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German Pages 200 Year 1991
Linguistische Arbeiten
256
Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese
Michael Prinz
Klitisierung im Deutschen und Neugriechischen Eine lexikalisch-phonologische Studie
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1991
D61 Gedruckt mit der Genehmigung der Philosophischen Fakultät der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Prinz, Michael: Klitisierung im Deutschen und Neugriechischen : eine lexikalisch-phonologische Studie / Michael Prinz. - Tübingen : Niemeyer, 1991 (Linguistische Arbeiten ; 256) NE:GT ISBN 3-484-30256-9
ISSN 0344-6727
© Max Niemeyer Verlag GmbH A Co. KG, Tübingen 1991 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt
Inhaltsverzeichnis Vorbemerkungen
l
1. Der theoretische Hintergrund
4
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
11 19 29 35 37
Die Lexikalische Phonologic Die Vorkompilierte Phrasale Phonologie Zur Repräsentation der Silbe Der Akzent in der Metrischen Phonologie Zur Laut-Schrift-Beziehung Syntaktische Aspekte
2. Klitisierung im Rückblick
42
2.1 Die Terminologie 2.2 Zur Typologie der Klitika 2.2.1 Einfache Klitisierung 2.2.1.1 Die bisherigen Klitisierungsmodelle 2.2.1.2 Die kritische Auseinandersetzung mit den früheren Modellen 2.2.1.3 Frühere Generierungsanalysen 2.2.1.4 Der grammatische Status der deutschen Klitika 2.2.2 Spezielle Klitisierung 2.2.3 Gebundene Wörter 2.3 Die phonologische Bindung klitischer Einheiten 2.4 Über den Partner der klitischen Einheiten 2.5 Schlußbemerkungen
42 43 43 44 48 57 60 69 72 73 78 80
3. Die Klitisierung im Deutschen
82
3.1 Starke und klitische Formen 3.2 Die Generierung der klitischen Einheiten 3.3 Der lexikalische Status der Klitika 3.3.1 Kriterien für den lexikalischen Status der Klitika 3.3.2 Die flektierten Präpositionen 3.3.3 Die definiten Artikelformen 3.3.4 Die Indefinitartikel 3.3.5 Die Pronomen 3.3.6 Das Auxiliar 'ist' 3.4 Die lexikalische Vorkompilierung der Klitika 3.4.1 Fokus vs. Klitisierung 3.4.2 Die flektierten Präpositionen 3.4.2.1 Zur Syntax 3.4.2.2 Die Instantiierung
82 89 98 98 102 108 112 114 119 120 121 125 125 128
VI 3.4.3 Die klitischen Artikelformen 3.4.3.1 Die phonosyntaktischen Kontexte 3.4.3.2 Bemerkungen zu den postlexikalischen Verschmelzungen 3.4.4 Die Indefinitartikel 3.4.5 Die Pronomen 3.4.5.1 Die Nominativ-Klitika [dal, Cza] und [vK3 3.4.5.1.1 Assimilations-Phänomene 3.4.5.2 Die [?]-Klitika 3.4.5.3 Die Akkusativ-Klitika ] und CnJ 3.4.5.4 Die [sl -Klitika 3.4.5.5 Eine Abschlußbemerkung 3.4.6 Das Auxiliar 3.4.7 Die phonologischen Instantiierungsregeln 3.5 Zusammenfassung
129 129 136 139 142 142 149 151 152 154 158 159 162 168
4. Die klitischen Personalpronomen des Neugriechischen
170
4.1 Die Relation zwischen den starken und den klitischen Formen 4.2 Der grammatische Status 4.3 Die Akzentuierung der Enklitika 4.3.1 Die lexikalische Vorkompilierung der Akzentzuweisung 4.4 Die Resultate
170 173 176 179 184
Schlußbeme rkunge n: Die Einordnung der Klitisierung in die Grammatik
185
Literaturverzeichnis Anhang: Die phonetischen Zeichen
189 193
VORBEMERKUNGEN
Ausnahmen sind nicht immer Bestätigung der alten Regel; sie können auch die Vorboten einer neuen Regel sein. Marie von Ebner-Eschenbach Aphorismen
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den klitischen Phänomenen des Deutschen und des Neugriechischen. Unter dem Begriff klitische Einheit verstehe ich in erster Linie solche Funktionswörter, die für sich genommen keine grammatisch korrekte sprachliche Äußerung bilden können; aus diesem Grund müssen sie klitisieren, d.h. sie können nur in Verbindung mit einem unmittelbar adjazenten Wort vorkommen; allgemein wird dieser Vorgang, der in der Forschung als morphologische oder phonologische Abhängigkeit beschrieben wird, Klitisierung genannt. Die klitischen Phänomene des Deutschen haben in der bisherigen linguistischen Forschung wenig Aufmerksamkeit gefunden; Wiese (1987, 1988b) und Prinz (1987) sind die einzigen Forscher, die sich in größerem Umfang mit der Klitisierung im Deutschen auseinandergesetzt haben. Daneben existieren noch mehrere Arbeiten zu den reduzierten Formen des Deutschen (vgl. Schaub 1977, Dedenbach 1987). Letztere beschäftigen sich prinzipiell mit allen möglichen Reduktionen der Funktionswörter, ohne die Reduktionen bei hohem Sprechtempo von den Klitisierungen abzugrenzen, die nicht zu den Schnellsprechphänomenen zu zählen sind (vgl. Kaisse 1985). Demgemäß werden in dieser Arbeit nur klitische Einheiten erörtert, die sich darin auszeichnen, daß sie bei normalem Sprechtempo akzeptabel sind. Auch die unterschiedliche Kontextsensitivität macht eine Abgrenzung der klitischen Einheiten von den übrigen reduzierten Einheiten sinnvoll; denn für die Klitika spielen vor allem syntaktische Umgebungen eine Rolle, während die anderen reduzierten Formen nicht in syntaktischer Hinsicht kontextsensitiv sind. Da die Klitisierungen morphologische bzw. phonologische Vorgänge sind, muß ein entsprechender theoretischer Rahmen eingeführt werden, in dem diese Phänomene analysiert werden können. Hier bietet sich die Lexikalische Phonologie (die auch Lexikalische Morphologie heißen könnte, vgl. Wiese 1988b:21) an, deren zentrale Punkte die modulare Organisation der Phonologie innerhalb der Grammatik bzw. die Modularität der Morphologie innerhalb des Lexikons sind. Dieses Modell wurde u.a. von Kiparsky (1982, 1985) entwickelt; Wiese (1988b) konzipierte es für die deutsche Sprache. Hayes (demn.) hat eine Variante des Modells konzipiert, in dem die phonologische Komponente des Lexikons einen erheblich größeren Schwerpunkt einnimmt als dies in den übrigen Varianten der Fall ist. Diese Vorkompilierte Phra-
sale Phonologie von Hayes bildet den theoretischen Rahmen für meine Untersuchungen. Es wird sich herausstellen, daß die hier zu untersuchenden Klitika innerhalb des Lexikons reduziert werden, wobei ihre Generierung hauptsächlich von morphologischen bzw. syntaktischen Aspekten abhängt. Dagegen sind die reduzierten Einheiten keine lexikalischen Einheiten, und sie unterliegen auch keinen morphologischen oder syntaktischen Beschränkungen. FUr sie kommen ausschließlich phonologische Faktoren in Betracht. Die Behandlung der deutschen Klitika gliedert sich in drei Teile; in Teil I werden die linguistischen Modelle eingeführt, auf denen die Analyse aufbaut. Teil II nimmt einen kritischen Rückblick auf die bisherigen Arbeiten zur Klitisierung vor. Meine Behandlung erfolgt in Teil III unter Berücksichtigung der in Teil II zusammengetragenen Ergebnisse. Die neugriechischen Klitika sind ein weiterer Gegenstand dieser Arbeit. In den bisherigen Forschungen werden sie ebenso wie die mit ihnen vergleichbaren Klitika anderer Sprachen (z.B. die romanischen Klitika) mit syntaktischen Methoden untersucht, was auch aufgrund ihrer speziellen syntaktischen Eigenschaften legitim ist. Zweifellos können diese Einheiten einen wichtigen Beitrag zu syntaktischen Theoriebildungen leisten. Ich möchte an dieser Stelle nur auf die von Borer (1984) vorgenommenen Untersuchungen zu den romanischen und semitischen Klitika innerhalb des Government-Binding-Modells verweisen. Auf der anderen Seite wurden die morphologischen bzw. phonologisehen Eigenschaften dieser Klitika ziemlich vernachlässigt. Aus dem Bereich des Neugriechischen ist mir nur ein Aufsatz von Warburton (1970) zur Akzentuierung bekannt. Also gilt es, diese Lücke mit dem in Teil IV zu leistenden Beitrag zu schließen. Den Hintergrund für diese Unterschungen bildet ebenso das von Hayes eingeführte Konzept der Lexikalischen Phonologie. Ich beabsichtige also, die klitischen Phänomene in zwei Sprachen zu analysieren. Neben diesem sprachbeschreibenden Aspekt geht es mir auch um den Nachweis, daß die Generierung der Klitika bzw. die Klitisierung zumindest im Deutschen und Neugriechischen keine in der Grammatik verankerten Vorgänge sind, die mit der Verwendung klitischer Kategorien zu beschreiben sind. Es gibt demnach keine klitischen Affixe, wie u.a. von Kaisse (1985) vorgeschlagen wurde, oder ein morphologisches Merkmal [klitisch] (vgl. Zwicky 1987) bzw. eine phonologische Kategorie, die eigens fUr die Beschreibung der Klitisierungen vorgesehen ist (vgl. Nespor/Vogel 1986); der Verzicht auf solche eigens für Klitika geschaffene Kategorien wird dadurch bestätigt, daß die klitischen Einheiten und die Klitisierungen in den genannten Sprachen Über viele Charakteristiken verfügen, die sie mit anderen, nicht-klitischen Einheiten gemeinsam haben. Dieses Buch stellt die überarbeitete Fassung meiner Dissertation dar, die im Mai 1990 von der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf angenommen wurde. Die Arbeit wurde von Anfang an von meinem 'Doktorvater', Herrn Wiese, mit kritisch-konstruktiven Anmerkungen verfolgt. Außer ihm möchte ich besonders die Herren Wunderlich und Vater (letzterer von der Unversität zu Köln) hervorheben, die mich bei der Überarbeitung der Dissertation auf sehr viele Aspekte aufmerksam machten, die noch zu berücksichtigen waren. Einen regen Informationsaustausch führte ich vor allem mit Martha Young-Scholten (Seattle/
Düsseldorf) durch, deren konkurrierende Ansichten über Klitisierung mich zu noch größerem Ausarbeiten meiner Ideen und Ansichten zwangen. Diskussionen Über generelle phonologische Annahmen, die zum Teil Einfluß auf den theoretischen Hintergrund der Arbeit hatten, wurden vor allem mit Tracy A. Hall (Seattle/Düsseldorf) und Roland Noske (Amsterdam/Düsseldorf) geführt. Vor allem diesen Linguisten bin ich zu großem Dank verpflichtet. Weiterhin hatte ich die Möglichkeit, Ausschnitte der Arbeit im Rahmen mehrerer Vorträge darzustellen. Hier wurden mir viele Anregungen gegeben, die ich in meiner Arbeit gut verwerten konnte. Den hier nicht mit Namen genannten Kollegen sei für ihre Mitarbeit herzlich gedankt. Insbesondere sind hiermit alle Mitarbeiter des Seminars für Allgemeine Sprachwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gemeint. Die Atmosphäre in diesem Mikrokosmos war von einer perfekten Symbiose von Wissenschaftlichkeit, Harmonie und freundschaftlichem Miteinander geprägt, was auf die Dissertation einen äußerst fruchtbaren Einfluß hatte.
Nidda, den 27.10.90
Michael Prinz
4
1. Der theoretische Hintergrund
In diesem Teil werden die Modelle erörtert, innerhalb derer die Untersuchungen zur Klitisierung im Deutschen und Neugriechischen vorgenommen werden sollen. Besondere Bedeutung kommt dabei der Lexikalischen Phonologie zu, die den für die Analyse der Klitisierung erforderlichen phonologischen Rahmen darstellt. Entsprechend breiten Raum nimmt daher die Darstellung dieses Modells ein (Kap. l und 2). In Kap. 3 wird die Konzeption der Silbe eingeführt, die in dieser Arbeit verwendet wird. Auch der Akzent spielt eine Rolle für die Klitika; ein mögliches Modell zur Repräsentation des Akzents wird in Kap. 4 diskutiert. Da auch auf schriftliche Aspekte der Klitika eingegangen wird, erfolgt in Kap. 5 die Erörterung eines Modells, das die Verschriftung von Segmenten zum Gegenstand hat. Schließlich werden in Kap. 6 einige syntaktische Aspekte des Deutschen bzw. Englischen illustriert, auf die in den folgenden Kapiteln immer wieder zurückgegriffen wird.
1.1 DIE LEXIKALISCHE PHONOLOGIE
Bei der generativen Grammatik handelt es sich nach gegenwärtiger Auffassung um ein modular organisiertes Modell, das in verschiedene, autonome Bereiche unterteilt ist, die miteinander interagieren (vgl. u.a. Grewendorf et.al. 1987:36). Das gilt schon für das Frühwerk Chomskys zur generativen Grammatik (vgl. Chomsky 1957), wo es den Bereich der Syntax und der Phonologie gibt. Morphologie und Wortbildung wurden mit ausschließlich syntaktischen Prozessen beschrieben und waren damit Teil der Syntax. In der Standard-Theorie (vgl. Chomsky 1965) wird das Modell der Grammatik um die Komponente des Lexikons erweitert, das nun ein eigenständiges Modul innerhalb des Gesamtsystems bildet. Morphologische Prozesse sind jetzt auch Teile des Lexikons und nicht nur der Syntax. Ebenso konstituiert in einigen neueren Arbeiten zur Grammatiktheorie (vgl. Chomsky 1982) und auch im Rahmen des hier zu erörternden Modells der lexikalischen Phonologie das Lexikon eine eigenständige Komponente innerhalb der Grammatik neben Syntax, Semantik und Phonologie. Die Annahme mehrerer Grammatikkomponenten wird dadurch gerechtfertigt, daß jedes dieser Module über für sie spezifische Regeln verfügt; diese Regeln nehmen widerum auf unterschiedliche Informationen Bezug. So können innerhalb des Lexikons solche Regeln ablaufen, die auf morphologische Informationen referieren, während innerhalb der Semantikkomponente nur semantische Kontexte verfügbar sind. Der Anspruch der Lexikalischen Phonologie ist es, ebenso die Phonologie als einen modularen Vorgang zu beschreiben, d.h. es gibt phonologische Regeln, die auf unterschiedliche grammatische Kontexte zugreifen und deshalb verschiedenen grammatischen Komponenten bzw. Modulen zuzuordnen sind. So
existieren phonologische Regeln, die nur auf einen morphologischen Kontext referieren. Sie operieren lexikalisch, da für phonologische Regeln nur hier die entsprechende morphologische Information verfügbar ist. Als Beispiel sei der Wechsel der stimmhaften Plosive zu stimmlosen Frikativen vor dem nominalen Derivativ Itl zitiert; vgl. dazu geben/Gift, graben/Gruft, mag/Macht, schlagen/Schlacht. Diese phonologische Regel ist somit morphemsensitiv; sie operiert nur vor dem Morphem Itl. Nach Kloeke (1982:210,211) formuliere ich folgende Regel in (1): (1) [-son] -» [-t-cont]/
+ Itl
Mit dieser Regel allein ist aber noch nichts über den Aufbau des Lexikons gesagt. Der Lexikalischen Phonologie zufolge ist der gesamte Wortbildungsprozeß als Teil des Lexikons anzusehen (vgl. Mohanan 1986:13). Hier stellt sich für jede Sprache die Frage, wie die verschiedenen Wortbildungstypen - Flexion, Derivation, Komposition im Lexikon organisiert sind und wie die Wortbildung mit der Phonologie interagiert. Das Lexikon ist in verschiedene Ebenen unterteilt, auf denen morphologische Prozesse stattfinden, welche jeweils mit phonologischen Prozessen interagieren. Für die deutsche Sprache zeigen z.B. Grewendorf/Hamm/Sternefeld (1987:295), daß man zwischen zwei Klassen von Derivationsmorphemen zu differenzieren hat. Einige von ihnen sind unter (2) aufgeführt: (2a)Typ-l-Affixe: vari+abel, bronchi+a/, Funktion+är, Archiv+ar b) Typ-2-Affixe: Tisch*7er, Brauch+tum, Tisch+cAe/i, sorgen+7os Nach Wiese (1988b) gehört die erste Klasse zu Ebene l (hierzu gehören alle nichtnativen Suffixe) und die zweite Klasse (damit sind ausschließlich native Suffixe gemeint) gemeinsam mit der Kompositumsbildung zu Ebene 2. Die Flexion findet erst auf Ebene 3 des Lexikons statt. Die Begründung für diese modulare Organisation der Morphologie liegt bei Giegerich (1985:28) im unterschiedlichen Verhalten von nativen und nicht-nativen Suffixen begründet: so treten nicht-native Suffixe vor den nativen an die entsprechenden Wortstämme (z.B. archiv+ar+/os>, und außerdem sind native Suffixe in der Regel unakzentuierbar; als Gegenbeispiel ist das akzentuierte Suffix -ei wie in Bäckerei zu nennen. Weiterhin ist von Giegerich nachgewiesen worden, daß der Wortakzent vor dem Kompositumsakzent operiert. Aus diesem Grund lokalisiert Wiese den Wortakzent auf Ebene l und den Kompositumsakzent auf Ebene 2. Für die phonologische Komponente sei noch die an späterer Stelle zu erörternde Schwa-Epenthese (vgl. Wiese 1988b) erwähnt, die auf allen Ebenen produktiv wird; jedoch kann Schwa aufgrund der Epenthese nach der Wortakzentuierung keinen Akzent zugewiesen bekommen. Die reguläre Flexion findet am weitesten vom Wortstamm entfernt statt, d.h. erst nach der Affigierung der Derivativmorpheme (z.B. archiv+ar+/os+e in "die archivarlose Stadt"); sie wird deshalb der Ebene 3 zugeordnet. Von diesem Flexionstyp ist die irreguläre Flexion abzugrenzen, zu
der die Pluralbildung zählt (vgl. Wiese 1988b:150). Diese Wortbildung wird zur Ebene l gerechnet. Der/s/-Plural wie in Hotels oder Autos verhält sich dagegen prädiktabel; denn er wird auf alle Nomen angewandt, die nicht vorher flektiert wurden. Deshalb affigiert /s/ auf Ebene 3. FUr die Konzeption des Lexikons im Deutschen ergibt sich somit zunächst die Struktur, welche in (3) abgebildet ist (vgl. Wiese 1988b:152). (3)
Phonologie
Morphologie Ebene 1
Klassel- Derivation irreg. Flexion
Ebene 2.
KlasseZ-Denvation Komposition
Ebene 3
reg. Flexion
>
X
s
>
Wort-Akzent Schwa-Epenthesel vompositumsakzen L Schwa-Epenthese2 ...
,
|
Schwa-Epenthese3
Für den Informationsfluß zwischen den Ebenen ist es wichtig, daß die wort-interne Struktur auf der einen Ebene fUr spätere Ebenen nicht mehr zugänglich ist. Dieser Vorgang ist die Konsequenz der Bracketing Erasure Convention (BEC), die in (4) nach Mohanan (1986:23) formuliert wird: (4) Tilge die interne Klammerung am Ausgang jedes Zyklus. Jeder zugrundeliegende lexikalische Eintrag wird mit einer Klammerung versehen. Diese Klammerung wird immer dann aufgehoben, wenn der Ableitungsprozeß von einem phonologischen Regelsystem zu einem morphologischen Regelsystem gelangt, also zu einem neuen Zyklus. Am Beispiel Weltalls sei der Prozeß erläutert; die drei Morpheme dieses Wortes liegen zunächst als ungebundene Einheiten vor, bis auf Ebene 2 das Kompositum Weltall gebildet wird; auf Ebene 3 tritt das Suffix -Isl an das Kompositum. Auf die mit den jeweiligen Ebenen interagierenden phonologischen Regelanwendungen, die hier nicht aufgeführt sind, erfolgt dann die BEC (vgl. (5)): (5) Morpheme Ebene l
Ebene 2 Ebene 3
[Welt] [All] [s] [Welt]
[All]
[ [Welt] [All] ] [ Weltall ] [ [Weltall] [s] ] [ Weltalls ]
Suffigierung BEC Kompositum BEC Suffigierung BEC
Durch die BEC kommt deutlich zum Ausdruck, daß die Affigierung des Flexionselementes Isl auf Ebene 3 das Kompositum betrifft und nicht nur den zweiten Bestandteil All-, denn infolge der Klammertilgung sind die beiden Wörter, aus denen sich das Kompositum zusammensetzt, für die Flexion nicht mehr sichtbar. Auf die phonologischen Regeln gehe ich erst ein, wenn der entsprechende Formalismus erörtert worden ist. Mit der BEC erklärt sich die Irrelevanz der wort-internen Struktur und der damit verbundenen morphologischen Information nicht nur flir alle der Ableitung folgenden lexikalischen Ebenen, sondern auch flir all die phonologischen Ableitungen, die auf das Lexikon keinen Zugriff haben. Die morphologische Struktur bzw. Information eines Wortes ist infolge der Tilgung der wortinternen Klammerung durch die BEC unsichtbar flir phonologische Regeln, die außerhalb des Lexikons operieren. Keine postlexikalische Regel darf demnach auf die wortinterne Struktur Bezug nehmen. Ein Kriterium, um zwischen lexikalischen und postlexikalischen Regeln unterscheiden zu können, liegt also in der Kontextsensitivität begrilndet: außerhalb des Lexikons können die phonologischen Regeln nicht mehr auf die wortinterne morphologische Information referieren. Als Beispiel flir eine derartige postlexikalische Regel sei die Labialisierung des Nasals [nl vor dem labialen Plosiv [b] in in Berlin [im.bsK.lhn] genannt; vgl. dazu die vorläufig formulierte Regel in (6): (6) [+nasal]
+labial -nasal -dauernd .-»•stimmhaft
Der Kontext dieser Regel ist im Gegensatz zu (1) ausschließlich phonologisch bedingt. Außerdem operiert die Regel (6) über die Wortgrenze hinaus, während lexikalisch-phonologische Regeln wie (1) nur innerhalb von Wörtern ablaufen können. Postlexikalische phonologische Regeln sind damit einerseits phrasale phonologische Regeln, da sie zwischen Wörtern stattfinden; andererseits können sie auch innerhalb eines Wortes operieren, wenn ausschließlich phonologische Information flir die Regelanwendung relevant ist. Ein Beispiel ist die Auslautverhärtung, derzufolge Obstruenten am Silbenende stimmlos werden (vgl. Wiese 1988b:80). Die phrasale Kontextsensitivität in (6) spricht also eindeutig flir die Zuordnung der Assimilationsregel zum postlexikalischen Phonologiemodul. Dieses Modul ist so beschaffen, daß alle hier operierenden Regeln auf einen phonologischen Kontext referieren. Der Kontext beinhaltet Informationen über Segmente, Silben, Silbenstrukturen, Akzent und Intonation (vgl. Kaisse 1985:19). Aber diese phonologischen Regeln konstituieren innerhalb der postlexikalischen Phonologic nicht das einzige Modul. Es gibt noch andere Regeln, die auf andere Information Bezug nehmen. So wird u.a. von Mohanan (1986) und Kaisse (1985) die Existenz eines postlexikalischen Moduls angenommen, das Zugang zu syntaktischer Information besitzt (siehe weiter unten). Bestimmte phonologische Prozesse können also nur dann ablaufen, wenn die erforderlichen syntaktischen Bedingungen gegeben sind. Diese Information muß natürlich vor den phonologischen Regeln, die nur auf phonologische Kontexte referieren, verfügbar sein, denn fUr letztere spielen syn-
8
taktische Informationen keine Rolle mehr. Wesentlich fUr die Beibehaltung syntaktischer Informationen ist die Sichtbarkeit der innerhalb der Syntax vorgenommenen Klammerungen. Mit anderen Worten: die BEC wird beim Übergang von der Syntax in den postlexikalischen Bereich nicht produktiv. Die Klammern dürfen nicht getilgt werden, da es phonologische Prozesse gibt, die auf die durch die Klammerung gelieferte syntaktische Information noch zugreifen (oder auch nicht). Erst beim Ausgang dieses phonosyntaktischen Moduls wird mit der Klammerung auch die syntaktische Information getilgt, und sie kann damit für den rein phonologischen Bereich keine Rolle mehr spielen. Dieser Tilgungsvorgang sei an dem Satz das Auto fahrt gegen einen Baum illustriert (vgl. (7)): (7) Ebene Pl Ebene P2
[
[ das au to] [ [ fährt] s NP VP v
[
gegen einen Baum] ] l pp
[das.au.to:.fe:Kt.ge:.gan.al.nan.baum] ö
"^
Die phonologische Organisation von P2 ist an dieser Stelle nur unvollständig wiedergegeben. Es herrscht keine einheitliche Meinung über die Art der zur Verfügung stehenden phonologischen Information. Ob bzw. welche prosodische Einheiten in P2 überhaupt eine Rolle spielen, ist kontrovers. Daß nach dem Übergang von Pl nach P2 zumindest die im Lexikon erzeugte Kategorie Silbe als phonologische Information vorhanden sein muß, steht außer Frage; denn die von Wiese (1988b:80f.) dem postlexikalischen Bereich zugeordnete Regel der Auslautverhärtung referiert auf diese Information. Wie verhält es sich aber mit der von einigen (vgl. Selkirk 1980, Nespor/Vogel 1982,1986) angenommenen elaborierteren Organisation der Phonologic in weitere prosodische Domänen? Diese Frage wird von Kaisse (1985:22) bei ihrer Diskussion um den Übergangsmechanismus von Pl nach P2 gestellt. Ein Modell, das die Überführung von Pl nach P2 gewährleistet, findet sich bei Nespor/Vogel (1982). Sie argumentieren ganz im Geist der generativen Grammatik, wo die syntaktische Oberflächenstruktur in prosodische Konstituentenstrukturbäume überführt wird. Die Auffassung einer derartig hierarchischen Organisation wurde schon in Sound Pattern of English (vgl. Chomsky/Halle 1968) für die Phonologie vorgestellt. Entsprechend lassen sich nach Nespor/Vogels Auffassung phonologische Segmentketten in sieben prosodische Domänen zusammenfassen (vgl. (8)), wobei die Silbe die unterste und die Äußerung die höchste Domäne darstellt (vgl. Nespor/Vogel 1986:16): (8) Silbe (o) Fuß ( ) phonologisches Wort ( ) klitische Gruppe (C) phonologische Phrase ( ) Intonations phrase (I) phonologische Äußerung (U)
Die Existenz dieser prosodischen Konstituenten muß natürlich gut motiviert werden. Ein sehr wesentliches Argument beruht darauf, daß phonologische Regeln nicht auf eine beliebig lange Sequenz von phonologischen Segmenten Bezug nehmen, sondern immer nur auf Teilbereiche, die derartig systematisch konstruiert sind, daß man von der Existenz verschiedener phonologischer Domänen ausgehen kann. Nespor/ Vogel zufolge handelt es sich bei diesen Einheiten um die prosodischen Domänen, innerhalb derer phonologische Prozesse operieren können. Der Ablauf phonologischer Prozesse kann also an phonologische Domänen gebunden sein. Deren Konstruktion baut hauptsächlich auf syntaktischer Information auf, welche in Pl verfügbar ist. Die hier noch vorhandenen syntaktischen Oberflächenstrukturen werden mit Hilfe der für die Konstruktion der prosodischen Domänen verantwortlichen Regeln in prosodische Konstituenten überführt. Der Übergang von syntaktischen in phonologische Strukturen wird also mit Hilfe dieses Abbildungs-Prozesses realisiert. Die entsprechenden Domänen sind somit innerhalb von P2 zu lokalisieren (vgl. Prinz 1987, Hayes demn.). Auf die Existenz dieser prosodischen Domänen kann in der Beschreibung phonologischer Phänomene nicht verzichtet werden, da viele phonologische Regeln durch die Konstituenten konditioniert sind. Kisseberth/Abasheikh haben einem Vortrag von Hayes (1988) zufolge als Beispiel die Kürzung eines langen Vokals vor einem langen Vokal in Chimwini, einer Bantu-Sprache, beobachtet (vgl. (9)); die entsprechende Regel kann nur innerhalb der phonologischen Phrase operieren. (9) [ panz/':ze co:mbol [ mwa:mba] -> [ panz/ze co:mbo] [ mwa:mba] er-warf Kessel Felsen 'Er warf den Kessel auf den Felsen' Der Langvokal im Wort co-.mbo darf trotz des folgenden langen Vokals in mwa-.mba nicht reduziert werden, da sich beide Wörter in unterschiedlichen phonologischen Phrasen befinden. Dagegen ist die Reduktion des /i:/ erlaubt, da sich der folgende Langvokal in derselben phonologischen Phrase befindet. Wie schon erwähnt, können auch syntaktische Relationen zwischen Wörtern einen Aufschluß über die Anwendung einer phonologischen Regel geben. Offensichtlich gibt es Phänomene, für die der in Pl verfügbare syntaktische Kontext zur Erklärung der phonologischen Prozesse notwendig ist, weil das prosodische Kategoriensystem keine Erklärung liefern kann. In dem phonosyntaktischen Modul werden all die Prozesse aufgeführt, die man unter die Gruppe der Sandhi-Phänomene zusammenfaßt. Kaisse (1985) hat sich intensiv mit diesem Phänomenkomplex im Rahmen der lexikalischen Phonologie beschäftigt. Unter Sandhi versteht man solche phonologischen Regeln, die zwischen sprachlichen Einheiten stattfinden und syntaktisch sensitiv sind. Kaisse diskutiert die Interaktion zwischen den lexikalischen Wörtern (also Nomen, Verben, Adjektive), was als externer Sandhi bezeichnet wird. Beispiele für diesen externen Sandhi sind in der deutschen oder englischen Sprache meines Wissens nicht gefunden wor-
10
den und nicht zu finden. Zur Illustration dieses Phänomens zieht Kaisse einige andere Sprachen heran, wie z.B. die paläosibirische Sprache Gilyak, wo der initiale Obstruent eines Wortes b nach Nasalen stimmhaft und nach Vokalen aspiriert wird. Bedingung ist aber, daß das Wort a in einer syntaktischen Beziehung zu b steht. Die syntaktische Bedingung in all ihren diskutierten Sandhi-Phänomenen ist die des c-Kommandos. Demnach können die Regeln in Gilyak nur dann operieren, wenn Wort b das Wort a c-kommandiert (vgl. Kaisse 1985:180-81). Von dem externen Sandhi unterscheidet man noch den internen Sandhi. Hiermit sind solche phonologischen Prozesse gemeint, die zu einer Konstellation aus einem Wort und einer klitischen Einheit fuhren können (vgl. Zwicky 1986), wobei auch hier der syntaktische Kontext ausschlaggebend ist. Anstelle dieses Begriffs wird in dieser Arbeit jedoch nur von Klitisierung die Rede sein, da sich hiermit meiner Meinung nach genau derselbe Vorgang ausdrücken läßt. Im Bereich der bisherigen Forschung wurde neben der syntaktischen Kontextsensitivität fUr Klitisierung auch verschiedentlich der Versuch unternommen, prosodische Bedingungen in Form der Konstituenten als mögliche Domänen zu sehen (vgl. Selkirk 1980, Dogil 1984, Prinz 1987). In Teil II wird dieser Annahme kritisch nachgegangen, soweit es den in dieser Arbeit zu behandelnden Gegenstand der Klitisierung betrifft. Abschließend sei noch etwas zu den bisherigen Ausführungen zur Lexikalischen Phonologic gesagt. Bisher ist nämlich immer davon ausgegangen worden, daß phonologische Regeln unterschiedlich kontext-sensitiv sind. Das lieferte uns die Motivation fUr die Modularität innerhalb der Phonologie. Daneben existieren aber gute Gründe fUr die Annahme, daß es phonologische Regeln gibt, die sowohl in der lexikalischen als auch in der postlexikalischen Domäne stattfinden. Ich lehne mich damit an die Aussagen von Mohanan (1986) und Wiese (1988b) an. Derartige Regeln interagieren also mit allen fUr phonologische Information zugänglichen Komponenten. Insofern verfugt die Grammatik auch über ein einziges phonologisches Modul, das mit den entsprechenden Komponenten interagiert. Als ein solches für die gesamte Phonologie des Deutschen relevantes Phänomen möchte ich die Geminierung von Konsonanten nennen; eine relevante Umgebung besteht in einem dem Konsonanten vorausgehenden kurzen Vokal; so haben wir lexikalische Geminierungen in Ebbe [eba], aber auch solche, die Über die Wortgrenze hinausgehen und deshalb postlexikalisch sind, wie z.B. hat der [hat^l. Mit dieser Beschreibung der Geminierung wird nicht der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben; es sind vielleicht noch andere Umgebungen flir die Geminierung verantwortlich; aber hier geht es nur um die Vorstellung einer fUr die gesamte Phonologie des Deutschen geltenden Gesetzmäßigkeit. Aufgrund der bisher durchgeführten Erörterung sind wir nun in der Lage, die Organisation der Phonologie innerhalb der Grammatik wie in (10) darzustellen. Ich lehne mich dabei an Wiese (1988b:213) an, der die phonologischen Regeln innerhalb des Phonologie-Moduls lokalisiert. Diese Regeln interagieren mit dem Lexikon, wenn sie für die betreffenden Ebenen markiert sind. Die mit den postlexikalisch phonologischen Strukturen interagierenden Regeln benötigen eine solche Markierung
11
nicht; denn wenn die lexikalischen Regeln flir entsprechende Ebenen markiert sind, können die anderen, unmarkierten Regeln nur dem postlexikalischen Bereich der Phonologie zugeordnet werden.
(10)
Lexeme
LEXIKON
[Morphologie l Regel l (Ebene i) Regel 2 (Ebene i,j)
SYNTAX | Morphologie N|
Regel N
L/
PHONOLOGIE
Lexikalische Einsetzung
\l
Semantische Interpretation
Postlexikalische Phonologie l Postlexikalische Phonoloeie 2 Phonetische Realisierung
1.2 DIE VORKOMPILIERTE PHRASALE PHONOLOGIE
Das im vorhergehenden Kapitel vorgestellte Modell der Lexikalischen Phonologie liefert den theoretischen Hintergrund für einige bisherige Arbeiten zur Klitisierung (vgl. Teil II). Im folgenden wird eine Variante dieses Modells vorgestellt, das von Hayes (demn.) entwickelt wurde und den Ausgangspunkt flir meine in dieser Arbeit anzustellenden Überlegungen zur Klitisierung bilden soll. In (11) ist die Organisation der Grammatik nach Hayes illustriert; dieses Modell verfligt im Gegensatz zu dem in (10) vorgestellten über eine Schnittstelle zwischen Syntax und Phonologie und über ein einziges postlexikalisches Phonologiemodul.
12 (11)
Lexeme
LEXIKON
[Morphologie l
Regel l (Ebene i) Regel 2 (Ebene i,j)
SYNTAX [Morphologie N|
Regel N PHONOLOGIE Lexikalische Einsetzung
\, Semantische Interpretation
Syntax-Phonologie Schnittstelle Phonologische Installierungen Phonologische Phrasenformation Postlexikalische Phonologic Phonetische Realisierung
Die von Hayes vertretenen zentralen Aspekte sind zum einen, daß syntaktische Vorgänge nicht durch phonologische Information ausgelöst werden können und zum anderen, daß die Phonologie keinen direkten Zugriff auf syntaktische Informationen haben kann. Hayes' Überlegungen lehnen sich an Zwicky an, der in mehreren Arbeiten nachzuweisen versucht hat, daß es keine syntaktischen Vorgänge gibt, die aufgrund bestimmter phonologischer Eigenschaften der betreffenden Einheiten stattfinden bzw. auf sie referieren. Derartige phonologische Information korrespondiert mit phonetischen Prädikaten und beinhaltet Eigenschaften wie Stimmhaftigkeit, Nasalität, Silbenzahl, Silbenstruktur, Akzent oder Vokalhöhe. So kann es nach Pullum/ Zwicky (1988:273) z.B. keine Evidenz für die häufig gemachte Annahme einer Dativ-Bewegungsregel im Englischen geben, die nur durch ein einsilbiges Verb ausgelöst werden kann. Ausfuhrlich wird im Zusammenhang mit dieser These der phonologiefreien Syntax, wonach die Phonologie keinen Einfluß auf Prozesse in der syntaktischen Komponente haben kann, die Klitisierung im Deutschen in Teil II diskutiert. Dort wird auch argumentiert, daß die Phonologie sich nie als notwendiges Kriterium fllr die Beschreibung syntaktischer Vorgänge erweist. Neben inhaltlichen kann auch von formalen Aspekten aus gesehen gegen eine phonologiesensitive Syntax plädiert werden. Syntaktische Vorgänge können auf-
13
grund der Anordnung der Grammatikmodule nicht auf phonologische Ursachen zurückgeführt werden, weil solche Information allenfalls phonologische Prozesse im postlexikalisch-phonologischen Bereich triggern kann; denn nur in diesem Modul stehen die erwähnten phonologischen Aspekte zur Verfügung, und syntaktische Prozesse können nicht durch erst in späteren Modulen zugängliche Information ausgelöst werden. Diese von Zwicky aufgestellte Theorie der phonologiefreien Syntax setzt Hayes formal so um, daß keine segmental-phonologische Information innerhalb der Syntax zugänglich ist: die terminalen Symbole in der Syntax, die in der Lexikalischen Einsetzung mit den phonologischen Formen der entsprechenden Wörter verknüpft wurden, werden nun mit diese Wörter repräsentierenden Indices versehen, die ihnen im Lexikon zugewiesen werden. So wird, um ein Beispiel zu nennen, der Index 728 der DP Karl, 142 dem Verb hebt, und 986 der DP Maria zugewiesen. Die Kategorie DP stellt die neuere Analyse der NP dar; sie wird in Kap. 6 diskutiert. Diese Indices werden in die entsprechenden terminalen Positionen eingesetzt (vgl. (12)): (12a) Der syntaktische Strukturbaum
b) Die Index- Einsetzung CP
CP
TP
C'
TOP
C' f,'·''
IP
c°
728
C°
"X^
IP I'
142
DP
V?
VP
x'X
..-··'
DP
'
V°
DP
V°
986 An dieser Stelle muß ich noch näher auf die Frage eingehen, welche lexikalischen Einheiten durch die Indices repräsentiert werden. In Teil IV werden die Affixe des Neugriechischen zur Sprache kommen, die erst in der Syntax an die entsprechenden Stämme treten. Diesen Affixen müssen Indices zugewiesen werden, denn sonst würden sie ja in ihrer phonologischen Konstellation in die syntaktischen Konstellationen eingesetzt; um die Syntax phonologie-frei zu halten, ist diese Index-Zuweisung erforderlich. Die bereits im Lexikon an die Stämme tretenden Affixe erhalten dagegen keinen Index, da ihre phonologische Form bereits lexikalisch an die Stämme tritt. Auch die Stämme erhalten keinen eigenen Index; denn die Indices repräsentieren die lexikalische Information (mit Ausnahme der im Lexikon vorhandenen phonologischen) von Wörtern. Die Zuweisung eines Index an einen Stamm ist also ebenso überflüssig wie die an ein lexikalisches Affix, da nicht die Stämme bzw. die
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Affixe allein in die Syntax eingesetzt werden, sondern die Fusion aus Stamm und Affix. Daß die phonologische Form des so entstandenen Wortes nicht im syntaktischen Modul erscheint, ist die Funktion des einzusetzenden Index. Die Indices werden also nur den lexikalischen Einheiten zugewiesen, die im morphologisch ungebundenen Zustand innerhalb des Lexikons vorliegen; darunter fallen die Wörter, die syntaktischen Affixe und - wie ich in der Diskussion in Teil II - IV zeigen werde - die klitischen Einheiten. Die syntaktischen Regeln können also auf die Indices und damit verbunden auf die lexikalische Information der eben genannten Einheiten Bezug nehmen, nicht aber auf die entsprechende phonologische Information. Andererseits hat die Phonologie auch keinen direkten Zugang mehr zur syntaktischen Komponente, denn es werden keine Wörter mit ihrer phonologischen Form in die für sie vorgesehenen syntaktischen Strukturen eingesetzt, wie es in der Lexikalischen Einsetzungskomponente im traditionellen Grammatikmodell Üblich ist. Daß die Phonologie keinen direkten Zugriff auf die Syntax hat, ergibt sich aus der hier dargestellten Grammatikkonzeption, die vorsieht, daß die phonologischen Formen durch den Prozeß der phonologischen Instantiierung der Indices erst postsyntaktisch in der Schnittstelle zwischen Syntax und Phonologie (vgl. (11)) verfügbar werden. Die Indices werden also in der Schnittstelle durch die mit ihnen jeweils korrespondierenden lexikalisch-phonologischen Informationen ersetzt; die phonologischen Instantiierungsregeln (vgl, (13)) werden lexikalisch vorausberechnet, bevor ihre Resultate in die entsprechenden syntaktischen Strukturen innerhalb der Schnittstelle eingesetzt werden können (vgl. (14)); insofern ist kein direkter Bezug der phonologischen Form der Wörter auf die Syntax möglich: (13)
728 -» Karl 142 ·* liebt 986 -*· Maria
(14)
Phonologische Instantiierung CP
.^'\ TOP C' 'v.
s
Karl
C°
IP ,,/"'"' \
liebt DP
^-DP
Maria
%,, V
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In (14) liegen nun syntaktische und phonologische Informationen vor. In der Schnittstelle findet neben der phonologischen Instantiierung der Indices auch die Überführung der syntaktischen Strukturen in prosodische Konstituenten statt, womit der Übergang von der Syntax zur Phonologie gewährleistet ist. Es ist anzunehmen, daß nur die prosodischen Konstituenten oberhalb des phonologischen Wortes G) in der Schnittstelle generiert werden, da nur für deren Konstruktion syntaktische Information ausschlaggebend ist (vgl. Teil II, Kap. 2.1.3). Die Übrigen Konstituenten referieren dagegen auf phonologische Information und sind deshalb dem postlexikalischen Bereich der Phonologie zuzuordnen. Nach der Abbildung ist also keine syntaktische Information innerhalb der postlexikalischen Phonologie verfügbar. Die früheren P2-Regeln sind nun die einzigen phonologischen Regeln, die innerhalb der postlexikalischen Phonologie operieren. Somit ist die Bezugnahme phrasal-phonologischer Regeln auf die Syntax, wie sie in der früheren Version des Pl-Moduls gegeben war, in Hayes* Modell ausgeschlossen. Vielmehr kann man von einer indirekten Beziehung ausgehen, wie die folgenden Überlegungen von Hayes zeigen. In der traditionellen lexikalischen Phonologie seit Kiparsky 1982 referieren die syntaxsensitiven phonologischen Regeln unmittelbar auf die in der Syntax zur Verfügung stehende Information und konstituieren das postlexikalische PhonologieModul Pl. Gerade die Existenz der Pl-Regeln wird von Hayes bestritten. Er argumentiert für den lexikalischen Status dieser phonosyntaktischen Regeln; die für sie typische phrasale Kontextsensitivität ist jedoch keine Eigenschaft, die phonologische Regeln im Lexikon auszeichnet; denn lexikalisch-phonologische Regeln operieren nur innerhalb der Wortgrenze. Deshalb nimmt Hayes an, daß die Regeln bereits präsyntaktisch im Lexikon vorkompiliert werden, während die Resultate postsyntaktisch in der Schnittstelle in die entsprechenden syntaktischen Konfigurationen eingesetzt werden. Damit können phonologische Regeln nicht direkt auf syntaktische Informationen referieren. Um diesen Mechanismus zu illustrieren, erscheint es sinnvoll, zwei Beispiele anzuführen. Zunächst erörtere ich die VokalkUrzung im Haussa. Wie die Daten in (15) zeigen, erscheinen Vokale am Ende von Verben nur dann in gekürzter Form, wenn das Verb einer lexikalischen Objekt-NP, also keinem Pronomen, vorangeht. (15a)
na: ka:ma: Ich-habe gekauft
b)
na: ka:ma: Ich-habe gekauft
(kein Objekt)
si: es
c) na ka:ma ki:fi: Ich-habe gekauft einen-Fisch
(pronominales Objekt)
(lexikalisches Objekt)
Für den Kontext vor einer lexikalischen Objekt-NP sind solche Verbformen wie [Raima] markiert; diese kontextuelle Information wird mit Hilfe eines Instantiierungsschemas ausgedrückt, wo diese phonologische Form eingesetzt werden muß (vgl. (16)):
16
(16) Schemal: [
VP
NP ... ], NP nicht-pronominal
Lexikalische Einheiten können also flir solche Schemata wie in (16) markiert sein; für das Verb, dem hier willkürlich der Index 233 zugewiesen wird, gibt es somit zwei mögliche phonologische Realisierungen: die eine lautet [ka:ma] mit Schemal als diakritischem Merkmal, während [ka:ma:] den unmarkierten Fall darstellt; die zuletzt genannte Form ist somit in allen Übrigen, d.h. nicht in Schemal erwähnten Kontexten phonologisch realisierbar (vgl. (17)): (17) 233
Eingabe
ka:ma
ka:ma:
Ausgaben
[Schemal ]
Die strukturelle Beschreibung aller lexikalisch-phonologischen Regeln weist immer zugleich auch das entsprechende phonologische Instantiierungsschema auf, wenn die Regel nicht kontextfrei operiert. Die Vokalklirzungsregel des Haussa referiert also auf Schemal. Hayes formuliert die Vokalklirzung wie in (18), wobei V stellvertretend für alle Vokale des Haussa steht. Die Domäne für diese Regel muß nicht explizit erwähnt werden; durch Schemal wird klar, daß die Regel nur unmittelbar vor einer Objekt-NP operieren kann; diese Position muß eine Verb-Position sein, was durch die syntaktische Konfiguration dieser Sprache festgelegt ist.
(18)
V: -» V / [
] Schemal
Diese Regel operiert lexikalisch, wie weiter unten zu zeigen sein wird. Das Resultat der VokalkUrzung kann nur in der in Schemal angegebenen Konstellation eingesetzt werden, während die nicht-gekürzte Form genau dann vorkommt, wenn der in Schemal spezifizierte Einsetzungskontext nicht gegeben ist. Die phonologischen Instantiierungsregeln für den Index 233 müssen genau diese Kontexte zum Ausdruck bringen (vgl.(19)): (19)
233 -» ka:ma / [ ...
]
Schemal
-» ka:ma: / sonst Die Vokalkürzung des Haussa weist die Eigenschaft einer phonosyntaktischen Regel auf; sie operiert nämlich in einem syntaktischen Kontext. Dies allein ist natürlich kein Argument für ihren lexikalischen Status, sondern auf den ersten Blick sogar ein Gegenargument. Hayes' weitere Argumentation hingegen macht klar, warum wir von einer lexikalischen Regel auszugehen haben. Nicht alle Verben des Hausa unterlaufen dieser Vokalkürzung, sondern es existieren irreguläre und unvorhersagbare phonologische Formen innerhalb der in Schemal gegebenen Konstellation, die nicht von der Regel erfaßt werden; so würden wir aufgrund der Regel erwarten, daß ganh "sehen" zu gani wird; stattdessen erhalten wir ga; aus sani: "wissen" wird nicht sani, sondern san (vgl. (20)).
17
(20a) na: gan/: Ich sehe na: ga Audu
Ich sehe Audu b) san/:
(isoliert)
wissen san
(vor dem Objekt)
wissen Die Regel ist also auf einige Verben nicht anwendbar; diese Ausnahmen sind den Ausführungen von Hayes zufolge nicht durch ein generelles Prinzip zu erklären, so daß es sich um nicht-prädiktable Fälle handelt. Es muß idiosynkratisch festgelegt sein, für welche Verben diese Regel zur Anwendung kommt bzw. fiir welche Verben dies nicht gilt. Die Vokalklirzungs-Regel des Hausa hat also eine Eigenschaft, die dem Lexikon zuzuordnen ist; sie ist aus unvorhersagbaren Gründen nicht generell auf alle Verben anwendbar. Wenn diese phonosyntaktische Regel über eine lexikalische Eigenschaft verfügt, so liegt nichts näher, als sie im Lexikon zu lokalisieren. Um die Lexikalisiertheit dieser Regel noch weiter zu untermauern, sei noch ein weiteres Beispiel diskutiert. In dem in Schemal festgelegten Kontext findet noch eine andere Regel statt, die die Vokalqualität des gekürzten Vokals ändert. In (21) wird der Vokal /a/ zu /i/.
