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German Pages 293 [318]
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 454 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann
Max Dregelies
Territoriale Reichweite von Unterlassungsansprüchen Eine Studie mit Schwerpunkt im deutschen und europäischen Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht
Mohr Siebeck
Max Dregelies, geboren 1990; Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Kiel und Kraków (Polen), dabei Stipendiat der Studienstiftung des dt. Volkes; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Zivilprozessrecht, Urheberrecht der Universität Kiel; seit 2020 Referendar im Landgerichtsbezirk Kiel und Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Recht und Digitalisierung der Universität Trier. orcid.org/0000-0002-3968-2788
ISBN 978-3-16-159766-4 / eISBN 978-3-16-159811-1 DOI 10.1628/978-3-16-159811-1 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.
„Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!“ Gustav Heinemann
„Wer über den Populismus reden will, aber nicht zugleich auch über den Kapitalismus, landet meiste nur bei der Identitätspolitik.“ Philip Manow
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2020 von der Juristischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Sie wurde im Mai 2020 abgeschlossen und entstand in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Haimo Schack. Ihm gilt mein besonderer Dank: Die offene und stets wertschätzende Diskussionskultur, die Haimo Schack vorgelebt hat, ist mir ein stetes Vorbild. Es gelang ihm immer, unterschiedliche Charaktere zusammenzubringen und den Austausch zu fördern. Weiter danke ich Prof. Dr. Joachim Jickeli für die zügige Anfertigung des Zweitgutachtens sowie für viele kontroverse und anregende Diskussionen auf zahlreichen Seminaren. Danken möchte ich auch meinem Freund und Kollegen Dr. Nico Einfeldt, der sich immer die Zeit genommen hat, sich meine Ideen anzuhören und diese kritisch zu hinterfragen. Zahlreiche Gespräche mit ihm haben gezeigt, dass Wissenschaft nicht nur im Büro, sondern auch bei langen Laufrunden am Kanal entsteht. Die legendäre „Kaffeerunde“ am Lehrstuhl werde ich ebenso vermissen wie meine Vorgänger. Besonders danke ich meiner Ehefrau Bente, meinen Eltern Bina und Martin und meiner „kleinen“ Schwester Lotta für all die Unterstützung, nicht nur während der Promotion. Dank gebührt auch der Studienstiftung ius vivum für die Förderung während der Promotionszeit und für den großzügigen Zuschuss zur Drucklegung dieser Arbeit. Rechtsprechung und Literatur wurden bis zum 30.06.2020 eingearbeitet. Internetseiten wurden bis zu diesem Tag abgerufen. Kiel, im Juli 2020
Max Dregelies
Inhaltsübersicht I n h a lts ü b e r s ic h t
Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ XI Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XIX
Einleitung ................................................................................................... 1 A. Problemstellung ........................................................................................ 1 B. Gang der Untersuchung ............................................................................ 4
1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht .............................. 5 A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch ................................... 5 B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts ......................................42
2. Teil – Internationale Zuständigkeit ............................................... 58 A. Gerichtsstand am Beklagtenwohnsitz .......................................................58 B. Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ................................................................................61 C. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO .............................148 D. Gerichtsstand der Niederlassung, Art. 7 Nr. 5 EuGVVO ........................156 E. Gerichtsstände für unionsweite Schutzrechte .........................................158 F. Gerichtsstände des EU-Datenschutzrechts .............................................165
X
Inhaltsübersicht
G. Fazit ......................................................................................................173
3. Teil – Kollisionsrecht ..................................................................... 175 A. Einleitung ..............................................................................................175 B. Persönlichkeitsrecht ...............................................................................176 C. Lauterkeits- und Kartellrecht .................................................................214 D. Immaterialgüterrecht .............................................................................231 E. Verbraucherschutz durch Verbandsklagen .............................................238 F. Unionsweite Schutzrechte.......................................................................244 G. Datenschutzrecht ...................................................................................246 H. Fazit ......................................................................................................250
4. Teil – Ergebnisse ............................................................................. 252 Rechtsprechungsverzeichnis ...................................................................... 259 Literaturverzeichnis ................................................................................... 265 Sachverzeichnis ......................................................................................... 291
Inhaltsverzeichnis I n h a lts v e rz e ic h n is
Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ........................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XIX
Einleitung ................................................................................................... 1 A. Problemstellung ........................................................................................ 1 B. Gang der Untersuchung ............................................................................ 4
1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht ......................... 5 A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch ................................... 5 I. Historischer Hintergrund ............................................................................ 5 II. Persönlichkeitsrechte ................................................................................ 7 1. Besondere Persönlichkeitsrechte ............................................................ 7 a) Namensrecht, § 12 BGB ..................................................................... 8 b) Urheberpersönlichkeitsrecht, §§ 12 ff. UrhG .................................... 10 aa) Urheberpersönlichkeitsrecht in Deutschland ................................ 10 bb) Urheberpersönlichkeitsrecht auf europäischer Ebene ................... 12 c) Recht am eigenen Bild ...................................................................... 15 2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht ......................................................... 16 a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Grundrecht ......................... 17 b) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Menschenrecht ................... 18 c) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Auffangrecht ...................... 18 III. Datenschutz ........................................................................................... 19 IV. Immaterialgüterrechtliche Unterlassungsansprüche ............................... 22 1. Nationale Rechte .................................................................................. 22 a) Urheberrecht ..................................................................................... 23 b) Markenrecht...................................................................................... 25
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Inhaltsverzeichnis
c) Patentrecht ........................................................................................ 28 d) Designrecht....................................................................................... 30 2. Unionsmarke ........................................................................................ 31 3. Gemeinschaftsgeschmacksmuster......................................................... 33 V. Lauterkeits- und Kartellrecht .................................................................. 34 1. Lauterkeitsrecht.................................................................................... 34 2. Kartellrecht .......................................................................................... 35 VI. Verbraucherschützende Normen ............................................................ 36 1. Verbraucherverbandsklagen ................................................................. 36 2. Europäische Vorgaben des Verbraucherschutzrechts ............................ 40 VII. Fazit ..................................................................................................... 41 B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts ......................................42 I. Allgemeine Beschränkungen .................................................................... 42 II. Völkerrechtliche Einschränkungen der Regelungsbefugnis ..................... 44 1. Anwendungs- und Geltungsbereich ...................................................... 44 2. Grundsatz der sinnvollen Anknüpfung ................................................. 46 3. Abwägungsgebot? ................................................................................ 48 4. Völkerrechtlicher Individualschutz ....................................................... 50 5. Wesentlich engere Verbindung ............................................................. 51 6. Verlangt das deutsche Grundgesetz mehr als das Völkerrecht? ............ 52 7. Zwischenfazit ....................................................................................... 53 III. Völkerrechtliche Einschränkungen des Kollisionsrechts ........................ 53 IV. Völkerrechtliche Einschränkung der internationalen Zuständigkeit ....... 54 V. Fazit ....................................................................................................... 57
2. Teil – Internationale Zuständigkeit ....................................... 58 A. Gerichtsstand am Beklagtenwohnsitz .......................................................58 I. Art. 4 I EuGVVO ..................................................................................... 58 II. § 12 ZPO ................................................................................................ 60 B. Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ................................................................................61 I. Allgemeine Zuständigkeitsregel nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ................... 61 1. Grundwertungen ................................................................................... 61 2. Qualifikation der unerlaubten Handlung ............................................... 63 3. Zuständigkeit am Ort des schädigenden Ereignisses ............................. 63 a) Handlungsort oder Ort des ursächlichen Geschehens?....................... 64 aa) Empirische Auslegung ................................................................. 64
Inhaltsverzeichnis
XIII
bb) Mehrere mögliche Anknüpfungspunkte ....................................... 66 cc) Fazit ............................................................................................. 67 b) Erfolgsort oder Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges? ........ 67 aa) Erfolgsort ..................................................................................... 68 bb) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ............................. 69 cc) Zwischenergebnis ........................................................................ 70 II. Persönlichkeitsrechtsverletzungen .......................................................... 70 1. Ort des ursächlichen Geschehens ......................................................... 71 a) Verletzung durch natürliche Personen ............................................... 71 b) Verletzung durch juristische Personen .............................................. 74 c) Der Handlungswirkungsort ............................................................... 77 d) Fazit.................................................................................................. 79 2. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ...................................... 79 a) Bestimmungsgemäße Verbreitung..................................................... 80 b) Bekanntheit am Verbreitungsort ....................................................... 81 c) Andere Einschränkungsversuche ....................................................... 82 3. Auswirkungsprinzip ............................................................................. 83 4. Beschränkte Kognitionsbefugnis – die prozessuale Mosaikbetrachtung ..................................................... 86 a) Die Mosaikbetrachtung nach Shevill – der falsche Weg? .................. 86 b) Von eDate Advertising zu Bolagsupplysningenimmer weiter oder Umkehr? ........................................................................ 88 c) Übertragung auf Unterlassungsansprüche ......................................... 94 aa) Möglichkeit einer territorialen Beschränkung .............................. 95 (1) Ist eine territoriale Beschränkung tatsächlich umsetzbar?.......... 95 (2) Ist eine territoriale Beschränkung rechtlich zulässig? .............. 100 (3) Rechtspolitische Erwägungen ................................................. 100 (4) Zwischenergebnis ................................................................... 101 bb) Weitere Aspekte der Entscheidung Bolagsupplysningen ............ 102 5. Fazit ................................................................................................... 102 III. Urheberrechtsverletzungen .................................................................. 104 1. Ort des ursächlichen Geschehens ....................................................... 104 2. Ort der Verwirklichung Schadenserfolges .......................................... 105 a) Grundsatz........................................................................................ 105 b) Einschränkungsmöglichkeiten ........................................................ 106 aa) Ausrichten.................................................................................. 107 bb) Auswirkungsprinzip................................................................... 108 3. Mosaikbetrachtung ............................................................................. 108 4. Übertragung der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht ............... 109 5. Fazit ................................................................................................... 110 IV. Markenrechtsverletzung ...................................................................... 110 1. Ubiquitätsprinzip ................................................................................ 111 2. Ort des ursächlichen Geschehens ....................................................... 111
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Inhaltsverzeichnis
3. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges .................................... 112 4. Kognitionsbefugnis ............................................................................ 114 5. Fazit ................................................................................................... 115 V. Patentrechtsverletzungen ...................................................................... 116 1. Ubiquitätsprinzip ................................................................................ 116 2. Ort des ursächlichen Geschehens ....................................................... 117 3. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges .................................... 117 4. Kognitionsbefugnis ............................................................................ 118 5. Fazit ................................................................................................... 118 VI. Lauterkeits- und Kartellrecht ............................................................... 119 1. Lauterkeitsrecht.................................................................................. 119 a) Ubiquitätsprinzip oder Marktortprinzip ........................................... 119 b) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ................................ 121 c) Weitere Einschränkungen der Zuständigkeit ................................... 122 d) Beschränkte Kognitionsbefugnis..................................................... 123 e) Übertragung der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht? .......... 124 aa) Persönlichkeitsrechte für juristische Personen? .......................... 125 bb) Bolagsupplysningen und Lauterkeitsrecht.................................. 127 f) Fazit ................................................................................................ 128 2. Kartellrecht ........................................................................................ 129 a) Ort des ursächlichen Geschehens .................................................... 129 b) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ................................ 131 c) Kognitionsbefugnis ......................................................................... 133 d) Fazit................................................................................................ 133 VII. Reine Vermögensschäden .................................................................. 134 1. Ort des ursächlichen Geschehens ....................................................... 134 2. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges .................................... 135 3. Mosaikbetrachtung ............................................................................. 138 4. Fazit ................................................................................................... 139 VIII. Verbandsklage bei verbraucherschutzwidrigen Praktiken ................. 139 1. Anwendbarkeit der EuGVVO ............................................................. 140 2. Zuständigkeit...................................................................................... 141 a) Ort des ursächlichen Geschehens .................................................... 142 b) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ................................ 143 c) Kognitionsbefugnis ......................................................................... 145 3. Zwischenfazit ..................................................................................... 146 IX. Fazit .................................................................................................... 146 C. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO .............................148 I. Einleitung............................................................................................... 148 II. Persönlichkeitsrechtsverletzungen ........................................................ 148 III. Urheberrechtsverletzungen .................................................................. 150
Inhaltsverzeichnis
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IV. Markenrechtsverletzungen ................................................................... 151 V. Patentverletzungen................................................................................ 152 VI. Lauterkeits- und Kartellrecht ............................................................... 153 1. Lauterkeitsrecht.................................................................................. 153 2. Kartellrecht ........................................................................................ 155 VII. Weitere Vermögensschäden ............................................................... 155 VIII. Kognitionsbefugnis ........................................................................... 156 D. Gerichtsstand der Niederlassung, Art. 7 Nr. 5 EuGVVO ........................156 E. Gerichtsstände für unionsweite Schutzrechte .........................................158 I. Unionsmarke .......................................................................................... 158 1. Verhältnis zur EuGVVO .................................................................... 158 2. Zuständigkeiten .................................................................................. 158 a) Zuständigkeit am Wohnsitz, Niederlassungsort, beim Kläger oder Amt......................................................................................... 158 b) Deliktischer Gerichtsstand .............................................................. 160 3. Kognitionsbefugnis ............................................................................ 162 II. Gemeinschaftsgeschmacksmuster ......................................................... 164 1. Zuständigkeitsrecht ............................................................................ 164 2. Kognitionsbefugnis ............................................................................ 164 F. Gerichtsstände des EU-Datenschutzrechts .............................................165 I. Grundsätzliches Verhältnis von DSGVO und EuGVVO ........................ 165 II. Die einzelnen Gerichtsstände ................................................................ 166 1. Art. 4 I und Art. 7 Nr. 5 EuGVVO – Gerichtsstand am Sitz oder der Niederlassung ...................................................................... 166 2. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO – Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ...... 167 a) Verhältnis von Art. 79 II Satz 1 DSGVO zum Ort des ursächlichenGeschehens ................................................................. 167 b) Verhältnis von Art. 79 II Satz 2 DSGVO zum Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ..................................................................... 168 3. Art. 18 EuGVVO ............................................................................... 170 4. Art. 24 EuGVVO ............................................................................... 170 5. Art. 25 EuGVVO ............................................................................... 170 6. Zwischenergebnis ............................................................................... 172 7. Verhältnis der Zuständigkeiten nach der DSGVO .............................. 172 III. Kognitionsbefugnis.............................................................................. 172 G. Fazit ......................................................................................................173
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Inhaltsverzeichnis
3. Teil – Kollisionsrecht ........................................................... 175 A. Einleitung ..............................................................................................175 B. Persönlichkeitsrecht ...............................................................................176 I. Anwendungsbereich des Deliktsstatuts ................................................... 177 II. Handlungsort ........................................................................................ 178 1. Auslegung lege causae ....................................................................... 178 2. Auslegung lege fori ............................................................................ 182 3. Handlungsort der Medienunternehmen ............................................... 182 a) Herrschende Lehre .......................................................................... 182 b) Rechtsprechung .............................................................................. 184 c) Handlungsort als Verbreitungsort.................................................... 185 d) Eigene Lösung ................................................................................ 186 4. Handlungsort bei natürlichen Personen .............................................. 186 5. Handlungsort bei zukünftigen Handlungen ......................................... 187 6. Fazit ................................................................................................... 187 III. Erfolgsort ............................................................................................ 188 1. Rechtsguts- oder Rechtsverletzung ..................................................... 189 a) Bestimmung des Rechtsguts oder Recht .......................................... 189 b) Andere als absolut geschützte Rechtsgüter...................................... 190 c) Unkörperliche Rechte und Rechtsgüter ........................................... 191 d) Ausländische Deliktsnormen .......................................................... 191 e) Bestimmung des Verletzungsortes .................................................. 192 2. Kollisionsrechtliche Bestimmung des Verletzungsortes ..................... 192 3. Die kumulierten Probleme bei Persönlichkeitsverletzungen ............... 194 4. Bestimmungsgemäße Verbreitung ...................................................... 196 IV. Mosaikbetrachtung .............................................................................. 198 1. Schadensersatzanspruch und Recht des Handlungsortes ..................... 198 a) Eingeschränkte Mosaikbetrachtung – Begründung der Literatur ..... 198 b) Eingeschränkte Mosaikbetrachtung – eigene Lösung ...................... 199 2. Unterlassungsanspruch und Recht des Handlungsortes ....................... 201 3. Erfolgsort ........................................................................................... 204 a) Mosaikbetrachtung .......................................................................... 205 b) Schwerpunktbetrachtung ................................................................. 207 4. Fazit ................................................................................................... 208 V. Vereinbarkeit des Ubiquitätsprinzips mit dem Unionsrecht .................. 209 1. Das besondere Diskriminierungsverbot des Art. 34 AEUV ................ 209 2. Rechtfertigung .................................................................................... 210
Inhaltsverzeichnis
XVII
VI. Fazit .................................................................................................... 212
C. Lauterkeits- und Kartellrecht .................................................................214 I. Lauterkeitsrecht ..................................................................................... 214 1. Einleitung ........................................................................................... 214 2. Anknüpfungsgegenstand .................................................................... 214 3. Anknüpfungspunkt ............................................................................. 215 4. Einschränkung bei Multistate-Verstößen ............................................ 217 a) Kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle ...................................... 217 aa) Zulässigkeit einer teleologischen Reduktion .............................. 218 bb) Mögliche Umsetzung ................................................................. 219 (1) Quantitative Spürbarkeitsschwelle .......................................... 220 (2) Qualitative Spürbarkeitsschwelle ............................................ 220 b) Finalität .......................................................................................... 221 c) Abwägungslösung ........................................................................... 221 d) Fazit................................................................................................ 222 5. Mosaikbetrachtung ............................................................................. 222 6. Fazit ................................................................................................... 223 II. Kartellrecht ........................................................................................... 223 1. Verhältnis zu Art. 101, 102 AEUV ..................................................... 224 2. Anknüpfungspunkt ............................................................................. 224 a) Markt .............................................................................................. 224 b) Beeinträchtigung ............................................................................. 225 c) Spürbarkeitsschwelle ...................................................................... 225 d) Mittelbare Schäden ......................................................................... 227 e) Abwägungslösung ........................................................................... 228 f) Mosaikbetrachtung .......................................................................... 228 aa) Art. 6 III lit. a Rom II-VO .......................................................... 228 bb) Art. 6 III lit. b Rom II-VO ......................................................... 229 3. Fazit ................................................................................................... 231 D. Immaterialgüterrecht .............................................................................231 I. Urheberrecht .......................................................................................... 231 1. Einleitung ........................................................................................... 231 2. Spürbarkeitsschwelle .......................................................................... 232 a) Kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle ...................................... 233 aa) Einschränkung durch Auslegung ................................................ 233 bb) Teleologische Reduktion ........................................................... 233 (1) Zulässigkeit einer teleologischen Reduktion ........................... 234 (2) Praktische Umsetzung ............................................................. 234 b) Sachrechtliche Spürbarkeitsschwelle .............................................. 235
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Inhaltsverzeichnis
3. Rechtsmissbrauch ............................................................................... 235 4. Mosaikbetrachtung ............................................................................. 236 5. Fazit ................................................................................................... 237 II. Marken- und Patentrecht ....................................................................... 238 E. Verbraucherschutz durch Verbandsklagen .............................................238 I. Einleitung............................................................................................... 238 II. Der Unterlassungsanspruch ................................................................... 239 III. AGB-Kontrolle .................................................................................... 240 1. Vorfrage ............................................................................................. 240 2. Rechtswahlklausel .............................................................................. 242 IV. Anknüpfung ........................................................................................ 243 V. Mosaiktheorie ....................................................................................... 243 F. Unionsweite Schutzrechte.......................................................................244 I. Gemeinschaftsgeschmacksmuster .......................................................... 244 II. Unionsmarkenverordnung ..................................................................... 246 G. Datenschutzrecht ...................................................................................246 I. Außen-IPR ............................................................................................. 246 II. Innen-IPR ............................................................................................. 247 III. Reichweite ........................................................................................... 248 H. Fazit ......................................................................................................250
4. Teil – Ergebnisse ................................................................. 252 Rechtsprechungsverzeichnis ...................................................................... 259 Literaturverzeichnis ................................................................................... 265 Sachverzeichnis ......................................................................................... 291
Abkürzungsverzeichnis A b k ü r z u n g s v er ze ic h n is
a.A. a.a.O. ABGB Abs. AcP AEUV AfP AG AGBG allg. AllgPersönlR Anm. Art. AStV Aufl. AVR BayObLG BB BDSG BeckOGK BeckOK BeckRS Begr. Beschl. BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ bpb Brüssel IIa-VO
BT-Drs. BVerfG BVerfGE bzw.
andere Absicht am angegebenen Ort Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) Absatz Archiv für civilistische Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Archiv für Presserecht Amtsgericht Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein Allgemeines Persönlichkeitsrecht Anmerkung Artikel Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten Auflage Archiv für Völkerrecht Bayerisches Oberstes Landesgericht BetriebsBerater Bundesdatenschutzgesetz Beck’scher Onlinegroßkommentar Beck’scher Onlinekommentar Beck Rechtsprechung Begründer Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundeszentrale für politische Bildung Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise
XX
Abkürzungsverzeichnis
CD CDC CNIL CR
Compact Disc Cartel Damage Claims Commission Nationale de l’Informatique et des Libertés Computer und Recht
D.C. Cir. D.C. d.h. DatenschutzR ders. DesignG dies. DPMA DSGVO
District of Columbia Circuit District of Columbia das heißt Datenschutzrecht derselbe Designgesetz dieselbe Deutsches Patent- und Markenamt Datenschutzgrundverordnung
ebd. ECLI ecolex ECPIL EG EGMR Einl. EIPR EMRK endg. ePaper EPÜ ErwGr. EU EuCML EuEheVO
EuIPR EuR europ. EuZPR EuZW EWS
ebenda European Case Law Identifier Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht European Commentaries on Privat International Law Europäische Gemeinschaften Europäischer Gerichtshof für Menschenrecht Einleitung European Intellectual Property Review Europäische Menschenrechtskonvention endgültig Elektronische Zeitung Europäisches Patentübereinkommen Erwägungsgrund Europäische Union Journal of European Consumer and Market Law Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung Europäische Erbrechtsverordnung Gerichtshof der Europäischen Union Europäische Güteverordnung Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen Europäisches Internationales Privatrecht Europarecht europäisch Europäisches Zivilprozessrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht
f.
folgend
EuErbVO EuGH EuGüVO EuGVÜ EuGVVO
Abkürzungsverzeichnis
XXI
ff. Fn. FS
folgende Fußnote Festschrift
GA GdP gew. GG GGM GGVO GmbH GmbHG GPR GRChr. grds. GRUR Int.
GS
Generalanwalt Gewerkschaft der Polizei gewöhnlich Grundgesetz Gemeinschaftsgeschmacksmuster Gemeinschaftgeschmacksmusterverordnung Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union Grundrechtecharta grundsätzlich Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungsreport Gedächtnisschrift
h.M. Hrsg.
herrschende Meinung Herausgeber
i.H.v. i.S.d. i.V.m. IDEA
in Höhe von im Sinne der in Verbindung mit The Law Revie of the Franklin Pierce Center for Intellectual Property Internationales Handelsrecht Zeitschrift für das Recht des internationalen Warenkaufs und Warenvertriebs Inoffizieller Mitarbeiter Immaterialgüterrecht Incorporated Zeitschrift für Politik und Gesellschaft Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft international Internationales Kartellrecht Internationales Lauterkeitsrecht Internationales Wettbewerbsrecht Internationales Wettbewerbsrecht Zeitschrift Internationale Politik und Gesellschaft Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Der Informationsdienst für das Recht des geistigen Eigentums
GRUR GRUR-RR
IHR IM ImmatGüterR Inc. INDES InfoSoc-RL
int. IntKartellR IntLauterkeitsR IntWettbewerbsR IntWettbR IPG IPR IPRax IPRB
XXII
Abkürzungsverzeichnis
IPRG IZPR IZVR
Gesetz zum Internationalen Privatrecht Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht
JA JPIL JurisPK jurisPR-ITR jurisPR-IWR JZ
Juristische Arbeitsblätter Journal of Private International Law juris Praxiskommentar juris PraxisReport IT-Recht juris PraxisReport Internationales Wirtschaftsrecht Juristenzeitung
K&R Kap. KartellprivatR KG KJ KOM KUG KUR
Kommunikation und Recht Kapitel Kartellprivatrecht Kammergericht Kritische Justiz Kommission Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie Kunst und Recht
LauterkeitsR lit. LMK LPG Ls. Ltd. LugÜ
Lauterkeitsrecht litera Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring Landespressegesetz Leitsatz Limited Lugano-Übereinkommen
m.w.N. MarkenG MarkenR Mitt. MMR Motive Mrd. MUJLT MüKo
mit weiteren Nachweisen Markengesetz Markenrecht Mitteilung der deutschen Patentanwälte Multimedia und Recht Motive zu den Entwürfen eines Bürgerlichen Gesetzbuches Milliarden Masaryk University Journal of Law and Technology Münchener Kommentar
NJOZ NJW NJW-RR No. Nr. NZKart
Neue juristische Onlinezeitung Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Number Nummer Neue Zeitschrift für Kartellrecht
ÖJZ OLG OGH
Österreichische Juristenzeitung Oberlandesgericht österreichischer Oberster Gerichtshof
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
OVG ÖZP
Oberverwaltungsgericht Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaften
PatG PatR PCT
Patentgesetz Patentrecht Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens Public Politische Vierteljahresschrift Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums
pub. PVS PVÜ
RabelsZ RBÜ RG RGBl. RIW Rn. Rom II-VO Rom I-VO Rspr. S. s. S.D.N.Y SE SEC(2004) 995 SortSchG SortVO Sp. z o. o. StGB StIGH StPO str. st. Rspr. TRIPS
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst Reichsgericht Reichsgesetzblatt Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Rechtsprechung Seite siehe South District of New York Europäische Gesellschaft Commission Staff Working Paper on the review of the EC legal framework in the field of copyright and related rights Sortenschutzgesetz Sortenschutzverordnung Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością Strafgesetzbuch Ständiger Internationale Gerichtshof Strafprozessordnung strittig ständige Rechtsprechung
Tz.
Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums Textziffer
u.a. U.S. UFITA
unter anderem / und andere United States Archiv für Medienrecht und Medienwissenschaft
XXIV UGP-RL
Abkürzungsverzeichnis
UKlaG UKlaRl UMVO UPR UrhG UrhR Urt. USA UWG
Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern Unterlassungsklagengesetz Unterlassungsklagenrichtlinie Unionsmarkenverordnung Urheberpersönlichkeitsrecht Urhebergesetz Urheberrecht Urteil United States of America Gesetz über den unlauteren Wettbewerb
v. VersR vgl. VKI VO VRLehre VuR
von/vom Versicherungsrecht vergleiche Verband für Konsumenteninformation Verordnung Völkerrechtslehre Verbraucher und Recht
WM WRP WuW
Zeitschrift für Wirtschaft- und Bankenrecht Wettbewerb und Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb
ZaöRV
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ZD ZEuP ZfPW ZfRV ZGB ZGE ZHG ZPO ZUM ZUM-RD zust. ZVglRWiss ZWeR ZZP ZZPInt.
Einleitung E in le itu n g
A. Problemstellung A . Pr o b le ms te llu n g
Die Welt wächst immer weiter zusammen. Zwar sind in verschiedenen Staaten der Erde Renationalisierungstendenzen zu erkennen,1 doch können auch sie nicht verhindern, dass die Globalisierung alle Lebensbereiche erfasst. Eine verbesserte Infrastruktur ermöglicht es, in kurzer Zeit weite Strecken zurückzulegen. Die europäische Binnenmigration wird ergänzt durch Menschen, die aus anderen Kontinenten nach Europa ziehen. Gleichzeitig ist in Europa ein riesiger, in weiten Teilen vereinheitlichter Binnenmarkt entstanden, der die klassischen Staatsgrenzen überschreitet. Wenn wir im Internet etwas bestellen, ist es unerheblich, ob das Produkt aus Dänemark, Belgien oder Bayern kommt. Dabei war die Europäische Union nie nur ein wirtschaftspolitisches Projekt, sondern immer auch die Idee einer neuen, postnationalen Struktur.2 Reisen innerhalb der Europäischen Union war noch nie so einfach wie heute. Nicht nur, dass Grenzkontrollen weitgehend verschwunden sind,3 auch durch immer bessere Transportmöglichkeiten können wir in wenigen Stunden hunderte Kilometer zurücklegen. Austauschprogramme etwa für Schüler, Auszubildende, Studierende und Wissenschaftler führen zu Kontakten in der ganzen Welt. Auch das Internet verbindet Menschen an unterschiedlichen Orten. Mit mobilen Endgeräten können von fast jedem Ort der Welt Nachrichten gesendet und Inhalte abgerufen werden. Immigranten bringen ihre Kultur und Sprache in andere Länder. Die Welt wird internationaler – und die nationalstaatliche Demokratie gerät unter Druck.
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Aktuell auffälligstes Beispiel ist der „Brexit“, aber insgesamt gibt es regelmäßig Debatten, die Globalisierung zu verlangsamen oder zurückzudrehen; Aigner, Europa zwischen Globalisierung und Renationalisierung, S. 12; Grzeszczak, in: Renationalisation of the Integration Proces, S. 7. Vor einer Renationalisierung der EU warnte bereits Zürn, PVS 47 (2006), 242, 249. Vgl. auch die politikwissenschaftliche Debatte um die Erklärung des Populismus, etwa Manow, Politische Ökonomie des Populismus, S. 61 ff. (populistischer Protest als Reaktion auf Globalisierungsprozesse). 2 Römhild, in: Turbulente Ränder, S. 211. 3 Insbesondere durch die Schengen-Abkommen. Siehe dazu den Schengen-acquis, Beschluss 1999/435/EG. Das dänische Modell, wieder Grenzkontrollen einzuführen, hat zum Glück keine Nachahmer gefunden.
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Einleitung
Die Globalisierung hat die Souveränität und die Macht der Nationalstaaten in Frage gestellt:4 Viele Herausforderungen können heute nicht mehr auf nationalstaatlicher Ebene bewältigt werden,5 globale oder transnationale Unternehmen nehmen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung,6 Mobilitätsbewegungen und Handelsströme erschüttern das auf dem Territorialprinzip fußende demokratische System,7 und mit dem Internet wurde ein Raum geschaffen, den ein Staat nicht alleine regulieren kann und darf.8 Doch ist Globalisierung kein neues, sondern ein sehr altes Phänomen.9 Auch die Debatte, wie Recht mit Sachverhalten umgehen soll, die sich in verschiedenen Staaten abspielen, ist nicht neu.10 Auch die Besonderheiten, welche die Universalität des Internets mit sich bringt, werden schon lange diskutiert.11 Im Kern beschäftigt Wissenschaft und Politik immer wieder der Konflikt zwischen demokratischer Partizipation und dem effektiven Schutz des einzelnen Staatsbürgers vor Handlungen aus dem Ausland. Der effektivste und umfassendste Schutz wäre die Handlung zu verbieten. Der Ausländer würde damit aber einem Recht unterworfen, auf das er keinen Einfluss hat. Die Freiheitsbeschränkung des Ausländers kann zu einer Gegenreaktion seines Heimatstaates führen. Das Ergebnis sind Justizkonflikte.12
4 Malanczuk, in: Weltstaat oder Staatenwelt?, S. 171, 198 (und passim); H. Wilke, Dezentrierte Demokratie, S. 26 ff. Insbesondere stellt auch die auch durch die Globalisierung ausgelöste Beschleunigung, die Demokratien vor Probleme, Rosa, Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung, S. 357 ff. 5 Bestes Beispiel dafür ist der Klimawandel, zu dessen Eindämmung zahlreiche internationale Konferenzen stattfinden, insbesondere die UN-Klimakonferenzen. Zum Kompetenzverlust zugunsten der Europäischen Union H. Wilke, a.a.O., S. 37. 6 Crouch, Postdemokratie, S. 45 ff. 7 Maus, in: Weltstaat oder Staatenwelt?, S. 226 ff. Vgl. H. Wilke, Dezentrierte Demokratie, S. 26 ff. Wenn nämlich Recht in Territorien gedacht wird, in denen die dort lebende Bevölkerung an der Rechtssetzung beteiligt wird, entzieht ein Wechsel dieser Bevölkerung dem Recht die demokratische Legitimation. Wie schwer es einer Gesellschaft fällt, auch neue Mitbewohner zu beteiligen, zeigt BVerfGE 83, 37 – Ausländerwahlrecht I. 8 Was Staaten wie die VR China nicht davon abhält, dies zu versuchen. 9 Malanczuk, in; Weltstaat oder Staatenwelt?, S. 171, 179. 10 Etwa Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts (1975); Schack, Die grenzüberschreitende Verletzung allgemeiner und Urheberpersönlichkeitsrechte, UFITA 108 (1988), 51 ff. 11 Siehe die zahlreichen Veröffentlichungen um die Jahrtausendwende, etwa nur exemplarisch Schack, JZ 1998, 753 ff. (Geistiges Eigentum); ders., MMR 2000, 59 ff. (IPR) und 135 ff. (IZVR); v. Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet (1999); Kur, WRP 2000, 935 ff. (Markenrecht); Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203 ff. (Vertrags- und Deliktsrecht). 12 Siehe etwa Schlosser, Justizkonflikt zwischen den USA und Europa (passim); Schack, IZVR, Rn. 817 ff.
A. Problemstellung
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Unser Leben wird internationaler, doch das Recht ist noch weitgehend national. Nationale Gerichte entscheiden auf Grundlage nationalen Rechts. Durch Rechtsvereinheitlichung, Kollisions- und internationales Zuständigkeitsrecht versuchen wir, die zunehmende Globalisierung in den Griff zu bekommen. Besondere Probleme bereitet der Unterlassungsanspruch. Mit ihm will der Kläger dem Beklagten eine bestimmte Handlung oder deren Auswirkungen untersagen. Wenn aber unser Leben und Handeln immer weniger an Staatsgrenzen Halt macht, fragt sich, ob dies nicht auch für den Unterlassungsanspruch gelten muss. Kann etwa ein deutsches Unternehmen einem dänischen Hotel untersagen, eine dänische Domain zu verwenden, die einer in Deutschland geschützten Marke ähnelt?13 Darf ein US-amerikanisches Gericht einem italienischen Unternehmen verbieten, auf seiner Homepage Produkte anzubieten, weil dies eine US-amerikanische Marke verletzt – auch wenn das Unternehmen in Italien die Marke selbst hat schützen lassen?14 Dürfen deutsche Gerichte Facebook dazu verpflichten, einen rechtswidrigen Inhalt weltweit und nicht nur in Deutschland zu sperren?15 Und reicht der Löschungsanspruch der DSGVO über Europa hinaus?16
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BGH GRUR 2005, 431 – Hotel Maritime, siehe unten S. 28. Playboy Enterprises, Inc. v. Chuckleberry Pub., Inc., 939 f. Supp. 1032 (S.D.N.Y. 1996), siehe unten S. 28. 15 Vgl. LG Würzburg MMR 2017, 347; LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris), siehe unten S. 97 ff. 16 Siehe EuGH ECLI:EU:C:2019:772 – Google/CNIL, siehe unten S. 250 ff. 14
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Einleitung
B. Gang der Untersuchung B. G a n g d e r U n te r s uc h u n g
Die territoriale Reichweite eines Unterlassungsanspruchs berührt verschiedene Fragen des Völker-, Zuständigkeits- und Kollisionsrechts. Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Thema in vier Teilen. Zunächst sollen die unterschiedlichen nationalen Unterlassungsansprüche dargestellt werden, die im besonderen Maße grenzüberschreitende Bedeutung haben. Dabei wird ein Fokus auf die Unionsschutzrechte und die Datenschutzgrundverordnung gelegt. Im ersten Teil wird außerdem geprüft, ob das Völkerrecht diesen Ansprüchen Grenzen setzt und welche Aussagen es zum Zuständigkeits- und Kollisionsrecht trifft. Für die Reichweite von Unterlassungsansprüchen ist insbesondere die Kognitionsbefugnis der zuständigen Gerichte von Bedeutung. Damit beschäftigt sich der zweite Teil, wobei zunächst ermittelt wird, welches Gericht international zuständig ist. Da das Kollisionsrecht bestimmt, welches Recht auf eine Handlung oder deren Auswirkungen anzuwenden ist und wie weit der materielle Anspruch reicht, wird im dritten Teil das Kollisionsrecht behandelt. Hier geht es insbesondere darum, ob die Gerichte sich auf ein nationales Recht konzentrieren können oder ob verschiedene Rechtsordnungen nebeneinander anzuwenden sind. Im vierten Teil werden die Ergebnisse zusammengefasst und Thesen formuliert. Eine umfassende Behandlung der territorialen Reichweite von Unterlassungsansprüchen fehlt bislang. Zu einzelnen Fragen, wie etwa der Kognitionsbefugnis oder einer kollisionsrechtlichen Mosaikbetrachtung gibt es bereits eine langjährige Debatte.17 Eine Untersuchung, die Zuständigkeits- und Kollisionsrecht verknüpft und dabei nicht nur einen Anspruch betrachtet, liegt bis jetzt nicht vor. Soweit ersichtlich, hat sich nur Helmut Köhler18 in Anschluss an Hans-Jürgen Ahrens19 mit der Frage der territorialen Reichweite wettbewerbsrechtlicher Unterlassungstitel beschäftigt. Dabei geht Köhler anders an die Frage heran und betrachtet den bereits ergangenen Titel und wie weit dieser wirkt. Hier soll aber geprüft werden, ob aufgrund eines materiellen Anspruchs ein grenzüberschreitender Titel erlassen werden kann, der die Handlung oder Auswirkungen der Handlung in mehreren Territorien verbieten kann.
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Siehe die Nachweise in den jeweiligen Kapiteln. H. Köhler, Zur territorialen Reichweite wettbewerbsrechtlicher Unterlassungstitel, FS Ahrens, S. 111 ff. 19 Ahrens, in: Wettbewerbsprozess, Kap. 16 Rn. 9 f. 18
1. Teil
Materieller Anspruch und Völkerrecht 1 . T e il – M a te r ie lle r A n s p r u c h u n d V ö lk e rr ec h t
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch A . D e r gr e nz ü b er s c h re ite n d e U n te r la s s u n g s a n s p r uc h
Einen Schaden zu vermeiden, ist sinnvoller, als ihn später zu beheben; „Schadenverhütung ist besser als Schadenvergütung“1. Rechtlich findet sich dieser Gedanke in den Maßnahmen des vorbeugenden Rechtsschutzes wieder. Damit sind Instrumente gemeint, mit denen künftige Beeinträchtigungen rechtlich abgewehrt werden können.2 Dazu zählt insbesondere die Unterlassungsklage,3 die im Zentrum dieser Arbeit steht.4 I. Historischer Hintergrund Das Bedürfnis nach einem vorbeugenden Rechtsschutz ist alt. Unser heutiges Verständnis beruht auf dem römischen Recht.5 Bereits das klassische römische Recht kannte Formen vorbeugenden Rechtsschutzes,6 die allerdings mit dem heutigen Verständnis nur wenig gemein haben7. Ausgangspunkt war der Schutz des Eigentums: So standen dem Eigentümer mehrere Klagen zur Verfügung, um sich gegen Behauptungen zu wehren, jemandem, stehe ein Recht an seinem Eigentum zu.8 Diese als actio negatoria bezeichnete Klage9 ist der Vorläufer des heutigen § 1004 BGB.10 Mit der actio negatoria konnte der Eigentümer feststellen lassen, dass sein Eigentum frei von anderen Rechten war.11 Damit 1
Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 1008. Henckel, AcP 174 (1974), 97, 98. 3 Eltzbacher, Unterlassungsklage, S. 1. 4 Nicht behandelt werden der einstweilige Rechtsschutz und die vorbeugende Feststellungsklage. 5 Eltzbacher, Unterlassungsklage, S. 6. 6 Kötz, AcP 174 (1974), S. 145, 146; Hohloch, Negatorische Ansprüche, S. 21 f. 7 Oppermann, Unterlassungsanspruch, S. 104 f.; Fritzsche, Unterlassungsanspruch, S. 15. 8 Kaser, Römisches Privatrecht, S. 437; Picker, Negatorischer Beseitigungsanspruch, S. 62; Hohloch, Negatorische Ansprüche, S. 21 f.; Oppermann, Unterlassungsanspruch, S. 104; Rabel, Römisches Privatrecht, S. 57. Siehe auch unten S. 194 f. 9 Kaser, Römisches Privatrecht, S. 437 f. 10 Picker, Negatorischer Beseitigungsanspruch, S. 61; Kötz, AcP 174 (1974), S. 145, 161; Oppermann, Unterlassungsanspruch, S. 104 f.; Fritzsche, Unterlassungsanspruch, S. 15. 11 Picker, Negatorischer Beseitigungsanspruch, S. 62. 2
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
war es aber nicht möglich, sonstige Schadenszufügungen abzuwehren.12 Dafür musste sich der Eigentümer anderer Rechtsbehelfe bedienen.13 Bereits im justinianischen Recht wurde die Klagemöglichkeit erweitert, sodass auch tatsächliche Einwirkungen abgewehrt werden konnten,14 wenn die zugrunde liegende Handlung noch als Servitut gedeutet werden konnte.15 Bis ins 18. Jahrhundert wurde die actio negatoria als eine Klage betrachtet, um angemaßte Rechte abzuwehren.16 Die Entwicklung zu einer Eigentumsschutzklage erfolgte erst um die Wende zum 19. Jahrhundert17 und war im Zeitpunkt der Entstehung des BGB abgeschlossen.18 Schon bevor das BGB in Kraft trat, hatte die Rechtsprechung weitere Schutzobjekte, etwa zum Schutz des Namens, der väterlichen Gewalt und des vertraglichen Forderungsrechts, anerkannt.19 Trotzdem schützt der Wortlaut des § 1004 I 2 BGB nur das Eigentum. Daneben finden sich im BGB an verschiedenen Stellen weitere Unterlassungsansprüche. Das Reichsgericht erweiterte den Unterlassungsanspruch: Daraus, dass der Gesetzgeber einzelne Unterlassungsansprüche normiert hat, könne nicht geschlossen werden, dass er weitergehende Ansprüche ausschließen wolle.20 So entschied das Reichsgericht bereits 1905, dass auch die Verbreitung von Unwahrheiten, die kreditgefährdend sind, analog §§ 12, 862 und 1004 BGB untersagt werden können.21 Der Unterlassungsanspruch hat sich somit aus dem Schutz des Eigentums, genauer aus dem Schutz des Grundeigentums, entwickelt. Bereits bei Beeinträchtigung des Grundeigentums sind grenzüberschreitende Probleme denkbar. Insbesondere durch Immissionen können Streitigkeiten entstehen, bei denen Emittent und geschädigter Eigentümer nicht im selben Staat sind.22 Ende des 19. Jahrhunderts häuften sich die Fälle, in denen es nicht mehr nur um den Schutz des Grundeigentums ging.23
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Hohloch, Negatorische Ansprüche, S. 23; Schulz, Roman Law, S. 375. Hohloch, Negatorische Ansprüche, S. 23; a.A. Eltzbacher, Unterlassungsklage, S. 9. 14 Picker, Negatorischer Beseitigungsanspruch, S. 63; Hohloch, Negatorische Ansprüche, S. 23. 15 Hohloch, Negatorische Ansprüche, S. 23. 16 Baur, AcP 160 (1961), 465, 475. 17 So etwa v. Holzschuher/Kuntze, Zivilrecht Band 2, S. 307; Picker, Negatorischer Beseitigungsanspruch, S. 65 f. Baur, AcP 160 (1961), 465, 476 datiert die Entstehung in die Mitte des 18. Jahrhunderts. 18 Motive III, S. 422. 19 Eltzbacher, Unterlassungsklage, S. 42 m.w.N. 20 RGZ 48, 114, 119. 21 RGZ 60, 6, 7; bestätigt durch RGZ 61, 366; ablehnend Stephan, Unterlassungsklage, S. 149 ff. 22 Vgl. etwa EuGH ECLI:EU:C:1976:166 – Mines de Potasse (Schmutzwasser); OGH IPRax 2005, 256 mit Anm. Schack, IPRax 2005, 262 ff. (Atomkraftwerk). 23 Kötz, AcP 174 (1974), S. 145, 146. 13
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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II. Persönlichkeitsrechte Praktisch besonders relevant sind die Persönlichkeitsrechte. Die Erkenntnis, dass die Persönlichkeit eine besondere Bedeutung hat, ist ein Kind der Aufklärung und des Idealismus.24 Daraus erwuchs die Forderung, dass die Persönlichkeit besonders zu schützen sei.25 Fichte sah im Schutz der Persönlichkeit gar „die erste und höchste Pflicht des Staates“.26 Und Kohler wunderte sich noch 1905, dass es immer noch Skeptiker des Persönlichkeitsschutzes gab, da doch „das Recht an der Persönlichkeit […] das erste und heiligste Recht“ sei.27 Begründet wurde der Schutz der Persönlichkeit insbesondere mit naturrechtlichen Erwägungen.28 Dennoch wurde das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht kodifiziert, wohingegen die besonderen Persönlichkeitsrechte schon früh anerkannt wurden. Allen Persönlichkeitsrechten ist gemein, dass sie besonders verletzlich sind. Während das Sacheigentum regelmäßig nur an einem, dem Belegeinheitsort verletzt werden kann,29 droht der Persönlichkeit an vielen Orten der Welt Gefahr. Während der Sacheigentümer sein Eigentum einschließen kann, ist die Persönlichkeit den Angriffen Dritter schutzlos ausgesetzt.30 1. Besondere Persönlichkeitsrechte Schon vor der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den BGH31 existierten einige besondere Persönlichkeitsrechte,32 etwa das Namensrecht in § 12 BGB und das Recht am eigenen Bild in § 22 KUG. 1912 erkannte das Reichsgericht ein Urheberpersönlichkeitsrecht an und ließ im konkreten Fall die Rechte des Eigentümers des Wandgemäldes zurücktreten33. Seitdem haben sich weitere Persönlichkeitsrechte entwickelt, die wie das Datenschutzrecht eigenständige Bedeutung haben.34
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Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 85. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 85. 26 Fichte, Grundlage des Naturrechts, S. 318. 27 J. Kohler, Das Eigenbild im Recht, S. 5. 28 Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 85 ff.; Kastl, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, S. 9 ff. 29 Besonderheiten ergeben sich etwa bei Nutzungsbeeinträchtigungen, siehe unten S. 193 f. 30 Vgl. Schack, UFITA 108 (1988), 51. 31 BGHZ 13, 334 – Leserbriefe. 32 Schack, UrhR, Rn. 46. 33 RGZ 79, 397 – Felseneiland mit Sirenen. Ein „Meilenstein in der Entwicklung des UPR“, Schack, GRUR 1985, 352. 34 Der Datenschutz hat sich zu einer eigenständigen Rechtsmaterie entwickelt, die inzwischen grenzüberschreitend durch den Unionsgesetzgeber geregelt wird. Zum Datenschutzrecht ausführlich unten S. 19 ff. 25
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
a) Namensrecht, § 12 BGB Einen eigenständigen Unterlassungsanspruch zum Schutz des Namens gewährt § 12 S. 2 BGB. Das Namensrecht ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts,35 mithin ein besonderes Persönlichkeitsrecht. Mit Hilfe des Namens kann eine Person von anderen unterschieden werden.36 Doch ist der Name auch Ausdruck von Identität und Individualität37 und grundrechtlich nach Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG geschützt.38 Grundsätzlich ist § 12 BGB wegen seiner systematischen Stellung nur auf natürliche Personen anwendbar,39 wird allerdings durch die Rechtsprechung auf politische Vereine,40 Gewerkschaften,41 Parteien,42 Religionsgemeinschaften43 und Gesellschaften44 erweitert.45 Verletzt wird das Namensrecht, wenn der Name bestritten oder unbefugt verwendet wird.46 Eine solche Verletzung macht selbstredend nicht an Staatsgrenzen halt. Besondere Bedeutung – auch ohne grenzüberschreitende Wirkung – erfährt das Namensrecht im Internet. So kann der Name unbefugt etwa als Pseudonym auf einer Homepage genutzt werden.47 Von besonderer (auch wirtschaftlicher) Relevanz ist die Domain selbst. Sowohl der eigentliche Domainname, die sog. Second-Level-Domain, aber auch die Verbindung von Second-Level- und TopLevel-Domain können namensrechtlich relevant sein.48 Zum einen kann durch
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BGHZ 30, 7, 11 – Caterina Valente; deutlicher BGHZ 143, 214, 218 – Marlene Diet-
rich. 36 BVerfGE 97, 391, 399 – Missbrauchsbezichtigung; 109, 256, 266 – Vorehename; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 276. 37 BVerfGE 78, 38, 46 – Gemeinsamer Familienname; 97, 391 – Missbrauchsbezichtigung; 109, 256, 266 ff. – Vorehename; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 276. 38 BVerfGE 109, 256, 266 – Vorehename. 39 Der Wortlaut hingegen beschränkt den Anwendungsbereich des § 12 BGB nicht auf natürliche Personen, so aber Säcker, in: MüKo-BGB § 12 BGB Rn. 18. 40 BGH NJW 1970, 1270 ff. – Weserklause. 41 BGHZ 43, 245 ff. – GdP. 42 BGHZ 79, 265. 43 BGHZ 161, 216 – Pro Fide Catholica. 44 Säcker, in: MüKo-BGB § 12 Rn. 20 m.w.N. 45 Wobei str. ist, ob es sich dann noch um ein Persönlichkeitsrecht handelt, siehe unten Fn. 491. 46 Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 277; Leyendecker-Langner, in: BeckOK-InfoMedienR § 12 BGB Rn. 22. 47 Vgl. Wüllrich, Das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen im Internet, S. 129; Gounalakis/Rhode, Persönlichkeitsschutz im Internet, Rn. 42. 48 Top-Level-Domain ist die Domainendung, also „.de“ oder „.com“, Second-Level-Domain der Bereich davor, also „uni-kiel“ oder „google“.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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die Wahl der Domain ein fremdes Namensrecht verletzt werden,49 zum anderen ist auch ein eigenständiger Schutz des Domainnamens selbst möglich50. Wählt eine Person einen fremden Namen für die Domain, so kann dies einen Unterlassungsanspruch des Namensinhabers begründen. Der Anspruch entsteht bereits mit der Registrierung der Domain, auch wenn diese noch nicht aktiv genutzt wird.51 Problematischer ist es, wenn mehrere Personen denselben Namen haben, also grundsätzlich zur Namensführung berechtigt sind. Die Problematik der Namensgleichheit ist dabei keine Besonderheit des Internets, vielmehr besteht das Problem auch in der analogen Welt.52 Bei Domains gilt im Grundsatz das Prioritätsprinzip.53 Von diesem weicht der BGH allerdings ab, wenn die Interessen einer der Parteien stark überwiegen.54 § 12 BGB verpflichtet aber nur zur Löschung der Domain, nicht zur Übertragung auf den Berechtigten.55 Damit der Domainname selbst, d.h. unabhängig vom Namen des Inhabers, Namensschutz erfährt, muss er als Herkunftshinweis auf die hinter der Homepage stehende Person fungieren.56 Weiter muss die Domain in diesem Fall auch tatsächlich genutzt werden, ein bloßes Registrieren der Domain begründet noch keinen Namensschutz.57 Weitere Ansprüche bezüglich Domainnamen können sich aus dem MarkenG ergeben.58
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BGHZ 149, 191, 198 – shell.de; BGH NJW 2005, 1196 f. – mho.de; BGH GRUR 2014, 506 – sr.de; Eck/Stief, FS Ahrens, S. 65, 67; Heine, in: MüKo-BGB § 12 Rn. 245 ff. 50 Gounalakis/Rhode, Persönlichkeitsschutz im Internet, Rn. 45; Wüllrich, Das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen im Internet, S. 133 ff.; Leyendecker-Langner, in: BeckOK-InfoMedienR § 12 BGB Rn. 46; ders., MMR 2014, 288; Heine, in: MüKo-BGB § 12 BGB Rn. 240; Bücking, NJW 1997, 1886 f. 51 BGHZ 149, 191, 199 – shell.de; BGH NJW 2005, 1196, 1197 – mho.de; Heine, in: MüKo-BGB § 12 Rn. 249; Leyendecker-Langner, MMR 2014, 288, 289 f. 52 BGHZ 149, 191, 204 ff. – shell.de; Linke, CR 2002, 271, 272. 53 BGHZ 148, 1, 10 – Mitwohnzentrale.de; 149, 191, 200 – shell.de. 54 BGHZ 149, 191, 201 f. – shell.de. 55 Linke CR 2002, 271, 276. 56 Heine, in: MüKo-BGB § 12 Rn. 241; Leyendecker-Langner MMR 2014, 288; vgl. BGH NJW 2005, 1198, 1199 – soco.de; BGH NJW 2008, 3716, Tz. 22 – afilias.de zu Unternehmenskennzeichen. 57 Heine, in: MüKo-BGB § 12 Rn. 242. 58 §§ 5, 15 MarkenG verdrängen § 12 BGB nur innerhalb des Kennzeichenrechts. Außerhalb dessen bleibt der Anspruch aus § 12 BGB bestehen, BGH NJW 2008, 3716 Tz. 10 – afilias.de. Zur Domain im Markenrecht siehe unten S. 27 f.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Da das Internet nicht an Staatsgrenzen haltmacht, sind grenzüberschreitende Fälle vorprogrammiert. So ist problematisch, ob die Registrierung einer ausländischen Top-Level-Domain, wie etwa .dk oder .pl, mit § 12 BGB abgewehrt werden kann.59 b) Urheberpersönlichkeitsrecht, §§ 12 ff. UrhG Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt die Beziehung des Urhebers zu seinem Werk.60 Schon vor seiner Kodifizierung 1965 in § 12 ff. UrhG erkannte das Reichsgericht dem Urheber, einen besonderen Persönlichkeitsrechtsschutz zu.61 Seit 1928 ist es in Art. 6bis Bestandteil des RBÜ,62 auch wenn die Länder, die dem Copyright-Grundsatz folgen, sich gegen die Einführung wehrten63. Seitdem findet sich das Urheberpersönlichkeitsrecht in den Rechtsordnungen zahlreicher Staaten.64 In Deutschland diskutiert man das Urheberpersönlichkeitsrecht seit dem 19. Jahrhundert.65 aa) Urheberpersönlichkeitsrecht in Deutschland §§ 12–14 UrhG enthalten die wichtigsten Befugnisse, die sich aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht ergeben: das Veröffentlichungsrecht, das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht gegen Entstellung des Werkes. Diese Liste ist nicht abschließend, vielmehr wird sie ergänzt etwa durch das Zugangsrecht in § 25 UrhG und die Rückrufrechte in §§ 34 III 2, 41, 42 UrhG.66 Das Urheberpersönlichkeitsrecht unterscheidet sich von den anderen Persönlichkeitsrechten dadurch, dass es ein schutzfähiges Werk voraussetzt.67 Es schützt die Beziehung des Urhebers zu seinem Werk, wohingegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Urheber unabhängig von einem Werk schützt.68 Deshalb unterfällt das Recht der Nicht-Urheberschaft (droit de non59
Grundsätzlich ist dies möglich BGH GRUR 2016, 810 Tz. 45 – profitbricks.es; OLG Köln MMR 2010, 616 – www.fcbayern.es. 60 Statt aller Schack, UrhR, Rn. 353. 61 RGZ 79, 397 – Felseneiland mit Sirenen, siehe auch oben S. 7. 62 Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 235 f.; Schack, UrhR, Rn. 354. 63 Doutrelepont, GRUR Int. 1997, 293, 295. Die Aufnahme des UPR in das RBÜ sorgte auch in der dt. Rechtswissenschaft für Diskussion, Elster, RabelsZ 6 (1932), 903. 64 Ausführlich Elster, RabelsZ 6 (1932), 903 ff.; vgl. auch Dietz, ZUM 1993, 309, 312 ff. 65 Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 233 f.; Schack, UrhR, Rn. 354; ders., GRUR 1985, 352. 66 Schack, UrhR, Rn. 356; zu eng nur auf §§ 12 – 14 UrhG abstellend Neumann-Duesberg, UFITA 50 (1967), 464, 465. 67 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 57. 68 Runge, UFITA 54 (1969), 1, 5; Neumann-Duesberg, NJW 1971, 1640 f.; Schack, UrhR, Rn. 43; ders., GRUR 1985, 352, 353. Somit wird das aPR auch bei einem weiten Schutzbereich des UPR zum Schutz des Urhebers benötigt, Hubmann, Persönlichkeitsrecht,
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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paternité) nicht dem Urheberpersönlichkeitsrecht, sondern dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.69 Fraglich ist, wie ausgeprägt das Urheberpersönlichkeitsrecht bei den unterschiedlichen Werkarten und bei den einzelnen Werken selbst ist. So mag es noch einleuchten, dass die Werke von Schriftstellern, Malern oder Musikern einen Bezug zur Persönlichkeit des Schaffenden haben, doch fällt dieser zumindest deutlich geringer bei Computerprogrammen, Datenbanken oder Lichtbildern aus.70 Jedenfalls ist der Persönlichkeitsbezug unterschiedlich stark ausgeprägt; die Vorschriften zum Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts kennen aber keine Abstufung. Hinzu kommt, dass aufgrund der niedrigen Schöpfungshöhe (sog. „kleine Münze“) Werke geschützt werden, die keinen Urheberrechtschutz verdienen.71 Durch die fortwährende Stärkung der wirtschaftlichen Seite des Urheberrechts verblasst der persönlichkeitsrechtliche Aspekt.72 Aber auch weil immer mehr Werke geschützt werden, die nicht über ein alltägliches Schaffen hinausgehen, tritt der Persönlichkeitsbezug zurück.73 Durch digitale Techniken, insbesondere aber durch das Internet, kann das Urheberpersönlichkeitsrecht heute noch leichter verletzt werden.74 So werden digitale Inhalte oft verändert, entstellt und verbreitet, ohne dass das Namensnennungsrecht beachtet wird.75
S. 237 f. Umstritten ist, wie aPR und UPR zueinanderstehen. Während Neumann-Duesberg (UFITA 50 (1967), 464 und in: NJW 1971, 1640, 1641) annimmt, dass beide unverbunden nebeneinanderstehen, geht Schack (GRUR 1985, 352, 353 und in: UrhR, Rn. 46) davon aus, dass sie zwar nebeneinanderstehen, aber denselben Ursprung haben. Der BGH GRUR 1971, 525, 526 hingegen sieht im UPR einen „Ausschnitt und eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts“. Die praktische Relevanz dürfte gering sein (a.A. Schack, UrhR, Rn. 45). 69 Schack, GRUR 1985, 352, 353; ders., UrhR, Rn. 43; Gantz, droit de non-paternité, S. 53, 72. Neumann-Duesberg, UFITA 50 (1967), 464, 467 sieht darin ein neues, besonderes Persönlichkeitsrecht, das sich aus dem aPR gebildet hat. 70 Metzger, FS Schricker, S. 455, 458 weist darauf hin, dass es bislang noch keine Entscheidungen gegeben hat, in denen es auf das UPR des Programmierers ankam. Daneben zweifelt Metzger, a.a.O., S. 462 zu Recht, ob das „romantische Bild des Künstler-Urhebers“ überhaupt realistisch ist. Zu Computerprogrammen Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 58. 71 Kritik bei Schack, UrhR, Rn. 292 ff.; ders., FS Wandtke, S. 9, 12 ff.; Dregelies, GRUR 2018, 8, 15. 72 Metzger, FS Schricker, S. 455, 461. 73 Vgl. Metzger, FS Schricker, S. 455, 459. 74 Klass, ZUM 2015, 290, 298 f. 75 Klass, ZUM 2015, 290, 298 f.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
bb) Urheberpersönlichkeitsrecht auf europäischer Ebene Die national unterschiedliche Handhabung des Urheberpersönlichkeitsrechts (UPR) führt bei grenzüberschreitender Verbreitung zu Problemen.76 In den europäischen Rechtsakten wird das UPR bis heute ausgeklammert und ist folglich nicht harmonisiert.77 So schließen etwa die Schutzdauerrichtlinie,78 die Datenbankrichtlinie79 und die InfoSoc-Richtlinie80 das UPR ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich aus und verweisen auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten. Diese Nichtregelung könnte dazu führen, dass das UPR weiter an Bedeutung81 und das Urheberrecht auf europäischer Ebene gar seinen persönlichkeitsrechtlichen Charakter verliert.82 Dabei ist eine Harmonisierung dringend notwendig.83 Durch Art. 6bis RBÜ erfolgt zwar eine mittelbare Vereinheitlichung,84 allerdings bleibt Art. 6bis RBÜ hinter dem deutschen Schutzniveau zurück.85 Fraglich ist, ob der EuGH urheberpersönlichkeitsrechtliche Bezüge in seiner Rechtsprechung einfließen lässt oder gar ein europäisches UPR entwickelt.86
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Metzger, FS Schricker, S. 455, 465 nennt etwa Beispiele des französischen Rechts, dort wird das UPR noch stärker geschützt als in Deutschland. Vgl. auch Klass, ZUM 2015, 290, 302. 77 Vgl. Metzger, FS Schricker, S. 455, 457 ff.; Schack, ZGE 2009, 275, 278. Fischer, Perspektiven für ein Europäisches Urheberrecht, S. 327 ff.; Wandtke/Hauck, NJW 2017, 3422, 3423; SEC(2004) 995, S. 16. A.A. Ubertazzi, GRUR Int. 2018, 110 ff., dem insoweit zuzustimmen ist, als durch die Harmonisierung der Verwertungsrechte auch urheberpersönlichkeitsrechtliche Belange mit abgedeckt sein können; vgl. Wandtke/Hauck, NJW 2017, 3422, 3423; Klass, ZUM 2015, 290, 294. 78 Art. 9 und ErwGr. 20 Richtlinie 2006/116/EG vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte. In der Vorgängerfassung fand sich dies in ErwGr. 21, Richtlinie 93/98/EWG vom 29. Oktober 1993. 79 ErwGr. 28 Richtlinie 96/9/EG vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken. 80 ErwGr. 19 Richtlinie 2001/29/EG vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. 81 Dietz, GRUR Int. 1995, 670, 677; vgl. auch Metzger, FS Schricker, S. 455, 457 f. 82 Dietz, GRUR Int. 1995, 670, 677 f. 83 Schack, UrhR, Rn. 143; Asmus, Harmonisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts, S. 219; Metzger, FS Schricker, S. 455, 466 ff.; Klass, ZUM 2015, 290, 299; a.A. Fischer, Perspektiven für ein Europäisches Urheberrecht, S. 350. 84 Asmus, Harmonisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts, S. 39; Metzger, FS Schricker, S. 455, 456 f. 85 Vgl. Schack, UrhR, Rn. 354; Klass, ZUM 2015, 290, 297. 86 So etwa Gaster, ZUM 1995, 740, 750; vorsichtig bejahend Klass, ZUM 2015, 290, 292 ff.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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Dabei wird insbesondere auf die Entscheidungen Phil Collins87 sowie Deckmyn88 verwiesen. In Phil Collins führte der EuGH an, dass das UPR ein „spezifischer Gegenstand“ der nationalen Urheberrechte sei.89 Damit stellt der EuGH aber nur fest, dass auch das UPR eine Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit rechtfertigt.90 Ein europäisches UPR lässt sich hier nicht entdecken. Vielversprechender ist die Deckmyn-Entscheidung. Dort hatte eine rechtsextreme belgische Partei einen Kalender erstellt, auf dem ein Comic zu sehen war, in dem der Oberbürgermeister der Stadt Gent verschleierten Personen und Menschen mit dunkler Hautfarbe Geld zuwarf. Das Bild lehnte sich deutlich an einen berühmten Comic an. Der EuGH stellte fest, dass die Ursprungsurheber ein „berechtigte[s] Interesse“ hätten, nicht mit einer „solchen Aussage“ in Verbindung gebracht zu werden.91 Die Entscheidung des EuGH führte zu großer Aufregung in der deutschen Literatur.92 Hier soll nur interessieren, ob der EuGH ein europäisches UPR anerkannt hat. Erwägungsgrund 19 der InfoSoc-RL schließt das UPR von Anwendungsbereich der Richtlinie aus, bestimmt aber, dass die Urheberpersönlichkeitsrechte im Einklang mit der RBÜ, den WIPO-Verträgen und den nationalen Rechten auszuüben sind. Der Unionsgesetzgeber wollte also keine Harmonisierung des UPR vornehmen, er erlaubt aber, dass urheberpersönlichkeitsrechtliche Belange nach nationalem und völkerrechtlichem Verständnis herangezogen werden. Was aber meint der EuGH mit den „berechtigte[n] Interessen des Urhebers“? Falsch versteht den EuGH, wer ihm vorwirft, dass er „Gemeininteressen“ oder die Interessen von Minderheiten zu schützen versucht.93 Vielmehr geht der EuGH zutreffend vom Reputationsinteresse des Urhebers aus.94 Dabei handelt es sich um ein persönlichkeitsrechtliches Interesse, das von der Richtlinie nicht harmonisiert werden soll. Hier zeigt sich, dass die Verwertungsin-
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EuGH ECLI:EU:C:1993:847 – Phil Collins. EuGH ECLI:EU:C:2014:2132 – Deckmyn. 89 EuGH ECLI:EU:C:1993:847 Tz. 20 – Phil Collins. 90 Einige sehen hierin, dass der EuGH „die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Regelung“ angedeutet habe; Gaster, ZUM 1995, 740, 750; Asmus, Harmonisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts, S. 63. 91 EuGH ECLI:EU:C:2014:2132 Tz. 31 – Deckmyn. 92 Unseld, EuZW 2014, 914, 915 sieht eine „zu weit gehende Art der ‚Political-Correctness-Kontrolle‘“; Riesenhuber, LMK 2014, 363019 hält den EuGH für „überfordert“ und hält die Entscheidung für „methodisch und sachlich misslungen“; dieser Kritik zustimmend v. Becker, GRUR 2015, 336, 339. 93 Gegen Riesenhuber, LMK 2014, 363019; Unseld, EuZW 2014, 914, 915. 94 EuGH ECLI:EU:C:2014:2132 Tz. 31 – Deckmyn; Schmidt, Maximalschutz, S. 225. 88
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
teressen des Urhebers nicht sauber von seinen persönlichkeitsrechtlichen Interessen getrennt werden können.95 Im Hinblick auf Erwägungsgrund 19 der InfoSoc-RL hätte der EuGH die Beantwortung der Frage, ob das Interesse des Urhebers verletzt ist, dem vorlegenden Gericht und dessen nationalem Recht überlassen müssen.96 Der EuGH stellt aber eigene Kriterien auf: Danach ist zunächst zu prüfen, ob das Interesse des Urhebers überhaupt verletzt ist. Hier fragt der EuGH, ob das Ursprungswerk mit der Aussage der Parodie in Verbindung gebracht wird.97 Anschließend prüft er den Aussagegehalt der Parodie, um zu ermitteln, ob damit überhaupt das Reputationsinteresse des Urhebers verletzt werden kann.98 Je stärker die Verletzung des Reputationsinteresses ist, desto eher liege ein berechtigtes Interesse des Urhebers vor, die Parodie zu untersagen. Der EuGH führt hier das europäische Diskriminierungsverbot an. Damit vollzieht er keine „Political Correctness-Kontrolle“,99 sondern begründet nur, dass der Urheber es sich grundsätzlich nicht gefallen lassen muss, dass sein Werk genutzt wird, um eine Aussage zu verbreiten, die seinen berechtigten Interessen widerspricht. Auch im deutschen Recht wird im Rahmen von § 14 UrhG nach einem objektivem Maßstab geprüft, ob eine Interessenverletzung vorliegt.100 Es ist dogmatisch nicht zu beanstanden, sondern zu begrüßen, dass der EuGH für diesen objektiven Maßstab auf die Grundrechte abstellt – er bemüht sich damit um eine normative Herleitung.101 Das eigentliche Problem der Entscheidung liegt in der Frage, ob es sich ein Urheber gefallen lassen muss, dass sein Werk für eine bestimmte Aussage genutzt wird, die er nicht teilt.102
95 Vgl. Schack, UrhR, Rn. 343. Auf dieser Erkenntnis beruht die monistische Auffassung des dt. Urheberrechts, § 11 S. 1 UrhG. 96 So Schmidt, Maximalschutz, S. 225. 97 EuGH ECLI:EU:C:2014:2132 Tz. 29 – Deckmyn. 98 Da das UPR nicht Teil des harmonisierten Bereichs ist, hätte der EuGH sich hierzu nicht äußern dürfen; Schmidt, Maximalschutz, S. 225. 99 Diesen Vorwurf macht Unseld, EuZW 2014, 914, 915 dem EuGH. Diesem Begriff sollte grundsätzlich mit Vorsicht begegnet werden, handelt es sich doch um einen Kampfbegriff der politischen Rechten, um unter dem Mantel der Meinungsfreiheit Inhalte zu delegitimieren, vgl. K. Auer, ÖZP 31 (2002), 291, 302; Moser, Labyrinth 19.2 (2017), 166, 167 ff.; Şahin, KJ 2020, 256. 100 Schack, Kunst und Recht, Rn. 259. 101 Hingegen wirft Schmidt, Maximalschutz, S. 225 dem EuGH eine „freischwebende Interessenabwägung“ vor. 102 Das Problem ist im deutschen Recht nicht ungewöhnlich. So muss der Urheber es nicht dulden, dass sein Werk zur Werbung von Produkten genutzt wird; Schack, Kunst und Recht, Rn. 258 m.w.N. Vgl. insbesondere BGH ZUM 2018, 50 – Die Höhner, die sich gegen die Verwendung ihrer Musik auf Veranstaltungen der NPD mithilfe von § 14 UrhG wehrten.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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Die Meinungsfreiheit des Parodisten muss abgewogen werden, mit dem Persönlichkeitsrecht des Urhebers.103 Nicht anders hätte man im deutschen Recht bei einer „entstellenden Parodie“ vorgehen müssen.104 Die Verwirrung der deutschen Literatur rührt wohl auch daher, dass die persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers bei der Parodie stets eine untergeordnete Rolle gespielt haben105. Vorwerfen kann man dem EuGH, dass er damit den ersten Schritt zu einem europäischen UPR gemacht hat, obwohl dieses in der Richtlinie nicht angelegt war. Doch aus deutscher Sicht ist es durchaus zu begrüßen, dass der EuGH das UPR anerkannt hat. Ziel muss es sein, das europäische UPR aktiv mitzugestalten und nicht am Seitenrand zu stehen. Sinnvoll wäre eine europäische Regelung, die den Persönlichkeitsschutz davon abhängig macht, wie stark das geschützte Werk von der Persönlichkeit des Schöpfers geprägt ist.106 c) Recht am eigenen Bild Eine Besonderheit stellt zurzeit das Recht am eigenen Bild dar. Dieses besondere Persönlichkeitsrecht wird durch §§ 22 ff. KUG geschützt.107 Dabei schützt § 22 KUG den Abgelichteten nur davor, dass sein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt wird. Die Ablichtung selbst fiel bislang nur unter das allgemeine Persönlichkeitsrecht.108 Mit Inkrafttreten der DSGVO ist zweifelhaft, ob das KUG noch fortgelten kann.109 Bei Fotografien handelt es sich um personenbezogene Daten i.S.d. DSGVO, sodass diese grundsätzlich anzuwenden ist.110 Im Rahmen der DSGVO gelten besondere Erlaubnisgründe, aufgrund derer eine Datenverarbeitung zulässig ist. Daneben enthält die 103 EuGH ECLI:EU:C:2014:2132 Tz. 27 – Deckmyn. Dabei verwendet der EuGH nicht den Begriff Persönlichkeitsrecht, sondern spricht vom Interesse des Urhebers. 104 Vgl. v. Becker, GRUR 2015, 336, 339. 105 Stuhlert, Parodie im Urheberrecht, S. 81 ff. Schack, Kunst und Recht, Rn. 365 meint, dass eine Parodie „kaum jemals geeignet ist, die ideellen Interessen des Originalurhebers zu gefährden“. 106 So bereits Dietz, ZUM 1993, 309, 315 ff.; Klass, ZUM 2015, 290, 305 f. Es ist durchaus angemessen, bei Werken der kleinen Münze oder Werken von eher technischer Natur, wie etwa Computerprogrammen, den Persönlichkeitsschutz geringer zu bewerten; vgl. auch Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 58. Nach Klass, ZUM 2015, 290, 302 soll eine Vereinheitlichung des UPR nur dann möglich sein, wenn sie nicht für Computerprogramme gelte. 107 Schack, UrhR, Rn. 51; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 23 f.; ders., in: Schricker/Loewenheim, § 22 KUG Rn. 7; Fricke, in: Wandtke/Bullinger, § 22 KUG Rn. 3. 108 Schack, UrhR, Rn. 51; Götting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 25; ders., in: Schricker/Loewenheim, § 22 KUG Rn. 5; einen „über den Herstellungstatbestand hinausgehenden Eingriff“, fordert v. Gamm UrhG, Einf. Rn. 105; Dregelies, AfP 2019, 298, 300. 109 Ausführlich Dregelies, AfP 2019, 298 ff. m.w.N. 110 Dregelies, AfP 2019, 298, 299 m.w.N.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
DSGVO aber auch eine Öffnungsklausel in Art. 85 II DSGVO, nach der die Mitgliedstaaten Regelungen treffen können, um den Datenschutz mit der Meinungs- und Informationsfreiheit in Einklang zu bringen.111 Allerdings erlaubt die Öffnungsklausel dies nur für journalistische, künstlerische oder literarische Zwecke. Eine solche Einschränkung kennt das KUG nicht. §§ 22 ff. KUG sind folglich europarechtskonform, d.h. einschränkend auszulegen.112 In den sozialen Medien,113 aber auch in der Presseberichterstattung haben Lichtbilder eine große Bedeutung. 2. Allgemeines Persönlichkeitsrecht Über die besonderen Persönlichkeitsrechte können nicht alle Facetten der Persönlichkeit geschützt werden. Daher forderte die Rechtswissenschaft schon früh ein allgemeines Persönlichkeitsrecht.114 Doch lehnte es das Reichsgericht ab, ein allgemeines Persönlichkeitsrecht anzuerkennen,115 weil ein solches Recht gesetzlich nicht geregelt sei116 und die fehlenden Grenzen zu Rechtsunsicherheit führen müssten.117 Mit der Rechtsprechung brach der BGH 1954 in seiner Leserbriefe-Entscheidung.118 Nach 1945 und den Schrecken des Dritten Reichs war die Debatte um das allgemeine Persönlichkeitsrecht wieder intensiver geführt worden.119 Der BGH begründete seine vom RG abweichende Entscheidung damit, dass durch den grundrechtlichen Schutz der Menschenwürde „das allgemeine Persönlichkeitsrecht als ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht angesehen werden“ müsse.120 111
Dregelies, AfP 2019, 298, 301. Dregelies, AfP 2019, 298, 303; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057, 1060; Golz/Gössling, IPRB 2018, 68, 70. 113 Siehe etwa den Siegeszug von Instagram. Bei Facebook wurden 2014 täglich (!) über 300 Millionen Bilder hochgeladen, . Dazu kommen Messengersysteme, mit Hilfe denen Bilder an Gruppen verbreitet werden können, wie etwa Telegram. 114 Kastl, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, S. 128 ff. 115 RGZ 51, 369 – Schwarze Liste; 69, 401, 402 f. – Nietzsche-Briefe. 116 RGZ 69, 401, 402 f. – Nietzsche-Briefe. Vgl. die Diskussion zum europäischen UPR oben S. 12 ff. 117 RGZ 51, 369, 373 – Schwarze Liste. 118 BGHZ 13, 334 – Leserbriefe. 119 Insbesondere Hubmann, Persönlichkeitsrecht (1953); Siebert, NJW 1958, 1369. Gottwald, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 62 ff., Kastl, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, S. 201 ff. 120 BGHZ 13, 334, 338 – Leserbriefe. Gottwald, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 65 ff. weist daraufhin, dass auch die Literatur stark mit den Grundrechten argumentierte, vermutet aber, dass die Anerkennung des aPR vielmehr Vergangenheitsbewältigung der Schrecken des Dritten Reiches war und auch ohne das Grundgesetz gekommen wäre. 112
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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Auf die Bedenken, dass ein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu unbestimmt sei, ging der BGH nicht ein.121 In der Literatur traf die Entscheidung auf ein geteiltes Echo.122 Heute ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch in der Literatur als sonstiges Recht i.S.v. § 823 I BGB anerkannt.123 a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Grundrecht Auch wenn der BGH seine Entscheidung auf grundrechtlichen Erwägungen stütz, sind das zivilrechtliche und das grundrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht doch voneinander zu trennen124. Der zivilrechtliche Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann durchaus über das hinausgehen, was grundrechtlich verlangt wird.125 Das Bundesverfassungsgericht folgte schrittweise, zunächst in der ElfesEntscheidung (1957)126 bis zur endgültigen Verortung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Art. 2 I i.V.m. 1 I GG 1973 in der Lebach-Entscheidung.127 Dieses schützt nach Auffassung des BVerfG „die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen“.128 Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Grundrecht unterfällt etwa auch das Recht am eigenen Bild129 und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung130. Somit gehört nicht alles, was grundrechtlich dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zuzuschlagen ist, auch zum zivilrechtlichen Schutzbereich. 121
Gottwald, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 174. Zustimmend Coing, JZ 1954, 700; die zivilrechtliche Anerkennung des aPR durch den BGH begrüßend, aber kritisch gegenüber der dogmatischen Herleitung aus den Grundrechten, Siebert, NJW 1958, 1369, 1373; das aPR als sonstiges Recht i.S.v. § 823 I ablehnend Larenz, NJW 1955, 521, 524; kritisch auch Löffler, NJW 1959, 1, 2 f.; gegen einen absoluten Schutz Harry Westermann, Person und Persönlichkeit, S. 17 Fn. 29. 123 Schack, BGB AT, Rn. 64; Wagner, in: MüKo-BGB § 823 Rn. 364. Umstritten ist dabei allenfalls die Terminologie. Richtigerweise ist das Persönlichkeitsrecht kein absolutes Recht, und daher indiziert der Eingriff auch nicht die Rechtswidrigkeit; vgl. Hager, in: Staudinger, § 823 BGB C 17 f. 124 Jarass, NJW 1989, 857, 858; Epping, Grundrechte, Rn. 624. Beide weisen zu Recht darauf hin, dass auch das zivilrechtliche aPR grundrechtskonform auszulegen ist. 125 BVerfG NJW 2006, 3409, 3410 – Marlene Dietrich. Hiervon geht auch Larenz, NJW 1955, 521, 522 ff. in seiner Kritik am zivilrechtlichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus. Dass es einen grundrechtlich gewährleisteten Schutz gibt, klärt noch nicht, wie weit das zivilrechtliche aPR gehen muss. 126 BVerfGE 6, 389 – Elfes. 127 BVerfGE 35, 202 – Lebach; zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Rspr. des BVerfG Jarass, NJW 1989, 857 ff.; ders., in: Recht der Persönlichkeit, 89 ff. 128 BVerfGE 54, 148 – Eppler; 114, 339, 355 – IM Stolpe; 119, 1, 23 – Esra. 129 BVerfGE 34, 238, 246 – Heimliche Tonbandaufnahme. Zur zivilrechtlichen Ausprägung oben S. 15 ff. 130 BVerfGE 65, 1 – Volkszählung. Zur einfachgesetzlichen Umsetzung sogleich, S. 19 ff. 122
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Bei der Anwendung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Zivilrecht ist stets auch die grundrechtliche Komponente zu beachten. Daneben wirken die grundrechtlichen Implikationen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch in die besonderen Persönlichkeitsrechte des Zivilrechts. Doch müssen bei der Auslegung des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts die grundrechtlichen Besonderheiten bedacht werden. Und wie alle Grundrechte muss auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Kollisionsfall mit anderen Grundrechten abgewogen werden. Beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind dies insbesondere die Kunst-,131 Presse-132 und Meinungsfreiheit. Erschwert wird dies dadurch, dass in den harmonisierten Bereichen der Europäischen Union die europäischen und nicht die deutschen Grundrechte anzuwenden sind.133 b) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Menschenrecht Einen persönlichkeitsrechtlichen Bezug weist auch die EMRK auf. Art. 8 EMRK schützt das Privat- und Familienleben. Der EGMR zieht daraus das Recht auf Entwicklung der Persönlichkeit.134 In den Schutzbereich fallen das Recht am eigenen Bild,135 das Recht am eigenen Namen136 und das Recht auf Privatsphäre.137 Es handelt sich jeweils um besondere grundrechtliche Persönlichkeitsrechte, die aber auch nach deutschem Verständnis dem grundrechtlichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterfallen. Die EMRK als völkerrechtlicher Vertrag und die Entscheidungen des EGMR sind bei der Auslegung des einfachen Rechts heranzuziehen.138 Daneben greift das BVerfG auf die EMRK und die Entscheidungen des EGMR bei der Auslegung der deutschen Grundrechte zurück.139 Folglich sind bei der Auslegung der deutschen Persönlichkeitsrechte immer auch die EMRK und die Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen. c) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Auffangrecht Das allgemeine Persönlichkeitsrecht muss notwendigerweise offen sein, da auch der Begriff der Persönlichkeit nicht abschließend ist.140 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die besonderen Persönlichkeitsrechte. Da gerade 131
Beispiele bei Schack, Kunst und Recht, Rn. 635; ders., KUR 2014, 3, 8 f. Diesen Punkt hebt Löffler, NJW 1959, 1 ff. in seiner Kritik am Schutz des aPR hervor. 133 Etwa zum Urheberrecht Stieper, GRUR 2014, 1060, 1064; ders., GRUR 2017, 1209. 134 EGMR Urt. v. 29.07.2002, Nr. 2346/02 Tz. 61 – Pretty/Vereinigtes Königreich. 135 EGMR Urt. v. 21. 2. 2002, Nr. 42409/98 – Schüssel/Österreich. 136 EGMR Urt. v. 22.02.1994, Nr. 16213/90 Tz. 24 – Burghartz/Schweiz. 137 EGMR Urt. v. 29.07.2002, Nr. 2346/02 Tz. 61 – Pretty/Vereinigtes Königreich. 138 BVerfGE 111, 307 – Görgülü; Epping, Grundrechte, Rn. 1026. 139 Epping, Grundrechte, Rn. 1026. 140 Vgl. BGHZ 24, 72, 78. 132
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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die Bewertung der Persönlichkeit und damit der Umfang des Schutzes von den Grundwerten einer Gesellschaft abhängig sind,141 unterscheidet sich der Schutzbereich notwendigerweise. Zwar kennen die meisten Staaten einen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, aber gerade in den Randbereichen kommt es zu sehr unterschiedlichen Bewertungen.142 Das kann in internationalen Sachverhalten zu Komplikationen führen. Exemplarisch dafür ist der USA SPEECH Act,143 der bei ausländischen Urteilen eine révision au fond zum Schutz der Meinungsfreiheit ermöglicht.144 III. Datenschutz Ein weiteres Persönlichkeitsrecht ist das Datenschutzrecht.145 Während es in Deutschland seinen Grundrechtsschutz über das allgemeine Persönlichkeitsrecht erfährt,146 kennt Art. 8 GRChr ein eigenständiges Grundrecht auf Datenschutz.147 Die Datenschutzgrundverordnung148 (DSGVO) hat ein europaweit einheitliches Datenschutzrecht geschaffen, welches die alte Datenschutzrichtlinie149 abgelöst hat. Ein eindeutiger Unterlassungsanspruch, wie etwa in der UMVO150 oder GGVO151 findet sich in der DSGVO nicht. Dies überrascht, da der Schadensersatzanspruch in Art. 82 DSGVO ausdrücklich normiert ist. Art. 79 I DSGVO sieht nur vor, dass effektive gerichtliche Rechtsbehelfe bestehen müssen. Mit einem Unterlassungsanspruch vergleichbar ist der Löschungsanspruch des Art. 17 DSGVO. Insbesondere bei Datenschutzverstößen geht es um die Beendigung einer datenschutzwidrigen Datenverarbeitung,152 die regelmäßig nur durch die Löschung der Daten möglich ist. Der Unterlassungsanspruch kann meist nur umgesetzt werden, indem die Daten gelöscht werden. 141
Vgl. etwa Müller-Erzbach, Der Kampf um die Persönlichkeit (passim). BVerfGE 65, 1 – Volkszählung; Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9. 143 Securing the Protection of our Enduring and Established Constitutional Heritage Act, Pub.L. 111–223, in Kraft seit dem 10.08.2010. 144 Kritisch Schack, IZVR, Rn. 960. 145 BVerfGE 65, 1 – Volkszählung; Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud, S. 40. 146 BVerfGE 65, 1 – Volkszählung; Taeger, Datenschutzrecht, S. 33; Jacquemain, Schadensersatz im europ. Datenschutzprivatrecht, S. 40. 147 Jacquemain, a.a.O., S. 108. 148 VO 2016/679 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG. 149 RL 95/46/EG vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. 150 Siehe unten S. 32. 151 Siehe unten S. 34. 152 Dabei ist der Verarbeitungsbegriff der DSGVO denkbar weit, Art. 4 Nr. 2 DSGVO. 142
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
In Literatur und Rechtsprechung hat sich noch kein klares Bild ergeben, wie der datenschutzrechtliche Unterlassungsanspruch auszugestalten ist. Soweit ersichtlich, hat sich bislang nur das OLG Frankfurt a.M. als Obergericht intensiver mit der Frage auseinandergesetzt.153 Der Kläger begehrte von Google, nicht mehr in den Suchergebnissen angezeigt zu werden. Das OLG stellte fest, dass in dem Begehren entweder eine „Löschung von Links“ oder eine „Unterlassung der erneuten Anzeige“ gesehen werden könnte.154 Für den Kläger ist das Ergebnis wohl das gleiche. Im konkreten Fall kam es ihm darauf an, dass Inhalte über ihn nicht mehr angezeigt werden. Auch im deutschen nationalen Recht ist anerkannt, dass aus einem Unterlassungsanspruch auch eine Handlungspflicht des Unterlassungsschuldners folgen kann, Maßnahmen vorzunehmen, welche die Störung beenden.155 Art. 17 DSGVO geht aber insoweit weiter als der deutsche Unterlassungsanspruch, als er den Schuldner auf eine konkrete Maßnahme festlegt. Während zumindest im deutschen Recht der Unterlassungsschuldner wählen kann, welche Maßnahme er ergreift, um dem Unterlassungsgebot zu entsprechen, wird er bei Art. 17 DSGVO auf eine bestimmte Handlung festgelegt. In dieser Hinsicht geht der Löschungsanspruch des Art. 17 DSGVO über den deutschen Unterlassungsanspruch hinaus. Daher kommt es entscheidend auf die Auslegung des Klageantrags an. Begehrt der Kläger etwa, dass ein personenbezogenes Datum nicht mehr angezeigt wird, so kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass er erwartet, dass die Daten vollumfänglich im Sinne von Art. 17 I DSGVO gelöscht werden. Regelmäßig will der Kläger allerdings nicht nur die Anzeige beendet sehen, sondern auch die sonstige Datenverarbeitung untersagen. Hier führen Art. 17 I DSGVO und Unterlassungsanspruch zum gleichen Ergebnis. Die Datenverarbeitung kann nur unterlassen werden, wenn die Daten vernichtet werden. An anderer Stelle hingegen ist Art. 17 I DSGVO enger. Begehrt der Betroffene, dass auch zukünftig über ihn keine weiteren Daten erhoben werden, so kann dies kaum unter Art. 17 I DSGVO subsumiert werden. Da Art. 79 I DSGVO aber einen effektiven Rechtsschutz fordert, bleibt wohl nur ein Rückgriff auf das nationale Recht. Das ist insbesondere deshalb misslich, weil nationale Unterlassungsansprüche unterschiedliche Voraussetzungen haben können. Es ist der Rechtsvereinheitlichung abträglich, dass hier in der
153 OLG Frankfurt a.M. GRUR 2018, 1283 Tz. 36 ff. – Erkrankung des Geschäftsführers (nicht rechtskräftig). Weitere Nachweise unten Fn. 159. 154 OLG Frankfurt a.M. GRUR 2018, 1283 Tz. 45. 155 Vgl. nur BGH GRUR 2018, 292 Tz. 20 – Reichweite eines Unterlassungstitels. Rückrufpflichten leitet BGH GRUR 2017, 823 – Luftentfeuchter aus dem Unterlassungsanspruch her; kritisch etwa Hermanns, GRUR 2017, 977, 986.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
21
DSGVO – erneut – vieles offen bleibt.156 Kamann/Braun sehen einen eigenständigen unionsrechtlichen Unterlassungsanspruch in Art. 21 I S. 2 DSGVO.157 Nach einem Widerspruch des Betroffenen dürfte der Verantwortliche die Daten nicht weiter verarbeiten, woraus ein eigenständiger Unterlassungsanspruch resultiere.158 Unstreitig dürfte sein, dass der Widerspruch dazu führen muss, dass der Betroffene zukünftig die weitere Verarbeitung untersagen kann. Ob daraus aber ein eigenständiger Anspruch aus Art. 21 DSGVO resultiert, ist sehr fraglich. Die GGVO regelt diesen Anspruch etwa in der Kombination von Verbietungsrecht (Art. 19 I GGVO) und der Anweisung an die Gerichte, eine Unterlassung anzuordnen, wenn die Verletzung des Rechts festgestellt wurde (Art. 89 I lit. a GGVO). Art. 21 I 2 DSGVO enthält weder ein ausdrückliches Verbietungsrecht noch die Anordnung von Sanktionen. Somit bleibt nur der Rückgriff auf das nationale Recht. Im deutschen Recht bieten sich § 1004 analog i.V.m. § 823 II BGB mit der DSGVO als Schutzgesetz an.159 Hinsichtlich des Löschungsbegehrens wird man die DSGVO als abschließend betrachten müssen,160 um die Harmonisierung nicht noch weiter zu unterlaufen.161 Die danebenstehenden Ansprüche hingegen vermag Art. 17 DSGVO nicht zu verdrängen. Die derzeitige uneinheitliche Situation ist für die Rechtsunterworfenen und die Gerichte untragbar. Während die Rechtsunterworfenen nicht wissen, nach welchen Grundsätzen sie Unterlassungsansprüchen ausgesetzt sind bzw. diese gelten machen können, haben die nationalen Gerichte nur die Möglichkeit, auf die bewerten Grundsätze zurückzugreifen. Bis der EuGH diese Frage geklärt hat oder der EU-Gesetzgeber sich durchringt, die insoweit missglückte DSGVO zu reformieren, droht auch beträchtliche Rechtsunsicherheit. Der Datenschutz hat insbesondere durch das Internet weiter an Bedeutung gewonnen. Es ermöglicht, Daten in immer kürzerer Zeit zu sammeln und weiterzuleiten. Der Ort, an dem die Daten tatsächlich gespeichert sind, verliert an Bedeutung.162 Dies gilt umso mehr, als durch Cloud-Lösungen Daten gleichzeitig an mehreren Orten belegen sind und der Nutzer nicht einmal weiß, wo 156
Das betrifft auch die Abgrenzung zur EuGVVO (siehe unten S. 158 ff.) oder das Kollisionsrecht (S. unten S. 248 ff., sowie das Verhältnis von Datenschutz zur Meinungs- und Pressefreiheit, vgl. Dregelies, AfP 2019, 298, 301 ff. 157 Kamann/Braun, in: Ehmann/Selmayr, Art. 21 DSGVO Rn. 39. 158 Kamann/Braun, in: Ehmann/Selmayr, Art. 21 DSGVO Rn. 39. 159 So etwa OLG Köln Urt. v. 28.03.2019 – 15 U 155/18 (juris) Tz. 30; OLG Köln Beschl. v. 18.07.2019 – 15 W 21/19 (juris) Tz. 31; OLG Köln Urt. v. 14.11.2019 – 15 U 126/19 (juris) Tz. 30. Fälschlicherweise stellt Lauber-Rönsberg, UFITA 82 (2018), 398, 402 auf § 1004 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. der DSGVO ab. Für § 1004 BGB analog Nolte/Werkmeister, in: Gola, Art. 17 DSGVO Rn. 17; Frenzel, in: Paal/Pauly, Art. 82 DSGVO Rn. 20. 160 Nolte/Werkmeister, in: Gola, Art. 17 DSGVO Rn. 57. 161 Siehe oben Fn. 156. 162 Voskamp, Transnationaler Datenschutz, S. 19.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
diese Orte sind.163 Immer mehr alltägliche Geräte sammeln Daten der Nutzer, während sich Anbieter und Server in anderen Ländern befinden.164 Dazu kommt der denkbar weite Anwendungsbereich der DSGVO denkbar weit ist. Aufgrund der Allgegenwärtigkeit von Daten und weil sich diese immer weiter nationalen Zuordnungen entziehen, stellt sich die Frage der territorialen Reichweite von Ansprüchen besonders deutlich. IV. Immaterialgüterrechtliche Unterlassungsansprüche 1. Nationale Rechte Immaterialgüterrechte sind Rechte an unkörperlichen, geistigen Gütern.165 Während der Immaterialgüter unbegrenzt sind, gibt es nur eine begrenzte Anzahl von anerkannten Immaterialgüterrechten.166 Gemein ist den Immaterialgüterrechten, dass sie absolute Rechte sind, die übertragen oder lizenziert werden können.167 Immaterialgüterrechte sind von einem sie möglicherweise verkörpernden Sachgegenstand streng zu unterscheiden. Da Immaterialgüter unkörperlich sind, sind sie an keinem bestimmten Ort belegen.168 Sobald das Werk geschaffen ist, ist es weltweit nutzbar.169 Den Immaterialgütern wohnt also ein besonderes Problem inne: Sie sind häufig weltweit verfügbar bzw. können weltweit beeinträchtigt werden, sie sind aber regelmäßig nur national geschützt. Die Idee des Immaterialgüterrechts ist vergleichsweise jung und existiert erst seit Ende des 18. Jahrhunderts.170 Zu den Immaterialgüterrechten zählen
163 Vgl. Giedke, Cloud Computing, S. 5; Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud, S. 22. 164 Vgl. etwa zu Sportuhren und Fitnesstrackern, Dregelies, VuR 2017, 256 ff. 165 Schack, UrhR, Rn. 19. Peukert, Ontologie, S. 22 f. äußert sich kritisch zum Begriff des Immaterialguts, liefert aber keinen tauglichen Alternativvorschlag. Ebenfalls umstritten ist der gebräuchliche Begriff des „Geistigen Eigentums“; siehe bereits J. Kohler, AcP 82 (1894), 141 ff., insbes. 161, dagegen u.a. Ohly, JZ 2003, 575 ff. 166 Schack, UrhR, Rn. 20 f. 167 Schack, UrhR, Rn. 21. Enger hingegen Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 142, der darauf abstellt, ob es sich um selbstständige Güter handelt, die sich von der Person gelöst haben. Daher betrachtet Peifer, a.a.O., S. 143, 415 f. die Marke als „unvollständiges Immaterialgüterrecht“, da die Hinweisfunktion verbleibt. 168 Schack, UrhR, Rn. 906. Darin zeigt sich die Verschiedenheit von Werk und Immaterialgut. 169 Schack, UrhR, Rn. 906. 170 Peukert, Ontologie, S. 71 f. m.w.N. Dem ging das Privilegienwesen voraus, Schack, UrhR, Rn. 105 ff.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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das Urheberrecht, das Patent, das Gebrauchsmuster, die Marke und das Design.171 An demselben Gegenstand können unter Umständen mehrere Immaterialgüterrechte zugleich bestehen.172 Daneben kommt es zu Überschneidungen mit dem Lauterkeits- und Kartellrecht. a) Urheberrecht Das Urheberrecht enthält in § 97 I 1 UrhG einen eigenen Unterlassungsanspruch, der § 1004 I 2 BGB nachgebildet ist.173 Mit ihm kann der Rechteinhaber gegen eine unrechtmäßige Verwertung des geschützten Werks vorgehen. Auch im Urheberrecht sind Grenzüberschreitungen ein altbekanntes Problem. Weil Rundfunksendungen oft über die Staatsgrenzen hinaus wirken, sind grenzüberschreitende Streitigkeiten unvermeidlich. Im Urheberrecht herrscht immer noch das Territorialitätsprinzip.174 Auch wenn häufig unklar bleibt, was genau mit ihm gemeint ist, wird man es im engeren Zusammenhang auf folgende Kernaussage zusammenfassen können: Ein inländisches Schutzrecht kann nur durch Handlungen im Inland, ein ausländisches Schutzrecht nur durch Handlungen im Ausland verletzt werden.175 Dies wollen sich einige zunutze machen, indem etwa eine Sendung vom Ausland aus ins Inland übertragen wurde.176 Um diese Sachverhalte angemessen zu würdigen, kommt es darauf an, das Territorialitätsprinzip präzise zu bestimmen. Stellt man nämlich auf eine Handlung ab, dann würde das Verhalten im Ausland keinen Unterlassungsanspruch begründen. Folglich wäre die Handlung zu lokalisieren. Stellt man auf den tatsächlichen Handlungsort ab, so führt dies bei Onlinesachverhalten regelmäßig zum Ort des Uploads.177 Die Rechtsprechung scheint den Handlungsbegriff nicht so eng auszulegen und lässt es 171 Gerade bei der Marke bietet es sich an, nicht von „Geistigem Eigentum“ zu sprechen. Zwar mag eine erfolgreiche Marke eine geistige Leistung sein, besonders geschützt wird aber die Investition. 172 Etwa für das Urheberrecht Schack, UrhR, Rn. 34; für das Patentrecht, Kraßer/Ann, Patentrecht § 2 Rn. 1 ff. 173 Schack, UrhR, Rn. 797. 174 Schack, UrhR, Rn. 911 (dieses aber ablehnend, Rn. 913); Jotzo, ZGE 2017, 447, 448. Kritisch bereits Riezler, IZPR, S. 87 ff.; ders., Räumliche Begrenzung des Privatrechts, S. 20 ff. 175 BGHZ 126, 252, 256 – Folgerecht mit Auslandsbezug; BGH GRUR 2004, 421, 422 – Tonträgerpiraterie durch CD-Export; Schack, Anknüpfung, Rn. 14; ders., UrhR, Rn. 915 (ohne Bezug auf die Handlung); Klaas, GRUR Int. 2007, 373, 379. Kritisch zu dieser Definition Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 20 f. (zwangsläufige Konsequenz, nicht Inhalt); siehe für das Markenrecht unten Fn. 207. 176 BGHZ 152, 317 – Sender Felsberg. Siehe auch Drexl, in: MüKo-BGB, IntImmGr Rn. 286. 177 Siehe dazu auch die Diskussion um den insbes. von Schack vertretenen Handlungsort im Persönlichkeitsrecht im Zuständigkeits- und Kollisionsrecht, unten S. 77 ff. und 185 ff.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
für § 17 I UrhG genügen, dass über eine Onlinewerbeanzeige im Inland geworben wurde.178 Nach Beckstein liegt darin keine Durchbrechung des Schutzlandprinzips.179 Das Territorialitätsprinzip besage nur, dass eine Verletzung nur im Inland erfolgen könne. Wann eine solche Verletzung vorliege und ob auch die Auswirkung einer Handlung erfasst sei, sei keine Frage des Territorialitätsprinzips.180 Doch auch unabhängig davon, ob bewusst Rechtsunterschiede ausgenutzt werden, stehen die Verwerter bei grenzüberschreitenden Handlungen vor Problemen. Und diese Probleme haben sich durch das Internet potenziert.181 Auf Seiten der Urheber und Verwertungsgesellschaften steht die Sorge, dass ihre Leistungen genutzt und weiterverbreitet werden, ohne dass sie dafür entlohnt werden. Es waren zunächst Tauschbörsen, die angeblich der Unterhaltungsindustrie schwere Schäden zufügten, jetzt sollen es Streaming-Angebote sein.182 Auch Cloud-Lösungen lassen sich nur schwer ins derzeitige Urheberrecht integrieren.183 Dabei darf aber nicht unterschätzt werden, dass auch die Urheber davon profitieren, dass sie ihre Werke in kurzer Zeit, praktisch ohne Kosten, einem großen Publikum anbieten können.184 Die Verwerter stehen vor dem Problem, dass kaum ersichtlich ist, in welchen Grenzen sie rechtskonform urheberrechtlich geschützte Werke verwerten dürfen. So ist es in Deutschland im Rahmen der Panoramaschranke (§ 59 UrhG) zulässig, auch urheberrechtlich geschützte Bauwerke zu fotografieren und die Lichtbilder kommerziell zu verwenden. Frankreich hingegen kennt nur
178
BGH GRUR 2007, 871 Tz. 31 – Wagenfeld-Leuchte. Auch lässt der BGH ausdrücklich Handlungen im Ausland mit in seine Wertung einfließen, so etwa BGHZ 41, 84, 91 – Maja (Markenrecht) 179 Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 56. 180 Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 56. 181 Schack, FS Wandtke, S. 9, 10; a.A. noch ders., GRUR 2007, 639, 640 („Herausforderungen […] halten sich […] in Grenzen“). 182 Suwelack, Filesharing, S. 24 f. weist zu Recht daraufhin, dass die proklamierten Schäden nie bewiesen werden konnten, sondern vielmehr durch unabhängige Studien in Zweifel gezogen wurden. So kommt das Institute for Prospect Technological Studies zu dem Ergebnis, dass „Musikpiraterie“ (kritisch zum Begriff Ann, FS Bornkamm, S. 3 ff.) keine negative Auswirkung habe, , S. 16 f. Vielmehr scheint die Verwertungsindustrie Tauschbörsen als Anlass zu nutzen, das Urheberrecht weiter zu Lasten der Allgemeinheit zu verschärfen. Suwelack, Filesharing, S. 26 weist zutreffend daraufhin, dass die Verschärfung – insbesondere bei einer zweifelhaften Grundannahme – nicht zwingend ist. Das Urheberrecht dient eben nicht den monetären Interessen der Verwertungsindustrie! 183 Stieper, ZUM 2019, 1 ff. 184 Schack, GRUR 2007, 639, 640; ders., FS Wandtke, S. 9.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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eine Panoramafreiheit für nicht kommerzielle Zwecke.185 Wer also urheberrechtlich geschützte Gebäude fotografiert und diese Bilder auf seine kommerzielle Homepage stellt, läuft Gefahr, in Frankreich rechtlich belangt zu werden. Helfen könnten eine weltweite (oder zumindest europäische) Vereinheitlichung des materiellen Urheberrechts oder eine eindeutige Abgrenzung der Jurisdiktionsbereiche. Seit der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 09.09.1886 ist hier viel geschehen.186 Insbesondere die Europäische Union ist weit vorangeschritten, doch es verbleiben weiter zahlreiche Lücken.187 Problematisch sind insbesondere die unterschiedlichen Schranken des Urheberrechts. Zwar sind sie durch die InfoSoc-Richtlinie harmonisiert, doch können die Mitgliedstaaten entscheiden, ob sie die Schranken in ihr nationales Recht umsetzen wollen. Das Ziel der Rechtsvereinheitlichung wird so verfehlt.188 Helfen kann nur ein einheitliches europäisches Urheberrecht,189 wobei die DSM-Richtlinie190 der bis jetzt letzte Schritt auf diesem langen Weg ist.191 Aufgrund der heftig widerstreitenden Interessen192 geht die Weiterentwicklung des europäischen Urheberrechts langsamer voran als notwendig. Dieses Defizit gleicht teilweise und immer stärker der EuGH als „Interimsnormgeber“ aus.193 b) Markenrecht Das deutsche MarkenG schützt nach § 1 nicht nur Marken, sondern auch geschäftliche Bezeichnungen und geografische Herkunftsangaben. Allen dreien gemeinsam ist ihre Kennzeichenfunktion.194 Dabei hat sich die Funktionslehre
185
Schack, UrhR, Rn. 567 Fn. 158; Lucas-Schloetter, ZUM 2018, 494, 496 f. Vgl. Schack, UrhR, Rn. 945 ff. mit zahlreichen Nachweisen. 187 Schack, ZGE 2009, 275 ff.; ders., FS UrhG, S. 277 f.; Jotzo, ZGE 2017, 447, 448 ff. Problematisch ist dabei auch, dass die zahlreichen Einzelakte zu einer Zersplitterung des Urheberrechts führen, Stieper, ZUM 2019, 211. 188 Stieper, Schranken des Urheberrechts, S. 10. 189 Schack, ZGE 2009, 275, 284, 286 ff.; ders., FS UrhG, S. 277, 280 ff.; Stieper, ZUM 2019, 211. 190 Richtlinie 2019/790/EU vom 17. April 2019 das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt. 191 Kritisch zum Entwurf Stieper, GRUR 2015, 1145, 1151. Problematisch sind insbesondere das Leistungsschutzrecht für Presseverleger und der Uploadfilter, Art. 11 und 17 DSMRL. Zum Leistungsschutzrecht kritisch Schack, ZUM 2020, 165 f.; Stieper, ZUM 2020, 166 ff.; zu Uploadfiltern Peters/Schmidt, GRUR Int. 2019, 1006 ff. 192 Dies zeigt insbesondere die breite gesellschaftliche Diskussion um Art. 11 und 17 der DSM-Richtlinie. 193 Jotzo, ZGE 2017, 447, 451 ff.; kritisch Schmidt, Maximalschutz, S. 153 ff., 157; Schack, GRUR 2019, 75. 194 Weiler, in: BeckOK-MarkenR, § 1 MarkenG Rn. 4. 186
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
des Markenrechts inzwischen gewandelt.195 War ursprünglich allein die Herkunftsfunktion maßgeblich,196 wird diese heute ergänzt. Zwar sieht der EuGH in der Herkunftsfunktion immer noch die Hauptaufgabe der Marke, diese sei aber ergänzt durch „Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktionen“.197 Ursprünglich wurde das Marken- bzw. Warenzeichenrecht als besonderes Persönlichkeitsrecht betrachtet.198 Inzwischen ist, spätestens nach dem MarkenG von 1995, allgemein anerkannt, dass es sich bei der Marke um ein frei (d.h. ohne Bindung an den Herkunftsbetrieb) handelbares Immaterialgüterrecht handelt.199 Das MarkenG gewährt dem Inhaber einer Marke oder geschäftlichen Bezeichnung ein ausschließliches Recht und einen eigenständigen Unterlassungsanspruch in § 14 V bzw. § 15 IV MarkenG. Der Markenschutz entsteht nach § 4 MarkenG durch die Eintragung ins Markenregister (Nr. 1), durch die Benutzung im geschäftlichen Verkehr, wenn die Marke dadurch Verkehrsgeltung erlangt hat (Nr. 2), oder wenn es sich um eine notorisch bekannte Marke handelt (Nr. 3). Die größte praktische Bedeutung haben die eingetragenen Marken.200 Da dem Markeninhaber ein Unterlassungsanspruch zusteht, kann dies dazu führen, dass er die Einfuhr ausländischer Produkte, die ein identisches oder ähnliches Zeichen verwenden, zu verhindern sucht. Solche Importverbote sind für den europäischen Binnenmarkt ein großes Problem.201 Eine EU-weite Vereinheitlichung des Markenrechts war daher ein logischer und notwendiger Schritt.202 Noch bedeutender ist aber die Unionsmarkenverordnung.203 Doch nicht nur der freie Warenverkehr führt zu grenzüberschreitenden Problemen. Das Internet mit seiner weltweiten Abrufbarkeit hat weitere Probleme
195
Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, Einl. Rn. 37 ff.; ders., Markenrecht, Rn. 57 ff. Hacker, in: Ströbele/Hacker/Thiering, Einl. Rn. 37; ders., Markenrecht, Rn. 57. 197 EuGH ECLI:EU:C:2011:604 Tz. 38 – Interflora/Marks&Spencer. 198 So ausdrücklich RGZ 69, 401, 403 – Nietzsche-Briefe; J. Kohler, Wahrenzeichenrecht, S. 1 („Markenschutz [als] Schutz der Persönlichkeit“). Dazu Chr. v. Bar, Territorialität des Warenzeichens, S. 17 f.; Pahlow, ZGE 2014, 429, 437; Sosnitza, FS Ahrens, S. 305, 311. Dies wird heute kaum noch vertreten, Sosnitza, FS Ahrens, S. 305 m.w.N. 199 Zur Einordnung als Immaterialgüterrecht kritisch Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 143, 415 f. Siehe auch oben Fn. 167. 200 So waren 2018 beim DPMA mehr als 815.000 Marken eingetragen, . 201 Siehe nur BGHZ 130, 276 – Torres, zu dieser Entscheidung Hacker, Markenrecht, Rn. 33 f. 202 Richtlinie 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marke, aufgehoben durch Richtlinie 2008/95/EG vom 22. Oktober 2008 und diese aufgehoben durch Richtlinie 2015/2436/EU vom 16. Dezember 2015. 203 Dazu unten S. 31 ff. 196
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geschaffen, die es in der analogen Welt in dieser Form nicht gab.204 Wenn etwa eine bestimmte Buchstabenkombination als Wortmarke geschützt ist, könnte der Markeninhaber gegen einen Domaininhaber vorgehen, der dieses Zeichen als Domainnamen verwendet.205 Wenn der Domainname dem geschützten Zeichen ähnlich ist, besteht unter den besonderen Voraussetzungen des § 14 II Nr. 2 MarkenG ein Unterlassungsanspruch.206 Da auch im Markenrecht das Territorialitätsprinzip gilt, sollen grundsätzlich nur Benutzungshandlungen im Schutzland eine Markenverletzung darstellen.207 Das würde zum Ergebnis führen, dass ein möglicherweise markenverletzender Inhalt, der im Ausland auf einen Server geladen wird, aber im Inland abgerufen wird, nicht das deutsche Markenrecht verletzt.208 Trotzdem wird angenommen, dass die Abrufbarkeit in Deutschland eine markenrechtsverletzende Handlung darstellen kann.209 Folgert man aus dem Territorialitätsprinzip, dass es eine Handlung im Schutzland bräuchte, wäre dies eine Auflockerung des Territorialitätsprinzips.210 Diese „Auflockerung“ ist notwendig, da sonst der Markenschutz durch die Auswahl des Servers oder des Uploadortes umgangen werden könnte.211 Der Nachteil ist allerdings, dass deutsches Markenrecht zur Anwendung kommt, sobald etwas online gestellt wird – auch wenn es außer der Abrufbarkeit keinen Bezug zu Deutschland gibt.212 Daher wollen einige eine sachrechtliche Einschränkung für solche Fälle vornehmen.213 Das Problem ist besonders virulent, da Domains grundsätzlich weltweit abrufbar sind. Exemplarisch hierfür ist der Sachverhalt der Entscheidung „Hotel 204
Vgl. Ohly, in: IPR im Zeitalter der neuen Medien, S. 135, 137. Eck/Stief, FS Ahrens, S. 65, 67. Daneben können namensrechtliche, etwa BGH GRUR 2016, 810 – profitbricks.es, oder wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestehen, vgl. etwa BGH GRUR 2014, 393 – wetteronline.de. 206 Eck/Stief, FS Ahrens, S. 65, 68, insbesondere zum Problem der „Tippfehler-Domain“. 207 BGHZ 41, 84, 91 – Maja; BGH GRUR 2015, 431, 432 – Hotel Maritime; GRUR 2012, 621 Tz. 34 – OSCAR; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 1014 f.; Johannes, GRUR Int. 2004, 928. 208 Vgl. Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 1018. 209 BGH GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime; Johannes, GRUR Int. 2004, 928, 930. 210 Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 1018 f. Kritisch dazu Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 52 ff., der annimmt, dass zwar der Benutzungstatbestand durch die Auswirkung im Inland erfüllt ist, aber keine Benutzungshandlung vorliege. 211 Siehe zum Urheberrecht oben Fn. 176. Keine Auflockerung wäre es, wenn man das Territorialitätsprinzip weiter versteht und nicht auf die tatsächliche Handlung, sondern auf die Auswirkung abstellt. 212 Vgl. Johannes, GRUR Int. 2004, 928, 930; Wegner, CR 1998, 676, 683: „ein schlichtweg unerträglich[es] Ergebnis“. 213 Ob die Einschränkung im Rahmen des Benutzungsbegriffs oder des geschäftlichen Verkehrs vorgenommen wird, soll hier nicht erörtert werden; für eine teleologische Reduzierung der Begriffe Ohly, JZ 2005, 738, 740. 205
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Maritime“214: Geklagt hatte die Rechteinhaberin der in Deutschland eingetragenen Marke „Maritim“ gegen die Inhaberin der in Dänemark eingetragenen Marke „HOTEL MARITIME“. Die dänische Markeninhaberin betrieb eine Homepage mit der Domain www.hotel-maritime.dk und warb auf ihr auf Dänisch, Englisch und Deutsch für ihren Hotelbetrieb. Dazu versendete sie auf Anfrage Prospekte auch nach Deutschland. Die Klägerin klagte in Deutschland auf Unterlassung. Dem Gericht stellte sich nicht nur die Frage nach der internationalen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts, sondern auch wie weit der materielle Unterlassungsanspruch reicht. Solche Probleme sind keine europäische Besonderheit, sondern stellen sich aufgrund der Universalität des Internets weltweit. Anschaulich ist die Rechtssache Playboy Enterprises, Inc. v. Chuckleberry Pub. aus dem Jahr 1996. Dort ging der US-amerikanische Playboykonzern gegen das italienische Erotikmagazin Playmen vor. Dieses hatte bereits in den 1980er Jahren versucht, seine Zeitschrift auch auf dem US-Markt zu vertreiben, und war daraufhin wegen Markenverletzung zur Unterlassung verurteilt worden. Nun ging Playboy Enterprises gegen den Internetauftritt von Playmen vor. Das New Yorker Gericht stand vor einem Dilemma. Verböten sie den Internetauftritt von Playmen, so würde die Wirkung auch in Italien eintreten, obwohl die Marke Playboy dort nicht geschützt war.215 Daneben kennt das Markenrecht noch die International Registrierte Marke (IR-Marke) nach dem Madrider Markenabkommen von 1891.216 Durch die eine Registrierung (in Genf) entsteht kein supranationales, sondern nur ein Bündel nationaler Markenrechte.217 Für das deutsche Recht wird die Erstreckung durch § 112 MarkenG bewirkt. c) Patentrecht Wie bei allen Immaterialgüterrechten droht die Gefahr einer weltweiten Verletzung auch im Patentrecht. Gerade Erfindungen können leicht kopiert werden. Da das Patent nur territorial geschützt ist,218 ist der Erfinder gezwungen, seine Erfindung in jedem Staat anzumelden, für den er Schutz erhalten möchte. Um eine Diskriminierung zu verhindern, einigte man sich schon in der Pariser Verbandsübereinkunft von 1883 auf die Inländerbehandlung.219 Danach müssen dem Staatsangehörigen der Verbandsstaaten dieselben Rechte gewährt
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BGH GRUR 2005, 431 – Hotel Maritime. Playboy Enterprise, Inc. v. Chuckleberry Pub., Inc., 939 f. Supp. 1032 (S.D.N.Y. 1996), 1039. 216 Hacker, Markenrecht, Rn. 221 ff.; Fezer, Markenrecht, vor §§ 107 ff. Rn.1. 217 Hacker, Markenrecht, Rn. 227. 218 Haedicke, Patentrecht, 4. Kapitel, Rn. 2. 219 Haedicke, Patentrecht, 2. Kapitel, Rn. 7, 10; Kraßer/Ann, PatentG, § 7 Rn. 4. 215
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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werden wie Inländern.220 Inzwischen wurde das PVÜ mehrfach weiterentwickelt;221 dazu sind weitere Abkommen wie das PCT und TRIPS getreten.222 Das materielle deutsche Patentrecht wird zum Teil durch EU-Richtlinien überlagert.223 Von besonderer Bedeutung ist das Europäische Patentübereinkommen von 1973, das mehrfach überarbeitet wurde und heute in der Fassung von 2000 gilt.224 Dabei wird kein einheitliches Patent geschaffen, sondern aufgrund einer einzigen Anmeldung und Prüfung nur ein Bündel nationaler Patente.225 § 139 I PatG gewährt dem Patentinhaber einen eigenen Unterlassungsanspruch gegen die unbefugte Benutzung seiner Erfindung. Im Patentrecht zeigt sich ein besonderes Problem des Immaterialgüterrechts, das sich inzwischen auch auf andere Bereiche ausweitet: Unternehmen, die selbst nicht erfinderisch tätig sind, kaufen Patente auf und gehen anschließend mit patentrechtlichen Unterlassungsansprüchen gegen Patentverwerter vor.226 Dies scheint auf den ersten Blick nicht weiter problematisch. Zwar erfüllt das Patent dann nicht die Belohnungs- oder Ansporntheorie,227 insbesondere wenn das Patent aus einer Insolvenzmasse erworben wurde, doch ist es nicht verwerflich, bestehende Ansprüche durchzusetzen. Viel problematischer ist, dass der Patentinhaber nicht selber im betroffenen Marktbereich agiert und somit auch nicht von negativen Auswirkungen seines Handelns betroffen ist.228 Der klagende Patentinhaber hat somit auch kein Interesse daran, vom Verletzer eine Lizenz über ein anderes Patent zu erhalten.229 Daher besteht die Gefahr, dass der Patentinhaber nicht für Innovationen sorgt, sondern diese nur behindert.230 Die Unternehmen, die auf diesem Wege Patente nutzen, werden in der Literatur als Patenttrolle bezeichnet.231 Der Begriff ist durchaus problematisch, brandmarkt er doch pauschal ein grundsätzlich rechtmäßiges Verhalten.232 Für diese Arbeit soll nur festgehalten werden, dass der Funktion der Immaterialgüterrechte nicht immer gedient wird, wenn die Unterlassungsansprüche als besonders scharfe Sanktion ausgestaltet werden.233 220
Kraßer/Ann, PatentG, § 7 Rn. 4. Kraßer/Ann, PatentG, § 7 Rn. 5. 222 Haedicke, Patentrecht, 4. Kapitel, Rn. 17 ff.; Kraßer/Ann, PatentG, § 7 Rn. 13 ff. 223 Haedicke, Patentrecht, 2. Kapitel, Rn. 14. 224 Haedicke, Patentrecht, 4. Kapitel, Rn. 29. 225 Art. 2 II EPÜ. Haedicke, Patentrecht, 4. Kapitel, Rn. 32. 226 Ohly, GRUR Int. 2008, 787; Osterrieth, GRUR 2009, 540, 542. 227 Vgl. auch Ohly, GRUR Int. 2008, 787, 790 f. 228 Osterrieth, GRUR 2009, 540, 542. 229 Osterrieth, GRUR 2009, 540, 542. 230 Ohly, GRUR Int. 2008, 787. 231 Ohly, GRUR Int. 2008, 787 ff.; Osterrieth, GRUR 2009, 540 ff. 232 Kraßer/Ann, Patentrecht, § 3 Rn. 62, § 6 Rn. 37; Ann, FS Bornkamm, S. 3, 11 f. 233 Zur vergleichbaren Problematik im Urheberrecht v. Welser, ZGE 2017, 570 ff.; Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 133. 221
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Das auch im Patentrecht geltende Territorialitätsprinzip234 führt nicht dazu, dass es keine grenzüberschreitenden Sachverhalte gibt.235 Und auch im Patentrecht ist der genaue Inhalt des Territorialitätsprinzips umstritten.236 Greift man erneut darauf zurück, dass ein Immaterialgüterrecht nur im Inland verletzt werden kann,237 stellt sich die Frage, wie weit dieser Grundsatz gelten soll. Das Reichsgericht hatte in strenger Anwendung des Territorialitätsprinzips eine inländische Handlung gefordert.238 Diesen Grundsatz hat das BGH schrittweise aufgeweicht:239 So ist ein Lieferant, der im Ausland sitzt, für eine Patentverletzung verantwortlich, wenn er ein im Inland geschütztes Erzeugnis liefert.240 Dieser Grundsatz gilt auch für mittelbare Patentverletzungen.241 Auch das Patentrecht kennt somit grenzüberschreitende Konflikte. Ein besonderes Schutzrecht stellt der Sortenschutz dar. Gemäß § 1 I SortSchG kann nationaler Sortenschutz für Pflanzensorten erteilt werden. Dieser nach § 13 SortSchG zeitlich begrenzter Schutz, gewährt dem Rechtsinhaber einen eigenständigen Unterlassungsanspruch, § 37 SortSchG. Die Sorte ist ebenso wie das Patent ein eintragungsbedürftiges Immaterialgüterrecht und sein Schutz auf das Territorium des gewährenden Staates begrenzt. Sortenschutz wird auch auf EU-Ebene gewährt.242 Die Unionssorte gewährt ein unionsweites Schutzrecht (Art. 2 SortVO) mit eigenständigem Unterlassungsanspruch, Art. 94 I SortVO.243 Da die Unterschiede zu den anderen unionsweiten Schutzrechten gering sind und die praktische Bedeutung kleiner ist, wird nicht weiter auf die Sorte eingegangen. d) Designrecht Ein zunehmend wichtigeres Immaterialgüterrecht ist das Designrecht.244 In Deutschland erfuhr es als Geschmacksmuster seinen ersten Schutz im Jahr
234
Pitz, Patentverfahren, Teil 2 Rn. 24a; Schauwecker, Extraterritoriale Patentverletzungsjurisdiktion, S. 11 m.w.N. 235 Pitz, Patentverfahren, Teil 2 Rn. 24b; Mes, PatG § 14 Rn. 151; Haupt, GRUR 2007, 187 ff. Vgl. den Sachverhalt von EuGH ECLI:EU:C:2012:445 – Solvay/Honeywell. 236 Schauwecker, Extraterritoriale Patentverletzungsjurisdiktion, S. 12 m.w.N. 237 Siehe dazu oben S. 27 ff. Zum Patentrecht Sack, GRUR 1999, 193, 201. 238 RGZ 30, 52, 55; RGZ 149, 102, 105 – Oberlederkantenmaschine. 239 Steininger, GRUR 2017, 875. 240 BGH GRUR 2002, 599 – Funkuhr I; BGHZ 204, 114 Tz. 26 – Audiosignalcodierung. 241 BGHZ 204, 114 Tz. 27 f. – Audiosignalcodierung. 242 VO 2100/94 vom 27. Juli über den gemeinschaftlichen Sortenschutz. 243 Zu den weiteren unionsweiten Schutzrechten sogleich unter S. 31 ff. 244 Schack, UrhR, Rn. 31.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
31
1876.245 Da der Begriff des Geschmacksmusters terminologisch verwirrend und nur einem Fachpublikum bekannt war, wurde mit der Reform von 2013 das Geschmacksmuster zum Design.246 Auf europäischer Ebene ist der Begriff Geschmacksmuster aber weiterhin gebräuchlich.247 Das Designrecht ist von der vollharmonisierenden248 Geschmacksmusterrichtlinie von 1998 vereinheitlicht worden.249 Auch für das eingetragen Design gilt das Territorialitätsprinzip.250 Das DesignG enthält in § 42 einen eigenständigen Unterlassungsanspruch. Wie im Patentrecht sind auch im Designrecht grenzüberschreitende internationale Streitigkeiten durchaus häufig. In der EU werden sich die Probleme aber insbesondere im Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht abspielen.251 2. Unionsmarke Die nationalen Marken haben den Nachteil, dass der Schutz nur auf das Territorium des Staates begrenzt ist, in welchem die Marke eingetragen ist. Denn auch für das Markenrecht gilt das Territorialitätsprinzip.252 Demnach kann eine inländische Marke nur durch eine Handlung im Inland, eine ausländische Marke nur durch eine Handlung im Ausland verletzt werden.253 Dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt ein Blick in die Geschichte des Markenrechts, gingen Rechtsprechung und Literatur doch lange vom Universalitätsprinzip aus.254 Territoriale Schutzrechte widersprechen dem Ziel eines einheitlichen Binnenmarkts, sodass auch eine Rechtsangleichung nicht ausreicht.255 Folglich hat sich die EU von Beginn an bemüht, ein Gemeinschaftsmarkenrecht zu
245
Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876, RGBl. 1876, S. 11; Eichmann/Jestaedt, in: Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser, Allgemeines, Rn. 3; Schricker/Haug, NJW 2014, 726. 246 Gesetz zur Modernisierung des Geschmacksmusters v. 10. Oktober 2013, BGBl. I 2013, 3799; Schricker/Haug, NJW 2014, 726. 247 Siehe sogleich zum Gemeinschaftsgeschmacksmuster unten S. 33 ff. 248 Dazu Cornels, Schranken des Designrechts, S. 31 – 35. 249 Richtlinie 98/71/EG vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen. 250 Kraßer/Ann, Patentrecht, § 1 Rn. 47. 251 S. unten S. 33 ff. 252 Siehe nur BGH GRUR 2018, 417 Tz. 37 – Resistograph; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Einl. Rn. 15 und oben S. 27. 253 Raape, IPR, S. 638 ff.; Chr. v. Bar, Territorialität des Warenzeichens, S. 27; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Einl. Rn. 15; vgl. Fezer, Markenrecht, Rn. 863 f. 254 Chr. v. Bar, Territorialität des Warenzeichens, S. 17 f. mit Nachweisen sowohl für Rspr. als auch Literatur. 255 ErwGr. 5 UMVO; Hartmann, Die Gemeinschaftsmarke im Verletzungsverfahren, S. 43 f.; vgl. Anduleit, Die Rechtsdurchsetzung im Markenrecht, S. 190.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
schaffen.256 Nach langer Vorarbeit257 ist 1994 die Gemeinschaftsmarkenverordnung in Kraft getreten, die inzwischen Unionsmarkenverordnung heißt.258 Die Unionsmarke ist ein einheitliches, in der gesamten Union geltendes Schutzrecht, Art. 1 II UMVO. Die Unionsmarke wird für das gesamte Territorium der Union eingetragen259 und ist unteilbar.260 Dieses Einheitlichkeitsprinzip ist maßgeblich für die Unionsmarke.261 So wird nicht das Territorialitätsprinzip abgeschafft, vielmehr werden nur die Grenzen des Territoriums auf die gesamte EU erweitert.262 Liegt ein absolutes Eintragungshindernis (Art. 7 I UMVO) in einem Teil der EU vor, so kann die Marke nicht eingetragen werden, Art. 7 II UMVO. Bei einem einheitlichen Schutzrecht ist es nur konsequent, dass nicht darauf abgestellt wird, ob das Eintragungshindernis in einem Mitgliedstaat, sondern in einem Teile der Union fehlt.263 Wie groß dieser „Teil“ tatsächlich sein muss, ist fraglich. Eine rein lokale Bezeichnung wird noch nicht genügen, um die Unionsmarke zu versagen.264 Die nationalen Marken der Mitgliedstaaten haben durch die der Unionsmarke an Bedeutung verloren.265 Die UMVO enthält einen eigenständigen Unterlassungsanspruch in Art. 130 I UMVO.266 Eine Einschränkung ergibt sich aber über Art. 124 lit. a UMVO. Danach sind die Unionsmarkengerichte für vorbeugenden Rechtsschutz nur zuständig, „falls das nationale Recht dies zulässt“.267
256
Anduleit, Die Rechtsdurchsetzung im Markenrecht, S. 195. Anduleit, Die Rechtsdurchsetzung im Markenrecht, S. 195 f.; Halbsguth, Territorialität im Verletzungsverfahren aus der Europäischen Gemeinschaftsmarke, S. 15. 258 Verordnung 40/94/EG vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke, ersetzt durch VO 2017/1001/EU vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke. 259 v. Mühlendahl, EIPR 2008, 66. 260 Hopf, MarkenR 2012, 229, 230. 261 Knaak, GRUR 2001, 21; Hopf, MarkenR 2012, 229; Kochendörfer, in: BeckOKUMVO, Art. 1 Rn. 6. 262 Vgl. Schaper, Durchsetzung der Gemeinschaftsmarke, S. 65; Grünberger, IPRax 2012, 500, 501. 263 v. Mühlendahl, EIPR 2008, 66. Daraus folgt, dass auch eine regionale Sprache, die nicht Amtssprache der Union ist, bei der Bewertung herangezogen werden muss; vgl. Hanf, in: BeckOK-MarkenR, Art. 7 UMVO Rn. 179. Ungenau EuGH ECLI:EU:C:2002:506 Tz. 40 – Companyline, wenn auf die „Sprache eines Mitgliedstaates“ abgestellt wird. Richtigerweise kommt es nur darauf an, ob die Sprache in einem Mitgliedstaat gesprochen wird. 264 Eisenführ, in: Eisenführ/Schennen, Art. 7 UMVO Rn. 273. 265 Siehe dazu auch unten S. 162 ff. 266 Schack, FS Stürner, S. 1337, 1347; vgl. BGH GRUR 2008, 254 Tz. 39 – The Home Store. 267 Dazu unten S. 158. 257
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
33
3. Gemeinschaftsgeschmacksmuster Der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung268 war die Musterschutzrichtlinie269 vorausgegangen.270 Notwendig war eine europäische Regelung, da sich die Geschmacksmusterrechte der einzelnen Mitgliedstaaten stark unterschieden271. Das herrschende Territorialitätsprinzip zwang die Rechteinhaber, ihr Design in jedem Mitgliedstaat einzeln anzumelden.272 Mit dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster wurde ein einheitliches, in der gesamten Union geltendes Schutzrecht geschaffen, Art. 1 III GGVO.273 Insoweit entspricht das Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Unionsmarke.274 Somit überwindet auch das Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht das Territorialitätsprinzip, sondern erweitert nur das Territorium auf das Gebiet der gesamten Europäischen Union.275 Dabei verdrängt das Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht die nationalen Designrechte, sondern es steht neben ihnen (Grundsatz der Koexistenz).276 Die GGVO kennt zwei Arten von Gemeinschaftgeschmacksmustern, das eingetragene und das nicht eingetragene.277 Beim nicht eingetragenen Geschmacksmuster handelt es sich um eine rechtliche Neuheit.278 Der Schutz des nicht eingetragenen Geschmacksmusters beginnt schon ab dem Tag, „an dem es der Öffentlichkeit innerhalb der Gemeinschaft erstmals zugänglich gemacht wurde“, Art. 11 I GGVO. Die Schutzfrist dieses formlosen Schutzrechts beträgt nur drei Jahre. Das eingetragene wie das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewähren dem Rechteinhaber ein Verbietungsrecht, 268 Verordnung 6/2002/EG vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster. 269 Richtlinie 98/71/EG vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen. 270 Buchmüller, Nicht eingetragenes GGM, S. 9; Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 15. 271 Christof, Schutzumfang von eingetragenem Design und GGM, S. 10; Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 9. 272 Schramm, Europaweiter Schutz des Produktdesigns, S. 74 f. 273 Schramm, Europaweiter Schutz des Produktdesigns, S. 94; Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 19. 274 Schramm, Europaweiter Schutz des Produktdesigns, S. 94; Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 15. Siehe dazu oben S. 31 ff. 275 Vgl. Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 19. 276 Schramm, Europaweiter Schutz des Produktdesigns, S. 96 f.; Buchmüller, Nicht eingetragenes GGM, S. 34 f.; Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 20. 277 Schramm, Europaweiter Schutz des Produktdesigns, S. 102 f.; Buchmüller, Nicht eingetragenes GGM, S. 11 f.; Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 17 f. 278 Schramm, Europaweiter Schutz des Produktdesigns, S. 102; Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 18.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Art. 19 I 1 bzw. II GGVO. Daneben kann gemäß Art. 89 I lit. a GGVO ein Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht eine Anordnung erlassen, die dem Beklagten verbietet, Handlungen vorzunehmen, die das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (zu) verletzen (drohen). Trotz seines ungewöhnlichen Wortlautes ist Art. 89 I lit. a (i.V.m. Art. 19 I bzw. II) GGVO ein eigener Unterlassungsanspruch.279 Aus deutscher Sicht drängt sich die Frage auf, ob der Unterlassungsanspruch an weitere Voraussetzungen, wie etwa eine Wiederholungsbzw. Erstbegehungsgefahr geknüpft ist. Der Wortlaut des Art. 89 I lit. a GGVO schweigt dazu. Voraussetzung für einen Rückgriff auf nationales Recht ist, dass die GGVO die Frage nicht selbst regelt, Art. 88 II GGVO. Teilweise wird vorausgesetzt, dass die Erstbegehungs- bzw. Wiederholungsgefahr dem Unterlassungsanspruch immanent ist, da dieser in die Zukunft gerichtet ist.280 Die Erstbegehungsgefahr lässt sich unmittelbar im Wortlaut verorten, setzt dieser doch voraus, dass eine Verletzung „droht“. Das Merkmal der Wiederholungsgefahr wäre indes eine Einschränkung des Wortlauts. Der lässt es nämlich genügen, dass eine Verletzung bereits begangen wurde. Das nationale deutsche Recht vermutet nach einer Begehung die Wiederholungsgefahr. Praktisch wird es daher kaum Unterschiede geben. Doch grundsätzlich darf man so zentrale Elemente des Unterlassungsanspruches nicht dem mitgliedstaatlichen Recht überlassen. V. Lauterkeits- und Kartellrecht Auch im Lauterkeits- und Kartellrecht drohen grenzüberschreitende Konflikte. 1. Lauterkeitsrecht Mit dem Abbau von Handelshemmnissen weltweit, insbesondere innerhalb der EU, weitet sich der grenzüberschreitende Handel weiter aus281 und mit ihm grenzüberschreitende Rechtstreitigkeiten.
