit.).

Zwangsvergleich.

309

5. Stellt sonach der Zwangsvergleich einen Vertrag dar, so fragt es sich, ob er b e m § 178* bürgerlichen Recht oder dem Prozeßrecht angehört. Die Lösung des Konkurs-«nm.i». beschlags (Kohler Lehrbuch S. 453, 458) ist nicht Inhalt, sondern Folge des Zwangs­ vergleichs. Unmittelbarer Gegenstand der Vereinbarung ist nach § 174 diejenige Art der Schuldenbereinigung, die an die Stelle der konkursmäßigen Befriedigung treten soll. Die materiell-rechtlichen Fragen einer Stundung, eines Erlasses, einer Sicherung bilden den Inhalt des Vergleichs. Andrerseits gehört das Vergleichsverfahren dem Konkursverfahren an: der Vertrag wird vor dem Konkursgericht im Vergleichstermin abgeschlossen sAnm. 23]. So bildet der Vergleich seinem Inhalte nach ein Geschäft des bürger­ lichen Rechts, seiner Form nach eine Prozeßhandlung. Dieselbe Doppelnatur hat der Vergleich, der das Erkenntnisverfahren über eine bestrittene Forderung beendet (§ 794 Nr. 1 ZPO.). Siehe Gaupp-Stein ZPO." Vordem. VI vor § 128. Für die Auslegung des Inhalts der Vereinbarung sind daher die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts maßgebend (§§ 133, 157 BGB.). Daraus hat die Praxis z. B. geschlossen, daß ein nur stillschweigender Rechtsvorbehalt der Wirksamkeit ermangelt (§ 116 Satz 1 BGB.; RG. v. 15.11. 1911 Bd. 77 405). Die Erklärungen der Beteiligten im Bergleichstermine stellen nun aber zugleich Prozeßhandlungen dar. Daraus folgt z. B., daß auf die Vertretung eines Gläubigers im Termine die §§ 79 ff., 85 ZPO. Anwendung finden, daß der Vertretene das schuldhafte Unterlassen seines Vertreters nach § 232II ZPO. (mit § 196II KO.) wie verschuldetes Selbstunterlassen gegen sich gelten lassen muß (RG. v. 6. 4. 1911 LZ. S. 557), daß zivilrechtlich erhebliche Mängel einer im Vergleichstermin abgegebenen Willenserklärung nur auf konkursordnungsmäßigem Wege (§§ 184II, 188, 195—197, 230II, 236) zur Berücksichtigung gelangen können (RG. v. 3. 3. 1904 Bd. 57 271), daß die Beurkundung des Zwangsvergleichs entsprechend den Vorschriften der §§ 159ff., 510a ZPO. erfolgt (RG. v. 17. 9. 1906 Bd. 64 85). Ist der Zwangsvergleich ein Vertrag, so fragt es sich, welcher bürgerlich-rechtlichen Bertragsart er angehört. Daß er auch im Falle des Teilerlasses nicht, wie Bekker Pandekten II § 104II lehrt, eine Abart der Schenkung darstellt, ergibt die gegenteilige Willensmeinung der Beteiligten: die Ber­ gleichsvorteile werden als Entgelt des Erlasses angestrebt ssiehe § 32 Anm. 1]. Wohl aber wird für das neue Recht anzunehmen sein, daß der Zwangsvergleich jedenfalls regelmäßig ein Vergleich im Sinne des § 779 BGB. ist, daß er also seinen Namen mit Recht führt (Seuffert S. 409, Schlote S. 20, Heimann S. 31 ff.; abw. Kohler Lehrbuch S.457, Petersen-Kleinfeller S. 558, Paul S. 68 ff. u. a.). Allerdings stellt der Zwangsvergleich selbst keineswegs streitige Konkursforderungen fest [§ 194 Anm. 1]. Indessen wird im § 779 II der Ungewißheit über ein Rechtsverhältnis der Fall gleichgeordnet, daß die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. Durch die Ausnahme dieses Satzes in das Gesetz (vgl. P. II S. 527) ist gerade der Fall des Zwangsvergleichs getroffen worden. Er hat den Zweck, eine Unsicherheit solcher Art zu beseitigen. Darin liegt das eine Begriffsmerkmal des Vergleichs (Regelsberger Pandekten I S. 622). Dem Erforder­ nisse des gegenseitigen Nachgebens (§ 779 I) aber, das anerkanntermaßen im weitesten Sinne des Ausdrucks verstanden werden muß (P. n S. 525), ist auch dann genügt, wenn die Gläubiger Teilerlaß oder bloße Stundung bewilligen, um dafür erhöhte Sicherheit zu erlangen. Ein „Nachgeben" des Schuldners kann schon darin erblickt werden, daß er irgend welche Garantie für die Verwirklichung des Anspruchs beschafft oder früher zu zahlen verspricht, als die konkursmäßige Befriedigung möglich wäre. Bedarf der für den Zwangsvergleich abstimmende Vormund eines KonkursgläubigersAnm. 14. der Genehmigung des Bormundschaftsgerichts nach Maßgabe des § 1822 Nr. 12 BGB ? Der Zweck und die uneingeschränkte Fassung dieser Vorschrift (vgl. RG. v. 22. 12. 1902 Bd. 56 339, M. IV S. 1143) nötigen zur Bejahung, obwohl die Abstimmungserklärung die Form einer Prozeßhandlung hat. Der § 1822 Nr. 12 BGB. enthält dem § 55 ZPO. gegenüber die speziellere Bestimmung (siehe zur Streitfrage v. Staudinger-Engelmann BGB? § 1822 Anm. 2 p mit Zit.). Desgleichen bedarf der Konkursverwalter eines selbst im Konkurse befindlichen Gläubigers zur Abstimmung für den Vergleich der Genehmigung Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. n. 20

310

8173«.

Anm. 15.

Anm.ie.

Zwangsvergleich.

eines etwaigen Gläubigerausschusses nach Maßgabe des § 133 Nr. 2 KO. Siehe LyonCaen et Renault VII Nr. 576; abw. Fitting § 45 N. 15. In beiden Fällen muß die Realisierbarkeit [tont. 13] der Konkursforderung um mehr als dreihundert Mark ungewiß sein [§ 133 Anm. 11]. Es entscheidet also keineswegs, wie die Schriftsteller des bürger­ lichen Rechts gemeinhin lehren, einfach die Höhe der angemeldeten und regelmäßig schon festgestellten (§ 95) Konkursforderung. Im Falle des § 133 Nr. 2 hat das Konkursgericht, wie die ausdrückliche Bestimmung des § 136 ergibt, den Konsensmangel nicht zu berück­ sichtigen. Im Falle des § 1822 Nr. 12 BGB. dagegen darf die ohne die erforderliche Genehmigung des Bormundschaftsgerichts abgegebene Stimme des Vormunds nicht zu gunsten des Zwangsvergleichs bei der Berechnung de- § 182 in Ansatz gebracht werden (abw. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum § 182 Anm. 5, Seuffert § 55 N. 8). Ein Verstoß wäre Beschwerdegrund (§ 189). Die Rechtskraft der Bergleichsbestätigung würde den Mangel heilen [§ 184 Anm. 3]. 6. Einen Konkursabwendungsvergleich (Präventivakkord, Arrangement i. e. S.) d. h. ein Zwangsvergleichsverfahren zur Verhütung des droh enden Konkurses, kennt unsere KO. nicht. Siehe § 4 EGzKO. Der Entwurf einer Gemeinschuldordnung hatte nach dem Vorgänge deutscher Landesrechte in den §§ 233—256 ein Konkurs­ verhütungsverfahren — aber ohne Zwang gegenüber dem Widerspruch erschienener Gläubiger (§§ 248—250) — mit beachtenswerter Begründung (Motivel Bd. 2 S. 218ff.) vorgeschlagen. Zahlreiche ausländische Konkursgesetze älterer und neuerer Zeit kennen den Präventivakkord [tont. 27]. Man hat gegen ihn geltend gemacht, daß der Gesetz­ geber gezwungen sei, entweder ein dem Konkurs ähnliches gerichtliches Verfahren zu schaffen, dessen Vorteile nach Konkurseröffnung auf dem Boden der KO. erreicht werden könnten, oder aber die Mittel gegen unlautere Machenschaften aus der Hand zu geben. Bon einem Verfahren mit Zwangswirkung gegen die Minderheit sei eine schwere Gefährdung der Gläubiger, zumal der unbekannten und abwesenden, und grober Miß­ brauch durch unehrliche Schuldner zu besorgen. Vielfach lasse sich der Konkurs doch nicht vermeiden. Das Bedürfnis nach einem Konkursabwendungsvergleich sei hauptsächlich in der mangelhaften Einrichtung des älteren Konkursverfahrens begründet und werde mit diesem verschwinden. Motive II S. 431 ff., Protokolle S. 126 f., v. Sarwey der Konkurs nach den Entwürfen einer KO. u. e. EG. (1876) S. 176 ff. und für die Novelle Be­ gründung S. 21 f. Trotzdem verlangt eine immer stärker werdende Bewegung die reichs­ gesetzliche Einführung des Präventivakkords. Im Jahre 1905 haben der deutsche Handelstag und der deutsche Anwaltstag diese Forderung nachdrücklich befürwortet (DIZ. 1905 S. 753 ff., IW. 1905 S. 473 ff., 629 ff.). Eine im folgenden Jahre erschienene Denkschrift des Reichsjustizamtes (Reichstag 11. Legisl.-Per. H. Sess. 1905/07 Nr. 596 mit Anlage), die über Gesetze und Erfahrungen des Auslandes unterrichtet, ist den Re­ formbestrebungen entgegengetreten (LZ. 1907 S. 132 ff., 584 ff., DIZ. 1907 S. 799 ff.), ohne sie jedoch unterdrücken zu können. Bereits 1912 hat der Reichstag dem Wunsche auf Einführung eines Konkursabwendungsvergleiches wiederum Ausdruck verliehen (13. Legisl.Per. I. Session 40. Sitzung, am 18. April 1912, S. 1210, 1224, 1225). Bei der Tatsache des rapiden Sinkens aller Vermögenswerte im Konkurs bietet der Konkursabwendungsvergleich namentlich für ausgedehnte Handelsunternehmungen, deren Sanierung oder außerkonkursmäßige Abwickelung er bei Zahlungsschwierigkeiten ermöglichen kann, nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Vorteile. Er verhütet den mit MasseauSverkäufen notwendig verknüpften Wertverlust und ihre schädlichen Rückschläge auf den Verkehr. Er erspart die beträchtlichen Konkurskosten und eröffnet die Möglichkeit, den ehrenhaften Geschäftsmann vor der capitis deminutio des Konkurses zu bewahren. Eigennutz, böser Wille oder Unverstand einer widerstrebenden Minderheit von Gläubigern vereiteln vielfach den fteiwilligen Konkursabwendungsvergleich oder lassen ihn nur unter unbilligen Sonderabmachungen zustande kommen [Begünstigungsabreden: § 181 Anm. 9]. Ein Mehrheitszwang gegenüber solchen „Akkordstörern" erscheint daher un­ entbehrlich. Andrerseits erheischt das Interesse der Minderheit gesetzlichen Schutz, be-

Zwangsvergleich.

311

sonders eine zuverlässige Schuldenermittelung und eine vom Gericht zu überwachende Ab-H17K. stimmung. Die Reichsgesetzgebung darf sich dem immer lebhafter erhobenen Verlangen allgemeiner Einführung eines gerichtlichen Konkursabwendungsverfahren nicht länger entziehen. Sie wird sich dabei nicht auf Handelsgesellschaften beschränken (vgl. § 205 Satz 2 HGB), sondern auch andere Schuldner berücksichtigen und besonders den Zwangs­ vergleich auch zur Abwendung der Nachlaßkonkurse zulassen müssen, die sich unter dem Einflüsse des neuen Erbrechts bereits verdoppelt haben. Die Lösung des Problems gehört zu den wichtigsten, freilich auch zu den heikelsten Aufgaben der Reichsgesetzgebung. Be­ deutsame Ansätze finden sich bereits für besonders erhebliche Einzelfälle als Maßnahmen zur Aufrechterhaltung notleidender Unternehmungen in folgenden neueren Gesetzen: a) Nach den §§ 11—13 des Schuldverschreibungsgesetzes vom 4. 12. 1899 (RGBl. S. 691) können die Schu ld v er sch re ibungs gläubiger aus inländischen Masseanleihen (Teilschuldgläubiger), also z. B. die Pfandbriefgläubiger einer Hypothekenbank, zur Abwendung einer Zahlungseinstellung oder des Konkurses eine Aufgabe oder Be­ schränkung der Gläubigerrechte, besonders die Ermäßigung des Zinsfußes oder die Bewilligung einer Stundung, mit verstärkter Mehrheit beschließen. Der Beschluß muß — von ausdrücklicher Einwilligung abgesehen — alle Gläubiger gleich behandeln [§ 181 Anm. 10]. Ein durch Begünstigung einzelner Gläubiger zustande gebrachter Beschluß bindet die übrigen nicht. b) Nach § 69 mit § 6 III des Gesetzes über die privaten Bersicherungsunternehmungen v. 12. 5. 1901 (RGBl. S. 139) ist die Aufsichtsbehörde ermächtigt, zur Vermeidung des Konkurses notleidender Versicherungsunternehmungen im Interesse der Versicherten Sanierungsmaßregeln einzuleiten, namentlich die laufenden Verpflichtungen einer Lebensversicherungsanstalt — jedoch höchstens um — zu ermäßigen. Dazu § 103 Anm. 8. c) Nach den §§ 50—53 des preußischen Gesetzes über die Bahneinheiten i. d. Fassung v. 8. 7. 1902 (GSlg. S. 237) kann die Einstellung der — zur abgesonderten Be­ friedigung der Bahnpfandgläubiger aus den einzelnen Bestandteilen der Bahneinheit [§ 47 Anm. 13] eröffneten — Zwangsliquidation durch eine qualifizierte Mehrheit beschlossen werden. Die §§ 181, 184 D, 185, 186 Nr. 1, 188, 189, 193, 195, 196 KO. sind für anwendbar erklärt. Siehe übrigens auch § 9 II GmbHG. und dazu StaubHachenburg» Anm. 17. Aus der reichhaltigen Literatur seien hervorgehoben: Motive I Bd. 2 S. 223f., Nausnitz, KGbl. 9 S. 9, Kohler Leitfaden § 28 u. AnnDR. 1902 S. 633 ff., Herz­ felder Problem der Kreditversicherung (1904) S. 150 ff. (mit statistischen Nachweisen), Fr. Wagner Schuldnachlaß (1904, ein Gesetzgebungsentwurf mit Begründung), Jaeger DIZ. Bd. 10 (1905) S. 753 ff., LZ. 1907 S. 132 ff., 584 ff., Pollak LZ. 1907 S. 107 ff., Philippsohn IW. 1905 S. 473 ff. (mit S. 629 ff.), Freund IHR. 60 S. 67 ff., 305 ff., Müller-Erzbach ZHR. 61 S. 370 ff., Könige Recht 9 S. 484, LZ. 1908 S. 138 f., Kleinrath LZ. 1908 S. 270 ff. (Treuhänder zur Konkursverhütung; vgl. dazu RG. v. 26. 12. 1910 LZ. 1911 S.391f.), Strauß HessRechtspr. 6 S. 118 ff., Kisch Recht 13 S. 681 ff., Bernicken Präventivakkord (Würzburger Diss. 1910, mit Vorschlägen de lege ferenda). Siehe ferner zum Sanierungsproblem Hecht Kohlens Enzyklopädie I S. 1113s. (1904), Leist E. Sanierung von Aktiengesellschaften (1905), E. Wolff Praxis der Finanzierung (1905) bes. S. 90 ff., Brantl Sanierung von Aktiengesellschaften (1908), Fischer, Sanierungsproblem (1911). Über Gläubigerschutzverbände handelt Pasquay ZHR. 66 S. 94 ff. Zur Geschichte der

Moratorien vgl. H. Conrad Pfändungsbeschränkungen (1906) S. 146 ff. (siehe auch dort S. 216). Eine Darstellung des freiwilligen Konkursabwendungsübereinkommens geben Staub-Könige HGB? Exkurs zu § 350. Über den Fall, daß es trotz eines solchen zum Konkurse kommt, siehe unter § 195 Anm. 3. 7. Die Konkursnovelle vom 17. 5. 1898 hat das Zwangsvergleichsverfahren in einigenAnm.i?. Punkten geändert, den Konkursabwendungsvergleich jedoch abgelehnt fAnm. 16]. Die Änderungen bestehen namentlich darin, daß einerseits die Verbindung des Wahl-, Prüfungs20*

312

§178.

Zwangsvergleich. und Bergleichstermins ermöglicht (§§ 110, 180), andrerseits unter dem Einflüsse der Anträge Rintelen und Genossen der Abschluß eines Zwangsvergleichs in einigen Beziehungen erschwert wurde (§§ 175 Nr. 2, 183, 187). Die Änderung des jetzigen § 179 erstrebt eine bessere Information der Gläubiger. Über die Einschaltungen in den §§ 193, 198

siehe die Erläuterung dieser Vorschriften. In einem vor dem 1. Januar 1900 eröffneten Konkurse richtet sich das Vergleichsverfahren nach bisherigem Recht (a. V EGzKNov.). Auch gilt der mit dem früheren Landesrecht beseitigte § 180 a. F. nach a. VI EGzKNov. mit diesem Rechte für die Übergangszeit fort [§ 192 Anm. 2]. Anm.18. II. Die Statthaftigkeit eines Zwangsvergleichs besteht für alle Arten von Konkursen, mag der Gemeinschuldner Kaufmann sein oder nicht. Nur im Konkurs einer eingetragenen Genossenschaft (jeder Art), eines Bersicherungsvereins auf Gegenseitigkeit und einer registrierten Gesellschaft des älteren bayrischen Rechtes ist der Zwangsvergleich unstatthaft (§ 116 I GenG., §§ 52, 53 PAG., § 6 II Satz 2 EG. z. KO.). Diese Ausnahmen erklären sich daraus, daß die persönliche Haftung der Mitglieder, die den Gläubigern gerade im Falle des Konkurses Gewähr für volle Befriedigung bieten soll, notwendig durch den Zwangsvergleich beeinflußt und darum regelmäßig herabgemindert würde. Im übrigen hindert der Umstand, daß juristische Personen und Gesell­ schaften durch die Konkurseröffnung der Auflösung zugesührt werden [§ 25 Anm. 9], den Abschluß eines Zwangsvergleichs durch die für die Konkurszwecke noch fernerhin tätigen Organe dieser Personen und Gesellschaften nicht [§ 192 Anm. 4]. Siehe auch die Erläuterungen zu § 211, für den Nachlaßkonkurs zu § 230 und für den Gesamtgutskonkurs zu § 236.

in. Der Bergleichsvorschlag im besonderen, Anm.is.

Anm.20.

Anm.2i.

§ 173.

1. Der Bergleichsvorschlag muß vom Gemernschuldner oder seinem Vertreter, nicht von einem Bergleichsbürgen als solchem ausgehen. Gebühr eines Rechtsanwalts: §§ 56 Nr.2, 59 I RAGO. (für den Präventivakkord: OLG. Colmar v. 15.12.1910 LZ. 1911 S. 316f.). Ist der Schuldner nicht prozeßfähig, so kann nur sein gesetzlicher Vertreter, im Konkurse des Mündels also nur der Vormund, im Konkurse einer juristischen Person nur das nach Gesetz oder Statut berufene Organ (Vorstand, Geschäftsführer, Liquidatoren) den Ver­ gleich Vorschlägen. Wo für mehrere Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder Liquidatoren einer juristischen Person Kollektivvertretung gilt — so nach der gesetzlichen Regel bei der Aktiengesellschaft (§§ 232, 298 HGB.) und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§§ 35 II 2, 68 GmbHG.) —, muß der Vergleichsvorschlag mit einheitlichem Inhalte von sämtlichen Vertretern ausgehen. Auch Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft und Miterben können als Träger der Gemeinschuldnerrolle den Vergleichsvorschlag nur einheitlich machen, da er sonst nicht durchführbar wäre (§§ 211, 230). Mangel des einheitlichen Vor­ schlags: § 184 Anm. 3. Vom Gericht, vom Verwalter oder von der Gläubigerseite kann nach deutschem Recht nicht der Vorschlag selbst, wenn auch dessen Anregung, ausgehen. 2. Eine besondere Form schreibt die KO. nicht vor. Nach allgemeiner Regel [§ 72 Anm. 3] ist daher der Vorschlag schriftlich beim Konkursgericht einzureichen oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers zu erklären (vgl. § 178 KO.). Wesentlicher Inhalt: § 174. Ein Beispiel bei Ebert Dezernat o S. 319. 3. Die Zulässigkeit der Abschließung eines Zwangsvergleichs ist nach § 173 begrenzt auf die Zeit zwischen der Abhaltung des allgemeinen Prüfungstermins (§ 141) und der Genehmigung der Schlußverteilung (§ 161 H). Der „Vor­ schlag" des Vergleichs kann schon vor dem Prüfungstermine, ja bereits vor Konkurs­ eröffnung angebracht werden (was die Zulässigkeit der Verbindung des Bergleichstermins mit den stets schon „bei" Konkurseröffnung anzuberaumenden Terminen ergibt: §§ 110, 180), hat aber einstweilen nur den Sinn einer widerruflichen Antragsankündigung sAnm. 23]. Wenn Prüfungs- und Bergleichstermin vereinigt werden (§ 180), müssen die Prüfungsverhandlungen den Vergleichsverhandlungen vorangehen, da der Vergleichs­ abschluß nach § 173 die „Abhaltung" der Prüfung voraussetzt (v. Sarwey-Bossert Anm. 1, F. Wach S. 12). Vgl. auch § 194. Bor dem Prüfungstermine soll in der Regel eine

Zwangsvergleich.

313

nicht dringliche Verwertung der Masse unterbleiben (§§ 133 Nr. 1, 135 II). Abschlags- H17Z. Verteilungen können nach Maßgabe des § 160 ausgesetzt werden, wenn ein Vergleich vor­ geschlagen ist. Diese Vorschriften wollen das Zustandekommen von Zwangsvergleichen fördern. Vgl. jedoch § 177 H.

Die Zulässigkeit des Bergleichsabschlusses endet in dem Zeitpunkt, in welchem die Anm. 22. vom Verwalter beantragte Vornahme der Schlußverteilung nicht nur vom etwaigen Gläubigerausschusse (§ 150), sondern auch vom Konkursgericht (§ 161 II) genehmigt ist, also mit Zustellung des Genehmigungsbeschlusses an den Verwalter [§ 161 Anm. 5 ff.]. Bis zu diesem Zeitpunkt erkennt der § 173 dem Gemeinschuldner ein Borschlagsrecht zu. Einen vorher angebrachten Vorschlag unbeachtet zu lassen (weil er vielleicht aussichtslos erscheint) und durch Genehmigung der Schlußverteilung die Vergleichsschließung zu ver­ eiteln, ist daher das Konkursgericht nicht ermächtigt. Vielmehr muß es bis zur Erledigung eines noch rechtzeitigen Vorschlags die Genehmigung der Schlußverteilung verschieben (Petersen-Kleinfeller Anm. 2, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3; abw. F. Wach S. 13f., Fitting § 47 N. 2). Der verspätete Vorschlag, auf dem der Schuldner trotz einer hier an­ gebrachten Aufforderung zur Rücknahme beharren sollte, wäre beschlußmäßig für unzulässig zu erklären (Beschwerde: § 73 III). 4. Der Zwangsvergleich kommt als Vertrag — vom Bestätigungsersordernis einstweilenAnm.23. abgesehen (§ 184) — zustande durch die Annahme eines Antrags. Da nun aber die Vertragsschließung nur im Bergleichstermine vor dem Konkursgericht erfolgen kann (§§ 179, 182), sind Antrag und Annahme in die Form von Prozeßhandlungen gekleidet ^Anm. 13]. Die Einreichung oder Protokollerklärung des „Vorschlags", die dem Termine voranzugehen hat (vgl. §§ 176—178, 160), bedeutet, da das Gesetz Vertrags­ schließung im Termine fordert (§§ 179, 182), zunächst nur eine Ankündigung des Antrags und enthält zugleich die Bitte um Einleitung des Vergleichsverfahrens. Einen annahmefähigen Antrag stellt erst der im Termine selbst vom Schuldner (oder seinem Vertreter) mündlich erklärte Vorschlag dar (Motive II S. 412, Dresden v. 16. 12. 1904 OLG. 10 S. 216 f., Fitting § 47 N. 1, Hellmann S. 538). Vor dem Termine kann der Schuldner, wie der § 176 bestätigt, den Vorschlag einseitig zurückziehen und zwar in der Form der Anbringung fAnm. 20]. Der Widerruf kann auch noch mündlich im Bergleichs­ termin erklärt werden, solange die Gläubigerversammlung den Antrag noch nicht an­ genommen hat (§ 182). Der Antrag wird für Schuldner und Bergleichsbürgen bindend mit der „Annahme" durch die Gläubigerversammlung, nicht erst — wie die Urteilstheorie lehrt — mit Erlassung des gerichtlichen Bestätigungsbeschlusses. Vgl. Seuffert S. 145, Fitting § 46 N. 3; abw. vom Standpunkte der Urteilstheorie z. B. Förster-Eccius I § 120 N. 3. Stirbt der Gemeinschuldner vor dem Vergleichstermine, so kommt einAnm.24. annahmefähiger Antrag überhaupt nicht zustande (Anm. 23]. Wohl kann der nun als Gemeinschuldner handelnde Erbe — bei einer Mehrheit von Erben deren Gesamtheit kraft einheitlicher Entschließung (§ 230 I) — auf den Vorschlag des Erblassers zurückgreifen. Allein auch hier stellt erst die mündliche Erklärung im Bergleichstermin einen annahme­ fähigen Antrag dar. Nimmt der Erbe den Vorschlag auf, wollen aber die Gläubiger ihm die Vergünstigungen nicht zugestehen, die sie dem Erblasser zugestanden hätten, so brauchen sie den Antrag nur abzulehnen. Wer ausbleibt, trägt (unbeschadet des § 188) das Risiko. Eine erneute Begutachtung durch den Gläubigerausschuß (§ 175) ist, wenn der Erbe auf dem Vorschläge des Erblassers beharrt, zwar statthaft, vielleicht empfehlenswert, aber nicht unerläßlich ssiehe § 177 Anm. 1]. Da ein Zwangsvergleich ohne persönliche Verpflichtung des Erben keine Rolle spielt [§ 230 Anm. 15], wird der Vergleichsvorschlag des Erblassers vom Erben nur selten ausgenommen werden. Das Konkursgericht, das vom Tode des Gemeinschuldners erfährt, hat den Erben zur Erklärung aufzufordern und nötigenfalls den Vergleichstermin zu verlegen (§ 72 KO. mit § 228 ZPO.). Als solchen darf es den Vorschlag des Erblassers der Abstimmung nicht unterbreiten. Sollte ein nicht vom Erben (der Miterbengesamtheit) erneuter Vorschlag angenommen und der Vergleich rechtskräftig

314

Zwangsvergleich.

§173.

bestätigt werden, so läge der Wiederaufnahmegrund des Mangels ordnungsmäßiger Ver­ tretung des nunmehrigen Gemeinschuldners vor [§ 184 Anm. 3]. Stirbt der ursprüngliche Gemeinschuldner erst nach der Bergleichsannahme, wenn auch noch vor der Be­ stätigung, dann bildet der Tod kein Bestätigungshindernis, weil die zum Vertrag er­ forderliche Willensübereinstimmung bereits bindend erklärt ist fAnm. 23]. Die vom Erb­ lasser übernommene Bergleichsschuld stellt hier noch eine Nachlaßverbindlichkeit dar, für die der Erbe nach allgemeinen Grundsätzen (also an sich beschränkbar) haftet. Vgl. Schimmelbusch RheinA. 107 (1911) S. 68 ff. (der noch mit unsern früheren Auflagen den § 153 BGB. anwendet), Josef LZ. 1911 S. 125 ff., Richter LZ. 1912 S. 439 ff. Verliert der Gemeinschuldner vor dem Bergleichstermine die Prozeßfähigkeit, dann kann nur sein gesetzlicher Vertreter den Vorschlag durch Erklärung im Termine zum Antrag erheben. Unterbrochen wird das Vergleichsverfahren als Teil des Konkursverfahrens weder durch den Tod des Gemeinschuldners noch durch den Verlust der Prozeßfähigkeit [§ 214 Anm. 21].

Anm.25.

5. Vertragsparteien sind nach § 173: einerseits der Gemeinschuldner, andrerseits die Gesamtheit der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger, handelnd durch die Gläubigerversammlung fAnm. 11]. Dem Konkursverwalter weist das Gesetz im Vergleichs­ verfahren nur eine untergeordnete Rolle an (vgl. §§ 176, 179, 184). Die Praxis gesteht ihm einen größeren Einfluß zu ssiehe z. B. § 177 Anm. 1]. Bevorrechtigte Konkurs­ gläubiger und Massegläubiger nehmen am Vergleiche nicht Teil und erhalten ihre Deckung vorweg (§ 191). Auch Aus- und Absonderungsberechtigte stehen als solche dem Vergleiche fern. Soweit aber der Absonderungsberechtigte als Konkursgläubiger konkurriert, also mit dem Betrage seines Verzichts [ober Ausfalls (§ 64), nimmt er auch am Zwangsvergleiche Teil. Darüber § 193 Anm. 11 ff.; wegen der Spezialvorrechte ebenda Anm. 10.

Anm.86.

Zusatz. Fremde Rechte. Das Institut des Zwangsvergleichs ist im ausländischen Recht wohl allgemein anerkannt (Bezeichnung: Anm. 9]. So z. B. in Frankreich (a. 507 ff., Lyon-Caen et Renault Nr. 564 ff.), Belgien (a. 509 ff.), Holland (a. 138 ff.), Dänemark 100 ff.), Schweden (a. 94 ff.), Norwegen (a. 60 ff.), Rußland (a. 542 ff., Klibanski S. 117), in der Schweiz, (a. 317 mit a. 293 ff.), in Bulgarien (a. 793 ff.), Griechenland (a. 509 ff.), Italien (a. 830 ff.), Österreich (§§ 207 ff., Pollak § 72), Ungarn (§§ 199 ff.), Rumänien (a. 845 ff. des G. v. 14. 3. 1902, K. Schaefer S. 156 ff.), Spanien (a. 898 ff. HGB), Portugal (a. 286 ff.), Argentinien (a. 1398 ff., Bermögensübernahme durch die Gläubigerschast kraft Mehrheitsbeschlusses a. 1412 ff.), Brasilien (a. 103 ff.), Uruguay (a. 1668 ff.), Chile (a. 1454 ff.) u. Japan (a. 1038 ff.). Auch im englischen und nordamerikanischen Recht spielt der Vergleich neben der zu § 164 Anm. 13 erwähnten Ent­ lastung eine Rolle. Siehe für England (s. 19, 23 mit G. v. 1890 s. 3) Sibley bei BorchardtKohler S. 811 f., für die Bereinigten Staaten (s. 12 f.) Magrath ebenda S. 51 ff. Vorwiegend sind die Grundsätze des code de commerce von 1807 — Mehrheitsbeschluß der Gläubtger, Prüfung durch das Gericht und Aufhebung aus bestimmten Gründen — vorbildlich geworden. Kohler Lehrbuch § 71. Wo sich der Konkurs auf, den Handelsstand beschränkt, bildet der Zwangs­ vergleich ein Privileg der Kaufleute. Auch in Österreich und Dänemark ist der Akkord nur für kaufmännische Schuldner zugelassen. Mitunter wird der Vergleich von Amts wegen versucht. So namentlich in Frankreich (a. 504 f.) und Belgien (a. 509 ff.). In Italien kann die Initiative auch von den Gläubigern ausgehen (a. 831). Vorgängige Prüfung der Forderungen wird meist verlangt. Vgl. Motive II S. 403 (die Angaben daselbst sind veraltet).

Anm.87.

Der Konkursabwendungsvergleich (Anm. 15f.] und ähnliche Einrichtungen (die bloße Zwangsstundung eingeschlossen) sind in neuerer Zeit von zahlreichen Auslandsstaaten ein­ geführt worden. Siehe namentlich die Anlage der Anm. 15 genannten Denkschrift (durch jüngere Gesetze bereits überholt). Den Anstoß gab das belgische Gesetz v. 29. 6. 1887 (bei BorchardtKohler S. 148ff.). Es folgten namentlich Luxemburg (G. v. 14. 4. 1886, Borchardt-Kohler S. 39ff.; OLG. Colmar v. 31. 3. 1908 LZ. S. 475), Holland (Faillissementswett t. F. v. 1902 a. 213ff. „Van surseance van betaling“ = Zwangsstundung; Borchardt-Kohler S. 154 ff., ZHR. 31 S. 106, Holdheims Monatschr. 12 S. 138), die Schweiz (a. 293 ff. „Nachlaßvertrag"; Literatur bei E. Jaeger^ Bd. 2 S. 415f., rechtliche Konstruktion ebenda S 421 mit Zit ), Nor­ wegen (G. v. 6. 5. 1899 mit Novelle v. 2. 6. 1906 bei Borchardt-Kohler S. 179 ff.), Dänemark (G. v. 14. 4. 1905 bei Borchardt-Kohler S. 180 ff.), Portugal (Handelsprozeß-O. i. F. v. 14.12. 1905. a. 286 ff, die den Zwangsvergleich vor und nach Konkurseröffnung einheitlich regeln; Borchardt-Kohler S. 179 ff.), Spanien (a. 872 HGB. i. F. v. 10. 6.1897 mit a. 1911 ff. BGB., a. 1130 ff. ZPO., siehe die genannte Anlage S. 104 ff.), Rumänien (a. 842 mit a. 834 ff., eine Zwangsstundung zur Konkursabwendung; Schaefer S. 152 ff.), Italien (1. sul concordato preventivo e sulla procedura dei piccolli fallimenti v. 24. 5.1903, ZZP. 33 S. 176 ff., ZHR. 55

Zwangsvergleich (Inhalt des Vorschlags).

315

S. 225 ff., bei Borchardt-Kohler S. 175 mit Datum v. 21. 5. 1903) und eine Reihe außer-§174. europäischer Staaten. Ein österreichischer Entwurf von 1904 hat noch keine Erledigung gefunden (Literatur bei Rintelen Österr. KR. S. 334). In Griechenland ist ein nach belgischem Muster erlassenes Gesetz v. 6. 2. 1893 bereits am 7. 8.1895 wieder aufgehoben worden. In Frankreich zielt die liquidation judiciaire (G. v. 4. 3 1889) vornehmlich auf einen den eigentlichen Konkurs verhütenden Zwangsvergleich ab (Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 1099ff ). Über das englische System siehe Denkschrift S. 13 ff. mit Anlage S. 30 ff., dazu Bernicken aaO. S. 39 ff.

§ 1»4. Der Vergleichsvorschlag muß angeben, in welcher weise die Befriedigung der Gläubiger erfolgen, sowie ob und in welcher Art eine Sicherstellung der­

selben bewirkt werden soll. Unveränderter § 161 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 147ff., S. 111, 183, 214.

Motive H S. 406ff., Protokolle

Inhalt des Bergleichsvorschlages. I. Erfordernis der Bestimmtheit.

Der Bergleichsvorschlag muß einen bestimmten und klaren Inhalt haben, um als Grund-Anm. i. läge für das Vergleichsverfahren und die Konkursaufhebung dienen zu können (siehe Motive II S. 407f.). Er muß nach § 174 angeben, wie die Gläubiger befriedigt, ob und wie sie sichergestellt werden sollen. Der Zwangsvergleich selber hat sonach begriffsnotwendig nur die Befriedigung, nicht auch eine Sicherstellung der Gläubiger zu regeln. Ein bedingter Vor­ schlag ist (gegen Seuffert S. 414 f.) nicht schlechthin wegen Unbestimmtheit unzulässig. Die Bedingung kann sich noch vor dem Bergleichstermin erledigen. Über Fälle bedingter Annahme

siehe § 184 Anm. 3, § 195 Anm. 1. Dagegen würde die Begrenzung der Haftung des Schuldners auf einen festbestimmten Höchstbetrag den Vorschlag unausführbar und deshalb unannehmbar machen. Denn mit Rücksicht auf die Möglichkeit nachträglichen Auftretens neuer, notwendig gleichberechtigter Gläubiger (§§ 181, 193) und nachträglicher Feststellung zunächst bestrittener Forderungen wäre das Guthaben des Einzelnen nicht mit Sicherheit abzugrenzen. Vgl. Hüppner ZZP. 11 S. 87. n. Befriedigung. Wesentlicher Inhalt des Vorschlags und des Zwangsvergleichs ist eine bestimmteAnm. 2. Angabe über Höhe, Art und Zeit der anstelle der konkursmäßigen Masse­ ausschüttung tretenden Befriedigung der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger. Einen Vorschlag, der diesem Erfordernisse nicht genügt, hat das Konkursgericht (angemessener Weise nach Anheimstellung der Verbesserung oder Zurücknahme) von Amts wegen für un­ zulässig zu erklären. Der Beschluß ist dem Gemeinschuldner zuzustellen und kann von diesem nach § 73 III angefochten werden. Auch die unmittelbare Einreichung eines neuen Vorschlags steht dem Schuldner frei. Die Befriedigung wird, da der Zwangs erlaß die Regel bildet [§ 173 Anm. l],«mn. 3. gewöhnlich nach Prozenten (Bruchteilen) der Forderungen versprochen. Doch ist ein Erlaß nicht wesentlich. Auch eine bloße Stundung kann vorgeschlagen werden. Meist verbinden sich Stundung und Erlaß derart, daß ein Bruchteil der Schulden erlassen, für den Rest aber eine durch Bergleichsbürgen gesicherte fAnm. 4] Ratenzahlung oder befristete Einheits­ zahlung festgelegt wird. Beispiel: „Ich biete meinen nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern — statt der bei Ausschüttung der Masse zu erwartenden 15°/0 — gegen Erlassung der Rest­ schuld 40°/o, zahlbar in vier gleichen Raten am 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober 1912, unter selbstschuldnerischer Verbürgung meines Schwiegervaters N. N.'fflr pünktliche Zahlung." Eine ungleichmäßige Berücksichtigung der Gläubiger ist nur mit aus­ drücklicher Einwilligung der Zurückgesetzten erlaubt (§ 181). Ein Vorschlag des Inhalts „außer dem in der Masse liegenden etwa 5°/0 biete ich weitere 5°/0" würde Höhe und Art

316

§174.

Zwangsvergleich (Inhalt des Vorschlags).

der Befriedigung nicht mit hinreichender Bestimmtheit bezeichnen und, was die unangemeldeten Forderungen betrifft, eine dem § 181 widerstreitende Auslegung zulaffen (vgl. LG. Cöln v. 24. 12. 1908 LZ. 1910 S. 799). Der Schuldner muß bei solcher Sachlage fest 10°/0 bieten unter näherer Angabe der Zahlungsart. Nach den Motiven n S. 406 „kann die Be­ friedigung der Gläubiger auch durch eine außergerichtliche Liquidation der Masse, mit oder ohne Zuziehung von Vertretern der Gläubiger bewirkt werden". Danach wäre z. B. eiy Zwangsvergleich denkbar, inhaltlich dessen das Erwerbsgeschäft des Gemeinschuldners außerhalb des Konkurses unter Aufsicht der Gläubiger, vielleicht auch unter begrenzter Mit­ arbeit des Schuldners, einstweilen für Rechnung der Gläubiger, sei es bis zur Tilgung einer bestimmten Schuldenhöhe aus den Erträgnissen oder zum Zwecke der Veräußerung unter günstigeren Zeitumständen und der Verteilung des Erlöses an die Gläubiger, fortgeführt werden, die Restschuld erlassen sein solle. Nun fehlt aber die allgemeine Möglichkeit einer Ausschließung der unbekannten Konkursgläubiger im Aufgebotsweg, und doch sollen diese, sobald sie die Feststellung ihrer Ansprüche erwirkt haben, dieselben Vergleichsrechte erheben können wie die Konkursteilnehmer (§§ 181, 193). Daraus ergeben sich Schwierigkeiten. Be­ reicherungsklagen gegen die einzelnen auf Kosten der Nachzügler zu hoch berücksichtigten Gläubiger sind kaum zu begründen und jedenfalls tatsächlich so gut wie undurchführbar. Eine Nachhaftung des Schuldners aber würde über den Umfang des Zwangsvergleichs hinausgehen. Kohler Lehrbuch S. 470ff. (Leitfaden S. 285,287, zust. Seuffert S. 413f.) hält auch eine dem concordat par abandon sAnm. 7] ähnelnde vergleichsmäßige Leistung an Erfüllungsstatt durch Übereignung (oder sonstige Übertragung) der Masse an die Gläubiger für zulässig. Eine solche Übereinkunft ließe sich vielleicht vollziehen, indem die

Gläubigerversammlung des § 182 einen Vertreter bestellte, an den für Rechnung aller nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger die Massegegenstände übertragen werden. Auch dann aber würde die bei der Liquidation auf Nachzügler zu nehmende Rücksicht wohl unlösbare Schwierigkeiten bereiten. Übrigens fragt es sich sehr, ob neben der Möglichkeit einer konkursmäßigen Veräußerung der Aktivmasse im ganzen (vgl. § 134 Nr. 1), mit oder ohne Freigabe einzelner Gegenstände, und einer Einstellung auf Grund des Konkursverzichts aller bekannten Gläubiger (§ 202) das Bedürfnis der Nachahmung einer französischen Akkordeinrichtung besteht, die als solche unserm Reichsrecht unbekannt und auch von anderen Gesetzgebungen nur ganz vereinzelt übernommen worden ist. Zweifellos hat der Konkurs­ verwalter die Macht, zwecks der ihm durch den § 117 gebotenen Verwertung die Masse im ganzen an einen Gläubiger oder eine Mehrheit von Gläubigern zu veräußern, um dann den Erlös im Wege der Konkursverteilung auszuschütten. Mit dem Zwangsvergleich hat diese Art der Masseverwertung nichts zu tun. Unbedenklich zulässig wäre aber auch nach Deckung der Vorrechts- und Masseansprüche ein Zwangsvergleich des Inhalts, daß ein Dritter (auch ein Gläubiger) die Aktivrestmaffe gegen die Verpflichtung erwerben soll, als Gesamtschuldner neben dem Gemeinschuldner bestimmte Prozente der nichtbevorrechtigten Konkursforderungen

zu zahlen (vgl. § 419 BGB.).

HL Sicherstellung. «nm. 4.

«nm. 6.

Die Sicherstellung bildet keinen wesentlichen Bestandteil des Vergleichs (verb. „ob"). Allein sie ist so sehr dasNormale, daß der Bergleichsvorschlag nach den klaren Worten des Gesetzes ausdrücklich angeben „muß", „ob" und im Falle der Bejahung auch „in welcher Art" Sicherheit geboten werden soll. Ein Vorschlag, der die Frage der Sicherstellung ganz übergeht oder bloß eine Sicherstellung ankündigt, ohne die Art derselben zu bezeichnen, ist danach (gegen F. Wach S. 17 f.) für unzulässig zu erklären sAnm. 2]. Die Sicherheitsleistung ist auf die im § 232 BGB. bezeichneten Mittel nicht beschränkt. Es steht ganz im Ermessen der Gläubigermehrheit, ob eine angebotene Sicherheit genügt oder nicht. Sehr häufig verpflichten sich Angehörige oder Freunde des Schuldners neben diesem für die Erfüllung der Bergleichsverbindlichkeiten als Bürgen oder Mitschuldner (sog. Bergleichsgaranten, Bergleichsbürgen i. w. S.). Die Mithaftung läßt sich auch im Wege kumulativer Schuldübernahme begründen (§ 421 BGB ). In jedem Falle ist es

Zwangsvergleich (Inhalt des Vorschlags).

317

statthaft, daß der Bergleichsgarant niedrigere Prozente verspricht als der Gemeinschuldner § 174. selbst. Darüber und über absolute Begrenzung: § 181 Anm. 2. Nach der herrschenden Lehre soll auch ein Zwangsvergleich zulässig sein, kraft dessen ein Dritter anstatt des Schuldners, also unter Entlastung des letzteren (privative Schuldübernahme), die Be­ friedigung der Gläubiger übernimmt. So z. B. Kohler-Lehrbuch S. 470, Seuffert S. 414, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2. Allein es ist eine Frage des positiven Rechts, inwieweit es die Bindung der Minderheit an den Beschluß der Gläubigerversammlung zulassen will. Unser Gesetz aber weiß, wie der § 194 ergibt, von der Substituierung eines anderen (zur Schuldübernahme bereiten) Schuldners durch Mehrheitswillen nichts und tut gut daran, von einem so weitgehenden Zwange Abstand zu nehmen. Der § 194 kennt eben nur eine Voll­ streckbarkeit „gegen den Gemeinschuldner und diejenigen, welche in dem Vergleiche für dessen Erfüllung neben dem Gemeinschuldner Verpflichtungen übernommen haben". Freilich kann ein Gläubiger auf die Haftung seines Schuldners verzichten. Allein die Frage ist die, ob für den Gesetzgeber ein Anlaß bestand, eine Erzwingung dieses Verzichts durch Mehr­ heitsbeschluß zu ermöglichen. Vgl. Oetker Konkursr. Fragen S. 47 f., Schlote S. 52 f. Der Vollzug einer Sicherstellung durch Verpfändung, dessen Zulässigkeit der § 200 II 2 vor­ aussetzt, begegnet Schwierigkeiten, da auch auf später auftretende Gläubiger Rücksicht zu nehmen ist (§ 181). Siehe Hüppner ZZP. 11 S. 92 ff. (älteres Recht). Bei Fahrnis und Wertpapieren wird dadurch zu helfen sein, daß die den Vergleich annehmende Gläubiger­ versammlung einen Pfandhalter zur Besitzausübung (§§ 1205s., 1292 f. BGB.) für Rechnung aller nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger (mit Einschluß etwaiger Nachzügler) ermächtigt, was wohl im Rahmen ihrer Zuständigkeit liegt. Grundstücke können zum gleichen Zwecke mit einer Höchstbetragshypothek (§ 1190 BGB.) belastet werden, wenn es den Erfordernissen des § 1115 BGB. genügt, daß im Grundbuch „die Forderungen der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger des Konkurses N. N. laut Zwaugsvergleich vom . . ." als gesichert ein­ getragen werden. Da Gläubiger und Forderungen bei solcher Fassung des Eintrags objektiv genau bestimmbar sind, wird der Eintrag für ausreichend zu erachten sein. Nachzügler, die sich erst melden, wenn die Pfandsicherheiten ausgeschöpft sind, haben keinen Bereicherungs­ anspruch gegen früher befriedigte Konkurrenten (abw. F. Wach S. 25). Auch liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung (§ 181) vor, da die Benachteiligung nicht im Bergleichsinhalte, sondern in der verspäteten Geltendmachung der Ansprüche ihren Grund hat. Die Rechtslage ist dieselbe wie im Normalfalle des Vergleichs, wenn die Befriedigung der bekannten Gläubiger das Vermögen des Schuldners sowie eines etwaigen Bürgen aufgezehrt hat, und nun noch ein bisher unbekannter Gläubiger auftaucht. Die persönliche Haftung zu gunsten des Nachzüglers besteht; daß sie unrealisierbar geworden sein kann, vermag kein Gesetz zu hindern.

IV. Borschlagsänderungen.

Da der Schuldner die einseitige Befugnis hat, den Vorschlag, solange er noch nicht an- Anm. 6. genommen ist, ganz zurückzuziehen [§ 173 Anm. 23], muß es ihm insolange auch frei­ stehen, den Vorschlag inhaltlich ab zu ändern. Ist aber der im Bergleichstermin (§ 179) unterbreitete Vorschlag ungünstiger für die Gläubiger, so muß er — schon mit Rücksicht auf die Ausgebliebenen — als neuer Vorschlag behandelt (§§ 177, 178) und dementsprechend in einem neuen Termine zur Abstimmung gebracht werden. Motive II S. 407, Petersen Kleinfeller Anm. 4, Fitting § 47 N. 9, Seuffert S. 421. — Tod des Schuldners vor oder

nach der Annahme: § 173 Anm. 24. Zusatz. Fremde Rechte. Das französische Recht unterscheidet vom concordat simple das Anm. 7. concordat par abandon d’actif. Letzteres beruht aus a. 551 c. c. in der Fassung der Novelle v. 17. 7. 1856. Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 736 definieren es: une Convention par laquelle le failli fait ä ses creanciers abandon de tout ou partie de ses biens, sous la condition qu’ il sera libere envers eux, meme dans le cas oü le prix des biens abandonnös que les creanciers fönt vendre, ne suffirait pas pour les desinteresser integralement. Näheres ebenda Nr. 742 ff. Dem französischen Rechte folgt das griechische (a. 526 HGB. i. F. v. 13. 12. 1878). Eine ähnliche eingehend geregelte Rechtseinrichtung bildet die „Vermögens­ übernahme" des argentinischen Konkursrechts (a. 1412 ff.). In Brasilien war das Concordat

318

Zwangsvergleich (Unzulässigkeitsgründe).

8175* par abandon durch G. v. 6. 5. 1882 eingeführt worden.

Das neue brasilianische Konkursrecht

(v. 1908) kennt es nicht mehr.

§ 175. (Ein Zwangsvergleich ist unzulässig:

so lange der Gemeinschuldner flüchtig ist oder die Ableistung des Offenbarungseides verweigert; 2. so lange gegen den Gemeinschuldner wegen betrüglichen Bankerutts eine gerichtliche Untersuchung oder ein wiederaufgenommenes Verfahren an­ hängig ist; 3. wenn der Gemeinschuldner wegen betrüglichen Bankerutts rechtskräftig

verurteilt worden ist. Ursprünglich § 162. Die frühere Nr. 2 lautete: „Solange ein wegen betrüglichen Bankerutts gegen den Gemeinschuldner eröffneteHauptverfahren oder ein wiederausgenommenes Verfahren anhängig ist." Materialien: Motive I Bd. 2 S. 150ff., Motive II S. 408f., Protokolle S. 111, 183, 214, Kommissionsbericht S. 1962 s., 2034 ff. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat die Nr. 2 einem Beschlusse der Reichstagskommission entsprechend geändert. Grund: Anm. 6. Unzulässigkeit eines Zwangsvergleichs.

I. Die Unzulässigkeit im allgemeinen. Anm. i.

Anm. 2.

Anm. 3.

Wird ein Zwangsvergleich rechtzeitig [§ 173 Anm. 22] vorgeschlagen, so hat das Konkurs­ gericht von Amts wegen zu prüfen, ob der Vorschlag inhaltlich den Erfordernissen des § 174 entspricht und ob überhaupt ein Vergleich nach § 175 abgeschlossen werden darf. Sonst ist der einzelne Vorschlag [§ 174 Anm. 2 u. 4] und im Falle des § 175 „ein" Zwangsvergleich überhaupt für unzulässig zu erklären. Gegen den einen oder andern Beschluß steht dem Gemeinschuldner die sofortige Beschwerde zu (§ 73 III). Was vor allem die ratio legis betrifft, so rechtfertigen sich die Unzulässigkeitsgründe des § 175 aus der Erwägung, daß hier der Verdacht unlauterer Verschleierung der Vermögenslage und damit die Gefahr einer Übervorteilung der Gläubiger durch den

Vergleich besteht. Daß der Schuldner in diesen Fällen eines Vergleichs unwürdig erscheint, ist nicht der ausschlaggebende Gesichtspunkt. Denn ein Zwangsvergleich soll vor allem dem Interesse der Gläubiger dienen. Nichts wäre verfehlter, als einen für die Gläubiger vorteil­ haften Vergleich wegen Unwürdigkeit des Schuldners durch starre gesetzliche Verbote unmöglich zu machen. Darum entspricht eine einschränkende Auslegung des § 175 den Bedürfnissen des Verkehrs weit mehr als eine ausdehnende (siehe Anm. 3, 6, 8]. Auf ganz anderen Gründen beruht die Unzulässigkeit eines Zwangsvergleichs in Genoffenschafts- und Bersicherungsvereinskonkursen [§ 173 Anm. 18]. Das Konkursgericht hat die Befugnis und im Zweifelsfalle die Pflicht, zur Aufklärung der Sachlage Ermittelungen nach § 75 anzuordnen. Stellt die Un­ zulässigkeit sich erst nach der Bergleichsannahme heraus, so ist der Vergleich zu verwerfen (§ 186 Nr. 2). Eine rechtskräftige Verurteilung des Schuldners wegen betrüglichen Bankerutts (Nr. 3) hebt sogar nach gerichtlicher Vergleichsbestätigung den „Erlaß" wieder auf (§ 197). Wo mehrere Personen zusammen die Gemeinschuldnerrolle einnehmen, wie im Konkurse der offenen Handelsgesellschaft und bei Erbenmehrheit im Nachlaßkonkurse, steht schon die im Verhalten eines einzigen Schuldners begründete Unzulässigkeit einem ZwangSvergleich entgegen (siehe aber Anm. 7]. Bestritten ist, wann der § 175 im Konkurse juristischer Personen z. B. der Aktiengesellschaften oder der Gesellschaften mit beschränkter Haftung Anwendung findet. Nach der Ansicht von Kohler Lehrbuch S. 475 f., Seuffert S. 417 u. Hellmann S. 573 soll in allen Fällen des § 175 schon ein entsprechendes Verhalten einzelner Organe zur Anwendbarkeit der Vorschrift genügen, und es liegt in der Tat nahe zu sagen,

Zwangsvergleich (Unzulässigkeitsgründe).

319

daß der Verdacht unlauterer Bermögensverschleierung [Sinnt. 2] der Vergleichszulässigkeit auch H175. entgegenstehen müsse, wenn ein einzelnes Mitglied des Vorstandes der Aktiengesellschaft, ein einzelner Geschäftsführer der GmbH., ein einzelner Liquidator Gesellschaftsvermögen beiseite geschafft oder die Handelsbücher der Firma vernichtet habe (§ 244 mit § 239 KO., § 83 GmbHG.). Allein das streng auszulegende [Anm. 1] Gesetz steht nicht auf diesem Standpunkte. Das Verbrechen jener Personen ist eben nicht das Verbrechen „des Gemeinschuldners" im Sinne der Nr. 2 u. 3. Ebensowenig ist ihre Flucht eine Flucht „des Gemeinschuldners" im Sinne der Nr. 1. Nur die Leistung des Offenbarungseides erfolgt in Vertretung der juristischen Person, die Eidesweigerung der Organe — auch nur eines einzelnen Vorstandsmitglieds oder Liquidators [§ 125 Anm. 9] — ergibt daher den Unzulässigkeitsgrund der Nr. 1 Fall 2. Vgl. Fitting § 46 N. 6, § 52 N. 9, v. Sarwey-Bossert § 208 Anm. 3, Petersen-Kleinfeller §§ 207 f. Anm. 7, v. WilmowskiKurlbaum § 208 Anm. 4, während Endemann S. 628, v. Völderndorff II S. 669 und Bondi ZZP. 32 S. 236 (letzterer mit versehentlicher Berufung auf unsere 1. Aust.) sogar die Anwendung der Nr. 1 Fall 2 verneinen. Entsprechend hindert im Konkurse des Mündels nur die Eides­ verweigerung des Vormunds als solchen — nicht auch dessen Flucht oder Betrug — den Bergleichsabschluß (abw. erklärt Bondi aaO. auch die Eidesweigerung des Vormunds für unschädlich).

II. Die einzelnen Gründe der Unzulässigkeit. 1. Ein Zwangsvergleich ist unzulässig, „solange" der Gemeinschuldner [Anm. 3)Anm. 4. flüchtig ist (Nr. 1 Fall 1). Mit der Rückkehr entfällt die Unzulässigkeit („solange"). Motive II S. 409. Flucht ist nur eigenmächtige [§ 101 Anm. 1], böswillige Entfernung. Ob sie vorliegt, entscheidet sich von Fall zu Fall nach richterlichem Ermessen. 2. Ein Zwangsvergleich ist ferner unzulässig, „solange" der Gemeinschuldner [Anm.3s Anm. 5. die Ableistung des Offenbarungseides (§ 125) verweigert (Nr. 1 Fall 2). Mit der Eidesleistung entfällt auch dieses Hindernis („solange"). So im Nachlaßkonkurse, wenn der Erblasser den Eid verweigert hatte, der Erbe aber ihn zu leisten bereit ist. Es besteht nur im Falle rechtswidriger Weigerung trotz ordnungsmäßiger Ladung [§ 125 Anm. 2, 5]. 3. Ein Zwangsvergleich ist drittens unzulässig, „solange" gegen den GemeinschuldnerAnm. 6. [Anm. 3] wegen betrüglichen Bankerutts (§ 239) eine gerichtliche Unter­ suchung oder ein wieder aufgenommenes Verfahren anhängig ist. Die Novelle hat die Worte „eine gerichtliche Untersuchung" anstelle der früheren Fassung „ein eröffnetes Hauptverfahren" gesetzt. Der Abänderungsantrag war damit begründet worden, daß es sich oft erst im Laufe des Strafverfahrens und nach Bestätigung des Vergleichs herausstelle, ob ein betrüglicher Bankerutt vorliege. Kommissionsbericht S. 2035. Künftig genügt also schon die Schwebe der Voruntersuchung (§§ 176ff. StPO.), nicht aber auch ein staatsanwaltschaftliches Ermittelungsverfahren (verb. „gerichtliche" Untersuchung; vgl. § 151 StPO.). Als Wiederaufnahme kommt arg. Nr. 3 nur diejenige zu Ungunsten des Schuldners in Betracht (§§ 402, 410 II StPO.). Kommt es zu rechtskräftiger Ver­

urteilung, so greift fortab die Nr. 3 Platz. Andrerseits entfällt die gesetzliche Unzulässigkeit der Nr. 2, sobald durch eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung der Schuldner außer Verfolgung gesetzt (§§ 196, 202 StPO.), das Verfahren auch nur vorläufig eingestellt (8 203 StPO.; abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3) oder der Schuldner freigesprochen ist, desgleichen, wenn er stirbt (verb. „solange abhängig ist"). In Betracht kommt nur ein mit Rücksicht auf den schwebenden Konkurs verübtes Verbrechen [Anm. 8]. Die Nr. 2 bezieht sich wie auch Nr. 3 nur auf den betrüglichen Bankerutt (§ 239).Anm. ?. Beim einfachen Bankerutt soll die Entscheidung der Frage, ob sich eine Vergleichs­ schließung empfiehlt, der Gläubigermehrheit (§ 182) und dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts bei der Bestätigung überlassen bleiben (§ 188). Kommissionsbericht aaO., Motive II S. 409. Im Sonderkonkurse setzen beide Nummern nach der ratio legis [Anm. 2] einen in bezug auf das konkursbefangene Sondervermögen — Gesellschafts-

320 §175.

Anm. 8.

Anm. 9.

Zwangsvergleich (Unzulässigkeitsgründe).

vermögen, Nachlaß — verübten Bankerutt voraus. Der Zwangsvergleich im Konkurs einer offenen Handelsgesellschaft wird also nicht dadurch ausgeschlossen, daß sich ein Gesellschafter wegen eines in bezug auf sein Privatvermögen verübten Bankerutts in gerichtlicher Untersuchung befindet. Verhalten der Organe: Sinnt. 3. 4. Endlich ist ein Zwangsvergleich unzulässig, „wenn" der Gemeinschuldner [Sinnt. 3] wegen betrüglichen Bankerutts [Anm. 7] rechtskräftig (§§ 357, 383 StPO.) verurteilt worden ist. Spätere Begnadigung hebt den Unzulässigkeitsgrund der Nr. 3 nicht auf, wohl aber eine im Wiederaufnahmeverfahren erkannte rechtskräftige Frei­ sprechung. Die Verurteilung muß im Zusammenhänge mit dem schwebenden Konkurs erfolgt sein, wie sie im Falle des § 197 mit dem kraft des Zwangsvergleichs beendeten Verfahren Zusammenhängen muß. Es genügt also nicht, daß die im § 239 vorausgesetzte Konkurseröffnung die Eröffnung eines früheren inländischen oder gar eines ausländischen Konkurses war. Im Konkurs eines Schuldners, der vor dreißig Jahren einmal wegen Bankerutts verurteilt wurde, können der Gläubigerschaft die Vorteile eines Zwangsvergleichs nicht verschlossen sein. Denn nicht eine unaustilgbare persönliche Unwürdigkeit des Schuldners, sondern die Verwirrung der dermaligen Vermögenslage bildet den Grund des zwingenden gesetzlichen Ausschlusses der Bergleichszulässigkeit [Anm. 2]. Entsprechendes gilt für die Nr. 2. Fitting § 46 III 2, Kohler Lehrbuch S. 475, Seuffert S. 416, Petersen-Kleinfeller Anm. 4, v. Sarwey-Bossert Anm. 3 u. a.; a b w. Wolff Anm. 4, F. Wach S. 23 f., Schimmelbusch RheinA. 107 S. 73 N. 89, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 4 (mit dem unzutreffenden Zusatze, eine rechtskräftige Verurteilung wegen des gegenwärtigen Konkurs­ falles werde kaum jemals eintreten). Den Voraussetzungen der Nr. 3 ist nach der bezeichneten ratio legis in einem Verfahren, das durch den Tod des Gemeinschuldners für die Zukunft zum Nachlaßkonkurse wird, nicht nur genügt, wenn der Erbe, sondern auch schon dann, wenn der Erblasser — „Gemeinschuldner" für die Zeit vor dem Erbfalle — mit Rücksicht auf diesen Konkurs rechtskräftig verurteilt worden war (abw. v. Bölderndorff II S. 550, da das Recht auf Vergleich nur durch persönliches Verschulden verloren gehe, u. Schimmelbusch S. 74, der gleichfalls den Zweck des Gesetzes verkennt). Bis zum Eintritte der Rechtskraft des Strafurteils ist die Nr. 2 maßgebend. Das Strafurteil eines anderen als eines deutschen Gerichts würde hier wie zur Anwendbarkeit der §§ 197, 198 nicht schon dann genügen, wenn der dem Urteil zugrunde gelegte Tatbestand auch im Sinne unseres § 239 bezüglicher Bankerutt wäre (abw. Neumeyer ZStrW. 27 S. 37 ff.). Denn es müßte weiter Beziehung zu diesem Jnlandskonkurse verlangt und über­ dies gefordert werden, daß das Auslandserkenntnis der „Verurteilung" wegen betrüglichen Bankerutts durch ein deutsches Gericht im Wege stünde (vgl. § 5 StGB.). Die folgerechte Durchführung der Gegenansicht würde dazu nötigen, die §§ 197, 198 immer schon dann anzuwenden, wenn später irgendwann und irgendwo die Verurteilung des Schuldners wegen eines Verbrechens erfolgte, das auch nach deutschem Recht einen betrüglichen Bankerutt darstellt. Zusatz. Fremde Rechte. Der Gedanke, den Zwangsvergleich im Falle der Vermögens­ verschleierung nicht zuzulassen, kommt im ausländischen Recht vielfach dadurch zum Ausdrucke, daß völlige Unterlassung und grobe Mängel der Buchführung und Bilanzziehung als selbständiße Unzulässigkeitsgründe anerkannt werden (vgl. auch Kommissionsbericht S. 2035). So z. B. in Österreich (§ 208 lit. e; Pollak S. 403), Ungarn (§ 200 Nr. 3), Dänemark (§ 101 lit.g). Vgl. dagegen a. 510, 511 code com. Lyon-Caen et Renault Nr. 608 (in der Fassung von 1807 hatte der code auch bei einfachem Bankerutt den Akkord ausgeschlossen; diese Vorschrift wurde als „trop rigoureuse“ 1838 geändert: nur der betrügliche Bankerutt ist obligatorisches Hindernis, bei einfachem entscheidet das Ermessen der Gläubiger). Andere Rechte, z. B. das italienische (a. 830 ff.), erklären nicht einmal den betrüglichen Bankerutt für einen absoluten Unzulässigkeits­ grund. Kohler Lehrbuch S. 475 N. 1. Mitunter macht ein früherer Konkurs den Zwangs­ vergleich unzulässig (so z. B. Österreich § 208b, Ungarn § 200 Nr. 4, mit Einschränkung Dänemark § 101a). Vgl. dagegen Motive II S. 419.

Zwangsvergleich (fakultative Zurückweisung des Vorschlags).

321

8 1»«.

8176.

Auf Antrag des Verwalters und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, des letzteren kann das Gericht den Vergleichsvorschlag zurückweisen, wenn bereits in dem Aonkursverfahren ein Vergleichsvorschlag von den Gläubigern abgelehnt oder von dem Gerichte verworfen oder von dem Gemeinschuldner nach der öffentlichen Bekanntmachung des Vergleichstermins zurückgezogen worden ist. Unveränderter § 163 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 152ff., Motive II S. 410f., Protokolle S. 111, 183, 214.

Freigestellte Zurückweisung des Vorschlags. I. Zurückweisungsgründe. Der rechtzeitige (§ 173) und inhaltlich genügende (§ 174) Vorschlag Anm. i. eines gesetzlich zulässigen Zwangsvergleichs (§ 175) „kann" sAnm. 4] vom Konkurs­ gericht unter folgenden Voraussetzungen zurückgewiesen werden: 1. Stets muß der Konkursverwalter, beim Vorhandensein eines Gläubigerausschusses müssen Verwalter und Ausschuß die Zurückweisung übereinstimmend beim Konkursgericht, sei es schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers [§ 72 Anm. 3], beantragen (sie erfolgt also nicht von Amts wegen, nicht aus Antrag von anderer Seite!). Die Empfehlung der Nichtannahme nach § 177 genügt dem Antragserfordernisse nicht. Beschwerde gegen Ablehnung: Anm. 4. 2. Außerdem muß wenigstens einer der nachfolgenden Zurückweisungsgründe vorliegen: es Anm. 2. muß nämlich bereits in diesem Konkursverfahren a) entweder ein Bergleichsvorschlag

a) von den Gläubigern abgelehnt (§ 182) oder /S) vom Gemeinschuldner nach bewirkter Bekanntmachung des Bergleichstermins (§§ 76, 179, 180) zurückgezogen [§ 173 Anm. 23] b) oder aber ein von den Gläubigern bereits angenommener Vergleich — der § 176 sagt Anm. 3. ungenau auch hier „Bergleichsvorschlag" — vom Konkursgericht nach Maßgabe der §§ 186—188 „verworfen" worden sein. Dagegen bildet eine Ablehnung wegen Verspätung (§ 173) oder inhaltlicher Unzulänglichkeit eines Vorschlags (§ 174), wegen früherer Unzulässigkeit nach § 175 Nr. 1, 2 oder auf Grund des § 176 selbst keine „Verwerfung" im Sinne unserer Vorschrift. Andrerseits genügt es, wenn der Gemein­ schuldner gestorben ist, daß im schwebenden Konkurse der Erblasser bereits einen Bergleichs­ vorschlag zurückgezogen hatte [a ß] oder daß die „Verwerfung" (§§ 186—188) ihm gegenüber ausgesprochen worden war (gegen Schimmelbusch RheinA. 107 S. 75). II. Ermessensfrage.

Die Zurückweisung ist in allen Fällen des § 176 der pflichtmäßigenAnm. 4.

Erwägung des Konkursgerichtes anheimgestellt („kann"). Sie wird zur Amtspflicht, wenn das Gericht sie im Gläubigerinteresse für angebracht hält, namentlich überzeugt ist, daß der Vorschlag keine Aussicht hat und darum nur nutzlose Mühen und Kosten verursachen würde. Sie ergeht aber immer nur mit Rücksicht auf die dermalige Lage der Dinge. Darum steht sie der Zulassung eines neuen Vorschlags nicht entgegen. Auch wirkt die unanfechtbar gewordene gerichtliche Verwerfung eines Vorschlags (§§ 186 ff.) keineswegs eine auch bei veränderter Sachlage die Zulassung eines neuen — wäre es selbst inhaltsgleichen — Vorschlags hindernde Rechtskraft (vgl. Motive II S. 410 gegen Hullmann Anm. 2). Noch weniger hat eine frühere Ablehnung durch die Gläubiger (§ 182) solche Wirksamkeit. Der Zurückweisungs­ beschluß wird dem Gemeinschuldner zugestellt, üblicherweise auch dem Verwalter mitgeteilt, während die Antragsablehnung dem antragstellenden Verwalter und etwaigen Ausschüsse zuzustellen ist. Gegen den Zurückweisungsbeschluß steht dem Gemeinschuldner, gegen die Ablehnung des Antrags auf Zurückweisung immer nur dem Verwalter die sofortige

Beschwerde zu (8 73).

Siehe § 73 Anm. 8.

322

Zwangsvergleich (Gutachten des Gläubigerausschusses).

8178. Zusatz. Fremde Rechte. Die Wiederholung des Bergleichsvorschlags ist nicht überall Anm s. erlaubt. So erklärt z. B. die österreichische KO. § 208 lit. b den Vergleich für unzulässig, wenn sich der Schuldner schon einmal im Konkurs oder auch nur „im Ausgleichsverfahren" befunden hat. Bgl. auch Ungarn § 200 Nr. 4, Holland a. 158. Dagegen mit Recht Motive II S. 410.

§ 177. Wird der Vergleichsvorschlag nicht zurückgewiesen, so hat der Gläubiger­

ausschuß sich über die Annehmbarkeit des Vorschlags zu erklären. Erklärt der Gläubigerausschuß den Vorschlag nicht für annehmbar, so ist ein Widerspruch des Gemeinschuldners gegen die Verwertung der Masse nicht zu berücksichtigen. Unveränderter § 164 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 153 f., S. 111, 184.

Motive II

S. 411,

Protokolle

Begutachtung des Vorschlags durch den Gläudigerausschuß.

Anm. i.

Ist ein Gläudigerausschuß bestellt [§ 87 Anm. 3], so hat dieser zur Information der Gläubiger und des Gerichts das Bergleichsanerbieten einer Vorprüfung zu unterziehen und sich über dessen Annehmbarkeit gutachtlich zu äußern. Zu diesem Zwecke teilt das Gericht einen — nicht von vornherein als unzulässig erscheinenden (§§ 173—176) — Vorschlag unbeschadet der Möglichkeit nachträglicher Zurückweisung dem Gläubigerausschusse mit. Es ist ratsam, dabei eine angemessene Frist zur Erklärungsabgabe zu bestimmen. Dem Ausschüsse muß der Schuldner nach § 100 die erforderliche Auskunft erteilen. Das Gutachten hat der Ausschuß als solcher, nicht nur ein einzelnes Ausschußmitglied zu erstatten; aber die einzelnen Mit­ glieder tragen die Verantwortung (§ 89). Eine gutachtliche Äußerung des Verwalters

schreibt das Gesetz nicht vor. Trotzdem ist ihre Einholung üblich und besonders beim Fehlen eines Ausschusses zweckmäßig. Siehe auch § 179 Anm. 4. Da das Gericht keine Aufsichtsgewalt gegenüber dem Ausschüsse hat [§ 87 Anm. 1] und die Erklärung des letzteren nur ein für das Gericht unverbindliches Gutachten sein soll, setzt das Gericht nach Ablauf der Erklärungsfrist den Bergleichstermin auch dann an, wenn der Ausschuß sich nicht geäußert hat (vgl. § 179 I Satz 3). Nur bleibt eben dann unser Abs. II unanwendbar sAnm. 3]. Die Erklärung des Ausschusses (vgl. §§ 178, 179) kann schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers [§ 72 Anm. 3] erfolgen. Sie kann auf Grund einer Verständigung zwischen Schuldner und Ausschuß auch unauf­ gefordert bei Gericht eingereicht werden (vgl. Motive IIS. 411 f.), was sehr oft bereits bei Anbringung des Vorschlags geschieht. Unwiderruflich ist sie ihrem Zwecke nach keinesfalls. Sie wird es auch nicht mit dem Tode des Gemeinschuldners (abw. F. Wach S. 16). Ein Vorschlag, der mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Erblassers annehmbar erschien, kann von einem minder ver­ trauenswürdigen Erben ausgenommen Bedenken erregen [fielje § 173 Anm. 24].

Anm. 2.

Sollte das Gericht versäumt haben, ein Gutachten des Ausschusses einzufordern, und ein solches auch nicht unaufgefordert eingereicht worden sein, so ist eine Berfahrensvorschrift im Sinne des § 186 Nr. 1 verletzt. Das Gutachten muß daher im allgemeinen Interesse der nicht­ bevorrechtigten Konkursgläubiger noch nachträglich eingeholt und nach Maßgabe der §§ 178, 179 behandelt werden. Hatten die Gläubiger den Vorschlag bereits angenommen, so muß die Ab­ stimmung in einem neuen Termine wiederholt werden. Petersen-Kleinfeller Anm. 5. Heilung des Mangels: § 184 Anm. 3.

Anm. 3.

Erklärt der Ausschuß den Vorschlag für unannehmbar, so nimmt das Vergleichsverfahren (unbeschadet des § 176) gleichwohl seinen Fortgang: die Entscheidung steht bei der Gläubiger­ versammlung (§ 182). Die Mißbilligung des Vorschlags durch den Ausschuß hat aber nach Abs. II zur Folge, daß einer Verwertung der Masse vom Schuldner aus dem Grunde der Ein­ reichung eines Bergleichsvorschlages nicht mehr wirksam widersprochen werden kann (gegen § 135 II mit § 133 Nr. 1). Näheres § 130 Anm. 4, § 135 Anm. 3.

Zwangsvergleich (Einsicht in Vorschlag und Gutachten).

323

8178.

§ 178. Der Vorschlag und die Erklärung des Gläubigerausschusses sind auf der

Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Unveränderter § 165 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 154ff., Motive II S. 412, S. 111, 184, Kommissionsbericht S. 2036.

Protokolle

Niederlegung von Vorschlag und Gutachten. Spätestens bei Anberaumung des Vergleichstermines (vgl. § 179 II) muß das KonkursgerichtAnm. i. den Dorsch lag des Gemeinschuldners (nebst Berbürgungszusagen) und das etwaige Ausschußzutachten (§ 177) auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht aller Beteiligten nieder­ legen. Inventar und Bilanz des Verwalters liegen nach § 124 aus. Alle diese Schriftstücke ermöglichen eine Vorbereitung der Beteiligten auf den Vergleichstermin. Abschriften von Vor­ schlag und Gutachten kann jeder Beteiligte erheben (§ 72 KO. mit § 299 ZPO.). Siehe § 124 Knm. 4. Die Niederlegung wird bis zum Vergleichstermin andauern müssen. Ein in der Reichstagskommission von 1894 gestellter Antrag (Rintelen), auch die Offen-Anm. 2. legung der Geschäftsbücher des Schuldners vorzuschreiben, hat keine Aufnahme in das Nesetz gesunden. Kommissionsbericht S. 2036. Siehe § 124 Anm. 5.

§ IV». Der Vergleichstermin soll nicht über einen Monat hinaus anberaumt

Der Termin ist öffentlich bekannt zu machen.

verden.

Zu demselben sind der

öemeinschuldner, der Verwalter, sowie unter Mitteilung des Vergleichsvorschlags

md des Ergebnisses der Erklärung des Gläubigerausschusses die nicht bevorechtigten Aonkursgläubiger, welche Forderungen angemeldet haben, besonders u laden. In der Bekanntmachung ist zu

bemerken, daß der Vergleichsvorschlag

lnd die Erklärung des Gläubigerausschusses auf der Gerichtsschreiberei des ^tonkursgerichts zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt seien. Ursprünglich § 166. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 154ff., Motive II S. 412ff., Protokolle S. 111, 184, Begründung S. 44, Kommissionsbericht S. 1963, 2036 f. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat entsprechend der Vorlage des Reichsjustiramts den ganzen Abs. H und im Abs. I Satz 3 die Worte „der Gemeinschuldner, der Verwalter, fotoie" neu eingefügt.

Der Bergleichstermin. [. Anberaumung des Termins. Die Bergleichsverhandlungen finden in einem gerichtlichen Termine,Anm. 1. dem Bergleichstermine, statt, der nach der Sollvorschrift des Abs. I Satz 1 nicht über einen Monat hinaus (berechnet vom Tage der Verfügung an), aber jedenfalls so anzuberaumen ist, daß die Beteiligten sich in der Zwischenzeit hinreichend vorbereiten können. Verbindung mit dem Prüfungstermine: § 180. Nach § 47 I, II KonsGG. (§ 3 SchutzgebG.) soll der Ber­ gleichstermin nicht über zwei (in Ausnahmefällen drei) Monate hinausgeschoben werden. Der Termin ist öffentlich nach Maßgabe des 8 76 bekannt zu machen. Um die Gläu­ biger darauf hinzuweisen, wo sie sich näher informieren können, ist nach Abs. II in der Bekanntmachung ausdrücklich zu bemerken, daß der Vorschlag des Schuldners und das etwaige Ausschußgutachten auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts zur Einsicht aufliegen

324

§179.

Zwangsvergleich (Vergleichstermin).

(§ 178). Den Inhalt des Vorschlags und Gutachtens gibt aber die Bekanntmachung nicht an. Außerdem sind der Gemeinschuldner, der Verwalter und alle Anmelder einfacher Konkurssorderungen besonders zu laden (vgl. § 77). Den Anmeldern wird bei der Ladung der Inhalt des Bergleichsvorschlages und „das Ergebnis" der Äußerung eines etwaigen Aus­ schusses (§ 177) mitgeteilt. Die Ladung, nicht aber auch die Mitteilung wird nach § 76 HI durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt, zumal diese über den Inhalt des Vorschlags und Gutachtens keine Auskunft gibt (vgl. Petersen-Kleinfeller Anm. 2; abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3 u. a.). Das Fehlen der Mitteilung wäre ein Verfahrens­ mangel im Sinne des § 186 Nr. 1, der aber beim Erscheinen der mangelhaft geladenen Gläubiger heilt. II. Bedeutung des Termins.

Anm. 2.

Indem das Gesetz die Schließung des Zwangsvergleichs in einen Bergleichstermin verlegt (§§ 179, 182), bringt es zum Ausdrucke, daß nur die mündliche Verhandlung der Beteiligten in diesem Termine vor dem Konkursgericht maßgebend ist für das Zustandekommen des Vertrags und damit als Unterlage der gerichtlichen Bestätigung. Frühere Erklärungen der Beteiligten dienen nur der Ankündigung, spätere beeinflussen das Terminsergebnis nicht mehr (Motive II S. 412), es wäre denn eine nachträgliche Erklärung ausdrücklich durch den Willen der Vertragsparteien als Bedingung des Vergleichs gesetzt [§ 184 Anm. 3]. Das gilt für die Erklärungen der Hauptbeteiligten, also des Gemeinschuldners und der nicht­ bevorrechtigten Konkursgläubiger (§ 173), wie für die Erklärungen etwaiger Vergleichsbürgen und für die Bewilligung des § 181 Satz 2 fsiehe § 181 Anm. 3]. Sie alle haben als Termins­ erklärungen die Form von Prozeßhandlungen. Die Erklärung muß also, um wirksam zu werden, von prozeßfähigen Beteiligten in Person oder von einem prozeßordnungsmäßig handelnden Vertreter (§§ 51, 79 ff. ZPO.) mündlich im Termin abgegeben werden. Erst so wird im besonderen der Bergleichsvorschlag zum annahmefähigen Antrag. Die Vertrags­ schließung erfolgt unter Anwesenden. Daß eine vor dem Termiri angebrachte Erklärung genügte, müßte wie etwa im Falle des § 952 II ZPO. ausdrücklich bestimmt sein. Näheres oben § 173 Anm. 13, 19, 23 u. über die Fälle des Todes und des Wegfalls der Prozeß­ fähigkeit des Schuldners daselbst Anm. 24; RG. v. 6. 4. 1911 LZ. S. 557, Dresden v. 16. 12. 1904 OLG. 10 S. 216 f. Zur Schließung des Vergleichs kann es sonach nur kommen, wenn der Gemeinschuldner im Termine zugegen oder ordnungsmäßig vertreten ist. Bleibt er unvertreten aus, so tritt zwar mangels ausdrücklicher Vorschrift nicht die Säumnis­ folge ein, daß sein Antrag als zurückgenommen') gilt; allein in diesem Termine kann keine gültige Abstimmung vorgenommen werden. Seuffert S. 420 s., Fitting § 47 N. 1, F. Wach S. 30; abw. Endemann S. 597, v. Sarwey-Bossert Anm. 1 u. Wolff Anm. 3, die den Bertragsschluß auch für möglich erklären, wenn weder der Schuldner noch ein Bevollmächtigter von ihm erschienen ist. Die hier entwickelte Ansicht ist der Standpunkt der Motive, die — im Gegensatze zum § 174 des Entwurfs einer Gemeinschuldordnung und einigen ausländischen Rechten fAnm. 5] — nicht die persönliche Anwesenheit des Schuldners, wohl aber dessen Vertretung für unerläßlich halten. „Der Gemeinschuldner wird sich allerdings seiner Pflicht, Auskunft zu erteilen (§§ 100, 101) nicht entziehen dürfen; er wird auch im eigenen Interesse dem Erscheinen ohne Not sich nicht entziehen wollen. Zu einer gesetzlichen Vorbedingung für den Abschluß ist dasselbe aber nicht zu machen. Der Abschluß kann auf Grund des urkundlich festgestellten Vorschlags, und die Verhandlung über diesen kann durch einen Ver­ treter des Gemeinschuldners erfolgen. Oft mag sogar, von Krankheits- und Verhinderungs­ fällen abgesehen, eine Vertretung des Gemeinschuldners für den Abschluß förderlicher sein, als dessen persönliches Erscheinen." Motive II S. 412. Die Gegenansicht, nach der eine Vergleichsannahme auch bei Abwesenheit des unvertretenen Gemeinschuldners zulässig sein soll, hatte früher eine scheinbare Stütze darin, daß unser Abs. I alter Fassung die Ladung

x) Dies wollte der Entwurf einer Gemeinschüldordnung § 174 II, der in dem Seite 2036 des Kommissionsberichts enthaltenen Antrag Rintelen § 167 a Abs. n wiederkehrte, vorschreiben.

325

Zwangsvergleich (Bergleichstermin).

des Schuldners nicht ausdrücklich vorschrieb. Die Novelle hat ihr auch diesen Halt genommen. § Zurückziehung und Änderung des Vorschlags im Termine: § 174 Anm. 6.

179v

Die Anwesenheit des Konkursverwalters ist zwar im Interesse der Aufklärung wünschens- Anm. 3. wert, aber nicht unerläßlich, da er den Gemeinschuldner als Kontrahenten des Zwangs­ vergleichs nicht vertritt und im Bergleichstermine nur eine beratende, keine entscheidende Stimme hat. Doch kann ihn das Gericht nach Maßgabe der §§ 83, 84 zum Erscheinen

anhalten. XU. Gang der Terminsverhandlung.

Zur Vorbereitung des Termins empfiehlt sich die Aufstellung einer Stimmliste, aus der Anm. 4. zu ersehen ist, welche der nichtbevorrechtigten Konkursforderungen bereits festgestellt oder doch mit bleibendem Stimmrecht ausgestattet sind. Die Entscheidungen der §§ 95, 96 müssen der Bergleichsverhandlung selbst (auch in Fällen des § 180) vorausgehen. Daraufhin ist die Stimmliste zu ergänzen und zu berichtigen. Dabei bleibt zu beachten, daß auch das Stimm­ recht unvertreten abwesender Gläubiger nach § 182 I Nr. 2 in Ansatz kommt. Der Amts­ richter eröffnet, leitet und schließt die Verhandlung (§§ 136, 139 ZPO., § 72 KO.). Er erteilt, nachdem die Person der Beteiligten und ihre Vertretung (§ 159 II Nr. 3 ZPO.) festgestellt ist, dem Gemeinschuldner oder seinem Vertreter das Wort zur Antrag st ellung (§§ 136 II, 137 I ZPO.) und zur Begründung des Antrags. Der Konkursverwalter und ein etwaiger Gläubigerausschuß pflegen hierauf, obwohl das im Gesetze nicht vorgeschrieben ist, auch noch mündlich (vgl. § 177) mit ihrem Gutachten gehört zu werden. Den Be­ teiligten, auch den Vergleichsbürgen, ist Gelegenheit zu Anfragen und Erklärungen zu bieten Im übrigen bemerken die Motive II S. 413 f.: „Der Richter hat dafür zu sorgen, daß der Vorschlag genau, vollständig und den gesetzlichen Bestimmungen gemäß sei, eine Abstimmung mit Ja oder Nein und im Falle der Annahme und Bestätigung eine Aufhebung des Ver­ fahrens nach Vorschrift der Gesetze ermögliche. Die Befugnis, durch Mehrheitsbeschluß die Ab­ stimmung über den Vergleichsvorschlag bis zu einem neuen Termin auszusetzen (Preuß. KO. § 184 Abs. 3), ergibt sich nach dem Gesetze von selbst; dem ständigen Gläubigerausschuß liegt die Klarstellung der Sache ob und, falls ausnahmeweise wegen ungenügender Aufklärung der Vergleich abgelehnt wird, ist eine Wiederholung des Vergleichsvorschlages zuzulassen. — Enthält der Vergleich mehrere selbständige Stipulationen, so kann über die einzelnen Stipu­ lationen getrennt abgestimmt werden; jedoch sind die angenommenen Stipulationen nochmals im ganzen zur Abstimmung zu bringen. Wird in solcher Weise der Bergleichsvorschlag in einzelnen Teilen angenommen, in anderen abgelehnt, so gilt der Vergleich nur dann als geschlossen, wenn der Gemeinschuldner und die etwa für ihn eingetretenen Dritten in den Wegfall der abgelehnten Stipulationen ausdrücklich willigen." Nach erschöpfender Erörterung erfolgt die Abstimmung (§ 182). Die Bergleichsverhandlung mit Einschluß etwaiger Verbür­ gungen wird in einem Terminsprotokoll beurkundet. Die Entscheidung des Gerichts, das Ab­ stimmungsergebnis und die Verkündung müssen in das Protokoll oder eine Anlage aus­ genommen werden. Zu den Anlagen gehört die ausgefüllte Stimmliste. Einer Unterzeichnung durch den Gemeinschuldner, die Gläubiger und die Vergleichsbürgen bedarf es nicht. §§ 159, 160, 162, 163, 510a ZPO.; RG. v. 17. 9. 1906 Bd. 64 85f. Im übrigen siehe Senst Konkursrichter 2 (1912) S. 189 ff. u. wegen der Protokollfassung ebenda S. 257 ff. Zusatz. Fremde Rechte. Einzelne Gesetze verlangen — besondere Verhinderung aus-Anm. 5. genommen — das persönliche Erscheinen des Schuldners im Vergleichstermine (z. B. Österreich § 215, Schweiz a. 302, 317). Für Dänemark (§ 103) ist ausdrücklich bestimmt, daß der Schuldner den Vorschlag persönlich oder durch einen Vertreter vorzutragen hat; für Ungarn (§ 210), daß auch beim Ausbleiben des nichtvertretenen Schuldners die Vergleichsannahme erfolgen kann. Mitunter haben die Beteiligten das Bergleichsprotokoll zu unterzeichnen (z. B. Frankreich a. 509, Belgien a. 515, Schweiz a. 302, 317).

Jaeger, Konkursordnung. S. Aufl.

Bd. II.

21

326

Zwangsvergleich (Verbindung von Prüfungs- und Bergleichstermin).

8180.

§ ISO. Auf Antrag des Gemeinschuldners und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt

ist, des letzteren kann das Gericht den Vergleichstermin mit dem allgemeinen Prüfungstermine verbinden. Unveränderter § 167 alter Folge. Materialien: Motive II S. 412, Protokolle S. 111, 184, Kommissionsbericht S. 1963 f. Terminsverbindung.

Anm. 1.

Zum Zwecke der Beschleunigung des Verfahrens kann das Konkursgericht aufAntrag des Gemeinschuldners und nach Bestellung eines Gläubigerausschusses auf den übereinstimmenden Antrag vom Schuldner und Ausschuß den allgemeinen Prüfungstermin (§ 141) und den Bergleichstermin (8 179) auf ein und denselben Tag ansetzen. Die Verbindung steht im Ermessen des Gerichts („kann"), darf aber nicht von Amts wegen erfolgen. Wird der Antrag auf Verbindung abgewiesen, so hat immer nur der Schuldner die sofortige Beschwerde. Siehe § 73 Anm. 8. Die Antragstellung geschieht durch Einreichung eines Schriftsatzes oder durch Erklärung zu Protokoll des Gerichtsschreibers [§ 72 Anm. 3]. Einen Antrag des Ver­ walters fordert das Gesetz nicht (Kommissionsbericht S. 1963s. gegen Motive II S. 412 u. v. Bölderndorff n S. 566 f.). In erster Linie ist der Schuldner an der Beschleunigung interessiert. Er selbst stellt den Bergleichsantrag (§ 173), nicht der Verwalter für ihn. Der

selbständigen Stellung des Schuldners im Vergleichsverfahren entspricht es weiter, daß die Terminsverbindung unter allen Umständen einen Antrag des Schuldners voraussetzt, auch beim Vorhandensein eines Gläubigerausschusses. Der Wortlaut des Gesetzes zwingt freilich zu dieser Annahme nicht; er schließt sie aber auch nicht aus: „und" nicht „oder". Siehe auch § 176 Anm. 1, 4. Anm. 2. Im Falle der Verbindung muß das Prüfungsverfahren arg. § 173 den Bergleichsver­ handlungen vorangehen [§ 173 Anm. 21]. Macht das Gericht zugleich von der ihm auch ohne Antrag zustehenden Befugnis Gebrauch, Prüfungstermin und Wahltermin zu verbinden [§ 110 Anm. 2], so muß die Beschlußfassung über Berwalterwahl und Ausschußbestellung dem Prüfungsverfahren vorangehen (arg. §§ 177 I, 179 I Satz 3). Anm. 3. Das Konkursgericht hat den allgemeinen Prüfungstermin sofort „bei" Eröffnung des Ver­ fahrens zu bestimmen (§ 1101). Deshalb kann die Terminsverbindung nach § 180 nur dann schon von vornherein ausgesprochen werden, wenn der Schuldner den Bergleichsvorschlag bereits vor Konkursbeginn angebracht hat [§ 173 Anm. 21], was wohl selten der Fall sein dürfte. Unbedenklich muß aber auch die nachträgliche Verbindung für statthaft gelten, da ja der § 180 auch den Antrag eines etwaigen Gläubigerausschusses fordert, der doch immer erst nach Konkurs­ eröffnung gestellt werden kann (§ 87). Dieses Erfordernis läßt die nachträgliche Verbindung sogar als den Regelfall erscheinen. Andrerseits schließt die Gesetzesfassung („wenn" ein Ausschuß bestellt „ist") die Zulässigkeit ursprünglicher Verbindung auf alleinigen Antrag des Schuldners nicht aus.

§ 181 Der Vergleich muß allen nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern gleiche

Rechte gewähren. Line ungleiche Bestimmung der Rechte ist nur mit aus­ drücklicher Einwilligung der zurückgesetzten Gläubiger zulässig. Jedes andere Abkommen des Gemeinschuldners oder anderer Personen mit einzelnen Gläubigern,

durch welches diese bevorzugt werden sollen, ist nichtig. Unveränderter § 168 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 147ff., Motive H S. 407, Protokolle S. 111, 184. Literatur: O. Hüppner, Gleichheit der Gläubigerrechte beim Zwangsvergleiche, ZZP. 11 (1887) S. 82 ff.

Zwangsvergleich (Gebot der gleichmäßigen Befriedigung).

327

Gleiches Recht für alle.

8181.

I. Bedeutung des Grundsatzes.

Für den Inhalt des Zwangsvergleichs stellt der § 181 Satz 1 das Gebot unein-Anm. i. geschränkter Gleichstellung aller beteiligten Gläubiger auf. Der Zwangs­ vergleich darf der Mehrheit keine anderen Rechte gewähren als der Minderheit, den am Vergleichsverfahren teilnehmenden Gläubigern keine anderen als den nichtteilnehmenden: keine höheren Prozente, keine größere Sicherheit, keine günstigeren Bedingungen (wie etwa frühere Befriedigung). Motive II S. 407. Vom Zwangsvergleich und dementsprechend von der Vorschrift des § 181 betroffen werden nur die nichtbevorrechtigten Konkursgläubiger (§ 173 gegen § 191 II), diese aber auch dann, wenn sie dem Konkurse überhaupt oder dem Ver­ gleichsverfahren im besonderen fernbleiben oder gegen den Vergleich stimmen (§ 193). Gerade, weil der Vergleich auch die nichtteilnehmenden und die nicht zustimmenden Gläubiger bindet, ist die Vorschrift der gleichmäßigen Behandlung ein unabweisbares Gebot der Billigkeit. Ihr Zweck geht dahin, zu verhüten, daß ein Gläubiger durch Zusage von Sondervorteilen sich bewegen läßt, für den Zwangsvergleich zu stimmen, obschon dieser das gemeinsame Wohl der Beteiligten nicht wahrt. So sichert das Verbot die Gleichheit der Interessen am Zu­ standekommen und Inhalte der Übereinkunft und rechtfertigt damit die Zulassung des Zwanges.

Vgl. RG. v. 7. 11. 1891 Bd. 28 98, v. 26. 9. 1905 Bd. 61 298; Colmar v. 15. 12. 1908 LZ. 1909 S. 571. Die Beteiligten sind sonach zwar objektiv bestimmbar und auch dies vielleicht nur bedingt (§§ 64, 67); zunächst aber besteht eine subjektive Ungewißheit, die dem Vollzüge des Vergleichs Schwierigkeiten bereitet ssiehe § 174 Anm. 3, 5]. Nur infolge rechtswirksamen BerzichtsaufdieForderungselbst hört ein nichtbevorrechtigter Konkurs­ gläubiger auf, am Zwangsvergleiche beteiligt zu sein. Wenn er lediglich auf konkursmäßige Befriedigung verzichtet und dementsprechend die Anmeldung unterläßt oder zurückzieht, sich aber die Forderung vorbehält, gelten die Vorschriften der §§ 181, 193 gleichwohl für ihn. Der Zwangsvergleich regelt ja gerade eine nichtkonkursmäßige Befriedigung. ObLG. v. 30. 3. 1897 SeuffA. 53 Nr. 70; v. Bölderndorff - II S. 569f. Für die Auslegung des Parteiwillens folgt aus der Unabänderlichkeit des Grundsatzes der Gleichbehandlung, daß im Zweifel die mit diesem Grundsatz vereinbare Auslegung, die eine Aufrechterhaltung des Vergleichs ermöglicht, als Willensmeinung der Beteiligten anzusehen ist. So hat das RG. v. 17. 9. 1906 LZ. 1907 S. 283 (insoweit nicht in Bd. 64 83 abgedruckt) zutreffend erkannt: die Abrede, es sollen die Gläubiger „festgestellter" Forderungen 2O°/o erhalten, ist mit Rücksicht auf den § 181 dahin zu verstehen, daß die Vergleichsrechte allen Gläubigern zukommen sollen, deren Forderungen schon beim Bergleichsschlusse festgestellt sind oder später festgestellt werden. Entsprechendes gilt für den Umfang der Haftung eines Vergleichsbürgen (OLG. Colmar v. 1. 3. 1912 LZ. S. 792 s.). Siehe auch Hüppner ZZP. 11 S. 88. Das Gebot der gleichmäßigen Berücksichtigung (Satz 1) besteht zwar nicht im öffentlichen Anm. 2. Interesse (arg. Satz 2), aber immerhin im allgemeinen Interesse aller nichtbevorrechtigten Konkursgläubiger, auch der unbekannten. Darum muß es im Bestätigungsverfahren von Amts wegen berücksichtigt werden. Hier hat der Konkursrichter nachzuprüfen, ob der Vertrag allen Beteiligten „gleiche Rechte" gewährt. Daß die Rechte aller Be­ teiligten „einheitlich" bestimmt werden müßten, fordert das Gesetz nicht unbedingt. Es verlangt sachliche Gleichbehandlung. Eine solche kann z. B. auch dann vorliegen, wenn für Forderungen verschiedener Höhe ein verschiedener Prozentsatz versprochen, aber das Minus der Prozente durch kürzere Zahlungsfristen vollkommen ausgeglichen wird. Enthält aber die dem Konkursgericht unterbreitete Übereinkunft eine der Sache nach ungleiche Behandlung, so muß das Gericht von Amts wegen den Vergleich verwerfen (§ 186 Nr. 1), es sei denn, daß eine ursprüngliche oder nachträgliche Zustimmung der Zurückgesetzten das Hindernis beseitigt sAnm. 3]. Eine dem Gericht nicht erkennbare, in dem Zwangsvergleich selbst nicht aufgenommene Verletzung des § 181 kann im Wege des § 188 Nr. 1 zur Berücksichtigung gebracht werden. Gelingt es, durch Verdeckung der Sonderbegünstigung eine rechtskräftige Bestätigung des Vergleichs zu erzielen (§ 189), so äußert er infolge der Rechtskraft die im § 193 bezeichnete Wirkung. Nur das Begünstigungsabkommen selbst ist nach Satz 3 nichtig 21*

328

§181.

Zwangsvergleich (Gebot der gleichmäßigen Befriedigung).

fAnm. 4, 7], Auch kann der Bergleichserlaß im Falle des Betrugs nach § 196 angefochten werden. Über das Verhältnis des § 186 Nr. 1 zum § 188 Nr. 1 siehe § 188 Anm. 4. —

Der Grundsatz des § 181 verbietet eine ungleichartige Bestimmung der Vergleichsrechte; Nachteile, die einzelnen Gläubigern aus verspäteter Rechtsverfolgung erwachsen, will und kann er nicht verhüten. Das bestätigt die im § 194 anerkannte Vollstreckbarkeit. Die Möglichkeit, daß es einem Nachzügler vielleicht erst dann gelingen wird, die Feststellung seines Anspruchs zu erwirken, wenn das Schuldner­ vermögen durch Befriedigung der Konkurrenten erschöpft ist, bedeutet sonach keinen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung. Im Inhalte des Vergleichs ist diese Gefahr nicht begründet. Ebendarum scheitert auch die Zulässigkeit einer inhaltlich gleichmäßigen Be­ fristung der Bergleichsschulden keineswegs an dem Umstande, daß die Gläubiger bestrittener Ansprüche nicht mehr in der Lage sein werden, deren Anerkennung vor Fristablauf zu erzielen. Auch zu ihren Gunsten löst der Fristablauf nach allgemeinen Regeln die Verzugsfolgen au(§§ 284 ff. BGB.). Wohl aber läge eine dem § 181 widerstreitende Ungleichheit in der Be­ stimmung der Vergleichsrechte vor, wenn für bereits festgestellte Forderungen ein früherer Verfalltag gelten sollte als für andere. Denn zugunsten der letzteren könnten alsdgnn die Berzugsfolgen vor dem späteren Fälligkeitstermin überhaupt nicht eintreten. Auch wäre eS unzulässig zu bedingen, daß nur den binnen bestimmter Frist festgestellten Forderungen die Vergleichsvorteile zukommen sollten. Hüppner ZZP. 11 S. 88 ff. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Frage zu entscheiden, ob nur eine relative oder auch eine, absolute Begrenzung der Haftung des Bergleichsbürgen statthaft sei. Bei Pfandsicherheiten liegt stets eine HaftungShöchstgrenze im Pfandwerte [§ 174 Anm. 5]. Bei der Bürgschaft bedeutet die Festsetzung einer Haftungshöchstsumme eine Erleichterung deS Risikos, die Verbürgungen fördert und darum dem allgemeinen Interesse der Gläubiger dient. Sie enthält aber auch nicht notwendig einen Verstoß gegen den § 181. Wenn z. B. der Bürge für die vom Schuldner versprochenen 400/0 bis zur Höhe von 100000 Mk. einzustehen hat, liegt eine inhaltliche Ungleichartigkeit der Gläubigerrechte nicht vor. Beim Schuldner selbst allerdings wäre die absolute Haftungsbegrenzung unstatthaft, allein nicht als ungleichartige Bestimmung der Bergleichsvorteile, sondern mangels ausreichender Begrenzung der Gläubigerrechte [§ 174 Anm. 1]. Dieses Hindernis steht nicht im Wege, wenn sich der Schuldner nur relativ, der Bergleichsbürge aber absolut begrenzt verpflichtet (gegen Hüppner S. 91 f.). Unstreitig braucht die relative Begrenzung der Bürgen­ haftung nicht auf der gleichen Höhe zu stehen wie die Schuldnerhaftung. Der Schuldner kann gestundete Bollzahlung, der Bürge Zahlung von 3O°/o, der Schuldner kann 40°/o, der Bürge 20% versprechen. II. Bewilligte Ausnahmen.

«mn. 3.

Mit ausdrücklicher Einwilligung der zurückgesetzten Gläubiger ist eine

ungleiche Bestimmung der Bergleichsrechte zulässig (Satz 2). Nach den Motiven II S. 407, denen die gemeine Lehre folgt, verlangt Satz 2 nicht gerade, daß die Ein­ willigung mündlich in der gerichtlichen Vergleichsverhandlung ausgesprochen werde; es soll auch eine vorzulegende schriftliche Erklärung genügen, ebenso wie ein über die bevorzugte Behandlung der Einen getroffenes Nebenabkommen durch ausdrückliche Zustimmung der Anderen in der gerichtlichen Verhandlung genehmigt werden könne; solche Nebenabkommen feien Bestandteile des gerichtlichen Vergleichs. Allein gerade weil sie das sind, die Bergleichsschließung aber ein in den Termin verwiesenes Prozeßgeschäft bildet [§ 179 Anm. 2], wird die „ausdrückliche Erklärung", die unser Satz 2 verlangt, von den Gläubigern oder ihren Vertretern im Bergleichstermine selbst abgegeben werden müssen. Frühere Zusicherungen haben nur Ankündigungskraft. Doch kann die Bergleichsschließung auch unter der vor der Bestätigung zu erfüllenden Bedingung nachträglicher Zustimmung in einer von den Ver­ tragsparteien verlangten Form und Frist erfolgen ssiehe § 190 Anm. 6]. Nur mit Ein­ willigung der sämtlichen zurückgesetzten Gläubiger — mögen sie ihre Forderungen an­

gemeldet haben oder nicht — ist eine ungleichmäßige Berücksichtigung statthaft. Daraus folgt, daß den unbekannten Gläubigern stets die Rechte der Meistbegünstigten eingeräumt

Zwangsvergleich (Gebot der gleichmäßigen Befriedigung).

329

werden müssen. Unter dieser Voraussetzung darf sich das Gericht mit der Einwilligung der § 181. ihm bekannten Zurückgesetzten begnügen. So namentlich dann, wenn das Sonderabkommen nicht als Bevorzugung, sondern als Zurücksetzung eines einzelnen Gläubigers gefaßt ist, etwa des Hauptgläubigers, der durch ein solches Zugeständnis (längere Befristung, geringere Prozente) das Zustandekommen des Vergleichs ermöglicht. So aber auch dann, wenn nur einzelne Forderungen nach Inhalt des Vergleichs voll bezahlt werden sollen. Alsdann müßte die gleiche Vergünstigung allen nicht ausdrücklich in die Zurücksetzung willigenden Gläubigern eingeräumt werden. Daß die Bollzahlung nur einigen „kleinen" Gläubigern zugesichert werden soll, rettet die Sonderabrede nicht. Wie wäre die Grenze zu ziehen? Fordert die Billigkeit bei einzelnen im Verhältnis zur Gesamtschuldenlast bedeutungslosen Posten Boll­ berichtigung, so mag diese vor dem Vergleich oder doch unabhängig von einem Sonder­ versprechen geschehen. Anscheinend abw. OLG. Hamburg v. 2. 5. 1910 DIZ. 15 S. 1416 (in dieser Knappheit unklar).

IIL

Verbotswidrige Sonderbegünftigung.

Jedes Abkommen, das ohne ausdrückliche Einwilligung der Zurück-Anm.4. gesetzten die Bevorzugung eines einzelnen oder einzelner Gläubiger anstrebt, ist nichtig (Satz 3; Strafbarkeit: §§ 241, 243). Der Satz 3 enthält ein Verbots­ gesetz: er verbietet jedes nicht bewilligte Sonderabkommen und knüpft an die Zuwider­ handlung die Nichtigkeit des Abkommens (vgl. RG. v. 4. 10. 1909 Bd. 72 48). So stellt die Vorschrift sich im Rahmen des heutigen bürgerlichen Rechts als eine auf das Abkommen selbst beschränkte Anwendung des § 134 BGB. dar. Die Nichtigkeit ist wie dort eine ur­ sprüngliche und absolute. Sie kann ohne weiteres von jedermann und in jeder Form geltend gemacht werden. Sie besteht keineswegs, was ausdrücklich gesagt sein müßte, nur „gegenüber" den Zurückgesetzten. Namentlich darf auch der Schuldner selbst, der aus dem verbotswidrigen Sonderabkommen in Anspruch genommen wird, die Nichtigkeit anrufen. Sie kann also auch nicht etwa durch einen nachträglichen Verzicht der Zurückgesetzten geheilt werden (abw. RG. v. 7. 11. 1891 Bd. 28 99). Unser Satz 2 ergibt nur, daß der Emtritt der Nichtigkeit verhütet wird, wenn die Zurückgesetzten von vornherein oder in Erfüllung einer Bergleichsbedingung ihre Einwilligung erklären ^Anm. 3]. Ein beim Zustandekommen des Vergleichs gar nicht aufgedecktes Sonderabkommen dagegen erstarkt nicht bei nachträglicher Zustimmung der Zurückgesetzten. Es ist endgültig wirkungslos. Nichtig sind sowohl die Versprechungen des Schuldners als diejenigen dritter Personen, die zur Förderung des Zwangsvergleichs, wenn auch ohne Wissen des Schuldners, sich verpflichten. So die zu diesem Zweck abgegebene Erklärung eines Dritten, als Selbstschuldner für die Vollzahlung einer Konkursforderung zu bürgen (vgl. RG. v. 13. 3. 1907 BayZ. 3 S. 236, v. 17. 5.1909 WarnE. 2 S. 445). Sonderverträge, durch die ein Gläubiger ungün stig ere Bedingungen annimmt, als sie der Vergleich bietet, sind statthaft. So die heimliche Zusicherung des Gläubigers, daß er länger stunden oder sich mit geringeren Prozenten begnügen werde. Un­ statthaft ist nur die günstigere Sonderbehandlung. Es muß also jedenfalls einem Gläubiger objektiv mehr als den übrigen zugestanden sein (höhere Befriedigung dem Kapital oder auch nur den Zinsen nach, ein Pfand, eine Bürgschaft, frühere Zahlung usw.). Daß er für den Sondervorteil eine Gegenleistung verspricht (z. B. eine Kreditzusage bewilligt), wendet die Folge des § 181 Satz 3 nicht ab (RG. aaO.). Eine objektive Begünstigung genügt aber nicht. Vielmehr bringen die Worte „bevorzugt werden sollen" deutlich zum Ausdruck, daß die Begünstigung den Beteiligten bewußt, ja daß sie von ihrem Willen getragen sein muß. Vgl. RG. v. 25. 2. 1898 Bd. 41 42 mit Lit., v. 1. 10. 1908 LZ. S. 943, v. 4. 10. 1909 Bd. 72 47; Marienwerder v. 12. 2. 1904 OLG. 10 S. 213; Colmar v. 15. 12. 1908 LZ. 1909 S. 571. Ob die Sonderabrede das Zustandekommen des Vergleichs gefördert hat oder nicht, gilt gleich. Sie ist nichtig, auch wenn die Stimme des bevorzugten Gläubigers

unwesentlich war, auch wenn er gegen den Vergleich gestimmt oder die Abstimmung unter­ lassen hat: das Begünstigungsverbot hat insofern selbständige Bedeutung, als es Schutz gegen die bloße Möglichkeit einer Benachteiligung der Gläubiger durch geheime Abmachungen

330

§181.

Amn. 5.

«nm. 6.

Zwangsvergleich (Gebot der gleichmäßigen Befriedigung).

bieten soll. RG. v. 7. 11. 1891 Bd. 28 100, v. 25. 3. 1897 Bd. 39 22. Ja selbst der Umstand, daß das Abkommen auch für den Fall einer Konkursbeendigung ohne Zwangs­ vergleich geschlossen worden ist, steht beim Zustandekommen eines Zwangsvergleichs dem § 181 Satz 3 nicht entgegen. Es genügt die eventuelle Beziehung zum Zwangsvergleich. Nur ein Abkommen, das lediglich für den Fall anderweiter Konkursbeendigung geschlossen ist, bleibt vom § 181 unberührt. Vgl. RG. Bd. 28 99, v. 18. 2. 1909 LZ. S. 391, v. 20. 1. 1912 Bd. 78 184f ; abw. RG. v. 29. 10. 1892 Bd. 30 24. Jedenfalls aber muß der Konkurs durch einen Zwangsvergleich erledigt werden, wenn gerade die Vorschriften des § 181 Anwendung finden sollen. Denn sie enthalten — auch im Satz 3 — Schutzmaßregeln [Sinnt. 1], deren Voraussetzung für keine andere Art der Konkursbeendigung zutrifft (ab w. RG. 30 24, 78 185). Daß ein als Bestandteil eines gescheiterten Vergleichs getroffenes Sonderabkommen aus dem Grunde des § 139 BGB. hinfällig sein wird, ist eine Sache für sich. Kommt es zum Bergleichsabschlusse, so kann — wie RG. v. 7. 1. 1899 GruchotsBeitr. 43 S. 1196 mit Recht annimmt — ein Begünstigungsvertrag auch dann der Nichtigkeit verfallen, wenn er schon vor Konkursbeginn geschlossen wurde: entscheidend ist allein, daß die Ver­ einbarung nach der Absicht der Parteien für den Fall des Konkurses und seiner Be­ endigung durch Zwangsvergleich getroffen worden ist. So auch Kohler Leitfaden S. 287; abw. Wolff Sinnt. 4. Andrerseits wird ein erst nach Bestätigung des Zwangs­ vergleichs, wenn auch noch vor Eintritt der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses ver­ einbartes Sonderabkommen vom § 181 nicht mehr berührt, wenn es nicht etwa in ursächlichem Zusammenhang mit einer verbotswidrigen Abrede steht. So z. B. ein in diesem Sinne selbständiges Vollzahlungsversprechen, das der Schuldner später nur deshalb abgibt, um einen Hauptlieferanten zur Wiederaufnahme der Geschäftsverbindung zu bewegen. Denn nun besteht die Gefahr eigennütziger Vergleichsbeeinflussung nicht mehr, der das Verbot des § 181 vorbeugen soll [Sinnt. 1]. Dagegen würde der Schutzzweck der Vorschrift zutreffen und darum Nichtigkeit vorliegen, wenn das nachträgliche Abkommen bloß die Verwirklichung einer schon vor der Abstimmung in Aussicht gestellten Sonderbegünstigung oder die Bestätigung oder Ersetzung eines verbotswidrigen Versprechens darstellte. So auch dann, wenn unterdessen ein seiner Zeit angebotener Gegenvorteil gewährt worden ist. Vgl. RG. v. 22. 1. 1904 Holdheims MSch. 13 S. 128 ff., v. 26. 9. 1905 Bd. 61 297, v. 6. 2. 1908 LZ. S. 608; OLG. Dresden v. 30. 1. 1902 SächsA. 12 S. 752 f.; Förster-Eccius Preuß. Privatrecht I § 120 N. 5; siehe auch unten § 193 Sinnt. 5. Ansprüche auf Grund eines selbständigen Nachzahlungsversprechens können daher, wenn der Schuldner abermals in Konkurs verfällt, zum vollen Betrag angemeldet werden. Seinetribunal v. 16. 7. 1889 bei Pelletier I S. 687 Nr. 82. Eine Begünstigungsabrede, die den Zwangsvergleich „vorbereiten" soll, unterliegt gerade als solche dem Verbote des § 181 (vgl. OLG. Königsberg v. 16. 3. 1907 mit RG.

v. 12. 3. 1909 LZ. 1909 S. 571 ff.). Daß ein Bevorzugungsabkommen nur dann nichtig wäre, wenn über das dereinstige Leistungsvermögen des die Bevorzugung zusichernden Schuldners oder dritten Begünstigers Gewißheit besteht, deutet das Gesetz mit keiner Silbe an. Darum ist auch ein zwecks Ermöglichung des Zwangsvergleichs getroffenes Abkommen nichtig, in dem einem Gläubiger gegen Zurücknahme der Anmeldung dereinstige Bollbefriedigung für den Fall versprochen wird, daß der Schuldner wieder in günstigere Bermögensverhältnisse gelangen, daß er „durch Erbschaft, Glücksfall oder anderen Erwerb leistungsfähig werde". Oberster Gerichtshof Wien v. 3. 3. 1875 i. d. Sammlung (Glaset-Unger-Walther) 5649, ObLG. v. 30. 3. 1897 SeuffA. 53 Nr. 70; abw. RG. v. 5. 1. 1889 ebenda 44 Nr. 298. Häufig wird die Bevorzugung dadurch verschleiert, daß eine Konkursforderung zur Ermöglichung des Zwangsvergleichs von Dritten, namentlich von Angehörigen des Schuldners um einen die voraussichtliche Vergleichsrate übersteigenden Betrag gekauft wird. Der Zessionar stimmt für den Vergleich und trägt den Verlust, der bisherige Gläubiger aber ist bevorzugt und soll es sein. Derartige Umgehungen des Gesetzes sind nicht minder unwirksam als direkte Zuwiderhandlungen. So die herrschende Lehre und die deutsche Rechtsprechung, nam. Obertribunal v. 18. 12. 1862 Striethorsts Archiv 46 S. 357; RG. Bd. 30 23 (vgl.

Zwangsvergleich (Gebot der gleichmäßigen Befriedigung).

331

61 299); Marienwerder v. 12. 2. 1904 OLG- 10 S. 212; Kohler Lehrbuch S. 486 mit § 181. französischer Judikatur; abw. Wolff Anm. 4 und obst. Gerichtshof Wien v. 18. 11. 1891 aaO- 13988. Nichtig ist auch das gegen Verbürgung eines Gläubigers für die Bergleichsrate abgegebene Versprechen des Schuldners, diesem Gläubiger alle Aktiven zu übertragen, damit er sich daraus für die Bürgschaft und für die Restprozente seiner Forderung schadlos halte (OLG. Dresden v. 21. 9. 1903 SächsA. 14 S. 580). Desgleichen das Versprechen der Zahlung eines „Vermittelungshonorars" an einen Gläubiger (obst. Gerichtshof Wien v. 28. 5. 1879 aaO. 7490). Eine besonders beliebte Form verdeckter Sonderbegünstigung bildet die zur Erzielung des Vergleichs vom Schuldner versprochene Akzeptierung eines Wechsels für die Nestschuld (RG. v. 8. 7. 1893 IW. S. 427 f. Nr. 16, v. 4. 10. 1909 Bd. 72 46). Stets muß das Abkommen, wenn Satz 3 platzgreifen soll, auf die Sonderbegünstigung eines nichtbevorrechtigten Konkursgläubigers gerichtet sein. Im Falle des Forderungsaufkaufs kann jedoch der bisherige Konkursgläubiger nicht geltend machen, er sei zur Zeit der Schließung des Vergleichs nicht mehr Gläubiger des Gemeinschuldners gewesen; denn das bleibt er, weil das Abkommen im ganzen (Kaufvertrag und Abtretung) nach Satz 3 nichtig st. Wegen der Sonderabrede zugunsten eines durch Konkursbeteiligung des Hauptgläubigers verdrängten Bürgen siehe § 67 Anm. 6 a. E. Der Nichtigkeit verfällt das Bevorzugungsabkommen als solches, nicht der Zwangs-Anm ?. vergleich selbst. RG. v. 14. 4. 1893 IW. S. 269s. Nr. 16; Kohler Lehrbuch S. 486. Wenn aso z. B. der Schuldner im Zwangsvergleich 4O°/o, einem heimlich begünstigten Gläubiger aber Bollzahlung versprochen hat, verkürzt der rechtskräftig bestätigte Zwangs­ vergleich auch die Forderung des letzteren auf 4O°/o. Die Nichtigkeit kann auch der Schuldner selbst geltend machen fAnm. 4]. Sie trifft nur das Begünstigungsabkommen, aber dieses in seiner Gesamtheit ssiehe Anm. 6J. Mit dem Sonderversprechen entbehrt eine — vor oder nach Konkursbeendigung — zur Sicherung des Versprechens geleistete Bürgschaft der Wirk­ samkeit (§ 765 BGB.). Vgl. obst. Gerichtshof Wien v. 19. 5. 1886 aaO. 11040. Bildet das Sonderabkommen nur den Teil eines anderen Rechtsgeschäfts, so erstreckt sich die Nichtig­ keit nach § 139 BGB. im Zweifel auf das ganze Geschäft. Darum wird z. B. der ganze Darlehnsvertrag nichtig, wenn der Schuldner, um die zur Vergleichserfüllung erforderlichen Mittel zu beschaffen, bei einem Konkursgläubiger gegen Zusicherung bevorzugter Befriedigung ein Darlehen aufnimmt. Petersen-Kleinfeller Anm. 6; abw. Wolff aaO.

Leistungen zum Zwecke der Erfüllung oder Sicherung des nichtigen Ab-Anm. 8. kommens erfolgen „ohne rechtlichen Grund" (§ 812 BGB.). Sie entsprechen weder einer sittlichen Pflicht noch Anstandsrücksichten (§ 814 Fall 2 BGB ). Gleichwohl ist die Rückforderung der zur Erfüllung oder Sicherung des Abkommens hingegebenen Vermögens­ werte nicht bloß im Falle einer trotz Kenntnis des Nichtverpflichtetseins bewirkten Leistung (8 814 Fall 1 BGB.), sondern nach der allgemeinen Regel des § 817 Satz 2 BGB. ausgeschlossen, weil die Hingabe das Gewähren eines gesetzlich verbotenen Vorteils bildet. Ausschlaggebend ist, daß der unmittelbare Zweck des Abkommens — die Sonderbegünstigung — vom Gesetze verworfen wird. Gegen dieses gesetzliche Verbot verstößt nicht bloß die Annahme, sondern auch die Hingabe der Leistung. Daß der Übertreter das Verbot als solches gekannt hat, setzt der § 817 BGB. nicht voraus. Es genügt, daß er um den verbotswidrigen Zweck wußte. Die Erlaubtheit des weiteren von den Parteien erstrebten Erfolgs — des Vergleichsabschlusses — rettet das gesetzwidrige Sonderabkommen nicht. RG. v. 9. 12. 1889 IW. 1890 S. 12 f. Nr. 10 und 13, v. 4. 10. 1909 Bd. 72 48f., v. 28. 6. 1910 LZ. S. 784; abw. Dresden v. 30. 1. 1902 aaO. u. teilweise Seuffert S. 423. IV. Sonderbegünstigung bei freiwilligen Vergleichen.

Das Gebot einheitlicher Besriedigung versteht sich für außerkonkursmäßige,Anm. 9. besonders für die zur Abwendung drohender Konkurse geschlossenen Vergleiche keineswegs von selbst, weil hier im allgemeinen ein Mehrheitszwang nicht stattfindet ^Ausnahmen: Anm. 10] und darum der Zweck des Verbots einer Sonder­ begünstigung nicht zutrifft fAnm. 1]. Das gilt keineswegs nur bei Einzelverträgen mit den

332

§181.

Zwangsvergleich (Gebot der gleichmäßigen Befriedigung).

Gläubigern, sondern auch im Regelfälle des einheitlichen Arrangements. Weder für den einen noch für den andern Fall besteht eine allgemeine sittliche Pflicht des Schuldners, nicht einem Gläubiger mehr zu versprechen als anderen, oder des einzelnen Gläubigers, sich nicht mehr versprechen zu lassen, als anderen versprochen wird. Darum erfüllt die Begünstigungs­ abrede nicht schon als solche den Tatbestand der §§ 138, 817 BGB. Ebensowenig den einer unerlaubten Handlung (§§ 823, 826 BGB ). Es läßt sich auch nicht behaupten, daß bei allen freiwilligen Konkursabwendungsvergleichen die Gleichbehandlung der Gläubiger eine selbstverständliche Voraussetzung des Nachgebens (des Erlasses, der Stundung) bildete. In diesem Sinne ständig das Reichsgericht, so v. 9. 11. 1881 Bd. 6 228, v. 21. 11. 1885 IW. 1886 S. 21 Nr. 45, v. 8. 2.1887 GruchotsBeitr. 31 S. 1131, v. 27. 6.1894 ebenda 38 S. 879, v. 27. 11. 1905 ebenda 50 S. 902; ferner OLG. Hamburg v. 14. 7.1904 SeuffA. 60 Nr. 31, OLG. Braunschweig v. 13.10.1905 DIZ. 11 S. 211, OLG. Karlsruhe v. 9.7.1906 PucheltsZ. 38 S. 429 (mit einer Einschränkung für den Fall, daß die Sonderbegünstigung die für die Befriedigung der Konkurrenten in Betracht kommenden Mittel in Anspruch nehme), Stuttgart v. 13. 10. 1908 u. München v. 15. 5. 1909 OLG. 20 S. 52, 53, KG. v. 3. 11. 1911 DIZ. 17 S. 405; Düringer-Hachenburg HGB-II S. 75ff., Gareis LZ. 1912 S. 644ff.; abw. v. Mayr Bereicherungsanspruch (1903) S. 564 und für den Fall, daß ein begünstigter Gläubiger sich für gleichbehandelt ausgebe, Marcus DIZ. 9 S. 307 (alsdann dürfe auch der Schuldner Nichtigkeit auf Grund des § 138 BGB. einwenden), vgl. auch Strauß HessRechtspr. 6 S. 118ff. Die besonderen Umstände des Einzelfalls können indessen einer verheimlichten Begünstigungsabrede in verschiedenem Sinne Bedeutung beilegen. So ist es denkbar, daß die getäuschten Gläubiger (jeder für seine Person) Erlaß oder Stundung wegen arglistiger Täuschung an fechten können (§ 123 BGB.), sowie daß der Schuldner — als Teilnehmer am Betrug vielleicht der begünstigte Gläubiger — aus un­ erlaubter Handlung schadensersatzpflichtig wird (§§ 823, 826, 830, 840 BGB.), während der Schuldner selbst dem Begünstigten haftbar bleibt. Eine Begünstigung, die erst nach dem Zustandekommen des Vergleichs und unabhängig von einer zur Bergleichsermög­ lichung übernommenen Verbindlichkeit verabredet wird, berechtigt freilich die nichtbegünstigten Gläubiger zu einer solchen Anfechtung wegen Täuschung nicht mehr. Das aber ist recht gut denkbar, daß die Anfechtbarkeit auf einer Täuschung beruht, die sich erst vollendet, nachdem der Getäuschte seinen Beitritt erklärt hat. Wichtiger noch ist die Möglichkeit, daß die Gläubiger Erlaß oder Stundung nur unter der ausdrücklichen oder stillschweigenden Bedingung gleichmäßiger Behandlung aller Konkurrenten bewilligen. Treu und Glauben rechtfertigen die Erwartung der Gleichbehandlung durch einen Schuldner, der in üblichem Rundschreiben oder durch mündliche Versicherung bei der Bergleichsverhandlung die gleich­ mäßige Befriedigung aller seiner Gläubiger zur Grundlage seines Bergleichsanerbietens macht (vgl. OLG. Hamburg v. 25. 1. 1887 SeuffA. 42 Nr. 199; Gareis aaO. S. 646, Düringer-Hachenburg aaO. S. 77). Wer solchenfalls im Vertrauen auf die Gleichbehandlung Erlaß oder Stundung bewilligt, dessen Zugeständnis erfolgt nickt vorbehaltlos. Vielmehr muß nach § 157 BGB. angenommen werden, daß hier der Gläubiger für seine Person zum Rücktritt vom Erlaß oder der Stundung berechtigt sein soll, falls die durch die Umstände gerechtfertigte Erwartung der Gleichbehandlung sich nicht bewahrheitet. Ein derartig bedingtes Rücktrittsrecht wird in zahlreichen Fällen anzunehmen sein (vgl. OLG. Dresden v. 7.12.1906 LZ. 1907 S. 151 ff.). Dringend zu empfehlen wäre allerdings die ausdrückliche Setzung einer solchen Bedingung und zwar in widerspruchsfreier Weise (vgl. OLG. Karlsruhe v. 12. 3.1907 ebenda S. 763). Gleiches gilt für die beim Teilnachlaß von unbestrittenen Ansprüchen besonders naheliegende Bedingung, daß der Erlaß hinfällig werden soll, wenn der Schuldner die Bergleichspflichten nicht erfüllt (vgl. Dresden aaO.). Ebenso für den Fall, daß die Parteien den Erlaß nur unter der Bedingung wollen, daß es gelingt, durch ihn den Konkurs abzuwenden. Ein so bedingter Erlaß fällt bei Konkurseröffnung nach § 158 II BGB. von selbst in sich zusammen (vgl. RG. v. 21. 3. 1901 IW. S. 312 Nr. 21). Die Erwartung, daß auch jede Begünstigung unterbleibe, die ein Dritter (ein Freund oder Angehöriger des Schuldners) endgültig und ausschließlich auf seine Kosten leistet, wird durch die Zu-

Zwangsvergleich (Abstimmung).

333

sicherung deS Schuldners, daß er seine Gläubiger gleich behandeln werde, keineswegs gerecht-H181. fertigt. Das gilt selbst dann, wenn eine solche Begünstigung heimlich und zum Zwecke der Ermöglichung des Vergleichs erfolgt (vgl. Hamburg v. 25. 1. 1887 aaO., Gareis S. 648). Auch-eine Sittenwidrigkeit liegt hier nicht vor (OLG. Jena v. 10.11.1910 ThürBl. 58S. 251). Der freiwillige Konkursabwendungserlaß läßt wie der Zwangsvergleich eine unvollkommene Verbindlichkeit auf Nachzahlung fortbestehen (Hamburg v. 14. 7. 1904 aaO.), die dem Boll­ zahlungsversprechen eines Bürgen zur Unterlage zu dienen vermag. Siehe § 193 Anm. 5. Andrerseits gilt das Gebot einheitlicher Befriedigung für den durch Mehrheitsbeschluß Anm.io. erzwingbaren Konkursabwendungsvertrag nach § 12 I SchBG. und § 53 des preuß. Bahn­ einheitsgesetzes, da hier die Voraussetzungen des § 181 KO. zutreffen [§ 173 Anm. 16]. V. Ausländischer Zwangsvergleich: Anm. 12.

Zusatz. Fremde Rechte. Die Nichtigkeit der zur Begünstigung einzelner Gläubiger ge-Bnm.ii. schlossenen Sonderverträge des Schuldners ist auch im ausländischen Recht anerkannt. So z. B. in Frankreich (a. 597, 598), Belgien (a. 575, 579), Dänemark (§ 115), Österreich (§§ 222 II, 223, 226; Pollak S. 405 ff., Rintelen S. 339 f., Frankl Revision S. 121 f.), Portugal (a. 291) und der Schweiz (a. 314, 317). Doch ist nach französischem (a. 598 II) und belgischem Recht Sa. 579 Schlußsatz) eine condictio sine causa auf Rückforderung der zur Erfüllung.des verwtenen Abkommens geleisteten Vermögenswerte durch positive Vorschrift zugelassen. Über den Ausnahmecharakter dieser Bestimmung treffend Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 968. Mitunter geht der begünstigte Gläubiger seiner Ansprüche zugunsten der Masse verlustig. So noch das brasilianische G. von 1890 (a. 54), während das G. v. 1908 (vgl. a. 105 § 3 mit a. 118 Nr. 1) diese Strafe beseitigt. Dagegen hat das neue portugiesische G. (a 291) bestimmt, daß der Be­ günstigte den Zurückgesetzten den doppelten Wert des Sondervorteils zahlen müsse. Nicht überall, wo Sonderbegünstigungen mißbilligt werden, wird auch das Sonderversprechen Anm.12. eines Dritten mit Nichtigkeit bedroht. So sind zwar in Österreich z. B., da das Gesetz nicht unterscheidet, woher der Vorteil stammt, auch die zur Förderung des Zwangsvergleiches erfolgenden Begünstigungen von dritter Seite unwirksam (Rintelen S. 339 f. mit Rechtspr.), nicht dagegen z. B. in der Schweiz (C. Jaeger3 a. 314 Anm. 1). Soweit das Auslandsgesetz die Begünstigungs­ abrede nicht reprobiert, läßt sich auch keineswegs sagen, daß das im Auslandskonkurse zugunsten eines deutschen Gläubigers geschlossene Sonderabkommen schon als solches wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder nach dem Zweck unseres § 181 nichtig wäre (RG. v. 12. 10. 1900 IW. S. 794 s. Nr. 27). Ebensowenig gilt dies vom ausländischen Konkurs­ abwendungsvergleich (siehe München v. 15. 5. 1909 OLG. 20 S. 53 f.).

8 is*. Zur Annahme des Vergleichs ist erforderlich, daß

die Mehrzahl der in dem Termine anwesenden stimmberechtigten Gläubiger dem Vergleiche ausdrücklich zustimmt, und 2. die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Gläubiger

wenigstens drei Vierteile der Gesamtsumme aller zum Stimmen berechtigenden Forderungen beträgt. Wird nur eine der Mehrheiten erreicht, so kann der Gemeinschuldner bis zum Schlüsse des Termins die einmalige Wiederholung der Abstimmung in

einem neuen Termine verlangen. und im Termine zu verkünden.

Das Gericht hat denselben zu bestimmen

Unveränderter § 169 alter Folge; siehe nun aber § 183. Materialien; Motive I Bd. 2 S. 157ff., Motive II S. 414ff., Protokolle S. 111 f., 184, Kommissionsbericht S. 1964, 2037.

Die Abstimmung.

(

Die Abstimmung über den Bergleichsvorschlag des Schuldners (§§ 174—178) findet im ®tn» Bergleichstermine statt (§§ 179, 180). Nur die in diesem Termine abgegebenen Erklärungen Ieituna* bringen (vorbehaltlich der Bestätigung) den Vergleich zustande und bestimmen seinen Inhalt [§ 179

Zwangsvergleich (Abstimmung).

334

§182. Anm.

2; Gang der Verhandlung: ebenda Anm. 4]. Die Prozeßfähigkeit der im Termin aus­ tretenden Beteiligten und die Vertretungsmacht ihrer Vertreter hat das Konkursgericht nach Maßgabe der §§ 56, 80, 8811 ZPO. mit § 72 KO. von Amts wegen zu prüfen ssiehe § 173 Anm. 13]. Unvertreten ausgebliebenen Gläubigern wird, auch wenn sie durch unabwendbare Hindernisse abgehalten waren, keine Wiedereinsetzung gewährt. Den Gegenstand der Abstimmung bildet die Frage der Annahme des im Termin gestellten Schuldnerantrags. Zur Abstimmung im Bergleichstermin ist zwar nicht die Gefamtgläubigerschast, sondern nur die Gesamtheit der nicht­ bevorrechtigten Konkursgläubiger berufen (§ 173). Gleichwohl finden auch auf diese Versammlung die allgemeinen Vorschriften der §§ 94 ff. mit einigen durch den Gegenstand der Beschlußfassung gebotenen Besonderheiten (§§ 182, 183, 230, 236) Anwendung. Die wichtigste Abweichung ver­ ordnet der § 182. Er verlangt — im Gegensatze zum § 94 — nach dem Vorbilde des französischen Rechts sAnm. 9] zur Bergleichsannahme eine doppelte Mehrheit: einmal die einfache Kopfmehrheit der stimmberechtigten und abstimmenden Personen, zugleich aber eine Dreiviertelmehrheit des stimmberechtigten, wenn auch bei der Abstimmung nicht vertretenen Kapitals. Nur wenn beide Mehrheiten erzielt werden, ist die vertragsmäßige Grundlage für die richterliche Bergleichsbestätigung geschaffen (§ 184). Das Erfordernis der Doppel­ mehrheit verhütet eine Vergewaltigung vieler kleiner durch einzelne große Gläubiger und umgekehrt. Muster einer Stimmliste bei Bierhaus-Weizsäcker Formularbuch2 S. 210 f., Senst Konkursrichter» S. 261.

I. Die Kopfmehrheit (Abs. I Nr. 1).

Anm. 1.

Anm. 2.

1. Zunächst muß die einfache Mehrheit der im Termin anwesenden oder ver­ tretenen nichtbevorrechtigten Konkursgläubiger dem Vorschläge zustimmen.

Borrechtsgläubiger im Sinne des § 61 Nr. 1—5 haben nach den §§ 173, 191II, 193, wenn sie nicht etwa auf ihr Vorrecht verzichten, keine Stimme im Bergleichstermin. Die besonderen Vorrechte entziehen die Stimmberechtigung, soweit die beanspruchte Borzugs­ deckung ausreicht [§ 96 Anm. 3, § 139 Anm. 5]. Das Stimmrecht nicht fest gestellter oder mit Absonderungsrechten verbundener Forderungen bemißt sich nach den 88 95, 96. Bei Berechnung der Kopfmehrheit zählen nur die anwesenden oder oertetencn1) Gläubiger und zwar ein Gläubiger mit mehreren Forderungen nur einmal, ein Vertreter mehrerer Gläubiger aber mehrfach. Der letztere kann daher für die einzelnen Vertretenen entgegengesetzte Bota abgeben. Juristische Personen und die als solche parteifähigen Gemeinschaften, namentlich offene Handelsgesellschaften, haben als Gläubiger nur eine Kopfstimme. Verstöße des Vertreters gegen die ihm durch das Jnnenrechtsverhältnis (Auftrag, entgeltliche Geschäftsbesorgung, Gesellschaft usw.) auferlegten Schranken berühren die Wirksamkeit der im Rahmen seiner Bertretungsmacht liegenden Stimmabgabe nicht. Doch kann der Vertreter durch Verletzung seiner Instruktion haftbar werden. Ein und derselbe Anwalt darf im Zwangsvergleichstermine nicht zugleich den Gemeinschuldner und einen (oder mehrere) Konkursgläubiger vertreten, auch nicht, wenn er die Gläubiger­ stimme zugunsten des Zwangsvergleichs abgibt. Denn Schuldner- und Gläubigerintereffen Widerstreiten sich hier: ein dem Schuldner vorteilhafter Vorschlag kann gerade deshalb für die Gläubiger recht unvorteilhaft sein (§§ 28, 31 Nr. 2 RAO.). Vgl. IW. 1889 S. 241; a b w. Friedländer RAO. S. 134 (unter Hinweis aus EGH. v. 4. 5.1892 Bd. 6 S. 174, wo der ganz anders gelagerte Fall des Berteilungsverfahrens der Zwangsvollstreckung in Frage steht). Der Vormund eines Konkursgläubigers bedarf, um namens seines Mündels für den Zwangsvergleich zu stimmen, nach näherer Maßgabe des § 1822 Nr. 12 BGB. vormundschaftsgerichtlicher Erlaubnis sdarüber § 173 Anm. 14]. Durch eigenmächtige Abstimmung kann er sich verantwortlich machen (§ 1833 BGB.). Entsprechendes

x) Eine Vollmacht zur „Vertretung im Konkursverfahren" erstreckt sich arg. §§ 81, 83 ZPO., § 72 KO. im Zweifel auch auf das einen Bestandteil des Konkursverfahrens bildende Zwangsvergleichsverfahren: § 139 Anm. 4; Vertreter der Schuldverschreibungsgläubiger: 8 139 Anm. 5; Bersicherungspfleger: § 139 Anm. 6.