(21) na: say a: Ich-habe gekauft na: say/ abinci
Ich-habe gekauft Essen Diese Regel ist allerdings nicht auf alle Verben anwendbar, die die Vokalkürzung durchlaufen haben, sondern sie hat nur eine bestimmte lexikalische Verbklasse zum Gegenstand, die von Hayes als Grade II bezeichnet wird. Diese zweite Regel kann also nur unter zwei Bedingungen operieren: einmal muß sie auf Schemal referieren, das die Regelanwendung auf den dort angegebenen Kontext beschränkt; außerdem wird ihre Anwendung durch die Tatsache eingeschränkt, daß sie nur auf einige Verben anwendbar ist (vgl. (22)): (22)
/a/ ·* /i/ / [
l
Gradell Schemal
Diese Regel muß nach Hayes lexikalisch sein, da sie nicht generell anwendbar ist. Vielmehr ist ihre Anwendung auf einige Verben eingeschränkt. Warum nur sie die Regel (22) durchlaufen, ist nach Hayes nicht vorhersagbar. Die Vokaländerung ist für diese bestimmte Verbklasse idiosynkratisch festgelegt und gehört deshalb ins Lexikon. Wenn die Vokaländerungsregel lexikalisch ist, so liefert dies ein weiteres
18
Argument für den lexikalischen Status der Vokalklirzungsregel (18), denn der Vokal muß erst geklirzt werden, bevor er lexikalisch verändert werden kann; die Ausgabe von Regel (18), also der kurze Vokal, muß die Eingabe für Regel (22) sein. In Teil III werden weitere Kriterien diskutiert, die den lexikalischen Status von Regeln nachweisen sollen, auch wenn sie über die Wortgrenze hinaus operieren und deshalb im "klassischen" Modell der Lexikalischen Phonologie als postlexikalisch charakterisiert werden. Als einzige Form der Vorkompilierung wurden bisher die lexikalischen Regeln genannt, die innerhalb bestimmter phonologischer Instantiierungsschemata operieren. Nicht alle Formen sind jedoch durch Regeln ableitbar, so daß hier die Möglichkeit einer Derivation wegfällt und von lexikalisch zugrundeliegenden Einheiten auszugehen ist. Als Beispiel zitiert Hayes eine Instantiierungsregel im Yidin, wo das ergative Suffix - gu nach vokalfinalen Stämmen und -du nach konsonantfinalen Stämmen erscheint. Wie diese beiden Formen zeigen, gibt es keinen Grund, von einer Ableitbarkeit der Formen auszugehen, denn die für eine Ableitung vorauszusetzende Prädiktabilität der Formen liegt nicht vor; T)gu und du sind vielmehr schon zugrundeliegend vorhanden. Die lexikalischen Schemata für die phonologische Instantiierung sind in (23) illustriert:
(23)
832 -» ngu / V J
-» du / C
]_ Ergativ ]
Ergativ
Nach dieser inhaltlich geführten Debatte von Regeln des Hausa und Yidin sei noch etwas zu ihrem formalen Aufbau gesagt. In (19) und (23) liegen jeweils Regeln vor, die disjunktiv angeordnet sind. Formal werden solche disjunktive Regelanordnungen im Elsewhere-Mechanismus erfaßt. Dieser wurde u.a. von Kiparsky (1982:136f.) formuliert. Demnach können die zwei Regeln A und B nur auf folgende Weise auf eine Form angewandt werden: wenn die kontextuellen Voraussetzungen einer Form durch die Strukturbeschreibung einer Regel A erfüllt werden, so wird nur Regel A angewendet, und die Operation der nachfolgenden Regel unterbleibt. Sollte A dagegen nicht auf anwendbar sein, so wird anhand der nächsten Regel B überprüft, ob ihre Strukturbeschreibung auf die Form zutrifft. Dieser Algorithmus wird so lange fortgesetzt, bis eine Regel erfolgreich angewendet werden kann (oder auch nicht). Die phonologische Instantiierung der Verbformen des Haussa in (19) gehorcht genau diesem disjunktiven Prinzip; wir gehen z.B. davon aus, daß der Index 233 (also die Form ) vor einer lexikalischen NP erscheint; da die erste Regel genau diese strukturelle Beschreibung aufweist, darf nur sie auf den Index angewandt werden. Wenn derselbe Index dagegen nicht in der Umgebung vor einer lexikalischen NP erscheint, so ist die erste Regel nicht anwendbar. Nun wird die zweite Regel überprüft; ihre Strukturbeschreibung beinhaltet alle Kontexte mit Ausnahme der in der ersten Regel erwähnten Umgebung. Also kann der Index von dieser Regel erfaßt werden. Neben diesen vorkompilierten Regeln gibt es eine Reihe phonologischer Phänomene, die nicht lexikalischen Kriterien gehorchen oder auf syntaktische Kontexte Bezug nehmen. Derartige Phänomene lassen sich dann nur im Rahmen der prosodi-
19
sehen Konstituentenhierarchie erklären. Diese Regeln konstituieren die einzigen postlexikalisch-phonologischen Regeln in dem lexikalistischen Modell von Hayes, denn das Modul der Postlexikalischen Phonologie l kann es infolge der phonologiefreien Syntax und der als lexikalisch reanalysierten syntax-sensitiven Regeln nicht mehr geben. Nach diesen vorangegangenen Ausführungen zum lexikalistischen PhonologieModell von Hayes komme ich nun zu einer Zusammenfassung. Hayes' Theorie basiert auf Überlegungen von Zwicky, daß syntaktische Phänomene nicht phonologiesensitiv sein können; außerdem hat die Phonologie keinen direkten Zugang mehr zu syntaktischen Informationen. Letzteres betrifft in erster Linie die phonosyntaktischen Regeln, die von Hayes lexikalisch analysiert werden. Der entsprechende Formalismus wird von Hayes so dargestellt, indem Wörter, syntaktische Affixe und - nach meiner Argumentation in den folgenden Teilen - klitische Einheiten innerhalb der Syntax nicht durch ihre phonologische Form, sondern durch ihnen lexikalisch zugewiesene Indices repräsentiert werden. Diese Indices werden in die syntaktischen Bäume eingesetzt. In der Schnittstelle zwischen Syntax und Phonologie erfolgt schließlich die phonologische Instantiierung, die im Falle der früheren Pl-Regeln phonosyntaktisch kontextsensitiv sein kann und lexikalisch vorausberechnet werden muß. Es werden zwei Arten der Vorkompilierung unterschieden: entweder erfolgt die Instantiierung von im Lexikon aufgelisteten zugrundeliegenden Formen wie im Fall der ergativen Suffixe des Yidin, oder aber es handelt sich um lexikalisch-phonologisch generierte Formen, wie sie uns im Haussa begegnen. Die Syntax-Phonologie-Schnittstelle hat neben der schon angesprochenen phonologischen Instantiierung die Aufgabe, die syntaktischen Oberflächenstrukturen in prosodische Konstituenten zu übersetzen. Die auf diese Weise kreierte phrasalphonologische Ebene liefert den Kontext für solche phonologischen Phänomene, die eindeutig innerhalb bestimmter prosodischer Konstituenten operieren und darUberhinaus keinen erkennbaren lexikalischen Gesetzmäßigkeiten gehorchen.
1.3 ZUR REPRÄSENTATION DER SILBE
Zu den phonologischen Konstituenten, die für die Theoriebildung der Klitisierung eine unverzichtbare Rolle spielen, gehört die Silbe. In dieser Arbeit werde ich auf die u.a. von Clements/Kayser (1983) eingeführte autosegmentale Repräsentation der Silbe zurückgreifen. Dieses Modell geht von drei Schichten aus, nämlich von einer Silbenschicht (bestehend aus dem Knoten o ), der CV-Schicht und einer Segment- Schicht. Alle drei Schichten sind durch Verknüpfungslinien miteinander assoziiert. Das Silbenschema für die deutsche Sprache ist in (25) dargestellt (vgl. Wiese 1988b).
20
(25)
Silben-Schicht C
C
V
C
CV-Schicht
C
Segment-Schicht C kann im Deutschen nur aus solchen Merkmalen bestehen, die [+segmental] und [-silbisch] sind, während V mit solchen Elementen assoziiert ist, die l>segmental] und [-»-silbisch] sind. Diese CV-Schicht verstehen Clements/Kayser nicht im Sinne phonetischer Merkmale mit physiologischen Korrelaten. Vielmehr sind C und V strukturelle Einheiten zur Darstellung der seriellen Organisation von Segmenten. Die Repräsentation der Phoneme erfolgt traditionell in linearen Modellen durch die Schrägstrichnotation /../. Diese Notation soll im fortlaufenden Text beibehalten werden, aber in der nicht-linearen Darstellungsweise werden die Segmente, wie in (25) angedeutet, in eckige Klammern [...] gesetzt. Die Schrägstriche wlirden bedeuten, daß nur die Segmente die Phoneme konstituieren. Nach Wiese (1988b:210) ist jedoch der Status eines Phonems in dem vorgestellten nicht-linearen Silbenmodell nicht klar. Aus diesem Grund findet die Schrägstrichnotation in der Verwendung dieses Silbenmodells keine Berücksichtigung. Zwischen der Silben- und der CV-Schicht gibt es keine 1:1-Zuordnung, wie Clements/Kayser (1983) und Wiese (1988b) flir die deutsche Sprache zeigen. Dasselbe gilt auch für die CV- und die Segmentschicht. So werden lange Vokale immer mit zwei Positionen auf der CV-Schicht assoziiert, so daß die Quantität eine mittels der CV-Schicht zu repräsentierende autosegmentale Eigenschaft ist (vgl. (26a)); die ambisilbischen Konsonanten besetzen nach Wiese (1988b:67f.) zwei heterosyllabische, also zu zwei verschiedenen Silben gehörenden C-Positionen, wie (26b) zeigt. Außerdem werden Affrikaten mit nur einer Position assoziiert (vgl. (26c)):
(26a)
b)
C
V
C
C
V
C
\/· [R
t
t]
" rettet "
(vgl. Wiese 1988b)
21
Die Segmente selbst sind natürlich nichts anderes als komplexe phonologische Merkmalsbündel. Nur wenn man nicht explizit auf bestimmte Merkmale von Segmenten referiert, wird der Einfachheit halber die segmentale Notation gewählt. Die Abfolge der Segmente in einer Silbe wird durch die Sonoritätshierarchie determiniert, die auf dem Prinzip basiert, daß die Laute einen unterschiedlichen Sonoritäts-, also Schallfüllegrad, aufweisen. Diese Hierarchie besagt, daß die Sonorität der Segmente zum Silbenkern hin ansteigt und zu den Silbenrändern hin abnimmt. Für die deutsche Sprache sei die folgende Sonoritätsskala unter (27) gegeben (vgl. Wiese 1988b:91), wobei die Pfeilrichtung den Anstieg der Sonorität indiziert und zugleich angibt, welche von den Lautklassen präferierte Silbenkerne sind. So sind abgesehen von den onomatopoetischen Wörtern wie pst - nur die Laute von den Nasalen bis zu den Vokalen mögliche Silbenkerne, während die übrigen Lautklassen nicht zu den Silbenkernen zu zählen sind.
(27)
—, 1 1 1 1 , 1 Plosive Frikative Nasale /!/ /r/ hohe Vokale Vokale
>
Die Sonorität der Segmente steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der SchwaEpenthese, die im folgenden anhand des Deutschen vorgestellt werden soll. Das Auftreten des Schwa ist nach Wiese (1988b) das Ergebnis einer lexikalischen sowie postlexikalischen Regelanwendung. Durch die Einfügung wird verhindert, daß die finalen Konsonanten wie 777 und t in latml + Itl aufgrund der Sonoritätshierarchie nicht silbifiziert werden können; aus diesem Grund sind sie zugrundeliegend nicht mit einer C-Position assoziiert, sondern mit einer noch nicht silbifizierten X-Position (vgl. weiter unten). Durch die Einfügung des Schwa nach dem stammfinalen Konsonanten wird die Silbifizierung dieses Konsonanten erst möglich. So wird /a:tmt/ zu /a:t.mat/. Auch Fälle einer ausbleibenden Epenthese können mit dem Aspekt der Silbifizierung erklärt werden. So kann in Atmung kein Schwa vor dem [m] eingefügt werden, da dieser Konsonant mit dem Suffix ung silbifiziert werden kann. Die Regel, die in (28) formuliert wird, ist innerhalb des phonologischen Moduls zu lokalisieren, von wo aus sie mit dem Lexikon und dem postlexikalischen Modul interagiert. (28a) O ^ V / _ X
b) y x [a]
Ein Beispiel für die Anwendung dieser Regel erfolgt weiter unten. Zunächst möchte ich einen weiteren phonologischen Vorgang erörtern, der traditionell als Assimilation bezeichnet wird. Diese Beschreibung ist insofern von Bedeutung, da auch einige phonologische Vorgänge innerhalb der Klitisierung mit einem ähnlichen Mechanismus dargestellt werden. Wir erwähnten oben, daß die Segmente als komplexe Merkmalsbündel dargestellt werden. Diese Merkmale werden allerdings in neueren Arbeiten zur nicht-li-
22
nearen Phonologie auf mehreren Schichten repräsentiert. So werden u.a. bei Steriade (1982) die Merkmale des Artikulationsortes auf einer anderen Schicht dargestellt als die der Artikulationsart. Diese Konvention hat den Sinn, daß man Segmente genau dann nicht als Einheit auffassen will, wenn nur ein Teil von Merkmalen in einen phonologischen Ableitungsprozeß involviert ist. Dieser Umstand trifft z.B. auf die Labialisierung des [n] im folgenden Beispiel zu: bei in Berlin ·* im Berlin Cim.beli.li-.n] wird die noch nicht mit einem Ortsmerkmal assoziierte C-Position mit dem Merkmal [•••labial] reassoziiert (vgl. (29)): (29)
1c Onasal]
-nasal ~] - dauernd |_+stimmhaft J
Da sich beide C-Positionen nun ein Ortsmerkmal teilen, wird dieser Vorgang von Steriade auch shared feature convention (vgl. Steriade 1982:48) genannt. Assimilation ist in diesem Modell als Reassoziierung eines Merkmals definiert. Wie schon eben erwähnt, liegt die Motivation fUr die Unterteilung in Ortsund Artmerkmale darin, daß phonologische Prozesse nicht auf alle Merkmale eines Segments angewandt werden. Wenn nur ein Teil der für die Spezifikation eines Segments relevanten Merkmale betroffen ist und dieser Teil immer auf eine bestimmte Weise charakterisiert werden kann, dann macht es Sinn, die betroffenen Merkmale auf einer von den übrigen Merkmalen getrennten Schicht zu repräsentieren. Flir den Assimilationsvorgang ist die obige Repräsentationsform zu wählen, weil hier bei gleichbleibenden Artmerkmalen nur die Ortsmerkmale in den Prozeß involviert sind. Die gleiche Argumentation für die autosegmentale Darstellungsweise gilt für die von Levin (1983) vertretene Auffassung; sie fordert, daß die terminalen Knoten des Silbenbaums als X dargestellt werden. Diese Symbole sind nach Wiese (1988b) hinsichtlich der Silbischkeit unspezifizierte Positionen und repräsentieren damit nur die serielle Organisation von Sprecheinheiten. Das Wort zwei wird in diesem Modell daher wie folgt analysiert (vgl. (30)):
(30)
X
X
X
X
/\ [t sv
a
ll
Eine Analyse mit X-Positionen ist dann motiviert, wenn phonologische Prozesse nur auf die strukturelle Anordnung von Segmenten Bezug nehmen, während der Aspekt der Silbischkeit keine Rolle spielt (siehe dazu weiter unten). Dies impliziert natürlich auch, daß die CV-Schicht weiterhin ihre Berechtigung in der phonologischen Repräsentation hat, wenn nämlich das Merkmal der Silbischkeit in der phonologi-
23 sehen Ableitung hinzukommt. Sobald die X-Positionen mit dem a-Knoten assoziiert werden, wird gleichzeitig das Merkmal [silbisch] vergeben, wodurch aus den X-Positionen C- und V-Positionen werden. In der vorangegangenen Diskussion gingen wir davon aus, daß soviel Positionen auf der CV-Schicht vorhanden sind, wie für die Segmente notwendig sind. Einer alternativen Annahme zufolge werden Silben mit der maximal in der Silbe möglichen Anzahl von CV-Positionen repräsentiert. Vorschläge in dieser Hinsicht wurden insbesondere in Sprachproduktionsmodellen eingebracht. So gehen Stemberger/Treiman (1986) von einem maximalen Anlautcluster aus, das für die Zielsprache Englisch zwei C-Positionen aufweist. Ihre Untersuchungen zu nicht-pathologischen Versprechern zeigen, daß der erste Konsonant eines solchen Clusters seltener in einen Versprecher involviert ist als der zweite. Daraus schließen sie eine bessere Zugänglichkeit der ersten Position in der Sprachproduktion. Dieser Aspekt der Zugänglichkeit ist unabhängig von segmentaler Information, so daß nach meiner Einschätzung grundsätzlich beide Positionen vorhanden sein müssen, auch wenn nur ein prävokalisches Segment vorliegt; denn bei nur einer C-Position im Anlaut ist unklar, ob sie mit der ersten Position der Silbe zu identifizieren ist oder aber mit der zweiten. Sie weist Ähnlichkeit mit beiden Positionen auf: mit der ersten Position hat sie die Silbeninitialität gemeinsam; außerdem steht sie wie die zweite C-Position unmittelbar vor der V-Position. Aus diesem Grund müssen die maximal möglichen C-Positionen den Silbenanlaut bilden, damit der Aspekt der Zugänglichkeit geklärt werden kann; das Beispiel in (31a) illustriert dies noch einmal; das Zielsegment [n] in nice fallt aus, d.h. es wird deassoziiert, da es die weniger zugängliche zweite C-Position besetzt, und das ebenfalls die weniger zugängliche Position besetzende [r] breitet sich auf die leer gewordene zweite C-Position aus. (31a) nice and crisp -*· rice and crisp
[r]
C C V C C . . . C C V C C
H" I I
[n a
l
I
z
I
k
I I I
i s
]
Das maximale Silbenschema wird auch von Shattuck/Hufnagel (1983) gefordert, um die Parallel Syllable Structure Constraint (PSSC) erfassen zu können. Diesem Prinzip zufolge nehmen die Versprecher tendentiell dieselbe Silbenposition ein. So gibt es in der Regel keinen Versprecher, in den ein silbeninitialer bzw. - finaler Konsonant involviert ist. Stemberger/Treiman berufen sich auf dieses Prinzip, um zu erklären, warum ein einzelner Konsonant häufiger durch den ersten in einem Cluster vorkommenden Konsonanten substituiert wird. Es wäre eigentlich eher zu erwarten, daß der mit der zweiten Position assoziierte Konsonant involviert ist; denn diese Position ist weniger zugänglich und deshalb für Versprecher anfälliger. Die Autoren flihren dieses Phänomen auf die PSSC zurück. Demnach interagieren einzelne Kon-
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sonanten mit dem ersten Konsonanten des Clusters, weil beide strukturell parallel sind. Das Beispiel (31b) erfüllt die PSSC allerdings nur unter der Bedingung, daß die beiden initialen C-Positionen in den Versprecher verwickelt sind; das initiale Segment [k] wird antizipiert und besetzt die Anfangsposition der Zielsilbe. (31b) nice and crisp -» kice and crisp [k]
1 C C V C C...C
C V C C
-4- l l
l
l l l l
[n a I
z
r l s p ]
Ohne die Annahme von zwei C-Positionen wäre dagegen unklar, ob die einzige silbeninitiale Position mehr der initialen oder der zweiten Position des Silbenanlauts gleicht; natürlich können wir dies auch auf die silbenfinalen Positionen beziehen; denn auch hier sind nur strukturell gleiche Segmente in einen Versprecher verwikkelt. Das maximale Cluster wird also für die Festlegung der Zugänglichkeit der C-Positionen benötigt (hier allerdings nur im Silbenanlaut) und für die PSSC. Prinz/Wiese (demn.) liefern weitere Evidenz flir das maximale Silbenschema aus dem Bereich der Verschriftung der Laute des Deutschen, wo es die Tendenz zu einer 1:1-Abbildung von Graphemen und strukturellen Positionen gibt, auch wenn diese nicht mit Segmenten assoziiert sind (vgl. auch Kap. 5). Ein Argument aus der Phonologie beruht auf der Annahme, daß jede Silbe im Deutschen - auf jeden Fall postlexikalisch - einen konsonantischen Silbenanlaut hat. Auch Silben, die lexikalisch keinen Ansatz aufweisen, erhalten im postlexikalischen Bereich der Phonologie einen anlautenden Konsonanten. Deutlich wird dies u.a. anhand der beiden Wörter hat es, deren lexikalische Repräsentation in Phonemschreibweise /hates/ lautet. Sobald sie aber phono logisch miteinander interagieren, wird entweder ein glottaler Verschlußlaut eingefügt (vgl. [hat?as]), oder aber das [t] wird ambisilbisch, so daß der Anlaut der zweiten Silbe mit einem Konsonanten besetzt wird (vgl. [hatss]). In beiden Fällen beginnt die Silbe also mit einem konsonantischen Segment. Dieser konsonantische Silbenanlaut existiert für jede Silbe des Deutschen unabhängig davon, welche Qualität der mit ihm assoziierte Konsonant hat. Insofern macht es in (31) keinen Sinn, eine C-Position zugleich mit dem assoziierten Konsonanten einzuführen, da von der strukturellen Position nicht zugleich auch die segmentale Information abhängt. Das maximale Silbenschema liegt nach Prinz/Wiese (demn.) schon am Ausgang des Lexikons vor, so daß der leere Ansatz mit dem glottalen Verschlußlaut bzw. mit dem vorangehenden Konsonanten besetzt wird. Außerdem wird in Prinz/Wiese angenommen, daß die Silbifizierung im Deutschen vermutlich von rechts nach links abläuft; dieser Aspekt wird bei der Assoziation der Segmente berücksichtigt. Noske (1989:124f.) zitiert vergleichbare Beispiele; auch er macht von dem maximalen Silbenschema Gebrauch, wobei er jedoch ein anderes Silbenmodell verwendet.
25
(32a) C C V C C C C V C C t
h
a
t
E
S
C C V C C C C V C C
]
[
b )C C V C C C C V C C
t
I I h
I
a
I
t
h
a
t
2
s ]
C C V C C C C V C C
I *
s ]
[
I I
h
a
V
t
I
e
s
I
]
Wir finden auch phonologische Evidenz flir ein kanonisches Silbenschema im Neugriechischen, wie in Prinz (demn.) gezeigt wird. Diese Sprache gehört zu den silbenzählenden Sprachen, die sich darin auszeichnen, daß alle Silben vom Phonationsstrom gleich stark erfaßt werden, was zu einer Isochronie aller Silben fuhrt (zu weiteren Details vgl. Kap. 4, vgl. auch Selkirk 1984:41). Daß alle Silben artikulatorisch gleich lang sind, hat zur Folge, daß in einem Wort wie pragma "Handlung" die beiden Silben [pray] und [ma] trotz ihrer unterschiedlichen Phonotaktik die gleiche Länge aufweisen. Die V- und C- Einheiten werden immer wieder in Verbindung mit Zeiteinheiten gebracht (vgl. Clements/Kayser 1983), die die Artikulationsdauer eines Segments repräsentieren. Daher müssen die Silbenstrukturen von pray und ma diesen Isochronieaspekt erfassen; da u.a. nach Davis (1985) die Sequenz von der V-Position an bis zum Silbenende die Artikulationsdauer einer Silbe determiniert, - eine auf eine V-Position endende Silbe ist demnach zeitlich kürzer als eine auf VC auslautende Silbe - muß fiir den postvokalischen Teil im Griechischen aufgrund der Isochronie aller Silben dieselbe Anzahl von strukturellen Positionen angenommen werden. Wenn wir berücksichtigen, daß im Auslaut einer griechischen Silbe nur eine Position erlaubt ist, enden die Silben des Wortes pragma auf VC. Ebenso gibt es wie im Deutschen vermutlich interne Evidenz flir die Annahme, die Silbe mit der maximal möglichen Anzahl von initialen C-Positionen zu repräsentieren; denn auch in der griechischen Silbe ist der Ansatz vermutlich obligatorisch. Daher sind beide Silben auch mit zwei initialen C-Positionen zu repräsentieren, da im Griechischen maximal zwei C-Positionen erlaubt sind (vgl. (33)); daß das Segment [m] die zweite silbeninitiale C- Position besetzt, folgt aus phonotaktischen Erwägungen: ein weiterer Konsonant kann mit der ersten C-Position assoziiert werden; nach dem [m] ist jedoch kein weiterer Konsonant erlaubt. (33)
C
C
V
C
C
C V
C
l
l
l
l
I
I
[p
r
a
y
m
a]
Aufgrund der bisher diskutierten internen und externen Evidenz scheint es angebracht, das maximale Silbenschema flir alle in dieser Arbeit zu diskutierenden Phänomene, wo die Silbe eine Rolle spielt, zugrundezulegen. Im folgenden sei die Konzeption des flirs Deutsche geltenden kanonischen Silbenschemas noch weiter ausgeführt. Dies erweist sich als erforderlich, denn dieses
26
maximale Silbenschema liegt nicht in der zugrundeliegenden lexikalisch-phonologischen Struktur vor, so daß wir von einer Ableitung dieser Struktur ausgehen milssen. Die Diskussion um die Generierung der Klitika in Teil III, Kap. 2 wird außerdem zeigen, daß das maximale Silbenschema nicht unbedingt schon am Ausgang des Lexikons vorliegen muß; es kann auch erst im postlexikalischen Bereich der Phonologie zustande kommen. Die strukturellen Positionen sind zunächst hinsichtlich der Silbischkeit nicht spezifiziert, so daß die Segmente zugrundeliegend mit X-Positionen assoziiert sind (vgl. Wiese 1988b). Die Derivation des Wortes atmet soll dies verdeutlichen; der Stamm latml wird wie in (34) zugrundeliegend repräsentiert. Die Darstellung verdeutlicht, daß nur die minimale, nicht durch Regeln ableitbare phono logische Information verwendet wird. So sind zunächst nur die Positionen relevant, die für die jeweiligen Segmente benötigt werden. (34)
X [a
X
Zugrunde liegende Repräsentation
X ml
Jegliche redundante und prädiktable Information wird auf den lexikalischen Ebenen durch Regeln eingeführt. Die erste Regel, die auf Ebene l des Lexikons operiert, besteht in der partiellen Spezifizierung der Positionen bezüglich des Merkmals [silbisch]. Bei dieser ersten Silbifizierung auf Ebene l wird das resultierende Silbenschema bis zu den maximal vom Deutschen zugelassenen Positionen erweitert, so daß die Darstellung in (35) entsteht. Das Segment [m] kann aufgrund seines Sonoritätsgrades und der Tatsache, daß es eine außerhalb des Silbenschemas stehende Position besetzt, nicht silbifiziert werden und deshalb nur mit einer X-Position assoziiert sein. (35)
C
X
erste Silbifizierung
m]
Auf Ebene 3 tritt das Affix Itl an den Verbalstamm; auch die mit [t] assoziierte XPosition kann nicht silbifiziert werden, weil damit die Sonorität verletzt wlirde, und außerdem ist das Silbenschema auch schon ohne diese Position maximal, so daß es sich auf dieser Stufe der Ableitung um ein extrasilbisches [t] handeln muß, das beziiglich des Merkmals [silbisch] noch unspezifiziert ist (vgl. (36)): (36)
o
C X X
t
m t]
Flexion (Ebene 3)
27
Die in (36) gegebene Konstellation löst die Schwa-Epenthese aus, die in Form der Einfügung einer V-Position vor dem letzten X des Wortes und der Assoziation eines Schwa mit ihr abläuft (vgl. (37)).
(37a) C
X
V X
m
t]
V-Einfügung
b)
C X V X
m a
Schwa-Epenthese
tl
Nach der Einfügung des Schwa sind die Bedingungen flir die Silbifizierung des Cm] und des Ct] gegeben. Mit dieser zweiten Silbifizierung ist auch die Erweiterung der zweiten Silbe zum maximalen Silbenschema verbunden; die Annahme zweier intervokalischer C-Positionen innerhalb eines Wortes wird in Prinz/Wiese vertreten. So ergibt sich als Resultat der zweiten Silbifizierung die Darstellung in (38). Da nur zwei intervokalische C-Positionen erlaubt sind, muß in dem Wort atmet entweder [tl oder [m] mit einer extrasilbischen X-Position assoziiert sein, da ansonsten drei intervokalische C-Positionen vorhanden wären; es bietet sich an, [t] als extrasilbischen Konsonanten in (38) zu analysieren; denn dieses Segment ist auch in anderen Wörtern extrasilbisch; wenn Ctl in vielen Wörtern wie z.B. kämpft oder ruft mit einer C-Position assoziiert würde, würde es die dritte Position einer Silbe besetzen, was widerum nicht mit der für die Silbe im Deutschen angenommenen maximalen Anzahl von C-Positionen kompatibel ist; aus diesem Grund wird [t] in den entsprechenden Wörtern extrasilbisch gewertet. (38)
c c v c
l/
[a
x c v c c t
m
a
Zweite Silbifizierung
t]
Wenn der auf das Schwa folgende Konsonant ein Sonorant ist, kann dieser nach der Tilgung des Schwa mit der V-Position reassoziiert werden. In diesem Fall liegen silbische Sonoranten wie [n] in Cre:dn] vor, die nach der postlexikalischen SchwaTilgung (vgl. Wiese 1988b:169) generiert werden. In diesem Fall spricht Wiese von
28
einer Sonorantenvokalisierung. Der Epenthese-Vorgang bzw. die anschließende Sonorantenvokalisierung sind in (39) noch einmal in einer vorläufigen Version zusammengefaßt; in Teil III werde ich mich noch intensiver mit diesen beiden Vorgängen im Zusammenhang mit den Klitika beschäftigen. (39) a)
0 -» V / V
= (28)
X ] Wort
X
[a] b)
[a] [-t-son.] Die Sonorantenvokalisierung wird anhand des Beispiels reden [Re:dan] -» [Re:dn] in (40) illustriert. Auf die Ausgangsform, die nach der Flexionsaffigierung des Inl vorliegt, wird die Schwa-Epenthese aufgrund des nicht silbifizierten Inl angewandt. Darauf erfolgt die zweite Silbifizierung, wo eine C-Position zur Vervollständigung des maximalen Silbenschemas hinzukommt. Postlexikalisch kann nun der Sonorant vokalisiert werden.
(40a)
V X [R
e
C
V
[R
e
Ausgangsform
nl
b)
C
C
C V X
Schwa-Epenthese
d a n ]
c)
c c v c c v c c [R
e
d a n ]
Zweite Silbifizierung
29
d)
/^ \
I
/? C C
V
C
V
[ R e
C
V
>\ C C
Sonorantenvokalisierung
\
d
n]
Die Schwa-Epenthese bei den nicht-klitischen Einheiten unterliegt lexikalischen Bedingungen, wohingegen die Vokalisierung der Sonoranten eine typische postlexikalische Regel repräsentiert (vgl. Wiese 1988b:168f.). Für die Generierung der Klitika sind die Schwa-Epenthese und die Sonorantenvokalisierung ebenfalls wichtig. Beide Regeln können nämlich auf die verschiedenen klitischen Einheiten angewendet werden. In Teil III, Kap. 2 wird jedoch argumentiert, daß die Schwa-Epenthese wie auch die Sonorantenvokalisierung bei den Klitika postlexikalisch abläuft. Bei den Klitika wird man also von einer alternativen Anwendung der beiden Regeln ausgehen, während es sich bei den nicht-klitischen Einheiten um eine Abfolge beider Regeln aufgrund ihrer unterschiedlichen Lokalisierung innerhalb der Grammatik handeln muß.
1.4 DER AKZENT IN DER METRISCHEN PHONOLOGIE
Die Akzentuierung spielte bei den vergangenen Analysen der Klitisierung eine große Rolle (vgl. Selkirk 1984, Prinz 1987). In dieser Arbeit kommt ihr dagegen eher eine sekundäre Bedeutung zu. Seit Liberman/Prince (1977) verwendet man häufig metrische Bäume, mit deren Hilfe man die Akzentuierung adäquat zu repräsentieren versucht. Dieses Modell findet in meiner Arbeitung Verwendung. Metrische Bäume sind sich binär verzweigende Konstituenten. Sie ermöglichen es, den Akzent betreffende Prominenzrelationen zwischen den Schwesterknoten auszudrücken, wobei die von S (strong) dominierte Einheit stärker akzentuiert ist als die von W (weak) dominierte Einheit. Innerhalb dieses Modells werden die Akzentrelationen in Wörtern wie Rotwein, Trinkeroder Rotweintrinker wie in (41) dargestellt:
(41) S
a)
os o w Rotwein
b)
ös ö w Trinker
c)
W
ö s ö w ös o w Rotweintrinker
Die Silben in (41a) und (41b) stehen in derselben Akzentrelation zueinander, d.h. die erste Silbe ist stärker akzentuiert als die zweite. Die Akzentbeziehung beider Wörter im Kompositum zeigt, daß Rotwein den stärkeren Akzent erhalten als Trinker (vgl. (41c)). Mit der S/W-Etikettierung ist allerdings nur der Akzent als relationale Einheit definiert.
30
Eine weitere von Liberman/Prince entwickelte Strategie ist die Zuweisung eines intrinsischen Akzents in Form des Merkmals [a stress]. Wenn eine Silbe mit S versehen ist, so ist sie zugleich akzentuiert, also [+stressL Eine schwach betonte Silbe kann dagegen akzentuiert oder unakzentuiert sein. Selkirk (1980) hat eine alternative Beschreibung vorgeschlagen, in der die phonologische Kategorie Fuß ( ) die Rolle des Akzentmerkmals übernimmt. Anhand dieses intrinsischen Akzentmerkmals wird der Unterschied zwischen (41a) und (41b) deutlich, der sich mit der S/W-Etikettierung allein nicht ausdrücken läßt. In a) werden nämlich beiden Silben Füße zugewiesen, weil beide Silben betonbar sind; in b) erhält nur die erste Silbe den Fuß; denn die zweite ist unbetonbar und wird deshalb an den vorangehenden Fuß adjungiert (vgl. (42)):
(42a)
b)
o o Rotwein
6s ö w Trinker
Bei diesen Darstellungen wird deutlich, daß die S/W-Etiketten nur auf der Ebene anzubringen sind, die unmittelbar unter dem sich verzweigenden Knoten lokalisiert ist. Es werden also genau die Einheiten mit S/W versehen, die in einer Akzentrelation zueinander stehen. In (42a) betrifft dies die Einheiten der Fuß-Ebene, in (42b) die der Silbenebene. Wir kommen nun zur Frage, unter welchen Bedingungen einer schwächer akzentuierten Silbe ein Akzent zugewiesen wird. Die Akzentzuweisung wird in der Regel von der phonologischen Struktur der Silbe abhängig gemacht. So weisen Grewendorf et.al. (1987:83) darauf hin, daß in vielen Sprachen nur Silben mit Langvokal, Diphthong oder Kurzvokal plus Konsonant den Hauptakzent erhalten. In allen drei Fällen handelt es sich um Silben mit den Positionen W oder VC, während Silben mit einer nicht von einer weiteren Position gefolgten V-Position keinen Akzent erhalten. Die Fußzuweisung erfolgt also nur bei Silben des ersten Typs, d.h. bei schweren Silben, während sie bei leichten Silben unterbleibt. Für die deutsche Sprache ist das Kriterium der Silbenquantität allerdings kein Kriterium für die Fußzuweisung; denn in dieser Sprache scheinen alle Silben schwer zu sein; so nimmt Wiese (1988b:67f., 102f.) an, daß sich der minimale Bestandteil der deutschen Silbe aus den - mit Segmenten assoziierten Positionen V und C konstituiert. Die Silben im Deutschen bestehen also zumindest aus einem Kurzvokal und einem nicht-vokalischen Segment oder einem Langvokal. Diese Annahme beruht darauf, daß alle Silben außer den Schwa-Silben und den silbischen Konsonanten ein Mindestmaß an Akzent tragen; so tragen die wortinitialen Silben mit dem Silbenkern VC in Mitte oder Miete den Wortakzent; ebenso sind die stamminitialen Silben in Chemie oder Physik in der Lage, den Wortakzent zu tragen, nämlich in den Ableitungen Chemiker bzw. Physiker. Die genannten sechs Wörter weisen also alle denselben Silbenkern auf. Dies muß angenommen werden,
31
wenn ein Zusammenhang zwischen Silbengewicht und Akzentzuweisung bestehen soll, wie u.a. von Selkirk (1984f.) postuliert wurde. Im Deutschen kann diese Relation dann nur darin bestehen, daß alle Silben schwer sind und außer den SchwaSilben und den Silben mit silbischen Konsonanten akzentuierbar sind. An dieser Stelle bleibt zu klären, wieso die schweren Silben mit Schwa oder einem silbischen Konsonanten von der Akzentuierung ausgenommen sind. Die -Zuweisung hängt davon ab, ob vokalische Positionen für die Akzentuierung zur Verfügung stehen oder nicht. Schwa-Silben wie auch die postlexikalisch vokalisierten Sonoranten sind demgemäß von der Anwendung der Akzentzuweisungs-Regel ausgenommen, da die Einfügung des Schwa grundsätzlich erst nach der Akzentuierung stattfindet, wie der Aufbau des Lexikons in (3) zeigt Sie erhalten damit auch keinen Fuß zugewiesen. Solche unakzentuierbaren Silben zeichnen sich dadurch aus, daß sie niemals isoliert vorkommen dlirfen. So gibt es keine Wörter, die nur Schwa-Vokale aufweisen bzw. mit silbischen Konsonanten ausgestattet sind. Unakzentuierbare Silben werden also nie von , sondern nur von einem W-Knoten dominiert. Sie sind daher in Relation zu einer unmittelbar benachbarten Einheit schwächer akzentuiert. So erklärt sich aus phonologischer Sicht, warum unakzentuierbare Einheiten immer nur in Verbindung mit einer anderen Einheit, zu der sie in einer Akzentrelation stehen, grammatisch korrekt sind; denn eine von W dominierte Einheit ist nicht grammatisch, ohne daß nicht zugleich auch die Einheit vorkommt, die zumindest vom Fuß dominiert wird. Insofern sind unakzentuierbare Silben phonologisch gebunden und müssen daher an die benachbarte Einheit adjungiert werden. Für diese prosodische Adjunktion benötigen wir jedoch keine eigene Regel, sondern ein generelles Prinzip der Metrischen Phonologie determiniert die Adjunktion: der strict layer hypothesis (im folgenden SLH) zufolge müssen nicht-terminale Elemente X p eine unmittelbar niedrigere Kategorie Xp-1 dominieren (vgl. Nespor/ Vogel 1986:7). In unserem Fall muß also der Fuß die nächstniedrigere Einheit o dominieren. Am Beispiel des Wortes "reden" [Retdan] wird dieser Vorgang illustriert; in der nach der Schwa-Epenthese vorliegenden Konstellation konstituieren der Stamm /Re:d/ und /an/ je eine Silbe; die Schwa-Silbe fordert eine akzentuierte Silbe in ihrer unmittelbaren Umgebung. Also muß der Stamm eine solche aus bestehende phonologische Konstellation aufweisen. An diese Kategorie wird die Schwa-Silbe gemäß der SLH adjungiert, womit die phonologische Bindung zum Ausdruck gebracht wird. Anschließend erfolgt innerhalb der Domäne die Resilbifizierung des [d] (vgl. (43)). (43)
r [Re:d] [an]
[Re:dl [an]
[Re:]
[dan]
Dieser phonologische Vorgang wird uns wieder im Zusammenhang mit den Klitika des Deutschen begegnen (vgl. u.a. Teil II, Kap. 3).
32 Prinzipiell gilt, daß jede mit einem Fuß versehene, also akzentuierte Silbe schwer ist. Alle mir bekannten Sprachen folgen diesem Prinzip. Es gibt jedoch Unterschiede in der Anwendung der Fußzuweisung. So bekommen alle Silben des Italienischen, Spanischen oder Neugriechischen nach Selkirk (1984:41f.) einen Akzent auf der zweiten metrischen Ebene zugewiesen. Diesem Akzent entspricht im metrischen Baumsystem der Fuß ; also weisen alle Silben der genannten Sprachen zumindest den Fuß auf. Im Deutschen oder Englischen korreliert der Fuß dagegen nicht mit jeder Silbe. Diese Beobachtung ist nicht willkürlich, sondern unterliegt einer Regularität; die erstgenannten Sprachen werden als silbenzählend klassifiziert, während die anderen akzentzählend sind. Im letzten Kapitel wurde die Annahme eines maximalen Silbenschemas motiviert. Aus diesem Grund sind, wie gezeigt wurde, alle Silben im Neugriechischen gleich schwer, so daß jede von ihnen per definitionem einen Fuß zugewiesen erhält. Damit besteht auch in silbenzählenden Sprachen ein direkter Zusammenhang zwischen Silbenstruktur und Betonbarkeit: alle Silben weisen einen sich verzweigenden Nukleus auf und erhalten deshalb auch alle einen Fuß (vgl. Prinz demn.); in (44) ist dies anhand von ngr. to prayma "die Handlung" illustriert: Iw
(44)
Is
Zw 0
C C V C
C C V C C C V C
[t
p r a y
o
I I
mal
FUr die alternative Betrachtungsweise, daß die Silbenquantität kein Kriterium für die Zuweisung von Füßen ist, spricht sich Selkirk (1984:54) aus; konsequenterweise geht sie von einer Parametrisierung auf der -Ebene aus, wonach nur die silbenzählenden Sprachen die Option wählen, daß alle Silben das Merkmal für Betonbarkeit erhalten müssen. Es scheint aber eher, daß die Fuß-Zuweisung in silbenzählenden Sprachen aufgrund der prinzipiell vorliegenden Silbenschwere prädiktabel ist. Es gibt im Neugriechischen also keine unakzentuierbaren Einheiten wie im Deutschen. Ähnlich dem Deutschen weist das Neugriechische jedoch auch Einheiten auf, die aufgrund ihrer prosodischen Konstellation nicht isoliert vorkommen können; so gibt es keine ein- oder mehrsilbigen Wörter, wo die Silbe bzw. die Silben nur vom Fuß dominiert werden; alle Wörter müssen vielmehr auf der Wortakzent-Ebene - der Wortakzent wird u.a. von Selkirk (1980) mit der prosodischen Konstituente "(i)" gekennzeichnet - akzentuiert sein. Dies wird daraus ersichtlich, daß einige Funktionswörter wie Pronomen oder Artikel ohne den Wortakzent ausgestattet sind und niemals isoliert vorkommen können; so ist die Einwort-Äußerung mu "mich" ausgeschlossen (vgl. dazu Teil II bzw. Teil IV). Es gibt außerdem keine mehrsilbigen Wörter ohne Wortakzent (vgl. Mackridge 1985:17). Dies erklärt, warum Affixe, die nur von dominiert werden, immer nur an solche Stämme treten können, die einen Wortakzent auf weisen. Fomal können wir diesen Aspekt der Bindung wie schon im Deutschen mit der SLH erfassen. Als Beispiel sei das Verb kano "ich mache" erwähnt. Das Flexionssuffix /o/ für die erste Person wird nur
33
von dominiert und fordert deshalb eine Einheit, die auf der Wortebene akzentuiert ist; diese Bedingung wird vom Verbalstamm /kan/ erfüllt. An den Stamm wird das Suffix phonologisch gebunden, und zwar aufgrund des phonologischen Aspekts, wonach nur von dominierte Einheiten isoliert niemals phonologisch korrekt sind. Schließlich erfolgt innerhalb der Domäne (i) die Resilbifizierung des [n] (vgl. (45)). (45)
r
(i)
[kan]
VI
[o]
[kanl
[o]
[ka]
[no]
Die noch ausstehende Frage ist, warum alle Silben in einer Sprache wie dem Neugriechischen einen Fuß erhalten müssen, im Deutschen aber nicht. Hier spielen die folgenden phonetischen Faktoren eine Rolle. Silbenzählende Sprachen zeichnen sich dadurch aus, daß die Brustkontraktionen, die den egressiven Phonationsstrom in Bewegung setzen, zu annähernd gleichen Zeitintervallen wiederkehren. Diese Zeitintervalle fallen immer mit einer Silbe zusammen; daher sind alle Silben rhythmisch äquivalent (vgl. Selkirk 1984:40f.), also gleich stark betonbar. Die Akzentebene reflektiert diesen Aspekt dadurch, daß jede Silbe mit einem Fuß versehen wird, wie das griechische Beispiel in (44) illustriert. Die akzentzählenden Sprachen weisen diese Isochrome nicht auf, denn hier korrespondieren die Brustkontraktionen nur mit den betonbaren Silben eines Wortes; aus diesem Grund erhält in (43) nur die betonbare Silbe den Akzent auf der zweiten Ebene. Als das Unterscheidungskriterium gegenüber den silbenzählenden Sprachen gilt also flir die akzentzählenden Sprachen, daß nicht alle Silben betont sein mlissen. Sprachen wie das Deutsche oder Englische erlauben auch unbetonbare Silben gemäß ihrer phonetisch-physiologischen Charakterisierung. Das Deutsche verfiigt also sowohl Über akzentuierbare wie unakzentuierbare Silben, während das Griechische nur akzentuierte Silben produziert und keine reduzierten Vokale oder silbischen Konsonanten kennen kann. Zur weiteren Beschreibung des Grundmusters, das für die Akzentuierung von Wörtern gelten soll, muß noch die Zuweisung des Wortakzents erörtert werden. Im Deutschen soll es nach Fery (1986:31) die erste Silbe der Wurzel sein, die den Hauptakzent erhält (vgl. (46)): (46)
entscheiden
Abenteuer
Nur die nicht-nativen Wörter verhalten sich anders, denn hier erhält in der Regel die letzte Silbe der Wurzel den Akzent (vgl. (47)):
34 (47)
Pokal
Die Zuweisung des Wortakzents im Neugriechischen läßt sich ebenso regulär erfassen wie dies beim Deutschen geschehen ist. Der Wortakzent steht nur auf einer der drei letzten Silben eines Wortes, was die folgenden Beispiele in (48) zeigen (vgl. Mackridge 1985:36): (48a) onoma "Name"
b)
kane
"mach"
c)
U
(i)
jeros
"robust"
U
Daß der Wortakzent nicht vor der drittletzten Silbe stehen darf, zeigt der Genitiv zu onoma, wo der Wortakzent von der viertletzten Silbe auf die drittletzte Silbe springt; diese Analyse ist der Alternative vorzuziehen, wonach der Akzent direkt der Stamm-finalen Silbe von onomatos zugewiesen wird; in diesem Fall wäre die Zuweisung des Wortakzents an die drittletzte Silbe unerklärlich. Die hier vorgeschlagene Analyse beruht dagegen auf dem Prinzip der Strukturerhaltung, wonach lexikalische Gesetzmäßigkeiten in den Ableitungen eines Wortes nicht verletzt werden dlirfen (vgl. Hayes demn.:15); wenn der Wortstamm also auf der drittletzten Silbe akzentuiert ist, dann muß diese Akzentkonstellation auch fUr die Derivationen gelten. Alle Derivationen des Stamms lonoml weisen demnach dieselbe Akzentkonstellation auf (vgl. (49)). (49) zugrundeliegende Einheit: Wortakzent- Rege l :
, onoma] [onoma]
l
(i)
Flexion:
[..[ onomat]os] N VT N (0
[ [ onomatl os ]
Akzent-shift
ü) Aufgrund dieser Beobachtung kann die folgende Wortakzentuierungsregel für das Neugriechische in (50) aufgestellt werden; die Regel besagt, daß der Wortakzent der letzten, der vorletzten oder der drittletzten Silbe eines Wortes zugewiesen werden kann. (50) o ( 0 ( 0 ) ) (i)
««
35
Im Deutschen ist die Klasse der Funktionswörter zumindest lexikalisch nicht mit einem Wortakzent ausgestattet. Warum gerade sie ein anderes Akzentverhalten aufweisen, erklärt Selkirk (1984:337). Die Funktionswörter sind im Normalfall nur auf der Fuß-Ebene betont, was auf das Prinzip der Kategoriellen Unsichtbarkeit zurückzuführen ist. Alle Wörter werden von syntaktischen Kategorien dominiert; nur werden die Funktionswörter bei der Umsetzung in die phonologische Struktur insofern nicht berücksichtigt, als ihnen auf der phonologischen Wortebene kein Akzent zugewiesen wird. Hier erfahren sie also nicht dieselbe Behandlung wie "echte" Wörter und bekommen deshalb kein G) zugewiesen. Im Neugriechischen betrifft die Unakzentuiertheit auf der GJ-Ebene dagegen nur einen Teil der Funktionswörter, während andere Funktionswörter nur mit einem Wortakzent vorkommen können (vgl. Teil IV). Daher muß vermutlich lexikalisch geklärt werden, welches Wort mit t) ausgestattet sein darf. Die Grundstruktur des Wortakzents ist somit hinreichend beschrieben worden. Der Grund, warum der Akzent so ausführlich diskutiert worden ist, ist in unmittelbarem Zusammenhang mit der Klitisierung zu sehen; in früheren Arbeiten (vgl. Selkirk 1984, Prinz 1987) spielte der Akzent eine wichtige Rolle bei der Analyse bzw. Generierung der Klitika. In diesem Kapitel wurde der theoretische Rahmen gelegt, der für den Rückblick auf diese Arbeiten in Teil II und für die von mir vorgeschlagenen Analysen in den Teilen III und IV relevant ist.