279 BGH GRUR 2009, 79 Tz. 8 – Gebäckpresse; OLG Frankfurt GRUR-RR 2018, 331 Tz. 11 – Küchenmesser. Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 190 ff.; Heinze, Einstweiliger Rechtsschutz, S. 292; Schabenberger, WRP 2010, 992, 999; Schack, FS Stürner, S. 1337, 1347; Becker, WRP 2014, 785, 792; Stöckel, in: Handbuch Marken- und Designrecht, wohl auch Tolkmitt, in: Ruhl/Tolkmitt, Art. 89 Rn. 34. Das OLG Hamburg NJOZ 2007, 459, 460 – Gebäckpresse, hat den Unterlassungsanspruch in: Art. 19 GGVO verortet, wurde aber vom BGH korrigiert. 280 Zwanzger, GGM zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht, S. 191. 281 .
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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In Deutschland ist das UWG die Kernmaterie des Lauterkeitsrechts. Der Unterlassungsanspruch in § 8 UWG ist im Lauterkeitsrecht von großer Bedeutung,282 insbesondere i.V.m der Verbandsklage in § 8 Abs. 3 Nr. 2–4 UWG.283 Da das Lauterkeitsrecht vom jeweiligen nationalen Wettbewerbskonzept abhängt, unterschieden und unterscheiden sich auch heute noch innerhalb Europas die einzelnen Regelungen.284 Diese Rechtsunterschiede der einzelnen Mitgliedstaaten steigern die Kosten des grenzüberschreitenden Handels oder verhindern ihn gar.285 Ein uneinheitliches Lauterkeitsrecht steht im Widerspruch zu einem einheitlichen Binnenmarkt.286 Folgerichtig ist die EU tätig geworden, um das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb zu harmonisieren.287 Von besonderer Bedeutung ist dabei die UGP-RL288. Obwohl sie vollharmonisierend ist,289 wurde sie von den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich umgesetzt.290 Von Anfang an wurde das Lauterkeitsrecht auch durch völkerrechtlichen Regelungen weiterentwickelt, neben der Pariser Verbandsübereinkunft von 1883 vor allem durch TRIPS.291 Gerade der Onlinehandel, aber auch die wachsende wirtschaftliche Bedeutung von Daten sowie die immer weiter erstarkenden Onlineplattformen führen zu zahlreichen grenzüberschreitenden Konflikten. 2. Kartellrecht Durch das Kartellrecht soll verhindert werden, dass zu starke Marktteilnehmer den freien Wettbewerb aushebeln.292 Das deutsche GWB ist heute weiterhin vom europäischen Kartellrecht überlagert und in seinem Anwendungsbereich stark eingeschränkt.293 Das Herzstück des europäischen Kartellrechts sind 282 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 2684; Emmerich/Lange, Unlauterer Wettbewerb, § 21 Rn. 4. 283 S. unten bei Fn. 317. 284 Dazu ausführlich Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 388 ff. Vgl. auch Jänich, Lauterkeitsrecht, § 5 Rn. 1. 285 Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG C. Einl. Rn. 2. 286 Emmerich/Lange, Unlauterer Wettbewerb, § 1 Rn. 22. 287 Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG C. Einl. Rn. 8; Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 413; Jänich, Lauterkeitsrecht, § 5 Rn. 1. 288 Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarkinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Vgl. Jänich, Lauterkeitsrecht, § 5 Rn 10; Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Rn. 40; vgl. Emmerich/Lange, Unlauterer Wettbewerb, § 1 Rn. 25 f. 289 Micklitz/Namysłowska, in: MüKo-UWG, Art. 4 UGP-RL, Rn. 11. 290 Emmerich/Lange, Unlauterer Wettbewerb, § 1 Rn. 26. 291 Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 350 ff.; Emmerich/Lange, Unlauterer Wettbewerb, § 2 Rn. 1 ff.; Jänich, Lauterkeitsrecht, § 7 Rn. 18. 292 Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Rn. 575; Emmerich/Lange, Kartellrecht, § 1 Rn. 1 ff. 293 Kling/Thomas, Kartellrecht, § 3 Rn. 2; Emmerich/Lange, Kartellrecht, § 1 Rn. 7.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Art. 101, 102 AEUV sowie die VO 1/2003.294 § 33 GWB enthält einen eigenen Unterlassungsanspruch, der auch für die Verstöße gegen Art. 101, 102 AEUV gilt.295 Somit entspringt die Anspruchsgrundlage dem nationalen GWB, der Anspruchsgrund aber europäischem Primärrecht. Die Ansprüche können auch im Wege der Verbandsklage geltend gemacht werden, § 33 IV GWB. Da es im Kartellrecht um große Unternehmen geht, bestehen fast zwangsläufig eine grenzüberschreitende Komponente. Das Unterlassungsbegehren kann sich somit immer auch auf Verhalten im Ausland beziehen. Dazu kommt, dass gerade bei größeren Unternehmen immer ein staatliches Interesse besteht, diese zu „schützen“.296 Umgekehrt gehen ausländische Staaten teilweise härter gegen marktmissbräuchliches Verhalten vor als der Heimatstaat.297 So wird auch gerade im Kartellrecht die Zulässigkeit grenzüberschreitender Maßnahmen diskutiert.298 Allerdings zeigt die Auswertung der Rechtsprechung, dass der Unterlassungsanspruch faktisch kaum eine Rolle spielt. VI. Verbraucherschützende Normen Durch das Internet steigt die Zahl der grenzüberschreitenden Verbrauchergeschäfte.299 Nicht nur der Onlineversand, auch Onlineplattformen wie Facebook können das Verbraucherschutzrecht auf den Plan rufen. Folglich werden auch hier die gerichtlichen Verfahren mit grenzüberschreitendem Sachverhalt häufiger. 1. Verbraucherverbandsklagen Im Verbraucherschutzrecht gibt es wie im Lauterkeitsrecht das Instrument der Verbandsklage. Trotz ihrer langen Tradition im deutschen Recht300 scheint sie 294 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln. 295 Stockenhuber, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 101 AEUV, Rn. 266; Dreher/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Rn. 1802. 296 Siehe etwa die Diskussion um die Industriestrategie 2030 des Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier, . 297 Vgl. etwa den „Fall Microsoft“, nachzulesen bei Herdegen, Int. Wirtschaftsrecht, § 17 Rn. 2 f. 298 Vgl. Rehbinder, Extraterritoriale Wirkung des deutschen Kartellrechts (passim); Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts (passim), jeweils m.w.N. 299 So stieg die Zahl der Personen in Deutschland, die online Produkte aus dem Ausland kauften, von vier (2008) auf 16 Prozent (2018), . Der Umsatz im grenzüberschreitenden Verbraucherhandel lag in Europa 2018 bei 137 Mrd. Euro, bis . 300 Siehe Fn. 318.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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immer noch begründungsbedürftig. Grundsätzlich wird der Schutz subjektiver Rechte nicht auf Initiative des Staates durchgesetzt, sondern durch den individuell Betroffenen. Doch gerade in Verbrauchersachen kann der Schaden für die Einzelperson gering sein. So wird kaum ein Verbraucher den Klageweg beschreiten, wenn etwa ein Versandhändler nach erfolgtem Widerruf die Erstattung der Hinsendekosten verweigert.301 Bei einem Streitwert von 4,95 € (Hinsendekosten) beläuft sich das Prozessrisiko auf rund 420 €. Risiko und möglicher Ertrag stehen in keinem vernünftigen Verhältnis.302 Handelt es sich überdies um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt mit all seinen Komplikationen, dann ist klar, dass viele Verbraucher von vornherein die Kosten und Mühen scheuen werden, ihre Interessen durchzusetzen. Diese „rationale Apathie“ führt dazu, dass gegen verbraucherschutzwidriges Verhalten nicht ausreichend vorgegangen wird, wenn nicht andere diese Aufgabe übernehmen.303 Dies könnte Unternehmen dazu verleiten, sich durch verbraucherschutzwidriges Verhalten Vorteile zu verschaffen.304 Auch wenn der Einzelschaden gering ist, ist er gesamtgesellschaftlich durchaus spürbar.305 Zwar mögen die Unternehmen kurzfristig profitieren, langfristig wird sich dies aber im Kaufverhalten der Verbraucher niederschlagen.306 Daneben verliert der Rechtsstaat an Vertrauen, wenn die bestehenden Schutzgesetze nicht durchgesetzt werden.307 Es gibt demnach genügend Gründe, die Durchsetzung verbraucherschützender Normen zu unterstützen und das „Vollzugdefizit des materiellen Privatrechts“308 auszugleichen. Dies kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden.309 Eine Möglichkeit ist der kollektive Rechtsschutz. Dieser hat auch für die Gerichte und Unternehmen
301 Vgl. BGH NJW 2010, 651. Auch hier klagte ein Verbraucherverband, es zu unterlassen, den Verbrauchern die Erstattung der Hinsendekosten (i.H.v. 4,95 €) nach Widerruf zu verweigern. Heute § 357 II BGB. 302 Vgl. Lindacher, ZZP 103 (1990), 397, 400; vgl. K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbandsklage, S. 16 ff.; Kocher, in: EU-Sammelklage, S. 72, 73. 303 Weber, VuR 2013, 323, 325; Towfigh/Chatziathanasiou, in: Neue Wege zur Durchsetzung des Verbraucherrechts, S. 93, 99 f. Erschwerend kommt hinzu, dass Verbraucher ihre Rechte häufig nicht kennen. Noch unbekannter ist der Ablauf eines Prozesses; dazu kommt eine allgemeine Konfliktscheu, Fries, Verbraucherrechtsdurchsetzung, S. 30 ff. 304 Vgl. Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 269; Towfigh/Chatziathanasiou, in: Neue Wege zur Durchsetzung des Verbraucherrechts, S. 93, 100. 305 Weber, VuR 2013, 323, 325. 306 Fries, Verbraucherrechtsdurchsetzung, S. 11. 307 Fries, Verbraucherrechtsdurchsetzung, S. 12. 308 Reinel, Verbandsklage nach dem AGBG, S. 7. 309 Siehe ausführlich zu AGB Reinel, Verbandsklage nach dem AGBG, S. 8 ff.; vgl. auch Basedow, VersR 2008, 750, 751.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
den Vorteil, dass Prozesse gebündelt werden – der kollektive Rechtsschutz ist prozessökonomischer.310 Gemäß § 3 i.V.m. §§ 1, 2 UKlaG können verbraucherschützende Ansprüche von Verbänden geltend gemacht werden.311 Auf diesem Weg werden privatrechtliche Einzelinteressen kollektiv durchgesetzt. Daneben sollen die kollektiven Interessen aber mehr sein als die Summe der Einzelinteressen.312 Einige sehen es als Aufgabe der Verbände, „öffentliche Interessen“ durchzusetzen.313 Eine Besonderheit der Verbandsklage ist, dass den Verbänden ein eigener materieller Unterlassungsanspruch zusteht,314 obwohl sie selbst nicht in ihren Rechten verletzt sind.315 Im Ergebnis übernehmen Verbraucherschutzverbände die staatliche Aufgabe, die Einhaltung verbraucherschützender Normen durchzusetzen.316 Das deutsche Recht stand und steht dem kollektiven Rechtsschutz immer noch eher skeptisch gegenüber,317 dabei kennt das UWG bereits seit 1896 die Verbandsklage von Interessenverbänden.318 Trotzdem stimmte Deutschland als
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K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 23; Kocher, in: EUSammelklage, S. 71. 311 Die Diskussion, ob die Verbände Anspruchsinhaber oder ob dadurch nur eine Prozessführungsbefugnis begründet wird, hat der Gesetzgeber im ersten Sinne entschieden; Greger, ZZP 113 (2000), 399, 403; Walker, UKlaG, § 1 UKlaG Rn. 2. 312 ErwGr. 3, S. 2, RL 2009/22/EG (S. unten Fn. 319): „Unter Kollektivinteressen sind die Interessen zu verstehen, bei denen es sich nicht um eine Kumulierung von Interessen durch einen Verstoß geschädigter Personen handelt.“ J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher, S. 32, sieht in den kollektiven Verbraucherinteressen das „Interesse zur Rechtsbewährung zugunsten der Verbrauchergemeinschaft“. An solch kollektiven Interessen zweifeln Hopt/Baetge, in: Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 11, 45. 313 Koch, ZZP 113 (2000), 413; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 269; Geiger, Kollektiver Rechtsschutz im Zivilprozess, S. 29. 314 Vgl. die klarstellende Formulierung in § 13 II AGBG und heute § 3 I 1 UKlaG. 315 Stadler, VuR 2010, 83, 85. 316 Stadler, VuR 2010, 83, 85 sieht hier die „Privatisierung staatlicher Aufgaben“. 317 Koch, Kollektiver Rechtsschutz, S. 92 ff.; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher, S. 33 ff. Insbesondere wird die Missbrauchsgefahr thematisiert. Doch ist sie bei Klagen von Verbraucherschutzverbänden wenig realistisch, da hier nur eine bestimmte Gruppe zugelassener Verbände klagebefugt ist; Hopt/Baetge, in: Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 11, 28. Das Missbrauchsproblem resultiert nicht aus dem Institut des kollektiven Rechtsschutzes, sondern aus dem Aufwendungsersatzanspruch der Abmahner; Baetge, ZZP 112 (1999), 329, 350. 318 Lindacher, ZZP 103 (1990), 397; Greger, ZZP 113 (2000), 399, 401; Schack, NJW 2000, 2490, 2491. Seit 1965 existiert daneben die Klagebefugnis für Verbraucherschutzverbände im Rahmen des UWG, Greger, ZZP 113 (2000), 399, 401; K. Maurer, Grenzüberschreitende Unterlassungsklage, S. 26.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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einziger Mitgliedstaat gegen die Unterlassungsklagerichtlinie319 (UKlaRl).320 Doch Verbraucherschutz braucht – solange er nicht unmittelbar durch den Staat betrieben wird – kollektiven Rechtsschutz.321 Ziel der UKlaRL ist es, durch „den freien Verkehr der Unterlassungsklage“ den grenzüberschreitenden kollektiven Rechtsschutz zu stärken und die Wahlfreiheit der Verbraucher zu schützen.322 Hauptmotiv für die UKlaRl ist aber „das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes“, Art. 1 I. Dieser besondere Gesichtspunkt muss bei der Auslegung der Richtlinie beachtet werden: Es geht darum, Verbraucherschutzrechte durchzusetzen, um den Binnenmarkt zu vereinheitlichen.323 Art. 4 I UKlaRL verpflichtet die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, damit ausländische Verbände bei Verstößen, die im Inland klagen können. Dies war in vielen Mitgliedstaaten vor Erlass der Richtlinie nicht möglich.324 So fehlte ausländischen Verbänden regelmäßig die Klagebefugnis.325 Inländische Verbraucherverbände hingegen hatten kein Interesse daran gegen inländische Unternehmen, die verbraucherschutzwidrig im Ausland handelten, vorzugehen.326 Nach Art. 4 I UKlaRl haben die Verbände nun die Möglichkeit, in jedem Mitgliedstaat zu klagen, in welchem die verbraucherschutzwidrige Handlung ihren Ursprung hat. Die EU erspart sich mit der gegenseitigen Anerkennung der Klagebefugnis ein eigenes Verfahren für den kollektiven Rechtsschutz, setzt aber die Mitgliedstaaten unter Anpassungsdruck.327 319 Richtlinie 98/27/EG vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ersetzt durch Richtlinie 2009/22/EG vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen. 320 Meyer, WM 1998, 1507, 1508. 321 Vgl. Kocher, in: EU-Sammelklage, S. 71. 322 Kommission, KOM(93), 576, S. 87 ff. 323 Dabei kann Verbraucherschutz durchaus auch den Binnenmarkt hemmen wirken, etwa wenn die Verbraucherschutzrechte in den jeweiligen Staaten variieren. 324 K. Maurer, Grenzüberschreitende Unterlassungsklage, S. 71; Hopt/Baetge, in: Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 11, 35 f.; Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 15. 325 Ob eine Verbandsklage zulässig ist, bestimmt sich nach der lex fori; Schack, IZVR, Rn. 625. 326 Wenn daneben der Satzungszweck auf inländische Verbraucher beschränkt ist, wäre eine Klage gar nicht möglich gewesen; Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 15. 327 Baetge, ZZP 1999 (112), 329, 344; Hopt/Baetge, in: Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 11, 36; K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 21. Ansonsten könnte es zu der (paradoxen) Situation kommen, dass ausländische Verbände klagebefugt sind, inländische Verbände aber nicht; Baetge, ZZP 1999 (112), 329, 342. Ob dies den nationalen Gesetzgeber wirklich dazu bringen wird, auch die inländischen Verbände zur Klage zu ermächtigen, ist fraglich. So gibt es auch in anderen Bereichen durchaus Fälle von
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Inzwischen steigt die Zahl der grenzüberschreitenden Sachverhalte immer weiter.328 Insgesamt sorgt auch die Verbandsklage bisher nicht für den erwünschten Erfolg,329 sodass auf europäischer Ebene eine Reform der Verbandsklage angestrebt wird.330 2. Europäische Vorgaben des Verbraucherschutzrechts Während im deutschen nationalen Recht erste verbraucherschützende Normen bereits in den 1970er Jahren geschaffen wurden,331 treibt inzwischen die EU die Entwicklung voran.332 Nach Art. 169 AEUV hat die EU den Verbraucherschutz nicht sektorbezogen, sondern in allen Bereichen auszubauen.333 Maßgebliche Kompetenzgrundlage für den Verbraucherschutz ist Art. 169 II lit. a i.V.m. Art. 114 AEUV. Da Art. 114 I AEUV auf die Errichtung des Binnenmarktes abstellt, ist auch die Verbraucherschutzpolitik der EU binnenmarktbezogen.334 Problematisch ist wie stark der Binnenmarktbezug sein muss.335 Richtigerweise muss ein verbraucherschützender Rechtsakt, der aufgrund von Art. 169 II lit. a i.V.m. Art. 114 AEUV erlassen wird, immer auch binnenmarktfördernd sein,336 der Verbraucherschutz ist dann ein mit zu bedenkendes,
Inländerdiskriminierung, Tiedje, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje Art. 49 AEUV, Rn. 124. 328 Stadler, JZ 2009, 121, 123 war noch der Meinung, dass es nur wenig grenzüberschreitende Fälle gebe. Im Jahr 2018 richteten sich 71 von 266 Abmahnungen des VZBV gegen Unternehmen, die nicht in Deutschland ansässig waren (eigene Anfrage). 329 Vgl. Fries, Verbraucherrechtsdurchsetzung, S. 178 ff., der vor allem strukturelle Hindernisse und eine zu geringe finanzielle Ausstattung als Grund für die mangelnde Rechtsdurchsetzung sieht. 330 Siehe den Vorschlag für eine Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der RL 2009/22/EG, COM(2018) 184 final. Dazu Lühmann, NJW 2019, 570 ff. 331 Dazu Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 184 ff. 332 Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 189; Rott, in: Verbraucherrecht 2.0, S. 221. 333 Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 169 AEUV Rn. 2. 334 Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 57; Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 305 f.; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 145; Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 169 AEUV Rn. 5 („Marktorientierung des Europäischen Verbraucherschutzrechts“); vgl. Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 374 f. 335 Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 169 AEUV Rn. 34. Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 59, findet die Kompetenzgrundlage für verbraucherschützende Richtlinien zweifelhaft, da die Binnenmarktförderung nicht erreicht worden sei; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 377 hält die unionsrechtliche Kompetenz daher für „ungesichert“. 336 Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 169 AEUV Rn. 33. Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 374 f. fordert einen qualifizierten Binnenmarktbezug; Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 29 will die Anforderungen an die Binnenmarktförderung „nicht zu hoch“ ansetzen.
A. Der grenzüberschreitende Unterlassungsanspruch
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aber sekundäres Ziel337. Bei der Auslegung von Richtlinien und Verordnungen, die aufgrund dieser Rechtsgrundlage erlassen wurden, muss folglich immer auch das Binnenmarktelement bei der teleologischen Auslegung bedacht werden.338 Gerade für die hier relevante Frage nach der Reichweite von Unterlassungsansprüchen kann von Bedeutung sein, dass die Union durch den Verbraucherschutz einen einheitlichen Binnenmarkt fördern will. Daneben eröffnet Art. 169 II lit. b AEUV eine binnenmarktneutrale Kompetenzgrundlage zur „Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten“.339 Soweit ersichtlich, ist auf Grundlage dieser Kompetenz nur die Preisauszeichnungsrichtlinie ergangen.340 Seit den 1980er Jahren hat die EU den Verbraucherschutz schrittweise ausgebaut mit dem Ergebnis verschiedener verbraucherschützender Rechtsakte.341 Während zunächst auf Mindeststandards gesetzt wurde, greift die EU inzwischen immer häufiger zu vollharmonisierenden Richtlinien.342 VII. Fazit Grenzüberschreitende Streitigkeiten sind kein neues Problem. Allerdings ist deren Bedeutung durch den zusammenwachsenden europäischen Binnenmarkt, die fortschreitende Liberalisierung des Welthandels und insbesondere die Grenzenlosigkeit des Internets deutlich gestiegen. Dieses Problem zieht sich quer durch alle Materien. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Immaterialgüterrechte, die Persönlichkeitsrechte und das Wettbewerbsrecht, aber auch der Verbraucherschutz. Die Harmonisierung der nationalen Rechtsordnungen innerhalb der EU führt tendenziell zwar dazu, dass die grenzüberschreitenden Probleme im materiellen Recht geringer werden. Da aber zahlreiche Rechtsgebiete – insbesondere das Persönlichkeitsrecht – nicht harmonisiert sind, werden
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Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 305. Vgl. Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 111 f.; a.A. Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S. 230, die aber bei der Auslegung beachtet wissen will, dass der Verbraucher im Ausland ebenso agieren kann wie im Heimatland. 339 Lakkis, Kollektiver Rechtsschutz der Verbraucher in der EU, S. 51 (noch zu Art. 129 a EGV); Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbrauchervertragsrechts, S: 28; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, S. 57 f.; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 146; Krebber, in: EUV/AEUV, Art. 169 AEUV Rn. 19. 340 Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 169 AEUV Rn. 35. 341 Hakenberg, Europarecht, Rn. 762 f. mit einer Übersicht der wichtigsten Rechtsakten. 342 Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 240; Bülow/Artz, Verbraucherprivatrecht, Rn. 45. Kritisch zum vollharmonisierenden Ansatz Tamm, S. 240 ff.; Stürner, in: Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, S. 3 ff. 338
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
die Probleme eher komplizierter als einfacher. So überschneiden sich harmonisierte mit nicht oder nur teilweise harmonisierten Bereichen, die miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Im materiellen Recht zeigt sich dabei, dass die Effektivität der Rechtsdurchsetzung und die demokratische Legitimation im Konflikt geraten. Ein effektiver Rechtsschutz der Staatsbürger erfordert einen weitreichenden, scharfen Anspruch, der auch über Staatsgrenzen hinauswirkt. Damit wird aber in die Interessen anderer Staaten und in die Rechte von Ausländern eingegriffen. Wenn diese aber keine Möglichkeit haben, demokratisch an den Rechtsnormen mitzuwirken, die sie zwingen, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen oder vorzunehmen, oder wenn ihr „eigenes“ materielles Recht diese Handlung gar erlaubt, stellt sich die Frage nach der Legitimität der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung.
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts B. V ö lk e r r ec h tlic h e G re n z e n d e s n a tio na le n Rec h ts
Es hat sich gezeigt, dass infolge der voranschreitenden Globalisierung und insbesondere der Digitalisierung Rechtsverletzungen immer häufiger eine internationale Komponente haben. Immer mehr Rechtsstreitigkeiten beschränken sich nicht auf das Territorium eines Staates. Vielmehr werden Verträge über Landesgrenzen hinweg geschlossen, Verletzungen wirken sich in mehreren Staaten aus und durch die Grenzenlosigkeit des Internets wird es immer schwieriger, den Verletzungsort zu bestimmen. Recht hingegen wird immer noch ganz weitgehend national verstanden – auch wenn versucht wird, es durch Staatsverträge zu vereinheitlichen. Die nationalen Rechte stehen aber nicht als Rechtsquellen unabhängig nebeneinander, sondern werden vom Völkerrecht überlagert. Dieses kann den nationalen Rechtsordnungen Grenzen setzen. I. Allgemeine Beschränkungen Bevor geklärt wird, inwieweit das Völkerrecht das nationale Recht beschränkt, muss ermittelt werden, ob möglicherweise das Recht als solches bereits territorial begrenzt ist, sich eine Norm also a priori nur auf ein gewisses Gebiet beschränkt. Dabei geht es nicht darum, ob eine Norm von einem Gericht anzuwenden ist, sondern darum, ob die Norm den Sachverhalt überhaupt erfasst. Nach Kelsen gilt eine Norm im Grundsatz „überall und immer“.343 Nur wenn
343 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 137. Auch wenn Kelsen es nicht ausdrücklich sagt, meint er den sachlichen Geltungsbereich.
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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die Norm sich selbst räumlich begrenzt oder dies durch eine andere Norm geschieht, ist sie auf einen bestimmten Bereich beschränkt.344 Da Rechtsnormen Verhaltensregeln einer Gemeinschaft und nicht eines Gebiets sind,345 ist vielmehr begründungsbedürftig, warum eine Gemeinschaft ihre Verhaltensregeln nicht auch außerhalb des eigenen Territoriums gelten lassen soll. Der Gedanke, dass ein Gesetz weltweite Geltung umfasst, ist dabei nicht unbestritten. Gerade in der älteren Literatur wurde vielmehr vorausgesetzt, dass eine Norm bereits aus sich heraus nur innerhalb der Grenzen des Gemeinwesens – und damit innerhalb eines bestimmten Territoriums – gilt.346 Diese Vorstellung entspricht aber nicht der allgemeinen Rechtspraxis. Ohne dass es weiter thematisiert wird, scheint der Grundsatz der räumlich unbegrenzten Geltung von Rechtsnormen in den Rechtswissenschaften geteilt zu werden. So beschäftigte sich das Reichsgericht im Jahre 1903 damit, ob ein Verbot aus dem deutschen Börsengesetz auch an einer ausländischen Börse gilt. Dabei legte das Reichsgericht die Norm aus und kam zu dem Ergebnis, dass dies „schon mit Rücksicht auf die internationalen Beziehungen“ nicht möglich wäre.347 Das Gesetz gelte zwar über das Territorium hinaus, aber nur für diejenigen, die im Inland wohnen.348 Das Reichsgericht prüft also, ob die Norm aus sich heraus bereits begrenzt ist und setzt damit voraus, dass eine weltweite Geltung grundsätzlich möglich ist. Im Privatrecht wird seit langem selbstverständlich davon ausgegangen, dass es zu „Gesetzeskollisionen“ kommen kann, sodass es eines Kollisionsrechts bedarf.349 Das Kollisionsrecht enthält den Anwendungsbefehl an die eigenen Gerichte, ausländisches Recht anzuwenden. Ausländisches Recht wird also als ausländisches, nicht als inländisches Recht angewendet.350 Das Kollisionsrecht ist daher nur ein „Zuständigkeitsverteiler“351, der nur einen Sinn hat, wenn eine Norm nicht a priori beschränkt ist. Eine Kollision kann erst entstehen, wenn 344 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 137 f.; Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 163 weist daraufhin, dass eine solche Begrenzung sich im Allgemeinen nicht aus den Normen erschließen lässt, sondern dies durch das Kollisionsrecht geschieht. 345 Hayek, Recht, Gesetz und Freiheit, S. 75. 346 Vgl. die ausführliche historische Darlegung bei Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsrechtsnorm, S. 28 ff. Gegen eine territoriale Beschränkung subjektiver Recht ausführlich etwa Riezler, IZPR, S. 84 ff.; ders. Räumliche Begrenzung des Privatrechts, S. 16 ff. 347 RGZ 55, 183, 184. 348 RGZ 55, 183, 185. 349 Chr. v. Bar, Internationales Privat- und Strafrecht, S. 7; ders., Internationales Privatrecht I, S. 11 f.; Kahn, Abhandlung zum internationalen Privatrecht I, S. 1 ff. Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 152 bezweifelt einen „echte[n] Normenkonflikt“. Siehe auch unten Fn. 33. 350 Dölle, FS Raape, S. 149, 151 f.; Sonnenberger, Bedeutung des GG für das deutsche IPR, S. 74. Dagegen Schinkels, Normsatzstruktur des IPR, S. 235. 351 Sonnenberger, Bedeutung des GG für das deutsche IPR, S. 77.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
mehrere Rechtsordnungen denselben Fall Geltung beanspruchen können.352 Daher fragt das IPR auch, welche von mehreren Rechtsordnungen auf den Sachverhalt anzuwenden ist.353 Auch das Kartellrecht geht von einem weiten sachlichen Geltungsbereich aus. So muss sich das nationale Kartellrecht in seiner Anwendung selbst beschränken, damit es nicht ständig zu internationalen Konflikten kommt.354 Auch im Internationalen Verwaltungsrecht wird dieser Grundsatz geteilt.355 Selbst das Strafrecht gilt nicht nur auf nationalem Boden. Zwar folgt das Strafrecht im Grundsatz dem Territorialitätsprinzip, d.h. die Strafgewalt liegt bei dem Staat, der die Gebietshoheit beanspruchen darf.356 Dieses Prinzip wird durchbrochen, wenn etwa das deutsche Strafrecht bei den in §§ 5, 6 StGB genannten Delikten unabhängig vom Tatort gilt (Geltungsprinzip). Und nach § 9 StGB ist Tatort eben nicht nur der Begehungsort, sondern auch der Ort, an dem der tatbestandsmäßige Erfolg eintritt.357 Somit beansprucht selbst das Strafrecht Geltung außerhalb des eigenen Staatsgebiets. Folglich können Normen auch außerhalb des Territoriums des gesetzgebenden Staates gelten,358 solange diese nicht durch höherrangiges Recht eingeschränkt werden. II. Völkerrechtliche Einschränkungen der Regelungsbefugnis 1. Anwendungs- und Geltungsbereich Eine tragende Säule des Völkerrechts ist die souveräne Gleichheit der Staaten.359 Aus ihr folgt, dass die Handlungsfreiheit der Staaten nur begrenzt wird,
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v. Bar/Mankowski, IPR I, § 1 Rn. 16. Zitelmann, Internationales Privatrecht I, S. 40. 354 Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts, S. 33. 355 Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht IV, S. 124 f.; Rehbinder, Extraterritoriale Wirkungen des deutschen Kartellrechts, S. 60 f.; Ohler, Die Kollisionsordnung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 47. 356 Zieher, Internationales Strafrecht, S. 75 f.; Ambos, in: MüKo-StGB, vor § 3 StGB Rn. 17. 357 Ambos, in: MüKo-StGB, § 9 StGB Rn. 42. 358 Vgl. Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsrechtsnorm, S. 101 ff.; Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung, S. 3; Riezler, IZPR, S. 84 ff.; ders. Räumliche Begrenzung des Privatrechts, S. 16 ff. 359 v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 25, 39. 353
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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wenn das Völkerrecht dies vorschreibt.360 Das Völkerrecht gewährt diese Freiheit nicht, sondern kann sie nur begrenzen.361 Denn das Völkerrecht ist das überstaatliche Recht der Nationalstaaten, es entsteht durch diese, nicht umgekehrt. Das bedeutet auch, dass jeder Staat grundsätzlich souverän in seinem Territorium herrscht. Innerhalb dieses Gebiets hat der Staat die ausschließliche Hoheitsgewalt und kann die Ausübung fremder staatlicher Gewalt ausschließen362 (Gebietshoheit). Demnach hat jeder Staat das Recht, innerhalb seines Territoriums Recht zu erlassen, anzuwenden und durchzusetzen.363 Somit darf kein Staat Hoheitsakte auf dem Territorium eines anderen Landes erlassen, ohne dass dieser zugestimmt hat,364 die Durchsetzungshoheit (jurisdiction to enforce) ist auf das eigene Territorium beschränkt.365 Fraglich ist, inwieweit das Völkerrecht die Regelungshoheit (jurisdiction to prescribe), also die Möglichkeit, Recht zu setzen begrenzt.366 Denn auch durch den Erlass einer Rechtsnorm mit extraterritorialen Regelungsgehalt wird in die Interessen eines anderen Staates eingegriffen.367 Dieser Eingriff ist aber deutlich geringer, als wenn direkt auf fremden Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden. Bevor diese Frage vertieft werden kann, sind die Begrifflichkeiten zu klären. So kann eine Norm eine doppelte territoriale Komponente haben. Einerseits geht es darum, wo eine Norm angewendet und durchgesetzt werden muss. Dies wird als räumlicher Geltungsbereich bezeichnet.368 Einige bezeichnen dies als
360 Die Existenz sowie die Herleitung des Grundsatzes der Handlungsfreiheit der Staaten sind umstritten. Dem Grundsatz zustimmend v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 40; Epping, in: Ipsen, Völkerrecht, § 5 Rn. 70; Bleckmann, Völkerrecht, S. 60 f.; Schwartz, Deutsches Internationales Kartellrecht, S. 246. Zum Teil wird eine „Vermutung gegen den Bestand einer die Unabhängigkeit einschränkenden Völkergewohnheitsnorm“ angenommen, Bär, Kartellrecht und Internationales Privatrecht; gegen eine „Vermutung für die Freiheit der Staaten“ Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des Kartellrechts, S. 78 f.; den Grundsatz der Handlungsfreiheit ablehnend Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, S. 244 ff. 361 Vgl. v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 40. 362 Dahm, Völkerrecht I, S. 250; Berber, Völkerrecht I, S. 183; v. Arnauld, Völkerrecht Rn. 337 f.; Breuer, FS E. Klein, S. 747, 749; vgl. Fassbender, FS Jayme II, S. 1089, 1090. 363 Seidel, FS E. Klein, S. 897, 898. 364 BVerfGE 63, 343, 358 – Rechtshilfevertrag; Kipp, Staatslehre, S. 194 f.; Verdross, Völkerrecht, S. 237; ders./Simma, Universelles Völkerrecht, § 1020; Grothaus, Inlandsvollstreckung mit Auslandswirkung, S. 77 f.; v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 338; Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts, S. 15; Grothaus, Inlandsvollstreckung mit Auslandswirkung, S. 77 f.; Geimer, IZPR, Rn. 372a; Jarass, RIW 2017, 642, 643; vgl. Bleckmann, Völkerrecht, Rn. 450 f.; Stern, Staatsrecht I, S. 194. 365 v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 347. 366 Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 6. 367 Uecker, Extraterritoriale Regelungshoheit im Datenschutzrecht, S. 33. 368 Epping, in: Ipsen, Völkerrecht, § 7 Rn. 70; Ipsen, FS Bernhardt, S. 1041, 1047; Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 10 f.
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
räumlichen Anwendungsbereich.369 Der sachliche Anwendungsbereich hingegen bestimmt, auf welche Sachverhalte sich die Norm erstreckt.370 Der sachliche Anwendungsbereich und der räumliche Geltungsbereich müssen folglich nicht deckungsgleich sein. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Materien, die auch völkerrechtlich unterschiedlich zu bewerten sind.371 Im Folgenden geht es darum, ob der sachliche Anwendungsbereich völkerrechtlich beschränkt wird, nicht darum ob Rechtsakte darüber hinaus ausländische Hoheitsträger binden. Wenn nämlich Gesetze verschiedener Staaten eine weltweite sachliche Geltung beanspruchen, läuft der Gesetzesunterworfene Gefahr, mehreren Rechtsordnungen und damit möglicherweise einander widersprechenden Geboten oder Verboten ausgesetzt zu sein.372 Für Kelsen ist es Aufgabe des Völkerrechts, eine Beschränkung zu schaffen. Denn nur wenn die Geltung der Rechtsordnung begrenzt werde, sei eine Vielzahl von unterschiedlichen Rechtsordnungen möglich.373 Andernfalls würden die Rechtsordnungen einander widersprechen und ihre Wirkung aufheben. 2. Grundsatz der sinnvollen Anknüpfung Ausgangspunkt der völkerrechtlichen Diskussion ist die Lotus-Entscheidung des IGH. Danach gibt es keine völkerrechtliche Begrenzung, über Fälle zu entscheiden, die außerhalb des eigenen Territoriums belegen sind.374 Eine völlig unbegrenzte Regelungsbefugnis wird in der völkerrechtlichen Literatur aber heute nicht mehr vertreten.375 Vielmehr wird eine völkerrechtliche Einschränkung gefordert. Das Völkerrecht kennt in Art. 38 I IGH-Statut verschiedene Rechtsquellen.376 Danach umfasst das Völkerrecht die völkerrechtlichen Verträge, das 369 Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung, S. 3 will zwischen unterscheiden zwischen Geltungs- und Anwendungsbereich. 370 v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 347; Epping, in: Ipsen, Völkerrecht, § 7 Rn. 70; Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 10 f. bezeichnet dies als „Regelungsbereich“. 371 Vgl. Meessen, FS F.A. Mann, S. 227, 232. 372 Dieses Problem sieht etwa auch Zitelmann, Internationales Privatrecht, S. 69 f. Er behilft sich damit, dass die Rechtsnorm für den Bürger solange unverbindlich sei, wie er nicht der „Befehlsgewalt“ des erlassenden Staates unterstellt sei. Vielmehr habe der Befehl dann keine andere Wirkung als der Befehl einer Privatperson, der auch nicht bindend sei. Siehe dazu LG Kiel IPRax 1984, 146 und unten S. 50 f. 373 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 141. 374 StIGH, Series A, No. 10 (1927), S. 18 ff. Tz. 46. 375 Herdegen, Völkerrecht, § 26 Rn. 6; Schwarze, Jurisdiktionsabgrenzung im Völkerrecht, S. 18 f.; Uecker, Extraterritoriale Regelungshoheit im Datenschutzrecht, S. 29; Schmahl, AVR 47 (2009), 284, 293. 376 Das IGH-Statut definiert grundsätzlich nur die Rechtsquellen, die der IGH anwendet. Es ist aber allgemein anerkannt, dass diese den allgemeinen Kanon der Völkerrechtsquellen wiedergeben, vgl. v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 186.
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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Völkergewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Kulturvölker, Art. 38 I a–c IGH-Statut. Die Völkerrechtslehre sowie die Rechtsprechung gelten als Rechtserkenntnisquelle, Art. 38 I d IGH-Statut.377 Völkergewohnheitsrechtlich ist anerkannt, dass es eines Anknüpfungspunktes (einer „sinnvollen Anknüpfung“378, einer „hinreichenden“379 oder „sinnvollen“380 Beziehung, eines „besonderen Bezug[s]“381 bzw. eines genuine link382) bedarf,383 wenn Sachverhalte mit Auslandsberührung geregelt werden sollen. Begründet wird dies insbesondere mit dem Einmischungs-,384 dem Willkür- oder Missbrauchsverbot385 und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit386. Ein Sachverhalt darf also nur dann einer nationalen Regelung unterworfen werden, wenn es einen sinnvollen Bezug zu diesem Staat gibt. Nur, ab wann ist ein Anknüpfungspunkt „sinnvoll“? Bis heute ist es nicht gelungen, diese Begriffe ausreichend zu konkretisieren.387 Dies liegt auch daran, dass bereits
377
v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 186; Geiger, Staatsrecht III, S. 74. Geiger, Staatsrecht III, S. 291. 379 BVerfGE 63, 343, 369 – Rechtshilfevertrag; Bleckmann, Grundgesetz und Völkerrecht, S. 127; Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 541. 380 Rehbinder, Extraterritoriale Wirkungen des deutschen Kartellrechts, S. 61; Meessen, FS F.A. Mann, S. 227, 232. 381 BGHSt 46, 212, 224. 382 Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung, S. 4; Uecker, Extraterritoriale Regelungshoheit im Datenschutzrecht, S. 32; Schmahl, AVR 47 (2009), 284, 293. 383 BVerfGE 63, 343, 369 – Rechtshilfevertrag; BGHSt 46, 212, 224; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 1183; v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 348; Stein/v. Buttlar, Völkerrecht, Rn. 606, 608; Geiger, Staatsrecht III, S. 291; Epping, in: Ipsen, Völkerrecht, § 5 Rn. 71; Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 541; Bleckmann, Grundgesetz und Völkerrecht, S. 127; Rehbinder, Extraterritoriale Wirkungen des deutschen Kartellrechts, S. 61; Ohler, Die Kollisionsordnung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 330; Baier, Das Auswirkungsprinzip im Kartellrecht der USA, S. 24; Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung, S. 4; Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 19 f.; Uecker, Extraterritoriale Regelungshoheit im Datenschutzrecht, S. 32; Geimer, IZPR, Rn. 374; Meessen, FS F.A. Mann, S. 227, 232; Basedow, RabelsZ 47 (1983), 147, 165; Immenga, FS Neumayer, S. 323; Schmahl, AVR 47 (2009), 284, 293; teilweise ablehnend die zivilprozessrechtliche Literatur, insbes. Schack, IZVR, Rn. 215; ders., JZ 1992, 54, 55; ders., FS Nakamura, S. 491, 506. 384 BVerfGE 63, 343, 369 – Rechtshilfevertrag; Ohler, Die Kollisionsordnung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 340; Stein/von Buttlar, Völkerrecht, Rn. 608; für die internationale Zuständigkeit diese Begründung ablehnend Schack, IZVR, Rn. 373. 385 Dahm, Völkerrecht I, S. 256. 386 Schmahl, AVR 47 (2009), 284, 308, 313. 387 Ohler, Die Kollisionsordnung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 330; Meessen, FS F.A. Mann, S. 227, 232. 378
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
die Existenz bzw. die Ausgestaltung der Begründungsprinzipien Missbrauchsverbot388, Einmischungsverbot389 und Verhältnismäßigkeitsgebot umstritten sind. Damit bleiben häufig auch die Schlussfolgerungen nebulös. Allgemein anerkannt sind aber als Anknüpfungspunkte das Territorialitätsprinzip, das Personalitätsprinzip, das (Aus-)Wirkungsprinzip und das Weltrechtsprinzip.390 Damit besteht aber in fast immer ein Anknüpfungsmoment, sodass der Streit um die Existenz des genuine link wenig praktische Bedeutung hat. 3. Abwägungsgebot? Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung können in der Regel mehrere Staaten einen gleichberechtigten Anknüpfungspunkt vorweisen.391 Schließen eine Deutsche und ein Däne in Frankreich einen Vertrag, kommen mindestens drei verschiedene Rechtsordnungen in Betracht und – je nachdem welche Auswirkung der Vertrag hat (etwa bei Kartellabsprachen) – noch weitere. Daher fordern einige Autoren eine Interessenabwägung.392 Abgewogen werden müssten dann die Interessen der jeweiligen Staaten, ihre Regelungsbefugnis auszuüben, und im Ergebnis müsste ein Staat zurückstehen. Meessen leitet eine Pflicht zu solch einer Abwägung aus dem Einmischungsverbot ab,393 Ritter sieht ein 388
Das Missbrauchsgebot grds. ablehnend Heintze, in: Ipsen, Völkerrecht, § 28 Rn. 46; Neuhaus, Das Rechtsmißbrauchsverbot im heutigen Völkerrecht, S. 183 f. Vom Rechtsmissbrauchsverbot ausgehend Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 461; Bleckmann, Völkerrecht, Rn. 265 ff.; Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsrechtsnorm, S. 103 f., 350; Rehbinder, Extraterritoriale Wirkung des Kartellrechts, S. 55; Schweinsfurth, Völkerrecht, S. 91. Das UN-Seerechtsübereinkommen, von 1982, dem Deutschland 1995 beigetreten ist (BGBl. 1955 II, S. 602 ff.), kennt in Art. 300 ein Rechtsmissbrauchsverbot. 389 Headrich, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, 2. Band, S. 144; Wehser, in: Zwischen Intervention und Zusammenarbeit, S. 23 f.; Dahm, Völkerrecht Bd. 1, S. 201 „dunkelste[…] und umstrittenste[…] Kapitel[…] der VRLehre“; Weil, Interventionsund haftungsrechtliche Aspekte grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 15. 390 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 1183; v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 348; Schwarze, Jurisdiktionsabgrenzung im Völkerrecht, S. 21 ff.; Epping, in: Ipsen, Völkerrecht, § 5 Rn. 74; Baier, Das Auswirkungsprinzip im Kartellrecht der USA, S. 24 ff.; Schmahl, AVR 47 (2009), 284, 294 ff. 391 Vgl. Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 556 f. 392 Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts, S. 198 ff.; Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung, S. 45; Hector, Das völkerrechtliche Abwägungsgebot, S. 167; Ohler, Die Kollisionsordnung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 339 ff.; Geiger, Staatsrecht III, S. 297; kritisch, aber zustimmend Immenga, FS Neumayer, S. 323, 331. Veelken, Interessenabwägung im Wirtschaftskollisionsrecht, S. 137 ff. hält die Interessenabwägung völkerrechtlich für nicht begründbar. 393 Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts, S. 198 ff.; ihm folgen Barthelmeß//Rudolf, WuW 2003, 1176, 117. Hector, Das völkerrechtliche Abwägungsgebot, S. 160 ff. zieht die Pflicht aus der Souveränität der Staaten, was im Ergebnis der gleiche Ansatz ist.
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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„Prinzip Rücksicht“.394 Dabei ist sehr zweifelhaft, ob ein Abwägungsgebot wirklich völkerrechtlich anerkannt ist.395 Zwar zeigt sich in der Staatenpraxis inzwischen eine gewisse Zurückhaltung bei der Annahme der Regelungsbefugnis bei internationalen Sachverhalten.396 So nennt in den USA § 403 des Restatement Third of the Foreign Relations Law of the United States gewisse Abwägungsgrundsätze.397 Zur Annahme eines völkergewohnheitsrechtlichen Grundsatzes genügt das allerdings nicht.398 Völkergewohnheitsrecht existiert erst, wenn es eine gefestigte Rechtspraxis und Rechtsüberzeugung gibt.399 Das ist hier nicht der Fall. Zudem ist es problematisch, die Interessen der Staaten zu ermitteln. In der Regel wird es um die Interessen großer Unternehmen gehen, welche die Staaten vor dem Zugriff eines anderen Staates schützen wollen.400 Im Ergebnis könnte dies dazu führen, dass große Konzerne sich der Regulierung entziehen.401 Problematisch ist auch, dass die Gerichte die Abwägung vornehmen müssen, obwohl das gerade in Auslandskonflikten Aufgabe der Exekutive ist.402 Auch ist unklar, wie ein solcher Abwägungsgrundsatz konkret aussehen soll. Es wird kaum möglich sein, auf völkerrechtlicher Ebene einen einheitlichen Maßstab zu entwickeln.403 Auch eine Rücksichtnahme jenseits des Missbrauchsverbots mag wünschenswert sein, ist völkerrechtlich aber nicht zwingend.
394
Ritter, BB 1984, 1109, 1111 f. Ablehnend Veelken, Interessenabwägung im Wirtschaftskollisionsrecht, S. 128 f.; Ohler, Die Kollisionsordnung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 340. Barthelmeß//Rudolf, WuW 2003, 1176, 1178 gehen davon aus, dass es in der deutschen Rechtsprechung anerkannt sei. 396 Stein/von Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 629. 397 Stein/von Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 629. Ausführlich Meng, AVR 27 (1989), 156 ff. Dazu und zur vorausgegangenen Rechtsprechung auch Hermanns, FS Benisch, S. 439, 442 ff. Inzwischen ersetzt durch Restatement (Fourth) of Foreign Relations: Selected Topics in Treaties, Jurisdiction, and Sovereign Immunity. Dabei wird nicht mehr eine Abwägung, sondern eine genuine connection gefordert. 398 Stein/von Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 630. 399 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 25 GG Rn. 36; Dörr, in: Ipsen, Völkerrecht, § 19 Rn. 2; v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 251. 400 Vgl. Mestmäcker, RabelsZ 52 (1988), S. 205, 246. 401 Mestmäcker, RabelsZ 52 (1988), S. 205, 246; vgl. Ohler, Die Kollisionsordnung des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 345 f. 402 Vgl. Laker Airways Ltd. v. Sabena Belgian World Airlines, 731 f.2d 909 Tz. 171 (U.S. Courts of Appeals, D.C. Cir., 1984); dies als Gewaltenteilungsverstoß sieht Baier, Das Auswirkungsprinzip im Kartellrecht der USA, S. 30 f. 403 Vgl. Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 617 f., 623 ff.; vgl. auch ders., AVR 27 (1989), 156, 194. 395
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Folglich existiert kein völkerrechtliches Abwägungsgebot.404 Es bleibt aber wünschenswert, dass Staaten bei Sachverhalten, bei denen die eigene Beziehung minimal ist, die Regelungsbefugnis nicht wahrnehmen.405 4. Völkerrechtlicher Individualschutz Wenn zwei Staaten einander widersprechende Regelungen treffen, kann dies dazu führen, dass ein Individuum zwei unvereinbaren Befehlen ausgesetzt ist. Dadurch entstehen für den Einzelnen Konfliktsituationen, denen er sich nicht entziehen kann.406 Darin sieht Geiger einen Verstoß gegen den völkerrechtlichen Individualschutz.407 Als Beispiel kann eine Entscheidung des LG Kiel dienen.408 Dort wurde einer Bank untersagt, Kundenunterlagen vor einem US-amerikanischen Gericht offenzulegen, obwohl das US-Gericht dies angeordnet hatte. Die Beklagte stand damit vor der Wahl, entweder die Anweisung des US-Gerichts oder die des LG Kiel zu befolgen. In den USA wären 150.000 US-Dollar fällig geworden – täglich,409 in Deutschland drohe nach § 890 I ZPO Ordnungshaft.410 Die Befolgung des einen Befehls hätte den Verstoß gegen den anderen zur Folge. Daraus folgern Verdross und Simma, dass ein Ausländer völkerrechtlich nicht verpflichtet werden könne, gegen das Recht des Heimatstaates zu verstoßen.411 Selbst wenn diese Forderung inhaltlich richtig wäre, findet sie doch keinen Rückhalt in der Staatenpraxis. Geiger fordert die Staaten auf, solche Konflikte
404
Veelken, Interessenabwägung im Wirtschaftskollisionsrecht, S. 114 ff., 129; Schwarze, Jurisdiktionsabgrenzung im Völkerrecht, S. 53; Stein/von Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 630; Mestmäcker, RabelsZ 52 (1988), 205, 246; a.A. Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung, S. 43 ff.; Uecker, Extraterritoriale Regelungshoheit im Datenschutzrecht, S. 62; Schmahl, AVR 47 (2009), 284, 313; wohl auch Volz, Extraterritoriale Terrorismusbekämpfung, S. 53 ff. 405 Diesen Grundsatz setzen etwa Art. 41 EGBGB, Art. 4 III, 8 IV Rom I-VO, Art. 4 III, 5 II, 10 IV, 11 IV, 12 II c Rom II-VO um, die bei einer „offensichtlich engere[n] Verbindung“ das Recht dieses Staates zur Anwendung bringen und trotz Vorliegen eines Anknüpfungspunktes die eigene Regelungskompetenz zurücknehmen. 406 Geiger, Staatsrecht III, S. 297. 407 Geiger, Staatsrecht III, S. 297; ähnlich Verdross/Simma, Völkerrecht § 1189. 408 LG Kiel IPRax 1984, 146 f. 409 Hermanns, FS Benisch, S. 439, 441. 410 Bei juristischen Personen kann eine Maßnahme nach § 890 I ZPO nur dann auch gegen den Geschäftsführer vollstreckt werden, wenn dessen Verhalten nicht mehr der juristischen Person zugerechnet werden kann, d.h. er nicht als deren Organ handelt; BGH GRUR 2012, 541, 542; Dregelies, GRUR 2018, 8, 15. 411 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 1189.
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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einvernehmlich auf staatlicher Ebene zu regeln.412 Auch wenn es wünschenswert wäre, lassen sich aus dem völkerrechtlichen Individualschutz keine Vorgaben für die Rechtsetzungsbefugnis ziehen413. 5. Wesentlich engere Verbindung Konflikte könnten vermieden werden, wenn die Staaten auf die eigene Regelungsbefugnis für den Fall verzichten, dass eine wesentlich engere Verbindung zu einem anderen Staat besteht. Damit dies als völkergewohnheitsrechtlicher Grundsatz anerkannt werden könnte, müssten eine gefestigte Rechtspraxis (objektives Element) und die Rechtsüberzeugung (subjektives Element) gegeben sein.414 In vielen Staaten gibt es von der Regelanknüpfung abweichende Kollisionsnormen, die bei einer engeren Verbindung das Recht eines anderen Staates zur Anwendung bringen. In der Schweiz wird im Grundsatz die eigene Regelungsbefugnis zurückgenommen, wenn eine engere Verbindung zu einem anderen Staat besteht (Art. 15 IPRG415), ebenso in Österreich (§ 1 IPRG416), Argentinien (Art. 2597 ZHG417) und Belgien (Art. 19 IPRG418).419 Auch die Rom-Verordnungen verweisen in bestimmten Fällen auf das Recht des Staates, mit dem eine offensichtlich engere Verbindung besteht.420 Und auch in einigen Haager Übereinkommen, etwa nach § 13 II des Erwachsenenschutzübereinkommens,421 soll das Recht mit der engeren Verbindung angewendet werden. Doch selbst wenn darin eine gefestigte Rechtspraxis zu erkennen wäre, fehlt es an der Rechtsüberzeugung, einem völkerrechtlichen Grundsatz zu folgen.422 Perspektivisch ist es aber nicht ausgeschlossen, dass sich hier ein völkerrechtlicher Grundsatz entwickelt.
412
Geiger, Staatsrecht III, S. 297. So wohl auch Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 585 ff. 414 Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 25 GG Rn. 36; Dörr, in: Ipsen, Völkerrecht, § 19 Rn. 2; v. Arnauld, Völkerrecht, Rn. 251. 415 Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) vom 18. Dezember 1987 in der Fassung vom 01. Januar 2019. 416 Gesetz über das internationale Privatrecht (IPRG) vom 01. Juni 1978 in der Fassung vom 31. Juli 2019. 417 Argentinisches Zivil- und Handelsgesetzbuch der Nation vom 07. Oktober 2014, Übersetzung von Samtleben, RabelsZ (80) 2016, 158, 159. 418 Loi portant le Code de droit international privé vom 16. Juli 2004 in der Fassung vom 10. März 2019. 419 Siehe auch Art. 41 EGBGB für die ungerechtfertigte Bereicherung, die GoA und das Deliktsrecht, Art. 41. 420 Art. 4 III, 8 IV Rom I-VO, Art. 4 III, 5 II, 10 IV, 11 IV, 12 II c Rom II-VO. 421 BGBl. 2007 II, S. 324 ff. 422 Die bloße Existenz der Kollisionsnormen genügt noch nicht, um eine völkerrechtliche Regel zu begründen, dazu Meessen, FS F.A. Mann, S. 227, 229 f. 413
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
6. Verlangt das deutsche Grundgesetz mehr als das Völkerrecht? Das Völkerrecht kann dazu führen, dass deutsche Rechtsnormen möglicherweise einschränkend auszulegen sind. Wie dargelegt, zieht das Völkerrecht aber außer der „sinnvollen“ Anknüpfung keine weiteren Grenzen. Zwar zeigt sich eine gewisse Tendenz zu Abwägungslösungen oder zu einer Begrenzung der eigenen Regelungsbefugnis, wenn der Sachverhalt eine wesentlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist. Völkerrechtlich zwingend ist eine solche Abwägung indes nicht. Möglich ist aber, dass angesichts der Offenheit und Völkerrechtsfreundlichkeit des deutschen Grundgesetzes mehr gefordert als nur eine völkerrechtskonforme Auslegung. So wird etwa diskutiert, ob und wie rechtsunverbindliche völkerrechtliche Standards durch das Grundgesetz aufgenommen werden können oder müssen.423 In unserem Zusammenhang könnte das bedeuten, dass auch nicht zwingende Regeln des Völkerrechts zu beachten sein könnten. So versuchen verschiedene Rechtsordnungen die Regelungsbefugnis zurückzufahren, um Justizkonflikte und damit auch Zwangslagen für den Einzelnen zu reduzieren. Aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit entnehmen Einige, dass diejenige Auslegung geboten ist, welche der internationalen Zusammenarbeit am dienlichsten ist.424 Der Anwendungsbereich einer Norm bestimmt sich aber durch das Zusammenspiel von Sachnorm und Kollisionsrecht. Das deutsche Kollisionsrecht ist inzwischen weitgehend europäischen Ursprungs. Europäisches Recht ist aber nicht am deutschen Verfassungsrecht, sondern am europäischen Primärrecht zu messen. Folglich kann bis auf wenige Ausnahmen dahinstehen, ob das deutsche Verfassungsrecht eine besonders völkerrechtsfreundliche Auslegung gebietet. Die Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes zeigt aber eine Auslegung des einfachen Rechts an, die zwischenstaatliche Konflikte möglichst vermeidet. Das deutsche Recht wäre demnach bei Regelungskonflikten so auszulegen, dass die deutsche Regelungshoheit zurückzunehmen ist, wenn der Sachverhalt eine wesentlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist. Daraus folgt allerdings noch nichts für das EURecht. Doch ist auch das Unionsrecht völkerrechtskonform auszulegen.425 Ob daraus aber auch eine völkerrechtsfreundliche Auslegung folgt, wie sie das deutsche Grundgesetz fordert, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Allerdings haben viele EU-Staaten völkerrechtsfreundliche Verfassungen426 und
423
Etwa Reiling, ZaöRV 2018, 311 ff. mit zahlreichen Nachweisen. Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsrechtsnorm, S. 413 ff.; ihm folgend Geiger, Staatsrecht III, S. 297. 425 Stotz, in: Europäische Methodenlehre, § 22 Rn. 22; Martens, Methodenlehre des Unionsrecht, S. 453 f. m.w.N. 426 Aust, EuR 2017, 106, 110 f. 424
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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auch das europäische Primärrecht gibt diese Völkerrechtsfreundlichkeit wieder.427 Eine völkerrechtsfreundliche Auslegung auch des europäischen Primärund Sekundärrechts wäre daher zu begrüßen. In deren Rahmen sollte die eigene Regelungsbefugnis in einem Justizkonflikt zurückgenommen werden, wenn ein Sachverhalt eine wesentlich engere Beziehung zu einem anderen Staat aufweist und kein besonderes eigenes Regelungsinteresse vorliegt. 7. Zwischenfazit Das Völkerrecht schränkt die Regelungsbefugnis der Staaten nur im geringen Maße ein. Zwar bedarf es einer „sinnvollen“ Anknüpfung. Da dieser Begriff aber sehr weit verstanden wird, gibt es kaum Fälle, in denen sie zu verneinen wäre. Weitere Ansätze, die Regelungsbefugnis einzuschränken, sind bislang nicht zum Völkergewohnheitsrecht erstarkt. Der Grundsatz, eine Regelungsbefugnis zu versagen, wenn ein Sachverhalt eine wesentlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist, sollte zu einer völkerrechtlichen Regel erstarken. So könnten Konflikte vermieden, die Souveränität der Nationalstaaten respektiert und insbesondere unlösbare Zwangslagen für Einzelpersonen verhindert werden. Damit sind selbstredend nicht alle Konflikte gelöst. Ein darüberhinausgehendes völkerrechtliches Abwägungsgebot, das die Gerichte verpflichtet, die jeweiligen Interessen miteinander in Ausgleich zu bringen, ist dagegen taugliches Mittel. Angebracht ist vielmehr, konventionsrechtlich den Grundsatz der wesentlich engeren Verbindung festzuschreiben. Weitergehende Lösungen wird man auf völkerrechtlicher Ebene kaum erzielen können. Dafür bedürfte es einer konkreten Rechtsvereinheitlichung, die etwa Minimalbezüge zu einem Territorium ausnimmt. III. Völkerrechtliche Einschränkungen des Kollisionsrechts Die Frage nach den völkerrechtlichen Einschränkungen der Regelungsbefugnis ist eng verknüpft mit möglichen Einschränkungen des Kollisionsrechts. Regelmäßig wird der Anwendungsbereich einer Sachnorm durch Kollisionsnormen geregelt. Kollisionsrecht ist (soweit es sich nicht um völkerrechtliche Verträge handelt) staatliches Recht, kein Völkerrecht.428 Es orientiert sich an der kollisionsrechtlichen Gerechtigkeit, nicht an den Souveränitätsinteressen der Staaten:429 „Kollisionsnormen [sind] sachverhaltsorientiert. Territorialitäts- und Souveränitätsvorstellungen treten demgegenüber für das heutige kollisionsrechtliche
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Aust, EuR 2017, 106, 111. Melchior, IPR, S. 32; Kegel/Schurig, IPR, S. 9; Kropholler, IPR, S. 51; Junker, IPR, § 1 Rn. 4; a.A. Bleckmann, Völkerrechtliche Grundlagen des int. Kollisionsrechts, S. 59 ff. 429 Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 151. 428
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
Verständnis zurück.“430 Kollisionsregeln befehlen den nationalen Gerichten, eigenes oder ausländisches Recht anzuwenden. Dabei wird nicht in die Hoheitsbefugnisse eines fremden Staates eingegriffen, sondern nur bestimmt, welches nationale Recht im Verhältnis zwischen Privaten im Forumstaat zur Anwendung kommt.431 Diskutiert wird aber, ob das Völkerrecht dem IPR allgemeine Grenzen setzt.432 Das IPR bestimmt die Reichweite der materiellen Norm. Daher kann auch das soeben Ausgeführte verwiesen werden. Völkerrechtlich unzulässig könnte nur eine Kollisionsnorm sein, die ein Recht für anwendbar erklärt, das keinen Bezug zum Sachverhalt hat. Diese Fälle werden so selten sein,433 dass eine Diskussion unergiebig ist.434 Nur in absoluten Ausnahmefällen könnte eine Kollisionsnorm völkerrechtswidrig sein. IV. Völkerrechtliche Einschränkung der internationalen Zuständigkeit Nationale Rechtsnormen dürfen also auch Sachverhalte mit Auslandsberührung erfassen. Umstritten ist hingegen, inwieweit das Völkerrecht dem Prozessrecht Grenzen setzt. Die Gerichtsgewalt ist Ausfluss der staatlichen Souveränität. Als Teil der Hoheitsgewalt kann die Gerichtsgewalt nur innerhalb des eigenen Territoriums beansprucht werden.435 Das Völkerrecht beschränkt deutsche Gerichte auf deutsches Hoheitsgebiet, und selbst dort sind sie aufgrund von Exemtionen, Extraterritorialität oder Immunität eingeschränkt.436 Umstritten ist, ob der internationalen Zuständigkeit völkerrechtliche Grenzen gesetzt sind.437 Wenn das Völkerrecht für die Anwendung des materiellen Rechts grundsätzlich eine minimale Beziehung des Sachverhalts zu dieser 430
BGH NJW 1977, 496, 497. v. Bar/Mankowski, IPR I, § 3 Rn. 6. 432 Nachweise bei v. Bar/Mankowski, IPR I, § 3 Rn. 9. 433 Siehe aber unten Fn. 176. Diskutiert wird auch, ob eine ausnahmslose Anwendung der lex fori völkerrechtswidrig ist; siehe dazu Kegel/Schurig, IPR, S. 15. 434 v. Bar/Mankowski, IPR I, § 3 Rn. 10. 435 Schack, IZVR, Rn. 157; Geimer, IZPR, Rn. 371 f.; Kurtz, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, S. 85; Nagel, ZZP 75 (1962), 408, 419. 436 Schack, IZVR, Rn. 161 ff.; vgl. Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 227. 437 Völkerrechtliche Einschränkungen ablehnend Heldrich, Internationale Zuständigkeit und Anwendbares Recht, S. 141 ff.; Schack, IZVR, Rn. 215; ders., JZ 1992, 54, 55; ders., FS Nakamura, S. 491, 506; völkerrechtliche Einschränkungen annehmend Dahm, Völkerrecht I, S. 256; Geiger, Staatsrecht III, S. 292; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 218 f.; Neuhaus, RabelsZ 20 (1955), 201, 214; Nagel, ZZP 75 (1962), 408, 420; Wachshöfer, ZZP 80 (1968), 165, 171 ff.; Gottwald, FS Habscheid, S. 119, 130; Mark/Ziegehain, NJW 1992, 3062, 3063 ff.; Schütze, RIW 2009, 497, 499. 431
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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Rechtsordnung fordert, liegt es nahe, diesen Grundsatz auch im Prozessrecht anzuwenden. Teilweise wird vertreten, dass die Beziehung bei der internationalen Zuständigkeit schwächer ausgeprägt sei als im materiellen Recht.438 Senkt man die Anforderungen an einen „genuine link“ noch weiter ab, sind kaum mehr Fälle denkbar, in denen überhaupt noch eine völkerrechtswidrige Zuständigkeitsbegründung in Frage kommt.439 Wenn aber bereits die Belegenheit von minimalen Vermögenswerten440 des Beklagten oder die Staatsangehörigkeit des Klägers genügen, ist die Diskussion wertlos. Hinzu kommt, dass ein Staat ohnehin kein Interesse hat, seine Justizressourcen für einen Fall ohne jegliche Beziehung bereitzustellen.441 Wenn man für die völkerrechtlichen Grenzen der internationalen Zuständigkeit die gleichen Maßstäbe wie im materiellen Recht heranzuzieht müssten sich die Gerichte für unzuständig erklären, wenn ein anderes Gericht eine wesentlich engere Verbindung zum Rechtsstreit hätte. Ein solches Vorgehen ist als forum non conveniens-Lehre bekannt.442 Diese ist zwar in Schottland, England, Irland, Australien und den USA anerkannt,443 für die EuGVVO hat der EuGH ihr aber eine deutliche Absage erteilt444. Eine der forum non conveniens-Lehre vergleichbare Regelung sieht allerdings Art. 15 EuEheVO445 vor. Hier nach kann ein Gericht eines anderen Mitgliedstaates den Fall übernehmen, „wenn es ihn besser beurteilen kann“. Allerdings wird das Verfahren zunächst nur ausgesetzt (Abs. 1) oder das Gericht ersucht selbst das andere Gericht, das Verfahren zu übernehmen (Abs. 2). So wird ein negativer Kompetenzkonflikt verhindert. Völkerrechtlich geboten ist die forum non conveniens-Lehre schon mangels einer allgemeinen Staatenpraxis. Auch bestehen gravierende Unterschiede zum Kollisions- und materiellem Recht. Erklärt sich ein Gericht für unzuständig, weil es ein anderes Gericht für besser geeignet erachtet, bedeutet das noch nicht, dass dieses Gericht zum demselben Ergebnis gelangt: Es droht
438
Wengler, Völkerrecht II, S. 947; Geimer, IZPR, Rn. 377, 392. Nach Grothe, RabelsZ 58 (1994), 686, 691 f. lassen sich für alle exorbitanten Gerichtsstände sinnvolle Anknüpfungspunkte finden, und Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 766 sieht die völkerrechtliche Grenze der internationalen Zuständigkeit „irgendwo im Nebel praktischer Unbrauchbarkeit“. 440 Siehe etwa zu § 23 ZPO Schack, ZZP 97 (1984), 46 ff., der höchstens faktisch wertlose Gegenstände ausscheiden lassen will. 441 Schack, IZVR, Rn. 215; vgl. auch Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion, S. 242; kritisch Schütze, RIW 2009, 497, 499. 442 Schack, IZVR, Rn. 559 ff.; M. König, Forum non conveniens, S. 11. 443 Schack, IZVR, Rn. 560; Geimer, IZPR, Rn. 1073. 444 EuGH ECLI:EU:C:2005:120 – Owusu/Jackson. 445 Verordnung 2201/2003/EG vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung. In der Neufassung der EuEheVO (2019/1111/EU) in Art. 12. 439
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1. Teil – Materieller Anspruch und Völkerrecht
eine Rechtsschutzverweigerung.446 Wer völkerrechtliche Grenzen für die Zuständigkeit fordert, muss eine Lösung für negative Kompetenzkonflikte parat haben. Solche völkerrechtlich zwingenden Notzuständigkeiten gibt es jedoch nicht. Missverständlich ist die Ansicht des BGH, dass eine „nur am Wortlaut orientierte Auslegung“ des § 23 ZPO nicht völkerrechtswidrig sei, es aber eine „‚völkerrechtskonforme‘ Auslegung“ brauche.447 Wenn aber eine Norm in ihrer reinen Wortlautauslegung nicht völkerrechtswidrig ist, braucht es auch keine völkerrechtskonforme Auslegung.448 Auch setzt der BGH „völkerrechtskonform“ in Anführungszeichen, so als ob er diese selber bezweifelt. Man könnte dieses Vorgehen des BGH methodisch als völkerrechtsfreundliche Auslegung verstehen.449 Darauf deutet auch die Aussage hin, dass eine weite Auslegung zu „außenwirtschaftlichen und außenpolitischen Belastungen führen müsse“.450 Trotz dieser dogmatischen Unstimmigkeiten und der massiven Kritik der Wissenschaft451 hält der BGH an einem besonderen Inlandsbezug fest.452 Ein Inlandsbezug findet sich aber bereits darin, dass § 23 ZPO im Inland belegenes Vermögen voraussetzt. Nur in Extremfällen453 könnte § 23 ZPO einzuschränken sein – die Diskussion ist folglich nur akademischer Natur. Einen „deutlichen Inlandsbezug“ fordert der BGH im Rahmen von § 32 ZPO bei Persönlichkeitsverletzungen.454 Er begründet dies aber nicht mit völkerrechtlichen Erwägungen, sondern mit den hinter § 32 ZPO stehenden Wertungen.455 Richtig ist, dass die Gerichtspflichtigkeit eine Härte für den Beklagten darstellen kann.456 Daraus kann aber nicht unmittelbar auf ein völkerrechtliches Verbot geschlossen werden. Mit Blick auf den völkerrechtlichen Individualschutz bietet es sich aber an, die eigene Zuständigkeit zurückzustellen, wenn der Inlandsbezug verschwindend gering ist. Diese Entscheidung obliegt aber 446 Schack, IZVR, Rn. 563; ders., RabelsZ 58 (1994), 41, 46; Geimer, IZPR, Rn. 1075; M. König, Forum non conveniens, S. 88 f. 447 BGHZ 115, 90, 91 f. 448 Schack, JZ 1992, 54; Lüke, ZZP 105 (1992), 321, 323. 449 Siehe oben S. 56 f. 450 BGHZ 115, 90, 98. 451 Schack, JZ 1992, 54; ders., IZVR, Rn. 368; Schütze, DZWiR 1991, 239, 240; Lüke, ZZP 105 (1992), 321, 323. Zustimmend aber B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 70 f.; Schlosser, IPRax 1992, 140, 140, 142; und wohl auch Mark/Ziegenhain, NJW 1992, 3062, 3065 f. 452 BGH NJW 1997, 324, 325; NJW 1997, 2885, 2886. 453 Nach Schack, ZZP 97 (1984), 46, 58 liegt etwa kein Vermögen vor, wenn der Wert des Vermögensgegenstandes geringer ist als die Kosten, über diesen zu verfügen. 454 BGH GRUR 2011, 558 Tz. 10, 12 ff. – Sieben Tage in Moskau. BGHZ 184, 313 Tz. 18 – New York Times, hatte noch einen „Inlandsbezug“ ausreichen lassen, siehe oben S. 148 ff. 455 BGH GRUR 2011, 558 Tz. 10, 13 – Sieben Tage in Moskau. 456 Schlosser, IPRax 1992, 140.
B. Völkerrechtliche Grenzen des nationalen Rechts
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dem nationalen Gesetzgeber und lässt sich nicht im Wege der völkerrechtskonformen Auslegung hineinlesen.457 V. Fazit Der territoriale Geltungsanspruch einer staatlichen Norm ist durch Auslegung zu ermitteln.458 Das Völkerrecht begrenzt den nationalen Gesetzgeber nur insoweit, als ein minimaler Inlandsbezug gefordert wird.459 Da die Anforderungen sehr gering sind, sind kaum Fälle denkbar, in denen ein solcher Bezug fehlt. Verstärkt zeigt die Staatenpraxis Ansätze, die eigene Regelungsbefugnis zurückzunehmen, wenn ein anderer Staat eine wesentlich engere Beziehung zum Sachverhalt beanspruchen kann.460 Eine völkerrechtliche Regel kann daraus aber noch nicht abgeleitet werden. Es bietet sich aber für das deutsche und europäische Recht an, im Wege der völkerrechtsfreundlichen Auslegung die eigene Regelungskompetenz zurückzunehmen, wenn der Sachverhalt eine wesentlich engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist und der eigene Staat kein besonderes eigenes Interesse hat, den Fall zu regeln. Alternative Ansätze, wie etwa eine Abwägungsregel, die den Gerichten die Aufgabe zuweist, jeweils im Einzelfall staatliche Interessen gegeneinander abzuwägen, überzeugen nicht.461 Für das Zivilprozessrecht taugt der Ansatz der wesentlich engeren Verbindung, welcher der forum non conveniens-Lehre ähnelt, schon deshalb nicht, weil er negative Kompetenzkonflikte begünstigt.462
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Schack, FS Nakamura, S. 491, 505 f. Siehe oben S. 42 ff. 459 Siehe oben S. 46 ff. 460 Siehe oben S. 51 ff. 461 Siehe oben S. 48 ff. 462 Siehe oben S. 54 ff. 458
2. Teil
Internationale Zuständigkeit 2 . T e il – I n ter n a tio n a le Z u s tä n d ig k e it
Der internationalen Zuständigkeit kommt eine besondere Bedeutung bei der Frage nach der territorialen Reichweite von Unterlassungsansprüchen zu. In jeder Rechtssache stellt sich zunächst die Frage, wo ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden kann und wie weit die Kognitionsbefugnis des zuständigen Gerichts reicht. Darf ein international zuständiges Gericht Urteile erlassen, die über das eigene Territorium hinausreichen?
A. Gerichtsstand am Beklagtenwohnsitz A . G e r ic h ts s ta n d a m Be k la g te n w o h n s itz
I. Art. 4 I EuGVVO Grundsätzlich kann gegen eine Person in dem Mitgliedstaat geklagt werden, in dem sie ihren Wohnsitz hat, Art. 4 I EuGVVO. Der allgemeine Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten ist weltweit verbreitet.1 Die Wohnsitzzuständigkeit wird aber durch besondere Gerichtsstände ergänzt und durch ausschließliche aufgehoben.2 Auch wenn der Beklagtengerichtsstand der zentrale Gerichtsstand sein mag,3 darf daraus nicht gefolgert werden, dass die daneben bestehenden Gerichtstände geringeren Ranges wären.4 Der Kläger hat vielmehr die freie Wahl bei mehreren Gerichtständen (vgl. § 35 ZPO). Der Wohnsitz des Beklagten bestimmt sich gemäß Art. 62 EuGVVO lege fori.5 Das kann im Ergebnis zu einer Zuständigkeitshäufung, 6 aber auch zu
1
Schack, IZVR, Rn. 222. ErwGr. 16 S. 1. 3 Mankowski, in: EuZPR/EuIPR, Art. 4 EuGVVO Rn. 1. 4 Dazu ausführlich sogleich, unten S. 61 ff. 5 Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 62 EuGVVO Rn. 2; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 62 EuGVVO Rn. 4. 6 Schack, IZVR, Rn. 275 f. allg. zum Wohnsitz in der EuGVVO. 2
A. Gerichtsstand am Beklagtenwohnsitz
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einem Zuständigkeitsmangel führen. Sinnvoller wäre es auf den gewöhnlichen Aufenthalt abzustellen7 oder zumindest den Wohnsitz autonom zu bestimmen.8 Einen anderen Weg gehen die Brüssel IIa-VO9, die EuGüVO10 und die EuErbVO11. Diese Verordnungen stellen nicht auf den Wohnsitz, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt ab.12 Umstritten ist zu welchem Zeitpunkt der Beklagte seinen Wohnsitz im Mitgliedstaat haben muss. Dabei wird bereits uneinheitlich bewertet, ob sich dies nach der lex fori13 oder autonom nach der EuGVVO14 richtet. Wohl überwiegend wird der maßgebliche Zeitpunkt in der Anhängigkeit15 und nicht der Rechtshängigkeit16 gesehen. Eine einmal begründete internationale Zuständigkeit bleibt bestehen, auch wenn die Voraussetzung später wegfällt (perpetuatio fori).17 Am Beklagtengerichtsstand haben die Gerichte die volle, territorial nicht eingeschränkte Kognitionsbefugnis.18 Für die Fragestellung dieser Arbeit folgt 7
Schack, IZVR, Rn. 275 f.; Kropholler/v. Hein, Art. 59 EuGVO Rn. 3; Geimer, FS Musielak, S. 173 f. 8 Basedow, in: Handbuch des IZVR, Kap. 2 Rn. 162 sprach sich schon im Rahmen der EuGVÜ für eine autonome Auslegung und eine Streichung des Art. 52 EuGVÜ (heute Art. 62 EuGVVO) aus. 9 VO 2201/2003/EG vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung. 10 VO 2016/1103/EU vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands. 11 VO 650/2012 vom 04. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. 12 Schack, IZVR, Rn. 275 fordert dies de lege ferenda auch für die EuGVVO. 13 Dafür Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 4 EuGVVO Rn. 22. 14 So etwa Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 4 EuGVVO Rn. 6. 15 Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 4 EuGVVO Rn. 22; Mankowski, in: EuZPR/EuIPR, Art. 4 EuGVVO Rn. 5; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 4 EuGVVO Rn. 6; Gebauer, in: Wieczorek/Schütze, Art. 4 EuGVVO Rn. 29. 16 Dafür aber Geimer, FS Schütze (1999), S. 205, 214. 17 Mankowski, in: EuZPR/EuIPR, Art. 4 EuGVVO Rn. 6; Gebauer, in: Wieczorek/Schütze, Art. 4 Rn. 30. 18 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 32 – Shevill; ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 43 – eDate Advertising; Linke/Hau, IZVR, § 5 Rn. 5.2; Adolphsen, EZVR, Kap. 1 Rn. 77; Neumann, Haftung der Intermediäre im Internationalen Immaterialgüterrecht, S. 490 (ImmaterialgüterR); Dreier, in: Dreier/Schulze, vor § 120 UrhG, Rn. 61 (UrhR); Sutterer, in: Immaterialgüter und Digitalisierung, S. 145, 152 (UrhR); Berger, GRUR Int. 2005, 465, 469 (UrhR); Nirk/Ullmann/Metzger, Patentrecht, Rn. 1334 (zum PatentR); Sack, WRP 2018, 897 (Urheber- und PersönlichkeitsR); Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1019 (MarkenR); Hausmann/Obergfell, in: Fezer/Büscher/Obergfell, Teil 1, Rn. 403 (LauterkeitsR).