Zwangsvergleich (Abstimmung).

335

gilt für den Pfleger (§ 1915 BGB.). Im Bergleichstermin anwesende oder vertretene § 182. Gläubiger, für die gleichwohl eine Stimme nicht abgegeben wird, bleiben keineswegs (wie in anderen Gläubigerversammlungen) unberücksichtigt, sondern zählen als ablehnend. Denn in Nr. 1 wird verlangt, daß von den „anwesenden" Stimmberechtigten die Mehrzahl dem Vergleich „ausdrücklich zu stimmt". Wer sich der Stimme enthält, gehört zur Gruppe derer, die „nicht mit ja" abstimmen. Die Regel des § 97, derzufolge nur die abgegebenen Stimmen der erschienenen Stimmberechtigten zählen, wird also im besonderen Falle des Bergleichstermins durch eine Ausnahme verdrängt (v. Bölderndorff Anm. 6, Fitting § 47 N. 18; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 1 u. a.). Ergibt sich Personengleichheit, so ist der Nr. 1 nicht genügt („Mehrzahl"). Der § 94 m kann schon deshalb nicht in Frage kommen, weil er nur für den Fall der Summengleichheit gilt. Mehrere im Vergleichstermin anwesende oder vertretene Gesamtgläubiger (§ 428Anm. 3. BGB.) haben zusammen nur eine Kopfstimme und können nur einheitlich für den Vergleich votieren ssiehe § 67 Anm. 8]. Geben sie einander widersprechende Erklärungen ab, dann sind sie zusammen als ablehnend, nicht aber als abwesend zu behandeln sAnm. 2]. Erscheint nur einer, dann steht nach Maßgabe des § 429 III mit § 423 BGB. ihm allein — wenn auch unbeschadet innenrechtlicher Ausgleichung (§ 430 BGB.) — die Ausübung des Stimm­ rechts zu: auch hier ist „der Gläubiger" anwesend. Durch Teilung der Forderung können die Gesamtgläubiger — auch noch während des Konkurses (Anm. 4] — die Möglichkeit getrennter Abstimmung schaffen. Eine Erbenmehrheit kann bei ungeteiltem Nachlasse nur einheitlich für den Vergleich stimmen, weil die Miterben nur gemeinschaftlich über die ererbte Konkursforderung verfügen können (§§ 2033 II, 2040 I BGB.). Sie zählen zusammen für eine Person. Der „Gläubiger" ist anwesend nur, wenn sie sämtlich erschienen oder vertreten sind. Nicht bei allen Gesamthandsverhältnissen liegen die Dinge so. Vielmehr stimmt nach der Regel des § 1443 I (§§ 1519 II, 1549) BGB. der Ehemann oder über­ lebende Ehegatte (§ 14871 BGB.) allein und selbständig auf Grund der zum Gesamtgute gehörenden Konkursforderung für wie gegen den Zwangsvergleich. Im Falle des Pfandrechts an einer Konkursforderung können Konkursgläubiger und Pfand­ gläubiger durch Erlaß oder Stundung und darum auch durch Zwangsvergleich nur gemein­ schaftlich über die Konkursforderung verfügen (arg. §§ 1281 f. BGB.). Sie können deshalb ihr Votum für den Zwangsvergleich nur einheitlich abgeben. Bleibt also auch nur ein Teil unvertreten aus, so fehlt es für diese Konkursforderung an einer Anwesenheit „des Gläubigers" im Termine. Geben die erschienenen oder vertretenen Beteiligten eine widersprechende Erklärung ab, so zählt ihre Stimme zwar sAnm. 2], aber sie zählt als ablehnend, einerlei, wer von beiden sich für den Vergleich erklärt. Der zum Vergleich geneigte Teil muß sich daher vor der Abstimmung entfernen, wenn er verhindern will, daß die Stimme nach Nr. 1 gegen den Vergleich in Ansatz kommt. Siehe oben § 67 Anm. 9; für das frühere Recht Kohler ZZP. 10 S. 199ff. und abw. für das ablehnende Votum Oetker Stellung des Forderungspfandgläubigers im Konkurse des Drittschuldners (1891) S. 13 ff. Zur selbständigen Abstimmung ist der Pfandgläubiger auch dann nicht berechtigt, wenn er zur selbständigen Einziehung befugt d. h. wenn die pfandgesicherte Forderung fällig und, falls sie ursprünglich nicht auf Geldzahlung gerichtet war, in eine Geldforderung übergegangen ist (§ 12821 mit § 1228II BGB ). Zwar verleiht ihm das Einziehungsrecht die Befugnis selbständiger Anmeldung [§ 67 Anm. 9]; allein zufolge § 1282 n darf der Pfandgläubiger auch nach Eintritt der Pfandreife Verfügungen anderer Art als die „Einziehung" nicht vornehmen, es sei denn, daß ihm die verpfändete Forderung — was er verlangen kann — an Zahlungsstatt abgetreten (§ 1282 I Satz 3) oder daß ihm eine weitergehende Berfügungsmacht ausdrücklich eingeräumt worden ist (§ 1284). Erlaß und Stundung fallen nicht unter den Begriff der „Einziehung" (abw. Falkmann GruchotsBeitr. 44 S. 109ff.). Auch in den Fällen des § 1294 BGB., namentlich beim Pfandrecht an Jnhaberschuldverschreibungen und Wechseln, stehen — abgesehen von besonderer Einräumung — dem Pfandgläubiger Verfügungen anderer Art als die Einziehung der Forderung nicht zu. Zur Bergleichsabstimmung bedarf es daher auch hier eines Zusammenwirkens von Konkurs-

336

8182.

Zwangsvergleich (Abstimmung). gläubiger und Pfandgläubiger [§ 96 Anm. 4]. Entsprechendes gilt für den besonderen Fall des Pfändungspfandrechts, nur daß die Einziehungsbefugnis an die weitere Voraussetzung der Überweisung — Pfändung und Überweisung können verbunden werden — geknüpft ist (§ 835 ZPO.). Durch die Überweisung an Zahlungsstatt geht die

gepfändete Forderung auf den Psändungspfandgläubiger über: fortab ist er allein zur Verfügung, besonders im Wege des Vergleichs, befugt (§ 835 II, IH ZPO.). Die Über­

weisung zur Einziehung dagegen ermächtigt den Pfändungspfandgläubiger nur zur Einziehung kraft eigenen Rechtes, nicht zu anderweiter Verfügung. Denn hier bewendet eS bei den Wirkungen des Pfandrechts (§ 1282 BGB.). Das Stimmrecht im Bergleichs­ termine kann darum wie bei der Verpfändung nur einheitlich durch den Konkursgläubiger und den Pfandgläubiger ausgeübt werden. Vgl. auch ObLG. v. 2. 2. 1881, v. 10. 1. 1891, v. 30. 5.1895 Slg. a. F. Bd. 9 S. 340, Bd. 13 S. 277, Bd. 15 S. 662 ff. Vorausgesetzt wird dabei, daß die Konkursforderung selber verpfändet oder gepfändet ist. Eine bloße Verpfändung oder Pfändung „des Anspruchs auf die Konkursdividende" gibt es nicht. Denn dieser „Anspruch" bildet kein selbständiges Recht, sondern nur einen Ausfluß der Forderung, nur eine bestimmte Seite ihrer Wirksamkeit. Im Falle des Nießbrauchs an einer Konkurs­ forderung ist der Nießbraucher, wenn die Forderung nicht auf Zinsen aussteht, nach § 1074 BGB. selbständig zur Anmeldung, Abstimmung in der allgemeinen Gläubiger­ versammlung und Empfangnahme der Dividende befugt; steht die Forderung auf Zinsen aus, so haben Nießbraucher und Konkursgläubiger nach Maßgabe der §§ 1077 ff. BGB. zur Geltendmachung des Kapitals zusammenzuwirken; in beiden Fällen (vgl. § 1074 Satz 3 mit § 1282 II BGB) haben sie nur ein gemeinschaftliches Bergleichsstimmrecht (abw. Biermann BGB? § 1071 Anm. 2 und ihm folgend v. Staudinger-Kober BGB? 8 1071 Anm. 3, die allgemein nur den Gläubiger für stimmberechtigt erklären, aber immerhin zum Zwangsvergleiche die Zustimmung des Nießbrauchers fordern). Einfluß des ehelichen Güter st andes: § 139 Anm. 12.

«nm. 4.

2. Maßgebend ist die Zahl der Gläubiger im Zeitpunkte der Abstimmung, nicht im Zeitpunkte der Konkurseröffnung. Gegen unlautere Schiebungen bieten die §§ 183 Abs. II, 188 Nr. 1 Schutz. Mehrere Teilerwerber einer früher einheitlichen Forderung zählen als mehrere Personen, der Gläubiger aber, in dessen Hand sich verschiedene Forderungen vereinigt haben, nur für eine Person, mögen nun Teilung und Vereinigung vor oder nach Konkursbeginn erfolgt sein. Motive II S. 415. Ein in der Reichstagskommission von 1898 gestellter Antrag, die Teilung von Konkursforderungen während des Verfahrens zu verbieten, fand keine Aufnahme in das Gesetz. Kommissionsbericht S. 1964. Bei Simulations-Verdacht kann das Konkursgericht Ermittelungen von Amts wegen anstellen. Denn auch die Bergleichsverhandlung bildet als Bestandteil des Konkursverfahrens

«nm. 6.

3. Angehörige des Schuldners sind als Konkursgläubiger von der Abstimmung grund­ sätzlich nicht ausgeschlossen. Motive II S. 415. Für den Ehegatten gilt nach neuem Recht eine Beschränkung (§ 183). Auch die Bergleichsgaranten sind als Gläubiger stimmberechtigt. Ebenso nach deutschem Recht der Konkursverwalter als Gläubiger, da er bei der Bergleichsabstimmung weder anstelle des Gemeinschuldners zu handeln noch diesen zu beraten hat, also ein Jnteressenwiderstreit hier nicht eintritt (vgl. auch Lyon-Caen et Renault VII Nr. 576). Fremde Rechte (§ 183 Anm. 10).

ein „Verfahren" im Sinne des § 75.

Fremde Rechte: Anm. 10.

n. Die Summenmehrheit (Abs. I Nr. 2).

«nm. e.

Das durch die Kopfmehrheit (Nr. 1)

vertretene Kapital muß zugleich

mindestens drei Vierteile der Gesamtsumme aller überhaupt stimm­ berechtigten Forderungen ausmachen. Bei dieser Berechnung kommen auch die Forderungen der ohne Vertretung ausgebliebenen oder sich der Abstimmung enthaltenden, aber stimmberechtigten Gläubiger in Ansatz. Für das Stimmrecht gilt das zu Anm. 1 und 5 Bemerkte.

Zwangsvergleich (Abstimmung).

ID. Feststellung des Ergebnisses und wiederholte Abstimmung (Abs. II).

337 § 182.

1. Werden Kopf- und Summenmehrheit erzielt, so ist der Vertrag zustande gekommen undAnm. ?. nur noch der richterlichen Bestätigung bedürftig (§ 184). Wird keine der beiden Mehr­ heiten erzielt, so ist der Bergleichsversuch gescheitert und das Vergleichsverfahren, ohne daß es einer gerichtlichen Entscheidung bedarf, beendet. Ein neuer Vorschlag kann nach § 176 zurückgewiesen werden. Bedingte Annahme: § 184 Anm. 3. Wird endlich eine der beiden Mehrheiten erzielt, so hat der Gemeinschuldner das Recht bis zum Schusse des des Termins zu verlangen, daß die Abstimmung in einem neuen Termine wiederholt werde (Abs. II Satz 1). Darum darf der Konkursrichter den Termin nicht schließen (§ 136 IV ZPO.), ehe er das Abstimmungsergebnis ermittelt und verkündet hat. Der beantragte neue Termin muß durch einen noch im Bergleichstermine zu verkündenden Beschluß anberaumt werden (Abs. II Satz 2). Dabei bedarf es weder einer öffentlichen Bekanntmachung des neuen Termins (arg. § 93 II 2 KO.) noch neuer Ladungen (§ 218 ZPO., § 72 KO.), wie sie im § 179 I für die Anberaumung des ersten Bergleichstermins vorgeschrieben sind. Gegenüber einer Ablehnung des Antrags steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu (§ 73 II). Wird der Termin erst auf Beschwerde anberaumt, so versagt Abs. II Satz 2. Alsdann wird daher der § 179 anzuwenden sein. Das Ergebnis der Abstimmung wird im Sitzungsprotokoll unter Verweisung auf die eine Protokoll­ anlage bildende Stimmliste fest gestellt. Siehe § 179 Anm. 4, § 184 Anm. 2; Fitting S. 436. Die Feststellung selbst ist keine beschwerdefähige Entscheidung. Behauptet ein Beteiligter im Widerspruche zu dieser Feststellung, es seien beide Mehrheiten erreicht, also der Vergleichsvorschlag angenommen worden, so mag er die Bestätigung (§ 184) beantragen. Daraufhin hat das Konkursgericht entweder den Bestätigungsbeschluß zu erlassen oder aber den Antrag durch eine Entscheidung abzuweisen, die zwar nicht ein Berwerfungsbeschluß im Sinne des § 185 (ein solcher setzt den nach Ansicht des Gerichts angenommenen Vergleich voraus), wohl aber nach der allgemeinen Regel des § 73 III sofortiger Beschwerde unterworfen ist. Behauptet der Gemeinschuldner im Gegensatze zur gerichtlichen Feststellung des Abstimmungsergebnisses, es sei wenigstens eine Mehrheit erzielt worden, so mag er daraufhin den Antrag des Abs. II Satz 1 stellen. Die Ablehnung unterliegt wiederum dem § 73 III. Legitimationsnachweis: oben Einl. 2. Für den neuen Termin gelten, namentlich was die Anwesenheit des Schuldners betrifft, Anm. 8. die gleichen Sätze wie für den ersten. Auch nun ist Abgabe im Termine selbst wesentlich für das Wirksamwerden der Parteierklärungen [§ 179 Anm. 2]. Die gesamte Verhandlung muß wiederholt werden. Erklärungen im ersten Termin, auch eine Verbürgung oder eine Bewilligung im Sinne des § 181 Satz 2, wirken nicht als solche auch für den neuen Termin. Die Beteiligten haben freie Hand. Vgl. Motive II S. 416. Früher erschienene Gläubiger können im neuen Termin ausbleiben, früher ausgebliebene mitstimmen. Für das Stimmrecht und für die Berechnung der Gläubigerzahl fAnm. 4] ist die Zeit des neuen Termins maßgebend. Werden im neuen Termine die erforderlichen Mehrheiten nicht beide erreicht, so ist dieser Bergleichsversuch endgültig mißlungen. Eine nochmalige „Wiederholung" der Abstimmung sieht das Gesetz nicht vor. Wohl aber wäre im zweiten Termine eine bedingte Vergleichsannahme ebenso statthaft als im ersten [§ 184 Anm. 3]. Auch schließt nicht einmal das Scheitern des wiederholten Versuchs aus, daß der Schuldner späterhin einen neuen Vorschlag macht, der unbeschadet des § 176, wie ein erster Vorschlag zu behandeln ist, also auch bei inhaltlicher Übereinstimmung mit dem ersten nicht einfach zur „Wiederholung" der Abstimmung führt. Zusatz. Fremde Rechte. Für das Erfordernis einer doppelten Mehrheit war der code de Anm. s. commerce vorbildlich (jetzt a. 507 in der Fassung des Gesetzes v. 4. Mai 1889 a. 15 I mit a. 20: la majorite des tous les creanciers verifies et affirmes ou admis par Provision, representant en outre les deux tiers de la totalite des creances verifiees et affirmees ou admises par Provision; dazu Lyon-Caen et Renault VII Nr. 589 ff ). Darin, daß Einstimmigkeit zum Bergleichsabschlusse nicht erforderlich, aber auch eine einfache Mehrheit nicht genügend ist, stimmen die Konkursgesetze der Hauptsache nach überein. Im übrigen bestehen große Verschiedenheiten. Dem französsichen und deutschen Recht entspricht namentlich das belgische (a. 512), das italienische

338

Zwangsvergleich (Ehegatte als Gläubiger).

§182. (a.

833 I) und das englische (G. v. 1890 s. 3 Nr. 2). Einfache Kopfmehrheit und eine Dreifünftel-Summenmehrheit fordern Spanien (a. 901) und Chile (a. 1463), zwei Dritteile nach Köpfen und zugleich zwei Dritteile des Kapitals die Schweiz (a. 305, 317), zwei Dritteile nach Köpfen und drei Vierteile des Kapitals Holland (a. 145), Österreich (§ 217) und für den Fall, daß der Vergleich 5O°/o bietet, auch Dänemark § 108 (sonst Dreiviertelmehrheit der anwesenden Stimm­ berechtigten), zwei Dritteile nach Köpfen und vier Fünftel des Kapitals Ungarn (§ 212). Das rumänische Konkursgesetz verlangt Dreiviertelmehrheit der endgültig oder vorläufig festgestellten Forderungen (a. 848). Alternativ verlangt Argentinien (a. 1399) zwei Drittel Kopf- mit drei Viertel Summenmehrheit oder drei Viertel Kopf- mit zwei Drittel Summenmehrheit. Alternativ auch Schweden (a. 99), Uruguay (a. 1670), während Norwegen (a. 67) und Brasilien (a. 106) das Erfordernis der Dovpelmehrheit in zwei und drei Graden abstusen je nach der Höhe der Bergleichsrate. Auch das neue portugiesische Recht hat Stufen und eigenartige Mindest­ erfordernisse (a. 286 f.). Die Vereinigten Staaten fordern Kopf- und Summenmehrheit, haben aber eine außerterminliche schriftliche Abstimmung (Magrath bei Borchardt-Kohler S. 51). Vgl. auch Kohler Lehrbuch § 74. Anm.io. Forderungsteilungen sind durch ausdrückliche Vorschriften unschädlich gemacht in Österreich § 217 Nr. 1 (Zeitpunkt der Zahlungseinstellung entscheidet) und Ungarn § 212 Nr. 1 (bei TeilZessionen nur eine Kopfstimme, ohne Rücksicht auf die Zeit der Zession). Dazu Kohler Lehrbuch S. 482 mit Lit. Mitunter ist, wenn bei der ersten Abstimmung nur eine der beiden Mehrheiten erzielt wird, ein neuer Termin zu wiederholter Abstimmung von Amts wegen anzuberaumen. So z. B. in Frankreich (a. 509) und Belgien (a. 515), Österreich (§§ 218 f.) und Ungarn (§ 213). In Italien (a. 835) kann dieser Termin aus Antrag einer erheblichen Anzahl von Gläubigern auch anberaumt werden, wenn keine der beiden Mehrheiten erreicht worden ist.

§ 183. Bei der Berechnung der nach § {82 Abs. { Nr. {, 2 erforderlichen Mehr­ heiten bleibt der Ehegatte des Gemeinschuldners außer Betracht, wenn er dem Vergleiche zugestimmt hat. Das Gleiche gilt von demjenigen, welchem der Ehegatte des Gemein­ schuldners während des Konkursverfahrens oder in dem letzten Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens eine Forderung gegen den Gemeinschuldner abgetreten hat, soweit das Stimmrecht auf der abgetretenen Forderung beruht. Diese Vor­ schrift findet keine Anwendung, wenn der Ehegatte zu der Abtretung durch das Gesetz oder durch einen Vertrag verpflichtet war, welcher früher als ein Jahr vor der Eröffnung des Konkursverfahrens geschloffen wurde. Neueingefügt als § 169a durch die Novelle vom 17. Mai 1898 entsprechend einem Beschlusse der Reichstagskommission. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 157f., Motive II S. 414f., Kommissions­ bericht S. 1964 f., 2037.

Der Ehegatte und deffen Nachmann als Konkursgläubiger. I. Zweck und Berechtigung des § 183. sinnt. 1.

Zur Begründung des § 183 wird im Kommissionsbericht (1894) S. 2037 „auf die Durch­ stechereien und Manipulationen" verwiesen, die ein reicher Ehegatte beim Konkurse des andern Ehegatten, „wenn Gütertrennung da ist, zu machen imstande sei". Der § 183 „bezwecke eine Säuberung der Gläubiger" und erscheine auch deshalb notwendig, „weil der reiche Ehegatte sich sehr leicht in den Besitz des größten Teiles der Forderungen setzen und die kleineren Gläubiger durch Zusagen zugunsten des Akkords umstimmen könne, so daß eine Schädigung der nicht zustimmenden Gläubiger sehr leicht möglich sei". In der Reichstags­ kommission von 1898 (Bericht S. 1964) wurde weiter geltend gemacht: „Für die Ehefrau sei das, was der Ehemann sals Gemeinschuldnerj durch den Zwangsvergleich gewinne, wichtiger als die Quote, die die Ehefrau durch den Zwangsvergleich erhalte, und es sei sonach klar, daß letztere meist nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse des Mannes für den Vergleich stimme."

Zwangsvergleich (Ehegatte als Gläubiger).

339

Dieser Gedanke hat eine sehr fragwürdige Berechtigung. Mit gutem GrundeHIZZ. betonen die Motive n S. 414: es sei hart, den rechtsbeständigen Forderungen der An-«nm. 2. gehörigen das Stimmrecht zu versagen, doppelt hart, wenn man erwäge, daß der Kredit dieser Personen meist zu einer Zeit in Anspruch genommen worden sei, da der Schuldner bei anderen keinen Kredit mehr fand; zudem lasse sich die Vorschrift durch frühzeitiges Bor­ schieben Dritter leicht umgehen. Gegen unlautere und dem Gesamtinteresse widerstreitende Machenschaften bot der § 188 ausreichenden Schutz und zugleich den Vorzug freier Würdigung der Lage des einzelnen Falles (vgl. LG. Dresden v. 23. ö. 1883 ZZP. 8 S. 494 f.). Jetzt wird dem Ehegatten das Stimmrecht auch für solche Forderungen verkümmert, deren Erwerb vollkommen einwandfrei z. B. schon lange Jahre vor der Ehe oder aber während derselben durch Erbgang erfolgte, obgleich der Erblasser selbst ein unantastbares Stimm­ recht gehabt hätte. Eine besonders bedenkliche Rechtskränkung liegt darin, daß der Gesetzgeber, um einer Schiebung in faudem legis vorzubeugen, nun auch dem redlichen Rechts­ nachfolger unter Ausschluß jedes Entlastungsbeweises die Befugnis entzieht, für den Zwangsvergleich zu stimmen. Während so ein redlicher Gläubiger in unbilliger Weise benachteiligt wird, vermag das Gesetz andrerseits die unlautere Beeinflussung der Bergleichs­ schließung durch den vermögenden Ehegatten doch nicht zu unterbinden. Denn es braucht dieser die Forderungen, statt sie selber zu kaufen nur durch einen Strohmann aufkausen zu lassen, um das Gesetz zu umgehen. Umso mehr erscheint es geboten, die Ausnahme­ vorschrift des § 183, die in ihrer ungenauen Fassung zu manchem Zweifel Anlaß bietet, mit Zurückhaltung auszulegen. n. Der Inhalt des § 183.

1. Die vom Ehegatten — Mann oder Frau — des Gemein sch ul dners für den Anm. 3. Vergleich abgegebene Stimme bleibt ohne Rücksicht auf Enstehungsgrund und Entstehungszeit der Forderung bei Berechnung der beiden zum Vergleichsabschluß erforderlichen Mehrheiten (§ 182) außer Ansatz (Abs. I). Zweifellos ist sonach, daß ein gegen den Vorschlag lautendes Votum des Ehegatten zählt. Auch der Ehegatte kann daher, wenn er mehr als ein Viertel des stimmberechtigten Kapitals repräsentiert, die Bergleichsannahme selbständig Hintertreiben. Bei Stimmenthaltung fällt die Forderung des im Termin erschienenen oder vertretenen Ehegatten gleichfalls in die „nicht mit ja" stimmende Gruppe; das Ergebnis ist daher dasselbe wie bei ausdrücklicher Ablehnung. Wie aber, wenn der Ehegatte dem Vergleiche zu stimmt? Da das Gesetz nur verordnet, daß solchenfalls die Stimme des Ehegatten bei Berechnung der im § 182 geforderten „Mehrheiten" außer Ansatz zu lassen sei, erhebt sich die Frage, ob die Forderung des zustimmenden Ehegatten völlig außer Betracht bleiben oder ob sie in die Gesamtsumme des stimmberechtigten Kapitals (§ 182 I Nr. 2) eingerechnet werden muß. Zur Berechnung der Mehrheiten gehört begrifflich auch die Feststellung der Berechnungsgrundlagen. Daher scheidet der zustimmende Ehegatte gänzlich aus. Sonst würde die Zustimmung des Ehegatten im Ergebnisse der ausdrücklichen Ablehnung vollkommen gleichstehen, was offenbar sinnwidrig wäre. Auch könnte andernfalls, wenn die Forderung des Ehegatten mehr als ein Viertel des stimmberechtigten Kapitals ausmacht, ein Zwangsvergleich niemals oder doch nur bei einer dem Ehegatten nicht zuzumutenden — wenn überhaupt noch statthaften [§ 139 Anm. 13] — Zurücknahme der Anmeldung zustande kommen. Beispiel: Beläuft sich das stimmberechtigte Gesamtkapital auf 100000, von denen 26000 auf den Ehegatten entfallen, so würde bei Einrechnung dieser 26000 in die Gesamtsumme die Bergleichs­ annahme durch Zustimmung des Ehegatten ganz ebenso vereitelt (§ 182 I Nr. 2) als durch dessen Ablehnung oder Stimmenthaltung. Ist hier dem Ehegatten am Zustandekommen des Vergleichs gelegen, dann muß er ausdrücklich zustimmen, obwohl seine für den Ver­ gleich abgegebene Stimme nach dem Gesetz „außer Betracht bleibt". Würde er das Ab­ stimmen als nutzlos unterlassen, so würde er bei dieser Sachlage den Vergleich unmöglich machen. Auch die Stimmabgabe des Ehegatten zugunsten des Vergleichs hat also

340

§183.

Anm. 4.

Anm. 5.

Zwangsvergleich (Ehegatte als Gläubiger).

erhebliche Bedeutung. So bereits unsere zweite Auflage, der Pasquay ZHR. 66 S. 93f. sich anschließt (gegen die erste, der noch Fitting § 47 N. 21 folgt); siehe ferner Wolff Anm. 2, Petersen-Kleinseller Anm. 5. — Der Gläubiger muß zur Zeit der maßgebenden Abstimmung „Ehegatte" sein. Für die Ehegatteneigenschaft gilt das zu § 31 Anm. 24 Bemerkte. 2. Um eine Gesetzesumgehung zu verhüten, unterwirft unser Abs. H den Rechtsnachfolger des Ehegatten in gewissen Grenzen der gleichen Beschränkung wie diesen, wenn die Rechtsnachfolge während desKonkurses oder im letztenJahre vor Konkurseröffnung ^Berechnung: § 31 Anm. 32] erfolg t ist, und zwar ohne Rücksicht auf die Redlichkeit oder Unredlichkeit des Erwerbers, also unter Ausschluß eines Entlastungsbeweises (vgl. dagegen § 40). Wie soll nun aber der Zessionar, wenn Streit über die Zeit der Abtretung oder über die sonstigen Voraussetzungen des Abs. H entsteht, die von ihm behauptete Unanwendbarkeit der Vorschrift geltend machen? Wird ein Bestätigungsverfahren gar nicht eingeleitet, weil das Konkursgericht davon ausgeht, daß der Vergleich nicht „angenommen" ist (§ 184), und ihm dementsprechend im Vergleichs­ protokoll als abgelehnt bezeichnet, so bleibt dem Zessionar nichts übrig, als einen förm­ lichen Antrag auf Bestätigung des nach seiner Behauptung „angenommenen" Vergleichs zu stellen und den Zurückweisungsbeschluß mit der Beschwerde anzugreifen [§ 182 Anm. 7]. Eine Anfechtung aus § 189 kommt für den Zessionar nur in Betracht, wenn das Gericht den Vergleich nach § 186 Nr. 1 mit § 183 verwirft. Im übrigen ist zu unterscheiden: a) Abtretung im Sinne des Abs. II ist nach dem offenbaren Zweck der Vorschrift nicht bloß die durch Vertrag bewirkte entgeltliche oder unentgeltliche Forderungsübertragung — also nicht nur die Abtretung im Sinne des § 398 BGB. —, sondern auch die durch Rechtsgeschäft unter Lebenden vom Ehegatten herbeigeführte Begründung eines neuen Rechtes auf die Leistung, besonders die Anweisung (Indossierung), die Verpfändung und die Bestellung eines Nießbrauchs. Vgl. RG. v. 23. 11. 1899 Bd. 45 S. 372; siehe auch § 40 Anm. 8. Der Ausdruck „Abtretung" verlangt aber jedenfalls — wie in den §§ 50, 56 — ein vom Willen des Ehegatten getragenes Rechts­ geschäft unter Lebenden. Ein kraft Gesetzes eintretender Forderungsübergang (Beispiele: §§ 268 III, 426 H, 774 I BGB.) steht ihr nicht gleich. Ebensowenig eine Pfändung und Überweisung der Forderung ssiehe Anm. 8]. Keine Ab­

tretung ist endlich der von Todes wegen bewirkte unmittelbare (Erbfolge) oder mittelbare (Vermächtnis) Forderungsübergang, wohl aber die unter Lebenden vor­ genommene Übertragung der Forderung mit dem gesamten Vermögen. Unserer Aus­ Anm. 6.

Anm. 7.

legung haben sich vollkommen angeschlossen v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 4. Auch wenn hiernach eine „Abtretung" vorliegt, soll der Erwerber nicht der Beschränkung des Abs. 1 unterliegen, falls der Ehegatte zur Abtretung verpflichtet war a) entweder durch das Gesetz (z. B. nach Maßgabe der §§ 255, 2811, 346, 818 BGB ), ein Fall, der vom Forderungsübergang kraft Gesetzes sAnm. 5] wohl zu unterscheiden ist, ß) oder durch einen früher als ein Jahr vor Konkursbeginn abge­ schlossenen Vertrag, z. B. Kauf- oder Schenkungsvertrag. Nicht unter ß, sondern unter a gehört die Herausgabepflicht des Geschäftsbesorgers (§§ 667, 675 BGB., § 384 HGB.). Der Geschäftsherr unterliegt also der Beschränkung auch dann nicht, wenn die Abtretung innerhalb des letzten Jahres vor dem Konkurs oder erst während desselben erfolgt ist. b) Der Abs. H spricht nur von dem unmittelbaren Rechtsnachfolger des Ehegatten. Obwohl nun aber die Vorschrift streng auszulegen ist fAnm. 2], leidet es keinen Zweifel, daß ihr, weil sie sonst allzuleicht vereitelt werden könnte, auch ein weiterer Rechts­ nachfolger (der Zessionar des Zessionars) unterliegt. Auch hier zust. v. WilmowskiKurlbaum aaO. Im Falle mehrfacher Abtretungen ist Abs. II unanwendbar, falls die erste — also die vom Ehegatten selbst ausgegangene — Übertragung schon früher als

341

Zwangsvergleich (Ehegatte als Gläubiger).

ein Jahr vor Konkursbeginn erfolgte. Jedenfalls trifft einen Rechtsnachfolger bie § 18IL Stimmrechtsbeschränkung nur, „soweit das Stimmrecht auf der abgetretenen Forderung beruht"; also nicht, soweit er als Träger einer anderen Konkurs­ forderung stimmberechtigt ist. Hat er z. B. zu einer in seiner Person entstandenen Kaufpreisforderung von 5000 eine Darlehnsforderung des Ehegatten von 10000 durch

Abtretung erworben, so kommt, wenn er für den Vergleich stimmt, eine Kopfstimme (§ 182 I Nr. 1) und die Kaufpreisforderung von 5000 (§ 182 I Nr. 2) zugunsten des Vergleichs, die Darlehnsforderung von 10000 dagegen überhaupt nicht in Ansatz ssiehe Anm. 3]. 3. Ist der Ehegatte derart nur gemeinsam mit anderen Personen zur Ab-Anm. 8. stimmung berechtigt, daß er sein Votum nur einheitlich mit ihnen zusammen abgeben kann, wie etwa als Miterbe einer gegen den Ehemann gerichteten Forderung [§ 182 Anm. 3], so fragt es sich, ob auch die Gemeinschaftsgenossen die im § 183 ausgesprochene Zurück­ setzung zu leiden haben. Verneinend v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3, bejahend PetersenKleinfeller Anm. 6, Wolff Anm. 4. Die bejahende Auslegung geht über Wortlaut und Zweck des Gesetzes hinaus. Denn die Gemeinschaft ist etwas anderes als der Ehegatte. Auch den Miterben des Ehegatten das Stimmrecht zu verkümmern, wäre eine unverständ­ liche Härte. Läßt sich also die Vorschrift des § 183 nicht unter Beschränkung auf den Ehegatten (und dessen Nachmann) durchführen, so muß ihre Anwendbarkeit verneint werden ssiehe Anm. 2]. Ist der Mitberechtigte ein Pfandgläubiger, dann kommt es darauf an, ob er als solcher unter den Abs. II fällt oder nicht fAnm. 5]. Hat ihm der Ehegatte die Forderung verpfändet, so trifft die Beschränkung des Stimmrechts beide. Im Falle des Pfändungspfandrechts dagegen, dessen Erwerb vom Abs. II nicht berührt wird, bleibt der § 183 für die gemeinsame Ausübung durch den Ehegatten und den Pfandgläubiger unanwendbar. III. Anwendung im Sonderkonkurse. Nach § 1 Anm. 68 muß der § 183 grundsätzlich auch in Sonderkonkursen AnwendungAnm. 9. auf den Ehegatten derjenigen Personen finden, die Träger oder Mitträger der Gemein­ schuldner-Rolle sind. So im Konkurs einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommandit­ gesellschaft auf den Ehegatten eines offenen Teilhabers (§ 211 H; im Ergebnis zust. LG. Insterburg v. 6. 7. 1903 PosMSchr. 6 S. 132; Bendix Recht 6 S. 260 f. u. K. Meyer DIZ. 7 S. 342, Löber Anwendbarkeit des § 183 Leipz. Diff. 1906 S. 16 ff., Graetzer LZ. 1912 S. 650 ff. gegen Wolff § 209 Anm. 2, Gottschalk DIZ. 7 S. 198f.). Das Ge­ meinschuldner-Recht der Beantragung eines Zwangsvergleichs steht, wie der 8 2111 (mit § 210 I) ergibt, allen persönlich haftenden Gesellschaftern zu. Bei Vornahme dieser Prozeß­ handlung schließt (gegen Wolff aaO.) keine gesetzliche Vertretung der Gemeinschaft die Ge­ meinschaftsgenossen vom selbständigen Handeln aus. Beeinflußt doch der Zwangsvergleich auch die Haftung ihres Eigenvermögens (§ 211II). Wird aber jeder als Gemeinschuldner tätig, dann muß auch für alle Ehegatten der offenen Teilhaber der § 183 gelten, was gerade mit Rücksicht auf den § 211II im Sinne des Gesetzes liegen dürste. Erst recht muß daher nach dem Zwecke des Gesetzes der offene Teilhaber selbst, wenn er zugleich Konkurs­ gläubiger ist, bei Stimmabgabe für — nicht auch gegen — den Zwangsvergleich ausscheiden. Vertragsbeziehungen zwischen dem Gesellschastsvermögen und dem Privatvermögen des Teil­ habers sind keinesfalls ausgeschlossen. Im Nachlaßkonkurs unterliegt aus entsprechendem Grunde der Ehegatte des Erben (jedes Miterben) den Schranken des § 183 (vgl. § 2301). Ebendarum entfällt, wenn der Erbe zugleich Konkursgläubiger ist (§ 225), sein Stimmrecht zugunsten eines Zwangsvergleichs im Nachlaßkonkurse. Ganz anders liegen die Verhältnisse im Konkurs einer juristischen Person, besonders eines Vereins, einer Aktiengesellschaft, Genossenschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung, und ebenso im Konkurs eines Vereins ohne Rechtsfähigkeit. Mitglieder, Genossen, Aktionäre wie ihre Ehegatten sind als Gläubiger gleich dritten Personen stimmberechtigt.

Zusatz. Fremde Rechte. In Dänemark (§ 106), Ungarn (§ 212), Norwegen (a. 65), Argentinien Anm.io. (a. 1398III), Brasilien (a. 106 § 2) und Chile (a. 1460) bleiben Ehegatten und andere nahe Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl.

Bd. II

22

Zwangsvergleich (Bestätigung).

342

8184. Angehörige, in Argentinien und Brasilien jetzt auch der Zessionar mit einer dem deutschen Recht nachgebildeten Zeitschranke, in Argentinien aber mit ausdrücklicher Ausschaltung der Indossierung, in Chile selbst der Konkursverwalter als Gläubiger, in der Schweiz (a. 305, 317) nur die Ehefrau bei der Abstimmung außer Betracht. Der Wortlaut dieser Gesetze unter­ scheidet (das neue brasilianische ausgenommen) nicht zwischen der Abstimmung für und gegen den Vergleich. Das ist besonders hart, weil so der Angehörige durch die Mitglieder zu einem Erlasse gezwungen werden kann, ohne selbst zu Wort zu kommen. Norwegen und Brasilien zählen zugunsten der erforderlichen Mehrheit alle diejenigen Gläubigerrechte nicht mit, die durch Rechtsgeschäft unter Lebenden (Brasilien: auch durch Indossierung) seit Konkursbeginn erworben worden sind. Das rumänische Konkursgesetz (a. 849) schaltet bei der Abstimmung für den Zwangsvergleich die Ehefrau mit ihrer Forderung auf Rückgewähr von Heiratsgut aus. K. Schaefer S. 159. Sonst wird das Stimmrecht Angehöriger mangels entgegenstehender Vor­ schriften als selbstverständlich betrachtet. So z. B. in Frankreich, Lyon-Caen et Renault VH Nr. 576, Rintelen Österr. KRecht S. 342 N. 2, siehe aber de lege ferenda auch Pollak Gut­ achten über die Reform des KRechts (1908) S. 70, 78.

§ 184. Der angenommene Zwangsvergleich bedarf der Bestätigung des Konkurs­ gerichts. Das Gericht entscheidet, nachdem es die Gläubiger, den Verwalter und den Gläubigerausschuß in dem Vergleichstermine oder einem zu verkündenden

Termine gehört hat. Unveränderter § 170 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 160ff., Motive II S. 416ff., Protokolle S. 112, 184 ff.

Die gerichtliche Bergleichsbestätigung. Der vom Gemeinschuldner vorgeschlagene (§§ 173 ff.) und von den stimmberechtigten Konkursgläubigern mit den erforderlichen Mehrheiten angenommene Vergleich (§ 182) bedarf zu seiner Wirksamkeit in allen Fällen noch einer nachträglichen Bestätigung durch das Konk urs g erich t. Die Bestätigung bildet die Hauptschutzwehr gegen eine Übervorteilung der Gläubiger durch den Zwangsvergleich, also eine Maßnahme

Anm. 1. I. Das Bestätigungserfordernis.

Anm. 2.

staatlicher Fürsorge, die begrifflich der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört [§ 173 Anm. 3,10]. Sie schützt besonders auch unbekannte Gläubiger und ist schon deshalb auch bei einstimmiger Bergleichsannahme unentbehrlich [§ 186 Anm. 5]. Ist der Vorschlag im Bergleichstermin abgelehnt worden, so wird das Konkurs­ verfahren fortgesetzt, ohne daß ein besonderer Beschluß erforderlich wäre. Das Ergebnis der Abstimmung wird vom Gericht im Vergleichsprotokolle beurkundet. Erachtet ein Beteiligter die Feststellung der Nichtannahme für unzutreffend, so kann er durch förmlichen Antrag eine der Beschwerde unterliegende Entscheidung des Konkursgerichts herbeiführen. Näheres § 182 Anm. 7; Anwendungsfall: § 183 Anm. 4. Der § 164 ZPO. (§ 72 KO.) ist für die Beweiskraft der Feststellung des Abstimmungsergebnisses zweifellos nicht maßgebend, da es sich hier um ein sachliches Erfordernis, nicht um eine Förmlichkeit des Verfahrens handelt.

Bestätigungsverfahren. Das Gericht hat nachzuprüfen, ob die für den Vergleichs­ abschluß maßgebenden gesetzlichen Vorschriften formellen und sachlichen Inhalts beobachtet worden sind, und hat über Einsprüche der Beteiligten, namentlich über die Geltendmachung von Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen (Geschäftsunfähigkeit eines Beteiligten, Irrtum, Betrug) zu entscheiden ssiehe § 186 Anm. 2]. Noch in diesem Verfahren hat der Konkursrichter auch einen Mangel der nach § 1822 Nr. 12 erforderlichen vormundschaftsgericht­ lichen Genehmigung zu berücksichtigen [§ 173 Anm. 14]. Desgleichen einen Mangel der zur Verfügung über eine Forderung des eingebrachten Gutes erforderlichen Zustimmung der Ehefrau des Gläubigers [§ 139 Anm. 12] oder des Mannes der Gläubigerin, die eigen­ mächtig Feststellung erwirkt hatte (Wieruszowski Eherecht III S. 530f. N. 72, 73). Nicht­ beachtete Mängel werden — von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen (§§ 195—197) —

Anm. 3. n. Das

Zwangsvergleich (Bestätigung).

343

durch die Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses geheUt. Motive II S. 416f.; RG. v. 3. 3. 1904 Bd. 57 275; Fitting § 48 N. 3, Seuffert S. 427; im übrigen siehe § 189 Anm. 5, § 196 Anm. 3. Die Entscheidung ist keineswegs dem Gutdünken des Kon­ kursgerichts anheimgestellt. Einerseits muß vielmehr das Gericht — die Ausnahme des § 187 Satz 2 abgerechnet — den Vergleich verwerfen, wenn ein gesetzlicher Berwerfungsgrund feststeht (88 186—188, 230, 236); andrerseits darf es die Bestätigung ohne gesetzlichen Grund nicht versagen. In keinem Falle hat es ein Abänderungsrecht. Siehe § 173 Anm. 10 f. War im Bergleichstermin ein Vorschlag des inzwischen bereits verstorbenen Gemein­ schuldners noch als solcher angenommen worden, dann war in diesem Verfahren der eine Hauptbeteiligte — der Erbe als Gemeinschuldner — nicht nach Vorschrift der Gesetze ver­ treten (siehe 8 173 Anm. 13]. Aufdeckung des Mangels vor der Bestätigung nötigt das Gericht, sie zu versagen. Ein gleichwohl ergehender Bestätigungsbeschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde (8 189). In diesem besonderen Falle dauert die Zulässigkeit des Rechts­ mittels sogar nach Ablauf der Notfrist fort (8 577 II 3 mit 8 579 I Nr. 4 ZPO.), auch wenn die Möglichkeit der Rüge des Mangels durch rechtzeitige Beschwerde bestand (Gegen­ schluß aus 8 579 II ZPO.). Insoweit kommt es also nicht etwa zu einer Heilung des Mangels durch Eintritt der Rechtskraft. Dahin gehört auch der Fall, daß eine Mehrheit von Schuldnern, deren einheitlicher Vorschlag erforderlich war, also namentlich Mitglieder einer offenen Handelsgesellschaft oder Miterben (88 211 1, 230 I), nicht sämtlich in Person oder kraft ordnungsmäßiger Vertretung den Bergleichsantrag im Termin gestellt haben. Da der Zwangsvergleich ein Vertrag und der bedingte Bergleichsabschluß weder ausdrücklich ver­ boten noch durch die Natur der Sache ausgeschlossen ist, muß auch die unter einer Bedingung erklärte Annahme zulässig sein. So namentlich die Bewilligung des Erlasses oder der Stundung unter der aufschiebenden Bedingung des in Aussicht gestellten (selbstschuld­ nerischen) Beitritts eines Bergleichsbürgen. Anderes Beispiel: 8 181 Anm. 3. Bis zum Beitritte des Bürgen wird das Wirksamwerden des Vergleichs aufgeschoben. Die Bestätigung eines bedingten Vergleichs schon vor Eintritt der Bedingung ist zwar nicht unstatthaft, aber unangemessen, weil beim Ausfälle der Bedingung das Konkursverfahren fortzusetzen wäre. Es empfiehlt sich daher, daß der Konkursrichter im Vergleichstermin auf Setzung einer kurzen Frist für die Erledigung der Bedingung hinwirkt und erst nach Eintritt der Bedingung den Vergleich bestätigt. RG. v. 27. 11. 1903 Bd. 56 70. Keinesfalls darf vorher der Konkurs­ aufhebungsbeschluß (8 190) ergehen. Er duldet keinen Schwebezustand. Entsprechendes gilt für eine Zeitbestimmung. Über die auflösende Bedingung der Nichterfüllung des Ver­

§184*

gleichs siehe 8 195 Anm. 1. Mit Unrecht wollen v. Wilmowski-Kurlbaum 8 190 Anm. 1 aus der Vorschrift des 8 190 I den Satz ableiten, daß der Vergleich (dessen Bertragsnatur sie anerkennen) weder Bedingung noch Befristung ertrage. 1. Regelmäßig schließt sich das Bestätigungsverfahren unmittelbar an dieAnm. 4. Abstimmung an. Das Konkursgericht kann jedoch, namentlich wenn ihm die Art des Vergleichsabschlusfes bedenklich erscheint, einen neuen Termin zur Verhandlung über die Bestätigung und zur Verkündung der Entscheidung anberaumen. Der neue Termin ist noch im Bergleichstermine zu verkünden. Abs. II. Einer Ladung oder Bekanntmachung bedarf es weiter nicht (8 218 ZPO.). Motive II S. 417. 2. Der Entscheidung des Konkursgerichts geht eine Verhandlung mit denAnm. 5. Beteiligten voraus. Beteiligt sind in erster Linie die nichtbevorrechtigten Konkurs­ gläubiger. Sie sind daher zu hören, d. h. es muß ihnen — soweit sie stimm­ berechtigt waren oder ihre Forderung glaubhaft machen (arg. §8 188, 189; Motive II S. 418) — Gelegenheit zur Antragstellung und Meinungsäußerung (zur Bemängelung der Bergleichszulässigkeit im allgemeinen, wie der Ordnungsmäßigkeit des Vergleichs­ verfahrens im besonderen, auch der Gültigkeit einer Stimmabgabe und gerichtlichen Be­ rechnung des Stimmergebnisses) geboten werden und zwar in einem Termine (Anm. 6]. Ein ausdrücklicher Antrag auf Bestätigung ist nie, ein Antrag auf Verwerfung des Ver­ gleichs nur in den Fällen der 88 188, 230, 236 erforderlich: sonst hat der Konkursrichter von Amts wegen zu entscheiden. Nach Abs. II sind auch Verwalter und Gläu22*

344

§184*

Zwangsvergleich (Verwerfung von Amts wegen). bigerausschuß als solcher [§ 177 Anm. 1] — aber, ihrer Stellung im Vergleichsver­ fahren entsprechend, nur gutachtlich — zu hören. Der Schuldner selbst ist nicht genannt. Indessen kann ihm als dem einen Hauptbeteiligten das Gehör, namentlich zum Zwecke der Gegenäußerung auf vorgebrachte Bedenken, nicht versagt werden. Motive II S. 417; siehe auch § 189. Daß die anzuhörenden Beteiligten von der Gelegenheit zur Äußerung

auch tatsächlich Gebrauch gemacht haben, wird nicht vorausgesetzt.

Anm. 6.

Die Anhörung der Beteiligten hat nach Abs. II „in einem Termine" stattzufinden. Damit wird die Möglichkeit mündlicher Aussprache der Beteiligten gesichert. Die Fassung des Gesetzes schließt aber die Berücksichtigung schriftlich eingereichter oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers abgegebener Erklärungen keineswegs aus, auch wenn sie nicht im Termine vom Beteiligten selbst oder einem Vertreter vorgetragen werden. Das ist unbestreitbar, soweit die Erklärung nur eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung anregt sAnm. 5]. Es gilt aber auch für die „Anträge" der §§ 188, 230 (§ 236), da dort nicht ausdrücklich ein „im Termine" zu stellender Antrag gefordert wird, was sich auch im Vergleichsverfahren keineswegs von selbst versteht (vgl. z. B. §§ 160, 176, 197, 198) und eine sachlich unangemessene Beschränkung wäre. Nur muß die Eingabe im Termine den Beteiligten zur Äußerung unterbreitet werden. Fitting § 48 N. 10, v. Völderndorff § 170 Anm. 2, Wolff § 184 Anm. 3, § 188 Anm. 4; abw. mit Berufung auf die Protokolle S. 184 ff. z. B. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2, v. Sarwey-Bossert § 188 Anm. 1, Seuffert S. 427.

«nm. 7.

Zusatz. Fremde Rechte. Auch hinsichtlich des Erfordernisses der Vergleichsbestätigung (homologation) ist das französische Recht für die spätere Konkursgesetzgebung vorbildlich geworden. Siehe Lyon-Caen et Renault VII Nr. 598 ff. Vielfach kann die Bestätigung nach sreiem Er­ messen vom Konkursgerichte versagt werden. Vgl. namentlich Frankreich a. 515, Belgien a. 517, Holland a. 153, England G. v. 1890 s. 3.

§ 1S5. Der Beschluß, durch welchen der Zwangsvergleich bestätigt oder verworfen wird, ist zu verkünden. Unveränderter § 171 alter Folge. Materialien: MotiveIBd.2S. 160, MotiveIIS.420, ProtokolleS. 112,184ff. Beschlußverkündung.

Anm. i.

Der Bestätigungs- oder Verwerfungsbeschluß ist im Vergleichstermine oder einem besonderen Bestätigungstermine (§ 184DE) zu verkünden. Einer Ver­ kündung bedarf es schon nach § 329 I ZPO. (§ 72 KO.). Hier ersetzt sie aber — wenn anders der § 185 nicht bedeutungslos sein soll — die besondere Zustellung und öffentliche Bekannt­ machung. Dem entspricht es auch, wenn der § 189 II bestimmt, daß die Beschwerdefrist — abweichend von der Regel [§ 73 Anm. 9] — schon mit der Verkündung des Beschlusses beginnt. Vgl. Motive n S. 420, Petersen-Kleinfeller Anm. 4; abw. v. Völderndorff S. 588f. Die nicht ausdrücklich gebotene Angabe von Gründen empfiehlt sich dringend, da sonst die Rechts­ mitteleinlegung (namentlich gegenüber der Verwerfung) bedenklich erschwert werden könnte [§ 73 Anm. 2]. Der Te nor des Beschlusses braucht nur zu lauten: „Der im Termine vom angenommene Zwangsvergleich wird bestätigt (verworfen)." Darin liegt, was den Inhalt des Vergleichs betrifft, eine ausreichende Bezugnahme auf das Protokoll über den Bergleichstermin. Die Verkündung ist im Sitzungsprotokolle [§ 179 Anm. 4] festzustellen (§ 160 H Nr. 6 ZPO.) und als Berfahrensförmlichkeit nur durch das Protokoll erweisbar (§ 164 ZPO.). Für die Beschwerdeinstanz gilt das Berkündungsgebot des § 185 ebensowenig als das des § 182II 2 fsiehe § 189 Anm. 3].

Zwangsvergleich (Verwerfung von Amts wegen).

345

§ 186. Der Vergleich ist zu verwerfen:

(. wenn die für das Verfahren und den Abschluß des Vergleichs gegebenen Vorschriften nicht beobachtet sind, und das Fehlende nicht ergänzt werden kann; 2. wenn ein Fall der Unzulässigkeit eines Zwangsvergleichs nachträglich eingetreten ist. Unveränderter § 172 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 162ff., Motive II S. 418, Protokolle S. 112, 186, Kommissionsbericht S. 1965, 2034 ff., 2037.

Der Konkursrichter entscheidet im Bestätigungsverfahren regelmäßig nicht nach freiem Ermessen. LinEr darf vielmehr den Vergleich nur aus bestimmten Gründen verwerfen und muß die Verwerfung Iettttnfl* aussprechen, wenn einer dieser Gründe feststeht. Nur im Falle des § 187 Satz 2 ist die Ent­ scheidung dem richterlichen Ermessen anheimgestellt. Die Verwerfung erfolgt teils von Amts wegen, teils nur auf Antrag: von Amts wegen in den Fällen der ZZ 186, 187, auf Antrag in den Fällen der §§ 188, 230II, 236. Gebotene Verwerfung von Amts wegen.

I. Berwerfungsgründe. Nach § 186 muß das Konkursgericht den Vergleich auch ohne AntragAnm. i. verwerfen: 1. Wenn das dem Bergleichsabschluß vorausgegangene Verfahren oder der Bergleichsabschluß selbst an einem wesentlichen ^Anm. 2] und unheilbaren sAnm. 3] Mangel leidet (Nr. 1). Hierher gehören nicht wieder gut zu machende Verletzungen der §§ 173—175, 177—183, 2111, 230, 236. Die Beobachtung dieser Vor­ schriften muß daher von Amts wegen nachgeprüft werden. Welche Mängel wesentlich sind, hat das Gericht auf Grund des Gesetzes zu ent-Anm. 2. scheiden. Motive II S. 418. So muß eine Verwerfung nach Nr. 1 erfolgen, wenn die Zeitgrenze des § 173 verletzt, wenn die Einholung der Ausschußerklärung gegen § 177, wenn die im § 178 vorgesehene Niederlegung oder die öffentliche Bekanntmachung des § 179 I Satz 2 unterblieben, wenn die Doppelmehrheit des § 182 (§ 183) in Wirklichkeit nicht erreicht ist. Die Mehrheitsfeststellung macht noch im Bestätigungsverfahren die Berücksichtigung eines Mangels der Prozeßfähigkeit, der Vertretungsmacht und der etwa erforderlichen besonderen Bergleichsermächtigung zur Amtspflicht des Konkursrichters (§§ 56, 88 II ZPO ). Beachte jedoch Anm. 3. Ein Mangel der erforderlichen Vergleichsmehrheit kann sich nachträglich daraus ergeben, daß ein Gläubiger seine Annahmeerklärung wegen arglistiger Täuschung oder Drohung anficht (§§ 119, 123, 142 f. BGB.) und diese Umstoßung der Stimmabgabe auf dem Wege des § 184II zur Geltung bringt [§ 173 Anm. 13]. Die Nichtanwendung des § 176 und ein Verstoß gegen den § 179 I Satz 1 begründen keine wesentlichen Mängel. Die im § 179 I Satz 3 vorgeschriebene Ladung wird durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Der Mangel der daselbst verordneten Mitteilung ist heilbar sAnm. 3]. Unter die Nr. 1 fällt endlich auch eine im Bestätigungsverfahren auf­ gedeckte Verletzung des Gebots der gleichmäßigen Befriedigung ssiehe § 188 Anm. 4]. Heilbare Mängel können nachträglich abgestellt werden. Durch die Worte „wennAnm. s. das Fehlende nicht ergänzt wird", sollte (wie die Motive II S. 418 ausführen) dem Gericht — auch dem Beschwerdegericht (§ 189) — die Befugnis eingeräumt werden, entweder die Ergänzung anzuordnen oder das Bestätigungsverfahren einstweilen auszusetzen oder aber — falls nämlich das Gericht Unheilbarkeit annimmt — die Verwerfung auszusprechen. Heilbar in diesem Sinne sind z. B. das Fehlen der erforderlichen Genehmigung des Bormundschaftsgerichts, der Zustimmung eines Ehegatten, ein Mangel der Vollmacht.

346 §186.

Anm. 4.

Zwangsvergleich (Verwerfung von Amts wegen).

Siehe § 184 Anm. 3 (hier auch Bedingungseintritt). Für das Stimmverhältnis ist end­ gültig maßgebend der Zeitpunkt der ersten oder der nach § 182 II wiederholten Abstimmung. Daher wird durch nachträgliche Beitrittserklärung von Gläubigern, die später ihren Stand­ punkt ändern, die im Termine (wäre es auch infolge eines unabwendbaren Hindernisses) unvertreten ausgeblieben waren oder gar erst hinterher ein Stimmrecht erworben haben (§ 95), der Mangel der im § 182 I geforderten Mehrheiten nicht „ergänzt". Verzicht: Anm. 5. Heilung durch rechtskräftige Bestätigung: § 184 Anm. 3. 2. Wenn nachträglich d. h. nach dem Vergleichsabschluß ein Fall der Unzu­ lässigkeit des Zwangsvergleichs (g 175) eintritt (Nr. 2). Eine schon vor dem Bergleichsabschlusse begründete, aber erst nachträglich bekannt gewordene Unzulässigkeit fällt unter die Nr. 1.

Anm. 5. n. Zwingende Kraft des g 186. Die Anwendung des § 186 wird durch den ausdrücklichen Verzicht aller bekannten Beteiligten nicht ausgeschlossen, weil der bestätigte Vergleich auch unbekannte Gläubiger trifft. Motive II S. 418. Das Konkursgericht muß daher — wie der Redaktor des Gesetzes laut Protokolle S. 111 bemerkt hat — beim Vorhandensein der Voraussetzungen des § 186 auch einen einstimmig geschlossenen Vergleich verwerfen. Auch der einstimmig von allen Anmeldern geschlossene Zwangsvergleich ist von einem das Bestätigungs­ verfahren erübrigenden Konkursverzichte (§ 202) wesentlich verschieden. Andrerseits wird durch ein schwebendes Zwangsvergleichsverfahren die Einstellung des Konkurses nach Maßgabe des § 202 keinesweges ausgeschlossen. Protokolle aaO.; Fitting § 47 N. 20; vgl. dagegen v. Sarwey-Bossert § 173 Anm. 5. Über den Fall, daß einzelne bekannte Gläubiger zurück­

gesetzt werden sollten, siehe § 181 Anm. 3.

8 187. Der Vergleich ist zu verwerfen, wenn er den Gläubigern nicht mindestens den fünften Teil ihrer Forderungen gewährt und dieses Ergebnis auf ein un­ redliches Verhalten des Gemeinschuldners, insbesondere darauf zurückzuführen ist, daß der Gemeinschuldner durch ein solches Verhalten die Eröffnung des Aonkursverfahrens verzögert hat. Der Vergleich kann verworfen werden, wenn das gleiche Ergebnis auf ein leichtsinniges Verhalten des Gemeinschuldners zurückzuführen ist. Neu ein gefügt als § 172 a durch die Novelle vom 17. Mai 1898 entsprechend einem Beschlusse der Reichstagskommission. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 135, Motive II S. 398, Kommissionsbericht S. 1965 ff., 2035s.; Reichstag II. Session 1909/11 Drucksache Nr. 731 S. 2f., 5. Verwerfung wegen Minderergebnisses. I. Zweck und Berechtigung der Vorschrift.

Anm. 1.

Äußerste Grenzen für Erlaß und Stundung kennt das deutsche Konkursrecht nicht.

Es

schreibt namentlich weder eine Mindestrate vor noch stuft es die zur Bergleichsannahme erforderlichen Mehrheiten je nach der Höhe der Akkordleistungen ab. Ausland: Anm. 14. Demgegenüber hat der Antrag Rintelen in seiner ursprünglichen Fassung (Legislaturperiode 1893/94, Kommissionsbericht S. 2035) die obligatorische und von Amts wegen auszusprechende Verwerfung eines Vergleichs vorgeschlagen, der nicht mindestens 25°/0, zahlbar längstens binnen zwei Jahren nach der Bestätigung biete, es sei denn, daß der Kridar „lediglich ohne sein Verschulden in den gegenwärtigen Konkurs geraten" wäre. Nach der im Jahre 1898 empfohlenen Fassung sollte die Verwerfung unter den gleichen Voraussetzungen nur auf Antrag ausgesprochen werden (Bericht S. 1965). Beide Anträge fanden den nach­ drücklichsten Widerspruch der Regierungen. Nach längerer Debatte wurde die jetzige Fassung des Gesetzes beschlossen (Bericht S. 1967).

Zwangsvergleich (Verwerfung von Amts wegen).

347

Der Zweck dieser Erschwerung des Zwangsvergleichs wird im Kommissionsbericht S. 2035§187. dahin zusammengefaßt: in der Vorschrift „liegt ein Antrieb für den Schuldner, mehr zu Anm. 2. bieten", „ein Riegel gegen gewerbsmäßige Konkursmacherei mit geringprozentigen Akkorden", ein „Zwang für den Schuldner, Konkurs anzumelden, wenn er sieht, es geht nicht weiter, und nicht bis zum Ende herabzuwirtschaften". So berechtigt der Gedanke ist, dem frivolen Konkursmacher die Vergünstigungen eines Anm. 3. Zwangsvergleichs zu versagen, so verfehlt ist es, die Vergleichsmöglichkeit durch starre, eine Würdigung der konkreten Sachlage ausschließende Gebote einzuengen. Im Vordergrund steht das gemeinsame Interesse der Gläubiger. Ihr Vorteil, nicht die Würdigkeit des Schuldners muß den Ausschlag geben. In der Verkennung dieses Zieles liegt der Grund­ fehler des § 187. Das schablonenhafte Verbot von Vergleichen unter einem bestimmten Mindest­ ergebnis fAnm. 14] bedeutet einen Mißgriff, der die Gläubiger schwer benachteiligen kann. Für sie wird nicht selten schon ein Vergleich mit fünfzehn oder weniger Prozenten weit vorteilhafter sein als die Konkursdurchsührung, die den nichtbevorrechtigten Konkursgläubigern fast in der Hälfte aller Fälle weniger als 15°/0 einbringt und doch nur eine zumeist unrealisier­ bare Restforderung bestehen läßt. Vgl. Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reichs 1900 IV 8f., 34ff. 1903 IV 10f., 38ff.; 1910 III 11, 26ff. [o6en § 163 Anm. 13]. Ein Verbot der Zwangsvergleiche unter 25°/0 hätte, wie der Staatssekretär des Reichsjustizamts in seinen höchst beachtenswerten Ausführungen gegenüber den Anträgen Rintelen betonte, die Zahl der Zwangsvergleiche auf die Hälfte herabgemindert und beispielsweise in den Jahren 1895/96 die Gläubiger um 8,5 Millionen Mark geschädigt (Kommissionsbericht S. 1966). Es kommt eben ganz und gar auf die Lage des einzelnen Falles an. Eine absolute Grenze für alle Zwangsvergleiche läßt sich, wie schon die Motive II S. 398 mit Recht bemerken, ebenso­ wenig setzen, als es absolute Grenzen für Unterbilanzen gibt. Gerade bei den Millionen­ konkursen fallen erschreckend hohe Überschuldungen auf. So verzeichnet die Statistik für 1907 den Konkurs eines pommerschen Rittergutsbesitzers, in dem auf 27 Millionen Passiven nur 300000 Aktiven kamen (Vierteljahrshefte 1907 IV 39). Bei solcher Vermögenslage würde schon ein Zwangsvergleich mit 5°/0 ein ganz außerordentlicher Gewinn sein, denn die nicht­ bevorrechtigten Konkursgläubiger haben hier nichts und niemals etwas zu erwarten. Die jetzige Fassung des § 187 verbietet zwar Vergleiche unter 2O°/o nicht schlechthin, sondern nur, wenn das Minderergebnis im Verhalten des Schuldners begründet ist. Dadurch wird die Gefahr der Vorschrift abgeschwächr. Allein der § 187 ist — ganz abgesehen von seiner zweifelhaften Fassung — immer noch eine hochbedenkliche Einschränkung der Bergleichsmöglichkeit, da der Richter unter den Voraussetzungen des ersten Satzes auch den relativ noch so günstigen Vergleich zum Schaden der Gläubiger verwerfen muß. Soweit die Vorschrift berechtigt ist, war sie überflüssig. Denn gegen eine Übervorteilung der Gläubiger bot die verständige und

weittragende Norm des § 188 ausreichenden Schutz. Der Gefahr unlauterer Konkurs­ verschleppung aber begegnen die im § 103 Anm. 5 aufgeführten Vorschriften und außerdem die Strafnorm des § 240 Nr. 2. Die Mängel des Gesetzes haben sich denn auch bereits in der Praxis fühlbar gemacht. Dieser Empfindung entsprang neuestens der Vorschlag, die Ver­ werfung nach § 187 davon abhängig zu machen, daß sie für mindestens zwei Drittel der fest­ gestellten nicht bevorrechtigten Konkursforderungen beantragt werde fsiehe oben die Materialien]. Ein kümmerlicher Behelf! Die Neuerung hat sich nicht bewährt, also ist sie wieder zu streichen. Vgl. Kleinfeller LZ. 1911 S. 416. Verhältnis zum § 188: Anm. 7.

II. Gebotene Verwerfung von Amts wegen (Satz 1). 1. Der Amtsrichter muß Vergleiche unter 2O°/o verwerfen, wenn das Minder-Anm. 4. ergebnis au s unredlichem Verhalten des Schuldners beruht. Erforderlich ist also ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Niedrigkeit der Vergleichsrate und der Unredlichkeit des Schuldners. Unter den Voraussetzungen des § 188 sind — aber nur auf Antrag — auch Vergleiche über 2O°/o zu verwerfen.

a) Der § 187 setzt zunächst voraus, daß der Vergleich weniger als den fünftenAnm. 5. Teil der nichtbevorrechtigten Konkursforderungen bietet. Die Vorschrift ist also

348

Zwangsvergleich (Verwerfung von Amts wegen).

§187.

unanwendbar auf Vergleiche zu 20°/o und darüber, mag dafür eine Sicherheit geboten werden oder nicht. Daß die Mindestrate von 20% auch sofort oder in bestimmter Frist zahlbar sein muß, verlangt das Gesetz — der ursprünglichen Fassung des Antrags entgegen sAnm. 1] — nicht. Da der Akkord regelmäßig zugleich eine Stundung enthält, versteht sich das Erfordernis alsbaldiger Zahlung (gegen v. WilmowskiKurlbaum Anm. 4) keineswegs von selbst. Auch eine Diskontierung des gestundeten Betrags, wie sie Wolfs Anm. 1 und Petersen-Kleinfeller Anm. 10 vornehmen wollen, findet daher nicht statt. Nach den in Anm. 3 enthaltenen Erwägungen besteht doch gewiß kein Anlaß, die Erschwerung des Zwangsvergleichs noch über den Wortlaut des Gesetzes hinaus zu steigern.

Anm. 6.

b) Ferner muß unredliches Verhalten des Schuldners vorliegen. Als besonders wichtigen Fall hebt das Gesetz das unredliche Unterlassen des Eröffnungsantrags hervor sAntragspflicht: § 103 Anm. 5 mit § 240 Nr. 2]. Sonst entscheidet über den Begriff das freie richterliche Ermessen. Daß die Unredlichkeit vor dem Konkurs oder doch vor dem Vergleichsverfahren liegt, wird nicht vorausgesetzt. Unterschied vom Leichtsinn: Anm. 12.

Anm. 7.

c) Zwischen der Unredlichkeit sAnm. 6] und dem ungünstigen Bergleichsergebnisse sAnm. 6] muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (verb. „auf . . . zurückzuführen ist"). Mit Recht bemerkt Wolff Anm. 1, daß diese Kausalität nur vorliegt, wenn der Schuldner nicht mehr bieten kann. Bietet er weniger, als er vermag, so ist eine Verwerfung des Vergleichs nach § 188 — also nur auf Antrag — möglich. Daß die Unredlichkeit die einzige oder die unmittelbare Ursache des Minderergebniffes bildet, wird nicht verlangt. Darum muß auch ursächlicher Zusammenhang zwischen der Un­ redlichkeit des Schuldners (z. B. dem absichtlichen Beiseiteschaffen von Möbeln, § 239 Nr. 1) und der Geringfügigkeit der Masse genügen (abw. Oetker DIZ. 4 S. 289). Der Fassung und dem Zwecke des Gesetzes zuwider behaupten v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 5, es müsse das Minderergebnis aus der früheren Vermögensverwaltung des Schuldners beruhen; sein Verhalten zurzeit der Bergleichsverhandlung selbst komme nur noch für den § 188, nicht mehr für den § 187 in Betracht. Der § 187 soll aber gerade Vergleiche verhüten, bei denen der Schuldner seine Gläubiger unredlicherweise übervorteilt sAnm. 2]. In dem früheren Geltungsbereich des § 188 hat die Novelle bewußt eingegriffen. Wo beide Vorschriften in Betracht kommen, geht der § 187, der keinen Antrag fordert, vor.

Anm. 8.

Auch über das Erfordernis der Kausalität entscheidet das freie richterliche Ermessen. Bon einer Beweislast im Sinne des ordentlichen Zivilprozesses ist in diesem Offizial­ verfahren keine Rede. Die Entschuldigung des Kridars kann daher — in dem nach § 184 II stattfindenden Termine — nicht nur vom Kridar selbst, sondern auch von einem am Vergleich interessierten Gläubiger ausgehen. Auch Ermittelungen nach § 75 können angemessen sein. Als Fälle, in denen jedes Verschulden des Kridars ausgeschlossen sein kann, wurden in den Kommissionsverhandlungen Krisen, Zusammenbruch angesehener Häuser (S. 1965), Krieg, große Zahlungsstockungen und beträchtliche Änderungen des Zollsystems erwähnt (S. 1966).

Anm. 9.

2. Tragen mehrere Personen die Gemeinschuldnerrolle, so kann schon das unredliche Verhalten eines einzigen die Anwendung des § 187 rechtfertigen. So z. B. im Konkurs einer offenen Handelsgesellschaft die Unredlichkeit eines Teilhabers, im Nachlaßkonkurs die Unredlichkeit eines Miterben, vorausgesetzt, daß beidemal die Unredlichkeit das nun ver­ gantete Sondervermögen betroffen hat. Beim Nachlaßkonkurs im besonderen bleibt zu beachten, daß für die Zeit vor dem Erbfall nur maßgebend sein kann, wie sich der Erb­ lasser als Schuldner verhalten hat. Warum ein solches Verhalten des Erblassers, namentlich eine unlautere Konkursverschleppung, mit seinem Tode für den Nachlaß bedeutungslos werden sollte (wie Schimmelbusch RheinA. 107 S. 75 meint), ist schwer einzusehen. Siehe § 214 Anm. 7 ff., 21.

Zwangsvergleich (Verwerfung von Amts wegen).

349

Im Konkurs einer juristischen Person z. B. einer Aktiengesellschaft ist der § 187H187. unanwendbar. Denn die Unredlichkeit eines Organs z. B. das böswillige Unterlassen des Anm. io. Eröffnungsantrags [§ 103 Anm. 5] ist nicht die Unredlichkeit „des Gemeinschuldners". Siehe § 175 Anm. 3; abw. Seuffert S. 417. Freilich kann die juristische Person aus unerlaubten Handlungen der Organe schadensersatzpflichtig werden (§§ 31, 86, 89 I BGB.). Allein das ist eine aus Zweckmäßigkeitsgründen verordnete Ausnahmehaftung für fremdes Verschulden, die für andere Fälle der gesetzlichen Vertretung (z. B. für Delikte der Vor­ münder) nicht gilt und keineswegs den allgemeinen Schluß rechtfertigt, daß die Delikte der Vereinsorgane Delikte des Vereins — „des Gemeinschuldners" — sind. Vgl. Leonhard Allgem. Teil des BGB. (1900) S. 129, Klingmüller Haftung für die Bereinsorgane (1900) S- 33 ff., 45 ff. 3. Sind die Voraussetzungen des ersten Satze- sAnm. 5—7] gegeben, so muß das Konkurs-Anm.ii. gericht den Vergleich verwerfen, auch wenn er mit Einstimmigkeit angenommen und offen­ sichtlich im Interesse der Gläubiger gelegen ist. Ein Verzicht der Beteiligten ist hier ebenso wirkungslos wie im Falle des § 186 ssiehe § 186 Anm. 5]. Die gegenteilige Bemerkung im Kommissionsbericht S. 1965 trifft für die jetzige Fassung des Gesetzes nicht zu. Ein neuer Bergleichsvorschlag unter besseren Bedingungen ist nicht aus­ geschlossen, aber der Zurückweisung nach § 176 ausgesetzt. Bei Einmütigkeit der Beteiligten bietet übrigens der Konkursverzicht (§ 202) mit außerkonkursmäßigem Erlaßvertrag einen Ausweg. III. Freigestellte Verwerfung von Amts wegen (Satz 2).

Beruht das Minderergebnis ^Anm. 5] nicht auf Unredlichkeit, sondern nur aufAnm.is. Leich sinn des Schuldners (z. B. auf allzu unvorsichtiger Eröffnung eines Geschäfts ohne ausreichende Mittel), so ist die Verwerfung des Vergleichs dem Ermessen des Konkurs­ gerichts anheimgestellt. Ein Antrag auf Verwerfung wird nicht verlangt ^siehe auch Anm. 7]. Der Unterschied zwischen Unredlichkeit und Leichtsinn ist demjenigen zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit verwandt. Ein unredliches Verhalten (Tun oder Lassen) des Schuldners kann sehr wohl auch bei mittelbarem Vorsatz gegeben sein. So, wenn er den schädigenden Erfolg als wahrscheinlich erkennt und ihn gleichwohl bewußt in den Kauf nimmt (etwa indem er trotz einer nach außen unerkennbaren gefahrdrohenden Überschuldung weiter wirtschaftet). Das Unterlassen der eigenen rechtzeitigen Beantragung des Konkurses kann auf Unredlichkeit oder auf Leichtsinn des Schuldners beruhen. Desgleichen auch die Abhaltung eines anderen von der Konkursbeantragung, die gleichfalls unter den Begriff einer „Verzögerung" der Konkurseröffnung fällt. Meist wird eine solche Abhaltung Unredlichkeit sein (z. B. bei falschen Vorspiegelungen und Zusagen). Im übrigen gelten auch hier die Ausführungen in Anm. 7—10. IV. Beschwerde.

Gegen die Bestätigung oder Verwerfung des Vergleichs findet die sofortige Beschwerde Anm.i3. wegen Verletzung des § 187 statt (§ 189). Sie kann besonders auf eine Verkennung der Begriffe Unredlichkeit und Leichtsinn, auf irrtümliche Annahme oder Nichtannahme der Kausalität, ja sogar darauf gestützt werden, daß der Konkursrichter von der ihm durch Satz 2 eingeräumten Befugnis einen unzweckmäßigen d. h. das Interesse der Gläubiger schädigenden Gebrauch gemacht habe. Denn im Beschwerdeverfahren kann auch das Ermessen des Untergerichts korrigiert werden [§ 73 Anm. 7]. Zusatz. Fremde Rechte. Ein ziffermäßig bestimmter Mindest betrag der Akkordquote Anm. u. wird nur von wenigen Konkursgesetzen verlangt. So Ungarn (§ 200 Nr. 5: der Schuldner muß mindestens 40°/0 bieten), Schweden (§ 104: mindestens 50°/g, fällig spätestens ein Jahr nach der Bestätigung), Norwegen (§ 70 Nr. 3: mindestens 25°/0, bei wiederholtem Konkurs unter Umständen mindestens 50°/0, ausgenommen einmütige Annahme oder unverschuldetes Unglück), Portugal (a. 287 mit a. 286: unter 50°/o nur mit Dreiviertelmehrheit zulässig, unter 30°/o nicht einmal mit ihr; die Raten müssen binnen 3 Jahren bezahlt werden), Rumänien (a. 853 des Gesetzes v. 14. 3. 1902: der Vergleich muß mindestens 60°/0, zahlbar längstens in 18 Monaten, bieten und sicherstellen). In der Schweiz (a. 306 Nr. 2, 317) muß die Bestätigung versagt werden,

350

Zwangsvergleich (Verwerfung auf Antrag).

8188. „wenn

die angebotene Summe nicht in richtigem Verhältnisse zu den Hilfsmitteln des Schuldners steht" [Dgl. oben Anm. 7]. Über das englische Recht siehe Kommissionsbericht S. 1966f. und oben § 164 Anm. 13. Abgestufte Mehrheitserfordernisse: § 182 Anm. 9.

§ 188. Der Vergleich ist auf Antrag eines nicht bevorrechtigten Konkursgläubigers, welcher stimmberechtigt war oder seine Forderung glaubhaft macht, zu verwerfen:

V wenn der Vergleich durch Begünstigung eines Gläubigers oder sonst in unlauterer Weise zustande gebracht ist; 2. wenn der Vergleich dem gemeinsamen Interesse der nicht bevorrechtigten

Konkursgläubiger widerspricht.

Der -Antrag ist nur zuzulassen,

wenn die Tatsachen, auf welche derselbe

gegründet wird, glaubhaft gemacht werden. Unveränderter § 173 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 162ff., Motive II S. 418ff., Protokolle S. 112 f., 131, 186, Kommissionsbericht S. 1965 ff., 2035 f.

Gebotene Verwerfung auf Antrag. I. Der Antrag. Anm. i. Im Gegensatze zu den Fällen der §§ 186, 187 werden die Verwerfungsgründe des § 188 nicht von Amts wegen, sondern nur auf zulässigen Antrag berücksichtigt. Antrags­ berechtigt ist jeder ein Vorrecht nicht beanspruchende Konkursgläubiger, der entweder im Bergleichstermine stimmberechtigt „war" (Entziehung des Stimmrechts gemäß § 95 bei späterer Gelegenheit hebt die Antragsbefngnis nicht auf) oder seine Forderung glaubhaft macht (8 294 ZPO.), wäre ihm auch im Vergleichstermine das Stimmrecht versagt worden. Vgl. 8 189 I. Hatte der Gläubiger seine Forderung noch gar nicht angemeldet, so muß er dies (gegen Boß ArchZivPrax. 97 S. 403) spätestens nun aus Anlaß der Antragstellung tun [8 3 Anm. 2]. Gleichgültig ist, ob der Antragsteller dem Bergleichstermin anwohnte oder nicht, ob er für oder gegen den Vergleich gestimmt hat, ob er bei der Abstimmung in einem Irrtum befangen war oder aus sonstigen Gründen anderen Sinnes geworden ist. Motive II S. 418. Anm. 2. Der Antrag ist nach Abs. II nur zuzulassen (vgl. 8 105), wenn die ihn begründende Tatsache glaubhaft gemacht wird (8 294 ZPO.). Geschieht das, so bedarf es zur Zulassung keines förmlichen Beschlusses. Andernfalls ist der Antrag als „unzulässig" durch eine dem Antragsteller zuzustellende beschwerdefähige Entscheidung abzuweisen (8 73). Fitting 8 48 N. 11; siehe aber auch unten 8 196 Anm. 5. Er kann schriftlich beim Konkursgericht eingereicht oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt [8 72 Anm. 3], auch noch im Termine des 8 184 II — aber nicht nur hier (abw. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1, PetersenKleinfeller Anm. 13) — mündlich gestellt werden. Beschwerdeinstanz: 8 189 Anm. 2. Zum Anträge sind die Beteiligten in einem Termine zu hören [8 184 Anm. 5]. Mehr verlangt der 8 184 II nicht. Namentlich gebietet er keine mündliche Wiederholung schriftlich gestellter Anträge [8 184 Anm. 6]. Anm. 3. Sind die antragsbegründenden Tatsachen glaubhaft gemacht, so kann das Gericht Er­ mittelungen von Amts wegen anordnen [8 75]. Nur, wenn es die volle Überzeugung vom

Borliegen eines gesetzlichen Berwerfungsgrundes gewinnt, hat es die Verwerfung auszusprechen. Vgl. Protokolle S. 112 f. Gerichtliche Geständnisse binden den Richter in diesem Ermittelungs­ verfahren nicht. Führen die Ermittelungen auf einen vom Antragsteller nicht ausdrücklich angerufenen Berwerfungsgrund, so hat der Richter den Vergleich wohl selbst dann zu ver­ werfen, wenn auch dieser andere Grund nur auf Antrag zu berücksichtigen ist: ein zulässiger Antrag deckt alle Berwerfungsgründe der beiden Fälle des 8 188. Diese Auslegung verträgt

Zwangsvergleich (Verwerfung auf Antrag).

351

sich mit dem Wortlaute des Gesetzes und entspricht dem Schutzzwecke des Bestätigungs-F188. verfahrens. Wolff Anm. 4 a. E.; a bw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3. n. Die Berwerfungsgründe des § 188 sind: 1. Unlauteres Zustandebringen des Vergleichs (Nr. 1). Unlauter ist jede gegen «nm. 4. Treu und Glauben verstoßende Handlungsweise, auch wenn sie eine Täuschung weder bezweckt noch bewirkt. Der Begriff ist weiter als der des Betrugs im Sinne des § 196. Protokolle S. 114; Seuffert S. 430. Als Hauptfall bezeichnet das Gesetz die Begünstigung eines Gläubigers (§ 181). Dahin gehört auch der Ankauf von Forderungen zu einem die Bergleichsrate übersteigenden Satz. Ein weiteres Beispiel bildet der Stimmenkauf (§ 243) (Motive II S. 418), etwa auch durch Sicherung einer bisher ungesicherten Forderung gegen das Zugeständnis der Stimmabgabe für den Vergleich. Auch die Teilung von Forderungen zur Erzielung der Kopfmehrheit gehört hierher [§ 182 Anm. 4]. Schwierig­ keiten bereitet die Klärung des Verhältnisses zum § 186 Nr. 1, der gleichfalls Ver­ stöße gegen das Gebot der Gleichbehandlung (§ 181) trifft, aber keinen Antrag voraussetzt. Wolff § 181 Anm. 1, § 186 Anm. 1 will eine Bergleichsverwerfung auf Grund des § 181 nur nach § 188, also nur auf Antrag zulassen. Es kann aber nicht bezweifelt werden, daß der § 181 eine der „für den Abschluß des Vergleichs gegebenen Vorschriften" im Sinne des § 186 Nr. 1 bildet und zwar eine der wichtigsten. Darum muß der Vergleich von Amts wegen verworfen werden, wenn die Übereinkunft, wie sie dem Gericht vorliegt, eine Ungleichheit ergibt; desgleichen, wenn eine solche im Bestätigungsverfahren aufgedeckt wird. Verheimlichte Sonderbegünstigungen zur Beachtung zu bringen, ist Sache einer Antragstellung nach § 188 Nr. 1. Durch den förmlichen Antrag nötigt der Gläubiger das Gericht, den Bedenken nachzugehen. Insofern deckt sich der Fall doch nicht ganz mit bloßer Anregung einer amtlichen Prüfung. Vgl. Petersen-Kleinfeller §§ 186ff. Anm. 7; siehe übrigens auch Nintelen Österr. KRecht S. 349 f., 357 und die von ihm angezogene Rechtsprechung. Verhältnis zum § 187: dort Anm. 7. Einerlei ist, von wem die unlautere Beeinflussung ausging; einerlei, ob sie mit oder Anm. 5. ohne Willen des Gemeinschuldners erfolgte. Nur muß sie für das Zustandekommen des Vergleichs kausal geworden sein (arg. verb. „durch Begünstigung . . . zustande gebracht"). Darum gibt eine noch so unlautere Handlungsweise den Verwerfungsgrund der Nr. 1 nicht ab, wenn auch ohne sie die zur Vergleichsannahme erforderlichen Mehrheiten (§ 182) erreicht worden wären. Kohler Lehrbuch S. 489, Petersen-Kleinfeller Anm. 11; abw. für das österreichische Recht Pollak S. 406. 2. Verletzung der gemeinschaftlichen Interessen (Nr. 2). Dieser Fall ist gegeben,Anm. 6. wenn die Gläubiger bei Ausschüttung der Masse besser fahren würden als beim Zwangs­ vergleich. So einmal, wenn die Erfüllung der Bergleichszusage nicht genügend sicher erscheint, namentlich im Hinblick auf das Vorleben des Schuldners, der vielleicht schon einmal in Konkurs geraten war ^fremde Rechte: § 175 Anm. 9^, und im Hinblick auf die Persönlichkeit und Vermögenslage der Bergleichsgaranten. So ferner, wenn bei Durch­ führung des Konkurses eine zwar spätere, aber doch unverhältnismäßig höhere Befriedigung zu erwarten steht. Dabei spricht besonders der Umstand mit, daß der Ver­ gleich im Normalfalle des Erlasses den Gläubigern das Nachforderungsrecht entzieht, das ihnen bei Durchführung des Konkurses erhalten bleibt (§ 164). Ist dessen Verwirklichung nicht aussichtslos, dann wird ein Vergleich, der nur wenig mehr bietet, als in der Masse liegt, nach Nr. 2 zu verwerfen sein. Auch das vermutliche Ergebnis begründeter Anfecht­ barkeiten fällt ins Gewicht. Daß der Vergleich hauptsächlich durch die Stimmen von Angehörigen des Schuldners zustande gebracht worden ist, rechtfertigt für sich allein die Anwendung der Nr. 2 noch nicht, wiewohl hier der Verdacht besonders nahe liegt, daß mehr dem persönlichen Interesse des Schuldners als dem Gesamtwohle der Gläubiger­ schaft Rechnung getragen wurde. LG. Dresden v. 23. 5. 1883 ZZP. 8 S. 494 f.; AG. Camburg a. S. v. 1. 7. 1911 LZ. 1912 S. 719 f. (hier auch über den Fall, daß Stimm­ rechte auf „Reitwechseln" beruhen). Vgl. zur Nr. 2 auch §§ 196 H, 230 H, 236 Satz 1.

352

Zwangsvergleich (Beschwerde gegen Bestätigung oder Verwerfung).

§189,

§ 189. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß, durch welchen der Vergleich

bestätigt oder verworfen ist, steht dem Gemeinschuldner und jedem nicht bevor­ rechtigten Konkursgläubiger;u, welcher stimmberechtigt war oder seine Forderung glaubhaft macht. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde beginnt mit der Verkündung des Beschlusses.

Eine Anfechtung der Entscheidung des Beschwerdegerichts findet nicht statt. Unveränderter § 174 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 165f., Motive II S. 420f., S. 113, 186.

Protokolle

Beschwerde gegen Bestätigung oder Verwerfung.

I. Beschwerderecht und Beschwerdefrist. Anm. 1.

Der Beschluß, der den Vergleich bestätigt oder verwirft, wird nach § 185 verkündet, nicht zugestellt [§ 185 Sinnt. 1]. Binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 577 ZPO.) seit dieser Verkündung (Abs. II) können Schuldner und beteiligte Gläubiger — nicht auch der Verwalter, nicht ein Borrechtsgläubiger, Massegläubiger, Aussonderungs- oder Absonderungsberechtigter als solcher, nicht ein Bergleichsbürge — den Beschluß mit der sofortigen Beschwerde angreifen (Abs. I). Beschwerdeberechtigt ist sonach einerseits der Gemeinschuldner selbst (im Konkurs einer offenen Handelsgesellschaft jeder Teilhaber, im Nachlaßkonkurse jeder Miterbe: arg. §§ 211 I, 230 I) und zwar auch gegenüber einer ihn beschwerenden Vergleichsbestätigung, also dann, wenn diese sein Interesse verletzt, weil z. B. infolge eines Mißverständnisses oder Betrugs andere als die vom Schuldner vorgeschlagenen Bedingungen protokolliert und bestätigt sind, weil ein zurückgezogener Vergleichsvorschlag als nicht zurückgezogen behandelt worden ist. Vgl. Seuffert § 56 N. 7. Beschwerdeberechtigt ist andrerseits jeder einzelne nicht bevorrechtigte Konkursgläubiger, der entweder im Ber­ gleichstermine stimmberechtigt „war" oder nun seine Forderung glaubhaft macht (§ 294 ZPO.). Das Beschwerderecht der Gläubiger (§ 189 I) entspricht sonach in seinen Voraussetzungen dem Antragsrechte des § 188 fsiehe dort Sinnt. 1, 2]. Für beide Befugnisse ist das Ver­ halten im Bergleichstermine, für die Beschwerdebefugnis das Verhalten im Bestätigungsver­ fahren nicht von vorbedingender Bedeutung. Nur setzt eben das Rechtsmittel begrifflich voraus, daß der angefochtene Beschluß den Anfechtenden beschwert. II. Beschwerdeverfahren.

Anm. 2.

In der Beschwerdeinstanz dürfen neue Tatsachen und Beweise vorgebracht werden (§ 570 ZPO.). Darum kann der Beschwerdeführer auch neue Berwerfungsgründe geltend machen. Dies gilt aber nur für den Fall, daß der Bestätigungsbeschluß einen — wenn auch nicht vom jetzigen Beschwerdeführer selbst gestellten — Berwerfungsantrag (§ 188) abgelehnt hatte. Sonst, d. h. wenn ein Antrag auf Verwerfung gar nicht gestellt und ein von Amts wegen zu beachtender Berwerfungsgrund nicht gegeben war, ist der Bestätigungs­ beschluß zu Recht ergangen. Für eine Anfechtung des Beschlusses durch Beschwerde ist alsdann, wie das im Wesen das Rechtsmittels liegt, kein Raum. Der § 570 ZPO. gestattet lediglich die neue tatsächliche Begründung eines früheren Begehrens, nicht die Stellung eines in erster Instanz überhaupt nicht erhobenen Antrags durch Beschwerde. Vgl. RG. v. 27. 9. 1895 Bd. 35 428; ObLG. v. 9. 2.1894 Slg. a. F. 15 S. 53; Petersen-Kleiufeller §§ 186 ff. Sinnt. 13, v. Sarwey-Bossert § 189 Anm. 5, F. Wach Zwangsvergleich S. 42, Fitting A 48 N. 18; — abw. Seuffert S. 432, Wolff Anm. 1, v. Wilmowski-Kurlbaum Sinnt. 2 (obwohl letztere die Antragstellung selber nur als mündliche Erklärung im Termine des § 184 II zulassen wollen). „Ein Gegner," dem die Kosten zur Last fielen, ist für das Beschwerdeverfahren des

Zwangsvergleich (Beschwerde gegen Bestätigung oder Verwerfung).

353

§ 189 als solches nicht vorhanden. Gibt daher das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so § werdennach § 45 GKG. Gebühren nicht erhoben. Liertz Z. f. Bollstreckungswesen 15

189.

S. 90.

HI. Ausschluß weiterer Beschwerde. Nach Abs. IH ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts unanfechtbar, alsvAnm. 3. eine weitere Beschwerde unzulässig. Die MotiveII S. 420f. rechtfertigen diese Besonder­ heit (vgl. § 568II ZPO.), die offensichtlich die Gefahr einer Zersplitterung der Rechtsanwendung, namentlich der Auslegung des § 181, birgt, mit dem Hinweis auf die „zweimalige erschöpfende Erörterung der gesamten Sachlage und die Zulassung einer Entkräftung des bestätigten Zwangsvergleichs wegen Betrugs oder betrüglichen Bankerutts" (§§ 196, 197). Nach dieser Begründung ist Entscheidung im Sinne des Abs. III nur der auf Grund erneuter Verhandlung ergehende Beschluß des Beschwerdegerichts über die Bestätigungsfrage, also nur die erneute Sachentscheidung. Eine solche einschränkende Auslegung führt zu angemessenen Ergebnissen und rechtfertigt sich durch den Ausnahmecharakter des Abs. in. Wird also eine Sachentscheidung nicht gefällt, sondern die Beschwerde — etwa mangels der erforderlichen Glaubhaftmachung (§ 189 I) — als unzulässig verworfen, so ist eine weitere Beschwerde nach Maßgabe des § 568 ZPO. statthaft. Fitting § 48 N. 19, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 5, F. Wach S. 46; — abw. z. B. v. Sarwey-Bossert Anm. 5, Seuffert § 56 N. 10 Den Beteiligten zuzu stell en ist der Beschluß des Beschwerdegerichts trotz seiner Unanfechtbarkeit und zwar nach der allgemeinen Vorschrift des § 73 II. Der § 185 gilt nur für die erste Instanz.

Durch die Beschränkung des Abs. III wird der Eintritt der Rechtskraft und damit Anm. 4. entweder die erst nack „rechtskräftiger" Bergleichsbestätigung zu verordnende Aufhebung (§ 190) oder aber die Fortführung des Konkurses beschleunigt. IV. Rechtskraft des Beschluffes.

Ist der Bestätigungsbeschluß in Rechtsrast erwachsen (8 705 ZPO.), so werden dieAnm. 5. Beteiligten nicht mehr mit der Behauptung gehört, das Konkursgericht habe den Zwangs­ vergleich nicht bestätigen dürfen. Das verlangt die Rechtssicherheit. Folglich heilen mit Eintritt der Rechtskraft vor allem bloße Berfahrensverstöße (z. B. die Verletzung der §§ 178, 179, 186 Nr. 1), aber auch Mängel sachlicher Erfordernisse (z. B. Verstöße gegen die §§ 181, 182, 188). Die Wirksamkeit eines rechtskräftig bestätigten Zwangsvergleichs kann grundsätzlich nur noch nach den besonderen Vorschriften der §§ 196, 197 in Frage gestellt werden (RG. v. 3. 3. 1904 Bd. 57 275). Siehe § 184 Anm. 3, § 196 Anm. 3. Indessen besteht diese Schranke nur für solche Beschlüsse, die in Wahrheit eine „Bestätigung" sind. Hat der Richter sich Machtbefugnisse angemaßt, die ganz außerhalb der gesetzlichen Ermächtigung liegen, hat er z. B. in Verkennung seiner Aufgabe [§ 173 Anm. 10] das Parteiübereinkommen durch Zusätze, Streichungen oder sonstige Änderungen inhaltlich umgestaltet und den nach seinem

Gutdünken festgestellten Text „bestätigt", dann liegt auch nach fruchtlosem Ablauf der Be­ schwerdefrist ein Zwangsvergleich mit den Wirkungen der §§ 193, 194 überhaupt nicht vor. Über den Nichtigkeitsgrund des § 579 I Nr. 4 ZPO. siehe § 184 Anm. 3; darüber, daß der bestätigte Zwangsvergleich als solcher keine urteilsmäßige Forderungsfeststellung enthält, § 173 Anm. 10.

Die Rechtskraft des Berwerfungsbeschlusses steht dessen weiterer Anfechtung ent-Anm. e. gegen. Sie hindert aber nicht die Erneuerung von Bergleichsversuchen. Ein Vergleich, der gestern nach § 188 I Nr. 2 zu verwerfen war, kann z. B. infolge plötzlicher Masseentwertung morgen schon im gemeinsamen Gläubigerinteresse erwünscht sein. Siehe § 176 Anm. 4.

354

Zwangsvergleich (Aufhebung des Konkurses).

8190.

§ 190. Sobald der Vergleich rechtskräftig bestätigt ist, beschließt das Gericht die Aufhebung des Konkursverfahrens. Eine Anfechtung des Beschlusses findet

nicht statt. Der Beschluß und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen. Die Vorschriften der §§ (U Abs. 2, \\2, {(3 finden entsprechende An­

wendung. Unveränderter § 175 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 182ff., Motive II S. 421, Protokolle S. 113 f., 186. Aufhebung des Konkursverfahrens.

I. Erfordernis eines eigenen Konkursaufhebungsbeschluffes. Anm. 1.

Anm. 2.

Der Zwangsvergleich setzt an die Stelle der konkursmäßigen Schuldenbereinigung eine andere Art der Gläubigerbefriedigung (§ 174) und verdrängt damit den Konkurs. So bildet die Konkursbeendigung zwar nicht den Zweck, wohl aber eine notwendige Folge des Zwangsvergleichs. Nun könnte das Gesetz den Konkursrichter anweisen, die Auf­ hebung des Konkursverfahrens mit der Vergleichsbestätigung zu verbinden. Es trennt aber diese beiden Beschlüsse von einander und gebietet, die Konkursaufhebung erst dann, wenn auch alsbald dann auszusprechen, nachdem die Bergleichsbestätigung in Rechtskraft erwachsen ist (Abs. I Satz 1). Wie im Falle der Durchführung des Konkurses nach Ausschüttung der Masse (§ 163), so bedarf es also auch nach rechtskräftiger Vergleichsbestätigung noch einer besonderen „Aufhebung des Konkursverfahrens" durch Beschluß des Konkurs­ gerichts ^Sprachgebrauch: § 163 ©inl.J. Gebühr: §§ 51 Nr. 2, 52 GKG. Im einen wie im andern Falle dauert der Konkurs mit seinen Beschlagswirkungen für den Schuldner wie für die Gläubiger und darum auch die Zwangsvertretungsmacht des Konkursverwalters fort, bis die Aufhebung wirksam wird. Diese Wirksamkeit beginnt nach Abs. II mit § 76 12 einheitlich für und gegen alle Beteiligten mit Ablauf des zweiten Tages seit Ausgabe des die (erste) Einrückung enthaltenden Amtsverkündungsblattes [§ 163 Anm. 4]. Vgl. OLG. Dresden v. 3. 12. 1909 LZ. 1911 S. 160 f. u. Rechtspr. in Anm. 5. Die Verkündung des Auf­ hebungsbeschlusses in einem Termine (§ 329 I ZPO.) wird, da die Entscheidung kaum jemals einer mündlichen Verhandlung bedarf, nicht in Frage kommen (ungenau Colmar v. 11. 7.1906 OLG. 15 S. 251). Die gesetzliche Sonderung der Beschlüsse ist nun aber keineswegs eine überflüssige Förmlichkeit. Sie hat ihren guten Grund. Denn es bedarf eines Zwischenraums zwischen der Rechtskraft der Bergleichsbestätigung und der Konkursaufhebung, weil nach jener und vor dieser noch Obliegenheiten mancher Art zu erfüllen sind. So die Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters [§ 86 Anm. 1], die noch einen innerhalb des Konkursverfahrens liegenden Termin erfordert, wenn auch hier die Einhaltung der Zwischenfrist des § 162 mit Rücksicht auf den begrenzteren Zweck unseres Termins und auf das Gebot der Beschleunigung fAnm. 5] gewiß nicht unerläßlich ist; die Festsetzung von Auslagen und Vergütungen auf Grund der §§ 85, 91, die zweckmäßig mit der Anberaumung des erwähnten Termins ver­ bunden wird sbeachte § 85 Anm. 5, § 91 Anm. 3]; die Berichtigung oder Sicherstellung von Masseansprüchen und bevorrechtigten Konkursforderungen nach Maßgabe des § 191. Gerade diese zuletzt genannte Aufgabe darf, was bei den bevorrechtigten Kon­ kursforderungen ohne weiteres einleuchtet, einerseits nicht vorgenommen werden, ehe das Zustandekommen des Zwangsvergleichs feststeht; andrerseits weist aber der § 191 noch den Verwalter als solchen an, die Deckung „aus der Konkursmasse" zu bewirken, eine Wendung, die selbstverständlich für alle Sätze des § 191 gilt und bestätigt, daß die Deckung noch vor

Zwangsvergleich (Aufhebung des Konkurses).

355

Konkursbeendigung vollzogen werden muß. Sonst würden ja auch Vorrechts- wie Massegläubiger, die den Vergleich nicht hindern können, in bedenklichster Weise gefährdet sein. Es kommt vor, daß zwischen Vergleichsbestätigung und Konkursaufhebung Monate verstreichen (Beispiel: LZ. 1912 S. 492). Vergleichsbedingungen: Anm. 6.

§190.

Der Aufhebungsbeschluß kann einfach lauten: „Das Konkursverfahren über das Ber- Anm. b. mögen des Kaufmanns Franz Faller in Gantheim wird aufgehoben, da der im Termin vom 1. Juni 1912 angenommene Zwangsvergleich rechtskräftig bestätigt ist. Gantheim, den 27. Juni 1912. Kgl. Amtsgericht." Die im Abs. II gebotene Grundangabe liegt hier in den Worten „da ... bestätigt ist". Nach Abs. I Satz 2 findet eine Anfechtung des Auf­ hebungsbeschlusses nicht statt. Das Gesetz geht wie im Falle des § 163 I 2 davon aus, daß kein Anfechtungsanlaß gegeben sein wird, da es ja die Unabänderlichkeit der Vergleichs­ bestätigung voraussetzt sAnm. 4]. Der Aufhebungsbeschluß erwächst also sofort mit bewirkter Bekanntmachung sAnm. 1] in Rechtskraft. H. Zeitpunkt der Konkursaufhebung.

Das Konkursgericht hat nach Abs. I Satz 1 die Aufhebung des Konkursverfahrens zu be- Anm. 4. schließen, „sobald der Vergleich rechtskräftig bestätigt ist", nicht früher. Es muß also, wenn es den Vergleich bestätigt hat, eine Beschwerde aber nicht eingelegt wird, den Ablauf der nach § 189 II beginnenden Beschwerdefrist, in jedem anderen Falle eine unanfechtbare Entscheidung des Beschwerdegerichts (§ 198 III) abwarten. §§ 577, 705 ZPO. Erläßt das Konkursgericht den Aufhebungsbeschluß schon vorher, so verstößt es gegen ein unzweideutiges Gebot des Gesetzes. Trotzdem würde ein solcher verfrühter Beschluß wirksam werden, sobald die gesetzliche Vorbedingung seiner Wirksamkeit — die Rechtskraft der Ber­ gleichsbestätigung — sich erfüllt hätte. Mit dieser Maßgabe würde die Rechtskraft sAnm. 3] den Berfahcensmangel heilen. Die Rechtslage entspräche dem Falle, daß auf Grund der §§ 275 II, 304 II ZPO. eine nicht weiter anfechtbare Sachverurteilung erfolgt, ehe das Zwischenurteil in Rechtskraft erwachsen ist. Der Eintritt der Wirksamkeit des Aufhebungs­ beschlusses wäre also noch in der Schwebe. Würde der Bestätigungsbeschluß im Beschwerde­ verfahren beseitigt, so erlangte der verfrühte Aufhebungsbeschluß keine Wirksamkeit. Würde andrerseits der Bestätigungsbeschluß nach erlangter Rechtskraft im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 577 II 3 ZPO.) umgestoßen ssiehe § 184 Anm. 3], so würde ebendamit die Wirksamkeit des Aushebungsbeschlusses erlöschen. Vgl. Seuffert S. 433; abw. Hellmann S. 546 (es sei erneute Eröffnung des Konkurses auf Antrag nötig). Da der Aufhebungs­ beschluß unanfechtbar ist hat der Konkursverwalter nicht die Macht, sich einer verfrühten Aushebung mit Erfolg zu widersetzen (vgl. RG. v. 15. 12. 1899 IW. 1900 S. 73 Nr. 8). .

Hat das Konkursgericht den Aufhebungsbeschluß zu erlassen, „sobald" der Vergleich rechts- Anm. 5. kräftig bestätigt ist, so liegt der Schluß nahe: also auch nicht später! Da indessen noch eine Reihe zwischenzeitlicher Konkursaufgaben zu erledigen, diese Erledigung aber gerade durch die Sonderung des Aufhebungsbeschlusses sichergestellt ist sAnm. 1, 2], kann der Sinn des Gesetzes nur der sein, daß jenen Anforderungen möglichst rasch zu entsprechen und danach die Auf­ hebung des Konkurses sofort zu beschließen sei. Dies ist auch der Standpunkt der Motive II S. 421. Man hat dagegen geltend gemacht, aus dem § 191 ergebe sich — wie für den Fall der Ausschüttung der Masse aus dem § 166 — die Fortdauer der gesetzlichen Vertretungs­ macht des Verwalters über den Konkurs hinaus und es bestehe deshalb kein Anlaß, mit der Aufhebung des Verfahrens bis zur Abwicklung der Konkursverwaltungsgeschäfte zu warten. Der vielfach auf die Aufhebung des Konkurses oder eine bestimmte Zeit danach festgesetzte Verfall der Bergleichsansprüche dürfe nicht hinausgezögert werden. So namentlich Hullmann Anm. 4, Wolff Anm. 2, siehe nun auch v. Wilmowski-Kurlbaum § 190 Anm. 2, § 191 Anm. 1 (gegen die älteren Auflagen). Allein der Zweck des § 191 ist — im Gegensatze zum § 166 — nicht der, dem Verwalter Machtbefugnisse einzuräumen, die ihm an sich nicht mehr zukommen. Die Vorschrift will vielmehr die Art der Abwicklung einer noch in den Bereich der Konkursverwaltung fallenden Angelegenheit regeln und setzt, da sich das Gebot an den „Verwalter" richtet, und Deckung „aus der Konkursmasse" verordnet, voraus, daß

356

§190.

Anm. 6.

Zwangsvergleich (Aufhebung des Konkurses).

dieser tätig wird, so lange er das Berwalteramt noch bekleidet, also vor der Aufhebung des Verfahrens [Anm. 2]. Zwischen der Aufhebung des § 190 und der des § 163 besteht eben der große Unterschied, daß der Zwangsvergleich die Konkursbefriedigung und damit die Obliegenheiten des Konkursverwalters als solchen verdrängt. Mit dem Konkurse hat die gesetzliche Bertretungsmacht des Verwalters auch hinsichtlich streitiger Masseansprüche ihr Ende erreicht [§ 192 Anm. 1]. In diesem Sinne namentlich RG. v. 6. 3.1891 Bd. 27 113, v. 27. 3. 1893 Bd. 31 40, v. 11.12. 1893 Bd. 32 72, v. 27. 11.1903 Bd. 56 72, v. 2. 3.1900 SeusfA. 55 Nr. 253 (auch IW. S. 296 Nr. 11); ObLG. v. 20.10.1894 ebenda 50 Nr. 234, OLG. Braunschweig v. 13. 5.1891 ebenda 47 Nr. 304; Petersen-Kleinfeller §§ 190 ff. Anm. 3, F. Wach Zwangsvergleich S. 47 f.; vgl. auch § 10 Anm. 12 ff. (Allgemeines, Aktivprozesse), § 29 Anm. 24 und § 36 Anm. 10 (Anfechtungsprozesse), § 57 Anm. 12 (Prozesse über Masseansprüche), § 146 Anm. 28 ff. (Feststellungsprozeffe); siehe auch § 6 Anm. 35 (Boll­ streckungsklausel). Andrerseits steht fest, daß die Zwangsvertretung des Gemeinschuldners durch den Verwalter nicht schon mit rechtskräftiger Bergleichsbestätigung, sondern erst mit Konkursaufhebung endet. Dem entspricht es, daß der § 192, der dem Schuldner die Berfügungsfreiheit wieder einräumt, im Gesetz hinter dem § 190 steht, also die Konkursaufhebung voraussetzt (OLG. Posen v. 29. 3. 1911 PosMSchr. S. 82 f.). Für die zwischenzeitliche Klage auf Feststellung eines streitigen Konkursgläubigerrechts zum Zwecke der Erwirkung eines Titels nach § 194 würden daher noch die Grundsätze des § 146 maßgebend sein. Jnsolange wäre eine Ausklagung des Schuldners in Person nur zulässig, wenn auch er selbst die Forderung bestritten hätte (§ 144 II; abw. Colmar aaO.). Man muß aber noch einen Schritt weiter gehen und mit den Motiven II S. 421 an­ nehmen, daß vor der Aushebung des Konkurses auch die im Vergleich zugesagten Siche­ rungen bewirkt werden müssen, falls die Vergleichsannahme ausdrücklich an diese Bedingung geknüpft worden ist. Zwar handelt es sich hier nicht mehr um Konkursverwaltungsangelegen­ heiten, sondern bereits um die Ausführung des Vergleichs. Allein das Konkursgericht darf diese an sich zulässige und vielleicht sehr ratsame Vergleichsbedingung nicht unbeachtet lassen (vgl. F. Wach S. 47, Petersen-Kleinfeller Anm. 2, Oetker Konkursr. Fragen S. 64 ff.). Mit Rücksicht auf die Gefahr, den Konkurs trotz rechtskräftiger Bergleichsbestätigung beim Ausfälle der Bedingung fortsetzen zu müssen, empfiehlt es sich freilich dringend, schon die Bestätigung des Vergleichs bis zur Erfüllung der Bedingung hinauszuschieben [§ 184 Anm. 3]. in. Rechtsfolgen der Aufhebung.

Anm. ?.

Der Konkursbes chlag endet, wenn die Aufhebung in Wirksamkeit tritt [Sinnt. 1], wie im Falle der Konkursdurchführung nur für die Zukunft, nicht mit rückwirkender Kraft [§ 163 Anm. 6]. Eine Fortdauer der Zwangsvertretungsmacht des Konkursverwalters zum Zwecke des Vollzugs der Schlußverteilung oder einer Nachtragsverteilung [§ 163 Anm. 7] kommt im Falle der Aufhebung kraft Zwangsvergleichs nicht in Betracht. Soweit der Ver­ walter die Masse noch nicht verwertet hat, fällt diese nach § 192 grundsätzlich in die freie Verfügung des Schuldners zurück. Der Konkurszweck hat sich erledigt. Im übrigen stehe § 163 Anm. 8 und die Erläuterungen zum § 192. Sobald der Aufhebungsbeschluß wirksam geworden ist, sind nach Abs. III den §§ 111II, 112, 113 entsprechende Bekanntmachungen, Mitteilungen und Eintragungen vorzunehmen. Insoweit gilt, was zu § 163 Anm. 5 bemerkt ist, auch hier.

§ 191.

Der Verwalter hat aus der Aonkursmasse die Masseansprüche;u berichtigen.

Die bestrittenen Masseansprüche sind sicher;u stellen.

Die bevorrechtigten Aonkursforderungen sind, insoweit sie festgestellt sind, Zu berichtigen, insoweit sie glaubhaft gemacht sind, sicher;u stellen. Unveränderter § 176 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 182f., S. 114, 186.

Motive II S. 421, Protokolle

Zwangsvergleich (Masse- und Borrechtsgläubiger).

357

®

Deckung der Masse- und Borrechtsgläubiger. I. Vollzug vor Aufhebung des Konkurses.

Die wichtigste Aufgabe, die der Konkursverwalter nach dem Zustandekommen eines Anm. 1. Zwangsvergleichs und vor der Aufhebung des Konkursverfahrens zu erfüllen hat, besteht darin, die Massegläubiger [§ 57 Anm. 1] und die bevorrechtigten Konkurs­ gläubiger des § 61 Nr. 1—5 (siehe § 193 Anm. 10] zu befriedigen oder sicherzu stellen. Diese Gläubiger nehmen an der Schließung des Zwangsvergleichs nicht teil (§§ 173, 193). Sie sind daher außerstande, ihn zu verhindern, würden aber durch eine vor ihrer Deckung erfolgende Konkursaushebung stark gefährdet, da diese dem Schuldner die freie Verfügung über sein Vermögen wiedergibt (§ 192). Zum Schutze der Masse- und Borrechtsgläubiger gebietet daher der § 191 dem „Verwalter" als solchem, noch aus der seiner Verfügung unterworfenen „Konkursmasse" die Befriedigung oder Sicherstellung vorzunehmen. Damit erkennt das Gesetz an, daß die Deckung vor der Aufhebung des Konkursverfahrens zu vollziehen ist [§ 190 Anm. 1, 2]. Die Deckungspflicht entsteht also keineswegs, wie nun v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1 behaupten, erst wenn die Konkursaufhebung wirksam wird. Sie bildet vielmehr eine dem Verwalter von vornherein obliegende Verbindlichkeit (vgl. § 57), die im § 191 nur eine durch die Lage der Dinge gebotene Verstärkung erfährt (siehe Anm. 4]. Darum muß das Konkursgericht, ehe es die Aushebung des Konkursverfahrens beschließt, den Konkursverwalter über den Vollzug der Deckung Bericht erstatten lassen, was zweckmäßig bei Abnahme der Schlußrechnung geschieht [§ 190 Anm. 2]. Freilich sind nicht festgestellte Borrechtsforderungen nach Abs. II dem Konkursverwalter, nicht dem Konkursgerichte glaubhaft zu machen, das Gericht also auch außerstande, dem Verwalter zu gebieten, daß er einen Nachweis als ausreichend zu erachten habe. Allein einerseits hat der Konkursrichter — unter eigener und staatlicher Verantwortung [§ 83 Anm. 3] — dem Verwalter Zeit zur Er­ füllung seiner Aufgabe zu lassen und gegen Pflichtwidrigkeiten des Verwalters im Aufsichtsweg einzuschreiten (§§ 83, 84), was die beteiligten Gläubiger jederzeit anregen können; andrerseits macht der Konkursverwalter sich selber schadensersatzpflichtig (§ 82), wenn er schuldhafter Weise die ausreichende und rechtzeitige Deckung unterläßt [§ 57 Anm. 6, § 82 Anm. 2], also z. B. zur Sicherstellung eines bedingten Kostenerstattungsanspruchs (Anm. 3] nur eine ungenügende Summe hinterlegt (OLG. Posen v. 6. 10. 1905 PosMSchr. S. 170f.), nicht etwa nur bei Veranlassung vorzeitiger Konkursaufhebung durch unwahre Berichterstattung. Wer seine Nichtbeachtung selbst verschuldet, kann den Verwalter nicht verantwortlich machen (vgl. z. B. OLG. Colmar v. 8. 3.1912 LZ S. 491 f.). Andrerseits bleibt es den Gläubigern unbenommen, durch Klage, Zwangsvollstreckung und Arrestgesuch gegen den Konkursverwalter vorzugehen, solange das Konkursverfahren nicht aufgehoben ist. Einfluß der Konkursbeendi­ gung auf den Rechtsstreit: § 57 Anm. 12, § 146 Anm. 29; Haftung des bisherigen Gemein­ schuldners gegenüber Massegläubigern: § 57 Anm. 5. Sind die nach § 191 erforderlichen Barmittel nicht vorhanden, so muß der Verwalter Anm. 2. durch Versilberung von Massegegenständen (§ 1171) die nötigen Beträge flüssig machen. Durch Erhebung oder Fortführung voraussichtlich langwieriger Prozesse aber darf die Konkurs­ beendigung nicht hinausgezögert werden. Ein solcher Aufschub wäre mit dem Grundsätze des § 1901 unvereinbar [§ 190 Anm. 5]. Vgl. LG. v. 24. 11. 1908 BadRpr. 1909 S. 82 f. Auszahlungen darf er nur auf feststehende und fällige Ansprüche leisten (darüber Anm. 3 u. 4]. Andere werden sicher gest ellt. Die Sicherstellung ist in Ermangelung besonderer Vor­ schriften nach Maßgabe und mit den Rechtsfolgen der §§ 232 ff. BGB. zu bewirken. Eine Nachtragsverteilung aus dem Grunde des Freiwerdens einer Sicherheit gibt es hier nicht [§ 166 Einl.]. Der Sicherungsgegenstand fällt unbeschadet der Belastung, sobald der Konkurs endet, in die freie Verfügung des Schuldners zurück (§ 192). Fortab würde also die zur Beschaffung eines Vollstreckungstitels erforderliche Hypothekenklage (§ 1147, vgl. auch §§ 1133 ff. BGB.) gegen den belasteten Eigentümer selbst, nicht mehr gegen den früheren Verwalter zu richten sein. Die Zwangsvertretung hat aufgehört. Auf wessen Kosten sollte der Verwalter auch künftig prozessieren? Dem Ermessen des Schuldners bleibt es nun Jaeger, Konkursordnung.

5. Aufl.

Bd. II.

23

358

§191.

Zwangsvergleich (Masse- und BorrechtSglSubiger).

anheimgestellt, Ansprüche anzuerkennen, die der Verwalter bestritten hatte, wobei ihm das eigene Interesse Vorsicht gebietet. Die übrigen Gläubiger schützt hier wie sonst gegen unlautere Bermögensentäußerung das Anfechtungsrecht. Durchaus abw. Oetker ZHR. 66 S. 200. II. Maffeansprüche.

«nm. s.

Bon Amts wegen hat der Konkursverwalter alle, aber auch nur diejenigen Masseansprüche zu berücksichtigen, die ihm vor der Aufhebung des Verfahrens bekannt geworden sind (arg. § 172), mögen sie auch erst nach Beendigung des Vergleichs entstanden sein (vgl. RG. v. 15.12.1899 IW. 1900 S. 73 Nr. 8). Siehe § 172 Anm. 6. Die bekannten und unstreitigen Masseansprüche werden nach Abs. I durch Auszahlung (oder Bewirkung der sonst etwa ge­ schuldeten Leistung), die vom Verwalter bestrittenen — ohne, daß wie im Falle des Abs. II eine Glaubhaftmachung erforderlich wäre — durch Sicher st ellung gedeckt. Aufschiebend be­ dingte und betagte Masseansprüche — letztere fallen nicht unter den § 65 — dürfen jedoch der Natur der Sache nach (vgl. §§ 168, 169) gleichfalls bloß durch Sicher st ellung berücksichtigt werden, obschon Abs. I dies nicht ausdrücklich verordnet. Daß ein unstreitiger bedingter Masseanspruch nicht einmal sicherzustellen wäre, wie Hellmann S. 552 lehrt, ist mit Fassung und Zweck des Gesetzes unvereinbar. Vgl. Fitting § 48 N. 22. Dies gilt namentlich für Prozeß­ kosten [§ 29 Anm. 24] und für künftige Ansprüche aus den vom Verwalter abgeschlossenen oder fortgesetzten Mietverträgen. Der Sicherungspflicht des Verwalters entspricht ein Anspruch des Massegläubigers auf die Sicherheit, der bis zur Konkursbeendigung im Prozeßwege wider den Verwalter verfolgt werden kann (abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2). Der Verwalter hat bei persönlicher Verantwortlichkeit sAnm. 1] der Deckungspflicht des Abs. I auch dann zu genügen, wenn die in seinen Händen befindliche Masse nach Be­ rücksichtigung ihm vorgehender Massegläubiger zur Erfüllung seines Honoraranspruchs nicht mehr ausreichen sollte (§§ 58 Nr. 2, 60, 85). Nebenansprüche (Zinsen, Kosten der Rechts­ verfolgung) sind mit dem Kapitalanspruche zu decken ssiehe § 57 Anm. 10, § 60 Anm. 4].

HL Bevorrechtigte Konkursgläubiger.

«um. 4.

Fe st gestellte Borrechtsforderungen hat der Verwalter vor Aushebung des Konkurs­ verfahrens zu decken: die fälligen durch Zahlung, die aufschiebend bedingten (arg. §§ 168,169) durch Sicherstellung. Die im Prüfungsverfahren, wenn auch nur dem Vorrechte nach, bestrittenen Borrechtsansprüche hat er sicherzustellen, aber nur „insoweit sie glaubhaft gemacht sind". Abs. II. Die Glaubhaftmachung (vgl. § 294 ZPO.) muß ohne Aufschub gegenüber dem Verwalter erfolgen. Sonst entsteht der Sicherungsanspruch nicht. Siehe Anm. 1. Die Erfordernisse des § 152 brauchen (gegen Oetker aaO. S. 198) nicht erfüllt zu sein. Da die allgemeine Prüfung der Konkursforderungen vor Schließung des Zwangs­ vergleichs stattgesunden hat (§ 173)', spielt die Frage, wie der Verwalter sich gegenüber noch gar nicht geprüften Borrechtsansprüchen zu verhalten habe, keine große Rolle. In der Praxis haben sich Schwierigkeiten bisher nicht ergeben. Nach der Fassung unseres Abs. II, die zwischen geprüften und ungeprüften Forderungen keinen Unterschied macht, hat der Ver­ walter auch ungeprüfte Borrechtsansprüche sicherzustellen, soweit sie ihm rechtzeitig glaubhaft gemacht sind (abw. Oetker I S. 498). Darin liegt freilich eine Besonderheit. Sie recht­ fertigt sich aber vollkommen aus der Erwägung, daß die Borrechtsgläubiger gegenüber der in Anm. 1 dargelegten Gefahr dieser Rücksicht dringend bedürfen. Andrerseits wird ja Glaub­ haftmachung gefordert und nur ein Recht auf Sicherstellung, nicht auf Befriedigung zuerkannt, also ausreichende Gewähr zum Schutze der übrigen Gläubiger und des Schuldners selber ge­ boten. Nachzügler, die Sicherung aus der Konkursmasse verlangen, müssen nach dem Grundsätze des § 12 ssiehe § 3 Anm. 2] ihre Forderungen anmelden (vgl. Wolff Anm. 3, abw. v. Wil­ mowski-Kurlbaum Anm. 3). Über die Vollstreckung festgestellter Vorrechtsansprüche nach

Konkursbeendigung siehe § 194 Anm. 7. Daß ein Bergleichsgarant sich auch für die Erfüllung bevorrechtigter Konkursforderungen verbürgt, ist nicht ausgeschlossen. Allein die Gläubigerversammlung, die den Zwangsvergleich annimmt (§§ 173, 182), kann nicht auch mit Wirksamkeit für die Borrechtsgläubiger handeln. Dazu bedarf es besonderer Erklärung durch diese selbst. Vgl. Naumburg v. 22. 9. 1905 OLG. 11 S. 364 f.

Zwangsvergleich (Wirkung).

359

Auch Nebenansprüche der Borrechtsgläubiger läßt der Zwangsvergleich unberührt. Dietz 191. seit Konkursbeginn laufenden Zinsen und die Kosten der Konkursbeteiligung können nun Anm. 5. aber nach § 63 Nr 1, 2 auch von Borrechtsgläubigern im Konkurse selbst bei dessen Durch­ führung nicht geltend gemacht werden. Am Erfordernisse der „Feststellung" im Sinne des Abs. II fehlt es also insoweit. Andrerseits unterliegt es keinem Zweifel, daß die Vorschriften des § 63 Nr. 1, 2 die rechtswirksame Entstehung dieser Nebenansprüche keineswegs aus­ schließen. Der Zweck unseres § 191 aber geht dahin, zu verhüten, daß die am Zwangs­ vergleich unbeteiligten Gläubiger durch die ihm folgende Ausantwortung der Masse an den Schuldner gefährdet werden. Dementsprechend hat der Verwalter auch die unter § 63 Nr. 1, 2 fallenden und ihm glaubhaft gemachten Nebenansprüche bevorrechtigter Konkursgläubiger sicherzustellen, obwohl diese Nebenansprüche nicht selber „Konkursforderungen" und darum durch den Wortlaut des Abs. II nicht getroffen sind. Der Zweck des Gesetzes gebietet volle Deckung. Insoweit müssen die Sätze der konkursmäßigen Verteilung (z. B. auch § 170) zurücktreten. Siehe noch § 193 Anm. 7 (Nebenansprüche nicht bevorrechtigter Konkurs­ gläubiger). Zusatz. Fremde Rechte. Ähnliche Vorschriften finden sich im ausländischen Recht. So mit Anm. 6. beachtenswerter Regelung^ in den a. 163, 164 des holländischen Konkursgesetzes. Vgl. auch Dänemark a. 121. In Österreich (§ 235) und in Ungarn (§ 2221) muß der Verwalter, ehe die Konkursbeendigung auszusprechen ist, auch die Deckung der Aussonderungsrechte dartun (vgl. Rintelen S. 359 f.).

S 1»*. Soweit der Zwangsvergleich nicht ein Anderes bestimmt, erhält der Gemein­ schuldner das Recht zurück, über die Konkursmasse frei zu verfügen. Unveränderter § 177 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. S. 114, 186.

184, Motive II S. 421, Protokolle

Wiederkehr der Berfügungsfreiheit.

I. Grundsatz und zulässige Schranken. Der Konkursbeschlag er lischt, sobald die Bekanntmachung des Beschlusses Anm. 1. bewirkt ist, der nach § 190 bte Aufhebu ng des Konkurs verfahrens verordnet [§ 190 Anm. 1]. In diesem Zeitpunkt und nicht etwa schon beim Eintritte der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses (§ 184) kehrt das bisher konkursbefangene Vermögen von Rechts wegen in die freie Verfügung des Schuldners zurück. So auch Beträge, die bei etwa schon erfolgter Abschlagsverteilung nach § 168 zurückbehalten worden waren [ftelje § 168 Anm. 2]. Eine Hinterlegung im Sinne des § 169 sieht das Gesetz für den Bergleichsfall nicht vor. Die Beschränkungen der §§ 6, 7, 8 hören von nun ab aus. Rechtsgeschäfte, die der Schuldner für diesen Fall schon vorher abgeschlossen hatte, treten jetzt in Wirksamkeit fAnm. 4]. Ersatzansprüche wegen Schädigung der Konkursmasse, sei es durch einen Dritten oder durch einen ungetreuen Verwalter oder Gläubigerausschuß (§§ 82 , 89), unterstehen fortan der Verfügung des bisherigen Gemeinschuldners (vgl. RG. v. 23. 9. 1893 Bd. 31 119, v. 16. 9. 1909 LZ. 1910 S. 160, v. 25. 11. 1911 Bd. 78 189). Desgleichen Be­ reicherungsansprüche auf Rückgewähr zur Masse, wie sie etwa begründet sein können, wenn der Konkursverwalter in der irrigen Annahme des Bestehens einer Masseschuld gezahlt hatte (§§ 812ff. BGB.). So die gesetzliche Regel. Sie läßt aber Ausnahmen zu, soweit der Vergleich selber, also die gerichtlich bestätigte Parteiübereinkunft, nicht etwa eine eigenmächtige Anordnung des Konkursgerichts, Beschränkungen der Berfügungsmacht vorsieht. Solche Beschränkungen müssen also auf dem Bertragswillen des Schuldners selbst beruhen (vgl. Motive H S. 421). Sie kommen in verschiedenem Umfange vor. Am häufigsten ist die Bergleichsbestimmung, daß die Auszahlung von Bergleichsraten noch durch den Konkursverwalter erfolgen solle (siehe z. B. OLG. Karlsruhe v. 14. 6. 1910 BadRpr. 1911 S. 82 f.). Mitunter wird im Vergleich bedungen, daß die gesamte Konkursmasse 23*

360

§192.

Anm. 2.

Zwangsvergleich (Wirkung).

vom bisherigen Konkursverwalter oder von einem Dritten zu verwerten und zu verteilen sei (siehe den Fall RG. 31 119). Dabei wird freilich für etwaige Nachzügler Fürsorge zu treffen sein fsiehe § 174 Anm. 3], Andere Vergleiche bestimmen, daß der Schuldner selber, aber unter Gläubigeraufsicht die Nutzbarmachung seines Vermögens vorzunehmen oder daß er Pfandrechte zugunsten der nichtbevorrechtigten Gläubiger an bestimmten Gegenständen dieses Vermögens zu bestellen habe. Ist vereinbart, daß diese Kautelen vor Konkursbeendigung zu treffen sind, so darf der Aufhebungsbeschluß nicht früher erlassen werden [§ 190 Anm. 6]. Bedingte Bergleichsannahme: § 184 Anm. 3, § 195 Anm. 1. In allen diesen Fällen handelt es sich aber um vertragsmäßige Beschränkungen des Schuldners, nicht —wie der Wortlaut des § 192 anzudeuten scheint — um eine Aufrechterhaltung des gesetzlichen Konkursbeschlags und im besonderen der Zwangsvertretungsmacht des Konkursverwalters (§ 6). Denn die Konkursbeendigung ist rechtsnotwendige Folge des Zwangsvergleichs (§ 190). Diejenigen Sicherstellungen und Befriedigungen, die dem Konkursverwalter noch als solchem kraft Gesetzes obliegen, sind im § 191 besonders bezeichnet und noch vor Erlassung des Auf­ hebungsbeschlusses zu vollziehen [§ 190 Anm. 5]. Die Ausführung des Zwangsver­ gleichs selber gehört aber nicht mehr zu den gesetzlichen Aufgaben des Kon­ kursverwalters. Sein Amt endet mit dem Konkurse. Für eine entsprechende Anwendung des § 166 ist kein Raum. Für die Zukunft können ihm Berwaltungsgeschäfte nur durch den Willen der Vergleichsparteien und auch nur mit seinem eigenen Willen zugewiesen sein. Die Vergleichsparteien dürfen, sofern überhaupt eine Beschränkung des Schuldners beschlossen wird, auch irgend einer sonstigen Vertrauensperson die Ausführung des Vergleichs überlassen. Sie bestimmen die Befugnisse des Vollzugsorganes, mag dies der Verwalter selbst oder ein Dritter sein, in dem mit ihm geschlossenen Geschästsbesorgungsvertrage nach freiem Gutdünken. Namentlich kann dem Vollzugsorgan die Masse auch zu treuen Händen übereignet und ihm damit eine über die gesetzlichen Befugnisse eines Konkursverwalters hinausgehende Macht­ stellung eingeräumt werden. Im Vergleiche verspricht der Schuldner nur, die bedungenen Schranken auf sich zu nehmen. Die Übernahme selbst, also z. B. die Pfandbestellung, gehört bereits zur Erfüllung des Vergleichs im Sinne des § 195. Demnach müssen dingliche Be­ schränkungen des Schuldners durch besondere Rechtsgeschäfte verwirklicht werden. Es dauert weder die gesetzliche Berfügungsbeschränkung des Schuldners noch die ihr entsprechende gesetz­ liche Vertretungsmacht des Verwalters fort. Wenn überhaupt, hat der Verwalter in Zukunft Verwaltungsbefugnisse nur als Geschäftsbesorger der Bergleichsparteien und nur als deren gewillkürter Vertreter kann er handeln. Das ist auch der Stand­ punkt der herrschenden Lehre. Vgl. besonders Motive aaO., RG. Bd. 31 120, Darmstadt v. 14. 7. 1909 OLG. 19 S. 229, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1 v. Sarwey-Bossert Anm. 1 und 2, Petersen-Kleinfeller Anm. 6 u. 8, Endemann S. 604, Seuffert S. 434, Fitting § 48 N. 28 f.; ab w. Wolff zu § 192, wohl auch Posen v. 4. 6. 1901 OLG. 3 S. 62 f. Dadurch wird freilich nicht ausgeschlossen, daß der Konkursrichter die Vergütung des Verwalters (§ 85) bereits unter Mitberücksichtigung der ihm noch anvertrauten Bergleichserledigung bemißt (siehe Karlsruhe aaO.). Zur Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch kann der einzelne Gläubiger auch gelangen, ohne daß die Bestellung einer solchen Hypothek im Vergleiche ver­ einbart worden ist, und ohne Mitwirkung des Schuldners. War nämlich die Konkurs­ forderung mit Urteilskraft gegenüber dem Schuldner festgestellt (§ 194), so kann der Gläubiger auf Grund dieses Vollstreckungstitels eine Zwangshypothek zur Sicherung der fälligen (§§ 726, 751 ZPO.) und den Betrag von dreihundert Mark übersteigenden Ber­ gleichsrate nach Maßgabe der §§ 866 f. ZPO. eintragen lassen. Zu diesem Behufe muß der Gläubiger dem Schuldner die mit der Bollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des Tabelleintrags in der Modifikation des Zwangsvergleichs [§ 194 Anm. 2] zustellen [§ 750 ZPO.j und dem Grundbuchamte beim Antrag auf Eintragung diese Ausfertigung samt dem Zu­ stellungsnachweise vorlegen (§ 867 ZPO., §§ 13, 30 GBO.). Ist der Bergleichsanspruch noch nicht fällig, aber ein Arrestgrund gegeben (§ 917 ZPO.), so kann der Gläubiger einen Arrestbefehl (vgl. § 916 II ZPO.) und für den im Arrestbefehl festgestellten, dreihundert

Zwangsvergleich (Wirkung).