1.5 ZUR LAUT-SCHRIFT-BEZIEHUNG
In diesem Kapitel wird ein nicht-lineares Modell für die Graphemik des Deutschen vorgestellt, das in Prinz/Wiese (demn.) entwickelt wurde. Die Diskussion erweist sich als erforderlich, da ich auch die Verschriftung einiger Klitisierungsphänomene erörtern werde. Es stellt sich die Frage, auf welche Weise graphemische Information dargestellt werden kann. Prinz/Wiese haben vorgeschlagen, die Grapheme auf einer graphemischen Schicht zu repräsentieren, die mit den in Kap. 3 eingeführten lautlichen Schichten durch Assoziationslinien verknüpft ist. Das mehrdimensionale Modell in (51) ist das Ergebnis, wobei stellvertretend fUr ein Graphem steht; auf der strukturellen Schicht können mit silbischen oder nicht-silbischen Segmenten assoziierte Positionen vorkommen. Aus diesem Grund reicht es aus, das Modell mit XPositionen zu repräsentieren; denn innerhalb des mehrdimensionalen Modells in (51) muß über die Silbischkeit keine Aussage getroffen werden, so daß sich die strukturelle Schicht aus X-Positionen konstituiert, die ja bezüglich der Silbischkeit nicht spezifiziert sind. Wenn es dagegen um phonologische Repräsentationen von Segmenten geht, wird natürlich von C- und V-Positionen ausgegangen, die die Silbischkeit der mit ihnen assoziierten Segmente charakterisieren. Mit der Variable werden die Segmente bzw. die sie konstituierenden Merkmale bezeichnet.
36 (51)
\ X 3 ...
Graphem-Schicht Strukturelle Schicht
C, C, ··-]
Segment-Schicht
Die von der Graphem-Schicht ausgehenden Assoziationslinien ermöglichen die Referenz der Grapheme auf die lautlichen Informationen, die auf den beiden lautlichen Schichten verfügbar sind. Die Grapheme sind das Resultat von Regelanwendungen, die entweder die Korrespondenz eines Segments mit einem Graphem bestimmen oder die auf der Graphemschicht selbst unter Bezugnahme auf lautliche oder graphemische Kontexte operieren. Im ersten Fall handelt es sich um Graphem-Phonem-Korrespondenzregeln, im zweiten um Graphem-Graphem-Korrespondenzregeln. Beide Regeltypen operieren auf der Lexikalischen Repräsentationsebene. Durch sie werden z.B. Wörter wie Gruft, satt oder lädt generiert (vgl. (52)); anhand der Verschriftung des zweiten in satt wird deutlich, daß die strukturellen Positionen nicht unbedingt mit Elementen der Segment-Schicht assoziiert sein mUssen, während bei lädt mit ein Segment verschriftet wird, das phonetisch nicht realisiert wird; warum die Tilgung dieses Segments ausgeschlossen ist, wird weiter unten erörtert. Die Grapheme können wie auch die Segmente nur dann realisiert werden, wenn sie mit der CV-Schicht assoziiert sind. Dies erklärt die Assoziation des verschrifteten bzw. des zweiten mit den jeweiligen C-Positionen in (52b) und (52c), auch wenn diese Positionen für die phonologische Ebene irrelevant sind. Das Segment Cd] spielt fUr die Phonologic keine Rolle mehr, weil das Suffix Itl an den Stamm tritt; es kann nämlich vor diesem Suffix nicht mehr phonologisch realisiert werden aufgrund des Prinzips der Obligatorischen Kontur, wonach Sequenzen identischer Segmente nicht wohlgeformt sind (vgl. Wiese 1988b:53); aus diesem Grund fällt Cd] fUr die Phonologie aus. Entgegen früheren phonologischen Analysen kann dieses Segment jedoch nicht getilgt werden; denn es erweist sich noch für die Graphematik als relevant. Aus diesem Grund erscheint es wenig sinnvoll, weiterhin von der Segmenttilgung auszugehen; daß ein Segment einerseits phonologisch irrelevant ist und andererseits auf der Segment-Schicht weiterhin vorliegen muß, erreichen wir einfach durch die Deassoziierung des entsprechenden Segments. In (52c) wird die Assoziationslinie des [dl zur strukturellen Position getilgt. Auf diese Weise kann das Segment noch verschriftet werden, was bei einer Tilgung des Segments natürlich ausgeschlossen wäre. Das Segment wird also verschriftet, was daraus ersichtlich wird, daß die das [dl konstituierenden Merkmale mit dem Graphem korrespondieren. Alle in dieser Arbeit zur Diskussion stehenden Tilgungsregeln gehen von der Tilgung der Assoziationslinien, nicht aber der Segmente, aus (vgl. Teil III und IV).
37
(52a)
b)
< s C
a t
v
[ z
t>
\ \ |\ C V C C V
t]
1.6 SYNTAKTISCHE ASPEKTE
Neben der Phonologie sind auch syntaktische Aspekte flir die Analyse der deutschen und englischen Klitisierung bedeutsam. Deshalb erfolgt an dieser Stelle eine kurze Erörterung einiger syntaktischer Charakteristika des Deutschen und Englischen. Die in der X-bar-Theorie verwendeten konventionellen Kategorien S und S" sind seit Chomsky (1986) maximale Projektionen des INFL-Knotens, der die Flexionsmerkmale repräsentiert, und des Komplementizers C. So entspricht dem S eine IP als maximale Projektion von INFL und dem S' eine CP als maximale Projektion von C. Die Regeln, die eine IP bzw. CP fUrs Deutsche generieren, sind in (53) angeführt. Dabei nimmt die DP, also die maximale Projektion des Artikels, in neueren Theorien die Stelle der sonst üblichen NP ein; dazu wird weiter unten Stellung genommen:
(53a) IP ·* [DP C r C vp ... V ] 1° ] ] b) CP -* [ T O P E C . C° I P ] ] Anhand des Beispielsatzes Maria liebt Otto wird die Generierung des deutschen Hauptsatzes illustriert. Die zugrundeliegende Satzstruktur des Deutschen ist SOV (vgl. Stechow/Sternefeld 1988:39). Das Verb besetzt in der Basis die V-Position und wird nach 1° bewegt, um dort die relevanten morphologischen Merkmale zu erhalten (vgl. (54a). Die Struktur des deutschen Hauptsatzes ergibt sich durch zwei weitere Bewegungen. Einmal wird das finite Verb in die Satzzweitposition gebracht (S4b), und das Subjekt wird in die TOP-Position bewegt (54c).
38
(54)
CP TOP
C' IP />.
DP Maria
Γ
VP
1°
c)
V
DP
I
I *>
Otto liebt
l b)
Die I-Position steht rechts von der VP. Diese Rechtsperipherie erkl rt sich aus der zugrundeliegenden Verbend-Stellung flirs Deutsche (vgl. Grewendorf/Hamm/Sternefeld 1987:224). Dagegen ist I im Englischen linksperipher ausgerichtet, wie Regel (55) zeigt: (55) IP ·* [DP [ r I°[ v p V...]]] Der englische Satz soll anhand der traditionellen Subjekt-Verb-Inversion dargestellt werden. Die Generierung von Who did John see in (56) (vgl. Grewendorf et.al. 1987:223f.) erfolgt zun chst mit der auch schon vom Deutschen bekannten Finitums voranstellung (56a). Danach wird das Objekt in die TO P-Position bewegt (56b). (56)
CP TOP
C'
C°
IP
DP ι John
a)
Γ
1° VP ι A. did / \ V DP ι ι see who b)
In den folgenden Ausf hrungen wird durchgehend von den eingef hrten syntaktischen Termini Gebrauch gemacht.
39
Wie wir anhand der Phrasen erkennen, nimmt die DP genau die Stelle ein, wo in traditioneller Sicht eine NP zu erwarten wäre. Es handelt sich bei der DP um die maximale Projektion des Artikels; dies ist die Grundlage flir die neue Konzeption der Nominalphrase, die erstmals von Abney (1987) ausgearbeitet wurde. Im folgenden beziehe ich mich auf die AusfUhrungn von Olsen (1989) und Haider (1988) zu diesem Thema. FUr die Konzeption einer maximalen Artikelprojektion spricht vor allem ein X-bar-Prinzip, demzufolge Spezifikatoren nur in Form von maximalen Projektionen vorkommen dürfen (vgl. Haider 1988:33). Damit ist der Artikel der Kopf einer Phrase. Als Argument nimmt er eine NP entgegen früheren Analysen, in denen der Artikel zusammen mit N 1 eine NP bildet. Die Struktur einer solchen DP ist in (57) dargestellt: (57)
DPCD(
D [ NP [ N , N ] ] ] ]
Die Kongruenzmerkmale als Quelle der nominalen Flexion von Phrasen werden in solchen Strukturen unterhalb des D-Knotens generiert, da dieser der Kopf der DP ist und die Merkmale sich entlang der Kopflinie vererben (vgl. Stechow/Stemefeld 1986:110). Olsen (1989:136) gibt dazu das folgende Beispiel in (58): (58)
~ 3Ps
~
Sg Mask Nom _
j LA
j
L
1sl
de+r ~3Ps ~ Sg Mask _Nom _
"3Ps ~ Sg Mask Nom
hohe
Dom
Neben den Artikeln gehören auch die Pronomen zu den phonetischen Realisierungen der D-Merkmale, womit sie nicht mehr Stellvertreter einer NP sind; denn die flir das Pronomen relevanten Merkmale sind unter D vorhanden; die Struktur des Pronomens ersieht damit wie in (59) aus (vgl. Olsen 1989:135):
40
(59)
DP D' D 3Ps
SB Nom L Mask J
er
Pronomen und Artikel werden also von denselben syntaktischen Kategorien dominiert. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal besteht in der Transitivität, die bisher allein zur Klassifizierung der Verben herangezogen wurde. Die Artikel können nur mit NP-Komplementen zusammen auftreten, weshalb sie transitiv sind; dagegen nehmen die Pronomen kein Komplement und sind entsprechend intransitiv. Es gibt auch Fälle, wo der Artikel fehlt (s.u.); das trifft u.a. auf adjektivische Konstruktionen wie bei schönem Wetter zu; eine zusätzliche Artikelform fuhrt zu der ungrammatischen Lesart *bei dem schönem Wetter. Hier gibt es also keinen Grund, von der Existenz eines D-Knotens auszugehen. In dem Beispiel werden die Kongruenzmerkmale entsprechend unter A generiert, was zur phonetischen Realisierung des Affixes Iml fiihrt. Somit finden wir neben der DP auch die NP als Argument-fähige Phrase (vgl. Haider 1988:49). Anhand der Konstruktionen bei dem schönen Wetter (60a) und bei schönem Wetter (60b) wird die syntaktische Struktur verdeutlicht· (60a)
b)
Wetter schönem Wetter
schönen
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Diese syntaktischen Strukturen machen klar, daß die Präposition zwei verschiedene Komplemente zuläßt, nämlich NP und DP (vgl. (61)).
(61)
P'
r DPI iNPj
Wenn die Syntax der flektierten Präpositionen (vgl. Teil III) zur Diskussion steht, wird uns die Regel (61) wieder begegnen. An dieser Stelle sei auf den in dieser Arbeit vertretenen lexikalistischen Ansatz verwiesen, der sich nicht nur auf die Phonologie bezieht (vgl. Kap. 2), sondern auch auf die Wortbildung. Diesem Ansatz zufolge tritt das Kongruenz-Suff ix schon lexikalisch an den entsprechenden, aus dem Artikel oder Adjektiv bestehenden Stamm. Dies hängt damit zusammen, daß gebundene Morpheme prinzipiell akategorial sind, während Wörter immer einer syntaktischen Kategorie zugewiesen werden (vgl. Zwicky 1986:294). Daher müssen die Affixe schon lexikalisch an den entsprechenden Stamm treten, bevor das so entstandene Wort der entsprechenden syntaktischen Kategorie zugewiesen wird. Eine syntaktisch fundierte Analyse schlägt dagegen Olsen (1989:133f.) vor; ihr zufolge mlißten die Kongruenz-Suffixe den D-Knoten besetzen, bevor sie mit dem Adjektiv durch die Affix-Bewegung zu einer Einheit verschmelzen. Hierauf wird in den folgenden Ausführungen nicht weiter eingegangen.
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2. Klitisierung im Rückblick
Die die Klitisierung betreffende Terminologie wird in Kap. l eingeführt. Neben der Charakterisierung der klitischen Typen in Kap. 2 wird in 2.1 eine Auseinandersetzung mit den bisherigen Arbeiten zur einfachen Klitisierung erfolgen. Weitere, die Klitisierung im Allgemeinen betreffende Aspekte werden in den Kapiteln 3 und 4 erörtert; hier geht es um die phonologische Bindung und die Partner der Klitika.
2.1 DIE TERMINOLOGIE
In vielen Sprachen der Welt gibt es eine Klasse von Wörtern, die traditionell so beschrieben werden, daß sie eine "starke" und eine "schwache" Form aufweisen. Diese Wörter, bei denen es sich u.a. um Artikel, Präpositionen, Personalpronomen und Auxiliare handelt, werden zu den FunktionsWörtern gezählt. In ihrer starken Form sind diese Einheiten akzentuiert, während die schwachen Formen häufig unakzentuiert auftreten. Alle schwachen FunktionsWörter werden in der Literatur auch als Klitika oder klitische Einheiten bezeichnet. Der Begriff klitisch bedeutet, daß sich bestimmte Einheiten an andere Einheiten anlehnen müssen. Sie stehen in morphologischer oder phonologischer Abhängigkeit zu einem unmittelbar adjazenten Element; aus diesem Grund werden die Klitika morphologisch oder phonologisch gebunden. Diesen Vorgang der Bindung bezeichnet man auch als Klitisierung. Die Abhängigkeit der Klitika kann aus der Tatsache abgeleitet werden, daß Klitika niemals isoliert auftreten können. Einwortäußerungen klitischer Einheiten sind immer ausgeschlossen. Die folgenden Beispiele in (1) aus dem Griechischen (vgl. Zwicky 1977:31) und (2) aus dem Deutschen sollen dies verdeutlichen. (1) pianu toles "Wem sagst du das" esena/ *[su] "dir" (2) Wer kommt mit dir ?
sie / *[za] Anhand dieser Beispiele läßt sich die Beobachtung machen, daß die starken Formen, nämlich esena und sie, in Isolation stehen können, während die unakzentuierten, d.h. klitischen Einheiten su und se niemals allein vorkommen dürfen. In ihrer unmittelbaren Umgebung muß also ein weiteres Wort vorkommen, das akzentuiert ist. So muß der klitischen Form des indefiniten Artikels [n] ein Wort unmittelbar vorausgehen oder folgen und dem klitischen Personalpronomen [ £] eine Einheit unmittelbar vorausgehen; wenn die entsprechenden Einheiten fehlen, ist die Klitisierung dagegen ausgeschlossen (vgl. (3) und (4)):
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(3) {ein/ [n]} Haus (4)
vs.
weil {wir/ [vji] } kommen können vs.
ich kaufe {einen/ *[ ]>. {wir/ [v^f]} können kommen.
In der unmittelbar adjazenten Umgebung einer klitischen Form muß also immer eine sprachliche Einheit vorhanden sein, an die die Klitika entweder morphologisch oder phonologisch gebunden sind. Man nennt diese Einheit nach Zwicky (1977) auch host oder Partner. Wenn die klitische Form dem Partner folgt, so handelt es sich um eine enklitische Einheit. Das Personalpronomen [ ^ in (4) ist ein Beispiel für eine enklitische Einheit, denn der Partner muß vorausgehen, damit die Klitisierung möglich ist. Bei Bindung an einen folgenden Partner spricht man von einer proklitischen Einheit. Der indefinite Artikel in (3) ist proklitisch, da er nur dann grammatisch ist, wenn ein Partner unmittelbar folgt. Bei der aus Partner und klitischer Einheit bestehenden Sequenz handelt es sich um eine klitische Gruppe. Die Unakzentuiertheit ist nur eine typische Eigenschaft der deutschen Klitika. Geradezu paradigmatischen Charakter hat in diesem Zusammenhang die neugriechische Sprache. Hier kann eine klitische Einheit - in (S) ist es das Pronomen mu nämlich einen Akzent tragen. (5) kane mii to
"mach mir das"
(vgl. Nespor 1986:66)
Das unterschiedliche Akzentverhalten der neugriechischen und deutschen Klitika weist darauf hin, daß wir es mit zwei verschiedenen klitischen Typen mit zum Teil erheblich voneinander divergierenden Eigenschaften zu tun haben. Die Charakteristiken dieser Klitika und ihre Analysen in der bisherigen Forschung bilden den Diskussionsgegenstand der folgenden Kapitel.
2.2 ZUR TYPOLOGIE DER KLITIKA
Die Frage nach der Art der Abhängigkeit klitischer Einheiten zu ihrem Partner steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Klassifizierung der Klitika. Die Annahme einer Typologie geht auf einen programmatischen Aufsatz von Zwicky (1977) zurück, welcher drei verschiedene Typen von Klitika unterscheidet. Diese werden in den folgenden Kapiteln erörtert.
2.2.1 Einfache Klitisierung Eine wesentliche Eigenschaft der einfachen Klitika ist ihre Unakzentuierbarkeit. Dies korrespondiert mit der Tatsache, daß ihre segmentale Struktur keine betonbaren Einheiten aufweist. So weisen die Klitika entweder ein Schwa, einen silbischen Konsonanten oder gar kein silbisches Element auf. Diese segmentale Struktur steht in
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einer transparenten Beziehung zu der korrespondierenden starken Form, die einen akzentuierbaren Vokal aufweist. Über eine derartige Relation zwischen akzentuierbarem Vokal und reduzierter Form verfligen von den drei verschiedenen k l it is eben Typen nur die einfachen Klitika. Als weiteres distinktives Merkmal gilt, daß sie immer in derselben syntaktischen Position wie ihr starker Gegenspieler erscheinen. Es existieren also keine speziellen syntaktischen Positionsregeln flir ihre Satzstellung, und ihr syntaktisches Verhalten ist daher unmarkiert. Die Arbeiten, die sich bisher mit der einfachen Klitisierung auseinandersetzten, faßten diesen Klitisierungstyp im wesentlichen als syntaktischen Prozeß mit phonologischen Konsequenzen auf. Insofern folgten sie alle dem im SPE-Modell aufgestellten Prinzip, demzufolge die auf der syntaktischen Oberflächenstruktur operierenden syntaktischen Regeln den Input fUr die phonologische Komponente generieren (vgl. Chomsky/Halle 1968:9-10). 2.2.1.1 Die bisherigen Klitisierungsmodelle Zwicky (1977), an den sich die im ersten Abschnitt vorgenommenen Ausführungen anlehnen, definiert die einfachen Klitika als das Resultat einer phonologischen Reduktion, wobei die klitische Form eine phonologische Einheit mit dem benachbarten Wort, also dem Partner, bildet. Die in (6) angeführte Definition der einfachen Klitisierung sowie der gesamte von Zwicky vorgestellte Mechanismus, der im folgenden vorgestellt wird, wird noch in diesem Kapitel einer eingehenden Prüfung unterzogen. (6) Cases, where a free morpheme, when unaccented, may be phonologically reduced, the resultant form being subordinated to a neighboring word (zitiert nach Dedenbach 1987:165). Bei Zwicky (1977) gehen den phonologischen Reduktionsregeln die eigentlichen Klitisierungsregeln voraus, die nach der syntaktischen Oberflächenstruktur operieren und die betreffenden Einheiten syntaktisch restrukturieren. Die syntaktische Reorganisation erfolgt durch die syntaktische Chomsky-Adjunktion (im folgenden ChAdjunktion) an den Partner. Diese Adjunktion besagt, daß eine Kategorie vom Typ X mit einer Einheit wieder zu einer Kategorie X verknüpft wird; die Komplexitätsebene bleibt also trotz der Verzweigung unverändert (vgl. Grewendorf et.al. 1987:204). Für diesen Vorgang postuliert Zwicky ein eigenes Modul unmittelbar nach der syntaktischen Oberflächenstruktur und vor den Reduktionsregeln (vgl. Dedenbach 1987:167). Der syntaktische Vorgang, der Zwicky zufolge wahrscheinlich nur bei auf der Wortebene (i) unakzentuierten Einheiten stattfindet - damit sind die klitisierbaren Funktionswörter gemeint - ist Zwicky zufolge der Auslöser für das Inkrafttreten der Reduktionsregeln. Der gesamte Mechanimus wird weiter unten noch graphisch veranschaulicht. Dedenbach (1987), die in erster Linie die Klitisierung des deutschen definiten Artikels behandelt, hat diese Analyse Übernommen. Vergleichbar äußert sich Selkirk (1972, 1984), die die phonologische Reduktion in
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Form einer Akzenttilgung für einsilbige Wörter beschreibt. Wie Zwicky nimmt auch sie als Input für diesen phonologischen Vorgang die syntaktische Restrukturierung an, die als eigentliche klitische Regel gilt (vgl. (7)): (7) There need to be clitic rules which rearrange the syntactic relations of these non-lexical items such that they provide the correct input to the Monosyllable Rule (Selkirk 1972:42). Insofern ist einfache Klitisierung für Zwicky (1977) und Selkirk ein syntaktischer Vorgang, der nur unter der phonologischen Voraussetzung der Unakzentuiertheit und Einsilbigkeit der zu klitisierenden Einheit stattfinden kann. Zwicky (1977) und Selkirk behandeln Klitisierung auf die gleiche Weise. Das für die Enklitisierung geltende Schema sähe nach ihren Analysen wie in (8) aus, wobei W und X für syntaktische Kategorien stehen, die die Wörter [Y] und [Z] dominieren; X dominiert dabei die zu klitisierende Einheit, deren phonologische Ausgangsform von dem Fuß dominiert werden muß; wenn diese phonologische Ausgangskonstellation vorliegt, kann X an W restrukturiert werden. In dieser syntaktischen Domäne kann dann die phonologische Reduktionsregel operieren, die den Akzent tilgt und die segmentale Struktur reduziert, so daß die reduzierte Form CA] abgeleitet wird. (8)
W W
X
[Y]
CZ]
a
\
^
W [Y]
"X [Z] -* [AI
o
l
(o)
Die bisher genannten Forscher sahen in der einfachen Klitisierung also den phonologisch bedingten syntaktischen Vorgang der Ch-Adjunktion, der zur phonologischen Reduktion führen soll. Die detaillierteste Arbeit, die auf dem Prinzip der Syntaxsensitivität basiert, stammt von Kaisse. In ihren Arbeiten (vgl. Kaisse 1983, 1985) werden die englischen Klitika als nicht durch phonologische Reduktion generierte Einheiten analysiert, sondern - aufgrund von noch zu erörternden Argumenten - als im Lexikon aufgelistete allomorphe Formen. Sie betrachtet damit die einfache Klitisierung als syntaktischen Vorgang, •wobei die Klitika morphologisch an ihren Partner gebunden werden. Nach der syntaktischen Restrukturierung werden die mit dem adjungierten Knoten assoziierten starken Formen durch die allomorphen Klitika substituiert. Der in (8) aufgeführte phonologische Ableitungsschritt entfällt. Das entsprechende Schema sieht dann wie in (9) aus; als Vorlage diente Kaisse (1985:69):
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W
(9)
W 11
[ ]
I [ ]
[Y]
[Zl/CAl
ö
ö
,1
l
(ö)
Sie nimmt in Anlehnung an Zwicky ein Klitisierungsmodul an, das eigens filr die morphologische Bindung dieser klitischen Allomorphe vorgesehen ist. Diese Abgrenzung der klitischen Morpheme zu den anderen beiden gebundenen Morphemtypen, nämlich den Derivations- bzw. Flexionsaffixen, nehmen auch Zwicky/Pullum (1983) vor, nach denen die allomorphen Klitika klitische Affixe sind. Von Kaisse wird diese Ansicht geteilt. Schellinger (1988) überträgt Kaisses Ansatz auf die reduzierten Formen des deutschen Definitartikels (vgl. Teil III). Anhand der englischen Klitisierung werde ich einige syntaktische Bedingungen erörtern, flir die die Klitika des Englischen sensitiv sind. Die entsprechenden syntaktischen Parameter sind die Prinzipien des c-Kommandos und der Rektion. Nur wenn eines der beiden Prinzipien erfüllt ist, ist Klitisierung im Englischen grammatisch und die Klitika können in eine mit (9) vergleichbare Konfiguration eingesetzt werden. Die Definition des c- Kommandos, die Kaisse verwendet, macht Gebrauch von einer syntaktischen Domäne. Demnach ist in der Struktur L xmax ··· ··· 3 die maximale Projektion Xmax als Domäne fUr definiert. Dann gilt, daß nur innerhalb dieser Domäne c-kommandiert. Diese Bedingung muß nach Kaisse eingehalten werden, damit die englischen Auxiliare an eine Pronominal form klitisieren (vgl. Kaisse 1985:55). Das Pronomen muß dabei das Auxiliar c-kommandieren. Kaisse sieht in dieser Prof orm- Bedingung die Regel für die Beobachtung, daß nicht-lexikalische Einheiten (also syntaktische Nebenkategorien) wesentlich häufiger mit ihren Nachbarn interagieren als lexikalische. Dies scheint nicht nur aufs Englische beschränkt zu sein, da es auch im Französischen und - wie ich in Teil III, Kap. 4.5.4 noch zeigen werde - im Deutschen ähnliche Erscheinungen gibt. Als Beispiele für die Anwendung der Proform-Bedingung führe ich die klitischen Formen zu den Auxiliaren have, will und are an. Sie dürfen nämlich niemals von einer lexikalischen Einheit c-kommandiert werden, wohl aber von Pronomina, also nicht- lexikalischen Einheiten (vgl. (10)); die Sätze sind nicht von Kaisse diskutiert worden, sondern von Selkirk (1984:403f.), die allerdings keine Erklärung dafür anzubieten hat, daß die Auxiliar- Klitika nur nach nicht-lexikalischen Einheiten grammatisch sind. (lOa) b)
"The foci've been altered / You've done it again. "Mary'll try that / We'll give it a try.
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In den ungrammatischen Sätzen (10a,b) wird die klitische Einheit zwar c-kommandiert; aber der Partner ist in keinem Fall eine c-kommandierende Proform: denn es sind lexikalische NFs, die die klitische Einheit c-kommandieren. Interessanterweise gilt die Proform-Bedingung nicht fllr die klitischen Einheiten der Auxiliare has, is, had und would. Selkirk ist unklar, warum die entsprechenden Klitika auch nach lexikalischen Nominalphrasen stehen dürfen (vgl. (11)): (11 a) b) c) d)
The foci'd been altered. Mary's leaving soon. My mother'd do it better. Which typewriter's been fixed?
Offensichtlich gilt flir diese Auxiliare, daß sie an Pronomina und an Nominalphrasen klitisieren können, von denen sie c-kommandiert werden (vgl. Kaisse 1985:53). In der Regel, die in (11) die Klitisierung ermöglicht, fällt also die Proform-Bedingung weg. Mit Hilfe der beiden erörterten Regeln läßt sich der gesamte Komplex der englischen Auxiliarklitisierung erfassen. Der zweite Klitisierungsparameter ist bei Kaisse die Rektion. Sie wird u.a. von Grewendorf et al. (1987:239f.) so definiert, daß das Regens eine Kategorie genau dann regiert, wenn c-kommandiert und c-kommandiert. FUr die klitischen Formen des who gilt die folgende Bedingung flir eine erfolgreiche Klitisierung: demnach können die Allomorphe nur dann an einen adjazenten Partner adjungieren, wenn dieser die minimale CP regiert. Diese Bedingung sei anhand der beiden Beispiele in (12) und (13) zur klitischen Form [ha] illustriert. (12) *tell Larry Chal] be there Die syntaktische Klammerung zu (12) t , tell Larry [ w h o ' l l be there]] (vgl. auch Kaisse 1985:67) zeigt, daß zwar die Rektionsbedingung erfüllt ist, da das Verb teil die CP regiert, aber nicht die Adjazenzbedingung. Die NP Larry steht zwischen dem Regenten teil und der CP, in die die klitische Einheit eingesetzt werden soll. Im folgenden Beispiel wird die Bedingung motiviert, daß es sich um eine minimale, vom Verb zu regierende CP handeln muß. (13) *I think [hall come is none of your business Der flir die Bedingung relevante syntaktische Teil sieht wie in (14) aus: (14) *I think i c p [ c p hal come] is none of your business] Hier wird nicht die minimale CP- Konstituente vom Verb regiert, sondern vielmehr die die minimale Konstituente einbettende CP. Deshalb ist der Satz ungrammatisch, wenn die klitische Form an den Partner Ch-adjungieren würde. Die rückblickende Diskussion um die syntaktischen Bedingungen für einfache Klitisierung ist somit abgeschlossen; sie wird im späteren Verlauf dieses Kapitels
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der alternativen Sichtweise gegenübergestellt, nach der in Zusammenhang mit den prosodischen Kategorien verfugbare prosodische Faktoren die entscheidenden Kontexte flir bestimmte Klitisierungsphänomene sein sollen. Außerdem sollen alle bisher zur Sprache gekommenen Modelle auf den in Teil I diskutierten Aspekt der phonologiefreien Syntax hin untersucht werden; damit wird das Ziel verfolgt, Hayes* Modell der Lexikalischen Phonologie als Grundlage flir die Analyse der einfachen Klitisierung zu motivieren. 2.2.1.2
Die kritische Auseinandersetzung mit den früheren Modellen
Die bisher diskutierten Ansätze zur Klitisierung geben Anlaß zu einigen Kritikpunkten. Die nun folgende Argumentation gegen Kaisses Analyse bildete im wesentlichen die Grundlage für die Arbeit über Klitisierung in Prinz (1987). Ein Kritikpunkt in Zusammenhang mit Kaisses Analyse ergibt sich durch die Lokalisierung von Klitisierungsprozessen, die Kaisse zufolge in einem Modul für einfache Klitisierung stattfinden. Ich gehe mit dieser Annahme nicht konform. Nur, wenn es sich um eine Grammatikkomponente mit ausschließlich für sie typischen Eigenschaften handeln würde, wäre Kaisses Annahme eines Moduls der einfachen Klitisierung gerechtfertigt. Dies kann dann der Fall sein, wenn neben den Flexionsbzw, den Derivationsaffixen als weitere Klasse die der klitischen Affixe existieren sollte, mit der Kaisse die autonome Behandlung der einfachen Klitisierung rechtfertigen könnte . Um diese Behauptung zu beurteilen, muß man sich zunächst die Frage stellen, ob sie nicht einer der beiden anderen Gruppen zuzuordnen sind. Das wäre genau dann der Fall, wenn die Klitika Wesenszüge mit einer der anderen beiden Gruppen gemeinsam hätten; so ist beobachtbar, daß die Flexion die Kategorie des Partners nicht verändert, wie es bei den Derivationen oft der Fall ist. Der Partner allein determiniert also die syntaktische Kategorie des entstehenden Wortes. Insofern kann man die Klitika, wenn es Argumente für ihren morphologisch gebundenen Status gibt, aufgrund ihrer Wesensgleichheit mit Flexionsaffixen mit denselben identifizieren, ohne daß der Begriff des klitischen Affixes eine Rolle in der Grammatik spielt. Eine autonome Behandlung der einfachen Klitisierung mit Hilfe eines entsprechenden Moduls, wie es von Kaisse vorgeschlagen wurde, wird durch das Fehlen eines nur in dieser Grammatikkomponente vorkommenden Affixtyps erheblich entkräftet. Ein weiterer Einwand gegen Kaisses Analyse betrifft den grammatischen Status der Klitika. Kaisse vertritt die Auffassung, daß die klitischen Einheiten des Englischen in keiner prädiktablen Beziehung zu den vollen Formen stehen und deshalb zugrundeliegend im Lexikon vorhanden sind. Aber in Prinz (1987) wird argumentiert, daß im Deutschen (und auch im Englischen) Klitika in der Regel keine lexikalisierten Einheiten sind. Für sie treffen also die folgenden Ausführungen zu. Durch postlexikalisch phono logische Reduktion entstandene Einheiten müssen innerhalb einer phonologischen Komponente behandelt werden, auch wenn die Regel syntaxsensitiv ist. Dies trifft auf die Prozesse des externen Sandhi zu, die von Kaisse innerhalb des Pl-Moduls mit phonosyntaktischen Regeln behandelt werden. Gleiches wurde in Prinz (1987) für die einfachen Klitika des Deutschen vorgeschla-
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gen. So konnte die Klitisierung des definiten Artikels mit Hilfe einer phonosyntaktischen Regel beschrieben werden, denn die reduzierte Artikelform wird standardsprachlich - nur standardsprachlich reduzierte Formen werden in Prinz (1987) sowie in dieser Arbeit immer als Klitika bezeichnet - nur nach einer Präposition generiert (vgl. (15a)). In anderen Kontexten ist die klitische Form dagegen ausgeschlossen (vgl. (15b)). (15a) Er geht noch in idie/ia]} Schule b) Ob {die/*[a]} Frau Bescheid weiß?
(vgl. auch Prinz 1987:45f.)
Neben dieser Pl-Analyse wurde in Prinz (1987) vorgeschlagen, einige Klitisierungsvorgänge des Deutschen in P2 zu analysieren, da ihre Kontextsensitivität offensichtlich innerhalb der prosodischen Konstituenten erklärbar sei. Der phonologischen Phrase kam dabei eine Schllisselrolle zu, weil sie die Funktion einer Domäne für Klitisierung hatte. Das Ausbleiben der Klitisierung von Pronomina in (16a) wurde so erklärt, daß die fllr die Klitisierung erforderliche prosodische Adjazenz des Pronomens an einen möglichen vorangehenden Partner nicht vorlag, da die phonologische Phrasengrenze zwischen beiden Einheiten verläuft. Dagegen ist Klitisierung in (lob) aufgrund der unmittelbaren Adjazenz der beteiligten Einheiten möglich. Als Vorlage für diese P2-Analyse diente Dogil (1984, s. unten). (16a) [ Hat das Kind! [ {es/*[s]} gesehen] b) [ Hat er {es/ [s]} gesehen] Neben diesen beiden Klitisierungsebenen wurde auch das Lexikon als mögliche Komponente aufgeführt. Einige Artikel formen, die Bestandteil der sog. flektierten Präpositionen (vgl. Teil III, Kap. 4.2) sind, werden lexikalisch generiert. Dieses Vorgehen steht im Gegensatz zu Kaisse, die von einer lexikalischen Auflistung der englischen Klitika ausgeht; sie sind ihrer Auffassung nach durch keine phonologische Regel ableitbar, obwohl in den nun folgenden Ausführungen beobachtbar ist, daß die Klitika in einer ableitbaren Beziehung zu den vollen Formen stehen. Wenn die Relation vorhersagbar ist, dann sind aufgrund der in Prinz (1987) vertretenen Meinung die klitischen Einheiten als das Resultat einer Ableitung aus den starken Formen zu betrachten, unabhängig davon, ob diese Generierung lexikalisch oder postlexikalisch stattfindet. Die ableitbare Beziehung einiger englischer Auxiliare wird bei einer Gegenüberstellung der vollen und reduzierten Formen in (17) deutlich (vgl. auch Kaisse 1985:42):
(17a) b) c) d) e) f) g) h)
is are am has
have had will would
[s], [zl, [az] [r], [r] Cm], Cm] [s], [z], [az] [v], [av] [d], Cad] [1], Cd], [ad]
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Volle und reduzierte Form stehen in einer phonologisch transparenten Relation. Zunächst einmal stellen wir fest, daß die miteinander korrespondierenden Formen im wortfinalen Konsonanten übereinstimmen. Eine weitere Ableitungsmöglichkeit besteht darin, daß die klitische Einheit silbig sein kann. In diesem Fall weist die klitische Form anstelle des Vollvokals ein Schwa auf, wenn ihr kein Sonorant mehr folgt, oder aber der Vokal fehlt völlig, wenn der letzte Konsonant ein Sonorant ist. Letzterer erscheint dann in vokalisierter Form. Einen vergleichbaren phonologischen Aufbau haben die deutschen Klitika, wie in Teil III diskutiert wird. Diese Beobachtung zeigt deutlich, daß die Relation mit Hilfe einer Regel beschreibbar ist. An dieser Stelle werde ich allerdings auf die Regelformulierung verzichten, da es mir nur um die Charakterisierung der phonologisch transparenten Beziehung zwischen den beiden Realisationsformen der Auxiliare ging. Die dargelegten Fakten widersprechen somit Kaisses (1985) Überlegung, daß eine Derivation ausgeschlossen sein soll. Aber selbst wenn sie zu demselben Ergebnis wie ich gekommen wäre, daß die Relation prädiktabel ist, hätte sie daraus nicht die Konsequenz gezogen, diese Relation mit einer Regel zum Ausdruck zu bringen. Ihr grundsätzlicher Einwand gegen die Derivation der von ihr behandelten Klitika ist allerdings wenig überzeugend. Nach ihrer Auffassung haben Derivationen keine Berechtigung, wenn sie keinen generellen Status haben, sondern nur auf eine Gruppe von Wörtern Bezug nehmen. So gibt es keine reguläre Regel des Englischen, die das [w] (in will) tilgt (vgl. Kaisse 1985:42). Deshalb kann in (17g, h) keine Tilgungsregel operieren. Aber ich sehe keinen Grund, warum eine Derivation nicht gerechtfertigt sein soll, wenn die Regel nur eine bestimmte Gruppe von Wörtern zum Gegenstand haben wUrde. So gibt es Phänomene, die nur bei wenigen Wörtern beobachtbar sind. Zum Beispiel kann das wortfinale Cl] in mal ausfallen, in Karl aber nicht. Weitere Untersuchungen könnten zeigen, daß die Tilgung des [1] möglicherweise von der Kategorie des betreffenden Wortes abhängig ist. Die Regel kann demnach nur bei FunktionsWörtern produktiv werden und wäre somit ein guter Kandidat für eine phonosyntaktische Regel. Entsprechendes ist auch fUr die englischen Auxiliare anzunehmen. Dagegen existieren nach Kaisse im Englischen aber Prozesse, die ein [h] und einen folgenden unbetonten Vokal tilgen. Hier haben wir es offensichtlich mit einer Tilgung mit größerem Anwendungsbereich zu tun, die auch einige der Auxiliare in (17) erfaßt. Nach Kaisse kann man aber dennoch nicht von einer regulären Tilgung sprechen, da letztere nur bei hohem Sprechtempo möglich ist (vgl. Kaisse 1985:42). Man möchte aber Klitika nicht mit Schnellsprechphänomenen gleichsetzen, da sie auch bei langsamen Sprechtempo akzeptabel sind. Aus diesem Grund nimmt Kaisse an, daß die segmentale Struktur der Klitika durch keine Regel charakterisiert werden kann. Gegen diese Position kann eingewendet werden, daß eine Tilgungsregel "sich auf allen Hauptebenen der phonetischen Form nachweisen läßt" (zit. nach Wiese 1988:). Beim Schnellsprechen werden viele Segmente gar nicht oder nur ansatzweise artikuliert. Nach Wiese können derartige Realisierungseigenschaften phonologisiert werden, indem sie zu regulären Regeln der Sprache aufsteigen. In einem letzten Schritt können die Regeln sogar lexikalisiert werden, wie wir bei der Diskussion deutscher Klitisierungsphänomene noch sehen werden. Es spricht also nichts gegen
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die phonologische Ableitbarkeit der Klitika, da die Tilgung der Segmente auch bei normaler Sprechgeschwindigkeit ohne weiteres derselben phonologischen Regel unterliegen kann, die auch bei schnellem Sprechen produktiv wird. Die Frage nach der Ableitbarkeit klitischer Einheiten ist somit beantwortet. Zumindest die hier diskutierten englischen Auxiliare lassen sich durch eine Ableitungsregel auf ihre schwachen Gegenspieler beziehen. Damit wird die (vielleicht) universelle, in Prinz (1987) vertretene These unterstützt, daß alle Klitika durch eine synchrone oder diachrone Ableitung entstehen. Weitere Evidenz für diese Behauptung liefern die Untersuchungen der deutschen und neugriechischen Klitika in Teil III bzw. Teil IV. In dem Ansatz, der in dieser Arbeit vorgestellt wird, werden die Klitisierungsphänomene, die in Pl behandelt wurden, einer alternativen Analyse unterzogen, die ihre Beziehung zu lexikalischen Eigenschaften untersucht bzw. herausarbeitet. PlRegeln erweisen sich demnach als lexikalisch vorkompilierte phonologische Regeln, da sich ausreichend Argumente flir ihren lexikalischen Status finden lassen. Dies erfolgt in Anlehnung an Hayes (demn.), der die lexikalische Behandlung von im "klassischen" Modell der Lexikalischen Phonologie (vgl. Teil I, Kap.l) in Pl lokalisierten Regeln propagiert. Vorausetzung dafür ist natürlich, daß die Klitika lexikalisch generiert werden müssen, wofür es viele Argumente gibt (vgl. Teil III). Die Klitika, die in Prinz (1987) ausschließlich prosodisch, also in P2, analysiert wurden, werden ebenso lexikalisch analysiert. Die phonologische Phrase als Domäne für Klitisierung ist insofern problematisch, da ihre Existenz für die deutsche Sprache zweifelhaft ist (vgl. Wiese 1988b:18). Außerdem kann die für ihre Konstruktion relevante syntaktische Struktur einen wesentlichen Beitrag zu den Klitisierungskontexten liefern, die fürs Deutsche relevant sind. Insofern ist es nicht einzusehen, warum erst prosodische Konstituenten definiert werden müssen, wenn die Klitisierung für die sie determinierenden syntaktischen Strukturen sensitiv sind. Ein weiteres Argument gegen die prosodischen Kategorien als Domäne für Klitisierung liefert die folgende Erörterung, in der es um die to-Kontraktion im Englischen geht. Der Ansatz von Dogil (1984:91f.) wird Kaisses syntaktischer Bedingung gegenübergestellt. Klitisierungen (und auch andere Prozesse) sind Dogil zufolge nur bei unmittelbarer prosodischer Adjazenz der beteiligten Elemente möglich. Diese ist genau dann gewährleistet, wenn zwei terminale Elemente, die linear unmittelbar aufeinander folgen, nicht von zwei verschiedenen phonologischen Konstituenten oberhalb der Wort-Ebene dominiert werden (vgl. Prinz 1987:10). Nach Dogil ist somit die to-Kontraktion in den folgenden Sätzen ausgeschlossen, da der verbale Partner und to zwei verschiedenen Intonationsphrasen bzw. phonologischen Phrasen angehören; dies wird in (18) illustriert: 18a) ( u (j They want ) ( to all intents and purposes ) (jto destroy us )) *They wanna ...