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
daraus, dass die Gerichte, deren Zuständigkeit auf Art. 4 I EuGVVO beruht, keiner zivilprozessualen Beschränkung beim Erlass eines (ggf. weltweiten) Unterlassungstitels unterliegen. II. § 12 ZPO Der allgemeine Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten in § 12 ZPO regelt nach seinem Wortlaut nur die örtliche Zuständigkeit, doch wird aus der örtlichen grundsätzlich doppelfunktional die internationale Zuständigkeit gefolgert.19 Der Begriff des Wohnsitzes wird lege fori bestimmt.20 Auch im deutschen Recht gilt die perpetuatio fori, d.h. eine einmal begründete internationale Zuständigkeit bleibt auch nach einer Veränderung der sie begründenden Umstände bestehen.21 Aussagen über die territoriale Reichweite der Zuständigkeit am Beklagtensitz nach § 12 ZPO finden sich in der einschlägigen Literatur nicht. Denn das Konzept der begrenzten Kognitionsbefugnis in Deutschland eher unbekannt. So entschieden die Vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts bereits 1909, dass ein nach § 32 ZPO zuständiges Gericht über den gesamten Schaden entscheiden kann.22 Dem ist die deutsche Rechtswissenschaft bis heute gefolgt.23 Da selbst bei § 32 ZPO keine Beschränkung der Kognitionsbefugnis angenommen wird, scheint den Kommentatoren eine Beschränkung am Beklagtenwohnsitz so abwegig, dass sie keiner Erwähnung wert ist. Das gilt auch für den Unterlassungsanspruch.24 Da es für die Anwendbarkeit der EuGVVO ausreicht, dass der Beklagte seinen Wohnsitz innerhalb der Union hat,25 verbleibt für das autonome deutsche Zuständigkeitsrecht nur wenig Raum.26 In der folgenden Untersuchung steht daher die EuGVVO im Vordergrund.
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BGHZ 44, 46 f. (GSZ); Schack, IZVR, Rn. 266; H. Roth, in: Stein/Jonas, vor § 12 ZPO, Rn. 32b. Grundsatz der sog. Doppelfunktionalität. 20 Schack, IZVR, Rn. 274. 21 H. Roth, in: Stein/Jonas, vor § 12 ZPO Rn. 56. 22 RGZ 72, 41, 44 ff. 23 H. Roth, in: Stein/Jonas, § 32 ZPO Rn. 48; Looschelders, ZVglRWiss. 95 (1996), 48, 89. Vgl. Schack, IZVR, Rn. 346. 24 Einzig Geimer, IZPR, Rn. 867 weist darauf hin, dass die territoriale Kognitionsbefugnis deutscher Gerichte keiner Beschränkung unterliegt. 25 EuGH ECLI:EU:C:2000:399 – Group Josi. 26 H. Roth, in: Stein/Jonas, vor § 12 ZPO, Rn. 32a.
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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B. Gerichtsstand am Ort der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO B. G e r ic h ts s ta n d de r u ne r la u b te n H a n d lu n g , Ar t. 7 N r. 2 E u G V V O
Besondere Bedeutung kommt bei Unterlassungsansprüchen dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung zu. Wenn ein bereits begangenes oder ein befürchtetes Verhalten unterbunden werden soll, stellen das europäische wie das deutsche Prozessrecht den besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und § 32 ZPO zur Verfügung. Danach kann wegen einer unerlaubten Handlung am Tatort geklagt werden. I. Allgemeine Zuständigkeitsregel nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO Gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO kann bei einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, geklagt werden. Damit wird, neben dem allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten, ein besonderer Gerichtsstand am Tatort eröffnet27. 1. Grundwertungen Der Beklagtengerichtsstand hat im europäischen Zuständigkeitsrecht eine besondere Bedeutung.28 Dass dieser Gerichtsstand der Grundsatz und die besonderen Gerichtsstände deshalb restriktiv auszulegen seien, wird häufig behauptet,29 aber nur selten begründet.30 Regelmäßig wird auf den besonderen Schutz des Beklagten und den Grundsatz actor sequitur forum rei verwiesen.31 Dabei vernebelt die bloße Behauptung des römisch-rechtlichen Grundsatzes actor sequitur forum rei nur den Blick auf eine gerechte Lösung, die beiden Seiten – Kläger und Beklagtem – gerecht wird. Dass bereits das römische Recht einen solchen Grundsatz kannte, sagt nichts darüber aus, ob er heute noch inhaltlich
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Schack, IZVR, Rn. 334 ff.; Junker, IZPR, § 10 Rn. 8. B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 18 (dies aber kritisierend S. 146); Mankowski, in: EuZPR/EuIPR, Art. 4 EuGVVO Rn. 1 („Grundphilosophie“); vgl. Nikas, FS Gottwald, S. 477. 29 EuGH ECLI:EU:C:1997:168 Tz. 19 – Farrell/Long; EuGH ECLI:EU:C:1988:459 Tz. 8 – Kalfelis/Schröder; vgl. EuGH ECLI:EU:C:2002:99 Tz. 52 ff. – Besix; Kindler, GRUR 2018, 1107, 1114 (zum Deliktsgerichtsstand). Kritisch dazu etwa Linke/Hau, IZVR, Rn. 4.17. 30 Geimer, FS Schwind, S. 17, 21 spricht von der in „naturrechtliche Mystik gehüllte[n] Zuständigkeitsregel“ des actor sequitur forum rei. So verweist der EuGH nur auf diesen Grundsatz und den besonderen Schutz des Beklagten, etwa ECLI:EU:C:2002:99 Tz. 52 ff – Besix. 31 EuGH ECLI:EU:C:2000:399 Tz. 35 – Group Josi; Mankowski, in: EuZPR/EuIPR, Art. 4 EuGVVO Rn. 1. 28
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
gerechtfertigt und wie die EuGVVO auszulegen ist.32 Auch genügt es nicht, darauf zu verweisen, dass es angeblich eine „zwingende Forderung der Billigkeit“33 sei, dass die Interessen des Beklagten Vorrang haben müssten.34 Der Schutz des Beklagten ist zweifelsohne ein Interesse, das eine Rechtsordnung verfolgen kann und muss. Dabei darf aber der Justizgewährungsanspruch des Klägers nicht übersehen werden.35 EuGH und Teile der Literatur argumentieren damit, dass der Beklagte geschützt werden müsse, da der Kläger den Prozess begonnen habe.36 Doch die Interessen der Parteien sind gleichwertig. Auch ist zweifelhaft, ob dem Beklagten wirklich damit geholfen ist, wenn die besonderen Gerichtsstände restriktiv ausgelegt werden. So haben beide Parteien ein Interesse an einem sach- und beweisnahen Gericht,37 da dies die Prozesskosten gering hält. Ziel des Zuständigkeitsrechts ist es nicht, eine Partei zu bevorzugen, sondern die Interessen beider Seiten schonend in Einklang zu bringen.38 Der Gesetzgeber hat dazu in unterschiedlichem Umfang besondere Gerichtsstände eröffnet. Dabei handelt es sich nicht um eng auszulegende Ausnahmen, sondern um gleichwertige Gerichtsstände. Für die EuGVVO spricht Erwägungsgrund 16 dies ausdrücklich aus: „Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten soll durch alternative Gerichtstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zugelassen sind.“ Die Zuständigkeit am Ort der unerlaubten Handlung ist folglich nicht grundsätzlich eng auszulegen,39 sondern danach zu bemessen, ob der ihr zugrunde liegende Zweck erfüllt wird.40 Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist dadurch gerechtfertigt, dass an diesem Ort eine „enge Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit“ besteht oder dass es „im Interesse einer geordneten Rechtspflege“ liegt, dort eine
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Vgl. Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 232. R. Schmidt, Zivilprozessrecht, S. 252. 34 So auch Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 233. 35 Dieser ist grundrechtlich abgesichert, Geimer, FS Schwind, S. 17, 30 ff.; Schack, IZVR, Rn. 41. Ob sich daraus aber wirklich konkrete Forderungen für das IZVR ziehen lassen, bezweifelt Schack, JZ 1987, 1115. 36 EuGH ECLI:EU:C:1997:168 Tz. 19 – Farrell/Long („generell die schwächere Partei“); Lüke, Zivilprozessrecht I, § 6 Rn. 7; Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, § 9 Rn. 13; Musielak/Voit, Grundkurs ZPO Rn. 86; Jayme, IPRax 1995, 13, 14 (der Beklagte müsse geschützt werden). 37 Diese Nähe fehlt dem Gericht des Wohnsitzes, Geimer, FS Schwind, 17, 38. 38 Vgl. Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 239 f.; zur verfassungsrechtlichen Komponente Geimer, FS Schwind, S. 17, 19. 39 Gegen EuGH:ECLI:EU:C:2013:305 Tz. 24 – Melzer; ECLI:EU:C:2018:533 Tz. 26 – Lithuanian Airlines II; Kindler, GRUR 2018, 1107, 1115. 40 Kritisch zum Grundsatz des Beklagtengerichtsstandes auch Geimer, FS Schwind, S. 17, 21 und 38; B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 146. 33
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Zuständigkeit zu eröffnen. So kann etwa am Tatort die Beweisaufnahme einfacher sein.41 Trotzdem muss sichergestellt sein, dass der Gerichtsstand weiterhin vorhersehbar ist.42 Zweck ist jedenfalls nicht, ausgerechnet dem Kläger einen besonderen Vorteil zu verschaffen.43 Bei der Bestimmung der Zuständigkeit wie bei deren möglichen Einschränkungen ist zu prüfen, ob der Gerichtsstand seine besondere Funktion erfüllen kann. 2. Qualifikation der unerlaubten Handlung Voraussetzung ist zunächst eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist. Der EuGH qualifiziert diese Begriffe autonom.44 Ein Rückgriff auf die lex fori oder lex causae findet folglich nicht statt.45 Art. 7 Nr. 2 EuGVVO unterfallen in Abgrenzung zu Nr. 1 alle Fälle der Schadenshaftung, die nicht aus einem Vertrag herrühren.46 3. Zuständigkeit am Ort des schädigenden Ereignisses Liegt eine unerlaubte Handlung vor, so ist die internationale Zuständigkeit „vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“ begründet. Der EuGH versteht darunter sowohl den Ort des „ursächlichen Geschehens“ als auch den „Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges“.47 Beide Orte sind zuständigkeitsbegründend und stehen gleichwertig nebeneinander. Dem Kläger steht ein Wahlrecht zwischen diesen beiden Orten zu.48 Dieses sog. Ubiquitätsprinzip kennt auch das deutsche Prozessrecht.49 Im deutschen Recht spricht man von Handlungs- und Erfolgsort. Teil-
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EuGH ECLI:EU:C:1976:166 – Mines de Potasse; ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 46 – VKI/Henkel. 42 Vgl. ErwGr. 15 EuGVVO; EuGH ECLI:EU:C:2014:7 Tz. 28 – Kainz/Pantherwerke. 43 Reichardt, Internat. Zuständigkeit, S. 90 („allenfalls eine untergeordnete Rolle“); Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 427; Domej, IPRax 2008, 550, 553; Slonina, ÖJZ 2012, 61, 63 Fn. 20 (dieser Zweck stehe „nicht im Vordergrund“); Bach, EuZW 2018, 68, 71; so aber Schack, UFITA 108 (1988), 51, 70; Würthwein, ZZP 106 (1993), 51, 75; Coester-Waltjen, FS Schütze (1999), S. 175, 182; Stadler, FS Geimer, S. 715, beklagt, dass der „Opfervorteil des deliktischen Gerichtsstands“ teilweise entfalle. 44 EuGH ECLI:EU:C:1988:459 Tz. 18 – Kalfelis/Schröder. Der BGH BGHZ 98, 263, 264 – Zustellung im Ausland, ermittelte die unerlaubte Handlung noch nach der lex causae; dies zu Recht ablehnend bereits Schack, ZZP 100 (1987), 442, 450. Inzwischen geht auch der BGH von einer autonomen Auslegung aus, BGHZ 153, 82, 90. 45 Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 109 m.w.N. 46 EuGH ECLI:EU:C:1988:459 Tz. 18 – Kalfelis/Schröder. Eine Auflistung der Anwendungsfälle bietet Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 110. 47 Ständige Rspr. seit EuGH ECLI:EU:C:1976:166 Tz. 15/19 – Mines de Potasse. 48 EuGH ECLI:EU:C:1976:166 Tz. 15/19 – Mines de Potasse. 49 Schack, IZVR, Rn. 334.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
weise wird angenommen, dass insoweit keine Unterschiede zwischen europäischem und deutschem Recht bestehen.50 Das europäische Ubiquitätsprinzip wird damit begründet, dass sowohl der Ort des ursächlichen Geschehens als auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges besonders beweisnah sein können.51 Die deutsche Rechtsprechung und Lehre hingegen begründen das Ubiquitätsprinzip mit der Gleichwertigkeit der Tatbestandsmerkmale Handlung und Erfolg.52 Die Untersuchung wird zeigen, dass dies nicht der einzige Unterschied ist. a) Handlungsort oder Ort des ursächlichen Geschehens? Das deutsche Recht versteht unter Handlungsort i.S.v. § 32 ZPO den Ort, an dem eine tatbestandsmäßige Handlung begangen wurde.53 Dies entspricht der Grundwertung der in Deutschland herrschenden Meinung, wonach das Ubiquitätsprinzip aus der Gleichwertigkeit der Tatbestandsmerkmale folgt. Der Wortlaut von § 32 ZPO aber auch des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gibt diese Auslegung hingegen nicht vor. Es handelt sich vielmehr um eine Normenkonkretisierung durch Rechtsprechung und Wissenschaft.54 Teile der Literatur scheinen anzunehmen, dass auch der EuGH den Ort des „ursächlichen Geschehens“ so auslegt.55 Diese Annahme trifft jedoch nicht zu. aa) Empirische Auslegung Wenn Handlungsort der Ort einer tatbestandsmäßigen Handlung sein soll, muss zunächst ermittelt werden, was überhaupt der Tatbestand ist.56 Es wäre folglich das anwendbare Recht zu bestimmen und nach diesem zu klären, ob die Handlung tatbestandsmäßig ist. Denn ob eine Handlung tatbestandsmäßig ist, kann nur ein materielles Recht klären.
50 Schack, IZVR, Rn. 335; Thole, FS Schilken, S. 523, 525 meint, dass der EuGH hätte sich damit an das deutsche Recht angelehnt. Vgl. Linke/Hau, IZVR, Rn. 5.39. 51 EuGH NJW 1977, 493 – Mines de Potasse; ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 21 – Shevill. 52 RGZ 72, 41, 43; Schack, IZVR, Rn. 334; B. Bachmann, IPRax 1998, 179, 185; Kubis, WRP 2018, 139, 142. Für das schweizerische Recht M. Müller, Int. Zuständigkeit bei grenzüberschreitenden Umweltbeeinträchtigungen, S. 131 f. m.w.N. 53 Heinrich, in: Musielak/Voit § 32 ZPO Rn. 16 m.w.N. 54 Zur Normenkonkretisierung und ihren Voraussetzungen Röthel, Normenkonkretisierung im Privatrecht. 55 Etwa Schack, IZVR, Rn. 339. Thorn, FS von Hoffmann, S. 746, 748 stellt deutlich auf das Merkmal der Tatbestandsmäßigkeit ab. 56 Schack, IZVR, Rn. 339.
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Der EuGH hingegen trifft dazu in seinen Entscheidungen keine Aussage. Bereits der Begriff „Ort des ursächlichen Geschehens“57 legt eine empirische Herangehensweise nahe, fehlen doch Begriffe wie Tatbestand und Handlung.58 Der EuGH konkretisiert den Ort des ursächlichen Geschehens als den Ort, „an dem das schädigende Ereignis seinen Ausgang nahm“.59 Besonders deutlich wird das unterschiedliche Verständnis im Immaterialgüterrecht. In der deutschen Literatur wird überwiegend angenommen, dass es keinen vom Handlungsort unterschiedlichen Erfolgsort geben könne.60 Wird auf eine tatbestandsmäßige Handlung abgestellt, könne diese nur im jeweiligen Schutzland und nicht außerhalb unerlaubt sein. Daher müsste gerade bei Immaterialgüterrechten besonders geprüft werden, ob die Handlung am Ort des ursächlichen Geschehens tatbestandsmäßig ist. Ausführungen dazu fehlen aber in den Entscheidungen des EuGH. So sah der EuGH bei einer Urheberrechtsbzw. Markenrechtsverletzung über das Internet das ursächliche Geschehen im „Auslösen des technischen Vorgangs, der zum Erscheinen“ des Lichtbildes61 bzw. der Anzeige62 führte. Ob dieses Auslösen überhaupt tatbestandsmäßig war, prüfte der EuGH nicht. Vielmehr ermittelt der EuGH den „Ort des Ursächlichen Geschehens“ empirisch.63 Der Ort des ursächlichen Geschehens ist somit autonom ohne Rückgriff auf das materielle Recht zu bestimmen.64 Die empirisch-autonome Auslegung des EuGH überzeugt. Wenn Handlungsort der Ort einer Tatbestandshandlung sein soll, muss geprüft werden, ob überhaupt eine Tathandlung vorliegt. 57
„place where the harmful event occurred”; ,,lieu où le fait dommageable s’est produit”. In ECLI:EU:C:1976:166 – Mines de Potasse werden die allerdings „verschiedenen Tatbestandsmerkmale“ noch erwähnt, ohne dass ihnen eine besondere Bedeutung zukommt. 59 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 24 – Shevill. 60 Schack, IZVR, Rn. 343; ders., UrhR, Rn. 816; und in: UFITA 108 (1988), 64; MMR 2000, 137; NJW 2013, 3627, 3629 f.; Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 121 f., 235, 248; Kurtz, IPRax 2004, 109; Danckwerts, GRUR 2007, 104, 105 (nur für das UrhR); Banholzer, Internationale Gerichtszuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen, S. 31 ff., 129 f, 193; Hopf, MarkenR 2012, 229, 234; Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1017; Peifer, IPRax 2013, 228 f.; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 118; a.A. Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 20; Grünberger, IPRax 2015, 56, 58 f.; McGuire, ZEuP 2014, 160, 166 f. 61 EuGH ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 24 – Hejduk/EnergieAgentur. Vgl. auch EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 29 – Pinckney/KDG Mediatech. 62 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 34 – Wintersteiger. 63 Kritisch Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1019 („unglückliche Empirie“) und zweifelnd, da der EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 35 – Wintersteiger auf das materielle Markenrecht Bezug nimmt. 64 So auch in der englischsprachigen Literatur; Briggs/Rees, Civil Jurisdiction and Judgments, S. 278; Hertz, Jurisdiction in Contract and Tort under the Brussels Convention, S. 267. 58
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
Das macht einen Rückgriff auf die lex causae notwendig.65 Da das Kollisionsrecht nicht vollständig harmonisiert ist,66 könnte sich die internationale Zuständigkeit je nach Ort der Klageerhebung unterscheiden. Das materielle Recht der Mitgliedstaaten sollte aber nicht über die internationale Zuständigkeit im Rahmen der EuGVVO entscheiden dürfen.67 Gleiches gilt für § 32 ZPO. Auch hier würde – wenn man auf eine tatbestandsmäßige Handlung abstellt – ausländisches materielles Recht darüber entscheiden, ob deutsche Gerichte zuständig sind.68 Dadurch wird die Prüfung der internationalen Zuständigkeit unnötig kompliziert. Die internationale Zuständigkeit sollte schnell und einfach festgestellt werden können.69 Im Ergebnis ist daher einer autonomen Auslegung der Vorzug zu geben.70 bb) Mehrere mögliche Anknüpfungspunkte Doch auch wenn der Ort des ursächlichen Geschehens empirisch-autonom bestimmt wird, muss bei mehreren Handlungen entschieden werden, ob jede einzelne zuständigkeitsbegründend sein soll. Bei einem Rückgriff auf Tatbestandshandlungen ist dies scheinbar einfach: Vorbereitungshandlungen sind nicht tatbestandsmäßig und können somit auch nicht zuständigkeitsbegründend sein.71 Häufig wird angeführt, dass nur wesentliche oder maßgebliche72 Teilhandlungen zuständigkeitsbegründend seien.73 Leible sieht diese Ansicht gar durch den EuGH bestätigt.74 In der Rechtssache Kainz/Pantherwerke AG entschied der EuGH, dass bei einem Produkthaftungsfall der Ort der Herstellung
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Schack, IZVR, Rn. 339 f. Siehe etwa beim Persönlichkeitsrecht, unten Fn. 176 f. 67 Das gleiche Problem stellt sich beim Erfüllungsort bei Art. 7 Nr. 1 a EuGVVO. Dazu Schack, IVZR, Rn. 297 ff. und ders., Erfüllungsort (passim). 68 Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 125. 69 Schack, IZVR, Rn. 519 begründet mit diesem Argument eine Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung lege fori und eine autonome Definition des Erfüllungsortes. 70 So auch Briggs/Rees, Civil Jurisdiction and Judgments, S. 278; Hertz, Jurisdiction in Contract and Tort under the Brussels Convention, S. 267; W.-H. Roth, FS Schilken, S. 427, 431; einer eher empirischen Auslegung scheint auch Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EUGVO Rn. 83a zuzuneigen. Gegen einen Rückgriff auf die lex causae im Kollisionsrecht, unten S. 178 ff. 71 Vgl. Schack, IZVR, Rn. 340; allerdings mit dem Problem, dass jede Handlung zunächst nach dem materiellen Recht zu prüfen wäre. 72 Was genau die Autoren als „wesentliche“ bzw. „maßgebliche“ Tathandlung ansehen, wird nicht deutlich. Gemeint ist wohl, dass es innerhalb eines mehraktigen Geschehens unterschiedlich wichtige Handlungen geben soll. 73 Schack, IZVR, Rn. 340; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 135; Steinbrück, FS Kaissis, S. 965, 966; W.-H. Roth, FS Schilken, S. 427, 430 f. 74 Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 135. 66
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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des Produktes der Ort des ursächlichen Geschehens sei.75 Indes begründet der EuGH seine Entscheidung nicht damit, dass dieser Tatbeitrag maßgeblicher als andere für den Erfolg sei, sondern mit dem Zweck des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO: Die Gerichte am Ort der unerlaubten Handlung sind zuständig, um die Beweisaufnahme zu vereinfachen.76 Daneben müsse dieser Ort weiterhin vorhersehbar sein,77 was eher am Herstellungsort als am Vertriebsort gegeben sei. Der EuGH hat somit nicht vorausgesetzt, dass es einen maßgeblichen Tatbeitrag gebe,78 sondern zwischen den Anknüpfungsmöglichkeiten diejenige ausgewählt, die den Zweck der EuGVVO am ehesten erfüllt. Bei der empirisch-autonomen Auslegung muss also ermittelt werden, welcher Ort der beweisnächste ist. Einen Opfervorteil will die EuGVVO nicht gewähren.79 Dies mag im Einzelfall schwierig abzugrenzen zu sein und widerspricht damit dem Gebot der Vorhersehbarkeit. Noch schwieriger und unvorhersehbarer ist dies aber bei mehreren Handlungen, die sich lege causae nach verschiedenen Rechtsordnungen bestimmen. Auch ist hier nicht ersichtlich, wonach zu bestimmen ist, welche Handlung maßgeblich sein soll. Die empirisch-autonome Bestimmung ist folglich nicht über jeden Zweifel erhaben, doch sind die Alternativen noch komplizierter und problembehafteter. cc) Fazit Zuständigkeitsbegründend ist der Ort des ursächlichen Geschehens. Dieser ist zunächst empirisch-autonom, d.h. ohne Rückgriff auf das materielle Recht zu ermitteln. Der deutsche Ansatz des Handlungsortes als Ort einer tatbestandsmäßigen Handlung überzeugt nicht und sollte aufgegeben werden. Um Verwirrungen zu vermeiden, sollte man im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO vom Ort des ursächlichen Geschehens sprechen. Kommen mehrere Orte in Betracht, so ist wertend zu bestimmen, welcher den Grundprinzipien des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO am besten entspricht. Dies kann nicht abstrakt, sondern nur nach Fallgruppen geschehen. b) Erfolgsort oder Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges? Auch für den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges gilt, dass diese besondere Zuständigkeit auf der Sach- und Beweisnähe beruht.80 Doch auch hier drohen Missverständnisse. So wird im Rahmen von § 32 ZPO vom Erfolgsort
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EuGH ECLI:EU:C:2014:7 Tz. 26 – Kainz/Pantherwerke. EuGH ECLI:EU:C:2014:7 Tz. 27 – Kainz/Pantherwerke. 77 EuGH ECLI:EU:C:2014:7 Tz. 28 – Kainz/Pantherwerke. 78 So aber Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 135. 79 Siehe oben Fn. 43. 80 Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 427. Stadler, FS Geimer, S. 715, 725 will dies beim „Erfolgsort“ hingegen nicht überbewerten. 76
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
gesprochen und dieser als Ort der Rechtsgutsverletzung verstanden.81 Auch in der Literatur zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO wird der Begriff des Erfolgsorts verwendet.82 Der EuGH hingegen spricht nicht vom Erfolgsort, sondern vom Ort der Verwirklichung des Erstschadens. aa) Erfolgsort Bei § 32 ZPO ist der Erfolgsort als Ort der Rechtsgutsverletzung zuständigkeitsbegründend.83 Ebenso definiert die deutsche Literatur den Ort der Verwirklichung des Erstschadens i.S.v. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.84 Nicht umfasst vom Erfolgsort sei der Schadensort, also der Ort, an dem über die Rechtsgutsverletzung hinausgehende Folgeschäden eingetreten sind.85 Ob sich diese Orte wirklich sauber trennen lassen, ist bereits im deutschen Recht umstritten.86 Exemplarisch hierfür sind die reinen Vermögensschäden.87 Da das Vermögen kein geschütztes Rechtsgut ist, fehlt es bereits an einer Rechtsgutsverletzung. Der Erfolgsort soll hier der Ort sein, an dem der Kläger das belastete Bankkonto hat.88 Dabei ist schon problematisch, den Belegenheitsort des Kontos zu bestimmen (Ort der Hauptniederlassung oder der Filiale).89 Es handelt sich um einen Versuch, einen Schadensort in die Dogmatik des Erfolgsortes zu kleiden, was nicht gelingt – und nicht gelingen kann. Warum dieses Gericht beweisnäher sein soll, was auch im Rahmen von § 32 ZPO zur Begründung angeführt wird,90 erschließt sich nicht.91 Ihm Rahmen des sog. Diesel-Skandal bei dem 81
Heinrich, in: Musielak/Voit, § 32 ZPO Rn. 15 f. Gottwald, MüKo-ZPO, Art. 7 EuGVVO Rn. 57; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 19 ff.; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 121; Thode, in: BeckOK-ZPO, Art. 7 EuGVVO Rn. 92. 83 Heinrich, in: Musielak/Voit § 32 ZPO Rn. 15 f. 84 Gottwald, MüKo-ZPO, Art. 7 EuGVVO Rn. 57; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 121; Thode, in: BeckOK-ZPO, Art. 7 EuGVVO Rn. 92. 85 Heinrich, in: Musielak/Voit § 32 ZPO Rn. 15 f.; Patzina, in: MüKo-ZPO, § 32 ZPO Rn. 41. 86 Zweifelnd Dehnert, Deliktischer Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden, S. 111 f. 87 Vgl. dieselbe Problematik im Kollisionsrecht, unten S. 190 ff. 88 BayObLG BeckRS 2003, 30313585 II 2 b; OLG Nürnberg BeckRS 2006, 05546; OLG Karlsruhe BeckRS 2006, 9503, Tz. 15; OLG Hamm NJW-RR 2019, 658 Tz. 23; Heinrich, in: Musielak/Voit, § 32 ZPO Rn. 17; Thole, FS Schilken, S. 523, 525 f.; daran zweifelt auch Stadler, FS Geimer, S. 715, 716 und hält die Anknüpfung zu Recht für „willkürlich“, S. 717. 89 Die Frage wirft auch Stadler, FS Geimer, S. 715, 722 auf. Insbesondere wegen des Trends zu Onlinekonten wird die Bestimmung immer schwieriger. 90 Patzina, in: MüKo-ZPO, § 32 ZPO Rn. 1; H. Roth, in: Stein/Jonas, § 32 ZPO Rn. 1; Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 89; I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 103 ff.; Lindacher, FS Nakamura, S. 321, 328. 91 Hat der Geschädigte sein Konto bei der Sparkasse Frankfurt, wohnt aber in Hamburg und wurde in München betrogen, so ist wohl nicht das AG Frankfurt „beweisnäher“. Stadler, FS Geimer, S. 715, 722 weist darauf hin, dass die Situation noch unübersichtlicher wird, 82
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Autohersteller überwiegend illegale Abschalteinrichtungen installierten, um die Grenzwerte zu erreichen, entwickelt sich eine besondere Rechtsprechung. So verorten mehrere Obergerichte den Erfolgsort am Wohnort des Klägers, da dort das Vermögen belegen sei.92 Begründet wird dies überwiegend nicht, sondern nur auf die Rechtsprechung des BGH in Kartellsachen93 verwiesen. Dabei scheinen hier vielmehr Gesichtspunkte des Klägerschutzes maßgeblich gewesen sein. Einzig das OLG Hamm stellt sich gegen die Rechtsprechung der anderen Obergerichte.94 Richtigerweise liegt der Erfolg in diesen Fällen dort, wo über das Vermögen verfügt, d.h. in der Regel dort, wo der Kaufpreis beglichen wurde. Auch außerhalb reiner Vermögensschäden bereitet der Erfolgsort Probleme. Denn ob ein Rechtsgut verletzt wurde, kann wieder nur unter Zuhilfenahme eines materiellen Rechts bestimmt werden. Dies erschwert nicht nur die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit, sondern führt auch dazu, dass materielles Recht gegebenenfalls also eine ausländische lex causae über die internationale Zuständigkeit bestimmt.95 bb) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Der EuGH spricht im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO nicht vom Erfolgsort, sondern vom Ort „der Verwirklichung des Schadenserfolges“. Dies sei der Ort, „an dem die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen“ eintreten.96 Dass die deutsche Literatur auch hier vom Erfolgsort spricht, verwirrt,97 weil damit ein rechtlich geprägter, d.h. aufgeladener Begriff benutzt wird. So besteht die Gefahr, dass Wertungen aus dem deutschen Recht (unbewusst) in europäische Rechtsakte hinein gelesen
wenn der Geschädigte das Geld von mehreren Konten erst auf ein Konto überweist, um dann eine Gesamtüberweisung zu machen. 92 OLG Stuttgart BeckRS 2018, 10638, Tz. 8; BayObLG BeckRS 2019, 15058, Tz. 24; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 19. Februar 2020 – 1 AR 3/20 (SA Z) –, juris, Tz. 10. 93 BGH GRUR 2019, 213 – Zuckerkartell. 94 OLG Hamm, NJW-RR 2019, 658 Tz. 23 (Ort des Bankkontos); OLG Hamm NJW-RR 2019, 1398 Tz. 28 (Bankkonto oder Ort der Kaufpreiszahlung). 95 Zu den gleichen Argumenten beim Ort des ursächlichen Geschehens, S. oben S. 66 f. 96 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 28 – Shevill. 97 Ebenso sollte man nicht vom „Schadensort“ sprechen, da auch dieser vorgeprägt ist; gegen Wagner/Gess, NJW 2009, 3481, 3482.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
werden. Der EuGH meint mit dem Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges den Ort des Erstschadens.98 Er stellt dabei nicht auf eine Rechtsgutverletzung ab.99 Folgeschäden sind auch für den EuGH nicht zuständigkeitsbegründend.100 Um sprachliche Verwirrungen zu vermeiden, sollte im Rahmen der EuGVVO nicht von Erfolgs- und Schadensort gesprochen werden, sondern vom Ort des Erstschadens und dem von Folgeschäden. Der EuGH hält auch bei Vermögensschäden den Ort des Erstschadens für zuständigkeitsbegründend.101 Dabei stellen sich dieselben Probleme wie im deutschen Recht. Dem EuGH ist es bisher nicht gelungen, eine klare Linie aufzuzeigen, die seinem Postulat, einen vorhersehbaren Gerichtsstand zu begründen, gerecht wird.102 Trotzdem ist es richtig, den Ort der Verwirklichung des Erstschadens autonom, d.h. ohne Rückgriff auf materielles Recht, zu bestimmen. cc) Zwischenergebnis Zuständigkeitsbegründend ist neben dem Ort des ursächlichen Geschehens der Ort der Verwirklichung des Erstschadens. Dies ist nicht der Erfolgsort, auch wenn die deutsche Literatur die Begriffe synonym verwendet. Der Ort der Verwirklichung des Erstschadens ist autonom ohne Rückgriff auf das materielle Recht zu bestimmen. Dabei sind erneut Fallgruppen zu bilden. II. Persönlichkeitsrechtsverletzungen Die internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeitsverletzungen zu bestimmen bereitet besondere Schwierigkeiten und hat zu zahllosen wissenschaftlichen Monografien103 und Aufsätzen geführt. Gerade die Bestimmung eines 98
Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EUGVO Rn. 87. Grund dafür wird auch sein, dass die Unterscheidung zwischen Erfolgs- und Schadensort anderen Rechtsordnungen unbekannt ist. So knüpft das französische Recht nicht an die Verletzung eines Rechtsguts an, sondern an die Herbeiführung eines Schadens; Schack, UFITA (108) 1988, 51, 69; Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 46 ff.; Sonnenberger, Einführung in das franz. Recht, S. 206. Die Begriffsbildung des EuGH im Rahmen des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist wohl vom französischen Recht beeinflusst worden; Rauscher, ZZPInt. 1 (1996) 151, 160 f.; Kubis, a.a.O, S. 120; I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 169. Auch das Common Law kennt keine konsequente Trennung von Rechtsgutsverletzung und Vermögensschaden, Stadler, FS Geimer, S. 715, 716. 100 EuGH ECLI:EU:C:1995:289 Tz. 14 – Marinari/Lloyds; ECLI:EU:C:2016:449 Tz. 34 – Universal Music/Schilling; Stadler, FS Geimer, S. 715, 716. 101 EuGH ECLI:EU:C:2015:37 Tz. 55 f. – Kolassa/Barclays. 102 Stadler, FS Geimer, S. 715, 716 f. meint gar, die „Identifizierung des richtigen Gerichtsstandes […] gleicht […] einem Roulettespiel“. 103 Siehe nur Kubis, Internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechtsverletzungen (1999); S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR (2000); Wüllrich, Persönlichkeitsrecht des Einzelnen im Internet (2006); Kernen, Persönlichkeitsverletzungen 99
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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„Erfolgsortes“ macht der deutschen Lehre Probleme, da die Persönlichkeit nicht körperlich manifestiert sei und keinen Belegenheitsort habe104. Es wird sich zeigen, dass diese Probleme verschwinden, wenn man sich von der deutschen Dogmatik löst und sich auf eine europäische einlässt. 1. Ort des ursächlichen Geschehens Der Ort des ursächlichen Geschehens ist der Ort, „an dem das schädigende Ereignis seinen Ausgang nahm“.105 Lange Zeit war die Debatte um den Persönlichkeitsschutz davon dominiert, dass die Verletzungen – zumindest bei Distanzdelikten – hauptsächlich von Presseunternehmen begangen wurden.106 Heute sind grenzüberschreitende Persönlichkeitsverletzungen ein häufiges Phänomen, besonders in sozialen Netzwerken.107 Und im Internet ist es mitnichten so, dass der Ort des ursächlichen Geschehens unproblematisch ermittelt werden könnte.108 a) Verletzung durch natürliche Personen Vor dem Siegeszug des Internets handelte es sich bei Distanzdelikten natürlicher Personen insbesondere um Beleidigungen, die etwa per Brief oder Telefon „übermittelt“ wurden. Bei den schriftlichen Persönlichkeitsverletzungen kommen im Rahmen des Ortes des ursächlichen Geschehens grundsätzlich zwei Orte als zuständigkeitsbegründend in Betracht: der Ort, an dem der Brief geschrieben, und der Ort, an dem er aufgegeben wurde. Eine besondere Sachund Beweisnähe weisen beide nicht auf. Am ehesten tut das noch der Ort, an
im Internet (2006); I. Roth, Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsverletzungen im Internet (2007); Pichler, Internationale Zuständigkeit (2008); Dehnert, Der deliktische Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden und Persönlichkeitsverletzungen (2011). 104 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 64 sieht die Persönlichkeit „überall und nirgends“ belegen. Ebenso v. Bar, FS Waseda, S. 575, 588; ders./Mankowski, IPR 2, Rn. 664; Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 122; ders., WRP 2018, 139, 142; B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 131. Nach J. Kohler, Warenzeichenrecht, S. 206 erstreckt sich „das Persönlichkeitsrecht prinzipiell über die ganze Erde“ und „die Persönlichkeit kann über die ganze Menschheit ihre Macht entfalten.“. 105 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 24 – Shevill; siehe oben S. 64 ff. 106 Vgl. etwa BGH NJW 1996, 984 – Caroline von Monaco; BGHZ 131, 332 – Caroline von Monaco II; EuGH ECLI:EU:C:1995:61 – Shevill. 107 GA Bobek spricht ironisch von einer „Ära der anonymen Internet-Tapferkeit, die allgemein für höflichen Stil, scharfen Verstand und Mäßigung bekannt ist“, ECLI:EU:C:2017:554 Tz. 1 – Bolagsupplysningen. Vgl. Spindler, GRUR 2018, 365. Siehe auch die Rspr. in Fn. 109 und 279. 108 So aber Bach, EuZW 2018, 68.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
dem der Brief in den Rechtsverkehr entlassen wurde. Immerhin kann hier festgestellt werden, ob der Brief auch wirklich vom Beklagten versendet wurde.109 Nach deutscher „Handlungsortsdogmatik“ müsste eine tatbestandsmäßige Handlung ermittelt werden. Nach deutschem materiellem Recht wäre das Schreiben des Briefs eine reine Vorbereitungshandlung. So gelangt die herrschende Meinung zum Absendeort des Briefs.110 Abstrakt, d.h. ohne Rückgriff auf ein materielles Recht, kann die deutsche Lehre die Zuständigkeit aber nicht klären. Bei einem Telefongespräch kommt nur das Einsprechen als zuständigkeitsbegründende Handlung in Betracht.111 Während dies sich nach der empirischautonomen Auslegung grundsätzlich bestimmen lässt, steht dies nach deutscher Handlungsortsbestimmung unter dem Vorbehalt, dass auch das anwendbare materielle Recht hierin eine tatbestandsmäßige Handlung sieht. Eine E-Mail ist ein digitaler Brief, sodass E-Mails genauso behandelt werden sollten wie ihre analogen Vorgänger. Gleiches gilt für Nachrichten, die über soziale Medien versendet werden. Auch bei online veröffentlichten Inhalten durch Privatpersonen, etwa auf der eigenen Homepage oder einem Blog müsste das Absenden zuständigkeitsbegründend sein. So sieht die herrschende Lehre den Ort des ursächlichen Geschehens am Ort des Uploads, d.h. dem Ort des Einspeisens ins Internet.112 Doch ist das ungenau. So ist es möglich, dass der mutmaßliche Verletzer den Inhalt bereits eingespeist oder als Entwurf gespeichert hat, diesen aber noch nicht an den Verletzten gesendet oder der Öffentlichkeit freigegeben hat.113 Der Ort des ursächlichen Geschehens ist also dort, wo der Inhalt ins Netz gelangt ist, wenn er dadurch anderen zugänglich gemacht worden ist. Damit wäre auf den Ort abzustellen, wo der Inhalt freigeschaltet wurde.114 Problematisch ist es, diesen Ort sicher zu bestimmen. Bei einem Brief gibt es den Poststempel, und wer vom Festnetz angerufen wird, sieht regelmäßig die angezeigte Nummer und kann daraus schließen, von wo er angerufen wird. 109 Dies war streitig in OLG Wien Urt. v. 12.03.2019, 17 BS 47/19i (Sigrid Maurer), dort handelte es sich um Facebook-Direktnachrichten handelte. 110 RGZ 27, 418, 419 f.; Patzina, in: MüKo-ZPO, § 32 ZPO Rn. 23; Heinrich, in: Musielak/Voit, § 32 ZPO Rn. 16 (beide zu § 32 ZPO). Zum Kollisionsrecht: BGHZ 40, 391, 394 – Stahlexporte; Frankenstein, IPR II, S. 369; Neuhaus, Grundbegriffe des IPR, S. 241. 111 Vgl. Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EUGVO Rn. 83a (bei Täuschung); Patzina, in: MüKo-ZPO, § 32 ZPO Rn. 34 (zu § 32 ZPO). 112 I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 197 f.; Wüllrich, Persönlichkeitsrecht des Einzelnen im Internet, S. 231 ff.; Kernen, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 227; Garber, ÖJZ 2012, 108, 111; Thorn, FS v. Hoffmann, S. 746, 762; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 68 (zum Kollisionsrecht). 113 Vgl. Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 777. 114 Das Speichern in der Cloud genügt also, ebenso wenig wie das Ablegen des Briefes in der Schreibtischschublade.
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Doch bereits heute übertrifft die Zahl der Mobiltelefone die Anzahl der Telefonanschlüsse in Deutschland deutlich.115 Bei Mobiltelefonen ist nur erkennbar, wo dieses angemeldet, nicht wo es genutzt wird. Bei Onlineübermittlung ist für den Empfänger ebenfalls nicht (oder nur mit großem Aufwand) erkennbar, wo ein Inhalt ins Netz geladen wurden.116 Dazu kommt, dass viele Menschen heute internetfähige mobile Geräte nutzen.117 Durch die Abschaffung der Roaminggebühren118 wird die Nutzung des mobilen Internets im Ausland noch zunehmen. So wird in Grenzgebieten oder bei Internetnutzung in Verkehrsmitteln die internationale Zuständigkeit nicht nur schwerer bestimmbar, sondern auch immer zufälliger. Im Prozess wird der Kläger kaum beweisen können, an welchem Ort der Beklagte den verletzenden Inhalt ins Netz gestellt hat.119 Helfen soll da eine widerlegliche Vermutung, dass der Beklagte die Handlung an seinem gewöhnlichen Aufenthalt vorgenommen habe.120 Am tatsächlichen Absendeort wird hingegen nur der mutmaßliche Verletzer klagen können, da dieser nur ihm bekannt ist. Der mutmaßliche Geschädigte hingegen läuft Gefahr, ein unzuständiges Gericht anzurufen, wenn der Beklagte die Vermutung erschüttern kann. Zwar kann dann noch der allgemeine Gerichtsstand des Art. 4 I EuGVVO begründet sein, doch ist dies nicht zwingend: Während Art. 7 Nr. 2 EuGVVO für die Zuständigkeitsbegründung auf den Zeitpunkt der unerlaubten Handlung abstellt, ist es bei Art. 4 EuGVVO die Klageanhängigkeit.121 Der Ort des ursächlichen Geschehens mit seiner Vermutung am gewöhnlichen Aufenthalt des Schädigers eröffnet zudem dem mutmaßlichen Schädiger die Möglichkeit, dort eine negative Feststellungsklage zu erheben.122 115 2018 gab es in Deutschland 38,4 Millionen Festnetzanschlüsse und 107,5 Millionen Mobiltelefonanschlüsse, ; . 116 Vgl. bereits Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 129 (zum Kollisionsrecht). 117 Im Jahr 2018 gab es in Deutschland gab es 57 Millionen Smartphone-Nutzer, . 118 Verordnung 2015/2120/EU vom 25.11.2016 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union. 119 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 70 f. (zum Kollisionsrecht); Wüllrich, Das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen im Internet, S. 232. 120 I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 209, 180 f.; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 71 ff. (zum Kollisionsrecht). 1887 erklärte das RG den Absendeort für die Frage nach dem anwendbaren Recht noch für unerheblich, RGZ 19, 382, 383. 121 Siehe oben S. 58 f. und Nachweise in Fn. 15. 122 Art. 7 Nr. 2 EuGVVO findet auch auf die negative Feststellungsklage Anwendung; EuGH ECLI:EU:C:2012:664 – Folien Fischer; Schack, IZVR, Rn. 336; Sack, GRUR 2018,
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Im Kern erhält der mutmaßliche Verletzer damit einen Klägergerichtsstand und die Möglichkeit, Folgeprozesse zu verschleppen123. Wer im Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO eine besondere Begünstigung des mutmaßlichen Verletzten sieht, muss erkennen, dass eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens sich durchaus ins Gegenteil verkehren kann.124 All das lässt daran zweifeln, dass der Ort des ursächlichen Geschehens bei Persönlichkeitsverletzungen überhaupt eine Zuständigkeit begründen soll. Gerade der Hauptgrund für diesen besonderen Gerichtsstand, nämlich die Sach- und Beweisnähe, ist hier nur schwach ausgeprägt. Folglich überwiegen die Nachteile, sodass der Ort des ursächlichen Geschehens bei Persönlichkeitsverletzungen durch natürliche Personen keine Zuständigkeit begründen sollte.125 b) Verletzung durch juristische Personen Persönlichkeitsverletzungen durch juristische Personen geschehen vor allem durch Presse- und Medienunternehmen. Bei Presseunternehmen ist die Bestimmung des ursächlichen Geschehens problematisch, teilt sich die Herstellung eines Medienproduktes doch in verschiedene Abschnitte: Ein Bericht wird von einem Journalisten entworfen, durch die Redaktion(en) freigegeben, von wieder anderen erstellt, d.h. gedruckt oder aufgezeichnet, und schließlich vertrieben.126 Nach deutscher Handlungsortsdogmatik müsste zwischen reinen Vorbereitungs- und tatbestandsmäßigen Handlungen unterschieden werden. Dabei wäre für jede der genannten Handlungen gesondert zu ermitteln, welches Recht anwendbar und ob nach diesem die Handlung tatbestandsmäßig ist. Einfacher ist erneut die empirisch-autonome Auslegung des ursächlichen Geschehens. In
893, 897. Zuvor bereits Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen Internationalen Zivilprozessrecht, S. 117 f.; Heinze, Einstweiliger Rechtsschutz im europäischen Immaterialgüterrecht, S. 215 f.; Sujecki, GRUR Int. 2012, 18, 23. 123 Sack, GRUR 2018, 893, 897. 124 Schack, IZVR, Rn. 336. 125 Vgl. B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 138, der dies nicht nur für Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, sondern insgesamt fordert. Für das IPR will Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 255 den Handlungsort ausscheiden lassen. 126 Siehe auch unten S. 182 ff.
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der umstrittenen127 Shevill-Entscheidung128 sieht der EuGH den Ort des ursächlichen Geschehens bei Druckschriften ausschließlich am Niederlassungsort des Herausgebers,129 gemeint ist aber Niederlassung des Verlages.130 Teilweise wird als Ort des ursächlichen Geschehens der Ort betrachtet, wo die Entscheidung getroffen wurde, die (rechtsverletzende) Handlung vorzunehmen.131 Dabei darf man nicht auf jede Einzelentscheidung der oben genannten Handlungen abstellen,132 da dies auf eine willkürliche Bestimmung der Zuständigkeit hinausliefe. Die Letztentscheidung der Veröffentlichung wird nicht notwendigerweise am Verlagssitz vorgenommen.133 Entscheidungen über den Inhalt trifft in der Regel die Chefredaktion, nicht der Verleger oder Herausgeber,134 sodass verschiedentlich vertreten wird, den Redaktionssitz als zuständigkeitsbegründend anzusehen.135 Wer das befürwortet, muss an die Chefredaktion anknüpfen, da der Geschädigte regelmäßig nicht zu erkennen vermag, welche Fachredaktion zuständig war.136 Da Redaktion, Verlag und Herausgeber durchaus an unterschiedlichen Orten ihre Niederlassung haben können,137 ist die Entscheidung, an welchen Ort angeknüpft werden soll, durchaus relevant.138
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Dazu sogleich unten S. 86 ff. EuGH ECLI:EU:C:1995:61 – Shevill. 129 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 24 – Shevill, bestätigt durch EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 37 – Wintersteiger/. Zustimmend etwa Thorn, FS v. Hoffmann, S. 746, 749. 130 Die deutsche Übersetzung spricht vom Herausgeber. Die französische („l'éditeur“) und die englische Sprachfassung („publisher“) lassen sich jeweils mit Herausgeber oder Verlag übersetzen. Im konkreten Fall ging es um die Presse Alliance SA, einem franz. Presseverlag. Gemeint war also nicht der unspezifische Begriff des Zeitungsherausgebers, sondern der Verlagssitz. 131 I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 197 f.; Garber, ÖJZ 2012, 108, 111. Vgl. auch zum IPR unten S. 183 f. 132 So aber I. Roth, ebd. 133 Insbesondere wenn dies nur ein Verwaltungssitz ist, vgl. v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 60 f. und zum IPR S. 183. 134 Vgl. v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 60. 135 Uhl, Internationale Zuständigkeit, S. 187 f. (der annimmt, dass der Sitz des Herausgebers und der Redaktion häufig identisch seien); Kernen, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 224 f. 136 Dabei sind viele Autoren nicht deutlich, welche Redaktion sie meinen. Uhl, Internationale Zuständigkeit, S. 188 spricht schlicht von der „verantwortlichen Redaktion“. 137 Zumindest innerhalb Deutschlands variieren diese Orte regelmäßig. So sitzt der BeckVerlag in München, die GRUR-Verlagsredaktion in Frankfurt a.M., die GRUR-Geschäftsstelle in Köln und gedruckt wird in Sinzheim. 138 Vgl. Kreuzer/Klötgen, IPRax 1997, 90, 93. 128
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Andere favorisieren die Zuständigkeit am Erscheinungsort.139 Auch der BGH versteht im Rahmen von § 32 ZPO den Handlungs- als den Erscheinungsort.140 Ebenso begründet im Strafrecht der Erscheinungsort die Zuständigkeit, § 7 II StPO. Dabei ist im Presserecht141 wie im Strafrecht142 umstritten, wo der Erscheinungsort liegt. Der BGH sieht den Erscheinungsort dort, wo die Druckschrift „mit Willen des Verfügungsberechtigten die Stätte ihre Verbreitung vorbereitende Handlungen verlässt“ (Ausgabeort).143 Dies ist regelmäßig der Verlagssitz.144 Fallen Verlags- und Ausgabeort auseinander, soll der Erscheinungsort danach bestimmt werden, „wo das rechtliche und tatsächliche Schwergewicht der die öffentliche Verbreitung in die Wege leitenden“ Tätigkeit ist.145 Einfach zu bestimmen wäre die Zuständigkeit dann nicht mehr, daran leidet auch die Vorhersehbarkeit. Das schadet Kläger und Beklagtem, da sich dadurch der Prozess verlängert und verteuert. Auch passt der Gedanke des Ausgabeorts nicht ins digitale Zeitalter. Wo soll dieser bei einem ePaper liegen? Man wird erneut auf den Uploadort abstellen und zum Schutz des Verletzten am Verlagssitz vermuten müssen.146 Daher sieht die herrschende Lehre regelmäßig auch hier den Sitz des Verlages als zuständigkeitsbegründend an.147 Damit sprechen die gleichen Argumente gegen eine solche Verortung der Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens wie bei den natürlichen Personen.148 Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei Medien- und Presseun-
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Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 155 f.; Coester-Waltjen, FS Schütze (1999), S. 175, 183; Kernen, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 227 („Redaktions- oder Erscheinungsort“); Lehr, NJW 2012, 705, 706 (zu § 32 ZPO); Toussaint, in: BeckOK-ZPO, § 32 ZPO Rn. 10.1 (zu § 32 ZPO). 140 BGH NJW 1977, 1590. 141 Lehr, in: Löffler, Presserecht, § 8 LPG Rn. 17. Daher auch kritisch zur Anknüpfung an den Erscheinungsort v. Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet, S. 59 (Kollisionsrecht). 142 Ellbogen, in: MüKo-StPO, § 7 StPO Rn. 12 f. 143 BGH NJW 1990, 1991 – Impressumspflicht; zustimmend etwa Beater, Medienrecht, Rn. 195. Für das Strafrecht BGH NJW 1997, 2828, 2829 (insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 43, 122). 144 BGH NJW 1990, 1991 – Impressumspflicht; Lehr, in: Löffler, Presserecht, § 8 LPG Rn. 20; Beater, Medienrecht, Rn. 195. 145 BGH NJW 1990, 1991, 1992 – Impressumspflicht; Beater, Medienrecht, Rn. 195. 146 Siehe oben S. 73 f. 147 I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 212 (Ort der Entscheidung); Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 778 („Ort der Entscheidungsfindung“); Kernen, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 243 f. (Ort der Verhaltenszentrale). Zum Kollisionsrecht v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 69 (Entscheidungszentrum). 148 Siehe oben S. 74.
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ternehmen regelmäßig um wirtschaftlich starke Akteure handelt, die nicht zusätzlich begünstigt werden müssen. Eine besondere Sach- und Beweisnähe besteht auch hier nicht, sie ist noch geringer als bei natürlichen Personen. Daher sollte auch hier auf den Ort des ursächlichen Geschehens verzichtet werden. Zumindest aber sollten die Medieninhalte technologieneutral gleichbehandelt werden. c) Der Handlungswirkungsort Eine von der herrschenden Lehre abweichende Bestimmung des Handlungsortes nimmt Schack vor. Er meint, dass es bei Persönlichkeitsverletzungen keine zuständigkeitsbegründenden Erfolgsorte, sondern nur Handlungsorte gebe.149 Das beruht auf folgender Prämisse: Verletztes Rechtsgut ist die Persönlichkeit, nicht die Person. Und die Persönlichkeit sei überall und nirgends belegen.150 Daher könne es einen Erfolgsort nicht geben, der Erfolg trete weltweit überall ein, wo der Träger des Persönlichkeitsrechts bekannt ist. Folglich liege eine sinnvolle Anknüpfung nur am Handlungsort,151 andernfalls gäbe es bei jeder Persönlichkeitsverletzung eine weltweite Zuständigkeit.152 So könne der Tatort nur durch die ausschließliche Anknüpfung an den Handlungsort eingrenzt werden. Soll aber nur der Handlungsort zuständigkeitsbegründend sein und verortet man ihn mit der herrschenden Meinung am Wohnort des mutmaßlichen Schädigers153 bzw. am Sitz des Medienunternehmens,154 so bedeutet das im Ergebnis eine Aufgabe des Ubiquitätsprinzips. Auch würden sich der allgemeine Gerichtsstand und der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung regelmäßig
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Schack, UFITA 108 (1988), 51, 70; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 127 Fn. 83; ders., UrhR, Rn. 816; ders., IZVR, Rn. 343; ders., MMR 2000, 135, 139; ders., NJW 2013, 3627, 3629 f. Ebenso v. Bar, FS Waseda, S. 575, 588; ders./Mankowski, IPR 2, Rn. 664 (zum Kollisionsrecht); Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 121 f., 235, 248; ders., WRP 2018, 139, 142; Kurtz, IPRax 2004, 107, 109 (Markenrecht); Danckwerts, GRUR 2007, 104, 105 (nur fürs UrhR); Banholzer, Internationale Gerichtszuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen, S. 31 ff., 129 f., 193 (fürs UrhR); Hopf, MarkenR, 2012, 229, 234; Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1017; Peifer, IPRax 2013, 228 f.; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 118. 150 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 64; zustimmend etwa Kubis, WRP 2018, 139, 142. 151 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 64. 152 Schack entwickelt seine Anknüpfung des Handlungsorts insbesondere im Kollisionsrecht, UFITA 108 (1988), 51, 61 ff. Ebenso v. Bar, FS Waseda, S. 575, 588; ders./Mankowski, IPR 2, Rn. 664. Hier zeigt sich das Problem in seiner ganzen Schärfe. Im Zuständigkeitsrecht sind mehrere zuständige Gerichte unproblematisch, für das Kollisionsrecht braucht es aber eine Regel, die ein Recht für anwendbar erklärt. Dem folgend erklärt Art. 8 II Rom II-VO das Recht des Staates für anwendbar, für den Schutz verlangt wird. 153 Siehe oben S. 71 ff. 154 Siehe oben S. 74 ff.
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nicht mehr unterscheiden,155 außer in Fällen eines Wohnsitzwechsels. Konsequent versteht Schack den Handlungsort anders als den Ort, an dem jemand zurechenbar vom persönlichkeitsverletzenden Inhalt Kenntnis erlangt.156 Überraschend ist, dass Schack auf die „Wirkung“ abstellt und so zu dem Ergebnis kommt, dass Handlungsort der Empfangsort (bei Rundfunksendungen) bzw. der Verbreitungsort (bei Druckerzeugnissen) sei.157 Entscheidend sei die „erstrebte Publikumswirkung“.158 Das ähnelt dem Verbreitungskriterium der herrschenden Lehre beim Erfolgsort. Schack löst sich damit vom klassischen Begriff der Handlung.159 Gegen solche Ansätze hatte bereits Frankenstein 1929 opponiert, da ein Brief zwar am Empfangsort seine Wirkung erziele, aber nur am Absendeort gehandelt worden sei.160 Ob es mit dem Wortlaut des § 32 ZPO vereinbar ist, den Handlungsort als Wirkungsort zu definieren, ist bereits fraglich.161 Der Wortlaut von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO hingegen setzt nur das Eintreten des schädigenden Ereignisses voraus. Unvereinbar ist Schacks Ansicht mit der empirisch-autonomen Auslegung des EuGH, der auf tatsächliches Handeln abstellt. Auch passt Schacks Definition der „Publikumswirkung“ viel besser zum Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges. Schacks Ansicht gründet auf der deutschen Unterscheidung von Handlung und Rechtsgutsverletzung. Da das Rechtsgut Persönlichkeit keinen Belegenheitsort habe, könne es keinen Erfolgsort geben.162 Schon aus sprachlichen Gründen verbietet sich eine solche Auslegung des Ortes des ursächlichen Geschehens. Auf ihn sollte vielmehr grundsätzlich auch bei Persönlichkeitsverletzungen verzichtet werden.
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Siehe aber S. 73 f. Schack, IZVR, Rn. 343; ders., UFITA 108 (1988), 51, 65. 157 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 65. Zum Handlungswirkungsort bei Vermögensschäden S. unten S. 135 ff. 158 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 65. 159 Ein ähnliches Problem zeigt sich etwa bei § 17 UrhG, wo die Verletzungshandlung das Anbieten gegenüber der Öffentlichkeit ist und dieses dort gesehen wird, wo die Werbung auf den Kunden ausgerichtet wird; Götting, in: BeckOK-UrhR § 17 UrhG Rn. 17. Siehe auch § 19 a UrhG. 160 Frankenstein, IPR II, S. 369 Fn. 44 (zum Kollisionsrecht). 161 § 32 ZPO sieht die Zuständigkeit an dem Ort, an dem „die Handlung begangen“ ist. Auch Art. 40 I 1 EGBGB spricht vom Ort, an dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Auch bei einem Anbieten i.S.v. § 17 UrhG ist die Handlung etwa das Einstellen der Werbung auf eine Homepage, nicht die Abrufbarkeit dieser in einem Staat. 162 Auch diese Maxime erscheint fragwürdig. Immerhin wird nicht der Ort eines Rechtsguts gesucht, sondern der Orts einer Verletzung. 156
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d) Fazit Sowohl der EuGH als auch die deutsche Rechtsprechung und Literatur gelangen beim Ort des ursächlichen Geschehens zur Niederlassung bzw. Wohnsitz oder zum gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten. Das ist für das deutsche Recht überraschend. Geht man nämlich von dessen Grundsatz aus, dass eine tatbestandsmäßige Handlung erforderlich ist, dann dürfte der Ort des ursächlichen Geschehens nur unter Zuhilfenahme des materiellen Rechts (lege causae) ermittelt werden. Die Auswertung von Literatur und Rechtsprechung zeigen also, dass das deutsche Recht seine eigene Grunddogmatik wenig streng handhabt. Nur so erklärt sich, dass die Literatur abstrakt den Ort des ursächlichen Geschehens bestimmen will und der BGH in konkreten Fällen keine Ausführungen zum anwendbaren Recht macht. Rechtssicher bestimmen lässt sich der Ort des ursächlichen Geschehens nur, wenn eine Vermutung vorgenommen wird. Wird diese widerleglich gestaltet, kann der mutmaßliche Verletzer sie erschüttern. Wahrscheinlicher ist aber, dass der EuGH den Ort des ursächlichen Geschehens grundsätzlich am Ort der Niederlassung oder am Wohnsitz des Verletzers verortet, darin also keine bloße Vermutung sieht. Einen Mehrwert aufgrund einer besonderen Sach- und Beweisnähe bietet der Gerichtsstand indes nicht. Vielmehr benachteiligt er den Verletzten, da er dem Verletzer einen Klägergerichtsstand für eine negative Feststellungsklage gewährt. Folglich sollte auf den Gerichtsstand am Ort des ursächlichen Geschehens bei Persönlichkeitsverletzungen verzichtet werden. 2. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Schwierigkeiten bereitet auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges. Der EuGH entschied in der Rechtssache Shevill, dass der Ort der schädigenden Auswirkung dort sei, wo die Veröffentlichung verbreitet wird, wenn der Betroffene dort bekannt ist.163 Diese beiden Voraussetzungen – Verbreitung164 und Bekanntheit165 – waren Anlass für zahlreiche Diskussionen. Der Streit wird deshalb so intensiv geführt, weil eine weltweite Gerichtspflichtigkeit befürchtet wird.
163 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 29 – Shevill. Dies entspricht Schacks Ansicht zum Handlungsort, S. oben 77 ff. 164 Siehe etwa die Nachweise in Fn. 167 und 168. 165 Siehe etwa die Nachweise in Fn. 179, 180 und 181.
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a) Bestimmungsgemäße Verbreitung Der EuGH setzte in Shevill voraus, dass die Persönlichkeitsverletzung im Gerichtsstaat verbreitet wurde.166 Hierfür könnte bereits ausreichen, dass eine Kenntnisnahme möglich ist. Dagegen wollen einige den Ort der schädigenden Auswirkung bzw. den Erfolgsort dahingehend eingrenzen, dass nur diejenigen Orte die Zuständigkeit begründen, an denen die verletzende Information bestimmungsgemäß verbreitet wurde.167 So grenzte auch der BGH die Verbreitung im Rahmen von § 32 ZPO ein.168 Einen normativen Rückhalt für die bestimmungsgemäße Verbreitung könnte das Ausrichten auf den Mitgliedstaat in Art. 17 I lit. c EuGVVO, sowie Art. 6 Rom I-VO und Art. 46 b EGBGB bieten.169 Allerdings muss bei Art. 17 I lit. c EuGVVO und Art. 6 Rom I-VO der Kläger zusätzlich seinen Wohnsitz in dem Staat haben, auf den der Beklagte sein Handeln ausrichtet. Die Ausrichtungskriterien sind also enger, als es im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gefordert wird. Auch geht es bei Art. 17 EuGVVO darum, wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Verbraucher ausnahmsweise einen Klägergerichtsstand zu eröffnen. Ebenso soll die Anknüpfung in Art. 6 Rom I-VO Verbraucher besonders schützen.170 Bei Persönlichkeitsverletzungen hingegen muss die verletzte Person nicht notwendigerweise die schwächere Partei sein,171 die eines besonderen Schutzes bedarf. Wollte man die Kriterien aus Art. 6 Rom I-VO und Art. 17 I lit. c. EuGVVO übertragen, so änderte dies den Zweck des deliktischen Gerichtsstands – es wird nicht mehr ein sach- und beweisnahes Gericht gesucht, sondern eines, das den mutmaßlich Verletzten besonders schützt. Mit „bestimmungsgemäß“ wird außerdem ein subjektives Kriterium eingeführt, das auf den Willen des mutmaßlichen Schädigers abstellt. Auch wenn 166 Aufgegeben für Onlinesachverhalte, EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 46 – eDate Advertising, dazu sogleich. 167 Schon vor der Shevill-Entscheidung Schack, UFITA 108 (1988), 51, 71; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 127; ablehnend aber für Onlinesachverhalte Schack, MMR 2000, 135, 138. Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 146 ff.; Coester-Waltjen, FS Schütze (1999), S. 175, 184; Wüllrich, Persönlichkeitsrecht des Einzelnen im Internet, S. 238 ff.; Dehnert, Deliktischer Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden, S. 149 ff.; Mankowski, MMR 2002, 817; Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 807. Nikas, FS Gottwald, S. 477, 478 nimmt fälschlich an, dass der EuGH bereits eine bestimmungsgemäße Verbreitung gefordert habe. 168 BGH GRUR 1978, 194, 195 – profil; BGH GRUR Int. 2005, 433, 434 – Hotel Maritime (zum Markenrecht; offengelassen, obwohl „viel für eine Begrenzung […] spricht“). Inzwischen aufgegeben, siehe unten S. 148 ff. 169 Auch das alte Datenschutzrecht war anzuwenden, wenn die verantwortliche Stelle ihre Tätigkeit auf einen Mitgliedstaat ausgerichtete hätte, vgl. Jotzo, MMR 2009, 232 ff. Dies wurde durch die DSGVO abgeschafft, vgl. Dregelies, VuR 2017, 256, 258 m.w.N. 170 Rühl, in: BeckOGK, Art. 6 Rom I-VO Rn. 2. 171 Siehe etwa zum Unternehmenspersönlichkeitsrecht unten S. 124 ff.
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man versucht das Kriterium zu objektivieren,172 überzeugt es nicht, auf den Willen des Schädigers abzustellen.173 Auch erschwert es die Bestimmung der Zuständigkeit: Wie soll ermittelt werden, wen der mutmaßliche Verletzer wirklich erreichen wollte? Soll er sich darauf zurückziehen können, dass eine Persönlichkeitsverletzung in deutscher Sprache, die über das Internet verbreitet wurde, nur an den deutschen Markt gerichtet war,174 obwohl die Persönlichkeitsverletzung genauso in Österreich, der Schweiz und vielen anderen Ländern wahrgenommen wird, das Opfer möglicherweise sogar dort wohnhaft ist? Die Persönlichkeitsverletzung tritt unabhängig davon ein, ob der Verletzer diese gewollt hat.175 Das Zuständigkeitsrecht muss hier nicht enger sein. Das Ziel des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung, eine besondere Beweis- und Sachnähe auszunutzen, darf nicht durch einen falsch verstandenen Beklagtenschutz unterlaufen werden.176 Dabei wird auch verkannt, dass der Tatortgerichtsstand nicht nur den Kläger, sondern auch den Beklagten begünstigt – eine größere Beweis- und Sachnähe erleichtert die Beweisaufnahme und spart so Kosten. Die Verwirklichung des Schadenserfolges tritt überall dort ein, wo von der Verletzung Kenntnis erlangt wird, unabhängig von der Willensrichtung des mutmaßlichen Schädigers. Für Internetsachverhalte hat der EuGH das Merkmal der bestimmungsgemäßen „Verbreitung“ inzwischen aufgegeben, da im Internet Inhalte grundsätzlich weltweit abrufbar sind.177 Somit kann es auf die Frage, ob etwas bestimmungsgemäß verbreitet wurde, hier nicht mehr ankommen. Das gilt online wie offline. b) Bekanntheit am Verbreitungsort Der EuGH grenzt den Verbreitungsort aber insoweit ein, als die verletzte Person an diesem Ort bekannt sein muss.178 Bei berühmten Personen hätte dies
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BGH NJW 1977, 1590 grenzt dies ein, indem er fragt, ob die Leser des Inhalts sich in dem Gebiet befinden, das der Verleger oder Herausgeber „nach seinen Intentionen auch wirklich erreichen will oder in dem er mit seiner Verbreitung rechnen muss“. Zustimmend Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 147. 173 Dagegen auch Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 273; B. Buchner, Klägerund Beklagtenschutz, S. 143 f.; Thorn, FS v. Hoffmann, S. 746, 751. 174 Vgl. Schack, MMR 2000, 135, 138. 175 Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 273; B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 143 f.; vgl. Thorn, FS v. Hoffmann, S. 746, 749. 176 Zur Kritik am Grundsatz des Beklagtengerichtsstand vgl. oben S. 61 ff. 177 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 46 – eDate Advertising, zuvor schon OLG Karlsruhe MMR 2002, 814, 815, und Schack, MMR 2000, 135, 138. 178 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 29 – Shevill.
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eine weltweite Zuständigkeit zur Folge, bei allen anderen Personen in der Regel nur eine am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts.179 Dagegen wurde eingewandt, dass es für die Zuständigkeit nicht relevant sein könne, ob die Person an dem Ort bekannt sei; dies sei nur maßgeblich für den Schaden.180 Dabei stellt sich zunächst die Frage, wann eine Person „bekannt“ ist. Soll es bereits genügen, dass eine Person den Verletzten kennt? Durch die Veröffentlichung selbst kann eine Person in einem bestimmten Gebiet auch erst bekannt werden.181 Schon deshalb sollte die „Bekanntheit“ kein sinnvolles eingrenzendes Kriterium. Auch erscheint fraglich, warum der mutmaßliche Verletzte nicht überall soll dort klagen dürfen, wo eine unwahre Behauptung über ihn verbreitet wird. Die Bekanntheit einer Person kann daher nicht entscheidend sein und sollte nicht zu einer Eingrenzung herangezogen werden.182 c) Andere Einschränkungsversuche Fraglich ist, ob eine mögliche weltweite Zuständigkeit wirklich gewünscht ist. Extrem ist die Ansicht von Schack, dass derjenige, der das „weltumspannende Medium Internet“ nutze, auch die zuständigkeitsrechtlichen Folgen tragen müsse.183 Inzwischen gibt es kaum noch Personen oder Unternehmen, die sich des Internets nicht bedienen. Und es ist gerade die Frage, ob daraus eine weltweite Gerichtspflichtigkeit resultieren soll oder ob diese nicht insbesondere zum Schutz der Kommunikationsfreiheit beschränkt werden muss.184 Die genannten Einschränkungen der Zuständigkeit haben alle das Ziel, forum shopping zu verhindern. Versteht man forum shopping nur als die Wahl des Klägers zwischen verschiedenen Gerichtsständen (vgl. § 35 ZPO),185 kann dies nichts Illegitimes oder gar Illegales sein.186 Nicht umfasst vom Begriff des 179 Thorn, FS v. Hoffmann, S. 746, 751; Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 423; kritisch auch GA Villerón ECLI:EU:C:2011:192 Tz. 51 – eDate Advertising. 180 Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 132 f.; Coester-Waltjen, FS Schütze (1999), S. 175, 183. 181 Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 423; Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 395. Junker, FS Rüßmann, S. 811, 815. 182 Dehnert, Deliktischer Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden, S. 149. A.A. Huber, ZEuP 1996, 300, 302 Fn. 10; Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 422 f.; Thorn, FS v. Hoffmann, S. 746, 749. 183 Schack, MMR 2000, 135, 138. 184 Vgl. Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 800. Wer befürchten muss, für eine Aussage weltweit gerichtspflichtig zu werden, könnte eine weniger kritische Haltung einnehmen und sich so selbst beschränken. 185 So etwa Schack, IZVR, Rn. 250, der allerdings den negativ konnotierten Begriff „Ausnutzen“ verwendet; ders., RabelsZ 58 (1994), 40, 47 wehrt sich zu Recht dagegen, forum shopping „zu verteufeln“. Siehe auch Geimer, IZPR, Rn. 1105. 186 Kropholler, FS Firsching, S. 165, 166; Schack, IZVR, Rn. 252 („völlig legal und legitim“); ders., RabelsZ 58 (1994), 40, 47; Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 38.
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forum shopping ist die Gerichtsstandserschleichung.187 Die Kritik richtet sich nicht dagegen, dass der Kläger zwischen verschiedenen Gerichtsständen wählen kann, sondern dagegen, dass zu viele Gerichtsstände eröffnet würden. Letzteres steht auch im Widerspruch dazu, dass die internationale Zuständigkeit vorhersehbar sein soll, Erwägungsgrund 15 S. 1, 1. HS EuGVVO. Auch ist zweifelhaft, ob die besondere Sach- und Beweisnähe überall dort gegeben ist, wo ein persönlichkeitsverletzender Inhalt abgerufen werden kann. Auch dem Verletzten ist nicht geholfen, wenn der Verletzer weltweit eine negative Feststellungsklage erheben kann. Gerade im Persönlichkeitsrecht könnte eine weltweite Gerichtspflichtigkeit dazu führen, kritische Aussagen zu unterbinden. Wenn etwa der Kritik an einem Unternehmen mit dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht188 begegnet wird, könnte der Kläger sich einen Gerichtsstand suchen, der besonders persönlichkeitsrechtsfreundlich ist – zu Lasten der Meinungsfreiheit.189 Allerdings darf, nur weil ein Staat eine andere Gewichtung von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz vornimmt, die Zuständigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Problematisch sind vielmehr die Fälle, in denen sich der möglicherweise persönlichkeitsverletzende Inhalt nur theoretisch in einem Staat auswirkt. In diesen Fällen ist es durchaus legitim, dass man eine Zuständigkeit zu verhindern versucht. Fraglich ist nur, wie dies geschehen kann. Die oben geschilderten Einschränkungen überzeugen nicht. Insbesondere bei Internetsachverhalten, aber auch bei Ausstrahlungen via Satellit, hilft das Verbreitungskriterium nicht weiter. Da Medieninhalte heute häufig inhaltsgleich auf mehreren Wegen veröffentlicht werden, muss eine technologieneutrale Lösung gefunden werden. So werden Zeitungen regelmäßig nicht nur in Papierform vertrieben, sondern sie stehen auch online als ePaper zur Verfügung. Während ePaper regelmäßig noch eine Registrierung des Nutzers fordern und somit eingeschränkt werden können, sind sonstige Onlineinhalte auf Pressewebseiten häufig frei verfügbar. Zeitung, ePaper und Onlineartikel sind häufig inhaltsgleich, sodass eine unterschiedliche zuständigkeitsrechtliche Behandlung kaum zeitgemäß ist. 3. Auswirkungsprinzip Eine sinnvolle Einschränkung bietet das „Auswirkungsprinzip“. Bekannt ist es aus dem Kartellrecht, wo die herrschende Lehre den Erfolgsort als Auswirkungsort bestimmt.190 Dabei wird geprüft, welcher Markt beeinträchtigt wird,
187 Schack, IZVR, Rn. 250; a.A. Siehr, ZfRV 1984, 124, 125, der zwischen legalem und illegalem (Erschleichen) forum shopping unterscheidet, S. 142. 188 Zum Unternehmenspersönlichkeitsrecht S. unten S. 124 ff. 189 Vgl EuGH ECLI:EU:C:2017:766 – Bolagsupplysningen. 190 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EUGVO Rn. 84a; Massing, Europäisches Internationales Kartelldeliktsrecht, S. 362; Wurmnest, EuZW 2012, 933, 935; einschränkend
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dieser Ort wird als Auswirkungsort bezeichnet.191 Ebenso wird im Lauterkeitsrecht vorgegangen.192 Grund für die Anknüpfung an den Auswirkungsort im IPR ist das Schutzgut des Kartellrechts, die „Funktionsfähigkeit des Marktes“.193 Der Gedanke lässt sich auf den Persönlichkeitsschutz übertragen. Schutzzweck des Persönlichkeitsrechts ist es, dem Einzelnen die freie Entfaltung in der Gesellschaft zu ermöglichen.194 Es geht um den „Geltungsanspruch des Menschen in der sozialen Welt“.195 Bei Angriffen auf die soziale Identität – etwa durch eine Beleidigung oder eine Falschbehauptung – wird die Stellung der Person in der Gesellschaft beeinträchtigt. Die Person kann sich nicht mehr in der Gesellschaft frei entfalten, der eigene Geltungsanspruch wird in Frage gestellt. Die Verletzungen wirken sich aber nur dort aus, wo andere Mitglieder der Gesellschaft Kenntnis von ihnen erlangen. Nur dort wird die soziale Identität beeinträchtigt. Exemplarisch ist der Sachverhalt der Rechtssache Bolagsupplysningen.196 Ein estnisches Unternehmen wurde auf der Homepage eines schwedischen Verbandes auf Schwedisch kritisiert. Dagegen ging das Unternehmen wegen Verletzung seines Unternehmenspersönlichkeitsrechts in Estland vor. Das Unternehmen selbst argumentierte, dass durch die Kritik die wirtschaftliche Tätigkeit in Schweden „lahmgelegt“ werde. Die Auswirkung der Persönlichkeitsverletzung ist folglich in Schweden zu finden – dort wird das estnische Unternehmen mit der Kritik getroffen und womöglich in seiner „Persönlichkeit“ verletzt.197 Der Sachverhalt lässt sich auf natürliche Personen übertragen. Wird etwa das Persönlichkeitsrecht eines deutschen Prominenten von einer spanischen Tageszeitung in spanischer Sprache verletzt, so stört dies zunächst nur seine soziale Identität in Spanien. Nehmen deutsche Medien den Inhalt auf und berichten darüber, kann darin eine zweite Verletzung gesehen werden. Aus jeder Verletzung der sozialen Identität folgt auch mittelbar eine Verletzung der Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 132 („konkret-individuelles Marktortprinzip“, wonach am Marktort die Beeinträchtigung für den Kläger vorliegen muss, S. 122); a.A. Mäsch, IPRax 2005, 509, 516, der auf das Bankkonto abstellt, von dem die aufgrund einer Kartellabrede erhöhten Preise bezahlt werden. 191 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EUGVO Rn. 84a; Massing, Europäisches Internationales Kartelldeliktsrecht, S. 173. 192 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EUGVO Rn. 84a; BGH GRUR 2006, 513 Tz. 21 – Arzneimittelwerbung im Internet; BGH GRUR 2014, 601 Tz. 26 – Englische Pressemitteilung (BGH jeweils mit der Einschränkung „bestimmungsgemäß“); offengelassen noch in BGH GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime. 193 Massing, Europäisches Internationales Kartelldeliktsrecht, S. 173; ablehnend Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 108 ff. 194 BVerfGE 54, 148, 153 – Eppler. 195 Di Fabio, in: Maunz/Dürig, Art. 2 GG, Rn. 127. 196 EuGH ECLI:EU:C:2017:766 – Bolagsupplysningen. 197 Dabei ist durchaus zweifelhaft, ob Unternehmen eine „Persönlichkeit“ haben, dazu unten S. 124 ff.
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personellen Identität oder einfacher ausgedrückt: Wer im Ausland beleidigt wird, spürt den Schmerz auch zuhause. Nur handelt es sich dabei um Folgeschäden, die für Zuständigkeit irrelevant sind. Da das Unternehmen Bolagsupplysningen selbst argumentierte, dass sein Geltungsanspruch in Schweden beeinträchtigt wurde, war auch nur dort eine internationale Zuständigkeit begründet.198 Problematisch ist allerdings, dass die Auswirkungen sich regelmäßig nicht auf einen Mitgliedstaat beschränken. Im Fall Bolagsupplysningen könnte angenommen werden, dass sich der Inhalt auch in Estland auswirkt. Allerdings sprechen nur wenige Esten Schwedisch.199 Dass diese von der Homepage des schwedischen Verbandes Kenntnis erlangen, ist beinahe ausgeschlossen. Zumindest aber hätte der Kläger schlüssig darlegen müssen, warum sein Geltungsanspruch auch in Estland beeinträchtigt wird. Bei Sachverhalten, in denen sich die Auswirkungen nach Vortrag des Klägers faktisch auf einen Staat beschränken und nur minimale oder theoretische Auswirkungen in einem anderen Staat zu verzeichnen sind, sollte in Letzterem keine Zuständigkeit eröffnet sein. Wie aber ist mit Inhalten umzugehen, die sich tatsächlich in mehreren Staaten auswirken, also insbesondere bei Publikationen durch Presseunternehmen mit großer Reichweite, wie etwa Times oder BBC, aber auch mit deutschsprachige Inhalten, die sich in allen deutschsprachigen Ländern auswirken. Das Auswirkungsprinzip hätte hier nur eine geringe einschränkende Wirkung. Wenn aber die Verletzung in allen Staaten eintritt, gibt es auch keinen Grund, die Gerichtswahl des Verletzten weiter einzuschränken. Ziel ist nicht – wie teilweise gefordert – dass nur ein Gericht zuständig ist.200 Eine Einschränkung durch das Merkmal der Auswirkung entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der den Ort des schädigenden Ereignisses als den Ort definiert, wo „die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen eintreten“.201 Das Auswirkungsprinzip überzeugt auch rechtspolitisch: Regelmäßig wird es bei Persönlichkeitsverletzungen um eine Abwägung von Meinungs- und Pressefreiheit auf der einen und Persönlichkeitsschutz auf der anderen Seite gehen. Diese Abwägung können am besten die Gerichte treffen, in deren Gebiet sich die Verletzung auswirkt. Auch besteht ein staatliches Interesse, den Fall im eigenen Land zu verhandeln, wenn er sich dort auf die Kommunikationsfreiheit auswirkt. Zu weit geht Kubis, der das grundsätzliche Interesse des Staates annimmt, seine Bürger 198
Geklagt hatte Bolagsupplysningen allerdings in Estland, siehe dazu sogleich. Die Schweden stellen eine anerkannte Minderheit in Estland dar, . Sie umfasste aber 1997 nur noch 102 Personen, . 200 So B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 142, der von der falschen Grundannahme ausgeht, dass die Gerichte nur in ihrem Gerichtsbezirk kognitionsbefugt sind. 201 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 28 – Shevill. 199
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zu schützen, und daraus folgert, dass der Staat ein Interesse an der Verhandlung im eigenen Territorium habe.202 Denkt man dies zu Ende, dann müsste im Deliktsrecht immer das Gericht des Heimatortes des Verletzten zuständig sein. Das staatliche Interesse liegt nicht darin, die eigenen Bürger zu schützen, sondern zu klären, was innerhalb des eigenen Territoriums erlaubt oder verboten ist. Wenig hilft das Auswirkungsprinzip allerdings bei Onlinesachverhalten. Es darf nicht dazu eingesetzt werden, erneut eine bestimmungsgemäße Verbreitung zu verlangen. Festzuhalten bleibt, dass nur die Gerichte des Staates zuständig sind, in deren Territorium sich der persönlichkeitsverletzende Inhalt nach dem Vortrag des Klägers auswirkt. Beschränkt der Kläger sich darauf darzulegen, dass sein Geltungsanspruch in einem bestimmten Staat verletzt wird, so wirkt sich auch die Verletzung nur dort aus. Trägt der Kläger hingegen vor, dass die Verletzung sich in mehreren Staaten auswirkt, muss das Gericht im Einzelfall entscheiden. Wenn weder der Kläger noch der Beklagte einen Bezug zu dem Staat hat, in welchem eine Auswirkung bestehen soll, obliegt es dem Kläger darzulegen, worin die Auswirkung liegen soll. Bei Sachverhalten, in denen es etwa um eine Presseveröffentlichung geht, die weltweit vertrieben wird, kann sich die Verletzung auch weltweit auswirken, sodass eine Zuständigkeit gegeben sein kann. Bei einer Regionalzeitung, die über einen lokalen Sachverhalt berichtet, muss der Kläger schon besonders darlegen, worin die Auswirkungen in einem anderen Staat bestehen sollen, insbesondere wenn dort eine andere Sprache gesprochen wird. Trotzdem kann auch dort eine Auswirkung gegeben sein, wenn der Kläger auch dort bekannt ist. 4. Beschränkte Kognitionsbefugnis – die prozessuale Mosaikbetrachtung Eine Alternative, um forum shopping einzuschränken, besteht darin, die Kognitionsbefugnis der zuständigen Gerichte zu begrenzen. Dabei bleiben die jeweiligen Gerichte international zuständig, sie dürfen aber nur über Sachverhalte innerhalb ihres Territoriums urteilen. a) Die Mosaikbetrachtung nach Shevill – der falsche Weg? Diesem Ansatz folgt der EuGH in der Rechtssache Shevill, wonach die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nur Schadensersatz für den in diesem Staat entstandenen Schaden zusprechen dürfen.203 Voller Schadensersatz kann nur am Ort des ursächlichen Geschehens (d.h. nach traditioneller deutscher Terminologie am Handlungsort) oder am Beklagtengerichtsstand erlangt werden.204 Damit folgt der EuGH dem französischen Modell und 202
Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 30 ff. EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 30, 33 – Shevill. 204 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 33 – Shevill. 203
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beschränkt die Kognitionsbefugnis der Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges.205 Eine Mosaikbetrachtung macht forum shopping grundsätzlich unattraktiver.206 Der Verletzte wird regelmäßig nicht an mehreren Orten klagen, um die separaten Schadenspositionen geltend zu machen, sondern nur dort, wo er den vollen Betrag erlangen kann. Allerdings besteht durchaus die Gefahr, dass ein wirtschaftlich starker Kläger, die Chance nutzt, um den mutmaßlichen Verletzer durch mehrere Verfahren zu belasten.207 Die begrenzte Kognitionsbefugnis damit zu begründen, dass forum shopping verhindert werden soll, ist also nicht unproblematisch. Immerhin steht dem Kläger die freie Wahl unter mehreren möglichen Gerichtsständen zu.208 Dass mehrere Gerichte zuständig sind, resultiert aus der Grundwertung des Gesetzgebers. Die Einschränkung der Kognitionsbefugnis, kann nicht ausschließlich damit begründet werden, dass der Kläger von seinem Wahlrecht Gebrauch macht. Auch dass die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges eine besondere Sach- und Beweisnähe nur für den Schaden in ihrem Zuständigkeitsbereich hätten, überzeugt nicht. Dann müsste man folgerichtig auch alle anderen Gerichtsstände in ihrer Kognitionsbefugnis beschränken.209 Vorhersehbar wird die Zuständigkeit dadurch nicht,210 denn es droht weiterhin eine Gerichtspflichtigkeit vor den Gerichten mit eingeschränkter Kognitionsbefugnis. Da bereits die Begründung, warum die Kognitionsbefugnis eingeschränkt werden soll, auf wackligen Füßen steht, muss besonders darauf geachtet werden, ob die Nachteile der Einschränkung nicht dem angeblichen Vorteil (Einschränkung des forum shopping) überwiegen. Wenn viele Gerichte international zuständig, aber in ihrer Kognition jeweils beschränkt sind, drohen Parallelverfahren.211 Dass benachteiligt im Ergebnis auch den Beklagten, muss er sich doch auf mehrere Verfahren einlassen.212 Mehrere Verfahren bedeuten aber auch, dass es zu widersprechenden Urteilen
205 Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 134; ders., WRP 2018, 139, 142; Schack, MMR 2000, 135, 139. Schack, UFITA 108 (1988), 51, 69 f.; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 127 warnte schon vor der Shevill-Entscheidung vor einer Übernahme des französischen Modells. 206 Nikas, FS Gottwald, S. 477, 478; Bach, EuZW 2018, 68, 69; zweifelnd Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 394, der annimmt, dass die Mosaikbetrachtung forum shopping begünstigen könne. 207 Hau, GRUR 2018, 163, 165. 208 Siehe oben S. 82 f. 209 Vgl. Stadler, JZ 2018, 94. 210 Siehe dazu oben S. 63. 211 Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 138. 212 Schack, ZEuP 1998, 931, 948; vgl. auch B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 139; vgl. Nikas, FS Gottwald, S. 477, 479.
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kommen kann.213 Übertrieben ist allerdings die Sorge, dass sich Presseunternehmen in ,,Presseoasen" zurückzögen.214 Wenn man nicht – wie hier vertreten – die Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens versagen will, kann der angebliche Verletzer mit einer negativen Feststellungsklage in diesem Gerichtsstand ein unionsweites Urteil erwirken,215 d.h. regelmäßig an seinem (Wohn-)Sitz. Das stärkt ausgerechnet die Rechtsposition des Schädigers. Gerade für diejenigen, die in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO einen „Opferschutz“ sehen, müsste das ein unhaltbarer Zustand sein. Dazu kommt, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung durch die Mosaikbetrachtung stark entwertet wird.216 So liegt die zuständigkeitsrechtliche Mosaikbetrachtung des EuGH weder im Interesse des Beklagten noch des Klägers.217 Damit ist sie zu Recht auf massiven Widerspruch gestoßen.218 b) Von eDate Advertising zu Bolagsupplysningen – immer weiter oder Umkehr? Im Fall Shevill war die Persönlichkeitsverletzung in einer Zeitung verbreitet worden. Befürchtet worden war, dass er seine Rechtsprechung auf Internetsachverhalte übertragen würde.219 Doch ging der EuGH in der Rechtssache eDate Advertising220 einen anderen Weg. 213
B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 140. B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 138 („Haftungsparadies“); CoesterWaltjen, FS Schütze (1999), S. 175, 183; ihr folgend Kernen, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 224 f. Die Befürchtung hat sich nicht bewahrheitet. Da das Kollisionsrecht des Persönlichkeitsrechts nicht harmonisiert ist, kann es dazu kommen, dass je nach Klageort ein anderes materielles Recht zur Anwendung kommt; vgl. W. Lorenz, FS Heldrich, S. 841, 852. In der DSGVO hat der Unionsgesetzgeber mit Art. 85 II den nationalen Gesetzgebern sogar ermöglicht, zugunsten der Meinungs- und Pressefreiheit vom europäischen Datenschutzrecht abzuweichen; ein schwerer Schlag für die Rechtsvereinheitlichung; vgl. Dregelies AfP 2019, 296, 301 f. 215 Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 138; siehe auch oben S. 88. 216 Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 141; Schack, IZVR, Rn. 346; Stadler, JZ 2018, 94. 217 Kubis, WRP 2018, 139, 142. 218 Schack, IZVR, Rn. 346; B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz, S. 138 ff.; CoesterWaltjen, FS Schütze (1999), S. 175, 182 ff.; Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 134 ff.; Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 149; Wüllrich, Das Persönlichkeitsrecht des einzelnen im Internet, S. 220 ff.; I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 310 ff.; Banholzer, Internat. Gerichtszuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen im Internet, S. 126 ff.; Dehnert, Deliktischer Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden, S. 191 f.; der Mosaikbetrachtung zustimmend Uhl, Internat. Zuständigkeit gem. Art. 5 Nr. 3, S. 209; Leible, FS Köhler, S. 403, 405; Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 428; Bach, EuZW 2018, 68, 69. 219 Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 148. 220 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 – eDate Advertising. 214
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Zunächst stellte der EuGH fest, dass die Shevill-Rechtsprechung grundsätzlich auch auf andere Kommunikationsmittel zu übertragen sei,221 wobei er aber auf das Kriterium der bestimmungsgemäßen Verbreitung verzichtete.222 Sodann eröffnet der EuGH dem mutmaßlichen Opfer die Möglichkeit, am „Mittelpunkt seiner Interessen“ (und nicht nur am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten) den gesamten Schaden einzuklagen.223 Das Gericht an diesem Interessenmittelpunkt könne die Auswirkung der Persönlichkeitsrechtsverletzung am besten beurteilen224 und der Ort sei vorhersehbar.225 Den „Mittelpunkt seiner Interessen“ habe der Kläger in der Regel – aber nicht notwendigerweise – an seinem gewöhnlichen Aufenthalt.226 Daneben besteht aber weiter die Möglichkeit, vor jedem Gericht zu klagen, in dessen Hoheitsgebiet der verletzende Inhalt abrufbar war, wobei diese Gerichte dann in ihrer Kognitionsbefugnis beschränkt sind.227 Damit reagiert der EuGH auf die Kritik an der Shevill-Entscheidung – der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges erlangt wieder eine eigenständige Bedeutung. Nun wird dem EuGH vorgehalten, dass er damit einen Klägergerichtsstand geschaffen habe.228 Dass ein Kläger in bestimmten Situationen auch an seinem Heimatgerichtsstand klagen kann, ist indes nicht ungewöhnlich, sondern kann bei besonderen Gerichtsständen immer der Fall sein. Es ist gerade der Grundgedanke des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung, dass vom allgemeinen Beklagtengerichtsstand abgewichen wird.229 Die Kritik zielt vielmehr darauf, dass ein Klägergerichtsstand nicht gerechtfertigt wäre. Das träfe aber nur zu, wenn er allein aus Sympathie mit dem Kläger geschaffen worden wäre. Obwohl die deutsche Bundesregierung den Gedanken des Opferschutzes besonders hochgehalten hat,230 wird diese Begründung dem EuGH nun durch
221
EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 44 – eDate Advertising. Siehe oben S. 81 f. 223 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 48 – eDate Advertising. 224 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 48 – eDate Advertising. 225 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 50 – eDate Advertising; an der Vorhersehbarkeit zweifelt W.-H. Roth, IPRax 2013, 215, 221. 226 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 49 – eDate Advertising. 227 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 52 – eDate Advertising. 228 Thiede, GPR 2012, 219, 221; v. Hinden, ZEuP 2012, 948, 949 f.; M. Köhler WRP 2013, 1130, 1133; Bach, EuZW 2018, 68, 70. 229 Picht, GRUR Int. 2013, 19, 22. 230 Allerdings in EuGH ECLI:EU:C:2013:305 – Melzer. Dazu GA Jääskinen, ECLI:EU:C:2012:766 Tz. 60 – Melzer. Die Begünstigung des möglicherweise Geschädigten hält auch Schack, UFITA 108 (1988), 51, 70 als den herausragenden Grund für eine Zuständigkeit am Ort der unerlaubten Handlung. 222
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die deutsche Wissenschaft unterstellt.231 Der EuGH begründet seine Entscheidung mit der besonderen Sach- und Beweisnähe232 und nicht mit dem Klägerschutz. Daneben ist auch dem Beklagten mit einer Zentralisierung an einem Gerichtsstand – und sei es am Klägerwohnsitz – durchaus geholfen.233 Bestätigt und konkretisiert hat der EuGH seine eDate-Entscheidung in der Rechtssache Bolagsupplysningen.234 Mit der er seine Rechtsprechung – wenn auch ohne Begründung235 – auf das Unternehmenspersönlichkeitsrecht erstreckt.236 In diesem Zusammenhang von weit größerer Bedeutung ist die Ergänzung, dass Ansprüche auf Unterlassung oder Richtigstellung nur vor Gerichten geltend gemacht werden können, die über die volle Kognitionsbefugnis verfügen,237 d.h. im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO am Ort des ursächlichen Geschehens238 oder am Ort des Interessenmittelpunkts des Opfers. Der EuGH argumentiert mit der besonderen Sach- und Beweisnähe der Gerichte am Mittelpunkt der Interessen des Geschädigten. Ob das Argument wirklich trägt, ist zu bezweifeln.239 Warum ein deutsches Gericht besonders Sachund beweisnah sein soll, wenn es um eine Persönlichkeitsverletzung eines Deutschen in griechischer Sprache auf Zypern geht, ist nicht ersichtlich. Gerade bei Schädigungen der sozialen Identität werden die Gerichte sach- und beweisnah sein, die sich am Ort der Verletzung befinden – und das muss nicht der gewöhnliche Aufenthaltsort sein. Zudem agiert der EuGH widersprüchlich, wenn er gleichzeitig an der Mosaikbetrachtung festhält.240 Wenn das Gericht am Interessenmittelpunkt besonders sach- und beweisnah ist, warum sind dann die anderen Gerichte überhaupt
231
Paal, ZEuP 2016, 591, 595; Sack, WRP 2018, 897, 900; vgl. Köhler, WRP 2013, 1130, 1133 sieht darin gar eine „Zumutung“ für den Beklagten. Dann müsste Köhler aber gegen alle Gerichtstände opponieren, die zu einem Heimatgerichtsstand des Klägers führen. 232 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 – eDate Advertising Tz. 48; zustimmend Picht, GRUR Int. 2013, 19, 21. Auch der GA betont regelmäßig, dass der Opferschutz nicht maßgeblich ist, vgl. etwa GA Jääskinen, ECLI:EU:C:2012:766 Tz. 60. 233 Es drohen keine Parallelprozesse und widersprechende Urteile. Wenn dieses Gericht sich als besonders beweis- und sachnah erweist, wird das Urteil kostengünstiger sein. 234 EuGH ECLI:EU:C:2017:766 – Bolagsupplysningen. 235 Das überrascht, widmet der GA Bobek ECLI:EU:C:2017:554 – Bolagsupplysningen dieser Frage doch 33 Textzahlen. Neben der Kommission (Tz. 39) hatten auch Estland und Großbritannien (Tz. 38) dafür plädiert, die eDate-Entscheidung nicht auf juristische Personen auszuweiten, siehe unten S. 125 ff. 236 EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 38 – Bolagsupplysningen; zustimmend Stadler, JZ 2018, 94, 95. 237 EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 45 ff. – Bolagsupplysningen. 238 Dabei sollte auf diesen sinnvollerweise verzichtet werden. 239 So Heinze, FS Ahrens, S. 521, 525. 240 Köhler WRP 2013, 1130, 1133; Paal, ZEuP 2016, 591, 596
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noch zuständig? Immerhin ziehen diese ihre Rechtfertigung ebenso aus ihrer besonderen Sach- und Beweisnähe. Problematisch bleibt, dass Gerichte vollumfänglich entscheiden dürfen (und müssen), in deren Territorium sich die Persönlichkeitsverletzung nicht auswirkt. Dies kann etwa auch dann der Fall sein, wenn am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten geklagt wird. Fraglich ist auch, ob der EuGH eine Zersplitterung der Zuständigkeit wirklich eingegrenzt hat und seinem Ziel, forum shopping zu reduzieren, näher gekommen ist. Indem der EuGH auf das Kriterium der bestimmungsgemäßen Verbreitung bei Onlinesachverhalten verzichtet, erweitert er die Mosaikbetrachtung sogar. Waren zuvor nur die Gerichte zuständig, in denen der persönlichkeitsverletzende Inhalt bestimmungsgemäß verbreitet wurde, sind dies nun die Gerichte aller Mitgliedstaaten,241 da der Inhalt online weltweit abrufbar ist. So kann der angebliche Schädiger jetzt in jedem EU-Mitgliedstaat eine negative Feststellungsklage erheben. Selbst wenn der Geschädigte später am Ort seines Interessenmittelpunkts klagt, müsste dieses Gericht das Verfahren nach Art. 29 I EuGVVO aussetzen.242 Denn wegen „desselben Anspruchs“ sperrt die negative Feststellungsklage auch die Unterlassungsklage.243 Zwar entscheidet das mit der Feststellungsklage zuerst angerufene Gericht – wegen seiner beschränkten Kognitionsbefugnis – nur über den Sachverhalt innerhalb seines Territoriums, da das Gericht am Ort des Interessenmittelpunkts aber auch über den Unterlassungsanspruchs in diesem Territorium zu entscheiden hat, muss es sein Verfahren aussetzen. Wollte der Kläger dies verhindern, müsste er seinen Leistungsantrag beschränken. Stadler kommt zu dem Ergebnis, dass das später angerufene Gericht sich nach Art. 29 III EuGVVO aufgrund des weiten Streitgegenstandbegriffs des EuGH insgesamt für unzuständig erklären müsste.244 Wenn nämlich der Unterlassungsanspruch bei Onlinesachverhalten, wie vom EuGH behauptet, unteilbar ist, würde eine Feststellung, dass die Verbreitung innerhalb eines bestimmten Gebietes zulässig ist, dazu führen, dass kein Unterlassungsanspruch mehr geltend gemacht werden kann. Schon die Grundannahme, dass die Handlung im Internet nicht teilbar sei, überzeugt nicht.245 Es zeigt sich aber auch, dass eine Unterscheidung von Gerichten mit voller Kognitionsbefugnis und von solchen, die in ihrer Kognitionsbefugnis beschränkt sind, scheitern muss. Verlangt der Kläger unionsweite Unterlassung und wurde vor einem anderen Gericht eine negative Feststellungsklage bezüglich eines
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Stadler, JZ 2018, 94, 95. Stadler, JZ 2018, 94, 96. 243 Vgl. Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 29 EuGVVO Rn. 13 ff. 244 Stadler, JZ 2018, 94, 96. 245 Dazu sogleich. 242
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Teilschadens bzw. der Rechtmäßigkeit innerhalb eines Gebietes anhängig gemacht, kann dies nur eine Entscheidung über dieses Gebiet verhindern. Sinnvoller wäre daher eine Anwendung von Art. 30 I statt Art. 29 I EuGVVO. Kritisiert wird auch, dass der Interessensmittelpunkt schwer zu ermitteln sei.246 Der EuGH will vermuten, dass dies regelmäßig der gewöhnliche Aufenthaltsort des Verletzten ist. Bei einer juristischen Person sei dies ihr satzungsmäßiger Sitz oder der Ort, an dem sie „den größten Teil ihrer Tätigkeit ausübt“.247 Dem EuGH vorzuwerfen, er verletze die Waffengleichheit,248 ist verfehlt: Vielmehr hat bereits die Beschränkung der Kognition an den Gerichten am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs gegen die Waffengleichheit zu Lasten des Klägers verstoßen. Den Gerichten am Ort, an dem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Befangenheit vorzuwerfen,249 ist ebenso unbegründet. Denkt man diese Behauptung zu Ende, dürften nur noch Gerichte zuständig sein, die keine Beziehung zum Kläger oder Beklagten haben. Der Generalanwalt Villalón hatte für eine unbeschränkte Kognitionsbefugnis nicht am Ort des Mittelpunkts des Interesses, sondern am Ort des „Schwerpunkt[s] des Konfliktes“ plädiert.250 Diesen Gedanken hat Oster aufgenommen. Die Gerichte am „Schwerpunkt des Konfliktes“ könnten am besten das Spannungsverhältnis zwischen Kommunikationsfreiheit und Persönlichkeitsschutz auflösen.251 Damit wäre auch der Zweck des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung eines besonders sach- beweisnahen Gerichts erfüllt. Probleme bereitet jedoch die Bestimmung des „Schwerpunkts des Konfliktes“. Villalón geht dabei zweistufig vor. Zunächst sei der Ort des Interessenmittelpunktes des Betroffenen zu ermitteln.252 Oster hingegen äußert sich zurückhaltender und sieht den Interessenmittelpunkt als „nur ein[en] Faktor“, der bei der Bestimmung des Konfliktschwerpunktes heranzuziehen sei.253 In einem zweiten Schritt will GA Villalón ermitteln, wo die „Information in einer Weise geäußert [wurde], dass sie angesichts der Umstände der Mitteilung eine Information darstellt, die in einem bestimmten Gebiet Interesse weckt und
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Paal, ZEuP 2016, 591, 595. EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 42 – Bolagsupplysningen. Kritisch dazu Kubis, WRP 2018, 139, 143. 248 So M. Köhler WRP 2013, 1130, 1135. 249 So M. Köhler WRP 2013, 1130, 1133. 250 GA Villalón ECLI:EU:C:2011:192 Tz. 55 ff. – eDate Advertising. 251 GA Villalón ECLI:EU:C:2011:192 Tz. 57 – eDate Advertising; Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 404. 252 GA Villalón ECLI:EU:C:2011:192 Tz. 59 – eDate Advertising. 253 Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 407. 247
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demnach die Leser in diesem Gebiet aktiv dazu veranlasst, auf sie zuzugreifen.“254 Der Inhalt müsse im verbreiteten Gebiet „objektiv relevant“ sein und einen „Nachrichtenwert“ haben.255 GA Villalón konkretisiert diese Kriterien dahin, dass etwa die Sprache der Webseite oder deren Aufmachung Indizien für die objektive Relevanz für ein bestimmtes Gebiet sein könnten.256 Oster sieht die tatsächliche Abrufzahl einer Internetseite als ein Indiz für den Nachrichtenwert.257 Der Ansicht ist zuzustimmen, dass die Gerichte am Ort des „Schwerpunkts des Konfliktes“ wohl am besten darüber befinden könnten, ob die Verbreitung eines Inhaltes persönlichkeitsrechtlich zulässig ist oder nicht. Allerdings setzt dies bereits voraus, dass es überhaupt einen „Schwerpunkt des Konfliktes“ gibt. Zweifelhaft ist das vor allem bei international bekannten Personen. Auch können Interessenschwerpunkt und Nachrichtenschwerpunkt auseinanderfallen. Wenn die deutsche Presse über das Verhalten österreichischer Minister berichtet, wäre kein alleiniger Schwerpunkt des Konfliktes ermittelbar. Dabei sind es gerade diese Fälle, die grenzüberschreitende Probleme bereiten. Dazu kommt, dass die Kriterien, die Villalón und Oster anbieten, alles andere als überzeugend sind. Die Sprache kann nur ein sehr eingeschränktes Indiz sein, insbesondere wenn der Inhalt in einer Sprache gehalten ist, die in mehreren Staaten gesprochen oder wie das Englische zu mindestens verstanden wird. Aufgrund der steigenden Migrationsbewegungen, steigt auch die Zahl derjenigen, die andere Sprachen als die Amtssprache(n) ihres Heimatlandes beherrschen. Gänzlich versagt es bei Persönlichkeitsverletzungen durch Bilder. Auch die Abrufzahlen einer Internetseite werden für den Betroffenen in der Regel nicht zu ermitteln sein. Er läuft daher Gefahr, an einem unzuständigen Gericht zu klagen. Auch sagt Oster nicht, ab welcher Abrufzahl eine objektive Relevanz vorliegen soll. Auch wäre zu fragen, ob die Abrufzahl im Verhältnis zu den Abrufzahlen in anderen Staaten gesehen werden müsste – immerhin soll der „Schwerpunkt des Konfliktes“ ermittelt werden. Weder für den Kläger noch den Beklagten wäre der Gerichtsstand vorhersehbar. Die Gerichte müssten jeweils im Einzelfall mit großem Aufwand prüfen, ob der Schwerpunkt des Konfliktes innerhalb ihres Territoriums liegt. Dieser Ansatz ist folglich abzulehnen. Fehl geht auch Osters Annahme, der BGH habe die Zuständigkeit vom Schwerpunkt des Konfliktes abhängig gemacht.258 Der BGH sieht eine internationale Zuständigkeit gegeben, wenn ein deutlicher Inlandsbezug in Gestalt 254
GA Villalón ECLI:EU:C:2011:192 Tz. 60 – eDate Advertising. GA Villalón ECLI:EU:C:2011:192 Tz. 63 – eDate Advertising. 256 GA Villalón ECLI:EU:C:2011:192 Tz. 65 – eDate Advertising. 257 Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 407 mit Verweis auf den Generalanwalt, der diesen Punkt aber nicht anführt. Kritisch zu Abrufzahlen Magnus, RabelsZ 84 (2020), 1, 17; S. auch und unten Fn. 641 und 645. 258 So Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 405 f. 255
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einer Interessenkollision vorliegt.259 Eine solche nimmt er an, wenn die Kenntnisnahme des Inhalts im Inland erheblich wahrscheinlicher ist als durch die bloße Abrufbarkeit. Der BGH sucht nicht nach einem Schwerpunkt des Konfliktes, sondern schränkt nur die Zuständigkeit im Rahmen von § 32 ZPO ein.260 Zumindest dürfte die Entscheidung Bolagsupplysningen das forum shopping für den Geschädigten bei Onlinesachverhalten ziemlich unattraktiv gemacht haben.261 Gerade bei Persönlichkeitsverletzungen sind Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche von besonderer Bedeutung, die bei Internetsachverhalten noch größer ist. Während der Inhalt einer gedruckten Zeitung schnell vergessen wird, bleiben Onlineinhalte durch Suchmaschinen lange auffindbar und sind daher für den Geschädigten besonders schmerzhaft. Da der Unterlassungsanspruch aber nicht an jedem Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges geltend gemacht werden kann, wird der Geschädigte grundsätzlich an seinem Interessensmittelpunkt oder am Ort des ursächlichen Geschehens klagen. Da im Pressebereich die Inhalte heute technologieunabhängig, d.h. als Print, als ePaper oder als Beitrag auf einer Internetseite, vermittelt werden, dürfte die Konzentration des Unterlassungsanspruchs eine Auswirkungen auf den klassischen Printbereich haben. Der EuGH sollte zumindest konsequent sein und seine Rechtsprechung auf offline Sachverhalte erweitern.262 c) Übertragung auf Unterlassungsansprüche Wer die zuständigkeitsrechtliche Mosaikbetrachtung trotz aller Einwände aufrechterhalten will, muss erklären, ob sie auch auf Unterlassungsklagen angewendet werden soll. In der Shevill-Entscheidung wie in eDate Advertising bezog sich der EuGH ausschließlich auf Schadensersatzansprüche, obwohl in eDate Advertising die Kläger Unterlassung begehrt hatten.263 Dabei hat der Unterlassungsanspruch bei Persönlichkeitsverletzungen eine ähnlich überragende Bedeutung wie im Lauterkeits- und im Immaterialgüterrecht. Die Mosaikbetrachtung setzt voraus, dass die Ansprüche teilbar sind. Sie kann nur funktionieren, wenn der Schaden für jedes Land einzeln beziffert wer-
259 BGHZ 217, 350 Tz. 17 – Internetforum; 184, 323 Tz. 20 – New York Times; BGH NJW 2011, 2059 Tz. 8 – Sieben Tage in Moskau. 260 Dazu unten S. 148 ff. 261 Vgl. Stadler, JZ 2018, 94, 95. 262 Kritisch zur Unterscheidung auch Brand NJW 2012, 127, 129 f.; v. Hinden, ZEuP 2012, 940, 950; Slonina, ÖJZ 2012, 61, 66; W.-H. Roth, IPRax 2013, 215, 221; Thorn, FS v. Hoffmann, S. 746, 757; Stadler, JZ 2018, 94, 95; Bach, EuZW 2018, 68, 70. 263 Vgl. W.-H. Roth, IPRax 2013, 215, 222. Das überrascht, insbesondere da es in eDate Advertising ausschließlich um ein Unterlassungsbegehren ging.