361

Mark übersteigenden Geldbetrag (§ 923 ZPO., RG. v. 15. 3. 1905 Bd. 60 279) die Ein-§192. tragung einer Arresthypothek nach § 932 ZPO. erwirken. Damit ist der durch die Konkurs­ novelle von 1898 gestrichene § 180 alter Folge, der nach a. VI EGzKNov. noch für die Übergangszeit in Betracht lommt1) (P. VI S. 767, Begründung S. 45), ersetzt. Bgl.

für das bisherige Recht Kohler Lehrbuch S. 494, F. Wach S. 54 f. Enthält der Zwangsvergleich keinen Vorbehalt, so hat der Konkursverwalter dasAnm. 3. gesamte in seinen Händen befindliche Massevermögen, besonders auch die Geschäftsbücher (§ 117), alsbald dem Schuldner auszuantworten. Dieser kann den Herausgabeanspruch im Wege der Klage gegen den Verwalter geltend machen. Bgl. Seuffert S. 434 mit S. 385, Fitting § 48 N. 29. Eintritt in schwebende Prozesse des Verwalters: siehe die Ver­ weisungen zu § 190 Anm. 5. II. Keine Rückwirkung. Durch die Aufhebung des Verfahrens erlischt der Konkurs-Anm. 4. beschlag, aber nicht mit rückwirkender Kraft, sondern nur für die Zukunft. Immerhin kann der Gemeinjchuldner schon vor der Konkursaushebung nicht nur wirksame Verbindlichkeiten eingehen (z. B. einen Dritten für die Bergleichsvermittlung eine Vergütung versprechen), sondern auch Verfügungen, die eine Bedingung ertragen, in Ansehung von Masse­ gegenständen für den Fall des Zustandekommens eines Zwangsvergleichs vornehmen. Solche ausschiebend bedingte Verfügungen werden wirksam, sobald das Konkursverfahren aufgehoben ist fAnm. 1]. Bgl. RG. v. 28. 6.1910 LZ. S. 783 f.; OLG. Colmar v. 11. 5. 1904 PucheltsZ. 35 S. 542. Da die Aufhebung wie diejenige des § 163 keine rückwirkende Kraft äußert, fallen die Rechtsfolgen der Konkurseröffnnng nur soweit fort, als sie auf die Dauer des Verfahrens beschränkt sind. So namentlich auch die capitis deminutio [§ 25 Anm. 41 f., Anm. 46]. Dagegen bewendet es bei den Rechtswirkungen, die ein für allemal mit dem Konkursbeginne verknüpft sind [§ 25 Anm. 6 ff.]. Denn der Konkurs war zu Recht eröffnet und wird durch den Zwangsvergleich nicht, wie durch erfolgreiche Anfechtung des Eröffnungs­ beschlusses [§ 109 Anm. 4], wieder rückgängig gemacht. Dies gilt gleichmäßig für alle Arten der Beendigung eines mit Recht eröffneten Konkurses, für die Aufhebung (§§ 163, 190) wie für die Einstellung (§§ 202, 204). Daher bleiben besonders die durch den Konkurs „auf­ gelösten" und „die Rechtsfähigkeit verlierenden" sH 25 Anm. 9] Gesellschaften und Vereine auch nach einer Konkursbeendigung zufolge Zwangsvergleichs im Abwickelungs­ stande, und es bedurfte ausdrücklicher Vorschriften, um die Möglichkeit einer „Fortsetzung" der in Konkurs geratenen Handelsgesellschaften für die Fälle der Zwangsvergleichs und des Konkursverzichts (§ 202) außer Zweifel zu stellen (§§ 144,161H, 307, 322III HGB., § 60 Nr. 4 GmbHG. und für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit § 49 PrivBUntG.). Auch muß die Fortsetzung in diesen Fällen eigens beschlossen werden. Sonst tritt beispielsweise die Aktiengesellschaft trotz des Zwangsvergleichs oder Konkursverzichts in Liquidation. Siehe die Erläuterungen zu den §§ 207 f., 209 f., 213. Fortbestand eines zugunsten der Gesellschaft begründeten Nießbrauchs: § 1 Anm. 42. Aus gleichem Grunde bleibt ein durch den Konkurs beendigtes ehemännliches oderAnm. 5. elterliches Berwaltungsrecht trotz Zustandekommens eines Zwangsvergleichs erloschen (§§ 1419, 1647 BGB.). Im ersten Falle bedarf es eines Ehevertrags (§ 1432), im zweiten einer Anordnung des Vormundschaftsgerichtes (§ 1647 II BGB.), wenn das Berwaltungsrecht erneuert werden soll. Einen Anspruch auf Neubegründung hat der Ehemann oder elterliche Gewalthaber auch im Falle des Zwangsvergleichs nicht. Gleiches gilt für beide Arten der Einstellung (§§ 202, 204). Vgl. übrigens § 1547 1 1 BGB. Forderungen des Kindes gegen

den Gewalthaber aus einer späteren, nicht vom Bormundschaftsgericht übertragenen Bermögens*) Der frühere § 180 lautete:

Soweit die Leistungen aus dem Vergleiche noch nicht fällig sind, gewährt die Feststellung einer Konkursforderung, wenn nach den Landesgesetzen ein Urteil den Anspruch auf eine Hypothek an dem unbeweglichen Vermögen des Schuldners begründet, den Anspruch auf eine solche nur im Falle eines Arrestgrundes. Materialien: Motive I Bd. 2 8. 171 f., Motive II 8. 425f., Protokolle 8. 114, 186, MzEG. 8. 117, P. VI 8. 767, Begründung 8. 45.

362

Zwangsvergleich (Wirkung).

§192.

Verwaltung ermangeln in einem neuen Konkurse des Gewalthabers der Vorrechtseigenschast nach § 61 Nr. 5, da diese nur Ansprüchen aus der „gesetzlichen" Verwaltung zukommt [§ 61 Anm. 37]. RG. v. 10. 11. 1886, v. 3. 5. 1890, v. 12. 3.1894 Bolze 3 Nr. 864, 10 Nr. 597, 18 Nr. 583. Verjährungsunterbrechung: § 25 Anm. 18 u. 19.

Anm. 6.

Zusatz. Fremde Rechte. Die im § 3 Anm. 53 erwähnte gesetzliche Hypothek der Gläubigerschaft an den Liegenschaften des Schuldners bleibt zugunsten der Vergleichsansprüche der einzelnen Gläubiger in Frankreich sa. 517, 490) und Belgien (a. 518, 487) bestehen, falls der Vergleich nicht ein Anderes bestimmt. Darüber Lyon-Caen et Renault VII Nr. 625. Das Erlöschen des Konkursbeschlags wird meist nicht ausdrücklich ausgesprochen. Unserm § 192 folgt z. B. Ungarn § 222 II. In Holland (a. 162) ist dem Verwalter die Ausantwortung der Masse vorbehaltlich gegenteiliger Bergleichsbestimmung besonders geboten und zwar mit der Maßgabe, daß der Verwalter dem Schuldner vor Gericht Rechenschaft zu legen hat. Ähnlich Schweden a. 112, Norwegen a. 77, Dänemark a. 122, Italien a. 841. Der § 236 I 2 der österreichischen KO. sieht eigens den Fall vor, daß Massegegenstände zur Erfüllung des Vergleichs in den Händen der Gläubiger bleiben oder daß das Geschäft des Schuldners auf Grund der Bergleichsüberein­ kunst zur Befriedigung der beteiligten Gläubiger fortbetrieben werden soll. Vgl. oazu Rintelen S. 361 mit S. 353. In Rumänien (a. 861) ist jede vergleichswidrige Verwendung oder Belastung der Masse mit Nichtigkeit bedroht und überdies die Gläubigerschaft ermächtigt, solchenfalls den Vergleich für nichtig erklären und den Konkurs wieder eröffnen zu lassen.

8 103. Der rechtskräftig bestätigte Zwangsvergleich ist wirksam für und gegen alle nicht bevorrechtigten Aonkursgläubiger, auch wenn dieselben an dem Aonkursverfahren oder an der Beschlußfassung über den Vergleich nicht Teil genommen oder gegen den Vergleich gestimmt haben. Die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Gemeinschuldners, sowie die Rechte aus einem für die Forderung bestehenden Pfandrecht, aus einer für sie bestehenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder aus einer ;u ihrer Sicherung eingetragenen Vormerkung werden durch den Zwangsvergleich nicht berührt. Früher § 178; in der ursprünglichen Fassung lautete Satz 2: „Die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Gemeinschuldners werden nicht berührt." Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat durch die Einschaltung im Satz 2 nur die bisherige Praxis des Reichsgerichts gesetzlich sestlegen wollen. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 166ff., Motive II S. 421 ff., Protokolle S. 114, 186; MzEG. S. 116f., P. VI S. 766f., Begründung S. 44f., Kommissions­ bericht S. 1953 f., 1968. Wirksamkeit des Vergleichs für und gegen die Gläubiger. I. Einfluß auf die nicht bevorrechtigten Konkursforderungen,

«nm. 1.

Der Zwangsvergleich regelt eine anstelle der konkursmäßigen tretende außerkonkursmäßige Befriedigung der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger (§§ 173, 174). Er kann einen Erlaß oder eine Stundung oder beides zugleich enthalten [§ 173 Anm. 1] und bestimmt, ob und inwieweit die Gläubiger Rechte gegen dritte Personen (Bergleichsgaranten) erwerben [§ 174 Anm. 5]. Wenn der Zwangsvergleich rechtskräftig (§ 189 KO., § 705 ZPO.) — wäre es auch mit Unrecht [§ 189 Anm. 5, § 196 Anm. 3] — bestätigt ist, kann jeder nicht bevorrechtigte Konkursgläubiger nach Maßgabe des Vergleichs und nur nach dieser Maßgabe seine Rechte geltend machen: einerlei, ob er sich am Konkurs im allgemeinen und am Vergleichsverfahren im besonderen beteiligt hat oder nicht; ob er für oder gegen den Vergleich stimmte; ob er nicht abstimmen wollte oder etwa wegen Versagung des Stimmrechts (§§ 95 f.) oder Unbekanntheit des Anspruchs (z. B. aus noch unaufgedecktem Betrug, RG. v. 16.11.1905 GruchotsBeitr. 50 S. 1122) nicht abstimmen konnte. Die uneingeschränkte Gleichstellung der Nachzügler mit den im Konkurs aufgetretenen Gläubigern versteht sich freilich

Zwangsvergleich (Wirkung).

363

keineswegs von selbst [9tnm. 20] und erschwert mit Rücksicht auf das Gebot des § 181 bei § uns die Vergleichsschließung in bedenklicher Weise ssiehe § 174 Anm. 3, 5]. Wer zurzeit des Bergleichsabschlusses bereits befriedigt ist, zählt nicht mehr zu den Konkursgläubigern. Siehe auch § 3 Anm. 17 (vorläufige Vollstreckung). Dadurch aber, daß ein Gläubiger lediglich auf Konkursteilnahme und nicht etwa auf die Forderungsbeitreibung überhaupt verzichtet, entgeht er dem Zwangsvergleiche nicht [§ 3 Anm. 14, § 181 Anm. 1]. Ein im Konkurs aufrechnungsberechtigter Konkursgläubiger darf jedoch nach § 53 ungefährdet dem Konkurse

193

fernbleiben [§ 53 Anm. 13, 30 f.]. Borrechtsverzicht vor der Schließung des Zwangsvergleichs hat zur Folge, daß der Gläubiger nun am Vergleiche teilnimmt ssiehe Anm. 10 mit Verweisen]. Bei der vergleichsmäßigen Herabminderung der Forderungen bewendet es regelmäßig auch dann, wenn der Schuldner abermals in Konkurs verfällt [§ 195 Anm. 2].| Den Rechtsgrund der Forderung verwandelt der Zwangsvergleich als solcher nicht: er Anm. 2. enthält keine Novation.*) Auch über das Dasein und die Verfolgbarkeit der Forderungen entscheidet der Vergleich als solcher nicht: er enthält kein Schuldanerkenntnis und keinen Verzicht auf Einwendungsrechte. ObLG. v. 13. 1. 1882 Slg. a. F. Bd. 9 S. 462 f.; Kohler Lehrbuch S. 462; nicht unbedenklich RG. v. 19. 9. 1896 Bd. 37 142. Ebensowenig liegt im Vergleich eine Zurücknahme des bei der Prüfung vom Schuldner erhobenen Widerspruchs (vgl. § 194). So nun auch Fitting S. 446. Unstreitig erstreckt sich die Bergleichswirkung (Erlaß, Stundung) auch aus solche nicht Anm. 3. bevorrechtigte Forderungen, die im Konkurse nach Maßgabe der §§ 65 n, 69, 70 verfolgt werden müssen. Denn der § 193 macht mit ihnen keine Ausnahme. Zweifelhaft kann nur sein, ob der Vergleich die ursprüngliche oder die konkursmäßig veränderte Gestalt der Forde­ rungen trifft. Für Forderungen, die mit Wirksamkeit auch gegenüber dem Schuldner festgestellt sind (§§ 164 II, 194), ergibt sich die Nachhaltigkeit jener Änderungen schon aus

der Urteilskraft der Feststellung [§ 164 Anm. 10f.]. Im übrigen kommt es auf den Sinn an, den das von der gesetzlichen Gläubigermehrheit angenommene Bergleichsanerbieten des Gemeinschuldners hat. Im Normalfalle des Zwangserlasses verspricht der Schuldner Geldprozente und zwar gleichmäßig allen, auch den nichtanmeldenden Gläubigern (§ 181)Die Gläubigerversammlung nimmt diesen Antrag mit einer alle einfachen Konkursgläubiger bindenden Wirksamkeit an (§§ 182, 193). Dementsprechend haben auch die Gläubiger mit Naturalansprüchen künftig nur prozentuale Geldbefriedigung zu fordern (§§ 69, 70), einerlei, ob ihre Ansprüche angemeldet waren oder nicht, ob sie teilbar sind oder nicht. War . eine Wertfestsetzung nach Maßgabe der §§ 69, 70 im Konkurse nicht erfolgt, so hat im Streitfälle das Prozeßgericht diese Festsetzung vorzunehmen. Ferner werden betagte unver­ zinsliche Forderungen, auch nicht angemeldete, in ihrem nach § 65 II diskontierten Betrage vom Zwangserlasse betroffen. Dafür tritt die allgemeine Fälligkeit der Bergleichsschulden auch zugunsten betagter Konkursforderungen ein, für angemeldete wie für nicht angemeldete. Vgl. OLG. Königsberg v. 15. 11.1905 PosMSchr. S. 191; v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3, Stieglitz Anm. II, Hüppner ZZP. 11 S. 86, Wolff Anm. 2, Oetker I S. 229 f., Fitting 8 49 N. 1; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 1, die eine Fortdauer der Änderungen nur für den Fall der Anmeldung annehmen, und Seuffert S. 435 f., der diese Fortdauer außer dem Falle der Anmeldung nur für unteilbare Leistungen anerkennt. Rintelen ZHR. 61 S. 184 ff. stimmt uns in der grundsätzlichen Erwägung zu, gelangt aber für unangemeldete betagte An­ sprüche (S. 189) zu anderem Ergebnis. Einfluß der §§ 17ff.: Anm. 9. *) In der französischen Jurisprudenz ist diese Frage lebhaft bestritten. Ihre praktische Bedeutung liegt namentlich darin, daß unter, dem Gesichtspunkte der Novation die Ersetzung kurzer Verjährungsfristen (z. B. bei Wechselforderungen, a. 189 c. com.) durch die dreißig­ jährige Frist zu folgern wäre. So z. B. Seinetribunal vom 29.4.1893 Journal des faillites 1893 S. 471. Anders mit Recht der Kassationshof v. 5. 4. 1892 ebenda 1892 S. 433 und Lyon-Caen et Renault VH Nr. 626 mit werterer Rechtsprechung. Wenn die Konkursforderung mit Wirksamkeit auch gegenüber dem Schuldner festgestellt ist (§§ 164 II, 194), ergibt sich an­ der Urteilskraft dieser Feststellung — nicht aus dem Zwangsvergleich als solchem — für das deutsche Recht die Dreißigjahresfrist aus § 218 BGB. Siehe § 25 Anm. 24, vgl. ebenda Anm. 18 f.

364

§193» Anm. 4.

Zwangsvergleich (Wirkung).

Aufschiebend bedingte Forderungen — mit Ausnahme aussichtsloser Anwartschäften (§ 154 II) — gewähren arg. §§ 67, 154, 169 ein Recht auf Sicherung durch Hinter­ legung der fällig gewordenen Bergleichsrate. Siehe § 67 Anm. 1, 2 und wegen der Rück­ griffsansprüche ebenda Anm. 6 sowie unten Anm. 16. Daß bedingte Konkursforderungen vom Vergleich auch dann ergriffen werden, wenn die Bedingung erst nach Konkursbeendigung eintritt, ist nach § 67 nicht zweifelhaft. Vgl. Kommissionsbericht S. 1953 s. So z. B. der Kostenerstattungsanspruch, wenn er eine einfache Konkursforderung bildet, während er als unanmeldbare Forderung, als Masseschuldanspruch und als Vorrechtsforderung vom Zwangsvergleich unberührt bleibt [über die verschiedenen Möglichkeiten: §3 Anm. 31]. Vgl. OLG. Köln v. 10.4.1901 RheinprAmtsrBZ. Bd. 19 S. 35ff.; OLG. Zweibrücken v. 25.3.1903 Pfälz. Rechtspr. 1 S. 8 ff., v. 3. 5. 1905 PucheltsZ. 36 S. 721; München v. 16. 2. 1910 OLG. 21 S. 171 f.; Nissen GruchotsBeitr. 52 S. 855 f. Unberührt bleibt auch der Erstattungs­ anspruch auf Grund einer Verurteilung des Schuldners in die Kosten, die erst nach der Bergleichsbestätigung ergeht (vgl. Marienwerder v. 9. 10. 1911 OLG. 25 S. 79 f.). II. Die Restschuld als unvollkommene Verbindlichkeit.

Anm. 5.

Im Falle des Zwangserlasses besteht der erlassene Teil der Konkurs­ forderung als unvollkommenes Schuldverhältnis fort. Dies wurde schon für das ältere Recht von der Rechtsprechung und der überwiegenden Mehrheit der Schriftsteller anerkannt (RG. v. 11. 7. 1898 Bd. 42 118 mit Lit. S. 120; Augsburg v. 20. 10. 1902 OLG. 6 S. 369; a b w. v. Bölderndorff Anm. c) und ist auch für das neue Recht unbedenklich anzunehmen (so RG. in ständiger Rechtspr. z. B. v. 8. 2. 1904 HoldheimsMSchr. 13 S. 130, v. 6. 2. 1908 LZ. S. 608, v. 29. 4. 1909 LZ. S. 546 = SeuffA. 65 Nr. 20, v. 2. 7. 1909 Bd. 71 364, v. 19. 10. 1909 LZ. 1910 S. 158, v. 6. 12. 1911 Bd. 78 77; ferner Colmar v. 28. 4. 1903 OLG. 8 S. 89/) LG. Konstanz v. 1. 7. 1903 BadRpr. S. 281 u. herrschende Lehre z. B. Seuffert S. 443, Fitting § 49 N. 3, Kohler Leitfaden S. 289 f., Petersen-Kleinfeller Anm. 4, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2, Wolff Anm. 3 u. LZ. 1908 S. 107, Oertmann BGB/ § 814 Anm. 5, v. Staudinger-Engelmann BGB/ § 814 Anm. 1 b e, Klingmüller Natürl. Ver­ bindlichkeiten 1905 S. 244 ff., sowie fast alle Lehrbücher des bürgR. z. B. Enneccerus^ § 226). Das BGB. enthält zwar keine allgemeine und einheitliche Regelung der unvollkommenen Schuld­ verhältnisse, erkennt aber solche in einer Reihe von Einzelfällen an. Daß der Zwangserlaß den erlassenen Teil der Forderung als unvollkommenes Schuldverhältnis bestehen läßt, darauf weist zunächst unser Satz 2 hin, demzufolge die Restforderung noch eine genügende Unterlage für früher begründete Bürgschaften und Pfandrechte bildet, obgleich diese Nebenhastungen nach den §§ 767 f., 1252 BGB. an sich mit der Hauptschuld erlöschen (RG. 42120). „Sie werden durch den Zwangsvergleich nicht berührt." Daß damit die Nebenhaftung ihre Unselbständigkeit abstreifen, daß der Bürge Hauptschuldner, die Hypothek Grundschuld und auch das Fahrnispfand eine Art Grundschuld werden sollte (Staub HGB/ § 356 Anm. 1, Landsberg BürgR. I S. 61), ist irrig [Sinnt. 11, 14]. Jedenfalls aber muß allgemein und nicht etwa bloß für besonders gelagerte Fälle (wie RG. SeuffA. 65 Nr. 20 mit Recht betont) anerkannt werden, daß eine auf Treu und Glauben haltende Berkehrsauffassung die Nachzahlung als moralische Pflicht betrachtet, daß also die Leistung der Restschuld nach § 814 Fall 2 BGB. nicht zurück­ gefordert werden kann. Siehe namentlich Oertmann aaO., Hachenburg Vorträge? S. 66, 68 f., Burckhard Begriff der Schenkung (1899) S. 134, Meisner BGB. § 814 Anm. 4, Wolff .KO. Anm. 3; abw. Planck BGB/ § 813 Anm. 2b, v. Sarwey-Bossert Anm. 1 (die M. n S. 833 sind für die jetzige Fassung des § 814 BGB. nicht verwertbar). Übrigens wird die Rückx) Nach dem DIZ. 9 S. 952 mitgeteilten, auch dort unvollständigen Tatbestand hatte der Konkursverwalter noch vor dem Zwangsvergleich einen Konkursgläubiger ausbezahlt. Den Fall bespricht Boß LZ. 1907 S. 552 ff. Die Zahlung kann nach § 1 Anm. 42 nichtig oder nach § 158 Anm. 10 anfechtbar gewesen sein. In beiden Fällen wäre nach Konkursaushebung der Bereicherungsanspruch der freien Verfügung des Schuldners anheimgesallen. Ihm stände nun auch die Verfolgung eines Ersatzanspruchs wegen schuldhafter Schädigung der Masse durch den Konkursverwalter zu. Siehe § 192 Anm. 1. Ist die Zahlung nichtig gewesen oder nach § 142 BGB. nichtig geworden, dann hat der Zwangsvergleich die nicht bevorrechtigte Forderung erfaßt.

Zwangsvergleich (Wirkung).

365

forderung meist auch unter dem Gesichtspunkt ausgeschlossen sein, daß der Leistende das H193. Nichtverpflichtetsein gekannt hat (§ 814 Fall 1). Es muß aber hervorgehoben werden, daß der Ausschluß sich nicht auf diesen Fall beschränkt. Desgleichen, daß die Wirksamkeit der Nachzahlungspflicht erheblich stärker ist als die der Anstandsverbindlichkeiten sAnm. 6]. Wie der Zwangsvergleich läßt auch der freiwillige Konkursabwendungserlaß ein unvoll­ kommenes Schuldverhältnis übrig (OLG. Hamburg v. 14. 7. 1904 SeuffA. 60 Nr. 31), für das Bürgen und Pfänder im Zweifel weiterhaften, da nicht anzunehmen ist, daß die Gläubiger bei dieser Übereinkunft den Willen haben könnten, sich schlechter stellen zu lassen, als sie im

Konkurse selbst gestellt wären (OLG. Colmar v. 29. 3. 1912 LZ. S. 568). Unvollkommene Schuldverhältnisse äußern keineswegs in allen Fällen die gleiche Wirk-Anm. 6. samkeit. Das unsrige ermöglicht, wie es eine ausreichende Grundlage für den Fortbestand von Bürgschaften und von Pfandrechten (im weiteren Sinne) an Bermögensgegenständen des Schuldners selbst und dritter Personen abgibt ^Anm. 14], auch die Neubegründung solcher Nebenhaftungen. Diese Wirksamkeit geht über diejenige einer bloßen Anstandspflicht im Sinne des § 814 Fall 2 BGB. ^Anm. 5] weit hinaus. Was für die Verpfändung gilt, muß auch für Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung gelten (vgl. § 223 II BGB.): auch solche Sicherheiten können zugunsten des erlassenen Forderungsteiles fortbestehen und neuentstehen [§ 48 Anm. 13]. Zust. RG. LZ. 1910 S. 158, OLG. Königsberg v. 3.12. 1910 SeuffA. 66 Nr. 87. Abtretung zahlungshalber: Anm. 11. Es wird dem Sinne des Gesetzes entsprechen, auch einen Eigentumsvorbehalt (§ 455 BGB.) bis zur Boll­ zahlung für fortwirkend anzusehen [§ 26 Anm. 15]. Zust. Konstanz aaO. Eine während des Konkurses statthafte Aufrechnung bleibt nach § 53 trotz des Zwangserlasses — ganz anders als bei bloßer Anstandsschuld — in vollem Umfange zulässig [§ 53 Anm. 30f.], während der Gläubiger den erlassenen Forderungsteil gegen eine erst nach dem Zwangsvergleich entstehende Forderung des früheren Gemeinschuldners nicht einseitig aufrechnen kann [§ 53 Anm.3]. Ebensowenig als die Erfüllung kann eine Anerkennung der Restverbindlichkeit kondiziert werden (§§ 812 II, 814 BGB.; zust. RG. SeuffA. 65 Nr. 20). Gibt der Schuldner ein solches Anerkenntnis später im Betriebe seines Handelsgeschäfts ab, so entfällt das Schrifterfordernis des § 781 BGB. (§ 350 HGB.). Leistung der Restschuld im Bewußtsein der Unerzwingbarkeit ist keine Schenkung (auch hier zust. RG. LZ. 1908 S. 608). Darum versagt die Schenkungsanfechtung des § 32 KO., § 3 Nr. 3, 4 AnfG. [§ 32 Anm. 4, 5] wie die Anwendbarkeit des § 63 Nr. 4 [§ 63 Anm. 7]. Eben­ darum bedarf das Nachzahlungsversprechen, das der Schuldner unabhängig vom Zwangs­ vergleich und nach dessen Zustandekommen — als Sonderbegünstigung zur Erzielung des Vergleichs wäre es dem § 181 Satz 3 zufolge nichtig [§ 181 Anm. 4, 5] — abgibt, nicht der Form des Schenkungsversprechens (§ 518 BGB.; zust. RG. aaO.; abw. Staub aaO. Exk. zu § 350 Anm. 9). Es tritt nicht selten in der bedingten Fassung auf, daß der Schuldner, etwa um einen Hauptlieferanten zur Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen zu bewegen, „nach Kräften" nachzuzahlen verspricht, „sobald er in bessere Vermögungsverhältnisse gelangen werde" (vgl. z. B. RG. aaO.). Siehe auch Staub aaO. § 346 Anm. 17 mit Zit. („Besserungsscheine") sowie unten Anm. 20. Mit Rücksicht auf diese zwar geminderten, aber doch keineswegs unerheblichen Rechtswirkungen des unvollkommenen Schuldverhältnisses ist auch in unserm Fall ein rechtliches Interesse an alsbaldiger richterlicher Feststellung denkbar, das nach § 256 ZPO. die Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung des „Rechtsverhältnisses" begründet (vgl. v. Tuhr AllgTeil I S. 127, Gaupp-Stein ZPO." § 256 N. 22, Seuffert ZPO." § 256 Anm. 2c, abw. Hellwig System I S. 282, Langheineken Anspruch S. 192). Darum empfiehlt es sich nicht, die unvollkommenen Schuldverhältnisse im allgemeinen und die durch Zwangsvergleich abgeschwächten Konkursforderungen im besonderen als „klaglose" (unklagbare) Verbindlichkeiten zu bezeichnen. Wohl kann der Schuldner im Falle des Erlasses einer Leistungsklage auf den erlassenen Betrag die rechtsverneinende Einwendung des Erlasses mit dem Erfolg entgegensetzen, daß die Klage als unbegründet abgewiesen werden muß. Auch ergibt sich aus § 331 II Halbs. 2 ZPO., daß der allein verhandelnde Kläger durch seinen eigenen Vortrag die rechtsverneinende Tatsache des Erlasses zum Prozeßstoffe

366

§193»

Zwangsvergleich (Wirkung).

machen und so selber die Sachabweisung herbeiführen kann. Das ist aber keineswegs eine „von Amts wegen zu berücksichtigende Unklagbarkeit" (so Crome System II S. 16 mit Berufung auf den Satz ne bis in idem; vgl. auch Siber Rechtszwang S. 194). Ohne Partei­ vortrag dürfte der Richter die Erlaßtatsache nicht einmal dann berücksichtigen, wenn sie gerichtskundig wäre (vgl. Gaupp-Stein aaO. § 291 HI mit Zit.). Eine urteilsmäßige Ab­ erkennung des erlassenen Forderungsteiles, die eine von Amts wegen zu beachtende Rechtskraft auslöste, enthält der Zwangsvergleich als solcher nicht [§ 194 Anm. 1]. Ist der ZwangSvergleich bloßer Stundungsvertrag, so erzeugt er auch nur eine „Einrede" im Sinne des BGB., die ihrer Natur nach auch im Bersäumnisverfahren nur berücksichtigt wird, wenn der Weigerungsberechtigte erklärt, daß er in der Tat und jetzt im Termine von seiner Weigerungs­ befugnis Gebrauch macht (vgl. Gaupp-Stein aaO. § 331 III 3). In keinem Falle ist eine Klage lediglich deshalb, weil der geltend gemachte Anspruch durch Zwangsvergleich abgeschwächt wurde, als „unzulässig" (Prozeßurteil) abzuweisen. Der Schuldner kann selbstverständlich auf die Bergleichsvergünstigung verzichten. IH. Grenzen der Bergleichswirkung gegenüber dem Schuldner.

Anm. 7.

1. Bom Zwangsvergleich unberührt bleiben vor allem unanmeldbare Forderungen, besonders solche, die erst nach Konkursbeginn entstanden (§ 3) oder kraft Bergeltungsrechtes nach §511 oder aus Gründen des § 63 von der Teilnahme am Konkurs ausgeschlossen sind. Daß die Forderungen des § 63 Nr. 3 u. 4 (Geldstrafen und Freigebigkeiten) den Bergleichsfolgen entrückt sind, wird fast allgemein anerkannt (so z. B. von Dernburg Preuß. Privatr. II § 126 unter 9, Förster-EcciuS Preuß. Privatr. I § 120 N. 1, für Geldstrafen preuß. Oberbrib. Striethorst A. 40 S. 308; abw. v. Bölderndorff II S. 614, Kohler Lehrbuch S. 459). Zwar mag es befremden, daß Ansprüche, die im Konkurs um der Konkursgläubiger willen ganz außer Betracht bleiben, nach Konkursaufhebung infolge Zwangsvergleichs unverkürzt zum Schaden der bisherigen Konkursgläubiger verfolgt werden können. Indessen haben es die Gläubiger in der Hand, den Erlaß nur gegen Sicherung, wäre es auch unter pfandrechtlicher Belastung des Schuldnervermögens selbst [§ 192 Anm. 1], zu bewilligen oder durch die kassatorische Klausel zu beschränken [§ 195 Anm. 1]. Auch schützt sie gegenüber einer Verkürzung der Zugriffsmasse durch Freigebigkeiten die Gläubigeranfechtung. Gegenüber Geldstraf­ ansprüchen gibt es freilich keinen derartigen Schutz. Der Fall, daß eine vor dem Konkurs verhängte Geldstrafe „nicht beizutreiben ist" (§ 28 StGB.), liegt nicht schon dann vor, wenn durch die Beitreibung die Erfüllung der Vergleichsschulden vereitelt wird. Allein die Kon­ kurrenz eines Strafanspruchs, der erst während des Konkurses oder nach diesem entsteht, müssen die Bergleichsbeteiligten sich unstreitig gefallen lassen. Darin kann dieselbe Unbilligkeit liegen. Abhilfe wäre nur durch das Gesetz zu schaffen. Was für die selbständigen Ansprüche des § 63 Nr. 3, 4 gilt, das gilt nun aber nicht auch für die Nebenforderungen des § 63 Nr. 1, 2, also für die seit Konkursbeginn lausenden Zinsen und die Einzel­ kosten der Konkursteilnahme. Auch sie bilden keine Konkurssorderungen und unter­ liegen daher allerdings nicht schon kraft Gesetzes dem Zwangsvergleich (§ 193). Das zeigt sich deutlich, falls der Hauptanspruch eine bevorrechtigte Konkursforderung ist [§ 191 Anm. 5). Auch ist es zweifellos irrig, wenn Oetker I S. 228 f. behauptet, der Zwangsvergleich habe von Rechts wegen rückwirkende Kraft: anstelle der Forderung, wie sie bei Konkursbeginn bestand, trete der Vergleichsanspruch; sonach sei eine Forderung, für die seit Konkursbeginn Zinsen berechnet werden könnten, überhaupt nicht mehr vorhanden; sonach hätten auch die Konkursteilnahmekosten außer Betracht zu bleiben. Eine derartige Rückwirkung läßt sich weder aus dem Gesetze noch aus dem Willen der Vergleichsparteien rechtfertigen. Vielleicht kommt es erst zum Vergleiche, nachdem bereits Konkursverteilungen stattgefunden haben. Es ist klar, daß es bei diesen bewendet. Überdies aber geht die Schlußfolgerung fehl. Denn, da

der Vergleich die Forderungen nicht gänzlich tilgt, müßte doch wenigstens der nicht erlaßene Teil vom Konkursbeginn an als zinstragend in Rechnung zu stellen sein. Ein Wegfall des Kostenanspruchs aber ist unter diesem Gesichtspunkt überhaupt nicht zu rechtfertigen. Den

Zwangsvergleich (Wirkung).

367

Ausschlag gibt, daß die Ansprüche des § 63 Nr. 1, 2, obwohl nicht selbst Konkursforderungen, § IgZ. doch nur Nebenansprüche von Konkursforderungen sind. Geht das Bergleichsgedinge dahin, daß 3O°/o der nicht bevorrechtigten Konkursforderungen am 1. Oktober 1912 zahlbar, der Rest erlassen sein solle, so hat der Gläubiger einer Darlehnsforderung von 1000 Mk. am 1. Oktober 1912 300 Mk. zu beanspruchen, nicht mehr und nicht weniger. Wie den über­ schießenden Kapitalanspruch hat er dessen Akzessorien aufgeopfert. Das ist im Zweifel WillederBergleichsparteien. Auch hier beschließt die Gläubigerversammlung (§ 182) mit einer die Minderheit bindenden Kraft. Dies entspricht, da nur Nebenansprüche in Frage kommen, und da solche allen Gläubigern gleichmäßig zustehen können, offenbar dem Zweck des Gesetzes. Im Ergebnis übereinstimmend die herrschende Ansicht (z. B. OLG. Braun­ schweig v. 1. 7. 1904 BraunschwZ. 1906 S. 110, OLG. Colmar v. 16. 3. 1909 LZ. S. 407 ff., Dernburg aaO., Förster-Eccius aaO., Petersen-Kleinfeller Anm. 2, Fitting § 49 N. 1, während v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 6 die Zustimmung aller einzelnen fordern). Jedenfalls ist es zweckmäßig, im Vergleich ausdrücklich zu sagen, daß der Rest der Forderungen „mit Einschluß der seit Konkursbeginn erwachsenen Zinsen und Kosten" dem Gemeinschuldner erlassen wird.. Siehe das Beispiel bei Senst Konkursrichterb S. 258. Was namentlich die Kosten des Vergleichsverfahrens betrifft, so kommen als Einzel-Anm. 8. kosten im Sinne des § 63 Nr. 2 [9lnm. 7] namentlich die der Anwaltsvertretung in Betracht (Gebühr: § 56 Nr. 2 RAGO.). Eine besondere Gerichts gebühr für das Vergleichsverfahren wird nicht erhoben. Die gerichtlichen Auslagen, namentlich für Bekanntmachungen und Ladungen (§ 179) oder an Ausschußmitglieder (§ 177), zählen zu den Massekosten des § 58 Nr. 1 und sind vom Verwalter nach § 1911 zu berichtigen. Siehe § 58 Anm. 3 mit Lit. 2. Der Zwangsvergleich läßt ferner unbeeinflußt Maffeansprüche aller ArtAnm. s. (88 58, 59 mit §§ 27, 28, 224, 236). Vgl. § 1911. So namentlich Prozeßkostenerstattungs­ ansprüche auf Grund einer Verurteilung des Konkursverwalters als solchen fsiehe oben Anm. 4 mit § 59 Anm. 21 und Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung der Verwalter kraft des ihm nach § 17 (§§ 19 ff.) zustehenden Wahlrechts verlangt hat [§ 17 Anm. 33]. Haben sich dagegen diese Ansprüche infolge der Erfüllungsablehnung oder Kündigung des Verwalters oder kraft Gesetzes (§18) einmal in Entschädigungs­ ansprüche verwandelt, so unterliegen sie als einfache Konkursforderungen den Bergleichs­ wirkungen, sie mögen angemeldet worden sein oder nicht. Die Jnhaltsänderung hat sich bereits im Konkurse vollzogen; der Zwangsvergleich trifft nur noch eine Schadens­ ersatzforderung (nicht mehr einen Erfüllungsanspruch) an und mindert sie herab. Vgl. RG. v. 23. 2. 1901 IW. S. 253 Nr. 11, v. 9. 10. 1911 LZ. 1912 S. 399 f., OLG. Colmar v. 29. 11. 1907 LZ. 1908 S. 321 gegen Oetker I S. 229. Der Gemeinschuldner kann seiner­ seits nicht Erfüllung fordern, weil auch er auf das ursprüngliche Schuldverhältnis nicht zurückgreifen darf [§ 17 Anm. 50]. Abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 6. Der tatsächlich un­ berührt gebliebene gegenseitige Vertrag ist nach dem Konkurs in ursprünglicher Gestalt maßgebend und den Vergleichswirkungen nicht unterworfen [§ 17 Anm. 55]. 3. Auch die bevorrechtigten Konkursforderungen des § 61 Nr. 1—5 werden vomAnm.io. Zwangsvergleiche nicht betroffen, sie mögen angemeldet worden sein oder nicht. In der Anmeldung der Forderung ohne Vorrecht fvgl. § 139 Anm. 3,10,11] liegt jedenfalls dann kein Verzicht auf das Vorrecht, wenn dieses dem Gläubiger unbekannt war. Borrechtsverzicht vor der Bergleichsschließung eröffnet die Teilnahme am Vergleich [§ 194 Anm. 7]. Die Behandlung der Borrechtsgläubiger regelt der § 191. Die Gläubiger mit S pezi al vorrechten — also die Schuldverschreibungsgläubiger im Konkurse der Hypothekenbank und die Versicherten im Konkurse der Lebensversicherungs-Aktien­ gesellschafts — werden wie absonderungsberechtigte Konkursgläubiger sAnm. 12] vom Zwangsvergleich insoweit betroffen, als sie auf Borrechtsbefriedigung verzichten oder bei

*) Über fcic Unzulässigkeit eines Zwangsvergleichs im Konkurse des Bersicherungsvereins auf Gegenseitigkeit siehe § 173 Anm. 18.

368 §193* Anm.ii.

«nm.12.

Zwangsvergleich (Wirkung).

dieser Befriedigung ausfallen [§ 61 Anm. 2ff., § 64 Anm. 8, § 96 Anm. 3, § 139 tont 5]. § 35II HypBankG., § 61 HI 3 PrivBUntG. 4. Auch Absonderungsansprüche als solche ergreift der Zwangsvergleich nicht. So läßt er namentlich unberührt die an Massegegenständen bestehenden Pfand­ rechte i. e. S., Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, mag nun der Gemeinschuldner zugleich persönlich haften oder nicht. Ebenso wirken die am Vermögen dritter Personen zugunsten von Konkursforderungen bestehenden dinglichen Sicherungsrechte — sie begründen keine „Absonderungsansprüche" (§ 4) — unverändert fort. Beide Fälle deckt unser Satz 2, ohne sie zu erschöpfen. Näheres Anm. 14. Auch streng vom Haupt­ anspruch abhängige Nebenrechte bewahren somit ihre volle Wirksamkeit. Sind sie doch gerade dazu bestimmt, den Gläubiger gegen die Gefahren, die der Vermögensverfall des Schuldners mit sich bringt, zu sichern. Sie bestehen, wie die Fassung des zweiten Satzes bestätigt, in ihrer bisherigen Gestalt weiter. Die unselbständige Sicherung wird nicht verselbständigt. Sie schützt nun das trotz des Vergleichs verbleibende unvollkommene Schuldverhältnis [Anm. 5]. Keineswegs gelten im Falle eines Zwangserlasses fortab für den Erlaßbereich die Sätze der Sachhaftung eines nicht persönlich verpflichteten Schuldners. Einerseits können Fahrnispfandrechte, ihrer strengen Abhängigkeit entsprechend, nach völligem Erlöschen der Forderung überhaupt nicht weiterbestehen (§ 1252 BGB.); andrer­ seits kennt unser bürgerliches Recht auch keine Hypothek, die als Hypothek nach Untergang der Forderung weiterbestände (vgl. §§ 1143, 1163, 1177 BGB.). Die Hypothek wird nicht zur Grundschuld. Sie bleibt auch für den Erlaßbereich „Hypothek", Brief- oder Buchhypothek, Sicherungs- oder Verkehrshypothek, ganz wie bisher. Das ist namentlich für eine künftige Übertragung (§ 1153 BGB.) und für Einwendungen von Belang, die

— abgesehen vom Zwangsvergleiche — gegenüber der Forderung begründet sind (§§ 1137, 1138 BGB.). Verfällt der Schuldner neuerdings in Konkurs, so gilt auch in diesem Verfahren für die Befriedigung des absonderungsberechtigten Konkursgläubigers der Grundsatz des § 64 [tont. 12]. Es bestehen, was weiter der Hervorhebung bedarf, auch solche Absonderungsrechte fort, die nicht dingliche Nebenrechte bilden. So die Zurückbehaltungsbesugnis, soweit ihr Absonderungskraft verliehen ist [§ 49 Anm. 48]; so das Absonderungsrecht des Gemeinschaftsgenossen [§ 51 Anm. 4]; so diejenigen Ab­ sonderungsansprüche, die sich nur als gesetzliche Verstärkung persönlicher Ansprüche dar­ stellen (Beispiel: § 47 KO. mit § 10 Nr. 1 ZVG.). Konkurrenz mit Konkursvorrechten: § 47 Anm. 28; Absonderungsrecht im Falle der Haftpflichtversicherung: § 49 Anm. 12 (Berthold LZ. 1911 S. 451 ff.). Der Pfandhaftung gleich bleiben die durch Sicherungs­ übereignung und Eigentumsvorbehalt begründeten Deckungen bei Bestand [tont. 6]. Desgleichen hastet ein Dritter fort, wenn eine gegen ihn begründete Forderung des Schuldners von diesem zahlungshalber (nicht an Zahlungsstatt) abgetreten worden war. OLG. Düsseldorf v. 29. 10. 1908 RheinA. 107 S. 312. Auch das Recht aus einer im Grundbuch oder Schiffsregister eingetragenen Vormerkung wird durch den Zwangs­ vergleich nicht beeinträchtigt, einerlei, ob der mit der Vormerkung behaftete Gegenstand zur Konkursmasse gehört oder nicht, einerlei, ob die Vormerkung das Zustandekommen eines Aussonderungsrechtes (wie die Eigentumsvormerkung) oder das Zustandekommen eines Absonderungsrechtes (wie die Pfandvormerkung) gewährleistet. Das ist nur eine Folge der im § 24 anerkannten dinglichen Sicherung, die durch die Vormerkung begründet wird, die aber Satz 2 zur Vermeidung eines Zweifels ausdrücklich feststellt. Wie der § 24 redet der § 193 Satz 2 von der Vormerkung im allgemeinen. Unstreitig trifft er damit die Antragsvormerkung, einerlei, ob sie auf Grund einer Bewilligung oder einer einstweiligen Verfügung erwirkt ist (vgl. RG. v. 6. 12. 1911 Bd. 78 75). Daß er auch für Amts­ vormerkungen nach § 18II GBO. gelte, wird vom Kammergericht bestritten (v. 25. 10. 1909 KGJ. 39 A 167; dagegen du Chesne LZ. 1911 S. 515 ff., wohl auch RG. v. 10. 2. 1906 Bd. 62 378). Siehe § 24 Anm. 7. Der absonderungsberechtigte Konkursgläubiger, also derjenige Konkurs­ gläubiger, zu dessen Sicherung ein zur Masse gehörender Gegenstand haftet, hat die

Zwangsvergleich (Wirkung).

369

Bergleichsrate nur für den Betrag entweder des von ihm nachzuweisenden wirklichen § 193. Ausfalls oder des von ihm in oder nach dem Konkurs erklärten Verzichts auf abgesonderte Befriedigung zu beanspruchen. Insoweit und nur insoweit ist er nach dem Grundsätze des § 64 einfacher Konkursgläubiger, obwohl er seine Forderung voll anmelden und fest­ stellen lassen darf [§ 64 Anm. 11], und nur als solcher hat er die Bergleichsrate zu beanspruchen (§§ 193, 194). Dabei macht es nach Satz 1 keinen Unterschied, ob der Gläubiger angemeldet, am Vergleichsverfahren teilgenommen, für den Vergleich gestimmt hat oder nicht. Der Vergleich trifft auch einen solchen Konkursgläubiger, dem das Stimm­ recht nach § 95 versagt worden war (ObLG. v. 13. 1. 1882 SeuffA. 39 Nr. 349; vgl. §§ 188, 189). Hatte der Gläubiger beispielsweise 1000 zu fordern und bei der Zwangs­ versteigerung des hypothekbelasteten Massegrundstücks auf seine voll angemeldete Forderung bloß 400 erhalten, so hat er, wenn nachträglich ein Zwangsvergleich mit 25°/0 zustandekommt, nur noch 150 (die Rate für den festgestellten Ausfall von 600) zu beanspruchen. Nicht anders liegen die Dinge, wenn der Zwangsvergleich geschlossen und darauf der Konkurs aufgehoben wird, bevor noch die abgesonderte Befriedigung durchgeführt ist. Auch dann hat der Gläubiger die Auszahlung der Akkordrate nur in seiner Eigenschaft als Konkursgläubiger zu beanspruchen, also nur für den Verzicht- oder Ausfallbetrag und zwar nur für den wirklichen (nicht etwa für den vermutlichen) Ausfall [§ 64 Anm. 12]. Solange also nicht feststeht, daß und inwieweit er später bei der Verwirklichung des (nicht aufgegebeuen) Sicherungsrechtes einen Ausfall erlitten hat, solange kommt sein Anspruch auf die Vergleichsrate nicht zustande, mag auch deren allgemeine Fälligkeit schon früher eingetreten sein. Ein vor Erfüllung dieser gesetzlichen Voraussetzung erhobener Anspruch auf die Rate wäre als noch nicht begründet abzuweisen, unbeschadet der Zulässigkeit einer Klage auf künftige Leistung in Fällen des § 259 ZPO. Die Ansicht von Kohler Lehrbuch S. 361 f., 481, die grundsätzliche Beschränkung des § 64 gelte nur für die Dauer des Konkurses, nach dessen Beendigung kraft Zwangsvergleichs habe daher der Gläubiger die Rate für seine ganze Forderung, für den Erlaßbetrag aber Befriedigung aus dem Ab­ sonderungsgegenstande zu beanspruchen, ist sonach unzutreffend. RG. v. 25.10. 1881 Bd. 5 394, v. 21. 1. 1882 Bd. 6 66, v. 18. 2. 1889 Bd. 23 45, v. 19. 10. 1909 LZ. 1910 S. 158, v. 6. 12. 1911 Bd. 78 75 s.; Hamburg v. 19. 4. 1909, v. 28. 9. 1910 OLG. 23 S. 308, 310; Petersen-Kleinfeller Anm. 8, Wolff Anm. 4. Während sonach der absonde­ rungsberechtigte Konkursgläubiger im Interesse der übrigen genötigt ist, zunächst das Absonderungsrecht zu verwirklichen, steht es einem Vergleichsgläubiger, dessen Sicherungs­ recht das Vermögen eines Dritten belastet, frei, erst die Bergleichsrate für die volle Konkursforderung zu erheben und danach zu irgend einer späteren Zeit seine Befriedigung wegen des Restbetrags aus dem Pfande zu betreiben. Denn solchenfalls versagt der Grundsatz des § 64 fsiehe dort Anm. 3]. Zust. RG. v. 19. 10. 1909 aaO., OLG. Frank­ furt a. M. v. 28. 6. 1910 FrankfRundsch. 44 S. 177. In der vorbehaltlosen An­ nahme der Zwangsvergleichsrate für den vollen Forderungsbetrag liegt ein Verzicht auf den Forderungsrest und damit auf dessen Sicherung [§ 64 Anm. 16]. Die Anwendbarkeit der (selbstverständlich nicht zwingenden) Vorschrift unseres zweiten Satzes wird hier durch Parieiübereinkunft ausgeschaltet. Der Verzichtende hat daher, wenn die Forderung durch eine Hypothek gesichert war, die Umschreibung der zur Eigentümergrund­ schuld gewordenen Belastung zu bewilligen (§§ 1163 I 2, 11771, 894 BGB ). Desgleichen, wenn die Sicherung in einer Hypothekvormerkung bestand, deren Löschung (RG. v. 15.11. 1911 Bd. 77 403, im Ergebnis LG. Dresden v. 28. 6. 1910 SARpfl. 7 S. 157 bestätigend). Wenn der Schuldner in Erwartung des Verzichts die Bergleichsrate für den vollen Forderungsbetrag zahlt, aber den durch diese Leistung bezweckten Erfolg deshalb nicht erreicht, weil der Gläubiger das Sicherungsrecht gleichwohl nicht aufgibt, so kommt ein Bereicherungsanspruch auf Rückgewähr nach § 8121 2 BGB. in Betracht (RG. 78 76 f.). Der Verzicht kann auch Teilverzicht sein. Die einmal getroffene Wahl ist aber endgültig [§ 64 Anm. 15]. Übrigens ist auch der Fall denkbar, daß ein b evorrechtigter

Zwangsvergleich (Wirkung).

370

§193. Anm.13

Konkursgläubiger ein Absonderungsrecht hat [§ 47 Anm. 14, 28]. Alsdann bleibt sein Forderung selbst unvermindert, der § 193 unanwendbar. Daß Aussonderungsansprüche vom Zwangsvergleich nicht beeinträchtigt werden, bedurfte keines ausdrücklichen Ausspruchs im Gesetze. Dieses trifft durch Erwähnung der Vormerkung allerdings auch den Fall, daß diese den Erwerb eines Aussonderungsrechtes sicher stellt sAnm. 11]. Im übrigen aber versteht sich die Einflußlosigkeit des Zwangs­ vergleichs gegenüber Aussonderungsrechten nach der Fassung der §§ 173, 193 f. von selbst. Das gilt namentlich auch für Unterlassungsansprüche mit Aussonderungskraft [§ 43 Anm. 23]. H. Lehmann ZZP. 38 S. 128. Desgleichen für schuldrechtliche Aussonderungsansprüche [§ 43 Anm. 28].

IV. Unberührte Haftung Dritter. Anm. 14.

Nach Satz 2 wird durch den Zwangsvergleich die Sachhaftung dritter Personen mit bestimmten Bermögensstücken ebensowenig berührt als deren persönliche Mithaftung. Die Anerkennung fortdauernder Wirksamkeit eines Pfandrechts im weiteren Sinne oder einer Vormerkung bezieht sich sonach nicht nur auf konkursgebundene oder konkursfreie Gegenstände des Schuldnervermögens, sondern auch auf Bermögensstücke dritter Personen. Nach beiden Richtungen stellt die Vorschrift klar, daß auch unselbständige Nebenhaftungen trotz Herab­ minderung der gesicherten Hauptforderung unabgeschwächt weiter bestehen. All das war schon in der früheren Rechtsprechung anerkannt (RG. v. 28. 11. 1888 Bd. 22 330, v. 18. 2. 1889 Bd. 23 44, v. 21. 6. 1889 Bd. 23 120). Die Novelle hat es jedoch mit Rücksicht auf die §§ 1137, 1211 BGB., denen zufolge der dritte Pfandeigentümer dem Pfandanspruch auch die dem persönlichen Schuldner zustehenden Einwendungen entgegenhalten kann, für geboten erachtet, die Einflußlosigkeit des Zwangsvergleichs auf die Pfandhaftung ausdrücklich aus­ zusprechen (Begründung S. 44 f.). Diesen Zweck der Vorschrift muß man sich vor Augen halten, wenn man irrige Gegenschlüffe vermeiden will. Daß Absonderungsgläubiger als solche vom Zwangsvergleich nicht betroffen werden, das brauchte, da der Schuldner den Vergleich nur mit seinen nichtbevorrechtigten Konkursgläubigern schließt (§ 173), nicht allgemein ausgesprochen zu werden. Sonst hätten im § 193 auch Vorrechts- und Massegläubiger eigens ausgenommen werden müssen. Für einen Gegenschluß dahin, daß ein nicht erwähntes Absonderungsrecht, eine Sicherungsübereignung, eine Aufrechnungsdeckung sAnm. 4] in der Wirksamkeit abgeschwächt werde, ist sonach kein Raum. Die unverminderte Forthaftung von Bürgen und Mitschuldnern des Gemeinschuldners war schon in der früheren Fassung des Gesetzes anerkannt. Sie bildet jedenfalls für die Bürgschaft eine Abweichung vom sonstigen bürgerlichen Recht (§§ 767 f. BGB ), die für den freiwilligen Konkursabwendungsvergleich nicht schon kraft Gesetzes platzgreift (vgl. RG. v. 27.11.1905 Recht 10 Nr. 1197, OLG. Jena v. 10.11. 1910 LZ. 1911 S. 313). Bei der Gesamtschuld sind die §§ 423, 425 für die Wirksamkeit von Erlaß und Stundung maßgebend (vgl. dazu Staub HGB? Exk. zu § 350 Anm. 7, Jena aaO.). Der Standpunkt des Gesetzes rechtfertigt sich aus Gründen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Einerseits entspringt der Akkord einer Zwangslage. Andrerseits sollen die durch Mithaftung dritter Personen gesicherten Gläubiger nicht verleitet werden, aus persönlichen Rücksichten gegen das Interesse der Gesamtheit zu stimmen. Auch Bürgen und Mitschuldner selbst werden nicht geschädigt, da sie bei Durchführung des Konkurses meist einen größeren Ausfall zu decken haben würden. Motive II S. 422f. Die Bürgschaft besteht — entsprechend Anm. 11 — als Bürgschaft fort. Ihre Unterlage bildet im Bereich eines Zwangs­ erlasses das unvollkommene Schuldverhältnis fAnm. 5]. Keineswegs wird der Bürge Haupt­ schuldner. Es verbleibt ihm der Bürgenrückgriff sAnm. 16] und — abgesehen vom Zwangs­ vergleich — das Recht zu Einwendungen aus der Person des Hauptschuldners (§§ 767, 768, 770, vgl. § 773 Nr. 3 BGB.). Auch bei bloßer Schadlosbürgschaft haftet der Bürge trotz des Zwangserlasses für den vollen Ausfall weiter: der erlassene Teil der Schuld steht sofort als Ausfall fest; für den nichterlassenen kann sich ein weiterer Ausfall ergeben [§ 68 Anm. 3]. Übrigens darf der Bürge sich auch auf eine bloße oder mit Erlaß verknüpfte Zwangsstundung nicht berufen (Ausnahme von der Regel des § 7681 1 BGB ), da Satz 2

Zwangsvergleich (Wirkung).

371

allgemein vom Zwangsvergleich, nicht nur vom Zwangserlasse redet, der meist zugleich Erlaß § 193. und Stundung enthält. Andrerseits wird eine befristete Bürgenhaftung nicht von Rechts wegen mit der Bergleichsschuld fällig fsiehe § 65 Anm. 4]. Dem einzelnen Gläubiger steht es natürlich frei, auf seine Rechte gegen Mitschuldner oder Bürgen zu verzichten; die Gläubigerversammlung als solche aber kann über diese Rechte nicht verfügen (RG. v. 9. 3.1897 SeuffA. 53 Nr. 71). Ob das Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen eines Zwangs­ vergleichs vom Konkursgericht im Bestätigungsverfahren mit Recht oder mit Unrecht angenommen wurde, ist nach rechtskräftiger Bestätigung für die Anwendbarkeit des § 193 Satz 2 gleichgültig [§ 189 Anm. 5]. Vgl. RG. v. 12. 12. 1883 SeuffA. Bd. 39 Nr. 350; v. 3. 3. 1904 Bd. 57 272.

Die Vorschrift des zweiten Satzes gilt auch für solche Mitschuldner und Bürgen, die erst Anm. ls. während des Konkursverfahrens für den Gemeinschuldner eingetreten sind, es wäre denn der Eintritt als Sonderbegünstigung nach § 181 Satz 3 nichtig (RG. v. 17. 5. 1909 WarnE. 2 S. 445f.). Desgleichen für einen vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer offenen Handelsgesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafter [§ 211 Anm. 5f.].

Die Rückgriffsrechte der Mitschuldner und Bürgen gegen den Gemeinschuldner bildenAnm. 16. gesetzlich bedingte Konkursforderungen und werden als solche vom Zwangsvergleiche gemindert [§ 67 Anm. 5]. Motive II S. 423. Der Gläubiger darf also, statt zunächst die Vergleichs­ rate beizutreiben, den in erster Reihe Mithaftenden auf das Ganze, dieser den ausgleichungs­ pflichtigen Gemeinschuldner aber nur auf die Bergleichsrate belangen: den Ausfall trägt der Mitschuldner oder Bürge (zust. RG. v. 16. 11. 1905 GruchotsBeitr. 50 S. 1121; abw. Henneberg LZ. 1911 S. 273, vgl. auch Oetker I S. 228). Neben dem Hauptgläubiger kann der Regreßberechtigte die Bergleichsrate nicht fordern [§ 67 Anm. 6]. Steht umgekehrt dem Gemeinschuldner z. B. als Wechselverpflichtetem ein Regreß gegen Anm.n. seine Mitschuldner zu, so ist Folgendes zu beachten. Durch Zahlung der Bergleichsrate wird der Gemeinschuldner dem Gläubiger gegenüber zwar so befreit, als ob er das Ganze gezahlt hätte. Allein seinen Regreß gegen den Mitschuldner kann er nur für den Betrag nehmen, den er wirklich gezahlt hat. Sonst würde der Mitschuldner, der seinerseits dem Gläubiger für den Konkursausfall haftbar ist, insoweit doppelt belastet sein. Dies gilt auch für die Revalierungsklage des die Bergleichsrate zahlenden Akzeptanten gegen den Aussteller des Wechsels. Vgl. RG. v. 18. 4. 1891 Bolze 12 Nr. 773, v. 13.12.1893 Bolze 17 Nr. 858, v. 30. 1. 1900 IW. S. 184 f. Nr. 11. Der die Vergleichsrate zahlende Wechselschuldner kann übrigens, obwohl er für seine Person wie durch Bollzahlung befreit wird, Aushändigung des quittierten Wechsels nach a. 39 Satz 1 WO. nur verlangen, wenn wechselverpflichtete Mitschuldner nicht vorhanden sind. Sind solche vorhanden, so muß sich der Zahlende, weil die Mitschuldner weiterhaften und zur Geltendmachung dieser Haftung die Wechselurkunde erforderlich ist, mit einer Abschreibung und Quittung nach a. 39 Satz 2 WO. begnügen. Obertribunal v. 23. 9. u. 26. 10. 1858 StriethorstA. 29 S. 343, 365.

Da der dem einen Mitschuldner bewilligte Zwangsvergleich den andern Mitschuldner Anm.i8. nicht befreit, führt der im Konkurse des einen von mehreren Mitschuldnern (vgl. § 68) vereinbarte Zwangserlaß auch nur zu e i n f a ch e r Haftungsminderung. Zwangserlasse in allen Konkursen dagegen setzen die Haftungshöchstgrenze herab. Beispiel: Es haften A und B als Gesamtschuldner dem C auf Zahlung von 10000. Wird nun dem A ein Zwangserlaß zu 5O°/o bewilligt, so kann C nach Beitreibung der Vergleichsrate den B zufolge Satz 2 noch auf die übrigen 5000 belangen. Wenn aber nfit A und mit B gleichzeitig oder nacheinander Zwangsvergleiche zu je 5O°/o vereinbart werden, kann C nach dem Sinne der Verträge nicht die einen 5000 von A, die anderen von B beanspruchen, sondern insgesamt nur 5000, diese ganz von jedem. Beträgt die Bergleichsrate A 50, die Rate B nur 25°/0, so hat 0 im ganzen noch 5000 zu beanspruchen, eine Gesamtschuld besteht aber nur noch in Höhe von 2500.

372

Zwangsvergleich (Wirkung).

8193. V Internationales Konkursrecht. «nm. 19. Zweifellos unterliegt auch der ausländische Konkursgläubiger insoweit den Beschränkungen des inländischen Zwangsvergleichs, als es sich um eine Rechtsverfolgung im Inland handelt [§ 5 Anm. 3]. Bestritten ist dagegen die Frage, ob der im Ausland abgeschlossene Zwangs­ vergleich der inländischen Rechtsverfolgung aus- oder inländischer Gläubiger entgegensteht. Die entsprechende Anwendung des § 328 ZPO., wie sie v. Wilmowski^ S. 520 vom Standpunkte der Urteilstheorie unternommen hatte, scheitert (von anderem abgesehen) schon an der Vertragsnatur des Zwangsvergleichs [§ 173 Anm. off.]. Eine entgegengesetzte Meinung nimmt an, daß der Zwangsvergleich — wie dies für einen freiwilligen, aus all­ seitiger Zustimmung der Gläubiger beruhenden Vergleich anzunehmen ist — den Gläubiger schlechthin, nicht nur mit Wirksamkeit für das Staatsgebiet des bestätigenden Gerichts bindet, einerlei ob er angemeldet hatte oder nicht, ob er für oder gegen den Vergleich stimmte. So z. B. im Ergebnisse der belgische Kassationshof (23. 5. 1889 Sirey 1891, 4, 7), Carle la dottrina giuridica del fallimento nel diritto privato internationale (1872) S. 108, Fiore del fallimento secondo il diritto privato internationale (1873) S. 98 und von den Kommentatoren der KO. Wolff § 237 Anm. 3. Wieder andere erklären nur die am Konkurse teilnehmenden (v. Bar, Lehrbuch des intern. Priv. u. Strafrechts S. 204) oder dem Vergleich zustimmenden (so die herrschende französische Lehre, Lyon-Caen et Renault VHI Nr. 1262) oder die Vergleichsrate annehmenden (Oetker I S. 230) Gläubiger für gebunden. Aus dem Grundsätze des § 237 KO. dürfte sich ergeben, daß wie der ausländische Konkurs überhaupt, so der ausländische Zwangsve gleich im besonderen einem Zugriff auf das inländische Vermögen keine Schranken setzt, und daß auch der dem ausländischen Vergleich ausdrücklich zustimmende Gläubiger damit an sich nur den Willen bekundet, sich denjenigen Beschränkungen zu unterwerfen, die der Auslandsakkord als solcher äußert. RG. v. 11. 7. 1902 Bd. 52 155; vgl. RG. v. 20. 3. 1888 Bd. 21 7, v. 18. 5. 1889 Bd. 24, 388, Kleinfeller BöhmsZ. 13 S. 566 f., Fitting § 49 N. 10, Kohler Lehrbuch S. 636ff., Seusfert S. 33, Hellmann S. 650f., jetzt auch v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 13 und eingehend Meili Intern. K.Recht S. 216 ff. mit Zit. Ein von letzterem S. 222 angeführter Vorschlag des Institut de droit international will dagegen dem Zwangsvergleiä) extraterritoriale Wirksamkeit verliehen wissen: „Le concordat consecutif ä la faillite, definitif et obligatoire dans l’etat de la faillite, sera obligatoire et produira tous ses effets, meme sans exequatur, dans chacun des autres etats“. Daß das ausländische Konkursgesetz die Vergleichswirkung für auswärtige Gläubiger besonders anerkennt (so z. B. Italien a. 840, Rumänien a. 859), hat für die Jnlandsvvllstreckung keinen Belang. Wie der konkursbeendende hat der konkursabwendende Zangsvergleich nur territoriale Wirksamkeit. So für den belgischen Präventivakkord OLG. Colmar v. 31. 3. 1908 LZ. S. 475. Gleiches gilt für die vom Gericht verfügte Entlastung des englischen und amerikanischen Rechts [§ 164 Anm. 13]. Vgl. Kohler aaO. S. 640f. — Umgekehrt zieht der Jnlandszwa ngsvergleich der Forderungsbeitreibung im Auslande keine Schranken. Der Gläubiger kann die ganze nod) unbezahlte Forderung im Auslande verfolgen, nach Empfang der vollen Jnlandsakkordrate also noch den ganzen Rest. Auch braucht er sich Teilbefriedigungen, die er nun im Ausland erwirkt, auf die ihm später im Jnlande gebührende Rate nicht anrechnen zu lassen. ObLGv. 17. 2. 1908 LZ. S. 550 ff.

«nm.20.

Zusatz. Fremde Rechte. Daß im Falle des Zwangserlasses ein unvollkommenes Schuldverhältnis übrig bleibt, wird auch im ausländischen Recht anerkannt. Siehe LyonCaen et Renault VII Nr. 617 mit Lit., Meili aaO. S. 218. Hängt doch die Rehabilitation vielfach von der Vollzahlung ab [§ 25 Anm. 47]. In Frankreich wird der Fortbestand einer Naturalobligation häufig durch ausdrückliche „clause de retour ä meilleure fortune“ anerkannt. Die Klausel hat mitunter auch die stärkere Bedeutung: der Schuldner muß nachzahlen, sobald sich seine Vermögenslage wesentlich gebessert hat. Lyon-Caen et Renault Nr. 618 mit Rechtsprechung. Diese Nachzahlungspflicht gilt als selbstverständlich beim belgischen Präventiv­ akkord: celui qui a obtenu le concordat est tenu en cas de retour ä meilleure fortune de payer integralement ses creanciers (a. 25 G. v. 29. 6. 1887). Auch die fortdauernde Haftung von Mitschuldnern und Pfändern ist in den meisten Konkursgesetzen anerkannt. So namentlich in Frankreich (a. 545), Belgien (a. 541), Holland (a. 160), Österreich (§ 224),

Zwangsvergleich (Vollstreckung).

373

England (s. 30 Nr. 4 mit G. v. 1890 s. 3 Nr. 19), Schweden (a. 109 s.), Norwegen (a. 76), § 194. Dänemark (a. 113, 114; im a. 120 wird ausdrücklich anerkannt, daß der Gemeinschuldner selbst auch gegenüber regreßberechtigten Mitschuldnern befreit wird). Eine eigenartige Möglichkeit der Teilnahme am Akkord ist für Vorrechts- und Pfandgläubiger in Spanien (a. 900) vorgesehen. Vgl. auch Italien (a. 834). Der Satz des römischen Rechts, daß der Bürge eines dem Vergleiche zustimmenden Gläubigers mit dem Hauptschuldner befreit wird (Motive II S. 422 mit Lit.), hat sich abgeschwächt erhalten im a. 303 (317 II) des schweizerischen Konkursgesetzes: der zustimmende Gläubiger verliert seine Rechte gegen Mitschuldner des Kridars dann nicht, wenn er ihnen „mindestens 10 Tage vor der Gläubigerversammlung deren Ort und Zeit mitgeteilt und ihnen die Abtretung seiner Forderung gegen Zahlung angeboten hat. Der Gläubiger kann auch, unbeschadet seiner Rechte, Mitschuldner usw. ermächtigen, an seiner Statt über den Beitritt zum Nachlaßvertrage zu entscheiden". Daß der Zwangsvergleich auch unangemeldete einfache Konkursforderungen trifft, wird nicht allerwärts anerkannt. In Rußland ist die Frage bestritten (Borchardt-Kohler S. 253 N. 159, S. 254 N. 165). Nachzügler haben nicht überall volle Vergleichsrechte. Siehe besonders für Österreich (KO. § 236) Rintelen S. 353, 362.

8 Aus dem rechtskräftig bestätigten Zwangsvergleiche findet für die Aonkursgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht von dem Gemeinschuldner in dem Prüfungstermine ausdrücklich bestritten worden sind, gegen den Gemein­ schuldner und diejenigen, welche in dem Vergleiche für dessen Erfüllung neben dein Gemeinfchuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Verpflichtungen übernommen haben, die Zwangsvollstreckung unter entsprechender Anwendung der §§ 72^—795 der Zivilprozeßordnung und des § Abf. 5 dieses Gesetzes statt. Unveränderter § 179 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 166ff., S. 114, 186.

Motive II S. 423ff., Protokolle

Vollstreckung der Bergleichsansprüche. I. Der Bollstreckungstitel. Vollstreckungstitel ist nicht — was die Worte „aus dem rechtskräftig bestätigtenAnm. 1. Zwangsvergleiche" anzudeuten scheinen — der Zwangsvergleich als solcher, sondern wie im Falle des § 164 die für den Konkurs und zugleich gegenüber dem Schuldner in Person erwirkte Feststellung der Forderung (Motive II S. 424). Das zeigt sich deutlich, wenn es an solcher Feststellung fehlt fAnm. 3]. Sie bejaht mit Urteilskraft [§ 164 Anm. 3ff.] den Bestand der Forderung, der Vergleich aber bestimmt, inwieweit und zu welcher Zeit die Forderung vom Schuldner zu berichtigen ist und wer etwa sonst noch für die Erfüllung einsteht. Man muß wohl beachten, daß der Zwangsvergleich eine urteilsmäßige Forderungsanerkennung und Forderungsaberkennung nicht enthält [§ 173 Anm. 13]. Er beschränkt gegenüber dem Schuldner den eigentlichen Vollstreckungstitel: „aus" dem Zwangsvergleiche bedeutet „nach Maßgabe" des Zwangsvergleichs (Schultze S. 134 N. 1). Fallen die Bergleichsschranken später fort (§ 197), so verleiht die Tabelle der Forderung wieder in ihrem ganzen Umfange Vollstreckbarkeit [§ 197 Anm. 2]. Andrerseits erweitert der Zwangsvergleich den Vollstreckungstitel, indem er diesen aus etwaige Bergleichs­ garanten sAnm. 2, 5f.] erstreckt. Vgl. § 794 Nr. 1 ZPO. (Garanten eines Prozeß­ vergleichs.) Es ist daher verfehlt, von einer „formellen und materiellen Rechtskraft" des Vergleichs als solchen zu reden. Der Zwangsvergleich wirkt so wenig Rechtskraft als der Prozeßvergleich und bildet nicht einmal wie dieser einen selbständigen Bollstreckungstitel, auch nicht gegenüber dem Vergleichsgaranten. Auch ihm gegenüber ist für sestgestellte Forderungen der eigentliche Titel die tabellarische Feststellung, die kraft Gesetzes auch wider den Vergleichs­ garanten in den Grenzen seines Beitritts wirkt. Der § 794 Nr. 5 ZPO. ist, auch soweit die Haftung der Bergleichsgaranten in Frage kommt, unmaßgeblich. Der Summenangabe und der Unterwerfungsklausel bedarf es daher nicht, wenn der Garant in Erfüllung einer VergleichsJaeger, Konkursordnung.

5. Aufl. Bd. II.

24

374

§ 1A4.

Anm. 2.

Anm. 3.

Zwangsvergleich (Vollstreckung).

bedingung [§ 184 Anm. 3] seinen Beitritt nach der Bergleichsschließung in besonderer Urkunde erklärt. RG. v. 27. 11. 1903 Bd. 56 73. Andrerseits setzt die Anwendbarkeit des § 194 Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses (8 189) voraus, einerlei, ob die Bestätigung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist [fietje § 196 Anm. 3]. RG. v. 3. 3. 1904 Bd. 57 270. Formerfordernis für die Zulässigkeit der Bergleichsvollstreckung ist wie im Falle des 8 164 fdaselbst Anm. 6] eine vom Gerichtsschreiber des Konkursgerichs mit der Boll­ streckungsklausel versehene Musfertigung des Tabelleintrags (88 724ff. ZPO.). Einer Anordnung „des Vorsitzenden" bedarf es in den besonderen Fällen des 8 730 ZPO., einer Anordnung des Konkursgerichts als solchen keinesfalls. In der vollstreckbaren Aus­ fertigung selbst muß der Gerichtsschreiber die Einwirkungen des Zwangsvergleichs klarstellen. Beispiel: „Diese Ausfertigung wird dem O (Gläubiger) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen den 8 (Schuldner) erteilt und zwar mit der Maßgabe, daß nach dem durch rechtskräftigen Beschluß v. 20. Februar 1912 bestätigten Zwangsvergleich der Gemeinschuldner den nicht­ bevorrechtigten Konkursgläubigern 4O°/o in zwei gleichen Raten, die erste am 15. März, die zweite am 15. Oktober 1912 zu bezahlen hat." Da der 8 194 die rechtskräftige Bestätigung des Zwangsvergleichs voraussetzt, muß der Gerichtsschreiber vor Erteilung der voll­ streckbaren Ausfertigung den Eintritt der Rechtskraft (8 189) nachprüfen. Die Geschäfts­ ordnungen der Gliedstaaten [8 71 Anm. 22] schreiben ein etwas umständlicheres, in der Praxis nur teilweise beobachtetes Verfahren vor: dem Tabellauszug sollen Ausfertigungen des Vergleichsprotokolls (bei Unvollständigkeit desselben auch der ergänzenden Schriftstücke) und des mit Rechtskraftzeugnis versehenen Bestätigungsbeschlusses vorgeheftet werden. Preußen 8 33 Nr. 14, Bayern 8 197 III, Sachsen 8 1455. Jedenfalls muß zur Verhütung einer Bei­ treibung des ganzen festgestellten Betrags eine gesonderte Tabellausfertigung vermieden und dementsprechend eine Mehrheit ausgefertigter Urkunden zu einer Einheit verbunden werden. Die vollstreckbare Ausfertigung gegen einen Bergleichsgaranten muß die Garantie' erklärung enthalten. Ist sie in einer besonderen Urkunde niedergelegt ^Anm. 1], so ist deren Ausfertigung beizufügen. Die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung hat der Gerichtsschreiber in der Tabelle zu vermerken [8 140 Anm. 10]. Vgl. Kohler ArchZivPrax. 81 S. 392s., Falkmann Zwangsvollstreckung2 S. 81 f., Senst KonkursrichterS. 230 ff. Für Klagen, die zum Zwecke oder aus Anlaß der Zwangsvollstreckung nach Maßgabe der 88 731, 767, 768 ZPO. zu erheben sind, gelten nach 8 194 die besonderen Zuständigkeitsregeln des 8 164 m ^siehe 8 164 Anm. 8]. Für Klagen auf Zahlung der Bergleichsrate dagegen Mnm. 3] bewendet es bei den allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften. Sicherungshypothek auf Grund der Feststellung: 8 192 Anm. 2. Ob die Feststellung des Konkursgläubigerrechts (§ 144 I) bereits im Prüfungstermin oder erst nach demselben durch Urteil, Vergleich, Zurückziehung oder sonstigen Wegfall des Widerspruchs erfolgte, ist belanglos. War aber die Forderung vom Gemeinschuldner im Prüfungstermin oder nachträglich gemäß 8 165 bestritten und diese Bestreitung nicht wieder erledigt worden, so muß sich der Gläubiger — wenn ihm nicht bereits ein Titel gegen den Schuldner zu Gebote steht — auch für die „festgestellte" Forderung erst einen Boll­ streckungstitel gegen den Schuldner verschaffen (8 144) und kann auch dessen Titel nur nach Maßgabe des Zwangsvergleichs vollstrecken (8 193). Die Annahme, daß durch den Vergleich von selbst die Bestreitung des Schuldners in Ansehung festgestellter Forderungen hinfällig werde, widerspricht dem 8 194 („und nicht vom Gemeinschuldner bestritten worden sind"). So nun auch Fitting 8 49 N. 5. Ebenso sind Gläubiger, die überhaupt nicht ange­ meldet oder doch eine konkursmäßige Feststellung nicht erzielt haben, darauf angewiesen, sich einen Titel (88 704, 794, 801 ZPO.) gegen den Schuldner zu verschaffen, besonders im Wege einer Klage auf Zahlung der BergleichSrate ^Zuständigkeit: Anm. 3] oder im Mahnverfahren. Der 8 194 setzt konkursmäßig festgestellte und auch vom Schuldner nicht bestrittene Forderungen voraus, begnügt sich also keineswegs mit der konkursmäßigen Feststellung allein. Für andere einfache Konkursforderungen gilt zwar der 8 193, nicht aber der 8 194. Garanten: Anm. 4. Schicksal eines bei Konkurs­ beendigung noch unerledigten Feststellungsprozesses: 8 146 Anm. 29. War die Klage schon

Zwangsvergleich (Vollstreckung).

375

vor dem Konkurs erhoben, aber während desselben nicht nach Maßgabe der §§ 144II, 146 m § 194. ausgenommen worden, so endet die Unterbrechung von selbst bei Konkursaufhebung [§ 10 Sinnt. 12]. Ein schon vor dem Konkurs erwirkter Titel, der nicht durch den Tabelleintrag ersetzt worden ist [§ 164 Sinnt. 7], kann nun in den Grenzen des Zwangsvergleichs (§ 193) gegen den Schuldner vollstreckt werden.

II. Bergleichsgaranten. Häufig verpflichten sich dritte Personen, meist Angehörige des Schuldners, neben diesem Anm. 4. [§ 174 Sinnt. 5] für die Erfüllung des Vergleichs einzustehen. Die Mithaftung kann als Gesamtschuld (§§ 421 ff. BGB ) oder als Bürgschaft (§§ 765 ff. BGB.) übernommen werden. Die Übernahme bildet einen Bestandteil des Zwangsvergleichs, unterliegt als solcher der Vor­ prüfung nach § 177 (§§ 178, 179) und ist im Bergleichstermin selbst (§ 182) mündlich zu erklären [§ 179 Sinnt. 2]. Vgl. RG. v. 17. 9. 1906 Bd. 64 85, v. 12. 10. 1910 Bd. 74 261. Einer ausdrücklichen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung im Sinne des § 794 Nr. 5 bedarf es nicht [Sinnt. 1]. Die Verbürgung verpflichtet für den jeweiligen Bestand der Hauptverbindlichkeit (§ 767 BGB.) und kann mit oder ohne die Rechtswohltat der Borausklage erfolgen. Nach der Vorschrift unseres § 194 (verb. „ohne Vorbehalt", nicht etwa „unter Verzicht auf") kommt jedoch die Rechtswohltat der Borausklage einem Zwangsvergleichsbürgen — anders als nach sonstigem Recht (§§ 771 ff., vgl. aber auch § 773 Nr. 3 BGB.) — nur kraft ausdrücklichen Vorbehalts zu. Ist ein solcher Vor­ behalt gemacht, so bleibt der § 194 dem Bürgen gegenüber unanwendbar und zwar auch dann, wenn die Einrede durch spätere Ereignisse ausgeschlossen (§ 773 Nr. 2—4 BGB.) oder die Borausklage vergeblich unternommen wird. Petersen-Kleinfeller Sinnt. 16, Fitting § 49 N. 9, Seuffert S. 444 f.; abw. v. Bölderndorff II S. 622, F. Wach S. 56 f. (nach fruchtloser Borausklage sei der § 194 anwendbar) und Wolff Anm. 2 (der § 194 soll umgekehrt nur bei ausdrücklichem Verzicht des Bürgen aus die Rechtswohltat anwendbar sein). Zur Frage der Verantwortlichkeit des Verwalters gegenüber einem Vergleichsbürgen siehe § 82 Anm. 2, 7 und RG. v. 10. 5. 1912 LZ. S. 694 ff. Auch ein Konkursgläuber kann die Bergleichsbürgschast übernehmen. DadurchAnm. 5. verliert er natürlich seinen Anspruch auf die Bergleichsrate nicht. Ebensowenig ist er alsdann gehindert, seine ganze Forderung gegenüber einem Dritten geltend zu machen, der ihm für diese ein Pfandrecht bestellt,hat (§ 193 Satz 2). RG. v. 23.11.1895 IW. 1896 S. 5 Nr. 18.

Wie gegenüber dem Schuldner selbst findet der § 194 gegenüber einem Vergleichs-Anm. 6. g a r a n t e n nur zugunsten solcher Forderungen Anwendung, die nicht nur im Sinne des § 144 I festgestellt, sondern auch vom Gemeinschuldner persönlich nicht bestritten worden sind [Sinnt. 3]. Aus § 193 aber ergibt sich, daß der Zwangsvergleich und mit ihm das einen Bergleichs­ bestandteil bildende Garantieversprechen auch anderen Konkursgläubigern zustatten kommt, mögen diese auch nicht angemeldet haben und den Garanten unbekannt gewesen sein (vgl. OLG. Köln v. 9.1.1906 RheinA. 102 I 244). Zwischen der Haftung des Schuldners und der eines Garanten unterscheidet weder der § 193 noch der § 181. Nur muß eben, wer späterhin den Garanten in Anspruch nehmen will, einen eigenen Bollstreckungstitel gegen diesen erwirken, wäre es auch bloß eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 794 Nr. 5 ZPO. Die Ver­ urteilung des früheren Gemeinschuldners erzeugt dem Garanten gegenüber weder Rechtskraft noch Vollstreckbarkeit (vgl. RG. v. 3. 5. 1909 Bd. 71 59 mit Zit.). Während nun aber die Anwendbarkeit des § 194 gegenüber dem Schuldner selbst zweifellos nicht voraussetzt, daß dem Doppelerfordernisse der Vorschrift schon zurzeit des Bergleichstermins genügt ist, wird in den Motiven II S. 424f. bemerkt, für die Vollstreckbarkeit (des § 194) gegenüber einem Ber­ gleichsgaranten entscheide der Zeitpunkt des Bergleichsabschlusses. Bon diesem Standpunkt aus erklärt die herrschende Lehre (z. B. v. Sarwey-Boffert Anm. 2, v. WilmowskiKurlbaum Sinnt. 5), die Tabelle sei gegenüber einem Bergleichsgaranten im Rahmen des Zwangsvergleichs nur wegen solcher Forderungen nach § 194 vollstreckbar, die schon zurzeit der Bergleichsannahme festgestellt und auch schon damals vom Gemeinschuldner nicht bestritten waren. Die Bemerkung der Motive II entstammt wörtlich den Motiven I Bd. 2 S. 169,

24*

376

§194.

Zwangsvergleich (Vollstreckung).

diese aber waren auf den § 183 III Entw. I gemünzt, der ausdrücklich bestimmen wollte: gegen die Garanten „finde aus dem Vergleiche die Zwangsvollstreckung in Ansehen aller Gemeinsorderungen statt, welche bis zum Abschlüsse desselben festgestellt worden und von dem Gemeinschuldner nicht ausdrücklich bestritten sind". Die Worte „bis zum Abschlüsse desselben" sind nun in das Gesetz nicht übergegangen. Deshalb wird die Maßgeblichkeit der Schranke von manchen Schriftstellern bestritten (so v. Bölderndorff II S. 619ff., Fitting § 49 N. 9, Hellmann S. 534 f. und unsere älteren Auflagen). Die Weglassung erklärt sich aber daraus, daß das Gesetz (anders als der Entwurf I aaO.) auch von der Vollstreckbarkeit gegenüber dem Schuldner redet, für die jene Begrenzung nicht gelten kann. Dazu kommt die Erwägung, daß . es nicht im Willen des Garanten liegen wird, sich hinsichtlich der zurzeit des Vergleichs­ abschlusses vom Schuldner bestrittenen Forderungen dem späteren Belieben des Schuldners preiszugeben. Der Garant hat die Rechtslage zurzeit des Bergleichsabschlusses vor Augen. Er darf erwarten, daß die zu dieser Zeit dem § 194 nicht genügenden Forderungen ihm gegenüber zur Anerkennung gebracht werden. Eine Widerspruchsrücknahme, die der Schuldner (vielleicht aus Leichtsinn oder böser Absicht) nach dem Bergleichstermin erklärt, begründet daher die Anwendbarkeit des § 194 gegenüber dem Garanten nicht mehr.

DI. Bevorrechtigte Konkursforderungen. Anm. 7.

Borrechtsgläubiger nehmen am Zwangsvergleiche, an seinen Rechten und Beschränkungen, nicht teil [§ 193 Anm. 10]. Sind sie festgestellt und vom Gemeinschuldner nicht bestritten, so können sie nach Konkursbeendigung aus Grund des Tabelleintrags zum vollen Betrage vollstreckt werden (arg. § 164 II),1) wenn der Verwalter ihre Deckung dem § 191 n zuwider unterlassen hatte [§ 191 Anm. 2 u. 4]. Vgl. Falkmann S. 82; abw. Oetker I S. 499. Ist nur das Vorrecht, nicht die Forderung bestritten, so nimmt der Gläubiger bedingt am Zwangsvergleiche teil und zwar unter der gesetzlichen Bedingung (§ 726 ZPO ), daß die Feststellung des Vorrechts mißglückt. Nur in diesem Falle können die Bergleichsgaranten belangt werden. Der Schuldner hastet zwar, auch wenn das Borrecht festgestellt wird (dann auf das Ganze), also in jedem Falle. Allein während der Schwebe kann auch gegen den Schuldner eine vollstreckbare Tabellausfertigung für die Vergleichsrate nicht erteilt werden, da der Anwendung des § 194 — nur dieser kann für die Forderung als nichtbevorrechtigte und darum dem Vergleich unterliegende in Frage kommen — die Inanspruchnahme des Vorrechts entgegensteht. Vgl. Schlote Wirkungen des Zwangsvergleichs (1911) S. 69, Oetker S. 497f., Falkmann aaO.; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 13. Ist die bevorrechtigte Forderung selbst bestritten, so gilt das in Anm. 3 mit § 191 Anm. 4 Bemerkte. Durch nachträglichen Verzicht auf das Vorrecht kann sich ein Borrechtsgläubiger die Vergleichs­ vorteile nicht verschaffen. Das ist z. B. wegen der Fortdauer der Garantenhaftung im Falle des § 197 von Belang. Die den nichtbevorrechtigten Konkursgläubigern nach den §§ 193, 194 zustehenden Rechte hat ein an sich bevorrechtigter Gläubiger nur zu beanspruchen, wenn er schon zurzeit des Vergleichsabschlusses auf sein Vorrecht verzichtet hatte. Nur dann ist der Vergleich auch mit Rücksicht auf ihn abgeschlossen worden. Nur dann haben die Bergleichsgaranten sich auch ihm verpflichten wollen (abw. Kohler ArchZivPrax. 81 S. 379 N. 41).

IV. Anrechnung von Ratenzahlungen. Anm. 8.

Sind mehrere nicht bevorrechtigte Konkursforderungen in einer Hand vereinigt, dann setzt ein Zwangserlaß sie alle gleichmäßig herab, wie wenn sie verschiedenen Gläubigern zustünden. Hat also ein Gläubiger eine durch die Ehestau des Schuldners verbürgte Darlehnsforderung von 1000 Mk. und eine ungesicherte Kaufpreisforderung von ebenfalls 1000 Mk., so setzt ein Zwangsvergleich zu 25°/0 jede dieser Forderungen aus 250 Mk. herab. Es wird weder die Darlehnsschuld ganz noch die Kaufpreisschuld ganz erlassen. Wenn also nun der Schuldner !) Unmittelbar bezieht sich der § 164 nur auf den Fall der Ausschüttung der Masse. Allein die hier anerkannte Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Tabellvermerks knüpft sich bereits an die Eintragung [§ 164 Anm. 5, 61. Der Zwangsvergleich modifiziert diesen Titel lediglich mit Wirksamkeit für nicht bevorrechtigte Forderungen [§ 194 Anm. 1].

Zwangsvergleich (Nichterfüllung).

377

jene 250/0 in einer einheitlichen Rate zu entrichten hat und dementsprechend 500 Mk. an K195. den Gläubiger ausbezahlt, werden damit die beiden Restschulden gleichmäßig getilgt. Ebenso ist jede von mehreren fälligen Raten gleichmäßig auf die einzelnen Forderungen zu verrechnen. Nach dem Sinne der Zwangsvergleichsübereinkunft ist insoweit für die ergänzenden Anrechnungs­ regeln des § 366 kein Raum. Vgl. OLG. Hamburg v. 12. 3. 1909 LZ. S. 711ff.; abwOLG. Jena v. 10. 11. 1910 ThürBl. 58 S. 252.

§ 195. (Line Klage auf Aufhebung des Zwangsvergleichs aus dem Grunde der Nichterfüllung desselben findet nicht statt. Unveränderter § 181 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 172f., Motive II S. 426f., Protokolle S. 114, 186, Reichstag II. Session 1909/11 Drucksache Nr. 731 S. 3, 5. Nichterfüllung des Zwangsvergleichs.

I. Die Bergleichsschranken fallen nicht. Die Tatsache, daß der Schuldner und die Bergleichsgaranten die Bergleichsverbindlichkeiten Anm. 1. nicht erfüllen, hebt weder die Beschränkungen (Erlaß, Stundung) des Zwangsvergleichs von Rechts wegen auf noch begründet sie eine Klage auf Bergleichsaufhebung sAuslandsrecht: Anm. 4]. Damit bringt der § 195 zum Ausdrucke, daß die Gläubiger — anders als beim gegenseitigen Vertrage (§ 326 BGB.) — auch kein gesetzliches Rücktrittsrecht wegen Verzugs haben. „Der Bestand des Zwangsvergleichs kann," wie die Motive II S. 426 bemerken, „nicht abhängen von der Arbeitslust oder der Willkür des Schuldners, den es vielleicht gereut, den Vergleich geschlossen zu haben; auch nicht von der Willkür eines, einzelnen Gläubigers, der ihm etwa mißgünstig gestimmt ist oder gar mit dem Schuldner gemeinsame Sache macht. Allen Gläubigern sichert das Gesetz eine schleunige Vollstreckung des Vergleichs; sie können sich schützen durch vertragsmäßige Sicherungen der Erfüllung können sich auch vertragsmäßig die kaffatorische Klausel Vorbehalten. Gesetzlich und stillschweigend darf sie nicht eintreten." Eine solche Berfallklausel ist eine auf­ lösende Bedingung des Inhalts, daß die im Vergleich bewilligte Abschwächung der Gläubigerrechte (Erlaß, Stundung) — mit oder ohne Vorbehalt der bedungenen Sicherheiten — von selbst hinfällig werden solle, falls die Bergleichsverbindlichkeiten nicht pünktlich erfüllt würden. Da der Vergleich ein Rechtsgeschäft, die Unzulässigkeit einer Bedingung aber weder eigens angeordnet noch aus dem Wesen des Zwangsvergleich zu folgern ist, muß eine auflösende Bedingung dieser Art statthaft sein (§§ 158 II, 159 ff. BGB.). Ihre Zulässigkeit wird durch die §§ 196, 197 bestätigt, von denen der eine (§ 196) eine rechtsgeschäftliche Umstoßung des bewilligten Erlasses vorsieht, während der andere (§ 197) den Erlaß an eine gesetzliche (stillschweigende) Resolutivbedingung knüpft. Der Einwurf, eine auflösende Bedingung sei unzulässig, da die Wirksamkeit der auf Grund des Vergleichs beschlossenen Konkursaufhebung (§ 190) keinesfalls dem Belieben der Beteiligten anheimgegeben werden dürfe (so v. WilmowskiKurlbaum § 190 Anm. 1, Hellmann S. 528 f.), verkennt, daß ja eine Bedingung des bezeich­ neten Inhalts die Konkursaushebung selbst durchaus nicht in Frage stellt. Bei der Aufhebung des Konkurses behält es sein Bewenden. Sie wird ja auch im Falle der gesetzlichen Resolutiv­ bedingung des § 197 keineswegs hinfällig. Auch dort bedarf es einer förmlichen Wiedereröffnung des Verfahrens, die für diesen besonderen Fall als eigenartige „Wiederaufnahme" geregelt, hier aber mangels entsprechender Sondervorschriften nur als Neukonkurs zulässig ist. Gleich der aufschiebenden [§ 184 Anm. 3] muß also auch die auflösende Bedingung für statthaft gelten, ohne daß diese Statthaftigkeit der neuestens beantragten ausdrücklichen Anerkennung durch das Gesetz bedürfte (Reichstag II. Sess. 1909/11 Drucks. Nr. 731 S. 3, 5, Kleinfeller LZ. 1911 S. 416). Im Vergleiche freilich muß gegenüber dem Grundsätze des § 195 die Bedingung ausdrücklich ausgesprochen werden. Ihre Aufnahme ist, weil das Prinzip des

378

§195»

Zwangsvergleich (Nichterfüllung).

§ 195 die Gläubiger empfindlich benachteiligen kann (Kohler Lehrbuch S. 497), in jedem Falle dringend anzuempfehlen (siehe Anm. 2]. Vgl. Fitting § 47 N. 12, Loehr ZZP. 16 S. 390 f., Oetker I S. 227, Seussert S. 446 f.; zur Auslegung der kassatorischen Klausel vgl. RG. v. 26. 5. 1909 LZ. S. 852.

II. Neukonkurs. Anm. 2.

Wenn der frühere Gemeinschuldner abermals in Konkurs verfällt, entwickelt sich ein neues Verfahren, in dem die seinerzeit vom Zwangserlasse betroffenen Gläubiger — abgesehen von der kassatorischen Klausel (Anm. 1], einem wirksamen nachträglichen Vollzahlungsversprechen [§ 193 Anm. 5] und den Fällen der §§ 196, 197 [§ 196 Anm. 7, § 197 Anm. 2] — nur die noch ungetilgte Bergleichsrate anmelden dürfen und so eine schwere Einbuße erleiden (abw. Kohler Leitfaden S. 293). Ein Gläubiger, dessen Forderung festgestellt und vom Gemeinschuldner nicht bestritten worden war, hat nach § 194 im neuen Konkurse die Stellung eines titulierten Gläubigers im Sinne des § 146 VI. An der Fortsetzung der Sondervoll­ streckung hindert ihn der neue Konkurs (§ 14). Über den Fall der Wiederaufnahme nach

88 198 ff. siehe § 201 Anm. 3 ff. HL Konkursabwendungsvergleich.

Anm. s.

Auch freiwillige zum Zwecke der Konkursabwendung geschloffene Erlaßverträge [§ 173 Anm. lös.] werden im Falle der Nichterfüllung nicht schon von Rechts wegen hinfällig. Das OLG. Hamburg v. 11. 5. 1909 Recht 13 Nr. 2223 (v. Dassel ebenda S. 635 s.) folgert daraus, daß ein solcher Erlaß im allgemeinen seine Wirksamkeit auch für den nachfolgenden Konkurs behalte. Hat also der Erlaß die Forderungen der Beteiligten auf 4O°/o herabgesetzt, so können sie von diesem Standpunkte aus auch nur noch 4O°/o (abzüglich etwaiger Teilleistungen) im gleichwobl ausbrechenden Konkurs anmelden und nur eine für diesen Restbetrag berechnete Konkursdividende beanspruchen. Den Vorteil hätten neue Gläubiger und solche, die dem Vergleiche nicht beigetreten waren. Indessen liegt hier die Sache wesentlich anders als beim Zwangsvergleich, da ein dem § 195 entsprechender Rechtsgrundsatz nicht im Wege steht. Die Gläubiger, die zum Zwecke der Konkursabwendung einen Nachlaß bewilligen, wollen doch in aller Regel dieses Opfer nur für den Fall bringen, daß eine Konkurseröffnung vor Bollzahlung der Restschuld verhütet wird. Der Vertrag wird deshalb nach § 157 BGB. im Zweifel dahin auszulegen sein, daß der Erlaß hinfällig werden soll, falls dennoch vor Erfüllung der Restverbindlichkeit Konkurs eröffnet wird. Die Annahme einer solchen still­ schweigenden Bedingung entspricht fraglos der Billigkeit. Daß mit dem Erlaß auch die bedungenen Sicherheiten ihre Wirksamkeit verlieren müßten, versteht sich keineswegs von selbst. Das Gegenteil liegt näher (vgl. §§ 196 I, 197 I). Immerhin empfiehlt es sich mit Rücksicht auf diesen Punkt und auf die erwähnte Rechtsprechung den Konkursabwendungsvergleich aus­ drücklich unter die auflösende Bedingung zu stellen, daß der bewilligte Nachlaß unbeschadet der bedungenen Sicherheiten hinfällig werden solle, wenn es vor der Vergleichserfüllung doch zum Konkurse kommt. Mit einem bloß schuldrechtlichen Bereicherungsanspruch auf Wieder­ herstellung des vollen Forderungsbetrags (vgl. § 812 12, H BGB.) wäre den Gläubigern nicht geholfen.

Aum. 4.

Zusatz. Fremde Rechte. Eine Klage auf Auflösung des Vertrags wegen Nicht­ erfüllung läßt in Anwendung des a. 1184 c. civ. (lex commissoria tacita bei gegenseitigen Verträgen) der a. 520 H, HI c. com. zu: En cas d’inexecution, par le failli, des conditions de son concordat, la resolution de ce traite poiirra 6tre poursuivie (also keine Auflösung von Rechts wegen) contre lui devant le tribunal de commerce, en presence des cautions, s’u en existe, ou elles düment appellees. La resolution du concordat ne liberera pas les cautions, qui y seront intervenues pour en garantir l’execution totale ou partielle. Dazu Lyon-Caen et Renault VH Nr. 639 ff. Dem französischen Rechte folgen die meisten übrigen KonkursgesetzeSo namentlich Belgien (a. 523), Holland (a. 165), Schwerz (a. 317 H mit a. 315, aber nur mit individueller Entkräftung des Nachlasses), Ungarn (§ 226), England (s. 23 Nr. 3, G. v. 1890 s. 3 Nr. 15: Nichtigerklärung auf Antrag), Portugal (a. 316: konkursgerichtliche Aufhebung auf Antrag), Italien (a. 843, der eine generelle Aufhebung auf Antrag einer Gläubigermehrheit und eine individuelle Aufhebung auf Antrag einzelner Gläubiger unterscheidet) und Rumänien (a. 863, Voraussetzung der Bergleichsaufhebung: Beschluß einer Dreiviertelmehrheit der Gläubiger,

Zwangsvergleich (Anfechtung wegen Betrugs).

379

Folge der Neueröfsnung des Konkurses: Strafbarkeit des Schuldner- wegen einfachen Bankerutts). 8198. Daß Nichterfüllung den Zwangsvergleich grundsätzlich unberührt läßt, wird z. B. anerkannt für Österreich (Pollak S. 433), Dänemark (Borchardt-Kohler S. 172 Note zu § 119). Nach franzö­ sischem System leben im Falle eines zweiten Konkurses die erlassenen Forderungsbeträge von Rechts wegen wieder auf. So Frankreich (a. 526 UI), Belgien (a. 527 U), Italien (a. 845 II), Ungarn (§ 236), Holland (a. 172), Rumänien (a. 863 V). So natürlich auch bei Nichtigerklärung des Vergleichs (wie in England aaO.). In Norwegen (a. 79) wird, wenn vor Erfüllung der Vergleichsschuld abermals ein Konkurs ausbricht, die Dividende nach der ursprünglichen Forderungs­ höhe berechnet, aber nur bis zum Betrage der Bergleichsrate ausbezahlt. Vgl. auch Österreich § 245 (Rintelen S. 359).

8 196. lvenn der Zwangsvergleich durch Betrug zustande gebracht ist, so kann jeder Gläubiger den vergleichsmäßigen Erlaß seiner Forderung anfechten, un­ beschadet der ihm durch den Vergleich gewährten Rechte. Die Anfechtung ist nur zulässig, wenn der Gläubiger ohne Verschulden außerstande war, den Anfechtungsgrund in dem Bestätigungsverfahren geltend zu machen. Unveränderter § 182 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 173f., Motive II S. 427, Protokolle S. 114 f., 186.

Das Gesetz unterscheidet zwei Fälle der Beseitigung des vergleichsmäßigen Erlasses bei GinFortdauer der durch den Vergleich gewährten Rechte. Der erste Fall ist der des Betrugs: ein Icltun9‘ solcher wirkt nur kraft einer Anfechtung und nur individuell (§ 196). Den zweiten Fall bildet die Verurteilung des Schuldners wegen betrüglichen Bankerutts: diese wirkt von Rechts wegen und generell (§ 197). Die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Konkurses eröffnet sich nur im zweiten Falle (§§ 198 ff.).

Anfechtung des Erlaffes wegen Betrugs. I. Voraussetzungen der Anfechtbarkeit. 1. Positiv wird vorausgesetzt, daß der Zwangsvergleich durch Betrug zustande Anw. i. gebracht worden ist. a) Betrug im Sinne des § 196 ist nicht bloß der strafrechtliche Betrug (§ 263 StGB.), sondern jede arglistige Täuschung (§ 123 BGB.). Darum braucht der Anfechtende weder

eine Vermögensbeschädigung noch die Absicht des Täuschenden, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, nachzuweisen. Protokolle S. 114 f. Einerlei ist, ob der Gemeinschuldner oder ein anderer die Täuschung bewirkt hat, ob der Anfechtende oder ein anderer getäuscht worden ist. Auch wer die Täuschung erkannt hat, aber ohne Verschulden außerstande war, sie als Berwerfungsgrund geltend zu machen (Anm. 5], hat das Anfechtungsrecht des § 196. Ein Betrugsfall in diesem Sinne liegt z. B. vor, wenn die Vermögensverhältnifle Anm. 2. des Schuldners wissentlich ungünstiger — die Aktiven zu niedrig, die Passiven zu hoch — dargestellt worden waren. Demnach fallen die Tatbestände des § 239 Nr. 1, 2 (Verheimlichen oder Beiseiteschaffen von Bermögensstücken, Erdichtung von Schulden) auch in den Bereich des § 196, was von Bedeutung wird, wenn trotz ihres Feststehens eine rechtskräftige Verurteilung und damit die Anwendung des § 197 ausgeschlossen ist (weil z. B. der Schuldner starb oder in Geisteskrankheit verfiel). Vgl. RG. v. 25. 3.1897 Bd. 39 20, 23; Petersen-Kleinfeller Anm. 2. Auch die Begünstigung einzelner Gläubiger (§§ 181, 188, 243) und die Verheimlichung einer solchen Begünstigung kann als Betrug die Anfechtung rechtfertigen sAnm. 4]. RG. aaO. S. 17 f. Nur der Betrug ist Anfechtungsgrund. Irrtum (§§ 119, 120 BGB.) undAnm. 3. widerrechtliche Drohung (§ 123 BGB.) können im Vergleichsverfahren durch Antrag oder Beschwerde geltend gemacht werden [§ 184 Anm. 3], aber einen Grund

380 8196.

Zwangsvergleich (Anfechtung wegen Betrugs). zur Anfechtung des rechtskräftig bestätigten Vergleichs bilden sie, wie ein Gegenschluß aus § 196 ergibt, nicht (abw. hinsichtlich des Zwanges Kohler Lehrbuch S. 499 N. 1 und für den Bergleichsbürgen ArchZivPrax. 81 S. 378). So auch dann nicht, wenn sich hinterher unversehens herausstellt, daß die als Vermögen des Schuldners betrachteten Werte einem Dritten gehören und demnach eine Masse gar nicht vorhanden war (Rüdenberg LZ. 1910 S. 672f.). Der rechtskräftig bestätigte Vergleich äußert — abgesehen von den besonderen Fällen der §§ 195—197 — auch dann volle Wirksamkeit (§§ 193, 194), wenn die Bestätigung zu Unrecht erfolgte. So namentlich auch dann, wenn die zur Bergleichsannahme erforderlichen Mehrheiten (§§ 182, 183) in der Tat gar nicht erzielt waren, weil z. B. festgestellte Forderungen gesetzwidrig nicht in Ansatz gebracht wurden. RG. v.*3. 3. 1904 Bd. 57 372. Gleiches gilt von einem Mangel der Genehmigung des Bormundschastsgerichts oder der Zustimmung des Ehegatten. Siehe § 189 Anm. 3, 5. Gleiches von dem Falle, daß ein Gläubiger sich bei der Stimmabgabe versprochen hatte, also eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (§ 119 I Fall 2 BGB.). Erst recht bleibt der bloße Irrtum eines Gläubigers im Beweggründe, besonders die Annahme größerer Überschuldung der Masse, belanglos.

Anm. 4.

Anm. s.

Ebensowenig steht dem Gemeinschuldner oder einem Bergleichsgaranten ein Anfechtungsrecht wegen Betrugs auf Grund des § 123 BGB. zu (abw. PetersenKleinfeller Anm. 3). b) Es muß weiter ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Betrug und der Abschließung oder Bestätigung des Zwangsvergleichs vorliegen: der Vergleich muß „durch Betrug zustande gebracht" sein. Der — vom anfechtenden Gläubiger zu führende — Nachweis dieser Voraussetzung ist stets erbracht, wenn dargetan ist, daß ohne den Betrug der Bergleichsvorschlag die zur Annahme erforderliche Doppelmehrheit (§ 182) nicht gefunden hätte. Ein Begünstigungsversprechen (Anm. 2] wirkt zweifellos ursächlich in diesem Sinne, wenn die Zustimmung des Begünstigten ausschlaggebend für das Zustandekommen des Vergleichs wird. Allein es genügt schon, daß andere (zurückgesetzte) Gläubiger, ohne deren Zustimmung der Vergleich gescheitert wäre, nicht für die Annahme gestimmt hätten, falls ihnen jene Begünstigung nicht verheimlicht worden wäre. Auch in diesem Fall ist der Vergleich durch arglisttge Täuschung, nämlich durch Verheimlichung des Sonderabkommens, zustande gebracht. RG. 39 23. Ein anderes Beispiel siehe RG. v. 19. 9. 1896 Bd. 37 142 (der Schuldner hat durch arg­ listiges Verschweigen einer ausrechenbaren Gegenforderung einen Gläubiger zur Bergleichs­ annahme verleitet). 2. Negativ wird vorausgesetzt, daß der anfechtende Gläubiger ohne Verschulden außerstande war, den Betrug bereits im Bestätigungsverfahren geltend zu machen (Abs. II). Dabei genügt es zum Ausschlüsse der Anfechtbarkeit, daß der Gläubiger

die Tatsache des Betrugs noch im Beschwerdeweg hätte vorbringen können (beachte § 189 Anm. 2]. Auch für die Voraussetzung des Abs. II trägt der Anfechtende im Streitfälle die Beweislast. Jedes, nicht nur ein grobes Verschulden schließt die Anfecht­ barkeit aus. Auch die schuldhafte Versäumung eines gesetzlichen oder gewillkürten Vertreters hat diese Folge (§ 232 II ZPO. mit § 72 KO.; zust. RG. v. 6. 4. 1911 LZ. S. 557). Der Sinn der im Abs. II ausgesprochenen Beschränkung ist offenbar der: einem Gläubiger, der das Zustandekommen des Vergleichs hätte verhindern können, darf nicht die Macht eingeräumt werden, nachträglich den Vergleich umzustoßen. Auf ähnlicher Erwägung beruht der in den Motiven H S. 427 als „entsprechend" herangezogene jetzige § 582 (vgl. auch § 767 II) ZPO. Es liegt daher die Annahme nahe, daß ein Unterlassen der Geltendmachung auch nur dann unter Abs. n fällt, wenn diese das Zustandekommen des Vergleichs hätte verhindern können. Nun bildet der Betrug — abgesehen vom Bereiche des § 187 — einen nur auf zulässigen Antrag zu beachtenden Berwerfungsgrund, die Antragszulässigkeit setzt aber Glaubhaftmachung der Betrugstatsachen voraus (§ 188). Wie also, wenn der Gläubiger um den Betrug wußte, aber sich zur Glaubhaftmachung außerstande fühlte? Das RG. v. 27. 3.1903 IW. S. 182 Nr. 35 (-- SeuffA. 59 Nr. 49)

Zwangsvergleich (Anfechtung wegen Betrugs).

381

erklärt auch in diesem Falle eine Anfechtung nach Abs. H beim Unterlassen der Geltend- § machung für unzulässig, weil „Geltendmachen" nur den allgemeinen Sinn von „Vor­ bringen", „Anführen", „Behaupten" habe und der Richter unter Umständen schon im bloßen Vorbringen eine ausreichende Glaubhaftmachung erblicken könne. Das Ergebnis empfiehlt sich aus praktischen Gründen, da sonst die Anwendbarkeit des Abs. II recht unsicher wäre. Erscheint dem Richter das Vorbringen (wäre es auch nur mit Rücksicht auf die Vertrauenswürdigkeit der Person des Antragstellers) glaubhaft, so läßt er den Antrag zu und klärt nun den Sachverhalt von Amts wegen auf [§ 188 Anm. 3]. Bon diesem Standpunkt aus muß ein über den Betrug unterrichteter Gläubiger auch in Er­ mangelung sofort aufnehmbarer Beweise (§ 294 ZPO.) mit der Möglichkeit der Berück­ sichtigung seines Vorbringens rechnen und darum den Antrag des § 188 KO. stellen.

196«.

n. Die Anfechtung.

Das Anfechtungsrecht steht jedem einzelnen vom Vergleiche betroffenen Gläubiger zu, Anm. g. auch wenn er sich am Vergleichsverfahren nicht beteiligt hat, und wird durch den Empfang der Bergleichsrate nicht ausgeschlossen. Die Anfechtung auf Grund des § 196 bildet einen besonderen Anwendungsfall der Anfechtung eines Rechtsgeschäfts wegen eines ihm an­ haftenden Willensmangels, nämlich wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I BGB.). Dement­ sprechend müssen die Sätze des allgemeinen bürgerlichen Rechts über die Anfechtung wegen solcher Täuschung ergänzend Platz greifen. Daraus folgt zunächst, daß auch die Anfechtung aus § 196 KO. durch formlose Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner d. h. dem bisherigen Gemeinschuldner geschieht (§ 143 BGB ). Diese Erklärung kann außergerichtlich oder gerichtlich abgegeben werden. Den Eintritt der Anfechtungsfolge — das Wiederaufleben der vollen Forderung ^Anm. 7] — kann der Gläubiger aus Anlaß einer Feststellungs- oder Leistungs­ klage und zwar auch replicando gegenüber der Einwendung des Teilerlasses zur urteilsmäßigen Anerkennung bringen. In einer solchen Klage macht er die Forderung geltend. Die An­ fechtung des § 196 selbst ist — ganz anders als die Gläubigeranfechtung [§ 29 Anm. 59 ff.] — an die Klageform nicht gebunden. Denkbar ist auch unter den allgemeinen Voraus­ setzungen des § 256 ZPO. eine Feststellungsklage des Schuldners dahin, daß die Forderung, da der behauptete Anfechtungsgrund nicht vorliege, nur noch in den Grenzen des Zwangs­ vergleichs bestehe. Bei Bertragsverbindlichkeiten kommt der Gerichtsstand des Ortes der Vertragserfüllung in Betracht (§ 29 ZPO.; im Ergebnis ebenso Hamburg v. 7. 7. 1904 OLG. 13 S. 79). Aus dem allgemeinen bürgerlichen Recht ergibt sich weiter, daß die Anfechtung der doppelten Befristung des § 124 BGB. unterliegt, daß sie also innerhalb eines Jahres, seit der Anfechtende vom Betrüge Kenntnis erlangt hat, und längstens innerhalb dreißig Jahren seit der Bergleichsannahme erfolgen muß. So kann das Anfechtungsrecht eines Gläubigers, der vom Betrug erfahren hat, erlöschen, während andere Gläubiger anfechtungs­ berechtigt bleiben. Diese Schranken entsprechen den Bedürfnissen der Rechtssicherheit. Wolff Anm. 2, Fitting 8 50 N. 3; a b w. Seuffert S. 447, Petersen-Kleinfeller Anm. 4, 5. Die Anfechtung wirkt gegenständlich und persönlich nur beschränkt. SieAnm. 7. hebt nicht den Zwangsvergleich im ganzen, sondern nur die vergleichsmäßige Herab­ minderung der Forderung des einzelnen anfechtenden Gläubigers auf (Abs. I) und zwar mit rückwirkender Kraft (§ 142 BGB ). Eine „Wiederaufnahme" des Konkurses (§§ 198 ff.) sieht das Gesetz für diesen Fall nicht vor, mögen auch alle einzelnen Gläubiger befugtermaßen anfechten. In einem neuen Konkurse des Schuldners ist der Gläubiger zur Anmeldung seiner vollen Forderung berechtigt und, wenn die Voraussetzungen des § 194 erfüllt waren, mit dem vollen Betrage nach § 146 VI zu behandeln (arg. § 164 II). Siehe § 197 Anm. 2. Unter „Erlaß" ist hier und im § 197 jede vergleichsmäßige Abschwächung des Gläubigerrechts, jedes „Nachlassen" am Rechte, an Kapital oder Zinsen, auch die Stundung, zu verstehen (Motive II S. 427). Die Bergleichssicherheiten bestehen, wie der Abs. I ausdrücklich anerkennt, weiter. Sie behalten ihre bisherige Wirksamkeit, aber auch nur diese. Wer sich für eine Bergleichsrate von 25°/0 verbürgt hatte, haftet, auch nachdem die Hauptverbindlichkeit ihre ursprüngliche Höhe wieder erreicht hat, nur als Teil-

382

Zwangsvergleich (Aufhebung von Rechts wegen).

§198.

bürge bis zur Zahlung der ersten 25°/0 und auch für sie nur nach Maßgabe des Vergleichs, namentlich nur unter dessen zeitlichen Schranken ssiehe § 65 Anm. 4].

Anm. 8.

Zusatz. Fremde Rechte. Bemerkenswerte Abweichungen des französischen Systems liegen darin, daß die Vernichtung (annulation) des Akkords auf Grund eines Betrugs oder rechts­ kräftiger Verurteilung wegen betrüglichen Bankerutts — anders als die Auflösung (resolution) wegen Nichterfüllung [§ 195 Sinnt. 4] — auch die Vergleichsgaranten befreit (a. 5201 c. com., Belgien a. 522 II, Italien a. 842 II, Rumänien a. 862 G. v. 14. 3. 1902) und daß auch die Annulation wegen Betrugs in genereller Wirkung zur Wiederaufnahme des Kon­ kurses führt (a. 522 c. com., Belgien a. 524, Italien a. 844, Rumänien a. 864). Entsprechend England (s. 23 Nr. 3, G. v. 1890 s. 3 Nr. 15), Bereinigte Staaten (s. 13), Schweiz a. 316 (über den Wegfall der Bergleichssicherheiten siehe C. Jaegers Anm. 40), Österreich (§ 242; über das Erlöschen der Dritthaftung siehe Rintelen S. 358; auch sonstige zivilrechtliche Nichtigkeits­ gründe, besonders Zwang, geben ein Recht auf Nichtigerklärung: Rtntelen S. 356 f.). Dagegen folgt Ungarn (§ 230) dem deutschen Recht. Ähnlich Norwegen (a. 78).

8 197. Die rechtskräftige Verurteilung des Gemeinschuldners wegen betrüglichen Bankerutts hebt für alle Gläubiger den durch den Zwangsvergleich begründeten Erlaß auf, unbeschadet der ihnen durch den Vergleich gewährten Rechte. Auf Antrag eines Gläubigers kann das Aonkursgericht Licherheitsmaßregeln gegen den Gemeinschuldner schon vor der rechtskräftigen Verurteilung desselben

anordnen. Unveränderter § 183 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 174f., Motive II S. 427f., Protokolle S. 115, 186.

Einfluß einer Verurteilung wegen Bankerutts. I. Wegfall der Bergleichsbeschränkungen (Abs. I). Anm. i.

«nm. a.

1. Die Aufhebung der Vergleichsbeschränkungen nach Abs. I setzt voraus: eine rechts­ kräftige Verurteilung des Gemeinschuldners selbst wegen Bankerutts und zwar wegen eines betrüglichen Bankerutts (§ 239), der gerade in Be­ ziehung auf den zu diesem Zwangsvergleich führenden, nicht auf irgend einen früheren Konkurs begangen worden ist [§ 175 Anm. 8]. Vgl. §§ 175 Nr. 2, 186 Nr. 2. Kommt es, weil etwa der Schuldner stirbt oder geisteskrank wird, nicht zu einer „rechtskräftigen Verurteilung", dann versagt die Anwendbarkeit des § 197. Tritt andrerseits die Rechtskraft der Verurteilung schon ein, ehe die Bestätigung des Zwangsvergleichs in Rechtskraft erwachsen ist (§§ 184, 189), so kann — unbeschadet der im Wesen des Rechtsmittels liegenden Schranken [§ 189 Anm. 2] — noch im Beschwerdeweg eine Bergleichsverwerfung erwirkt werden. Geschieht das nicht, dann wird der § 197 anwendbar. Ob zu der Zeit, da das Strafurteil in Rechtskraft erwächst, die Aushebung des Konkursverfahrens (§ 190) schon verfügt war oder nicht, ist für die Anwendbarkeit des § 197 ohne Belang. Auch letzternfalls hat das Konkursgericht unbeschadet der §§ 198 ff. die Konkursaufhebung auszusprechen, da die Voraussetzungen des § 190 durch den bloßen Wegfall des Erlasses fAnm. 2] nicht beseitigt werden. Eine Begnadigung macht die Aufhebung nicht rückgängig (denn der Abs. I enthält nicht eine Sttafsolge des Verbrechens), wohl aber eine im Wiederaufnahme­ verfahren (§§ 399ff. StPO.) erkannte rechtskräftige Freisprechung. Verurteilt muß sein, wer in dem zum Zwangsvergleich führenden Konkurs Träger oder Mitträger der Gemeinschuldner-Rolle ist oder war. So im Nachlaßkonkurs der Erbe wegen eines in Beziehung auf das ererbte Vermögen verübten Bankerutts. Was zu § 175 Anm. 3 vom Nachlaßkonkurs und den Konkursen der Handelsgesellschaften bemerkt ist, gilt auch hier. Auslandsstrafurteil: § 175 Anm. 8. 2. Die Wirkung dieser Verurteilung tritt — im Gegensatze zum Falle des § 196 —von Rechts wegen und zugunsten aller durch den Vergleich beschränkten Gläubiger ein.

Zwangsvergleich (Aufhebung von Rechts wegen).

383

Es bedarf also keiner rechtsgeschäftlichen Umstoßung des Erlasses, keiner Willenserklärung § 197. irgend eines Gläubigers. Das stellt die gegensätzliche Fassung der §§ 196 I, 197 I außer Zweifel. Vgl. Motive II S. 428; abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1, Seuffert § 57 N. 41. Sie besteht nicht in einer Aufhebung des Zwangsvergleichs selbst fKonkursaufhebung: Anm. 1], sondern — abgesehen vom § 198 — nur in der Rückgängigmachung der vergleichs­ mäßigen Beschränkungen unter Aufrechterhaltung der Vergleichsgarantien [§ 196 Anm. 7]. Dementsprechend kann nunmehr der Tabelleintrag arg. § 164 II ^siehe § 194 Anm. 7] gegen den Schuldner für die volle Forderung und gleichwohl nach § 193 Satz 1 auch gegen die Bergleichsgaranten, gegen diese freilich nur in den Grenzen des Vergleichs vollstreckt werden. Der Gerichtsschreiber des Konkursgerichts hat daher die ihm nachgewiesene rechts­ kräftige Verurteilung der vollstreckbaren Tabellausfertigung einzuverleiben. In einem neuen oder wiederaufgenommenen (§ 198) Konkurse ist die ganze festgestellte Forderung tituliert im Sinne des § 146 VI. Fitting § 50 N. 4f., Oetker I S. 441, Kohler ArchZivPrax. 81 S. 392, Petersen-Kleinfeller Anm. 1, Falkmann Zwangsvollstreckung^ S. 81; abw. Seuffert aaO. H. Sicherheitsmaßregeln (Abs. LI).

„Schon vor der Verurteilung" des Schuldners wegen betrüglichen Bankerutts kannAnm. 3. das Konkursgericht aus Gläubigerantrag einstweilige Sicherungsanordnungen ssiehe § 106 Anm. 2], besonders ein allgemeines Beräußerungsverbot, erlassen (Abs. II). Zweck der Vorschrift ist die Sicherung der künftigen Konkursmasse des nach § 198 wieder aufzunehmenden Konkursverfahrens. Das ergibt einmal der innere Zusammenhang mit der unmittelbar folgenden Vorschrift des § 198, sodann die unverkennbare Korrespondenz unseres Abs. H mit dem § 106 (wenn dieser auch umgekehrt einen Konkurs­ antrag und keinen Sicherungsantrag voraussetzt), weiter die Entstehungsgeschichte, da der vorbildliche § 202 II preuß. KO. (wie dessen Muster, der a. 521 c. com.) zweifellos der Konkursmassesicherung diente, endlich aber die Erwägung, daß kein vernünftiger Grund einzu­ sehen ist, weshalb gerade das Konkursgericht mit der individuellen Sicherung eines einzelnen Gläubigers betraut werden sollte, die doch Aufgabe des Arrestgerichts ist. Auch der § 58 LU GKG. unterstützt unsere Annahme. Unter diesem Gesichtspunkte sind die Zweifel zu lösen, zu denen der Abs. II Anlaß gibt. Oetker I S. 197 ff., abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2 u. a. Daß bereits eine „gerichtliche Untersuchung" anhängig ist, setzt unser Abs. II — anders als § 175 Nr. 2 — nicht voraus. Immerhin ergibt der Zusammenhang der Vorschrift, daß das Konkursgericht die Maßregeln nur anordnen darf, wenn es die künftige Verurteilung für möglich erachtet. Jedenfalls genügt die Erhebung der öffentlichen Klage (§ 168 I StPO.). Antragsberechtigt ist jeder einzelne der zum Wiederaufnahmeantrag nach § 198Anm. 4. berechtigten Gläubiger [§ 198 Anm. 3]. Oetker I S. 199 (abw. herrschende Lehre: nur die vom Vergleiche betroffenen Gläubiger). Gebühr des Gerichts: § 58 GKG., des Rechtsanwalts: § 58 Nr. 2 RAGO. Antragsform: §72 Anm. 3. Die Sicherungsmaßregeln müssen nach dem Zwecke der Vorschrift [tom. 3] solche sein, die der Masse des wiederaufzunehmenden Konkurses, also der Gesamtheit der Gläubiger dieses Verfahrens zugute kommen. Oetker I S. 198 mit abw. Lit. Eine rechtskräftige Freisprechung des Schuldners macht die angeordneten Maßregeln zwecklos und führt darum zur Aufhebung von Amts wegen. Beschwerde: § 106 Anm. 2. Fremde Rechte: § 196 Anm. 8.

§ 198. Jm Falle der rechtskräftigen Verurteilung wird, wenn genügende Masse vorhanden ist oder ein ;ur Deckung der im § 58 Nr.

2 bezeichneten Masse­

kosten ausreichender Geldbetrag vorgeschoffen wird, das Aonkursverfahren auf

Antrag eines Konkursgläubigers wieder ausgenommen.

384

8198.

Zwangsvergleich (Wiederaufnahme des Konkurses).

Die Wiederaufnahme erfolgt durch Beschluß des Gerichts. Auf den Zeit­ punkt der Wiederaufnahme und die Bekanntmachung derselben finden die Vor­ schriften der §§ J08, m—(13 entsprechende Anwendung. Früher § 184. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat im Abs. I die Worte „oder ein zur Deckung der im 8 58 Nr. 1, 2 bezeichneten Massekosten ausreichender Geldbetrag vor­ geschossen wird" mit Rücksicht auf den neuen § 107 I Satz 2 eingeschaltet. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 175f., Motive II S. 428, Protokolle S. 115, 186, Begründung S. 45. Abhandlungen: Oetker Konkursrechtliche Fragen (in der Festschrift der Rostocker Juristenfakultät zu Windscheids fünfzigjährigem Doktorjubiläum, 1888) S. 73—93; F. W. Roeder Der wiederaufgenommene Konkurs (Leipz. Diss. 1912).

Wiederaufnahme des Konkurses.

I. Voraussetzungen der Wiederaufnahme. Anm.

i.

Anm. 2.

Anm. 3.

1. Sachliche Voraussetzung (Wiederaufnahmegrund) ist die rechtskräftige Verurteilung des früheren Gemeinschuldners wegen eines in Beziehung auf den ftüheren Konkurs verübten bezüglichen Bankerutts [§ 197 Anm. 1]. Liegt, was der 8 198 nicht voraussetzt, zugleich der Konkursgrund vor [§ 102 Anm. 2 ff.], so haben die Gläubiger des früheren Konkurses die Wahl zwischen der Wiederaufnahme und einem Neukonkurse. Es hat guten Sinn, daß die Wiederaufnahme Feststellung des Konkursgrundes für die Gegenwart nicht erfordert. Sie gewährleistet den alten Gläubigern selbst sür den Fall, daß der unehrliche Schuldner sich nun als zahlungsfähig erweisen sollte (vgl. § 2391 Nr. 1, 2), die Vorteile einer gleichmäßigen und unabhängig vom Willen des Schuldners zu verwirklichenden Befriedigung. Schulden, die erst nach der Wiederaufnahme entstehen, begründen keine Konkurrenz mehr. Kommt es, nachdem die Wiederaufnahme des Konkurses rechtskräftig beschlossen worden ist, infolge einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens (§§ 399 ff. StPO.) zur rechtskräftigen Freisprechung des Schuldners, dann tritt der Erlaß wieder in Kraft [§ 197 Anm. 1], der Konkurs­ aufnahmegrund entfällt. Da sonach der Zwangsvergleich seine volle Wirksamkeit wieder erlangt, dürfte eine erneute Aufhebung des wiederaufgenommenen Konkurses in sinn­ gemäßer Anwendung des § 190 geboten sein. Über den Fall, daß im Neukonkurse der

Konkursgrund wegfällt, siehe §§ 202 f. Anm. 7. 2. Formelle Voraussetzung ist ein gehöriger Antrag: keine Wiederaufnahme von Amts wegen, kein Wiederbeginn des Konkurses von Rechts wegen! Die Ablehnung einer Wieder­ aufnahme von Amts wegen rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß feit der Aufhebung des Konkurses eine geraume Zeit verstrichen sein kann und daß die Wiederaufnahme zugleich in gewissen Grenzen ein Neukonkurs ist [tont. 7]. Kleinfeller LZ 1911 S. 257. Antrags­ form: § 72 tont. 3. a) Antragsberechtigt ist jeder noch nicht ganz befriedigte frühere Konkursgläubiger, auch wenn er am früheren Konkurse sich nicht beteiligt, auch wenn er bereits die volle Akkordrate erhalten hatte (§ 1981). Die Antragsbefugnis hat auch ein durch Abfonderungsrecht gesicherter Konkursgläubiger (§ 64). Desgleichen ein bevorrechtigter, aber nicht nach § 191II gedeckter Gläubiger (arg. verb. „eines Konkursgläubigers"). Oetker Konkursr. Fragen S. 83, Fitting 8 50 N. 7; abw. Seuffert 8 58 N. 1 u. a. Ein neuer Gläubiger ist ungeachtet feiner Berechtigung zur Teilnahme am aufgenommenen Verfahren (8 200II) nur zur Beantragung eines neuen Konkurses, nicht zum Wieder­ aufnahmeantrag befugt. Das ergibt sich daraus, daß die Wiederaufnahme ausschließlich den Schutz der Altgläubiger bezweckt [Anm. 1]. Auch Neugläubiger trotz Mangels des Konkursgrundes zur Beantragung der Wiederaufnahme zuzulasfen, wäre eine Härte für den Schuldner und eine Gefahr für die Altgläubiger, die vielleicht Grund haben, die Kosten des Konkurses zu vermeiden. Liegt aber der Konkursgrund vor, so steht es ja den Neugläubigern frei, einen Neukonkurs zu beantragen. Zust. Roeder S. 37 ff. mit

Zwangsvergleich (Wiederaufnahme des Konkurses).

385

Lit.; abw. Kohler Lehrbuch S. 501. Daß der Gemeinschuldner selbst die Wieder-§ 198. aufnahme nicht erwirken darf, ergibt ein nach dem Zwecke des Gesetzes zweifelsfreier Gegenschluß aus Abs. I. b) Der Antragsteller hat seine Eigenschaft als früherer Konkursgläubiger und den — meist Anm. 4. schon gerichtskundigen — Wiederaufnahmegrund glaubhaft zu machen. Denn insoweit müssen, was Abs. II Satz 2 bestätigt, die Sätze des Eröffnungsverfahrens (§ 105) entsprechende Anwendung finden. Es wäre nicht einzusehen, warum für die Zulassung des Wiederaufnahmeantrags erschöpfende Beweisführung, für die Zulassung des Eröffnungsantrags aber bloße Glaubhaftmachung genügen sollte. Feststellung der Forderung zur alten Konkurstabelle und Gerichtskundigkeit des Strafurteils erübrigen die Glaubhaftmachung. Auch für den Wiederaufnahmegrund der Verurteilung aber hat das Erfordernis einer Glaubhaftmachung insofern seine Berechtigung, als es den Konkursrichter der Pflicht überhebt, auf völlig unbelegte Behauptung hin amtliche Ermittelungen anstellen zu müssen. So auch die herrschende Lehre z. B. Oetker Fragen S. 77ff., Roeder S. 60f., Seuffert S. 450; abw. Hellmann S. 557, v. WilmowskiKurlbaum Anm. 2. Entsprechend dem § 105II dürste auch die Anhörung des Schuldners geboten, nicht bloß möglich sein. Der Wiederaufnahmegrund — die rechtskräftige Verurteilung — ist freilich eine Tatsache, bei der das „Einräumen" des Schuldners keine Rolle spielt. Allein die Anhörung hat einen weiteren Zweck. Der Schuldner kann bei dieser Gelegenheit andere wichtige Punkte zur Sprache bringen. Er kann besonders die Gläubigereigenschaft des Antragstellers oder die Zulänglichkeit der Masse zur Kostendeckung anzweifeln oder auf die Eröffnung eines neuen Konkurses durch ein anderes Gericht aufmerksam machen [§ 105 Anm. 3]. Vgl. Oetker Fragen S. 79, Wolff Anm. 3; abw. Hellmann S. 557, Seuffert § 58 N. 5. Das Konkurs­ gericht darf den Wiederausnahmebeschluß nur erlassen, wenn es vom Vorhandensein des Ausnahmegrundes Gewißheit erlangt und die Zulänglichkeit der Masse zur Kostendeckung oder die Leistung eines ausreichenden Kostenvorschusses sestgestellt hat. Sonst muß — nicht „kann" [fielje übrigens § 107 Anm. 1] — der Antrag abgewiesen werden. Ein dem § 107II entsprechender Listeneintrag empfiehlt sich. Gegen den Aufnahmebeschluß hat nur der Schuldner, gegen den Abweisungsbeschluß nur der Antragsteller die sofortige Beschwerde (arg. § 109). Nach Abs. II Satz 2 ist die Stunde der Wiederaufnahme im Beschluß anzugeben (§ 108) und dieser wie der Eröffnungsbeschluß öffentlich bekannt zu machen (§ 111), an Registerbehörden, Dienst­ behörde und Grundbuchamt mitzuteilen und in das Grundbuch einzutragen (§§ 112,113). Auch in das Handelsregister (§§ 32, 6 HGB.) ist die Wiederaufnahme gleich der Eröffnung des Konkurses einzutragen. Denkschrift zu § 32 HGB. S. 45. Die Auf­ nahme wirkt, wie die Konkurseröffnung, namentlich auf die Bersügungsmacht des Schuldners (§ 6) und auf einen die Masse betreffenden Prozeß (§ 240 ZPO.). Siehe

Anm. 7. c) Zuständig für die Wiederaufnahme ist ausschließlich das Konkursgericht des aufAnm. 5. Grund des hinfällig gewordenen Erlasses aufgehobenen Verfahrens. Für die Eröffnung eines Neukonkurses dagegen kann, da der Zuständigkeitsgrund des § 71 möglicherweise unterdessen infolge Verlegung der Niederlassung des Schuldners oder seines Wohnsitzes gewechselt hat, ein anderes Gericht zuständig sein. Ein solcher Wechsel mag im Falle der Wiederaufnahme des Verfahrens durch das frühere Konkursgericht Schwierigkeiten bereiten, etwa bei Anwendung des § 101. Allein es unterliegt keinem Zweifel, daß in dem mit den §§ 198 ff. untrennbar zusammenhängenden § 197 n „das Konkursgericht" dasselbe Gericht bedeutet, das bisher als Konkursgericht tätig geworden war (abw. Roeder S. 27ff.). Das entspricht auch dem Wesen der Wiederaufnahme. Sollte die Rückkehr des Schuldners im Interesse der Masse geboten sein, so würde sich im Falle der Wiederaufnahme des Konkurses ein Rückkehrzwang aus dem Grundsätze des § 1011 rechtfertigen lassen. Sind bei demselben Gericht Wiederaufnahme und Neukonkurs beantragt, so geht der zuerst gestellte Antrag vor. Ebenso entscheidet die Priorität des

386

§198.

Zwangsvergleich (Wiederaufnahme des Konkurses). Antrags, wenn bei verschiedenen Gerichten Wiederaufnahme und Neukonkurs beantragt sind (arg. § 71II). Schwebt bereits der Neukonkurs, so ist eine Aufnahme nicht mehr möglich. Denn das wiederaufgenommene Verfahren erfaßt als Konkursmasse dasselbe Vermögen wie der Neukonkurs, ein Verfahren schließt also das andere aus. Die Annahme, daß der inzwischen eröffnete Neukonkurs einzustellen (so die herrschende Lehre, z. B. Petersen-Kleinfeller Anm. 2) oder bei Eröffnung durch ein anderes Gericht an das alte Konkursgericht „abzugeben" sei (so Kohler Leitfaden S. 300), widerstreitet dem Gesetze, das eine derartige Einstellung oder Abgabe nicht kennt (§§ 202 ff.). Oetker Fragen S. 80, Grundbegriffe I S. 193, Seuffert S. 449, Fitting § 50 N. 9. Wohl aber kann (wenn auch der Fall in der Praxis keine Rolle spielen wird) nach Beendigung des Neukonkurses der Erstkonkurs — gegen Oetker Grundbegriffe aaO., ZHR. 66 S. 201 f. — wieder ausgenommen werden, falls genügende alte oder neue Masse vorhanden ist. Die Altgläubiger haben unter dieser Voraussetzung nach Abs. I ein Recht auf die Wiederaufnahme. Sie können an ihr auch ein lebhaftes Interesse haben. So, wenn erst nach Beendigung des Neukonkurses der Grund zur Aufnahme des Erstkonkurses eintritt. Denn in diesem Falle durften die Akkordgläubiger nur die bei Eröffnung des Neukonkurses noch ausstehende Akkordrate anmelden und dem­ entsprechend im Neukonkurs überhaupt nicht berücksichtigt werden, wenn sie vor seiner Eröffnung bereits die ganze Akkordrate empfangen hatten. Insoweit hat der Neu­ konkurs eine „definitive Regulierung der Schuldverhältnisse des Kridars" zweifellos nicht bewirkt. Daß sich bei so verwickelter Rechtslage Zweifelsfragen ergeben, liegt auf der Hand. Unlösbar sind sie nicht, aber als Doktorftagen dürfen sie hier außer Betracht bleiben. Grundsätzlich ebenso Petersen-Kleinfeller aaO., v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1 a. E., Seuffert aaO. N. 4, Hellmann S. 556, Roeder S. 87 ff.

n. Wesen der Wiederaufnahme.

Anm. 6.

Die Wiederaufnahme ist Erneuerung des aufgehobenen Konkursver­ fahrens, aber eine Erneuerung ohne rückwirkende Kraft. 1. Der erneuerte Konkurs bildet eine Fortsetzung des früheren Verfahrens. Darum setzt eine Wiederaufnahme die Feststellung nicht voraus, daß auch zur Zeit ihrer

Anordnung der Konkursgrund vorliegt fAnm. 1]. Darum bleibt das frühere Konkurs­ gericht zuständig. Darum ist der frühere Verwalter wieder zum Verwalter zu ernennen sAnm. 7]. Darum wirkt die frühere Anmeldung auch für das aufgenommene Verfahren fort (so die herrschende Lehre z. B. Fitting S. 453, abw. Roeder S. 46 ff.). Die Fort­ dauer ergibt sich aus § 201 n, da ja sogar das Ergebnis der die Anmeldung voraus­ setzenden Prüfung maßgebend bleibt, und wird durch die Fassung des § 200 bestätigt [§ 200 Anm. 3]. Die durch den Vergleich gewährten „Rechte" bestehen fort (§ 197 I). Nur soweit nötig, wird das Verfahren wiederholt (§ 2001). Anm. ?.