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b) ( ( ( I am going ) ( to the meeting ) ) ) U
*I am gonna ... Die Bedingung der prosodischen Adjazenz ist aber nicht in der Lage, Beispiele wie das folgende zu erklären; hier kontrahieren nämlich selbst phrase n-interne Elemente nicht (vgl. (19)): (19)
*( Who do you wanna succeed you )
Dogil führt dieses Phänomen auf das Vorhandensein bestimmter syntaktischer Information zurück; die syntaktische Phrasierung ergibt nämlich, daß zwischen dem Verb want und dem to eine Leerstelle steht (vgl. (20)): (20)
[ Who. Jyou want t Ce],l to succeed you] ] » CP CP
FUr phonologische Prozesse ist diese Spur sichtbar, d.h. die Regel der to-Kontraktion kann nicht Über eine Spur hinaus operieren, wobei die Spur eine wh-Spur sein muß (vgl. Dogil 1984:113). Es liegen also zwei Bedingungen vor: die Kontraktion wird innerhalb des prosodischen Kategoriensystems analysiert oder im phonosyntaktischen Modul, wo syntaktische Information noch vorliegen kann. Daß die syntaktische Information und die prosodischen Konstituenten in einem einzigen Modul vorliegen, ist dagegen aufgrund der von mir verwendeten Grammatik-Konzeption nicht möglich. Vergleichen wir diese Analyse mit Kaisses Regel, derzufolge to nur an ein Verb als Partner klitisieren kann, das die minimale, to enthaltende CP regiert (vgl. Kaisse 1985:72). Mit dieser einzigen Bedingung sind alle Beispiele abgedeckt, flir deren Erklärung Dogil zwei Regeln benötigt. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, daß der Partner und die klitische Einheit unmittelbar adjazent sein müssen. So kann die Klitisierung in (20) nicht stattfinden, da der Partner und die zu klitisierende Einheit nicht unmittelbar adjazent sind, sondern durch die Leerstelle voneinander getrennt sind. Insofern ist die generelle Bedingung, derzufolge der Partner und die klitische Einheit unmittelbar adjazent sein müssen, nicht erfüllt. Auf der anderen Seite werden mit der syntaktischen Bedingung für die to-Kontraktion, derzufolge das Verb die minimale, to beinhaltende CP regieren muß (vgl. Kaisse 1985:72), auch (18a) bzw. (18b) erfaßt. So ist to in a) Bestandteil eines von S, d.h. IP, dominierten Satzes, und in b) regiert das Verb nicht in eine CP hinein, sondern in eine PP. Daß nach Dogil unterschiedliche Prinzipien für die to-Kontraktion verantwortlich sind, zeigt die nicht gerade starke Theorie der prosodischen Adjazenz an den Sätzen in (18) und (20). Es handelt sich um einen auf zwei Ebenen verteilten Vorgang: derselbe phonologische Vorgang ist einmal syntaktisch konditioniert, und ein anderes Mal durch die prosodischen Konstituenten. Wenn wir aber versuchen, das Phänomen nur auf syntaktischer Basis zu beschreiben, müssen wir die to-Kontraktion als einen einheitlichen Prozeß annehmen, wobei die klitische Form durch eine
53 phonosyntaktische Regel generiert wird. Insofern ist das syntaktische Prinzip von Kaisse erklärungsstärker als das Prinzip der prosodischen Adjazenz bzw. das Modell der phonologischen Konstituentenhierarchie, weil es alle Fälle erfaßt und nicht nur auf einen Teil von sprachlichen Daten Bezug nimmt. Ich hoffe, damit gezeigt zu haben, daß auf phonologische Konstituenten oberhalb der Silbe als Domänen fllr Klitisierung (und vielleicht auch für andere phonologische Prozesse) leicht verzichtet werden kann. Warum ich prinzipiell auf die Verwendung der prosodischen Kategorien verzichten möchte, hat nicht nur den in Zusammenhang mit Dogil erörterten ökonomischen Hintergrund. Vielmehr sind die prosodischen Domänen, wie sie derzeit definiert sind (vgl. Nespor/Vogel 1982, 1986) unter dem Gesichtspunkt der Autonomie der Syntax nicht zu rechtfertigen. Ich möchte nicht die Existenz dieser Kategorien bestreiten; vielleicht sind sie zur Analyse genau dann erforderlich, wenn syntaktische Bedingungen keine hinreichende Erklärung der Fakten liefern. Zu diesem Thema werde ich weiter unten Stellung beziehen. Aber die Art und Weise, wie sie in der Literatur definiert werden, sollte Gegenstand einiger kritischer Anmerkungen sein. Zu diesem Zweck wird die Konstruktion der phonologischen Phrase (vgl. Nespor/Vogel 1986:168/169) näher betrachtet (vgl. (21) und (22)): (21) Join into a any lexical head X with all items on its non-recursive side within the maximal projection and with any other non-lexical items on the same side (e.g. prepositions, complementizers, conjunctions, copulas). (22) A non branching which is the first complement of X on its recursive side looses its label and is joined to the containing X under a new node labelled '. Diese Regeln sollen anhand von zwei Beispielen aus dem Italienischen illustriert werden. Das Raddopiamento Syntattico (RS) darf Nespor/Vogel (1982) zufolge nur stattfinden, wenn sich die beteiligten Elemente innerhalb derselben phonologischen Phrase befinden. RS längt den initialen Konsonanten eines Wortes, dem ein auf seiner letzten Silbe betontes Wort vorangeht. Sollten die Elemente verschiedenen angehören, so unterbleibt RS. Beide Fälle sind in (23) dargestellt, wo tre und cani derselben angehören, während blu und misteriosi zwei verschiedenen zugeordnet sind. So wird nur das [k] in cani gelängt. (23)
( tre cani ) ( blu) ( ff)
ff}
•w
-w
[k:]
ff)
misteriosi ) -er
l
"drei blaue geheimnisvolle Hunde"
,
*[m:J
Auf der anderen Seite findet in (24) zwischen citta und vecchie auch RS statt, obwohl beide nach Regel (21) zu zwei verschiedenen s gehören: (24) ( le citta ) ( vecchie ) ( sono belle ) [v:]
"die alten Städte sind schön"
54
In den Fällen, wo solche syntaktische Voraussetzungen flir die - Bildung wie in (22) beschrieben vorliegen, verliert eine nicht verzweigende - in unserem Beispiel vecchie - auf der rekursiven Seite von X - le citta - seine Etikette und konstituiert mit dem vorangehenden X eine ' (vgl. (25)) . Diese Konsonantenlängung macht also die Verwendung anderer syntaktischer Information plausibler als die, die in (21) zur Konstruktion der phonologischen Phrase erforderlich war. (25)
(,(
le citta) vecchie)
( sono belle )
Präpositionen müssen allerdings entgegen der Definition in (21) wie die Nomen, Verben und Adjektive zu den lexikalischen Kategorien gezählt werden (vgl. u.a. Gazdar et. al. 1985:131f.) und müßten deshalb immer eine bilden. Die Sequenz da Carla "bei Karla" mußte also aus zwei 5 bestehen. Nun findet allerdings zwischen beiden Elementen RS statt. Also muß die Präposition zur folgenden phonologischen Phrase gezählt werden, denn die Domäne flir RS ist . Nespor/Vogel schließen in ihrer neuen Definition (vgl. Nespor/Vogel 1986:168, 169) aus diesem phonologischen Verhalten auf einen syntaktischen Aspekt in der -Konstruktion: nur die lexikalischen Kategorien werden als Köpfe von betrachtet, die zumindest eine positive Merkmalsspezifizierung aufweisen. Präpositionen sind C-V,-N] , konstituieren demnach keine und werden stattdessen an eine benachbarte Phrase adjungiert. Wie anhand der diskutierten Regeln deutlich wird, verwenden Nespor/Vogel ausschließlich syntaktische Information flir ihre Regelformulierung. Damit stellt sich die Frage, wie sie diese syntaktischen Aspekte motiviert haben. Was rechtfertigt z.B. die Relevanz der Rekursivität, so daß alle Einheiten auf der nicht-rekursiven Seite der Kategorie X mit diesem X eine phonologische Phrase bilden, während nicht-verzweigende auf der rekursiven Seite des X ihre Kategorie verlieren und an eine ' restrukturiert werden? Weiterhin ist unklar, warum diese -Bildung nur innerhalb einer maximalen Projektion stattfinden darf oder warum solche Information verwendet wird, die auf die Merkmalsspezifizierungen von Wörtern referiert. Ich habe in meinen Ausführungen schon versucht, eine Antwort auf diese Fragen zu geben. Die Regeln machen deutlich, daß es phonologische Vorgänge sind, die Nespor/ Vogel dazu veranlaßt haben, auf syntaktischer Information basierende Regeln zu erstellen. Die Definition in (21) konnte der Konsonantenlängung in (24) nicht Rechnung tragen, so daß offensichtlich andere syntaktische Aspekte, nämlich die in (22) aufgeführten, für die -Konstruktion relevant sind. FUr die syntaktischen Aspekte in Regel (22) gibt es also keine andere Motivation als die Beschreibung phono logischer Vorgänge. Schließlich ist auch die Verwendung der syntaktischen Merkmale allein darauf zurückzuführen, daß sich die Präposition phonologisch anders verhält als die anderen lexikalischen Kategorien. Warum ist die syntaktische Information überhaupt erforderlich, wenn es für sie ausschließlich phonologische Evidenz gibt? Die Autonomie der Syntax verbietet solche Bezugnahmen auf phonologische Aspekte. Die Phonologie kann keinen Einfluß auf syntaktische Aspekte ausüben. Nespor/ Vogel haben diese Regeln also ganz im Geist einer phonologiesensitiven Syntax
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konstruiert. Die phonologischen Phänomene, die sie diskutieren, motivieren die syntaktischen Aspekte, auf denen die Konstruktion der phonologischen Phrase basieren soll. Weiterhin erscheint es häufig problematisch, die Kontexte phonologischer Prozesse mit Hilfe prosodischer Kategorien zu erklären. Die beteiligten Einheiten müssen zu zwei verschiedenen Konstituenten gehören, so daß die fehlende prosodische Adjazenz das Ausbleiben des entsprechenden phonologischen Vorgangs erklärt. Hierbei müssen wir allerdings die Tatsache berücksichtigen, daß die Vorgänge für einige Sprecher oder aber im Schnellsprechtempo dennoch möglich sind. Diese Möglichkeit wird auch von Selkirk (1984:332) in Erwägung gezogen. In diesem Fall wäre dann eine andere prosodische Phrasierung anzunehmen, die die erforderliche prosodische Adjazenz gewährleistet. Selkirk sieht dafür keinerlei Evidenz. Ich kann mich dieser Auffassung nur anschließen, denn meines Erachtens würde diese Strategie die Möglichkeit einschränken, erklären zu können, wann phonologische Prozesse möglich sind oder nicht; denn es können keine Vorhersagen Über Beschränkungen dieser phonologischen Prozesse gemacht werden, sobald mehrere Phrasierungsvarianten von ein und derselben prosodischen Konstituente gegeben sind. Wie ich schon zu Anfang sagte, soll durch diese Diskussion nicht die Existenz prosodischer Kategorien bestritten werden. Nur sehe ich keine Möglichkeit, diesen Kategorien für meine Arbeit eine Bedeutung beizumessen, wo die Art ihrer Konstruktion den Vorstellungen vom Aufbau der Grammatik, konkret: der Autonomie der Syntax, widerspricht; denn die syntaktischen Aspekte, aus denen sich die Regeln zum Aufbau der prosodischen Konstituenten zusammensetzen, sind nur aufgrund bestimmter phonologischer Phänomene ableitbar. Die im Zusammenhang mit Hayes (demn.) gemachten Ausführungen vermögen nicht nur zu Prinz (1987) Stellung zu nehmen, sondern sie können gleiches auch für die anderen erörterten Arbeiten zur einfachen Klitisierung tun, die alle gemeinsam haben, daß sie die einfache Klitisierung als einen phonologie- bzw. morphologiesensitiven Vorgang analysieren. Als eigentliche Klitisierungsregel gilt in den entsprechenden Arbeiten die syntaktische Restrukturierung, also die Ch-Adjunktion der zu klitisierenden Einheiten. Erst dieser syntaktische Input löst die Anwendung von phonologischen Regeln aus, die dann zur phonologischen Bindung der resultierenden Klitika führt. Warum gerade eine syntaktische Regel erforderlich ist, um die Bindung der Klitika auszudrücken, ist unklar; denn wir haben in Teil I, Kap. 4 bereits festgestellt, daß alle unakzentuierbaren Silben, zu denen auch die einfachen Klitika zählen, niemals isoliert vorkommen dürfen. Dafür haben wir die phonologische Erklärung gefunden, wonach nur von W dominierte Einheiten in unmittelbarer Umgebung einer von dominierten Einheit stehen müssen, zu der sie in einer Akzentrelation stehen. An diese Einheit, die bei den Klitika immer der Partner genannt wird, müssen die Silben daher phonologisch in Form der -Adjunktion gebunden werden. Also handelt es sich bei den einfachen Klitika wie bei allen unakzentuierbaren Silben um phonologisch gebundene Einheiten, wobei diese Bindung phonologisch bedingt ist, da unakzentuierbare Silben niemals allein vorkommen können. Die prosodische Adjunktion scheint also der syntaktischen vorgezogen werden zu müssen. Dies folgt noch auch aus einem anderen Grund. Die syntaktische Restruktuierung
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ist nämlich durch nichts anderes motiviert ist als durch phonologische Regeln bzw. phonetische Eigenschaften der zu restrukturierenden Einheiten. So sah Selkirk in der Anzahl der Silben die phonologische Motivation fUr die Ch-Adjunktion, denn nur wenn Pronominalformen einsilbig und unakzentuiert sind, können sie an den Partner syntaktisch restrukturiert werden. Auch Zwicky (1977) und Dedenbach (1985) sehen in der einfachen Klitisierung eine phonologisch bedingte Variation in der Syntax, wonach die syntaktische Restrukturierung nach Zwicky per definitionem aus der Unakzentuiertheit der betreffenden Einheiten auf der Wort-Ebene folgt. Im Gegensatz dazu behaupten Kaisse (1985) und Schellinger (1988), daß man unter der einfachen Klitisierung eine morphologisch bedingte Variation zu verstehen hat, die von der Einsetzung der allomorphen Klitika in die entsprechende syntaktische Struktur ausgeht. Hier folgt die ch-Adjunktion des Knotens, in den die Klitika eingesetzt werden sollen, ebenso wie bei den eben genannten Forschern aus der phonologischen Struktur der zu klitisierenden Einheiten. Die Ch-Adjunktion wäre allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn es entsprechende syntaktische Gründe dafür gäbe. Diese fehlen aber; vielmehr ist dieser syntaktische Vorgang nur durch die phonologischen Faktoren der Unakzentuiertheit und der Einsilbigkeit der zu klitisierenden Einheit motiviert. Die genannten phonologischen Aspekte können keine ausreichenden GrUnde für die immer wieder postulierte syntaktische Adjunktion sein. Denn die Ch-Adjunktion der klitischen Allomorphe, mit der die Bindung in bisherigen Arbeiten hergestellt wurde, operiert allein auf der Basis phonetisch/phonologischer Evidenz, ohne daß es syntaktische GrUnde für die Adjunktion gibt. Man kann syntaktische Gesetzmäßigkeiten nicht phonetisch bzw. phonologisch motivieren, wenn man der These folgt, daß Syntax autonom ist bezüglich anderer Komponenten der Grammatik (vgl. von Stechow/Sternefeld 1988:14). In der in Teil I, Kap. 2 vorgestellten Konzeption der Grammatik ist der Zugriff der Syntax auf phonetische bzw. phonologische Faktoren unmöglich, da innerhalb des syntaktischen Moduls nur syntaktische, vielleicht auch noch morphologische Information (vgl. Borer 1984) zur Verfügung steht und ein Informationsfluß zwischen der Syntax und den phonologischen Modulen nicht existiert. Selbst wenn es syntaktische Evidenz für die syntaktische Restrukturierung gäbe, könnte damit immer noch nicht die phonologische Bindung zum Ausdruck kommen. Alle diskutierten Vertreter einer phonologiesensitiven syntaktischen Restrukturierung der Klitika möchten die Sequenz aus Partner und klitischer Form als eine phonologische Einheit behandelt sehen, aber dies folgt doch unabhängig von der syntaktischen Repräsentation beider Einheiten! Neben der Tatsache, daß die Bindung der Klitika auf der falschen Ebene repräsentiert wird phonologische Bindung sollte in einer phonologischen Komponente stattfinden wäre das durch Ch-Adjunktion herbeigeführte Resultat nicht kompatibel mit den für die entsprechende Sprache typischen syntaktischen Strukturen (vgl. Wiese 1987). Trotz dieser Gegenargumente basieren alle Arbeiten zur Klitisierung auf der Charakterisierung der Klitika als aufgrund phono logischer Information gebundene Morpheme. Man machte die syntaktische Adjunktion also immer von phonologischen Aspekten abhängig. In dem hier vorgestellten Grammatikmodell ist der In-
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formationsfluß von der Phonologie zur Syntax aber ausgeschlossen, da das Phonologie-Modul nach der Syntax lokalisiert ist und ein Rückfluß von phono logischer Information zum syntaktischen Modul ausgeschlossen ist. Die traditionelle Grammatik weist durch die mit den terminalen Elementen assoziierten Wörter in der Phrasenstruktur immer auch phonologische Information innerhalb der Syntax auf. Solange aber phonologische Information innerhalb der Syntax zugänglich ist, ist Klitisierung rein formal gesehen als ein durch phonologische Aspekte motivierter syntaktischer Vorgang immer noch möglich. Nach Pullum/ Zwicky (1988) und Hayes (demn.) spielt die Phonologie für syntaktische Vorgänge keine Rolle. Daher wird auf phonologische Information innerhalb der Syntax verzichtet, so daß es unmöglich ist, phonologische Gebundenheit syntaktisch auszudrücken. In diesem Modell gibt es keine phonologiesensitive Syntax mehr. Der phonologische Vorgang der Klitisierung wird also nicht durch syntaktische, sondern durch phonologische Restrukturierung repräsentiert. Entsprechende Analysen stellen Prinz (1987) und Wiese (1988b) dar. Diese Positionen werden im folgenden diskutiert. 2.2.1.3 Frühere Generierungsanalysen Klitisierung wird in Prinz (1987) als ein Prozeß auf der Akzent-, also Fuß-Ebene angesehen: Der die volle Form dominierende Fuß wird getilgt, und es erfolgt eine Restrukturierung an den benachbarten Fuß, so daß die geeignete Konstellation für die Einsetzung der klitischen Form geschaffen ist; da aber die phonologisch transparente Relation zwischen voller und reduzierter Form mit einer Reduktionsregel beschrieben wird (vgl. Wiese 1988b), stellt die resultierende Fuß-Konstellation die Domäne fUr die Reduktion der vollen Form dar (vgl. (26)): (26)
2
kannst
du-* [da]
Die Derivation der klitischen Einheit [m] aus /de:m/ soll diesen Ableitungsvorgang verdeutlichen; in der Ableitung werden gemäß der in Prinz (1987) vorgestellten Analyse nur die strukturellen Positionen verwendet, die mit Segmenten assoziiert sind. In dieser Ableitung erfolgt auf die -Tilgung die Tilgung der übrigen Struktur, so daß zunächst die Silbe einschließlich der V-Position und darauf alle C-Positionen bis zur letzten des Wortes (vgl. Prinz 1987:30) wegfallen. Die verbleibende X-Position löst schließlich die Einfügung der V-Position und die damit verbundene Schwa-Epenthese aus.
58
(27a)
zugrundeliegende Repräsentation
C
V
C
[ d e
C ml
b)
Fuß-Tilgung /
C [d
/
V
C
C
e
m]
c)
X
ö/CV-Tilgung
[m] d)
V C
Schwa-Epenthese
l b
ml
Ein derartiger Ableitungsvorgang, in dem die Deakzentuierung der Klitika die zentrale Rolle spielt, stößt auf eine Schwierigkeit, die sich im Hinblick auf die Definition der Deakzentuierung ergibt: im Kapitel über die Akzentrepräsentation (vgl. Teil I, Kap. 4) wurde die Bedingung für die Fuß-Zuweisung erörtert, wonach die Silbe einen sich verzweigenden Nukleus aufweisen muß. Umgekehrt kann eine Silbe ihren Akzent nur genau dann wieder verlieren, wenn sie leicht geworden ist; eine leichte Silbe liegt vor, wenn postvokalisch keine C-Position vorhanden ist. Die Ableitung in (27) zeigt jedoch, daß diese Bedingung nicht erfüllt ist. Wir haben es zugrundeliegend mit einer schweren Silbe zu tun, so daß kein Auslöser flir die Deakzentuierung gegeben ist. Die Deakzentuierungsregel kann also nicht in Kraft treten, weil eine leichte Silbe als Voraussetzung fUr die -Tilgung nicht gegeben ist. Prinz (1987) hat in Anlehnung an Selkirk (1984:337) die Deakzentuierung damit zu begründen versucht, daß die Funktionswörter zugrundeliegend akzentuiert sind und sich Klitika generell durch Akzentlosigkeit auszeichnen. Beide genannten Aspekte erweisen sich allerdings nicht als zwingend; denn die Stellung des Akzents ist vorhersagbar und kann daher durch Regeln abgeleitet werden (vgl. Teil I, Kap. 4). Also ist die Annahme einer Akzenttilgung nicht unbedingt erforderlich, um Klitika generieren zu können, wenn man annehmen wUrde, daß die Klitisierungsregel schon vor der Akzentzuweisung stattfindet. Diese Regel müßte dann auf der CVoder Segment-Schicht operieren und die Akzentlosigkeit als unmittelbare Konsequenz nach sich ziehen; detailiertere Ausführungen zu dieser Überlegung erfolgen in Teil III.
59
Auch das zweite von Prinz verwendete Argument trifft nicht zu; denn die Akzentlosigkeit ist nicht allen Klitika gemeinsam, wie die neugriechischen Daten zeigen werden. Wenn die Klitika also hinsichtlich des Akzents divergieren, so kann Akzentlosigkeit nicht die behauptete zentrale Eigenschaft der Klitika sein. Nach dieser Argumentation gegen eine Deakzentuierung als Klitisierungsregel können wir nun zu einer Alternative übergehen, die Wiese (1988b) vorgeschlagen hat; danach generieren die auf der CV-Schicht operierenden Regeln im postlexikalischen Bereich der Phonologie die klitischen Einheiten. Aus der durch diese Regeln geschaffenen Konstellation ergibt sich dann die Unakzentuiertheit der Klitika. Die Ableitung von [a] aus /dl·./ soll dies illustrieren (vgl. (28)). Nach der Operation der Regel, die alle X-Positionen mit Ausnahme der letzten im Wort tilgt, operiert die stray-erasure, die alle nicht mit der strukturellen Schicht assoziierten Segmente tilgt; darauf erfolgt die Schwa-Epenthese, so daß die resultierende Form [a] schließlich an den Fuß des Partners In adjungiert wird. (28a)
X X X | | ^,--^ Cd
b)
zugrundeliegende Repräsentation
X
X-Tilgung
X
stray-erasure
X
Schwa-Epenthese
Cd
c)
d)
V
l [a]
e)
klitische Gruppe
/ \ V
C
V X
[i
n
Bl
f)
Silbifizierung
.·'· \C C· V\C
V [l
n a l
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Der Vorschlag von Wiese, die Tilgung der X-Positionen flir die Generierung der Klitika heranzuziehen, löst die Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Deakzentuierung ergeben haben. Doch auch hier kann ein Gegenargument geltend gemacht werden; es werden nämlich strukturelle Positionen und Segmente getilgt. Die Verschriftung von Lauten (vgl. neben Teil I, Kap. 5 vor allem Prinz/Wiese demn.) zeigte uns aber, daß auch solche Segmente für die Graphem- Schicht relevant sein können, die nicht mehr mit der CV-Schicht assoziiert sind. Andererseits spielen auch die CV-Positionen für die Graphem-Schicht eine Rolle, die nicht mit phonetischem Material assoziiert sind. Insofern können wir nicht von einer X-Tilgung oder einer Segment-Tilgung in Form der stray-erasure ausgehen; ebensowenig erscheint eine Deakzentuierung als Klitisierungsregel sinnvoll. Diese Diskussion soll die in Teil III vorzustellende Theorie motivieren, die die Generierung der Klitika unproblematischer behandeln kann als es mit Hilfe der bisherigen Theorien der Fall war. 2.2.1.4 Der grammatische Status der deutschen Klitika Wenn man sich in der Vergangenheit mit reduzierten Funktionswörtern des Deutschen beschäftigte, so beschränkte sich die Analyse weitgehend auf den definiten Artikel. Hierzu sind bisher einige linguistische Arbeiten verfaßt worden, die in diesem Kapitel erörtert werden sollen. Fast alle (vgl. dagegen Vater 1979, Kap. 4) haben gemeinsam, den reduzierten Artikel in Verbindung mit der Präposition als Verschmelzungsform zu bezeichnen. Welchen grammatischen Status diese Formen haben, ist bisher Gegenstand einer Kontroverse gewesen. Wir haben zwischen drei Positionen in der Debatte um die reduzierten Formen des Definitartikels zu differenzieren. Der Umstand, daß Verschmelzungen wie im eine lautlich unauflösbare Einheit bilden, da sie nicht ohne weiteres in ihre Bestandteile in und dem zerlegbar sind, wird von deutschen Forschern (so Schaub 1979, Dedenbach 1987) zum Anlaß genommen, alle Verschmelzungsformen als phonetische Phänomene zu analysieren. Daneben vertritt Hinrichs (1986) die Auffassung, Verschmelzungsformen seien lexikalische Einheiten und aufgrund ihrer Artikelendungen als kasus-markierte Präpositionen zu bezeichnen. Zwischen diesen Extremen nehmen Wiese (1988b) und Schellinger (1988) eine "gemäßigtere" Position ein, da sie davon ausgehen, daß sich der Generierungsvorgang der Verschmelzungsformen auf mehrere Grammatikkomponenten erstreckt, so daß einige Verschmelzungen lexikalisch erzeugt werden, während andere widerum das Ergebnis einer postlexikalischen Analyse sind. Die erstgenannten Forscher Schaub und Dedenbach betrachten die Verschmelzungsformen als Koartikulationsphänomene; sie sind aus unter syntaktischem bzw. phono logischem Aspekt ursprünglich selbständigen Einheiten durch lautliche Reduktion des definiten Artikels und anschließender phonologischer Interaktion mit der Präposition entstanden. Wenn man versuchen wlirde, die Formen in das Modell der lexikalischen Phonologie einzuordnen, so käme nur die phonetische Komponente am Ausgang des Grammatikmodells in Frage (vgl. Teil I, Kap. l und 2). Das Lexikon
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ist ihrer Auffassung zufolge dagegen auszuschließen, denn dann wäre die Verschmelzungsform als käs us-markierte Präposition zu bezeichnen, was wiederum dem primär lautlichen Aspekt der Verschmelzungen zuwider laufen würde. Bei Schaub (1979) sind die lautlichen Prozesse zwischen Präpositionen und definitem Artikel das zentrale Thema. Diese Vorgänge können kaum den Schluß nahelegen, daß es sich um rein lautliche Phänomene handelt, die weder morphologisch noch syntaktisch sensitiv sind, wie es für koartikulatorische Phänomene anzunehmen ist. Schon allein die Referenz der Reduktion des definiten Artikels auf den syntaktischen Kontext - die Präposition kommt als einziger Partner in den von Schaub diskutierten Daten vor - spricht gegen eine phonetische Analyse. Auch werden von Schaub die morphologischen Aspekte, die flir die Artikelreduktion eine Rolle spielen, nicht erkannt. Als Beispiel seien zwei Regeln zitiert, wo jeweils beide Teile der Verschmelzung Veränderungen unterworfen sind (vgl. (29)): (29a) Endet die Präposition auf /(/, /\/ oder / /, so ergibt sich der Ausfall des /a/ in z.B. auf das ·* [aufas] ·* [aufs] f\
b) In einsilbigen Präpositionen fällt finales /n/ vor dem Artikelrest /m/ aus: in dem -» [Im] Auf diese Weise untersucht Schaub die lautlichen Veränderungen von 36 verschiedenen Verschmelzungsformen. Alle sind aufgrund "unmittelbarer Nachbarschaft im Satzzusammenhang" (Schaub 1979:69) entstanden. Gerade dies scheint aber für den Artikel nicht gliltig zu sein, denn das Fehlen des /a/ kann nicht ausschließlich auf die von Schaub angegebenen Konsonanten zurückgeführt werden, wie u.a. die Form für das ->· [fy:Ks] deutlich macht. Hinzu kommt, daß es sich bei den Verschmelzungen in (29) um lexikalische Einheiten handelt, wofür es stichhaltige Argumente gibt wie z.B. die von Wiese (1988b) oder Hinrichs (1986) beobachtete Nicht-Austauschbarkeit der Formen in semantischen, d.h. nicht-referentiellen Kontexten (vgl. dazu weiter unten). Diese Beobachtung spricht dafür, die reduzierten Artikelformen nicht durch eine synchrone Ableitung auf die vollen Formen zu beziehen, da beide nicht über dieselben semantischen Eigenschaften verfügen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die nicht-referentiell interpretierten Beispiele weiter unten in (30) verweisen, wo die Sequenzen in dem bzw. auf das niemals eine nicht-referentielle Lesart aufweisen können, so daß eine Derivation von im und aufs aus den jeweiligen vollen Formen nach Hinrichs ausgeschlossen ist. Denn nach seiner Auffassung gibt es keine phonologische Regel, die einen Unterschied in der Bedeutung verursacht (vgl. Hinrichs 1986:943). Aber selbst wenn wir wie Schaub von einer Derivation ausgehen, ist es aufgrund der Grammatikorganisation ausgeschlossen, daß die Verschmelzungsformen als phonetische Phänomene auf die Semantikkomponente zugreifen können, um dort die für sie jeweils charakteristischen semantischen Eigenschaften zu erhalten. (30) Wo ist Peter? - Er ist noch {im/ *in dem} Gefängnis. Ich gehe jetzt (aufs / *auf das} Klo.
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Es dürfte nun klar geworden sein, daß Schaubs Vorschlag, alle Verschmelzungsformen auf der phonetischen Ebene zu lokalisieren, nicht zutreffend sein kann. Sie Ubergeneralisiert in ihrer Analyse, obwohl man zwischen mehreren Verwendungsweisen zu unterscheiden hat. Es gibt nämlich neben den obligatorischen Verschmelzungsformen auch solche, die nur das Ergebnis einer optionalen Regelanwendung sind, d.h. die semantischen Eigenschaften sind flir die Verschmelzungsformen wie flir die vollen Formen identisch, so daß man zwischen beiden Varianten wählen kann; Beispiele flir solche Formen sind aufm oder durch'n; (vgl. dazu (3D): (31) Otto ist derzeit noch {aufm/ auf dem) Gymnasium. Peter läuft nicht gern {durch'n/ durch den} Regen. Hier möchte man vielleicht nicht von lexikalischen Einheiten sprechen, da die Verschmelzungsform und die volle Form dieselbe semantische Eigenschaft, nämlich die nicht-spezifische Lesart, aufweisen, so daß die klitische Gruppe keine semantische Idiosynkrasie aufweist. Damit haben wir keine Veranlassung, die Verschmelzung als lexikalisierte Einheit zu interpretieren. Natürlich müssen solch unterschiedliche Phänomene auch unterschiedliche Behandlungen in der Grammatik erfahren. Neben Schaub läßt auch Dedenbach (1987) eine derartige Differenzierung vermissen. Sie betrachtet die Verschmelzungsformen als phonologische Wörter, die auf der lexikalischen bzw. syntaktischen Ebene noch als selbständige Einheiten vorliegen, bevor sie auf der phonologischen Ebene reduziert werden und zu einem Wort verschmelzen (vgl. Dedenbach 1987:131). Diese Annahme wird von ihr dahingehend motiviert, daß die Verschmelzungsformen "völlig austauschbar sind mit den vollen Realisationen" (Dedenbach 1987:139). Sie beobachtet den eben erörterten unterschiedlichen Charakter der Verschmelzungsformen, worin sie überraschenderweise keinen Widerspruch zu ihrer These der generellen Austauschbarkeit sieht. Denn die Formen sind ihrer Auffassung nach in die mit ihnen korrespondierenden vollen Formen auflösbar, auch wenn dies eine Bedeutungsänderung bewirken kann. Daß allerdings eine synchrone Derivation zwischen den entsprechenden Formen auszuschließen ist, wurde schon oben erörtert. Insofern ist gegen Dedenbach dieselbe Kritik vorzubringen wie gegen Schaub. Dedenbach nimmt die Einordnung der Verschmelzungsformen in ein grammatisches Modell vor, das auf Zwicky (1977) basiert und ein Modul für "clitic attachment" postuliert; dieses Modul hat alle Arbeiten zur Klitisierung nachhaltig beeinflußt. Was in diesem Modul passiert, wurde schon in Kap. 2.1 erörtert: die vollen Formen werden syntaktisch an eine benachbarte Einheit adjungiert, so daß eine syntaktische Domäne für die phonologischen Reduktionsregeln entsteht. Diese syntaktische Adjunktion entbehrt jeglicher syntaktischer Motivation-, vielmehr ist sie phonologisch motiviert, wie in Kap. 2.1.2 erörtert. Da syntaktische Vorgänge aber schon allein aufgrund der Grammatikkonzeption nicht phonologisch motivierbar sein können, ist ein solches Modul abzulehnen und damit auch Dedenbachs Einordnung der Klitisierung in die Grammatik. Neben Schaub und Dedenbach nimmt auch Hinrichs (1986) eine Übergeneralisierung vor, jedoch in anderer Hinsicht: nach seiner Auffassung sind alle Verschmel-
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zungen, die möglich sind, als das Ergebnis morphologischer Wortbildungen anzusehen. Sie sind demnach kasus-markierte Präpositionen mit dem Artikelrest als Affix, das in Kasus, Genus und Numerus mit der folgenden NP kongruiert. Die Verschmelzungen verfügen über eine spezielle Syntax, die mittels einer Phrasenstrukturregel ausgedruckt wird. Hinrichs bezieht die in Teil I, Kap. 6 vorgestellte neue Konzeption der Nominalphrase in seine Überlegungen nicht ein. Aus diesem Grund werde ich seine Version mit der sich daraus ergebenden Problematik vorstellen. Die Präpositionalphrase besteht normalerweise aus der ersten Projektion der Präposition P* und einer NP. Nach einer kasus-markierten Präposition ist eine maximale Projektion von N allerdings ausgeschlossen, da der definite Artikel nicht an N' adjungiert werden kann (vgl. (32)): (32) *im dem Salon / *ans das Klavier Aus diesem Grund nimmt Hinrichs eine Regel im GPSG-Format an, die inhaltlich der in (33) aufgestellten Regel entspricht:
(33) PP ·* P' N' Wie Schellinger (1988:226) richtig bemerkt hat, widerspricht eine derartige Regel einem Prinzip der X'-Theorie, wonach alle an die Hauptprojektionslinie angekoppelten Projektionen maximal sein mlissen. Die Nomenprojektion N'genügt diesem Prinzip aber offensichtlich nicht. Damit muß allerdings die Annahme, daß es lexikalische Verschmelzungen mit einer speziellen Syntax gibt, nicht aufgegeben werden, wie es Schellinger fordert (siehe auch weiter unten). In Teil I wurde bereits eine Theorie erörtert, mit der das X1-Prinzip weiterhin aufrecht erhalten werden kann. Aufgrund der neuen Konstruktion der Nominalphrase handelt es sich bei N' um eine NP. Daher spricht nichts gegen die lexikalische Analyse einiger Verschmelzungsformen. Sie wird in Teil II, Kap. 3 ausführlich erörtert. Um die Existenz von kasus-markierten Präpositionen und somit die für sie geltende spezielle Phrasenstrukturregel zu motivieren, führt Hinrichs vier Argumente gegen eine ausschließlich phonologische Analyse an. Er wendet sich gegen die Anwendung phonologischer Regeln zur Generierung der reduzierten Artikelformen, da eine der Derivationsstufen in Schaubs Modell keine mögliche phonetische Realisierung des Artikels darstellt; gemeint ist *flir'es Auto [fy:.Ras.auto:L Würde es sich wirklich um eine phonologische Regel handeln, wäre die Ungrammatikalität einer solchen Ableitung nicht erklärbar. Nach gängiger Auffassung müssen alle Ableitungsstufen mögliche lautliche Realisierungen sein. Aus diesem Grund ist eine phonologische Analyse zugunsten einer lexikalischen abzulehnen. Diese Argumentation ist nur zum Teil akzeptabel; so ist nichts dagegen einzuwenden, die Analyse der reduzierten Definitartikel mittels einer phonologischen Regel auszuschließen. Denkbar wäre also eine Analyse, die die Form *für'es ausschließt. Hinrichs zieht eine derartige Möglichkeit jedoch nicht in Betracht. Wenn es
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daher eine bessere Analyse als die von Schaub vorgestellte gibt, so kann nicht gegen die phonologische Behandlung der Verschmelzungsformen argumentiert werden. Sein zweites Argument betrifft die schon erörterte spezielle Semantik der Verschmelzungsformen. Die Verschmelzungsformen sind demnach nur in generischen oder nicht-spezifischen Kontexten verwendbar. Beide Lesarten sind seiner Auffassung nach nicht filr die unverschmolzenen Formen zu beobachten. Von einer spezifischen Lesart wird genau dann ausgegangen, wenn ein Objekt, auf das referiert wird, zum Wissensbereich der am Gespräch beteiligten Personen gehört. In diesem Fall wissen die Personen, um welches Objekt es sich handelt, ohne daß mit der vollen Form des Definitartikels auf das Objekt verwiesen werden kann. Die Verwendung der vollen Form in (34) würde eine Frage "nach welchem Mond?" nach sich ziehen. In Sätzen mit spezifischer Lesart wie in (34) können also nur die Verschmelzungsformen verwendet werden. (34) Wir sind gestern zum Mond geflogen. Von einer generischen Verwendung geht man aus, wenn man sich nicht auf ein bestimmtes Objekt, sondern auf die gesamte Gattung bezieht (vgl. (35)): (35) Karin geht schon zur Schule. Löbner (1989:42) folgend werde ich im folgenden zwischen generischer und nichtreferentieller Lesart, wobei letztere der nicht-spezifischen im Sinne Hinrichs entspricht, unterscheiden. Die Semantik der Verschmelzungen ist damit hinreichend beschrieben. Ein Kritikpunkt ist allerdings einzuwerfen, denn auch unverschmolzene Formen können über diese semantischen Eigenschaften verfügen, was Hinrichs allerdings fälschlicherweise bestreitet (vgl. Hinrichs 1986:942). Auf entsprechende Gegenbeispiele weist Wiese (1988b:183) hin; so können in den Sätzen mit generischer Lesart in (36) die vollen Formen neben den reduzierten verwendet werden: (36a) Peter ist gesund; er kann in {die/'e} Schule gehen, b) Peter läuft nicht gerne durch {den/'n} Regen. Die Diskussion im folgenden Kapitel wird sich besonders mit der Frage beschäftigen, inwieweit Verschmelzungen ohne diese semantischen Eigenschaften Überhaupt als lexikalisiert bezeichnet werden können. Das dritte Gegenargument betrifft die Verschmelzungsformen in idiomatischen Ausdrücken. Hier sind sie niemals auflösbar, wie (37) zeigt: (37) Wir machen eine Fahrt {ins / *in das} Grüne. Die Unauflösbarkeit der Verschmelzungsformen erklärt sich nach meiner Auffassung allerdings durch die semantischen Charakteristika, die für alle obligatorischen
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Verschmelzungen gelten. In der bisher verwendeten Terminologie weisen Idiome eine nicht-referentielle Lesart auf, was insofern berechtigt ist, als sie sich auf nicht genau Identifizierbares, Generelles beziehen. Das Verschmelzungsverbot von Präposition und dem in seiner lautlichen Form mit dem definiten Artikel Übereinstimmenden Relativpronomen ist nach Hinrichs ein weiteres Argument gegen die koartikulatorische Lösung. Auf einer Ebene, wo nur lautliche Information zur Verfügung steht, müßte man erwarten, daß sich alle homophonen Einheiten - in unserem Fall also die Relativpronomen und der definite Artikel - grammatisch gleich verhalten. Daß dem nicht so ist, zeigen die Verschmelzungsverbote der Relativpronomen und der zum Teil obligatorischen Verschmelzungen der definiten Artikel in (38): (38a) Das Haus, {in dem/ im} Fritz wohnt, wird verkauft, b) Es ist eine Maus {im/*in dem) Haus (nur bei nicht-referentieller Lesart) Mit den erörterten Argumenten ist eine phonologische Analyse nach Hinrichs ausgeschlossen. Mit Hilfe zweier Tests versucht er die These der kasus-markierten Präpositionen zu untermauern. Die Parenthese ist das eine Kriterium, das er auf die reduziert vorliegende definite Artikelform mit vorangehender Präposition bzw. anderen Partnern anwendet. Er beobachtet, daß nach den Verschmelzungsformen eingeschaltete EinschUbe korrekt sind im Gegensatz zu solchen Konstruktionen, wo Parenthesen auf Sequenzen folgen, die aus irgendeinem anderen syntaktischen Material und einem reduzierten Artikel bestehen (vgl. (39)): (39a) Er ist jetzt schon zum, äh, äh, fünften Mal gekommen, b) *Sie trug's, äh, äh, goldene Halsband. Dagegen ist die reduzierte Form des definiten Artikels nach der Parenthese in (40a) nicht akzeptabel, während sie in b) nach Hinrichs korrekt ist: (40a) *Er ist jetzt schon zu, äh, äh, 'm fünften Mal gekommen, b) Sie trug, äh, äh, 's goldene Halsband. Das Beispiel (40a) ist nach Hinrichs vergleichbar mit Parenthesen, die innerhalb eines Wortes ausgeschlossen sind, wo der Einschub zwischen dem Stamm und dem Affix vorgenommen wird (vgl. (41)): (41) * Sie brach den Henkel ihres Krug, eh, eh, 's ab. Aufgrund dieser Beobachtungen kann man den Schluß ziehen, daß alle Verschmelzungen eine morphologische Einheit bilden, da sie niemals durch eine Parenthese aufgesplittert werden können. Dagegen ist in den Fällen, wo dem reduzierten Arti-
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kel von einer Präposition verschiedenes Material vorausgeht, ohne weiteres ein Einschub zwischen beiden Einheiten möglich, denn hier liegt keine morphologische Einheit vor. Nach meiner Auffassung kann das Parenthese-Verbot nicht die Lexikalisiertheit der Verschmelzungen nachweisen; denn dieses Prinzip gilt nach meiner Auffassung ausschließlich fllr den postlexikalischen Bereich der Phonologie. Ich sehe jedenfalls keine Veranlassung, die Lexikalisiertheit des Verbots der Parenthese anzunehmen. Ausgangspunkt für diese Überlegung ist die phonologische Behandlung von Geminaten. Sie sind so definiert, daß ein Segment mit zwei C-Positionen assoziiert wird, wobei sich die Richtigkeit dieser Analyse darin zeigt, daß es wie in (42) kein Splitting dieses Clusters gibt bzw. geben darf, weil sich sonst die Assoziationslinien unerlaubterweise Uberkreuzen wurden (vgl. Steriade 1982:36):
CdlKI ·*
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Hinzu kommen noch die erst in 3.2 bzw. 3.3 erwähnten reduzierten Formen der Definitartikel, die kein initiales [d] aufweisen. Klitische Einheiten sind dagegen in den bisher untersuchten Sprachen Englisch (vgl. Kaisse 1985) und Holländisch (vgl. Berendsen 1986) in der Regel durch Schwa oder durch das Fehlen eines Vokals charakterisiert. Die zitierten Arbeiten von Kohler und Dedenbach beschäftigen sich grundsätzlich mit reduzierten Einheiten, ohne zwischen reduzierten Formen und Klitika zu unterscheiden. Ein weiterer Vertreter dieser Vorgehensweise ist Schaub (1979). Sie gibt anhand einer selbst erstellten Materialsammlung, die sich auf Fernsehdiskussionen und Radiosendungen stutzt, ein weitaus umfangreicheres Repertoire von reduzierten Artikeln als es in dieser Arbeit geschieht. In ihren Daten existieren demzufolge auch reduzierte Genitivformen des Artikels, die in der Umgangssprache bei normalem Sprechtempo nicht als grammatisch gelten. Alle nicht in den Paradigmen aufgeführten ca. hundert Kontraktionen sind nach Kloeke (1985:73) daher auch nicht standardisiert, d.h. sie sind normativ problematisch und für viele Sprecher nicht akzeptabel. Wie Schaub geht auch Dedenbach (1987:70) vor. Eisenberg und Vater werden mit dem Hinweis zitiert, daß es ihrer Meinung nach keine klitischen Artikel im Genitiv oder Plural gibt. Dedenbachs Versuch, dies mit dem Hinweis auf ihr gelegentliches Vorkommen zu bestreiten, zeigt die undifferenzierte Betrachtungsweise, nicht zwischen normierter und nicht-normierter Sprache unterscheiden zu wollen. Für diese unterschiedlichen Gegenstandsbereiche werden aufgrund der Verallgemeinerungen von Schaub und Dedenbach auch keine unterschiedlichen Analysemethoden in der Grammatik vorgestellt. Diese Differenzierung erweist sich allerdings als erforderlich, denn normierte reduzierte Einheiten sind klitisch, da sie syntaktisch kontextsensitiv sind; außerdem zählen sie zu den lexikalisch vorrätigen Einheiten, da ihre Existenz mit morphologischen Beschränkungen einhergeht, während die postlexikalisch reduzierten Formen nicht syntaktisch sensitiv sind und auch keinerlei morphologischen Restriktionen unterworfen sind. Dies wird durch die in Teil I, Kap. 2 vorgestellte Grammatikkonzeption gewährleistet, wonach die postlexikalisch phonologischen Formen nicht auf syntaktische oder phonologische Information referieren können, da es ansonsten einen - nicht erlaubten - RUckbezug auf vorhergehende Module geben müßte. Daran anschließend liefert diese Arbeit keine Untersuchung nicht-standardisierter reduzierter Einheiten, sondern eine Erörterung der Formen, deren Akzeptanz normativ unproblematisch erscheint. Hierzu habe ich empirische Untersuchungen angestellt, die sich auf die Urteile meiner und anderer Personen stützen; allen ist die nordhochdeutsche Standardsprache als Muttersprache gemeinsam. In dieser Arbeit wird deshalb auch nur von solchen Formen die Rede sein, die als Klitika zu bezeichnen sind. Unter dem Begriff Klitika sollen keine Schnellsprechformen bzw. postlexikalisch generierte Einheiten subsumiert werden, denn es handelt sich hierbei um zwei verschiedene, grammatisch distinkte Phänomene. Außerdem soll nach Erklärungen für die Unakzeptanz der normativ schwierigen Einheiten gesucht werden, die in dieser Arbeit immer durch "*" markiert werden. Dieser Stern deutet also nicht auf die generelle Ungrammatikalität der durch ihn markierten Einheit hin, sondern vielmehr auf die Unakzeptabilität in standardisiertem Deutsch. Wie schon mehrfach erwähnt, beziehen sich die klitischen Daten auf die nordhochdeutsche Standardsprache; damit soll darauf hingewiesen werden, daß hier
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nicht alle klitischen Formen des gesamten deutschsprachigen Gebiets zur Diskussion stehen, da sie in ihrer phonologischen Form und in ihren Analysemethoden zum Teil von Dialekt zu Dialekt divergieren. So stehen den im Standarddeutschen fehlenden Klitika, was im Paradigma durch "-" gekennzeichnet ist, in einigen Dialekten schwache Formen gegenüber, und auf der anderen Seite können im Standarddeutschen vorkommende Klitika in anderen Dialekten fehlen; als Beispiel flihre ich die erste und zweite Person der Personalpronomen des Bairischen innerhalb des Paradigmas in (9) an (vgl. Kloeke 1985:78): (9)
Singular voll klitisch 1P i Le] bzw. [a] 2 P du 3 P mask, er [?] fern. si [s] neutr. es bzw. des [s]
Plural voll mir ir bzw. e:s si
klitisch [m?]
[s]
Das Pronomen mit den Merkmalen 1. Person Singular kann neben der starken auch eine klitische Form aufweisen, während es keine entsprechenden Klitika in der deutschen Standardsprache gibt. Auf der anderen Seite gibt es keine reduzierte Form der 2. Person Singular im Bairischen, wohl aber im Standarddeutschen. Diese prinzipiellen Unterschiede führen nicht unbedingt auch zu verschiedenen Analysen; ein Blick auf das Paradigma in (9) läßt eine ebenso vorhersagbare Relation zwischen starken und schwachen Formen vermuten wie auch im Standarddeutschen, so daß die in beiden Sprachformen zu findenden Regularitäten vielleicht sogar miteinander vergleichbar, wenn nicht sogar identisch sind. Ob dieses Verhältnis auch in Bezug auf die Kontextsensitivität gilt, ist fraglich. Die Klitika der Standardsprache sind typologisch Überwiegend einfache Klitika, die phonosyntaktisch analysierbar sind, während es unter den bairischen Formen auch spezielle Klitika gibt, die eine syntaktische Analyse fordern (persönl. Gespräch mit Josef Bayer). Insofern können die hier flirs Deutsche vorzunehmenden Voraussagen nur fUr die norddeutsche Umgangssprache gültig sein, nicht aber für andere deutsche Dialekte. Zum Transkriptionszeichen Hfl möchte ich noch anmerken, daß man fUr den dadurch repräsentierten Laut auch häufig [ ] oder Ce] findet (vgl. Wiese 1988b:149). Wie Wiese verwende ich diese Zeichen jedoch nicht, da sie auf den vollständig vokalischen Charakter verweisen. Dies hat die folgenden Gründe: erstens steht der Uvulare Approximant den r-Lauten in phonetisch bzw. phonologischer Hinsicht nahe; denn Hfl ist der postvokalische bzw. silbische r-Laut, der mit [R] alterniert wie in Meer [me:Kl vs. Meere [me:RaL Aufgrund dieser Relation wird im folgenden dem Uvularen Approximanten Hfl der Sonorant [R] zugrundegelegt. Zweitens scheint die Darstellung durch Hfl plausibler zu sein als die oben zitierten Alternativen, da alle r-Klitika silbisch vorkommen und somit zu den silbischen Konsonanten zu zählen sind.
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3.2 DIE GENERIERUNG DER KLITISCHEN EINHEITEN
In diesem Kapitel diskutiere ich den Generierungsvorgang für die Klitika des Deutschen. Ich werde mich dabei unter Bezugnahme auf frühere, in Teil II, Kap. 2 vorgestellte Analysen der Frage zuwenden, mit welcher Regel die Generierung der Klitika zu erfassen ist; weiterhin wird der Frage nachgegangen, wie die hier erarbeiteten Regeln in die Grammatik eingeordnet werden können. Die kritische Erörterung der von Prinz (1987) und Wiese (1988b) aufgestellten Analysen (vgl. Teil II, Kap. 2.1) hat ergeben, daß die Reduktions-Regel nicht zum Inhalt haben darf, den Akzent oder strukturelle Positionen bzw. Segmente zu tilgen; denn einerseits fehlen durch das Vorliegen einer schweren Silbe die phonologischen Voraussetzungen für die Akzent-Tilgung; andererseits können die strukturellen Positionen bzw. phonologisch nicht realisierbare Segmente noch für die Graphemik zur Verfügung stehen, was eine Tilgung der Positionen und der Segmente ausschließt; dazu verweise ich auf meine Ausführen zur Schrift in Teil I, Kap. 5 bzw. auf Prinz/Wiese (demn.). Wir mUssen also eine Regel konstruieren, bei der die Elemente der strukturellen und der segmentalen Schicht weiter zugänglich bleiben. Die Strategie, die die einzig mögliche zu sein scheint, ist die, daß die Regel die Deassoziierung der Segmente von den mit ihnen assoziierten Positionen vorsieht. Wenn nur die Assoziationslinien getilgt werden, so reicht dies aus, um anzugeben, daß Segmente bzw. Positionen für phonologische Prozesse keine Rolle mehr spielen. Eine nachträgliche Tilgung der Segmente oder der strukturellen Positionen wird für die Generierung der Klitika also nicht erforderlich sein. Die Regel wird somit die Gestalt in (10) haben, ohne zunächst den Kontext zu berücksichtigen, in dem sie operieren kann; da von ihr sowohl V- als auch C-Positionen erfaßt werden, nimmt sie auf die Silbigkeit der zu deassoziierenden strukturellen Positionen keinen Bezug. Da beide Positionen segmental sind, kann die Regel die Deassoziierung zwischen Segmenten und jeder segmentalen Position X vornehmen, unabhängig von der Silbischkeit; die Variable [Cl steht für das zu deassoziierende Segment.
(10)
X
t
[C]
Eine derartige Regel kann natürlich nicht stattfinden, ohne auf eine Umgebung zu referieren. Sonst würden ja sämtliche Segmente der in Kap. l erwähnten Funktionswörter deassoziiert, was wir jedoch bei einem Blick auf die lautlichen Repräsentationen zu dem und die,. nämlich /de:m/ und /di:/ und die mit ihnen korrespondierenden Klitika leicht widerlegen können. Die mit die korrepondierende klitische Einheit lautet /a/; sie würde zwar für eine Deassoziierung aller Segmente sprechen, denn /a/ kommt in der vollen Form nicht vor und mUßte nachträglich eingefügt werden. Aber in dem findet die Deassoziierung nur bis zum letzten Konsonanten statt. Beide Phänomene unterliegen derselben Regularität, die darin besteht, daß die
90 Assoziation getilgt wird, ohne die letzte X-Position des Wortes zu erfassen, die mit phonetischer Information assoziiert sein kann oder nicht (vgl. Wiese 1988b:184f.). Die entsprechende Regel in (11) besagt, daß die Tilgung der Assoziationen alle Positionen erfaßt mit Ausnahme der letzten, nicht silbifizierten Position.
(11)
X
/
X
CC ]
Nach der Anwendung der Regel (11) erhalten wir die Ableitungen in (12); als Folge aus der Deassoziierung des Vokals ist die korrespondierende Position nicht mehr mit einem silbischen Segment assoziiert und kann aufgrund ihrer Nicht-Silbifizierbarkeit daher nur als X klassifiziert werden. Alle anderen Positionen sind nach dem Ausfall des Silbenkerns auch nicht mehr silbifizierbar und daher ebenso als X zu bezeichnen. Die Silben werden gemäß der in Teil I, Kap. 3 gemachten Aussagen durch die maximal möglichen Positionen repräsentiert. Die Silbifizierung wird fUr Deutsche von rechts nach links vorgenommen (vgl. Prinz/Wiese demn.:3). In (12b) kommt die stray-erasure zur Anwendung, wonach Elemente getilgt werden, die nicht mit höheren Ebenen der Struktur verbunden sind (vgl. Wiese 1988b:185); infolgedessen muß die von der Anwendung der Deassoziierungs-Regel nicht erfaßte Assoziation des [i] getilgt werden, weil wort-final keine kurzen Vokale möglich sind. (12a)
X X X X | \^ \ Cd e m] X X X X Cd
e
m]
b ) X X X \ \^ [d i]
Ausgangskonstellation
X X X /
Deassoziierung
Cd
i]
X X X [d
'stray-erasure*
i]
Die letzte X-Position ist nicht silbifiziert und löst deshalb die Sonorantenvokalisierung des /m/ in (12a) oder die Schwa-Epenthese in (12b) aus, so daß die klitischen Formen nach der anschließenden Silbifizierung der strukturellen Positionen wie in (13) abgeleitet werden. Daß die Vokalisierung der Sonoranten in klitischen Einheiten nicht auf den Ausfall des Schwa zurückzuführen ist, schließe ich aus der schon in Kap. l gemachten Beobachtung, daß die einen Sonoranten aufweisenden klitischen Einheiten niemals mit Schwa erscheinen können; umgekehrt ist in den Klitika mit Schwa niemals ein Sonorant vorhanden; dies macht eine Tilgung des Schwa vor einem Sonorant und die anschließende Vokalisierung dieses Sonoranten in klitischen Einheiten unwahrscheinlich; weiter unten erfolgt eine ausfuhrliche Erörterung dieses Phänomens.