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den kann. Bezweifeln kann man diese klare Abgrenzbarkeit bei Unterlassungsbegehren gerade im Rundfunk und in Onlinesachverhalten. Denn bei ihnen wird regelmäßig automatisch eine grenzüberschreitende Wirkung erzielt, auch wenn der Handelnde sie nicht beabsichtigt, im Rundfunk etwa beim Overspill. Der EuGH hat in Bolagsupplysningen entschieden, dass Unterlassung oder die Richtigstellung nur dort begehrt werden kann, wo die Gerichte voll kognitionsbefugt sind.264 Der Unterlassungsanspruch sei bei Internetsachverhalten unteilbar,265 sodass der Unterlassungstitel eine weltweite Wirkung erzielen würde. In der Literatur wird dieses Problem schon lange diskutiert.266 aa) Möglichkeit einer territorialen Beschränkung Ob ein Onlineinhalt territorial beschränkbar ist, fragt sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Dazu ist auch zu diskutieren, ob eine Reterritorialisierung des Internets wünschenswert ist. (1) Ist eine territoriale Beschränkung tatsächlich umsetzbar? Bereits im analogen Bereich wurde bezweifelt, dass sich der Unterlassungsanspruch territorial aufspalten lasse.267 Zwar lässt sich der Urteilstenor unproblematisch auf ein bestimmtes Territorium beschränken,268 damit ist dem Beklagten aber dann nicht geholfen, wenn er die Verbreitung territorial nicht begrenzen kann. Dann kommt es faktisch zu einem weltweiten Verbot. Im Ergebnis setzt sich damit das weltweit schärfste Persönlichkeitsrecht durch269 und zwar zu Lasten von Meinungs- und Pressefreiheit. Während es Presseunternehmen möglich ist, den Vertrieb ihrer Zeitungen auf bestimmte Gebiete zu beschränken,270 ist dies bei der Ausstrahlung von Rundfunk und Fernsehen wesentlich
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EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 45 ff. – Bolagsupplysningen. EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 48 – Bolagsupplysningen. 266 Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 149; I. Roth, Internationale Zuständigkeit, S. 328 f.; Bachmann, IPRax 1998, 179, 187; vgl. Dethloff, NJW 1998, 1596, 1602 (zum Wettbewerbsrecht); Thiede, GPR 2012, 219, 221; W.-H. Roth, IPRax 2013, 215, 222 f. 267 Vgl. R. Wagner, IPR bei Persönlichkeitsverletzungen, S. 87 (Rundfunk). 268 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 164. 269 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 164 f.; Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 341; Pfeiffer, NJW 1997, 1207, 125; vgl. Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 173 (zum Urheberrecht); vgl. Dethloff, NJW 1998, 1596, 1601 f. (Wettbewerbsrecht); vgl. Schack, MMR 2000, 60, 65 (Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht); vgl. auch Raue, JZ 2018, 961, 964. 270 Vgl. Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 340. Dabei können trotz allem einzelne Exemplare in andere Staaten gelangen, etwa durch Touristen. 265
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schwieriger.271 Noch deutlicher tritt das Problem im Internet zutage. Aufgrund dessen Ubiquität sind die Inhalte grundsätzlich weltweit abrufbar.272 Während bei klassischen Presseveröffentlichungen das Unternehmen frei entscheiden kann, ob es seine Inhalte auch ins Ausland vertreiben will, sind sie im Internet weltweit abrufbar, unabhängig davon, ob der Handelnde dies will. Auch bleiben Onlineinhalte nach der Veröffentlichung dauerhaft abrufbar, während es bei Veröffentlichung in Presse, Rundfunk und Fernsehen weiterer Handlungen bedarf, um die Verletzung zu wiederholen. Bei Onlineveröffentlichungen sind zwei Konstellationen zu unterscheiden. Zum einen kann der Beklagte eine eigene Homepage betreiben, auf der er selbst Inhalte verbreitet oder anderen die Möglichkeit dazu eröffnet. Die Ausrichtung und mögliche territoriale Sperren liegen somit in der Hand des Beklagten. Zum anderen kann der Beklagte die Plattform eines Dritten nutzen und dort Inhalte verbreiten, wie etwa in den sozialen Medien. Die Abrufbarkeit in bestimmten Staaten lässt sich mit Geoblocking unterbinden. Durch Geoblocking wird der Abruf von Internetinhalten von bestimmten Orten verhindert. Dafür muss zunächst der Standort des Nutzers ermittelt werden. Das geschieht hauptsächlich durch Prüfung der IP-Adresse, die den Standort des Nutzers verrät.273 Eine solche geolocation wird auch eingesetzt, um den Inhalt der Homepage in der Sprache des Nutzers erscheinen zu lassen.274 Allerdings kann das Geoblocking mit Hilfe von Proxyservern oder VPN275-Clients umgangen werden.276 Der Nutzer „versteckt“ sich dabei hinter einer anderen IP-Adresse277 und spiegelt vor, dass er sich im Ausland befindet. Für die gängigen Internetbrowser können sog. Add-Ons installiert werden, mit deren Hilfe Geoblocking umgangen werden kann. Dies ist selbst für durchschnittlich versierte Internetnutzer einfach möglich.278 Wenn schon Laien,
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R. Wagner, Deutsches Internationales Privatrecht bei Persönlichkeitsverletzungen, S. 86 f.; v. Hein, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 165; vgl. Riegl, Streudelikte, S. 253. 272 Bachmann, IPRax 1998, 179, 187. Ausgenommen sind höchstens Diktaturen, wie Nordkorea oder Eritrea, wo nur 0,1% bzw. 1,3% der Bevölkerung das Internet nutzen (können), vgl. . 273 Hoeren, MMR 2007, 3, 4 f.; Kreile, ZUM 2012, 177, 185; Kra-Oz, IDEA 2017, 385, 389; Specht, Diktat der Technik, S. 389. 274 Hoeren, MMR 2007, 3, 4; Kra-Oz, IDEA 2017, 385, 389 f. 275 virtual private networks. 276 Hoeren, MMR 2007, 3, 6; Hunzinger, Löschen im Datenschutzrecht, S. 184. 277 Fedderath, ZUM 2015, 929, 931; Kra-Oz, IDEA 2017, 385, 411. 278 LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18, juris Tz. 52; Wirz, Media-Streaming und Geoblocking, S. 50, 51; Hunzinger, Löschen im Datenschutzrecht, S. 184; Hoeren, MMR 2007, 3, 6; Fedderath, ZUM 2015, 929, 931; Martiny, MMR 2016, 579, 580 f.; Roggenkamp, jurisPR-ITR, 4/2019 Anm. 2. Dagegen geht LG Würzburg MMR 2017, 342, 350
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Sperrmaßnahmen leicht umgehen können, lässt dies zweifeln, ob diese Maßnahmen wirklich ausreichen. Ob Geoblocking für eine territoriale Beschränkung genügt, hat die Gerichte jüngst bei Persönlichkeitsverletzungen durch Facebook beschäftigt.279 Die Betroffenen gingen dabei nicht gegen die Person vor, welche die Persönlichkeitsverletzung eingestellt hatte, sondern gegen Facebook als Plattformbetreiber. Facebook reagierte, indem es die Abrufbarkeit für Deutschland sperrte.280 Das genügte den Betroffenen nicht. Im Fall des LG Würzburg begehrte der Kläger unionsweite Unterlassung. Das Landgericht ging (in fehlerhafter Anwendung von § 32 ZPO)281 davon aus, dass es in seiner Kognition beschränkt sei und daher nur ein Urteil für Deutschland erlassen könne.282 Dabei war das LG durchaus kognitionsbefugt, es hätte aber das anwendbare Recht und die Reichweite des Unterlassungsanspruchs prüfen müssen. Mit kollisionsrechtlichen Fragen hielt sich das LG hingegen nicht auf. Nur zum Ende des Urteils weist es knapp aber verfehlt darauf hin, dass der Kläger einen Titel mit Wirkung für ausländische Territorien nur vor den dortigen Gerichten in Anwendung des dort geltenden nationalen Rechts erlangen könnte.283 Das LG zeigt somit Unsicherheiten im Umgang mit dem Zuständigkeits- wie mit dem Kollisionsrecht. Das Gericht gelangt zum Ergebnis, dass die Abrufsperre für das deutsche Territorium dem Unterlassungsanspruch genügt, weil der „durchschnittliche[] und verständige[] Internetnutzer […] sicherlich nicht in der Lage sein dürfte“, Geoblocking zu umgehen.284 Zum gegenteiligen Ergebnis kommt das LG Hamburg.285 Hier hatte der Kläger von seinem Wahlrecht nach Art. 40 I 2 EGBGB Gebrauch gemacht,286 so dass das Recht des Erfolgsortes anzuwenden war.287 Da der Antragsteller den
davon aus, dass der „durchschnittliche und verständige Internetnutzer“ dies nicht könne; a.A. auch Specht, Diktat der Technik, S. 389. 279 LG Würzburg MMR 2017, 347; LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris). 280 LG Würzburg MMR 2017, 347; LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 Tz. 8 (juris). 281 Dass das LG auf § 32 ZPO zurückgriff, überrascht, bejahte es doch seine Zuständigkeit aufgrund von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, LG Würzburg MMR 2017, 347. 282 LG Würzburg MMR 2017, 347, 349 f. Die Kognition ist aber am Interessenmittelpunkt des Verletzers nicht beschränkt, siehe oben Fn. 223. 283 LG Würzburg MMR 2017, 347, 350. 284 LG Würzburg MMR 2017, 347, 351. 285 LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris). 286 Siehe dazu unten S. 177 ff. 287 LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18, juris Tz. 27. Dabei scheint das LG eine Einschränkung des Erfolgsortes anzunehmen, stellt es doch fest, dass der Inhalt in Deutschland abrufbar sei und der Kläger hier seinen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt habe.
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Unterlassungsantrag ausdrücklich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt hatte,288 konnte das Gericht das Problem der Kognitionsbefugnis dahinstehen lassen. Dem Gericht genügte aber – anders als dem LG Würzburg – der Einsatz von Geoblocking nicht.289 Da die Technik zur Umgehung von Geoblocking inzwischen weit verbreitet sei, müsse davon ausgegangen werden, dass viele den Inhalt dessen ungeachtet abrufen könnten.290 Dagegen wandte Facebook ein, dass ihr ein weltweites Unterlassungsgebot auferlegt werde.291 Dem hielt das LG entgegen, dass sich der Tenor ausdrücklich nur auf das Territorium der Bundesrepublik beziehe. Die Antragsgegnerin konnte nicht darlegen, dass es keine anderen technischen Möglichkeiten gab, um die Abrufbarkeit zu verhindern, und kam so ihrer sekundären Darlegungslast nicht nach.292 Deshalb ging das LG davon aus, dass es andere Möglichkeiten gebe, die Abrufbarkeit zu verhindern, ohne den Beitrag insgesamt löschen zu müssen.293 In einem Verfahren vor dem OLG Wien wurde zwar nicht die Wirksamkeit von Geoblocking erörtert, wohl aber die Reichweite des Unterlassungsgebots.294 Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass es weder zuständigkeits- noch kollisionsrechtliche Einschränkungen gebe und der Inhalt somit weltweit zu sperren sei.295 Dabei stützte sich das OLG fehlerhaft auf Art. 4 I Rom II-VO.296 Die Rom II-VO findet bei Persönlichkeitsverletzungen indes keine Anwendung.297 Stattdessen hätte § 13 II IPRG (analog) oder § 48 I IPRG angewendet werden müssen.298 Eine Aussage zum Geoblocking traf das OLG nicht, auch wenn ihm dies gelegentlich unterstellt wird.299
288
LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris) Tz. 18. LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris) Tz. 60 f. 290 LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris) Tz. 61. Dabei stellt sich das LG Hamburg ausdrücklich gegen die Entscheidung des LG Würzburg. 291 LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris) Tz. 67. 292 LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris) Tz. 63. 293 LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 (juris) Tz. 67. 294 OLG Wien BeckRS 2017, 110082. 295 OLG Wien BeckRS 2017, 110082 Tz. 33. 296 OLG Wien BeckRS 2017, 110082 Tz. 33, kritisch dazu auch Thiede, ecolex 2017, 774 f. 297 Siehe oben S. 176 f. 298 Thiede, ecolex 2017, 774, 775. Vgl. auch Verschraegen, Internationales Privatrecht, Rn. 32 f.; Lurger/Melcher, Handbuch IPR, Rn. 2/32 und 5/138 ff.; Barth/Dokalik/Potyka, ABGB, § 13 IPRG; siehe auch Heiss, in: 30 Jahre österreichisches IPRG, S. 61, 69. 299 Falsch ist daher der dritte redaktionelle Leitsatz in MMR 2017, 812, dass eine „nationale Sperre“ nicht ausreiche. Mit dieser Frage hat sich das OLG Wien nicht beschäftigt. 289
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Auch außerhalb des Persönlichkeitsrechts, besonders im Glücksspiel-300 Urheber-301 und Datenschutzrecht,302 wird die Wirksamkeit von Geoblocking problematisiert. Überwiegend wird angenommen, dass Geoblocking ausreichend sei, um eine Rechtsverletzung auszuschließen.303 Festzuhalten bleibt, dass es jedenfalls nicht gelingt, alle Nutzer innerhalb eines Territoriums durch Geoblocking auszuschließen. Ob die Umgehung nur von wenigen Experten oder doch von der breiten Masse genutzt wird, ist eine Tatfrage, die hier nicht endgültig geklärt werden kann. Die große Verbreitung von Umgehungssoftware304 und deren leichte Nutzbarkeit sprechen aber dafür, dass sie auch von durchschnittlichen Nutzern verwendet wird. Im Kern handelt es sich um eine Abwägungsfrage. Wenn durch Geoblocking die Abrufbarkeit nicht vollständige verhindert werden kann, werden Rechte in einem Territorium verletzt. Andererseits führt eine komplette Löschung dazu, dass Inhalte gar nicht mehr abgerufen werden können, selbst wenn die Veröffentlichung in nur einem Staat unzulässig ist. Die Interessenlage im Persönlichkeitsschutz unterscheidet sich dabei von der im Urheberrecht. Gerade im Urheberrecht machen sich Nutzer gezielt auf die Suche nach Inhalten, die sie kostenfrei abrufen können.305 Die Gefahr, dass Umgehungssoftware genutzt wird, ist hier ungleich höher. Zwar mag es auch vorkommen, dass sich Nutzer aktiv auf die Suche nach persönlichkeitsverletzenden Inhalten machen, insbesondere wenn diese Gegenstand einer breiten politischen Debatte sind. Dabei dürfte es sich aber um Ausnahmen handeln. Wenn aber die herrschende Meinung annimmt, dass für das Urheberrecht Geoblocking genügt, muss dies erst recht für das Persönlichkeitsrecht gelten. Die geringere Gefahr, dass Sperren umgangen werden, und die zu achtende Meinungs- und Pressefreiheit im Ausland sprechen dafür, Geoblocking ausreichen zu lassen, solange die Persönlichkeitsverletzung nicht besonders schwer 300 VGH München NVwZ-RR 2009, 202, 205 f.; OVG Münster BeckRS 2014, 47930; OVG Lüneburg, BeckRS 2019, 3831. 301 LG Frankfurt a.M. BeckRS 2018, 3981, im Ergebnis auch die Berufungsinstanz OLG Frankfurt ZUM-RD 2019, 532 ff.; Kreile, ZUM 2012, 177 ff.; Wiebe, ZUM 2015, 932 ff.; Specht, Diktat der Technik, S. 389 ff. 302 Etwa bei der Frage, ob Geoblocking den Löschungsanspruch ersetzen kann, Hunzinger, Löschen im Datenschutzrecht, S. 185. 303 Zum Glücksspielrecht S. die Nachweise oben Fn. 300; zum Urheberrecht LG Frankfurt a.M. BeckRS 2018, 3981 Tz. 71; Specht, Diktat der Technik, S. 389 f.; Paal, in: BeckOK-InfoMedienR, § 10 TMG Rn. 47; zum Persönlichkeitsrecht LG Würzburg MMR 2017, 347, 350 m. zust. Anm. Schultze-Melling, MMR 2017, 350 f.; Roggenkamp, jurisPRITR, 4/2019 Anm. 2, II; a.A. LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 Tz. 59 f. 304 So stellt das LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018 – 324 O 51/18 Tz. 61 fest, dass allein im Android-App-Store mehr als 70 Millionen Mal Software zur Umgehung von Geoblocking für mobile Endgeräte heruntergeladen wurde. 305 Internetangebote wie kinox.to oder kino4k.to sind ein eindrucksvolles Beispiel. Auch gelingt es den Nutzern die Sperren zu umgehen, vgl. OLG Frankfurt ZUM-RD 2019, 532 ff.
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wiegt.306 Persönlichkeitsverletzungen, die den Kern des Persönlichkeitsschutzes berühren, kann die deutsche Rechtsordnung nicht hinnehmen, selbst wenn diese Beeinträchtigung von einer anderen Rechtsordnung als zulässig betrachtet wird.307 (2) Ist eine territoriale Beschränkung rechtlich zulässig? Zweifel, ob territoriale Beschränkungen europarechtlich zulässig sind, können aufgrund der Geoblocking-Verordnung308 bestehen.309 Ihr Ziel ist es, ungerechtfertigtes Geoblocking zu verhindern, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten, Art. 1 I GeoblockingVO. Art. 3 I untersagt es Anbietern, Online-Benutzeroberflächen aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung zu sperren oder zu beschränken, Art. 3 I. Allerdings gilt dieses Verbot nicht, wenn die Sperrung „erforderlich ist, um die Erfüllung rechtlicher Anforderungen im Unionsrecht oder im mit dem Unionsrecht übereinstimmenden Recht eines Mitgliedstaates, dem die Tätigkeit des Anbieters unterliegt, zu gewährleisten“, Art. 3 III GeoblockingVO. Solange das nationale Persönlichkeitsrecht im Einklang mit dem Unionsrecht steht, ist eine territoriale Aufspaltung also unionsrechtskonform. (3) Rechtspolitische Erwägungen Eine andere Frage ist, ob Geoblocking bzw. allgemein territoriale Aufsplittung rechtspolitisch wünschenswert ist. Gerade bei der Presseberichterstattung können Zweifel aufkommen. So ist die Europäische Union inzwischen ein eigener politischer Raum geworden.310 Und ein solcher demokratischer Raum braucht eine eigene Öffentlichkeit.311 Dass eine europäische Öffentlichkeit derzeit erst in Ansätzen besteht,312 heißt nicht, dass noch weitere Beschränkungen einge-
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Darauf stellt auch das LG Hamburg ab, Urt. v. 30.04.2018, 324 O 51/18 Tz. 43, 52. Allerdings dürften diese Fälle innerhalb der EU aufgrund des europäischen Persönlichkeitsschutzes (Art. 7 und Art. 8 GrChr sowie Art. 8 EMRK) unwahrscheinlich sein, siehe unten S. 211. 308 VO 2018/302/EU vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts. 309 Dazu, ob die Territorialisierung gegen Unionsrecht, insbesondere die Warenverkehrsfreiheit und das Diskriminierungsverbot, verstößt, siehe unten S. 209 ff. 310 Das Europäische Parlament als gemeinsamer Gesetzgeber mit dem Rat wird von den Europäerinnen und Europäern gewählt, Art. 20 EUV. 311 Grimm, JZ 1995, 581, 588; vgl. Glotz, in: Europäische Öffentlichkeit, S. 22, 23. Siehe auch Stegherr, Der neue Kalte Krieg der Medien, S. 97 ff. 312 Glotz, in: Europäische Öffentlichkeit, S. 22, 25; Trenz, IPG 2006, 117 ff. So kritisierte Grimm, JZ 1995, 581, 588 noch das Fehlen europäischer Medien und sah wenig Hoffnung; 307
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führt werden können. Das Handeln politischer Akteure etwa in Spanien ist relevant auch für Menschen außerhalb Spaniens. Wenn aber die Abrufbarkeit bzw. die Verbreitung außerhalb Spaniens verhindert wird, kann dies durchaus Auswirkungen auf die Wahlentscheidung etwa bei der Europawahl haben. Da die europäischen Parteien derzeit von untergeordneter Bedeutung sind,313 mögen die Auswirkungen noch gering sein. Wenn aber etwa über die Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten innerhalb der Union in unterschiedlichen Umfang berichtet werden darf, ist dies kaum hinnehmbar. Daher sind territoriale Beschränkungen innerhalb der Union nicht wünschenswert. Sie führen zu einem Informationsungleichgewicht. Problematisch ist, welche Alternativen es zu territorialen Sperren gibt. Das Ergebnis darf nicht sein, dass nach Maßgabe des schärfsten Persönlichkeitsrechts innerhalb der Union Informationen gesperrt werden. Deshalb muss der EU-Gesetzgeber zumindest Rahmenvorschriften zum Verhältnis von Meinungs- und Pressefreiheit sowie Persönlichkeitsrecht schaffen. Wie schwierig das ist, zeigen nicht nur die gescheiterten Bemühungen innerhalb Deutschlands,314 sondern auch die Unfähigkeit, sich auf europäischer Ebene auf eine Kollisionsnorm für das Persönlichkeitsrecht zu einigen,315 oder die Öffnungsklauseln der DSGVO316. Trotzdem darf dies nicht dazu führen, dass kein erneuter Versuch gestartet wird. (4) Zwischenergebnis Durch Geoblocking kann die Abrufbarkeit in bestimmten Territorien verhindert werden. Zwar besteht die Möglichkeit, dass diese Sperren umgangen werden, dennoch sind sie ein akzeptabler Kompromiss zwischen den widerstreitenden Interessen. So kann eine Überreichweite verhindert und trotzdem ausreichend Schutz gewährt werden. Die Aussage des EuGH, dass gerade im Internet die Handlung – und damit das Unterlassungsbegehren – unteilbar ist, erweist sich daher als falsch. Dennoch widersprechen territoriale Sperren nicht nur einem einheitlichen Binnenmarkt, sondern auch einer demokratischen unionsweiten Öffentlichkeit. Es bleibt daher Aufgabe des EU-Gesetzgebers, zumindest eine Rahmenvorschrift zum Verhältnis von Meinungs- und Pressefreiheit auf der einen und Persönlichkeitsrecht auf der anderen Seite zu schaffen.
inzwischen gibt es erste Ansätze, wie etwa Politico. Vgl. auch Armbrecht, Politische Parteien im europäischen Verfassungsverbund, S. 155. 313 Armbrecht, Politische Parteien im europäischen Verfassungsverbund, S. 198. 314 So scheiterte der „Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes“, BT-Drs. III/1237. Dazu Kassl, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 245 ff. 315 Siehe dazu unten S. 176 ff. und Nachweise in Fn. 2. 316 Siehe dazu Dregelies, AfP 2019, 298, 301 ff.
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bb) Weitere Aspekte der Entscheidung Bolagsupplysningen Der EuGH kommt trotzdem zu dem Ergebnis, dass der Unterlassungsanspruch bei Onlinesachverhalten nur an Gerichten mit unbeschränkter Kognitionsbefugnis geltend gemacht werden kann.317 Presseinhalte werden indes nicht immer exklusiv für den Onlineauftritt erstellt, sondern ebenso für die klassischen Printausgaben. Zu ihnen äußert sich der EuGH nicht. Das bedeutet, dass Gerichte mit beschränkter Kognitionsbefugnis auch Unterlassungsgebote hinsichtlich der Verbreitung außerhalb von Onlineangeboten erlassen können. Hinzu kommt, dass es durchaus Onlineangebote gibt, die unproblematisch territorial beschränkt werden können, etwa wenn sie hinter Bezahlschranken vorgehalten werden. Wie dargelegt, überzeugt die Ansicht des EuGH, dass Onlineinhalte nicht territorial begrenzbar sind, schon vom tatsächlichen her nicht. Lässt man mit dem EuGH trotzdem nur die Gerichte mit unbeschränkter Kognitionsbefugnis über Unterlassungsklagen bei Onlinesachverhalten entscheiden, muss dies zumindest auf alle Unterlassungsbegehren erweitert werden. Andernfalls drohen widersprechende Urteile, die sich auf dasselbe Territorium auswirken. So könnte der Inhalt online gesperrt werden, dürfte aber in gedruckter Version vertrieben werden. Der EuGH täte gut daran, seine Rechtsprechung technologieunabhängig fortzuentwickeln. 5. Fazit Die internationale Zuständigkeit sowie die Reichweite der Kognitionsbefugnis sind bei Persönlichkeitsverletzungen besonders umstritten. Dabei sind auch für sie die zuständigkeitsbegründenden Merkmale empirisch-autonom zu bestimmen. Die herrschende Meinung verortet den Ort des ursächlichen Geschehens bei juristischen Personen an ihrem Sitz, bei natürlichen Personen an ihrem Wohnort bzw. an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Zu diesem Ergebnis gelangen trotz unterschiedlicher Dogmatik sowohl der EuGH als auch die deutsche Wissenschaft.318 Dabei ist der Mehrwert für die Beweiserhebung gering,319 der Grundsatz, dass ein besonders sach- und beweisnahes Gericht zuständig sein soll, wird nicht erfüllt. Dazu wird der mutmaßliche Schädiger begünstigt, kann er doch eine negative Feststellungsklage an seinem Sitz erheben.320 Daneben wird sich der Ort des ursächlichen Geschehens in der dargestellten Auslegung regelmäßig nicht vom Beklagtenwohnsitz unterscheiden.321 Daher sollte der 317
EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 48 – Bolagsupplysningen. Siehe oben S. 71 ff. 319 Siehe oben S. 72. 320 Siehe oben S. 73 f. 321 Siehe oben S. 73. 318
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Ort des ursächlichen Geschehens auch bei Persönlichkeitsverletzungen nicht zuständigkeitsbegründend sein. Auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ist empirisch-autonom zu bestimmen. Einschränkende Kriterien wie eine bestimmungsgemäße Verbreitung322 oder eine Bekanntheit des Verletzten323 lehnt der EuGH zu Recht ab. Trotzdem darf bei Nutzung des Internets nicht grundsätzlich eine weltweite internationale Zuständigkeit angenommen werden. Vielmehr muss der Kläger darlegen, dass eine Auswirkung im Gerichtsstaat gegeben ist.324 Es obliegt also ihm darzutun, warum sein persönlichkeitsrechtlicher Geltungsanspruch innerhalb eines Territoriums beeinträchtigt sein soll. Die Anforderungen dürfen aber nicht zu hoch angesetzt werden, um dem Kläger nicht den Rechtsweg zu versperren. Da der Kläger regelmäßig den Aufwand scheuen wird, in einem Staat Klage zu erheben, dessen Sprache er nicht spricht und dessen Rechtsordnung ihm fremd ist, wird die Gefahr des forum shopping geringer sein als häufig angenommen. Der EuGH versucht die Gerichtsstände am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges dadurch unattraktiv zu machen, dass er sie in ihrer Kognitionsbefugnis beschränkt.325 Ausgenommen davon ist nur der Gerichtsstand am Interessensmittelpunkt des Klägers, der regelmäßig an dessen gewöhnlichem Aufenthalt liegt.326 Da der EuGH (irrig) davon ausgeht, dass im Internet Handlungen und deren Auswirkungen nicht beschränkbar sind, können Unterlassungsklagen wegen Persönlichkeitsverletzungen im Internet nur von einem Gericht erhoben werden, das die volle Kognitionsbefugnis hat.327 Die Unterscheidung von Gerichten mit voller und beschränkter Kognitionsbefugnis führt zu kaum lösbaren Konflikten mit Art. 29 EuGVVO, wenn der angebliche Verletzer eine negative Feststellungsklage vor einem Gericht mit beschränkter Kognitionsbefugnis erhebt und der Verletzte eine Unterlassungsklage vor einem Gericht mit vollständiger Kognitionsbefugnis.328 Dass auch Handlungen im Internet teilbar sind, zeigt das Geoblocking, ein Verfahren, das es ermöglicht, eine Onlineveröffentlichung territorial zu beschränken.329 Das führt aber dazu, dass innerhalb der EU Informationen in einem bestimmten Gebiet abrufbar, in einem anderen aber gesperrt sind. Es ist daher Aufgabe des EU-Gesetzgebers, Rahmenvorschriften zum Verhältnis von Meinungs- und Pressefreiheit auf der einen und 322
Siehe oben S. 80 ff. Siehe oben S. 81 f. 324 Siehe oben S. 83 ff. 325 Siehe dazu oben S. 86 ff. 326 Siehe dazu oben S. 88 ff. 327 Siehe dazu oben S. 90 und S. 94. 328 Siehe dazu oben S. 91 f. 329 Siehe dazu oben S. 95 ff. 323
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Persönlichkeitsschutz auf der anderen Seite zu schaffen.330 Die infolge materieller Rechtsunterschiede entstehenden Probleme können nicht auf prozessualer Ebene, sondern müssen auf materieller Ebene gelöst werden. III. Urheberrechtsverletzungen Urheberrechtsverletzungen sind unerlaubte Handlungen, die dem deliktischen Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO unterfallen.331 Umstritten ist hingegen – wie bei allen Immaterialgüterrechten – ob auch das Ubiquitätsprinzip Anwendung findet. Im Immaterialgüterrecht soll es keinen vom Handlungsort verschiedenen Erfolgsort geben,332 woraus folgen müsste, dass es kein Ubiquitätsprinzip im Immaterialgüterrecht gibt; eine Zuständigkeit also nur am Ort der Handlung begründet sein könnte. Dabei wurde zum Teil, auch andere Orte als Handlungsorte betrachtet.333 Die Literatur löst sich folglich vom Handlungsbegriff, um die eigene Dogmatik aufrechtzuerhalten. Das ist indes nicht notwendig, wie die folgenden Erwägungen zeigen. Anschließend sollen der Ort des ursächlichen Geschehens und der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs lokalisiert334 und die Reichweite der Kognitionsbefugnis bestimmt werden. 1. Ort des ursächlichen Geschehens In Deutschland geht die herrschende Meinung davon aus, dass es bei Immaterialgüterrechten keinen vom Handlungsort unterschiedlichen Erfolgsort geben 330
Siehe dazu oben S. 100 ff. Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 199 f.; M. Junker, Anwendbares Recht und Internationale Zuständigkeit, S. 298; Peinze, Internationales Urheberrecht, S. 73; Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 176 f.; Banholzer, Internationale Zuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen, S. 25; Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 62 f.; Berger, GRUR Int. 2005, 465; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 17; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 110; Dreier, in: Dreier/Schulze, vor § 120 UrhG, Rn. 61. Dies voraussetzend, wenn auch nicht ausdrücklich, EuGH ECLI:EU:C:2013:635 – Pinckney/KDG Mediatech = NJW 2013, 3627 mit kritischer Anm. Schack NJW 2013, 3627, 3629 f.; ECLI:EU:C:2015:28 – Hejduk/EnergieAgentur. 332 Schack, IZVR, Rn. 343; ders., UrhR, Rn. 816; und in: UFITA 108 (1988), 64; MMR 2000, 137; Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 121 f., 235, 248; Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 181; Kurtz, IPRax 2004, 109; Danckwerts, GRUR 2007, 104, 105 (nur für das UrhR); Banholzer, Internationale Gerichtszuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen, S. 31 ff., 129 f, 193 (UrhR); Hopf, MarkenR, 2012, 229, 234; Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1017; Peifer, IPRax 2013, 228 f.; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 118; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 20; Berger, GRUR Int. 2005, 465; McGuire, ZEuP 2014, 160, 166 f.; Grünberger, IPRax 2015, 56, 58 f. 333 Siehe ab S. 77 ff. 334 Bei der Lokalisierung handelt es sich um ein Problem der Auslegung, nicht der Qualifikation (siehe unten S. 178) gegen Peinze, Internationales Urheberrecht, S. 39. 331
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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könne. Da im Immaterialgüterrecht nur bestimmte Handlungen im Schutzland verboten seien, könne „per definitionem“ ein Immaterialgüterrecht nicht außerhalb des Schutzlandes verletzt werden.335 Wie dargelegt, beruht dies auf dem Missverständnis, dass der Ort des ursächlichen Geschehens der Ort einer tatbestandsmäßigen Handlung sei.336 Der EuGH legt den Ort des ursächlichen Geschehens hingegen empirisch-autonom aus.337 Während der EuGH in der Rechtssache Pinckney die Bestimmung des Orts des ursächlichen Geschehens noch offen ließ, da es auf ihn nicht ankäme,338 sah er ihn in der Rechtssache Hejduk am Ort des „Auslösens des technischen Vorgangs“.339 Damit behandelt der EuGH Urheberrechtsverletzungen nicht anders als andere Verletzungshandlungen. Problematisch ist aber auch hier, den Verletzungsort zu lokalisieren und im Prozess zu beweisen, dass dort eine Handlung vorgenommen wurde. Dabei kann bei Urheberrechtsverletzungen auf die gleichen Grundsätze wie im Persönlichkeitsrecht zurückgegriffen werden. Der Ort des ursächlichen Geschehens ist bei juristischen Personen an ihrem Sitz zu vermuten, bei natürlichen Personen an ihrem Wohnort.340 Da diese Orte manipulierbar sind, den Grundwertungen des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nicht entsprechen und mit der negativen Feststellungsklage der mutmaßlichen Verletzer begünstigt wird, ist auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens zu verzichten.341 2. Ort der Verwirklichung Schadenserfolges a) Grundsatz Schwieriger ist, den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges zu lokalisieren. Eine Zuständigkeit am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges bejaht der EuGH, wenn der Mitgliedstaat das entsprechende Recht schützt und
335 Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 118; so auch Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 180. 336 Vgl. so auch McGuire, ZEuP 2014, 160, 165; Grünberger, IPRax 2015, 56, 59. Siehe oben S. 64 ff. 337 Siehe oben S. 64 ff. Es überrascht, dass Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 179 sich vehement gegen einen Rückgriff auf die lex causae ausspricht, für die Bestimmung des Ortes des ursächlichen Geschehens aber auf eben diese zurückgreift (S. 180). 338 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 29 – Pinckney/KDG Mediatech; kritisch Schack, NJW 2013, 3629, demzufolge es im Immaterialgüterrecht keinen vom Handlungsort unabhängigen Erfolgsort gibt, siehe oben Fn. 60. 339 EuGH ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 24 – Hejduk/EnergieAgentur. 340 Siehe oben S. 71 ff. und 74 ff. 341 Siehe zum Persönlichkeitsrecht oben S. 79.
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die Gefahr besteht, dass sich der Schadenserfolg in diesem Staat verwirklicht.342 Die Einschränkung, dass der Mitgliedstaat das entsprechende Recht überhaupt schützen muss, folgt aus dem Territorialitätsprinzip.343 Da aufgrund der InfoSoc-RL Urheber- und die meisten verwandten Schutzrechte in allen Mitgliedstaaten geschützt sind,344 verliert dieses Merkmal im Urheberrecht seine Bedeutung. Ob wirklich eine Verletzung vorliegt, ist hingegen eine Frage des materiellen Rechts, die nicht auf der Zuständigkeitsebene zu prüfen sei.345 Deutlicher kann eine Absage an eine Zuständigkeitsprüfung lege causae kaum sein. Bleibt zu klären, wann die Gefahr besteht, dass sich der Schadenserfolg in einem Staat verwirklicht. Eine solche Gefahr kann nur angenommen werden, wenn für diesen Staat Schutz beansprucht wird. Macht der Kläger hingegen nur einen Schaden aufgrund einer Verletzung im Ausland geltend, besteht keine Gefahr im Gerichtsstaat. Folglich scheidet eine Zuständigkeit aufgrund der Verwirklichung des Schadenserfolges in diesem Staat aus. Ob ein Schadenserfolg vorliegt, richtet sich also maßgeblich nach dem Vortrag des Klägers. In der Literatur wurde kritisiert, dass damit nur eine rechtliche und keine tatsächliche Nähebeziehung bestünde.346 Der EuGH nimmt eine Verwirklichung des Schadenserfolges etwa dann an, wenn im Mitgliedstaat Vervielfältigungsstücke des Werkes, etwa in einer Buchhandlung347 oder über das Internet erhältlich sind348. b) Einschränkungsmöglichkeiten Trotzdem kann nicht bestritten werden, dass eine weltweite oder auch nur unionsweite Gerichtspflichtigkeit eine hohe Belastung für den mutmaßlichen Schädiger bedeutet. Gerade bei Onlinesachverhalten ist eine weltweite Gerichtspflichtigkeit schnell möglich. Dem Kläger drohen Verfahren vor ausländischen Gerichten mit unbekannten Verfahrensordnungen, zusätzlichen Kosten und weiter Anreise. Dieses Problem hat sich durch den Wegfall des
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EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 43 – Pinckney/KDG Mediatech; ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 29 – Hejduk/EnergieAgentur. 343 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 39 – Pinckney/KDG Mediatech; ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 22 – Hejduk/EnergieAgentur. Kritisch zum Territorialitätsprinzip im Urheberrecht Schack, Anknüpfung, Nr. 17; ders., UrhR, Rn. 918. 344 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 39 – Pinckney/KDG Mediatech. 345 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 40 – Pinckney/KDG Mediatech. 346 Müller, EUZW 2014, 434; Grünberger, IPRax 2015, 56, 61. Die Kritik trägt allerdings nur in der Rechtssache EuGH ECLI:EU:C:2014:215 – Hi Hotel und dort aufgrund des besonderen Sachverhalts. Regelmäßig wird auch eine tatsächliche Nähebeziehung zu dem Staat bestehen, indem die Gefahr eines Schadenseintritts droht. 347 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 43 – Pinckney/KDG Mediatech. 348 EuGH ECLI:EU:C:2014:215 Tz. 37 – Hi Hotel.
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Exequaturverfahrens349 innerhalb der Union verschärft. Während man sich früher darauf zurückziehen konnte, dass wohl nur dort geklagt werde, wo der Beklagte vollstreckungstaugliches Vermögen habe oder wo das Urteil im Ausland anerkannt wurde,350 ist diese Argumentation innerhalb der EU heute kaum noch tragfähig. Eine Einschränkung der Zuständigkeit scheint zumindest dann nicht gerechtfertigt, wenn der mutmaßliche Schädiger gar nicht mit dem Gerichtsstaat in Kontakt kommen wollte oder wenn dort nur eine minimale Verbreitung stattgefunden hat. Auch ist zweifelhaft, ob wirklich jeder Gerichtsstand weltweit sach- und beweisnah ist.351 Vor allem aber leidet die Vorhersehbarkeit.352 Daher werden verschiedene Möglichkeiten einer Zuständigkeitsbegrenzung diskutiert. aa) Ausrichten Insbesondere für Internetdelikte war gefordert worden, dass der mutmaßliche Schädiger sein Verhalten auf den Gerichtsstaat „bestimmungsgemäß ausrichtet“.353 Dies entsprach der Rechtsprechung des BGH im Marken- und Wettbewerbsrecht.354 Der EuGH hingegen lehnte, eine Einschränkung durch ein Ausrichtungskritierium ab.355 Er begründet dies mit einem Umkehrschluss aus Art. 17 I lit. c EuGVVO.356 Das ist ebenso wie im Persönlichkeitsrecht357 richtig: Subjektive Kriterien können nicht die internationale Zuständigkeit beschränken. Auch ist es schwierig, überhaupt taugliche Kriterien zu finden. So
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Siehe unten S. 203 und in Fn. 177. So noch Peinze, Internationales Urheberrecht, S. 97 351 Banholzer, Internationale Gerichtszuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen, S. 69. 352 Lauber-Rönsberg, in: BeckOK-UrhR, Kollisionsrecht und int. Zuständigkeit, Rn. 48c. 353 Banholzer, Internationale Gerichtszuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen, S. 68–71; Wagner, in: Stein/Jonas, Art. 5 EuGVVO Rn. 174; Leible, in: EuIPR/EuZPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 131. 354 BGH GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime (offengelassen, obwohl dafür „viel […] spricht“); BGH GRUR 2006, 513, 515 – Arzneimittelwerbung im Internet. Dazu auch unten S. 151 ff. 355 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 42 – Pinckney/KDG Mediatech; ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 32 – Hejduk/EnergieAgentur. Dagegen Picht/Kopp, GRUR Int. 2016, 232, 236. Das Ausrichtungskriterium für nicht vereinbar mit der EuGH-Rspr. aber für weiter von „Bedeutung“ hält Leible, in: EuIPR/EuZPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 131. 356 EuGH ECLI:EU:C:2015:2 Tz. 32 – Hejduk/EnergieAgentur. 357 Siehe oben S. 80 ff. 350
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hilft auch die Sprache kaum noch als Eingrenzungskriterium und könnte höchstens in Extremfällen eine Zuständigkeit beschränken.358 Folgerichtig hat auch der BGH bei § 32 ZPO das Ausrichtungskriterium aufgegeben.359 bb) Auswirkungsprinzip Denkbar ist auch, solche Gerichtstände auszuklammern, an denen es an einer tatsächlichen Auswirkung fehlt. Der Unterschied zum Ausrichten ist, dass es nicht auf den subjektiven Willen des Schädigers ankommt, sondern ausschließlich auf objektive Kriterien. Eine Auswirkung liegt vor, wenn nach dem Vortrag des Klägers seine urheberrechtlichen Interessen im Gerichtsstaat beeinträchtigt sein könnten. Da dies ohne Rückgriff auf das materielle Recht gelingen muss, können so nur wenige Gebiete ausgenommen werden. Es bietet sich aber eine Verknüpfung mit dem Kollisionsrecht an. Nach der lex loci protectionis ist das Recht des Staates anzuwenden, für dessen Gebiet Schutz beansprucht wird.360 Aufgrund dieser Kollisionsnorm erklärt der Kläger bereits, in welchem Staat er Auswirkungen auf sein Urheberrecht abwehren will. Folglich liegt der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nur in allen Staaten, für die der Kläger Schutz beansprucht. Darüber hinaus kann die Zuständigkeit nur in Fällen offensichtlichen Rechtsmissbrauchs versagt werden.361 3. Mosaikbetrachtung Die Kognitionsbefugnis der Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges beschränkt der EuGH auch im Urheberrecht auf ihr Territorium.362 Der EuGH begründet das mit dem Territorialitätsprinzip und damit, dass die Gerichte des jeweiligen Mitgliedstaates am besten in der Lage seien, zu prüfen, ob das Schutzrecht wirklich verletzt wurde, und den Schaden zu bestimmen.363 Damit überträgt der EuGH die Shevill-Rechtsprechung auf das
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Gerade Sprachen wie Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch sind so weit verbreitet, dass bei ihnen immer eine europaweite Kenntnisnahme angenommen werden kann. Bei Bildern, Musik oder allen anderen urheberrechtlich geschützten Werken, die ohne Sprache verständlich sind, ist eine Einschränkung kaum möglich. 359 BGH GRUR 2016, 1048 Tz. 18 – An Evening with Marlene Dietrich. Siehe dazu unten S. 150 ff. 360 Dazu unten S. 232 ff. 361 Dazu unten S. 237 f. 362 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 45 – Pinckney/KDG Mediatech; bestätigt ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 36 – Hejduk/EnergieAgentur. 363 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 46 – Pinckney/KDG Mediatech; ECLI:EU:C:2014:215 Tz. 38 – Hi Hotel; ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 37 – Hejduk/EnergieAgentur.
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Urheberrecht. Hiergegen hatte sich die deutsche Literatur schon früher ausgesprochen,364 entsprechend scharf fiel die Kritik an der Entscheidung des EuGH aus.365 Als Begründung musste wieder das forum shopping herhalten.366 Grundannahme ist, dass in allen Mitgliedstaaten eine Verletzung des Urheberrechts droht, der Beklagte also damit rechnen muss, in jedem Mitgliedstaat verklagt zu werden. Davor kann die Mosaikbetrachtung letztlich nicht schützen, der mutmaßliche Verletzte kann trotzdem an den Gerichtständen klagen. Gegen die Mosaikbetrachtung sprechen aber dieselben Argumente wie im Persönlichkeitsrecht:367 Es drohen Parallelverfahren mit widersprüchlichen Urteilen, und die Kosten für die Parteien steigen. Die Mosaikbetrachtung ist somit kein geeignetes Mittel, um den Beklagten vor einer weltweiten Gerichtspflichtigkeit zu schützen. 4. Übertragung der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht Denkbar wäre, bei der Zuständigkeit am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges die volle Kognitionsbefugnis nur den Gerichten am Ort des Interessensmittelpunkts des Klägers zuzubilligen.368 Dafür spricht auch, dass Urheber- und Persönlichkeitsrecht eng verwandt sind. Nach deutschem Verständnis ist das Urheberrecht ein einheitliches Recht, in dem persönlichkeits- und vermögensrechtliche Befugnisse untrennbar miteinander verbunden sind.369 Diese monistische Auffassung des Urheberrechts ist innerhalb Europas allerdings nicht unbestritten. Frankreich, Belgien und die Schweiz etwa folgen der dualistischen Theorie,370 nach er vermögens- und persönlichkeitsrechtliche Befugnisse getrennt werden. Allerdings kennen auch sie besondere Persönlichkeitsrechte für Urheber.371 Aufgrund der persönlichkeitsrechtlichen Bezüge des Urheberrechts, die eine Abgrenzung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht erschweren, spricht einiges dafür, dass der EuGH seine Persönlichkeitsrechtsrechtsprechung auf das Urheberrecht überträgt. Somit ist davon auszugehen, dass bei Onlinesachverhalten nur die Gerichte am Interessensmittelpunkt umfassend kognitionsbefugt sind. 364
Peinze, Internationales Urheberrecht, S. 80 f.; Banholzer, Internationale Zuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen im Internet, S. 128 ff.; Reber, ZUM 2005, 194, 196; für eine Übertragung hingegen M. Junker, Anwendbares Recht und internationale Zuständigkeit, S. 308 f. 365 Schack, NJW 2013, 3629 („dogmatisch und rechtspolitisch falsch“); Müller, EuZW 2014, 434, 435. Der Entscheidung hingegen zustimmend Sujecki, EuZW 2013, 866, 867; Grünberger, IPRax 2015, 56, 61. 366 Etwa Grünberger, IPRax 2015, 56, 61. 367 Siehe oben S. 86 ff. 368 Zum Persönlichkeitsrecht, siehe oben S. 88 ff. 369 Ulmer, UrhR, S. 112 ff.; Schack, UrhR, Rn. 343. 370 Schack, UrhR, Rn. 345 m.w.N. 371 Für Frankreich Schlingloff, GRUR 2017, 572, 574.
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Grundsätzlich jedoch sprechen gegen eine Mosaikbetrachtung die gleichen Argumente wie im Persönlichkeitsrecht.372 Richtigerweise dürfen die Gerichte deshalb in ihrer Kognition nicht beschränkt werden. 5. Fazit Auch bei Urheberrechtsverletzungen sind der Ort des ursächlichen Geschehens und der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges empirisch-autonom zu bestimmen. Ein Rückgriff auf das materielle Recht ist unnötig. Dabei sollte auch im Urheberrecht auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens verzichtet werden.373 Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges wird vom EuGH nicht eingegrenzt, sodass er grundsätzlich überall dort besteht, wo der Inhalt abgerufen werden kann.374 Dabei sollten nur die Gerichte zuständig sein, in deren Territorium sich die Urheberrechtsverletzung auswirkt.375 Das ist nicht nach dem materiellen Recht zu bestimmen, sondern abhängig davon, für welche Länder der Kläger Schutz beansprucht. Deren Zuständigkeit kann dann nur bei offensichtlichem Missbrauch versagt werden. Der EuGH beschränkt die Kognitionsbefugnis der Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges auf ihr Territorium.376 Dagegen sprechen die gleichen Argumente wie im Persönlichkeitsrecht. Aufgrund der Überschneidungen von Urheber- und Persönlichkeitsrecht ist davon auszugehen, dass der EuGH seine Rechtsprechung aus dem Persönlichkeitsrecht überträgt.377 Im Ergebnis werden damit neben den Gerichten am Beklagten(wohn)sitz sowie den Gerichten am Ort des ursächlichen Geschehens (auf deren Zuständigkeit allerdings verzichtet werden sollte) nur die Gerichte am Ort des Interessensmittelpunkts des Verletzten einen Unterlassungsgebot bei Onlinesachverhalten aussprechen dürfen. Doch sollte auch hier die Mosaiktheorie aufgegeben werden und allen Gerichten, die eine Zuständigkeit beanspruchen können, die Kognitionsbefugnis zugestanden werden, räumlich unbegrenzte Unterlassungstitel zu erlassen. IV. Markenrechtsverletzung Ansprüche wegen Verletzung einer nationalen Marke378 unterfallen dem deliktischen Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.379 372
Siehe oben S. 86 ff. Siehe oben S. 105. 374 Siehe oben S. 107 f. 375 Siehe oben S. 108 f. 376 Siehe oben S. 108 f. 377 Siehe oben S. 109 f. 378 Zur Zuständigkeit bei Unionsmarken, siehe unten S. 158 ff. 379 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 – Wintersteiger; BGH GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime; BGH GRUR 2012, 621 Tz. 17 f. – Oscar; BGH GRUR 2018, 924 Tz. 15 – Ortlieb; 373
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1. Ubiquitätsprinzip Wie bei allen Immaterialgüterrechten ist in Deutschland auch bei Markenrechtsverletzungen umstritten, ob das Ubiquitätsprinzip gelten kann.380 Wegen des Territorialitätsprinzips könne eine Handlung nur im Schutzland begangen werden, sodass Handlungs- und Erfolgsort nicht auseinanderfallen können.381 Wie bereits dargelegt, beruht diese Annahme darauf, dass der Ort des ursächlichen Geschehens nur der Ort einer tatbestandsmäßigen Handlung sein könne.382 Löst man sich von dieser Tatbestandsbindung, dann spricht nichts gegen die Anwendung des Ubiquitätsprinzips. Auch der EuGH wendet es im Markenrecht an.383 Der Ort des ursächlichen Geschehens ist eben nicht der Ort, an dem eine tatbestandsmäßige Handlung vorgenommen wurde, sondern der Ort, an dem das „schadensbegründende Geschehen seinen Ausgang nahm“.384 2. Ort des ursächlichen Geschehens Auch im Markenrecht greift der EuGH auf die allgemeinen Regeln zur Bestimmung des Tatortes zurück. Während in Deutschland ein Ort des ursächlichen Geschehens außerhalb des Schutzlandes grundsätzlich verneint wird, sieht der EuGH diesen etwa bei Verletzungen über das Internet am „Ort des Auslösens des technischen Vorgangs […] der zum Erscheinen der Anzeige führt“.385 Dass dabei nicht auf das materielle Recht zurückgegriffen wird, ist auch im Markenrecht richtig.386 Geklärt ist damit aber noch nicht, wo dieser Ort ist. Bei Internetsachverhalten kommen der Upload- bzw. Freigabeort387 oder der Serverstandort388 in Betracht.389 Bei Markenrechtsverletzungen durch Printprodukte der Ort, an dem der Inhalt entworfen wurde, der Ort, an dem die Freigabe beschlossen bzw. veranlasst wurde oder der Ort, an dem gedruckt wurde. Bei der Entscheidung, welcher Ort ausschlaggebend sein soll, ist erneut auf die Grundwertung zurückzugreifen. Das Gericht soll möglichst beweisnah sein, dessen Zuständigkeit vorhersehbar. Das spricht gegen den Serverstandort oder den Ebner, Markenschutz im IPR und IZPR, S. 175; Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 62 f.; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 110; Peifer, IPRax 2013, 228. 380 Nachweise oben in Fn. 332. 381 Speziell zum Markenrecht etwa Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1017; Peifer, IPRax 2013, 228, 229. 382 Siehe oben S. 64 ff. 383 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 19 – Wintersteiger. 384 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 24 – Shevill. 385 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 34 – Wintersteiger. 386 Dem EuGH zustimmend McGuire, ZEuP 2014, 160, 165. Kritisch statt vieler Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1019 („unglückliche Empirie“). 387 Siehe dazu oben S. 72. 388 Dafür Ubber, Markenrecht im Internet, S. 210. 389 McGuire, ZEuP 2014, 160, 165.
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Druckort. Der Standort des Servers ist zufällig und für die meisten Handelnden im Voraus nicht erkennbar.390 Kundige Personen können hingegen bewusst einen Serverstandort wählen, ohne dass dies einen Nachteil bei der Anzeige des Inhalts hätte und so die Zuständigkeit manipulieren.391 Auch ist die Beweisnähe an diesem Ort äußerst gering. Richtigerweise ist der Serverstandort deshalb kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit.392 Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass der Ort des ursächlichen Geschehens der Ort der Niederlassung des Verletzers sei, da dort die Entscheidung getroffen worden sei, die Anzeige zu veröffentlichen.393 Der EuGH behandelt den Ort des ursächlichen Geschehens bei Markenverletzungen also ebenso wie im Persönlichkeitsrecht.394 Gegen eine deliktische Zuständigkeit am Sitz des Beklagten sprechen auch dieselben Argumente.395 Wenn man eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens trotzdem begründen will, so sollte diese technologieunabhängig für alle grenzüberschreitende Markenverletzung gleich bestimmt werden. Es darf für die Zuständigkeit keinen Unterschied machen, ob ein möglicherweise markenverletzender Inhalt als Flyer, Fernsehbeitrag oder über das Internet verbreitet wird. 3. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ist grundsätzlich der Ort, „an dem die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen“ eingetreten sind.396 Dabei sind nur Erstschäden und nicht auch Folgeschäden relevant. Bei unkörperlichen Rechtsgütern tut sich die deutsche Rechtswissenschaft unnötig schwer, diesen Ort zu bestimmen. Im Markenrecht ist die schädigende Auswirkung die Beeinträchtigung der Markenfunktionen. Sie tritt dort ein, wo der Beklagte das Zeichen verwendet, wenn die Marke des Inhabers dort geschützt ist. Auf diesen Ort stellt auch der EuGH
390 Vgl. EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 36 – Wintersteiger; BGH NJW 2011, 2059 Tz. 16 – Sieben Tage in Moskau; Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 385; Picht, GRUR Int. 2013, 19, 24. 391 Vgl. Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 385; Picht, GRUR Int. 2013, 19, 24; McGuire, ZEuP 2014, 160, 165. 392 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 36 – Wintersteiger; Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 385; Picht, GRUR Int. 2013, 19, 24. 393 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 37 – Wintersteiger. Ausdrücklich nur für Onlinesachverhalte. 394 Kindler, GRUR 2018, 1107, 1113. 395 Siehe dazu oben S. 73. 396 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 28 – Shevill.
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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ab.397 Ob hingegen eine Verletzung wirklich vorliegt, ist eine Frage des materiellen Rechts, die nicht auf Zuständigkeitsebene zu prüfen ist.398 Bei eingetragenen Schutzrechten kann also nur in dem Staat eine Zuständigkeit begründet werden, in dem eine Eintragung vorliegt.399 Dies ist notwendige, nicht hinreichende Bedingung. Die Eintragung kann bereits nicht ausschließliches Kriterium sein, da ansonsten auch die örtliche Zuständigkeit von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO mitgeregelt wird. Der EuGH schränkt die internationale Zuständigkeit auf den ersten Blick also ein. Grund dafür ist das Territorialitätsprinzip.400 Wie bei körperlich manifestierten Rechtsgütern kann der Schadenserfolg nur dort eintreten, wo sie sich zum Zeitpunkt einer Verletzung befinden. Die Marke als unkörperliches Rechtsgut „befindet“ sich aber nur dort, wo sie durch das Recht anerkannt wird. Ihre Funktion wird nur dort beeinträchtigt, wo die Marke geschützt ist. Mögliche Existenz und Verletzung sind sauber zu trennen. Ob „tatsächlich“ eine Verletzung vorliegt, ist keine Frage der internationalen Zuständigkeit. Der Kläger muss nur schlüssig vortragen, dass eine Verletzung vorliegt.401 Der Zusatz des EuGH, dass das Recht dort auch geschützt sein müsse, begrenzt die Zahl möglicher Orte, begründet aus sich heraus aber noch keine Zuständigkeit.402 Besondere Probleme bereitet die Einschränkung der Zuständigkeit bei Benutzungs- und notorisch bekannten Marken. Hier müsste das Gericht schon auf Zuständigkeitsebene prüfen, ob deren gesetzliche Voraussetzungen (§ 4 Nr. 2, 3 MarkenG) vorliegen. Doch muss auch hier ein schlüssiger Vortrag genügen. Das entspricht dem hier vertretenen Ansatz im Urheberrecht, nach dem eine Auswirkung vorliegen muss.403 Die Auswirkung bestimmt sich nach dem Vortrag des Klägers und insbesondere im Immaterialgüterrecht durch den Klageantrag. Eine Auswirkung kann nur in dem Staat bestehen, für den der Kläger Schutz beansprucht. Offensichtlich liegt keine Auswirkung vor, wenn es bereits an einem geschützten Rechtsgut fehlt. In Deutschland wurde gefordert den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges bzw. den Erfolgsort dahin einzuschränken, dass eine Zuständigkeit nur
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EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 27, 29 – Wintersteiger. EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 26 – Wintersteiger. 399 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 29 – Wintersteiger. 400 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 25 – Wintersteiger. 401 BGH GRUR 2018, 924 Tz. 16 – Ortlieb; Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1018 f. Für die Schlüssigkeit wird der Kläger auf das materielle Recht zurückgreifen, bei der internationalen Zuständigkeit genügt, eine Beeinträchtigung der Markenfunktionen im Inland vorliegt. 402 So auch Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1018. 403 Siehe oben S. 108 ff. 398
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
begründet ist, wenn die Internetseite auf den Staat bestimmungsgemäß ausgerichtet worden ist.404 Für das Urheberrecht hat der EuGH diese Ansicht ausdrücklich abgelehnt.405 Auch in der Entscheidung Wintersteiger finden sich keine Anhaltspunkte, dass der EuGH die internationale Zuständigkeit auf diese Weise einschränken will. Der BGH konnte die Frage auch im Anschluss offenlassen.406 Es spricht einiges dafür, dass der EuGH seine Rechtsprechung auch ins Markenrecht übertragen wird. Denn auch hier kann der Umkehrschluss aus Art. 17 I lit. c EuGVVO herangezogen werden.407 Dabei ist im Markenrecht die Zahl der möglichen zuständigen Gerichte geringer, weil die Marke im Gerichtsstaat geschützt sein muss. Einzige Einschränkung ist, dass der Kläger schlüssig darlegen muss, dass sich die Handlung auf eine Markenfunktion auswirkt. Zwar droht auch bei geringen Auswirkungen eine Gerichtspflichtigkeit. Dieses Problem ist aber auf materiellrechtlicher Ebene zu lösen. Auf Zuständigkeitsebene kann eine Beeinträchtigung auch dann vorliegen, wenn der Beklagte sein Verhalten nicht auf den Gerichtsstaat ausgerichtet hat. 4. Kognitionsbefugnis Zur Kognitionsbefugnis der angerufenen Gerichte äußert sich der EuGH ausdrücklich nur für den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges. Demnach sind die Gerichte im Staat des Registerortes grundsätzlich für den gesamten Schaden entscheidungsbefugt.408 Gemeint sein kann dabei aber nur der Schaden, der durch die Markenverletzung entstanden ist, wegen der am angerufenen Gericht geklagt wird.409 Hat der Kläger mehrere identische Marken in unterschiedlichen Staaten eingetragen (IR-Marke)410, dann führt das nicht zu einer Kognitionsbefugnis bezüglich der Marken, die außerhalb des Gerichtsstaats geschützt werden.411 Die unterschiedlichen Streitgegenstände führen dazu, dass hier bereits die internationale Deliktszuständigkeit gespalten wird. Der EuGH hat seine Rechtsprechung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht auf das Markenrecht übertragen.412 Ein umfassend zuständiges Gericht am Interessenmittelpunkt des Geschädigten hat er hier nicht vorgesehen. Auf diese 404
BGH GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime (offengelassen, obwohl dafür „viel […] spricht“); BGH GRUR 2012, 621 Tz. 21 – Oscar; Ubber, Markenrecht im Internet, S. 210; vgl. auch zum Persönlichkeitsrecht oben S. 80 ff. 405 EuGH ECLI:EU:C:2013:635 Tz. 42 – Pinckney; ECLI:EU:C:2015:28 Tz. 32 – Hejduk. Übernommen durch BGH GRUR 2016, 1048 Tz. 18 – An Evening with Marlene Dietrich. 406 BGH GRUR 2018, 924 Tz. 18 – Ortlieb. 407 Siehe oben S. 107. 408 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 28 – Wintersteiger. 409 Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1019. 410 Siehe oben S. 28. 411 Vgl. Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1019. 412 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 22 ff. – Wintersteiger.
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Idee hätte man angesichts der historischen Bezüge des Markenrechts zum Persönlichkeitsrecht durchaus kommen können.413 Der kategorische Unterschied zum Persönlichkeitsrecht ist aber, dass die Marke nur dort geschützt wird, wo sie registriert ist bzw. Verkehrsgeltung erlangt hat oder notorisch bekannt ist. Eine solche Einschränkung gibt es im Persönlichkeitsrecht nicht. So gibt es verschiedene geschützte Marken, aber nur eine geschützte Persönlichkeit. Allerdings ist auch das Persönlichkeitsrecht in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgestaltet, sodass die Handlung in einem Staat erlaubt und in dem anderen verboten sein kann.414 Umfassend kognitionsbefugt werden die Gerichte am Ort des ursächlichen Geschehens sein. Wegen der geringen Beweisnähe und der Problematik der negativen Feststellungsklage ist das mehr als bedenklich.415 Umfassend kognitionsbefugt sind weiterhin die Gerichte im Staat des Beklagtenwohnsitzes (Art. 4 I EuGVVO).416 Doch auch bei einer begrenzten Kognitionsbefugnis stellt sich das Problem der faktisch weltweiten Auswirkung eines Unterlassungsgebotes. Immerhin könnte so eine Verletzung in einem Staat dazu führen, dass Schutzwirkungen auch in anderen Staaten erreicht werden, obwohl die Marke dort gar nicht geschützt ist.417 Deshalb hat ein District Court in den USA es genügen lassen, dass der Beklagte regionale Zugangssperren errichtet und die Accounts von Kunden aus den betreffenden Ländern löscht.418 Wegen der begrenzten Kognitionsbefugnis kann das Gericht am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges folglich kein vollständiges Unterlassen anordnen, sondern nur, dass die Abrufbarkeit mit technischen Maßnahmen unterbunden wird. Dies kann etwa durch Geoblocking gelingen.419 5. Fazit Auch im Markenrecht bestimmt der EuGH den Ort des ursächlichen Geschehens und den Ort der Verwirklichung des Erstschadens empirisch-autonom. Folglich gilt auch hier das Ubiquitätsprinzip. Auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens sollte aber auch im Markenrecht wegen der ge-
413
Siehe oben Fn. 198. Allerdings besteht ein grundsätzlicher Schutz innerhalb aller europäischen Staaten. Dies stellen die EMRK (siehe oben S. 18 ff.), sowie die EU-Grundrechtecharta sicher; siehe unten S. 211. 415 Siehe dazu oben S. 73. 416 Lehmann/Stieper, JZ 2012, 1016, 1019. 417 Playboy Enterprise, Inc. v. Chuckleberry Pub., Inc., 939 f.Supp. 1032, 1039 (S.D.N.Y. 1996). 418 Playboy Enterprise, Inc. v. Chuckleberry Pub., Inc., 939 f.Supp. 1032, 1040 (S.D.N.Y. 1996). 419 Siehe oben S. 95 ff. 414
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
ringen Beweisnähe und des Problems der negativen Feststellungsklage verzichtet werden. Für den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges setzt der EuGH mit Recht voraus, dass die Marke dort auch geschützt sein muss. Eine geringfügige Einschränkung lässt sich dadurch erreichen, dass der Kläger schlüssig darlegen muss, dass eine Auswirkung im Gerichtsstaat besteht. Die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges sind in ihrer Kognition nicht beschränkt. Allerdings gilt das nur für die im Gerichtsstaat eingetragene Marke und nicht etwa auf zusätzlich im Ausland geschützte IR-Marken. V. Patentrechtsverletzungen Trotz der großen Bedeutung des Patentrechts, sind die internationalzivilprozessualen Fragen lange Zeit nur wenig diskutiert worden.420 Patentverletzungen sind unerlaubte Handlungen, für die der Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO eröffnet ist.421 1. Ubiquitätsprinzip Auch im Patentrecht ist wie bei den anderen Immaterialgüterrechten umstritten, ob das Ubiquitätsprinzip anzuwenden ist.422 Die herrschende Lehre verneint, dass es einen Ort des ursächlichen Geschehens außerhalb des Schutzlandes geben könne,423 weil die Handlung nur im Schutzland verboten sei.424 Das übersieht – wie bei den anderen Immaterialgüterrechten – dass das europäische Zuständigkeitsrecht keinen Handlungsort sucht. Vielmehr soll durch die Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens ein sach- und beweisnaher Gerichtsstand eröffnet werden.425 Daher überzeugt es nicht, den Ort des ursäch-
420
Schauwecker, Extraterritoriale Patentverletzungsjurisdiktion, S. 4 m.w.N. Treichel, Sanktionen der Patentverletzung, S. 21 f.; Winkler, Internat. Zuständigkeit für Patentverletzungsstreitigkeiten, S. 175; Schack, IZVR, Rn. 347; ders., FS Leipold, S. 317, 331; Körner, FS Bartenbach, S. 401, 405; Haedicke, Patentrecht, § 16 Rn. 21; HyeKnudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 62 f.; Heinze, Einstweiliger Rechtsschutz, S. 216; Stauder, FS Schricker, S. 917, 924; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 110; Grabinski, GRUR Int. 2001, 199, 203; Otte, IPRax 2001, 315, 316. 422 Zum Patentrecht Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 70 f. Weitere Nachweise oben Fn. 332. 423 Schack, IZVR, Rn. 347; Treichel, Sanktionen der Patentverletzung, S. 24; Grabinski, GRUR Int. 2001, 199, 2014; Otte, IPRax 2001, 316 f.; Körner, FS Bartenbach, S. 401, 406. 424 Statt vieler Schack, IZVR, Rn. 347. 425 Zum Patentrecht Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 73. 421
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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lichen Geschehens außerhalb des Schutzlandes von der Zuständigkeit auszunehmen.426 Da der EuGH auch im Urheber-427 und im Markenrecht428 eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens ermöglicht hat, ist nicht davon auszugehen, dass er davon im Patentrecht abweichen wird. 2. Ort des ursächlichen Geschehens Der Ort des ursächlichen Geschehens ist der Ort, „an dem das schädigende Ereignis seinen Ausgang nahm“.429 Für das Patentrecht hat der EuGH diesen Ort noch nicht konkretisiert. Das schädigende Ereignis nimmt dort seinen Ausgang, wo der patentverletzende Gegenstand hergestellt wird. Im Unterschied zu den Persönlichkeits-, Urheber- und Markenrechtsverletzungen kann im Patentrecht hier durchaus eine Sach- und Beweisnähe gegeben sein. Ob durch das Erzeugnis überhaupt ein Erzeugnis- oder Verfahrenspatent verletzt wird sich am Produktionsstandort oft am Besten festhalten lassen. Bei ihm wird es sich häufig entweder um den Beklagtensitz oder um eine Niederlassung i.S.v. Art. 7 Nr. 5 EuGVVO handeln. Der Mehrwert eines weiteren Gerichtsstand über Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist also gering, aber höher als bei den zuvor genannten Fallkonstellationen im Persönlichkeits-, Urheber- und Markenrecht. Trotzdem droht erneut die Gefahr eines Klägergerichtsstandes für negative Feststellungsklagen. 3. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Der EuGH lokalisiert den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges dort, wo „die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen“ eingetreten sind.430 Auch hier fehlt bislang eine Konkretisierung durch den EuGH. Helfen können seine Ausführung zum Markenrecht. Hierfür lokalisiert der EuGH den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges dort, wo das Zeichen verwendet wird, wenn es dort Schutz genießt.431 Die Voraussetzung, dass das Immaterialgut überhaupt geschützt ist, gilt auch im Patentrecht. Wie im Urheberrecht gilt: Eine Auswirkung kann nur vorliegen, wenn der Kläger Schutz für das Territorium begehrt.432 Fraglich ist nur, 426
Ebenso Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen, S. 73; im Ergebnis auch Winkler, Internat. Zuständigkeit für Patentverletzungsstreitigkeiten, S. 205 allerdings mit der Einschränkung, dass der Gegenstand bestimmungsgemäß und zielgerichtet in das Schutzland gebracht werden ist oder werden muss. Gegen subjektive Kriterien bei der Bestimmung der int. Zuständigkeit siehe oben S. 80 f. 427 Siehe oben S. 105. 428 Siehe oben S. 111. 429 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 24 – Shevill. 430 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 28 – Shevill. 431 EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 27, 29 – Wintersteiger, siehe auch oben S. 113. 432 Siehe dazu oben S. 108 ff.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
wann sich der Schadenserfolg verwirklicht. Das Patentrecht schützt den Inhaber nach deutschem Recht davor, dass ein Erzeugnis hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht, eingeführt oder zu diesen Zwecken besessen wird, § 9 S. 2 Nr. 1 PatG. Auch wenn das Zuständigkeitsrecht nicht von nationalen materiell-rechtlichen Wertungen überlagert werden darf, kann § 9 PatG (vgl. Art. 64 EPÜ) zumindest als Anhaltspunkt herangezogen werden. Der Erstschaden bei Patentverletzungen liegt im Kern darin, dass ein Patenterzeugnis verwendet (vgl. § 10 PatG), angeboten oder eingeführt wird. Folglich ist Ort der Verwirklichung des Erstschadens der Ort, an dem das Patenterzeugnis angeboten oder eingeführt wird, wenn es dort geschützt wird. 4. Kognitionsbefugnis Fraglich bleibt, wie weit die Kognitionsbefugnis der Gerichte am Ort der unerlaubten Handlung reicht. Da der EuGH die Kognitionsbefugnis am Gerichtsstand des ursächlichen Geschehens bis jetzt noch nicht eingeschränkt hat, ist unwahrscheinlich, dass er dies bei Patentverletzungen tun wird.433 Für den Ort der Verwirklichung des Erstschadens kann erneut auf die Rechtsprechung zum Markenrecht zurückgegriffen werden. Hiernach sind die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges grundsätzlich für den gesamten Schaden entscheidungsbefugt,434 allerdings nur für die Marke, die im Forumstaat eingetragen wurde. Übertragen auf das Patentrecht: die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges besitzen die volle Kognitionsbefugnis, allerdings nur für das im Inland gewährte Patent. Bei Bündelpatenten lassen sich Mehrfachprozesse nur verhindern, wenn am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten geklagt wird.435 5. Fazit Für das Patentrecht fehlt bislang eine Entscheidung des EuGH zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Trotzdem sind auch hier der Ort des ursächlichen Geschehens und der Ort der Verwirklichung des Erstschadens empirisch-autonom zu bestimmen. Zwar ist in Patentstreitigkeiten die Beweisnähe am Ort des ursächlichen Geschehens höher als etwa im Persönlichkeitsrecht, dennoch sollte wegen des Problems der negativen Feststellungsklage auf eine Zuständigkeit an diesem Ort verzichtet werden. Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges liegt dort, wo das Patent geschützt ist, wenn der Kläger für diesen Staat Schutz beansprucht. Eine Einschränkung der Kognitionsbefugnis im Registerstaat ist nicht nötig. 433
Vgl. auch Winkler, Int. Zuständigkeit für Patentverletzungsstreitigkeiten, S. 226. EuGH ECLI:EU:C:2012:220 Tz. 28 – Wintersteiger, siehe auch oben S. 114. 435 Treichel, Sanktionen der Patentverletzung, S. 26. Siehe dazu zum Markenrecht oben S. 114. 434
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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VI. Lauterkeits- und Kartellrecht 1. Lauterkeitsrecht Auch Klagen wegen unlauteren Wettbewerb fallen unter den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.436 Im Lauterkeitsrecht ist allerdings fraglich, ob das Ubiquitätsprinzip nicht durch das Marktortprinzip verdrängt wird. Sollte das Ubiquitätsprinzip anwendbar sein, ist zu ermitteln, ob es wettbewerbsspezifisch ausgelegt werden muss. a) Ubiquitätsprinzip oder Marktortprinzip Nach dem kollisionsrechtlichen Marktortprinzip ist das Recht des Staates anzuwenden, in welchem die Wettbewerbsbeziehung oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt wurden bzw. wahrscheinlich beeinträchtigt werden.437 Gegen das Lauterkeitsrecht kann also grundsätzlich nur am Marktort verstoßen werden. Überträgt man diesen Gedanken auf die internationale Zuständigkeit, so wären nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO nur die Gerichte der Mitgliedstaaten zuständig, in denen die Wettbewerbsbeziehungen bzw. die Interessen der Verbraucher (wahrscheinlich) beeinträchtigt werden.438 Betrachtet man den Ort des ursächlichen Geschehens als den Ort einer tatbestandlichen Handlung,439 so ist die Marktortregel geradezu zwingend. Dies hätte – insbesondere bei Onlinesachverhalten – zur Folge, dass der Ort des ursächlichen Geschehens keine eigene Zuständigkeit neben dem Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges begründen kann. Für eine Übertragung des Marktortprinzips wird insbesondere der Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht angeführt.440 Allerdings wäre ein Gleichlauf eben nur im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gewährleistet. 436 Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 167; Lindacher, GRUR Int. 2008, 453, 454; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 792; Leible, in: EuIPR/EuZPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 110. 437 Art. 6 Rom II-VO. Vor Inkrafttreten der Rom II-VO war das Marktortprinzip als „Ort der wettbewerblichen Interessenüberschneidungen“ bereits ständige Rechtsprechung; BGHZ 35, 329 – Kindersaugflaschen; BGHZ 185, 66 Tz. 12 – Ausschreibung in Bulgarien. Zur Frage, ob unter Geltung der Rom II-VO weiter vom Marktortprinzip gesprochen werden sollte, vgl. die Darstellung bei Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 30 f. Zum kollisionsrechtlichen Marktortprinzip siehe unten S. 216 ff. Keine Anwendung findet Art. 6 I Rom II-VO, wenn nur ein bestimmter Bewerber betroffen ist, Art. 6 II Rom II-VO. 438 Für eine Ausweitung des Marktortprinzips Schack, IZVR, Rn. 340; ders., MMR 2000, 135, 137 f.; Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 917 f., 920. Lindacher, GRUR Int. 2008, 453, 454 will nur den Erfolgsort nach dem Marktortprinzip bestimmen. Dagegen Behr, GRUR Int. 1992, 604, 607; Uhl, Internationale Zuständigkeit, S. 190; Hausman/Obergfell, in: Fezer/Büscher/Obergfell, Band 1, Rn. 394, 462 ff. Ablehnend für die EuGVVO Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 181 f. 439 Siehe dazu oben S. 64 ff. 440 Schack, IZVR, Rn. 340.
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An den konkurrierenden Gerichtständen am Wohnsitz des Beklagten (Art. 4 I EuGVVO) oder am Ort der Zweigniederlassung (Art. 7 Nr. 5 EuGVVO) muss es nicht zu einem Gleichlauf kommen. Daher ist fraglich, ob der Gleichlauf an einem der möglichen Gerichtstände so wichtig ist, dass die allgemeine Regel des Tatortprinzips aufgegeben werden müsste.441 Zweifelhaft ist das Tatortprinzip auch im Lauterkeitsrecht aus anderen Gründen. Das Tatortprinzip resultiert aus dem Gedanken, dass am Tatort eine besondere Sachund Beweisnähe besteht. Bei lauterkeitsrechtlichen Verstößen, die etwa über das Internet begangen werden, fragt sich aber, welchen Mehrwert es hat, wenn ein Gerichtsstand am Ort des ursächlichen Geschehens begründet wird. Dieser wird regelmäßig am Beklagtensitz liegen.442 Daher ist zweifelhaft, ob den Parteien wirklich ein beweisnahes Gericht genommen wird.443 Allerdings bietet das – durch die Rechtsprechung des EuGH geprägte – europäische Zuständigkeitsrecht keine Anhaltspunkte dafür, dass das Tatortprinzip einzuschränken ist.444 Zudem kommt durch die Vereinheitlichung des europäischen Kollisionsrechts (Art. 6 Rom II-VO) unabhängig vom Forum dasselbe materielle Recht zur Anwendung, was den Anreiz zum forum shopping zumindest reduziert.445 Erwägungen, dass damit ein Gerichtsstand in einem Staat begründet wird, in welchem die konkrete Handlung gar nicht rechtswidrig ist, überzeugen nicht.446 Das könnte nämlich ebenso am Beklagtengerichtsstand der Fall sein. Auch bei anderen Distanzdelikten ist es möglich, dass eine Handlung am Ort des ursächlichen Geschehens rechtmäßig ist, wenn sich das anwendbare Recht nach dem Erfolgsort richtet. Folglich ist davon auszugehen, dass der EuGH auch im Lauterkeitsrecht das Ubiquitätsprinzip aufrechterhalten wird. Zweifelhaft ist aber, ob an einem Ort des ursächlichen Geschehens wirklich eine besondere Sach- und Beweisnähe bestehen kann. Ähnlich wie im Persönlichkeits-447, Urheber-448 und Markenrecht449 bestehen bereits Probleme, diesen Ort zu bestimmen. Wenn man ihn auch im Lauterkeitsrecht am Sitz des mut441
Vgl. Behr, GRUR Int. 1992, 604, 608. Ein Unterschied gäbe es also nur bei einem Sitzwechsel vor Klageerhebung, siehe oben S. 73 f. 443 So aber Behr, GRUR Int. 1992, 604, 608; vgl. auch Samson, Marktortregel als allg. Prinzip, S. 121 f. mit Beispielen, der allerdings die Beweisnähe wegen einer Missbrauchsgefahr für nicht entscheidend hält, S. 129. 444 Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 181 f.; Heinze, IPRax 2009, 231, 232. 445 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EuGVO Rn. 85; Heinze IPRax 2009, 231, 232 f. Die weiteren Anreize zum forum shopping bleiben davon unberührt, Kropholler, FS Firsching, S. 165, 172; Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 40 f. 446 Gegen Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 919. 447 Siehe oben S. 71 ff. 448 Siehe oben S. 104 ff. 449 Siehe oben S. 111 ff. 442
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maßlichen Schädigers verortet, drohen die gleichen Probleme wie in den genannten Fällen. Der Mehrwert bei der Beweiserhebung ist sehr gering. Daher sollte auch im Lauterkeitsrecht auf einen Gerichtsstand am Ort des ursächlichen Geschehens verzichtet werden.450 b) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Eine andere Frage ist, ob der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges wettbewerbsspezifisch auszulegen ist. Eine wettbewerbsspezifische Auslegung würde die Anzahl möglicher Zuständigkeiten reduziert. Nach dem Marktortprinzip wäre eine Zuständigkeit nur begründet, wenn der Markt des Forumsstaates betroffen wäre. Im Kollisionsrecht normiert Art. 6 I Rom II-VO das Marktortprinzip. Dabei handelt es sich ausweislich von Erwägungsgrund 21 um keine Sonderregel, sondern um eine Konkretisierung der allgemeinen Regel des Art. 4 I Rom IIVO.451 Wendete man das Marktortprinzip bei der Bestimmung des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolges an, wäre auch das eine Konkretisierung des Merkmals und keine Sonderregel. Gestützt wird ein solches Vorgehen von Erwägungsgrund 7 der Rom II-VO, der einen Einklang zwischen EuGVVO und Rom II-VO anmahnt.452 Dass der Ort der schädigenden Auswirkung marktortspezifisch auszulegen ist, wird auch von denjenigen angenommen, die dem Ubiquitätsprinzip folgen.453 Für eine Auslegung i.S.d. Marktortprinzips spricht die Sach- und Beweisnähe. Ob eine Handlung dazu geeignet ist, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu bestimmten geschäftlichen Entscheidungen zu veranlassen (etwa § 4a oder § 5 UWG), wird das Gericht am Marktort am besten beurteilen können, aber nicht als einziges beurteilen dürfen. Bei der Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO geht es um eine besondere Sach- und Beweisnähe am Tatort, die bei der Auslegung zu berücksichtigen ist. Auch der Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht ist begrüßenswert, auch wenn dieses Argument angesichts der allgemeinen Wohnsitzzuständigkeit nicht überbewertet werden darf.
450
Im Ergebnis auch Schack, IZVR, Rn. 340; ders., MMR 2000, 135, 137 f.; Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 917 f., 920; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 804. A.A. Behr, GRUR Int. 1992, 604, 607; Uhl, Internationale Zuständigkeit, S. 190; Hausman/Obergfell, in: Fezer/Büscher/Obergfell, Band 1, Rn. 394, 462 ff.; Heinze, IPRax 2009, 231, 233; Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 181 f.; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EuGVO 84a. 451 Das genaue Verhältnis ist umstritten vgl. dazu Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 38 ff. 452 Heinze, IPRax 2009, 231, 233. Siehe auch Schack, in: Kohärenz, S. 279 ff. 453 Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 195 f., 204; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EuGVO Rn. 84a; Heinze, IPRax 2009, 231, 233.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
Schutzzweck des Lauterkeitsrechts ist nicht nur der Schutz von Individual-, sondern auch von Kollektivinteressen.454 So schützt das UWG ersichtlich auch das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschtem Wettbewerb (§ 1 S. 2 UWG). Somit kann ein besonderes Interesse begründet sein, dass an dem Ort, an dem diese Interessen beeinträchtigt werden, auch der Prozess verhandelt wird. Auch dieses Argument darf nicht überbewertet werden, es flankiert nur die anderen Gründe für eine einschränkende Auslegung des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolges. Das Marktortprinzip lässt sich in das Auswirkungsprinzip integrieren. Die Handlung des Beklagten wirkt sich dann aus, wenn der Markt beeinträchtigt wird. Allerdings darf dies nicht zu einer materiell-rechtlichen Prüfung führen. Vielmehr genügt es, dass der Kläger schlüssig vorträgt, er stehe im Forum mit dem Beklagten im Wettbewerb oder das die Allgemeininteressen beeinträchtig seien. Dadurch können zufällige Zuständigkeiten, die über die Nutzung des Internets möglich sind, ausgeschlossen werden. Streiten ein schweizerisches und ein britisches Unternehmen über den Wettbewerb in Deutschland,455 dann wäre eine Zuständigkeit etwa in Dänemark nicht zielführend, selbst wenn die irreführende Werbung auch dort abrufbar wäre. Die drittstaatlichen Gerichte sind in der Regel bereits nicht sach- und beweisnah. Da daneben kein schützenswertes Interesse erkennbar ist, an einem Ort zu klagen, wo es an einer Wettbewerbsbeziehung fehlt und wo die Verbraucherinteressen nicht beeinträchtigt werden, muss dort auch kein Gerichtsstand eröffnet werden. c) Weitere Einschränkungen der Zuständigkeit Fraglich ist, ob daneben vorausgesetzt werden muss, dass sich die Handlung im Inland bestimmungsgemäß auswirkt.456 Dagegen sprechen die gleichen Argumente wie im Persönlichkeits-457 und Urheberrecht458. Eine Einschränkung aufgrund subjektiver Kriterien darf dem Verletzten nicht die Möglichkeit der Klage nehmen. Den Begriff „bestimmungsgemäß“ objektiv zu deuten,459 ist widersinnig. Hauptsächlich geht es darum, „spill over-Effekte“ auszuklammern.460 Dafür braucht es aber keine weiteren einschränkenden Merkmale, es genügt die konsequente Anwendung des Auswirkungsprinzips in Gestalt des 454
Vgl. Beater, Unlauterer Wettbewerb, Rn. 21 ff. Wie im Fall BGH GRUR 1971, 153 – Tampax. 456 So etwa BGHZ 167, 91 Tz. 21 – Arzneimittelwerbung im Internet; BGH NJW 2014, 2504 Tz. 26 – englischsprachige Pressemitteilung; Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 924; Heinze, IPRax 2009, 231, 234 f. Zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 12 – Hotelbewertungsportal. Zu § 14 II UWG Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 307 f. 457 Siehe oben S. 80 ff. 458 Siehe oben S. 107 f. 459 Pichler, Internationale Zuständigkeit, Rn. 924; Heinze, IPRax 2009, 231, 234. 460 Vgl. Heinze, IPRax 2009, 231, 235. 455
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Marktortprinzips. Für eine Zuständigkeit müssen die Wettbewerbsbeziehung oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt werden. Besteht schon keine Wettbewerbsbeziehung, wird auch keine Zuständigkeit begründet. Besteht eine solche Beziehung, dann ist nicht ersichtlich, warum die Gerichte an diesen Orten nicht zuständig sein sollen, auch wenn die Einwirkung dort nur gering ist. Insbesondere ist es Aufgabe des materiellen Rechts, zu klären, ob die Einwirkung so marginal ist, dass sie den geschützten Wettbewerb nicht (spürbar) beeinflusst. d) Beschränkte Kognitionsbefugnis Auch im Lauterkeitsrecht fragt sich, ob die Kognitionsbefugnis am Ort des schädigenden Ereignisses beschränkt werden muss, um die forum shopping zu verhindern.461 Wendet man das Marktortprinzip konsequent an, ist die Zahl der zuständigen Gerichte bereits geringer als bei anderen Streuschäden. Auch das vereinheitlichte Kollisionsrecht verringert den Anreiz zum forum shopping.462 Somit wiegen die Argumente, die für eine Begrenzung der Kognitionsbefugnis angeführt werden, im Lauterkeitsrecht noch weniger als im Persönlichkeitsrecht. Von Hein sieht in Art. 6 III lit. b Rom II-VO ein Argument für die Beschränkung der Kognitionsbefugnis.463 Hiernach kann der Kläger am Beklagtengerichtsstand den vollen Schaden in Anwendung der lex fori verlangen.464 Daraus will von Hein folgern, dass der Gesetzgeber selbst von einer beschränkten Kognitionsbefugnis am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ausgegangen sei, da die Norm sonst sinnlos sei. Dem liegt aber ein Missverständnis zugrunde. Die beschränkte Kognitionsbefugnis ist eine Frage der Zuständigkeit und unabhängig davon zu beantworten, welches materielle Recht anzuwenden ist. So können Gerichte durchaus die volle Kognitionsbefugnis haben, müssen aber trotzdem das anwendbare Recht für jeden einzelnen Staat bestimmen. Wenn nun Art. 6 III lit. b Rom II-VO die lex fori für maßgeblich erklärt, wird dadurch die kollisionsrechtliche Mosaikbetrachtung aufgehoben, über die Kognitionsbefugnis sagt dies nichts aus. Hinzu kommt, dass der EuGH die Kognitionsbefugnis am Beklagtengerichtsstand generell nicht begrenzt, sodass auch aus diesem Grund aus Art. 6 III lit. b Rom II-VO kein Argument für eine Beschränkung bezüglich der Kognitionsbefugnis entnommen werden kann. Die Kognitionsbefugnis sollte im Lauterkeitsrecht daher nicht beschränkt werden.
461
Zu dieser Begründung siehe oben S. 82. Siehe oben S. 120. 463 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art. 5 EuGVO Rn. 85. 464 Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 37. 462
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
e) Übertragung der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht? Fraglich ist, ob (neben der beschränkten Kognitionsbefugnis) insgesamt die Grundsätze des EuGH zu Persönlichkeitsverletzungen auf Äußerungsdelikte im Lauterkeitsrecht anzuwenden sind.465 So hat der EuGH in Bolagsupplysningen seine Grundsätze zum Persönlichkeitsrecht – wenn auch ohne Begründung466 – auf juristische Personen erweitert.467 In Deutschland kann der Ehrschutz juristischer Personen über § 823 I BGB (Unternehmenspersönlichkeitsrecht, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), über § 824, § 823 II BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB,468 aber auch über das UWG durchgesetzt werden.469 Damit fragt sich, ob lauterkeitsrechtliche Ansprüche zuständigkeitsrechtlich wie persönlichkeitsrechtliche Ansprüche zu behandeln sind. Immerhin kann eine Handlung mehrere unterschiedliche Ansprüche begründen. So ging es dem Kläger im Fall Bolagsupplysningen darum, die weitere Verbreitung der Aussage, zu unterbinden, dass das Unternehmen „Betrug und Gaunereien“ betreibe.470 In Deutschland könnte dies sowohl einen Anspruch aus § 1004 analog (i.V.m § 823 I BGB, aber auch aus § 824 BGB) und bei bestehender Wettbewerbsbeziehung auch einen Anspruch aus § 8 UWG begründen.471 Die Erweiterung der Zuständigkeitsrechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht auf Unternehmen begründet der EuGH nur damit, dass es „unerheblich“ sei, ob es um natürliche oder juristische Personen gehe.472 Bereits der Leitsatz macht deutlich, dass der EuGH von der Existenz eines Persönlichkeitsrechts juristischer Personen ausgeht. Die Frage nach dem Wesen des Unternehmenspersönlichkeitsrechts ist also keineswegs nur eine solche des materiellen Rechts.473
465
So Ahrens, WRP 2018, 17, 18. Das überrascht, hatte GA Bobek in seinen Schlussanträgen, ECLI:EU:C:2017:554 – Bolagsupplysningen, dieser Frage doch 33 Textzahlen gewidmet. Neben der Kommission (Tz. 39) hatten auch Estland und Großbritannien (Tz. 38) dafür plädiert, die Entscheidung eDate Advertising nicht auf juristische Personen auszuweiten. 467 EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 38 – Bolagsupplysningen; zustimmend Stadler, JZ 2018, 94, 95. 468 Ob juristische Personen beleidigungsfähig i.S.v. § 185 StGB sind, ist ebenfalls umstritten, Valerius, in: BeckOK-StGB, § 185 Rn. 11 ff. m.w.N. Die Rspr. nimmt dies an, BGHSt. 6, 185 ff. 469 Oster, Kommunikationsdeliktrecht, S. 193 m.w.N. 470 GA Bobek ECLI:EU:C:2017:554 Tz. 12 – Bolagsupplysningen. 471 Vgl. etwa den ähnlichen Sachverhalt in OLG Köln ZUM 2012, 493 (abwertende Restaurantkritik). 472 EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 38 – Bolagsupplysningen. 473 Gegen Stadler, JZ 2018, 94, 95. 466
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Der EuGH entscheidet autonom, wie ein nationaler Anspruch im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zu qualifizieren ist. Ob ein Anspruch nach einer nationalen Rechtsordnung etwa vertraglich, deliktisch oder bereicherungsrechtlich qualifiziert wird, ist für den EuGH unerheblich.474 Für Art. 7 Nr. 2 EuGVVO hat der EuGH Regeln entwickelt, wie der Ort der unerlaubten Handlung bei den jeweiligen Ansprüchen zu bestimmen ist. Dabei musste der EuGH Fallgruppen bilden. Wenn der EuGH Äußerungsdelikte gegen Unternehmen dem Persönlichkeitsrecht zuordnet, ist diese Einteilung keine Frage des materiellen Rechts. Es kam also nicht nur darauf an, wie der EuGH bei Ansprüchen aus dem „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ den Ort des Interessenmittelpunktes bestimmt,475 sondern wie Ansprüche von Unternehmen zu klassifizieren sind. aa) Persönlichkeitsrechte für juristische Personen? Ob Ansprüche juristischer Personen internationalprozessrechtlich wie Ansprüche natürlicher Personen behandelt werden müssen, ist deshalb relevant, weil dies den Unternehmen die Möglichkeit gibt, an ihrem Sitz zu klagen. Damit wird einer potenziell wirtschaftlich stärkeren Partei ein Klägergerichtsstand eröffnet. Einen besonderen „Opferschutz“ brauchen juristische Personen sicher nicht. Zumindest in dieser Konstellation bewahrheitet sich die Aussage des EuGH, dass der Beklagte „generell die schwächere Partei“ 476 ist. Im deutschen Recht ist umstritten, ob es ein Persönlichkeitsrecht juristischer Personen überhaupt geben kann.477 Im Kern geht es darum, ob der besondere Schutz, den natürliche Personen genießen, auf juristische Personen übertragen werden kann und muss. Wenn der EuGH den Gerichtsstand am Interessenmittelpunkt des Klägers wirklich zur Stärkung des Persönlichkeitsrechts geschaffen haben sollte,478 hat die Debatte auch zuständigkeitsrechtliche Relevanz. 474
Vgl. Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 795. So aber Stadler, JZ 2018, 94, 95. 476 EuGH ECLI:EU:C:1997:168 Tz. 19 – Farrell/Long. 477 Davon ausgehend in st. Rspr. BGH GRUR 1994, 394 – Blitzanalyse („allgemeines Persönlichkeitsrecht eines Unternehmens“); BGH GRUR 2015, 289 Tz. 12 ff. – Hochleistungsmagneten. Für das englische Recht vgl. die Nachweise bei Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 200 f. und Magnus, RabelsZ 84 (2020), 1, 7. Zum deutschen Recht ebenso Teile der Literatur Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 95 f.; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 334 f. (soweit die Persönlichkeitsrechte für sie passen); Kraft, FS Hubmann, S. 201, 215 ff.; Born, AfP 2005, 110, 112. Ablehnend Kübler, AcP 172 (1972), 177, 196; Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 507, 529, 535 f.; ders., NJW 2014, 3067, 3068; ders., NJW 2016, 23, 24; Koreng, GRUR 2010, 1065, 1069; Beater, Medienrecht, Rn. 1515; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 340; Riexecker, in: MüKo-BGB, Anh. zu § 12 BGB (AllgPersönlR), Rn. 33. Für einen Unternehmensehrschutz, der aus dem Eigentum folgt, Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 204 ff. 478 So Heinze, FS Ahrens, S. 521, 525. 475
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
Wie bereits dargelegt,479 wird mit Art. 7 Nr. 2 EuGVVO kein besonderer Schutz des mutmaßlichen Geschädigten bezweckt, sondern ein Gerichtsstand gesucht, der eine besondere Sach- und Beweisnähe aufweist. Um also zu ermitteln, ob juristische Personen bei der Verletzung eines möglicherweise existierenden Persönlichkeitsrechts ebenso klagen können wie natürliche Personen, ist zu prüfen, ob dies den Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zugrundeliegenden Wertungen entspricht. Der EuGH hat für Persönlichkeitsrechtsverletzungen eine Zuständigkeit der Gerichte am Interessensmittelpunkt des Verletzten angenommen, da die Gerichte an diesem Ort am besten die Auswirkungen der Handlung auf das Persönlichkeitsrecht bestimmen könnten.480 Das sei regelmäßig der gewöhnliche Aufenthaltsort des mutmaßlich Verletzten.481 Bei Persönlichkeitsrechten natürlicher Personen geht es um den Schutz der freien Entfaltung der Person in ihrem sozialen Umfeld. Die Persönlichkeitsrechte sind regelmäßig dann verletzt, wenn diese Entfaltung gestört ist. Folglich ist das Gericht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts am sach- und beweisnächsten. Der Fall Bolagsupplysningen zeigt, dass es bei juristischen Personen häufig um die Einschränkung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit geht.482 Und ob diese eingeschränkt wird, zeigt sich regelmäßig nicht am Sitz der Gesellschaft, sondern an dem Ort, an dem sie wirtschaftlich tätig ist. Der EuGH sieht den Interessensmittelpunkt bei wirtschaftlich agierenden juristischen Personen dort, wo das Unternehmen den wesentlichen Teil seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt, dort sei das „geschäftliche Ansehen“ am ehesten beeinträchtigt.483 Hier zeigt sich deutlich, warum es problematisch ist, von einem Persönlichkeitsrecht juristischer Personen, insbesondere bei Unternehmen, zu sprechen. Hierbei werden – bewusst oder unbewusst – Wertungen aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht übernommen, die auf juristische Personen nicht passen. Der Schutz von Unternehmen zielt darauf, deren wirtschaftliche Betätigungsfreiheit zu sichern.484 Das ist kein Selbstzweck, sondern soll die Funktionsfähigkeit des freien Wettbewerbs sichern.485 Der Schutz natürlicher Personen begründet sich aus sich selbst.486 Dass der Schutz der natürlichen Person auch 479
Siehe oben S. 61 ff. EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 48 – eDate Advertising. 481 EuGH ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 49 – eDate Advertising. 482 Vgl. EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 10 – Bolagsupplysningen. Dazu bereits H. Maurer, Das Persönlichkeitsrecht der jur. Personen, S. 59. Vgl. auch Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 204 („[Der] ‚gute Name‘ ist ein geldwerter Vorteil.“). 483 EuGH ECLI:EU:C:2017:766 Tz. 41 – Bolagsupplysningen. 484 Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 506. Allgemeiner formuliert und daher für alle juristischen Personen passend, geht es darum, „ihr Handeln [zu] ermöglichen“, Brauer, Das Persönlichkeitsrecht der jur. Person, S. 40. 485 Vgl. Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 506 f. 486 Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 508. 480
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft ist, ist nur ein (wichtiger) Nebeneffekt, d.h. eine Folge des Personenschutzes, während die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs der alleinige Grund für den Schutz des Unternehmens ist. Wenn es also geschützt wird, um seine Funktion zu erhalten,487 muss man sich nicht auf die unergiebige Suche nach einem Belegenheitsort einer etwaigen Unternehmenspersönlichkeit machen. Es kommt vielmehr darauf an, wo die Funktion des Unternehmens gestört wird. Die Störung wird – wie im Fall Bolagsupplysningen – in der Kritik am Verhalten oder den Produkten des Unternehmens liegen. Die Störung geschieht dort, wo die Kritik wahrgenommen und dadurch das Marktverhalten beeinflusst wird. Das wird regelmäßig – aber nicht zwingend – der Ort sein, an dem das Unternehmen den wesentlichen Teil seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt. Wenn ein deutsches Unternehmen seine Tätigkeit auf Dänemark ausweiten möchte und dort unwahre Behauptungen über das Unternehmen verbreitet werden, ist die wirtschaftliche Funktion regelmäßig in Dänemark beeinträchtigt und nicht in Deutschland. Der wesentliche Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit liegt aber weiter in Deutschland, sodass der EuGH zu einer internationalen Zuständigkeit in Deutschland kommen würde. Daher sollten auch Ansprüche aus einem etwaigen Unternehmenspersönlichkeitsrecht dem Auswirkungsprinzip i.S. eines Marktortprinzips unterworfen werden. bb) Bolagsupplysningen und Lauterkeitsrecht Unklar ist auch die Reichweite der Entscheidung Bolagsupplysningen des EuGH. Ahrens nimmt an, dass wettbewerbliche Äußerungsdelikte zuständigkeitsrechtlich wie Persönlichkeitsverletzungen zu behandeln seien.488 Dafür könnte sprechen, dass ursprünglich die Ansicht überwog, dass das Lauterkeitsrecht Persönlichkeitsrecht sei489. Eugen Ulmer durchbrach diese persönlichkeitsrechtliche Fixierung und stellte fest, dass Schutzobjekt nicht die Persönlichkeit des Unternehmers, sondern der Schutz des Wettbewerbs, der Mitbewerber und der Abnehmer sei.490 Der EuGH hat nur entschieden, wie Ansprüche aus dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht zu behandeln sind, nicht aber, welche Ansprüche das Unternehmenspersönlichkeitsrecht gewährt. Das hat Auswirkungen auch auf die besonderen Persönlichkeitsrechte, wie etwa das Namensrecht juristischer Personen. So wird etwa angezweifelt, dass 487
Zur Problematik, ob es sich beim „Persönlichkeitsschutz“ von Unternehmen um Funktionsschutz handelt, Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 502 ff. 488 Ahrens, WRP 2018, 17, 18. 489 Lobe, GRUR 1917, 15, 18; ders., GRUR 1931, 1215, 1217 f.; Wertheimer, GRUR 1928, 526. 490 Ulmer, GRUR 1937, 769, 772 f., freilich mit unangenehmen Anklängen an nationalsozialistisches Gedankengut („Interesse des Volksganzen an einer gesunden und sauberen Ordnung“).
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
es sich beim Namensrecht einer juristischen Person um ein Persönlichkeitsrecht handelt.491 Säcker hält diese Diskussion für wenig ergiebig,492 für die internationale Zuständigkeit wird sie aber wichtig. Insbesondere die Übertragbarkeit der Firma nach §§ 22, 23 HGB wird als Argument dafür angeführt, dass es sich nicht um ein Persönlichkeitsrecht handeln könne.493 Allerdings hat § 12 BGB für Unternehmen nur geringe Bedeutung, da §§ 5, 15 MarkenG im geschäftlichen Verkehr einen spezielleren Schutz gewähren.494 Für Unternehmen dient der Schutz des Namens wirtschaftlichen Interessen, sodass es sich nicht um ein Persönlichkeitsrecht handelt.495 Auch bei anderen juristischen Personen handelt es sich nicht um ein Persönlichkeitsrecht. Eine juristische Person kann den Namen aufgeben, wechseln oder ihn übertragen. Das Namensrecht juristischer Personen hat stärkere Bezüge zum Markenrecht. Daher ist zu hoffen, dass der EuGH zuständigkeitsrechtlich wie eine Marke und nicht wie ein Persönlichkeitsrecht behandelt. Der BGH ist dem Ansinnen, lauterkeitsrechtliche Ansprüche zuständigkeitsrechtlich wie Persönlichkeitsverletzungen zu behandeln, zu Recht entgegengetreten.496 Die Sach- und Beweisnähe liegt nicht an einem Interessensmittelpunkt des Unternehmens, sondern dort, wo sich die Handlung auf den Wettbewerb auswirkt.497 Folglich ist das marktortspezifische Auswirkungsprinzip anzuwenden. f) Fazit Ansprüche wegen lauterkeitsrechtlicher Wettbewerbsverletzungen unterfallen dem deliktischen Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.498 Es ist davon auszugehen, dass der EuGH auch hier das Ubiquitätsprinzip anwenden wird.499 Dabei hat das Gericht am Ort des ursächlichen Geschehens gerade bei Onlinesachverhalten nur eine geringe Beweisnähe. Folglich sollte auch hier auf diesen Gerichtsstand verzichtet werden. 491
Forkel, GRUR 1988, 491, 496 f.; Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 170 ff., 511. Dagegen die h.M., siehe nur Brauer, Das Persönlichkeitsrechts der juristischen Person, S. 45 m.w.N. 492 Säcker, in: MüKo-BGB, § 12 Rn. 2. 493 Forkel, GRUR 1988, 491, 496 f.; Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 172, 511 f.; aus § 22 HGB folgert Brauer, Das Persönlichkeitsrecht der juristischen Person, S. 43 eine „Doppelnatur“ des Namensrecht juristischer Personen. 494 Säcker, in: MüKo-BGB, § 12 Rn. 18, 194 ff. In bestimmten Fällen bleibt § 12 BGB anwendbar, BGH GRUR 2014, 506 Tz. 8 – sr.de. 495 Säcker, in: MüKo-BGB, § 12 Rn. 2; Frizsche, in: Staudinger, § 12 BGB Rn. 18; vgl. Krampitz, Das APR von Sportvereinen, S. 99. 496 BGH GRUR 2014, 601 Tz. 24 – englischsprachige Pressemitteilung; zustimmend Sack, WRP 2018, 897, 902 f. 497 Sack, WRP 2018, 897, 902 f. 498 Siehe oben S. 119. 499 Siehe oben S. 119 ff.