2. Die Erneuerung hat keine rückwirkende Kraft. Darum verläuft und wirkt die Wiederaufnahme entsprechend einer Konkurseröffnung, wie denn auch ein besonderer Wiederausnahmezeitpunkt bekannt gemacht wird sAnm. 1—5]. Darum wird die zwischen­ zeitliche Berfügungsmacht des Schuldners (§ 192) als solche anerkannt: der Konkursbeschlag setzt nur für die Zukunft wieder ein; zwischenzeitliche Verfügungen des Schuldners gelten nicht etwa nach § 7 als unwirksam, sondern können nur nach Maßgabe des § 199 angefochten werden sfrühere Anfechtbarkeit: § 199 Anm. 3]; zwischenzeitlich begonnene oder wiederbegonnene Prozesse des Schuldners werden, wenn sie Beziehung zur Masse des wiederaufgenommenen Konkurses haben, wie durch eine selbständige Konkurseröffnung von nun ab nach § 240 ZPO. unterbrochen oder wieder unterbrochen. Darum lebt auch die Zwangsvertretungsmacht des Konkursverwalters (§ 6) nicht etwa rückwirkend wieder auf. Wohl hat das Gericht dem Wesen der Wiederaufnahme entsprechend den früheren Ver­ walter erneut zu ernennen. Allein seit der Aufhebung des alten Konkurses kann geraume Zeit verstrichen, kann der frühere Verwalter aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unerreichbar geworden sein. Eine Weisung zur Fortführung des Amtes muß das Gericht

Zwangsvergleich (Wiederaufnahme des Konkurses).

387

ohnehin an ihn erlassen. Das hat in der Form erneuter Ernennung zu geschehen, die H198. gleich bei der Wiederaufnahme zu verfügen (arg. § 1101) und mit dieser bekannt zu machen ist (§ 811). Da der Verwalter bei Aufhebung des Konkurses seine Bestallung hatte zurückgeben müssen (§ 81II 2), bedarf es einer erneuten Ausfertigung. Für das Borschlagsrecht des § 80 wäre nur Raum, wenn, ein anderer Verwalter ernannt worden wäre. Vgl. Roeder S. 55 ff. mit Lit. (meist wird angenommen, das Berwalteramt lebe von selbst wieder auf). Auch der Gläubigerausschuß ist neu zu bestellen (§ 87). Der Mangel einer Rückwirkung äußert sich ferner darin, daß über den Umfang der Schuldenwie der Teilungsmasse der Zeitpunkt der Wiederaufnahme entscheidet. Neue Gläubiger müssen zugelassen werden (§ 200II), weil sie bei der zwischenzeitlichen Berfügungsmacht des Schuldners auf das in den aufgenommenen Konkurs fallende Vermögen bauen durften (Motive II S. 429). Auch sie nehmen fortab an der Gläubigerversammlung teil. Alte Bersammlungsbeschlüsse (z. B. nach § 134) sind nicht mehr maßgebend. Dementsprechend muß andrerseits auch der zwischenzeitliche Neuerwerb zur Masse fließen. Das alte Ver­ mögen kann gänzlich in wirksamen Verfügungen des Schuldners oder Vollstreckungen alter und neuer Gläubiger aufgegangen sein. Vgl. Kohler Lehrbuch S. 502 f. Auch für die Gebührenerhebung wird das aufgenommene Konkursverfahren wie ein Neukonkurs behandelt (§ 58 GKG., § 60 RAGO.).

Zusatz. Fremde Rechte. Das französische System läßt die Wiederaufnahme von Amts sinnt. 8. wegen geschehen (Frankreich a. 522, Belgien a. 524, Italien a. 844, Österreich § 243, Ungarn § 232). Vgl. Pollak S. 455 und oben § 196 Anm. 8.

§ !»»• Für die Anfechtung von Rechtshandlungen, welche in der Zeit von der Aufhebung bis ;ur Wiederaufnahme des Aonkursverfahrens vorgenommen

find, sowie für die in diesem Zeitraume entstandenen Aufrechnungsbefugnisse gilt, wenn nicht inzwischen eine Zahlungseinstellung erfolgt ist, als Tag der Zahlungseinstellung der Tag des ersten die Verurteilung des Gemeinschuldners aussprechenden Urteils. Unveränderter § 185 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 176f., Motive II S. 428ff., Protokolle S. 115, 186.

Ersatz der Zahlungseinstellung. Durch die Aufhebung des Konkurses war das Vermögen des Schuldners wieder in dessen Anm. i. Besitz und freie Verfügung gelangt (§§ 190, 192). Diese zwischenzeitliche, also vom Wirk­ samwerden der Aufhebung [§ 190 Anm. 1] bis zur Stunde der Wiederaufnahme des Konkurses [§ 108 Anm. 1 mit § 198 Anm. 4] dauernde Dispositionsmacht des Schuldners wird als solche anerkannt: die Wiederaufnahme erneut den Konkursbeschlag nur ex nunc, nicht ex tune [§ 198 Anm. 7]. Die §§ 7, 8, 14, 15 haben für die Zwischenzeit keine Geltung. Ja es bewendet sogar bei der durch die Konkursaufhebung eingetretenen Konvaleszenz einer noch während des früheren Konkurses vorgenommenen und nach § 7 unwirksamen Verfügung [§ 7 Anm. 10]. Dem­ entsprechend bleiben zwischenzeitliche Verfügungen des Schuldners über sein Vermögen und zwischen zeitliche Bollstreckungsakte seiner Gläubiger an sich wirksam. Sie können aber nach Maßgabe der 88 29ff. anfechtbar sein. An die Stelle des Zeitpunkts der Konkurseröffnung tritt im aufgenommenen Verfahren der Zeitpunkt der Wiederaufnahme, an die Stelle des Konkursantrags der Wiederanfnahmeantrag (§ 1981). Der Wiederaufnahme kann eine neue Zahlungseinstellung vorausgegangen sein. Alsdann bleibt diese für bic Konkursanfechtung im aufgenommenen Verfahren maßgebend. Andernfalls tritt an die Stelle der Zahlungseinstellung nach 8 199 der Tag des ersten die Verurteilung des Gemein­ schuldners aussprechenden und nicht etwa in der Revisionsinstanz aufgehobenen Urteils, also der

388

Zwangsvergleich (Wiederaufnahme des Konkurses).

§ 199, Tag

der Verkündung, nicht der „zu wenig erkennbare und zu spät erscheinende" Tag der Rechts­ kraft des Bankerutturteils. Motive II S. 428. Kenntnis dieser Verurteilung wirkt sonach wie Kenntnis der Zahlungseinstellung. Die erste Verurteilung braucht nicht in erster Instanz er­ gangen zu sein. Anm. 2. Der gleiche Ersatz gilt für eine in der Zeit zwischen Konkursaufhebung und Wiederaufnahme entstandene Aufrechnungsbefugnis, soweit für deren Zulässigkeit die Zahlungseinstellung eine Rolle spielt (§§ 55 Nr. 3, 56). Anm. 3. Der § 199 löst mittelbar auch die Frage, ob eine schon vor dem aufgehobenen Konkurse vorgenommene Rechtshandlung die in diesem Verfahren nach Maßgabe der §§ 29ff. anfechtbar gewesen ist, auch im wiederaufgenommenen Verfahren der Konkursanfechtung unterliegt. Man hat die Frage bisher allgemein bejaht (so z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2, Kohler Leitfaden S. 298, Roeder S. 67 N. 1). Der Grundsatz des § 199 nötigt jedoch zu einer Einschränkung. Er läßt die Zwischenzeit als konkursfrei gelten. Hat der Schuldner also inzwischen einen Gläubiger durch kongruente Deckung befriedigt, dann bleibt die Zahlung rechtsbeständig, wenn sie nicht etwa erst in Kenntnis einer zwischenzeitlichen Zahlungs­ einstellung oder der sie ersetzenden Verurteilung oder des Wiederaufnahmeantrags angenommen worden ist (§ 30 Nr. 1 Fall 2 mit § 199). Ja es wäre sogar eine im Laufe des früheren Konkurses erfolgte Zahlung infolge der Konkursaushebung konvalesziert sAnm. 1]. Wie sollte nun eine noch vor der Konkursaufhebung liegende Zahlung nach § 30 anfechtbar bleiben können! Entsprechendes gilt für den Fall, daß ein Altgläubiger schon vor Konkurseröffnung seine Forderung zwangsweise beigetrieben hatte. Es ist daher zu sagen: Die Anfechtbarkeit im wiederaufgenommenen Verfahren bestimmt sich mit der Maßgabe des § 199 so wie im selbständigen Neukonkurse. Dementsprechend ist eine Rechtshandlung niemals schon deshalb im aufgenommenen Verfahren anfechtbar, weil sie es im früheren Verfahren war. Namentlich lebt die frühere Anfechtbarkeit des § 30 (§ 33) nicht wieder auf. Gleiches gilt für den früheren Ausschluß der Aufrechenbarkeit nach § 55 (§ 56): wäre doch die Auf­ rechnung inzwischen statthaft gewesen (Roeder S. 53). Eine frühere nach den §§ 31, 32 begründete Anfechtbarkeit besteht auch zugunsten der Masse des aufgenommenen Verfahrens, wenn die Anfechtungsfristen zurzeit der Wiederaufnahme noch laufen. Dabei ist auch die Frist des § 4111 nach dem Zeitpunkte der Wiederaufnahme zu berechnen. Eine Durchführung noch nicht beendeter Ansechtungsprozeffe des früheren Verfahrens ssiehe § 29 Anm. 24] steht nur mit diesen Beschränkungen dem Verwalter des wiederaufgenommenen Konkurses frei.

§ 200. An dem aufgenommenen Verfahren nehmen die Gläubiger, für und gegen welche der Vergleich wirksam war, mit dem noch nicht getilgten Betrage ihrer ursprünglichen Forderungen Teil. Die neuen Gläubiger des Gemeinschuldners sind zur Teilnahme an dem

Verfahren berechtigt. Dieselben haben keinen Anspruch auf Befriedigung aus einer für die Erfüllung des Zwangsvergleichs bestellten Sicherheit. Unveränderter § 186 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 176ff., Motive II S. 429f., Protokolle S. 115, 186. Die Gläubiger des aufgenommenen Verfahrens. I. Teilnahme der Altgläubiger (Abs. I).

Anm. 1.

1. Die Akkordgläubiger des früheren Verfahrens nehmen am aufgenommenen Verfahren mit dem ganzen zurzeit der Wiederaufnahme noch ungetilgten Betrag ihrer ursprüng­ lichen Forderungen teil (Abs. I), weil die Vergleichsbeschränkungen nach § 197 I weg­ gefallen sind. Auch wenn sie die volle Bergleichsrate erhalten hatten, sind sie nach § 197 I

Zwangsvergleich (Wiederaufnahme des Konkurses).

389

mit dem ungetilgten Restbetrag der ursprünglichen Forderung Konkursgläubiger im auf- § 200. genommenen Verfahren ^Gegensatz: Anm. 5]. Die frühere Anmeldung wirkt fort [§ 198 Anm. 6]. Grundsätzlich auch die frühere Feststellung [§ 203 Anm. 3ff.]. Die bis zur Wiederaufnahme erwachsenen Zinsen und Kosten (§ 63 Nr. 1, 2). sind als neue Forderungen anmeldbar fAnm. 3]. 2. Von Vorrechts- und Massegläubigern redet das Gesetz nicht, weil es deren DeckungAnm. 2. nach § 191 voraussetzt. Soweit solche Gläubiger, weil sie den Voraussetzungen des § 191 nicht genügen konnten oder sich zu melden versäumten, aus Versehen oder bösem Willen unberücksichtigt geblieben waren, können sie im aufgenommenen Verfahren ihre bevorzugte Rechtsstellung geltend machen. Ein Vorrang alter Vorrechts- oder Massegläubiger vor neuen derselben Art besteht nicht. War die nach § 61 gesetzte Frist nach der Konkurs­ eröffnung, aber vor der Wiederaufnahme abgelaufen, so hat der Gläubiger sein Vorrecht für das aufgenommene Verfahren wie für einen Neukonkurs verloren (abw. Roeder S. 36f.). Denn die Aufnahme tritt anstelle der Konkurseröffnung [§ 198 Anm. 7] und hat keineswegs den Zweck, auch die am Zwangsvergleich unbeteiligten Borrechtsgläubiger zu schützen. II. Teilnahme neuer Gläubiger (Abs. II). Auch Forderungen, die nach Eröffnung des früheren Verfahrens entstanden sind, kommenAnm. 3. nach Abs. II Satz 1 im aufgenommenen Verfahren zum Zuge. Zwar erfolgt die Wieder­ aufnahme ausschließlich im Interesse der Altgläubiger, die — wie der Strafrichter festgestellt — einem unehrlichen Schuldner den Zwangsvergleich bewilligt hatten, weshalb auch nur diese die Wiederaufnahme erwirken können [§ 198 Anm. 2]. Allein da zwischen dem früheren und dem aufgenommenen Verfahren ein konkursfreier Zeitraum liegt, während dessen der Schuldner selbständig über sein Vermögen verfügte, wäre es unbillig, die Gläubiger der Zwischenzeit um die Befriedigung aus einer Masse zu bringen, auf die sie beim Kreditgeben vertrauen durften (vgl. Motive II S. 429). Als Neugläubiger sind, da die Wiederaufnahme der Konkurseröffnung entspricht (§ 198 II 2 mit § 108), alle diejenigen Gläubiger im auf­ genommenen Verfahren teilnahmeberechtigt, die zur Zeit der Wiederaufnahme einen in einem Neukonkurs als Konkursforderung verfolgbaren Anspruch haben (§§ 3, 5 II, 63 Nr. 3, 4). Mit den vor der Wiederaufnahme entstandenen Nebenansprüchen des § 63 Nr. 1, 2 dürfen Altgläubiger als Neugläubiger am aufgenommenen Verfahren teilnehmen. Alle diese Forderungen der Zwischenzeit sind nun Konkursforderungen und unterliegen als solche, auch wenn sie nicht angemeldet werden, dem Verbote der Sondervollstreckung (§ 14). Der § 193 bleibt, da nun ein Zwangsvergleich unzulässig ist [§ 201 Anm. 7], außer Betracht. Die Annahme von Wolff Anm. 2, daß der Neugläubiger nur im Falle der Anmeldung den Beschränkungen des § 14 unterliege, widerspricht dem Grundsätze des § 3. Sie wird auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß Abs. II die Neugläubiger als „zur Teilnahme berechtigt" erklärt, während Abs. I von den Altgläubigern sagt „sie nehmen am Verfahren teil". Der Unterschied bringt lediglich zum Ausdrucke, daß schon angemeldete Altforderungen keiner erneuten Anmeldung bedürfen fsiehe § 198 Anm. 6]. Die neuen Gläubiger stehen den alten grundsätzlich gleich. Sie werden aus einer ein-Anm. 4. heitlichen Masse befriedigt. Doch haben Neugläubiger nach Abs. II Satz 2 keinen Anspruch auf eine Sicherheit, die Bergleichsgläubigern akkordmäßig an Bermögensstücken des Schuldners bestellt worden war. Ein so erworbenes Fahrnis- oder Liegenschafts-Pfandrecht [§ 174 Anm. 5] gewährt den Bergleichsgläubigern im aufgenommenen Verfahren die Rechtsstellung von Absonderungsberechtigten (88 47 ff., 64, 96, 153, 155 f., 168 Nr. 3, 169). Auch die Sicherung von Masse- und Borrechtsansprüchen nach 8 191 führt nun zur abgesonderten Befriedigung.

Zusatz. Fremde Rechte. Nach französischem System darf der Akkordgläubiger im wieder Anm. 5. aufgenommenen Konkurse, wenn er die ganze Akkordrate empfangen hatte, gar nichts und, wenn ihm ein Teil der Akkordrate bezahlt war, nur eine diesem Bruchteil entsprechende Quote der ursprünglichen Forderung geltend machen (Frankreich a. 526, dazu Lyon-Caen et Renault VII Nr. 648 mit Zahlenbeispielen; Belgien a. 527, Italien a. 845, Rumänien a. 865). In Österreich (8 244; vgl. für den Neukonkurs 8 245) und Ungarn (8 235; für den Neukonkurs 8 236) trifft den teilweise befriedigten Gläubiger eine Ausgleichungspflicht. Siehe dagegen Motive II S. 429 f., Kohler Lehrbuch S. 503 f. Jaeger, Konkursordnung.

5. Aufl.

Bd. II.

25

Zwangsvergleich (Wiederaufnahme des Konkurses).

390 §201.

§ aoi. Das Verfahren ist so weit als nötig zu wiederholen.

Früher geprüfte Forderungen werden nur hinsichtlich einer inzwischen ein­ getretenen Tilgung von neuem geprüft. Unveränderter § 187 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. S. 115, 186.

175, Motive II

S.

428,

Protokolle

Verfahren nach der Wiederaufnahme. I. Grundsatz. Anm. i.

Anm. 2.

Da die Wiederaufnahme ihrem Wesen nach eine Erneuerung des aufgehobenen Konkurses, wenn auch bloß eine Erneuerung für die Zukunft bildet [§ 198 Anm. 6f.], wird das frühere Verfahren nur soweit als nötig wiederholt (Abs. I). Das Wiederholungs­ bedürfnis kann in den einzelnen Fällen verschieden sein, schon mit Rücksicht auf die Mög­ lichkeit verschieden großer Zwischenräume zwischen Aufhebung und Wiederaufnahme des Konkurses. Die Wiederholung der Postsperre (§ 121), einer Siegelung (§ 122), einer vor­ läufigen Hinterlegungsanordnung (§ 129 H) ist eine nach Lage des Falles zu entscheidende Zweckmäßigkeitsfrage. Erneuter Ofienbarungseid (§ 125) ist zulässig, da der Massebestand wechselt [§ 198 Anm. 7]. Entsprechende Anwendbarkeit der §§ 903, 914 ZPO.: § 125 Anm. 5 a. E. Stets zu wiederholen sind folgende Akte: Ernennung des Konkursverwalters [§ 198 Anm. 6], offener Arrest, Bestimmung der Anmeldefrist (§§ 110, 118), Anberaumung eines allgemeinen Prüfungstermins sAnm. 3 ff.], Errichtung eines Inventars, wäre es auch nur durch Vervollständigung des alten, und Aufstellung einer Bilanz (§§ 123, 124). Der Umstand, daß der § 198 II2 nur den § 111, nicht auch den § 110 anzieht, rechtfertigt keinen Gegen­ schluß. Der § 198 II 2 hat seinen besonderen begrenzten Zweck. Auch ist der offene Arrest nicht etwa zur Dispositionsbeschränkung des Schuldners zu erlassen, die kraft Gesetzes eintritt (§ 6), sondern als Aufforderung an dritte Personen im Interesse der Massebildung (§§ 118,119). Die Masse hat aber jetzt einen weiteren Umfang [§ 198 Anm. 7], Vgl. Roeder S. 65 f. gegen Hellmann S- 558. n. Anmeldungs- und Prüfungsverfahren.

Anm. 3.

Die früheren Anmeldungen wirken auch für das wiederaufgenommene Verfahren [§ 198 Anm. 6]. Die früher nicht angemeldeten Forderungen der Altgläubiger sowie alle Forderungen von Neugläubigern (§ 200 H) bedürfen der Anmeldung und werden nach den allgemeinen Vorschriften geprüft (§§ 138ff.). Ob die Konkurstabelle nur vervollständigt oder neu angelegt werden soll, ist Zweckmäßigkeitsfrage. Für die früheren Anmeldungen bleibt das frühere Prüfungsergebnis maßgebend. Dabei sind drei Fälle zu unterscheiden:

Anm. 4.

1. Noch nicht geprüfte, obwohl früher angemeldete Forderungen alter Gläubiger sind nun zu prüfen. Hat der Gläubiger in der konkursfreien Zwischenzeit einen Titel gegen den Schuldner erwirkt, so darf er zweifellos die Rechtsstellung des § 146 VI beanspruchen.

Anm. 5.

2. Eine frühere. Bestreitung erlangt wieder Kraft. Nach Abs. II, der sich nicht bloß auf festgestellte, sondern auf alle „geprüften", also auch auf geprüfte und streitig gebliebene Forderungen bezieht, darf nun ein weiterer Widerspruch nur auf die Behauptung zwischen­ zeitlicher Tilgung gegründet werden. Damit erhält auch ein Bestreitungsberechtigter, der nicht bestritten hatte, Gelegenheit, die Tilgungstatsache zur Anerkennung zu bringen (vgl. Roeder S. 70). Aus der erneuten Maßgeblichkeit der Bestreitung läßt sich aber, da die Wiederaufnahme keine rückwirkende Kraft hat, nicht der Schluß ziehen, daß ein in der Zwischenzeit gegen den Schuldner erwirkter Titel dem Anmelder die Rechtslage des § 146 VI nicht verschaffe. Zust. Roeder S. 72 f., abw. Oetker Fragen S. 84, 85, Seuffert S. 452, 453. Auch kann es nicht im Zwecke des Abs. 2 gelegen sein, die

Einstellung des Verfahrens (Konkursverzicht).

391

Möglichkeit wirksamer Widerspruchsrücknahme im neuen Prüfungstermin auszuschließen, § 201* da ja doch das Aufgeben des Widerspruchs auch noch im Feststellungsprozesse verstattet ist (Roeder S. 73 f., äb w. Hellmann S. 559).

3. Früher bereits fest gestellte Forderungen unterliegen nach Abs. II einer Neuprüfung Anm. 6. ebenfalls nur hinsichtlich einer zwischenzeitlichen Tilgung (Erfüllung, Aufrechnung, Erlaß, Hinterlegung). Diese kann vom Verwalter, von einem alten oder neuen Konkurs­ gläubiger und mit Rücksicht auf den § 164 auch vom Gemeinschuldner bestreitungsweise geltend gemacht werden. Da indessen die frühere Feststellung den Konkursgläubigern gegenüber wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt (§§ 145 II, 147), bleibt es dem bestreitenden Verwalter oder Gläubiger überlassen den Widerspruch zu verfolgen (§ 146 VI) und zwar im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO.). Vgl. Oetker Fragen S. 85 ff., Seuffert S. 452 Fitting S. 454. Weil Widersprüche nur auf zwischenzeitliche Tilgung gestützt werden können, muß die Bestreitung bereits geprüfter Forderungen — anders als bei erstmaliger Prüfung [§ 141 Anm. 9] — schon im Prüfungstermine begründet werden.

III. Beendigung des aufgenommenen Verfahrens. Bon den Konkursbeendigungsgründen kommen für Aufhebung nach Ausschüttung der Masse (§ 163) und die (§ 202) oder wegen Massemangels (§ 204) in Betracht. abermaliger Zwangsvergleich ist nach § 175 Nr.

das aufgenommene Verfahren die Anm. ?. Einstellung kraft Konkursverzichts Siehe § 198 Anm. 1, 4, 5. Ein 3 unzulässig.

Siebenter Titel.

Einstellung des Verfahrens. (§§ 202—206.)

§ sos Das Aonkursverfahren ist auf Antrag des Gemeinschuldners einzustellen, wenn er nach dem Ablaufe der Anmeldefrist die Zustimmung aller Konkurs­ gläubiger, welche Forderungen angemeldet haben, beibringt. Inwieweit es der Zustimmung oder der Sicherstellung von Gläubigern bedarf, deren Forderungen angemeldet, aber nicht festgestellt sind, entscheidet das Aonkursgericht nach freiem

Ermessen. Das Verfahren kann auf Antrag des Gemeinschuldners vor dem Ablaufe der Anmeldefrist eingestellt werden, wenn außer den Gläubigern, deren Zustimmung der Gemeinschuldner beibringt, andere Gläubiger nicht bekannt sind.

§ 303. Der Antrag ist öffentlich bekannt zu machen und mit den zustimmenden Erklärungen auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Aonkursgläubiger niederzulegen. Die Aonkursgläubiger können binnen einer mit der öffentlichen Bekanntmachung beginnenden Frist von einer Woche Widerspruch gegen den Antrag erheben. Im Falle des § 202 Abs. s steht der Widerspruch jedem Gläubiger zu, welcher bis zum Ablaufe der Frist eine Forderung angemeldet hat. 25*

Einstellung des Verfahrens (Konkursverzicht).

391

Möglichkeit wirksamer Widerspruchsrücknahme im neuen Prüfungstermin auszuschließen, § 201* da ja doch das Aufgeben des Widerspruchs auch noch im Feststellungsprozesse verstattet ist (Roeder S. 73 f., äb w. Hellmann S. 559).

3. Früher bereits fest gestellte Forderungen unterliegen nach Abs. II einer Neuprüfung Anm. 6. ebenfalls nur hinsichtlich einer zwischenzeitlichen Tilgung (Erfüllung, Aufrechnung, Erlaß, Hinterlegung). Diese kann vom Verwalter, von einem alten oder neuen Konkurs­ gläubiger und mit Rücksicht auf den § 164 auch vom Gemeinschuldner bestreitungsweise geltend gemacht werden. Da indessen die frühere Feststellung den Konkursgläubigern gegenüber wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt (§§ 145 II, 147), bleibt es dem bestreitenden Verwalter oder Gläubiger überlassen den Widerspruch zu verfolgen (§ 146 VI) und zwar im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO.). Vgl. Oetker Fragen S. 85 ff., Seuffert S. 452 Fitting S. 454. Weil Widersprüche nur auf zwischenzeitliche Tilgung gestützt werden können, muß die Bestreitung bereits geprüfter Forderungen — anders als bei erstmaliger Prüfung [§ 141 Anm. 9] — schon im Prüfungstermine begründet werden.

III. Beendigung des aufgenommenen Verfahrens. Bon den Konkursbeendigungsgründen kommen für Aufhebung nach Ausschüttung der Masse (§ 163) und die (§ 202) oder wegen Massemangels (§ 204) in Betracht. abermaliger Zwangsvergleich ist nach § 175 Nr.

das aufgenommene Verfahren die Anm. ?. Einstellung kraft Konkursverzichts Siehe § 198 Anm. 1, 4, 5. Ein 3 unzulässig.

Siebenter Titel.

Einstellung des Verfahrens. (§§ 202—206.)

§ sos Das Aonkursverfahren ist auf Antrag des Gemeinschuldners einzustellen, wenn er nach dem Ablaufe der Anmeldefrist die Zustimmung aller Konkurs­ gläubiger, welche Forderungen angemeldet haben, beibringt. Inwieweit es der Zustimmung oder der Sicherstellung von Gläubigern bedarf, deren Forderungen angemeldet, aber nicht festgestellt sind, entscheidet das Aonkursgericht nach freiem

Ermessen. Das Verfahren kann auf Antrag des Gemeinschuldners vor dem Ablaufe der Anmeldefrist eingestellt werden, wenn außer den Gläubigern, deren Zustimmung der Gemeinschuldner beibringt, andere Gläubiger nicht bekannt sind.

§ 303. Der Antrag ist öffentlich bekannt zu machen und mit den zustimmenden Erklärungen auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Aonkursgläubiger niederzulegen. Die Aonkursgläubiger können binnen einer mit der öffentlichen Bekanntmachung beginnenden Frist von einer Woche Widerspruch gegen den Antrag erheben. Im Falle des § 202 Abs. s steht der Widerspruch jedem Gläubiger zu, welcher bis zum Ablaufe der Frist eine Forderung angemeldet hat. 25*

392

Einstellung des Verfahrens (Konkursverzicht).

§ 202. Das Gericht beschließt über die Einstellung nach Anhörung des Gemein8 203. schuldners und des Verwalters. Im Falle eines Widerspruchs ist auch der widersprechende Gläubiger ;u hören. Unveränderte §§ 188, 189 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 179ff., Motive II S. 435ff., Protokolle S. 115, 186. EinDie Konkursbeendigung ist Aufhebung oder Einstellung. Aufhebungsgründe sind lertung. Austeilung der Masse (§ 163) und Zwangsvergleich (§ 190), Einstellungsgründe Konkurs­ verzicht (§§ 202, 203) und Unzulänglichkeit der Masse zur Kostendeckung (§ 204). Sprachgebrauch der Gesetze: § 163 Einl.; Statistik: § 163 Anm. 10. Die §§ 205, 206 gelten für beide Ein­ stellungsarten. Der Konkurs einer eingetragenen Genossenschaft oder eines Ver­ sicherungsvereins auf Gegenseitigkeit kann — mit Rücksicht auf die Haftung der Mitglieder — aus dem Grunde des Mangels der Kostendeckung überhaupt nicht (vgl. § 100 m GenG.), aus dem Grunde des Konkursverzichts aber erst nach Beginn des Vollzugs der Schluß­ verteilung und nur mit Zustimmung aller bei dieser berücksichtigten Gläubiger eingestellt werden. Inwieweit es letzternsalls der Zustimmung oder Sicherstellung von Gläubigern bedarf, deren Forderungen nicht festgestellt sind, entscheidet das Konkursgericht nach freiem Ermessen. § 116 II GenG. (§§ 5211, 53 PrivBUntG.). Aus dem Grunde der Unzuständigkeit des Konkurs­ gerichts kann es weder von Amts wegen noch auf Beschwerde [§ 109 Anm. 2] zu einer „Ein­ stellung des Verfahrens" im Sinne des Titels kommen [§§ 205f. Anm. 7]. Ebensowenig zu gunsten einer Wiederaufnahme [§ 198 Anm. 5]. Die „Einstellung" des § 75 PrivBUntG. gehört nicht hierher [§ 103 Anm. 11]. Nachträglicher Wegfall des Konkursgrundes führt nur auf dem Wege des § 202 zur Konkursbeendigung sAnm. 2], Der Tod des Gemein­ schuldners hält den Fortgang des Verfahrens nicht auf [§ 214 Anm. 21]. Da ein Mangel der Zuständigkeit, des Konkursgrundes oder des Konkursantrags mit der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses heilt, trifft die Behauptung, es könne ein unzulässig eingeleitetes Verfahren jederzeit von Amts wegen „beseitigt" werden (KG. v. 12. 3. 1910 LZ. S. 485), in dieser Allgemeinheit nicht zu. Siehe § 74 Anm. 4 (daselbst über die Nichtigkeit des Eröffnungs­ beschlusses). Tie Arten der Beendigung des Konkurses sind erschöpfend geregelt.

A. Einstellung wegen Konkursverzichts. I. Die Voraussetzungen dieser Einstellung sind: Anm. 1.

1. Ein Antrag des Gemeinschuldners (§ 202). Bon ihm selber muß die Initiative ausgehen. Auf Antrag des Verwalters oder eines Gläubigers oder von Amts wegen darf das Gericht eine Einstellung wegen Konkursverzichts nicht beschließen. Selbst der Konkursverzicht aller Gläubiger sAnm. 2] erübrigt (gegen Kohler Leitfaden S. 305) den Schuldnerantrag nicht, mögen auch die Gläubiger am alsbaldigen Zugriff auf pfändbaren Neuerwerb des Schuldners (§ 14) ein lebhaftes Interesse haben ssiehe übrigens § 14 Anm. 13]. Namentlich kann der Nachlaßkonkurs nicht gegen den Willen und das Interesse des Erben (vgl. § 2000 Satz 3 BGB.) nach § 202 eingestellt werden. Miterben: § 214 Anm. 17; Beantragung der Einstellung eines Gesellschaftskonkurses: §§ 207 f. Anm. 12, §§ 209 f. Anm. 11. Die Flucht des Schuldners und sogar dessen Verurteilung nach § 239 steht der Zulässigkeit seines Antrags nicht entgegen (anders § 175). Der Antrag kann — abgesehen von der oben sEinleit.] erwähnten Ausnahme — in jedem Stadium des Konkurses von der wirksam erfolgten [§ 108 Anm. 1] Eröffnung bis zur Beendigung gestellt werden, auch noch nach Einleitung eine- Zwangsvergleichsverfahrens. Er ist schriftlich einzureichen oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers zu erklären [§ 72 Anm. 3].

Anm. 2.

2. Der Konkursverzicht („die Zustimmung") der Gläubiger (§ 202). Wer voll befriedigt ist, zählt nicht mehr zu den Gläubigern. Der Nachweis gänzlichen Erlöschens einer Forderung, besonders durch Erfüllung, Annahme an Ersüllungsstatt (§ 364 BGB.), Hinterlegung (§§ 378, 383 BGB.), Aufrechnung (§ 389 BGB.) oder Erlaß (§ 397 BGB ),

Einstellung des Verfahrens (Konkursverzicht).

393

erübrigt daher den Nachweis der Zustimmung hinsichtlich einzelner oder aller Gläubiger. § 202* Sind keine Gläubiger mehr da, dann bedarf es auch keiner Gläubigerzustimmung mehr. Allein auch dann bildet die Einstellung auf Schuldnerantrag im Sinne der §§ 202 f., 205f. den gesetzlich gewiesenen Weg der Konkursbeendigung. Der § 202 ist vornehmlich auf die Fälle außerkonkursmäßiger Regelung des Schuldenstandes durch freiwilligen Ver­ gleich oder durch Befriedigung gemünzt. Eine „Aufhebung" des Konkurses, die jeder gesetzlichen Grundlage ermangeln würde, findet bei nachträglichem Wegfälle des Konkurs­ grundes nicht statt (gegen Wach LZ. 1907 S. 593 f.). Gleiches gilt, soweit Anmeldungen unterbleiben oder wirksam zurückgenommen werden: im einen wie im andern Falle erübrigt sich nach § 202 I die Zustimmung (abw. Hellmann S- 568, der es beim Unterbleiben der Anmeldungen für notwendig erklärt, daß der Schuldner Gläubiger zur Anmeldung und Beantragung der Einstellung veranlasse, widrigenfalls der Konkurs fortdauere). Der Aus­ druck „Einstellung kraft Konkursverzichts" trifft also nur den Hauptfall, der allein auch dem Verfasser der §§ 202, 203 vorgeschwebt hat. Alle Fälle des § 202 deckt der (freilich viel farblosere) Ausdruck „Einstellung auf Schuldnerantrag". Der Konkursverzicht d. h. der Verzicht auf die Fortsetzung des Konkursverfahrens (nicht auf die Forderung oder deren Beitreibung) ist eine einseitige Prozeßhandlung und nur Prozeßhandlung, nicht zugleich Privatrechtsgeschäft. Er ist kein Vertrag, wenn er auch meist das Ergebnis eines außergerichtlichen Vergleichs bildet. Er kann schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers des Konkursgerichts erklärt, ersternsalls unmittelbar vom Gläubiger dem Konkursgericht überreicht oder ihm durch den Schuldner übermittelt werden, und setzt als Prozeßhandlung voraus, daß der Zustimmende prozeßfähig ist oder durch seinen gesetzlichen Vertreter handelt. Die Bertretungsmacht des gesetzlichen wie die des gewillkürten Vertreters hat das Konkursgericht von Amts wegen nachzuprüsen (§§ 56, 88 II ZPO.). Siehe § 72 Anm. 3. Der gemeinsame Vertreter der Schuldverschreibungs­ gläubiger [§ 61 Anm. 4] hat zum Konkursverzicht eine besondere Ermächtigung der Gläubigerversammlung nach § 14 III SchBG. einzuholen, da diese Vorschrift nach Wort­ laut und Zweck auch den Verzicht auf die durch Konkursteilnahme erlangten prozessualen Rechte betrifft. Stern, Schuldverschreibungsgläubiger (1904) S. 11; abw. Hellmann S. 561 N. 3. Die schriftliche Verzichterklärung bedarf zwar einer Beglaubigung nicht (anders Entw. I § 192); doch hat das Konkursgericht die Befugnis und in Zweifelsfällen die Pflicht, Ermittelungen über die Echtheit der Erklärung anzustellen (§ 75). Motive II S. 437. Vom Beweggrund ist die Wirksamkeit des Verzichts unabhängig. Bedingungen, die den Erfolg der Konkursbeendigung in Frage stellen könnten, entziehen, da diese un­ eingeschränkt zu geschehen hat, dem Verzichte die Kraft. Eine Befristung des Inhalts aber, daß die Wirksamkeit des Verzichts erlöschen solle, wenn die Einstellung bis zu einem

bestimmten Tage nicht erfolgt sei, dürfte statthaft sein. In angemessener Ausdehnung er­ möglicht auch eine solche Zeitschranke die Durchführung des Einstellungsverfahrens. Petersen-Kleinfeller Anm. 1, Seuffert S. 455 mit S. 454; abw. Hellmann S. 562. Der wirksam erklärte Verzicht ist mangels gegenteiliger Vorschrift unwiderruflich. Willens­ fehler (Irrtum, Täuschung, Drohung) können im Wege des Widerspruchs sAnm. 8] geltend gemacht werden. Auch steht es dem verzichtenden Gläubiger frei, hinterher einen anderen, neuen Konkurs zu beantragen sAnm. 11]. Für die Anwendung der §§ 119 ff., 142 f. BGB. ist kein Raum, weil der Konkursverzicht weder ausschließlich noch gleichzeitig eine privatrechtliche Willenserklärung darstellt (abw. Seuffert S. 456). Da der Konkurs kein Pfandrecht der Konkursgläubiger an der Konkursmasse begründet [§ 3 Anm. 48], liegt im Konkursverzicht eines durch Bürgschaft gedeckten Gläubigers auch nicht die Aufgabe einer Sicherheit im Sinne des § 776 BGB. Mitzureden hat der Bürge nur insoweit, als sich der Gläubiger am Konkurse nicht beteiligt [§ 67 Anm. 5]. Dadurch allein, daß der Gläubiger der Einstellung zustimmt, werden dem Bürgen keineswegs Anmeldung und Widerspruch nach § 202 ermöglicht. Der Konkursverzicht erfordert grundsätzlich Einstimmigkeit der einfachenAnm.3. und bevorrechtigten Konkursgläubiger, auch der Gläubiger mit besonderen Bor-

394

§202. §203.

Anm. 4.

Anm. 5.

Anm. 6.

Einstellung des Verfahrens (Konkursverzicht).

rechten [§ 61 Anm. 2 ff ], aber nur Einstimmigkeit derjenigen Gläubiger, die sich bis zu einem bestimmten Zeitpunkte gemeldet haben. Dabei geht das Gesetz davon aus, daß regelmäßig der Ablauf der Anmeldefrist (§ 138) abgewartet werden muß. Gläubiger, die sich auch dann noch nicht gemeldet haben, können nicht verlangen, daß der Konkurs allein um ihretwillen fortgesetzt werde (Motive II S. 436). Eine Einstellung vor dem Ablaufe der Anmeldefrist erscheint als Ausnahmefall und steht unter verschärften Er­ fordernissen (§ 202 II). Entscheidend ist aber nicht, daß der Antrag vor Ablauf der Anmeldefrist gestellt wurde, sondern, daß noch der Einstellungsbeschluß vor diesem Zeit­ punkt ergeht. Es genügen daher die Erfordernisse des § 2021, wenn beim Erlasse des Einstellungsbeschlusses — wäre es auch erst in der Beschwerdeinstanz — die Anmeldefrist bereits verstrichen ist. Fitting § 51 N. 19, Seuffert S. 457, Wolff Anm. 2. In jedem Falle bedarf es auch der Zustimmung von Gläubigern mit betagten und bedingten Konkursforderungen — der § 96 ist unanwendbar —, nicht aber von Masse­ gläubigern ssiehe jedoch Anm. 12 und §§ 205 f. Anm. 2]. Noch weniger haben Ausund Absonderungsberechtigte als solche mitzureden. Daß ein Konkursgläubiger zugleich absonderungsberechtigt ist, macht aber natürlich seine Zustimmung nicht entbehrlich. Da der Konkursverzicht nicht durch Mehrheitsbeschluß erzwungen werden kann, ist das Er­ kaufen der Zustimmung eines einzelnen Gläubigers nicht verboten: die §§ 181, 243 sind unanwendbar. Kohler Lehrbuch S. 508 mit Rechtsprechung in Note 1. a) Regelfall (§ 202 I). Nach dem Ablaufe der Anmeldefrist (§ 138) erfordert der Konkursverzicht jedenfalls Einstimmigkeit aller Gläubiger, deren Forderungen im Sinne des § 144 I „festgestellt" sind. An der Widersetzlichkeit auch nur eines von ihnen scheitert der Einstellungsversuch. Sie ist lediglich durch Befriedigung fAnm. 2], nicht aber durch Sicherstellung zu beseitigen, wie ein Gegenschluß aus Abs. I Satz 2 ergibt. Der Zustimmung von Prätendenten, deren Forderungen zwar angemeldet, aber noch nicht festgestellt sind — sei es, daß sie vom Verwalter oder einem Gläubiger bestritten, sei es, daß sie überhaupt noch nicht geprüft wurden (weil der Prüfungstermin noch nicht stattgefunden hatte oder sie verspätet angemeldet wurden) —, bedarf es nur, wenn das Konkursgericht nach freiem, aber darum doch oberrichterlicher Nachprüfung unter­ worfenem Ermessen [§ 73 Anm. 7] diese Zustimmung für erforderlich hält. Es muß daher zunächst von Amts wegen prüfen, ob die Anmeldung (§ 139) einer Konkurs­ forderung (§§ 3, 63) vorliegt (abw. Oetker I S. 400 N. 7). Ist dies der Fall und die Forderung glaubhaft (vgl. § 75), so darf sie nicht unbeachtet bleiben. Doch kann das Gericht statt der Zustimmung eine Sicherstellung des Anmelders für genügend erklären, damit dieser sein Stimmrecht nicht zu unlauterem Zwang gegen den Schuldner zu mißbrauchen vermag. Das Ermessen des Gerichts ist auch bei nichtsestgestellten titulierten Forderungen (§ 146 VI) maßgebend (abw. Oetker aaO. N. 5). Desgleichen für die Art der Sicherstellung (§ 202 I 2 „inwieweit"). Aus Forderungen, die zur Zeit der Würdigung des Antrags nicht einmal angemeldet sind, wird keine Rücksicht genommen. Doch kann binnen der Frist des § 203 I die Anmeldung nach­ geholt und aus Grund dieser Nachholung Widerspruch gegen den Einstellungsantrag erhoben werden sAnm. 8]. b) Ausnahmefall (§ 202 II). Bor dem Ablaufe der Anmeldefrist (§ 138) gilt eine zweifache Verschärfung: a) Der Verzicht muß von allen dem Konkursgericht bekannten Gläubigern aus­ gehen, ohne Unterschied zwischen festgestellten und nichtfestgestellten, zwischen an­ gemeldeten und nichtangemeldeten. Die Kenntnis schöpft das Gericht nicht nur aus den Anmeldungen, sondern namentlich auch aus dem Gläubigerverzeichnisse des § 104, aus den Büchern des Schuldners, aus dem Inventar (§ 124) oder sonstigen Angaben des Verwalters und aus dem Ergebnisse der Verhandlungen. Motive II S. 436. ß) Das Gericht darf nicht statt der Zustimmung die Sicher st ellung des Gläubigers genügen lassen. Das ergibt sich deutlich aus der Fassung des Gesetzes und recht-

Einstellung des Verfahrens (Konkursverzicht).

395

fertigt sich durch den Ausnahmecharakter des vorzeitigen Konkursverzichts. Die § Beteiligten mögen den Ablauf der Anmeldefrist abwarten. Zust. v. Wilmowski- L Kurlbaum § 202 Anm. 5, Hellmann S. 567; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 4, Seuffert S. 458, Fitting § 51 N. 13.

202.

II. Verfahren. 1. Erbringt der Antragsteller die nach § 202 erforderlichen Zustimmungen oder Sicher- Anm. ?. fellungen nicht, so ist der Antrag als unzulässig abzuweisen. Der Beschluß wird dem Antragsteller von Amts wegen zugestellt und unterliegt der sofortigen Beschwerde desselben g 73 II, III). Der Nachweis des Erlöschens erübrigt in Ansehung jedes einzelnen Gläubigerrechts den Nachweis der Zustimmung. So namentlich, wenn der zu neuem Bermögen gelangte Gemeinschuldner selbst oder ein Dritter nach Konkurseröffnung alle bekannten Konkursgläubiger befriedigt sAnm. 2]. 2. Ein nach § 202 zulässiger Antrag ist öffentlich bekannt zu machen (§ 76) undAnm. 8. mit den Zustimmungserklärungen oder ihrem Ersatz sAnm. 2] auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Konkursgläubiger niederzulegen. § 203 I Satz 1. So soll den Interessenten Gelegenheit zur Wahrung ihrer Rechte geboten werden (Motive II S. 437). Ein Rechts­ mittel gegen die Anordnung der Publikation des Antrags oder gegen eine diese Anordnung vorbereitende Verfügung gibt es nicht, da niemand beschwert ist. (RG. v 18. 4. 1898 Reichsanzeiger-Beilage S. 210 f., Gruchots Beitr. 42 S. 1129). Wohl aber steht binnen einer mit bewirkter Publikation [§ 76 Anm. 4] beginnenden einwöchigen Frist — Be­ rechnung der Frist: § 152 Anm. 3 — jedem nach Anm. 4 u. 5 zustimmungsberechtigten Konkursgläubiger, nicht dem Verwalter als solchem, nicht einem Massegläubiger (RG. aaO.), ein Widerspruchsrecht gegenüber dem Einstellungsantrage des Schuldners zu. § 2031 Satz 2. Konsular- und Schutzgebietsgerichtsbarkeit: § 47IV KonsGG., § 3 SchutzgebG. (Frist: ein Monat, unter Umständen erstreckbar bis auf zwei Monate). Der Widerspruch dient vornehmlich dazu, das Fehlen der Zustimmungserklärung des Widersprechenden selbst (z. B. die Unechtheit einer beigebrachten Verzichtserklärung oder Quittung, den Nichtbestand einer angeblichen Vertretungsmacht) oder Mängel seines Zustimmungswillens [9lnnt. 2] zur Beachtung zu bringen. „Widerruf" der Zustimmung ist das nicht (gegen Hellmann S. 563). Der Widersprechende kann weiter aber auch rügen, daß es an der erforderlichen Zustimmung eines anderen Gläubigers fehle (v. Wilmowski-Kurlbaum § 203 Anm. 2; abw. Oetker S. 401). Denn die Einstellungserfordernisse sind von Amts wegen nach­ zuprüfen. Eben deshalb kann auch ein nach Ablauf der Frist erhobener Widerspruch wie auch eine Äußerung des anzuhörenden Verwalters sAnm. 9] Beachtung finden. Aus­

schließend wirkt die Frist nur insofern, als eine später erfolgende Anmeldung für den Regelfall des § 2021 kein Stimmrecht mehr verleiht. § 2031 Satz 3. Im Ausnahme­ falle des § 202II kann auch ein Konkursgläubiger widersprechen, der überhaupt nicht an­ gemeldet hat sAnm. 5, siehe aber Anm. 10].

Nach Ablauf der Widerspruchsfrist hat das Gericht Beschluß zu fassen über den Anm. 9. Einstellungsantrag. Bor der Entscheidung muß es dem Schuldner, demVerwalter und etwaigen Widerspruchsgläubigern Gehör d. h. Gelegenheit zur mündlichen oder schriftlichen Äußerung geben [§ 73 Anm. 3]. § 203II. Auch jetzt kann das Gericht noch Offizialermittelungen anstellen (§ 75). Erweist sich ein Widerspruch als begründet oder ergibt die Amtsprüfung den unergänzbaren Mangel einer nach § 202 erforderlichen Zustimmung oder Sicherstellung, so muß das Gericht den Einstellungsantrag abweisen. Erweisen sich andrerseits die gesetzlichen Voraussetzungen als erfüllt, dann muß das Gericht die Einstellung beschließen, ohne daß es auf ihre Zweckmäßigkeit ankäme. Im Ausnahmefalle des § 202H kann es die Entscheidung auch bis zum Ablaufe der Anmelde­ frist aufschieben und den Eintritt des Regelfalls (§ 2021) abwarten. Dieser Aufschub der Entscheidung ist veranlaßt, wenn das Gericht das Bestehen anderweiter Forderungen für wahrscheinlich hält und darum in der sofortigen Einstellung eine Gefährdung der Gesamt­ heit erblickt. Fitting § 51 N. 27, Petersen-Kleinfeller Anm. 10.

396 §202. 8 203. Anm io

Anm.ii.

Anm.12.

Einstellung des Verfahrens (Konkursverzicht). Der den Einstellungsantrag abweisende Beschluß ist nur dem Schuldner zuzustellen und kann von diesem als dem zurückgewiesenen Antragsteller, nicht auch von einem Konkursgläubiger (abw. Kohler Leitfaden § 73 V), mit der sofortigen Beschwerde angefochten

werden (§ 73 H, III). Ein erneuter Einstellungsantrag ist nicht ausgeschlossen, setzt aber eine veränderte Sachlage (ergänzende Zustimmungen) voraus. Der Ein st ellungsbeschluß da­ gegen braucht nach dem Gesetze nicht besonders zugestellt, sondern nur nach § 2051 öffentlich bekannt gemacht zu werden (arg. § 205II, der den § 111III nicht anzieht). Eine Zustellung an den Schuldner und an den Verwalter sowie an etwa widersprechende Gläubiger empfiehlt sich jedoch und ist in der Praxis üblich (vgl. Senst Konkursrichter S. 215). Die öffent­ liche Bekanntmachung gilt als einheitliche Zustellung an alle Beteiligten, auch an solche, denen der Beschluß noch eigens zugestellt wurde (arg. § 76 III). RG. v. 9. 3. 1889 Bolze 7 Nr. 952. Mit dem Vollzüge der Bekanntmachung — also mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Ausgabe des die (erste) Einrückung enthaltenden Amtsverkündungsblattes (§ 761) — beginnt die Beschwerdefrist gleichmäßig für alle Beschwerdeberechtigten. Die Beschwerde hat jeder nach § 202 zustimmungs­ berechtigte Konkursgläubiger, wenn er durch die Einstellung beschwert ist. Noch im Wege der Beschwerde kann die Verweigerung des nach § 202 erforderlichen Verzichts geltend gemacht werden. Da indessen die Einstellung schon mit bewirkter Publikation in Kraft tritt [§§ 205 f. Anm. 4], kann fortab durch Anmeldung kein Zustimmungsrecht mehr er­ worben werden. Der Verwalter nimmt im Verfahren über den Einstellungsantrag keine Parteirolle ein, weil Schuldner und Gläubiger hier ihre Interessen persönlich wahrnehmen. Ein Beschwerderecht gegen den Einstellungsantrag kommt ihm daher nicht zu. Vgl. KG. v. 16.3.1898 Reichsanzeiger-Beilage S. 211 (vom RG. selbst nicht entschieden); abw. Wolff § 203 Anm. 3. 3. Die Einstellung — sei es wegen Konkursverzichts (§ 202), sei es wegen Massemangels (§ 204) — bewirkt eine definitive Beendigung des Konkurses, keine Rückgängig­ machung der Konkurseröffnung [§§ 205 f. Anm. 6]. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens findet nicht statt, aber die Eröffnung eines neuen Konkurses ist möglich, wenn die — nun neuerdings zu prüfenden — Konkursvoraussetzungen vorliegen. Der frühere Verzicht steht einem erneuten Konkursantrag nicht entgegen. RG. v. 10. 11. 1885 IW. 1886 S. 55 ff. Wegen der Kosten siehe §§ 205 f. Anm. 3. Zusatz. Fremde Rechte. Den Konkursverzicht erkennen ausdrücklich an z. B. Österreich (§ 156: erst nach der allgemeinen Liquidierungstabfahrt, nur mit Zustimmung aller angemeldeten wenn auch nicht geprüften — Konkursgläubiger und aller Massegläubiger, Pollak § 74), Ungarn (§§ 166—168: ebenso, aber mit Zulassung der Sicherstellung bestrittener Forderungen), Dänemark (§ 98: nach Ablauf der Anmeldefrist mit schriftlicher Einwilligung aller Gläubiger), Italien (a. 830: in jedem Stadium des Konkurses mit Zustimmung aller Gläubiger) und die Schweiz (a. 195: ebenso). Im französischen Recht fehlt es an einer ausdrücklichen Vorschrift. Seit dem Gesetze vom 4. März 1889 ist die Zulässigkeit eines „concordat amiable“ nach Konkurs­ beginn zweifelhaft geworden. Siehe darüber Lyon-Caen et Renault VII Nr. 652, 662 ff. Für England (s. 35, 36) siehe Sibley bei Borchardt-Kohler S. 837.

§ m. Das Gericht kann das Konkursverfahren einstellen, sobald sich ergibt, daß

eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein zur Deckung der im § 58 Nr. 2 bezeichneten Nkassekosten ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird. Vor der Einstellung soll die Gläubigerversammlung gehört werden. Ursprünglich Die Novelle beigefügt. Materialien: 186, Begründung S.

§ 190. vom 17. Mai 1898 hat den Abs. I Satz 2 und den Abs. II

Motive I Bd. 2 S. 181 f., Motive II S. 437, Protokolle S. 115, 45, Kommissionsbericht S. 1968.

Einstellung des Verfahrens (mangels Kostendeckung).

397

B, Einstellung wegen Mangels der Kostendeckung.

I. Deckt die vorhandene Konkursmasse nicht einmal die Kosten des Verfahrens, so ist der Konkurs Anm. i. zwecklos. Darum hat das Konkursgericht die Befugnis und die Pflicht, falls es die Un­ zulänglichkeit der Masse als feststehend erachtet, den Eröffnungsantrag abzuweisen (§ 1071) und » den bereits eröffneten oder nach den §§ 198 ff. wiedereröffneten Konkurs einzustellen (§ 204 I), es sei denn, daß ein zur Kostendeckung ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird. Näheres § 107 Anm. 1 ff. Der Kostenvorschuß ermöglicht die Fortsetzung des Verfahrens in Fällen, in denen wider Erwarten des Konkursgerichts eine Konkursanfechtung gelingt oder der Masse­ wert aus andern Gründen (Abwehr von Aus- oder Absonderungsprätendenten, Kurssteigerung, Überwindung einer Krisis, Ermittelung weiterer Massegegenstände) sich erhöht. Bloß zu dem Ende, um den Mitgläubigern und dem Schuldner die Fortsetzung des Verfahrens aufzunötigen, wird schwerlich ein Gläubiger die beträchtlichen Vorschußkonten auf sich nehmen (gegen Oetker

ZZP. 25 S. 10f. N. 6, Seuffert § 60 N. 2). Der Konkurs einer Genossenschaft oder eines Bersicherungsvereins auf Gegenseitigkeit kann aus dem Grunde der Masseunzulänglichkeit nicht eingestellt werden [oben §§ 202 ff. @inL]. II. Vor der Einstellung soll das Gericht die Gläubigerversammlung hören (Abs. II),Anm. 2. damit die Gläubiger Gelegenheit erhalten, durch den Nachweis von Massegegenständen oder durch Vorschüsse die Einstellung abzuwenden. Begründung S. 45. Die Verletzung der Vorschrift ist Beschwerdegrund [Anm. 3J. Eine Ladung einzelner Gläubiger findet nicht statt. Kommissionsbericht S. 1968.

III. Die Einstellung erfolgt von Amts wegen. Doch können alle Beteiligten — der Schuldner,Anm. 3. ein Gläubiger, der Verwalter — die Einstellung anregen. So namentlich ein Konkurs­ gläubiger, der sich den Zugriff auf neuerworbenes Schuldnervermögen erschließen möchte (§ 14). So aber auch ein Massegläubiger, falls er an der Konkurseinstellung ein rechtliches Interesse hat. Etwa, wenn er in Fällen der §§ 17, 59 Nr. 2 vorzuleisten [§ 17 Anm. 34], aber keine volle Befriedigung zu gewärtigen oder wenn er als Gegner eines für die Masse aussichtslosen Prozesses zu besorgen hat, daß sie nicht ausreicht, ihm weiter noch erwachsende Kosten zu erstatten [§ 59 Anm. 2]. Maßgebend ist das Ermessen des Gerichts über den Stand der Konkursmasse, besonders über die Aussichten schwebender Masseprozesse. Allein auch dieses Ermessen unterliegt oberrichterlicher Nachprüfung. Darum kann die beschlußmäßige Ablehnung eines förmlichen Einstellungsantrags vom Antragsteller mit der sofortigen Be­ schwerde angefochten werden [§ 73 Anm. 7]. LG. Berlin III v. 8. 9. 1908 LZ. 1909 S. 254 und Jaeger daselbst gegen LG. Elberfeld v. 7. 2. 1900 Recht 4 S. 215. Der Einstellungsbeschluß tritt mit dem Vollzüge der Bekanntmachung in Kraft [§§ 205 ff. Anm. 4]. Er kann von allen Beteiligten und zwar im Gegensatze zum Falle des Konkursverzichts auch vom Verwalter, der den Massestand vielleicht richtiger beurteilt als das Gericht und durch seine Aufgabe zur Bekämpfung einer unangemessenen Einstellung berufen ist (vgl. LG. Metz v. 14. 5. 1889 ElsLothrZ. 14 S. 543, Petersen-Kleinfeller Anm. 4; abw. Seuffert S. 465 und nun auch v. Wilmowski - Kurlbaum Anm. 4), auch vom Schuldner selbst (abw. v. Bölderndorff Anm. a. II) mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Siehe §§ 202 f. Anm. 10; wegen der Unzulässigkeit einer Wiederaufnahme ebenda Anm. 11.

IV. Zeitschranken für die Einstellung wegen Masseunzulänglichkeit zieht das Gesetz nicht.Anm. 4. Sie kann schon vor dem Prüfungstermin und vor dem Beginne der Verwertung des Masse­ vermögens erfolgen. Nicht selten kommt es erst nach mehrjähriger Konkursdauer zur Ein­ stellung. Die Konkursstatistik des Reiches verzeichnet Fälle, in denen erst nach 151/2 und erst nach ll3/4 Jahren die zur Einstellung führende Masseunzulänglichkeit ermittelt worden ist (Bierteljahreshefte 1900 IV 6, 1903 IV 7). Weitere statistische Angaben siehe 8 163 Anm. 10. V. Einen Eintrag in die schwarze Liste schreibt der § 204 im Gegensatze zum § 107 nichtAnm. 5. vor. Die Schuldnerverzeichnisse enthalten daher auch keine Spalte für den Vermerk der Ein­ stellung wegen Massemangels. Für die Verlautbarung dieser Einstellung wird weit wirksamer

398

Einstellung des Verfahrens.

als durch Listeneintrag dadurch gesorgt, daß nach § 205 die Einstellung und ihr Grund (der Massemangel) öffentlich bekannt zu machen sind. Anm. 6. VI. Der § 204 versagt, wenn die Masse zwar zur Befriedigung der Massegläubiger ausreicht, wenn sie aber nicht mehr alle bevorrechtigten Konkursgläubiger oder nur gerade sie noch deckt. Freilich bemerken die Motive II S. 437, das Verfahren sei einzustellen, wenn sich ergebe, „daß die Konkursmasse nicht den Kosten entspricht, so daß für die vorrechtslosen Konkurs­ gläubiger nichts übrig bleibt". Allein es läßt sich nicht einmal der Satz rechtfertigen, daß der Konkurs nach § 204 einzustellen sei, wenn die Vorrechtsgläubiger nur noch teilweise be­ friedigt werden können. Jeder von ihnen hat ein Recht auf die Durchführung des Konkurses, die allein seine Borzugsbefriedigung verwirklicht (vgl. § 170). Um der Vorrechtsgläubiger willen muß die Masse auch versilbert werden, wenn gewiß ist, daß kein einfacher Konkurs­ gläubiger etwas erhalten wird. Erweist sich die Masse erst als erschöpft, nachdem die Vor­ rechtsgläubiger ganz oder teilweise befriedigt sind, dann kommt die Anwendung des § 204 unter dem Gesichtspunkt in Frage, daß eine Konkursfortsetzung weitere Kosten veranlassen würde, denen die Masse nicht mehr gewachsen wäre. Siehe einerseits Hullmann S. 340, andrerseits v. Bölderndorff II S. 658 f., v. Sarwey-Bossert Anm. 1. §204.

Anm. ?.

Zusatz. Fremde Rechte. Diese Art der Einstellung ist auch dem französischen Recht bekannt (c. com. a. 527 f., ebenso Belgien a. 536, Italien a. 817 f.) und zwar ist bereits dort die Fortsetzung geboten, wenn eine genügende Kostendeckung vorgeschossen wird (Frankreich a. 528, Belgien a. 536 IV, Italien a. 818). Auch Österreich (§ 154) und Ungarn (§ 165) schreiben und zwar durch Mußvorschrift die unverzügliche Konkurseinstellung vor, wenn sich der Mangel der Kostendeckung ergibt. Eigenartig ist im französischen Recht die Fortdauer des Konkurs­ beschlags unter Zulassung von Sondervollstreckungen. Darüber eingehend Lyon - Caen et Renault VIII Mr. 760—787; siehe auch Kohler Lehrbuch S. 511. Das rumänische Konkursgesetz v. 1902 (a. 832 f.) verordnet ausdrücklich die Fortdauer der capitis deminutio [§§ 205 f. Anm. 4] und sieht eine Wiederaufnahne des eingestellten Konkurses vor.

§ 305. Der Einstellungsbeschluß und der Grund der Einstellung sind öffentlich bekannt ;u machen. Die Vorschriften der §§ \\\ Abs. 2, IJ2, IJ3, Anwendung.

finden entsprechende

Ursprünglich § 191. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat im Abs. H den Verweis auf den § 191 eingefügt. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 182ff., Motive II S. 437f., Protokolle S. 115, 186, Kommissionsbericht S. 1968.

§ 306. Der Gemeinschuldner erhält das Recht zurück, über die Konkursmasse frei zu verfügen. Die Vorschriften des § W finden entsprechende Anwendung. Unveränderter § 192 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 184, Motive H S. 438, Protokolle S. 115, 186, Reichstag II. Session 1909/11, Drucks. Nr. 731 S. 1 f., 4. C. Gemeinsame Vorschriften für beide Fälle der Einstellung. Anm. i. I. Der Einstellungsbeschluß ist unter Angabe des Einstellungsgrundes alsbald nach der Erlassung öffentlich bekannt zu machen (§ 205 I). Ein Aufschub der Bekanntmachung ist un­ statthaft, weil diese die Beschwerdefrist einheitlich für alle Beteiligten in Lauf setzt

Einstellung des Verfahrens.

399

[§§ 202 f. Anm. 10, § 204 Anm. 3]. Vgl. Petersen-Kleinfeller Anm. 5. Für die Bekannt- § 205* machung, für die Mitteilung an Behörden und für den Vermerk der Einstellung im Grund- §206. buch und Handelsregister gelten nach § 205 n die im § 163 Anm. 4 u. 5 mit § 114 Anm. 4 dargelcgten Sätze. Der bekannt zu machende Grund der Einstellung (8 205 I) ist entweder der Konkursverzicht des § 202 („da der Gemeinschuldner die Zustimmung aller nach § 2021 KO. zu berücksichtigenden — im Falle des § 202 II: aller bekannten — Konkursgläubiger zur Einstellung des Verfahrens beigebracht und die Einstellung beantragt hat") oder der Mangel hinlänglicher Kostendeckung im Sinne des § 204 („da eine den Kosten des Verfahrens ent­ sprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist"). Vgl. Ebert Dezernat9 S. 322 f. Sollten alle Gläubiger außerhalb des Konkurses befriedigt worden sein, so hätte die Begründung zu lauten: auf Antrag des Gemeinschuldners, da alle nach § 202 I KO. zu berücksichtigenden — im Falle des § 202 II: alle bekannten — Konkursgläubiger nachweislich befriedigt worden sind

[siehe §§ 202 f. Anm. 2]. Schlußrechnung des Verwalters: § 86. Durch Verweisung auf den § 191 sollte der § 205 II wie der § 116 Satz 2 klar- Anm. 2. stellen, daß der Verwalter vor Ausantwortung der Masse an den Schuldner die Masse­ ansprüche zu befriedigen und, soweit sie bestritten, sicher zu stellen habe. Kommissions­ bericht S. 1968 mit S. 1960. Nun ist aber nicht nur der § 1911, sondern der ganze § 191 für entsprechend anwendbar erklärt. Darum nehmen Petersen-Kleinfeller § 116 Anm. 2, 88 205 s. Anm. 2, Wolfs § 116 Anm. 2, § 205 Anm. 2 und für die Einstellung wegen Massemangels v. Wilmowski-Kurlbaum § 205 Anm. 3 (§ 204 Anm. 1) an, daß in den Fällen der §§ 116 u. 205 auch die Vorrechtsforderungen vom Verwalter zu decken seien. Allein der § 191 schützt Masse- und Borrechtsgläubiger, weil beide den Vergleichsabschluß nicht hindern können. Der Konkursverzicht (§ 202) dagegen erfordert die Zustimmung zwar nicht der Massegläubiger, wohl aber der Vorrechtsgläubiger und führt zu einer Sicherstellung be­ vorrechtigter wie nichtbevorrechtigter Konkursgläubiger nur im Falle des § 202 I 2. Reicht vollends die Masse nicht einmal zur Deckung der Konkurskosten aus (§ 204), dann kann von einer Deckung der erst dahinter zum Zuge gelangenden Borrechtsforderungen ohne­ hin keine Rede sein, ganz abgesehen davon, daß sie nicht einmal geprüft zu sein brauchen [§ 204 Anm. 4]. Die ..entsprechende" Anwendung des § 191 muß sich daher mit Rück­ sicht auf die besondere Sachlage der Einstellung auf den Abs. I des § 191 beschränken. Siehe auch § 116 Anm. 2. Im Ergebnis übereinstimmend Seuffert § 59 N. 13, Fitting § 51 N. 31, Hellmann S. 564 f. Wie im Falle des § 191 hat der Konkursverwalter noch als solcher die Deckung der Massegläubiger zu vollziehen, das Konkursgericht daher auch die Ein­ stellung erst zu verfügen, wenn ihm der Verwalter über die Erledigung dieser seiner Aufgabe berichtet bat [§ 191 Anm. 1]. Unter die vom Verwalter zu deckenden Masseansprüche gehören auch die Kosten desAnm. 3. Verfahrens (§ 58 Nr. 1), namentlich die nach den §§ 51 Nr. 3—5, 52 GKG. zu berechnende Gebühr des Gerichts. Die Erhebung einer besonderen Gebühr für die Abweisung des Ein­ stellungsantrags sieht das Gesetz nicht vor. Die Auslagen des Gerichts werden wie die übrigen Massekosten des § 58 Nr. 1 KO. gedeckt. Petersen-Kleinfeller §§ 202 f. Anm. 11; vgl. aber auch v. Völderndorff II S. 656, Senft Konkursrichter3 S. 214. Der Einstellungsbeschluß unterliegt zwar der sofortigen Beschwerde [Anm. 1, 5]. Allein sie Anm. 4. hat keine aufschiebende Kraft (§ 572 ZPO.). Darum tritt die Einstellung bereits mit dem Vollzüge der öffentlichen Bekanntmachung, also mit Ablauf des zweiten Tages nach Ausgabe des die (erste) Einrückung des Einstellungsbeschlusses enthaltenden Amts­ verkündungsblattes (8 76 I) in Wirksamkeit und zwar einheitlich für alle Beteiligten, nicht erst mit Eintritt der Rechtskraft und nicht schon mit der bloßen Abfassung des Beschlusses, auch nicht mit einer früheren Veröffentlichung durch andere Blätter [8 76 Anm. 5, 8 163 Anm. 4] oder mit etwaiger besonderer Zustellung [88 202 f. Anm. 10]. Vgl. RG. v. 9. 3. 1889 Bolze 7 Nr. 952, ObLG. v. 18. 9. 1896 Slg. a. F. 16 S. 192 f., OLG. Naumburg v. 25. 3. 1904 NaumbAK. S. 45, Stettin v. 18. 2. 1908 OLG. 19 S. 202; Förster-Eccius Preuß. Privatrecht I 8 119 zu Note 8, Seuffert S. 461, 465 mit S. 384; abw. Breslau v. 4. 4. 1910 OLG. 21 S. 180, Fitting 8 51 N. 33 mit 8 42 N. 26 [dawider oben 8 163

400 §205. §206.

Anm. 5.

Anm. 6.

Einstellung des Verfahrens.

Anm. 4]. Mit diesem Zeitpunkt erlangt daher der Schuldner von Rechts wegen wiederum die freie Berfügungsmacht; von nun ab steht den bisherigen Konkursgläubigern wieder die Sondervollstreckung in das bisherige Massevermögen offen (§ 14). Die Obliegen­ heiten des Verwalters, des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung erlöschen svorgängige Deckung der Masseansprüche: Anm. 2]. Auch die Prozeßunterbrechung hört schon in diesem Zeitpunkt auf [§ 10 Anm. 13], nicht erst mit Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses (abw. Seuffert ZPO." § 240 Anm. 6). Einfluß auf schwebende Prozesse des Verwalters (Fortdauer einer von ihm erteilten Vollmacht) und auf die Ver­ jährung: § 163 Anm. 6ff.; Einfluß aus schwebende Beschwerden: § 73 Anm. 12. Auch die staatsbürgerliche Wiederbefähigung des Schuldners knüpft sich an die wirksame Einstellung [§ 25 Anm. 41 f., 47, § 204 Anm. 7]. Demnach leben die politischen Rechte eines Schuldners, dessen Konkurs lediglich aus dem Grunde des Massemangels eingestellt worden ist, alsbald wieder auf, während bei günstigerem Massestand eine noch so langwierige Konkurs­ durchführung abgewartet werden muß. Diese Unebenheit wäre durch Einführung eines Wieder­ befähigungsverfahrens, nicht aber durch Erstreckung der Rechtsminderung aus eine festbestimmte Zeit, wie dies beim Reichstag angeregt worden ist (II. Sess. 1909/11 Drucks. Nr. 731 f., S. 1 f., 4), zu erreichen. Siehe gegen diesen Vorschlag Kleinfeller LZ. 1911 S. 412 f. Natür­ lich hat der wegen einer Konkursstraftat verhängte Ehrverlust (§§ 32 ff. StGB, §§ 239 ff. KO.) seine selbständige Dauer (§ 32 II StGB.). Die Vorschriften des § 164 sind entsprechend an­ wendbar (§ 206 II). Namentlich gewährt also die Feststellung zur Konkurstabelle, wenn sie vom Schuldner nicht bestritten ist, einen Vollstreckungstitel gegen ihn. Ist Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluß erhoben, so kann sowohl das Konkurs-gericht als das Beschwerdegericht einer Ausantwortung der Masse an den Schuldner durch einstweilige Anordnung Einhalt gebieten (§ 572 II, HE ZPO.). Mit der rechtskräftigen (§ 74) Aufhebung des Einstellungsbeschluffes durch das Beschwerdegericht wird die Einstellung rückgängig. Darum empfiehlt es sich, die im § 205 II mit §§ 112, 113 gebotene Anzeige an Behörden und Löschung des Konkursvermerks bis zum Eintritte der Rechtskraft des Ein­ stellungsbeschlusses aufzuschieben. Trotz seiner rechtskräftigen Aufhebung verlieren zwischen­ zeitliche Rechtsakte des Schuldners nicht von selbst ihre Wirksamkeit. Seuffert S. 462, Fitting § 51 N. 38. Tatsächlich kommt eine erfolgreiche Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluß kaum vor. Damit rechnet der Gesetzgeber, wenn er den Konkurs schon vor Eintritt der Rechtskraft des Einstellungsbeschluffes enden läßt. Jedenfalls kann der wirksam fAnm. 4] eingestellte Konkurs nur aus Grund erfolgreicher Beschwerde, nicht — auch nicht vor Ein­ legung der Beschwerde (§ 577 III ZPO.) oder gar nach Eintritt der Rechtskraft — im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens fortgesetzt werden (vgl. OLG. Braunschweig v. 22. 9. 1904 BraunschwZ. 54 S. 31). Nach rechtskräftiger Einstellung bleibt nur die Möglichkeit des Neukonkurses. Die Einstellung (§§ 202, 204) beseitigt wie die Aufhebung nach Ausschüttung der Masse oder Vergleichsbestätigung den Konkursbeschlag keineswegs mit rückwirken­ der Kraft (ex tune). Sie beseitigt ihn nur für die Zukunft, vom Beginne der Wirksamkeit des Einstellungsbeschlusses an (ex nunc). Siehe § 192 Anm. 4f. (Auflösung von Verbänden, Erlöschen der gesetzlichen Nutznießung). Zust. z. B. KG. v. 15.10. 1909 ZBlFG. 11 S. 104. Die Handlungen, die der Verwalter während des Konkurses vor­ genommen hatte, bleiben maßgebend. So namentlich seine rechtsgeschäftlichen Verfügungen, eine Wahlbetätigung nach § 17 [bort Anm. 50 mit Zit.], eine Kündigung nach § 19 (vgl. RG. v. 17. 4. 1903 Bd. 54 301) und die Prozeßsührung ssiehe auch § 163 Anm. 6 ff.]. Die Feststellung einer Forderung nach Maßgabe der §§ 65, 69, 70 hat nachhaltige Wirksamkeit [§ 164 Anm. 10]. Wenngleich der Konkurs seinen Zweck nicht erreicht hat, bleibt die Tat­

sache bestehen, daß er wirksam eröffnet worden war. Auch der Schuldner erlangt nur für die Zukunft wieder Verfügungs- und Prozeßführungsmacht sAnm. 4]. Allein die beschränkte Unwirksamkeit, die seinen Handlungen während des Konkurses auf Grund der §§ 7, 8 an­ haftet, hört als solche mit dem Konkurse auf, da sie nur im gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger besteht. Steht also nicht eine anderweite Verfügung des Verwalters ent-^

Konkurs der Aktiengesellschaft.

401

gegen, so wird nunmehr die Verfügung des Schuldners über einen Gegenstand der bisherigen § Masse wirksam (Rostock v. 12. 3. 1900 OLG. 1 S. 127, OLG. Colmar v. 18. 11. 1912 LZ. ä 1913 S. 323 f.; a b w. Stettin v. 18. 2. 1908 OLG. 19 S. 202). Siehe § 7 Anm. 10, § 164 * Anm. 5.

205. 206

Dagegen wird die Nichtigkeit des § 14 auch durch eine Einstellung nicht geheilt

[§ 14 Anm. 21]. Zu einer Einstellung in diesem Sinne kann es nicht kommen aus dem Grunde der Un-Anm. ?. zuständigkeitdesKonkursgerichts. Mit dem Eintritte der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses heilt der Zuständigkeitsmangel [§ 71 Anm. 17]. Bei rechtskräftiger Zuständigkeits­ erklärung zweier Gerichte ist nach § 36 Nr. 5 ZPO. Abhilfe zu schaffen [§ 71 Anm. 18]. Allein auch wenn das unzuständige Gericht seine Unzuständigkeit erkennt, noch ehe die von ihm ausgesprochene Konkurseröffnung in Rechtskraft erwachsen ist, findet keine Einstellung im Sinne der §§ 205f. statt (abw. Petersen-Kleinfeller Vordem. 2 vor § 202: „Einstellung", „keine Änderung der Entscheidung" d. h. des Eröffnungsbeschlusses). Hier muß vielmehr eine Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses in dem zu 8 109 Anm. 4 dargelegten Sinne erfolgen. Eine solche kann aber nur im Weg der sofortigen Beschwerde gegen denn Eröffnungsbeschluß erwirkt werden [§ 109 Anm. 2], weil nach der jetzigen Fassung des § 577 HI ZPO. (Novelle v. 1. 6. 1909) dem Gericht auch schon vor Einlegung des Rechtsmittels eine Abänderung der eignen Entscheidung verwehrt ist.

Achter Titel.

Besondere Bestimmungen. (§§ 207-238.)

§ 207. I.

Über bas Vermögen einer Aktiengesellschaft findet das Aonkursverfahren

außer dem Falle der Zahlungsunfähigkeit in dem Falle der Überschuldung statt. Nach Auflösung einer Aktiengesellschaft ist die Eröffnung des Verfahrens

so lange zulässig, als die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist.

§ 208. Zu dem Anträge auf Eröffnung des Verfahrens ist außer den Konkurs­ gläubigern jedes Mitglied des Vorstandes und jeder Liquidator berechtigt.

Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vorstandes oder allen Liquidatoren gestellt, so ist derselbe zuzulassen, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat die übrigen

Mitglieder oder Liquidatoren nach Maßgabe des § (05 Abs. 2, 3 zu hören. Unveränderte §§ 193, 194 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 202 (vgl. auch S. 144ff.), Motive II S. 441 ff., Protokolle S. 117 f., 187 ff.

Die Sondervorschriften des achten Titels zerfallen in drei Gruppen. EinDie erste (§§ 207—213) enthält abweichende Bestimmungen für den Konkurs von Handelsgesell- Ux und*

schäften und nicht zu den Handelsgesellschaften zählenden juristischen Personen mit Einschluß der Vereine ohne Rechtsfähigkeit, die zweite (§§ 214 bis 236) für den Nachlaßkonkurs und den Konkurs über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft, die dritte (§§ 237, 238) für den

Konkurs der Aktiengesellschaft.

401

gegen, so wird nunmehr die Verfügung des Schuldners über einen Gegenstand der bisherigen § Masse wirksam (Rostock v. 12. 3. 1900 OLG. 1 S. 127, OLG. Colmar v. 18. 11. 1912 LZ. ä 1913 S. 323 f.; a b w. Stettin v. 18. 2. 1908 OLG. 19 S. 202). Siehe § 7 Anm. 10, § 164 * Anm. 5.

205. 206

Dagegen wird die Nichtigkeit des § 14 auch durch eine Einstellung nicht geheilt

[§ 14 Anm. 21]. Zu einer Einstellung in diesem Sinne kann es nicht kommen aus dem Grunde der Un-Anm. ?. zuständigkeitdesKonkursgerichts. Mit dem Eintritte der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses heilt der Zuständigkeitsmangel [§ 71 Anm. 17]. Bei rechtskräftiger Zuständigkeits­ erklärung zweier Gerichte ist nach § 36 Nr. 5 ZPO. Abhilfe zu schaffen [§ 71 Anm. 18]. Allein auch wenn das unzuständige Gericht seine Unzuständigkeit erkennt, noch ehe die von ihm ausgesprochene Konkurseröffnung in Rechtskraft erwachsen ist, findet keine Einstellung im Sinne der §§ 205f. statt (abw. Petersen-Kleinfeller Vordem. 2 vor § 202: „Einstellung", „keine Änderung der Entscheidung" d. h. des Eröffnungsbeschlusses). Hier muß vielmehr eine Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses in dem zu 8 109 Anm. 4 dargelegten Sinne erfolgen. Eine solche kann aber nur im Weg der sofortigen Beschwerde gegen denn Eröffnungsbeschluß erwirkt werden [§ 109 Anm. 2], weil nach der jetzigen Fassung des § 577 HI ZPO. (Novelle v. 1. 6. 1909) dem Gericht auch schon vor Einlegung des Rechtsmittels eine Abänderung der eignen Entscheidung verwehrt ist.

Achter Titel.

Besondere Bestimmungen. (§§ 207-238.)

§ 207. I.

Über bas Vermögen einer Aktiengesellschaft findet das Aonkursverfahren

außer dem Falle der Zahlungsunfähigkeit in dem Falle der Überschuldung statt. Nach Auflösung einer Aktiengesellschaft ist die Eröffnung des Verfahrens

so lange zulässig, als die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist.

§ 208. Zu dem Anträge auf Eröffnung des Verfahrens ist außer den Konkurs­ gläubigern jedes Mitglied des Vorstandes und jeder Liquidator berechtigt.

Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vorstandes oder allen Liquidatoren gestellt, so ist derselbe zuzulassen, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat die übrigen

Mitglieder oder Liquidatoren nach Maßgabe des § (05 Abs. 2, 3 zu hören. Unveränderte §§ 193, 194 alter Folge. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 202 (vgl. auch S. 144ff.), Motive II S. 441 ff., Protokolle S. 117 f., 187 ff.

Die Sondervorschriften des achten Titels zerfallen in drei Gruppen. EinDie erste (§§ 207—213) enthält abweichende Bestimmungen für den Konkurs von Handelsgesell- Ux und*

schäften und nicht zu den Handelsgesellschaften zählenden juristischen Personen mit Einschluß der Vereine ohne Rechtsfähigkeit, die zweite (§§ 214 bis 236) für den Nachlaßkonkurs und den Konkurs über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft, die dritte (§§ 237, 238) für den

Konkurs der Aktiengesellschaft.

402

§ 2O7. Auslandskonkurs und für den von Rechts wegen auf das Jnlandsvermögen beschränkten §208. Konkurs. Inwieweit hier Sonderkonkurse vorliegen, ist zu 8 1 Anm. 64 ff. dargelegt.

Jnlands-

Die Borfchristen des achten Titels werden durch eine Reihe anderer Gesetzesbestimmungen ergänzt. Danach sind vier Gruppen von Konkursen mit formellen und materiellen Eigentümlichkeiten (besondere Konkursarten) zu unterscheiden. Für jede Gruppe ist ein bestimmter Fall vorbildlich. So 1. der Konkurs der Aktiengesellschaft (§§ 207, 208)

a) für die juristischen Personen imallgemeinen und für Vereine ohne Rechtsfähigkeit (§ 213); b) für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§§ 63, 64, 71, 83, 84 GmbHG.); c) für registrierte Gesellschaften des älteren bayerischen Rechtes (§6 1 EGzKO.); 2. der Konkurs der offenen Handelsgesellschaft für die Kommanditgesellschaft und für die Kommanditgesellschaft auf Aktien (§§ 209—212); 3. der Konkurs der eingetragenen Genossenschaft (§§ 98—142, 147, 148 GenG.) für Bersicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§§ 49—53, 61—63, 68, 69, 73, 75, 104, 109, 112, 113 PrivBUntG.); 4. der Nachlaßkonkurs (§§ 214—235) für den Konkurs über das Gesamtgut einer ehe­ lichen Gütergemeinschaft (§ 236).

Soweit abweichende Vorschriften fehlen, bewendet es in allen diesen Fällen bei den Sätzen des Regelkonkurses. Einen Überblick über die Besonderheiten des Genossenschaftskonkurses

siehe unten §§ 207 f. Anm. 33 ff.

Die Konkursstatistik für das Jahr 1911 zählt neuer Konkurse von offenen Handels­ gesellschaften 354 (1910: 381, 1909: 358, 1902: 359, 1901: 416), von Kommanditgesell­ schaften 34 (1910: 42, 1909: 44, 1902: 38, 1901: 38), von Kommanditgesellschaften auf Aktien 0 (1910 : 2, 1909 : 0, 1902 : 0, 1901: 1), von Aktiengesellschaften 29 (1910: 26, 26, 1909: 22, 1902: 35, 1901: 48), von eingetragenen Genossenschaften insgesamt 68 (1910: 74, 1909: 72, 1902: 38, 1901: 29), von Gesellschaften mit beschränkter Haftung 454 (1910: 426, 1909: 357, 1902: 84, 1901: 100). Auffallend ist das Anwachsen der Konkurse von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, auffallend zugleich die hohe Zahl der Abweisung von Anträgen auf Eröffnung solcher Konkurse wegen Massemangels (1911: 171, 1910: 163, 1909: 126). Freilich hat auch die Zahl dieser Gesellschaften eine ganz erstaunliche Höhe erreicht (Ende 1911: 25662). Bierteljahresheste 1903 IV 16 f., 1911II113 f., 1912 II110. Nachlaß­ konkurse: § 214 Anm. 6. Konkurs der Aktiengesellschaft

(unter Mitberückbesichtigung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Literatur: I. Goldstein Konkurs der Aktiengesellschaft (Würzb. Diss.), auch AnnDR. 1901 S. 721 ff., K. Bett Konkurs der Aktiengesellschaft (Rostocker Diss., 1904), H. Wiesner Konkurs der GmbH. (Würzb. Diss.), auch ArchBürgR. 1906 S. 298ff., W. Lehmann Konkurs der GmbH. (Leipz. Diss., 1913).

I. Die Konkursvoraussetzungen. 1. Konkursmöglichkeit. Anm. i.

Die Konkursfähigkeit der Aktiengesellschaft ist ein Ausfluß ihrer Rechtspersönlichkeit (§ 210 I HGB.). Jede natürliche und juristische Person ist parteifähig (§ 50 I ZPO.) und folglich auch konkursfähig. Ausländische Gesellschaften: § 213 Anm. 20. Daß die Aktiengesellschaft (und desgleichen die GmbH.) juristische Person ist, wird fast allgemein anerkannt (Staub HGB.v § 210 Anm. 1, GmbHG.3 § 13 Anm. 1). Meurer Jurist. Personen (1901) S. 98 ff. nimmt eine Gemeinschaft zur gesamten Hand an, die „äußere" Rechtsfähigkeit und damit Konkursfähigkeit habe (S. 126; vgl. dazu RG. v. 25. 4. 1906 Bd. 63 205 ff.). Der § 213 KO. bringt die Aktiengesellschaft nur schein­ bar in einen Gegensatz zur juristischen Person. Sein Zweck ist der, den Konkurs solcher

Konkurs der Aktiengesellschaft.

403

juristischer Personen, für die nicht bereits eine anderweite konkursrechtliche Regelung be- § 207* steht [Sink], dem Aktienkonkurs anzupassen. Im übrigen siehe C. Wolf Rechtsfähigkeit«208* der Aktiengesellschaft im Konkurse (Leipz. Diss. 1911) S. 9 ff., 13 ff. Ob der Gegenstand des Unternehmens im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht oder nicht, macht keinen Unterschied. Auch Eisenbahnaktiengesellschaften unterliegen den §§ 207, 208. Protokolle S. 187 ff. (vgl. Bollenweider Zwangsliquidation der Eisenbahnen, schweizerisches Recht, 1901) und wegen der Zwangsliquidation einer Bahneinheit oben § 47 Anm. 13. Des­ gleichen Hypothekenbanken, sofern sie nicht als Kommanditaktiengesellschaften organisiert sind (§ 1 HypBankG.). Den Konkurs der Kommanditaktiengesellschaft regeln die §§ 209 bis 212. Hat die Gesellschaft mehrere Niederlassungen im Jnlande, so kann darüber nur ein einheitlicher Konkurs eröffnet werden [§ 1 Anm. 64, § 238 Anm. 1]. Die Konkursfähigkeit der Aktiengesellschaft als solcher beginnt nicht vor der Ein-Anm. 2. tragung in das Handelsregister (§ 200 I HGB., entsprechend § 11 I GmbHG.). Als Verein ohne Rechtsfähigkeit aber (§ 213 KO.) ist schon die „errichtete" Gesellschaft konkurs­ fähig (§§ 188,189, 196 HGB.). Vgl. Ritter HGB. § 182 Anm. 2c; abw. Staub HGB.° § 188 Anm. 4. Die Konkursfähigkeit der Aktiengesellschaft endet mit ihrer Rechtsfähigkeit. Allein die in Auflösung begriffene Aktiengesellschaft ist noch als solche konkurssähig (§ 207 II). Denn die „Auflösung" (§ 292) bedeutet nicht ein unmittelbares Erlöschen der Rechtsfähigkeit, sondern zunächst nur die Verwandlung in einen Abwickelungsverein (§ 294 HGB ): die Rechtspersönlichkeit dauert bis zur Beendigung der Liquidation fort (arg. § 49 II BGB.). Motive II S. 442, 443; Staub HGB.o § 292 Anm. 1. Gleiches gilt für die GmbH. (§ 60 mit § 63 II GmbHG ). Ja die Möglichkeit eines Gesellschastskonkurses besteht auch noch nach der Bermögensaufteilung, wenn eine ausreichende (§ 107) Masse im Wege der Gläubigeranfechtung oder auf Grund der §§ 217 II, 241, 249, 298 HGB., besonders durch Inanspruchnahme der Gesellschaftsorgane wegen vorzeitiger Verteilung (§ 301 HGB.), beschafft werden kann, mag auch die Firma bereits gelöscht sein (§ 302 I HGB.). Für die GmbH. vgl. §§ 31, 52, 73 GmbHG. Erst recht besteht die Konkurs­ möglichkeit weiter, wenn bei der Verteilung Massebestände übersehen worden sind (vgl. § 302 IV HGB.). Nach einer Fusion (8 305 HGB) ist ein selbständiger Konkurs über das Vermögen der „aufgelösten" Gesellschaft auch im Falle des Unterbleibens der Liquidation bis zur Vereinigung beider Vermögensmassen zulässig. Dies folgt aus der Fiktion des § 306 IV HGB., kraft deren das noch getrennt verwaltete Vermögen der aufgelösten Gesellschaft im Verhältnis ihrer Gläubiger zu der Übernehmerin und deren

sonstigen Gläubigern „noch als Vermögen der aufgelösten Gesellschaft gilt". Die Fassung ähnelt der des § 392 II HGB. Beide Fiktionen sind beschränkt. Der Zweck des § 306 IV geht lediglich dahin, den Gläubigern der aufgelösten Gesellschaft die Vorzugsbefriedigung aus ihrem noch getrennt verwalteten Vermögen zu sichern und zwar innerhalb wie außer­ halb des Konkurses (Denkschrift zu § 306 HGB. S. 168). Dieser Zweck wird schon dadurch erreicht, daß beim Vorhandensein des Konkursgrundes über das Vermögen der ausgelösten Gesellschaft ausschließlich zugunsten ihrer Gläubiger ein Konkurs zugelassen wird, obwohl die frühere Gesellschaft unter- und in der übernehmenden aufgegangen ist. Ein solcher Konkurs ist Sonderkonkurs der Übernehmerin. Ihre Organe nehmen die Rechte und Obliegenheiten des Gemeinschuldners wahr. Die Organisation der aufgelösten Gesellschaft besteht nicht mehr. Vgl. Makower HGB.^ S. 843 f., v. Ziegler Holdheims MSchr. 18 S. 149 ff., Heine LZ. 1910 S. 131 ff. Die Schadensersatzansprüche gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Übernehmerin aus § 306 VI HGB. bilden Bestandteile der Sonderkonkursmasse und sind demensprechend vom Verwalter des Sonderkonkurses geltend zu machen. Im übrigen siehe Anm. 21. Auch die infolge Mangels eines wesentlichen Bestandteils des Gesellschaftsvertrags nichtige Gesellschaft ist vor wie nach Eintragung der Nichtigkeit (§§ 309, 273 I HGB., § 144 FGG.) konkursfähig, da sie nach § 311 I HGB. als Liquidationsgesellschast behandelt wird (Denkschrift zu § 311 HGB. S. 172, Goldstein 8 1 a. E.; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 1). Die Nichtigkeitserklärung kann auch noch nach Eröffnung des Konkurses ergehen, ohne diesen in Frage zu stellen. Ganz

404

§207. §208.

Konkurs der Aktiengesellschaft.

ebenso ist die wegen Formwidrigkeit des Gesellschaftsvertrags nichtige GmbH, konkursfähig (§§ 75, 77 GmbHG.; RG. v. 20. 6. 1904 IW. S. 503 Nr. 35).

2. Konkursgründe. Sinnt. 3.

Als sachliche Konkursvoraussetzung läßt der § 207 I — so nun auch der § 209 I Satz 2 für die Kommanditaktiengesellschaft — neben der Zahlungsunfähigkeit [§ 102 Anm. 2] die Überschuldung des Gesellschaftsvermögens genügen. Ebenso § 63 I GmbHG. Ratio legis: § 102 Anm. 4, Motive II S. 441 ff., Goldstein § 2 unter 2. Überschuldung liegt vor, wenn — wie der § 240 II HGB. sagt — das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt, wenn also die Gesellschaftsaktiven durch die fälligen und nicht­ fälligen Gesellschaftspassiven überwogen werden. Überschuldung und Unterbilanz sind ver­ schiedene Begriffe. Die vornehmlich zur Ermittelung eines verteilungsfähigen Überschusses

dienenden Bilanzierungsvorschriften des § 261 HGB. (§ 42 GmbHG.) können ihrer Natur nach für die Feststellung des Konkursgrundes nicht maßgebend sein. Vielmehr sind die Aktiven nach ihrem wirklichen Gegenwartswert (anders § 261 Nr. 1—3) und als Passiven nur die Gesellschaftsschulden in ihrer jetzigen Höhe, nicht die „Passivkonten" als solche, namentlich nicht das Grundkapital (bei der GmbH, das Stammkapital), nicht der allgemeine oder ein besonderer Reservefonds (anders § 261 Nr. 5) in Ansatz zu bringen. Gegenwartswert heißt nicht allgemein derzeitiger Verkausswert. Bei dauernden Betriebs­ anlagen im besonderen kommt nicht dieser, aber auch nicht schlechthin der Bilanzwert des § 261 Nr. 3, sondern der wahre derzeitige Geschäftswert in Betracht. Andrerseits können verkehrsfähige Werte (Firma, Kundschaft, Betriebsgeheimnis) als Aktiva in Betracht kommen, auch wenn sie an sich beschlagsunfähig sind. Vgl. OLG. Dresden v. 29.12.1906 LZ. 1907 S. 606; Staub HGB.« § 240 Anm. 10ff., § 261 Anm. 11 ff., GmbHG.§ 63 Anm. 4f., Goldstein § 2 unter 5, Wiesner § 3 IV, W. Lehmann § 2 III, Bett S. 20 ff., Behrend Handelsrecht § 142 N. 9 f., Simon Bilanzen der Aktiengesellschaften * (1910) S. 166 s, 334 ff., 464 ff., Rehm Bilanzen der Aktiengesellschaften (1903) § 64 unter VII; Denkschrift zu § 240 HGB. S. 141, Kommissionsbericht zu dieser Vorschrift S. 74 (Mugdan Materialien VI S. 307 u. 595). Allerdings führt diese Bewertungsart dahin, daß bei andauernd ungünstiger Konjunktur Vermögensgegenstände (z. B. Fabrikgebäude) zu einem Satze in Betracht kommen, der vielleicht weit hinter ihrem Anschaffungspreis und weit hinter dem nach Überwindung der Schwierigkeiten zu erwartenden Werte zurückbleibt. Allein dies ergibt sich aus dem starren, ausschließlich aus die Gegenwart abgestellten Be­ griffe der Überschuldung. Gerade darin aber, daß das Gesetz die Überschuldung als

Konkursgrund genügen läßt, liegt eine nicht zu unterschätzende Sicherung der auf das Gesellschaftsvermögen angewiesenen Gläubiger. Ihrem Wesen nach eine Schuld bedeutet „die Prämienreserve" der Versicherungsgesellschaften (§§ 56, 61 II PrivVUntG.); die ihr entsprechenden Rücklagen, der Prämienreservefonds (§§ 57, 61 I, III PrivVUntG.), bilden Aktivvermögen in unserem Sinne (Simon S. 190 ff.). Siehe § 61 Anm. 5f. Der „Erneuerungösonds" (8 261 Nr. 5 HGB.) berichtigt den Wert zu hoch veranschlagter Aktiven, kommt also gleich anderen Gegenposten dieser Art nicht in Betracht, wenn — wie das zwecks Lösung der Überschuldungsfrage zu geschehen hat — die wahren Werte an­

gesetzt sind. Selbstverständlich sind unter die Aktiven auch rückständige Aktienbeträge ein­ zustellen fAnm. 28], während andrerseits die festgesetzte Dividende eine wirkliche Gesell­ schaftsschuld bildet ^Anm. 14]. Inwieweit Verbindlichkeiten im Sinne des § 67 KO. bei Beurteilung der Überschuldungsfrage als Passiven einzustellen sind, hängt von der dermaligen

Lage der Umstände ab. Eine Bürgenhaftung darf bei unzweifelhafter Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners ebenso außer Ansatz bleiben wie eine Wechselregreßhaftung bei Sicher­ heit des Akzeptanten. Antragspflicht bei Überschuldung: Anm. 7. Die zur Anfechtung (38 30, 33) erforderliche Kenntnis der Zahlungseinstellung wird nicht durch Kenntnis der Überschuldung erübrigt [§ 30 Anm. 12]. Sinnt. 4.

Die beiden Konkursgründe — Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung —

stehen gleichwertig nebeneinander.

Hat der Antragsteller den Eröffnungsantrag

Konkurs der Aktiengesellschaft.

405

auf Zahlungsunfähigkeit und nur auf diese gestützt, ergibt jedoch die richterliche Prüfung § 207. fAnm. 6], daß die Gesellschaft zwar nicht zahlungsunfähig, wohl aber überschuldet ist oder « 208. umgekehrt, so muß der Konkurs eröffnet werden. 3. Konkursantrag. a) Antragsberechtigt sind, wie sonst (§ 103 II), der Gemeinschuldner und jederAnm. 5. Konkursgläubiger. An sich wäre zum Schuldner-Antrag regelmäßig nur die Gesamt­ heit der Vorstandsmitglieder und im Liquidationsstadium die der Liquidatoren berufen, da die Kollektivvertretung gesetzliche Regel ist (§§ 232 I, 298 III HGB.). Allein mit Rücksicht auf die selbständige Verantwortlichkeit der einzelnen Mitglieder sAnm. 7] mußte jeder einzelne Direktor oder Liquidator für antragsberechtigt erklärt werden. § 208 I KO. (entsprechend bei der GmbH, trotz des § 35 II GmbHG. jeder einzelne Geschäfts­ führer und jeder Liquidator: § 63 II GmbHG. mit § 208 I KO.; Wiesner § 4 I). Der Aktionär (der Gesellschafter einer GmbH.) ist nur antragsberechtigt, wenn er Konkurs­ gläubiger ist [Wnm. 18], nicht in seiner Eigenschaft als Mitglied. Auch General­ versammlung und Aufsichtsrat haben als solche kein Antragsrecht (RG. v. 4.11. 1895 Bd. 36 30), auch nicht kraft dahinlautender Satzungsvorschrift, ebensowenig — was alles durch Gegenschluß feststeht — ein Prokurist. Goldstein § 3 unter 1 mit abw. Lit. Eine Konkurseröffnung von Amts wegen ist hier wie beim Regelkonkurs ausgeschlossen [§ 103 Anm. 1, 12]. Borschußpflicht: § 103 Anm. 1. Geht der Konkursantrag nicht von der Gesamtheit der VorstandsmitgliederAnm. 6. oder Liquidatoren, also entweder nur von einzelnen derselben oder aber von der Gläubigerseite aus, so hängt seine Zulässigkeit von der Glaubhaftmachung eines der beiden Konkursgründe und, wenn ein Gläubiger den Konkurs beantragt, überdies von der Glaubhaftmachung der Konkursforderung ab (§ 208 II mit § 105 I). Für den Schuldner sind hier die nichtantragstellenden Vorstandsmitglieder und Liquidatoren zu hören (§ 208 II mit § 105 II, III). Entsprechendes gilt, wenn der Konkurs einer GmbH, nicht von allen Geschäftsführern (Liquidatoren) beantragt wird, mögen auch die Antragsteller für andere Akte ausreichende Vertretungsmacht haben (§ 63 II GmbHG. mit § 208 II KO.). Das Gericht hat den Konkurs nur zu eröffnen, wenn es von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft vollkommen überzeugt ist [§ 105 Anm. 1]. Sofortige Beschwerde: Anm. 12. d) Antragspflichtig sind, sobald sich die Zahlungsunfähigkeit oder „bei der Aus-Anm. ?. stellung" der Jahresbilanz oder einer Schlußbilanz — wenn auch nicht gerade „aus" der Bilanz (insofern ungenau § 64 I GmbHG., § 99 I GenG.) — die Überschuldung

der Gesellschaft ergibt, alle einzelnen Vorstandsmitglieder und Liquidatoren (§§ 240 II, 298 II HGB.) unter selbständiger zivilrechtlicher (§§ 241, 298 II HGB.) und strafrecht­ licher Verantwortung (§ 315 Nr. 2 HGB.) und zwar selbst bei offenbarer Unzulänglich­ keit der Masse zur Kostendeckung und auch bei Anwendbarkeit des § 11 SchBG. [§ 103 Anm. 5, § 173 Anm. 16]. Eine entsprechende Antragspflicht obliegt jedem Geschäfts­ führer und Liquidator einer GmbH. (§§ 43, 64, 71, 84 GmbHG ). Bett S. 26 f., Wiesner § 4 II, W. Lehmann § 3 II. Wer zu der Zeit, in der sich der Konkursgrund ergibt, bereits aufgehört hat, Gesellschaftsorgan zu sein, wird nicht mehr antragspflichtig. Die einmal begründete Antragspflicht dagegen kann nicht durch Amtsniederlegung be­ seitigt werden (abw. ZAktG. 11 S. 203, 12 S. 3 f.). Im übrigen siehe § 103 Anm. 5 (dort auch über Bedenken de lege ferenda). Über die Verantwortlichkeit für Zahlungen

nach Hervortreten des Konkursgrundes (§ 241 III Nr. 6 HGB., § 64 II GmbHG.): unten Anm. 30. Der Antragspflichtige hat die Vermögenslage der Gesellschaft selb­ ständig zu prüfen und kann sich nicht mit falscher Aufstellung der Bilanz entschuldigen (Denkschrift zu § 240 HGB. S. 141). c) Besonderheiten gelten für Versicherungsgesellschaften auf Aktien. Bei diesenAnm. ß. (wie bei Bersicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit) ist das Antragsrecht dem Schuldner und den Gläubigern entzogen und ausschließlich der Aufsichtsbehörde ein­ geräumt [§ 103 Anm. 7—11]. Diese Ausnahmevorschrift rechtfertigt sich einerseits Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl.

Bd. II.

26

406

§207* §208.

Anm. 9.

Konkurs der Aktiengesellschaft. dadurch, daß eine sichere Feststellung des Konkursgrundes am ehesten der Aufsichtsbehörde möglich sein wird; andrerseits aber soll einer Durchkreuzung der gesetzlich zu­ gelassenen Sanierungsmaßregeln [§ 173 Anm. 16] durch unzeitige Konkursanträge vor­ gebeugt werden. Die Antragspflicht der Vorstandsmitglieder und Liquidatoren (Anm. 7] wird hier ersetzt durch die — unter Strafdrohung stehende (§ 109 PrivBUntG.) — Verpflichtung, der Aufsichtsbehörde vom Konkursgrund Anzeige zu erstatten (§ 68 II PrivBUntG.). d) Konkursgericht ist das zu § 71 Anm. 9ff. näher bestimmte Amtsgericht, bei Gesell­ schaften mit Erwerbszwecken also grundsätzlich das Gericht der Hauptniederlassung. Hat die Gesellschaft ihren Sitz im Auslande, so greift der § 238 Platz. Der Gerichtsschreiber des Konkursgerichts hat zum Handelsregister nach § 112 KO. den Eröffnungsbeschluß mitzuteilen, der Registerrichter darauf die Konkurseröffnung in das Handelsregister ein­ zutragen (§§ 6, 32 HGB). Den Gesellschaftsorganen obliegt für den Konkursfall keine Registermeldepflicht (§ 293 HGB., § 65 GmbHG.).

II. Der Gemeinschuldner. Anm.io.

1. Gemeinschuldnerin ist die Aktiengesellschaft (die Gesellschaft mit be­ schränkter Haftung) als solche. Die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft dauert für die Zwecke des Konkurses und zunächst nur für diese noch fort [§ 25 Anm. 9]. RG. v. 15. 1. 1902 Bd. 50 130, v. 20. 10. 1911 Bd. 76 154 (wo für die eingetragene Genossen­ schaft uni) für die GmbH, erkannt ist, daß die Begründung weiterer Mitgliedschaften außer­ halb des Konkurszweckes liegt); Behrend § 142 zu Note 12, Staub HGB.o § 292 Anm. 12, Goldstein § 4 mit abw. Lit. Mit der Gesellschaft dauert auch ihre Kaufmannseigenschaft fort, zumal diese hier vom Betrieb eines Handelsgewerbes unabhängig ist (§§ 6, 210II HGB., § 13 in GmbHG.; zust. LG. Karlsruhe v. 28. 3. 1911 BadRpr. S. 92). Soweit der Gemeinschuldner Befugnisse und Obliegenheiten innerhalb des Konkurses (Anm. 12, 13] oder außerhalb desselben, etwa in Ansehung eines vom Verwalter aus der Masse frei­ gegebenen Rechts wahrzunehmen hat, werden die verfassungsmäßig berufenen Organe der Gesellschaft — d. h. vor allem der bisherige Vorstand und bei Konkurseröffnung im Liquidationsstadium die Liquidatoren — in ihrer Eigen­ schaft als gesetzliche Vertreter des Schuldners tätig. Motive II S. 443, 445; RG. v. 21. 1. 1885 Bd. 14 418 f., v. 30. 5. 1896 IW. S. 373 Nr. 21, v. 10. 11. 1896 IW. S. 697 Nr. 29, v. 25. 3. 1899 (für die GmbH., deren gesetzliche Vertreter die Ge­ schäftsführer sind), IW. S. 305f. Nr. 15, v. 15. 1. 1902 Bd. 50 130 (Genossenschaft); v. 6. 5. 1911 Bd. 76 246; KG. v. 26. 9. 1904 KGJ. 28 B 47 (Anmeldung des Bertreterwechsels zum Handelsregister; Kosten: § 58 Anm. 5]; Stuttgart v. 7. 5. 1907 OLG. 15 S. 224 f.; OLG. Dresden LZ. 1908 S. 711. In diesem Sinne sagt auch der § 6 n EGzKO. (mit § 196 I KO. i. d. F. v. 1877) von den registrierten Gesellschaften des älteren bayerischen Rechts: „Die Gesellschaft wird in dem Konkursverfahren durch den Borstand oder die Liquidatoren vertreten." Auch Aufsichtsrat und Generalversammlung können noch tätig werden (RG. v. 10.11.1896 aaO.), ersterer z. B. indem er die General­ versammlung nach § 246 II HGB. einberuft oder einen vom Konkursverwalter freigegebenen (vgl. § 10 H) Ersatzanspruch gegen Vorstandsmitglieder (§ 247 HGB.) oder sonst ein freigegebenes Masserecht (etwa eine unsichere Kaufpreisforderung, Stuttgart aaO.) weiter verfolgt, die Generalversammlung selbst (bei der GmbH, die Gesellschafterversammlung) z. B. zur Beratung der Frage, ob sich der Vorschlag eines Akkords (Anm. 12] oder eines außer­ gerichtlichen Vergleichs (§ 202) empfiehlt. Keineswegs werden die Vorstandsmitglieder bei Konkursbeginn zu Liquidatoren (so jetzt Staub HGB.o aaO.). Eine Liquidation findet ja gerade nicht statt (§ 294 I HGB.). Eine schon eingeleitete Liquidation löst der Konkurs ab. Darum liegt die Annahme nahe, bei vertragsmäßiger Bestellung eines Liquidators gehe der Parteiwille dahin, daß der Bestellte infolge der durch Konkurseröffnung bewirkten Beendigung der Liquidation auS seinem Dienstverhältnis ausscheide (RG. v. 7. 2. 1911 LZ. S. 308). Im Notfälle muß ein Ergänzung-vertreter nach Maßgabe des § 29 BGB

Konkurs der Aktiengesellschaft.

407

(auch auf Antrag des Konkursverwalters) bestellt werden. Irrig aber ist die Behauptung, § 207. daß im Konkurse von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossen- c £08 schäften und anderen juristischen Personen stets eine Neuwahl der Organe notwendig werde,S

weil der Konkurs das Anstellungsverhältnis der besoldeten Organe (Vorstände, Aufsichts­ ratsmitglieder) löse. So Kleinfeller DIZ. 8 23ff.; vgl. auch Bernau Jherings Jahrb. 44 S. 256 (unklar). Mag man nämlich das Dienstverhältnis zwischen dem besoldeten Organ und dem Verein, wofür der § 27 in BGB. spricht, als ein eigenartiges Rechts­ verhältnis (Planck BGB.^ § 27 Anm. 5) oder als einen Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB. ansehen (Dernburg Bürg. Recht I § 86 II 1), keinesfalls stellt das An­ stellungsverhältnis als Ganzes einen Vertrag im Sinne des § 23 II KO. dar, durch den sich das Organ verpflichtet hat, „ein ihm vom Gemeinschuldner übertragenes Geschäft für diesen zu besorgen". Vielmehr bildet das Rechtsverhältnis der Organe ein „im Erwerbs­ geschäfte" — bei nicht gewerbetreibenden Gesellschaften: „im Wirtschaftsbetriebe" — „des Gemeinschuldners angetretenes Dienstverhältnis" im Sinne des § 22 KO. Auf grundsätzliches Fortwirken der bisherigen Organe weist auch die von Kleinfeller aaO. S. 24 als „schief" beanstandete Fassung des § 104 GenG, hin (die Generalversammlung beschließt, ob die bisherigen Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrates „beizubehalten" oder durch andere zu ersetzen sind). Für die aus der Mithaftung der Genossen zu erklärende Be­ sonderheit des § 104 GenG, bleibt wie für sonstige während des Konkurses erforderlich werdende Personalergänzungen zu beachten, daß Neuwahlen ein für die Konkursmasse ver­ pflichtendes Dienstverhältnis nur mit Willen des Konkursverwalters (§§ 6, 59 Nr. 1) nach sich ziehen (vgl. KG. v. 4. 3. 1903 OLG. 6 S. 500 f.). Als Folgerung aus § 23 KO. kann der § 104 GenG, (gegen Kleinfeller S. 25) schon darum nicht aufgefaßt werden, weil ersterer viel jüngeren Datums ist. Das Amt der Gesellschaftsorgane erlischt daher nicht bei Eröffnung des Gesellschaftskonkurses. Für grundsätzlichen Fortbestand auch RG. v. 12. 5. 1909 LZ. S. 689 f. (Borstand), v. 14. 2. 1913 Bd. 81 335, (Aufsichtsrat), KG. aaO., Staub GmbHG.^ § 35 Anm. 67; unrichtig OLG. Breslau v. 19. 4. 1907 SeuffA. 62 Nr. 221. Für Bergütungsansprüche von Gesellschastsorganen gilt daher, was zu § 22 Anm. 14—16 bemerkt ist. Siehe auch § 61 Anm. 14 (kein Lidlohnvorrecht). Hervorgehoben sei gegenüber einer ZAktG. 1913 S. 73 f. wieder austauchenden Ansicht, daß ein aus der Kündigung des Verwalters erwachsender Schaden, solange dessen Eintritt noch nicht feststeht, nicht endgültig und unbedingt nach § 69 abgeschätzt, sondern einstweilen nur nach § 67 angemeldet werden kann [§ 22 Anm. 15]. Weil das fortbestehende gegenseitige Schuldverhältnis für die Zeit des Konkurses Masseschulden nach § 59 Nr. 2 auslöst, auch wenn der Masse Gegenleistungen nicht zugute kommen, sieht der Verwalter sich regelmäßig zur Kündigung genötigt. Für die Kündigungsfrist pflegt der § 622 BGB. maßgebend zu sein. Es fragt sich aber, ob eine solche Kündigung die Kraft hat, die verfassungsmäßigen gesellschaftlichen Ämter zum Erlöschen zu bringen. Da die gesetzliche Vertretung unentbehrlich, der Verwalter selbst aber außerstande ist, neue Organe zu bestellen, die billiger oder umsonst arbeiten, kann seine Kündigung nur dieBeziehung zur Konkursmasse, nicht auch die zur Gesellschaft lösen. Andrerseits besteht die verfassungsmäßige Möglichkeit der Abberufung und Ersetzung von Organen durch die Gesellschaft selber auch während des Konkurses fort. Näheres Jaeger LZ. 1913 S. 355 ff. (hier auch über die Annahme des RG. v. 14. 2.1913 aaO., daß das Amt von Aufsichtsratsmitgliedern während des Konkurses als unentgeltliches Dienstverhältnis weiterbestehe). Fortdauer der Auskunftspflicht: § 100 Anm. 4, 5. Soweit der Verwalter im Konkurs einer Einzelperson zu derenAnm.ii. Zwangsvertretung berufen ist, verdrängt er notwendig auch im Konkurs einer Berbandsperson deren gesetzliche Vertreter. Der Konkurs schaltet ihre Zuständigkeit wie die eines Vormunds für den ganzen Bereich der Sammlung, Verwaltung, Verwertung und Verteilung des Massevermögens aus (§§ 6, 117). Die Abgrenzung der Zuständigkeit ist mitunter schwierig und zweifelhaft. Mit Recht hat das RG. v. 30. 5. 1896 IW. S. 373 Nr. 21 erkannt: es sei die Klage eines Aktionärs auf Feststellung seiner

26*

408

8207. §208.

Konkurs der Aktiengesellschaft. Mitgliedschaft im Konkurse der Aktiengesellschaft nicht gegen den Konkursverwalter, sondern gegen den Borstand zu erheben oder fortzusetzen (ohne Prozeßunterbrechung). Denn der Rechtsstreit betrifft nicht die Konkursmasse als solche, sondern hat nur den etwa nach Konkursbeendigung zu verteilenden Masseüberschuß. Andrerseits muß die satzungsgemäß für die Übertragung noch nicht vollbezahlter Namensaktien vorgeschriebene Zustimmung

des Aufsichtsrats oder des Vorstands (vgl. §§ 222 II, 223 HGB.) im Konkurse der Aktien­ gesellschaft patt vom Aufsichtsrat oder Vorstand vom Konkursverwalter erteilt werden, weil die Gesellschaftsforderung auf Zahlung der Rückstände gegen den Erwerber (§ 223 III HGB.) einen Bestandteil der Konkursmasse bildet fAnm. 28]. RG. v. 15. 12.1909 Bd. 72 293; anders, wenn nach Bollzahlung die Beziehung zur Konkursmasse fehlt (RG. v. 26.6.1913 LZ. S. 767). Die Klage aus Vernichtung eines Patents aus dem Grunde, weil es an einer patentfähigen Erfindung fehle, verfolgt kein Vermögensrecht [§ 1 Anm. 12]. Bon einer Aktiengesellschaft oder GmbH, vor deren Konkurs erhoben, erleidet sie daher keine Unter­ brechung und ist von den Gesellschaftsvertretern (Vorstand, Geschäftsführern) weiter zu verfolgen. Patentamt v. 9. 2. 1904, 6. 4. 1905, RG. v. 3. 6. 1905 DIZ. 11 S. 85 f. Mitunter müssen Konkursverwalter und Gesellschastsorgane zusammenwirken. So wenn der Verwalter das Geschäft der Gesellschaft mit der Firma veräußern will: die Verfügung über das Geschäft steht beim Verwalter (§ 6); zur Übertragung der Firma bedarf es, da das Firmenrecht auch der Gesellschaft beschlagsfrei ist [§ 1 Anm. 7], der Zustimmung des Vorstandes (der Geschäftsführer einer GmbH.) und, sofern die Firma der Gemeinschuldnerin selbst (vgl. Ritter LZ. 1910 S. 253 N. 1 mit Zit.) und darum das Statut zu ändern ist, eines Beschlusses der Generalversammlung (der Gesellschafterversammlung). Staub (Hachenburg) GmbHG.* § 4 Anm. 17, § 63 Anm. 14. Streitig ist namentlich die Frage geworden, inwieweit für Klagen zur Anfechtung gesetz- oder satzungswidriger Generalversammlungs­ beschlüsse (§§ 271 ff. HGB.) die Bertretungsmacht beim Konkursverwalter oder bei den Gesellschaftsorganen steht. Daß solche Klagen niemals gegen den Verwalter zu richten seien, weil es sich um innere Angelegenheiten der Gesellschaft handle (so Hachenburg aaO. § 45 Anm. 26 für die GmbH.), kann nicht zugegeben werden. Noch weniger, daß ihm die Vertretungsmacht fehle, weil die Anfechtungsklage nicht vermögensrechtlicher Art sei (so KG. v. 15. 1. 1910 OLG. 21 S. 389 f.). Es kommt vielmehr ganz auf den Inhalt an, den der bekämpfte Beschluß im Einzelfalle hat. Führt er zu einer Mehrung oder Minderung der Teilungs- oder Schuldenmasse, dann gehört die Klage zur Zuständigkeit des Konkursverwalters. Betrifft aber der Inhalt des Beschlusses weder aktiv noch passiv die Konkursmasse, dann bewendet es auch im Konkurse bei der im § 272 I HGB. vor­ gesehenen Vertretung. So ist z. B. die Klage von Aktionären zur Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses, der zum Zwecke einer Sanierung die Zusammenlegung von Aktien verfügt, auch nach Konkursbeginn gegen Vorstand und Aufsichtsrat zu richten. Umgekehrt muß die Bekämpfung eines Beschlusses, die im Erfolg der Konkursmasse einen Wert erhält oder zuführt oder aber ihre Minderung, Belastung, Verpflichtung herbeiführt, ausschließlich vom Konkursverwalter ausgehen oder ausschließlich gegen ihn erhoben werden. Seine eigene Anfechtungsklage wirkt für das konkursgebundene Sondervermögen und geht gegen Vorstand und Aufsichtsrat als Vertreter der Gesellschaft in Ansehung ihres sonstigen Vermögens [§ 1 Anm. 52, § 6 Anm. 16]. Sie hat neben der Rückgewährklage auf Grund der §§ 29 ff. (36), etwa gegenüber unentgeltlichen Verfügungen, welche die Generalversamm­ lung beschlossen hatte, selbständige Bedeutung. Den Verwalter in solchen Fällen, in denen die aktienrechtliche Anfechtungsklage die Erhaltung von Massewerten verfolgt, auf eine Nebenintervention im Prozesse von Aktionären zu beschränken, wäre schon deshalb höchst bedenklich, weil im Konkurse der Gesellschaft Aktionäre nur selten das Prozeßkostenrisiko auf sich nehmen werden. Andrerseits darf freilich der Verwalter eine gesetz- oder satzungs­ widrige Inanspruchnahme beschlagsfähiger Rechte (z. B. von Ersatzansprüchen) durch die Generalversammlung, wenn er die Widerrechtlichkeit des Beschlusses erkennt, nicht gut­ heißen. Allein daraus folgt keineswegs, daß deshalb die Anfechtungsklage nicht gegen ihn zu richten wäre. Seine Bertretungsmacht wird darum, weil er einen zu Lasten der Masse

Konkurs der Aktiengesellschaft.

409

erhobenen Anspruch pflichtgemäß anzuerkennen hat, wie der § 11 II KO. bestätigt, gewiß § 207. nicht ausgeschaltet. Aus alledem folgt, daß die Anfechtung einer durch die General- § 208* Versammlung beschlossenen Erteilung oder Versagung der Entlastung des Vorstands oder Aufsichtsrats (§ 260 HGB.) im Konkurse der Gesellschaft vom Konkursverwalter oder gegen ihn zu erheben ist. Siehe Fürst LZ. 1912 S. 513 sf. und besonders Wulff LZ. 1913 S. 177 ff. gegen RG. v. 6. 5.1911 Bd. 76 244 (das die Gründe des KG. aaO. mißbilligt, aber gleichwohl die Revision zurückgewiesen hat). Die von nichtentlasteten Vor­ stands- oder Aufsichtsratsmitgliedern zu erhebende Klage auf Feststellung des Nichtbestehens von Ersatzansprüchen der Gesellschaft ist in deren Konkurs unstreitig gegen den Verwalter zu richten (RG. v. 28. 12. 1910 LZ. 1911 S. 305 ff. u. aaO. S. 248). Wiederholt ist in Konkursen von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Frage aufgetaucht, ob der Konkursverwalter einen Rechtsanwalt oder Notar, der für die Firma Rechtsstreitigkeiten geführt oder Rechtsgeschäfte beurkundet hatte, von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbinden kann (§§ 383 Nr. 5, 385 II ZPO.). Das OLG. Darm­ stadt v. 9. 7. 1902 DIZ. 9 S. 128 hat die Frage allgemein verneint, da die Entbindungsbesugnis ein persönliches Recht der Organe sei, die seinerzeit mit dem Anwalt oder Notar verhandelten (zust. z. B. Bett S. 33, Staub GmbHG.4 § 63 Anm. 12, Fried­ länder RAO. 8 28 Anm. 29 ff.). Die Entbindungsbefugnis bildet nur einen unselbständigen Ausfluß der Rechtsverhältnisse, zu deren Schutz die Schweigepflicht dient. Schützt diese masse­ zugehörige Bermögensrechtsverhältnisse, so steht die Entbindungsbefugnis beim Konkurs­ verwalter (§ 6). Es wäre doch höchst seltsam, wenn es etwa vom guten Willen eines im Zuchthause sitzenden Direktors der Aktiengesellschaft (§ 244) abhängen sollte, ob Anwalt und Notar den Konkursverwalter informieren und ihm ihre Handakten verabfolgen dürfen. Ausschlaggebend dürfte sein, daß die Gesellschaftsorgane selber nach § 100 Auskunft „über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse" erteilen müssen fAnm. 12] und darum gar nicht die Macht haben können, Tatsachen zu unterdrücken, deren Aufklärung das Interesse der Konkursmasse verlangt. Für Angelegenheiten, die den Konkurs nicht betreffen, sondern rein persönlicher Art und darum auch der Auskunftspflicht entrückt sind, bleibt der Ge­ meinschuldner — namentlich als natürliche Person — Geheimnisträger. Grundsätzlich zust. RG. v. 15. 10. 1904 Bd. 59 85 (BayZ. 1905 S. 56); vgl. RG. v. 30. 5. 1906 IW. S. 430 Nr. 17. 2. Die Vorstandsmitglieder und Liquidatoren der im Konkurse stehenden Aktiengesellschaft Anm. 12. sind, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag oder bei Ernennung der Liquidatoren ein Anderes bestimmt ist, nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft berufen (§§ 232 I, 298 III HGB.). Gleiches gilt für Geschäftsführer und Liquidatoren der GmbH. (§§ 35 II 2, 681 2 GmbHG.). Nach der Regel des Gesetzes können daher diese Gesellschaftsvertreter die Befugnisse des Gemeinschuldners auch nur zusammen und in einheitlichem Sinne ausüben. So besonders das Bestreitungsrecht im Prüfungsverfahren (§§ 141 H, 144II, 165), das Antragsrecht der §§ 121II, 135, 160, 165, 180, 182II, 202, das Akkordvorschlagsrecht [§ 173 Anm. 19] und das Beschwerderecht des § 189 [toegen des Zwangsvergleichs siehe noch Anm. 31 f.]. Vgl. auch §§ 10 II ^Anm. 10], 86, 121 I 3, 123 I 4. Eine Ausnahme gilt für das Recht zum Konkursantrag, das jedem einzelnen Vorstandsmitglied oder Liquidator zukommt fAnm. 5]. Folgerecht muß die sofortige Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß (§ 109) jedem einzelnen Vorstandsmitglied oder Liquidator — sofern er nicht etwa selbst den Konkursantrag gestellt hat [§ 109 Anm. 1] — zuerkannt werden. Dafür spricht auch der § 208 II 2. Anders früher die

gemeine Lehre z. B. Goldstein § 4 unter 3, Bett S. 33 f.; uns zust. nun Colmar v. 24. 5. 1907 OLG. 15 S. 243, Wiesner § 5111 1. So kann namentlich auch dann, wenn nur einer der mehreren Gesellschaftsvertreter die Konkurseröffnung erwirkt hat, ein anderer selbständig die Beschwerde einlegen: hier ist der Eröffnungsbeschluß anfechtbar, obwohl er auf Schuldnerantrag erging ^siehe § 109 Anm. 1]. Gegen den abweisenden Beschluß hat nur der Antragsteller selbst — von mehreren jeder einzelne — die Beschwerde (8 109). Die besondere Zustellung einer Entscheidung, die an den Gemeinschuldner zu

410

§207. §208.

Anm.13.

Anm.14.

Anm.15.

Anm. 16.

Konkurs der Aktiengesellschaft.

erfolgen hat (z. B. §§ 111III, 179 I 3), wird nach den §§ 171III, 208 ZPO. (§ 72 KO.) hinreichend schon durch Zustellung an einen Gesamtvertreter der Gesellschaft ausgeführt. Die als Ersatz der Sonderzustellungen dienende öffentliche Bekanntmachung (§ 76 III) wirkt, was z. B. den Beginn der Beschwerdefrist oder die Beendigung des Konkurses betrifft, einheitlich für alle Beteiligten [§ 76 Anm. 2, § 163 Anm. 4, § 190 Anm. 2, §§ 205f. Anm. 4]. Auch bei Mitteilungen des Verwalters nach § 135 KO. genügt die Verständigung eines einzelnen Gesellschaftsgesamtvertreters (arg. §§ 232 I 3, 298 III HGB., 88 35II 3, 69 GmbHG.). Die Pflichten des Gemeinschuldners treffen jeden einzelnen Gesellschafts­ vertreter (jedes Vorstandsmitglied, jeden Geschäftsführer und Liquidator; vgl. Protokolle S. 117). So die Auskunfts- und Offenbarungseidespflicht [8 100 Anm. 4, 8 125 Anm. 9], so aber auch die Zwangsmittel des 8 101 fdaselbst Anm. 5]. Zust. OLG. Dresden LZ. 1908 S. 711 (Auskunstspflicht des Liquidators). Ihre staatsbürgerlichen Rechte büßen die Vertreter durch den Gesellschaftskonkurs nicht ein, da sie nicht selber Gemeinschuldner sind. Das Konkursstrafrecht aber ist durch positivrechtliche Analogie auf sie erstreckt (8 244 KO., 8 83 GmbHG.). III. Die Konkursgläubiger. 1. Konkursgläubiger sind die persönlichen Gläubiger der Gesellschaft, die einen bei Konkursbeginn begründeten und im Konkurs anmeldbaren Vermögensanspruch haben (88 3, 63). Die Mitglieder als solche (die Aktionäre, die Gesellschafter einer GmbH.) sind wegen ihrer Einlagen nicht Gläubiger der Gesellschaft, nicht Konkursgläubiger im Gesellschaftskonkurs. Vielmehr bilden ihre Ein­ lagen ja gerade den Grundstock der Konkursmasse, Einlagerückstände also Masseaktiven [8 3 Anm. 6]. Rückzahlungsabreden sind nichtig (§ 213 HGB., 8 134 BGB.). RG. v. 8. 6. 1912 LZ. S. 847 f. a) Die Aktiengesellschaft ist reine Kapitalgesellschaft: ihre Gläubiger sind ausschließlich auf das Gesellschaftsvermögen angewiesen. Wer Aktien zeichnet, verpflichtet sich, zu diesem Haftungsfonds beizusteuern. Wer kaufweise Aktien erwirbt, übernimmt die Kapital­ beteiligung eines anderen. Darin liegt, wenngleich der Aktienerwerb wirtschaftlich als Kapitalanlage erscheint, der große Unterschied zwischen dem Aktionär und einem Darlehnsgeber. Der Aktionär bringt das den Gläubigern haftende Kapital mit auf, der Darlehens­ geber wird selbst Gläubiger im Vertrauen auf dieses Kapital. So bildet die Aktionäreigenschaft begrifflich geradezu den Gegensatz zur Gläubiger­ eigenschaft, und so erklärt es sich, daß der Aktionär im Konkurse der Aktiengesellschaft leer auszugehen pflegt. Er nimmt teil wie am Geschäftsgewinn so auch am Geschäfts­ verlust. Auch der Umstand, daß das aus den Aktien gebildete Grundkapital (8 178 BGB.) in der Bilanz als Passivum erscheint, macht den Aktionär nicht zum Gläubiger. Denn nicht alle Passiven der Bilanz bedeuten Schulden sAnm. 3]. Pfandbriefgläubiger (Obligationäre): Anm. 22. Ebensowenig als die Aktie stellt die Stammeinlage der Gesellschafter einer GmbH, eine Forderung dar (Wiesner 8 8 II). Die unerbittliche Logik des Rechts ist durch alle Konstruktionsversuche nicht erschüttert worden, die aus Anlaß der Leipziger Bankkatastrophe im Interesse der Aktionäre unternommen wurden (so namentlich von H. Burckas Aktionär u. Gläubiger im Konkurse der Aktiengesellschaft, 1902). Nur zweierlei sei betont: a) Unrichtig ist die Behauptung, der aus Gewinnrücklagen gebildete Teil des Reservefonds (8 262 Nr. 1 HGB.) gebühre grundsätzlich nicht den Konkurs­ gläubigern, sondern den Aktionären. Der Reservefonds ist Vermögen der mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestalteten Aktiengesellschaft (8 210. HDB.) und gehört wie alles übrige beschlagsfähige Gesellschaftsvermögen zur Konkursmasse (8 1 KO.). Dem.

Aktionär stehen weder forderungsrechtliche noch dingliche Rechte in Ansehung des Reservefonds zu. Er würde ein Gläubigerrecht auf den Gewinn nur erworben haben, wenn die Generalversammlung gesetzmäßig beschlossen hätte, den Gewinn unter die Aktionäre zu verteilen fAnm. 18]. LG. Leipzig im Schlußbericht des

Konkurs der Aktiengesellschaft.

411

Konkursverwalters d. Leipz. Bank v. 20. 8. 1903 S. 27 f., Dresden v. 10. 11. 1905 H 207. OLG. 11 S. 385; Sievers DIZ. S. 85 ff., Bondi in Holdheims MSchr. 11 gone S. 256 ff. 8 '

ß) Unrichtig ist ferner die Annahme, wer durch wissentlich falsche Geschäfts-Anm.i?. berichte des Vorstands zum Erwerbe von Aktien verleitet worden sei, dürfe den dadurch erwachsenen Bermögensschaden im Konkurse der Gesellschaft als Konkurs­ gläubiger nach Maßgabe der §§ 31, 823, 826 BGB. geltend machen. Denn es ist mit dem Wesen der Aktienbeteiligung unvereinbar (vgl. a. 2 I EGzHGB.), daß sich der Aktionär den ihm gerade durch seine Beteiligung an der Gesellschaft er­ wachsenden Schaden von der Gesellschaft selbst ersetzen lassen und insoweit die von ihm mitaufzubringende Haftungsmaffe ihrem Zweck entziehen kann. RG. v. 14.3.1903 Bd. 54 128; LG. Leipzig Schlußbericht aaO. S. 25f., Dresden aaO, Sievers S. 88 f. Ansprüche gegen die Gesellschaftsvertreter persönlich: Anm. 29. b) Andrerseits kann das Mitglied (der Aktionär, der Gesellschafter einer«nm.is. GmbH.) zugleich Gläubiger der Gesellschaft sein. So vor allem auf Grund von Rechtsgeschäften, die er als ein Dritter mit der Firma geschlossen hat, besonders auf Grund von Darlehens-, Miet- oder Kaufverträgen, nicht minder auf Grund der §§ 31, 278, 831 BGB. (z. B. mit der Schadensersatzforderung wegen Veruntreuung der dem Vorstand zur Verwahrung übergebenen Aktien, Bolze LZ. 1907 S. 5f.). Es gibt aber auch Ansprüche, die aus der Mitgliedschaft entspringen und doch zu Gläubigerrechten, zu Konkursforderungen, werden. So bildet vor allem der Anspruch des Aktionärs auf eine vor Konkursbeginn gesetz- und satzungsgemäß (namentlich auf der Grundlage einer einwandfreien Bilanz) festgesetzte — wenn auch erst während des Konkurses der Gesellschaft fällig gewordene — Dividende (§ 213 HGB.) ein un­ antastbares Gläubigerrecht. ROHG. v. 10. 9. 1875 Bd. 18 S. 153 f., Staub HGB? § 213 Anm. 12, Ring Aktiengesetz? a. 217 Anm. 8, Behrend § 142 N. 14, Gottschalk LZ. 1910 S. 668, Bett S. 68 mit Lit. Für Genußscheine (Staub HGB.o § 179 Anm. 22 ff) gilt dasselbe, soweit sie besondere Anteile am Gewinn gewähren. Soweit sie dagegen einen Anspruch auf Liquidationsüberschüsse verbriefen, erkennen sie eine Forderung an, die ihrem Inhalte nach keine Konkursforderung darstellt. Vgl. ZAktWes. 13 S. 113 ff., Bett S. 72 ff. Auch im Konkurs einer GmbH, bildet der Allspruch auf den vor Konkursbeginn ordnungsmäßig festgestellten Reingewinn (§ 29 GmbHG.) eine Konkursforderung. Wiesner § 8 zu N. 120 mit Lit.; abw. Neukamp GmbHG? § 64 Anm. 3, der jedem Dividendenanspruch die Eigenschaft der Konkurs­ forderung abspricht, und nun auch (gegen die ersten Auflagen) Staub GmbHG? § 29 Anm. 8, § 30 Anm. 8, § 63 Anm. 3, der auf Grund des § 30 I GmbHG. („das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden") lehrt, auch die festgestellte Dividende werde infolge späterer Verluste hinfällig. Letzteres ist mit der Natur des ordnungsmäßig festgestellten Dividendenanspruchs unvereinbar und schon um deswillen unannehmbar, weil der alsbald über den Anspruch verfügende — ihn einziehende, abtretende — Gesellschafter der Gefahr des §301 entgeht und dementsprechend bevorzugt wäre. Ein Konkursgläubigerrecht bildet weiter der Anspruch auf das Entgelt für Leistungen, zu denen die Aktionäre (§ 216 HGB ) oder Gesellschafter der GmbH. (§ 3 II GmbHG.) außer den Kapitaleinlagen satzungsgemäß verpflichtet sind, soweit es sich um die Vergütung der vor dem Konkurse bewirkten Leistungen handelt. Für die Folge finden die §§ 17, 59 Nr. 2 KO. entsprechende Anwendung. Vgl. Staub HGB? § 292 Anm. 11, Bett S. 53, 69 mit Lit. Konkursforderung ist ferner der Anspruch auf die Einlösungssumme der vor dem Konkurs amortisierten Aktien (§ 227 HGB.) oder Geschäftsanteile (§ 34 GmbHG.). Desgleichen der Anspruch auf die bis zur Konkurs­ eröffnung erwachsenen Bauzinsen (§ 215 II HGB.; Behrend aaO., Staub HGB? § 215 Anm. 7 mit Lit.). Bauzinsen kennt das GmbHG. nicht (Staub GmbHG? § 29 Anm. 12). Im Konkurse der Aktiengesellschaft wie der GmbH, begründet endlich im

412

§207. §208.