91
Nach der Schwa-Epenthese bzw. der Sonorantenvokalisierung können alle vorliegenden X-Positionen silbifiziert werden, so daß aus der X-Position unmittelbar vor dem /m/ eine V-Position wird; die übrigen Positionen werden zu C-Positionen. Um das maximale Silbenschema zu erreichen, müssen noch zusätzliche C-Positionen eingefügt werden. Die Silbifizierung erfolgt also nach der in (11) aufgeführten Regel. (13a)
C C V C C \
b)
C C V C C
[ d e m ]
Cd
i a]
Die Regel (11) erzeugt allerdings nicht immer korrekte Resultate. So würde auch der initiale Konsonant des Pronomens sie deassoziiert werden, obwohl die klitische Form /za/ lautet. Wenn Pronominalformen also einen initialen Konsonanten aufweisen, so darf dieser von der Tilgungsregel nicht erfaßt werden. Dies veranlaßt uns, die revidierte Regelversion als Elsewhere-Bedingung wie in (14) zu konstruieren. Demnach erfolgt im Normalfall die Deassoziierung der Segmente von ihren Positionen bis zur letzten X-Position; dies wird in der zweiten Teilregel dargestellt; wenn es sich bei der zu reduzierenden Form jedoch um eine Pronominalform handelt und die initiale Position mit einem konsonantischen Segment assoziiert ist, bleibt auch die initiale Position von der Deassoziierung ausgeschlossen. Die erste Teilregel repräsentiert diesen Aspekt. Die in Teil I, Kap. 6 aufgeführte Repräsentation der Pronomina wird in der ersten Teilregel in linearisierter Form formuliert. Die Anwendung der gesamten Regel unterliegt lexikalisch-phonologischen und morphosyntaktischen Beschränkungen, die in den Kapiteln 3 und 4 diskutiert werden. Diese Informationen werden in den Hayes'sehen Instantiierungsschemata aufgeführt. Da über die in diesen Schemata enthaltenen Kontexte an dieser Stelle noch nichts ausgesagt werden kann, werden die Schemata vorläufig mit numerischen Indices versehen. In Kap. 4, Abschnitt 7 erfolgt die Angabe der Schemata, auf die die Teilregeln referieren. (14)
X
/
[L DP D Pl[D D>.L[D DX Okons.]
[C]
[
X] [Schema l ... N D
Die Formulierung dieses Tilgungsmechanismus scheint den klitischen Daten immer noch nicht gerecht werden zu können. Mit ihnen können bei einer ersten Betrachtungsweise nämlich alle Klitika korrekt generiert werden mit Ausnahme der aus den zweisilbigen Artikeln erzeugten Formen. So würde die Regel bei eine zu einem unerwünschten Ergebnis führen. Alle Segmente würden deassoziiert, und durch die anschließende Schwa-Epenthese erhielten wir *[al; aber die richtige klitische Form zu eine lautet [na] ! Auch bei den anderen zweisilbigen Klitika würde die Regel unkorrekte Ergebnisse liefern, denn die Tilgung betrifft unerlaubterweise das stamm-
92
auslautende /n/, was aber in den klitischen Formen der Indefinitartikel immer vorkommt. Diese Beobachtung sollte uns aber nicht zu dem Schluß fuhren, die zweisilbigen Formen mit einer eigenen Regel erfassen zu mUssen. Wir kommen zu einer einheitlichen Analyse, wenn wir konkrete Aussagen über die Stellung der Deassoziierungsregel in der Grammatik machen können. Eine postlexikalische Behandlung würde bei den zweisilbigen Artikeln weiterhin unerwünschte Resultate generieren wie im Fall von eine. Als Alternative bietet sich eine lexikalische Lösung an. Die Flexion der Artikel und der Pronomina der dritten Person ist der Ebene 3 des Lexikons zugeordnet. Wenn die Tilgung vor der Suffigierung stattfindet, so können auch alle indefiniten Artikelformen richtig abgeleitet werden. Der Input fUr die Tilgungsregel wäre dann immer /am-/, woraus durch Regel (14) /n-/ abgeleitet wird, bevor die Suffigierung mit anschließender Schwa-Epenthese oder Sonorantenvokalisierung stattfindet. Dies liefert noch zusätzliche Evidenz fiir die auf S. 99f. gemachte Behauptung, daß die Silbifizierung erst nach der Anwendung der Deassoziierungs-Regel operiert. Der Derivationsvorgang wird in (15) anhand von eine und einen illustriert. Die für die Generierung der Klitika relevante Ausgangskonstellation ist die lexikalisch zugrundeliegende Form, also der Stamm der Indefinitartikel, was an späterer Stelle in diesem Kapitel noch erläutet wird. Die strukturellen Positionen werden, auch wenn sie durch die Deassoziierung nicht mehr mit Segmenten assoziiert sind, für die Silbifizierung noch weiter relevant sein. So werden bei der zweiten Silbifizierung die zwei unmittelbar an V angrenzenden X-Positionen zu nicht-silbischen C-Positionen; außerdem werden fehlende C-Positionen eingefügt. (15)
eine
"einen"
XXX
X X X
[ a l n]
Ca i n]
XXX
X X X
[ a l nl X X X
[ a i n]
X X X V X
[a i
[a
i n al
Deassoziierung
n]
X X X
Flexion (Ebene3)
X
[a
]
X X X V X
[a I n a ] X C C V C C
zugrundeliegende Form
Schwa-Epenthese bzw. Sonorantenvokalisierung
n
X C C
[ a
l
n
V C C Silbifizierung
n]
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Der Derivationsvorgang von [ ] ist noch nicht abgeschlossen; dies ist nämlich keine mögliche klitische Form zu einen. Die klitische Einheit lautet stattdessen [n]. Die Tilgung des [n] kann auf das Prinzip der Obligatorischen Kontur (vgl. Wiese 19885:53) zurückgeführt werden, wonach Sequenzen identischer Segmente nicht wohlgeformt sind. Aus diesem Grund fällt das erste Segment aus, und wir erhalten [n] als klitische Einheit zu einen. Nur mit Hilfe dieses Prinzips läßt sich erklären, warum das initiale Cn] vor dem silbischen [n] ausfällt. Zu klären ist an dieser Stelle, unter welchen Bedingungen die klitischen Formen entweder ein Schwa oder einen Sonoranten als Silbenkern aufweisen. Daß nur jeweils eine von beiden Optionen möglich ist, verdeutlicht die Gegenüberstellung der beiden möglichen reduzierten Formen des Indefinitartikels einen. Die reduzierte Einheit nen ist gegenüber 'n nach dem Urteil vieler Personen und nach meiner eigenen Einschätzung nicht standardisiert, was die Gegenüberstellung beider Klitika in einem Satz wie (ich hab' Karl { !/ ^LnanJ} Pudel geschenkt deutlich macht. Ich habe in Zusammenhang mit dieser Beobachtung die folgenden Anmerkungen vorzunehmen. Das im letzten Kapitel erörterte Paradigma macht deutlich, daß die Klitika entweder ein Schwa oder einen vokalisierten Sonoranten als Silbenkern aufweisen; welche von beiden Optionen fUr die jeweilige klitische Form gilt, ist vorhersagbar. So tritt der silbenfinale Sonorant der Klitika immer als Silbenkern auf; diese Formen sind standardisiert; dagegen sind mir reduzierte Formen mit Schwa vor dem Sonoranten nur aus rheinischen Dialekten bekannt; ein Beispiel ist der klitische Indefinitartikel *[an] zu ein. Dagegen steht der Vokal Schwa standardmäßig in allen anderen Fällen, wenn eine X-Position folgt, über deren Assoziation nichts weiter ausgesagt ist. Beispiele sind die Klitika [na] oder [zaL Diese Beobachtungen führen zu der Behauptung, daß eine leere V-Position entweder mit einem Schwa oder durch Reassoziierung mit einem Sonoranten besetzt wird. Die Besetzung einer leeren V-Position läßt sich also durch die folgenden Regeln bestimmen (vgl. (16)); beide Regeln sind disjunktiv angeordnet, so daß die Sonorantenvokalisierung als speziellere Regel vor der Schwa-Epenthese operieren muß. (16a)
V
"\ X
J
sonorant 3
b) l l
[9] Diese Regeln gelten nur für die Klitika des Deutschen. Auf die übrigen Einheiten des Deutschen lassen sich diese Regeln kaum anwenden; so kann vor einem Sonoranten in einer nicht-klitischen Form ein Schwa eingefügt werden, oder aber der Sonorant wird nach der postlexikalischen Tilgung des Schwa vokalisiert (vgl. vegen [ve:gan] oder [ve:gn]). Diese Analyse ist insofern plausibel, da im Gegensatz zu den klitischen Daten beide Varianten vorkommen können. Weil also in den nicht-klitischen Einheiten die beiden disjunktiv angeordneten Regeln in (16) nicht zur Anwen-
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dung kommen können, muß flir die lexikalische Schwa-Epenthese festgelegt sein, in welchen morphologischen Kontexten sie operieren darf. So muß nach Wiese (1988b:153) die Epenthese vor der Nomen-Flexion stattfinden wie in dunkl -> dunkel ·* dunkel+n, während sie nach der Adjektiv-Flexion operieren muß (vgl. dunkl -* dunkl+n -> dunklen). Wenn die morphologischen Anwendungsbereiche der lexikalischen Schwa-Epenthese festgelegt sind, so ist die Anwendung einer der beiden Regeln in (16) nicht von morphologischen Klassen abhängig. Es gilt vielmehr, daß sie genau dann zur Anwendung kommen, wenn die morphologischen Bedingungen flir die lexikalische Schwa-Epenthese nicht gegeben sind, so daß lexikalisch keine V-Position und somit kein Schwa eingefügt wird. Genau dann kann eine der Regeln in (16) operieren. Insofern operiert die Schwa-Epenthese lexikalisch unter morphologischen Bedingungen, während sie postlexikalisch genau dann stattfindet, wenn die phonologischen Bedingungen fUr die Sonorantenvokalisierung nicht zutreffen. Daß auch die Klitika der anderen Funktionswörter richtig abgeleitet werden, zeigt der Derivationsvorgang bei dem in (17); anzumerken ist noch, daß der wortfinale Kurzvokal wie in (12b) infolge der stray-erasure ausfällt.
(17)
"dem" X X X
v
zugrundeliegende Form
[d e ]
X X X Cd
e]
X X X [d
l
e
e
X
J
Sonorantenvokalisierung
ml
c c v c c [d
Flexion (Ebene3)
m]
X V [d
"stray-erasure"
el
X X X
[d
Deassoziierung
N
e m]
Silbifizierung
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Auch hier wird von der Deassoziierung nur der Stamm erfaßt; falls der Stamm wie in /de:/ auf einen Langvokal endet, so wäre aufgrund der Deassoziierungs-Regel zu erwarten, daß die Assoziation des Vokals mit der letzten Position erhalten bleibt. Da aber keine kurzen Vokale in wort- bzw. stamm-finaler Position möglich sind (vgl. auch Wiese 1988b:185), muß auch die Assoziation zwischen einem Vokal und einer Stamm-finalen X-Position getilgt werden. Die Sonorantenvokalisierung ist Regel (16) zufolge der Normalfall. Die Form *[am] ist dagegen ausgeschlossen. Auch hier werden die nicht mit Segmenten assoziierten Positionen noch flir die Silbifizierung relevant sein; so muß auch keine V-Position eingefügt werden; vielmehr wird die entsprechende X-Position zu einer V-Position. Die Tilgungsregel erzeugt uns also die richtigen klitischen Formen, weil sie vor der Ebene 3 des Lexikons operiert. Die Ableitungsschritte erklären ebenso, auf welche Weise die Unakzentuierbarkeit der deutschen Klitika erfaßt werden kann. Wir stellten bereits in Teil II, Kap. 3.1 fest, daß eine Deakzentuierung für die Generierung der Klitika nicht in Frage kommt; denn sie kann der Tilgung der Segmente nicht vorausgehen, da die Voraussetzung fllr Defooting, nämlich eine leichte Silbe, nicht gegeben ist. Eine mögliche Lösung besteht darin, erst die segmentale Struktur zu deassoziieren und danach den Akzent zu tilgen; aber auch hier ergeben sich Probleme; im Deutschen gibt es nämlich keine leichten Silben (vgl. Kap. I, Teil III); sie enden bei der in dieser Arbeit vorgenommenen Annahme eines maximalen Silbenschemas immer auf eine VCC-Sequenz. Damit ist die Tilgung der Akzentstruktur ausgeschlossen. Die wichtigste phonologische Eigenschaft der einfachen Klitika ist aber ihre Unbetonbarkeit, so daß sie nicht mit einem Fuß assoziiert sein dtirfen! Die Lösung dieses Problems liegt in der Lokalisierung der Deassoziierungs-Regel: wie wir festgestellt haben, ist die Deakzentuierung im Zusammenhang mit der Generierung der Klitika ausgeschlossen; deshalb kann die Deassoziierung auch nicht nach der Wortakzentzuweisung stattfinden, da dies widerum die Tilgung des Wortakzents nach sich ziehen mllßte. Deshalb schlage ich vor, daß die Deassoziierungs-Regel auf die Stämme der zu klitisierenden Wörter angewandt wird. Die Regel operiert somit auf Ebene l des Lexikons noch vor der Zuweisung des Wortakzents bzw. vor der Silbifizierung. In diesem Fall kann kein Wortakzent zugewiesen werden, da die klitisierte Form infolge des Vokalausfalls nur nicht-silbifizierte Positionen aufweist und nicht die fUr den Wortakzent erforderliche VC-Struktur (vgl. Wiese 1988b:102f.). Wenn diese Regel nicht angewandt wird, erfolgt stattdessen die Silbifizierung der Positionen und die Zuweisung des Wortakzents. In (18) ist dieser Ableitungsvorgang anhand des Pronomens /du:/ illustriert. Es wird deutlich, daß die Deassoziierungs-Regel und die erste Silbifizierung disjunktiv angeordnet sind; denn wenn die Deassoziierungs-Regel operiert, kann die Silbifizierung nicht stattfinden. Umgekehrt ist es nicht sinnvoll, die Deassoziierung nach der ersten Silbifizierung stattfinden zu lassen; denn es wäre unökonomisch, erst die Silbenstruktur im Zuge der ersten Silbifizierung aufzubauen, bevor sie infolge des Vokalausfalls getilgt wird, um darauf die Silbifizierung nach der Schwa-Epenthese bzw. der Sonorantenvokalisierung erneut stattfinden zu lassen. Nach meiner Analyse wird jedoch bei der Klitika-Generierung keine Silbenstruktur getilgt, sondern aufgebaut. Somit gibt es nur eine Silbifizierung nach der Schwa-Epenthese bzw. der Sonoran-
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tenvokalisierung. Die Sprecher des Deutschen haben somit die Wahl, entweder die zugrundeliegende Einheit zu deassoziieren und klitische Einheiten zu generieren oder aber stattdessen den zugrundeliegenden Eintrag zu silbifizieren und ihm den Wortakzent zuzuweisen. (18)
X X X
zugrundeliegende Form
V
l
[d
u]
X X X
l
Deassoziierung
C C V C C erste | |/ Silbifizierung
/
Cd
u]
Cd
X X X Cd
u]
'stray erasure'
u]
Wortakzentzuweisung
[d X
V
l
l
Schwa-Epenthese
[d al C C V [d
C
C
Silbifizierung
a]
Die vorhergehende Analyse scheint auf den ersten Blick nicht auf das klitische Auxiliar /s/ zuzutreffen. Denn unter der Voraussetzung, daß /st/ mit einer C-Position assoziiert ist (vgl. Wiese 1988b:100), würde infolge der Deassoziierungsregel die klitische Form aus Lst] bestehen, wenn auf einige bisher noch nicht vorgenommene Annahmen zur phonologischen Struktur verzichtet würde. Die Anwendung der Deassoziierungs-Regel ist in (19a) illustriert:
(19a)
X
X
X
/'··._
[i
s
tl
[i
/ s tl
97
Die Frage, warum niemals st an der Oberfläche erscheint, ist leicht zu beantworten: es ist eine generelle Tendenz des Deutschen, das Konsonantencluster [st] zu [s] zu vereinfachen. Beispiele wie [mus] anstelle von [must] werden in der Umgangssprache immer wieder produziert. Dieses Phänomen kann jedoch nicht als ein ausschließlich phonologisches Phänomen analysiert werden. Denn /t/ fällt nicht in allen Wörtern mit finalem /st/ aus. In Lust oder haßt kann die Regel z.B. nicht angewandt werden, wohl aber in mußt [mus] oder Aast [has]. Die Regel scheint also nur in Funktionswörtern zu operieren und referiert somit auf eine Information, die im prosodischen Hierarchiensystem unmöglich zur Verfügung stehen kann, nämlich auf die Wortkategorien. Aus diesem Grund handelt es sich um eine lexikalische Regel. Wir sind nun in der Lage, das klitische Auxiliar durch eine zusätzliche Regel abzuleiten, die nach der in (14) formulierten Deassoziierung stattfindet; demnach wird die Assoziation des /t/ getilgt (vgl. (19b)):
(19b)
X /\ [s t]
Der vollständige Ableitungsmechanismus ist in (20) dargestellt: (20)
X
l
[I
X [I
X
zugrundeliegende Form
/\
s
t]
X /\ s t]
X
X
Ci
s
l
Deassoziierung
[ t ] - Deassoziierung
t]
Die resultierende Form muß an eine benachbarte Silbe silbifiziert werden; falls dies nicht möglich ist, ist sie extrasilbisch und darf von keinem Silbenknoten dominiert werden. Solche Fälle sind dann gegeben, wenn /s/ nach einem Konsonanten steht, der einen geringeren Sonoritätsgrad aufweist und somit die flir die Silbe geltende Sonoritätshierarchie verletzt (vgl. Wiese 1988b:94f.). Wie schon in Teil II, Kap. 4 festgestellt worden ist, werden alle silbenkonstituierenden Klitika als schwacher Knoten in die Akzentstruktur der benachbarten Einheit integriert. Dies ist die unmittelbare Konsequenz aus der SLH, derzufolge jede Einheit n an die nächsthöhere Einheit n + l adjungiert werden muß. Außerdem bringt diese phonologische Adjunktion die phonologische Bindung der Klitika zum Ausdruck, die erforderlich ist, da Klitika niemals isoliert auftreten können. Die Adjunktion erfolgt also entweder an den Fuß oder an eine Silbe, wenn die klitische Einheit nicht-silbisch ist. An dieser Stelle verweise ich auf die Beispiele fUr diesen Vorgang in Teil II, Kap. 4.
Abschließend komme ich zu einer Zusammenfassung. Die Reduktion der Funktionswörter, die in den vorausgegangenen Untersuchungen mit Hilfe von Deassoziie-
98
rungs-Regeln beschrieben wurde, findet innerhalb des Lexikons statt. Dagegen gibt es keine Grlinde flir die lexikalische Anwendung der Schwa-Epenthese oder der alternativ anwendbaren Sonorantenvokalisierung; sie operiert deshalb postlexikalisch. In Kap. 3 werden weitere Argumente vorgestellt, die flir eine lexikalische Anwendung der Deassoziierungen bzw. für die postlexikalische Operation der Schwa-Einfügung bzw. der Sonorantenvokalisierung sprechen. Es ist außerdem wichtig zu erwähnen, daß die Deassoziierungs -Regel (14) in ihrer momentanen Gestalt nicht vollständig ist. Vielmehr handelt es sich um das allgemeine Regelschema, das flir die Generierung aller deutschen Klitika gliltig ist. Wie in den folgenden Kapiteln zu zeigen sein wird, sind für die Generierung der Klitika des Deutschen allerdings verschiedene Gesetzmäßigkeiten verantwortlich; dies veranlaßt uns dazu, mehrere Regeln aufzustellen, die die Deassoziierung unter den jeweils vorhandenen Bedingungen erfassen.
3.3 DER LEXIKALISCHE STATUS DER KLITIKA
3.3.1 Kriterien für den lexikalischen Status der Klitika In Kap. 2 wurde angenommen, daß die Deassoziierungs-Regel dem Lexikon zuzuordnen ist. Wir möchten den lexikalischen Status der Reduktion allerdings noch durch zusätzliche Evidenz untermauern und einige dem Lexikon zuzuordnende Aspekte diskutieren, die flir die Anwendung der Deassoziierungs-Regel relevant sind. Außerdem wird der Frage nachgegangen, ob einige der bisher als Klitika analysierten Einheiten eher als Affixe zu charakterisieren sind. Bevor wir jedoch die lexikalischen Eigenschaften diskutieren können, müssen zunächst die Kriterien festgelegt werden, die zwischen Affixen und Klitika bzw. Klitika und postlexikalisch reduzierten Einheiten unterscheiden helfen. Zunächst wenden wir uns den Kriterien zu, mit denen Klitika von Affixen zu unterscheiden sind. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung gehören Klitika zwar nicht zu den gebundenen Morphemen; sie sind aber als lexikalisierte Einheiten zu analysieren. Zwicky/Pullum (1983), die die entsprechenden Kriterien entwickelt haben, sind dagegen der Auffassung, daß die Klitika auch zu den gebundenen Morphemen zu rechnen sind, so daß wir von klitischen Affixen auszugehen haben. Warum diese Einheiten aus morphologischer Sicht gebunden sein sollen, wird jedoch nicht klar. Vielmehr sind mit der Tatsache, daß die Klitika aufgrund ihrer Unakzentuiertheit niemals isoliert geäußert werden können, eindeutig phonologische Gründe flir ihre Gebundenheit verantwortlich, so daß wir auch von einer ausschließlich phonologischen Bindung auszugehen haben (vgl. Teil II, Kap. 3). Deshalb werden die Kriterien nicht zwischen Flexionsaffixen und klitischen Affixen unterscheiden, sondern zwischen Flexionsaffixen und lexikalisch generierten, morphologisch ungebundenen Klitika. Zwicky/Pullum haben diese Kriterien aufgestellt, um den Affixstatus von engl. n't nachzuweisen. Dabei sind die Kriterien so formuliert, daß sie immer auf die ge-
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samte Einheit aus einer Verbform und der Negation n't referieren. Denn um herauszufinden, ob linguistische Einheiten Bestandteile von Wörtern sind, müssen sich die Kriterien auf das gesamte Wort beziehen. Der ersten Regel zufolge treten nur Affixe an Einheiten mit bestimmten Wortklassen, während Klitika nach einer Vielzahl von Wortkategorien stehen können. Ein Beleg dafür ist u.a. die klitische Einheit von is, nämlich /s/, die nach fast jeder Wortklasse stehen kann, während n't nur nach Verben vorkommt. Als erstes Kriterium für die Unterscheidung zwischen Klitika und Affixen gilt also (21): (21) Klitika stehen nach einer Vielzahl von Wortkategorien, während Affixe in ihrer Wahl festgelegter sind. Regel (22) besagt, daß es sich um lexikalisierte klitische Gruppen handelt, wenn es arbiträre LUcken im Paradigma der starken und klitischen Formen gibt. Solche LUkken liegen vor, wenn die klitische Einheit nicht in der Umgebung eines bestimmten Wortes erlaubt ist, während die anderen zu derselben Wortkategorie gehörenden Wörter flir die klitische Form erlaubte Partner sind. Aufgrund dieses Kriteriums verhält sich n't wie ein Affix, denn es gibt aus unerklärlichen Gründen u.a. kein Wort "mayn't zu may not (vgl. Zwicky/Pullum 1983:507). (22) Arbiträre Lücken sind typisch für affigierte Wörter. Zwei weitere Kriterien beziehen sich auf idiosynkratische Aspekte der gesamten, aus dem Partner und der klitischen Einheit bestehenden Sequenz. Demnach handelt es sich um Wörter, wenn die fragliche Konstellation eine unerklärliche phonologische Form aufweist (vgl. (23)). So ist unklar, warum don't als [dountl artikuliert wird, während Cdu:nt] aufgrund der phonologischen Form des Verbs do [du:] zu erwarten wäre. (23) Morphologische bzw. phonologische Idiosynkrasien treffen nur auf affigierte Wörter zu. Gemäß Kriterium (24) handelt es sich um Wörter, wenn semantische Idiosynkrasien vorliegen. Wenn das angebliche Affix also andere semantische Eigenschaften hat als die volle Form, und es nicht in Kombination mit allen Wörtern derselben Wortkategorie diese semantische Idiosynkrasie aufweist, dann handelt es sich um ein Affix, das gemeinsam mit dem Stamm diese semantische Eigenschaft aufweist. Auch diesbezüglich handelt es sich bei n't um ein Affix (vgl. Zwicky/Pullum 1983:509). (24) Semantische Idiosynkrasien haben nur die affigierten Wörter. Zwei weitere wichtige Aspekte resultieren aus der von Zwicky/Pullum angenommenen postsyntaktischen Operation der Klitisierung. Syntaktische Regeln können nicht mehr auf die Klitisierung zugreifen, und keine syntaktische Operation ist nach der Klitisierung noch erlaubt. Auch in der von mir präsentierten Analyse sind die deutschen Klitika erst postsyntaktisch realisierbar, so daß die syntaktischen Regeln nicht auf
100
die Klitisierungen anwendbar sind (vgl. Kap. 4). Folglich darf zwischen einem Affix und dem Stamm auch keine klitische Einheit stehen, da die Affigierung der Klitisierung vorausgeht (vgl. *I'dn"t flir / would not). Auch in Bezug auf diese beiden Aspekte verhält sich n't wie ein Affix, so daß noch die folgenden Regeln (25) und (26) hinzugefügt werden mlissen: (25) Syntaktische Regeln können nur auf affigierte Wörter angewandt werden, nicht aber auf klitische Gruppen. (26) Klitika können an schon Klitika enthaltendes Material fusionieren, Affixe aber nicht. Wie unschwer zu erkennen ist, beziehen sich die Kriterien immer auf Wörter. Um herausfinden zu können, ob die fraglichen reduzierten Einheiten zu den Klitika gehören oder postlexikalisch reduziert sind, mlissen wir uns die folgende Frage stellen: Sind die reduzierten Einheiten mit Idiosynkrasien im Sinne von (22) bis (24) ausgestattet? Wir beziehen die Kriterien also auf die klitischen Formen und nicht auf die gesamte klitische Gruppe. Nur so können wir den lexikalischen bzw. postlexikalischen Status der reduzierten Einheiten nachweisen. Wenn in dem Paradigma der reduzierten Formen Lücken vorkommen, für die es keine Erklärung gibt, dann spricht dies für eine lexikalische Behandlung der anderen im Paradigma aufgeführten Formen. Wenn die fraglichen Einheiten morphologische bzw. phonologische Charakteristiken aufweisen, die nur fUr sie typisch sind und darUberhinaus innerhalb des phonologischen Systems der entsprechenden Sprache nicht erklärbar sind, dann sind sie lexikalisch. Die reduzierten Einheiten sind auch dann lexikalisiert, wenn sie semantische Eigenschaften aufweisen, die die korrespondierenden vollen Formen nicht haben. Als weiteres Kriterium ist die Morphems ensitivi tat zu nennen. In dem von Hayes vorgeschlagenen Grammatikmodell ist ein postlexikalischer Bezug auf morphologische Information ausgeschlossen. Wenn also morphologische Faktoren wie z.B. die Bezugnahme auf bestimmte Wortkategorien oder Kasusmerkmale die Reduktion einer Form bestimmen, so muß dieser Vorgang lexikalisch ablaufen. Eine weitere Eigenschaft der die klitischen Einheiten ableitenden Regel liegt im Prinzip der Strukturerhaltung; demnach müssen die Resultate dieser Regel Ergebnisse erzeugen, die zum phonemischen Inventar der entsprechenden Sprache gehören bzw. lexikalische Gesetzmäßigkeiten nicht verletzen (vgl. auch Hayes demn.:15). Bei Verletzung dieses Prinzips handelt es sich um eine postlexikalische Regel. Die Prinzipien werden in (27) bis (31) noch einmal zusammengefaßt: (27) Wenn es arbiträre Lücken in einem Paradigma reduziert vorliegender Formen gibt, so sind die Einheiten lexikalisch. (28) Morphologische oder phonologische Idiosynkrasien sind für lexikalisch reduzierte Formen charakteristisch.
101
(29) Wenn die reduzierte Form über von der vollen Form divergierende semantische Eigenschaften verfügt, ist sie lexikalisch zu analysieren. (30) Wenn die Reduktion der fraglichen Form von morphologischen hängt, so handelt es sich um einen lexikalischen Vorgang.
Faktoren ab-
(31) Die reduzierte Form ist genau dann nicht lexikalisch, wenn sie gegen das Prinzip der Strukturerhaltung verstößt. Zusätzliche Evidenz für den Affixstatus liefert die Verteilung der Wortzwischenräume (Spatien). Spatien stehen zwischen den durch lexikalische Prozesse entstehenden Wörtern, aber sie erscheinen niemals innerhalb eines Wortes. Ausgenommen sind einige komplexe Wörter wie Komposita, die mit Bindestrich geschrieben werden (vgl. Grammatik-Prilfen. Aber zwischen dem Wortstamm und dem Affix sind im Deutschen niemals Spatien oder schriftliche Zeichen wie das Apostroph zu finden. Zu einem anderen Ergebnis kommen wir bei Betrachtung der klitischen Gruppen des Neugriechischen, wo die mit Flexionsaffixen zu identifizierenden Klitika immer durch Spatien von dem benachbarten Partner getrennt stehen (vgl. Teil IV). Dies liefert externe Evidenz fUr die Annahme, daß es sich um in der Syntax stattfindene Affigierungen handelt; in Teil IV werde ich mich mit dieser Behauptung näher auseinandersetzen. Wir können also das Kriterium in (32) aufstellen: (32) Das Fehlen von Spatien ist typisch für im Lexikon affigierte Wörter. Wenn die fragliche reduzierte Einheit dagegen mit einem Schriftzeichen wie dem Apostroph verschriftet wird, so ist dies nur ein Hinweis auf die Lexikalisiertheit der Einheit, nicht aber auf die Gebundenheit. Dies folgt aus zwei Annahmen: der These von Prinz/Wiese (demn.) zufolge ergibt sich die schriftliche Form der Wörter durch Regeln, denen die lexikalisch generierte Lautform zugrunde liegt. Wenn reduzierte Formen verschriftet werden, so deutet dies auf ihren lexikalischen Status hin; auf der anderen Seite können diese Formen nicht zu den Affixen gezählt werden, wenn sie von der unmittelbar adjazenten Einheit durch ein Apostroph getrennt sind; denn Affixe werden entweder mit dem Stamm zusammengeschrieben oder sie werden, wenn es sich wie im Neugriechischen um spezielle Klitika handelt, durch einen Zwischenraum von den Stämmen getrennt. Aus diesen Beobachtungen heraus können wir (33) formulieren: (33) Die reduzierte Form ist genau dann eine lexikalische ungebundene Einheit, wenn sie in der verschrifteten Form vom Partner durch ein Apostroph getrennt wird. Die im folgenden einsetzende Diskussion um den grammatischen Status der deutschen Klitika wird die Lexikalisiertheit der klitischen Einheiten mit Hilfe der erörterten Kriterien nachweisen. DarUberhinaus können einige Formen als Affixe charakterisiert werden.
102
3.3.2 Die flektierten Präpositionen Die Annahme von flektierten Präpositionen, die aus einer Präposition und dem Kongruenz-Suffix der Artikelformen bestehen, ist in der Forschung in zweierlei Hinsicht problematisch: einerseits wird ihre Existenz fürs Deutsche bestritten (vgl. Schaub 1979, Dedenbach 1987); andererseits herrscht Uneinigkeit darüber, welche Verschmelzungsformen zu den lexikalisierten Einheiten zählen (vgl. Hinrichs 1986, Wiese 1988b, Schellinger 1988). Eine Lösung scheint mit Hilfe der von Zwicky/Pullum (1983) aufge s teilen Kriterien zur Unterscheidung zwischen Affigierungen und Klitisierungen möglich. Mit ihrer Hilfe können wir nachweisen, daß die Endungen vieler Präpositionen mit den Kongruenz-Äff ixen der Artikel bzw. der starken Adjektive identisch sind, so daß die Beschreibung der Verschmelzungsformen als flektierte Präpositionen seine Berechtigung hat. Von Hinrichs (1986) und Wiese (1988b) wurde bereits eine Phrasenstrukturregel für diese Präpositionen aufgestellt; sie wird in (34) erwähnt: (34) P' ·* P NP
Die Struktur dieser flektierten Präpositionen wird in Kap. 4 ausführlicher behandelt, wenn es um die phrasalen Kontexte für die Klitika bzw. um die möglichen Präpositionalstämme für das mit dem Definitheitsmerkmal ausgestattete Flexionsaffix geht. In der folgenden Liste (vgl. (35)) sind die Verschmelzungen aufgeführt, die nach der hier vertretenen Auffassung lexikalisiert sind. (35a) am, im, beim, vom, zum, zur b) ans, aufs, durchs, fUrs, hinters, gegens, ins, übers, ans, unters, vors c) außerm, hinterm, überm, unterm, vorm, übern, hintern, untern, vorn Zu diesen Formen ist einiges anzumerken. Die Gruppen sind auf einer Akzeptabilitätsskala angeordnet, wobei die Akzeptabilität von a) bis c) abnimmt. Die in a) aufgeführten Verschmelzungsformen, die einsilbig sind und den Dativ aufweisen, gehören unzweifelhaft zu den lexikalischen Einheiten. Ich gehe hier mit Wiese (1988b:188) konform. Er zititiert den Duden (1980:20) bzw. Haberland (1985), wonach die Formen in allen normativen Beschreibungen als grammatisch eingestuft werden. Wiese findet Evidenz für die Lexikalisiertheit und kommt zu folgendem Schluß: um so deutlicher Verschmelzungsformen auf jeder Stilebene erlaubt sind, desto eher können wir auf ihre Lexikalisiertheit schließen (vgl. Wiese 1988b:183). Dagegen sind die in b) zitierten Formen mit dem Akkusativ [s] auf der obersten Stilebene weniger eindeutig grammatisch. Wenn wir Wiese folgen, so bedeutet dies eine umstrittenere Lexikalisierung. Tatsächlich gibt es Sprecher des Deutschen, fUr die diese Formen nicht den im vorangehenden Kapitel erörterten lexikalischen Kriterien genügen. Dennoch gibt es gute Gründe, sie auch zu den flektierten Präpositionen zu zählen. Dies wird noch ausführlicher diskutiert.
103
Die nächste Gruppe c) ist Wiese zufolge nicht lexikalisiert. Ich kann mich dieser Behauptung nicht uneingeschränkt anschließen, denn es sprechen einige Aspekte für die Lexikalisiertheit dieser Formen; so können die im vorigen Kapitel erörterten Kriterien jedenfalls positive Evidenz fUr die Lexikalisiertheit der fraglichen Formen liefern. Nach dem Kriterium (21) zeichnen sich Affixe darin aus, daß sie in Relation zu den klitischen Einheiten an weniger Wortklassen herantreten können. Wie Hinrichs bemerkt, macht dieses Kriterium in Bezug auf die flektierten Präpositionen korrekte Vorhersagen; die reduziert vorliegenden Artikelformen in den in (35a,b) erwähnten Präpositionen sind demnach nur dann mit den an den Artikel tretenden Affixen identisch, wenn ihnen eine Präposition vorangeht. Wenn es sich bei der Artikelreduktion jedoch um ein Schnellsprechphänomen handeln wlirde, so sind beliebige Umgebungen zu beobachten. Seine Beobachtungen bezuglich der Wortkategorie, an die die mit dem Definitheitsmerkmal ausgestatteten Affixe treten, sind noch zu ergänzen, da wir letztere auch nach Adjektiven finden (vgl. (36)). (36a) b) c)
bei schönem Wetter gegen nasses Wetter durch schöne Wochenenden
Alle Verschmelzungsformen scheinen sich aufgrund des Kriteriums als das Resultat von Affigierungen zu erweisen. Daß diese Beobachtung anhand der anderen Kriterien ebenso gültig ist, werden die folgenden Ausführungen zeigen. Arbiträre LUcken innerhalb des Flexionsparadigmas können ein weiterer Aspekt sein, um den Nachweis fUr Affigierungen zu erbringen. Denn solche Idiosynkrasien gehören ins Lexikon (vgl. (22)). Auf den ersten Blick stellen wir fest, daß viele Verschmelzungsformen nicht zu den flektierten Präpositionen gezählt werden; so fehlt in der Auflistung die Verschmelzungsform während'm zu während dem. Die LUcken sind allerdings mit Prinzipien zu erklären, die fUr alle Verschmelzungs formen gelten. So sind die Verschmelzungen maximal zweisilbig (vgl. Wiese 1988b:182), wobei die Affixe in den flektierten Präpositionen nicht silbig vorkommen. Arbiträr scheint hingegen das Fehlen von *ohnes vs. ohne das zu sein, das die Regularitäten für die Verschmelzungen erfüllt und dennoch nicht als lexikalische Einheit vorliegt. Dies spricht dafUr, daß das Paradigma der Verschmelzungen lexikalisiert ist. Wenden wir uns nun dem Kriterium (23) zu. Phonologische Idiosynkrasien sind nicht beobachtbar; wir können vielmehr die Resultate regulärer phonologischer Vorgänge erkennen. So bleibt die Präposition in zwei Fällen nicht intakt. Einmal fällt das auslautende /n/ vor dem Affix /m/ aus (vgl. (37)).
(37a) b) c)
/in/ + /m/ /an/ + /m/
-» /im/ -» /am/
/B n/ + /m/
-» /Bm/
Bedingung ist, daß /n/ zu einer akzenttragenden Silbe gehört. Wenn dem /m/ dagegen keine auf /n/ auslautende Akzentsilbe vorausgeht, fällt /n/ nicht aus (vgl. neben'm, aber * nebem).
104 Die Tatsache, daß /n/ phonologisch nicht realisiert wird, steht im folgenden zur Debatte. Wenn wir uns die Liste der flektierten Präpositionen in (35) betrachten, so fällt auf, daß die Affixe niemals eine Silbe hinzufügen. Sie sind prinzipiell nichtsilbisch. Warum die Affixe nicht silbifiziert werden, ist nicht durch irgendeine Gesetzmäßigkeit abzuleiten. Eigentlich wäre die Silbifizierung erforderlich, da nasale Konsonantencluster im Deutschen - vermutlich wegen der Verletzung der Sonoritätshierarchie - nicht silbifizierbar sind; deshalb wäre eigentlich die Schwa-Epenthese oder die Sonorantenvokalisierung wie z.B. in der indefiniten Artikelform nem zu erwarten. Es muß also idiosynkratisch im Lexikon festgelegt sein, daß die Kongruenz-Affixe, wenn sie an Präpositionen treten, keine Schwa-Epenthese bzw. Sonorantenvokalisierung auslösen. Damit entstehen unerlaubte nasale Konsonantcluster, so daß einer von beiden Nasalen ausfallen muß. Die Tilgung des [n] leitet sich somit aus der ansonsten verletzten Sonoritätshierarchie ab. Ein weiterer phonologischer Vorgang zwischen dem Präpositionalstamm und dem Artikelaffix besteht in der KUrzung des langen /u:/ in zu zum kurzen /u/ in zum.. Auch hier liegt ein innerhalb der Grammatik des Deutschen regulärer Prozeß vor. Die Regel tilgt die Assoziierungslinie des /u/ zu C, was die KUrzung des Vokals zur Folge hat (vgl. (38)):
(38)
C
[t
C
V
su
C C
m]
Die Reduktion der Vokalquantität ist in der Phonologie des Deutschen kein Einzelfall. Im postlexikalischen Bereich finden wir häufig phonologische Regeln, die lange Vokale kürzen. Dedenbach (1987:42) beobachtet dies am definiten Artikel, dessen Vokal in mehreren Stufen quantitativ reduziert werden kann (vgl. (39)): (39) der
Cde:K] ·» CdeW ·
Ein vergleichbarer Reduktionsvorgang gilt auch für die Präposition zu/n, der im Unterschied zu (39) jedoch obligatorisch operiert (vgl. (40)): (40) zum
/tsu:/ + /m/ ->· /tsum/
Es gilt anzumerken, daß die quantitative Reduktion von Vokalen ein für die postlexikalische Phonologie typisches Phänomen ist. Hiervon sind nicht nur die Funktionswörter betroffen, sondern auch Nomen wie Rad, wo [Ra:t] zu [Rat] werden kann. Dennoch verwundert es nicht, einen derartigen Fall auch im Lexikon vorzufinden. Denn hier liegt ein Sprachwandel vor, der für phonologische Regeln bzw. Phänomene im allgemeinen zu beobachten ist: postlexikalisch-phonologische Regeln steigen zu lexikalischen Regeln auf, indem ihre Anwendung mehr und mehr morphologischen und idiosynkratischen Eigenschaften unterliegt und schließlich im Wegfall der Regel selbst mündet. Daß die Regel bei zum lexikalisch operiert, ist
105
darauf zurlickzuflihren, daß die Reduktion nur bei der flektierten Präposition obligatorisch ist. Die Präposition weist also ein phonologisch idiosynkratisches Verhalten auf, das für die anderen Formen nicht beobachtbar ist. Im Schnellsprechbereich gelten derartige Idiosynkrasien nämlich nicht; so finden wir hier auch die vokalreduzierte Form zur [tsuW neben zur [tsu:W, und die entsprechende Regel ist optional anwendbar. Als phonologische Domäne für diese Regeln kann nur die Silbe in Frage kommen, die sich aus dem Präpositionalstamm und dem Artikelaffix zusammensetzt. Diese Kategorie muß schon lexikalisch verfügbar sein, da sie die Domäne fUr die eben zitierten phono logische n Vorgänge im Lexikon ist. Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, daß die Verschmelzungsformen keine phonologischen Idiosynkrasien aufweisen. Mit Hilfe dieses Kriteriums können wir also den lexikalischen Status der Verschmelzungen nicht nachweisen. Mit den bisherigen Kriterien konnten bei weitem nicht alle Verschmelzungen auf ihre Eigenschaft als flektierte Präpositionen hin überprüft werden. Aus diesem Grund wird nun das Kriterium (24) herangezogen, mit dessen Hilfe auch noch nicht diskutierte lexikalisierte Verschmelzungen erörtert werden sollen. Es geht um semantische Idiosynkrasien, die nur affigierten Wörtern, nicht aber klitischen Gruppen zu eigen sind. Um dieses Kriterium auf die Verschmelzungen anwenden zu können, wird zunächst einmal nachgewiesen, daß bestimmte reduzierte Artikelformen nicht gegen die entsprechenden vollen Formen semantisch austauschbar sind. Wie das Kriterium (29) besagt, kann damit der lexikalische Status untermauert werden. Bei den zu untersuchenden semantischen Charakteristiken handelt es sich um die generische bzw. nicht-referentielle Verwendungsweise, die nur auf die flektierten Präpositionen zutreffen. In substantivierten Infinitivkonstruktionen liegt immer eine generische Lesart vor, denn es wird niemals auf einen situationsbezogenen Akt des Handelns, sondern immer auf die Tätigkeit im Allgemeinen referiert. Die vollen Artikelformen sollten in diesem Kontext unmöglich sein, wenn es sich bei den reduzierten Artikeln um lexikalisch generierte Einheiten handeln soll. In (41) werden entsprechende Beispiele angeführt, wobei e), g) und h) bei Wiese (1988b) zu den nicht-lexikalisierten Einheiten gezählt werden. Die Nicht-Austauschbarkeit dieser Einheiten spricht aber eher fUr ihren lexikalisch abgeleiteten Status: (41a) b) c) d) e) f) g) h)
Karl ist (zum, *zu dem) Aufpassen hier. {Beim, *.bei dem} Essen sollst du nicht reden! {Vom, von dem) Schreien kriegt man einen rauhen Hals. Ich bin {am, *an dem} Schreiben. Hochschulabsolventen ergreisen {überm, *Uber dem} Studieren. Er kommt ganz schön {ins, *in das} Schwitzen. Der Arzt hat ihm alles {außerm, *außer dem} Rauchen verboten, Er hat keine Angst {vorm, *vor dem} Lügen.
Zu e), g) und h) ist zu bemerken, daß hier auch die vollen Formen verwendet werden können. FUr einige Sprecher verfügen die Artikelformen also nicht über idio-
106 synkretische semantische Eigenschaften, so daß sich diese Formen zumindest von der Semantik her nicht als lexikalische Einheiten erweisen. Nicht-referentielle Verwendungsweisen, die nur fllr die reduzierten Formen gelten, finden wir in feststehenden Ausdrücken; in ihnen bezieht man sich auf ein nicht exakt identifizierbares Objekt. In diesen idiomatischen Ausdrucken sind nur die Verschmelzungsformen erlaubt (vgl. (42)). (42a) c) d) e) f) g)
jemanden {zum, *zu dem} Narren halten. jemanden {hinters, *hinter das) Licht fuhren. etwas nicht {Übers, *Uber das) Herz bringen. {unterm, *unter dem} Pantoffel stehen. er ist mittlerweile {übern, *Uber den} Berg. er hält mit seiner Meinung nicht {hinterm, *hinter dem} Berg.
Die hier zitierten Beispiele zeigen mehr oder weniger deutlich, daß nur die reduzierten Artikel über die generischen bzw. nicht-referentiellen Lesarten verfügen. Hiermit haben wir deren lexikalischen Status nachgewiesen; zugleich aber haben wir darauf hingewiesen, daß einige Sprecher die semantische Idiosynkrasie der reduziert vorliegenden Artikel nicht nachvollziehen können. Wir haben noch nichts darüber ausgesagt, ob es sich bei den Artikelformen um freie Morpheme oder um Affixe handelt. Denn um morphologisch gebundene Einheiten handelt es sich nur dann, wenn die zu untersuchenden Artikelformen nur in Verbindung mit bestimmten Präpositionen die erörterten semantischen Eigenschaften aufweisen, während dies mit anderen Präpositionen nicht beobachtbar ist. Auf diese Weise hat man das semantische Kriterium bei Zwicky/Pullum (1983) zu verstehen. So zeigt sich nämlich, ob es sich bei den Verschmelzungsformen um semantisch unauflösbare Einheiten handelt, was als gutes Argument fUr ihren Wortstatus herangezogen werden kann. Denn die semantische Idiosynkrasie betrifft die gesamte Verschmelzung und nicht allein die reduzierte Einheit. FUr die Einheiten, deren Affixstatus nachgewiesen werden soll, d.h. /m/, /s/, /K/ und /n/, verläuft der Test positiv, wie die Daten in (43) zeigen. In den jeweils ersten Sätzen treffen die semantischen Eigenschaften nur auf die Verschmelzung zu, während Verschmelzung und nicht-reduzierte Form in den jeweiligen zweiten Beispielen über eine identische Semantik verfügen. Daß die in a) und b) gegenübergestellten Verschmelzungen immer dieselbe Artikelform aufweisen und dennoch nicht über dieselbe Semantik verfUgen, zeigt nur, daß die Bestimmung der semantischen Idiosynkrasie davon abhängig ist, welche Präposition vorangeht. So ist das semantische Kriterium auf die gesamte Verschmelzungsform zu beziehen. Aus diesem Grund handelt es sich bei den mit diesen semantischen Idiosynkrasien ausgestatteten Einheiten um lexikalisierte Wörter und somit um flektierte Präpositionen. (43a) Karl ist Weltmeister {im/*in dem} Schwimmen. Karl ist {während'm/während dem} Essen so zappelig, b) Ich gehe noch {zur/*zu der} Schule. Ich bin noch {auf r/ auf der} Schule.
107
Beim Kriterium (25) geht es darum, daß syntaktische Operationen nur auf affigierte Wörter angewandt werden können, nicht aber flir Klitisierungen sensitiv sind. Bezllglich des in Teil II, Kap. 2 erwähnten Koordinationstests sind die flektierten Präpositionen sensitiv. So halten von mir befragte Sprecher des Deutschen die Koordination, die aus einer der in (35) aufgeführten Verschmelzungen und einer "normalen" Präposition bestehen, für "grammatisch schlechter" als Konstruktionen, wo zwei Verschmelzungsformen koordiniert werden (vgl. im oder am Bahnhof). Die Erklärung liegt darin, daß Präpositionen und flektierte Präpositionen unterschiedliche Komplemente fordern: die flektierte Präposition nimmt eine NP, während die "normale" Präposition eine DP als Komplement nimmt (vgl. (44)). Damit ist die Bedingung flir die erfolgreiche Koordination verletzt, weil die beiden Konjunkten gemeinsame Konstituente nicht von derselben syntaktischen Kategorie dominiert wird. Dies führt dann zu geringeren Grammatikalitätseinstufungen als dies bei im oder am Bahnhof der Fall ist, wo die getilgte Konstituente in den koordinierten Teilen eine NP ist. (44a)
*im [
NP
e] oder vor [
b)
*unters [
c)
*Uberm [
d)
*in [
DP
NP
NP
DP
f)
* hinter [
DP
e] dem Garten
e] oder über [
DP
e] oder unter [
e] oder am [
e) * unter [
DP
NP
e] das Knie
DP
e] dem Boden
e] Garten
e] oder übers [
NP
e] oder vorm [
NP
e] Knie e] Haus
An dieser Stelle folgt eine Anmerkung zu den Beispielen in (44). Derartige Repräsentationen, die die phonologische Form in syntaktischen Strukturen aufführen, sind eigentlich aufgrund der phonologiefreien Syntax ausgeschlossen; es dürfen nur die Indices fUr die betreffenden Wörter aufgeführt werden ohne die phonologische Form. Aus Gründen der Einfachheit und Übersichtlichkeit wird diese Konzeption in den vorangegangenen bzw. folgenden Beispielen nicht durchgeführt. Die Verschmelzungsformen sind, wie die zitierten Daten zeigen, für den Koordinationstest sensitiv und daher als lexikalische Einheiten zu behandeln. Das letzte von Zwicky/Pullum (1983) aufgestellte Kriterium besagt, daß Affixe nicht an klitische Einheiten herantreten können; wenn also eine reduzierte Form einer klitischen Einheit folgt, dann kann diese reduzierte Form kein Affix sein. Diese Aussage könnten wir in Hinblick auf die fraglichen Verschmelzungen unter (35) nicht als Kriterium heranziehen, weil in der Position zwischen der Präposition und der reduzierten Artikelform keine andere sprachliche Einheit erlaubt ist, also auch keine klitische Einheit. Weitere Evidenz für die Annahme, daß es sich bei den Endungen der in (35a,b) genannten Präpositionen um die Kongruenz-Affixe der Artikel bzw. der starken Adjektive handelt, kommt aus der Verschriftung der betreffenden Einheiten.