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges sollte wie vom EuGH empirisch-autonom ausgelegt werden. Dabei ist eine marktortspezifische Auslegung des Auswirkungsprinzips vorzunehmen.500 Nur wenn nach dem Vortrag des Klägers eine wettbewerbliche Beeinträchtigung möglich erscheint, ist die Zuständigkeit begründet. Weiterer Einschränkungen bedarf es nicht. Die Kognitionsbefugnis der Gerichte sollte dabei nicht beschränkt werden.501 Dass der EuGH Ansprüche aus dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht zuständigkeitsrechtlich wie Persönlichkeitsverletzungen natürlicher Personen behandelt, ist misslich. Auf keinen Fall darf dieser Fehler dadurch vertieft werden, dass man alle wettbewerblichen Äußerungsdelikte so behandelt.502 2. Kartellrecht Auch bei privaten Klagen wegen Kartellrechtsverletzungen ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eröffnet, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.503 Dabei ist das Ubiquitätsprinzip nach herrschender Meinung anzuwenden.504 a) Ort des ursächlichen Geschehens Grundsätzlich sieht der EuGH den Ort des ursächlichen Geschehens an dem Ort, „an dem das schädigende Ereignis seinen Ausgang nahm“.505 Übertragen auf das Kartellrecht erklärt der EuGH den Ort für zuständigkeitsbegründend, an dem die Kartellabrede getroffen oder das Kartell gegründet wurde.506 In 500
Siehe oben S. 121 ff. Siehe oben S. 123 f. 502 Siehe oben S. 127 f. 503 EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz. 34 ff. – CDC Hydrogen; ECLI:EU:C:2018:533 – Lithuanian Airlines; ECLI:EU:C:2019:635 – Tibor-Trans; BGH GRUR-RR 2013, 228 Tz. 12 – Trägermaterial für Kartenformulare; H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 124; Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 81; Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 231 f.; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 374; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 17; dies., JZ 2015, 1138, 1140; Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, Band I, II. A. Rn. 93; Wurmnest, NZKart 2017, 2, 4. 504 EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz.38 – CDC Hydrogen; ECLI:EU:C:2018:533 Tz. 28 – Lithuanian Airlines; ECLI:EU:C:2019:635 Tz. 25 – Tibor-Trans; BGH GRUR-RR 2013, 228 Tz. 14 – Trägermaterial für Kartenformulare; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 107 f.; H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 128; Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 232; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 374; Mäsch, IPRax 2005, 509, 513; Stadler, JZ 2015, 1138, 1140; Wurmnest, NZKart 2017, 2, 4. 505 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 24 – Shevill. Auch im Kartellrecht wird in der deutschen Literatur im Zusammenhang mit Art. 7 Nr. 2 EuGVVO häufig vom Handlungsort gesprochen; siehe etwa Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 108; Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 232. 506 EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz. 44, 46 – CDC Hydrogen; vgl. ECLI:EU:C:2018:533 Tz. 49 – Lithuanian Airlines. Dagegen Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 84 f. 501
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
welchem Verhältnis diese beiden Orte zueinander stehen, erläutert der EuGH nicht. Problematisch sind diese Orte aus anderen Gründen. So wird der Kläger diesen Ort regelmäßig nicht feststellen können,507 sodass der Ort des ursächlichen Geschehens für ihn faktisch keine Zuständigkeit begründen wird.508 Etwas anderes mag für follow on-Klagen gelten, allerdings ist fraglich, ob eine solche auch auf Unterlassen gerichtet werden würde. Immerhin ist das marktwidrige Verhalten bereits festgestellt und sanktioniert worden. Noch schwerer wiegt aber, dass eine Kartellabrede oder auch die Gründung eines Kartells regelmäßig nicht bei einem Treffen oder Gespräch abgeschlossen werden, sondern dass dafür auch mehrere Termine und Orte in Frage kommen.509 Nach dem EuGH sollen diese Orte zuständigkeitsbegründend, wenn sich kein alleiniger Ort finden lässt.510 Versagen muss eine solche Zuständigkeitsbegründung danach bei Absprachen, die am Telefon oder via Onlinekommunikation getroffen wurden.511 Auch ist zweifelhaft, dass der Abspracheort eine besondere Sach- und Beweisnähe erweist.512 Gesondert bestimmt der EuGH die Zuständigkeit bei Kampfpreisen, die ein missbräuchliches Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung darstellen.513 Dann sollen die Gerichte zuständig sein, in deren Territorium es zu dem wettbewerbswidrigen Verhalten gekommen ist, wenn dieses einen eigenständigen Verstoß darstellt.514 Dies ähnelt der von Teilen der Literatur geforderten Zuständigkeit an dem Ort, an dem die Kartellabsprache umgesetzt wurde.515 Wenn die Kartellanten also einen Kampfpreis vereinbart haben, dann wäre der Ort des ursächlichen Geschehens der Ort, an dem der Preis gesenkt wurde.516 Bei vorbeugenden Unterlassungsklagen soll der Ort maßgeblich sein, an dem sich die Abrede ausgewirkt hätte.517 Die Ansicht ist vergleichbar mit dem insbesondere von Schack vertretenen Ansatz, wonach Ort des ursächlichen Geschehens bei Persönlichkeitsverletzungen der Ort der Verbreitung sei.518 Bei einer solchen Bestimmung des Ortes des ursächlichen Geschehens fehlt eine
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W.-H. Roth, IPRax 2016, 318, 323. Vgl. Harms/Sanner/Schmidt, EuZW 2015, 592; v. Hein, LMK 2015, 373398. 509 Brüggemann/Patzer, NZKart 2019, 538, 540; vgl. Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2016, 1, 16. 510 EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz. 45 – CDC Hydrogen; Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 232 f.; Wurmnest, NZKart 2017, 2, 4. 511 H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 130. 512 H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 130; W.-H. Roth, IPRax 2016, 318, 323. 513 EuGH ECLI:EU:C:2018:533 Tz. 51 f. – Lithuanian Airlines. 514 EuGH ECLI:EU:C:2018:533 Tz. 51 – Lithuanian Airlines. 515 Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 112; Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 233. 516 Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 233. 517 Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 112. 518 Siehe oben S. 77 ff. 508
B. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO
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eindeutige Abgrenzung zum Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges.519 Will man das Ubiquitätsprinzip nicht aufgeben, braucht es eine alternative Konkretisierung des Ortes der Verwirklichung des Schadenserfolges. Weiter wird der Ort der Niederlassung der Kartellanten als der Ort des ursächlichen Geschehens gesehen.520 Begründen ließe sich dies damit, dass der Ort der Niederlassung regelmäßig der Ort ist, an dem die Entscheidung getroffen wurde, Kartellabsprachen vorzunehmen und umzusetzen.521 Auch könne davon ausgegangen werden, dass hier am ehesten Beweise gefunden werden können, wenn es denn noch welche gibt.522 Zuzugeben ist, dass es sich in die Dogmatik des EuGH einpasst, den Ort des ursächlichen Geschehens am Sitz des Kartellantens zu verorten. Allerdings stellt sich erneut die Frage, welcher Mehrwert erzielt werden kann, und ob die Nachteile dieses Gerichtsstandes nicht die Vorteile überwiegen.523 Für das Kartellrecht lies sich allerdings das private enforcement und die notwendige effektive Rechtsdurchsetzung anführen. Insbesondere Heinze sieht in der Rechtsprechung des EuGH einen Versuch den Kläger zu begünstigen.524 Das wirft aber erneut die Frage auf, ob der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung klägerbegünstigend verstanden werden soll. Wenn der Gesetzgeber den mutmaßlichen Geschädigten stärken will, wäre der richtige Weg einen besonderen oder einen ausschließlichen Gerichtsstand zu schaffen. Versucht man – dem Zuständigkeitsrecht sachfremde – Erwägungen in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO einzulesen, schadet dies der Vorhersehbarkeit. Auch bei Kartelldelikten sollte daher auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens verzichtet werden oder dieser zumindest auf Fälle der follow on-Klagen beschränkt werden. b) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Zuständigkeitsbegründend ist auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges. Im Fall CDC Hydrogen sieht der EuGH diesen Ort bei Kartelldelikten dort, wo „sich der behauptete Schaden konkret zeigt“,525 das sei der Sitz des
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Dazu auch oben S. 78. Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 91; Mäsch, IPRax 2005, 509, 51. Mit leichten Differenzierungen W.-H. Roth, FS Schilken, S. 427, 430 f., 432 ff.; ders., IPRax 2016, 318, 323. 521 Vgl. H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 140. Siehe dazu oben zum Persönlichkeitsrecht, S. 75 f. 522 W.-H. Roth, IPRax 2016, 318, 323. 523 Siehe dazu auch oben S. 86 ff. 524 Heinze, FS Ahrens, S. 521 ff. Tendenzen den Kläger zu begünstigen, könnten sich etwa in der Rspr. einiger Obergerichte zum sog. Diesel-Skandal erkennen lassen, siehe o. S. 69. 525 EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz. 52 – CDC Hydrogen. 520
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
mutmaßlichen Geschädigten.526 An diesem Ort sei das Gericht besonders beweisnah.527 Überraschend ist diese knappe Begründung für einen Gerichtsstand am Sitz des Geschädigten insbesondere mit Blick auf die Entscheidungen Kronhofer und Kolassa.528 In der deutschen Literatur ist die Entscheidung CDC Hydrogen überwiegend auf Kritik gestoßen.529 Da geschütztes Rechtsgut der Markt sei, hätte der EuGH den Ort des schädigenden Erfolges marktortspezifisch auslegen müssen.530 Diese marktortspezifische Auslegung ist in Deutschland wohl herrschend.531 Kartellrechtsverletzungen seien keine klassischen Vermögensdelikte, sondern schützen primär den Markt.532 Eine solche rechtsgutsbezogene Suche nach dem Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges hat der EuGH allerdings nie verfolgt.533 Inzwischen ist er allerdings von seiner CDC-Rechtsprechung in den Folgeentscheidungen Lithuanian Airlines534 und Tibor-Trans535 abgewichen.536 Zuständig sollen nach neuerer Rechtsprechung die Gerichte des Staates sein, in welchem sich der durch das wettbewerbswidrige Verhalten betroffene Markt befindet und der behauptete Schaden entstanden sein soll.537 Die Gerichte müssen also zweistufig prüfen.538 Zunächst ist der betroffene Markt zu ermitteln. Da dies gerade im einheitlichen EU-Binnenmarkt kein eindeutiges Kriterium ist, braucht es ein zweites Kriterium. Maßgeblich soll der Ort sein, an dem der
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EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz. 53 – CDC Hydrogen. EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz. 54 – CDC Hydrogen; dagegen etwa Heinze, FS Ahrens, S. 521, 527 ff. 528 EuGH ECLI:EU:C:2004:364 – Kronhofer/Maier; ECLI:EU:C:2015:37 – Kolassa/Barclays, siehe dazu unten S. 135 ff. Kritisch auch v. Hein, LMK 2015, 373398. 529 Etwa Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 234; Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, Band I, II A. Rn. 93; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 19a; v. Hein, LMK 2015, 373398; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2016, 1, 16. 530 Statt aller Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 234. 531 BGH GRUR-RR 2013, 228 Tz. 16 – Trägermaterial für Kartenformulare; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 118; Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 234; W.H. Roth, FS Schilken, S. 427, 437; Wurmnest, EuZW 2012, 933, 935. 532 Katt, Gesamtschuldnerische Haftung des Kronzeugen, S. 234; Wurmnest, EuZW 2012, 933, 935. Vgl. auch Heinze, FS Ahrens, S. 521, 529. 533 Siehe oben S. 64 ff. 534 EuGH ECLI:EU:C:2018:533 – Lithuanian Airlines. 535 EuGH ECLI:EU:C:2019:635 – Tibor-Trans. 536 Vgl. Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 19 („in Widerspruch“); Brüggemann/Patzer, NZKart 2019, 538, 541 („vorsichtige Abkehr“). 537 EuGH ECLI:EU:C:2018:533 Tz. 40 – Lithuanian Airlines; ECLI:EU:C:2019:635 Tz. 33 – Tibor-Trans. 538 Vgl. Brüggemann/Patzer, NZKart 2019, 538, 542. 527
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behauptete Schaden entstanden ist. Den Schaden sieht der EuGH in den entgangenen Einnahmen539 bzw. in den entstanden Mehrkosten540. Da nicht davon auszugehen ist, dass der EuGH eine materiell-rechtliche Prüfung auf Zuständigkeitsebene vornehmen wollte, darf dem Kriterium „wettbewerbswidrigen Verhalten“ keine zu große Bedeutung beigemessen werden. Im Kern nähert sich der EuGH damit dem deutschen Auswirkungsprinzip.541 Der Ansatz ist zu begrüßen und sollte fortgeführt werden. c) Kognitionsbefugnis Aus der CDC Hydrogen-Entscheidung konnte zwar geschlossen werden, dass der EuGH die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nicht in ihrer Kognition beschränken wollte.542 Mit Blick auf seine allgemeine Rechtsprechung zum Gerichtsstand am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs überraschen das Fehlen einer Aussage. Auch in den Anschlussentscheidungen fehlen Ausführungen hierzu. Für eine unbeschränkte Kognitionsbefugnis spricht, dass das europäische Kartellrecht harmonisiert ist. In einem einheitlichen Binnenmarkt hat eine Wettbewerbsbeeinträchtigung immer Auswirkungen auf den ganzen Markt. Deshalb darf die Kognitionsbefugnis der Gerichte nicht auf ihr Territorium beschränkt werden. d) Fazit Auch private Schadensersatzklagen wegen Kartellverletzungen unterfallen der deliktischen Zuständigkeit. Der EuGH lokalisiert den Ort des ursächlichen Geschehens bei Kartellabreden an dem Ort, an dem das Kartell gegründet bzw. die Kartellabrede getroffen wurde.543 Dabei weisen beide Orte nur eine geringe Beweisnähe auf und sollten deshalb keine Zuständigkeit begründen. Den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges sieht der EuGH dort, wo der Markt beeinträchtigt und der Schaden eingetreten ist. Der EuGH hat hier das marktspezifische Auswirkungsprinzip übernommen.544 Da die Zuständig-
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EuGH ECLI:EU:C:2018:533 Tz. 36 – Lithuanian Airlines. EuGH ECLI:EU:C:2019:635 Tz. 31 – Tibor-Trans. 541 Vgl. Brüggemann/Patzer, NZKart 2019, 538, 542. Ähnlich auch Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 122 ff., der eine „konkret-individuelle Marktortanknüpfung“ vornimmt und den Ort der Verwirklichung Schadenserfolges dort sieht, wo das Vermögen des Kläger und der Markt geschädigt wurden. 542 EuGH ECLI:EU:C:2015:335 Tz. 55 – CDC Hydrogen; Wurmnest, NZKart 2017, 2, 5 f.; Brüggemann/Patzer, NZKart 2019, 538, 541. Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2016, 16 scheinen hingegen von einer Beschränkung der Kognitionsbefugnis auszugehen. 543 Siehe oben S. 129 ff. 544 Siehe oben S. 131 ff. 540
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keit einfach feststellbar sein muss, dürfen hier keine materiell-rechtlichen Wertungen angesetzt werden. Vielmehr genügt, dass der Kläger schlüssig vorträgt, dass eine Kartellabrede das Marktverhalten verändert hat. Zur Kognitionsbefugnis äußert sich der EuGH nicht ausdrücklich. Die Argumente gegen eine Beschränkung der Kognitionsbefugnis, wiegen im Kartellrecht noch schwerer: Hier soll der europäische Binnenmarkt durch ein vereinheitlichtes materielles Recht geschützt werden. Folgerichtig darf der Kläger nicht gezwungen werden, den Unterlassungsanspruch gegen dieses Verhalten in verschiedenen Mitgliedsstaaten durchsetzen zu müssen. VII. Reine Vermögensschäden Für die internationale Zuständigkeit besonders problematisch sind reine Vermögensschäden. Sie treten typischerweise auf nach betrügerischen Handlungen, mangelnder oder unzureichender Aufklärung bei Kapitalanlagen545 oder bei der Anwaltshaftung.546 So unterschiedlich die Sachverhalte sind, haben sie doch gemeinsam, dass es nach deutschem Verständnis um reine Vermögensschäden geht. Gerade bei ihnen hat die deutsche Dogmatik besondere Probleme, den Erfolgsort zu bestimmen,547 da es an einem konkreten geschützten Rechtsgut fehlt.548 1. Ort des ursächlichen Geschehens Bei den genannten Vermögensdelikten geht es oft darum, dass durch ein fehlerhaftes Verhalten der Beklagten ein Vertragsabschluss erreicht wurde. Gestritten wurde regelmäßig über den Ort des ursächlichen Geschehens, sondern vielmehr über den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges. In der Rechtssache Kronhofer549 wurde ein Österreicher von Deutschland aus telefonisch dazu verleitet, eine Kapitalanlage vorzunehmen. Da der Ort des ursächlichen Geschehens der Ort ist, „an dem das schädigende Ereignis seinen Ausgang nahm“,550 läge dieser hier am Ort des Einsprechens in das Telefon. Bei Onlinesachverhalten wäre auf den Upload bzw. die Onlinefreigabe abzustellen. Auch hier stellt sich das Problem, dass diese Orte keine besondere Beweisnähe haben. Dazu kommt, dass der Verletzte bereits über Art. 4 I EuG-
545 EuGH ECLI:EU:C:2004:364 – Kronhofer; ECLI:EU:C:2015:37 – Kolassa; ECLI:EU:C:2018:701 – Löber. 546 EuGH ECLI:EU:C:2016:449 – Universal Music/Schilling. 547 Siehe bereits oben Fn. 87. Wo das Vermögen belegen ist, wird schon lange diskutiert, etwa Raape, in: Staudinger EGBGB/IPR (1931), S. 203. 548 A.A. BGHZ 132, 105; BGH GRUR 2019, 213 Tz. 18 („Vermögen als geschütztes Rechtsgut“). 549 EuGH ECLI:EU:C:2004:364 – Kronhofer. Dazu ausführlich sogleich. 550 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 24 – Shevill.
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VVO oder Art. 7 Nr. 5 EuGVVO regelmäßig dort klagen kann, wo das „schädigende Ereignis seinen Ausgang nahm“, d.h. am Wohnsitz oder der Niederlassung des Schädigers. Daher sollte auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens wie in den anderen Fällen verzichtet werden. 2. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges zu bestimmen ist schwierig, denn das Vermögen ist etwas Abstraktes.551 Es umfasst alle Vermögenswerte einer Person und kann somit nicht eindeutig an einem Ort lokalisiert werden. Während sich bei einzelnen Vermögensgegenständen ein Belegenheitsort noch ermitteln ließe, ist das etwa bei Forderungen nicht möglich.552 Dem EuGH wurde die Frage nach dem zuständigen Gericht bei Vermögensschäden zum ersten Mal im Fall Kronhofer553 vorgelegt. Der in Österreich lebende Kronhofer war nach eigenen Angaben in ein Telefongespräch dazu verleitet worden, Geld auf einem Konto in Deutschland zu transferieren. Mit diesem Geld hatten die Beklagten Anlagegeschäfte getätigt, ohne den Kläger ausreichend über die Risiken aufzuklären. Kronhofer ging in Österreich gegen die Beklagten vor und stützte sich dabei auf Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, da sein Vermögen gemindert worden sei. Der EuGH meint, dass Ort des schädigenden Ereignisses „nicht schon deshalb [der] Ort des Klägerwohnsitzes“ sei, „weil dem Kläger nach seinem Vorbringen […] in einem anderen Vertragsstaat ein finanzieller Schaden entstanden ist“.554 Der EuGH ließ durch die Worte „nicht schon deshalb“ einigen Raum für Interpretation. Eine Zuständigkeit am Wohnort des Klägers war theoretisch weiter möglich und nur im konkreten Fall ausgeschlossen.555 So kam der EuGH im Fall Kolassa zu dem Ergebnis, dass die Gerichte am Wohnsitz des geschädigten Klägers „insbesondere dann zuständig [sind], wenn sich der besagte Schaden unmittelbar auf einem Bankkonto des Klägers“ in dessen Wohnsitzstaat niedergeschlagen hätte.556 In seiner Argumentation verknüpft der EuGH den Wohnort des Klägers mit dem belastenden Konto. Diese Verknüpfung hat der EuGH in der Rechtssache Löber bestätigt.557 551
Schack, UFITA 108 (1988), 51, 64 Fn. 65. Vgl. Dehnert, Deliktischer Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden, S. 136 f., der daraus folgert, dass auf die Rechtsschutzerwartung der Parteien abzustellen sei und aus dieser eine Zuständigkeit folgert. 553 EuGH ECLI:EU:C:2004:364 – Kronhofer. 554 EuGH ECLI:EU:C:2004:364 Tz. 21 – Kronhofer. Die Klagevertretung stützte ihre Argumentation darauf, dass der Schaden sich auf das Vermögen „allgemein“ ausgewirkt hat. Zielführender wäre es sicherlich gewesen, auf die Überweisung des Geldes auf das deutsche Konto abzustellen. 555 v. Hein, IPRax 2005, 17, 20. 556 EuGH ECLI:EU:C:2015:37 Tz. 55 – Kolassa. 557 EuGH:ECLI:EU:C:2018:701 Tz. 32 – Löber. 552
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Trotzdem gingen Teile der Literatur davon aus, dass allein die Niederlassung der Bank, bei der das Konto geführt wird, maßgeblich sei.558 Doch kann das Urteil auch so verstanden werden, dass der EuGH einen Klägergerichtsstand schaffen wollte und zwar unabhängig von der Niederlassung der Bank.559 Auf letzteres Verständnis deutete das Wort „insbesondere“560 hin.561 Dass der EuGH den Schwerpunkt nicht beim Konto gesehen hat, zeigt die Entscheidung Universal Music562. Universal Music ging gegen ihre Anwälte vor, die beim Kauf eines Aktienpakets eine von ihr gewünschte Änderung nicht in den Vertrag aufgenommen hätten, sodass sie einen höheren Preis geschuldet habe.563 Zwischen Universal Music und dem Verkäufer des Aktienpakets kam ein Vergleich vor einer tschechischen Schiedskommission zustande.564 Anschließend ging Universal Music gegen ihre Anwälte vor, um die Mehrkosten, die durch den Vergleich entstanden waren, ersetzt zu bekommen. Geklagt wurde in den Niederlanden, wo sowohl die eigene als auch die Niederlassung der Bank war, bei der Universal ihr Konto hatte. Der EuGH entschied, dass für die Begründung der Zuständigkeit des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO am Ort des Erstschadens nicht allein an den Niederlassungsort der Bank angeknüpft werden dürfe.565 Der Ort, an dem das Konto geführt werde, sei kein „zuverlässiges Anknüpfungskriterium“.566 Der EuGH hat den Ort des Erstschadens vielmehr dort gesehen, wo der Schiedsvergleich vor der Schiedskommission geschlossen wurde.567 Dem EuGH wurde vorgeworfen, dass er den Vermögensschaden nicht erst in der Erfüllung, sondern bereits in der belastenden Verpflichtung gesehen habe.568 Die Kritik übersieht, dass es hier nicht um eine bloße Verpflichtung ging, sondern um einen Vergleich in einem Schiedsverfahren. Zwar schweigt
558 Müller, EuZW 2015, 218, 224; Steinrötter, RIW 2015, 407, 411; zuvor bereits Lehmann, IPRax 2012, 399, 400 mit Hinweis auf EuGH ECLI:EU:C:2004:364 – Kronhofer. 559 Freitag, WM 2015, 1165, 1167 f.; Wendelstein, GPR 2016, 140, 144. 560 EuGH ECLI:EU:C:2015:37 Tz. 55, 57 – Kolassa. 561 Freitag, WM 2015, 1165, 1167 f.; Wendelstein, GPR 2016, 140, 144. 562 EuGH ECLI:EU:C:2016:449 – Universal Music/Schilling. 563 Universal Music hätte fast 10.000 % mehr zahlen sollen als den Betrag, den sie selbst ermittelt hatten, ein Plus von ca. 30 Millionen Euro. 564 Die Parteien einigten sich, dass Universal Music Rund 2,7 Millionen Euro entrichtet, das Neunfache dessen was Universal Music ursprünglich zahlen wollte. 565 EuGH ECLI:EU:C:2016:449 Tz. 38 f. – Universal Music/Schilling. 566 EuGH ECLI:EU:C:2016:449 Tz. 39 – Universal Music/Schilling. 567 EuGH ECLI:EU:C:2016:449 Tz. 31 f. – Universal Music/Schilling. 568 Mankowski, EuZW 2016, 585, 586.
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der Sachverhalt dazu, doch regelmäßig werden Schiedsvergleiche als Schiedssprüche erlassen, um einen Vollstreckungstitel zu erlangen569. Ein Schiedsspruch ist also deutlich mehr als eine bloße Verpflichtung.570 Er schlägt sich sehr wohl im Vermögen des Geschädigten nieder. Dem EuGH gelingt es nicht, eine klare Linie zu zeichnen, wie mit reinen Vermögensschäden umzugehen ist.571 Das schadet der Vorhersehbarkeit der Zuständigkeit. Fraglich ist auch, ob die genannten Kriterien, die eine Zuständigkeit begründen sollen, wirklich dazu führen, dass ein sach- und beweisnahes Gericht zuständig ist. Vermögensschäden zu lokalisieren macht aber, wie gezeigt, nicht nur dem EuGH Schwierigkeiten. Neben einer Zuständigkeit am Wohnsitz des Geschädigten wurde immer wieder eine Anknüpfung an die Niederlassung der Bank des Geschädigten572 oder an den Verfügungsort573 vorgeschlagen. Der BGH unterscheidet mit der deutschen Lehre bei Kapitalanlagedelikten zwischen Untreue und Betrugsfällen.574 Bei Untreuedelikten liege der Erfolgsort am Ort des Anlagekontos, bei betrugsähnlichen Fällen am „Ort der Minderung des Kontoguthabens“,575 also jeweils am Ort der Niederlassung der kontoführenden Bank. Während das Anlagekonto näher am Schädiger sein wird, wird das Anlegerkonto regelmäßig am Wohnort des Geschädigten geführt. Wenn also bereits die Herbeiführung des Rechtsgeschäfts und nicht erst die spätere Nutzung des Geldes rechtswidrig ist, stellt der BGH auf die erste Überweisung des Geldes ab und bezeichnet den so ermittelten „Erfolgsort“ etwas missverständlich als Handlungswirkungsort.576
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Schack, IZVR, Rn. 1419. Nach deutschem Recht hat ein Vergleich, der als Schiedsspruch erlassen wird, die gleiche Wirkung wie jeder Schiedsspruch, § 1053 II 2 ZPO. Der Schiedsspruch wirkt wie ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil (§ 1055 ZPO) und kann gemäß § 1060 ZPO für vollstreckbar erklärt werden. 571 Mankowski, RIW 2015, 821, 823 empfindet die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO insgesamt „immer verwirrender“. 572 BGH EuZW 2008, 189 Tz. 22 – Kapitalanlageschaden (zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ, aber offengelassen); zu § 32 ZPO mit Bezug auf dieses Heinrich, in: Musielak/Voit, § 32 ZPO Rn. 17; mit Bezug auf EuGH ECLI:EU:C:2015:37 – Kolassa, Steinrötter, RIW 2015, 407, 411; Engert/Groh, IPRax 2011, 458, 462 (nur bei Untreue). 573 v. Hein, IPRax 2005, 17, 21. 574 BGH IPRax 2015, 423 Tz. 33 (zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ). 575 BGH NJOZ 2010, 2277 Tz. 30 (zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO); BGH IPRax 2015, 423 Tz. 33 (zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ). 576 BGH IPRax 2015, 423 Tz. 35 übernimmt dabei den Begriff von S. Huber, IPRax 2009, 134, 137. 570
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Dabei erschließt sich nicht, warum das Gericht am Ort der Kontoführung besonders sach- und beweisnah sein soll.577 Der BGH nimmt an, dass der Ort der Minderung des Kontoguthabens eine besondere Beweisnähe hätte, da dort etwa Gespräche den Parteien stattgefunden hätten.578 In diesen Fällen würden aber Ort des ursächlichen Geschehens und Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges zusammenfallen. Für den Schädiger ist nicht ersichtlich, welcher Gerichtsstand die Zuständigkeit begründet, wenn ausschließlich auf das Konto des Geschädigten abgestellt wird. Vorhersehbar wäre indes eine Anknüpfung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten, allerdings fehlt es auch hier an einer besonderen Sach- und Beweisnähe. Vermögensschäden bzw. Klagen wegen Verletzung vermögensschützender Normen lassen sich schwer verallgemeinern, die einzelnen Fallgestaltungen sind zu unterschiedlich. Im Grundsatz bietet sich trotzdem das Auswirkungsprinzip an. Bei Vermögensdelikten, die einen Vertragsschluss zur Folge haben, liegt der Ort des schädigenden Ereignisses dort, wo der Geschädigte den Vertrag eingegangen ist. Hier finden sich in der Regel die Vertragsdokumente. Dagegen will ein Großteil der Literatur den Ort des schädigenden Ereignisses nicht zuständigkeitsbegründend erachten und ausschließlich auf den Ort des ursächlichen Geschehens abstellen.579 Dies birgt aber wie bei allen Delikten die Gefahr einer negativen Feststellungsklage des Schädigers und bewirkt einen Tatortgerichtsstand, der nur eine geringe Sach- und Beweisnähe hat. 3. Mosaikbetrachtung Zu einer möglichen Mosaikbetrachtung bzw. Beschränkung der Kognitionsbefugnis äußert sich der EuGH in diesen Fällen nicht. Allerdings gibt es nach der Zuständigkeitsbestimmung des EuGH auch keine Streuschäden. Auch sind nur wenige Gerichte zuständig, sodass die beschränkte Kognitionsbefugnis nicht nötig ist, um ein etwaiges forum shopping zu begrenzen. Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges wird nach dem EuGH hauptsächlich am gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten zu verorten sein. Da der EuGH im Persönlichkeits- und im Urheberrecht die Gerichte am Interessenmittelpunkt des Geschädigten ebenso nicht in ihrer Kognition beschränkt hat, ist davon auszugehen, dass er auch bei den Vermögensdelikten keine Einschränkung vornehmen wird. 577
Eine Beweisnähe nehmen BGH NJOZ 2010, 2277 Tz. 31 und Steinrötter, RIW 2015, 407, 411 an. Auch wenn auf den Schutz des Geschädigten im Rahmend es Deliktgerichtsstands abgestellt wird (vgl. etwa Schack, UFITA 108 (1988), 51, 70), dürfte der Ort der Kontoführung in Zeiten von Onlinebanken nicht überzeugen. 578 BGH NJOZ 2010, 2277 Tz. 31 579 Schwarz, Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, S. 160 f. (und zu § 32 ZPO S. 47 ff.); Schack, IZVR, Rn. 345; Stadler, FS Geimer, S. 715, 726; GA Szpunar, ECLI:EU:C:2016:161 Tz. 38 – Universal Music.
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4. Fazit Bei reinen Vermögensschäden ist die Bestimmung der Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO besonders schwierig. Zum Ort des ursächlichen Geschehens hat der EuGH sich bis jetzt noch nicht geäußert, es ist aber davon auszugehen, dass er diesen Ort auch hier am Sitz des angeblichen Schädigers vermutet. Besser wäre es, auf eine Zuständigkeit an diesem Ort zu verzichten. Beim Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs hat der EuGH eine inzwischen reichlich verwirrende Kasuistik entwickelt. Im Kern lokalisiert er ihn am Wohnort des Geschädigten, wenn dort auch sein Bankkonto belegen ist. Richtigerweise ist darauf abzustellen, wo sich die fehlende Aufklärung bzw. das irrtumauslösende Verhalten ausgewirkt hat. Das ist dort, wo der Verletzte die Vereinbarung eingegangen ist. Die Kognitionsbefugnis ist bei reinen Vermögensschäden nicht zu beschränken. VIII. Verbandsklage bei verbraucherschutzwidrigen Praktiken Die Verbandsklage hat im deutschen Recht eine lange Tradition.580 Während die Befugnis, als Interessenverband zu klagen, schon 1965 auf Verbraucherverbände ausgeweitet wurde, folgte der europäische Gesetzgeber erst 1998 mit der Unterlassungsklagerichtlinie.581 Umgesetzt wurde sie in Deutschland im UKlaG.582 Die Richtlinie will das Funktionieren des Binnenmarktes sicherstellen, Art. 1 I UKlaRL.583 Für das deutsche Recht zentral sind die Ansprüche aus §§ 1, 2 UKlaG. Nach § 3 UKlaG stehen diese Ansprüche den „qualifizierten Stellen“, d.h. den Verbraucherverbänden, zu.584 Die Verbände haben damit einen eigenständigen materiell-rechtlichen Anspruch,585 agieren also nicht in gesetzlicher Prozessstandschaft.
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Siehe oben S. 36 ff. Richtlinie vom 98/27/EG 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, inzwischen ersetzt durch Richtlinie 2009/22/EG vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen. 582 Geiger, Kollektiver Rechtsschutz im Zivilprozess, S. 45 f. 583 Vgl. auch ErwGr. 4 – 7 UKlaRl. 584 Walker, § 3 UKlaG, Rn. 5. 585 Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 568 f.; Schack, FS Gerhardt, S. 859, 875 f. (aber kritisch zur Gesetzesterminologie); Geiger, Kollektiver Rechtsschutz im Zivilprozess, S. 41; Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 241; Stadler, VuR 2010, 83, 85. Bis zur Gesetzesnovelle vom 27.06.2000, BGBl. I, S. 897 umstritten, vgl. etwa Lakkis, Kollektiver Rechtsschutz der Verbraucher in der EU, S. 105 ff. Heute noch umstritten ist, ob die Lehre von der Doppelnatur weiter gelten kann, vgl. J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 97 f. m.w.N. 581
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1. Anwendbarkeit der EuGVVO Bei Klagen von Verbraucherschutzverbänden stellt sich die Frage, ob die EuGVVO überhaupt anwendbar ist. Dafür muss es sich gemäß Art. 1 I EuGVVO um eine zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit handeln. Zweifel weckt, dass hier Verbände586 die Interessen einer größeren Anzahl von Personen geltend machen. So verschwimmt die Grenze zwischen öffentlichem und Privatrecht.587 So erlaubt die Unterlassungsklagerichtlinie den Mitgliedstaaten, die Durchsetzung des Verbraucherschutzrechts Behörden zuzuweisen. Ob eine Streitigkeit eine Zivil- und Handelssache ist, muss autonom bestimmt werden.588 Die Abgrenzung zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten ist nicht anhand der Parteien vorzunehmen, sondern anhand des Streitgegenstandes.589 Es ist folglich unerheblich, ob auf einer Seite eine Behörde steht.590 Entscheidend ist vielmehr, ob sie hoheitliche Befugnisse ausübt.591 Gemäß Art. 2 UKlaRL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, qualifizierten Einrichtungen (Art. 3 UKlaRL) die Möglichkeit zu eröffnen, auf Unterlassung zu klagen. Ziel ist es, das Rechtsverhältnis zwischen Verbraucher und Unternehmer gerichtlich zu kontrollieren.592 Dabei werden keine hoheitlichen Befugnisse verliehen, sondern nur die Möglichkeit geschaffen, Klage auf Unterlassung zu erheben. Dass
586 Nach Art. 3 lit. a Richtlinie 2009/22/EG können die Mitgliedstaaten auch unabhängige öffentliche Stellen zur Klage ermächtigen. Dieses Verfahren wählen etwa England und die skandinavischen Staaten; Hopt/Baetge, in: Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 11, 53. Die Einführung einer Behörde zur Durchsetzung der Verbraucherinteressen wurde überwiegend abgelehnt (etwa Hopt/Baetge, in: Bündelung gleichgerichteter Interessen, 11, 53; für „diskussionswürdig“ gehalten von Koch, ZZP 113 (2000), 413, 428). Dabei kennt das Datenschutzrecht schon lange Behörden, die auch im Interesse Privater agieren, § 38 BDSG. Dies übersehen Hopt/Baetge, in: Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 11, 53. 587 K. Schmidt weist daraufhin, dass die Diskussion der Verbandsklage eine Diskussion über die „Arbeitsteilung“ zwischen öffentlichem und Privatrecht sei; zitiert nach Oepen, ZZP 113 (2000), 443, 445. K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 60 sieht eine „Nähe“ der Verbandsklage zum öffentlichen Recht. Greger, ZZP 113 (2000), 399, 409 spricht von einem „überindividuellen, wenn nicht sogar öffentlichen Interesse“. 588 EuGH ECLI:EU:C:1976:137 – LTU/Eurocontrol; Schack, IZVR, Rn. 102; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 1 Brüssel Ia-VO Rn. 1; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 1 EuGVVO Rn. 1. 589 Vgl. EuGH ECLI:EU:C:1976:137 – LTU/Eurocontrol; EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 25 ff. – VKI/Henkel. 590 EuGH ECLI:EU:C:1976:137 – LTU/Eurocontrol; EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 25 – VKI/Henkel. 591 EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 25 – VKI/Henkel. 592 EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 30 – VKI/Henkel.
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es auch dem öffentlichen Allgemeininteresse dient, dass solche Ansprüche geltend gemacht werden, ist unerheblich.593 Folgerichtig ordnet der EuGH Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzverbänden als zivilrechtlich ein.594 Umstritten ist nur noch, ob die EuGVVO auch dann noch anzuwenden ist, wenn der Anspruch nicht von einem privaten Verband, sondern von einer Behörde geltend gemacht wird.595 Eine Differenzierung zwischen Verband und Behörde ist unnötig. Es kommt, wie dargelegt, ausschließlich auf den geltend gemachten Anspruch an, nicht auf die Parteien. Da dieser Anspruch bei verbraucherschützenden Unterlassungsansprüchen privatrechtlicher Natur ist, findet die EuGVVO unabhängig davon Anwendung, ob die Klage von einem privatrechtlichen Verband oder einer Behörde angebracht wird.596 2. Zuständigkeit Der allgemeine Gerichtsstand am Beklagtensitz (Art. 4 I i.V.m. Art. 63 EuGVVO) ist auch bei Klagen vom Verbraucherverbänden eröffnet.597 Keine An-
593 Lakkis, Kollektiver Rechtsschutz der Verbraucher in der Europäischen Union, S. 130 f.; K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 116. 594 Ausdrücklich nur für Unterlassungsklagen gegen missbräuchliche AGB EuGH ECLI:EU:C:2002:555 – VKI/Henkel. Ebenso die Literatur, Lakkis, Kollektiver Rechtsschutz der Verbraucher in der EU, S. 130 f.; Stadler, ZZPInt. 7 (2002), 284, 286; K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 116; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 213; M. Stürner, in: Die EU-Sammelklage, S. 109, 112; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 1 Brüssel Ia-VO Rn. 4. 595 Gegen die Anwendung bei Behörden etwa K. Maurer, Grenzüberscheitende Unterlassungsklagen, S. 10. 596 Michailidou, IPRax 2003, 222, 223; K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 113 ff.; Stadler, JZ 2009, 121, 126; dies., in: Europäisches Rechtsschutzund Verfahrensrecht, § 27 Rn. 27; a.A. K. Maurer, Grenzüberscheitende Unterlassungsklagen, S. 10. 597 K. Maurer, Grenzüberscheitende Unterlassungsklagen, S. 11, 52; K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 117; Stadler, JZ 2009, 121, 124, J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 214.
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wendung finden daneben Art. 17 ff. EuGVVO, da ein Verbraucherschutzverband selbst kein Verbraucher ist.598 Eröffnet ist aber der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.599 Auch für Verbraucherverbandsklagen soll grundsätzlich das Ubiquitätsprinzip anwendbar sein.600 a) Ort des ursächlichen Geschehens Zunächst ist der Ort des ursächlichen Geschehens zu bestimmen. Teile der Literatur sehen diesen Ort an der „Entscheidungszentrale“ des handelnden Unternehmens.601 Das sei bei juristischen Personen in der Regel der Unternehmenssitz.602 Gegen diese Auslegung sprechen die gleichen Gründe wie bei Persönlichkeitsverletzungen:603 Bei größeren Unternehmen ist kaum zu ermitteln, wo die Entscheidung getroffen wurde, sodass man mit einer Vermutungsregel helfen müsste. Eine solche Regel könnte nur den Inhalt haben, dass vermutet wird, dass die Entscheidung am Unternehmenssitz getroffen wurde. Gestaltet man diese Vermutung widerleglich aus, dann könnte faktisch nur der Schädiger die Vermutung erschüttern. Somit hätte dieser es in der Hand, der gerichtlichen Zuständigkeit den Boden zu entziehen, sodass die Zuständigkeit zumindest unwiderleglich zu vermuten wäre. Noch problematischer ist es, den Entscheidungsort bei natürlichen Personen zu bestimmen. Insbesondere bei Einzelunternehmern ist kaum feststellbar, wo die Entscheidung getroffen wurde. Wenn auch hier mit einer Vermutung geholfen werden sollte, müsste sie zu den Geschäftsräumen des Einzelunternehmers führen, nicht zu seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt. 598
EuGH ECLI:EU:C:2002:555 – VKI/Henkel Tz. 33 zustimmend Stadler, ZZPInt. 7 (2002), 284, 287; dies., in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 27, scheint aber de lege ferenda einem besonderen Gerichtsstand für Verbandsunterlassungsklagen zu befürworten (Fn. 118). Sehr kritisch gegenüber Verbrauchergerichtsständen Schütze, FS Graf von Westphalen, S. 621 ff. 599 Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 27. Ausdrücklich nur für AGB EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 50 – VKI/Henkel; ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 38 – VKI/Amazon; so auch zuvor die deutsche Lehre, siehe K. Maurer, Grenzüberscheitende Unterlassungsklagen, S. 12 m.w.N. Heute h.M., BGHZ 182, 24 Tz. 12, insoweit zustimmend Staudinger/Czaplinski NJW 2009, 3375; Stadler, VuR 2010, 83, 86 f.; dies., in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 17. 600 Lakkis, Kollektiver Rechtsschutz der Verbraucher in der EU, S. 137; K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 120; Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 28. 601 K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 126 f.; Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 28; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 216 (für Klagen auf Gewinnabschöpfung). 602 K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 126 f.; Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 28; vgl. J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 216 (für Klagen auf Gewinnabschöpfung). 603 Siehe oben S. 73 f.
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Alternativ könnte der Ort des ursächlichen Geschehens dort gesehen werden, wo die verbraucherschutzwidrigen Praktiken vorgenommen werden. Geschieht dies über das Internet, so wäre das der Einstellungs- bzw. Freigabeort. Auch dieser Ort ist kaum sicher feststellbar, sodass erneut eine Vermutung zum Unternehmenssitz führen müsste. In der Regel wird der Ort des ursächlichen Geschehens in Verbraucherschutzfällen keine besondere Beweis- und Sachnähe aufweisen. Es droht auch hier ein Klägergerichtsstand für negative Feststellungsklagen des Verletzers. Deshalb sollte auch hier auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens verzichtet werden. b) Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges Daneben kann am Ort der Verwirklichung des Erstschadens geklagt werden. Verbraucherschutzklagen ähneln den Klagen wegen lauterkeitswidrigen Verhaltens. Verbraucherschutzrecht soll nicht die Rechtsordnung als solche, sondern die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher schützen.604 Dahinter steht immer auch der Verwirklichung des einheitlichen Binnenmarktes. Negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt hat ein Verhalten dort, wo Personen von ihm Kenntnis erlangen und ihr eigenes Verhalten danach ausrichten. Dabei ist nicht materiell-rechtlich zu prüfen, ob das Verhalten rechtswidrig ist, sondern nur, ob es sich im Forumstaat tatsächlich auswirkt. Bei Verbrauchern stellt sich daneben die Frage, wer überhaupt zur Gruppe der Verbraucher zählt. Ein einheitlicher europäischer Verbraucherbegriff fehlt.605 Der Begriff ist schwer greifbar, denn es handelt sich nicht um eine eindeutig bestimmbare Personengruppe, sondern um eine bestimmte Rolle im Rechtsverkehr:606 Wer gerade als Verbraucher handelt, kann im nächsten Moment für ein anderes Geschäft Unternehmer sein.607 Den unterschiedlichen Verbraucherbegriffen der Richtlinien und Verordnungen gemeinsam ist, dass eine natürliche Person die Rolle als Verbraucher einnimmt, wenn sie weder beruflich noch 604 Dabei legen die Formulierung von EuGH und BGH das erstere Verständnis nahe EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 42 – VKI/Henkel („Angriffe auf die Rechtsordnung“); BGHZ 182, 24 Tz. 12 („Angriffe auf die Rechtsordnung“). So auch K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 123 f. 605 J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 21; Krebber, in: Calliess/Ruffert Art. 169 AEUV Rn. 4. Insgesamt lasse sich kein einheitlicher Verbraucherbegriff finden, da er situationsbedingt zu definieren sei, Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 442. 606 Für einen „rollenspezifischen Verbraucherbegriff“ Drexl, Wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 397 ff.; vgl. auch Krebber, in: Calliess/Ruffert, Art. 169 AEUV Rn. 4. 607 Auch die Politikwissenschaft geht vom Verbraucher als „soziale Rolle“ aus. Da jeder Mensch nicht nur eine Rolle einnehme, müsse es zu Rollen- und Interessenkonflikten kommen; Klug, Repräsentation von Verbraucherinteressen, S. 33 f. m.w.N.
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gewerblich, also zu privaten Zwecken handelt.608 Denkbar ist auch, dass Verbraucher nur diejenigen sind, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Forumstaat haben oder gar deren Staatsangehörigkeit besitzen. Doch spricht bereits Art. 18 EUV gegen ein Verbraucherverständnis, das von der Nationalität abhängig ist. Auch der Zweck der Verbandsklage, nämlich den Binnenmarkt zu schützen und zu erweitern, indem grenzüberschreitende Geschäfte gefördert werden spricht gegen eine Einschränkung auf die Staatsangehörigkeit. Warum auch sollten die rund 870.000 Polen in Deutschland nicht geschützt werden?609 Wenn durch den Binnenmarkt auch erreicht werden soll, dass europäische Ausländer in Deutschland einkaufen können und wissen, dass sie den gleichen Schutz genießen wie im Heimatland, dürfen sie nicht ausgenommen werden. Folglich muss der Verbraucherbegriff unabhängig von Staatsangehörigkeit und gewöhnlichen Aufenthalt verstanden werden. Bestimmt werden muss, wo sich ein Verhalten auf den Binnenmarkt und die Verbraucherinteressen auswirkt. Nimmt man wie hier ein weites Verständnis der Verbraucherinteressen an, so besteht die Gefahr, dass eine Zuständigkeit in allen EU-Mitgliedstaaten begründet wird. Helfen kann hier nur eine saubere Prüfung der Auswirkungen auf die Verbraucherinteressen und den Binnenmarkt, der durch den Verbraucherschutz vereinheitlicht werden soll. Betreibt ein Unternehmen etwa einen Onlineversandhandel in englischer Sprache, so wird dies – solange kein Geoblocking eingesetzt wird – potenziell in der gesamten EU wahrgenommen. Die meisten Unternehmen aber werden ihr Angebot nicht in der gesamten Union vertreiben. Dann wirken sich rechtswidrige AGB auch nicht in anderen Mitgliedstaaten aus, wenn die Produkte dorthin nicht geliefert werden. Liefert das Unternehmen seine Waren nur innerhalb eines Mitgliedstaates, so fehlt bereits ein Binnenmarktbezug, es sind nur Verbraucherinteressen innerhalb dieses Mitgliedstaates betroffen. Liefert das Unternehmen seine Waren dagegen auch in andere Mitgliedstaaten, so spricht nichts dagegen, auch dort eine Zuständigkeit zu begründen. Selbst wenn dorthin nur wenige Artikel geliefert werden, wären dort Verbraucherinteressen und der Binnenmarkt betroffen. Schwierigkeiten bereiten Plattformen, wie soziale Medien, Foren o.ä. und Unternehmen, die digitale Güter anbieten, aber keine körperlichen Güter liefern. Sobald das verbraucherschutzwidrige Verhalten aber in einem Mitgliedstaat von Verbrauchern wahrgenommen werden kann, sind auch deren Interessen betroffen. Folglich muss auch dort eine Zuständigkeit begründet werden. Zum gleichen Ergebnis dürfte K. Kohler kommen, die zwischen vertraglichen und wettbewerblichen Normen unterscheiden möchte. Bei vertraglichen Nor-
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Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 169 AEUV Rn. 24. Anzahl der 2017 in Deutschland lebenden Polen, . 609
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men müsse auf den Ort abgestellt werden, an dem der Kontakt zum Verbraucher hergestellt worden sei, bei Wettbewerbsverstößen sei auf das Marktortprinzip zurückzugreifen.610 Fraglich ist bereits, was „vertragliche“ und was „wettbewerbliche“ Normen sein sollen. Außerdem ist der Ort, an dem das Unternehmen den Kontakt zum Verbraucher hergestellt hat, nach dem hier vertretenen Auswirkungsprinzip der Ort, an dem die Verbraucherinteressen beeinträchtigt wurden. Auch eine Marktortanknüpfung käme zum gleichen Ergebnis. Der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ist folglich dort, wo das Verhalten Auswirkungen auf die dort aktiven Verbraucher und damit auch den Binnenmarkt hat.611 c) Kognitionsbefugnis Wenn man die Einschränkung der Kognitionsbefugnis aus der Shevill-Rechtsprechung auch auf die Verbraucherverbandsklage ausweiten würde,612 hieße das, dass die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nur für eigenes Territorium kognitionsbefugt sind. Für eine Übertragung wird insbesondere wieder die Gefahr des forum shopping angeführt.613 Bei einer sachgerechten Anwendung des Auswirkungsprinzips ist die Zahl der zuständigen Gerichte aber bereits deutlich geringer als angenommen. Auch wird nicht deutlich, warum der Ort des ursächlichen Geschehens privilegiert werden soll – gerade ihm fehlt es an einer besonderen Sach- und Beweisnähe.614 Ziel der UKlaRL ist es, den Binnenmarkt zu stärken und den Verbrauchern grenzüberschreitende Geschäfte zu erleichtern. Dieses Ziel würde unterlaufen, wollte man die Kognitionsbefugnis begrenzen. Wer die Kognitionsbefugnis wie in der Shevill-Rechtsprechung begrenzen will, muss sich fragen, ob dann die Grundsätze aus eDate Advertising und Bolagsupplysningen ebenfalls angewendet werden müssen.615 Stadler lehnt es ab, die Grundsätze aus eDate-Advertising zu übertragen.616 Grund für diese Entscheidung sei gewesen, dass bei Persönlichkeitsrechten besonders schwer zu lokalisieren wäre. Das sei bei Verbraucherschutzklagen aber 610
K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 129. Im Ergebnis wohl auch Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 29. 612 Dafür K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 133 ff.; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 217 f.; Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 39; andeutungsweise Stürner, in: Die EU-Sammelklage, S. 109, 115. 613 Etwa J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 218. 614 Gegen K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 134. 615 Das unterlässt leider J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher in Europa, S. 218, die nur auf die Shevill-Entscheidung abstellt. 616 Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 40. 611
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gerade nicht der Fall. Folglich könne ein unbeschränkter Unterlassungstitel nur am Ort des ursächlichen Geschehens oder am Beklagtengerichtsstand erwirkt werden.617 In der Literatur wurde daher vorgeschlagen, einen Gerichtsstand mit unbegrenzter Kognitionsbefugnis am Sitz der qualifizierten Einrichtung vorzunehmen.618 Dort dürfte eine Zuständigkeit allerdings nur begründet sein, wenn sich das Verhalten auch dort auswirkt. Richtigerweise sollte die Kognitionsbefugnis der Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges deshalb nicht beschränkt werden. 3. Zwischenfazit Ein Verbraucherschutzverband kann auf Unterlassung klagen sowohl am Ort des ursächlichen Geschehens als auch am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges. Es ist davon auszugehen, dass der EuGH den Ort des ursächlichen Geschehens am Sitz des Verletzers lokalisieren wird. Doch sollte auf eine Zuständigkeit an diesem Ort verzichtet werden. Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ist der Ort, an dem sich das Verhalten auf die Verbraucher auswirkt. Bei einer restriktiven Anwendung droht hier keine weltweite Gerichtspflichtigkeit. Die Kognitionsbefugnis der Gerichte ist auch hier nicht zu beschränken. IX. Fazit Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zeichnet sich durch seine besondere Sach- und Beweisnähe aus.619 Dabei ist er entgegen dem EuGH nicht eng auszulegen, sondern so, dass die dahinterstehende Wertung am besten erfüllt werden kann.620 Bei Distanzdelikten unterscheidet der EuGH zwischen dem Ort des ursächlichen Geschehens und dem Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges. Entgegen einer verbreiteten Ansicht sind diese Begriffe nicht gleichbedeutend mit dem deutschen Handlungs621 und Erfolgsort622. Der EuGH bestimmt diesen Ort zu Recht empirisch-autonom und nicht rechtsgutsbezogen. Bei den jeweiligen Fallgruppen ist zu prüfen, wo die Gerichte besonders sach- und beweisnah sind, ohne dass die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes gefährdet wird. Bei Distanzdelikten verortet der EuGH den Ort des ursächlichen Geschehens zunehmend am (Wohn-)Sitz des Schädigers. Dabei hat ausgerechnet dieser Ort keine besondere Sach- und Beweisnähe. Außerdem besteht nur ein kleiner intertemporaler Unterschied zum allgemeinen Gerichtsstand des 617
Stadler, in: Europäisches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht, § 27 Rn. 40. Halfmeier/Rott, VuR 2018, 243, 250. 619 Siehe oben S. 61 ff. 620 Siehe oben S. 62. 621 Siehe oben S. 64 ff. 622 Siehe oben S. 67 ff. 618
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Art. 4 I EuGVVO und der angebliche Schädiger erhielte einen Klägergerichtsstand für eine negative Feststellungsklage. Daher sollte auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens besser verzichtet werden. Beim Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges macht der EuGH grundsätzlich keine Einschränkungen. Eine Ausnahme gilt bei Registerrechten, wie dem Markenrecht, wo eine Klage am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nur zulässig ist, wenn die Marke dort geschützt ist.623 Dabei bedarf der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges durchaus einer Einschränkung. Richtigerweise sollten nur die Gerichte des Staates zuständig sein, auf dessen Territorium sich die Handlung auch auswirkt. Die Auswirkung ist dabei empirisch-autonom zu bestimmen, und zwar ohne Rückgriff auf das materielle Recht. Im Immaterialgüterrecht kann der Auswirkungsort nur im Schutzland liegen,624 bei Lauterkeits- und Kartellrechtsverletzungen nur am Marktort,625 und bei Verbraucherverbandsklagen ist der Auswirkungsort verbraucherspezifisch zu bestimmen.626 Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Gerichte am Ort des ursächlichen Geschehens in ihrer Kognition nicht beschränkt. Folglich können sie territorial unbeschränkte Unterlassungstitel erlassen. Richtigerweise sollten diese Gerichte aber gar nicht zuständig sein. Bei den Gerichten am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges unterscheidet der EuGH. Grundsätzlich sollen die Gerichte an diesem Ort in ihrer Kognitionsbefugnis beschränkt sein. Eine Ausnahme gilt für den „Mittelpunkt des Interesses“ des Geschädigten. An diesem Ort sind die Gerichte in ihrer Kognitionsbefugnis nicht beschränkt. Der EuGH sieht diesen Ort am gewöhnlichen Aufenthalt des mutmaßlich Verletzten. Für Unterlassungsklagen bei Internetsachverhalten hält der EuGH bei Persönlichkeitsverletzungen nur die Gerichte am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges für zuständig, wo sich der Interessensmittelpunkt des Geschädigten befindet.627 Die Gerichte dort sollten über die volle Kognitionsbefugnis verfügen. Die unterschiedliche Kognitionsbefugnis führt insbesondere zu Problemen mit Art. 29 EuGVVO.628 Generell entwertet die beschränkte Kognitionsbefugnis die Gerichtsstände und kann forum shopping nur ungenügend einschränken. Sie steht auch argumentativ auf tönernen Füßen.629
623
Siehe oben S. 112 ff. Siehe oben S. 108 ff. 625 Siehe oben S. 121 ff. und S. 131 ff. 626 Siehe oben S. 143 ff. 627 Siehe oben S. 88 ff. 628 Siehe oben S. 91 f. 629 Siehe oben S. 86 ff. 624
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Vielmehr sollten alle Gerichte die volle, territorial nicht eingeschränkte Kognitionsbefugnis besitzen. Eine unerwünschte weltweite Zuständigkeit kann durch das Auswirkungsprinzip verhindert werden.
C. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO C. G e r ic h ts s ta n d de r u ne r la u b te n H a n d lu n g , § 3 2 Z PO
I. Einleitung Das deutsche autonome Recht der internationalen Zuständigkeit findet nur noch Anwendung, wenn nicht die EuGVVO greift.630 Da die EuGVVO immer Anwendung findet, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat (Art. 4 I EuGVVO),631 findet die ZPO nur noch Anwendung, wenn der Beklagte in einem Drittstaat wohnt. Die deutsche ZPO enthält nur sehr wenige ausdrückliche Aussagen, wie mit internationalen Sachverhalten umzugehen ist. Aus den Regeln der örtlichen Zuständigkeit kann aber grundsätzlich auch die internationale Zuständigkeit abgeleitet werden (Doppelfunktionalität).632 In den Grundwertungen unterscheidet sich der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO nicht von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.633 Wie bereits dargelegt, gilt auch für § 32 ZPO das Ubiquitätsprinzip, hier spricht man von Handlungs- und Erfolgsort und versteht sie als Orte der tatbestandsmäßigen Handlung bzw. der Rechtsgutsverletzung.634 Dabei sollen Immaterialgüterund Persönlichkeitsrechte regelmäßig nur im Schutzland verletzt werden können.635 Diese Diskussion soll hier nicht weiterverfolgt werden. Denn auch im Rahmen von § 32 ZPO sollte nicht auf den Tatbestand oder eine Rechtsverletzung abgestellt werden, sondern wie in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auf die Orte des ursächlichen Geschehens und der schädigenden Auswirkung. Da der Ort des ursächlichen Geschehens, wie dargelegt, regelmäßig keine Zuständigkeit begründen sollte, wird. im Folgenden nur noch geprüft, ob die Rechtsprechung im Rahmen der Erfolgsortzuständigkeit weitere Einschränkungen vornimmt, um eine Zuständigkeit auszuschließen. II. Persönlichkeitsrechtsverletzungen Um zu verhindern, dass bereits die Abrufbarkeit eines Inhalts eine Erfolgsortzuständigkeit in Deutschland begründet, legt der BGH den Erfolgsort einschränkend aus. Es bedürfe eines besonderen Inlandsbezugs zum Forum, der 630 Vgl. Heinrich, in: Musielak/Voit, § 12 ZPO Rn. 17; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 4 EuGVVO Rn. 8. 631 EuGH ECLI:EU:C:2000:399 – Group Josi. 632 Schack, IZVR, Rn. 266 und oben S. 60. 633 Siehe oben Fn. 90 m.w.N. 634 Siehe oben zum Handlungsort S. 64 ff. und zum Erfolgsort S. 67 ff. 635 Siehe oben Fn. 60 m.w.N.
C. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO
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vorliegen soll, wenn die Kenntnisnahme des Inhalts im Inland erheblich wahrscheinlicher ist als durch die bloße Abrufbarkeit.636 Gemeint ist, dass die bloße tatsächliche Abrufbarkeit nicht genügen soll, sondern der Internetauftritt so gestaltet sein muss, dass mit einem Abruf im Inland zu rechnen ist. Mit Recht abgelehnt hat der BGH subjektive Kriterien wie „gezielt“ oder „bestimmungsgemäß“.637 Die Verletzung der Persönlichkeit tritt nämlich unabhängig vom Willen des Handelnden ein.638 Um den Inlandsbezug zu bestimmen, hat der BGH verschiedene Indizien herangezogen. Dazu zählte er den Wohnort des Betroffenen639 sowie den der registrierten Nutzer einer Internetseite.640 Skeptisch äußerte er sich zu den konkreten Abrufzahlen, da diese nur schwer feststellbar und insbesondere dem Kläger nicht immer zugänglich seien.641 Das gilt aber genauso für den Wohnort der registrierten Nutzer, sodass auch der kein taugliches Kriterium sein kann. Ein weiteres Indiz ist für den BGH die Sprache, weshalb er einen hinreichend Inlandsbezug bei einem Inhalt in kyrillischer Schrift und russischer Sprache ablehnte.642 Das überzeugt nur zum Teilen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, eine weltweite Zuständigkeit zu verhindern.643 Zuständig sollten nur die Gerichte sein, die eine besondere Sach- und Beweisnähe aufweisen. Dafür scheint sich der BGH auf die Suche nach einem Auswirkungsort zu machen. Eine materiell-rechtliche Suche nach der Belegenheit der Persönlichkeit, scheint er nicht mehr vorzunehmen.644 Richtig ist, dass die Abrufzahlen regelmäßig kein taugliches Kriterium sein können, da sie kaum ermittelbar sind.645 Auch subjektive Kriterien dürfen nicht herangezogen werden.646 Dies gilt aber nicht nur für Online-, sondern für alle Sachverhalte. 636 BGHZ 217, 350 Tz. 17 – Internetforum; 184, 313 Tz. 17 – New York Times; BGH NJW 2011, 2059 Tz. 8 – Sieben Tage in Moskau. 637 BGHZ 184, 313 Tz. 18 – New York Times, ausdrücklich aber nur für Onlinesachverhalte. Siehe dazu auch oben S. 80 ff. Anders noch BGH GRUR 1978, 194, 195 – profil, für den Vertrieb einer Zeitschrift. 638 BGHZ 184, 313 Tz. 17 – New York Times. 639 BGHZ 184, 313 Tz. 21 – New York Times. 640 BGHZ 184, 313 Tz. 22 – New York Times. 641 BGHZ 184, 313 Tz. 19 – New York Times. 642 BGH NJW 2011, 2059 Tz. 8 – Sieben Tage in Moskau. Zu Recht kritisch Brand, NJW 2011, 2061. 643 Damm, GRUR 2010, 891, 893; Degmair, K&R 2010, 341, 342; Schlüter, AfP 2010, 340, 346; Adena, RIW 2010, 868, 871. 644 Siehe oben S. 67 ff. 645 Damm, GRUR 2010, 891, 893; a.A. Oster, Kommunikationsdeliktsrecht, S. 407; Schlüter, AfP 2010, 340, 347. 646 So auch Adena, RIW 2010, 868, 871; a.A. Damm, GRUR 2010, 891, 893; Degmair, K&R 2010, 341, 342; Schlüter, AfP 2010, 340, 346 f.
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Problematisch ist aber, dass die vom BGH verwendeten Maßstäbe in der alltäglichen Praxis kaum handhabbar sind.647 Wann genau die „Kenntnisnahme des Inhalts im Inland erheblich wahrscheinlicher“ als durch die bloße Abrufbarkeit sein soll, ist schwer zu bestimmen. Die Sprache ist häufig kein taugliches Kriterium.648 Bei der russischen Sprache geht die Argumentation des BGH an der Realität vorbei. So war Russisch nicht nur ein Schwerpunkt an den Schulen der ehemaligen DDR,649 auch die zahlreichen Migranten aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion sind meistens der russischen Sprache mächtig. Wenn aber ein Inhalt von bis zu sechs Millionen Menschen in Deutschland verstanden werden kann650 – was etwa der Einwohnerzahl Dänemarks entspricht – darf eine internationale Zuständigkeit in Deutschland nicht versagt werden. Sie ist überall dort begründet, wo sich der möglicherweise persönlichkeitsverletzende Inhalt auswirkt, d.h. wo nach dem Vortrag des Klägers sein sozialer Geltungsanspruch beeinträchtigt sein kann. Dafür sollte das Gleiche gelten wie im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.651 III. Urheberrechtsverletzungen Im Urheberrecht hat der BGH eine Erfolgsortzuständigkeit im Rahmen von § 32 ZPO zunächst nur angenommen, wenn der Inhalt bestimmungsgemäß im Inland wahrnehmbar war.652 Obwohl das Kriterium durchaus kritisch ist,653 wurde es von der Literatur begrüßt.654 Doch auch im Urheberrecht hat der BGH das Kriterium „bestimmungsgemäß“ – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH – inzwischen aufgegeben.655 Angesichts der Kritik, die dem BGH entgegenstieß, als er auf das Kriterium im Persönlichkeitsrecht verzichtete, überrascht hier das Schweigen der Literatur. Auffällig ist auch, dass der BGH sich nicht zu weiteren Einschränkungen äußert. Seine Entscheidungen zum Persönlichkeitsrecht lagen in diesem Zeitpunkt bereits vor. Schon wegen des persönlichkeitsrechtlichen Gehalts des Urheberrechts656 lag eine Gleichbehandlung von Urheber- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen nahe. Demnach 647
Degmair, K&R 2010, 341, 342 f. So auch Brand, NJW 2011, 2061. 649 Brand, NJW 2011, 2061. 650 Die Anzahl der russischsprachigen Menschen in Deutschland ist umstritten, wobei einige Schätzungen von bis zu sechs Millionen Menschen ausgehen, . 651 Siehe oben S. 83 ff. 652 BGHZ 185, 291 Tz. 14 – Vorschaubilder I; kritisch dazu Rössl, MMR 2010, 480. 653 Siehe oben S. 80 ff. 654 Siehe insbesondere die Kritik, als der BGH das Kriterium im Persönlichkeitsrecht aufgab (oben S. 149) und die Nachweise oben Fn. 167. 655 BGH GRUR 2016, 1048 Tz. 18 – An Evening with Marlene Dietrich. 656 Siehe oben S. 109. 648
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wäre auch bei Urheberrechtsverletzungen ein besonderer Inlandsbezug nötig.657 Erklären lässt sich die unterschiedliche Behandlung wohl nur daraus, dass die persönlichkeitsrechtlichen Entscheidungen vom VI. Zivilsenat, die urheberrechtlichen vom I. Zivilsenat stammen. Im Anschluss an die Marlene Dietrich-Entscheidung des BGH haben die unterinstanzlichen Gerichte ebenfalls keine weiteren Einschränkungen vorgenommen.658 Richtigerweise ist auch im Urheberrecht auf die Auswirkung abzustellen.659 Der Kläger muss darlegen, dass die Handlung sich auf seine urheberrechtlichen Interessen im Gerichtsstaat auswirkt. Es kommt also darauf an, für welches Territorium der Kläger Schutz beansprucht. Dies mag gelegentlich zu Gerichtsständen in Staaten führen, auf deren Territorium nur geringe Auswirkungen spürbar sind. Doch ist es nicht Aufgabe der Zuständigkeitsordnung zu entscheiden, ob eine materiellrechtliche Verletzung schwerwiegend genug war, um verfolgt zu werden. IV. Markenrechtsverletzungen Auch im Markenrecht fragt sich, ob deutsche Gerichte immer international zuständig sind, sobald ein Inhalt über das Internet im Inland abrufbar ist. Als einschränkendes Kriterium kam erneut das bestimmungsgemäße Ausrichten in Betracht. Das hatten manche unterinstanzliche Gerichte für die internationale Zuständigkeit vorausgesetzt.660 Der BGH ließ das im Fall Hotel Maritime zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO offen, obwohl „viel für eine Begrenzung“ spreche.661 Auch in seiner Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht, in der er das Kriterium des bestimmungsgemäßen Ausrichtens aufgibt, erwähnt der BGH zwar das Markenrecht, legt sich inhaltlich aber nicht fest.662 Beiläufig erklärt er allerdings, dass dieses Kriterium bei „marktbezogenen Delikten wie Wettbewerbsverstößen seine Berechtigung“ habe.663 Es ist davon auszugehen, dass der BGH auch bei Markenverletzungen auf ein bestimmungsgemäßes Ausrichten verzichten wird. Möglich erscheint aber, dass er seine Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrecht auf das Markenrecht überträgt. Doch taugen die vom BGH genannten Kriterien im Markenrecht wenig. Richtigerweise ist auch hier nur zu prüfen, ob sich die Handlung im Gerichtsstaat auswirkt. Die Benutzung eines geschützten Zeichens wirkt sich im Inland aus, wenn eine Markenfunktion dadurch beeinträchtigt sein kann. Dabei 657
Siehe oben S. 149. Etwa OLG Frankfurt a.M. ZUM-RD 2019, 532, 534; LG Köln BeckRS 2017, 144887. 659 Siehe oben S. 108 ff. 660 LG Düsseldorf GRUR 1998, 159, 160 – Epson. 661 BGH GRUR 2005, 431, 432 – Hotel Maritime; erneut offengelassen in: GRUR 2015, 1004 Tz. 15 – IPS/ISP. 662 Vgl. BGH GRUR 2016, 1048 Tz. 18 – An Evening with Marlene Dietrich. 663 BGHZ 184, 323 Tz. 18 – New York Times. 658
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
erfolgt keine materiell-rechtliche Prüfung, vielmehr reicht das schlüssige Vorbringen des Klägers. Eine Beeinträchtigung der Kennzeichenfunktion läge etwa vor, wenn das vom Beklagten verwendete Zeichen im Inland geschützt ist. V. Patentverletzungen § 32 ZPO gilt auch für Patentverletzung.664 Umstritten war lange, ob bei einem im Ausland geschützten Patent eine Zuständigkeit im Inland begründet sein kann.665 Begründet wurde dies mit dem Territorialitätsprinzip. Dabei trifft dieses keine grundsätzliche Aussage über die internationale Zuständigkeit.666 Vielmehr geht es erneut darum, ob materiell-rechtliche Wertungen bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit eine Rolle spielen sollen. Wäre das der Fall, würde das Territorialitätsprinzip dazu führen, dass eine Zuständigkeit nach § 32 ZPO nur dort begründet ist, wo das Patent geschützt ist.667 Nach hier vertretener Auffassung sollte auch bei § 32 ZPO nicht auf den Tatbestand zurückgegriffen werden, sondern eine empirische Bestimmung vorgenommen werden. Dann wäre der Handlungsort dort, wo das schädigende Ergebnis seinen Ausgang nahm. Bei einem Anbieten i.S.v. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG auf einer Homepage dort, wo der der Beklagte die Anzeige eingestellt hat, und zwar unabhängig davon, ob das Patent dort geschützt ist. Fraglich ist, wo der Erfolgsort einer Patentverletzung liegt. Bestimmt man auch diesen ohne Rückgriff auf das materielle Recht, kann es nicht darauf ankommen, ob eine Verletzung vorliegt. Vielmehr muss genügen, wenn der Kläger vorträgt, dass das Verhalten des Beklagten eine schädigende Auswirkung hat. Eine solche kann aber im Inland nur vorliegen, wenn das Patent dort überhaupt geschützt ist.668 Unproblematisch wird eine Zuständigkeit begründet, wenn ein im Inland patentiertes Produkt auf einer Messe im Inland angeboten oder geliefert wird.669 Schwieriger ist zu bestimmen, ab wann ein Anbieten i.S.v. § 9 S. 2 Nr. 1, 2 PatG vorliegt. Auch hier wird verneint, dass die bloße Abrufbarkeit einer Homepage genüge.670 Soweit ersichtlich hat der BGH sich dazu noch nicht geäußert. Auch hier wird man hier an die Rechtsprechung des EuGH zum Markenrecht anknüpfen können. Für eine Zuständigkeit am Erfolgsort 664 BGHZ 204, 114 Tz. 24 – Audiosignalcodierung; Reichardt, Internat. Zuständigkeit, S. 21; Voß, in: BeckOK-PatR, Vor § 139 PatG Rn. 52; Nirk/Ullmann/Metzger, Patentrecht, Rn. 1335. 665 Siehe die Nachweise bei Reichardt, Internat. Zuständigkeit, S. 44 f. und Schauwecker, Extraterritoriale Patentverletzungsjurisdiktion, S. 21. 666 Schauwecker, Extraterritoriale Patentverletzungsjurisdiktion, S. 29, 101. 667 Vgl. Schauwecker, Extraterritoriale Patentverletzungsjurisdiktion, S. 111. 668 Siehe dazu auch im Markenrecht oben S. 112 ff. 669 BGHZ 204, 114 – Audiosignalcodierung. 670 Nirk/Ullmann/Metzger, Patentrecht, Rn. 1335.
C. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO
153
muss das Patent im Inland geschützt sein. Daneben braucht es eine Auswirkung auf das Patent, die etwa vorliegt, wenn das patentierte Erzeugnis zum Kauf im Inland angeboten wird. VI. Lauterkeits- und Kartellrecht 1. Lauterkeitsrecht Das UWG kennt eine eigene Zuständigkeitsnorm in § 14 UWG. Hiernach ist eine Zuständigkeit dort eröffnet, wo die streitgegenständliche „Handlung begangen“ worden ist. Damit ähnelt § 14 II 1 UWG dem § 32 ZPO, sodass die zu § 32 ZPO ergangene Rechtsprechung und die wissenschaftliche Diskussion zur Auslegung herangezogen werden können.671 Allerdings ist § 14 II 1 UWG durch Satz 2 stark eingeschränkt: Danach können Verbände am Ort der unerlaubten Handlung nach Abs. 1 nur klagen, wenn der Beklagte im Inland keine Niederlassung oder keinen Wohnsitz hat. Seit Mitte der 1990er Jahre haben Onlinesachverhalte die Rechtsprechung im Lauterkeitsrecht vor Probleme gestellt.672 Auch hier geht es vornehmlich darum, ob die bloße Abrufbarkeit eine Zuständigkeit im Inland begründen soll.673 Der BGH bestimmt den Erfolgsort wettbewerbsspezifisch als Marktort.674 Daneben steht aber die Frage im Raum, ob der Erfolgsort noch weiter eingeschränkt werden muss. In seiner Auslegung von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist der BGH davon ausgegangen, dass eine bestimmungsgemäße Verbreitung nötig sei.675 Ob der BGH davon mit Blick auf seine Entscheidungen zum Persönlichkeitsrecht und die EuGH-Rechtsprechung abweichen wird, hat er offengelassen.676 Allerdings hat der BGH festgestellt, dass das subjektive Kriterium bei „marktbezogenen Delikten wie Wettbewerbsverstößen seine Berechtigung“ hätte.677 Doch auch im Lauterkeitsrecht versagen
671 OLG Köln GRUR 1978, 658 – Immer jünger (zur inhaltsgleichen Vorgängernorm § 24 II UWG); Ehricke, in: MüKo-UWG, § 14 UWG Rn. 41; Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 14 UWG Rn. 13; vgl. Lindacher, Internat. Wettbewerbsverfahrensrecht, § 8 Rn. 25; vgl. auch OLG Bremen BeckRS 2000, 31153001 (ebenfalls zu § 24 II UWG). 672 Siehe die Nachweise bei Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 260 – 288. 673 Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 286. 674 BGH GRUR 2014, 601 Tz. 24 – Englischsprachige Pressemitteilung (zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO); BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 12 – Hotelbewertungsportal (zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ). 675 BGHZ 167, 91 Tz. 21 – Arzneimittelwerbung im Internet; BGH NJW 2014, 2504 Tz. 26 – Englischsprachige Pressemitteilung. Zum Art. 5 Nr. 3 LugÜ BGH GRUR 2015, 1129 Tz. 12 – Hotelbewertungsportal; aus der Literatur etwa Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 260. Siehe auch oben S. 122 f. 676 BGH GRUR 2016, 1048 Tz. 18 – An Evening with Marlene Dietrich verweist nur auf seine Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht. 677 BGHZ 184, 313 Tz. 18 – New York Times.
154
2. Teil – Internationale Zuständigkeit
subjektive Kriterien.678 Um eine weltweite Gerichtspflichtigkeit zu verhindern, bedarf es vielmehr einer konsequenten Anwendung des Auswirkungsprinzips. Nur wenn es im Gerichtsstaat zu Auswirkungen auf Mitbewerber oder Verbraucher kommt, kann sich eine Zuständigkeit begründen. Eine solche Auswirkung fehlt etwa, wenn der Betreiber der Internetseite darauf hinweist, dass er seine Waren nicht im Inland vertreibt. Durch solche Disclaimer679 kann der Anbieter deutlich machen, dass er nicht auf den inländischen Wettbewerb einwirkt.680 Weitere Änderungen des § 14 UWG werden diskutiert. So hat die Bunderegierung eine grundlegende Novellierung des § 14 UWG vorgeschlagen.681 Danach sollen die Gerichte am Ort der unerlaubten Handlung nur zuständig sein, wenn „sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet“ (§ 14 II S. 2 UWG-E) oder wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, § 14 II S. 3 UWG-E. Grund dieser Einschränkung ist ausdrücklich der Beklagtenschutz.682 § 14 II S. 2 UWGE soll einen deliktischen Gerichtsstand nur noch eröffnen, wenn der Kreis derjenigen, die von der Handlung Kenntnis nehmen, begrenzt ist, etwa auf einer Messe, durch Telefonwerbung oder bei Haustürbesuchen.683 Der Bundesrat hat daran keine Kritik geäußert, sondern vielmehr gefragt, ob eine solche Einschränkung auch auf Urheber- und Pressedelikte erweitert werden kann.684 Für die internationale Zuständigkeit hat die geplante Einschränkung wenig Bedeutung, da der deliktische Gerichtsstand auch weiter hier nur eröffnet ist, wenn der Schädiger keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Bislang ist Gesetzesentwurf noch nicht beschlossen.
678
Siehe oben S. 122 f. Siehe dazu auch Puhr, Internationale Zuständigkeit, S. 295 – 297. 680 Vgl. BGH GRUR 2006, 513 Tz. 22 – Arzneimittelwerbung im Internet, wonach Disclaimer ausreichen sollen, damit keine Zuständigkeit am Erfolgsort begründet wird (zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO). 681 BT-Drs. 19/12084, S. 10. 682 BT-Drs. 19/12084, S. 35. 683 So die Beispiele aus BT-Drs. 19/12084, S. 36. 684 BT-Drs. 19/12084, S. 47. 679
C. Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO
155
2. Kartellrecht Auch bei privaten Kartellrechtsklagen ist § 32 ZPO anwendbar.685 Die Literatur will den Begehungsort wettbewerbsspezifisch als Auswirkungsort bestimmen,686 deshalb bestehe kein Wahlrecht zwischen Handlungs- und Erfolgsort.687 Daneben fordert sie eine „hinreichende Inlandsauswirkung“.688 Der BGH hingegen sieht den Erfolgsort bei Schäden aufgrund von Kartellabsprachen unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung am Sitz des geschädigten Unternehmens.689 Eine weitergehende Einschränkung oder eine Begründung für diese Lokalisierung bietet er nicht. Die Rechtsprechung des EuGH zu Kartelldelikten ist dabei deutlich komplexer, als es der BGH darlegt.690 Richtigerweise ist der Erfolgsort auch bei Kartelldelikten nach einem marktortspezifischen Auswirkungsprinzip zu bestimmen. Wenn die Kartellabrede bzw. das Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung Auswirkungen auf den Wettbewerb im Gerichtsstaat, begründet das seine internationale Zuständigkeit. VII. Weitere Vermögensschäden Bei Vermögensschäden sucht der BGH den Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde.691 Der BGH sieht ihn etwa am Ort der Banküberweisung692 und bei Kartelldelikten am Sitz des Geschädigten693. In der deutschen Literatur wurde gefordert, dass der Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden keine Zuständigkeit begründen solle.694 Ausgelöst durch den Diesel-Skandal haben zahlreiche Obergerichte einen Gerichtsstand an der Belegenheit des Vermögens des Geschädigten gesehen und diesen an seinen Wohnort verortet.695 Vielmehr ist der Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden aber 685
BGH GRUR Int. 1980, 176, 177 – BMW-Reimport; GRUR 2019, 213 Tz. 18 – Zuckerkartell; Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 317; Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 138; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 367; Heinrich, in: Musielak/Voit, § 32 ZPO Rn. 4 f. 686 Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 367 687 Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 318 f.; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 370. 688 Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 370. 689 BGH GRUR 2019, 213 Tz. 18 – Zuckerkartell. 690 Dazu oben S. 131 ff. 691 BGHZ 132, 105, 111; BGH GRUR 2019, 213 Tz. 18 – Zuckerkartell. 692 BGHZ 132, 105, 118; so auch BayObLG BeckRS 2003, 30313585 II 2 b; OLG Nürnberg BeckRS 2006, 05546; OLG Karlsruhe BeckRS 2006, 9503, Tz. 15; OLG Hamm NJWRR 2019, 658 Tz. 23. 693 BGH GRUR 2019, 213 Tz. 18 – Zuckerkartell. 694 Schack, IZVR, Rn. 345; ders., UFITA 76 (2012), 597, 598; Stadler, FS Geimer, S. 715, 726 (ausdrücklich nur für die EuGVVO); a.A. Dehnert, Deliktischer Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden, S. 143 f. 695 Siehe oben S. 69.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
dort, wo über das Vermögen verfügt wurde.696 Dies ist der Regel dort, wo der Geschädigte die Zahlung vorgenommen hat. Dort hat sich das schädigende Verhalten ausgewirkt.697 VIII. Kognitionsbefugnis Ausdrückliche Aussagen zur Kognitionsbefugnis finden sich in der einschlägigen Kommentarliteratur zum deutschen Recht nur selten.698 Das liegt daran, dass das Konzept einer begrenzten Kognitionsbefugnis in Deutschland eher unbekannt ist. Das vom EuGH entwickelte Modell der beschränkten Kognitionsbefugnis entstammt der französischen Rechtstradition.699 Dagegen entschieden die Vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts bereits 1909, dass ein nach § 32 ZPO zuständiges Gericht stets über den gesamten Schaden entscheiden kann.700 Dem ist die deutsche Rechtswissenschaft bis heute gefolgt701 und der Beschränkung der Kognitionsbefugnis durch EuGH entschieden entgegengetreten702. Da auch der EuGH inzwischen von der Beschränkung teilweise wieder abrückt,703 sollte sie nicht ins deutsche Zuständigkeitsrecht übertragen werden. Damit sind die Gerichte am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung in ihrer Kognition nicht beschränkt.704 Ein nach § 32 ZPO zuständiges Gericht kann also einen weltweiten Unterlassungstitel erlassen.
D. Gerichtsstand der Niederlassung, Art. 7 Nr. 5 EuGVVO D . G e r ic h ts s ta n d d er N ie de r la s s u n g , Ar t. 7 N r. 5 E u G V V O
Gemäß Art. 7 Nr. 5 EuGVVO kann auch an dem Ort geklagt werden, an dem sich eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung befindet, wenn die Streitigkeit aus diesem Verhältnis entspringt. Der EuGH legt den
696
Siehe oben S. 69. Dazu oben S. 135 ff. 698 Soweit ersichtlich nur H. Roth, in: Stein/Jonas, § 32 ZPO Rn. 48; Geimer, IZPR, Rn. 867. 699 Siehe oben S. 87 und die Nachweise in Fn. 205. 700 RGZ 72, 41, 44 ff. 701 H. Roth, in: Stein/Jonas, § 32 ZPO Rn. 48; Looschelders, ZVglRWiss. 95 (1996), 48, 89; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 166; Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 139. Vgl. Schack, IZVR, Rn. 346. 702 Siehe Nachweise oben in Fn. 218. 703 Siehe dazu oben S. 88 ff. 704 RGZ 72, 41, 44 ff.; H. Roth, in: Stein/Jonas, § 32 ZPO Rn. 48; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 166; Wäschle, Internat. Zuständigkeit bei Weltkartellen, S. 139; Geimer, IZPR, Rn. 867; a.A. Nink/Ullmann/Metzger, Patentrecht, Rn. 1335 (PatentR). 697
D. Gerichtsstand der Niederlassung, Art. 7 Nr. 5 EuGVVO
157
Niederlassungsbegriff autonom aus.705 Danach muss die Niederlassung der Aufsicht und Leitung des Stammhaues unterliegen706 und auf Dauer als Außenstelle dieses Stammhauses auftreten707. Die Bezeichnung des Art. 7 Nr. 5 EuGVVO als „verkleinerter Wohnsitzgerichtsstand“708 trifft nicht.709 Während der allgemeine Gerichtsstand dem Beklagtenschutz dient,710 hilft Art. 7 Nr. 5 EuGVVO dem Kläger711. Er soll darauf vertrauen dürfen, dass Rechtsstreitigkeiten, die im Zusammenhang mit der Niederlassung stehen, auch dort Ort ausgetragen werden können.712 Daher müssen die geltend gemachten Ansprüche niederlassungsbezogen sein.713 Unerheblich ist, ob es sich um vertragliche oder außervertragliche Ansprüche handelt.714 Der Niederlassungsbezug bewirkt die von Erwägungsgrund 16 EuGVVO geforderte enge Verbindung von Gericht und Rechtsstreit. Das Gericht am Niederlassungsort ist in seiner Kognition nicht beschränkt715 und kann somit auch grenzüberschreitende Unterlassungstitel erlassen. Hier zeigt sich erneut, dass die beschränkte Kognitionsbefugnis die – vom EuGH eingeführte – Ausnahme und nicht die Regel im internationalen Zuständigkeitsrecht ist.
705
EuGH ECLI:EU:C:1978:205 Tz. 8 – Somafer/Saar; Schack, IZVR, Rn. 361. EuGH ECLI:EU:C:1976:134 Tz. 20/22 – De Bloos/Bouyer. 707 EuGH ECLI:EU:C:1978:205 Tz. 12 – Somafer/Saar; ECLI:EU:C:1981:70 Tz. 12 – Blanckaert/Trost. 708 Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 7 EuGVVO Rn. 74. 709 Kritisch auch Lösler, Zuständigkeitsbestimmender Zeitpunkt, S. 155 f.; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 152. 710 Dazu oben S. 61 ff. 711 Lösler, Zuständigkeitsbestimmender Zeitpunkt, S. 155 f.; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 154. 712 Lösler, Zuständigkeitsbestimmender Zeitpunkt, S. 156. 713 EuGH ECLI:EU:C:1978:205 Tz. 13 – Somafer/Saar; Schack, IZVR, Rn. 362; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 26. 714 EuGH ECLI:EU:C:1978:205 Tz. 13 – Somafer/Saar; vgl. Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 26; a.A. Thode, in: BeckOK-ZPO, Art. 7 EuGVVO Rn. 122. 715 EuGH ECLI:EU:C:1995:61 Tz. 32 – Shevill; ECLI:EU:C:2011:685 Tz. 43 – eDate Advertising. 706
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
E. Gerichtsstände für unionsweite Schutzrechte E . G e r ic h ts tä n d e f ü r u n io n s w e ite Sc h u tz re c h te
I. Unionsmarke 1. Verhältnis zur EuGVVO Die UMVO enthält eigene Zuständigkeitsnormen, deren Verhältnis zur EuGVVO durch Art. 122 geklärt wird.716 Danach ist die EuGVVO zwar grundsätzlich anwendbar, doch schließt Art. 122 II UMVO bei Verletzungsklagen die Anwendung von Art. 4, 6, 7 Nr. 1, 2, 3 und 5 sowie Art. 35 EuGVVO aus. Auch die Normen über Gerichtsstandsvereinbarungen und rügelose Einlassungen sind nur eingeschränkt anwendbar, Art. 122 II b UMVO. Die grundsätzliche Anwendbarkeit der EuGVVO ist damit praktisch die Ausnahme; anwendbar ist sie nur noch bei den sonstigen Klagen des Art. 134 UMVO.717 Sachlich zuständig für Klagen wegen Verletzung einer Unionsmarke sind ausschließlich die Unionsmarkengerichte, Art. 124 UMVO. Bei ihnen handelt es sich um nationale Gerichte718 und nicht um Organe der Union719. Den Gerichten wird vielmehr die Aufgabe durch das Unionsrecht zugewiesen.720 Eine Einschränkung macht Art. 124 lit. a UMVO den vorbeugenden Rechtsschutz. Danach sind die Unionsmarkengerichte bei einer drohenden Verletzung nur zuständig, „falls das nationale Recht dies zulässt“. Damit sind nur Klagen gemeint, bei denen noch keine Verletzung vorlag.721 2. Zuständigkeiten a) Zuständigkeit am Wohnsitz, Niederlassungsort, beim Kläger oder Amt Die UMVO eröffnet nach Art. 125 fünf Zuständigkeitsvarianten, die dazu führen, dass der mutmaßlich Verletzte auf jeden Fall in der Union klagen kann.722
716
Art. 122 UMVO entspricht Art. 79 GGVO, siehe oben S. 164. Art. 67 EuGVVO lässt speziellen Zuständigkeitsregeln den Vorrang ein. Vgl. B. Hansen, Int. Zuständigkeit bei der Verletzung von Unionsschutzrechten, S. 55 – 59. 717 Müller, in: BeckOK-UMVO, Art. 122 Rn. 5. 718 Müller, in: BeckOK-UMVO, Art. 123 Rn. 1; Eisenführ/Overhage, in: Eisenführ/Schennen, Art. 95 UMVO Rn. 1; Hartmann, Die Gemeinschaftsmarke im Verletzungsverfahren, S. 25. 719 Kouker, Mitt. 2000, 241, 248; Fayaz, GRUR Int. 2009, 459, 461. 720 Art. 123 I UMVO erklärt bereits, dass die Gerichte die Aufgaben wahrnehmen, die „ihnen durch diese Verordnung zugewiesen“ werden. Vgl. auch Ingerl, Die Gemeinschaftsmarke, S. 153 (noch zur GMVO). Vergleichbar ist dies mit den Auftragsaufgaben des Art. 85 GG. 721 Tolkmitt, in: Ruhl/Tolkmitt, Art. 81 GGVO Rn. 6. 722 Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen IZPR, S. 142; Hopf, MarkenR 2012, 229, 230; B. Hansen, Internationale Zuständigkeit bei der Verletzung von Unionsschutzrechten, S. 158.
E. Gerichtstände für unionsweite Schutzrechte
159
International zuständig sind gemäß Art. 125 I UMVO im Grundsatz die Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat oder, mangels eines Wohnsitzes in einem Mitgliedstaat, an dem Ort, einer Niederlassung. Der Begriff des Wohnsitzes ist in der UMVO nicht definiert,723 sodass man daran denken könnte, ihn UMVO-autonom zu bestimmen.724 Doch ist aufgrund der Verweisung in Art. 122 I UMVO ein Rückgriff auf Art. 62, 63 EuGVVO geboten,725 die über den Wohnsitz nationales Recht entscheiden lassen. Fehlt es an einem Sitz innerhalb der Union oder ist dieser nicht zu bestimmen, so kann am Ort der Niederlassung des Beklagten geklagt werden, Art. 125 I 2 UMVO. Die UMVO eröffnet folglich, anders als etwa die DSGVO,726 keinen Wahlgerichtsstand727 sondern hilft nur, wenn es an einem Sitz innerhalb der EU fehlt.728 Ziel ist es – wie in Art. 79 II 1 DSGVO729 – dem mutmaßlich Verletzten auf jeden Fall einen Gerichtsstand innerhalb der Union zu eröffnen.730 Den Begriff der Niederlassung definieren weder die UMVO731 noch die EuGVVO.732 Fraglich ist, ob man auf die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Nr. 5 EuGVVO zurückgreifen kann,733 um ein einheitliches Begriffsverständnis zu gewährleisten.734 Der EuGH meint, dass seine Rechtsprechung zur EuGVVO zwar „relevant sein könnte[…]“, die Begriffe aber nicht zwingend gleich ausgelegt werden müssen.735 Hat der Beklagte weder einen Wohnsitz noch eine Niederlassung innerhalb der Union, so kann der Kläger an seinem Wohnsitz oder, wenn ein solcher 723 Gillert, in: BeckOK-MarkenR, Art. 125 UMVO Rn. 2; Müller, in: BeckOK-UMVO, Art. 125 Rn. 10; vgl. Knaak, GRUR 2001, 21, 24. 724 Müller, in: BeckOK-UMVO, Art. 125 Rn. 10. 725 Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen IZPR, S. 143; Hopf, MarkenR 2012, 229, 231; Gillert, in: BeckOK-MarkenR, Art. 125 UMVO Rn. 2; B. Hansen, Internationale Zuständigkeit bei der Verletzung von Unionsschutzrechten, S. 160 und ebenso Müller, in: BeckOK-UMVO, Art. 125 Rn. 11, der sich damit in Widerspruch setzt zu seiner Ausführung in Rn. 10. 726 Siehe unten S. 172. 727 Knaak, GRUR 2001, 21, 24. 728 Vgl. Gillert, in: BeckOK-MarkenR, Art. 125 UMVO Rn. 27. 729 Siehe unten S. 167 f. 730 Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen IZPR, S. 144; vgl. Hopf, MarkenR 2012, 229, 230; vgl. B. Hansen, Internationale Zuständigkeit bei der Verletzung von Unionsschutzrechten, S. 158. 731 Hopf, MarkenR 2012, 229, 231; 732 Gillert, in: BeckOK-MarkenR, Art. 125 UMVO Rn. 8 f.; Müller, in: BeckOK-UMVO, Art. 125 Rn. 13. 733 Dafür Knaak, GRUR 2001, 21, 25; Hopf, MarkenR 2012, 229, 231; Gillert, in: BeckOK, MarkenR Art. 125 UMVO Rn. 11. Dagegen Müller, in: BeckOK-UMVO, Art. 125 Rn. 13. 734 Siehe auch den Niederlassungsbegriff der DSGVO, unten S. 166. 735 EuGH ECLI:EU:C:2017:390 Tz. 25 – Hummel/Nike.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
fehlt, an seiner Niederlassung innerhalb der Union klagen, Art. 125 II UMVO, weiter hilfsweise am Sitz des Amtes in Alicante, Art. 125 III UMVO. Zulässig bleiben Gerichtsstandsvereinbarungen und eine rügelose Einlassung, Art. 125 IV UMVO. b) Deliktischer Gerichtsstand Alternativ kann die Klage in dem Mitgliedstaat erhoben werden, in dem die Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht. Art. 125 V UMVO enthält einen besonderen Deliktsgerichtsstand für die Unionsmarke. Umstritten war, ob für dessen Auslegung auf Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zurückgegriffen werden kann, mit der Folge dass ein Gerichtsstand am Ort des ursächlichen Geschehens und am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges besteht.736 Dem hat der EuGH eine Absage erteilt.737 Denn die Anwendung von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist durch Art. 122 II UMVO ausdrücklich ausgeschlossen.738 Der Wortlaut von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 125 UMVO mögen ähnlich sein, er ist aber nicht deckungsgleich. So eröffnet Art. 7 Nr. 2 EuGVVO eine Zuständigkeit am Ort des „schädigenden Ereignisses“, Art. 125 V UMVO hingegen dort, wo „eine Verletzungshandlung begangen worden ist“. Hinreichend konkretisiert hat der EuGH den Handlungsort in der Rechtssache Coty hingegen nicht, sondern verlangte nur ein „aktives Verhalten“.739 Dabei komme es auf die „Gesamtwürdigung […] des Verhaltens“ an.740 Im konkreten Fall verneinte der BGH eine internationale Zuständigkeit in Deutschland: zwar richtete sich die Homepage mit markenverletzenden Produkten an den deutschen Markt, doch wurde sie von Italien aus betrieben.741 Die Entscheidung stieß auf scharfe Kritik,742 ist aber angesichts der EuGH-Rechtsprechung durchaus konsequent.
736
Dafür BGH GRUR 2012, 1065 Tz. 21 – Parfumflakon II; Knaak, GRUR Int. 1997, 864, 866; Wichard, ZEuP 2002, 23, 49; Fayaz, GRUR Int. 2009, 459, 463; Picht, GRUR Int. 2013, 19, 26. Dagegen Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 241; Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen IZPR, S. 147; Kropholler/v. Hein, Art. 22 EuGVVO Rn. 58; Schack, ZEuP 1998, 931, 951 Fn. 101; Hopf, MarkenR 2012, 229, 243. 737 EuGH ECLI:EU:C:2014:1318 – Coty Germany/First Note; zustimmend etwa B. Hansen, Internationale Zuständigkeit bei der Verletzung von Unionsschutzrechten, S. 226. 738 EuGH ECLI:EU:C:2014:1318 Tz. 28 – Coty Germany/First Note. 739 EuGH ECLI:EU:C:2014:1318 Tz. 34 – Coty Germany/First Note. 740 BGH GRUR 2018, 84 Tz. 34 ff. – Parfummarken. 741 BGH GRUR 2018, 84 Tz. 30 f. – Parfummarken. 742 Etwa Kur, GRUR 2018, 358 ff.
E. Gerichtstände für unionsweite Schutzrechte
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Eine Kehrtwende brachte jüngst die Rechtssache AMS Neve/Heritage.743 Der EuGH sah den Handlungsort dort, wo sich „Verbraucher oder Händler befinden, an die sich diese Werbung und diese Verkaufsangebote richten“.744 Der Handelnde soll sich der Gerichtspflichtigkeit nicht dadurch entziehen dürfen, dass er die betreffende Handlung außerhalb der Union vornimmt.745 Auch wäre der deliktische Gerichtsstand der Unionsmarke seiner praktischen Wirksamkeit entkleidet, wenn er regelmäßig mit dem Sitz oder einer Niederlassung des Beklagten zusammenfalle.746 Außerdem sei es dem Verletzten regelmäßig unmöglich, den tatsächlichen Handlungsort zu bestimmen.747 Zuletzt erklärt der EuGH, dass eine gewisse Kohärenz zum deliktischen Gerichtsstand der EuGVVO geschaffen werden müsse,748 was er wenige Jahre zuvor in der Rechtssache Coty noch abgelehnt hatte. Der Handlungsort des Art. 125 V UMVO soll im Ergebnis an materiellen Erwägungen der Unionsmarkenverordnung bestimmt werden.749 Man mag das Ergebnis der EuGH-Entscheidung begrüßen,750 erschreckend ist aber, in welch kurzer Zeit der EuGH seine alte Rechtsprechung verworfen hat. Dabei bleibt der Vertrauensschutz auf der Strecke.751 Rechtssuchende laufen Gefahr, vor einem unzuständigen Gericht zu klagen. Auch stößt der EuGH die nationalen Obergerichte vor den Kopf, die versuchen seiner Rechtsprechungslinie zu folgen. Mit dem Wortlaut von Art. 125 V UMVO ist die Entscheidung des EuGH, den Handlungsort am Ort der bestimmungsgemäßen Wahrnehmung zu lokalisieren, nicht zu vereinbaren.752 Es wäre Aufgabe des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, eine Norm zu ändern, wenn sie nicht zu passen scheint, nicht die des EuGH. Im Kern nähert sich der EuGH mit seiner Bestimmung des Deliktgerichtsstands der UMVO dem Auswirkungsprinzip an. Allerdings nimmt er zusätzlich subjektive Kriterien auf. Das überrascht, hat er ihnen doch im Rahmen der EuGVVO eine Absage erteilt.753 Wenn man den Handlungsort des
743
EuGH ECLI:EU:C:2019:674 – AMS Neve/Heritage. EuGH ECLI:EU:C:2019:674 Tz. 47, 54 – AMS Neve/Heritage. 745 EuGH ECLI:EU:C:2019:674 Tz. 48 f. – AMS Neve/Heritage. 746 EuGH ECLI:EU:C:2019:674 Tz. 50 – AMS Neve/Heritage. 747 EuGH ECLI:EU:C:2019:674 Tz. 51 – AMS Neve/Heritage. 748 EuGH ECLI:EU:C:2019:674 Tz. 58 – AMS Neve/Heritage. 749 Dabei will der EuGH, a.a.O. Tz. 53 f. auf Art. 9 UMVO zurückgreifen. Dieser Rückgriff in das materielle Recht ist innerhalb der UMVO unproblematisch, da Zuständigkeitsrecht und materielles Recht demselben Rechtsakt entstammen. 750 So etwa Briske, MMR 2019, 809, 810; Hackbarth, GRUR 2019, 1269, 1272 f. 751 Vgl. Röthel, Normenkonkretisierung, S. 97 ff. 752 Briske, MMR 2019, 809, 810. 753 Siehe etwa im Persönlichkeitsrecht oben S. 80 ff. 744
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
Art. 125 V UMVO als Auswirkungsort verstehen will, sollte nicht nur auf subjektive Kriterien verzichtet werden, sondern rein objektiv bestimmt werden, ob sich das Verhalten auf die Markenfunktion im Inland auswirkt. 3. Kognitionsbefugnis Die UMVO enthält anders als die EuGVVO eine ausdrückliche Regelung zur Kognitionsbefugnis. Nach Art. 126 I UMVO ist das Unionsmarkengericht, dessen Zuständigkeit auf Art. 125 I–IV UMVO beruht, zuständig für Verletzungshandlungen in allen Mitgliedstaaten. An diesen Gerichtsständen besteht somit eine unionsweite Kognitionsbefugnis.754 Da es sich um ein einheitliches, unionsweites Schutzrecht handelt, muss ein Unterlassungstitel eines Unionsmarkengerichts grundsätzlich unionsweite Wirkung entfalten.755 Nur dadurch können widersprechende Urteile verhindert und ein einheitlicher Schutz gewährleistet werden.756 Im Widerspruch dazu steht allerdings Art. 126 II UMVO.757 Wenn die Zuständigkeit durch den Handlungsort (Art. 121 V UMVO) begründet wird, reicht die Zuständigkeit des Gerichts nur für das eigene Territorium. Damit soll forum shopping verhindert werden.758 Angesichts der Ubiquität des Internets können Gerichte international zuständig sein, wo die Unionsmarkenverletzung faktisch kaum wahrnehmbar war, die aber als besonders schutzrechtsfreundlich gelten oder deren Sanktionen besonders scharf sind.759 Dem lässt sich auf anderem Wege sinnvoller begegnen, etwa indem man eine gewisse Spürbarkeit der Beeinträchtigung auf materiell-rechtlicher Ebene verlangt oder die Zuständigkeit eng auslegt. Durch die begrenzte Kognitionsbefugnis drohen widersprechende Urteile, wenn der Geschädigte an mehreren Orten klagt.760 Gerade bei einem unionsweiten einheitlichen Schutzrecht, muss 754
Hopf, MarkenR 2012, 229, 237. EuGH ECLI:EU:C:2016:719 Tz. 30 – combit/commit; ECLI: EU:C:2011:238 – DHL Express France/Chronopost; zuvor bereits BGH GRUR 2008, 254 – THE HOME STORE, LS. 2 und Tz. 39 und die Literatur Rohnke, GRUR Int. 2002, 979, 982; Knaak, in: Schricker/Bastian/Knaak, GMVO Rn. 307; Schnell, EIPR 2011, 210, 212. Die Entscheidung ist auf Zustimmung gestoßen Bender, Die neue Unionsmarke, Rn. 1745; Sosnitza, GRUR 2011, 465, 469. 756 EuGH ECLI:EU:C:2011:238 Tz. 42– DHL Express France/Chronopost; ECLI:EU:C:2016:719 Tz. 30 – combit/commit. 757 Hopf, MarkenR 2012, 229, 238; Schack, FS Stürner, S. 1337, 1346; ders., IZVR, Rn. 346; Sosnitza, GRUR 2011, 465, 467 f. erachtet dies – auch wenn es die Einheitlichkeit der Unionsmarke stört – als sinnvoll, weil so forum shopping unterbunden werden könne. 758 KOM(80) 635 endg., abgedruckt in: GRUR Int. 1981, 86, 96. Kritisch Schaper, Durchsetzung der Gemeinschaftsmarke, S. 126. 759 Nach Art. 130 I 2 UMVO ordnet das Gericht Sanktionen nach nationalem Recht an. In Frankreich etwa fließt das Ordnungsgeld bei Verstoß gegen Unterlassungsgebote dem Gläubiger zu, in Deutschland oder Österreich hingegen dem Staat. 760 Hartmann, Die Gemeinschaftsmarke im Verletzungsverfahren, S. 59. 755
E. Gerichtstände für unionsweite Schutzrechte
163
das unbedingt verhindert werden. Das Ziel forum shopping zu unterbinden, ist nicht höher zu bewerten. Die Kommission wollte forum shopping verhindern, weil sich im ersten Verordnungsentwurf trotzdem eigenem Unterlassungsanspruch die Sanktionen nach der lex fori richten sollten.761 Nach der in Kraft getretenen UMVO richten sich die Sanktionen aber nach dem anwendbaren Recht, Art. 130 II UMVO. Die Wahl des Forums hat somit keinen Einfluss mehr auf die möglichen Sanktionen.762 Das einzige Argument für die beschränkte Kognitionsbefugnis steht folglich auf sehr wackeligen Füßen. Um dem einheitlichen Schutz der Unionsmarke sicherzustellen und widersprechende Urteile zu verhindern, ist sollte der EU-Gesetzgeber Art. 126 II UMVO dringend aufheben763. Die unionsweite Kognitionsbefugnis bedeutet nicht, dass die Gerichte auch unionsweite Titel erlassen müssen. So kann und muss das Gericht die Reichweite des Urteils begrenzen, wenn der Kläger seinen Klageantrag auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt oder der Beklagte darlegen kann, dass die Markenfunktionen in bestimmten Regionen durch die Benutzung nicht beeinträchtigt werden.764 Ausgangspunkt ist aber stets der unionsweite Schutz, von dem nur die Teile der Union ausgenommen werden, in denen die Markenfunktionen nicht beeinträchtigt werden.765 Ohne eine Beschränkung des Klageantrags muss das Gericht davon ausgehen, dass ein unionsweites Verbot erstritten werden soll.766 Das Gericht muss konkret angeben, welcher „Teil der Union“ vom Verbot ausgenommen ist.767 Auch hier stellt der EuGH zu Recht nicht auf die Mitgliedstaaten ab, sondern gegebenenfalls auch kleinere Regionen. Das ist konsequent, da bei den einheitlichen (insbesondere formlosen) Schutzrechten die 761
Hopf, MarkenR 2012, 229, 238. Hopf, MarkenR 2012, 229, 238. 763 So auch Kubis, Internationale Zuständigkeit, S. 203; Hopf, MarkenR 2012, 229, 238; B. Hansen, Internationale Zuständigkeit bei der Verletzung von Unionsschutzrechten, S. 256 f. 764 EuGH ECLI:EU:C:2011:238 Tz. 48 – DHL Express France/Chronopost; nur zur fehlenden Verwechslungsgefahr EuGH ECLI:EU:C:2016:719 Tz. 31 – combit/commit. So bereits Knaak, GRUR 2001, 21, 27; und ihm folgend OLG Düsseldorf BeckRS 2011, 17100; v. Mühlendahl, EIPR 2008, 66, 68 (nur bezüglich des Klageantrags). Der Rechtsprechung des EuGH zustimmend Schnell, EIPR 2011, 210, 211; Żelechowski, EIPR 2013, 287, 290. 765 Deutlich wird dies etwa bei EuGH ECLI:EU:C:2017:571 Tz. 33 – Kerrygold „muss das angerufene Unionsmarkengericht die Vermarktung der betreffenden Waren unter dem fraglichen Zeichen für die gesamte Union mit Ausnahme des Teils, für den eine Verwechslungsgefahr verneint wurde“ (Hervorhebung von mir). 766 Żelechowski, EIPR 2013, 287, 290. Spätestens seit EuGH ECLI:EU:C:2011:238 – DHL Express France darf ein Unionsmarkengericht den Antrag nicht so auslegen, dass nur ein Unterlassen im Forumstaat erstrebt wird. Knaak, GRUR Int. 2007, 386, 388, berichtet von einem solchen Vorgehen der Gerichte, führt aber keine Belege an. 767 ECLI:EU:C:2016:719 Tz. 34 – combit/commit. 762
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
Bedeutung der Mitgliedstaaten und ihrer Grenzen verblasst. Doch fragt sich, wie ein „Teil der Union“ bestimmt werden soll.768 Es ist zwar einfacher, auf die Mitgliedstaaten mit ihren klaren Grenzen zurückzugreifen. Doch gerade in den Grenzregionen ist Mehrsprachigkeit verbreitet, sodass eine Verwechslungsgefahr auf beiden Seiten der Grenze bestehen kann. Soll dieser Bereich miterfasst werden, wird es schwierig sein, eine genaue Region zu bestimmen, in welcher der Unterlassungstitel gelten soll. Das erschwert es, einen richtigen Klageantrag zu stellen. Innerhalb der UMVO darf man nicht in Nationalstaaten, sondern muss in Regionen denken. Innerhalb eines Staates könnte auf die Bundesländer769 abgestellt werden, ansonsten wären die europäischen Regionen heranzuziehen. II. Gemeinschaftsgeschmacksmuster 1. Zuständigkeitsrecht Die Zuständigkeitsregeln der Art. 79–82 GGVO entsprechen denen der UMVO.770 Sie gelten für das eingetragene wie für das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Auch in der GGVO werden die nationalen Gerichte als Unionsgerichte771 tätig, Art. 80 GGVO. Insoweit kann auf die Ausführungen zur UMVO verwiesen werden. 2. Kognitionsbefugnis Auch die Regelung der Kognitionsbefugnis in Art. 83 GGVO entspricht weitestgehend derjenigen der UMVO.772 Folgerichtig zieht der EuGH die Grundsätze der DHL Express France-Entscheidung auch für das Gemeinschaftsgeschmacksmuster heran.773 Damit können die zuständigen Gerichte – mit Ausnahme derjenigen am Deliktsgerichtsstand (Art. 82 V GGVO) – Unterlassungsurteile für die gesamte Union erlassen.774 Auch hier sind daher nur die Gerichte am Handlungsort in ihrer Kognition beschränkt. Das entwertet den Deliktsgerichtsstand und steht im Widerspruch zu einem unionsweiten Schutzrecht.775
768
Sosnitza, GRUR 2016, 1240, 1241. Bzw. die jeweiligen Äquivalente (unabhängig von ihrer staatsrechtlichen Verfasstheit) in den Mitgliedstaaten, wie etwa die województwa in Polen, die régions in Frankreich oder die Comunidades Autónomas in Spanien. 770 Dazu oben S. 158 ff. 771 In der Terminologie der GGVO noch Gemeinschaftsgerichte. 772 Art. 126 I lit. b UMVO verweist als einziger Unterschied auf die Entschädigungsregelung des Art. 11 II UMVO. 773 EuGH ECLI:EU:C:2017:724 Tz. 53 ff. – Nintendo/BigBen. Siehe oben S. 162. 774 EuGH ECLI:EU:C:2017:724 Tz. 67 – Nintendo/BigBen. 775 Schack, FS Stürner, S. 1337, 1346 und zur UMVO die Nachweise oben Fn. 757. 769
F. Gerichtsstände des EU-Datenschutzrechts
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F. Gerichtsstände des EU-Datenschutzrechts F. G e r ic h ts s tä n d e d e s E U- D a te n s c h u tzr ec h ts
I. Grundsätzliches Verhältnis von DSGVO und EuGVVO Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kennt in Art. 79 II eine eigenständige Zuständigkeitsregel. Das Verhältnis zur EuGVVO soll Erwägungsgrund 147 klären, doch stiftet er mehr Verwirrung als Erhellung.776 Danach sollen die allgemeinen Regeln der EuGVVO den spezifischen Zuständigkeitsregeln der DSGVO „nicht entgegenstehen“. Folglich ist die EuGVVO grundsätzlich neben der DSGVO anzuwenden.777 Fraglich ist aber, inwieweit die Zuständigkeitsregeln der DSGVO diejenigen der EuGVVO verdrängen. Die besonderen Zuständigkeiten der EuGVVO sollen – bis auf wenige Ausnahmen778 – nicht eine Partei begünstigen, sondern ein Gericht berufen, das eine enge Verbindung zum Sachverhalt aufweist, vgl. deren Erwägungsgrund 16.779 Die DSGVO hingegen möchte die Rechte der Betroffenen stärken, indem ihm sowohl ein Gerichtsstand an seinem Wohnort als auch an jeder Niederlassung des Datenverarbeiters eröffnet wird.780 Die Zuständigkeitsregeln der DSGVO und der EuGVVO verfolgen damit unterschiedliche Ziele. Unklar ist insbesondere inwieweit Art. 79 II DSGVO die Zuständigkeiten der Art. 4 ff. EuGVVO sperrt. Auch im europäischen Recht gilt der Grundsatz lex specialis derogat legi generali.781 Allerdings verdrängen spezielle Regeln nicht grundsätzlich die allgemeinen.782 Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine allgemeine Regel wirklich vollständig ersetzt werden soll. Will
776 Hess, FS Geimer, S. 255, 259; vgl. Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7, 21 („sibyllic and cryptic“). Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 228 hingegen meint, dass der ErwGr. 147 das Verhältnis kläre. Boehm, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Art. 79 DSGVO Rn. 17 zieht aus ErwGr. 147 den Schluss, dass Art. 79 II DSGVO als lex specialis die EuGVVO verdränge. 777 Hess, FS Geimer, S. 255, 259; Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7, 22; Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 192; Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 69; Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 228 f.; Schneider, in: Heidelberger Kommentar, Art. 79 DSGVO Rn. 34. 778 Etwa des Verbrauchergerichtsstandes, Art 17 ff. EuGVVO. 779 Siehe oben S. 61 ff. insbesondere zum deliktischen Gerichtsstand. 780 Die Begünstigung des Betroffenen zeigt sich bereits an der systematischen Stellung der Zuständigkeitsregeln, ist Art. 79 DSGVO überschrieben mit „Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter“; Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7. Vgl. auch Martini, in: Paal/Pauly, Art. 79 DSGVO Rn. 5. Siehe auch Specht-Riemenschneider/Schneider, MMR 2019, 503, 508, denen zu folge die Zuständigkeiten der DSGVO der „Logik des […] Verbraucherschutz folg[en]“. 781 Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, S. 428 f. 782 Ein reiner Verweis, dass eine Norm spezieller ist, genügt also nicht. So aber K. v. Lewinski, in: Eßer/Kramer/v. Lewinski, Art. 79 DSGVO Rn. 8.