Anm. 19.

Anm.20.

Anm.21.

Konkurs der Aktiengesellschaft.

Falle der Herabsetzung deS Grund- oder Stammkapitals der Anspruch aus festge st eilte Rückzahlungen eine Konkursforderung. So zweifellos dann, wenn noch vor Konkursbeginn die Kautelen des § 289 HGB. (§ 58 GmbHG.) sämtlich erfüllt worden waren. Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Rückzahlung von Nachschüssen bei der GmbH., wenn allen Erfordernissen deS §3011 GmbHG. bei Konkurseröffnung bereits genügt ist. Streit besteht für den Fall, daß der Konkurs auSbricht, ehe noch sämtliche Rückzahlungsvoraussetzungen erfüllt sind. Hier sei nur für den Fall des § 289 HGB. bemerkt, daß nach der Fassung des Abs. IV zugleich eine Befristung und eine Bedingung vorliegt: der Rückzahlungsanspruch ist betagt bis zum Ablaufe des SperrjahrS, aufschiebend bedingt durch die Deckung der bis dahin angemeldeten alten Forderungen (zust. Staub HGB.9 § 290 Anm. 19, Rehm Bilanzen S. 409 f., Goldstein § 5 unter 2 b mit abw. Ansichten, abw. nun auch Bett S. 71, der entgegen dem Wort­ laute des § 289 IV HGB. der Zeitbeschränkung die Selbständigkeit abspricht, lediglich eine Bedingung annimmt, dementsprechend den § 65 I KO. für unanwendbar, gleich­ wohl aber den § 65 II KO. für anwendbar hält und sich damit selbst widerspricht). Bon unserm Standpunkt ergibt sich für den Konkursfall: die Befristung erledigt sich nach § 65; die Bedingung führt zur Anwendung der §§ 67, 96, 154,156,168 Nr. 2, 169. Nur wenn die alten Gläubiger volle Befriedigung erhalten, tritt die Bedingung ein. Sonst fällt sie aus. So gehen die alten Gläubiger dem Ergebnisse nach notwendig den Aktionären vor, ohne ein eigentliches Konkursvorrecht in dem zu § 61 Anm. 1 erörterten Sinne zu haben. Die neuen Gläubiger aber, die erst im Hinblick auf das herabgesetzte Grundkapital Kredit gewährten, also mit der veröffentlichten Kapital­ minderung zu rechnen hatten, müssen den Aktionären den Vorrang lassen. Das Ergebnis der Verteilungen sei an zwei Zahlenbeispielen veranschaulicht. Dabei sei der Einfachheit halber angenommen, daß bei Konkursbeginn alle Erfordernisse des § 289 HGB. bis auf die Deckung selbst erfüllt sind. Läuft das Sperrjahr zu dieser Zeit noch, dann fragt es sich, ob der § 65 I Kd. die Befristung erübrigt. Die Verneinung (Bett aaO.) verträgt sich nicht mit der konkursmäßigen Ordnung des Anmeldungs- und Prüfungs­ verfahrens. a) Die für die nichtbevorrechtigten Gläubiger verfügbare Masse belaufe sich auf 40000, die Summe der alten Gesellschaftsschulden nur auf 10000, die der neuen dagegen auf 50000, der Rückzahlungsgesamtbetrag auf 20000. Da sonach auf 80000 Passiven 40000 Aktiven fallen, haben die Gläubiger 5O°/o zu erhalten. Das ergibt für die alten Gläubiger 5000, „ „ Aktionäre 10000, „ „ neuen Gläubiger 25000. Bon den auf die Aktionäre entfallenden 10000 gebühren den alten Gläubigern 5000. Mit Bollbefriedigung der letzteren ist auch die Bedingung der Deckung erfüllt. Die übrigen 5000 sind den Aktionären auszubezahlen. ß) Bei gleichem Stande der Aktiven sollen umgekehrt die alten Schulden 50000, die neuen 10000, der Rückzahlungsposten wieder 20000 betragen. DaS ergibt für die alten Gläubiger 25000, „ „ Aktionäre 10000, „ „ neuen Gläubiger 5000. Damit steht fest, daß die alten Gläubiger keine volle Deckung erhalten: die Bedingung für das Zustandekommen des Rückzahlungsanspruchs der Aktionäre ist ausgefallen.

Nun werden die 10000 aber nicht zugunsten aller Gläubiger, sondern — da nach § 289 IV HGB. eher noch die Aktionäre als die neuen Gläubiger Anspruch auf die Summe hätten — nur zugunsten der alten Gläubiger frei. 2. Wird im Falle einer Fusion ohne Liquidation auf Grund des § 306IV HGB. Konkurs

über das Vermögen der „aufgelösten" Gesellschaft eröffnet sAnm. 2], so konkurrieren zweifellos die sonstigen Gläubiger der „übernehmenden" Gesellschaft in diesem Verfahren nicht, mögen nun ihre Forderungen vor oder nach der Fusion entstanden sein. Umgekehrt

Konkurs der Aktiengesellschaft.

413

aber sind die Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft vom Zugriff auf anderes Vermögen § 207. der Übernehmerin nicht ausgeschlossen. Sie haftet ihnen als Gesamtrechtsnachfolgerin o ogä (§ 3061 mit § 304 V u. bes. § 306 IV verb. deren „übrigen" Gläubigern). Der § 306 IV 8 will diese Haftung nicht einschränken, sondern den Gläubigern der aufgelösten Gesellschaft einen besonderen Schutz angedeihen lassen. Es steht daher der § 14 KO. während des Sonderkonkurses dem Zugriff eines Gläubigers der aufgelösten Gesellschaft auf konkurs­ freies Vermögen der Übernehmerin nicht entgegen. Andrerseits würde eine uneingeschränkte Anwendung des § 68 KO. dem Zwecke des § 306 IV HGB. nicht gerecht. Dieser Zweck ist die Borzugsbefriedigung der Gläubiger des aufgelösten Verbandes aus seinem Ver­ mögen [9Inm. 2]. Die Zulassung des Doppelzugrisfs auf beide Massen würde über das Ziel hinausschießen und zu unbilliger Benachteiligung der Gläubiger der Übernehmerin

führen. Geleitet von dem richtigen Empfinden, daß die Gläubiger der aufgelösten Gesell­ schaft alle billigerweise zu verlangende Rücksicht erfahren, wenn ihnen das bisher haftende Vermögen als Sondergut (int voraus) verhaftet und zugleich wegen des Ausfalls die Inanspruchnahme der Übernehmerin offen bleibt, haben einige Schriftsteller die ent­

sprechende Anwendung des in den §§ 212, 234 KO. anerkannten Grundsatzes der Ausfall­ haftung für den Fall befürwortet, daß die Übernehmerin zugleich mit ihrem übrigen

Vermögen im Konkurse steht. So (im Anschluß an Lehmann-Ring HGB. § 306) Makower HGB." S. 844 (für Analogie des § 212 KO.), Wandschneider Fusion (Rostocker Diss. 1910) S. 108 f. (für Analogie des § 234 KO.). In der Tat gilt das Prinzip der Ausfall­ haftung (§ 64), aber es gilt unmittelbar, weil der § 306 IV HGB. seinem ganzen Zwecke nach den Gläubigern der aufgelösten Gesellschaft im Konkurse der Übernehmerin nur ein Absonderungsrecht zuerkennt. Vgl. Behrend Handelsrecht S. 942, Staub HGB.? § 306 Anm. 16, Lehmann Recht der Aktiengesellschaften II (1904) S. 534. Freilich nimmt die nun vorherrschende Meinung an, der § 306 IV HGB. ermächtige die Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft (oder statt ihrer den Vorstand der Übernehmerin), deren Vermögen im Konkurse der Übernehmerin der Substanz nach auszusondern (§ 43 KO.). So

z. B. jetzt Staub HGB? § 306 Anm. .19, Makower aaO. S 843, Bett S. 81 f. Allein von einem Rechte der geschützten Gläubiger auf endgültige Ausscheidung jenes Vermögens aus dem Konkurse der Übernehmerin (anders als z. B. im Falle des § 392 II HGB.) kann keine Rede sein. Das zeigt sich deutlich, wenn zwar die Übernehmerin im ganzen, nicht aber das Sondergut überschuldet ist. Der Überschuß des Sonderguts, der nach Be­ friedigung der Sondergutsgläubiger verbleibt, gebührt unzweifelhaft der Übernehmerin. Das ist das Ergebnis einer Absonderung, nicht einer Aussonderung. Ist das Sonder­ gut überschuldet, so kann jeder einzelne Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft den Schutz des § 306 IV HGB. dadurch verwirklichen, daß er durch seinen Antrag die Er­ öffnung des SonderkonkurseS herbeiführt, in dem nun für gemeinsame Rechnung aller Interessenten deren abgesonderte Befriedigung aus der ihnen voraushaftenden Masse erfolgt. So gelangt man zwanglos zu der durch die Billigkeit geforderten Anwendung des § 64 KO. dahin, daß die Sondergutsgläubiger im allgemeinen Konkurse der Über­

nehmerin nur für den Betrag ihres Ausfalls (oder Verzichts) Befriedigung zu beanspruchen haben. Ist das Sondergut selber nicht überschuldet, dann vollzieht sich im Gesamtkonkurse der Übernehmerin die abgesonderte Befriedigung durch Sonderguts­

liquidation (ähnlich der Nachlaßverwaltung). Steht nur das Sondergut im Konkurse, dann bewendet eS beim unbeschränkten Zugriffsrechte der Sondergutsgläubiger auf anderes Vermögen der Übernehmerin und insoweit beim Grundsätze des § 68 KO. (mit § 306 IV HGB.). Sowenig als der § 43 KO. findet in dem Falle, daß Sondergutsgegenstände von den übrigen Gläubigern der Übernehmerin gepfändet werden, der § 771 ZPO. An­

wendung (abw. Staub9 aaO. mit Lit.). Die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären (88 775 Nr. 1, 776 ZPO.), ginge auch hier viel zu weit. Der Sondergutsgläubiger hätte wiederum nur Borzugsbefriedigung im Sinne des § 805 ZPO. zu beanspruchen. Eine Aufrechnung zwischen Forderungen an die Übernehmerin und Verbindlichkeiten gegen­ über dem Sondergut scheitert am Grundsätze des § 306 IV HGB., da sie den Gläubigern

414

8207. §208. Sinnt .22.

Sinnt. 23.

Sinnt. 24.

Slnm.25.

Konkurs der Aktiengesellschaft.

der Übernehmerin Werte auf Kosten der Sondergutsgläubiger zuführen würde. Weder der Verwalter des Konkurses der Übernehmerin noch der des Sondergutskonkurses hat die

Macht, zum Schaden der Sondergutsgläubiger eine solche Aufrechnung zu bewilligen. Vgl. RG. v. 9. 12. 1912 LZ. 1913 S. 302 ff. 3. Im Konkurs einer Hypothekenbank sAnm. 1] haben die Schuldverschreibungs­ gläubiger, im Konkurs einer Lebensversicherungs -Aktiengesellschaft (wie eines Gegen­ seitigkeitsvereins) die Versicherten besondere Vorrechte [§ 61 Anm. 2ff., 5f.]. Eist nach ihnen gelangen die allgemeinen Vorrechte des § 61 Nr. 1—5 zum Zuge [§ 61 Anm. 1]. Unter diesen kommen hier namentlich. die letztjährigen Gehaltsrückstände der Handlungsgehilfen nach § 61 Nr. 1 in Betracht. Den gesetzlichen Gesellschaftsvertretern kommt das Vorrecht nicht zu [§ 61 Anm. 14]. Die Frage, ob im Konkurs einer Ver­ sicherungsgesellschaft die nach Vereinbarung von der Gesellschaft zu tragende Gebühr für Ausstellung des ärztlichen Aufnahmezeugnisses unter den § 61 Nr. 4 fällt, muß nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift verneint werden [§ 61 Anm. 30]. Siehe ferner § 17 EGzKO. und a. UI EGzKNov. mit Noten; gemeinsame Vertretung: § 139 Anm. 5, 6, 8. Auch abgesehen von den mit Konkursvorrecht ausgestatteten Schuldverschreibungen spricht der Verkehr in verschiedenem Sinne von „Prioritäten" („Prioritäts Obligationen"), besonders bei den von Aktiengesellschaften ausgegebenen Schuldverschreibungen. Häufig will man damit nur andeuten, daß die Obligationäre den Aktionären vorgehen. Als­ dann fühlt der Ausdruck irre, weil der Aktionär als solcher gar nicht Gläubiger ist, die „Priorität" aber kein Vorrecht vor anderen Forderungen gegen den Anleihe­ schuldner, sondern nur eine einfache Konkursforderung im Sinne des Z 61 Nr. 6 bildet. Ein Absonderungsrecht kommt dem Prioritätsgläubiger nur kraft besonderer Verpfändung zu (vgl. §§ 1187ff., 1270 BGB., §§ 44, 51 GBO.); Bahnpfandschulden: § 47 Anm. 13. Vgl. Cohn in Endemanns Handbuch Bd. 3 § 428 unter XIU mit Lit., Vollenweider sAnm. 1] S. 1 ff., 58 ff. Die Obligationäre verschiedener Emissionen haben an sich den gleichen Rang. Die ftühere Ausgabe geht nicht als solche der späteren vor. Kraft'be­ sonderer Übereinkunft sollen nun aber Obligationäre verschiedener Emissionen nicht selten nach dem Datum der Schuldaufnahme rangieren. Für diesen Fall bemerken die Motive II S. 480, „es versteht sich von selbst, daß die Gläubiger, welche nach Maßgabe der Emissionsbedingungen vertragsmäßig ihre Rechte nur Vorbehalts des Vorranges der Gläubiger älterer Emissionen erwerben, diesen letzteren nachstehen müssen". „Die Priorität unter solchen Inhabern verschiedener Obligationen braucht auch formell nicht in anderer Weise zum Auslrage gebracht zu werden wie ein Prioritätsstreit unter anderen Konkursgläubigern." Indessen ist zu berücksichtigen, daß solche Abreden nur im Ver­ hältnis der Beteiligten unter einander wirksam sind. Der Konkursverwalter hat von Amts wegen nur auf die Rangordnung des Gesetzes zu achten, die durch zwingende Rechtssätze festgelegt ist. Die Verwirklichung einer in diesem Sinne vereinbarten Priorität ist also Sache der Beteiligten und dürfte am einfachsten durch Aufstellung eines gemeinsamen Vertreters geschehen [§ 139 Anm. 5], der vom Verwalter die Dividende für alle Obligationen erhält und seinerseits die rangmäßige Verteilung vollzieht. Kraft besonderen Vertrags könnte freilich auch der Verwalter den Vollzug der Verrechnung als Geschäftsbesorger der Beteiligten übernehmen. Eine gesetzliche Pflicht zur Beobachtung des vereinbarten Ranges obliegt ihm aber auch bei feststehendem Einverständnisse der Be­ teiligten nicht. Die Aufrechnung der Forderung aus der Schuldverschreibung gegen eine Forderung der Aktiengesellschaft unterliegt, da das deutsche Recht die Auftechnung von Forderungen aus Jnhaberpapieren gegen Forderungen des Gemeinschuldners nicht ver­ bietet, keiner besonderen Beschränkung sandere Rechte: § 53 Anm. 37]. 4. Schwierigkeiten ergeben sich bei Anleihen der Aktiengesellschaften — ebenso der unter den § 213 fallenden Körperschaften —, wenn die Rückzahlung sich auf Grund plan­ mäßiger Verlosung vollzieht, hinsichtlich der bei Konkursbeginn noch nicht aus­ gelosten Schuldverschreibungen. Die Jnhaberschuldverschreibung verbrieft ein abstraktes

Konkurs der Aktiengesellschaft.

415

Forderungsrecht (§§ 793, 794, 796 BGB.), nicht einen Darlehensanspruch (§§ 607ff.§207* BGB). Zwei Fälle sind zu unterscheiden (Cohn in Endemann's Handb. Bd. 3 § 428 § oqq unter XVI): 8 a) Rückzahlungssumme kann einheitlich für alle Schuldverschreibungen der Nennwert sein, der höher oder niedriger sein kann als der Ausgabepreis („verlosbare Anleihen", „obligations ä prime“). Hier steht die Forderung nach Dasein und Betrag von vorn­ herein fest, die Anwendung des § 69 bleibt daher ausgeschlossen (abw. Kohler Lehrbuch S. 346). So erleidet allerdings der Gläubiger, weil seine Forderung zum Nennbetrag angesetzt wird, bei Ausgabe über pari einen Verlust, während er bei Ausgabe unter pari einen Gewinn erzielt. Das Ergebnis mag im einzelnen Falle, da bei der Aus­ gabe mit langfristigem Kredit gerechnet zu werden pflegt, unbillig erscheinen. Allein die Gefahr des Kapitalverlustes liegt wie die Gewinnaussicht in der besonderen Art dieser Kreditgewährung. Jedenfalls läßt das geltende deutsche Recht eine andere Beurteilung nicht zu. Ist die verlosbare Anleihe verzinslich, so konkurriert die Forderung arg. § 65 I zum vollen Nennwerte [§ 65 Anm. 2, § 139 Anm. 5]. Bei Unverzinslichkeit findet sonst ein Abzug desZwischenzinses nach Maßgabe des § 65 II statt. Es fragt sich aber, was geschehen soll, wenn der Zeitpunkt der Fälligkeit — wie hier — ungewiß ist. Man hat geschlossen: Die Höhe des Abzugs ist unbestimmt, folglich auch der Betrag der zu berücksichtigenden Forderung selbst, somit deren Abschätzung nach § 69 geboten. Allein eine solche Schätzung wäre schon daruni bedenklich, weil ihr jede Wahrscheinlichkeitsunterlage fehlt. Sie widerstreitet aber auch dem Gesetze, da sie den Grundsatz des § 65, der keinen Unterschied macht zwischen naher und ferner, bestimmter und unbestimmter Berfallzeit, vollkommen ausschaltet. Nach § 65 I ersetzt der Konkurs die Auslosung; ein Abzug nach § 65II aber unter­ bleibt, weil die dort vorgesehene Berechnung unausführbar ist. Es findet also auch bei unverzinslichen verlosbaren Anleihen Anmeldung zum vollen Nennwerte statt. Im Ergebnis übereinstimmend Cohn zu Note 105d; abw. Goldstein § 5 unter 3 c, Kohler aaO., Bett S. 86 (der „ein wenig Willkür" in den Kauf nimmt) und die herrschende französische Theorie fAnm. 54]. b) Anders liegt die Sache bei den eigentlichen „Lotterie anleih en", „Prämien-Anm. 26. anleihen" („obligations ä lot“), die seit dem Reichsgesetze v. 8. 6.1871 (RGBl. S. 210) nur noch mit reichsgesetzlicher — seither nicht erteilter — Erlaubnis und überhaupt nicht mehr durch Aktiengesellschaften erfolgen dürfen. Bei Anleihen dieser Art sollen „einzelne" Gläubiger außer dem Nennwert noch einen durch das Los zu ermittelnden Gewinn erhallen. Auf den Gewinn — also auf einen den Nennwert übersteigenden Betrag — besteht hier nur eine bedingte Anwartschaft, der Eintritt der Bedingung aber ist durch den Konkurs und die daran geknüpfte „Auflösung" der Gesellschaft ver­ eitelt worden (abw. Bett S. 89). Auch bei Lotterieanleihen (aus der Zeit vor 1871) darf deshalb der Nominalwert und nur dieser angcmeldet werden. Nach Cohn aaO. zu Note 127 wäre der „Erwartungswert" zu liquidieren, dieser aber dadurch zu er­ mitteln, daß man den gegenwärtigen Wert aller Zahlungen fepstellt, die auf den un­ verlosten Rest der Anleihe noch zur Auszahlung kommen, und den so gewonnenen Wert durch die Anzahl der noch unverlost vorhandenen Lose dividiert. Französische

Lehre: Anm. 54.

IV. Die Konkursmaffe. 1. Die Konkursmasse begreift das gesamte beschlagsfähige Vermögen, das der Gesellschaft im Zeitpunkte der Konkurseröffnung gehört (§ 1). Erweiterung des Beschlags bei Eisenbahn­ unternehmungen: § 1 Anm. 21; Nießbrauch: § 1 Anm. 42. Die Pfändungsverbote spielen bei juristischen Personen eine unerhebliche Rolle. Da eine Erwerbsgesellschaft im Konkurse nur als Abwickelungsverband fortbesteht, wird es während des Verfahrens auch selten zu konkursfreiem Neuerwerb kommen. Immerhin sind z. B. unentgeltliche Zu­ wendungen denkbar und als Neuerwerb nach § 14 geschützt. Auch Reservefonds sind

Anm.27.

416

§207. §208.

Anm.28.

Konkurs der Aktiengesellschaft.

Bestandteile der Konkursmasse sAnrn. 16]. So auch ein Wohlfahrtsresetvefonds, besonders ein Pensions- und Unterstützungsfonds für Betriebsbeamte und Arbeiter. Im Konkurse der Gesellschaft können daher die Angestellten keinerlei Aus- oder Absonderungsrechte hinsichtlich der zum Wohlfahrtsfonds gehörenden Bestände geltend machen. Die Einrichtung hat ihren Zweck verfehlt. Anders, wenn selbständige Kassen zu­ gunsten der Angestellten errichtet sind. Solche kommen als juristische Personen (z. B. als Stiftungen, eingeschriebene Hilsskassen) vor, die ihrerseits konkursfähig sind (§ 213), häufiger aber in anderen Rechtsfornren, kraft deren die Angestellten bald gemeinsam die Aus­ sonderung der Bestände beanspruchen bald als Konkursgläubiger Befriedigung verlangen können. Bgl. Simon Bilanzen^ S. 254 ff., Rehm Bilanzen S. 559f. Möglicherweise läßt sich eine Mehrung der Konkursmasse im Wege der Gläubigeranfechtung er­ zielen (§ 37). Die Handlung der verfassungsmäßigen Gesellschaftsvertreter stellt die Handlung des nachmaligen Gemeinschuldners dar. Ihr Wissen und Wollen entscheidet (z. B. in Fällen der §§ 30, 31). Siehe § 30 Anm. 12, § 31 Anm. 30. Auch Entlastungs­ beschlüsse (§ 260 HGB., § 46 Nr. 5 GmbHG.) können anfechtbar sein ssiehe Anm. 11]. Auch Rechtsgeschäfte, welche die Gesellschaftsvertreter mit Gesellschaftern abgeschlossen haben. So z. B. Ermäßigungen der Beitragspflicht oder Gewinnverteilungen. Daß der die Gläubiger benachteiligende Rechtsakt in gesetzmäßiger Form zustande kam, steht der An­ fechtung nicht entgegen. 2. Den Grundstock der Masse bilden die Einlagen der Mitglieder. Zur Erhebung rückständiger Einlagen — im Konkurse der Aktiengesellschaft rückständiger Aktieneinlagen, im Konkurse der Gesellschaft mit beschränkter Haftung rückständiger Einzahlungen aus die Stammeinlagen — ist ausschließlich der Konkursverwalter berechtigt und verpflichtet, da das Recht auf die Rückstände Bestandteil der Konkursmasse ist (§§ 6 II, 117 I). Bgl. RG. v. 18. 2. 1896 IW. S. 189 Nr. 10, v. 9. 12. 1899 Bd. 45 155 (AktienG.), v. 8. 7. 1902 IW. S. 423 Nr. 26 (Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit) v. 15. 12. 1909 RG. 72 293 (AktienG.), v. 25. 3, 1899 IW. S. 305 f. Nr. 15, v. 23. 6. 1911 Bd. 76 435, 437 (GmbH.). Genossenschastskonkurs: Anm. 41. Einer Zustimmung der General­ versammlung bedarf es nicht, auch wenn dies sonst nach dem Statut der Aktiengesellschaft erforderlich ist. Ebensowenig im Konkurse der GmbH, einer Zustimmung der Gesellschafter, obgleich sie außerhalb des Konkurses schon durch das Gesetz verlangt wird (§ 46 Nr. 2 GmbHG.). Wiesner § 10 I 2a mit Lit. Bei der GmbH, hat der Konkursverwalter auch rückständige Nachschüsse einzuziehen (§ 26 GmbHG.). Dagegen kann er nicht selber anstatt der Gesellschafterversammlung die Verpflichtung zur Zahlung von Nachschüssen begründen. Wohl könnte die Gesellsckafterversammlung auch im Konkurs einen dahingehenden Beschluß fassen, namentlich um das Unternehmen nach Maßgabe des § 60 Nr. 4 GmbHG. zu retten. Allein das so erst während des Konkurses begründete Recht der Gesellschaft wäre konkursfreier Neuerwerb. Wiesner8 10IVmitLit. Auch eine Kapitalserhöhung könnte die General­ oder Gesellschafterversammlung zur Ermöglichung einer Fortsetzung der Gesellschaft während des Konkurses beschließen (§§ 278 ff. HGB., § 55 GmbHG.), wiederum aber mit dem Erfolge der Begründung konkursfreien Neuerwerbs. Als Änderung des Gesellschaftsvertrags erlangt

die Kapitalserhöhung vor der Eintragung in das Handelsregister keine Wirksamkeit (§ 277 III HGB., § 54 III GmbHG.). War sie daher vor Konkurseröffnung zwar be­ schlossen, aber noch nicht eingetragen, so kann, da die Schaffung neuer Mitgliedschaften außerhalb des Konkurszweckes liegt, der Konkursverwalter die Erhöhung nicht zugunsten der Masse verwirklichen. RG. v. 20. 10. 1911 Bd. 77 152. Auch rückständige Leistungen von anderen Gegenständen als Geld (z. B. Lieferung von Rüben, Waren), zu denen die Gesellschafter verpflichtet sind (§ 212 HGB., § 3 II GmbHG.), hat der Ver­ walter zu erheben, soweit er ihrer zur Fortführung des Betriebs bedarf. Goldmann HGB. § 292 Anm. 10, nicht anders Staub HGB.o § 292 Anm. 11, Vergütung: Anm. 18. Die Anfechtungsklage gegenüber einem solche Leistungen anordnenden Beschlusse würde während des Konkurses gegen den Konkursverwalter zu richten sein sAnm. 11]. Hier ebenso RG. v. 6. 5. 1911 Bd. 76 246. . Da der Anspruch auf Einlagerückstände zur Masse des

Konkurs der Aktiengesellschaft.

417

Gesellschaftskonkurses gehört, übt der Konkursverwalter auch das Recht der Kaduzierung § 207. aus (§ 219 HGB., §§ 21 ff. GmbHG). Bei der GmbH, knüpft sich daran die wichtige §208. Folge, daß für den Fehlbetrag die Mitgesellschafter nach Verhältnis ihrer Stammeinlagen *

aufkommen müssen (§ 24 GmbHG.). Diese Haftung besteht kraft Gesetzes schon vor der Konkurseröffnung und wird daher gleichfalls vom Verwalter des Gesellschaftskonkurses geltend gemacht. Konkurs des Aktionärs: § 17 Anm. 15, RG. v. 3. 4. 1912 Bd. 79 174, bes. 178. Der zahlende Aktionär kann die Aushändigung von Aktienurkunden ver­ langen [§ 17 Anm. 6]. An die satzungsmäßigen Leistungsmodalitäten (Form der Ein­ forderung, Zahlungszeit) ist auch der Konkursverwalter gebunden. Sind Termine nicht gesetzt, so steht die Einforderung im Ermessen des Verwalters. Nur hat er Aktionäre gleicher Gattung gleichmäßig in Anspruch zu nehmen (wenn ihm auch der Abschluß eines Vergleichs mit dem einzelnen Schuldner, also die Bewilligung einer Stundung oder eines Teilerlasses, im Rahmen seiner gesetzlichen Berfügungsbefugnis nicht verwehrt sein kann: OLG. Karlsruhe v. 26. 10. 1895, bestätigt durch RG. v. 18. 2. 1896 Bad. Annalen Bd. 62 S. 87ff., 101 ff.) und nur so viel einzufordern, als zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Denn der Zweck des Konkurses ist die Abwickelung des Unter­ nehmens, nicht ein Erwerbsbetrieb, der zur Ansammlung neuer Betriebskapitalien und zur Berteilung von Masseüberschüffen an die Mitglieder führen könnte. Daß zu viel verlangt werde, ist Einwendungstatsache und vom Gesellschafter zu beweisen. RG. v. 25. 3. 1899 IW. S. 305 f. Nr. 15, vgl. auch RG. v. 12. 2. 1902 Bd. 51 38; Behrend § 142 N. 15, Kohler Lehrbuch S. 119 ff., 276, 349, Bett S. 49 ff. Der Einwand, daß die Ein­ zahlung infolge der durch den Konkurs bewirkten Änderung der Verhältnisse ihren Zweck

nicht mehr erfülle, ist ausgeschlossen. Die Einlagen dienen nicht nur als Betriebskapital, sondern von vornherein auch als Haftungsfonds. ROHG. v. 11. 4. 1876 Bd. 20 S. 270 ff. Ein Aufrechnungsrecht gegenüber der Einlagepflicht ist dem Gesellschafter nach § 221 Satz 2 HGB., § 19 II GmbHG. versagt, nicht aber umgekehrt dem Verwalter des Gesellschaftskonkurses gegenüber der Gegenforderung eines mittellosen Rückstandsschuldners [§ 53 Anm. 16]. Freiwillige Zuschüsse, die von den Mitgliedern ausschließlich zum Zwecke der Abwendung des drohenden Konkurses geleistet worden waren, unterliegen, nachdem die Sanierungsversuche mißglückt sind, im gleichwohl eröffneten Konkurs einer Rückforderung kraft des § 812 I 2 Fall 2 BGB. Der Bereicherungsanspruch stellt eine bloße Konkursforderung dar. Einen Masseschuldanspruch würde er bilden, wenn die frei­ willigen Zuschüsse zum Zwecke der Ermöglichung eines Zwangsvergleichs während des Konkurses zur Masse selbst geleistet worden wären (was den Gesellschaftern durch den Grundsatz des § 1 nicht verwehrt wird), der Bergleichsversuch aber scheiterte. Zweckmäßiger ist es, solches Vermögen während des Konkurses auf dem oben bezeichneten Weg als konkurs­ freien Neuerwerb anzusammeln. 3. Bestandteile der Konkursmasse und als solche der ausschließlichen Berfügungs- und Anm.29. Prozeßführungsmacht des Konkursverwalters unterworfen sind ferner die schon bei Konkurseröffnung begründeten Ersatzansprüche der Gesellschaft, namentlich gegen Gründer, Mitglieder des Vorstands (Geschäftsführer der GmbH.) oder Aufsichts­ rats und gegen Liquidatoren (§§ 202—204, 241 f., 249, 298 HGB., §§ 9,11,43,52, 69 I GmbHG.). Das Gebot des § 268 HGB. beeinträchtigt die Selbständigkeit des Ver­ walters bei Verfolgung dieser Rechte nicht. Daß er die Ansprüche auch geltend machen „kann", wenn die Generalversammlung es nicht verlangt, ergeben Zweck und Fassung des Gesetzes („müssen"). Ein Zwang zur Erhebung einer ihm aussichtslos erscheinenden Klage aber wäre mit der Stellung des Verwalters unvereinbar. Vgl. RG. v. 10. 11. 1896 YW. S. 697 Nr. 29, v. 19. 5. 1897 IW. S. 384f. Nr. 8; Bett S. 55ff.; abw. Spaltenstein zum Konkurse der Aktiengesellschaft (Straßburg i. E. 1898; für das neue Recht S. 25 ff.). Entlastungs- und Anfechtungsklage: Anm. 11. Andrerseits kann der Verwalter als Zwangsvertreter der Gesellschaft (§ 6) deren Ansprüche nur so geltend machen, wie sie der Gesellschaft selber zustehen, also nur unbeschadet der gegenüber der Gesellschaft begründeten Einwendungen (vgl. Hamburg v. 6. 12. 1902 OLG. 6 S. 190).

418

§207. §208.

Sinnt.80.

Konkurs der Aktiengesellschaft.

Der Verzicht (Vergleich) des Konkursverwalters wirkt für die Gesellschaft (vgl. §§ 133 Nr. 2, 135, 136) wie seine sonstigen Verfügungen über Massegegenstände für den Gemein­ schuldner (§ 6). Es besteht nicht neben dem vom Verwalter auszuübenden noch ein konkursfreier Ersatzanspruch der Mitgliedergemeinschaft (der „Aktionärschaft"). Nur ein Ersatzanspruch ist vorhanden. Er unterliegt im ganzen der Verfügung des Verwalters, keineswegs bloß insoweit, als er zugleich nach den §§ 241 IV, 249 III HGB. unmittel­ bares Gläubigerrecht ^Anm. 30], oder bloß insoweit, als er zur Deckung der Konkurs­ gläubiger erforderlich ist. Soweit der Anspruch im Konkurse nicht erfüllt oder verbraucht wurde, steht nachher den Gesellschaftsorganen oder Gläubigern die Ausübung frei. Der Vergleich des Verwalters aber entlastet den Verpflichteten endgültig auch gegenüber der Gesellschaft und den Gläubigern. Ob und inwieweit der Konkursverwalter durch einen Verzicht persönlich haftbar wird, das bemißt sich nach § 82. RG. v. 25. 4. 1906 Bd. 63 203ff. = IW. S. 433ff. Nr. 24 datiert v. 28. 5. 1906 (Konkurs der Leipziger Bank); vgl. Breit HoldheimsMSchr. 12 S. 90 ff. Das Aktienrecht (nicht auch das GmbHG.) ermächtigt in den §§ 241 IV, 249 III, 298 II HGB. neben der Aktiengesellschaft unmittelbar auch die einzelnen Gesellschafts­ gläubiger dazu, pflichtwidrig handelnde Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder oder Liqui­ datoren auf Ersatz des erlittenen Schadens zu belangen, soweit die Gläubiger nicht von der Gesellschaft Befriedigung erhalten können. Der Zweck dieser Regelung geht dahin, die Gläubiger gegen die Gefahr zu schützen, daß die Gesellschaft selber unter dem Einflüsse der verantwortlichen Vertreter die Verwirklichung der Ersatzansprüche unterläßt. Darum soll den Gläubigern die Inanspruchnahme der Ersatzpflichtigen auch durch einen Verzicht der Gesellschaft nicht verschränkt werden; ja sie soll ihnen selbst dann offen stehen, wenn die schädigende Handlung auf einem Beschlusse der Generalversammlung beruht (§ 241 IV 2 HGB.). Es fragt sich, ob auch im Konkurse der Gesellschaft die einzelnen Gläubiger zur Inanspruchnahme der haftenden Gesellschastsvertreter — sei es für gesonderte Rechnung (Deumer SARpfl. 7 S. 461 ff.) oder zugunsten der Konkursmasse (Wieland ZHR. 56 S. 469 ff.) — berechtigt bleiben oder ob etwa der Konkursverwalter den Ersatz­ anspruch nicht nur anstelle der Gesellschaft (der Gemeinschuldnerin), sondern unter Ver­ drängung der Einzelklagen auch anstelle der Gläubiger zu verfolgen hat (RG. v. 19. 3.1897 Bd. 39 62, v. 17. 12. 1910 Bd. 74 428; Goldstein § 6 unter 5, Bett S. 59 ff., Hagen Gruchots Beitr. 42 S. 356 f., Kohler Lehrbuch S. 122). Nun läßt sich zwar nicht behaupten, daß im Konkurse das besondere Schutzbedürfnis der Gläubiger wegfalle, weil jede Gefahr einer Beeinflussung des Verwalters durch die Gesellschaftsvertreter aus­ geschlossen sei. Tatsächlich kann der Verwalter sich ihrer Einwirkung umso weniger ent­ ziehen, als er häufig auf ihre Auskunft angewiesen ist. Auch ergibt sich eine Verdrängung der Gläubiger durch den Konkursverwalter nicht schon daraus, daß ihnen die eigene

Geltendmachung des Ersatzanspruchs nur zugestanden wird, soweit sie von der Gesellschaft ihre Befriedigung nicht erhalten. Denn von diesem Standpunkt aus würde zwar die der Gesellschaft selber zustehende Ersatzforderung zunächst vom Verwalter zu verwirklichen sein; es wäre aber noch nicht erklärt, wie der Verwalter dazu kommen soll, auch Forderungen auszuüben, die zwar den Gläubigern, nicht aber der Gemeinschuldnerin zustehen (§ 241IV 2 HGB ). Den Ausschlag gibt vielmehr der oberste Grundsatz des Konkurses, das Prinzip der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger. Ihm widerstreitet es, daß auf Grund von Rechtshandlungen des nachmaligen Gemeinschuldners oder seiner Vertreter, die zu einer Verkürzung der Zugriffsmasse geführt haben, auch nach Konkurseröffnung noch Ersatzansprüche von einzelnen Gläubigern sollten erhoben werden können. Es muß dem Konkursverwalter Vorbehalten bleiben, die Ausgleichung des Schadens für gemeinschaftliche Rechnung der Benachteiligten, also für Rechnung der Konkursmasse, zu betreiben. Darum legt das Gesetz die Konkursanfechtung ausschließlich in die Hände des Verwalters (§ 36). Die Verantwortlichkeit der Gesellschaftsvertreter gegenüber den Gläubigern dient aber demselben Zwecke wie die Anfechtungsrückgewähr (§ 37). Auch jene kann daher nach Konkurseröffnung in angemessener Weise nur durch den Konkursverwalter

Konkurs der Aktiengesellschaft.

419

geltend gemacht werden. Auf ähnlichem Gedanken beruht die Vorschrift des § 217 IIH 207. (§ 171 II) HGB., derzufolge die Verantwortlichkeit der Aktionäre, die gesetzwidrig g 208. Zahlungen von der Gesellschaft empfangen haben, außerhalb des Gesellschaftskonkurses zwar zugunsten jedes Einzelgläubigers besteht, innerhalb des Konkurses aber nur vom Verwalter für Rechnung der gemeinsamen Befriedigungsmasse verfolgt werden kann. Vgl. auch §§ 1978 II, 1985 II 2 BGB. Überall handelt es sich um einen der Gläubiger­ anfechtung im Zwecke entsprechenden Schutz des Personalkredits. Bon diesem Standpunkt aus gelangt man zu angemessener Lösung zahlreicher Zweifelsfragen, für deren Beantwortung sonst jeder sichere Anhalt fehlt. So wenig als die Gläubiger­ anfechtung kann der Ersatzanspruch während des Gesellschaftskonkurses von Einzelgläubigern verfolgt werden und zwar auch dann nicht, wenn der Konkursverwalter die Verfolgung ablehnt [§ 36 Anm. 1]. Im Ergebnis ebenso RG. v. 17. 12. 1910 Bd. 74 430. So wenig als der Anfechtungsschuldner (§ 37) befreit sich der Ersatzpflichtige während des Konkurses durch Leistung an einen Einzelgläubiger (vgl. RG. v. 30. 5. 1896 Bd. 37 86). Sowenig als einen Anfechtungsanspruch [§ 37 Anm. 15] kann der Einzelgläubiger nach Konkursbeendigung den Ersatzanspruch insoweit verfolgen, als er durch Verfügungen des Konkursverwalters (Empfangnahme der Leistung, Erlaß, Stundung) verbraucht oder ab­ geschwächt worden ist (ebenso für den Vergleich RG. v. 19. 3.1897 Bd. 39 62). Folgerecht muß dann aber auch der § 13 AnfG. entsprechende Anwendung finden, namentlich zur Beantwortung der Frage, wie die Eröffnung des Gesellschaftskonkurses auf schwebende Einzelklagen einwirkt. Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung werden die Rückgewähransprüche wegen gesetzwidriger Auszahlungen auf Kosten des Stammkapitals ausschließlich als Bestandteile des Gesellschaftsvermögens behandelt (§ 31 GmbHG.). Die alleinige Zuständigkeit des Verwalters ergibt sich daher schon aus § 6. Genossen­ schaften: Anm. 41.

V. Die Beendigung des Konkurses.

1. Der Konkurs der Aktiengesellschaften und der Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist, Anm.31. was die Beendigung des Verfahrens betrifft, besonderen Vorschriften nicht unterworfen. Er kann daher wie der Regelkonkurs durch Aufhebung (§§ 163, 190) oder Einstellung (§§ 202, 204) beendigt werden. Eintragung in das Handelsregister: § 112 Anm. 2. Die Zulassung des Zwangsvergleichs, die auch de lege ferenda keinem Bedenken unterliegt (darüber eingehend Motive I Bd. 2 S. 144 ff., Motive II S. 443 ff.), steht außer Zweifel. Auch wenn die Gesellschaft bereits in Auflösung begriffen war, als der Konkurs eröffnet wurde, ist der Zwangsvergleich zulässig. Er führt aber nur zur Beseitigung des Konkurses als solchen. Nach dessen Beendigung ist wieder eine Liquidationsgesellschaft da, die nicht fortgesetzt werden kann ^Anm. 32]. Der Vergleichsvorschlag muß vom einheitlichen Willen der Vorstandsmitglieder (Geschäftsführer) oder Liquidatoren getragen sein [§ 173 Anm. 19]. Zuvor ist die Generalversammlung (Gesellschafterversammlung) zu befragen. § 253 II HGB. (§ 49 II GmbHG.). Behandlung der Gläubiger mit besonderen Vorrechten im Vergleichs­ verfahren, der Pfandbriefgläubiger im Konkurse der Hypothekenbank und der Versicherten im Konkurse der Lebensversicherungsaktiengejellschaft: § 61 Anm. 2 ff., § 64 Anm. 8, § 96 Anm. 3, § 139 Anm. 5, § 193 Anm. 10. Vgl. auch Hecht in Kohlens Enzyklopädie« I S. 1113s., Stern Schuldverschreibungsgläubiger S. 11 mit Lit. Besonderheit: § 6 II 2 EGzKO. Für das Vergleichsverfahren (§§ 173 ff.) bleibt zu beachten, daß Handlungen der Gesellschaftsorgane nur im Bereiche wirksamer Stellvertretung als Handlungen des Gemein­ schuldners gelten, können: § 175 Anm. 3, § 187 Anm. 10; Präventivakkord: ebenda Anm. 15 ff., 27.

2. Endet der Konkurs, ohne daß Gesellschaftsvermögen übrig bleibt, wie das inAnm.32. den Fällen der §§ 163, 204 die Regel ist, so erlöschen in dem Zeitpunkt, da die Konkurs­ beendigung wirksam wird [§ 163 Anm. 4, §§ 205 f. Anm. 4], Rechtspersönlichkeit und Firma. Der Registerrichter [§ 112 Anm. 2] hat die Firma von Amts wegen zu löschen. Bon Prozessen der Gesellschaft kann fortan keine Rede mehr sein [§ 146 Anm. 29]. Im Bereiche

420

§207* §208.

Konkurs der Aktiengesellschaft. des § 166 freilich kann es zu einem vorübergehenden Fortbestand oder Wiederaufleben der Abwickelungsgesellschaft und Bertretungsmacht des Konkursverwalters kommen. Ist nach Konkursbeendigung noch Gesellschaftsvermögen vorhanden, dann befindet sich die Gesellschaft kraft Gesetzes im Stande der Liquidation. Denn jede in Auf­ lösung begriffene Gesellschaft liquidiert, sofern nicht über ihr Vermögen der Konkurs „eröffnet ist": nur für seine Dauer hat er die Liquidation verdrängt (§§ 292 I Nr. 3, 294 HGB.; ebenso, wenn auch minder deutlich, §§ 60 I Nr. 4, 66 I GmbHG.). So namentlich in Fällen des Zwangsvergleichs (§ 190) und Konkursverzichts (§ 202). Der Konkurs wird hier — anders als bei Aufhebung des Eröffnungsbeschluffes (§§ 109, 116) — nicht rückgängig gemacht, der Eintritt der Auslösungstatsache (§ 292 I Nr. 3 HGB., § 60 I Nr. 4 GmbHG.) nicht etwa rückwirkend beseitigt. Allein während sonst die Rück­ bildung einer der Auflösung verfallenen Gesellschaft ausgeschlossen ist, greift hier eine wichtige Ausnahme Platz: durch bloßen Beschluß der Mitglieder (der General- oder Gesellschafterversammlung) kann in den Fällen des Zwangsvergleichs und Konkursverzichts die Fortsetzung der Gesellschaft herbeigesührt werden (§§ 307 II, 251 I HGB., §§ 60 I Nr. 4, 47 GmbHG.). So wird eine Erwerbsgefellschaft aus dem Abwickelungszustand in den Erwerbszustand zurückversetzt. Schon in der Satzung den Auflösungsgrund wegzubedingen, ist freilich ausgeschlossen. Auch läßt das Gesetz die Fort­ setzung nur in den beiden genannten Fällen, nicht nach Durchführung des Verteilungs­ verfahrens zu, mag dieses auch Überschüsse ergeben haben. Sie sind, wenn nicht eine Neu­

gründung erfolgt, den Mitgliedern im Liquidationswege zuzusühren (§ 300 HGB., § 72 GmbHG.). Ebenso würde eine Wiederaufrichtung nur durch Neugründung möglich sein, wenn der Konkurs im Liquidationszustand eröffnet, aber kraft Zwangsvergleichs oder Konkursverzichts beendet worden ist. Denn die Ausnahmevorschriften des Gesetzes (§ 307 II HGB., § 60 I Nr. 4 GmbHG.) setzen voraus, daß die Gesellschaft erst durch Eröffnung des Konkurses in Auflösung geraten war. An diesem Umstande ist die Fortsetzung der Berliner Grundschuldbank gescheitert (vgl. Hecht aaO. S. 1114). Die fortgesetzte Ge­ sellschaft ist die alte. Sie hat sich wieder erholt. . Berfügungsakte des Verwalters bleiben bindend. Der Schuldnerwiderspruch sAnm. 12] äußert nun seine Wirkung. Die Fort­ setzung hat besonders bei Hypothekenbanken den Wert einer Erhaltung der Konzession zum Hypothekenbankbetriebe (Stern S. 79 N. 9). Eine Notenbank hätte allerdings das Noten­ privileg endgültig verwirkt. Denn der § 49 Nr. 3 BankG. knüpft den Verlust bereits an die wirksame „Eröffnung" des Konkurses. Die Leipziger Bank hatte schon vor dem Konkurs auf ihr Notenprivileg verzichtet (vgl. Breit BankG. 1911 S. 291). Wird im Falle des Zwangsvergleichs die Fortsetzung nicht beschlossen — nach § 307 HGB. „muß" dies in keinem Falle geschehen —, so ruht die Bergleichshaftung auf der Abwickelungsgesellschaft. Anm.33.

Zusatz I. Konkurs der eingetragenen Genoffenschaften. Für eine eingehende Darstellung des Genossenschaftskonkurses und des ihm nachgebildeten Konkurses eines Versicherungs­ vereins auf Gegenseitigkeit sEinl.] ist hier kein Raum. Siehe namentlich R. Deumer Recht der eingetragenen Genoffenschaften (1912) S. 321 ff. mit Zit., für Gegenseitigkeitsvereine die § 61 Anm. 5 genannte Literatur. Die nachfolgende Übersicht über die Hauptgrundsätze des

Genoffenschaftskonkurses bezweckt eine Vergleichung mit dem Konkurse der Aktiengesellschaft. Anm.34.

1. Die eingetragenen Genossenschaften (Erwerbs- und Wirtschaftsgenoffenschaften) sind in das Genoffenschaftsregister eingetragene Körperschaften von nicht geschloffener Mitgliederzahl (mindestens 7) zum Zwecke der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes. So z. B. Vorschuß-, Kredit-, Rohstoff-, Konsumvereine, Absatz- und Produktivgenossenschaften (§§ lff. GenG.). Ihre Organisation (Vorstand, Aufsichtsrat, Generalversammlung, §§ 24ff. GenG.) ähnelt derjenigen der Aktiengesellschaft. In ihrem Wesen sind aber beide Gesellschaftsformen völlig verschieden. Die Genoffenschaftsform will die kleinen Landwirte und Gewerbetreibenden durch Zusammenschluß konkurrenzfähig machen gegenüber

421

Konkurs der eingetragenen Genossenschaften. dem modernen Großbetrieb.

Sie ist Personal-, nicht Kapitalvereinigung: die erforderliche § 207.

Kreditunterlage wird nicht durch alsbaldige Ansammlung eines großen Bereinsvermögens, § 208. sondern durch eine in dreifacher Abstufung vorkommende Mithaftung der Bereinsgenossen gewonnen. Das Bereinsvermögen ist kein festes Grundkapital, sondern veränderlich nach der jeweiligen, nicht geschlossenen Zahl der Mitglieder und nach der Höhe ihrer einzelnen Guthaben (societe ä Capital variable). In diesen beiden Punkten — der Mitgliederhaftung und der Veränderlichkeit des Bereinsvermögens — liegt der Hauptunterschied von der Aktien­ gesellschaft. Der Gegensatz und die Abstufung der Mitgliederhaftung treten klar hervor im Genossenschaftskonkurse. Die Genossen sind nämlich bei allen Arten der Genossenschaften nur für den Ausfall Anm.35. verantwortlich, den der Genossenschaftsgläubiger im Genossenschafts­ konkurs erlitten hat. Die Mitgliederhaftung steht zunächst in zweiter Reihe als eine nur gegenüber der Genossenschaft begründete und auf den Konkursausfall begrenzte „Nachschußpflicht" (Deckungspflicht). Unmittelbar an die einzelnen Genossen darf sich der Genossenschaftsgläubiger erst halten, wenn er durch die zur Genossenschastskasse er­ hobenen Nachschüsse nicht gedeckt worden ist. Eine dergestalt unmittelbare Verantwortlichkeit gegenüber den Genossenschaftsgläubigern kommt aber nur bei zwei Arten der Genossen­ schaften vor, bei den Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht und bei den Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht. Diese beiden unterscheiden sich dadurch, daß bei der ersten die Verantwortlichkeit weder gegenüber der Genossenschaft noch gegen­ über dem Gläubiger begrenzt ist, während sie sich bei der zweiten sowohl der Genossenschaft als dem Gläubiger gegenüber auf eine im voraus bestimmte Summe beschränkt. Bei der dritten Genossenschaftsart haben die Mitglieder gegenüber der Genossenschaft unbegrenzt, gegenüber dem Gläubiger aber überhaupt nicht für die Genossenschastsschulden einzustehen: Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschubpflicht. Sonach bildet die „Haftpflicht" der Genossen eine Verantwortlichkeit eigener Art: der Genossenschaft gegenüber eine Nach­ schußpflicht, dem Genossenschaftsgläubiger gegenüber eine Schadlosbürgschaft hinter der Genossenschaft. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ergibt der Konkurs einer Genossenschaft Anm. 36 mit unbeschränkter Haftpflicht hundert Prozent. So haben in allen 1909 und 1910 be­ endeten Konkursen von Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht die Konkursgläubiger überhaupt keinen Ausfall erlitten. Gleiches gilt für die 1911 beendeten Konkurse von Genossenschaften mit Nachschußpflicht. Auch ein beträchtlicher Teil der Konkurse von Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht führt zur Vollbesriedigung aller Konkursgläubiger. Nachweise in den Bierteljahresheften zur Statistik des Deutschen Reichs 1911 III 14, 38; 1912 III 10, 34. Noch günstigere Ergebnisse wären auf eine vom wirtschaftlichen Standpunkte aus sachgemäßere Weise zu erzielen, wenn die Nachschubpflicht der Genossen nicht erst innerhalb, sondern zur Abwendung des kostspieligen Konkursverfahrens ver­ wirklicht würde. 2. Die Konkursftzhigkeit der Genossenschaften beruht in ihrer Rechtspersönlichkeit. SieAnm.37. besteht nach der unserm § 207 II entsprechenden Vorschrift des § 98 II GenG, auch für eine in Auflösung begriffene Genossenschaft, solange die Bermögensverteilung noch nicht vollzogen ist. Ersatzansprüche der Genossenschaft aus § 90 in GenG, wegen vorschrifts­ widriger Verteilung stellen unverteiltes Vermögen dar (RG. v. 25. 10. 1905 IW. 1906 S. 40 Nr. 52, OLG. Jena v. 24. 11. 1908 LZ. 1910 S. 330). Ordnungsmäßiger Ber­ teilungsvollzug schließt die Konkursmöglichkeit und damit eine Inanspruchnahme der Genossen wegen ungedeckter Genossenschaftsschulden aus (Deumer S. 325, abw. ParisiusCrüger GenG.? § 98 Anm. 5). Aus § 97 I GenG, folgt, daß auch die nichtige Genossen­ schaft konkursfähig ist. Schon vor der Eintragung kann der Verband als Verein ohne Rechtsfähigkeit konkursfähig sein sAnm. 2]. 3. Konkursgrund ist die Zahlungsunfähigkeit, erst nach der Auflösung auch die Über-Anm.38.

schuldung der Genossenschaft (§ 98 I GenG.). Bei den Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht genügt schon während des Bestehens eine verschärfte, nämlich 1]4 des Betrags Jaeger, Konkursordnung.

5. Aufl.

Bd. n.

27

422

8207. §208. Anm.39.

Sinnt. 40.

Konkurs der eingetragenen Genossenschaften. der Haftsumme aller Genossen übersteigende Überschuldung (§ 140 Satz 1 GenG.).

Ratio

legis: § 102 Anm. 4. Das Vorliegen des Konkursgrundes steht der Wirksamkeit von Generalversammlungsbeschlüssen, die nach Konkurseröffnung unstatthaft wären, nicht ent­ gegen (Deumer S. 330 mit Zit.). 4. Zum Konkursantrage sind auf der Schuldnerseite alle Vorstandsmitglieder und Liquidatoren berechtigt (§§ 100, 118, 140 GenG.) und verpflichtet [§ 103 Anm. 5.]. Die Antragsbehandlung (§ 100 II GenG.) entspricht derjenigen bei der Aktiengesellschaft soben Anm. 6]. Eintragung in das Genossenschaftsregister: § 112 Anm. 2. Wegen Masse­ unzulänglichkeit darf der Eröffnungsantrag (nach § 100 III GenG, gegen § 107 KO.) nicht abgewiesen werden, weil der Konkurs den Weg zur Verwirklichung der Nachschußpflicht bildet [§ 107 Anm. 7]. Das Erfordernis des Nachweises einer Gläubigermehrheit besteht nicht [§ 102 Anm. 1]. 5. Gemeinschuldnerin ist die für die Konkurszwecke und nur für diese als Abwickelungsverein (§ 101 GenG.) fortbestehende juristische Person. Der Erwerb eines Grundstückes für die Genossenschaft kann innerhalb der Konkurszwecke liegen (§ 134 Nr. 2 KO., ObLG. v. 7. 6. 1907 LZ. S. 604f.), die Begründung weiterer Mitgliedschaften durch Beitritt neuer Genossen dagegen nicht (RG. v. 15. 1. 1902 Bd. 50 130, v. 20. 10. 1911 Bd. 77 154 f.). Zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten eines Gemeinschuldners wirken nach § 104 GenG, im Zweifel die bisherigen Organe weiter sAnm. 10ff.]. Siehe Deumer S. 336 ff. Die Genossen sind nicht Träger der Gemeinschuldner-Rolle. Sie sind andrer­ seits als solche (mit ihrem Geschäftsguthaben) auch nicht Konkursgläubiger [§ 3 Anm. 6]. Konkursgläubiger können sie mit Ansprüchen sein, die ihnen wie Dritten gegen die Genossenschaft zustehen (z. B. aus Darlehen an die Genossenschaft), aber auch mit dem Anspruch auf einen rückständigen, kraft richtiger Bilanzierung durch Beschluß der General­ versammlung zur Berteilung bestimmten Gewinn (§§ 19, 48 GenG.). Näheres Anm. 14 ff. Ein gesetzlicher Übergang von Konkursforderungen auf Genossen vollzieht sich nach Maßgabe

der §§ 122, 124 GenG, infolge der Befriedigung von Genossenschaftsgläubigern sAnm. 44]. Die innenrechtliche Ausgleichung unter den Genossen soll alsdann im Nachschußverfahren und nur in diesem verwirklicht werden. Darum spricht der § 124 GenG, lediglich von einem Eintritt des Befriedigenden in die Rechte, die dem Befriedigten als Konkursgläubiger „gegen die Genossenschaft" selbst zustehen. Zugleich erkennt aber auch die Vorschrift an, daß der Befriedigte aus seiner Konkursgläubigerstellung verdrängt wird, „soweit" ihn der Genosse nach Maßgabe des § 122 GenG, befriedigt. Im Falle bloßer Teilbefriedigung werden daher, da eine Doppelberücksichtigung desselben Schuldbetrags ausgeschlossen ist, kraft der Sondervorschrift des § 124 GenG, fortab der bisherige und der neue Gläubiger neben einander für verschiedene Teilbeträge als Konkursgläubiger berücksichtigt. Vgl. Sinnt.41.

Deumer S. 382 f. 6. Konkursmasse ist alles beschlagsfähige Vermögen, das der Genossenschaft bei Konkursbeginn zusteht. Ergänzend treten hinzu die Nachschüffe der Genossen (§§ 105ff. GenG.) Auf­ rechnungsschranke: oben § 53 Anm. 16, 25 u. §55 Anm. 12. Wie im Konkurse der Aktiengesellschaft kommen als Maffebestandteile auch Ersatzansprüche der Genossenschaft gegen Mitglieder des Vorstandes oder Aussichtsrates und gegen Liquidatoren in Betracht (§§ 34, 35, 41, 89, 90, 99, 118, 140 GenG.). Während des Genossenschaftskonkurses übt der Konkursverwalter ausschließlich auch die unmittelbar den Gläubigern zustehenden Ersatzansprüche der §§ 90 III, 142 GenG, für Rechnung der Gläubigergesamtheit aus, da die Ansprüche nur so ihren Zweck erfüllen (im Ergebnis ebenso OLG. Colmar v. 16. 12. 1909 LZ. 1910 S. 247 ff.). Siehe oben Anm. 30. Als Maffebestandteile hat der Verwalter des Genossenschaftskonkurses auch Einlagen der Genossen einzuziehen, die bereits vor Konkurseröffnung fällig geworden waren. Anders aber als im Konkurse der Aktiengesellschaft besteht eine vom Verwalter geltend zu machende weitere Einzahlungs­ pflicht der Genossen im Genosienschaftskonkurse nicht. Als Maffeaktiven kommen nur die schon bei Konkurseröffnung rückständigen Einlageschulden in Betracht, nicht auch solche, die satzungsgemäß späterhin noch fällig werden. Denn soweit die Einlagen als Betriebs-

Konkurs der eingetragenen Genossenschaften.

423

mittel und Gewinnbeteiligungsunterlage dienen, hat der Konkurs sie zwecklos gemacht; zur §207. Schuldendeckung aber setzt nun die Nachschub- und Haftpflicht der Genossen ein. RG. v.« 208 7. 5. 1910 Bd. 73 410ff., OLG. Königsberg v. 10. 5. 1907 LZ. S. 759ff.; Deumer • S. 344ff.,378, Parisius-Crüger GenG? § 7 Anm. 3 S. 95; abw. KG. v. 4. 3.1903 OLG. 6 S. 502 f., Begründung des GenG. S. 132. Das Recht auf die erforderlichen Nachschüsse ist ein Recht nicht der Genossenschaftsgläubiger, sondern der Genossenschaft als solcher. Sie ist die Gläubigerin der Nachschußpflichtigen. Sonst könnte schon mangels Gegen­ seitigkeit von der Aufrechnung einer „Forderung an die Genossenschaft" gegen die Nachschüsse (§ 105 V GenG.) gar keine Rede sein. Die Verbindlichkeit zur Leistung der erforderlichen Nachschüffe entsteht mit dem Konkurs und für diesen, wenn auch ihr Umfang erst noch der Berechnung bedarf. Darum gehört das Recht auf Nachschüsse zur Konkurs­ masse (§ 1 I KO.). Darum ist der Konkursverwalter und nur er der berufene Leiter des Umlageverfahrens (§§ 6, 117 KO.). Die Genossenschaftsorgane wirken unterstützend, zugleich im Interesse der Genossen, mit (§§ 115, 117, 122, 141 GenG.). Auch der hier unentbehrliche Gläubigerausschuß hat die Ausgabe der Überwachung des Verwalters sAnm. 47]. Der Verwalter hat die Nachschußansprüche im gesetzlich geregelten Umlage­ verfahren, also durch Einziehung, zu verwirklichen. Sie durch entgeltliche Abtretung an Dritte zu verwerten, gestattet ihm das Gesetz nicht (RG. v. 12. 10. 1904 Bd. 59 67 ff., KG. v. 24. 9. 1900 OLG. 1 S. 307 f.). Einlagerückstände dagegen könnte er wirksam abtreten (LG. Berlin v. 24. 3. 1909 KGBl. S. 57 f.). Daß dem Verwalter bei der Geltendmachung der Nachschußansprüche mit Rücksicht auf die grundsätzlich gleichmäßige Beitragspflicht der Genossen (§ 105 II GenG.) ein vergleichsmäßiger Verzicht schlechthin versagt wäre (auch etwa bei Unsicherheit der Verpflichtung), läßt sich nicht behaupten fsiehe Anm. 28]. Im gleichzeitigen Konkurse des Genossen bildet der Nachschußanspruch eine einfache Konkurssorderung. Steht ein Genosse, nicht aber die Genossenschaft selbst im Konkurse, so kann, da die Nachschußpflicht erst bei Eröffnung des Genossenschaftskonkurses entsteht und nur vom Verwalter dieses Konkurses geltend gemacht werden darf (§ 109 GenG ), von einer Anmeldung auch unter dem Gesichtspunkte des § 67 KO. keine Rede sein. Es würden ja auch, zumal bei günstigem Stande der Genossenschaft, alle Berechnungsunterlagen fehlen. Ist aber eine im Konkurse des Genossen anmeldbare Forderung der Genossenschaft nicht vorhanden, dann mindert auch ein in diesem Konkurse zustande kommender Zwangs­ vergleich den Nachschußanspruch der später selbst in Konkurs geratenden Genossenschaft nicht. Im übrigen siehe wegen der Nachschußpflicht Deumer S. 355 ff., 384 ff. a) Bei Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht (§§ 119—125 GenG.) hatAnm.42. der Konkursverwalter auf Grund eines nach der Bilanz (§ 124 KO.) zu entwerfenden einstweiligen Umlageplans, der Vorschußberechnung, den gesamten Fehlbetrag von den Genossen — im Zweifel nach Köpfen — zu erheben. §§ 106 ff. GenG. Weitere Umlagen auf Grund von Zusatzberechnungen können namentlich infolge Un­ vermögens einzelner Mitglieder oder wirksamer Beanstandung der Borschußberechnung (Aufdeckung rechnerischer Irrtümer) notwendig werden. § 113 GenG. Endgültig läßt sich der Fehlbetrag erst bestimmen, wenn das Konkursverfahren bis zum Beginne des Vollzugs der Schlußverteilung (§ 161 KO.) fortgeschritten ist. Diese endgültige Be­ rechnung, die Nachschußberechnung, ergänzt und berichtigt die Borschußberechnung und etwaige Zusätze derselben. „Unvermögende" (besonders zahlungsunfähige oder un­ erreichbare) Genossen werden in die Nachschußberechnung nicht mehr als leistungspflichtig eingestellt. § 114 GenG. Alle Berechnungen hat das Konkursgericht in Terminen den Beteiligten zur Erörterung zu unterbreiten und nach Erledigung von Einwendungen (durch unanfechtbaren Beschluß), gegebenen Falles nach Berichtigung für vollstreckbar zu erklären. §§ 108f., 113f. GenG. Die Vollstreckbarerklärung kann der Genosse nur im Wege einer Klage gegen den Verwalter binnen einer Notfrist von einem Monat (seit der Verkündung) anfechten. Das Urteil auf diese Klage wirkt Rechtskraft für und gegen alle Genossen. §§ Ulf. GenG.

424

§207. §208. Anm.43.

Anm.44.

Anm.45.

Anm.46.

Anm.47.

Anm.48.

Anm.49.

Konkurs der eingetragenen Genossenschaften.

Zur Verteilung gelangt zunächst lediglich das abgesehen von den Nachschüssen vorhandene Genossenschaftsvermögen. Nur soweit die bei der Schlußverteilung (§ 161 KO.) berücksichtigten Konkursgläubiger aus dieser Masse keine Deckung erhalten haben,

setzt nach § 105 I GenG, die Nachschußpflicht der Genossen ein. So kommt es, daß die Nachschüsse den Gläubigern stets im Wege einer Nachtragsverteilung (§ 168 KO.) oder einer Mehrheit von solchen zugeführt werden. § 115 GenG. Diese Nachtragsverteilungen beginnen erst nach Vollstreckbarerklärung der „Nachschuß­ berechnung". Bis dahin werden die Beiträge bei der nach § 132 KO. bestimmten Stelle hinterlegt oder zinsbar angelegt. Ein Widerspruch des Vorstandes (Liquidators) im Prüfungstermin hindert überdies die Auszahlung so lange, bis der Widerspruch im Klagewege beseitigt ist (§§ 115 II, 118 GenG.). Sollte ein Gläubiger noch nach drei Monaten seit Bollstreckbarerklärung der Nachschußberechnung nicht vollständig befriedigt sein, so darf er sich binnen der zwei nächsten Jahre unmittelbar an die Mitglieder der Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht halten, die als Gesamtschuldner und mit ihrem ganzen Vermögen für den Ausfall einzustehen haben. Die tabellarische Feststellung gegenüber der Genossenschaft ist zwar gegen die Mitglieder nicht vollstreckbar. Doch können diese, wenn Vorstand oder Liquidatoren der Feststellung zur Tabelle nicht widersprochen haben oder wenn ihr Widerspruch zurückgenommen oder rechtskräftig verworfen worden ist, nicht mehr mit Er­ folg bestreiten, daß zur Zeit jener Feststellung eine Genossenschaftsschuld begründet war. Wegen einer im Konkurse von irgend einer Seite bestrittenen Forderung dürfen einzelne Mitglieder nicht verurteilt werden, so lange die Bestreitung nicht erledigt ist. § 122 GenG. Der persönlich leistende Genosse rückt nach § 124 GenG, von Rechts wegen in das Konkursgläubigerrecht ein, das dem Befriedigten gegenüber der Genossenschaft zu­ steht [Anm. 40]. Haftung früherer Mitglieder: § 125 GenG. b) Bei Genossenschaften mit unbeschränkter Nachschußpflicht (§§ 126—130 GenG.) erschöpft sich die persönliche Verantwortlichkeit der Mitglieder in einem entsprechend verlaufenden Nachschußverfahren. c) Bei Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht (§§ 131—142 GenG.) dürfen die Umlagen des Konkursverwalters [Sinnt. 42] die satzungsmäßig bestimmte Haftungs­ summe nicht überschreiten und die Konkursgläubiger ihren Ausfall gegenüber dem einzelnen Genossen nur in Höhe der nicht schon durch die Umlagen aufgezehrten Haftungssumme verfolgen. d) Für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit ergibt sich aus § 19 PrivBUntG., demzufolge eine Haftung der Mitglieder gegenüber den Bereinsgläubigern ausgeschlossen ist, daß stets nur eine Nachschubpflicht der Mitglieder (Begrenzung: § 24 PrivBUntG.) in Frage steht. Es gibt also nur Gegenseitigkeitsvereine mit Nachschubpflicht, nicht auch solche mit Haftpflicht (§§ 50—52 PrivBUntG.). 7. In jedem Genossenschaftskonkurse muß ein Gläubigerausschuß» bestellt werden (§ 103 GenG.). Der mit weitgehenden Befugnissen ausgestattete Verwalter soll zum Schutze nicht nur der Gläubiger, sondern auch der Genossen von vornherein wirksam überwacht werden. Für Bersicherungsvereine gilt das nicht. Siehe § 87 Sinnt. 3. 8. Ein Zwangsvergleich ist mit Rücksicht auf die Haftung der Genossen unstatthaft (§ 116 I GenG). Eben deshalb ist eine Einstellung des Genossenschastskonkurses wegen Masseunzulänglichkeit (§ 204 KO.) ausgeschlossen (arg. § 100 III GenG.) und eine Einstellung wegen Konkursverzichtes (§ 202 KO.) erst nach Beginn der Schlußverteilung zulässig (§ 116 II GenG.). Gleiches gilt für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§ 52 II 2 PrivBUntG. mir § 116 GenG.). Siehe oben § 173 Sinnt. 18, §§ 202 ff. Einl. Die förmliche „Aufhebung" des durchgeführten Konkurses erfolgt erst nach vollständiger Erledigung des Nachschußverfahrens, nicht bereits (wie im Regelkonkurse) nach Abhaltung des Schlußtermins (§ 163 KO.). Denn das Nachschußverfahren bildet nur ein weiteres, ganz regelmäßiges Entwickelungsstadium des Genossenschaftskonkurses, in dem Konkursverwalter, Konkursgericht und Gläubigerausschuß fortdauernd tätig werden. Zust.

Konkurs der eingetragenen Genossenschaften.

425

Deumer S. 406 f.; abw. Wolff S. 502. Ist bei Konkursbeendigung kein Genossenschafts- § 207♦ vermögen mehr vorhanden, dann erlischt die Rechtspersönlichkeit der Genossenschaft, s £08. Registervermerk: § 112 Anm. 2. Verbleiben Aktivüberschüsse, so besteht die in Auflösung begriffene Genossenschaft bis zum Vollzüge der Vermögensverteilung als Liquidationsverband weiter (§ 101 mit §§ 83 ff. GenG.). Die der Auflösung verfallene Genossenschaft kann nicht durch einen Beschluß der Generalversammlung in eine werbende zurückgewandelt werden. Nur im Wege der Neugründung ist das Unternehmen für die Zukunft zu retten. Die Besonderheit des § 307 II HGB. sAnm. 32] soll zwar nach der ausdrücklichen Vor­ schrift des § 49 Satz 2 PrivBUntG. auch für den in seiner Verfassung der Genossenschaft entsprechenden Versicherungsverein aus Gegenseitigkeit gelten, so daß (da der Zwangs­ vergleich ausgeschlossen) wenigstens im Falle der Einstellung wegen Konkursverzichts das oberste Organ (§ 36 PrivBUntG.) die Vereinsfortsetzung beschließen kann. Für die Genossenschaft selbst aber fehlt eine solche Bestimmung. Der Gegenschluß ist daher, da es sich um Ausnahmesätze handelt, unabweisbar. KG. v. 15. 10. 1909 ZBlFG. 11 S. 102 ff., Deumer S. 408, Moser LZ. 1913 S. 55 ff.

Zusatz IL Fremde Rechte. Die Auslandsgesetze enthalten zumeist Sondervorschriften über Anm. 50. den Konkurs der Handelsgesellschaften. Siehe Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 1131 ff. und wegen der Aktiengesellschaften fortlaufende Nachweisungen bei Bett aaO. Konkursgrund: § 102 Anm. 7. Hervorgehoben sei: 1. Die Konkursfähigkeit der Aktiengesellschaft oder der Handelsgesellschaften überhaupt erkennen Anm.5i. ausdrücklich an z. B. Österreich (§§ 191, 197 s. KO., § 242 Nr. 4 HGB ), Ungarn (§§ 241, 243 KO., 8 201 Nr. 4 HGB.), die Schweiz (a. 192), Holland (a. 2 VI), Belgien (a. 440 III), Schweden (a. 56 f. G. v. 28. 6. 1895 bett. Aktiengesellschaften), Spanien (a. 221 Nr. 3, 925, 928), Portugal (a. 341 ff.), Italien (a. 189 Nr 4, 846, 849), Rumänien (a. 191 Nr. 4, 866, 869). Das englische Recht setzt an die Stelle des Konkurses (s. 123) bei registrierten Kompagnien eine besonders geordnete gerichtliche Liquidation (winding up by the court); über diese Borchardt-Kohler S. 212 ff. Über die Konkurssähigkeit der Aktien­ gesellschaft im französischen Recht Lyon-Caen et Renault a. Nr. 1136. 2. Die Ermächtigung des Konkursverwalters zur Einforderung von Einlagen erkennenAnm.52. ausdrücklich an z. B. Italien (a. 852), Rumänien a. 872: der Verwalter kann zur Er­ hebung in einer vom Konkursgericht bestimmten Höhe durch dieses „ermächtigt werden"), Spanien a. 925 („kann" erheben), Portugal a 349 („muß" zur Einzahlung aller Rückstände anhalten). Vgl. auch für die Schweiz a. 213 Hl SchBG. Für Frankreich bejaht der Kassationshof und mit ihm die herrschende Lehre das Einziehungsrecht des Verwalters; dieser sei sogar befugt, die Aktionäre ungleichmäßig zu „Zahlungen heranzuziehen (LyonCaen et Renault VIII Nr. 1186 mit Rechtspr.). Für Österreich lehrt Pollak S. 187, der Aktionär dürfe seinen „Vermögensanteil" als letztstelliger Konkursgläubiger geltend machen, Allein auch der Anspruch auf einen Anteil am Übererlös ist keine Konkursforderung (vgl. Rintelen S. 285 f. N. 2). Siehe im übrigen Pollitzer österr. Handelsrecht S. 283 f., v. Canstein Handelsrecht I S. 601 ff. Letzterer stellt N. 68 die Ermächtigung des Konkurs­ verwalters zur Einziehung rückständiger Einlagen in Abrede. Daß im Genossenschafts­ konkurse der Vorstand oder die Liquidatoren die Umlageberechnungen vorzunehmen haben, bestimmen die §8 61, 71 des österr. G. v. 9. 4. 1873. Daher spricht der Oberste Gerichts­ hof dem Verwalter das Recht ab, an den im Umlageverfahren angeordneten Verhandlungen teilzunehmen (E. v. 28. 12. 1906 LZ. 1908 S. 400). Über diese Fragen nun eingehend Pollak LZ. 1913 S. 497 ff. 3. Daß die Organisation der falliten Gesellschaften in den Grenzen des KonkurszwecksAnm.53. fortbesteht, wird für das französische Recht bestritten von Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 1191 f. Einzelne Gesetze erkennen das Fortbestehen ausdrücklich an, z. B. Ungarn (88 243, 246, für Österreich vgl. 8 197), Italien (a. 849), Spanien (a. 929), Portugal (a. 343), Rumänien (a. 869), Belgien (a. 440 HI), Schweden (a. 57 G. v. 28. 6. 1895), Argentinien (a. 1536 f.). Für England siehe s. 148. 4. Die Frage, in welcher Höhe die obligations ä prime fAnm. 25] im Konkurs an-Anm.54. meldbar sind, wird für Frankreich seit langem in Theorie und Praxis lebhaft erörtert. Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 1170 ff. mit Lit. Diese erklären von den vorgeschlagenen Systemen folgendes für das beste (S. 444 f.):

„les obligataires doivent etre colloques pour une somme comprenant: 1. le taux d’emission; 2. les fractions d’interets anterieurement reservees dans le but de constituer les primes;

426 §207. §208.

Anm.55.

Anm.56.

Konkurs der eingetragenen Genossenschaften.

3. une somme repräsentative de l’accroissement proportionnel de la valeur des obligations.“ Da indessen das positive Recht schweige, empfehlen die Verfasser eine nach ihrer Meinung vom Kassationshof gebilligte Schätzung ex aequo et bono: „c?est aux tribunaux ä appretier le Supplement ä ajouter au taux d’emission, en tenant compte du taux de sinteret stipule, du temps ecoule depuis Temission des obligations et du temps restant ä courir jusqu’ä l’expiration de la periode de remboursement.“ Bei den obligations ä lots sAnm. 261 sollen im Falle des Konkurses alle Verlosungen vorgenommen werden (ebenda Nr. 1171). Mehrere Gesetze erklären ausdrücklich den Emissionspreis für entscheidend. So Italien (a. 851), Rumänien (a. 871), Portugal (a. 345: falls der Emissionskurs unbekannt, ent­ scheidet der Nennbetrag der Obligationen). Dagegen bestimmt a. 69 des belgischen Ge­ setzes v. 18. 5. 1873: „En cas de liquidation, ces obligations ne seront admises au passif que pour une somme tont egale au Capital qu’on obtiendra en ramenant ä leur valeur actuelle, au taux de 5 p. c., annuites d’interet et d'amortissement qui restent ä echoir. Chaque Obligation sera admise pour une somme egale au quotient de ce Capital divise par le nombre des obligations non encore eteintes.“ Vgl. ZHR. Bd. 21 Beilageheft S. 169 ff. ö. Die Statthaftigkeit eines Zwangsvergleichs ist meist anerkannnt, mittelbar auch für das französische Recht im a. 531 c. com. Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 1207 ff. (in Nr. 1208 verneint für nichtige und aufgelöste Gesellschaften). Daß im Konkurse von Aktiengesellschaften und von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ein Zwangsvergleich zulässig ist, erkennt für das österreichische Recht die herrschende Lehre (v. Canstein § 31 N. 64, Pollak § 72 N. 15, Rintelen S. 335 N. 1), jetzt auch der Oberste Gerichtshof an (E. v. 31. 1. 1911 bei Friedländer KO.' § 207 Anm. 1). Im Genossenschaftskonkurse schließt ihn das österreichische Recht wie das deutsche aus (§ 52 II G. v. 9. 4.1873). Die Zulässigkeit einer Gesellschaftsfortsetzung nach Vergleichsabschlutz wird verneint (Pollitzer S. 283, v. Randa Handelsrecht? II S. 246). Die Möglichkeit einer Fortsetzung der Gesellschaft nach Abschluß eines Zwangsvergleichs bejahen ausdrücklich z. B. Italien (a. 853), Rumänien (a. 873), Spanien (a. 928). Für Portugal siehe a. 351 (Zwangsvergleich), a. 352 ff. (Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung).

§ 209. 3ni Falle der Zahlungsunfähigkeit einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien findet über das Gesellschaftsvermögen ein selbständiges Konkursverfahren statt. Über das

Vermögen einer Kommanditgesellschaft auf Aktien findet das Aonkursverfahren auch im Falle der Überschuldung statt.

Die Vorschrift des § 207 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

§ 210. Zu dem Anträge auf Eröffnung des Verfahrens ist außer den Konkurs­

gläubigern jeder persönlich haftende Gesellschafter und jeder Liquidator berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen persönlich

haftenden Gesellschaftern

oder allen Liquidatoren gestellt, so ist derselbe zuzulassen, wenn bei der offenen

Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft die Zahlungsunfähigkeit, bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien die Zahlungsunfähigkeit oder die Über­ schuldung glaubhaft gemacht wird.

Das Gericht hat die übrigen persönlich

haftenden Gesellschafter oder die Liquidatoren nach Maßgabe des § sO5 Abs. 2, 3 zu hören.

Früher §§ 198, 199. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat durch Einschaltung des § 209 I Satz 2 und durch Änderung des § 210 II Satz 1 diese Vorschriften mit den §§ 240 H, 320

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

427

III, 325 Nr. 8 HGB. in Einklang gebracht. Die ältere Fassung des § 210 II Satz 1 § lautete: „Wird der Antrag nicht von allen persönlich hastenden Gesellschaftern ober s allen Liquidatoren gestellt, so ist derselbe zuzulassen, wenn die Zahlungsunfähigkeit 8 der Gesellschaft glaubhaft gemacht wird." Materialien: Motive I Bd. 2 S. 206 ff., Motive II S. 447 f., Protokolle S. 120ff., 190, Begründung S. 45 f., Kommissionsbericht S. 1968.

209. 9-« ß

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und Kommanditaktiengesellschaft. Literatur: R. Koch, Konkurs der Handelsgesellschaften in Preußen, ZHR. 12 S. 137ff. (1868), Goldschmidt, Einfluß von Teilzahlungen eines Solidarschuldners auf die Rechte des Gläubigers gegen andere Solidarschuldner, insbesondere nach eröffnetem Konkurse, ZHR. 14 S. 397ff. (1869), A. Fick, Konkurs der Kollektivgesellschaft (Zürich, 1885; schweizerisches Recht, das deutsche berücksichtigt), Keyßner, Geltendmachung des Ausfalls im Konkurs der Handels­ gesellschaft gegen das Privatvermögen der Gesellschafter, ZHR. 30 S. 533ff. (1885), Habicht, Einfluß der Klage gegen die offene Handelsgesellschaft und des über dieselbe eröffneten Konkurses auf das Rechtsverhältnis des Gesellschaftsgläubigers zum Privatvermögen der Gesellschafter, BuschA. 46 S. 344ff. (1886), I. R. Schultze, Zur Auslegung des a. 122 HGB., Gruchots Beitr. 31 S. 767ff. (1887), O. Frankl, Konkurs der offenen Handelsgesellschaft nach österreich. Recht (Prag, 1891; überall das deutsche Recht berücksichtigt), Rindfleisch, Rechtliche Stellung des konkursfreien Privatvermögens des Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft vor und nach Eröffnung des Konkurses über das Gesellschastsvermögen (1894, Würzburger Diss.), K. Adler, Zur Entwickelungslehre u. Dogmatik des Gesellschaftsrechts (Berlin 1895), E. Jaeger, Konkurs der offenen Handelsgesellschaft (Freiburg 1897), A. Hinsberg, Klage gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft und a. 122 HGB., ZHR. 46 S. 70 ff. (1897), A. Burchardt, Feststellung im Konkurse der offenen Handelsgesellschaft (1900; Erlanger Diss.), E. Eich, Konkurs der Kommanditgesellschaft (1900, Rostocker Diss.), Frz. Pollitzer, Ansprüche der Gläubiger einer off. HG. in den Privatkonkursen der Gesellschafter, ZHR. 69 (1911) S. 313 ff. Statistik: §§ 207 f. Einl. I. Die Konkursvoraussetzungen.

1. Konkursmöglichkeit.

Die Konkursfähigkeit der offenen Handelsgesellschaft als solcherAnm. 1. entspricht ihrer Parteifähigkeit (§ 124 HGB.). Denn das Konkursverfahren ist eine besondere Prozeßart (§ 72). Gleiches gilt für die Kommanditgesellschaft (§ 161 II HGB.). Mag man in der Kommanditaktiengesellschaft (wofür unsere §§ 209f. sprechen) eine bloße Abart der Kommanditgesellschaft und darum eine Gemeinschaft zur gesamten Hand (Cojack Handelsrecht7 § 219 I) oder mit der herrschenden, durch die jetzige Fassung des § 320 III HGB. gestützten Lehre eine juristische Person erblicken (Staub HGB. 9 § 320 Anm. 2 mit Lit.), sie ist in jedem Falle parteifähig und folglich konkursfähig. Ob eine offene Handelsgesellschaft besteht, ist mitunter recht zweifelhaft. Der Wortlaut des Er­ öffnungsbeschlusses ist nicht ausschlaggebend ssiehe § 74 Anm. 4 mit Rechtspr.j. Kundgabe des Bestehens einer nichtbestehenden offenen Handelsgesellschaft kann dazu führen, daß im Verkehr eine solche angenommen wird (Staub HGB.9 § 123 Anm. 9 mit Zit.). Ein­ tragung der Firma in das Handelsregister ist bei Unternehmungen im Sinne des § 1 HGB. für die „Entstehung" einer offenen Handelsgesellschaft unwesentlich, die Anwendbar­ keit der §§ 209 ff. KO. insoweit also auch ohne Eintragung begründet (vgl. KG. v. 11. 1. 1905 OLG. 10 S. 212). Auch die in Auflösung begriffene Gesellschaft ist noch konkursfähig, so lange dieAnm. 2. Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist (§ 209 II mit § 207 II). Darüber §§ 207 f. Anm. 2; Jaeger aaO. S. 16 ff. mit Lit. Die Übernahme von Geschäft und Firma durch einen einzigen der bisherigen Gesellschafter oder einen einzelnen Dritten beendigt die Rechts­ gemeinschaft und schließt daher die Möglichkeit eines Gesellschaftskonkurses — von erfolg-

428

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

8209. §210.

reicher Anfechtung abgesehen — notwendig aus (vgl. RG. v. 28. 4. 1897 IW. S. 307 Nr. 20, LG. Freiberg v. 6. 7. 1894 SächsA. 4 S. 682). Die Konkursfähigkeit einer nichtigen Kommanditaktiengesellschaft läßt sich ableiten aus § 320 HI mit Z 3111 HGB. Für nichtige offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften fehlt es an einer dem § 311 I entsprechenden Analogie. Möglicherweise gilt die Vereinigung aus Rück­ sichten des Berkehrsschutzes gleichwohl als bestehend (Staub aaO. Anm. 8 ff., 11).

Sinnt. 3.

Bilden dieselben Personen mehrere offene Handelsgesellschaften (RG. v. 28. 1.1899 Bd. 43 81), so ist jede einzelne Gesellschaft selbständig konkursfähig. Jaeger S. 12 ff. mit abw. Lit.; interessantes Beispiel in RG. v. 15. 11. 1894 Bolze 19 Nr. 626. Dagegen kann über mehrere inländische Niederlassungen derselben Handelsgesellschaft nur ein Konkurs eröffnet werden [§ 1 Anm. 64, § 238 Anm. 1]. 2. Konkursgrund.

Sinnt. 4.

Bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft ist ausschließlich d i e Zahlungsunfähigkeit (§ 209 I Satz 1), bei der Kommanditaktiengesellschaft nach der Novelle von 1898 auch die Überschuldung Konkursgrund (§ 209 I Satz 2). Siehe

oben § 102 Anm. 4, §§ 207 f. Anm. 3. Die Zahlungsfähigkeit persönlich haftender Mit­ glieder steht der Eröffnung des Gesellschaftskonkurses nicht entgegen. Ebensowenig wird die Zahlungseinstellung eines Mitglieds für die Anwendung des § 30 im Gesellschafts­ konkurse maßgebend [§ 30 Anm. 13]. 3. Konkursantrag (§ 210). Sinnt. 5.

Sinnt. 6.

a) Antragsberechtigt sind wie für den Regelkonkurs (§ 103 II) Schuldner und Gläubiger. Der Schuldner-Antrag kann von jedem persönlich haftenden Gesellschafter — mag er zur Geschäftsführung und Vertretung berufen sein oder nicht — und, wenn sich die Gesellschaft bereits in Liquidation befindet, außerdem von jedem einzelnen Liquidator in Vertretung des Schuldners gestellt werden (§ 210 I). Siehe §§ 207 f. Anm. 5, Jaeger S. 52 ff. Zum Gläubiger-Antrag ist jeder einzelne Konkursgläubiger, nicht aber der Privatgläubiger eines Gesellschafters ermächtigt. Der Kommanditist hat als solcher, da er nicht Mitträger der Gemeinschuldner-Rolle ist sAnm. 10], kein An­ tragsrecht ; aber er kann es als Liquidator oder als Konkursgläubiger haben. Vgl. Motive II S. 447 f., Protokolle S. 120 ff. Geht der Konkursantrag nicht von der Gesamtheit der persönlich haftenden Gesell­ schafter oder Liquidatoren aus, so hängt seine Zulässigkeit von der Glaubhaftmachung des Konkursgrundes und beim Gläubiger-Antrag überdies von der Glaubhaftmachung der Konkursforderung des Antragstellers ab (§ 210 II 1 mit § 105 I). Als Schuldner sind die nichtantragstellenden persönlich haftenden Gesellschafter, im Liquidationsstadium als Schuldnervertreter die nicht antragstellenden Liquidatoren zu hören (§ 210 II 2 mit § 105 II, HI). Nur, wenn die Gesamtheit der Gesellschafter oder der Liquidatoren den Konkursgrund zugibt, ist der Fall, daß „der Schuldner" den Konkursgrund ein­ räumt (§ 105 II), gegeben. Darüber § 105 Anm. 2. Im Liquidationsstadium sind sonach weder zum Gesellschafterantrag die Liquidatoren noch zum Liquidatorenantrag die Gesellschafter zu hören. Die Behauptung, daß die Gesellschafter auch zu hören seien, wenn ein Liquidator oder die Liquidatorengesamtheit den Konkursantrag stelle (so v. Wilmowski-Kurlbaum § 210 Anm. 3), widerspricht der klaren Fassung des Ge­ setzes. Die gebotene Anhörung wird nicht dadurch erübrigt, daß der zu Unrecht Über­

Sinnt. 7.

Sinnt. 8.

gangene in seiner Beschwerde ausführt, weshalb er den Konkursantrag nicht für gerecht­ fertigt hält (KG. v. 11. 1. 1905 OLG. 10 S. 212). b) Eine Antragspflicht [§ 103 Anm. 5] besteht nur für die persönlich haftenden Ge­ sellschafter und Liquidatoren der Kommanditaktiengesellschaft (§§ 320 LH, 325 Nr. 8 mit 240 II, 298 II HGB.), also nicht für die Teilhaber und Liquidatoren einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. e) Konkursgericht ist das Amtsgericht der Hauptniederlassung. Siehe §§ 207f. Anm. 9; daselbst über den Registereintrag. Im Grundbuch ist der Konkursvermerk

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

429

nur bei den für die vergantete Firma eingetragenen Liegenschaften und Liegenschafts- § 209« rechten zu machen (§ 113). Durch die Eintragung des Konkursvermerks auf der zum § ^10. konkurssreien Privätvermögen eines Gesellschafters gehörenden Liegenschaft wird das Grundbuch unrichtig, weil insoweit eine Berfügungsbeschränkung durch den Gesellschafts­ konkurs nicht begründet wird (§§ 894, 899 BGB.). Die Eintragung ist gesetzwidrig im Sinne des § 54 I 1, nicht aber inhaltlich unzulässig im Sinne des § 54 I 2 GBO. Sie kann daher nicht von Amts wegen, sondern nur im Wege des Berichtigungsverfahrens gelöscht werden (§§ 13, 19, 22, 29 GBO.). Daß der Konkursverwalter das Grundstück für die Konkursmasse in Anspruch nimmt, genügt nicht. Der Streit ist im Prozeßweg auszutragen. II. Der Gemeinschuldner.

1. Das Konkursverfahren stellt eine besondere Prozeßart dar; deshalb entsprechen die Be-Anm. 9. griffe Parteifähigkeit und Konkursfähigkeit einander. Nicht aber ist damit gesagt, daß diejenigen Personen, die im Erkenntnisverfahren zur Vornahme der Parteihandlungen berufen sind, ganz in der gleichen Weise auch im Konkursverfahren Rechte und Obliegen­ heiten eines Gemeinschuldners wahrzunehmen hätten. Nur müssen die Träger der Be­ klagtenrolle auch Träger der Gemeinschuldnerrolle sein. Die herrschende Ansicht verneint nun entschieden die Rechtspersönlichkeit der offenen Handelsgesellschaft und der Kommandit­ gesellschaft. Staub HGB.o § 124 Anm. 1, 6 ff. mit Zit. Von diesem Standpunkte aus erscheinen die Gesellschafter auch als Träger der Gemeinschuldnerrolle. Nur vereinzelt wird auch noch für das neue Recht die offene Handelsgesellschaft als juristische Person betrachtet, die dann als solche — als ein von den Teilhabern unterschiedenes Rechtssubjekt — auch die Gemeinschuldnerin des Gesellschaftskonkurses darstellen würde (so Kohler Leit­ faden S. 170). Zum gleichen Ergebnisse würde die Annahme leiten, daß die offene Ge­ sellschaft wenigstens im Prozeß als juristische Person zu behandeln sei (Gaupp-Stein ZPO." § 50 II 4, für den Konkurs ähnlich Wolff § 209 Anm. 2, freilich im Wider­ sprüche mit § 244 Anm. 1, dagegen Graetzer LZ. 1912 S. 651 f.). Scheinbar stützt auch der § 50 II ZPO. die Lehre, daß die offene Handelsgesellschaft im Prozeß als juristische Person behandelt werden müsse. Allein man darf nicht folgern: was für den nur halb parteifähigen Verein ohne Rechtsfähigkeit gelte, müsse erst recht für die voll parteifähige offene Handelsgesellschaft angenommen werden. Denn beide Verbände sind ihrem Wesen nach verschieden. Der Verein ohne Rechtsfähigkeit hat sich immerhin als „Verein" organisiert: er will „Verein" und als solcher unabhängig von der Person seiner Mitglieder sein. Die Ablehnung der Rechtspersönlichkeit zwingt nun aber keineswegs zu dem Schluffe, daß Partei des Gesellschaftsprozesses die Gesellschafter als eine durch den Kollektivnamen der Firma bezeichnete Mehrheit von Einzelpersonen wären. Vielmehr sind Partei im Er­ kenntnisverfahren die jeweiligen Träger des Gesellschaftsvermögens in ihrer Verbundenheit, also die Gemeinschaft der Subjekte des Gesellschaftsvermögens, nicht die Summe der Personen, die Gesellschafter sind. Diese Gemeinschaft stellt eine prozeßunfähige Partei dar, die in den geschäftsführenden Gesellschaftern und während der Auseinandersetzung in den Liquidatoren ihre „gesetzlichen Vertreter" hat. Vgl. RG. v. 12. 10. 1899 Bd. 45 342, v. 8. 11. 1901 Bd. 49 426; Rosenthal Sachlegitimation (1903) S. 78ff., Jaeger LZ. 1910 S. 152 N. 1, 153f. Für das Konkursverfahren folgt daraus, daß nicht eine juristische Person Gemein-Anm. 10 schuldner ist, sondern daß dies die Gesellschafter selbst in ihrer Eigenschaft als Mitträger des Gesellschaftsvermögens sind. Als solche bilden sie die Herren der Konkursmasse, als solche die gemeinsamen Schuldner der Konkursgläubiger (§§ 1,3,6,14). Der Schuldnerbegriff kann für das formelle Konkursrecht kein anderer sein als für das materielle. Nur diese Konstruktion entspricht der Verkehrsausfassung, welche fraglos Vater und Sohn oder Söhne des verstorbenen Vaters, die ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betreiben, als die Schuldner der Geschäftsgläubiger und als die Gemeinschuldner betrachtet. Sie allein entspricht auch dem Gesetze, das in seinen Sondervorschriften über den Gesell-

430

§209. §210.

Anm.11.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

schaftskonkurs, allen einzelnen persönlich haftenden Gesellschaftern als solchen die Gemeinschuldnerrechte des Konkursantrags und Vergleichsanerbietens zuerkennt (§§ 210, 211) und von einer unmittelbaren Anwendbarkeit des Konkursstrafrechts (§§ 239—241) auf diese Gesellschafter als Schuldner und Gemeinschuldner ausgeht, weil sonst die offenbar absichtliche Nichterwähnung der persönlich haftenden Teilhaber im § 244 vollkommen un­ verständlich sein würde. Alle persönlich haftenden Gesellschafter, nicht nur die bisher geschäftsführenden und vertretenden, sind die Gemein­ schuldner des Gesellschaftskonkurses. Als solche werden sie eigenen Namens, nicht als Vertreter der Gesellschaft oder der Gesellschafter tätig. So auch die herrschende Meinung; siehe namentlich RG. v. 21. 7. 1895 IW. S. 454 Nr. 7, v. 24. 2. 1902 IW. S. 213 Nr. 3, OLG. Stuttgart v. 10. 7. 1909 SeuffBl. 75 S. 124, KG. v. 27. 9. 1912 KGJ. 43 S. 37; Motive II S. 447, Staub HGB.o § 131 Anm. 12, Lästig in Endemanns Handbuch I S. 399 ff., Cosack Handelsrecht? § 197 IV 3, Frankl S. 36 ff., Petersen-Kleinfeller § 209 Anm. 6, v. Sarwey-Bossert § 209 Anm. 1, v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2, Hellmann S. 588 Anm. 1, Fitting § 55 N. 7, Seuffert S. 75, Meyer KO. § 209 Anm. III, Kormann GruchotsBeitr. 57 S. 537 ff. u. a. Infolge der „Auflösung" im Sinne des § 131 Nr. 3, d. h. infolge der Verwandlung der werbenden Gesellschaft in eine Abwickelungsgemeinschaft, endet die bisherige Geschästssührungs- und Bertretungsmacht der Gesellschafter. RG. v. 28. 4.1886 Bd. 16 3; Protokolle zum HGB. Bd. 9 S. 4542 f.; v. Hahn HGB.^ a. 123 § 1, Staub HGB.v § 131 Anm. 9, § 136 Anm. 3, Lästig aaO. S. 401 zu Note 61; abw. Wolfs aaO. Die Liquidatoren als solche, d. h. insofern sie nicht Gesellschafter sind, erscheinen nicht als Gemeinschuldner, sondern als dessen gesetzlicheBertreter und. wirken auch als solche nur, soweit sie nicht durch den Konkursverwalter verdrängt sind (§§ 149, 150 HGB.). Das Recht, einen Zwangsvergleich vorzuschlagen, haben sie nicht (§ 211 I). Im übrigen siehe Anm. 11 u. 12. Im Konkurse der Kommanditgesellschaft sind die per­ sönlich haftenden Gesellschafter, nicht auch die Kommanditisten Gemeinschuldner. Dies ergibt sich mit aller Bestimmtheit daraus, daß die in den §§ 210, 211 behandelten Gemeinschuldner-Rechte den Kommanditisten stillschweigend abgesprochen sind. Zust. Staub HGB.b Exkurs zu § 177 Anm. 1; abw. behauptet Eich S. 64 f., die Kommanditisten seien zwar Gemeinschuldner, aber ohne die Rechte und Pflichten von solchen (?). Ist die Kommanditaktiengesellschaft eine juristische Person sAnm. 1], so ist sie selbst Gemeinschuldnerin und wird als solche durch die persönlich haftenden Gesellschafter oder Liquidatoren ver­ treten. Staub § 330 Anm. 7. 2. Was die Gemeinschuldner-Rechte betrifft, so hat das Gesetz die Frage, ob die Ge­ sellschafter ihre Befugnisse einzeln oder nur gemeinsam ausüben dürfen, nicht ein­ heitlich beantwortet. Der § 210 I ermächtigt jeden eindnen persönlich haftenden Gesell­ schafter und jeden Liquidator zum Konkursantrage (§§ 103 II, 104). Dementsprechend muß auch jedem von ihnen das Beschwerderecht gegenüber der nicht von ihm selbst er­ wirkten Konkurseröffnung zustehen (§ 109). RG. v. 21. 7. 1895 aaO.; abw. Hellmann S. 588f. Das Bestreitungsrecht im Prüfungsverfahren muß schon wegen der in den Grenzen des § 129 I HGB. bestehenden Wirksamkeit der Feststellung gegenüber jedem persönlich haftenden Gesellschafter auch jedem einzelnen von ihnen zugestanden werden. Zust. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, v. Sarwey-Bossert § 212 Anm. 1, Hellmann S. 589; abw. Burchardt S. 67 ff., der nur die einheitliche Bestreitung durch sämtliche Gesellschafter für wirksam hält, und Wolff § 209 Anm. 2, der die im Gesellschaftsvertrag erteilte Ber­ tretungsmacht für fortdauernd maßgebend erachtet ssiehe dagegen Anm. 10]. Folgen der Bestreitung oder Nichtbestreitung: § 164 Anm. 9. Wie das Bestreitungsrecht muß auch das Recht des Antrags auf Wiedereinsetzung nach § 165 jedem persönlich haftenden Gesell­ schafter zukommen. Desgleichen mit Rücksicht auf das eigene Interesse jedes Teilhabers die Befugnis zu Einwendungen gegen die Schlußrechnung des Verwalters (§ 86). Die Konkursbeendigung auf Grund eines Zwangsvergleichs kann nach § 2111 nur durch einhelligen Vorschlag aller persönlich haftenden Teilhaber erwirkt werden [§ 211 Anm. 1, 2]. Entsprechend muß auch der Einstellungsantrag des § 202 vom Willen der Gesamt-

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw. heit getragen sein.

431

Die Liquidatoren sind — vom § 210 I abgesehen — im Zweifel nur §

gemeinsam zur Vertretung ermächtigt (§ 150 HGB.). Zustellungen und Mitteilungen an § den Gemeinschuldner [§§ 207 f. Anm. 12] werden wirksam an einen der mehreren Liqui­ datoren (§ 171 III ZPO., § 150 II 3 HGB.), aber nur an alle persönlich haftenden Ge­ sellschafter gerichtet, da deren Bertretungsmacht erloschen ist sAnm. 10].

209♦ 210*

3 Die Gemeinschuldner-Pflichten treffen alle persönlich haftenden Gesell-Anm.12. schafter und alle Liquidatoren. Jeder von ihnen ist der Auskunft- und Offenbarungseidespflicht [§ 100 Anm. 4, § 125 Anm. 9], jeder den Zwangs­ mitteln des § 101 unterworfen [§ 101 Anm. 5]. Dagegen wollen Petersen-Kleinfeller §§ 210 f. Anm. 1 die Eidespflicht auf die bisher geschäftsführenden Gesellschafter beschränken. Allein, selbst wenn im Prozesse der bestehenden Gesellschaft nur die vertretungsberechtigten Teilhaber eidespflichtig sind (vgl. einerseits Staub § 124 Anm. 12, andrerseits Lehmann § 124 Anm. 5 mit Lit.), müssen sie im Konkurse sämtlich zum Offenbarungseide ver­ pflichtet sein, da im Auflösungsstadium die gegenseitige Vertretungsmacht aufhört fAnm. 10]. Auch kann man zwar im Parteieid, nicht aber im Offenbarungseid einen Dispositionsakt erblicken. Der Offenbarungseid ist nur ein Ausfluß der Auskunftspflicht, die ihrem Zwecke nach alle Teilhaber treffen muß. Ob der einzelne Gesellschafter so ausreichend unterrichtet ist, daß er volle Klarheit zu schaffen vermag, ist eine rein tatsächliche Frage, von deren Bejahung die Rechtspflicht der Auskunft und Eidesleistung nicht abhängt (gegen Kleinfeller Lehrbuch S. 182). Er hat ja nur zu schwören, daß er das Vermögen so vollständig an­ gegeben habe, „als er dazu imstande sei" [§ 125 Anm. 1]. Im Ergebnisse zust. Staub § 131 Anm. 12, Bondi ZZP. 32 S. 230, Hellmann S. 589 f. Postsperre: § 121 Anm. 3; Schließung der Geschäftsbücher: § 122 Anm. 4; Verlust staatsbürger­ licher Rechte: § 1 Anm. 68; Einfluß pflichtwidrigen Verhaltens einzelner Gesellschafter auf die Zulässigkeit eines Zwangsvergleichs: § 175 Anm. 3, § 187 Anm. 9. Dem Konkurs st rafrecht (§§ 239 ff.) sind alle persönlich haftenden Gesellschafter unmittel­ bar unterworfen. Jaeger S. 70 f., 81 ff. 4. Als Rechtshandlungen des Gemeinschuldners sind alle Verfügungen, die von den Ge-Anm.13. sellschaftern oder Liquidatoren nach Konkursbeginn über Massegegenstände vorgenommen werden, „den Konkursgläubigern gegenüber" unwirksam (§ 7). Die vor — im Falle des § 42 nach — Konkurseröffnung namens der Gesellschaft zum Nachteil ihrer Gläubiger vorgenommenen Rechtshandlungen sind nach Maßgabe der §§ 29 ff. im Gesell­ schaftskonkurse — nicht auch im Privatkonkurs eines Gesellschafters (RG. v. 21. 6. 1892 Bolze 15 Nr. 181) — anfechtbar. So eine unter den § 30 fallende Erfüllung einer Gesellschaftsschuld, nicht aber auch die Zahlung, die ein Gesellschafter eigenen Namens zur Erfüllung einer eigenen Schuld geleistet hat, mag auch dadurch zugleich die Gesellschaft als Bürgin oder Regreßverpflichtete entlastet worden sein (vgl. KG. v. 24. 3. 1909 OLG. 19 S. 207, Kiel v. 22. 3. 1909 OLG. 21 S. 181). Zahlungseinstellung „des Gemein­ schuldners" im Sinne der Vorschriften über Anfechtung und Aufrechnung wie im Sinne des Konkursstrafrechts ist die Zahlungseinstellung der Firma. Wegen des § 31 Nr. 2 siehe oben § 31 Anm. 27 (Verwandtschaft eines Teilhabers genügt).

III. Die Konkursgläubiger.

1. Konkursgläubiger sind die persönlichen Gläubiger der Gesellschaft, die einen beiAnm.14. Konkursbeginn begründeten und im Konkurse verfolgbaren Bermögensanspruch haben (§§ 3, 63). Ob die Verbindlichkeit aus einem Handelsgeschäft herrührt oder nicht, macht keinen Unterschied. Andrerseits ist die persönliche Schuld eines einzelnen Gesellschafters — „Privatgläubigers" — vom Gesellschaftskonkurs auch dann ausgeschlossen, wenn sie auf einem Handelsgeschäft beruht (Adler S. 114 f.). Auch eine Schuld, die Verbindlich­ keit sämtlicher Gesellschafter, aber nicht der Gesellschaft ist (z. B. aus § 840 BGB.), kann im Gesellschaftskonkurse nicht verfolgt werden (vgl. § 124 II HGB. gegen § 736 ZPO ). Die Gläubiger der Gesellschafter — darunter z. B. auch die Ehefrau eines Gesellschafters mit Forderungen aus der Verwaltung ihres Vermögens — sind, wenn nicht etwa Gesell-

432

8209. §210.

Sinnt. 15.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

schaftsvermögen nach Konkursbeendigung übrig bleibt, ausschließlich auf das Privatvermögen ihres Schuldners angewiesen, ohne aber hinsichtlich des letzteren vor den Gesellschafts­ gläubigern bevorzugt zu sein. Ja es haftet sogar der in eine bestehende offene Handels­ gesellschaft aufgenommene neue Gesellschafter für die vor seinem Eintritte begründeten Schulden der Firma (§ 130 HGB), während seine eigenen aus Handels- oder Nicht­ handelsgeschäften herrührenden Verbindlichkeiten — von besonderer Übernahme abgesehenen — selbst dann nicht auf die Gesellschaft übergehen, wenn er sein gesamtes Vermögen ein­ wirft. Jaeger S. 89 f. mit Lit. (daselbst über das frühere Absonderungsrecht der Privat­ gläubiger am Privatvermögen), Staub HGB.3 § 130 Anm. 8. Der zur Benachteiligung der Privatgläubiger vollzogene Eintritt eines Schuldners in eine Gesellschaft unterliegt übrigens der Anfechtung durch die Privatgläubiger und im Privatkonkurse durch dessen Verwalter. Vgl. RG. v. 6. 7. 1889 Bd. 24 14; v. Hahn HGB. a. 120 § 4, a. 122 8 2 N. 3. Konkurs des Einzelgesellschafters: § 212 Anm. 1 ff. Verbot der Sonder­ vollstreckung: § 14 Anm. 23. 2. Die Gesellschafter können jedenfalls ihren aktiven Kapitalanteil nicht als Konkursforderung anmelden (abw. Pollak S. 186 f.). Denn die Einlagen der Gesellschafter bilden den Grundstock der Haftungsmasse, „Teile des Gesamtrechts". Sie stellen ebensowenig Forderungen an die Gesellschaft dar, als das Aktivvermögen des Einzelkaufmanns eine Forderung an sein Geschäft bildet, wenngleich die kaufmännische Buchführung diese Bermögensteile als Guthaben erscheinen läßt. Siehe v. Canstein Handelsrecht I S. 435 f., 556. Sacheinlagen unter Eigentumsvorbehalt (communicatio quoad usum, § 732 BGB.) unterliegen der Aussonderung. Jaeger S. 102 mit Lit. Unerhobene Anteile am Gewinne des vorletzten oder eines früheren Geschäftsjahres sind nach § 122 II (§ 120) HGB. — von entgegenstehender Vereinbarung abgesehen — dem Kapitalanteile des Gesell­ schafters endgiltig zugewachsen. Eine Konkursforderung in Höhe dieser Beträge besteht daher zweifellos nicht. Dagegen ist streitig, ob der Anspruch auf Entnahme von Zinsen und etwaigen Gewinnüberschüssen des letzten Jahres nach § 122 I HGB. eine Konkurs­ forderung bildet. Die Denkschrift des HGB. S. 96 stellt die Entscheidung der Wissenschaft und Rechtsprechung anheim. Bejaht wird die Frage mit unseren früheren Auflagen von Hellmann S. 591, für den Fall, daß der Entnahmeanspruch schon vor dem Konkurse geltend gemacht war, auch von Makower HGB?3 S. 328 und (bei Anerkennung durch die Gesellschaft) von Cosack Handelsrecht7 § 197IV 2 c, schlechthin verneint von Staub HGB? § 131 Anm. 13 (mit § 122 Anm. 10 a. E. kaum vereinbar). Man wird auch diese dem Kapitalanteil noch nicht zugewachsenen Ansprüche des § 1221 HOB. nicht als Forderungen an die Gesellschaft, sondern lediglich als Rechte gegenüber den Mitgesellschaftern betrachten und ihnen die Eigenschaft von Konkursforderungen umso mehr absprechen müssen, als sie schon bei gewöhnlicher Liquidation entfallen (§ 155II3 HGB.). Der Anspruch auf Gewinnanteile, die einen Kommanditisten über den unter den Gesellschaftern vereinbarten Einlagebetrag hinaus zugefallen und nach § 167II nicht mehr auf Kapital-, sondern auf Privatkonto gebucht worden sind, bildet eine Konkursforderung im Gesellschaftskonkurse (zust. Staub § 167 Anm. 1). Konkursforderungen sind ferner die Ersatzansprüche eines Gesellschafters für Verwendungen und Verluste nach § 110 HGB. Denn nach den klaren Worten des Gesetzes ist „die Gesellschaft verpflichtet". Mit der Kapitalbeteiligung hat dieser Anspruch nichts zu tun. So auch die herrschende Lehre, namentlich v. Hahn a. 122 § 20 u. S. 532, Staub § 110 Anm. 2, § 131 Anm. 13, Ritter HGB. § 110 Anm. 5, Hellmann aaO., Wolff KO. § 209 Anm. 2, v. Canstein I S. 522, Frankl S. 44, jetzt auch Cosack aaO.; vgl. RG. v. 12. 6. 1893 Bd. 31 143; abw. Gierke Genossenschafts­ theorie S. 565 N. 2, Lehmann HGB. § 144 Anm. 4. Zweifellos Konkursforderungen sind endlich die Ansprüche, die den Gesellschaftern wie Nichtgesellschaftern aus be­ sonderen Rechtsgeschäften (Darlehen, Kauf, Miete) oder auf Grund ungerechtfertigter Be­ reicherung des Gesellschaftsvermögens vor Konkursbeginn erwachse^ oder durch Rechts­ nachfolge in die Forderung eines Gesellschaftsgläubigers zugeflossen sind. Die Sonderguts­ eigenschaft des Gesellschaftsvermögens läßt das Bestehen derartiger Schuldverhältnisse zu,

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

obwohl die offene Handelsgesellschaft keine juristische Person ist.

433

209. H 210.

Bgl. namentlich Behrend §

§ 77, v. Hahn S. 524f., 530f., Gierke aaO. S. 539ff.; abw. Adler S. 115ff. (dawider JaegerS. 34ff.). Der bei Konkursbeginn bereits ausgetretene oder ausgeschlossene Gesellschafter (vgl. §§ 138, 139II, 140 s. HGB.) hat sein Auseinandersetzungsguthaben als Konkursgläubiger zu beanspruchen (§ 738 BGB.). Seine Kapitalbeteiligung hat aus­ gehört; er steht nun der Firma wie ein Dritter gegenüber. Mitträger der Gemein­ schuldnerrolle ist er nicht, mag er auch noch für Gesellschaftsschulden haftbar sein (vgl. § 159, § 143 mit § 15 HGB.). Jaeger S. 97 mit Lit. Daß ein anderer Gesellschafts­ gläubiger, dem der Ausgeschiedene auf Grund der §§ 143, 15 HGB. noch haftet, die Fest­ stellung der Konkursforderung auf das Auseinandersetzungsguthaben vereiteln könne (v. Wilmowski-Kurlbaum § 209 Anm. 4), trifft nicht zu.

3. Die Anmeldung einer Konkursforderung zum GeseÜschaftskonkurs unterbricht dieAnm.16. Anspruchsverjährung und zwar nicht nur gegenüber der Konkursmasse, sondern auch gegenüber den sämtlichen Gesellschaftern, die ihr bei Konkursbeginn angehört haben (§ 160 HGB.). Mit dem Ende des Tages, an dem die zur Auflösung der Gesellschaft führende Eröffnung des Gesellschaftskonkurses nach § 32 HGB. in das Handelsregister eingetragen wird [§ 112 Anm. 2], beginnt für Ansprüche gegen einen Gesellschafter die fünfjährige Verjährungsfrist des § 159 HGB. Näheres Jaeger LZ. 1910 S. 31 ff.; dazu oben § 25 Anm. 27, § 164 Anm. 9. Ausklagung eines Teilhabers während des Gesellschaftskonkurses: § 212 Anm. 4. IV. Die Konkursmasse.

Die Konkursmasse begreift alles beschlagsfähige Vermögen, das der Gesellschaft imAnm.i?. Zeitpunkte der Konkurseröffnung gehört (§ 1). So vor allem die Einlagen der Gesellschafter, falls sie bei Konkursbeginn bereits in das gesellschaftliche Gesamtrecht über­ gegangen sind. Die Verbindlichkeit zur Entrichtung der Einlage bildet ein Masseaktivum, das der Einziehung durch den Konkursverwalter unterliegt (§§ 6, 117). Laband ZHR. 31 S. 26, 41, Frankl S. 42, Kohler Lehrbuch S. 119, 349; abw. Fick S. 57f., Adler S. 98ff. Für die Modalitäten und die Grenzen der Einziehung gelten die Bemerkungen zu §§ 207 f. Anm. 28; Aufrechnung: § 53 Anm. 16. Für die Höhe der Einlagepflicht ist bei persönlich haftenden Gesellschaftern das Einlageversprechen, bei Kommanditisten nach näherer Maßgabe des § 172 HGB. der Registereintrag maßgebend. Bis zur Höhe seiner rückständigen Einlage haftet der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern unmittelbar (§ 171 I HGB.). Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung (§ 171II HGB.) macht im Konkurse der Kommandit­ gesellschaft der Konkursverwalter und er allein die Haftung des Kommanditisten für Rechnung der Konkursmasse und damit im gemeinsamen Interesse der Gesellschaftsgläubiger geltend ssiehe §§ 207 f. Anm. 30]. Die einzelnen Gesellschaftsgläubiger können daher während des Gesellschaftskonkurses die beschränkte persönliche Haftung eines Kommanditisten nicht wie die unbeschränkte eines offenen Teilhabers verwirklichen. Der Konkursverwalter verlangt Zahlung einer dem Einlagerückstand entsprechenden Geldsumme zur Konkursmasse. Leistungen, durch die der Kommanditist schon vor Konkurseröffnung freiwillig oder gezwungen Gesellschafts­ schulden getilgt hat, mindern den der Masse gebührenden Betrag. RG. v. 21. 11. 1908 LZ. 1909 S. 140 Nr. 6; Aufrechnung: § 53 Anm. 16. Für den Umfang der Haftung des Kommanditisten ist nicht schlechthin das Jnnenrechtsverhältnis zwischen Kommanditist und Gesellschaft maßgebend, so daß dieser dem Konkursverwalter den Einwand der Simulation oder der Anfechtbarkeit wegen eines Willensmangels entgegen halten könnte. Vielmehr ent­ scheidet insoweit der Registereintrag, als ihn die Kommanditisten gegen sich gelten lassen müssen und als ihn die Gläubiger anrufen dürfen. RG. v. 12. 2. 1902 Bd. 51 37. Der Erfolg einer solchen Inanspruchnahme von Kommanditisten fließt nach der Stellung des im § 171 n HGB. zur Ausübung des Rechtes berufenen Konkursverwalters stets zur allgemeinen Konkursmasse. Würde dadurch ein einzelner Gesellschaftsgläubiger, der mit dem Kommanditisten Sonderabmachungen getroffen hatte, ungerechtfertigt auf Kosten des Kommanditisten bereichert, so mag dieser ihn persönlich belangen. Die abweichende Konstruktion von Kohler ArchZivPrax.

434

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

§ 208. 8 210.

95 S. 342 ff. ist unhaltbar.

Anm.i8.

Auch Schadensersatzansprüche „der Gesellschaft" gegen einzelne Mitglieder z. B. wegen unbefugter Entnahme von Geldern aus der Gesellschaftskasse (§ 111 HGB.), wegen Verletzung des Konkurrenzverbots (§§ 112 f. HGB.) oder wegen Vernachlässigung der in Gesellschastsangelegenheiten geschuldeten Sorgfalt (§ 708 BGB.) bilden Massebestandteile. Laband S. 27 f., S. 41, Frankl S. 42 f. Daher ist ausschließlich der Konkursverwalter er­ mächtigt, solche Ansprüche zu verfolgen (§ 6), nicht aber ein Mitgesellschafter, auch nicht für Rechnung der Masse (abw. OLG. Dresden v. 27. 1. 1909 SARpfl. 4 S. 527). Schwebt bei Eröffnung des Gesellschaftskonkurses ein Rechtsstreit wegen eines Anspruchs der Gesellschaft, dann greift der § 240 ZPO. mit § 10 KO. Platz.

Die Maßgeblichkeit des Registereintrags für die Haftung schließt

aus, daß auch im Falle des § 171II HGB. Erfüllungsort im Sinne des § 29 ZPO. der Ort ist, an dem die rückständige Einlage der Gesellschaft gegenüber zu leisten sein würde (vgl. RG. v. 30. 5. 1896 Bd. 37 82, v. 3. 4. 1900 Bd. 46 352). Verfolgung im Konkurse des Kommanditisten: § 3 Anm. 3. Keinesfalls kann der Konkursverwalter offene Teilhaber über den Betrag ihres Einlageversprechens hinaus auf Begleichung ihrer Passivsalden belangen. Diese Posten bilden ebensowenig schlecht­ hin Masseaktiven (Ansprüche „der Gesellschaft"), als die Aktivsalden der Gesellschafter schlecht­ hin Massepassiven (Schulden der Gesellschaft) darstellen. Nur für die Auseinandersetzung der Mitglieder untereinander bedeuten die Passivsalden Schulden. Das einseitige Interesse der Gesellschaftsgläubiger spielt hier keine Rolle. Diese müssen vielmehr, soweit der Passivsaldo des Gesellschafters seine Einlageverbindlichkeit übersteigt, die Konkurrenz der Privatgläubiger dulden. Behrend § 83 Note 13, v. Hahn HGB. a. 122 § 18, jetzt auch Cosack? § 197 IV 2b; abw. Staub § 131 Anm. 13, Kleinfeller Lehrbuch S. 182 (unter Berkennung der Natur des Passivsaldos).

V. Die Beendigung des Konkurses im allgemeinen. Anm.i9.

1. Die Beendigung ist Aushebung (§§ 163, 190) oder Einstellung (§§ 202, 204). Für den Fall, daß der Zwangsvergleich Aufhebungsgrund ist, greift die besondere Vorschrift des § 211 ein. Sonst bewendet es bei den Normen des Regelkonkurses. Eintragung der Konkursbeendigung in das Handelsregister: § 112 Anm. 2.

Anm.20.

2. Der Konkurs bewirkt eine unter gerichtlicher Aufsicht verlaufende Zwangsabwickelung, die jede andere Liquidation ausschließt, aber eben nur für die Dauer des Konkurses. Bleibt bei Beendigung des Konkurses noch unverteiltes Aktivvermögen übrig, so befindet sich die Gesellschaft, die durch die Konkurseröffnung selbst in den Auflösungszustand versetzt worden war (§ 131 Nr. 3 HGB.), nach der Regel des § 145 HGB. ohne weiteres in Liqui­ dation. So auch dann, wenn die Liquidation schon vor dem Konkurse begonnen hatte, aber durch diesen verdrängt worden war. Alsdann wirkt der bisherige Liquidator, der auch während des Konkurses — keineswegs nur bei dessen Eröffnung (gegen v. WilmowskiKurlbaum § 209 Anm. 6) — als Schuldnervertreter fortfungierte sAnm. 10 ff.], befreit von den Schranken des § 6 weiter. Einer erneuten Bestellung bedarf es nicht. RG. v. 4. 3. 1910 LZ. S. 546 Nr. 4. Für die Fälle des Zwangsvergleichs und Konkurs­ verzichts (§§ 190, 202) bestimmt der § 144 HGB. ausdrücklich, daß die Gesellschafter die Fortsetzung der durch den Konkurs der Auflösung zugesührten Gemeinschaft, also die Rückwandelung in eine werbende Gesellschaft, beschließen können. Die Fortsetzung bedeutet keine Neugründung. Die fortgesetzte Gesellschaft ist die bisherige und dementsprechend auch Trägerin der alten — im Zwangsvergleichsfalle abgeschwächten — Gesellschafts­ verbindlichkeiten (RG. v. 13. 2. 1892 Bd. 28 130). Fortbestand eines der Gesellschaft zustehenden Nießbrauchs: § 1 Anm. 42. Mit Recht faßt die herrschende Lehre den § 144 HGB. im Gegensatze zum §30711 HGB. [§§ 207 f. Anm. 32] nicht als Ausnahme­ satzung auf und hält dementsprechend die Rückbildung auch in anderen Fällen für möglich. So nach Durchführung des Konkurses und namentlich auch dann, wenn die Gesellschaft bei Konkurseröffnung sich bereits in Liquidation befand. KG. v. 11. 6. 1907 LZ. 1908 S. 83, Moser LZ. 1913 S. 57 N. 7 mit Lit.; abw. Wimpfheimer Gesellschaften

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

435

im Stadium der Liquidation 1908 (S. 126) mit Lit. N. 16. Der Unterschied rechtfertigt § 211. sich aus der Erwägung, daß eine grundsätzliche Unwiderruflichkeit der Auflösung zwar bei juristischen Personen, nicht aber bei Gemeinschaften mit persönlicher Haftung der Mit­ glieder durch das Gläubigerinteresse gefordert wird. Geht bei Ausschüttung der Masse (§ 163) alles Aktivvermögen auf, so endet mit dem Konkurs auch die Abwickelungs­ gesellschaft. Für eine Liquidation ist solchenfalls, wenn auch Schulden ungedeckt bleiben, kein Raum. RG. v. 30. 10. 1897 Bd. 40 31. Zusatz. Fremde Rechte. Die Konkursfähigkeit der offenen Handelsgesellschaft usw. istAnm.21. wohl überall anerkannt. Einzelheiten siehe bei Jaeger aaO., wo das österreichische, schweizerische und französische Recht durchgängig berücksichtigt sind. Bgl. auch den Zusatz zu § 212.

§ au. Ein Zwangsvergleich kann nur auf Vorschlag aller persönlich haftenden

Gesellschafter geschlossen werden. Der Zwangsvergleich begrenzt, soweit er nicht ein Anderes festsetzt, zugleich den Umfang der persönlichen Haftung der Gesellschafter. Früher § 200. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat im Abs. II die Worte „der persönlichen Haftung der Gesellschafter" mit Rücksicht auf den Sprachgebrauch des BGB. und HGB. an Stelle der Worte „der solidarischen Haftung der persönlich haftenden Gesell­ schafter mit ihrem sonstigen Vermögen" gesetzt. Materialien: Motivel Bd. 2 S. 211 f., Motive II S. 448, Protokolle S. 122, 190, Begründung S. 46. VI. Der Zwangsvergleich im besonderen.

1. Der Bergleichsv orschlag (§§ 173f.) muß nach § 2111 von allen persönlich haftenden Anm. 1. Gesellschaftern — „dem Gemeinschuldner" — ausgehen und noch im Bergleichstermine von ihrem übereinstimmenden Willen getragen sein [§ 173 Anm. 19, 23]. Kommanditisten und Liquidatoren haben kein Vorschlagsrecht, ebensowenig ein vor Konkursbeginn aus­ getretener oder ausgeschlossener offener Teilhaber ftiehe Anm. 4 ff.]. An die Stelle eines nach Konkursbeginn verstorbenen Gesellschafters tritt dessen Erbe, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm im Gesellschaftsvertrage bestimmt worden war, nach näherer Maß­ gabe des § 139 HGB. Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters nach dem Vorschlag, aber vor dem Bergleichstermine: § 173 Anm. 24. Für das Vergleichsverfahren gelten die regelmäßigen Vorschriften. Doch istAnm. 2. zu beachten, daß schon das pflichtwidrige Verhalten eines einzelnen dermaligen (nicht ausgeschiedenen) persönlich haftenden Gesellschafters der Zulässigkeit und Wirksamkeit des Akkords entgegensteht [§ 175 Anm. 3 u. 7, § 187 Anm. 9, § 197 Anm. 1]. Zust. die herrschende Lehre z. B. Seuffert S. 417, Fitting § 55 N. 11, Hellmann S. 592, PetersenKleinfeller § 175 Anm. 1; abw. Wolff Anm. 2. Bei Berechnung der zum Vergleich er­ forderten Mehrheiten bleibt nach § 183 die vom Ehegatten eines offenen Teilhabers, erst recht also die von diesem selbst als Konkursgläubiger für — nicht auch gegen — den Vergleich abgegebene Stimme außer Ansatz [§ 183 Anm. 9]. Daraus, daß nach § 211 I der Bergleichswille bei allen offenen Teilhabern vorliegen muß, läßt sich folgern, daß auch der Wiederholungsantrag des § 182 von der Gesamtheit auszugehen hat. Streitig ist, ob das Beschwerderecht des § 189 jedem persönlich haftenden Gesellschafter oder nur der Gesamtheit zusteht. Wollte man die Anfechtung auch eines offenbar zu Unrecht ergangenen Bestätigungsbeschluffes [§ 189 Anm. 1] nur der Gesamtheit gestatten, so wäre der eine Gesellschafter der Willkür des anderen preisgegeben. Mit Rücksicht auf seine persönliche Haftung muß daher jeder offene Teilhaber zur Beschwerde als Gemeinschuldner berechtigt sein. Bgl. RG. v. 21. 7. 1895 IW. S. 454 Nr. 7, Kormann GruchotsBeitr. 57 S. 545?

436

§211.

Anm. 3.

Anm. 4.

Anm. 5.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

a b w. z. B. v. Bölderndorff II S. 691 unter b, Petersen-Kleinfeller Anm. 5, Wolff aaO., Hellmann aaO. Konkursdelikte der Liquidatoren stehen der Zulässigkeit und Wirksamkeit des Akkords auch dann nicht entgegen, wenn sie sich auf das Gesellschaftsvermögen beziehen (§ 244). Siehe § 187 Anm. 10. Zu Anträgen oder Beschwerden im Vergleichsverfahren sind die Liquidatoren als Vertreter nicht berechtigt, da arg. § 211 I die Gemeinschuldner persönlich zu handeln haben. Für den Kommanditisten ergibt sich dies schon daraus, daß er als solcher weder selbst Gemeinschuldner noch Vertreter desselben ist. 2. Die offenen Teilhaber selbst sind die Gemeinschuldner des Gesellschaftskonkurses. Sie sind nicht die Mitschuldner (§ 193 Satz 2) einer von ihnen verschiedenen juristischen Person. Für Gesellschaftsschulden haften sie verbunden mit ihrem Gemeinschaftsvermögen und zu­ gleich ein jeder mit seinem Eigenvermögen. Wohl haften mehrere offene Teilhaber neben einander mit ihrem Eigenvermögen als Gesamtschuldner (§ 128 HGB.), nicht aber stehen Gesellschaft und Gesellschafter in diesem Verhältnis. Die Gesellschafter haften vielmehr für die Gesellschaftsschulden in ihrer jeweiligen Wirksamkeit (§§ 128, 129 HGB.). Grund­ sätzlich wird daher mit der Haftung des Gesellschaftsvermögens auch die Einzelhaftung gesteigert (z. B. durch Verzug der Gesellschaft) oder abgeschwächt (z. B. durch einen der Gesellschaft bewilligten Erlaß). Vgl. Jaeger LZ. 1910 S. 27. Dementsprechend begrenzt die im Zwangsvergleich vereinbarte Beschränkung der Haftung des Gesellschafts­ vermögens (Stundung, Erlaß) von selbst — das Gegenteil bedarf ausdrücklicher Festsetzung fAnm. 7] — auch die persönliche Haftung der Gesellschafter (§ 211 II). Der von der Schuldnerseite nicht bestrittene Feststellungsvermerk stellt das Bestehen einer Gesellschaftsschuld für die Zeit der Feststellung mit Wirksamkeit gegen­ über allen Gemeinschuldnern fest: nur individuelle Einwendungen (z. B. des persönlichen Erlasses) bleiben den einzelnen Gesellschaftern gewahrt (§ 129 I HGB.). Eine Voll­ streckung der Tabelle nach § 194 KO. findet jedoch nur gegenüber dem Gemeinschafts­ vermögen (§ 124 II HGB.) der nach Konkursbeendigung fortgesetzten oder liquidierenden Gesellschaft [§§ 209 f. Anm. 20], nicht unmittelbar auch gegenüber den einzelnen Mit­ gliedern statt (§ 129 IV HGB.). Siehe oben § 164 Anm. 9. Pfandrechte am beweglichen oder unbeweglichen Vermögen der Gesellschaft, eines Gesellschafters oder eines Dritten bleiben nach der allgemein lautenden Fassung des § 193 Satz 2 vom Vergleich unberührt. Teilweise abw. noch Jaeger Konkurs der o. H. S. 163, Petersen-Kleinfeller § 212 Anm. 4. Vererbte Gesellschastsschulden: Anm. 8. Ungeschmälert bleibt nach § 193 Satz 2 ferner die Haftung von Mitschuldnern und Bürgen der Gesellschaft. In dieser Hinsicht erheben sich folgende Zweifel: a) Trifft die Vorschrift einen Kommanditisten, soweit dessen Einlage rückständig ist? Der § 200 II KO. alter Folge sprach von einer Begrenzung „der solidarischen Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter mit ihrem sonstigen Vermögen". Dahin war der Kommanditist nicht zu rechnen, da er nicht solidarisch haftet und nach dem Sprach­ gebrauche des HGB. im Gegensatze zu den „persönlich haftenden Gesellschaftern" steht. Die Neufassung des Abs. II soll lediglich auf redaktionellen Rücksichten beruhen (Be­ gründung S. 46). Da indessen das Gesetz nun schlechthin „von der persönlichen Haftung der Gesellschafter" — nicht bloß von ihrer persönlichen Haftung „als Gesamt­ schuldner" (§ 128 HGB.) — redet und der Kommanditist in Höhe der rückständigen Einlage nach § 1711 HGB. unmittelbar, also beschränkt persönlich haftet, kommt ein der Gesellschaft bewilligter Zwangsvergleich wohl zugleich dem Kommanditisten zu statten, dessen rückständige Einlage der Verwalter des Gesellschaftskonkurses nicht er­ hoben hatte. Dies dürfte auch der Billigkeit entsprechen. Im Ergebnis zust. Hellmann S. 592f., Puller Haftung des Kommanditisten (Leipz. Diss. 1907) S. 62; abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3. Die Haftung des Kommanditisten aus selbständigen

Rechtsgründen (Verbürgung, Schuldübernahme) bleibt dagegen ungemindert. b) Begrenzt der Vergleich auch die persönliche Haftung eines vor Konkursbeginn aus­ geschiedenen — ausgetretenen oder ausgeschlossenen —Gesellschafters? Nach der Bundesratsvorlage der Konkursnovelle sollte der Abs. II den Zusatz erhalten:

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

437

„Dies gilt auch in Ansehung der ausgeschiedenen Gesellschafter." Die Begründung H 211. (Nr. 141 BundeSratsdrucksachen 1897) bemerkte hierzu S. 24, die Frage werde von der Rechtsprechung des Reichsgerichts verneint, solle aber „unter billiger Berücksichtigung der Lage eines solchen Gesellschafters ausdrücklich im entgegengesetzten Sinne" geregelt werden. Der Bundesrat hat die Streichung des Zusatzes beschlossen (Nr. 5 Bundes­ ratsdrucksachen 1898 S. 4 Nr. 14). Da letzterer nach dem Stande der Rechtsprechung und Wissenschaft nicht als selbstverständlich angesehen werden konnte, müssen wohl sachliche Bedenken zur Streichung geführt haben. Die Begründung der Reichstags­ vorlage S. 46 übergeht die Frage mit Stillschweigen. Der ausgeschiedene Gesellschafter ist nicht Mitträger der Gemeinschuldner. Rolle. Anm. 6. Allerdings bleibt er für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, da der Rechtsgrund seiner Haftung durch das Ausscheiden nicht geändert wird, haftbar (vgl. § 159, § 143 mit § 15 HGB.) und darf sich darum auch auf einen der Gesellschaft bewilligten Erlaß­ oder Stundungsvertrag berufen (Staub HGB.o § 129 Anm. 15, Behrend § 80 N. 27). Allein für den Zwangsvergleich gilt die Besonderheit des §193 Satz 2, derzufolge ein „Mitschuldner" des Gemeinschuldners nicht ebenfalls befreit wird. Anders als die dermaligen Mitglieder aber sAnm. 3] sind die noch mithaftenden früheren nicht selbst „Gemeinschuldner", sondern Mitschuldner desselben. Der Zwangs­ vergleich entlastet den Ausgeschiedenen ebensowenig als er ihn belastet. Die Rechts­ kraftwirkung der konkursmäßigen Feststellung erstreckt sich nicht auf ihn, da er nicht Mitgemeinschuldner und darum nicht in der Lage ist, der vergleichsmäßigen Voll­ streckbarkeit einen wirksamen Schuldnerwiderspruch entgegenzusetzen (§ 194). Dazu kommt, daß von den vergleichschließenden Konkursgläubigern vielleicht nur ein geringer Teil, vielleicht nur die überstimmte Minderheit auch Gläubiger des Ausgeschiedenen sind; über Sonderrechte einzelner Gläubiger aber kann die Mehrheit des § 182 nicht verfügen. Andrerseits läßt sich freilich geltend machen, daß nach dieser Auffassung die Gesellschafter einen Teil ihrer Haftung endgültig auf den Ausgeschiedenen abladen können. Zwar steht diesem, wenn er für Gesellschaftsschulden in Anspruch genommen wird, der Rückgriff gegen die nach seinem Ausscheiden fortgesetzte Gesellschaft und ihre Mitglieder offen (RG. v. 9. 2. 1884 Bd. 11 130; Behrend § 80 N. 29, Goldmann HGB. § 138 Ziff. 5, 16 u. 17, vgl. § 738 BGB.). Allein auch Rückgriffsansprüche gegen die Gesellschaft unterliegen der Bergleichsreduktion, diese aber wirkt nach § 211II zugleich entlastend für die einzelnen Gesellschafter. Gleichwohl kann der Billigkeits­ einwand nicht den Ausschlag geben. Denn jeder andere ausgleichungs­ berechtigte Mitschuldner des Gemeinschuldners leidet denselben Ver­ lust [§ 193 Anm. 16]. Mit Recht bejaht daher die herrschende Lehre die An­ wendbarkeit des § 193 Satz 2 auf ausgeschiedene Gesellschafter. RG. v. 1. 3. 1892 Bd. 29 38, 9. 3. 1897 SeuffA. 53 Nr. 71, v. 5. 1. 1904 Bd. 56, 366; Hinsberg ZHR. 46 S. 81 f., Staub § 128 Anm. 28, Lehmann § 144 Anm. 6, Gold­ mann HGB. § 128 Ziff. 22, Fitting § 55 N. 12, Hellmann S. 593 und die Kommen­ tare der KO.; abw. noch Jaeger Konkurs der offenen Handelsgesellschaft S. 163ff., Kohler Leitfaden S. 290, Seuffert S. 441, Cosack Handelsrecht? § 198 N. 7, Ritter HGB. § 129 Anm. 5. Siehe auch § 212 Anm. 8 u. 11. Ein Bevorzugungsabkommen zwischen dem Ausgeschiedenen und einem Konkursgläubiger fällt allerdings unter den § 181 Satz 3 (§ 188 Nr. 1), aber nicht als Abkommen „des Gemeinschuldners", sondern als Abkommen einer „anderen Person". Wenn ein Gesellschafter das Gesellschafts­ geschäft als Einzelkaufmann übernimmt, dann in Konkurs gerät und einen Zwangs­ vergleich erzielt, kommt dieser einem früheren Mitgesellschafter unzweifelhaft nicht zu statten ^Anm. 8]. 3. Der Vergleich im Gesellschaftskonkurs entlastet die einzelnen Gesellschafter nach § 211 II Anm. ?. nicht, soweit er ausdrücklich ein anderes festsetzt. Motive II S. 448. Eine gegenteilige Bestimmung kann durch ausdrückliche Vereinbarung der Bergleichsschließenden — der Gläubigermehrheit des § 182 und der persönlich haftenden Gesellschafter — dahin Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. II. 28

438

§ 211.