108
Die Verschmelzungsformen in (35) erweisen sich bezüglich des in (32) formulierten Kriteriums als lexikalische Einheiten. Dies gilt auf jeden Fall flir die Verschmelzungen in (33a); diese flektierten Präpositionen werden in der Verschriftung immer wie ein Wort behandelt; nur vor und nach der Einheit können Spatien erscheinen; dagegen sind jegliche Zeichen innerhalb des Wortes ausgeschlossen. Diese Beobachtungen treffen größtenteils (vgl. aber Kap. 3.3) auch auf die Übrigen Teilgruppen zu. Die folgenden Beispiele aus den Printmedien sollen dies belegen (vgl. (45)): (45a) b) c) d) e)
Samba-Shows und Nightclub-Szenen unterm Zuckerhut (Prisma, Nr.8/89). Studenten ergreisen Überm Studieren (Rheinischer Merkur, Nr. 6/89). Statt im Ballon übern Balaton (Rheinischer Merkur, Nr. 32/89). unterm Kadarschen Patriarchat (Die Zeit, Nr. 38/89). Elefanten sollen vorm Aussterben bewahrt werden (Rheinischer Merkur, Nr. 40/89)
3.3.3 Die definiten Artikel formen Die im folgenden zur Diskussion stehenden reduziert vorliegenden Artikelformen (vgl. die Verschmelzungen in (46)) sind klitische Einheiten, da sie den meisten Kriterien von Zwicky/Pullum (1983) nicht genligen bzw. einige der in Kap. 3.1 diskutierten lexikalischen Eigenschaften aufweisen. Aus diesem Grund kann die Relation zu den vollen Formen durch eine synchrone Ableitung beschrieben werden. (46a) b) c) d)
aufm, aus'm, mit'm, seit'm, nach'm, an'm, von'm durch'n, um'n, auf n, flir'n, an'n an'r, in'r, von'r, mit'r, seit'r in'e, von'e, an'e
Wir werden zunächst nachzuweisen versuchen, daß es sich bei den in (46) erwähnten Artikelformen um lexikalisch ungebundene Einheiten handelt. Nach Kriterium (30) sind morphemsensitive Vorgänge im Lexikon zu lokalisieren. So steht das Reduktionsverhalten der definiten Artikel in direktem Zusammenhang mit dem Kasus, den die Artikelformen aufweisen. Denn die Klitika des definiten Artikels sind, wenn sie den Genitiv aufweisen, normativ unakzeptabel. Daß es sich hier um ein auf den Kasus Genitiv zurückgehendes Reduktionsverbot handelt, sehen wir bei der Gegenüberstellung zweier phonologisch identischer Reduktionsformen, die sich allein im Kasus unterscheiden: Es] hat, wenn es mit des korrespondiert, das Merkmal Genitiv; wenn es die schwache Form zu das ist, weist es den Akkusativ auf. Letztere Form ist erlaubt wie in aufs Dach, während um's Friedens willen ausgeschlossen ist. Somit scheint die Reduzierbarkeit des Artikels von einer morphologischen Bedingung abzuhängen. Artikel können also dann nicht klitisch sein, wenn sie im Genitiv stehen. Neben den Genitivformen finden wir auch keine Nominativklitika. Das Fehlen von Klitika des definiten Artikels im Nominativ ist leicht erklärbar, wenn man sich
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ihre Distribution betrachtet; so ist festzustellen, daß ihr Vorkommen auf die Position nach einer Präposition beschränkt ist. Andere Kontexte sind flir die reduzierten Formen normativ ausgeschlossen. Die Daten in (47) mögen dies belegen: (47a) Hat {die/* [a]} Frau ihn gerufen? b) Hat {das/*Es]} Kind ihn gerufen? c) Ob {der/*[Kl} Mann Bescheid weiß? Der Kontext gibt Aufschluß darüber, warum der reduzierte Artikel niemals im Nominativ stehen darf. Präpositionen vergeben niemals diesen Kasus. Da aber die klitischen Artikelformen nur nach Präpositionen reduzieren, muß der Nominativ notwendigerweise fehlen. In Hayes1 Grammatikmodell ist bei einer derartigen Bezugnahme klitischer Einheiten auf Wortkategorien eine postlexikalische Analyse ausgeschlossen; sie wäre im prosodischen Hierarchiensystem nicht mehr verfügbar. Die definiten Artikel sind auch dann nicht lexikalisch reduzierbar, wenn sie für den Plural markiert sind. Dies zeigen die Daten in (48), wo die Pluralformen anderen homophonen Artikelformen gegenübergestellt werden, die akzeptabel sind; so können wir die Reduzierbarkeit der Artikel nicht auf phonologische Ursachen zurückführen, sondern wir müssen sie vielmehr mit den unterschiedlichen morphologischen Merkmalen erklären. Aufgrund dieser Kontextsensitivität gehört die Reduktion der Artikel ins Lexikon. (48a) in'e Gärten b) *Uber'n Dächern
vs. vs.
in'e Kirche auf n Tisch
Nachdem gezeigt worden ist, daß die Reduktion des definiten Artikels lexikalisch analysiert werden muß, möchte ich nun zu der Fragestellung übergehen, ob es sich bei den aufgeführten Formen eher um Affixe handelt. Bezüglich des Kriteriums (21) verhalten sich die fraglichen Einheiten wie Affixe. So finden wir die klitischen Formen [ ] und [n] bei normalem Sprechtempo nur nach Präpositionen. Nur als Schnellsprechphänomene sind sie auch in anderen syntaktischen Umgebungen erlaubt, worauf bereits Hinrichs (1986) hingewiesen hat. Daß der Artikel eine derartig beschränkte Distribution aufweist, spricht eher für den Affixstatus des Artikels; denn für Affixe ist eine syntaktisch restringierte Umgebung typisch. Arbiträre Lücken scheinen zunächst vorhanden zu sein, denn die fraglichen reduzierten Einheiten erscheinen niemals nach Präpositionen wie gegen, ohne oder zwischen. Hinter dieser Beobachtung verbirgt sich jedoch die schon bei den flektierten Präpositionen beobachtete Regularität, daß Verschmelzungen, wenn man sie nicht dem Schnellsprechbereich zuordnen kann, maximal zweisilbig sind (vgl. auch Wiese 1988b:182). Wenn die zweisilbigen Präpositionen jedoch mit den silbischen klitischen Formen verschmelzen, liegen dreisilbige Verschmelzungen vor, so daß das Prinzip der für Verschmelzungen zulässigen Silbenzahl verletzt ist. Insofern sind die LUcken nicht arbiträr, sondern sie unterliegen der eben genannten Regularität. Damit zeichnen sich die Artikelformen nach diesem Kriterium als lexikalisch reduzierte Einheiten aus.
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Idiosynkrasien sind bei den in (44) aufgeführten klitischen Gruppen nicht erkennbar; dies wird besonders deutlich, wenn wir die Formen auf das Kriterium (24) hin überprüfen. Danach erweisen sich die Artikelformen als Klitika, denn sie haben dieselben semantischen Eigenschaften wie die vollen Formen. Wenn auch die vollen Formen Über die generische bzw. nicht-referentielle Lesart verfligen, sind die reduzierten Artikel durch eine phonologische Regel ableitbar (vgl. Teil II, Kap. 2.1.4), und wir können sie deshalb als Klitika charakterisieren. Folgende Beispiele, wo eine generische Lesart in (49a,b,c) und eine nicht-referentielle Lesart in (49d,e,f) vorliegt, zeigen die Austauschbarkeit der Artikelformen und somit die Übereinstimmung der semantischen Eigenschaften. (49a) b) c) d) e) f)
{Nach dem/ nach'm) Spillen wird abgetrocknet. Otto kommt gar nicht mehr {aus dem/ aus'm} Lernen heraus. Er ist {von der/ von'r} Schule abgegangen. Die Raumstation fliegt immer {um den/ um'n} Mond herum. {auf den/ auf n} Papst geb' ich nicht viel. {in der/ in*r} Sonne liegen.
Das Kriterium (25) kann auf die hier zur Diskussion stehenden Klitika nicht angewandt werden; denn die Klitika können für syntaktische Prozesse nicht sensitiv sein. In der Syntax liegen nur die die vollen und die klitischen Formen repräsentierenden Indices vor, so daß innerhalb der Syntax gar keine Klitika vorhanden sind; diese werden erst postsyntaktisch in der Syntax-Phonologie-Schnittstelle phono logisch realisiert; insofern kann der Koordinations test keinen Aufschluß darüber geben, ob es sich bei den reduzierten Artikelformen in (44) um Klitika oder Affixe handelt. Nach der in Prinz/Wiese (demn.) vertretenen Annahme, daß nur auf der lexikalischen Repräsentation verfügbare Einheiten Input für die Verschriftung sein können, müßten auch die lexikalisch abgeleiteten Klitika verschriftet werden. Tatsächlich finden wir, wie unten weiter ausgeführt, nur die reduzierte Form in der Schrift, während weder die Sonorantenvokalisierung noch die Schwa-Epenthese bei der Klitika-Generierung schriftlich kodiert werden. Dies liefert uns zusätzliche Evidenz für die in Kap. 2 vertretene Annahme, daß es sich bei den zuletzt genannten Prozessen um postlexikalische Vorgänge handelt, die ja bekanntlich nicht verschriftet werden. In geschriebenem Deutsch finden wir des öfteren die reduzierten Formen des Artikels, z.B. aufm. Wenn sie verschriftet werden, dann müssen sie mit einem Apostroph versehen werden. Dem Duden (1980) zufolge steht es u.a. dann, wenn Laute am Anfang eines Wortes ausgelassen werden. Diese Definition birgt gleich zwei Aspekte in sich: einen phonologischen, der auf eine synchrone Ableitung hindeutet, und einen morphologischen, denn mit dem Ausdruck Wort sind morphologisch ungebundene Einheiten gemeint. Beide in der Definition des Dudens implizite Annahmen decken sich vollkommen mit meinen Vorschlägen zur Behandlung der reduzierten Formen; denn von mir werden sie als phonologisch reduzierte Formen definiert, die denselben morphologischen Status wie die vollen Formen haben, also auch die
Ill
Kategorie D bilden. Das Apostroph sagt somit etwas über den morphologischen bzw. phonologischen Status der folgenden Einheit aus. Es zeigt an, daß es sich bei ihnen um freie Morpheme handelt, die schon auf der lexikalischen Repräsentationsebene als reduzierte Einheiten zur Verfügung stehen. Die Darstellung in (50) verdeutlicht die Funktion des Apostrophs. Bei dem auf ihn folgenden morphologischen Wort handelt es sich um einen Artikel vom Typ D; genau diese morphologische Information und die reduzierte lautliche Form, welche dadurch erkannt wird, daß [dl und [e] nicht mehr mit der CV-Schicht assoziiert sind, veranlassen die Schreibung des Apostrophs.
(SO)
< a \ C C [a
u
W \
f C
C
C d
V
c c
e m ]
Durch die Verwendung dieses Apostrophs wird der Status der Artikelform für den Sprecher bzw. Schreiber des Deutschen deutlich; es kommt vor, daß bestimmte Verschmelzungen mit oder auch ohne Apostroph verschriftet werden. Dies ist ein Indiz daflir, daß die Verschmelzungen nicht generell lexikalisiert sind. Dativ-markierte einsilbige Präpositionen zählen nach Kriterium (32) immer zu den lexikalisierten Wörtern; denn man findet keine Verschriftungen wie , wo für den definiten Artikelrest steht. Dagegen sind bei den Verschmelzungen auf Cs] beide Varianten in der Schrift möglich;
[D
]...]]
-d f -def.-l l Akk I
Die Pronomen
Die Reduktion der Pronomen erweist sich als ein lexikalischer Vorgang, wie die folgenden Beobachtungen zeigen. So steht das Vorkommen der Pronominalklitika in direktem Zusammenhang zu ihrem Kasus. Bei normalem Sprechtempo werden keine Genitiv- bzw. Dativ-markierten Pronominalklitika realisiert. Anhand der entsprechenden Pronomen in (58) läßt sich diese Behauptung leicht nachvollziehen:
(58a) b) c)
mir dir ihr
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Daß als Erklärung für dieses Reduktionsverbot keine phonologischen Gründe herangezogen werden können, die eine postlexikalische Analyse motivieren würden, zeigt der Vergleich von ihr (3. Person, Singular, Dativ) mit dem Pronomen gleicher phonologischer Form, das die Merkmale 2. Person, Plural, Nominativ hat. Letztere Form ist im Gegensatz zu dem Dativ-Pronomen ohne weiteres zu llf] reduzierbar (vgl. habt {ihr/*[ff]} das gesehen?), so daß der für die Reduktion verantwortliche Aspekt keine phonologische Ursachen hat, sondern eher im unterschiedlichen Kasus zu finden ist. Demnach liegen die Pronominalklitika des Deutschen nur im Nominativ oder Akkusativ vor, also in solchen Kasus, die durch die syntaktische Konfiguration vergeben werden. Dagegen blockieren die Kasus Genitiv und Dativ, welche schon im Lexikoneintrag eines Verbs an das entsprechende Komplement vergeben worden sind, die Reduktion. Da die Klitisierung der Pronomen vom Kasus abhängt, also morphologisch bedingt ist, handelt es sich gemäß des Kriteriums (30) um lexikalische Einheiten. Auf welche Weise dieses morphemsensitive Verhalten noch weiter systematisch erfaßt werden kann, wird im folgenden Kapitel erörtert, wenn es um die phrasalen Kontexte für Klitisierung geht. An dieser Stelle können wir die folgende vorläufige Beobachtung formulieren (vgl. (59)): (59) Nur die Pronomen sind klitisierbar, die einen strukturellen Kasus aufweisen. Neben dem kasussensitiven Verhalten von Pronomen gibt es auch noch eine andere lexikalisch manifestierte Ursache für die Nicht-Reduzierbarkeit; dies betrifft die Formen, die nicht den Genitiv oder Dativ aufweisen und dennoch nicht als klitische Einheiten realisiert werden können. Diese Beobachtung können wir bei allen Formen mit [ -Auslaut sowie bei dem auf [s] auslautenden Funktionswort uns machen. Nach der Anwendung der Deassoziierungs-Regel erhalten wir die Formen *[( ) ] für ich, mich und euch und [s] für uns. Hierbei handelt es sich um Formen, die nicht-silbisch vorliegen. Es kann jedoch keine Erklärung fUr das Unterbleiben der Klitisierung sein, daß alle Klitika silbisch sein müssen, denn es gibt [s] als klitische Form zu /es/. Es scheint somit unerklärlich zu sein, warum nur die reduzierte Form zu es als klitische, nicht-silbische Form [s] vorliegt, während die anderen zitierten Formen zumindest im normalen Sprechtempo ungrammatisch sind und aus diesem Grund nicht zu den Klitika gezählt werden dürfen. In (60) wird deutlich, daß es sich bei den auf [ ] auslautenden Formen und dem mit uns korrespondierenden [s] um Schnellsprechformen handelt, während [s] als klitische Form zu /es/ auch bei normalem Sprechtempo erlaubt ist: (60a) b) c) d) e)
sie hat {mich/*[nK;]} gestern gesehen ich weiß nicht, ob {ich/*[ ]} heute komme Er hat {uns/*Cs]> gestern gesehen Was gibt {es/[s]} heute zu essen? Er hat {es/Cs]> verstanden
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Das Fehlen der genannten klitischen Pronomen scheint auf keine grammatischen Faktoren zurückzuführen zu sein, weshalb das Paradigma der klitischen Pronomen arbiträre Lücken aufweist. So ist die Anwendung der Deassoziierungs-Regel aufgrund des Kriteriums (27) lexikalisch, da sie aus unerklärlichen Gründen nicht auf die genannten Pronomen anwendbar ist. Dagegen ist die Annahme, daß die [s]-Formen zu den Klitika zu zählen ist, aufgrund ihrer Akzeptanz bei normalem Sprechtempo, ihrer syntaktischen Kontextsensitivität (vgl. Teil IV, Kap. 4.5.4) und ihres Verhaltens in der Schrift berechtigt. Dies betrifft neben den Pronomen auch das im nächsten Kapitel zu erörternde Auxiliar ist, dessen klitische Form ebenfalls Cs] lautet. Man kann dieses Phänomen also nicht nur auf eine bestimmte Wortkategorie beziehen, sondern es scheint sich auch um eine phonologische Angelegenheit zu handeln, wonach [s] klitisch sein kann. Ich sehe dies als weitere Bestätigung des Ausnahmestatus, den die Sibilanten in einigen phonologischen Systemen dieser Welt einnehmen. So sind üs] und [/] die einzig möglichen extrasilbischen Segmente im Silbenanlaut des Deutschen (vgl. auch Wiese 1988b:94). In der Phonologie der Kindersprache verhalten sich die Konsonantenkluster, in denen s-Laute vorkommen, anders als andere Konsonantenverbindungen (vgl. Stemberger/Treiman 1986:166). Im Gotischen werden normalerweise nur die stamminitialen Konsonanten redupliziert; wenn jedoch ein s-Laut im stamminitialen Konsonantenkluster vorkommt, werden beide Segmente redupliziert (vgl. van der Hülst/Smith 1982:27). Ebenso sind die Pronominalformen auf [s] ohne die sonst übliche Schwa-Epenthese mögliche klitische Einheiten. Wie schon bei den anderen zur Diskussion stehenden reduzierten Einheiten kann man nun nachprüfen, ob es sich um Klitika oder Affixe handelt. Die syntaktische Distribution der Pronominalklitika ist zu frei, um von einem Affixstatus zu sprechen; dies zeigen die Beispiele in (61): (61a) Kannst {du/ [da]} kommen (nach Verben) Kann {sie/ [za]} kommen Können {wir/ [v^]} kommen Hat {er/ [£]} das gesehen? Habt {ihr/ [£]} das gesehen? Er liebt {sie/ [za]} sehr Er liebt {ihn/ [n]} sehr Ich hab {es/ [s]} gesehen hat {es/ [s]} geschmeckt b) Er weiß nicht, wo {du/ [da]} ihn gesehen hast (nach Pronomen) Er weiß nicht, wo {sie/ [za]} ihn gesehen hat Er weiß nicht, wo {wir/ [vjf] } ihn gesehen haben wohin {er/ [K]} gelaufen ist wohin {ihr/ [Jf] gelaufen seid weil er {sie/ [za]} gesehen hat weil er {ihn/ [ ]} gesehen hat weil ich {es/ Csl} mag
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c) Du weißt gar nicht, wie schön {du/ [da]} bist Du weißt gar nicht, wie schön {sie/ izal} ist Du weißt gar nicht, wie schön {wir/ Lvji] } sind Wie schön {er/ [£]} ist Wie viel {ihr/ CK]> seid Wie viel {sie/ izal} gesehen haben Wie viele {ihn/ [ ]} gesehen haben Wie hell {es/ Es!) heute ist Wie viele {es/ [s]} gesehen haben d) Ich freue mich, wenn {du/ [da]} kommst Ich freue mich, wenn {sie/ [za]> kommt Ich freue mich, wenn {wir/ Ivjf]} kommen weil {er/ [^]> das gesehen hat weil {ihr/ [^]> das gesehen habt weil {es/ Cs]} schön ist
(nach Adjektiven)
(nach Konjunktionen)
Daß es arbiträre Lücken in den Kombinationen aus Partner und den fraglichen reduzierten Formen gibt, kann verneint werden; denn es gibt flir alle zur Diskussion stehenden Formen keine Partner von einer bestimmten syntaktischen Kategorie, wo die reduzierte Einheit jeweils nicht mit allen Wörtern dieser Kategorie kombiniert werden kann. Wenn [da] z.B. nach einem Verb steht, so gilt diese Distribution uneingeschränkt, so daß es keine zu dieser Klasse gehörenden lexikalischen Einheiten gibt, die als Partner ausgeschlossen sind. Dasselbe gilt auch fUr die anderen Formen. Aus diesem Grund verhalten sie sich wie klitische Einheiten. Ebensowenig sind mir morphonologische Idiosynkrasien innerhalb der aus Partner und klitischer Einheit bestehenden Verbindungen bekannt. Hier finden wir keine unerwarteten phonologischen Formen, sondern es handelt sich um Resultate genereller phonologischer Regeln des Deutschen, die zwischen beiden Einheiten produktiv werden. Damit ist die eben angesprochene Resilbifizierung zu motivieren. Außerdem weisen die Gruppen aus Partner und reduziertem Pronomen keine semantischen Idiosynkrasien auf, so daß es sich bei den Pronominalformen auch nach diesem Kriterium um Klitika handelt. Die reduzierten Pronominalformen sind wie die Vollformen nämlich nur in referentiellen Kontexten möglich; sie sind also bezüglich dieses semantischen Aspekts austauschbar. Auch das nächste Kriterium spricht für den klitischen Status der Pronomen; denn es existieren keine syntaktischen Operationen, die auf die fraglichen Gruppen anwendbar wären. Bei der großen Vielzahl von möglichen Partnern ist es auch unklar, um welchen Prozeß es sich handeln könnte. Beim letzten Kriterium, wo es darum geht, daß nur Klitika an Klitika herantreten dürfen, nicht jedoch Affixe, können wir beobachten, daß den Akkusativklitika andere reduzierte Formen vorangehen können. Aufgrund dieses Kriteriums sind sie also Klitika. Folgende Sätze in (62) verdeutlichen dies: (62a) weil {er sie/ i]f za]} sehen kann b) kann {sie ihn/ [zan]} sehen c) Vielleicht kann {er es/ l]f s]} ja doch
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Die Schrift liefert weitere Argumente flir die Lexikalisiertheit der Pronominalklitika. Mir sind in erster Linie die Verschriftungen der [s] - Klitika bekannt. Sie werden immer mit Apostroph versehen, was für ihren lexikalischen Wortstatus spricht (vgl. z.B. nett Aber diese Beobachtungen sprechen nicht für den Affixstatus. Dieser wäre nur gewährleistet, wenn es keine anderen Gründe für das Verbot von Klitika nach reduzierten Formen gäbe, außer daß Klitisierungsregeln nur nach syntaktischen oder morphologischen Regeln operieren. Gerade solche unabhängigen Gründe sind vorhanden. Zunächst einmal muß einer klitischen Einheit eine stärker akzentuierte Einheit vorausgehen, die mit dem Partner identisch ist. In unserem Fall geht jedoch nur eine weitere klitische Einheit voraus. Diese widerum entbehrt ihrerseits auch eines Partners. Deshalb sind die Konstruktionen auch ohne die reduzierte Auxiliarform ungrammatisch, so daß wir das Vorkommensverbot von [s] nach Klitika nicht auf ihren Affixstatus zurückfuhren können.
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Nach der Überwiegenden Zahl der Kriterien verhält sich das reduzierte Auxiliar als klitische Einheit. Das Instantiierungs-Schema, in dem das klitische Auxiliar generiert wird, ist wie in (66) zu formulieren. Daß diese Ableitung nur auf 'ist' anwendbar ist und nicht auf die anderen Auxiliare, macht deutlich, daß die Generierung von Csl von den entsprechenden morphologischen Merkmalen abhängt; Die Regel muß auf diese Auxiliar form referieren. In den anderen Auxiliaren operiert sie dagegen optional (vgl. has (t)). Um ist von den Übrigen Auxiliaren abzugrenzen, wird neben den morphologischen Merkmalen auch die Bedingung aufgeführt, daß (66) nur auf ist anwendbar ist. (66a) Schema 8:
[ v
]
- Aux -| 3 PS Sg Präs.
b)
X
/\t]
[s
(Anwendungsbereich: ist)
3.4 DIE LEXIKALISCHE VORKOMPILIERUNG DER KLITIKA
Die bisherige Analyse hat ergeben, daß die Klitika des Deutschen zum Teil lexikalisch generiert werden. Sie verfllgen über dieselben lexikalisch festgelegten semantischen, syntaktischen bzw. morphologischen Eigenschaften wie die vollen Formen. Zu diesem Resultat sind wir in den vorangegangenen Untersuchungen zum grammatischen Status der Klitika gekommen, wonach die Klitika wie die korrespondierenden vollen Formen ungebundene Morpheme sind. Aus diesem Grund sind sie mit demselben Index zu versehen. Dieser Index kann zwei verschiedene phono logische Formen annehmen, nämlich die volle nicht-reduzierte Form oder die reduzierte Variante. Welche der beiden Formen realisiert wird, kann nur aus dem grammatischen Kontext ersichtlich werden, in dem der Index bzw. die durch ihn repräsentierte grammatische Information vorkommt. Die Installierung der phonologischen Form ist also kontext-sensitiv. Im letzten Kapitel wurden die morphologischen Beschränkungen herausgearbeitet, die flir die Anwendung der Deassoziierungs-Regeln relevant sind. Wir stellen nun die Frage nach der phrasalen Kontextsensitivität. Hiermit sind die syntaktischen bzw. phrasal-phonologischen Kontexte gemeint, flir die die Regeln sensitiv sind. Die Deassoziierungs-Regeln operieren also als vorkompilierte lexikalische Regeln, die sich von den "echten" lexikalischen Regeln durch ihre phrasale Kontextsensitivität unterscheiden. Wir werden sehen, daß die Instantiierung der Klitika phonosyntaktischen Beschränkungen unterliegt, die bei den vollen Formen mit einer
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Ausnahme (vgl. Kap. 4.4) nicht beobachtbar sind. Ihre Einsetzung erfolgt weitgehend kontextfrei, so daß die Verwendung der vollen Formen den Normalfall repräsentieren. Wir können also die Einsetzung der reduzierten Formen bzw. der vollen Formen mit Hilfe der Instantiierungsregeln formal wie in (67) beschreiben. Demnach kann die lexikalische Information eines Wortes, repräsentiert durch einen numerischen Index N, als reduzierte Einheit phonologisch realisiert werden, wenn sie in dem durch spezifizierten Kontext vorkommt. Dagegen erfolgt die Einsetzung der vollen Form meistens kontextfrei. Nach dieser phonologischen Instantiierung der reduzierten Formen erfolgt postlexikalisch die Sehwa-Epenthese bzw. die Sonorantenvokalisierung. (67a) N ·* reduzierte Form / b) -*· volle Form / sonst Beide Regeln sind disjunktiv in dem Sinne angeordnet, daß b) nicht angewandt werden kann, wenn a) operiert. Wenn ein Index dagegen nicht in dem in a) aufgeführten Kontext vorkommt, kann keine Reduktion stattfinden, und die volle Form wird instantiiert. Ebensogut ist die umgekehrte Regelanordnung vorstellbar; demnach ist b) vor a) angeordnet; in diesem Fall wird immer (mit einer Ausnahme, vgl. Kap. 4.5.4) die volle Form phonologisch instantiiert. Von welchen Faktoren diese Regelanordnung abhängt, vermag ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Es sind wahrscheinlich extragramrnatische Faktoren stilistischer Natur, die die Anordnung von b) vor a) und somit die Verwendung der Vollformen vorziehen. Diese Regelanordnung ist auch aus dem folgenden formalen Aspekt heraus präferiert: der zweite Regelteil weist die geringste Kontextsensitivität auf. Damit muß b) der allgemeinere Teil sein und a) der Spezialfall. Die Regelanordnung folgt also dem Elsewhere-Prinzip (vgl. Teil I, Kap. 2), wonach der zweite Regelteil immer der am wenigsten markierte Fall ist. Der in der Teilregel a) erwähnte Kontext ist natürlich, bevor es zur Instantiierung kommen kann, fiir die Generierung der reduzierten Form verantwortlich. In diesem Kapitel werden also neben den Instantiierungsregeln auch die phrasalen Kontexte flir die Generierung, die mittels der Deassoziierungs-Regeln vorgenommen wird, diskutiert. Daneben wird auf phonologische Eigenschaften der klitischen Gruppen sowie auf Aspekte der Verschriftung eingegangen. Der Klitisierungsvorgang, der aus der phonologischen Adjunktion der Klitika an die prosodische Kategorie des Partners besteht, wurde bereits in Teil II, Kap. 3 diskutiert; deshalb findet er im folgenden keine Berücksichtigung mehr.
3.4.1
Fokus vs. Klitisierung
Ich lehne mich bei den Ausführungen zur Fokussierung an Selkirk (1984) an, wobei sie ein anderes Modell zur Repräsentation des Akzents verwendet. Im folgenden greife ich jedoch auf die in Teil I, Kap. 4 vorgestellten prosodischen Konstituenten zurück. Die unter die Funktionswörter fallenden Wortkategorien dürfen nur von zwei prosodischen Kategorien dominiert werden, nämlich von der Silbe und vom Fuß; dies wurde in den Ausführungen zum Akzent des Deutschen in Teil I, Kap. 4 dargelegt. Auf diese Weise wird die normale Akzentuierung der Funktionswörter re-
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präsentiert. Neben der einen prosodischen Variante, wo diese Wörter infolge der Deassoziierungs-Regel klitisch werden und postlexikalisch höchstens von dem Silbenknoten dominiert werden dllrfen, können FunktionsWörter auch mit höheren prosodischen Konstituenten versehen werden. Dies ist die Folge aus der Zuweisung des Tonhöhenakzents T*, wonach eine mit einem Tonhöhenakzent versehene Silbe prosodisch prominenter, also von mindestens einer prosodischen Kategorie mehr dominiert wird als eine Silbe ohne Tonhöhenakzent (vgl. (68a)). Alle Silben mit T* sind Selkirk zufolge fokussierte Einheiten (vgl. (68b)). (68a) A syllable associated with a pitch accent is more prominent than any syllable that is not associated with a pitch accent (Selkirk 1984:152)) b) A pitch accent T* must always be dominated by some focus FOK (Selkirk 1984:282) Gemäß dieser Prinzipien hat nach Selkirk (1984:276) die Fokussierung in prosodischer Hinsicht auf jeden Fall die HinzufUgung eines Wortakzents auf der dritten Ebene, also des phonologischen Wortes in dem hier verwendeten Modell, zur Folge. Damit ergeben sich die folgenden prosodischen Konstellationen fUr Funktionswörter; (69a) gilt flir die fokussierten Funktions Wörter, (69c) fUr die Klitika und (69b) flir die normal akzentierten Funktionswörter; die Segmentmatrix wird im folgenden mit [...] markiert.
(69a)
ü
b)
c)
I FOK:X(P/
FUr Selkirk (1984:200) ist Fokus eine Eigenschaft von syntaktischen Kategorien bzw. Konstituenten; dies wird durch das Merkmal Fok erfaßt, mit dem die entsprechende Kategorie, die ein Wort oder eine Phrase sein kann, annotiert wird; das allgemeine Schema lautet also Fok: X(P), wie in (69a) dargestellt. Aus diesen fokussierten Einheiten ergeben sich Konsequenzen für die Semantik und flir die Phonologie, wo der Tonhöhenakzent bzw. G) zugewiesen wird. Im Rahmen des von Hayes vorgeschlagenen Modells der Lexikalischen Phonologie gehe ich davon aus, daß dieser phonologische Vorgang infolge der Überführung der syntaktisch-semantischen Struktur Fok: X(P) in phonologische Struktur abläuft. Es handelt sich also um einen Mapping-Prozeß, der in der Schnittstelle zwischen Syntax und Phonologie stattfindet. In (70) wird dieses Mapping in Form einer TonhöhenakzentzuweisungsRegel illustriert. Diese Regel berücksichtigt auch die Fokussierung von Wörtern, die nicht zu den Funktionswörtern gehören; sie werden schon in ihrer Ausgangskonstella-
123
tion von G) dominiert und erhalten dann eine weitere Kategorie auf der vierten Ebene, vermutlich (die phonologische Phrase, vgl. Teil I, Kap. 1), zugewiesen. Um auch diese Fälle erfassen zu können, wird in der Regel von einer prosodischen Kategorie P1 ausgegangen, die entweder ein Fuß ist oder eine höhere Konstituente. Auf der linken Seite der Regel steht die syntaktisch-semantische Konstellation nach der phonologischen Instantiierung des Funktionswertes; auf der rechten Seite erfolgt der Übergang dieser Konstellation in die entsprechende phonologische Struktur.
(70)
p i+l
Bedingung: P1 * Natürlich diirfen klitische Einheiten, wie die Beispiele in (71) zeigen, niemals in einer solchen prosodischen Konstellation, wie sie in (70) gegeben ist, vorkommen. Nach der SLH (vgl. Teil II, Kap. 4) müßten sie nämlich, um von ü) dominiert werden zu können, auch mit der nächstniedrigeren Kategorie versehen sein. Die phonologischen Voraussetzungen flir sind bei Klitika jedoch nicht vorhanden. Der Input für das Mapping muß also immer eine von dominierte Kategorie sein. (71a) Was hast denn {DU/*[da]> da b) unter {DAS/*[s3} Bett c) vielleicht hat {ER/*[£]> es Die phonologische Instantiierung der Klitika in fokusmarkierte Positionen wird also dadurch verhindert, daß nur von oder höheren Einheiten dominierte Kategorien in fokusmarkierte Positionen eingesetzt werden dürfen; damit ergibt sich die folgende Bedingung in (72) für Installierungen in fokussierte Positionen: wenn ein Index N wobei N stellvertretend für einen Index im Hayes'sehen Sinne steht - mit einer fokusmarkierten Position assoziiert ist, dann muß er durch eine von oder einer höheren Konstituente P dominierten Segmentkette phonologisch instantiiert werden.
(72) U
I Fok:X(P)
Bed.: P *
N
-» ·*
Fok:X(P)
124
Mit dieser Bedingung wird die Einsetzung der Klitika in fokusmarkierte Positionen verhindert. Alle Funktionswörter müssen schon lexikalisch von dominiert werden, um in fokusmarkierte Positionen eingesetzt werden zu können. Wenn die Funktionswörter dagegen nicht von dominiert werden, unterbleibt die Einsetzung in eine fokusmarkierte Position; dargestellt wird dies an den Pronomen /du:/ und der lexikalisch vorkompilierten reduzierten Form /d/; in (73a) ist die Instantiierungsregel in ihrer vorläufigen Gestalt (vgl. Kap. 4.7) aufgeführt, in (73b) erfolgt zunächst die Einsetzung des Index in die fokusmarkierte Position, bevor der Index gemäß Bedingung (72) nur durch /du:/ instantiiert werden kann. (73a) N -» /d/
Instantiierungsregel
l
o ->· /du:/
b)
36
Index-Einsetzung
Fok : DP c)
Phonologische Instantiierung
/du:/ Fok: DP d)
U
Tonhöhenakzentzuweisung (70)
l l o /du:/
T*
Bei der Analyse stellt sich heraus, daß die Kontextsensitivität der Klitika in Bezug auf Fokussierung durch die Bedingung (72) in der Syntax-Phonologie-Schnittstelle erklärt werden kann, denn sie ermöglicht die Einsetzung von Kategorien, die von oder einer höheren Kategorie dominiert werden, in fokusmarkierte Positionen. Klitika erfüllen diese phonologischen Bedingungen nicht, so daß die Einsetzung in die genannte Umgebung blockiert wird; somit sind Klitika nicht fokussierbar. In den folgenden Ausführungen, wo ich mich mit weiteren Kontexten für Klitisierung auseinandersetze, kann auf fokus markierte Positionen verwiesen werden, wenn die anderen syntaktischen bzw. phonologischen Umgebungen keinerlei ausreichende Erklärungen für das Verbot der Klitikagenerierung geben.
125
3.4.2
Die flektierten Präpositionen
3.4.2.1 Zur Syntax Die Phrasenstrukturregel für die flektierten Präpositionen, die in Teil II, Kap. 3.1.4 diskutiert wurde, verletzte ein wesentliches Prinzip der X-bar-Theorie. Aus diesem Grund wird sie im folgenden einer Revision unterzogen. Doch vorher muß noch der Vorgang der Affigierung näher betrachtet werden, der in den bisher zitierten Arbeiten, die sich mit den lexikalisierten Verschmelzungsformen auseinandersetzten (vgl. Hinrichs 1986, Wiese 1988b), kaum Berücksichtigung gefunden hat. In Kap. 3.2 wurde diskutiert, daß einige Verschmelzungen als das Resultat einer Affigierung angesehen werden müssen. Wir können also bei den an eine Präposition tretenden Formen von denselben Kongruenz-Äff ixen ausgehen, die auch an die Artikel und Adjektive treten können. Der einzige Unterschied besteht in der Restringiertheit, denn nur wenige dieser Affixe können an die Präpositionen im Vergleich zum Adjektiv treten. Es bietet sich an, den Affigierungsvorgang in beiden Fällen mit dem von Borer (1984) für die speziellen Klitika vorgestellten Mechanismus zu analysieren: die die Affixe auszeichenden Merkmale werden in die Matrix des Kopfes der syntaktischen Phrase eingesetzt, was zur Einsetzung der mit diesen Merkmalen Übereinstimmenden lexikalischen Information des Affixes führt. Bei einer syntaktischen Einsetzung darf natürlich nicht die phonologische Form, sondern nur der entsprechende Index eine Rolle spielen, da die Syntax phonologiefrei konzipiert ist. Allerdings ist es äußerst fraglich, ob man bei den deutschen flektierten Präpositionen davon auszugehen hat, daß sie das Ergebnis einer Affigierung in der syntaktischen Komponente sind, wie es Borer vorschlägt; es gibt nämlich gute Argumente fllr lexikalische Wortbildungen, auf die ich weiter unten eingehen werde. Ich möchte an dieser Stelle eine strikte Trennung der Begriffe flektiert und kasusmarkiert in Hinblick auf die lexikalisierten Verschmelzungen vornehmen; denn diese Verschmelzungen sind nicht, wie Hinrichs (1986) annimmt, den kasusmarkierten Präpositionen zuzurechnen, wie die folgenden Beobachtungen zeigen; dieser Analyse zufolge müßte das Kongruenz-Affix die Kasusmerkmale der Präposition nach Borer absorbieren, so daß sie keiner NP mehr zugewiesen werden dürfen; denn Kasus kann nur einmal zugewiesen werden. Viele Sprachen weisen aber, wie Borer (1984:36, 89) zeigt, neben dem kasusmarkierten Affix trotzdem eine NP auf, die ihrerseits Kasus enthält. Hier ergeben sich nach Borer zwei Strategien: entweder sind in den entsprechenden Sprachen sogenannte Kasus-Zuweiser vorhanden, von denen die NP den Kasus erhält; in (74) ist ein Beispiel zitiert, das in bestimmten spanischen Dialekten vorkommt (vgl. Seils 1985:152): (74) Juan lo vio a Juan ihn sah Kasus-Zuweiser 'Juan sah Pedro'
Pedro Pedro
Die Verbform vergibt den Kasus an die klitische Pronominal form lo, so daß das Objekt Pedro vom Verb keinen Kasus mehr erhalten kann. Die Objekt-NP muß je-
126
doch Kasus zugewiesen bekommen, um nicht durch den Kasus-Filter als ungrammatische NP ausgeschlossen zu werden; demnach ist eine NP ungrammatisch, wenn sie phonetischen Gehalt hat und keinen Kasus aufweist (vgl. Seils 1985:53). Aus diesem Grund erhält das Objekt seinen Kasus vom Kasuszuweiser a. Andererseits gibt es Sprachen, die neben den Affixen auch eine NP ohne einen Kasus-Zuweiser haben. Die Präpositionalphrasen des Deutschen bzw. Italienischen, die eine flektierte Präposition als Kopf haben, zählen zu diesen Fällen. Hier wird der Kasus an das Kongruenz-Affix vergeben, so daß der NP kein Kasus zugewiesen werden kann; ein unabhängiger Kasus-Zuweiser wie im Spanischen existiert nicht; dennoch sind die Präpositionalphrasen mit den flektierten Präpositionen grammatisch. Borer schlägt flir diesen Fall vor, daß die entsprechenden Affixe keinen Kasus an den Kopf, in unserem Fall also an die Präposition, vererben können; in diesem Fall ist die flektierte Präposition selbst nicht kasus-markiert, sondern sie stellt nur den Kasuszuweiser für die Objekts-NP dar. Auf diese Weise liegt in der Präpositionalphrase nur eine kasus-markierte NP vor und keine zusätzliche kasusmarkierte Präposition, was dem Prinzip widersprechen wllrde, wonach ein Kasus nur einmal vergeben werden darf. Nach diesen Überlegungen sollten wir von flektierten Präpositionen sprechen, die mit der präpositionalen Objekt-NP nur in Numerus und Genus, nicht jedoch im Kasus, kongruieren. Zum gleichen Ergebnis kommen auch Napoli/Levis (1987:204) in ihrer Untersuchung der italienischen flektierten Präpositionen. In die Matrix der eine Akkusativ- bzw. Dativ-NP regierenden Präposition werden also die die Kongruenz-Affixe konstituierenden Merkmale [a Genus, Sg, +def ] eingesetzt, die dann mit den entsprechenden Affixen assoziiert werden. Die die Merkmale einsetzende Regel wird in (75) formuliert; die Kasusmerkmale der Affixe werden in die Matrix dagegen nicht eingesetzt, um zu gewährleisten, daß der folgenden NP Kasus zugewiesen werden kann. (75) [ NP: Dat_ v Akk_ ] p
-» [ NP: Dat_ v Akk_, p
Genus, Sg, +def ]
Die Anwendung dieser Regel wird anhand der Präposition im in (76) demonstriert: (76)
NP: Dat. mask Sg +def
[NP:Dat__ v Akk m
]
[NP:Dat
m
l
m
Die Regel (75) kann allerdings nicht uneingeschränkt produktiv werden, denn die Affixe treten nicht an jede Präposition. So finden wir keine lexikalisierten Ver-
127
Schmelzungen mit nach oder aus. Bei einer syntaktischen Affigierung durfte es jedoch keine derartige Idiosynkrasien geben, weil die Affigierung innerhalb der Syntax nach jeder Präposition möglich sein sollte. Außerdem gibt es eine weitere Beschränkung, die lautlicher Natur ist: lexikalisierte Verschmelzungen sind scheinbar maximal zweisilbig, wobei das Affix niemals eine Silbe konstituieren darf. Da die Phonologie bzw. Phonetik aufgrund der Autonomie der Syntax keinerlei Zugriff auf den syntaktischen Vorgang der Affigierung haben darf, scheint der Anwendungsbereich der Regel (75) ausschließlich das Lexikon zu sein. Nach dieser Erörterung des Affigierungsvorgangs können wir uns nun der Syntax der flektierten Präpositionen zuwenden. In der bisher angenommenen Phrasenstrukturregel (vgl. Hinrichs 1986, Wiese 1988b) ist das Komplement der Präposition keine maximale Projektion, was zur Verletzung des entsprechenden X'-Prinzips führt, wonach alle an die Hauptprojektionslinie angekoppelten Projektionen maximal sein müssen (vgl. Teil II, Kap. 2.1.4). Die schon in Teil I, Kap. 6 diskutierte neue Konzeption der NP bietet sich an. Der definite Artikel wird demnach von einer maximalen Artikelprojektion dominiert. Als Ergänzung nimmt er eine Nominalphrase, die somit eine Projektion mit funktionalem Haupt ist. Die Struktur einer solchen Determinerphrase wird in (77) noch einmal aufgeführt: (77)
[
DP[D'DtNPCN'N]]]]
Diese von Haider (1988:41) vorgenommene Analyse ist die derzeit gängige Auffassung von der Behandlung des Artikels und löst die angesprochene Problematik, weil das Komplement der Präposition als Rest der DP nach der Artikelaffigierung eine maximale Projektion des Nomens darstellt und somit dem X'-Schema genllgt. Die Präpositionen der Klasse (vgl. (78b)) nehmen also eine NP als Komplement. Dagegen ist in der normalen Präpositionalphrase das Komplement der Präposition eine DP (vgl. (78a)).
(78a) P1 ·* P b) P' -»
DP
Px NP: Dat_ v Akk_ Genus Sg
NP
= (35a,b,c)
Zur Verdeutlichung, daß es sich in der Regel (78b) um eine NP handeln muß, werden die Präpositionalphrasen zu dem Haus und zum Haus gegenübergestellt (vgl. (79)). Durch das Fehlen des Artikelstamms und durch die Affigierung des Kongruenz-Suffixes an die Präposition ist auch kein Grund für die Existenz eines Determiner-Knotens mehr vorhanden, da nach flektierten Präpositionen keine Artikel stehen dllrfen.
128
(79)
im
zu dem
3.4.2.2
Haus
Haus
Die Instantiierung
Die lexikalische Generierung der flektierten Präpositionen ist somit erklärt, so daß nun die Einsetzung der flir sie stehenden Indices in die syntaktische Struktur erfolgt. Nehmen wir an, daß im der Index 3 zugewiesen worden ist, so ergibt sich das folgende lexikalische Einsetzungsschema in (80):
(80)
3: [
NP ]
Die phonologische Instantüerungsregel muß auf diesen syntaktischen Kontext nicht mehr referieren; denn flektierende Präpositionen stehen immer in dem durch die lexikalische Einsetzungsregel festgelegten syntaktischen Kontext, also vor Nominalphrasen. Aus diesem Grund ergibt sich die folgende Einsetzungsregel fllr flektierte Präpositionen in (81), in dem die Regel, die im konkreten Fall im einsetzt, kontextfrei operiert.
(81) 3 ·* /im/ Diese Annahme einer kontextfreien Regel wird auch dadurch nicht widerlegt, daß nach der flektierten Präposition immer eine NP ohne phonetisches Material ungrammatisch ist wie in (82): (82) (in DEM/ Vlm/} war ich noch nie Daß damit flektierte Präpositionen nicht auf einen phonologischen Einsetzungskontext referieren müssen, der eine NP mit phonetischem Material enthält, ist offensichtlich; denn im Beispiel (82) haben wir es mit einer fokuskusmarkierten D-Position zu tun, die in der Phrasenstrukturregel für flektierte Präpositionen gar nicht erwähnt wird. Daher kann der die Präposition repräsentierende Index nicht eingesetzt werden.
129
Natürlich gilt die vorhergehende Diskussion auch für die anderen flektierten Präpositionen. Die Installierungen sind somit ähnlich zu formulieren. In Kap. 4.7 erfolgt eine komplette Aufstellung aller Instantiierungsregeln.
3.4.3
Die klitischen Artikelformen
3.4.3.1 Die phonosyntaktischen Kontexte Die klitischen Formen stehen in einer ableitbaren Relation zu den vollen Formen, was in Kap. 2 durch einen synchronen Regelmechanismus erklärt wurde. Die Reduktion der entsprechenden Wörter findet nur innerhalb eines bestimmten syntaktischen Kontextes statt, der gleichzeitig das phonologische Instantiierungsmuster für die reduzierten Formen bildet. Der Instantüerungskontext fUr die reduzierten Definitartikel kann aufgrund der in 3.3 gemachten Beobachtungen wie in (83) charakterisiert werden; demnach muß der unmittelbar vorausgehende syntaktische Partner eine Präposition sein.
(83)
...]