166
2. Teil – Internationale Zuständigkeit
Art. 79 II DSGVO die Zuständigkeitsregeln der EuGVVO insgesamt verdrängen783 oder können zumindest einige Zuständigkeiten der EuGVVO eröffnet sein? Diese Frage lässt sich nicht allgemein mit Hinweis auf Erwägungsgrund 147 DSGVO lösen.784 Vielmehr sind die einzelnen Gerichtsstände des Art. 79 II DSGVO mit denen der EuGVVO ins Verhältnis zu setzen.785 Leider hat der EU-Gesetzgeber versäumt, eine klare Abgrenzungsregel – wie in Art. 125 UMVO oder Art. 70 GGVO – in die DSGVO aufzunehmen.786 II. Die einzelnen Gerichtsstände Die internationale Zuständigkeit für Unterlassungsklagen wegen Datenschutzverletzungen kann am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten, Art. 4 EuGVVO, an den besonderen Gerichtsständen der Art. 7 Nr. 5 und Nr. 2 EuGVVO, dem Verbrauchergerichtsstand (Art. 18 EuGVVO) sowie den ausschließlichen Gerichtsständen nach Art. 24 EuGVVO und an dem gewählten Gerichtsstand, Art. 25 EuGVVO, begründet sein. 1. Art. 4 I und Art. 7 Nr. 5 EuGVVO – Gerichtsstand am Sitz oder der Niederlassung Gemäß Art. 79 II 1 DSGVO sind die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in welchem der Verantwortliche (oder der Auftragsverarbeiter) eine Niederlassung hat. Eine Niederlassung i.S.d. DSGVO „setzt die effektive und tatsächliche Tätigkeit durch eine feste Einrichtung voraus“.787 Das entspricht dem Niederlassungsbegriff des AEUV.788 Es genügt jede Niederlassung, auf die Hauptniederlassung des Art. 4 Nr. 16 DSGVO kommt es nicht an.789 Auch die Rechtsform der Niederlassung ist unerheblich.790 Damit ist Art. 79 II 1 DSGVO weiter als der allgemeine Gerichtsstand des Art. 4 i.V.m. Art. 63 I EuGVVO, der wahlweise auf den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abstellt.791 Damit erübrigt sich eine
783
So Boehm, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Art. 79 DSGVO Rn. 17; Quaas, in: BeckOK-DatenschutzR, Art. 82 DSGVO Rn. 50; Kreßer, in: Sydow, Art. 79 DSGVO Rn. 33; Albrecht/Jotzo, Das neue Datenschutzrecht, Teil 8 Rn. 29; K. v. Lewinski, in: Eßer/Kramer/v. Lewinski, Art. 79 DSGVO Rn. 8 (ausdrücklich nur für die besonderen Gerichtsstände). 784 So aber Boehm, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Art. 79 DSGVO Rn. 17. 785 Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 229. 786 Vgl. Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 192 Fn. 97. 787 ErwGr. 22 S. 2 DSGVO. 788 Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 185. 789 Albrecht/Jotzo, Das neue Datenschutzrecht, Teil 8 Rn. 29. 790 Specht-Riemenschneider/Schneider, MMR 2019, 503, 508. 791 Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 67 f.
F. Gerichtsstände des EU-Datenschutzrechts
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Anwendung von Art. 4 i.V.m. Art. 63 I EuGVVO bei Klagen nach der DSGVO.792 Die DSGVO baut also nicht auf dem Grundsatz actor sequitur forum rei auf. Zwar erfasst Art. 79 II 1 DSGVO auch den allgemeinen Gerichtsstand des Art. 4 I EuGVVO, weist aber größere Nähe zu Art. 7 Nr. 5 und dem Gerichtsstand am Ort des ursächlichen Geschehens nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auf.793 Gemäß Art. 7 Nr. 5 EuGVVO muss der Anspruch niederlassungsbezogen sein.794 Die DSGVO geht darüber hinaus. Eine Gerichtspflichtigkeit besteht nach Art. 79 II 1 DSGVO an jeder Niederlassung, eine besondere Verbindung zum Rechtsstreit wie sie die EuGVVO fordert muss nicht bestehen. Hier zeigt sich, dass es allein darauf ankommt, dem Verletzten eine Klagemöglichkeit zu schaffen.795 Auch ist der Begriff der Niederlassung der DSGVO weiter als in der EuGVVO.796 So werden etwa Tochtergesellschaften im Rahmen von Art. 7 Nr. 5 EuGVVO nicht als Niederlassungen angesehen,797 wohl aber von der DSGVO798. Da Art. 79 II 1 DSGVO mehr Zuständigkeiten eröffnet als Art. 7 Nr. 5 EuGVVO, bleibt für diesen kein Platz.799 2. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO – Gerichtsstand der unerlaubten Handlung Problematischer könnte das Verhältnis zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO sein. Die Rechtsprechung hat Art. 7 Nr. 2 EuGVVO dahin konkretisiert, dass der Verletzte am Ort des ursächlichen Geschehens oder am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges klagen kann.800 a) Verhältnis von Art. 79 II Satz 1 DSGVO zum Ort des ursächlichen Geschehens Nach der DSGVO ist ursächliches Geschehen eine unerlaubte Datenverarbeitung, vgl. Art. 6 DSGVO. Wo die Verarbeitung der Daten stattgefunden hat, wird der Betroffene regelmäßig nicht ermitteln können. Eine Klage am Ort des ursächlichen Geschehens nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO wäre somit meist nicht 792
Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 195; vgl. Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225,
232. 793
Nach Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 232 hingegen entspricht Art. 79 II 1 DSGVO funktional dem allgemeinen Beklagtengerichtsstand. 794 Siehe oben S. 156 ff. 795 Vgl. Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7, 23. Siehe auch zur UMVO oben S. 158 ff. 796 Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 186. 797 Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 7 EuGVVO Rn. 25; Leible, in: EuZPR/EuIPR, Art. 7 EuGVVO Rn. 160. 798 Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 186. 799 Ebenso Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 195; Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 232. 800 Siehe oben S. 63 ff.
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
möglich,801 weswegen der Ort des ursächlichen Geschehens regelmäßig am Sitz des Verletzers verortet wird.802 Art. 79 II 1 DSGVO hingegen beschränkt den Kläger nicht auf den Sitz des Beklagten, sondern ermöglicht eine Klage an jeder Niederlassung. Folglich entspricht Art. 79 II 1 DSGVO nicht dem Ort des ursächlichen Geschehens nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO,803 sondern ist deutlich weiter. Allerdings kann die Vermutung des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO widerlegt werden, sodass auch eine Klage an einem anderen Ort als dem Beklagtensitz möglich ist. Könnte der Verletzte darlegen, dass die ursächliche Handlung außerhalb einer Niederlassung erfolgt ist, würde Art. 7 Nr. 2 EuGVVO einen zusätzlichen Gerichtsstand eröffnen, den Art. 79 II 1 DSGVO so nicht kennt. Doch ist der Fall eher theoretischer Natur, da der Kläger kaum jemals wird nachweisen können, wo die Datenverarbeitung stattgefunden hat. Regelmäßig wird das innerhalb der Niederlassung geschehen. Ob an dem Ort des ursächlichen Geschehens eine Zuständigkeit eröffnet werden soll, die Art. 79 II DSGVO nicht kennt, hängt auch davon ab, wie man Erwägungsgrund 147 DSGVO versteht. Wer ihn als Ausdruck eines Günstigkeitsprinzips zugunsten des Klägers versteht, müsste einen Rückgriff auf die EuGVVO zulassen, erweitert er doch die Optionen des Verletzten.804 Stattdessen könnte man auch eine Sperrwirkung der DSGVO annehmen, soll diese doch nicht nur den Betroffenen, sondern auch den freien Datenverkehr sicherstellen, Art. 1 I DSGVO. Sinnvoll ist, den Ort des ursächlichen Geschehens nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO für die DSGVO nicht anzuwenden.805 Da bereits außerhalb des Datenschutzrechts auf den Ort des ursächlichen Geschehens bei Onlinedelikten verzichtet werden sollte,806 muss dieser erst Recht im Datenschutzrecht durch Art. 79 II 1 DSGVO verdrängt werden.807 b) Verhältnis von Art. 79 II Satz 2 DSGVO zum Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO Art. 79 II 2 DSGVO eröffnet einen Gerichtsstand am Wohnsitz des Betroffenen und damit einen Klägergerichtsstand.808 Das entspricht der Rechtspre-
801 Dabei handelt es sich nicht um ein Sonderproblem des Datenschutzrechts, sondern eines, das bei allen Onlinesachverhalten auftritt 802 Siehe oben zum Persönlichkeitsrecht S. 71 ff. 803 A.A. Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 233. 804 Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 196 werfen die Frage auf, ob es sich um eine Günstigkeitsklausel handelt, beantworten diese aber nicht. 805 Wohl auch Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 196. 806 Siehe oben S. 146 ff. 807 Im Ergebnis wohl auch Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 196; Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 233. 808 Zu den Klägergerichtsständen und insbesondere zur Kritik der Literatur siehe oben S. 89 ff.
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chung des EuGH zu Persönlichkeitsverletzungen, wonach der Kläger am Mittelpunkt seiner Interessen klagen kann, d.h. regelmäßig an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort.809 Der Gesetzgeber hat sich bei Art. 79 II 2 DSGVO offensichtlich an die EuGH-Rechtsprechung angelehnt.810 Allerdings stehen dem Verletzten nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zusätzlich die Orte offen, an denen ein Schadenserfolg eingetreten ist. Somit ist Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auch hier weiter als Art. 79 II 2 DSGVO.811 Die weiteren Gerichtsstände des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO haben für den Verletzten allerdings keinen Mehrwert, sind die Gerichte dort doch nach der Rechtsprechung des EuGH in ihrer Kognition beschränkt.812 Da sich der Gesetzgeber bei Art. 79 II DSGVO augenscheinlich an den vom EuGH konkretisierten Art. 7 Nr. 2 EuGVVO angelehnt hat, muss dieser Gerichtsstand durch Art. 79 II DSGVO verdrängt werden.813 Dafür spricht auch, dass die weiteren Orte des Schadenserfolgs keine besondere Verbindung zum Rechtsstreit aufweisen, sodass die Ziele der EuGVVO nicht unterlaufen werden. Allerdings stellen Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 79 II DSGVO auf unterschiedliche Zeitpunkte ab. Während für Art. 7 Nr. 2 EuGVVO der Zeitpunkt der Verletzung maßgeblich ist, hier also der Datenverarbeitung, kommt es bei Art. 79 II DSGVO auf den Zeitpunkt der Klageerhebung an. Folglich können Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 79 II DSGVO zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Verlegt der Datenverarbeiter etwa seine Hauptniederlassung und hat er im Ursprungsland nun keine Niederlassung mehr, so wäre keine Zuständigkeit nach Art. 79 II 1 DSGVO mehr begründet. Doch wird in den meisten Fällen eine Zuständigkeit nach Art. 79 II 2 DSGVO begründet sein. Wenn nicht fragt sich, ob zumindest für diesen Fall Art. 7 Nr. 2 EuGVVO den Art. 79 II DSGVO ergänzen soll. Fraglich ist allerdings, ob am Ort der ehemaligen Niederlassung wirklich eine besondere Verbindung von Rechtsstreit und Gericht besteht. Eine besondere Beweisnähe wird oft kaum noch gegeben sein. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO soll aber nicht den Geschädigten begünstigen und ihm mehr Gerichtsstände bieten, sondern ein Gericht für zuständig erklären, das eine besondere Nähebeziehung hat. Dazu kommt, dass die praktischen Anwendungsfälle selten sein werden. Folglich sperrt Art. 79 II DSGVO den Art. 7 Nr. 2 EuGVVO.
809
Vgl. oben S. 89 ff. Hess, FS Geimer, S. 255, 261; Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 232. 811 Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7, 23; Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 196. 812 Siehe oben S. 86 ff. 813 So auch Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7, 23; Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 196; Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 233. 810
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
3. Art. 18 EuGVVO Ein weiterer Gerichtsstand, der einschlägig sein könnte, ist Art. 18 I EuGVVO. Danach kann ein Verbraucher an seinem Wohnsitz oder am Wohnsitz des Beklagten klagen. Zur Bestimmung des Wohnsitzes verweist Art. 62 EuGVVO auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten.814 Art. 18 I EuGVVO stellt auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ab.815 Verlegt der Verbraucher seinen Wohnsitz nach Vertragsschluss, kann er also am neuen Wohnort Klage erheben. Damit stellen Art. 18 I EuGVVO und Art. 79 II DSGVO zumindest auf denselben Zeitpunkt, den der Klageerhebung, ab. Da aber Art. 18 I EuGVVO auf den Wohnsitz und Art. 79 II DSGVO auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstellt, können diese zu unterschiedlichen Zuständigkeiten begründen.816 Bei Verbrauchersachen bricht die EuGVVO mit ihrem Grundsatz, neutrale Gerichtsstände zu eröffnen und privilegiert den Verbraucher. Dies ist ausdrückliches Ziel der EuGVVO, da der Verbraucher als die schwächere Partei angesehen wird.817 Der besondere Schutz der Verbraucher findet sich nicht nur in der EuGVVO, sondern in diversen europäischen Rechtsakten. Da die DSGVO kein besonderes Verbraucherschutzrecht ist,818 sperrt sie Art. 18 I EuGVVO nicht. Handelt es sich bei einer datenschutzrechtlichen Streitigkeit zu gleich um eine Verbrauchersache i.S.v. Art. 17 EuGVVO, so gelten die Gerichtsstände des Art. 18 I DSGVO neben denen der Art. 79 II DSGVO. Dies hat nur Bedeutung, wenn der gewöhnlichen Aufenthalt und der Wohnsitz des Verbrauchers nicht deckungsgleich sind. 4. Art. 24 EuGVVO Verdrängt werden aber die ausschließlichen Gerichtsstände (Art. 24 EuGVVO),819 doch es hier ohnehin keine Überschneidungen.820 5. Art. 25 EuGVVO Die DSGVO enthält keine Regeln über Gerichtsstandsvereinbarungen. So ist umstritten, ob eine Gerichtsstandsvereinbarung im Datenschutzrecht möglich 814
Siehe dazu und insbesondere zu den daraus folgenden Problemen oben S. 58. Schaltinat, Internationale Verbraucherstreitigkeiten, S. 80; Kropholler/v. Hein, Art. 59 EuGVO Rn. 3; Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 62 EuGVVO Rn. 5. 816 Insbesondere wenn der Verbraucher mehrere Wohnsitze hat, vgl. § 7 II BGB. Heinze/Warmuth, ZZP Int. 21 (2016), 175, 194 gehen hingegen von einem „regelmäßigen Gleichlauf“ von Art. 79 II 2 DSGVO und Art. 18 I EuGVVO aus. 817 Vgl. Erwägungsgrund 14, 18, 19 EuGVVO. Kritisch dazu Schack, IZVR, Rn. 314. 818 Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 234. 819 Werkmeister, in: Gola, Art. 79 DSGVO Rn. 15; vgl. Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 192 f. 820 Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 233. Eine Ausnahme könne nur gelten, wenn zusätzliche Zuständigkeiten eröffnet werden, Jotzo, a.a.O., Fn. 60. 815
F. Gerichtsstände des EU-Datenschutzrechts
171
ist. Dagegen spricht dass die Gerichtsstandsvereinbarung der EuGVVO eine ausschließliche Zuständigkeit begründet, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist, Art. 25 I S. 2 EuGVVO.821 Einen ausreichenden Schutz bieten die Formvorschriften des Art. 25 I EuGVVO wohl nicht.822 Besondere Schutzvorschriften sieht die EuGVVO in Art. 19 EuGVVO bei Gerichtsstandsvereinbarungen in Verbrauchersachen (Art. 17 EuGVVO) vor. Diese sind nur zulässig, wenn sie nach Entstehung der Streitigkeit getroffen werden (Nr. 1), sie dem Verbraucher zusätzliche Zuständigkeiten eröffnen (Nr. 2) oder wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Verbraucher und der Vertragspartner ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Mitgliedstaat haben und die Zuständigkeit in diesem begründet wird, wenn dies nach dem Recht des Mitgliedstaates zulässig ist (Nr. 3). Außerdem müssen die Formvorschriften des Art. 25 EuGVVO eingehalten werden.823 Eine ähnliche Ausnahme macht Art. 15 EuGVVO für Versicherungsverträge. Zwar ist Datenschutzrecht kein Verbraucherschutzrecht,824 vom Schutzzweck entsprechen die Zuständigkeitsregeln für Verbrauchersachen aber denen der DSGVO. Überschneidungen sind möglich. Handelt es sich bei der Datenschutzstreitigkeit um eine Verbrauchersache, so ist eine Gerichtsstandsvereinbarung in den Grenzen von Art. 19, 25 EuGVVO möglich.825 Durch eine solche Vereinbarung wird der Betroffene nicht begrenzt, sie steht deshalb der DSGVO „nicht entgegen“ (Erwägungsgrund 147 DSGVO). Außerhalb von Verbrauchersachen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung, die eine ausschließliche Zuständigkeit begründet, aber grundsätzlich mit der DSGVO unvereinbar.826 Nur wenn die Parteien aber die Klagemöglichkeiten des Betroffenen erweitern, ist eine Gerichtsstandsvereinbarung möglich.827 Die DSGVO verdrängt Art. 25 EuGVVO also nicht vollständig.828 Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist in Verbrauchersachen im Rahmen von Art. 19, 25 EuGVVO zulässig, außerhalb von Verbrauchersachen nur, wenn
821
Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 233 m.w.N. Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 234. 823 Gottwald, in: MüKo-ZPO, Art. 19 EuGVVO Rn. 1; Stadler, in: Musielak/Voit, Art. 19 EuGVVO Rn. 1. 824 Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 233. 825 Vgl. Werkmeister, in: Gola, Art. 79 DSGVO Rn. 16; vgl. Schneider, in: Heidelberger Kommentar, Art. 79 DSGVO Rn. 34. 826 Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 69; a.A. Werkmeister, in: Gola, Art. 79 DSGVO Rn. 16. 827 Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7, 24; Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 196; Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 69. 828 Revolidis, MUJLT 11 (2017), 7, 23 f.; Heinze/Warmuth, ZZPInt. 21 (2016), 175, 196; Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 69; Schneider, in: Heidelberger Kommentar, Art. 79 DSGVO Rn. 34; a.A. Jotzo, ZZPInt. 22 (2017), 225, 234. Für eine uneingeschränkte Anwendung Werkmeister, in: Gola, Art. 79 DSGVO Rn. 16. 822
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
keine ausschließliche Zuständigkeit begründet wird. Die Vermutungsregel des Art. 25 I 2 EuGVVO wird somit von der DSGVO verdrängt. 6. Zwischenergebnis Die DSGVO verdrängt die Zuständigkeitsregeln der EuGVVO nicht vollständig. Art. 79 DSGVO eröffnet klägerfreundlich Gerichtsstände am Ort jeder Niederlassung des Datenverarbeiters (Art. 79 II 1 DSGVO) sowie am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, Art. 79 II 2 DSGVO. Neben diesen Gerichtsständen bleiben nur die Gerichtsstände des Art. 18 I EuGVVO, sowie die gewählten Gerichtstände in Verbrauchersachen, wenn sie die Voraussetzungen des Art. 19 I, 25 EuGVVO erfüllen, und außerhalb von Verbrauchersachen mit der Maßgabe, dass Art. 25 I 2 EuGVVO keine Anwendung findet. 7. Verhältnis der Zuständigkeiten nach der DSGVO Unter den Zuständigkeiten der DSGVO kann der Betroffene frei wählen, Erwägungsgrund 145.829 Auch hieran zeigt sich die Bevorzugung des Betroffenen. Die DSGVO will sicherstellen, dass er seine Rechte effektiv durchsetzen kann. III. Kognitionsbefugnis Die DSGVO äußert sich nicht zur Reichweite der Kognitionsbefugnis. Wie gezeigt, weist die Zuständigkeitsregel des Art. 79 II 1 DSGVO Parallelen zum Beklagtengerichtsstands (Art. 4 I EuGVVO), zum Gerichtsstand der Niederlassung (Art. 7 Nr. 5 EUGGVO) und des Gerichtsstand des ursächlichen Geschehens (Art. 7 Nr. 2 EuGVVO in dem durch den EuGH konkretisierten Verständnis) auf. All diese Gerichte sind im Rahmen der EuGVVO nicht in ihrer Kognitionsbefugnis beschränkt. Auch bei Art. 79 II 1 DSGVO besteht keine Gefahr des forum shopping, womit das einzige Argument für eine Einschränkung fehlt. Die nach Art. 79 II 1 DSGVO zuständigen Gerichte sind deshalb in ihrer Kognition nicht beschränkt. Art. 79 II 2 DSGVO ähnelt dem Gerichtsstand am Interessenmittelpunkt des Geschädigten den der EuGH zum Persönlichkeitsrecht im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO entworfen hat.830 Auch diese Gerichte sind in ihrer Kognition nicht beschränkt. Da der Gesetzgeber sich an die Rechtsprechung zur EuGVVO anlehnen wollte, sind auch die nach Art. 79 II DSGVO zuständigen Gerichte in ihrer Kognition nicht beschränkt.
829 830
Anders in der UMVO und GGVO, siehe oben S. 158 ff. und 164. Dazu oben S. 88 ff.
G. Fazit
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G. Fazit G . Fa z it
Die internationale Zuständigkeit ist für die territoriale Reichweite von Unterlassungsansprüchen in zweifacher Hinsicht von Bedeutung. Zunächst muss geklärt werden, an welchen Gerichtsständen mit einer Unterlassungsklage gegen ein rechtswidriges Verhalten vorgegangen werden kann. Im zweiten Schritt ist zu ermitteln, ob die Kognitionsbefugnis dieser Gerichte beschränkt ist. Im Grundsatz ist von einer unbeschränkten Kognitionsbefugnis auszugehen. So wird die Einschränkung der Kognitionsbefugnis bei den Gerichten am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges damit begründet, dass forum shopping verhindert werden soll. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Gerichte bei, denen die „Gefahr“ eines forum shopping nicht besteht, auch nicht in ihrer Kognitionsbefugnis eingeschränkt werden müssen. Somit können die Gerichte am Beklagtenwohnsitz (Art. 4 I EuGVVO, § 12 ZPO) auch grenzüberschreitende Unterlassungstitel erlassen. Gleiches gilt für die Gerichte am Ort der Niederlassung (Art. 7 Nr. 5 EuGVVO, § 21 ZPO). Da diese Gerichte nur für niederlassungsbezogene Ansprüche zuständig sind, besteht hier keine Gefahr des forum shopping. Die Argumentation, mit welcher der EuGH die Kognitionsbefugnis beschränkt, steht auf wackligen Füßen. Forum shopping ist nichts Illegitimes, sondern das gute Recht des Klägers. Wenn eine Zuständigkeitsordnung ihm mehrere Gerichtsstände eröffnet, darf die Rechtsprechung sie nicht entwerten. Vielmehr ist sicherzustellen, dass die Gerichtsstände nach dem ihnen zugrunde liegenden Zweck eröffnet werden. Die Zuständigkeit am Ort der unerlaubten Handlung (Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, § 32 ZPO) soll ein Gericht für zuständig erklären, das eine besondere Sach- und Beweisnähe zum Sachverhalt hat. Aufgrund dieser Sachverhaltsnähe ist die Beweisaufnahme einfacher, was das Verfahren beschleunigt und Kosten spart. Der Gerichtsstand dient damit nicht dem angeblichen Verletzten, sondern beiden Parteien. Angesichts der Ubiquität des Internets muss aber sichergestellt werden, dass wirklich ein sach- und beweisnahes Gericht für zuständig erklärt wird und nicht eine weltweite Zuständigkeit eröffnet wird. Das kann nicht durch die Einschränkung der Kognitionsbefugnis erreicht werden, da die Gerichte dessen ungeachtet weiterhin zuständig bleiben. Sinnvoller ist es daher, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und § 32 ZPO teleologisch zu reduzieren und unmittelbar die Zuständigkeit zu begrenzen. Fehl geht der EuGH allerdings, wenn er meint, Art. 7 Nr. 2 EuGVVO grundsätzlich eng auslegen zu müssen. Eine solche restriktive Auslegung kann nur gelingen, wenn man sich von der deutschen Handlungs- und Erfolgsortsdogmatik löst. Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ist prozessual und nicht materiellrechtlich auszulegen, und zwar empirisch autonom. Der EuGH hält den Ort des ursächlichen Geschehens für zuständigkeitsbegründend und verortet ihn am (Wohn-)Sitz des Beklagten. Die Untersuchung hat gezeigt, dass dieser Gerichtsstand weder im Persönlichkeits-
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2. Teil – Internationale Zuständigkeit
und Immaterialgüterrecht noch bei anderen Streitigkeiten einen Mehrwert gegenüber dem Beklagtengerichtsstand bringt, sondern nur einen Klägergerichtsstand für negative Feststellungsklagen schafft. Daher sollte auf den Ort des ursächlichen Geschehens verzichtet werden. Der Gerichtsstand der Verwirklichung des Schadenserfolges ist als Auswirkungsort zu verstehen. Bei der Prüfung, wo eine Handlung sich auswirkt, ist keine materiellrechtliche Prüfung vorzunehmen, sondern es müssen Fallgruppen gebildet werden, um jeweils empirisch-autonom zu ermitteln, ob und wo sich eine Handlung auswirkt. Das kann zu dem Ergebnis führen, dass die Zahl der Gerichtsstände nur geringfügig eingeschränkt wird. Auf subjektive Kriterien, etwa eine bestimmungsgemäße Verbreitung, ist zu verzichten. Die so bestimmten Gerichte sind in ihrer Zuständigkeit nicht zu beschränken. Der EuGH hingegen hält beim Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges nur die Gerichte am Interessenmittelpunkt des Geschädigten (bis jetzt nur) bei Persönlichkeitsverletzungen für vollständig kognitionsbefugt. Außerdem hält der EuGH die Auswirkungen einer Handlung im Internet für nicht begrenzbar. Deshalb entschied der EuGH für Persönlichkeitsverletzungen, dass nur die Gerichte mit voller Kognitionsbefugnis über ein Unterlassungsbegehren gegen Onlineveröffentlichungen entscheiden dürfen. Für die unionsweiten Schutzrechte (Unionsmarke und Gemeinschaftsgeschmacksmuster) gilt jeweils ein eigenes Zuständigkeitsregime. Danach kann der Verletzte entweder am Beklagtensitz oder – bei Fehlen eines solchen innerhalb der EU – an dessen Niederlassung klagen. Fehlt auch eine Niederlassung in einem Mitgliedstaat, so kann der Kläger an seinem Sitz, weiter hilfsweise an seiner Niederlassung, äußerst hilfsweise am Sitz des Amtes in Alicante klagen. All diese Gerichte sind in ihrer Kognitionsbefugnis nicht beschränkt. Daneben besteht eine Zuständigkeit am Ort, an dem die „Verletzungshandlung begangen worden ist“. Der EuGH legt das entgegen dem Wortlaut dahin aus, dass damit der Ort gemeint sei, an dem etwa eine Homepage bestimmungsgemäß abrufbar ist. Die so ermittelten Gerichte sind kraft Gesetzes in ihrer Kognition beschränkt (Art. 126 II UMVO; Art. 83 II GGVO). Die Datenschutzgrundverordnung enthält ebenfalls eine eigene Zuständigkeitsregel, trifft aber keine Aussage zur Kognitionsbefugnis. Da sich die Zuständigkeitsregeln an die EuGVVO und die dazu ergangene Rechtsprechung anlehnten, kann der Betroffene sowohl an einer Niederlassung des Verantwortlichen als auch an seinem Wohnsitz klagen. Diese Gerichte sind in ihrer Kognition nicht beschränkt. Die volle Kognitionsbefugnis eines Gerichts bedeutet jedoch nicht, dass nur ein einziges materielles Recht angewendet werden muss.
3. Teil
Kollisionsrecht 3 . T e il – K o llis io n s r e c h t
A. Einleitung A . E in le itu n g
Die internationale Zuständigkeit eines Gerichts und die Reichweite seiner Kognitionsbefugnis sagen noch nichts über das anwendbare materielle Recht aus. Dieses wird durch das Kollisionsrecht des Forumstaates bestimmt. Dabei fragt sich in internationalen Fallkonstellation, ob auf ein nationales Recht abgestellt werden darf oder ob in einer kollisionsrechtlichen Mosaikbetrachtung für jedes Territorium ein anderes nationales Recht angewendet werden muss. Die Vorteile der jeweiligen Vorgehensweise liegen auf der Hand. Die Konzentration auf ein einziges materielles Recht erleichtert dem Rechtsanwender die Arbeit. Gerade bei persönlichkeits- oder urheberrechtlichen Inhalten, die über das Internet oder via Satellit verbreitet werden, scheinen grundsätzlich alle Rechte der Welt Anwendung zu finden – das wäre praktisch kaum zu bewältigen. Demgegenüber ist eine Konzentrationswirkung dem Vorwurf ausgesetzt, dass sie den internationalen Entscheidungseinklang verfehlt und ungerechte Ergebnisse produziert. Denn sie kann dazu führen, dass eine Rechtsordnung weltweite Geltung erlangt, obwohl die tatsächliche Verletzung in ihrem Territorium nur gering ist.
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3. Teil – Kollisionsrecht
B. Persönlichkeitsrecht B. Pe r s ö n lic h k e its r ec h t
Das Persönlichkeitsrecht bereitet besondere kollisionsrechtliche Probleme.1 Da man sich auf eine unionseinheitliche Kollisionsregel für Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht einigen konnte,2 klammert die Rom II-Verordnung in Art. 1 II lit. g diese aus.3 Das beeinträchtigt massiv den europäischen Entscheidungseinklang.4 Da schon die internationale Zuständigkeit problembehaftet ist,5 sollte zumindest innerhalb der EU sichergestellt sein, dass das anwendbare Recht nicht von der Zuständigkeit abhängig ist. Uneinheitliches Kollisionsrecht führt nur dazu, dass über die internationale Zuständigkeit noch erbitterter gestritten wird – es geht um weit mehr als um ein sach- und beweisnahes Gericht.6 Der EU-Gesetzgeber muss hier einen neuen Anlauf vornehmen.7
1 Das erklärt die zahlreichen Monografien in diesem Bereich; siehe nur Schwiegel-Klein, Persönlichkeitsverletzungen durch Massenmedien im IPR (1983); R. Wagner, IPR bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen (1986); Danckwerts, Persönlichkeitsverletzungen im deutschen, schweiz. und US-amerikanischen IPR (1999); v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet (1999); Kristin, Das Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet (2001); Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen zum Schutze des Persönlichkeitsrechts im IPR (2003); Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz bei unerlaubter Vermarktung (2003); Kerpen, Das Internationale Privatrecht der Persönlichkeitsverletzungen (2003); Dehnert, Der deliktische Erfolgsort bei reinen Vermögensschäden und Persönlichkeitsverletzungen (2011). Der BGH überging die kollisionsrechtliche Komponente bei grenzüberschreitenden Persönlichkeitsverletzungen in den Anfangsjahren allerdings regelmäßig; Nachweise bei Heldrich, FS Zajtay, S. 213. 2 G. Wagner, IPRax 2008, 1, 3; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 13; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 59 ff.; Lehr, NJW 2012, 705, 708; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 1 Rom II-VO Rn. 43; ders., IPR, § 16 Rn. 4; Knöfel, in: Hüßtege/Mansel, Art. 1 Rom II-VO Rn. 53. Zum Gesetzgebungsverfahren, v. Hinden, FS Kropholler, S. 573, 574 ff.; Heiss, in: 30 Jahre österreichisches IPRG, S. 61, 68 ff. 3 Bestritten wird, dass dieser Ausschluss auch für das Urheberpersönlichkeitsrecht gelte, Magnus, RabelsZ 84 (2020), 1, 9 ff. allerdings mit nicht überzeugender Begründung. 4 Zu Recht „erschüttert“ ist v. Hinden, FS Kropholler, S. 573, 574; kritisch auch G. Wagner, IPRax 2008, 1, 10; Knöfel, in: Hüßtege/Mansel, Art. 1 Rom II-VO Rn. 53. 5 Siehe oben S. 70 ff. 6 Gerade dies ist aber das Ziel der besonderen Gerichtstände, siehe oben S. 61 ff. 7 Leider hat der Unionsgesetzgeber den Überprüfungsauftrag des Art. 30 Rom II-VO immer noch nicht genutzt, vgl. Junker, in: MüKo-BGB, Art. 30 Rom II-VO Rn. 1 Fn. 2.
B. Persönlichkeitsrecht
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I. Anwendungsbereich des Deliktsstatuts Im deutschen EGBGB fehlt eine besondere Kollisionsnorm für Persönlichkeitsverletzungen.8 Nach herrschender Ansicht unterfallen sie dem Deliktstatut,9 von dem auch die Unterlassungsansprüche umfasst sind.10 Dabei ist das Persönlichkeitsrecht einheitlich anzuknüpfen und nicht zwischen Bestand, Inhalt und Verletzung zu trennen.11 Bei unerlaubten Handlungen ist grundsätzlich das Recht des Handlungsorts anwendbar, Art. 40 I 1 EGBGB. Allerdings steht dem Verletzten ein Wahlrecht 8 Sonnenberger, FS Henrich, S. 575 f.; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 39. Anders etwa das schweizerische Recht, siehe Art. 139 IPRG. Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Reform des EGBGB – trotz Vorschlägen, etwa von Heldrich, in: Vorschläge und Gutachten, S. 362 ff. – auf eine Sondernorm verzichtet; kritisch dazu Kreuzer, RabelsZ (65) 2001, 383, 417. 9 H.M. schon vor der Kodifizierung von Art. 40 EGBGB, siehe Heldrich, FS Zajtay, S. 215, 232; ders., in: Vorschläge und Gutachten, S. 361, 372, 374, 377; Hohloch, ZUM 1986, 165, 176; Schack, UFITA 108 (1988), 51, 55 f.; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 117; ders., JZ 1998, 753, 761; Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 22. Ausdrücklich die Gesetzesbegründung zu Art. 40 EGBGB BT-Drs. 14/343, S. 10. Ebenso Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 114; Kropholler, IPR, S. 540; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 53; Fornasier, in: BeckOGK, Art. 40 EGBGB Rn. 28 f. – für eine Anknüpfung an das Personalstatut Danckwerts, Persönlichkeitsverletzungen, S. 180 f., der danach differenzieren will, ob Dritte von der Persönlichkeitsverletzung Kenntnis erlangt haben (dann Personalstatut des Dritten, S. 183, sonst Personalstatut des Verletzten, S. 180). Damit steht Deutschland in einer europäischen Tradition, Kadner Graziano, Gemeineuropäisches IPR, S. 295 m.w.N. 10 Wie schon vor der Kodifizierung von Art. 40 EGBGB, Hohloch, ZUM 1986, 165, 176; Schack, UFITA 108 (1988), 51, 67 Fn. 82; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 118; ders., MMR 2000, 59, 61; Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 22; a.A. Lüderitz, NJW 1962, 2142, 2143. Ausdrücklich die Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/343, S. 10, zustimmend v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 316; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 47; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 116; Kropholler, IPR, S. 541; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 56; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 36; Fornasier, in: BeckOGK, Art. 40 EGBGB Rn. 30. 11 Hohloch, ZUM 1986, 165, 176; R. Wagner, IPR bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, S. 94 f.; Schack, UFITA 108 (1988), 51, 55 f.; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 116 f.; Sonnenberger, FS Henrich, 575, 582; Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 22; v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 315; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 42; S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 166; Kristin, Das Deliktstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 85; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 215; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 54; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 83; Fornasier, in: BeckOGK, Art. 40 EGBGB Rn. 34 ff. A.A. Lüderitz, NJW 1962, 2142, 2143; Ferid, IPR, Rn. 7 – 116; und heute noch Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 36. Auch in der Schweiz wird eine einheitliche Anknüpfung befürwortet, Vischer/Göksu, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, Art. 139 IPRG Rn. 1.
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3. Teil – Kollisionsrecht
zu, das Recht des Staates zu wählen, in welchem der Erfolg eingetreten ist, Art. 40 I 2 EGBGB. Abs. 1 wird durch Abs. 2 verdrängt, der vorrangig das Recht des Staates des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts beider Parteien für anwendbar erklärt. II. Handlungsort Nachdem Persönlichkeitsverletzungen Art. 40 EGBGB zugeordnet wurden, stellt sich die Frage, welches Recht Art. 40 I 1 EGBGB zur Anwendung bringt. Anwendbar soll das Recht des Staates sein, in welchem „der Ersatzpflichtige gehandelt hat“. Anknüpfungsmoment ist folglich der Handlungsort, den es zu konkretisieren gilt. 1. Auslegung lege causae Handlungsort ist nach herrschender Meinung der Ort, an dem die unerlaubte Handlung ganz oder teilweise ausgeführt wird,12 bloße Vorbereitungshandlungen sollen unerheblich sein13. Ob eine Handlung unerlaubt oder bloße Vorbereitungshandlung ist, wird nach dem Recht des Staates bestimmt, an dem tatsächlich gehandelt wurde.14 Das wesentliche Merkmal wird also lege causae ermittelt. Dabei handelt es sich aber nicht – wie teilweise angenommen – um einen Qualifikationsvorgang.15 Die Auslegung (oder mit Schurig Ausdeutung) der Anknüpfungsbegriffe ist kein Akt der Qualifikation.16 Es geht nicht darum, unter welche Kollisionsnorm ein ausländischer Sachverhalt fällt (Qualifikation). Vielmehr wird der kollisionsrechtliche Begriff des Handlungsortes ausgeformt, d.h. konkretisiert. Dabei bedient sich das deutsche IPR mit dem Handlungsort eines Begriffes, der erneut kollisionsrechtliche Probleme aufwirft. 12 Hohloch, Das Deliktsstatut, S. 109; Kegel/Schurig, IPR, S. 726; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 20; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 25. 13 Kegel/Schurig, IPR, S. 726; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 20; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 25; Hohloch, in: Erman, Art. 40 EGBGB Rn. 12. 14 Kegel/Schurig, IPR, S. 726; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 20; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 25; ders., JZ 2000, 477, 482. Dagegen Stoll, GS Lüderitz, S. 733, 736, 741; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 57; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 18; wohl für die Bestimmung lege fori Schönberger, Das Tatortprinzip, S. 43. 15 So aber Lüderitz, in: Soergel, Art. 38 EGBGB Rn. 4; v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 275; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 56 f. Letzterer sieht, dass es sich nicht um eine Qualifikation handelt (Fn. 13), scheint daraus aber keine Schlüsse zu ziehen. Denn bei der Auslegung von Anknüpfungsmomenten ist der Rückgriff auf die lex causae nicht systemwidrig, siehe etwa bei der Staatsangehörigkeit. 16 Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S. 226 ff.; Kegel/ders., IPR, S. 356; Kropholler, IPR, S. 115; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 1; v. Hein, in: MüKo-BGB, Einl. zum IPR, Rn. 111.
B. Persönlichkeitsrecht
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Auch das ist keine Besonderheit, sondern kommt bei Anknüpfungsmomenten häufiger vor.17 Grundsätzlich werden Anknüpfungsbegriffe lege fori ausgelegt.18 Griffe man dabei auf das materielle deutsche Recht zurück,19 würde das beim Handlungsort dazu führen, dass deutsches materielles Recht darüber entscheidet, ob eine Handlung im Ausland unerlaubt war. Das erklärt den Rückgriff auf die lex causae. Die Kritik, dass dies den Regeln der Qualifikation widerspricht,20 kann also nicht überzeugen, da schon kein Qualifikationsvorgang vorliegt. Das bedeutet noch nicht, dass die Behandlung lege causae überzeugt. Denn sie führt zu praktischen Schwierigkeiten, da bereits bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts verschiedene materielle Rechtsordnungen zu prüfen wären.21 Selbst wenn es gelänge, bloße Vorbereitungshandlungen auszunehmen, könnten bei einem mehraktigen Geschehen mehrere Handlungsorte verbleiben22. Welche dieser Handlungen maßgeblich ist, will die herrschende Meinung wertend danach bestimmen, an welchem Ort der Schwerpunkt lag.23 Doch wenn bei einem mehraktigen Geschehen etwa unerlaubt in 17
Vgl. etwa Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S. 226. Dölle, IPR, S. 106 f.; Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S. 227; Kegel/ders., IPR, S. 356. 19 Zwar werden die Anknüpfungsmomente nach den besonderen Wertungen des Kollisionsrechts ausgelegt, dabei aber regelmäßig auf das materielle Recht zurückgegriffen. 20 v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 275; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 56 f. 21 v. Hinden, Persönlichkeitsschutz im Internet, S. 57; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 142. 22 v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 274; C. Auer, Deutsches internationales Deliktsrecht, S. 111 f. 23 Looschelders, VersR 1999, 1316, 1319; v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 272 f.; Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 423; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 20; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 28; ders., FS W. Lorenz, S. 321, 336 („engste Verbindung“); Kropholler, IPR, S. 526; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 145. A.A. Spickhoff, IPRax 2000, 1, 5; ders., in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 23; Freitag/Leible, ZVglRWiss 99 (2000), 101, 138; Rauscher, IPR Rn. 1381, die von einem Wahlrecht ausgehen. Werde dieses nicht ausgeübt, müsse im Wege des Günstigkeitsprinzip ermittelt werden, nach welchem möglichen anwendbaren Recht der Anspruch begründet sei (Rauscher, a.a.O. will bei Nichtanwendung des Wahlrechts auf den Schwerpunkt der Handlung abstellen). Dies überzeugt nicht: Der Gesetzgeber hat das Problem gesehen (BT-Drs. 14/343, S. 10). Daher kann das Wahlrecht nicht – wie Rauscher, es versucht – mit einer Analogie begründet werden: Es fehlt an der planwidrigen Regelungslücke. Die Konkretisierung des (!) Handlungsortes wurde ausdrücklich der Praxis und Wissenschaft überlassen. Dieser Aufgabe darf man sich nicht durch ein Wahlrecht entziehen. Das Günstigkeitsprinzip entscheiden lassen Kegel/Schurig, IPR, S. 730; nur für das Wahlrecht Hohloch, in: Erman BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 12. Kritisch dazu auch Friedrich, Internationale Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 144; Kropholler, IPR, S. 526 f. Zur Konkretisierung als delegierte Rechtsetzung, Röthel, Normenkonkretisierung im Privatrecht, S. 49 ff. und passim. 18
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3. Teil – Kollisionsrecht
Dänemark, Frankreich und Deutschland gehandelt wurde, nach welchen Kriterien soll dann bestimmt werden, welche Handlung den Schwerpunkt darstellt? Die lex causae hilft hier nicht weiter, da sie gerade mehrere Rechtsordnungen beruft. So bleibt nur eine Bestimmung lege fori – entweder auf kollisions- oder sachrechtlicher Ebene. Die Bestimmung des Schwerpunktes ist eine Wertentscheidung. Die maßgeblichen Wertungen müssen dem Kollisionsrecht entnommen werden. Daher sind die hinter der Handlungsortanknüpfung stehenden kollisionsrechtlichen Wertungen zu ermitteln. Die ältere Literatur führte für den Handlungsort insbesondere staats- und völkerrechtliche Argumente an. So begründete C. L. v. Bar die Handlungsortsanknüpfung damit, dass jeder Staat das Recht habe, innerhalb seines Territoriums die „allgemeine Ordnung“ zu bestimmen, an deren Regel sich alle Personen zu halten hätten.24 Daher müssten die Ansprüche nach den Regeln des Territoriums bestimmt werden, auf dem gehandelt wurde.25 Die Erfolgsortanknüpfung der lex loci delicti sei ein völkerrechtlich unzulässiger Eingriff in die Souveränität eines anderen Staates.26 Außerdem sei sie zufällig und führe somit zu Rechtsunsicherheit.27 Der Handlungsort hingegen sei leichter zu bestimmen.28 Auch spreche die verhaltenssteuernde Funktion des Deliktsrechts für den Handlungsort.29 Die völkerrechtliche Argumentation kann nicht überzeugen.30 Nur Extremfälle dürften gegen das Völkerrecht verstoßen,31 daraus lässt sich aber kein grundsätzliches Argument für die Handlungsortsanknüpfung ziehen. Im Kern geht es darum, dass die Rechtsunterworfenen die Möglichkeit haben, an der Rechtssetzung mitzuwirken. Dahinter steckt kein völkerrechtlicher Souveränitätsgedanke,32 sondern die demokratische Legitimation von Recht. Gerade im Deliktsrecht drohen Handlungsverbote, d.h. die Einschränkung von Freiheitsrechten. Diese kann nur gerechtfertigt sein, wenn sie demokratisch legitimiert ist. Allerdings findet das ausländische Recht nicht unmittelbar Anwendung, es
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C. L. v. Bar, Lehrbuch des internationalen Privat- und Strafrechts, S. 123 f. C. L. v. Bar, a.a.O., S. 124. 26 C. L. v. Bar, a.a.O., S. 125; Zitelmann, IPR II, S. 480 f. 27 Zitelmann, IPR II, S. 484; Raape, IPR, S. 577. 28 So die Gesetzesbegründung zu Art. 40 EGBGB, BT-Drs. 14/343, 11. Dagegen Busch, Ubiquitätsregel im Internationalen Deliktsrecht, S. 54; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 544. 29 Thorn/v. Hoffmann, IPR, § 11 Rn. 23. 30 Zum Völkerrecht siehe oben S. 53 ff. 31 Siehe unten S. 203. 32 Der völkerrechtliche Souveränitätsbegriff ist umstritten und unterliegt ständiger Wandlung. Ein absoluter Souveränitätsgedanke wird heute wohl nicht mehr vertreten, siehe dazu Grimm, in: Europa ja – aber welches?, S. 49 51 ff. 25
B. Persönlichkeitsrecht
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wird vielmehr erst vom Kollisionsrecht des Forumstaates für anwendbar erklärt.33 Das Kollisionsrecht wiederum ist demokratisch legitimiert.34 Die völkerrechtliche Kritik, die vor allem gegen den Erfolgsort gerichtet ist, übersieht, dass ausländisches Recht nur zur Anwendung kommt, weil eine Einwirkung in einen fremden Rechtskreis vorliegt. Auch dass die Handlungsortanknüpfung eine stärkere verhaltenssteuernde Wirkung als der Erfolgsort hätte, ist mehr als zweifelhaft. Verhaltenssteuernd ist die Haftung als solche und nicht welches Recht die Haftung bestimmt. Argumentiert wird auch, dass es ausreichen müsse, sich an das Recht des Territoriums zu halten, in welchem man sich aufhält. Raape beschrieb dies mit den Worten „‘Wer in Rom lebt, muß wie ein Römer leben‘ – und darf es auch.“35 Doch auch wenn die Aussage markig klingt, überzeugen kann sie nicht. Warum sollten die Nachbarn aus dem Vatikan es akzeptieren, dass ein Römer ihnen Schaden zufügt, auch wenn die Handlung in Rom erlaubt sein mag? Hinter Raapes Zuspitzung steht der Gedanke, dass es jedem möglich sein muss, unschwer zu ermitteln, wie er sich rechtskonform verhalten kann. Das ist aber nur möglich, wenn bekannt ist, welches Recht über die Rechtmäßigkeit der Handlung bestimmt. Hauptgrund für die Handlungsortsanknüpfung ist also, dass der Handelnde so sein Verhalten an sein Umweltrecht anpassen kann.36 Auf dieser Grundlage ist der Schwerpunkt der Handlung dort, wo der Handelnde maßgeblich agiert. Somit wäre der Ort zu ermitteln, an dem die Tätigkeit maßgeblich gesteuert wird.37 Dafür müssten in einem ersten Schritt alle tatsächlichen Handlungen ermittelt werden. Sodann wäre nach der jeweiligen lex causae zu prüfen, ob es sich um unerlaubte Handlungen oder um bloße Vorbereitungshandlungen handelt. Unter den verbleibenden Orten ist der Ort auszuwählen, der den Schwerpunkt bildet, d.h. der Ort, an dem der Handelnde sein Verhalten maßgeblich gesteuert hat. Diese Herangehensweise der herrschenden Meinung ist nicht praktikabel und dogmatisch verfehlt.
33 Die deutsche Literatur geht heute davon aus, dass ausländisches Recht weiterhin ausländisches Recht bleibe, auch wenn es in Deutschland angewendet wird; die Nachweise bei Schinkels, Normsatzstruktur des IPR, S. 13 ff., der diese Ansicht aber ablehnt, S. 235. Zum Problem des Demokratieprinzips im IPR ders., a.a.O., S. 26 ff. und 226 ff. 34 Und unterliegt im vollen Umfang der grundrechtlichen Kontrolle, BVerfGE 31, 58 – Spanierbeschluss. 35 Raape, IPR, S. 577. 36 Riegl, Streudelikte, S. 46 f.; Wild, Anknüpfung an den Handlungsort, S. 90; vgl. Kegel/Schurig, IPR, S. 723. In der älteren Literatur war sie häufig mehr eine Absage an die lex fori als eine bewusste Entscheidung für den Handlungsort. 37 Vgl. Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 23; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 145.
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3. Teil – Kollisionsrecht
2. Auslegung lege fori Tatbestandsmerkmale einer Kollisionsnorm werden grundsätzlich lege fori ausgelegt.38 Dabei können sich die Begriffe des Kollisionsrechts von denen des materiellen Rechts unterscheiden.39 Richtigerweise ist auch der Handlungsortsbegriff kollisionsrechtlich autonom zu bestimmen.40 Hierbei kann auf die eben dargelegten Wertungen des Handlungsortes zurückgegriffen werden. Gefunden werden muss eine Anknüpfung, die dem Handelnden die Möglichkeit gibt, sein Verhalten zu steuern, und die den Interessen des Verletzten gerecht wird. Der Handlungsort muss also dort liegen, wo der Handelnde einen Geschehensablauf nicht mehr beherrschen kann und dadurch eine Gefährdung der Interessen anderer Personen droht.41 Ob die Handlung nach dem materiellen Recht an dem Ort unerlaubt war, ist insoweit unerheblich. 3. Handlungsort der Medienunternehmen a) Herrschende Lehre Bei der journalistischen Arbeit werden Handlungen an diversen Orten vorgenommen: Angefangen mit der Recherche oder der Erstellung eines Bildes, über die Niederschrift und die Diskussion in der Redaktion bis zum Druck oder der endgültigen Ausgabe kommen viele Handlungsorte in Betracht.42 Die herrschende Lehre müsste zunächst nach der jeweiligen lex causae die Vorbereitungsorte ausschließen. Abstrakt, d.h. ohne Rückgriff auf ein materielles Recht, kann die herrschende Lehre keinen Handlungsort bestimmen. Das hält sie aber nicht davon ab, den Handlungsort bei Medienunternehmen generell an deren Sitz zu verorten.43 Folgt man der lex causae-Auslegung, kann dies aber 38
Siehe oben S. 179. Kegel/Schurig, IPR, S. 356. 40 So auch v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 57 f.; C. Auer, Deutsches Internationales Deliktsrecht, S. 112; Stoll, GS Lüderitz, S. 733, 741. 41 Vgl. Stoll, IPRax 1989, 89, 90; ders., GS Lüderitz, S. 733, 737; v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 277 f. beide mit Hinweis v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 17 ff.; zustimmend C. Auer, Deutsches Internationales Deliktsrecht, S. 112; Hohloch, in: Erman, Art. 40 EGBGB Rn. 12; wohl auch v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 57 f. 42 Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 237; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 141, siehe auch zum Zuständigkeitsrecht oben S. 74. 43 Kropholler, IPR, S. 541; Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen, S. 126 f.; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 226 f.; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 74; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 58; Hohloch, in: Erman, Art. 40 EGBGB Rn. 12; Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 23; im Ergebnis auch v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 60 f.; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 146. 39
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nur für Handlungen in Deutschland gelten. Sucht man danach mit der herrschenden Lehre die Schwerpunkthandlung, so gelangt man zum Sitz der Chefredaktion als Ort „Verhaltenszentrale“.44 Andere nehmen dagegen an, dass diese Verhaltenszentrale am tatsächlichen Verlagssitz liege.45 Doch das ist ungenau. Vertreibt ein Verlag mehrere Produkte,46 so wird die Entscheidung, ob ein Inhalt veröffentlicht wird, nicht unbedingt an der Verlagszentrale getroffen.47 Maßgeblich muss daher der Sitz der Chefredaktion sein, trägt sie doch letztlich die Verantwortung für die Inhalte. Regelmäßig werden die Chefredaktion und der Sitz des Medienunternehmens zusammenfallen. Das erklärt, warum die herrschende Lehre den Handlungsort am Sitz des Unternehmens annimmt.48 Daneben wird auch in der Literatur vertreten, dass Handlungsort der Verlags- oder Erscheinungsort49 sei,50 was das Problem eröffnet, welcher Ort maßgeblich sein soll, wenn diese auseinanderfallen. Da Handlungsort aber der Ort sein soll, an dem eine unerlaubte Handlung (bewertet lege causae) vorgenommen wurde, wäre zu prüfen, ob die Entscheidung, den Inhalt zu veröffentlichen, überhaupt eine unerlaubte Handlung darstellt. Ist das nicht der Fall, würde Art. 40 I EGBGB leerlaufen. Auch bei größeren Medienunternehmen, wie etwa der Axel Springer SE, kann nicht einfach auf den Sitz abgestellt werden. So hat die Axel Springer SE ihren Sitz in Deutschland, unter ihrem Dach finden sich aber auch Tochtergesellschaften wie die Ringier Axel Springer Polska Sp. z o. o. mit Sitz in Polen.51 Bei eigenständigen Tochtergesellschaften kann Handlungsort nur deren Sitz sein.
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So C. Auer, Deutsches internationales Deliktsrecht, S. 116; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzung im Internet, S. 60. 45 Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 23; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 222 ff.; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 145. 46 Der Beck Verlag hat seinen Sitz etwa in München, die Redaktionen der Zeitschriften sitzen hingegen in Frankfurt a.M., . Siehe oben S. 75. 47 Das übersieht Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 145. 48 Kropholler, IPR, S. 541; Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 23; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 74; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 58; Hohloch, in: Erman, Art. 40 EGBGB Rn. 12; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 226 f. Im Ergebnis auch; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 60 f.; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 146. 49 Zum Erscheinungsort sogleich. 50 Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 126; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 38. 51 Die Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością entspricht der deutschen GmbH.
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3. Teil – Kollisionsrecht
b) Rechtsprechung Die Rechtsprechung sieht den Handlungsort bei Presseerzeugnissen am Erscheinungsort.52 Damit wird das Auslegungsproblem nur verlagert. Versuchte man den Erscheinungsort durch Rückgriff auf das materielle Recht zu konkretisieren, stößt man auf das nächste Problem. Wo nämlich der Erscheinungsort liegt, ist im Presserecht53 wie im Strafrecht54 umstritten.55 Im Presserecht sieht der BGH den Erscheinungsort in der Regel am Verlagsort oder dort, wo die Druckschrift „mit Willen des Verfügungsberechtigten die Stätte ihre Verbreitung vorbereitenden Handlungen verlässt“ (Ausgabeort).56 Dies wird zwar regelmäßig ebenfalls der Verlagssitz sein,57 trotzdem sind Verlagssitz und Erscheinungsort unterschiedliche Anknüpfungsmerkmale.58 Fallen Verlags- und Ausgabeort auseinander, dann soll der Erscheinungsort danach bestimmt werden, „wo das rechtliche und tatsächliche Schwergewicht der die öffentliche Verbreitung in die Wege leitenden“ Tätigkeit ist.59 Somit kommt auch die Rechtsprechung zu einer Schwerpunktbetrachtung – anscheinend aber ohne auf die lex causae zurückzugreifen.
52 BGHZ 131, 332, 335 – Caroline v. Monaco II, mit Verweis auf seine Rechtsprechung zu § 32 ZPO. 53 Lehr, in: Löffler, Presserecht, § 8 LPG Rn. 17. Daher auch kritisch gegenüber einer Anknüpfung an den Erscheinungsort v. Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet, S. 59 (Kollisionsrecht). 54 Ellbogen, in: MüKo-StPO, § 7 StPO Rn. 12 f. m.w.N. 55 Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 238. Vgl. auch Fricke, Der Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen zum Schutz des Persönlichkeitsrechts im IPR, S. 220 ff. 56 BGH NJW 1990, 1991 – Impressumspflicht; zustimmend etwa Beater, Medienrecht, Rn. 195. Für das Strafrecht BGH NJW 1997, 2828, 2829 (insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 43, 122). 57 BGH NJW 1990, 1991 – Impressumspflicht; Lehr, in: Löffler, Presserecht, § 8 LPG Rn. 20; Beater, Medienrecht, Rn. 195; v. Hein; Günstigkeitsprinzip im internationalen Privatrecht, S. 321; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 60 f.; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 74; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 Rn. 58; Hohloch, in: Erman, Art. 40 EGBGB Rn. 12. 58 Kropholler, IPR, S. 541; vgl. Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 238. 59 BGH NJW 1990, 1991, 1992 – Impressumspflicht; Beater, Medienrecht, Rn. 195.
B. Persönlichkeitsrecht
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c) Handlungsort als Verbreitungsort Literatur und Rechtsprechung gelangen so zu einem Handlungsort. Zu mehreren Handlungsorten gelangt hingegen Schack, der den Handlungsort bei Persönlichkeitsverletzungen im Verbreitungsort sieht.60 Die maßgebliche Handlung sei „die Übermittlung an den Empfänger“.61 Einen Erfolgsort könne es hingegen bei Persönlichkeitsverletzungen nicht geben.62 Der von Schack vertretene weite Handlungsbegriff ist terminologisch verwirrend63 und strapaziert den Wortlaut des Art. 40 EGBGB. Allerdings entwickelte Schack seine Lösung noch vor Inkrafttreten des Art. 40 EGBGB. Auch gelangt er bei Streudelikten zu einer Vielzahl von Handlungsorten und somit zu verschiedenen Rechtsordnungen, die angewendet werden könnten.64 Ausgenommen werden sollen nach Schack allerdings die Orte, an denen nur eine minimale Verbreitung stattfindet.65 Verbleiben mehrere Handlungsorte, soll der Verletzte zwischen ihnen wählen können.66 Eine normative Grundlage für einheitliches Wahlrecht bietet
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Schack, UFITA 108 (1988), 51, 65; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 122. Damit befindet Schack sich in der franz. Tradition (vgl. Kadner Graziano, Gemeineuropäisches IPR, S. 303 f.), aber entgegen der h.M., die hierin einen Erfolgsort sieht; siehe nur Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 77. Den weiten Handlungsbegriff vertraten schon Raape, IPR, S. 577 (zum Persönlichkeitsrecht Fn. 166); Bröcker, Möglichkeiten der differenzierten Regelbildung im Internationalen Deliktsrecht, S. 92 („wo eine vom Menschen ausgelöste Ursachenkette ihre Wirkung entfaltet, wird gehandelt.“); und Binder, RabelsZ 20 (1955), 401, 472. Siehe auch zum Zuständigkeitsrecht oben S. 77 ff. 61 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 65. Sein Beispiel, dass auch der Ort, an dem der Täter die Bombe zur Explosion bringe, ein Handlungsort sei, überzeugt mithin nicht. Bei einem Fernzünder gibt es – genau wie beim Schuss über die Grenze – sowohl einen Handlungsort (Ort des Abdrückens) als auch einen Erfolgsort (Ort der Explosion), vgl. auch v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 271. Niemand würde vertreten, dass das Getroffenwerden durch die Kugel eine Handlung darstellt; so auch Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 53. Zur historischen Begründung ders., a.a.O., S. 56 Fn. 189. 62 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 64; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 123. Ebenso Chr. v. Bar, FS Waseda, S. 575, 588; ders./Mankowski, IPR 2, Rn. 664. 63 v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 273. Zuvor schon Riegl, Streudelikte im IPR, S. 41 („begriffliche Grenzverschiebung“). 64 Eine Mehrzahl von Handlungsorten wollte der Gesetzgeber verhindern, siehe oben Fn. 23. 65 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 65; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 124. Was eine „minimale“ Verbreitung ist, wäre sodann zu diskutieren. Auf eine mögliche „Zielgruppe“ abzustellen, wie von Schack vorgeschlagen, ist schwierig. Welche Zielgruppe wollen etwa die BBC oder Politico erreichen? 66 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 67; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 124.
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3. Teil – Kollisionsrecht
Art. 40 EGBGB nicht.67 Trifft der Geschädigte keine Wahl, so will Schack die lex fori anwenden.68 Eine Mosaikbetrachtung soll hingegen ausdrücklich nicht vorgenommen werden.69 Damit bricht Schack jedoch, wenn er bei der Schadensbemessung prüfen will, ob die Handlung im jeweiligen Verbreitungsgebiet nach dem dort geltenden Recht rechtmäßig ist.70 Dem Ansatz von Schack ist deshalb nicht zu folgen. d) Eigene Lösung Bestimmt man den Handlungsort nach der hier vertretenen Ansicht, so ist der Ort zu ermitteln, an dem die Handlung begangen wurde, die eine Gefährdung der Interessen des Verletzten ausgelöst hat, diese nicht mehr zu kontrollieren ist. Die letzte Handlung ist in aller Regel die Entscheidung der (Chef)Redaktion, einen bestimmten Inhalt zu veröffentlichen.71 Sie wird häufig am Sitz des Unternehmens getroffen. Der Mutterkonzern ist dabei unerheblich, solange er nicht die redaktionellen Inhalte bestimmt. Persönlichkeitsverletzungen in Printmedien, Fernsehen, Radio oder dem Internet sind gleich zu behandeln. Da Medienunternehmen in der Regel mehrere Kanäle nutzen, wäre eine Unterscheidung nach der verwendeten Technologie widersinnig. 4. Handlungsort bei natürlichen Personen Problematischer ist die Behandlung des Handlungsortes bei Persönlichkeitsverletzungen durch natürliche Personen. In Betracht kommt hier der Ort, an dem der Inhalt angefertigt, sowie der Ort, an dem der Inhalt abgesendet wird. Die herrschende Lehre sieht den Ort des Absendens als Handlungsort,72 obwohl auch das nach der herrschenden Dogmatik eigentlich nicht abstrakt ohne Rückgriff auf ein materielles Recht gesagt werden kann.73 Allerdings wird das Verfassen wohl auch nach anderen Rechtsordnungen eine bloße Vorberei-
67 Siehe oben Fn. 23. Schack, MMR 2000, 59, 65 Fn. 72 schlägt eine analoge Anwendung von Art. 40 I 3 EGBGB vor. Da der Gesetzgeber das Problem mehrerer Handlungsorte gesehen hat (BT-Drs. 14/343, S. 10), fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, sodass eine analoge Anwendung ausscheidet; siehe oben Fn. 23. 68 Schack, MMR 2000, 59, 65 Fn. 72. 69 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 67. 70 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 68 Fn. 83; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 124. Somit gelangt er im Ergebnis bezogen auf die Rechtswidrigkeit doch zu einer Mosaikbetrachtung. 71 v. Hein, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 60. 72 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 77; Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 128, 135; Kropholler, IPR, S. 542; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 58; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 42; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 75. 73 Siehe oben S. 178 ff.
B. Persönlichkeitsrecht
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tungshandlung sein, wobei auch das nach der jeweiligen lex causae zu bestimmen wäre. Bestimmt man den Handlungsort, wie hier vorgeschlagen, kollisionsrechtlich autonom als den Ort, an dem die Gefahr nicht mehr kontrolliert und die Interessen gefährdet sind, so gelangt man ebenfalls zum Ort des Absendens. Da der Ort des Absendens oft schwer zu ermitteln ist, wird der Absendeort am gewöhnlichen Aufenthalt des Verletzers widerleglich vermutet.74 Ohne eine solche Vermutungsregel würde die Handlungsortanknüpfung leerlaufen. 5. Handlungsort bei zukünftigen Handlungen Die Diskussion über den Handlungsort konzentriert sich darauf, wie er nach dem Schadenseintritt bestimmt werden soll. Rückblickend mag es gelingen, einen Handlungsort zu bestimmen. Begehrt der Verletzte aber Unterlassung, dann müssen zukünftige Handlungsorte ermittelt werden. Richtet sich der Unterlassungsanspruch gegen ein Medienunternehmen, entstehen keine weiteren Probleme. Der Unternehmenssitz wird regelmäßig nicht verlegt. Kommt es dennoch zu einer Sitzverlegung, lässt sich der künftige Handlungsort wieder zweifelsfrei bestimmen. Schwieriger ist die Lage bei natürlichen Personen. Vermutet man mit der herrschenden Lehre, den gewöhnlichen Aufenthaltsort als Handlungsort, so scheint auch hier eine stabile Anknüpfung gewährleistet. Doch besagt die Vermutungsregel nur, dass davon auszugehen ist, dass der Schädiger an seinem gewöhnlichen Aufenthalt gehandelt hat. Ob er auch künftig nur dort handeln wird, ist hingegen fraglich. Somit kann es mehrere Handlungsorte geben, sodass fraglich ist, ob diese selbstständig nebeneinander stehen oder ob es zu einer Betrachtung des gesamten Sachverhalts unter einer Rechtsordnung kommen soll. 6. Fazit Der Begriff des Handlungsortes ist – entgegen der herrschenden Lehre75 – kollisionsrechtlich auszulegen als der Ort, an dem der Handelnde eine Gefahr nicht mehr steuern kann und dadurch die Interessen Dritter gefährdet werden
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Mankowski RabelsZ 63 (1999), 203, 265; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 72, 77; Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 135; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 75. Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 42 will hilfsweise auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstellen, wenn der Handlungsort sich nicht ermitteln lässt. Eine Widerlegung ist hier unproblematischer als im Zuständigkeitsrecht, da nur das anwendbare Recht wechselt und nicht dem Gericht die Zuständigkeit entzogen wird. 75 Zu dieser oben S. 182 ff.
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3. Teil – Kollisionsrecht
können.76 Dabei muss entgegen der herrschenden Meinung nicht geklärt werden, ob die Handlung lege causae tatbestandsmäßig ist. Die Auswertung der Literatur und Rechtsprechung77 hat gezeigt, dass nicht auf die lex causae zurückgegriffen wird. Vielmehr wird der Handlungsort bei Medienunternehmen abstrakt an deren Sitz verortet.78 Doch liegt der Handlungsort bei Medienunternehmen nicht an deren Sitz, sondern am Sitz der Chefredaktion als dem Gremium, dessen Entscheidung die schädigenden Auswirkungen letztverbindlich in Gang gesetzt hat.79 Bei natürlichen Personen ist mit der herrschenden Meinung der Handlungsort am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verletzers zu vermuten.80 Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn sich der Ort bestimmen lässt, an dem die Gefahr nicht mehr zu steuern ist. Das wird bei Onlinesachverhalten regelmäßig der Ort des Absendens bzw. der Freischaltung sein. So gelingt es, retrospektiv einen Handlungsort zu bestimmen.81 Bei zukünftigen Handlungen, die untersagt werden sollen, ist das wesentlich schwieriger. Durch die Vermutungsregel bei natürlichen Personen und die Anknüpfung an den Sitz der Chefredaktion lassen sich aber hinreichend sichere Ergebnisse erzielen. III. Erfolgsort Noch problematischer als der Handlungs- ist der Erfolgsort. Gemäß Art. 40 I 2 EGBGB kann der Kläger verlangen, dass das Recht des Staates angewendet wird, in welchem der Erfolg eingetreten ist. Den Erfolgsort sieht die herrschende Meinung dort, wo ein Verletzungserfolg eingetreten ist.82 Nicht maßgeblich hingegen soll der Schadensort sein.83 Dieser sei zufällig und könne einseitig durch den Geschädigten bestimmt werden,84 indem etwa die 76
Siehe oben S. 186 ff. Zu ihr oben S. 184 ff. 78 So die Literatur (oben S. 182), wie die Rechtsprechung, S. 184. 79 Siehe oben S. 186 f. 80 Siehe oben S. 186 f. 81 Siehe oben S. 187 f. 82 Kegel/Schurig, IPR, S. 723 („Rechtsgutsverletzungsort“); Kropholler, IPR, S. 423; Neuhaus, Grundbegriffe, S. 241 f.; Riegl, Streudelikte im IPR, S. 42 f.; Junker, FS W. Lorenz, S. 321, 322; ders., in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 31; Spickhoff, in: BeckOKBGB, Art. 40 EGBGB Rn. 24. 83 Kropholler, IPR, S. 523; Riegl, Streudelikte im IPR, S. 45 f.; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 31. Schadensort ist der Ort, an dem der aus der Rechtsgutsverletzung resultierende Schaden eintritt, etwa die Reparatur nach einem Verkehrsunfall. 84 Schönberger, Tatortprinzip, S. 51; Kegel/Schurig, IPR, S. 730 f.; Kropholler, IPR, S. 523 f. Hohloch, Das Deliktsstatut, S. 111 sieht in der Ausklammerung „die eigentliche Leistung dieser Zeit“. Überraschend ist, dass etwa Riegl, Streudelikte, S. 45, Neuhaus, Grundbegriffe, S. 243 und Kropholler, IPR, S. 523 den Schadensort für ein unzureichendes Anknüpfungsmerkmal halten, da etwa bei deliktischen Unterlassungsklagen kein Schaden 77
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Heilbehandlung in einem anderen Staat vornehmen lässt. Der Verletzungserfolgst soll dort eintreten, wo ein geschütztes Recht oder Rechtsgut verletzt wird.85 Daher sind zwei Punkte zu prüfen: Ob ein geschütztes Recht oder Rechtsgut vorliegt und wo es verletzt wurde. Schack geht davon aus, dass es einen Erfolgsort bei Persönlichkeitsverletzungen nicht geben könne.86 Weil die Persönlichkeit „überall und nirgends“ belegen sei könne kein Ort ermittelt werden, an dem eine Verletzung eingetreten sei.87 Dieser Ansatz folgt aus der Definition des Erfolgsortes und ist in sich schlüssig. Doch liegt das Problem nicht beim Persönlichkeitsschutz, sondern bei der Definition des Erfolgsorts. 1. Rechtsguts- oder Rechtsverletzung a) Bestimmung des Rechtsguts oder Recht Über das Kollisionsrecht soll das anwendbare Recht ermittelt werden. Wenn aber auf kollisionsrechtlicher Ebene gefragt wird, ob ein geschütztes Rechtsgut verletzt wurde, impliziert das eine materiell-rechtliche Bewertung. Nur eine Rechtsordnung kann entscheiden, ob etwas geschützt und verletzt ist.88 Somit muss – solange keine autonom-kollisionsrechtlichen Rechtsgutsbegriffe existieren – anhand eines materiellen Rechts geprüft werden, ob überhaupt ein geschütztes Rechtsgut vorliegt. Diese Frage kann entweder lege fori oder lege causae beantwortet werden. Die Lehre will wie beim Handlungsort nach dem Recht des Belegenheitsorts bestimmen, ob ein geschütztes Rechtsgut vorliegt, vorausgesetzt wird. Genau umgekehrt verhält es sich bei Vermögensschädigungen, wo es keinen Erfolgsort gibt, trotzdem wird die Anknüpfung an den Erfolgsort als Ort der Rechtsgutsverletzung kaum angezweifelt. Die Erfolgsortanknüpfung damit zu rechtfertigen, dass sie bei „,normale[n]‘ Tatbestände[n] […] verlässliche Ergebnisse“ liefere (so etwa C. Auer, Deutsches internationales Deliktsrecht, S. 131), überzeugt nicht. Was soll ein „normaler Tatbestand“ sein? 85 Kegel/Schurig, IPR, S. 730; Junker, FS W. Lorenz II, S. 321, 322; ders., in: MüKoBGB, Art. 40 EGBGB Rn. 31; R. Wagner, IPRax 2008, 314, 318; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 40 EGBGB Rn. 24; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 24. 86 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 64; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 123. Ebenso Chr. v. Bar, FS Waseda, S. 575, 588; ders./Mankowski, IPR 2, Rn. 664; ähnlich auch Binder, RabelsZ 20 (1955), 401, 477, der aber eine Schwerpunktsetzung am Ort des Wohnsitzes vornehmen will. Siehe auch die Nachweise zum Prozessrecht oben Fn. 149. 87 Siehe dazu die Nachweise oben Fn. 104. 88 Selbst wer (wie Reinhardt, in: Karlsruher Forum 1961, S. 3, 6) annimmt, dass die Rechte und Rechtsgüter in § 823 I BGB ihre „rechtliche Anerkennung“ nicht der Norm verdanken, sondern Grundvoraussetzung für eine freiheitliche Privatrechtsordnung sind, bedeutet das nicht, dass sie Schutz auch ohne die Rechtsordnung erfahren. Denn jedes subjektive Recht braucht eine Ausgestaltung durch den (nationalen) Gesetzgeber; Schack, UrhR, Rn. 914.
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d.h. die lex causae anwenden.89 Das Problem ist aber, wie ermittelt werden soll, wo das Rechtsgut belegen ist. Es droht ein Zirkelschluss. Das Problem resultiert daraus, dass sich die deutsche Erfolgsortanknüpfung am Schutz abstrakter Rechte und Rechtsgüter in § 823 I BGB orientiert.90 § 823 I BGB ist recht- bzw. rechtsgutbezogen,91 d.h. erfolgsbezogen. Es muss eine Verletzung der genannten Rechtsgüter oder Rechte vorliegen.92 Dabei indiziert die Verletzung grundsätzlich die Rechtswidrigkeit.93 Dieses Konzept scheint man für die Bestimmung des Erfolgsortes auf die kollisionsrechtliche Ebene zu übertragen. b) Andere als absolut geschützte Rechtsgüter Der Bezug auf die Rechts- oder Rechtsgutsverletzung führt zu Problemen, wenn es sich bei dem Rechtsgut, wie etwa beim Vermögen, nicht um absolut geschütztes Recht handelt.94 Das Vermögen erfährt Schutz unter anderem durch § 823 II und § 826 BGB.95 Beide Normen sind handlungsbezogen.96 Es gibt keinen missbilligten Erfolg (etwa die Minderung fremden Vermögens), sondern nur missbilligte Handlungen. Diese Delikte kennen keinen Erfolg i.S. einer Rechtsgutsverletzung, sondern knüpfen an die Verletzung eines Schutzgesetzes bzw. eine sittenwidrige Handlung und den daraus resultierenden Schaden an.97 Der Schaden indiziert nicht die Rechtswidrigkeit, die liegt
89 Lüderitz, IPR, Rn. 300. Wohl auch Kegel/Schurig, IPR, S. 730, die mit der Aussage „ob […] ein Rechtsgut verletzt worden ist, ergibt das Recht des Ortes, an dem das Rechtsgut verletzt worden ist“ zirkelschlüssig argumentieren. Kritisch dazu auch v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 81 f. 90 Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 24 sieht den Erfolgsort auch als einen Verletzungserfolg i.S.d. „Vorverständnisses von § 823 I BGB“. 91 Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 I BGB Rn. 4; vgl. Peifer, Individualität im Zivilrecht, S. 145; vgl. Förster, in: BeckOK-BGB, § 823 Rn. 2; vgl. Staake, Gesetzliche Schuldverhältnisse, S. 169. 92 Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 I BGB Rn. 62. 93 BGHZ 24, 21, 24 f. (GSZ); BGH NJW 2009, 681 Tz. 26 – Schneeballwurf; Medicus/Lorenz, Schuldrecht BT, § 72 Rn. 3; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 44 Rn. 6; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 16 Rn. 162; Förster, in: BeckOK-BGB, § 823 BGB Rn. 18. 94 Vgl. Stoll, FS Ferid, S. 397, 412; kritisch auch Ahrens, FS Tilmann, S. 739, 740. Das Vermögen ist kein absolut geschütztes Rechtsgut, BGHZ 27, 137, 140; 86, 152 155; Hager, in: Staudinger, § 823 BGB B 192; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 370; anders im Prozessrecht, BGHZ 132, 105, 111; BGH GRUR 2019, 213 Tz. 18 („Vermögen als geschütztes Rechtsgut“). 95 Hager, in: Staudinger, § 823 BGB B 192; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 370. 96 Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 I BGB Rn. 4. 97 Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 17 Rn. 1, 23; vgl. Schönberger, Das Tatortprinzip, S. 53.
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vielmehr in der Vornahme einer verbotenen Handlung oder einem Verstoß „gegen die guten Sitten“. Da die Normen kein Rechtsgut schützen, kann es bei Vermögensschäden keinen Ort einer Rechtsgutsverletzung und somit keinen Erfolgsort geben.98 Daraus könnte man folgern, dass es hier keinen kollisionsrechtlichen Erfolgsort gibt, sodass ausschließlich an den Handlungsort anzuknüpfen wäre. c) Unkörperliche Rechte und Rechtsgüter Ähnlich verhält es sich bei Immaterialgüterrechten. Zwar handelt es sich bei ihnen um absolute Rechte,99 trotzdem wird angenommen, dass es auch hier keinen Erfolgsort gibt.100 Die Begründung lautet hier, dass ein Immaterialgüterrecht im Ergebnis nur die Summe der Handlungen ist, die dem Rechteinhaber zustehen.101 Ähnlich verhält es sich im deutschen Recht beim Vermögen, das nur vor bestimmten unerlaubten Handlungen geschützt wird. Trotzdem will man im deutschen Recht bei Vermögensschäden nicht auf einen Erfolgsort i.S.v. Art. 40 EGBGB verzichten, sondern den Schadensort genügen lassen.102 Inzwischen hat sich die Debatte auf die europäische Ebene und Art. 4 Rom IIVO verlagert.103 d) Ausländische Deliktsnormen Schon die Bestimmung, ob überhaupt ein geschütztes Recht oder Rechtsgut vorliegt, bereitet also Probleme, wenn man dies nach deutschem materiellem Recht bestimmt. Noch schwieriger wird es, wollte man hierfür auf ein fremdes Recht zurückgreifen. So kennen viele Rechtsordnungen keinen Erfolgsort,104 sondern arbeiten wie Polen oder Frankreich mit deliktischen Generalklauseln105. Fragt man also nach dem durch die Deliktsnorm geschützten Rechtsgut,
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Vgl. Kropholler, IPR, S. 523; vgl. auch Lund, in: jurisPK-BGB, Art. 4 Rom II-VO Rn. 14. Siehe zum Prozessrecht oben S. 155ff. 99 Siehe oben S. 22 f. 100 Nachweise oben Fn. 149. 101 MPI, GRUR Int. 1985, 104, 106; Schack, IZVR, Rn. 346; ders., MMR 2000, 135, 137; Kurtz, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, S. 200 (zum Markenrecht); Hopf, MarkenR 2012, 229, 234. Ebenso Grünberger, IPRax 2015, 56, 58, der daher auf den Schadensort rekurriert (allerdings im Zuständigkeitsrecht). 102 Riegl, Streudelikte im IPR, S. 46 Fn. 70; Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 34; Spickhoff, IPRax 2000, 1, 5. 103 Vgl. Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 4 Rom II-VO Rn. 4 ff.; Lehmann, in: Hüßtege/Mansel, Art. 4 Rom II-VO Rn. 115. 104 Wagner, IPRax 2006, 372, 376; Lund, in: jurisPK-BGB, Art. 4 Rom II-VO Rn. 12. 105 Art. 415 pkc „Kto z winy swej wyrządził drugiemu szkodę, obowiązany jest do jej naprawienia.“ („Wer schuldhaft einem anderen einen Schaden zufügt, ist zum Ersatz verpflichtet.“); Art. 1382 a.F. franz. Code Civil.
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versagen nicht nur § 826 und § 823 II BGB, sondern auch viele Deliktsnormen ausländischer Rechtsordnungen. e) Bestimmung des Verletzungsortes So zeigt sich das logisch nicht zu durchbrechende Dilemma der herrschenden Lehre. Zur Ermittlung des Verletzungsortes bedarf es bereits eines materiellen Rechts. Dieses lässt sich aber erst durch den Belegenheitsort des Rechtsguts bestimmen. Überdies gibt es Delikte, bei denen kein absolutes Recht oder Rechtsgut geschützt wird, sondern so etwas Abstraktes wie das Vermögen. Hier fehlt von vornherein ein Belegenheitsort. So werden gerade Persönlichkeits- und Vermögensschäden in der kollisionsrechtlichen Debatte problematisiert.106 So bleibt die Bestimmung des Erfolgsortes bei Vermögensschäden umstritten: Maßgeblich sein soll etwa der Ort der Vermögensverfügung,107 der Ort der Belegenheit des betroffenen Vermögensgegenstandes,108 der Ort der kontoführenden Bankniederlassung109 oder der Ort der „Vermögenszentrale“ am gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Wohnsitz des Verletzten110. 2. Kollisionsrechtliche Bestimmung des Verletzungsortes Wie gezeigt, führt die Definition des Erfolgsortes bereits bei Vermögensschäden zu dogmatisch kaum zu bewältigenden Problemen. Doch selbst die in § 823 I BGB aufgezählten Rechtsgüter oder Rechte sind schwieriger zu lokalisieren, als gemeinhin angenommen wird.111 Sie sind nicht „klar umrissen“ sondern ebenfalls konkretisierungsbedürftig. Das mögen die folgenden Bei-
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Bröcker, Möglichkeiten der differenzierten Regelbildung im Internationalen Deliktsrecht, S. 167 ff. bezeichnet beide als „,nicht-lokalisierungsfreundliche‘ Rechtsgüter“; daran anschließend Riegl, Streudelikte im IPR, S. 43. Vgl. bereits Raape, in: Staudinger EGBGB/IPR, S. 203 (1931). 107 Hohloch, Das Deliktsstatut, S. 111 f.; wohl auch Binder, RabelsZ 20 (1955), 401, 496. 108 Junker, in: MüKo-BGB, Art. 40 Rn. 31; ders., in: MüKo-BGB, Art. 4 Rom II-VO Rn. 21 hilfsweise aber am „Sitz des Hauptvermögens“. 109 Lund, in: jurisPK-BGB, Art. 4 Rom II-VO Rn. 15 in Anschluss an EuGH ECLI:EU:C:2015:37 Tz. 55 – Kolassa/Barclays allerdings zur Rom II-VO, die nicht auf den Ort der Rechtsgutsverletzung abstellt. 110 Schönberger, Das Tatortprinzip, S. 54; W. Lorenz, FS Coing II, S. 257, 266; v. Hoffmann, in: Staudinger, Art. 40 EGBGB Rn. 282; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 4 Rom II-VO Rn. 42. 111 So auch zu Art. 4 Rom II-VO Lehmann, in: Hüßtege/Mansel, Art. 4 Rom II-VO Rn. 98; a.A. Riegl, Streudelikte im IPR, S. 43; Bröcker, Möglichkeiten der differenzierten Regelbildung im Internationalen Deliktsrecht, S. 167.
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spiele verdeutlichen. Es scheint einfach, das Rechtsgut „Körper“ als die „Materie Körper“ zu definieren.112 Der Belegenheitsort des Rechtsgutes Körper wäre damit dort, wo sich die Materie Körper im Zeitpunkt des Eingriffs befindet. Doch wie werden vom Körper abgetrennte Teile bewertet? Nach deutschem Recht unterfallen endgültig abgetrennte Körperteile nicht dem Rechtsgut Körper, sondern dem Eigentumsrecht.113 Die Zerstörung abgeschnittener Haare wäre also nach deutschem Recht eine Verletzung des Eigentums, nicht des Körpers. Dagegen werden entnommenes Blut, Eizellen oder Organe, die wieder in den Körper eingesetzt werden sollen, weiterhin dem Rechtsgut Körper zu geordnet.114 Darüber ob ein Körperteil überhaupt noch ein geschütztes Rechtsgut darstellt, kann nur ein materielles Recht entscheiden. Dieses würde entscheiden, ob etwas geschützt oder nicht mehr geschützt wird. Sodann wäre zu ermitteln, ob der Verletzungsort dort liegt, wo der Gegenstand bzw. der Körperteil verletzt wurde oder ob an den Aufenthalt der Person anzuknüpfen ist. Noch komplizierter wird es bei der Verletzung des Eigentums. Geschützt ist das Eigentumsrecht, der Gegenstand ist nur das Schutzobjekt.115 Es wird also vor einer Verletzung des Rechts an der Sache geschützt.116 Im deutschen Recht stellt die Substanz- eine Eigentumsverletzung dar,117 ebenso wie wohl in allen Rechtsordnungen. Doch auch beim Sacheigentum gibt es Grenzfälle. Exemplarisch sind Nutzungsbeeinträchtigungen, wie etwa im berühmten Fleet-Fall118. Ob die Nutzungsbeeinträchtigung einer Sache einen Eingriff in das Recht Eigentum oder nicht eine Verletzung des Vermögens darstellt, bestimmt die Rechtsordnung.119 Eine ontologische Abgrenzung zwischen der Verletzung des Eigentums und reinen Vermögensschäden kann es nicht geben.120 Bewertet 112
Dabei ist Schutzgut des § 823 I BGB nicht die Materie Körper, sondern „das Seinsund Bestimmungsfeld der Persönlichkeit, das in der körperlichen Befindlichkeit materialisiert ist“, BGHZ 124, 52, 54 – Spermakonserve. 113 BGHZ 124, 52, 55 – Spermakonserve; Förster, in: BeckOK-BGB, § 823 Rn. 109; a.A. Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 170, der das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt sieht. 114 BGHZ 124, 52, 54 f. – Spermakonserve, kritisch Neuner, AcP 214 (2014), 459, 506, der in diesem Fall eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts annimmt. 115 Vgl. Hager, in: Staudinger, § 823 BGB B 58; ebenso ist bei Körperverletzungen der Körper nur Schutzobjekt, siehe oben Fn. 112. 116 Picker, ZfPW 2015, 385; ders., NJW 2015, 2304, 2305, ihm folgend Bernhard, FS Picker, 88, 101 f.; vgl. auch Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 213, der aber Pickers Fazit für eine „nicht gerechtfertigte Übertreibung“ (Rn. 214) hält. 117 Hager, in: Staudinger, § 823 BGB B 79; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 230. 118 BGHZ 55, 153. 119 Die Grenze des Eigentumsschutzes ist bereits innerhalb einer Rechtsordnung schwer zu ziehen, vgl. Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 242. 120 Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 242. Vgl. bereits Raape, in: Staudinger EGBGB/IPR, S. 203 (1931).
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man die Nutzungsbeeinträchtigung aber als Vermögensschaden, dann gelangt man zu einem anderen Erfolgsort als bei Eigentumsverletzungen. Problematisch sind auch unwahre Behauptungen über eine Sache. Überwiegend wird hierin eine Eigentumsverletzung gesehen.121 Auch diese Frage kann nur in Anwendung einer Rechtsordnung beantwortet werden.122 Gerade bei unwahren Tatsachenbehauptungen ist der Erfolgsort schwer zu bestimmen. Nach herrschender Meinung müsste er am Belegenheitsort der Sache sein. Doch liegt wirklich eine Verletzung des Eigentums an einem Gemälde in Deutschland vor, wenn jemand in Frankreich behauptet, dieses sei nicht echt und von dieser Aussage in Deutschland niemand Kenntnis erlangt? Durch die Aussage wird möglicherweise verhindert, dass das Gemälde in Frankreich verkauft wird, nach deutscher Dogmatik liegt der Erfolgsort aber in Deutschland. Der Erfolgsort bei Eigentumsverletzungen ist also mitnichten einfach zu bestimmen.123 3. Die kumulierten Probleme bei Persönlichkeitsverletzungen Bei Persönlichkeitsrechten kumulieren sich die oben dargestellten Probleme. Zunächst hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht keine klare Kontur, seine Grenzen müssen vielmehr in einer Abwägung mit den widerstreitenden Interessen bestimmt werden.124 Es gibt keinen absoluten Persönlichkeitsschutz.125 Das Rechtsgut Persönlichkeit und den Ort seiner Verletzung zu bestimmen, ist noch schwieriger als bei den eben genannten Beispielen.126 Der Persönlichkeitsschutz ist auch nicht eindeutig als Handlungs- oder erfolgsbezogen einzuordnen. Zwar erfährt die Persönlichkeit ihren Schutz über § 823 I BGB, allerdings indiziert die Verletzung nicht die Rechtswidrigkeit. Vielmehr ist bereits beim Schutzbereich eine Interessenabwägung vorzuneh121 BGH GRUR 2006, 351 f. – Rote Mitte (für eine Eigentumsanmaßung); Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 235; Schack, KuR, Rn. 151; ders., KUR 2017, 130, 133; ders., in: Non Profit Law Yearbook 2006, 7, 16; wohl auch Bernhard, FS Picker, 83, 111 Fn. 129. Dagegen Hager, in: Staudinger, § 823 BGB B 78. Ein Blick in die Rechtsgeschichte zeigt, dass der Unterlassungsanspruch ursprünglich auf dem Recht resultierte, sich gegen Behauptungen zu wehren, dass das Eigentum einer anderen Person zustehe, siehe oben S. 5 ff. 122 Dabei unterliegt die Rechtsordnung einem kulturellen Wandel, sodass die Entscheidung, ob etwas dem Eigentumsschutz unterfällt, auch in zeitlicher Hinsicht unterschiedlich beurteilt wird, vgl. Bernhard, FS Picker, S. 83, 111. 123 A.A. Riegl, Streudelikte im IPR, S. 43; Bröcker, Möglichkeiten der differenzierten Regelbildung im Internationalen Deliktsrecht, S. 167. 124 BGH GRUR 2010, 549 Tz. 14 – Spiegel-Dossier; BGHZ 219, 233 Tz. 22 – Kundenzufriedenheitsbefragung. Dass bei den absoluten Rechten die Grenzziehung ebenfalls schwierig ist, wird hingegen häufig übersehen. 125 Vgl. Schack, UFITA 108 (1988), 51, 62. Folglich ist das Persönlichkeitsrecht auch kein absolutes Recht, vgl. Hager, in: Staudinger, § 823 BGB C 18. 126 Selbstverständlich ist dies immer ein Problem von Rahmenrechten bzw. offenen Tatbeständen. Doch müsste hier die Prüfung schon auf kollisionsrechtliche Ebene erfolgen.
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men. Abgesehen vom Strafrecht, gibt es auch keine eindeutigen Handlungsverbote. Der Persönlichkeitsschutz wäre dogmatisch zwischen § 823 I und II BGB anzusiedeln, was auch die jahrzehntelange Diskussion erklärt, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein sonstiges Recht i.S.v. § 823 I BGB ist.127 Doch selbst wenn man von einem Rechtsgut Persönlichkeit ausgeht, führt die Lokalisierung des Verletzungsorts zu Problemen. Die Persönlichkeit ist nichts Materielles, sie hat keine Belegenheit, ist nirgends manifestiert.128 Es fehlt bereits ein Gegenstand, an dem eine Substanzverletzung festgemacht werden könnte. Daher muss man es notwendig, auf die Suche nach dem Belegenheitsort der Persönlichkeit verzichten. Wie bereits dargelegt, ist es insgesamt nicht zielführend, ein Rechtsgut und seine Belegenheit zu ermitteln, wenn nicht klar ist, welches materielle Recht dies tun soll. Verzichtet man darauf, das geschützte Rechtsgut zu bestimmen, verbleibt von der Erfolgsortsdefinition der herrschenden Meinung nur noch der Verletzungsort. Hier droht erneut ein Zirkelschluss: Ob etwas verletzt ist, kann nur ein materielles Recht entscheiden. Daher ist der Ort zu ermitteln, an dem die Interessen des Klägers nach seinem Vortrag beeinträchtigt sind. Ob wirklich eine Verletzung vorliegt, ist erst auf materiell-rechtlicher Ebene zu prüfen. Auch wenn der Kläger vor deutschen Gerichten gegen eine Nutzungsbeeinträchtigung seines in Dänemark belegenen Eigentums vorgeht, wird nicht auf kollisionsrechtlicher Ebene geprüft, ob Dänemark überhaupt Eigentum schützt und eine Verletzung vorliegt. Nicht anders sollte man beim Persönlichkeitsschutz verfahren. Wehrt sich der Kläger gegen eine Presseberichterstattung in Staat A, ist nicht auf kollisionsrechtlicher Ebene zu prüfen, ob der Staat A überhaupt vor solchen Berichterstattungen schützt. Der Erfolgsort ist somit nicht der Ort, an dem ein geschütztes Rechtsgut verletzt wird. Der kollisionsrechtliche Erfolgsort ist vielmehr der Ort, an dem die Interessen des Klägers beeinträchtigt sein können. Trotzdem muss dieser Ort lokalisiert werden. Der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts ist nicht allgemein zu bestimmen. Vielmehr unterliegt der Persönlichkeitsschutz einem ständigen Wandel und wechselnden Ausformungen.129 Verallgemeinert ist das allgemeine Persönlichkeit das Recht des Einzelnen, seinen sozialen Geltungsanspruch durchzusetzen.130 Betrachtet man den Schutz der Persönlichkeit als Recht des Menschen, über seinen sozialen Geltungsanspruch selbst zu entscheiden, so ist dieser Schutz rechtlich nicht begrenzt. So macht der deutsche grundgesetzliche Schutzanspruch nicht an den 127
Siehe oben bei Fn. 123. Schack, UFITA 108 (1988), 51, 64; Chr. v. Bar, FS Waseda, 575, 588 f.; ders., IPR III Rz. 662; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 80. Dagegen v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 317 („blutleere dogmatische Abstraktion“). 129 Riexecker, in: MüKo-BGB, Anh. zu § 12 Rn. 12 ff. 130 Stoll, FS Ferid, S. 397, 413 sieht den Schutz in der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Einzelnen. 128
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Staatsgrenzen halt.131 Vielmehr ist auch in anderen Bereichen akzeptiert, dass der Schutz nicht territorial begrenzt ist.132 So ist der Schutz des Eigentums vor Beeinträchtigung der Sachsubstanz nicht auf ein Territorium beschränkt:133 Wenn ich mit meinem Fahrrad von Deutschland nach Dänemark fahre, endet nicht mein Eigentumsschutz – fraglich ist nur, ob noch der Schutz der deutschen Rechtsordnung greift oder aber einer anderen Rechtsordnung. Auch beim Persönlichkeitsrecht ist das die entscheidende Frage. Das Problem liegt nicht darin, dass das Persönlichkeitsrecht nirgends belegen ist. Problematisch ist vielmehr, dass die Persönlichkeit nicht materialisiert ist und daher gleichzeitig an mehreren Orten verletzt werden kann. Beim Sacheigentum kann eine Substanzbeschädigung regelmäßig nur an einem Ort erfolgen, nämlich am Belegenheitsort im Zeitpunkt der Verletzung. Während ein Faustschlag den Körper nur an einem Ort trifft, verletzt die online veröffentlichte Beleidigung an mehreren Orten gleichzeitig. Wie kleine Nadelstiche trifft sie den Betroffenen überall dort, wo von der Veröffentlichung Kenntnis genommen wird. Daraus ergibt sich auch der Ort, an dem die Interessen des Klägers beeinträchtigt werden. Er befindet sich überall dort, wo der Geltungsanspruch beeinträchtigt wird.134 Unterscheiden muss man zwischen dem weltweiten Schutz und der lokalen Beeinträchtigung. So wird etwa meine – persönlichkeitsrechtlich geschützte – Privatsphäre dort beeinträchtigt, wo jemand versucht, gegen meinen Willen Kontakt mit mir aufzunehmen.135 Eine unwahre Tatsachenbehauptung beeinträchtigt mich dort, wo andere von ihr Kenntnis erlangen. Das Problem bei Persönlichkeitsverletzungen liegt nicht darin, dass sie nicht lokalisierbar wären, sondern dass gerade bei internationaler Presseberichterstattung und Online-Veröffentlichungen eine Vielzahl von Verletzungsorten existiert. Das darf aber nicht dazu führen, dass man auf den Erfolgsort als Anknüpfungsmerkmal a priori verzichtet. Es wirft vielmehr die Frage auf, ob eine Mosaikbetrachtung notwendig oder aber eine Schwerpunktbetrachtung zulässig ist. 4. Bestimmungsgemäße Verbreitung Da vor allem bei Onlineveröffentlichungen eine weltweite Verletzung droht, wird diskutiert, wie die Anzahl der Erfolgsorte reduziert werden kann. Daher 131
Schwander, Extraterritoriale Wirkung von Grundrechten, S. 244 ff. Vgl. auch Stoll, FS Ferid, S. 397, 412. 132 Eine Ausnahme sind Immaterialgüterrechte, zum Territorialitätsprinzip oben S. 23 f. 133 Der Schutzanspruch einer Norm ist nicht a priori auf das eigene Territorium beschränkt, vielmehr steht nur infrage, ob ausländische Gerichte unsere Norm auch anwenden oder ob heimische Gerichte aufgrund des IPR zum Ergebnis gelangen, dass ausländisches Recht anzuwenden ist, siehe oben S. 42 ff. 134 Vgl. v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 80; vgl. Looschelders, ZVglRWiss 95 (1996), 48 ff. 135 Beispiel bei v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 317 (nach LG Frankfurt a.M. NJW-RR 1994, 1493).