Anm. 8.

Anm. 9.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

getroffen werden, daß alle Gesellschafter ohne Unterschied, aber auch dahin, daß nur einzelne von ihnen sich verpflichten, ungeachtet der Vergleichsschranken weiter zu haften. Eine Entlastung des ausgeschiedenen Gesellschafters kann nach Anm. 6 nur von den Gläubigern bewilligt werden, denen dieser haftet. Eine Majorisierung ist ausgeschlossen. Der Vorbehalt des Abs. II hat nur den Sinn, daß die Bergleichsparteien zu Ungunsten, nicht zu Gunsten der Gesellschafter die Haftung des Gemeinschaftsvermögens und der Einzelmassen verschieden begrenzen können. Keineswegs also kann in dem der Gesellschaft bewilligten Zwangsvergleich die Einzelhaftung durch Gläubigermehrheit (§ 182) noch enger begrenzt werden, als die des Gesellschastsvermögens. 4. Der § 211 II setzt den Konkurs einer der im § 209 bezeichneten Handelsgesellschaften voraus und zwar den Konkurs derjenigen Gesellschaft, deren Mitglied sich auf den Ver­ gleich berufen will. Wenn ein Einzelkaufmann, der das Geschäft einer Gesellschaft übernommen und unter der alten Firma fortgeführt hat, in Konkurs verfällt und einen Akkord erzielt, steht dem früheren Mitgesellschafter — ganz abgesehen von Anm. 6 — die Berufung auf unsern Abs. n nicht zu. Er fällt vielmehr als Mitschuldner unter den § 193 Satz 2. RG. v. 22. 10. 1885 Bolze 2 Nr. 1998, Lehmann ZHR. 40 S. 464; abw. LG. Hamburg v. 8. 11. 1888 Hanseat. GZ. 1890 S. 68, vgl. auch Schück ZBlRw. 16 S. 216. Auch hier gilt für den Rückgriff das zu § 193 Anm. 16 Bemerkte. Wenn umgekehrt das Handelsgeschäft eines EinzelkausmannS von dessen Erben als offene Handels­ gesellschaft fortgeführt, darauf die Gesellschaft in Konkurs geraten und ihr ein Zwangs­ vergleich bewilligt worden ist, begrenzt der Vergleich nach Abs. II die Einzelhastungen der Teilhaber auch hinsichtlich der alten Geschäftsschulden, ohne daß der § 27 HGB. im Wege stünde. Es besteht auch nicht etwa neben der beschränkten Mitgliederhaftung eine un­ beschränkte Erbenhastung der Gesellschafter fort. Siehe auch § 212 Anm. 8. 5. Wird, nachdem der Gesellschaftskonkurs mit einem Zwangsvergleich geendet hat, auch im Privatkonkurs eines Gesellschafters (siehe § 212) ein Zwangsvergleich ab­ geschlossen, so erleiden die Gesellschaftsverbindlichkeiten gegenüber diesem Gesellschafter eine doppelte Minderung. Jaeger S. 167ff.; zust. Seuffert S. 442, Lehmann § 144 Anm. 6, Fitting 8 55 N. 21; abw. Kohler Leitfaden S. 290f. Den Mitgesellschaftern kommt der Zwangsvergleich des Privatkonkurses nicht zustatten (§ 193 Satz 2). Trotzdem wird ihr Ausgleichungsanspruch gegen den vergleichschließenden Gesellschafter herabgemindert [§ 193 Anm. 16j. Anders noch Jaeger S. 167, Seuffert aaO.

§ *1*. In dem Konkursverfahren über das privatvermögen eines persönlich^ haftenden Gesellschafters können die Gesellschaftsgläubiger, wenn das Konkurs­ verfahren über das Gesellfchastsvermögen eröffnet ist, Befriedigung nur wegen desjenigen Betrags suchen, für welchen sie in dem letzteren Verfahren keine Befriedigung erhalten. Bei den Verteilungen sind die Anteile auf den vollen Betrag der Gesell­ schaftsforderungen zurückzubehalten, bis der Ausfall bei dem Gesellfchastsvermögen

feststeht. Im übrigen finden auf die bezeichneten Forderungen die Vorschriften der §§ 6H, 96 entsprechende Anwendung. Der frühere § 201 lautete: Wenn Gesellschastsgläubiger in einem über das Privatvermögen eines persön­ lich haftenden Gesellschafters eröffneten Konkursverfahren ihre Befriedigung wegen des Ausfalls suchen, welchen sie in dem Konkursverfahren über das Gesellschafts­ vermögen erleiden, so sind bei den Verteilungen die Anteile auf den vollen Betrag

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

439

der Gesellschaftssorderungen zurückzubehalten, bis der Ausfall bei dem Gesellschafts-8 212. vermögen feststeht. Im übrigen finden auf die vorstehend bezeichneten Forderungen die Vor­ schriften der §§ 57, 88 entsprechende Anwendung. Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat in der jetzigen Fassung des Paragraphen einen beschränkten Ersatz für den fortgefallenen a. 122 HGB. alter Folge geschaffen. Materialien: Motive I Bd. 2 S. 207ff., Motive II S. 448ff., Protokolle S. 122 ff., 190 ff., Begründung S. 46, Denkschrift zur Handelsgesetznovelle S. 95 f.

VII. Die Konkurse der persönlich haftenden Gesellschafter (Privatkonkurse).

1. Die Voraussetzungen der Privatkonkurse sind für das Eigenvermögen jedes Gesell-Anm. i. schafters gesondert und unabhängig vom Gesellschaftskonkurse festzustellen. Der vor Ein­ führung der KO. im größten Teile Deutschlands und noch heute in ausländischen Gesetzen fAnm. 18] anerkannte Grundsatz, daß mit dem Gesellschaftskonkurse von Amts wegen über das Privatvermögen aller persönlich haftenden Gesellschafter Konkurs eröffnet werden müsse, ist mit Recht verworfen. Jaeger Konkurs d. o. HG. S. 170 ff. mit Lit. Auch die Zu­ ständigkeit des Konkursgerichts, die Berufung der Konkursorgane und die Abwickelung des Verfahrens ist unabhängig vom Gesellschaftskonkurse. Andrerseits versetzt der Privatkonkurs die offene Handelsgesellschaft, wenn-Anm. 2. gleich er deren Konkurs nicht nach sich zieht, nach § 131 Nr. 5 HGB. in den Zustand der „Auslösung". Siehe § 25 Anm. 6 (daselbst Kommandit- und Kommanditaktiengesellschaft), § 28 Anm. 5. Nach der Regel des Gesetzes kommt es daher neben dem Konkurse des Gesellschafters zur Liquidation der Gesellschaft, wobei der Konkurs­ verwalter an Stelle des verganteten Gesellschafters tritt (§ 146 HGB.). Zwingend ist der Auflösungsgrund nur insofern, als nicht schon vor seinem Eintritt die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem verganteten Mitgliede beschlossen werden kann. Wohl aber darf vor Eröffnung eines Privatkonkurses im Gesellschaftsvertrag — im ursprünglichen oder einem einstimmig beschlossenen Nachtrage — bestimmt werden, daß die Gesellschaft im Falle des Privatkonkurses unter den nichtverganteten — mindestens noch in der Zweizahl vorhandenen — Mitgliedern fortgesetzt werden solle (§ 138 HGB.; vgl. Staub HGB.o § 138 Anm. 2, 6). Ja es kann selbst noch nach Eröffnung eines Privatkonkurses die Fortsetzung der Gesellschaft unter den nichtverganteten Mitgliedern von diesen gegenüber dem Privatkonkursverwalter erklärt werden (§ 141). Gerät eine nur aus zwei Mitgliedern bestehende Gesellschaft infolge des Konkurses des einen Teilhabers in den Zu­ stand der Auslösung, so hat der andere nach § 142 II HGB. gegenüber dem Verganteten, seinem Verwalter und seinen Gläubigern die Befugnis, das Geschäft mit Aktiven und Passiven ohne Liquidation zu übernehmen. So wird das Unternehmen dem Nächst­ beteiligten unter Ersparung der mit einer Liquidation verknüpften Verluste erhalten. Die Übernahme erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Konkursverwalter. Sie ist auch bei

einer vor dem 1. Januar 1900 errichteten Gesellschaft zulässig. RG. v. 23. 3.1907 Bd. 65 379. Endlich läßt der § 145 II HGB. — aber unbeschadet des § 138 (Staub § 145 Anm. 17; abw. Lehmann § 145 Anm. 3) — mit Zustimmung des Privatkonkursverwalters an Stelle der Liquidation eine andere Art der Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens (§ 158 HGB.) zu. Sofern es sich letzternfalls nur um die Ersetzung der Liquidation (z. B. durch Naturalteilung, Übernahme des Geschäfts durch einen Gesellschafter oder einen Dritten) handelt, entscheidet an Stelle des verganteten Gesellschafters ausschließlich dessen Konkursverwalter (§ 6 II KO., Staub Anm. 18).

2. Die Konkursmaffe des Privatkonkurses umfaßt alles beschlagsfähige Vermögen, dasAnm. 3. dem Gesellschafter zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört (§ 1). In die Masse eines bereits ausgeschiedenen Gesellschafters fällt daher zweifellos dessen Auseinandersetzungsgut­ haben (§§ 738, 740 BGB ). Andrerseits ist die Gesellschaft hinsichtlich der Auseinandersetzungsschuld (§§ 739, 740 BGB.) Konkursgläubigerin im Privatkonkurse des Aus­ geschiedenen. Wegen der Auseinandersetzung mit einem bei Ausbruch des Privatkonkurses

440

§212. Anm. 4.

Anm. 5.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

noch zur Gesellschaft gehörenden Teilnehmer siehe Anm. 2 a. E. und oben § 16 Anm. 4, § 51 Anm. 1 ff. 3. Konkursgläubiger des Priatkonkurses ist, wer einen bei Konkursbeginn begründeten und im Konkurse verfolgbaren persönlichen Bermögensanspruch wider den Gesellschafter hat (§§ 3, 63). Ob die Forderung nur gegenüber dem Gesellschafter oder auch gegenüber der Gesellschaft besteht, macht keinen Unterschied. Der Privatkonkurs beschränkt sich also nicht auf die Privatgläubiger; auch die Gesellschaftsgläu-iger nehmen daran Teil. Wegen des Verbots der Sondervollstreckung siehe § 14 Anm. 24s. Ein Vorrecht der Privatgläubiger vor den Gesellschaftsgläubigern besteht nicht mehr. Jaeger S. 89 f., 174. Nach a. 122 (a. 169) HGB. alter Folge durften die Gesellschaftsgläubiger im Falle des Gesellschastskonkurses aus dem Privatvermögen der Gesellschafter nur wegen des im Gesellschaftskonkurs erlittenen „Ausfalls" Befriedigung suchen. Über Sinn und Tragweite dieses vielumstrittenen Satzes siehe Jaeger S. 119 ff. mit Lit., Pollitzer ZHR. 69 S. 325ff.; vgl. auch unten Anm. 11. Nach neuem Rechte dagegen dürfen die Gesellfchaftsgläubiger auch während des Gesellschastskonkurses ihre Forderungen zum vollen Betrage gegen jeden persönlich haftenden Gesellschafter geltend machen (§§ 128, 129,161II, 320II HGB ). Nur wenn Gesellschaftskonkurs und Privatkonkurs Zusammen­ treffen, beschränkt sich die Berücksichtigung der Gesellschastsgläubiger im Privatkonkurs auf den Betrag ihres Ausfalls oder Verzichts. Das gilt jedoch nicht für Gesellschaftsforderungen, die noch vor dem 1. Januar 1900 entstanden sind (RG. v. 13. 2. 1902 IW. S. 186 f. Nr. 26). Siehe Anm. 11. a) Privatkonkurs und Gesellschaftskonkurs müssen zusammmentreffen. Selbstverständlich brauchen sie nicht zur gleichen Stunde eröffnet zu sein. Endet zuerst der Gesell­ schaftskonkurs, so steht nun der Ausfall des Gesellschaftsgläubigers fest; fortab werden die im Privatkonkurse zur Verteilung gelangenden Dividenden für diesen Betrag ausbezahlt. Ein im Gesellschaftskonkurse zustande gekommener Zwangserlaß mindert nach der Regel § 211 II zugleich die künftig im Privatkonkurse zu berücksichtigende Schuldsumme (siehe § 211 Anm. 9J. Auszahlungen auf sie werden aber nach dem Zwecke des § 212 nur für solche Beträge statthaft, für welche die Bergleichsschuld der Gesellschaft unerfüllt bleibt. War im Zwangsvergleich bedungen, daß die Gesellschafter persönlich für einen höheren Betrag forthaften sollen [§ 211 Anm. 7], dann werden nach Beendigung des Gesellschaftskonkurses im Privatkonkurse des Mitglieds die auf den überschiebenden Haftungsbetrag entfallenden Anteile sofort zahlbar. Endet zuerst der Privatkonkurs, so werden die nach dem vollen Betrage der Gesellschaftsschuld berechneten Dividenden des Privatkonkurses zunächst hinterlegt (§ 169) und erst, wenn der Ausfall feststeht, und nur für den Ausfallbetrag ausbezahlt (Anm. 6]. Laufen die Verteilungen beider Konkurse nebeneinander her, so ergibt jede im Gesellschaftskonkurs erfolgte Abschlagszahlung, daß der Gesellschaftsgläubiger

insoweit keinen Ausfall erleidet. Dementsprechend brauchen fernerhin im Privat­ konkurse — der Privatkonkursverwalter muß sich von Amts wegen orientieren, da der Grundsatz der §§ 153, 156 nicht gilt — nur die auf die Restschuld fallenden Anteile zurückbehalten zu werden. Eine Reservierung höherer Beträge ginge über den Zweck des Gesetzes hinaus. In diesem Sinne mit Recht Habicht Busch'sA. 46 S. 376 f. Fehlt es an dem Erfordernisse der Gleichzeitigkeit beider Konkurse, Mag nun das Gesellschaftsvermögen oder das Privatvermögen konkursfrei sein, so bewendet es bei der unbeschränkt persönlichen Haftung des Gesellschafters. So auch dann, wenn ein Privatkonkurs eröffnet, zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern aber vereinbart ist, daß die Liquidation des Gesellschaftsvermögens „unter entsprechender Anwendung konkursrechtlicher Grundsätze" erfolgen solle. Denn damit haben sich die Gesellschaftsgläubiger ihrer Rechte gegenüber der Privatkonkursmaffe nicht begeben. Colmar v. 16. 1. 1906 OLG. 15 S. 252 f. Daß sich die Gesellschastsgläubiger in frei­ williger Übereinkunft bei Liquidation der Gesellschaft einer dem § 212 entsprechenden Beschränkung unterwerfen, ist freilich nicht ausgeschlossen. Im übrigen siehe Anm. 17.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

441

b) Die Schranke, die der § 212 beim Zusammentreffen von Gesellschafts- und Privat-A 212. konkurs der Beteiligung des Gesellschaftsgläubigers am Privatkonkurse zieht, entspricht Anm. 6. dem im § 64 für absonderungsberechtigte Konkursgläubiger aufgestellten Grund­ sätze. Trotz der Selbständigkeit des Gesellschaftsvermögens werden die Gesellschafts­ gläubiger im Privatkonkurs ähnlich behandelt, als ob ihnen am Gefellschaftsvermögen — das nicht zur Masse des Privatkonkurses gehört (§ 4) — ein Absonderungsrecht zu­ stünde. Über die Analogie des § 212 hinaus sind indessen die Absonderungsvorschriften

nicht anwendbar.

Namentlich bleiben die §§ 153, 156 außer Betracht.

Dementsprechend darf der Gesellschaftsgläubiger im gleichzeitigen Privatkonkurse Anm. ?. seine Forderung sofort und zum vollen Betrag anmelden und zur Feststellung bringen (Abs. III mit § 64). Auch werden, solange der Ausfall des Gesellschafts­ konkurses nicht feststeht, die Dividenden des Privatkonkurses schlechthin d. h. ohne Rück­ sicht auf die Schranken der §§ 153, 156 für den ungetilgten Betrag der Ge­ sellschaftsschuld zurückbehalten (Abs. II) und zwar nötigenfalls noch über die Schlußverteilung hinaus [tont. 8]. Ausbezahlt werden aber — vom Falle des Verzichts abgesehen sAnm. 9] — nur die auf den feststehenden Ausfall­ betrag treffenden Dividenden. Der Gesellschastsgläubiger erhält sonach im einzelnen Privatkonkurse, wenn dieser nicht etwa 100 °/0 abwirft, immer nur Teil­ befriedigung.

Beispiel: Fallen im Gesellschastskonkurs auf 100000 Schulden 50 000 Aktiven, im Privatkonkurs auf 50000 Privatschulden 30000 Aktiven, so erhalten die Gesellschaftsgläubiger im Gesellschaftskonkurse 50000, im Privatkonkurse von den qn nnn übrigen 50000 noch 30% (Dividende = ^ooO-s-50000^ öI’° lö000' ^gesamt 65000. Die Privatgläubiger müssen sich mit 30°/o begnügen. Übrigens kommt den Gesellschaftsgläubigern bei einer Mehrheit gleichzeitiger Privatkonkurse die Vergünstigung des § 68 zustatten: sie werden in jedem Privatkonkurse wegen des ganzen Ausfalls von 50000 berücksichtigt [Anm. 13], erhalten also, wenn beispiels­ weise drei Privatkonkurse je 30 °/0 ergeben, insgesamt 50000 -s- 3x 15000 = 95000. Siehe Anm. 13.

Nach einer von Kohler Leitfaden S. 198 s. vertretenen Auslegung hat der Gesell­ schaftsgläubiger die Auszahlung der Privatkonkursdividende solange für den vollen Betrag seiner Forderung zu beanspruchen, bis er ganz befriedigt ist. Diese Ansicht widerstreitet der Fassung des Gesetzes, das im Abs. I den Gesellschaftsgläubiger „nur" „wegen" des Ausfallbetrags am Privatkonkurse teilnehmen läßt und diesen Satz durch Verweisung aus den § 64 (Abs. HI) dahin präzisiert, daß der Gesellschastsgläubiger im Privatkonkurse „nur für den Betrag verhältnismäßige Befriedigung verlangen kann, zu welchem er auf Befriedigung" aus dem Gesellschaftsvermögen „verzichtet oder mit welchem er bei der letzteren ausgefallen ist". Nach der Gegenansicht würde die Vor­ schrift des § 212 auf den völlig selbstverständlichen Satz zusammenschrumpfen, daß kein Gesellschaftsgläubiger mehr als seine Forderung beitreiben darf. Der Schutz, den das Gesetz int § 212 dem Privatgläubiger bieten will, weil er alles Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftsgläubigern zukommen lassen und gleichwohl ihre Konkurrenz dulden muß (Denkschrift z. HGB. S. 96), wäre damit vereitelt. Zust. Seuffert S. 45, v. SarweyBossert § 212 Anm. 3 b, Lehmann HGB. § 144 Anm. 5, Cosack Handelsrecht? § 197 N. 13, Hellmann S. 594 f. Steht bei Beendigung des Privatkonkurses der Ausfall des Gesellschaftskonkuses noch nicht fest, so müssen die nach dem ungetilgten Betrage der Ge­ sellschaftsschuld [tont. 5] berechneten Anteile gemäß § 169 hinterlegt werden. Da aber nur die auf den festgestellten „Ausfall" treffenden Anteile auszuzahlen sind, wird der Überschuß für eine Nachtragsverteilung frei, an der die Privatgläubiger nach Maßgabe des Schlußverzeichniffes teilnehmen (§ 166).

Nachtragsverteilung zum Gesell­

schaftskonkurse Jaeger S. 147 f. c) Der § 212 setzt lediglich der konkursmäßigen Geltendmachung eine Schranke;Anm. 8. er begründet keinen Einwand im Sinne des § 390 BGB., steht also der alsbaldigen

442

§212.

Anm. 9.

Anm. 10.

Anm.11.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

Erklärung einer Aufrechnung der Gesellschaftsforderung im Privatkonkurse keineswegs entgegen. Zur Zeit der Aufrechnungserklärung braucht der im Gesell­ schaftskonkurs erlittene Ausfall noch nicht ermittelt zu sein. Allein die Aufrechnung wird erst wirksam, wenn und insoweit ein solcher Ausfall feststeht. RG. v. 5. 1. 1904 Bd. 56 365; abw. Lang Aufrechnungsrecht (1906) S- 220 (der den § 54 HI anwenden will). Durch einen im Privatkonkurse geschlossenen Zwangsvergleich wird arg. § 53 KO. die Auftechenbarkeit der Konkursforderung des Gesellschaftsgläubigers gegenüber dem Gesellschafter nicht eingeschränkt [§ 53 Anm. 30]; ein im Gesellschafts­ konkurse geschlossener Zwangsvergleich (§ 211II KO.) aber kann die Rechte des Gläubigers gegenüber dem Gesellschafter offenbar nicht mehr einengen als der Zwangsvergleich des Privatkonkurses selbst. Darum ist die vom RG. aaO. S. 366 dahingestellte Frage, ob der Zwangsvergleich des Gesellschaftskonkurses die Wirksamkeit der Aufrechnung be­ schränke, zu verneinen (abw. Lang S. 220 f. N. 96). Gegen die Bezugnahme auf § 54 KO. mit § 389 BGB. siehe oben § 54 Anm. 8. d) In einer de lege ferenda durchaus nicht zu billigenden Analogie beeinträchtigt das Gesetz (Abs. III mit § 64) die Interessen der Privatgläubiger dadurch, daß es dem Gesellschaftsgläubiger gestattet, bei Verzicht auf Inanspruchnahme des Gesellschafts­ vermögens mit dem vollen Betrage seiner Forderung am Privatkonkurse teilzunehmen. Damit wird die Ausfallhaftung zur Wahlhaftung. Zwar hat der Verzicht, zumal der Gesellschaftsgläubiger den §§ 153, 156 nicht unterworfen ist sAnm. 6], nur einen problematischen Wert. Siehe § 64 Anm. 7 u. Jaeger S. 149 f. mit Zahlenbeispielen. Immerhin mag er bei Langwierigkeit des Gesellschaftskonkurses einem Gläubiger, der rasch zu Gelde kommen will, zweckmäßiger erscheinen als das Zuwarten. Der Verzicht kann sich auf einen Teil der Forderung beschränken. Er muß gegenüber dem Ver­ walter des Gejellschaftskonkurses erklärt und dem Privatkonkursverwalter nachge­ wiesen werden. Solange eine Beteiligung am Gesellschaftskonkurse noch möglich ist, steht das Unterlassen der Anmeldung dem Verzichte nicht gleich. e) Verzichtet der Gesellschaftsgläubiger auf Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen, so steht ihm auch das Stimmrecht in der Gläubigerverjammlung des Privat­ konkurses für den vollen Verzichtbetrag zu. Sonst gilt nach Abs. III die Analogie des § 96. Darüber § 96 Anm. 1. f) Die Beschränkung des § 212 besteht nur im Konkurs „eines persönlich haftenden Gesellschafters" (Abs. I). Für die Inanspruchnahme des beschränkt persönlich haftenden Kommanditisten, dessen Einlage noch rückständig ist, kommt der 8 212 nicht in Betracht, da während des Gesellschaftskonkurses einzelne Gesellschaftsgläubiger den Kommandidisten überhaupt nicht belangen dürfen (§ 171 HGB.). Der Verwalter des Gesellschaftskonkurses hat für gemeinsame Rechnung der Gesellschaftsgläubiger den Einlagerückstand im Konkurse des Kommanditisten geltend zu machen [§ 3 Anm. 3]. Bestritten ist, ob die Schranke des §212 im Konkurs eines ausgeschiedenen offenen Teilhabers gilt. Auch dieser ist — was die bei seinem Ausscheiden begründeten Verbindlichkeiten der Firma betrifft — noch „persönlich haftender Gesellschafter", das Schutzbedürfnis seiner Privatgläubiger aber ist durch sein Ausscheiden aus der Gesell­ schaft nicht geringer geworden. Mit Recht gestattet daher das Reichsgericht, obgleich es die Anwendbarkeit des § 211 H auf den ausgeschiedenen Teilhaber verneint, diesem die Berufung auf a. 122 HGB. a. F. sAnm. 4], der für die Übergangszeit noch in den Grenzen des a. VI EGzKNov. mit a. 170 EGzBGB. maßgebend und für den Fall des Zusammentreffens von Privat- und Gesellschaftskonkurs künftig durch unsern § 212 er­ setzt ist. RG. v. 2. 3. 1895 Bd. 35 10; v. 13. 2. 1902 IW. S. 186 f. Nr. 26, v. 15. 5. 1903 IW. S. 270f. Nr. 5; Fitting § 55 N. 22, Seuffert § 12 N. 9, Petersen-Kleinfeller Anm. 1, Cosack Handelsrecht? § 198 N. 6, Hellmann S. 595; abw. Lehmann § 144 Anm. 5 N. 1, Hinsberg ZHR. 46 S. 72. Die zu § 212 Anm. 6 geltend ge­ machten Erwägungen kommen hier nicht in Betracht.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

443

Dagegen treffen die Voraussetzungen des § 212 nicht zu für Verbindlichkeiten § 212. eines Gesellschafters aus besonderen, selbständigen Rechtsgründen, z. B. aus einerAnm.12. neben der Gesellschaft eingegangenen Wechselverbindlichkeit. Die selbständige Forderung kann — trotz Anmeldung der Gesellschastsschuld zum Gesellschaftskonkurs — unbeschränkt im Privatkonkurse geltend gemacht werden. Nur darf der Gläubiger in beiden Kon­ kursen nicht mehr als Bollbefriedigung erhalten. RG. v. 28. 3.1893 Bolze 16 Nr. 600 („selbstverständlich"). Einen selbständigen Hastungsgrund in diesem Sinne bildet nicht der Übergang einer Geschäftsschuld auf Miterben, die das Geschäft als offene Handels­

gesellschaft fortführen ssiehe § 211 Anm. 8].

4. Mehrheit von Privatkonkursen.

a) Auf die Inanspruchnahme mehrerer nebeneinander als GesamtschuldnerAnm.13. haftender Gesellschafter (§ 128 HGB.) findet, wenn Privatkonkurs über das Ver­ mögen eines oder mehrerer von ihnen eröffnet ist, der Grundsatz des § 68 unmittel­ bare Anwendung. Der Gesellschastsgläubiger darf daher bis zur Vollbefriedigung in jedem Privatkonkurse die ganze bei Konkurseröffnung noch ausstehende Gesellschafts­ schuld geltend machen. Wenn sich die mehreren Privatkonkurse nicht nebeneinander, sondern nacheinander abwickeln, findet nach deutschem Recht eine Staffelbefriedigung in der Art statt, daß immer nur der Ausfall des vorhergehenden Konkurses im nachfolgen­ den berücksichtigt wird. Siehe § 68 Anm. 4, 5. b) Hat eine der verschiedenen Privatkonkursmassen einem Gesellschaftsgläubiger im ganzen mehr ausbezahlt, als der innenrechtliche Berlustanteil des Gemein­ schuldners beträgt (also nicht etwa nur die entrichteten Anteile nach einem höheren Betrag berechnet), so ist zu unterscheiden:

Anm.14.

der nicht in Anspruch genommenen Konkursmasse des ausgleichungs­ pflichtigen Mitgesellschafters steht der zahlenden Masse der Rückgriff offen und zwar für den Betrag, den sie über ihren Berlustanteil hinaus auf die Gesellschaftsschuld entrichtet hat. ß) Gegenüber der für die ganze Gesellschaftsschuld in Anspruch genommenen Konkurs-Anm. 15. mässe des Regreßpflichtigen steht der zahlenden Masse ein Erstattungsanspruch nicht zu. Denn der Erstattungsanspruch darf im Konkurse des Regreßschuldners nur so­ weit geltend gemacht werden, als sich der Hauptgläubiger an diesem Verfahren nicht beteiligt. Außerhalb des Konkurses besteht die Beschränkung nicht. Näheres § 67 Anm. 6, § 68 Anm. 9; zust. Petersen-Kleinfeller Anm. 5. Wenn also z. B. ein Gesellschafter, der im Gesellschaftskonkurse mit 1000 ausgefallen ist, auf diesen Aus­ fallbetrag im Konkurse des einen Gesellschafters 8O°/o, in dem des anderen 2O°/o bezieht, obgleich nach dem Gesellschaftsvertrage jeder von beiden für 50°/o aufzu­ kommen hat, so steht der Konkursmasse des ersten Gesellschafters ein Rückgriff wegen der über die innenrechtliche Beitragspflicht hinaus geleisteten 30°/o gegenüber der „Konkursmasse" des zweiten Gesellschafters nicht zu. Denn auch im zweiten Privat­ konkurs ist die Gesellschaftsschuld für den vollen Ausfall berechnet und demnach konkurs­ mäßig voll berücksichtigt worden. a) Gegenüber

c)

Hat ein Gesellschaftsgläubiger dadurch, daß er in mehreren Privatkonkursen Befriedigung Anm. 16. für den vollen Betrag seines Ausfalls oder Verzichts erhielt, im ganzen mehr als die ihm geschuldete Summe empfangen, so kann der Überschuß von den einzelnen

Massen nach Verhältnis der Beitragspflicht der einzelnen Gesellschafter kondiziert werden [§ 68 Anm. 8]. Zust. Lehmann HGB. § 131 Anm. 5. Wenn z. B. ein im Gesellschastskonkurse mit 1000 ausgefallener Gläubiger in einem Privatkonkurse 6O°/o, im anderen 8O°/o für den vollen Ausfall — also 400 zuviel — erhielt und jeder von beiden Gesellschaftern am Verluste vertragsmäßig zur Hälfte teilnimmt, so hat vom Zu­ vielempfang die Masse des ersten Gesellschafters 100 und die des zweiten 300 zu be­ anspruchen. Hätte der Gläubiger bereits den ganzen Zuvielempfang an die zuletzt zahlende Masse zurückgewährt, so müssen sich die Massen untereinander begleichen.

444 §212. Anm.i7.

Anm. 18.

5.

Konkurs der offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft usw.

Ist der Grundsatz des § 68 auch anwendbar auf Teilzahlungen, die während des Gefellfchaftskonkurses von einem Gesellschafter auf die im Gesellschaftskonkurse geltend gemachte Forderung geleistet werden? Die Borschrift gilt zweifellos für das Ver­ hältnis der Privatkonkursmasfen nebeneinander (Anm. 13] und zweifellos nicht — weil nämlich der § 212 die doppelte Bollberücksichtigung gerade verbietet — für die Haftung der Privatkonkursmafse neben der Gesellschaftskonkursmasse [§ 68 Anm. 4; siehe oben Anm. 5]. Wie nun aber, wenn ein nicht selbst verganteter Gesellschafter während des Gesellschaftskonkurses auf eine hier angemeldete Gesellschaftsschuld von 1000 freiwillig oder gezwungen eine Teilzahlung von 500 leistet? Wird der Gläubiger ungeachtet dieser Teilzahlung auch ferner noch für 1000 im Gesellschaftskonkurse berücksichtigt? Gesellschaft und Gesellschafter haften nicht (wie mehrere Gesellschafter nebeneinander) dem Gläubiger als Gesamtschuldner [§ 211 Anm. 3]. Sie stellen nicht zwei der Person nach verschiedene Mitschuldner dar (vgl. RG- v. 29. 4. 1893 Bolze 16 Nr. 502). Allein ohne Bedenken rechtfertigt sich eine entsprechende Anwendung des § 68 auf den Fall, daß verschiedene Bermögensmassen derselben Personen neben einander auf das Ganze haften. Ungeachtet der Teilzahlung wird daher der Gesellschaftsgläubiger im Beispielsfalle bis zur Vollbefriedigung für die ganze bei Konkursbeginn begründete Schuld von 1000 zu berücksichtigen sein. Er­ hält aber sonach der Gläubiger trotz der Teilzahlung die Dividenden für die volle Forde­ rung weiter, so ist — nach dem in Anm. 15 ausgesprochenen Grundsätze — ein Rückgriff des die Teilzahlung leistenden Gesellschafters gegenüber der Gesellschaftskonkurs­ masse ausgeschlossen (siehe § 68 Anm. 4]. Zust. Colmar v. 16.1.1906 OLG. 15 S. 253, im Ergebnis auch Behrend Handelsrecht S. 593; abw. Keyßner ZHR. 30 S. 544 f.; vgl. Goldschmidt ebenda 14 S. 424ff., bes. S. 431. Wohl aber berechtigt eine vor Er­ öffnung des Gesellschaftskonkurses geleistete Boll- oder Teilzahlung und ebenso eine nach der Eröffnung geleistete Bollzahlung den Gesellschafter zur Anmeldung seines Ersatz­ anspruchs (§ 110 HGB., RG- v. 12. 6.1893 Bd. 31141) im Gesellschaftskonkurse [§§ 209 f. Anm. 15]. Denn für den Betrag dieser Zahlungen ist der Gläubiger von der Teilnahme am Verfahren ausgeschlossen.

Zusatz. Fremde Rechte. Der Gesellschaftskonkurs hat den Privatkonkurs des persönlich haftenden Gesellschafters zur notwendigen Folge z. B. in Österreich (§ 199; Frankl S. 47ff., v. Canstein Handelsrecht I S. 428, 603), Italien (a. 847; Literatur: Straffa, il fallimento delle societä commerciali 1897), Spanien (a. 923), Portugal (a. 340 G. v. 1905), Rumänien (a. 867), Brasilien (a. 6 G. 1908) und Argentinien (a. 1382, 1439). In Frankreich und Belgien wird dies von der herrschenden Lehre angenommen. Darüber eingehend Lyon-Caen et Renault VIII Nr. 1144 ff., 1150 bis mit Lit. Ebenso in Rußland (Borchardt-Kohler S. 220 N. 6, BöhmsZ. 15 S. 35, 106 f.). Für die Unabhängigkeit der Einzelkonkurse haben sich aus­ drücklich Ungarn (§ 249) und die Schweiz (a. 573 II ObliyRecht) entschieden. Allein auch dort, wo der Gesellschastskonkurs die Einzelkonkurse nach sich zieht, nehmen letztere eine selbständige Entwickelung (vgl. für Österreich §§ 239, 240 u. Frankl S. 70 ff.). Über den Konkurs der Partnerships nach dem Rechte der Bereinigten Staaten eingehend J. W. Magrath bei BorchardtKohler S. 61 ff. Daß der Privatkonkurs den Gesellschastskonkurs zur Folge haben müsse, ist wohl nirgends ausgesprochen; ausdrücklich verneint z. B. in Italien (a. 848), Spanien (a. 924), Rumänien (a. 868). «nm.19. In Österreich ist die Reih en Haftung des a. 122 HGB. durch Wahlhaftung ersetzt (§ 31 EGzHGB., § 201 KO.). Im einzelnen besteht Streit (Frankl S. 53 ff., v. Canstein I S. 488, 603, Adler S. 135 ff., Pollitzer ZHR. 69 S. 313 ff., 342 ff.). Die französische Theorie betrachtet die offene Handelsgesellschaft als juristische Person, die Gesellschafter als deren Solidarbürgen. Danach stehen dem Gläubiger Gesellschaft und Gesellschafter als Gesamtschuldner gegenüber. Auch hier herrschen indessen starke Meinungsverschiedenheiten. Pic, traite theorique et pratique de la faillite des societes commerciales (Paris, 1887) S. 122 ff. Auch in der Schweiz, wo a. 564 III ObligRecht bestimmte, daß die einzelnen Gesellschafter für eine Gesellschaftsschuld persönlich erst nach Gesellschaftsauflösung oder erfolgloser Betreibung belangt werden können, entstanden Zweifel. Nun verordnet a. 218 Schuldbetr. u. Konkurs-Gesetz: „Wenn über eine Kollektivgesellschaft und einen Teilhaber derselben gleichzeitig der Konkurs eröffnet ist, so können die Gesellschastsgläubiger int Konkurse des Teilhabers nur den im Konkurse der Gesell­ schaft unbezahlt gebliebenen Rest ihrer Forderungen geltend machen . . . Wenn über einen Teil­ haber, nicht aber gleichzeitig über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet ist, so können die Gesell­ schaftsgläubiger im Konkurse des Teilhabers ihre Forderungen im vollen Betrage geltend

Konkurs juristischer Personen.

445

machen . . Der § 251 der ungar. KO. entspricht dem deutschen Recht. In Bezug auf dasSZIZ. englische Recht hat das RG. v. 6. 10. 1886 Bolze 3 Nr. 797 erkannt: der deutsche Teilhaber einer englischen Firma darf sich aus a. 122 HGB. a. F. nicht berufen, weil das englische Recht einen dem deutschen ähnlichen Gesellschastskonkurs nicht kennt. Siehe zu dieser Frage Kohler Lehrbuch S. 59, 77 N. 1. Behandlung der Solidarschuldner in fremden Rechten: § 68 Anm. 11 f.

§ 213. Auf das Konkursverfahren über das Vermögen einer juristischen Person,

sowie eines Vereins, der als solcher verklagt werden kann, finden die Vorschriften der §§ 207, 208 entsprechende Anwendung. Neueingefügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898. Materialien: M. I S. 117f. (§ 57 Entw. I des BGB.), P. I S. 551 f., VI S. 770f, Begründung S. 46, Kommissionsbericht S. 1968 f. I. Konkurs juristischer Personen.

1. Konkursvoraussetzungen. a) Die Konkursfähigkeit juristischer Personen ist das selbstverständliche ErgebnisAnm. i. ihrer Rechtspersönlichkeit. Sie besteht nach § 213 mit § 207 II auch noch im Aus­ einandersetzungsstadium bis zur endgültigen Aufteilung des Vermögens. Auch nach dem Anfall des Vermögens an den Fiskus (§§ 45 III, 88 BGB.) kann es noch zu einem selbständigen Konkurse kommen, aber nicht nach § 213, sondern nach den Sätzen des Nachlaßkonkurses (arg. § 46 Satz 1 BGB. mit §§ 214 ff. KO.). Vgl. Seuffert S. 69. Für den Bereich des § 213 kommen nach Ausscheiden der in der Einleitung zu den §§ 207f. bezeichneten Fälle in Betracht: einerseits juristische Personen des bürgerlichen Rechts d. h. rechtsfähige Vereine und privatrechtliche Stiftungen (§§ 21, 22, 80 BGB ), landesrechtlich z. B. körperschaftlich eingerichtete Gewerkschaften neuer Ordnung, andrerseits juristischePersonen des öffentlichen Rechts. Als solche führt der § 89 BGB. den FiskuS, sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts auf. Reich und Gliedstaaten scheiden indessen hier aus. Sie sind weder wegen öffentlichrechtlicher noch wegen privatrechtlicher Schulden einem Konkursverfahren im Sinne des § 213 unterworfen, wenn sie auch mit dem ihnen angesallenen Vermögen einer juristischen Person oder dem Nachlaß einer natürlichen in einen Sonderkonkurs geraten können fAnm. 8J. Der Mangel einer übergeordneten Zwangsgewalt und ausdrücklicher Berfahrensvorschriften steht entgegen. Was die Finanzwissenschaft „Staatsbankrott" nennt, ist kein Konkursverfahren, sondern die Tatsache einer Nichterfüllung der „Staatsschulden" wegen Unvermögens oder kraft einseitiger Entschließung des Schuldners. Vgl. Protokolle S. 189, Meili Staatsbankerott u. moderne Rechtswissenschaft (1895), Pflug Staatsb. u. intern. Recht (1898), C. Collas Staatsb. u. seine Abwicklung (1904), Freund BankA. 1908 S. 371 ff., Kohler (Canevarofall) Z. f. Völkerrecht 7 (1913) S. lff.; auswärtige Staate: § 238 Anm. 1. Im übrigen kommt in Betracht, daß es nach a. IV EGzKNov. mit § 15 Nr. 3 EGzZPO. dem Landesrecht Vorbehalten ist, die Zulässigkeit des Konkurses bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts und bei den unter Verwaltung einer öffentlichen Be­ hörde stehenden Körperschaften oder Stiftungen zu beschränken oder ganz aus­ zuschließen. Dieser Vorbehalt wird in der Begründung S 60 durch den Hinweis auf das Bedürfnis gerechtfertigt, die Verwaltung öffentlicher Angelegenheiten vor Störungen zu bewahren. Vgl. auch M. I S. 118. Da in diesen Fällen das Landes­ recht auch hinsichtlich der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen unberührt bleibt (§ 15 Nr. 3 EGzZPO ), können sich mittelbare Konkursbeschränkungen (§11 KO.) auch aus landesgesetzlichen Vorschriften über die Geldvollstreckung ergeben. Wegen der Krankenkassen und Innungen siehe § 25 Anm. 10, wegen des Jnnungskonkurses im

Konkurs juristischer Personen.

446

§213.

besonderen v. Landmann GewO, zu § 97. In der neueren Praxis haben namentlich die Konkurse landesrechtlich organisierter Arbeiterunterstützungskassen eine Rolle gespielt ssiehe § 3 Anm. 20]. Wegen der Ansprüche einer Betriebskrankenkasse im Konkurse des Betriebsunternehmers siehe Jung BadBerwZ. 36 S. 34 ff. Konkurs über das Vermögen einer Anwaltskammer (§§ 41 ff. RAO.): Friedländer RAO. (1908) §41 Anm. 21, § 49 Anm. 30. a) Ausgeschloffen ist z. B. für Bayern der Konkurs einer Gemeindex) oder einer unter staatlicher oder gemeindlicher Leitung stehenden Körperschaft und Stiftung (a. 10 mit a. 9 II AGzZPO. i. F. v. 26. 6. 1899, GuBBl. S. 401), für Hessen der Konkurs der sämtlichen im § 15 Nr. 3 EGzZPO. aufgeführten Personen und zwar ausdrücklich auch des Fiskus (a. 6 mit a. 2 AGzZPOuKO., Fass. v. 22. 9.1899, GBl. S. 634), für Elsaß-Lothringen der Konkurs des Fiskus, eines Bezirks, einer Gemeinde, einer Ortschaft oder einer anderen öffentlichen Anstalt (§ 11 AGzZPOuKO. v. 13. 11. 1899, GBl. S. 157). A Direkte Beschränkungen der Konkurszulässigkeit verordnet z. B. das Königreich Sachsen (§ 4 AGzZPOuKO. v. 20. 6 1900, GuBBl. S. 322) und zwar dahin, daß der Konkurs einer politischen Gemeinde, einer Kirchengemeinde oder einer Schulgemeinde nur zulässig ist, wenn auf Antrag des Konkursgerichts Zahlungs­ unfähigkeit und Überschuldung der Gemeinde sestgestellt sind; diese Feststellung

Anm. 2.

Anm. 3.

trifft auf Ersuchen des Konkursgerichts das Ministerium, dem die Gemeinde unter­ steht, für die evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden das Landeskonsistorium; bei der Feststellung sind die Gegenstände des Gemeindevermögens zu bezeichnen, die für die Erfüllung der öffentlichrechtlichen Ausgaben der Gemeinde, für den Kirchen­ dienst oder für den Schuldienst unentbehrlich sind; sie gehören nicht zur Konkurs­ masse. Vgl. Friedberg Kirchenrecht« S. 584s. Auch in Sachsen-Altenburg (§ 3 AGzKO. v. 4. 5. 1899, GS. S. 68) muß bei allen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zunächst auf Antrag des Konkursgerichts Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung durch die vorgesetzte staatliche Aufsichtsbehörde festgestellt werden

Anm. 4.

und sind bei dieser Feststellung die für die Erfüllung der Zwecke des öffentlichen Dienstes unentbehrlichen Bermögensbestandteile zu bezeichnen; diese Gegenstände gehören nicht zur Konkursmasse. Entsprechende Schranken bestehen für Stadt- und Landgemeinden in Mecklenburg-Schwerin (§2 ABzKO. v. 9. 4. 1899, RBl. S. 279) und in Mecklenburg-Strelitz (§ 2 ABzKO. v. 9. 4. 1899, Off. Anz. S. 323). Für Preußen bewendet es bei der Vorschrift der AGO. Titel 24 Abschn. II § 45 Anh. § 153, wonach zur Exekution gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts eine Rücksprache der Gerichte mit Verwaltungsorganen (Weißler Preuß. Landesprivatr. II S. 591) und nötigenfalls der Bescheid des Justizministers erforderlich ist. d) Konkursgrund ist außer der Zahlungsunfähigkeit die Überschuldung (Anm. 11] der juristischen Person (§ 213 mit § 207 I). Zahlungsunfähigkeit ohne Überschuldung

kann namentlich ein treten, wenn die Mitglieder ihre fälligen Beiträge nicht entrichten (v. Tuhr Allg. Teil I S. 558f ). Soweit landesrechtliche Beschränkungen zulässig sind sAnm. 1], kann gleichzeitig Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung oder aber aus­

Anm. 5.

o)

schließlich die eine von beiden sowie die Feststellung des Konkursgrundes im Berwaltungsverfahren gefordert werden sAnm. 3]. Der Konkursantrag kann wie im Regelkonkurse (§ 103) von der Schuldner- oder von der Gläubigerseite fAnm. 10] ausgehen. Zum Schuldnerantrage sind die Organe

*) Zur Frage der Exekution gegen Gemeinden vgl. namentlich folgende Schriften von Meili: Schuldexekution und Konkurs der Gemeinden (Zürich 1880); Rechtsgutachten und Gesetz­ vorschlag betr. die Schuldexekution und den Konkurs gegen Gemeinden (Bern 1885); Exekutions­ verfahren gegen Gemeinden mit besonderer Rücksicht auf die österreichische Gesetzesvorlage (Wien 1893). Siehe ferner Bollenweider Zwangsliquidation der Eisenbahnen (Zürich 1901) S. Iff. mit Gesetzeszitaten.

Konkurs juristischer Personen.

447

als gesetzliche Vertreter der juristischen Person (§ 26 BGB.) berechtigt und zwar H 213. von mehreren Vorstandsmitgliedern oder Liquidatoren die einzelnen (§ 213 mit 8 208 I). Die Mitgliederversammlung als solche hat kein Antragsrecht, noch weniger das einzelne Mitglied eines Personenverbandes. Geht der Konkursantrag nur von einem Teile der Schuldnervertreter oder von der Gläubigerseite aus, so hängt seine Zulässigkeit von der Glaubhaftmachung des Konkursgrundes und beim Gläubigerantrag überdies von der Glaubhaftmachung der Konkursforderung ab (§ 213 mit §§ 208 II, 105 I). Die nichtantragstellenden Schuldnervertreter sind zu „hören" (§ 213 mit 88 208 H, 105 II, III). Eine Antragpflicht hat das Gesetz ausdrücklich nur im Falle der Über-Anm. 6. schuldung — nicht auch im Falle der Zahlungsunfähigkeit — und nur gegenüber den Gläubigern, insoweit aber für sämtliche Vorstandsmitglieder und Liquidatoren (88 42II, 48 II, 86, 89 II BGB.) verordnet. Diejenigen Organe, die trotz der Überschuldung

fahrlässig oder vorsätzlich den Konkursantrag rechtzeitig zu stellen versäumt haben, haften den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden als Gesamtschuldner. 88 42 II, 53, 86, 89 II, 421 ff. BGB. Der Ersatzanspruch ist — anders als in den Fällen der 88 207 s. Anm. 30 — Sonderrecht des geschädigten Gläubigers auch während des Bereinskonkurses, nicht Massebestandteil (v. Tuhr S. 570 N. 54). Der juristischen Person selbst gegenüber kann sich eine Verantwortlichkeit wegen Unter­ lassung des rechtzeitigen Konkursantrags und zwar auch im Falle der Zahlungs­ unfähigkeit aus dem Jnnenrechtsverhältnisse zwischen der juristischen Person und dem Organ ergeben (vgl. 88 27 III, 40, 86, 276 BGB ). Dieser Anspruch würde ein vom Konkursverwalter (8 6 KO.) zu verfolgendes Masseaktivum darstellen. Bei Berechnung der Überschuldung kommen auch Beitragsrückstände in Ansatz fAnm. 11]. Unzulänglichkeit

der Masse zur Kostendeckung oder alsbaldige Niederlegung des Amtes befreit nicht von der Antragspflicht [8 103 Anm. 5, 88 207 f. Anm. 7]. Erkennt das Landesrecht kraft des a. IV EGzKNov. die Überschuldung als Konkursgrund nicht an sAnm. 4], so wird

die Antragspflicht für den Bereich des Vorbehalts gegenstandslos. d) Konkursgericht ist das Amtsgericht des Sitzes (8 71 KO. mit 8 17 ZPO., 8 24Anm. ?. BGB.). „Die Eröffnung des Konkurses" — nicht „der Verlust der Rechtsfähigkeit" sAnm. 8] — wird bei eingetragenen Vereinen auf die vom Gerichtsschreiber des Konkursgerichts erstattete Mitteilung (8 112 KO.) durch den Registerrichter von Amts wegen in das Bereinsregister eingetragen (8 75 BGB.). Siehe Anm. 13.

2. Der Gemeinschuldner.

a) Gemeinschuldnerin ist die juristische Person. Würde die RechtspersönlichkeitAnm. 8. im Augenblicke der Konkurseröffnung aushören, so gäbe es in Wahrheit keinen Konkurs juristischer Personen. Indem der § 213 die Statthaftigkeit eines solchen Verfahrens anerkennt, stellt er zugleich außer Zweifel, daß die juristische Persönlichkeit für die Zwecke des Konkurses fortbesteht. Daran ändert auch die Vorschrift des 8 42 I (8 86) BGB. nichts, der zufolge die juristischen Personen des bürgerlichen Rechts durch die Eröffnung des Konkurses „die Rechtsfähigkeit verlieren". Dieser „Verlust der Rechts­ fähigkeit" bedeutet wie die „Auflösung" der Aktiengesellschaft nach 8 292 I Nr. 3 HGH. — was für den zweiten Fall allgemein anerkannt ist — nicht ein sofortiges Erlöschen der Rechtspersönlichkeit, sondern einstweilen nur eine Verwandlung in Abwickelungs­ verbände. Zunächst versetzt derKonkurs die juristische Person in dieRolle des Gemeinschuldners. Ehe sie diese Rolle ausgespielt hat, kann ihre Rechtspersönlichkeit nicht erlöschen [8 25 Anm. 9]. Es ist daher auch ganz sachgemäß, daß nur die Tatsache der Konkurseröffnung in das Bereinsregister eingetragen wird sAnm. 7]. Diese Ansicht findet eine Stütze in § 49 II BGB. Wie für die dort bezeichnete Liquidation muß für die Zwecke des Konkurses, der eine unter gerichtlicher Leitung verlaufende Zwangsliquidation darstellt, ein Fortbestand der Rechts­ persönlichkeit angenommen werden. Das ist um so zweifelloser, als die Liquidation

Konkurs juristischer Personen.

448

§213.

dem Konkurse nachfolgen kann sAnm. 12]. Der rechtsfähige Verein ist auch noch im Konkurse rechtsfähiger Verein, keineswegs „Verein ohne Rechtsfähigkeit" (Seuffert S. 231, v. Tuhr S. 566, v. Staudinger - Löwenfeld BGB.b § 42 Anm. 11; abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 2, deren Ausführungen deshalb besonders bedenklich sind, weil sie in Anm. 3 für den Konkurs rechtsunfähiger Vereine die Bereinsmitglieder als Gemeinschuldner bezeichnen). Es ist daher auch nicht genau, wenn man lehrt (so z. B. Endemann Bürg. Recht I 8 44 N. 25), der Verlust der Rechtsfähigkeit trete bereits im Zeitpunkte des § 108 KO. ein. Unzutreffend ist es endlich, wenn Rehbein BGB. I S. 55 im Verfahren des § 213 KO. den Fiskus für den Gemeinschuldner erklärt, falls diesem das Bereinsvermögen „durch die Konkurseröffnung nach §§ 42, 45 zu­ gefallen" sei. Der Verein, nicht der Fiskus, steht im Kurkurse. Der Verein, nicht der Fiskus, übt durch seine Organe sAnm. 9) die Rechte eines Gemeinschuldners (z. B. zur Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß, zum Schuldnerwiderspruch im Prüfungs­ termin und zum Vorschlag eines Zwangsvergleichs) aus. Der Anfall an den Fiskus vollzieht sich erst mit Konkursbeendigung. Vgl. für den entsprechend gelagerten Fall des § 49 II BGB. v. Tuhr S. 564 f., Enneccerus BürgR.s I § 107 I 6 mit Lit. Anders liegt die Sache, wenn der Konkurs erst nach dem Anfall an den Fiskus er­ öffnet wird sAnm. 1]. Hier befindet sich allerdings der Fiskus mit einem Sonder­ vermögen in Konkurs. Allein dieses Verfahren ist eben nicht ein Konkurs nach § 213, sondern ein dem Nachlaßkonkurs (§§ 214 ff.) entsprechender Sonderkonkurs. Einfluß der Konkursbeendigung: Anm. 13.

Anm. 9.

b) Ist die juristische Person die Gemeinschuldnerin, so müssen ihre Rechte und Obliegen­ heiten im Konkurse von ihren Organen (Vorstand, Liquidatoren) als gesetzlichen Vertretern wahrgenommen werden. Für den Bereich der Bertretungsmacht des Konkursverwalters (§ 6 II) wird die Berfügungsbefugnis der Organe verdrängt. Im einzelnen sei auf die Ausführungen zu §§ 207 f. Anm. 10 ff. verwiesen. Eine Aus­ dehnung des Konkursstrafrechts (§§ 239 ff.) auf Vorstände und Liquidatoren juristischer Personen ist — aber nicht etwa aus Versehen (M. I S. 118) — unterblieben (Gegen­ schluß aus § 244). Ungenau Nußbaum ZZP. 34 S. 135. 3. Die Konkursgläubiger.

Anm. 10.

Konkursgläubiger sind die persönlichen Gläubiger der juristischen Person, die einen bei Konkursbeginn bestehenden und im Konkurse verfolgbaren Bermögensanspruch haben (88 3, 63). Die Mitgliedschaft selbst begründet kein Gläubigerrecht [§ 3 Anm. 6]. Doch können die Mitglieder aus besonderen Rechtsgründen Gläubiger des Vereins sein und haben als solche auch das Recht zum Konkursantrage. Rentenansprüche im Konkurs einer Arbeiterpensionskasse: § 3 Anm. 20. Die Privatgläubiger der Mitglieder sind nicht Konkursgläubiger im Bereinskonkurse.

4. Die Konkursmasse. Anm. 11.

Die Konkursmasse umfaßt alles beschlagsfähige Vermögen, das der juristischen Person im Zeitpunkte der Konkurseröffnung gehört (§ 1). Soweit daS Landesrecht Bermögensgegenstände der im § 15 Nr. 3 EGzZPO. bezeichneten juristischen Personen der Pfändbarkeit entzieht, wird der Umfang der Konkursmasse beschränkt sAnm. 3]. Maffeaktiven bilden besonders auch Schadensersatzansprüche der juristischen Person gegen untreue Organe sowie die rückständigen und fortlaufenden Beitragsschulden der Bereinsmitglieder, soweit die Beitragspflicht nicht durch den Fortbestand des Vereins bedingt ist. Auch diese Aktiven sind bei Feststellung der Überschuldung in Ansatz zu bringen.

Siehe §§ 207 f. Anm. 28 f.

5. Die Konkursbeendigung. Anm.12.

a) Besondere Vorschriften sind für die Konkursbeendigung nicht ausgestellt. Sie kann daher Aufhebung (§§ 163, 190) oder Einstellung (§§ 202, 204) sein. Namentlich ist auch der Zwangsvergleich zugelassen. M. I S. 118. Vgl. dazu §§ 207f. Anm. 31

Konkurs von Vereinen ohne Rechtsfähigkeit.

449

mit Verweisungen. Ist nach Beendigung eines Bereinskonkurses noch Aktivvermögen § vorhanden, so muß, wenn es nicht an den Fiskus fällt sAnm. 8], nun erst noch eine Liquidation stattfinden, für deren Zwecke die juristische Person auch fernerhin als fortbestehend gilt (§§ 47, 49 II BGB). Dieser Liquidationsverein ist Träger der vom Gemeinschuldner im Zwangsvergleich übernommenen Verbindlichkeiten. Gegen ihn findet auf Grund des § 193 die Vollstreckung statt. Die Sache liegt ebenso, wie wenn beim Zwangsvergleich einer Aktiengesellschaft die Fortsetzung nach § 307 HGB. nicht beschlossen wird [§§ 207f. Anm. 32]. Andrer Meinung Seufsert S. 410f. mit S. 395. Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand (§ 48 BGB ). An diesen (vgl. § 29 BGB.) als an den Vertreter des bisherigen Gemeinschuldners hat der KonkursVerwalter das Vereinsvermögen auszuliefern (§§ 192, 206). Vgl. M. I S. 118, Rehbein BGB. I S. 55, Meurer Jurist. Personen (1901) S. 297. Die M. I S. 118 bemerken: „Ob die gesetzlichen Vertreter berechtigt sind, an diejenigen, welche zuerst kommen, voll zu zahlen, oder ob sie die anteilige Befriedigung aller bekannten Gläubiger herbeizuführen haben, ist eine Frage, deren Entscheidung der Rechtswissenschaft überlassen werden kann." Eine Verpflichtung der Liquidatoren zu anteiliger Schuldenberichtigung besteht nicht. Der Liquidator ist nicht Konkursverwalter. Vgl. P. IV S. 570 f. Übrigens hat die Frage in unserem Falle geringe praktische Bedeutung. Denn beim

213*

Zwangsvergleiche wie beim Konkursverzicht — sonst pflegt kein Aktivrest zu verbleiben — werden die Konkursgläubiger schon selber Vorsorge treffen (§§ 192, 202, 206). b) Zu einer Rückgängigmachung des Konkurses kommt es lediglich bei Aufhebung des Anm.i3. Eröffnungsbeschluffes (§§ 109, 116). Weder die Aufhebung des Konkurses nach §§ 163, 190 noch die Einstellung nach §§ 202, 204 hat diese Wirkung. Nur die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses beseitigt daher die nach § 42 I (§ 86) BGB. eintretende, durch die Satzung nicht umgehbare Konkursfolge. Trotz eines Zwangsvergleichs oder Konkurs­ verzichts läßt sich daher der Verein nicht aufrecht erhalten. Deshalb wird in das Bereinsregister auch nur die Konkurseröffnung und die Aufhebung des Eröffnungs­ beschlusses, nicht aber die Konkursbeendigung eingetragen [§ 112 Anm. 2]. P. VI S. 118. In der Kommission für die II. Lesung des EBGB. war beantragt worden, wenigstens für die Fälle des Zwangsvergleichs und der Einstellung „die Auflösung als nicht erfolgt" zu erklären. „Auch bei der Aktiengesellschaft habe der Abschluß eines Zwangsvergleichs nicht notwendig die Folge, daß liquidiert werden müsse." Der Antrag wurde abgelehnt, da sich für die seltenen Fälle des Verbleibens von Aktiv­ vermögen eine solche Ausnahme nicht empfehle. Sei der Verein nach der Beendigung des Konkursverfahrens noch lebensfähig, so stehe seiner Rekonstitution durch einen neuen Rechtsakt nichts entgegen. P. VI S. 118. Von selbst versteht sich aber die Möglichkeit der „Fortsetzung" einer in Auflösung begriffenen juristischen Person nicht [§§ 207 f. Anm. 32]. Für eine entsprechende Anwendung des § 307 HGB. ist somit auch bei wirtschaftlichen Vereinen kein Raum. Die „Rekonstitution" kann nur nach Maßgabe der §§ 21, 22 BGB. erfolgen. Der rekonstituierte Verein ist nicht der alte, sondern ein neuer und wird darum nur durch besondere Schuldübernahme Träger der alten Bereinsverbindlichkeiten. Mit Recht weist Rehbein aaO. S. 53 darauf hin, daß ein Übergang vom Konkurse zur Liquidation sich unter Umständen schon aus Gründen

der Zweckmäßigkeit und Billigkeit empfiehlt. Als Verein ohne Rechtsfähigkeit (§ 54 BGB.) setzt sich der bisher rechtsfähige Verein nach Konkursbeendigung ohne weiteres nur dann fort, wenn die Satzung einen dahingehenden Willen der Mitglieder ergibt.

n. Konkurs eines Vereins ohne Rechtsfähigkeit. Literatur: W. Rustenbach, Konkurs des Vereins ohne Rechtsfähigkeit (Würzb. Diss., 1904); A. Nußbaum, Der nicht rechtsfähige Verein im Prozeß und Konkurse, ZZP. 34 (1905)

S. 107 ff. 1. Zahlreiche Personenverbände unterlassen die zum Erwerbe der Rechtsfähigkeit erforderlichen «nm.u. Schritte, sei es, weil sie (wie viele gesellige Bereinigungen) kein Bedürfnis dazu empfinden,

450

§213,

Anm.io.

Konkurs von Vereinen ohne Rechtsfähigkeit. sei es, weil sie eine Aufdeckung ihrer Zwecke scheuen. Andere ermangeln der Rechts­ fähigkeit, weil ihnen die angestrebte Eintragung oder Verleihung nicht oder noch nicht zuteil geworden ist. Solche Vereine ohneRechtsfähigkeit sollen zwar im allgemeinen nach Gesellschaftsrecht beurteilt werden (§ 54 Satz 1 BGB ). Sie unterscheiden sich aber ihrem Wesen nach von der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und nehmen deshalb eine eigenartige Zwitterstellung zwischen Gesellschaft und juristischer Person ein. Anders als bei Eingehung einer Gesellschaft ist der Wille der Bereinsgründer gerichtet auf die Schaffung eines dauernden, seiner Natur nach (nicht nur kraft Ausnahmerechts) vom Mit­ gliederwechsel unabhängigen Verbandes mit körperschaftlicher Verfassung (eine durch Mehrheitsbeschluß abzuändernde Satzung, ein Gesamtname, Organe, meist Vorstand und Mitgliederversammlung). Vgl. RG. v. 25.10. 1910 Bd. 74 372 (mit Verweisungen); v. Tuhr Allg. Teil I S. 572 ff. Ein solcher Verband hat anders als die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts [§ 25 Anm. 8] passive Partei- und darum Konkursfähig­ keit: er kann wegen seiner Schulden verklagt und verurteilt (§50II ZPO.), folglich auch als solcher ausgepfändet (§ 735 ZPO.) und in Konkurs erklärt werden (§ 213 KO.). Im Auseinandersetzungsstadium dauert die Konkursfähigkeit fort, bis die Verteilung vollzogen ist (88 213, 207 II). Bei Nichtigkeit der Bereinsgründung fehlt dagegen in Ermangelung einer dem 8 311 HGB. entsprechenden Vorschrift die Konkursfähigkeit. Wie im Erkenntnisverfahren als Beklagter hat im Konkurse der Verein ohne Rechtsfähigkeit als Schuldner die Stellung eines rechtsfähigen Vereins (8 50 II ZPO., 8 72 KO.). Wie das Prozeßgericht (8 56 ZPO., RG. aaO) hat das Konkursgericht im Eröffnungsverfahren vonAmts wegen nachzuprüfen, ob der Verband ein Verein ohne Rechtsfähigkeit, nicht etwa eine bloße Gesellschaft, und dementsprechend als solcher verklagbar und konkurssähig ist (8 72 KO.). Der innere Zusammenhang zwischen passiver Parteifähigkeit und Konkursfähigkeit steht außer Zweifel. Nicht minder, was der 8 157 GBG. bestätigt, daß der Konkurs im Sinne der Reichsjustizgesetze zu den „bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten" zählt [3 71 Anm. lf.J. Zudem verordnet der 8 72 KO. ausdrücklich eine „entsprechende" Anwendung der zivilprozessualen Vorschriften. Eine solche ergibt, was den 8 50 II ZPO. betrifft: wie „in dem Rechtsstreit", durch den der Verband belangt wird, hat er „im Konkursverfahren" und zwar genauer, soweit es die Konkurs zwecke fordern, „die Stellung eines rechtsfähigen Vereins". So also auch schon für den Bereich des Eröffnungsverfahrens, so auch für die Einklagung von Masserechten durch den Konkursverwalter. Aus Anlaß des Konkurses und für dessen Zwecke wird der Verein ohne Rechtsfähigkeit somit zugleich als aktiv Partei fähig behandelt, wie er z. B. auch aus Anlaß eines Passivprozesses eine Wider­ klage oder Ansprüche auf Grund der 88 302, 600, 717 II, III ZPO. erheben kann. Das Bertretungsorgan hat wie im Passivprozeffe (RG. v. 24. 9.1908 Bd. 69 300) so im Konkurse die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Gemeinschuldner ist der Verband als solcher, nicht die Summe der jeweiligen oder der bei Konkurseröffnung vorhandenen Mitglieder. Rechte und Obliegenheiten eines Gemeinschuldners nimmt der Vorstand (Geschäftsführer) und bei Konkurseröffnung im Liquidationsstadium der Liquidator wahr. Die Konkurseröffnung versetzt den Verband wie einen rechtsfähigen Verein (Anm. 8] in den Abwickelungszustand (v. Tuhr S. 587), ohne die bisherige Organisation sofort zu vernichten. Wenn Kleinfeller Lehrbuch S. 185 bemerkt, der Verbands­ konkurs müsse den Verband auflösen, da nach den §8 54, 728 BGB. schon der Konkurs des Mitglieds diese Folge habe, übersieht er, daß dem Verband ja gerade die Unabhängig­ keit vom Mitgliederbestände wesentlich ist [3 28 Anm. 6]. Die Auffassung, daß der Verein als solcher, nicht die Summe der Vereins­ mitglieder Gemeinschuldner sei, teilen im Ergebnisse Gierke Vereine ohne Rechtsfähig­ keit- (1902) S. 43 f., Rustenbach S. 34 ff., Hellwig Lehrbuch I S. 304 („zweifellos"). Sie wird aber von vielen Seiten bekämpft, so namentlich von Nußbaum S. 136 ff., v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 4, v. Sarwey-Bossert Anm. 2, Petersen-Kleinfeller Anm. 3. Die Gegenansicht verkennt nicht nur den Zusammenhang zwischen Parteifähigkeit und Konkurs-

Konkurs von Vereinen ohne Rechtsfähigkeit.

451

fähigkeit sowie die Bedeutung des § 72 [Anm. 14], sondern auch den Sinn der Verweisung § 213. auf die §§ 207 f. und leitet, folgerecht durchgeführt, zu ganz unmöglichen Schlüssen. Indem unser § 213 den Konkurs des Vereins ohne Rechtsfähigkeit ganz wie den eines rechts­ fähigen Vereins den Regeln des Konkurses der körperschaftlich eingerichteten Handels­ gesellschaften (88 207 f.) und nicht der konkursfähigen Gesamthandsgemeinschaften (§§ 209 ff.) unterwirft, zieht er nur eine Folgerung aus der entsprechenden Anwendbarkeit des 8 50II ZPO. auf das Konkursverfahren. Das Entscheidende ist die Gleichstellung mit der juristischen Person (dies übersieht außer den Genannten auch Seuffert S. 71, 75). Der Gesetzgeber stand vor der Wahl, den Konkurs des Vereins ohne Rechtsfähigkeit entweder wie den einer Gemeinschaft zur gesamten Hand oder wie den einer Körperschaft zu ordnen. Er hat den letzteren Weg gewählt und hat ihn wählen müssen, weil die Be­ handlung sämtlicher Mitglieder als Gemeinschuldner, wie sie sich beim Anschluß an die Gemeinschaft zur gesamten Hand ergeben hätte [§§ 209 f. Anm. 9 ff.], geradezu undurch­ führbar erscheint. Man denke nur an die zahllosen Bereinsmitgliedschaften des modernen Lebens, die sich in der Entrichtung von Jahresbeiträgen erschöpfen. Wäre es nicht höchst absonderlich, die fünfhundert Frauen, die Mitglieder irgend eines nicht rechtsfähigen großstädtischen Frauenhilfsvereins sind, als Gemeinschuldnerinnen den Schuldnerlasten (Auskunft, Wohnortszwang, Postsperre) zu unterwerfen, sie sämtlich zum Konkursantrage zu hören und ihren Ehemännern als Gläubigern nach 8 183 das Vergleichsslimmrecht zu verschränken, wie dies v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 4 u. 7 in der Tat verlangen? Nußbaum sucht S. 137 f. den mißlichen Folgerungen auszuweichen und lehrt, es seien „wegen partieller Prozeßunfähigkeit der Mitglieder" die Schuldnerpflichten vom Vorstand als gesetzlichem Vertreter wahrzunehmen. Indessen stehen nicht nur Prozeßhandlungen in Frage, sondern auch Lasten tatsächlicher Art; zudem aber würden die Mitglieder gerade dann, wenn ihre Eigenschaft als Mitträger des Bereinsvermögens und der Vereins­ schulden den Ausschlag gäbe, gleich den Teilhabern einer offenen Handelsgesellschaft sämtlich als Gemeinschuldner zu behandeln sein. Daß für die Zeit vor dem Konkurse die Mit­ gliedergemeinschaft, durch gewillkürte Vertreter handelnd, den Schuldner darstellt (Nußbaum S. 136), was z. B. für die Konkursanfechtung von Belang wird, erklärt sich ungezwungen daraus, daß vermöge der gesetzlichen Anordnung nun ein als rechtsfähig zu behandelnder Verband den rechtsunfähigen ablöst, wie bei nachträglichem Erwerbe der Rechtspersönlichkeit. Lehnt der Konkursverwalter die Führung eines Aktivprozesses nach § 10 ab, so steht die Aufnahme der Mitgliedergesamtheit in derselben Eigenschaft zu, in der sie bisher die Parteirolle innehatte. Der Konkursverwalter aber würde den Prozeß für einen auch aktiv als parteifähig geltenden Verband führen [Anm. 14]. Dementsprechend gelten die Ausführungen unter I entsprechend auch hier, besonders Anm.16. hinsichtlich des Konkursgrundes [Sinnt. 4], des Konkursantrags [Anm. 5] und der Konkursmasse [Anm. 11]. Mehrere Vorstandsmitglieder haben im Zweifel nur Kollektivvertretung (8 54 mit §§ 714, 710 Satz 2, 709 BGB.). Zum Konkursantrag ist jeder selbständig berechtigt [Anm. 5], nicht aber jedes einzelne Bereinsmitglied als solches noch die Mitgliederversammlung. Ob die Antragspflicht des 8 42 II BGB. besteht, ist streitig. Da rechtsfähiger und rechtsunfähiger Verein für den Konkurs, auch schon für das Eröffnungsverfahren, gleichgestellt sind [Anm. 14], dürfte die Frage zu bejahen sein (so auch trotz seiner grundsätzlich entgegengesetzten Auffassung Nußbaum S. 139, abw. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 7). Das Schutzbedürfnis der Gläubiger ist bei der regel­ mäßigen Gestaltung der Haftungsverhältnisse [Anm. 17] in beiden Fällen das gleiche. Ergibt die richterliche Prüfung, daß zwar nicht der zur Stütze des Antrags geltend gemachte, wohl aber der andere an sich ausreichende Konkursgrund, besonders also zwar nicht die vom Antragsteller behauptete Zahlungsunfähigkeit, wohl aber Überschuldung vor­

liegt, so muß (gegen Rustenbach S. 25 ff.) der Konkurs eröffnet werden [88 207 f. Anm. 3]. Prüfung der Konkursfähigkeit: oben Anm. 14. Für die Ausübung der Gemeinschuldner­ pflichten und die Frage der capitis deminutio gelten die Bemerkungen zu 88 207 f. Anm. 13, für die Unanwendbarkeit des Konkursstrafrechts oben Anm. 9. Wären die

452

§213,

Anm. 17.

Anm.i8.

Konkurs von Vereinen ohne Rechtsfähigkeit. einzelnen Bereinsmitglieder selbst die Gemeinschuldner, so müßten auf sie wie auf die offenen Handelsgesellschafter die §§ 239ff. unmittelbare Anwendung finden. Zur Konkurs­ masse gehören Bereinsausstände. Desgleichen Ansprüche auf rückständige Beiträge von Mitgliedern (zust. OLG. Dresden v. 28. 6. 1910 LZ. 1911 S. 566). Aus der etwaigen Schuldenhaftung der Mitglieder gegenüber den Gläubigern ergibt sich freilich ein Masse­ aktivum nicht (vgl. Dresden aaO.). Wenn Bereinsvermögen, namentlich Liegenschafts­ rechte zur Vermeidung der Eintragung sämtlicher Mitglieder (§ 48 GBO.) dem Vorstand durch Treuhandversügung anvertraut ist (v. Tuhr S. 577), bildet das vom Konkurs­ verwalter des Vereins zu verfolgende, der Masse zugehörende Recht auf Ausantwortung im Konkurse des Vorstands ein Aussonderungsrecht [§ 43 Anm. 38ff.]. Auch solchenfalls ist die mit dem Willen der Gläubigerbenachteiligung erfolgende vorzeitige Verteilung des Vermögens unter die Mitglieder der Absichtsanfechtung ausgesetzt (abw. Nußbaum S. 141). Konkursgläubiger ist, wer einen bei Konkursbeginn begründeten persönlichen Bermögensanspruch „gegen den Verein" hat (§ 3 KO., § 735 ZPO.), nicht der Gläubiger des einzelnen Mitglieds oder aller einzelnen Mitglieder (z. B. nach den §§ 830, 840 BGB.). Nur Gläubiger „des Vereins" haben daher das Konkursantragsrecht eines Gläubigers. Nur ihre Ansprüche kommen bei Ermittelung des Konkursgrundes in Ansatz. Daß die Bereinsmitglieder den Konkursgläubigern stets (so Petersen-Kleinfeller Anm. 3) oder doch immer dann, wenn ihre persönliche Haftung nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist (so Kleinfeller Lehrbuch S. 186), für den Ausfall einzustehen hätten, den sie bei Durchführung des Konkurses erleiden, trifft nicht zu. Vielmehr ist gerade um­ gekehrt zu sagen, daß es einer ausdrücklichen Satzungsvorschrift bedarf, wenn eine Haftung der Mitglieder mit ihrem Eigenvermögen begründet werden soll (RG. v. 25. 10. 1910 Bd. 74 374; Beispiel: Dresden aaO.). Das rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß die Bestellung zum Bereinsverlreter nach der körperschaftlichen Berfassung des Vereins im Zweifel auch nur hinsichtlich des Bereinsvermögens eine Bertretungsmacht verleiht, und aus unabweisbaren Bedürfnissen des Verkehrs. Vgl. Gierke (5. 38 ff., Enneccerus * § 109 N. 13 u. 15, v. Tuhr S. 580 ff. Haften die Mitglieder oder Geschäftsführer zugleich persönlich (§§ 54, 427, 714 BGB.), so tritt eine Beschränkung, wie sie der § 212 statuiert, nicht einmal bei gleichzeitigem Konkurse der Verpflichteten ein. Auch für Masse schuld en versteht sich die persönliche Haftung der Mitglieder weder bei rechtsfähigen noch bei nicht rechtsfähigen Vereinen von selbst (abw. Petersen-Kleinfeller Anm. 3, 4). Der Konkurs­ verwalter verpflichtet durch seine Rechtshandlungen (§ 59 Nr. 1) nur den Gemeinschuldner, nicht das Eigenvermögen der Mitglieder. Gegenüber der Sondervorschrift des § 59 Nr. 1 KO. kommt der § 54 Satz 2 BGB. für die Handlungen des Verwalters überhaupt nicht in Betracht. Er schließt seine Berwaltungsgeschäfte für den Verein als Gemeinschuldner ab, der insoweit als juristische Person behandelt wird, nicht für einen rechtsunfähigen

Verein als solchen und im allgemeinen. Der Zwangsvergleich ist zulässig wie im Konkurse des rechtsfähigen Vereins. Daß er etwa nur dann Sinn hätte, wenn alle Mitglieder eine persönliche Haftung für die Vergleichsschuld übernehmen, bedarf bei der Art der hier in Betracht kommenden Ber­ einigungen keiner Widerlegung. Durch Bergleichsbürgschaften können ausreichende persön­ liche Garantien geschaffen werden. Besteht bereits eine persönliche Haftung der Mitglieder oder Geschäftsführer (§ 54 Satz 2 BGB.) für die Bereinsschulden, so wird sie durch den Zwangsvergleich des Bereinskonkurses nicht beschränkt. Indem der § 213 den Konkurs des Vereins ohne Rechtsfähigkeit als Konkurs einer juristischen Person und nicht als Konkurs einer Gemeinschaft zur gesamten Hand auffaßt, schließt er eine dem § 211 II entsprechende Behandlung aus. Auch die Mitglieder erscheinen daher als „Mitschuldner" des Gemeinschuldners im Sinne des § 193 Satz 2. Dies gibt auch Nußbaum S. 140 zu, obwohl er die Mitglieder als Gemeinschuldner ansieht; abw. Kleinfeller Lehrbuch S. 186 V. Den Vergleich hat der Vorstand als gesetzlicher Vertreter des Vereins vor­ zuschlagen. Daß er damit im Zweifel eine persönliche Mithaftung nach § 54 Satz 2 BGB. übernehme (so Nußbaum aaO.), ist unzutreffend.

Nachlaßkonkurs.

2. Übergangsrecht.

453

Die Vorschrift des § 213 gilt als prozeßrechtliche NormH213.

seit 1. Januar 1900 auch für ältere — vor dem 1. Januar 1900 entstandene — Anm.is. Vereine ohne Rechtsfähigkeit und zwar sowohl für die Frage der Konkurs­ fähigkeit als hinsichtlich der Durchführung eines unter der Herrschaft des neuen Rechts eröffneten Verfahrens. Der a. VI EGzKNovelle steht nicht entgegen. Gierke S. 51, Habicht Einwirkung des BGB.b S. 129, Meurer S. 70 ff., v. Tuhr S. 592.

III. Internationales Recht. Die Konkursfähigkeit von Verbänden mit ausländischem SitzAmn.20. ist grundsätzlich mit ihrer Rechtspersönlichkeit gegeben. Es sind aber nicht nur juristische Personen konkursfähig, deren Rechtsfähigkeit für das Inland — besonders nach a. 10 Satz 1 EGzBGB. (vgl. auch §§ 23, 80 BGB.) oder kraft eigener Staatsverträge — feststeht, sondern auch die unter a. 10 Satz 2 EGzBGB. fallenden und (dem Zwecke des § 213 entsprechend) auch die schon nach Auslandsgesetz der Rechtsfähigkeit er­ mangelnden „Vereine". Nur muß stets, damit ein Konkurs im Inland eröffnet werden kann, ein inländisches Gericht nach Maßgabe der §§ 71, 238 als Konkursgericht zuständig sein. Auf Vereine in den Konsular- und Schutzgebieten findet der § 213 Anwendung (§ 19 KonsGG., § 3 SchutzgebG.; vgl. § 31 KonsGG., § 3 SchutzgebG., § 23 BGB.). Wegen der Kolonialgesellschaften vgl. § 11 SchutzgebG., § 32 KonsGG.; zum ganzen Rustenbach S. 6ff.

§ *1*. II. Für das Konkursverfahren über einen Nachlaß ist das Amtsgericht

ausschließlich zuständig, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. Unveränderter § 202 alter Folge. Materialien: Motive I Band 1 S. 82f., Motive II S. 61 f., 452, Protokolle S. 125, 196.

Der Nachlaßkonkurs (§§ 214—235).

Literatur: E. Jaeger, Voraussetzungen eines Nachlaßkonkurses (Erlanger Diss., 1893), Seusfert ZZP. 22 (1896) S. 497ff. (die Ausführungen sind der Hauptsache nach in das Lehrbuch des Verfassers eingearbeitet), E. Jaeger, Erbenhaftung und Nachlaßkonkurs im neuen Reichsrecht (1898; soweit diese Schrift den Nachlaßkonkurs behandelt, ist ihr Inhalt im Folgenden mehrfach berichtigt und ergänzt übernommen), F. Oetker, Konkursordnung in alter und neuer Gestalt (Berlin 1899) S. 164ff., IHR. 66 S. 207ff., Jos. Weber, Vollstreckung von Vermögens­ strafen in den Nachlaß (Würzburger Diss. 1900; in Beling's „Strafrechtlichen Abhandlungen"), C. M. Josephson, Nachlaßkonkurs, Hanseat. Gerichtszeitung 1900 Beilage Nr. 4, Frz. Schroeder, Einfluß des Todes des Gemeinschuldners auf ein anhängiges Konkursverfahren ZZP. 28 (1900) S. 1 ff., Ad. Cnyrim, die zurückgesetzten Forderungen im Nachlaßkonkurs (Marburger Diss., 1901), W. Mager, Tod des Gemeinschuldners im Konkursverfahren (Erlanger Diss. 1901); Rosenmeyer, Nachlaßgläubiger im Konkurse (Marburger Diss.) ZPO. 32 (1904) S. 263ff.; Hagen, Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten, Jherings Jahrb. 42(1901) S. 43ff., bes. ©.99ff.; Schimmelbusch, Tod des Gemeinschuldners, RheinA. 107 (1911) S. 32 ff. Vgl. auch Pfeiffer „Nachlaß- und Konkursmasse-Inventar" i. d. Zeitschrift für freiw. Gerichtsbarkeit Bd. 41 S. 193, 331. Dazu die Darstellungen des Erbrechts, besonders Binder Rechtsstellung des Erben, II (1903) §§ 16, 23ff., Boehm Erbrecht2 (1900) § 86, Cosack BürgR.« § 410, Crome BürgR. § 729, Dernburg BürgR. V3 (1911) § 131, Endemann BürgR. III3 (1900) § 100, Kipp (Enneccerus) BürgR. II (1911) § 79, Kretzschmar Erbrecht (1910) §82, Strohal Erbrecht3 (1904) §§ 78, 80, Weißler Nachlaßverfahren (1900) S. 306ff. A. Im allgemeinen.

I. Begriff und Wesen.

1. Der Nachlaßkonkurs ist das Konkursverfahren über das beschlagsfähigeAnm. 1. Vermögen einer verstorbenen (§ 1922 I) oder für tot erklärten (§ 18 BGB.) Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl.

Bd. II.

29

454

8214.

Anm. 2.

Anm. 3.

>

Nachlaßkonkurs. Person. Ein dem Nachlaßkonkurs entsprechendes Verfahren kann stattfinden, wenn das Vermögen einer juristischen Person an den Fiskus gefallen ist (§§ 46, 88 BGB.). Tod des Gemeinschuldners im Regelkonkurs: Sinnt. 21 ff.; Erbenkonkurs: § 234. Der Nachlaß­ konkurs des neuen Rechts ist zulässig einerlei, ob der Nachlaß noch ungeteilt oder schon geteilt ist, ob der Erbe angenommen hat oder nicht, ob er beschränkbar oder unbeschränkbar haftet (§§ 216, 235). Da die Erbschaft mit dem Erbfalle von Rechts wegen auf den Erben übergeht (§§ 1922, 1942 BGB.) und dieser trotz der Eröffnung des Nachlaß­ konkurses Subjekt auch des ererbten Vermögens bleibt, ist der Nachlaßkonkurs stets ein Sonderkonkurs [§ 1 Sinnt. 64ff.]. Ungenau Motive II S. 440 (siehe dagegen ebenda S. 452). Nach dem Systeme des BGB. bilden Nachlaßkonkurs und Nachlaßver­ waltung die ordentlichen Wege zur Durchführung der beschränkten Haftung des Erben (§§ 1975, 2013 BGB). Jede dieser beiden Berfahrensarten kann sowohl durch Erbenantrag als durch Gläubigerantrag veranlaßt werden. Jede vereinigt in sich die Slufgabe des beneficium inventarii (Schutz des noch beschränkbar haftenden Erben und seiner Eigengläubiger gegenüber den Nachlaßgläubigern) und die des bene­ ficium separationis (Schutz der Nachlaßgläubiger). Sluch ohne Zutun des Erben kann daher die Beschränkung seiner Haftung verwirklicht werden. Bei Überschuldung des Nach­ lasses ist der Nachlaßkonkurs (§ 215), sonst — namentlich auch bei zweifelhaftem Stande der Erbschaft — die Nachlaßverwaltung das ordentliche Mittel zur Durchführung der be­ schränkten Haftung. Die Nachlaßverwaltung kann vom Erben fristlos und ohne sachliche Begründung (vgl. jedoch §§ 2013, 2062 BGB.), von einem Nachlaßgläubiger dagegen nur binnen zwei Jahren seit Annahme der Erbschaft und nur aus dem Grunde einer Ge­ fährdung durch Verhalten oder Vermögenslage des Erben beantragt werden (§ 1981 BGB.). Der Nachlaßkonkurs regelt sich nach §§ 214—235 KO., die Nachlaßverwaltung nach §§ 1975—1988 BGB. Beide bilden Sondergutspflegschasten zum Zwecke der Be­ friedigung der Nachlaßgläubiger. Für die Nachlaßverwaltung, die nur eine Unterart der Nachlaßpflegschaft darstellt, ist dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt (§§ 1960, 1975, 1981 HI BGB.; vgl. § 75 FGG.). Allein auch die Konkursverwaltung ist eine eigens geregelte Sondergutspflegsckmft [§ 78 Anm. 1, 7, 10 ff., § 81 Sinnt. 2 f., § 84 Anm. 1, 4f., § 86 Anm. 3, § 117 Sinnt. 12]. Die Parallele zwischen der Konkursverwaltung und der Nachlaßverwaltung des neuen Rechts ist dergestalt offenbar, daß die Rechtsstellung des Konkursverwalters und des Nachlaßverwalters fortab nur einheitlich konstruiert werden kann [§ 6 Anm. 9]. Wie der Nachlaßkonkursverwalter ist der Nachlaßverwalter gesetzlicher Vertreter des Erben als solchen. Eine Mitwirkung der Gläubiger bei der Nachlaß­ verwaltung sieht das Gesetz nicht vor. Weitere Rechtsfolgen der Eröffnung des Nachlaß­ konkurses: § 25 Anm. 29 ff. (Gütersonderung, Prozeßunterbrechung, Verjährung). Was die Entstehungsgeschichte der Vorschriften über den Nachlaßkonkurs bettifft, so begnügte sich der Entwurf einer Gemeinschuldordnung (§ 19, vgl. § 35, Motive I Bd. 1 S. 82 f., 185 f.) in Anlehnung an die §§ 13, 14 der preuß. KO. von 1855 damit, die regelmäßigen Vorschriften „über das Verhältnis des Gemeinschuldners zur Gemein­ masse" auf den Erben im Falle des Nachlaßkonkurses für anwendbar zu erklären. Dieser Satz wurde gestrichen „teils, weil er selbstverständlich, teils, weil seine allgemeine Fassung nicht unbedenklich gewesen sei" (Protokolle S. 15). Dafür brachte der Entwurf einer KO. in den §§ 202—206 Vorschriften, die in das Gesetz von 1877 ausgenommen worden sind (Motive II S. 452—456; Protokolle S. 125, 196). Der Entwurf eines BGB. erster Lesung behandelte den Nachlaßkonkurs in den §§ 2109—2119 (M. V S. 622—643). In zweiter Lesung wurden erhebliche Änderungen vorgenommen und zugleich beschlossen, die

Vorschriften in die KO. zu verweisen (P. V S. 762-774, 820-827, 879f., VI S. 771-777). Auch die Reichstagsvorlage der Konkursnovelle von 1898 brachte noch einige Neuerungen (S. 11-—16, Begründung S. 46—57). Die Reichstagskommiffion von 1898 hat weitere Abänderungsvorschläge abgelehnt (Kommissionsbericht S. 1968—1970). Die Materialien sind bei den einzelnen Paragraphen nachgewiesen.

Nachlaßkonkurs.

455

2. Der Nachlaßkonkurs wird in dem — hier ausschließlichen — Gerichtsstände der Erbschaft K 214. Mm. 32] auf den Namen des Erblassers eröffnet. Denn es handelt sich in derAnm. 4. Hauptsache um Berichtigung der vom Erblasser herrührenden Schulden aus einer von ihm herrührenden Masse. Eine gleichzeitige Namhaftmachung des endgültigen Erben als des nunmehrigen Gemeinschuldners fAnm. 7] oder eines Nachlaßpflegers oder Testaments­ vollstreckers Mm. 14] erscheint jedoch zweckmäßig. Die Formel des Eröffnungsbeschlusses hat also beispielsweise zu lauten: „Über den Nachlaß des in Gantheim wohnhaft ge­ wesenen Kaufmanns Franz Faller (Erbe: Konrad Faller, Schreiner daselbst) wird heute am 1. April 1913 Vormittags 10 Uhr der Konkurs eröffnet." Eine Konkurseröffnung über die Firma des Einzelkaufmanns ist nach dessen Tod ebensowenig zulässig als bei seinen Lebzeiten fsiehe § 108 Anm. 6].

3. Übergangsrecht.

Das

bisherige Konkursrecht bleibt nicht nur für ein vor

demAnm. 5.

1. Januar 1900 eröffnetes (a. V EGzKNov.), sondern auch für ein späteres Verfahren maßgebend, falls der Erblasser noch vor dem 1. Januar 1900 gestorben ist (a. VI Satz 2 EGzKNov. mit a. 213 EGzBGB.). Vgl. auch § 234 Anm. 6 (hier wegen des früheren § 43 KO.), § 235 Anm. 3. 4. Unter der Herrschaft des neuen Rechts hat sich, wie vorauszusehen war, die Zahl derAnm. 6. Nachlaßkonkurse erheblich vermehrt und zwar namentlich deshalb, weil jetzt der Konkurs ein normales Mittel der Gütersonderung geworden ist Mm. 2], weil eine als Konkursgrund ausreichende Überschuldung auf Passiven beruhen kann, die im Regel­ konkurse gar nicht zum Zuge gelangen würden [§§ 226 ff. Anm. 16], und weil eine außer­ ordentlich strenge Konkursantragspflicht besteht [§§ 217 ff. Anm. 16]. Vgl. auch Henschel DIZ. 6 S. 434 f., Jaeger LZ. 1913 S. 694 f. Im Durchschnitt der Jahre 1895/1899 belief sich die Zahl der Nachlaßkonkurse auf 561,4 (= 7,8°/0 aller Konkurse), 1901 dagegen aus 1523 (= 14,4o/o), 1902 auf 1574 (= 16o/o), 1910 auf 2063 unter 10783 Neueröffnungen und 1911 sogar auf 2131 von 11031 Neueröffnungen (also ü6er 2O°/o). Die Prozent zahl der Nachlaßkonkurse hatte sich somit 1902 verdoppelt, 1910 schon beinahe verdreifacht. Bierteljahresheste zur Statistik d. D. R. 1900 IV 2, 1903 IV 2, 1911 III 2, 1912 III 1. Da der Konkurs ein Wertvernichter schlimmster Sorte und eine sehr kostspielige Liquidationsart ist, erscheint die neue Ordnung der Erbenhaftung jedenfalls vom Standpunkt einer gesunden Wirtschaftspolitik aus als ein völlig mißglücktes Experiment. II. Bon den Voraussetzungen eines Nachlaßkonkurses wird zu den §§ 216—220, von den Konkursgläubigern zu den §§ 226—229, von den Massegläubigern zum § 224 gehandelt.

HI. Gemeinschuldner. 1. Grundsatz. Gemeinschuldner ist immer nur eine Person, ein Rechtssubjekt, und zwarAnm. 7. das Subjekt der konkursbefangenen Rechte und Verbindlichkeiten. Im Universalkonkurse macht die Bestimmung des Gemeinschuldners keine Schwierigkeit. Für die Partikularkonkurse [§ 1 Anm. 6] haben sich Meinungsverschiedenheiten ergeben, weil hier ein Rechtssubjekt nicht mit seinem gesamten beschlagsfähigen Vermögen, sondern nur mit einer Sondermasse desselben im Konkurse steht. Auch im Sonderkonkurs aber muß ein Gemeinschuldnerdasein. Ein Konkurs ohne Gemeinschuldner ist dasselbe Unding wie ein Rechts­ streit ohne Beklagten. Der Gemeinschuldner hat Befugnisse und Obliegenheiten im Verfahren wahrzunehmen. Er ist für das Konkursverfahren in noch höherem Maße wesentlich als der Schuldner für die Zwangsvollstreckung fsiehe auch Anm. 22]. Bor allem muß daher die Behauptung zurückgewiesen werden, Gemeinschuldner sei nur, wer mit seinem „Gesamt­ vermögen" im Konkurse stehe, so daß also der Sonderkonkurs gar keinen Gemeinschuldner hätte (so F. Schroeder S. 8f., Hagen S. 106). Auch im Sonderkonkurs ist Gemein­ schuldner das Subjekt der Schulden- und Teilungsmasse. Inwieweit die auf den Regelkonkurs gemünzten Vorschriften über Pflichten und Lasten eines Gemeinschuldners auch den Gemeinschuldner eines Sonderkonkurses treffen, ist eine Frage für sich. Die Eigentümlichkeit eines solchen Verfahrens kann sehr wohl eine einschränkende Anwendung 29*

456

§214,

Nachlaßkonkurs. der für den Gemeinschuldner des Regelkonkurses geltenden Vorschriften auf den Erben gebieten, keineswegs aber die grundsätzliche Stellungnahme erübrigen. Jedenfalls ist es ganz verfehlt, wegen der Unbequemlichkeit einer Konsequenz (z. B. mit Rücksicht auf Osfenbarungseidespflicht oder Wohnortszwang) schlechthin die Gemeinschuldner-Eigenschaft des Trägers der konkursbefangenen Sondermasse zu leugnen, als ob sich in diesen Pflichten der Inhalt oder doch nur der wesentliche Inhalt der Gemeinschuldner-Rolle erschöpfte. Die wichtigsten Berfahrensvorschriften werden damit außer Anwendung gesetzt, und es ist nur eine bemäntelte Selbstwiderlegung, wenn man sie am Ende für „analog" anwendbar erklärt. Da gegenwärtig der Erbe Trägerder in der Masse vereinigten Vermögensrechte wie der Nachlaßverbindlichkeiten ist, kann für die Gegenwart auch nur er als Gemeinschuldner in Betracht kommen. Nun redet aber das Gesetz auch für die Zeit vor dem Konkurse von einem „Gemeinschuldner." So z. B. in den § §30 ff., 55, 61 Nr. 1 fAnm. 8]. Schuldner ist aber der Erbe erst seit dem Erbfall. Erst von da ab löst er den Erblasser vermögensrechtlich ab und zwar kraft Gesetzes (§§ 1922, 1942 BGB ). Für die vor dem Erbfall liegende Vergangenheit ist daher Schuldner und im Sinne jener Gesetzes­ vorschriften Gemeinschuldner der Erblasser. Die Feststellung ist keineswegs überflüssig oder zu weit gehend, wie Hellmann S. 607 N. 9, v. Wilmowski-Kurlbaum Vordem. 1 vor § 214, Kleinfeller Lehrbuch S. 194 (trotz grundsätzlichem Anschluß an unsere Auffassung) behaupten. Sie trägt dem proleptischen Sprachgebrauche der KO. Rechnung und wird namentlich durch die Fassung des § 61 Nr. 1 als richtig erwiesen, da nach dieser Bestimmung das Lidlohnvorrecht die für das letzte Jahr vor „dem Ableben des Gemeinschuldners" rück­ ständigen Dienstbezüge auch insoweit deckt, als dieses Jahr dem Konkursvorjahre vorher­ geht. Die §§ 30 ff., 55, 61 Nr. 1 sind auf den Erblasser nicht „entsprechend", sondern unmittelbar anzuwenden (gegen Oetker ZHR. 66 S. 207). Sonach ergibt sich: Im Nachlaßkonkurse sind die vom „Gemeinschuldner" handelnden Vor­ schriften des Gesetzes für die Zeit vor dem Erbfall auf den Erblasser, für dieFolgezeit auf denErben als solchen d. h. als Subjekt der Erbschaft zu beziehend) Rechtslage im Stadium der Ausschlagbarkeit der Erbschaft: Anm. 14.

*) Die Gegenansichten spalten sich in drei Gruppen: a) Vereinzelt wird sogar noch für das neue Recht der Nachlaß als Gemeinschuldner bezeichnet (Oetker ZHR. 66 S. 207 ff.> Kohler Leitfaden S. 171, letzterer mit der Be­ gründung, der Nachlaß sei eine juristische Person). Allein das Erbrecht des BGB. (§§ 1922, 1942) kennt keine Rechtspersönlichkeit des Nachlasses. Der Nachlaß ist Rechts­ objekt, nicht Rechtssubjekt und kann darum nicht der Gemeinschuldner sein. Den Wert der Gegenansicht kennzeichnen zwei Sätze Oetkers: „Daß der Nachlaß Objekt des Verfahrens ist, hindert nicht, ihn zugleich als dessen Subjekt zu erachten" (S. 210). „Pflichten und Beschränkungen, die unabhängig stehen von der Herbeiführung des Konkurses durch den Schuldner, können auch im Nachlaßkonkurse nicht entbehrt werden, sie müssen daher an Stelle des unpersönlichen Schuldners den Erben, daS Subjekt des Nachlaßvermögens, treffen" (S. 212). Dabei wird der herrschenden Lehre vorgeworfen, sie sei widerspruchsvoll und undurchführbar. Siehe Anm. 9 ff., besonders Anm. 13—15. b) Andere behaupten: „der Erblasser und nicht der Erbe" erscheine als Gemein­ schuldner. So a. B. Wilke BGB. § 1975 Anm. 5, 6. Dies ist auch der Standpunkt der Motive II S. 452, der in der Zuständigkeitsbestimmung des § 214 einen begrenzten Ausdruck gefunden hat fAnm. 32]. Nun rühren freilich Teilungs- und Schuldenmaffe der Hauptsache nach vom Erblasser her, und es nennt deshalb der Eröffnungsbeschluß noch den Namen des Erblassers fAnm. 4]. Allein für die Zeit nach dem Erb­ falle den Erblasser um des Konkurses willen als fortlebend oder den Erben als Vertreter des Toten zu behandeln, ist irrig und irreführend. Es wird niemand be­ haupten wollen, daß ein mit dem Tode des Erblassers erloschener Nießbrauch der Ausübung nach noch in die Nachlaßkonkursmaffe falle. Ebensowenig darf man mit Wilke Anm. 6 die Unentbehrlichkeit im Sinne der Pfändungsverbote (§ 811 ZPO.) nach den Bedürfnissen des Verstorbenen bemessen ^dagegen unten Anm. 27]. Andrerseits kommt man mit dieser Fiktion garnicht aus. Sie ermöglicht zwar eine bequeme Umgehung der in Anm. 13 behandelten Fragen, läßt aber überall im Stiche, wo es sich darum handelt, die Vorschriften, besonders auch die Strafbestimmungen der KO.

Nachlaßkonkurs.

457

Mehrere Miterben tragen allesamt die Gemeinschuldner-Rolle [Shun. 17]. Der Nacherbe H löst den Vorerben, der Erbschaftskäufer den Erbschaftsverkäufer in der GemeinschuldnerRolle ab (§§ 231—233). Grundsätzlich zust. RG. v. 16. 2. 1912 LZ. S. 461 Nr. 33 („Im Nachlaßkonkurse sind für die Zeit seit dem Erbfalle die Erben als Gemeinschuldner zu behandeln"), v. 14. 4.1913 LZ. S. 692, KG. v. 15. 11. 1900 OLG. 1 S. 446, OLG. Hamburg v 30. 9. 1901 ebenda 4 S. 166 f. („Da die Konkursmasse kein Rechtssubjekt ist, waren unter dem Namen der Konkursmasse nur die Erben, vertreten durch den Ver­ walter, verklagt"), OLG. Cassel v. 1. 7. 1909 LZ. 1910 S. 92, OLG. Braunschweig v. 23. 7. 1909 SeuffA. 65 Nr. 60 (Erbe nicht Dritter, sondern Gemeinschuldner), LG. Berlin v. 7. 4. 1908 KGBl. S. 52 f. und die herrschende Lehre z. B. Binder II S. 105 ff., 169, Seuffert S. 74 f., 298f., Fitting § 56 N. 26, F. Endemann III § 100 N. 17, Kretzschmar S. 409, v. Staudinger (Herzfelder) BGB. § 1975 IV, V, Crome § 729 N. 16 u. a. Bon unserm Standpunkt aus kann dem Nachlaßkonkursverwalter der Parteieid nach § 473 ZPO. über Handlungen oder Wahrnehmungen des Gemeinschuldners, also des Erben und des Erblassers, zugeschoben werden. Im Ergebnis übereinstimmend RG. v. 4. 11. 1902 Bd. 53 11. Dementsprechend ist der Erbe zeugnisfähig im Prozesse des Nachlaßkonkursverwalters [§ 6 Anm. 32]. Auch als Nebenintervenient kann er sich an Masseprozessen beteiligen [§ 6 Anm. 33].

214.

2. Die Zeit vor dem Erbfall. Das Gesetz spricht in zahlreichen Vorschriften schon fürAnm. 8. die Zeit vor dem Konkurse von Handlungen, Verpflichtungen, Rechtsbeziehungen des „Gemeinschuldners" („Schuldners"). Im Nachlaßkonkurse treffen diese Vorschriften, so­ weit die Zeit vor dem Erbfall in Frage steht, Handlungen, Verpflichtungen und Rechts­ beziehungen des Erblassers. Parteieid: Anm. 7. So unterliegen Rechtshandlungen, die noch persönlich vom Erblasser oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, der Gläubigeranfechtung nach Maßgabe der §§ 29 ff., 228. Für die Konkursanfechtung (§§ 30, 33), für die Beschränkung der Zession von Konkursforderungen (§ 50) und der Aufrechnung (88 55, 56), aber auch für den Bereich der Bankerutt-Begünstigung (§ 242) kommt eine noch vom Erblasser selbst erklärte Zahlungseinstellung als Zahlungseinstellung des „Gemeinschuldners" in Betracht. Obwohl Überschuldung der alleinige Konkursgrund ist

aus die Zeit nach dem Erbfall anzuwenden fAnm. 9 ff.]. Daß der Erbe zugleich Konkursgläubiger sein und mit seinem Eigenvermögen in einem selbständigen Konkurse stehen fotin (Wilke Anm. 5), erklärt sich hinreichend aus der Sondergutsnatur des Nachlasses. Vgl. z. B. nur § 1976 BGB. Die Berufung auf RG. v. 13. 4. 1887 Bd. 18 272 endlich ist ungerechtfertigt. Denn das Urteil sagt nicht nur, der Verwalter des Nachlaßkonkurses „vertrete den Erblasser", sondern setzt ausdrücklich hinzu, er sei „befugt, alle Rechte, welche von dem Erblasser kraft Erbganges auf die Erben gediehen sind, an deren Stelle geltend zu machen". Wilke selbst bemerkt ja (Anm. 5), der Nachlaßkonkursverwalter vertrete „zugleich den Erben, soweit er Rechtsnachfolger des Erblassers sei". Was heißt das anders als: auch der Erbe als solcher ist Gemein­ schuldner? c) Gerade umgekehrt meint Josephson S. 42, 43, 45, nur der Erbe, nicht auch der Erblasser komme für den Nachlaßkonkurs als Gemeinschuldner in Betracht. „Einen zweiteiligen Gemeinschuldner in juristischer Konstruktion könne er sich nicht vorstellen" (S. 45). Wer sich vorstellen kann, daß der Erbe den Erblasser als Träger eines Ver­ mögens ablöst, wird auch die Aufeinanderfolge zweier Konkursschuldner begreifen. Nacheinander, nicht nebeneinander kommen Erblasser und Erbe als Träger der Schuldnerrolle in Betracht. Wie denkt sich Josephson den Eintritt des Falles der Nacherbfolge im Laufe des Nachlaßkonkurses? Immerhin ist dieser Gegner wenigstens konsequent. Er bestreitet ganz folgerecht die Möglichkeit einer Anfechtung von Hand­ lungen des Erblassers im Nachlaßkonkurse (S. 42 f.). Nur steht eben das Gegenteil im § 228 KO. Wie wäre es auch mit der Billigkeit zu vereinbaren, die Konkurs­ anfechtung gerade dort zu verschließen, wo die Nachlaßgläubiger ihrer am meisten be­ dürfen, im Falle der Nachlaßüberschuldung? Wer lehrt, es sei „nur der Erbe" Gemeinschuldner, gleichwohl aber eine Anwendung der Anfechtungsvorschriften und anderer vom Gemeinfchuldner geltender Rechtssätze auf den Erblasser zuläßt (so Hell­ mann, v. Wilmowski, Kleinfeller aaO.), pflichtet uns in Wahrheit bei. Der Streit ist insoweit nur noch ein Wortstreit.

458

§214.

Anm. 9.

Anm.10.

Anm.11.

Nachlaßkonkurs.

(§ 215), bleibt für die Konkursanfechtung auch im Nachlaßkonkurse die Zahlungseinstellung maßgebend [§ 30 Anm. 12]. Zust. RG. v. 16. 2.1912 aaO. Auch die §§ 10f., 17, 19 ff., 26 f., 44-46, 55 Nr. 1, 61 Nr. 1, 63 Nr. 4, 118, 122 sind für die Zeit vor dem Erbfall auf den Erblasser als Gemeinschuldner zu beziehen. Siehe ferner § 129 Anm. 8, § 175 Anm. 8, § 187 Anm. 9. 3. Die Zeit nach dem Erbfall, wenn auch vor Eröffnung des Nachlaß­ konkurses. Die Gemeinschuldnerrolle trägt der Erbe als solcher, als Subjekt der konkursbefangenen Sondermasse seines Vermögens. Diese Einschränkung ergibt sich hier wie in anderen Sonderkonkursen (z. B. dem Konkurse der offenen Handelsgesellschaft), ohne weiteres aus der Natur des Verfahrens (unrichtig Schroeder S. 11). Verwehrt z. B. der § 14 den Konkursgläubigern die Einzelvollstreckung in „das sonstige Vermögen des Gemeinschuldners", so heißt das für den Nachlaßkonkurs: in das Vermögen, das dem Erben als solchem außer der Konkursmasse gehört. Sonach steht der § 14 zwar dem Sonderzugriff auf konkursfreie (freigegebene) Nachlaßgegenstände, nicht aber auf Eigen­ vermögen des Erben entgegen [§ 14 Anm. 5, 23], sei es, daß dieser allen oder nur einzelnen Nachlaßgläubigern endgültig unbeschränkt haftet. Letzternfalls kommt der § 215 UI in Betracht. Der Einwurf Oetkers S. 215, die Gemeinschuldnereigenschaft beziehe sich immer nur auf die Konkursmasse, wird gerade z.B. durch den § 14 I („das sonstige Vermögen des Gemeinschuldners") widerlegt. Zust. Seuffert ZZP. 22 S. 501, Hellmann S. 233 f., v. Wilmowski-Kurlbaum Vorbem. 2; abw. Petersen-Kleinfeller § 216 Anm. 9K. a) Handlungen des Gemeinschuldners oder gegenüber dem Gemeinschuldner sind die Handlungen des Erben oder diesem gegenüber (§§ 7, 10 f., 17, 19 ff., 26 f., 29 ff. mit §§ 222, 44—46, 61 Nr. 1, 63 Nr. 4, 175, 186 f., 197). So sind besonders Ver­ fügungen des Erben über Nachlaßgegenstände nach Maßgabe des § 7 unwirksam. Prozeßunterbrechung: § 25 Anm. 30. Lehnt der Verwalter die Aufnahme eines unterbrochenen Aktivprozesses ab, so kann der Prozeß vom Erben oder gegen diesen als Gemeinschuldner im Sinne des § 10 II ausgenommen werden. Der prozeß­ befangene Anspruch gehört nun zum konkursfreien Nachlaßvermögen [§ 10 Anm. 31]. Für die Anfechtung wollte der § 35 Entw. einer Gemeinschuldordnung ausdrücklich ver­ ordnen, daß die den Nachlaß betreffenden Rechtshandlungen des Erben im Nachlaß­ konkurs als Rechtshandlungen des Gemeinschuldners anfechtbar seien. Motive I Bd. 1 S. 185 f. Jetzt bestätigt der § 222 diesen Grundsatz. b) Die Rechte eines Gemeinschuldners übt der Erbe aus, der namentlich befugt ist zum Antrag auf Eröffnung des Verfahrens nach § 217 I (vgl. 103 II) sowie zu den Anträgen der §§ 114, 121, 135, 160, 165, 180, 182 II, 202, zur Einsicht der Konkurs­ tabelle [§ 140 Anm. 1], zur sofortigen Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß (§ 109) — den Konkursgläubigern ist das Beschwerderecht auch gegenüber der Nachlaßkonkurseröffnung versagt (M. V S. 622, P. V S. 764) — und gegen die Bestätigung oder Verwerfung des Zwangsvergleichs (§ 189), zur Bewilligung einer Firmenübertragung fAnm. 26], zur Bestreitung der angemeldeten Forderungen im Prüfungstermin (§ 141II) und zum Vorschlag eines Zwangsvergleichs (§ 230, vgl. § 173). Der Erbe ist zu „hören" oder „zuzuziehen", wo dies vom Gemeinschuldner gilt (z. B. §§ 105,123). An ihn ist die Mitteilung des § 135 I zu richten. Er hat die Einwendungsbefugnis des § 86, das Einsichtsrecht der §§ 124, 140, 151 und Ersatzansprüche gegen Verwalter oder Ausschußmitglieder nach Maßgabe der §§ 82, 89. Zwangsvergleichsvorschlag: § 230 mit § 173. Bei Konkursbeendigung erhält der Erbe die freie Verfügung über verbliebene Nachlaßgegenstände (§§ 192, 206). Dem Erben-Gemeinschuldner und seiner Familie, besonders der Witwe und den Kindern des Erblassers oder auch der Mutter des erwarteten Erben [§§ 226 ff. Anm. 13] kann eine Unterstützung nach Maßgabe der §§ 129 I, 132 I mit §§ 58 Nr. 3, 60 bewilligt werden. Zust. v. Wilmowski-Kurlbaum Vorbem. 3, Mager S. 16f.; abw. Weißler S. 308, Hagen S. 102. Siehe oben § 129

Anm. 8.

Nachlaßkonkurs.

459

Was das Bestreitungsrecht im besonderen betrifft, so ist zu beachten: Hat der§214. Erbe nicht im Prüfungstermin oder durch zulässige Nachholung (§ 165) ausdrücklich Anm.12. widersprochen, so ist auch ihm gegenüber das Bestehen der in die Tabelle eingetragenen Nachlaßverbindlichkeit rechtskräftig festgestellt (§§ 144 H, 164 H, 194, 206 KO. mit §§ 724 ff. ZPO.). Diese Urteilswirkung erschließt auch den Zwangszugriff auf Eigen­ vermögen des Erben. Nach der Regel des Gesetzes hat sich jedoch infolge der Eröffnung des Nachlaßkonkurses die Erbenhaftung auf den Nachlaß beschränkt (§ 1975 BGB ). Daß die Ausnahme einer Verwirkung des Rechtes der Haftungsbeschränkung vorliege (§ 2013 BGB ), das bedarf erst noch der Feststellung und ist im Streitfälle vom Gläubiger zu beweisen, wenn der Erbe sich dem Zugriff auf sein Eigenvermögen mit der Boll­ streckungsgegenklage widersetzt (§§ 781, 785 mit § 767 ZPO.). In diesem zweiten Verfahren kann aber das Bestehen der Nachlaßverbindlichkeit nicht mehr bestritten werden: nur das Recht der Jndividualverteidigung ist dem Erben geblieben. Steht ihm nun aber vielleicht der § 780 I ZPO. entgegen, demzufolge der Erbe die Be­ schränkung seiner Haftung nur geltend machen kann, wenn sie ihm im Urteil Vorbehalten ward? Ob der Erbe das Recht der Haftungsbeschränkung verwirkt hat oder nicht, ist im Prüfungsverfahren des Nachlaßkonkurses nicht zu erörtern. Andrerseits setzt ein Vorbehalt im Sinne des § 780 I ZPO. nicht voraus, daß diese Frage schon entschieden ist. Immerhin bildet der Eintritt der Haftungsbeschränkung die regelmäßige Folge des Nachlaßkonkurses. Eine Feststellung in diesem Verfahren bedarf daher keines aus­ drücklichen Vorbehalts. Es läßt sich also zwar nicht behaupten, die Feststellung zur Tabelle des Nachlaßkonkurses begründe keinen Titel zum Zwangszugriff aus Eigen­ vermögen des Erben (Seuffert S. 397, Binder III S. 352 f.). Wohl aber wahrt sie als solche schon dem Erben die Möglichkeit, die Beschränkung seiner Haftung geltend zu machen. Im Ergebnis zust. v. Wilmowski-Kurlbaum Borbem. 4, Hellmann S. 615 f. Als den Schuldner hat die vollstreckbare Ausfertigung der Tabelle den Erben mit Namen zu bezeichnen (zust. LG. Berlin v. 7. 4. 1908 KGBl. S. 58). Widerspricht der Erbe im Prüfungstermin, so bedarf es erst recht keines Vorbehalts (abw. Petersen-Kleinfeller § 146 Anm. 19). Erbenmehrheit: Anm. 18; Nacherbe: § 231 Anm. 1. e) Pflichten und Lasten, die das Gesetz einem Gemeinschuldner im KonkursverfahrenAnm.13. auferlegt, um die Erreichung deS Konkurszweckes sicherzustellen, treffen im Nachlaß­ konkurse grundsätzlich den Erben. Zust. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Borbem. 3, Seuffert S. 298, Meyer KO. S. 308; abw. v. Bölderndorff II § 205 Anm. g, Kohler Lehrbuch S. 313, Wilke BGB. § 1975 Anm. 5. So vor allem die Auskunfts­ pflicht (§ 100). Meist wird der Erbe als Familienangehöriger des Erblassers zur Auskunft besonders befähigt sein. Stand er aber außer jeder Beziehung zum Erblasser, so entfallen die tatsächlichen Voraussetzungen einer Auskunftspflicht. Ebenso trifft den Erben die zur Erzwingung der Auskunft dienende Verpflichtung zum Offenbarungseid (§ 125). So auch Eccius Gruchots Beitr. 43 S. 635, Mager S. 52, Schroeder S. 25 f., Petersen-Kleinfeller Anm. 7; abw. v. Bölderndorff aaO., Wilke aaO., Scheler SeuffBl. 64 S. 185 ff., Harburger KO. § 214 Anm. 14. Der Einwurf, daß auf diese Weise ein Erbe zum Eid über einen ihm völlig fremden Bermögensstand genötigt werden könnte (v. Bölderndorff aaO.), geht fehl. Unter solchen Umständen verlangt niemand den Eid. Die Frage aber ist die, ob der Erbe, der — besonders als Familienangehöriger des Erblassers — zum Eide tatsächlich befähigt erscheint, auch rechtlich dazu verpflichtet ist. Solange der Erbe den Offenbarungseid verweigert, ist ein Zwangsvergleich im Nachlaß­ konkurs unzulässig (§ 175 Nr. 1 mit § 186 Nr. 2). Siehe auch § 175 Anm. 5. Der im § 2006 in BGB. angedrohte Rechtsnachteil knüpft sich dagegen nicht an die Ver­ weigerung des konkursrechtlichen Offenbarungseides. M. V S. 609, 671 f. Auch die Maßnahmen der Zwangsvorführung und Zwangshaft können gegenüber einem widerspenstigen (z. B. die Auskunft weigernden) Erben-Gemeinschuldner nicht entbehrt werden. Ja selbst dem Wohnortszwang (§ 1011) ist grundsätzlich auch der Erbe als Gemeinschuldner unterworfen. Zust. auch hier v. Wilmowski aaO., abw.

460

§214.

Anm.i4.

Nachlaßkonkurs. z. B- Schroeder S. 16, Hagen S. 102. Nach Befinden wird das Konkursgericht von der ihm gesetzlich zustehenden Befreiungsbefugnis Gebrauch machen, namentlich gegen­ über einem gar nicht am Orte der Konkursverwaltung wohnenden Erben. Alle diese Mittel sichern die Auskunstspflicht und würden unter Umständen nur zum größten Schaden der Gläubiger zu entbehren sein. Daß das Konkursgericht die Zwangsmittel des § 101 sinnwidrig verhänge, braucht nicht befürchtet zu werden; aber die Verhängung muß rechtlich statthaft sein. Po st sperre: § 121 Anm. 3. Die über das erbschaftliche Vermögen geführten Geschäftsbücher gehören zur Nachlaßkonkursmasse auch dann, wenn sie der Erbe neu angelegt hat (§§ 1 HI, 122 II); wegen gemeinschaftlicher Bücher: § 122 Anm. 4. Diesem Standpunkte gegenüber wurde geltend gemacht, „man dürfe nicht außer Acht lassen, daß ja das Schicksal, Erbe zu werden, jeden Menschen unschuldig treffen könne und daß der Berufene bis zur Ablehnung Erbe sei, selbst wenn er vom Anfalle der Erbschaft noch gar nichts wisse" (Josephson S. 43). Indessen ist für die in Anm. 13 bezeichneten Beschränkungen nicht eine Verschuldung des Gemeinschuldners, sondern d i e Sicherung seiner Gläubiger maßgebend. Pflicht und Erzwingbarkeit sind im Interesse einer ordnungsmäßigen Durchführung des Konkurses nicht zu entbehren. Oetker S. 212 will unterscheiden zwischen Lasten, die „unabhängig von der Herbei­ führung des Konkurses", und anderen, die dem „verdächtigen" Schuldner gegenüber ge­ boten sind. Erstere will er auch dem Erben auferlegen, obgleich er dessen Gemein­ schuldnerschaft entschieden in Abrede stellt; letztere (z. B. die Schranken der §§ 101, 121) sollen den Erben nicht treffen, also z. B. auch nicht den Sohn des Erblassers als Alleinerben, auch wenn er außer dem ererbten keinerlei Vermögen hat. Die ganze Unterscheidung ist haltlos. Läßt sich doch sehr wohl der Fall denken, daß es nicht der Erbe war, der den Eintritt der Überschuldung und damit den Konkurs „herbeigeführt"

hat. In zahlreichen Fällen tritt sie rein zufällig, ganz unabhängig vom Willen und Verhalten des Erblassers oder Erben ein. Der endgültige Erbe hat daher die mit dem Konkursverfahren verknüpften Schuldnerlasten zu tragen. Nicht so auch der vorläufige (vgl. § 216 I). Solange die Erbschaft noch rückwirkend ausgeschlagen werden kann (§§ 1943, 1949, 1954, 1956 BGB.), ermangelt der Berufene mit Rücksicht auf die Ungewißheit, ob er schließlich als Erbe zu gelten haben wird, der vollen Passiv­ legitimation (§ 1958 BGB.). Dieser Mangel besteht auch für das Bollstreckungsver­ fahren, für die Zwangsvollstreckung (§§ 778 I, 779 II ZPO.) wie für den Konkurs. Darum braucht der Berufene sich im Stadium der Ausschlagbarkeit den Schuldner­ pflichten nicht zu unterziehen. Beipflichtend Kurlbaum LZ. 1907 S. 640, Reichel Prozesse des vorläufigen Erben (1911) S. 171 f.; abw. Hellmann S. 608. Für einen bereits bestellten Nachlaßpfleger oder nachlaßverwaltenden Testamentsvollstrecker gilt der Grundsatz des § 1958 BGB. nicht (§§ 1960III, 2213 H BGB.). Sie haben mit Wirk­ samkeit für den endgültigen Erben Schuldnerrechte (z. B. Bestreitung, Bergleichsvorschlag) und Schuldnerpflichten (z. B. Auskunft, Offenbarungseid) wahrzunehmen fAnm. 19]. Siehe für den Nachlaßpfleger P. V S. 819 („zum Zwecke der Vertretung des Gemein­ schuldners"). Im Bedürfnisfalle (z. B. zur Erwirkung der erforderlichen Auskunft oder Eidesleistung) bestellt das Nachlaßgericht auch während des Nachlaßkonkurses einen Pfleger (§§ 1960 f. BGB.). Der Pfleger kann seiner Aufgabe nach nicht zugleich Konkurs­ verwalter sein. Eine konkursgerichtliche Pflegerbestellung für den Einzelfall, wie sie Reichel aaO. „in freier Anwendung" des § 779 II ZPO. für zulässig hält, ist nicht zu rechtfertigen. Im übrigen siehe Anm. 19. Wer ausschlägt, ist nach der Fiktion des § 1953 BGB. niemals Erbe gewesen. Kein Mensch muß annehmen. Nur dem FiskuS ist als gesetzlichem Erben das Ausschlagungsrecht versagt (§ 1942 II BGB.). Als Erbe wird der Fiskus wie sonst eine juristische Person in Wahrnehmung der Gemeinschuldner­ rechte und Gemeinschuldnerobliegenheiten vertreten. Daß auch der Fiskus als Gemein­ schuldner Auskunft zu erteilen und den Offenbarungseid zu leisten hat, bestimmt das Konkursrecht; wer für ihn Auskunft gibt und Eide leistet, die staatliche Behörden-

Nachlaßkonkurs.

461

Verfassung. Das Staatsrecht regelt auch die Frage, wie die Behörde im Weigerungs-tz 214. falle gezwungen werden kann. Insoweit sind die Zwangsmittel des § 101 ausgeschaltet. In der fürsorglichen Wahrnehmung der Rechte und Obliegenheiten eines Gemein­ schuldners durch den vorläufigen Erben braucht eine pro berede gestio nicht zu liegen: entscheidend ist allein der Wille, Erbe zu sein. Vgl. M. V S. 497; zust. Mager S. 46; abw. Weißler S. 309. d) Eine andere Frage ist die, ob auch Rechtsbeschränkungen, die einem Gemeinschuldner Anm.i5. außerhalb des Konkursverfahrens, also nicht nur im Interesse ordnungs­ mäßiger Durchführung des Konkurses auferlegt werden, den Erben als Gemeinschuldner des Nachlaßkonkurses treffen. Die Beantwortung hängt davon ab, ob der Grund, aus dem die Rechtseinbuße eintritt, auch für die Person des Erben im Nachlaßkonkurse gegeben ist. Liegt dieser Grund in der Abwirtschaftung eines Schuldners, so muß die Frage verneint werden, weil man den Erben nicht im allgemeinen für die Nachlaß­ zerrüttung verantwortlich machen kann. Darum bleiben seine staatsbürgerlichen Rechte ungeschmälert. So seine politischen Wahlrechte und die Befähigung zum Laien­ richter. Im Ergebnis auch hier zust. Hellmann S. 608, v. Wilmowski-Kurlbaum Borbem. 2; abw. Kleinfeller Lehrb. S. 195. Gesetzliche Vertreter: § 25 Anm. 33. Des­ gleichen könnten zivilrechtliche Einbußen den Erben-Gemeinschuldner nur insoweit treffen, als sie nach Zweck und Fassung des Gesetzes erkennbar auch den Fall dieses Sonderkonkurses begreifen. Daher erlischt z. B. die Verwaltung und Nutznießung, die dem Erben als Ehemann nach § 1363 BGB., und die Vermögensverwaltung, die ihm als Vater nach § 1627 zukommt, nicht mit Eröffnung des Nachlaßkonkurses, wohl aber mit persönlicher Vergantung (§§ 1419, 1647). Der Erbenkonkurs, nicht auch der Nachlaßkonkurs beendet die Errungenschaftsgemeinschaft (§ 1543) und die Tauglich­ keit zum Amte eines Vormundes (§ 1781 Nr. 3), löst eine vom Erben eingegangene Gesellschaft auf (§ 727 BGB., § 131 Nr. 4 HGB.) und entzieht dem Bürgen des Erben die Einrede des Borausklage (§ 773 Nr. 3 BGB.). Siehe § 1 Anm. 68. Ganz un­ gerechtfertigt ist der Vorwurf, es sei folgewidrig, den Erben als Gemeinschuldner zu be­ trachten und ihn doch diesen Rechtsminderungen nicht zu unterwerfen. Inwieweit sie auf Sonderkonkurse anwendbar sind, ist eben eine Frage der Auslegung. e) Den Strafvorschriften der §§ 239—241 KO. und der §§ 10, 11 des ReichsgesetzesAnm.ie. vom 5. 7. 1896, betr. die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Wert­ papiere (RGBl. S. 183), ist der Erbe-Gemeinschuldner hinsichtlich seiner für Rechnung des Nachlasses vorgenommenen Handlungen unmittelbar unterworfen. So ist der Erbe z. B. nach Eröffnung des Nachlaßkonkurses wegen betrüglichen Bankerutts strafbar, wenn er in der Absicht, die Nachlaßgläubiger zu schädigen, Nachlaßgegenstände (nicht Gegenstände seines Eigenvermögens) verheimlicht oder beiseite geschafft hat (§ 239 Nr. 1). Der Sonderkonkurs genügt hier, obschon das Gesetz allgemein von Schuldnern spricht, „über deren Vermögen" Konkurs eröffnet ist. Zust. z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Borbem. 2 a. E.; abw. Hagen S. 101. Selbst ein vorläufiger Erbe kann unter diesem Gesichtspunkt strafbar werden (Reichel S. 170). Für den Zwangsvergleich im Nachlaß­ konkurse hat- das Konkursverbrechen des Erben-Gemeinschuldners die Folgen der §§ 175 Nr. 3, 186 Nr. 2, 197, 198. 4. Das Rechtsverhältnis einer Mehrheit von Erben stellt eine Gemeinschaft zurAnm.i?. gesamten Hand dar und zwar in den Beziehungen der Miterben zu einander (§§ 2032ff.) wie zu den Nachlaßgläubigern (§§ 2058 ff. BGB.). Daher erscheinen im Nachlaßkonkurle sämtliche Miterben als Träger der Gemeinschuldnerrolle, wie im Konkurs einer handels­ rechtlichen Gesamthandsgemeinschaft die sämtlichen Mitglieder (vgl. § 210 mit § 217 u. § 211 I mit § 230 I). Als gesetzliche Regel ergibt sich sonach: jeder Miterbe ist als Gemeinschuldner berechtigt, verpflichtet und strafbar. So steht jedem einzelnen Miterben das Recht der Beantragung des Nachlaßkonkurses (§§ 103 II, 217 I), jedem einzelnen die sofortige Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß (§ 109; abw. Hellmann S. 609) und jedem einzelnen die Befugnis zur Bestreitung einer ange-

462

§214.

Anm. 18.

Anm.is.

Nachlaßkonkurs.

meldeten Konkursforderung im Prüfungstermine zu sAnm. 18]. Zust. Binder Hl S. 351. Handelt es sich aber um Verfügungen über Nachlaßgegenstände, so müssen alle Miterben gemeinsam tätig werden (§ 2040 I BGB.) z. B. einheitlich ihre Zustimmung erklären, damit der Erwerber eines zum Nachlasse gehörenden Handelsgeschäfts, das der Konkursverwalter veräußert, das konkursfreie Firmenrecht [§ 1 Anm. 6] miterwirbt, und einheitlich Kündigung, Stundung, Teilerlaß gegenüber einem Schuldner des Nachlasses erklären, wenn der Ver­ walter das Forderungsrecht (etwa wegen Unsicherheit) freigegeben hat. Entsprechendes gilt für Verfügungen über das nach § 10 Satz 2 LitUG. konkursfreie Urheberrecht an einem noch nicht erschienenen Werke des Erblassers [§ 1 Anm. 9] oder über eine noch nicht an­ gemeldete Erfindung von ihm [§ 1 Anm. 12], aber auch für Verfügungen über masse­ zugehörige Nachlaßgegenstände im Bereiche des § 7 I Halbs. 2 (mit §§ 892, 893 BGB.) und für die Leistungsempfangnahme im Sinne des § 8. Nach der ausdrücklichen Be­ stimmung des § 230 muß auch der Vorschlag eines Zwangsvergleichs (§ 173) vom ein­ heitlichen Willen aller Miterben getragen sein. Jeder hat als Gemeinschuldner ein Recht darauf, daß der Konkurs bei Zulänglichkeit der Masse durchgeführt werde. Auch der Konkursverzicht des § 202 setzt daher den einheitlichen Entschluß der Miterben voraus. Schroeder S. 14. Vgl. auch noch § 175 Anm. 3, § 187 Anm. 9. Der Widerspruch eines einzelnen Miterben im Prüfungsverfahren sAnm. 12] hindert die konkursmäßige Feststellung und Berücksichtigung der Forderung nicht (§ 144 I). Ob er für alle Miterben die Säumnisfolge der §§ 164 II, 194, 206 II abwendet, ist streitig. Jeder Miterbe ist der Regel des Gesetzes gemäß sAnm. 17] befugt, selbständig das Widerspruchsrecht eines Gemeinschuldner auszuüben. Jeder vereitelt daher, indem er den Anspruch bestreitet, für die Rechtsverfolgung außerhalb des Konkurses die voll­ streckbare Zuerkennung des Anspruchs und wahrt damit mittelbar den übrigen Miterben zugleich persönliche Einwendungen. Auch jeder andere kann fortab seiner Inanspruchnahme mit der Verteidigung entgegentreten, daß eine Nachlaßverbindlichkeit gar nicht bestehe, daß seine Haftung (z. B. durch Aufrechnung, Erlaß) erloschen oder (durch Stundung) abgeschwächt worden sei. Als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB.) bilden die Miterben allerdings keine notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO.), so daß das Bestehen derselben Nachlaß­ verbindlichkeit rechtskraftfähig gegenüber dem einen bejaht und gegenüber dem andern verneint, also der Widerspruch auch einzeln niedergekämpft werden kann. Daß aber der Widerspruch eines einzelnen Miterben im Prüfungsverfahren des Nachlaßkonkurses die außerkonkursmäßige Feststellung einer „Nachlaßverbindlichkeit" vereitelt und insofern zugunsten aller Miterben wirkt, das folgt daraus, daß er als Gemeinschuldner dieses Konkurses wider­ spricht. Nicht also deshalb, weil eine Nachlaßverbindlichkeit nur einheitlich gegenüber allen Miterben feststellbar wäre, sondern deshalb, weil der Gemeinschuldnerwiderspruch als solcher sich gegen den Bestand eines Konkursgläubigerrechts richtet, im Nachlaßkonkurs also nur als Bestreitung einer Nachlaßverbindlichkeit, nicht einer Eigenhaftung wirken kann, kommt er — wie im Konkurse der offenen Handelsgesellschaft [§ 164 Anm. 9] — not­ wendig auch den Mitträgern der Gemeinschuldnerrolle zustatten. Zust. Weißler S. 308, Schroeder S. 18 f., Hellmann S. 611, Schimmelbusch S. 63 u. a.; abw. Seuffert § 52 N. 42, Binder III S. 352, v. Wilmowski-Kurlbaum Vordem. 5. Hat keiner der Mit­ erben widersprochen, dann befinden sich alle in der Lage des Alleinerben, der den Wider­ spruch unterlassen hat. Darüber Anm. 12. Unterbleibt im Konkurs über das Eigen­ vermögen eines einzelnen Miterben der Schuldnerwiderspruch, so erstreckt sich die Urteilskraft der Feststellung nicht auch auf die übrigen Miterben (§ 2058 mit § 425 II BGB ). Die Anmeldung zu diesem Verfahren unterbricht die Verjährung der Nachlaß­ verbindlichkeit nicht auch gegenüber den anderen Miterben (§§ 425 II mit 109 II Nr. 2 BGB.). Der hier geschloffene Zwangsvergleich kommt den anderen Miterben nicht zustatten (§ 193 Satz 2 KO.). 5. Nachlahpfleger, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker. Ein nach § 1960 BGB. bestellter Nachlaßpfleger [sielte Anm. 14] nimmt als Vertreter des der Person nach noch nicht

feststehenden Erben-Gemeinschuldners dessen Rechte und Pflichten im Nachlaßkonkurse wahr

Nachlaßkonkurs.