CP
Das Vorkommen der Vollformen ist dagegen nicht auf eine bestimmte vorangehende Umgebung festgelegt, so daß deren phonologische Instantiierung kontextfrei ist. Der klitische Artikel kann also nur nach einer Präposition erscheinen. Wie fllr die flektierten Präpositionen gilt fUr die klitischen definiten Artikel kein Instantiierungsschema, wonach sie nur vor einer NP mit einer phonetischen Matrix eingesetzt werden dürfen; denn das Verbot klitischer Einheiten wie in (84), wo sie scheinbar auf einen solchen Kontext referieren müssen, hat in Wahrheit mehr mit der von ihnen besetzten fokusmarkierten Position der syntaktischen Kategorie D zu tun, so daß die klitischen Definitartikel aufgrund der Bedingung (72) erst gar nicht in diese Position eingesetzt werden dürfen. (84) {auf DEN/*aufn> geb' ich nichts mehr
l FOK(D) Auf eine weitere Einschränkung der in (84) motivierten Konstellation kann jedoch nicht verzichtet werden; so wird dieser Kontext für die einzelnen klitischen Artikel modifiziert werden müssen. Denn die Artikelklitika sind nicht nach jeder Präposition möglich. Rufen wir uns dazu noch einmal die Liste der möglichen Verschmelzungen aus 3.3 in Erinnerung. So kann die Artikelform [m] nur in folgenden Verschmelzungen auftreten (vgl. (85)): (85) aus'm, aufm, mit'm, nach'm, an'm, seit'm, von'm Die klitische Form [ ] erscheint immer in den in (86) aufgeführten klitischen Gruppen:
130
(86) durch'n, fllr'n, um'n, an'n, aufn Die klitische Einheit llf] finden wir immer in den in (87) aufgeführten Konstellationen: (87) seit'r, mit'r, von'r, an'r, in'r Die klitische Form [a] kann dagegen nur in zwei Verschmelzungen auftreten (vgl. (88)): (88) in'e, von'e Anhand der in (85) aufgeführten Formen wird das Fehlen dreisilbiger Verschmelzungen deutlich. Wir finden also niemals neben'm, zwischen'm oder wegen'm im Lento-Sprechstil, sondern nur als Schnellsprechformen. Die Präpositionen in (85) sind vielmehr einsilbig. Die Deassoziierungs - Regel kann also nur nach einsilbigen Präpositionen operieren. Daß filr die erfolgreiche Klitisierung tatsächlich morphologische Faktoren verantwortlich sind und eine ausschließlich phonologische Erklärung ausgeschlossen ist, zeigen die folgenden Überlegungen. Bei der Gegenüberstellung der beiden Phrasen *neben'm [ne:bnip] Haus und auf ebenem [e:bnm] Boden wird deutlich, daß beide Wörter vom langen Vokal [e:ü an homophon sind. Aufgrund dieser Homophonie wäre aus rein phonologischen Erwägungen kein Unterschied im Akzeptabilitätsverhalten zu erwarten. Daß die Verschmelzungsform dennoch standardsprachlich nicht akzeptabel ist, kann also nicht mit phonologischen Mitteln erklärt werden. Vielmehr sind es morphologische Kriterien, die die unterschiedliche Akzeptanz beider Wörter erklären. Im Adjektiv liegt das mit dem Definitheitsmerkmal ausgestattete Affix vor, in der Verschmelzung dagegen der klitische Definitartikel, der ein ungebundenes Morphem konstituiert. Die klitische Einheit ist nach einer zweisilbigen Präposition ausgeschlossen, während das homophone Affix ohne weiteres nach einem auf [ ] auslautenden zweisilbigen Adjektiv stehen kann. Daß die Wortkategorie des Partners für eine erfolgreiche Klitisierung relevant ist, zeigen die folgenden Phrasen seit'm [zaltm] Essen und *hat'm [hatml Otto. Obwohl die Partner einsilbig sind, ist die reduzierte Artikelform in der zweiten Phrase weniger akzeptabel; während phonologische Gründe fUr diesen Akzeptanzunterschied aufgrund der Homophonie des Auslauts der Präposition und der folgenden klitischen Einheit nicht geltend gemacht werden können, liegt die Ursache in der Wortkategorie des Partners; flir eine erfolgreiche Klitisierung kommt nur eine Präposition als Partner in Frage. Wenn wir die Formen in (86) betrachten, so stellen wir fest, daß sie ebenso wie die in (85) aufgeführten Klitika nur nach einsilbigen Präpositionen stehen können. Fälle wie *zwischen'n oder *neben'n sind als Schnei Isprechformen zu charakterisieren. Auch hier lassen sich morphologische Kriterien nachweisen, die für den Klitisierungsvorgang verantwortlich sind. In *neben'n Kater und Ebenen sind die Verschmelzung und das Nomen vom /e:/ bis zum Wortende homophon. Daß die Verschmelzungsform weniger akzeptabel ist als das Nomen, kann also nicht mit pho-
131
nologischen Faktoren erklärbar sein, sondern nur mit morphologischen Aspekten. Die Form [ ] ist in der Verschmelzungsform eine phonologische Realisierung des definites Artikels, während sie im Nomen das Pluralaffix ist. Auf diesen morphologischen Unterschied muß das unterschiedliche Akzeptanzverhalten beider Formen zurückgeführt werden. Wir können aufgrund der vorhergehenden Beobachtungen die morphosyntaktischen bzw. phonologischen Bedingungen, die für die Reduzierung der in (85) und (86) aufgeführten Definitartikel relevant sind, in Schema l bzw. Schema 2 (vgl. (89) und (90)) zusammenfassen. Demnach werden die Assoziierungen zwischen den Positionen und den Segmenten bis zur letzten Position des definiten Artikels getilgt, wenn dieser die Merkmale Dativ, Singular, Maskulin oder Neutrum trägt (siehe Schema l ) bzw. die Merkmale Akkusativ, Singular, Maskulin (siehe Schema 2) und die enklitische Position nach einer einsilbigen Präposition einnimmt. Das Genus-Merkmal muß in (89) nicht erwähnt werden; dazu wird in Kap. 4.7 Stellung bezogen. (89) Schema 1:
t· 1 -']
[
DP
[ D"+def" Dat Sg
(90) Schema 2: DP
D'
D
"+def" Akk Sg Mask
Ich wende mich nun der Liste der in (87) aufgeführten Formen zu. Daß die in (89) bzw. (90) aufgeführten Schemata keine Bedingungen für die klitische Form des Artikels der (Dativ, Feminin, Singular) liefert, machen Verschmelzungen mit einsilbigen Präpositionen wie *nach'r deutlich, deren Vorkommen auf einige Regionen Norddeutschlands oder des Ruhrgebiets beschränkt sind. Die Liste der Verschmelzungen macht deutlich, daß die Präposition auf einen Konsonanten enden muß, der koronal ist und außerdem [-strident! sein muß; mit diesem Merkmal werden Fälle wie *[ausp] fUr aus der verhindert. Alle anderen Verschmelzungsformen sind entweder Schnellsprechphänomene oder dialektal bedingt. Der Kontext wird in (91) als Schema 3 formuliert. Die klitischen Gruppen in (87) werden durch die Deassoziierungs-Regel, die in diesem Schema operiert, korrekt abgeleitet. (91) Schema 3
•[t
[
+koronal" [_-strldent
DP
[
D'
D +def Dat
Fern
Wie schon bei den bisher diskutierten klitischen Artikeln läßt sich auch bei [Jf] die Bezugnahme auf die Morphologie nachweisen. Obwohl in (92) die dem Ufl unmittel-
132
bar vorausgehende lautliche Umgebung jeweils identisch ist, unterscheiden sich die gegenübergestellten Einheiten im Akzeptanzverhalten: nur, wenn es sich bei [JH um eine von der syntaktischen Kategorie D dominierten Einheit handelt, ist die Anlehnung an den vorausgehenden Partner in der genannten phonologischen Konstellation nicht erlaubt. Genau in dieser phonologischen Konstellation ist [Jf] dagegen grammatisch, wenn es keine Artikelform repräsentiert.Also muß in der Deassoziierungs-Regel fUr [JH auch die syntaktische Kategorie D aufgeführt werden. (92a) b) c) d)
aus'r aufr neben'r vor'r
*Caus£l *[auf£] *Cne:bn^fl *[fo:Rp]
vs. vs. vs. vs.
außer Läufer [by/K] rosaner [ro:za:n^f] Führer [fy:R^]
Man kann sich an einem anderen Beispiel leicht klarmachen, daß die Wortkategorie des Partners für die Klitisierung relevant ist. Die Phrasen In 'r Schule und *kann'r Karl verdeutlichen dies; denn trotz der beiden gemeinsamen Lautfolge LnK] sind Akzeptanzunterschiede zu verzeichnen. Nach einer auf [nl auslautenden Präposition kann die klitische Einheit stehen, nicht jedoch nach einer anderen Wortkategorie. Letztendlich bleibt von den klitischen Definitartikeln noch La] zu diskutieren. Wenn wir uns die Liste der Vorkommen dieser Form betrachten, so stellen wir fest, daß der Partner immer einsilbig sein muß und auf den koronalen Nasal endet. Alle anderen Verschmelzungen mit [sl sind entweder dialektal bedingt oder Schnellsprechformen. Zweisilbige Präpositionen kommen als Partner nicht in Frage wie die Form *neben'e. Die Verschmelzung *mit'e ist standardsprachlich ebenso ausgeschlossen, wogegen das homophone Nomen Mitte ohne weiteres akzeptabel ist; auch hier wird also deutlich, daß morphologische Faktoren fUr die Generierung der Klitika verantwortlich ist. Dies wird auch bei der Gegenüberstellung anderer, nicht akzeptabler Verschmelzungen und einigen Nomen bzw. Adjektiven klar, wo der Vokal [3] in der gleichen phonologischen Umgebung akzeptabel ist (vgl. (93)): (93a) durch'e *[duKga] vs. b) bei'e *Cbala] vs. c) hinter'e *ChintIiRa] vs.
Furche Weihe tvaia] hintere
Warum die Verschmelzungsformen normativ problematisch sind, ist nicht auf phonologische Faktoren zurlickführbar; denn die Sequenzen sind in einigen Fällen teilweise, in anderen vollkommen gleichlautend. Auch hier muß die Unakzeptabilität also auf die Tatsache zurückgeführt werden, daß La] nicht in den jeweils beschriebenen lautlichen Umgebungen stehen kann, wenn es sich um eine Artikelform handelt, während die anderen homophonen, aber morphologisch distinkten Kategorien in diesen Umgebungen stehen dürfen. Denn nur dann, wenn das Schwa keine Artikelform mit den morphologischen Merkmalen Odef, fern, Sg] ist, ist es nach jedem Konsonanten erlaubt. Die gegenübergestellten Phrasen in'e Schule und *kanne Ulla heute kommen? zeigen widerum die Bedeutung der Wortkategorie des Partners. Der Auslaut der
133
Partner ist identisch. Also können phonologische Kriterien allein keinen Aufschluß Über das unterschiedliche Akzeptanzverhalten geben. Vielmehr muß der Partner eine Präposition sein; nur dann ist eine normativ unproblematische Klitisierung möglich. In Schema 4 wird die Kontextinformation für die Anwendung der DeassoziierungsRegel aufgeführt; die klitische Artikelform [a] wird demnach nach einer einsilbigen Präposition, die auf den koronalen Nasal endet, generiert. (94) Schema 4::
Lr L
[p"
_ r sal ... sal 33 t,· L— 'J J
r
r
]...]]1 Akk.
SB-
fern.
Die Generierung der Klitika und die anschließende Klitisierung wird in (98) anhand der drei Verschmelzungen [ausrp], [ann] und [ina] demonstriert. Dabei operiert die Deassoziierung, wie in Kap. 3 angenommen, auf den zugrundeliegenden Repräsentationen, also auf den Stämmen der zu klitisierenden Einheiten. Auf die Anwendung der Deassoziierungs- Regeln erfolgt auf Ebene 3 die Affigierung von /m/ und /n/. Die reduzierte Form von die besteht aus einer phonetisch leeren Matrix. Die lexikalisch vorkompilierten Formen werden phonologisch instantiiert, und zwar nach den Präpositionen [aus], [an] und [in]. Die Sonoranten werden postlexikalisch vokalisiert; außerdem findet in der phonetisch leeren Matrix die Einfügung des Schwa statt. Beide Vorgänge lösen die Silbifizierung aus, die nach der in dieser Arbeit vorgestellten Annahme auch postlexikalisch zu einem maximalen Silbenschema führen muß. Darauf erfolgt die prosodische Bindung in Form der Adjunktion der Klitika an die jeweiligen Partner; die Kategorie des Partners ist in allen Fällen der Fuß , der neben der Bindung der Klitika auch die Funktion einer Domäne für die zwischen dem Partner und der klitischen Einheit stattfindenden phonologischen Prozesse hat. So erfolgt aufgrund des Prinzips, daß jede Silbe des Deutschen (aber auch anderer Sprachen) auf jeden Fall postlexikalisch (vgl. Teil I, Kap. 3) mit einem Konsonanten anlauten muß, die Resilbifizierung des auslautenden Konsonanten der Präposition an die zur folgenden Silbe gehörenden prävokalischen C-Position. Die Domäne für diese Resilbifizierung ist der Fuß .
134
(95a) aus'm Χ Cd
X
zugrunde liegende Form
X X e]
X
X
Deassoziierungs -Regel; Affigierung des /m/
X
[m]
Phonologische Instantiierung in Schema l
c
cv [
c a
u
c x x x x s
m]
Sonorantenvokalisierung; Silbifizierung; C
C
V
C
C
[a
u
s
C
C
V
C
C
m]
Σ-Adjunktion; Resilbifizierung
C
C
V
C
C
[a
u
s
C
C
V
C m]
C
135
b) an'n X
X
[d
e]
X
X
zugrundeliegende Form
X
X
X Affigierung des /n/
[n]
Phonologische Instantiierung in Schema 2 C
C
V C
C
X
X
X
X
n]
[a
Sonorantenvokalisierung; Silbifizierung; C
C
V
[a
C
C
C
C
V
C
C
nl
Σ-Adjunktion; Resilbifizierung
nl
136
c) in'e
X
X
[d
i]
X
X
X
zugrundeliegende Form
X
Deassoziierungs-Regel; Affigierung der X-Position
X
Phonologische Instantiierung in Schema 4 C X X X X
n]
Schwa- Epenthese; Silbifizierung
-Adjunktion; Resilbifizierung
C
C C
C
V
C
4.3.2 Bemerkungen zu den postlexikalischen Verschmelzungen Einige der Verschmelzungsformen entstehen ausschließlich im postlexikalischen Bereich. Im Modell der Lexikalischen Phonologie zeichnet sich das postlexikalische Phonologiemodul durch seine Nicht-Bezugnahme auf syntaktische oder morphologische Kontexte aus. Außerdem sind postlexikalische Verschmelzungen häufig nur bei schnellem Sprechtempo realisierbare Einheiten. So können die Verschmelzungen [mim] für mit dem, Caurn] flir auf dem und Cna:ml flir nach dem nur als Schnellsprechformen analysiert werden, da sie bei normalem Sprechtempo unakzeptabel sind. Die gesamte Ableitung der reduzierten Formen geschieht also im postlexikalischen Modul der Phonologie. Es handelt sich in
137
der Umgebung nach einer Präposition um die Artikelform [m], die von dem Deassoziierungs-Vorgang generiert wird. Diese postlexikalische Regelanwendung referiert jedoch nicht auf die im Instantiierungsschema bzw. in der Regeldomäne angegebenen morphologisch-phonologischen Informationen; denn mit derselben postlexikalischen Regelanwendung werden auch alle anderen reduzierten Artikel abgeleitet, wobei dies unabhängig von syntaktischen oder morpholgischen Kontexten geschieht; so muß der ebenso nur im Schnellsprechtempo akzeptable reduzierte Artikel Cnl in er hat'n Karl gesehen natürlich ebenso postlexikalisch generiert werden (vgl. Kap. 3). In (96a) wird nur eine vorläufige Form der Deassoziierung aufgeführt, die alle Assoziationen bis zur letzten X-Position tilgt. Natürlich müßten noch weitere postlexikalisch verfügbare phonologische Informationen inkorporiert werden, die gewährleisten, daß die Regel nicht alle Wörter erfaßt. Zur Elaborierung dieser Informationen sehe ich jedoch in dieser Arbeit keine weitere Notwendigkeit, da es sich nicht mehr um einen Klitisierungsvorgang handelt. Die reduzierte Artikelform [ml wird jedenfalls korrekt abgeleitet. Die Verschmelzungen werden dadurch generiert, daß die Sonoranten nach der Deassoziierung nicht vokalisiert werden. Darauf müssen die finalen Konsonanten der Präpositionen ausfallen; Auf diese Weise ist die Voraussetzung für die Resilbifizierung der reduzierten Einheit geschaffen, und wir erhalten die eben erwähnten Formen. Die Ableitung von [mim] soll den Vorgang verdeutlichen (vgl. (96b)). Ausgangspunkt für die Ableitung ist die postlexikalisch vorliegende Form des Artikels [de:mL Auf diese Form wird die Deassoziierungs-Regel (96a) angewendet, deren Resultat die reduzierte Form [m] ist. Sie tritt in ihrem nicht-silbifizierten Zustand an die vorangehende Präposition. Der Ausfall des finalen Konsonanten der Präposition ermöglicht schließlich die Resilbifizierung des reduzierten Artikels.
138
(96a) X / [.
]
[Cl
b)
C C
Cd
V
C
e
X X X
C
Ausgangsform
m] X
X
Deassoziierungs-Regel (96a)
[m]
C
C
V
C
[m
C
C
V
[ m l
C
C
X
t
m]
C
X
t
ml
I
post lex. Deas soziierung des [t]
Resilbifizierung des [ml
C [m
Repräsentation von Emit],, [ml
m]
An dieser Ableitung kann man gut beobachten, wie sich der Sprachwandel von postlexikalisch phonologischen Regeln zu lexikalisierten Regeln vollzieht, der letztendlich darin resultiert, daß die Regel unproduktiv wird und aus der einzelsprachlichen Grammatik verschwindet (vgl. Hayes demn.: 27). Zu diesem Schluß gelangt man aufgrund von mit Wörtern wie im vergleichbaren phonologischen Charakteristiken: die Verschmelzung ist nicht silbig. Eine weitere Übereinstimmung liegt darin, daß nur die auf Cml auslautenden Verschmelzungen mit ihrem Partner phonologisch verschmelzen. Außerdem läßt sich die phonologische Interaktion auf dieselbe Weise charakterisieren wie wir es bei den flektierten Präpositionen getan haben. Der
139
einzige Unterschied besteht darin, daß bei mim und den anderen Formen die Deassoziierung des finalen Konsonanten der Präposition postlexikalisch abläuft, während sie bei im bereits lexikalisiert ist. Man kann aufgrund dieser Gemeinsamkeiten den Schluß ziehen, daß die wortfinalen Konsonantentilgungen bei mit, auf und nach letztendlich lexikalisiert werden, so daß die nicht-silbische Einheit [m] per Analogie als das gleichlautende Suffix reanalysiert wird, so daß flektierte Präpositionen entstehen. Dies hat den Fortfall der Deassozüerungs-Regel im synchronen Bereich zur Folge, da die Affixe nicht aufgrund einer Ableitung entstanden sind, sondern entweder an den Artikel, das Adjektiv oder die Präposition affigieren. Damit finden wir im Deutschen die in Hayes, Kiparsky (1982:56-58) oder Anderson (1985:73-79) beschriebene typische historische Evolution phonologischer Regeln, vom Standpunkt der Lexikalischen Phonologie aus gesehen. Neben den hier erörterten drei Verschmelzungen gibt es natürlich noch mehr postlexikalische Verschmelzungen. Das sind alle Einheiten, deren Vorkommen nicht restringiert zu sein scheint oder aber als postlexikalische Phänomene durch die prosodischen Konstituenten beschränkt werden. Bei hohem Sprechtempo kann die Deassoziierungs-Regel nach jeder beliebigen Präposition operieren; so sind Formen wie dieseits'r oder während'm, die von Schaub (1979) in ihrer Datensammlung aufgeführt werden, durchaus bei schnellem Sprechen realisierbar. Hier liegt ein Forschungsgegenstand vor, der den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, da nur Klitisierungen untersucht werden. Nach meiner Auffassung könnte die Analyse postlexikalischer Phänomene in der deutschen Phonologie sehr aufschlußreich sein, wenn es um die Frage nach der Existenz aller prosodischen Kategorien in der deutschen Sprache geht (vgl. dazu auch Wiese 1988b:18).
3.4.4 Die Indefinitartikel Der indefinite Artikel des Deutschen nimmt die Position vor einer Nominalphrase ein. Ich vertrete mit dieser Annahme die traditionelle Auffassung, wonach der indefinite Artikel als Determinans zu charakterisieren ist (vgl. Flämig 1981:591f.). Die Indices, die die indefiniten Artikel repräsentieren, werden also vor einer NP eingesetzt. Nun stellt sich ,die Frage, ob es einen syntaktischen oder phonologischen Kontext gibt, der die klitische Realisierung des betreffenden Index auslöst bzw. blockiert. Die folgenden Daten in (97) können eine Antwort geben. Bei a-e) ist die Ungrammatikalität der klitischen Formen nicht auf das Fehlen einer folgenden NP mit phonetischer Matrix zurückzuführen, sondern vielmehr auf die fokusmarkierte Position, in die die phonologische Form des klitischen indefiniten Artikels nicht instantiiert werden kann. In f) und g) liegen dagegen fokusmarkierte Präpositionen vor, und aus diesem Grund spricht nichts gegen eine mögliche Klitisierung der indefiniten Artikel in diesen Fällen. Als unmöglicher Erklärungsversuch gilt hingegen, die erfolgreiche phonologische Einsetzung von einer folgenden NP mit phonetischer Matrix abhängig zu machen. Sie kann nämlich nur a-e) erklären, nicht aber die Daten in f) und g), wo trotz einer leeren NP Klitisierung möglich ist.
140 (97a) Ich hab1 heute {EINEN / *[ ]} gesehen. b) Mit diesem Namen kenne ich {EINE/ *[
]>.
c) Otto ist gestern {EINER/ *[n^]> begegnet. d) e) f) g)
Ich bin gestern mit {EINER/ *[n^]} gegangen Der Blick geht durch {EINEN/ *[ ]} hindurch Das Buch liegt nicht AUF {einer/ CnK]}, sondern UNTER {einer/ [n?]} Decke. UNTER {einem/ [ ]} oder ÜBER {einem/ [nm]} Tisch?
Offensichtlich ist die klitische Form des Indefinitartikels immer dann grammatisch, solange die in der Deassozüerungs-Regel flir den Indefinitartikel aufgeführte morphologische Information vorliegt. Daß die klitischen Formen nicht in fokusmarkierte Positionen eingesetzt werden dürfen, wird durch die Bedingung (72) verhindert. Da keine weitergehenden Annahmen flir die Kontextsensitivität der indefiniten Artikel erforderlich sind, können wir die schon in 3.4 aufgestellten Schemata beibehalten. (98a) Schema 5:
[
[ 1,
b) Schema 6:
[
[
DP
DP
D
D'
C c) Schema 7:
[
DP
[ [ 1 D
[
]...]]
[
]...]]
[ _
]...]]
D -def .T l_Nom J
D -def.H Dat J
D -def. LAkk J
Wie schon bei den klitischen Definitartikeln muß auch die Wortkategorie des Indefinitartikels erwähnt werden. Daflir gibt es gute Gründe; so kann nur die klitische Form des Indefinitartikels am Anfang einer Äußerung stehen, während die homophone Form des Akkusativpronomens in dieser Position ausgeschlossen ist. Ein Beispiel ist in (99) zitiert: (99) {ein/ Cn]} Auto
vs.
{ihn/ *Cn]} aufgeben will ich nicht.
Erklärbar ist dieser Unterschied nicht mit der phonologischen Umgebung, die bis einschließlich des Diphthongs [au] gleichlautend ist. Die unterschiedliche Akzeptanz kann nur darauf zurückgeführt werden, daß es sich im ersten Fall um eine Form des indefiniten Artikels handelt, im zweiten aber um eine Pronominalform. Die klitischen Indefinitartikel sind immer dort grammatisch, wo auch die vollen Formen stehen dürfen, während für die Pronominalklitika der vorangehende Kontext ausschlaggebend ist (vgl. Kap. 4.5). Nach dieser Diskussion um die Installierung der klitischen Indefinitartikel muß noch auf die phonologischen Eigenschaften dieser Einheiten eingegangen werden. Die Klitika mUssen zwar vor einer NP stehen, aber sie interagieren phonologisch nur mit der vorangehenden Einheit.
141
Es wurde schon von Klavans (1985, vgl. Teil II, Kap. 5) darauf hingewiesen, daß der syntaktische Partner nicht mit dem phonologischen Partner identisch sein muß. Wenn es klitische Einheiten im Deutschen gibt, die vor einem syntaktischen Kontext y stehen müssen, dann interagieren sie nicht mit diesem Partner, sondern nur mit der vorangehenden Einheit x, die damit der phonologische Partner ist. Kiavans zufolge sind Enklitisierungen bzw. Proklitisierungen rein phonologische Termini, so daß die klitische Einheit in einer wie in (103) gegebenen Konstellation enklitisch wäre; die Klitisierungen sind aufgrund der in Teil I, Kap. 4 gemachten Beobachtungen dem postlexikalischem Bereich der Phonologie zuzuordnen.
(100)
cl
y
K^
Enklltislerung
syntaktischer Partner
Entsprechend finden wir phonologische Prozesse wie Resilbifizierung (vgl. (lOla)) und Assimilation (vgl. (lOlb)) nur bei Enklitisierungen des indefiniten klitischen Artikels: (101 a) er hat ein [hatnl Bonbon b) er mag ein tma:.kf]] Bonbon Sollte sich links von der klitischen Einheit kein phonologischer Partner befinden, sind phonologische Interaktionen wie Resilbifizierung mit dem syntaktischen Partner bei normalem Sprechtempo ausgeschlossen (vgl. (102)): (102 a) ein Auto b) einen Hasen
->· -»
Un.auto:] / *[nauto:]> 1 * {[n.ha:zn]}/ [na:znl>
Warum der auf die klitischen Einheiten folgende syntaktische Partner nie zugleich auch der phonologische sein kann, wurde schon in Teil II, Kap. 4 erörtert; demnach sind FUße so konzipiert, daß sie aus einer stärkeren und einer oder mehreren folgenden schwächeren Silben bestehen. Es sieht so aus, als ob der Fuß die Domäne für die phonologische Interaktion bei Enklitisierungen ist, denn nur hier liegen SWKonstellationen vor. FUr Proklitisierungen sind derartige phonologische Prozesse ausgeschlossen, da ihre Struktur WS ist. Diese Sequenz bildet per definitionem keinen Fuß, so daß durch das Fehlen unmittelbarer prosodischer Adjazenz der beteiligten Elemente auf der Fußebene phonologische Prozesse ausgeschlossen sind. Dies hat natürlich auch Konsequenzen für den Aufbau des metrischen Fußes : die klitische Silbe bildet mit der unmittelbar vorangehenden stärker akzentuierten Silbe einen Fuß, der als Domäne für die phonologische Interaktionen fungiert; dies haben wir schon bei den Resilbifizierungen in (95) gesehen. Dagegen kann die klitische Form keinen Fuß mit der folgenden Einheit bilden, so daß die phonologische Interaktion, im folgenden in Anlehnung an Klavans (1985) als Liaison bezeichnet, zwischen den entsprechenden Einheiten unterbleibt; denn die klitische Einheit gehört nicht zur Domäne für die Resilbifizierung; offensichtlich sind Resilbifizierungen oder andere phonologische Prozesse innerhalb der klitischen Gruppe nur dann möglich, wenn der Part-
142 ner und die klitische Einheit vom Fuß dominiert werden; die vorangegangenen Beobachtungen haben es gezeigt; weitere Untersuchungen zur Assimilation (vgl. Kap. 4.5.1.1) werden dies bestätigen. Die entsprechenden Schemata ftir die Enklitika und fUr die proklitischen Einheiten in (103) sollen das Erörterte noch einmal verdeutlichen, wobei die Variable *y' flir eine klitische Einheit steht: (103a)
b)
A
*Liaison ~
Liaison
3.4.5 3.4.5.1
Die Pronomen Die Nominativ-Klitika [da], [za] und
Zur Bestimmung des Kontextes, in dem die klitischen Pronomen vorkommen dlirfen, wird zunächst auf die folgenden Beispiele verwiesen, in denen das Klitisierungsverbot offensichtlich auf die satzinitiale Position zurückzuführen ist (vgl. (104)): (104a) {du/*[da]} kannst heute nicht kommen. {sie/*iza]} kann heute nicht kommen. {wir/*[vji]} können heute nicht kommen. b) kannst (du/ [da]} heute kommen? kann {sie/ [za]} heute kommen? ob {wir/ [vJH} heute kommen können? Daß wir die Erklärung für die Ungrammatikalität in a) revidieren müssen, zeigen die Vorkommen der Klitika in (105), wo sie nicht an der ersten Stelle des Satzes stehen und dennoch normativ ausgeschlossen sind:
(105)
denn oder jedoch und
{du/ [da]} hast zu viel zu tun. {sie//* Cza]} haben viel zu tun. {wir/ Cvji]} haben zu viel zu tun.
Die den Sätzen in (104) und (105) zugrundeliegenden syntaktischen Strukturen bringen uns der Lösung näher. So stehen die Klitika in den unakzeptablen Fällen immer am linken Rand der kleinstmöglichen CP, in den grammatischen Fällen jedoch innerhalb der größten bzw. einzigen CP; dies wird in (106) verdeutlicht: (106a) b)
*tcp ^9 kannst heute nicht kommen] [ kannst da heute kommen] CP
c) d)
*f r p denn [
da hast heute viel zu tun] ]
[cp hast da heute viel zu tun ]
143 In a) und c) kann der klitischen Einheit [da] innerhalb der kleinstmöglichen CP kein Partner vorangehen. Daß die Klitika in dieser Position ausgeschlossen sind, kann eigentlich nur auf das Fehlen eines Partners zurückgeführt werden. Daß [da] diesen Partner nicht findet, liegt daran, daß über die linke CP-Grenze hinaus kein Partner zur Verfügung stehen kann. Aber dies muß konkretisiert werden, denn innerhalb der größtmöglichen CP wäre in c) die syntaktische Adjazenz der klitischen Einheit und des Partners denn gewährleistet und somit auch die Grammatikalität von [da]. Es muß sich also um die kleinstmögliche CP handeln, innerhalb derer der Position, in der die klitische Einheit generiert werden soll, ein Partner vorangehen muß. Die klitische Einheit [da] kann also nur nach einem Partner innerhalb der kleinstmöglichen CP phonologisch realisiert werden. Die CP hat damit die Funktion einer Domäne für Klitisierung, und gleichzeitig dient sie als Barriere fUr Klitisierung in den Fällen, wo syntaktische Adjazenz nicht gewährleistet ist. Diese Analyse gilt gleichermaßen für die Klitika [za] und [v£L Daß die syntaktische Adjazenz der klitischen Pronomen und des Partners innerhalb der kleinsten CP gewährleistet sein muß, finden wir auch in solchen Konstruktionen bestätigt, wo ein parenthetischer Einschub vor dem Pronomen steht. Hier befindet sich die Pronominalform nicht innerhalb der kleinsten CP, so daß sie aufgrund der fehlenden syntaktischen Adjazenz nicht als klitische Einheit phonologisch realisiert werden kann. Die Beispiele in (107) verdeutlichen dies: (107a) b)
( c p Ich weiß nicht, wohin [cp um es noch einmal zu sagen] {du/*[da]> deine Sachen bringen sollst] i c p Ich weiß nicht, wohin i cp um es noch einmal zu sagen] {wir/*[v£]} jetzt gehen sollen!
Die klitischen Pronominalformen sind also nur grammatisch, wenn ihnen innerhalb der kleinsten CP ein syntaktischer Partner vorausgeht. Insofern scheint es gerechtfertigt zu sein, die Einsetzung der Klitika von einem syntaktischen Kontext abhängig zu machen; dieser syntaktische Partner ist zugleich auch der phonologische; denn mit dem vorangehenden Partner interagieren die Klitika auch phonologisch, wie wir weiter unten noch sehen werden. Das Instantiierungsschema für die drei Pronominalklitika kann nach den vorangegangenen Betrachtungen vorläufig wie in (108) formuliert werden, wonach der klitischen Einheit ein Partner von der - noch näher zu spezifizierenden - syntaktischen Kategorie X innerhalb einer CP vorangehen muß; zwischen dem Partner und der klitischen Einheit darf also keine CPGrenze verlaufen. (108)
SchemaS:
(vorläufige Version)
[
... X
]
cp
Damit sind die Fälle in (105) erfaßt, denn aufgrund der Formulierung des Schemas muß der klitischen Einheit in jeder CP, also auch innerhalb der kleinstmöglichen, ein Partner vorangehen. Dies ist jedoch in (105) nicht gegeben. Die in (108) ausgedrückte Bedingung, derzufolge die klitische Gruppe innerhalb einer CP vorkommen muß, ist in (107) nur dann erfüllt, wenn es sich um die größte CP handelt; hier wä-
144
re nämlich aufgrund der unmittelbaren Adjazenz von sagen und [da] bzw. [ ^ syntaktische Adjazenz gewährleistet. Die kleinste CP beinhaltet die klitische Einheit jedoch nicht, so daß hier aufgrund der fehlenden syntaktischen Adjazenz auch keine Klitisierung stattfinden kann. Der Kontext ist allerdings noch nicht vollständig spezifiziert, denn für die Einsetzung der Klitika gibt es noch weitere Einschränkungen. Die Kategorie X kann nämlich nicht beliebiger syntaktischer Natur sein (vgl. (109)): (109a) Ich weiß nicht, welches Haus {du/?r\ida]} kaufen sollst. Ich weiß nicht, welches Haus {sie/r[za]} kaufen soll. Ich weiß nicht, welches Haus {wir/^iv^]} kaufen sollen. b) Welche Frau {du/7 [da]} besuchst, ... Welche Frau {sie/7[za]} besucht, ... Welche Frau {wir/?[vK]} besuchen, ... c) welchen Computer {du/7O [da]} kaufen willst, ... welchen Computer {sie/ [za]} kaufen will, ... welchen Computer {wir/?[v^]> kaufen wollen, ... d) welchen Mann der Sovietunion {du/7 [da]} meinst, ... welchen Mann der Sovietunion {sie/?[za]} meint, ... welchen Mann der Sovietunion {wir/ [vK]} meinen, ... e) den {du/ [da]} gekauft hast. den {sie/ [za]} gekauft hat. den {wir/ iv^]} gekauft haben. f) kennst {du/ [da]} den? kennt {sie/ [za]} den? kenn* {wir/ [v£]} den? g) bist {du/ [da]} gekommen? ist {sie/ [za]} gekommen? sind {wir/ [vK]} hier nicht willkommen? h) wie {du/ [da]} das geschafft hast, ... wie {sie/ [za]} das geschafft hat, ... wie {wir/ iv£]} das geschafft haben, ... rt
Q
Warum unter (109f) nur die Form Cksn] vor [vK] möglich ist, wird weiter unten erörtert. Wie die Beispiele in (109a-d) verdeutlichen, können die Pronominalklitika nicht nach Nomina generiert werden. Nach den in (109e-g) aufgeführten Partnern dlirfen sie jedoch vorkommen. Die Einsetzung scheint damit nach einem Nomen zumindest nicht präferiert zu sein, wenn sie nicht sogar für einige Sprecher durch diesen syntaktischen Kontext blockiert ist. Kaisse (1985:55) führt die Ungrammatikalität von englischen Modalverben auf denselben Kontext zurück: sie sind nach Nomen ungrammatisch, während sie nach Pronomen erlaubt sind (vgl. (110)):
145
(llOa) They {have/'ve} gone. b) Who {will/'ll} be upset.
c) You {will/'ll} be upset. d) Lou {will/*'ll} be upset. e) The ewe {will/*'ll} be upset. f) The sioux {have/ 've> gone. Kaisse stellt aufgrund dieser Daten eine Proform-Bedingung auf, derzufolge Auxiliare nur an eine von ihnen c-kommandierte Proform klitisieren dlirfen. Es handelt sich also um ein häufiges Phänomen, daß Klitika nach Nomen ungrammatisch oder zumindest nicht präferiert sind. Dies sollte uns jedoch nicht dazu veranlassen, ein negatives Instantiierungsschema zu erstellen, das die Generierung bzw. Einsetzung der genannten Klitika nach einem Nomen blockiert; es wäre nämlich widersprüchlich, einen Ableitungsvorgang aufzustellen, der nicht angewandt werden darf. Man kann rein formal gesehen nicht die Reduktion der Pronomen annehmen und sie gleichzeitig nach Nomen verhindern. Nach Chomsky/Halle (1968:172f.) soll die Nicht-Anwendbarkeit einer Regel in der Merkmalskonfiguration der betreffenden Einheiten kodiert werden; demnach sollen diese Einheiten flir ein Merkmal [V, aN] v D v
V
v ADV
CAUX]
Wir wollen zunächst das Klitisierungsverbot in der unmittelbaren Umgebung nach Nomen, die zu den lexikalischen Kategorien gezählt werden (vgl. u.a. Nespor/Vogel 1986:168f.), näher untersuchen. Es gibt nämlich in diesem Zusammenhang bestimmte phonologische Verhaltensweisen in der Interaktion von nicht-lexikalischen mit lexikalischen Einheiten zu beobachten. Rotenberg (1978, zitiert nach Kaisse 1985:54) bemerkt, daß Liaison im Französischen immer zwischen nicht-lexikalischen Einheiten stattfindet, auch wenn andere syntaktische Faktoren diesen Vorgang eigentlich verbieten sollten. So interagieren ces und assez in (114 a) phonologisch miteinander, obwohl assez nicht die Konstituente beendet, die ces beinhaltet, was eine Bedingung flir das Unterbleiben der Interaktion wäre, wenn es sich um lexikalische Einheiten handeln wlirde (vgl. (114b)): [ces [[[assez] [gros]]A« Liaison
b)
[tres [[intelligent] [et [modeste]] , ] A „ # ·*Liaison
A
A
Wenn wir die Beobachtung generalisieren, daß zwischen nicht-lexikalischen Kategorien in verstärktem Maße phonologische Interaktionen stattfinden, kann dies die
147
Konsequenz daraus sein, warum Pronomen als Partner präferierter sind als lexikalische Nomen oder sogar wie in den englischen Beispielen als einziger Partner in Frage kommen. Als unmittelbare Folge aus dem phonologischen Instantiierungsschema kann es also keine phonologischen Interaktionen zwischen lexikalischen Nomen und Klitika geben. Bei den englischen Beispielen wlirde diese Interaktion unterhalb der ö-Ebene ablaufen. Die klitische Einheit wird dann im Beispiel they've an den Partner resilbifiziert (vgl. [Sel.v] -» [ ]). Die Einheiten [da], [za] und [vK] werden dagegen erst auf der Fuß-Ebene restrukturiert. Demonstriert wird dies in (115) anhand der klitischen Gruppe Haus de [haus.daL '
(115)
c
c
v
c
c
c
c
v
c
Dieses unterschiedliche phonologische Verhalten macht deutlich, warum das klitische [dal nach lexikalischen Nomen weniger ungrammatisch zu sein scheint als die englischen Auxiliare: eine "starke" phonologische Interaktion kann nur bei letzteren festgestellt werden, während [dal mit seinem Partner "schwach" phonologisch interagiert, d.h. oberhalb der Silbe. Sollte es also zu einer phonologischen Interaktion auf der Silben-Ebene kommen, so werden die englischen Auxiliarklitisierungen bzw. Klitisierungen generell, wie wir bei der Diskussion um die Übrigen deutschen Pronominalklitika noch sehen werden, als ungrammatisch empfunden. Ist die Interaktion dagegen oberhalb der Silbe zu lokalisieren, wird die Klitisierung in der Regel nur als nicht-präferierter Vorgang empfunden, der zumindest mit einem Fragezeichen zu versehen ist. Natürlich können auch Klitisierungen mit einem lexikalischen Nomen und folgendem [da] als ungrammatisch eingestuft werden, wenn nämlich beide Elemente unterhalb der Fuß-Ebene phonologisch interagieren. Solche Fälle liegen in (116) vor. (116a) b) c)
welchen {Hund du/ *[hunta]} kaufen sollst welches {Haus sie/ *[hausa]> kaufen soll welches {Schiff wir/ * [Jlf£]} gesehen haben
Nach dem Prinzip der Obligatorischen Kontur muß eines von zwei homorganischen Segmenten ausfallen; so fällt in (116a) das id] aus (vgl. [hunt.da] ->· *[hun.ta]). Dieser Vorgang betrifft die Segment-Schicht und wlirde zu einem Verbot der phonologischen Interaktion zwischen der lexikalischen und der nicht-lexikalischen Einheit fuhren, was wir auch bei den englischen Auxiliarklitisierungen beobachtet haben. Bei ausbleibender Interaktion sind die Beispiele dagegen nicht schlechter als die in (112a-d), was bedeuten wlirde, daß das [t] nicht ausfällt. In diesem Fall wllrde (116a) als 7[hunt.da] realisiert.
148
Wir können also konstatieren: die Pronominalklitisierung ist ein ungrammatischer Vorgang, wenn die phonologische Interaktion zwischen einem lexikalischen Nomen und einer klitischen Einheit stark ist, d.h. unterhalb der Fuß-Ebene abläuft. Bei schwacher Interaktion wird Klitisierung zumindest als hochgradig substandardisiert empfunden und nicht unbedingt als unmöglicher Prozeß eingestuft. Hierbei handelt es sich sicherlich nicht um ein lexikalisches Phänomen, da ausschließlich phonologische Aspekte relevant sind. Aus diesem Grund bleibt das Instantiierungs-Schema in (113) von dieser Beobachtung unbeinflußt. Daß der syntaktische Partner nicht beliebiger Natur sein kann, wurde schon festgestellt. Wenn wir folgende Beispiele betrachten, finden wir noch weitere Beschränkungen, die phonologischer Natur sind (vgl. (117)): (117a) während {du/*[da]} kommst, ... während {sie/*[za]} kommen, ... während {wir/*[vjf]} kommen, ... b) wohingegen {du/*[dal} ... wohingegen {sie/*[zal} ... wohingegen {wir/*[v^]> ... c) derzufolge idu/*[da]} ... derzufolge {sie/ izal} ... derzufolge {wir/*[v£]} ... d) wohin {du/ [da]} gehst, ... wohin {sie/ Lza]} geht, ... wohin {wir/ Cvji]} gehen, ... e) wodurch {du/ [da]} ... wodurch {sie/ [zal} ... wodurch {wir/ [v^]} ... f) weil {du/ [da]} ... weil {sie/ [za]} ... weil {wir]/[v?]} ... Die Beispiele zeigen, daß die Ungrammatikalität der Klitika in a-c) nicht auf die vorangehende syntaktische Kategorie zurückzuführen ist; denn in allen Fällen haben wir es mit Konjunktionen zu tun, die sich allerdings in ihrem phonologischen Aufbau unterscheiden. Die Partner enden nicht auf eine den Wortakzent tragende Silbe, während dies in e-g) der Fall ist. Wackernagel (1892) machte schon die Beobachtung, daß den Satzzweitklitika eine akzentuierte Einheit vorangehen muß. Die einfachen Klitika des Deutschen verhalten sich ähnlich, wie die Untersuchungen zu den Verschmelzungen gezeigt haben, wo der Partner der lexikalisch reduzierten Artikel immer einsilbig ist. Die Partner flir die Pronominalklitika bzw. das klitische Auxiliar (vgl. Kap. 4.6) müssen ebenso diese phonologische Eigenschaft aufweisen. Wir können nach diesen Ausführungen den phonologischen Kontext fUr die Einsetzung der Klitika spezifizieren; demnach muß der Partner X auf eine Silbe enden, die vom Fuß oder einer höheren Konstituente dominiert wird. Damit sind neben den Funktionswör-
149
tern auch alle Nicht-Funktionswörter und die fokussierten Einheiten als mögliche Partner erfaßt. Formal wird dies wie schon in Kap. l mit der Variable P ausgedruckt. Daß diese phonologische Bedingung dem Lexikon zuzuordnen ist, rechtfertigt die Bezugnahme auf Wortkategorien. Einer den klitischen Formen phonologisch vergleichbare Silbe muß nicht unmittelbar eine wortakzentuierte Silbe vorausgehen; so kann die Silbe [da] ohne weiteres nach einer Schwa-Silbe stehen wie in redende [Re:dandaL Dies zeigt, daß das oben beschriebene Akzentverhalten nicht ausschließlich phonologisch bedingt ist, sondern vielmehr nur auf Klitika beschränkt ist. Sie unterscheiden sich von den nicht-klitischen unakzentuierten Silben darin, daß sie ein morphologisch ungebundenes Wort konstituieren, das phonologisch nur in der erwähnten akzentuierten Umgebung generiert bzw. instantiiert werden darf. Eine weitere Beschränkung für klitische Einheiten wurde schon in Kap. l gezeigt; die klitischen Pronomen sind demnach in fokusmarkierten Positionen ausgeschlossen. Daß die Deassoziierungs-Regel nicht auf die Artikel referieren kann, die ja auch von einer DP dominiert werden, wird durch die Intransitivität der Struktur gewährleistet. Die DP besteht aus nur einer Kategorie, so daß es sich nur um Pronomen handeln kann. Daß nur die drei Pronomen du, sie und wir betroffen sind, wird durch das Merkmal [Nom.] ausgedruckt bzw. dadurch, daß der Wortanlaut mit einem Konsonanten beginnen muß. Auf diese Weise sind alle anderen Pronomen, die weder im Nominativ stehen noch mit einem Konsonanten beginnen, von dieser Regelanwendung zunächst einmal ausgeschlossen. So ergibt sich das folgende Einsetzungsschema in (118). In diesem Schema wird auch die schon in Abschnitt 3.5 erwähnte Bedingung aufgeführt, daß die auf uns] endenden Nominativ-Pronomina nicht klitisierbar sind. (118) Schema 8:
[ ... [ ...ö] CP X : p
Bed.:
[ [ [ DP D' D
]]]...]
CNom.3
= [+V, ocND v D v
v
v ADV
CAUXD
Pi keine Anwendung auf wortfinales ins]
3.4.5.1.1
Assimilations-Phänomene
Nachdem im vorangehenden Kapitel Über die eingeschränkte phonologische Interaktion der Pronominalklitika mit lexikalischen Nomina berichtet worden ist, sollte die Diskussion Über diese klitischen Formen nicht beendet werden, ohne auf die phonologischen Interaktionen mit den möglichen syntaktischen Partnern eingegangen zu sein. Zur Diskussion stehen Assimilationen, bei denen die in Teil I, Kap. 3 eingeführte Shared Feature Convention die notwendige Bedingung für den Erfolg der Assimilation liefert. Zunächst werden die klitischen Gruppen mit [da] und [za] erörtert.