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wollen Einige auch im Kollisionsrecht einen Erfolgsort nur dann annehmen, wenn der Inhalt an dem Ort bestimmungsgemäß verbreitet wurde.136 Andere wollen nur an vorhersehbare Erfolgsorte anknüpfen.137 Die Debatte ist älter als Art. 40 EGBGB.138 Selbst wenn eine solche Einschränkung sinnvoll wäre, müsste sie zunächst mit dem Gesetz vereinbar sein. Art. 40 EGBGB selbst enthält keine einschränkenden Kriterien, bietet also keinen normativen Rückhalt. Auch die Gesetzesbegründung enthält hierfür keine Anhaltspunkte. Denkbar wäre also nur eine teleologische Reduktion. Der Gesetzgeber hat, obwohl er die Debatte kannte,139 die Konkretisierung des Erfolgsortes nicht selbst vorgenommen, sondern der Rechtswissenschaft überlassen.140 Gegen das Kriterium der bestimmungsgemäßen Verbreitung sprechen ähnliche Argumente wie im Zuständigkeitsrecht.141 Zunächst müsste man die bestimmungsgemäße Verbreitung objektivieren, da es nicht auf den Willen des Schädigers ankommen darf, welches Recht zur Anwendung kommt.142 Schwierigkeiten machen auch die Kriterien,143 die auf kollisionsrechtlicher Ebene zu entwickeln wären. Wollte man etwa auf die Sprache abstellen, so versagt das bereits bei weitverbreiteten Sprachen, wie Englisch, Französisch oder Spanisch144 und bei Bildern ist das Kriterium völlig nutzlos. Es ist vielmehr wieder darauf abzustellen, ob sich eine Handlung im Territorium auswirkt. Dabei kommt es auf den Vortrag des Klägers an. Wenn er darlegt, dass seine Interessen in Deutschland beeinträchtigt sind, sollte ihm auch zugestanden werden, deutsches Recht zu wählen. Es genügt aber nicht, dass der Kläger nur auf die Ubiquität des Internets verweist, er muss vielmehr 136 So etwa Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 240 ff.; v. Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 94 ff.; Hohloch, in: Erman, Art. 40 EGBGB Rn. 18a; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 43; Fornasier, in: BeckOGK, Art. 40 EGBGB Rn. 53; Dagegen Junker, IPR, § 16 Rn. 51; ders., in: MüKoBGB, Art. 40 EGBGB Rn. 77; Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203, 271 ff. (allerdings für das Kriterium bei gezielten individuellen Angriffen, S. 273, und bei eindeutig adressierten Mails, S. 272 f.). 137 Kropholler, IPR, S. 542. Vgl. auch Lüderitz, in: Soergel, Art. 38 EGBGB Rn. 22 Ort des („planmäßigen Absatzes oder des tatsächlichen regemäßigen Empfangs“). 138 Siehe statt vieler Lüderitz, in: Soergel (1996), Art. 38 EGBGB Rn. 22; Mankowski, RabelsZ (1999), 203, 271 ff. 139 Die BT-Drs. enthält zahlreiche Belege aus Rechtsprechung und Literatur auch zu einschränkenden Kriterien. 140 Vgl. BT-Drs. 14/343, S. 10. Zur Konkretisierung als delegierte Rechtsetzung, Röthel, Normenkonkretisierung im Privatrecht, S. 49 ff. und passim. 141 Siehe oben S. 80 ff. 142 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203, 272. 143 Mankowski, RabelsZ 63 (1999), 203, 272. 144 Siehe etwa zum Zuständigkeitsrecht den Sachverhalt in BGH GRUR 2011, 558 – Sieben Tage in Moskau, oben S. 149 f.
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schlüssig darlegen, warum gerade in Deutschland eine Beeinträchtigung vorliegt. Will der Handelnde die Anwendung deutschen Rechts verhindern, muss er die Abrufbarkeit durch Geoblocking verhindern.145 IV. Mosaikbetrachtung Wie dargelegt, gelangen Literatur und Rechtsprechung bei einer retrospektiven Betrachtung regelmäßig zu einem Handlungsort.146 Daneben bestehen bei Distanz- und Streudelikten ein oder mehrere Erfolgsorte, sodass zu entscheiden ist, in welchem Verhältnis Handlungs- und Erfolgsorte zueinander stehen. Außerdem ist zu klären, wie sich die Erfolgsorte zueinander verhalten. In Betracht kommt, dass für jedes Territorium die jeweiligen Rechtsordnung (Mosaikbetrachtung) oder nur eine für den gesamten Sachverhalt anwendet wird (Schwerpunktbetrachtung). Bei den auf zukünftiges Verhalten gerichteten Unterlassungsansprüchen kommen nicht nur mehrere Erfolgs- sondern auch mehrere Handlungsorte in Betracht. 1. Schadensersatzanspruch und Recht des Handlungsortes a) Eingeschränkte Mosaikbetrachtung – Begründung der Literatur Die herrschende Lehre nimmt an, dass nach dem Recht des Handlungsortes der volle Schaden eingeklagt werden könne.147 Begründet wird das mit der Rechtsprechung des EuGH, wonach die Gerichte am Ort des ursächlichen Geschehens eine unbeschränkte Kognitionsbefugnis.148 Da der Kläger so gedrängt werde, am Gerichtsstand des ursächlichen Geschehens (oder am allgemeinen Gerichtsstand) zu klagen, solle dieses Gericht nicht die verschiedenen Erfolgsortrechte neben dem Recht des Handlungsortes anwenden müssen.149 Das ist in jedem Fall praktikabler als eine Mosaikbetrachtung. Andere berufen sich dafür auf das kollisionsrechtliche Günstigkeitsprinzip150 oder sie stellen ohne Begründung fest, dass nach dem Recht des Handlungsortes der gesamte Schaden eingeklagt werden könne151. 145
Zum Geoblocking oben S. 95 ff. Siehe oben S. 178 ff. 147 Kegel/Schurig, IPR, S. 732; Kropholler, IPR, S. 542; Lüderitz, IPR, Rn. 301; v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 141, S. 337 ff.; ders., ZEuP 2009, 6, 13; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 255, 265; Friedrich, Internationale Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 173 f.; Stoll, GS Lüderitz, S. 733, 749 f.; Junker, FS W. Lorenz, S. 321, 336; ders., in: MüKo-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 33. 148 Kropholler, IPR, S. 542; v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 337 f. Zur Rechtsprechung siehe oben S. 86 ff. 149 v. Hein, Günstigkeitsprinzip im Internationalen Deliktsrecht, S. 338. 150 So vor der Kodifizierung von Art. 40 EGBGB Lüderitz, IPR, Rn. 301. 151 Friedrich, Internationale Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 173 f. 146
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Diese Herangehensweise führt dazu, dass das Recht des Handlungsortes über das eigene Territorium hinaus erstreckt wird. Wenn also deutsches materielles Recht angewendet wird, ist es unerheblich, ob Erfolg und Schaden in einem anderen Staat eingetreten sind – der ganze Sachverhalt wird nach deutschem Recht bewertet. Das ist im Ergebnis richtig, die vorgetragenen Argumente überzeugen aber nur bedingt. Ob eine Herangehensweise praktikabel ist, kann immer nur Hilfs-, nie Hauptargument sein. Vereinfachungen erleichtern das Leben, führen aber nicht immer zu gerechten Ergebnissen. Aufgabe des Kollisionsrechts die Suche nach einer möglichst engen Verbindung von Sachverhalt und anwendbarem Recht. Praktikabilitätserwägungen können hier nur überzeugen, wenn dadurch die Ziele des Kollisionsrechts nicht gefährdet werden. Auch der Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH ist nicht überzeugend. Der Gleichlauf von forum und ius mag wünschenswert, kann aber nicht entscheidend sein.152 Das Gleichlaufargument ist nur eine Spielart des Praktikabilitätsarguments. Hauptsächlich finden sich Gleichlauferwägungen bei der internationalen Zuständigkeit.153 Zwar kann es hilfreich sein, forum und ius an die gleichen Merkmale zu knüpfen,154 doch darf dabei nicht unterschlagen werden, dass Zuständigkeit und anwendbares Recht unterschiedlichen Wertungen folgen. So wird regelmäßig verkannt, dass die deutsche Literatur bei Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 40 EGBGB dieselben Begriffe nutzt, diese aber unterschiedlich auslegt.155 Auch rückt der EuGH von seiner Shevill-Rechtsprechung immer weiter ab. So kann inzwischen auch am Ort der Verwirklichung des Schadenseintritts der volle Schaden eingeklagt werden, wenn dort der Interessensmittelpunkt des Verletzten liegt.156 So trägt die Argumentation, der Kläger müsse aufgrund der vom EuGH am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges eingeschränkten Kognitionsbefugnis gestärkt werden, heute nicht mehr. b) Eingeschränkte Mosaikbetrachtung – eigene Lösung Für die unbegrenzte Anwendung des Rechts des Handlungsortes spricht bereits der Wortlaut von Art. 40 I 1 EGBGB. Anzuwenden ist danach das „Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat“. Eine Einschränkung bzw. ein Hinweis auf eine Mosaikbetrachtung fehlt.
152 Vgl. v. Hinden, FS Kropholler, S. 573, 593. Zum Gleichlaufargument im Prozessrecht siehe oben S. 119 f. 153 Etwa Neuhaus, Grundbegriffe, S. 428 f.; Heldrich, FS Ficker, S. 205, 210 ff.; kritisch dazu Schack, IZVR, Rn. 246. 154 So Schack, IZVR, Rn. 247. 155 Siehe oben S. 63 ff. 156 Siehe oben S. 88 ff.
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Dieses Ergebnis lässt sich auch mit der Funktion der Handlungsortanknüpfung stützen.157 Sie ist täterbezogen und bietet dem Handelnden ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Gerade bei Pressedelikten, wo der Persönlichkeitsschutz mit der Meinungs- und Pressefreiheit kollidiert, ist die Perspektive des Handelnden besonders wichtig. Immerhin geht es um die Einschränkung gewichtiger Freiheitsrechte. Die Reichweite der Meinungs- und Pressefreiheit hängt im besonderen Maße von der Gesellschaft, in der die Meinung geäußert wird. Was in einem Staat noch als normale Diskussionskultur angesehen wird, ist woanders eine Grenzüberschreitung.158 Festzuhalten bleibt, dass die Handlungsortanknüpfung eine gewisse Sympathie mit dem Handelnden zeigt. Er hat so die Möglichkeit, sein Handeln an einer ihm bekannten Rechtsordnung auszurichten. Gerade Privatpersonen werden – wohl ohne darüber lange nachzudenken – annehmen, dass ihr Handeln sich an der Rechtsordnung messen lassen muss, in der sie sich bewegen. Der Geschädigte hingegen wird darauf vertrauen, dass das Recht des Staates zur Anwendung kommt, in dem er verletzt wurde. Die Vorhersehbarkeit ist für den Geschädigten allerdings nicht so bedeutend wie für den Schädiger. Der Schädiger muss sein zukünftiges Handeln anpassen, für den indes geht es nur darum, ob er rechtlich gegen die Handlung vorgehen kann.159 Doch darf auch das Vertrauen des Schädigers auf sein Umweltrecht nicht überbewertet werden. Gerade in einer digitalisierten Welt schwindet die Überzeugungskraft dieses Arguments. Das Internet macht nicht an Staatsgrenzen halt, vielmehr sind die allermeisten Homepages weltweit abrufbar.160 Wer online agiert, weiß oder muss wissen, dass sein Handeln Auswirkungen auch außerhalb des Heimatstaates hat.161 Gerade Medienunternehmen strahlen bewusst ins Ausland, um etwa dort lebende Muttersprachler zu erreichen.162 Wer aber ins Ausland wirkt, kann nicht beanspruchen, dass nur sein Heimatrecht angewendet wird.
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Siehe oben S. 180 f. Diese Unterschiedlichkeit erkennt der europäische Gesetzgeber an und überlässt etwa im Datenschutzrecht den Mitgliedstaaten die Aufgabe, zwischen Meinungs- und Pressefreiheit auf der einen und Persönlichkeitsschutz auf der anderen Seite abzuwägen, siehe Art. 85 II DSGVO. Kritisch dazu Dregelies, AfP 2019, 298, 301 ff. 159 Vgl. auch Heldrich, FS Zajtay, S. 215, 224 f. 160 Nur in Diktaturen wie Nordkorea oder Eritrea kann an einer Abrufbarkeit gezweifelt werden, haben dort nur 0,1% bzw. 1,3% Zugang zum Internet, . 161 Dass manche Inhalte bereits heute für bestimmte Territorien gesperrt sind (Geoblocking), zeigt auch dem durchschnittlichen Internetnutzer, dass die nationalen Rechtsordnungen auch in einem universalen Internet Geltung beanspruchen 162 Siehe etwa die Aufgabe der Deutschen Welle, § 4 Deutsche-Welle-Gesetz. 158
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Die Handlungsortanknüpfung begünstigt trotz dieser Einwände den Handelnden.163 Für ihn ist sie in höherem Maße vorherseh- und bestimmbar164 als die Erfolgsortanknüpfung. Erstreckt sich das Recht des Handlungsortes also auf den ganzen Sachverhalt, so ist dies abstrakt für den Schädiger günstiger.165 Es kommt das Recht zur Anwendung mit dem er rechnen musste. Der Vorteil des Beklagten ist dabei nicht notwendigerweise ein Nachteil für den Kläger. Auch er profitiert davon, dass der Handlungsort einfacher festgestellt werden kann und die Prozesskosten nicht durch aufwändige Gutachten unnötig erhöht werden. Auch die Anwendung eines Rechts vereinfacht und vergünstigt das Verfahren. Dem Nachteil, dass mit dem Recht des Handlungsortes ein dem Kläger fernes Recht angewendet wird, kann er entgehen, indem er von seinem Wahlrecht des Art. 40 I 2 EGBGB Gebrauch macht. Die Erstreckung des Handlungsortsrechts auf das Ausland lässt sich also kollisionsrechtlich auch dadurch rechtfertigen, dass der Kläger die geringfügige Besserstellung des Beklagten durch die Wahl des am Erfolgsort geltenden Rechts abwenden kann. 2. Unterlassungsanspruch und Recht des Handlungsortes Bei Unterlassungsansprüchen ist die Situation hingegen eine andere. Hier geht es darum, eine Handlung oder der Eintritt eines Erfolges für die Zukunft zu untersagen.166 Weil es bei Anwendung des am Handlungsort geltenden Rechts keine Mosaikbetrachtung gibt, müsste ein weltweites Verbot auf der Grundlage einer Rechtsordnung erwirkt werden können. Das Gericht würde dann zwar keinen Hoheitsakt in einem anderen Staat erlassen, aber ein Verbot (auch) für dessen Territorium aussprechen und es gegebenenfalls mit Zwang im Inland durchsetzen. Der Unterschied zum Schadensersatzanspruch liegt darin, dass nicht die Folgen einer Handlung einer fremden Rechtsordnung unterworfen werden, sondern die Handlung selbst. Das muss kein völkerrechtliches Problem sein,167 wohl aber ein kollisionsrechtliches. Ziel des IPR ist es, eine für das Rechtsverhältnis „gerechte“ Anknüpfung zu finden.168 Es soll möglichst das Recht anwendet werden, das mit dem Sachverhalt am engsten verbunden ist. Wendet aber ein deutsches Gericht 163
Wild, Anknüpfung an den Handlungsort, S. 90. Kritisch zur angeblich einfacheren Bestimmbarkeit W. Lorenz, FS Coing Teil II, S. 257, 261; v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 544. Zutreffend ist, dass auch die Bestimmung des Handlungsortes massive Probleme aufwirft, siehe auch oben S. 178 ff. 165 Im konkreten Fall kann es natürlich sein, dass das Recht am Erfolgsort günstiger wäre. 166 Der deutsche Unterlassungsanspruch des § 1004 I 2 BGB zielt zunächst darauf, weitere Beeinträchtigungen zu verhindern; Gursky, in: Staudinger, § 1004 BGB Rn. 211. Es geht also regelmäßig darum, einen Erfolg zu unterbinden; Fritzsche, Unterlassungsanspruch, S. 50. Daneben gibt es aber rein handlungsbezogene Unterlassungsansprüche, Fritzsche, a.a.O, S. 52. Somit kann sowohl eine Handlung als auch ein Erfolg untersagt werden. 167 Siehe oben S. 44 ff., aber auch unten S. 202 f. 168 Vgl. Kegel/Schurig, IPR, S. 131 ff.; Kropholler, IPR, S. 24 f. 164
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deutsches Recht an, um eine Presseberichterstattung in Dänemark (die keine Auswirkung in Deutschland hat) zu untersagen, dann besteht keine Verbindung mehr zwischen Sachverhalt und angewendetem Recht. Im Extremfall könnte dann aufgrund deutschen materiellen Rechts eine Handlung untersagt werden, die im Ausland zulässig ist und keine Verbindung zum Sachverhalt hat. Wer also einen Handlungsort als maßgeblich für alle zukünftigen Handlungen erklärt, führt die Bestimmung des Handlungsortes ad absurdum. Das Problem hat bis lang wenig Beachtung gefunden.169 Das liegt auch daran, dass die Diskussion um die Mosaikbetrachtung hauptsächlich auf Schadensersatzansprüche bezogen ist. Auch Art. 40 EGBGB bezieht sich auf abgeschlossene Handlungen, erklärt es doch das Recht des Staates für anwendbar, in dem „der Ersatzpflichtige gehandelt hat“.170 Unterlassungsansprüchen geht es aber darum, dass nicht mehr gehandelt werden soll. Trotzdem ist Art. 40 EGBGB unbestritten auch auf Unterlassungsansprüche anwendbar.171 Der Wortlaut von Art. 40 I 1 EGBGB spricht dafür, dass Recht des Handlungsortes anzuwenden, an dem bereits gehandelt wurde und ihn allein für maßgeblich zu betrachten. Allerdings darf die Wortlautauslegung nicht überstrapaziert werden. Art. 40 I 1 EGBGB zielt auf den Schadensersatzanspruch ab, ist also notgedrungen vergangenheitsbezogen. Zumindest das deutsche Recht gewährt den (vorbeugenden) Unterlassungsanspruch aber auch schon bei einer Erstbegehungsgefahr, wenn noch keine Verletzungshandlung vorgenommen worden ist.172 Bei strenger Wortlautauslegung könnte Art. 40 I EGBGB kein anwendbares Recht bestimmen, und das obwohl der Gesetzgeber auch Unterlassungsansprüche ausdrücklich dem Deliktsstatut unterstellen wollte173. Eine enge Wortlautauslegung verbietet sich also, vielmehr ist nach Art. 40 I 1 EBGB das Recht anzuwenden, „in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat oder eine Handlung droht“. Das sagt aber noch nicht, ob für Unterlassungsansprüche eine Mosaik- oder eine Schwerpunktbetrachtung vorzunehmen ist. Da der Wortlaut nicht weiterhilft, muss auf die historische und die teleologische Auslegung zurückgegriffen werden.
169 Selbst Fritzsche, Unterlassungsanspruch, spart das Problem in seiner umfangreichen Habilitationsschrift trotz eines Kapitels zum „‘grenzüberschreitenden‘ Unterlassungsanspruch“ aus. Regelmäßig wird nur festgestellt, dass der Unterlassungsanspruch auch unter das Deliktsstatut fällt, siehe oben Fn. 10. 170 Ähnlich verhält sich Art. 4 Rom II-VO, der auf den Schadenseintritt abstellt, aber den Ort, an dem das „schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind“, für unerheblich erklärt. Auch hier wird auf eine abgeschlossene Handlung abgestellt. 171 Siehe Nachweise oben Fn. 10. 172 Vgl. nur Fritzsche, Unterlassungsanspruch, S. 38. 173 BT-Drs. 13/343, S. 10 und oben Fn. 10.
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Wie bereits dargelegt, wollte der Gesetzgeber möglichst einen Handlungsort bestimmt wissen. Auch ging er davon aus, dass der Handlungsort einfacher zu bestimmen sei.174 Beides spricht für eine Schwerpunktbetrachtung und somit die Bestimmung eines maßgeblichen Handlungsortes. Allerdings bezieht sich die Maßgabe, dass ein Handlungsort bestimmt werden soll, auf mehraktige Geschehen und nicht auf mehrere selbstständige Delikte. Bei Persönlichkeitsverletzungen müssen stets die Meinungs- und Pressefreiheit des Handelnden mit dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen abgewogen werden. Gerade die besondere Abwägungsbedürftigkeit spricht gegen eine Schwerpunktbetrachtung,175 weil sie kulturelle und rechtliche Unterschiede nivelliert. Gerade bei in die Zukunft gerichteten Handlungsverboten wiegt das besonders schwer. Ein Verbot darf nur nach Abwägung der vor Ort geltenden Grundrechte ausgesprochen werden. Auch entspricht es der Grundwertung des IPR, das Recht mit der engsten Verbindung auszuwählen – und damit das Recht des Staates, für den ein Verbot ausgesprochen werden soll. Die Schwerpunktbetrachtung könnte im Ergebnis zu einem der seltenen Fälle führen, dass eine extraterritoriale Rechtsanwendung völkerrechtswidrig wäre: wenn nämlich keine Beziehung zwischen dem Staat des anwendbaren Rechts und dem Territorium besteht, für das ein Verbot ausgesprochen wird.176 Hier kann man sich nicht darauf zurückziehen, dass jeder Staat frei ist, ob er ein Urteil anerkennen und die Wirkung auf sein Territorium erstrecken will. So fehlt es in Art. 39 EuGVVO bereits an einem Anerkennungsverfahren.177 Außerdem drohen dem Beklagten Zwangsmittel innerhalb des Urteilsstaates.178 Wird ein Unterlassungstitel mit grenzüberschreitender Wirkung begehrt, ist daher auch bei einer Anknüpfung an den Handlungsort eine Mosaikbetrachtung vorzunehmen. Somit kommt es maßgeblich auf die Auslegung des Klageantrages an. Deshalb ist so wichtig, ihn eindeutig zu formulieren und richtig auszulegen. Es bleibt das Problem der Praktikabilität. Überfordert eine kollisionsrechtliche Mosaikbetrachtung die Gerichte, wenn sie eine Vielzahl von verschiedenen
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BT-Drs. 14/343, S. 11; dazu kritisch v. Hein, ZVglRWiss 102 (2003), 528, 544. OLG Hamburg NJW-RR 1995, 790, 792; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 258; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsschutz, S. 167; vgl. S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 134. 176 Es fehlt dann an einem „minimum contact“, siehe oben S. 47 f. 177 Thöne, Abschaffung des Exequaturverfahrens, S. 75 ff.; Schack, IZVR, Rn. 1059a ff.; ders., ZVglRWiss 119 (2020), S. 237 ff. 178 Vgl. etwa den Sachverhalt von LG Kiel IPRax 1984, 146 f. und oben S. 50. 175
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Rechtsordnungen anwenden müssen? Die Kritiker der Mosaikbetrachtung weisen immer wieder auf dieses Problem hin.179 Bei einer Anknüpfung an den Handlungsort stellt es sich indes nur in abgeschwächter Form. Anwendbar ist nur das Recht all der Staat, in denen eine Handlung droht. Während der Verletzungserfolg etwa bei Onlinepublikationen weltweit eintreten kann, ist eine Handlung in deutlich weniger Staaten zu erwarten. Allerdings kann auch ein territorial begrenzter Unterlassungstitel eine faktisch unbegrenzte Reichweite bewirken. Der Beklagte muss die Einwirkung auf das Territorium unterbinden. Tut er das vom Ausland aus, dann muss er sicherstellen, dass keine Verletzung im Inland eintritt. Darin läge eine Verletzung des Unterlassungsgebotes. Auch im Internet ist eine territoriale Beschränkung technisch möglich, etwa durch Geoblocking.180 Zwar ist eine solche Reterritorialisierung des Internets nicht wünschenswert, wenn die Alternative aber ist, dass sich stets das schärfste Recht durchsetzt, ist sie das geringere Übel. Dass Nutzer solche technische Sperren umgehen können, ist wegen der besonderen Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit hinzunehmen. Nur besonders gravierende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht dürfen zu einem vollständigen weltweiten Verbot führen.181 Bei analogen Verbreitungen hat es der Unterlassungsschuldner regelmäßig selbst in der Hand, diese zu unterbinden. 3. Erfolgsort Während bei der Handlungsortanknüpfung retrospektiv in der Regel ein Handlungsort identifizierbar ist,182 kommen bei der Erfolgsortanknüpfung bei Persönlichkeitsverletzungen häufig mehrere Erfolgsorte in Betracht. In der Literatur werden sowohl eine Mosaikbetrachtung183 als auch die Anwendung eines Rechts184 vertreten. 179 Allerdings spielt sich diese Debatte nur auf der Ebene des Erfolgsortes ab, siehe unten S. 206. 180 Siehe oben S. 95 ff. 181 Vgl. LG Hamburg Urt. v. 30.04.2018, 324 O 51/18 Tz. 61. 182 Siehe oben S. 178 ff. 183 OLG Hamburg NJW-RR 1995, 790, 792; Kropholler, IPR, S. 542; Kegel/Schurig, IPR, S. 732; v. Hein, Günstigkeitsprinzip, S. 371 ff.; ders., ZEuP 2009, 6, 13; Siehr, IPR, S. 247; Friedrich, Internationaler Persönlichkeitsrechtsschutz, S. 166; S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 133 ff.; Stoll, GS Lüderitz, S. 733, 748; Schaub, RabelsZ 66 (2002), 18, 43; dies., in: Prütting/Wegen/Weinreich, Art. 40 EGBGB Rn. 11; Wurmnest, in: jurisPK, Art. 40 EGBGB Rn. 32; Dörner, in: Schulze BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 9; Fornasier, in: BeckOGK, Art. 40 EGBGB Rn. 64; wohl auch Lettl, WRP 2005, 1045, 1049. Für das Schweizer Recht Stäheli, Persönlichkeitsverletzungen im IPR, S. 51 f. 184 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 186 f. (gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers); ders., FS Kropholler, S. 573, 590 ff.; Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 185 f. (gew. Aufenthalt des Klägers oder Wahlrecht); Schack, UFITA 108 (1988), 51, 67; ders., in: Persönlichkeitsrecht im Spannungsfeld, S. 113, 124 f. (Wahlrecht des Klägers); Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 429; dies., EuZW
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a) Mosaikbetrachtung Nach wohl herrschender Meinung gilt hier die Mosaiktheorie.185 Klagt der Betroffene auf Schadensersatz und macht er von seinem Wahlrecht nach Art. 40 I 2 EGBGB Gebrauch, so führt das nach der Mosaiktheorie dazu, dass bei mehreren Erfolgsorten mehrere materielle Rechtsordnungen anzuwenden sind. Der Gesamtschaden ist somit additiv nach mehreren Rechtsordnungen zu bemessen; für einen Unterlassungsansprüche wären die entsprechenden Rechtsordnungen heranzuziehen. Für die Mosaiktheorie wird angeführt, dass nur sie den jeweiligen nationalen Ausgestaltungen des Persönlichkeitsschutzes gerecht werde und nur so ein angemessener Ausgleich zwischen dem Persönlichkeitsschutz und den Freiheitsrechten sichergestellt werden könne.186 Das Argument ist gewichtig. Wie bereits dargelegt, ist der Persönlichkeitsschutz national sehr unterschiedlich ausgestaltet. Der Schutz der Persönlichkeit kollidiert regelmäßig mit der Meinungs- und Pressefreiheit. Ob etwa eine (Bild-)Berichterstattung noch erlaubt ist, bewerten die nationalen Rechtsordnungen ganz unterschiedlich. Diese unterschiedlichen Wertentscheidungen übergeht, wer mit einer Schwerpunktbetrachtung nur eine einzige Rechtsordnung zur Anwendung bringen will. Nach der Gegenansicht vermag die Mosaiktheorie bei Persönlichkeitsrechten, dogmatisch nicht zu überzeugen.187 Da es nur eine Persönlichkeit gebe, könne ihr Schutz nicht territorial aufgespalten werden. Dabei beruft man sich auch auf den Grundrechtsschutz, der jedem Menschen überall zustehe.188 Doch das überzeugt nicht. So kann der Grundrechtsschutz auch ohne Beachtung des deutschen Grundgesetzes gewahrt sein. Innerhalb der EU ist das durch Art. 8 EMRK sowie Art. 7 und 8 GrChr sichergestellt. Sollte eine Rechtsordnung den Schutz der Persönlichkeit grundsätzlich versagen, so müsste man auf den ordre public zurückgreifen – und zwar bei der Mosaik- wie bei der Schwerpunktbetrachtung. Auch wird das Grundrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht absolut geschützt, sondern nur nach Abwägung mit entgegenstehenden Grundrechten. Gerade durch eine Schwerpunktprüfung droht der Grundrechtsschutz leerzulaufen. Wenn nämlich durch die Schwerpunktbetrachtung ein Recht für allein anwendbar erklärt wird, das den Schutz der Persönlichkeit geringer wertet als das deutsche Recht, erlangt der Kläger einen geringeren Schutz, als es bei einer Mosaikbetrachtung der Fall wäre. Der Hinweis auf den Grundrechtsschutz vermag also die Schwerpunkttheorie nicht zu stützen.
2007, 428, 430 f. (de lege ferenda). Für das österreichische Recht, Lurger/Melcher, Handbuch des IPR, Rn. 5/146. 185 Siehe oben Fn. 183. 186 Siehe oben in Fn. 175. 187 Schack, UFITA 108 (1988), 51, 66 f. 188 Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen, S. 145, siehe auch oben S. 196.
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Auch das Dogma der „Unteilbarkeit der Persönlichkeit“ überzeugt bei genauerer Betrachtung nicht. Es geht eben nicht darum, die Persönlichkeit zu teilen, sondern den Schutzumfang angemessen zu begrenzten. Der Umfang dessen, was als Persönlichkeitsrecht betrachtet wird, ist territorial unterschiedlich. Das ist keine Besonderheit des Persönlichkeitsschutzes, sondern gilt wie gesehen auch bei Einwirkungen auf eine Sache.189 Die nationalen Unterschiede im Schutzumfang leiten zum Mosaikprinzip und nicht zur Schwerpunktbetrachtung. Hauptsächlich wird der Mosaikbetrachtung vorgehalten, dass sie nicht praktikabel sei.190 Das ist in der Tat ein gewichtiges Argument.191 Bei großen Medienunternehmen, die weltweit Zeitungen vertreiben, Sendungen ausstrahlen oder Inhalte ins Internet stellen, kommt es zu Erfolgsorten auf der ganzen Welt. Auch Privatpersonen, die Inhalte ins Netz stellen, droht eine große Anzahl an Erfolgsorten. Macht der Kläger nun von seinem Wahlrecht in Art. 40 I 2 EGBGB Gebrauch, dann stünde das Gericht vor der Aufgabe, alle Erfolgsortrechte zu prüfen – eine schier unmögliche Aufgabe, 192 deren Umfang vom Klageantrag abhängt. Richtig ist zwar, dass die Praktikabilität nicht das alleinige Argument sein kann,193 man sie es aber nicht geringschätzen.194
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Siehe oben S. 189 ff. R. Wagner, IPR bei Persönlichkeitsverletzungen, S. 86; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 158; Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen, S. 145; C. Auer, Deutsches internationales Deliktsrecht, S. 179; Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 338 f.; Stadler, JZ 1994, 642, 650; G. Wagner, RabelsZ 62 (1998) 243, 277 ff.; vgl. auch Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 23 ff. 191 Aber es kann nicht das alleinige Argument sein; S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 134. 192 Das darf man nicht geringschätzen, was aber Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 263, macht, wenn sie lapidar davon ausgeht, dass es den Gerichten „zumutbar“ sei, und auf den „Reiz des Neulands“ verweist, der sich durch neue Rechtsordnungen ergebe. Wie groß dieser Reiz wirklich ist, wenn sich auf dem Schreibtisch die Akten stapeln, sei dahingestellt. Insbesondere darf nicht unterschätzt werden, welcher Aufwand und Kosten durch die Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts entstehen können, vgl. dazu Heldrich, FS Nakamura, S. 243 ff. 193 S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 134. 194 Das aber macht Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 263, wenn sie lapidar davon ausgeht, dass es den Gerichten „zumutbar“ sei und auf den „Reiz des Neulands“ verweist, der sich durch neue Rechtsordnungen ergebe. Wie groß dieser Reiz wirklich ist, wenn sich auf dem Schreibtisch die Akten stapeln, mag jeder selbst bewerten. Insbesondere darf nicht unterschätzt werden, welcher Aufwand und Kosten durch die Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts entstehen können, vgl. dazu Heldrich, FS Nakamura, S. 243 ff. 190
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b) Schwerpunktbetrachtung Ein großer Teil der Literatur will daher nicht jede Rechtsordnung distributiv anwenden, sondern nur einen Erfolgsort für maßgeblich erklären und das so ermittelte Recht auf den ganzen Sachverhalt anwenden.195 Unterschiedlich beurteilt wird aber, welcher Erfolgsort maßgeblich sein soll. Überwiegend wird auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Verletzten abgestellt,196 teilweise mit der Einschränkung, dass dort eine bestimmungsgemäße Verbreitung stattgefunden haben muss197. Andere wollen dem Kläger ein Wahlrecht zubilligen.198 Die Anwendung nur eines materiellen Rechts ist eine Reaktion auf die Praktikabilitätsprobleme der Mosaiktheorie, also eine Notlösung und keine Entscheidung aufgrund eines besonderen Gerechtigkeitsgehalts. Für die Anwendung eines Rechts soll das Ziel des Kollisionsrechts sprechen, ein Rechtsverhältnis einer Rechtsordnung zuzuordnen.199 Allerdings ist das nur eines von mehreren Zielen des Kollisionsrechts und nicht das entscheidende. So hat der Gesetzgeber Teilfragen gesondert anknüpft, etwa die Geschäftsfähigkeit in Art. 7 I EGBGB oder die Form in Art. 11 Rom I-VO.200 Auch wird bezweifelt, ob bei grenzüberschreitenden Persönlichkeitsverletzungen wirklich ein Rechtsverhältnis vorliege.201 Doch bleibt Hauptziel des Kol-
195 C. Auer, Deutsches internationales Deliktsrecht, S. 186; Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 145; Knoop, Massenschäden im IPR, S. 142; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 167 f., 186; ders., ZEuP 2012, 948, 954; Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 429; Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 23; Nixdorf, GRUR 1996, 842, 844; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 26; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 61; Hohloch, in: Erman, Art. 40 EGBGB Rn. 17. 196 Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 185 f. (bei „traditionellen Medien“ allerdings mit Einschränkung der bestimmungsgemäßen Verbreitung); Ehmann/Thorn, AfP 1996, 20, 23; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 61; Heiderhoff, FS Coester-Waltjen, S. 413, 429 („Wohnort“). 197 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 168 f., 186; Kristin, Deliktsstatut bei Persönlichkeitsverletzungen über das Internet, S. 185 f. (für „traditionelle Medien“); dagegen v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 62. Ohne den Zusatz „bestimmungsgemäß“ C. Auer, Deutsches internationales Deliktsrecht, S. 183. 198 Knoop, Massenschäden im IPR, S. 142; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 26. 199 Nixdorf, GRUR 1996, 842, 844; dagegen S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 135 (spricht von „Sachverhalt“). Zu diesem Streit um den Gegenstand der Qualifikation, vgl. v. Hein, in: MüKo-BGB Ein. Zum IPR, Rn. 112 ff.). 200 Auch Vorfragen werden nach wohl h.M. überwiegend selbstständig angeknüpft; Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 4 m.w.N. 201 S. Löffler, Mediendelikte im IPR und IZPR, S. 135.
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3. Teil – Kollisionsrecht
lisionsrechts immer noch, das Recht zur Anwendung zu bringen, das zum Sachverhalt die engste Verbindung hat. Und dies gelingt der Mosaiktheorie eher als der Schwerpunktanknüpfung. Auch scheint einigen Vertretern der Schwerpunktlösung ihr Ergebnis selbst nicht geheuer zu sein, wollen sie doch auf der Rechtsfolgenseite eine Einschränkung vornehmen.202 Den Vertretern der Mosaiktheorie wird vorgehalten, dass bei den besonders wichtigen Unterlassungsansprüchen im Ergebnis auch nur ein Recht entscheide, da die Handlung im Internet nicht teilbar sei, setze sich im Ergebnis das stärkste Recht durch203. Wie dargelegt, lassen sich aber die Auswirkungen einer Veröffentlichung auch im Internet durchaus beschränken.204 Gerade um zu verhindern, dass eine Rechtsordnung darüber entscheidet, welche Inhalte weltweit abrufbar sind, muss die Schwerpunktbetrachtung ausscheiden. 4. Fazit Richtigerweise ist bei Unterlassungsansprüchen – gleich ob in Anwendung des am Handlungsort205 oder am Erfolgsort geltenden Rechts206 – eine Mosaikbetrachtung vorzunehmen. Nur so können rechtliche und kulturelle Unterschiede gewahrt und die widerstreitenden Interessen in Einklang gebracht werden. Für den Unterlassungskläger bedeutet dies, dass er in seinem Klageantrag bestimmen muss, für welches Territorium er einen Unterlassungstitel begehrt. Dabei wird nicht die Persönlichkeit oder das Persönlichkeitsrecht geteilt, sondern nur deren Schutz auf ein oder mehrere Territorien beschränkt. Technisch ist das bei Onlineinhalten durch Geoblocking umsetzbar,207 bei klassischen Printprodukten muss der Vertrieb eingeschränkt werden. Nur bei besonders schweren Persönlichkeitsverletzungen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie nirgends zulässig sind, kann eine vollständige Löschung verlangt werden.208 Gelingt es dem Unterlassungsschuldner nicht, die Auswirkungen seiner Handlung zu beschränken, dann führt das zwingend zu einer überschießenden Wirkung des Unterlassungsanspruchs. Andernfalls würden die rechtsverletzenden Auswirkungen auf dem deutschen Staatsgebiet fortbestehen.
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So für Unterlassungsansprüche Nixdorf, GRUR 1996, 842, 844; Schack, UFITA 108 (1988), 51, 68 Fn. 83. 203 Auer, Deutsches internationales Deliktsrecht, S. 181; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 164 f.; Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten, S. 341; Pfeiffer, NJW 1997, 1207, 125; vgl. Raue, JZ 2018, 961, 964; vgl. Dethloff, NJW 1998, 1596, 1601 f. (zum Wettbewerbsrecht). 204 Siehe oben S. 95 ff. 205 Siehe oben S. 201 ff. 206 Siehe oben S. 204 ff. 207 Siehe oben S. 95 ff. 208 Siehe oben S. 100 f.
B. Persönlichkeitsrecht
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V. Vereinbarkeit des Ubiquitätsprinzips mit dem Unionsrecht Das deutsche Kollisionsdeliktsrecht ist schon seit Längerem europarechtlichen Bedenken ausgesetzt.209 Entflammt ist die Debatte bei der Produkthaftung.210 Wegen des Ubiquitätsprinzips müsste sich der im Ausland Handelnde an mehrere Rechtsordnungen ausrichten und wäre damit schlechter gestellt als seine deutschen Konkurrenten.211 Das verstoße gegen das besondere Diskriminierungsverbot des Art. 34 AEUV.212 Trotz der ausführlichen Debatte hat sich der BGH dazu bis jetzt nicht geäußert.213 1. Das besondere Diskriminierungsverbot des Art. 34 AEUV Die Warenverkehrsfreiheit enthält ein spezielles Diskriminierungsverbot.214 Eine Diskriminierung ist die ungleiche Behandlung gleichgelagerter Sachverhalte, wodurch der Betroffene benachteiligt wird.215 Dem Ubiquitätsprinzip wird vorgeworfen, dass im EU-Ausland handelnde, aber ins Inland wirkende Unternehmen mehrere Rechtsordnungen zu befolgen hätten.216 Dadurch wären sie sie schlechter gestellt als deutsche Unternehmen, die nur im Inland wirken. Im Zeitalter des Internet sind Persönlichkeitsverletzungen im gewerblichen Bereich, die nur innerhalb eines Territoriums wirken, kaum denkbar. Medienunternehmen, aber auch lokale Zeitungen haben regelmäßig einen Internetauftritt und laufen damit immer Gefahr, mehrere Rechtsordnungen beachten zu müs-
209 Siehe etwa W.-H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623 ff.; ders., GS Lüderitz, S. 635 ff. (2000); v. Hein, Günstigkeitsprinzip, S. 423 ff. (1999); v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 212 ff. (1999); Schaub, RabelsZ 66 (2002), S. 18 ff.; Kadner Graziano, Gemeineuropäisches IPR, S. 286 ff.; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 329 ff. 210 Siehe etwa W.-H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623 ff.; dagegen Basedow, RabelsZ 59 (1995), 1, 37 ff.; Sonnenberger, ZVglRWiss 95 (1996), 3, 17 f. 211 W.-H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623, 645; ders., GS Lüderitz, S. 635 ff. Besonders fragwürdig war, dass das Gericht zu prüfen hatte, welches Recht für den Verletzten positiver ist. 212 W.-H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623, 645 f.; ders., GS Lüderitz, S. 635, 650 ff.; Höpping, Auswirkungen der Warenverkehrsfreiheit, S. 177 f.; Schaub, RabelsZ 66 (2002), 18, 39 f.; Kadner Graziano, Gemeineuropäisches IPR, S. 233, 286 ff.; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 341 f. Dagegen Basedow, RabelsZ 59 (1995), 1, 37 ff.; Sonnenberger, ZVglRWiss 95 (1996), 1, 17 f.; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 214 ff. 213 Fornasier, in: BeckOGK, Art. 40 EGBGB Rn. 10. 214 Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 894; vgl. Hakenberg, Europarecht, Rn. 341 f.; vgl. Herdegen, Europarecht, § 15 Rn. 6. 215 v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 18 AEUV Rn. 6; vgl. Streinz, in: Streinz, Art. 18 AEUV Rn. 46. 216 Vgl. v. Hein, Günstigkeitsprinzip, S. 429 f.
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3. Teil – Kollisionsrecht
sen. Für in Deutschland agierende Unternehmen stellt sich aber genauso regelmäßig das Problem, dass sie mehrere Rechtsordnungen beachten müssen.217 Das lässt daran zweifeln, dass wirklich eine Diskriminierung vorliegt. Bezweifelt wird auch, ob hier wirklich Gleiches ungleich und nicht vielmehr Ungleiches ungleich behandelt wird.218 Zu einer Ungleichbehandlung gelangt nur, wer Distanz- mit Platzdelikten gleichsetzt.219 Diese seien aber verschieden. Auch gebe es keine Gleichheit im Unrecht, auf die sich der Schädiger berufen könne.220 Allenfalls könnte eine versteckte Diskriminierung angenommen werden, da Art. 40 I EGBGB nicht unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpft.221 Doch auch dagegen spricht, dass auch Unternehmen genauso von der Kollisionsregel erfasst werden. Eine Schlechterstellung ausländischer Unternehmen ist auch dann möglich, wenn nur an das Recht des ausländischen Handlungsortes angeknüpft wird, dieses aber strenger ist als das deutsche Recht. Daher halten manche schon auch die Handlungsortanknüpfung als solche für diskriminierend und damit europarechtswidrig.222 Maßgeblich sei daher allein der Erfolgsort.223 Das führt aber zwangsläufig zu Widersprüchen mit dem Herkunftslandprinzip.224 Gelöst werden könnte der Konflikt nur dergestalt, dass immer das Recht anzuwenden wäre, das die geringsten Anforderungen an den Veräußerer stellt.225 Doch kann es nicht Ziel der europäischen Integration sein, den niedrigsten Schutzstandard für maßgeblich zu erklären. 2. Rechtfertigung Wollte man trotz allem eine mittelbare Diskriminierung oder eine Einfuhrbeschränkung annehmen, so könnte sie immer noch gerechtfertigt sein, wenn ei-
217 Sonnenberger, in: MüKo-BGB5 (2010), Einl. IPR, Rn. 164; v. Hein, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 216. 218 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 216. 219 Vgl. Sonnenberger, in: MüKo-BGB5 (2010), Einl. IPR, Rn. 164; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 216. 220 Sonnenberger, ZVglRWiss 95 (1996), 3, 18. 221 v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 216. 222 W.-H. Roth, GS Lüderitz, S. 635, 651 f. 223 W.-H. Roth, RabelsZ 55 (1991), 623, 646; wohl auch Höpping, Auswirkungen der Warenverkehrsfreiheit, S. 177 f. 224 Basedow, RabelsZ 59 (1995) 1, 38 f.; v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 104; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 216. 225 Vgl. v. Hoffmann, in: Staudinger BGB, Art. 40 EGBGB Rn. 104; v. Hinden, Persönlichkeitsverletzungen im Internet, S. 216
B. Persönlichkeitsrecht
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ner der ungeschriebenen oder in Art. 36 AEUV genannten vorliegt. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe sind die zwingenden Erfordernisse des Allgemeinwohls226 sowie die Unionsgrundrechte227. Auch der Schutz der Persönlichkeit ist ein unionsrechtlich anerkanntes Allgemeininteresse.228 Sowohl Art. 7 und Art. 8 GrChr als auch Art. 8 EMRK, der über Art. 6 III EUV Bestandteil des Unionsrechts ist, erkennen den Persönlichkeitsschutz an. Dass keine gemeinsame Kollisionsnorm für das Persönlichkeitsrecht gefunden werden konnte,229 liegt auch an der sehr unterschiedlichen Ausgestaltung des Schutzes in den Mitgliedsstaaten. So ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Union das schwierige Verhältnis von Persönlichkeitsrecht sowie Meinungs- und Pressefreiheit in naher Zukunft lösen wird. Auch die DSGVO weist in Art. 85 das Problem den Mitgliedstaaten zu.230 Solange der Persönlichkeitsschutz unionsrechtlich anerkannt, aber nicht ausgestaltet ist, müssen unterschiedliche Regelungsregime akzeptiert werden. Zumindest darf nicht über die Warenverkehrsfreiheit das äußerste Minimum zum unionsweiten Standard des Persönlichkeitsrechts erhoben werden. Ein Verstoß gegen das Beschränkungsverbot könnte also nicht im Ubiquitätsprinzip, sondern allenfalls in der Erfolgsortanknüpfung als solcher gesehen werden. Die Warenverkehrsfreiheit soll ermöglichen, dass Waren auch im Ausland vertrieben werden dürfen. Das aber kann die Erfolgsortanknüpfung verhindern. Allerdings stellt auch die Rom II-Verordnung in Art. 4 auf den Erfolgsort ab.231 Das spricht gegen die Unionsrechtswidrigkeit der deutschen Erfolgsortanknüpfung und gegen die alleinige Anknüpfung an den Handlungsort. Die Ubiquitätsregel begünstigt den Kläger, der das anwendbare Recht wählen kann (Art. 40 I 2 EGBGB). Bei Persönlichkeitsverletzungen soll so ein möglichst hoher Schutz für den Geschädigten erreicht werden.232 Die Maßnahme 226 Dieses geht auf die Cassis de Dijon-Entscheidung des EuGH zurück, ECLI:EU:C:1979:42 – REWE/Bundesmonopolverwaltung. Dabei spricht der EuGH in dieser Entscheidung selbst nur von „zwingenden Erfordernissen“ Tz. 8. Lange war umstritten, ob es sich um eine tatbestandsimmanente Schranke oder einen Rechtfertigungsgrund handelt; vgl. Leible/T. Streinz, in: Recht der EU, Art. 34 AEUV Rn. 108; noch für eine tatbestandsimmanente Schranke, Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 338. 227 EuGH ECLI:EU:C:2003:333 – Schmidtberger. 228 v. Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 218; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 339. 229 Nachweise oben Fn. 2. 230 Kritisch dazu Dregelies, AfP 2019, 298, 301 ff. 231 Zwar kann auch europäisches Sekundärrecht gegen Primärrecht verstoßen (EuGH ECLI:EU:C:2014:238 – Digital Rights Ireland/Seitlinger), doch hat der EU-Gesetzgeber gezeigt, dass er die Erfolgsortanknüpfung für unionskonform hält. 232 Auch im Kollisionsrecht sollen die Interessen des Geschädigten bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorrangig zu beachten sein; so etwa Heldrich, FS Zajtay, S. 215, 224. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts
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3. Teil – Kollisionsrecht
ist auch geeignet und erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.233 Die Ubiquitätsregel ist also jedenfalls gerechtfertigt und verstößt somit nicht gegen Unionsrecht. VI. Fazit Für Persönlichkeitsverletzungen gilt noch die deutsche Kollisionsregel des Art. 40 EGBGB.234 Sie erfasst auch den Unterlassungsanspruch. Gemäß Art. 40 I EGBGB ist das Recht des Handlungsortes oder – wenn der Kläger es wählt – des Erfolgsortes anwendbar. Der Begriff des Handlungsortes ist – entgegen der herrschenden Lehre235 – kollisionsrechtlich zu definieren als der Ort, an dem der Handelnde eine Gefahr nicht mehr steuern kann und dadurch die Interessen der anderen Partei gefährdet werden können.236 Für das Kollisionsrecht muss nicht festgestellt werden, ob die Handlung lege causae tatbestandsmäßig ist. Die Auswertung der Literatur und Rechtsprechung237 hat gezeigt, dass auch sie nicht auf die lex causae zurückgreifen. Vielmehr wird abstrakt der Handlungsort bei Medienunternehmen an deren Sitz verortet.238 Indes liegt der Handlungsort bei Medienunternehmen nicht an ihrem Sitz, sondern am Sitz der Chefredaktion als dem Gremium dessen Entscheidung die schädigenden Auswirkungen letztverbindlich in Gang gesetzt hat.239 Bei natürlichen Personen ist mit der herrschenden Meinung der Handlungsort am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verletzers zu vermuten.240 Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn es möglich ist, den Ort zu bestimmen, an dem die Gefahr nicht mehr zu steuern ist. Das wird bei Onlinesachverhalten regelmäßig der Ort des Absendens bzw. des Freischaltens sein. Damit gelingt es, retrospektiv einen Handlungsort zu bestimmen.241 Bei zukünftigen Handlungen, die untersagt werden sollen, ist das wesentlich schwieriger. Durch die Vermutungsregel bei natürlichen Personen und die Anknüpfung an den Sitz der Chefredaktion, lassen sich aber hinreichend sichere und vorhersehbare Ergebnisse erzielen.
noch nicht feststeht, ob eine Person wirklich geschädigt ist oder ob es sich um eine zulässige Handlung handelt. 233 v. Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 218; Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 339. 234 Siehe oben S. 176 f. 235 Zu ihr oben S. 182 ff. 236 Siehe oben S. 186 ff. 237 Zu ihr siehe oben S. 184 ff. 238 So die Literatur, siehe oben S. 182, wie die Rechtsprechung, siehe oben S. 184. 239 Siehe oben S. 186 f. 240 Siehe oben S. 186 f. 241 Siehe oben S. 187 f.
B. Persönlichkeitsrecht
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Noch problematischer ist die Ermittlung des Erfolgsortes. Entgegen der herrschenden Meinung ist es kollisionsrecht nicht nötig, zunächst ein geschütztes Recht oder Rechtsgut zu ermitteln.242 Es genügt, dass der Kläger dartut, dass seine Interessen beeinträchtigt sind. Ob eine Verletzung wirklich vorliegt, ist erst auf sachrechtlicher Ebene zu prüfen. Der Ort der Beeinträchtigung liegt bei Persönlichkeitsverletzungen dort, wo nach dem Vortrag des Klägers sein sozialer Geltungsanspruch beeinträchtigt worden ist.243 Weitere Einschränkungen sind nicht gerechtfertigt.244 Bei Schadensersatzansprüchen ist bei der Handlungsortanknüpfung keine Mosaikbetrachtung vorzunehmen. Dies rechtfertigt sich dadurch, dass so für beide Parteien eine praktikable Lösung gefunden wird und der Kläger es in der Hand hat, diese leichte Begünstigung des Beklagten abzuwenden.245 Bei der Wahl des Erfolgsortes ist hingegen auch bei Schadensersatzansprüchen eine Mosaikbetrachtung notwendig.246 Bei Unterlassungsansprüchen ist bei der Anwendung des Rechts des Handlungsortes247 wie des Erfolgsortes248 eine Mosaikbetrachtung vorzunehmen. Nur so können rechtliche und kulturelle Unterschiede der Mitgliedstaaten gewahrt und die widerstreitenden Interessen von Persönlichkeitsschutz sowie der Presse- und Meinungsfreiheit in Einklang gebracht werden. Für den Unterlassungskläger bedeutet das, dass er im Klageantrag genau angeben muss, für welche Territorien er einen Unterlassungstitel begehrt. Dabei wird nicht die Persönlichkeit oder das Persönlichkeitsrecht geteilt, sondern nur der Schutz auf ein oder mehrere Territorien beschränkt. Technisch ist das bei Onlinepublikationen durch Geoblocking umsetzbar,249 bei klassischen Printprodukten muss der Vertrieb eingeschränkt werden. Nur bei besonders schweren Persönlichkeitsverletzungen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie nirgends zulässig sind, kann eine vollständige Löschung verlangt werden.250 Gelingt es dem Unterlassungsschuldner nicht, die Auswirkungen seiner Handlung zu beschränken, dann führt das zwingend zu einer überschießenden Wirkung des Unterlassungsanspruchs. Das ist gerechtfertigt, weil sonst die Auswirkungen auf das Staatsgebiet unverändert fortbestehen würden.
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Siehe oben S. 189 ff. Siehe oben S. 194 ff. 244 Siehe oben S. 197 ff. 245 Siehe oben S. 200 ff. 246 Siehe oben S. 204 ff. 247 Siehe oben S. 201 ff. 248 Siehe oben S. 204 ff. 249 Siehe dazu oben S. 95 ff. 250 Siehe dazu oben S. 100 f. 243
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3. Teil – Kollisionsrecht
C. Lauterkeits- und Kartellrecht C. L a u te r k e its - u n d K ar te llre c h t
Für das Lauterkeits- und Kartellrecht enthält Art. 6 Rom II-VO besondere Kollisionsnormen,251 welche die allgemeine Deliktsanknüpfung des Art. 4 verdrängen.252 I. Lauterkeitsrecht 1. Einleitung Art. 6 I Rom II-VO normiert für das Lauterkeitsrecht das Marktortprinzip,253 das in Deutschland bereits vor der Rom II-VO anerkannt war.254 Dabei hat sich das deutsche internationale Wettbewerbsrecht ursprünglich aus der deliktischen Tatortregel entwickelt.255 2. Anknüpfungsgegenstand Problematisch ist die Qualifikation des Anknüpfungsgegenstandes. Art. 6 I Rom II-VO ist „auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten“ anzuwenden. Eine Definition des unlauteren Wettbewerbsverhaltens fehlt.256 Der Begriff ist europäisch-autonom auszulegen.257
251
Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 1. Dabei erklärt Art. 6 II Rom II-VO Art. 4 wieder für anwendbar, wenn ausschließlich ein Wettbewerber betroffen ist. 253 Kluth, Marktauswirkungsprinzip im Kollisionsrecht, S. 214; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 48; Fezer/Koos, in: Staudinger IntWirtschR, Rn. 641; Drexl, in: MüKo-BGB, Int. Lauterkeitsrecht, Rn. 143. 254 Drexl, in: MüKo-BGB, Int. Lauterkeitsrecht, Rn. 2 m.w.N. 255 Sack, GRUR Int. 1988, 320, 321 f.; Drexl, in: MüKo-BGB, Int. Lauterkeitsrecht, Rn. 10. Dabei stellte das Reichsgericht zunächst auf das Auswirkungsprinzip ab. Ausführliche Nachweise bei Sack, a.a.O. Kritisch zur Einordnung in das Deliktskollisionsrecht Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 639. 256 Dieses Problem bestand schon im deutschen autonomen Kollisionsrecht, Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 635. 257 Kluth, Marktauswirkungsprinzip im Kollisionsrecht, S. 212; Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 13 f.; Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung von Ansprüchen aus unlauterem Wettbewerbsverhalten, S. 48; Vogeler, Rechtswahl im Kollisionsrecht, S. 91; H. Köhler, FS Coester-Waltjen, S. 501, 502; Sack, WRP 2008, 845, 847; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 111; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 6 Rom II-VO Rn. 3; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 51; Glöckner, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, Einl. C, Rn. 86; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom IIVO Rn. 5. 252
C. Lauterkeits- und Kartellrecht
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Hierfür kann auch das materielle Unionsrecht zum Verständnis herangezogen werden.258 Insoweit kommen insbesondere die UGP-Richtlinie und die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung in Betracht.259 Doch geht es immer um eine kollisionsrechtliche Definition, sodass materiell-rechtliche Erwägungen hilfreich, aber nicht ausschlaggebend sein können.260 Problematisch ist vor allem der Begriff „unlauter“. Während das Wettbewerbsverhalten noch ohne den Rückgriff auf ein nationales Recht bestimmt werden kann, scheint das bei der Unlauterkeit nicht möglich.261 Ob ein Verhalten unlauter ist, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Vielmehr bedarf es dafür grundsätzlich eines Rückgriffs auf eine nationale Rechtsordnung.262 Selbst durch den Rückgriff auf materielles Unionsrecht kann der Begriff nicht vollständig ausgefüllt werden.263 Maßgeblich muss das Telos der Kollisionsnorm sein. Eine eindeutige Lösung bietet die Rom II-VO nicht, obwohl man diese Schwierigkeit bereits im Gesetzgebungsverfahren erkannt hatte264. Bei der Bestimmung des Telos kann zumindest Erwägungsgrund 21 helfen.265 Danach ist das Ziel der Sonderanknüpfung, dass Verbraucher und Öffentlichkeit geschützt und „das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft“ sichergestellt werden. Auch die Begründung der Kommission zeigt, dass ein weites Verständnis des „unlauteren Wettbewerbs“ zugrunde gelegt werden soll.266 3. Anknüpfungspunkt Nach dem Marktortprinzip in Art. 6 I Rom II-VO ist „das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden“. Den Begriff des Marktortes kennt Art. 6 I Rom II-VO nicht. So besteht die Gefahr, dass mit seiner Verwendung
258
Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 15; Nettlau, Schadensersatz bei weltweiten Kartellen, S. 54 ff.; Vogeler, Rechtswahl im Kollisionsrecht, S. 93; Handing, GRUR Int. 2008, 24, 26; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 113; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 6. 259 Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 15 ff.; H. Köhler, FS Coester-Waltjen, S. 501, 502; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 6. 260 Vgl. Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 6. 261 Vogeler, Rechtswahl im Kollisionsrecht, S. 93. 262 Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 52; Glöckner, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, Einl. C, Rn. 86. 263 Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 13a; Vogeler, Rechtswahl im Kollisionsrecht, S. 94. 264 Nachweise bei Mankowski, GRUR Int. 2005, 634, 635. 265 Kluth, Marktauswirkungsprinzip im Kollisionsrecht, S. 212. 266 Handing, GRUR Int. 2008, 24, 26; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 21. Siehe KOM(2003), 427 endg.
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3. Teil – Kollisionsrecht
auf in jahrzehntelangen Diskussionen entstandene Vorstellungen zurückgegriffen wird, obwohl diese sich nicht mit dem europäischen „Marktortprinzip“ decken müssen.267 Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist der Ort der wettbewerblichen Interessenkollision.268 Dieser liegt dort, wo die Interessen der Wettbewerber oder Verbraucher beeinträchtigt werden.269 Das ist bei Mitbewerbern der Fall, wenn das streitgegenständliche Verhalten ihre Marktchancen beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann;270 bei Verbrauchern, wenn sie das Verhalten schädigt oder schädigen kann.271 Letztere Definition ist nicht unproblematisch. Ob ein Verhalten die Verbraucher schädigt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ab wann eine Einwirkung auf die Verbraucher eine Schädigung darstellt, entscheidet das materielle Recht. Besser sieht man, den maßgeblichen Ort dort, wo auf die Verbraucher eingewirkt wird. Ob diese Einwirkung eine Schädigung darstellt, ist dann auf der sachrechtlichen Ebene zu ermitteln. In einer globalisierten Welt und insbesondere im europäischen Binnenmarkt machen die Interessenkollisionen nicht an den Staatsgrenzen halt. Der Markt als Begriff der Volkswirtschaftslehre ist nicht national begrenzt.272 Das stellt das Kollisionsrecht vor ein Problem. Wo ist der Ort der Interessenskollision, wenn sich der Markt über mehrere Staaten oder gar auf den ganzen europäischen Binnenmarkt erstreckt? Mankowski will den Begriff des Marktes staatsbezogen eingrenzen – es gebe nur nationale Märkte, da ansonsten die Marktortanknüpfung leerlaufe.273 Folglich kann es auf Tatbestandsseite mehrere Marktorte geben, die jeweils eine bestimmte Rechtsordnung zur Anwendung bringen. Ein transnationaler Markt kann nicht zur Anwendung einer Rechtsordnung führen.274
267 So auch Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 30 f., der aber dafür plädiert, den Begriff weiter zu verwenden, da es keinen besseren gebe. Zwar mag man, wie Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 645, auf die deutsche Literatur und Rechtsprechung zum nationalen Kollisionsrecht zurückgreifen, muss aber jeweils im Einzelfall prüfen, ob die alten Grundsätze auf die neue Rechtslage übertragbar sind. 268 Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 157; Drexl, in: MüKo-BGB Int. Lauterkeitsrecht, Rn. 143; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 642; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 16. 269 Junker, NJW 2007, 3675, 3679; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 71. 270 Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 157; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 73 (nachteilig beeinflusst). 271 Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 157; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 16. 272 Dethloff, Europäisierung des Wettbewerbsrechts, S. 87. Vgl. dieselbe Diskussion zum Kartellrecht unten S. 225 f. 273 Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 158. 274 Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 158.
C. Lauterkeits- und Kartellrecht
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4. Einschränkung bei Multistate-Verstößen So führt die Anknüpfung an den Marktort in einer globalisierten Welt zur Anwendung verschiedener Rechtsordnungen. Die Probleme liegen auf der Hand: Gerade durch das Internet kann es schnell zu einer weltweiten Beeinträchtigung kommen. Die distributive Anwendung zahlreicher Rechtsordnungen stellt die Gerichte vor kaum lösbare Aufgaben.275 Doch kommt es wie immer maßgeblich auf den Sachvortrag der Parteien an. Nur wenn die Parteien vorgetragen, dass verschiedene Märkte betroffen sind, kann es zur Anwendung mehrerer Rechtsordnungen kommen. Dabei wird der Kläger genau das zu vermeiden suchen, verzögert eine solche extrem aufwändige Prüfung doch das Verfahren und wird in aller Regel zu einem Teilunterliegen des Klägers führen. Diese Gefahr ist daher tatsächlich weit geringer als von vielen angenommen.276 Bei Unterlassungsklagen gelangt nur das Recht des Staates zur Anwendung, für das der Kläger ein Verbot erwirken will.277 Problematisch scheint der Fall, wenn der Kläger vorträgt, dass die Interessen an einem Marktort beeinträchtigt sind, um das – aus seiner Sicht – günstige Recht zur Anwendung zu bringen, obwohl das Verhalten dort nur geringe Auswirkungen gezeigt hat. Wie in anderen Bereichen steht hier die Gefahr im Raum, dass sich bei unteilbaren Handlungen im Ergebnis die strengste Rechtsordnung durchsetzt.278 Dann fragt sich, ob es möglich ist, die Anzahl der anwendbaren Rechtsordnungen einzuschränken. a) Kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle Ob eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle möglich und sinnvoll ist, war bereits im deutschen autonomen Kollisionsrecht umstritten.279 Da der Wortlaut des Art. 6 I Rom II-VO keine Spürbarkeitsschwelle vorsieht, könnte sie nur über eine teleologische Reduktion der Norm erzielt werden.280 Nicht
275
Vgl. auch zum Persönlichkeitsrecht oben S. 206 f. Gegen Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 199. 277 Vgl. H. Köhler, FS Ahrens, S. 111, 117. 278 Dabei lassen sich viele Handlungen durchaus territorial beschränken, siehe oben S. 95 ff. 279 Vgl. etwa Kropholler, IPR, S. 545. 280 Dagegen nimmt Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 213 an, dass es sich nicht um eine teleologische Reduktion handelt, sondern um einen dieser „nahekommenden reduzierenden und einschränkenden Schritt“. 276
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3. Teil – Kollisionsrecht
ausreichend ist es, eine Spürbarkeitsschwelle einfach als „immanent“ anzunehmen.281 Auffällig ist, dass sich die Debatte über eine Spürbarkeitsschwelle vorwiegend auf deren Sinnhaftigkeit beschränkt.282 Zuvor muss jedoch deren Zulässigkeit geprüft werden. aa) Zulässigkeit einer teleologischen Reduktion Eine teleologische Reduktion ist geboten, wenn eine Norm einen Sachverhalt erfasst, den sin nach ihrem Zweck nicht erfassen soll.283 Die Befürworter der Spürbarkeitsschwelle gehen also davon aus, dass es dem Zweck von Art. 6 I Rom II-VO widerspreche, solche Sachverhalte zu erfassen, in denen es am Marktort nur zu einer geringen284 komme. Bei der Ermittlung des Telos einer Norm ist umstritten, ob sie ein objektives Telos hat oder ob es auf den vom Gesetzgeber gewollten Zweck ankommt.285 In jedem Fall sind die grundlegenden Wertentscheidungen des Gesetzgebers zu beachten.286 Eine teleologische Reduktion scheidet aus, wenn sie dem Willen des Gesetzgebers widerspricht. Bei der Ermittlung des Zwecks von Art. 6 I Rom II-VO hilft Erwägungsgrund 21 erläutert. Demnach soll das „reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft“ gesichert werden (S. 2), was am besten dadurch erreicht werde, wenn man auf den Ort abstellt, an dem eine Beeinträchtigung vorliegt. Reibungslos funktioniert die Marktwirtschaft aber nur, wenn sie keinen rechtswidrigen Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Der Erwägungsgrund spricht eher gegen eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle. Im Lauterkeitsrecht kann auch gegen geringfügige Verstöße vorgegangen werden. Es widerspräche dem Sinn des europäischen Kollisionsrechts, wenn es verhindere, was das europäische materielle Lauterkeitsrecht ermöglicht.287 281
So aber Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 652; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 199; Kluth, Marktauswirkungsprinzip im Kollisionsrecht, S. 218. Jeder Behauptung, dass etwas immanent sei oder sich aus der „Natur der Sache“ erschließe, sollte mit Skepsis begegnet werden. Sie sind kein Argument, sondern nur eine Wiederholung der Behauptung, vgl. Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, S. 460. 282 So widmet sich Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 53 – 58 auf fünf Seiten sehr überzeugend der Frage, welche Auswirkungen eine solche Schwelle hat, lässt aber Ausführungen zur dogmatischen Zulässigkeit vermissen. 283 Vgl. Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, S. 507 f.; Neuner, in: Europäische Methodenlehre, § 12 Rn. 33. 284 Was genau eine „geringe“ Beeinträchtigung sein soll, müsste in einem nächsten Schritt geklärt werden. 285 Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, S. 457 ff. 286 Martens, Methodenlehre des Unionsrechts, S. 385; Neuner, in: Europäische Methodenlehre, § 12 Rn. 18. 287 Fabig, Internationales Wettbewerbsprivatrecht, S. 194.
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Auch systematische Erwägungen sprechen gegen eine Spürbarkeitsschwelle in Art. 6 I Rom II-VO. So verlangt Art. 6 III lit. b Rom II-VO, dass die Beeinträchtigung „unmittelbar und wesentlich“ sein muss.288 Systematisch wäre eine Spürbarkeitsschwelle in Art. 6 I nur sinnvoll, wenn sie niedriger wäre als „wesentlich“ i.S.d. Art. 6 III lit. b Rom II-VO.289 Auch zeigt diese Norm, dass der EU-Gesetzgeber gerade nicht davon ausgegangen ist, dass die Wesentlichkeit „immanent“ ist.290 Folglich spricht auch die Systematik von Art. 6 Rom II-VO gegen die Einführung einer Spürbarkeitsschwelle auf kollisionsrechtlicher Ebene.291 Erhellend ist der Blick auf die Gesetzgebungshistorie. So sah der ursprüngliche Normenvorschlag vor, dass die Interessen „wesentlich“ beeinträchtigt sein müssen.292 Wenn der Gesetzgeber eine Regelung angedacht, aber nicht umgesetzt hat, ist besondere Zurückhaltung geboten, diese Regelung trotzdem in die Norm hineinzulesen.293 Nur weil es (möglicherweise) einem „praktischen Erfordernis“ entspricht,294 darf man noch nicht, die Grundsätze der Gewaltenteilung über Bord werfen. Auch bleiben die Befürworter einer kollisionsrechtlichen Spürbarkeitsschwelle den Beweis ihrer Notwendigkeit schuldig. Vertretbar erscheint nur noch, ein Kriterium zu entwickeln, dass weniger einschränkend ist als das „Wesentlichkeitsmerkmal“.295 bb) Mögliche Umsetzung Wenn man eine Spürbarkeitsschwelle entgegen der hier vertretenen Ansicht befürworten wolle, bereitet die konkrete Ausgestaltung massive Probleme.296
288
Vgl. Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 38. Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung, S. 247. 290 Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung, S. 247; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 91. 291 Dieses Argument für weniger gewichtig hält Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung, S. 216. 292 Art. 5 I KOM(2003) 427 endg. bzw. Art. 7 I KOM(2006) 83 endg. 293 Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 20. Kluth, Marktauswirkungsprinzip im Kollisionsrecht, S. 218 hingegen geht davon aus, dass der Gesetzgeber die Streichung vorgenommen habe, weil er davon ausging, dass eine Spürbarkeitsschwelle immanent sei. 294 So Handing, GRUR Int. 2008, 24, 28; Kluth, Marktauswirkungsprinzip im Kollisionsrecht, S. 218. 295 Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung, S. 246 f. 296 Häufig schweigen die Befürworter, wie eine solche Spürbarkeitsprüfung aussehen soll, etwa Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 198 f.; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 643. 289
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3. Teil – Kollisionsrecht
(1) Quantitative Spürbarkeitsschwelle Am einfachsten erscheint eine quantitative Spürbarkeitsprüfung wie etwa in Art. 6 III Rom II-VO.297 Quantitativ bedeutet aber auch, dass Sachverhalte, die zwar nur wenige Personen betreffen, aber qualitativ schwer wiegen, nicht mehr erfasst werden. Werden etwa nur wenige Verbraucher belästigt i.S.v. § 4a I 2 Nr. 1 UWG (Art. 8 und 9 UGP-RL), würde eine quantitative Spürbarkeitsschwelle dazu führen, dass das materielle Recht des Marktortes nicht angewendet werden dürfte. Dass gilt auch für die anderen in § 4 a UWG genannten Fälle sowie für §§ 5 und 7 UWG. Erwägungsgrund 21 erklärt aber ausdrücklich, dass Art. 6 Rom II-VO die Verbraucher schützen soll, und differenziert nicht danach, ob nur wenige betroffen sind. Auch ist es ausdrückliches Ziel der Union, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, Art. 169 I AEUV. Das kann nicht gelingen, wenn Fälle, bei denen nur wenige Personen betroffen sind, rechtlich nicht erfasst werden. Führt die Spürbarkeitsschwelle dazu, dass kein Recht angewendet werden kann, dann stehen die Verbraucher schutzlos da, selbst dann, wenn das materielle Recht sie schützen will. Eine quantitative Spürbarkeitsschwelle widerspricht also sowohl dem Telos von Art. 6 Rom II-VO als auch den höherrangigen Zielen des Unionsrechts. (2) Qualitative Spürbarkeitsschwelle Eine qualitative Spürbarkeitsschwelle hingegen setzt kollisionsrechtliche Kriterien voraus, mit denen die Qualität einer Beeinträchtigung ermittelt werden kann. Solche Kriterien gibt es nicht. Ein Rückgriff auf nationale materielle Wertungen widerspricht der autonomen Auslegung der Rom-Verordnungen. Folglich müssten qualitative kollisionsrechtliche Kriterien entwickelt werden. Denkbar wäre, diese durch Rückgriff auf das materielle Recht zu entwickeln. Völlig versagt die Spürbarkeitsschwelle bei einer negativen Feststellungsklage.298 Hier will der Kläger gerade belegen, dass keine Beeinträchtigung vorliegt. Für negative Feststellungsklagen dürfte eine Spürbarkeitsschwelle also von vornherein nicht gelten. Fraglich bleibt, ob durch eine – wie auch immer ausgestaltete – Spürbarkeitsschwelle überhaupt viel gewonnen wäre. So müsste das Gericht für jede Rechtsordnung prüfen, ob die Beeinträchtigung spürbar ist.299 Der Aufwand wäre auch hier erheblich. Wie dargelegt,300 ist die Notwendigkeit aber ohnehin geringer, wenn das Marktortprinzip strikt angewendet wird. Auch eine qualitative Spürbarkeitsschwelle ist deshalb abzulehnen.
297
Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 208 m.w.N. Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 55. 299 Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 54. 300 Siehe oben S. 218 f. 298
C. Lauterkeits- und Kartellrecht
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b) Finalität Die deutsche Rechtsprechung grenzt die Zahl der potentiell anwendbaren Rechtsordnungen durch das Kriterium des bestimmungsgemäßen Ausrichtens ein.301 Gegen eine solche subjektive Sicht spricht auch im Wettbewerbsrecht, dass dadurch das anwendbare Recht vom Willen des mutmaßlichen Verletzers abhängig wird.302 Die Literatur hat versucht, dieses subjektive Element immer weiter zu objektiveren, sodass am Ende kaum noch von bestimmungsgemäß gesprochen werden kann.303 Zweifelhaft ist, ob ein solches Finalitätskritierium auf die Rom II-VO übertragen werden kann. Der europäische Gesetzgeber wird die deutsche Debatte und Auslegung der Rechtsprechung gekannt haben, trotzdem hat er in Art. 6 Rom II-VO kein Finalitätskritierium vorgesehen. Die Entwürfe sahen zwar vor, dass die Interessen „unmittelbar“ betroffen sein müssen,304 diese Formulierung findet sich aber in der Endfassung nicht mehr. Im Übrigen spricht der Schutz des Marktes und der Verbraucher dafür, keine kollisionsrechtliche Beschränkung vorzunehmen. Auch bei negativen Feststellungsklagen vermag das Merkmal nicht zu helfen. Ein Finalitätskriterium ist im Rahmen der Rom II-VO daher abzulehnen.305 c) Abwägungslösung Poelzig/Windorfer plädieren für eine „Abwägungslösung“, bei der die Schutzgüter des Lauterkeitsrechts mit dem Interesse des Unternehmers abgewogen werden sollen.306 Auch hierfür bietet Art. 6 Rom II-VO keinen Anhaltspunkt, wie diese Autoren selbst zugestehen.307 Überraschend ist, dass Poelzig/Windorfer Finalitäts- und Spürbarkeitselemente mit dem Argument ablehnen, dass sich dafür keine Anhaltspunkte in der Rom II-VO finden,308 dieses Argument bei ihrer Abwägungslösung aber offenbar nicht gelten lassen wollen. 301
Etwa BGH GRUR 2006, 513 Tz. 22 – Arzneimittelwerbung im Internet; GRUR 2007, 245 Tz. 25 – Schulden Hulp. Siehe dazu auch im Persönlichkeitsrecht oben S. 197 ff. 302 Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 193; Höder, Kollisionsrechtliche Behandlung unteilbarere Multistate-Verstöße, S. 56. Siehe auch im Zuständigkeitsrecht oben S. 80 ff. 303 Höder, Kollisionsrechtliche Behandlung unteilbarere Multistate-Verstöße, S. 59; Fabig, Internationales Wettbewerbsprivatrecht, S. 162. 304 Art. 5 I KOM(2003) 427 endg. bzw. Art. 7 I KOM(2006) 83 endg. 305 Fabig, Internationales Wettbewerbsprivatrecht, S. 162; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 193; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK Art. 6 Rom II-VO Rn. 130; a.A. Kluth, Marktauswirkungsprinzip im Kollisionsrecht, S. 121; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 19; Wiegandt, in: jurisPK-BGB Art. 6 Rom II-VO Rn. 32; Mankowski, in: MüKo-UWG, IntWettbewerbsR Rn. 211 ff. 306 Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 133. 307 Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 133. 308 Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 91 f.
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3. Teil – Kollisionsrecht
Gegen eine Abwägungslösung spricht, dass sie auf kollisionsrechtlicher Ebene erfolgen müsste. Die Interessen des Unternehmers und des Lauterkeitsrechts müssten also kollisionsrechtlich-autonom bestimmt werden. Dafür müssten aber wieder materiellrechtliche Wertungen herangezogen werden, weshalb ein materielles Recht zu berufen wäre. Kollisionsrechtliche Kriterien indes fehlen. Die Abwägungslösung ist daher ebenfalls abzulehnen. d) Fazit Die Marktortanknüpfung braucht keine weiteren Einschränkungen. Eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle widerspräche dem Willen des Gesetzgebers309 und wäre auch nur schwer umsetzbar310. Auch Finalitätskriterien, wie etwa das „bestimmungsgemäße Ausrichten“ im autonomen deutschen Kollisionsrecht, sind mit Art. 6 I Rom II-VO nicht vereinbar.311 Wenn das Marktortprinzip strikt angewendet wird, erübrigen sich alle weiteren Einschränkungen. Egal wie groß die Auswirkungen in einem bestimmten Territorium sind, muss eine Kollisionsnorm jedenfalls materielles Recht zur Anwendung bringen. 5. Mosaikbetrachtung Sind mehrere Rechtsordnungen betroffen, dann muss das Gericht für jeden Markt das nationale Recht anwenden, d.h. eine kollisionsrechtliche Mosaikbetrachtung vornehmen.312 Das führt im Ergebnis dazu, dass eine unteilbare Multistateverletzung nach dem strengsten Recht beurteilt wird.313 Wie bereits dargelegt, können die Auswirkungen einer Handlung bei Onlinesachverhalten auf ein bestimmtes Territorien beschränkt bzw. bestimmte Territorien gezielt ausgenommen werden.314 Bei unlauteren Wettbewerbshandlungen wiegt es auch weniger schwer, dass die Sperren umgangen werden können. So ist es wenig wahrscheinlich, dass Kunden Sperren umgehen, um verbrauchertäuschende Werbung wahrzunehmen. Da andernfalls der Inhalt vollständigen gesperrt werden müsste, ist Geoblocking durchaus das mildere Mittel. Wenn im Lauterkeitsrecht bereits Disclaimer ausreichen sollen,315 muss das für Geoblocking 309
Siehe oben S. 219 ff. Siehe oben S. 220 ff. 311 Siehe oben S. 221 f. 312 Ganz h.M. Bauermann, Anknüpfungsgegenstand, S. 48 ff.; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 729; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 200 f.; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 35; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK Art. 6 Rom II-VO 129; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 19. 313 Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 201; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 19. 314 Siehe oben S. 95 ff. 315 Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Rn. 201. Für das Zuständigkeitsrecht BGH GRUR 2006, 513 Tz. 22 – Arzneimittelwerbung im Internet. 310
C. Lauterkeits- und Kartellrecht
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erst recht gelten. Begehrt der Kläger also einen grenzüberschreitenden Unterlassungstitel, so muss das Gericht alle Rechtsordnungen anwenden, für die der Kläger Rechtsschutz begehrt. 6. Fazit Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im Lauterkeitsrecht ist das anwendbare Recht EU-autonom nach der Rom II-VO zu bestimmen.316 Probleme bereitet schon der Anknüpfungsgegenstand.317 Anknüpfungspunkt ist das Marktortprinzip.318 Dabei kann die jahrzehntelange deutsche Diskussion als Anhaltspunkt bei der Konkretisierung genutzt werden. Da es aber um ein europäisches Marktortprinzip geht, dürfen die in Deutschland entwickelten Kriterien nicht blind übernommen werden. Zusätzliche Einschränkungen neben dem Marktortprinzip sind unnötig und nicht gerechtfertigt.319 Bei mehreren Marktorten sind die jeweiligen Rechtsordnungen distributiv, nebeneinander zu prüfen (kollisionsrechtliche Mosaikbetrachtung).320 Das führt bei Unterlassungsansprüchen seltener zu Problemen, weil der Kläger vortragen muss, in welchem Territorium eine Verletzung droht. Er wird daher bereits im eigenen Interesse keinen weltweiten Titel begehren. Wird nur ein territorial beschränktes Verbot erstrebt, kann der Unterlassungsschuldner es durch einschränkende Maßnahmen, wie etwa Geoblocking oder Disclaimer, erfüllen. Gelingt ihm das nicht, dann führt der territorial beschränkte Unterlassungstitel faktisch zur weltweiten Unterlassung. II. Kartellrecht Die kartellrechtliche Grundanknüpfung des Art. 6 III lit. a Rom II-VO folgt dem Auswirkungsprinzip,321 wonach das Recht des Staates anzuwenden ist,
316
Siehe oben S. 215. Siehe oben S. 215 f. 318 Siehe oben S. 216 ff. 319 Siehe oben S. 223. 320 Siehe oben S. 223 f. 321 W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 625, 639; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8; Mankowski, RIW 2008, 177, 184; ders., Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 21; Immenga, FS Kühne, S. 725, 727; Becker/Kammin, EuZW 2011, 503, 506; Massing, Europäisches Internationales Kartelldeliktsrecht, S. 172; Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 391; Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 54; H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 338; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 199; Wurmnest, in: MüKo-BGB IntWettbR/IntKartellR, Rn. 65; ders., EuZW 2012, 933, 937; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 349; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 6 Rom II-VO Rn. 7; Wiegandt, in: jurisPK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 38; Hohloch, in: Erman, Art. 6 Rom II-VO Rn. 9; Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 50. 317
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3. Teil – Kollisionsrecht
dessen Markt „beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird“. Dieses Auswirkungsprinzip war schon vor Inkrafttreten der Rom II-VO weltweit weitgehend anerkannt.322 1. Verhältnis zu Art. 101, 102 AEUV Problematisch ist das Verhältnis der Rom II-VO zu Art. 101, 102 AEUV. Gemäß Erwägungsgrund 22 erstreckt sich Art. 6 III Rom II-VO auch auf gemeinschaftliche Wettbewerbsvorschriften. Dem wird entgegengehalten, dass es für Art. 101, 102 AEUV nicht darauf ankommen könne, ob sie von der Rom IIVO berufen werden.323 Da der AEUV als Primärrecht über der Rom II-VO (Sekundärrecht) stehe, könne diese nichts über die Anwendbarkeit von Art. 101, 102 AEUV aussagen.324 Bei genauerem Hinsehen ist das Problem nicht so groß. Art. 101, 102 AEUV stellen selbst keine Anspruchsgrundlagen dar. Diese folgen aus dem nationalen Recht, für den Unterlassungsanspruch in Deutschland aus § 33 GWB325 und können wiederum nur durch das Kollisionsrecht der Rom II-VO zur Anwendung gebracht werden326. Es geht also „nur“ darum, wie die Vorfrage zu beurteilen ist, ob ein Verstoß gegen Art. 101, 102 AEUV vorliegt.327 Diese Vorschriften bestimmen ihren kollisionsrechtlichen Anwendungsbereich selbst. Das widerspricht auch nicht dem Wortlaut von Erwägungsgrund 22,328 da er sich nur auf das außervertragliche Schuldverhältnis bezieht. 2. Anknüpfungspunkt a) Markt Art. 6 III lit. a Rom II-VO setzt – ebenso wie Absatz 1 – die Beeinträchtigung eines Marktes voraus. Dabei kann auf die Ausführungen zum Lauterkeitsrecht zurückgegriffen werden: Der Marktbegriff ist ein volkswirtschaftlicher, der
322
W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 625 f. m.w.N. Mankowski, RIW 2008, 177, 179; ders., IPRax 2010, 389, 395; ders., Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 9 f.; Immenga, FS Kühne, S. 725, 728; Wurmnest, EuZW 2012, 933, 936 f.; ders./Lund, NZKart 2015, 73, 78; H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 365 – 371; Fabig, Internat. Wettbewerbsprivatrecht, S. 251 f.; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 176; Illmer, in: Pocket Commentary, Art. 6 Rom II-VO Rn. 87. Zuvor schon B. Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1011. 324 Mankowski, RIW 2008, 177, 179; ders., IPRax 2010, 389, 395; ders., Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 9 f.; Immenga, WuW 2008, 1043; ders., FS Kühne, S. 725, 728; Wurmnest, EuZW 2012, 933, 936 f. 325 Vgl. Stockenhuber, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 101 AEUV Rn. 266. 326 Vgl. Illmer, in: Pocket Commentary, Art. 6 Rom II-VO Rn. 87. 327 Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 336. 328 Zutreffend Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 336. 323
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nicht auf Staatsgrenzen beschränkt ist, aber für das Kollisionsrecht territorialisiert werden muss.329 b) Beeinträchtigung Art. 6 III lit. a Rom II-VO spricht nicht von Auswirkung, sondern von der Beeinträchtigung des Marktes.330 Der Begriff „beeinträchtigen“ ist negativ konnotiert. Ob etwas negativ ist, sollte aber keine Frage des Kollisions-, sondern des materiellen Rechts sein.331 Eine neutrale Betrachtung der „Beeinträchtigung“ wird auch durch einen Vergleich mit Art. 101 I AEUV und der zu ihm ergangenen Rechtsprechung gestützt, der ebenfalls jegliche Auswirkung auf den Markt umfasst.332 Gestützt wird das auch durch den Art. 6 III lit. a Rom IIVO betreffenden Erwägungsgrund 22, der nicht von beeinträchtigen, sondern von auswirken spricht. Es kommt folglich das Recht des Staates zur Anwendung, auf dessen Markt sich die Wettbewerbsbeschränkung auswirkt.333 c) Spürbarkeitsschwelle Ähnlich wie im Lauterkeitsrecht ist auch im Kartellrecht umstritten, ob Art. 6 III Rom II-VO eine Spürbarkeitsschwelle kennt. Eine solche Schwelle sehen einige als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Auswirkungsprinzips.334 Im Kern geht es wieder darum, den Anwendungsbereich aus teleologischen Gründen zu reduzieren.335 Dabei ist sauber zu trennen zwischen einer möglicherweise berechtigten Forderung an den Gesetzgeber und einer durch Rechtsprechung und Lehre vorzunehmenden Einschränkung. Völkerrechtlich ist sie zumindest nicht geboten.336
329 So auch W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 642; Fitchen, JPIL 5 (2009), 337, 363 f.; Massing, Europäisches Internationales Kartelldeliktsrecht, S. 175; Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 392. Kritisch Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom IIVO, S. 104 f., die am Ende aber zum selben Ergebnis gelangt. Siehe auch oben S. 216 f. 330 Kritisch W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 640, der den Begriff „Betroffenheit“ vorzieht. Zustimmend Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 67. 331 Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 106. 332 Mankowski, RIW 2008, 177, 184; Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom IIVO, S. 105 f. 333 Wurmnest, in: MüKo-BGB, IntWettbR/IntKartellR, Rn. 120. 334 Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 355. Mankowski, RIW 2008, 177, 186; ders., Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 28 f. stellt nur fest, dass eine solche Schwelle „immanent“ sei und man sie „einschreiben“ solle. 335 Zur dogmatischen Einordnung bereits zu Art. 6 I Rom II-VO, siehe oben S. 219 ff. 336 Völkerrechtlich bedarf es nur eines Minimalbezugs (siehe oben S. 47). Der ist aber durch das Wort „Beeinträchtigung“ bereits vorausgesetzt. Verfehlt daher Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 395 und wohl auch H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 351 ff.
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3. Teil – Kollisionsrecht
Der Wortlaut selbst bietet keine Stütze für eine Spürbarkeitsschwelle.337 Systematisch spricht gegen sie, dass lit. b ausdrücklich verlangt, dass das Verhalten den Markt „unmittelbar und wesentlich“ beeinträchtigt.338 Dem kann nur entgehen, wer annimmt, dass die Spürbarkeit in lit. a weniger ist als die Wesentlichkeit in lit. b.339 Zweifel an einer Spürbarkeitsschwelle weckt auch die Gesetzgebungsgeschichte. So findet sich in den Entwürfen ein Erwägungsgrund, wonach eine Auswirkung nur dann ein Recht zur Anwendung bringen sollte, „sofern es sich um eine unmittelbare und erhebliche Auswirkung“ handelt.340 Der Wegfall des Erwägungsgrundes spricht dafür, dass der Gesetzgeber diese Einschränkung nicht länger wollte.341 Allerdings ist nicht ersichtlich, warum genau der Gesetzgeber auf den Erwägungsgrund verzichtet hat.342 Teilweise wird vertreten, dass er ihn habe entfallen lassen, weil es sich um eine Selbstverständlichkeit handele.343 Doch stellt der Unionsgesetzgeber in den Erwägungsgründen z.B. auch fest, dass die Rom II-VO autonom auszulegen ist,344 was unumstritten und selbstverständlich ist. Dass der Gesetzgeber ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal beabsichtigte, ohne dies in den Erwägungsgründen deutlich zu machen, ist nicht anzunehmen. 337
W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 640; Ackermann, FS Slot, S. 109, 114; Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 115; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 562. Das bezweifeln auch die Befürworter nicht, siehe etwa Mankowski, Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 29. 338 W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 640 f.; Ackermann, FS Slot, S. 109, 114; Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 116; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 562; H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 350; Fabig, Internat. Wettbewerbsprivatrecht nach Art. 6 Rom II-VO, S. 117; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom IIVO Rn. 220; Wiegandt, in. jurisPK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 40; Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 69. 339 So W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 641, der eine Spürbarkeitsprüfung im Sinne des de minimis-Tests für möglich hält. H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 350 hält das für „erwägenswert“; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn 36 („kann […] allenfalls daran denken“). Dagegen Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 117. 340 ErwGr. 11a, Vermerk des Vorsitzes für den AStV/Rat vom 19. Mai 2006, S. 6 (9143/06 JUSTCIV 118 CODEC 455). 341 So auch Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 219.1; Wurmnest, in: MüKo-BGB IntWettbR/IntKartellR, Rn. 138; ders., EuZW 2012, 933, 938; Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 116; a.A. wohl Mankowski, RIW 2008, 177, 186; ders., Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 28 f. 342 Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 116 f. Darin kann allerdings entgegen Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 395, kein bloßes „Versehen“ gesehen werden. Dafür wurde die Debatte um die Spürbarkeit zu lange und intensiv geführt; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 219.1. 343 H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 348. Dagegen mit Recht Wurmnest, in: MüKoBGB IntWettbR/IntKartellR, Rn. 138. 344 ErwGr. 11 Rom II-VO.
C. Lauterkeits- und Kartellrecht
227
Dem Gesetzgeber war das Problem der Spürbarkeit bekannt.345 Das spricht entscheidend gegen eine teleologische Reduktion.346 Außerdem könnte eine Spürbarkeitsschwelle bei allseitigen Kollisionsnormen dazu führen, dass kein Recht für anwendbar erklärt wird.347 Das Ergebnis wäre Normenmangel. Auch bei negativen Feststellungsklagen versagt die Spürbarkeitsschwelle, da der Kläger regelmäßig darlegen wird, dass keine Einwirkung vorliegt.348 Hinzu käme das Problem, wie die Spürbarkeitsschwelle auf Kollisionsebene ausgestaltet werden soll.349 Art. 6 III lit. a Rom II-VO kennt folglich keine Spürbarkeitsschwelle, und die Norm ist auch nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren.350 d) Mittelbare Schäden Neben einer Spürbarkeitsschwelle wird diskutiert, ob Art. 6 III lit. a Rom IIVO nur bei unmittelbaren Beeinträchtigungen anzuwenden ist. Da das Unmittelbarkeits- wie das Wesentlichkeitskriterium im Gesetzgebungsprozess gestrichen wurde und lit. b ausdrücklich die Unmittelbarkeit voraussetzt, kann auf die Argumente zur Spürbarkeitsschwelle verwiesen werden. Art. 6 III lit. a Rom II-VO kennt kein Unmittelbarkeitskriterium und ist auch nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren.351
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Vgl. Fabig, Internat. Wettbewerbsprivatrecht nach Art. 6 Rom II-VO, S. 139; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 220. 346 Vgl. auch oben S. 219 ff. 347 Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom II-VO, S. 122. 348 Vgl. auch oben S. 221. 349 Vgl. oben S. 220 ff. 350 Ackermann, FS Slot, S. 109, 114; Schnur, Internat. KartellprivatR nach der Rom IIVO, S. 125; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 526 f.; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 221; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 6 Rom II-VO Rn. 7; Wiegandt, in: jurisPK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 40; Hohloch, in: Erman, Art. 6 Rom IIVO Rn. 9; Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 69. A.A. Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR, Rn. 355; W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 641 (de minimis); H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 351; Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 395. Undeutlich Mankowski, RIW 2008, 177, 186; ders., Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 28. 351 W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 640 f.; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 562 f.; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 210 ff.; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 22; Spickhoff, BeckOK-BGB, Art. 6 Rom II-VO Rn. 9; wohl auch Handing, GRUR Int. 2008, 24, 28. A.A. Wurmnest, EuZW 2012, 933, 938; H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 351; Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 395; Wiegandt, in: jurisPK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 40.
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3. Teil – Kollisionsrecht
e) Abwägungslösung Weiter wird eine Abwägungslösung vorgeschlagen.352 Dabei ist nicht immer deutlich, auf welcher Ebene eine Abwägung vorgenommen werden soll. Völkerrechtlich ist eine solche Abwägung nicht geboten,353 auch wenn gefordert wird, dass in Extremfällen ein Staat seine Regelungsbefugnis zurücknehmen sollte, wenn die Interessen eines anderen Staates deutlich überwiegen.354 Wie bereits zum Völkerrecht dargelegt,355 ist eine Abwägung auf kollisionsrechtlicher Ebene nicht möglich. Die Gerichte können nicht die Interessen der jeweiligen Staaten bewerten, sondern sie sollen privatrechtliche Streitigkeiten klären. Auch die Kriterien, nach denen abgewogen werden soll, sind unklar. Im Kollisionsrecht kommt hinzu, dass es sich um europäische Rechtsakte handelt. Die nationalen Gerichte müssten also die Interessen der Union abwägen. Weder in der Rom II-Verordnung noch in den Materialien finden sich Anzeichen dafür, dass der EU-Gesetzgeber eine solche Abwägung gewollt oder geduldet hätte. Letztlich wäre die Abwägung nichts anderes als eine teleologische Reduktion. Gegen sie sprechen neben den fehlenden Kriterien und dem entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers, dass die nationalen Gerichte wohl mit einer Abwägung von staatlichen Interessen überfordert wären. Folglich ist eine Interessenabwägung auf kollisionsrechtlicher Ebene nicht vorzunehmen.356 f) Mosaikbetrachtung aa) Art. 6 III lit. a Rom II-VO Auch im Rahmen von Art. 6 III lit. a Rom II-VO ist eine Mosaikbetrachtung vorzunehmen, wenn mehrere Märkte betroffen sind.357 Ein Entwurf der Rom 352 Insbesondere von Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des int. Kartellrechts, S. 231 f., der eine Abwägung völkerrechtlich für geboten hält (bereits vor Erlass der Rom II-VO); ders., WuW 2005, 1115, 1120 f. Ausführlich zum „Abwägungsprinzip“ Basedow, Weltkartellrecht, S. 23 ff. 353 Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, Band 1, II. A. Rn. 19. 354 Siehe dazu im Völkerrecht oben S. 48 f. 355 Siehe oben S. 48 ff. 356 Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 215; wohl auch Wurmnest, EuZW 2012, 933, 938. A.A. Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, Band 1, II. A. Rn. 25. 357 W.-H. Roth, FS Kropholler, S. 623, 640, 645; Mankowski, RIW 2008, 177, 188; ders., Schadensersatz bei Kartelldelikten, S. 39; Immenga, FS Kühne, S. 725, 729; Massing, Europäisches Int. Kartelldeliktsrecht, S. 238; Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 567 ff.; Zimmer, Konkretisierung des Auswirkungsprinzips, S. 393; Fabig, Internat. Wettbewerbsprivatrecht, S. 135 f.; Wurmnest, in: MüKo-BGB IntWettbR/IntKartellR, Rn. 126; ders., EuZW 2012, 933, 938; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 226; Weller, in: Hüßtege/Mansel, Art. 6 Rom II-VO Rn. 37; Wiegandt, in: jurisPK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 42; Hohloch, in: Erman, Art. 6 Rom II-VO Rn. 9; Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II-VO Rn. 70; Illmer, in: ECPIL, Art. 6 Rom II-Reg. Rn. 151.
C. Lauterkeits- und Kartellrecht
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II-VO enthielt einen Erwägungsgrund, der ausdrücklich die Mosaikbetrachtung vorsah.358 Allerdings kannte dieser Entwurf noch nicht die Konzentrationslösung des Art. 6 III lit. b. Aus dem Wegfall des Erwägungsgrundes kann daher nicht geschlossen werden, dass die Mosaikbetrachtung nicht mehr vorgenommen werden soll, lit. b hätte dann keinen Sinn.359 Auch fehlt eine Regelung, wie in lit. a eine Schwerpunktlösung vorzunehmen wäre.360 Daher müssten die Gerichte entscheiden, wo etwa der Schwerpunkt einer Kartellabsprache liegt.361 Zwar kann die Mosaiklösung bei Handlungen, deren Auswirkungen sich nicht beschränken lassen, zu Problemen führen.362 Doch sind solche Fälle selten, da die meisten Handlungen territorial beschränkbar sind.363 Die Alternative zur Mosaiklösung wäre aber, dass eine Rechtsordnung darüber entscheiden könnte, ob eine Handlung weltweit zulässig ist. Demgegenüber sind die Nachteile der Mosaiklösung geringer. bb) Art. 6 III lit. b Rom II-VO Art. 6 III lit. b Rom II-VO kodifiziert abweichend von lit. a eine Konzentrationsregel.364 Danach kann der Geschädigte wählen, dass die lex fori auf den ganzen Sachverhalt zur Anwendung kommt, wenn er (1) im Mitgliedstaat des Wohnsitzes des Beklagten klagt und (2) der Markt dieses Mitgliedstaates unmittelbar und wesentlich betroffen ist, Art. 6 III lit. b HS 1 Rom II-VO. Während die Lehre diese Konzentrationsregel überwiegende positiv bewertet,365 gibt es vereinzelt heftige Kritik. Massing geißelt diese Regelung als „interventionistisch“ und vermutet „Wertimperialismus“.366 Auch sei es falsch von einem Anspruch auszugehen, da für jeden Staat ein eigener Anspruch bestehe.367 Auch völkerrechtliche Bedenken werden erhoben. Da das Kartellrecht im besonderen Maße mit einem (nationalen) Markt verbunden sei, könne nicht
358
ErwGr. 20 S. 3 Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22/2006 vom 25. September 2006. Mankowski, RIW 2008, 177, 188. 360 Eine solche hat Basedow, in: Neueste Entwicklungen im europ. und int. Kartellrecht, S. 353, 359 f.; ders., ZWeR 2006, 294, der Diskussion um die Reform eine Rom II-VO vorgeschlagen. 361 Vgl. auch im Prozessrecht oben S. 129 ff. 362 Vgl. Fabig, Internat. Wettbewerbsprivatrecht, S. 136. 363 Siehe oben S. 95 ff. 364 Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 369. 365 Schnur, Internat. Kartellprivatrecht, S. 162; Immenga, FS Kühne, S. 725, 730; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 8 („verdient Beifall“); Mankowski, RIW 2008, 177, 190; ders., Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 48 ff.; Becker/Kammin, EuZW 2011, 503, 506 f.; Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 228; Wiegandt, in: jurisPK, Art. 6 Rom II-VO Rn. 43. 366 Massing, Europäisches Int. Kartelldeliktsrecht, S. 250. 367 Massing, ebd., S. 247 f. 359
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3. Teil – Kollisionsrecht
einfach eine fremde Rechtsordnung angewendet werden.368 Zumindest müsse man die Norm teleologisch reduzieren und dürfe sie nur in Fällen ohne Drittstaatenbezug, in denen europäisches Kartellrecht Anwendung findet, anwenden.369 Auch gerate der internationale Entscheidungseinklang in Gefahr, da das anwendbare Recht von der internationalen Zuständigkeit abhänge.370 Art. 6 III lit. b Rom II-VO bricht mit einem Grundprinzip des Kollisionsrechts. Sein Ziel ist es, eine gerechte Anknüpfung zu finden, d.h. das Recht anzuwenden, das die engste Verbindung zum Sachverhalt hat.371 Art. 6 III lit. b Rom II-VO bringt aber die lex fori zur Anwendung und bewirkt, dass sie auch die Sachverhalte im Ausland regelt. Im Unterschied zu einer faktisch extraterritorialen Wirkung wird sie in Art. 6 III lit. b Rom II-VO ausdrücklich angeordnet. Das mag unproblematisch sein, wenn das kartellwidrige Verhalten im Forumsstaat vorgenommen wurde und ins Ausland ausstrahlt. Doch kommt auch der umgekehrte Fall vor: Das kartellwidrige Verhalten findet außerhalb des Urteilsstaates statt und ist dort möglicherweise rechtmäßig. Dann entscheidet die lex fori über ein Verhalten im Ausland. Das ist erneut kein völkerrechtliches Problem,372 sondern ein kollisionsrechtliches. Es kommt dann nicht mehr das Recht der engsten Verbindung zur Anwendung. Jede Marktordnung ist von den dort geltenden Regeln abhängig, an ihnen sollen sich die Marktteilnehmer orientieren. Massings Vorwurf ist deshalb nicht von der Hand zu weisen.373 De lege lata ist eine Einschränkung wegen des eindeutigen Wortlauts aber kaum möglich.374 Der Gesetzgeber indes sollte Art. 6 III lit. b Rom II-VO dergestalt einschränken, dass lit. b nur in innergemeinschaftlichen Fällen für Ansprüche nach Art. 101, 102 AEUV gilt.375
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Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 370. Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 371. Dagegen Mankowski, Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 44 f. Für eine Einschränkung de lege ferenda auf Art. 101, 102 AEUV, H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 393. 370 H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 393 weist aber selbst darauf hin, dass diese Gefahr gering sei, da nur das Beklagtengericht von Art. 6 III lit. b Rom II-VO Gebrauch machen kann. 371 Siehe oben S. 202. 372 Gegen Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 370 f. Siehe auch oben S. 202. 373 Siehe Nachweis oben in Fn. 366. 374 Mankowski, Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 44 f. 375 So auch H. I. Maier, Marktortanknüpfung, S. 393. Das will Tzakas, Haftung für Kartellrechtsverstöße, S. 371 durch eine teleologische Reduktion erreichen. Dagegen Mankowski, Schadensersatzklagen bei Kartelldelikten, S. 44 f. 369
D. Immaterialgüterrecht
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3. Fazit Auch im Kartellrecht gilt ein marktbezogenes Auswirkungsprinzip.376 Art. 6 III Rom II-VO bestimmt nur die anwendbare Anspruchsgrundlage; über die Vorfrage, ob ein Verhalten kartellrechtswidrig ist, entscheiden Art. 101, 102 AEUV, die ihren Anwendungsbereich selber bestimmen.377 Der Anknüpfungspunkt ist kollisionsrechtlich autonom zu bestimmen.378 Einschränkungen, wie etwa eine Spürbarkeitsschwelle, einen Ausschluss mittelbarer Schäden oder eine Abwägungslösung sind in Art. 6 III lit. a Rom IIVO nicht vorgesehen und auch nicht in ihn hineinzulesen.379 Auch im Rahmen von Art. 6 III lit. a Rom II-VO ist eine Mosaikbetrachtung vorzunehmen, sodass bei grenzüberschreitenden Unterlassungsansprüchen mehrere Rechtsordnungen zu prüfen sind.380 Daneben kennt das Kartellrecht in Art. 6 III lit. b Rom II-VO eine Konzentrationslösung, die aber in Drittstaatenfällen in Widerspruch zu den Zielen des Kollisionsrechts steht und daher de lege ferenda auf rein europäische Sachverhalte beschränkt werden sollte.381
D. Immaterialgüterrecht D . I mma te r ia lg ü te rr e c h t
I. Urheberrecht 1. Einleitung Kollisionsrechtlicher Ausgangspunkt für urheberrechtliche Unterlassungsansprüche ist Art. 8 I Rom II-VO. Danach ist auf die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Dabei ist der Anknüpfungsgegenstand „Rechte des geistigen Eigentums“ autonom zu bestimmen382 und umfasst ausweislich Erwägungsgrund 26 S. 2 auch das Urheberrecht383. Unter Art. 8 I Rom II-VO fallen auch
376
Siehe oben S. 224. Siehe oben S. 225 ff. 378 Siehe oben S. 226 f. 379 Siehe oben S. 226 ff. 380 Siehe oben S. 229 f. 381 Siehe oben S. 230 ff. 382 Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 136 f. und 140 ff.; Vogeler, Freie Rechtswahl, S. 111; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 8 Rom II-VO Rn. 6; McGuire, in: BeckOGK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 107; Spickhoff, in: BeckOK-BGB, Art. 8 Rom II-VO Rn. 2; Heinze, in: jurisPK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 25. 383 Da Anknüpfungsgegenstand „Urheberrecht“ durch Staatsverträge weitestgehend vereinheitlicht ist, dürften keine Qualifikationsprobleme entstehen, Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 137. 377
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3. Teil – Kollisionsrecht
Ansprüche aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht.384 Zwar schließt Art. 1 II lit. g das Persönlichkeitsrecht vom Anwendungsbereich der Rom IIVO aus,385 das kann aber nicht für das Urheberpersönlichkeitsrecht gelten. Andernfalls müsste auf kollisionsrechtlicher Ebene zwischen persönlichkeits- und verwertungsrechtlichen Ansprüchen abgegrenzt werden. Gerade für Rechtsordnungen, die wie die deutsche das Urheberrecht monistisch auffasst,386 wäre dies problematisch. Art. 8 I Rom II-VO knüpft wie das Deliktstatut an das Recht des Staates, für den der Schutz beansprucht wird.387 Der Einklang mit der weithin anerkannten lex loci protectionis-Anknüpfung wurde bewusst gewählt.388 Mit dem Schutzland kann der Kläger also das anwendbare Recht bestimmen.389 Doch ist auch im Urheberrecht umstritten, ob wirklich jedes Recht berufen werden kann oder ob gewisse Einschränkungen gelten müssen. 2. Spürbarkeitsschwelle Gerade bei Onlinesachverhalten droht ein faktisch weltweites Unterlassungsgebot, wenn der Schuldner die Einwirkung auf ein bestimmtes Gebiet nicht unterbinden kann. Das könnte den Kläger dazu verleiten, als Schutzland einen Staat mit einem besonders starken Urheberrecht auszuwählen. Wenn es dem Beklagten nicht gelingt, die Auswirkungen dort zu unterbinden, wird so ein faktisch weltweites Verbot erreicht. Das erscheint insbesondere dann unbillig, wenn die Auswirkungen in diesem Staat nur gering sind. Dieses Ergebnis könnte verhindert werden, wenn Schutz nur für die Staaten beansprucht werden darf, in denen eine „spürbare“ Verletzung vorliegt. Allerdings wird in der Diskussion oft verkannt, dass sich die Auswirkungen im Internet durchaus territorial beschränken lassen.390
384 Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 154; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 8 Rom II-VO Rn. 7; Drexl, in: MüKo-BGB, ImmatGüterR Rn. 174; Sack, WRP 2008, 1405, 1406; Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 173 f.; a.A. Schack, UrhR, Rn. 1018 385 Siehe oben S. 176 f. 386 Siehe dazu oben S. 109. 387 Grünberger, in: Hüßtege/Mansel, Art. 8 Rom II-VO Rn. 32; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 8 Rom II-VO Rn. 17. 388 Obergfell, IPRax 2005, 9, 11; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 8 Rom II-VO Rn. 17; kritisch Schack, FS Kropholler, S. 651, 655. 389 Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 172. 390 Dazu oben S. 95 ff.