463

(vgl. Binder I S. 185 ff.). So ist er z. B. zum Konkursantrag eines Gläubigers zu hören § 214. (§ 105), zur Bestreitung im Prüfungstermine mit Wirksamkeit für den Erben und zum Vorschlag eines Zwangsvergleichs (der dem Eigenvermögen des Erben keine Haftung auf­ lädt) ermächtigt, andrerseits auskunfts- und offenbarungseidespflichtig (§§ 100, 125). Er verfügt über konkursfreie und freigegebene Nachlaßgegenstände sAnm. 17]. Gegen ihn hätte auch der Hypothekengläubiger eines freigegebenen Grundstücks die Pfandklage (§ 1147 BGB.) zu richten. Für den Bereich der Konkursverwaltung verdrängt ihn wie den Erben selbst der Verwalter (§ 6). Bon einer Beeinträchtigung des Verwalters durch den Nachlaß­ pfleger kann keine Rede sein. Eine Pflegerbestellung ist daher auch während des Nachlaßkonkurses zulässig (Hamburg v. 12.11.1902 OLG. 5 S. 436 f.), die Konkurseröffnung kein Pflegschafts­ beendigungsgrund (Dresden v. 2.11. 1904 SächsOLG. 26 S. 233, KG. v. 21. 6.1909 KGJ. 38 S. 116). Pfleger und Verwalter haben verschiedene Wirkungskreise. Ihre Ämter können

nebeneinander bestehen, wenn auch nicht in jedem Falle bei Unbekanntsein des Erben eine Pflegerbestellung vor oder nach Eröffnung des Nachlaßkonkurses veranlaßt zu sein braucht. Kurlbaum LZ. 1907 S. 638ff. Dagegen endet das Amt eines Nachlaßverwalters sofort mit Eröffnung des Nachlaßkonkurses (§ 1988 I), nicht erst mit der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses (anders z. B. § 1647 BGB.), aber unter der auflösenden Bedingung, daß es zu einer wirksamen Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses kommt. Siehe § 73 Anm. 11, § 74 Anm. 1 f., § 108 Anm. 1. Dementsprechend ist auch der bisherige Nach­ laßverwalter nicht mehr zur Schuldnerbeschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß (§ 109) ermächtigt. Als Stellvertreter des nunmehrigen Gemeinschuldners kommt der Nachlaß­ verwalter somit nur für die Zeit vor Konkurseröffnung in Frage, z. B. insofern seine damaligen Rechtshandlungen der Anfechtung im Nachlaßkonkurs ausgesetzt sind. Das Amt eines Testamentsvollstreckers, dem die Verwaltung des Nachlasses im ganzen zu­ steht (§§ 2197 ff. BGB ), endigt — wie auch immer die Rechtsstellung des Vollstreckers aufzufassen sein mag — nicht mit Eröffnung des Nachlaßkonkurses. Zwar gehen Ver­ waltung und Verfügung, was die Konkursmasse betrifft, auf den Nachlaßkonkursverwalter über (§ 6 H), so daß für eine Betätigung der Hauptfunktionen des Testamentsvollstreckers kein Raum bleibt. Immerhin kann dieser auch abgesehen vom Vollzüge der beschlags­ freie Gegenstände betreffenden Anordnungen im Laufe des Verfahrens tätig werden. So steht ihm z. B. die sofortige Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß (§ 109) zu. Vergleichsvorschlag: § 230 Anm. 11. Mit Rücksicht auf die eigenartige Spaltung der Passivlegitimation, die der § 2213 BGB. verordnet, wird anzunehmen sein, daß der Gemeinschuldner-Widerspruch im Prüfungsverfahren sowohl vom nachlaßverwaltenden Testamentsvollstrecker als vom Erben ausgehen kann, aber mit verschiedenartiger Wirk­ samkeit. Nur das Nichtbestreiten des Testamentsvollstreckers liefert für die außerkonkursmäßige Zwangsvollstreckung (§§ 164 II, 194, 206 II) einen Bollstreckungstitel im Sinne des § 748 I ZPO. Eröffnungsantrag: §§ 217 ff. Anm. 12. Nach Konkurs­ beendigung leben möglicherweise, namentlich in den Fällen des Zwangsvergleichs und Konkursverzichts, die vollen Funktionen des Testamentsvollstreckers wieder auf. Vgl. M. V S. 226; Strohal § 80 VII. Im Konkurs über das Eigen- oder Gesamtvermögen des Erben behält der Testamentsvollstrecker seine Verfügungsmacht, da dem Konkursverwalter nach § 6 II hinsichtlich der Masse nicht weitergehende Rechte zukommen als dem schon außerhalb des Konkurses in der Verfügung über den Nachlaß beschränkten Erben (§§ 2211 f., 2338 BGB., vgl. § 863 ZPO.). Das gilt namentlich im Falle des § 2338 I 2 BGB. [§ 1 Anm. 25]. Eine Mehrheit von Pflegern oder Vollstreckern hat im Zweifel nur Kollektivvertretungsmacht (§§ 1915 mit 1797 f., § 2224 BGB ). Auf Nachlaßpfleger, Nachlaßverwalter und Testamentsvollstrecker finden, wie ein tinm.20. Gegenschluß aus §244 lehrt, die Strafvorschriften der §§ 239—241 KO. weder un­ mittelbare noch entsprechende Anwendung. Gegenüber den im § 244 nicht genannten Vertretern hat man die Bestimmung des § 242 und die Vorschriften des Strafgesetzbuchs über Betrug, Untreue und strafbaren Eigennutz für ausreichend erachtet. Vgl. Motive II

464 8214.

Nachlaßkonkurs.

S. 462. Auch die staatsbürgerliche Rechtsminderung eines Gemeinschuldners trifft diese Personen nicht. Siehe § 25 Anm. 33. Anm.21. IV. Nachdem die Rechtsstellung des Gemeinschuldners im Nachlaßkonkurse dargelegt ist, kann die Streitfrage erörtert werden, welchen Einfluß der im Laufe eines gewöhnlichen Konkurses erfolgende Tod des Gemeinschuldners äußert. Fest steht, daß der Tod des Gemeinschuldners den Konkurs nicht beendigt (denn die KO. hat die Fälle der Konkurs­ beendigung erschöpfend geregelt) und auch eine Unterbrechung des Verfahrens nicht bewirkt (denn die §§ 239 ff. ZPO. eignen sich nicht zu entsprechender Anwendung nach § 72 KO., namentlich deshalb nicht, weil das ganze konkursgebundene Vermögen des Verstorbenen un­ verändert unter der Berfügungsmacht deS bisherigen Verwalters verbleibt). So nimmt also das Konkursverfahren seinen Fortgang wie eine vor dem Tode des Schuldners begonnene Zwangsvollstreckung (§ 779 ZPO.). Einen Konkurs ohne Gemeinschuldner gibt es nun aber nicht. Auch kann Gemeinschuldner nur eine Person, nicht der Nachlaß sein fAnm. 7]. Folglich kommt als Gemeinschuldner des fortgesetzten Verfahrens nur in Betracht das Subjekt der Konkursaktiven und der Konkurspassiven, der Erbe als solcher. Bei Un­ gewißheit seiner Person tritt im Bedarfsfall eine Pflegschaft nach § 1960 BGB. ein fAnrn. 13, 19]. Der Erbe oder fürihn der Erbenvertreter nimmt Rechte und Obliegen­ heiten eines Gemeinschuldners wahr fAnm. 9ff.]. Seine Rechtsstellung ist die­ jenige des Gemeinschuldners im Nachlaßkonkurse. Dementsprechend kommen für die Zukunft die formellen und materiellen Rechtssätze über den Nachlaßkonkurs zur Anwendung, soweit es die eigenartige Lage des Falles zuläßt. Der Mehrheit nach sind die Sonder­ vorschriften der §§ 214 ff. durch den Gang der Ereignisse bereits überholt. Die Zuständigkeit des Konkursgerichts bleibt — einer allgemeinen Regel des Prozesses gemäß (§ 263 II Nr. 2 ZPO., § 72 KO.) — unberührt. Ebenso bewendet es, nachdem der Konkurs aus dem Grunde der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners rechtskräftig eröffnet ward, selbst für den Fall bei der Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses, daß die Masse nicht überschuldet war und es auch nicht infolge der mit jeder Konkurseröffnung verknüpften Vermögensentwertung geworden oder daß sie infolge des Fälligwerdens eines massezugehörigen Lebensversicherungs­ anspruches zulänglich geworden ist. Teilungs- und Schuldenmasse sind den Grundsätzen der §§ 1, 3 zufolge ein für allemal abgegrenzt. Die Beschlagsschranken bestehen fort. Sollten also wirklich noch beschlagsfähige Rechte vom Erblasser zwischen Konkursbeginn und Erbfall er­ worben worden, noch nennenswerte Neuschulden entstanden sein, dann stehen jene wie diese außerhalb des Konkurses. Der Einwurf, es gehe nicht an, „plötzlich noch den nachträglichen Erwerb zur Masse zu ziehen" und „die sonst ausgeschlossenen Gläubiger" teilnehmen zu lassen (so Josephson S. 48, Stobbe DIZ. 9 S. 308), trifft uns also nicht. Regelmäßig umfaßt der bereits schwebende Konkurs alles Vermögen und alle Schulden, die ein nun zu eröffnender Konkurs begreifen würde. Dieses Vermögen bildet ausschließlich oder doch vorwiegend die Masse, auf welche die Erbenhaftung nach Maßgabe der §§ 1975ff. BGB. zu beschränken ist fAnm. 23]. Unbedenklich hat ein Verfahren, das noch bei Lebzeiten des Schuldners beantragt, aber erst nach seinem dem Konkursgericht unbekannten Tod eröffnet worden ist, als Nachlaßkonkurs zu gelten (zust. von der Gegenseite z. B. Schimmelbusch S. 40 N. 6). Der Konkursgrund muß für den Zeitpunkt festgestellt werden, in dem die Konkurseröffnung beschlossen oder auf Beschwerde bestätigt wird. Die beim Erbfall noch zulässige Beschwerde (§ 109) kann, wenn der Nachlaß nicht überschuldet sein sollte, der Erbe als Gemeinschuldner erheben, um geltend zu machen, daß jetzt nur noch für einen Nachlaßkonkurs Raum, der Nachlaßkonkursgrund aber (§ 215) nicht gegeben sei. Da der Erbe im Eröffnungsverfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, steht ihm hier die Beschwerde auch noch nach Ablauf der Beschwerdefrist in den Grenzen des § 586 (§§ 577 II 3, 579 Nr. 4) ZPO. zu. Umgekehrter Fall: § 216 Anm. 8. Kommt es zu einer erfolgreichen Anfechtung nicht, dann bewendet es bei der an die Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses geknüpften Heilung eines Mangels des Konkursgrundes [§ 109 Anm. 10], unbeschadet der Möglichkeit einer Ein­ stellung nach § 202 [§§ 202 f. Anm. 2]. Auch in einem derartigen Nachlaßkonkurse sind die Berfahrenssondervorschriften der Mehrheit nach überholt. Sollte dieser Konkurs anders

Nachlaßkonkurs.

465

zu behandeln sein als der Konkurs eines Schuldners, der sich (was oft genug vor-H kommt) alsbald nach Eröffnung des Verfahrens das Leben nimmt? Der Entwurf einer Gemeinschuldordnung hatte im § 19 bestimmen wollen: „Wenn der Gemeinschuldner während des Gemeinschuldverfahrens stirbt oder wenn ein solches über den Nachlaß eröffnet wird, so finden die Vorschriften dieses Gesetzes über das Verhältnis des Gemein­ schuldners zur Gemeinmasse auf den Erben Anwendung." Der Entwurf hatte den Satz für angebracht gehalten, weil in beiden Fällen das Verfahren ein Konkurs über den Nachlaß des Verstorbenen und daher dieser als Gemeinschuldner zu betrachten sei (Motive I Bd. 1 S. 82 f.). Wie die Protokolle S. 15 ergeben, hat die Kommission eine solche Vor­ schrift teils als „selbstverständlich", teils in der allgemeinen Fassung als „nicht unbedenklich" erachtet. Bedenken mögen hinsichtlich der Gemeinschuldnerlasten fAnm. 13] bestanden haben, aber gewiß nicht gegenüber der Gleichstellung beider Konkursfälle. Die Mehrzahl der Schrift­ steller hat sich unserer Ansicht angeschlossen. So z. B. Seuffert S. 69, 246 N. 19, Fitting § 33 in, § 56 N. 1, Hellmann S. 618 ff., Petersen-Kleinfeller Anm. 12, Kleinfeller LZ. 1911 S. 257 f., v. Sarwey-Bossert Anm. 1, Endemann Erbrecht § 100 N. 15, Kretzschmar Erbrecht S. 418, LZ. 1909 S. 190 N. 1, Schultzenstein ZZP. 33 S. 484; abw. Oetker I S. 73, 433, ZHR. 66 S. 231 ff, v. Wilmowski-Kurlbaum Borbem. 16 ff., Schroeder S. 2ff., Mager S. 19 ff., 57, Schimmelbusch S. 35 ff. Von den Gegnern erkennen Mager S. 7 ff., 41 ff. und v. Wilmowski-Kurlbaum Borbem. 16 die Gemeinschuldner-Stellung des Erben für das fort­ gesetzte Verfahren ausdrücklich an. Schroeder (S. 9 ff.) und Schimmelbusch (S. 43, 49 ff.) lehren zwar im Anschluß an Oetker, der Konkurs werde ohne Gemeinschuldner fortgeführt. Das hält sie aber nicht ab, die Rechtssätze über das Verhältnis des Gemeinschuldners zur Masse „entsprechend" auf den Erben anzuwenden. Insoweit verliert der Streit die praktische Bedeutung. Wenn Schroeder (S. 9) behauptet, der Erbe könne um deswillen in die Gemein­ schuldner-Rolle nicht einrücken, weil publizistische Rechte und Pflichten „in der Regel nicht vererblich" seien, so erledigt sich diese Begründung durch den einfachen Hinweis auf die Nach­ folge des Erben einer während des Rechtsstreites verstorbenen Partei in das Prozeßrechts­ verhältnis und des Nacherben in die Gemeinschuldner-Rolle des Borerben, wenn im Laufe

214.

des Nachlaßkonkurses die Nacherbfolge eintritt. Im einzelnen sei hervorgehoben: 1. Der Erbe hat wie der Gemeinschuldner eines erst nach dem Erbfall eröffneten Nachlaß-Anm. 22. konkurses Befugnisse und Obliegenheiten eines Gemeinschuldners im vollen Umsange der Anm. 9—13 wahrzunehmen. Namentlich hat er das Antrags-, Beschwerde-, Bestreitungs- und Vergleichsvorschlagsrecht eines Gemeinschuldners und dessen Recht auf Wiedereinsetzung nach § 165. Auch die Auskunftspflicht des § 100 und die Möglichkeit ihrer Erzwingung nach § 101II kann namentlich in den Hauptsällen, in denen ein Haus­ genosse des Erblassers Erbe geworden ist, praktische Bedeutung gewinnen. Für die Zeit vor dem Erbfalle kommen Handlungen des Erblassers als Schuldnerhandlungen in Betracht fAnm. 8]. Siehe dazu § 175 Anm. 8, § 176 Anm. 3. Für die Verfahrenssonder­ vorschriften der §§ 214—223, 229, 235 ist kein Raum mehr. Die §§ 230 I, 232, 233 finden Anwendung. 2. Bei Lösung der Frage, wie die Beschränkung der Erbenhaftung durchzuführenNnm.23. sei, muß beachtet werden, daß der Nachlaß, der die ausschließliche Befriedigungsmasse der Nachlaßgläubiger bilden und darum in ihrem Interesse offengelegt und gegen Ver­ fügungen des Erben sichergestellt werden soll, sich ganz oder fast ganz mit der Masse des schwebenden Konkurses zu decken pflegt. Bon dieser Tatsache hat die Anwendung der §§ 1975, 1990 BGB. auszugehen. Was der § 1975 voraussetzt, ist in der Hauptsache schon verwirklicht. Nun ist es aber denkbar, daß seit der Konkurseröffnung noch weitere Bermögensgegenstände vom Erblasser erworben oder beschlagsfähig geworden sind fsiehe Anm. 26f.]. Auch auf sie haben die Nachlaßgläubiger ein Anrecht. Möglicherweise sind in der Zwischenzeit auch neue Nachlaßverbindlichkeiten entstanden, die im Konkurse nicht berücksichtigt werden und darum (bei beschränkter Erbenhaftung) auf jenen Nacherwerb angewiesen sind. Den „Nachlaß" im Sinne der §§ 1975, 1990 BGB. bilden solchenfalls

466

§214.

ANM.24.

Nachlaßkonkurs.

außer der Konkursmasse die etwa noch nach Konkurseröffnung erworbenen oder beschlags­ fähig gewordenen Nachlaßgegenstände. Zum Vollzüge der Haftungsbeschränkung bedarf es alsdann der erbrechtlichen Gütersonderung auch noch hinsichtlich solcher Gegenstände. Mit Rücksicht auf sie kommt eine Auskunfts- und Jnventarpflicht des Erben und die Möglich­ keit einer Verwirkung des Rechtes der Haftungsbeschränkung in Betracht (§§ 1994, 2000, 2005, 2006, 2013 BGB). So kann es zu einem weiteren Konkurse nach § 1975 BGB. kommen, wie neben dem Regelkonkurs ein Konkurs über Neuerwerb statthaft ist [§ 1 Anm. 63, § 14 Anm. 13]. Es wäre aber verfehlt, diesen Konkurs allein als „Nachlaß­ konkurs" zu betrachten, da er im Sinne des § 1975 BGB. den schon schwebenden Konkurs nur ergänzt. In aller Regel hat der Erbe mangels ausreichenden Neuerwerbs nach § 1990 BGB. vorzugehen, wobei nur zu beachten bleibt, daß solchen Nachlaßgläubigern, die Konkursgläubiger des schwebenden Konkurses sind, für dessen Dauer der Einzelzugriff auf die nicht zur Konkursmasse gehörenden Nachlaßgegenstände nach § 14 verwehrt ist [Sinnt. 9]. Bei Beurteilung der Frage, ob ein Nachlaßneuerwerb überschuldet (§ 215) und dementsprechend nach § 1975 BGB. durch Nachlaßkonkurs zu sondern sei, sind die Konkurs­ forderungen des schwebenden Konkurses nur in Höhe des zu erwartenden Ausfalls an­ zusetzen, da sie am zweiten Verfahren nur mit dem Betrage des Ausfalls (oder Verzichts) teilnehmen dürfen [§ 14 Anm. 13]. Sollte der Neuerwerb die volle Zulänglichkeit des nachgelassenen Vermögens hergestellt haben, so könnte der Erbe unter den Voraussetzungen des § 202 die Konkurseinstellung erwirken. Da schon der schwebende Konkurs eine Güter­ sonderung im Sinne des § 1975 BGB. zur Folge hat, insofern er eine Güterverschmelzung gar nicht eintreten läßt, muß für das im Konkurse befangene Nachlaßvermögen auch an­ erkannt werden, daß er confusio und consolidatio hintanhält, insoweit also auch der Erfolg des § 1976 BGB. besteht. Nur hinsichtlich eines Nachlaßneuerwerbs wäre auch insoweit eine weitere Gütersonderung erforderlich (§§ 1975, 1976, 1991 II BGB.). Für die Bereinigung von Forderung und Schuld in der Person des Erben ergibt sich hieraus namentlich das Folgende: Wenn der Erbe Schuldner des Erblassers, die Forderung dementsprechend ein Aktivum der Konkursmasse ist, geht sie keineswegs unter, keineswegs also der Masse verloren. Der Erbe bleibt Schuldner. Die Forderung wird auch nicht durch Eröffnung eines Konkurses über etwaigen Nachlaßneuerwerb Bestandteil dieser Masse. Die Neugläubiger haben auf dieses Aktivum der alten Masse sowenig An­ recht als auf deren sonstige Bestandteile. Dies alles verkennt Oetker ZZP. 25 S. 22 ff., ZHR. 66 S. 237f. Ist umgekehrt der Erbe Gläubiger des Erblassers, so be­ wendet es bei seiner Stellung als Nachlaßgläubiger im schwebenden Konkurse wie gegen­ über etwaigem Nachlaßneuerwerb (§ 225 I). Die bestehende Gütersonderung würde dem Erben auch den Erwerb eines anderen Konkursgläubigerrechts während des anhängigen Verfahrens ermöglichen [siehe § 3 Anm. 33]. So auch im Wege des § 225 H, III. Was die zur Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit betrifft, so kann ein Schuldner der Konkursmasse nicht mit einer Forderung aufrechnen, die er nach Konkurseröffnung gegen den Erblasser erworben hat (§ 55 Nr. 2) oder die ihm von vornherein gegen den Erben zustand. Ebensowenig ein Konkursgläubiger des schwebenden Verfahrens mit einer gegen­ über dem Erben entstandenen Schuld, es sei denn, daß dieser zustimmt oder daß er un­ beschränkbar haftet (vgl. § 2013 mit § 1977 I BGB.). Mit einer nach Konkurseröffnung an den Erblasser persönlich, nicht an die Konkursmasse (§ 55 Nr. 1) entstandenen Schuld wäre die Aufrechnung dem Konkursgläubiger nicht verwehrt. 3. Der Kreis der Konkursgläubiger ist nach alledem geschlossen. Der Grund­ satz des § 3 schützt sie gegen die Konkurrenz späterer Erblassergläubiger wie gegen die der Erbengläubiger. Die §§ 226—228, 230 II können daher nur in einem ergänzenden Nachlaßkonkurs anwendbar werden. Gleiches gilt für die Verbindlichkeiten des § 224. Auch sie kommen nur in einem ergänzenden Nachlaßkonkurs in Betracht. Sie können nicht in beiden Konkursen Masseschulden sein. Darum muß (abweichend von unsern früheren Auflagen) anerkannt werden, daß die Kosten der Beerdigung des Erblassers im schwebenden Verfahren ebenfalls keine Masseschulden (§ 224 Nr. 2) begründen (Hellmann

Nachlaßkonkurs.

467

S. 619). Sie bilden, da nach Konkurseröffnung entstanden, auch keine Konkursforderungen § 214. (§ 3). Wohl aber gebietet der Anstand, daß die Konkursgläubiger den Aufwand eines einfachen Begräbnisses durch Bewilligung einer letzten Unterstützung im Sinne der §§ 58 Nr. 3,132 bestreiten, wenn weder ein leistungsfähiger Angehöriger noch ausreichender Nachlaß­ neuerwerb vorhanden ist. Unter den Verbindlichkeiten, die in der Zeit zwischen Konkurs­ beginn und Erbfall entstanden sind, spielen eine größere Rolle auch die Ansprüche der Ärzte, Apotheker und Krankenpfleger wegen zwischenzeitlicher Kur- und Pflegekosten, die nicht aus einer dem Gemeinschuldner bewilligten Unterstützung bestritten worden sind. In Ermangelung eines unterhaltspflichtigen Ehegatten oder Verwandten (vgl. § 1610 n BGB. „Lebensbedarf") und abgesehen vom Eingreifen der öffentlichen Armen- und Krankenfürsorge bleibt nur die Haftung des Erben, in letzter Linie die des Fiskus als Zwangserben. V. Die Konkursmasse. 1. Die Masse des Nachlaßkonkurses umfaßt alle bei KonkursbeginnAnm.25. beschlagsfähigen Nachlaßgegenstände (§ 1). Sie erstreckt sich mit dieser Maßgabe jedenfalls auch auf die nach dem Erbfall ohne Zutun des Erben erwachsenen Mehrungen und Ersatzansprüche (z. B. auf die in der Person des Erben als solchen ent­ standene Schadensersatzforderung wegen Beschädigung, Zerstörung oder Entziehung eines Nachlaßgegenstandes, auf den Gewinn eines zum Nachlasse gehörenden Loses, auf An­ sprüche wegen Nichterfüllung einer zum Nachlasse gehörenden Forderung). Der Anspruch aus einem vom Erblasser abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse ist Bestandteil der Nachlaßkonkursmasse, wenn es an wirksamer Bestimmung eines dritten Bezugsberechtigten fehlt. Siehe für die Lebensversicherung § 32 Anm. 26, 27; dazu LZ. 1907 S. 29 ff., 43 (Emminghaus), 872 ff. (Behrend). Anwartschaft aus Versicherungen: § 1 Anm. 56. Wird der Anspruch aus einer zugunsten des Erblassers bestehenden Versicherung durch Säumnis des Erben verwirkt (z. B. ein Unfallversicherungsanspruch durch Unterlassung der vertragsmäßig erforderlichen Leichenöffnung), so ist er auch für die Nachlaßkonkursmasse verloren (RG. v. 13. 12. 1910 WarnRspr. 1911 Nr. 200). Rechte des Erblassers gegenüber dem Erben, die infolge der Bermögensverschmelzung erloschen waren, gelten nach § 1976 mit § 2013 I BGB. auch dann als nicht erloschen, wenn der Erbe das Recht der Haftungsbeschränkung verwirkt hat sAnm. 30]. Der Auskunftsanspruch des Erben gegenüber den Hausgenossen des Erblassers (§ 2028 BGB.) stellt, da er zur Vor­ bereitung vermögensrechtlicher Klagen dient, ein beschlagsfähiges, vom Nachlaßkonkurs­ verwalter auszuübendes Vermögensrecht dar (abw. OLG. München v. 13. 12.1901 Recht 6 Nr. 991). Namentlich bilden aber auch Ersatzansprüche gegen den Erben oder Nachlaß­ verwalter aus der zwischenzeitlichen Vermögensverwaltung und wegen Verletzung der Konkursantragspflicht [§§ 217 ff. Anm. 24] Bestandteile der Nachlaßkonkursmasse (§§ 1978II, 1980, 1985 II BGB., § 228 II KO.), was schon bei Bemessung der Überschuldung

(§ 215) und der Zulänglichkeit zur Konkurskostendeckung (§§ 107, 204 KO., §§ 1990 s. BGB.) von Belang ist. M. V S. 626 ff. Auch die Ersatzpflicht eines Nachlaßkonkursverwalters (z. B. wegen Unterschlagung von Nachlaßgeldern) kann als Masseaktivum in Frage kommen [§ 82 Anm. 3].

Während aller Zuwachs, den der Nachlaß aus sich heraus, ohne Zutun des Erben Anm.26. gewonnen hat, unzweifelhaft zur Nachlaßkonkursmasse gehört, besteht Streit über die Frage, ob und inwieweit ein durch den Erben vollzogener Erwerb Nachlaßbestandteil ist. Infolge des Erbfalls war der Erbe Herr des ererbten Vermögens, namentlich Eigen­ tümer der Nachlaßsachen, geworden. Die Gütersonderung (§ 1975 BGB.) entzieht ihm nur für die Zukunft, nicht mit rückwirkender Kraft die Berfügungsmacht. Seine bisherige Verwaltung des Nachlasses behält also, von einer Konkursanfechtung abgesehen ^Anm. 10], ihre Wirksamkeit. So entsteht die Gefahr einer Nachlaßverringerung zum Schaden der Nachlaßgläubiger. Den Ausgleich schafft bei beschränkter Erbenhaftung der § 1978 BGB. (Binder II S. 133ff., Strohal Erbrecht' § 78 III 3). Danach soll der Erbe den Nachlaß-

488

§214.

Nachlaßkonkurs. gläubigem für die bisherige Verwaltung des Nachlasses wie ein Verwalter fremden Ver­ mögens und zwar seit Annahme der Erbschaft entsprechend einem Beauftragten, für die vorhergehende Zeit entsprechend einem Geschäftsführer ohne Auftrag verantwortlich, ein so gegen ihn erwachsener Anspruch aber als Nachlaßbestandteil anzusehen sein. Der Aus­ gleich vollzieht sich daher schuldrechtlich. Es tritt nicht etwa eine dingliche Surrogation derart ein, daß alles kraft Gesetzes Nachlaßbestandteil würde, was der Erbe mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, im besonderen Ansprüche auf den Kaufpreis veräußerter Nachlaß­ gegenstände. Die §§ 2019 I, 2041 BGB. lassen sich auf das Verhältnis des Erben zu den Nachlaßgläubigern nicht übertragen. OLG. Karlsruhe v. 12. 4. 1907 DIZ. 13 S. 1349, Braunschweig v. 23. 7. 1909 OLG. 19 S. 232 ff., Seusfert LZ. 1907 S. 23; abw. Beyer Surrogation (1905) S. 240ff., Dernburg Erbrecht8 § 132 IV. So kann also zwar der Nachlaßkonkursverwalter auf Grund der §§ 1978 II, 667, 681 BGB. vom Erben die Abtretung der ausstehenden Kaufpreisforderung beanspruchen, nicht aber ohne weiteres den Käufer auf Zahlung zur Konkursmasse belangen. Der Anspruch der Masse ist ein bloßer Berschaffungsanspruch mit Konkursforderungskraft, nicht ein Herausgabe­ anspruch mit Aussonderungskraft gegenüber der Erbenkonkursmaffe. Auch in den von K. Meyer IW. 1904 S. 33 erörterten Falle, daß in der Zwischenzeit ein Nachlaßgrundstück einem Eigengrundstück des Erben zugeschrieben (§ 890 II BGB.) und dann mit letzterem von einem Eigengläubiger des Erben im Wege des § 867 ZPO. belastet worden war, besteht ein Aussonderungsrecht der Nachlaßkonkursmaffe gegenüber der Erbenkonkurs­ masse nicht. Ein vom Erblasser betriebenes Geschäft gehört als Ganzes samt den von ihm angelegten Geschäftsbüchern zur Masse [§ 134 Anm. 2]. Hat es aber der Erbe vor Eröffnung des Nachlaßkonkurses (vielleicht Jahre lang) in eigenem Namen fortgeführt, dann können die Bestandteile des Geschäfts derart gewechselt haben, daß das vorhandene mit dem ererbten nicht mehr identisch und darum nicht der Verfügung des Nachlaß­ konkursverwalters unterworfen ist (Braunschweig aaO.). Andrerseits schließt der § 1978 BGB. nicht aus, daß der Erbe für den Nachlaß erwirbt, zumal im Stadium der Ausschlagbarkeit. Es kommt auf die Richtung seines Willens an (M. V S. 627 f., Braun­ schweig aaO. S. 234, Planck-Strohal BGB. § 1978 Anm. 2 b, abw. v. WilmowskiKurlbaum Borbem. 10, 11). So können z. B. zu Nachlaßgegenständen geworden sein Wertpapiere, in denen der Erbe oder Erbenvertreter flüssige Nachlaßgelder für Rechnung des Nachlasses, etwa unter Einreihung in ein noch auf den Namen des Erblassers ver­ waltetes Bankdepot, angelegt hat. Für sich verwendete Nachlaßgelder hat er nicht nur zu ersetzen, sondern von der Verwendung ab zu verzinsen (§§ 1978, 668, 681 BGB.). Wohl zu beachten ist, daß die §§ 1978—1980 BGB. unanwendbar sind, wenn der Erbe dasRecht der Haftungsbeschränkung allgemein verwirkt h a t (8 2013 BGB.). Alsdann hat er für den Entgang von Nachlaßwerten (die er z. B. für sich verbrauchte, verschenkte, verwahrlosen ließ) nicht entsprechend den Sätzen des Auftrags und der Geschäftsführung ohne Auftrag Ersatz zu leisten, sondern unter dem Gesichtspunkt un­ beschränkter persönlicher Haftung einzustehen. Mit dieser Haftung erübrigt sich eine Ersatz­ pflicht nach § 1978 BGB. Haftet also der Erbe endgültig und allgemein unbeschränkt, so besteht die Konkursmasse grundsätzlich nur aus den bei Konkursbeginn noch vorhandenen — wenn auch erst nach dem Erbfall erworbenen — Nachlaßgegenständen. Vgl. P. V S. 765 f., 766f.; wegen des § 1979 BGB. siehe unten § 222 Anm. 2, 9. Sonach haben die Nachlaßgläubiger, wenn das Eigenvermögen des unbeschränkt haftenden Erben stärker verschuldet ist als der Nach­ laß, an baldigster Eröffnung des Nachlaßkonkurses alles Interesse. Die vom Erben in der Zwischenzeit veräußerten Werte bleiben, von der Konkursanfechtung abgesehen, den Nachlaß­ gläubigern verloren. Was der Erbe zum Vorteil seines Eigenvermögens verbraucht hat, ist nicht mehr Nachlaßgegenstand. Einen Ersatzanspruch hat die Nachlaßkonkursmaffe nur bei beschränkter Erbenhaftung (§§ 1978, 2013) und auch dann nur als Konkurs­ forderung im Erbenkonkurse, so daß die Nachlaßkonkursmaffe im ganzen denselben Aus­ fall erleidet, den bei unbeschränkter Erbenhaftung die Summe der einzelnen Nachlaß-

469

Nachlaßkonkurs.

gläubiger zu leiden hat. Andrerseits ist klar, daß die Pflicht des Erben, dieH214. Nachlaßgegenstände selbst herauszugeben, nicht auf dem § 1978 BGB. beruht und darum nicht nach § 2013 BGB. entfällt. Das wird vielfach verkannt. Siehe § 223 Anm. 3, 4. 2. Unpsändbare Gegenstände sind auch im Nachlaßkonkurse konkursfrei (§ 1). OLG.Anm.2?. Breslau v. 10.10. 1889 GVollzZ. S. 193 f. Danach steht fest, daß die unabhängig von Rücksichten auf die Person des Schuldners der Pfändung entzogenen Sachen, wie z. B. nach §811 Nr. 11 ZPO. Orden und Ehrenzeichen (einerlei, ob ihre Rückgabe geboten oder nicht), keine Bestandteile der Nachlaßkonkursmasse bilden. Gleiches gilt von Rechten, die zwar vererblich, aber unpfändbar sind. Dahin gehört das höchstpersönliche Recht der Entscheidung über Annahme oder Ausschlagung einer noch dem Erblasser selbst angefallenen Erbschaft oder eines ihm angefallenen Vermächtnisses (§ 9 KO., §§ 1952, 2180 HI BGB.); eine Ausschlagung in fraudem creditorum ist unanfechtbar, wie die Ausschlagung des Erblassers selbst unanfechtbar gewesen wäre [§ 29 Anm. 34]. P. V S. 766, unzutreffend Wilke § 1944 Anm. 4. Ferner ein noch nicht vertragsmäßig anerkannter und auch noch nicht rechtshängig gewordener Pflichtteilsanspruch des Erblassers (§ 8521 ZPO., § 2317 II BGB ). Desgleichen das Urheberrecht an einem noch nicht erschienenen und auch vom Erben dem Beschlage nicht freigegebenen Werke des Erblassers [§ 1 Anm. 9] und das mit dem kaufmännischen Geschäft ererbte Recht an der Firma [§ 1 Anm. 7]. Ist der Fiskus oder eine andere juristische Person gesetzlicher Erbe und darum das dem Erblasser an einem erschienenen Werke zustehende Urheberrecht mit dessen Tod nach § 8 II LitUG. erloschen, dann muß der § 1976 BGB. entsprechend anwendbar sein: das Urheberrecht lebt zugunsten der Nachlaßkonkursmasse wieder auf (M. Wolff Jherings Jahrb. 44 S. 347s.). Streit besteht darüber, welche Bedeutung im Nachlaßkonkurse solche Pfändungsverbote haben, die schwachen Schuldnern Dasein und Fortkommen zu ermöglichen bezwecken. Für die Gegenwart ist Schuldner und Gemeinschuldner der Erbe. Dem „Schuldner" „unent­ behrliche", „erforderliche", „notwendige" Sachen im Sinne des § 811 ZPO. sind darum nicht solche, die seiner Zeit dem Erblasser unentbehrlich waren, sondern solche, die jetzt dem Erben unentbehrlich sind. Da er jetzt „der Schuldner" ist, müssen seine persönlichen Bedürfnisse den Ausschlag geben. So bleibt nach § 811 Nr. 2 ZPO. die Milchkuh, die bisher dem Schuldner und „seiner Familie" unentbehrlich war, auch in der Hand des den Vater beerbenden Kindes beschlagsfrei, wenn sie diesem und seiner Familie unentbehrlich ist, mag nun eine einzelne Nachlaßverbindlichkeit oder Eigenschuld vollstreckt, der Konkurs über den Nachlaß oder Über das Gesamtvermögen des Erben er­ öffnet werden. Bei Bemessung des persönlichen Bedürfnisses spielt der Umstand, daß der Erbe nur als solcher Schuldner ist, natürlich keine Rolle. Was in der Hand des Erben entbehrlich wird, unterliegt auch dann dem Konkursbeschlage, wenn es dem Erblasser bei Lebzeiten nicht hätte abgepfändet werden dürfen. So fallen z. B. in die Nachlaßkonkursmasse die Uniformen des von einem Rechtsanwälte beerbten Offiziers und die Gesetzbücher des von einem Offizier beerbten Rechtsanwalts (§ 811 Nr. 7 ZPO.). Daraus folgt: gegenüber einem persönlich begüterten Erben und besonders gegenüber dem Fiskus, dessen Erbfolge (§§ 1936, 1942 II, 1964—1966 BGB.) gerade in Fällen des Nachlaßkonkurses in Frage kommt, werden alle diejenigen Pfändungsverbote unanwendbar, die dem Schuldner die wirtschaftliche Existenz sichern sollen. Darum umfaßt die Nachlaßkonkursmässe möglicherweise auch solche Gegenstände, auf die sich ein zu Lebzeiten des Erblassers eröffnetes Konkursverfahren nicht erstreckt hätte. Hier handelt es sich eben anders als z. B. bei Orden und Ehrenzeichen, nicht um absolute, sondern um relative und darum wechselnde Zugriffsbeschränkungen. Ebenso wird ein „Sterbe- oder Gnadengehalt" in Ermangelung von bezugsberechtigten Hinterbliebenen (§ 850 Nr. 8 ZPO.) beschlagsfähig. Gelder, die auf eine unpfändbare Forderung noch an den Erblasser selbst oder an dessen Nachlaß ausbezahlt wurden, sind ohnedies mangels einer entgegenstehenden Aus­ nahme (siehe besonders § 811 Nr. 8 ZPO.) beschlagsfähig (nur insofern zutreffend OLG. Nürnberg v. 17. 5. 1909 BayZ. S. 458: eine Witwenbeihilfe im Sinne des § 8501 Nr. 7 Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. n.

30

470

Nachlaßkonkurs.

§214.

ZPO. war erst nach dem Tod der Witwe angewiesen, hinterlegt und vom Nachlaßkonkurs­ verwalter in Anspruch genommen worden). Unserer Ansicht sind beigetreten Weißler S. 314, v. Wilmowski-Kurlbaum Vordem. 9, Hellmann S. 233, Gaupp-Stein ZPO. § 811 II, Weismann Zivilprozeßrecht § 149 N. 8 u. o.1) Stirbt der Gemeinschuldner eines bereits eröffneten Konkursverfahrens, so bewendet es dem Grundsätze des § 1 zufolge bei dem zur Zeit der Konkurseröffnung maßgebenden Umfang der Masse ^Anm. 21, sowie § 1 Anm. 18].

Anm.28.

3. Das Recht der Verfügung über das zur Konkursmasse gehörende erbschastliche Vermögen übt der Konkursverwalter aus (§ 6 II) in Zwangsvertretung des Erben-Gemeinschuldners. In dieser seiner Bertretereigenschaft ist er ermächtigt, Kündigungsrechte geltend zu machen, die dem Erben als solchem in Ansehung der vom Erblasser eingegangenen Rechtsverhältnisse x) Die Gegner sind untereinander verschiedener Meinung:

a) Petersen-Kleinfeller § 216 Anm. 5 wollen die Frage der Unentbehrlichkeit nach den Bermögensverhältnissen des Erblassers beurteilen. Sie verweisen aus Josephson S. 43. Bei letzterem ist dieser Standpunkt um so auffallender, als er die einseitige Gemeinschuldnerschast des Erben behauptet fAnm. 7 Note 1 c]. Hier leiten ihn „praktische" Erwägungen und er tröstet sich deshalb damit, daß „der Erbe nicht Gemeinschuldner sei, sondern nur als solcher gelte". „Soll" — so frägt Josephson —, wenn der Erblasser Landwirtschaftsbetrieb mit sechs Kühen hatte, während der Erbe ein armer Taglöhner ist, dieser zum Schaden der Gläubiger eine Milchkuh behalten dürfen"? Soll Ähnliches gelten, wenn der Erblasser „einen sehr guten reichlichen Haushalt besaß, der Erbe aber völlig unbemittelt" ist? Wir sagen entschieden: ja! Abgesehen von der Unwahrscheinlichkeit dieser „praktischen Beispiele" (Konkurs über den Nachlaß des wohlsituierten Mannes!) ist eben gegenwärtig „Schuldner" im Sinne des § 811 Nr. 3 ZPO. der Erbe, entscheidend kann aber nur der Zeitpunkt des Beschlags sein. Gerade im § 811 Nr. 3 wie in den wichtigsten anderen Nummern wird die Unentbehrlichkeit nicht bloß nach den Verhältnissen des Schuldners selbst, sondern auch nach dem Bedarf seiner „Familie" bemessen. Die Familie aber stellt normaler­ weise den Erben. Das Gesetzt geht ja in der Nr. 6 sogar so weit, „den Witwen und den minderjährigen Erben" des verstorbenen Gewerbetreibenden den Schutz der Nr. 5 selbst für den Fall zu gewähren, daß diese den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter fortführen lassen, während bei eigenem Weiterbetriebe der Schutz der Nr. 5 unmittel­ bar Platz greift. Ungewöhnlich ist also im Falle der Nr. 6 nicht, daß Erben geschützt werden, sondern daß sie geschützt werden, obwohl es an einer Voraussetzung der Nr. 5 — selbsttätiger Betrieb — fehlt. Was hätte es aber in den umgekehrten und wahrscheinlicheren Fällen, daß der Erblasser, dessen Nachlaß nun im Konkurse steht, arm war und der Erbe vermögend ist, für einen Sinn, dem letzteren „zum Schaden der Gläubiger" die Gegenstände zu belassen, die dem Erblasser unentbehrlich waren? b) Bon seinem Standpunkt aus, daß noch für die Gegenwart der Erblasser Gemein­ schuldner sei, folgert auch Wilke § 1975 Anm. 6, daß die Verhältnisse des Erb­ lassers maßgebend seien. Dem Erblasser aber „sind infolge seines Todes alle Sachen entbehrlich geworden, der Erbe muß, wenn er die Beschränkung seiner Haft geltend gemacht, alles an den Nachlaß abliefern". Ähnlich OLG. Nürnberg aaO.: „Der Nachlaßkonkurs ergreift ohne weiteres auch Gegenstände, aus die sich ein bei Lebzeiten des Erblassers eröffnetes Konkursverfahren nicht erstreckt hätte; denn Psändungsverbote, die darauf abzielen, dem vermögenslosen Schuldner Dasein und Fortkommen zu ermöglichen, werden nach seinem Tode unanwendbar." Auch diese Ansicht widerstreitet dem Gesetz und der Billigkeit. Dem Gesetz: denn „Schuldner" ist jetzt der Erbe; er ist es auch bei beschränkter Haftung (abw. freilich für den Fall des § 1990 BGB. KG. v. 19. 11. 1900 OLG. 1 S. 431, Celle v. 27. 3. 1907 OLG. 17 S. 195). Der Billigkeit: denn es wäre ungerecht, den Hinterbliebenen des Erb­ lassers Bermögensstücke zu entreißen, die bei Lebzeiten ihres Ernährers unpfändbar waren, wie z. B. die zur Erhaltung eines angemessenen Hausstands unentbehrlichen Sachen des § 811 Nr 1 ZPO. Mindestens hätte Wilke von seinem Standpunkt aus zugeben müssen, daß den Erben als Familienangehörigen des verstorbenen Schuldners — das ist doch der weitaus wichtigste Fall — der Schutz derjenigen Pfändungsverbote zukomme, in denen „die Familie" des Schuldners mitberücksichtigt wird. Schließlich leidet diese Ansicht offenbar an einem inneren Widerspruch. Nimmt man die Fort­ existenz des Erblassers zur Beurteilung der gegenwärtigen Pfändbarkeit an, so lautet die Frage richtig gestellt ssiehe a): wären diese Sachen dem Erblasser entbehrlich, falls er noch lebte? Man kann ihn doch nicht für den gleichen Zeitpunkt als tot und als lebendig „behandeln".

Nachlaßkonkurs.

471

nach Gesetz oder Übereinkommen zustehen. War z. B. der Erblasser Mieter oder Pächter, § 214. so kann der Nachlaßkonkursverwalter an Stelle des Erben nach 88 569, 581 II (vgl. § 596 II BGB.) das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (§ 565) kündigen, ohne dadurch, wie durch eine nach § 19 KO. erklärte Kündigung, die Masse dem Vermieter oder Verpächter schadensersatzpflichtig zu machen. RG. v. 13. 4. 1887 Bd. 18 271. Bedarf der Verwalter (z. B. zur Einziehung von Hypotheken, § 36 GBO.) eines Erbscheins, so kann er einen solchen auf den Namen des von ihm vertretenen Erben erwirken (§ 2353 BGB ). Eine nach § 2356 II BGB. etwa geforderte eidesstattliche Versicherung hätte der Verwalter abzugeben. Eine Vernehmung des Erben als Zeugen (§ 15 FGG.) ist hier ebensowenig unstatthaft als die Gemeinschuldnervernehmung in Masseprozessen [§ 6 Anm. 32]. Vgl. Boehm Gruchots Beitr. 43 S. 831 f. (gegen Boß ebenda S. 664 f.), Strohal § 67 III, Eßlinger Erbschein (1902) S. 37 ff., Josef LZ. 1909 S. 832 (abw. Note 10 hinsichtlich der Zeugnisfähigkeit des Erben). Einen bereits erteilten Erbschein hat der Erbe nicht an das Nachlaßgericht zurückzugeben, sondern dem Verwalter auszuliefern (§ 117). Zur Ausübung von Nachlaßrechten, die nicht in die Konkursmasse fallen, fehlt Anm.29. dem Konkursverwalter die Vertretungsmacht. Nur mit Einwilligung des Erben oder der Gesamtheit der Miterben (§ 2040 I BGB ), nicht aber selbständig kann daher der Nach­ laßkonkursverwalter beispielsweise ein noch nicht veröffentlichtes Werk des Erblassers in Verlag geben. Ein zum Nachlasse gehörendes Handelsgeschäft kann der Konkursverwalter zwar veräußern (§§ 134, 135), aber der Erwerber erlangt nur mit Zustimmung des Erben oder seines gesetzlichen Vertreters (z. B. des Nachlaßpflegers) das Recht, die bisherige Firma weiterzusühren: Geschäft und Firma können nur durch Verwalter und Gemein­ schuldner veräußert werden. Siehe Anm. 27. Gläubigeranfechtung: § 222. 4. Eine infolge des Erbfalls eingetretene confusio oder consolidatio gilt, wenn derAnm.30. Nachlaßkonkurs eröffnet ist, als nicht erfolgt (§ 1976 BGB.) und zwar gegenüber jedermann. Kraft dieser Fiktion leben die durch Vereinigung — also nicht etwa aus anderem Grunde (z. B. Zeitablauf) — erloschenen Rechte und Nebenrechte (z. B. aus Bürgschaft, Verpfändung) von selbst und mit rückwirkender Kraft wieder auf. Dies gilt, wie ein Gegenschluß aus § 2013 BGB. ergibt, auch wenn der Erbe endgültig unbeschränkt haftet. Aufrechnung: § 53 Anm. 17ff. Dagegen wird eine infolge des Erbfalls ein­ getretene Konvaleszenz durch Eröffnung des Nachlaßkonkurses nicht rückgängig. a) Ist eine vom Erben vor dem Erbfall über einen Gegenstand des Erblassers ge­ troffene Verfügung infolge der Beerbung („Erwerb des Gegenstandes durch den Ver­ fügenden") wirksam geworden (§ 185 II BGB.), so gehört der Gegenstand ungeachtet einer nun erfolgenden Konkurseröffnung nicht zum Nachlasse. Doch folgt aus dem Zusammenhalt der §§ 185 II, 1978 BGB. eine Ersatzverbindlichkeit des Erben gegen­ über der Nachlaßkonkursmasse. Denn die Verfügung wird so wirksam, als wäre sie unmittelbar nach dem Erbfall erfolgt. Vgl. M. V S. 631 f.; abw. Strohal § 63 V 1. Aus eben diesem Grunde aber tritt die Konvaleszenz nicht ein, wenn der Erbe durch den Erbfall die Verfügung nicht erlangt, namentlich weil schon der Erblasser in Konkurs geraten war und der Gegenstand zur Konkursmasse gehört (Strohal aaO.). b) Eine Verfügung, die der Erblasser über einen dem Erben gehörenden GegenstandAnm.31. getroffen hatte, bleibt auch nach Eintritt des Erbfalls so lange unwirksam, als der Erbe das Recht der Haftungsbeschränkung nicht verwirkt hat. Steht aber die Ver­ wirkung fest, so bewendet es auch im Falle der Eröffnung des Nachlaßkonkurses bei der einmal eingetretenen Konvaleszenz. § 185 n BGB.; M. V S. 632. Auch hier wird jedoch mit Strohal V 2 anzunehmen sein, daß die Konvaleszenz selbst beim Eintritt endgültig unbeschränkter Haftung unterbleibt, wenn der Erbe zur Zeit des Erbfalls im Konkurse steht und der Gegenstand zur Konkursmasse gehört.

Nachlaßkonkurs (Konkursgericht).

472

s

*

B.

Die einzelnen Vorschriften der KO.

Das Konkursgericht (§ 214).

«nm. 32. I. Als Konkursgericht ist ausschließlich [§ 71 Anm. 17] dasjenige Amtsgericht zuständig, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand (§§ 13—16 ZPO.) gehabt hat. Es ist also nicht das Konkursgericht des Erben-Gemeinschuldners (das wäre un­ zweckmäßig) noch dem § 71 entsprechend in erster Linie das Gericht der gewerblichen Nieder­ lassung des Erblassers zuständig. Die Zuständigkeitsbestimmung beruht auf der die Motive des Gesetzes beherrschenden Auffassung, daß als Gemeinschuldner des Nachlaßkonkurses der Erb­ lasser zu betrachten sei (Motive DE S. 452), und stimmt mit der ursprünglichen Fassung des jetzigen § 71 überein (siehe § 71 Anm. 15]. Im Erkenntnisverfahren des Zivilprozesses entspricht unserm § 214 der § 27 ZPO. (Gerichtsstand der Erbschaft), im Bereiche der freiwilligen Gerichtsbarkeit der § 73 FGG. (Nachlaßgericht). Der allgemeine Gerichtsstand kann an mehreren Orten des Inlandes begründet sein (z. B. bei mehrfachem Wohnsitze). Er kann aber auch im Jnlande vollständig fehlen. • Der Mangel der Zuständigkeit kann vom Gemeinschuldner (Anm. 11, 17, 19] durch die sofortige Beschwerde des § 109 gerügt werden, heilt aber mit der Rechtskraft des Eröfsnungsbeschlusses [§ 109 Anm. 10]. «nm.83. 1. Hatte der Erblasser zur Zeit seines Todes an mehreren Orten einen allgemeinen Gerichtsstand, so entscheidet die Prävention des Antrags, nicht die der Eröffnung (arg. § 71II KO.). Anm. 34. 2. Da der § 214 die Zuständigkeit des Konkursgerichts nach dem letzten allgemeinen Inlands­ gerichtsstand des Erblassers bestimmt, müssen beim Mangel eines allgemeinen Gerichts­ standes die ergänzenden Zuständigkeitsvorschriften des § 238 ebenfalls aus der Person des Erblassers bestimmt werden. Hatte er also zur Zeit seines Todes keinen allgemeinen Gerichtsstand im Jnlande, so ist ein Konkursverfahren mit Beschränkung auf den in­ ländischen Nachlaß immerhin noch möglich, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes im Inland eine gewerbliche Niederlassung oder in deren Ermangelung ein selbstbewirt­ schaftetes Gut besessen hat (§ 238 I, II). Die Zulässigkeit eines Nachlaßkonkurses auch in diesen Fällen entspricht dringenden Verkehrsbedürfnissen. Dabei ist zu erwägen, daß die Haftung des Erben eines deutschen Erblassers sich grundsätzlich nach deutschem Recht be­ stimmt, auch wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes den Wohnsitz im Ausland hatte. Nur darf der Erbe alsdann sich auch auf das ausländische Wohnsitzrecht berufen (a. 24 II EGzBGB). Jedenfalls ist es eine höchst engherzige Auslegung, wenn man deshalb, weil der Buchstabe des Gesetzes für die Sondervorschrift des § 214 den Zusammenhang mit dem § 238 nicht ausdrücklich herstellt, die Zulässigkeit des inländischen Nachlaßkonkurses und damit die Möglichkeit gleichmäßiger Nachlaßausteilung in einem gemeinsamen gericht­ lichen Verfahren für die Fälle des § 238 schlechthin verneint. Freilich können nach unserer Ansicht alle Nachlaßverbindlichkeiten in solchem Jnlandskonkurse zum Zuge gelangen, ob­ wohl nur der inländische Nachlaß die Konkursmasse bildet. Allein so liegen die Dinge stets in Fällen des § 238, auch in solchen, in denen die Überschuldung Konkursgrund sein kann. Es gilt den Schutz der Jnlandsgläubiger, bereit Vollstreckung in Auslands­ vermögen mit den erheblichsten Schwierigkeiten verknüpft zu sein pflegt, aber auch den des Jnlandserben (§1975 BGB.). Durchaus beipflichtend v. Wilmowski-Kurlbaum zu § 214; abw. Hellmann S. 621, Oetker ZHR. 66 S. 216 f. Überschuldung: § 215 Anm. 2. Der Umstand, daß bereits ein Auslandskonkurs schwebt, erübrigt die Notwendigkeit des Be­ weises der „Überschuldung" des Nachlasses nicht. Der § 238 in ist also unanwendbar.

Fehlt es auch an den Voraussetzungen des § 238 I, II, so kann über die im Jnlande befindlichen Nachlaßgegenstände ein Konkursverfahren überhaupt nicht eröffnet werden. Der Einzelvollstreckung sind sie nach § 237 trotz eines Auslandskonkurses zugänglich (88 778, 779 ZPO.; vgl. auch § 73IH FGG.). Mit der Möglichkeit des Konkursantrags entfallen Antragspflicht und Verantwortlichkeit aus § 1980 (§ 1985 II Satz 2) BGB.

«nm.35. II. Ob der Erblasser im Inland oder Ausland gestorben, Inländer oder Ausländer gewesen, ob der Erbe im Inland oder Ausland wohnhaft, Inländer oder Ausländer ist, das alles hat

Nachlaßkonkurs (Konkursgrund).

473

für die Anwendbarkeit des § 214 keine ausschlaggebende Bedeutung. War aber der Erblasser § exterritorial (§§ 18ff. GBG.), dann fehlt eine inländische Konkursgerichtszuständigkeit selbst für den Fall, daß der Erbe der inländischen Gerichtsbarkeit untersteht. Im umge­ kehrten Falle der Exterritorialität des Erben oder aller oder einzelner Miterben, nicht aber des Erblassers wird die Statthaftigkeit eines Nachlaßkonkurses zu bejahen sein (abw. Kleinfeller Lehrbuch S. 195). Da nämlich die Zuständigkeit des § 214 auf die Person des Erb­ lassers, nicht des Erben abgestellt ist, kann ein Gerichtsstand für den Nachlaßkonkurs recht wohl gegeben sein. Nur versagt gegenüber einem der inländischen Gerichtsbarkeit entzogenen Erben die Zwangsgewalt des Konkursgerichts.

215.

§ sw. Die Eröffnung des Verfahrens fetzt die Überschuldung des Nachlasses voraus. Unveränderter § 203 alter Folge. Materialien: Motive II S. 452ff., Protokolle S. 125,196, P. V S. 762, 880f.

Konkursgrund. L Überschuldung und Zahlungseinstellung.

Konkursgrund ist ausschließlich die Überschuldung des Nachlasses d. h. dasAnm. i. Überwiegen der Passiven („Nachlaßverbindlichkeiten") über den Wert der Aktiven („Nachlaßgegenstände", vgl. § 2001 1 BGB.). Daß die Überschuldung auf

einer Mehrheit von Nachlaßverbindlichkeiten beruhe, ist weder im § 215 KO. noch im § 1980 BGB. [§§217 ff. Anm. 24] vorausgesetzt. Siehe § 102 Anm. 1. Sie muß festgestellt sein für den Zeitpunkt, in dem die Konkurseröffnung beschlossen oder auf Beschwerde bestätigt wird. Sie braucht nicht schon zur Zeit des Erbfalls oder der Stellung des Konkursantrags vorgelegen zu haben. Bestand sie damals und fiel sie inzwischen weg, dann darf die Eröffnung nicht beschlossen und vom Beschwerdegericht nicht aufrecht er­ halten werden. Zahlungsunfähigkeit — der Konkursgrund des Regelkonkurses (§ 1021) —- ist weder erforderlich noch genügend. Bei Überschuldung ohne Zahlungs­

unfähigkeit darf mit einer künftigen Besserung der Vermögenslage nicht gerechnet werden, weil die Entwickelung der Haftungsmasse in der Hauptsache abgeschlossen und von der per­ sönlichen Leistungskrast des Schuldners — den Fall unbeschränkter Haftung abgerechnet — losgelöst ist. Bei Zahlungsunfähigkeit ohne Überschuldung ist die einfachere und billigere Nachlaßverwaltung der den Interessen der Gläubiger wie des Erben entsprechende Weg der Gütersonderung. Vgl. P. V S. 880s. Demnach kann auch die Zahlungs­ einstellung des Schuldners — d. h. des Erblassers (für die Zeit vor dem Erbfall) oder des Erben (für die Folgezeit) — nicht nach § 102 n zur Eröffnung des Nachlaßkonkurses als ausreichend gelten, wenn sie gleich in jeder anderen Beziehung wie für den Bereich der §§ 30, 33, 50, 55, 56, 199, 239 ff. maßgebend bleibt. Namentlich ersetzt also eine Kenntnis der Überschuldung die zur Konkursanfechtung des § 30 (§§ 33, 34) erforderte Kenntnis der

Zahlungseinstellung nicht [§ 30 Anm. 12], Zust. RG. v. 16. 2. 1912 LZ. S. 461 Nr. 33. Wohl aber kann die Kenntnis der Überschuldung im Einzelsalle den Schluß auf die Kenntnis

einer Begünstigungs- oder Benachteiligungsabsicht des Erblassers oder Erben (Erbenvertreters) rechtfertigen (§§ 30 Nr. 2, 31). II Bemessung der Überschuldung. Der Berechnung zu Grunde zu legen ist der gegenwärtige Bestand und Wert desAnm. 2. Nachlasses und zwar regelmäßig des Gesamtnachlasses (§ 235), in den Fällen des § 238 I, II aber nur des im Jnlande befindlichen Nachlasses [§ 214 Anm. 34]. Als Passiven sind die Masseschulden (§§ 59, 224) sowie die sämtlichen vollund minderwertigen Konkursforderungen der §§ 225—227 in Rechnung zu stellen, also auch die dem Erben selbst gegen den Nachlaß zustehenden Forderungen (§§ 224 ff.).

474

§215.

Nachlaßkonkurs (Konkursgrund).

die im sonstigen Konkursverfahren (§ 63) nicht verfolgbaren Ansprüche des § 226 II Nr. 1—3, die nach §§ 1973, 1974 BGB. ausgeschlossenen Rechte (§ 226 IV) und die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten [Dgl. aber §§ 217 ff. Anm. 21], Vermächtnissen und Auflagen (§ 226 II Nr. 4, 5). Beruht jedoch die so ermittelte Überschuldung lediglich auf Vermächtnissen und Auflagen, so können die Beteiligten den Konkurs vermeiden. Der Erbe im besonderen ist solchenfalls zur Beantragung des Nachlaßkonkurses zwar befugt, aber nicht verpflichtet (§ 1980 I BGB.), sondern den Vermächtnissen und Auflagen gegenüber zur Unzulänglichkeits­ einrede nach § 1992 berechtigt. Vgl. M. V S. 654 f., P. V S. 762 f., 802 ff. Deshalb und nur mit Rücksicht auf die Antragspflicht des Erben verordnet der § 19801 BGB.: „Bei Bemessung der Zulänglichkeit des Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen außer Betracht." Eine allgemeinere Bedeutung kommt dieser Vorschrift ihrer ganzen Stellung nach nicht zu. Sie besagt also, was sich übrigens ohne weiteres aus dem Wortlaute des § 1992 ergibt, keineswegs, daß eine Überschuldung dann nicht vorliege, wenn

die Nachlaßverbindlichkeiten nur bei Einrechnung der Vermächtnisse und Auflagen den Wert der Nachlaßgegenstände übersteigen (abw. Kleinfeller Lehrbuch S. 190). Beruht die Über­

Anm. 3.

schuldung zugleich oder ausschließlich auf Pflichtteilsschulden, so ist eine Ver­ meidung des Nachlaßkonkurses nach § 1992 nicht möglich. Entsprechend gestaltet sich die Sachlage, wenn die Überschuldung auf ausgeschlossenen Nachlaßverbindlichkeiten beruht. Auch hier entfällt die Antragspflicht des Erben, auch hier steht es in der Macht der Interessenten, die Kosten und Weiterungen eines Konkursverfahrens zu verhüten (arg. §§ 1973, 1975 BGB ). Ergibt sich die Überschuldung erst bei Einrechnung

Sinnt. 4.

Anm. 5.

von Vermächtnissen, Auslagen oder ausgeschlossenen Nachlaßverbindlichkeiten, so ist die Nachlaß­ verwaltung, nicht der Nachlaßkonkurs, das geeignete Mittel, um Vermächtnisse, Auflagen und ausgeschlossene Nachlaßverbindlichkeiten gegen die Konkurrenz der Erbengläubiger zu schützen. Siehe aber § 219. Der Wert des Nachlasses wird in der Weise berechnet, daß bedingte, betagte, un­ gewisse, auf wiederkehrende Hebungen gerichtete Rechte und Verbindlichkeiten nach den §§ 65 bis 67, 69, 70 KO. und nach Analogie des § 2313 BGB. behandelt werden. Aufschiebend bedingte Rechte ohne Berkaufswert sind beispielsweise gar nicht in Ansatz zu bringen. So­ weit erforderlich, ist der Wert des Nachlasses durch Schätzung zu ermitteln. Eine vom Erb­ lasser getroffene Wertbestimmung ist unmaßgeblich. Vgl. § 2311II BGB. Unter den Nachlaß­ aktiven kommen namentlich auch Ersatzansprüche gegen den beschränkt haftenden Erben nach Maßgabe der §§ 1978 II, 2013 in Ansatz. Es fehlt daher am Konkursgrunde der Über­ schuldung, wenn diese Ansprüche die Deckung aller Nachlaßverbindlichkeiten ermöglichen. Bei unsicherer Vermögenslage des Erben sind sie wie andere ungewisse Ausstände schätzungsweise zu veranschlagen, also vielleicht ganz außer Betracht zu lassen. Im übrigen siehe wegen des Umfangs der Teilungsmaffe § 214 Anm. 25 ff. Besteht am Nachlaß eine Leibzucht (a. 96 EGzBGB ), etwa der Witwe des Erblassers, in der Art, daß der Leibzüchter die Nutznießung am Nachlasse hat, dafür aber auch allein die Nachlaßverbindlichkeiten tragen muß, dann soll nach RG. v. 21. 10. 1910 LZ. 1912 S. 238 f. eine Überschuldung des nachgelassenen Stammvermögens im Sinne des § 215 und

damit ein Nachlaßkonkurs ausgeschlossen sein. Das träfe aber nur zu, wenn durch die Leib­ zuchtbestellung die Haftung des Substanzerben für die Nachlaßverbindlichkeiten (§§ 1967 ff. BGB.) ausgeschaltet werden könnte. In dem dann allein zulässigen Konkurs über das Ge­ samtvermögen des Leibzüchters wären die Nachlaßgläubiger schutzlos der Konkurrenz der Eigengläubiger des Leibzüchters preisgegeben. Der Zugriff auf die Nachlaßsubstanz (ab­ züglich der Belastung) ginge ihnen verloren. Eine solche Rechtsgestaltung ist ohne Mitwirkung der Gläubiger nicht zu erzielen, auch nicht durch Bestellung des Nießbrauchs an einer Erb­ schaft (§ 1089 BGB.), wie sie nicht selten dem Erben durch Vermächtnisanordnung zur Pflicht gemacht wird (vgl. § 222).

Nachlaßkonkurs (Konkursmöglichkeit).

475

8218.

8 21«. Die Eröffnung des Verfahrens wird nicht dadurch gehindert, daß der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat, oder daß er für die Nachlaß­ verbindlichkeiten unbeschränkt hastet. Bei dem Vorhandensein mehrerer Erben ist die Eröffnung des Verfahrens auch nach der Teilung des Nachlasses zulässig. Der ursprüngliche § 204 hat gelautet: „Die Eröffnung des Verfahrens wird nicht dadurch gehindert, noch eine Überlegungsfrist hat."

daß der Erbe

Materialien: Motive II S. 454s., Protokolle S. 125, 196, MzEG. S. 117, M. V S. 622, 641, 682 f., P. V S. 763 ff., 879 ff., VI S. 340, 771 ff., Begründung S. 46 f.

Konkursmöglichkeit. I. Bei unbeschränkter Erbenhaftung. Der Nachlaßkonkurs des BGB. ersetzt — außer dem beneficiu minventarii [§ 214 Anm. 2] Anm. i. — auch das beneficium separationis und schützt insofern die Nachlaßgläubiger gegen die Konkurrenz der Eigengläubiger des Erben. Deshalb mußte die Herbeiführung des Kon­ kurses den Nachlaßgläubigern auch für den Fall ermöglicht werden, daß der Erbe durch sein Verhalten, vielleicht durch Verzicht, das Recht der Haftungsbeschränkung gegenüber einzelnen oder allen Nachlaßgläubigern verloren hat. Sonst hätten letztere, der Willkür des Erben preisgegeben, die Vorteile einer separatio bonorum gerade dann verloren, wenn sie ihrer am dringendsten benötigen. Überdies durste im Interesse der Nachlaßgläubiger ein Hinauszögern der Konkurseröffnung durch Verhandlungen und Beweis­ erhebungen über die oft zweifelhafte Frage, ob ein Berwirkungsgrund gegeben oder nicht, unter keinen Umständen möglich gemacht werden. So wenig die Unbeschränkbarkeit der Erben­ haftung einer Eröffnung des Nachlaßkonkurses entgegensteht, ebensowenig hindert sie den Fortgang dieses Verfahrens, wenn im Laufe desselben der Erbe auf die Beschränkung ver­ zichtet. Der Gesetzgeber hätte nun für den Fall eines Nachlaßkonkurses bei endgiltig un­ beschränkter Haftung des Erben die Inanspruchnahme des letzteren für Nachlaßschulden in zweite Reihe rücken können. Dies geschah indessen nur für den besonderen Fall eines gleich­ zeitigen Konkurses über das Eigenvermögen des Erben (§ 234, vgl. § 212). Gegenüber dem persönlich konkursfreien Erben kann demnach jeder Nachlaßgläubiger, dem der Erbe un­ beschränkt haftet, seine Forderung ungeachtet der Anmeldung zum Nachlaßkonkurse dem vollen Betrage nach beitreiben. Der § 14 steht der Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben nicht entgegen [§ 214 Anm. 9]. In der Zulassung eines Nachlaßkonkurses auch für den Fall, daß der Erbe den Nachlaß- Anm. 2. gläubigem endgiltig unbeschränkt und in erster Reihe haftet, liegt ein bemerkenswerter Unter­ schied gegenüber dem früheren Recht und dem Standpunkte des EBGB. I. Lesung (§§ 2109, 2150; M. V S. 622 u. 682 f.). Bor 1900 war nämlich ein Nachlaßkonkurs nur statthaft, wenn die Nachlaßgläubiger das Eigenvermögen des Erben überhaupt nicht oder doch erst in zweiter Reihe angreifen dursten. Vgl. RG. v. 28. 1. 1890 Bd. 25 34; Jaeger Voraus­ setzungen S. 12—42. Übrigens schließt die Verwirkung des Rechtes der Haftungsbeschränkung die Antragsbefugnis des Erben selbst nicht aus [§§ 217ff. Anm. 2]. Hat indessen der Erbe das Recht der Haftungsbeschränkung nicht im allgemeinen, sondern «nm. 3. lediglich einzelnen Nachlaßgläubigern gegenüber verwirkt (§ 2006 HI BGB.), so greifen für den Fall des Nachlaßkonkurses die Besonderheiten des § 225 II, III ein. Hiernach kann der Erbe den Gläubiger, dem er endgiltig unbeschränkt und sonach trotz des Nachlaßkonkurses in erster Reihe haftet, noch während dieses Verfahrens aus eigenen Mitteln befriedigen und damit kraft Gesetzes die berichtigte Forderung erwerben (§ 225 II). Ja er kann letztere selbst ohne vorgängige Befriedigung im Nachlaßkonkurse geltend machen, wenn

476

§216.

Nachlaßkonkurs (Konkursmöglichkeit).

der Gläubiger seinerseits am Konkurse nicht teilnimmt (§ 225III). Somit der Nachlaßkonkursmasse den Betrag, den sein Gläubiger hier erhalten also im Ergebnis, auch wenn nicht zugleich der Eigenkonkurs schwebt, persönlich treffende Nachlaßverbindlichkeit nur in Höhe des Ausfalls, laßkonkurs erleidet.

erhält der Erbe aus würde, und haftet für die einzelne ihn den diese im Nach-

n. Bor Annahme der Erbschaft. Anm. 4.

Der Nach laß konkurs ist nach § 216 schon zulässig, ehe noch der Erbe die Erb­ schaft „angenommen" hat, also schon zu einer Zeit, in der die Ausschlagungsfrist noch läuft (§§ 1943, 1949 BGB.), und erst recht noch während der Frist zur Anfechtung der Annahme oder Ausschlagungsversäumung (§§ 1954, 1956 BGB.). Auch nach Eröffnung des Nachlaß­ konkurses hat der Ablauf dieser Fristen von selbst die Rechtsfolge, daß der Berufene endgiltig Erbe bleibt. Die Möglichkeit eines Nachlaßkonkurses während einer „Überlegungssrist" be­ stand in gleichem Sinne schon nach der älteren Fassung des Gesetzes. Sie beeinträchtigt die Interessen des Erben nicht, da sie ihn in keiner Weise zur Entscheidung drängt. Motive II S. 454f. Nach der unterschiedslosen Fassung des Gesetzes kann der Nachlaßkonkurs zur Zeit der Ausschlagbarkeit aus Schuldner- wie auf Gläubiger­ antrag eröffnet werden. Im Konkursantrage des Erben kommt für sich allein der Wille, die Erbschaft anzunehmen, nicht zum Ausdruck. Denn der Antrag stellt, wenn auch nicht nur eine Abwehr (vgl. § 1958 BGB ), so doch an sich bloß einen Berwaltungs-, nicht einen Aneignungsakt dar. Erblickte das Gesetz im Konkursantrage des vorläufigen Erben eine stillschweigende Annahme, dann müßte unser Abs. I anders lauten. Vgl. Kretzschmar Erb­ recht S. 253, Leonhard Erbrecht § 1943 zu Note 7 mit Zit., Reichel Prozesse des vorl. Erben S. 167. Zur Frage der Antragspflicht siehe §§ 217 ff. Anm. 26. Anders als gegenüber dem noch ausschlagungsberechtigten Erben persönlich (§ 1958 BGB.) sind die Nachlaßgläubiger gegenüber dem Nachlaßkonkursverwalter (arg. § 216 KO.) wie gegenüber dem Nachlaßver­ walter oder einem anderen Nachlaßpfleger (§§ 1960 III, 1961 BGB.) auch zur „gerichtlichen" Verfolgung ihrer Ansprüche, besonders zur Anmeldung und zur Geltendmachung im Konkursfeststellungsprozesse (§ 146) berechtigt. Einfluß der Anmeldung auf die Verjährung: § 25 Anm. 15 ff., 31. Daß die Schranke des § 1958 gegenüber diesen Erbenvertretern fällt (vgl. § 2213 II BGB ), entspricht völlig der Natur der Sache. Denn die Schuldendeckung bildet die Hauptaufgabe dieser Vertreter. Wegen Wahrnehmung der Gemeinschuldner-Rechte und -Pflichten zur Zeit der Ausschlagbarkeit siehe im übrigen § 214 Anm. 14, 19. Ebenso­ wenig als der Umstand, daß der Erbe sein Wahlrecht noch nicht ausgeübt hat, steht die Un­ gewißheit über den Ausfall dieser Entscheidung oder über die Person des endgiltigen Erben der Konkurseröffnung entgegen (vgl. § 1960 I 2 BGB ).

III. Nach der Erbteilung. Anm. 5.

Anm. 6.

Besondere Konkurse über einzelne Erbteile sind im neuen Recht ausgeschlossen (§ 235). Bor der Teilung ist die Eröffnung eines einheitlichen Konkursverfahrens über den gesamten Nachlaß in jedem Augenblicke statthaft. Dieser Satz brauchte in der KO. nicht eigens aus­ gesprochen zu werden, da er sich aus der Gestaltung des Haftungsrechts ohne weiteres ergibt. § 2059 II BGB.; vgl. § 747 ZPO. Aber auch nach der Teilung ist, wie der § 216 II ausdrücklich klarstellt, ein Nachlaßkonkurs mit den regelmäßigen Folgen einer Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlaß zulässig (§§ 1975,1979,1989, 2000, 2013 BGB.), während fortab die Anordnung einer Nachlaßverwaltung ausgeschlossen, also bei Zulänglichkeit des Nachlasses im ganzen das allgemeine Haftungsbeschränkungsmittel versagt ist (§ 2062 BGB.). „Bei der Regelung, welche die Erbengemeinschaft im BGB. (§§ 2032 ff., 2058 ff.) gefunden hat, verlangt es als das Interesse der Nachlaßgläubiger, daß zu ihren Gunsten der Nachlaß auch dann noch als einheitliche Masse behandelt wird, wenn" — entgegen der Vorschrift des § 2046 BGB. — „vor der Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten die Teilung bewirkt ist." Begründung S. 46 f. Wie ist nun aber, wenn der Nachlaßkonkurs erst nach dem Vollzüge der Teilung (§§ 2042 DE, 752ff. BGB.) eröffnet wird, die Konkursmasse zu sammeln? Soweit

Nachlaßkonkurs (Konkursmöglichkeit).

477

die Nachlaßgegenstände sich auf Grund der Auseinandersetzung in der Hand der Miterben § befinden, hat jeder sie als Mitgemeinschuldner dem Konkursverwalter auszuantworten, der wie sonst auch auf Grund der §§ 6, 117 das Recht und die Pflicht hat, alles zur Konkurs­ masse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen. So auch dann, wenn ein Miterbe gegen Abfindung der übrigen den ganzen Nachlaß erhalten hat. Die dritten Personen im § 118 auferlegten Pflichten auf die Träger der Gemeinschuldnerrolle zu übertragen, ist weder erforderlich noch statthaft (gegen Kleinseller DIZ. 1 S. 477, Hold­ heims MSchr. 1898 S. 70). Auch die Frage, wie die Miterben für Veräußerung, Ver­ brauch, Verbindung, Vermischung, Verarbeitung, Zerstörung oder Beschädigung von Nachlaß­ gegenständen aufzukommen haben, bedurfte keiner besonderen Regelung: die Verantwortlich­ keit ist bei Miterben die gleiche wie beim Alleinerben (§§ 1978—1980, 2013 BGB.). Das gilt auch von Veräußerungen zum Zwecke der Auseinandersetzung (§§ 2042 II, 753 BGB.). Ersatzansprüche bilden nach § 1978 11 BGB. Aktiva der Nachlaßkonkursmasse. So kann es zu einem Nachlaßkonkurse kommen, auch wenn kein Miterbe mehr Nachlaßgegenstände im Vermögen hat. Wie beim Allein erben finden, falls die Miterben das Recht der Haftungs­ beschränkung verwirkt haben, die Nachlaßgläubiger den Ausgleich in der persönlichen Erben­ haftung [§ 214 Anm. 25 f.]. Für eine Erstattungspflicht nach den Sätzen der ungerecht­ fertigten Bereicherung ist auch dann kein Raum (gegen Kleinseller Lehrbuch S. 196). Ver­ stärkt wird der Gläubigerschutz dadurch, daß die Miterben für die nicht vor der Teilung gedeckten gemeinschaftlichen Nachlaßverbindlichkeiten vorbehaltlich der §§ 2060, 2061 BGB. als Gesamtschuldner — sei es beschränkt oder unbeschränkt — haften (§ 2058 BGB ). Wegen des § 2060 Nr. 3 BGB. siehe unten § 230 Anm. 6. Einem Dritten, dem Nachlaßgegenstände zum Zwecke der Erbteilung übertragen worden sind, kann der Konkursverwalter diese Gegenstände nicht schon kraft des § 216 abfordern. Eine Fiktion des Inhalts, daß die Teilung als nicht erfolgt anzusehen sei, enthält unser Abs. II nicht. Wohl aber kann die Übertragung nach Maßgabe der §§ 29 ff. anfechtbar sein. Ist ein die Kosten des Verfahrens

216*

deckender Massebestand nicht, auch nicht auf Grund des § 1978 II BGB. vorhanden, dann stehen die §§ 107, 204 der Durchführbarkeit eines Nachlaßkonkurses im Wege.

IV. Ohne Zeitschranke.

Eine Befristung der Konkursmöglichkeit sieht das Gesetz ungeachtet der im Laufe der Anm. ?. Jahre wachsenden Schwierigkeit genauer Massefeststellung nicht vor. Gründe: M. V S. 641. Siehe jedoch § 220. V. Nach unrichtiger Todeserklärung. Wenn der Nachlaßkonkurs über das Vermögen eines für tot erklärten Verschollenen er- Anm. 8. öffnet worden ist, dieser aber nach der Eröffnung wieder auftaucht, wird damit die Vermutung des § 18 BGB. widerlegt. Nun steht fest, daß er selber Träger des im Konkurse befangenen Vermögens und der Gemeinschuldner-Rolle ist. Einen Anspruch aus § 2031 BGB. hat er gegen den vermeintlichen Erben, nicht gegen den Konkursverwalter. Allein als Gemeinschuldner kann er Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß einlegen (§ 109) und zwar nach Maßgabe der §§ 579 Nr. 4, 577II 3, 586 ZPO. trotz Ablaufs der Beschwerdefrist [§ 109 Anm. 3]. Mit dem Rechtsmittel kann er geltend machen, daß ein Konkurs nur als

Konkurs über das Vermögen eines Lebenden und darum nur aus dem Grunde der Zahlungs­ unfähigkeit (§ 102) statthaft ist. Hat der Wiederauftauchende Vermögen, das bei Eröffnung des Nachlaßkonkurses als unbekannt außer Ansatz geblieben war, dann kann sich nun ergeben, daß nicht eimal zu jener Zeit Überschuldung vorlag. Entsprechendes gilt, wenn ohne Todes­ erklärung der Tod mit Unrecht angenommen war.

478

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

§217

8 *17.

bi»

§220.

Zu dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens ist jeder Erbe, der Nachlaß­ verwalter, sowie ein anderer Nachlaßpfleger, ein Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so ist er zuzulassen, wenn die Überschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat die übrigen Erben,

soweit tunlich, zu hören. Steht die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu, so ist,

wenn der Erbe die Eröffnung des Verfahrens beantragt, der Testamentsvollstrecker, wenn der Testamentsvollstrecker den Antrag stellt, der Erbe zu hören. Der frühere § 205 hat gelautet: Zu dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens ist jeder Erbe oder Vertreter des Nachlasses und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Erben oder Nachlaßvertretern gestellt, so ist derselbe zuzulassen, wenn die Überschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat die übrigen Erben oder Nachlaßvertreter nach Maßgabe des § 97 Abs. 2, 3 zu hören. Materialien: Motive II S. 455f. (§ 205), Protokolle S. 125, 196, MzEG. 117 f., M. V S. 541, P. V S. 284 ff., 543, 668; 762 ff., 816, 826 f., 831, VI S. 315 ff., 771 ff., Begründung S. 47.

8 *18. Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlaß zum eingebrachten Gute oder zum Gesamtgute, so kann sowohl die Ehefrau als der Ehemann die Eröffnung des Verfahrens beantragen, ohne daß die Zustimmung des anderen Teiles erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn der Nachlaß zum Gesamtgute gehört, auch nach Beendigung der Gemeinschaft. Wird der Antrag nicht von beiden Ehegatten gestellt, so ist er zuzulassen, wenn die Überschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat den anderen Ehegatten, wenn tunlich, zu hören. Materialien: N. V S. 679ff. (§§ 2148 Nr. 14, 2149 EBGB. I. Lesung), P. V S. 806 f., VI S. 771 ff., Begründung S. 47 (§ 205 a).

8 *i». Ein Nachlaßgläubiger, der im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist oder nach § des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht, kann die Eröffnung des Verfahrens nur beantragen, wenn über das

Vermögen des Erben das Aonkursverfahren eröffnet ist. Das Gleiche gilt von einem Vermächtnisnehmer, sowie von demjenigen, welcher berechtigt ist, die

Vollziehung einer Auflage zu fordern. Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlaß zum Gesamtgute,

so können die im Abs. s bezeichneten Gläubiger den Antrag nur stellen, wenn über das Vermögen des Ehemanns das Aonkursverfahren eröffnet ist. Materialien: M. V S. 651 f. (§§ 2128, 2150 IV EBGB. I. Lesung), 682ff., P. V S. 762 f., 783, 802 ff., 820 ff., VI S. 771 ff., Begründung S. 48 (§ 205 b).

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

479 §217

8 SSO

bis

§220.

Die Eröffnung des Verfahrens kann von einem Nachlaßgläubiger nicht nehr beantragt werden, wenn feit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind. Materialien: M. V S. 683 (§ 2150 I EBGB. I. Lesung), P. V S. 763f., VI S. 771 ff., 803 f., Begründung S. 49 (§ 205 c). Die Novelle vom 17. Mai 1898 hat die §§ 217 HI, 218, 219, 220 neu­ eingefügt. Der § 217 I, II entspricht dem früheren § 205; doch sind im Abs. I die Worte „der Nachlaßverwalter, sowie ein anderer Nachlaßpfleger, ein Testaments­ vollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht" anstelle der früheren Fassung „oder Vertreter des Nachlasses" gesetzt worden sGrund: Anm. 11]. Konkursantrag.

I. Antragsberechtigung. 1. Der Konkursantrag kann von der Schuldner- oder von der Gläubigerseite ausgehen Anm. i. (§§ 103 II, 217 I, 218 I, 219) und erfährt je nach der Person des Antragstellers eine verschiedene Behandlung (§§ 104, 105, 217 II, III, 218 II). Bon Amts wegen kann auch der Nachlaßkonkurs nicht eröffnet werden. 2. Antragsberechtigt ist zunächst nach § 217 I jeder Erbe, bei einer Mehrheit von Erben Anm. 2. also jeder einzelne, mag er beschränkbar oder unbeschränkbar haften, mag der Nachlaß geteilt sein oder nicht. Vgl. dagegen § 2062 BGB. (Nachlaßverwaltung) und § 991 I ZPO. (Aufgebot). Dem unbeschränkbar haftenden Erben die Antragsbesugnis zu entziehen, erschien nicht angezeigt, weil sich die Frage, ob der Erbe die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung verwirkt hat, zur Entscheidung im Konkurseröffnungsverfahren nicht eignet (P. V S. 763 f.). Diese Erwägung, nicht Rücksichtnahme auf die Interessen des Erben, dessen unbeschränkte Haftung ja trotz Konkurseröffnung fortdauert, hat den Gesetz­ geber davon abgehalten, dem Erben im Falle unbeschränkbarer Haftung die Antragsbefugnis abzusprechen. Der Erbe hat das Antragsrecht auch zur Zeit der Ausschlagbarkeit und zwar selbständig neben einem Nachlaßpfleger sAnm. 11]. Durch die Antragstellung allein begibt sich der vorläufige Erbe des Ausschlagungsrechtes nicht [§ 216 Anm. 4]. Ein aus­ gleichungspflichtiger Miterbe ist auch dann Miterbe und antragsbefugt, wenn er durch die Zuwendung mehr erhalten hat, als ihm bei der Auseinandersetzung zukommen würde (vgl. § 2056 BGB.). Der Pflichtteilsberechtigte ist im neuen Recht nicht Miterbe, sondern Nachlaßgläubiger und nur als solcher antragsbefugt sAnm. 21]. Nacherbe und Erbschafts­ käufer : siehe zu den §§ 231, 232. Selbstverständlich ist auch der Fiskus als Erbe bei Überschuldung des NachlassesAnm. 3.

zum Eröffnungsantrage berechtigt. §§ 1936,1942 II BGB. Solchenfalls sind die §§ 107, 204, 215 KO. ganz wie bei sonstiger Antragstellung anwendbar (M. V S. 381). Aus­ geübt wird das Gemeinschuldner-Antragsrecht des Fiskus durch diejenige Behörde, die ihn im Rechtsstreit wegen einer Nachlaßverbindlichkeit zu vertreten hat. Ebenso stellen andere juristische Personen als Erben den Konkursantrag durch ihre verfassungsmäßigen Vertreter. Namens einer prozeßunfähigen natürlichen Person üben elterlicher Gewalthaber oder Vormund das Schuldnerrecht des Konkursantrags aus, ohne einer Genehmigung des Bormundschaftsgerichts zu bedürfen. Erbenkonkursverwalter: Anm. 11. Ist Erbin oder Miterbin und dementsprechend Trägerin oder Mit-Anm. 4. trägerin der Gemeinschuldnerrolle eine Eheftau, so kann jeder Ehegatte für sich allein die Eröffnung des Konkurses über einen zum eingebrachten Gute oder zum Gesamt­ gute gehörenden Nachlaß beantragen. § 218 I. Behandlung des Antrags und Be­ schwerde: Anm. 33 f. Leben die Ehegatten beim Anfall der Erbschaft an die Frau in Gütertrennung oder fällt ihr die Erbschaft als Borbehaltsgut an, dann hat der Mann keine Antragsbefugnis. Im einzelnen sei bemerkt:

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

480

§217 M8

§220.

a) Der einer Ehefrau angefallene Nachlaß gehört

a) zum eingebrachten Gute nach näherer Maßgabe der §§ 1363, 1369 beim gesetzlichen Güterstande (Verwaltung und Nutznießung), der §§ 1521, 1526 I (vgl. § 1527) bei Errungenschaftsgemeinschaft, der §§ 1551, 1553 Nr. 2 bei Fahrnis­ gemeinschaft ; ß) zum Gesamtgute nach Maßgabe der §§ 1438, 1440 bei allgemeiner Güter­ gemeinschaft, der §§ 1549—1551, 1553 Nr. 2 bei Fahrnisgemeinschaft. Vgl. auch § 1485 II.

Anm. 5.

b) Die Ehefrau kann Konkurseröffnung über einen solchen zum eingebrachten Gute oder zum Gesamtgute gehörenden Nachlaß beantragen, weil sie Erbin und dementsprechend Gemeinschuldnerin ist (§ 217 I). Die Unabhängigkeit ihres Antragsrechtes von der Zustimmung des Mannes entspricht der Selbständigkeit, die der Ehefrau in den §§ 1416 Nr. 1, 1453, 1519, 1549 BGB., § 999 ZPO. hinsichtlich eines ihr angefallenen Nachlasses eingeräumt ist, und liegt mit Rücksicht aus den § 1975 BGB. im beiderseitigen Interesse der Ehegatten. Ob der maßgebende Güterstand vor dem Erbfall oder erst später eingetreten ist, hat keinen Belang. M. V S. 679.

Anm. 6.

Dem Ehemann war ein selbständiges Antragsrecht ausdrücklich einzuräumen, weil die Frau eine ihr angesallene Erbschaft bei jedem Güterstand ohne die Zustimmung des Mannes annehmen darf (§§ 1406 Nr. 1, 1453, 1519 II, 1559), und weil deshalb für die Nachlaßverbindlichkeiten aus dem eingebrachten Gute oder aus dem Gesamtgute Befriedigung auch dann verlangt werden kann, wenn der Mann der Erbschaftsannahme nicht zugestimmt hat (§§ 1412, 1460 I, 1532, 1559). Sonach handelte eS sich in der Hauptsache darum, den Ehemann davor zu schützen, daß er ohne seinen Willen mit dem eingebrachten Gute oder dem Gesamtgute für die Nachlaßverbindlichkeiten haftbar wird. Zu diesem Zweck ist dem Manne die selbständige Möglichkeit verliehen, die Haftung auf den Nachlaß zu beschränken (§§ 1975, 2008 BGB., § 999 ZPO ). Vgl. M. V S. 681, Begründung S. 47. Für den Erfolg einer Beschränkung der Erben­ haftung auf den Nachlaß ist es unerheblich, ob der Nachlaßkonkurs von der Erbin oder von ihrem Ehemann oder von beiden zusammen beantragt worden war. Dadurch, daß die Erbschaft der Frau zum Gesamtgute fließt sAnm. 4], wird der Mann nicht Miterbe und Mitgemeinschuldner. Als „Erbe" hat er daher keine Antragsbefugnis. So auch umgekehrt nicht die Frau, wenn eine Erbschaft des Mannes Gesamtgut wird. Ihr verleiht das Gesetz für diesen Fall trotz ihrer Mitberechtigung am Gesamt­ gut auch kein selbständiges Konkursantragsrecht. Ist also der Ehemann Erbe und ge­ hört der Nachlaß zum Gesamtgute, so kann von den Ehegatten nur der Mann den Schuldnerantrag auf Eröffnung des Nachlaßkonkurses stellen. Aus dem dargelegten Zwecke des § 218 ergibt sich:

Anm. 7.

a) Eine Vereinbarung der Ehegatten unter einander, derzufolge eine der Frau bereits angesallene Erbschaft der Regel des Gesetzes zuwider nicht Gesamtgut, sondern Borbehaltsgut sein soll, hebt die selbständige Antragsbefugnis des Mannes nicht auf, weil sie dessen Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern nicht mehr aufzuheben vermag. Wohl aber kann eine vor der Erbschaftsannahme getroffene Vereinbarung dieses Inhalts Haftung und Antragsrecht des Mannes ausschließen.

Anm. 8.

ß) Da die Haftung des Mannes für die Verbindlichkeiten eines zum Gesamtgute gehörenden Nachlasses auch nach Beendigung der Gemeinschaft fortdauert (§ 1459 II mit Gegenschluß aus den. 88 1463 f., ferner 88 1530, 1549 BGB.), mußte der Mann auch für diese Zeit durch Gewährung einer selbständigen Antrags­ befugnis geschützt werden (8 218 I 2 und Begründung aaO.). Diese Befugnis steht dem Ehemann auch noch nach der Teilung des Gesamtguts zu, weil er auch dann noch für unberichtigt gebliebene Nachlaßverbindlichkeiten forthaftet (88 1480,

Vgl. M. V S. 679.

1475 BGB.).

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

481

y) Gehört der Nachlaß dagegen zum eingebrachten Gute der Frau, so kommt § 217 nach Beendigung des maßgebenden Güterstandes weder ein zu beachtendes bis Berwaltungsrecht des Mannes noch eine Mithaftung desselben für die Nachlaß- 8 ^20. Verbindlichkeiten in Frage. Bon nun ab ist die Eheftau allein verfügungsberechtigt ^nm* 9‘ und haftbar und darum auch allein antragsbefugt. Bgl. M. V S. 681; siehe übrigens § 1388 BGB. c) Der § 218 I ist entsprechend anwendbar auf die Beantragung der Nachlaß-Anm.io. Verwaltung, weil hier das nämliche Schutzbedürfnis des Ehemanns besteht. Strohal § 79 N. 5. 3. Antragsberechtigt ist ferner der Nachlaßpfleger (§§ 1960 ff. BGB.) im allgemeinen und Anm.n. der Nachlaßverwalter (§§ 1975 ff. BGB.) im besonderen. Sie vertreten den Erben als solchen (§ 1960 H BGB.), nicht den „Nachlaß" (vgl. §§ 1922, 1942 BGB.). Deshalb bedurfte die bisherige Fassung des Gesetzes — „Vertreter des Nachlasses" — einer Be­ richtigung. N. V S. 551. Mehrere Pfleger üben die Vertretung der Regel nach ge­ meinschaftlich aus (§§ 1915 mit 1797 f. BGB ), sind also auch regelmäßig nur in ihrer Gesamtheit zur Beantragung des Nachlaßkonkurses berechtigt. Den Ausnahmefall selb­ ständiger Vertretungsmacht der einzelnen Mitpfleger berücksichtigt die Neufassung des Ge­ setzes nicht. Bgl. MzEG. S. 118, P. VI S. 316. Fortab ist somit — anders als nach dem früheren § 205 II — beim Einzelantrag des selbständig vertretungsbefugten Pflegers das Gericht zur Anhörung der übrigen Pfleger zwar nach § 75 berechtigt, aber nicht ver­ pflichtet. Besteht unter mehreren nur gemeinschaftlich antragsbefugten Pflegern eine Meinungsverschiedenheit über die Notwendigkeit der Konkursbeantragung, so entscheidet das Nachlaßgericht (§§ 1915 mit 1797 I 2, 1962 BGB.). Das Antragsrecht des Erben steht selbständig neben dem des Nachlaßverwalters oder sonstigen Nachlaßpflegers. Aus § 217 HI fsiehe Anm. 12] ergibt sich, daß der Erbe unabhängig vom Rechte der Verwaltung des Nachlasses antragsbefugt ist. Herzfelder (v. Staudinger) BGB. § 1980 Anm. 2, Meißler S. 311. Auch deutet die Verantwortlichkeit des Nachlaßverwalters gegenüber den Nachlaßgläubigern (§ 1985II 2 mit § 1980) darauf hin, daß ihm das Autragsrecht nicht bloß als gesetzlichem Erbenvertreter — also anstatt des Erben (das brauchte gar nicht ausdrücklich gesagt zu werden) —, sondern zugleich im Interesse der Gläubiger verliehen ist. Dem Konkursverwalter im Gesamtkonkurse des Erben ist dagegen ein selbständiges Recht zur Beantragung des Nachlaßkonkurses nicht gewährt. Er stellt den Antrag an­ statt des Erben (§ 6 II) und zwar auch des endgiltig unbeschränkt haftenden, was mit Rücksicht auf den § 234 von Bedeutung werden kann. Siehe oben § 9 Anm. 8, unten Anm. 24, 26, § 234 Anm. 4. 4. Weiter hat das Antragsrecht derjenige Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Anm.12. Nachlasses im ganzen zusteht (§§ 2197ff. BGB.). Das entspricht der Stellung eines solchen Vollstreckers gegenüber den Nachlaßgläubigern (vgl. § 2213 I 1 BGB., §§ 243, 327 II, 728 II, 748 I, 991 II ZPO ). Er behält das Antragsrecht auch dann, wenn er dem Erben einzelne Nachlaßgegenstände nach § 2217 I BGB. überlassen hat. Unterliegen dagegen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nur einzelne Nachlaßgegenstände, so ist er zum Eröffnungsantrage nicht befugt. Desgleichen entbehrt ein lediglich zwecks Beaufsichtigung des Erben ernannter Vollstrecker (§ 2208 II BGB.) der Antragsbefugnis. Mehrere Testamentsvollstrecker sind — arg. § 2224 I BGB. — regelmäßig nur in ihrer Gesamtheit antragsberechtigt. Eine Meinungsverschiedenheit schlichtet das Nachlaßgericht (§ 2224 I 1 BGB ). Hat der Erblasser ausnahmeweise diese Mehrheit selbständig neben­ einander gestellt oder ist nach Wegfall der Mitvollstrecker nur einer übrig geblieben (vgl. § 2224 I BGB.), so kann das Gericht den Einzelantrag ohne Gehör der übrigen Voll­ strecker zulassen fsiehe Anm. 18]. Bor 1900 war die Antragsbefugnis des Testaments­ vollstreckers zweifelhaft. Bgl. M. V S. 740, Jaeger Voraussetzungen S. 57. Der Konkurs als solcher beendet das Bollstreckeramt nicht [§ 214 Anm. 19]. Das Antragsrecht des Erben steht selbständig neben dem des Testamentsvollstreckers (§ 217 UI). Ja es ist denkbar, daß gleichzeitig noch ein antragsberechtigter Nachlaßverwalter vorhanden ist.

482 §217 bi«

§220. Anm. IS.

Anm. 14.

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

Denn auch mit Anordnung der Nachlaßverwaltung endet das Bollstreckeramt nicht. Siehe Strohal § 79 VI, § 80 VII. 5. Endlich ist jeder Nachlaßgläubiger (Begriff: §§ 226ff. Anm. 1 ff.] antragsbefugt, als solcher im Gegensatze zum früheren Recht auch der Pflichtteilsberechtigte, der Ver­ mächtnisnehmer und derjenige, der den Vollzug einer Auflage verlangen kann. Gleichgiltig ist für die Befugnis zum Gläubigerantrag, ob der Erbe die Erbschaft bereits an­ genommen hat oder nicht. Binder I S. 171 ff. „Jeder" Nachlaßgläubiger hat das Konkursantragsrecht, mag er auch in dem zu eröffnenden Verfahren als Masse­ gläubiger zum Zuge gelangen. Das folgt nicht nur aus dem Wortlaute des § 217 I, sondern auch aus dem Zwecke des § 224, der die dort bezeichneten Nachlaßgläubiger begünstigen, keineswegs aber der wichtigen Befugnis zur Erwirkung der Gütersonderung berauben will. Wegen der Antragsbesugnis des Erbschastsverkäufers siehe §§ 232 f. Anm. 6 ff. Die Nachlaßgläubiger haben das Recht zur Beantragung des Nachlaßkonkurses auch dann noch, wenn über das Gesamtvermögen des Erben Konkurs eröffnet ist [§ 234 Anm. 4]. Durch Verzicht kann das Antragsrecht eines Nachlaßgläubigers ganz erloschen oder zeitweilig ausgeschlossen sein [§ 103 Anm. 3). Zust. für den Fall der Übereinkunft zwischen Erben und Nachlaßgläubiger OLG. Colmar v. 14. 2. 1912 LZ. S. 410 ff. Positive Beschränkungen des Antragsrechtes der Gläubiger enthalten die 88 219, 220. a) Ein im Aufgebotsverfahren ausgeschloffener (88 1971—1973) oder einem ausgeschlossenen gleich st ehender (8 1974) Nachlaßgläubiger kann die Eröffnung des Verfahrens nur beantragen, wenn über das Vermögen des Erben das Konkursverfahren eröffnet ist. 8 219 I 1. Ein solcher Gläubiger ist keineswegs schlechthin seines Anspruchs beraubt, sondern nur zu einem Gläubiger minderen Ranges geworden, der unter Umständen selbst im Nachlaßkonkurse Berücksichtigung findet (8 226 IV). Nach der Regel des 8 217 müßte demnach auch der vom Ausschlußurteil oder der Ausschluß­ frist getroffene Nachlaßgläubiger bedingungslos zur Stellung des Eröffnungsantrages befugt sein. Indessen fehlt, wenn der Nachlaß nicht einmal die Ansprüche der voll­ berechtigten Gläubiger deckt, den ausgeschlossenen jedes Interesse an dieser Antrags­ befugnis, da sie solchenfalls im Konkurse notwendig leer ausgehen (§ 226). Reichen aber die Nachlaßkräfte zur Berichtigung der rechtzeitig geltend gemachten Verbindlich­ keiten noch aus, so ist bei Antragsberechtigung der ausgeschlossenen Gläubiger zu be­ sorgen, daß diese gegen das Interesse der nichtausgeschlossenen die Eröffnung eines Konkurses erzwingen, der für die letzteren infolge Borwegbefriedigung der Maffegläubiger — namentlich der meist sehr beträchtlichen Verfahrenskosten (§ 58 Nr. 1, 2) — mit Verlusten endet. Insofern widerstreitet jedes Antragsrecht der ausgeschlossenen Nachlaß­ gläubiger dem Zwecke der 88 1973, 1974 BGB. Mit Fug hatte darum der in An­ lage II der Denkschrift zum EBGB. vorgesehene 8 205 I KO. dieses Recht schlechthin beseitigen wollen. Allein die Reichstagsvorlage glaubte, zum Schutze gegen die persönlichen Gläubiger des Erben den ausgeschlossenen Nachlaßgläubigern wenigstens beim Bermögensverfall des Erben eine Antragsbefugnis verleihen zu müssen, und schlug darum, ohne die eben bezeichneten Bedenken zu würdigen, die zum Gesetze gewordene Fassung des (jetzigen) 8 219 I 1 vor: wenn der Erbe sich selbst in Konkurs befindet, sind auch die ausgeschlossenen Nachlaßgläubiger berechtigt, die Eröffnung des Nachlaß­ konkurses zu beantragen. Der Antrag auf Anordnung der Nachlaßverwaltung steht den Ausgeschlossenen wie anderen Nachlaßgläubigern zu (8 1981 II BGB ). Wird der Nachlaßkonkurs von einem Gläubiger beantragt, an dessen unbedingter Antragsbefugnis das Gericht zweifelt, so hat es, wenn der Erbe nicht im Konkurse steht, auf Grund des 8 75 zu ermitteln, ob der Antragsteller nicht etwa bereits ausgeschlossen ist. Schon zum Zwecke dieser Vorprüfung über die Zulässigkeit des Konkursantrags kann es den Erben oder einen Vertreter von ihm vernehmen. Der 8 105 n kommt erst nach Zu­ lassung des Antrags in Betracht. Die Tatsache eines Aufgebots der Nachlaßgläubiger und dessen Ergebnisse werden häufig beim Konkursgericht offenkundig sein (vgl. 8 229).

Nachlaßkonkurs (KonkursanLrag).

483

Da auch ein Sonderkonkurs über den nach Befriedigung der Nichtausgeschlossenen § 217 verbliebenen Überschuß ein Nachlaßkonkurs wäre, ist nach der allgemeinen Fassung bis des § 219 I 1 den Ausgeschlossenen die Befugnis zur Beantragung eines solchen Ber-s^O, fahrens abzusprechen, falls der Erbe nicht im Konkurse steht.

Daß aber ein $onfur5önm 15‘

über den verbliebenen Nachlaßrest überhaupt nicht möglich wäre, „weil er nirgends erwähnt" wird (so Petersen-Kleinfeller § 219 Anm. 1 u. andere), ist ein unberechtigter Einwurf. Der Nachlaßkonkurs wird erwähnt; das genügt. Zust. Binder II S. 167 N. 32. Wenn der vergantete Erbe die Erbschaft ausschlägt oder für erbunwürdigAnm.is. erklärt wird und nicht auch der Nächstberufene im Konkurse steht, entfällt die Voraus­ setzung für das Antragsrecht der Ausgeschlossenen. War aber der Nachlaßkonkurs schon eröffnet, so läuft er weiter, trotzdem jenes Antragserfordernis hinterher wegsällt. Das Verfahren würde ja auch dann nicht rückgängig werden, wenn der Gläubiger, auf dessen Antrag es eröffnet worden war, hinterher seine Forderung und damit die Antrags­ befugnis einbüßt. b) Auch Vermächtnisse und Auflagen begründen Nachlaßverbindlichkeiten (§ 1967 II BGB., Anm.i?. § 226 KO.) und berechtigen deshalb an sich nach § 217 I KO. zur Beantragung des Nachlaßkonkurses. Allein auch für diese Passiven besteht, wenn der Nachlaß schon ohne ihre Einbeziehung überschuldet ist, an der Konkurseröffnung kein Interesse, weil sie solchenfalls überhaupt nicht zum Zuge kommen. Und selbst dann, wenn die Über­ schuldung lediglich auf Vermächtnissen und Auslagen beruht, entspricht eine Nachlaß­ verwaltung, deren Beantragung auch dem Vermächtnisnehmer und dem die Auflage­ vollziehung zu fordern Berechtigten sreisteht (§§ 1981 II mit 1967 II BGB.), ihren Interessen mehr als ein Nachlaßkonkurs, da — von der größeren Kostspieligkeit des Konkurses und der mit ihm verknüpften Vermögensentwertung ganz abgesehen — dem neutralen Nachlaßverwalter das Zustandebringen eines Vergleichs unter den Beteiligten am ehesten gelingen wird. P. V S. 803. Scheitern die Bergleichsversuche oder ist es gar nicht zur Anordnung einer Nachlaßverwaltung gekommen, so muß der Nachlaß­ verwalter in Vertretung des Erben (P. V S. 816) oder der Erbe persönlich bei Aus­ übung des ihm nach § 1992 BGB. zustehenden Rechts Vermächtnisse und Auflagen ohnehin nach der Rangordnung des Nachlaßkonkurses befriedigen: am Konkurse selbst besteht für diese Verbindlichkeiten kein Interesse. Dazu kommt, daß die Erzwingung des Nachlaßkonkurses durch Vermächtnisnehmer und solche Personen, die den Vollzug der Auflage fordern können, vermutlich dem Willen des Erblassers zuwiderläuft. Dieser würde wohl bei Kenntnis oder Voraussicht der Überschuldung von der Anordnung

dieser Zuwendungen mit Rücksicht aus die Wahrung seines Andenkens und auf die Interessen seiner Erben abgesehen haben. P. V S. 762. Ein Bedürfnis nach selbständiger Antragsberechtigung besieht aber für Vermächtnisse Anm.i8. und Auflagen auch dann nicht, wenn die eigenen Bermögensverhältnisse des Erben zerrüttet sind. Denn die Nachlaß Verwaltung gewährt gegen die Konkurrenz der Eigengläubiger des Erben genügenden Schutz und bietet insofern Ersatz für das beneficium separationis der Legatare (§ 1984 II BGB., § 784 II ZPO.). Daß die Vermeidung des Nachlaßkonkurses bei einer nur auf Vermächtnissen und Auslagen be­ ruhenden Überschuldung — eine andere kommt hier, wie bemerkt, nicht in Frage — ganz dem Geiste des Gesetzes entspricht, und daß die Anordnung einer Nachlaßverwaltung bei solcher Vermögenslage statthaft ist, kann nach den §§ 1980 I 2 (1985 II), 1992 BGB. und P. V S. 803 nicht bezweifelt werden. Trotzdem hat die KO. (§ 219 I 2) den in Rede stehenden Gläubigern für den Fall gleichzeitiger Vergantung des Erben unter Abweichung vom geltenden Recht eine selbständige Antragsbefugnis eingeräumt und damit zu chikanöser Benachteiligung der vollberechtigten Gläubiger die Hand geboten. Siehe auch F. Endemann IH § 91 91.1, Binder II S. 167 N. 36. c) Der Umstand, daß der Erbe die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung gegenüber den Anm.io. in Anm. 14 u. 16 bezeichneten Nachlaßgläubigern verloren hat, schließt ihr Antrags­ recht nicht aus. Denn trotz endgültig unbeschränkter Haftung des Erben kann

484 §217 bis

8220. Anm.20.

Anm.21.

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag). ihnen die Konkurrenz seiner Eigengläubiger Gefahr bringen. Vgl. §§ 216, 234. Auch das Antragsrecht dieser Nachlaßgläubiger ist durch die Annahme der Erbschaft nicht bedingt sAnm. 13, 16J. d) Ist eine in Gütergemeinschaft lebende Ehefrau Erbin, so fällt der Nachlaß, wenn er zum Gesamtgute gehört sAnm. 4], in die Konkursmasse des Mannes; der Konkurs der Frau berührt das Gesamtgut nicht. § 2 I, LL Ein Schutzbedürfnis be­ steht also für die nach § 219 I bedingt antragsberechtigten Personen nur bei Vergantung des Mannes. Deshalb macht das Gesetz ihr Antragsrecht von der Konkurseröffnung über das Vermögen des Mannes abhängig (§ 219 II). e) Nicht beschränkt ist die Antragsbefugnis der Pftichtteilsberechtigten (§ 1967 II BGB.). Indessen muß man beachten, daß sich der Pflichtteil nach dem reinen Werte des Nachlasses berechnet (§§ 2311 ff. BGB.). War also das Vermögen des Erb­ lassers schon bei seinem Tode überschuldet, so sind Pflichtteils­ ansprüche gar nicht vorhanden. Vermächtnisse und Auflagen kommen bei der Pflichtteilsberechnung als Passiven nicht in Ansatz, weil sie dem Pflichtteile nachstehen (§ 226). Vgl. auch die §§ 1992, 1980 BGB. Nun bleibt aber für die Pflichtteils­ berechnung der im Zeitpunkte des Erbfalls vorhandene Bestand und Wert des Nach­ lasses maßgebend. Deshalb können Pflichtteilsansprüche auch im Falle eines Nachlaß­ konkurses — der Überschuldung voraussetzt, aber eben Überschuldung zur Zeit der

Konkurseröffnung [§ 215 Anm. 1] — in Betracht kommen, wenn erst mit dem Erb­ falle d. h. durch Hinzutritt der Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen oder Auflagen [§ 215 Anm. 2] oder erst nach dem Erbfalle (etwa infolge Kursfalls oder sonstiger Wertminderung, infolge Untergangs von Nachlaßgegenständen, infolge des Hinzutritts der Kosten einer Nachlaßverwaltung, des Begräbnisses usw.) Überschuldung eingetreten

Anm.22.

ANM.23.

ist (vgl. M. V S. 406). War aber schon der Erblasser überschuldet, so ist ein Pflicht­ teilsanspruch -gar nicht entstanden, also mangels eine- Gläubigerrechts auch keine An­ tragsbefugnis begründet. Das Gläubigerrecht, freilich nicht die Aussicht zum Zuge zu gelangen, hat der Antragsteller nach § 105 I glaubhaft zu machen. Irrig PetersenKleinfeller § 217 Anm. 4. f) Das Konkursantragsrecht aller Gläubiger — auch der vollberechtigten — ist zeitlich begrenzt: beantragt ein Nachlaßgläubiger die Eröffnung des „Nachlaß­ konkurses" erst, nachdem seit Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind, so muß der Antrag als unzulässig zurückgewiesen werden. § 220. Beschwerde des Antragstellers: § 109; Gerichtsgebühr: § 53 II, III GKG. (wo freilich der § 229 KO. nicht eigens aufgeführt ist). a) Die Sonderung des Nachlasses vom übrigen Vermögen des Erben gelingt um so schwerer und trifft den Erben wie dessen Eigengläubiger um so härter, je länger die Verschmelzung beider Massen gedauert hat. Vgl. v. Jacubezky Bemerkungen z. EBGB. S. 337. Deshalb war schon nach früherem Rechte die Rechtswohltat der Gütertrennung zeitlich begrenzt. M. V S. 683. Das Reichsrecht hat, je nach dem erbschaftlichen Vermögensstande, das beneficium separationis ersetzt durch das Recht auf Nachlaßverwaltung oder auf Nachlaßkonkurs und hat in beiden Fällen, für die Nachlaßverwaltung im § 1981II 2 BGB., für den Nachlaßkonkurs im § 220 KO., die Antragsbefugnis der Nachlaßgläubiger auf einen Zeitraum von zwei Jahren seit der Annahme der Erbschaft (§ 1943 BGB.) beschränkt. Die Zweijahresfrist ist eine Ausschlußfrist und beginnt mit der Annahme der Erbschaft im Sinne des § 1943 BGB., nicht mit dem Erbfalle (§ 1922 BGB.). Berechnung: §§ 187 I, 188 II BGB. Die Frist ist gewahrt, wenn der Gläubiger den Konkursantrag vor Ablauf der zwei Jahre schriftlich eingereicht oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt, das Konkursgericht aber oder auf Beschwerde das höhere Gericht den Antrag zugelassen hat fsiehe Anm. 32], mag auch die Konkurseröffnung erst nach Frist­ ablauf beschlossen werden. Beim Vorhandensein einer Erbenmehrheit läuft die Aus­ schlußfrist erst von der letzten Annahme ab, weil nach § 235 nur ein einheitlicher

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

485

Konkurs über den ganzen Nachlaß möglich ist. Vgl. Hachenburg Borträge* (5. 675. § 217 Im Falle der Nacherbfolge beginnt die Frist endgiltig mit der Annahme des Borerben, im Falle der Erbschaftsveräußerung mit der des Erben. Eine Annahme, die nach 8 ^0. § 1949 BGB. als nicht erfolgt gilt oder nach Maßgabe der §§ 1954, 1956, 142 BGB. rückwirkend hinfällig wird, hat die Zweijahresfrist nicht in Lauf gesetzt.

ß) Die Befugnis des Erben zum Antrag auf Nachlaßverwaltung (§ 1981 I BGB.) Anm.24. oder Nachlaßkonkurs (§ 205 I KO.) — bei beschränkbarer Haftung Ersatz des beneficium inventarii (§ 1975 BGB.) — ist einer gleichen zeitlichen Begrenzung nicht unterworfen. Der Erbe kann daher auch noch in späteren Jahren die Er­ öffnung des Nachlaßkonkurses beantragen, besonders wenn sich — z. B. infolge Ab­ forderung eines vermeintlichen Nachlaßgegenstandes von hohem Wert oder Minderung der Masse durch Unglücksfälle, infolge Auftauchens unbekannter Nachlaßgläubiger, infolge ungünstigen ProzeßausgangeS oder Zahlungsunfähigkeit von Nachlaßschuldnern — erst nachträglich die Überschuldung des Nachlasses ergeben sollte (vgl. M. V S. 641). Den Interessen der Nachlaßgläubiger trägt das Gebot des § 1980 BGB. Rechnung, demzufolge der Erbe (oder Nachlaßverwalter § 1985 II) bei Vermeidung der SchadenSersatzpflicht gegenüber den Gläubigern den Konkurs unverzüglich nach erkannter Über­

schuldung beantragen muß und sogar dann haftbar wird, wenn er den Antrag aus einer auf Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntnis der Überschuldung unterläßt sAnm. 24]. Diese Antrags pflicht des Erben ist zeitlich ebenso unbegrenzt wie sein An­ tragsrecht. Nach der in Anlage II S. 366 f. der Denkschrift zum BGB. enthaltenen Anm. 25. Fassung des § 205 c KO. sollte der Erbe zwar befugt sein, einem erst zwei Jahre nach der Erbschaftsannahme gestellten Gläubigerantrage zu widersprechen, im Falle des Widerspruchs aber unbeschränkt für die Nachlaßschulden haftbar werden. So würde der Gesetzgeber dem Erben, was er ihm mit der einen Hand gab, mit der anderen wiedergenommen haben. Denn um den Preis unbeschränkter Haftung für die Verbindlichkeiten eines überschuldeten Nachlasses hätte sich schwerlich jemand zum Widerspruche gegen den Konkursantrag verstanden. Entsprechend dem wohl­ begründeten Einwande von Seuffert ZZP. 22 S. 508 f. gab denn auch schon die Bundesratsvorlage vom 8.12.1897 (Nr. 141 der Drucksachen) dem § 205 c die nun zum Gesetz gewordene Gestalt.

II Die Antragsverpflichtung. 1. Nach § 1980 BGB. ist der Erbe verpflichtet, sobald er von der Überschuldung des Nach-Anm.26. laffes Kenntnis erlangt, bei Vermeidung der Schadensersatzverbindlichkeit gegenüber den Nachlaßgläubigern unverzüglich (§§ 121 I, 276 BGB ) die Eröffnung des Nachlaßkonkurses zu beantragen. Dies gilt, da das Gesetz nicht unterscheidet, auch dann, wenn nur eine einzige — die Nachlaßaktiven übersteigende — Verbindlichkeit bekannt ist. Die den Nach­ laßgläubigern erwachsenen Ersatzansprüche gehören im Nachlaßkonkurs zur Konkursmasse. Das ergibt der Zusammenhalt der §§ 1987 II, 1980, 1985 II BGB. und bestätigt der § 228 II KO. Das Aktivum spielt als solches schon im Eröffnungsverfahren (§§ 107, 215) eine Rolle. Der vorläufige Erbe hat zwar das Antragsrecht >Anm. 2], nicht aber die im § 1980 BGB. verordnete Antragspflicht. Wohl wird er nach § 1978 I 2 BGB. haftbar, wenn er erbschaftliche Geschäfte schuldhaft zum Schaden der Nachlaßgläubiger führt, also etwa in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Überschuldung einzelne

Nachlaßgläubiger auf Kosten der übrigen befriedigt. Daß er aber irgendwelche Berwaltungs- und Fürsorgetätigkeit entfalte, verlangt das Gesetz nicht. Planck-Strohal § 1980 Anm. 2, Kretzschmar Erbrecht S. 394 N. 22, Reichel Prozesse des vorl. Erben S. 168; abw. Leonhard § 1980 Anm. III, für den Fall des Unterbleibens der Aus­ schlagung auch Herzfelder § 1980 Anm. 2. Mehrere den Antrag schuldhaft unterlassende Mit erb en haften, weil das Antragsgebot im Sinne des § 823 II BGB. ein Gesetz zum Schutze zwar nicht der Allgemeinheit, aber doch der Nachlaßgläubiger bildet, den Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. II. 31

486

§217 bis

8220.

ANM.27.

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

geschädigten Gläubigern und damit der Nachlaßkonkursmasse als Gesamtschuldner (§§ 8401, 421 ff. BGB.). Voraussetzungen und Umfang der Schadensersatzpflicht stehen zur Beweis­ last des den Erben belangenden Nachlaßkonkursverwalters. Die Antragsunterlassung kann namentlich dann zu einer Schädigung der Gläubiger führen, wenn der Erbe Nachlaßwerte für sich verbraucht oder einzelne Nachlaßgläubiger auf Kosten der anderen befriedigt, soweit nicht nach Maßgabe der §§ 29 ff. eine Rückgewährpflicht besteht. In der Ausgleichung des Schadens (§ 251 BGB.) erschöpft sich die Verantwortlichkeit des Erben. Die Ver­ letzung der Antragspflicht hat nicht etwa den Verlust des Haftungsbeschränkungsrechtes zur Folge. Nur der Konkursverwalter kann den Erben, mag dieser mit seinem Eigen­ vermögen im Konkurse stehen oder nicht, während des Nachlaßkonkurses in Anspruch nehmen. Die Ersatzpflicht bildet keine Nachlaßverbindlichkeit, auch nicht im Sinne der §§ 2059 ff. BGB. bei Miterbenhaftung. Hat der Erbe das Beschränkungsrecht im allgemeinen verwirkt, so verdrängt die unbeschränkte Haftung den Ersatzanspruch der Masse fAnm. 28]. Durch Androhung einer öffentlichen Strafe, wie sie z. B. die §§ 315 Nr. 2, 325 Nr. 8, 9 HGB. vorsehen, ist die Pflicht der Beantragung des Nachlaßkonkurses nicht verstärkt. Die Schattenseiten des Antragszwanges [§ 103 Anm. 5] machen sich aber auch hier fühlbar. Er fördert das höchst beklagenswerte Anwachsen der Nachlaßkonkurse [§ 214 Anm. 6]. Eine Praxis, die bei Zustimmung aller bekannten Nachlaßgläubiger den Erben oder Nachlaßverwalter sAnm. 27] der Antragspflicht entbindet, verdient daher Beifall (ObLG. v. 4. 9. 1905 gegen LG. München v. 25. 7. 1905 SeuffBl. 70 S. 650ff. mit Redaktionsnote). Dies um so mehr, als ja auch der Nachlaßkonkurs mit Zustimmung aller bekannten Gläubiger eingestellt werden kann (§ 202). 2. Nach § 1985n 2 findet der § 1980 BGB. auf den Nachlaßverwalter „entsprechende" Anwendung. Das soll offenbar heißen: wie sonst den Erben trifft im Falle der Nachlaß­ verwaltung die Antragspflicht den Verwalter. Eine doppelte Antragspflicht, des Erben und des Nachlaßverwalters, hätte der ausdrücklichen und zweifelsfreien gesetzlichen An­ ordnung bedurft (vgl. z. B. für das Antragsrecht § 217 I). Dazu kommt die Erwägung, daß ohne Berwalrungspflicht wohl ein Antragsrecht, nicht aber eine Antragspflicht zu recht­ fertigen sein dürste. Jedenfalls beweist der Umstand, daß der Erbe neben einem Nachlaß­ verwalter antragsberechtigt bleibt, durchaus noch nicht, daß auch die Antragspflichten neben einander stehen. So hat der vorläufige Erbe ein Antragsrecht ohne Antragspflicht sAnm. 26]. Daher ist zu sagen: die schon vor Anordnung der Nachlaßverwaltung ent­ standene Antragspflicht des endgültigen Erben besteht zwar fort, wegen einer erst später erkennbar werdenden Überschuldung aber trägt den Nachlaßgläubiger gegenüber die Ver­ antwortlichkeit für rechtzeitige Konkurserwirkung ausschließlich der Nachlaß­ verwalter. Im wesentlichen zust. Seuffert S. 138, Kretzschmar Erbrecht S. 394 N. 22, Planck-Strohal § 1980 Anm. 2; abw. Wendt ArchZivPrax. 86 S. 372, Herzfelder aaO., Leonhard aaO., Hellmann S. 606. Wird dem Konkursantrage stattgegeben, dann geht die Nachlaßverwaltung über in den Nachlaßkonkurs (§ 1988 I BGB.). Meist wird der Nachlaß­ verwalter selbst der geeignetste Konkursverwalter sein. Doch kann gerade seine Haftbarkeit gegenüber der Masse (§§ 1985, 1980, BGB.) zur Bestellung eines anderen Konkurs­ verwalters nötigen. Ein Gegenschluß aus der Ausnahmevorschrift [§ 103 Anm. 5] des § 1985 II 2 BGB. ergibt, daß ein sonstiger Nachlaßpfleger und ein Testa­ mentsvollstrecker, mag er auch zur Verwaltung des Nachlasses im ganzen berufen sein, einer Konkursantragspflicht und Verantwortlichkeit gegenüber den Gläubigern im Sinne des § 1980 BGB. nicht unterworfen sind (abw. Fitting § 56 N. 17). Da sie den Nachlaß in Händen haben, sind sie vor allem freilich imstande, die Vermögenslage zu überschauen. Besteht darum auch trotz Vorhandenseins eines nachlaßverwaltenden Testamentsvollstreckers die Antragspflicht des Erben nach § 1980 BGB. fort und wird auch ihre Erfüllung durch die Vorschrift des § 2215 BGB. erleichtert, so wird doch ein Verschulden, wie es der § 1980 voraussetzt, weit seltener anzunehmen sein als in Fällen, da der Erbe selbst den Nachlaß verwaltet. Dem Erben, nicht aber unmittelbar den Gläubigern gegenüber machen sich Nachlaßpfleger und Testamentsvollstrecker nach Maßgabe

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

487

der §§ 1915 I, 1833, 2216, 2219 BGB. verantwortlich, wenn sie trotz erkennbarer Über-§217 schuldung die Verwaltung weiterführen, anstatt den Konkurs zu veranlassen, und dadurch bis dem Erben schuldhaft einen Schaden zufügen. Derartige persönliche Ansprüche des Erben 8 220. bilden aber (gegen v. Wilmowski-Kurlbaum § 217 Anm. 9) keine Nachlaßbestandteile. Doch kann sie der Nachlaßkonkursverwalter pfänden und der Masse überweisen lassen, so­ weit ihr vollstreckungsreife Forderungen gegen den Erben zustehen (§§ 1978II, 1980 BGB.). Im wesentlichen Zust. Herzfelder aaO., Seuffert S. 138. Im Konkurs über das Ge­ samtvermögen des Erben ist der Konkursverwalter anstatt des Gemeinschuldners berechtigt (§ 6 II) und diesem gegenüber verpflichtet (§ 82), durch Erwirkung des Nachlaß­ konkurses die noch bestehende Möglichkeit der Gütersonderung durchzuführen. Freilich hat er nicht das Sonderinteresse einer Gläubigerklasse zu wahren. Allein er übt im Antrags­ recht überhaupt kein Gläubigerrecht, sondern ein Schuldnerrecht aus. Er nimmt dabei das Interesse wahr, das ein gewissenhafter Schuldner an der Ordnung des Schuldenstandes hat. Siehe § 9 Anm. 8, § 234 Anm. 4 mit Zit. 3. Konkursantragspslicht und Verantwortlichkeit auf Grund der §§ 1980,Anm.28. 1985 II 2 BGB. entfallen, wenn die Überschuldung des Nachlasses lediglich auf Vermächt­ nissen und Auslagen beruht (§§ 19801 2, 1992 BGB.), wenn der Erbe das Recht der Haftungsbeschränkung im allgemeinen, nicht nur gegenüber einzelnen Nachlaßgläubigern verwirkt hat (§ 2013 BGB.), wenn ein inländischer Gerichtsstand für die Eröffnung des Nachlaßkonkurses fehlt [§ 214 Murn. 34f.]. Gleiches muß gelten, wenn die Überschuldung

lediglich auf ausgeschlossenen Nachlaßverbindlichkeiten beruht (§§ 1973,1974 BGB ). Dies wird zwar von Hellmann S. 606 N. 3 nachdrücklich bestritten. Allein eine Schädigung der Ausgeschlossenen, wie sie der § 1980 BGB. voraussetzt, kann hier aus der Antragsunterlassung nicht erwachsen, weil die Ausgeschlossenen bei solcher Sachlage im Konkurs überhaupt nicht zum Zuge gelangen würden (§ 226 IV). Darum wird ihnen ja auch grundsätzlich (§ 21911) die eigne Antragsbefugnis versagt sAnm. 14]. Zust. Seuffert S. 137, Herzfelder aaO. Anm. Id. Ob die Antragspflicht auch entfällt, wenn die Masse nicht ausreicht zur Deckung der Konkurskosten, ist zweifelhaft. Mit Recht lehrt Strohal Erbrechtb § gl N. 5, ungeachtet der geflissentlichen Nichterwähnung des § 1980 im § 19911 BGB. müsse angenommen werden, daß der Erbe schadensersatzpflichtig sei, wenn er den Konkurs­ antrag trotz Zulänglichkeit der Masse zur Kostendeckung schuldhaft versäumt und durch seine Fortwirtschaftung erst die jetzige Dürftigkeit des Nachlasses herbeigeführt habe. Das folgt aber schon unmittelbar aus § 1980 BGB. (vgl. OLG. Dresden v. 21. 6. 1905 ZBlFG. 6 S. 415: „zum mindesten im Wege der Analogie"; siehe auch RG. v. 2.12. 1912 LZ. 1913 S. 233). Ein solcher Ersatzanspruch kommt als Nachlaßaktivum in Ansatz sAnm. 26] und schließt daher, wenn der Erbe zahlungsfähig ist, die Anwendbarkeit der §§ 1990 f. BGB. aus. Offen bleibt die Frage, ob bei einer dem § 1990 I 1 BGB. entsprechenden Ver­ mögenslage Antragspflicht und Verantwortlichkeit im Sinne des § 1980 BGB. entstehen können? Sonst entfällt die Antragspflicht, zumal eine strafrechtliche Berantworlichkeit, nicht beim Mangel der Kostendeckung [§ 103 Anm. 5]. Der § 1990 BGB. aber gibt dem Erben solchen Falles ein besonderes, mit der Antragspflicht unverträgliches Recht, die Nachlaßmittel ohne förmlichen Konkurs zur Gläubigerbefriedigung bereit zu stellen. Darum offenbar hat die Reichstagskommission (Bericht S. 2101) im jetzigen § 19911 den Verweis auf den jetzigen § 1980 mit dem Bemerken gestrichen, von seiner Anwendung könne keine Rede sein. Bei Unzulänglichkeit der Masse zur Kostendeckung braucht sonach der Erbe den Nachlaßkonkurs nicht zu beantragen. Entsteht dann ein Rechtsstreit darüber, ob die Vor­ aussetzungen für das im § 1990 BGB. bestimmte „Recht des Erben" erfüllt waren, so trägt der Erbe die Beweislast. Hatte er vorsorglich den Konkursantrag gestellt, so kann er sich zum Beweise vor dem Prozeßgericht auf die Akten über die Konkursablehnung (§ 107) berufen. Trotz der beachtenswerten Bedenken von Lafrenz ZBlFG. 6 S. 741 ff. wird mit Dresden aaO. S. 414, OLG. Hamburg v. 22. 6. 1905 HansGerZ. Beibl. S. 282 und der herrschenden Lehre (Planck-Strohal § 1990 unter a. mit Lit.) anzunehmen sein, daß der konkursgerichtliche Abweisungsbeschluß den Erben grundsätzlich entlastet, weil eben

31*

Nachlaßkonkurs (Konkursantrag).

488

§217 bis

8

das Gesetz die über die Konkurszulässigkeit entscheidende Feststellung des Massestandes in bie Hand des Konkursgerichts gelegt hat. Eine arglistige Täuschung des Gerichts durch bcn Erben im Verfahren der §§ 104, 105 würde den Erben nach § 826 BGB. gegenüber den dadurch geschädigten Nachlaßgläubigern haftbar machen.

III. Eröffnungsverfahren.

Anm.2s.

i. Beantragt der Al le in erbe oder die Gesamtheit der Miterben den Nachlaßkonkurs, so bedarf es lediglich — wie sonst beim Schuldnerantrag — der Einreichung der im § 104 bezeichneten Schriftstücke. Eine Glaubhaftmachung der Überschuldung setzt die Zu­

lassung des Schuldnerantrags nicht voraus. Ist aber die Erbeneigenschaft nicht offen­ kundig beim Konkursgericht (§ 291 ZPO., § 72 KO.), so bedarf sie jedenfalls der Glaubhaftmachung, da sie ein selbstverständliches Erfordernis der Antragszulässigkeit bildet. Steht neben dem antragstellenden Erben ein antragsberechtigter Testamentsvollstrecker, so muß diesem nach § 217 III Gelegenheit zur Äußerung über den Erbenantrag geboten

Anm.30.

werden. Die Vorschrift ist trotz ihrer Fassung nur instruktionell. Die Klausel „soweit tunlich" im Abs. II [Anm. 30] gilt auch für den Absatz III. Weißler S. 312 f. Einen Nachlaßverwalter zum Erbenantrage zu hören, schreibt der § 217 nicht vor. Der § 75 aber ermächtigt das Gericht dazu. Die Eröffnung selbst darf es jedenfalls nur beschließen, wenn es sich vom Vorhandensein der Nachlaßüberschuldung zu überzeugen vermag (§ 215 KO., § 286 ZPO.). Siehe § 104 Anm. 1, § 105 Anm. 1. Beantragt bloß ein Teil der Miterben den Konkurs, so ist der Antrag nur zu würdigen, wenn die Überschuldung glaubhaft x) gemacht wird (§ 217 II). Die übrigen Miterben sind zur Überschuldungsfrage nicht (wie früher kraft des § 205 II 2 a. F.) nach Maßgabe des § 105 II, HI, sondern zur Vermeidung von Verzögerungen und Schwierigkeiten nur „soweit tunlich" zu hören. P. V S. 827 (unter dem Einflüsse von Makower ZZP. 20 S. 485). Die Anordnung sachdienlicher Ermittelungen steht nach neuem Recht auch dann gemäß § 75 im Ermessen des Gerichts, wenn die übrigen Miterben das Vor­ handensein der Überschuldung nicht einräumen. Die Anwendung des § 105 II, III ist

Anm.3i.

durch § 217 II 2 ausgeschlossen. Anders noch die §§ 208, 210 n. F. Anhörung des Testamentsvollstreckers oder Nachlaßverwalters: wie in Anm. 29. 2. Auch die Zulässigkeit des von einem nachlaßverwaltenden Testamentsvollstrecker gestellten Konkursantrags hängt von der Glaubhaftmachung des Konkursgrundes ab. Dies ergibt wiederum der §217 I11. Daß die Vorschrift unsern Fall mitbegreift, bestätigt nicht nur das Interesse des Erben und die Entstehungsgeschichte (P. V S. 284 f.), sondern auch der § 217 III, der klar zum Ausdrucke bringt, daß Vollstrecker und Erbe als Be­ teiligte neben einander stehen (abw. v. Wilwowski-Kurlbaum § 217 Anm. 7 b). Dem Erben (Nachlaßpfleger, Nachlaßverwalter) wie der Gesamtheit der Miterben wird nach § 217 III Gelegenheit geboten, zum Anträge des Testamentsvollstreckers Stellung zu nehmen. P. aaO., Begründung S. 47 („Rücksichten der Billigkeit und Zweckmäßigkeit"). Auch hier hat die Anhörung nur „soweit tunlich" zu erfolgen [Sinnt. 29]. Die Worte „wenn der Testamentsvollstrecker den Antrag stellt, der Erbe" (Abs. III) sind sonach eine Konsequenz des Abs. II (verb. „nicht von allen Erben"). Der Abs. II findet auch auf !) Von der Glaubhaftmachung des Konkursgrundes hängt immer nur die Zulässigkeit des Antrags (§§ 217 II, 218 II), also immer nur die Entscheidung einer Vorfrage ab. Die Hauptfrage — „ist die sachliche Voraussetzung zur Eröffnung des Nachlaßkonkurses (§ 215) auch in der Tat gegeben?" — wird durch jene Glaubhaftmachung noch nicht erledigt. Erst wenn sich das Gericht vom Vorhandensein der Nachlaßüberschuldung überzeugt hat, darf es die Konkurseröffnung beschließen — [§ 105 Anm. 1]. Es ist also unrichtig, im Eröffnungsbeschlusse mit Richter, Verfahren nach der Reichskonkursordnung, S. 327 zu sagen: „Über den Nachlaß des Rentiers Müller zu Kl.-Tarpen wird, da die Überschuldung des Nachlasses glaubhaft gemacht ist, heute am 15. März 1892 das Konkursverfahren eröffnet." Die Begründung kann einfach lauten: „wegen Überschuldung des Nachlasses", nötigenfalls: „da die Überschuldung des Nachlasses durch erwiesen ist."

Nachlaßkonkurs (beschränkte Absonderung).