150
Der im folgenden erwähnte phonologische Vorgang betrifft die Assimilation des Cd] an vorangehende Konsonanten (vgl. (119)): (119a) b) c) d) e)
has du wenn du wenig du warum du obwohl du
-» -» ·* ·* -*·
[hasa] [vena] [ve:.ni.ga] [ve:.nig.da] / [va:.Rum.daL· *[va:.Ruma] iop.vo:l.da] / *[op.vo:.la]
Daß die Assimilation nicht grundsätzlich in Kraft tritt, zeigen (119c,d,e). Die Ausgangskonstellationen für die akzeptablen Fälle weisen immer einen koronalen Laut auf; in c) und d) sind es dagegen nicht-koronale Laute, wodurch die Assimilation verhindert zu werden scheint. Die unmittelbar aneinander grenzenden C-Positionen müssen sich also das Merkmal Okoronal] teilen, damit sich das Merkmal [-»-dauernd], das neben [-lateral] die Segmente [n] und [s] spezifiziert, auf die folgende C-Position ausdehnen kann (vgl. (120)). (120)
[+koronal]
+dauernd~| -dauernd l -lateral J ^obstruent L-strident J Das Pronomen ivjf] kann an den vorangehenden Konsonanten ebenso assimilieren, wie die Daten in (121) zeigen: (121a) haben wir b) können wir c) sind wir d) singen wir
[ham.v^] [koem.vjf] [sim.vjf] [ .^
·*· ·* H» ->
IhamJfl
Die relevanten C-Positionen müssen sich offensichtlich das Merkmal O labial] teilen, damit der nicht- Nasal [v] an den vorausgehenden Nasal [m] assimilieren kann; da in d) das Merkmal [-»-labial] nur mit einer Position assoziiert ist, findet auch keine Assimilation statt. Die Regel wird in (122) veranschaulicht:
(122) C
[•«•nasal] -nasal L+stimmhaftJ
151
3.4.5.2 Die [£]- Klitika Die Vorkommen der Klitika in den in (123) zitierten Beispielen machen deutlich, daß sie in gleicherweise kontextsensitiv sind wie Cda], Cza] und Cv^]. Sie müssen immer nach einer syntaktischen Kategorie X innerhalb der kleinstmöglichen CP instantiiert werden: (123a) {er/*[p]> kann sie nicht sehen. {ihr/ *[£]} könnt sie nicht sehen. b)
denn oder jedoch und
{er/ [£]} kann sie nicht sehen. {ihr/*[p]} kann sie nicht sehen.
c) Ich weiß nicht ob - um es noch einmal zu sagen - {er/*[^]> sie sehen kann. Ich weiß nicht ob - um es noch einmal zu sagen - {ihr/*[K]> sie sehen könnt. d) kann {er/ [£]} sie nicht sehen? könnt {ihr/ []} sie nicht sehen? Wie die Daten in (124) verdeutlichen, sind die hier zu erörternden Pronominalklitika nach einem Nomen ausgeschlossen; der Akzeptanzunterschied der im vorhergehenden Kapitel erörterten Klitika zu den [ -Klitika ist graduell und nicht sehr groß. Da außerdem nur phonologische Gründe für diese unterschiedliche Bewertung eine Rolle spielen, was flir eine postlexikalische Analyse spricht, schlage ich vor, auch die [JD-Klitika mit dem Instantiierungsschema 8 zu erfassen. (124a) Welchen Hund {er/*[^]> kaufen soll Welchen Hund {ihr/*C^]> kaufen sollt b) Welche Frau {er/*[^]> liebt Welche Frau {ihr/*Uf!} liebt c) In welchem Meer {er/tjf]} war In welchem Meer {ihr/*[^]> ward Die Ursachen fllr die unterschiedliche Grammatikalitätseinstufung wurde schon anhand des Vergleichs zwischen den englischen Auxiliaren und den im letzten Kapitel erörterten Klitika diskutiert. Die klitischen Formen zu er und ihr weisen mit den englischen Klitika insofern Gemeinsamkeiten auf, weil sie alle mit ihren Partnern unterhalb der Fuß-Ebene phonologisch interagieren. Eine derartige Interaktion zwischen Nomen und Klitika wlirde zu ungrammatischen Resultaten fuhren. Der phonologische Instantiierungskontext verhindert die Ungrammatikalität dadurch, daß die Klitika erst gar nicht in den entsprechenden Kontext eingesetzt werden können. Besonders deutlich wird das Verbot einer phonologischen Interaktion zwischen Partner und [^] in (124c), wo die klitische Einheit an den folgenden Silbenansatz nicht resilbifiziert werden kann, was in war er [va:RJf] ohne weiteres möglich ist, da es sich hier bei beiden Formen um nicht- lexikalische Einträge handelt. Diese in
152
(125) illustrierten Vorgänge verdeutlichen, daß man fUr das Unterbleiben bzw. Stattfinden der lexikalischen Reduktion keine phonologischen Ursachen heranziehen kann; phonologisch verhalten sich nämlich beide Fälle insofern gleich, da der Auslaut des Partners identisch ist. Vielmehr ist die erfolgreiche Klitisierung von der syntaktischen Kategorie des Partners abhängig; nur wenn es sich um ein Nomen handelt, ist die Klitisierung des Hfl ausgeschlossen. (125a)
C C V C C C C V C C
.[m ev R\^ v
b)
Daß die syntaktische Kategorie des Partners fUr die Klitisierung relevant ist, bedeutet nicht zugleich die Irrelevanz des phonologischen Aufbaus des Partners. Als phonologische Bedingung flir Klitisierung gilt bei Betrachtung der Daten in (126) scheinbar, daß der Partner auf eine akzentuierte Silbe enden muß; die tika verhalten sich somit in dieser Beziehung wie [da], Cza], und (126) f wohingegen] {er . während l zündet J «r' Die Instantiierungs-Schemata flir diese beiden Pronomen unterscheiden sich also in keiner Weise von dem bisher flir die Nominativ-Pronomina aufgestellten Schema 8. Dieses Instantiierungs-Schema gilt daher flir alle klitischen Nominativ-Pronomina. 3.4.5.3 Die Akkusativ-Klitika [za] und [n] Der syntaktische Kontext läßt sich mit dem der Übrigen Pronominalklitika vergleichen. So sind beide Klitika in initialer Position der kleinstmöglichen CP ungrammatisch (vgl. (127)): (127a){sie/*[za]} soll der Teufel holen {ihn/*Cnl} soll der Teufel holen b)
denn oder jedoch , und
{sie/ [za]} soll der Teufel holen {ihn/*[nl} soll der Teufel holen
c) Ich kann - um es noch einmal zu sagen - (sie/ *r[za]} nicht mehr sehen Ich kann - um es noch einmal zu sagen - {ihn/*[nl} nicht mehr sehen
153
d) Soll ] der Teufel holen Soll [n] der Teufel holen Ich will [zs] nicht mehr sehen Ich will Cnl nicht mehr sehen Weitere Vorkommensbeschränkungen machen die Fälle in (128) deutlich, wo klitische Pronomen in infinitivischen Nebensätzen problematisch (vgl. (128a)) oder ungrammatisch sind (vgl. (128b)): (128a) ich freue mich {sie/?[za] } zu sehen b) ich freue mich {ihn/*Ln]} zu sehen Die diesen Nebensätzen zugrundeliegende syntaktische Struktur macht deutlich, daß wir die flir die klitischen Pronomen in infinitivischen Nebensätzen geltende Beschränkung ohne weiteres so formulieren können, daß der klitischen Einheit innerhalb der kleinstmöglichen CP eine syntaktische Kategorie X mit phonetischem Material vorausgehen muß, was jedoch in (129) nicht gegeben ist, da in der Government-Binding-Theorie (vgl. u.a. Stechow/Sternefeld 1988:379) ein phonetisch leeres PRO unmittelbar vorausgeht (vgl. (129)). (129a) Ich freue mich [ cp [c -Tempus] PRO [j. {sie/?[zal> zu sehen] ] b) Ich freue mich[ cp E C -Tempus] PRO [ . {ihn/*[n]J zu sehen] ] Falls der syntaktische Partner ein Nomen ist, so verhält sich [za] wie die schon erörterten Klitika mit silbenanlautendem Konsonanten in 4.5.1 bzw. [ ] wie die Pronominalklitika in 4.5.2, denen ein solcher Konsonant fehlt (vgl. (130)): (130a) Hat das Mädchen {sie/7[zaJ} gesehen b) Hat Gertrud iihn/*[n]} gesehen Die Vorkommen der Akkusativklitika unterliegen jedoch noch weiteren Einschränkungen; sie können nicht nach einer Präposition eingesetzt werden bzw. nie nach Adjektiven oder Adverbien (vgl. (131)); somit sind nur die Verben, die Artikel und die Pronomen mögliche Partner: (131a) Ich habe mich in {sie/*Cza]} verliebt b) Das kommt ganz auf {ihn/*[n]> an c) Sieh' mal, wie schön {sie/?[za] der Friseur hergerichtet hat d) Sieh' mal, wie häßlich {ihn/*[n]} der Friseur hergerichtet hat e) Wie schnell {sie/ üzal} der Friseur hergerichtet hat f) Wie schnell {ihn/*[n]} der Friseur hergerichtet hat Die phonologischen Bedingungen flir die Instantiierung sind dieselben wie bei den anderen Pronominalklitika: die finale Silbe muß akzentuiert sein (vgl. (132)):
154
(132 a) b)
Ihr möchtet {ihn/*[n]} anrufen Ihr könntet {sie/*[za]> anrufen
Aufgrund dieser Beobachtungen gilt flir [za] und [n] fast der flir die anderen klitischen Pronomen aufgestellte Kontext. Der Unterschied zu den Nominativ-Pronomen besteht jedoch darin, daß die Klitika nie nach Nomen, Adjektiven, Präpositionen oder Adverbien vorkommen können. Das Instantiierungs-Schema flir die pronominale klitische Einheit im Akkusativ entspricht somit dem in (133) angegebenen; die auf [ ] bzw. [ns] endenden Pronomen sind von der Anwendung der Deassoziierung ausgeschlossen, was schon in Abschnitt 3.5 erörtert wurde. (133) Schema 9
[ ... E . . . ö l CP X :
DP
D1
D
CAkk.D
Bed.: X = [+V, -N] v D P keine Anwendung bei wortfinalem [ ] bzw. Cns] 3.4.5.4
Die [s]-Klitika
Zum Abschluß der Diskussion um die klitischen Pronomen wende ich mich den reduzierten Varianten von es, nämlich Es] flir den Nominativ und [s] für den Akkusativ, zu. Beide Formen zeichnen sich durch eine für die anderen Klitika des Deutschen nicht beobachtbare syntaktische Distribution aus, die die vollen Formen nicht aufweisen. Insofern sind sie mit den in Teil II, Kap. 3.2 diskutierten special clitics vergleichbar. Diese werden allerdings als Affixe charakterisiert, eine flir [s] auszuschließende Interpretation. Sie weisen nämlich alle Eigenschaften einfacher Klitika auf, was bereits in 3.5 nachgewiesen wurde. Die syntaktischen Kontexte fUr die Einsetzung von Ls] stimmen im wesentlichen mit denen, die fUr die anderen Klitika relevant sind, Uberein. Verdeutlicht wird dies durch die Beispiele in (134): (134a) {es/*[s]> kann doch nicht sein {es/*[s]> soll der Dieb gestohlen haben b)
denn oder jedoch und
{es/ *Cs]> geht doch nicht darum
c) In welchem Zelt {es*/ Es]} geschieht, ... Ob das Mädchen {es/*[s]> kennt, ...
155
d) Ich weiß nicht, wie - um es noch einmal zu sagen - {es/*[sl> kommen wird. Ich bin - um es noch einmal zu sagen - {es/*[sl} leid. e) Ich freue mich {es/*[sü} zu sehen Ich glaube nicht {es/*[sl} zu kennen f) Er kann [s] gewesen sein g) Ich weiß nicht, wie [s] kommen wird h) ob [s] stimmt, was ich gehört habe? Die Instantiierungsschemata scheinen nach diesen Daten mit Schema 8 bzw. Schema 9 beschreibbar zu sein. Daß die in diesen Schemata aufgeführten Bedingungen vielleicht nicht ausreichen, zeigen die Daten in (135) mit der Nominativ-Form [s] und (135) mit dem Akkusativ-Cs], wo eine andere syntaktische Distribution der Klitika als die der vollen Formen deutlich wird. Dies hat mit der Verteilung von es und das zu tun; denn das Übernimmt genau dort die Funktion von es, wo diese Form nicht erlaubt ist. (135a) b) c) d) e) f)
damit damit damit damit damit damit
ihr {*es/ [s]} aus den Ohren knallt ihm {*es/ [s]} aus den Ohren knallt euch {*es/ [sl) aus den Ohren knallt {es/ [s]} ihr aus den Ohren knallt {es/ [s]} ihm aus den Ohren knallt {es/ [s]} euch aus den Ohren knallt
(136a) b) c) d) e) f)
Ich hab1 Ich hab' Ich hab' Ich hab' Ich hab' Ich hab'
ihr {*es/ [sl> gegeben ihm {*es/ [s]> gegeben euch {*es/ [s]} gegeben {es/ [s]} ihr gegeben {es/ [s]} ihr gegeben {es/ Es]} euch gegeben
Während für alle vollen Formen gilt, daß die Nominativ bzw. die Akkusativ-Pronomen vor den Dativ-Pronomen angeordnet sein müssen, so können die Pronominalklitika [s] auch nach den Dativ-Pronomen stehen. Diese Beobachtung ist nicht neu, sondern wurde schon häufig (vgl. u.a. Haftka 1981:734) gemacht. Eine Analyse dieser Klitisierung wurde jedoch bisher nicht vorgenommen. Diese LUcke versuche ich mit folgenden Überlegungen zu schließen. Eine mögliche Lösung des oben beschriebenen Phänomens liegt darin, daß als zugrundeliegende syntaktische Struktur die Abfolge der vollen Formen gilt. Die die klitischen Formen dominierende Kategorie könnte dann in die Position nach der Dativ-NP bewegt werden, wo sie eine -Position einnehmen und entsprechend an V° adjungiert werden; für die Bewegung des CsJ (Nom.) ergibt sich (137b) und für Es] (Akk.) (137a):
156 (137a)
VP /'\ / VP / f~ V° / / /\ e DP DP V°
b)
IP
/\
e
I'
A
[Datlv] I
VP
S
/
t
/v/\
1°
DP DP V° [Dativ]
Gegen eine derartige Analyse spricht das sonstige syntaktische Verhalten der Pronomen, das im Vergleich zu den vollen Formen unmarkiert ist; denn die Position für beide phonologische Formen des Pronomens ist in allen anderen Fällen gleich. Deshalb scheint eine Bewegung nicht in Frage zu kommen. Mit dieser Bewegungsanalyse würde außerdem das für leere Kategorien geltende Prinzip verletzt. Es besagt, daß Spuren gebunden sein mUssen (vgl. Grewendorf et al. 1987:235). Dies ist aber in (137) nicht gegeben, weil die für die Bindung verantwortliche Bedingung, daß die Spur vom Antezedenz c-kommandiert werden muß, nicht vorliegt. Wenn wir die von Grewendorf et al. zitierte Bedingung für c-Kommando Übernehmen, dann ergibt sich folgende Analyse: in (137a) ist die nächsthöhere maximale Projektion, die DP dominiert, eine VP, die allerdings die Leerstelle nicht dominiert, und in (137b) ist die nächsthöhere maximale Projektion eine VP, die nur das Antezedenz dominiert. Die Spur ist somit nicht gebunden, und als Konsequenz daraus darf keine Bewegung in Frage kommen. Eine andere Lösung bietet sich an, wenn wir das Phänomen vom phonologischen Aspekt her betrachten. Die beiden Vollformen [es! bzw. die mit ihnen korrespondierenden Klitika [s] unterscheiden sich nicht in ihren lexikalisch festgelegten morphologischen oder semantischen Eigenschaften. Aus diesem Grund werden den korrespondierenden Formen dieselben Indices zugewiesen. Im folgenden werden dem Index 43 die Nominativ-Pronomen zugeordnet und der Index 44 die Akkusativ-Pronomen (vgl. Kap. 4.7). Diese durch die Indices repräsentierte lexikalische Information der Personalpronomen kann, wie in den Beispielen in (135) und (136) deutlich wird, vor und nach Dativ-DPs eingesetzt werden; denn die Syntax erzeugt beide Stellungen. So liegen für die jeweiligen Akkusativ-Pronomen nach der lexikalischen Einsetzung in der Umgebung einer Dativ-DP die folgenden möglichen Konstellationen vor (vgl. (138)); gleiches gilt für die Nominativ-Pronomen. Durch die Assoziation mit nur einem Index - der durch N dargestellt wird - wird die Intransitivität der DP gewährleistet, so daß wir es mit einer Pronominalform zu tun haben müssen. (138a)
DP
DP
DP
DP
CAkk]
CDatlv]
b)
[Dativ]
[Akk]
{44}
N
N
{44}
157
Nur welche phonologische Form in die entsprechende Position eingesetzt werden darf, ist nicht arbiträr, sondern unterliegt der bekannten Einschränkung, daß nach einer Dativ-DP nur die klitische Form erlaubt ist; dies machen die Darstellungen nach der phonologischen Instantiierung deutlich (vgl. (139)): (139a)
DP
DP
DP
DP
CAkk]
CDativD
b)
CDatlvD
CAkkH
ftes] 1 Us] )
[...I
[...]
is]
Der die lexikalische Information von [s] repräsentierende Index wird also vor und nach einer Dativ-DP einzusetzen sein unter Berücksichtigung der in Schema 8 und Schema 9 aufgeführten Bedingungen. Die [esl-Formen können dagegen nie nach einer Dativ-DP instantiiert werden. Es gibt weitere Vorkommensbeschränkungen der Vollform im Akkusativ. Sie erscheint niemals zu Beginn einer CP (vgl. (140a)) oder nach einer Präposition (vgl. (140b)). In diesen Fällen stehen sie den korrekten Formen das und darauf gegenüber. (140a) Das/*[es] hat Karl gestern gesehen. b) Hier ist ein Bett. Darauf/*{Auf issl} lege ich die Tasche. Für diese Restriktionen bieten sich zwei Erklärungen an: die eine sieht vor, die phonologische Realisierung der Vollform in den genannten Kontexten auszuschließen. Zum anderen kann man sagen, daß der das Akkusativ-Pronomen repräsentierende Index in den entsprechenden Umgebungen nicht eingesetzt werden darf. Die zuletzt erwähnte Lösung scheint plausibel, da ja weder die Vollform noch die klitische Einheit in diesen Umgebungen möglich sind. Insofern geht es nicht darum, welche phonologische Form realisiert werden darf, sondern unter welchen Bedingungen der beide Formen repräsentierende Index eingesetzt bzw. nicht eingesetzt werden darf. Verständlicherweise kann ich dieser Frage nicht nachgehen, weil es sich nicht mehr um ein Klitisierungsphänomen handelt. Noch ein anderer Grund spricht dafür, das Verbot von [ss] in den erwähnten Kontexten nicht als phonologisches Phänomen aufzufassen. Die Distribution des Akkusativpronomens [ES] entspricht auffallenderweise der Distribution, die auch für die anderen Objekt-Klitika des Deutschen gilt. Deshalb sollte [ ] jedoch nicht zu den Klitika gezählt werden, da dies der phonologischen Charakterisierung der deutschen Klitika - entweder keinen Vokal oder Schwa als Vokal - zuwiderlaufen würde. Daher wird eine Analyse, wie sie für die anderen Klitika vorgenommen wurde, für [es] generell ausgeschlosssen. Wenden wir uns nun der Instantiierung der vollen Pronominalformen zu. Eine Möglichkeit, das Einsetzungsverbot nach einer Dativ-DP zu erfassen, besteht darin, ein Instantiierungschema (vgl. (141a) aufzustellen, für das die /£s/-Pronomen nicht markiert sind (vgl. (141b)):
158 (141a) b)
Schema 10: [ /£S/
C-SchemalOD
Hier ergeben sich allerdings dieselben Probleme, die auch fUr die bisher erörterten Pronomen erörtert wurden (vgl. Abschnitt 4.5); denn es macht keinen Sinn, ein Schema wie in (141a) zu erstellen, das die Einsetzung bestimmter Einheiten vorsieht, wenn es keine phonologische Einheit im Deutschen gibt, die für diesen Kontext markiert ist. Insofern ist die Annahme eines Schemas, fUr das die /es/-Pronomen nicht markiert sind, nicht weiter aufrechtzuerhalten. Ich schlage deshalb vor, daß die Einsetzung der /ss/-Formen kontextfrei verläuft unter Berücksichtigung der in (142) gegebenen Bedingung; demnach gilt: wenn auf eine Pronominalform im Dativ ein weiteres Pronomen folgt, das mit dem Merkmal [Nom] oder [Akk] ausgestattet ist, kann der mit dem Nominativ- bzw. Akkusativ-Pronomen assoziierte Index N nur als /s/ phonologisch realisiert werden. Die /es/-Realisierung wird durch dieses Schema, das natürlich nicht als Einsetzungsschema, sondern als Wohlgeformtheitsbedingung fungiert, verboten.
(142)
DP tDatlv]
N
DP CNom v AkkJ ·*
N
DP
DP
IDatlv]
CNom v Akk]
[...]
[s]
In phonologischer Hinsicht ergibt sich flir die Cs]-Klitika die in Zusammenhang mit den deutschen Klitika schon häufig erwähnte Beschränkung, nicht nach Einheiten eingesetzt werden zu dürfen, die nicht auf der letzten Silbe akzentuiert sind (vgl. (143)): (143a) Ich habe ihnen *Cs3 gegeben. b) Daß ihnen *[s] aus den Ohren knallt. Nach diesen Beobachtungen stellt sich heraus, daß das klitische [s] (Akk, Neutr.) denselben Bedingungen unterliegt wie die übrigen Akkusativ-Pronomina. Aus diesem Grund referieren alle Akkusati v-Pronomina auf Schema 9. 3.4.5.5 Eine Abschlußbemerkung Abschließend möchte ich noch einmal auf das kasussensitive Verhalten der Pronominalklitisierung eingehen. Wir stellten bereits in Kap. 3 fest, daß die Pronomen nur dann als Klitika realisiert werden können, wenn sie den Nominativ oder Akkusativ aufweisen. Bei lexikalischem Kasus ist die Pronominalklitisierung dagegen ausgeschlossen. Diese Regularität kann auch das Unterbleiben der Klitisierung nach Präpositionen erklären. Bei ihnen haben wir es nämlich auch mit einem Kasuszuweiser zu tun, der lexikalischen Kasus vergibt; denn konfigurationell kann nicht festgelegt werden, welche Präposition welchen Kasus zuweist. Wenn also die Pronomi-
159
nalklitisierung generell unterbleibt, so ist dies auf die die Pronomen regierende Kategorie zurückzuführen, die nur lexikalischen Kasus vergibt. Alle Pronomen sind bezüglich dieses Kasuskriteriums sensitiv. In (144) wird das Kriterium formuliert: (144) Pronomen können nur dann klitisieren, wenn die sie regierende Kategorie ein struktureller Kasuszuweiser ist. In den einzelnen Deassozüerungs-Regeln für die Pronomen wurde diese Regularität bereits erfaßt; die Regeln kommen nämlich nur zur Anwendung, wenn die Pronomen im Nominativ oder Akkusativ stehen und wenn im Fall der Akkusativpronomen der syntaktische Partner keine Präposition ist, also kein lexikalischer Kasuszuweiser.
3.4.6 Das Auxiliar In diesem Abschnitt wird die Kontextsensitivität des klitischen Auxiliars [s] untersucht, das im Gegensatz zum homophonen englischen Auxiliar in der Klitisierungsforschung bisher keinerlei Berücksichtigung gefunden hat. Die Vorkommen der deutschen klitischen Formen lassen auffallende Eigenschaften eines bisher für das Deutsche noch nicht beobachteten klitischen Typs erkennen; sie verfügen über einige Eigenschaften der Satzzweitklitika. In 3.6 wurden die möglichen Partner von Csl schon erwähnt; es handelt sich um Artikel, Pronomen oder Adverbien. Dagegen kommen Nomen oder Adjektive als Partner nicht in Betracht (vgl. (145)). (14Sa) b) c) d) g)
Die Frau {ist/*[s]> groß Der Mann (ist/*[s]} nett Otto iist/*[s]} zu Besuch gekommen Unter den schönsten Mädchen der Stadt {ist/*[sl} auch Maria Grau {ist/*[s]} eine schöne Farbe
Es wäre voreilig, aufgrund dieser Daten schon ein Instantiierungsschema erstellen zu wollen, das die Einsetzung von Cs] nur in den genannten Konstellationen erlaubt. Denn das Distributionsverhalten ist interessanterweise nach Pronomen eingeschränkt, wie die Gegenüberstellungen in (146) zeigen: (146a) Wie schön sie {ist/*Cs]} Wie schön SIE {ist/ Csl} Sie {ist/ [s]} schön b) Ich weiß nicht, wessen Hund er {ist/* [s]} Ich weiß nicht, wessen Hund ER {ist/* [s]} Er {ist/ Cs]} Karls Hund c) Wo sie {ist/* [s]} weiß ich nicht Wo SIE {ist/ [s]} weiß ich nicht Sie {ist/ Csl) da
160
Eine phonologische Erklärung ist nicht möglich, die auf die unterschiedliche Akzentposition in den gegenübergestellten Sätzen referiert (vgl. Prinz 1987). So sind die ungrammatischen Klitika in (146) stärker akzentuiert als der Partner bzw. schwächer akzentuiert; in beiden Fällen ist die klitische Variante des Auxiliars jedoch ausgeschlossen. Insofern kann man nicht sagen, daß die Auxiliarklitisierung durch die starke Akzentposition, die das Auxiliar einnimmt, ausgeschlossen ist. Eine Möglichkeit, diese Vorkommensbeschränkungen zu erklären, liegt in der Interpretation von [s] als satzzweitklitische Einheit. Ihre Definition ist in (147) aufgeführt (vgl. Kaisse 1985): (147) All languages with S1-clitics place those clitics in second position, after the first stressed constituent (or word) of the clause, regardless of the category of that constituent (or word). Wir berücksichtigen den Umstand später, daß auf die Distribution des Cs] der zweite Teil der Definition nicht zutrifft (regardless ... ). Das Kriterium der Satzzweitposition scheint allerdings für [s] relevant zu sein. Es wird in (146) verletzt, was vermutlich für die Ungrammatikalität von [s] in Satzdrittposition verantwortlich ist: in a) gehen eine AP und ein Pronomen voraus, in b) eine DP und ein Pronomen, und in c) ein Adverb und ein Pronomen. In den korrespondierenden Teilen nehmen die Klitika jedoch die zweite Position des Satzes ein und sind deshalb auch korrekt. Aufgrund dieser Überlegungen muß das Instantiierungsschema daher so formuliert werden, daß die Einsetzung von [s] nur nach der ersten Wortkategorie des Satzes möglich ist; diese Kategorie muß ein Pronomen, ein Artikel (beide werden von D dominiert) oder ein Adverb sein. Weitere Beispiele, die von diesem Schema erfaßt werden und zur Untermauerung der These von [s] als satzzweitklitische Einheit dienen sollen, sind in (148) zitiert. (148a) [ t Daß [ es zu Ende ist] ] CP CP IP b) [
[
Wie [ CP
]] IP
[ , Ust/*[s]} ein Wunder]] c'
t c< das geschehen c) Wem {ist/*[s]> Karl gefolgt Bei der Gegenüberstellung dieser Adverbien mit den bisher zitierten in 3.6 stellen wir fest, daß letztere einen vokalischen Auslaut haben. Offensichtlich ist die Einsetzung von [s] nur nach einem Partner mit vokalischem Auslaut erlaubt. Die Daten in (150) verdeutlichen jedoch, daß diese Bedingung nicht ausreicht. Denn hier lauten alle Partner auf einen Vokal aus, und trotzdem ist Auxiliarklitisierung ausgeschlossen: (150a) b) c) d) e) f) g) f)
Lange {ist/*Cs]} Karl nicht hier gewesen Heute Üst/*ts]} Karl hier Demzufolge {ist/*Cs]> Otto nicht hier {Er's^CetKsl) nett {Sie's/*[zas]} hier Der {ist/[s]} hier Wie {ist/Csl} das passiert Wer {ist/[s]} denn das da
Diese Daten zeigen, daß der Partner einen vokalischen Auslaut aufzuweisen hat oder auf [Kl enden muß und außerdem aus einer einzigen, akzentuierten Silbe besteht. Sicherlich kann die sich auf den Auslaut beziehende Bedingung adäquater ausgedrückt werden, wenn man die Sonoritätshierarchie (vgl. S. 28) berücksichtigt. Demnach muß der Sonoritätsgrad des auslautenden Segments größer gleich /R/ sein. Der Einfachheit halber führe ich jedoch die beiden möglichen Auslaute explizit auf. Die Auxiliarform wird von der Kategorie V dominiert, die mit den Merkmalen [Aux, 3Ps, Sgl ausgestattet ist; die Generierung der Klitika in einer fokusmarkierten Position Fok: V ist natürlich ausgeschlossen (vgl. (151)). (151 a) Wo {IST/*Cs]} er? b) Wie {IST/*[s]} es? c) Wer UST/*[s]> sie? Somit ergibt sich das folgende Instantiierungsschema für das klitische Auxiliar in (152):
162
(152) Schema 10:
[
CP
[
[
a
... l [-kons.l l ] ] [ \ run r _ v
] ... ]
Aux 3Ps Präs
Bed.:
X = D v ADV P i
3.4.7
Die phonologischen Instantiierungsregeln
Um die Diskussion der syntaktischen und prosodischen Bedingungen für Klitisierung zu beenden, werden abschließend die Instantiierungsregeln fllr die flektierten Präpositionen und die deutschen Klitika aufgeführt; außerdem erfolgt eine Zusammenfassung aller Instantiierungs-Schemata, filr die die Generierung der Klitika des Deutschen sensitiv sind. Die Deassoziierungs-Regel, die in Abschnitt 3.2 schon diskutiert wurde, kann nun auch hinsichtlich der Instantiierungs-Schemata, in denen sie operiert, spezifiziert werden. Die Sonoranten-Vokalisierung bzw. die Sehwa-Epenthese folgen auf die Installierungen der durch die Deassoziierungs-Regel generierten Formen. Auffallend ist die Einsetzung der reduzierten Form zum Artikel die. Hier ist die segmentale Struktur vollkommen getilgt worden, so daß nur phonetisch leere X-Positionen eingesetzt werden können. Diese werden dann durch die postlexikalische Einfügung des Schwa silbifiziert. Der Ablauf der Deassoziierung und der anschließenden Instantiierung muß an dieser Stelle noch erörtert werden. Die vollen Formen sind im zugrundeliegenden lexikalischen Eintrag, der flir die Ableitung der Klitika relevant ist, bereits durch entsprechende morphologische bzw. phonologische Merkmale spezifiziert. Wenn nun eine klitische Form aus einem dieser Einträge abgeleitet werden soll, so werden zunächst die in diesem Abschnitt noch einmal zusammengefaßten Schemata abgearbeitet; sobald die morphologischen Merkmale des entsprechenden zugrundeliegenden Eintrags mit einem in den Schemata angegeben Merkmalsbündel kompatibel sind, erfolgt die Deassoziierung in genau diesem Schema. Die Anordnung der Schemata ist bei den Definitartikeln nicht willkürlich, sondern festgelegt. So muß die Regel zunächst prüfen, ob in Schema l die entsprechende Information vorliegt, bevor Schema 2 abgearbeitet wird. Bei einer willkürlichen Schema-Anordnung könnte die Regel sonst auch zuerst auf Schema 2 angewandt werden. In diesem Fall könnte die klitische Artikelform [K] nach der Präposition bei abgeleitet werden, was zur nicht-akzeptablen klitischen Gruppe *bei'r führen wUrde. Schließlich werden die Wohlgeformtheits-Bedingungen noch einmal aufgeführt, die die Instantiierung der fokussierten Einheiten bzw. der [s]-Pronomen nach Dativ-Pronomen regeln.
163
Die flektierten Präpositionen 13 ->· /ins/
/am/ 2 -ä
14 ·* /y:b^s/
3 ·* /im/
15 -» /unters/
4 -> /tsum/
16 ·* /fo:Ks/
5 -> /tsu:R/
17 ->·
6 -»· /balm/
18 -> /hintern/
7 -*· /ans/
19 -
8 ·* /aufs/
20 -
9 -> /durgs/
21 -» /fo:Km/
10 ·» /fy:rs/
22 -
11 ·* /hintifs/ 12 -» /ge:gns/ £)/e Deassoziierungs-Regel
X /
4
1 — — L T* /nm/ / [
]
Schema 6
-s· /ainm/ 30 ·* /nn/ / [
]
-» /ainn/ 31 -» /n/
(Mask.)
Schema S
/ [
]
32 -*· /nR/ / [
]
Schema 7
Schema 5
-» /aina/
33 ·* /n/ /[ -* /aina/
Schema 6
Schema 7
XN
34 -» /n/
/ [_
]
Schema 5
(Neutr.)
/am/ 35 -* /nm/
/ [_
] Schema 6
36 ·* /n/ / [ -» /am/
1
Schema 7
Die klitischen Pronomen
Schema 8: DP
CNom.]
Bed.:
χ = [+v, aN] v D v [Α ^ χ3
ν
ADV
P iΣ keine Anwendung auf wortfinales Cnsl
Schema 9 :
[
CP
Bed.:
... C ... ] X
: p
[
DP
[
D'
[
D CAkk.D
]]]
]
X = [+V, -N] v D P iΣ
keine Anwendung bei wortfinalem [ς] bzw. [nsl
166 37 ·* /d/
/ [
]
Schema 8
-» /du:/
38 ·* /z/
/[
]
/ [
]
Schema 8
(Mask.,Pl.)
·* /Zi:/
39 ·* /ζ/
Schema 8
(Fem.,Sg.)
·* /Zi:/
40^ -*
41 -» ->
/z/
/[
]
/ [_
]
Schema 8
(Fem.,Pl.)
/Zi:/
/z/
Schema 8
(Neutr.,Pl.)
/Zi:/
42 ·* /vR/
/ [_
43 -» /R/ / [ _
] Schema 8
]
Schema 8
-» /e:K/ 44 -» /R/ / [ _
]
45 ·* /z/
/ [
] _Schema .
/[
] Schema9
(Fem.,Sg.)
/[
l Schema . o 9
(Fem.,Pl.)
/[
] Schema _. 0 9
(Neutr.,Pl.)
Schema 8
Q 9
(Mask.,Pl.)
-» /Zi:/
46-,/z/ -»· /Zi:/
47 -» /z/ ·* /Zi:/
48 ·* /z/ ·* /Zi:/
167 49 -» /n/ / L
] Schema
50 ·* /s/ / [
]
9
Schema 8
/es/ 51 ·* /S/
[
/
]
Schema 9
As/
Das klitische Auxiliar [ CP [
Schema 10:
[ ... f [-kons.l l ] ] C v * 9 Hfl l Aux 1 J P
3Ps Sg Pr s
Bed.:
X = D v ADV P iΣ
52 -» /s/
/ [.
Schema 1O
-> /ist/
Wohlgeformtheits-Bedingungen a) die Instant erung fokussierter Einheiten
Fok:X(P)
N
: X(P)
Bed.: P ϊ Σ b) die Instantiierung der [sl-Pronomen nach Dativ-Pronomen DP CDativ]
N
DP tNom v Akkl ->·
DP
DP
CDatlvJ
INom v Akk]
[s]
168
3.5 ZUSAMMENFASSUNG
Die in diesem Teil erfolgte Diskussion hat ergeben, daß es sich bei der einfachen Klitisierung des Deutschen um einen modularen Vorgang handelt; der modulare Charakter der Klitisierung manifestiert sich darin, daß die Analyse ohne die Kategorie des Klitikums auskommt. Stattdessen wurde ein Modell erarbeitet, das die Klitika des Deutschen mit lexikalischen und postlexikalischen Regeln erfaßt. So stellten wir fest, daß die Regeln, die die lautliche Form der erörterten Artikel, Pronomen und des Auxiliars 'ist' reduzieren, lexikalisch operieren, wie in Kap. 2 und 3 argumentiert wurde; in Kap. 4 stellte sich heraus, daß diese Reduktionen auf phrasale Kontexte Bezug nehmen, die phonosyntaktischer Natur sind. Sie können deshalb nicht zu den "echten" lexikalischen Regeln gezählt werden, da diese nur innerhalb eines Wortes stattfinden. Stattdessen werden die reduzierten Formen aufgrund ihrer lexikalischen Eigenschaften im Lexikon vorkompiliert und aufgrund ihrer phrasalen Kontextsensitivität erst postlexikalisch phonologisch realisiert. Dagegen mußten die vokalisierten Sonoranten und die Schwa-Vokale, die die Klitika auszeichnen, durch eine postlexikalische Analyse erfaßt werden; diese Annahme ist berechtigt, da es keine Kriterien gibt, die eine lexikalische Analyse rechtfertigen könnten. Einige der aus einer Präposition und einer Artikelform bestehenden Verschmelzungsformen weisen dagegen reduzierte Einheiten auf, die morphologisch gebunden sind. Es liegt also nahe, diese Einheiten mit den an den Artikel tretenden Affixen zu identifizieren. Diese Ergbnisse führen zu der Erkenntnis, daß die Klitisierung ein lexikalischer Vorgang ist, der jedoch aufgrund seiner phrasalen Kontextsensitivität, die syntaktisch oder phonologisch beschreiben wird, nicht zu den typischen lexikalischen Regeln gehört, die nur wortintern operieren. Die Klitika sind vielmehr die Resultate einer lexikalischen Vorkompilierung, die in der Syntax-Phonologie-Schnittstelle phonologisch instantiiert werden. Eine klitische Einheit ist somit eine von zwei möglichen phonologischen Realisierungen eines Index, der die lexikalischen Eigenschaften eines Wortes repräsentiert. Die zweite phonologische Realisierung ist die Vollform, deren Instantiierung in der Regel kontextfrei abläuft. Dagegen können die /es/-Pronomen in der Umgebung nach einer Dativ-DP nicht instantiiert werden, wogegen die klitischen Formen dort generiert und eingesetzt werden dlirfen. Die Tatsache, daß die Klitika in einer Konstellation erlaubt sind, wo die vollen Formen verboten sind, ist ein für die Klitisierung des Deutschen einmaliges Phänomen, das an die speziellen Klitika in den romanischen Sprachen oder im Neugriechischen erinnert; dennoch können die [s]-Klitika als einfache Klitika analysiert werden, wie in Kap. 4.5 gezeigt wurde. Die Pronominalklitika auf [s] weisen somit nicht nur morphologisch-phonologische Eigenschaften auf, die sie von den anderen Pronominalklitika unterscheiden (vgl. Kap. 3.5), sondern auch ihr Instantiierungsverhalten ist markiert. Dieser Ausnahmestatus bezieht sich, wie schon in Kap. 3.5 gezeigt, auf das Segment [s] im Allgemeinen. Dagegen möchte ich [äs] nicht als lexikalisch generierte Einheit auffassen; vielmehr muß es sich aus dem folgenden Grund um eine postlexikalisch reduzierte
169
Form handeln; denn [ss] kann im Gegensatz zu den diskutierten Klitika auch ohne weiteres CP-initial vorkommen wie in (162). Insofern verhält sich diese Pronominalform nicht wie die klitischen Einheiten des Deutschen. (162)
[cp [äs] geht mir gut ]
170
4. Die klitischen Pronomen des Neugriechischen Die neugriechischen Pronominalklitika werden unter phonologischen Gesichtspunkten erörtert. Es geht zunächst um die Beschreibung der Relation zwischen den Vollformen und den korrespondierenden Klitika (Kap. 1). Danach wird der Frage nach dem grammatischen Status der Klitika nachgegangen (Kap. 2). Schließlich erfolgt in Kap. 3 und Kap. 4 die Untersuchung der Akzentuierung der enklitischen Pronominalklitika.
4.1 DIE RELATION ZWISCHEN DEN STARKEN UND DEN KLITISCHEN FORMEN Ich werde Im folgenden nachzuweisen versuchen, daß die starken Formen der Personalpronomen des Neugriechischen in einer phono logisch transparenten Relation zu den klitischen Varianten stehen. Bevor ich mich dieser Frage zuwende, muß zunächst das entsprechende Paradigma diskutiert werden. Die Personalpronomen sind in ihrer vollen Form ein- bis dreisilbig und tragen den Wortakzent immer auf der zweiten oder einzigen Silbe; die Klitika sind unakzentuierte einsilbige Formen. Fast jede volle Pronominalform korrespondiert mit einer klitischen Einheit. Ausgenommen sind die Subjektspronomen der 1. und 2. Person, die nur in solchen Kontexten verwendet werden können, wo das Subjekt hervorgehoben werden soll. Es kann also gar keine Subjektsklitika der 1. und 2. Person geben, denn sie können niemals emphatisch gebraucht werden. Das Paradigma in (1) listet alle Pronomina der 1. und 2. Person auf (vgl. Mackridge 1985:145, Soyter 1976:55). (l)
Singular voll klitisch / ego -
I.Person Nominativ
Akkusativ
(eme) emena
Plural voll klitisch emis
me
(imas) emas
mu -
(imon) emas / esis
Akkusativ (se) esena
se
(imas) esas
sas
Genitiv
su
(imon) esas
sas
i
Genitiv
i
(emu) emena / 2.Person Nominativ esi I
('su)
I
esena
i
I
i
I
mas mas
Zu den aufgeführten Formen muß noch eine Anmerkung gemacht werden; das Neugriechische ist bis 1976 nach Mackridge (1985) ein Zweisprachensystem gewesen. Die eingeklammerten Pronomen stammen aus der katharevusa, einer heute nur noch in
171
wenigen Kontexten gebräuchlichen Sprachvarietät, während die übrigen Pronomen den heutigen Standard, d.h. die Dhemotike, repräsentieren. Die klitischen Personalpronomen der 3. Person sind nicht aufgeführt; sie sind mit den Formen des Definitartikels identisch (vgl. Mackridge 1985:144f.). Die vollen Formen konstituieren sich dagegen aus den Demonstrativpronomen. Da in diesem Kapitel versucht werden soll, eine prädiktable Relation zwischen den vollen Formen und den klitischen Einheiten nachzuweisen, kommen die Pronomina der 3. Person für diesen Zweck nicht in Frage. Dagegen stehen die im Paradigma aufgeführten Formen in einer prädiktablen Relation zueinander. Eine segmentale Reduktion wie im Deutschen ist bei den Pronomen ausgeschlossen, da jede Silbe im Griechischen auf der zweiten Ebene, also auf der -Ebene, akzentuiert ist und deshalb nur akzentuierbare Vollvokale dominieren kann (vgl. Teil I, Kap. 4). Dagegen fällt auf, daß sich die katharevusa-Form der 1. Person Genitiv Singular nur im initialen /e/ von der klitischen Form unterscheidet. In der zweiten Person Singular sind beide Formen mit den Klitika sogar segmental identisch. Bei den Standard-Pronomen des Plurals ist die Relation noch deutlicher, denn hier unterscheiden sich alle vollen Formen von den Klitika im initialen /e/. Es gibt eine Möglichkeit, diese Relationen mit einer Regel zu erfassen. Die Klitika könnten durch die Tilgung des /e/ generiert werden; so würde aus emas die korrekte Form mas abgeleitet. Für diese Tilgungsanalyse gibt es jedoch zwei Ausnahmen, denn die Formen der 2. Person Singular weisen kein initiales /e/ auf; vielmehr scheinen se und su schon zugrundeliegend vorhanden zu sein. Die beiden Klitika sind auf der Wortebene unakzentuiert, während die volle Formen den Wortakzent aufweisen. Es liegt daher nahe, die Beziehung zwischen beiden Formen und den korrespondierenden Vollformen durch Hinzufügung des Wortakzents zu beschreiben. Der Ableitungsvorgang ist damit wie in (2) darzustellen:
e
0s
sas
4.2 DER GRAMMATISCHE STATUS
Im letzten Kapitel wurde davon ausgegangen, da die Klitika des Neugriechischen nicht durch Ableitung entstehen, sondern schon zugrundeliegend vorhanden sind. Wir haben damit allerdings noch nicht zu der Frage Stellung genommen, ob es sich
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bei ihnen um Affixe handelt und, wenn diese Frage bejaht werden kann, ob sie in der Syntax affigieren. Diesen beiden Fragestellungen wird an dieser Stelle erstmals nachgegangen, da es sich um bisher unbewiesene Annahmen von Syntaktikern wie Borer 1984 handelt, die die syntaktische Affigierung auch für andere spezielle Klitika implizit annimmt (vgl. auch Teil II, Kap. 3.2). Im folgenden werde ich anhand interner und externer Evidenz die Annahme erhärten, daß es sich bei den speziellen Klitika des Neugriechischen um Affixe handelt, die innerhalb der Syntax an die Stämme treten. Ein Überzeugendes Indiz für den Affixstatus der neugriechischen Klitika und somit für ihre morphologische Gebundenheit finden wir in ihrem Akzentverhalten. Während die Akzentuierung einfacher Klitika aufgrund ihrer unbetonbaren segmentalen Struktur grundsätzlich ausgeschlossen ist, weisen spezielle Klitika in bestimmten Konstellationen Akzent auf. Neben den in Kap. 4 zu diskutierenden enklitischen Einheiten sind in dieser Sprache auch die Proklitika akzentuierbar, wie anhand der Klitika ta und tu in den unter (6) aufgeführten Beispielen gezeigt wird (vgl. Kaisse 1985:119f.): (6a) ta exo I
-*· ta 'xo I
I
"Ich habe sie" I
b) i mana tu exi ·» i mana tu 'xi
"Deine Mutter hat"
Diese Akzentuierung des Vokals der klitischen Einheit ist die unmittelbare Konsequenz aus der Tilgung des den Wortakzent tragenden folgenden Vokals. Unter welchen Bedingungen diese Tilgung stattfinden kann, ist eine in der Forschung viel diskutierte Frage (vgl. Kaisse 1985, Nespor/Vogel 1986, Malikuti/Drachmann 1988), während die Akzentuierung der Klitika in diesem Zusammenhang keine bedeutende Rolle spielt. Mir ist es auch in erster Linie wichtig, gezeigt zu haben, daß sich die Akzentuierbarkeit im Neugriechischen nicht nur auf die Enklitika wie in (6b) beschränkt, sondern alle klitischen Einheiten dieser Sprache erfassen kann. Wie schon erwähnt, kann die Ungrammatikalität der isoliert vorkommenden Klitika mit ihrer Unakzentuierbarkeit erklärt werden, die sich im Deutschen auf die -Ebene bezieht und im Neugriechischen auf die G)-Ebene. Sie müssen daher immer an einen akzenttragenden Partner in Form der - bzw. (0-Adjunktion phonologisch gebunden werden. Gehen wir davon aus, daß diese Unakzentuierbarkeit die Ursache für die phonologische Gebundenheit aller klitischen Einheiten ist; dann müßten die klitischen Einheiten des Neugriechischen unter diesem phonologischen Gesichtspunkt ohne einen Partner frei vorkommen dürfen, weil ihnen der Wortakzent ü unter bestimmten Bedingungen (vgl. (6) und Kap. 3) zugewiesen werden kann. Solche wortakzentuierten Einheiten sind nämlich auch in isolierter Form grammatisch wie die nichtklitische Pronominalform su "dich". Daß die neugriechischen Klitika dennoch nicht isoliert vorkommen dürfen, kann nur als Zeichen für ihren morphologisch gebundenen Status gelten. Phonologische Aspekte für das Verbot des isolierten Vorkommens sind nicht vorhanden. Somit ist der Affixstatus der neugriechischen Klitika nachweisbar. Es existieren weitere Argumente für die morphologische Bindung spezieller Klitika. So zeichnen sich Klitika und Flexionsaffixe darin aus, daß sie den Wortak-
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zent zu sich anziehen, sobald das Dreisilbengesetz, wonach eine der drei letzten Wortsilben akzentuiert sein muß, es erfordert. So muß der Wortakzent von der drittletzten Silbe in onoma "Name" nach der Affigierung des Genetivsuffixes losl auf die nächste Silbe wechseln (onomatos), während in der klitischen Gruppe kane mu to "mach mir das" der stärkste Wortakzent von der ersten Silbe des Verbs auf die vorletzte Silbe wechselt (kane mu to). Die speziellen Klitika verhalten sich also wie Flexionsaffixe und sind deshalb auch als solche zu analysieren. Nachdem der Affixstatus der neugriechischen Klitika mit den angeführten Argumenten untermauert wurde, mils sen wir uns nun der Frage zuwenden, warum die Affigierung der syntaktischen Komponente zugeordnet sein soll, wie flir spezielle Klitika im allgemeinen behauptet wird (vgl. Borer 1984). Ich werde aus dem Bereich der Schrift ein externes Argument anführen, wo die Verteilung der Spatien, also der Wortzwischenräume, eine Rolle spielt. Hierzu sei jetzt schon angemerkt, daß es sich kaum um ein ausreichendes Kriterium handeln kann, um die syntaktische Affigierung nachzuweisen; es wäre jedoch im Rahmen dieser phonologisch konzipierten Arbeit unangemessen, mittels einer mehr syntaktisch geführten Argumentation diese Behauptung zu untermauern. Dies sollte den Arbeiten zur Morphologie oder Syntax zur speziellen Klitisierung vorbehalten sein. Den Ausführungen von Teil III, Kap. 3 zufolge stehen Spatien in erster Linie zwischen Wörtern, d.h. den Einheiten, die durch lexikalische Prozesse entstehen. Wenn ein Wort komplex ist, werden dagegen keine Spatien gesetzt. Die klitischen Gruppen des Neugriechischen werden immer mit Spatien verschriftet. Somit haben wir ein eindeutiges Kriterium dafür, daß es sich bei den klitischen Gruppen nicht um lexikalische Einheiten handelt, die durch im Lexikon stattfindende Affigierung der Klitika generiert werden, denn lexikalische Einheiten würden nicht durch Spatien getrennt geschrieben. Evidenz für diese Behauptung, daß Wörter immer zusammengeschrieben werden, liefert nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch das Neugriechische; so wird das oben erwähnte Nomen onomatos ohne einen Zwischenraum zwischen Stamm und Affix verschriftet. Entsprechendes gilt für alle Affixe, die nicht zu den Klitika gezählt werden. Auf der anderen Seite sind die Klitika nicht den ungebundenen Morphemen zuzurechnen, sondern den Affixen. Der These von Prinz/Wiese (demn.) zufolge findet die Verschriftung auf der Ebene der Lexikalischen Repräsentation statt. Auf dieser Ebene hat noch keine Bindung der Klitika stattgefunden, d.h. keine Affigierung; sie liegen am Ausgang des Lexikons vielmehr noch als ungebundene Einheiten vor. Sie werden also in der Schrift auf dieselbe Weise behandelt wie ein Wort. Dieser Aspekt findet in der Schrift durch die Setzung von Spatien vor und nach der betreffenden Einheit seinen Niederschlag. Die spätere Affigierung innerhalb der Syntax ist für den Verschriftungsprozeß dagegen nicht mehr sichtbar, was zur Weglassung der Wortzwischenräume führen wUrde. Spatien werden also immer zwischen solche Einheiten gesetzt, die auf der Ebene der Lexikalischen Repräsentation ungebundene Morpheme sind. So finden wir sie zwischen Wörtern oder zwischen Wörtern und solchen Einheiten, die erst in der Syntax affigieren. Die neugriechischen Klitika sind nicht nur syntaktisch gebundene Einheiten, sondern sie müssen auch phonologisch adjungiert werden. Wie in Teil II, Kap. 4
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ausgeführt, werden die Klitika von dominiert und gemäß der SLH an die nächsthöhere Kategorie des Partners adjungiert. FUr entsprechende Beispiele verweise ich auf jenes Kapitel.
4.3 DIE AKZENTUIERUNG DER ENKLITIKA
Zu den Merkmalen, die die Klitika der silbenzählenden Sprachen von denen der akzentzählenden Sprachen unterscheidet, zählt die betonbare segmentale Struktur. Aus diesem Grund ist es auch nicht erstaunlich, daß den neugriechischen enklitischen Pronomen Akzent zugewiesen werden kann. Beispiele werden u.a. von Nespor (1986:66) zitiert (vgl. (7)): (7) kane mu to ·* kane mu to
"mach mir das"
Der Grund ftir die Akzentuierung der klitischen Einheit mu liegt in einem Prinzip begründet, das sowohl auf Wörter als auch auf klitische Gruppen zutrifft: der Wortakzent darf, wie ich bereits in Teil I, Kap. 4 erwähnt habe, nur einer der drei letzten Silben zugewiesen werden. Diese den Wortakzent tragende Silbe muß die stärkste Silbe innerhalb des Wortes sein. Traditionell spricht man hier vom Dreisilbengesetz. Dieses wird in (8) durch die Assoziierung der betreffenden Silbe mit dem Wortakzent zum Ausdruck gebracht. (8)
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Eine spezielle Akzentregel für enklitische Einheiten muß jedoch nicht aufgestellt werden, weil dieser Akzentuierungsvorgang generellen Prinzipien sowohl der neugriechischen Phonologie wie der Phonologic im Allgemeinen unterliegt. So verletzt die Sequenz kane mu to das eben genannte Wohlgeformtheitsprinzip für die Stellung des neugriechischen Wortakzents, da die viertletzte Silbe den Wortakzent trägt. Die Akzentregel, die einem Wort wie onomatos "des Namens" den Wortakzent der drittletzten Silbe zuweist (vgl. (9a)), wird auch in unserer klitischen Gruppe produktiv (vgl. (9b)), wobei die letzte Silbe von kane gemäß dem Dreisilbengesetz zunächst ebenfalls mit einem Wortakzent versehen wird.