D. Immaterialgüterrecht
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a) Kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle Eine Möglichkeit wäre eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle, wie sie im Wettbewerbsrecht angewendet wurde.391 aa) Einschränkung durch Auslegung Der Wortlaut in Art. 8 I Rom II-VO sieht keine Spürbarkeitsschwelle vor. Eine solche könnte höchstens am Begriff der „Verletzung“ festgemacht werden. Dabei handelt es sich aber um den Anknüpfungsgegenstand, der nicht geeignet ist, das Anknüpfungsmoment einzuschränken.392 Den Anknüpfungsgegenstand anders zu qualifizieren, wäre auch wenig hilfreich. So besteht Einigkeit, dass die Verletzung nicht auf kollisionsrechtlicher Ebene geprüft wird, sondern hier der Sachvortrag des Klägers genügt.393 Ob eine Verletzung tatsächlich vorliegt, ist ein Problem des berufenen Sachrechts. Der Wortlaut des Art. 8 Rom II-VO bietet also keine Stütze für eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle. bb) Teleologische Reduktion Daher bleibt nur der Weg der teleologischen Reduktion394 von Art. 8 I Rom IIVO dergestalt, dass das Recht des Schutzlandes nur anzuwenden ist, wenn die Verletzung spürbar ist. Eine solche Einschränkung wird indes überwiegend abgelehnt.395 Die deutsche Rechtsprechung hatte im nationalen Kollisionsrecht noch eine Spürbarkeitsschwelle angenommen.396 Eine Einschränkung wurde und wird häufig für notwendig erachtet, damit etwa bei Nutzung des Internets kein Recht zur Anwendung kommt, das keine oder nur eine minimale Beziehung zum Sachverhalt hat.397 Befürchtet wird zudem eine faktisch weltweite Wirkung des 391 Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 168. In der Rom II-VO existiert eine solche (entgegen Beckstein, S. 169) nicht, siehe oben S. 218 ff. 392 Vgl. Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 199. 393 Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 152 f.; Heinze, in: jurisPK, Art. 8 Rom IIVO Rn. 28. 394 Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 199; Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 180. Auch im Unionsrecht ist eine teleologische Reduktion grundsätzlich möglich, Leible/Domröse, in: Europäische Methodenlehre, § 8 Rn. 35. Siehe auch oben S. 219 ff. 395 v. Bar/Mankowski, IPR 2, § 2 Rn. 351; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 8 Rom II-VO Rn. 22; McGuire, in: BeckOGK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 148; Heinze, in: jurisPK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 32; Weller/Nordmeier, in: Recht der elektronischen Medien, Art. 8 Rom II-VO Rn. 13; Sack, WRP 2008, 1405, 1415. Dagegen Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 128 f., 199 f.; Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 178 ff. 396 BGH GRUR 1971, 153, 154 – Tampax (zum Wettbewerbsrecht); GRUR 2005, 431, 432 f. – Hotel Maritime (Markenrecht; offengelassen, obwohl „viel für eine Begrenzung […] spricht“); Schack, UFITA 108 (1988), 51, 66 (aPR und UPR); dagegen Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 248 ff. 397 Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 142 f.
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3. Teil – Kollisionsrecht
Unterlassungsanspruchs, weshalb die Anwendung eines Rechts, das kaum betroffen ist, nicht sachgemäß erscheint.398 Daneben werden völkerrechtliche Bedenken ins Feld geführt.399 Fraglich ist aber, ob der deutsche Ansatz auf das europäische Kollisionsrecht übertragen werden kann. (1) Zulässigkeit einer teleologischen Reduktion Dass der Wortlaut in Art. 8 I Rom II-VO keinen Anhaltspunkt bietet, spricht nicht gegen eine teleologische Reduktion.400 Doch könnte ihr der Wille des Gesetzgebers entgegenstehen.401 Dass dem Unionsgesetzgeber die deutsche Diskussion nicht bekannt war, ist sehr unwahrscheinlich.402 Das bedeutet aber noch nicht, dass der Gesetzgeber sich bewusst gegen eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle entschieden hat, als er keine in Art. 8 I Rom II-VO aufnahm.403 Zumindest ist es aber ein Indiz gegen ein Spürbarkeitskriterium. Auch dass Art. 6 III lit. b Rom II-VO mit dem Merkmal „wesentlich beeinträchtigt“ eine Spürbarkeitsschwelle kennt, spricht aus systematischen Gründen gegen eine Einschränkung bei Art. 8 I Rom II-VO.404 Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass im Kartellrecht eine Konzentration auf ein Recht folgt.405 Das systematische Argument wiegt also weniger schwer als im Lauterkeitsrecht. Methodisch wäre eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle also möglich. (2) Praktische Umsetzung Doch wäre eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle kaum praktikabel. Wonach soll beurteilt werden, ob eine Verletzung „spürbar“ ist? Da für die Rom-Verordnungen eine autonome Auslegung geboten ist, scheidet eine Bewertung nach dem materiellen Recht der lex fori aus. Eine nationale Rechtsordnung darf nur über die Rechtsfolge einer europäischen Kollisionsnorm entscheiden.406 Eine Beurteilung lege causae erscheint indes grundsätzlich möglich. Im Ergebnis führt das aber nicht zu einer Einschränkung, sondern nur
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Siehe etwa Sack, WRP 2008, 1405, 1414. Etwa Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 143. 400 Gegen Unberath/Cziupka/Pabst, EuZPR/EuIPR, Art. 8 Rom II-VO Rn. 22. Bei einer teleologischen Reduktion soll gerade der Wortlaut eingeschränkt werden! 401 Zum Willen des Gesetzgebers und zum Telos der Norm siehe oben S. 219. 402 Ebenso Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 179. 403 Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 179 f. 404 McGuire, in: BeckOGK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 148; Heinze, in: jurisPK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 32; Weller/Nordmeier, in: Recht der elektronischen Medien, Art. 8 Rom II-VO Rn. 13; vgl. Sack, WRP 2008, 1409, 1415. 405 Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 179 und oben S. 230 ff. 406 Es sei denn, lex fori und lex causae sind deckungsgleich. 399
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dazu, dass das anwendbare Recht bereits auf Kollisionsebene geprüft werden müsste. Die Rom II-VO müsste eine Spürbarkeitsschwelle also autonom definieren. Wenn man hierfür nicht auf ein materielles Recht zurückgreifen will, ist nur eine quantitative Spürbarkeitsschwelle praktikabel.407 Allerdings kann eine qualitativ schwere Verletzung (etwa des Urheberpersönlichkeitsrechts) auch bei einer geringen Verbreitung zu einer schweren Beeinträchtigung führen, insbesondere wenn der Urheber sich nur ein begrenztes Fachpublikum wendet, der Empfängerkreis also grundsätzlich klein ist.408 Die Frage, ob eine Verletzung qualitativ schwerwiegend ist, kann aber nicht kollisionsrechtlich autonom beantwortet werden. Da bereits historische und systematische Erwägungen an einer Spürbarkeitsschwelle zweifeln lassen und es an tauglichen Kriterien für sie fehlt, ist eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle abzulehnen. Dazu kommt, dass das Problem der Anwendung mehrerer Rechtsordnungen nebeneinander praktisch geringer ist als gemeinhin angenommen. Denn der Kläger wird regelmäßig nicht Schutz für diverse Territorien beanspruchen, sondern sich auf ein oder wenige Territorium beschränken. Ansonsten liefe er Gefahr, die Prozessdauer zu verlängern, teure Sachverständigengutachten auszulösen und teilweise zu unterliegen und dafür die Kosten zu tragen (§ 92 I ZPO). b) Sachrechtliche Spürbarkeitsschwelle Ob hingegen das berufene Sachrecht in casu eine Verletzung annimmt, ist eine Frage der berufenen nationalen Rechtsordnung. Hier kann es durchaus wünschenswert sein, dass geringfügige Beeinträchtigungen ausgeschlossen bleiben.409 Erblickt das materielle Recht aber auch in einer – aus deutscher Sicht – geringfügigen Beeinträchtigung eine Urheberrechtsverletzung und gewährt einen Unterlassungsanspruch, so lässt sich das in Extremfällen mit dem ordre public korrigieren, Art. 26 Rom II-VO.410 3. Rechtsmissbrauch Allerdings könnte die Anwendung einer Rechtsordnung, die nicht ersichtlich betroffen ist, aber ausgewählt wird, um ein möglichst klägerfreundliches Urteil
407
Zu qualitativen Spürbarkeitsschwellen siehe oben S. 221. So auch zum Persönlichkeitsrecht Fricke, Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen, S. 248. 409 Beckstein, Einschränkungen des Schutzlandprinzips, S. 142, 160 f.; Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 180 f.; McGuire, in: BeckOGK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 160 f. 410 Wegen der hohen Anforderungen werden die Fälle aber gering sein; Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 157. 408
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3. Teil – Kollisionsrecht
zu erreichen, rechtsmissbräuchlich sein. So werden in der Literatur Fälle diskutiert, in denen der Kläger ein Recht wählt, um sich das ihm besonders günstige materielle Recht zunutze zu machen.411 Auch auf europäischer Ebene ist das Rechtsmissbrauchsverbot ein anerkannter Grundsatz.412 Dazu zählt das Verbot missbräuchlicher Rechtsausübung.413 Begehrt der Kläger also Schutz für einen Staat, zu dem der Sachverhalt keine Beziehung hat, handelt er rechtsmissbräuchlich. Unabhängig davon, ob das materielle Recht zu einem Anspruch käme, muss hier die Rechtsausübung auf kollisionsrechtlicher Ebene untersagt werden. 4. Mosaikbetrachtung Trägt der Kläger vor, dass sein Urheberrecht in mehreren Schutzländern verletzt ist oder eine Verletzung droht, so hat das Gericht eine Mosaikbetrachtung vorzunehmen.414 Das stellt die Gerichte vor Probleme, da sie dann distributiv mehrere Rechtsordnungen nebeneinander anwenden müssten.415 Allerdings wiegt das im Urheberrecht weniger schwer als im Persönlichkeitsrecht. Während dort eine Verletzung grundsätzlich weltweit angenommen werden kann, muss der Kläger im Urheberrecht den Schutz beanspruchen, d.h. die Schutzländer seinen Klageantrag konkret bezeichnen. Da auch dem Kläger daran gelegen ist, das Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen und zu verteuern, wird er keinen weltweiten Schutz verlangen. Schwieriger ist die Situation für den Beklagten, genauer: für den Handelnden. Er muss sicherstellen, dass er nicht in das Territorium einwirkt, in dem ein anderes Recht gilt. Wer eine eigene Homepage betreibt, kann die Abrufbarkeit in fremden Ländern unterbinden.416 So wird in Deutschland angenommen, dass Geoblocking-Maßnahmen ausreichen, um eine Einwirkung in eine fremde Rechtsordnung zu verhindern.417 Innerhalb der Union ist eine Reterritorialisierung besonders unerwünscht. Gerade im Bereich von Presse- und Rundfunk ist eine unionsweite Verbreitung wünschenswert, vielleicht sogar notwendig.418 Helfen kann hier aber nur eine Vereinheitlichung des materiellen
411 So etwa Einfeldt, Open Content Lizenzen, S. 175 mit dem Beispiel eines Bloggers, der das Foto eines Bauwerks onlinestellt und dem eine Klage aufgrund ausländischen materiellen Rechts droht, obwohl das Bauwerk sich in Deutschland befindet und das Bild selbst auch nicht im Ausland abgerufen wird. 412 Ausführlich mit zahlreichen Nachweisen Klöpfer, Missbrauch im Europ. Zivilverfahrensrecht, S. 94 – 122. 413 Klöpfer, a.a.O., S. 106 ff. 414 v. Bar/Mankowski, IPR 2, § 2 Rn. 351; Kur, WRP 2011, 971, 976. 415 Kur, WRP 2011, 971, 976. Siehe auch die Nachweise oben Fn. 190. 416 Siehe oben S. 95 ff. 417 Siehe Nachweise o. Fn. 301. 418 Dazu oben S. 100 ff.
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Rechts. Auch wenn die Union im Urheberrecht schon weit gekommen ist, verbleiben doch beträchtliche Lücken.419 Problematisch sind insbesondere die Schranken. Zwar sind sie durch die InfoSoc-Richtlinie harmonisiert, doch können die Mitgliedstaaten entscheiden, ob sie die in Art. 5 II–IV InfoSoc-RL genannten Schranken in nationales Recht umsetzen. Das Ziel der Rechtsvereinheitlichung wird so verfehlt.420 So kennt das deutsche Recht die Panoramafreiheit (§ 59 UrhG), in Frankreich hingegen ist für die kommerzielle Nutzung von Vervielfältigungen von Bauwerken im öffentlichen Raum nicht erlaubt421. Noch komplizierter wird es außerhalb der EU. Dass bei Internetveröffentlichungen ausländische Urheberrechte verletzt werden, ist ein reales Problem, das nur durch eine Rechtsvereinheitlichung, d.h. durch eine materiell-rechtliche Spürbarkeitsschwelle, gelöst werden kann. Begehrt der Kläger Schutz für mehrere Länder, so kann das Gericht ein Unterlassungsgebot nur in distributiver Anwendung des jeweiligen materiellen Rechts aussprechen. Das kann im Ergebnis dazu führen, dass eine Handlung in einem Staat verboten und in einem anderen erlaubt wird. 5. Fazit Deliktsstatut ist im Urheberrecht nach Art. 8 I Rom II-VO die lex loci protectionis.422 Auch hier ist problematisch, dass bei Nutzung des Internets grundsätzlich alle Rechtsordnungen der Welt anwendbar sein können.423 Doch wird der Kläger in der Praxis in aller Regel keinen weltweiten Schutz verlangen. Denn eine weltweite Prüfung würde den Prozess verzögern und verteuern sowie zu einem teilweisen Unterliegen des Klägers führen.424 Problematisch ist es vielmehr für den Verwerter, der sichergehen will, dass er wegen Handlungen, die im Inland zulässig sind, nicht nach einem ausländischen Recht belangt wird. Hier könnte eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle auf den ersten Blick helfen.425 Doch besteht auch im Urheberrecht das Problem, dass sie praktisch kaum umsetzbar ist.426 Auch ist zweifelhaft, ob das Kollisionsrecht entscheiden darf, dass eine Rechtsordnung nicht angewendet werden soll, obwohl eine Handlung qualitativ einen schweren Eingriff darstellen kann. Helfen kann unter Umständen, das Verbot der missbräuchlichen Rechtsausübung, wenn der
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Schack, ZGE 2009, 275 ff.; ders., FS UrhG, S. 277 f. Stieper, Schranken des Urheberrechts, S. 10. 421 Lucas-Schloetter, ZUM 2018, 494, 496 f. 422 Siehe oben S. 232 f. 423 Siehe oben S. 233. 424 Siehe oben S. 236 f. 425 Siehe oben S. 234 ff. 426 Siehe oben S. 236 f. 420
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3. Teil – Kollisionsrecht
Kläger ein nicht ernstlich betroffenes Schutzland wählt.427 Soll der Unterlassungstitel für mehrere Territorien gelten, ist eine kollisionsrechtliche Mosaikbetrachtung vorzunehmen.428 II. Marken- und Patentrecht Auch Ansprüche wegen Marken-429 und Patentverletzungen430 fallen unter Art. 8 Rom II-VO. Für nationale Schutzrechte gilt nach Abs. 1 das Recht des Staates, für den der Schutz beansprucht wird. Da es sich beim Patent und bei den meisten Marken um förmliche Schutzrechte handelt,431 ist die Gefahr, dass zahlreiche Rechtsordnungen nebeneinander zur Anwendung gelangen, deutlich geringer. Trotzdem sind Konstellationen möglich, in denen eine Marke in mehreren Staaten eingetragen ist, tatsächlich aber nur in einem Staat beeinträchtigt wird. Beim Patent ist diese Gefahr noch geringer, aber denkbar. Daher fragt sich auch hier, ob das Schutzlandprinzip teleologisch zu reduzieren ist. Dagegen sprechen aber die gleichen Erwägungen wie im Urheberrecht, sodass auf die Ausführungen verwiesen werden kann. Ob eine Beeinträchtigung so gering ist, dass sie keine Ansprüche nach sich ziehen sollte, ist eine Frage des materiellen und nicht des Kollisionsrechts. Auch im Marken- und Patentrecht ist eine Mosaikbetrachtung vorzunehmen. So kann ein Gericht grenzüberschreitende Unterlassungsgebote aussprechen, muss dafür aber mehrere Rechtsordnungen nebeneinander anwenden.
E. Verbraucherschutz durch Verbandsklagen E . V e r br a uc h e r sc h u tz d ur c h Ve r ba n d s k la g e n
I. Einleitung Effektiver Verbraucherschutz ist auf die Verbandsklage angewiesen.432 Gerade bei Sachverhalten mit Auslandsberührung werden Verbraucher vor einer Klage zurückschrecken. Kollisionsrechtlich stellt sich die Frage, nach welchem Recht der Unterlassungsanspruch des Verbandes und die Vorfrage, ob ein Verhalten verbraucherschutzwidrig war, zu beurteilen sind. Exemplarisch für verbraucherschutzwidriges Verhalten soll hier die Verwendung missbräuchlicher AGB 427
Siehe oben S. 237. Siehe oben S. 237 f. 429 Grünberger, in: Hüßtege/Mansel, Art. 8 Rom II-VO Rn. 28; Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 1001; Drexl, in: MüKo-BGB, ImmatGüterR Rn. 2; Heinze, in: jurisPK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 25; Sack, WRP 2008, 1405, 1406. 430 Fezer/Koos, in: Staudinger, IntWirtschR Rn. 1033; Drexl, in: MüKo-BGB, ImmatGüterR Rn. 2. 431 Ausnahmen sind die Marke durch Verkehrsgeltung oder die notorisch bekannte Marke (§ 4 Nr. 2 und 3 MarkenG), siehe oben S. 25 ff. 432 Siehe unten S. 36 ff. 428
E. Verbraucherschutz durch Verbandsklagen
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behandelt werden, da die Rechtsunterschiede hier besonders relevant und erheblich sind. Missverständlich ist die Formulierung des EuGH in VKI/Amazon,433 wenn im ersten Leitsatz von dem auf die Unterlassungsklage anwendbarem Recht spricht.434 Das dürfte indes nur eine terminologische Ungenauigkeit sein.435 II. Der Unterlassungsanspruch Der Unterlassungsanspruch gegen verbraucherschutzwidrige Praktiken ist in Deutschland in § 2 UKlaG geregelt.436 Dazu kommt § 1 UKlaG, der sich auf rechtswidrige AGB bezieht. Bei diesen Praktiken handelt es sich um ein Verhalten zur Anbahnung oder Durchführung eines Vertrages. Daher müssen die Rom I und die Rom II-VO voneinander abgegrenzt werden. Die Rom II-VO findet Anwendung bei „außervertraglichen Schuldverhältnissen“, Art. 1 I. Dazu zählt Art. 2 I Rom II-VO unerlaubte Handlungen. Die Begriffsbestimmung muss dabei im Einklang mit der EuGVVO vorgenommen werden.437 Bereits 2002 hat der EuGH entschieden, dass für Unterlassungsklagen gegen angeblich missbräuchliche AGB der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eröffnet ist.438 Der EuGH sieht in der Verwendung missbräuchlicher Klauseln einen „Angriff auf die Rechtsordnung“.439 Diese Rechtsprechung überträgt der EuGH auf die Rom-Verordnungen.440 Dabei verweist er ausdrücklich auf das Ziel einer kohärenten Auslegung von EuGVVO und den Rom-Verordnungen.441 Eine Qualifikation als vertragliche scheidet aus, da zwischen dem Verbraucherverband und dem Verwender der AGB kein Vertrag besteht.442 Folglich unterfallen Unterlassungsansprüche wegen Verwendung missbräuchlicher AGB der Rom II-VO.443
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EuGH ECLI:EU:C:2016:612 – VKI/Amazon EU Sàrl. Kritisch dazu Wilke, GPR 2017, 21, 22. 435 Wilke, GPR 2017, 21, 22. 436 Siehe S. 39 ff. 437 ErwGr. 7 der Rom II-VO. EuGH ECLI:EU:C:2016:40 Tz. 46 – ERGO Insurance; ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 36 f. – VKI/Amazon EU Sàrl; Schack, in: Kohärenz, S. 279 ff.; J. Schmidt, in: BeckOGK, Art. 1 Rom II-VO Rn. 20; Knöfel, in: Hüßtege/Mansel, Art. 1 Rom II-VO Rn. 3. 438 EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 50 – VKI/Henkel, siehe S. 139 ff. 439 EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 42 – VKI/Henkel. 440 EuGH ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 38 f. – VKI/Amazon EU Sàrl. 441 EuGH ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 39 – VKI/Amazon EU Sàrl; zustimmend Wilke GPR 2017, 21, 22. 442 EuGH ECLI:EU:C:2002:555 Tz. 38 – VKI/Henkel; Rott, EuZW 2016, 733, 734. 443 Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung von Ansprüchen aus unlauterem Wettbewerbsverhalten, S. 124; Stadler, VuR 2010, 83, 87; Steinrötter, MMR 2013, 691, 692; ders., EWS, 2015, 83, 89; Müller EuCML 2016, 215, 216. 434
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3. Teil – Kollisionsrecht
Fraglich ist aber, ob die allgemeine Deliktskollisionsnorm des Art. 4 I oder die besondere in Art. 6 I Rom II-VO anzuwenden ist. Der EuGH hat sich für Art. 6 I entschieden,444 der BGH hingegen für Art. 4 I Rom II-VO445. Richtigerweise ist Art. 6 I Rom II-VO anzuwenden.446 Dafür spricht Erwägungsgrund 21,447 der den Verbraucherschutz im Rahmen von Art. 6 unterstreicht und verdeutlicht, dass Art. 6 lex specialis zu Art. 4 Rom II-VO sein soll. III. AGB-Kontrolle Für die Inhaltskontrolle von AGB muss zunächst das Recht ermittelt werden, welches darüber entscheidet, ob die AGB-Klausel rechtswidrig ist. Besondere Probleme bereiten Rechtswahlklauseln. 1. Vorfrage Der deliktische Unterlassungsanspruch hängt davon ab, ob die AGB-Vertragsklausel rechtswidrig ist. Damit stellt sich die „Frage nach dem Bestand eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses“448. Obwohl eine Vorfrageproblematik vorliegt,449 setzt sich der EuGH nicht mit dem dieser auseinander,450 kommt aber zu einer „eigenständigen“ Bestimmung nach der Rom I-VO.451 Dafür spreche, 444 EuGH ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 48 – VKI/Amazon EU Sàrl; zustimmend Müller, EuCML 2016, 215, 216; Rott, EuZW 2016, 733, 734; Mankowski, NJW 2016, 2705; Wilke, GPR 2017, 21, 22. 445 BGH NJW 2009, 3371 Tz. 17, der aber offenlässt, ob auch Art. 6 I Rom II-VO anwendbar sei. Zustimmend Hau, LMK 2009, 293079; Roth, IPRax 2013, 515, 518; ablehnend Staudinger/Czaplinski, NJW 2009, 3375, 3376. 446 Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung von Ansprüchen aus unlauterem Wettbewerbsverhalten, S. 125; Staudinger/Czaplinski, NJW 2009, 3375, 3376; Steinrötter, MMR 2013, 691, 692; ders., NJW 2013, 2607, 2608; ders., EWS, 2015, 83, 89; ders., jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3; Müller EuCML 2016, 215, 216; Rott, EuZW 2016, 733, 734; Mankowski, FS W.-H. Roth, S. 361, 362; ders., NJW 2016, 2705; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Art. 6 Rom II-VO Rn. 135; a.A. BGH NJW 2009, 3371 Tz. 17 und Anm. Hau, LMK 2009, 293079; Roth, IPRax 2013, 515, 518. 447 Steinrötter, NJW 2013, 2607, 2608; ders., EWS, 2015, 83, 89; ders., jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3; Wilke, GPR 2017, 21, 23; vorsichtig Mankowski, NJW 2016, 2705 („geht auch in diese Richtung“). Undeutlich Müller EuCML 2016, 215, 217 („incidental question“). 448 So die Definition der Vorfrage bei Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 19. 449 K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 183; Nettlau, Kollisionsrechtliche Behandlung von Ansprüchen aus unlauterem Wettbewerbsverhalten, S. 124; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher, S. 223; Hau, LMK 2009, 293079; Stadler, VuR 2010, 83, 88; Mankowski, FS W.-H. Roth, S. 361, 362; Steinrötter, EWS 2015, 83, 89; ders., jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3; Wilke, GPR 2017, 21, 23; Roth, IPRax 2017, 449, 453 ff.; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR Art. 6 Rom II-VO Rn. 136; skeptisch wohl Staudinger/Czaplinski, NJW 2009, 3376, 3377. 450 Wilke, GPR 2017, 21, 23. 451 EuGH ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 49 – VKI/Amazon EU Sàrl.
E. Verbraucherschutz durch Verbandsklagen
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dass andernfalls das anwendbare Recht im Individualprozess und im Verbandsprozess divergieren könnte.452 Der EuGH hat es damit vermieden, sich im Streit um die Vorfrage zu positionieren.453 Denn gleich, ob man die Vorfrage im Fall VKI/Amazon selbstständig (lege fori) oder unselbstständig (lege causae) anknüpft, ist europäisches Kollisionsrecht anwendbar. Hauptargument für die (regelmäßig) selbstständige Anknüpfung der Vorfrage ist der interne Entscheidungseinklang.454 Das Argument ähnelt dem des EuGH, der sicherstellen will, dass die AGB unabhängig von Verbands- oder Individualklage nach demselben Recht bemessen werden.455 Dieses Argument überzeugt. Die Verbandsklage soll den Rechtsschutz der Verbraucher nur effektiver machen.456 Gedanklicher Ausgangspunkt muss daher immer der Verbrauchervertrag sein.457 Würde man hingegen die Rom II-VO anwenden, wäre eine Rechtswahl gemäß Art. 6 IV ausgeschlossen, wohingegen Art. 6 II Rom I-VO eine Rechtswahl nach Maßgabe des Günstigkeitsvergleichs zulässt.458 Die teleologischen Erwägungen sprechen dafür, Art. 6 I Rom I-VO entsprechend anzuwenden.459 Probleme bereitet allerdings Art. 15 Rom II-VO, wonach Grund und Umfang (lit. a) sowie die Voraussetzung (lit. d) der Haftung vom Deliktsstatut umfasst sein soll.460 Dorfmayr/Komuczky wollen Art. 15 Rom II-VO zu Recht teleologisch reduzieren.461 Die Norm kann insoweit keine absolute Sperrwirkung entfalten, sondern muss mit der Rom I-VO abgestimmt Über die Wirksamkeit von AGB-Klauseln entscheidet daher das Recht des Staates, das bei einem Vertragsschluss anwendbar wäre. Der deliktische Unterlassungsanspruch und die vertragliche AGB-Prüfung jeweils eigenständig anzuknüpfen.462 Im Grundsatz ist das anwendbare Recht für die Wirksamkeitsprüfung von AGB nach Art. 3 ff. Rom I-VO zu bestimmen. Für Verbraucherverträge greift Art. 6 I Rom I-VO. 452 EuGH ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 54 – VKI/Amazon EU Sàrl; Mankowski, FS W.-H. Roth, S. 361, 362; ders., NJW 2016, 2705. 453 Wilke, GPR 2017, 21, 23, 24. 454 Ausführlich Bernitt, Anknüpfung von Vorfragen, S. 60 ff. m.w.N. 455 Müller, EuCML 2016, 215, 217; Wilke, GPR 2017, 21, 23. 456 W.-H. Roth, IPRax 2017, 449, 454. 457 W.-H. Roth, IPRax 2017, 449, 454. 458 Steinrötter, EWS, 2015, 83, 89. 459 W.-H. Roth, IPRax 2017, 449, 455 (“erweiternd auszulegen”). Dorfmayr/Komuczky, ZfRV 2016, 268, 271 sehen darin eine Angleichung, die notwendig wird, da Art. 15 Rom IIVO reduziert werden müsse, dazu sogleich. 460 Dorfmayr/Komuczky, ZfRV 2016, 268, 270; W.-H. Roth, IPRax 2017, 449, 455. 461 Dorfmayr/Komuczky, ZfRV 2016, 268, 270 f. 462 EuGH ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 60 – VKI/Amazon EU Sàrl; BGHZ 182, 24 Tz. 25; J. Buchner, Kollektiver Rechtsschutz für Verbraucher, S. 221 f.; Hau, LMK 2009, 293079; Pfeiffer, LMK 2013, 343552; W.-H. Roth, IPRax 2013, 515; 518; Kaufhold, EuZW 2016, 247, 251; Müller, EuCML 2016, 215, 216 f.; Rott, EuZW 2016, 733, 734; Mankowski, FS W.-H. Roth, S. 361, 362; ders., NJW 2016, 2705; Drexl, in: MüKo-BGB, IntLauterkeitsR
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3. Teil – Kollisionsrecht
2. Rechtswahlklausel Sollte die AGB selbst eine Rechtswahlklausel enthalten, dann stellt Art. 6 I Rom II-VO durch den Günstigkeitsvergleich sicher, dass der Verbraucher nicht schlechter gestellt wird, als er nach der gesetzlichen Anknüpfung stünde. Dennoch können Rechtswahlklauseln in AGB eine abschreckende Wirkung auf die Verbraucher haben.463 Dem Durchschnittsverbraucher wird nicht bewusst sein, dass er durch Art. 6 II Rom I-VO geschützt wird, und der Rechtswahlklausel Glauben schenken,464 wenn sie nicht auf das Günstigkeitsprinzip hinweist. Ob und inwieweit Rechtswahlklauseln kontrolliert werden können, ist seit langem umstritten. Die herrschende Lehre in Deutschland ging davon aus, dass Rechtswahlklauseln keiner Inhaltskontrolle unterworfen sind.465 Eine Inhaltskontrolle dürfe nicht durch ein materielles Recht, sondern könne nur auf kollisionsrechtlicher Ebene erfolgen.466 Obwohl die Rom I-VO keine Inhaltskontrolle von Rechtswahlklauseln kennt,467 wendet der EuGH die Klauselrichtlinie468 an und unterwirft auch die Rechtswahlklausel einer Inhaltskontrolle.469 Dazu, ob die Richtlinie überhaupt anwendbar war, äußerte sich der EuGH nicht. Türöffner könnte Art. 23 Rom I-VO, der besondere Kollisionsnormen für Schuldverträge für vorrangig anwendbar erklärt.470 Indes findet sich in der Klauselrichtlinie keine Kollisionsnorm, die auf Rechtswahlklauseln passt. Außerdem wird der sachliche Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie bezweifelt.471 Unterwirft man die Rechtswahlklausel einer Inhaltskontrolle, gelangt man scheinbar zu einem Paradox: Erreicht werden soll mehr Verbraucherschutz. Erklärt man die Rechtswahlklausel für unwirksam, so bleibt dem Verbraucher Art. 6 Rom II-VO Rn. 137. Zum autonomen deutschen IPR bereits Halfmeier, Popularklagen im Privatrecht, S. 284 f.; K. Kohler, Grenzüberschreitende Verbraucherverbandsklage, S. 229; a.A. BGH IPRax 2013, 557 ff. (implizit und ohne Begründung); Staudinger/Czaplinski, NJW 2009, 3375, 3376; Steinrötter, MMR 2013, 691, 692 („erwägenswert“); ders., NJW 2013, 2607, 2608 (inzwischen aufgegeben ders., EWS, 2015, 83, 89; ders., jurisPR-IWR 3/2017 Anm. 3). 463 Mankowski, Interessenpolitik und europ. Kollisionsrecht, S. 24; ders., FS W.-H. Roth, S. 367 f.; ders., NJW 2016, 2705 464 GA Saugmandsgaard Øe, ECLI:EU:C:2016:388 – VKI/Amazon EU Sàrl Rn. 98, vgl. Mankowski, FS W.-H. Roth, S. 361, 368. 465 Mankowski, FS W.-H. Roth, S. 361, 363 ff.; Schmitz, Rechtswahlfreiheit im europ. Kollisionsrecht, S. 154 ff. m.w.N. 466 Rühl, Rechtswahlfreiheit und Rechtswahlklausel, S. 207. 467 Mankowski, FS W.-H. Roth, S. 361, 363 f. 468 RL 93/13/EWG vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. 469 EuGH ECLI:EU:C:2016:612 Tz. 65 – VKI/Amazon EU Sàrl. 470 Mankowski, NJW 2016, 2705, 2706, W.-H. Roth, IPRax 2017, 449, 456. 471 Schmitz, Rechtswahlfreiheit im europ. Kollisionsrecht, S. 155 f.; W.-H. Roth, IPRax 2017, 449, 456.
E. Verbraucherschutz durch Verbandsklagen
243
ein möglicherweise günstigeres Recht verwehrt.472 Doch bei Verbandsklagen stellt sich dieses Problem nicht.473 Da hier kein individueller Verbraucher betroffen ist, wird der Unternehmer nur verpflichtet, die Rechtswahlklausel nicht mehr zu verwenden. IV. Anknüpfung Was die deliktische Anknüpfung nach Art. 6 I Rom II-VO angeht, kann auf die Ausführungen zum Lauterkeitsrecht verwiesen werden.474 Als Vertragsstatut ist nach Art. 6 I Rom I-VO das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer dort seine Tätigkeit ausübt (lit. a) oder seine Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet (lit. b). Bei Verbandsklagen gibt es keinen konkreten Verbraucher. Folglich kann auch kein Wohnort ermittelt werden. Ansonsten stellt man auf einen hypothetischen Verbraucher ab, um die beiden Alternativen des Abs. 1 prüfen zu können. So ist anscheinend der OGH vorgegangen.475 V. Mosaiktheorie Europaweit einheitliche AGB-Klauseln bleiben ein auf absehbarer Zeit wohl nicht erfüllbarer Traum.476 Auch weiterhin werden nationale AGB genutzt werden. Obwohl das AGB-Recht durch die Klauselrichtlinie harmonisiert worden ist, bleiben nationale Rechtsunterschiede. So erlaubt Art. 8 der Klauselrichtlinie den Mitgliedstaaten, ein höheres Schutzniveau zu etablieren. Das hat auch zur Folge, dass die (Un-)Wirksamkeit von AGB nach dem jeweiligen nationalen Recht geprüft werden muss. Es kommt also auch hier zu einer Mosaikbetrachtung. Dabei stellen sich ähnliche Probleme wie im Lauterkeitsrecht. Allerdings kann der Unternehmer die Auswirkung auf die Verbraucher bereits dadurch unterbinden, dass er klarstellt, keine Verträge mit Personen aus bestimmten Staaten eingehen zu wollen.
472
So die Kritik von Mankowski, NJW 2016, 2705, 2707. W.-H. Roth, IPRax 2017, 449, 455. Auch im Individualprozess gibt es wegen Art. 6 I RL 93/13 keinen Nachteil für den Verbraucher. 474 Siehe oben S. 216 ff. 475 OGH VuR 2018, 225, 227. 476 Riegel, Einheitliche unionsweite Geschäftsbedingungen, S. 83. 473
244
3. Teil – Kollisionsrecht
F. Unionsweite Schutzrechte F. U n io n s w e ite Sc h u tz re c h te
I. Gemeinschaftsgeschmacksmuster Die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung enthält eine eigene Kollisionsregel in Art. 88 II GGVO. Danach sollen die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte477 für alle nicht in der GGVO geregelten Fragen die lex fori anwenden. Die Kollisionsnorm des Art. 88 II GGVO wird auch nicht durch die später erlassene Rom II-VO verdrängt. Denn gemäß Art. 27 Rom II-VO lässt diese speziellere Kollisionsnormen des Gemeinschaftsrechts unberührt.478 Keine Aussage trifft die GGVO dazu, wie mit Sachverhalten mit Drittstaatenbezug umzugehen ist. Wird etwa eine Handlung in einem Drittstaat vorgenommen und wehrt sich der Rechteinhaber gegen die Auswirkungen innerhalb der Union, so lässt die GGVO offen, welches nationale Recht anzuwenden ist. Für alle nicht durch die GGVO geregelten Fragen, verweist Art. 88 II GGVO auf das nationale Recht einschließlich seines des internationalen Privatrechts. Beim im Übrigen wortgleichen Art. 129 II UMVO fehlt der Zusatz zum IPR, doch setzt die Vorschrift eine kollisionsrechtliche Vorprüfung voraus („das geltende nationale Recht“).479 Folglich gelangen beide Verordnungen GGVO und UMVO im Ergebnis zur Rom II-VO. Für das „Außen-IPR“ gilt insoweit Art. 8 I Rom II-VO und nicht dessen Abs. 2.480 Problematisch ist, dass Art. 8 I Rom II-VO „das Recht des Staates“ beruft, für den der Schutz beansprucht wird. Schutz“land“ beim Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist aber die EU, die noch kein Staat ist. Art. 8 I Rom II-VO ist daher entsprechend anzuwenden.481 Würde man das Außen-IPR nach Art. 8 II Rom II-VO bestimmen, so wäre das Recht des Handlungsortes anwendbar. Das hätte zur Folge, dass die GGVO bei Handlungen, die in einem Drittstatt begangen wurden, sich aber innerhalb der Union auswirken (etwa bei Onlinewerbung), die GGVO leerlaufen würde. Der Schutzbereich des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist auf das Territorium der EU begrenzt, Art. 1 III GGVO. Wird in einem Drittstaat geklagt und verweist dessen Kollisionsrecht auf die GGVO, wäre diese zwar anwendbar, 477
Siehe oben S. 164. Dazu zählt auch Art. 88 GGVO; Schulze, in: BeckOGK, Art. 27 Rom II-VO Rn. 15; Tolkmitt, in: Ruhl/Tolkmitt, Art. 88 GGVO Rn. 1. 479 Drexl, in: MüKo-BGB, ImmatGüterR Rn. 132. 480 Sack, WRP 2008, 1405, 1408; Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134, 149; Drexl, in: MüKo-BGB, ImmatGüterR Rn. 132; Unberath/Cziupka/Pabst, in: EuZPR/EuIPR, Art. 8 Rom II-VO Rn. 24; Heinze, in: jurisPK, Art. 8 Rom II-VO Rn. 35. 481 Drexl, in: MüKo-BGB, ImmatGüterR Rn. 133. 478
F. Unionsweite Schutzrechte
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sie würde aber wegen ihres beschränkten Schutzbereichs keinen Schutz vor Handlungen in Drittstaaten bieten. Schon wegen des Territorialitätsprinzips kann die GGVO nicht vor Verletzungen in Drittstaaten schützen.482 Für alle nicht durch die GGVO geklärten Fragen verweist Art. 88 II GGVO auf das nationale Recht einschließlich seines Kollisionsrechts. Maßgebende Kollisionsnorm ist hier Art. 8 II Rom II-VO. Die hier zahlreichen Spezialprobleme können im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt werden.483 Wichtig ist, dass Art. 81 lit. a GGVO die Zuständigkeit der Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte bei drohenden Verletzungen nur eröffnet, „falls das nationale Recht dies zulässt“. Die Verweisung auf das nationale Recht bedeutet aber auch, dass die Mitgliedstaaten über die weiteren Voraussetzungen des vorbeugenden Rechtsschutzes entscheiden. Überraschend ist der regelmäßige Hinweis, dass schon eine Handlung in einem Mitgliedstaat grundsätzlich eine unionsweite Begehungsgefahr begründet.484 Nach Art. 1 III S. 3 HS. 2 GGVO kann die Benutzung nur für die gesamte Union untersagt werden, sodass der Unterlassungsanspruch grundsätzlich unionsweite Wirkung haben muss.485 Ob die Verletzung(sgefahr) in einem Mitgliedstaat die Begehungsgefahr in einem anderen begründet, ist unerheblich. Bei einem nationalen eingetragenen Design wäre für den Unterlassungsanspruch auch nicht zu prüfen, ob die Verletzungshandlung in Schleswig-Holstein eine Begehungsgefahr für ganz Deutschland begründet. Dabei folgt aus der Reichweite des Unterlassungsanspruchs noch nicht, dass auch der Unterlassungstitel die gleiche Reichweite haben muss. Zwischen der materiell-rechtlichen und der verfahrensrechtlichen Reichweite ist zu unterscheiden.486 Kollisions- und materiellrechtlich bietet Art. 89 I lit. a (i.V.m. Art. 19 I bzw. II) GGVO487 aber einen unionsweiten Unterlassungsanspruch. Schon die zuständigen Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte in ihrer Kognitionsbefugnis nicht beschränkt sind,488 können sie unionsweite Unterlassungstitel erlassen. Ein solcher Titel kann in seiner Wirkung auch über das Territorium der EU
482
Schack, FS Kropholler, S. 651, 659; Siehe oben S. 33 und zum Territorialitätsprinzip allgemein oben S. 23 ff. 483 Siehe dazu etwa Tolkmitt, in: Ruhl/Tolkmitt, Art. 88 GGVO Rn. 3 ff.; Schack, FS Kropholler, S. 651, 657 ff. 484 BGHZ 185, 224 Tz. 56 – Verlängerte Limousinen; BGH GRUR 2012, 512 Tz. 49 – Kinderwagen; Tolkmitt, in: Ruhl/Tolkmitt, Art. 89 GGVO Rn. 32. 485 Vgl. EuGH ECLI:EU:C:2017:724 Tz. 60 – Nintendo/BigBen; BGHZ 185, 224 Tz. 56 – Verlängerte Limousinen; BGH GRUR 2012, 512 Tz. 49 – Kinderwagen; Tolkmitt, in: Ruhl/Tolkmitt, Art. 89 GGVO Rn. 32. 486 EuGH ECLI:EU:C:2017:724 Tz. 53 – Nintendo/BigBen; Tolkmitt, in: Ruhl/Tolkmit, Art. 89 GGVO Rn. 33. 487 Siehe oben S. 34. 488 Siehe oben S. 164.
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3. Teil – Kollisionsrecht
hinausreichen, wenn der Beklagte im Drittstaat handelt, aber in die Union hineinwirkt und diese Auswirkungen nicht beschränken kann. II. Unionsmarkenverordnung Auch die Unionsmarkenverordnung enthält eine eigene Kollisionsnorm in Art. 129 II UMVO. Da Art. 129 II UMVO weitestgehend der GGVO entspricht, kann nach oben verwiesen werden. Einziger Unterschied ist, dass die UMVO „das geltende nationale Recht“ beruft, wohingegen die GGVO zusätzlich einen Hinweis auf das internationale Privatrecht enthält. Die IPR-Verweisung macht hier aber keinen Unterschied, denn zum Recht der Mitgliedstaaten gehört ebenso die Kollisionsnorm des Art. 8 Rom II-VO. Daher kann auch für die Unionsmarke ein unionsweiter Titel erwirkt werden, wenn die zuständigen Unionsmarkengerichte dazu kognitionsbefugt sind.
G. Datenschutzrecht G . D a te n sc h u tz re c h t
Die Datenschutzgrundverordnung ist aufgrund Art. 288 II AEUV unmittelbar geltendes Recht und als solches durch die nationalen Gerichte anzuwenden. Da es sich beim Datenschutz um ein unionsweites Recht handelt, ist im Grundsatz davon auszugehen, dass auch die Ansprüche unionsweit wirken.489 Trotzdem ergeben sich kollisionsrechtliche Fragen. So ist zu ermitteln, wann die DSGVO bei Fällen mit Drittstaatenbezug anzuwenden ist und nach welchem Recht all die Frage zu beantworten sind, welche die DSGVO offengelassen hat. I. Außen-IPR Art. 3 DSGVO („räumlicher Anwendungsbereich“) ist eine einseitige Kollisionsnorm.490 Nach dem Niederlassungsprinzip491 des Art. 3 I findet die DSGVO Anwendung auf eine Datenverarbeitung, „soweit diese im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung eines Verantwortlichen oder eines Auftragsverarbeiters in
489
Zu Art. 17 I DSGVO EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 66 – Google/CNIL. Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud (2020), S. 144; Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 72; Borges, in: Betrieblicher Datenschutz, Teil I, Kapitel 3 Rn. 158; a.A. Laue, ZD 2016, 463, 464 (nur Anwendungsbereich) und wohl auch Jacquemain, Schadensersatz im europ. Datenschutzprivatrecht, S. 235 (keine „Kollisionsvorschrift im eigentlichen Sinne“). 491 Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud (2020), S. 150; Däubler, RIW 2018, 405, 406; Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 61; auch als Sitzlandprinzip bezeichnet, etwa von Hunzinger, Löschen im Datenschutzrecht, S. 173; Piltz, in: Gola, Art. 3 DSGVO Rn. 6. 490
G. Datenschutzrecht
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der Union erfolgt, unabhängig davon, ob die Verarbeitung in der Union stattfindet“. Dieser Abs. 1 wird ergänzt durch das Marktortprinzip492 in Abs. 2, wonach die DSGVO auch anzuwenden ist, wenn „die Datenverarbeitung im Zusammenhang damit steht, (a) betroffenen Personen in der Union Waren oder Dienstleistungen anzubieten [oder] (b) das Verhalten betroffener Personen zu beobachten, soweit ihr Verhalten in der Union erfolgt.“ Damit erfasst die DSGVO praktisch alle Sachverhalte, in denen auch nur ein geringer Bezug zur Union besteht. Dieser genügt für die Völkerrechtskonformität.493 Keine Anwendung findet die Rom II-VO, der Ausschluss in Art. 1 II lit. g erfasst auch das Datenschutzrecht.494 Selbst wenn die Rom IIVO anwendbar wäre, würde sie wegen Art. 27 Rom II-VO zurücktreten. II. Innen-IPR Wie bereits dargelegt, enthält die DSGVO keinen eigenständigen Unterlassungsanspruch.495 Dazu kommt, dass zahlreiche Öffnungsklauseln den nationalen Gesetzgebern erlauben von der DSGVO abzuweichen oder sie zu konkretisieren.496 Eine Regelung, wie die Lücken zu füllen sind, bietet die DSGVO anders als Art. 88 II GGVO oder Art. 129 II UMVO nicht. Für den Unterlassungsanspruch scheidet ein Rückgriff auf die Rom II-VO wegen Art. 1 II lit. g aus, sodass auf Art. 40 EGBGB zurückzugreifen wäre.497 Das hätte die Anwendung des Ubiquitätsprinzips zur Folge. Daraus resultieren wohl keine weiteren Probleme, da sich die Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch innerhalb der Union nicht maßgeblich unterscheiden dürften. Sichergestellt wird dies auch durch Art. 79 I DSGVO, nach dem die Mitgliedstaaten wirksame Rechtsbehelfe für den Betroffenen bereitstellen müssen. Problematischer und ungleich spannender ist die Frage, welches Recht die zahlreichen Öffnungsklauseln ausfüllen darf. Vertreten wird hier eine direkte Anwendung des Niederlassungsprinzips des Art. 3 I DSGVO.498 Angesichts 492 Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud (2020), S. 150; Däubler, RIW 2018, 405, 406; Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 62; Borges, in: Betrieblicher Datenschutz, Teil I, Kapitel 3 Rn. 163, 168. 493 Sehlmayr/Ehmann, in: Sehlmayr/Ehmann, Einführung, Rn. 23 und oben S. 46 ff. 494 Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud (2020), S. 145. Zur persönlichkeitsrechtlichen Tradition des Datenschutzrechts siehe oben S. 19 ff. 495 Siehe oben S. 19 ff. 496 Siehe etwa Art. 8 I 3, Art. 9 IV und Art. 85 II DSGVO. 497 Vgl. Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 75 f. (zu offenen Fragen beim Schadensersatzanspruch des Art. 82 DSGVO). A.A. wohl Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud (2020), S. 145 f. 498 So etwa Karg, in: BeckOK-DatenschutzR, Art. 8 DSGVO Rn. 21; Hanloser, in: BeckOK-DatenschutzR, Art. 3 DSGVO Rn. 7; dagegen Piltz, K&R 2016, 557, 559; ders., in: Gola, Art. 3 DSGVO Rn. 37; Däubler, RIW 2018, 405, 411; Lüttringhaus, ZVglRWiss 117 (2018), 50, 75 (zu Art. 82 DSGVO). Siehe auch Dregelies, VuR 2017, 256, 261.
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3. Teil – Kollisionsrecht
des Wortlauts von Art. 3 DSGVO wäre aber allenfalls eine analoge Anwendung möglich.499 Zweifeln kann man bereits, ob hier die allgemeinen Voraussetzungen einer Analogie überhaupt vorliegen.500 In jedem Fall aber wäre eine analoge Anwendung nicht sinnvoll. So können die Mitgliedstaaten nach Art. 8 I 3 DSGVO Minderjährige ab 13 Jahren für einwilligungsfähig erklären. Ließe man hier das Sitzlandprinzip des Art. 3 I DSGVO greifen, so entschiede hierüber das Gericht des Mitgliedstaates, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Wollte der EU-Gesetzgeber den Mitgliedstaaten aber die Möglichkeit gewähren, selbst zu entscheiden, wann ihre Staatsangehörigen einwilligungsfähig sind, darf man nicht an Art. 3 I DSGVO anknüpfen. Richtigerweise ist bei jeder Öffnungsklausel einzeln zu bestimmen, welches nationale Recht anzuwenden ist.501 So wird bei Art. 8 I 3 DSGVO das Personalstatut entscheiden müssen, welches Recht anwendbar ist.502 Auch bei Art. 85 II DSGVO wird man nicht einfach auf den Sitz des Medienunternehmens zurückgreifen können. Das hätte zur Folge, dass die komplexe Abwägung von Meinungs- und Pressefreiheit mit dem Persönlichkeitsschutz immer nach dem Recht erfolgen müsste, das am Sitz des Medienunternehmens gilt. Das wäre sehr problematisch, weil dann die Rechtsordnung am Sitz des Unternehmens über den unionsweiten Unterlassungsanspruch entscheiden würde. Geboten ist vielmehr auch hier eine kollisionsrechtliche Bewertung im Einzelfall und eine Mosaikbetrachtung. So geht auch der EuGH – allerdings zum Aufsichtsrecht – vor.503 Das untergräbt den Zweck der DSGVO, einen einheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen. Schuld daran sind die Öffnungsklauseln, die nur durch den Gesetzgeber, nicht durch die Rechtspraxis geschlossen werden können. III. Reichweite Die DSGVO beantwortet auch nicht die Frage, wie weit die eigenen Ansprüche reichen. Vergleichbar mit dem Unterlassungsanspruch ist der Löschungsanspruch in Art. 17 DSGVO.504 Der EuGH hatte im Fall Google/CNIL zu entscheiden, ob der Betroffene nach Art. 17 I DSGVO verlangen kann, dass Google die Sucheinträge auch aus seinen Suchmaschinen außerhalb der EU
499
Laue, ZD 2016, 463, 464 (aber ablehnend); Gömann, EuZW 2018, 680, 685 f. Laue, ZD 2016, 463, 464; zustimmend Hornung, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Art. 3 DSGVO Rn. 11. 501 Laue, ZD 2016, 463, 464; zustimmend Hornung, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Art. 3 DSGVO Rn. 16. 502 Siehe bereits Dregelies, VuR 2017, 256, 261; Schack, FS Kronke, S. 501, 509. 503 EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 67 ff. – Google/CNIL. 504 Siehe oben S. 19 ff. 500
G. Datenschutzrecht
249
löscht. Dabei wurde unterstellt, dass die Ergebnisse der ausländischen Suchmaschinen innerhalb der Union nicht angezeigt wurden.505 Der EuGH stellt fest, dass auch die Anzeige außerhalb der EU erhebliche Auswirkungen auf den Betroffenen innerhalb der Union haben könne,506 daraus aber kein Anspruch auf Löschung folge.507 Trotzdem müsse der Verantwortliche Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Personen der EU auf die Daten nicht zugreifen können.508 Begründet wird die territoriale Reichweite des Löschungsanspruchs damit, dass „zahlreiche Drittstaaten kein Recht auf Auslistung kennen“.509 Hinzu komme, dass die Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und der Informationsfreiheit des Internetnutzers weltweit sehr unterschiedlich ausfalle.510 Aus Art. 17 DSGVO ergebe sich nicht, dass der Unionsgesetzgeber dem Löschungsanspruch eine Reichweite zukommen lassen wollte, die über das Gebiet der Union hinausreiche.511 Das mag auf den ersten Blick überraschen, ist der räumliche Anwendungsbereich von Art. 3 I DSGVO doch denkbar weit, sodass bereits eine Niederlassung im Mitgliedstaat ausreicht512. Auch wenn man den Schutz der personenbezogenen Daten menschenrechtlich begründet und daraus einen weiten Anwendungsbereich folgert,513 heißt das nicht, dass am Wesen des europäischen Datenschutzrecht gleich die ganze Welt genesen muss. Vielmehr ist dem EuGH zuzustimmen, dass auch die Grundrechte und Wertentscheidungen außerhalb der EU zu beachten sind. Der EuGH hat deshalb gut daran getan, den Löschungsanspruch auf das Unionsgebiet zu beschränken. Im Ergebnis kann der Unterlassungsanspruch daher nur unionsweite Wirkung erzielen. Gelingt es dem Verantwortlichen, die Auswirkungen in der Union zu unterbinden, so kann er nicht zu weiteren Handlungen außerhalb der Union gezwungen werden.
505
EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 42 – Google/CNIL. EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 57 – Google/CNIL. 507 EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 64 – Google/CNIL. Ebenfalls für eine regionale Begrenzung zuvor Holznagel/Hartmann, MMR 2016, 228, 232; dagegen Hunzinger, Löschen im Datenschutzrecht, S. 174 f. und S. 181 f. 508 EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 70 – Google/CNIL. Dagegen hatte Hunzinger, Löschen im Datenschutzrecht, S. 185 zuvor bezweifelt, dass etwa Geoblocking-Maßnahmen ausreichen können. 509 EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 59 – Google/CNIL. 510 EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 60 – Google/CNIL. 511 EuGH ECLI:EU:C:2019:772 Tz. 62 – Google/CNIL. 512 Zerdick, in: Ehmann/Selmayr, Art. 3 DSGVO Rn. 9. Daraus folgert etwa Hunzinger, Löschen im Datenschutzrecht, S. 174 f., einen weltweiten Löschungsanspruch. 513 So etwa Jotzo, Schutz personenbezogener Daten in der Cloud (2020), S. 144. 506
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3. Teil – Kollisionsrecht
H. Fazit H . Fa z it
Das Kollisionsrecht bestimmt, welches materielle Recht für den Unterlassungsanspruch anzuwenden ist. Während im Persönlichkeitsrecht noch das autonome deutsche IPR (Art. 40 EGBGB) anzuwenden ist,514 ist das Kollisionsrecht für andere nationale Ansprüche weitgehend harmonisiert. Daneben stehen die unionsweiten Schutzrechte sowie das Datenschutzrecht, die eigene Kollisionsnormen bereithalten. Bei der Auslegung von Kollisionsnormen sollten keine materiell-rechtlichen Erwägungen herangezogen werden. Dies gilt im deutschen515 wie im europäischen Kollisionsrecht. Bei Letzterem widerspräche die Heranziehung einer Norm bereits der EU-rechtlich gebotenen autonomen Auslegung. Im Kollisionsrecht wird immer wieder eingewandt, es müsse verhindert werden, dass weltweit alle Rechte anzuwenden sind. Im Persönlichkeitsrecht gelingt das am besten, wenn Art. 40 I EGBGB das Recht des Staates zur Anwendung bringt, in dessen Territorium sich die Verletzungshandlung auswirkt.516 Auch im Wettbewerbsrecht wird so eine weltweite Verletzung vermieden.517 Für Art. 6 Rom II-VO kommt es darauf an, ob der Kläger vorträgt, dass seine Interessen in einem bestimmten Territorium beeinträchtigt werden. Der bloße Hinweis auf die Ubiquität des Internets genügt hierfür nicht. Auch wird der Kläger regelmäßig kein Interesse daran haben, dass alle Rechtsordnungen der Welt angewendet werden. Das würde das Verfahren deutlich verzögern und verteuern mit dem Risiko für den Kläger, dass er teilweise unterliegt. Im Kartellrecht besteht die Besonderheit, dass Art. 6 III lit. b Rom II-VO eine Konzentrationslösung kennt. Dies ist allerdings problematisch und sollte reformiert werden.518 Bei Immaterialgüterrechten in Art. 8 I Rom II-VO wird befürchtet, dass der Kläger Schutz für ein Territorium beansprucht, wo sich die Handlung kaum auswirkt.519 Die Reformvorschläge vermögen allesamt nicht zu überzeugen. Man wird dem Kläger höchstens die rechtsmissbräuchliche Wahl der lex loci protectionis bei einer insignifikanten Auswirkung versagen können. Begehrt der Kläger einen Unterlassungstitel, der Auswirkungen auf mehrere Territorien verbietet, so müssen die Gerichte eine kollisionsrechtliche Mosaikbetrachtung vornehmen, also für jedes Territorium einzeln prüfen, ob das jeweils anwendbare nationale Recht einen Unterlassungsanspruch begründet.
514
Siehe oben S. 176 ff. Siehe oben S. 208 f. 516 Siehe oben S. 194 ff. 517 Siehe oben S. 224 f. 518 Siehe oben S. 230 ff. 519 Siehe oben S. 233 ff. 515
H. Fazit
251
Ein Sonderfall sind die unionsweiten Schutzrechte und das europäische Datenschutzrecht. Die GGVO und die UMVO lassen vergleichsweise wenig Spielraum für die nationalen Rechtsordnungen. Daher kann das zuständige Gericht regelmäßig einen unionsweiten Titel erlassen, ohne auf die nationalen Rechtsordnungen zurückgreifen zu müssen. Das ist anders bei der DSGVO, die zahlreiche Öffnungsklauseln enthält, die zu unterschiedlichen Ergebnissen in den Mitgliedstaaten führen können. Hier muss das zuständige Gericht für jedes Territorium prüfen, ob der Anspruch begründet ist. Dieser kaum haltbare Zustand sollte den EU-Gesetzgeber veranlassen, die Öffnungsklauseln zu schließen und die Probleme auf EU-Ebene selbst zu regeln.520
520
Siehe oben S. 249 ff.
4. Teil
Ergebnisse 4 . T e il – E r ge b n is s e
Die territoriale Reichweite des Unterlassungsanspruchs hat zwei Aspekte. Zum einen muss der materielle Anspruch, der sich nach dem vom Kollisionsrecht berufenen Recht richtet, überhaupt eine grenzüberschreitende Wirkung haben. Zum anderen müssen die angerufenen Gerichte die Kognitionsbefugnis besitzen, Entscheidungen zu erlassen, die über das eigene Territorium hinausreichen. Grenzen setzt den nationalen bzw. europäischen Zuständigkeits- und Kollisionsregeln möglicherweise das Völkerrecht. Die Arbeit hat folgende Ergebnisse erzielt: 1. Ein nationaler Unterlassungsanspruch oder eine nationale Verbotsnorm können grundsätzlich einen weltweiten sachlichen Anwendungsbereich haben. Diesen zu beschränken ist Aufgabe des Völkerrechts.1 Da schon das nationale und europäische Kollisionsrecht die Reichweite der Ansprüche regelmäßig begrenzt, dürfte das Völkerrecht nur bei Extremfällen eingreifen. 2. Die Grenzen, die das Völkerrecht den nationalen Rechtsordnungen setzt, sind denkbar gering. So genügt im materiellen, im Kollisions- und Zuständigkeitsrecht jeweils schon ein minimaler Bezug (genuine link) von Rechtsordnung und Sachverhalt.2 3. Daneben kennt das Völkerrecht keine weiteren Beschränkungen. Perspektivisch könnte sich aber der Grundsatz der „wesentlich engeren Verbindung“ zu einer völkerrechtlichen Regel weiterentwickeln. Danach müsste ein Staat seine Regelungsbefugnis zurücknehmen, wenn ein anderer Staat eine wesentlich engere Verbindung zum Sachverhalt aufweisen sollte.3 4. Da an den Bezug (genuine link) zum Sachverhalt denkbar geringe Anforderungen gestellt werden, hat die völkerrechtliche Diskussion, ob eine solche Regel überhaupt besteht, eher akademische Bedeutung. Völkerrechtswidrig wäre aber ein Unterlassungsgebot für ein Territorium, zu dem keinerlei Beziehung besteht. Dies wäre möglich, wenn ein weltweiter Titel in
1
Siehe oben S. 44 ff. Siehe oben S. 46 ff. 3 Siehe oben S. 51 ff. 2
4. Teil – Ergebnisse
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Anwendung eines materiellen Rechts erlassen wird, obwohl die Verletzungshandlung und deren Auswirkungen sich nur in einem Staat zeigen.4 5. Die Gerichte am (Wohn-)sitz des Beklagten (Art. 4 I EuGVVO, § 12 ZPO) sind in ihrer Kognitionsbefugnis nicht beschränkt.5 Sie können folglich territorial unbeschränkte Unterlassungstitel erlassen. 6. Bei den Gerichten, die nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO (Gerichtsstand der unerlaubten Handlung) zuständig sind, ist die Reichweite der Kognitionsbefugnis umstritten.6 Nach Ansicht des EuGH sollen die Gerichte am Ort des ursächlichen Geschehens nicht in ihrer Kognitionsbefugnis beschränkt sein. 7. Dabei bezeichnen die deutsche Rechtswissenschaft und Praxis den Ort des ursächlichen Geschehens als Handlungsort, der dort liegen soll, wo eine tatbestandsmäßige Handlung begangen wurde.7 Der EuGH bestimmt den Ort des ursächlichen Geschehens zu Recht empirisch-autonom.8 8. Dabei sollte bei den hier geprüften Delikten (Persönlichkeitsrechts-, Urheberrechts-, Markenrechts-, Patentrechtsverletzungen, im Lauterkeitsrecht und im Kartellrecht, bei den weiteren Vermögensschäden und den Verbandsklagen) auf eine Zuständigkeit am Ort des ursächlichen Geschehens verzichtet werden.9 Dieser Gerichtsstand entspricht nicht dem Art. 7 Nr. 2 EuGVVO zugrunde liegenden Zweck besonderer Sach- und Beweisnähe und begünstigt über Gebühr den möglichen Schädiger, vor allem bei der negativen Feststellungsklage. 9. Neben dem Ort des ursächlichen Geschehens ist im Rahmen von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges zuständigkeitsbegründend.10 Auch hier greift die deutsche Rechtswissenschaft auf das materielle Recht zurück und will die Zuständigkeit dort begründen, wo ein tatbestandsmäßiger Erfolg eingetreten ist.11 Doch ist auch hier mit dem EuGH eine empirisch-autonome Auslegung vorzunehmen.12 10. Der EuGH beschränkt bei Persönlichkeitsverletzungen die Kognitionsbefugnis der Gerichte nur am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs auf das Territorium, in dem der Schaden eingetreten ist.13 Einzig das Ge-
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Siehe oben S. 203. Siehe oben S. 58 ff. 6 Siehe oben S. 86 ff. 7 Siehe oben S. 64 ff. 8 Siehe oben S. 64 ff. 9 Siehe etwa oben S. 79 f., 110 f., 115 f. 10 Siehe oben S. 63 f. 11 Siehe oben S. 68 ff. 12 Siehe oben S. 69 ff. 13 Siehe oben S. 86 ff. 5
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richt am Interessensmittelpunkt des Klägers ist nicht in seiner Kognitionsbefugnis beschränkt.14 Es ist davon auszugehen, dass der EuGH seine Rechtsprechung über Persönlichkeitsverletzungen hinaus auf andere Ansprüche übertragen wird.15 Mit der beschränkten Kognitionsbefugnis will der EuGH forum shopping verhindern. Überzeugend ist dies nicht. Bei Persönlichkeitsverletzungen, die über das Internet begangen werden, kann ein weltweiter Unterlassungsanspruch nur an den Gerichten erhoben werden, die in ihrer Kognitionsbefugnis nicht beschränkt sind.16 Bei einer Zuständigkeit am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges ist das nur am Interessensmittelpunkt der Fall. Richtigerweise sollte die Kognitionsbefugnis im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung generell nicht beschränkt werden.17 Die Nachteile einer weltweiten Zuständigkeit können durch das Auswirkungsprinzip verhindert werden. Danach ist die Deliktszuständigkeit nur eröffnet, wenn die Handlung sich auf die Interessen des Klägers im Forumstaat auswirkt.18 Dies darzulegen ist Aufgabe des Klägers. Das deutsche Recht kennt in § 32 ZPO keine Beschränkung der Kognitionsbefugnis, sodass die Gerichte grundsätzlich auch grenzüberschreitende Unterlassungsgebote aussprechen dürfen.19 Auch bei § 32 ZPO sollte die Zuständigkeit nicht nach materiellen Gesichtspunkten tatbestandsbezogen bestimmt werden, sondern auf die empirisch-autonome Auslegung des EuGH zurückgegriffen werden.20 Besondere Zuständigkeitsregeln gibt es für die unionsweiten Schutzrechte des Gemeinschaftsgeschmacksmusters und der Unionsmarke. Nach Art. 125 I UMVO bzw. Art. 82 I GGVO sind grundsätzlich die Gerichte am (Wohn-)sitz des Beklagten zuständig.21 Hilfsweise werden zahlreiche weitere Gerichtsstände eröffnet, wenn der Handelnde keinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat. Diese Gerichte sind in ihrer Kognitionsbefugnis nicht beschränkt und können weltweite Titel erlassen.22 Beide Rechtsakte kennen auch einen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, Art. 125 V UMVO bzw. Art. 82 V GGVO. Nachdem der EuGH seine Rechtsprechung zu Art. 125 V UMVO geändert hat, sind nun die Gerichte zuständig, in deren Territorium sich die Handlung auswirkt.23 Diese
Siehe oben S. 88 ff. Siehe oben S. 109 ff. 16 Siehe oben S. 88 ff. 17 Siehe oben S. 146 ff. 18 Siehe oben S. 83 ff. und 146 ff. 19 Siehe oben S. 156 ff. 20 Siehe oben S. 148 ff. 21 Siehe oben S.158 ff. und 164. 22 Siehe oben S. 162 ff. und 164. 23 Siehe oben S. 160 ff. 15
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Gerichte sind kraft Gesetzes in ihrer Kognitionsbefugnis auf das eigene Territorium beschränkt, was eigentlich dem Prinzip unionsweit einheitlicher Schutzrechte widerspricht.24 Die Zuständigkeitsregel in Art. 79 II DSGVO verdrängt bis auf Art. 18 und Art. 25 EuGVVO die Zuständigkeitsregeln der EuGVVO.25 In der Datenschutzgrundverordnung ist von einer Beschränkung der Kognitionsbefugnis nicht die Rede. Da sich Art. 79 II 1 DSGVO an den Gerichtsstand des Beklagtensitzes bzw. der Niederlassung anlehnt und Art. 79 II 2 DSGVO dem Gerichtsstand am Interessensmittelpunkt des Betroffenen nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO nachempfunden ist, dürften die Gerichte alle über eine unbeschränkte Kognitionsbefugnis verfügen.26 Das Kollisionsrecht ist in Europa weitgehend vereinheitlicht. Bei den hier geprüften Ansprüchen findet Art. 40 I EGBGB nur bei Persönlichkeitsverletzungen und eingeschränkt im Datenschutzrecht Anwendung. Dabei ist die Anknüpfung an den Handlungs- und Erfolgsort neu zu definieren. Handlungsort darf nicht der Ort einer tatbestandsmäßigen Handlung sein, sondern nur der Ort, an dem der mutmaßliche Schädiger eine Gefahr nicht mehr steuern kann, sodass die Interessen Dritter beeinträchtigt sein können.27 Nur so kann ein Recht bestimmt werden, ohne dass ein Zirkelschluss droht. Ebenso ist Erfolgsort nicht der Ort, an dem ein geschütztes Rechtsgut verletzt wird, sondern der Ort, an dem die Interessen des Anspruchstellers beeinträchtigt sind.28 Gerade beim Erfolgsort wird befürchtet, dass alle Rechtsordnungen der Welt anwendbar sein könnten. Das ist aber nur der Fall, wenn der Kläger vortragen kann, dass das Verhalten Auswirkungen auch im Ausland gehabt hat.29 Für die Gerichte ist das regelmäßig kein Problem, da der Kläger eine Beeinträchtigung nur in wenigen Territorien vortragen wird, schon um ein Teilunterliegen und einen langwierigen und teuren Prozess zu vermeiden. Problematisch ist das vielmehr für den Handelnden, da er sein Verhalten theoretisch an allen Rechten weltweit ausrichten muss. Indes kann er seine Haftung im Onlinebereich durch Geoblocking begrenzen.30 Das ist für Medienkonzerne besonders wichtig; bei Einzelpersonen ist eine weltweite Inanspruchnahme ohnehin eher theoretischer Natur. Auch im europäischen Lauterkeitskollisionsrecht in Art. 6 I Rom II-VO gilt das Auswirkungsprinzip, hier konkretisiert als Marktortprinzip.31 Der
Siehe oben S. 162 ff. und 164. Siehe oben S. 172. 26 Siehe oben S. 172 ff. 27 Siehe oben S. 178 ff. 28 Siehe oben S. 188 ff. 29 Siehe oben S. 197 ff. 30 Siehe oben S. 95 ff. 31 Siehe oben S. 216 ff. 25
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Handelnde kann hier die Anwendung einer anderen Rechtsordnung durch Disclaimer oder ebenfalls durch Geoblocking verhindern. Einschränkende Elemente, wie etwa eine Spürbarkeitsschwelle, kennt Art. 6 Rom II-VO nicht und sie können auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion in ihn hineingelesen werden.32 Im Immaterialgüterrecht ist Deliktstatut nach Art. 8 I Rom II-VO die lex loci protectionis. Damit hat es der Anspruchsinhaber in der Hand die Staaten auszuwählen, für die er den Schutz beanspruchen will. Sollte er dabei ein Recht auswählen, zu dem keine oder nur eine minimale Beziehung besteht, das aber einen starken urheberrechtlichen Schutz bietet, dann sind diese Fälle nicht durch eine kollisionsrechtliche Spürbarkeitsschwelle sondern durch das Verbot rechtsmissbräuchlicher Rechtsausübung zu lösen.33 Missbräuche durch die Wahl eines beziehungsarmen lassen sich mit einer materiellen Spürbarkeitsschwelle verhindern. Die EU sollte hier ihre Kompetenz zur Rechtsvereinheitlichung nutzen und das materielle Recht auf Sachverhalte begrenzen, die eine spürbare Auswirkung haben. Bei Unterlassungsansprüchen ist eine kollisionsrechtliche Mosaikbetrachtung unumgänglich.34 Das kann im Ergebnis dazu führen, dass ein Verhalten für einzelne Staaten untersagt wird und in anderen aber erlaubt bleibt. Die Konsequenz einer Reterritorialisierung des Internets ist innerhalb der EU besonders problematisch, da sie doch mit dem eigenständigen politischen Raum und Binnenmarkt nicht vereinbar ist. Dieses Problem kann nur durch Rechtsvereinheitlichung auf EU-Ebene gelöst werden. Die unionsweiten Schutzrechte gewähren grundsätzlich einen unionsweiten Unterlassungsanspruch.35 Nur in Ausnahmefällen, wenn die Rechtsakte zu bestimmten Fragen schweigen und nationales Recht anzuwenden ist, kann es hier zu einer Mosaikbetrachtung kommen. Unterlassungsansprüche reichen aber nur insoweit über das Territorium der EU hinaus, als nur Handlungen untersagt werden können, die Auswirkungen in die Union haben. Die DSGVO enthält zahlreiche Öffnungsklauseln, die durch das anwendbare nationale Recht ausgefüllt werden.36 Dabei ist die jeweils maßgebliche Kollisionsnorm im Einzelfall zu bestimmen und nicht grundsätzlich nach Art. 3 I DSGVO.37 Die daraus resultierende Mosaikbetrachtung im Datenschutzrecht ist durch Schließung der Öffnungsklauseln zu beheben. Der datenschutzrechtliche Löschungsanspruch und ebenso der Unterlassungsanspruch sind auf Sachverhalte begrenzt, die eine Auswirkung in der
Siehe oben S. 218 ff. Siehe oben S. 237 f. 34 Siehe insbesondere zum Persönlichkeitsrecht oben S. 198 ff. 35 Siehe oben S. 246 ff. 36 Siehe oben S. 16 und insbesondere S. 249 ff. 37 Siehe oben S. 249 ff. 33
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EU haben.38 Andernfalls muss nach dem anwendbaren ausländischen Recht entschieden werden, ob ein Unterlassungsanspruch besteht. Nur so lassen sich die kulturellen und rechtlichen Besonderheiten anderer Staaten angemessen berücksichtigen.
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Siehe oben S. 250 ff.
Rechtsprechungsverzeichnis Re c h ts p r ec h u n g s v e rz e ic h n is
Europäischer Gerichtshof
EuGH, Urt. v. 06.10.1976, RS. C-14/76, EU:C:1976:134 – De Bloos/Bouyer.................. 157 EuGH, Urt. v. 14.10.1976, RS. C-29/76, EU:C:1976:137 – LTU/Eurocontrol ................. 140 EuGH, Urt. v. 30.11.1976, RS. C-21/76, EU:C:1976:166 – Bier/Mines de Potasse ..... 6, 8, 9 EuGH, Urt. v. 22.11.1978, RS. C-33/78, EU:C:1978:205 – Somafer/Saar .......................157 EuGH, Urt. v. 20.02.1979, RS. C-120/78, EU:C:1979:42 – REWE/Monopolverwaltung . 211 EuGH, Urt. v. 18.03.1981, RS. C-139/80, EU:C:1981:70 71596 – Blanckaert/Trost ....... 157 EuGH, Urt. v. 27.09.1988, RS. C-189/87, EU:C:1988:459 – Kalfelis/Schröder ........... 61, 63 EuGH, Urt. v. 20.10.1993, RS. C-92/92, C-326/92, EU:C:1993:847 – Phil Collins/Imtrat .........................................................................................................13 EuGH, Urt. v. 07.03.1995, RS. C-68/93, EU:C:1995:61 – Shevill/Presse Alliance............. 59, 64, 65, 69, 71, 75, 79, 81, 85, 86, 111, 112, 117, 117, 129, 134, 157 EuGH, Urt. v. 19.09.1995, RS. C-364/93, EU:C:1995:289 – Marinari/Lloyds...................70 EuGH, Urt. v. 20.03.1997, RS. C-295/95, EU:C:1997:168 – Farrell/Long .......... 61, 62, 125 EuGH, Urt. v. 13.07.2000, RS. C-412/98, EU:C:2000:399 – Group Josi/UGIC .. 60, 61, 148 EuGH, Urt. v. 19.02.2002, RS. C-256/00, EU:C:2002:9 – Besix/WABAG..........................61 EuGH, Urt. v. 19.09.2002, RS. C-104/00, EU:C:2002:506 – Companyline........................32 EuGH, Urt. v. 01.10.2002, RS. C-167/00, EU:C:2002:555 – VKI/Henkel ............................................................................ 63, 140, 142, 143, 239, 239 EuGH, Urt. v. 12.06.2003, RS. C-112/00, EU:C:2003:333 – Schmidtberger ................... 211 EuGH, Urt. v. 10.06.2004, RS. C-168/02, EU:C:2004:364 – Kronhofer/Maier.................................................................................. 132, 134, 135, 135 EuGH, Urt. v. 12.04.2011, RS. C-235/09, EU:C:2011:238 – DHL Express France/Chronopost ....................................................................... 162, 163 EuGH, Urt. v. 22.09.2011, RS. C-323/09, EU:C:2011:604 – Interflora/Marks&Spencer ..26 EuGH, Urt. v. 25.10.2011, RS. C-509/09, EU:C:2011:685 – eDate Advertising/Martinez ................................................... 59, 80, 81, 89, 90, 126, 157 EuGH, Urt. v. 19.04.2012, RS. C-523/10, EU:C:2012:220 – Wintersteiger/Products4U ....................................... 65, 75, 110, 112, 113, 114, 114, 118 EuGH, Urt. v. 12.07.2012, RS. C-616/10, EU:C:2012:445 – Solvay/Honeywell ................30 EuGH, Urt. v. 25.10.2012, RS. C-133/11, EU:C:2012:664 – Folien Fischer/Ritrama .......73 EuGH, Urt. v. 16.05.2013, RS. C-228/11, EU:C:2013:305 – Melzer/MF Global UK Ltd ...................................................................................... 62, 89 EuGH, Urt. v. 03.10.2013, RS. C-170/12, EU:C:2013:635 – Pinckney/KDG Mediatech ............................................. 65, 104, 105, 106, 107, 108, 114 EuGH, Urt. v. 16.01.2014, RS. C-45/13, EU:C:2014:7 – Kainz/Pantherwerke ............ 63, 67 EuGH, Urt. v. 03.04.2014, RS. C-387/12, EU:C:2014:215 – Hi Hotel/Spoering...... 106, 108
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Rechtsprechungsverzeichnis
EuGH, Urt. v. 08.04.2014, RS. C-293/12, EU:C:2014:238 – Digital Rights Ireland/Seitlinger ................................................................................. 211 EuGH, Urt. v. 05.06.2014, RS. C-360/12, EU:C:2014:1318 – Coty Germany/First Note ............................................................................................ 160 EuGH, Urt. v. 03.09.2014, RS. C-201/13, EU:C:2014:2132 – Deckmyn ................ 13, 14, 15 EuGH, Urt. v. 22.01.2015, RS. C-441/13, EU:C:2015:28 – Hejduk/EnergieAgentur ................................................. 65, 104, 105, 106, 107, 108, 114 EuGH, Urt. v. 28.01.2015, RS. C-375/13, EU:C:2015:37 – Kolassa/Barclays ................................................................... 70, 132, 134, 136, 137, 192 EuGH, Urt. v. 21.05.2015, RS. C-352/13, EU:C:2015:335 – CDC Hydrogen Peroxide..................................................... 129, 129, 129, 130, 132, 133 EuGH, Urt. v. 21.01.2016, RS. C-359/14, C-475/14, EU:C:2016:40 – ERGO Insurance ......................................................................................................... 239 EuGH, Urt. v. 16.06.2016, RS. C-12/15, EU:C:2016:449 – Universal Music/Schilling ..................................................................... 70, 134, 136, 136 EuGH, Urt. v. 28.07.2016, RS. C-191/15, EU:C:2016:612 – VKI/Amazon EU Sàrl ................................................... 142, 239, 239, 239, 241, 241, 242 EuGH, Urt. v. 22.09.2016, RS. C-223/15, EU:C:2016:719 – combit/commit ..................................................................................... 162, 162, 163, 163 EuGH, Urt. v. 18.05.2017, RS. C-617/15, EU:C:2017:390 – Hummel/Nike ..................... 159 EuGH, Urt. v. 20.07.2017, RS. C-93/16, EU:C:2017:571 – Kerrygold ............................ 163 EuGH, Urt. v. 27.09.2017, RS. C-24/16, C-25/16, EU:C:2017:724 – Nintendo/BigBen.................................................................................................. 164, 245 EuGH, Urt. v. 17.10.2017, RS. C-194/16, EU:C:2017:766 – Bolagsupplysningen/Svensk Handel ...................... 83, 84, 90, 92, 95, 102, 124, 124, 126 EuGH, Urt. v. 05.07.2018, RS. C-27/17, EU:C:2018:533 – Lithaunian Airlines ........................................................................ 62, 129, 130, 130, 132 EuGH, Urt. v. 12.09.2018, RS. C-304/17, EU:C:2018:701 – Löber/Barclays .......... 134, 135 EuGH, Urt. v. 29.07.2019, RS. C-451/18, EU:C:2019:635 – Tibor-Trans ............... 129, 133 EuGH, Urt. v. 05.09.2019, RS. C-172/18, EU:C:2019:674 – AMS Neve/Heritage ........... 161 EuGH, Urt. v. 24.09.2019, RS. C-507/17, EU:C:2019:772 – Google/CNIL . 3, 246, 249, 249
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGMR, Urt. v. 22.02.1994, Nr. 16213/90 – Burghartz/Schweiz.........................................18 EGMR, Urt. v. 21.02.2002, Nr. 42409/98 – Schüssel/Österreich........................................18 EGMR, Urt. v. 29.07.2002, Nr. 2346/02 – Pretty/Vereinigtes Königreich..........................18
Bundesverfassungsgericht BVerfG, Urt. v. 10.05.1957, 1 BvR 550/52 = BVerfGE 6, 389 – Elfes ..............................17 BVerfG, Urt. v. 04.05.1971, 1 BvR 636/68 = BVerfGE 31, 58 – Spanierbeschluss ......... 181 BVerfG, Beschl. v. 31.01.1973, 2 BvR 454/71 = BVerfGE 34, 238 – Heimliche Tonbandaufnahme ........................................................................................17 BVerfG, Urt. v. 05.06.1973, 1 BvR 536/72 = BVerfGE 35, 202 – Lebach .........................17 BVerfG, Beschl. v. 03.06.1980, 1 BvR 185/77 = BVerfGE 54, 148 – Eppler .............. 17, 84 BVerfG, Urt. v. 22.03.1983, 2 BvR 475/78 = BVerfGE 63, 343 –
Rechtsprechungsverzeichnis
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Rechtshilfevertrag.............................................................................................. 45, 47, 47 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83, 269/83, 362/83, 420/83, 440/83, 484/83 = BVerfGE 65, 1 – Volkszählung................................................................................ 17, 19 BVerfG, Urt. v. 31.10.1990, 2 BvF 2/89, 6/89 = BVerfGE 83, 37 – Ausländerwahlrecht I..2 BVerfG, Urt. v. 08.03.1998, 1 BvL 9/85, 1 BvL 43/86 = BVerfGE 78, 38 – Gemeinsamer Familienname ...........................................................................................8 BVerfG, Urt. v. 24.03.1998, 1 BvR 131/96 = BVerfGE 97, 391 – Mißbrauchsbezichtigung8 BVerfG, Urt. v. 18.02.2004, 1 BvR 193/97 = BVerfGE 109, 256 – Vorehename.................8 BVerfG, Beschl. v. 14.10.2004, 2 BvR 1481/04 = BVerfGE 111, 307 – Görgülü..............18 BVerfG, Beschl. v. 25.10.2005, 1 BvR 1696/98 = BVerfGE 114, 339 – IM Stolpe............17 BVerfG, Beschl. v. 22.08.2006, 1 BvR 1168/04 = NJW 2006, 3409 – Marlene Dietrich...17 BVerfG, Beschl. v. 13.06.2007, 1 BvR 1783/05 = BVerfGE 119, 1 – Esra .......................17
Bundesgerichtshof BGH, Urt. v. 08.01.1954, 1 StR 260/53 = BGHSt. 6, 185 ................................................ 124 BGH, Urt. v. 25.05.1954, I ZR 211/53 = BGHZ 13, 334 – Leserbriefe .................... 7, 16, 16 BGH, Beschl. v. 04.03.1957, GSZ 1/56 = BGHZ 24, 21 .................................................. 190 BGH, Urt. v. 02.04.1957, VI ZR 9/56 = BGHZ 24, 72 .......................................................18 BGH, Urt. v. 18.03.1959, IV ZR 182/58 = BGHZ 30, 7 – Caterina Valente ........................8 BGH, Urt. v. 30.06.1961, I ZR 39/60 = BGHZ 35, 329 – Kindersaugflaschen ................ 119 BGH, Urt. v. 20.12.1963, I b ZR 104/62 = BGHZ 40, 391 – Stahlexporte .........................72 BGH, Urt. v. 22.01.1964, Ib ZR 92/62 = BGHZ 41, 84 – Maja.................................... 24, 27 BGH, Urt. v. 24.02.1965, IV ZR 81/64 = BGHZ 43, 245 – GdP ..........................................8 BGH, Beschl. v. 14.06.1965, GSZ 1/65 = BGHZ 44, 46 ....................................................60 BGH, Urt. v. 23.10.1970, I ZR 86/69 = BGH GRUR 1971, 153 – Tampax .............. 122, 233 BGH, Urt. v. 21.12.1970, II ZR 133/68 = BGHZ 55, 153................................................. 193 BGH, Urt. v. 05.10.1976, VI ZR 253/75 = NJW 1977, 496 ................................................54 BGH, Urt. v. 03.05.1977, VI ZR 24/75 = GRUR 1978, 194 – Profil .......................... 80, 149 BGH, Urt. v. 10.04.1979, I ZR 121/68 = NJW 1970, 1270 – Weserklause ...........................8 BGH, Urt. v. 23.10.1979, KZR 21/78 = GRUR Int. 1980, 176 – BMW-Reimport ............ 155 BGH, Urt. v. 28.01.1981, IVb ZR 581/80 = BGHZ 79, 265 .................................................8 BGH, Urt. v. 15.11.1982, II ZR 206/81 = BGHZ 86, 152................................................. 190 BGH, Urt. v. 24.09.1986, VIII ZR 320/85 = BGHZ 98, 263 ..............................................63 BGH, Urt. v. 13.07.1989, I ZR 160/87 = NJW 1990, 1991 – Impressumspflicht ....... 76, 184 BGH, Urt. v. 09.11.1993, VI ZR 62/93 = BGHZ 124, 52 – Spermakonserve ........... 193, 193 BGH, Urt. v. 16.06.1994, I ZR 24/92 = BGHZ 126, 252 – Folgerecht mit Auslandsbezug .......................................................................................23 BGH, Urt. v. 05.12.1995, VI ZR 332/94 = NJW 1996, 984 – Caroline von Monaco .........71 BGH, Urt. v. 19.12.1995, VI ZR 15/95 = BGHZ 131, 332 – Caroline von Monaco II ........................................................................................ 71, 184 BGH, Urt. v. 28.02.1996, XII ZR 181/93 = BGHZ 132, 105 ............................ 134, 155, 190 BGH, Urt. v. 22.10.1996, XI ZR 261/95 = NJW 1997, 324 ................................................56 BGH, Urt. v. 18.03.1997, XI ZR 34/96 = NJW 1997, 2885 ................................................56 BGH, Beschl. v. 27.06.1997, StB 8/97 = NJW 1997, 2828......................................... 76, 184 BGH, Urt. v. 01.12.1999, I ZR 49/97 = BGHZ 143, 214 – Marlene Dietrich.......................8 BGH, Urt. v. 12.12.2000, 1 StR 184/00 = BGHSt 46, 212 .................................................47 BGH, Urt. v. 17.05.2001, I ZR 216/99 = BGHZ 148, 1 – Mitwohnzentrale.de.....................9
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BGH, Urt. v. 22.11.2001, I ZR 138/99 = BGHZ 149, 191 – shell.de ....................................9 BGH, Beschl. v. 26. 2. 2002, X ZR 36/01 = GRUR 2002, 599 – Funkuhr I .......................30 BGH, Urt. v. 28.11.2002, III ZR 102/02 = BGHZ 153, 82 .................................................63 BGH, Urt. v. 03.03.2004, 2 StR 109/03 = GRUR 2004, 421 – Tonträgerpiraterie durch CD-Export ............................................................................23 BGH, Urt. v. 22.07.2004, I ZR 135/01 = NJW 2005, 1198 – soco.de ...................................9 BGH, Urt. v. 09.09.2004, I ZR 65/02 = NJW 2005, 1196 – mho.de .....................................9 BGH, Urt. v. 13.10.2004, I ZR 163/02 = GRUR 2005, 433 – Hotel Maritime ............................................................ 3, 27, 84, 107, 110, 114, 151, 233 BGH, Urt. v. 02.12.2004, I ZR 92/92 = BGHZ 161, 216 – Pro Fide Catholica ...................8 BGH, Urt. v. 24.10.2005, II ZR 329/03 = GRUR 2006, 351 – Rote Mitte .................... 8, 194 BGH, Urt. v. 30.03.2006, I ZR 24/03 = BGHZ 167, 91 – Arzneimittelwerbung im Internet ......................................................................... 122, 153 BGH, Urt. v. 05.10.2006, I ZR 7/04 = GRUR 2007, 245 – Schulden Hulp ...................... 221 BGH, Urt. v. 06.11.2007, VI ZR 34/07 = EuZW 2008, 189 – Kapitalanlageschaden ...... 137 BGH, Urt. v. 24.04.2008, I ZR 159/05 = NJW 2008, 3716 – afilias.de ............................... 9 BGH, Urt. v. 15.07.2008, VI ZR 212/07 = NJW 2009, 681 – Schneeballwurf ................. 190 BGH, Urt. v. 09.10.2008, I ZR 126/06 = GRUR 2009, 79 – Gebäckpresse ........................34 BGH, Urt. v. 09.07.2009, Xa ZR 19/08 = BGHZ 182, 24................................. 142, 143, 241 BGH, Urt. v. 09.02.2010, VI ZR 243/08 = BGH GRUR 2010, 549 – Spiegel-Dossier..... 194 BGH, Urt. v. 11.02.2010, I ZR 85/08 = BGHZ 185, 66 – Ausschreibung in Bulgarien .... 119 BGH, Urt. v. 02.03.2010, VI ZR 23/09 = BGHZ 184, 313 – New York Times ............................................................................................. 56, 149, 153 BGH, Urt. v. 22.04.2010, I ZR 89/08 = BGHZ 185, 224 – Verlängerte Limousinen ........ 245 BGH, Urt. v. 29.03.2011, VI ZR 111/10 = NJW 2011, 2059 – Sieben Tage in Moskau .................................................................................. 94, 112, 149 BGH, Urt. v. 28.09.2011, I ZR 23/10 = GRUR 2012, 512 – Kinderwagen....................... 245 BGH, Beschl. v. 12.01.2012, I ZB 43/11 = GRUR 2012, 541 – Titelschuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren ........................................................50 BGH, Beschl. v. 28.06.2012, I ZR 1/11 = GRUR 2012, 1065 – Parfumflakon II ............. 160 BGH, Urt. v. 19.07.2012, I ZR 40/11 = IPRax 2013, 557 – Pharmazeutische Beratung über Call-Center .............................................................. 241 BGH, Urt. v. 29.01.2013, KZR 8/10 = GRUR-RR 2013, 228 – Trägermaterial für Kartenformulare ................................................................... 129, 132 BGH, Urt. v. 12.12.2013, I ZR 131/12 = GRUR 2014, 601 – englischsprachige Pressemitteilung............................................................... 84, 128, 153 BGH, Urt. v. 22.01.2014, I ZR 164/12 = GRUR 2014, 393 – Wetteronline.de ...................27 BGH, Urt. v. 03.02.2015, X ZR 69/13 = BGHZ 204, 114 – Audiosignalcodierung.................................................................................... 30, 152, 152 BGH, Urt. v. 05.03.2015, I ZR 161/13 = GRUR 2015, 1004 – IPS/ISP ........................... 151 BGH, Urt. v. 19.03.2015, I ZR 94/13 = GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal ........................................................................................ 122, 153 BGH, Urt. v. 21.04.2016, I ZR 43/14 = GRUR 2016, 1048 – An Evening with Marlene Dietrich ............................................. 108, 114, 150, 151, 153 BGH, Urt. v. 28.04.2016, I ZR 82/14 = GRUR 2016, 810 – profitbricks.es ................. 10, 27 BGH, Urt. v. 04.05.2017, I ZR 208/15 = GRUR 2017, 823 – Luftentfeuchter ....................20 BGH, Beschl. v. 11.05.2017, I ZR 147/16 = ZUM 2018, 50 – Die Höhner ........................14 BGH, Beschl. v. 11.10.2017, I ZB 96/16 = GRUR 2018, 292 – Reichweite eines Unterlassungstitels .............................................................................20
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BGH, Urt. v. 09.11.2017, I ZR 134/16 = GRUR 2018, 417 – Resistograph .......................31 BGH, Urt. v. 27.02.2018, VI ZR 489/16 = BGHZ 217, 350 – Internetforum ............. 94, 149 BGH, Urt. v. 10.07.2018, VI ZR 225/17 = BGHZ 219, 233 – Kundenzufriedenheitsbefragung .................................................................................. 194 BGH, Urt. v. 27.11.2018, X ARZ 321/18 = GRUR 2019, 213 – Zuckerkartell ....................................................................................... 134, 155, 155, 190
Reichsgericht RG, Urt. v. 23.09.1887, Rep. II 127/87 = RGZ 19, 382 ...................................................... 73 RG, Urt. v. 15.05.1891, Rep. II 70/91 = RGZ 27, 418 ........................................................ 72 RG, 15.10.1892, Rep. I 209/92 = RGZ 30, 52 .................................................................... 30 RG, Urt. v. 11.04.1901, Rep. VI 443/00 = RGZ 48, 114 ...................................................... 6 RG, Urt. v. 29.05.1902, Rep. VI. 507/02 = RGZ 51, 369 – Schwarze Liste ........................ 16 RG, Urt. v. 05.01.1905, Rep. VI. 38/04 = RGZ 60, 6 ........................................................... 6 RG, Urt. v. 16.10.1905, Rep. VI. 13/05 = RGZ 61, 366 ....................................................... 6 RG, Urt. v. 07.11.1908, Rep. I 638/07 = RGZ 69, 401 – Nietzsche Briefe .................... 16, 26 RG, Beschl. 18.10.1909, Rep. II. 96/08 = RGZ 72, 41 .................................. 60, 64, 156, 156 RG, Urt. v. 08.06.1912, Rep. I. 382/11 = RGZ 79, 397 – Felseneiland mit Sirenen ....... 7, 10 RG, Urt. v. 19.10.1935, I 350/34 = RGZ 149, 102 – Oberlederkantenmaschine ................ 30
Obergerichte OLG Köln, Urt. v. 07.04.1978, 6 U 179/77 = GRUR 1978, 658 – Immer jünger ............. 153 OLG Hamburg, Urt. v. 08.12.1994, 3 U 64/94 = NJW-RR 1995, 790 ...................... 203, 204 OLG Bremen, Urt. v. 17.02.2000, 2 U 139/99 = BeckRS 2000, 31153001 ...................... 153 OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.7.2002, 6 U 9/02 = MMR 2002, 814 ........................................81 BayObLG, Beschl. v. 27.03.2003, 1Z AR 28/03 = BeckRS 2003, 30313585 .....................68 OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.11.2005, I-20 U 110/04 = BeckRS 2011, 1710 ..................... 163 OLG Hamburg, Urt. v. 07.06.2006, 5 U 96/05 = NJOZ 2007, 459 – Gebäckpresse ...........34 VGH München, Beschl. v. 20.11.2008, 10 CS 08.2399 = NVwZ-RR 2009, 202 ...............99 OLG Köln, Urt. v. 30.04.2010, 6 U 208/09 = MMR 2010, 616 ..........................................10 OLG Köln, Urt. v. 03.05.2011, 15 U 194/10 = ZUM 2012, 493 ....................................... 124 OVG Münster, Urt. v. 25.02.2014, 13 A 2018/11 = BeckRS 2014, 47930 .........................99 OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.05.2018, 9 AR 3/18 = BeckRS 2018, 10638 ......................... 69 OLG Frankfurt, Urt. v. 14.06.2018 , 6 U 24/17 = GRUR-RR 2018, 331 – Küchenmesser .34 OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 6.9.2018, 16 U 193/17 = GRUR 2018, 1283 – Erkrankung des Geschäftsführers ............................................................................................................20 OLG Hamm, Beschl. v. 26.10.2018, 32 SA 30/18 = NJW-RR 2019, 658 ............ 68, 69, 155 OVG Lüneburg, Urt. v. 28.02.2019, 11 LB 497/18 = BeckRS 2019, 3831 .........................99 OLG Köln, Urt. v. 28.03.2019, 15 U 155/18 = juris ...........................................................21 OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 30.04.2019, 11 U 27/18 = ZUM-RD 2019, 532 .......... 99, 151 OLG Köln, Beschl. v. 18.07.2019, 15 W 21/19 = Juris ......................................................21 BayObLG, Beschl. v. 18.07.2019, 1 AR 23/19 = BeckRS 2019, 15058 ............................. 69 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2019, 15 U 126/19 = juris ...........................................................21 Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 19.02.2020, 1 AR 3/20 (SA Z) = juris ....................... 69
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Landgerichte LG Kiel, Urt. v. 30.06.1982, 10 O 72/82 = IPRax 1984, 146 ................................ 46, 50, 203 LG Frankfurt a.M., Urt. v. 22.04.1994, 2/19 O235/91 = NJW-RR 1994, 1493................. 196 LG Düsseldorf, Urt. v. 04.04.1997, 34 O 191/96 = GRUR 1998, 159 – EPSON .............. 151 LG Würzburg, Urt. v. 07.03.2017, 11 O 2338/16 UVR = MMR 2017, 347 ............. 3, 97, 99 LG Köln, Urt. v. 05.12.2017, 14 O 125/16 = BeckRS 2017, 144887................................ 151 LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2018, 2–03 O 494/14 = BeckRS 2018, 3981 ..................99 LG Hamburg, Urt. v. 30.04.2018, 324 O 51/18 = juris ................. 3, 96, 98, 98, 99, 100, 204
Österreichische Gerichte OGH, Urt. v. 01.08.2003, 1 Ob 221/02k = IPRax 2005, 256 ................................................6 OLG Wien, Urt. v. 26.04.2017, 5 R 5/17t = BeckRS 2017, 110082 ...................................98 OGH, Urt. v. 14.12.2017, 2 Ob 155/16 g = VuR 2018, 225.............................................. 243 OLG Wien, Urt. v. 12.03.2019, 17 BS 47/19i – Sigrid Maurer ..........................................72
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Sachverzeichnis Sa c h v e rz e ic h n is
actor sequitur forum rei 62, 170 AGB – Klausel 245, 247, 249 – Klauseln 247, 249 – Klauselrichtlinie 248–249 – Kontrolle 245 – Rechtswahlklausel 247–248 – Rechtswahlklauseln 245, 247 Ausdeutung 181 Ausrichtungskriterium 109 Auswirkungsprinzip 48–50, 84, 86, 109, 123–124, 129–130, 134–135, 139, 146–147, 149, 156–157, 164, 218, 227–233, 235, 261, 263 Bankkonto 69, 137–139 Binnenmarkt 1, 25–26, 35, 39, 41–42, 103, 134–135, 145–147, 220, 263 Cloud 19, 22, 24, 74, 253–254, 256 Datenschutz – BDSG 141 – Datenschutzgrundverordnung 3–4, 15, 19–22, 81, 89, 102, 161, 162, 168–175, 177, 203, 215, 253–256, 258, 262–263 – Datenverarbeiter 172 – Öffnungsklausel 15, 102, 255 de minimis-Test 230 Deliktsstatut 179, 181, 185, 186, 189, 190, 192, 195, 205, 206, 208–211, 242, 247 Designrecht – DesignG 31 – Geschmacksmuster 30, 33 – Geschmacksmusterrichtlinie 31 Diesel-Skandal 69, 133, 157 Disclaimer 156, 227, 263
Diskriminierungsverbot 14, 101, 213 Erfolgsort 64, 66, 68–72, 78–79, 81, 83–84, 89, 105–106, 112, 115, 121– 122, 136, 139, 148, 150, 154–157, 179, 184, 188, 191–195, 197, 199, 200, 204– 205, 208, 210, 212, 214– 215, 262, 275 Erscheinungsort 77, 186–187 Feststellungsklage 5, 89, 92, 107, 116, 117, 120, 140, 224, 260 Feststellungsklage, negative 75, 80, 84, 92, 104, 105, 119, 144, 148, 177, 224 Folgeschäden 69, 71, 86, 114 forum shopping 83, 84, 87, 88, 92, 95, 104, 110, 122, 124, 140, 147, 149, 164–165, 175–176, 261 Forumstaat 54, 119, 145, 166, 261 Gemeinschaftsgeschmacksmuster 31, 33, 166–167, 177, 250, 274 genuine link 47, 49, 55, 259 Geoblocking 97–102, 105, 117, 146, 201, 204, 207, 212, 217, 227, 241, 256, 262, 263 Gerichtsstand der unerlaubten Handlung 62, 133, 150 Handlungsort 23, 24, 65–66, 75, 78–80, 88, 105–106, 118, 131, 154, 163– 164, 167, 181, 183–191, 193, 194, 201, 204–208, 212, 215–216, 260, 262 Hotel Maritime 3, 27–28, 85, 108, 112, 115, 153, 238 InfoSoc-Richtlinie 12, 25, 241
292
Sachverzeichnis
Kartellrecht – follow on-Klagen 131, 133 – Kartellabrede 85, 131, 135, 157 – private enforcement 133 Kognitionsbefugnis 4, 59–61, 87– 88, 90–93, 99, 103–104, 106, 110–111, 115–116, 119–120, 124–125, 130, 134–135, 140, 147, 148, 149, 158– 159, 164– 165, 167, 175–178, 202– 203, 251, 259–262 Kognitionsbefugnis, beschränkte 87, 124 Konto 69, 137–139 lex causae 64, 67–68, 70, 80, 106– 107, 181, 184–185, 187, 190– 191, 193, 216, 239, 246 lex fori 39, 54, 59–61, 64, 67, 125, 165, 181–182, 184–185, 189, 193, 233– 234, 239, 246, 250 lex loci protectionis 109, 236, 242, 257, 263 Löschungsanspruch 3, 20, 100, 255– 256, 264 Lotus-Entscheidung 47 Markenrecht – Einheitlichkeitsprinzip 32 – Gemeinschaftsmarke 31–32, 160, 164–165 – Gemeinschaftsmarkenverordnung 32 – IR-Marke 28, 116–117 – Markenregister 26 – Markenschutz 26–27, 112 – notorisch bekannte Marke 26, 242 – Unionsmarke 31–33, 160, 162–165, 177, 252, 261 – Unionsmarkenverordnung 26, 32, 163, 252 – Verletzung 66, 112 Marktort 85, 121, 123, 149, 155, 221– 222 Meinungsfreiheit 14, 18–19, 21, 84, 86, 89, 96, 101–103, 105, 203, 206–207, 209, 215, 217, 255 Mosaikbetrachtung 4, 87–89, 92, 95, 96, 110–111, 125, 140, 178, 189, 200–203, 205, 207–209, 212, 216–
217, 226–227, 233, 235, 240, 242– 243, 249, 255, 257, 263–264 Niederlassung 76, 80, 101, 113, 118, 132, 136–139, 155, 159, 161–163, 168–172, 175–177, 253, 256, 262 Ort der Verwirklichung des Schadenserfolges 64, 68, 70– 71, 79–80, 87–88, 90, 95, 104, 107, 109–111, 114–115, 117, 119–122, 130, 132–136, 139– 140, 144, 146– 149, 162, 170– 171, 176–177, 203, 260–261 Ort des ursächlichen Geschehens 65– 68, 70–73, 75–77, 80, 87, 89, 91, 95, 103, 106, 111, 112, 113, 116–118, 120–122, 130, 131–132, 135–136, 139–140, 144, 147–150, 162, 170, 176, 202, 260 Persönlichkeitsrecht – Allgemeines Persönlichkeitsrecht 7, 11, 16–18, 238 – Namensrecht 7, 8, 129 – Recht am eigenen Bild 7, 15, 18 – Unternehmenspersönlichkeitsrecht 81, 84, 91, 125–126, 129, 130 – Urheberpersönlichkeitsrecht 7–8, 10– 16, 179, 236, 238 Pressefreiheit 203 Prioritätsprinzip 9 Qualifikation 64, 106, 181, 211, 218, 245 Rechtsvereinheitlichung 3, 21, 25, 54, 89, 241, 263 Rechtswahlklausel 245, 247–248 Schutzlandprinzip 27, 66, 106, 112, 118, 149, 150, 236–237, 242–243 Schwerpunktbetrachtung 187, 200–201, 206, 209–210, 212 Shevill 60, 65–66, 70, 72, 76, 80, 81– 82, 86–90, 95, 110, 112, 114, 118– 119, 131, 136, 147, 159, 203 Spürbarkeitsschwelle 222–224, 229– 231, 235, 237–239, 241, 263
Sachverzeichnis – kollisionsrechtliche 222–223, 226, 237–239, 242, 263 – qualitative 224 – quantitative 224 – sachrechtliche 240 Territorialitätsprinzip 23, 27, 30, 31– 33, 45, 48, 107, 110, 114, 154, 199, 251 Ubiquitätsprinzip 64–65, 105, 112, 117–118, 120, 122–123, 130–132, 143, 150, 213, 215 UGP-Richtlinie 219 unerlaubte Handlung 64, 105, 117, 181, 184, 186, 244 Unionssorte 30 Universalitätsprinzip 31 Unterlassungsklage 5, 6, 39, 92, 95, 103–104, 132, 141–142, 143, 149, 169, 176, 192, 221, 244
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Urheberrecht – Copyright 10 – DSM-Richtlinie 25 – lex loci protectionis 109, 236, 242, 257, 263 – monistische Auffassung 14, 111 – Streaming 24, 98 – Uploadfilter 25 – Urheber 10, 11, 14, 24, 61, 100, 107, 110–111, 118, 122, 153, 156, 239 – Urheberpersönlichkeitsrecht 7, 10– 12, 179, 236 Verbandsklage 35–40, 141–142, 145, 244, 246 Verbrauchergerichtsstand 168– 169 Verbraucherschutz 37– 42, 146, 168, 244–245, 248 Vorfrage 228, 235, 244, 246