489

den Antrag des Nachlaßverwalters Anwendung, da neben diesem der Erbe ein § 217 selbständiges Antragsrecht hat sAnm. 11]. bis 3. Der Eröffnungsantrag eines Nachlaßgläubigers ist zulässig nur, wenn dieser a) seine Antragsbefugnis (Konkursgläubigereigenschast), also das Vorhandensein einer im Anm.32. Nachlaßkonkurse verfolgbaren Forderung (§ 105 I), b) die Nachlaßüberschuldung (§§ 215, 217 II KO.) glaubhaft macht. Unterstützend wirken die Rechte der §§ 1994, 2010 BGB. Das Antragsrecht der im § 219 genannten Personen setzt überdies den Konkurs des Erben voraus. 4. Ist Erbin oder Miterbin eine Ehefrau, so muß die Eröffnung des Konkurses überAnm.33. einen zum eingebrachten Gute oder zum Gesamtgute gehörenden Nachlaß von beiden Ehegatten beantragt werden, wenn der Antrag ohne weiteres zulässig sein soll. Geht er nur von einem Ehegatten aus, so ist — entsprechend dem § 217 II — die Zulässigkeit des Antrags durch Glaubhaftmachung der Überschuldung bedingt und der nichtantrag-

stellende Ehegatte „wenn tunlich" zu hören. § 218 II. 5. Die sofortige Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluß steht nur dem Gemein-Anm.34. schuldner, d. h. dem Erben, bei einer Mehrheit von Erben jedem einzelnen [§ 214 Anm. 17], nicht aber einem Nachlaßgläubiger zu (§ 109). M. V S. 622, P. V S. 764. Nachlaß­ pfleger, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker: § 214 Anm. 19. Im Falle des § 218 hat jeder Ehegatte das Beschwerderecht, weil jeder den Schuldnerantrag stellen kann (wenn auch die Frau allein in Wahrheit Gemeinschuldnerin ist), und zwar sogar dann, wenn der andere Ehegatte selbst den Konkurs beantragt hatte. Desgleichen wird das Recht der Beschwerde gegen die Konkurseröffnung jeder der im § 217 I genannten Personen außer den Naßlaßgläubigern zuzugestehen sein, wenn von irgend einer anderen Seite der Konkurs beantragt war. Die sofortige Beschwerde gegen den abweisenden Beschluß hat nur der Antragsteller (§ 109). Gerichtsgebühr: § 53 GKG. 6. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Eröffnungsantrag verlängert sich nach Anm.35. § 782 Satz 2 ZPO. der dem Erben kraft der aufschiebenden Einreden (§§ 2014,2015 BGB.) zukommende Schutz gegen Durchführung einer Einzelvollstreckung.

§ Auf Grund einer nach dem Eintritte des Erbfalls gegen den Nachlaß erfolgten Maßregel der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung kann abgesonderte Befriedigung nicht verlangt werden. Eine nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der einstweiligen Ver­ fügung erlangte Vormerkung ist unwirksam. Neueingefügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898. Materialien: M. V S. 623ff. (EBGB. I. Lesung § 2110), P. V S. 765, 784 f., 812, VI S. 772, 774, Begründung S. 49 (205 d), Kommissionsbericht S. 1969. I. Beschränkte Absonderung.

(Abs. L)|

1. Nach Eintritt des Erbfalls (§§ 1922, 18 BGB.) können Nachlaßgläubiger, nach Annahme Anm. 1. der Erbschaft (§ 1943 BGB.) können auch Eigengläubiger des Erben Maßregeln der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung indenNachlaß erwirken. §§ 778, 928 ZPO.; vgl. § 1961 BGB. Kommt es nun hinterher infolge Anordnung einer Nachlaßverwaltung oder Eröffnung des Nachlaßkonkurses zur Gütersonderung, so handelt es sich zunächst darum, die Bollstreckungsmaßregeln der Eigengläubiger, deren Zugriff auf den Nachlaß nur bei fortdauernder Bereinigung des Nachlasses mit dem Eigenvermögen sachlich gerechtfertigt erscheint, wiederum zu beseitigen. Für den Nachlaßkonkurs im be­ sonderen aber soll aus Rücksichten der Billigkeit diejenige Rechtslage der Gläubiger wieder hergestellt werden, die zur Zeit des Erbfalls bestand. Denn es ist un-

490

§22L

Sinnt. 2.

Anm. 3.

Nachlaßkonkurs (beschränkte Absonderung).

billig, daß ein Nachlaßgläubiger in der Zwischenzeit den übrigen den Rang abläuft und so auf deren Kosten Bollbefriedigung erzielt, wenn wegen Unzulänglichkeit der Haftungsmasse jeder nur auf Anteilsbefriedigung zu rechnen hat. Dementsprechend ver­ ordnet dns Gesetz: a) Vollstreckungsmaßregeln der Eigengläubiger des Erben in den Nachlaß sind im Falle der Nachlaßverwaltung auf Klage des Nachlaßverwalters „aufzuheben" (§ 784 II ZPO ) und gewähren im Falle des Nachlaßkonkurses kein Absonderungsrecht (§ 221 I KO.). Die von Eigengläubigern erwirkten Zwangssicherungen stellen also zunächst nur einen unsicheren Erwerb dar. Sie sind keine wohlerworbenen Rechte. Erwirkt der Schuldner die Nachlaßverwaltung, so führt er nur eine dem Gesetz und der Billigkeit entsprechende Schuldenbereinigung herbei. Bon einer Gläubigeransechtung der Eigen­ gläubiger, deren Zugriffsmaßregeln nun aufgehoben werden, kann daher keine Rede sein (RG.v. 27.9.1907 LZ. S. 839 ff.). Auch unser § 221 trifft - was nicht übersehen werden darf — in erster Linie die Eigengläubiger des Erben zum Schutze der Nachlaß­ gläubiger. P. V S. 765, 785; vgl. § 783 ZPO.; anders noch M. V S. 624 (§ 2110 EBGB). Daß der Nachlaß zur Zeit des Erbfalles bereits überschuldet war, setzt der § 221 nicht voraus. Er ist vielmehr auch dann anwendbar, wenn die Über­ schuldung dem Zwangszugrisfe, der bei Konkursbeginn noch nicht bis zur Befriedigung des Gläubigers fortgeschritten ist sAnm. 6], erst nachfolgte, wäre es auch auf Grund ganz unvorhersehbarer Ereignisse (Diebstahl von Nachlaßsachen, Kursfall u. s. w.). b) Auch Bollstreckungsmaßregeln der Nachlaßgläubiger in den Nachlaß (also nach dem Erbfall) gewähren im Nachlaßkonkurse kein Absonderungsrecht (Äbs. I); im Falle der

Nachlaßverwaltung hingegen — bei der die Nachlaßgläubiger voraussichtlich voll be­ friedigt werden — bleiben sie wirksam (§ 1984 II BGB.).*) 2. Im einzelnen ist hervorzuheben:

Anm. 4.

a) Maßregeln der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung, die nach Eintritt des Erbfalls gegen den Nachlaß erfolgten und zur Zeit der Konkurseröffnung noch bestehen, gewähren im Nachlaßkonkurse kein Absonderungsrecht (§§ 4, 47 ff.). So eine Pfändung ^Befriedigung: Anm. 6], die Anordnung einer Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung, die Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek (§§ 866, 932 ZPO.). Bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Nachlaßvermögen genügt es also zur Erlangung des Rechtes auf abgesonderte Befriedigung im Nachlaßkonkurse (§§ 10 I Nr. 5, 162 ZBG.; § 47 KO.) nicht, daß die Beschlagnahme noch vor der Konkurseröffnung wirksam geworden ist (§§ 22, 27, 151 ZBG.). Durch den § 221 KO. erleidet sonach die Vorschrift des § 13 Halbs. 2 eine Einschränkung, während die §§ 14, 15 eine Erweiterung erfahren. Die Schranke, die im Regelkonkurse nach den §§ 14, 15 der Konkursbeginn zieht, wird durch den § 221 für den Nachlaßkonkurs auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückverlegt. Daraus ergibt sich für den Fall des § 845 ZPO.: war noch bei Lebzeiten des Erblassers die außergerichtliche Borpfändung erfolgt, aber erst nach dem Erbfall die gerichtliche Pfändung selbst vollzogen worden (§ 829 DI ZPO.), so ist trotz der im § 845 II 1 ZPO. anerkannten Rückwirkung ein Recht auf abgesonderte Befriedigung im Nachlaßkonkurse nicht entstanden (RG. v. 15. 2.1907 LZ. 1908 S. 392 ff.), ebensowenig als im Regelkonkurse die erst während des Konkurses der Borpfändung nachfolgende gerichtliche Pfändung ein Absonderungsrecht zu verleihen vermag [§ 14 Anm. 14]. Der § 221 verhindert aber lediglich, daß durch Vollstreckung nach dem Erbfall ein Absonderungsrecht begründet wird. Er trifft nicht den Fall, daß ein schon anderweit zur Absonderung befugter Gläubiger, wie etwa der Ver­ mieter, der seinem Bermieterpfandrecht unterworfene eingebrachte Sachen pfändet, der Hypothekengläubiger, der die Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung er­ wirkt, nach dem Erbfalle die Vollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Nachlaß*) Vollstreckungen von Nachlaßverbindlichkeiten in das Eigenvermögen des Erben stehen hier nicht in Frage. Siehe §§ 1985, 2014 BGB., §§ 305, 782, 784 ZPO.

Nachlaßkonkurs (beschränkte Absonderung).

vermögen zur Realisierung seines Rechtes unternimmt.

491

Solchenfalls wird arg. § 4 IIH 221.

das bereits eingeleitete Bollstreckungsverfahren durch die Konkurseröffnung nicht unter­ brochen, aber das Betreibungsrecht steht fortab nach Maßgabe der §§ 126, 127 neben dem Absonderungsgläubiger auch dem Konkursverwalter zu. Andrerseits greift der § 221 Platz, wenn ein Gläubiger, der Anspruch auf Bestellung einer dinglichen Sicherung (z. B. als Bauwerksunternehmer nach § 648 BGB.) hat, nicht durch Ver­ wirklichung dieses Anspruchs ^Anm. 8], sondern im Wege der Geldvollstreckung sich eine Sicherung verschafft (vgl. Hamburg v. 16. 1. 1905 OLG. 10 S. 217). b) Auf Grund solcher Maßregeln „kann abgesonderte Befriedigung nicht ver-Anm. 5. langt werden". Nicht schlechthin sAnm. 8], sondern nur zugunsten der Nachlaßkonkursmasse wird sonach der Zwangsmaßregel die Wirksam­ keit (vgl. Abs. II) versagt. Insoweit aber entfällt ihre Kraft von Rechts wegen. Einer vom Nachlaßkonkursverwalter zu erwirkenden „Aufhebung" bedarf es im allgemeinen nicht. Auch für die Gläubigeranfechtung ist insoweit kein Raum. Der Gewinn, den die Masse durch die Entlastung erzielt, beruht auf gesetzlicher Anordnung. Er tritt nicht ohne rechtlichen Grund ein (§ 812 BGB., § 59 Nr. 3 KO.). Da der Gläubiger „abgesonderte Befriedigung" nicht zu beanspruchen hat, bleibt insoweit auch der § 11 unanwendbar. Der Gläubiger muß seine etwaige Konkurssorderung, wenn er Befriedigung aus der Masse anstrebt, im gemeinschaftlichen Verfahren geltend machen (§ 12). Versucht er, auf Grund einer Zwangssicherung [§ 14 Anm. 9] die Vollstreckung durchzuführen, so kann der Verwalter die derzeitige Unzulässigkeit eines weiteren Zwangsvorgehens dem Bollstreckungsorgane gegenüber nach § 766 ZPO. geltend machen [§ 14 Anm. 22] und einen Streit über die Wirksamkeit des Vollstreckungserwerbes im ordentlichen Prozesse mit dem Prätendenten zum Austrage bringen [§ 4 Anm. 11]. Beeinträchtigt eine nach Abs. I der Absonderungskraft ermangelnde Zwangshypothek die konkursmäßige Ver­ wertung, so muß es dem Konkursverwalter sreistehen, die förmliche Löschung zu erwirken sAnm. 10]. Siehe freilich LG. Dresden v. 18. 7.1902 ZZP. 32 S. 389 ff. Hat der Konkurs­ verwalter die Herausgabe einer vom Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Geldbeitreibung weggenommenen beweglichen Sache ^Bargeld: Anm. 6] durchgesetzt, so darf er sie auch anders als in den Formen des § 127 verwerten. Unbewegliche Masse­ gegenstände, die mit Rechten dritter Personen belastet sind, aber nach Befriedigung der letzteren noch einen der Masse verbleibenden Übererlös erhoffen lassen, pflegt der Ver­

walter in den Formen der Zwangsvollstreckung zu verwerten, um eine einfache und zuverlässige Auseinandersetzung herbeizuführen (§ 126 KO., §§ 172—174 ZBG.). Entscheidet sich der Verwalter für diese Beräußerungsart, so bedarf es keiner wieder­ holten Beantragung der nach § 221 nur gegenüber der Konkursmasse versagenden Beschlagnahme — das hieße, zwecklos Zeit und Geld vergeuden! —, sondern einer bloßen Beitrittserklärung des Verwalters (§ 27 ZBG.), und das Verfahren nimmt für Rechnung der Konkursmasse seinen Fortgang, wie wenn der Beschlagnahmegläubiger seinen Bollstreckungsantrag zurückgezogen hätte. Vgl. auch § 126 Anm. 15 (Fall des § 178 II ZBG.) c) In seiner beschränkten Fassung trifft der § 221 den Fall nicht, daß der GläubigerAnm. e. auf Grund einer schon vor Konkursbeginn durchgeführten Zwangs­ vollstreckung befriedigt worden war. P. V S. 765. Auch der § 784 ZPO. sAnm. 2] setzt eine noch nicht beendete Zwangsvollstreckung voraus (Gaupp-Stein ZPO.10 § 784 zu N. 4). Der Gläubiger behält also die erzwungene Befriedigung, mag er nun Nachlaßgläubiger oder Eigengläubiger des Erben sein. So verbleibt ihm der ihm ausgehändigte Bersteigerungserlös und im Regelfälle des § 815 in ZPO. das vom Gerichtsvollzieher weggenommene Bargeld. Nur in den Ausnahmefällen, in denen das gepfändete Geld zu hinterlegen, der Gläubiger also zunächst auf ein Pfändungs­ pfandrecht beschränkt war (§ 815 IV mit §§ 815 II, 720 ZPO.), hat der Konkurs­ verwalter kraft des § 221 die Auslieferung zur Masse zu beanspruchen (vgl. Dresden aaO.). War die Zwangsbeitreibung auf Grund einer nur vorläufigen Vollstreck-

492 §221.

Anm. 7.

Nachlaßkonkurs (beschränkte Absonderung).

barkeit durchgeführt worden, so ist zwar der § 221 ebenfalls unanwendbar. Doch kommt hier in Betracht, was zu § 10 Anm. 19 bemerkt ist. Wo der § 221 versagt, kann der Konkursverwalter unter Umständen im Wege der Gläubigeranfechtung die Rückgewähr des der Masse entgangenen Bermögenswertes erzwingen (§§ 30, 31, 37 KO.). Ist aber die Vollstreckung unanfechtbar, so ist der Nach laß gläubiger einer Rück­ forderung nicht ausgesetzt, da er ebensowenig ungerechtfertigt bereichert erscheint als sonst ein Gläubiger, der sich vor dem Konkurse seines Schuldners durch unanfechtbare Exekution Befriedigung verschafft hat. In beiden Fällen erfolgt die erzwungene Bollbefriedigung „auf Kosten" der übrigen (nicht vollstreckenden) Gläubiger; aber es liegt an ihnen, wenn sie sich nicht rechtzeitig gerührt haben. Der § 812 BGB. ist sonach unanwendbar, da die Bollbefriedigung endgiltig mit rechtlichem Grund erlangt ist. Bgl. M. V S. 625. Anders liegt die Sache, wenn ein E i g e n gläubiger des Erben in Nachlaßgegenstände vollstreckt hat. Für diesen Gläubiger entfällt mit der Gütersonderung das Recht des Zugriffes auf den Nachlaß. Bon nun ab erscheint er „auf Kosten" der Nachlaßgläubiger ohne „rechtlichen Grund" bereichert (§ 812 I Satz 2 BGB., condictio causa finita) und ist dementsprechend auf Verlangen des Konkursverwalters zur Herausgabe (§§ 818, 819 BGB.) verpflichtet. Unter Umständen findet übrigens die Konkursmasse ihre Deckung in der Verantwortlichkeit des Erben oder Nachlaßverwalters, wenn diese — obgleich sie zur Zeit der Vollstreckung die Nachlaßüberschuldung kannten oder kennen mußten — nicht unverzüglich die Eröffnung des Nachlaßkonkurses herbeigeführt und so der Vollstreckungsmaßregel ihre Wirksamkeit benommen haben (§§ 1980, 1985 II, 2013 BGB.). Zust. Meyer KO. S. 317, Petersen-Kleinfeller Anm. 4, Herzfelder (v. Staudinger) § 1978 Anm. 2a; abw. Meißler S. 261. ä) Ob der Erbe den Nachlaßgläubigern beschränkt oder unbeschränkt haftet, das begründet für die Anwendung des § 221 KO. keinen Unterschied, während der § 784 II ZPO. sAnm. 2] nur für den Fall der beschränkten Haftung gilt. Mag nun auch diese verschiedene Behandlung des Nachlaßkonkurses und der Nachlaßverwaltung theoretisch ungerechtfertigt erscheinen, so entspricht sie doch billiger Rücksichtnahme auf die Interessen der Nachlaßgläubiger. Es wäre eine unleugbare Härte, die Nachlaßgläubiger bei un­ beschränkter Erbenhaftung im Nachlaßkonkurse gegenüber dem bereits erfolgten Zugriffe der Erbengläubiger auf den Nachlaß wehrlos zu stellen. Im Falle der Nachlaß­ verwaltung dürfen die Nachlaßgläubiger auf volle Befriedigung aus Mitteln des Nach­ lasses rechnen; sie erleiden also auch dann keinen Ausfall, wenn der Erbe persönlich vermögenslos ist. Im Nachlaßkonkurse dagegen, also bei Überschuldung des Nachlasses,

wird die Konkurrenz der Eigengläubiger des Erben den Nachlaßgläubigern namentlich bei ungünstiger Vermögenslage des Erben gefährlich. P. V S. 765, Kommissions­ Anm. 8.

bericht S. 1969. e) Der § 221 verordnet nur eine beschränkte Unwirksamkeit. Zunächst ergibt die bloße Verneinung des Anspruchs auf „abgesonderte Befriedigung", daß die Unwirk­ samkeit nur für die Zwecke des Konkurses besteht. Selbstverständlich bewendet es bei dieser Unwirksamkeit, wenn der Konkursverwalter den Gegenstand der unwirk­ samen Zwangsvollziehung im Wege der konkursmäßigen Verwertung an einen Dritten veräußert hat. Allein die Zwangsmaßregel kann nicht nur im Falle des § 116, sondern besonders auch nach Einstellung wegen Konkursverzichts (§ 202) wiederum ihre volle Wirksamkeit erlangen und zwar auch zu Gunsten eines Eigengläubigers des Erben (siehe jedoch § 784 II ZPO ). Selbst bei Einstellung wegen Massemangels (§ 204) erlischt die Anwendbarkeit des § 221 (zust. OLG. Breslau v. 20. 10. 1905 BreslAR. 1906 S. 57 f.). Nur im Bereiche des § 1991 IV BGB., keineswegs gegenüber allen. Nachlaßgläubigern, kommt der § 221 (auch Abs. II) außerhalb des Konkurses zur An­ wendung. Auch nach Konkursbeendigung kraft Zwangsvergleichs bleibt der § 221 hin­ sichtlich unverwerteter Nachlaßgegenstände nicht weiterhin maßgebend. Soweit das Sicherungsrecht eine vom Vergleich erfaßte Forderung deckt, besteht es nun zugunsten des unvollkommenen Schuldverhältnisses [§ 193 Anm. 11]. Ferner versagt unser

Nachlaßkonkurs (beschränkte Absonderung).

493

Abs. I lediglich einem durch Zwangszugriff erwirkten Sicherungsrechte die Ab-H sonderungskraft. Er trifft darum nur die Geldvollstreckung und zwar nur die noch unbeendete sAnm. 6]. Einer Aussonderung wehrt der Abs. I nicht. So namentlich dann nicht, wenn, nach dem Erbfall ein gegen den Nachlaß gerichteter Anspruch auf Übereignung einer bestimmten Sache nach Maßgabe der §§ 894 ff. ZPO. verwirklicht

221.

worden war. Gleiches gilt aber auch für das nach dem Erbfall aus Grund'dieser Vorschriften durch Verwirklichung eines Anspruchs auf Belastung (z. B. auf Hypothek­ bestellung) erworbene Absonderungsrecht. Wegen des § 895 ZPO. siehe Anm. 9. War freilich auf Grund einer nur vorläufig vollstreckbaren Zuerkennung des Anspruchs auf Fahrnisübereignung vor dem Konkurse zwar die Übergabe nach § 897 ZPO., nicht aber auch die zur Einigung erforderliche Übereignungserklärung nach § 984 ZPO. ersetzt worden, dann hindert der Konkurs die Erwerbsvollendung (§ 15). Vgl. § 240 ZPO. Endlich ergeben Stellung und Zweck des § 221, daß den nach dem Erbfall erwirkten Zwangsmaßregeln die Absonderungskraft nur für den Nachlaßkonkurs, nicht auch für den Konkurs über das Gesamtvermögen des Erben versagt sein soll. Vollstreckung in ein durch Zuschreibung eines ererbten erweitertes eigenes Grundstück des Erben: § 214 Anm. 26. II. Unwirksame Vormerkung (Abs. II).

Eine vor Konkurseröffnung im Grundbuch oder Schiffsregister eingetragene Vormerkung Anm. 9. wirkt nach Maßgabe des § 24 KO. auch gegenüber der Konkursmasse und gewährleistet dementsprechend an sich auch im Nachlaßkonkurse das Zustandekommen von Aussonderungs­ und Absonderungsrechten. War die Vormerkung auf Grund einer Bewilligung des Erben oder Erbenvertreters eingetragen (§ 885 BGB., §§ 894, 895 ZPO., §§ 19, 41 GBO.), so behält sie — von der Frage der Gläubigeranfechtung abgesehen und vorbehaltlich der per­ sönlichen Verantwortlichkeit des Verfügenden gegenüber der Masse (§§ 1978,1985, 2013 BGB.) — auch im Nachlaßkonkurs ihre Wirksamkeit, mag nun der gesicherte Anspruch eine Nachlaßverbindlichkeit (also z. B. in einer Rechtshandlung des Erblassers, des Nachlaß­ verwalters, des Testamentsvollstreckers begründet) oder eine Eigenschuld des Erben sein (z. B. letzterer hat sich zur Übereignung eines Nachlaßgrundstücks verpflichtet). Zust. Strohal Erb­ recht» § 80 N. 10, Sekler Vormerkung (1904) S. 232; abw. Fuchs Grundbuchrecht S. 126 unter bb. Mit dem § 24 wird für schwebende Prozesse der § 11 anwendbar. Dagegen erklärt der Abs. II eine nach Eintritt des Erbfalls im Wege der einstweiligen Ver­ fügung (8 885 BGB., vgl. 88 935 ff., bes. 941, 942 II ZPO.) erwirkte Vormerkung im Nachlaßkonkurs aus eben den Gründen für unwirksam, die für die Vorschrift des Abs. I maß­ gebend waren. Diese Unwirksamkeit trifft gleichfalls Eigengläubiger wie Nachlaßgläubiger. Der Abs. II spricht der nach dem Erbfall erwirkten Zwangsvormerkung in einer vom Anm.io. Abs. I abweichenden Fassung die Wirksamkeit ab. Der weitere Wortlaut trägt dem Umstande Rechnung, daß eine Bermerkung nach 8 24 nicht nur das Zustandekommen von Absonderungsrechten (wie die Pfandvormerkung), sondern auch von Aussonderungsrechten (wie die Eigentumsvormerkung) gewährleistet [8 24 Anm. 14]. Nach beiden Richtungen wird die Wirksamkeit verneint, aber eben — wie Zweck und Zusammenhang ergeben — nur gegenüber der Nachlaßkonkursmasse, nicht schlechthin. Bei der Unwirksamkeit be­ wendet es also zwar zugunsten dessen, der infolge der konkursmäßigen Verwertung Grundstück oder Schiff erwirbt. Dagegen erstarkt die Vormerkung zu voller Wirksamkeit, wenn der Konkurs ohne eine solche Verwertung endet ^Näheres Anm. 8]. Zust. Petersen-Kleinfeller Anm. 3; abw. Sekler S. 233. Zum Zwecke der Verwertung wird der Konkursverwalter die Löschung der kraft Gesetzes „unwirksamen" Vormerkung auf Grund des 8 22 (nicht des 8 25) GBO. zu erwirken haben. War der durch die Vormerkung geschützte Anspruch schon vor Konkursbeginn verwirklicht, also die endgültige Eintragung erzielt worden, dann bleibt der 8 221 DE außer Betracht sAnm. 6, 8]. Vormerkungen von Amts wegen (88 18, 76 GBO.) trifft unser Abs. II nicht. ObAnm.ii. sie, wenn nach dem Erbfall eingetragen, der Nachlaßkonkursmaffe gegenüber wirksam bleiben,

Nachlaßkonkurs (Anfechtung).

494

§ 221.

hängt daher von der Entscheidung der Borfrage ab, ob sie überhaupt unter den § 24 fallen [§ 24 Anm. 7]. UL Aufschiebende Einreden.

Anm.12.

Im Zusammenhänge mit dem § 221 steht die Bestimmung des § 2016 II BGB. Die aufschiebenden Einreden des Erben (§§ 2014 s. BGB., §§ 305 I, 782 ZPO.) versagen im all­ gemeinen gegenüber der Durchsetzung der nach § 1971 BGB. nicht ausschließbaren Rechte. Soweit aber solche erst nach dem Erbfall im Wege der Geldvollstreckung, Arrest­ vollziehung oder Zwangsvormerkung erlangt und darum nach § 221 der Nachlaßkonkursmasse gegenüber unwirksam sind, stehen auch ihnen die aufschiebenden Einreden des beschränkt haftenden Erben entgegen. Die Durchführung einer Vollstreckung in den Nachlaß bleibt also während der Schutzfristen der §§ 2014 f. BGB. soweit und nur soweit gehemmt, daß einer späteren konkursmäßigen Verteilung des Nachlasses nicht vorgegriffen wird. Vgl. M. V S. 673.

§ SSL. Hat der (Erbe vor der Eröffnung des Verfahrens aus dem Nachlasse Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so ist die Leistung in gleicher Weise anfechtbar wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben. Neueingesügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898. Materialien: ?. V S. 831, 832, VI S. 772, 774, Begründung S. 49 (§ 205e).

Anfechtbarkeit der Deckung von Pflichtteilsansprüchen, Bermächtniffen und Auflagen.

I. Unmittelbare und übertragene Schenkungsanfechtung. Anm. 1.

Anm. 2.

Die unmittelbare Anwendung des § 32 im Nachlaßkonkurs ergibt: Sind die Nachlaß­ gläubiger durch eine Freigebigkeit des Schuldners — sei es noch des Erblaffers oder dessen Vertreters, sei es bereits (nach dem Erbfalle) des Erben oder Erbenvertreters — benachteiligt, so kann der Konkursverwalter Rückgewähr zur Masse des Nachlaßkonkurses beanspruchen (§ 37) und zwar bei Zuwendung an den Ehegatten des Schenkers (mag der Erbe oder der Erblasser Schenker sein), falls sie innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Konkurs erfolgt (§ 32 Nr. 2), bei Zuwendung an andere Personen, falls sie im Konkursvorjahre vorgenommen worden ist (8 32 Nr. 1). Auch nach § 31 können Handlungen des Erblassers und des Erben Rückgewähr­ ansprüche zugunsten der Nachlaßkonkursmasse auslösen. Liegt der Benachteiligungsvorgang . erst in der Zeit nach dem Erbfalle, so kann die Rückgewähr sogar Pflichtteilen, Vermächtnissen und Auflagen zum Vorteil gereichen (§ 226 II Nr. 4, 5). Was aber schon der Erblasser selbst oder dessen Vertreter aufgeopfert hatte, kann im Wege der Glänbigeranfechtung nur zugunsten besser berechtigter Nachlaßgläubiger zurückgefordert werden (§ 2281). Eine Benachteiligung jedes vollberechtigten Nachlaßgläubigers ergibt sich nun aber möglicher­ weise gerade daraus, daß der Erbe Pflichtteile, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt. Sie sind ihrer Natur nach nur aus Überschüssen zu decken, die nach Deckung der sonstigen Nachlaß­

schulden verbleiben: nemo liberalis nisi liberatus! Dem entspricht die Rangfolge des § 226 KO. (vgl. auch § 19731 2 BGB.). Hat sie indessen der Erbe vor Eröffnung des Nachlaß­ konkurses unter Umständen erfüllt, die zur Annahme vollkommener Zulänglichkeit des Nach­ lasses berechtigten, so ist er, wenn die Leistung aus Nachlaßmitteln erfolgt war, der Konkurs­ masse gegenüber zu einer Erstattung nicht verpflichtet (§ 1979 mit §§ 1967 II, 2013, vgl. § 1980 BGB.) und darf für Aufwendungen aus seinem Eigenvermögen im Nachlaßkonkurs als Massegläubiger Ersatz verlangen (§ 224 Nr. 1). Wenn so der Erbe für die ohne sein Verschulden eingetretene Verkürzung der vollberechtigten Nachlaßgläubiger nicht aufzukommen hat, können diese vor ungerechtfertigten Verlusten nur dadurch geschützt werden, daß Pflichtteils­ berechtigte, Vermächtnisnehmer und Auflagenempfänger zur Rückerstattung dessen angehalten

Nachlaßkonkurs (Anfechtung).

495

werden, was sie zum Schaden der besser berechtigten Gläubiger erhalten haben. Hierzu bedurfte § es einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift. Denn im Wege entsprechender Anwendung des § 32 Nr. 1 KO. war nicht zu helfen, weil die in Rede stehenden Verpflichtungen für den Erben „Verbindlichkeiten" sind (§ 1967 II BGB.), ihre Erfüllung also keine Freigebigkeit darstellt. Auch stand der § 1979 BGB. solcher Analogie entgegen.

222.

Deshalb überträgt das Gesetz (§ 222 KO., § 3a AnfG.) auf diese Art der SchulderfüllungAnm. 3. die Sätze der Schenkungsanfechtung: „in gleicher Weise wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben" soll die Erfüllung den Rückgewähranspruch begründen. Hat also z. B. der Erbe einem Vermächtnisnehmer das ihm vermachte Grundstück im Konkursvorjahre, als Ehegatten des Erben im Lause der letzten zwei Jahre vor dem Konkurs übereignet und tritt hinterher eine zur Eröffnung des Nachlaßkonkurses führende Überschuldung ein, dann

muß der Vermächtnisnehmer, wenngleich er und der Erbe des besten Glaubens waren, das Grundstück im Sinne des § 37 zur Nachlaßkonkursmasse zurückgewähren. Vorteil bietet diese übertragene Schenkungsansechtung namentlich dann, wenn der Erbe unter Umständen erfüllt hat, die ihn zur Annahme voller Zulänglichkeit des Nachlasses berechtigten sAnm. 2]. Sie hat jedoch auch dann ihren Wert, wenn der Erbe den Nachlaßgläubigern erstattungspflichtig, diese Pflicht aber nach Lage seines Eigenvermögens nicht sofort und voll zu verwirklichen ist. Die Anfechtbarkeit beschränkt sich also nicht auf den Fall des § 1979 BGB. (Begründung S. 49). Da indessen der Ersatzanspruch aus pflichtwidrigem Verhalten des Erben einen Bestandteil der Nachlaßkonkursmasse bildet (§ 1978 II BGB ), im Bereiche seiner Realisier­ barkeit also das allgemeine Anfechtungserfordernis der Gläubigerbenachteiligung fehlt, stehen Ersatz- und Anfechtungsanspruch nicht neben, sondern hinter einander (abw. v. WilmowskiKurlbaum Anm. 2). Der ersatzleistende Erbe hat gegenüber dem von ihm befriedigten Nachlaß­ gläubiger keine condictio indebiti, rückt aber an dessen Stelle ein (§ 225 II).

II. Voraussetzungen der übertragenen Anfechtbarkeit.

1. Der Erbe muß die Deckung der minderberechtigten Nachlaßverbindlichkeiten vorgenommenAnm. 4. haben. Einerlei ist, ob er persönlich oder durch einen Vertreter, einen gewillkürten oder gesetzlichen (z. B. Vormund, Nachlaßverwalter oder sonstigen Nachlaßpfleger) gehandelt hat. Eine vom Testamentsvollstrecker bewirkte Deckung unterliegt ebenfalls dem Rückgewähr­ anspruch. Denn auch er handelt insoweit an Stelle des Erben. Das bedarf, wenn der Vollstrecker mit der herrschenden Lehre nicht als Vertreter deS Erben anzusehen ist, der Hervorhebung, weil der § 222 eine Handlung des Erben, der § 32 eine Handlung des Gemeinschuldners voraussetzt. Ob Allein- oder Miterben, Bor- oder Nacherben geleistet haben, das begründet für die Anwendbarkeit des § 222 keinen Unterschied. Einerlei ist auch, ob die Deckung freiwillig geschah oder ob sie erzwungen ward. Denn auch für die übertragene Schenkungsanfechtung gilt der § 35. Sie wird also nicht dadurch aus­ geschlossen, daß die Verbindlichkeit durch einen Bollstreckungstitel (z. B. durch ein gegen den Erben erwirktes Anerkenntnisurteil, durch eine von ihm bewilligte vollstreckbare Ur­ kunde) verstärkt oder im Wege der Zwangsvollstreckung (z. B. Erwirkung einer Zwangs­ hypothek) oder Arrestvollziehung durchgesetzt worden ist. Da aber zum Tatbestände der §§ 222, 32 eine Rechtshandlung des Erben, des Gemeinschuldners, gehört, kann die im Zwangsweg erwirkte Deckung immer nur dann nach diesen Vorschriften anfechtbar sein, wenn eine Mitwirkung des Erben (Erbenvertreters, Testamentsvollstreckers) vorliegt, namentlich eine Mitwirkung bei der Titelerlangung [§ 35 Anm. 3]. Der Rückgewähr­ anspruch aus § 222 kann endlich sowohl bei beschränkter als bei unbeschränkter Haftung des Erben begründet sein. 2. Es müssen Pflichtteilsansprüche (§§ 2303ff.), Vermächtnisse (§§ 2147ff.) oderAnm. 5. Auflagen (§§ 2192ff. BGB.) gedeckt worden sein. Das Gesetz redet zwar nur von der „Erfüllung". Allein seinem Zweck entsprechend gehören hierher auch Erfüllungs­ ersatzakte (Annahme an Erfüllungsstatt, Hinterlegung zur Schulderfüllung), auch die Aufrechnung und selbst bloße Sicherungen (Verpfändung, Hypothekbestellung, Hinter­ legung zur Sicherheitsleistung). Sonst wäre der § 222 leicht zu umgehen. Zust. RG. v.

496

§ 222.

Anm. 6.

Anm. ?.

Anm. 8.

Nachlaßkonkurs (Anfechtung).

13. 6. 1908 LZ. S. 946. Wie die Deckung der vom Erblasser angeordneten ist, die der sog. gesetzlichen Vermächtnisse anfechtbar [§§ 226ff. Anm. 13]. Hat der Erbe eines unehelichen Vaters von der Ersetzungsbefugnis des § 1712 II BGB. Gebrauch gemacht und dem Kinde abfindungsweise den Pflichtteil ausbezahlt, der ihm bei Ehelichkeit gebühren würde, so greift der § 222 Platz. Denn hier hat das Kind eben nicht Unterhalt, sondern einen Pflichtteil empfangen. Nur diese Auslegung wird dem Zwecke des § 1712 II BGB. gerecht, der verhüten will, daß uneheliche Kinder dem Nachlasse des Erzeugers gegenüber besser stehen als eheliche (abw. Falkmann Zwangsvollstreckung2 S. 528, HartmannMeikel AnfG.« S. 207). Siehe §§ 226 ff. Anm. 5. Dagegen ist eine entsprechende An­ wendung des § 222 auf andere als die im § 226 II Nr. 4, 5 aufgeführten Nachlaß­ verbindlichkeiten minderen Ranges ausgeschlossen. So auf die Bezahlung der gegen den Erblasser erkannten Geldstrafen (§ 226 II Nr. 2). Auch trifft der § 222 nicht die ver­ erbten, also bereits als Schulden des Erblassers begründeten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Denn solche Erblasserschulden bilden voll­ berechtigte Nachlaßverbindlichkeiten [§ 63 Anm. 10]. 3. „Aus dem Nachlasse" muß die Deckung gewährt worden sein. Diesem Erfordernis ist nicht nur genügt, wenn die Leistung aus Nachlaßmitteln, sondern auch dann, wenn sie zwar aus dem Eigenvermögen des Erben bewirkt wurde, aber unter Umständen, unter denen der Erbe (was der anfechtende Verwalter im Streitfälle zu beweisen hat) den Nachlaß für vollkommen zulänglich halten durfte. Denn auch im zweiten Falle hat der Erbe, wenn er nicht etwa unbeschränkbar haftet, „für Rechnung des Nachlasses" geleistet (88 1979, 2013 BGB., § 224 Nr. 1 KO.). Hat er freilich das Recht der Haftungs­ beschränkung im allgemeinen verwirkt, dann bleibt die aus seinen eigenen Mitteln erfolgte Deckung dem § 222 entzogen. Seuffert S. 215. 4. Die Zeitschranken der unmittelbaren Schenkungsanfechtung des 8 32 bestehen auch für die übertragene des § 222. Diese trifft also nur Leistungen, die im letzten Jahre vor der Eröffnung des Nachlaßkonkurses bewirkt worden sind. Für Leistungen an den Ehegatten des Erben erweitert sich die Frist auf die letzten zwei Jahre vor dem Konkurse. Hat der Ehegatte des Erblassers, also etwa dessen Witwe als Pflichtteilsgläubigerin oder Vermächtnisnehmerin die Deckung empfangen, dann gilt die einjährige, nicht die zwei­ jährige Frist. Demgegenüber kann (auch abgesehen vom Pflichtteil) nicht eingeworfen werden, es handle sich um Freigebigkeiten des Erblassers. Denn nicht die letztwillige Verfügung als solche, sondern deren Erfüllung erklärt der § 222 für anfechtbar und zwar „in gleicher Weise wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben". Der Erbe ist „der Gemeinschuldner" im Sinne des § 222 mit § 32 [§ 214 Anm. 9 ff.]. Vgl. RG. v. 13. 6. 1908 LZ. S. 946. Der Konkursverwalter muß binnen Jahresfrist seit der Eröffnung des Nachlaßkonkurses anfechten, widrigenfalls das Anfechtungsrecht erlischt (§ 411 1). Leistungen, die der Erbe vor den Fristen des § 32 auf Rechnung des Nachlasses zur Deckung von Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen oder Auflagen bewirkt hatte, kann der Nachlaßkonkursverwalter auf Grund des § 31 Nr. 1 anfechten, falls er dem Empfänger die Kenntnis einer Benachteiligungsabsicht des Erben nachzuweisen vermag.

III. Wirksamkeit der übertragenen Schenkungsanfechtung. Anm. 9.

Anm.io.

Auch der Inhalt des Rückgewähranspruchs ist im Falle des § 222 der gleiche wie bei der unmittelbaren Schenkungsanfechtung. Der gutgläubige Empfänger haftet daher nur auf die Bereicherung (§ 37 II). Am guten Glauben fehlt es, wenn der Empfänger die Unzuläng­ lichkeit des Nachlasses zur Befriedigung aller besser oder gleichberechtigten Nachlaßverbindlichkeiten kennt oder kennen muß [§ 37 Anm. 29 ff.]. Der nicht gutgläubige Empfänger hat den vollen Empfang zurückzugewähren (§ 37 I). Gewährt der Empfänger das Empfangene zurück, dann lebt die Nachlaßverbindlichkeit von selbst wieder aus (§ 39) und gelangt im Rangverhältnisse des § 226II Nr. 4, 5, in, IV im Nachlaßkonkurse zur Berücksichtigung.

Nachlaßkonkurs (Zurückbehaltungsrecht.)

497 §223.

§ SS». Dem Erben steht wegen der ihm nach den

§§ {978, |9?9 des Bürger­

lichen Gesetzbuchs aus dem Nachlasse zu ersetzenden Aufwendungen ein Zurück­

behaltungsrecht nicht zu. Neueingefügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898. Materialien: M. V S. 628 (§ 2112 Satz 3 EBGB. I. Lesung), P. V S. 782, 765, 766f., VI S. 772, 774, Begründung S. 49f. (§ 205f.). Zurückbehaltungsrecht.

I. Der Grund des Ausschluffes. Die Begründung S. 49 f. führt aus: „Zufolge der Bestimmung deS § 1978 I BGB. ist Anm. i. der Erbe den Nachlaßgläubigern für die bisherige Verwaltung des Nachlasses und zwar, was die Zeit vor der Annahme der Erbschaft betrifft, nach Maßgabe der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB ), von der Annahme ab jedoch nach Maß­ gabe der Vorschriften über den Auftrag (§§ 662 ff.) verantwortlich. Andrerseits sind ihm gemäß § 1978 III aus dem Nachlasse seine Aufwendungen zu ersetzen, soweit er nach jenen Vorschriften Ersatz verlangen könnte. Wegen solcher Aufwendungen steht ihm vermöge der Vorschrift des § 273 BGB. im allgemeinen auch das Recht zu, die Herausgabe des Nach­ lasses zu verweigern, bis ihm die Aufwendungen ersetzt sind. Durch die Aus­ übung des Zurückbehaltungsrechts gegenüber dem Konkursverwalter könnte jedoch die Verwertung der Masse erheblich verzögert und der Verwalter unter Umständen genötigt werden, zum Zwecke der Berichtigung der Ersatzforderungen des Erben Geld auf den Kredit der Masse aufzunehmen. Andrerseits ist der Erbe dadurch, daß sein Ersatzanspruch zu den Maffeschulden gehört (§ 224 Nr. 1), genügend gesichert. Demgemäß schließt der § 223 das Zurück­ behaltungsrecht des Erben für den Fall des Nachlaßkonkurses aus." Nun ist zwar gewiß, daß die Rechtsordnung unter keinen Umständen dem Erben ein Zurück­ behaltungsrecht gegenüber der Verpflichtung zur Nachlaßherausgabe zuerkennen darf. Fraglich aber erscheint, ob es zur Ausschließung dieser Befugnis einer besonderen Gesetzesbestimmung bedurfte. Diese Frage ist zu verneinen. Steht einmal fest, daß der Erbe als Gemeinschuldner des Nachlaßkonkurses zu betrachten Anm. 2. ist [§ 214 Anm. 7], dann wird er wie jeder andere Gemeinschuldner unmittelbar durch das Prozeßgesetz (§ 117) verpflichtet, dem Konkursverwalter das gesamte zur Masse ge­ hörende Vermögen — dessen Besitz nach § 857 BGB. durch den Erbfall von Rechts wegen auf den Erben übergegangen ist — auszuliefern. Diese Herausgabepflicht beruht also keineswegs auf einem dem Auftrag oder der Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechenden privatrechtlichen Schuldverhältniffe zwischen döm Erben und den Nachlaßgläubigern (§§ 667, 681 mit 1878 BGB.). Sie ist öffentlichen Rechts. Sie wird gegenüber dem Erben ganz wie gegenüber dem Gemeinschuldner eines anderen Sonderkonkurses, etwa wie gegen­ über dem Mitglied einer in Konkurs geratenen offenen Handelsgesellschaft, auf dem zu § 117 Anm. 13 f. bezeichneten Wege verwirklicht. Behauptet der Erbe, eine zur Masse gezogene Sache sei Eigenvermögen, so hat er sich wie sonst der Gemeinschuldner gegenüber der Ein­ beziehung konkursfreier Gegenstände in die Masse zu wehren [§ 1 Anm. 50]. Die Regeln des Auftrags und der Geschäftsführung ohne Auftrag finden nur auf die Verantwortlichkeit des Erben „aus den von ihm besorgten erbschaftlichen Geschäften" (§ 19781 BGB.) ent­ sprechende Anwendung. Sie ergeben Schadensersatzansprüche der Nachlaßgläubiger, die vom Konkursverwalter für Rechnung der Gesamtgläubigerschaft ausgeübt werden (8 1978II BGB.). Einen Anspruch der Nachlaßgläubiger auf Ausantwortung des Nachlasses selbst be­

gründet der § 1978 BGB. nicht. Würde die Verpflichtung des Erben, die Nachlaßgegenstände an den Verwalter auszuantworten, auf dem § 1978 beruhen, so entfiele sie bei unbeschränkter Haftung nach § 2013 BGB. Das ist ganz undenkbar. Gründet sich aber die Herausgabe-

498 §223,

Anm. 3.

Anm. 4.

Nachlaßkonkurs (Zurückbehaltungsrecht).

Pflicht nicht auf entsprechende Anwendung der Sätze des Auftrags oder der auftraglosen Geschäftsführung noch überhaupt auf ein privatrechtliches Schuldverhältnis, so liegen die Voraussetzungen des § 273II BGB. nicht vor. Wer das in Abrede stellt, muß folgerecht zugeben: a) daß der die Herausgabe des Nachlasses verweigernde Erbe vom Konkursverwalter erst mit einer besonderen actio mandati oder negotiorum gestorum directa auf Grund der §§ 1978, 667, 681 BGB. auf Herausgabe zu verklagen wäre; b) daß das im § 223 verneinte Recht der Zurückbehaltung des Nachlasses dem Nachlaß­ verwalter gegenüber besteht (vgl. §§ 1984, 1985 BGB.). Denn als Ausnahme wäre diese Gesetzesvorschrift einer Erstreckung im Wege der Analogie unzugänglich. Beide Folgerungen sind abzulehnen (abw. z. B. Wilke BGB. § 1978 Anm. 6). Man wird vielmehr sagen müssen: daß der Erbe die Herausgabe des Nachlasses an den Konkurs­ verwalter nicht bis zum Ersätze der Aufwendungen verweigern kann, ergibt sich zwar schon aus der Unanwendbarkeit des § 273 BGB. auf die öffentlich-rechtliche Herausgabepflicht eines Gemeinschuldners, ist aber zur Vermeidung jedes Zweifels vom Gesetze noch ausdrücklich hervorgehoben. Zust. Strohal Erbrecht8 § 78 N. 15, 16 mit § 75 N. 40, Th. Wolff LZ. 1908 S. 115, Kretzschmar Erbrecht S. 414 und im Ergebnis F. Endemann Erbrecht5 § 92 N. 29. Wenn uns v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 1 entgegenhallen, im „Erbenverhältnisse" liege der Grund zur Herausgabepflicht, so widerlegen sie uns nicht: der Erbe ist als Erbe Gemeinschuldner, als Gemeinschuldner herausgabepflichtig. In Wahrheit schließen sich denn auch" v. Wilmowski-Kurlbaum ganz unsern Folgerungen an. Mit uns nimmt auch Binder II S. 147ff. an, daß der Erbe die Herausgabe des Nachlasses an den Konkursverwalter (und Nachlaßverwalter) schon nach § 273II BGB. nicht verweigern dürfe, weil der Konkurs­ verwalter die Inbesitznahme der Masse nicht im „Rechtswege" zu erzwingen brauche. Binder fügt jedoch bei, wenn der Verwalter den Nachlaß in Besitz genommen habe und nun Schadensersatzansprüche wegen der Verwaltung des Erben erhebe, so würde dieser

nach § 2731 BGB. wegen seines Anspruchs auf Ersatz von Verwendungen die Schadens­ ersatzleistung verweigern können, falls es ihm der § 223 KO. nicht ausdrücklich wehrte. In der von uns bekämpften Stelle der Begründung ist nur von einer Verweigerung der Nachlaß­ herausgabe die Rede. Daß aber der § 223 KO. nicht den Zweck hat, eine dem ersatz­ berechtigten Erben an sich nach § 2731 BGB. zustehende Zurückbehaltung der eigenen Ersatz­ leistung zu versagen, das dürste schon daraus folgen, daß der Erbe beim Gegenüberstehen zweier auf Geld gerichteter Ersatzforderungen den wirksameren und ihm zweifellos nicht entzogenen Schutz der Aufrechnung hat ssiehe Anm. 6]. Die Ausantwortung der Nachlaß­ gegenstände selbst an den Konkursverwalter fällt auch insoweit nicht unter die §§ 1978, 273 BGB., als diese Gegenstände erst vom Erben für Rechnung des Nachlasses erworben wurden [§ 214 Anm. 25].

II. Anwendungsgebiet des § 223. Anm. 5.

Was der Erbe als Erbe (§ 857 BGB.) besitzt, darf er als Gemeinschuldner nicht zurück­ behalten — weder alle noch einzelne Nachlaßgegenstände. Was er aber unabhängig von seiner Erbeneigenschaft auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses, etwa eines Ver­ trags mit dem Erblasser, in Händen hat, darf er unter den Voraussetzungen des § 273 BGB. und zwar im Nachlaßkonkurse als Absonderungsberechtigter- nach Maßgabe des § 49 Nr. 3 zurückbehalten. So steht dem Erben im Nachlaßkonkurse z. B. dann ein Zurückbehaltungs­ recht zu, wenn er noch vom Erblasser selbst eine Sache zur Aufbewahrung erhalten und zu diesem Zwecke notwendige Aufwendungen gemacht hat. Hier beruhen Anspruch (§ 693 BGB.) und Herausgabepflicht auf demselben Rechtsverhältnisse. Vgl. § 1976 BGB. Daß der Erbe auf Grund einer Pfandhaftung, etwa kraft einer nach § 1976 BGB. als nicht erloschen geltenden Hypothek an einem Nachlaßgrundstück, Absonderungsberechtigter im Nachlaßkonkurse sein kann, bedarf kaum der Hervorhebung.

«nm. e.

Der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechtes wirkt keineswegs zugleich als Ausschluß der Aufrechnung (abw. Petersen-Kleinfeller zu § 223). Weder Wortlaut noch Zweck des 8 223

Nachlaßkonkurs (Masseschulden).

499

rechtfertigen eine solche Erstreckung. Vielmehr bewendet es für den Nachlaßkonkurs bei den H 223. Vorschriften der §§ 53—56. Auch hier ist der § 1976 BGB. zu beachten. Ein Gegenschluß aus § 55 Nr. 1 ergibt, daß Masseansprüche gegen eine nach Konkursbeginn entstandene Schuld zur Maße ausrechenbar sind [§ 55 Anm. 4]. So auch die Masseschuldansprüche des § 224 und zwar auch gegen die Schuld aus dem Ankäufe eines vom Verwalter veräußerten Masse­ gegenstandes (abw. Braunschweig v. 1. 12. 1911 OLG. 24 S. 65 f. mit der willkürlichen Unterstellung, der Verwalter verwerte nur gegen Barzahlung, daher sei die Aufrechenbarkeit stillschweigend ausgeschlossen). Im gleichen Umfange wie der Erbe selbst entbehrt dessen allgemeiner oder besonderer Anm. ?. Vertreter (z. B. ein Vormund oder Nachlaßpfleger) gegenüber dem Nachlaßkonkursverwalter eine als Recht des Erben auszuübende Zurückbehaltungsbefugnis. Wohl aber können sie wie irgend ein Dritter eigene Zurückbehaltungsrechte haben. Dritter, nicht Träger der Gemein­ schuldnerrolle, ist ein Erbschastsbesitzer. Sein Zurückbehaltungsrecht (§§ 2022ff. BGB.) berührt der § 223 nicht. Th. Wolff LZ, 1908 S. 114 f. Borerbe: § 231, Erbschastskäuser: 88 232 f.

§ **42Nasseschulden sind außer den im § 59 bezeichneten Verbindlichkeiten:

die dem Erben nach den §§ {978, {9?9 des Bürgerlichen Gesetzbuchs

aus dem Nachlasse zu ersetzenden Aufwendungen;

2. die Aasten der standesmäßigen Beerdigung des Erblassers; 5. die im Falle der Todeserklärung des Erblassers dem Nachlasse zur Last fallenden Kosten des Verfahrens;

die Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen, der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlaßpflegschaft,

des Aufgebots der Nachlaßgläubiger und der Inventarerrichtung;

5. die Verbindlichkeiten aus den von einem Nachlaßpfleger oder einem Testamentsvollstrecker vorgenommenen Rechtsgeschäften; 6. die Verbindlichkeiten, welche für den Erben gegenüber einem Nachlaß­ pfleger, einem Testamentsvollstrecker oder einem Erben, der die Erbschaft

ausgeschlagen hat, aus der Geschäftsführung dieser Personen entstanden sind,

soweit die Nachlaßgläubiger verpflichtet sein würden, wenn die

bezeichneten Personen die Geschäfte für sie zu besorgen gehabt hätten. Neueingefügt durch die Novolle vom 17. Mai 1898. Materialien: M. I S. 45f., V S. 629ff. (§§ 18, 2113 EBGB. I. Lesung), P. I S. 15 f., V 768, VI S. 772 ff., Begründung S. 50 (205 g), Reichstag II. Session 1909/11 Drucksache Nr. 731 S. 2, 4.

Maffeschulden. I. Grundgedanke. Nach römischem Recht war mit vorschriftsmäßiger Jnventarerrichtung unter anderem die Anm. i. Wirkung verknüpft, daß notwendige Erbschaftsausgaben von den Nachlaßaktiven im voraus abgerechnet werden durften: in computatione patrimonii daraus ei (sc. heredi) excipere et retinere, quidquid in funus expendit vel in testamenti insinutionem vel inventarii confectionem vel in alias necessarias causas hereditatis approbaverit sese persolvisse (1 22 § 9 C de iure deliberandi VI 30). Im neuen Reichsrecht ist das beneficium inventarii für den Fall der Überschuldung des Nachlasses ersetzt durch den Nachlaß­

konkurs [§ 214 Anm. 2]. Allein auch in diesem Verfahren werden Aufwendungen, die im Interesse der Erbschaft erfolgt sind, begünstigt, indem sie das Gesetz unter die Masse-

500

Nachlaßkonkurs (Masseschulden).

schulden (§ 59) einreiht sAnrn. 17]. Dabei ist zu beachten, daß der § 59 Nr. 2 die Fälle der §§ 27, 28 und daß der § 59 Nr. 3 die Fälle der §§ 7 II, 38 Satz 1, 147 Satz 2 KO., § 131 2 AnfG. einschließt. Einzelne der im § 224 aufgeführten Ansprüche könnten mangeleiner Sondervorschrift bevorrechtigte Konkursforderungen sein (z. B. in Fällen der Nr. 3, 4 nach § 61 Nr. 2).

§224*

n. Die Mafseschulden des g 224 im einzelnen.

«nm. 2.Nummer 1. Der Erstattungsanspruch des — im allgemeinen — beschränkt haftenden Erben für Aufwendungen zu Nachlaßzwecken, besonders für die Berichtigung von Nachlaß­ verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln (actio mandati oder negotiorum gestorum contraria). §§ 1978 HI, 1979, 2013 Verb. m. §§ 670, 683, vgl. §§ 256, 257 BGB. Aus solchen für Rechnung des Nachlasse- vorgenommenen Rechtshandlungen des Erben entspringen also unter den Voraussetzungen der genannten Gesetzesstellen Masseschulden wie aus den Rechts­ handlungen des Konkursverwalters (§ 59 Nr. 1). Wäre dem Erben dieser Anspruch auf Borzugsbefriedigung versagt, so müßte er gewärtig sein, für die ihm bei Besorgung von Nachlaßangelegenheiten erwachsenden Auslagen nur einen Teilersatz zu erhalten — eine Gefahr, die jeden vorsichtigen Erben bei zweifelhaftem Stande des nachgelassenen Ver­ mögens davon abschrecken würde, sich um dessen Angelegenheiten zu kümmern. Den Schaden hätten die Nachlaßgläubiger zu tragen. Die Vorschrift der Nr. 1 entspricht sonach mittelbar auch ihren Interessen (vgl. M. V S. 629 f.). Sie deckt auch die nach § 1979 BGB. auf Rechnung des Nachlasses gehende Befriedigung ausgeschlossener Nachlaß­ gläubiger (Strohal Erbrecht» § 78 N. 19). Hat der Erbe zum Zwecke ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses eine Eigenschuld übernommen, etwa durch Abschluß eine- Werk­ vertrags zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines Nachlaßgegenstandes, so kann er kraft seines Anspruchs auf Aufwandserstattung nach § 257 BGB. Befreiung von der Verbind­ lichkeit verlangen. Auch dieser Anspruch ist Masseschuldanspruch nach Nr. 1. Zur Frage, ob und wie der Erbe durch Berwaltungsgeschäfte den Nachlaß verpflichten kann, siehe Leonhard Erbrecht S. 78 ff. mit Lit. Unter Miterben hat jeder wegen der aus seine Kosten gemachten Aufwendungen den Erstattungsanspruch. Wegen der Anfechtbarkeit einer unter den § 1979 BGB. fallenden Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen oder Auflagen: § 222 Anm. 2. Beachte auch § 225. Daß und warum dem Erben wegen der hier in Rede stehenden Ansprüche ein Zurückbehaltungsrecht nicht zukommt, ist zu § 223 erörtert worden. Aufrechnung: § 223 Anm. 6.

Anm. 3. Nummer 2. Die Kosten standesmäßiger Beerdigung des Erblassers. Literatur: Steude, Vorrecht der Beerdigungskosten im Nachlaßkonkurse (Leipzig. Diss. 1912). Die Nachlaßverbindlichkeit der Begräbniskosten (§ 1968, vgl. §§ 844, 1615 H, 1713 H BGB.) wird durch unsere Nr. 2 für den Nachlaßkonkurs, nicht auch für den Konkurs über das Gesamt- oder Eigenvermögen des verpflichteten Erben, zur Masseschuld erhoben. Ob der Erblasser vor oder (was denkbar ist) nach Konkurseröffnung „beerdigt" wird, be­ gründet keinen Unterschied. Lex non distinguit. Doch bildet der erste Fall fraglos die Regel. Über den Fall, daß ein bereits im Konkurse stehender Schuldner stirbt, siehe

«nm. 4.

§ 214 Anm. 24. Als Masseschuld erkennt die Nr. 2 nicht nur den unvermeidlich mit dem Begräbnisse verknüpften Aufwand, nicht nur die Kosten einer einfachen, anständigen Bestattung, sondern die einer „stande-mäßigen Beerdigung" des Erblassers an, freilich auch nur des Erblassers selbst, nicht die Kosten der Beerdigung von ihm unterhaltener Angehöriger. Standesmäßig heißt, wie aus § 16101 BGB. zu entnehmen ist: der Lebensstellung des Erblassers entsprechend (M. V S. 535 f., 631). Zugleich ist für den Umfang der Kosten­ pflicht das Herkommen und zwar in erster Linie das Herkommen am Orte der Bestattung maßgebend. Die wahre Lebensstellung, nicht die tatsächliche Lebensführung entscheidet. Keineswegs aber deckt sich jene mit den finanziellen Verhältnissen. Al- „standesmäßige" Beerdigung soll dem Erblasser, etwa einem namhaften Künstler, Gelehrten oder Staats­ manne, das seinem „Stande", nicht das seiner Vermögenslage entsprechende Begräbnis

Nachlaßkonkurs (Masseschulden).

501

zuteil werden. Dies umso zweifelloser, als der Aufwender, den unsere Nr. 2 schützen tz224. will, sehr oft wohl den Stand, nicht aber die Bermögensverhältnisse des Verstorbenen zu würdigen in der Lage sein wird. Zur Eröffnung des Nachlaßkonkurses, in dem der § 224 Nr. 2 anwendbar wird, kommt es meist erst nach der Beerdigung des Erblassers, vielleicht erst lange Zeit nachher. Im einzelnen besteht viel Streit. Vollständiger lautet der § 29 III ErbschaftssteuerG. v. 3. 6. 1906, demzufolge bei Berechnung des Nachlaßwertes als Nachlaßverbindlichkeiten auch abzuziehen sind „die Kosten der Beerdigung des Erblassers ein­ schließlich der Kosten der landesüblichen kirchlichen und bürgerlichen Leichenfeierlichkeiten und der Kosten eines angemessenen Grabdenkmals". Steht auch der verschiedene Zweck beider Vorschriften der einfachen Übertragung auf unseren Fall entgegen, so doch nicht einer ergänzenden Heranziehung. Daß trotz deS Wortes „Beerdigung" auch die Kosten einer Feuerbestattung unter den § 29 HI ErbschaftssteuerG. fallen, erkennt der Kommissionsbericht an (StenBer. des Reichstags 1907/09 Bd. 256 S. 9025). Dasselbe wird für den § 224 Nr. 2 anzunehmen sein, sofern nur die Feuerbestattung im Einzelfall als standesgemäß erscheint (anders etwa bei katholischen Geistlichen). Eine Verbrennung mir nachfolgender Versenkung der Asche ist auch dem Wortsinne nach Beerdigung. Die Aufstellung von Urnen in Friedhofshallen kann aber vernünftiger Weise nicht anders behandelt werden. Im Ergebnis ebenso Steude S. 45 ff. mit abw. Lit. Die Kosten des Transports der Leiche nach einer auswärtigen Begräbnis- oder Berbrennungsstätte ge­ hören regelmäßig nicht zu den Beerdigungskosten (siehe RG. v. 16. 9.1907 Bd. 66 308). Anders die Kosten einer Überführung des auswärts Verstorbenen nach der Heimat oder

nach einem Erbbegräbnisse der Familie (vgl. auch Stettin v. 9. 7. 1909 OLG. 24 S. 64). Die im § 29 III ErbschaftssteuerG. erwähnten Kosten „der landesüblichen kirchlichen und bürgerlichen Leichenfeierlichkeiten" (Grabgeläute, Teilnahme der Geistlichkeit, Trauer­ gottesdienst, Blumenschmuck) fallen wie Ausgaben für Traueranzeigen, für den Sarg, für Arbeiten an der Grabstätte, Leichenschau- und Leichenhausgebühren begrifflich stets unter die Beerdigungskosten. Inwieweit sie standesmäßig sind, ist Tatfrage. Nach Lage des einzelnen Falles kann auch der Aufwand der Anschaffung von Trauerkleidern für mittellose Angehörige und für das Gesinde des Erblassers (KG. v. 23.11. 1906 OLG. 14 S. 290, Herzfelder § 1968 Anm. 3; abw. Weißler S. 316 N. 15) zu den Beerdigungskosten gehören. Gleiches gilt von den Kosten einer Bewirtung der Trauergäste nach dem Begräbnisse, des sog. Leichenschmauses (abw. Steude S. 44 f.). Ob man dagegen so weit gehen darf, auch die Kosten eines „angemessenen Grabdenkmals" (§ 29 III ErbschaftssteuerG.) unter die Masseschulden des Nachlaßkonkurses einzureihen, ist sehr fraglich. Der Wortlaut des Gesetzes und Rücksichten auf die Gläubigerschaft sprechen dagegen. ObLG. v. 30. 6. 1906 Recht Nr. 2512 (für den § 1968 BGB.), Planck-Strohal § 1968 Anm. 2, Steude S. 42 mit Lit.; abw. auch v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 3. Unzweifelhaft gehören die Kosten der Grabunterhaltung nicht mehr zu den Begräbniskosten (OLG. Hamburg v. 18. 1. 1902 HansGZ. Beibl. S. 112). Was nun die Person des Gläubigers betrifft, so kann eine Masseschuld imAnm. 5. Sinne des § 224 Nr. 2 namentlich daraus erwachsen, daß der Erbe oder Erbenvertreter Verträge zur Ausführung der Beerdigung mit einem Dritten (z. B. der Beerdigungs­ anstalt, dem Verkäufer des Sarges, dem Geistlichen) abschließt. Der Dritte wird Nachlaß- und Massegläubiger. Die Schuld zählt zu denjenigen Nachlaßverbindlichkeiten, die den Erben als solchen treffen, ohne vom Erblasser herzurühren (§§ 1967 II, 1968 BGB.). Ob und inwieweit solchenfalls der den Vertrag abschließende Erbe zugleich sein Eigen­ vermögen haftbar macht, ist streitig (vgl. Strohal Erbrecht § 7012, Binder II S. 38ff., Leonhard § 1968 HI). Eine Nachlaß- und Masseschuld entsteht aber auch dann, wenn ein Dritter, ohne sich vertragsmäßig dazu verpflichtet zu haben, etwa ein Putativerbe oder ein Armenverband, zum Zwecke einer standesmäßigen Bestattung des Erblassers Aufwendungen mit dem Willen macht, Erstattung aus dem Nachlasse zu beanspruchen. Hat der Erbe diese Kosten aus eigenen Mitteln bestritten, so kann er mit seinem Erstattungsanspruch unter den Voraussetzungen der Nr. 1 als Massegläubiger auftreten Jaeger, Konkursordnung. 5. Aufl. Bd. II. 32

502

§224« Anm. 6.

Nachlaßkonkurs (Masseschulden). und im Falle des § 225 II die Stelle des von ihm befriedigten Nachlaßgläubigers ein­ nehmen. Die bevorzugte Stellung der Leichenkosten entspricht der Überlieferung und der

Sitte. Der Tote muß beerdigt werden. Das fordert die öffentliche Ordnung. Wer diesem Gebote genügt, dessen Erstattungsanspruch verdient besonderen Schutz. Darüber eingehend Dabelow Lehre vom Konkurse der Gläubiger (1801) S. 184 ff., 596 f., Koch Recht der Forderungen21 (1858) S. 552 ff., Kommentar zur preuß. KO.2 (1867) S. 81, 82, Steude S. 2ff.; vgl. Stobbe Zur Geschichte des älteren deutschen Konkursprozesses (1888) S. 59. Schon das römische Recht erkennt den Vorrang der Beerdigungskosten an (1 45 Dig. de relig. XI 7). Nach gemeinem Recht waren die Kosten „notdürftiger" Bestattung eines bei Konkursbeginn noch unbeerdigten oder während des Konkurses ver­

storbenen Schuldners aus der Masse zu bestreiten und zwar gleich nach den Konkurs­ kosten, noch vor den Pfandrechten (Dabelow S. 185 N. 5). Die preußische KO. von 1855 reiht im § 75 die Begräbniskosten, „insoweit sie das nach den Lebensverhältnissen des Verstorbenen zu beurteilende Bedürfnis nicht übersteigen", hinter den öffentlichen Abgaben ein. Mit diesem Standpunkt hatte die KO. von 1877 gebrochen und jegliche Bevorzugung der Begräbniskosten verworfen: sie sollten weder Massekosten noch Masseschulden noch bevorrechtete Konkursforderungen sein. Vergeblich bemühen sich die Motive II S. 244, 256 f., den Rückschritt, den diese Neuerung bedeutete, zu bemänteln, und mit Fug Hal die Novelle von 1898, freilich ohne des schroffen Gegensatzes zum geltenden Recht auch nur mit einem Worte zu gedenken, wieder in die alten Bahnen eingelenkt. Öffentliches Interesse und Volksanschauung gebieten — so bemerkt die Begründung S. 50 lakonisch — die Einreihung der Kosten standesgemäßer Beerdigung unter die Masseschulden. Es er­ scheint zweifelhaft, ob die Neuerung in diesem noch über den gemeinrechtlichen Stand­ punkt hinausgehenden Umfange gut geheißen werden darf. Die Streichung des Wortes „standesmäßigen" ist in jüngster Zeit, wenn auch zunächst ohne Erfolg, beim Reichstag angeregt worden (Reichstag II. Session 1909/11 Drucks. Nr. 731 S. 2, 4; Kleinfeller LZ. 1911 S. 414). Anm. ?.Nummer 3. Die Kosten der Todeserklärung des Erblassers. Ist der Erblasser auf Grund eines wegen Verschollenheit eingeleiteten Aufgebotsverfahrens für tot erklärt worden (§§ 13—19 BGB., §§ 960 ff. ZPO ), so fallen die dem Antragsteller erwachsenen, zur zweckentsprechenden Durchführung des Verfahrens notwendig gewordenen Kosten (Gebühren und Auslagen: § 44 GKG., § 40 RAGO.) nach § 971 ZPO. „dem Nachlasse zur Last" und zwar mit der Maßgabe, daß der Erstattungsanspruch des Antragstellers im Nachlaßkonkurse zu den Masseschulden zählt. Diese Regelung beruht aus Rücksichten der Billigkeit und rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß der Nachlaßkonkurs die Todes­ erklärung voraussetzt. Vgl. M. I S. 45 f. (hier das bisherige Recht). Gläubiger können der Staat (Gerichtskosten) und der oder die Antragsteller (Bertretungskosten), aber auch ein Dritter sein, der die Kosten ausgelegt hat sAnm. 5]. Meldet sich der Verschollene nach erfolgter Todeserklärung und Eröffnung des Nachlaßkonkurses, so bleiben die Kosten der Todeserklärung gleichwohl auf seinem Vermögen lasten (abw. Gaupp-Stein zu § 971 ZPO.) und behalten, sofern das Konkursverfahren überhaupt durchgeführt wird, in ihm die Eigenschaft einer Masseschuld. Gleiches gilt für den Fall, daß im Anfechtungsweg ein anderer als der im Ausschlußurteil angenommene Todestag festgestellt wird (§§ 970 II, 973 ZPO.). Beidemal bleibt selbstverständlich ein dem Verschollenen gegen den Antrag­ steller auf Grund widerrechtlichen Handelns (§ 826 BGB.) zustehender Ersatzanspruch unberührt. M. I S. 46. Nummer 4. Anm. 8. a) Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen (§§ 2259 ff., 2273, 2300 BGB.). Hierzu bemerken die M. V S. 630: „Bedenken kann die Aufnahme der Kosten für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen hervor­ rufen. Es kann als eine gewisse Härte für die Nachlaßgläubiger bezeichnet werden, daß sie zu diesen Kosten beitragen sollen, obschon sie an sich durch die Errichtung

Nachlaßkonkurs (Masseschulden).

b)

c)

d)

e)

503

einer Verfügung von Todes wegen seitens des Erblassers nicht berührt werden. Allein § 224* die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen dient zur Klarstellung der Gesamt­ rechtsnachfolge und erfolgt daher in einem gewissen Sinne auch im Interesse der Gläubiger. Die Vorschrift entspricht dem gemeinen Rechte, 1. 22 C § 9 de iure delib. VI 30, dem sächs. BGB. § 2329 und wohl auch dem preußischen Rechte." Vgl. nun für Preußen §§ 3, 44 preuß. GKG., für Bayern a. 111, 115, 166 GebG. Kosten der gerichtlichen Sicherung desNachlasses(§ 1960BGB-, a. 140 EGzBGB.). Amn. 9. Hierher gehören z. B. die Kosten einer Siegelanlage sowie der Hinterlegung erbschaftlicher Wertgegenstände (§ 1960 II BGB.). Vgl. für Preußen §§ 3, 83 preuß. GKG., für Bayern a. 101, 115 GebG. Die Masseschuldeigenschaft rechtfertigt sich daraus, daß die Maßnahmen der Nachlaßerhaltung dienen. Kosten einer Nachlaßpflegschaft (§§ 1960—1962 BGB ), die auch während be5ginm.io. Konkurses noch notwendig sein und Kosten verursachen kann, und folglich auch (zust. RG. v. 21. 12.1905 IW. 1906 S. 114 Nr. 13) Kosten einer Nachlaßverwaltuirg im besonderen (§§ 1975, 1981 ff. BGB.), die nach § 1988 I mit Konkurseröffnung ihr Ende erreicht [§ 214 Anm. 19]. Vgl. für Preußen §§ 3, 84 pr. GKG., für Bayern a. 102, 115 GebG. Die Bevorzugung ist angemessen, sofern eine ordnungs­ mäßige Verwaltung des Nachlasses dem allgemeinen Wohle der Nachlaßgläubiger dient. Wird während des Nachlaßkonkurses ein Pfleger auf Grund des § 1961 BGB. lediglich zu dem Zwecke bestellt, um beim Unbekanntsein des Erben die Rechtsverfolgung eines Einzelgläubigers gegenüber einem vom Nachlaßkonkursverwalter freigegebenen Gegenstände (z. B. einem pfandüberlasteten Nachlaßgrundstück, das ein Hypotheken­ gläubiger zur Zwangsversteigerung bringen will) zu ermöglichen, dann versagt unsere Vorschrift. Denn die Einreihung der Kosten auch einer solchen Pflegschaft unter die Masseschulden ist in keiner Weise zu rechtfertigen. Vgl. LG. Hamburg v. 14.10. 1902 ZBlFG. 4 S. 838, dahinstellend OLG. Hamburg v. 12. 11. 1902 OLG. 5 S. 437. Noch weniger gilt das von den Kosten einer Abwesenheitspflegschaft (§ 1911 BGB ), die der Todeserklärung sAnm. 7] und Eröffnung des Nachlaßkonkurses voraus­ gegangen war. Kosten des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Ausschließung von Nach-Anm.ii. laßgläubigern auf Grund des § 1970 BGB. (§§ 989ff. ZPO.). Das Gläubiger­ aufgebot bezweckt die Klärung des Schuldenstandes. Insofern ist es für die Allgemein­ heit von Wert. Es soll nicht erlassen werden, wenn der Nachlaßkonkurs beantragt ist, und wird durch dessen Eröffnung beendigt, da der Konkurs sein eigenes Aufgebot hat (8 993 ZPO., s. §§ 138 ff. KO.). Ist aber das Aufgebot einmal erlassen worden, so kann der Antragsteller (§ 991 ZPO.) in einem später eröffneten Nachlaßkonkurs Erstattung der ihm erwachsenen Kosten als Massegläubiger fordern. Vgl. § 44 GKG., § 40 RAGO. Kosten der Jnventarerrichtung (§§ 1993ff., 1960II BGB.). Diese Kosten können «nm. 12. als Masseschulden verfolgt werden, mag nun der Erbe selbst unter amtlicher Mit­ wirkung inventarisiert (§ 2002) oder mag er die Inventur beim Nachlaßgerichte be­ antragt haben (§ 2003). Vgl. M. V S. 630; KG. v. 6. 11. 1911 KGJ. 42 S. 99.

Gleiches gilt für die Kosten der Inventur des Borerben (§ 2121 IV) und des Testamentsvollstreckers (§ 2215 V). Der Borrang aller dieser Kosten rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß die Aufnahme des Nachlaßbestandes in ihrem Ergebnisse der Gesamtgläubigerschaft zum Nutzen gereicht. Wegen der Kosten vgl. für Preußen §§ 3, 89, für Bayern a. 105, 106, 115, 162 GebG. Nummer 5. Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften eines Nachlahpflegers (§§ 1960ff.)Anm. 13. oder Testamentsvollstreckers (§§ 2197ff., bes. §§ 2206—2208 BGB.). Der Ausdruck Nachlaßpfleger begreift auch hier, wie in den anderen Vorschriften des Nachlaßkonkurses (§ 217 I KO.), zugleich den Nachlaßverwalter (§§ 1981 ff. BGB ). Zust. OLG. Cassel v. 25. 10. 1909 LZ. 1910 S. 172. Massegläubiger ist derjenige, mit welchem Nachlaß­ pfleger, Nachlaßverwalter oder Testamentsvollstrecker kontrahiert haben. Die aus solchen 32*

504 §224.

Anm.i4.

Anm. 15.

Nachlaßkonkurs (Masseschulden). Rechtsgeschäften erwachsenen Verpflichtungen treffen den Erben als Erben und zählen darum zu den Nachlaßverbindlichkeiten (§ 1967 II BGB ). Ihr Vorrang im Nachlaß­ konkurse läßt sich, soweit Geschäfte eines Nachlaßpflegers und im besonderen eines Nachlaßverwalters in Frage stehen, damit rechtfertigen, daß die Geschäfte im Interesse der Gläubigergesamtheit vorgenommen werden und deshalb der Geschäftsgenosse nicht auf die Konkursdividende verwiesen werden darf (vgl. M. V S. 630). Ebenso bilden die Verbindlichkeiten aus Handlungen des Nachlaßkonkursverwalters Nachlaßverbindlichkeiten (§ 1967 II BGB.) und Masseschulden (§ 59 Nr. 1). Bon fragwürdiger Berechtigung ist dagegen der Vorzug, soweit es sich um Geschäfte des Testamentsvollstreckers handelt. Daß alle vom Vollstrecker im Bereiche seines Wirkungskreises übernommenen Verbindlichkeiten Masseschulden bilden, wenngleich das Geschäft nicht für die Nachlaß­ gläubiger abgeschlossen wird, das geht doch wohl zu weit. Vgl. Binder Beiträge z. Ausl, d. BGB. 1902 S. 157 f. Eine wichtige Schranke zieht der § 2206 BGB. Die Verbindlichkeiten der Nr. 5 müssen im gleichen Sinne wie im Falle des § 59 Nr. 1 „ aus " Rechtsgeschäften des Erbenvertreters „entstauben" sein [§ 59 Anm. 1]. Dahin gehören mit Rücksicht auf die abstrakte Natur der Wechselverpflichtung besonders auch die

Schulden aus Wechselskripturakten des Erbenvertreters (zust. RG. v. 21. 1. 1905 Bd. 60 31 gegen Wolff S. 227). Die Ansprüche des Erbenvertreters selbst fallen unter Nr. 6. Während im § 59 Nr. 1 von Ansprüchen aus „Geschäften oder Handlungen" des Verwalters die Rede ist, spricht der § 224 Nr. 5 nur von Verbindlichkeiten aus „Rechts­ geschäften". Der Sprachgebrauch des BGB. trennt Rechtsgeschäfte und Rechts streitigkeiten (so z. B. § 1405). Daß aber der § 224 Nr. 5 auf die Prozeßführung [§ 59 Anm. 2] unanwendbar sein sollte, darf nach Zweck und Begründung der Vorschrift (M. V S. 630) nicht angenommen werden (zust. RG. aaO. S. 32, Cassel aaO. S. 172 f., im Er­ gebnis auch OLG. Frankfurt a. M. v. 10. 12. 1911 LZ. 1913 S. 254; abw. Kretzschmar Recht Bd. 13 S. 100 N. 4). Der Rechtsstreit braucht auch nicht gerade auf Grund eines Rechtsgeschäftes des Nachlaßpflegers, Nachlaßverwalters oder Testamentsvollstreckers geführt zu werden (vgl. Cassel aaO.). Nummer 6. Ansprüche, dieeinem Nachlaßpfleger, Testamentsvollstrecker oder ausschlagenden Erben auf Grund ihrer Geschäftsführung gegen den endgültig annehmenden Erben (§ 1943 BGB.) zustehen, soweit die Nachlaßgläubiger verpflichtet sein würden, wenn jene Personen unmittelbar für sie zu handeln gehabt hätten. Die Einschränkung besagt: es genügt nicht, daß die Geschäftsbesorgung zum Besten des endgültigen Erben unternommen worden ist, sie muß vielmehr dem Interesse der Nachlaßgläubiger und ihrem mutmaßlichen Willen entsprochen haben (vgl. § 677 BGB). Darin liegt zugleich die Rechtfertigung für die Einreihung dieser Verbindlichkeiten unter die Masse­ schulden. Massegläubiger ist nach Nr. 6 der Nachlaßpfleger, der Nachlaßverwalter, der Testamentsvollstrecker oder der ausschlagende Erbe. Den heres cum pleno iure treffen auch diese Schulden in seiner Eigenschaft als Erben, auch sie gehören somit nach § 1967 II BGB. zu den Nachlaßverbindlichkeiten und zählen im Nachlaßkonkurse zu den Masse­ schulden, weil und insoweit sie auf Geschäftsbesorgungen im Interesse des Nachlasses und (sonach mittelbar im Interesse) der Nachlaßgläubiger beruhen. Hierher sind jedenfalls die Ansprüche auf Erstattung von Aufwendungen zu rechnen, die dem Nachlaßpfleger, Nachlaßverwalter und Testamentsvollstrecker nach den für den Auftrag (§ 670) geltenden Vorschriften (§§ 1960 II, 1975 mit §§ 1835, 1915, 2218), dem ausschlagenden Erben nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1959 I, 683) vom endgültig Erbenden zu ersetzen sind. Unsere früheren Auflagen stellen auch das Honorar eines Nachlaßpflegers, Nachlaßverwalters und Testamentsvollstreckers unter den § 224 Nr. 6. Diese Ansicht haben andere übernommen (z. B. v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 7). Man muß jedoch unterscheiden. Die Bergütungsansprüche eines Nachlaßpflegers (§§ 1836, 1915) und im besonderen eines Nachlaßverwalters (§ 1987 BGB.) bilden zweifellos Masseschulden und zwar als „Kosten einer Nachlaßpflegschaft" im Sinne unserer Nr. 4. Sie werden vom Nachlaßgericht festgesetzt (§§ 1962, 1836 BGB.). Das Honorar eines

Nachlaßkonkurs (Masseschulden).

505

Testamentsvollstreckers (§ 2221 BGB.) dürfte, obwohl die Verbindlichkeit nicht eigentlich § „aus" seiner Geschäftsführung erwächst, unter die Nr. 6 einzureihen sein, aber nur in den Schranken der „Angemessenheit". Für diese Begrenzung wird der Umstand, daß der Nachlaßkonkurs einer ferneren Betätigung des Vollstreckers wenig Raum läßt [§ 214 Anm. 19], von ausschlaggebender Bedeutung. Ein Streit ist im Prozeßwege zwischen Vollstrecker und Konkursverwalter auszutragen. Die letztwillige Zubilligung eines Boll­ streckerhonorars durch den Erblasser stellt in den Grenzen der Angemessenheit eine Ent­ lohnung und nicht etwa eine bloße Freigebigkeit dar, die als Vermächtnis erst an letzter Stelle im Nachlaßkonkurs zum Zuge gelangen würde (§ 226 II Nr. 5). Nur ein Über­

224.

schuß über den angemessenen Betrag ist als Vermächtnis zu behandeln (vgl. Herzfelder § 2221 Anm. 2 mit Zit.). Die Kosten einer Inventur des Testamentsvollstreckers nach § 2215 BGB. fallen unter unsere Nr. 4 (Anm. 12]. Die Verbindlichkeiten der Nr. 6 werden, wenn sie vom Erben noch nicht er-Anm.is. füllt sind, vom Pfleger, Vollstrecker oder ausschlagenden Erben als Masseschulden ver­ folgt. So auch dann, wenn der Erbe das Recht der Haftungsbeschränkung im allgemeinen verwirkt und darum für eigene Aufwendungen derselben Art als Geschäftsbesorger keinen Erstattungsanspruch gegenüber dem Nachlaß hätte (§§ 1978 III, 2013 BGB.). Hat der im allgemeinen noch beschränkbar haftende Erbe Verbindlichkeiten der Nr. 6 aus eigenen Mitteln berichtigt, so kann er unter den Voraussetzungen der Nr. 1 einen selbständigen Erstattungsanspruch als Massegläubiger erheben und tritt im Falle des § 225 II an die Stelle des befriedigten Massegläubigers. Im Ergebnisse bleibt es sich — wenigstens bei Bollbesriedigung des Gläubigers — gleich, unter welchem Gesichtspunkt der Erbe Erstattung fordert. Denn nach Nr. 6 haftet die Masse gerade so weit, als sie nach Nr. 1 dem Erben für die von ihm ausgelegten Kosten der Geschäftsführung aufzukommen hat. War letztere also gegen das Interesse des Nachlasses, aber mit Zustimmung des Erben unternommen, so hastet zwar der Erbe, aber aus der Nachlaßkonkursmasse können die Kosten weder nach Nr. 6 noch nach Nr. 1 gefordert werden. III. Stellung der Massegläubiger des § 224. Die Masseschulden des § 224 stehen sämtlich mit denjenigen des § 59 auf der Anm.i?. nämlichen Rangstufe und sind deshalb, wenn der Nachlaß zur Deckung aller Masse­ schulden nicht hinreichen sollte, unter Ausschluß der Massekosten (§ 58) anteilsmäßig — nicht etwa nach der Nummernfolge — zu befriedigen (§ 60). Das Verbot der Sondervollstreckung (§ 14) gilt für die Gläubiger des § 224 so wenig wie für andere Massegläubiger. Sie unterliegen nicht den Wirkungen eines Zwangsvergleichs (§ 193). Auch sonst sind die für Masseschulden geltenden Vorschriften maßgebend. So die §§ 11, 133 Nr. 2, 135, 136, 172, 191, 205 II. Da auch die Massegläubiger des § 224 ihre Ansprüche im Konkurse nicht durch Anmeldung zu verfolgen haben [§ 57 Anm. 10], unterbrechen sie deren Verjährung durch eine andere gegen den Verwalter gerichtete Art der Geltendmachung im Sinne des § 209 BGB. Die Anmeldung im Aufgebotsverfahren freilich kommt auch für Massegläubiger (z. B. der Nr. 2) in Betracht. Da nun die ordnungsgemäß im Aufgebotsverfahren erfolgte An­ meldung nach § 229 KO. mit § 209 II Nr. 2 BGB. von der Eröffnung deS Nachlaßkonkurses ab als Berjährungsunterbrechung wirkt, muß diese Rechtsfolge auch zu gunsten eines gehörig im Aufgebotsverfahren angemeldeten Masseanspruchs eintreten. Das entspricht dem einseitigen Begünstigungszwecke des § 224. Aus ihm ergibt sich auch, daß den Nachlaßgläubigern des § 224 das Konkursantragsrecht nicht entzogen werden sollte [§§ 217ff. Anm. 13]. IV. Der Erbe als Maffegläubiger. Soweit nicht ausdrückliche Vorschriften, wie im Falle unserer Nr. 1 (§§ 1978, 1979 Slnm.is. BGB.) der § 2013 BGB. (vgl. § 225 KO.), entgegenstehen, kann auch ein unbeschränkbar haftender Erbe Massegläubiger sein. So zweifellos auf Grund des § 59 KO. (siehe § 57 Anm. 3]. Man darf nicht übersehen, daß der § 1976 im § 2013 BGB. nicht an­ gezogen ist. Dementsprechend kann auch der Eigenkonkursverwalter des unbeschränkbar hastenden Erben im Nachlaßkonkurse Masseschulden z. B. aus § 59 Nr. 2 geltend machen. Hat aber der Erbe selbst wegen Verwirkung des Rechtes der Haftungsbeschränkung keinen

506 § 224«

Nachlaßkonkurs (Ansprüche des Erben).

Erstattungsanspruch (§§ 1978 f., 2013 BGB.), dann kann ein solcher vom Eigenkonkurs­ verwalter auch nicht unter den Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung der Nachlaß­ konkursmasse erhoben werden. So namentlich nicht wegen Tilgung von Nachlaßverbindlich­ keiten aus eigenen Mitteln des Erben. Auch solche Zahlungen haben in der persönlichen Haftung des Erben ihren „rechtlichen Grund".

V. Beschränkung auf den Nachlahkonkurs. Anm.i9.

Der § 224 gilt nur für den Nachlaßkonkurs, nicht für den Konkurs über das Gesamt- oder Eigenvermögen des Erben. Er gilt auch nicht im Konkurs eines Dritten, der eine den Erben als solchen treffende Verbindlichkeit übernommen hat. Der Grund ist der gleiche wie der des Borrechtsausschlusses nach § 418 II BGB. [§ 61 Anm. 9]. Über

den Fall, daß der Gemeinschuldner erst im Laufe des Konkurses stirbt, siehe § 214 Anm. 24.

Anm. so.

Zusatz. Fremde Rechte. In Österreich (§ 41 Nr. 1) sind „die mit der Beerdigung un­ vermeidlich verbundenen Auslagen" Konkursforderungen ersten Ranges für den Fall, daß der Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung gestorben ist. Starb der Schuldner vor Konkurs­ eröffnung, so sind die Kosten eines dem Gebrauch des Ortes, dem Stand und Vermögen des Verstorbenen angemessenen Leichenbegängnisses Konkursforderungen ersten Ranges (KO. ebenda, EBGB. § 549). Pollak S. 179. Vgl. ferner Dänemark § 31 Da: „die zu eurer bescheidenen, aber doch schicklichen Beerdigung des Schuldners aufgewandten Kosten" (ohne Unterscheidung); Ungarn § 49 Nr. 4: „Massekosten sind die notwendigsten Krankheits- und Beerdigungskosten des in völliger Armut nach der Konkurseröffnung verstorbenen Gemeinschuldners." Wegen der Privilegierung der Leichenkosten im französischen Recht (a. 2101 nr. 2 c. civ.) siehe ZachariäCrome Franz. Zivilrecht II S. 18 f.. Pelletier II S. 147. Zu Nr. 4 vgl. a. 810 c. civ. Für die Schweiz siehe a. 219 mit a. 146II (Beerdigungskosten in der ersten Klasse der nicht pfand­ gedeckten Forderungen). Siehe auch § 61 Anm. 41.

§ 225. Der (Erbe kann die ihm gegen den (Erblasser zustehenden Ansprüche geltend machen. £jat der (Erbe eine Nachlaßverbindlichkeit berichtigt, so tritt er, soweit nicht die Berichtigung nach § (9?9 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als für Rechnung des Nachlasses erfolgt gilt, an die Stelle des Gläubigers, es fei denn, daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. haftet der (Erbe einem einzelnen Gläubiger gegenüber unbeschränkt, so kann er dessen Forderung für den Fall geltend machen, daß der Gläubiger sie nicht geltend macht. Neueingefügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898. Materialien: M. V S. 633f. (§ 2115 EBGB. I. Lesung), P. V S. 766, 769, 778, VI 773, 774 f., Begründung S. 50f. (§ 205 h). Ansprüche des Erben.

I. Forderungen des Erben gegen den Erblaffer (Abs. I). «nm. i.

Infolge der Eröffnung des Nachlaßkonkurses hört die zwischen dem ererbten und dem eigenen Vermögen des Erben eingetretene Verschmelzung von selbst und rückwirkend wieder auf: die. Rechtsverhältnisse, die infolge des Erbfalls durch Bereinigung von Recht und Ver­ bindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschen waren, gelten als nicht erloschen (§ 1976 BGB ). Die Gütersonderung ermöglicht den Fortbestand und die Neubegründung selbständiger rechtlicher Beziehungen zwischen dem Sondergute (Nachlaß) und dem übrigen Vermögen des Erben, obschon dieser Subjekt beider Massen bleibt. So erklärt es sich, daß der Erbe die ihm gegen den Erblasser erwachsenen Ansprüche gegenüber der Nachlaßkonkursmasse verfolgen kann. Ist er auch als Gemeinschuldner im Nachlaßkonkurse zu betrachten,

Nachlaßkonkurs (Ansprüche des Erben).

507

so ist er dies doch nur „als Erbe", als Subjekt des ererbten Sondervermögens. Insoweit § 225. der Erbe Ansprüche gegen die Konkursmasse hat, ist er eben nicht Gemeinschuldner. Die Vorschrift des § 225 I ist sonach überflüssig und — wie die Materialien (M. V S. 633, Begründung S. 50f.) betonen — nur zur Ausschließung eines Zweifels ausgenommen worden. Über die Sondergutsnatur des Nachlasses siehe nam. Binder II § 20. Demgemäß kann der Erbe im Nachlaßkonkurs als Konkursgläubiger austreten mitAnm. 2. Forderungen, die er noch gegen den Erblasser erworben hatte, sei es aus Rechtsgeschäften (Kauf, Miete, Darlehen), aus unerlaubter Handlung oder unmittelbar kraft Gesetzes. Siehe jedoch § 183 Anm. 9 (kein Bergleichsstimmrecht). Seine Ansprüche im Sinne des § 225 I können aber auch auf Aussonderungs- und Absonderungsrechten beruhen: so, wenn dem Erben bereits gegen den Erblasser ein Eigentumsherausgabeanspruch zustand, wenn der Erblasser dem Erben einen nunmehr zur Konkursmasse gehörenden Gegenstand verpfändet hatte. Namentlich lebt eine Hypothek des Erben an einem Nachlaßgrundstück, mag sie für eine persönliche Schuld des Erblassers oder eines Dritten bestellt worden sein, wieder auf als Gläubigerhypothek und nicht etwa als Eigentümergrundpfandrecht. Den Schranken der §§ 1177, 1197 BGB. unterliegt also das Absonderungsrecht nicht. Auch Massegläubiger kann der Erbe im Nachlaßkonkurse sein und zwar nicht bloß mit Ansprüchen, die erst nach dem Erbfall entstanden sind (§ 224 KO.), sondern auch auf Grund eines bereits mit dem Erblasser geschlossenen gegenseitigen Vertrags (§ 59 Nr. 2). Vgl. § 224 Anm. 18. Ein bereits gegen den Erblasser — nicht erst gegen die Nachlaßkonkursmasse — entstandener An­ spruch des Erben aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB.) ist jedoch gewöhnliche Konkurssorderung, nicht Masseschuld nach § 59 Nr. 3 [§ 59 Anm. 10]. Ob der Erbe zur Zeit der Konkurseröffnung den Nachlaßgläubigern noch beschränkbar Anm. 3. oder bereits unbeschränkbar hastet, begründet für die Anwendung des Abs. I keinen Unter­ schied. Denn der § 1976 BGB. gilt, wie ein Gegenschluß aus § 2013 BGB. ergibt, auch dann, wenn der Erbe das Recht der Haftungsbeschränkung gegenüber einzelnen oder selbst gegenüber allen Nachlaßgläubigern verwirkt hat/

II. Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten (Abs. II, III). 1. Aufwendungen, die der Erbe zur Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten gemachtAnm. 4. hat oder noch machen muß (vgl. § 257 BGB.), gehen auf Rechnung des Nachlasses, voraus­ gesetzt, daß der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, der Nachlaß reiche zur Deckung aller Schulden aus (§ 1979 BGB ), und daß er das Recht der Haftungsbeschränkung nicht allgemein verwirkt hat (§ 2013 BGB.). Alsdann ist der Erbe, der die Schuld aus seinem Eigenvermögen bezahlt hat, mit seinem Erstattungsanspruch (§ 1978 III BGB.) Masse­ gläubiger nach Maßgabe des § 224 Nr. 1. Hat er aber eine Nachlaßverbindlichkeit erfüllt, obgleich er die Überschuldung des Nachlasses erkannt oder nur aus Fahrlässigkeit verkannt hat (§ 1980II), so muß er, soweit die Zahlung aus Nachlaßmitteln bestritten war und nicht etwa erfolgreich angefochten wird, nach § 19781, II Ersatz zur Konkursmasse leisten

und hat wegen einer aus seinem Eigenvermögen gewährten Befriedigung keinen Erstattungs­ anspruch nach § 1978 III. So besteht die Gefahr, daß nach dem Ausscheiden debefriedigten Nachlaßgläubigers die ihm gleich- oder nachstehenden Konkursgläubiger auf Kosten des im allgemeinen beschränkt haftenden Erben um den Betrag bereichert werden, der im Falle der Konkursbeteiligung des Ausgeschiedenen als Dividende auf seine Forderung entfallen wäre. Um dieser Unbilligkeit vorzubeugen, ver­ ordnet der Abs. II: der Erbe tritt an die Stelle des von ihm befriedigten Nachlaß­ gläubigers, kann dementsprechend die berichtigte Forderung im Nachlaßkonkurse für sich geltend machen und erhält so wenigstens Teilersatz, nämlich das, was der ausgeschiedene Gläubiger selbst im Konkurs erhalten haben würde. Dem Falle, daß der Erbe die Nachlaßschuld aus eigenen Mitteln berichtigt hat, steht für das Anwendungsgebiet des Abs. II der Fall gleich, daß er den zur Berichtigung aus dem Nachlaß entnommenen Betrag hinterher der Masse hat erstatten müssen.

508 8225. Anm. 5.

Nachlaßkonkurs (Ansprüche des Erben). Es sind also — abgesehen vom § 1980 BGB. [§§ 217 ff. Anm. 26 ff.] — bei be­ schränkter Erbenhaftung folgende Fälle auseinanderzuhalten (siehe dazu Strohal Erbrecht3 § 78III 4): A. Der Erbe hat eine Nachlaßverbindlichkeit unter Umständen berichtigt, unter denen er den Nachlaß für vollkommen zulänglich halten durfte. a) Hat er mit eigenen Mitteln geleistet, so kann er — ohne Rücksicht auf den Rang des Befriedigten — Erstattung des vollen Betrags als Massegläubiger fordern. § 224 Nr. 1 KO. b) Hat er mit Nachlaßmitteln geleistet, so braucht er den Betrag zur Nachlaß­ konkursmasse nicht zu erstatten, einerlei wiederum, welcher Rang dem befriedigten Gläubiger im Nachlaßkonkurse zugekommen wäre. § 1976 BGB.

Anm. 6.

B. Der Erbe hat eine Nachlaßverbindlichkeit berichtigt, obwohl er den Umständen nach die Zulänglichkeit des Nachlasses nicht annehmen durfte. a) Hat er mit eigenen Mitteln geleistet, so rückt er in die konkursmäßige Rang­ stelle des Befriedigten ein. § 225 II KO. b) Hat er mit Nachlaßmitteln geleistet, so muß er den Betrag zur Konkursmasse zurückerstatten (§ 1978 I, II BGB ), tritt aber mit dieser Erstattung an die Stelle des Befriedigten (§ 225 II).

Anm. 7.

2. Der Zweck unseres Abs. II ist sonach der: es soll verhütet werden, daß die dem Befriedigten gleich- oder nachstehenden Gläubiger sich aus Kosten des Erben bereichern.

Anm. 8.

Anm. S.

a) Hatte der Erbe bei Konkursbeginn die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung im all­ gemeinen verwirkt (§ 2013 I BGB.), so ist die Gefahr, daß sich Konkursgläubiger zu seinem Nachteile bereichern, nicht begründet. Denn für den Konkursausfall muß ja der unbeschränkt haftende Erbe mit seinem Eigenvermögen einstehen. Darum rückt der letztere nicht an die Stelle M von ihm befriedigten Gläubigers ein. Diese Folgerung hat das Gesetz ausdrücklich festgelegt, nachdem die Kommission für die zweite Lesung des EBGB. einen dahinlautenden Antrag mit der gewiß ungerechtfertigten Bemerkung abgetan hatte: eine Schädigung der Konkursgläubiger sei bei Anwendbarkeit des Abs. II (und III) zugunsten eines unbeschränkt haftenden Erben um deswillen nicht zu besorgen, weil die Konkursgläubiger die hiernach dem Erben zustehenden Ansprüche zu pfänden in der Lage seien. P. VI S. 774 f. Eine solche Berweisung der Gläubiger auf die Pfändung der Erbenansprüche wäre ebenso unzweckmäßig als folge­ widrig gewesen. b) Haftet der Erbe nur einzelnen Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt (Fälle in Anm. 11], so findet unser Abs. II auf die Schuldenberichtigung durch den Erben An­ wendung und zwar auch dann, wenn der Erbe gerade den Gläubiger befriedigte, dem gegenüber er das Recht der Haftungsbeschränkung verwirkt hatte. Denn hier würden sich allerdings die übrigen — zum Zugriff auf das Eigenvermögen des Erben nicht berechtigten — Gläubiger auf Kosten des letzteren bereichern, wenn dieser aus der Masse die Konkursdividende für die von ihm getilgte Nachlaßverbindlichkeit nicht beanspruchen dürfte. Ob die Befriedigung des Nachlaßgläubigers durch Bewirkung der geschuldeten Leistung, durch Erfüllungsersatz (Hingabe an Erfüllungsstatt, Hinterlegung) oder durch Aufrechnung erfolgte, begründet für die Anwendung des Abs. H keinen Unterschied (Abfindung: Anm. 9]. Nur muß die Erfüllung rechtsbeständig sein. Wird sie im Anfechtungswege rückgängig gemacht, so tritt der Nachlaßgläubiger selbst wieder in die Forderung ein (§ 39). Bgl. auch § 222. 3. Der Erbe rückt von Rechts wegen — cessio legis, „Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes" (§ 412 BGB.) — in die Stellung des auf seine Kosten befriedigten Nachlaßgläubigers ein und erlangt damit dessen Forderungsrecht so, wie es dem Befriedigten selbst zustand, z. B. als Masseschuldanspruch oder zugleich mit einem im Nachlaßkonkurse wirksamen Absonderungsrecht oder (namentlich bei Zahlung von Arbeitslöhnen) Konkursvorrecht. Darüber kann (gegen Petersen-Kleinfeller Anm. 5)

Nachlaßkonkurs (Ansprüche des Erben).

509

nach den §§ 412, 401 BGB. kein Zweifel aufkommen. Zust. RG. v. 1. 7.1903 Bd. 55 161 § (damit Königsberg v. 5. 11. 1902 OLG. 6 S. 69 bestätigt). Desgleichen gehen die Rechte aus einer für die erworbene Forderung bestehenden Bürgschaft mit über (§§ 412, 4011 BGB.). Nicht minder aber, falls der Erbe eines Wechselausstellers den Wechsel eingelöst hat, auch der Regreßanspruch gegen den Akzeptanten (abw. OLG. Jena v. 26. 4.1904 ThürBl. 52 S. 89 f.). Nur erwirbt der Erbe auch den Regreßanspruch so, wie er dem Erblasser zustand, hat also wie dieser den Einwand zu gewärtigen, das Akzept sei nur aus Gefälligkeit gegen den Aussteller erteilt worden (a. 82 WO., vgl. RG. v. 13. 10. 1905 SeuffA. 62 Nr. 84 für den Fall einer cessio legis nach § 774 BGB ). Mehr als der Gläubiger im Nachlaßkonkurs erhalten hätte, kann auch der Erbe nicht erlangen. Namentlich begründet die Erfüllung einer ausgeschlossenen (§§ 1972, 1974 BGB.) Nachlaß­ verbindlichkeit für den Erben nur eine Konkurssorderung minderen Ranges nach § 226IV. Möglicherweise aber bekommt der Erbe im Nachloßkonkurse mehr, als der Gläubiger von ihm erhalten hat. Der Erbe darf nämlich eine nach § 225II erworbene Forderung auch

225.

dann zum vollen Nennbeträge geltend machen, wenn der Gläubiger sich mit einer geringeren Zahlung hat ab find en lassen. Denn es handelt sich, wie betont, um einen gesetzlichen Forderungsübergang, nicht — wie im Falle des § 1979 BGB. — um Ersatz von „Auf­ wendungen". Hätte die Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeit gemäß § 1979 als für Rechnung des Nachlasses erfolgt zu gelten, so würde der Anspruch des Erben allerdings ein Erstattungsanspruch im Sinne des § 1978 III sein, und dann könnte der Erbe den Nachlaßgläubigern nur so viel — wenn auch als Masseschuld (§ 224 Nr. 1) — in Rechnung stellen, als er tatsächlich ausgelegt hat. Es läßt sich auch nicht einwenden, der Vorteil des Geschäfts müsse arg. § 1978 BGB. der Masse zufließen. Denn der § 225II setzt ja gerade voraus, daß die Leistung nicht „für Rechnung des Nachlasses" erfolgte. Damit ist ein Zurück­ greifen auf die allgemeinere Norm des § 1978 BGB. ausgeschlossen. Daß der Vorteil dem Erben, der die Abfindung aus seinen Mitteln bewirkt hat, persönlich zugute kommen solle, das wird auch die Willensmeinung der Vertragsparteien sein. Es ist sonach im Falle der Abfindung eines Nachlaßgläubigers durch den Erben nicht ausgeschlossen, daß dieser mit einer bloßen Konkursforderung aus § 225II besser fährt wie als Massegläubiger nach § 224 Nr. 1. Vgl. M. V S. 634, Seuffert ZZP. 22 S. 512. Ist die Abfindung nicht aus Kosten des Erben (Anm. 4], sondern durch Verfügung über einen Nachlaßgegenstand erfolgt, die der Nachlaßkonkursverwalter genehmigt, dann wird unser Abs. II gar nicht anwendbar (gegen v. Wilmowski-Kurlbaum Anm. 2). Hat der Erbe eine Teilzahlung als Teilzahlung — nicht zur Abfindung — ge-Anm.io. leistet, so geht nach § 225 H die Forderung auch nur zum berichtigten Teilbetrag auf Üjn über. Zum Restbeträge bleibt der NaHlaßgläubiger Konkursgläubiger und zwar mit gleichen Rechten wie der Erbe. Nach vorbehaltloser Teilzahlung steht dem Erben gegen den Be­ friedigten eine condictio ob causam (§ 8121 Satz 2 Halbs. 2 BGB.) ebensowenig zu als nach vorbehaltloser Bollzahlung. Vgl. M. aaO. u. Seuffert aaO. 4. Hatte der Erbe bei Konkursbeginn die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung nicht allen, Anm.n. sondern nur einzelnen Gläubigern gegenüber — sei es durch Eidesweigerung (§ 2006m BGB.) oder durch Verwirkung nach Maßgabe der §§ 27, 139 HGB. oder durch Ver­ säumung der Erwirkung eines Vorbehalts im Urteil (§ 780 ZPO.) oder durch vertrags­ mäßigen Verzicht auf das Beschränkungsrecht — verloren, so kann er auf Grund einer vor Konkursbeginn erfolgten Befriedigung dieser Gläubiger im Nachlaßkonkurs ent­ weder als Massegläubiger mit einem Ersatzanspruch nach § 224 Nr. 1 oder kraft seines Einrückens in die Forderung des Befriedigten nach § 225 II auftreten, je nachdem die Leistung unter Umständen erfolgt war, die zur Annahme der Zulänglichkeit des Nachlasses berechtigten oder nicht (§ 1979 BGB ). Der gesetzliche Forderungsübergang (Abs. U) vollzieht sich aber auch dann, wenn der Erbe jenen Gläubiger erst nach Konkurseröffnung befriedigt. Denn da- Gesetz unterscheidet nicht, und der Erbe hat ein wohlbegründetes Interesse daran, sich durch Einrücken in das Forderungsrecht seines Gläubigers die Konkurs­ dividende zu retten, wenn letzterer im Vertrauen auf die persönliche Haftung des Erben

510 §225.

Anm.12.

Nachlaßkonkurs (Ansprüche des Erben). am Nachlaßkonkurse nicht teilnimmt oder seine Anmeldung zurückzieht. Unser Abs. in geht aber noch einen Schritt weiter und gestattet dem nur gegenüber einzelnen Gläubigern unbeschränkt haftenden Erben, selbst ohne vorgängige Befriedigung *) dieses Gläubigers dessen Forderung im Nachlaßkonkurse geltend zu machen, wenn sie der Gläubiger, ver­ trauend auf die unbeschränkte Haftung des Erben, in diesem Verfahren nicht selbst verfolgt. So ist für den Fall des Nachlaßkonkurses die — nur teilweise unbeschränkbare — Haftung des Erben im Ergebnisse zur bloßen Ausfall Haftung abgeschwächt. Hatte dagegen der Erbe bei Konkursbeginn die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung im allgemeinen verwirkt, so greift der Abs. IH nicht Platz. Durch den Abs. III wird der Erbe gesetzlich ermächtigt, die Forderung des Nachlaß­ gläubigers im Konkurse geltend zu machen, wenn dieser sie nicht selber geltend macht. Der Erbe liquidiert also an Stelle des Nachlaßgläubigers. Er liquidiert eine fremde Forderung als fremde (Einreden aus der Person des Nachlaßgläubigers!), aber er liquidiert sie kraft eigenen Rechts und auf eigene Rechnung (procurator in rem suam). Die gesetzliche Einziehungsermächtigung ist bedingt durch Nichtbeteiligung des Gläubigers. Die Masse leistet auf die eine Schuld nur einmal wie in den Fällen, in denen hinter dem Hauptgläubiger ein ausgleichungsberechtigter Mitschuldner oder Bürge steht [§ 67 Anm. 5]. Wie letztere tritt der Erbe nach Abs. II kraft Gesetzes an die Stelle des befriedigten Haupt­ gläubigers. Wie sie kann er nach Abs. III nur unter der aufschiebenden gesetzlichen Voraus­ setzung am Konkurse teilnehmen, daß der Hauptgläubiger dem Verfahren fern bleibt. Auch der Wortlaut des Abs. Hl spricht für die Annahme aufs chiebender, nicht auflösender Bedingtheit des Erbengläubigerrechts. Daher finden die §§ 67, 154, 156, 168 Nr. 2 ent­ sprechende Anwendung, wenn der Erbe nach Abs. III eine Konkursforderung an­ meldet. Ist die Ausschlußsrist für die Schlußverteilung abgelaufen (§§ 152, 155), ohne daß der Nachlaßgläubiger selbst seine (unbedingte) Forderung angemeldet hat, so steht nun das Konkursgläubigerrecht des Erben unbedingt fest. Bei der Schlußverteilung sind ihm als­ dann die Anteile auszuzahlen. Denkbar ist auch, daß die Forderung des Abs. Hl ein Masseschuldanspruch ist (§§ 59, 224). Auch dann darf der Verwalter Zahlungen an den Erben nicht leisten, ohne sestgestellt zu haben, daß der Gläubiger selbst seinen Anspruch nicht geltend macht.

§ ÄS« (I) In dem Verfahren kann jede Nachlaßverbindlichkeit geltend gemacht

werden. (II) Nachstehende Verbindlichkeiten werden erst nach allen übrigen Ver­ bindlichkeiten und in folgender Rangordnung, bei gleichem Range nach Ver­ hältnis ihrer Beträge, berichtigt: V die seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen der im § 6( bezeichneten Forderungen; 2. die gegen den Erblasser erkannten Geldstrafen; 3. die Verbindlichkeiten aus einer Freigebigkeit

des

Erblassers

unter

Lebenden; die Verbindlichkeiten gegenüber pflichtteilsberechtigten; 5. die Verbindlichkeiten aus den vom Erblasser angeordneten Vermächt­ nissen und Auflagen. *) Im Abs. ni wird, wie die Worte „für den Fall, daß der Gläubiger die Forderung nicht geltend macht" klar ergeben, vorausgesetzt, daß der Gläubiger noch nicht befriedigt ist (abw. Hell­ mann S. 236 zu N. 6).

Nachlaßkonkurs (Konkursforderungen).

511

(HI) Ein Vermächtnis, durch welches das Recht des Bedachten auf den 8 226

Pflichtteil nach § 2307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen wird, steht, g 229. soweit es den Pflichtteil nicht übersteigt, im Range den pflichtteilsrechten gleich, hat der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen angeordnet, daß ein Ver­ mächtnis oder eine Auflage vor einem anderen Vermächtnis oder einer anderen

Auflage erfüllt werden soll, so hat das Vermächtnis oder die Auflage den Vorrang. (IV) Die Verbindlichkeiten, in Ansehung deren der Gläubiger im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen ist oder nach § (9^ öes Bürgerlichen

Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht, im Abs. 2 Nr. ^—3 bezeichneten Verbindlichkeiten und, Abs. 2 Nr. % 5 bezeichneten Verbindlichkeiten gehören, erst keiten berichtigt, mit denen sie ohne die Beschränkung würden. 3m übrigen wird durch die Beschränkungen nichts geändert.

werden erst nach den soweit sie zu den im nach den Verbindlich­ gleichen Rang haben an der Rangordnung

Materialien: M. V S. 605, 636ff. (§ 2117 EBGB. I. Lesung), S. 651s. (§ 2128), P. V S. 769 ff., 783, 894, VI S. 773 ff., Begründung S. 51 f., (§ 205 i).

§ SSV ZTlit den im § 226 Abs. 2 Nr. 2—5, Abs. H bezeichneten Forderungen werden die bis zur Eröffnung des Verfahrens aufgelaufenen und die feit der Eröffnung laufenden Zinsen an derselben Stelle angesetzt. Materialien: M. V (5. 638 (§ 2117UI EBGB. I. Lesung), P. V S. 769f., VI S. 774, Begründung S. 52 (§ 205 k).

§ SS8. ÖDas infolge der Anfechtung einer von dem Erblasser oder ihm gegen­ über vorgenommenen Rechtshandlung zur Aonkursmasse zurückgewährt wird, darf nicht zur Berichtigung der im § 226 Abs. 2 Nr. % 5 bezeichneten Ver­ bindlichkeiten verwendet werden. Auf dasjenige, was der Erbe auf Grund der Vorschriften der §§ J9?8 bis (980 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu der Masse zu ersetzen hat, haben die Gläubiger, die im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen sind oder nach § 197^ des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleich­ stehen, nur insoweit Anspruch, als der Erbe auch nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ersatzpflichtig sein würde. Materialien: M. V S. 638f. (§ 2117 IV Satz 1 EBGB. I. Lesung), P. V S. 769 f., VI S. 324, 774, Begründung S. 53 (2051).

§ SS«. Die in dem Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaß­ gläubigern angemeldeten und nicht ausgeschlossenen Forderungen gelten als auch

512

Nachlaßkonkurs (Konkursforderungen).

§ 226 im Nachlaßkonkurs angemeldet, sofern das Aufgebot von dem Gerichte, bei welchem 8 229. &er Konkurs anhängig wird, erlassen und das Verfahren nicht vor der Eröffnung

des Konkursverfahrens ohne Erlassung des Ausschlußurteils erledigt ist. Materialien: MzEGK S. 118(a. 13 „§ 205a" Entw. I. Lesung eines EGzBGB., vgl. § 360 m u. IV preuß. KO. v. 8. Mai 1855), P. VI S. 775, Begründung S. 53 f. (§ 205 m). Die §§ 226—229 sind neueingefügt durch die Novelle vom 17. Mai 1898. Die Konkursforderungen des Nachlaßkonkurses. I. Begriff der Nachlaßverbindlichkeiten.

Anm. 1.

Anm. 2.

Anm. 3.

Anm. 4.

Anm. 5.

Nachlaßverbindlichkeiten sind alle Schulden, die den Erben als Erben treffen.

Siehe

Strohal § 70, Binder II § 16. Das Gesetz (§ 1967 BGB.) unterscheidet zwei Gruppen: solche, die vom Erblasser herrühren (vererbte Schulden), und solche, die außerdem noch den Erben als Erben treffen (neuentstandene Schulden). Für die Nachlaß­ verbindlichkeiten haftet jedenfalls der Nachlaß, aber nicht schlechthin auch das Eigenvermögen des Erben. Vielmehr ist seine Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigerrr ursprünglich be­ schränkbar. Gerade das Gegenteil gilt für die eigenen Verbindlichkeiten des Erben. 1. Zu den vererbten Schulden zählen vor allem diejenigen Verbindlichkeiten des Erblassers, die aus Rechtsgeschäften (auch aus Freigebigkeiten unter Lebenden: § 226II Nr. 3), aus unerlaubten Handlungen oder unmittelbar aus dem Gesetze (z. B. wegen ungerechtfertigter Bereicherung oder als Rückgewährverbindlichkeit im Sinne des § 37) erwachsen sind. Es genügt jedenfalls, daß die Verbindlichkeiten zur Zeit des Erbfalls als bedingte oder be­ fristete bestehen. Unvekerbliche Verbindlichkeiten (z. B. § 520 BGB.) erlöschen beim Tode des Schuldners. Besondere Beachtung verdienen die gesetzlichen Unterhaltspflichten des Erblassers. Darunter erlöschen die Verbindlichkeiten zum Unterhalte des geschiedenen (§§ 1578—1583) oder hinsichtlich der Unterhaltspflicht dem geschiedenen gleichbehandelten Ehegatten (§§ 1345 f., 1351, 1586) und zum Unterhalt eines unehelichen Kindes (§§ 1708 bis 1713) nicht mit dem Tode des Verpflichteten (§§ 15821, 17121). Sie gehen viel­ mehr auf den Erben über und können darum nicht nur — nach näherer Maßgabe der §§ 1580III, 1613 einerseits und des § 1711 BGB. andrerseits — für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft, also auch für die Zeit nach Konkurseröffnung geltend gemacht werden (§§ 3II, 2261 KO.). Dagegen haben die nichtgeschiedene Ehefrau des Erblassers und dessen eheliche Abkömmlinge auch im Nachlaßkonkurse für die Zukunft ein Recht auf Unterhalt nicht (§§ 1360III, 1615 BGB ). Sie sind der Gnade der Gläubiger­ schaft anheimgegeben (§§ 58 Nr. 3, 129 I, 132 I KO.). Vgl. § 3 Anm. 34 ff. Was die Behandlung dieser Unterhaltspflichten im Nachlaßkonkurse betrifft, so ist zu bemerken: a) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen (§§ 1578—1583 BGB.) oder dem ge­ schiedenen gleich stehenden Ehegatten (§§ 1345f., 1351, 1586 BGB.) kann zwar nach § 1582II vom Nachlaßkonkursverwalter aus die Hälfte der Einkünfte herabgesetzt werden, die der Erblasser zur Zeit seines Todes aus seinem Vermögen bezogen hat; aber der Anspruch hängt nicht davon ab, daß zur Zeit der Eröffnung des Nachlaß­ konkurses genügende Einkünfte vorhanden sind, und kann deshalb, wenn erst nach dem Erbfall Überschuldung eintritt, im Konkurse gleichwohl nach Maßgabe des Vermögens­

standes zur Zeit des Erbfalls, mithin allerdings (gegen P. VI S. 775) „auf Kosten der Nachlaßgläubiger" geltend gemacht werden. Die Forderung ist gewöhnliche (§ 61 Nr. 6), aber vollberechtigte Konkursforderung [fte^e III]. b) Der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes (§§ 1708—1713 BGB.) ist unabhängig

von der Höhe der Einkünfte, die der Erblasser zur Zeit seines Todes aus seinem Ver­ mögen bezogen hat. Die Alimente sind in Gestalt einer Geldrente zu entrichten (§ 1710), die im Nachlaßkonkurse für die Vergangenheit unbeschränkt angemeldet werden kann

Nachlaßkonkurs (Konkursforderungen).

513

(§ 1711, vgl. § 1709II), für die Zukunft aber an sich nach § 69 KO. zu einem Schätzungs- § 226 wert anzusetzen sein würde (§ 17121, vgl. § 1708 BGB.). So könnte es vorkommen; daß bis ein im Ehebruch erzeugtes Kind beträchtliche Unterhaltsansprüche für die Zukunft8^^ anmeldete, während ein eheliches regelmäßig leer ausgehen wird. Das widerstreitet der Billigkeit: dem unehelichen Kinde dürfen gegenüber dem Nachlasse seines Erzeugers nicht weitergehende Rechte zustehen als dem ehelichen. Eben darum verleiht der § 1712 II dem Erben die Befugnis, das uneheliche Kind wegen seines ferneren Unterhaltsanspruchs mit dem Betrag abzufinden, den dasselbe, wenn es ehelich wäre, als Pflichtteil erhalten würde. Im Nachlaßkonkurs übt diese Befugnis der Verwalter als Vertreter des Gemein­ schuldner-Erben aus. Bei Berechnung der Abfindungssumme sind nun aber nach den §§ 2311—2313 vom Werte des Nachlasses die übrigen vom Erblasser herrührenden Schulden in Abzug zu bringen. Verbleibt danach ein Aktivrest überhaupt nicht, so ist die Abfindungssumme gleich Null: das uneheliche Kind muß es sich arg. § 1712 II ganz ebenso wie das eheliche gefallen lassen, daß es vom überschuldeten Nachlasse nichts erhält. Durch Ausübung des Abfindungsrechtes weist somit der Konkursverwalter den Anspruch des unehelichen Kindes in die gebührenden Schranken und schaltet ihn voll­ kommen aus, wenn nach Lage der Sache auch ein eheliches Kind leer ausgehen müßte. Unsern Ausführungen haben sich angeschlossen z. B. LG. Breslau v. 5. 12. 1906 BreslAK. 1907 S. 8, v. Wilmowski-Kurlbaum § 226 Anm. 3; abw. Petersen-Kleinfeller §§ 226 f. Anm 6. Gegen unsere Ansicht läßt sich nicht einwenden, es sei. keine „Abfindung", wenn das uneheliche Kind überhaupt nichts erhalte. Denn offenbar können die Ansprüche des letzteren bei Überschuldung des Nachlasses nicht größer sein

als bei dessen Zulänglichkeit. Was endlich den Rang dieser Ansprüche betrifft, so ge­ hören sie an sich zwar zu den vollberechtigten Konkursforderungen, durch die Abfindungs­ erklärung des Verwalters aber werden sie unter die minderberechtigten Forderungen des § 226 II Nr. 4 KO. verwiesen, da sie zwar nicht selbst Pflichtteilsansprüche, doch wie solche zu berechnen sind. Mit Pflichtteilsrechten stehen die Abfindungsansprüche des unehelichen Kindes also auf ein und derselben Stufe. Der Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit wird durch diese Abfindung nicht berührt [§ 3 Anm. 34]. c) Die der Mutter des unehelichen Kindes nach §§ 1715f. BGB. wegen der Wochen-Anm. 6. bettskosten znstehenden, ihrem Wesen nach den Unterhaltsansprüchen gleich zu er­ achtenden Rechte zählen als Verbindlichkeiten, die „vom Erblasser herrühren", eben­ falls zu den Nachlaßschulden und können im Nachlaßkonkurs auch für die Zukunft geltend gemacht werden (§§ 3 DE, 226 I KO.). Sie haben den Rang gewöhnlicher Konkursforderungen nach § 61 Nr. 6, nicht etwa das Vorrecht der Nr. 4 daselbst, da Subjekt des Anspruchs die uneheliche Mutter ist. Über den Fall des § 1963 BGB. siehe Anm. 13. 2. Die zweite Gruppe der Nachlaßverbindlichkeiten bilden solche Schulden, die zwar nichtAnm. 7. schon vom Erblasser herrühren, aber gleichwohl den Erben als solchen, d. h. in seiner Eigenschaft als Subjekt des Nachlasses (§ 1967 II BGB.) treffen — oder, was dasselbe sagen will, „dem Nachlasse" (so z. B. § 2215 V BGB., § 971 ZPO., vgl. auch § 1963 BGB.) oder „der Erbschaft" (so z. B. 88 2121 IV, 2123 BGB.) zur Last fallen. Hier handelt es sich um Verpflichtungen, die erst mit dem Erbfall oder nach diesem entstanden sind, wie die im § 224 Nr. 2—6 zu Masseschulden erhobenen Ver­ bindlichkeiten, also z. B. um die Kosten einer standesmäßigen Beerdigung des Erblassers (8 1968 BGB.), einer Todeserklärung (8 971 ZPO.), einer gerichtlichen Nachlaßsicherung und einer Nachlaßpflegschast, um Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften des Nachlaß­ pflegers, Nachlaßverwalters, Testamentsvollstreckers oder Nachlaßkonkursverwalters, um deren Ansprüche auf Vergütung und Auslagenerstattung (RG. v. 9.11.1905 Bd. 62 40 f.). Auch aus Rechtshandlungen, die der Erbe für Rechnung des Nachlasses Dritten gegenüber vornimmt, können Nachlaßverbindlichkeiten der zweiten Gruppe erwachsen, die — soweit nicht etwa die Nachlaßkonkursmasse als solche ohne rechtlichen Grund bereichert ist (8 59 Nr. 3) — bloße Konkursforderungen im Nachlaßkonkurse bilden. So stellt,

514

§226 bis

§229.

Nachlaßkonkurs (Konkurssorderungen).

wenn der Erbe vertragsmäßig eine Nachlaßverbindlichkeit als solche anerkennt (§ 781 BGB.), der neubegründete Anspruch eine Nachlaßkonkursforderung dar (RG. aaO. S. 43 f.). Desgleichen der Kostenerstattungsanspruch, wenn der Erbe als solcher wegen einer Nachlaß­ verbindlichkeit prozessiert (OLG. Cassel v. 1. 7. 1909 LZ. 1910 S. 92 s.). Ob und inwieweit zugleich Eigenschulden erwachsen, ist Auslegungsfrage (siehe Leonhard Erbrecht S. 78ff. mit Zit., wegen der in der Schwebezeit des § 27 II HGB. begründeten Geschäfts­ verbindlichkeiten Wachsner LZ. 1910 S. 381 ff., wegen der Fortsetzung von Miet- und Pachtverträgen des Erblassers Baer SeuffBl. 75 S. 352 f., wegen der Haftung auf Grund der §§ 833ff. BGB. Strohal § 70 Ile). Zusammentreffen von Nachlaß- und Erbenkonkurs: § 234. Ob auch die Erbschaftssteuer eine Verbindlichkeit darstellt, die den „Erben als solchen" trifft, und ob sie insofern zu den Nachlaßverbindlichkeiten zählt, war schon vor dem Reichs-Erbschastssteuergesetz v. 3. 6. 1906 bestritten. Jetzt belastet nach § 31 I 1 EStG, die Steuerpflicht vor allem den Erwerber (Erben, Vermächtnisnehmer) persönlich. Insofern bildet sie eine öffentlich-rechtliche Eigenschuld, für die der Erwerber unterschiedslos mit seinem ganzen Vermögen einzustehen hat, und im Konkurse des Erwerbers eine bevor­ rechtigte Konkursforderung im Sinne des § 61 Nr. 2 KO. (Bonschott LZ. 1911 S. 666 ff., 755 ff.). Daß diese Haftung des Erwerbers sich nicht auf den Nachlaß beschränkt, wenn es nach Maßgabe der §§ 1975 ff. BGB. zur erbrechtlichen Gütersonderung kommt, versteht sich von selbst (insofern zutreffend daher. VGH. v. 10. 2. 1908 BayZ. S. 275 hinsichtlich der Besitzveränderungsgebühr für ein ererbtes Grundstück). Auch die Mithaftung des Erben neben dem sonstigen Erwerber nach § 31 II EStG, ist eine Eigenschuld. Allein nach § 31 I 3 EStG, hastet außerdem noch für die Steuer „die ganze steuer­ pflichtige Masse". Diese Bestimmung wäre inhaltslos, wenn sie sich nur auf den steuerpflichtigen „Erwerb" beziehen würde. Sie hält noch die dem älteren Steuerrecht zugrunde liegende Auffassung der Erbschaftssteuer als Nachlaßabgabe fest, obwohl das Reichsrecht die Erbschaftssteuer in der Hauptsache als persönliche Last betrachtet. Der Zwiespalt mag zu tadeln sein. Daran aber, daß die Mithaftung „der steuerpflichtigen Masse" eine Erbschaftslast und insofern eine Nachlaßverbindlichkeit bedeutet, ist nicht zu zweifeln. Demgegenüber kann weder der Wortlaut des § 29 III EStG, noch der des § 2379 BGB. ins Gewicht fallen. Nun wird die steuerpflichtige Masse bewertet nach der Zeit des Anfalls (§§ 16, 29 EStG.). Ist der Nachlaß zu dieser Zeit überschuldet, dann entsteht eine Steuerpflicht überhaupt nicht. Tritt aber die Überschuldung erst nach

dem Erbfall ein, weil etwa hinterher Nachlaßgegenstände durch Zufall untergehen oder im Werte sinken, dann kann der Fiskus die Haftung „der Masse" nach § 31 I 3 EStG, im Nachlaßkonkurs als bevorrechtigter Konkursgläubiger geltend machen (§§ 61 Nr. 2, 226 I KO.). Zust. Braunschweig v. 6. 12. 1912 OLG. 26 S. 342 s., Bonschott aaO. S. 762ff., Strohal § 70 N. 21, Meißler S. 256, Binder II S. 33 N. 56 u. a.; abw. die Kommentare des EStG. (z. B. U. Hoffmann2 § 31 Anm. 3 c, F. Zimmermann2 Vordem. 2 vor § 31), v. Wilmowski-Kurlbaum § 226 Anm. 8, Petersen-Kleinseller § 217 Anm. 4. Als Beispiele von Nachlaßverbindlichkeiten der zweiten Gruppe hebt das Gesetz (§ 1967 II BGB.) die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auf­ lagen hervor. Anm. 8.

a) Was zunächst die Verbindlichkeiten „aus Pflichtteilsrechten" (so § 1967 II BGB.) oder „gegenüber Pflichtteilsberechtigten" (so § 226 II Nr. 4 KO.) betrifft, so ist zu beachten, daß im BGB. (§§ 2303 ff.) das Pflichtteilsrecht als Geldanspruch gegenüber dem eingesetzten Erben, nicht — wie besonders im code civil a. 913, 915 — als Erb­ recht gestaltet, der Pflichtteilsberechtigte sonach nicht Miterbe (Miteigentümer usw.), sondern Gläubiger des Erben als solchen ist. Im Nachlaßkonkurse kommen Pflichtteilsansprüche in Betracht, wenn die Überschuldung mit oder erst nach dem Erbfall eingetreten ist [§§ 217 ff. Anm. 21]. Solchenfalls verhütet die im § 226 II festgelegte Rangordnung eine unbillige Bevorzugung der Pflichtteilsberechtigten.

Nachlaßkonkurs (Konkurssorderungen).

515

Der Pflichtteilsanspruch richtet sich gegen den Erben als solchen unb§226 begründet nur insofern eine Nachlaßverbindlichkeit (§ 1976 II). Die ausnahmeweise bis gegen den dritten Beschenkten gerichtete Forderung auf Ergänzung des Pflichtteils8 (§§ 2325ff., 2329; querela inofficiosae donationis) kommt für den „Nachlaßkonkurs" S-

nicht in Betracht. Dieser Anspruch kann (gewöhnliche) Konkursforderung nur im Konkurse des Dritten sein. Soweit der Erbe zur Pflichtteilsergänzung verbunden ist, trägt auch der außerordentliche Pflichtteilsanspruch den Charakter einer minder­ berechtigten Konkursforderung. Der Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils kann auch begründet sein, wenn der Nachlaß im Zeitpunkte des Erbfalls überschuldet ist. Da der Ergänzungsanspruch auf volle zehn Jahre vor dem Erbfalle zurückgreift (§§ 2325 III, 2332 II BGB.), während die Schenkungsanfechtung (§ 32) nur die letzten zwei Jahre vor dem Konkurse beherrscht, kann es Vorkommen, daß Schenkungen des Erblassers ausschließlich zugunsten von Pflichtteilsberechtigten angreifbar sind, b) Vermächtnisnehmer konnten nach früherem Recht, wenn das Vermächtnis einenAmn.io. persönlichen Anspruch begründete, wegen § 56 Nr. 4 (jetzt § 63 Nr. 4) als Konkurs­ gläubiger im Nachlaßkonkurse nicht auftreten [§ 63 Anm. 7]. Dinglich wirkende Vermächtnisse erzeugten in diesem Verfahren zwar an sich ein Aussonderungsrecht, doch war letzteres regelmäßig der Anfechtung ausgesetzt. Zust. Hellwig Verträge auf Leistung an Dritte S. 377 f. Nach neuem Reichsrecht (§§ 1939, 2147 BGB.) gibt es kein Vindikationslegat: durch das Vermächtnis wird für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstandes zu fordern (§ 2174 BGB ). Ist der Erbe mit solcher Verpflichtung beschwert, so ist die Schuld eine Nachlaß­ verbindlichkeit nach § 1967 II BGB. Beschwerungen eines Vermächtnisnehmers (vgl. § 2147) kommen im Nachlaßkonkurse nicht in Betracht. Wohl aber gelangen nach altem und neuem Recht die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen (und Auflagen) im Konkurs über das eigene Vermögen des Beschwerten — des Erben oder Vermächtnis­ nehmers — als Konkursforderungen zum Zuge. Denn für dieses Verfahren sind sie nicht Freigebigkeiten „des Gemeinschuldners" [§ 63 Anm. 10]. Bedingte Vermächtnis­ anordnung : § 3 Anm. 23. Der Erbe kann aber auch Gläubiger einer Vermächtnissorderung sein (Voraus-Anm.ii. Vermächtnis, § 2150 BGB.) und ist als solcher nicht bloß gegenüber Miterben zu be­ handeln, sondern auch gegenüber anderen Vermächtnisnehmern und besser berechtigten Nachlaßgläubigern. Das ist von Bedeutung einmal deshalb, weil der Erbe an sich — d. h. vom Falle des § 225 abgesehen — im Nachlaßkonkurse nichts erhält: so rangiert er wenigstens unter den Vermächtnisnehmern. Ferner aber kommt ihm das Boraus­ vermächtnis zu statten, wenn sich ein Nachlaßgläubiger erst nach Ausschüttung der Konkursmasse meldet: von dem nach Maßgabe der §§ 1989 mit 1973 II, 2013 „heraus­ zugebenden Überschüsse" geht erst noch das Vorausvermächtnis ab.

Ein nach § 2307 BGB. den Pflichtteil ersetzendes Vermächtnis hat bis «nm. 12. zum Pflichtteilsbetrag auch Pflichtteilsrang (§ 226 III). Der mit einem Vermächtnisse bedachte Pflichtteilsberechtigte braucht also, um sich diesen Rang zu verschaffen, nicht erst nach § 2307 I Satz 1 BGB. das Vermächtnis auszuschlagen und statt dessen den Pflichtteil zu verlangen. Diese Vorschrift hat für den häufigen Fall, daß der Erblasser einen Erben „auf den Pflichtteil beschränkt", besondere Bedeutung, weil nach § 2304 BGB. die Zuwendung des Pflichtteils nicht ein Erbrecht auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, sondern nur eine Geldforderung auf den Wert dieser Hälfte begründet und insofern einem Geldvermächtnisse gleichsteht (vgl. §§ 1939, 2174; P. V S. 770). So­ weit das den Pflichtteil ersetzende Vermächtnis den Pflichtteilsbetrag übersteigt, ist die Forderung des Bedachten reiner Bermächtnisanspruch. Auf ein und derselben Stufe mit den ausdrücklich vom Erblasser angeordneten Anm. 13. Vermächtnissen stehen im Nachlaßkonkurse die sog. gesetzlichen Vermächtnisse. Vgl. Schiffner Gesetzliche Vermächtnisse (1895), Pflichtteil, Erbenausgleichung und die sonstigen gesetzlichen Vermächtnisse nach dem BGB. (1897). Zu diesen zählt namentlich

516

§226 bi-

§229.

Anm,14.

Anm.15.

Nachlaßkonkurs . Beruf, Erwerbs- oder Geschäftszweig des Gemeinschuldners:

(Bei mehreren Berufen usw. nur derjenige, aus welchem der Konkurs vorwiegend seinen Ursprung herleitet; bei Nachlaßkonkursen Hauptberuf usw. des Verstorbenen.)

5. Aonkursverfahren eröffnet am

(9

6. war ein Gläubtgerausschutz bestellt? 7. Aonkursverfahren beendet am